eJournals Vox Romanica 62/1

Vox Romanica
0042-899X
2941-0916
Francke Verlag Tübingen
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2003
621 Kristol De Stefani

Zum simultanen Erwerb des Deutschen und des Französischen bei (un)ausgeglichen bilingualen Kindern

2003
Natascha  Müller
Tanja  Kupisch
Zum simultanen Erwerb des Deutschen und des Französischen bei (un)ausgeglichen bilingualen Kindern* Cet article examine l’acquisition du français chez deux enfants bilingues (français-allemand). L’acquisition bilingue s’est effectuée chez ces enfants dans des familles où chacun des parents parle sa langue maternelle avec l’enfant. Cependant, le français se développe avec un certain retard chez l’une des deux enfants, en comparaison avec son allemand et avec le français de l’autre enfant bilingue. Les recherches sur le développement de deux langues maternelles appellent cette forme de déséquilibre entre les deux langues «bilinguisme non-balancé». D’après certains chercheurs, la langue faible ne suit pas la même trajectoire que chez un enfant monolingue ou chez un enfant bilingue dit équilibré. Les résultats montrent que l’enfant dit déséquilibré passe par les mêmes stades d’acquisition qu’un enfant monolingue ou un enfant bilingue dit équilibré. Ainsi, la trajectoire d’acquisition de la langue faible ne diverge pas de manière qualitative de celle de la langue forte. Toutefois, la langue faible se développe avec un certain retard. Le travail présenté ici retrace l’évolution des phénomènes grammaticaux du syntagme nominal français, c’est-à-dire l’utilisation de l’article, l’acquisition du genre et l’usage des pronoms toniques et atones, pour tester l’hypothèse du développement retardé mais non déviant de la langue faible des enfants bilingues. 1. Sprachentrennung und Spracheneinfluss im bilingualen Erstspracherwerb Untersuchungen zum simultanen Erwerb zweier Erstsprachen haben ergeben, dass bilingual aufwachsende Kinder durchaus imstande sind, die beiden grammatischen Systeme von Beginn an (also bereits in der Einwortphase) voneinander zu trennen (Genesee 1989; Kielhöfer/ Jonekeit 1983; Kielhöfer 1997; Meisel 1989; cf. den Literaturüberblick in Müller 1998 und in Müller/ Cantone/ Kupisch/ Schmitz 2002). Ausgehend von der frühen Sprachentrennung diskutiert die Bilinguismusforschung der letzten Jahre die Möglichkeit des Spracheneinflusses. Zahlreiche Forschungsarbeiten konnten belegen, dass sich die beiden Sprachen im bilingualen Kind beeinflussen (Döpcke 1998; Gawlitzek-Maiwald/ Tracy 1996; Hulk 1997; Kupisch 2003a; Müller 1998; Müller/ Hulk 2001). Die meisten Arbeiten weisen den Spracheneinfluss für bilinguale Kinder nach, bei denen der Erwerb der beiden Sprachen nicht gleichmäßig verläuft. Die weiterentwickelte und somit stärkere Sprache dominiert in diesen Fällen die schwächere. Die Beeinflussung kann sich als positiv und somit als Beschleunigung des Erwerbsprozesses, oder als negativ und somit als Verlangsamung auswirken. Für diese Annahme sind * Die vorliegende Arbeit wurde im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 538 Mehrsprachigkeit, Universität Hamburg, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Für hilfreiche und kritische Kommentare zu früheren Versionen dieses Aufsatzes danken wir Katja Cantone, Birsel Karakoç, Estelle Leray, Monika Rothweiler, Katrin Schmitz und insbesondere Stefanie Gesche und Marianne Schubert. die Arbeiten von Schlyter (1993, 1994, 1995a,b) zu nennen, die darüber hinaus sogar vermutet, dass der Erwerb der schwächeren Sprache dem einer Zweitsprache ähnelt, d. h. dass sie sich wie eine Sprache entwickelt, die erst nach Abschluss des Erwerbs der Erstsprache erworben wird. Obwohl die von Schlyter angenommene Parallele zwischen dem unausgewogenen bilingualen Erst- und dem Zweitspracherwerb nicht von allen Forschern gesehen wird, gilt das zeitweise auftretende Ungleichgewicht beider Sprachen im bilingualen Kind häufig als Erklärung für den nachgewiesenen Spracheneinfluss. Müller et al. 2002 hingegen weisen Spracheneinfluss bei bilingual deutschitalienischen Kindern nach, deren Entwicklung hinsichtlich der beiden Sprachen ausgeglichen ist (man spricht in diesem Fall von einem balancierten Erwerb). Ferner haben die Autorinnen gezeigt, dass der Einfluss während bestimmter Erwerbsphasen in beide Richtungen verläuft, d. h. für ein bestimmtes grammatisches Phänomen X beeinflusst die Sprache A die Sprache B und für ein grammatisches Phänomen Y erfolgt der Einfluss in entgegengesetzter Richtung.Aus diesem Sachverhalt folgern Müller et al., dass die Ursache für den Spracheneinfluss nicht in dem zeitweise auftretenden Ungleichgewicht beider Sprachen zu suchen ist, sondern eher durch das jeweilige grammatische Phänomen selbst bedingt ist. Durch den Nachweis, dass aus dem Ungleichgewicht der beiden Sprachen eines bilingualen Kindes nicht notwendigerweise ein Spracheneinfluss folgt, geriete der Erklärungsansatz, der von dem Einfluss der stärkeren auf die schwächere Sprache ausgeht, weiter in die Kritik 1 . Der vorliegende Beitrag zeigt für einige grammatische Bereiche, die hinsichtlich des monolingualen Erwerbs als gut erforscht gelten, dass sich der Erwerbsverlauf bei einem unbalancierten Kind in genau derselben Weise darstellen kann, wie bei einem balanciert bilingualen Kind bzw. wie bei einem monolingualen Kind. Obwohl keine qualitativen Unterschiede sichtbar sind, lässt sich ein quantitativer Unterschied feststellen: Das unbalancierte Kind entwickelt die betreffenden grammatischen Phänomenbereiche in seiner schwächeren Sprache langsamer als ein monolinguales Kind bzw. als ein balanciert bilinguales Kind. Wir möchten in diesem Beitrag auf grammatische Erwerbsphänomene eingehen, welche der Syntax und Morphologie der Nominalphrase 2 zuzuordnen sind. Die Studie basiert auf dem Vergleich zweier bilingualer Kinder, die Französisch und Deutsch als Erstsprachen erwerben. Der Schwerpunkt liegt auf dem Erwerb des Französischen. Der unausgeglichene simultane Erwerb zweier Sprachen wurde bisher nur in wenigen Studien thematisiert. Dies mag u. a. durch die in den vergangenen Jahr- 146 Natascha Müller/ Tanja Kupisch 1 Es soll nicht ausgeschlossen werden, dass Sprachdominanz dennoch eine Rolle spielt (cf. Kupisch 2003a). Die Studie von Müller et al. 2002 kann vielmehr so interpretiert werden, dass die Sprachdominanz nicht die treibende Kraft für den Spracheneinfluss darstellt. 