eJournals Tribologie und Schmierungstechnik 67/1

Tribologie und Schmierungstechnik
0724-3472
2941-0908
expert verlag Tübingen
10.30419/TuS-2020-0001
Die nasslaufende Kupplung bietet durch gezielt eingestellten Kupplungsschlupf ein Potential zur Schwingungsreduzierung von Drehungleichförmigkeiten im Antriebsstrang. Die Nutzbarmachung dieses Potentials stellt eine Möglichkeit dar der wachsenden Forderung nach erhöhter Effizienz, mitunter durch Downsizing anderer schwingungsmindernder Komponenten aber auch durch eine gezielte Auslegung des Tribosystems im zukünftigen Antriebsstrang, bei gleichzeitig erhöhtem Komfortverhalten durch eine bedarfsgerechte Regelung, nachzukommen. Um eine gezielte Auslegung des Tribosystems unter dynamischer Anregung zu ermöglichen, werden hierzu in diesem Beitrag Einflüsse durch Beanspruchungsgrößen, wie Grundschlupfdrehzahl oder Kühlölvolumenstrom auf die Schwingungsentkopplung im nasslaufenden Lamellenpaket ermittelt und deren Korrelation mit dem Reibverhalten im dynamischen Betrieb herausgearbeitet. Um den Einfluss des tribologischen Systems untersuchen zu können, wird ergänzend das Reibverhalten zweier Tribosysteme grundlegend gegenübergestellt.
2020
671 Jungk

Einfluss von Beanspruchungsgrößen auf die Schwingungsentkopplung im nasslaufenden Kupplungssystem und deren Korreltation mit dem Reibverhalten im Friktionskontakt

2020
Arne Bischofberger
Sascha Ott
Albert Albers
Einleitung Downsizing- und Downspeedingmaßnahmen in modernen Antriebssystemen führen mitunter zu immer höheren Momentenanregungen im Antriebsstrang. Die gleichzeitige Forderung nach erhöhter Effizienz und Komfort liefern einen Bedarf an neuartigen Maßnahmen zur Schwingungsreduzierung im Antriebsstrang. Nach [1] und wie u.a. in [2] unter Nutzung einer virtuellen Validierungsumgebung ermittelt, bietet die nasslaufende Kupplung ein großes Potential zur Reduzierung von durch die Verbrennungskraftmaschine induzierten Drehungleichför- Aus Wissenschaft und Forschung 7 Tribologie + Schmierungstechnik · 67. Jahrgang · 1/ 2020 DOI 10.30419/ TuS-2020-0001 Einfluss von Beanspruchungsgrößen auf die Schwingungsentkopplung im nasslaufenden Kupplungssystem und deren Korrelation mit dem Reibverhalten im Friktionskontakt Arne Bischofberger, Sascha Ott, Albert Albers* Eingereicht: 11. September 2019 Nach Begutachtung angenommen: 6. Februar 2020 Die nasslaufende Kupplung bietet durch gezielt eingestellten Kupplungsschlupf ein Potential zur Schwingungsreduzierung von Drehungleichförmigkeiten im Antriebsstrang. Die Nutzbarmachung dieses Potentials stellt eine Möglichkeit dar der wachsenden Forderung nach erhöhter Effizienz, mitunter durch Downsizing anderer schwingungsmindernder Komponenten aber auch durch eine gezielte Auslegung des Tribosystems im zukünftigen Antriebsstrang, bei gleichzeitig erhöhtem Komfortverhalten durch eine bedarfsgerechte Regelung, nachzukommen. Um eine gezielte Auslegung des Tribosystems unter dynamischer Anregung zu ermöglichen, werden hierzu in diesem Beitrag Einflüsse durch Beanspruchungsgrößen, wie Grundschlupfdrehzahl oder Kühlölvolumenstrom auf die Schwingungsentkopplung im nasslaufenden Lamellenpaket ermittelt und deren Korrelation mit dem Reibverhalten im dynamischen Betrieb herausgearbeitet. Um den Einfluss des tribologischen Systems untersuchen zu können, wird ergänzend das Reibverhalten zweier Tribosysteme grundlegend