eJournals Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur 1/1

Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur
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expert verlag Tübingen
Der Weg zur digitalen Brücke ist eingeschlagen. Im Bereich der Planung, Bauüberwachung und -ausführung wird aktuell das Building Information Modelling (BIM) eingeführt. Ist eine Brücke in der Baulast von Bund und Ländern errichtet, wird ihr Zustand im Zuge von wiederkehrenden Bauwerksprüfungen nach DIN 1076 lückenlos überwacht. Abgespeichert werden die Informationen der Überwachung in einer Datenbank (ASB-ING Teilsystem Bauwerksdaten). Aus dieser Datenbank können anschließend relevante Informationen in ein objektspezifisches Bauwerksbuch überführt werden. In dieser Datenbank werden im Vorfeld definierte Daten abgespeichert. Reine Messdaten oder aber auch die verwendeten ingenieurtechnisch-physikalischen Modelle verbleiben in der Regel bei den beauftragen Dienstleistern. Zusammengefasst existieren verschiedene parallele Insellösungen der Informationsablage. Gegenstand verschiedener Forschungsanstrengungen ist es nun Lösungen zu finden, die einen ganzheitlichen Ansatz für den Informationsfluss von der Errichtung über den Betrieb bis hin zum Abbruch eines Bauwerkes sicherstellen. Im Rahmen einer prototypischen Entwicklung wird auf Grundlage, des für die Industrie 4.0 entwickelten open source Software Framework Eclipse BaSyx, ein möglicher Lösungsansatz – die Verwaltungsschale BBox (Bridge Box) - präsentiert. Dieser Lösungsansatz stellt das physikalisch-ingenieurtechnische Modell zur Zustandsbewertung der Brücke gedanklich in den Mittelpunkt. Unter der Voraussetzung einer durchgängigen Digitalisierung der gesamten Prozessschritte innerhalb der Lebensdauer der Brücke, kann jeder Planungs- und Fertigungsschritt, die Instandhaltung einschließlich des Rückbaus erfasst werden. Das Besondere hierbei ist, dass auch die Grundlagen der Bewertung, wie Messdaten, mit abgespeichert werden. Die Modellstruktur der Verwaltungsschale erlaubt hierbei eine bedarfsgerechte Granularität hinsichtlich der Messdaten auf allen virtuellen Ebenen, um das physikalisch-ingenieurtechnisch Modell mit Daten zu versorgen. Die gewählte Form der Datenablage bildet den Grundstein für zukünftige KI-Auswertungen z.B. mit den Methoden des Maschinellen Lernens (ML). Der Zugriff auf die dafür jeweils benötigten Daten wird durch die Ablage der Daten einschließlich Metadaten und den Einsatz einer Standard S3 Schnittstelle stark vereinfacht. Der Beitrag stellt die Entwicklung und die Systemarchitektur der BBox am Beispiel von 2 Projekten dar.
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Datenablage als Grundlage für den digitalen Zwilling eines Bauwerks - Verwaltungsschale BBox

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Thomas Braml
Johannes Wimmer
Stefan Maack
Stefan Küttenbaum
Thomas Kuhn
Maximilian Reingruber
Alexander Gordt
Jürgen Hamm
1. Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2021 75 Datenablage als Grundlage für den digitalen Zwilling eines Bauwerks - Verwaltungsschale BBox Thomas Braml, Johannes Wimmer Universität der Bundeswehr München, Neubiberg Stefan Maack, Stefan Küttenbaum Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung, Berlin Thomas Kuhn Fraunhofer IESE, Kaiserslautern Maximilian Reingruber, Alexander Gordt objective partner AG, Weinheim Jürgen Hamm NetApp Deutschland GmbH, Kirchheim bei München Zusammenfassung Der Weg zur digitalen Brücke ist eingeschlagen. Im Bereich der Planung, Bauüberwachung und -ausführung wird aktuell das Building Information Modelling (BIM) eingeführt. Ist eine Brücke in der Baulast von Bund und Ländern errichtet, wird ihr Zustand im Zuge von wiederkehrenden Bauwerksprüfungen nach DIN 1076 lückenlos überwacht. Abgespeichert werden die Informationen der Überwachung in einer Datenbank (ASB-ING Teilsystem Bauwerksdaten). Aus dieser Datenbank können anschließend relevante Informationen in ein objektspezifisches Bauwerksbuch überführt werden. In dieser Datenbank werden im Vorfeld definierte Daten abgespeichert. Reine Messdaten oder aber auch die verwendeten ingenieurtechnisch-physikalischen Modelle verbleiben in der Regel bei den beauftragen Dienstleistern. Zusammengefasst existieren verschiedene parallele Insellösungen der Informationsablage. Gegenstand verschiedener Forschungsanstrengungen ist es nun Lösungen zu finden, die einen ganzheitlichen Ansatz für den Informationsfluss von der Errichtung über den Betrieb bis hin zum Abbruch eines Bauwerkes sicherstellen. Im Rahmen einer prototypischen Entwicklung wird auf Grundlage, des für die Industrie 4.0 entwickelten open source Software Framework Eclipse BaSyx, ein möglicher Lösungsansatz - die Verwaltungsschale BBox (Bridge Box) präsentiert. Dieser Lösungsansatz stellt das physikalischingenieurtechnische Modell zur Zustandsbewertung der Brücke gedanklich in den Mittelpunkt. Unter der Voraussetzung einer durchgängigen Digitalisierung der gesamten Prozessschritte innerhalb der Lebensdauer der Brücke, kann jeder Planungs- und