eBooks

Textvarianz und Textstabilität

2014
978-3-7720-5558-4
A. Francke Verlag 
Katharina Seidel

Das Buch bietet eine überlieferungsgeschichtlich orientierte Analyse des gesamten handschriftlichen Textkorpus der isländischen Prosaerzählungen ivens saga, Erex saga und Parcevals saga, die nordische Adaptionen altfranzösischer höfischer Versromane darstellen. Sie werden innerhalb der Altnordistik zur Gattung der sogenannten übersetzten norwegischen Riddarasögur gezählt. Die drei Sagas, die heute in isländischen Handschriften aus dem 14. bis 19. Jahrhundert überliefert sind, zeigen einen stetigen Prozess der Textrezeption und Textaktualisierung vom Mittelalter bis in die Moderne. Jede Handschrift bietet einen einzigartigen Sagatext, der literaturwissenschaftlich untersucht werden kann. Welchem Wandel und welcher Kontinuität unterliegen diese Sagatexte in der jahrhundertelangen handschriftlichen Transmission? Worauf ist die jeweilige Textvarianz oder Textstabilität zurückzuführen? Diesen Leitfragen wird in der Untersuchung anhand eines Vergleichs von Textausschnitten aller Handschriften nachgegangen. Dr. phil. Katharina Seidel ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im DFG-Projekt "Neuedition der Skaldendichtung" an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.

A. FRANCKE VERLAG TÜBINGEN BEITRÄGE ZUR NORDISCHEN PHILOLOGIE 56 Katharina Seidel Textvarianz und Textstabilität Studien zur Transmission der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga Textvarianz und Textstabilität Beiträge zur Nordischen Philologie Herausgegeben von der Schweizerischen Gesellschaft für Skandinavische Studien Redaktion: Jürg Glauser, Silvia Müller, Klaus Müller-Wille, Hans-Peter Naumann, Barbara Sabel, Thomas Seiler Beirat: Michael Barnes, François-Xavier Dillmann, Stefanie Gropper, Annegret Heitmann, Andreas G. Lombnæs Band 56 · 2014 A. FRANCKE VERLAG TÜBINGEN A. FRANCKE VERLAG TÜBINGEN Katharina Seidel Textvarianz und Textstabilität Studien zur Transmission der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. Gedruckt mit Unterstützung der Freiwilligen Akademischen Gesellschaft Basel und des Dissertationsfonds der Universität Basel. © 2014 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Werkdruckpapier. Internet: www.francke.de E-Mail: info@francke.de Printed in Germany ISSN 1661-2086 ISBN 978-3-7720-8558-1 Titelbild: Beginn der Ívens saga auf Seite fol. 46v der Handschrift AM 489 4to. Mit freundlicher Genehmigung der Stofnun Árna Magnússonar í íslenskum fræðum, Reykjavik. Das vorliegende Werk ist die überarbeitete und aktualisierte Fassung einer Dissertation, die von der Philosophischen Fakultät der Universität Basel im Herbstsemester 2009 auf Antrag von Prof. Dr. Jürg Glauser, Prof. Dr. Stefanie Gropper und Prof. Dr. Else Mundal angenommen wurde. Inhaltsverzeichnis Vorwort .............................................................................................. 7 Einleitung............................................................................................. 9 1 Literaturgeschichtliche Verortung .............................................. 27 1.1 Überblick Forschungsgeschichte .......................................................... 27 1.1.1 Forschungsgeschichtlicher Rückblick........................................ 27 1.1.2 Texteditionen............................................................................ 31 1.2 Stoffherkunft und Übersetzungsvorlage .............................................. 32 1.2.1 Der Artusstoff in Europa ........................................................... 35 1.2.2 Höfische Literatur ..................................................................... 36 1.3 Der Artusstoff im Norden ..................................................................... 37 1.3.1 Adaption, Bearbeitung und Appropriation............................... 37 1.3.2 Die nordischen Entstehungskontexte....................................... 41 1.4 Merkmale und Gestalt der drei Sagas .................................................. 45 1.4.1 Form, Funktion und Rezeption ................................................. 45 1.4.2 Inhalt und Struktur.................................................................... 48 1.4.3 Stil und Sensibilität ................................................................... 55 1.5 Übersetzte Riddarasögur oder höfische Romantik .............................. 59 1.6 Zusammenfassung................................................................................ 61 2 Die handschriftliche Gesamttransmission .................................. 65 2.1 Entstehungs- und Überlieferungskontexte der Handschriften ............ 65 2.1.1 Die Handschriften des Mittelalters........................................... 67 2.1.2 Die Handschriften der Neuzeit ................................................. 71 2.1.3 Die Handschriften des 19. Jahrhunderts .................................. 85 2.2 Aspekte der Handschriftenüberlieferung............................................. 89 2.2.1 Räumliche Verortung ................................................................ 89 2.2.2 Auftraggeber, Schreibermilieu ................................................. 91 2.2.3 Verbindungen der Handschriften zueinander ........................ 94 2.2.4 Fazit zu den Aspekten der Handschriftenüberlieferung........... 98 2.3 Analyse der Handschriftenüberlieferungsverbünde .......................... 103 2.3.1 Die Suhmschen Handschriften................................................ 106 2.3.2 Die Handschriften des 19. Jahrhunderts außerhalb Islands ... 107 2.3.3 Isländische Handschriftencodices........................................... 107 2.3.4 Resümees................................................................................ 113 2.3.5 Eine Frage des Gattungsbewusstseins.................................... 114 2.4 Zusammenfassung.............................................................................. 117 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift..................... 121 3.1 Der Sagaanfang................................................................................... 124 3.1.1 Íven am Hof von König Artus .................................................. 124 3.1.2 Erex am Hof von König Artus .................................................. 134 3.1.3 Parceval in der Wildnis ........................................................... 140 3.2 Die Begegnung mit der Liebe ............................................................. 149 3.2.1 Íven begegnet seiner zukünftigen Frau .................................. 150 3.2.2 Erex begegnet Evida................................................................ 158 3.2.3 Parceval begegnet Blankiflúr .................................................. 162 3.3 Momente der Alterität und Identität ................................................. 170 3.3.1 Kalebrant trifft den schwarzen Mann..................................... 170 3.3.2 Erex begegnet einem Zwerg ................................................... 179 3.3.3 Parceval beim Fischerkönig .................................................... 182 3.4 Das Sagaende ..................................................................................... 187 3.4.1 Ívens Versöhnung mit seiner Frau .......................................... 188 3.4.2 Erex’ glamouröse Hochzeit ..................................................... 197 3.4.3 Parcevals Vereinigung mit Blankiflúr ...................................... 204 3.5 Quantitative und bedeutungsunterscheidende Textvarianz ............. 213 3.5.1 Der Sagaanfang ....................................................................... 215 3.5.2 Die Begegnung mit der Liebe.................................................. 216 3.5.3 Momente der Alterität und Identität ..................................... 217 3.5.4 Das Sagaende.......................................................................... 218 3.5.5 Fazit zur Textvarianz je Saga und je Handschrift .................... 219 3.6 Zusammenfassung.............................................................................. 222 4 Zusammenfassung der Untersuchung und Ausblick ...................... 227 Literaturverzeichnis .............................................................................. 233 Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Januar 2010 an der Universität Basel auf Antrag von Herrn Prof. Dr. Jürg Glauser und den Koreferentinnen Frau Prof. Dr. Stefanie Gropper und Frau Prof. Dr. Else Mundal als Dissertation angenommen. Für den Druck wurde die Dissertation überarbeitet und neu erschienene Literatur aufgenommen. Meinen Gutachtern danke ich für die hilfreichen inhaltlichen Hinweise, die in die Überarbeitung eingeflossen sind. Den Herausgebern der Beiträge zur nordischen Philologie danke ich für die Aufnahme in die Reihe. Der Freiwilligen Akademischen Gesellschaft Basel sowie dem Dissertationsfonds der Universität Basel sei für die finanzielle Unterstützung der Drucklegung gedankt. Mein Dank gilt allen, die mich während meiner Doktoratsphase unterstützt haben. Besonders danke ich Prof. Dr. Jürg Glauser, der mein Interesse auf das Thema der übersetzten Riddarasögur lenkte und die Betreuung meiner Doktorarbeit übernahm. Eine von ihm und Prof. Dr. Susanne Kramarz-Bein organisierte Konferenz in Basel gab 2004 erste Impulse für die vorliegende Untersuchung. Die Arbeit an der Dissertation und einen regen fachlichen Austausch ermöglichten mir vor allem mehrere Auslandsaufenthalte und Stipendien: Einen zehnmonatigen Aufenthalt am Center for Medieval Studies der Universität Bergen finanzierte mir ein norwegisches Regierungsstipendium. An dieser Stelle sei vor allem Prof. Dr. Else Mundal herzlich für ihre Betreuung vor Ort gedankt. Danach boten mir drei Stipendien der Graduiertenschule Georg-Brandes-Skolen unter der Leitung von Prof. Dr. Pil Dahlerup dankenswerterweise die Gelegenheit für Arbeitsaufenthalte am Nordisk forskningsinstitut der Universität Kopenhagen und Det Kongelige Bibliotek. Den Mitarbeitern der Handschriftenabteilungen, vor allem Ragnheiður Mósesdóttir und Dr. Christopher Sanders (†), danke ich für ihre stetige Hilfsbereitschaft. Auch der Freiwilligen Akademischen Gesellschaft Basel gilt mein Dank für eine finanzielle Zuwendung während der Doktoratsphase. Ebenso danke ich Prof. Dr. Margrét Eggertsdóttir und den Mitarbeitern der Stofnun Árna Magnússonar í íslenskum fr æð um für ihre Hilfsbereitschaft. Für Korrekturarbeiten am Manuskript und nützliche Hinweise danke ich Vivian Busch, Ellen E. Peters, Jonas Wegerer, Kristin Winkler und Dr. Ute Zimmermann, sowie Dr. Anna Katharina Richter für die Hilfe bei der Erstellung des Drucksatzes. Schließlich danke ich meiner Familie für ihre unermüdliche Unterstützung und widme ihr diese Arbeit. Kiel, Oktober 2014 Katharina Seidel Einleitung „ Material philology takes as its point of departure the premise that one should study or theorize medieval literature by reinserting it directly into the vif of its historical context by privileging the material artifact(s) that convey this literature to us: the manuscript. “ 1 Der Untersuchungsgegenstand Die drei isländischen Prosaerzählungen Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga werden innerhalb der altisländischen Literatur zur Gattung der sogenannten übersetzten/ norwegischen Riddarasögur 2 gezählt. Diese Gattung umfasst je nach Verwendung des Begriffs eine Gruppe von zwölf oder mehr Erzählungen, die ab dem 13. Jahrhundert in den nordischen Raum gelangten. Die übersetzten Riddarasögur (abgekürzt: ü. Rs.) basieren im engeren Sinn auf altfranzösischen (oftmals anglonormannischen) 3 Vorlagen, die Stoffe der matière de Bretagne 4 und matière de France umfassen. 5 Hierzu zählen folgende Werke: - Ívens saga, Erex saga, Parcevals saga ok Valvers þáttr, 6 welche auf Chrétien de Troyes’ Yvain, Erec et Enide, Perceval zurückgehen. - Tristrams saga ok Ísöndar basieren auf Thomas de Bretagnes Tristan et Iseult. 1 Nichols (1997: 10f) und weiter „manuscripts are so often the only surviving witness - or the most reliable guides - to the historical moments that produced and then reproduced the literary text“. 2 Vgl. hierzu die Definitionen des Begriffs in den üblichen Nachschlagewerken, z. B. Brøndsted (1956-1978) und Pulsiano (1993) sowie bei Barnes (1984, zuletzt 2009) und Kalinke (1985a). 3 Da das sogenannte Altfranzösisch ein Überbegriff für die Dialekte des Mittelalters im heutigen Frankreich und Teilen Englands darstellt und somit auch das Anglonormannische umfasst, wird hier weiterhin von altfranzösischen höfischen Romanen gesprochen. 4 Die matière de Bretagne umfasst generell den Artusstoff und innerhalb der ü. Rs. konkret die Werke: Ívens saga, Erex saga, Parcevals saga, Möttuls saga sowie Tristrams saga ok Ísöndar. 5 Diese Merkmale sprechen z. B. für eine Zugehörigkeit zu Übersetzungsliteratur, Ritterthematik oder einen höfischen Kontext. Allerdings zeigt sich hier bereits die Problematik der Gattungsmerkmale: Zum einen durch den angenommenen Entstehungskontext des 13. Jh.s am norwegischen Hof und zum anderen durch den Begriff der Übersetzung. Ausführliche Diskussion hierzu in Kapitel 1.6. 6 Der Valvens þáttr wird der Vollständigkeit halber in Kapitel 1.3 nochmals erwähnt und soll auch sonst als Teil der Parcevals saga betrachtet werden, spielt aber in dieser Untersuchung keine weitere Rolle. Einleitung 10 - Elis saga ok Rósamundu, Bevers saga, Karlamagnús saga 7 basieren auf chansons de geste. - Möttuls saga basiert auf einem fabliau. - Strengleikar basieren auf lais. - Flóres saga ok Blankiflúr, Flóvents saga, Partalópa saga basieren auf anderen Stoffen. Im weiteren Sinne können zu den ü. Rs. auch die auf lateinische Vorlagen und die matière de Rome 8 zurückgehenden Erzählungen der Clarus saga, Amícus ok Amilíus, Trójumanna saga, Breta sögur und Alexanders saga sowie die auf niederdeutschen Vorlagen basierende Þiðriks saga 9 gezählt werden. In dieser Untersuchung wird der Begriff der ü. Rs. für die oben genannte engere Auswahl, das heißt elf Sagas sowie die Strengleikar, genutzt. Die Untersuchung konzentriert sich auf Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga, da sich diese innerhalb der ü. Rs. einer eigenen Gruppe zuordnen lassen, die auf inhaltlichen, stofflichen und überlieferungsgeschichtlichen Gemeinsamkeiten basiert. Inhaltlich beruhen diese drei Sagas, wie bereits erwähnt, auf den altfranzösischen höfischen Romanen bzw. Artusromanen des Chrétien de Troyes. Sie weisen nahezu dieselbe Handlungsstruktur auf, enthalten ein vergleichbares Motiv- und Personeninventar und sind Teil der europäischen Artusstofftradition, die in den höfischen Romanen im 13. Jahrhundert den Höhepunkt ihrer Verbreitung in Europa fand. Die drei Sagas werden einerseits mit einem norwegischen Entstehungsumfeld des 13. Jahrhunderts in Verbindung gebracht, dem Hof des norwegischen Königs Hákon Hákonarson (1217-1263) 10 und sind andererseits Teil der isländischen Handschriftenüberlieferung des 14. bis 19. Jahrhunderts. 11 Diesem über mehrere Jahrhunderte andauernden Überlieferungsprozess der drei Sagas widmet sich diese Untersuchung und hinterfragt dabei die Textunterschiede in den jeweiligen Handschriften. Allerdings gestaltet sich die Untersuchung des ursprünglichen Übertragungsvorgangs wie auch des nordischen Entstehungsmilieus wenigstens für Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga problematisch, da weder eine altfranzösische Vor- 7 Nach neusten Erkenntnissen geht die Karlamagnús saga auf chansons de geste zurück und nicht, wie bisher angenommen, auf lateinische Vorlagen. Vgl. hierzu Tétrels (2006) Monografie zu den chansons de geste und deren nordischen Übersetzungen. 8 Allerdings wäre hierbei der Übergang zu den sogenannten Antikensagas fließend. 9 Vgl. zur Diskussion der Gattungszuordnung der Þiðriks saga Kramarz-Bein (2002: 105). 10 Zu Hákons Rolle vgl. die ausführlichen Darstellungen z. B. von Leach (1921: 152f), Halvorsen (1973), Kramarz-Bein (2002: 1ff, 68ff, 2007: 143). Demnach war Hákon Hákonarsson Auftraggeber von ü. Rs. um die höfische Literatur und Kultur auch seinem Hof zugänglich zu machen. Vermutlich kam er über den englischen Hof in Kontakt mit der höfischen Literatur. Ausführlich zur Aufnahme der ü. Rs. durch Hákon IV. zuletzt bei Barnes (2009: 191ff). In der aktuellen Forschung wird mit dem norwegischen Entstehungskontext vorsichtiger umgegangen (Glauser 2005: 373). 11 Vgl. zur Einführung die entsprechenden Lexikonartikel von Barnes zu Erex saga (1993: 170f), Ívens saga (1993: 337f) und Parcevals saga (1993: 496f). Einleitung 11 lage noch ein norwegisches Original vorhanden sind und das älteste erhaltene Handschriftenfragment frühestens auf Mitte des 14. Jahrhunderts datiert. 12 Im ersten Kapitel folgt aus diesem Grund eine Diskussion des Gattungsbegriffs der norwegischen/ übersetzten Riddarasögur und im zweiten Kapitel eine Erörterung der Handschriftenlage. Dabei zeigt sich, dass die drei Sagas insgesamt in 20 Handschriften aus dem 14. bis 19. Jahrhundert überliefert sind. Eine Untersuchung der Gesamttransmission 13 dieser drei Sagas liegt bisher nicht vor, ebenso wenig wurden bisher die jüngeren Texte als gleichwertige oder relevante Textquellen herangezogen. Der Blick soll daher nicht auf den ältesten und am besten erhaltenen Textzeugen einer Saga ruhen oder von einer normalisierten Textausgabe ausgehen, sondern alle Textzeugen der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga umfassen. Aus diesem Vergleich aller Textzeugen ergibt sich dann der Analyseteil dieser Untersuchung. Hintergrund und Problemstellung Die übersetzten und originalen Riddarasögur führen bis in die 1980er Jahre hinein eher ein Schattendasein in der Sagaforschung 14 und unterliegen zudem abwertenden Sichtweisen. 15 Als problematisch gegenüber den Íslendingasögur und Konungasögur werden in der älteren Forschung ihre stoffliche Herkunft, ihre ausländischen Inhalte und ihr subjektiver Stil gesehen. 16 Dort deutet man die Riddarasögur als Symptom des Verfalls der isländischen Literatur im 13. und 14. Jahrhundert, der mit dem Verlust der isländischen Unabhängigkeit 1262/ 1264 einhergeht. Jedoch verkennt dieser 12 Auf diese Diskrepanz zwischen angenommener Entstehungszeit und tatsächlicher Handschriftenlage bezüglich der drei Riddarasögur machte zuerst Kalinke (1981) aufmerksam. Dennoch wird der norwegische Hof des 13. Jh.s weiterhin als einziger Applikationshintergrund genutzt (u.a. Kretschmer 1982; Kramarz-Bein 1999, 2002, 2007; Sanders 2001; Barnes 2009). 13 Transmission heißt hier Textüberlieferung und beschreibt den zeittiefen Überlieferungsprozess einzelner Sagas in der isländischen Handschriftentradition. Wenn alle erhaltenen Handschriften einer Saga berücksichtigt werden, kann man von einer Gesamttransmission einer Saga sprechen. Glauser (1992) beschäftigte sich in seiner Untersuchung zur Dínus saga exemplarisch mit der Frage nach Medialität, Zeittiefe und Funktion der Saga in allen erhaltenen Handschriften. Richter (2009: 26) definiert Transmission zwar auch als zeittiefe Textüberlieferung, und schließt die „sich darin ereignenden textuellen Veränderungen“, z. B. Textvarianz, mit ein. 14 Darauf verwies bereits Kölbing (1872: Vorwort). 15 Z. B. durch Finnur Jónsson (1923: 958) und de Vries (1967: 353), hierzu Kapitel 1.1 sowie die Darstellungen bei Kalinke (1985a: 316f), Kramarz-Bein (2002: 236), Glauser (1982: 1, 1987: 96f, 1998: 10, 2005: 372f). 16 Eine Einordnung der Sagaliteratur nach ihrer mutmaßlichen Entstehungszeit in Sagagruppen war in der älteren Forschung oftmals die Hauptbeschäftigung. Als erster nahm dies Peter Erasmus Müller systematisch in seiner Sagabibliothek (1817-1820) vor. Diese chronologische Einordnung gründete auf seiner subjektiven Einschätzung bezüglich Stil und Inhalt. Müllers Vorgehen wurde in veränderter Form wieder aufgegriffen (z. B. Sigurður Nordal 1953) und stellt doch keine hinreichende Möglichkeit zur Einordnung der altisländischen Literatur dar. Vgl. hierzu auch Kretschmers Ausführungen (1982: 32). Einleitung 12 ältere forschungsgeschichtliche Ansatz die tatsächliche Bedeutung dieser ausländischen Stoffe in der isländischen Literaturgeschichte, nämlich die Bereicherung der isländischen Literatur durch das ausländische Motiv- und Wortinventar. Auch wird mit einem Blick auf die handschriftliche Überlieferungslage deutlich, dass es eine gleichzeitige handschriftliche Überlieferung von Íslendinga-, Konunga- und Riddarasögur in gemeinsamen Handschriften gab. 17 Die übersetzten und originalen Riddarasögur waren gegenüber den Íslendingasögur daher keineswegs unpopuläre, minderwertige Literatur. Einen weiteren forschungsgeschichtlich bedingten Aspekt zeigen die Texteditionen in Hinblick auf die Auswahl und Wiedergabe der Handschriften. Die normalisierten Texteditionen folgen dabei der ersten Haupthandschrift, die für Ívens saga und Parcevals saga Holm perg 6 4to darstellt. Holm perg 6 4to enthält den vollständigsten mittelalterlichen Text der Ívens saga und Parcevals saga. Aber auch Handschriften aus dem 17. Jahrhundert können wichtige Textzeugen sein, wenn sie wie Holm papp 46 fol wahrscheinlich direkt auf eine verlorene mittelalterliche Handschrift zurückgehen, die eine andere Textversion als Holm perg 6 4to aufweist. Blaisdell und Kalinke wiesen bereits auf die Problematik hin, dass z. B. Kölbings Edition der Ívens saga nicht die jüngeren Handschriftentexte, maßgeblich Holm papp 46 fol, berücksichtigt. 18 Bei der Benutzung von Texteditionen sollte daher stets im Bewusstsein bleiben, dass diese nach editorialen Gesichtspunkten hergestellt wurden und einen Text bieten, der oftmals nur einen Teil der Handschriftenüberlieferung wiedergibt. 19 Einen Fortschritt stellen hier die seit Mitte des 20. Jahrhunderts entstehenden synoptischen, diplomatischen Texteditionen unter der Herausgabe der Arnamagnæanischen Sammlung dar, die maximal drei Handschriftentexte untereinander präsentieren und so z. B. erst auf die Problematik mit Holm papp 46 fol der Ívens saga aufmerksam machen. Für die Ívens saga und Erex saga liegen solche Editionen vor, für die Parcevals saga noch nicht. 20 In der älteren Textphilologie betrachtete man jede Abweichung bzw. Varianz vom sogenannten Originaltext als Fehler bzw. als Zeichen einer Verschlechterung des Texts. 21 Der Editionstext beruht dabei entweder auf dem ältesten und/ oder am besten erhaltenen Text oder einer Textrekonstruktion eines vermeintlichen Originals durch den Editor, der dem Archetyp des Sagatextes am nächsten kommen soll. 17 Vgl. dazu Kapitel 1.1.1. Einen guten Einblick in die Handschriftenkunde bietet Jakobi-Mirwald (2004). 18 Die Berücksichtigung dieser Handschrift als mögliche direkte Abschrift einer Mittelalterhandschrift hätte Kölbing sicher zu anderen Aussagen geführt. So äußerte sich Kölbing zu Holm 46 der Ívens saga: „Die Handschrift ist höchstwahrscheinlich eine werthlose Abschrift der Membrane [gemeint ist Holm 6 4to].“ (1872: IV). „sie ist viel kürzer als die in den übrigen Handschriften enthaltene ältere Bearbeitung und mit einer Menge neumodischer Geschmacklosigkeiten ausgestattet. Auch die Namen sind sehr verunstaltet.“ (1872: IX). Vgl. auch Kapitel 2.1.2 sowie Blaisdell (1964: 40f) und Kalinke (1985a: 336f). 19 Vgl. hierzu die Diskussion bei Kalinke zur Benutzung älterer Texteditionen (1985a: 339f). 20 Blaisdell (1965, 1979). 21 Oder kann als Zeichen von Niedergang und Dekadenz verstanden werden (Glauser/ Sabel 2004: 8). Einleitung 13 Allen anderen Texten wird dadurch ihr textueller Eigenwert abgesprochen und die weitere Überlieferung von Texten in Handschriften direkt mit einer Textverschlechterung assoziiert, da sich jede weitere Handschrift immer weiter vom Archetyp entfernt und aufgrund des individuellen Rezeptions- und Aktualisierungsprozesses 22 einen von allen anderen Texten abweichenden Text bietet. Diese jüngeren Handschriften aus der Neuzeit sind die umfangreichste Textgruppe der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga, das heißt, aus dieser Zeit sind die meisten Handschriften erhalten. 23 Die jüngeren Handschriften werden aus Gründen der sogenannten Textverschlechterung wenig oder gar nicht in Texteditionen berücksichtigt. Solange mittelalterliche Textzeugen erhalten sind, gelten jüngere Handschriften als sekundäre Textzeugen, außer sie bieten eine direkte Abschrift einer verlorenen Mittelalterhandschrift, wie z. B. Holm papp 46 fol bei Ívens saga und Erex saga. Die mittelalterlichen und neuzeitlichen Handschriften sind Teil einer handschriftlichen Gesamttransmission von Sagatexten, anhand derer sich der jahrhundertelange Prozess von Texttransmission, Textrezeption und Textadaption nachzeichnen und untersuchen lässt. Die gesamte handschriftliche Überlieferung der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga steht daher im Fokus dieser Untersuchung. Wie aus Übersicht 1 ersichtlich ist, bieten die drei Sagas eine überschaubare Gesamttransmission von insgesamt 20, wenn auch teilweise nur fragmentarisch erhaltenen, Handschriftentexten. 24 Von der Ívens saga sind insgesamt 16 Handschriften erhalten, die älteste entstand ca. 1450 und die jüngste im 19. Jahrhundert. Von der Erex saga sind insgesamt zehn Handschriften erhalten, die älteste entstand ca. 1650 und die jüngste im 19. Jahrhundert. Von der Parcevals saga sind insgesamt 14 Handschriften erhalten, die älteste entstand ca. 1350 und die jüngste ca. 1870. Diese Übersicht verdeutlicht den Umfang und die Zeittiefe der Gesamttransmission dieser drei Sagas. Fragmente aller Sagas sind aus dem Mittelalter erhalten, das älteste datiert aus dem 14. Jahrhundert (Parcevals saga). Zwei nahezu vollständige Texte der Ívens saga und ein Text der Parcevals saga sind aus dem 15. Jahrhundert erhalten. Lediglich die Erex saga ist erst in Handschriften ab dem 17. Jahrhundert vollständig überliefert. Für die Erex saga sind die Handschriften der Neuzeit von größter Bedeutung, da sie die einzigen vollständig erhaltenen Textquellen darstellen. 22 Rezeption bezeichnet: „2. die Aufnahme und Wirkung e. Textes, e. Autors oder e. lit. Strömung beim einzelnen Leser (Hörer, Zuschauer)“ (Wilpert 2001: 685b). Aktualisierung meint etwas bereits Vorhandenes auf den aktuellen Stand bringen, also ein literarisches Werk an seinen aktuellen Kontext anpassen, z. B. durch Bearbeitung. Ein Vortrag von Herbert Wäckerlin zur Sigurðar saga þögla machte mich zuerst auf diesen Begriff in Verbindung zur isländischen Handschriftentransmission aufmerksam (Summer School in Manuscript Studies, Universität Kopenhagen, August 2006). 23 Vgl. Kapitel 1.4. 