eJournals Fremdsprachen Lehren und Lernen 41/1

Fremdsprachen Lehren und Lernen
0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/
2012
411 Gnutzmann Küster Schramm

Sprachmittlung: Überlegungen zur Förderung einer komplexen Kompetenz

2012
Daniela Caspari
Andreas Schinchke
© 2012 Narr Francke Attempto Verlag 41 (2012) • Heft 1 D ANIELA C ASPARI , A NDREA S CHINSCHKE * Sprachmittlung: Überlegungen zur Förderung einer komplexen Kompetenz Abstract. It is argued that mediation is a highly complex competence. A task for advanced learners consisting of several parts is used to illustrate the required steps. The task takes into account several principles that have been neglected so far (e.g. individual competences, reading comprehension of the German text, systematic progression within the task). Additionally, we show the different functions of “mirror texts” for the development of mediation tasks. 1. Sprachmittlung: Die 6. Kompetenz ? Andrea R ÖSSLER stellte 2008 ihre Überlegungen „[z]um didaktischen Potenzial von Sprachmittlungsaufgaben“ unter die Frage „Die sechste Fertigkeit? “ Sie kommt zu dem Schluss, dass Sprachmittlung als rezeptive und zugleich produktive Tätigkeit in einer spezifischen Sprechhandlungssituation als „eigenständige kommunikative Tätigkeit“ im Sinne des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens zu werten sei, „weil es sich um eine Kombination verschiedener Sprechhandlungen mit einem klar definierbaren kommunikativen Ziel“ (R ÖSSLER 2008: 61) handele. Andere Autoren, z.B. S CHÖPP (2010), schließen sich dieser Auffassung an. Auch wir sind der Meinung, dass „Sprachmittlung“, so wie sie in den „Bildungsstandards für den Mittleren Schulabschluss“ (KMK 2003) und in den „Bildungsstandards für die Allgemeine Hochschulreife“ (IQB 2011) konzipiert ist, „mehr“ ist als eine Fertigkeit (Begrifflichkeit der Bildungsstandards für den Mittleren Schulabschluss) bzw. eine Teilkompetenz (Begrifflichkeit der Bildungsstandards für die Allgemeine Hochschulreife). Denn unseres Erachtens ist sie, anders als in den Kompetenzmodellen dieser Dokumente, durch ihre höhere Komplexität auf einer anderen Ebene als bspw. das Schreiben oder das Hör-Sehverstehen angesiedelt. Sprachmittlung verlangt Fähig- * Korrespondenzadressen: Prof. Dr. Daniela C ASPARI , Freie Universität Berlin, Institut für Romanische Philologie, Didaktik der romanischen Sprachen und Literaturen, Habelschwerdter Allee 45, 14195 B ERLIN . E-Mail: caspari@zedat.fu-berlin.de Arbeitsbereiche: Kompetenzorientierter Fremdsprachenunterricht, Literaturdidaktik, interkulturelles Lernen. Dr. Andrea S CHINSCHKE , Referentin für Französisch und weitere Fremdsprachen, Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM) Abteilung II: Unterrichtsentwicklung, 14974 L UDWIGSFELDE - S TRUVESHOF . E-Mail: andrea.schinschke@lisum.berlin-brandenburg.de Arbeitsbereiche: Fortbildung, Aufgaben- und Materialentwicklung, Rahmenlehrplanentwicklung. Sprachmittlung: Überlegungen zur Förderung einer komplexen Kompetenz 41 41 (2012) • Heft 1 keiten und Fertigkeiten aus allen Kompetenzbereichen: aus dem Bereich der funktionalen kommunikativen Kompetenzen, je nach Realisierungsform, Hörbzw. Hörsehverstehen oder Leseverstehen sowie Sprechen oder Schreiben, dazu Text- und Medienkompetenz, interkulturelle kommunikative Kompetenz, Sprachbewusstheit und oft auch Sprachlernkompetenz. Während die didaktische Diskussion und die Aufgabenvorschläge bislang vor allem auf die funktionalen kommunikativen Kompetenzen einschließlich der entsprechenden Strategien sowie die interkulturelle Kompetenz fokussieren, macht unser Aufgabenbeispiel deutlich, dass mit fortschreitendem Anforderungsniveau der Sprachmittlungsaufgaben der Text- und Medienkompetenz sowie der Sprachbewusstheit und Sprachlernkompetenz eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zukommt. An dem Aufgabenbeispiel wollen wir darüber hinaus zwei weitere bislang vernachlässigte Aspekte der didaktischen Diskussion um „Sprachmittlung“ thematisieren: die systematische Progression in der Förderung der Sprachmittlungsaktivität sowie die gezielte Fokussierung einer Aufgabe auf ausgewählte Aspekte der Sprachmittlungskompetenz. 2. Eine Aufgabe zur (Weiter-)Entwicklung von Sprachmittlungskompetenz in der Sekundarstufe II Im Folgenden stellen wir eine Lernaufgabe zur Sprachmittlung vor, die sich zum Thema „Arbeitswelt“ sprachlich und inhaltlich an Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II richtet. Sie setzt sich aus zwei Teilen, den am Ende des Beitrags abgedruckten Aufgaben A und B, zusammen. Beide Teile enthalten jeweils einen deutschen Text zur Sprachmittlung und einen französischen „Spiegeltext“ (vgl. LISUM 2006, P HILIPP / R AUCH 2010a), d.h. einen französischen Text zu dem gleichen Thema. 