eJournals Colloquia Germanica 51/2

Colloquia Germanica
0010-1338
Francke Verlag Tübingen
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2020
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Unfreiwillige Wanderjahre von Egon Schwarz: Erfahrung, Bildung und Glück auf dem Weg zur Wirkungsmächtigkeit im Exil

2020
Reinhard Andress
Unfreiwillige Wanderjahre von Egon Schwarz: Erfahrung, Bildung und Glück auf dem Weg zur Wirkungsmächtigkeit im Exil Reinhard Andress Loyola University Chicago Abstract : This article chronicles the life and career of the Jewish Austrian-American Germanist Egon Schwarz through his autobiographical writings and other sources. Following Schwarz’s travels and studies in South and North American exile, the author asks what account of free will or external determination is most fitting for Schwarz’s meditations on exile and identity. Keywords : Egon Schwarz, exile, free will, autobiography, Germanistik Die Autobiographie von Egon Schwarz, Unfreiwillige Wanderjahre: Auf der Flucht vor Hitler durch drei Kontinente (2005), schildert, wie der Titel schon andeutet, die Lebensgeschichte eines Exilanten des Dritten Reiches. 1 Dabei zeigt sich, dass das Zusammenwirken von Erfahrung, Bildung und Glück die begrenzte freie Willensfreiheit des Autors und letztendlich seine Wirkungsmächtigkeit im Exil bedingen. 1922 als Jude in Wien geboren, führte der „Anschluss“ 1938 zu einer Flucht, die ihm und seinen Eltern zunächst nach Bratislawa (Pressburg) gelang. Über ein völkerrechtlich ungeklärtes Niemandsland zwischen Ungarn und der Slowakei ging es dann weiter nach Prag, Paris und schließlich Südamerika, wo Schwarz zehn erfahrungsreiche Jahre unter abenteuerlichen und widrigen Umständen in Bolivien, Chile und Ecuador verbrachte, dabei aber stets bemüht war, seinen unersättlichen Bildungshunger zu stillen. Es waren Glücksumstände, die ihm nach Kriegsende den Weg in die USA ebneten, wo er 1954 ein Doktorat in deutscher Philologie an der University of Washington abschloss und sieben Jahre als „Assistant Professor“ an der Harvard University lehrte, bevor er an der Washington University in St. Louis landete. Von Gastprofessuren in der ganzen Welt unterbrochen, lehrte er dort zweiunddreißig Jahre lang, zuletzt 98 Reinhard Andress als Rosa May Distinguished University Professor in the Humanities. Er schrieb über zwanzig Bücher und Hunderte von Artikeln und Essays, u. a. für die FAZ, die NZZ oder Die Zeit. Dabei entwickelte er sich zu einem sehr bekannten Literaturhistoriker und zum Mitbegründer der deutschen Exilstudien, so etwa mit dem Buch Verbannung (1964), das dokumentarisch eine Phänomenologie des durch Hitler verursachten Exils unternimmt und das Schwarz gemeinsam mit Matthias Wegner herausgab. Das verschluckte Schluchzen (1972) stellt wiederum eine bahnbrechende Studie zur Poesie und Politik im Werke Rainer Maria Rilkes dar. Sein letztes literaturwissenschaftliches Buch, Wien und die Juden (2014), sammelt seine besten Aufsätze zu dem Thema. 2 Vielfach wurde er geehrt: so mit Ehrendoktoraten der Universität Wien, der Örebro Universitet oder seiner eigenen Washington University, mit der Joseph von Eichendorff-Medaille oder dem Österreichischen Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst. 2008 wurde die Autobiographie mit dem renommierten Johann-Friedrich-von-Cotta-Literaturpreis ausgezeichnet. 3 Vor allem durch dieses Werk ist Schwarz selbst Gegenstand der Exilstudien geworden� 4 Im Februar 2017 verstarb er mit 94 Jahren; Nachrufe erschienen in vielen Zeitungen Europas und Amerikas. 5 Schon das Wort „unfreiwillig“ im Titel deutet ein Thema an, das Schwarz als motivische Konstante in den Mittelpunkt seiner Autobiographie stellt. Dazu schreibt er in der „Vorbemerkung“: Gerade weil ich von Anfang an eine Art Spielball geschichtlicher Mächte war, weil so ganz und gar nichts Spontanes, Selbsttätiges an meinem Lebenslauf zu sein scheint, stellt sich mir das Problem der Willensfreiheit mit ungewöhnlicher Intensität. Nachdenkend über meinen Werdegang - dieses Wort scheint mir das Dilemma geradezu zu verkörpern, denn sein erster Teil deutet mehr auf die äußeren Zwänge, der zweite auf die persönliche Initiative -, hoffe ich, zwischen dem mir durch die Umstände Vorgegebenen und dem Beitrag, den ich zu meinem eigenen Leben geleistet habe, genauer unterscheiden zu lernen� (11) Dabei geht es im Text zunächst um den Mangel an eigener Handlungsfähigkeit und -macht angesichts geschichtlicher Umwälzungen. Dennoch konnte Schwarz im Laufe seines Lebens eine weitreichende Wirkungsmächtigkeit entwickeln. Die Voraussetzungen dafür waren ein Erfahrungsreichtum und ein unermüdlicher Bildungsdrang, seine Strategie der akademische Bildungsweg, dessen Verwirklichung jedoch nicht ohne glückliche Umstände möglich gewesen wäre und somit nicht allein auf seinem freien Willen beruhte. Dieser