24 Vgl. hierzu auch Übersicht 7 in Kapitel 2.1. In dieser Untersuchung folgen die Handschriftensiglen prinzipiell der jeweiligen Handschriftensammlung, sind aber so vereinheitlicht worden, dass erst das Kürzel der Handschriftensammlung, ggf. das Beschreibmaterial, dann die Nummer und dann das Format der Handschrift angegeben sind. Die zeitliche Einordnung der Handschriften folgt in dieser Untersuchung prinzipiell dem Ordbog over det norrøne prosasprog: Registre (1989) sowie Blaisdell (1965, 1979). Eine genaue Beschreibung der Handschriften befindet sich in Kapitel 2.1. Einleitung 14 Übersicht 1: Vorkommen der drei Sagas in den Handschriften Ívens saga AM 489 4to, 46v-56v (ca. 1450) AM 179 fol, 64v-90 (ca. 1639-1672) AM 181a fol, 1-9rb (ca. 1650) AM 395 fol, 945-972 (1760-1766) AM 588a 4to, 1r-22r (Ende 17. Jahrhundert) BL Add. 4859 fol, 32r-45v (1693-1696) BL Add. 4857 fol, 113v-133v (1669-1670) Holm perg 6 4to, 24r-39r (ca. 1425) Holm papp 46 fol, 1r-39v (1690) NKS 1691 4to, 1-202 (zweite Hälfte 18. Jahrhundert) NKS 3310 4to, 1-56 (1840er Jahre) TCD 1015 8vo, 1-332 (zweite Hälfte 18. Jahrhundert) NBO 3652: 13 fol, 24r-39r (ca. 1856-1857) Erex saga AM 181b fol, 1ra-6vb (ca. 1650) BL Add. 4859 fol, 66r-74v (1693-1696) Holm papp 46 fol, 41r-80r (1690) Kall 246 fol, 1-78 (zweite Hälfte 18. Jahrhundert) Lbs 3127 4to, 150r-166v (Anfang 19. Jahrhundert) Lbs 1230 8vo III frag, 1v (ca. 1500) NKS 1708 4to, 1-114 (zweite Hälfte 18. Jahrhundert) Parcevals saga AM 179 fol, 91r-117v (ca. 1639-1672) AM 181a fol, 9rb-18rb (ca. 1650) AM 395 fol, 909-942 (1760-1766) BL Add. 4859 fol, 46r-65v (1693-1696) Holm perg 6 4to, 39v-56r (ca. 1425) Lbs 1907 8vo (ca. 1860-1870) NKS 1691 4to, 203-480 (zweite Hälfte 18. Jahrhundert) NKS 1794b 4to frag, 1r-1v (ca. 1340) NKS 1794a 4to, 1-230 (Ende 18. Jahrhundert) NKS 3310 4to, 57-112 (1840er Jahre) TCD 1015 8vo, 332-754 (zweite Hälfte 18. Jahrhundert) NBO 3652: 13 fol, 39r-56r (1856-1857) Hier offenbart sich deutlich die Diskrepanz zwischen der angenommenen Entstehungszeit der drei Sagas am norwegischen Hof des 13. Jahrhunderts und der tatsächlichen Handschriftenlage. Die drei Sagas zeigen teilweise eine gemeinsame Handschriftenüberlieferung und eröffnen dadurch interessante Vergleichsansätze. Zieht man alle erhaltenen Textzeugen einer Saga heran und betrachtet jede Handschrift als einzigartiges Artefakt, so sind nicht nur vergleichende Betrachtungen möglich, Einleitung 15 sondern auch Untersuchungen zu den jeweiligen Entstehungskontexten 25 dieser Texte. Die Berücksichtigung aller Textzeugen als gleichwertige Texte und die Auffassung von Textunterschieden als Textvarianz ist in der Theorie nicht neu, wird in der Altnordistik bisher aber kaum genutzt. Dieser theoretische Zugang, der sich auf die „Textualität der Manuskriptkultur“ 26 konzentriert und Fragen der Textstabilität und Textvarianz diskutiert, ist in der germanistischen Mediävistik im Bereich der Überlieferungsgeschichte schon länger bekannt. Seit den 1990er Jahren wird ein solcher Ansatz durch die populäre wissenschaftstheoretische Strömung der New Philology 27 in der englischsprachigen Literaturwissenschaft und zunehmend auch in der skandinavischen Altnordistik aufgegriffen. 28 Im Bereich der Editionsphilologie war der überlieferungsgeschichtliche Ansatz in der Altnordistik seit den 60er/ 70er Jahren vorallem bei Texteditionen der Arnamagnæanischen Sammlung angewendet worden, jedoch nicht in einem weiterführenden Sinne eines kulturwissenschaftlichen Ansatzes in der Literaturwissenschaft genutzt worden. In der Altnordistik im deutschsprachigen Raum besprach erstmals Würth die New Philology als möglichen 25 Entstehungskontext umfasst in dieser Untersuchung das zeitliche, räumliche und ggf. soziale Entstehungsumfeld einer Handschrift. 26 Baisch (2004a: 11). 27 Darstellungen und Diskussionen zur New Philology u.a. bei den Germanisten Baisch (2002), Bein (2002a, b, c), Löser (2004, 2005), Schnell (1997), Stackmann (1994), Trachsler (2006), Wolf (2002) und in Hinblick auf die skandinavistische Mediävistik bei Haugen (1990, 2007), Wolf (1993) und Würth (2005). Den Begriff der New Philology stellte erstmals Nichols (1990) vor und löste damit eine Debatte in der Literaturwissenschaft gegenüber der Editionsphilologie aus. Es ging Nichols mit der New Philology generell um eine Kritik am Rekonstruktionsprinzip und Leithandschriftenprinzip der Texteditionspraxis, die mittelalterlichen Texten in ihrer handschriftlichen Varianz nicht gerecht wird. Die Texteditionen beziehen sich lediglich auf einzelne, nach bestimmten Kriterien ausgewählte Haupthandschriften oder sie streben sogar die Rekonstruktion eines ursprünglichen Originaltexts an. Durch diese Praxis wurden alle anderen erhaltenen Handschriften eines Texts mehr oder weniger ignoriert und abgewertet. Zentrale Aussagen der New Philology sind daher, dass alle Handschriften eines Textes untereinander als gleichwertig gesehen werden, dass es keinen mittelalterlichen Autor gibt, sondern der Schreiber selbst in den Fokus rückt (Stackmann 1994: 413) und dass Textvarianz ein inhärentes Merkmal mittelalterlicher Literatur ist. Nichols Aussagen waren allerdings prinzipiell nicht neu und wurden in der germanistischen Mediävistik seit den 1970er Jahren im Rahmen der Textüberlieferungsgeschichte bereits diskutiert, z. B. in der Würzburger Schule (Williams-Krapp 2000). So konnten auf dem Gebiet der höfischen Literatur interessante Ergebnisse zu Wolfram von Eschenbachs Parzival von Stolz (2002) und Baisch (2002: 243ff) oder von Bumke zum Nibelungenlied (1996) vorgelegt werden. Aus diesen Ansätzen der germanistischen Mediävistik nährt sich u.a. meine hier gewählte Zugangsweise und verweist daher gelegentlich auf diese Untersuchungen. An dieser Stelle sei auch auf den von dem Germanisten Löser vorgeschlagenen Begriff der postmodernen Philologie verwiesen (Löser 2004, 2005). 28 Z. B. bei Den arnamagnæanske samling, Nordisk forskningsinstitut in Kopenhagen oder der Stofnun Árna Magnússonar í íslenzkum fræðum in Reykjavik, die seit vielen Jahrzehnten synoptische Texteditionen veröffentlichen und Forschungsprojekte betreiben (z.B. The Variance of Njáls saga sowie Stories for all time: The Icelandic fornaldarsögur) sowie seit den 1990er Jahren die Arbeiten des Projekts Medieval Nordic Text Archive. Vgl. hierzu auch Arbeiten von Anderson (1990), Driscoll (1992, 1995, 1997, 2010), Gu ð rún Nordal (2001), Haugen (1990, 2000), Johansson (2000), Jørgensen (2007), Kyrkjebø (2001), Lansing (2011), Sverrir Tómasson (2002), Wolf (1993), Würth (1999, 2005). Einleitung 16 kulturwissenschaftlich geprägten Ansatz in der skandinavistischen Mediävistik. 29 In der skandinavistischen Mediävistik haben der überlieferungsgeschichtliche Ansatz und die New Philology doch wesentlich weiter reichende Konsequenzen als z. B. in der Germanistik, da isländische Handschriften mit ursprünglich mittelalterlichen Texten bis ins 19. Jahrhundert immer wieder produziert worden sind. Das heißt, der Überlieferungszeitraum von im Mittelalter entstandener, handschriftlicher Literatur beschränkt sich nicht nur auf Handschriften des Mittelalters, sondern erstreckt sich bis in die Moderne: Die Erzählungen sind daher immer wieder einer neuen Rezeption, Aktualisierung und (Re-)Produktion unterworfen. Diese Phänomene lassen sich gut an der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga untersuchen und mit einer Besprechung von Materialität und Medialität verbinden. Hinzu kommt, dass die literarischen Inhalte (Artusstoff und höfischer Roman) der drei Sagas bereits einem Kulturtransfer von Frankreich in den nordischen Raum unterlagen. Die höfischen altfranzösischen Romane standen in der älteren Sagaforschung bereits mehrfach im Fokus. Untersuchungen mit literatur- und kulturwissenschaftlichen Fragestellungen zu einzelnen Handschriftentexten oder Textversionen einzelner Riddarasögur sind dagegen rar. 30 Die handschriftliche Überlieferung der ü. Rs. wurde bisher nicht als Untersuchungsgegenstand wahrgenommen, wenn man von Kalinkes Untersuchung zur Metamorphose des Artusstoffs im nordischen Raum absieht. 31 Bisher stehen Inhalts- oder Stilanalysen, Untersuchungen zur Stoffüberlieferung und komparatistische Untersuchungen in Bezug zu den altfranzösischen Romanen im Fokus. Die Handschriftentexte finden lediglich bei der Diskussion von Texteditionen und Untersuchungen zur Stoffüberlieferung Aufmerksamkeit. 32 Ausgehend von einer Darstellung der handschriftlichen Gesamttransmission sind daher weiterführende Fragestellungen möglich, die bei der Arbeit mit einer normalisierten Sagatextedition kaum in den Fokus rücken würden. Die räumliche und zeitliche Vielfalt eines Sagatexts in seiner handschriftlichen Überlieferung spiegelt gleichermaßen seine Intertextualität wider. Es folgt nun eine Darstellung einiger zentraler theoretischer Grundbegriffe in Hinblick auf ihre Anwendung in dieser Untersuchung. 29 „ein Ansatz, der sich mit den erhaltenen Texten unter den Aspekten Transmission, Varianz und Mouvance befasst“. Würth (2005: 66). 30 Für Beispiele einer auf handschriftliche Artefakte konzentrierten Text-Kontext orientierten Betrachtungsweise siehe z. B.: Glausers Artikel zur Elis saga (1987), Jón Karl Helgasons Untersuchung zur Njáls saga (1999), Ashman Rowes Untersuchung der Flateyjarbók (2005), Ferrari (2005) zu den Handschriftentexten der Örvar Odds saga, Lethbridges Untersuchung zu den Handschriftentexten der Gísla saga Súrssonar (2007) sowie der Band zur Konferenz „Creating the Medieval Saga“, die 2005 in Bergen stattfand (Quinn 2010). Einige Vorträge und Diskussionen inspirierten damals erste Vorüberlegungen der vorliegenden Untersuchung. 31 Kalinke (1981). Ausführlicher in Kapitel 1.3. 32 Blaisdell erfasste Ívens saga und Erex saga zwar in ihrer gesamten handschriftlichen Überlieferung, aber ohne weiterführende Fragestellungen, wie dies hier in Kapitel 2 und Kapitel 3 erörtert wird. Einleitung 17 Theoretische und methodische Vorbetrachtungen Textbegriff, Textvarianz und Textstabilität Da der Begriff von Text problematisch und vielfach diskutiert ist, gilt für diese Untersuchung zunächst folgende generelle Definition: Sind sprachliche Zeichen auf einem Kommunikationsträger oder Medium (z. B. Handschrift, Papier) fixiert und transportieren sie eine Botschaft, so können sie als literarische Texte bezeichnet werden. 33 Der Textbegriff soll in dieser Untersuchung stets im philologischen Sinne eines literarischen Texts verstanden werden, z. B. einer Saga wie der Ívens saga in einer Handschrift. Er kann auch als Überbegriff Sagatext alle Textzeugen einer Saga umfassen oder als Überbegriff Handschriftentext den gesamten Inhalt sprachlicher Zeichen einer Handschrift. Bei letzterem wäre auch der den eigentlichen literarischen Text umgebende Paratext 34 mit einbezogen. Ein wesentliches Merkmal von Texten ist, dass sie stets das Ergebnis absichtlichen Verhaltens und reproduzierbar sind, 35 was besonders bei den Texten einer Handschriftenkultur offensichtliche Merkmale sind, da der Akt des Schreibens visuell nachvollziehbar ist. Form, Botschaft und Funktion von Text werden durch die Überlieferung immer wieder aktualisiert und bilden dadurch über einen Zeitraum hinweg eine Texttradition, die hier bei der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga nicht nur generationenübergreifend, sondern epochenübergreifend betrachtet werden kann. Bei einer Handschriftenüberlieferung literarischer Texte sind Rezeption und Aktualisierung von Text maßgeblich. Solange der Prozess der Textaktualisierung in immer weiteren Handschriften stattfindet, spricht man daher von einer „lebendigen Überlieferung“, 36 das heißt, der Text ist immer wieder offen für weitere Abschriften und somit auch offen für Textvarianz. Textvarianz wird mit Begriffen wie Mouvance, Unfestigkeit, Offenheit und Veränderlichkeit von Text konnotiert. 37 Die Unfestigkeit von Text begreift man als inhärentes Merkmal mittelalterlicher Literatur. 38 Vergleichende Untersuchungen zur Textvarianz können daher innerhalb der Editionsphilologie, der Überlieferungsgeschichte oder der Literaturwissenschaften mit kulturwissenschaftlichen Ansätzen genutzt werden. 39 Der Aspekt der Textvarianz wird in der germanistischen Mediävistik primär mit mittelalterlichen Texten verknüpft. 33 Posner (1991: 68). 34 Der Begriff Paratext geht auf Genette (1992) zurück und umfasst alle den Text umgebenden textuellen Informationen, z. B. Marginalien in Handschriften. 35 Vgl. Posner (1991: 68, 2003: 51f). 36 Vgl. Bumke (1996: 53). 37 Vgl. Bumke (1996: 54): „Die moderne Schriftlichkeit kennt nur noch feste Texte; daher ist der Gedanke, daß Texte prinzipiell variabel sein können, für uns schwer zu realisieren. Aber es ist klar, daß der unfeste Text eine andere kritische Behandlung verlangt als der feste.“ 38 Vgl. Jauß (1977: 18): „Das singulare Werk ist im mittelalterlichen Literaturverständnis gemeinhin weder als einmalige, in sich geschlossene und endgültige Gestalt, noch als individuelle, mit niemanden anderem zu teilende Hervorbringung seines Urhebers anzusehen.“ 39 Siehe dazu auch entsprechende Ansätze in der germanistischen Mediävistik (z. B. Iser 1991; Kiening 1996, 2003; Müller 1999, 2007; Peters 2001; Röcke 2002) sowie die Diskussion in der Altnordistik von Würth (1999) und Glauser (2000). Einleitung 18 Die Mediävisten Jauß und Bumke 40 unterscheiden dabei deutlich zwischen mittelalterlichen und neuzeitlichen Texten und plädieren für einen unterschiedlichen Zugang. Das heißt, die jeweiligen Textbegriffe werden in Kontrast zueinander gebildet, z. B. zeitlich und materiell durch den Kontrast Handschriftenkultur und Buchdruck. So ist der neuzeitliche Textbegriff durch Festigkeit und Unveränderlichkeit geprägt und der mittelalterliche Textbegriff durch Unfestigkeit, Offenheit, Veränderbarkeit. Die isländische Handschriftentradition nimmt hier nun eine (europäische) Sonderstellung ein. Sie setzt sich vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert fort. Daher erübrigt es sich m. E. den Textbegriff grundsätzlich in einen mittelalterlichen und neuzeitlichen Gegensatz zu unterscheiden, wie dies in der Germanistik geschieht. Die isländische Handschriftenüberlieferung bewahrt offenkundig eine Tradition und ist doch gleichzeitig von textuellen, kontextuellen, materiellen und formalen Unterschieden geprägt. Isländische Handschriften bieten z. B. in Bezug auf Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga die einzigartige Möglichkeit, den Text einer Erzählung in seiner Varianz oder Vielfalt über einen sehr langen Überlieferungszeitraum zu betrachten. Die Bedingungen, Ursachen und Funktionen für Textvarianz sind wiederum an die jeweiligen Entstehungs- und Überlieferungsumstände gebunden. So konnten in Untersuchungen zu den Handschriften der Heimskringla von Kyrkjebø und Jørgensen Textunterschiede auf einen jeweiligen historisch-kulturellen Kontext und konkrete Schreiber zurückverfolgt werden. 41 Dabei wurden Bearbeitungstendenzen erläutert, die zu einer generellen Unterscheidung zwischen dem Vorgehen eines mittelalterlichen und eines neuzeitlichen „akademischen“ Schreibers führen. „A medieval scribe could develop the text, while the task of the seventeenthcentury academic scribe was to conserve it, i.e. reproduce it as it was.“ 42 Das bedeutet, dass eine Unterscheidung in mittelalterliche und neuzeitliche Texte hier auf einer textuellen Ebene, bezüglich der Textvarianz, und einer kontextuellen Ebene, bezüglich der Entstehungsumstände, möglich ist. 43 Diese Unterscheidung in eine mittelalterliche und neuzeitliche Handschriftentradition ist für die Untersuchung der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga relevant. Allerdings muss man innerhalb der neuzeitlichen Überlieferung weitere Unterscheidungen treffen. Die isländischen Handschriftentexte von akademischen Schreibern aus der Neuzeit streben generell an, geschlossene, finite Texte 44 zu sein, da hier konservierende Absichten und Emendation und Korrekturen die prägende Eigenschaft der Textvarianz sind. Diese Texte tendieren somit wahrscheinlich eher zu einer Textstabilität, da der Sinngehalt des Texts dabei generell nicht verändert wird. Andere Texte aus der Neuzeit, die auf Island und nicht in Institutionen in Kopenhagen und Stockholm entstanden sind, weisen demgegenüber möglicherweise eine höhere Textvarianz auf, die über eine 40 Jauß (1977), Bumke (1996). 41 Kyrkjebø (2001), Jørgensen (2007). 42 Jørgensen (2007: 135). 43 Eine geringere Unterscheidung kann auf der materiellen und medialen Ebene getroffen werden, da die Texte alle in Handschriften überliefert sind und es hier zu keinem Medienwandel kommt. 44 Jørgensen (2007: 128). Einleitung 19 Textstabilität hinausgeht. Das soll die Untersuchung in Kapitel 3 genauer beleuchten. Jede Handschrift ist ein Unikat. Allein der Prozess des Abschreibens führt immer zu Unterschieden gegenüber der Vorlage. So kann jeder Unterschied sprachlicher Zeichen beim Vergleich von mindestens zwei Texten als Textvarianz bezeichnet werden. Als Textvarianz kann in einer Handschrift gegenüber einer Textvorlage das Auslassen, Hinzufügen oder der Austausch von Vokabular untersucht werden. Die Entwicklung der isländischen Sprache, die sich in den Handschriften vor allem in der Orthografie, aber auch in Morphologie und Syntax zeigt, wird bei der Ermittlung der Textvarianz in dieser Untersuchung allerdings nicht berücksichtigt, da dies Gegenstand einer eigenständigen Untersuchung wäre. 45 Somit umfasst der Begriff der Textstabilität in dieser Untersuchung im Umkehrschluss bereits die sprachentwicklungsbedingten Unterschiede. Textstabilität bezeichnet in dieser Untersuchung generell die inhaltliche, sinnhafte Unveränderlichkeit eines Erzähltexts. Das heißt, wenn es zu einem Wortaustausch, zu einer Hinzufügung oder Kürzung eines Wortes kommt, welche zu keinem inhaltlichen Bedeutungsunterschied im Text führt, so ist trotz der vorhanden Textvarianz auch in diesem Fall von einer Textstabilität zu sprechen. Die Textstabilität ist daher nicht als Gegenbegriff zur Textvarianz zu verstehen, sondern liefert auf der inhaltlichen Bedeutungsebene von Text eine qualitative Aussage zur Textvarianz. Das Definieren von Textstabilität im Sagatext setzt daher die Analyse der Textvarianz voraus. In der früheren Forschung wurden bewusste Eingriffe des Schreibers oder Editors als sogenannte Textverbesserungen, Emendationen und Konjekturen bezeichnet. Bei jedem Rezeptions- und Aktualisierungsprozess einer Handschrift kann es bekanntlich zu einer abschreibeprozessbedingten Textvarianz kommen, die Jørgensen als unbewusste Textveränderungen bezeichnet, und die zum Beispiel das Verschreiben, Verlesen oder das Verrutschen innerhalb einer Zeile oder mehrerer Zeilen während des Abschreibens umfasst. 46 An dieser Stelle können Rückschlüsse auf individuelle Fähigkeiten und Interessen eines Schreibers oder Bearbeiters oder Vorgaben des Auftraggebers und Zustand der Textvorlagen gezogen werden. Textvarianz ist nicht nur ein Merkmal von Text, sondern vor allem auch Merkmal des Entstehungskontexts und somit Überlieferungsprozesses von Text. Für das Entstehen von Textvarianz spielt die Textvorlage, der Rezeptions- und Schreibprozess sowie das Entstehungsumfeld, eine wesentliche Rolle. Baisch formuliert dies folgendermaßen: „Textvarianz [...] ist die Folge einzelner Verstehensakte; in jedem dieser Rezeptionsakte können spezifische Sinndimensionen aktualisiert werden.“ 47 Es geht dabei nicht um „die Rekonstruktion von Textstufen“, sondern um die Frage nach „der 45 Vgl. hierzu die Darstellung zur Entwicklung der isländischen Sprache in der Neuzeit bei Magnús Pétursson (2005) und Stefán Karlsson (2004). 46 Vgl. die Definitionen von Busby (1993: 39), Haugen (2007) und Jørgensen (2007: 128). Letzterer schlägt vor, zwischen bewussten und unbewussten Textveränderungen und zwischen Veränderungen zu unterscheiden, die zu einem Bedeutungsunterschied führen und/ oder auf editorische Eingriffe zurückzuführen sind. 47 Baisch (2004a: 12). Einleitung 20 Urheberschaft der Divergenzen“. 48 Aufgrund der Verbindung des Texts mit seinem Textträger sind immer Rückschlüsse auf den Entstehungsprozess der Textvorlage vorhanden. Durch das Offenlegen der Textvarianz sind Rückschlüsse auf den Textüberlieferungsprozess (z. B. der Textvorlage und Handschriftenrelationen), die Textrezeption und Arbeit des Schreibers möglich. Es wird sich herausstellen, inwiefern die bereits bekannten Unterschiede zwischen mittelalterlichen und neuzeitlichen Texten auch für das hier vorliegende Textkorpus greifen und man von einer Fortführung der mittelalterlichen Tendenz des offenen Texts in der weiteren Textüberlieferung der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga ausgehen kann. 49 Autor, Verfasser, Schreiber, Bearbeiter, Redakteur In der neueren Literaturwissenschaft wird dem Autor 50 als Instanz der Erzeugung von Bedeutung in Texten eine wichtige Rolle zugeschrieben. Eine literaturwissenschaftliche Diskussion des Autorbegriffs soll an dieser Stelle aber nicht vorgenommen werden. Prinzipiell ist diese eng mit der Diskussion des Textbegriffs verknüpft, daher gelten für diese Untersuchung folgende Überlegungen: In einer Handschriftenkultur kann immer mit einer oder mehreren Textvorlagen, einem Auftraggeber, Schreiber(n) und Benutzer(n) gerechnet werden. Am Fertigungs- und Schreibprozess der Handschrift oder des Codex sind daher stets verschiedene Personen beteiligt. Es ist aus diesen Gründen bei mittelalterlichen Texten nicht möglich, eine Autorfigur im modernen Sinn als Urheber eines eigenständigen Werks zu definieren. 51 Für die ü. Rs. spielt der Bearbeiter bzw. Adapteur eine wesentliche Rolle, der diese Werke aus dem Altfranzösischen ins Altwestnordische übertragen hat. Ein Autor dieser Texte wäre wohl am ehesten mit der nebulösen Gestalt Chrétien de Troyes’ als Urheber der höfischen Artusromane überhaupt gleichzusetzen. Wenn man davon ausgeht, dass in der mittelalterlichen Handschriftentradition ein offeneres Verständnis vom Kopieren oder Abschreiben einer Handschrift herrschte, war der Schreiber somit gleichzeitig auch oftmals ein Bearbeiter. Kalinke meint, dass der Schreiber ab einem gewissen Grad der Textveränderung gegenüber der Textvorlage zu einem Autor wird. 52 Neben dem problematischen Autorbegriff wird in der germanistischen Mediävistik auch gern der Verfasserbegriff benutzt. Für die drei hier vorliegenden Sagas kann dieser aber nur bedingt benutzt werden, da die drei Sagas im wesentlichen Adaptionen der altfranzösischen höfischen Romane sind. Der Verfasserbegriff könnte daher nur auf die Textabschnitte angewandt werden, welche tatsächlich erst bei der Übertragung oder Überlieferung im nordischen 48 Baisch (2004a: 12). 49 Diese Annahme ist motiviert durch Untersuchungen von Glauser (1992, 1998) zur Textüberlieferung der Riddarasögur sowie von Bumke (1996) zur Textüberlieferung höfischer Literatur . 50 Zum Autorbegriff vgl. Jahraus (2004: 234f), Schnell (1998), Baisch (2004b), zum Autorbegriff in der Altnordistik siehe Kalinke (2012). 51 Vgl. hierzu Schubert (2002), Stackmann (1994: 401). 52 Kalinke (1985a: 347). Siehe auch die Diskussion zum mittelalterlichen und neuzeitlichen Textbegriff im folgenden Abschnitt sowie Kapitel 2. Einleitung 21 Raum entstanden sind. Es handelt sich dabei z. B. um ein zusätzliches Kapitel in der Erex saga und die Hinzufügung des Schlussteils in der Parcevals saga. Eine mittelalterliche Handschrift ist im Normalfall ein Auftragswerk, welches entweder vom Auftraggeber selbst oder von einem Redakteur geplant und geleitet wird. Der Redakteur kann dabei, je nachdem wie streng die Vorgaben des Auftraggebers sind und in welchem Maß die Textvorlagen verfügbar sind, über die Inhalte und deren Reihenfolge entscheiden sowie über die Art des Kopierprozesses. So können nur bestimmte Teile aus der Textvorlage übernommen oder entsprechend bearbeitet werden. Die Redakteurfunktion kann gleichzeitig von einem Schreiber ausgeübt werden, der wiederum durch die Art seiner Textbearbeitung zum Bearbeiter wird. Da über die Entstehungsumstände von mittelalterlichen Handschriften oftmals nur wenig bekannt ist und deren Textvorlagen verloren sind, kann eine konkrete Zuordnung der Verfasser-, Schreiber-, Bearbeiter- oder Redakteurfunktion problematisch werden. Wenn Informationen zum Auftraggeber oder Schreiber vorhanden sind, können auch die Entstehungsumstände einer Handschrift besser erklärt und ggf. Intertexte und Überlieferungszusammenhänge aufgedeckt werden. Eine ausführliche Besprechung der jeweiligen Entstehungsumstände jeder einzelnen Handschrift der drei Sagas befindet sich in Kapitel 2.1. Intertext und Kontext Ein Text steht immer in Bezug zu anderen Texten und somit in einem textuellen Kontext. 53 Alle Informationen in einem Text, die auf die Beziehung eines literarischen Texts zu anderen literarischen Texten schließen lassen, werden in dieser Untersuchung zum Intertext gezählt. Intertextuelle 54 Informationen können sich auch auf dieselben Texte oder Erzählungen beziehen, die mehrmals innerhalb einer Handschrift oder in weiteren Handschriften überliefert worden sind. Informationen zu anderen literarischen Texten, die außerhalb oder innerhalb der jeweiligen Handschriftenkompilationen liegen, können auch der Erörterung des Entstehungsumfelds, Produktions- und Überlieferungsprozesses, der Textvorlagen, der Rezeption(en) und Aktualisierung dienen. Intertextualität ist ein wesentliches Merkmal mittelalterlicher Literatur, sie ist dem Text sozusagen eingeschrieben. 55 Durch die handschriftliche Überlieferung stehen mittelalterliche Texte immer in Bezug zu ihrer Textvorlage. 56 Einerseits stehen mittelalterliche Texte, wie die Artusromane, in 53 „Any text is the absorption and transformation of another.“ Kristeva (1980: 69). Vgl. hierzu die Diskussion zum Intertextualitätsbegriff bei Orr (2003: 21) sowie Doležel (1998: 199). 54 Vgl. hierzu Doležel (1998: 200). Inter- und intratextuelle Informationen werden in dieser Untersuchung primär für die Erörterung des Überlieferungsvorgangs jeder Handschrift und Saga herangezogen und werden daher im zweiten Kapitel besprochen. Intratextuelle Informationen sind Informationen innerhalb eines Texts zum Text selbst. 55 Eine ausführliche Diskussion zur Intertextualität unter besonderer Berücksichtigung der Artusromane bei Wolfzettel (1990: 1ff). 56 Ausführliche Besprechung von Intertextualitätsaspekten wie Tradition, Rewriting, Reinvention usw. in Chrétien de Troyes’ Artusromanen bei Bruckner (1987: 224f). Das heißt auch, dass Intertextualität ein so wesentliches Merkmal mittelalterlicher und handschriftlich überlieferter Litera- Einleitung 22 einer literarischen Tradition, worauf schon die systematisierenden Begriffe Artusstoff, Artusroman oder matière de Bretagne schließen lassen. Die drei ü. Rs. sind schließlich nicht die einzigen Übertragungen ins Nordische, die den Artusstoff thematisieren. 57 Intertextuelle Merkmale, die eine Zugehörigkeit zum Artusstoff zeigen, sind in den drei Sagas vielerorts erkennbar: 58 So bereits im Untertitel, wo die Hauptpersonen jeweils als Ritter von König Artus, sogenannte „Artuskappa“, bezeichnet werden, darüber hinaus enthalten die drei Sagas ein vergleichbares Personeninventar. Motive, Figuren, Stil sowie Handlungsstruktur sind ebenfalls vergleichbar. Das heißt auch, dass alle Begriffe, die zur Beschreibung von Texten innerhalb einer Textüberlieferung genutzt werden, wie Aktualisierung, Rewriting, Revision, Bearbeitung, 59 Adaption, 60 Reinvention 61 und Appropriation, 62 aber auch Übersetzung 63 und Übertragung letztlich immer spezifische Formen von Intertextualität bezeichnen. Die drei Sagas können nicht nur Teile des Artusstoffs enthalten, sondern auch Teile, Motive oder Hinweise zu anderen literarischen Werken. Im weiteren Sinne kann die Untersuchung von intertextuellen Merkmalen des Artusstoffs in den originalen Riddarasögur weitere Ergebnisse liefern. 