1 Wurde bisher aber vor allem die Rolle von Spiegeltexten als Wortschatzquelle hervorgehoben, so werden sie in der hier vorliegenden Lernaufgabe in unterschiedlicher Funktion und mit unterschiedlichen Zielen eingesetzt. Aufgabe A ( S. 48-50) stellt eine Vorbereitung auf die „eigentliche“ Sprachmittlungsaufgabe B dar. Sie besteht aus dem deutschen „Text 1“, dem französischen Spiegeltext „Texte 2“, das sind die französische und deutsche Version eines ausführlichen Stellenangebotes des Deutsch-Französischen Jugendwerks. Die Teilaufgaben A1 und A2 lenken das Augenmerk auf den verwendeten Wortschatz und geben durch die vergleichende Beschäftigung Impulse für die Sprachbewusstheit und die Sprachlernkompetenz der Lerner. Aufgabe B ( S. 51-53) besteht gleichfalls aus einem deutschen „Text 3“ zum Thema Generation Praktikum und einem französischen Spiegeltext „Texte 4“, der zwar 1 Wir verwenden hier bewusst den offen gefassten Begriff des „Spiegeltextes“. Darunter werden weitere Texte zum gleichen oder zu einem ähnlichen Thema verstanden, die zur sprachlichen und inhaltlichen Unterstützung der Sprachmittlung dienen. Sie dienen somit auch der Vermittlung von Sachwissen, z.B. darüber, welche Unterschiede es in der Betrachtung eines Themas in zwei Sprachkulturen gibt. 42 Daniela Caspari, Andrea Schinschke 41 (2012) • Heft 1 das gleiche Thema wie der zu mittelnde deutsche Text behandelt, inhaltlich aber andere Schwerpunkte setzt. Hier werden von der Aktivität des Sprachmittelns ausgehend Wege für eine vergleichende thematische Betrachtung als Teil des interkulturellen Lernprozesses eröffnet: Die Teilaufgabe B1 besteht darin, im deutschen Text Informationen für einen französischen Zeitungsartikel zu verfassen, die Teilaufgabe B2, im französischen Text gezielt nach sprachlichen Hilfen für den Artikel zu suchen. B3 lädt dazu ein, sich über das Vorgehen bei der schriftlichen Sprachmittlung auszutauschen. Die Abschlussaufgabe B4 verlangt, die erworbenen thematischen Kenntnisse in Form eines Kommentars zur Situation der Jugendlichen auf dem deutschen und französischen Arbeitsmarkt zu schreiben. Neben den beiden oben genannten Zielsetzungen, nämlich der Beachtung der „Progression“ und der „Fokussierung auf einzelne Aspekte der Sprachmittlung“, haben wir in der Aufgabenkonzeption verschiedene Beobachtungen aus der unterrichtlichen Erprobung von mündlichen und schriftlichen Sprachmittlungsaufgaben berücksichtigt. So wird ein besonderes Augenmerk auf die Schwierigkeiten gerichtet, die Lernende im Vorfeld der „eigentlichen“ Sprachmittlung im Umgang mit den deutschen Ausgangstexten haben können. Dies betrifft nicht nur Schülerinnen und Schüler, deren Erstsprache nicht Deutsch ist. Ein komplexer journalistischer Ausgangstext wie der hier vorliegende „Text 3“ kann sehr hohe Anforderungen an das Verstehen des Inhalts, der Struktur, der Aussageabsicht, der sprachlichen Mittel, der Hintergründe usw. stellen; oft ist sogar ein besonders souveräner Umgang mit den Inhalten des Ausgangstextes erforderlich, bei dem z.B. auch über seine Inkohärenzen und Redundanzen hinweg gelesen wird. Um die unterschiedlichen Schülervoraussetzungen in Bezug auf die Rezeption des ausgangssprachlichen wie auch die Produktion des zielsprachlichen Textes angemessen zu berücksichtigen, haben wir in der Lernaufgabe schließlich auch Möglichkeiten zum differenzierenden Vorgehen eingeplant. 2.1 Aufgabe A Aufgabe A führt die Schülerinnen und Schüler in die Arbeit mit Spiegeltexten ein und sensibilisiert für grundlegende Anforderungen der Sprachmittlung. Die Teilaufgabe A 1 fordert die Lernenden auf, für einige Wörter und sprachliche Wendungen, die für die Textsorte und den Kontext „Bewerbung“ typisch sind, die französischen Äquivalente aus „Texte 2“ herauszusuchen. Dazu ist es nötig, beide Texte parallel nach den vorgegebenen Wörtern bzw. locutions gezielt zu durchsuchen. Die gefundenen Äquivalente sind zum einen für die Wortschatzarbeit bereichernd (z.B. Bewerbungsunterlagen - dossier de candidature). Zum anderen stoßen die Lernenden aber auf Wörter bzw. Redewendungen, die ihnen in besonderer Weise bewusst machen, dass die Verwendung der Sprache nicht nur kulturspezifisch, sondern auch kontextabhängig bzw. textsortenspezifisch ist. Z.B. kann die deutsche Teamfähigkeit auf andere Bereiche wie den Bereich des Sports übertragen werden, das im französischen Stellenangebot verwendete écoute ist dagegen an den Kontext der Arbeitswelt gebunden. Die im deut- Sprachmittlung: Überlegungen zur Förderung einer komplexen Kompetenz 43 41 (2012) • Heft 1 schen Text geforderten Kenntnisse (gute Sprachkenntnisse, gute Kenntnisse von Photoshop und anderer Software) werden im französischen Text mit zwei Begriffen ausgedrückt, einmal als bonne connaissance, einmal als bonne maîtrise. Für die Vertragsverlängerung stoßen die Lernenden im französischen Text zunächst unspezifisch auf prolongation du contrat - und den in der französischen Berufswelt üblichen Zusatz voire un CDI, den die deutschen Schülerinnen und Schüler erst durch Rückgriff auf landeskundliche Kenntnisse als