Fertigungsschritt, die Instandhaltung einschließlich des Rückbaus erfasst werden. Das Besondere hierbei ist, dass auch die Grundlagen der Bewertung, wie Messdaten, mit abgespeichert werden. Die Modellstruktur der Verwaltungsschale erlaubt hierbei eine bedarfsgerechte Granularität hinsichtlich der Messdaten auf allen virtuellen Ebenen, um das physikalisch-ingenieurtechnisch Modell mit Daten zu versorgen. Die gewählte Form der Datenablage bildet den Grundstein für zukünftige KI-Auswertungen z.B. mit den Methoden des Maschinellen Lernens (ML). Der Zugriff auf die dafür jeweils benötigten Daten wird durch die Ablage der Daten einschließlich Metadaten und den Einsatz einer Standard S3 Schnittstelle stark vereinfacht. Der Beitrag stellt die Entwicklung und die Systemarchitektur der BBox am Beispiel von 2 Projekten dar. 1. Einleitung Im Zuge einer Neuplanung einer Brücke oder einer Bauwerkssanierung werden durch die Bauträger, Planer und bauausführenden Firmen immer mehr digitale Daten aus der Planung und dem Bau oder der Sanierung generiert. Es werden zwar Bestandsunterlagen erstellt, jedoch werden diese nicht einheitlich strukturiert und abgelegt. Die Unterlagen aus den verschiedenen Leistungsphasen werden derzeit unterschiedlich abgelegt. Dies liegt verständlicherweise auch daran, dass nicht jedem Projektbeteiligten alle Unterlagen vollständig zur 76 1. Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2021 Datenablage als Grundlage für den digitalen Zwilling eines Bauwerks - Verwaltungsschale BBox Abbildung 1: Schema für die Umsetzung des Demonstrators für Brückenbauwerke Verfügung gestellt werden können oder sollten, jedoch wird damit das Potential einer durchgängigen digitalen Prozesskette nicht gehoben. Steht eine Bauwerkssanierung an, so müssen oft mühsam die bestehenden Unterlagen zusammengesucht werden. Die zunehmende Digitalisierung bietet nun die Chance, dass auch im Bauwesen eine einheitliche Daten- und Ablagestruktur mit Rechtezuweisung etabliert wird. Eine solche Datenstruktur kann sowohl für die Planung, für die Bauausführung und dann natürlich auch für ein intelligentes und ökonomisches Erhaltungsmanagement bis zum Rückbau eingesetzt werden. In anderen Branchen, z. B. dem Maschinenbau, werden durchgängig digitale Prozessketten bereits seit Jahren erfolgreich eingesetzt. Ein weiterer großer Vorteil einer solchen Datenablage besteht in der Möglichkeit in die beschriebenen Prozessketten kryptografische- Technologien zu implementieren, so dass die Daten beweissicher und prozessual rückführbar gespeichert sind. In einem aktuellen vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) geförderten Forschungsprojekt („CASPAR“ - FKZ: 19F2178A) im Rahmen der Förderrichtlinie Modernitätsfonds („mFUND“) werden diese Technologien in einen Demonstrator implementiert und anhand von realen Bauwerksdaten getestet [1, 2]. Im nachfolgenden Beitrag werden die Vorteile der sogenannten Verwaltungsschale, wie sie aktuell in der Fertigungsindustrie eingesetzt werden, aufgezeigt. Zudem wird ein Konzept vorgestellt, wie die Systematik auch im Baubereich umgesetzt werden kann. An zwei Beispielen werden die ersten Erfahrungen bei der Entwicklung und Adaption einer Verwaltungsschale für den Baubereich gezeigt (Abbildung 1). 2. Verwaltungsschale Industrie 4.0 Daten sind das neue Gold in der Automatisierungsbranche. Neben den eigentlich produzierten Produkten sind die dabei anfallenden Daten der Dreh- und Angelpunkt einer modernen Produktion. Sie ermöglichen es auf der einen Seite die eigentliche Produktion zu optimieren, sind aber auch die Grundlage für neue Geschäftsmodelle. Produzierende Unternehmen könnten daher zum Beispiel neben den eigentlich hergestellten Produkten auch Daten vertreiben, die während der Produktion erhoben wurden. Ein Unternehmen wird die in der Produktion anfallenden Daten verwenden, um die eigenen Produktionsprozesse zu verbessern, zum Beispiel um Qualitätssicherungssysteme auf das Erkennen von Fehlern zu trainieren, oder darauf, notwendige Wartungsarbeiten in Maschinen vorherzusagen. Dies lässt sich aber auch unternehmensübergreifend realisieren. Werden Daten von verschiedenen Unternehmen zum Beispiel zum Training von KI-Anwendungen genutzt, können wesentlich bessere Ergebnisse erzielt werden. Gleichzeitig entstehen neue Geschäftsfelder für IT-Unternehmen, die selbst gar nicht produzieren, aber KI-Anwendungen für die Produktion vertreiben und die zum Training benötigte Infrastruktur vorhalten. Durch die Kombination von Daten aus mehreren Unternehmen entstehen zusätzliche Mehrwerte. Soll ein Auftrag vergeben werden, so würden die Auftraggeber Wissen darüber benötigen, wie stark ein möglicher Zulieferer ausgelastet ist, um einzuschätzen, ob ein Auftrag fristgerecht abgearbeitet werden kann. Der Zulieferer wird allerdings seine derzeitige Auftragslage nicht an seinen Kunden kommunizieren, da dieses Wissen auch für Preisverhandlungen genutzt werden kann. Gleichzeitig ist der Auftraggeber dahingehend eingeschränkt, dass er nur über ein begrenztes Netzwerk von Zulieferern ver- 1. Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2021 77 Datenablage als Grundlage für den digitalen Zwilling eines Bauwerks - Verwaltungsschale BBox fügt. Durch die Einschaltung eines Brokers könnte diese Auftragsvergabe flexibilisiert werden. Dieser hätte Zugang zu den Fertigungskapazitäten der angeschlossenen Unternehmen und würde Aufträge vermitteln, ohne dass der Auftraggeber Zugang zu diesen Daten bekommt. Dies erfordert jedoch einen herstellerübergreifenden Datenzugang, auch wenn die Daten von Assets unterschiedlicher Hersteller bereitgestellt werden. Alles für die Produktion Relevante wird als Asset bezeichnet. Hierbei kann es sich um Geräte, aber auch um digitale Prozessabbilder handeln. Aus diesem Grund wurde durch die Plattform Industrie 4.0 die Verwaltungsschale (englisch: Asset Administration Shell - AAS) [3] als digitaler Stellvertreter von für die Produktion relevanter Assets definiert. Diese definiert eine einheitliche und herstellerübergreifende Struktur, um Informationen bereitzustellen. Die Verwaltungsschale selbst umfasst dabei Eigenschaften, die für alle Assets gefördert werden, wie zum Beispiel eine eindeutige ID. Fachliche Informationen, wie zum Beispiel Kosten, Deadlines für Aufträge oder Betriebskosten werden in Teilmodellen abgelegt. Verwaltungsschalen für verschiedene Assets definieren abhängig von dem Asset, das sie repräsentieren, unterschiedliche Mengen von Teilmodellen, mit denen diese Asset-spezifische Informationen bereitstellen. Nachdem es eine akzeptierte Definition der Verwaltungsschale und ihres Datenmodells gibt, gibt es nun ebenfalls Bestrebungen, zumindest zentrale Teilmodelle zu standardisieren. Ein Beispiel hierfür ist das digitale Typenschild, das grundlegende Eigenschaften eines Geräts maschinenlesbar beschreibt. Ein konkretes Asset wird durch die Kombination mehrerer Teilmodelle beschrieben. Eine Fräsmaschine wird beispielsweise durch vier Teilmodelle beschrieben, die jeweils auf einen bestimmten Aspekt der Maschine fokussieren: • Digitales Typenschild: Grundlegende Informationen zu dem Gerät • Fähigkeiten: Beschreibung der produktionsrelevanten Fähigkeiten des Geräts, zum Beispiel „Fräsen“ • Führungskomponente: Schnittstelle, die ein Steuern des Geräts ermöglicht • Prädiktive Wartung: Zugang zu standardisierten Sensorwerten, um notwendige Wartungsarbeiten vorherzusagen, zum Beispiel Leistungsaufnahme und Vibration Damit sind Verwaltungsschalen nicht mehr rein statisch, sondern sie stellen auch Schnittstellen zu Daten und Diensten bereit, um zum Beispiel Sensordaten abzufragen und Dienste aufzurufen. Forschungsprojekte, wie zum Beispiel BaSys 4.2 definieren Laufzeitschnittstellen für Verwaltungsschalen, die von Software genutzt werden, um auf die in Verwaltungsschalen gespeicherten Informationen zuzugreifen. Es werden deshalb drei Arten von Verwaltungsschalen unterschieden: • Typ 1 Verwaltungsschalen sind Dateien, die zum Beispiel über Netzwerke versendet werden können. Serialisierungen wurden schon für JSON und XML definiert. Typ 1 Verwaltungsschalen und Typ 1 Teilmodelle können daher nur statische Daten beinhalten. Dabei kann es sich zum Beispiel um Dokumentationen, um ein digitales Typenschild, aber auch um Verweise auf Zugangspunkte für dynamische Datenquellen handeln, die dann einen Zugriff auf Echtzeitdaten des Geräts ermöglichen. Eine Typ1 Verwaltungsschale kann zum Beispiel durch eine Middleware wie Eclipse BaSyx in einen Container geladen werden und dann gemeinsam mit ihren Teilmodellen mittels einer Laufzeitschnittstelle bereitgestellt werden. • Wird eine Typ 1 Verwaltungsschale in einem Container mit einer eigenen Laufzeitschnittstelle instanziiert, handelt es sich um eine Typ-2 Verwaltungsschale. Typ-2 Verwaltungsschalen und deren Teilmodelle existieren auf Servern und können, zum Beispiel über eine http/ REST Schnittstelle von Softwarekomponenten genutzt werden. Verwaltungsschalen können auf diese Weise sowohl Informationen als auch Dienste bereitstellen, die zum Beispiel den Zugriff auf native Datenformate ermöglichen. • Typ-3 Verwaltungsschalen erweitern das Konzept der Typ-2 Verwaltungsschalen dahingehend, dass diese selbständig aktiv werden können, während Typ-2 Verwaltungsschalen nur aufgrund expliziter Anfragen aktiv werden. Eine Typ-3 Verwaltungsschale kann zum Beispiel selbständig Daten aus unterschiedlichen Quellen abfragen und diese aufbereiten, sodass diese bei Bedarf schnell bereitgestellt werden können. Zusammenfassend ist festzustellen, dass Verwaltungsschalen ein Baustein für digitale Abbilder von realen Systemen und Prozessen sind, deren Anwendungsbereiche weit über die reine Produktion hinausgehen. Sie übernehmen die gleiche Funktion wie Komponenten bei der Softwareentwicklung, stellen explorierbare Schnittstellen bereit und unterstützen die Definition von geräte- und herstellerübergreifenden Schnittstellen. Hier liegt genau eine der zentralen Herausforderungen bei der Umsetzung von Verwaltungsschalen. Sollen diese auch unternehmensübergreifend eingesetzt werden, dann erfordern diese ein gemeinsames Verständnis der Datenstrukturen in den genutzten Teilmodellen. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass alle Verwaltungsschalen und Teilmodelle weltweit die gleichen Metamodelle für Verwaltungsschalen und Teilmodelle nutzen werden. Vielmehr wird es so sein, dass relevante Daten in verschiedene Teilmodelltypen strukturiert sind. Um dennoch ein übergreifendes Verständnis der Bedeutung von einzelnen Datenelementen zu ermöglichen, unterstützt die Verwaltungsschale semantische Annotationen. Diese verweisen zum Beispiel auf ein Element einer Ontologie und geben dem Teilmodellelement so eine Bedeutung. Damit kann ein Nutzer verstehen, ob es sich bei einem Datum zum 78 1. Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2021 Datenablage als Grundlage für den digitalen Zwilling eines Bauwerks - Verwaltungsschale BBox Beispiel um eine Kostenschätzung oder um eine Deadline handelt. 3. Anwendung in der Baubranche 3.1 Verfügbarkeit von Sensordaten Eine der zentralen Herausforderungen bei der Ablage und der Verarbeitung von Daten ist es, diese über längere Zeiträume verfügbar zu halten. Proprietäre Dateiformate sind in der Regel nur so lange zugänglich, wie es Software gibt, die diese Daten öffnen und lesen kann. Oft ist ältere Software nur auf älteren Computern und deren Betriebssystemen lauffähig. Es wird daher mit einer zunehmenden Dauer, für die Daten verfügbar bleiben müssen, immer schwieriger, den Datenzugriff technisch zu gewährleisten. Verwaltungsschalen ermöglichen es, native Daten mit einheitlichen Schnittstellen zu versehen, und die notwendigen Übersetzungen in der Verwaltungsschale selbst zu hinterlegen. Sie stellen so sicher, dass Daten nicht nur hersteller- und formatübergreifend bereitstehen, sondern auch dauerhaft bereitgestellt werden können. Speziell für langlebige Daten, wie sie im Bauwesen vorkommen, ist dies ein nicht zu unterschätzendes Merkmal. Aufgrund der hohen Lebensdauer von Bauwerken ist es erforderlich, einen Datenzugriff auch nach Jahren noch zu gewährleisten, und auch Messwerte über verschiedene Sensorgenerationen bereitstellen zu können. Um das Potential der Verwaltungsschalen an dieser Stelle zu nutzen sind die folgenden Schritte erforderlich: • Für grundlegende Informationen (z.B.: Metadaten zu Sensoren, Gebäudedaten und BIM) müssen allgemeine Datenmodelle definiert werden, auf die Informationen abgebildet werden. Da es nicht möglich sein wird immer alle Informationen zu vereinheitlichen, soll der dadurch entstehende Datenraum durch neue Teilmodelltypen, die neue Informationen bereitstellen, erweiterbar sein. • Schnittstellen zu Sensoren, Werkzeugen und zu herstellerspezifischen Formaten müssen bereitgestellt werden. • Es muss eine Plattform zur Datenhaltung und zum Datenaustausch geschaffen werden, die die sichere Speicherung und Archivierung von Daten ermöglicht, aber auch deren Verknüpfbarkeit und Wiederauffindbarkeit gewährleistet. • Daten müssen manipulationssicher abgelegt werden, bzw. Änderungen nachvollziehbar darstellen. 3.2 Identifikation relevanter Daten Neben den rein technischen Herausforderungen der Sensordatenverwaltung, stellt sich bei der Vorbereitung von Predictive-Maintenance-Ansätzen die Frage nach der Identifikation von relevanten Daten. Unter der Annahme, dass Brücken unterschiedlicher Typen mit Sensoren versehen und an ein Analysesystem angebunden werden, müssen Zeitreihen vergleichbar identifiziert werden. Um über verschiedene Brücken hinweg Daten vergleichbar zu identifizieren, müssen die Sensordaten mit dem physischen Modell der Brücke in Verbindung gebracht werden. Idealerweise wird bei Sensorausstattung einer Brücke schon in der Planung berücksichtig, dass die Sensoren an vergleichbaren Stellen installiert werden. Für die Vergleichbarkeit verschiedener Brücken bietet ASB-ING ein detailliertes Rahmenwerk, über das Brückenelemente, Positionen und Baustoffe beschrieben werden. Durch festgeschriebene Auswahlmöglichkeiten wird eine Auswertung über verschiedene Brücken hinweg erleichtert und Komplexität wie z.B. Natural Language Processing vermieden. Im Projektverlauf wurde BIM als mögliche Basis für die Datenstruktur in Erwägung gezogen, doch gerade in Bezug auf Brücken ist die Struktur des BIM sehr grob und wenig geeignet, einzelne Brückenelemente klassifiziert zu beschreiben. Eine Beschreibung über allgemeine Quader mit textueller Benennung ist für spätere Suchen deutlich komplexer als eine Komposition aus vordefinierten Elementen (Klassen). Als zusätzliche Informationsquelle ist eine grafische 3D-Darstellung der Sensorpositionen an der Brücke hilfreich. Für eine maschinellen Suche über viele Brückentypen hinweg ist eine geokoordinatenzentrierte Speicherung jedoch weniger geeignet. 