64 Das historische und soziale Entstehungsumfeld eines literarischen Texts kann als Kontext bezeichnet werden, z. B. entstand die Handschrift AM 181 fol im 17. Jahrhundert in Útskálar in Südisland. Diese Informationen finden sich unter Umständen in der Handschrift, z. B. als Hinweis auf den Auftraggeber, Besitzer oder Schreiber der Handschrift, oder sie können an den materiellen Eigenschaften der Handschrift erschlossen werden, z. B. durch Paläografie, Kodikologie. Auch Entstehungskontur ist wie es die Originalität für die moderne Literatur ist (vgl. Bruckner 1987: 223), wenn man darin einen Gegensatz sehen möchte. 57 Vgl. Kapitel 1.3. 58 Hierzu ausführlicher in Kapitel 1.5 sowie 3.1. 59 Eine Bearbeitung bezeichnet hier „eine nicht gattungsändernde Anpassung“ und „jede das Original verändernde Umgestaltung eines Werkes durch fremde Hand“ (Wilpert 2001: 76a), meistens mit modernisierenden, aktualisierenden und an den Kontext anpassenden Bestrebungen (Sanders 2006: 1f). Je nach dem Grad der Textveränderung wird der Text durch eine Bearbeitung zu einer neuen Textfassung oder Textversion. 60 Generell handelt es sich im literaturwissenschaftlichen Sinn bei einer Adaption (oder Adaptation) um die Umarbeitung, Umgestaltung bzw. Anpassung eines literarischen Werks in eine andere Gattung oder ein anderes Medium (Wilpert 2001: 6). Dieser Vorgang fand bei den ü. Rs. bei ihrer Übertragung aus dem Altfranzösischen ins Altnorwegische bzw. Isländische statt. Sie wurden dabei nicht nur in eine Prosaform, sondern auch eine neue Gattung, die wir heute als übersetzte Riddarasögur bezeichnen, übertragen. 61 Vgl. Bruckner (1987: 224f). 62 Appropriation oder kulturelle Aneignung bezeichnet hier generell die Weiterverarbeitung eines literarischen Werkes in einem anderen Werk oder einer anderen Kunstgattung, entweder als expliziten intertextuellen Diskurs oder allgemein als hintergründig angelegte Struktur, Plot, Namen usw. (Sanders 2006: 26f). 63 Vgl. hierzu die Diskussion bei Marold (1985: 157, 183). 64 Vgl. hierzu z. B. Gardiner (1977: 4). Der Artusstoff bereicherte das isländische Themen- und Motivrepertoire. Auf Island gewannen die Riddarasögur Unabhängigkeit von den französischen Quellen und zeigen den Übergang von der Aneignung fremder Stoffe und Transformation in eigene, bekannte Stoffe. Ausführlich unter Kapitel 1.3. Einleitung 23 texte hinterlassen beim Rezeptions-, Aktualisierungs- oder Überlieferungsprozess Spuren. 65 Bei einer zeittiefen Textüberlieferung muss daher mit verschiedenen Kontexten gerechnet werden, die Einfluss auf den vorliegenden Text haben. Die Entstehungsumstände des ursprünglichen nordischen Texts und die Entstehungsumstände aller weiteren verlorenen Texte und Textvorlagen können dadurch in die erhaltenen Texte neben deren konkreten eigenen Entstehungsumständen eingeflossen sein. Es ist problematisch bei einer, oftmals auch unbekannten, zeittiefen Textüberlieferung konkrete Entstehungsumstände zu identifizieren. Man sollte sich deshalb eine Offenheit gegenüber der Überlieferungsgeschichte eines jeden Texts bewahren. Wiederum kann Kontext auch die sprachlichen Informationen zu Entstehungsumfeld bzw. Entstehungsumständen umfassen, die den literarischen Text begleiten, z. B. Marginalien, Notizen, Besitzerkürzel aber auch Diskurse innerhalb eines literarischen Texts, die Hinweise auf ein konkretes Entstehungsumfeld liefern. Je nach Fragestellung können dieselben Diskurse Informationen zur Intertextualität oder zur Kontextualität eines Texts geben. Beide Aspekte sind eng miteinander verbunden. Der Entstehungskontext eines literarischen Texts kann neben historischem Hintergundwissen vor allem durch textuelle, materielle, kontextuelle und intertextuelle Hinweise in der Handschrift selbst bestimmt werden. Allerdings sollte beachtet werden, dass Text zwar Rückschlüsse auf seinen Kontext zulässt, aber Text gleichermaßen Produkt und Spiegel seines Entstehungskontexts ist. 66 Medium und Medialität Die Begriffe Medium und Medialität stammen ursprünglich aus der Mediengeschichte und wurden bereits in den 1960er Jahren entwickelt. In jüngerer Zeit werden diese auch für die Mediävistik fruchtbar gemacht. 67 Generell umfasst Medialität die Eigenschaften und die Verfahren eines Mediums. 68 Ein Medium ist „ein System von Mitteln für die Produktion, Distribution und Rezeption von Zeichen, das den in ihm erzeugten Zeichenprozessen bestimmte gleichbleibende Beschränkungen auferlegt.“ 69 Die Mediengeschichte unterscheidet verschiedene Stufen, 70 wie den Übergang von Mündlichkeit zu Schriftlichkeit, von Handschrift zu Buchdruck und von Buch zu Bildschirm. 71 Für einen mediengeschichtlich orientierten Ansatz in dieser 65 Vgl. Kapitel 2.3. 66 Vgl. hierzu die Diskussion von Würth (1999) zur Relevanz des New Historicism und Text- Kontexts Ansatzes in der Altnordistik. Allgemein zur Text-Kontext Diskussion bei Müller (1999, 2007), Peters (2001) und Nünning (2003: 46f). 67 Vgl. Wenzel (2002), Hickethier (2003), Posner (2003), Kellermann (2004), Schnell (2009), Borgstedt (2009), Parr (2011) sowie das Projekt „NCCR Mediality“ an der Universität Zürich (Kiening 2003, 2007, 2010). 68 Medialität bezeichnet hier die spezifischen Verfahren bzw. Eigenschaften des Mediums, vergleichbar dem Begriff der Literarizität (Hickethier 2003: 26; Parr 2011: 26). 69 Posner (2003: 46). 70 Vgl. Wenzel (2002: 127), Kellermann (2004: 4). 71 Wobei diese Übergänge auch eine längere Gleichzeitigkeit der einzelnen Medien umfassen können. Rüdiger Schnell sieht keine solche Abgrenzung des Mittelalters von der Neuzeit durch den Einleitung 24 Untersuchung wäre lediglich die Handschriftenstufe bzw. „die Materialität der Kommunikation“ relevant, 72 und zwar in dem Verständnis, dass die handschriftliche Überlieferung nicht nur der Speicherung von Informationen dient, sondern auch der Vermittlung oder Übermittlung von Information. So vermittelt die Handschrift, das Buch oder der Bildschirm als Medium den Text an den Rezipienten. Das Medium ist gleichermaßen (Text-)Vermittler und (Text-)Träger. Darüber hinaus sind in diesem Zusammenhang die Eigenschaften, die Funktion und die Botschaft des Mediums untersuchbar. Die jüngere Medialitätsforschung, z. B. in Zürich, 73 versucht die herkömmlichen Ansätze innerhalb der Medientheorie zu überwinden und versteht sich ebenso als philosophischer Ansatz der die „Kommunikations-, Übertragungs- und Wahrnehmungsformen [...] historisch wie systematisch beschreibbar [...] machen“ will. 74 So wird Schrift als mediale Form benannt, an der „das Verhältnis von Materialität und Semantik [...] in historischer Eigentümlichkeit zu beobachten ist.“ 75 Medialität beschreibt nicht nur die Eigenschaften eines Mediums, sondern auch dessen Überlieferungs- und Wahrnehmungsformen. In dieser Untersuchung wird der jeweilige Sagatext, der in einer Handschrift überliefert ist, als Medium verstanden. Dadurch sind sowohl Aspekte der Schriftlichkeit als auch Eigenschaften der Handschrift gleichermaßen zu berücksichtigen. Der Vorteil dieser Herangehensweise ist, dass nicht nur der einzelne Sagatext in einer Handschrift in seiner Materialität und Medialität erfasst wird, sondern die gesamte Textüberlieferung einer Saga in allen Handschriften. 76 Ein wesentlicher medialer Aspekt ist dabei die Textvarianz des Sagatexts, da sich dieser aus der handschriftlichen Überlieferung und dem jeweiligen individuellen Rezeptions- und Aktualisierungsprozess des Sagatexts ergibt. Da der jeweilige literarische Text existentiell an seinen Textträger, die Handschrift, und damit einhergehend auch an dessen Eigenschaften gebunden ist, besitzt der Textträger oder Körper des Texts 77 einen nicht unerheblichen Einfluss auf den Zustand und die Form des Texts in der Handschrift. Dies umfasst entstehungskontextuell bedingte Aspekte wie Paläografie und Orthografie, aber auch Gebrauchsspuren und Paratexte, die durch die Benutzung und Überlieferung der Handschrift entstanden sind. Dadurch sind nicht nur in der Handschrift selbst, sondern auch im handschriftlich überlieferten Sagatext stets Aspekte von Medialität und Transmission, das heißt Übergang von Mündlichkeit zu Schriftlichkeit, Handschriftenzu Buchkultur oder Vorlesezu Selbstlesekultur, sondern eine Gleichzeitigkeit und einen Übergang dieser Phänomene, der bereits im Mittelalter beginnt und in der Neuzeit noch wirksam ist (2009: 3f). 72 Wenzel (2002: 131). Das umfasst in dieser Untersuchung die handschriftliche Überlieferung und dadurch Vielfalt eines Texts, aber auch den jeweils einzigartigen Entstehungskontext, die weitere Überlieferung und Rezeption einer Handschrift. Siehe dazu Kapitel 2.1. 73 „NCCR Mediality“ der Universität Zürich. Vgl. Kiening (2007, 2010). 74 Kiening (2010: 8). 75 Kiening (2007: 3). 76 Vgl. Glausers (1992) Untersuchung zu den Märchensagas, welche die handschriftliche Überlieferung, Zeittiefe und Funktion am Beispiel der Dínus saga bespricht. 77 Kiening (2003). Einleitung 25 der handschriftlichen Überlieferung, erkennbar. Damit einhergehend sind auch intertextuelle und kontextuelle Merkmale auffindbar. Da diese Untersuchung auf den Sagatext als Medium fokussiert, scheint ein rezeptionsorientierter Ansatz, 78 der Informationen zu Umgang, Aufnahme und schließlich Aktualisierung von Text liefert, am vielversprechendsten. Durch die Gegenüberstellung aller Medien, das heißt aller Texte einer Saga in allen vorhandenen Textzeugen, kann darüber hinaus die Varianz und Veränderlichkeit des Sagatexts im Laufe seiner handschriftlichen Überlieferung untersucht werden. So können Aussagen zu Form und Funktion einer Saga, z. B. in der jeweiligen Handschrift oder als Gesamtwerk, getroffen werden. Es stellt sich auch die Frage, welche mediale Wirkung die jeweiligen Textvorlagen z. B. auf ihre Abschriften haben? Daher wird Medialität hier als Begriff genutzt, der den jeweiligen handschriftlich überlieferten Sagatext sowohl in seiner Zeitlichkeit und Räumlichkeit als auch in seiner jeweiligen Bedeutungsebene erfassen kann. Rezeption und Aktualisierung von Text sind dabei wesentliche Aspekte von Medialität, die schließlich alle Medien über ihre Eigenschaften, wie der Textvarianz, in Bezug zueinander setzten können. Es stellt sich schließlich auch die Frage, welchem Wandel der jeweilige Sagatext im Laufe der Text- und Handschriftenüberlieferung unterliegt und auf welche Ursachen dies zurückzuführen ist. Primär von Interesse sind dabei die Textüberlieferung sowie die Wechselwirkung zwischen Textvarianz und Textstabilität. Anhand dieser sind wiederum Aspekte der Sinnentstehung, Sinngebung und mögliche Wahrnehmungsformen von Text beschreibbar und damit gleichermaßen die Medialität von Text. Vorgehen Die vorliegende Untersuchung soll generell auf die Untersuchungsmöglichkeiten von Sagatexten in Handschriften und die handschriftliche Gesamtüberlieferung von Sagas aufmerksam machen. Dadurch sollen neue Erkenntnisse zur Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga gewonnen. Weiterhin soll gezeigt werden, dass es fruchtbar ist, sich nicht nur auf die Forschung in der Altnordistik zu beziehen, sondern auch aktuelle theoretische Fragestellungen aus vergleichbaren Fachgebieten, vorrangig der germanistischen Mediävistik, aufzunehmen. Kapitel 1 widmet sich generell der Stoffüberlieferung, Kapitel 2 der Handschriftenüberlieferung und Kapitel 3 der Textüberlieferung. Da sich diese Untersuchung als natürliche Reaktion auf die Forschungsgeschichte und aktueller theoretischer Fragestellungen zu den ü. Rs. versteht, folgt im ersten Kapitel zunächst eine Darstellung der bisherigen Forschungsgeschichte zur Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga. Dabei werden die drei Sagas innerhalb der ü. Rs. aus zwei Betrachtungsrichtungen heraus dargestellt: Zum einen als Teil der nordischen Literatur, zum anderen als Teil der europäischen Literatur. 78 Vgl. hierzu die Diskussion zur Fiktionalität in Andree (2005). Einleitung 26 Daher wird als erstes auf das nordische Entstehungsumfeld ab dem 13. Jahrhundert und den dort vorhandenen literarischen Kontext eingegangen: Welche literarische Aktivität herrschte im Norden, als die höfischen Stoffe dorthin kamen, und welche nordischen Werke stehen thematisch in Verbindung zum Artusstoff? Danach werden die drei Sagas als Teil einer europäischen höfischen Literatur betrachtet, die ab dem 13. Jahrhundert in den Norden übertragen wurde. Sie werden in Bezug zu ihrer Herkunft aus altfranzösischen höfischen Romanen gesetzt und die Textmerkmale Form, Inhalt, Stil, Rezeption und Funktion anhand der bisherigen Ergebnisse aus der Forschung besprochen und durch neue Erkenntnisse ergänzt. Außerdem ist eine Neubewertung des forschungsgeschichtlich geprägten Gattungsbegriffs möglich, wenn die tatsächliche Handschriftenlage dieser drei Sagas berücksichtigt wird. Das heißt, die Entstehung am norwegischen Hof im 13. Jahrhundert ist faktisch nicht nachweisbar und eine konkrete Übersetzung liegt mit den drei ü. Rs. nach moderner Auffassung auch nicht vor. Das zweite Kapitel dieser Untersuchung widmet sich ausschließlich der Erörterung der Entstehungs- und Überlieferungskontexte aller Handschriften, die Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga enthalten. Dabei werden die Möglichkeiten der Untersuchung einer Gesamttransmission aufgezeigt. So kann die Überlieferung aller Texte in einen räumlichen, zeitlichen und personalen Zusammenhang gesetzt werden. Außerdem werden die Überlieferungsverbünde aller Sagatexte in ihren entsprechenden Handschriften untersucht. Die Hauptfrage ist hier, inwiefern die Überlieferungsverbünde bei der Anordnung der einzelnen Erzählungen ein Gattungsbewusstsein erkennen lassen. In Vorbereitung auf die Untersuchung in Kapitel 3 werden alle Handschriften in einer chronologischen Anordnung mit allen Informationen über ihre Entstehungs- und Überlieferungskontexte konkreter vorgestellt und einer bestimmten Handschriftenüberlieferungsgruppe zugeordnet. So wird z. B. ein Blick auf Auftraggeber und Schreibermilieu einer Handschrift geworfen, der Rückschlüsse auf die Eigenschaften der jeweiligen Handschrift und ihrer Inhalte aufzeigt. Detailstudien zu Textaktualisierungstendenzen wären auf dieser Grundlage besonders fruchtbar. Im dritten Kapitel dieser Untersuchung liegt der Fokus auf der Analyse ausgewählter Textbeispiele, die in allen Textzeugen gegenübergestellt werden. Anhand eines Vergleichs aller Textzeugen kann eine Textvarianz aufgezeigt werden. Um welche Art der Textvarianz oder Textstabilität handelt es sich in den einzelnen Handschriften und Sagas? Welche Textaktualisierungen sind in jeder Handschrift und in jeder Saga erkennbar? Sind Rückschlüsse zwischen der Textvarianz und der Entstehungsbzw. Überlieferungsgeschichte der jeweiligen Handschrift zu ziehen? Der Untersuchung folgen eine abschließende Zusammenfassung aller Ergebnisse und ein Ausblick auf weitere Untersuchungsmöglichkeiten. 1 Literaturgeschichtliche Verortung 1.1 Überblick Forschungsgeschichte 1.1.1 Forschungsgeschichtlicher Rückblick Die ü. Rs. wurden in der Sagaforschung lange Zeit kaum beachtet. Die ältere Forschungsgeschichte hält sich daher, neben den Texteditionen, in einem überschaubaren Rahmen mit zwei Hauptbetrachtungsrichtungen: dem Vergleich der ü. Rs. mit der übrigen isländischen Sagaliteratur und dem Vergleich der ü. Rs. mit den französischen Vorlagen. Das führt dazu, dass die ü. Rs. in der älteren Literaturgeschichte oftmals als minderwertige und missverstandene nordische Kopien der altfranzösischen höfischen Romane bewertet wurden, 1 statt ihre Eigenarten als Ergebnis einer Adaption ausländischer Stoffe in den nordischen Kulturraum zu verstehen. Die Meinung der älteren Sagaforschung, dass die ü. Rs. zum Verfall der isländischen Sagaliteratur beigetragen haben, 2 wurde in den 1980er Jahren von Weber nochmals aufgegriffen. 3 Die ü. Rs. werden bei dieser Betrachtung in ihrer zeitlichen Entstehung grundsätzlich später als die Íslendingasögur eingeordnet, gleichwohl die handschriftliche Überlieferung zeigt, dass die ü. Rs. zeitgleich zu den Íslendingasögur überliefert worden sind. 4 Kölbing war der erste, der Aufsätze zu quellengeschichtlichen und inhaltlichen Aspekten der ü. Rs. veröffentlichte und zwischen 1869 und 1898 Texteditionen und Untersuchungen anfertigte. 5 Cederschiöld veröffentlichte 1880 eine kritische Ausgabe der Erex saga. Es dauerte fast ein Jahrhundert, bis die Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga wieder gleichermaßen wissenschaftliches Interesse fanden. 6 Ende der 1950er Jahre legten Schach und Halvorsen Untersuchungen zu ü. Rs. vor. 7 Gleichzeitig wurden die nordischen Artusstoffe auch außerhalb Skandinaviens in Überblicksdarstellungen berücksichtigt. 8 Als einer der wichtigsten Wegbereiter der Forschung zu den ü. Rs. kann, neben Kölbing, Blaisdell 1 Vgl. hierzu Einleitung sowie die Darstellungen bei Kalinke (1985a: 316f), Glauser (1987: 96f, 1992, 1998: 10, 2005: 372f), Kramarz-Bein (2002: 236). 2 Siehe hierzu Einleitung. 3 Weber (1986: 419f). 4 Als Beispiele seien genannt: das älteste Handschriftenfragment der Egils saga datiert aus der Mitte des 13. Jh.s und das der Njáls saga von 1325 (Ordbog over det norrøne prosasprog: Registre 1989). 5 Kölbing (u.a. 1869, 1871, 1872). Vgl. hier auch Cederschiölds (1884) Texteditionen der Flóvents saga und Bevers saga. 6 Wenn man von Leach (1921) absieht, der die ü. Rs. als Teil der europäischen Literatur sah. 7 Schach (1957). Seit 1959 lieferte Halvorsen Forschungsarbeiten zur höfischen Literatur und zum höfischen Stil und trug zur Integration dieses Genres in die nordische Literaturgeschichte bei. 8 Siehe Mitchell (1959). 1 Literaturgeschichtliche Verortung 28 gesehen werden. Neben Texteditionen zur Erex saga und Ívens saga beschäftigt er sich mit diesen Sagas in Bezug auf Stil, Struktur und Handschriftenvorkommen. Seine Untersuchungen zielen auf stilistische Detailbeobachtungen. Der Frage nach dem Transfer der Stoffe in den nordischen Raum geht Tveitane 1969 nach. Er nährt die Debatte um die Angliederung der altnordischen Sagaliteratur an die europäische Literatur. Die Sagaliteratur soll nicht als ein von der europäischen Literatur losgelöstes Literaturgenre bzw. genuin nordisches Genre betrachtet werden, wie es innerhalb der skandinavistischen Forschung noch bis in jüngste Zeit teilweise üblich war. Rossenbecks Untersuchung weist ebenso in die Richtung der Angliederung der Sagaliteratur an die europäische Literatur. 9 Auf den textkritischen Spuren Blaisdells folgte Kalinke. Sie und Barnes 10 sind die bis heute aktivsten Forscher auf dem Gebiet der ü. Rs. und vertreten zwei gegensätzliche Positionen, welche sich teilweise aus ihrem jeweiligen Untersuchungsmaterial ergeben: Barnes konzentriert sich in ihren Forschungen besonders auf den Übersetzungsprozess von französischen Vorlagen ins Altnorwegische. Sie meint ein hintergründig angelegtes, ideologisches und didaktisches Programm in den nordischen Texten nachweisen zu können und bindet dieses konkret an die Erziehungs- oder Zivilisierungsbestrebungen Hákon Hákonarsons am norwegischen Hof des 13. Jahrhunderts. 11 Jegliche Textunterschiede, die in den heute erhaltenen ü. Rs. gegenüber den französischen Werken vorliegen, führt Barnes auf den norwegischen Übersetzer des 13. Jahrhunderts zurück. Sie konzentriert sich auf die Parcevals saga, die gegenüber der Ívens saga und Erex saga durch einen didaktischeren Stil geprägt ist und zahlreiche sentenzhafte und alliterierende Sätze enthält. 12 Barnes nutzt den ältesten erhaltenen Text der Parcevals saga (Holm perg 6 4to) aus dem 14. Jahrhundert und bezieht diesen auf einen norwegischen Kontext des 13. Jahrhunderts. Kalinke dagegen sieht die ü. Rs. und ihre Textunterschiede als Ergebnis ihrer (späteren) Überlieferung auf Island. Sie meint, darin eher Aussagen zur Schreibpraxis auf Island erkennen zu können als zu einem norwegischen Kontext des 13. Jahrhunderts. 13 Die ü. Rs. sind bei Kalinke Teil des Transformationsprozesses der arthurischen Literatur in Skandinavien 14 und die ü. Rs. dienten vornehmlich Unterhaltungszwecken. Sie konzentriert sich auf Möttuls saga, Strengleikar und Elis saga, 9 Rossenbeck fordert, die altnordische Prosaliteratur als einen Teil der europäischen Literatur des Mittelalters zu betrachten und zugleich deren Sonderentwicklung zu verstehen (1970: 229). 10 Barnes veröffentlichte (seit 1974a) eine Reihe an Arbeiten und Aufsätzen zur Übersetzungs- und Rezeptionsfrage der ü. Rs. im 13. Jh. 11 Besprechungen einer didaktischen Funktion der ü. Rs. führten bereits Meissner (1902), de Vries (1967), Halvorsen (1973). 12 Vgl. Textbeispiele unter Punkt 1.4.3. Barnes sieht in den ü. Rs. hauptsächlich fundamentale didaktische Werke: „instruct, improve, elevate and inspire those to whom they were directed, and they should in this case be regarded as a distinctive body of work“, stellt sie in ihrer Untersuchung zur Parcevals saga fest (Barnes 1974a: 155, 1975). 13 Kalinke (1981: 8, 1996: 88). Bereits Sverrir Tómasson (1977) formulierte diese Annahme für die Tristrams saga. 14 Kalinke (1981: 223). Vgl. dazu die Diskussion in Kapitel 1.3. 1.1 Überblick Forschungsgeschichte 29 die Erzählerkommentare enthalten wie „gaman ok skemmtan“, „yðr til skemmtanar“, die Kalinke zufolge auf die unterhaltende Funktion hinweisen. 15 1977 legte Gardiner eine Abhandlung zur Parcevals saga vor, in der sie einen Vergleich mit dem französischen höfischen Roman Perceval anstellt. 16 Auch Álfrún Gunnlaugsdóttir widmete sich der Parcevals saga und schließt sich Barnes’ Sichtweise an, dass es sich um eine Art „Bildungsroman“ handelt. 17 1985 kritisiert Kalinke konkret die Forscher, die die erhaltenen ü. Rs. Texte für ihre Untersuchungen als Werke des 13. Jahrhunderts heranziehen. 18 Zudem macht sie darauf aufmerksam, dass aufgrund der Handschriftenlage keine direkten Aussagen und Vergleiche mit altfranzösischen Versionen möglich sind. 19 Von Ívens saga und Parcevals saga sind bekanntlich Texte aus dem 15. bis 19. Jahrhundert erhalten und für die Erex saga sind vollständige Texte nur aus dem 17. bis 19. Jahrhundert erhalten. Jede Untersuchung basiert folglich ausschließlich auf Texten, die bereits eine Textvarianz gegenüber den verlorenen Vorlagen aufweisen können. 20 In der Forschungsgeschichte zu den ü. Rs. lässt sich insgesamt seit den 1980er Jahren eine Wende erkennen. Zentrale Fragen kreisen nun um Rezeption und Übersetzungsvorgang. Studien zu den ü. Rs. konzentrieren sich nicht mehr nur auf den Vergleich mit den kontinentalen höfischen Romanen und auf Fragen zu Herkunft, Inhalt und Stil, sondern fassen die ü. Rs. zunehmend als eigenständige, nordische Werke auf und betrachten ihre Wirkung innerhalb der nordischen Literatur und Kultur. 21 So sind Übersetzungstheorien, Rezeptionstheorien und Text-Kontextanalysen nun auch in der Forschung zu den ü. Rs. angekommen. 22 1985 erschien ein von Boyer herausgegebener Konferenzband zu den Riddarasögur. Erwähnt sei hier Marold, die in ihrem Beitrag zur Rezeptionsgeschichte auf die Problematik eingeht, dass der Verfasser der Ívens saga auch gleichzeitig als Rezipient der französischen Vorlagen aufzufassen ist und sich dies in der Textadaption niederschlägt. 23 Sanders und Degnbol diskutierten, dass im Laufe der isländischen Überlieferung dieser Texte auch Textvarianz entstanden sein kann. 24 Auch Kalinke geht auf diese Aspekte ein 25 und bespricht in einer weiteren Publikation zu den Riddarasögur und Fornaldarsögur Probleme des Gattungsbegriffs, Aspekte der Forschungsgeschichte, die 15 Kalinke (1981: 22f). Hierbei folgt sie Tveitanes (1972) Ansatz zu Elis saga und Strengleikar in der Handschrift DG 4-7 (Tveitane 1972: 34). 16 Gardiner (1977). 17 Álfrún Gunnlaugsdóttir (1984). Ausführliche Diskussion zur Didaxefunktion in Kapitel 1.5.1. 18 Kalinke (1985a: 333f). 19 Bekanntermaßen sind weder die altfranzösische Vorlage noch das altnorwegische Original erhalten. 20 Vgl. hierzu die Übersicht zur Verbreitung des Artusstoffs in Europa in Kapitel 1.2.1. 21 Z. B. folgt Kretschmer im Ansatz Barnes Konzept und fertigte 1982 eine Studie zu den ü. Rs. an, in der er rezeptionsästhetische und literatursoziologische Fragestellungen heranzieht, um den Übersetzungsvorgang im 13. Jh. nachzuvollziehen. 22 Vgl. Glauser (1985, 1987). 23 Marold (1985: 157f). 24 Sanders (1983: 55f). 25 Kalinke (1985a: 337). 1 Literaturgeschichtliche Verortung 30 handschriftliche Überlieferung und die durch die Textüberlieferung hervorgerufenen Textunterschiede. Weber schrieb „dem Übersetzer“ 26 nach wie vor die wesentlichen Maßnahmen an den Textveränderungen gegenüber dem französischen Original zu. 27 Allerdings können derartige Annahmen nur spekulativer Natur sein, da der Grad der Textunterschiede von den nicht mehr erhaltenen altwestnordischen Original-Übertragungen bis zu den heute erhaltenen isländischen Texten ebenso im Dunkeln liegt wie die tatsächliche altfranzösische Stoffvorlage. Eine Aktualisierung ihrer eigenen Positionen und einen Überblick zur Forschung zu den ü. Rs. legten jeweils Barnes und Kalinke vor. 28 Kalinke thematisiert dabei die Unsicherheit gegenüber der Etablierung eines norwegischen Entstehungskontexts der drei Riddarasögur. 29 Glauser hingegen widmet sich dann textkritischen Fragen und bemängelt, dass es bisher kaum Bemühungen auf dem Gebiet der Erforschung der Überlieferungszusammenhänge und der Gesamttransmission für die ü. Rs. gab. 30 Kramarz- Bein erörtert in ihrer Monografie 31 zur Þiðreks saga sehr ausführlich einen ggf. auch für die ü. Rs. interessanten Kontext rund um den norwegischen Hof im 13. Jahrhundert. In einem enzyklopädischen Beitrag setzt Glauser die ü. Rs. in Verbindung zu modernen theoretischen Termini wie Translation, Transmission, Textualität, Fiktionalitätspotential und Schriftbewusstsein. 32 Aus den letzten Jahren liegen mit Kalinke, Kramarz-Bein, Eriksen, Marti und Sif Ríkharðsdóttir weitere Untersuchungen vor, 33 welche sich thematisch mit aktuellen Fragestellungen, z. B. zum Übertragungsvorgang und der Rezeption der ü. Rs. im norwegischen und nordischen Entstehungskontext oder dem Kultur- und Sprachtransfer, beschäftigen. Bereits 2004 wurde aktuellen Fragen zum Übertragungsvorgang der ü. Rs. und verwandter Literatur auf einer Konferenz in Basel nachgegangen, dem die Publikation einer Aufsatzsammlung mit Beiträgen u.a. von Degnbol, Sanders, Andersson, Gropper folgte. 34 In der Einleitung dieser Aufsatzsammlung werden von Glauser die aktuellen Forschungstendenzen zu den ü. Rs. besprochen und jüngst erschienene Literatur zu dem Thema vorgestellt. So wird auch auf zwei Forschungsprojekte verwiesen, die mit dem Thema in Zusammenhang stehen und in deren Umfeld einige der jüngsten Untersuchungen zu den ü. Rs. verfasst wurden. Es handelt sich dabei um das Zürcher Forschungsprojekt „Transmission in den skandinavischen Literaturen der Frühen Neuzeit“ (1999-2004) sowie das Osloer Projekt „Translation, Trans- 26 Weber (1986). Es liegt völlig im Dunkeln, ob die heute erhaltenen Handschriften den Stand der ersten Übertragung aus dem Altfranzösischen widerspiegeln und inwiefern der erhaltene Text auf eine Übersetzerperson zurückzuführen ist. 27 So auch Kretschmer (1982). 