2 Der Terminus Nominalphrase wird von uns theorieneutral verwendet, da die Debatte um die zugrunde liegende Struktur von nominalen Ausdrücken, d. h. ob sie Determinantenphrasen darstellen, und wenn ja, ob dies ausnahmslos zutrifft, für die vorliegende Arbeit nicht unmittelbar relevant ist. zehnten im Vordergrund stehende Diskussion der möglichen Sprachentrennung begründet sein. Da jedoch der unausgewogene simultane Erstspracherwerb eine Form der Mehrsprachigkeit repräsentiert, die von einer Vielzahl von Individuen erlebt wird, sollte sie stärker als bisher ins Interesse der Bilinguismusforschung rücken. In der vorliegenden Studie zeigen wir am Beispiel eines deutsch-französischen Mädchens, dass auch unausgeglichen bilinguale Kinder durchaus in der Lage sind, zwei Sprachen in einer Art und Weise zu erwerben, die in qualitativer Hinsicht mit dem Erstspracherwerb gleichzusetzen ist. Dieses Resultat steht im Widerspruch zu der weit verbreiteten Forschungsmeinung, dass der Spracheneinfluss ein charakteristisches Merkmal des unbalancierten doppelten Erstspracherwerbs ist. Ferner widerspricht das hier erarbeitete Ergebnis den Studien von Schlyter (1993, 1994, 1995a,b), die einen qualitativ und quantitativ begründeten Zusammenhang zwischen dem unbalancierten bilingualen Erst- und dem Zweitspracherwerb aufzudecken versuchen. Eine Analyse des vorliegenden Sprachmaterials lässt die folgende Generalisierung zu: Obwohl unausgewogen bilinguale Kinder sowohl im Vergleich zu anderen Kindern, als auch im Vergleich zu ihrer dominanten Sprache, spät mit dem produktiven Gebrauch der schwächeren Sprache beginnen, erlangen sie letztendlich in Bezug auf die syntaktische und morphologische Kompetenz das gleiche Niveau. Der Spracherwerb bei unausgeglichen bilingualen Kindern ähnelt dem balanciert bilingualer Kinder in qualitativer Hinsicht, unterscheidet sich jedoch hinsichtlich der Quantität. Ein Zusammenhang zwischen dem unausgewogenen bilingualen Erstspracherwerb und dem Zweitspracherwerb lässt sich unter diesem Gesichtspunkt nicht nachweisen. Im Verlaufe des folgenden Abschnittes wird die sprachliche Entwicklung der beiden Kinder in Bezug auf ihre beiden Zielsprachen miteinander verglichen. Mit Beginn des dritten Abschnittes steht dann das Französische im Mittelpunkt der Untersuchung. Es werden hierin einzelne grammatische Bereiche wie Subjekte, Objekte und Determinanten untersucht. Zudem wird gezeigt, dass beide Kinder - unabhängig ihres Balanciertheitsgrades - eine Phase erreichen, in der zum einen Determinanten nicht mehr ausgelassen werden, sondern in der zielsprachlichen, d. h. erwachsenensprachlichen Distribution auftreten und zum anderen Subjekte und Objekte in einer Form realisiert werden, die von der Erwachsenensprache erwartet wird. Darüber hinaus erreichen beide Kinder eine Phase, in der die Akkuratheit der Genusmarkierung an Determinanten der von monolingualen Kindern entspricht. Im letzten Abschnitt dieses Beitrages betrachten wir abschließend die Bedeutung unserer Ergebnisse in Hinblick auf den unausgeglichenen bilingualen Erstspracherwerb, sowie die Rolle der Sprachdominanz bzw. der Sprachpräferenz für die Erklärung des Spracheneinflusses. 147 Simultaner Erwerb des Deutschen und des Französischen bei bilingualen Kindern 2. Alexander und Céline und ihre sprachliche Entwicklung in den beiden Zielsprachen Die untersuchten Longitudinaldaten wurden im Forschungsprojekt Frühkindliche Zweisprachigkeit: Deutsch-Italienisch und Deutsch-Französisch im Vergleich erhoben, welches unter der Leitung von Natascha Müller im Rahmen des Sonderforschungsbereiches für Mehrsprachigkeit 538 in Hamburg durchgeführt wird. Die Daten der beiden hier untersuchten Kinder repräsentieren einen Teil der französischsprachigen Studie. Im Folgenden werden in Anlehnung an Koch/ Österreicher 1990 die analysierten Korpora der Kinder vorgestellt. Für die Untersuchung wurden zwei Kinder ausgewählt, deren sprachliche Entwicklung im Französischen sehr unterschiedlich verläuft. Der Entwicklungsverlauf wurde für beide Kinder beginnend im Alter von 2 Jahren bis zum Alter von 5 Jahren dokumentiert. Das Datenmaterial umfaßt insgesamt 100 Sprachaufnahmen. Dies entspricht ca. 27 Std. französischer Interaktion mit Céline sowie ca. 23 Std. mit Alexander. Für den Beitrag wurden je nach untersuchtem Aspekt verschiedene Zeitspannen untersucht. Die Videoaufnahmen fanden im allgemeinen in einem regelmäßigen Abstand von zwei Wochen bei den Kindern zu Hause statt. Sie wurden von einem zweiköpfigen Team monolingualer Sprecher des Deutschen und des Französischen bei den Kindern zu Hause durchgeführt. Auf diese Weise beinhalten alle Aufnahmen sowohl einen Teil, in dem das Kind mit der französischsprachigen Person spontan interagiert, als auch einen entsprechenden Teil, in dem sie/ er mit einer deutschsprachigen Person interagiert. Die Kinder Céline und Alexander sind von demselben deutsch-französischen Interaktionsteam aufgenommen worden. Die Erwachsenen unterhalten sich untereinander auf Französisch. Zudem spricht die französische Interaktionspartnerin ausschließlich Französisch mit den Kindern und gibt vor, nur sehr wenig Deutsch zu verstehen. So zeigt sie sich beispielsweise irritiert, wenn sie auf Deutsch angesprochen wird. Lanza 1992 unterscheidet bezüglich des elterlichen Verhaltens bei gemischtsprachlichen Äußerungen von Kindern fünf Strategien, welche sie auf einem Kontinuum von stark monolingual (d. h. das Kind wird dazu gebracht, im Gespräch mit einer Person konsequent bei einer Sprache zu bleiben) bis hin zu stark bilingual (d. h. der Erwachsene akzeptiert «falschen» Sprachgebrauch von Seiten des Kindes) einordnet. Diesem Kontinuum zufolge wäre die Strategie der französischsprachigen Person, welche mit beiden hier untersuchten bilingualen Kindern