3.3 Software-Architektur Die gewählte Architektur (Abbildung 2) hat folgenden Themen besondere Aufmerksamkeit geschenkt: 1. Konfiguration von aktiven Komponenten und ihres Kontextes 2. Verwaltung von großen Datenmengen zur späteren Auswertung durch Data Scientists 3. Aufbereitung der Daten für eine längerfristige Speicherung Mit Hilfe eines webbasierten Konfigurators sollen Fachanwender in die Lage versetzt werden, wiederkehrende Konfigurationen für standardisierte Assets (Brücken, Sensoren, Maschinen, …) vornehmen zu können. Dabei wurde sich explizit nicht auf die Modellierung der aktiven Komponenten (z.B. Sensoren) beschränkt, sondern in einen fachlichen Kontext gesetzt, der mit Hilfe von Verwaltungsschalen modelliert und angepasst werden kann. Mehr dazu im Abschnitt 3.4. Fachliche Modellierung. Diese Konfigurationen sollen durch einen definierten Prozess mit der Live-Umgebung interagieren bzw. diese beeinflussen können. Aus diesem Grund wird zwi- 1. Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2021 79 Datenablage als Grundlage für den digitalen Zwilling eines Bauwerks - Verwaltungsschale BBox schen einem Arbeitsstand, welcher in einer transaktionalen Datenbank (MongoDB 4.x) ablegt wird, und einem Live-Stand, der über dedizierte, versionierte Business Modules oder Deployments von Verwaltungsschalen in RemoteObjectManger und Registry abgebildet wird, unterschieden. Durch lange Bauphasen, weniger häufig auftretende Schadensereignisse oder auch lange Standzeiten, sind besonders umfangreiche Datenmengen zu erwarten. Diese in einer Datenbank mit minimaler Zugriffszeit auf Einzelwerte zu speichern, führt zu hohen Kosten und eher niedrigen Übertragungsraten durch Serialisierungsverluste Bei einer Verarbeitung mit auf Python basierenden Machine-Learning-Tools sind bei vielen Durchläufen für z.B. Datenbereinigung oder Klassifikation eher hohe Datenraten für wiederkehrende Läufe wichtiger als randomisierte Zugriffe auf einzelne Werte, weshalb eine Speicherung von Metadaten in Verwaltungsschalen und Messdaten im Object Store eher einer iterativen Verarbeitung entgegenkommen. Um hier auch in Corona-Zeiten, bei verstärktem HomeOffice, oder auch bei größerer physischer Verteilung effizient mit den Daten arbeiten zu können, wurde ein Zugriff über JupyterHub angelegt. Dieses erlaubt eine Remote-Arbeit mit gängigen Data Science Tools unter Verwendung von optimierten Computing-Ressourcen und direkter Anbindung an die zentralen Datenspeicher. Abbildung 2: Architektur zur Integration von Sensor in ihren Kontext 3.4 Fachliche Modellierung Innerhalb des Projektes wurde eine dreistufige Modellierung erarbeitet, die auf der ersten Stufe (Abbildung 3) einen allgemeingültigen Sprachraum definiert, der die relevanten konstruktiven Elemente aller Brücken beinhaltet. In der Informatik wird hierbei von einer domänenspezifischen Sprache (DSL) gesprochen. Abbildung 3: Allgemeines Modell Die in Abbildung 4 gezeigte zweite Stufe dient konzeptuell der Definition eines brückentypspezifischen Messkonzeptes. Ziel ist die Erarbeitung spezifischer Sen- 80 1. Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2021 Datenablage als Grundlage für den digitalen Zwilling eines Bauwerks - Verwaltungsschale BBox sormessstellen für verschiedene Brückentypen, die als Blaupause für einzelne Brücken dienen und die Identifikation ähnlicher Sensordaten weiter vereinfachen. Sensordaten ähnlicher Brückentypen, die an den gleichen Messstellen des darunterliegenden Messkonzepts erfasst wurden, können mit hoher Sicherheit zueinander in Beziehung gesetzt werden. Auf der zweiten Stufe wird das allgemeine Brückenmodell um alle Elemente bereinigt, die für die spezifische Brückenart nicht relevant sind. Dies vereinfacht die Datenerfassung, da nur relevante Felder zur Auswahl stehen. Abbildung 4: Messkonzept Abbildung 5 zeigt die dritte Stufe, welche die konkrete Brücke mit all ihren relevanten Eigenschaften abbildet. Aufgabe des Fachanwenders ist hier die Erfassung der konkreten Brückendaten, wie er sie schon aus den SIB- Bauwerken kennt, und die Konfiguration der verwendeten Sensoren auf Basis des Messkonzeptes. Abbildung 5: Konkrete Brücke mit Messkonzept Dieses Vorgehen erlaubt eine flexible Beschreibung von Brücken, verwendeten Sensoren und Einsatzorten der Sensoren. Durch Verwendung von Sensoren mit Industrie-4.0 kompatiblen Schnittstellen kann der Aufwand zur Einbindung von Sensordaten deutlich verringert werden, ohne an teure, proprietäre Lösungen gebunden zu sein. Da das Angebot dieser Sensorlösungen begrenzt ist, können bestehende Sensoren über Retro-Fitting in die Industrie-4.0-Landschaft integriert werden. Die Datenstrukturen/ -modelle lassen sich im grafischen Konfigurator um weitere Attribute oder Beziehungen erweitern und bieten so eine zukunftssichere Verwaltungsmöglichkeit. Sollten umfangreichere Erweiterungen notwendig sein, ist dies auf Basis des offenen Industrie-4.0-Frameworks BaSyx möglich. Data Scientists, die zur Verarbeitung ihrer Daten die entsprechenden Schnittstellen verwenden, können den Konfigurator mit in ihrem Umfeld bekannten Technologien einfach erweitern. 