eJournals Tribologie und Schmierungstechnik 64/3

Tribologie und Schmierungstechnik
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Amorphe Werkstoffe zeichnen sich durch eine hohe Härte, gute Korrosionsbeständigkeit und zusätzlich durch eine niedrige Wärmeleitfähigkeit aus. Im Rahmen dieser Studie wird das tribologische Verhalten von neu entwickelten eisenbasierten, amorphen Beschichtungen vorgestellt. Hierzu werden drei unterschiedliche Legierungssysteme auf Basis der Zusammensetzung FeCrBSiNb mit variablem Chromgehalt untersucht, zunächst in ungeschmierten Vorversuchen und anschließend in anwendungsnahen Untersuchungen. In letzteren Untersuchungen wird das Belastungskollektiv zwischen Kolbenring und Zylinderlauffläche nachempfunden. Für die Voruntersuchungen werden der Edelstahl 1.4404 und 0,8 % C-Stahl und für die anschließenden anwendungsnahen Untersuchungen die Referenzbeschichtungen 0,8 % C-Stahl herangezogen. Die Voruntersuchungen zeigen, dass die Verschleißbeständigkeit der amorphen Beschichtungen besser als die der beiden Referenzwerkstoffe ist. Hierbei fällt insbesondere die geringere Affinität zur Oxidbildung auf. In den Untersuchungen konnte des Weiteren ein steigender Sauerstoffgehalt und somit Oxidbildung mit steigendem Chromgehalt beobachtet werden. Aus den Verläufen der Reibkoeffizienten ist zu erkennen, dass die Oxide keine stabile Bindung mit dem Substrat eingehen, sondern über die Testdauer abgetragen werden. In weiteren anwendungsnahen Untersuchungen wird das Potential der amorphen Beschichtung deutlich hervorgehoben.
2017
643 Jungk

Tribologischer Einsatz eisenbasierter Wärmedämmschichten in Verbrennungsmotoren

2017
Kirsten Bobzin
Mehmet Öte
Tim Königstein
Haihua Yao
Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 3/ 2017 5 Aus Wissenschaft und Forschung Einleitung Eisenbasierte, amorphe Werkstoffe sind hochinnovative Werkstoffe und bieten ökonomische wie auch ökologische Vorteile. Amorphe Werkstoffe sind durch ihren metastabilen Zustand gekennzeichnet. Dieser wird durch eine hohe Abkühlgeschwindigkeit aus dem schmelzflüssigen Zustand erzeugt, wodurch die Kristallisation unterbunden wird. Dabei ist aus technologischer Sicht die Realisierung der hohen Abkühlgeschwindigkeiten eine * Prof. Dr.-Ing. Kirsten Bobzin, M. Sc. Mehmet Öte, Dipl. Ing. Tim Königstein, M. Sc. Haihua Yao Institut für Oberflächentechnik der RWTH Aachen University, 52072 Aachen Tribologischer Einsatz eisenbasierter Wärmedämmschichten in Verbrennungsmotoren K. Bobzin, M. Öte, T. Königstein, H. Yao* Eingereicht: 1 .12. 2016 Nach Begutachtung angenommen: 15. 1. 2017 Amorphe Werkstoffe zeichnen sich durch eine hohe Härte, gute Korrosionsbeständigkeit und zusätzlich durch eine niedrige Wärmeleitfähigkeit aus. Im Rahmen dieser Studie wird das tribologische Verhalten von neu entwickelten eisenbasierten, amorphen Beschichtungen vorgestellt. Hierzu werden drei unterschiedliche Legierungssysteme auf Basis der Zusammensetzung FeCrBSiNb mit variablem Chromgehalt untersucht, zunächst in ungeschmierten Vorversuchen und anschließend in anwendungsnahen Untersuchungen. In letzteren Untersuchungen wird das Belastungskollektiv zwischen Kolbenring und Zylinderlauffläche nachempfunden. Für die Voruntersuchungen werden der Edelstahl 1.4404 und 0,8 % C-Stahl und für die anschließenden anwendungsnahen Untersuchungen die Referenzbeschichtungen 0,8 % C-Stahl herangezogen. Die