interagiert, eher als monolingual einzustufen. Da der Begriff der Sprachdominanz - oft verstanden als die Existenz einer weiter entwickelten Sprache im bilingualen Individuum - in einer Vielzahl von Forschungsarbeiten nur sehr anekdotisch definiert wird, gehört eine differenziertere Darstellung des Konzeptes von Sprachdominanz zu den Anliegen unseres Beitrags. In Abschnitt 2.1 werden nun die beiden Kinder Alexander und Céline vorgestellt. Außerdem wird ihre sprachliche Entwicklung in den beiden Zielsprachen miteinander verglichen. Die Vergleichskriterien umfassen MLU (Mean Length of Utterance‚ durchschnittliche Äußerungslänge), längste Äußerung pro Aufnahme 148 Natascha Müller/ Tanja Kupisch (LAA), Anzahl verschiedener Verbtypen, die Äußerungsanzahl pro Aufnahme sowie den relativen Anteil gemischter Äußerungen. Von diesen quantitativen Kriterien lassen einige auf den sprachlichen Entwicklungsstand schließen, d. h. sie lassen qualitative Schlüsse zu. Andere quantitative Kriterien spiegeln nicht notwendigerweise den sprachlichen Entwicklungsgrad wider, sondern zeigen vielmehr eine Sprachpräferenz an, welche aber - wie sich zeigen wird - meistens mit den qualitativen Aspekten einhergeht. Genesee/ Nicoladis/ Paradis 1995 wenden ähnliche Kriterien für die Bestimmung von Sprachdominanz an, wobei Sprachdominanz als das Erzielen eines höheren Entwicklungsstandes in einer Sprache verstanden wird. 2.1 Alexander und Céline Alexander wächst in Hamburg, Deutschland, auf. Sein Vater ist Deutscher und seine Mutter ist Französin. Beide sprechen in ihrer jeweiligen Muttersprache mit dem Jungen. Alexander hat einen älteren Bruder, der ebenfalls zweisprachig aufwächst und mit dem er Französisch spricht. Alexander verbringt die Ferien fast ausschließlich in Frankreich; so ist er häufig sechs Wochen in Paris. Céline wächst ebenfalls in Hamburg auf. Ihre Mutter ist Deutsche, ihr Vater ist Franzose. Auch Célines Eltern folgen der Strategie une personne - une langue; untereinander sprechen die Eltern jedoch Französisch. Céline hat einen älteren Bruder, der wie sie zweisprachig aufwächst und mit dem sie beide Sprachen spricht. Célines Mutter arbeitet halbtags, ihr Vater ganztags.Während die Mutter abwesend ist, wird Céline von einem deutschsprachigen Kindermädchen betreut. Die Familie verbringt ihre Ferien oft in Frankreich. Im Alter von drei Jahren wohnt Céline für einige Wochen allein bei ihren ausschließlich französischsprachigen Großeltern. 2.2 Kriterien zur Überprüfung der sprachlichen Entwicklung In der Studie von Genesee/ Nicoladis/ Paradis 1995 zum bilingualen Erstspracherwerb werden einige der im Nachfolgenden angewendeten Kriterien, insbesondere der häufig genannte und fast allen Arbeiten zu Vergleichszwecken zugrunde liegende MLU, als Dominanzkriterien bezeichnet (Kupisch/ Müller 2002). Hinsichtlich der Tatsache, dass diese u. a. dazu dienen, ein sprachliches Ungleichgewicht zwischen den beiden Sprachen zu einem bestimmten Erwerbsmoment X aufzuzeigen, ist die Wahl dieses Begriffs durchaus berechtigt. Gegen eine Verwendung dieses Begriffes spricht jedoch die Tatsache, dass viele bilinguale Kinder, balanciert oder unbalanciert, zu einem späteren Zeitpunkt ihrer Entwicklung zwei vollständig ausgebildete grammatische Systeme aufweisen. Andererseits ist es durchaus möglich, dass selbst bei Individuen mit zwei vollständig ausgebildeten Systemen eine der beiden Sprachen leichter abrufbar ist. Dies macht sich bei manchen Individuen in Form einer größeren Redebereitschaft oder einer sehr geringen Anzahl 149 Simultaner Erwerb des Deutschen und des Französischen bei bilingualen Kindern von Sprachmischungen in einer der Sprachen bemerkbar, welche nicht als so genannter regelhafter Sprachwechsel, d. h. als code-switching, analysierbar sind. Aus diesen Überlegungen heraus erscheint es uns sinnvoll, eine Unterscheidung zwischen Entwicklungskriterien und Präferenzkriterien zu treffen. Während 150 Natascha Müller/ Tanja Kupisch Abb. 1: MLU (durchschnittliche Äußerungslänge) Abb. 2: LAA (längste Äußerung pro Aufnahme) MLU, LAA und die Anzahl der Verbtypen als Maßstab für die sprachliche Entwicklung angelegt werden, vermuten wir, dass Kriterien wie absolute Äußerungsanzahl und Anteil von Sprachmischungen nicht notwendigerweise einen Entwicklungsgrad widerspiegeln, sondern vielmehr die Präferenz einer Sprache bzw. ihre Abrufbarkeit. Wie der Fall Céline zeigen wird, können beide Gruppen von Kriterien selbstverständlich korrelieren. Die beiden letztgenannten Kriterien können jedoch auch Unterschiede zwischen zwei Sprachen bei balancierten bilingualen Kindern aufzeigen, d. h. bei Kindern, deren grammatische Entwicklung in beiden Sprachen in der gleichen Geschwindigkeit fortschreitet und so in jedem Erwerbsmoment der Entwicklung von monolingualen Kindern entspricht (Loconte 2002). Im folgenden Vergleich beginnen wir mit einer Anwendung der qualitativen Entwicklungskriterien MLU, LAA und Anzahl der Verbtypen und gehen anschließend zu den quantitativen Kriterien über. Alle Kriterien wurden bei Alexander bis zum Alter von drei und bei Céline bis zum Alter von dreieinhalb Jahren angewendet. In Abbildung 1 wird der wortbasierte MLU beider Kinder im Deutschen und im Französischen aufgezeigt 3 . Aus der Darstellung geht hervor, dass der Entwicklungsprozess bei Alexander in beiden Sprachen relativ ausgeglichen ist, obwohl tendenziell höhere Werte im Französischen erlangt werden. Céline hingegen weist sowohl im Vergleich zum Deutschen als auch im Vergleich zu anderen französischsprachigen Kindern, wie z. B. Alexander, wesentlich niedrigere Werte auf. So steigt der MLU in Célines Französisch erst ab dem Alter von 3; 3 4 auf Werte von über 3 an, während vergleichbare Werte bei Alexander und auch bei Céline selbst, in deutschen Äußerungen, bereits im Alter von 2; 5 bis 2; 7 beobachtet werden. Ein ähnliches Bild ergibt sich auch aus dem Vergleich der längsten Äußerungen pro Aufnahme (LAA) in Abb. 2. Bereits zu Beginn der Aufnahmen enthalten die längsten Äußerungen beider Kinder im Deutschen, sowie bei Alexander auch im Französischen, mehr als 5 Worte. Äußerungen