eJournals Brückenkolloquium 4/1

Brückenkolloquium
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expert verlag Tübingen
Die Beurteilung und Bewertung des Zustands von Brückenbauwerken ist ein wesentliches Element im Hinblick auf Instandsetzungs- und Ertüchtigungsmaßnahmen. Eine solche Beurteilung sollte nach Möglichkeit auf Daten aus zerstörungsfreien Messungen beruhen, oder aus einer Kombination von Beprobungen und Messungen. Anhand zweier sehr unterschiedlicher Bauwerke wird die Leistungsfähigkeit einer kombinierten Analyse unter Berücksichtigung von Ultraschall- und RADAR-Messdaten zur Detektion und Lokalisierung von Bewehrung in Bestandsbauwerken demonstriert. Bei den Aufgabenstellungen einerseits hinsichtlich der Instandsetzung einer Bogenbrücke und andererseits zur Ertüchtigung einer Spannbetonkonstruktion konnten dieselben zerstörungsfreien Verfahren eingesetzt werden. Es werden die Herausforderungen vor allem in messtechnischer Hinsicht vorgestellt. Ein Schwerpunkt liegt auf der Beschreibung und den Ergebnissen der durchgeführten Ultraschall- und RADAR-Untersuchungen vor allem hinsichtlich der Lageermittlung der Bewehrungselemente. Hierbei werden Möglichkeiten und auch Grenzen der Verfahren diskutiert.
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Ertüchtigung von Brückenbauwerken: Anwendungen von RADAR- und Ultraschall-Techniken – am Beispiel der Ludwigsbrücke in München und der Donaubrücke

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Otto Wurzer
Stefanie Setzer
Karin Reiter
Christian Große
4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 605 Ertüchtigung von Brückenbauwerken: Anwendungen von RADAR- und Ultraschall-Techniken - am Beispiel der Ludwigsbrücke in München und der Donaubrücke Otto Wurzer, Stefanie Setzer, Karin Reiter, Christian U. Große WTM Engineers München GmbH, Deutschland Zusammenfassung Die Beurteilung und Bewertung des Zustands von Brückenbauwerken ist ein wesentliches Element im Hinblick auf Instandsetzungs- und Ertüchtigungsmaßnahmen. Eine solche Beurteilung sollte nach Möglichkeit auf Daten aus zerstörungsfreien Messungen beruhen, oder aus einer Kombination von Beprobungen und Messungen. Anhand zweier sehr unterschiedlicher Bauwerke wird die Leistungsfähigkeit einer kombinierten Analyse unter Berücksichtigung von Ultraschall- und RADAR-Messdaten zur Detektion und Lokalisierung von Bewehrung in Bestandsbauwerken demonstriert. Bei den Aufgabenstellungen einerseits hinsichtlich der Instandsetzung einer Bogenbrücke und andererseits zur Ertüchtigung einer Spannbetonkonstruktion konnten dieselben zerstörungsfreien Verfahren eingesetzt werden. Es werden die Herausforderungen vor allem in messtechnischer Hinsicht vorgestellt. Ein Schwerpunkt liegt auf der Beschreibung und den Ergebnissen der durchgeführten Ultraschall- und RADAR-Untersuchungen vor allem hinsichtlich der Lageermittlung der Bewehrungselemente. Hierbei werden Möglichkeiten und auch Grenzen der Verfahren diskutiert. 