eJournals Tribologie und Schmierungstechnik 69/2

Tribologie und Schmierungstechnik
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2022
692 Jungk

Verleihung des Georg-Vogelpohl-Ehrenzeichens an Herrn Prof. Dr.-Ing. Alfons Fischer

2022
Die Laudatio war überschrieben mit „Eine etwas andere Laudatio über einen etwas anderen Professor“ und enthielt eine Vielzahl von Anekdoten, von denen im Folgenden nur einige angerissen werden können. Alfons Fischer wurde am 1. Juli 1953 als Sohn von Grete und Alfons Fischer geboren. Seine Eltern besaßen den Entsorgungs-Fachbetrieb Fischer und Söhne, womit eigentlich die Zukunft des Sohns Alfons bereits vorgezeichnet schien. Er arbeitete tatsächlich sogar noch während des Studiums dort, was dafür gesorgt hat, dass er auch später als Professor die Bodenhaftung nicht verloren hat. Von 1960 bis 1964 besuchte er die Liebfrauenschule in Bochum, danach das altsprachliche Gymnasium, ebenfalls in Bochum, wo er am 14. Mai 1973 die Abiturprüfung ablegte. In die Oberstufe dieser Schule gingen auch die Brüder Dietrich und Herbert Grönemeyer, was offenbar für eine fruchtbare Umgebung, heute würden man „Creative Vibes“ sagen, sorgte. Während von den Grönemeyer-Brüdern der eine laut Bild-Zeitung der weltbeste Arzt wurde und der andere ein erfolgreicher Rock- Musiker, werden wir im Folgenden sehen, dass sich solche Kompetenzen auch in einer Person vereinigen können, und zwar in der Person von Alfons Fischer. Im Jahr 1974 begann er an der Ruhr-Universität Bochum ein Maschinenbau-Studium mit Vertiefung in Richtung Werkstofftechnik, das er am 15. April 1980 abschloss. Titel seiner Diplomarbeit war „Verschleiß und Bruchzähigkeit von WC-Co Hartmetallen“. Von 1977 bis 1980 arbeitete er als studentische Hilfskraft am Institut für Werkstoffe bei Prof. Hornbogen und Prof. Zum Gahr. In dieser Zeit hatte er jedoch auch den LKW-Führerschein gemacht und war längst für den elterlichen Betrieb auf den Müllbergen der Welt unterwegs. Das führte dazu, dass er sich während des gesamten Studiums gefragt hatte, ob er LKW-Fahrer oder Maschinenbau-Ingenieur werden möchte. Schließlich hat er sich aber doch durchgerungen, den universitären Abschluss zu machen. Seine wissenschaftliche Karriere setzte er mit einer Dissertation zum Thema „Hartlegierungen auf Fe-Cr-C-B- Basis für die Auftragschweißung“ fort, die er am 12. Juli 1984 erfolgreich verteidigte. Die Note lautete „sehr gut, mit Tendenz zu noch besser“. Anzumerken ist, dass sich danach, dem Zeitgeist entsprechend, eine deutliche Wandlung in der äußeren Erscheinung von Alfons Fischer vollzog. Ein Foto nach seiner Promotionsprüfung zeigt ihn mit schulterlangem Haar und ohne Krawatte, was zur damaligen Zeit durchaus mutig war. Acht Jahre später hatte er sich seinem Krawattenschicksal ergeben. Auf einem Bild aus dieser Zeit ist er mit deutlich kürzeren Haaren beim Binden einer solchen zu sehen. Letzteres erscheint zwar noch etwas ungelenk, man erkennt jedoch das deutliche Bemühen, dem Anlass gerecht zu werden. Immerhin handelte es sich um seine Habilitations-Prüfung. Von 1980 bis 1992 arbeitete er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Werkstofftechnik bei Prof. Dr.