mit mehr als 10 Worten sind vor dem Alter von 3 Jahren mehrmals belegt. Keine der beiden Beobachtungen trifft auf das Französisch von Céline zu. Abbildung 3 illustriert bei beiden Kindern das Anwachsen des Verbinventars, welches unserer Meinung nach zumindest bis zu einem gewissen Grade das Anwachsen des Lexikons widerspiegelt. Der Fokussierung auf Verben könnte entgegengesetzt werden, dass die frühe Erwerbsphase stark durch nominale Gruppen geprägt ist und dass das Anwachsen des Lexikons am besten an Nomentypen ge- 151 Simultaner Erwerb des Deutschen und des Französischen bei bilingualen Kindern 3 Der Begriff «Wort» wird hier im Sinne von grammatischem Wort verstanden (Schpak-Dolt 1992: 20s.), also als eine sprachliche Form, welche eine Einheit aus Laut und Bedeutung darstellt und zwischen deren Teile (fast) nichts eingeschoben werden kann. Ein grammatisches Wort hat im Gegensatz zu einem lexikalischen Wort nicht immer einen separaten Eintrag in einem Wörterbuch. Somit fallen unter unsere Wortdefinition auch klitische Pronomina, die nicht in allen Sprachen als freie Morpheme realisiert werden, und grammatische Wörter wie grand, grands, grande und grandes. Nominalkomposita wurden als zwei (oder mehr) Worteinheiten gezählt. 4 Altersangaben werden in der Form Jahr; Monat, (Tag) angegeben. messen werden kann. Es erscheint uns jedoch sinnvoll, gerade einen solchen lexikalischen Bereich zu wählen, der nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Nominalphrase zu sehen ist, die ja im Zentrum dieser Studie steht. Auch kann bereits zu Beginn der Aufnahmen bei beiden Kindern ein Anwachsen des Verbinventars beobachtet werden. Zudem kann der Satzaufbau grammatisch als durch das Verb geleitet angesehen werden, da das Verb die Anzahl der syntaktisch zu realisierenden Argumente und die Art ihrer Realisierung vorgibt 5 . Noch deutlicher als in den vorangegangenen Kontrastierungen zeigt sich, dass der Entwicklungsprozess bei Alexander ausgeglichen ist, obwohl die im Deutschen erzielten Werte stets unter den französischen liegen. Ein entscheidender Unterschied zeigt sich dagegen bei Céline im Vergleich der Verbtypen beider Zielsprachen. Es sei jedoch an dieser Stelle angemerkt, dass relativ hohe Werte im Deutschen durch die Möglichkeit zur Bildung von Partikelverben (hinfliegen, wegfliegen, herumfliegen etc.) erlangt werden (cf. hierzu Loconte 2002). Aufgrund dessen mag der Unterschied zwischen den beiden Zielsprachen bei Alexander relativ gesehen etwas größer, bei Céline dagegen etwas geringer ausfallen. Abb. 4 illustriert die absolute Anzahl der Äußerungen pro Aufnahmeeinheit für beide Kinder und beide Sprachen gesondert. Da die Aufnahmen in der Regel 30 Minuten pro Sprachteil betragen haben und die Kinder von dem gleichen Team 152 Natascha Müller/ Tanja Kupisch 5 Man könnte annehmen, dass die Anzahl der Verbtypen ein quantitatives Kriterium darstellt, also eher der Bestimmung der Sprachpräferenz dienlich ist. Wir vermuten jedoch, dass die Bestimmung der Sprachpräferenz eher an den Verbtoken zu messen wäre. 0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 2; 0 2; 1 2; 2 2; 3 2; 4 2; 5 2; 6 2; 7 2; 8 2; 9 2; 10 2; 11 3; 0 3; 1 3; 2 3; 3 3; 4 3; 5 3; 6 Alter Anzahl der Verbtypen Céline (Fr.) Alexander (Fr.) Céline (Dt.) Alexander (Dt.) Abb. 3: Verbtypen (anwachsend) aufgenommen wurden, ist es möglich, die beiden Sprachen hinsichtlich der Anzahl der Äußerungen gegenüberzustellen. Der Vergleich zeigt sehr niedrige Werte in Célines Französisch in einem Alter von unter 3 Jahren. Ihre Durchschnittswerte liegen in diesem Zeitraum bei weniger als 30 Äußerungen im Französischen, im Gegensatz zu über 280 Äußerungen im Deutschen, während die Mittelwerte von Alexander sich in beiden Sprachen in einem Bereich zwischen diesen Extremen bewegen (200 im Französischen vs. 168 im Deutschen). Die absolute Äußerungsanzahl sehen wir als Sprachpräferenzkriterium an. Dieses Kriterium spricht bei Céline eindeutig für ihre Bevorzugung des Deutschen. Für Alexander zeigt die Abb. 4, dass die Werte für beide Sprachen eng beieinander liegen, obwohl die im Französischen erreichten Werte in der Regel höher sind als die im Deutschen. Dies möchten wir dahingehend interpretieren, dass keine klare Bevorzugung einer der beiden Sprachen vorliegt. In den Abbildungen 5-8 ist der prozentuale Anteil der Sprachmischungen dargestellt. Wir verwenden Sprachmischungen als Überbegriff für sogenannte intraphrasale einerseits und interphrasale Mischungen andererseits. Unter dem erstgenannten Begriff versteht man solche Äußerungen, die Elemente aus beiden Sprachen enthalten. Unter dem Begriff interphrasale Mischung, auch Diskursmischung genannt, werden dahingegen einsprachige Äußerungen, die keine Elemente der Zielsprache enthalten, gefasst. (Zielsprache ist hier im Sinne von Sprache des Interaktionspartners zu verstehen). In den folgenden Darstellungen ist die letztgenannte Kategorie je nach Zielsprache als «Französisch» bzw. «Deutsch» kenntlich gemacht. 153 Simultaner Erwerb des Deutschen und des Französischen bei bilingualen Kindern 0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 500 2; 0 2; 1 2; 2 2; 3 2; 4 2; 5 2; 6 2; 7 2; 8 2; 9 2; 10 2; 11 3; 0 3; 1 3; 2 3; 3 3; 4 3; 5 3; 6 Alter Anzahl der Äußerungen Céline (Fr.) Alexander (Fr.) Céline (Dt.) Alexander (Dt.) Abb. 4: Äußerungsanzahl pro Aufnahme Abb. 6: Sprachmischungen im Französischen (Alexander) Ein Vergleich der Abbildungen 5 und 6 zeigt, dass bei Alexander der prozentuale Anteil von nicht-zielsprachlichen Elementen in den deutschen Aufnahmeteilen höher ist als in den französischen, wobei dies mit zunehmendem Alter jedoch abnimmt. Bis zum Alter von 2; 8 liegt der Durchschnitt bei über 21 %, doch 154 Natascha Müller/ Tanja Kupisch Abb. 5: Sprachmischungen im Deutschen (Alexander) nach dem Alter von 2; 8 nur noch bei durchschnittlich 4 %. Im französischen Aufnahmeteil überschreitet der prozentuale Anteil der Sprachmischungen mit Ausnahme der ersten Aufnahme nie die 8 %. Der Durchschnitt liegt in diesem Fall bei 4 %. Die meisten Mischungen kommen hierbei durch die wiederholte