eJournals Forum Exegese und Hochschuldidaktik: Verstehen von Anfang an (VvAa) 4/2

Forum Exegese und Hochschuldidaktik: Verstehen von Anfang an (VvAa)
2366-0597
2941-0789
Francke Verlag Tübingen
10.2357/VvAa-2019-010
2019
42 Fischer Heilmann Wagner Köhlmoos

Patricia Arnold/Lars Kilian/Anne Thillosen/Gerhard M. Zimmer: Handbuch E-Learning: Lehren und Lernen mit digitalen Medien (UTB 4965), Bielefeld 5. Auflage 2018, 640 Seiten, ISBN 978-3-8252-4965-6

2019
Jan Heilmann
DOI 10.2357/ VvAa-2019-010 Verstehen von Anfang an 4/ 2 (2019) Patricia Arnold/ Lars Kilian/ Anne Thillosen/ Gerhard M. Zimmer: Handbuch E-Learning: Lehren und Lernen mit digitalen Medien (UTB 4965), Bielefeld 5 2018, 640 Seiten, ISBN 978-3-8252-4965-6. rezensiert von Jan Heilmann (https: / / orcid.org/ 0000-0003-2815-6827) 1 Zum Buch Das anzuzeigende Buch spricht denjenigen aus dem Herzen, die an einer hochschuldidaktisch zielführenden Integration von E-Learning in die universitäre Lehre interessiert und um deren Etablierung bemüht sind. Es muss aber eine Enttäuschung für diejenigen sein, die E-Learning vor allem mit der Hoffnung auf Effizienzsteigerung und Kostenersparnis im Bildungssystem verbinden. Es handelt sich um die fünfte Auflage des von Patricia Arnold, Lars Killian, Anne Thillosen und Gerhard Zimmer gemeinsam verantworteten Handbuchs E-Learning, die im Vergleich zur 1. Auflage von 2004 aktualisiert, umgearbeitet, neu akzentuiert und deutlich erweitert wurde. Nicht zuletzt die hohe Auflagenzahl in einem recht kurzen Zeitraum zeigt, dass es sich um ein wichtiges Standardwerk für didaktische Fragen des Lehrens und Lernens mit digitalen Medien handelt. Das Buch ist nicht auf den Einsatz von E-Learning in Hochschulen beschränkt, sondern hat ganz bewusst auch andere Bildungseinrichtungen, Schulen, die Erwachsenenbildung und Unternehmen im Blick. Das umfassende Kompendium ist in zwölf Kapitel strukturiert, die als Einführung vollständig gelesen werden können, sich aber auch sehr gut als Nachschlagewerk für einzelne Fragen verwenden lassen. Das Handbuch bietet gerade keine technische Detaileinführung zum E-Learning bzw. zu dessen Werkzeugen, sondern ist vielmehr ein Grundkurs pädagogisch-didaktischen Handelns anhand eines exemplarischen Gegenstands. Die große Stärke des Buches liegt in dieser konsequent pädagogischen Perspektive auf die zentralen Handlungsfelder und Einsatzmöglichkeiten von E-Learning, die insbesondere in den ersten beiden Kapiteln (1. Ziele und Struktur des Handbuchs; 2. Bildung mit E-Learning) entfaltet wird. So beschreiben die Autorinnen und Autoren, dass Misserfolge von E-Learning-Angeboten häufig durch eine defizitäre lerntheoretische Basis behavioristischer Herkunft, durch einen „Lehrlernkurzschluss“ (mangelnde Orientierung der Gestaltung von Lehrangeboten an den lernenden Subjekten) Patricia Arnold/ Lars Kilian/ Anne Thillosen/ Gerhard M. Zimmer: Handbuch E-Learning: Lehren und Lernen mit digitalen Medien 10.2357/ VvAa-2019-010 Verstehen von Anfang an 4/ 2 (2019) DOI 10.2357/ VvAa-2019-010 und durch fehlende Angebote zum Diskurs bedingt sind. Es wird konstatiert: Die „unmittelbare Lebendigkeit der Diskurse in Präsenzveranstaltungen kann prinzipiell durch kein multimediales und interaktives Bildungsangebot ersetzt werden“ (38). Nichtsdestoweniger sehen sie in der pädagogisch und didaktisch durchdachten Integration von E-Learning-Angeboten eine Chance zur Verbesserung von Bildungsprozessen. Erfolgreichen E-Learning-Konzepten liegt die Einsicht zugrunde, dass Bildung subjektives Lernergebnis eines Individuums darstellt und weder handelbar noch steuerbar sowie auf einen Kontext bzw. eine Lerngemeinschaft angewiesen ist. „Ein pädagogisches Verhältnis kann nur zwischen Menschen bestehen. […] Zwischen Mensch und Maschine […] kann prinzipiell kein reflektierter Diskurs über gesellschaftliche und subjektive Bedeutungszuschreibungen geführt werden“ (43). Bei erfolgreichen E-Learning-Konzepten nimmt der Computer die Rolle eines zusätzlichen Mediums im pädagogischen Verhältnis ein und schafft so z. B. neue Beteiligungschancen für die Lernenden, eine Vervielfältigung von Lernressourcen, kooperative und selbstorganisierte Formen des Lernens, die Möglichkeit der diskursiven Ausgliederung von Lernaufgaben und eine Neuordnung von Zeit- und Raumstrukturen des Lehrens und Lernens. Dies sollte einer aufgabenorientierten Didaktik als Strukturierungskonzept des Lehr-/ Lern-Diskurses dienen. In den folgenden Kapiteln werden unter dem Stichwort „Virtueller Bildungsraum“ (Kapitel 3), „Didaktische Konzeption“ (Kapitel 4) und „Bildungsressource“" (Kapitel 5) die vielfältigen Möglichkeiten des E-Learning ausführlich dargestellt. Unter dem Punkt „Kompetenzen für Lehren und Lernen“ (Kapitel 6) wird die Rolle der Lehrenden (und von Teletutoren) und deren didaktische und mediale Kompetenz als wichtiger Erfolgsfaktor besprochen. Es folgen Kapitel zum Prüfen (Kapitel 7), zum Qualitätsmanagement (Kapitel 8), zur Evaluation von E-Learning-Angeboten (Kapitel 9), zu Konzepten der Standardisierung (Kapitel 10), Rechtsgrundlagen (Kapitel 11) und zu Fragen der Implementierung und strategischen Zielen der Implementation (Kapitel 12). Die Autorinnen und Autoren plädieren für den Bereich der strategischen Ziele dafür, dass E-Learning nicht mit dem Ziel der Kostenersparnis verknüpft werden sollte, sondern mit einer Differenzierungsstrategie, dass also die Eigenschaften des E-Learning in den Vordergrund gerückt werden sollten. Diese können neue Nutzungspotentiale und Chancen „für den Erwerb ganzheitlicher Handlungskompetenzen zur selbstbestimmten Teilhabe an der Entwicklung und Gestaltung der individuellen und gesellschaftlichen Lebensgewinnung“ (472) eröffnen. Der Mehrwert von E-Learning liege also nicht in ökonomischer Effizienz, sondern „in der möglichen Steigerung der Qualität der Lehre, der Differenzierung der Bildungsangebote, dem raschen Zugang zu weiteren Informationen, der tutoriellen Unter- Arnold/ Kilian/ Thillosen/ Zimmer: Handbuch E-Learning 153 DOI 10.2357/ VvAa-2019-010 Verstehen von Anfang an 4/ 2 (2019) 154 Jan Heilmann stützung, der Entwicklung autodidaktischer Lernkompetenz, der Entwicklung kooperativ selbst organisierter Lernprozesse, der Stärkung der Kommunikation, Kooperation und Partizipation sowie der eigenständigen Produktion und Reflexion von Lern- und Arbeitsergebnissen“ (473). Das Buch beschließt neben einem Literaturverzeichnis und Sachregister ein hilfreiches Verzeichnis zu Abkürzungen und wichtigen Begriffen aus dem Bereich der digitalen Lehre. Zwei kleine kritische Anmerkungen seien an dieser Stelle vermerkt: Die erste betrifft den Umfang des Handbuches. Seit der ersten Auflage hat sich der Seitenumfang des Buches verdoppelt. Es sind zwar viele neue Aspekte hinzugekommen, allerdings könnte der Fokus der Bearbeitung für eine Neuauflage darauf liegen, die Texte zu straffen und Redundanzen sowie für ein Handbuch verzichtbare Details zu identifizieren und zu tilgen. Die zweite Bemerkung betrifft eine Aussage zum Lesen auf Bildschirmen, das laut Studienlage gegenüber dem Lesen auf Papier als nachteilig zu gelten hat (vgl. 36). Diesbezüglich konstatieren die Autorinnen und Autoren lapidar: „Es wird daher wichtig, da die Bildschirme alltäglich genutzt werden, das Lesen und Verstehen der auf dem Bildschirm präsentierten digitalen Medien zu lernen“ (37). Hier wird ohne jegliche Evidenz unterstellt, dass die Nachteile des Bildschirmlesens lediglich eine Kompetenzfrage seien und praktisch ausgeschlossen, dass es sich um einen gleichsam systemischen Nachteil handeln könnte. Aus der Sicht des Rezensenten sollten jedoch diese Ergebnisse zum Lesen auf dem Bildschirm Anlass dazu bieten, das Verhältnis zwischen digitalen Medien und dem traditionellen Text im Buch in Vermittlungskontexten grundsätzlich ausgewogen zu gestalten und die digitalen Medien keinesfalls zu überschätzen. 2 Zu Didaktik und Methode Das Buch zeichnet sich durch einen gut lesbaren Sprachstil aus, wobei insbesondere die zahlreichen Schaubilder das Gelesene illustrieren und den Zugang zu den Inhalten erleichtern. Als Handbuch hat es gattungstypisch keinerlei Lernaufgaben o. ä., allerdings lassen die kleinteilige Struktur und insbesondere die guten Zusammenfassungen erkennen, dass die Autoren den Lesevorgang durchaus als idealtypischen Lernprozess der Lesenden gestaltet haben. Dass ein Handbuch zum E-Learning allerdings völlig ohne digitales Begleitmaterial und weitgehend ohne Verweise auf Beispiele und Übungsmöglichkeiten auskommt, ist ein Desiderat, das ebenfalls für kommende Auflagen adressiert werden sollte. Verstehen von Anfang an 4/ 2 (2019) DOI 10.2357/ VvAa-2019-010 Arnold/ Kilian/ Thillosen/ Zimmer: Handbuch E-Learning 155 3 Das Buch als Lehr- und Lernbuch Das Handbuch E-Learning eignet sich nicht nur für Lehrende an der Hochschule und anderen