eJournals Vox Romanica 80/1

Vox Romanica
0042-899X
2941-0916
Francke Verlag Tübingen
10.2357/VOX-2021-013
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/
2021
801 Kristol De Stefani

Christoph Gabriel/Andrea Pešková/Maria Selig (ed.), Contact, variation and change in Romance and beyond: Studies in honor of Trudel Meisenburg/Kontakt, Variation und Wandel in und jenseits der Romania: Festschrift für Trudel Meisenburg, Berlin (Erich Schmidt Verlag) 2020, 719 p. (Reihe Studienreihe Romania 35).

2021
Leonie Ette
317 DOI 10.2357/ VOX-2021-013 Vox Romanica 80 (2021): 317-321 Besprechungen - Comptes rendus Christoph Gabriel/ Andrea Pešková/ Maria Selig (ed.), Contact, variation and change in Romance and beyond: Studies in honor of Trudel Meisenburg/ Kontakt, Variation und Wandel in und jenseits der Romania: Festschrift für Trudel Meisenburg, Berlin (Erich Schmidt Verlag) 2020, 719 p. (Reihe Studienreihe Romania 35). Im vorliegenden Sammelband werden Fragestellungen zu Sprachkontakt und Variation in und jenseits der Romania behandelt, wobei insbesondere Phonetik, Phonologie und Prosodie in Sprachkontaktsituationen fokussiert werden. Zum einen greift das Werk durch diese thematische Eingrenzung die Forschungsschwerpunkte der deutschen Romanistin Trudel Meisenburg auf und kennzeichnet sich so als Festschrift für sie. Zum anderen verdeutlicht der Band das wachsende Interesse an Kontakt- und Variationslinguistik, welches in der großen Anzahl an Publikationen zu diesem Gebiet in den letzten Jahren sichtbar wird 1 . Der Sammelband zeichnet sich jedoch durch einen spezifischen theoretischen Ansatz aus, denn die versammelten Beiträge widmen sich in unterschiedlichen Perspektiven der Analyse des Zusammenwirkens von Sprachkontakt mit Phänomenen des Sprachwandels und der Variation (10). Indem die zwei bisher meist getrennt analysierten Bereiche der Kontakt- und der Soziolinguistik im Band vereint werden, schließt der Sammelband direkt an den 2013 von Léglise und Chamoreau herausgegebenen Band The interplay of variation and change in contact settings an. Die Herausgeberinnen kommen darin zu dem Schluss, dass «the exact role and interplay of the notions of ‘variation’, ‘change’, and ‘contact’ have not yet been fully explored» (Léglise/ Chamoreau 2013: 2) 2 . Diese Problemstellung wird in den Beiträgen von Gabriel/ Pešková/ Selig aufgegriffen und durch neue empirische Erkenntnisse bereichert. Die Zusammenführung der Bereiche der Kontakt- und Soziolinguistik gelingt durch einen theoretischen Überbau, der die im Band versammelten Beiträge eint und in dem Sprache als heterogen, dynamisch und variabel konzipiert wird (11). Ein solches Sprachbild steht in der Tradition der (insbesondere deutschsprachigen) Romanistik von Eugenio Coseriu, der bereits früh den dynamischen Aspekt von Sprache betonte (cf. Coseriu 1955: 45) 3 und auch den Sprachwandel als sozial eingebettet in die jeweilige Sprachgemeinschaft ansah (cf. Coseriu 1974: 74) 4 . Dieses Sprachbild wird von den Herausgebern aufgegriffen, indem sie individuelle und soziale Variation als immanentes Merkmal sprachlicher Strukturen konzeptualisieren (11). Dadurch zeigt sich die interdisziplinäre Ausrichtung des Bandes, in dem Theorien und Methoden der Kontakt- und Soziolinguistik, der Pragmatik und der linguistischen Anthropologie zu finden sind. Als einende Leitfrage sehen die Herausgeber die Frage, wie Variation in Sprachmodelle 1 Beispielsweise die Neugestaltung des HSK-Werkes zu Sprachkontakt (Darquennes, J./ Salmons, J./ Vandenbussche, W. (ed.) 2019: Language contact. An international handbook, Berlin, De Gruyter Mouton) oder das Handbuch von Anthony Grant (Grant, A. 2020: The Oxford handbook of language contact, New York, Oxford University Press). 