Verwendung weniger Lexeme wie kaputt und Salzstangen zustande. Dies sind offensichtliche Fälle von so genanntem lexical borrowing (Meisel 1994). Ein weitaus deutlicherer Unterschied zeigt sich bei einem Vergleich der Anteile nicht-zielsprachlicher Elemente in den Aufnahmen bei Céline. Im deutschen Aufnahmeteil überschreiten diese nie einen Prozentsatz von 3, doch wenn Céline mit der Französin interagiert, sind bis zum Alter von 2; 6 durchschnittlich mehr als 90 % ihrer Äußerungen deutsch oder gemischt. Es folgt eine Phase, in der französische Elemente häufiger werden, aber der Anteil deutscher Äußerungen und Sprachmischungen sinkt erst ab dem 3. Lebensjahr auf Werte von unter 10 %. Es zeigt sich also auch hier - wie schon bei der absoluten Äußerungsanzahl - dass das Deutsche von Céline eindeutig bevorzugt wird. 155 Simultaner Erwerb des Deutschen und des Französischen bei bilingualen Kindern 0% 20% 40% 60% 80% 100% 2; 0,24 2; 1,14 2; 4,5 2; 5,8 2; 6,7 2; 7,19 2; 8,16 2; 9,20 2; 10,18 2; 11,15 3; 0,13 3; 1,10 3; 3,26 3; 4,23 3; 5,29 Alter Gesamtanzahl der Äußerungen im deutschen Aufnahmeteil Französisch intraphrasale Mischung Deutsch Abb. 7: Sprachmischungen im Deutschen (Céline) (Cordes 2002) Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Célines sprachliche Entwicklung bis zum Alter von 3 Jahren sehr unausgeglichen ist. Die Unausgeglichenheit konnte durch die angewandten Kriterien sowohl in qualitativer, als auch quantitativer Hinsicht belegt werden. Ferner wurde deutlich, dass Céline ab dem Alter von 3 Jahren große Fortschritte im Französischen macht. Interessanterweise werden die Veränderungen sowohl im Bereich der quantitativen Kriterien (Mischungen unter 10 %, Äußerungsanzahl wie im Deutschen), als auch im qualitativen Bereich (hier insbesondere beim MLU und beim LAA) sichtbar. Célines Bereitschaft Französisch zu reden, nimmt also im Alter von 3 Jahren zu; mit Hinblick auf die Sprachentwicklungskriterien zeigt sich eine deutliche Veränderung ab dem Alter von 3; 3 6 . 3. Sprachliche Entwicklung am Beispiel grammatischer Teilbereiche 3.1 Der Subjekt- und Objektbereich Der Bereich der Realisierung der Subjektbzw. der Objektposition im Französischen gilt für den monolingualen Erstspracherwerb als sehr gut erforscht. Eine Reihe von wissenschaftlichen Arbeiten zeigt im Erwerb des Französischen eine Subjekt-Objekt-Asymmetrie in der Realisierung der Verbargumente durch Klitika (Clark 1986; Friedemann 1992; Hamann/ Rizzi/ Frauenfelder 1994; Jakubowicz/ Müller/ Kang/ Riemer/ Rigaut 1996). Diese Asymmetrie konnte auch bei balanciert bilingualen Kindern nachgewiesen werden (Hulk 1997; Kaiser 1994; Müller/ Crysmann/ Kaiser 1996). So werden Subjektklitika lange vor Objektkliti- 156 Natascha Müller/ Tanja Kupisch 6 Es stellt sich an dieser Stelle die Frage, inwieweit es notwendig ist, den Begriff der (Un)balanciertheit quantitativ genau zu bestimmen. Im Forschungsprojekt werden z. Z. statistische Verfahren angewandt, die signifikante Korrelationen zwischen den genannten Sprachpräferenz- und Sprachdominanzkriterien aufdecken können, so dass es in Zukunft möglich sein wird, den Abstand zwischen den beiden Sprachen im bilingualen Kind quantitativ genau zu erfassen und in der Folge den Begriff der (Un)balanciertheit exakt zu definieren. 0% 20% 40% 60% 80% 100% 2; 0,9 2; 1,6 2; 3,15 2; 4,13 2; 5,24 2; 6,21 2; 8,2 2; 8,29 2; 10,5 2; 11,3 2; 11,29 3; 0,27 3; 3,12 3; 4,9 3; 5,15 3; 6,12 Alter Gesamtanzahl der Äußerungen im französischen Aufnahmeteil Deutsch intraphrasale Mischung Französisch Abb. 8: Sprachmischungen im Französischen (Céline) (Cordes 2002) ka realisiert. Eine derartige Asymmetrie gilt nicht für die starken Pronomina, die im Französischen in beiden grammatischen Funktionen auftreten können (z. B. ça). Ferner wurde festgestellt, dass die einzelnen Formen von se 7 , selbst für die inhärent pronominale Funktion (z. B. in s’évanouir), nach den Formen der Subjektklitika erworben werden (cf. Jakubowicz/ Nash/ Rigaut/ Gérard 1998 für monolingual französische und Crysmann/ Müller 2000 für bilingual deutsch-französische Kinder). Die Bewertung der Kindersprache mit Hinblick auf die Erwachsenennorm muss sich selbstverständlich am code oral orientieren (cf. Kielhöfer 1997: 11s.). Den relativen Anteil von Klitika und starken Pronomina in Subjekt- und Objektposition bei erwachsenen französischsprachigen Personen zeigt Abbildung 9 8 . Die Daten stammen von monolingualen Muttersprachlern, die während der Aufnahme mit den Kindern interagierten. Da man davon ausgehen muss, dass sich Erwachsene insbesondere bei sehr kleinen Kindern dem kindlichen Entwicklungsstand anpassen, wurden für die Analyse solche Aufnahmen ausgewählt, bei denen das beobachtete Kind mindestens 4 Jahre alt war. Der Gebrauch von Pronomina ist sehr von der Kommunikationssituation abhängig (z. B. Ansehen eines Bilderbuches vs. freie Interaktion). Deshalb können die kindlichen Sprachdaten nicht direkt mit den erwachsenensprachlichen Daten abgeglichen werden. Vielmehr sollen die Erwachsenendaten einen Eindruck über die relative Häufigkeit der Verwendung von Klitika und starken Pronomina in den beiden grammatischen Funktionen - Subjekt und Objekt - geben. 157 Simultaner Erwerb des Deutschen und des Französischen bei bilingualen Kindern 7 se wird hier stellvertretend für alle morphologischen Manifestationen se, me, te, nous, vous und die unterschiedlichen Funktionen von se, z. B. reflexiv, reziprok, passivisch, inhärent pronominal verwendet. 