eJournals Forum Exegese und Hochschuldidaktik: Verstehen von Anfang an (VvAa) 6/1

Forum Exegese und Hochschuldidaktik: Verstehen von Anfang an (VvAa)
2366-0597
2941-0789
Francke Verlag Tübingen
10.2357/VvAa-2021-0004
Der Beitrag betrachtet die historisch-kritische Methode im Anschluss an die Systemtheorie als re-entry, also als Außenperspektive in der Binnenperspektive. Diese Modellierung erlaubt eine perspektivenabhängige Beschreibung der Stärken und Schwächen, die diese Methode unter interreligiösen Bedingungen zeigt. Wer die historisch-kritische Exegese stärker in der Außenperspektive verortet, kann argumentieren, dass im Sinne der „Gleichbehandlung“ nicht nur die Bibel, sondern auch der Koran mit Hilfe dieser Methode erschlossen werden sollte. Wer die historisch-kritische Exegese stärker in der (akademisch-christlichen) Binnenperspektive verortet, kann argumentieren, dass es nicht angemessen ist, eine Methode aus der ‚eigenen‘ Religion eigenmächtig auf die heilige Schrift einer ‚anderen‘ Religion zu übertragen.
2021
61 Fischer Heilmann Wagner Köhlmoos

Was ‚bringt’ die historisch-kritische Exegese dem Religionsunterricht unter den Bedingungen von Interreligiosität?

2021
Hanna Roose
David O’Neill
DOI 10.2357/ VvAa-2021-0004 Verstehen von Anfang an 6/ 1 (2021) Was ‚bringt‘ die historisch-kritische Exegese dem Religionsunterricht unter den Bedingungen von Interreligiosität? Hanna Roose (https: / / orcid.org/ 0000-0003-2848-0053) Der Beitrag betrachtet die historisch-kritische Methode im Anschluss an die Systemtheorie als re-entry , also als Außenperspektive in der Binnenperspektive. Diese Modellierung erlaubt eine perspektivenabhängige Beschreibung der Stärken und Schwächen, die diese Methode unter interreligiösen Bedingungen zeigt. Wer die historisch-kritische Exegese stärker in der Außenperspektive verortet, kann argumentieren, dass im Sinne der „Gleichbehandlung“ nicht nur die Bibel, sondern auch der Koran mit Hilfe dieser Methode erschlossen werden sollte. Wer die historisch-kritische Exegese stärker in der (akademisch-christlichen) Binnenperspektive verortet, kann argumentieren, dass es nicht angemessen ist, eine Methode aus der ‚eigenen‘ Religion eigenmächtig auf die heilige Schrift einer ‚anderen‘ Religion zu übertragen. 1 Was ‚bringt‘ die historisch-kritische Exegese dem Religionsunterricht unter den Bedingungen von Interreligiosität? Die historisch-kritische Methode gehört in den Bereich der Unterrichtsvorbereitung, nur selten in den Unterricht selbst. Die Exegese dient der Praktischen Theologie nach Bernd Schröder (nurmehr) als „Hintergrundwissen“ 1 . Dieses ‚Hintergrundwissen‘ müssen sich angehende Lehrkräfte aneignen und in geeigneter Weise didaktisch fruchtbar machen. Wie das geschehen kann, welche Fragen und Probleme davon berührt werden, bedarf der hochschuldidaktischen Reflexion. 2 Hermeneutische Überlegungen 2.1 Historisch-kritische Exegese als Außenperspektive Im Zuge der Aufklärung erheben wesentliche Teile der christlichen Theologie die historisch-kritische Exegese zur vorrangigen Methode in den Bibelwissenschaften. ‚Kritisch‘ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die neutestament- 1 Schröder, Hintergrundwissen, 210-242. Verstehen von Anfang an 6/ 1 (2021) DOI 10.2357/ VvAa-2021-0004 Was ‚bringt‘ die historisch-kritische Exegese dem Religionsunterricht 69 liche Wissenschaft die christliche Qualifizierung der biblischen Texte als ‚Wort Gottes‘ ausklammert. 2 Die historisch-kritische Methode behauptet damit nicht , dass die Bibel nicht ‚Wort Gottes‘ sei, sondern sie enthält sich in dieser Frage eines Urteils. Mit anderen Worten: Die Frage, ob bzw. inwiefern die biblischen Texte ‚Wort Gottes‘ sind, liegt außerhalb der Reichweite der historisch-kritischen Exegese. Sie untersucht nur die menschliche Dimension dieser Texte, ohne ein Urteil darüber zu fällen, inwiefern wir hier dem ‚Wort Gottes‘ begegnen. Historisch-kritische Exegese nimmt damit eine Außenperspektive auf die beiden Testamente ein. Leitend ist der Versuch, die Untersuchung biblischer Texte auch für Nicht-Christen (oder auch für Personen, die sich weder eindeutig für christlich noch für nicht-christlich halten) akzeptabel und nachvollziehbar zu machen. Es geht der historisch-kritischen Methode gerade nicht darum, Nicht- Christen davon zu überzeugen, dass die Bibel ‚Gottes Wort‘ ist, sondern darum, mit ihnen wissenschaftlich und ohne Missionierungsdruck ins Gespräch zu kommen. Deshalb wird die Frage, ob uns in der Bibel ‚Gottes Wort‘ begegnet, ausgeklammert. Mit diesem Anliegen empfiehlt sich die historisch-kritische Exegese in gewisser Weise gerade unter den Bedingungen von Interreligiosität. Denn sie kann einerseits Menschen, die sich nicht für christlich halten, in den methodisch kontrollierten Auslegungsprozess biblischer Texte hineinnehmen, ohne diesen Personen gegenüber übergriffig zu werden; und sie kann andererseits auch Texte, die in anderen Religionen als heilig gelten, methodisch kontrolliert auslegen, ohne sich zu diesem Geltungsanspruch positionieren zu müssen. Ist damit also schon alles gesagt? Haben wir die Antwort auf die Frage, was Exegese unter den Bedingungen von Interreligiosität leisten kann, schon lange in der Tasche? Aus meiner Sicht lohnt es sich zumindest in der Hochschuldidaktik dieses Anliegen und diese Stärke der historisch-kritischen Methode zu thematisieren, bevor man - etwa im neutestamentlichen Proseminar - mit der Bearbeitung der einzelnen methodischen Schritte beginnt. Gerade angesichts dieser Stärke stellen sich aber auch neue Fragen. Sie gehen in zwei Richtungen: Einerseits kopiert die christliche Theologie mit der historisch-kritischen Methode die Außenperspektive in die Binnenperspektive hinein (2.2). Andererseits tolerieren nicht alle Teile des Christentums, des Judentums und des Islams die historisch-kritische Außenperspektive auf ihre heiligen Texte (2.3). 2 Roose, Neues Testament, 10f. DOI 10.2357/ VvAa-2021-0004 Verstehen von Anfang an 6/ 1 (2021) 2.2 Historisch-kritische Exegese als Außenperspektive in der Binnenperspektive Als ‚reine‘ Außenperspektive bleibt die historisch-kritische Methode allerdings unterbestimmt. Christliche Theologie kopiert mit der historisch-kritischen Methode die Außenperspektive in die Binnenperspektive hinein. 3 Sofern sie das nicht täte, würde die Exegese aus der Theologie auswandern. Historisch betrachtet verdankt sich die historisch-kritische Herangehensweise an biblische Texte einer theologischen Entscheidung des westlichen Christentums. Die Inspirationslehre der lutherischen Orthodoxie wird zunehmend abgelöst. Die Theologie versteht mit der historisch-kritischen Methode die „Intention des jeweiligen menschlichen Autors als Garant des Sinns und der Einheitlichkeit seiner Äußerungen […]. Damit wurde zugleich die Individualität und historische Kontingenz der einzelnen Schriften des Kanons wiederentdeckt“ 4 . Sofern die Exegese sich als theologische Disziplin versteht, bedarf es also einer Hermeneutik, die die historisch-kritische Methode zur binnenperspektivischen, theologischen Betrachtung des Neuen Testaments als heiliger Schrift der Christinnen und Christen ins Verhältnis setzt. Diese Hermeneutik ist nicht mehr genuiner Teil der historisch-kritischen Exegese, aber auch die christliche Theologie insgesamt tut sich nicht selten schwer mit ihr. 5 Die Spannbreite der Antwortversuche ist groß: Oda Wischmeyer beispielsweise bestimmt ihre Hermeneutik über die Stichworte der Dekanonisierung, Dehistorisierung, Despiritualisierung, Textualisierung und Kulturalisierung. 6 Kirche kommt so in den Blick, dass es in der Auslegung neutestamentlicher Texte um das kritische Verstehen ihrer kirchlichen Rezeption geht. Hier wird also die Außenperspektive stärker betont. Ulrich Luz hat demgegenüber eine Theologische Hermeneutik des Neuen Testaments vorgelegt. 