contrat de travail à durée indéterminée entschlüsseln können. Die Bearbeitung dieser Aufgabe vermittelt den Schülerinnen und Schülern die grundlegende Einsicht in die Grenzen einer direkten Übersetzung. Gleichzeitig vermittelt sie ein Bewusstsein für die Existenz kulturspezifischer (CDI) und kontextspezifischer (écoute) Konzepte. Darüber hinaus initiiert sie die Bewusstwerdung von Strategien zur individuellen Wortschatzerweiterung auf fortgeschrittenem Lernniveau: Die Lernenden erfahren, dass es grundsätzlich sinnvoll ist, rezeptiv verstandene Texte gezielt nach Wortschatz zu durchsuchen, um die spezifische kultur-, kontextbzw. textsortenspezifischen Lexik herauszufiltern und sich aktiv anzueignen. All diese Einsichten und Erkenntnisse sind wichtige Aspekte für die Sprachmittlung. Denn in der konkreten Sprachmittlungssituation wird von den Schülern und Schülerinnen gefordert, dass sie sich über die Grenzen der direkten Übersetzungen bewusst sind. Sie müssen im Einzelfall überdies entscheiden, ob sie kultur-, kontext-, textsortenspezifische Termini verwenden müssen, ob sie diese sicher kennen oder ob sie besser auf Verfahren der Umschreibung zurückgreifen. In diesen Entscheidungen kommt die für die interkulturelle Kompetenz als notwendig beschriebene Fähigkeit zum konstruktiven Umgang mit der eigenen sprachlichen Begrenztheit (vgl. C ASPARI / S CHINSCHKE 2009: 278, C ASPARI / S CHINSCHKE 2010: 30) speziell für fortgeschrittene Lernende zum Tragen. Um weitere, für den interkulturellen Lernprozess wichtige Erkenntnisse der Sprachbetrachtung zu thematisieren und dadurch ins Bewusstsein zu rücken, werden die Schülerinnen und Schüler in Aufgabe A 2 gebeten, am Beispiel von drei selbst zu wählenden Wörtern/ Wendungen aus der Liste die im Text 2 aufgefundene sprachliche Übersetzung zu analysieren und zu kommentieren. Dabei wird vermutlich nicht nur die Frage, was die Wahl von écoute im Vergleich zur Teamfähigkeit über die Unterschiede in der Arbeitswelt aussagen könnte, eine gewinnbringende Diskussion in der Lerngruppe ergeben. 2 2.2 Aufgabe B Aufgabe B formuliert den „situativen Rahmen“ (vgl. P HILIPP / R AUCH 2010b: 3) aus dem sich neben der Situation der Adressat und die Textsorte für den gemittelten Text 2 Aus Gründen der Progression sollte zwischen den Aufgaben A und B eine Phase (etwa: Pour s‘entraîner) eingeschoben werden, in der die Anwendung der in A beschriebenen Einsichten und Erkenntnisse anhand von weiteren Texten zu Themen aus der Arbeitswelt gefördert und gefordert wird. 44 Daniela Caspari, Andrea Schinschke 41 (2012) • Heft 1 ergeben. Das für die Sprachmittlung im schulischen Fremdsprachenunterricht als konstitutiv beschriebene spezielle Informationsbedürfnis (ebd.), das die zu mittelnden Inhalte und daher die Lektüre des deutschen Textes bestimmen soll, wird über die Vorgabe von Titeln für den zu verfassenden Artikel präsentiert. Die drei Titel (B 1a, B 1b, B 1c) geben jeweils einen anderen Fokus für die Sprachmittlung vor. Sie lenken das Leseinteresse für den deutschen Text „Text 3“ auf unterschiedlich umfangreiche Informationen und erheben unterschiedliche Anforderungen an das Verstehen und den souveränen Umgang mit der Komplexität argumentativer Zusammenhänge des deutschen Textes. B 1a) fordert die Lernenden auf, einen einzelnen Abschnitt des deutschen Textes (Z. 41-44) als denjenigen zu identifizieren, der die relevanten Informationen für den vorgegebenen Titel liefert. Dieser kurze Textabschnitt muss allerdings genau verstanden und seine Inhalte im Französischen in der geforderten Textsorte wiedergegeben werden. B 1b) stellt diese Anforderungen in Bezug auf einen größeren Textabschnitt (Z. 25-44). Voraussetzung für die Identifikation des jeweils relevanten Textabschnitts ist natürlich das prinzipielle Verstehen des Textganzen. Dieses Verstehen in der Mittlung unter Beweis zu stellen wird tatsächlich aber nur von B 1c) verlangt. Die für den Titel La génération précaire - mythe et réalité relevanten Aussagen müssen ausgewählt, in ihrer argumentativen Richtung geordnet und in der Mittlung reorganisiert werden. Die drei Aufgaben illustrieren ein grundsätzliches Prinzip für die Konstruktion von Sprachmittlungsaufgaben: Die Vorgabe eines situationseingebetteten Informationsbedürfnisses lenkt die Auswahl der Informationen für die Sprachmittlung und bestimmt damit sowohl die Anforderungen an die Lesebzw. Textkompetenz im Umgang mit den ausgangssprachlichen Texten als auch an die Sprachmittlungskompetenz. Insofern kann die Alternative zwischen B 1a, B 1b und B 1c als Angebot zur Differenzierung genutzt werden. Auch die Schritte zur Bearbeitung der Aufgabe (B 1 bis B 4) enthalten Optionen, die je nach Leistungsvermögen von den Lernenden unterschiedlich genutzt werden können. Es ist denkbar, dass v.a. Schülerinnen und Schüler, die bereits Erfahrung mit Sprachmittlungsaufgaben gesammelt haben, direkt mit B 2 beginnen, nachdem sie den deutschen