28 Vgl. Barnes (1989) und Kalinke (1985a, 1996d). 29 Bereits Damsgaard Olsen (1965) zweifelt am norwegischen Entstehungskontext einiger übersetzter Riddarasögur. Siehe dazu auch Kalinke (1981: 94f). 30 Glauser (1998: 20f). 31 Kramarz-Bein (2002). 32 Glauser (2005: 381). 33 Kalinke (2006, 2011), Kramarz-Bein (2007), Eriksen (2009), Marti (2010), Sif Ríkharðsdóttir (2012). 34 Glauser/ Kramarz-Bein (2014). 1.1 Überblick Forschungsgeschichte 31 mission and Transformation: Old Norse Romantic Fiction and Scandinavian Vernacular Literacy 1200-1500“ (2007-2010). Die Forschung zu den ü. Rs. und insbesondere zu Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga ist seit den 1980er Jahren und vor allem seit den 2000er Jahren nicht nur durch die Anwendung aktueller Theorien geprägt, sondern parallel dazu auch durch die Weiterführung etablierter „älterer“ Forschungsansätze wie dem Vergleich der altnordischen Texte mit altfranzösischen Textversionen. Nach wie vor spielen komparatistische Untersuchungen auf Grundlage eines altfranzösischen und eines altnordischen Text dabei eine wesentliche Rolle. M. E. sind die wenigsten der vorgestellten Untersuchungen ihrem Textmaterial gegenüber kritisch genug. 35 Zum einen exisitieren weder die altfranzösischen Vorlagen noch die altnorwegischen Originalübertragung der drei ü. Rs. und zum anderen basieren die Untersuchungen grundsätzlich auf jüngeren Textquellen. Man sollte daher bedenken, dass die uns vorliegenden Texte weder Spiegel des 13. Jahrhunderts noch eines früheren oder späteren Jahrhunderts sind. Die Texte sollten eher als Artefakte gesehen werden, die eine Vermischung aus verschiedenen zeitlichen Kontexten zeigen. 36 So sind z. B. Untersuchungen zum Kultur- und Sprachtransfer, Übertragungs- und Rezeptionsvorgang mindestens für die Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga in Bezug auf einen norwegischen Entstehungskontext des 13. Jahrhunderts problematisch, da aus dieser Zeit keine Textzeugen der drei Sagas erhalten sind. Hinzu kommt die Vorstellung von mittelalterlichen Texten und ihrem Merkmal der Offenheit, welche für die erhaltenen Handschriftentexte eine unbekannte Größe an Textvarianz gegenüber ihren verlorenen Textvorlagen suggerieren dürfte. Die vorliegende Untersuchung hat sich daher zum Ziel gesetzt, Möglichkeiten aufzuzeigen, welche ein allein auf den erhaltenen Artefakten bzw. den isländischen Handschriften fokussierter Ansatz bieten kann. 1.1.2 Texteditionen 1880 erschien die erste kritische Edition der Erex saga von Cederschjöld. 37 Basierend auf dieser Ausgabe erschien 1886 die erste Leseausgabe der Erex saga von Valdimar Ásmundarson. 38 Kölbings Editionen der Elis saga, Flóres saga, Ívens saga, Parcevals saga von 1872-1898 werden heute noch teilweise als Textvorlage genutzt, mangelt es doch bei den meisten ü. Rs. an aktuellen diplomatischen Editionen. Die neuisländische Leseausgabe von Bjarni Vilhjálmsson 39 stützt sich in Bezug auf die 35 Besonders bei Textvergleichen, wie z. B. von Gardiner (1977), Kretschmer (1982) oder in den jüngsten Veröffentlichungen. 36 Vgl. Einleitung. 37 Diese beruht auf den Handschriftentexten AM 181b fol und Holm papp 46 4to, vgl. Blaisdell (1965: XIII). 38 Ein Blatt dieser Ausgabe gelangte in die Handschrift Lbs 2498 8vo zusammen mit diversen Notizen und wurde von Kalinke (1981) daher vermutlich zu den Handschriften der Erex saga gezählt. 39 Bjarni Vilhjálmsson (1949-1954). 1 Literaturgeschichtliche Verortung 32 drei ü. Rs. auf die Ausgaben von Kölbing und Cederschjöld. Die Notwendigkeit einer neuen Edition der Erex saga beschrieb Blaisdell 1965 umfassend. 40 Er veröffentlichte später auch eine diplomatische Edition der Ívens saga. Kalinke veröffentlichte 1999 eine normalisierte Textedition der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga nebst englischen Übersetzungen. Die Parcevals saga sollte in einer diplomatischen Edition von Maclean erscheinen. 41 Ansonsten finden sich Ívens saga und Parcevals saga in Faksimileausgaben der Handschriften Holm perg 6 4to und AM 489 4to. 42 1.2 Stoffherkunft und Übersetzungsvorlage Einer der beliebtesten Erzählstoffe des Mittelalters thematisiert König Artus (im Englischen und Französischen: Arthur) 43 und die Abenteuer seiner Ritter. Es ist somit nicht verwunderlich, dass diese populären Stoffe auch in den nordischen Raum transportiert und adaptiert wurden. Historisch gesehen gibt es keinerlei Belege für die Existenz eines Artus als König der Briten. 44 Das Interesse für einen Mythos, der erst durch seine jeweilige Adaption, Interpretation und Aktualisierung lebendig wird, hält bis heute an, wobei die maßgebliche Rolle bei der Popularisierung dieses Stoffs im europäischen Raum wohl Chrétien de Troyes’ Artusromane spielen. Geoffrey of Monmouths Historia Regum Britanniæ (ca. 1138) schildert erstmals Aufstieg und Fall eines historischen König Artus. Diese Erzählung enthält noch nicht die später populären Episoden von Merlin, dem Heiligen Gral, Lancelot, Morgan le Fay, der Tafelrunde usw. Es geht Kennedy zufolge zunächst nur um den Fall eines großen Helden auf der Höhe seiner Macht „because earthly things are transient and one may lose them at any time 40 Blaisdell (1965: XIII). 41 Die diplomatische Edition auf Basis von Holm perg 6 4to und weiterer Handschriften sollte ursprünglich in der Reihe Editiones Arnamagnaeanae in Kopenhagen erscheinen, durch den Tod von Helen Susan Maclean hat sich die Veröffentlichung nun auf unbestimmte Zeit verschoben. 42 Slay (1972), Blaisdell (1980). 43 Zu diesem Thema existiert eine Vielzahl an Übersichtswerken. Vgl. zur Geschichte des Artusstoff Lupack (2005), Kennedy (1996). Vgl. zu den Artusromanen und Handschriften Busby (2005), Duggan (2001), Le Saux (2005) sowie Lacy (1996, 2005, 2006). Vgl. zu den späteren mittelalterlichen Artusromanen bzw. Prosaromanen Krueger (2000), Fulton (2009), Lacy (2005). 44 Ab dem 6. Jh. findet sich sein Name in einigen wenigen Schriften, so in der walisischen Elegie Y Gododdin (um 600 oder 900, aber nur in einer Handschrift aus dem 13. Jh. erhalten). Von einer Legende zur historisch-mythischen Gestalt transformierte er in den frühen britisch/ angelsächsischen Historiografien. In den Annales Cambriae wird das Jahr 518 erwähnt, als in der Schlacht von Camlan Artus und Medraut getötet wurden. Auch diese Handschriften stammen aus dem 13. Jh. Die Historia Brittonum (ca. 829-830 oder 833) beschreibt Artus als Heerführer, der zwölf große Siege (der Briten gegen die Angeln und Sachsen) erzielte und 960 Männer getötet haben soll. Dieses Werk wird dem Historiker Nennius Gildas oder anderen zugeschrieben. In den De Rebus Gestis Regum Anglorum (ca. 1125) des William of Malmsbury findet sich ein Abschnitt zu Artus als Kriegsführer und der Ambivalenz historischer Quellen (nach Kennedy 1996: XV). 1.2 Stoffherkunft und Übersetzungsvorlage 33 through no fault of one’s own“. 45 Geoffreys Historia war eine der einflussreichsten Schriften im Mittelalter und existiert heute noch in 215 Handschriften. Der Mythos von Artus wurde in der englischen Geschichte vielfach als Legitimation des englischen Königtums genutzt. 46 Um 1155 schrieb Wace den ersten volkssprachigen Versroman, die französischsprachige Reimchronik Roman de Brut, die auf Geoffreys Historia basierte und diese u.a. mit einem zeitgenössischen Blick versah und das Motiv der Tafelrunde hinzufügte. 47 Der Auftraggeber für dieses Werk war vermutlich Henry II., König von England und Herzog der Normandie. Roman de Brut wurde wahrscheinlich für die königliche Zuhörerschaft konzipiert. Vermutlich kannte Chrétien de Troyes Geoffreys und Waces Werke, war mit den antiken wie zeitgenössischen Schriften vertraut und nutzte diese für seinen ersten Roman Erec et Enide und die folgenden. Es liegt völlig im Dunkeln, wer Chrétien war, da sich Referenzen über ihn meist nur in seinen Texten finden. 48 Daher geht man davon aus, dass Lancelot im Auftrag von Marie de Champagne entstand und Perceval unter Philip Graf von Flandern letztlich unvollendet gelassen wurde, was möglicherweise auf den Tod Chrétiens ca. 1190/ 1191 zurückzuführen ist. Zur Datierung der ihm zugeschriebenen fünf Werke 49 liegen verschiedene Meinungen vor, Duggan geht von einer Zeitspanne zwischen ca. 1170 bis 1190 und Lacy von 1150 bis 1190 aus. 50 Es existieren noch ca. 43 Handschriften mit Chrétiens Texten, vorwiegend aus dem 13. Jahrhundert, aber keine erhaltenen Handschriften datieren aus der mutmaßlichen Lebenszeit Chrétiens. 51 Die fünf Romane, die Chrétien zugeschrieben werden, zeigen ein je anderes Bild des Königs. In seinen Darstellungen wird Artus dabei zunehmend zu einer Hintergrundfigur degradiert. Der Charakter vom heldenhaften König wird zu einer schwachen, müden Figur verändert. 52 45 Kennedy (1996: XVI). 46 Bemerkenswert ist die Sicht Geoffreys, welche die Briten den Römern als moralisch und militärisch überlegen darstellt (Le Saux 2005: 89). Er griff eine beliebte Idee auf, die britische Genealogie bis auf Brutus, dem Ururenkel von Aeneas, zurückzuführen, da dies auch bei Nennius, Beda und Gilda erwähnt wurde (Duggan 2001: 30). 47 Hier und im Folgenden Le Saux (2005: 85). Wenn das Werk vor 1153 entstanden ist, könnte es z. B. als Geschenk für Eleanor von Aquitanien gedient haben. Es existieren noch über 30 Manuskripte des Roman de Brut. Das älteste datiert auf Ende des 12. Jh. (Handschrift C iv 27, Durham Cathedral Library). 48 Duggan (2001: 6). 49 Erec et Enide, Yvain, Lancelot, Perceval/ Le conte du Graal, Cligès. 50 Duggan (2001: 16) und Lacy (1996: 105). Duggan zufolge stützen sich die meisten modernen Editionen auf den Codex des Schreibers Guiot de Provins in Brie (Provinz in der Champagne) aus der zweiten Hälfte des 13. Jh.s (Duggan 2001: 35). 51 Eine Übersicht zu den Handschriften bietet Busby (2005). 52 Duggan (2001: 309). 1 Literaturgeschichtliche Verortung 34 Übersicht 2: Verbreitung der Artusthematik in Europa 53 Titel Vermutliche Entstehungszeit Älteste erhaltene Handschriften Annales Cambriae 518/ 537 13. Jh. Gododdin 600 13. Jh. Historia Brittonum 829/ 830 1100-1120 De rebus gestis regum anglorum 1125 Ende 12. Jh. Historia Anlgorum 1129 Mitte 12. Jh. Historia Regum Britanniae 1138 Mitte 12. Jh. Wace Roman de Brut 1155 Ende 12. Jh. Robert Biket Lai du cor Ende 12. Jh. 13. Jh. Marie de France Lais 1170 13. Jh. Chrétien de Troyes Erec et Enide 1170 13. Jh. Chrétien de Troyes Lancelot 1177-1181 13. Jh. Chrétien de Troyes Yvain 1180 Anfang 13. Jh. Chrétien de Troyes Perceval/ Conte del Graal 1190 Mitte 13. Jh. Hartmann von Aue Erec Ende 12. Jh. 13. Jh. Hartmann von Aue Iwein Ende 12. Jh. 13. Jh. Wolfram von Eschenbach Parzival 1210 1260 Franz. Vulgate Circle I 1215-1230 14. Jh. Franz. Vulgate Circle II 1230-1240 14. Jh. Niederländ. Prosa Perchevael vor 1250 1275-1300 Franz. Prosa Perlesvaus Le Haute Livre du Graal Anfang 13. Jh. 14. Jh. Engl. Prosa Arthour and Merlin Mitte 13. Jh. 1330 Engl. Prosa Ywain and Gawein 13. Jh. 15. Jh. Franz. Prosa Erec 13. Jh. 15. Jh. Franz. Prosa Yvain 13. Jh. 14. Jh. 53 Die Informationen sind den Nachlagewerken von Lacy (1988, 2005), Busby (1993) und Pulsiano (1993) entnommen. 1.2 Stoffherkunft und Übersetzungsvorlage 35 Chrétiens Versromane wurden durch ihre jeweiligen Adaptionen rasch im europäischen Raum verbreitet. Erec et Enide, Yvain und Perceval sind offenbar die beliebtesten Stoffe, wenn man allein die Verbreitung als Popularitätsanzeiger heranzieht. 54 1.2.1 Der Artusstoff in Europa Die Tabelle in der Übersicht 2 55 zeigt die bereits angesprochene Diskrepanz zwischen vermutetem Entstehungszeitraum und tatsächlicher Handschriftenlage auch bei den altfranzösischen Romanen. Die Weiterverarbeitung von Chrétiens Romanen in den europäischen Literaturen des 13. und 14. Jahrhunderts, zeigt eindeutig eine europäische Tendenz zur Verfassung von Prosaromanen. So entsteht in Frankreich, vermutlich circa 50 Jahre nach den Chrétien zugeschriebenen Versromanen, der erste Prosaroman Perceval (im Vulgate Cycle I ca. 1215-1230), gefolgt von einem Roman du Graal (Vulgate Cycle II 1230-1240); zur gleichen Zeit entsteht der Prosa Perlesvaus (auch Le Haut Livre du Graal genannt, Anfang 13. Jahrhundert), gefolgt von je einem Prosaroman zu Yvain und zu Erec. Seit Mitte des 13. Jahrhunderts entstehen auch in England Prosaromane wie Arthour and Merlin, Ywain and Gawein. Die Prosaromane in England und Frankreich gehen nicht nur auf die Vorlagen Chrétiens zurück, sondern weben andere Motive und Plots mit ein. 56 Wir haben es bei den europäischen Artusromanen also mit einem ähnlichen Problem zu tun wie bei deren nordischen Verwandten, was die Datierung und Handschriftenlage anbelangt. Der Artusstoff erlebt in Europa im 13. Jahrhundert den Höhepunkt seiner Verbreitung und damit einhergehend der Übertragung und Bearbeitung in verschiedene europäische Sprachen. 57 Wenn man von einem Entstehungskontext der ü. Rs. im 13. Jahrhundert ausgeht, bedeutet dies, dass auf dem Höhepunkt ihrer Popularität die Artusromane auch in den Norden kamen. Außerdem stimmt die Auswahl der im Norden adaptierten drei ü. Rs. mit den populärsten höfischen Romanen in Europa überein. Um die Besonderheit der ü. Rs. gegenüber den höfischen Romanen des 13. Jahrhunderts aufzuzeigen, werden im folgenden Abschnitt Entstehungsumfeld, Inhalt und Funktion der höfischen Romane skizziert. Dies dient als Grundlage für die Besprechung von Form, Inhalt und Stil der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga in Kapitel 1.5. und für die Textanalyse in Kapitel 3. 54 Siehe dazu Übersicht 2: Erec et Enide, Yvain und Perceval wurden ins Mittelhochdeutsche und ins Altwestnordische übertragen, außerdem wurden diese drei Stoffe im 13. Jh. in französische Prosaromane übertragen. 55 Inhalte und Entstehungszeiten sind Lacy (1996) unter dem jeweiligen Stichwort entnommen. 56 Szkilnik (2005: 208), Wilpert (2001: 350/ 1), Lacy (1996: 372, 496f). 57 Vgl. dazu Wolf (1977), Strohschneider (1991). 1 Literaturgeschichtliche Verortung 36 1.2.2 Höfische Literatur Höfische Literatur ist ein Sammelbegriff für die in einem höfischen und für ein höfisches Milieu entstandene Literatur und insofern gattungsübergreifend. Sie definiert sich neben ihrer Entstehung auch über ihren Gebrauch und ihre Funktion am Hof. Sie wird üblicherweise von einem Mäzen (König, Fürst o.ä.) in Auftrag gegeben und von Dichtern für eine soziale Elite verfasst, die sich mit den dargestellten Inhalten und idealisierten höfischen Welten identifizieren kann. 58 Die höfischen Romane entwickelten sich ab dem 12. Jahrhundert in Frankreich aus einer etablierten Übersetzungsliteratur von Antikenromanen, historiografischen Werken und Troubadourlyrik heraus. 59 Die Übersetzungsliteratur wird ihrer stofflichen Herkunft nach in drei große Themengebiete unterteilt: matière de France (z. B. Karl der Große), matière de Rome (z. B. Aenaeas, Alexander), matière de Bretagne (Artusstoff). Die höfischen Romane wurden in Versform abgefasst und waren zum lauten Vorlesen oder Selbstlesen bestimmt. Die französische Versform umfasste dabei achtsilbige Reimpaare. 60 Inhaltlich spielt der Ritter eine zentrale Rolle, der sich höfischen Idealen gemäß als „miles christianus“ bewähren muss, doch war diese Darstellung vom Rittertum eher „ein Phänomen der Geistesgeschichte“ als der Realität und „[d]as höfische Ritterideal und die gesellschaftliche Realität des adligen Lebens standen zueinander im Verhältnis krasser Gegensätzlichkeit.“ 61 Die Funktion des höfischen Romans wird von Bumke wie folgt umrissen: Die höf. Dichtung diente der Unterhaltung; sie konnte aber auch als Unterweisung in höf. Denk- und Lebensweise gelesen werden. Außerdem hatte die Dichtung eine repräsentative, gesellschaftsstabilisierende Funktion, da die adlige Hofgesellschaft in dem poetisch überhöhten Gesellschaftsbild der Dichter eine Legitimierung ihrer eigenen gesellschaftlichen Leitvorstellungen sehen konnte. 62 Ebenso ist die Thematisierung und Kultivierung der höfischen Liebe eher ein literarisches Motiv als gesellschaftliche Realität. 63 58 „Ihren künstler. Ausdruck fand die höf. Kultur in der volkssprachigen Dichtung, die in Dtl. um 1170 begann, hauptsächl. in Form von Minnelyrik und höf. Epik. [...] Um 1200 waren erst wenige große Höfe am Lit.prozeß beteiligt; im 13. Jahrhundert wuchs ihre Zahl. [...] Die wichtigste Instanz im Lit.betrieb der Höfe war der fsl. [fürstliche] Auftraggeber, der die Dichter an den Hof berief, ihnen die Arbeitsmaterialien zur Verfügung stellte, die lit. Vorlagen aus Frankreich beschaffte und manchmal auf die lit. Ausführungen Einfluß nahm.“ (Bumke 1999: 1566). 59 Harf-Lancner (2005: 29f). 60 Harf-Lancner (2005: 28) und Wilpert (2001: 349a). 61 Bumke (2008: 81, 430). Bereits Köhlers Studie (1956) zeigte, dass die in den kontinentalen höfischen Romanen transportierte höfische Kultur kein Abbild von Wirklichkeit, sondern ein unerreichtes Ideal war (Köhler 1956: 4). Die höfischen Ideale waren aber keine literarische Erfindung der höfischen Romane, sondern gehen auf die klerikale, an der Antike orientierte Erziehung zurück, die Kleriker an weltlichen und geistlichen Höfen des frühen Mittelalters (d. h. spätes 10. Jh.) im deutschen Raum einführten (Jaeger 2001: 15f). 62 Bumke (1999: 1567). 63 Das in den höfischen Romanen vorgestellte Ideal wich von der Realität ab, wie andere Aspekte auch. Die Frau des Mittelalters stand generell unter der Vormundschaft des Mannes oder ihrer Familie. Frauen waren oftmals die Leserinnen höfischer Romane in Buchform (Bumke 2008: 729). 1.3 Der Artusstoff im Norden 37 Wie bereits oben skizziert, kam es zu einer großen Verbreitung und Adaption der altfranzösischen höfischen Romane in andere Sprachen. Die höfischen Romane in Frankreich und Deutschland, ebenso wie die englischen, französischen und nordischen Bearbeitungen unterscheiden sich inhaltlich und formal voneinander. Es ist daher problematisch, trotz gemeinsamer Stoffherkunft, denselben Terminus „höfischer Roman“ zu nutzen oder gar auf naheliegende Begriffe wie Ritterroman zurückzugreifen. 64 Der sogenannte Ritterroman ist bereits ein etablierter Begriff in der Germanistik und unterscheidet sich von den ü. Rs. in verschiedener Hinsicht. 65 Der Ritterroman steht m. E. dabei nicht für die verschiedenen Versionen und Adaptionen der höfischen Romane, wie dies z. B. die ü. Rs. widerspiegeln, sondern er steht für die „wildwuchernden“ Weiterverarbeitungen der höfischen Romane. 66 Auf die Literatur des nordischen Raums bezogen, würden die Ritterromane nach dieser Definition damit am ehesten den originalen Riddarasögur gleichkommen. 1.3 Der Artusstoff im Norden 1.3.1 Adaption, Bearbeitung und Appropriation Neben den bereits eingangs vorgestellten Werken, die innerhalb der ü. Rs. zum Stoffgebiet der matière de Bretagne gehören, wie Ívens saga, Erex saga, Parcevals saga inklusive dem Valvens þáttr, Möttuls saga und Tristrams saga ok Ísöndar, wurden noch weitere Werke mit der Artusstoffthematik in den nordischen Raum übertragen. 67 Im Folgenden sollen diese anderen Werke und ihre Überlieferung anhand von Übersicht 3 und unter Punkt 1) bis 3) vorgestellt werden. Das höfische Frauenbild war eine Erfindung der Dichter und „wirkt wie ein Gegenentwurf zu der übermächtigen Tradition christlicher Frauenfeindlichkeit.“ Bumke (2008: 453f). 64 Van Nahl nutzt den Begriff in ihrer Abhandlung, bevor sie von Riddarasaga spricht (van Nahl 1981: 1). Glauser spricht von Rittersagas (synonym mit Riddarasögur) und von Ritterromanen (1987: 124). 65 Vgl. die Definition des Begriffs Ritterroman im Sachwörterbuch der Literatur: „1. irreführende Bz. für → hö`scher Roman. - 2. stoffbestimmte Form des europ. Prosaromans vom ausgehenden MA. bis ins 17. Jahrhundert., entstanden als Prosaauflösung und wildwuchernde Fortbildung des → höfischen Romans und der → chansons de geste und angesiedelt in e. frei fabulierten, im Grunde unhöf., von Riesen, Zwergen und Ungeheuern bevölkerten phant. Zauberwelt, in der sich der ebenfalls vom Zauber beschützte Held zugunsten seiner Dame hervortut. In der Mischung von Abenteuer, Phantastik, Exotik, Sentimentalität und galanter Erotik wenig tiefgründige Unterhaltungslit., die in höf. wie bürgerl. Kreisen als Identifikationsmuster breites Publikum fand“ (Wilpert 2001: 693/ 2). Der Begriff des Ritterromans wird wiederum nach einer anderen Definition z. B. von Andersson (2014) in Bezug auf die Eufemiavisor benutzt. 66 Wilpert (2001: 693/ 2). 67 Jedoch kann man nicht über die motivische Verbindung dieser Werke hinaus zwangsläufig von einer tatsächlichen überlieferungsbedingten Verbindung ausgehen. Auf diese Problematik verwies bereits Würth in ihrer Untersuchung zu den Eufemiavisor (2000: 281). Eine ausführliche Diskussion dieser Werke bei Kalinke (2006). 1 Literaturgeschichtliche Verortung 38 Übersicht 3: Der Artusstoff im Norden mit Entstehungszeit und Handschriften 68 Titel Vermutliche Entstehungszeit Älteste erhaltene Handschrift Erhaltene Handschriften gesamt Merlínusspá (Breta sögur) 13. Jh. 1302 23 Tristrams saga 1226 1450 9 Ívens saga 13. Jh. 1400 13 Möttuls saga 13. Jh. 1400 16 Skikkju rímur 14. Jh. ca. 1475 3 Erex saga 13. Jh. 1475 7 Parcevals saga 13. Jh. 1350 12 Janualsljód, Geitarlauf (Strengleikar) 13. Jh. 1270 2 Herr Ivan, Hertik Fredrik (Eufemiavisor) 1303 1410 9 1) Merlínusspá und Breta sögur sind die vermutlich ältesten erhaltenen literarischen Werke im nordischen Raum, die in Bezug zum Artusstoff stehen, wenn man davon ausgeht, dass sie von Gunnlaugr Leifsson (†1218) geschrieben worden sind. Merlinusspá und Breta sögur basieren auf Geoffrey of Monmouths Historia Regum Britanniæ und sind frühestens in der isländischen Hauksbók (datiert 1302) erhalten. 69 2) Januals lióð und Geitarlauf sind in der Handschrift DG 4-7 (um 1270) überliefert. Sie basieren auf den altfranzösischen lais Lanval und Chèvrefeuil und sind Teil der altwestnordischen Strengleikar. 3) Zwischen 1300 und 1312 wurde Herr Iwan in Versform auf Schwedisch verfasst. Der Text ist Teil der schwedischen Eufemiavisor und basiert auf einer französischen Vorlage, trotz der wahrscheinlich bereits vorhandenen Ívens saga. 70 Die Eufemiavisor werden später ins Dänische übersetzt, daher existieren neben den vier schwedischen Handschriften aus dem 15. Jahrhundert auch zwei dänische und weitere jüngere Handschriften. 71 Die folgenden unter Punkt 4) bis 6) genannten Werke sind weitere Bearbeitungen der im nordischen Raum adaptierten Literatur. Diese Werke können das Produkt einer kulturellen Aneignung bzw. Appropriation des Artusstoffs im nordischen 68 Diese Informationen wurden auf Grundlage der Nachschlagewerke von Brøndsted (1956-1978), Kalinke/ Mitchell (1985), Pulsiano (1993), Simek/ Pálsson (2007) sowie Kalinke (1990b, 2006) erstellt. 69 Vgl. hierzu Gropper (2014). Da sich die Breta sögur im Stil von den übrigen ü. Rs. unterscheiden, vermutete Mitchell (1959: 463), dass diese in einem anderen Kontext übersetzt wurden als die übersetzten Riddarasögur, d. h. zeitlich früher am Hof in Bergen. 70 Vgl. dazu Würth (2000) und Mitchell (1959: 471). 71 Andersson (2014: 58f). 1.3 Der Artusstoff im Norden 39 Raum sein. Einzelne Motive, Personen, Ereignisse, Handlungsverläufe, die z. B. in den ü. Rs. überliefert sind, werden dann so weiterverarbeitet, geändert und mit anderen Stoffen ergänzt, dass sie Bestandteil neuer Erzählungen, wie der originalen Riddarasögur und nordischen Balladen werden. 4) Einige originale Riddarasögur griffen die Motive des Artusstoffs aus den ü. Rs. oder anderen Quellen auf, entstanden ab dem 14. Jahrhundert und sind meistens in Handschriften ab dem 15. Jahrhundert überliefert. Hierzu gehören z. B. die Tristrams saga ok Ísoddar, Samsons saga fagra, Vilmundar saga viðutan, Sigurðar saga þögla, Remundar saga keisarasonar. 72 5) Das bekannteste Beispiel für einen mittelalterlichen Rímur mit dem Artusstoff ist hier der Skikkju rímur, der eine Versbearbeitung der Möttuls saga darstellt und aus dem 15. Jahrhundert datiert. Es existieren weitere Rímur die aus originalen Riddarasögur oder Fornaldarsögur entstanden sind, z. B Vilmundar saga viðutan. 6) Auch isländische, norwegische, dänische und färöische Balladen enthalten Stoffe aus Tristrams saga ok Ísöndar, Ívens saga und deren weiterer Überlieferung. 73 Am bekanntesten ist hier sicher das isländische Tristrams kvæði, welches vermutlich im 15. Jahrhundert entstand. Im Färöischen wurde der Tristram Stoff, z. B. im Tristrams tattur, weiterverarbeitet und der Íventstoff fand im Ivint Herintsson Verwendung. Eine dritte Stufe der Übertragung stellen die unter Punkt 7) bis 8) vorgestellten Werke dar. Der Artusstoff kam im 17. Jahrhundert über deutsche Volksbücher nochmals in anderer Form in den Norden und wurde zunächst ins Dänische übertragen, danach ins Isländische und schließlich in Rímur weiterverarbeitet. 7) Im 17. und 18. Jahrhundert wurden deutsche Volksbücher 74 ins Dänische und danach teilweise ins Isländische übertragen. Als Beispiel sei das deutsche Werk Wigalois vom Rade genannt, welches im 17. Jahrhundert ins Dänische (Her Viegoleis med Guldhjulet) und bis 1683 ins Isländische (Gabons saga ok Vigoles) übertragen wurde. 75 72 Die Rémundar saga keisarasonar wird aufgrund ihrer allgemeinen, wenn auch umstrittenen, Zuordnung zu den originalen Riddarasögur hier unter diesem Punkt mit aufgezählt, obwohl sie wahrscheinlich ihren Artusstoff aus dem altfranzösischen Prosaroman Le petit Artus de Bretagne bezieht. Dies wäre ein Argument dafür, dass auch die altfranzösischen Prosaromane im Norden bekannt gewesen sein können. Zu den übrigen hier aufgezählten originalen Riddarasögur siehe die Besprechungen in den bekannten Nachschlagewerken wie Pulsiano (1993). 73 Vgl. Besprechung bei Uecker (2008: 159ff). 74 Vgl. Kalinke (2006). 75 Interessanterweise nahm Magnús Jónsson diese Übertragung ins Isländische vor. Ausführlicher zu seiner Person, seinem Mäzenatentum und Handschriften in Kapitel 2 und die Besprechung zu den Handschriften BL Add. 4857 fol und BL Add. 4859 fol. Siehe auch Seelow (1989: 106f), Loth (1967), Glauser (1992: 410f) und Kalinke (1996a: 173). 1 Literaturgeschichtliche Verortung 40 8) Isländische Rímur die auf dänischen Volksbüchern basieren, wie z. B. En tragoedisk Historie om den cedle og tappre Tistrand aus dem 18. Jahrhundert, wurden im 19. Jahrhundert in isländische Rímur Zyklen übertragen, z. B. Rímur af Tristrani og Indiönu von Sigurður Breiðfjörð. 76 Die Transformation des Artusstoffs, die von Kalinke als Metamorphose in einem Stufenmodell beschrieben wurde, 77 lässt sich, mit Einschränkungen, in einem kultursemiotischen Sinn auf ein System sogenannter semiotischer Sphären anwenden, wie es von Lotman erstmals dargestellt wurde. 