1. Motivation Bei der Instandsetzung und insbesondere bei der Ertüchtigung von Bestandsbauten der Infrastruktur werden zunehmend zerstörungsfreie Prüftechniken eingesetzt. Für den Planer stellen sich dabei oft Fragen hinsichtlich der genauen Lage der Bewehrung bzw. der Abmessungen von Bauwerkselementen (Bauteildicken, Einbauteile etc.) und für diese Aufgaben eignen sich zerstörungsfreie Prüftechniken, sofern deren Messgenauigkeit hinreichend groß ist. Drei Verfahren haben sich aktuell für solche Untersuchungen durchgesetzt. Neben den Techniken basierend auf magnetischer Induktion werden aktuell die Ultraschallprüfung und RADAR am meisten eingesetzt. Diese Techniken standen auch im Vordergrund bei der Voruntersuchung von zwei Brückenkonstruktionen, deren konstruktiver Aufbau sich stark unterscheidet und bei denen unterschiedliche Ertüchtigungskonzepte vorgeschlagen wurden. Deswegen können hier Unterschiede bei der Handhabung und Auswertung gut herausgearbeitet, sowie Möglichkeiten und Grenzen der Verfahren diskutiert werden. 2. Zerstörungsfreie Prüftechniken Es gibt mehrere zerstörungsfreie Prüfverfahren, die eine Detektion und vor allem eine Lokalisierung von Bewehrungselementen in Beton ermöglichen [1]. Diese Verfahren und die entsprechenden Messgeräte haben alle unterschiedliche Vor- und Nachteile. 2.1 Magnetische Induktion Das induktive magnetische bzw. ferromagnetische Messverfahren bietet generell die Möglichkeit zur schnellen, einfachen und kontaktfreien Detektion von ferromagnetischen Bewehrungselementen in geringer Tiefe. Die meisten kommerziell für das Bauwesen verwendeten Messgeräte verwenden ein magnetisches Wechselfeld im eher niedrigen Frequenzbereich und detektieren ferromagnetische Bewehrungselemente durch das induzierte Sekundärfeld. Unter realistischen Messbedingungen bei Insitu-Messungen an Ingenieurbauwerken können keine Elemente aus Edelstahl gefunden werden. Möglich ist die Detektion und Lokalisierung von Bewehrungsstäben mit Durchmessern um die 20 mm bis zu die Detektionstiefen zwischen 60 und 70 mm [2]. Problematisch ist eine besonders dichte Bewehrung. Laut DBV-Merkblatt [1] muss der Achsabstand zweier Stäbe mindestens das Doppelte der Betondeckung betragen. Nähere Informationen enthält das Merkblatt der Deutschen Gesellschaft für Zerstörungsfreie Prüfung (DGZfP) zur Bewehrungsortung [3], welches sich aktuell in der Überarbeitung befindet. 606 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 Ertüchtigung von Brückenbauwerken: Anwendungen von RADAR- und Ultraschall-Techniken 2.2 RADAR Beim RADAR-Verfahren wird über eine Antenne oder über ein Antennenarray eine elektromagnetische Welle als kurzer Wellenimpuls kontaktfrei in das Bauteil eingeleitet. Dieser Wellenimpuls wird zum Teil refl ektiert, wenn sich im Bauteil ein Objekt mit abweichenden elektromagnetischen Eigenschaften (Permitivität) befi ndet. Im Fall von Stahl wird sogar die gesamte Welle refl ektiert. Je nach Antennenfrequenz (meist oberhalb von 1 GHz) können Objekte in Tiefen von bis zu 35 cm detektiert werden. Je höher die Antennenfrequenz ist, umso höher ist die laterale Aufl ösung von Objekten wie Bewehrungsstäben, allerdings wird auch die Eindringtiefe geringer. Grundsätzlich können Objekte mit einem Achsabstand gleich oder sogar etwas geringer als die Einbautiefe noch aufgelöst werden. Der Feuchtegehalt spielt hier (wie auch bei ferromagnetischen Messverfahren) eine große Rolle und beeinfl usst u.a. die Lokalisierungsgenauigkeit. Ohne Kenntnis der Permitivität (z.B. aus Kalibriermessungen) ist die Tiefenortung unterschiedlich stark fehlerbehaftet. Nähere Informationen enthält das entsprechende Merkblatt der DGZfP [4]. 