gegenübergestellt. Schlüsselwörter Nasslaufende Lamellenkupplung, Dauerschlupf, Schwingungsentkopplung, Reibungszahlverlauf, dynamische Anregung, Einfluss Beanspruchungsgrößen, Tribosystem The wet running clutch in controlled slip mode features a potential in decoupling of induced rotational oscillation in the drive train. A utilization of this potential is one way to satisfy the growing demand on increased efficiency by downsizing vibration-reducing components and also targeted design of the tribological system and simultaneously increasing comfort behavior by a situation-related control. Therefore, to enable a specific design of the tribological system under dynamic excitation, this paper presents an investigation and analyse of influences on the decoupling behaviour in wet running clutch systems of stress variables such as slip speed or cooling oil volume flow. A correlation between them and the friction behaviour in dynamic modes will be worked out. Additional the friction behaviour of two tribological systems will be compared for further investigations on influences by tribological system. Keywords wet running clutch, controlled slip, decoupling, rotational oscillation, tribological system, friction coefficient behaviour, dynamic Kurzfassung Abstract * M.Sc. Arne Bischofberger Dipl.-Ing. Sascha Ott Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. Albert Albers IPEK - Institut für Produktentwicklung am Karlsruher Institut für Technologie, 76131 Karlsruhe T+S_1_2020_ 2.qxp_T+S_2018 04.03.20 15: 03 Seite 7 den Reiblamellen, den Stahllamellen, dem Kühlbzw. Schmieröl sowie dem Beanspruchungskollektiv zusammen. In Bild 1 ist exemplarisch ein Lamellenpaket dargestellt. Nach [11] gehören zu den wesentlichen Einflussgrößen auf das Systemverhalten im nasslaufenden Kupplungssystem neben dem tribologischen System die Temperatur im Reibkontakt und die Flächenpressung. In [12] wurden bereits experimentelle Untersuchungen des dynamischen Reibverhaltens an einer geregelten Wandlerüberbrückungskupplung durchgeführt. Der Fokus lag hierbei jedoch auf der Untersuchung von selbstinduzierten Reibschwingungen. Neben [7] wurden auch in [13] erste Untersuchungen zu Beanspruchungsgrößen hinsichtlich deren Einfluss auf das Reibverhalten im nasslaufenden Kupplungssystem durchgeführt, in denen gezeigt wurde, dass der Reibungszahlgradient mit sinkender Grundschlupfdrehzahl zunimmt. Der Reibungszahlgradient wird definiert als die Steigung der Reibungszahl über der Differenzdrehzahl bzw. der Gleitgeschwindigkeit. Von einem positiven bzw. zunehmenden Reibungszahlgradienten wird gesprochen, wenn die Reibungszahl mit zunehmender Gleitgeschwindigkeit ansteigt. Negative Reibungszahlgradienten können selbsterregte Reibschwingungen hervorrufen. Aber auch stark positive Reibungszahlgradienten sind aufgrund eingeschränkter Funktion im Kupplungssystem nicht vorteilhaft, weswegen im Regelfall ein leicht positiver Reibungszahlgradient im Friktionssystem erwünscht ist [14, 15]. Wie auch in [16] ermittelt, lässt sich eine grundlegende Veränderung des Reibungszahlverlaufs durch Variation des Kühlölvolumenstroms nicht feststellen [7]. Der Schmierstoff bzw. das Kühlöl selbst hat nach [17] hingegen einen großen Einfluss auf das Reibverhalten im Friktionskontakt. In [18] werden neben dem in [2] hervorgehobenen Einfluss der Reibcharakteristik auf das Übertragungsverhalten im