3.5 Technische Anforderungen Im Mittelpunkt der digitalen Transformation steht in allen Bereichen die Sammlung, Aufbereitung und Bereitstellung von Daten. Je nach Anwendungsfall ergeben sich dabei sehr unterschiedliche Anforderungen an die Datenmanagement- Infrastruktur. Häufig aktualisierte und sehr umfangreiche Datenquellen stellen hohe Anforderungen an die Kommunikationsinfrastruktur und erlauben wegen zu beachtender Latenzen oft nur eine Speicherung bzw. Verarbeitung nahe der Generierung. Statische oder selten aktualisierte Daten können hingegen günstiger zentral oder bei Bedarf in einem Cloud-Service gespeichert werden. Diesen Anforderungen kann nur eine verteilte flexible Infrastruktur genügen. Einerseits muss Rechenleistung, Kommunikationsinfrastruktur und Datenspeicher dort zur Verfügung gestellt werden, wo und wie der Anwendungsfall dies erfordert. Anderseits gilt es ein einheitliches Datenmanagement über die physikalischen Lokationen, einem Data Fabric, hinaus sicherstellen. Im konkreten Fall kommt Software zum Einsatz, die Daten-Anwendungs-Container persistent mit Metadaten Informationen in einem S3 Objekt-Speicher sichert. Über die S3 Schnittstelle können die Daten einfach an weitere Applikationen oder public cloud services angebunden werden. Die notwendige Compute-, Netzwerk- und weitere Speicherinfrastruktur wird durch ein vorkonfiguriertes, integriertes und skalierbares Komplettsystem zur Verfügung gestellt. Dieses kann auch mittels GPUs für KI-Auswertungen erweitert werden. 1. Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2021 81 Datenablage als Grundlage für den digitalen Zwilling eines Bauwerks - Verwaltungsschale BBox 4. Anwendungsbeispiele 4.1 Regenbrücke Roding Die im Jahr 1965 errichtete Brücke über den Fluss Regen bei Roding war eine dreifeldrige Spannbetonbrücke mit einem einzelligen Hohlkastenquerschnitt und wurde zwischenzeitlich zurückgebaut. Das längs und quer vorgespannte Bauwerk hatte eine Gesamtlänge von 133 m mit Stützweiten von 39 m, 55 m und 39 m. Sie überführte eine zweispurige Bundesstraße. Abbildung 6: Ansicht der Regenbrücke Roding Im Zuge des Ersatzneubaus der Brücke über den Fluss Regen bei Roding wurde für das Bestandsbauwerk eine Abbruchstatik erstellt (Abbildung 6). Eine wesentliche Grundlage hierbei ist die Kenntnis des Verpresszustandes der Spannglieder. Gegenwärtig existiert kein zerstörungsfreies Prüfverfahren, mit dem dieser Zustand entsprechend dem Stand der Technik flächig ermittelt werden kann. Eine Möglichkeit aus dem Bereich der Forschung bietet hier die sogenannte Phasenauswertung von Ultraschallmessungen (Ultraschall-Echoverfahren). Ziel der zerstörungsfreien Prüfung ist es, Bereiche zu lokalisieren, in denen der Verdacht auf eine unvollständige oder fehlende Verpressung geben ist. Anschließend erfolgt eine lokale Bauteilöffnung zur Verifizierung der Ergebnisse. Neben den erforderlichen Untersuchungen konnten an der Brücke zu Forschungszwecken weiterführende Messungen mit dem Ziel der Evaluierung der ZfPBau durchgeführt werden [4, 5]. Die Ultraschall-Echo-Methode wird im Merkblatt B4 der DGZfP [6] beschrieben. Die Grundlagen werden u. a. in [7] erläutert. Die Methode gehört zu den Impuls- Echo-Methoden und beruht auf der gerichteten Einkopplung von Ultraschallimpulsen in das Bauteil. Die Tiefe eines zu detektierenden Objekts im Bauteilinneren, an dem bestimmte Signalanteile reflektiert werden, kann über die gemessene Laufzeit des Impulses im Bauteil bestimmt werden, wenn die Wellengeschwindigkeit im Beton bekannt ist. Diese wird häufig durch eine lokale Kalibrierung an Bauteilen bekannter Dicke bestimmt. Einzelmessungen sind meist wenig aussagekräftig, da nicht bestimmbar ist, aus welcher Raumrichtung die vom gesuchten Objekt reflektierten Signale zum empfangenden Prüfkopf zurückgelaufen sind. Bei der Anwendung bildgebender Verfahren wird die geometrische Lage der Reflektoren häufig aus einer Vielzahl an Einzelmessungen mit unterschiedlichen Sender- und Empfängerpositionen und durch die Fokussierung der Signale mithilfe der „Synthetic Aperture Focusing Technique“(SAFT) bestimmt. Diese Technik hat sich bei der Rekonstruktion von Ultraschalldaten aus Beton besonders bewährt, da das Signal-Rausch-Verhältnis von Anzeigen aus dem Bauteilinnern signifikant verbessert und das bildgebende Resultat in vielen Fällen intuitiv interpretierbar wird [8]. Die Ultraschalluntersuchungen an der Regenbrücke wurden mithilfe eines kommerziell erhältlichen Prüfkopfes durchgeführt, welcher auf einem an der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) entwickelten, automatischen Scannersystem installiert wurde. Mithilfe dieses Scannersystems können Messungen mit einer hohen Wiederholpräzision und einem geringen Messpunktabstand für vergleichende Messungen durchgeführt werden. Allein im Bereich der Brückenmitte wurden an der Seite des nördlichen Steges elf Messfelder untersucht, wobei die einzelnen Messpunkte gitterförmig angeordnet sind und einen Abstand von 2 cm in beiden Richtungen haben. Pro Messfeld entspricht dies etwa durchschnittlich 2500 Messpunkten. Je Messpunkt wiederum wurden 2000 Werte abgetastet (Zeitschritte der Signalabtastung). Daraus ergibt sich für die Rohdaten ein Datenvolumen von etwa 16 Megabyte pro Messfeld in einem herstellerspezifischen Format. Nach der Rekonstruktion der Messdaten mit dem SAFT-Algorithmus für die bildgebende Darstellung beträgt das Datenvolumen etwa 350 Megabyte pro Messfeld. Die rekonstruierten Messdaten haben wiederum ein von den Rohdaten abweichendes, spezifisches Datenformat. 