Voruntersuchungen zeigen, dass die Verschleißbeständigkeit der amorphen Beschichtungen besser als die der beiden Referenzwerkstoffe ist. Hierbei fällt insbesondere die geringere Affinität zur Oxidbildung auf. In den Untersuchungen konnte des Weiteren ein steigender Sauerstoffgehalt und somit Oxidbildung mit steigendem Chromgehalt beobachtet werden. Aus den Verläufen der Reibkoeffizienten ist zu erkennen, dass die Oxide keine stabile Bindung mit dem Substrat eingehen, sondern über die Testdauer abgetragen werden. In weiteren anwendungsnahen Untersuchungen wird das Potential der amorphen Beschichtung deutlich hervorgehoben. Schlüsselwörter Beschichtung, Thermisches Spritzen, Eisenbasis Werkstoffe, amorphe Struktur, Plasmaspritzen, Verbrennungsmotor Studies confirm that amorphous materials exhibit high hardness, good corrosion resistance and thermal insulation properties. This study investigates the tribological behaviour of innovative iron based amorphous coatings. For this purpose three alloys based on the composition FeCrBSiNb were designed with variable chromium content and tested on the one hand in a non-lubricated preliminary test and subsequently in an application oriented test. For the application oriented test the load condition of a piston ring/ cylinder liner system in combustion engines was realized. In preliminary tests the references stainless steel 1.4404 and 0.8 % C-steel and for the application oriented tests 0.8 % C-steel were used. In preliminary studies, all amorphous coatings show better wear characteristics than both references. In that context amorphous coatings show fewer tendencies to form oxides than the references. Results show that with increasing chromium content in the amorphous coatings the oxide content rises. The courses of the friction coefficients for the amorphous coatings show that these oxide layers do not have a stable bonding with the coating but are removed over the time. In further application oriented tests the amorphous coatings show promising results compared to the 0.8 % C-steel. Keywords Coatings, Thermal Spraying, Iron-based materials, Amorphous structure, Plasma Spraying, Combustion engine Kurzfassung Abstract T+S_3_17 03.04.17 15: 12 Seite 5 6 Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 3/ 2017 große Herausforderung, insbesondere bei der Herstellung massiver Bauteile. Um die kritische Abkühlgeschwindigkeit zugunsten der Herstellung amorpher Metalle zu beeinflussen, ist die Entwicklung bestimmter Legierungen notwendig, die mit so genannten Glasbildnern versetzt sind. Dies sind Elemente wie z. B. Bor, Silizium und Niob [2]. Mit dieser Strategie können massive metallische Gläser, so genannte „bulk metallic glasses“ (BMGs) hergestellt werden, die eine Wandstärke von t > 10 mm besitzen [1]. Neben den Urformverfahren besteht die Möglichkeit amorphe Struktur mittels der Beschichtungstechnik herzustellen. Hierbei ist in der Vergangenheit das Thermische Spritzen in den Fokus der Wissenschaft gerückt. Beim Thermischen Spritzen wird über ein Plasma, Lichtbogen oder über eine klassische Verbrennung Wärme erzeugt, die auf einen Spritzzusatzwerkstoff übertragen wird. Der Spritzzusatzwerkstoff liegt in Form eines Pulvers oder Drahts vor. Aus werkstofftechnologischer Sicht zeichnet sich das Thermische Spritzen mit seinen unterschiedlichen Verfahren durch eine sehr hohe Flexibilität aus. So können