Kupplungssystem zwar weitere Einflussgrößen auf die Schwingungsreduzierung aufgeführt, die Einflüsse selbst sind allerdings noch nicht hinreichend untersucht. Selbiges gilt für die Korrelation der Reibcharakteristik mit der Schwingungsreduzierung im System. In [7] wurde außerdem der Ein- Aus Wissenschaft und Forschung 8 Tribologie + Schmierungstechnik · 67. Jahrgang · 1/ 2020 DOI 10.30419/ TuS-2020-0001 migkeiten. Auch [3] beschreibt den Vorteil einer Komfortsteigerung durch gezielt eingestellten Kupplungsschlupf, insbesondere in Bereichen höherer Motorlasten bei geringeren Drehzahlen. Weitere Quellen wie u.a. [4 bis 6] bestätigen das große Potential zur Schwingungsreduzierung durch einen gezielt eingestellten Schlupfbetrieb. Durch eine Nutzbarmachung des Potentials zur Schwingungsreduzierung durch das nasslaufende Kupplungssystem sollen zukünftig andere Antriebsstrangkomponenten deren Hauptfunktion die Schwingungsreduzierung darstellt, in Bauraum und Masse reduziert werden. Das Reibverhalten im Friktionskontakt beeinflusst maßgeblich das Übertragungsverhalten im System [2]. Um das nasslaufende Kupplungssystem zur Schwingungsreduzierung gezielt regeln zu können, ist eine Kenntnis über das dynamische Reibverhalten und den Einfluss von Beanspruchungsgrößen von hoher Bedeutung. In [7] wurden bereits Einflussfaktoren aus Beanspruchungsgrößen auf das Reibungszahlverhalten experimentell untersucht. Im Zuge dieser Veröffentlichung werden daran anknüpfend Einflussfaktoren auf die Schwingungsentkopplung unter dynamischer Anregung und deren Korrelation mit dem Reibverhalten ermittelt. Um auch den Einfluss der Systemstruktur auf das Schwingungsentkopplungsverhalten ermitteln zu können, wird in diesem Beitrag die Systemstruktur in Form des tribologischen Systems variiert und deren Auswirkung auf das Reibverhalten gegenübergestellt. Zukünftig soll darauf aufbauend der Einfluss des tribologischen Systems auf die Schwingungsentkopplung untersucht und herausgearbeitet werden. Die Ergebnisse werden in [8] vorgestellt. Stand der Forschung Zentrales Element zur Erfüllung der Hauptfunktion einer nasslaufenden Kupplung stellt das Reibungszahlverhalten im Friktionskontakt dar. Dieses wird nach [9] durch verschiedenste Einflussgrößen bestimmt. Neben konstruktiven Einflüssen bestimmen vor allem Einflüsse durch das Beanspruchungskollektiv sowie Einflüsse durch die Systemstruktur - nach [10] stellen diese das tribologische System dar - das Reibungszahlverhalten. Zu den Beanspruchungsgrößen, welche auch im Folgenden untersucht werden sollen gehören u.a.: - die mittlere Schlupfdrehzahl (Grundschlupfdrehzahl) bzw. die Gleitgeschwindigkeit, - der Kühlölvolumenstrom, - die Flächenpressung und - zusätzlich im dynamischen Betrieb die Amplitude sowie die Frequenz der Anregung. Das tribologische System im nasslaufenden Kupplungssystem setzt sich wie u.a. in [10] und [7] beschrieben aus Bild 1: Aufbau eines Lamellenpakets einer nasslaufenden Kupplung T+S_1_2020_ 2.qxp_T+S_2018 04.03.20 15: 03 Seite 8 fluss des Fahrzeugrestsystems auf das Reibungszahlverhalten im Lamellenpaket untersucht. Dabei wird im dynamischen Betrieb ein maßgeblicher Einfluss des Restsystems auf das Reibverhalten ermittelt. Um triebstrangdynamische Wechselwirkungen mit dem Kupplungssystem systemnah abbilden zu können, soll das Restsystem in dynamischen Untersuchungen am Lamellenpaket simuliert und in die