Bildungseinrichtungen, sondern insbesondere auch für Studierende, die später in didaktischen Kontexten arbeiten und möglichst schon im Studium ihre eigenen E-Learning-Erfahrungen aus didaktischer und pädagogischer Perspektive kritisch reflektieren wollen. Im Optimalfall, sogar - entsprechend des dem Handbuch zugrundeliegenden pädagogischen Ansatzes - sollten Lernende bei der Ausgestaltung von E-Learning-Formaten mit ihren Lehrenden mitwirken. Insgesamt ist das Handbuch ein wichtiges Standard- und Nachschlagewerk, um Ideen für E-Learning-Angebote zu entwickeln, E-Learning-Konzepte auszuarbeiten, erstmals durchzuführen, kritisch-reflexiv zu begleiten, zu evaluieren, zu verbessern und deren dauerhafte Etablierung im Hochschulalltag zu forcieren. translated by David O’Neill 1 About the Book The book at hand speaks from the hearts of those interested in and endeavoring a tertiary-didactically expedient integration of Digital learning into academic teaching. It has to be regarded a disappointment for those, though, who link Digital learning primarily with the hope for efficiency enhancement and cost saving in the education system. We are talking about the fifth edition of the Handbuch e-Learning , the Digital learning handbook, published by Patricia Arnold, Lars Killian, Anne Thillosen and Gerhard Zimmer. Compared to the first edition from 2004 it has been updated, reworked, freshly accentuated and notably expanded. Not only the high number of editions within quite a short time frame indicates that the handbook can be regarded an important standard work concerning digital teaching and learning questions. The book is not restricted to the usage of Digital learning in universities but also deliberately focuses on other educational institutions, schools, adult education and companies. The encompassing compendium is structured into twelve chapters suitable to be read altogether as an introduction but also well usable as a reference book for specific questions. The book explicitly does not elucidate the technical specificities of Digital learning resp. its tools but rather represents a fundamental course in didactical actions by reference to an exemplary object. The great DOI 10.2357/ VvAa-2019-010 Verstehen von Anfang an 4/ 2 (2019) strength of the book lies in the systematically pedagogic eye on Digital learning’s central action fields and application possibilities that unfolds particularly in the first two chapters (1. Aims and Structure of the Handbook; 2. Education and Digital learning). Authors thus claim that failures of Digital learning offers are often a result of either a deficient behavioristic theoretical basis, a “Lehrlernkurzschluss”, meaning that teaching offers are insufficiently focused on learning subjects, and a lack of discourse opportunities. The authors state: The “immediate liveliness of discourses in in-class lectures basically cannot be substituted by an interactive multimedia education offer” (38). Nevertheless, they attribute a chance of education process improvement to a pedagogically and didactically sophisticated integration of Digital learning offers. The knowledge that underlies successful Digital learning concepts is that education constitutes the subjective learning experience of an individual and is neither tradable nor controllable or bound to a specific learning context respectively learning community. “An educational relationship can only exist between human beings. […] In principle, a reflective discourse on social and subjective attributions of meaning cannot be held between man and machine.” (43). In a successful application of Digital learning concepts, the computer plays the role of an additional medium within the educational relationship and thereby creates, for instance, new participation methods for learners, a multiplication of learning resources, cooperative and self-organized learning formats, the opportunity to discursively outsource learning tasks, and the realignment of time and space structures of teaching and learning. This ought to function as a structuring concept of the teaching-learning-discourse. In the following chapters, the range of Digital learning opportunities is described in detail under the headings “Virtual Educational Area” (ch. 3), “Didactical Conception” (ch. 4) and “Educational Resource” (ch. 5). Under the point “Competencies for Teaching and Learning” (ch. 6), the role of tutors (and tele tutors) and their didactic and media competence is reviewed as an important factor of success. This is followed by chapters on verification (ch. 7), quality management (ch. 8), evaluation of Digital learning offers (ch. 9), concepts of standardization (ch. 10), legal bases (ch. 11) and questions on the implementation and its strategic aims (ch. 12). The authors, regarding the realm of strategic aims, speak against the conjunction of Digital learning and cost saving but rather advocate a differentiation strategy by which the characteristics of Digital learning are foregrounded. These could open up new chances and potentials “for the acquisition of holistic competences to autonomously participate in the development and design of individual and social life production” (472). The added value of Digital learning, therefore, is not rooted in economic efficiency but “in the potential increase of teaching quality, the differenciation of education 156 Jan Heilmann Verstehen von Anfang an 4/ 2 (2019) DOI 10.2357/ VvAa-2019-010 offers, quick access to further information, added support through tutorials, the development of autodidactic learning competencies and cooperatively self-organized learning processes, a reinforcement of communication, cooperation, and participation, as well as the independent creation and reflection of work and learning outcomes” (473). The book is, besides a bibliography and an index, concluded by a helpful listing of abbreviations and important terms from the realm of digital teaching. Two little critical observations are also worth mentioning at this point: The first applies to the size of the handbook. Compared to the first edition, the page number has doubled. Many new aspects were added indeed, but the focus for a new edition could be to streamline the texts and identify and erase redundancies and details too widespread for a handbook. The second observation concerns a statement on on-screen reading that, according to current data, has to be regarded inimical to reading on paper (see 36). In this respect, the authors only succinctly state: “It is, due to the fact that screens are in everyday use, becoming important to learn how to read and understand the digital media presented on-screen” (37). Without any evidence, the authors assume that the disadvantages of digital reading are only a question of competence and that it is nearly impossible that there could be any kind of a systemic hindrance. Through the eyes of a critic, the results regarding on-screen reading should rather give rise to a more equilibrated design of the relation between digital media and the traditional paper book in the context of intermediation and a less underestimating view on digital media. 2 About Didactics and Method The book is characterized by an easily readable style, whereby the numerous diagrams in particular illustrate what has been read and facilitate the approaching of the content. Typically for its genre, the handbook does not provide any learning tasks or the like, the detailed structure and particularly the good summaries however indicate that the authors indeed regard the process of reading as the ideal-typical learning process of the reader. The fact that a handbook on Digital learning copes completely without digital supplementary material and without references to examples or exercises is a desideratum that should be addressed for the following editions. Arnold/ Kilian/ Thillosen/ Zimmer: Handbuch E-Learning 157 DOI 10.2357/ VvAa-2019-010 Verstehen von Anfang an 4/ 2 (2019) 3 The Book’s Use for Teachers and for Learners The Handbuch Digital learning is not only suitable for teaching staff at universities or other education institutes but in particular also for students who aim to work in didactical contexts one day and desire to critically reflect on their own Digital learning experiences from a didactical and pedagogical perspective before entering their jobs. In the ideal case, learners actually design the specific Digital learning formats together with their instructors - in accordance with the underlying pedagogical approach in the handbook. All in all, the handbook is an important standard reference and helps develop Digital learning ideas, elaborate concepts, apply them, critically and reflexively accompany them, evaluate and improve them and accelerate their being permanently established in academia. 158 Jan Heilmann