langwierige Weg von der mangelhaften Handlungsfähigkeit zur Wirkungsmächtigkeit soll nun in den folgenden Ausführungen nachgezeichnet werden. Dabei ist auch zu überlegen, was uns dieser Weg heute angesichts nicht endend wollender Migrationsströme noch zu sagen hat� Unfreiwillige Wanderjahre von Egon Schwarz 99 Schwarz eröffnet seine Autobiographe mit den folgenden Worten: In der Kindheit ist der frei sich selbst bestimmenden Individualität offensichtlich wenig Spielraum gegönnt. Weder Zeit noch Ort, weder biologisches Erbe noch soziale Klasse ebensowenig wie die weitere Umwelt, mächtige Faktoren in der Entwicklung des Einzelnen, unterstehen seiner eigenen Auswahl� (13) Diese Kindheit und dann Jugend waren stark von dem ehemaligen österreichisch-ungarischen Vielvölkerstaat geprägt, in dem vor allem in Wien die verschiedensten mitteleuropäischen Kulturen zusammenkamen und einen besonders reichhaltigen kulturellen Bodensatz bildeten. Entsprechend hebt der Autor „[d]ie sprachlichen und kulturellen Prägungen“ (245) hervor, die ihm seine Jugend verliehen, so sehr kritisch er auch auf das Österreich des Vor-Anschlusses und seine Gymnasialzeit zurückblickt. Damit hängen auch die antisemitischen Gesellschaftsumstände zusammen, die ihn dazu zwangen, sich früh mit dem Judentum auseinanderzusetzen� Eine Zeitlang wandte er sich einer jüdischen Frömmigkeit aus Trotz und auf dem Wege zur Selbstfindung zu, stark beeinflusst durch die jüdische Lebensfülle der Pressburger Verwandtschaft, doch kam er damit gegen seine assimilierte Umwelt nicht an. Er wurde schließlich zum Atheisten, wenn er sich auch sein Leben lang „zur jüdischen Schicksalsgemeinschaft“ (232) bekannte. Die atheistische Einstellung feite ihn auf alle Fälle gegen den religiösen Zionismus, gegen dessen sozialistische Variante mit ihren nationalistischen Untertönen er sich ebenfalls wehrte. Stattdessen verschrieb er sich allgemeiner dem Sozialismus, im Wesentlichen bedingt durch die Verhältnisse, in denen er aufwuchs, die Armut, die er in Wien beobachtete, und durch den verstärkten Antisemitismus des Faschismus, wobei der Spanische Bürgerkrieg zu seinem „politischen Urerlebnis“ (43) wurde. Insgesamt waren es reichhaltige Erfahrungen für einen jungen Menschen. Was nun die Handlungsfähigkeit und die zentrale Frage nach dem freien Willen betrifft, kommt Schwarz am Ende des ersten Kapitels „Wien“ zum folgenden Schluss, der die oben zitierten Eingangsworte zur Kindheit mit Blick auf die Jugend schon etwas differenziert: Gewiß, ich hätte frommer Jude oder Zionist werden, ich hätte versuchen können, mein Judentum zu ignorieren, mein Österreichertum zu betonen oder zum Christentum überzutreten, wie es manche der Kameraden während der Schulzeit taten. Nichts von alledem geschah, obgleich jede dieser Entscheidungen irgendwann einmal emotional möglich gewesen wäre. (44) Wie hier angedeutet wird, räumt Schwarz seiner Willensfreiheit einen gewissen Spielraum in diesem Abschnitt seines Lebens ein, und er fügt hinzu: „Es wäre kleinlich von mir, die Wirkung einer Individualität, die Rolle existentieller 100 Reinhard Andress Entscheidungen für dieses Ergebnis ganz zu verneinen“ (45). Doch schränkt er auch wieder ein: In Wirklichkeit wird wohl das Schwanken stärker, die Unverbindlichkeit der psychischen Akte größer gewesen sein. Das unabweisbare Gefühl: „Es hätte auch anders kommen können“ raubt dem endgültigen Engagement etwas von seiner Selbstherrlichkeit. Ich lasse die Sache einstweilen auf sich beruhen und halte der Wahrheit entsprechend fest, daß ich mich, solange ich in Österreich war, nicht als Akteur in meinem eigenen Leben fühlte, nicht fühlen konnte, und daß die turbulenten Ereignisse, die darauf folgten, jede freie Selbstbestimmung auszuschließen schienen. (45-46) Letztendlich bleibt seine Haltung eher skeptisch. Wie er auch erwähnt, sollten sein freier Wille und die Handlungsfähigkeit noch weiter eingeschränkt werden, was die bezeichnende Überschrift „Treibgut“ des zweiten Kapitels allein schon verdeutlicht� Aus dem angeschlossenen Wien retteten sich Schwarz und seine Eltern zwar nach Pressburg zu Verwandten, doch wurden sie dort von den Ereignissen eingeholt, als es im Zuge des Münchener Abkommens im Oktober 1938 zur Autonomie der Slowakei unter der Führung des klerikalen Faschisten Jozef Tiso (1887-1947) kam. Als Folge wurde eine antisemitische Kampagne entfesselt, die zu einer Schlüsselerfahrung für den Autor führt. In ein völkerrechtlich ungeklärtes Territorium zwischen der Slowakei und Ungarn abtransportiert, wurde der Schwarz-Familie alles abgenommen. Mitten auf einem Feld mussten diese „Niemande im ‚Niemandsland‘“ (69) unter unvorstellbaren Verhältnissen zu überleben versuchen. Obwohl Schwarz und seine Eltern durch das geschickte Vorgehen eines Onkels bald aus dem Elend befreit wurden und nach Pressburg zurückfliehen konnten, bleibt die Erfahrung