Validierungsumgebung miteingebunden werden [7]. Validierungsumgebung & Vorgehensweise Die für die Untersuchungen verwendete Validierungsumgebung wurde in [19] veröffentlicht und ist in Bild 2 dargestellt. Dabei stellt der Antriebsmotor das Restsystem bis zum Eingang der Prüfkammer bzw. des Lamellenpakets dar. Die Torsionswelle mit zwei Massenträgheiten stellt das Restsystem in physischer Form ab Ausgang des Lamellenpakets dar. Das physische Restsystem bildet dabei das Fahrzeugrestsystem ab Ausgang der Kupplung bis zu den Abtriebsrädern in reduzierter Form ab. In [7] wurde ein Vergleich zwischen Untersuchungen mit physischem Restsystem (weicher Aufbau) und Untersuchungen ohne Restsystem (starrer Aufbau) durchgeführt. Es konnte festgehalten werden, dass eine adäquate Abbildung des Restsystems für schwingungstechnische Untersuchungen aufgrund triebstrangdynamischer Wechselwirkungen notwendig ist. Die Untersuchungen dieses Beitrags werden daher ausschließlich im weichen Aufbau durchgeführt. Um den Einfluss einzelner Beanspruchungsgrößen ermitteln und gleichzeitig eine eventuelle Beeinflussung der Beanspruchungsgrößen untereinander mit untersuchen zu können, wird eine vollfaktorielle DoE gewählt. Dabei werden die Beanspruchungsgrößen als unabhängige Variablen (Faktor), die Bewertungsgrößen als Zielgrößen (Antwort) festgelegt. Die Faktoren werden einzeln variiert und dabei deren Auswirkung auf die entsprechenden Bewertungsgrößen beobachtet. Der Einfluss wird hierbei relativ anhand mehrerer Bewertungsgrößen ermittelt. Da es für jeden Faktor eine Vielzahl an Einzelversuchen gibt, bei welchen der Faktor festgehalten wird, dient der große Versuchsumfang auch dazu, die Ergebnisse bzgl. des Einflusses der Faktoren statistisch abzusichern. Der Gesamtversuchsplan setzt sich aus den folgenden zwei vollfaktoriellen DoEs mit 48 (DoE 1) und 144 (DoE 2) Einzelversuchen (Tabelle 1) sowie einem weiteren Versuchsplan zur Ermittlung des Einflusses der Antriebsdrehzahl zusammen. Zur Ermittlung des Einflusses der Antriebsdrehzahl, wird ein zusätzlicher Versuchsplan herangezogen, bei welchem die Anregungsfrequenz bei Variation der Drehzahl, im Gegensatz zu den beiden oben aufgeführten Versuchsplänen, als unabhängige Variable festgehalten wird. Aus Wissenschaft und Forschung 9 Tribologie + Schmierungstechnik · 67. Jahrgang · 1/ 2020 DOI 10.30419/ TuS-2020-0001 Bild 2: Validierungsumgebung mit physischem Restsystem Beanspruchungsgröße Faktorstufen DoE 1 Faktorstufen DoE 2 Grundschlupfdrehzahl [min -1 ] Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3 Stufe 4 Stufe 5 Flächenpressung [N/ mm²] Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3 Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3 Anregungsordnung [-] Stufe 1 Stufe 2 Stufe 1 Stufe 2 Anregungsamplitude [min -1 ] Stufe 1 Stufe 1 Stufe 2 Antriebsdrehzahl [min -1 ] Stufe 1 Stufe 2 Stufe 1 Stufe 2 Spezifischer Kühlölvolumenstrom [mm³/ mm²s] Stufe 1 Stufe 2 Stufe 1 Stufe 2 Tabelle 1: Versuchsplan mit Faktorstufen der untersuchten Beanspruchungsgrößen T+S_1_2020_ 2.qxp_T+S_2018 04.03.20 15: 03 Seite 9 Einfluss von Beanspruchungsgrößen & Korrelation mit dem Reibverhalten Aus den Ergebnissen der im vorherigen Abschnitt vorgestellten Untersuchungen wurde mittels mehrfacher linearer Regression ein signifikanter Einfluss mehrerer der untersuchten Beanspruchungsgrößen auf die Schwingungsreduzierung