2.3 Ultraschall Die Ultraschalltechnik unterscheidet sich stark von den beiden oben beschriebenen Verfahren. Es werden elastische Wellen im unteren Ultraschallbereich verwendet, die über einen oder mehrere Ultraschallgeber (Sender) ins Bauteil eingeleitet und anschließend über einen oder mehrere Empfänger aufgezeichnet werden. In modernen Geräten werden Arrays mit mehreren Sendern und Empfänger verwendet, die sich im selben Gehäuse befi nden und eine Messung in Refl exion ermöglichen. Zur Untersuchung von Betonbauteilen muss das Sender-Empfänger-Array an die Oberfl äche angekoppelt werden. Hier haben sich in den letzten Jahren Arrays mit sogenannten Punktkontaktprüfköpfen durchgesetzt. Da das Messverfahren im Vergleich zu den oben beschriebenen nicht kontaktfrei ist, ist der Messfortschritt deutlich geringer. Auch hier hat die Prüffrequenz einen maßgeblichen Einfl uss auf die laterale Aufl ösung und die Eindringtiefe. Bei handelsüblichen Messgeräten wird eine Refl exionstiefe von bis zu 50 cm oder sogar darüber angegeben. Für die laterale Aufl ösung gelten ähnliche Werte wie für RADAR. Die Bauteilfeuchte hat einen geringen Einfl uss auf eine Ultraschallmessung, dafür spielen die Oberfl ächenrauigkeit und vor allem Hohlräume und Luftporen (Verdichtungsporen) eine große Rolle. Weitere Details zum Ultraschallverfahren im Bauwesen enthält das entsprechende Merkblatt der DGZfP [5]. 3. Generalsanierung der Ludwigsbrücke in München Die 1935 fertiggestellte Ludwigsbrücke in München befi ndet sich auf dem nördlichen Teil der Isarinsel zwischen Deutschem Museum und der Grünanlage auf der Vater-Rhein-Insel und führt in zwei Teilbauwerken über den inneren und äußeren Arm der Isar, der sogenannten Großen bzw. Kleinen Isar [6]. Das Tragwerk der Äußeren Ludwigsbrücke mit einer Gesamtlänge von rund 71 m und einer Breite von ca. 28,50 m besteht aus zwei Dreigelenkbögen aus Stahlbeton mit einer Spannweite von jeweils 33,10 m und einem Stich von 3,84 m. Die Dicke des Bogens beträgt 0,50 m im Scheitelbereich und 0,60 m an den Kämpfern. Die Fahrbahnplatte ist auf in Längsrichtung verlaufenden Zwischenwänden (Schotten) aufgeständert, so dass sich das Tragwerk im Querschnitt als 10-zelliger Hohlkasten darstellt. Die Brücke ist mit Naturstein (Muschelkalk) verkleidet. Im Rahmen der Sanierung wird die Fahrbahnplatte komplett erneuert. Außerdem wird eine Ertüchtigung der Querbewehrung des Bogens ober- und unterseitig erfolgen. Im Scheitelbereich wird an den Brückenrändern (jeweils im Bereich der beiden äußeren Kammern auf Nord- und Südseite) die Konstruktion durch den Einbau von Betonschrauben verstärkt. Im mittleren Bereich wird der Beton des Scheitelgelenks vollständig erneuert, d.h. der Beton des Bogens wird örtlich abgebrochen, die Bewehrung ertüchtigt und anschließend reprofi liert. Zur Entlastung der Scheitelgelenke und Aufnahme der Bogenkräfte ist eine Stützkonstruktion („Kraft-Bypass“) erforderlich. Das Sanierungskonzept (Abb. 1) sieht Ankerblöcke für diesen Kraft-Bypass vor (Durchankern durch den Bogen). Insgesamt sind mehrere Bohrungen durch die schlaff-bewehrten Bögen vorgesehen, wobei die Anwendung von zerstörungsfreien Prüfverfahren Bohrtreffer verhindern soll. Abb. 1: Detail der vorgesehenen Ertüchtigung der Ludwigsbrücke. Zur Voruntersuchung wurden die drei oben beschriebenen Verfahren eingesetzt, um die tatsächliche Lage der Bewehrungselemente zweifelsfrei zu klären. Die Umsetzung erfolgte in Kooperation mit der Technischen Universität München, Lehrstuhl für Zerstörungsfreie Prüfung, wobei die Untersuchungen von außen auf der Unterseite der Bögen sowie im Inneren im Bereich der Kämpfergelenke vom östlichen Widerlager aus stattfanden. Sie sollten die Detektierbarkeit sowie die Genauigkeit der Lokalisierung der Bewehrungselemente klären. 