7 Er möchte neutestamentliche Wissenschaft als theologische Disziplin bezogen auf die Kirche konzipieren: „Wie kann eine Hermeneutik des Neuen Testaments dazu beitragen, ein neues Verständnis für den zu schaffen, der sein Zentrum ist, nämlich Gott? “ 8 Hier dominiert also die Binnenperspektive. Wie prekär die Frage nach einer genaueren Bestimmung des Verhältnisses zwischen Außen- und Binnenperspektive in der Binnenperspektive ist, zeigen u. a. der Sammelband neutestamentlicher Auto- 3 Vgl. dazu die Unterscheidung von Selbstreferenz und Fremdreferenz sowie das ‚re-entry‘ nach Luhmann, Gesellschaft, 77. 4 Alkier, Neues Testament, 41f. 5 Vgl. den hilfreichen Überblick bei Guttenberger, Tendenzen, 24-37. 6 Wischmeyer, Hermeneutik, 204-211. 7 Luz, Hermeneutik. 8 Luz, Hermeneutik, 15. 70 Hanna Roose Verstehen von Anfang an 6/ 1 (2021) DOI 10.2357/ VvAa-2021-0004 rinnen und Autoren zu Sola Scriptura 9 und die Beobachtung, nach der Exegese und Homiletik weitgehend getrennte Diskurse führen. 10 2.3 Historisch-kritische Exegese als unangemessene Binnenperspektive Teile des Christentums, des Judentums und des Islam betrachten die (vermeintliche) Außenperspektive der historisch-kritischen Exegese als unangemessene Binnenperspektive, als eine Positionierung, die den Texten ihre Heiligkeit abspricht. In der Erklärung der Evangelischen Allianz von 1989 wird jede Form der historisch-kritischen Rückfrage an biblische Texte abgelehnt. Aktuell führt genau dieser Aspekt zu Konflikten innerhalb des Netzwerkes evangelikaler Christen Evangelische Allianz . 11 (Auch) innerhalb des Judentums scheiden sich ab dem 19. Jahrhundert an der historisch-kritischen Methode die Geister. 12 Während weite Teile der christlichen Theologie die Texte des Alten Testaments historisch-kritisch auslegen, ist das mit Blick auf die hebräische Bibel innerhalb des Judentums alles andere als selbstverständlich. Dabei erregt die diachrone Perspektive der historisch-kritischen Methode (z. B. in Form von Quellenscheidungshypothesen) mehr Anstoß als die synchrone Perspektive, die neuerlich - auch in der christlichen Exegese - vermehrt auf Methoden aus der Literaturwissenschaft zurückgreift (s. u.). Auch diese Perspektive wird jedoch als nicht unproblematisch wahrgenommen. Aharon Leibowitz grenzt sich von einem „evaluative criticism“ 13 ab. Es gehe nicht um Bewertung, sondern um ‚discernment‘ - immer in dem Bewusstsein, dass es sich bei der hebräischen Bibel nicht einfach um Literatur handele, sondern um „so much, so incalculably much, more“ 14 . Yael Ziegler qualifiziert ihre Herangehensweise an den Tanach als „literary-theological reading“ 15 . Sie möchte literaturwissenschaftliche Herangehensweisen für die Auslegung des Buches Ruth als ‚sacred book‘ fruchtbar machen und beruft sich dafür auf Shalom Carmy. Carmy, ein moderner orthodoxer Rabbiner, spitzt diesen Aspekt zu. Der Text der hebräischen Bibel eröffnet ihm zufolge nicht nur einen Interpretationsspielraum (‚a room‘), der durch den Blick auf säkulare literaturwissenschaftliche und historische Fragestellungen erweitert werden kann (‚with a view‘), sondern dieser Interpretationsspielraum muss der eigene sein (‚but a room of our own‘): 9 Alkier, Sola Scriptura. 10 Mit Beispielen: Conrad, Jesusrezeption, 279. 11 Tscharntke, Allianz. 12 Martini/ Talabardon, Bibelauslegung. 13 Lichtenstein, Criticism, 27. 14 Lichtenstein, Criticism, 21. 15 Ziegler, Ruth, 3. Was ‚bringt‘ die historisch-kritische Exegese dem Religionsunterricht 71 DOI 10.2357/ VvAa-2021-0004 Verstehen von Anfang an 6/ 1 (2021) 72 Hanna Roose „We want a room with a view, since there is knowledge to be had that we want to have for our enhanced study of Torah. But we cannot do our work […] unless we do it in a room of our own.“ 16 Carmy spricht insofern von einem ‚literarytheological ‘ approach, 17 bei dem die Auslegungsgemeinschaft eine entscheidende Rolle spielt: „Situating our own analysis within the continuum of Jewish biblical exegesis is more than a nostalgic exercise in historical piety: it defines an essential dimension of our study.“ 18 Ähnlich wie im Judentum und im Christentum ist die historisch-kritische Methode auch im Islam umstritten. Abdelmajid Charfi hat 2018 eine historischkritische Koranausgabe vorgelegt. 19 Zu jedem Vers sind Varianten und deren Autor angegeben. Die Entstehung des Koran wird als mehrschichtiger Prozess rekonstruiert. In Saudi-Arabien wurde die Ausgabe umgehend verboten. 20 An der Universität Münster lief von 2012-2018 ein DFG-gefördertes Forschungsprojekt, zu dem es in der Projektbeschreibung heißt: „Das Projekt mit dem Titel ‚Historisch kritischer Korankommentar unter Berücksichtigung von Aneignungs-, Transformations- und Abgrenzungsprozessen zwischen Islam und der jüdisch-christlichen Tradition‘ ist innerhalb der sogenannten ‚Theologie der Barmherzigkeit‘ eingebettet und setzt sich zum Ziel, unterschiedliche Themenkomplexe des Korans inhaltlich zu analysieren und zu kommentieren, um so auf lange Sicht einen vollständigen Korankommentar in deutscher Sprache zu erstellen. Das Projekt ist dabei so ausgerichtet, dass es sowohl einen deskriptiven als auch einen normativen Teil beinhaltet, die nicht separiert voneinander, sondern ineinander verzahnt werden sollen.“ 21 In der Unterscheidung zwischen einem deskriptiven und einem normativen Teil reproduziert sich die Differenz zwischen (deskriptiver) Außen- und (normativer) Binnenperspektive. In der Ankündigung, beides miteinander verzahnen zu wollen, zeigt sich das Anliegen, die Außenin die Binnenperspektive hineinzukopieren. Mit seiner Koranexegese stößt Mouhanad Korchide, der das Projekt maßgeblich mitverantwortet, in Teilen des Islam auf scharfe Ablehnung. 16 Carmy, Room, 65. 17 Carmy, Room, 62. 18 Carmy, Room, 41. 19 Charfi, Koran-Text. 20 Steinich, Sprengstoff. 21 El-Omari, Korankommentar. Verstehen von Anfang an 6/ 1 (2021) DOI 10.2357/ VvAa-2021-0004 Was ‚bringt‘ die historisch-kritische Exegese dem Religionsunterricht 73 2.4 Historisch-kritische Exegese zwischen Binnen- und Außenperspektive Diese Schlaglichter sollen genügen. Sie zeigen, dass der Rekurs auf die historisch-kritische Exegese nicht ‚unschuldig‘ ist. Sie bedarf (nicht nur) unter den Bedingungen von Interreligiosität einer bewussten Entscheidung und Begründung. Wer die historisch-kritische Exegese stärker in der Außenperspektive verortet, kann argumentieren, dass im Sinne der ‚Gleichbehandlung‘ nicht nur die Bibel, sondern auch der Koran mit Hilfe dieser Methode erschlossen werden sollte. 22 Wer die historisch-kritische Exegese stärker in der (christlichen) Binnenperspektive verortet, kann argumentieren, dass es nicht angemessen ist, eine Methode aus der ‚eigenen‘ Religion eigenmächtig auf die heilige Schrift einer ‚anderen‘ Religion zu übertragen. 3 Hochschuldidaktische Überlegungen Die Vorgaben zum schulischen Religionsunterricht reproduzieren mit Blick auf evangelischen und katholischen Religionsunterricht die Spannung von Binnen- und Außenperspektive. Außenperspektive Hist.