8 Die Äußerungsbasis entspricht einer Anzahl von 2168 Token für den Subjektbereich und 1072 Token für den Objektbereich. Abb. 9: Realisierungsmöglichkeiten von Subjekten und Objekten (Schmitz/ Müller 2002; cf. auch Gabriel/ Müller 2003) Die nachfolgenden Darstellungen zeigen den prozentualen Anteil klitischer und starker Pronomina in obligatorischen Kontexten bei Alexander und Céline. Dass Subjekt- und Objektposition auch als lexikalisches Nomen realisiert werden oder leer bleiben, wurde hier nicht weiter berücksichtigt (cf. hierzu Müller 2002) 9 . Da die reflexiven Klitika bei Céline mit einer sehr geringen Frequenz auftreten, werden in diesem Fall absolute Werte angegeben, wobei die Untersuchung den gesamten Zeitraum der Longitudinalstudien umfasst. Die Entwicklungsverläufe bei Alexander bestätigen die oben genannten Ergebnisse vorangegangener Studien: Der Vergleich von Abb. 10 und 11 zeigt, dass der Erwerbsbeginn für Subjektklitika (2; 2,6) vor dem für Objektklitika (2; 2,27) liegt (der MLU von 2,33 illustriert darüber hinaus, dass seine Entwicklung in der ersten Sprachaufnahme schon relativ weit fortgeschritten ist). Unter Einbeziehung der Abb. 12 läßt sich feststellen, dass die reflexiven Formen (im gesamten Untersuchungszeitraum 156 Vorkommen) später (2; 4,6) als die nicht-reflexiven Objektklitika und zudem zeitlich nach den Subjektklitika produziert werden. Interessant ist nun, dass sowohl im Subjektals auch im Objektbereich bereits während der ersten Aufnahme starke Pronomina auftreten. Folglich hängt der ver- 158 Natascha Müller/ Tanja Kupisch 9 Auf die Subjekt- und Objektauslassungen kann hier aus Platzgründen nicht eingegangen werden, da sich für die Objektauslassungen bei Céline ein Einfluss des Deutschen auf das Französische zeigt, der dazu führt, dass Objektauslassungen häufiger und über einen längeren Zeitraum produziert werden als bei monolingual französischsprachigen Kindern. Diese Art des Spracheneinflusses zeigt sich jedoch auch bei balanciert bilingualen Kindern, weshalb darüber an dieser Stelle nicht weiter diskutiert werden soll (cf. hierzu Müller 2003b; zu monolingualen Kindern cf. Jakubowicz/ Müller/ Riemer/ Rigaut 1997). 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 2; 2,6 2; 2,20 2; 2,27 2; 3,24 2; 4,6 2; 4,20 2; 5,25 2; 6,8 2; 6,25 2; 7,6 2; 7,27 2; 8,12 2; 8,28 2; 9,18 2; 10,2 2; 10,23 2; 11,6 Alter Anteil klitischer und starker Pronomina in Subjektposition (%) stark klitisch Abb. 10: Klitische vs. starke Subjektpronomina (Alexander) zögerte Erwerbsbeginn von Objektklitika und se offensichtlich damit zusammen, dass klitische Pronomina betroffen sind. Ein nahezu identisches Entwicklungsmuster finden wir bei Céline.Allerdings ist ihre Entwicklung im Bereich der Klitika im Vergleich zu Alexander verzögert. Auch der Erwerbsbeginn von Subjektklitika (2; 1) liegt bei dem Mädchen zeitlich 159 Simultaner Erwerb des Deutschen und des Französischen bei bilingualen Kindern Abb. 11: Klitische vs. starke Objektpronomina (Alexander) Abb. 12: Reflexiva (Alexander) vor dem für Objektklitika (3; 3) (cf. Abb. 13 und 14). Die reflexiven Formen (im gesamten Untersuchungszeitraum nur 23 Vorkommen) werden zwar zur gleichen Zeit wie die Objektklitika (3; 3) (cf. Abb. 14 und 15), jedoch, wie auch von Alexander, zeitlich nach den Subjektklitika erworben. Eine weitere Parallelität zwischen Céline und Alexander besteht darin, dass auch die Subjekt-Objekt-Asymmetrie nur im Bereich der Klitika nachzuweisen ist. Starke Pronomina werden für beide grammatische Funktionen gleichzeitig erworben. 160 Natascha Müller/ Tanja Kupisch Abb. 14: Klitische vs. starke Objektpronomina (Céline) Abb. 13: Klitische vs. starke Subjektpronomina (Céline) Da Alexander bereits in der ersten Aufnahme des Untersuchungszeitraumes eine große Anzahl an Subjektklitika gebraucht, ist davon auszugehen, dass der eigentliche Erwerbsbeginn hinsichtlich dieses grammatischen Bereiches verpasst wurde. Céline verwendet Subjektklitika erst in der zweiten Aufnahme und generell während des Zeitraumes zwischen 2; 0 und 3; 1 eher selten (insgesamt nur 17 Vorkommen). Hingegen tritt im gleichen Zeitraum in 183 Kontexten für Subjekte in 63,4 % der Fälle die Formel c’est N/ NP auf, die in die hier vorgestellten Zählungen nicht eingegangen ist. Die wenigen Subjektrealisierungen bei Céline sind folglich mit der Verwendung der genannten Formel zu erklären. Festzustellen ist, dass Céline Subjektklitika - wenn auch selten - kontinuierlich gebraucht und dies auch mit einer gewissen Formenvielfalt, d. h. zunächst finden sich tu und il, später auch je. Im selben Untersuchungszeitraum werden keine Objektklitika verwendet, obwohl es bezüglich des Objektbereiches eine Reihe von Kontexten für die Realisierung von pronominalen Objekten gegeben hätte (59 Kontexte für Objekte im Untersuchungszeitraum zwischen 2; 0 bis 3; 1). Abbildung 14 zeigt, dass Céline gegen 3; 10,18 auffällig wenig Objektklitika verwendet, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt das Paradigma der Objektklitika im Französischen vollständig erworben hat. Deshalb ist davon auszugehen, dass die Ursache des Abfalles mit der Aufnahmesituation in Zusammenhang steht. Diese Erklärung gewinnt durch den Vergleich mit Alexander ferner an Plausibilität, da auch bei ihm in höheren Altersstufen Aufnahmen mit nur sehr wenigen Objektklitikarealisierungen belegt sind 10 . 161 Simultaner Erwerb des Deutschen und des Französischen bei bilingualen Kindern 10 Zu Spielsituationen, welche einen geringen Gebrauch von Objektklitika begünstigen, zählen z. B. das Anschauen von Büchern. In diesem Kontext ist die Einführung neuer Referen- 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 bis 3; 0,17 3; 3,12 3; 4,9 3; 5,15 3; 6,12 3; 7,17 3; 8,14 3; 9,18 3; 10,18 3; 11,15 4; 0,19 4; 1,17 4; 4,9 4; 5,14 4; 7,16 Alter absolute Anzahl von Reflexiva ME/ TE etc. SE Abb. 15: Reflexiva (Céline) 3.2 Der Bereich der Determinanten 3.2.1 Determinantenverwendung Bisherige Studien zum Determinantenerwerb haben belegt, dass dieser Phänomenbereich im Französischen, sowohl im Vergleich zu anderen Sprachen als auch im Vergleich zu anderen grammatischen Bereichen, problemlos und früh erworben wird. Zu diesem Ergebnis gelangen Studien zu verschiedenen Formen des Erstspracherwerbs wie monolingualer und bilingualer, normaler und gestörter Erwerb. Die Erklärungen für die Robustheit dieses Bereichs divergieren hingegen stark (z. B. Chierchia/ Guasti/ Gualmini 1999; Jacubowicz et al. 1998; Jacubowicz/ Nash 2002; Paradis/ Crago 2002; Hamann/ Belletti 2002; Kupisch 2003b). Die Studien erbringen Evidenz dafür, dass Determinanten von monolingual und bilingual französischen Kinder oft bereits im Alter von 2; 6 in mehr als 90 % aller