Text gelesen und sich für eine der vorliegenden Artikelüberschriften entschieden haben. Die Phase der préparation dient v.a. der methodischen Hilfestellung und Vorentlastung im Umgang mit dem deutschen Text. Mit B 1.2 soll zum einen das Textverstehen insgesamt sichergestellt werden. Hier wäre auch der Moment, an dem sich die Lernenden der Redundanzen und Inkohärenzen des deutschen Textes bewusst werden, die sie für die Mittlung außer Acht lassen können. B 1.3 fordert die Lernenden explizit zum Beachten des vorgegebenen inhaltlichen Fokus auf und strukturiert inhaltlich den französischen Text vor. Denkbar wäre an dieser Stelle auch ein weiterer vorentlastender Schritt, bei dem die Schülerinnen und Schüler auf Deutsch oder Französisch erste Notizen für ihren französischen Artikel niederschreiben. Würden diese Notizen auf Deutsch verfasst, birgt dies Sprachmittlung: Überlegungen zur Förderung einer komplexen Kompetenz 45 41 (2012) • Heft 1 die Gefahr, dass sie anschließend in eine Übersetzungsaktivität münden. Würden diese auf Französisch gemacht, käme hierbei noch nicht die Hilfestellung des französischen Spiegeltextes zum Tragen. Zur Arbeit mit dem Spiegeltext fordert die Teilaufgabe B 2 auf. Der französische Text „Texte 4“ liefert einige direkte Wortschatzhilfen (z.B. Generation Praktikum - génération précaire, Praktikum - stage, Kettenpraktika - enchaîner stages sur stages, Arbeitsmarkt - le marché du travail). Insgesamt ist der Text aber vor allem aus inhaltlichen Gründen interessant, weil er auf das Thema „Generation Praktikum“ einen vergleichenden und vor allem weiterführenden Blick wirft. B 3 fordert zunächst zur Reflexion und Diskussion der individuellen Sprachmittlungsaktivität und des Sprachmittlungsergebnisses auf. Dabei können grundsätzliche inhaltliche, textsortenspezifische, sprachliche Probleme, die sich bei der Sprachmittlung ergeben, wie auch Schwierigkeiten beim Textverstehen im Vorfeld dieser Aufgabe Gegenstand der Diskussion sein. An die Diskussion wird die Erwartung geknüpft, dass eigene Schwächen ins Bewusstsein rücken und Lösungsansätze durch wechselseitige Beratung gefunden werden können. Mit der Teilaufgabe B 4 wird die Bedeutung der Sprachmittlung für den interkulturellen Lernprozess verdeutlicht. Die Schülerinnen und Schüler werden aufgefordert, die Inhalte aus beiden Texten, die dank der Sprachmittlung nun insgesamt in französischer Sprache verfügbar sind, vergleichend zu betrachten und im Sinne der Perspektivenkoordination zu einer übergeordneten Einschätzung zu kommen. Sie müssen, kurz gesagt, erkennen, dass - wenn man den Aussagen der Autoren folgt - die „Generation Praktikum“ ein Phänomen ist, das in Deutschland auf einige Bereiche des Arbeitsmarkts beschränkt ist, während es in Frankreich die berufliche Existenz der Mehrheit der 20-35jährigen beschreibt und zunehmend Einfluss auf deren persönliches Lebensgefühl (finanzielle Abhängigkeit von den Eltern) und ihre privaten Lebensentscheidungen (Auswanderung, Familiengründung) hat. In diese Aufgabe fließt das im Verlauf der Lernaufgabe erworbene inhaltliche, sprachliche und strategische Wissen ein, so dass es sich um eine Abschlussaufgabe der Lernaufgabe handelt. Sie zeigt gleichzeitig, dass die Förderung von Sprachmittlung kein „Selbstzweck“ ist, sondern sinnvoll in einen übergreifenden Kontext, hier die Bearbeitung einer anspruchsvollen, textbasierten Schreibaufgabe, eingebunden werden kann. 3. Lernaufgaben als gezielte Vorbereitung auf die vielfältigen Anforderungen in einer Sprachmittlungssituation Die Analyse dieser Lernaufgabe zeigt exemplarisch die vielfältigen und komplexen Anforderungen, die das häufig verwendete Sprachmittlungsformat „Verfassen eines fremdsprachigen Textes auf der Basis von Informationen aus verschiedenen, zumeist deutschsprachigen Texten“ an die Schülerinnen und Schüler stellt. Der mit dieser Aufgabe verbundene Anspruch resultiert keinesfalls daraus, hier eine besonders „schwie- 46 Daniela Caspari, Andrea Schinschke 41 (2012) • Heft 1 rige“ Sprachmittlungsaufgabe konstruiert zu haben. Er besteht vielmehr darin, den Lernern diese für eine Sprachmittlungsaufgabe durchaus üblichen, vielfältigen und komplexen Anforderungen bewusst zu machen sowie sie durch vorbereitende Aufgaben und fokussierte Hilfestellungen systematisch und gezielt dabei zu unterstützen. Worin bestehen diese Anforderungen? • in verschiedenen Formen des Leseverstehens, in der Fremdsprache wie im Deutschen: globales Leseverstehen (Aufgabe B 1), selektives Leseverstehen (A 1 auf bestimmte sprachliche Ausdrücke, B 2 auf bestimmte Inhalte und sprachliche Ausdrücke), detailliertes Leseverstehen (B 1 préparation); • in Textkompetenz (B 1, insb. B 1c: Auswahl der für die Bearbeitung der Aufgabe notwendigen Textstellen und darin enthaltenen Informationen, B 4); • im textsortenspezifischen und adressatengerechten Schreiben: (B 1 préparation: Überschriften, B 2 article, B 4 