-kritische Exegese Binnenperspektive Art. 7,3 GG Bibel Kulturgut, historische Quelle, literarischer Text Kanonische Schrift Hermeneutik Beobachtend (kritisch) Gebunden an eine religiöse Gemeinschaft (theologisch) Tabelle 1: Konfessioneller Religionsunterricht in der Spannung von Binnen- und Außenperspektive Einerseits müssen angehende Lehrerinnen und Lehrer die historisch-kritische Methode erlernen und damit eine historische und literaturwissenschaftliche Außenperspektive auf biblische Texte einüben. Nach den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften , wie sie die EKD 1971 präzisiert hat, müssen biblische Texte als historisch gewordene Größe in den Blick kommen und ausgelegt werden 22 „Wenn wir die Maßstäbe einer historisch-kritischen Exegese an unsere eigene Heilige Schrift legen, halte ich es sogar für geboten, den Koran genauso zu betrachten. Diese Problematik ist in der zeitgenössischen Theologie nicht unumstritten, […] Martin Bauschke und Johan Bouman stehen jeweils für eine Extremposition in dieser Frage“ (Incedal, Stellung Jesu). DOI 10.2357/ VvAa-2021-0004 Verstehen von Anfang an 6/ 1 (2021) 74 Hanna Roose (3.1). Es geht um das „biblische Zeugnis von Jesus Christus unter Beachtung seiner Wirkungsgeschichte“. Die Lehrkraft nimmt die Auslegung und Vermittlung der Glaubensinhalte „auf wissenschaftlicher Grundlage und in Freiheit des Gewissens vor“ 23 . Hier wird eine Abgrenzung gegenüber evangelikalen Strömungen sichtbar. Andererseits wird schulischer Religionsunterricht bekanntlich durch Art. 7 Abs. 3 GG auf die Binnenperspektive der Religionsgemeinschaft, die ihn jeweils verantwortet, verpflichtet. Er soll gerade nicht religionskundlich gestaltet werden. Bibeldidaktisch gewendet erwächst aus dieser rechtlichen Vorgabe der Anspruch, die Bibel als kanonischen Text des Christentums zur Sprache zu bringen. Die Bibel ist für das Christentum nicht nur Weltliteratur. Sie erhebt als kanonischer Text - anders als etwa ‚Faust‘ - normative Ansprüche, von denen die Schülerinnen und Schüler wissen sollten. Der ‚theological approach‘, von dem Carmy und Ziegler in jüdischem Kontext sprechen, bezieht sich im evangelischen und katholischen Religionsunterricht im Sinne eines konfessorischen Bezugs auf das Christentum. Evangelischer oder katholischer Religionsunterricht hat im Gefolge von Art. 7 Abs. 3 GG die Aufgabe, christliche Lesarten biblischer Texte samt ihres normativ-kanonischen Anspruchs einzuspielen , ohne die Schülerinnen und Schüler darauf zu verpflichten . 24 Insofern ist die Frage nach der Auslegungsgemeinschaft didaktisch relevant, und zwar dahingehend, dass zwischen dem ‚kanonischen Wir‘ einer jüdischen, christlichen oder muslimischen Auslegungsgemeinschaft und dem ‚empirischen Wir‘ der Klassengemeinschaft als Auslegungsgemeinschaft zu unterscheiden und gleichzeitig beides aufeinander zu beziehen ist. Historisch-kritische Exegese verhandelt den Aspekt des ‚kanonischen Wir‘ bisher v. a. im Zuge der Frage nach einer angemessenen Auslegung des Alten Testaments im Christentum (3.2). Wie (angehende) Lehrkräfte mit dieser Spannung umgehen, wie sie also zwischen konfessioneller Binnen- und historisch-kritischer Außenperspektive vermitteln, überlässt das Studium ihnen bisher - entgegen anderslautenden hochschuldidaktischen Programmatiken - weitgehend selbst. Einzelne Schlaglichter mögen das beleuchten: Die inhaltliche und strukturelle Vernetzung der (primär historisch ausgerichteten) exegetischen mit (nicht primär historisch ausgerichteten) theologischen Disziplinen ist - von Ausnahmen abgesehen - (zu) schwach. So sind interdisziplinäre Veranstaltungen etwa von Exegese und Systematischer Theologie oder von Exegese und Praktischer Theologie oft die Ausnahme. Wie unterschied- 23 Stellungnahme der Kommission 1 der EKD (1971), zit. nach Schröder, Konfessionalität, 34f. 24 Vgl. Hoegen-Rohls, Lernen, 43f. Verstehen von Anfang an 6/ 1 (2021) DOI 10.2357/ VvAa-2021-0004 Was ‚bringt‘ die historisch-kritische Exegese dem Religionsunterricht 75 lich die Eigenlogiken theologischer Disziplinen sein können, zeigt etwa der jahrzehntelange, innertheologische Streit um die Frage der Relevanz der alten Sprachen in Lehramtsstudiengängen. Ein Dialog zwischen den theologischen Disziplinen findet nur bedingt statt. Ruth Conrad stellt für die Homiletik fest: „Ein differenziertes und lebendiges Gespräch zwischen Exegese und Homiletik sowie die Entwicklung einer homiletischen Schrifthermeneutik stellen derzeit ein Desiderat dar.“ 25 Dort, wo ein solches Gespräch dokumentiert ist, zeigen sich Aporien, die sonst eher verdeckt bleiben. 26 In einem Schriftgespräch zwischen Florian Wilk und Martin Rothgangel zur Wahrnehmung Jesu beschreibt Wilk exegetisch eine „ganze Palette an Wahrnehmungsweisen Jesu im Markusevangelium“ - und Martin Rothgangel merkt an: „Es mag Sie zunächst überraschen, aber es könnte sich als wenig effektiv erweisen, mit Jugendlichen den vollen Umfang dieser Wahrnehmungsweisen Jesu zu behandeln.“ 27 - worauf Florian Wilk Einspruch erhebt, „wenn man die neutestamentliche Wissenschaft als bloßen Zulieferbetrieb betrachtet, dessen Ergebnisse allein ihrer aktuellen Relevanz gemäß benutzt werden“ 28 . Bibeldidaktik beansprucht in der Regel, zwischen der Exegese als Anwalt des biblischen Textes und der Pädagogik als Anwalt der Schülerinnen und Schüler zu vermitteln. 29 Ungeachtet der Frage, inwiefern sich die Exegese in diesen Bemühungen tatsächlich wiedererkennt, fokussiert die Bibeldidaktik auf die lebensweltliche Relevanz biblischer Texte für die Schülerinnen und Schüler. Die Fragen, inwiefern sie als Teil einer Religionsgemeinschaft oder (nur) als Teil einer Klassengemeinschaft adressiert werden sollen, 30 und inwiefern biblische Texte als Teil einer heiligen Schrift oder (nur) als Kulturgut thematisiert werden, finden bibeldidaktisch bisher nur wenig Beachtung. Klar scheint, dass es didaktisch problematisch ist, eine der beiden Perspektiven allein zu stellen: Weder sollen die Schülerinnen und Schüler als (Mini-)Exegetinnen und Exegeten ausgebildet, noch sollen sie auf eine christliche Identität festgelegt werden. Die didaktische Funktion der historisch-kritischen Exegese unter den Bedingungen von Interreligiosität ist angesichts dieses Spannungsfeldes zu bestimmen. 25 Conrad, Jesusrezeption 279. 26 Rothgangel/ Wilk, Wahrnehmung. 27 Rothgangel/ Wilk, Wahrnehmung, 241. 28 Rothgangel/ Wilk, Wahrnehmung, 244. 29 Zimmermann/ Zimmermann, Bibeldidaktik. 30 Kammeyer/ Reis, Öffnung. DOI 10.2357/ VvAa-2021-0004 Verstehen von Anfang an 6/ 1 (2021) 76 Hanna Roose 3.1 Historisch-kritische Exegese und das Gewordensein heiliger Schriften Bibeldidaktische Fragestellungen knüpfen in der Regel - synchron - an der überlieferten Letztgestalt der Texte an. Mit der Thematisierung der Zwei-Quellen-Theorie rekurriert der Religionsunterricht jedoch auch auf diachrone Perspektiven. Diachrone Perspektiven auf heilige Schriften betonen bekanntlich deren historisch beschreibbares Gewordensein. Die didaktische Relevanz dieser Perspektive liegt v. a. darin, biblizistischen und fundamentalistischen Zugängen entgegenzuwirken. Bei der Behandlung der Zwei-Quellen-Theorie geht es im Religionsunterricht nicht in erster Linie um die Diskussion verschiedener Modelle zur Entstehung des Neuen Testaments. Als impliziter Gegenhorizont erweisen sich vielmehr unkritische Auffassungen, nach denen es sich bei den Evangelien nicht um historisch gewachsene Texte handele. 31 So heißt es im Lehrerband aus der Religionsbuchreihe Moment mal! zur Bildungsrelevanz der Zwei-Quellen-Theorie, sie diene dazu, den Schülerinnen und Schülern zu verdeutlichen, „dass es sich bei den Evangelien um historisch gewachsene Texte handelt, die von verschiedenen Glaubenserfahrungen durchaus unterschiedlich erzählen“ 32 . Die Pointe besteht also darin, dass biblische Texte nicht ‚direkt‘ von Gott kommen (und daher auch nicht biblizistisch zu deuten sind). In einem interreligiösen Kontext wird diese didaktische Stoßrichtung prekär. Betrachten wir dazu als Beispiel aus dem evangelischen Religionsunterricht eine handschriftlich in die Religionsmappe übertragene Tabelle eines Schülers aus der 8. Klasse: Koran Bibel Wurde Mohammed durch den Engel Gabriel übermittelt. Wurde von vielen Menschen aufgeschrieben. Ist göttliche Inspiration. Wurde immer wieder abgeändert oder neu zusammengestellt (fester Kanon ab 3. Jahrhundert). Ist nicht veränderbar oder interpretierbar. Jeder legt die Bibel für sich aus, sie wird auch wissenschaftlich eingeordnet. Handelt von Mohammed. Handelt von Jesus. 31 Roose, Zwei-Quellen-Theorie, 187-198. 