besonders prägend im Zusammenhang mit der Frage nach Willensfreiheit: Heißes Wasser, Seife, ein Bett! Seit dieser Nacht weiß ich, was Luxus ist. Noch etwas anderes weiß ich aber seither: daß jede Zugehörigkeit, jedes Recht, jede Gemeinschaft auf Illusionen beruht, bis auf Widerruf von den jeweils Mächtigen gewährt, nach Willkür und Gutdünken wieder entzogen� (73) Der Fluchtweg führte dann weiter nach Prag, wo durch die Vermittlung eines jüdischen Hilfsvereins Visen für Bolivien arrangiert werden konnten. Im Februar 1939 bestieg die Schwarz-Familie die „Orduña“ im französischen La Rochelle-Pallice für die einmonatige Überfahrt nach Südamerika. Nun sind es Erfahrungen auf dem Emigrantenschiff, die ihn prägen: Einen buntscheckigeren, faszinierenden Menschenhaufen habe ich nie wieder beisammen gesehen: Leute, die im KZ gewesen waren, deren Geschäfte von der SA boykot- Unfreiwillige Wanderjahre von Egon Schwarz 101 tiert und deren Klaviere in der Kristallnacht aus den Fenstern auf die Straße geworfen worden waren, und solche, die mit unzulänglichen Mitteln unter unvorstellbaren Verlusten und Entbehrungen Francisco Franco Widerstand geleistet hatten. Da waren die rauchenden, unglaublich schnell schwatzenden Chilenen, die schachspielenden Kubaner, jeder ein kleiner Capablanca, und die wohlerzogenen jüdischen Matronen aus Köln und Frankfurt, da waren norddeutsche Doktoren und Universitätsdozenten, die sich des gepflegten Intellektuellenidioms bedienten, und bayrische Naturburschen mit ihrem breiten Dialekt, die, weiß Gott wie, mit den Nazis in Konflikt geraten waren, Kaufleute aus der Tauentzienstraße, Ostjuden aus dem galizischen Städtel, verarmte österreichische Aristokraten, die sich noch krampfhaft an ein Restchen Vornehmheit und Luxus klammerten, und weit herumgekommenes Volk, das mit Scheunen und Nachtasylen, mit der Pariser Unterwelt, unsauberen Gefängnissen und der erbarmungslosen Fremdenpolizei aller Länder intime Bekanntschaft gemacht hatte. Und ein jeder wußte nicht nur einen, sondern viele Romane zu erzählen. (81—82) In dem Mikrokosmos des Schiffes bekommt Schwarz viel von der Welt in gedrungener Form mit, was er in seinen sich immer stärker abzeichnenden Bildungsdrang wie folgt einordnet: „Dieses Schiff war meine erste Universität, auf viele Jahre hinaus, und nicht die schlechteste“ (82). Doch prägend ist ebenfalls die Nachricht auf dem Schiff von der Besetzung Prags durch die Deutschen im März 1939: „Unter den Hunderttausenden, für die dieses Ereignis das Todesurteil bedeutete, waren wir auserkoren, zu überleben, ohne Sinn und Grund, ohne Verdienst, ja fast ohne unser Dazutun“ (83). In diesem Zusammenhang werden seine weiteren Überlegungen zur Frage des freien Willens einerseits nicht verwundern, nämlich, dass er „angesichts solcher fundamentalen Einflüsse von außen nicht dazu neig[t], der Freiheit des Willens und der Selbstbestimmung eine übertriebene Bedeutung beizumessen“ (82). Wir lesen andrerseits aber auch: Und doch: ein Wille, eine individuelle Initiative hat bei unserer Rettung mitgeholfen. Vielleicht war es nicht eine einzige Tat, sondern das Werk setzte sich wie ein Mosaik aus vielen kleinen Teilen zusammen, vielleicht war es nicht immer unser eigenes Streben, das uns aus den Verstrickungen löste, sondern die Fürsorge anderer; aber selbst in diesen wilden, scheinbar von Zufall und Willkür regierten Zeiten lassen sich die intendierten Akte der Beihilfe und Förderung von den chaotischen Mächten blinder Unterjochung unterscheiden. (82) Zwar sieht Schwarz seine eigene Handlungsfähigkeit und -macht zu diesem Zeitpunkt als minimal, doch kollektiv kann der Versuch der freien Willensausübung einiges gegen die geschichtlichen Mächte bewirken. 102 Reinhard Andress Im dritten Kapitel „Neue Welt“ wendet sich Schwarz zunächst den Lebensumständen in Südamerika, vor allem in Bolivien, zu: Geschichte, Kolonialismus, der scheinbaren Exotik und der Situation der Emigranten. Bei letzteren kommt er auf „das Auftreten eines neuen, erregenden Menschentyps, des Schelms und Abenteurers, des unternehmenden Glücksjägers, der sich zur Befriedigung seiner Bedürfnisse auf das Ausgefallene und Verbotene, ja ans Kriminelle Grenzende verlegte, Charaktere, die auf eine außergewöhnliche Situation außergewöhnlich reagierten“ (107). Schwarz schildert auch einige dieser bunten Figuren, denen er begegnete und die sich trotzig zu behaupten wussten. Ihre Überlebenskunst führt wiederum dazu, eine bescheidene Lanze für den freien Willen zu brechen: In den Wendungen und Windungen dieser Lebensläufe spiegeln sich die Umstände, die sie hervorgebracht haben, und somit auch die Zwänge, denen die einzelnen Mitspieler ausgesetzt waren. Aber dazwischen gab es immerhin Luft zu atmen, Ellbogenraum sich zu bewegen, also genug Freiheit und Alternative, so daß man sicher wohl vom Willen der Beteiligten und ihrer Verantwortlichkeit sprechen kann. (114) Wie es nun bei ihm selbst weitergeht, wird das Thema des vierten Kapitels mit der ebenfalls bezeichnenden Überschrift „Abenteurer wider Willen.