2 Léglise, I./ Chamoreau, C (ed.) 2013: The interplay of variation and change in contact settings, Amsterdam, John Benjamins Publishing Company. 3 Coseriu, E. 1955: «Determinación y entorno», Romanistisches Jahrbuch 7/ 1: 29-54. Coseriu konzeptualisierte hier Sprache als ενέργεια. 4 Coseriu, E. 1974: Synchronie, Diachronie und Geschichte. Das Problem des Sprachwandels, München, Wilhelm Fink Verlag. 318 DOI 10.2357/ VOX-2021-013 Vox Romanica 80 (2021): 317-321 Besprechungen - Comptes rendus integriert werden kann, wie sprachinterne Variationen untereinander, aber auch mit sprachexternen soziolinguistischen oder pragmatischen Faktoren interagieren (11). Die Beiträge des Bandes stellen dabei individuelle Versuche dar, diese Interaktionen näher zu beleuchten. Dieser theoretische Überbau zeigt die Kontaktlinguistik klar als multidisziplinäres Studienfeld (cf. Winford 2007: 22) 5 und greift aktuelle Forschungstendenzen auf (cf. Darquennes/ Salmons/ Vandenbussche 2019: 5-9 N1) 6 , wodurch der Sammelband einen breiten Überblick über die heutige Kontaktlinguistik und angrenzende Bereiche gibt. Insbesondere der Bereich der Methodologie und Empirie wird im Band fokussiert, denn um Variation zu erfassen, ist die Analyse des natürlichen Sprachgebrauchs im sozialen Kontext unabdingbar (11). Daher finden sich im Werk insgesamt 37 Fallstudien in vier Hauptkapiteln, in denen unterschiedliche Aspekte des Sprachkontaktes und der Variation in und jenseits der Romania beleuchtet werden. Das erste Kapitel vereint 12 Studien, in denen phonologische Aspekte des Sprachkontaktes analysiert werden. In den meisten Studien werden diese in Relation zu sozialen Faktoren gesetzt, beispielsweise im Beitrag von Ruiz Moreno/ Gabriel zur Voice Onset Time bei bilingualen Sprechenden des Pomerano und des Portugiesischen in Brasilien. Hier wird gezeigt, dass das jeweilige soziopolitische Prestige der Kontaktsprachen auch den phonologischen Transfer determinieren kann. Die Studie von Gabriel/ Pešková/ Ewald zum Sprachkontakt zwischen Guaraní und Spanisch in Paraguay kann hier als klassische soziolinguistische Studie zu Sprachkontakt genannt werden, denn es werden zahlreiche soziale Faktoren berücksichtigt. Neben Gender und Alter sind dies auch die geografische Herkunft und die Kompetenz in den gesprochenen Sprachen. Dadurch wird der angestrebte Brückenschlag zwischen Kontaktlinguistik und Soziolinguistik beispielhaft illustriert. Des Weiteren sind zwei Beiträge hervorzuheben, die neue Forschungsfelder bzw. -methoden präsentieren: Pustka umreißt in ihrer Studie zu Lehnwörtern im Spanischen den relativ neuen Ansatz einer Korpusphonologie, welcher die traditionelle Sprachgeographie mit phonetischen Analysen und der sozialen Variation nach Labov vereint. Dabei wird mit modernen, digitalen Methoden zur Datenerhebung und -verarbeitung gearbeitet und auch die Nachhaltigkeit der Daten thematisiert, indem diese online allgemein zugänglich gemacht werden und so für weitere Studien genutzt werden können. Als Beispiel für eine anwendungsorientierte Sprachwissenschaft ist der Beitrag von Elvira-García/ Roseano/ Fernández-Planas zu sehen. Die Autoren präsentieren darin den Ansatz, anhand eines Korpus ein phonetisches Profil von Sprechenden zu ermitteln, welches auf diatopischer Variation beruht. Methodisch zeigt sich der Ansatz noch als relativ starr, da nur Sätze mit derselben syntaktischen Struktur mit dem Korpus abgeglichen werden können. Daher ist es schwierig, damit natürlichen Sprachgebrauch zu analysieren. Dennoch zeigt dieser Beitrag, wie Variation in der Sprachwissenschaft auch konkret im Feld des linguistic profiling angewendet werden kann. Im zweiten Kapitel des Sammelbandes sind neun Studien zu den Themen des Spracherwerbs, Variation und Sprachwandels zu finden. Letzterer wird in unterschiedlichen sprach- 5 Winford, D. 2007: An introduction to contact linguistics, Oxford, Blackwell. 