32 Husmann/ Merkel, Moment, 102. Verstehen von Anfang an 6/ 1 (2021) DOI 10.2357/ VvAa-2021-0004 Was ‚bringt‘ die historisch-kritische Exegese dem Religionsunterricht 77 Mohammed war Krieger und Eroberer. Jesus wandte sich Kranken und Armen zu. Somit klingen viele Suren brutal und dürfen nicht aus dem Zusammenhang gerissen werden. Im Neuen Testament steht, dass der Glaube stärker ist als das Gesetz. Tabelle 2: Koran und Bibel (Schülereintrag, Religionsunterricht, 8. Klasse) Diese Tabelle - deren unterrichtlichen Entstehungsprozess ich im Einzelnen nicht kenne - zeigt symptomatisch, welche Probleme entstehen können, wenn die jeweilige Perspektive, aus der eine heilige Schrift betrachtet wird, nicht klar markiert ist. In den ersten beiden Tabellenzeilen wird eine unhistorische (bezogen auf den Koran) neben eine historische (bezogen auf die Bibel) Perspektive gestellt. Unerwähnt bleibt einerseits, dass der Entstehungsprozess des Korans nach Ansicht einer Reihe von Islamwissenschaftlern in vier Phasen gegliedert werden kann, andererseits, dass die Bibel nach christlichem Verständnis ungeachtet der Frage nach ihrer historischen Entstehung als Kanon und damit als inspirierte Schrift gilt. Die dritte Zeile thematisiert die Hermeneutik. Hier stehen sich wiederum eine unhistorische Binnenperspektive auf den Koran und eine historische, wissenschaftliche Außenperspektive auf die Bibel gegenüber (daneben tritt eine individualisierte rezeptionsästhetische Perspektive). In den Zeilen fünf und sechs verschieben sich die Perspektiven. Auf der Folie eines Kontrastschemas werden die historischen Menschen Mohammed und Jesus in ihrem Handeln gegenübergestellt. Die historische Perspektivierung auf Seiten des Korans dient dann der Relativierung ‚brutal‘ klingender Suren. Die Aussage, dass ‚Glaube stärker ist als das Gesetz‘, erscheint dagegen als zeitlos gültige Feststellung aus der Bibel. Die Thematisierung von Koran und Bibel gerät damit in das didaktische Spannungsfeld zwischen dem Anliegen, dem Islam in seiner Binnenperspektive gerecht zu werden, und dem Anliegen, die historisch-kritische Exegese als die im Christentum leitende bibelwissenschaftliche - außenperspektivische - Methode zu berücksichtigen. Die Perspektiven werden nicht geklärt und auch nicht stringent durchgezogen. An diesem Punkt zeigt sich hochschuldidaktisch die Notwendigkeit, im Zusammenhang mit der historisch-kritischen Exegese die Frage der Perspektive konsequent zu thematisieren. DOI 10.2357/ VvAa-2021-0004 Verstehen von Anfang an 6/ 1 (2021) 78 Hanna Roose 3.2 Historisch-kritische Exegese und die Frage nach der Auslegungsgemeinschaft Historisch-kritische Exegese möchte biblische Texte methodisch kontrolliert unter Absehung von einer bestimmten Auslegungsgemeinschaft interpretieren. Mit dem Neuen Testament sind jedoch bestimmte Deutungen alttestamentlicher Texte verschriftlicht worden, die selbst wieder der historisch-kritischen Auslegung unterzogen werden können. Insofern hat es die Exegese hier mit der Frage der Bedeutung von Auslegungsgemeinschaften für die Interpretation von Texten zu tun. Besonders pointiert geschieht das derzeit im Modell der doppelten Leseweise. 33 Es besagt, dass das Alte Testament aus einer christlichen Perspektive doppelt gelesen werden sollte: einmal im jüdischen Kontext und einmal im christlichen Kontext (also im Zusammenhang mit dem Neuen Testament). Didaktisch gewendet bedeutet das: Der Unterricht markiert angesichts von Texten wie Jes 9,1-6 neben christologischen Deutungen, die sich von neutestamentlichen Texten (z. B. Lk 1,32) und von der christlichen Tradition her nahelegen, den Raum für alternative jüdische Lesarten. Christliche und muslimische Auslegungsgemeinschaften beziehen sich auf je eigene Texte, die jedoch motivische Überschneidungen aufweisen. Hochschuldidaktische Diskussionen fokussieren bisher ganz überwiegend die Frage, inwiefern Unterschiede zwischen den Überlieferungen aus Bibel und Koran im Unterricht markiert werden sollten. Der Ansatz sich ‚entsprechender Geschichten‘ aus den Niederlanden 34 ist hier aufschlussreich. Er präsentiert den Grundschulkindern zwei getrennte Geschichten von Jona bzw. Yunus, 35 lässt aber beide Geschichten tendenziell auf dieselbe „dogmatische Rahmung“ 36 zulaufen, die besagt, „dass Gott sowohl in der Bibel als auch im Koran der Barmherzige ist“ 37 . Die Lehrerin weist die Kinder abschließend darauf hin, was sie „so lustig“ findet: L: „Wir bringen die Worte Jona und Yunus durcheinander. Manchmal bringen wir auch die Worte Gott und Allah durcheinander. Merkt ihr das? “ 38 Hier haben wir also den umgekehrten Fall als im Modell der doppelten Leseweise: Während dort ein und derselbe Text durch zwei unterschiedliche Aus- 33 Zenger, Einleitung, 11-36. 34 Kuindersma, Theologisieren, 202. 35 Zu „Yunus“ zieht eine Lehrerin Sure 10,98-100; 21,87-90; 37, 139-148 und 68,48 heran und verbindet sie zu einer eigenen Nacherzählung von Yunus und Allah (Kuindersma, Theologisieren, 205). 36 Frank, Religionsunterricht, 142-156. 37 Kuindersma, Theologisieren, 209. 38 Kuindersma, Theologisieren, 208. Verstehen von Anfang an 6/ 1 (2021) DOI 10.2357/ VvAa-2021-0004 Was ‚bringt‘ die historisch-kritische Exegese dem Religionsunterricht 79 legungsgemeinschaften unterschiedlich gedeutet wird, 39 werden hier zwei unterschiedliche Texte gleich gedeutet. Die Auslegungsgemeinschaft ist nicht christlich oder muslimisch qualifiziert, sondern als Klassengemeinschaft. Die Frage danach, ob bzw. wie das ‚Wir‘ im Klassenzimmer inhaltsbezogen konstituiert wird bzw. konstituiert werden soll, ist bisher bibeldidaktisch wenig reflektiert. Dahinter steht die Frage nach der Bedeutung der Auslegungsgemeinschaft für die Interpretation heiliger Texte. Kristin Konrad hat mit Blick auf die Gemeinschaftswerdung Israels im Buch Exodus eine Studie vorgelegt, die sich dieser Frage widmet. „Gelingt über die Texte ein Zugang zu einem ‚Wir‘, als Gruppe oder als Gemeinschaft? “ 40 Dieses didaktische Anliegen steht in einer gewissen Spannung zum exegetischen Modell der ‚doppelten Leseweise‘ und zum didaktischen Ansatz der individualisierenden Subjektorientierung. 41 4 Hochschuldidaktische Ausblicke: Von der historisch-kritischen zur (kanonisch)-intertextuellen Exegese Angesichts einer diagnostizierten „Krise der historisch-kritischen Exegese“ 42 fokussieren einige neuere Strömungen innerhalb der neutestamentlichen Wissenschaft stärker den biblischen Text, wie er uns heute vorliegt. Sie blenden damit den ‚historischen‘ Zugang im Sinne einer diachronen Erhellung des Entstehungsprozesses biblischer Texte ab (nicht aus). In den Fokus rückt (u. a.) das intertextuelle Zusammenspiel biblischer Texte. 43 Methodisch gewinnen gegenüber den Methoden der Geschichtswissenschaften diejenigen der Literaturwissenschaft an Bedeutung. Es geht um den unabschließbaren Prozess der Interpretation, um eine ‚fortwährende Lektüre aller biblischen Schriften‘: 39 Bei Carmy führen auch inhaltlich gleiche Deutungen nicht zu einer Annäherung der Auslegungsgemeinschaften. „Even when the Orthodox student finds himself in agreement with secularist, Christian or non-Orthodox writers about some particular issue, the context of interpretation differs considerably. Situating our own analysis within the continuum of Jewish biblical exegesis is more than a nostalgic exercise in historical piety: it defines an essential dimension of our study“ (Carmy, Room, 41). 40 Konrad, Gemeinschaftswerdung, 17. 41 Boschki, Subjekt. 42 Alkier, Zumutung, 13. 43 Schneider, Intertextualität. DOI 10.2357/ VvAa-2021-0004 Verstehen von Anfang an 6/ 1 (2021) 80 Hanna Roose „Sie verschafft dem beharrlichen Studierenden die intertextuelle Kompetenz, Schriften miteinander in Beziehung zu setzen und sich gegenseitig erläutern oder auch kritisieren zu lassen.“ 44 ‚Kanonisch‘ kann dieser intertextuelle Zugang sein, wenn er sich auf das Zusammenspiel biblisch-kanonischer Texte beschränkt. ‚Kanonisch‘ ersetzt dann nicht ‚kritisch‘ - etwa in dem Sinn, dass nun eine verbindliche Binnenperspektive für die Auslegung festgeschrieben würde. Die Qualifizierung als ‚kanonisch‘ bezieht sich nicht auf die Positionierung der Auslegenden, sondern auf die Begrenzung des Textcorpus, innerhalb dessen intertextuelle Verweisungen beschrieben werden sollen. 