-Ing. Hans Berns. Dass er sich für die Schweißtechnik nicht ausschließlich aus akademischer Perspektive interessierte, zeigte sich unter anderem daran, dass er im Jahr 1981 die Prüfung zum Schweißfachingenieur ablegte. Aus dieser Zeit stammen viele Veröffentlichungen zusammen mit Hans Berns und dem Laudator Werner Theisen. Hervorzuheben ist eine gemeinsame humoristische Arbeit mit Werner Theisen unter dem Titel „THEIFINIT - Ein Superwerkstoff mit keiner Zukunft“ die 1990 auf der International Conference on „Nutnit- Materials” in Bochum vorgestellt wurde und in der Reihe „Werkstoffe, die die Welt nicht braucht” veröffentlicht wurde. Außerdem fertigte er in dieser Zeit seine Habilitationsschrift mit dem Titel „Einfluss der Temperatur auf das tribologische Verhalten metallischer Werkstoffe“ an. Die mündliche Prüfung legte er am 28. Oktober 1992 ab, die Venia Legendi erhielt er am 4. Februar 1993. Interessant ist, dass Herr Fischer in jungen Jahren immer darauf Wert gelegt hatte, die Verschleißmechanismen zu kennen, sie zu benennen und insbesondere dafür zu sorgen, dass nicht noch mehr dazu erfunden wurden, insbesondere bei den Untermechanismen der Abrasion, dem Mikrospanen, Mikropflügen und Mikrobrechen. 12 Jah- Aus Wissenschaft und Forschung 5 Tribologie + Schmierungstechnik · 69. Jahrgang · 2/ 2022 \ tphilologie \ Sport unikationswissenche Sprachwissenent \ Altphilologie Kommunikationsistorische Sprach- Management \ Altstik \ Bauwesen \ schaft \ Tourismus gie \ Kulturwissenichte \ Anglistik \ \ BWL \ Wirtschaft Verleihung des Georg-Vogelpohl-Ehrenzeichens an Herrn Prof. Dr.-Ing. Alfons Fischer Laudatio von Prof. Dr.-Ing. Werner Theisen * , online gehalten auf der Tribologie-Fachtagung am 27.09.2021. Prof. Dr.-Ing. Alfons Fischer * Prof. Dr.-Ing. Werner Theisen, Leiter des Lehrstuhls Werkstofftechnik Ruhr-Universität Bochum, Fakultät für Maschinenbau TuS_2_2022.qxp_TuS_2_2022 01.06.22 12: 44 Seite 5 Alfons Fischer war jedoch nicht nur an der Ruhr-Universität Bochum und an der Universität Duisburg-Essen aktiv, sondern begann auch am University Medical Center im Department of Orthopedics in Chicago im Bereich der Biotribologie zu forschen, was er bis heute zusammen mit seinen Kooperationspartnern Markus Wimmer und Joshua Jacobs mit Leidenschaft tut. Zum Schluss muss auch der Rock-Musiker Alfons Fischer erwähnt werden. Er spielt seit 1969 mit Begeisterung in diversen Bands Akustik- und E-Gitarre. Kurz vor Ausbruch der Corona-Pandemie war er noch live mit seiner Band „Harry up“ zu sehen. Zu Weihnachtsfeiern trat er auch zusammen mit dem Laudator in einer Bochumer Werkstoff-Professorenband namens „Materialica“ auf. Seit 2019 ist Alfons Fischer Pensionär und nach Darstellung des Laudators in eine schicke Seniorenresidenz, nämlich dem Max-Planck-Institut für Eisenforschung in Düsseldorf eingezogen. Dort muss er nicht einmal Miete bezahlen, sondern kann diese durch wissenschaftliche Publikationen abgelten. Der Laudator wünscht Herrn Fischer, dass er in diesem Sinne in den kommenden Jahren noch viel Miete zahlen kann und fasste sein Wirken folgendermaßen zusammen: Herr Fischer hat sich in seinem gesamten wissenschaftlichen Leben der Tribologie mit Hingabe gewidmet. Beginnend mit dem groben mineralischen Verschleiß der Hartlegierungen hat er sich konsequent in Richtung kleinere Verschleißraten entwickelt. Er hat sich eine beachtliche nationale und internationale Sichtbarkeit mit weit über 200 Publikationen erarbeitet, wobei die Arbeiten in der Bio-Tribologie der letzten Jahre einen großen Anklang bei Tribologen und Medizinern gefunden haben. Herr Fischer ist zudem ein exzellenter Werkstofftechniker, der seine tribologischen Erkenntnisse stets für eine erfolgreiche Entwicklung von Werkstoffen und Beschichtungen nutzen konnte. Prof. Dr.