Kunststoffe, Metalle aber auch keramische Werkstoffe auf Bauteile aufgetragen werden. Die Partikelzustandsgrößen, nämlich Partikeltemperatur und -geschwindigkeit, sind entscheidende Kenngrößen beim Thermischen Spritzen. So können beispielsweise mittels Kaltgasspritzens Partikelgeschwindigkeiten von bis zu v p = 1.200 m/ s und Partikeltemperaturen T P < 1.000 °C erreicht werden. Plasmabasierte Verfahren zeichnen sich hingegen durch sehr hohe Partikeltemperaturen von T P > 3.000 °C jedoch im Vergleich zum Kaltgasspritzen durch deutlich niedrigere Partikelgeschwindigkeiten im Bereich von v P = 100 - 400 m/ s aus. Nach dem Auftreffen auf das Substrat kühlen die Partikel rasch ab. Dabei werden je nach Verfahren, Werkstoff und Partikelgrößen Erstarrungszeiten von t krit = 10 -8 - 10 -4 s erreicht. Die schnelle Erstarrung aus dem schmelzflüssigen Zustand ermöglicht die Herstellung von amorphen Beschichtungen mit herausragenden Eigenschaften. [10] Amorphe Beschichtungen werden unter anderem auf Grund ihrer hohen Härte als Lösungskonzept für tribologische Anwendungen in Betracht gezogen [3]. Des Weiteren wird dieser Werkstoffgruppe eine hohe Korrosionsbeständigkeit nachgesagt [4-6]. Dies wird auf die homogene Phasenstruktur und das Fehlen von Korngrenzen zurückgeführt. Darüber hinaus werden die thermophysikalischen Eigenschaften dieser Werkstoffe detailliert erforscht [7-9]. Hier sind insbesondere die niedrigen Temperaturleitfähigkeiten im Fokus der Wissenschaft, weshalb die Werkstoffe auch als „metallische Wärmedämmbeschichtungen“ bezeichnet werden. Versuchsdurchführung Im Rahmen dieser Studie wurden basierend auf der Legierungszusammensetzung Fe 72-x Cr x B 20 Si 4 Nb 4 (siehe [2]) zwei Weiterentwicklungen vorgenommen. Dabei war das Ziel, die Bildung der amorphen Strukturen zu verbessern und gleichzeitig die Korrosionsbeständigkeit zu erhöhen. Aus diesem Grund wurde der Eisengehalt zunächst um x = 5 At. % und im Weiteren um 15 At. % reduziert und durch Chrom ersetzt. Alle drei Spritzzusatzwerkstoffe wurden mit dem Atmosphärischem Plasmaspritzen (APS) und dem Brenner F4MB-XL der Firma Oerlikon Metco Europe GmbH (Kelsterbach) auf AlSi10 Substrat auftragen. Das Substrat wurde unmittelbar vor dem Beschichten mittels Korrundstrahlen und der Kornfraktion F24 aufgeraut und im Anschluss mit Ethanol gereinigt. Als Beschichtungsparameter wurden eine Stromstärke von I = 550 A, eine Argonflussrate von V∙ Ar = 37 SLPM, eine Wasserstoffflussrate V∙ H = 10 SLPM eine Robotergeschwindigkeit von v R = 1,2 m/ s, und einen Spritzabstand s = 140 mm verwendet. Als Referenz wurde zum einen eine Edelstahlbeschichtung 1.4404 mittels APS und eine 0,8 % C-Stahl Beschichtung mittels Plasma Transferred Wire Arc (PTWA) hergestellt. Sowohl die Referenzen als auch die amorphen Beschichtungen wurden im Hinblick auf ihre Härte mittels Vickersindentation untersucht. Im Anschluss wurden die Beschichtungen in Vorversuchen mittels eines Schwing-Verschleiß-Tribometers (SVT) der Firma Wazau (Berlin) unter reversierender Gleitbeanspruchung getestet. Als Gegenkörper wurde der hochlegierte Werkstoff X90CrMoV18 (1.4112) mit einer Härte H = 370 ± 30 HV 0,1 und in Form eines Zylinders ausgewählt. Der Werkstoff wird vielfach in der Automobilindustrie für Kolbenringe verwendet. Der Durchmesser und die Länge sind D x L = 5 x 5 mm 2 . Der Gegenkörper wurde durch Auflage über der Mantelfläche in einen Linienkontakt