“ Was die Selbstbestimmung betrifft, sieht sich Schwarz wie in einem Schelmenroman, „in dem sich die eigene Initiative und äußere Determiniertheit durchdringen“ (114). Die äußeren Umstände führen trotz ihrer deterministischen Aspekte zu weiteren wichtigen Erfahrungen; die eigene Initiative besteht darin, sich weiter zu bilden. War das Emigrantenschiff seine erste Universität, so wurde seine „zweite“ (129) das Instituto de Arqueología y Prehistoria in La Paz unter der Leitung des skurrilen Arturo P., dessen Assistent und Privatsekretär Schwarz wurde� 6 In der beachtlichen Bibliothek des Wissenschaftlers eignete sich der inzwischen Siebzehnjährige natur- und kulturkundliche Kenntnisse über die Geschichte und Vorgeschichte Südamerikas an, las aber auch viele belletristische Werke. Immer mehr wird das Lesen zu einem Leitmotiv in seinem Leben. Doch auch in anderer Hinsicht bildete er sich unter der widersprüchlichen Obhut von Arturo P., nämlich als dessen Stenotypist für ein biologistisches, sozialdarwinistisches Werk der Physiognomik. Instinktiv und sicher bedingt durch die Erfahrungen im antisemitischen Wien wehrt sich Schwarz gegen die Grundthese seines Arbeitgebers, „daß man den Charakter eines Menschen von der Form seiner Nase und anderen körperlichen Merkmalen ablesen könne“ (124). Abgesehen vom Anspruch auf Selbstbestimmung, den Schwarz hier erhalten wissen will, verdankte er der Erfahrung der Mitarbeit letztendlich seine „kritische, zur Ungläubigkeit neigende Einstellung zu monokausalen Welterklärungen“ (124). So problematisch die wissenschaftliche Arbeit für Schwarz wurde, war Arturo P. aber auch „ein großer Abenteurer“ (125), der seine Forschungsarbeit mit einer leidenschaftlichen Manie betrieb und viel in der Welt herumgekommen war. In diesem Zusammenhang lernte Schwarz wie schon bei den im vorangegangenen Kapitel geschilderten Emigrantenschicksalen „von der Selbstbestimmung des außergewöhnlichen Einzelnen“ (129). Solche Erfahrungen und viele andere waren für Schwarz prägend, doch sollte die Arbeit in den Zinngruben Potosís, wo schon die Spanier Silber geschürft hatten, zum „Zentrum meiner Exilerfahrung“ werden: „Die Jahre . . . sind die lehrreichsten meines Lebens, sie haben sich tief in mein Bewußtsein eingegraben und sind ein unverlierbarer Teil meines Weltbewußtseins überhaupt geworden“ (144). Zunächst durchzieht auch in diesem abgeschiedenen Ort hoch oben im Andengebirge weiterhin ein Lese- und Bildungshunger sein Leben, den Schwarz stillen konnte, indem er Zugang zur Bibliothek seines Wiener Chefs gewann, der seine Bücher nach Bolivien gerettet hatte. So las der Autor „kreuz und quer den Kanon des europäischen Bildungsbürgertums“ (154). Als Aufpasser und Gehilfe in einem chemischen Labor kam er aber vor allem mit der „Soziologie der Mine“ (150) in Kontakt, die er als „rassistisch und kolonialistisch“ (152) bezeichnet und in der er „das Wertesystem der Welt“ (150) widergespiegelt sieht, wobei es vor allem die Indianer sind, die willenlos unter dem System zu leiden haben: „Die Indianer sind gedrückte, ausgebeutete Menschen, denen man ihre Kultur und Identität genommen hat“ (153). Es ist genau diese soziale Haltung, die ihn dann später nach dem Krieg in Ecuador, als er bei der US Military Ground Mission als Übersetzer und Dolmetscher arbeitete, die amerikanische Militärpräsenz in der kleinen Andenrepublik hinterfragen lässt. Schließlich war es ein Land, das unter großer Armut litt (und noch leidet) und das Straßen, Brücken, Traktoren und Hospitäler statt Tanks, Jeeps, Maschinengewehre und Munition brauchte: „Ich lernte hier an kleinen, lokalen Beispielen Fragen stellen, die ich später mit der gleichen Berechtigung auf globale Probleme anwandte“ (167). Man könnte noch viele weitere Erfahrungen oder einflussreiche Menschen anführen, die das Bildungsinteresse des Autors anregten. In Quito lernte er z. B. zwei nicht näher genannte Persönlichkeiten kennen, die „zwei mögliche geistige Grundhaltungen“ repräsentierten: der eine „der Typ des Forschers und Historikers,“ der andere „der Typus des vom Wissenskram unabhängigen Denkers und Dialektikers“ (177). Zusammen scharten sie eine Gruppe von jungen Leuten um sich, zu denen auch Schwarz gehörte, um „nach dem altbekannten Schema als Stoffhuber und Sinnhuber“ (178) informelle Vorlesungen zu halten und Diskussionsrunden auf hohem Niveau zu leiten� Solche Gelegenheiten „hielten das Feuer des geistigen Widerstands gegen die Unerquicklichkeiten der Außenwelt in mir wach“ (178), wie es Schwarz schildert, stellten aber letztendlich seinen Wunsch nach Selbstbestimmung und seinen Bildungsdrang nicht zufrieden. Aus „der Triade Belesenheit, Lust am Wort und unmittelbarer Lebenserfahrung“ Unfreiwillige Wanderjahre von Egon Schwarz 103 104 Reinhard Andress (178) hatte sich die geistige Persönlichkeit des Autors immer weiter gebildet, die aber, weil sie auf wenig Widerhall stieß, zu einer „wachsende[n] Einsamkeit des Empfindens“ (178) führte. Schließlich kam es zu „einem radikalen Umschwung“ (178): Äußerlich durch die Behandlung einer Tropenkrankheit bedingt, nützte Schwarz eine abenteuerliche Reise in die USA als Gelegenheit, sich seine Zeugnisse vom österreichischen Konsulat in New York beglaubigen zu lassen, denn Ende der 40er Jahre hatten die Österreicher noch keine diplomatische Vertretung in Ecuador. Die Beglaubigung der Zeugnisse eröffnete ihm wiederum den Weg für ein geregeltes Studium in Ecuador. Dort konnte er einen „Bachiller en Humanidades Modernas“ nachholen, womit „der Riß von 1938“ (188), nämlich mit seiner in Wien abgebrochenen Bildung, zugewachsen war. Er schrieb sich an der Universidad de Cuenca als Student der Rechts- und Sozialwissenschaften ein, da dort kein Studium der Philologie und Literaturgeschichte, sein eigentliches Interesse, angeboten wurde. Es war gewissermaßen eine Übergangslösung, denn Schwarz wollte eigentlich zum Studium in ein anderes Land, wo es bessere Ausbildungsmöglichkeiten für ihn geben würde, die er vor allem in den USA sah. Zu diesem Zweck bemühte er sich unermüdlich mit großer Eigeninitiative um einen Studienplatz. Obwohl einige Universitäten willig waren, ihn probeweise aufzunehmen, reichte das nicht, denn Schwarz brauchte auch eine finanzielle Unterstützung. Die Lage schien aussichtslos zu sein, doch dann kam das Angebot einer Lehrstelle am Otterbein College im Zusammenhang mit einem Studienplatz an der Ohio State University. Das schildert Schwarz so: Diesen plötzlichen Umschwung in meinen Glückumständen verdanke ich Bernhard Blume. Unter welch ungewöhnlichen Bedingungen er mir die Wege geebnet hat, konnte ich erst viel später gebührend erfassen. Etwas an meinem unkundigen Bewerbungsschreiben muß ihn berührt haben, denn er hat für mich eine Assistentenstelle beantragt und mich, selbst nachdem die Ernennung an meiner unzureichenden Vorbildung gescheitert war, weiter im Auge behalten. Als man sich nun vom Otterbein College mit der Bitte an ihn, den Leiter des weithin größten germanistischen Instituts wandte, einen Halbtags-Deutschlehrer zu empfehlen, schlug er mich vor, einen völlig Unbekannten, der Tausende Kilometer weit in einer Indianerrepublik saß, statt einen seiner eigenen Doktoranden, die in den damaligen schlechten Zeiten nervös auf Arbeitsmöglichkeiten warteten� (195) 7 Damit waren die Weichen für seine erfolgreiche Karriere gewissermaßen gestellt� Als er Südamerika in Richtung USA verließ, war er von sehr widersprüchlichen Gefühlen bewegt, denn immerhin hatte er zehn Jahre seines noch relativ jungen Lebens in Bolivien, Chile und Ecuador verbracht. Den Moment des Unfreiwillige Wanderjahre von Egon Schwarz 105 Abschieds, als das Flugzeug abhob, beschreibt er folgendermaßen: „Um den inneren Konflikt zu beruhigen, schloß ich die Augen und sagte mir: ‚Du hast dein Leben geändert‘“ (196). Das deutet ein hohes Maß an eigener Handlungsfähigkeit und freiem Willen an, wie Schwarz auch bestätigt: Auch aus der heutigen Sicht ist es nicht abzustreiten, daß ich ein Recht auf diesen Gedanken hatte, daß ich viel eigene Initiative entwickeln mußte, daß ich Jahre hindurch, unter überwältigend ungünstigen Bedingungen und gegen jede Wahrscheinlichkeit des Gelingens zäh an einem Plan festgehalten, keine Mühe und keine Arbeit zu seiner Förderung gescheut habe. Damit scheint sich auch die Frage nach dem menschlichen Willen, nach der Mitwirkung der Person am eigenen Schicksal zu erledigen. (196) Dabei belässt es Schwarz aber nicht und kommt noch einmal auf die oben erwähnten „Glücksumstände“ (195) im Zusammenhang mit der Unterstützung Blumes zurück: „Aber ich glaube auch dargestellt zu haben, wie alles an einem Haar hing, wie wenig versprechend die Dinge dastanden bis zum plötzlich eintretenden, nicht mehr erwarteten glücklichen Ausgang“ (196). Der freie Wille, der sich bei Schwarz auf seine Bildung konzentrierte, wird grundsätzlich bejaht, doch nicht ohne auf die Einwirkung von Glück hinzuweisen� Die zunehmend gesicherte Existenz in den USA führte dazu, dass Schwarz den beruflichen Weg für sich entscheiden konnte, der ihm auch am Herzen lag, nämlich „die Laufbahn eines europäischen Intellektuellen“ (45). Dabei entwickelte er eine vielfältige Wirkungsmächtigkeit und wurde, wie eingangs ausgeführt, zu einem der bedeutendsten Vermittler deutschsprachiger Literatur und Kultur nicht nur in den USA, sondern auch mit transatlantischer Wirkung. Für sich gewann er zwar einen größeren Raum der Handlungsfähigkeit und -macht, doch in einem allgemeineren Sinne schätzte er sie immer noch als sehr gering ein, vor allem angesichts der enttäuschenden