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 607 Ertüchtigung von Brückenbauwerken: Anwendungen von RADAR- und Ultraschall-Techniken 3.1 Messungen und Messdaten Eingesetzt wurden zwei unterschiedliche RADAR-Systeme, ein Messgerät zur magnetischen Induktion sowie Ultraschall-Phased-Array. Abb. 2 zeigt die Messung mit RADAR parallel zur Fahrbahnrichtung auf der Oberseite einer Kammer (Deckplatte) und hinter einem der Querschotts. Abb.2. Beispiel für RADAR-Messungen in der östlichen Kammer der äußeren Ludwigsbrücke. In Brückenlängsrichtung wurden in diesem Bereich auf der Bodenplatte (Bogenoberseite) zum Bogenscheitel hin mehrere parallele Längsprofile gemessen sowie an der Unterseite der Fahrbahnplatte ein 2D-Imagescan. Zudem wurden unterschiedliche RADAR-Systeme verwendet. Abb. 2 zeigt ein Beispiel für eines der Messprofile am Boden der Kammer im Tiefenschnitt sowie die gemessenen Bewehrungsabstände und Tiefenlagen sowie eine statistische Auswertung. Profil 244 x-Richtung Absolute Pos. der Bewehrung [mm] Delta [mm] Tiefe [mm] 220 81 566 319 86 904 338 89 1254 350 83 1588 334 55 1871 283 83 2270 399 75 2668 398 69 3029 361 70 3345 316 63 3690 345 62 Mittelwert: 344 74 Standardabweichung 36 11 Abb. 3. Beispiel für RADAR-Messungen in der östlichen Kammer der äußeren Ludwigsbrücke in Fahrtrichtung in Richtung Scheitelgelenk. Danach liegt der mittlere Abstand zwischen den Scheitelpunkten der schlaffen Bewehrung in Brückenlängsrichtung gerundet bei etwa 34 cm mit einer Streuung von etwa 4 cm. In Brückenquerrichtung liegt der Bewehrungsabstand bei 13 bis 18 cm (laut Bewehrungsplan1430-12: 6 Stäbe pro laufendem Meter (Pos. 1 bzw. 3). Die mittlere Tiefenlage wird zu 7 cm mit einer Standardabweichung von 1 cm bestimmt. Weitere Messungen zeigten, dass die Tiefe stark streut und Werte zwischen 1 und 9 cm annehmen kann. Die Streuungen werden überwiegend auf Einbauungenauigkeiten zurückgeführt, wobei die Messgenauigkeit aufgrund der Vielfachmessung zu etwa ± 1 cm bestimmt wird. Verfahrensbzw. gerätebedingt sind die untere Bewehrungslage in mehr als 40 cm Tiefe sowie das Rückwandecho in 50 cm Tiefe in den Radargrammen nicht zu erkennen. Die laterale Ortungsgenauigkeit wird also mit ± 1 cm angenommen, wobei dies auch die Einmessung der Profile berücksichtigt. Sofern hierbei eine Messgenauigkeit von ± 2 mm überschritten wird, muss der genannte Wert für die laterale Messgenauigkeit nach oben korrigiert werden. Interessant ist ein Vergleich von RADAR- und Ultraschallmessergebnissen anhand von Querprofilen auf der Bogenoberseite. 608 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 Ertüchtigung von Brückenbauwerken: Anwendungen von RADAR- und Ultraschall-Techniken Abb. 4. Vergleich eines Radargramms (oben) mit einem Ultraschall-B-Scan (unten). Im Radargramm in Abb. 4 (oben) sind die Bewehrungselemente in einem Bereich von etwa 60 cm als Reflexionshyperbeln gut zu erkennen. Das Radargramm ist bis zu einer Tiefe von 21 cm dargestellt. Der B-Scan darunter (basierend auf Phased-Array-Messungen) zeigt einen größeren Messbereich; die Detektionsschärfe für die Elemente der oberen Bewehrungslage ist nicht optimal, allerdings ist das Rückwandecho in etwa 50 cm Tiefe gut zu erkennen. Die obere Bewehrungslage kann leider nicht geortet werden. Vermutlich ist dafür einerseits die Energie der Wellenreflexionen von der Bewehrung zu gering. Abb. 5. 