78 In diesem System kann man die Aufnahme des Artusstoffs in die nordische Kultur stufenweise nachzeichnen: In Sphäre 1) steht der Artusstoff zunächst für das Außerkulturelle und völlig Unbekannte in der isländischen und norwegischen (Handschriften-)Kultur, das wäre zum Zeitpunkt vor der Übertragung in die nordische Sprache der Fall. In Sphäre 2) steht der Artusstoff für das Gegenkulturelle, das heißt, der Artusstoff ist der isländischen und norwegischen (Handschriften-)Kultur als fremder, ausländischer Stoff zum Zeitpunkt der Übertragung in die nordische Sprache bekannt. Die Texte, die unter Punkt 1) bis 4) aufgezählt werden, können zum Zeitpunkt ihrer Übertragung in diese Sphäre eingeordnet werden. Sphäre 3) sieht den Artusstoff als das peripher Kulturelle an, das heißt als nicht zentralen Teil der (Handschriften-)Kultur. Dieser Zustand wäre nach der Übertragung ins Norwegische oder Isländische erreicht, als sich die Stoffe nun in der (Handschriften-)Kultur befanden. Meine Annahme ist, dass je nach Wandel und Kontinuität der Texte der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga diese Stufe bis zum Ende der isländischen Handschriftenüberlieferung im 19. Jahrhundert bestehen bleibt oder für diese Texte über die originalen Riddarasögur auf Sphäre 4) übergeht. In die Sphären 1-3 würden sich die Texte unter Punkt 1-4 und ihre weitere Überlieferung einordnen lassen. In Sphäre 4) wäre der Artusstoff aufgrund der Häufigkeit und Vielfalt seines Vorkommens ein zentraler Teil der isländischen (Handschriften-)Kultur geworden, der allerdings nicht zwangsläufig die anderen literarischen Stoffe verdrängen muss, wie dies nach Lotmans Modell der Fall sein müsste. Diese Sphäre setzt somit bei der Entstehung und weiteren Überlieferung der originalen Riddarasögur an. Inwiefern der Artusstoff bzw. einzelne Motive oder Codes in der isländischen Literatur oder Kultur zentral oder peripher waren, müssten weitere Untersuchungen zu den originalen Riddarasögur zeigen. Hier könnte man die Texte unter Punkt 5) bis 7) einordnen, die wiederum selbst Adaptionen und Appropriationen der Texte unter 76 Margrét Eggertsdóttir (2006: 238) sowie Kalinke (1996c: 418). 77 Kalinke (1985a: 345). 78 Ursprünglich Lotman (1990: 287f), aber ausführlicher ausgeführt bei Posner (1991: 56f, 2003: 58). Dieses Sphärenmodell ist jedoch nur mit Einschränkungen bei den Begriffen Code und Kultur anwendbar. Das Modell bezieht sich hier im Folgenden lediglich auf bestimmte literarische Stoffe und ihre Erscheinung in der Handschriftenkultur. Zudem ist mit einer Einschränkung des Zentralisierungsgrads des Codes bzw. literarischen Texts in der Handschriftenkultur in Sphäre 4) zu rechnen. 1.3 Der Artusstoff im Norden 41 Punkt 1) bis 4) darstellen. Auch wenn Kalinke einen vergleichbaren Ansatz zur Erklärung der Entwicklung des Artusstoffs im Norden verfolgt, 79 richtete sie ihr Augenmerk nicht auf die weitere Handschriftenüberlieferung, sondern auf die Entstehung der originalen Riddarasögur. Ihr Stufenmodell sieht folgendermaßen aus: 1) Translation/ Übersetzung ins Nordische in Norwegen, 2) Anfertigen von Abschriften in Norwegen und Island, 3) Revisionen dieser Abschriften in Norwegen und Island, 4) Adaptionen auf Island, 5) (Re-)Kreationen auf Island. 80 Auffallend ist, dass Kalinke den Begriff der Adaption bei der Überlieferung der Handschriften auf Island benutzt und damit die Aneignung und Aufnahme dieser Stoffe in z. B. den originalen Riddarasögur bezeichnet. Vermutlich zieht sie diese Form der Gattungsänderung als Merkmal für den Adaptionsbegriff heran. Wohingegen anhand der in dieser Untersuchung angewendeten Begriffe diese Stufen folgendermaßen umbenannt werden müssen: 1) Adaption der französischen höfischen Versromane in den Norden, 2) erste Bearbeitungen der Originaltexte (in Norwegen) und Island, 3) weitere Bearbeitungen in Island, 4) Appropriation dieser Stoffe auf Island und die Entstehung originaler Riddarasögur. 81 Mit den eben eingeführten Begriffen heißt dies für die drei Sagas konkret: Die Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga sind Teil der Artusliteratur, die nachweislich seit dem 13. Jahrhundert in die nordische Literatur, wenn auch in anderer Form (Prosa statt Vers) und Gattung (höfische Romantik 82 statt höfische Romane) adaptiert wurde. Sie wurden dann weiter bearbeitet und bis in die Neuzeit überliefert. Parallel dazu wurden diese Stoffe wiederum in der nordischen Literatur appropriiert und assimiliert und somit, trotz ihrer ursprünglich europäischen Herkunft, ein Bestandteil und verfügbarer Besitz der nordischen Literatur. 1.3.2 Die nordischen Entstehungskontexte Wenn man davon ausgeht, dass ü. Rs. im 13. Jahrhundert in den nordischen Raum kamen, trafen sie dort auf eine etablierte literarische Tradition und Übersetzungspraxis. 83 Aus der Zeit vor 1300 existieren heute noch 58 norwegische und 111 isländische Handschriften(teile), die hauptsächlich Gesetzestexte und religiöse Texte enthalten. 84 Dies ist eine eher geringe Zahl gegenüber den folgenden Jahrhunderten, 79 Kalinke (1981). Sie erkennt anhand der Handschriftenlage die bis dahin weitgehend ignorierte Bedeutung des Überlieferungsprozesses und die Möglichkeiten der Textveränderungen, die nach ihrer Auffassung nicht nur beim Übertragungsprozess stattgefunden haben. Sie geht allerdings nicht auf die nachmittelalterlichen Textveränderungsprozesse eines Werks ein, sondern skizziert die Verbreitung des Artusstoffs in der isländischen Literatur und zeichnet die Verwandlung von ü. Rs. zu originalen Riddarasögur nach. Sie folgt darin Schlauch, die diesem Prozess in ihrer Studie zu den originalen Riddarasögur (1934) nachging. 80 Kalinke (1985a: 345). 81 Vgl. hierzu vorausgehende Fußnote zu Kalinkes Stufenmodell (Kalinke 1985a: 345). 82 Vgl. hierzu die Diskussion in Kapitel 1.6.2. 83 Ausführlich Würth (1998: 190f). 84 Guðvarður Már Gunnlaugsson (2005: 249). 1 Literaturgeschichtliche Verortung 42 wo jeweils 300 bzw. 250 isländische Handschriften(teile) erhalten sind. 85 Übersetzungen von lateinischen Texten wurden nachweislich seit dem 12. Jahrhundert in Island und Norwegen angefertigt. 86 Neben religiösen Texten gibt es auch historische/ pseudohistorische und andere Werke, wie die Merlínusspá in den Breta sögur (siehe oben, Übertragung vermutlich vor 1218), Hugsvinnsmál (Übersetzung der Disticha Catonis vermutlich vor 1150), Trójumanna saga (Übertragung der De Excidio Troiae, Ilias latina; älteste erhaltene nordische Handschrift datiert um 1300), Barlaams ok Josaphats saga (Übersetzung europäischer Legende, älteste erhaltene Handschrift 1275) u.a. 87 Die klassische Rhetorik war seit Ende des 11. Jahrhunderts im Zuge der Schreib- und Übersetzungstätigkeiten der Kathedralschulen in den nordischen Raum vorgedrungen. 88 Beim Übersetzen fremdsprachiger Vorlagen wurden diese rhetorischen Kenntnisse genutzt und führten zu einer Erweiterung der altnorwegischen/ isländischen Sprache, sei es durch stilistische, syntaktische oder lexikalische Merkmale. 89 Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga sind folgerichtig einerseits Teil der Übersetzungsliteratur, die generell ab dem 12. Jahrhundert in Island und Norwegen auftauchte und andererseits Teil einer ursprünglich höfischen Literatur, die höfische Stoffe und Motive in den nordischen Raum brachte. Die ü. Rs. durch Vergleiche mit anderen Werken im norwegischen Hofmilieu des 13. Jahrhunderts zu verorten, wie dies in der älteren Forschung bereits geschah, gestaltet sich allerdings schwierig. Tatsächlich sind nur wenige Handschriften aus dieser Zeit erhalten, wie DG 4-7. Die Zuordnung der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga zu einem norwegischen 13. Jahrhundert-Kontext und somit höfischer Literatur, geschieht in der Forschung vorwiegend aufgrund von Stilvergleichen mit anderen, zeitlich parallel überlieferten Werken des 13. Jahrhunderts, z. B. Strengleikar, Elis saga, Konungsskuggsjá. In der folgenden Übersicht 4 90 soll daher anhand der Handschriftenlage eine zeitliche Verbindung zum norwegischen Hof sowie ein Eindruck der handschriftlichen Gesamtüberlieferung der angegebenen Werke untereinander aufgezeigt werden. Weitere Sagatexte sind teilweise nur fragmentarisch in Handschriften von Anfang bis Mitte des 14. Jahrhunderts (Flóres saga, Breta sögur, Trójumanna saga, Flóvents saga, Parcevals saga, Clarus saga) oder erst aus dem 15. Jahrhundert erhalten. So datiert der für die Untersuchung relevanteste, älteste und umfangreichste Codex Holm perg 6 4to 85 Ab dem 15. Jh. existieren keine altnorwegischen Handschriften mehr. Aus Island sind 300 Handschriften(teile) aus dem 14. Jh. erhalten, aus dem 15. Jh. 230 (Guðvarður Már Gunnlaugsson 2005: 247f). Natürlicherweise sind weniger ältere als neuere Handschriften erhalten, da viele im Lauf der Überlieferung verloren gegangen sein können. 86 Zum Beispiel Physiologus (um 1200 älteste erhaltene Handschrift), Elucidarius (älteste erhaltene Handschrift 1150). Vgl. hierzu den Überblick von Ekberg (2005: 1307). 87 Vgl. hierzu Ekberg (2005: 1307), Ordbog over det norrøne prosasprog: Registre (1989) und Simek/ Pálsson (2007). 88 Þórir Óskarsson (2005: 355), Guðrún Kvaran (2005: 527). 89 Þórir Óskarsson (2005: 358f, 368). Gleichzeitig ist dies ein weiteres Zeichen für die Teilhabe der nordischen Kultur an europäischen Prozessen wie der Pflege der Volkssprache. 90 Die Informationen dieser Tabelle sind Ordbog over det norrøne prosasprog: Registre (1989) und der Bibliografie von Kalinke/ Mitchell (1985) entnommen. 1.3 Der Artusstoff im Norden 43 mit den ü. Rs. (u.a. Ívens saga, Parcevals saga, Elis saga, Möttuls saga, Bevers saga, Flóvents saga und Clarus saga) auf Anfang des 15. Jahrhunderts. Auch muss man von einer unbekannten Zahl verlorener Handschriften ausgehen. Übersicht 4: Vorkommen übersetzter Riddarasögur und höfischer Literatur Werke Älteste erhaltene Handschrift Jüngste erhaltene Handschrift Erhaltene Handschriften gesamt Karlamagnús saga 1250 NRA 61 1905 Lbs 1502 4to 25 Konungsskuggsjá 1260 NRA 58a 1650 AM 37b IV 8vo ca. 62 Strengleikar 1270 DG 4-7 1875 AM 391 fol 7 Elis saga ok Rósamundu 1270 DG 4-7 1905 Lbs 1504 4to 41 Alexanders saga 1280 AM 519a 4to 1854 Lbs 678 4to 23 Flóres saga ok Blankiflúr 1300 NRA 65 1905 Lbs 1493 4to 27 Flóvents saga 1300 AM 580 4to 1888 Lbs 2784 8vo 23 Möttuls saga 1300 AM 598 4to I β 1870 Lbs 1907 8vo frg 16 Breta sögur 1302 AM 544 4to 1869 NKS 445 8vo 23 Trójumanna saga 1302 AM 544 4to 1897 Lbs 3939 8vo 41 Parcevals saga 1340 NKS 1794b 4to 1870 Lbs 1907 8vo 11 Clarus saga 1350 AM 657a-b 4to 1914 Böðvar Kvaran MS V 8 B 25 Bevers saga 1350 AM 567 II 4to 1905 Lbs 1501 4to 20 Ívens saga 1400 Holm perg 6 4to 1857 NBO fol 3652: 13 15 Tristrams saga ok Ísöndar 1450 AM 567 4to XXII 1800 Lbs 4816 4to 9 Partalopa saga 1450 AM 533 4to 1905 Lbs 1503 4to 30 Erex saga 1475 Lbs 1230 8vo III 19. Jh. Lbs 3127 4to 11 Tatsächlich stammen die erhaltenen Texte der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga aus dem 14. bis 15. Jahrhundert doch größtenteils aus Island. Es gibt lediglich ein Handschriftenfragment (NKS 1794b 4to frag) der Parcevals saga, welches wohl eine norwegische Herkunft aufweist. Auf eine mögliche norwegische Entstehung können aber auch Norvagismen, z. B. in Holm papp 46 fol, bei Erex saga und Ívens saga, hinweisen. 91 Als weiterer Hinweis wird zudem gern die Schlussformel in der Ívens saga herangezogen, die Hákon Hákonarson als Auftraggeber nennt. Dieser Hinweis kann aber auch in der späteren Überlieferung auf Island in die Ívens saga 91 Blaisdell (1965: XXX, 1979: CI). 1 Literaturgeschichtliche Verortung 44 eingefügt worden sein und die Sagas könnten genauso gut erst im 14. Jahrhundert sowohl in einem außerhöfischen Kontext in Norwegen als auch in Island ins Altwestnordische übersetzt worden sein. 92 Da die Verbindung von Island zu Norwegen bis Mitte des 14. Jahrhunderts noch sehr intensiv war 93 und Handschriftenmaterial und Schreiber nicht ortsgebunden waren, können die angeführten Hinweise für einen norwegischen Entstehungskontext als auch für einen isländischen Entstehungskontext gelten. Ein isländischer Schreiber kann sich z. B. längere Zeit in Norwegen aufgehalten haben und somit entsprechende orthografische sprachliche Merkmale angenommen haben. Andererseits können Norvagismen natürlich auch für eine norwegische Textvorlage sprechen. Die Rolle des norwegischen Hofs bei der Adaption europäischer höfischer Kultur und Literatur im 13. Jahrhundert soll nicht generell in Frage gestellt werden, 94 doch ist dieser Transfer für die Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga faktisch, anhand von Textzeugen/ Artefakten, nicht nachvollziehbar. Es ist bekannt, dass König Hákon, der bekanntlich in gutem Kontakt zum englischen König stand, und sein Nachfolger eine wesentliche Rolle bei der Aufnahme beliebter europäischer Stoffe im nordischen Raum spielten. Aufgrund der kulturellen Beziehungen mit England wird daher in der Riddarasögur-Forschung ein möglicher Transfer der altfranzösischen Romane von Frankreich über England nach Norwegen und dann über Norwegen nach Island angenommen. Zweifellos gelangten die drei ü. Rs. bis zum 15. Jahrhundert nach Island. Dort sind Ívens saga und Parcevals saga in Handschriften fast vollständig erhalten. 95 Den isländischen Entstehungskontext lokalisiert z. B. Glauser im sozialen Kreis der neuen isländischen Aristokratie des 14. und 15. Jahrhunderts. 96 Die Handschriftenproduktion wird damit nach der norwegischen und dänischen Machtübernahme nach wie vor auf den Höfen der wohlhabenden Großbauern stattgefunden haben. Das 17. Jahrhundert ist auf Island durch die antiquarischen Interessen des Renaissance-Humanismus geprägt, der sich hier konkret auf das Sammeln, Kopieren und Erforschen der mittelalterlichen isländischen Handschriften konzentrierte. Dieses Interesse regte im 17. Jahrhundert eine sehr große Handschriftenproduktivität auf Island an und parallel dazu beginnt auch die Handschriftenproduktion außerhalb 92 Beispiele zum Handschriften- und Personentransfer im (Spät-)Mittelalter bei Stefán Karlsson (1979) und Kalinke (1981: 25f). 93 Möglichkeiten des Transfers von Bergen nach Island gab es bis Mitte des 15. Jh.s viele, da der Handel mit Island bis 1340 seinen Hauptumschlagplatz in Bergen hatte und dort bis 1425 weiter bestand. 94 König Hákon Hákonarsons Regierungszeit und die seines Sohns waren geprägt durch eine innere Konsolidierung (Sicherung der Thronfolge, Zentralisierung, Ausbau der Administration, Gesetzesreformen u.a.) und aktive Außenpolitik mit regem Kulturkontakt zu englischen, spanischen, französischen und deutschen Höfen (sehr ausführlich und mit weiterführender Literatur bei Kramarz-Bein 2002: 70f). In Bergen blühte im 14. Jh. neben dem Handel auch die Kultur. Bis 1314 war Bergen Hauptstadt und Königssitz Norwegens und verfügte über den größten Hafen Westskandinaviens. Vgl. Blom (1962: 481f) und Magnús Stefánsson (1993: 313). 95 Vgl. hierzu die ausführlichen Darstellungen in Kapitel 2.1. 96 Glauser (1985: 103 sowie 2005: 372). 1.4 Merkmale und Gestalt der drei Sagas 45 Islands. 97 Der Entstehungskontext isländischer Texte ist dann auf Schweden und Dänemark zu erweitern. Entstanden isländischsprachige Handschriften der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga ab Ende des 17. Jahrhunderts nun auch außerhalb Islands, wie Holm papp 46 fol, so sind diese mit den jeweiligen Institutionen und Persönlichkeiten vor Ort verbunden: Holm papp 46 fol mit dem schwedischen Antikvitetskollegiet, NKS 1691 4to mit dem dänischen Historiografen Peder Frederik Suhm oder NBO 3852: 13 fol mit dem norwegischen Professor Carl Richard Unger (1817-1897). 98 Auf Island entstanden die Handschriften des 17. bis 18. Jahrhunderts im Auftrag einer gebildeten, sozialen oberen Schicht. Im 19. Jahrhundert wiederum entstand eine Handschrift der Erex saga und ein Fragment der Parcevals saga zwar in einem gebildeten aber wenig vermögenden Umfeld. Auch wenn die Handschriftenüberlieferung auf Island bis ins 19. Jahrhundert reicht und hier eine augenscheinliche Kontinuität vorliegt, so ändern sich doch auf Island die jeweiligen ökonomischen und sozialen Entstehungskontexte. Ausführlicher zu den Entstehungskontexten der Handschriften der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga in Kapitel 2. 1.4 Merkmale und Gestalt der drei Sagas 1.4.1 Form, Funktion und Rezeption Ein wesentlicher Unterschied zwischen den ü. Rs. und den höfischen Romanen ist zunächst die Form. Der altfranzösische höfische Roman ist in Versform abgefasst, die nordische Adaption dagegen in Prosa. Bei dem Übersetzungsvorgang erfolgte somit die Übertragung von einer Versin eine Prosaform. 99 Einen Erklärungsversuch hierzu bot Schier: „[H]ier war die erzählende Prosa hoffähig geworden“. 100 Darin ist m. E. einerseits eine europäische Tendenz in der Verwendung der Prosaform sowie eine Anpassung an das nordische Prosaschrifttum zu sehen. Für die nordischen Prosaromane nimmt man an, dass sie aufgrund der genuin nordischen Sagaform natürlicherweise auch in eine einheimische Form gebracht wurden, um die nordischen Rezipienten anzusprechen. Allerdings ist der Übergang von Vers zu Prosa im Bereich der höfischen Romane im 13. Jahrhundert keine nordische Besonderheit, sondern eine generelle europäische Tendenz, mit Ausgangspunkt in Frankreich. 101 Gründe für die Entstehung des Prosaromans im kontinentaleuropäischen Raum sah Köhler 97 Hier und im Folgenden beziehen sich die Angaben auf Gunnar Karlsson (2000: 156ff), Jørgensen (1998: 89f), Margrét Eggertsdóttir (2006: 188f), Møller (1965), Seelow (1989), Springborg (1977), Sigurgeir Steingrimsson (2004: 85f), Stefán Karlsson (2004: 45). 98 Hierzu ausführlich bei der Besprechung der Handschriften in Kapitel 2.1. 99 In Schweden fand mit den Eufemiavisor die Rezeption der höfischen Romanstoffe in Versform statt, entweder „aus Mangel an einer erzählenden volkssprachlichen Prosa“ (Schier 1970: 94) oder aufgrund der persönlichen Vorliebe der Mäzenin Eufemia (Würth 2000: 269f). 100 Schier (1970: 94). 101 Vgl. hierzu Punkt 1.4.2. sowie Szkilnik (2005: 208), Wilpert (2001: 350/ 1), Lacy (1996: 372, 496f). 1 Literaturgeschichtliche Verortung 46 in der Anlehnung an die Prosageschichtsschreibung und einem damit verbundenen Anspruch auf Wahrheit sowie im Wandel des Geschmacks und der Rezeption (z. B. Selbstlesen statt Zuhören). 102 Es ist bekannt, dass der kontinentale höfische Roman in einer Vor und Selbstlesekultur zu verorten ist. 103 Ob nun für die ü. Rs. ein Vorlesen am norwegischen Hof angenommen werden kann, ist nicht nur aufgrund der Überlieferungslage unklar. Das Selbstlesen wurde neben dem Vorlesen ebenso praktiziert. 104 So sind Zuhörerhinweise in den Texten der ü. Rs., originalen Riddarasögur und Märchensagas zwar oftmals formelhaft an Zuhörer gerichtet, schließen dadurch aber kein Selbstlesen aus. 105 Aufgrund der Handschriftenlage der drei ü. Rs. steht ab dem 17. Jahrhundert wahrscheinlich auch das Interesse für das Sammeln neben dem Interesse des Lesens. 106 Untersuchungen zur Rezeption der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga wurden bisher hauptsächlich in Bezug auf einen höfischen Kontext des 13. Jahrhunderts vorgenommen. 107 Zwei Betrachtungsrichtungen treten hierbei hervor, einerseits wurde das Hauptaugenmerk auf die Didaxefunktion gelegt, zuletzt wieder durch Barnes 108 , andererseits auf die Unterhaltungsfunktion, wie vor allem bei Kalinke. 109 Dabei sind die Positionen aufgrund der jeweils ausgewählten Textquellen konträr und letztlich ist wahrscheinlich mit beiden Funktionen in den Riddarasögur zu rechnen. Die Untersuchungen orientieren sich dabei hauptsächlich an den Texten aus Holm perg 6 4to (Ívens saga, Parcevals saga) und AM 181b fol (Erex saga), die tatsächlich in keinem höfischen Kontext entstanden sind. 110 An die Diskussion zu Didaxe vs. Unterhaltung schließt sich Glauser an, der den ü. Rs. nicht nur bei einem 13. Jahrhundert-Kontext, sondern auch bei der späteren Überlieferung auf Island im 15. Jahrhundert neben einer Unterhaltungsfunktion eine Ideologisierungsfunktion zuspricht. 111 Das heißt zusammenfassend, dass einerseits über Erzählerkommentare und Stil sowie andererseits über höfische Diskurse oder Intertextualität in den ü. Rs. auf eine Rezeption in einem bestimmten Kontext geschlossen wird. Allerdings wird dabei 102 Köhler (1962: 213f). 103 Greene (1996: 12), Harf-Lancner (2005: 28), Bumke (2008: 723). Dies umfasst auch eine individuelle Lektüre, z. B. lautes Selbstlesen. 104 Vgl. hierzu die literatursoziologisch motivierten Untersuchungen von Kretschmer (1982) und Glauser (1985, 1987: 104). 105 Glauser zur Elis saga: „Als primäre Adressaten der Sagas werden nie Selbstleser, sondern immer Zuhörer genannt, [...]. Generell war die im hochmittelalterlichen Norwegen und Island verbreitetste faktische Rezeptionsform weltlicher Erzählliteratur das Vorlesen aus Handschriften“ (1987: 104). Dieser Fragestellung widmete sich auch Bandle bei der Betrachtung von Fornaldarsögur (1988: 198). Einen interessanten Beitrag zur west- und mitteleuropäischen Vorlesekultur im 18. und 19. Jh. legte Messerli (2007) und zur Vorlesekultur im 12. und 13. Jh. Scholz (1980) vor. 106 Vgl. Kapitel 2.4. 107 Zuletzt ausführlich besprochen bei Barnes (2009). 108 Barnes (2009). Die Didaxe Funktion wurde bereits u.a. von Leach (1921) und Halvorsen (1973) vertreten. 109 Zuletzt wieder Kalinke (1999). Ausführliche Gegenüberstellung dieser Positionen bei Barnes (1989: 80). Vgl. ausführliche Darstellung dieser Diskussion in Kapitel 1.1.1. 110 Vgl. Kramarz-Bein (1999: 80). 111 Glauser (1985: 108), Kramarz-Bein (1999: 78f). 1.4 Merkmale und Gestalt der drei Sagas 47 teilweise die Überlieferungslage der Texte vernachlässigt, 112 da diese nur vollständig in isländischen Handschriften aus dem 15. bzw. 17. Jahrhundert erhalten sind und somit eine andere Textstufe aufweisen, als die ursprünglichen Texte, die im 13. Jahrhundert existiert haben könnten. Zudem sollte klar sein, dass die kontinentalen höfischen Romane und damit auch die drei ü. Rs. für die Schilderung höfischer Inhalte auf einer idealisierten und fiktiven Ebene stehen und keinesfalls ein Abbild von Wirklichkeit darstellen. Dennoch kann eine hintergründige Ideologisierung durch die ü. Rs. stattgefunden haben, wie dies auch für die höfischen Romane nachgewiesen wurde. 113 Diese bezieht sich auf die in den Sagas überlieferten prinzipiellen christlichen und menschlichen Tugenden, sozusagen das „höfischritterlich orientierte Menschenideal“. 114 Ein solches Ideal kann auch außerhalb einer höfischen Lebenswelt, möglicherweise in einem „romantischen“ Sinn, 115 von den Rezipienten jederzeit verstanden und in ihre Lebenswelt übernommen werden. Denn den drei ü. Rs. ist eine Thematisierung christlicher und menschlicher Tugenden und Emotionen gemeinsam. 116 Höfische Tugenden sind in den ü. Rs.: „drengskapr“ (Männlichkeit), „kurteisi, riddaraskapr“ (Ritterlichkeit), „lítillæti“ (Demut), „sæmð, „dugnaðr“ (Ehre), „vaskleikr“ (Mut) und „guðhræzla“ (Gottesfürchtigkeit). 117 Die Darstellung der Königsfigur hingegen variiert und tritt generell als eine passive hintergründige Figur gegenüber den heldenhaften Rittern auf, so dass keine offensichtliche Idealisierung des Königs stattfindet. 118 In den ü. Rs. wird daher eine idealisierte feudalaristokratische Welt mit einer zentralen, wenn auch variablen, Königsfigur thematisiert, die sich in dieser Form nicht auf Island wiederfindet. Generell muss man davon ausgehen, dass ein Königtum für Island stets eine Form der Fremdherrschaft darstellte, zuerst von Norwegen und später von Dänemark aus. Inwiefern die drei ü. Rs. aber konkret eine „systemerhaltende Modellfunktion“ 119 ausüben oder sogar einen königlichen Herrschaftsanspruch wenigstens im 13. bis 15. Jahrhundert propagieren, ist für Island diskutabel. 120 Eine annähernd vergleichbare Funktion wäre noch am ehesten den isländischen Großbauern zuzuschreiben. Durch die 112 Das war bereits Kalinkes Kritikpunkt (1981). Mittlerweile sind sich die meisten Forscher der Handschriftenlage bewusst, aber versuchen die erhaltenen Texte, da diese nun mal die einzigen Quellen sind, auf einen ursprünglichen Entstehungskontext zu beziehen (z. B. Sanders 2014). 113 Vgl. hierzu die Darstellung bei Kramarz-Bein (1999: 78f). 114 Glauser (1985: 180). 115 Im Sinne einer höfischen Romantik vgl. Kapitel 1.6.2. 116 Vgl. die Ausführungen bei Glauser (1987: 124). Weber (1986: 442) spricht sich dagegen aus, da er dem Übersetzer ein Unverständnis der christlichen Symbolik seiner Vorlagen unterstellt. 117 Inwiefern es im Laufe der Textüberlieferung zu einer veränderten Darstellung dieser Tugenden und Emotionen kommt, wird anhand der Textbeispiele in der Textanalyse in Kapitel 3 erörtert. 118 Offenbar gehen diese Unterschiede bereits auf die altfranzösischen Texte zurück, wo die Königsfigur variierend dargestellt wird. Vgl. Kalinke (1981: 28f), Kennedy (1996: xxiii), Seidel (2007). 119 Glauser (1985: 108). 120 Bereits ab dem 13. Jahrhundert wurden vom König regionale Verwalter, sogenannte sýslumaður, eingesetzt (Vgl. Gunnar Karlsson 2000: 92ff, 166). So traten an die Stelle der Goden nun Gefolgsmänner des Königs, welche die Interessen der Krone auf Island durchsetzten. Die reichsten und vornehmsten Familien Islands besetzten dabei größtenteils die wichtigsten Positionen in der königlichen Verwaltung (Vgl. Jón Vi ð ar Sigur ð sson 1995: 156ff). 1 Literaturgeschichtliche Verortung 48 Reformation kam es zu größeren politischen und kulturellen Veränderungen, 121 so dass die drei ü. Rs. ab dem 15. spätestens jedoch ab dem 17. Jahrhundert keinen mittelalterlichen didaktischen Hintergrund mehr propagierten und der Unterhaltungswert ein wesentlicher Aspekt dieser drei Sagas war. Im 19. Jahrhundert standen der Unterhaltungswert und das wissenschaftliche Interesse an den Texten im Fokus der Überlieferung. So können die beiden wissenschaftlichen Handschriften aus dem 19. Jahrhundert auf die Erstellung einer Textedition zielen. 122 Wie bereits in Kapitel 1.3.2 angedeutet, kann und muss man folglich eine Unterscheidung treffen zwischen den jeweiligen Kontexten des 14. bis 19. Jahrhunderts, um der Frage der Rezeption entsprechend nachzugehen. 1.4.2 Inhalt und Struktur In diesem Kapitel soll es im Folgenden bei der Besprechung der mittelalterlichen Textversionen bleiben und in Kapitel 3 werden durch den Vergleich aller Textzeugen Aussagen zu der jeweiligen Textrezeption hauptsächlich ab dem 17. Jahrhundert möglich. Neben der Form und Funktion wurden bei der Übertragung der höfischen Romane in den nordischen Raum auch inhaltliche Veränderungen vorgenommen. Die nordischen Versionen sind im Vergleich zu den heute erhaltenen französischen Versionen aber nicht nur häufig inhaltlich gekürzt, sondern auch verändert und erweitert worden. 123 Wesentliche Merkmale wie Ironie, Monologe, ausführliche Beschreibungen und Erörterungen oder Personen, exotische Ortsnamen und Personennamen, die sich in Chrétiens Romanen finden, kommen in den nordischen Versionen nicht vor. 124 Natürlich sind diese Textvergleiche problematisch, da beide Texte aus jeweils späteren handschriftlichen Überlieferungen stammen und daher konkret nie miteinander in Berührung kamen. Es ist somit auch unklar, welcher Text z.B. des Yvain, Perceval oder Erec et Enide tatsächlich die Vorlage für die altnordische Überlieferung bildete. Als erstes Beispiel zur Veranschaulichung folgt hier ein Ausschnitt des Prologs und ersten Kapitels des altfranzösischen Perceval 125 und dem gegenübergestellt ein Ausschnitt aus der Parcevals saga. 126 Bei diesem Textbeispiel wird einerseits der Eindruck deutlich, dem bisherige Forschungen erlagen, dass die Parcevals saga eine gekürzte Version des Perceval darstellt, da die Parcevals saga keine vergleichbare Vorrede enthält. 