politischen Entwicklungen in den USA, sprich: Nixon und Vietnamkrieg. Am Ende seiner Autobiographie kommt er zum folgenden abschließenden Urteil bezüglich Willensfreiheit, das auch hier nicht ohne einen Hinweis auf Glück auskommt: Niemand kann Kenntnis von meinen wechselnden Lebensumständen nehmen und zur Meinung gelangen, daß ich in unserer Welt der Freiheit des Einzelnen, Lauf und Richtung seiner Entwicklung ungehindert zu gestalten, übertriebene Chancen einräume. Manchmal will mir scheinen, als ob unlenkbare Mächte die Einzelperson geradezu vor sich herwirbelten, denen gegenüber sie oft nicht mehr Widerstand zu leisten imstande ist, als eine Schneeflocke dem Wirbelsturm. Nur unter glücklichen Umständen, so möchte ich mit aller Vorsicht meinen, bleibt dem Individuum je nach seiner besonderen Situation eine gewisse Bewegungsfreiheit. Es kommt dann zu einer 106 Reinhard Andress Begegnung zwischen den immer noch übermächtigen Gegebenheiten und dem, was der Mensch selbst ist, mit seiner Schlauheit, seiner Vitalität, seinem ethischen Willen. Daraus kann, wenn die Zeiten günstig sind, einiges werden� (234) Vorrangig bleiben letztendlich die geschichtlichen Mächte, denn die scheinbar selbstbestimmten Entscheidungen ergeben sich „nachweisbar aus den jeweiligen Umständen und geschichtlich bedingten Chancen“ (233). Grundsätzlich pessimistisch schreibt Schwarz: Bei der gegenwärtigen Beschaffenheit der Welt kann man sagen, daß die Menschheit in einer furchtbaren Finsternis dahintappt. Viel Trost weiß ich auf Grund meiner Erfahrungen nicht zu spenden. Nur schwach flackernd sehe ich Vernunft und Freiheit das geschichtliche Dunkel durchzucken. Das Mögliche zu tun, um diese Flämmchen vor dem Verlöschen zu bewahren, sie nach Kräften zu schützen und zu nähren, das halte ich für Menschenpflicht und Lebenssinn. Die Gewißheit, daß sie dereinst zum hochlodernden Feuer erstarken werden, kann ich meinen Lebenserinnerungen nicht abgewinnen. (234—35) In einer „Nachschrift 1991“ bei der zweiten Ausgabe der Autobiographie war seine Einstellung noch trüber geworden angesichts der weiteren Erfahrungen in den USA nach den Carter-Jahren, d. h. seit dem Erstarken der Reaktion unter Reagan und Bush mit der Frage des ersten Irak-Krieges. Der Geist des Liberalismus, den Schwarz an den USA geschätzt hatte, gehe immer mehr verloren: Aus mir spricht Enttäuschung, der Schmerz eines Menschen, der im Lauf von vierzig Jahren eine hoffnungsfrohe Gesellschaft sich in ihr Gegenteil hat verkehren sehen, aus Ignoranz, aus Arroganz, aus Egoismus, aus Geiz und Gier, eine Gesellschaft, die in den Ruin schlittert, wenn sie sich nicht auf ihre wirklichen Interessen besinnt (254). Die Wahl Trumps zum Präsidenten bestätigte seine Meinung noch einmal und entsetzte ihn sehr; die weitere politische Entwicklung bleibt ihm wenigstens erspart. 8 Insgesamt scheint Schwarz im Zusammenhang mit der Frage nach Selbstbestimmung und Willensfreiheit ideenphilosophisch eine Position des Kompatibilismus einzunehmen (auch „weicher Determinismus“ genannt), d. h. die ursprünglich von David Hume vertretene These, dass freier Wille und Determinismus einander nicht ausschließen müssen, etwa im Gegensatz zum Imkompatibilismus (vgl. Hume). Da Schwarz aber das Potenzial des freien Willens als sehr eingeschränkt sieht und mit großem Skeptizismus versieht, mag seine Position genauer in die Nähe eines vom Philosophen Alfred Mele vertretenen „agnostic autonomism“ (4) zu rücken sein, der darauf hinausläuft, dass es den freien Willen zwar gebe, dessen Wechselbeziehung mit deterministischen Fak- Unfreiwillige Wanderjahre von Egon Schwarz 107 toren aber nicht eindeutig zu ergründen sei. In dieser Wechselbeziehung beeinflusst für Schwarz, abgesehen von geschichtlichen Ereignissen, die Willkür weiterer externer Faktoren die Ausübung des freien Willens auf wesentliche Weise. Bei ihm heißt es: Und selbst in dem engen Spielraum, den die schier erdrückenden äußeren Umstände freizulassen schienen, komme ich mit der Berufung auf meinen bewußten Willen, meine freie Initiative nicht aus, sondern muß dem Undurchsichtigen einen Platz einräumen, all dem Ungreifbaren, das man in Ermangelung präziserer Bezeichnungen Glück, Schicksal, Zufall nennt� (45) Das Problem erklärt Mele folgendermaßen, zwar auf Glück bezogen, doch lässt es sich auch auf Schicksal und Zufall übertragen: „When luck (good or bad) is problematic, that is because it seems significantly to impede agents’ control over themselves or to highlight important gaps or shortcomings in such control“ (7). Die Skala der Kontrolle reicht dann von einer kompatibilistischen „‚proximal‘ control“ bis zu einem, den Determinismus verneinenden „‚ultimate‘ control“ (7). Die philosophische Diskussion um das Ausmaß des freien Willens kann hier nicht erschöpft werden, doch impliziert Mele, dass der Selbstbestimmung ein größeres Potenzial der