6 Darquennes/ Salmons/ Vandenbussche nennen u. a. Interdisziplinarität, methodische Offenheit und soziale Aspekte des Sprachkontaktes als aktuelle Forschungstendenzen (cf. N1, 2019: 5-9). 319 DOI 10.2357/ VOX-2021-013 Vox Romanica 80 (2021): 317-321 Besprechungen - Comptes rendus lichen Bereichen dargestellt. Jungbluth/ Nogué beispielsweise illustrieren in ihrem Beitrag zu den katalanischen Anredeformen den kontaktinduzierten Sprachwandel auf pragmatischer Ebene. Dabei beziehen sie neben der diachronen Variation auch Aspekte der synchronen Variation mit ein und zeigen so, dass neben Alter und Herkunft auch die diaphasische Variation und das Prestige der Sprachen eine Rolle im Sprachwandel spielen. Daneben finden sich auch Studien zur monolingualen Variation, wie etwa die Studie von Leoni de León/ Cordero Monge, die die diachrone Evolution und soziale Veränderung im Gebrauch von maje/ mae, ‘Typ’, ‘Alter’ im Spanischen Costa Ricas untersuchen. Dadurch wird auch die innersprachliche Variation im plurizentrischen Spanischen im Sammelband berücksichtigt. Hervorzuheben ist in diesem Kapitel ebenso der Beitrag von Stahnke mit ihrer pragmatischen Studie zu self-repair in französischen Unterhaltungen. Hier wird stark die diaphasische und die konzeptionelle Variation nach Koch/ Oesterreicher analysiert und insbesondere mit natürlichen Sprachdaten gearbeitet. Der zweite thematische Schwerpunkt dieses Kapitels wird durch drei Beiträge zum Spracherwerb gebildet: In der Studie zu Trilingualismus von Arnaus Gils/ Müller wird die aktive und passive Sprachkompetenz in Relation zu sprachinternen und -externen Faktoren gesetzt, die den Spracherwerb bestimmen (Alter, Geburtsort, Sprachstrategien der Eltern, Anzahl der L1 und Kombination der Sprachen). Es resultiert, dass neben dem Prestige der Sprachen insbesondere der Sprachgebrauch innerhalb der Familie entscheidend ist. Hier muss auch der Beitrag von Poeste/ Müller betont werden, der das theoretisch umstrittene Phänomen des Code-Mixings in der Kontaktlinguistik ausgezeichnet darstellt. In dieser Langzeitstudie mit vier trilingualen Kindern wird auch der Aspekt der Variation in die Spracherwerbsforschung integriert, indem Birdsongs Unterscheidung von Domänen und Dimensionen 7 in der Sprachkompetenz angewendet wird, welche sich als geeignet herausstellt, um soziale Faktoren und ein heterogenes Sprachbild in kontaktlinguistische Studien einzubinden. Das dritte Kapitel des Sammelbandes legt den Fokus auf die Interdisziplinarität und zeigt, wie breit die Themen Sprachkontakt und -variation aufgefächert werden können und wo es Anknüpfungspunkte zu benachbarten Disziplinen gibt. Den thematischen Schwerpunkt bilden hier Fragestellungen zum Sprachbewusstsein. Grünke wendet ebenso Birdsongs Konzept der Sprachkompetenz in einer Studie mit Spanisch und Katalanisch sprechenden Studierenden in Gerona an, bei der auch die Sprache innerhalb der Familie als entscheidend resultierte. Die verschiedenen Dimensionen des Sprachbewusstseins werden in der Studie von Fischer/ Vilanova zur innerspanischen Variation von Klitika erkennbar: Monolinguale haben dabei eher ein metasprachliches Bewusstsein, bei Sprechenden einer Minderheitensprache (Katalanisch) ist das Sprachbewusstsein hingegen politischer. Die beiden letztgenannten Studien zeichnet des Weiteren ein moderner methodischer Ansatz aus: Beide arbeiten sowohl mit quantitativen und auch qualitativen Daten, und nutzten einen digitalen Fragebogen. Verbindungen zwischen Kontakt- und Variationslinguistik zur Anthropologie werden in den 7 Birdsong, D. 2016: «Dominance in bilingualism. Foundations of measurement, with insights from the study of handedness», in: C. Silva-Corvalán/ J. Treffers-Daller (ed.), Language dominance in bilinguals. Issues of measurement and operationalization, Cambridge, Cambridge University Press: 85-105. 