obligatorischen Kontexte verwendet werden. Für diesen grammatischen Bereich soll ebenfalls zunächst ein Eindruck über seine Verwendung in der Erwachsenensprache gewonnen werden. Abbildung 16 illustriert die Typen der nominalen Determination im Französischen und ihr Vorkommen. Es wird zwischen zwei Klassen von determinierten Nomina unterschieden: Art + N beinhaltet die Nomina, die durch einen Artikel determiniert sind; Det + N hingegen umfasst die restlichen Nomina mit einem determinierenden Begleiter, in der Form von Demonstrativpronomen, Possessivpronomen, Indefinitpronomen, Interrogativpronomen, sowie einfachen und komplexen Quantifikatoren. Den determinierten Nomina steht die Klasse der undeterminierten Nomina (im Folgenden mit der Abkürzung BNs «bare nouns» bezeichnet) gegenüber. Auch hier sei angemerkt, dass die Erwachsenendaten nicht direkt mit den Daten der Kinder vergleichbar sind, da die BNs unterschiedlich bewertet werden. Die von Erwachsenen verwendeten BNs sind zielsprachlich. Bei den Kindern gingen zielsprachliche BNs nicht in die Zählung ein, da ihre relative Häufigkeit mit der Spielsituation variiert und da primär der Rückgang der nicht zielsprachlichen Auslassungen dokumentiert werden sollte. Trotzdem erscheint uns eine solche Darstellung sinnvoll, da sie zeigt, wie gering der Anteil undeterminierter Nomina - mit durchschnittlich 4,3 % - im erwachsenensprachlichen Französisch ist. Die Verwendung der Determinante (Art + N/ Det + N) sowie der prozentuale Anteil ihrer Auslassung (BNs) bei Alexander und Céline sind in den Abbildungen 17 und 18 dargestellt. Der Determinantenerwerb wird typischerweise in drei Phasen eingeteilt: Die BN-Phase, in der alle Nomina undeterminiert auftreten, die Variationsphase, in der Determinanten inkonsistent verwendet werden und die 162 Natascha Müller/ Tanja Kupisch ten durch Nominalphrasen häufig. Abb. 9 legt die Vermutung nahe, dass der Gebrauch von Objektklitika im Französischen nicht obligatorisch ist. Die Verwendung von Objektklitika scheint - im Gegensatz zu der von Subjektklitika - keinen syntaktischen, sondern vielmehr pragmatischen Beschränkungen unterworfen zu sein, welche die Pronominalisierung regeln (cf. hierzu Schmitz/ Müller 2002). zielsprachliche Phase, in der Determinanten in obligatorischen Kontexten stets verwendet werden (cf. Chierchia et al. 1999). Abbildung 17 zufolge hat Alexander die erste Phase zum Zeitpunkt der ersten Aufnahme schon durchlaufen. Bereits ab dem Alter von 2; 4,20 liegen die Auslassungen bei Alexander durchschnittlich bei 4,8 %, was einer zielsprachlichen Verwendung entspricht. Der Begriff «ziel- 163 Simultaner Erwerb des Deutschen und des Französischen bei bilingualen Kindern 11 Die Auszählung beruht auf einer Basis von 13 Aufnahmen à 30 Minuten (Anzahl der Nomina: 2996). Abb. 16: Nominale Determination im Französischen 11 Abb. 17: Verwendung und Auslassung der Determinante bei Alexander Abb. 18: Verwendung und Auslassung der Determinante bei Céline 12 164 Natascha Müller/ Tanja Kupisch 12 Die prozentualen Werte wurden nur für Aufnahmen berechnet, in denen mindestens fünf französische Nomina produziert wurden. 13 Werte über 10 % nach dem Alter von 3 Jahren fallen meistens mit einer niedrigen Basis (d. h. Gesamtanzahl von französischen Nomina) zusammen und können in zwei Aufnahmen auf einige Auslassungen von Determinanten vor Plural- und Massennomen zurückgeführt werden, z. B. non c’est pas neige «nein das ist nicht/ kein Schnee», eine im Deutschen grammatisch korrekte Satzkonstruktion. sprachlich» bezieht sich auf die Determinantenverwendung im Gegensatz zur Auslassung und nicht auf die zielsprachliche Kodierung der Merkmale Genus, Numerus und Spezifizität. Bis zum Alter von 2; 2,7 sind die Nomina ausschließlich durch Artikel determiniert. Erst im Alter von 2; 3,24 treten weitere Determinanten wie z. B. deux, cette, beaucoup de auf. Céline nähert sich dem zielsprachlichen System etwa 8 Monate später als Alexander. Es gibt zwar bereits vor dem Alter von 3 Jahren einige Aufnahmen, in denen ausschließlich determinierte Nomen auftreten, doch ist die Anzahl verwendeter Nomina in diesen Aufnahmen sehr gering. In einigen Aufnahmen wird kein einziges französisches Nomen produziert (cf. die absolute Anzahl französischer Äußerungen in den Abbildungen 4 und 8). Tendenziell liegen bei Céline die Determinantenauslassungen ab dem Alter von 3 Jahren unter 10 % 13 . Bis zum Alter von 3; 3,26 werden pränominale Determinanten ausschließlich durch Artikel repräsentiert. Die Verwendung anderer Determinanten als Artikel (z. B. deux, ma, sa, quel, chaque) zeigt sich erst nach dem Alter von 3; 4,9 und somit etwa ein Jahr später als bei Alexander. Zusammenfassend belegt die Studie zur Determinantenverwendung, dass die untersuchten Kinder die gleichen Erwerbsphasen durchlaufen, wobei Céline länger in den beiden o. g. ersten Phasen verweilt als Alexander. Die Distribution von determinierten und undeterminierten Nomina entspricht bei Céline erst nach dem Alter von 3 Jahren mit durchschnittlich 4,7 % der von Muttersprachlern des Französischen (cf. Abb. 16). 3.2.2 Genusmarkierung an Determinanten Studien zum Genuserwerb haben ergeben, dass das korrekte Genus an Determinanten von monolingual französischsprachigen Kindern mit einer überraschend hohen Akkuratheit markiert wird. Es stellt sich in vielen Studien heraus, dass Kinder bereits in frühen Phasen insbesondere die phonologischen Regelmäßigkeiten der Zielsprache erkennen und sich diese zunutze machen (cf. Karmiloff-Smith 1979 und andere). Charakteristisch für diesen Sachverhalt sind Genusfehler wie le maman «ART.MASK Mutter» oder le main «ART.MASK Hand». Hierbei handelt es sich um feminine Nomina, deren Auslaute [ ] und [ª] typischerweise mit dem maskulinen Genus assoziiert werden (cf. Müller 1990, 1994, 1999; Kupisch/ Müller/ Cantone 2002).Während sich die Anzahl der Genusfehler in den Daten von monolingual französischsprachigen Kindern unter drei Jahren auf maximal 5 beläuft, d. h. Genusfehler so gut wie inexistent sind (cf. Kupisch et al. 2002; van den Berg 2001), sind bei bilingualen