82 1. Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2021 Datenablage als Grundlage für den digitalen Zwilling eines Bauwerks - Verwaltungsschale BBox Abbildung 7: Schematische Darstellung der Übertragung von ZfPBau-Ergebnissen in die technischen Zeichnungen der Bestandsdaten unter Berücksichtigung des physikalischen Modells (FEM-Modell) [5] Bei der Planung, Durchführung und Auswertung einer zerstörungsfreien Prüfung besteht eine der wesentlichen Herausforderungen darin, die relevanten Informationen aus den Bestandsunterlagen aufzuarbeiten und die Prüfergebnisse derart zu dokumentieren, dass diese aus den lokalen Messkoordinatensystemen einerseits auf das Bauwerk übertragen werden können. Andererseits müssen die gewonnenen Erkenntnisse anhand von Plänen und Berichten u. a. räumlich eindeutig dokumentiert werden [5]. Die Ergebnisse müssen also auch wieder auf die Bestandspläne bezogen werden können. Der zeitliche Aufwand für derartige Transformationen ist mitunter erheblich. Im ungünstigsten Fall werden die Daten für die Planung der Prüfung digitalisiert und anschließend für die Berichtslegung wieder verschriftlich. Dies bedeutet einen erheblichen zusätzlichen Aufwand, der durch die Nutzung einer strukturierten Datenablage deutlich minimiert werden kann und somit die wirtschaftliche Effizienz einer zerstörungsfreien Prüfung deutlich anhebt. Weiterhin könnten durch die Nutzung einer solchen Datenablage die erhobenen Messdaten für künftige Untersuchungen leichter herangezogen werden, da diese gegenwärtig häufig beim Dienstleister verbleiben und somit nur eingeschränkt oder nicht mehr zur Verfügung stehen. 4.2 Heinrichsbrücke Bamberg Die im Jahr 1974 errichtete Heinrichsbrücke (Abbildung 8) ist eine 4-feldrige, in Stahlbauweise erstellte Straßenbrücke mit einer orthotropen Fahrbahnplatte. Das Bauwerk überführt mit Feldweiten von ca. 19 m, 119 m, 56 m und 79 m die Bundesstraße B22 über den rechten Regnitzarm sowie über den Ausläufer des Main-Donau-Kanals. Abbildung 8: Ansicht der Heinrichsbrücke Bamberg Für die Brücke konnten die Tragfähigkeits- und Dauerhaftigkeitsnachweise gemäß Stufe 1 und Stufe 2 der Richtlinie zur Nachrechnung von Straßenbrücken im Bestand (Nachrechnungsrichtlinie) [9] nicht vollständig in allen bemessungsrelevanten Bereichen der Brücke erfüllt werden. Aus diesem Grunde wird auf Grundlage der Nachrechnungsrichtline in Abstimmung mit dem Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr als Oberste Straßenbaubehörde des Freistaates Bayern eine Nachrechnung der Stufe 3 durchgeführt. Bei Berechnungen nach Stufe 3 werden am Bauwerk ermittelte Messergebnisse in der weiteren Nachweisführung berücksichtigt. Durch die Messung wird das tatsächliche Tragverhalten unter Gebrauchslasten erfasst und es können Hinweise für eine realistischere Erfassung der Tragwerksbeanspruchungen gewonnen werden. Im vorliegenden Fall wird für das Bauwerk ein eigenes Verkehrslastmodell auf der Grundlage der Messergebnisse entwickelt. Für die Erfassungen der Dehnungen, Temperaturverteilungen und Frequenzen wurden an einzelnen relevanten Bauteilen 13 Dehnungsmessstreifen (DMS), 3 Temperatursensoren und 2 Beschleunigungssensoren an der Brücke angebracht (Abbildung 9) und geeicht. Die Datenspeicherung und Verwaltung erfolgte dabei mit den am Markt verfügbaren Systemen inkl. Dashboard für die Live-Auswertung und grafische Darstellung der Mess- 1. Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2021 83 Datenablage als Grundlage für den digitalen Zwilling eines Bauwerks - Verwaltungsschale BBox werte inkl. der Anzeige von Fehlermeldungen. Dies stellt den derzeitigen Stand der Technik dar. Abbildung 9: Anbringung DMS 6 und DMS 5 4.3 Zusammenfassung Im Bereich der Forschung zeigt die Anwendung der Methoden des Maschinellen Lernens und dem Auffinden von Korrelationen von unterschiedlichen Messdaten ein hohes Potential, um ein intelligentes Erhaltungsmanagement verwirklichen zu können. Von besonderem Interesse ist dabei, dass unterschiedlichste Datenformate und Datensätze strukturiert abgelegt werden können und für solche KI-Auswertungen an externe Programme genauso strukturiert wiedergegeben werden können. Die Grundlage dafür sind u. a. einheitliche Datenformate. Diese Funktionen können neben den herkömmlichen Monitoringfunktionen mit Dashboard von der Verwaltungsschale realisiert werden. Aus diesem Grund wurde parallel zum herkömmlichen Monitoring die gesamte Messinstallation mit Verortung der Sensoren in die Verwaltungsschale BBox eingepflegt. Ebenso wurden für die Weiterentwicklung und zu Testzwecken die Datenspeicherung, die Datenauswertung und der Datenexport mit der BBox durchgeführt. Es hat sich gezeigt, dass die Verwaltung der Daten auch bei sehr hohen Datenvolumen, im vorliegenden Fall 16,5 TB innerhalb von 14 Monaten bei der Heinrichsbrücke Bamberg, sehr gut funktioniert und diese für genannte späteren KI-Auswertungen gezielt übertragen werden