ermittelt. Im Folgenden werden die Ergebnisse anhand exemplarischer Auszüge aus den Versuchsreihen vorgestellt. Dazu werden die Reibungszahlverläufe sowie der Verlauf der An- und Abtriebsdrehzahl (blau und orange) bei Variation der entsprechenden Beanspruchungsgröße dargestellt. Dabei wird die Beanspruchungsgröße immer von links (a) nach Aus Wissenschaft und Forschung 10 Tribologie + Schmierungstechnik · 67. Jahrgang · 1/ 2020 DOI 10.30419/ TuS-2020-0001 Als Bewertungsgrößen für das Schwingungsentkopplungsverhalten werden die Winkelbeschleunigung am Ausgang des Lamellenpakets sowie das spezifische Amplitudenverhältnis aus Ab- und Antriebsdrehzahl definiert. Beide Größen werden für eine Verbesserung des Komfortverhaltens möglichst klein gehalten. Zur Bewertung des Reibungszahlverhaltens wird der Reibungszahlgradient sowie die in Bild 3 exemplarisch dargestellte minimale (μ min ) und maximale Reibungszahl (μ max ) herangezogen. Der in folgenden Ergebnissen aufgeführte Reibungszahlgradient wird mittels Steigungsdreieck der in Bild 3 dargestellten Geraden, gemittelt über mehrere Perioden, ermittelt. Es gilt: (1) Die Versuche werden im Dauerschlupfzustand mit gezielt aufgebrachter Anregung durchgeführt. Dabei wird eine Grundschlupfdrehzahl eingestellt und anschließend antriebsseitig eine Anregung mit den Parametern Anregungsamplitude in Form einer Drehzahlamplitude sowie Anregungsfrequenz aufgebracht. Nachdem das System eingeschwungen ist, beginnt die eigentliche Erfassung des Dauerschlupfzustandes und der Untersuchungsparameter. Sowohl die Versuchsdurchführung als auch die Auswahl des Untersuchungsgegenstands (Bild 1), werden u.a. in [7] detailliert erläutert. Bild 4: Exemplarische Darstellung des Einfluss der Grundschlupfdrehzahl Schlupf 1 Schlupf 2 Reibungszahlgradient [rpm -1 ] 7,8*10 -5 5,5*10 -5 Spez. Amplitudenverhältnis [%] 34,7 9,8 Winkelbeschleunigung [rad/ s²] 150 51 Tabelle 2: Kenngrößen - Einfluss der Grundschlupfdrehzahl (vgl. Bild 4) Bild 3: Exemplarische Darstellung eines Reibungszahlverlaufs mit Bewertungsgrößen des Reibverhaltens T+S_1_2020_ 2.qxp_T+S_2018 04.03.20 15: 03 Seite 10 rechts (b) erhöht. Zusätzlich werden die vorgestellten Bewertungsgrößen herangezogen. Abschließend werden die untersuchten Korrelationen mit dem Reibungszahlverhalten herausgearbeitet. In Bild 4 ist exemplarisch der Reibungszahlverlauf (oben) sowie der Verlauf der An- und Abtriebsdrehzahl (unten) bei geringerer Grundschlupfdrehzahl (a) und erhöhter Grundschlupfdrehzahl (b) dargestellt. Alle weiteren Beanspruchungsgrößen/ Randbedingungen wie u.a. die Anregungsamplitude werden zwischen (a) und (b) konstant gehalten. Aus dem Verlauf der Abtriebsdrehzahl (orange) wird eine erhöhte Reduzierung der Schwingungsamplitude bei erhöhter Schlupfdrehzahl ersichtlich. Dies wird durch Betrachtung der zugehörigen Bewertungsgrößen in Tabelle 2 bestätigt. Die erhöhte Reduzierung resultiert tendenziell aus einer erhöhten Dämpfung, welche bei erhöhtem Schlupf auftritt. Wie bereits in [7, 13] ermittelt, lässt sich am Reibungszahlverlauf mit zunehmender Schlupfdrehzahl eine Zunahme der maximalen sowie minimalen Reibungszahlen sowie eine Abnahme des Reibungszahlgradienten beobachten. Eine Abhängigkeit des Schwingungsentkopplungsverhalten von der eingestellten Flächenpressung lässt sich ebenfalls feststellen. Mit zunehmender Flächenpressung, wie in Bild 5 exemplarisch