-Ing. Alfons Fischer erhielt deshalb am 27. September 2021 das Georg-Vogelpohl-Ehrenzeichen der Gesellschaft für Tribologie e.V., der höchsten nationalen Auszeichnung verdienter Persönlichkeiten auf dem Gebiet der Tribologie. Aus Wissenschaft und Forschung 6 Tribologie + Schmierungstechnik · 69. Jahrgang · 2/ 2022 re hat er diese nicht angetastet. Jedoch im 13. Jahr, als seine Habilitationsschrift fertig war, hatte er sich gedacht, dass diese Mechanismen sowieso immer gleichzeitig auftreten und sich gefragt, warum man sie dann überhaupt trennen soll. Deshalb hat er einfach einen vierten Mechanismus, das „Mikrosplürchen“ erfunden, was, wie man unschwer erkennt, ein Konglomerat aus den drei zuvor genannten ist. 1992 wechselte Alfons Fischer in die Industrie, und zwar zur NUTECH GmbH in Neumünster. Dort war er zunächst stellvertretender Leiter des Analytik- und Prüfzentrums, später dann Leiter der Forschung und Entwicklung der lasergestützten Fertigung und Leiter des Qualitätswesens. In seinen Aufgabenbereich gehörten die Laseroberflächentechnik, mechanisch-technologische Prüfung, Oberflächen- und Dünnschichtprüfung aber auch Beratungen zur Werkstofftechnik sowie gutachterliche Tätigkeit. Am 1. April 1996 endete sein Ausflug in die Industrie mit der Berufung zum Professor für das Fachgebiet Werkstofftechnik im Fachbereich Maschinenwesen der Universität Duisburg-Essen. Dort beschäftigte er sich in seiner Forschung hauptsächlich mit der Tribologie, insbesondere mit der Erfassung der Verschleißmechanismen, um daraus gezielt Gegenmaßnahmen ableiten zu können. Notwendig war dafür eine tiefgehende Analyse verschlissener Oberflächen, die genaue Analyse der Rand- und Umgebungsbedingungen sowie die Charakterisierung der beteiligten Einzelphasen und die Bestimmung der relevanten Eigenschaften. Diese Erkenntnisse führten zur Entwicklung neuer Werkstoffe und Oberflächenschichten. Zu nennen sind auch die Entwicklung und Aufbau neuer Prüfeinrichtungen wie der Mikrowarmhärteprüfung, Warmritzeinrichtung und der Warmverschleißprüfmaschine. Im Lauf seiner Karriere entstanden über 240 wissenschaftliche Publikationen, 12 Buchbeiträge als Herausgeber und Autor, über 230 wissenschaftliche Vorträge sowie mehr als 600 Schadensuntersuchungen und Expertisen für Industrieunternehmen (Maschinenbau und Biomedizin). Als Reviewer war und ist er für die Zeitschriften Wear, Tribology International, Tribology Letters, Biotribology, Journal of Biomedical Materials Research, Biomaterialien und das Journal of the Mechanical Behavior of Biomedical Materials aktiv. Zudem ist er Mitglied der Editorial Boards von Materialwissenschaft und Werkstofftechnik und Biotribology sowie Co- Editor in Chief von Wear. TuS_2_2022.qxp_TuS_2_2022 01.06.22 12: 44 Seite 6