können. Neben der Möglichkeit große heterogene Datenmengen mit der Verwaltungsschale BBox verwalten zu können, ergibt sich in Kombination mit der hinterlegten Infrastruktur zusätzliches zukunftsträchtiges Potential der Verwertung der Daten. Machine-Learning-Algorithmen benötigen in der Regel viel Rechenleistung. Durch die Einbindung der Verwaltungsschale in eine leistungsfähige Infrastruktur ist es somit möglich diese Rechenleistung direkt zur Verfügung zu stellen. Das bedeutet, das Data Scientists aus der Verwaltungsschale Daten extrahieren können und direkt in der vorhandenen Infrastruktur Algorithmen zur Bewertung der Daten ausführen können. Dies kann durch einen externen Zugriff erfolgen ohne dass die Daten hierfür heruntergeladen werden müssen. Diese Möglichkeiten werden anhand der Beispieldaten der beiden Brücken gegenwärtig getestet. 5. Ausblick Die Digitalisierung von Daten bietet insgesamt zahlreiche Vorteile. Mit den beiden gezeigten Beispielen wird die Verwaltungsschale hinsichtlich Datenstruktur, Verortung Sensoren, Datenablage, Datenzugriff, Zugriffsrechte weiterentwickelt. Um eine Akzeptanz einer digitalen Lösung zu gewährleisten, muss jedoch auch die Vertrauenswürdigkeit von Daten garantiert sein. Naturgemäß unterliegen Erkenntnisse, die aus Daten gewonnen werden, häufig vielen Prozessschritten mit unterschiedlichen Beteiligten. Es lässt sich vor dem Hintergrund der langen Lebensdauern von Bauwerken leicht erkennen, dass es schwierig ist diese lange Prozesskette, von der Datenerhebung bis zur teilweise - Jahrzehnte späteren Nutzung, beweissicher und rückführbar zu gestalten. Diese Attribute sind es aber, die die Vertrauensbasis für die Qualität und somit auch die Akzeptanz von digitalisierten Daten bilden. Mit der Entwicklung der Datenablage - Verwaltungsschale BBOX ist ein erster wichtiger Schritt in Richtung einer langfristig strukturierten Datenablage getan, der das physikalische Modell der Brücke als Basis der Zustandsbewertung in den Mittelpunkt stellt. Hierauf aufbauend werden im Projekt CASPAR [2] die technologischen Grundlagen, um Daten langfristig und manipulationssicher zu speichern geschaffen. Es wird eine digitale Schnittstelle, um Daten aus unterschiedlichsten Quellen (z.B. BIM, neue ASB-Ing, Wetter- / Klimadaten) sicher zusammenzuführen und Informationen semantisch zu verknüpfen, auch wenn diese in unterschiedlichen Formaten bereitgestellt werden, erarbeitet. Dies ist insbesondere für die Beurteilung von Verkehrsnetzen durch die Baulastträger interessant, da Informationen somit aus der Objektebene (Brücke) in die Netzebene (Straßennetz) transformiert werden können. Die Erstellung der Datenablage - Verwaltungsschale BBOX erfolgt gegenwärtig mit dem Fokus auf Brückenbauwerke. Nach erfolgreichem Abschluss der Implementierung mit dem Schwerpunkt Brücke ist geplant die Datenablage auch für andere Bauwerkstypen wie beispielsweise dem Hochbau zu erweitern. Literaturverzeichnis [1] Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung: Nachrichten - BAM entwickelt Plattform zur sicheren Speicherung von Bauwerksdaten, 2021, https: / / www.bam.de/ Content/ DE/ Nachrichten/ 2021/ Infrastruktur/ 2021-02-17-plattform-bauwerksdaten. html [Zugriff am: 29.04.2021]. [2] Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur: BMVI - Plattform für beweissiche- 84 1. Fachkongress Digitale Transformation im Lebenszyklus der Verkehrsinfrastruktur - Juni 2021 Datenablage als Grundlage für den digitalen Zwilling eines Bauwerks - Verwaltungsschale BBox re und rückführbare Datennutzung im Bauwesen - Construction Administration Shell [CASPAR], 2021, https: / / www.bmvi.de/ SharedDocs/ DE/ Artikel/ DG/ mfund-projekte/ caspar.html [Zugriff am: 29.04.2021]. [3] Erich Barnstedt; Heinz Bedenbender; Meik Billmann et al.: Details of the Asset Administration Shell. Part 1 - The exchange of information between partners in the value chain of Industrie 4.0 (Version 1.0), 2018. [4] Küttenbaum, S.; Maack, S.; Braml, T. et al.: Bewertung von Bestandsbauwerken mit gemessenen Daten. In: Beton- und Stahlbetonbau 114 (2019), Heft 6, S. 370-382. [5] Küttenbaum, S.; Maack, S.; Braml, T. et al.: Bewertung von Bestandsbauwerken mit gemessenen Daten, Teil 2. In: Beton- und Stahlbetonbau 116 (2021), Heft 3, S. 183-199. [6] Deutsche Gesellschaft für Zerstörungsfreie Prüfung: Merkblatt für Ultraschall-Verfahren zur zerstörungsfreien Prüfung mineralischer Baustoffe und Bauteile. Deutsche Gesellschaft für Zerstörungsfreie Prüfung, Merkblatt / DGZfP-Fachausschuß für Zerstörungsfreie Prüfung im BauwesenB 4, DGZfP, Berlin, 1999. [7] Krause, M.: Ultraschallechoverfahren an Betonbauteilen. In: Cziesielski, E. (Hrsg.): Bauphysik- Kalender - 2004. Ernst, Berlin, 2004, S. 341-352. [8] Schulze, S.; Mayer, K.; Krause, M.: Spannbetonuntersuchung mit bildgebenden Ultraschallecho- Verfahren. In: Beton- und Stahlbetonbau 108 (2013), Heft 12, S. 845-853. [9] Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Abteilung Straßenbau: Richtlinie zur Nachrechnung von Straßenbrücken im Bestand (Nachrechnungsrichtlinie) Ausgabe Mai 2011.