für zwei Faktorstufen der Flächenpressung dargestellt, nimmt die Entkopplungswirkung im System ab. Die geringere Flächenpressung führt tendenziell zu einer erhöhten Entkopplungswirkung im Friktionskontakt woraus eine verbesserte Schwingungsreduzierung resultiert Dies verdeutlichen auch die in Tabelle 3 für die exemplarisch dargestellte Erhöhung der Flächenpressung aufgelisteten Bewertungsgrößen. Sowohl das spezifische Amplitudenverhältnis als auch die Winkelbeschleunigung nehmen von Flächenpressung 1 (a) zu Flächenpressung 2 (b) zu. Wird die Ordnung der Anregung und damit bei gleichbleibender Antriebsdrehzahl die Anregungsfrequenz erhöht, lässt sich eine Reduzierung des spezifischen Amplitudenverhältnisses ermitteln, vgl. exemplarisch Bild 6 und Tabelle 4. Eine Erhöhung der Anregungsfrequenz resultiert bei gleichbleibender Drehzahlamplitude in eine erhöhte Winkelbeschleunigung. Die bei (b) stärker reduzierte Amplitude am Kupplungsausgang kann die aus der Frequenzerhöhung resultierende erhöhte Winkelbeschleunigung im Rahmen des Versuchsumfangs nicht komplett kompensieren. Dies führt im Gesamten zu einer Erhöhung der resultierenden Winkelbeschleunigung am Kupplungsausgang bei Variation der Anregungsordnung von Stufe 1 (a) auf Stufe 2 (b). Wird die Amplitude der Anregung erhöht, resultiert dies ebenfalls in einer Erhöhung der Winkelbeschleunigung bei tendenziell unverändertem relativen spezifischen Amplitudenverhältnis. Die Amplitude nimmt demnach tendenziell keinen Einfluss auf das Schwingungsentkopplungsverhalten im nasslaufenden Lamellenpaket. Eine Erhöhung dieser wirkt sich durch die höheren Beschleunigungen sowie höheren absoluten Amplituden dennoch negativ auf den Komfort bzw. das NVH-Ver- Aus Wissenschaft und Forschung 11 Tribologie + Schmierungstechnik · 67. Jahrgang · 1/ 2020 DOI 10.30419/ TuS-2020-0001 Bild 5: Exemplarische Darstellung des Einflusses der Flächenpressung Flächenpressung 1 Flächenpressung 2 Reibungszahlgradient [rpm -1 ] 1,52*10 -4 1,19*10 -4 Spez. Amplitudenverhältnis [%] 25,7 40,9 Winkelbeschleunigung [rad/ s²] 173 256 Tabelle 3: Kenngrößen - Einfluss der Flächenpressung (vgl. Bild 5) T+S_1_2020_ 2.qxp_T+S_2018 04.03.20 15: 03 Seite 11 hält, wird hier auf eine exemplarische Darstellung der Variation des Faktors verzichtet. Es lässt sich tendenziell im untersuchten Bereich kein Einfluss der Antriebsdreh- Aus Wissenschaft und Forschung 12 Tribologie + Schmierungstechnik · 67. Jahrgang · 1/ 2020 DOI 10.30419/ TuS-2020-0001 halten aus. In Bild 7 ist exemplarisch der Einfluss der Antriebsdrehzahl abgebildet. Da sich der Kühlölvolumenstrom bzgl. des Einflusses tendenziell analog ver- Bild 6: Exemplarische Darstellung des Einflusses der Anregungsordnung Anregungsordnung 1 Anregungsordnung 2 Reibungszahlgradient [rpm -1 ] 7,9*10 -5 7,2*10 -5 Spez. Amplitudenverhältnis [%] 43,7 33,1 Winkelbeschleunigung [rad/ s²] 182 211 Tabelle 4: Kenngrößen - Einfluss der Anregungsordnung (vgl. Bild 6) Bild 7: Exemplarische Darstellung des Einflusses der Antriebsdrehzahl Antriebsdrehzahl 1 Antriebsdrehzahl 2 Reibungszahlgradient [rpm -1 ] 2,7*10 -5 3,7*10 -5 Spez. Amplitudenverhältnis [%] 15,0 15,5 Winkelbeschleunigung [rad/ s²] 146 145 Tabelle 5: Kenngrößen - Einfluss der Antriebsdrehzahl (vgl. Bild 7) T+S_1_2020_ 2.qxp_T+S_2018 04.03.20 15: 03 Seite 12 zahl sowie des Kühlölvolumenstroms auf das Schwingungsentkopplungsverhalten