mit dem beschichteten Substrat gebracht, siehe Bild 1. Um die Verschleißmechanismen Aus Wissenschaft und Forschung Bild 1: Schematischer Aufbau des SVT und Anordnung der Grund- und Gegenkörper für die tribologischen Untersuchungen T+S_3_17 03.04.17 15: 12 Seite 6 Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 3/ 2017 erforschen zu können, wurde zunächst eine kurze Belastungsdauer von t = 60 min ausgewählt und auf die Zugabe eines Schmierstoffs verzichtet. Weitere Parameter sind die Normalkraft F = 30 N, die Frequenz f = 20 Hz der Hub h = 10 mm und die Temperatur T = 25 °C. Im Anschluss wurde die Verschleißspur mittels konfokaler Lasermikroskopie (KLM) und Rasterelektronenmikroskopie (REM) inklusive energiedispersiver Röntgenspektroskopie (EDX) untersucht. Dabei wurde sowohl die Verschleißspur auf dem beschichteten Substrat als auch auf dem zylindrischen Gegenkörper untersucht. Im Anschluss wurde von den eisenbasierten, amorphen Werkstoffen das vielversprechendste Beschichtungssystem ausgewählt und unter realitätsnahen Bedingungen im SVT untersucht. Dabei wurden die Kraft auf F = 200 N, die Belastungsdauer auf t = 6 h und die Temperatur auf T = 80 °C erhöht. Zusätzlich wurden die Prüfläufe in einem Ölbad unter Verwendung des kommerziellen Motorenöls 0w40 von Castrol durchgeführt. Als Gegenkörper wurde ein nitriertes Kolbenringsegment mit einem Durchmesser von d = 79 mm verwendet. Zum Vergleich wurde die Referenz 0,8 % C-Stahl getestet. Die anschließende Versuchsauswertung orientiert sich nach oben aufgeführtem Prinzip. In Bild 1 ist der Versuchsaufbau mit dem schematischen Aufbau des Tribometers und den Versuchsaufbauten für die Vorversuche und die realitätsnäheren Untersuchungen aufgeführt. Ergebnisse In Bild 2 ist der Verlauf der Mikrohärte der unterschiedlichen Beschichtungen dargestellt. Dieser wurde aus n = 10 Einzelmessungen im Querschliff und durch Angabe eines Mittelwertes bei einer Belastung von m = 100 g und einer Belastungsdauer von t = 10 s ermittelt. Es fällt auf, dass die amorphen Beschichtungen eine deutlich höhere Härte besitzen als die beiden Referenzwerkstoffe. Die hohe Härte ist für amorphe Werkstoffe charakteristisch. Vor den Untersuchungen im SVT wurden die spritzrauen Oberflächen mit SiC-Papier geschliffen und anschließend mit einer Diamantsuspension poliert, um eine einheitliche Oberflächentopographie zu erhalten. Die Ra-Werte der Beschichtungen liegen zwischen Ra = 0,048 µm und 0,06 µm. Die 0,8 % C-Stahl Beschichtung besitzt mit einem Ra = 0,098 µm einen etwas höheren Wert. Die Verläufe der Reibkoeffizient aus der SVT-Untersuchungen können aus Bild 3 entnommen werden. Anhand des Verlaufs der Reibkoeffizienten (µ) ist zu sehen, dass dieser teilweise um den Wert µ = 1 schwankt. Das bedeutet, dass der Betrag der Reibkraft gleich der Normalkraft F N = F R = 30 N ist. Die hohen Reibwerte sind auf das ungeschmierte tribologische System zurückzuführen. Dabei sind die Werkstoffe ohne und mit x = 15 % Cr auf demselben Niveau. Der Reibwert des Werkstoffs mit x = 5 % Cr ist etwas niedriger. Die Beschichtung mit x = 15 % Cr zeigt ein ausgeprägtes, zyklisches Verhalten, was durch Ausschläge bzw. Abfälle des Reibkoeffizienten beobachtet werden kann. Es wird vermutet, dass sich während des Prozesses, auf Grund der hohen Temperaturen im Kontaktpunkt, Oxide bilden, die über die Versuchsdauer zunehmen und ab einer kritischen Konzentration