45 Für die Hochschuldidaktik hat sich damit die Frage nach einer Verhältnisbestimmung zwischen dem ‚kanonischen Wir‘ einer jüdischen, christlichen oder muslimischen Auslegungsgemeinschaft und dem ‚empirischen Wir‘ der Klassengemeinschaft als Auslegungsgemeinschaft nicht erledigt. Die Frage, an wen welche Schriften normative Ansprüche adressieren und wie diese zu thematisieren sind, bleibt virulent. In einem interreligiösen Kontext wird diese Frage noch komplexer: Was bedeutet es, wenn der Koran als Text hinzutritt? (Wie) Soll er in den Textcorpus des intertextuellen ‚Spiels‘ einbezogen werden? Verliert dieser Textcorpus dann das Adjektiv ‚kanonisch‘? Dient der Koran im jüdischen, evangelischen oder katholischen Religionsunterricht als „Zeugnis der Bibelrezeption“ oder als „Quelle der Offenbarung“ 46 ? Löst sich die Auslegungsgemeinschaft in individuelle Aneignungen (Identifikationen) mit je eigenen Ausschnitten aus dem Textcorpus auf ? Oder soll ein neues ‚Wir‘ entstehen? Diese Fragen bedürfen weniger der einheitlichen Beantwortung als vielmehr der gemeinsamen (hochschuldidaktischen) Reflexion. Dazu bedarf es hochschuldidaktischer Strukturen, die einerseits die Vernetzung von (v. a.) Exegese und Bibeldidaktik vorantreibt und andererseits christliche, jüdische und muslimische Didaktik nachhaltig ins Gespräch bringt, so dass Studierende dazu befähigt werden, bewusst zu entscheiden, welchen Weg sie didaktisch einschlagen möchten. 44 Alkier, Zumutung, 23. Die Hermeneutik einer ‚doppelten Leseweise‘ alttestamentlicher Texte schlägt bereits diese Richtung ein, denn sie unterscheidet zwischen einer Auslegung alttestamentlicher Texte im Kontext frühjüdischer Texte und einer Auslegung alttestamentlicher Texte im Kontext neutestamentlicher Texte. 45 Hieke, Verhältnis, 264-274. 46 Langenhorst, Zeugnisse, 103-122. Verstehen von Anfang an 6/ 1 (2021) DOI 10.2357/ VvAa-2021-0004 What does Historical-Critical Exegesis Contribute to Religious Education under the Conditions of Interreligiosity? translated by David O’Neill The article considers the historical-critical method following systems theory as a reentry , i. e. as an external perspective within an internal one. This modelling allows a perspective-dependent description of the strengths and weaknesses that this method shows under interreligious conditions. Those who locate historical-critical exegesis more strongly in the external perspective can argue that, in the sense of “equal treatment”, not only the Bible but also the Qur’an should be opened up by means of this method. Those who situate historical-critical exegesis more strongly in the (academic- Christian) internal perspective can argue that it is not appropriate to arbitrarily transfer a method from ‘one’s own’ religion to the holy scriptures of ‘another’ religion. 1 What does Historical-Critical Exegesis Contribute to Religious Education under the Conditions of Interreligiosity? The historical-critical method belongs to the area of lesson preparation, only rarely to the lessons themselves. According to Bernd Schröder, exegesis serves practical theology (only) as “background knowledge” 1 . Teachers-to-be have to acquire this background knowledge and make it didactically fruitful and suitable. How this can be done and which questions and problems it touches on, requires reflection in higher education didactics. 2 Hermeneutical Considerations 2.1 Historical-Critical Exegesis as an External Perspective In the course of the Enlightenment, significant parts of Christian theology elevate historical-critical exegesis to the primary method in Biblical studies. In this context, “critical” means that New Testament scholarship excludes the Christian qualification of the Biblical texts as the “Word of God”. 2 The historical-critical method thus does not claim that the Bible is not the “Word of God”, but abstains 1 Schröder, Hintergrundwissen, 210-242. 2 Roose, Neues Testament, 10f. DOI 10.2357/ VvAa-2021-0004 Verstehen von Anfang an 6/ 1 (2021) 82 Hanna Roose from making a judgement on this question. In other words, the question of whether or to what extent Biblical texts are the “Word of God” lies outside the scope of historical-critical exegesis. It only examines the human dimension of these texts without passing judgement on the extent to which we encounter the “Word of God” here. Historical-critical exegesis thus takes an external perspective on the two Testaments. The guiding principle is the attempt to make the examination of Biblical texts acceptable and comprehensible also for non-Christians (or also for people who consider themselves neither clearly Christian nor non-Christian). The historical-critical method is not concerned with convincing non-Christians that the Bible is the “Word of God”, but with entering into a dialogue with them scientifically and without pressure to proselytise. Therefore, the question of whether we encounter the “Word of God” in the Bible is excluded. With this concern, historical-critical exegesis recommends itself in a certain way, especially under the conditions of interreligiosity. For on the one hand, it can include people who do not consider themselves Christian in the methodically controlled process of interpreting Biblical texts without becoming encroaching towards these people; and on the other hand, it can also interpret texts that are considered holy in other religions in a methodically controlled way, without having to position itself on this claim to validity. So is this all there is to it? Do we already have the answer to the question of what exegesis can do under the conditions of interreligiosity? In my view it is worthwhile, at least in university didactics, to address this concern and this strength of the historical-critical method before one begins - for example, in the New Testament proseminar - to work on the individual methodological steps. However, it is precisely in view of this strength that new questions arise. They go in two directions: On the one hand , Christian theology copies the external into the internal perspective with the historical-critical method (2.2). On the other hand, not all parts of Christianity, Judaism and Islam tolerate the historical-critical external perspective on their sacred texts (2.3). 2.2 Historical-Critical Exegesis as an External within the Internal Perspective As a “pure” external perspective, however, the historical-critical method remains underdetermined. With the historical-critical method, Christian theology copies the external into the internal perspective. 3 If it did not do this, exegesis would emigrate from theology. Historically, the historical-critical approach to Biblical 3 Cf. the distinction between self-reference and foreign reference as well as “re-entry” according to Luhmann, Gesellschaft, 77. Verstehen von Anfang an 6/ 1 (2021) DOI 10.2357/ VvAa-2021-0004 texts owes its origins to a theological decision of Western Christianity. The doctrine of inspiration of Lutheran orthodoxy is increasingly being replaced. With the historical-critical method, theology understands the “intention of the respective human author as the guarantor of the meaning and unity of his utterances […]. Thus, the individuality and historical contingency of the individual writings of the canon were rediscovered at the same time” 4 . Insofar as exegesis sees itself as a theological discipline, it requires a hermeneutic that relates the historical-critical method to the internal, theological perspective of the New Testament as the holy scripture of Christians. This hermeneutic is no longer a genuine part of historical-critical exegesis, as Christian theology as a whole often has difficulty with it. 5 The range of attempted answers is wide: Oda Wischmeyer, for example, defines her hermeneutics through the keywords of decanonisation, dehistoricisation, despiritualisation, textualisation and culturalisation. 6 The church thus comes into view that the interpretation of New Testament texts is about the critical understanding of their ecclesiastical reception. Here, the external perspective is emphasised more strongly. Ulrich Luz, on the other hand, has presented a Theological Hermeneutics of the New Testament . 