3D-RADAR-Messungen auf der Oberseite der Kammer aus Abb. 1. Andererseits ist zu vermuten, dass sich die oberen Bewehrungselemente meist genau unter den unteren Elementen befinden und diese das Ultraschallecho abschirmen. Abb. 6. Zusatzbewehrung mit Schrägaufbiegung zur Verstärkung der Bewehrung im Bereich des Querschotts (vgl. mit Abb. 4). Zusätzlich zu einzelnen Längs- und Querprofilen wurden auch C-Scans bzw. 3D-Radargramme angefertigt. Ein Messbeispiel von der Unterseite der Fahrbahnplatte in der nord-östlichen Kammer im Bereich des Querschotts zeigt Abb. 5. Originalpläne zeigen (Abb. 6), dass diese Elemente offenbar zu einer Zusatzbewehrung mit Schrägaufbiegung gehören, die die Konstruktion im oberen Bereich des Querschotts verstärken. In den Daten erkennt man Bewehrungselemente von etwa 2-3 cm Länge zusätzlich zur durchgehenden schlaffen Bewehrung in Längsrichtung. 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 609 Ertüchtigung von Brückenbauwerken: Anwendungen von RADAR- und Ultraschall-Techniken 3.2 Messergebnisse und Interpretation Die Messungen weisen eine ausreichende Genauigkeit der Bestimmung der Bewehrungselemente mit zerstörungsfreien Prüfverfahren nach, auch wenn die für die Tiefenbestimmung notwendige Permitivitätskalibrierung [4] bislang noch nicht durchgeführt wurde, da dies eine lokale Öffnung erfordert. Die Anforderung, die Bewehrungselemente so genau einzumessen, dass ein Bohrtreffer vermieden wird, kann auch ohne Kalibrierung knapp erreicht werden, sofern an den betreffenden Stellen die Technik wie beschrieben eingesetzt werden kann und die Standardabweichungen in einem ähnlichen Bereich liegen. Setzt man den halben Stabdurchmesser mit 1 cm an, die Toleranz der lateralen Lokalisierung mit 1 cm, den halben Bohrdurchmesser mit 2 cm, die Toleranz der Bohrung (Aufsetz- und Winkelgenauigkeit) mit 2 cm und fügt einen Sicherheitsabstand von 2 cm zusätzlich dazu, dann erhält man einen Mindestabstand von den eingemessenen Bewehrungselementen von 8 cm. Dies ermöglicht mit den Werten aus Messungen wie in Abb. 3 parallel zur Fahrbahn einen ausreichenden Abstand möglicher Bohrungen von der schlaffen Bewehrung einzuhalten. Quer zur Fahrbahn wird der notwendige Abstand von 8 cm bei einem mittleren Bewehrungsabstand von 15 cm vermutlich knapp unterschritten. Sofern von beiden Bauteilseiten eine Messung möglich ist, können auch zusätzliche Bewehrungselemente z.B. im Zwischenbereich zuverlässig aufgefunden werden. Grundsätzlich sind also Messungen von beiden Seiten notwendig. Die detektierten Bewehrungselemente auf der Ober- und Unterseite und die dazu gehörenden Messraster müssen zusammengeführt werden, wofür sich z.B. das PX 10 Transpointer-Messsystem der Fa. Hilti eignet, mit dem man die Position des Senders auf der abgewandten Seite durch ein Magnetfeld auch bei der vorhanden Bauteildicke von einem halben Meter mit einer Genauigkeit von ± 2 cm bestimmen kann. 4. Ertüchtigung der Donaubrücke Donauwörth Bei dieser Brücke handelt es sich um eine einzellige Spannbetonhohlkastenbrücke aus dem Jahr 1968 mit einer Gesamtlänge von 184,5 m (Abb. 7) [7]. Die geplante Ertüchtigung sieht Maßnahmen in Längsrichtung (Torsion) und Querrichtung (Gurtanschluss und Querbiegung) vor. Ursprünglich war der Einbau einer Zulagebewehrung zusätzlich zur erforderlichen Bewehrung für Querbiegung und eine Zulagebewehrung zusätzlich zur erforderlichen Torsionslängsbewehrung in den Stegen vorgesehen (Abb. 8). Abb. 7. Spannbetonbrücke in Donauwörth. Unter anderem wäre dazu eine Durchführung durch die vorhandenen Spannglieder wünschenswert. Voraussetzung hierfür wären Bohrungen in Bereichen mit zahlreichen Spanngliedern für die Verankerung der Zulagebewehrung. Weitere Informationen zur Ertüchtigungsmaßnahme enthält ein weiterer Vortrag zu diesem Bauwerk. Abb. 8. Beispiel für eine Ertüchtigungsmaßnahme im Stegbereich durch unterschiedliche Ergänzungsbewehrungen. Linienscans mit RADAR und „Ferroscan“ wurden durchgeführt, um daran die 3D-RADAR-Imagescans zu kalibrieren, die im Folgenden dargestellt werden. Nachdem auf Stemmöffnungen zur Verifikation der Messungen verzichtet wurde, erfolgte die Kalibrierung der RADAR- Scans durch Überlagerung mit den „Ferroscan“-Messungen. Aufgrund der Schiefwinkeligkeit und den vorhandenen Vouten kam es zu Abweichungen zwischen den nach den Bestandsplänen vorbereiteten Messplänen und den tatsächlich vor Ort gemessenen Bereichen. Die Vouten konnten aus Geometriegründen nicht als 3D-Imagescan gemessen werden. Unter anderem wurden Messungen im Querträger mit den bereits oben beschriebenen ZfP- Messverfahren durchgeführt (Abb. 9). Eine Lokalisierung der Spannglieder (sowie der schlaffen Bewehrung) sollte die beschädigungsfreie Durchbohrung von oben durch die Fahrbahnplatte und Voute in die Hohlkastenstege der entsprechenden Bauwerksbereiche und das Durchführen externer Spannglieder ermöglichen. 610 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 Ertüchtigung von Brückenbauwerken: Anwendungen von RADAR- und Ultraschall-Techniken Abb. 9. Messraster für RADAR-Messungen im Querträger der Donaubrücke. ZfP-Messungen sollten klären, ob alle Spanngliedlagen im Steg aufgefunden werden können. Dazu wurden u.a. 3D-Imagescans mit RADAR in den zwei Messfeldern aufgenommen, die in Abb. 9 rechts und links vom Durchgang zu erkennen sind. Es handelte sich konkret um vier Imagescans links (RS_344 bis 347) und vier rechts (RS_348 bis 351). Die entsprechenden Messdaten enthält Abb. 10. Abb. 10. 3D-RADAR-Imagescans zusammengeführt für die Messbereiche aus Abb. 9. Die Bügel-, Längs- und Querbewehrung in Steg, Voute und Fahrbahnplatte konnte gemäß den Bestandsunterlagen bestätigt werden. Zudem ist die erste Lage der Spannstahlbewehrung in den vorgenannten Bauteilen gut ersichtlich und plankonform (vgl. mit dem Plan in Abb. 9). Die zweite Spanngliedlage kann in Abgleich mit den Plänen bereichsweise erkannt werden. Sie ist jedoch hinsichtlich ihrer genauen Lage nicht verlässlich zu detektieren, da sich die Geometrie- und Verschattungseffekte aufgrund des engen Bewehrungsrasters zu stark auswirken. Tiefere Bewehrungslagen sind nicht zu erkennen. Parallel wurden entlang der gleichen Messraster Messungen mit dem Ultraschall-Verfahren durchgeführt. Die Tiefenlage und Position der Schlaff- und Spannstahlbewehrung im Voutenbereich stimmen überein. Der schräge, dreidimensionale Verlauf der Längsspannglieder wird aus den Scans ebenfalls ersichtlich. Aufgrund des engeren Messrasters liegt der B-Scan der Ultraschallmessung mit einer höheren Genauigkeit und Aufl ösung gegenüber der RADAR-Messung vor. Jedoch konnte auch aus den Ultraschallmessungen keine Lokalisierung der zweiten Spanngliedlage erfolgen. 