commentaire); • im Gebrauch textsorten- und kulturspezifisch adäquaten Wortschatzes; • in der Anwendung kulturspezifischen thematischen Wissens (B 3 und B 4). Darüber hinaus werden Sprachbewusstheit und interkulturelle Kompetenz gefordert. Unterstützt werden die Lerner in dieser Aufgabe gezielt bei: • dem Leseverstehen: durch die Vorgabe eines bestimmten Leseinteresses, eines präzisen Fokus, inhaltlich und sprachlich durch die Spiegeltexte ; • dem Schreiben: sprachlich, textsorten- und kontextspezifisch durch die Spiegeltexte; • dem Erwerb von Wortschatz: Suche nach inhaltlich, textsortenspezifisch und kulturell adäquaten Ausdrücken (A 1, B 2); • dem Aufbau von Sprachbewusstheit: kontrastive Reflexion des gefundenen Wortschatzes auf sprachliche, textsortenspezifische und kulturelle Besonderheiten (A 2); • der Sprachlernkompetenz: Reflexion der Funktion von Texten für den Erwerb bzw. das Nutzen von themenspezifischem Wortschatz (A 2), Reflexion der Spezifika einer Sprachmittlungssituation sowie des eigenen Vorgehens (B 3), individuelle Entscheidung über die Wahl des Themas (B 1.1) und der notwendigen Arbeitsschritte (B 1.2) je nach Einschätzung des eigenen Kompetenzstandes; • dem Erwerb und der Anwendung von detailliertem kulturspezifischem Wissen über den deutschen und französischen Arbeitsmarkt, die Generation Praktikum, die Rolle der Medien in diesem Kontext (B 1, B 2, B 4); zusätzlich erwerben die Lerner Wissen über das Deutsch-Französische Jugendwerk sowie über kulturspezifische Konventionen von Stellenanzeigen, Arbeitsbedingungen und Bewerbungsverfahren (A 1). Mit dieser Aufgabe erfahren die Schülerinnen und Schüler, dass Sprachmittlung „mehr“ ist als das Verstehen und das Resümieren eines Textes in der anderen Sprache, sondern dass es sich dabei um eine eigene, höchst komplexe Kompetenz handelt. Sprachmittlung: Überlegungen zur Förderung einer komplexen Kompetenz 47 41 (2012) • Heft 1 Literatur C ASPARI , Daniela / S CHINSCHKE , Andrea (2009): „Aufgaben zur Feststellung und Überprüfung interkultureller Kompetenzen im Fremdsprachenunterricht - Entwurf einer Typologie“. In: B YRAM , Michael / H U , Adelheid (Hrsg.): Interkulturelle Kompetenz und fremdsprachliches Lernen. Modelle, Empirie, Evaluation. Tübingen: Narr, 273-287. C ASPARI , Daniela / S CHINSCHKE , Andrea (2010): „Sprachmittlungsaufgaben gestalten. Zum interkulturellen Potenzial von Sprachmittlung“. In: Der fremdsprachliche Unterricht Französisch 44/ 108, 30-34. I NSTITUT FÜR Q UALITÄTSENTWICKLUNG IM B ILDUNGSWESEN (IQB) (2011): Bildungsstandards für die Allgemeine Hochschulreife in den Fremdsprachen (Englisch/ Französisch). Sachstand 25. August 2011 [Anhörungsfassung]. LISUM (Landesinstitut für Schule und Medien) (2006): Handreichung zur Sprachmittlung in den modernen Fremdsprachen: Englisch, Französisch, Spanisch. Hrsg. von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport Berlin. http: / / bildungsserver.berlin-brandenburg.de/ 3184.html (15.1.2012) P HILIPP , Elke / R AUCH , Kerstin (2010a): „Sprachmittlung mit Spiegeltexten“. In: Der fremdsprachliche Unterricht Französisch 44/ 108, 34-40. P HILIPP , Elke / R AUCH , Kerstin (2010b): „Verständigung im Austausch. Grundlagen, Bedeutung und Potenzial von Sprachmittlung“. In: Der fremdsprachliche Unterricht Französisch 44/ 108, 2-7. R ÖSSLER , Andrea (2008) „Die sechste Fertigkeit? Zum didaktischen Potenzial von Sprachmittlungsaufgaben im Französischunterricht“. In: Zeitschrift für Romanische Sprachen und ihre Didaktik 2.1, 53-77. S EKRETARIAT DER S TÄNDIGEN K ONFERENZ DER K ULTUSMINISTER DER L ÄNDER IN DER B UNDES - REPUBLIK D EUTSCHLAND (KMK) (2003): Bildungsstandards für die erste Fremdsprache (Englisch/ Französisch) für den Mittleren Schulabschluss. (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 04.12.2003). http: / / www.kmk.org/ fileadmin/ veroeffentlichungen_beschluesse/ 2003/ 2003_12_04-BS-erste- Fremdsprache.pdf (15.1.2012) S CHÖPP , Frank (2010): „Mediation als praxisrelevante Kompetenz im Italienischunterricht“. In: Italienisch 32/ 63, 88-109. 48 Daniela Caspari, Andrea Schinschke 41 (2012) • Heft 1 A UFGABE A) Pour se familiariser… : Texte 1 et Texte 2 : A 1) Voici une offre d’emploi qui est publiée et en français et en allemand. Cherchez dans le texte 2 l’équivalent français des expressions allemandes suivantes du texte 1 : dans le texte allemand dans le texte français die Stelle ist ab sofort für die Dauer von 3 Jahren zu besetzen. Vertragsverlängerung die Bezahlung Anforderungen Zuverlässigkeit Selbständigkeit Teamfähigkeit gute Sprachkenntnisse in Deutsch und Französisch Bewerbungsunterlagen A 2) Choisissez trois expressions qui, selon vous, se font particulièrement remarquer par leur traduction. Analysez et commentez la fa on dont elles sont traduites dans l’autre langue. Sprachmittlung: Überlegungen zur Förderung einer komplexen Kompetenz 49 41 (2012) • Heft 1 Das Deutsch-Französische Jugendwerk (DFJW) (internationale Organisation) sucht für das Referat „Kommunikation und Veranstaltungen“, Bereich „Internet und Veröffentlichungen“ in Paris, eine/ n Mitarbeiter/ in für die Position eines/ er Projektbeauftragten Multimedia (IT und Redaktion) (m/ w) Es handelt sich um eine neu geschaffene Stelle. Der Posten ist ganztags in Paris und ab sofort für die Dauer von 3 Jahren zu besetzen. Es besteht die Möglichkeit einer Vertragsverlängerung. Die Bezahlung orientiert sich am Personalstatut des DFJW. Wir suchen eine/ n Mitarbeiter/ in mit einem abgeschlossenen Informatikstudium oder eine/ n Informatikkaufmann/ frau, der/ die eng mit der Projektbeauftragten „Verlagswesen/ Internet“ zusammenarbeitet. Folgende Aufgaben werden unter der Leitung der stellvertretenden Referatsleiterin « Information/ Kommunikation » übernommen: Technische Umsetzung und redaktionelle Pflege der Internetseite Weiterentwicklung der Internetseite www.dfjw.org / www.ofaj.org sowie seiner Satellitenwebsites Betreuung der mit dem DFJW verbundenen sozialen Netzwerke und Blogs Vertrauter Umgang mit neuen Technologien (Mobiltelefonie, SMS, Webcams, Podcasts etc.) Anforderungen : Berufserfahrung (mindestens 2 bis 3 Jahre), bevorzugt in Deutschland und Frankreich Ausgezeichnete Kenntnisse der gängigen Webstandards: PHP / MySql, XHTML, CSS2, CMS Drupal sowie der Anforderungen hinsichtlich der Barrierefreiheit (Empfehlungen der WCAG und Vorgaben der BiTV) Gute Kenntnisse Photoshop, anderer Software (Illustrator, Flash, etc.) sind von Vorteil Weiterentwicklung und Betreuung der Internetseite Praktische Erfahrungen im Online-Publizieren (z.B. Blogs, soziale Netzwerke) Offenheit und Kreativität, vielseitiges Interesse Zuverlässigkeit, Selbständigkeit, Teamfähigkeit Gute Sprachkenntnisse in Deutsch und Französisch Nähere Informationen und Bewerbung an Deutsch-Französisches Jugendwerk (DFJW) / Office Franco-Allemand pour la Jeunesse (OFAJ) Personalabteilung 51, rue de l’Amiral Mouchez F-75013 Paris candidatures@ofaj.org Bitte senden Sie uns Ihre Bewerbungsunterlagen (Bewerbungsschreiben und Lebenslauf) vorzugsweise per E-Mail. [Quelle: http: / / www.dfjw.org/ dfjw-stellt-ein (19.8.2011)] T EXTE 1 50 Daniela Caspari, Andrea Schinschke 41 (2012) • Heft 1 L’Office franco-allemand pour la Jeunesse (organisation internationale) recherche pour son Bureau « Innovation » basé à Paris, secteur « Information / Communication » un(e) Chargé(e) de projets multimédia (technique et éditorial) (H/ F) Il s’agit d’une création de poste. Ce poste à temps plein, basé à Paris, est à pourvoir immédiatement pour une durée de 3 ans. Une prolongation du contrat voire un CDI est possible. La rémunération est fixée par le statut du personnel de l’OFAJ. Nous recherchons un(e) collaborateur(rice), de formation Bac+2/ 3 minimum en informatique, multimédia, qui organise son travail en étroite collaboration avec la chargée de projet «Editions/ Internet ». Missions à prendre en charge sous la direction de la Chef de bureau adjointe à l’Information/ Communication : maintenance technique et éditoriale animation et évolution du site www.ofaj.org / www.dfjw.org et de ses sites satellites animation des réseaux sociaux et blogs créés autour de l'OFAJ / DFJW contribution à l'ouverture de l'OFAJ à de nouvelles technologies (téléphonie mobile, SMS, webcam, podcasts, etc.) Compétences requises bonne expérience (2 à 3 ans minimum) de préférence dans les deux pays (France/ Allemagne) compétences affirmées des standards web : PHP / MySql, XHTML et normes d’accessibilité, CSS2 et le CMS Drupal bonne connaissance de Photoshop, celle d’autres logiciels (Illustrator, Flash, etc.) serait un plus maîtrise du développement et de l'administration de sites internet savoir-faire en pratique de publication sur un blog, contribution sur des réseaux sociaux dynamique, polyvalent(e), technique, créatif (-ve) rigueur, autonomie, écoute bonne maîtrise des langues française et allemande Pour obtenir davantage d’informations et envoyer votre candidature à Office franco-allemand pour la Jeunesse (OFAJ) A l’attention du Service des Ressources Humaines 51, rue de l’Amiral Mouchez 75013 Paris Candidatures@ofaj.org Merci de nous faire parvenir par e-mail votre dossier de candidature complet (lettre de motivation et CV). [Quelle : http: / / www.ofaj.org/ ofaj-recrute (19.8.2011)] T EXTE 2 Sprachmittlung: Überlegungen zur Förderung einer komplexen Kompetenz 51 41 (2012) • Heft 1 A UFGABE B) Pour aller plus loin….Texte 3 et Texte 4 : Vous faites un stage dans la rédaction d´un journal pour étudiants en France où vous êtes l’expert pour les questions d’actualité allemande. Un de vos collègues a trouvé l’article: Eine ganze Generation macht nur noch Praktikum - stimmt's? (texte 3). B 1a) On vous demande de rédiger un article pour parler de la discussion actuelle en Allemagne en vous basant sur les informations données dans le texte 3. Votre article s’intitulera : Une loi