7 He wants to conceptualise New Testament scholarship as a theological discipline related to the church: “How can a hermeneutics of the New Testament contribute to creating a new understanding of the one who is its centre, namely God? ” 8 Here, then, the internal perspective dominates. The precarity of the question of a more precise relationship determination between the external and internal perspective is, in the internal perspective, shown by the anthology of New Testament authors on Sola Scriptura 9 and the observation that the discourses on exegesis and homiletics largely occur in different spheres. 10 2.3 Historical-Critical Exegesis as an Inappropriate Internal Perspective Parts of Christianity, Judaism and Islam regard the (supposed) external perspective of historical-critical exegesis as an inappropriate internal perspective, as a positioning that denies the sacredness of the texts. In the 1989 Declaration of the Evangelical Alliance , every form of historical-critical questioning of Biblical 4 Alkier, Neues Testament, 41f. 5 Cf. the helpful overview in Guttenberger, Tendenzen, 24-37. 6 Wischmeyer, Hermeneutik, 204-211. 7 Luz, Hermeneutik. 8 Luz, Hermeneutik, 15. 9 Alkier, Sola Scriptura. 10 With examples: Conrad, Jesusrezeption, 279. What does Historical-Critical Exegesis Contribute to Religious Education 83 DOI 10.2357/ VvAa-2021-0004 Verstehen von Anfang an 6/ 1 (2021) texts is rejected. Currently, it is precisely this aspect that leads to conflicts within the Evangelical Alliance Network of evangelical Christians. 11 (Also) within Judaism, the historical-critical method has divided opinions since the 19th century. 12 While large parts of Christian theology interpret the texts of the Old Testament historically-critically, this is anything but self-evident within Judaism with regard to the Hebrew Bible. The diachronic perspective of the historical-critical method (e.g. in the form of source separation hypotheses) causes more offence than the synchronic perspective, which recently - also in Christian exegesis - increasingly resorts to methods from literary studies (see below). However, this perspective is also perceived as not unproblematic. Aharon Leibowitz distances himself from “evaluative criticism” 13 . It is not about evaluation, but about “discernment” - always in the awareness that the Hebrew Bible is not simply literature, but “so much, so incalculably much, more” 14 . Yael Ziegler qualifies her approach to the Tanakh as “literary-theological reading” 15 . She wants to make literary-theological approaches fruitful for the interpretation of the Book of Ruth as a “sacred book” and refers to Shalom Carmy. Carmy, a modern orthodox rabbi, brings this aspect to a head. According to him, the text of the Hebrew Bible not only opens up a room for interpretation (“a room”) that can be expanded by looking at secular literary and historical issues (“with a view”), but this room for interpretation must be our own (“but a room of our own”): “We want a room with a view, since there is knowledge to be had that we want to have for our enhanced study of Torah. But we cannot do our work […] unless we do it in a room of our own.” 16 In this respect, Carmy speaks of a “literarytheological ” approach 17 in which the community of interpretation plays a decisive role: “Situating our own analysis within the continuum of Jewish Biblical exegesis is more than a nostalgic exercise in historical piety: it defines an essential dimension of our study.” 18 11 Tscharntke, Allianz. 12 Martini/ Talabardon, Bibelauslegung. 13 Lichtenstein, Criticism, 27. 14 Lichtenstein, Criticism, 21. 15 Ziegler, Ruth, 3. 16 Carmy, Room, 65. 17 Carmy, Room, 62. 18 Carmy, Room, 41. 84 Hanna Roose Verstehen von Anfang an 6/ 1 (2021) DOI 10.2357/ VvAa-2021-0004 What does Historical-Critical Exegesis Contribute to Religious Education 85 Similar to Judaism and Christianity, the historical-critical method is also controversial in Islam. In 2018, Abdelmajid Charfi presented a historical-critical edition of the Qur’an. 19 Variants and their authors are given for each verse. The genesis of the Qur’an is reconstructed as a multi-layered process. The edition was immediately banned in Saudi Arabia. 20 A DFG-funded research project ran at the University of Münster from 2012-2018, and the project description states: “The project entitled “Historically-Critical Commentary on the Qur’an, Taking into Account Processes of Appropriation, Transformation and Demarcation between Islam and the Judeo-Christian Tradition” is embedded within the so-called “Theology of Mercy” and aims to analyse and comment on the content of various thematic complexes of the Qur’an in order to produce a complete Qur’an commentary in German in the long term. The project is oriented in such a way that it includes both a descriptive and a normative part, which are not to be separated from each other, but rather interlocked.” 21 In the distinction between a descriptive and a normative part, the difference between (descriptive) external and (normative) internal perspectives is reproduced. The announcement of the intention to dovetail the two reveals the concern to copy the external into the internal perspective. With his Qur’an exegesis, Mouhanad Korchide, who is largely responsible for the project, has met with sharp rejection in parts of Islam. 2.4 Historical-Critical Exegesis between Internal and External Perspective These highlights should suffice. They show that the recourse to historical-critical exegesis is not “innocent”. It does not only require a conscious decision and justification under the conditions of interreligiosity. Those who situate historical-critical exegesis more strongly in the external perspective can argue that, in the sense of “equal treatment”, not only the Bible but also the Qur’an should be opened up with the help of this method. 22 Those who situate historical-critical exegesis more strongly in the (Christian) internal perspective can argue that it is not appropriate to arbitrarily transfer a method from “one’s own” religion to the holy scriptures of “another” religion. 19 Charfi, Koran-Text. 20 Steinich, Sprengstoff. 21 El-Omari, Korankommentar. 22 “If we apply the standards of a historical-critical exegesis to our own Holy Scriptures, I even consider it necessary to look at the Qur’an in the same way. This problem is not uncontroversial in contemporary theology, […] Martin Bauschke and Johan Bouman each stand for an extreme position on this question” (Incedal, Position of Jesus). DOI 10.2357/ VvAa-2021-0004 Verstehen von Anfang an 6/ 1 (2021) 86 Hanna Roose 3 University Didactic Considerations The guidelines for religious education in schools reproduce the tension between internal and external perspectives with regard to Protestant and Catholic religious education. External Perspective Hist.-critical Exegesis Internal Perspective Art. 7,3 GG Bible Cultural asset, historical source, literary text Canonical scripture Hermeneutics Observant (critical) Bound to a religious community (theological) Tabelle 3: Denominational religious education in the tension between internal and external perspective On the one hand , prospective teachers must learn the historical-critical method and thus practise an external historical and literary perspective on Biblical texts. According to the Principles of the Religious Communities , as specified by the EKD in 1971, Biblical texts must come into view and be interpreted as having become historical (3.1). It is about the “Biblical testimony of Jesus Christ, taking into account his history of impact”. The teacher interprets and teaches the contents of the faith “on a scientific basis and in freedom of conscience” 23 . Here a demarcation from evangelical currents becomes visible. On the other hand , as is well known, religious education in schools is obliged by Article 7 (3) GG to take into account the internal perspective of the religious community that is responsible for it. It is not intended to be designed as religious education. In terms of Bible didactics, this legal requirement gives rise to the claim that the Bible as the canonical text of Christianity should be discussed. For Christianity, the Bible is not only world literature. As a canonical text - unlike Goethe’s “Faust”, for example - it makes normative claims of which the students should be aware. The “theological approach” that Carmy and Ziegler speak of in the Jewish context refers to Christianity in Protestant and Catholic religious education in the sense of a confessional reference. Protestant or Catholic religious education, in the wake of Article 7 (3) GG, has the task of introducing Christian readings of Biblical texts together with their normative-canonical claim, without obliging the pupils to do so . 