Kindern eine höhere Fehlerzahl sowie stärkere interindividuelle Schwankungen zu beobachten. Eine relativ hohe Anzahl von Genusfehlern wurde von Van den Berg 2001 bei den bilingual holländisch-französischen Kindern Annick und Anouk beobachtet. Dagegen weisen zwei von Granfeldt 2000 untersuchte schwedisch-französisch bilinguale Kinder in den Untersuchungszeiträumen zwischen 2; 3 und 3; 3 (Anne) sowie zwischen 1; 10 und 2; 11 (Jean) eine Akkuratheit bezüglich der Genuszuweisung von über 95 % (tokenbasiert) und 98 % (typenbasiert) auf. Dies sind Werte, die denen von monolingualen Kindern annähernd entsprechen. Möglicherweise besteht ein Zusammenhang zwischen der tendenziell höheren Fehleranzahl bei bilingualen Kindern und der zweiten, simultan erworbenen Sprache, deren Genuszuweisung weniger transparent ist als die des Französischen. Abbildung 19 stellt die korrekte Genusmarkierung bei den Kindern Alexander und Céline dar. Bei der Auszählung wurden ausschließlich pränominale Determinanten berücksichtigt, die hörbar zwischen maskulinem und femininem Genus unterscheiden. Hierzu zählen die Singularartikel le und la, die vergleichsweise selten auftretenden Teilungsartikel du und de la, die Possessivpronomina mon und ma sowie die Demonstrativpronomina ce und cette. Nicht gezählt wurden Artikel vor Nomina, die vokalisch anlauten und somit der Elision unterliegen, z. B. l’homme, vom Kind verschliffene Formen, in denen der Vokal nicht produziert wurde, wie z. B. l’maman sowie undeutliche Äußerungen. Die Akkuratheit wurde auf der Basis von Token und Typen berechnet. 14 165 Simultaner Erwerb des Deutschen und des Französischen bei bilingualen Kindern 14 Typen, die innerhalb einer Aufnahme diskontinuierlich markiert wurden, gehen jeweils einmal als zielsprachlich und einmal als nicht zielsprachlich in die Zählung ein. Aufgrund der niedrigen Anzahl von Nomina in den Daten von Céline wurden zum Teil mehrere Aufnahmen zu einer Phase zusammengefasst. Anhand der Abbildung 19 ist festzustellen, dass sowohl auf tokenals auch auf typenbasierter Zählung die Werte bei Alexander bereits von Beginn der Aufnahmen an 95 % betragen. Ähnliche Prozentwerte sind bei Céline im Alter zwischen 2; 5 und 2; 6 sowie bei 2; 9 zu beobachten, diese Werte beruhen allerdings auf sehr geringen Äußerungszahlen (z. B. 1 oder 2 Token). Mit Alexander quantitativ und qualitativ vergleichbare Werte sowie eine Kontinuität hinsichtlich der korrekten Genusmarkierung werden bei Céline erst ab dem Alter von 3; 8 erzielt. In dem Bereich der Genusmarkierung läßt sich demnach eine Verlangsamung des Erwerbsprozesses bei Céline nachweisen. Sie gelangt, wie Alexander, nur später, zu einer annähernd zielsprachlichen Genusmarkierung. 4. Schlussbemerkungen Der Vergleich der Kinder Alexander und Céline, die hinsichtlich der Balanciertheit in der Entwicklung ihrer beiden Zielsprachen differieren, legt nahe, dass der Entwicklungsprozess bei unausgeglichen bilingualen Kindern in qualitativer Hinsicht nicht notwendigerweise anders als der Entwicklungsprozess bei ausgeglichen bilingualen Kindern verläuft. Betrachtet man die syntaktische Entwicklung einzelner Phänomenbereiche, wie in diesem Beitrag Teilbereiche der Nominalphrase, so läßt sich nachweisen, dass bei unbalancierten Kindern die gleichen Entwicklungsmuster auftreten wie bei balancierten Kindern. Sie durchlaufen die gleichen Entwicklungsstadien und erreichen genau wie diese eine Phase, in der sie die 166 Natascha Müller/ Tanja Kupisch 50 55 60 65 70 75 80 85 90 95 100 2; 2 - 2; 4 2; 5 2; 6 2; 7 2; 8 2; 9 2; 10 2; 11 3; 0 - 3; 1 3; 2 - 3; 3 3; 4 - 3; 5 3; 6 - 3; 7 3; 8 - 3; 9 3; 10 - 4; 0 Alter Anteil der Determinanten mit korrekter Genusmarkierung (%) Alex Types Alex Token Céline Types Céline Token Abb. 19: Korrekte Genusmarkierung an Determinanten grammatischen Konstruktionen der Zielsprache angemessen verwenden. Die Annahme, dass der unbalancierte Erstspracherwerb qualitativ mit dem Zweitspracherwerb vergleichbar ist, wird durch die vorliegenden Ergebnisse widerlegt. Dies gilt nicht allein wegen der parallelen Entwicklungsabläufe im balancierten und unbalancierten Erstspracherwerb, sondern auch deshalb, weil die in diesem Beitrag besprochenen grammatischen Bereiche der Nominalphrase im Zweitspracherwerb als besonders anfällig gelten (cf. hierzu z. B. Müller 2003a). Der Vergleich der beiden Kinder verdeutlicht ferner, dass sich der unbalancierte Erwerb zweier Sprachen quantitativ vom balancierten Erwerb unterscheidet. Auf der Basis von Sprachentwicklungs- und Sprachpräferenzkriterien konnte aufgezeigt werden, dass sich das Französische in einem der bilingualen Kinder langsamer entwickelt und sich eine klare Sprachpräferenz (für das Deutsche) zeigt. Für das unbalancierte Kind Céline konnte Cordes 2002 belegen, dass häufig der Erwerb syntaktischer und morphologischer Eigenschaften im Deutschen bereits abgeschlossen ist, wenn er im Französischen einsetzt. Im Hinblick auf die Verzögerung liegt somit eine Parallele zum (sukzessiven) Zweitspracherwerb vor. Es muss jedoch betont werden, dass der Input Célines von Geburt an aus beiden Sprachen bestanden hat. In diesem Fall ist also die Frage berechtigt, inwieweit der durch die Familiensituation bedingte geringere französische Input der Grund für die langsamere Sprachentwicklung im Französischen sein könnte. Die Beantwortung dieser Frage stand jedoch im Vorhergehenden nicht im Zentrum des Erkenntnisinteresses. Der Beitrag hatte vielmehr den Nachweis zum Ziel, dass trotz einer feststellbaren Unbalanciertheit im bilingualen Erwerb dieselben Erwerbsmuster nachweisbar sind wie beim monolingualen und balancierten bilingualen Erstspracherwerb. Der vorliegende Beitrag, im Zusammenhang mit aktuellen Arbeiten zum Spracheneinfluß im bilingualen Erstspracherwerb, ist ein Schritt dahingehend, dass in Zukunft dieAussagekraft der Sprachdominanz bzw. der Sprachpräferenz für qualitative Entwicklungsabläufe beim bilingualen Kind stärker hinterfragt wird. Hamburg Natascha Müller/ Tanja Kupisch Bibliographie Chierchia, G./ Guasti, M. 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