unter der Belastung delaminieren. Die amorphen Beschichtungen ohne und mit x = 5 % Cr zeigen ein ähnliches Verhalten, jedoch weniger stark ausgeprägt. Von den beiden Referenzbeschichtungen zeigt nur die Beschichtung 1.4404 eine ausgeprägte Einlaufphase. Während dieser Einlaufphase sind starke Ausschläge im Verlauf des Reibkoeffizienten auszumachen. Nach ca. t = 600 s steigt der Reibkoeffizient schnell an und bleibt bis zum Versuchsende auf einem konstanten erhöhten Niveau. Auch hier wird vermutet, dass sich Oxidschichten bilden. Mittels des KLM kann der Verschleiß durch Angabe verschiedener Kennwerte quantifiziert werden. Dies wurde 7 Aus Wissenschaft und Forschung ! "# Bild 2: Härte von eisenbasierten, amorphen Beschichtungen und den Referenzen Bild 3: Reibwertverlauf der eisenbasierten amorphen Beschichtungen und der Referenzen bei F = 30 N, f = 10 Hz, h = 10 mm, T = 25 °C, Gegenkörper aus X90CrMoV18 und ohne Schmierstoff T+S_3_17 03.04.17 15: 12 Seite 7 8 Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 3/ 2017 sowohl für den Grundals auch für den Gegenkörper durchgeführt. Dabei zeigt sich, dass die amorphen, eisenbasierten Werkstoffe im Vergleich zur Referenz 0,8 % C-Stahl ein geringfügig niedrigere und gegenüber dem Werkstoff 1.4404 eine deutlich niedrigere durchschnittliche Verschleißtiefe aufweisen (siehe Bild 4). Innerhalb der amorphen eisenbasierten Werkstoffe ist kein klarer Trend auszumachen. Die niedrigste durchschnittliche Verschleißtiefe wurde für den Werkstoff mit x = 5 % Cr ermittelt. Die Auswertung der Gegenkörper spiegelt das Resultat der beschichteten Proben wider. Statt der Verschleißtiefe wurde hier die Fläche ausgewertet auf der die Verschleißspur auszumachen ist. Einzig der Gegenkörper, der auf der eisenbasierten, amorphen Beschichtung mit x = 15 % Cr getestet wurde, zeigt höhere und somit schlechtere Werte als die Referenzen 0,8 % C-Stahl. Es wird vermutet, dass die hohe Härte der Beschichtung für eine verstärkte abrasive Belastung des Gegenköpers verantwortlich ist. Die Verschleißspuren wurden in Bezug auf ihr Erscheinungsbild und der Elementzusammensetzung mittels REM und EDX untersucht. Dabei fällt auf, dass auf der Probe mit x = 15 % Cr oberflächlich Risse auszumachen sind (siehe Bild 5). Dies deutet auf ein spröderes Werkstoffverhalten hin. Die Beschichtungen mit x = 0 und 5 % Cr zeigen dieses Verhalten nicht. Des Weiteren sind die interlamellaren Zwischenräume bei der Beschichtung mit x = 15 % Cr deutlich ausgeprägter, als für die beiden anderen Werkstoffe. Dies lässt vermuten, dass die einzelnen Partikel eine schwächere kohäsive Festigkeit in der Beschichtung besitzen. Sowohl die Risse als auch die größeren interlamellaren Zwischenräume sind ein Indiz dafür, dass sich größere Schichtbestandteile aus der Beschichtung lösen können und die Beschichtung somit stark verschleißt. Im Anschluss wurden EDX-Punktmessungen auf der Oberfläche durchgeführt. Dabei wurden sowohl die helleren als auch die dunkleren Bereiche betrachtet. Im direkten Vergleich konnte in den dunkleren Bereichen (P2, P4 und P6) eine 10 bis 30 fach höhere Sauerstoffkonzentration gemessen werden als in den helleren Bereichen (P1, P3 und P5). Interessanterweise finden sich in P2 Rückstände von Chrom, obwohl die Beschichtung keinen Chromanteil aufweist. Es wird vermutet, dass es sich hierbei um Rückstände des Gegenkörpers handelt. Neben den