24 In this respect, the question of the community of interpretation is didactically relevant to the extent that a distinction 23 Statement of Commission 1 of the EKD (1971), quoted in Schröder, Konfessionalität, 34f. 24 Cf. Hoegen-Rohls, Lernen, 43f. Verstehen von Anfang an 6/ 1 (2021) DOI 10.2357/ VvAa-2021-0004 What does Historical-Critical Exegesis Contribute to Religious Education 87 must be made between the “canonical we” of a Jewish, Christian or Muslim community of interpretation and the “empirical we” of the class community as a community of interpretation, and at the same time both must be related to each other. Historical-critical exegesis has so far dealt with the “canonical we” mainly in the course of the question of appropriately interpretating the Old Testament in Christianity (3.2). How (prospective) teachers deal with this tension, how they mediate between a denominational internal and a historical-critical external perspective, is largely left up to them - contrary to university didactic programmes. A few highlights may shed light on this: The content-related and structural networking of (primarily historically oriented) exegetical disciplines with (not primarily historically oriented) theological disciplines is - with exceptions - (too) weak. Interdisciplinary courses, for example, between exegesis and systematic theology or exegesis and practical theology are often the exception. The decades-long intra-theological dispute over the relevance of the ancient languages in teacher training courses shows how different the logic of theological disciplines can be. A dialogue between the theological disciplines takes place only to a limited extent. Ruth Conrad states for homiletics: “A differentiated and lively conversation between exegesis and homiletics as well as the development of a homiletic scriptural hermeneutics currently represent a desideratum.” 25 Where such a conversation is documented, aporias are revealed that otherwise tend to remain concealed. 26 In a scriptural conversation between Florian Wilk and Martin Rothgangel on the perception of Jesus , Wilk exegetically describes a “whole range of ways of perceiving Jesus in the Gospel of Mark” - and Martin Rothgangel notes, “It may surprise you at first, but it might not prove very effective to deal with the full range of these ways of perceiving Jesus with young people.” 27 - to which Florian Wilk objects, “if one regards New Testament scholarship as a mere supply operation whose results are used solely according to their current relevance” 28 . Biblical didactics usually claims to mediate between exegesis as an advocate of the Biblical text and pedagogy as an advocate of the students. 29 Regardless of the question to what extent exegesis actually recognises itself in these efforts, Biblical didactics focuses on the lifeworld relevance of Biblical texts for students. The questions to what extent they should be addressed as part of a religious 25 Conrad, Jesusrezeption 279. 26 Rothgangel/ Wilk, Wahrnehmung. 27 Rothgangel/ Wilk, Wahrnehmung, 241. 28 Rothgangel/ Wilk, Wahrnehmung, 244. 29 Zimmermann/ Zimmermann, Bibeldidaktik. DOI 10.2357/ VvAa-2021-0004 Verstehen von Anfang an 6/ 1 (2021) 88 Hanna Roose community or (only) as part of a class community, 30 and to what extent Biblical texts are thematised as part of a sacred scripture or (only) as a cultural asset, have so far received little attention in Biblical didactics. It seems clear that it is didactically problematic to place one of the two perspectives alone: Neither should the students be trained as (mini-)exegetes, nor should they be fixed to a Christian identity. The didactic function of historical-critical exegesis under the conditions of interreligiosity must be determined in view of this tension. 3.1 Historical-Critical Exegesis and the Emergence of Sacred Writings Biblical didactic questions usually tie in - synchronously - with the final form of the texts that have been handed down. With the thematisation of the twosource theory, however, religious education also refers to diachronic perspectives. As is well known, diachronic perspectives on sacred writings emphasise their historically describable coming into being. The didactic relevance of this perspective lies above all in counteracting Biblical and fundamentalist approaches. When dealing with the two-source theory in religious education, it is not primarily a matter of discussing different models of the origin of the New Testament. Rather, uncritical views according to which the Gospels are not historically developed texts prove to be an implicit counter-horizon. 31 Thus, in the religion book from the series Moment mal! on the educational relevance of the two-source theory, it says that it serves to make clear to the pupils “that the Gospels are historically evolved texts that tell of different experiences of faith quite differently” 32 . The point is that Biblical texts do not come “directly” from God (and therefore cannot be interpreted Biblically). In an interreligious context, this didactic thrust becomes precarious. As an example from Protestant religious education, let us look at a table handwritten by a pupil in the 8th grade and transferred to his religion folder: Qur’an Bible Was conveyed to Mohammed by the angel Gabriel. Was written down by many people. Is divine inspiration. Was changed and re-arranged many times. 30 Kammeyer/ Reis, Öffnung. 31 Roose, Zwei-Quellen-Theorie, 187-198. 32 Husmann/ Merkel, Moment, 102. Verstehen von Anfang an 6/ 1 (2021) DOI 10.2357/ VvAa-2021-0004 What does Historical-Critical Exegesis Contribute to Religious Education 89 Not changeor interpretable. Everyone interprets it differently, it is also interpreted by science. Is about Mohammed. Is about Jesus. Mohammed was warrior and conqueror. Jesus took care of the poor and ill. This is why some suras sound brutal and cannot be put out of context. The New Testament states that faith is stronger than law. Tabelle 4: Qur’an and Bible (pupil’s entry, religious education, 8th grade) This table - whose process of creation I do not know in detail - shows symptomatically which problems can arise when the respective perspective from which a holy scripture is viewed is not clearly marked. In the first two rows of the table, a non-historical perspective (referring to the Qur’an) is placed next to a historical perspective (referring to the Bible). On the one hand, it remains unmentioned that, according to a number of Islamic scholars, the process of the Qur’an’s creation can be divided into four phases, and on the other hand that, according to Christian understanding, the Bible is regarded as canon and thus as inspired scripture, regardless of the question of its historical origin. The third line deals with hermeneutics. Here again, a non-historical internal perspective on the Qur’an and a historical, scholarly external perspective on the Bible are opposed to each other (alongside an individualised reception-aesthetic perspective). In lines five and six, the perspectives shift. The historical people Mohammed and Jesus are contrasted in their actions on the foil of a contrast scheme. The historical perspective on the part of the Qur’an then serves to relativise “brutal” sounding suras. The statement