feststellen. Sowohl das spezifische Amplitudenverhältnis als auch die Winkelbeschleunigung zeigen keine signifikante Veränderung bei Variation der beiden Faktoren. Exemplarisch ist dies auch an den in Tabelle 5 aufgeführten Kenngrößen der in Bild 7 für die Variation der Antriebsdrehzahl abgebildeten Dauerschlupfzustände zu erkennen. Eine tendenzielle Korrelation der Schwingungsentkopplung mit dem Reibverhalten lässt sich in begrenzten Rahmen v.a. für die als Bewertungsgröße betrachteten Reibungszahlen feststellen. Dabei wird eine tendenziell erhöhte Entkopplungswirkung bei erhöhter minimaler sowie bei erhöhter maximaler Reibungszahl ermittelt. Dies resultiert mitunter aus der Abnahme der Reibungszahlen bei einer Erhöhung der Flächenpressung. Eine erhöhte Flächenpressung führt dabei gleichzeitig zu einer Reduzierung der Entkopplungswirkung (Zunahme des Amplitudenverhältnisses sowie der Winkelbeschleunigung). Exemplarisch ist die Korrelation mittels linearer Regression für die minimale Reibungszahl in Bild 8 dargestellt. R 2 gibt dabei das Bestimmtheitsmaß der jeweiligen Regression an. Insbesondere mit Zunahme der min. sowie max. Reibungszahlen kann ein linearer Zusammenhang zugrunde liegen. Dies muss aufgrund der geringen Bestimmtheitsmaße jedoch weiter und auch auf mögliche andere Zusammenhänge hin untersucht werden. Für den Reibungszahlgradienten konnte im Rahmen des Versuchsumfangs mittels linearer Regression keine Korrelation mit dem Schwingungsentkopplungsverhalten festgestellt werden. Dies lässt sich tendenziell bereits an den zuvor jeweils mit aufgeführten Reibungszahlgradienten erkennen (Tabelle 2 bis Tabelle 5). Um den Einfluss des Reibverhaltens zielgerichtet untersuchen zu können, wird dieser Parameter als Faktor durch Variation des Tribosystems verändert. Dabei werden alle weiteren Parameter, wie die Beanspruchungsgrößen und weiteren Randbedingungen festgehalten. Hierfür wird einleitend das Reibverhalten zweier Tribosysteme grundlegend gegenübergestellt. Reibverhalten zweier Tribosysteme Für zukünftige Untersuchungen des Reibverhaltens auf die Schwingungsentkopplung bietet es sich an das Tribosystem bei ansonsten gleichbleibenden Randbedingungen zu variieren. Dazu wird einleitend im Folgenden der Einfluss eines veränderten Schmierstoffs bzw. Kühlöls auf das Reibverhalten untersucht. In Bild 9 sind die Reibungszahlverläufe für drei Schlupfstufen der beiden Tribosystemvarianten TS 1 (Ausgangskühlöl) und TS 2 (veränderte Additivierung) abgebildet. Eine Erhöhung der Schlupfdrehzahl führt wie bereits in [7] und [13] vorgestellt für beide Tribosystemvarianten zu einer tendenziellen Abnahme des Reibungszahlgradienten sowie zu einer tendenziellen Zunahme der minimalen und maximalen Reibungszahlen. Vergleicht man die Reibungszahlverläufe der Tribosystemvariante 1 (a) mit denen der Tribosystemvariante 2 (b) wird ersichtlich, dass der Reibungszahlgradient bei TS 2 gegenüber TS 1 tendenziell höhere Werte annimmt. Die minimalen und maximalen Reibungszahlen fallen hingegen bei TS 2 tendenziell geringer aus. Es lässt sich ableiten, dass durch die Veränderung der Additive bzw. Additivzusammensetzung in Ölvariante 2 ein tendenziell höherer Reibungszahlgradient bei gleichzeitig niedrigeren absoluten Reibungszahlwerten erreicht wird. Da sich die Reibungszahlverläufe der beiden Tribosystemvarianten bei gleichen Randbedingungen unterscheiden, können