121 Hastrup (1990: 190f), Gunnar Karlsson (2000: 135f). 122 Eine ausführliche Besprechung der neuzeitlichen Rezeption erfolgt in Kapitel 2 sowie in der Analyse der Textvarianz in Kapitel 3. 123 Vgl. z. B. Kramarz-Bein (2002: 236). 124 Gardiner (1977: 634), zuletzt noch einmal Barnes (2009: 194ff). 125 Der altfranzösische Text basiert auf Olef-Krafft (1991: 4, 8), welcher wiederum der Edition folgt: Chrétien de Troyes. 1959. Le Roman de Perceval ou le Conte du Graal, publié d’après le ms fr.12576 de la Bibliothèque Nationale par William Roach. 2. Veränd. Auflage. Genf/ Paris. 126 Altisländische Textzitate sind in Kapitel 1 generell der Textedition Kalinkes (1999) entnommen. 1.4 Merkmale und Gestalt der drei Sagas 49 Übersicht 5a: Textausschnitt aus Perceval und Parcevals saga Perceval Zeile 7-13: 127 Parcevals saga Crestïens semme et fait semence D’un romans que il encomence, Et si le seme en si bon leu Qu’il ne puet [estre] sanz grant preu, Qu’il le fait por le plus preudome Qui soit en l’empire de Rome. C’est li quens Phelipes de Flandres, [...] Perceval Zeile 69-80: Parcevals saga Anfang 128 Ce fu au tans qu’arbre foillissent, Que glai et bois et pre verdissent, Et cil oisel en lor latin Cantent doucement au matin Et tote riens de joie aflamme, Que li fix a la veve fame De la gaste forest soutaine Se leva, et ne li fu paine Que il sa sele ne meïst Sor son chacheor et preïst Trois gavelos, et tout issi Fors del manoir sa mere issi. Hér byrjar upp sögu ins prúða Parcevals riddara, er enn var einn <af> Artús köppum. Svá byrjar þessa sögu at karl bjó ok átti sér kerlingu. Þessi karl var bóndi af nafnbót, en riddari at tign. Hann hafði verit allra kappa mestr. Hann hafði tekit kóngsdóttur at herfangi ok settiz síðan í *<ó>bygð, 1 þvíat hann þorði eigi millum annarra manna at vera. Einn dag þá er Parceval 2 tólf vetra gamall. Hann hafði áðr kent honum skot ok skylmingar, ok svá kunni hann gaflökum at skjóta svá at þrjú váru á lopti senn. Nú sem faðir hans var andaðr, þá hafði Parceval þat til siðar, at hann reið á skóg með fola sinn ok gaflök ok skaut dýr ok fugla. Andererseits wurde die Vorrede des Perceval in das Anfangskapitel der Parcevals saga eingebaut, so dass dieser Textteil einen größeren Umfang hat als der altfranzösische 127 Text und Übersetzung aus Olef-Krafft (1991/ 2003: 5,7) Zeile 7-13: „Gleich einem Sämann legt Chrétien die Saat seines (hier) beginnenden Romans aus; er sät ihn auf so fruchtbaren Boden, dass er nicht ohne Ernte bleiben wird, schreibt er ihn doch für den trefflichsten Mann im Römischen Reich: den Grafen Philipp von Flandern.“ Zeile 69-80: „Es war zu der Jahreszeit, in der Bäume ausschlagen, in der Gräser, Wälder und Wiesen grünen, die Vögel am Morgen lieblich zwitschern und Lust alles erfüllt; da erhob sich der Sohn der Witwe im wilden, einsamen Wald; freudig legte er seinem Jagdross den Sattel auf, nahm drei Wurfspeere und verließ damit das Anwesen seiner Mutter.“ 128 Kalinkes (1999: 108) Text basiert in diesem Zitat auf der Handschrift Holm perg 6 4to. Dazu meine Übersetzung: Hier beginnt die Saga des großartigen Ritters Parceval, der aber einer der Artusritter war. So beginnt diese Erzählung, dass ein Mann lebte, der eine Frau hatte. Sie besaßen einen Sohn, ein Einzelkind, der hieß Parceval. Dieser Mann war vom Namen ein Bauer, aber vom Rang ein Ritter. Er war bester aller Ritter gewesen und hatte sich eine Königstochter genommen als Kriegsbeute und lebte seitdem in der Wildnis, weil er nicht unter anderen Leuten sein durfte. Eines Tages, da Parceval zwölf Winter alt war, hatte er ihm auch Bogenschießen und Schwertspiel gelehrt und so konnte er mit einem Wurfspeer schießen. Nun da sein Vater gestorben war, war es für Parceval üblich, dass er in den Wald ritt mit seinem Pony und Wurfspeer, und Tiere und Vögel schoss. 1 Literaturgeschichtliche Verortung 50 Text. Die Erweiterung der Parcevals saga geht an dieser Stelle auf eine vorherige Kürzung zurück. Die Parcevals saga wurde insgesamt gegenüber dem unvollendeten Werk Chrétiens aber nicht nur gekürzt sondern auch erweitert und vor allem vervollständigt. 129 Übersicht 5b: Textausschnitt aus Erec et Enide und Erex saga Erec et Enide Zeile 19-26: 130 Beginn der Erex saga 131 d’Erec, le fil Lac, est li contes, que devant rois et devant contes depecier et corronpre suelent cil qui de conter vivre vuelent. Des or comancerai l’estoire qui toz jorz mes iert an mimoire tant con durra crestïantez; de ce s’est Crestïens vantez. Au jor de Pasque, au tans novel, a Quaradigan, son chastel, ot li rois Artus cort tenue; einz si riche ne fu veüe, que molt i ot boens chevaliers, hardiz et combatanz et fiers, et riches dames et puceles, filles de rois, gentes et beles. Saga þessi er af riddara einum er Erek hét, son Ilax kóngs - Erek var einn af tólf köppum Artús kóngs ins ríka ok ins ágæta - ok frá inu kringlótta borði hans. Hér hefz saga af Erex Artús kappa. Þat er upphaf þessarar frásögur, at Artús kóngr sat í sínum kastala, er Kardigan hét. Þat var páskatíð ok helt þá enn virðuliga sína hirð, sem vanði hans var til, svá til at engi þóttiz sét hafa slíka kóngsprýði. Með honum váru tólf spekingar hans ok ráðgjafar, er sátu at hans kringlóttu borði. Einn af þeim var sonr Ilax kóngs, mikill kappi í riddaraskap, fríðr sýnum ok íþróttamaðr mikill, eigi ellri en hálfþrítugr, er saga þessi gerðiz. 129 Kramarz-Bein (2007: 139, 141). 130 Der altfranzösische Text und die Übersetzung folgen Gier (2000: 4-7), Zeile 19-26: „Von Erec, dem Sohne Lacs, handelt die Erzählung, welche die Leute, die vom Geschichtenerzählen leben wollen, vor ihrem Publikum von Königen und Grafen auseinanderzureißen und zu verderben pflegen. Sogleich will ich die Geschichte beginnen, die alle Tage in der Erinnerung der Leute bleiben soll, solange die Christenheit besteht; dessen hat Chrétien sich gerühmt.“ Zeile 27-34: „Am Ostertag, zur Wiederkehr der schönen Jahreszeit, hielt König Artus in seinem Schloss Cardigan Hof; nie zuvor hatte man eine so herrliche Versammlung gesehen, denn viele treffliche Ritter waren dort vereinigt, kühn, immer zum Kampf bereit und stolz, sowie edle Damen und Jungfrauen, Königstöchter, schön und liebenswürdig.“ 131 Kalinke (1999: 222f). Der Titel der Erex saga wurde von Kalinke aus den Handschriften Lbs 1230 und Holm papp 46 zusammengesetzt. Der Beginn des ersten Kapitels basiert auf AM 181 fol. Meine Übersetzung dieses Textabschnitts lautet: Das ist die Erzählung von einem Ritter der Erex hieß, dem Sohn König Ilax’ - Erex war einer von 12 Rittern des mächtigen und berühmten König Artus - und von seinem kreisrunden Tisch. Hier beginnt die Geschichte von Erex (dem) Artus Ritter. Zu Beginn dieser Erzählung saß König Artus in seiner Burg die Kardigan hieß, es war Osterzeit, und da hielt er wieder seinen ehrenvollen Hof, wie es seine Gewohnheit war, so dachte keiner (jemals) solche königliche Pracht gesehen zu haben. Bei ihm waren seine zwölf Weisen und Ratgeber, die täglich mit ihm ausritten. Einer von diesen war der Sohn König Ilax’, ein großer Ritter an Ritterlichkeit, schönem Aussehen und sehr in Fertigkeiten (geübter) Mann nicht älter als 25 als diese Erzählung stattfand. 1.4 Merkmale und Gestalt der drei Sagas 51 Wie auch in dem zweiten Textbeispiel, mit der Gegenüberstellung des Anfangs des altfranzösischen Erec et Enide und der altisländischen Erex saga deutlich wird, kann auch die Erex saga kann nicht als pure Verkürzung des altfranzösischen Romans Erec et Enide gelten. Die Erex saga enthält zudem ein zusätzliches Kapitel mit einem weiteren Abenteuer des Helden sowie einen Epilog. Interessanterweise stimmt sie darin mit dem französischen Prosa Erec überein, 132 doch ähnelt das Namenmaterial der Erex saga eher Hartmann von Aues Erec als einer französischen Vorlage. 133 Aufgrund der Quellenlage ist unklar, ob nicht auch eine Verbindung zu diesen Werken im Laufe der Textüberlieferung bestand. Durch inhaltliche Vergleiche kamen einige Forscher zu folgenden Aussagen: Kjær spricht in Hinblick auf die inhaltlichen Unterschiede von Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga gegenüber den altfranzösischen Texten von einer nordischen Zensur gegenüber den französischen Vorlagen, was die Thematik der Liebe und Sexualität betrifft. 134 Sie sieht in den ü. Rs. eine Propaganda der Kirche, da sie nicht nur von Klerikern ins Norwegische übersetzt wurden, sondern da die christlichen Aspekte stärker ausgeprägt seien als in den französischen Vorlagen. Examination of the two Norse translations compared with their French models has revealed explicitly ideological transformations, that is to say, a Christian mentality much stronger in the former than in the latter. 135 Kjær erweiterte ihre Ansicht dahingehend, dass sie in den auktorialen Kommentaren der Erex saga den Transport eines christlichen Ideals und eine Fiktionalisierung durch Ironisierung vergleichbar den originalen Riddarasögur erkannte. 136 Auch Barnes führte die Unterschiede gegenüber den französischen Vorlagen auf einen religiösen Moralisten oder Kleriker zurück. Kretschmer wiederum kommt zu dem Ergebnis, dass der Übertragungsvorgang subtil vorgenommen wurde und u.a. für den „norwegischen Leser/ Zuhörer“ vom klerikalen Übersetzer sogenannte Verständnishilfen eingebaut wurden. Diese Textinformationen können der französischen Vorlage gegenüber eine Variante oder ein Zusatz aus der einheimischen Erzähltradition/ Kultur sein oder eine Auslassung/ Kürzung darstellen. Diese Textveränderungen äußern sich Kretschmer zufolge letztlich auf der auktorialen Ebene, 137 z. B. eine inhaltliche Variante und Ergänzung in der Einleitung der Ívens saga: „Hinn ágæti kóngr Artúrus réð fyrir Englandi, sem mörgum mönnum er kunnigt.“ 138 Hierzu Kretschmer: 132 Vgl. Barnes (2009: 199). 133 Vgl. Kramarz-Bein (2002: 300). Hierzu müssten weitere vergleichende Untersuchungen vorgelegt werden. 134 Kjær (1992: 117f). 135 Kjær (1992: 129). 136 Kjær (2014: 197ff). 137 Kretschmer benennt sogenannte „Verständnishilfen“, die der „Sagaverfasser“ einbaut, um Textinformation für den nordischen Rezipienten verständlich zu machen (Kretschmer 1982: 41). 138 Ívens saga zitiert aus Kalinke (1999: 38). Meine Übersetzung: Der berühmte König Artus herrschte über England, wie vielen Männern bekannt ist. 1 Literaturgeschichtliche Verortung 52 Der altnordische Text hat in dieser Form einen mehr ‚historisierenden‘ Charakter und entspricht nur bedingt dem ersten Vers des Originals. Mit dem Hinweis ‚sem mörgum mönnum er kunnigt‘ setzt der Erzähler ein Vorwissen über die Herrschergestalt des König Artus von England bei seinem Publikum voraus. 139 In der Ívens saga wird England genannt anstelle der in den altfranzösischen Texten genannten Bretagne. Diese Änderung von Textinformation lässt darauf schließen, dass England dem nordischen Rezipienten als Region bekannter war als die Bretagne, oder dass die Stoffe über den englischen Raum in den Norden gelangten und Artus daher dort verortet wird, oder dass die ursprüngliche, altfranzösische Textvorlage diese Variante bereits enthielt. Es gibt einige Untersuchungen zu den in der Parcevals saga an exponierter Stelle, z. B. am Kapitelende, stehenden sentenzhaften, moralischen und reimenden Sinnsprüchen. 140 Im altfranzösischen Text finden sich an dieser Stelle keine Sprichwörter, so dass diese wahrscheinlich nordischen Ursprungs sind. 141 Beispiele in der Parcevals saga sind: „Sá er illa fallinn at berjaz, er eigi kann vápnum verjaz“ oder „Góð náttúra er gott nemandi þeim er at góðu eru kunnandi. Gott kemr aldin af goðum viði: svá er ok góðr máðr með góðum siði.“ 142 Generell transportieren Sentenz und Sprichwort die Erzählinhalte an den Rezipienten und sind ein Merkmal der genuin schriftliterarischen Gattung des höfischen Romans. 143 Hierzu Reuvekamp: Die Mikrotexte [= Sentenz und Sprichwort] werden als heterogen funktionalisierende Mittel der Rezeptionslenkung verstanden, die in besonderer Weise dazu geeignet scheinen den Leser (Hörer) am Erzählprozess zu beteiligen, indem dessen eigne Erfahrung wie das eigne Urteilsvermögen aktiviert werden. 144 Diese Funktion des Sprichworts kann in abgeschwächter Form auch für die Parcevals saga angenommen werden. Diese von Alliteration und Endreim geprägten Sinnsprüche können auf einen klerikalen und rhetorisch gebildeten nordischen Übertrager weisen, auch wenn man diesen Sprüchen eine spätere (z. B. isländische) Bearbeitung zuspricht. Daraus lässt sich folgern, dass der nordische Übertrager oder Bearbeiter seine Vorlage, bis auf wenige Ausnahmen wie z. B. das Motiv des heiligen Grals, sehr wohl verstand und neben den Veränderungen auf inhaltlicher Ebene auch die Übertragung in eine Prosaform vornimmt. Jedoch können die Textunterschiede gegenüber den altfranzösischen Texten auch Resultat einer Textüberlieferung im nordischen Raum sein. Auf diese Möglichkeit verweist bereits Kalinke. 145 Aufgrund der erhaltenen, altfranzösischen Handschriften kann natürlich nicht mit 139 Kretschmer (1982: 221). 140 Zu den Sinnsprüchen Gardiner (1977), Barnes (1984), Kramarz-Bein (2007). 141 Vgl. hierzu die entsprechenden Textabschnitte im Perceval (Olef-Krafft 1991/ 2003: 75, 85). 142 Kalinke (1999: 122, 126). Dazu meine Übersetzung: Der ist schlecht vorbereitet zu kämpfen, der keine Waffen führen kann. [...] Gute Veranlagung ist eine gute Tugend für den, der Gott kennt. Gutes kommt immer von gutem Holz so wie auch ein guter Mann mit guten Fähigkeiten [ausgestattet ist]. 143 Vgl. Eikelmann (2009). Diese Arbeit bietet eine Textsammlung von Sprichwort und Sentenz in den mittelhochdeutschen höfischen Romanen. 144 Reuvekamp (2007: 53). 145 Kalinke (1985a: 347f). 1.4 Merkmale und Gestalt der drei Sagas 53 Sicherheit festgestellt werde, inwiefern diese von den älteren, verlorenen Texten abweichen und inwiefern die möglichen Textunterschiede somit auf die altfranzösische Überlieferung zurückzuführen sind. Die Struktur der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga entspricht der Struktur der meisten Riddarasögur, Märchensagas und Fornaldasögur und dem in der mittelalterlichen Literatur Europas verbreiteten „pattern of romance“, 146 worin das Brautwerbungsschema einen wichtigen Platz einnimmt. Es umfasst folgende Elemente: „(1) introduction; (2) hero’s youth; (3) motivation for departure; (4) adventure cycle; (5) concluding elements.“ Das Brautwerbeschema wiederum setzt oftmals bei Punkt (1) und/ oder (3) an und findet seinen Höhepunkt in der Hochzeit oder Wiedervereinigung des Helden und seiner Frau unter Punkt (5), nachdem der Held einige Abenteuer und Konflikte siegreich bestehen musste (Punkt (4)). Die Handlungsstruktur der höfischen Romane wurde auch in Hinblick auf ihren Fiktionalitätscharakter von Haug thematisiert. 147 Generell sind die drei Sagas über dieses Schema hinaus von inhaltlichen Gemeinsamkeiten geprägt, welche in der folgenden vereinfachten Inhaltsübersicht kurz dargestellt werden. Der Artushof als Ausgangs- oder Zielpunkt der Ritter tritt gleich zu Beginn der jeweiligen Saga in den Fokus. Darüber hinaus wird der Artushof während der Handlung gelegentlich eingeblendet und dient schließlich gegen Ende der Saga zum Abschluss der Abenteuerhandlung des jeweiligen Ritters, wobei Parceval darüber hinaus noch eine spirituelle Erlösung durchlaufen muss. Am Artushof in der höfischen Gesellschaft finden Jagden, Turniere und Feste statt. Alle drei Ritter müssen Abenteuer und Herausforderungen durchlaufen um ihren Stand als Artusritter zu optimieren, zu erhalten oder zu erreichen. Die Abenteuer spielen sich dabei primär in der sogenannten arthurischen Gegenwelt des Waldes ab. Dort treffen die Hauptprotagonisten auf fremde und phantastische Wesen wie Riesen, Zwerge, Drachen, Löwen und sogenannte böse Ritter, die offenbar außerhalb der höfischen Gesellschaft ihr Unwesen treiben und Burgen berauben, Burgfräulein oder Jungfrauen usw. entführen oder gefangen halten. Neben der Abenteuerthematik spielt die Liebesthematik eine entscheidende Rolle. Im Laufe einer Abenteuersuche und Abenteuerbewältigung treffen die Ritter jeweils auf die schönste aller Frauen und verlieben sich sofort in sie. Durch die erfolgreiche Meisterung des Abenteuers gewinnen sie ihre Frau und es kommt entweder sofort oder in der Parcevals saga erst gegen Ende der Erzählung zur Hochzeit. Íven und Parceval werden nach der Gewinnung ihrer Frau aufgrund der Notwendigkeit sich als Ritter in weiteren Abenteuern zu bewähren von dieser getrennt. Mit mentalen Ausnahmezuständen werden aber alle drei Hauptprotagonisten konfrontiert: Íven wird wahnsinnig und erwägt später den Schwerttod, da er sein Gelübde gegenüber seiner Frau vergaß, Erex wird bewusstlos und seine Frau Evida erwägt den Schwerttod, Parceval wird beim Anblick von Blut im Schnee von einer tiefen Sehnsucht nach seiner Frau gepackt. Neben den inhaltli- 146 Vgl. Kalinke (1985a: 327f). 147 Haug (2003). Vgl. dazu Kapitel 3.2.2. 1 Literaturgeschichtliche Verortung 54 chen und strukturellen Gemeinsamkeiten weisen alle drei Sagas auch ein gemeinsames Personeninventar mit König Artus und einem Ritter Kai auf, darüber hinaus wird der Artusritter Valven in Ívens saga und Parcevals saga genannt. Übersicht 6: Vergleichende Inhaltsübersicht Ívens saga Erex saga Parcevals saga Pfingsten am Artushof in England; Artus ist müde Ostern am Artushof auf Burg Kardigan Parcevals Herkunft aus Einöde/ Wald; Vater verbannter Ritter Kalebrants Erzählung von Ausfahrt in Wald; schwarzer Mann; Ritter von Quelle; Kalebrant sieglos Artus beschließt Hirschjagd mit Kusspreis; Valven hat Bedenken Parceval trifft Ritter im Wald und beschließt Ritter am Artushof zu werden König hört von Schmach, beschließt Ausfahrt; Kai stichelt Íven Hischjagd im Wald; Zwerg greift Königin und Erex an; Erex verfolgt dessen Herrn Parceval auf Weg zu Artus; beraubt eine Frau Íven geht heimlich zur Quelle; besiegt Ritter in dessen Burg; Íven gefangen; Wunden des toten Ritters bluten; Dienerin Luneta hilft ihm mit Zauberring; Burgfrau erscheint; Liebe Ívens; Hochzeit Bei Burg trifft Erex alten Mann und schönes Mädchen; gegenseitige Liebe; Erex besiegt Ritter Malpirant Am Artushof; Artus sorgenvoll; Bedrohung durch roten Ritter; Kai lästert; Parceval tötet roten Ritter; Ionet hilft ihm Artus bei Quelle; Íven besiegt Kai; Versöhnung Am Artushof Kusspreis Am Hof Gormanz von Groholls; ritterl. Erziehung Ívens Gelübde gegenüber Frau; Frist vorbei; Íven wahnsinnig; bei Eremit; dann von Burgfrau gesund gepflegt Pfingsten am Ilaxhof Hochzeit Erex und Evida; Ritterturnier Auf anderer Burg trifft Parceval Burgfräulein; Nachtszene; Liebe Ívens Kampf gegen Aleus Erex vergisst Rittertaten auszuüben Parceval besiegt Gingvarius Íven befreit Löwen von Schlange und dieser ist fortan sein Gefährte Erex auf Ausfahrt mit Evida; Sieg über acht Räuber Parceval besiegt Klamadius Íven erwägt bei Quelle seinen Schwerttod; weinende Frau ist Luneta Erex bei Burg Pulchra Kampf gegen Guimar; Versöhnung Am Fluss Einladung Parcevals in Fischerkönig Burg; Gralsprozession Ívens Kampf mit Riesen; befreit Burgfräulein weinende Frau; Erex besiegt zwei Riesen; befreit Ritter weinendes Mädchen Íven besiegt drei Ritter; befreit Luneta Erex befreit Ritter von Drachen Parceval trifft 1. Frau wieder und besiegt Ritter 1.4 Merkmale und Gestalt der drei Sagas 55 Íven besiegt zwei Riesensöhne und befreit 300 Mädchen Erex besiegt sieben Ritter, befreit acht Gefangene; Erex verwundet und bewusstlos; Evida erwägt Schwerttod Artus und Gefolge suchen Parceval, der mittlerweile sehr bekannt ist Am Artushof Ritterturnier; Versöhnung mit Valven; befreit Mädchen Bei Placidus Unterkunft, aber Kampf und Flucht nötig Parceval sieht Blut im Schnee; Sehnsucht nach Blankiflúr Bei Quelle Versöhnung mit Frau Kampf gegen Kai; Versöhnung Ritterkampf Parceval besiegt Kai; am Artushof verkündet Mädchen Urteil Erex noch immer krank; Genesung bei Guimar Parceval sucht Gral Bei König Effuen Kampf gegen Malbanaring; Versöhnung Valvens Abenteuer Am Artushof Krönungsfest von Erex; Rückkehr zu Ilaxhof; Nachkommen Erex’ Parceval bei Eremit; Vergebung, Erkenntnis; Rückkehr nach Fagraborg; Hochzeit mit Blankiflúr Aufgrund dieser inhaltlichen Gemeinsamkeiten erfolgte nicht nur die Auswahl dieser drei Sagas für diese Untersuchung sondern auf dieser Basis erfolgt auch die Auswahl der zu untersuchenden Textbeispiele in Kapitel 3. 1.4.3 Stil und Sensibilität Bereits Kretschmer und Glauser verweisen auf die negativen Werturteile in der älteren Forschung gegenüber den Riddarasögur (sowie Märchensagas und Fornaldarsögur). 148 Besonders in den Fokus tritt hier der sogenannte „verweichlichte Stil“ der ü. Rs. 149 Der Stil der ü. Rs. wird in der älteren Forschung gern mit dem „objektiven“ Stil der Íslendingasögur und Konungasögur verglichen, da diese als „ursprüngliche“ nordische Literatur gelten 150 und der ausländische Stil in den ü. Rs. zum „Verfall des 148 Kretschmer (1982), Glauser (1983). 149 Kramarz-Bein zufolge spricht Finnur Jónssons herablassende Sichtweise für seinen isländischen Nationalstolz (2002: 108). 150 Hierzu Halvorsen: „Den h[øviske] s[til] er svært forskjellig fra den stiltype vi finner i de fleste isl. sagaer, og den står vår tids stilfølelse fjernere enn sagastilen, men den er både rik og lettflytende og smidig, og slik som den er brukt i f.eks. Strengleikar (s.d.) bidrar den til å bevare i alle fall noe av ånden i originalen.“ (1962: 318). Oder Klaus Rossenbeck: „Bisher galt als allgemein akzeptierte Voraussetzung, dass dem objektiven Stil der Islendingasögur die Priorität vor der Subjektivität der geistlichen und ritterlichen Literatur einzuräumen sei.“ (1970: 212). Vgl. auch die Untersuchung von Astås (1987). 1 Literaturgeschichtliche Verortung 56 alten guten Stils“ der Íslendingasögur führe. 151 Der gegenüber den Íslendingasögur deskriptiv, gefühlsbetont und subjektiv anmutende Stil, der auch ein Merkmal kontinentaler höfischer Romane ist, kann durch Begriffe wie Innerlichkeit, Emotionalität oder Liebesthematik ergänzt werden. In den ü. Rs. treten neben einem gefühlsbetonteren Vokabular und der Beschreibung der Emotionen des Helden und seiner Geliebten, auch formelhafte Beschreibungen, Stilmittel (besonders Alliterationen, Parallelismen, Antithesen) und der Gebrauch des Partizip Präsens in den Vordergrund. Beispiele für den Gebrauch des Partizip Präsens sind: „Verið vel skiljandi ok eyru til leggiandi, þvíat heyrð orð eru þegar týnd, nema hugr hirð þat er eyra við tekr.“ 152 Beispiele für eine gefühlsbetonte und höfische Sprache in der wörtlichen Rede sind: „ ‚Í þvílíkan vilja nauðgar mik mitt hjarta,‘ sagði hann. ‚Fyrir hverjar sakir? ‘ segir hún. ‚Þín hin fýsiliga fegrð,‘ sagði hann.“ 153 Generell kann auch von einer kontinental beeinflussten Thematisierung von Liebe in der nordischen Literatur gesprochen werden. Kramarz-Bein zeigt ein Leidensvokabular auf, das verstärkt in der sogenannten Tristram-Gruppe vorkommt 154 und das auch für die drei Sagas relevant ist. Beispiele für ein sogenanntes Leidensvokabular in den drei ü. Rs. sind: harmsfullr (sorgenvoll), hörmuligr (betrübend), angr (Trauer). 155 Die literarische Thematisierung der Liebeskrankheit inklusive des Leidensvokabulars, Feuermetaphorik und Kusshyperbolik entnehmen die ü. Rs. aus ihren altfranzösischen Vorlagen. Durch die ü. Rs. erreichen diese Themen eine weitere Aufnahme und Verbreitung in der nordischen Literatur. 156 Innerlichkeit, Emotionalität oder Liebesthematik kann mit dem Begriff der literarischen Sensibilität noch umfassender bezeichnet werden. Sie zeigt sich nicht nur in einer subjektiven Erzähltechnik, die sich in wörtlicher Rede und auktorialer Erzählweise offenbart und darin den seelischen Zustand und die Motivation der Figuren verdeutlicht, sondern äußert sich auch in einem expliziten emotionalen Wortinventar. Ein weiteres Beispiel hierfür aus der Ívens saga. „ ‚Guð veit,‘ sagði hann, ‚at þat vil ek gjarna, þvíat þat má eigi angra mik. Hjá henni vil ek vera hertekin‘ ‚Fylg mér nú,‘ segir hún, ‚ok hræz ekki ok íhuga eigi at þú munir vera hér angraðr.‘ Með þessum hætti ógnaði hún honum. Ok því næst gerði hún öruggan um þat er hann beiddi.“ 157 151 Vgl. hierzu Kramarz-Bein (1999: 77f), Rossenbeck (1970: 212), Kretschmer (1982), Glauser (1983: 1ff), Weber (1986). 152 Kalinke (1999: 38). Dazu meine Übersetzung: Hört gut zu und leiht mir eure Ohren, weil gehörte Worte sodann verloren sind, außer der Verstand behält, was das Ohr gehört hat. 153 Kalinke (1999: 60). Dazu meine Übersetzung: „In solches Verlangen nötigt mich mein Herz“, sagte er. „Für welche Sache? “ sagt sie. „Deine begehrenswerte Schönheit“, sagte er. 154 Vgl. Kramarz-Bein (2002: 187f). 155 Ein weiteres Beispiel aus Kalinke (1999: 64): „Nú liggr Kæi svívirðr ok heldr harmsfullr, neistr ok yfirkominn ok makliga leikinn,“ Meine Übersetzung: Jetzt liegt Kai blamiert und ganz sorgenvoll, beschämt und bezwungen und vollständig besiegt. 156 Nyborg (2009: 23), Bandlien (2001: 166f, 172f), Guðrún Kvaran (2005: 529). 157 Kalinke (1999: 58). Dazu meine Übersetzung: „Gott weiß“, sagte er, „dass ich das gern will, weil mich das nicht traurig macht. Bei ihr will ich gefangen sein.“ „Folge mir jetzt“, sagte sie, „und habe keine Angst und denke nicht, dass du hier verletzt wirst.“ Mit diesem Risiko ängstigte sie ihn. Und als nächstes versicherte sie ihm das, um was er sie bat. 1.4 Merkmale und Gestalt der drei Sagas 57 Die drei ü. Rs. führen eine literarische Sensibilität 158 bzw. Kultivierung von Emotionalität in den nordischen Raum ein. 159 Durch die Rezeption der ü. Rs. wurde die Sensibilität in die nordische Literatur appropriiert und dann literarisch in anderen Sagagenres, Balladen und Rímur weiter verarbeitet. In einem kulturanthropologischen Sinne kann dies umgekehrt betrachtet auch bedeuten, dass die ü. Rs. das Auftauchen einer neuen Sensibilität in der nordischen Kultur widerspiegeln. Inwiefern die Literatur wiederum einen Einfluss auf die Lebenswelten der Menschen im mittelalterlichen Norden hatte oder wie sehr höfische Sitten im Norden bereits bekannt waren, als diese drei Sagas adaptiert wurden, können eigenständige Untersuchung nachgehen. Mit den ü. Rs. wurden neue Wörter in den nordischen Raum eingeführt, die mit dem höfischen Leben und Rittertum konnotiert waren, 160 hier z. B.: „atburðr“ (Abenteuer), „heyskr“ (höfisch), „kastala“ (Burg), „kurteisi“ und „riddaraskap“ (Ritterlichkeit), „vápnhest“ (Schlachtross), „herklæddr“ (Rüstung). Man vergleiche hierzu folgende Textbeispiele: „Með honum váru tólf spekingar hans ok ráðgiafar, er sátu at hans kringlóttu borði. Einn af þeim var sonr Ilax kóngs, mikill kappi í riddaraskap, fríðr sýnum ok íþróttamaðr mikill,“ 161 oder „Ok sem Kæi fekk orlof af kóngi, þá sté hann upp á sinn vápnhest vel herklæddr, ok reið sem ákafast í móti síra Íven ok hvárr móti öðrum.