Umsetzung eingeräumt werden kann, wenn der Einfluss von Glück, Schicksal und Zufall stärker unter Kontrolle gebracht wird, wenn auch deren scheinbare Willkür sicher nie völlig aus der Welt zu schaffen ist. Konkret auf Schwarz bezogen, waren seine vielfältigen Erfahrungen und sein bewundernswerter Bildungsdrang unter den schwierigen südamerikanischen Umständen der Weg in eine gesicherte, integrierte Existenz und eine erfolgreiche Wirkungsmächtigkeit. In seinem Nachwort zur Autobiographie hob der Schriftsteller Uwe Timm hervor, wie das Buch „über die Kraft der Wünsche Auskunft gibt“ (258). Schwarz‘ Wünschen nach freier Willensausübung und Bildung in diesem Zusammenhang hätte man aber eine leichtere Verwirklichung gegönnt, die nicht wesentlich vom Wohlwollen eines Bernhard Blume abhängig gewesen wäre. Bei Schwarz heißt es noch einmal: „Aber ich weiß ja, daß mir alles Wollen und Tun nichts genützt hätte, wenn ihm die Umstände nicht entgegengekommen wären, vor allem, wenn unter Hunderten, an die meine Flaschenpost gerichtet war, nicht der eine gewesen wäre, der die Botschaft gehört und dazu noch den nötigen Glauben aufgebracht hat“ (196-97). Wie vielen anderen Exilanten kam und kommt dieses Glück nicht zuteil? Im „Vorwort zur Paperback-Ausgabe“ seiner Autobiographie spricht Schwarz vom Wunsch zu vermitteln, „wie solchen Exilanten zumute ist und wie man mit ihnen umgehen bzw. nicht umgehen sollte“ (8). Man kann sich also fragen, wie einem Bildungsdrang, wenn er vorhanden ist und wie Schwarz ihn besaß, der Weg geebnet werden kann, der dann so frei wie möglich vom Einfluss der 108 Reinhard Andress Willkür ist, so dass sich die Bildung verwirklichen lässt� Dialektisch gesagt und in den Worten des Schriftstellers Saša Stanišić, selbst ein Exilant aus Bosnien-Herzegowina: „Glück hat, wer den Zufall beeinflussen kann“ (93). Wie das in einer Gesellschaft mit hoher Einwanderung strukturell zu leisten ist, kann endlos diskutiert werden und ist schließlich eine Frage des politischen und gesellschaftlichen Willens. Zwar kann nicht jede/ r ein Egon Schwarz werden, doch dass der Bildungsweg ein hohes Maß an integrativem Erfolg verspricht, führen uns seine Unfreiwilligen Wanderjahre auf einprägsame Weise vor. Um abschließend einen größeren historischen Bogen zu schlagen: Die Wikinger sollen einmal gesagt haben: „Über den Wind können wir nicht bestimmen, aber wir können die Segel richten“ (Auswanderermuseum, 36)� Das Bild bringt die Problematik auf den Punkt: Es wird immer den homo migrans geben, doch kommt es darauf an, Emigration und Exil, wenn sie sich notwendigerweise ergeben, auch produktiv zu gestalten. Notes 1 D ie erwähnte Ausgabe (München: C.H. Beck) ist die dritte deutsche Neuausgabe. Die Autobiographie erschien zunächst 1979 als Keine Zeit für Eichendorff. Chronik unfreiwilliger Wanderjahre (Königstein: Athenäum Verlag). Es folgte 1992 die zweite deutsche Neuausgabe unter demselben Titel bei der Büchergilde Gutenberg (Frankfurt a. M.). Über die deutschen Ausgaben hinaus kam 2002 eine englische Übersetzung als Refuge: Chronicle of a Flight from Hitler heraus, übersetzt von Philip Boehm, Hildegarde und Hunter Hannum und Caroline Wellberry (Riverside: Ariadne Press). Auf Spanisch erschien die Autobiographie 2012 als Vagabundeo forzado: Huyendo de Hitler a través de tres continentes, übersetzt von Elisabeth Siefer unter Mitarbeit von Regula Rohland de Langbehn und Martín Koval (Ciudad de México: Ediciones Eon). Die selbstbiographischen Schriften von Schwarz haben sich nicht allein auf die Autobiographie beschränkt. Vgl. sein Reisebuch Die Japanische Mauer: Ungewöhnliche Reisegeschichten (Siegen: Carl Böschen Verlag, 2002). Vgl. auch den Abschnitt „Egon Schwarz: Autobiographische Splitter und manche Gedanken,“ in Ursula Seeber und Jacqueline Vansant (Hg.), Schwarz auf Weiß: Ein transatlantisches Würdigungsbuch für Egon Schwarz (Wien: Czernin Verlag, 2007), 229-253. Vgl. ebenfalls Schwarz’ Im Leben und in der Wissenschaft: Mit Geduld kann man vieles erreichen: Erinnerungen, Porträts, Reflexionen (Klosterneuburg: Edition Doppelpunkt - Erika Mitterer Gesellschaft, 2015). 2 Ein Publikationsverzeichnis des vielfältigen literarhistorischen Schaffens von Schwarz findet sich in Paul Michael Lützeler (Hrsg. in Verbindung Unfreiwillige Wanderjahre von Egon Schwarz 109 mit Herbert Lehnert und Gerhild S. Williams), Zeitgenossenschaft: Zur deutschsprachigen Literatur des 20. Jahrhunderts: Festschrift für Egon Schwarz zum 65. Geburtstag (Frankfurt am Main: Athenäum, 1987), 339-52. 3 Zur Verleihungdes Cotta-Preises vgl. www.stuttgart.de/ item/ show/ 280923/ 1? 592; ; f797a37d76_extended=1. 