that “faith is stronger than the law”, on the other hand, appears as a timelessly valid statement from the Bible. The discussion of the Qur’an and the Bible is thus caught in the didactic field of tension between the concern to do justice to Islam in its internal perspective and the concern to take into account historical-critical exegesis as the leading Biblical-scientific - external perspective - method in Christianity. The perspectives are not clarified and not stringently followed through. At this point, the necessity of consistently addressing the question of perspective in connection with historical-critical exegesis becomes apparent in terms of university didactics. DOI 10.2357/ VvAa-2021-0004 Verstehen von Anfang an 6/ 1 (2021) 90 Hanna Roose 3.2 Historical-Critical Exegesis and the Question of the Interpretative Community Historical-critical exegesis aims to interpret Biblical texts in a methodologically controlled way, disregarding a particular community of interpretation. With the New Testament, however, certain interpretations of Old Testament texts have been written down, which can themselves be subjected to historical-critical interpretation. In this respect, exegesis is dealing with the question of the significance of interpretive communities for the interpretation of texts. This is currently being done by means of the “double way of reading” model. 33 It says that the Old Testament should be read twice from a Christian perspective: once in the Jewish context and once in the Christian context (i.e. in connection with the New Testament). In didactic terms, this means that in view of texts such as Is 9: 1-6, the lessons mark out the space for alternative Jewish readings alongside Christological interpretations suggested by New Testament texts (e.g. Lk 1: 32) and by Christian tradition. Christian and Muslim communities of interpretation each refer to their own texts, which, however, show motivic overlaps. Up to now, discussions in higher education have focused mainly on the question of how far differences between the traditions of the Bible and the Qur’an should be highlighted in the classroom. The approach of “corresponding stories” from the Netherlands 34 is informative here. It presents the primary school children with two separate stories of Jonah resp. Yunus, 35 but both stories tend to converge on the same “dogmatic framing” 36 , which says “that God is the merciful one in both the Bible and the Qur’an” 37 . The teacher concludes by pointing out to the children what she finds “so funny”: T: “We mix up the words Jonah and Yunus. Sometimes we also mix up the words God and Allah. Do you notice? ” 38 So here we have the opposite case than in the double reading model: Whereas one and the same text is interpreted differently by two different interpretive 33 Zenger, Einleitung, 11-36. 34 Kuindersma, Theologisieren, 202. 35 On “Yunus”, one teacher draws on Suras 10: 98-100; 21: 87-90; 37, 139-148 and 68: 48 and combines them into her own retelling of Yunus and Allah (Kuindersma, Theologisieren, 205). 36 Frank, Religionsunterricht, 142-156. 37 Kuindersma, Theologisieren, 209. 38 Kuindersma, Theologisieren, 208. Verstehen von Anfang an 6/ 1 (2021) DOI 10.2357/ VvAa-2021-0004 What does Historical-Critical Exegesis Contribute to Religious Education 91 communities, 39 here two different texts are interpreted in the same way. The interpretive community is not qualified as Christian or Muslim, but as a class community. The question of whether or how the “we” in the classroom is or should be constituted in terms of content has so far been little reflected upon in Biblical didactics. Behind this is the question of the significance of the interpretive community for the interpretation of sacred texts. Kristin Konrad has presented a study dedicated to this question with a view to Israel’s becoming a community in the book of Exodus . “Does an access to a “we”, as a group or as a community, succeed through the texts? ” 40 This didactic concern stands in a certain tension with the exegetical “double way of reading” model and the didactic approach of individualising subject orientation. 41 4 University Didactic Perspectives: From Historical-Critical to (Canonical-)Intertextual Exegesis In view of a diagnosed “crisis of historical-critical exegesis” 42 , some newer currents within New Testament scholarship focus more strongly on the Biblical text as it is available to us today. They thus fade out the “historical” approach in the sense of a diachronic elucidation of the creation process of Biblical texts. The focus shifts to (among other things) the intertextual interaction of Biblical texts. 43 Methodologically, the methods of literary studies gain in importance over those of historical studies. It is about the unfinishable process of interpretation, about a “continuous reading of all Biblical writings”: “It provides the persistent student with the intertextual competence to relate scriptures to each other and to have them explain or even criticise each other.” 44 39 With Carmy, even interpretations with the same content do not lead to a convergence of the interpretive communities. “Even when the Orthodox student finds himself in agreement with secularist, Christian or non-Orthodox writers about some particular issue, the context of interpretation differs considerably. Situating our own analysis within the continuum of Jewish Biblical exegesis is more than a nostalgic exercise in historical piety: it defines an essential dimension of our study” (Carmy, Room, 41). 40 Konrad, Gemeinschaftswerdung, 17. 41 Boschki, Subjekt. 42 Alkier, Zumutung, 13. 43 Schneider, Intertextualität. 44 Alkier, Zumutung, 23. The hermeneutics of a “double way of reading” Old Testament texts already takes this direction, for it distinguishes between an interpretation of Old Testa- DOI 10.2357/ VvAa-2021-0004 Verstehen von Anfang an 6/ 1 (2021) 92 Hanna Roose This intertextual approach can be “canonical” if it is limited to the interplay of Biblical-canonical texts. “Canonical” then does not replace “critical” - for example, in the sense that a binding internal perspective for interpretation would now be established. The qualification as “canonical” does not refer to the positioning of the interpreters, but to the limitation of the text corpus within which intertextual references are to be described. 45 For university didactics, this does not settle the question of defining the relationship between the “canonical we” of a Jewish, Christian or Muslim interpretive community and the “empirical we” of the class community as an interpretive one. The question of to whom which scriptures address normative claims and how these are to be addressed remains virulent. In an interreligious context, this question becomes even more complex: What does it mean when the Qur’an is added as a text? (How) should it be included in the textual corpus of the intertextual “game”? Does this text corpus then lose the adjective “canonical”? Does the Qur’an serve in Jewish, Protestant or Catholic religious education as a “testimony to the reception of the Bible” or as a “source of revelation”? 46 Does the community of interpretation dissolve into individual appropriations (identifications), each with its own excerpts from the text corpus? Or is a new “we” to emerge? These questions require not so much a uniform answer as joint (didactic) reflection. This requires university didactic structures that, on the one hand, promote the networking of (above all) exegesis and Bible didactics and, on the other hand, sustainably bring Christian, Jewish and Muslim didactics into conversation, so that students are enabled to consciously decide which didactic path they would like to take. Keywords Qur’an, Bible, historcial-critical exegesis, intertextual exegesis Bibliography Alkier, Stefan u. a. (Hg.): Sola Scriptura, ZNT 20/ 39-40 (2017). Alkier, Stefan: Die Zumutung der Schriftauslegung. 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