hiermit zukünftige schwingungstechnische Untersuchungen ergänzend Aufschluss darüber geben inwieweit ein verän- Aus Wissenschaft und Forschung 13 Tribologie + Schmierungstechnik · 67. Jahrgang · 1/ 2020 DOI 10.30419/ TuS-2020-0001 Bild 8: Korrelation der minimalen Reibungszahl mit dem spez. Amplitudenverhältnis (links) und der Winkelbeschleunigung (rechts) (lineare Regression) T+S_1_2020_ 2.qxp_T+S_2018 04.03.20 15: 03 Seite 13 - eine Erhöhung der Grundschlupfdrehzahl und - eine Reduzierung der Flächenpressung. Eine Erhöhung der Anregungsordnung führt tendenziell ebenfalls zu verringerten Amplitudenverhältnissen, erhöht allerdings gleichzeitig die Winkelbeschleunigung am Ausgang des Lamellenpakets. Ermittelt wurde auch, dass die Antriebsdrehzahl sowie der Kühlölvolumenstrom im Untersuchungsbereich tendenziell keinen Einfluss auf die Schwingungsentkopplung nehmen. Die Grundschlupfdrehzahl resultiert als einer der Haupteinflussfaktoren um die Entkopplungswirkung im nasslaufenden Kupplungssystem zu verbessern. Da damit gleichzeitig Effizienzeinbußen einhergehen, gilt es nun Aus Wissenschaft und Forschung 14 Tribologie + Schmierungstechnik · 67. Jahrgang · 1/ 2020 DOI 10.30419/ TuS-2020-0001 derter Reibungszahlverlauf, also mitunter der Reibungszahlgradient, Einfluss auf die Schwingungsentkopplung nimmt. Zusammenfassung & Ausblick Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass insbesondere der Schlupf und die Flächenpressung einen signifikanten Einfluss auf die Schwingungsentkopplung haben. Dabei führt tendenziell zu einer Reduzierung der Entkopplungs-Bewertungsgrößen „Amplitudenverhältnis“ und „Winkelbeschleunigung“, woraus tendenziell ein verbessertes Komfortverhalten resultiert (vgl. hierzu auch Bild 10, über alle Einzelversuche durchgeführte mehrfache lineare Regression): Bild 9: Reibungszahlverläufe für drei Schlupfstufen mit TS 1 (a) und TS 2 (b) Bild 10: Einfluss der Grundschlupfdrehzahl und der Flächenpressung auf die Schwingungsentkopplung (MLR), links Spez. Amplitudenverhältnis, rechts Winkelbeschleunigung T+S_1_2020_ 2.qxp_T+S_2018 04.03.20 15: 03 Seite 14 in weiteren Untersuchungen den Einfluss des tribologischen Systems auf die Entkopplung und letztlich auf den Zielkonflikt Komfort vs. Effizienz zu untersuchen. Zukünftig soll dazu auch die Effizienz in Form weiterer Bewertungsgrößen herangezogen werden um durch gezielte Einstellung der Beanspruchungsgrößen und Auslegung des Tribosystems mögliche Optimierungen des Zielkonflikts herbeiführen zu können. Danksagung Die Autoren danken für die Unterstützung des Forschungsprojekts. Das IGF-Vorhaben 18501-N der Forschungsvereinigung Antriebstechnik e.V. (FVA) wird über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Literatur [1] Lutz, D. u. Verein Deutscher Ingenieure: Kupplungsmanagement - ein Baustein zur Drehschwingungsdämpfung. VDI Berichte 697 (1988), S. 219-256 [2] Basiewicz, M., Albers, A. u. Ott, S.: Influencing factors on the decoupling of induced rotational oscillation by wetrunning multi-plate-packages in controlled slip mode (2017) [3] Abbassi, M. B.: Steigerung des Antriebsstrangkomforts im Kfz durch elektronisches Kupplungsmanagement. ATZ - Automobiltechnische Zeitschrift 101 (1999) 2, S. 118-126 [4] Reik, W., Friedmann, O., Agner, I. u. Werner, O.: Die Kupplung - das Herz des Doppelkupplungsgetriebes. 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