“ 162 Stilmittel und Gebrauch des Partizip Präsens sind nicht auf die ü. Rs. einzuschränken, sondern generell Merkmale der Übersetzungsliteratur. 1962 sieht Halvorsen z. B. den Grund für den regeren Gebrauch von Stilmitteln im Übersetzungsvorgang von Vers zu Prosa. 163 Brügger-Budal legt mit ihrer Dissertation zu den Strengleikar 2009 eine Analyse vor, die aus dem Gebrauch von bestimmtem Vokabular und dem Partizip Präsens gegenüber den altfranzösischen Vorlagen und einigen altwestnordischen Texten eine Übersetzerpraxis für die Strengleikar in DG 4-7 herleitet. Dabei wird deutlich, dass der Gebrauch von Partizip Präsens am häufigsten bei Übersetzungen aus dem Lateinischen vorkommt. 164 Þórir Óskarsson bespricht den Einfluss des lateinischen bzw. europäischen gelehrten Stils auf die isländische 158 Dieser Begriff basiert auf Jaeger (1999). 159 Reynard (2004: 12): „Den franskspråklige litteratur påvirket det nordlige menneskeideal i retning av en mer omfattende og rikere persepsjon av personlighet, og av en større forståelse av menneskets indre liv og individualitet.“ 160 Þórir Óskarsson (2005: 368), Guðrún Kvaran (2005: 529). 161 Kalinke (1999: 222, 228). Meine Übersetzung: Bei ihm waren seine zwölf Weisen und Ratgeber die an seinem runden Tisch [=Tafelrunde] saßen. Einer von diesen war der Sohn König Ilax’, ein großer Ritter mit ritterlichen [Tugenden], schönem Aussehen und [ein] sehr in Fertigkeiten [geübter] Mann. 162 Ívens saga zitiert aus Kalinke (1999: 64). Meine Übersetzung: Und als Kai Erlaubnis vom König bekam, da stieg er auf sein Schlachtross in voller Rüstung und ritt so schnell er konnte gegen Herrn Íven und sie trafen einander. 163 Halvorsen (1962: 318). „Oversetterne etterlikner ikke stilen i originalene, og det er rimelig å anta at når sagaene gjør sterkere bruk av retoriske virkemidler, så er det fordi oversetterne har vært nødt til å bruke prosa, og de har forsøkt å skaffe en viss erstatning for verseformer ved å gjøre sin prosa så ‚poetisk‘ som mulig.“ 164 Brügger-Budal (2009: 290ff, 304). 1 Literaturgeschichtliche Verortung 58 Literatur und weist nach, dass selbst in der „genuinen“ Íslendingabók oder den Konungasögur Spuren der mittelalterlichen Rhetorik nachweisbar sind. 165 Die drei ü. Rs. stehen in der nordischen Tradition der Übersetzungsliteratur und mittelalterlichen Rhetorik. Sie weisen daher verständlicherweise stilistische Gemeinsamkeiten mit der auf lateinischen Vorlagen basierenden Übersetzungsliteratur auf. Sie sind aber auch als spezifische Reaktionen im Umgang mit ihren altfranzösischen Vorlagen und nordischen Rezipienten zu sehen: „medieval rhetoric was a complex and many-sided discipline that required authors to adjust their style to the circumstances applying at any given time.“ 166 Durch ihren speziellen Stil sollen die ü. Rs. einen exklusiven sozialen Kreis ansprechen. 167 Dagegen hätte eine wortwörtliche Übertragung der französischen Vorlage in eine nordische Version vermutlich die Rezeption durch ein nordisches, wenn auch exklusives Publikum gestört. Es folgte beim Übertragungsvorgang eine Anpassung der Informationen, die an einen nordischen Empfänger gehen. Wobei hier zu bedenken ist, dass der nordische Verfasser bereits selbst ein Rezipient der französischen Vorlage ist 168 und es hier nicht nur um die Weiterleitung, sondern zunächst um eine Rezeption und Bearbeitung dieser Textinformationen in eine andere Sprache geht. Das Vokabular des Höfischen und des Gefühlsinventars wurde durch die ü. Rs. dann in die nordische Literatur eingeführt. 169 Dies kann als Anpassung an europäische Trends gesehen werden. Dennoch verfügen die drei hier untersuchten Riddarasögur über keinen einheitlichen Stil, 170 sie machen von rhetorischen Mittel unterschiedlich Gebrauch und weisen lexikalische und syntaktische Unterschiede auf. Diese Unterschiede lassen einerseits auf einen Bearbeiter schließen, der individuell auf seine Vorlagen eingegangen ist und keinen Einheitsstil gebrauchte. Andererseits könnte man auch von verschiedenen Bearbeitern zu verschiedenen Zeiten ausgehen und darin die Stilunterschiede begründen. Gerade der Stil der ü. Rs. dient in der Forschung bekanntlich als Argument für einen Entstehungskontext des 13. Jahrhunderts, da hier Gemeinsamkeiten mit anderen Werken postuliert werden. 171 Dabei wird die handschriftliche Überlieferungslage aus den Augen gelassen. Es werden letztlich Texte verglichen, die in Handschriften aus verschiedenen zeitlichen Kontexten überliefert sind. Über die ursprünglichen Texte ist nichts bekannt. Es ist daher unklar wie stark sich diese z. B. in einer Bearbeitung des Stils oder des Vokabulars von den tatsächlich erhaltenen Texten aus dem 15. Jahrhundert unterscheiden. 165 Þórir Óskarsson (2005: 363) sowie: „the sagas of knights evidently resemble the learned religious works with which they were contemporary, and it can be argued that many translators had received a clerical education.“ (2005: 368). 166 Þórir Óskarsson (2005: 354). 167 Þórir Óskarsson (2005: 354). 168 Marold (1985: 157). 169 Þórir Óskarsson (2005: 368), Guðrún Kvaran (2005: 529). 170 Auch Schier beobachtete, dass der Stil der ü. Rs. nicht einheitlich ist und schreibt dies dem Willen des Übersetzers zu und nicht der Textvorlage (Schier 1970: 96). 171 Zuletzt Kramarz-Bein (2007). 1.5 Übersetzte Riddarasögur oder höfische Romantik 59 1.5 Übersetzte Riddarasögur oder höfische Romantik Der allgemein anerkannte Gattungsbegriff der ü. Rs. ist problematisch und forschungsgeschichtlich geprägt und definiert sich bekanntlich über drei Haupteigenschaften der Sagas: der Herkunft der Übersetzungsliteratur aus bestimmten Stoffmaterien, dem Entstehungskontext am norwegischen Hof im 13. Jahrhundert sowie bestimmte Inhalte. Das Wort Riddarasögur ist nachweislich erstmals in einer isländischen Handschrift des 14. Jahrhunderts in Gebrauch und bezeichnet dort mehrere Sagas, die Ritter zum Thema haben. 172 Im Zuge des wissenschaftlichen Interesses an der Sagaliteratur widmete man sich im 19. Jahrhundert erstmals einigen ü. Rs. und versuchte sich in einer Klassifizierung. 173 Gegen Ende des 19. Jahrhunderts gaben Cederschjöld und Kölbing die ersten Editionen mit ü. Rs. heraus. 1872 betitelt Kölbing seine Editionen der Parcevals saga, Ívens saga und Mírmans saga „Riddarasögur“ aufgrund ihrer Inhalte und nennt sie „romantische Sagas“. Den Sammelbegriff der Riddarasögur behält Bjarni Vilhjálmsson in seiner isländischen Leseausgabe bei. 174 Halvorsen schlägt schließlich 1969 vor, die ü. Rs. in Bearbeitungen aus altfranzösischen und lateinischen Quellen sowie in isländische Bearbeitungen zu untergliedern. Dies bildet die Grundlage für die Unterscheidung in übersetzte und originale Riddarasögur sowie für die weitere Unterscheidung innerhalb der ü. Rs. Neben der Methode, die Sagagattungen thematisch zu unterscheiden, folgt nun also eine Bestimmung von Gattungen nach der Stoffherkunft. Eine solche Unterteilung der ü. Rs. wird in den 70er Jahren von Schier, Hallberg und Barnes fortgeführt. 175 In der Forschung bleibt diese Grundeinteilung bis heute stabil. 176 Als Beispiel für die Problematik des Begriffs der ü. Rs. dient Barnes Anmerkung zu Kalinkes Definition der ü. Rs. von 1989: Definitions over a period of four years by Marianne Kalinke, the most prolific recent publisher in the field, illustrate a continuing uncertainty over the labelling of Norwegian and Icelandic romance. In 1979 she characterized riddarasögur as ‚tales of chivalry translated from French into Norwegian during the reign of King Hákon Hákonarson‘; the following year they were ‚the thirteenth-century Norwegian translations of predominantly French literatur‘; in 1981 they were ‚Old Norse-Icelandic prose tales of chivalry‘; and, in 1982, shed all specifically French and chivalric connections to become, simply, ‚Old Norse-Icelandic romances‘. 177 172 Rossenbeck (1970: 38f), Barnes (1974a: 11), Kalinke (1981: 11, 1985: 316), Glauser (2005: 372) verweisen auf die Mágus saga jarls. Dort findet sich folgender Textausschnitt in der Handschrift AM 152 fol: „Frásagnir (...) svo sem (...) Þiðreks saga, Flóvenz saga eðr aðrar riddarasögur“ (Gunnlaugur Þórðarson 1858: 177). 173 Vgl. Einleitung und Kapitel 1.1. 174 Bjarni Vilhjálmsson (1949-1954). 175 Schier untergliedert die ü. Rs. nach Inhalt und Herkunft in eine französische und eine keltonormannische Gruppe (Schier 1970: 94). Siehe auch Hallberg (1971), Barnes (1974). 176 Vgl. dazu Einleitung. 177 Barnes (1989: 73). 1 Literaturgeschichtliche Verortung 60 Trotz homogener Tendenzen in der Forschung gibt es offenbar auch eine stetige Justierung des Gattungsbegriffs bei Kalinke, da nicht alle Sagas innerhalb dieser Sagagruppe der Definition des Gattungsbegriffs gleichermaßen gerecht werden. So täuscht der Gattungsbegriff der übersetzten/ norwegischen Riddarasögur über wichtige Unterschiede innerhalb der Gattung und des Textkorpus wenigstens für die drei hier zu untersuchenden Sagas hinweg. Zwar ist Stoffherkunft und Inhalt der drei Sagas nicht problematisch, wohl aber der Entstehungs- und Rezeptionskontext. So ist es treffender statt von Übersetzung von einer Übertragung bzw. Adaption und Bearbeitung zu sprechen. 178 Auch bei der Wahl des Begriffs der Übertragung oder Adaption wird der Kontrast zum Begriff der sogenannten originalen/ isländischen Riddarasögur weiterhin bewahrt. Ein weiterer Kritikpunkt bezieht sich auf die Entstehung am norwegischen Hof des 13. Jahrhunderts. Wie bereits deutlich wurde, sind keine Textzeugen der Ívens saga, Erex saga oder Parcevals saga aus dem 13. oder frühen 14. Jahrhundert erhalten oder bekannt. Das heißt, dass bis auf zwei Fragmente die erhaltenen Texte ausschließlich aus dem 15. bis 19. Jahrhundert stammen und die Textüberlieferung auch lediglich in dieser Zeitspanne untersuchbar ist. Im Gegensatz zu der traditionellen Erörterung des Gattungsbegriffs spielt die Handschriftenüberlieferung für die Zuordnung eines tatsächlichen Entstehungskontexts durchaus eine Rolle, da die erhaltenen Handschriften die einzigen altisländischen Artefakte dieser Texte sind. Anhand der Übersicht 4 in Kapitel 1.3.2 ist daher der Zusammenhang von Gattungsbegriff und handschriftlicher Überlieferungslage verdeutlicht worden. Aufgrund der tatsächlichen handschriftlichen Überlieferung ist ein tatsächlicher norwegischer Entstehungskontext einzig für Elis saga, Strengleikar, Alexanders saga und auch Flóvents saga, Flóres saga und Breta sögur erkennbar, aber eben nicht für die drei hier im Fokus stehenden Sagas. Die Inhalte der Handschriften werden in Bezug auf ein mögliches Gattungsbewusstsein in Kapitel 2.2 bei den Überlieferungsverbünden der drei relevanten ü. Rs. noch genauer besprochen. Doch nicht nur der Gattungsbegriff der ü. Rs. sondern auch die Bezeichnung höfische Literatur und höfische Romane (courtly romances) ist für die Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga problematisch. Von den im ersten Kapitel bereits besprochenen Punkten wie Form, Stil und Inhalten einmal abgesehen ist ein wesentlicher Kritikpunkt der Umgang mit der Problematik des Entstehungskontexts der drei Sagas bzw. ihrer erhaltenen Handschriften. Die erhaltenen Texte können zeitlich (15. Jahrhundert und später) und räumlich (bis auf zwei Fragmente ist der Entstehungsort Island) nicht in einem tatsächlichen höfischen Kontext entstanden oder rezipiert worden sein und daher nicht als höfische Literatur bezeichnet werden. Der Begriff des höfischen Romans ist konkret an eine Entstehung und Funktion an einem Königs- oder Fürstenhof gebunden und daher zeitlich limitiert. So konnten die kontinentalen höfischen Romane im Spätmittelalter nach dem Niedergang des Rittertums und der Lehnsherrschaft nicht mehr als Ideal einer zeitgenössischen Gesellschaft dienen und direkte Unterhal- 178 Vgl. Kapitel 1.3. 1.6 Zusammenfassung 61 tungs- und Unterweisungsvorlage für Hofdamen und Ritter auf einer Burg sein. Die höfische Literatur wurde daher in einem veränderten Umfeld weiter überliefert, möglicherweise bereits parallel zu neuen Gattungen, die diese Stoffe aufgegriffen hatten. Für die spätmittelalterliche höfische Literatur in Heidelberg wurde dafür der Begriff „höfische Romantik“ vorgeschlagen. 179 Eine Parallele kann m. E. bereits zum mutmaßlichen Entstehungskontext des 13. Jahrhunderts in Norwegen gezogen werden. Seit Ende des 13. Jahrhunderts gab es in Norwegen aristokratische Titel und höfische Rituale, wie die Schwertleite, 180 jedoch gab es keinen Ritterstand. 181 Bei der Überlieferung im 15. Jahrhundert auf Island spielt wiederum ein tatsächlicher Königs- oder Fürstenhof keine Rolle, 182 wenn man von der fernen norwegischen und später dänischen Fremdherrschaft einmal absieht. Die ü. Rs. können in Norwegen und später in Island kaum in eine Realität umgesetzt worden sein, das heißt in einer direkten Unterhaltungs- und Unterweisungsvorlage für Ritter auf einer Burg, sondern höchstens in einem fiktiven Sinn. Es wäre daher möglich, den Begriff der höfischen Romantik für diese drei Sagas anzuwenden und diese dann vom Begriff der ü. Rs. z. B. in einer Untergruppe abzugrenzen. 1.6 Zusammenfassung Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga sind nicht nur Teil des europäischen Artusstoffs und Adaptionen der drei populärsten Artusromane, die im Europa des 13. Jahrhunderts verbreitet waren, sondern sie bilden innerhalb der Gattung der ü. Rs. inhaltlich und ihre Vorlagen betreffend eine Sondergruppe. Sowohl Forschungsgeschichte, Texteditionen als auch die Handschriften der drei Sagas halten sich zudem in einem überschaubaren Rahmen. Wie in der Einleitung 183 bereits angesprochen und in Kapitel 1 verdeutlicht wird, versucht die vorliegende Untersuchung einen Beitrag zu aktuellen theoretischen Ansätzen innerhalb der Sagaforschung zu leisten. Es geht um eine generelle Verbindung von kultur- und literaturwissenschaftlichen Methoden mit Ansätzen aus der Editionsphilologie, der germanistischen Überlieferungsgeschichte und der Material Philology. Im Mittelpunkt steht eine Text-Kontext Analyse, die den Sagatext in seiner handschriftlichen Überlieferung und jeweiligen Textaktualisierung beschreibt und untersucht. Untersuchungen zur Textualität von Sagatexten in ihren jeweiligen Handschriften liegen zu diesen drei ü. Rs. bisher nicht vor und sind in der Sagaforschung nach wie vor rar gesät. 179 Müller (1994: 21). 180 Damsgaard-Olsen (1965: 97). 181 Damsgaard-Olsen (1965: 96). 182 Vgl. hierzu Würth: „Bestanden in Norwegen mit der ansatzweise vorhandenen ständischen Gesellschaft zumindest die äußeren Voraussetzungen für die Rezeption der in den kontinentalen höfischen Romanen vertretenen Ideale, so mußten diese Ideen in Island vollkommen auf Unverständnis stoßen.“ (1998: 255). 183 Vgl. Einleitung. 1 Literaturgeschichtliche Verortung 62 Die Forschungsgeschichte der 1960er und 1970er Jahre prägte den Gattungsbegriff 184 der ü. Rs. wesentlich und unterscheidet ihn formal durch das Merkmal der Übersetzung, also auch durch die implizierte Stoffherkunft, von den originalen/ isländischen Riddarasögur. Der Gattungsbegriff wird den drei hier im Fokus stehenden Sagas aber nicht gerecht. Er schreibt den ü. Rs. generell gemeinsame Eigenschaften wie die ausländische Herkunft, Entstehung am norwegischen Hof im 13. Jahrhundert und spezifische Inhalte zu, vernachlässigt aber die tatsächliche Quellenlage, das heißt die Handschriftenüberlieferung dieser Sagatexte, die eine Entstehung am norwegischen Hof nicht nachweist. Zudem wird die Bezeichnung ü. Rs. dem komplexen Übertragungsvorgang nicht gerecht. Die erhaltenen Texte sind dabei m. E. besser als Adaption und Bearbeitung zu bezeichnen, und nicht als Übersetzung. 185 Der Gebrauch des Begriffs höfische Romantik, 186 wenigstens als Untergattung für diese drei Sagas, erscheint daher naheliegend. Die Rezeption und Funktion dieser drei Sagas in der Forschungsgeschichte wird besonders von Barnes ausführlich besprochen, 187 aber die Voraussetzungen für eine entsprechende Rezeption am norwegischen Hof werden dabei kaum hinterfragt und die Handschriftenüberlieferungslage der Texte nicht berücksichtigt. Das heißt im weiteren Sinne auch, dass höfische Literatur, die ursprünglich für eine Rezeption an einem Fürsten- oder Königshof konzipiert war, im Fall der drei Sagas anhand der Handschriftenüberlieferung letztlich in einem nicht-höfischen Kontext vom 15. bis 19. Jahrhundert immer wieder neu rezipiert und aktualisiert wurde. Selbst wenn man von einer Übertragung am norwegischen Hof im 13. Jahrhundert ausgeht, 188 handelte es sich hier bereits nicht mehr um höfische Literatur im europäischen Verständnis, sondern bereits um höfische Romantik. 189 Die Texte treffen schon in Norwegen auf keine entsprechende Lebenswelt, da es dort keinen entsprechenden Ritterstand gab. Auf Island waren diese Bedingungen noch weniger gegeben. Das Interesse und damit einhergehend die Untersuchungen zu den ü. Rs. waren bis in die 1980er Jahre generell gering und sind auch gegenüber dem Forschungsinteresse für die Íslendinga- und Konungasögur noch bis heute gering. 190 Texteditionen und Untersuchungen zu den ü. Rs. reichen daher zahlenmäßig nicht an Publikationen zu den populären Íslendinga- und Konungasögur heran. Die Gründe hierfür können einerseits in ihrer ursprünglich ausländischen und somit nicht genuin nordischen Stoffherkunft und andererseits an der etablierten Negativbewertung bei einem direkten Vergleich mit den altfranzösischen höfischen Romanen liegen. Eine Betrachtungsrichtung dieser drei Sagas war daher der Vergleich mit altfranzösischen Stoffversionen. Aufgrund der Bedeutung des Vergleichs von einigen ü. Rs. mit alt- 184 Vgl. Einleitung, Kapitel 1.3 sowie ausführliche Diskussion unter 1.5. 185 Kapitel 1.3. 186 Kapitel 1.5. 187 Zum Rezeptionsprozess der drei Sagas in Kapitel 1.5, zu Barnes Forschung in Kapitel 1.1.1. 188 Erörterung des Entstehungskontexts des 13. Jh.s in Kapitel 1.4. 189 Vgl. Kapitel 1.5. 190 Kapitel 1.1. 1.6 Zusammenfassung 63 französischen Textversionen in der bisherigen Forschung und als Einblick in die Inhalte der Texte wird in Kapitel 1.5 näher auf diese Thematik eingegangen. Die nordischen Bearbeiter wandeln die ursprünglichen altfranzösischen Verse in altnordische Prosa um. Ausführliche Beschreibungen und Erörterungen der Gemütszustände und Emotionen der Protagonisten werden gekürzt, doch stets ist eine Kontinuität der Handlung gewährleistet. Die höfischen Romane mit ihren expliziten Beschreibungen von Emotionen, Innerlichkeit und Liebesthematik führen zudem die Möglichkeit einer literarischen Sensibilität in den nordischen Kulturraum und in die Sagaliteratur ein. 191 Die inhaltlichen Unterschiede gegenüber der französischen Vorlage und die stilistischen Unterschiede gegenüber den genuin nordischen Stoffen (Íslendingasögur, Konungasögur) werden in der älteren Forschung rege erörtert. Dabei sollte gerade das Besondere darin liegen, dass die ü. Rs. neue Stoffe, Motive und entsprechendes Vokabular in den nordischen Raum bringen, die in die isländische Sagaliteratur aufgenommen werden. 192 Zudem werden bei der Erex saga und Parcevals saga die Inhalte vom nordischen Verfasser um ein Abenteuer bzw. einen Abschluss der Saga ergänzt. Für die weitere Untersuchung haben die altfranzösischen Texte allerdings nur marginale Bedeutung, da schließlich die vorhandenen isländischen Texte miteinander in Bezug gesetzt werden. Die Stoffe der ü. Rs. werden wiederum im 14. und 15. Jahrhundert in die isländische Sagaliteratur aufgenommen und in den originalen Riddarasögur appropriiert. 193 Dennoch wurden die drei ü. Rs. parallel dazu bis ins 19. Jahrhundert weiter überliefert. Dies muss als literarische und kulturelle Leistung gesehen werden, die sich in einer vielfältigen kulturellen Aneignung in anderen Texten, wie originalen Riddarasögur, Rímur und Balladen, widerspiegelt, und sollte eben nicht als literarisches Verfallsphänomen beurteilt werden. Im ersten Kapitel wird deutlich, dass ein direkter Vergleich von Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga mit Texten der altfranzösischen Romane Yvain, Erec et Enide und Perceval nicht nur aufgrund der Quellenlage problematisch ist. Weder die ersten Übertragungen ins Nordische noch die konkreten altfranzösischen Textvorlagen sind erhalten, obwohl die ältesten erhaltenen altfranzösischen Texte aus dem 13. Jahrhundert datieren; doch altnorwegische Texte mit diesen drei Sagas aus dem 13. Jahrhundert sind nicht erhalten. Selbst wenn man von einem späteren Übertragungsprozess, z. B. Anfang des 14. Jahrhunderts ausgehen würde, sind auch aus dieser Zeit keine altnorwegischen Texte dieser drei Sagas erhalten. Das heißt, dass jeder Textvergleich auf altisländischen und altfranzösischen Texten basiert, die tatsächlich in keinem direkten regionalen oder zeitlichen Zusammenhang zum norwegischen Hof des 13. Jahrhunderts stehen. In Kapitel 1.2 und 1.3 wird auch auf die räumliche und zeitliche Überlieferung des Artusstoffs in Europa und dem Norden aufmerksam gemacht. Diese drei Sagas 191 Kapitel 1.5.3. 192 Vgl. Kapitel 1.5 sowie Stefán Karlsson (2004: 33) und Reynard (2004: 12). 193 Vgl. Kapitel 1.3. 1 Literaturgeschichtliche Verortung 64 sind Teil des Artusstoffs, der nicht nur in Europa sondern auch Skandinavien aufgenommen und weiterverarbeitet wurde. Interessanterweise entwickeln sich in Europa im 13. Jahrhundert aus den höfischen Romanen des Artusstoffkreis Prosaromane. Die Übertragung der ü. Rs. folgt damit, bewusst oder unbewusst, auch einem europäischen Trend. Die Prosaform der ü. Rs. orientiert sich wahrscheinlich auch an der im Norden bekannten Sagaform. Dazu Kretschmer: [Die Riddarasögur erscheinen] als geglückte Verbindung zweier verschiedener mittelalterlicher Erzähltraditionen, die einigen der bekanntesten und bedeutendsten Werke des europäischen Hochmittelalters auch im fernen Norwegen und Island zu großer Popularität verholfen hat. 194 Jedoch muss darauf hingewiesen werden, dass die ü. Rs. generell und insbesondere die drei hier besprochenen Sagas anhand ihrer Handschriftenvorkommen offenbar nicht zu der populärsten Literatur des Nordens gehören, wenn man sie mit der Vielzahl erhaltener Handschriften mit originalen Riddarasögur oder Märchensagas vergleicht und die Menge der erhaltenen Handschriften als Indiz für deren quantitatives Vorkommen im Sinne einer Popularität nutzt. Obwohl die ü. Rs. quantitativ eher unpopulär sind, so sind ihre Motive hingegen sehr populär, da sie in den originalen Riddarasögur bzw. Märchensagas rege Weiterverarbeitung finden (vgl. Kapitel 1.3.1). Trotz inhaltlicher, struktureller und stilistischer Gemeinsamkeiten, die bereits in Kapitel 1.5 angesprochen werden, bilden die drei ü. Rs. aber keinen einheitlichen Text. Dies lässt sich vermutlich einerseits aus der altfranzösischen Vorlage selbst ableiten und andererseits aus der individuellen Bearbeitungspraxis der Übertrager oder Bearbeiter zu einem früheren oder späteren Zeitpunkt. Generell dient das erste Kapitel der Erörterung der Forschungsgeschichte, Stoffüberlieferungsgeschichte sowie dem Übertragungs- und Überlieferungsprozess der drei Sagas als Teil des Artusstoffs im europäischen und nordischen Zusammenhang. Dadurch wird die Grundlage für die folgenden Kapitel geschaffen, die sich der handschriftlichen Überlieferung und Textanalyse widmen. 194 Kretschmer (1982: 232). Glauser spricht in diesem Zusammenhang von Innovation und Konstruktion (2005: 380). 2 Die handschriftliche Gesamttransmission Die drei Erzählungen sind in insgesamt 20 altwestnordischen und isländischsprachigen Handschriften und Handschriftenfragmenten zusammen oder getrennt überliefert. Ein erster Blick auf Entstehungsorte, Entstehungszeiten und Siglen dieser Handschriften lässt es zu, von europäischen Ausmaßen bei der Texttransmission dieser isländischsprachigen Literatur zu sprechen (siehe Übersicht 7). 1 Ein weiterer Blick auf Auftraggeber, Schreiber und Sammler der jeweiligen Handschrift, soweit bekannt, offenbart eine Verbindung vieler Handschriften mit Persönlichkeiten des europäischen und nordischen Geisteslebens des 17. bis 19. Jahrhunderts. Die Anzahl der Handschriften ist dennoch übersichtlich, z. B. gegenüber anderen übersetzten Riddarasögur. 2 Die Betrachtung aller erhaltenen handschriftlichen Textzeugen der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga eröffnet die Möglichkeit einer Analyse der Gesamttransmission. Das umfasst die Betrachtung aller Handschriften einer Saga bzw. Sagagruppe, das heißt hier der drei ü. Rs., die auf Chrétien de Troyes’ höfischen Romanen basieren, in Hinblick auf ihre zeitliche und räumliche Überlieferung, Handschriftenrelationen, Handschriftenüberlieferungsverbände und Entstehungskontexte. Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten sind erkennbar und welche Aussagen sind hier zu den einzelnen Sagas und Handschriften zu treffen, z. B. in Hinblick auf ein Gattungsbewusstsein? Außerdem ist durch die Fokussierung auf die jeweiligen Handschriften einer Saga eine Erörterung der Handschriftenüberlieferung und der jeweiligen Entstehungsumstände der Handschriften möglich, die wiederum Rückschlüsse auf die jeweilige Textrezeption und Textaktualisierung zulässt. 2.1 Entstehungs- und Überlieferungskontexte der Handschriften Zunächst sind alle Handschriften der drei Sagas nochmals chronologisch in Übersicht 7 dargestellt. 3 Das älteste Handschriftenfragment, welches eine der drei Sagas enthält, datiert aus der Mitte des 14. Jahrhunderts und enthält die Parcevals saga. 1 Allgemein zur räumlichen und zeitlichen Einordnung von Handschriften siehe Stefán Karlsson (1999). Bereits Glauser (1992) betrachtete Handschriften der Dínus saga und ordnete diese gemäß ihrer Datierung und bestimmten Eigenschaften bei Bearbeitungstendenzen in zeitliche Gruppen ein. So konnte er die zeittiefe Überlieferung des Sagatexts in der gesamten handschriftlichen Überlieferung in seinen Eigenarten erfassen und beschreiben. 2 Vgl. Kalinke/ Mitchell (1985). 3 Hauptquelle für alle Handschriften sind die Handschriftenkataloge der jeweiligen Sammlungen, in denen sie sich befinden, z. B. für die isländischen Handschriften in Stockholm Gödel (1897- 1900), für die Handschriften in der Arnamagnæanischen Sammlung der Katalog von Kålund (1888-1894) usw. Ausführliche Informationen zu den Handschriften in den folgenden Kapiteln. 2 Die handschriftliche Gesamttransmission 66 Übersicht 7: Chronologische Übersicht der Handschriften Entstehungszeit in Jahrhundert Handschrift Vorkommen ÍS, ES, PS 4 1300-1400 NKS 1794b 4to frag PS 1400-1500 Holm perg 6 4to AM 489 4to Lbs 1230 8vo III frag ÍS, PS ÍS ES 1500-1600 / 1600-1700 Holm papp 46 fol AM 179 fol AM 181a-b fol BL Add. 4857 fol BL Add. 4859 fol AM 588a 4to ÍS, ES ÍS, PS ÍS, ES, PS ÍS ÍS, ES, PS ÍS 1700-1800 AM 395 fol TCD 1015 8vo NKS 1691 4to Kall 246 fol NKS 1708 4to NKS 1794a 4to NKS 1144 fol (Resümee) BL Add. 11,158 4to (Resümee) ÍS, PS ÍS, PS ÍS, PS ES ES PS ÍS, ES, PS ÍS, ES, PS 1800-1900 Lbs 3127 4to NKS 3310 4to Lbs 1907 8vo NBO 3652: 13 fol Lbs 3128 4to (Resümee) ES ÍS, PS PS ÍS, PS ÍS, ES, PS Aus dem 15. Jahrhundert sind zwei Handschriften (Ívens saga, Parcevals saga) erhalten sowie ein Handschriftenfragment als ältester erhaltener Textzeuge für die Erex saga. Insgesamt existieren vier Handschriftenzeugen dieser drei Sagas aus dem 14. bis 15. Jahrhundert. Die Diskrepanz zwischen dem forschungsgeschichtlich zugeschriebenen Entstehungskontext des norwegischen Hofs im 13. Jahrhundert und der Datierung der tatsächlich erhaltenen Artefakte wird nochmals deutlich. Die Handschriften des Mittelalters sind bis auf NKS 1794b 4to frag auf Island entstanden. Im Zuge der Reformation kam die Handschriftenproduktion auf Island im 16. Jahrhundert völlig zum Erliegen. 