4.1 Messergebnisse und Interpretation Bei der Untersuchung der Donaubrücke kam vor Ort vor allem das RADAR-Verfahren zum Einsatz. Damit konnten in mehreren sowohl die schlaffe Bewehrung, wie auch die oberste Spanngliedlage lokalisiert werden. Das ferromagnetische Verfahren wurde lediglich an wenigen Stellen zur RADAR-Kalibrierung eingesetzt. Ultraschall diente zur weiteren Verifi zierung und zur Detektion der Bauteildicke (Rückwandecho). Die insgesamt erzielte Genauigkeit bei der Ortung der Bewehrungslagen liegt ohne Bauteilöffnungen in einer Größenordnung von ± 1-2 cm (in Abhängigkeit der lokalen Bedingungen). Lokale Bauteilöffnungen können hier ggfs. noch eine verbesserte Lokalisierungsgenauigkeit liefern. Grundsätzlich gilt, dass die zweite Spanngliedlage meist von der ersten verschattet wird. In den Voutenbereichen sind Spannglieder in mehreren Lagen über- und nebeneinander vorhanden, die zu den Verankerungen hin verzogen werden. Hier lieferten weder das RADARnoch das Ultraschall-Verfahren belastbare Messergebnisse. Abgesehen davon konnten bei den detektierbaren Spanngliedern bis auf wenige Ausnahmen keine Lageabweichungen gegenüber der Plandarstellung festgestellt werden. 5. Zusammenfassung Die vergleichenden Ultraschall-Messungen der TU München in den Vouten lieferten aufgrund des engeren Messrasters zwar höher aufl ösende und dadurch genauere Ergebnisse, konnten jedoch ebenfalls weder die zweite noch die weiteren Spanngliedlagen zweifelsfrei detektieren. Darüber hinaus wird durch das erforderliche en- 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 611 Ertüchtigung von Brückenbauwerken: Anwendungen von RADAR- und Ultraschall-Techniken gere Messraster der Messfortschritt gegenüber der RA- DAR-Messung stark verlangsamt. In den Voutenbereichen sind Spannglieder in mehreren Lagen über- und nebeneinander vorhanden, die zu den Verankerungen hin verzogen werden. Hier lieferten weder das RADARnoch das Ultraschall-Verfahren belastbare Messergebnisse. Die Ultraschallmessungen erlaubten einen direkten Vergleich zu den RADAR-Daten an den Stellen, an denen parallel gemessen werden konnte. Ein Vorteil stellte die höhere Tiefenreichweite des Verfahrens dar, das meist eine Überprüfung der Dicke des Bauteils erlaubt. 6. Literatur [1] Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein; DBV-Merkblatt: Anwendung zerstörungsfreier Prüfverfahren im Bauwesen, Eigenverlag, Berlin 2014. [2] Taffe, A. und B. Jungen: Untersuchungen zur Genauigkeit von magnetisch induktiven Betondeckungsmessungen. In: Beton- und Stahlbetonbau 111 (2016) 8, S. 484-495. [3] DGZfP-Merkblatt B02 zur zerstörungsfreien Betondeckungsmessung und Bewehrungsortung an Stahl- und Spannbetonbauteilen, Berlin: DGZfP, 2014, 54 S. [4] DGZfP-Merkblatt B10 über das Radarverfahren zur zerstörungsfreien Prüfung im Bauwesen, Berlin: DGZfP, 2008, 41 S. [5] DGZFP-Merkblatt B04, Ultraschallverfahren zur Zerstörungsfreien Prüfung im Bauwesen. DGZfP-Fachausschuss für Zerstörungsfreie Prüfung im Bauwesen, Unterausschuss Ultraschallprüfungen, Berlin: DGZfP (2018), 67 S. [6] Christine Rädlinger, Geschichte der Münchner Brücken, Hrsg. Landeshauptstadt München, Baureferat, München 2008, S. 252, 253 [7] https: / / www.stbaa.bayern.de/ strassenbau/ projekte/ B71S.ABBD0024.00.html, gesehen am 03.08.2020