pour régler la situation des stagiaires ? Ou B 1b) On vous demande de rédiger un article pour parler de la discussion actuelle en Allemagne en vous basant sur les informations données dans le texte 3. Votre article s’intitulera : La génération précaire dans le monde des médias. Ou B 1c) On vous demande de rédiger un article pour parler de la discussion actuelle en Allemagne en vous basant sur les informations données dans le texte 3. Votre article s’intitulera : La génération précaire : mythe et réalité. B 1 préparation B 1.1 Lisez le texte allemand. Choisissez l’article que vous allez rédiger (B 1a, B 1b, B 1c). B 1.2 (fac.) Divisez le texte allemand en parties. Donnez un titre à chaque partie. B 1.3 (obl.) Soulignez dans le texte allemand toutes les informations qui sont importantes pour le texte que vous voulez rédiger (en fonction de votre choix B 1a, B 1b, B 1c) B 2 Vous pouvez vous servir du texte français (texte 4) qui traite de la même problématique pour trouver certains mots et expressions nécessaires et utiles et pour mieux comprendre la situation en France, les ressemblances et les différences entre la situation en France et en Allemagne et par là pour mieux relever les informations qui seraient intéressantes pour un public français. B 2.1 Lisez le texte français. B 2.2 Soulignez ensuite dans le texte français les mots/ les expressions qui vous semblent utiles pour votre texte. B 2.3 Rédigez votre texte. Servez-vous des expressions trouvées dans le texte 4. B 3 Comparez vos articles. Mettez-vous en groupes de 3 avec des élèves qui ont choisi le même sujet que vous (B 1a, B 1b, B 1c). B 3.1 Quelles informations du texte 3 avez-vous choisies pour les communiquer au public français ? B 3.2 Quelles sont les expressions (du texte 4) dont vous vous êtes servis ? B 3.3 Quelles ont été vos difficultés dans la rédaction du texte français ? Réfléchissez et discutez. B 4 Comparez la situation des jeunes sur le marché du travail en France et en Allemagne. Rédigez un commentaire pour votre rédacteur en chef. 52 Daniela Caspari, Andrea Schinschke 41 (2012) • Heft 1 Mythen der Arbeit Eine ganze Generation macht nur noch Praktikum stimmt's? Nach dem Studium monatelange Knechtschaft, Kettenpraktika statt feste Stellen das harte Los einer Generation von jungen Akademikern. Trifft dieses Bild wirklich zu? Arbeitsmarktforscher Joachim Möller beschreibt die massenhafte Ausbeutung von Hochschulabsolventen als Legende. „Notgedrungen überwintern zahllose Hochschulabsolventen auf miserabel entlohnten Praktikantenposten“, stand schon 2003 auf SPIEGEL ONLINE. Und im Herbst 2004: „In der vagen Hoffnung auf eine feste Stelle hangeln sich junge Akademiker von Praktikum zu Praktikum.“ Ein halbes Jahr später war in der „Zeit“ zu lesen, dass zwischen Ausbildung und Beruf eine häufig mehrere Jahre währende Dauerpraktikantenschaft getreten sei. Der Artikel war mit „Generation Praktikum“ überschrieben - und prägte damit einen Begriff, der sich als geflügeltes Wort im öffentlichen Bewusstsein festgesetzt hat. Die Frage ist nur: Stimmt das Bild, das hier gezeichnet wird? Die Befunde basierten überwiegend auf „allgemeinen Eindrücken und Beobachtungen im Umfeld von Freunden und Bekannten“, stellten die Hochschulforscher Kolja Briedis und Karl-Heinz Minks von der Hochschul-Informations-System GmbH bereits im Jahr 2007 fest. Ihr Projektbericht „Generation Praktikum - Mythos oder Massenphänomen? “ beantwortet die Frage eindeutig: Zwar gibt es Hinweise, dass die Zahl der Praktika nach dem Studium zugenommen hat, dennoch handelt es sich dabei um kein Massenphänomen, wenn man die Studierenden insgesamt betrachtet. Der Begriff „Generation Praktikum“ führt also in die Irre. Doch diese Erkenntnis ist nicht im öffentlichen Bewusstsein angekommen. Woran das liegt, ist leicht zu erklären: Es gibt Bereiche, in denen Praktika nach dem Studium tatsächlich stark verbreitet sind. Problem vor allem für Geistes- und Sozialwissenschaftler Während technische und naturwissenschaftliche Fächer mit wenigen Ausnahmen wie Architektur, Bauingenieurwesen oder Biologie davon kaum betroffen sind, spielen sie bei Geistes- und Sozialwissenschaftlern durchaus eine Rolle. Jeder vierte Sprach- und Kulturwissenschaftler absolviert nach dem Studium ein Praktikum, zuweilen gleich eine Praktikumsserie. Auch unter Wirtschaftswissenschaftlern und Juristen sind Praktika nach dem Studium nicht selten. Übrigens findet man unter Praktikanten Frauen häufiger als Männer - und das ist keineswegs nur durch die Fächerwahl bedingt. Entscheidend ist, dass die Medien eine besonders praktikumsintensive Branche sind. Presse, Hörfunk, Fernsehen, Verlage, auch PR- und Werbeagenturen oder Museen: Praktika sind hier nach dem Studium weit verbreitet. Das mag akzeptabel sein, wenn die Ausbildung dabei tatsächlich im Vordergrund steht. Oft erledigen Praktikanten aber auch kostengünstig die Arbeit, die eigentlich von Festangestellten