320 DOI 10.2357/ VOX-2021-013 Vox Romanica 80 (2021): 317-321 Besprechungen - Comptes rendus Beiträgen von Frank-Jakob zu Zeitlichkeitskonzepten von lateinamerikanischen Migrierenden nach Kanada und von Vergara Heidke/ Morales Gutiérrez, die das Konzept der linguistic landscapes in Costa Rica und Chile anwenden, gezogen. Beide Studien greifen neue Forschungsfelder auf: Letztere zeigt, wie sehr Sprachen die soziale Realität bestimmen können, indem Mehrsprachigkeit in Stadtvierteln mit Internationalität und Sicherheit assoziiert wird. Frank-Jakob analysiert sich herausbildende digitale Kommunikationsformen und Sprachgemeinschaften im Web, womit sie ein aktuelles Themenfeld der Sprachkontaktforschung aufgreift. In diesem Kapitel zeigt sich eindrücklich der Mehrwert eines heterogenen Sprachbildes, da damit politische und soziale Aspekte gut integriert werden können. Die thematische Interdisziplinarität drückt sich naturgemäß auch auf methodischer Ebene aus, wodurch hier die methodische Vielfalt für Studien der Kontaktlinguistik illustriert wird. Das letzte Kapitel des Bandes dreht sich um die Frage, wie Sprachstrukturen modelliert werden können und vereint Studien, die spezifische einzelsprachliche Phänomene behandeln. So thematisiert Hunnius das alte Problem des Status der Negation im Französischen und zeigt, dass Variation nicht immer Sprachwandel bedeuten muss, sondern beide in einem stetigen Nebeneinander fortbestehen können. Strukturen der Intonation werden einerseits im Beitrag von Féry/ Feldhausen behandelt, die sich der französischen Besonderheit des Satzakzentes aus pragmatischer Sicht widmen. Andererseits analysiert Pešková das Spanische in Costa Rica hinsichtlich variierender Akzentsetzung innerhalb der spanischen Varietäten. Ein weiteres Forschungsgebiet zeigt sich im Beitrag Veldre-Gerners zur variierenden Schreibung der Nasalisierung im Französischen, welche sie diachronisch beleuchtet. Der Sammelband wird von Nüblings Studie zu Vornamen im Deutschen mit dem Suffix -el als Referenz zu Trudel Meisenburg beschlossen. Auch hier zeigt sich die umfassendere Konzeption von Sprache, indem geographische und soziale Faktoren in die Analyse miteinfließen. Insgesamt zeichnet sich der Sammelband durch eine große Bandbreite an Beiträgen aus: In methodischer Hinsicht zeigt sich eine Vielfalt an empirischen Techniken, mit denen die unterschiedlichsten Kontaktsituation sowohl in synchroner als auch in diachroner Hinsicht analysiert werden können. Der Fokus der Herausgeber auf der Methodologie macht den Sammelband auch zu einem Handbuch angewendeter Methoden in der soziolinguistisch orientierten Kontaktlinguistik. Deswegen stellt er eine geeignete Lektüre dar für methodisch interessierte Lesende, beispielsweise für die Planung eigener Studien. Es wäre hier jedoch wünschenswert, noch mehr auf digitale Datenerhebungs- und Verarbeitungsmethoden einzugehen, da diese in Zukunft sicherlich noch stärker genutzt werden (cf. Darquennes/ Salmons/ Vandenbussche 2019: 8-9 N1). Die große Bandbreite wird auch in den Kontaktsituationen, von denen die Beiträge berichten, erkenntlich. Ein geographischer Schwerpunkt innerhalb der Beiträge lässt sich in der Westromania erkennen, da viele Beiträge den Sprachkontakt bzw. die Variation des Spanischen und des Französischen untersuchen. Erfreulicherweise sind auch kleinere romanische