EDX-Punktmessungen wurden EDX-Messungen mittels Mappings sowohl über die gesamte Verschleißspur als auch außerhalb der Verschleißspur vor- Aus Wissenschaft und Forschung ! " # $%%&' ( ) $*%' + ( ) + ! " # , ! "! # $ ! "% & Bild 6: Sauerstoffgehalt außerhalb und innerhalb der Verschleißspur Bild 5: Oberflächliche REM-Aufnahmen der amorphen Beschichtung im Bereich der Verschleißspur Bild 4: Verschleißgrößen an beschichtetem Grundkörper und dem Gegenkörper T+S_3_17 03.04.17 15: 12 Seite 8 Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 3/ 2017 genommen, um grundlegende Aussagen bezüglich der Änderungen in der chemischen Zusammensetzung ausmachen zu können. Da Sauerstoff mittels EDX nicht genau quantifiziert werden kann, dienen die Ergebnisse dazu qualitative Aussagen bezüglich der Sauerstoffaffinität der Werkstoffe unter tribologischer Belastung geben zu können. Dieser Zusammenhang ist in Bild 6 dargestellt. Es ist zu sehen, dass mit steigendem Chromgehalt in der Beschichtung die Affinität zum Sauerstoff sowohl vor als auch nach den Verschleißuntersuchungen zunimmt. Der höchste Wert und der stärkste Anstieg wurden für die Referenz 1.4404 ermittelt. Basierend auf den gewonnen Erkenntnissen wurde die Beschichtung mit x = 5 % Cr ausgewählt und gegenüber der Referenz 0,8 % C-Stahl tribologisch im geschmierten Kontakt, F = 200 N, f = 10 Hz, h = 10 mm, T = 80 °C und t = 6 h getestet. Als Gegenkörper wurde ein nitriertes Kolbenringsegment verwendet. Nach dem Test wurden beide Tribopartner mittels KLM untersucht. Es fällt auf, dass die Verschleißspuren unterschiedliche Merkmale aufweisen. Die Verschleißspurbreiten der amorphen Beschichtungen und des dazugehörigen Kolbenrings sind breiter als die der Referenz und weisen ein deutlich abrasives Verschleißbild auf. Für die Beschichtung 0,8 % C-Stahl ist dieser Mechanismus ebenfalls zu identifizieren, jedoch in abgeschwächter Form. Bei der amorphen Beschichtung fällt zusätzlich auf, dass es an den seitlichen Bereichen der Verschleißspur zu einer Aufwölbung kommt, die in den Profilmessschrieben zu identifizieren ist. Es wird vermutet, dass dies durch plastische Verformung entsteht. Die 0,8 % C-Stahl Beschichtung zeigt dieses Verhalten nicht. Messung im Hinblick auf die maximale Verschleißtiefe in der Beschichtung zeigen, dass die bei der 0,8 % C-Stahl Beschichtung ca. x C,Verschl = 3,0 µm und der amorphen Beschichtung ca. x Am.,Verschl = 1,8 µm beträgt. Der Verschleiß der Kolbenringe ist für die Referenz nicht quantifizierbar. Für die amorphe Beschichtungen wird eine maximale Verschleißtiefe x max.,Ring = 5,0 µm gemessen. Das zeigt, dass die hohe Härte der Beschichtung den Kolbenring abrasiv stark belastet. In Bild 8 ist der Reibwertverlauf über der Messdauer dargestellt, sowohl über die gesamte Messdauer als auch für die ersten t = 60 s. Letzteres dient dazu das Einlaufverhalten zu beschreiben. Im Gegensatz zu den nicht geschmierten Vorversuchen zeigt der Reibkoeffizient einen wesentlich stabileren Verlauf. Durch die Schmierung wird die Bildung von instabilen und reibwerterhöhenden Reaktionsschichten unterbunden. Der Wert der Referenz ist im Vergleich zur amorphen Beschichtung etwas niedriger. Beide Beschichtungen zeigen ein nahezu identisches Einlaufverhalten, welches sich asymptotisch dem stationären Wert annähert. Nach ca. t = 40 bis 60 s ist der Einlaufprozess abgeschlossen. Zusammenfassung und Ausblick Im Rahmen