gemacht werden sollte. Dahinter muss nicht immer böser Wille zur Ausbeutung stehen. Denn manch engagierter Kleinverlag wäre wohl anders gar nicht überlebensfähig. Da Journalisten mit der Situation in der Medienbranche in der Regel besser vertraut sind als mit der Lage in anderen Bereichen des Wirtschafts- und Arbeitslebens, verwundert es nicht, dass die spezifische Situation hier mit einem allgemeinen Phänomen gleichgesetzt wird. Und so wird etwas zum Problem einer ganzen Generation erklärt, was nur für einen Teil der Hochschulabsolventen ein echtes Problem ist. Leider auch ein kaum zu lösendes: Gutgemeinte gesetzliche Regelungen wie eine Höchstdauer, eine Mindestbezahlung oder ein garantierter Ausbildungsanteil laufen immer Gefahr, Praktika nicht zu verbessern, sondern zu verhindern. Und damit wäre den Hochschulabsolventen auf der Suche nach einem Job am wenigsten gedient. [Quelle: http: / / www.spiegel.de/ karriere/ berufsleben/ 0,1518,759837,00.html, letzter Zugriff am 19.8.11] T EXTE 3 Sprachmittlung: Überlegungen zur Förderung einer komplexen Kompetenz 53 41 (2012) • Heft 1 Génération précaire En Allemagne comme en France, les jeunes qui entrent aujourd’hui sur le marché du travail ont des perspectives bien moins souriantes que leurs parents, en leur temps. Ils enchaînent stages sur stages, ne trouvent pas de poste fixe et ne peuvent pas faire de projets. Pour échapper à cette fracture entre les générations, ces jeunes ont trouvé des voies très différentes. Mais le conflit est loin d’être résolu. En Allemagne, Désirée Grebel a rédigé une pétition à l’attention du Bundestag. Cette ancienne stagiaire de 29 ans exige dans ce texte que tout stage effectué par un étudiant diplômé débouche au bout de trois mois au maximum sur un emploi fixe. Elle a recueilli 40 000 signatures sur Internet, puis déposé cette pétition au Parlement, mais cela n’a pas permis de déboucher sur une loi. (…) Julie Coudry est descendue dans la rue pendant des semaines. Cette Française de 27 ans est étudiante et présidente de la Confédération étudiante, qui fut l’un des meneurs du mouvement anti- CPE. Julie et des centaines de milliers de Français ont finalement eu gain de cause. Dominique de Villepin a été contraint d’abroger cette loi très critiquée qui facilitait le licenciement. Julie et Désirée appartiennent à une génération qui déclare elle-même ne plus avoir de perspectives d’avenir. Les médias l’ont qualifiée de « génération précaire ». Sans CDI et sans espoir d’obtenir un travail régulier, les jeunes enchaînent stages sur stages. Très peu parviennent à s’en sortir sans l’aide financière de leurs parents. Les conditions de vie des jeunes de 20 à 35 ans ne sont plus comparables à celles de leurs parents quand ces derniers avaient leur âge. En effet, des études courtes et quelques séjours à l’étranger ne débouchent plus automatiquement sur un emploi en adéquation avec la qualification. En France, la période de transition entre la fin des études universitaires et le premier emploi fixe peut durer jusqu’à dix ans. Trois contrats d’embauche sur quatre sont à durée déterminée. La fracture entre les générations Tandis que les salariés plus âgés se battent, avec l’appui des syndicats, pour que soient tenues les promesses qu’on leur a faites il y a 30 ans, les jeunes, eux, sont déjà contents d’être rémunérés pour leur travail. (…) Les parents sont toujours partis du principe que leurs enfants seraient financièrement mieux lotis qu’eux. Or, pour la première fois depuis la Seconde Guerre mondiale, ce n’est plus le cas. Les jeunes aspirent toujours à de meilleures conditions de vie et à leur épanouissement personnel, mais ils n’ont plus la certitude d’y parvenir. Ce qui les attend en revanche, c’est un salaire plus bas et une retraite plus modeste que leurs aînés. Tout comme une charge de travail croissante... où qu’ils aillent. Car pour décrocher un emploi, les jeunes sont plus flexibles que jamais. Ils sont prêts à quitter leur ville natale et même leur pays. Mais les changements fréquents d’emplois et de lieux se font au détriment de la vie privée. Ce qui demeure, c’est le sentiment de ne pouvoir s’établir nulle part. Difficile d’envisager de fonder une famille dans ces conditions. Rester dans l’impasse ou s’expatrier On constate les réactions les plus diverses à cet état de transition permanent. Les uns, surtout en France, protestent, les autres partent à l’étranger, vont rechercher des conditions de travail correctes loin de leur pays. D’autres encore s’accommodent de leur situation : ils croient devoir être encore meilleurs que leurs concurrents pour décrocher le poste de leurs rêves, et sacrifient tout pour leur carrière, dans l’espoir de sortir un jour de ce dilemme. (…) Grit Weirauch, édité le : 22-09-06, dernière mise à jour le : 16-07-07 [Quelle : http: / / www.arte.tv/ fr/ Quel-avenir-pour-nos-jeunes/ 1321016,CmC=1323876.html letzter Zugriff am 19.8.11] T EXTE 4