4 In diesemZusammenhang vgl. Reinhard Andress, „’… heiße ich daher die Emigration gut‘: der Fall des Egon Schwarz,“ Olivia C. Díaz Pérez, Florian Gräfe und Rolf G. Renner (Hrsg.): Intermedialität und Alterität, Migration und Emigration: Tendenzen der deutschsprachigen Literatur (Tübingen: Stauffenburg Verlag, 2014), 417—27; Walther Hinck, „Der Emigrant als Pikaro,“ in Walther Hinck, Selbstannäherungen im 20. Jahrhundert von Elias Canetti bis Marcel Reich-Ranicki (Düsseldorf und Zürich: Artemis & Winkler, 2004), 154—61; Linda Maeding, „Zur Autobiographik von Germanisten im Exil: Selbstbestimmung und Selbstreflexivität bei Bernhard Blume und Egon Schwarz,“ The German Quarterly, 83. 4 (2010), 485—502; Helga Schreckenberger, „Erwachsenwerden im Exil: die ungewöhnliche Bildung von Egon Schwarz,“ in Reinhard Andress, Evelyn Meyer und Gregory Divers (Hrsg.), Weltanschauliche Orientierungsversuche im Exil / New Orientations of World View in Exile (Amsterdam: Rodopi, 2010), 196—208; Jacqueline Vansant, „Involuntary and Voluntary Travel in Egon Schwarz’s Unfreiwillige Wanderjahre und Die japanische Mauer,“ in Johannes F. Evelein (Hrsg.), Exiles Traveling: Exploring Displacement, Crossing Boundaries in German Exile Arts and Writings 1933-1945 (Amsterdam: Rodopi, 2009), 369—84. Vgl. auch Ursula Seeber und Jacqueline Vansant (Hrsg.), Schwarz auf Weiß. Ein transatlantisches Würdigungsbuch für Egon Schwarz (Wien: Czernin, 2007), das zu seinem 85. Geburtstag erschien. 5 Vgl. z. B. “Literaturwissenschafter Egon Schwarz 94-jährig gestorben,“ Der Standard 13 Februar 2017, http: / / derstandard.at/ 2000052557331/ Literaturwissenschafter-Egon-Schwarz-94-jaehrig-gestorben; „Vermittler deutschsprachiger Literatur Egon Schwarz gestorben,“ Neue Zürcher Zeitung 13 Februar 2017, www.nzz.ch/ feuilleton/ vermittler-deutschsprachiger-literatur-egon-schwarz-gestorben-ld.145350; Thomas Steinfeld, „Intellektueller Wanderarbeiter,“ Süddeutsche Zeitung (14. Februar 2017), www.sueddeutsche.de/ kultur/ nachruf-intellektureller-wanderarbeiter-1.3378183; Jan Wiele („wiel“): „Durch die Lücke ins Freie: Der Literaturwissenschaftler Egon Schwarz ist gestorben,“ FAZ 14. Februar 2017, 12; Hermann Schlösser, „Lebendigkeit und Eleganz,“ Wiener Zeitung 14. Februar 2017, www.wienerzeitung.at/ themen_channel/ literatur/ autoren/ 873945_Lebendigkeit-und-Eleganz.html; Agatha Rodríguez, „Egon Schwarz nos ha dejado,“ El Tiempo 17. Februar 2017, www.eltiempo.com.ec/ noticias/ cultura/ 7/ 407873/ egon- 110 Reinhard Andress schwarz-nos-ha-dejado; Volker Weidermann, „Egon Schwarz, 94,“ Der Spiegel 18. Februar 2017, 125. 6 Es handelt sich hier um den Österreicher Arturo Posnansky (1873-1945), der ein abenteuerliches Leben führte und u. a. als Ingenieur, Entdecker, Unternehmer, Amateurarchäologe und als Ratsmitglied der Stadt La Paz in die Geschichte Boliviens einging (vgl. https: / / en.wikipedia.org/ wiki/ Arthur_Posnansky). 7 Bernhard Blume (1901-1978) war ein nicht unbedeutender Dramatiker in der Weimarer Republik gewesen, dessen Stücke erfolgreich aufgeführt wurden, z. B. Fahrt nach Südsee (1925), Bonaparte (1926), Treibjagd (1927), Feurio! (1928), Im Namen des Volkes (1929), Schatzgräber und Matrosen (1933) oder Die Schwertbrüder (1935)� Zu erwähnen wäre auch sein Roman Das Wirtshaus zum Roten Husaren (1936 und 1976). Seine literarische Produktion stieß jedoch auf das Missfallen der Nationalsozialisten, so dass er zusammen mit seiner Frau Carola Rosenberg, einer Pionierin in der Frauenbildung und für Frauenrechte, und den zwei Kindern in die USA auswanderte. Blum lehrte zuerst an Mills College, später dann an der Ohio State University, Harvard University und nach der Emeritierung an der University of California in La Jolla. Schwarz blieb ihm für die damalige Förderung sehr dankbar. Zusammen mit Hunter Hannum und Edgar Lohner gab er eine Festschrift heraus: Festschrift für Bernhard Blume: Aufsätze zur deutschen und europäischen Literatur (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1967). In Blumes Existenz und Dichtung (Frankfurt am Main: Insel, 1980) sammelte er die bedeutendsten Essays und Aufsätze des Germanisten. Schließlich gab er postum zusammen mit Fritz Martini Blumes Narziß mit Brille: Kapitel einer Autobiographie (Heidelberg: Lambert Schneider, 1985) heraus. 8 Der Verfasser dieser Arbeit stand seit 2000 regelmäßig in Kontakt mit Schwarz� Works Cited Das Auswanderermuseum Ballinstadt. Betriebsgesellschaft BallinStadt mbH, ohne Jahresangabe. Hume, David. A Treatise of Human Nature� Ed� David Fate Norton and Mary J� Norton� Oxford: Oxford UP, 2007. Mele, Alfred R� Free Will and Luck. Oxford: Oxford UP, 2006. Schwarz, Egon� Unfreiwillige Wanderjahre: Auf der Flucht vor Hitler durch drei Kontinente. Munich: C.H. Beck, 2005. Unfreiwillige Wanderjahre von Egon Schwarz 111 Stanišić, Saša. „Ich hab mein Herz im Naturpark Neckartal-Odenwald verloren.“ Wie wir leben wollen: Texte für Solidarität und Freiheit. Ed. Matthias Jügler. Berlin: Suhrkamp, 2016. 93—101. Timm, Uwe. Nachwort. Unfreiwillige Wanderjahre. Von Egon Schwarz. Munich: C.H. Beck, 2005. 255—59.