Varietäten stark vertreten, insbesondere das Katalanische, aber auch das Limousinische oder das Bretonische. Es fällt allerdings auf, dass portugiesische und italienische Themen nur am Rande vorkommen, zum Rumänischen findet sich kein einziger Beitrag. Dies wird durch die bereits im Titel des Bandes angegebene Perspektive des jenseits der Romania ausgeglichen, denn häufig 321 DOI 10.2357/ VOX-2021-013 Vox Romanica 80 (2021): 317-321 Besprechungen - Comptes rendus werden Sprachkontakte von romanischen mit nicht-romanischen Sprachen untersucht. Gerade die Studien von Reich zum Prosodietransfer zwischen Wolof und Französisch, oder auch von Mensching und Beckmann zum Kontakt zwischen Französisch und Arabisch, sind eine willkommene Weitung des romanistischen Horizontes. Insgesamt wird im Sammelband ein buntes Panorama an Kontaktsituationen entworfen, welches der postulierten Heterogenität der Sprache vollends gerecht wird und exemplarisch die kulturelle Einbettung von Sprache zeigt. Diese inhaltliche und methodische Vielfalt von 37 Beiträgen in vier Hauptkapitel mit unterschiedlichen Schwerpunkten zu gliedern, ist ein sinnvoller Schritt der Herausgeber. Je nach methodischem, theoretischem Interesse oder Sprache können die einzelnen Beiträge unabhängig voneinander gelesen werden. Auch wenn eine Gesamtlektüre des Sammelbandes von den Herausgebenden sicherlich nicht als Normalfall angedacht war, ist auffallend, dass die Kapitel sich stark voneinander unterscheiden. Das erste Hauptkapitel zu Phonetik und Phonologie ist inhaltlich kohärent und der Umfang würde fast schon einen eigenen Sammelband unter der genannten inhaltlichen Ausrichtung rechtfertigen. Eine solche thematische Breite ist hilfreich für Lesende, die Dimensionen des Forschungsfeldes in geografischer, methodischer und inhaltlicher Hinsicht zu begreifen. Die Beiträge der darauffolgenden Kapitel hingegen stehen thematisch mehr oder weniger unverbunden nebeneinander, beispielsweise der Beitrag von Leoni de León/ Cordero Monge zum innersprachlichen lexikalischen Wandel neben der Forschung zu trilingualem Spracherwerb von Poeste/ Müller. In diesen Kapiteln wäre eine feinere Untergliederung wünschenswert gewesen, die den Lesenden mehr Orientierung innerhalb des umfangreichen Werkes geben könnte. Daher richtet sich der Sammelband an ein Publikum mit Vorkenntnissen im Bereich der Sozio- und Kontaktlinguistik. Dies zeigt sich auch an der knappen theoretischen Einführung auf zwei Seiten, auf denen zwar die theoretischen Konzepte skizziert werden, ohne aber in die Tiefe zu gehen oder auf die lebhafte internationale Debatte in diesen Forschungsbereichen einzugehen. Die dort als aktuell angesehenen Tendenzen der Forschung zu Sprachclustern, Pidgins und Kreols oder Phänomenen des Sprachkontakts (code-switching, borrowing) (cf. Matras 2009: 1) 8 werden nur wenig in Gabriel/ Pešková/ Selig aufgegriffen. Da der Sammelband bereits breit aufgestellt ist, verwundert es, weshalb moderne Aspekte des digitalen Sprachkontaktes und der Variation im Zeitalter der Online-Kommunikation und der zunehmenden Migrationsbewegungen nur in wenigen Beiträgen Erwähnung finden. Nichtsdestotrotz stellt der Sammelband einen wichtigen Beitrag zur Fachdebatte dar, denn insbesondere durch die gelungene Verbindung von soziolinguistischen mit kontaktlinguistischen Fragestellungen und durch den Fokus auf die Empirie bietet sich so zum einen ein guter Überblick über die Forschungsbereiche und zum anderen ergeben sich neue Perspektiven auf Phänomene des Sprachkontaktes und der sprachlichen Variation, die noch genauer zu ergründen sind. Leonie Ette (Universität Augsburg) ★ 8 Matras, Y. 2009: Language contact, Cambridge, Cambridge University Press.