der Studie sind amorphe, eisenbasierte Beschichtungswerkstoffe im Hinblick auf tribologische Eigenschaften grundlegend 9 Aus Wissenschaft und Forschung Bild 8: Reibkoeffizient über der Zeit: links über gesamte Versuchsdauer, rechts Einlaufverhalten in den ersten t = 60 s Bild 7: Oberflächliche Aufnahmen von beschichtetem Grundköper (oben) und Gegenkörper (unten) nach dem tribologischen Test: F = 200 N, f = 10 Hz, h = 10 mm, T = 80 °C, t = 6 h und nitriertem Kolbenring als Gegenkörper T+S_3_17 03.04.17 15: 12 Seite 9 10 Tribologie + Schmierungstechnik 64. Jahrgang 3/ 2017 untersucht worden. Dabei konnte eine hohe Verschleißbeständigkeit nachgewiesen werden. Aus den Vorversuchen kann die Bildung von Reaktionsschichten nachgewiesen werden, was EDX-Messungen bestätigen. Der zyklische Verlauf des Reibkoeffizienten deutet weiter darauf hin, dass die Reaktionsschichten keine hohe Stabilität besitzen und ab einem kritischen Niveau und durch den Einfluss der mechanischen Belastung abgetragen werden. Mit steigendem Chromgehalt reduzieren sich diese Intervalle, was darauf hindeutet, dass die Reaktionsschichten schneller abgetragen werden. In weiterführenden Untersuchungen wurde das Belastungskollektiv in Bezug auf den späteren Einsatz angepasst. In diesen Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass die Verschleißbeständigkeit der amorphen Beschichtungen einen leichten Vorteil gegenüber der Referenz besitzen, jedoch zum Nachteil für den Kolbenring. Das Einlaufverhalten und die Reibkoeffizienten unterscheiden sich nur geringfügig. In weiterführenden Untersuchungen wird die Korrosionsbeständigkeit der Beschichtungen mit anwendungsnahen Elektrolyten erforscht. Hier wird ein deutlicher Vorteil der amorphen Beschichtungen gegenüber der Referenz erwartet. Für weitere Untersuchungen wird ein Fülldraht entwickelt, um die Beschichtung mit für diesen Anwendungsfall relevanten Plasma Transferred Wire Arc (PTWA) Technologie auf Buchsen zu applizieren. Danksagung Die Autoren bedanken sich für die finanzielle Unterstützung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen des Projektes „Grundlegende Forschung der Einsatzmöglichkeiten von Fe-basierten Beschichtungen zur Wärmedämmung“ (BO1979 / 34-1). Literatur [1] J. J. Lewandowski, W. H. Wang, A. L. Greer, Intrinsic plasticity or brittleness of metallic glasses, Philosophical Magazine letters, Vol. 85, No. 2, 2005, p 77-87 [2] K. Amiya, A. Urata, N. Nishiyama, A. 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Shin, F. Gitzhofer, C. Moreau, Properties of induction plasma sprayed Iron based nanostructured alloy coatings for metal based thermal barrier coatings, Journal of Thermal Spray Technology, Vol. 16, No. 1, 2007, p118-127 [8] D. Shin, F. Gitzhofer, C. Moreau, Thermal property evolution of metal based thermal barrier coatings with heat treatments, Journal of Material Science, Vol. 42, 2007, p 5915-5923 [9] K. Bobzin, M. Öte, T. F. Linke, T. Königstein, Investigation of Amorphous Iron Based Thermal Barrier Coatings, ITSC Tagungsband, 2016, p 210-215 [10] K. Bobzin, Oberflächentechnik für den Maschinenbau, Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, 2013 Aus Wissenschaft und Forschung Anzeige Nutzen Sie auch unseren Internet-Novitäten-Service: www.expertverlag.de mit unserem kompletten Verlagsprogramm, über 800 lieferbare Titel aus Wirtschaft und Technik T+S_3_17 03.04.17 15: 12 Seite 10