5 Das spiegelt sich auch in den erhaltenen Texten der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga wider, da aus dem 16. Jahrhundert keine 4 Erklärung der Abkürzungen: ÍS = Ívens saga, ES = Erex saga, PS = Parcevals saga. 5 Zur Reformation in Island und der Auswirkung auf die Handschriftenüberlieferung siehe z. B. Kalinke (1981: 37f) und Seelow (1989: 6f). 2.1 Entstehungs- und Überlieferungskontexte der Handschriften 67 Handschriftenzeugen erhalten sind. Die Handschriften der Neuzeit 6 vom 17. bis 18. Jahrhundert sind durch ein generelles Interesse an der Vergangenheit gekennzeichnet und damit einhergehend dem Sammeln und Bewahren alter Artefakte sowie einer produktiven Kopiertätigkeit mittelalterlicher Handschriften verpflichtet. Die Produktion von Handschriften war in der Neuzeit aufgrund des Gebrauchs von Papier nicht nur einfacher und günstiger, sondern durch die Benutzung einer Kursivschrift auch schneller als im Mittelalter. 7 Dies lässt sich generell an der Handschriftenüberlieferung der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga nachvollziehen, da nun sechs Handschriften aus dem 17. Jahrhundert erhalten sind. Aus dem 18. Jahrhundert sind ebenfalls sechs Handschriften überliefert. Die Handschriften des 19. Jahrhunderts sind durch vier Handschriften vertreten, wovon zwei außerhalb Islands in einem universitären Bereich entstanden sind. Resümees entstanden im 18. und 19. Jahrhundert. Alle Handschriften werden im Folgenden zunächst in chronologischen Reihenfolge genauer beschrieben und ihre Entstehungs- und Überlieferungsumstände, soweit diese bekannt sind, genauer erläutert. Bei jeder Handschrift wird besonderer Wert auf die Erörterung der Entstehungs- und Überlieferungszusammenhänge gelegt, weniger auf kodikologische, paläografische oder orthografische Merkmale der Handschriften. 8 Dies soll die Grundlage für eine Text-Kontext Analyse im dritten Kapitel bilden. 2.1.1 Die Handschriften des Mittelalters Aus dem Mittelalter sind nur vier Handschriften, davon zwei Fragmente, mit Texten der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga erhalten. Die zwei größeren Codices weisen Lakunen auf, so fehlt in AM 489 4to der letzte Teil der Ívens saga. Über ihre Entstehung und Überlieferungsgeschichte ist kaum etwas bekannt. Aufgrund von Vergleichen der Schreiberhände mit anderen Handschriften geht man heute davon aus, dass Holm perg 6 4to im Norden Islands entstanden ist und AM 489 4to im Nordwesten Islands. Die hier genannten vier Handschriften aus dem Mittelalter sind in Pergamenthandschriften überliefert und in gotischer Buchschrift, das heißt in Textualis und Hybridform, abgefasst. 9 Es ist allgemein bekannt, dass an der Herstellung von mittelalterlichen Handschriften mehrere Personen beteiligt waren, ein Auftraggeber, der z. B. das Material und die Vorlage zur Verfügung stellte, ein oder mehrere Schreiber, weitere Perso- 6 Ausführlich zur Handschriftenproduktion in Island nach der Reformation siehe Heimir Pálsson (1999: 488f), Springborg (1977), konkret zu den Handschriften der Riddarasögur siehe Kalinke (1985a: 320). 7 Springborg (1977: 55). 8 Zu den für Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga relevanten Handschriften liegen Untersuchungen von Blaisdell (1965, 1979), Sanders (2001) und Slay (1972, 1997) vor. 9 Zur Paläografie isländischer Handschriften siehe Guðvarður Már Gunnlaugsson (2004, 2005) und Svensson (1974). 2 Die handschriftliche Gesamttransmission 68 nen, die für die Ausschmückung des Buchs (Rubrikatoren, Buchmaler) und das Binden verantwortlich waren usw. Diese Arbeitsteilung konnte sich anders gestalten, wenn der Auftraggeber selbst schrieb oder kostengünstigeres Papier genutzt wurde, was seit dem 16. Jahrhundert auf Island der Fall war. Die Herstellung eines mittelalterlichen Buchs bzw. Handschriftencodex war generell kostenintensiv und zweckorientiert. Die Handschriftenproduktion war in Island im 15. Jahrhundert weiterhin kirchlichen Institutionen, z. B. Bischofssitzen, Klöstern, aber auch einer sozialen Oberschicht, das heißt dem Großbauerntum, vorbehalten. Die Auftraggeber entstammten dabei oftmals denselben herrschenden Familien auf Island und die Handschriftenproduktion war somit im Mittelalter auf die herrschende und wohlhabende Gesellschaftsschicht beschränkt. 10 NKS 1794b 4to frag (Det Kongelige Bibliotek, Kopenhagen) ca. 1340 Pergament, Fragment einer Seite Dieses aus einer halben Pergamentseite bestehende Fragment der Parcevals saga enthält einen Text, der kurz vor dem Ende der letzten Lakune von Holm perg 6 4to, welche sich dort auf Seite 45v-46r befindet, beginnt. Es datiert auf Mitte des 14. Jahrhunderts und ist vermutlich norwegischen Ursprungs. Ein einziger Hinweis auf die Überlieferungsgeschichte des 18. Jahrhunderts findet sich in einer Notiz von einem Jon Erichsen: „Fragment fra Parcevals saga. Bekommet af Mr. Weinwich fra Bergen 1775“. Letztlich muss das Fragment bis Ende des 18. Jahrhunderts in die Suhmsche Sammlung gelangt sein. Denn 1796 wurde Suhms Bibliothek in Det Kongelige Bibliotek überführt und bildet die Basis der sogenannten Ny kongelig samling. 11 Holm perg 6 4to (Kungliga biblioteket, Stockholm) 12 ca. 1425 Pergament, 137 Blatt Dies ist die älteste überlieferte Handschrift, die Ívens saga und Parcevals saga fast vollständig enthält. Sie befindet sich in einem, für ihr Alter und ihre isländische Herkunft zu erwartenden, teilweise schlechten Zustand. Slay zufolge fehlen heute 38 bis 40 Blatt an insgesamt 13 Stellen. Insgesamt besteht Holm perg 6 4to heute daher aus 138 Blatt (Folia). Die Handschrift weist viele Schäden auf und ist teils schwer lesbar. 13 Man geht generell davon aus, dass in den Lakunen ursprünglich noch weitere 10 Vgl. Springborg (1977: 57). 11 Ausführlich zur Geschichte von Det Kongelige Bibliotek und den integrierten Sammlungen in Petersen (1943: 19f) sowie Det Kongelige Bibliotek (2007). 12 Eine ausführliche Beschreibung des Codex bei Blaisdell (1979: XVIIf), Gödel (1897: 40f), Sanders (2001: xvf), Slay (1972: XVIf). Holm perg 6 4to wurde wahrscheinlich von einem bereits fragmentarischen Manuskript abgeschrieben (Blaisdell 1979: XVIII). 13 Schäden entstanden, da diverse Seiten herausgerissen oder beschnitten wurden. Durch „the effacement of the writing by wear“ wurde insgesamt ein Viertel der Seiten beschädigt. Außerdem lassen sich andere kleine Schäden auf mechanische Einwirkung (Druckstellen, Kratzstellen usw.), 2.1 Entstehungs- und Überlieferungskontexte der Handschriften 69 Sagas standen, wie z. B. Erex saga und Konráðs saga. Der Einband besteht aus hölzernen Platten mit abgeschrägten Kanten und drei Lederschnüren. Die Marginalien, z. B. Namen, Zeichnungen und Anmerkungen auf vielen Seiten, weisen auf eine lange Benutzung hin. Die Herkunft des Codex ist unbekannt. Anhand der Identifizierung eines Schreibers mit einem anderen Manuskript, der Bergsbók, wurden von Stéfan Karlsson Vermutungen angestellt, 14 dass Holm perg 6 4to im Norden Islands entstanden ist; ungefähr zwischen 1400 und 1425. Zur Überlieferungsgeschichte von Holm perg 6 4to ist bis zum 17. Jahrhundert nur wenig bekannt. Ein Vers auf Seite 128 wurde mit einer Schreiberhand des 15. Jahrhunderts aus dem Norden Islands identifiziert 15 oder wahlweise mit Bischof Brynjólfr Sveinsson (1605-1675) von Skálholt in Verbindung gebracht, der bekanntlich Holm perg 6 4to als Vorlage für AM 179 fol zur Verfügung hatte. Im 17. Jahrhundert befand sich der Codex im Süden Islands, wo er mehrmals kopiert wurde (AM 179 fol, AM 181 fol), bevor er nach Schweden gelangte. Auf der Vorderseite des Codex findet sich eine spätere, wahrscheinlich im 17. Jahrhundert hinzugefügte Besitzerzuschreibung „af herrn Einar Einarson“, die auf einen Einar Einarson weisen könnte. Dieser stand in Verbindung mit Jón Eggertsson, 16 der wiederum Manuskripte für das Schwedische Antikvitetskollegiet sammelte. Als sicher gilt, dass Holm perg 6 4to bis 1690 in Schweden angelangt war und 1693 im Antikvitetsarkiv Stockholm erwähnt wird. Gödel meint, dass Holm perg 6 4to mit Jörgen Seefeldts Sammlung nach Schweden gekommen ist. 17 1690 zog das Antikvitetsarkiv von Uppsala nach Stockholm um. 1780 wurde es geschlossen und die isländische Handschriftensammlung in die schwedische Nationalbibliothek, die heutige Kungliga biblioteket, überführt. 18 AM 489 4to (Stofnun Árna Magnússonar í íslenskum fr æð um, Reykjavik) ca. 1450 Pergament, 56 Blatt Diese Handschrift aus der Mitte des 15. Jahrhunderts besteht aus zwei Teilen, wobei Teil A ursprünglich zu der Handschrift gehörte, die heute unter dem Siglum AM 471 4to bekannt ist. AM 489 4to 19 besteht aus 56 Blatt, wobei Blatt 1 bis 26 Teil A und Blatt 27 bis 56 Teil B umfasst. Der für uns relevante Teil B, der die Ívens saga enthält, besteht aus vier Lagen zu je acht Blatt. Das Pergament von Teil A ist heller chemische Einwirkung von Flüssigkeit oder Schmutz zurückführen. Blatt 137 ist in einem besonders schlechten Zustand, da es eine Zeit lang als Außenseite diente (Slay 1972: XVIf). 14 Stefán Karlsson erkannte, dass der Schreiber A in Holm perg 6 4to mit einem Schreiber in Holm perg 1 fol (Bergsbók) identisch ist. Auch Schreiber B taucht in beiden Handschriften auf, mit nur je einem kleinen Teil. Leider ist es nicht möglich gewesen, den Auftraggeber zu identifizieren und damit auch den Ort der Produktion von Holm perg 1 fol und Holm perg 6 4to. Diskussion hierzu in Blaisdell (1979: XVII). 15 Stefán Karlsson (1967: 76). 16 Zu Jón Eggertsson (1643-1689) legte Jucknies (2009) eine Untersuchung vor, die auch die Handschriftenproduktion und die Beziehungen zum Antikvitetskollegiet beleuchtet. 17 Gödel (1897-1900: 112). 18 Siehe Kungliga bibliotek - Sveriges nationalbibliotek (2008). 19 Eine ausführliche Besprechung der Handschrift bei Blaisdell (1979: Lf, 1980). 2 Die handschriftliche Gesamttransmission 70 als das von Teil B. Die zwei Teile ähneln sich vom Schriftbild her sehr. Insgesamt waren aber mehrere Personen an der Schreibung des gesamten Codex’ beteiligt. Ein Teil der Marginalien und Korrekturen wurden von derselben Hand wie der Text ausgeführt. Die Kapiteleinteilung der Ívens saga ist ungefähr dieselbe wie in Holm perg 6 4to bis Kapitel 10. Eine moderne Hand, vermutlich Gísli Brynjúlfsson (1827-1888), 20 fügte zusätzlich Titel am Beginn einzelner Sagas hinzu. Jón Helgason datiert die Schreibpraxis anhand der Abkürzung „or“ in Teil A von AM 489 4to auf frühestens 1426-1433, zudem ordnet er eine weitere Abkürzung „sca fha“ (= sancta fennanna) den Schreibern Ari Jónsson und seinen Söhne Jón und Tómas im Westfjordgebiet zu. 21 Teil B komme dagegen aus der Gegend um Ísafjörður (Westfjordgegend), da sie dieselbe Hand aufweist wie ein Diplom aus dem 15. Jahrhundert aus diesem Gebiet. Dass Teile A und B fragmentarisch und teilweise stark beschädigt sind, sieht Blaisdell als Grund für deren Zusammenfügung. Auf einem extra Stück Pergament, welches Reste eines lateinischen Rituals aufweist, findet sich eine Notiz von Árni Magnússon: „þesse bök er mïn, feingen af Magnus Magnuss syne ä Eyri“ sowie „NB. Noget der af har bogbinderen sadt midt i Tristramssaugo“. Auf der anderen Seite steht: „NB. Der mangler intet [Blad] i Saga af Tristram ok Ísodd, men den er uriktig indbunden. Konr. Gíslason i Arg. 1841 Dette er nu rettet [...] Feb. 54 G[ísli] Br[ynjúlfsson] [sic! ]“. Überlieferungsgeschichtlich ist hier von Interesse, dass nicht nur Árni Magnússon, sondern auch Konráð Gíslason 22 und Gísli Brynjúlfsson diese Handschrift untersuchten, während sie sich in Kopenhagen befand. 23 Auch in AM 471 findet sich eine Notiz von Árni Magnússon. Darin steht, dass er den Codex AM 471 von Magnús Magnússon (1630-1704) erhielt. Már Jónsson vermutet, dass Árni beide Teile (AM 471 und AM 489 4to) vor 1702 erhielt. 24 Die Fragmente in AM 471 und AM 489 4to stammen ursprünglich von derselben Handschrift, vermutlich war dies AM 510 4to. AM 510 gehörte der Schwiegertochter von Magnús Magnússon. Blaisdell vermutet, dass Magnús für die Neuordnung von AM 489 4to verantwortlich war, da er beide Teile besaß und letztlich an Árni Magnússon weitergab. 25 So kam AM 489 4to in die Arnamagnæanische Sammlung und lag bis in die 1970er Jahre in Kopenhagen. Dann kam der Codex im Rahmen der Handschriftenrückführung nach Reykjavik in die Stofnun Árna Magnússonar í íslenskum fræðum. 20 Gísli Brynjúlfsson war ein nordischer Philologe, der eine Edition der Tristrams saga ok Ísoddar und Möttuls saga herausgab. Ausführlich zu seiner Person bei Jón Helgason (1979: 14f). 21 Hier und bei den weiteren Informationen zu Holm perg 6 4to folgt die Untersuchung Blaisdells Angaben (1979: Lf, 1980: 22ff). 22 Konráð Gíslason (1808-1891) wurde im Skagafjörðurgebiet geboren und studierte in Kopenhagen Rechts- und Sprachwissenschaften. Er war seit 1848 Universitätsprofessor in Kopenhagen und Mitglied der Arnamagnæanischen Kommission. Er veröffentlichte z. B. 1851 das erste Dänisch-Isländische Wörterbuch. Siehe hierzu Páll Eggert Ólason (1948-1952 III: 369), Jón Helgason (1980: 193), Finnur Jónsson (1891). 23 Ausführlicher zu Konráð Gíslason und Gísli Brynjúlfsson bei der Besprechung der Handschrift NKS 3310 4to. 24 Diese Information basiert auf einer E-Mail von Már Jónsson (September 2009). 25 Blaisdell (1979: L). 2.1 Entstehungs- und Überlieferungskontexte der Handschriften 71 Lbs 1230 8vo III frag (Landsbókasafn Íslands - Háskólabókasafn, Reykjavik) um 1500 Pergament, Fragment einer Seite Es ist nur das Fragment einer Seite dieser Handschrift erhalten, die auf ca. 1475 datiert wird. Sie wurde im 17. Jahrhundert als Bucheinband in Hólar benutzt und enthält das Ende der Mírmanns saga (zwei Zeilen) und wenige Zeilen vom Anfang der Erex saga. 26 Der Text unterscheidet sich von Holm papp 46 fol und AM 181 fol. Durch Stefán Karlsson konnte eine Verbindung zu einem anderen Manuskript, AM 556a-b 4to, hergestellt werden. 27 2.1.2 Die Handschriften der Neuzeit 28 Dass der Buchdruck auf Island 29 nach der Reformation für geistliche Texte reserviert war, verhalf der Handschriftenproduktion von Sagaliteratur ab dem 17. Jahrhundert zu einem neuen Höhepunkt. Das Zeitalter der sogenannten nordischen Renaissance entfaltete sich auf Island durch antiquarische Interessen an mittelalterlichen Handschriften und darüber hinaus begann man sich im 17. Jahrhundert auch in Dänemark und Schweden für die isländischen Handschriften als historische und sprachhistorische Quellen zu interessieren. Das Interesse an isländischen Handschriften außerhalb Islands ist im Wesentlichen auf Arngrímur Jónssons Werk Crymogea (1609) zurückzuführen. Isländische Handschriften dienten nunmehr nicht nur als historische Quellen, z. B. für die dänischen Historiografen Arild Huitfeldt und Niels Krag, sondern auch als sprachhistorische Quelle. Bis Mitte des 17. Jahrhunderts kamen daher einige isländische Handschriften nach Kopenhagen, z. B. als Geschenke wie 1628 der spätere Codex Wormianus, der von Arngrímur Jónsson (1568-1648) 30 an seinen Freund Ole Worm geschickt wurde. Bereits 1596 wurde er durch einen königlichen Brief ermächtigt, Mittelalterhandschriften auf Island zu sammeln, zu kopieren und an die Besitzer zurückzugeben. Der dänische König Frederik III. forderte 1650 Bischof Brynjólfur Sveinnsson auf, Antiquitäten, Dokumente und Sagabücher nach Kopenhagen zu schicken. Ab 1658 gelangten isländische Handschriften auch nach Schweden. In den 1660er Jahren entstand nun zunehmend eine Konkurrenz zwischen schwedischen und dänischen Sammelinteressen auf Island. Erste Handschriften wurden offziell seit 1656 bzw. 1658 exportiert. Bereits gegen Ende 26 Jakob Benediktsson (1951: 196ff) bzw. Blaisdell (1965: XLIV). 27 Blaisdell (1965: XLIII). 28 Zur Darstellung in diesem Kapitel vgl. Gunnar Karlsson (2006: 29), Gödel (1897), Heimir Pálsson (1999: 488f), Jónas Kristjánsson (1993: 125f), Jørgensen (1998), Malm (2004: 101ff), Már Jónsson (2012), Margrét Eggertsdóttir (2006: 188f), Møller (1965), Seelow (1989), Springborg (1977), Sigurgeir Steingrimsson (2004: 85f), Stefán Karlsson (2004: 45), Sverrir Tómasson (1993: 488f). 29 Ausführlich zum nachreformatorischen Buchdruck auf Island bei Seelow (1989: 12ff). 30 Er war bis 1628 bischöflicher Vikar in Hólar. Er war nicht nur im europäischen Geistesleben seiner Zeit durch Veröffentlichungen präsent, sondern übersetzte isländische Sagas ins Lateinische und brachte Handschriften nach Kopenhagen. Ausführlich zu Arngrímur Jónsson siehe z. B. Springborg (1977: 60f), Heimir Pálsson (1999: 490f). 2 Die handschriftliche Gesamttransmission 72 des 17. Jahrhunderts müssen sehr viele mittelalterliche Handschriften aus Island weggebracht worden sein, da der dänische König 1685 verfügte, dass keine isländischen Handschriften mehr das Land verlassen dürfen. 31 Bereits ab Mitte des 17. Jahrhunderts wurden in Uppsala (später Stockholm) und Kopenhagen isländische Assistenten angestellt, die bei den Übersetzungen der isländischen Handschriften halfen und Kopien erstellten. So begann die Handschriftenproduktion in den akademischen Institutionen wie dem Antikvitetskollegiet in Uppsala/ Stockholm und der Universität und Det Kongelige Bibliotek 32 in Kopenhagen. Zunächst wurden hauptsächlich Mittelalterhandschriften kopiert, ab dem 18. Jahrhundert zunehmend auch jüngere Handschriften. Als isländischer Assistent von Thomas Bartholin (1616-1680) kam Árni Magnússon (1663-1730) zum Studium der Handschriften nach Kopenhagen und sein Sammelinteresse erwachte, so dass er bereits 1700 eine große Sammlung besaß und diese stetig erweiterte, z. B. indem er Þormóður Torfasons Sammlung 1719 erwarb. 33 Namhafte Handschriftensammelversuche wurden noch bis ins 19. Jahrhundert hinein unternommen, obwohl sich die meisten Mittelalterhandschriften bereits nicht mehr auf Island befanden. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts fanden die isländischen Handschriften auch in England Interessenten. Es entstanden Sammlungen isländischer Handschriften im British Museum, 34 in Oxford und in Edinburgh, u.a. da 1772 Joseph Banks 35 Handschriften auf Island sammelte, die er nach seiner Rückkehr nach Großbritannien dem British Museum schenkte. Im 19. Jahrhundert unternahmen Finnur Magnússon 36 und später Konrad Maurer 37 weitere Sammelreisen nach Island. Nachdem die auf Island entstandenen Handschriften in ausländische Sammlungen gebracht worden waren, ist die Handschriftenüberlieferungsgeschichte fortan mit der Geschichte der Sammlungen und Bibliotheken verbunden. Diese Verbindung wird bei den Erläuterungen zu den jeweiligen Handschriften aufgezeigt. Handschriften, die ab dem 19. Jahrhundert auf Island entstanden, wurden, was unsere drei Sagas betrifft, nicht mehr außer Landes gebracht und gelangten im 31 „[M]en i løpet av 1600-tallet og kanskje begynnelsen av neste århundre kan vi si at Island og Norge nærmest ble støvsugd for skinnbøker.“ (Jørgensen 1998: 88). Erst später und bis zum Ende des 18. Jh.s wurden dann die jüngeren Papierhandschriften in großer Zahl außer Landes gebracht. 32 Det Kongelige Bibliotek wurde 1648 von König Frederik III. in Kopenhagen gegründet. Bereits 1670 umfasste sie 20 000 Bände. Ihr wurden stetig weitere Sammlungen hinzugefügt, z. B. Suhms Bibliothek 1793, Kalls Sammlung 1821 (siehe Petersen 1943). 33 Vgl. Seelow (1989: 21). 34 Die Handschriftenabteilung des British Museum heißt seit 1973 British Library. 35 Sir Joseph Banks, ein berühmter britischer Botaniker und Entdecker, erreichte 1772 im Zuge seiner Weltumsegelung mit Thomas Cook Island und kam dabei mit der isländischen Handschriftenkultur in Berührung (vgl. Jón Þorkelsson 1892, Porter 2006). 36 Páll Eggert Ólason (1948-1952 II: 13). Ausführlich zu den Verhandlungen Finnur Magnússons mit der British Library und dem Transfer von isländischen Handschriften nach England bei Porter (2006). 37 Møller (1965: 46) benennt zwar den deutschen Professor nicht namentlich, aber vermutlich handelt es sich um Konrad Maurer. Dessen Privatbibliothek wurde 1904 zum Großteil an die Harvard University verkauft, in dieser haben sich ca. 45 isländische Handschriften befunden. 2.1 Entstehungs- und Überlieferungskontexte der Handschriften 73 20. Jahrhundert direkt in die isländischen Handschriftensammlungen. Aus der Neuzeit sind die meisten Handschriften erhalten. Gegenüber dem Mittelalter ging es in der Neuzeit darum, die Artefakte zu kopieren und in Sammlungen zu erhalten. Die Abschriften waren nun prinzipiell feste oder finite Texte, 38 doch nach wie vor konnte es zu Schreibvarianten, aber auch zu redaktionellen Bearbeitungen kommen. Außerdem konnte es bei der Lesung alter Handschriften zu Missverständnissen kommen, da sich die isländische Sprache bereits verändert hatte. Der Grad der Textunterschiede, wie z. B. der Archaismus der Sprache, 39 kann sich in den einzelnen Handschriften unterscheiden. Je nach Schreiber und Auftraggeber konnten die Kopien mehr oder minder gewissenhaft ausgeführt worden sein. 40 Gleichzeitig scheint auch eine Kürzungstendenz der Sagatexte ab dem 17. Jahrhundert. 41 Die neuzeitlichen Handschriften zeigen eine Tendenz der Auflösung bzw. des Ausschreibens von Abkürzungen einzelner Buchstaben und Wörter gegenüber der mittelalterlichen Vorlage und eine Tendenz der Nutzung von Paginierung anstatt Foliierung. Die genutzten Schriftarten 42 der hier vorgestellten isländischen Handschriften der Neuzeit waren ab dem 17. Jahrhundert hauptsächlich eine jüngere Textualis bzw. jüngere gotische Kursive, daneben auch eine am Buchdruck orientierte Frakturschrift, 43 z. B. in BL Add. 4857 fol und 4859 fol. Für die Kurrentschrift der neugotischen Kursive gilt AM 181 fol als Beispiel. Ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ist die lateinische Schrift/ humanistische Kursive, in Gebrauch. AM 179 fol (Den arnamagnæanske samling, Nordisk forskningsinstitut, Kopenhagen) ca. 1639-1672 Papier, 222 Blatt AM 179 fol ist eine gut lesbare Abschrift von Holm perg 6 4to. Offenbar wurde sie sorgfältig erstellt bzw. so in Auftrag gegeben. Der Text ist recht groß geschrieben und von einem breiten Rand umgeben. Die Abschrift folgt ihrer Vorlage genau, auch wenn sie keine Kapitelüberschriften oder Nummerierungen aufweist. Offenbar wurde die Handschrift nicht beendet, da Platz für Initialen gelassen wurde, der nicht aufgefüllt wurde. Die Handschrift besteht aus verschieden großen Seitenbündeln, die nicht allesamt zugeschnitten wurden. Sie weist diverse Schäden und Lakunen 38 Jørgensen nennt diese im antiquarischen Interesse kopierten Texte „finit“, weist jedoch auch darauf hin, dass nach wie vor Veränderungen unter dem Blickwinkel der Rekonstruktion stattfanden (Jørgensen 1998: 93). 39 Jørgensen (1998: 97) unterscheidet hier zwischen: „kontaminasjon“, „overslag“, „forvanskninger“ und „arkaisering“. 40 Hierzu Jørgensen (1998: 93): „[Der Assistent] skulle formidle kilden som den var. De sagaavskriftene som ble utført i tilknytning til de akademiske institusjonene fra midt på 1600-tallet, er altså skrevet med et annet siktemål enn det som var tilfellet innenfor den gamle håndskrifttradisjonen.“ 41 Glauser (1992: 396). 42 Ausführlich zur Paläografie isländischer Handschriften bei Guðvarður Már Gunnlaugsson (2004, 2005) und Svensson (1974). 43 Vgl. Guðvarður Már Gunnlaugsson (2004: 70). 2 Die handschriftliche Gesamttransmission 74 auf. 44 Sie zeigt Korrekturen gegenüber Holm perg 6 4to und Anmerkungen des Schreibers, wie „Hjer er enn mikitt skard og skalli j Sỏgunne“. 45 Diese Papierhandschrio wurde von Jón Erlendsson (†1672) 46 auf Villingaholt zwischen 1639 und 1672 47 im Auftrag von Brynjólfur Sveinsson (1605-1675), 48 dem Bischof von Skálholt, angefertigt. Jón Erlendsson war einer von mehreren Schreibern, die für Brynjólfur Sveinsson aktiv waren. Die meisten Handschriften in Jón Erlendssons Hand sind im Folioformat erhalten und zeichnen sich durch eine gleichmäßige, frakturartige Schrift aus, vermutlich auf Wunsch des Auftraggebers. 49 Seine Abschriften, besonders der Íslendingabók, zeigen viele Archaismen und bildeten eine Ideal für die Kopiertätigkeiten im 17. Jahrhundert, besonders für Schreiber in Südisland. 50 In den Marginalien von AM 179 fol findet sich ein Hinweis auf einen Besitzer, der mit einem Wappen oder Monogramm auf der Rückseite des Umschlags zusammenpasst: „AH“ und „a(.)n(.) hinnrikssonn“. 51 Der eher unübliche Name Hinrik könnte zu einem séra Hinrik Evertsson, der Vikar auf Hraungerði und Villingaholt war, führen. 52 Dieser starb 1624, und einer seiner Söhne hieß Árni. Es finden sich weitere Verweise auf Namen und eventuelle Besitzer, z. B. auf Seite 21r. Dort wird Gizur Guðmundsson genannt. Ein solcher wurde 1657 geboren und lebte auf Valdastaðir in Kjós. Auch eine Guðrún wird genannt (Seite 25-26). Den gleichen Namen trug Gizurs Mutter, die wiederum Tochter eines Hinrik Gunnarsson auf Meðalfell war, von dem allerdings nur ein Sohn Gísli bekannt ist, der ebenso ein Besitzer gewesen sein könnte (siehe oben). Dann wird ein Johann Guðmundsson mehrmals erwähnt. Dies könnte der Sohn des genannten Guðmundr sein. Das würde bedeuten, dass AM 179 fol zu dem Zeitpunkt (1665) noch in Island war und die Überlieferung des Codex außerhalb Skálholts stattfand. Anfang des 18. Jahrhunderts kam der Codex 44 Ausführlich Slay (1991: 160f). 45 Holm perg 6 4to 83v. 46 Er ging wahrscheinlich in die Schule in Skálholt. Jón Erlendsson war seit 1639 Pfarrer für die Gemeinde Villingaholt, hatte zehn Kinder und da seine Gemeinde klein war, war er kein allzu vermögender Mann. Darin kann ein Grund für seine professionelle Kopiertätigkeit bei Bischof Brynjólfur Sveinsson liegen (Páll Eggert Ólason 1948-1952 III: 105). 47 Vgl. Páll Eggert Ólason (1948-1952 III: 105). Seine Tätigkeiten sind allerdings schwer chronologisch fassbar, da nur wenige Handschriften mit einem Datum versehen sind und er über mehrere Jahrzehnte für Brynjólfur tätig war. Aufgrund der hohen Aktivität und Produktivität Jón Erlendssons wurde errechnet, dass er wahrscheinlich um 1641/ 42 seine erste Arbeit anfertigte und fortan ca. 500 Blattseiten im Jahr beschrieb (Helgi Ívarsson 2007: 157f, 162). 48 Brynjólfur Sveinsson studierte 1624-1629 und 1633 in Kopenhagen. Er war seit 1639 Bischof von Skálholt und ein Handschriftensammler. Für die große Handschriftenproduktion stellte er u.a. Jón Erlendsson als jahrelangen Schreiber an. Wahrscheinlich ließ er so eifrig Abschriften erstellen, da seine Versuche, eine Buchpresse zu erhalten, um auch Sagas zu drucken, scheiterten. Brynjólfur Sveinsson war mit Jón Arason, dem Vater Magnús Jónssons, verwandt und somit auch mit dessen Sohn Magnús Jónsson. Der Bischof legte aber keine Sammlung alter Handschriften an, sondern ließ nur die ihm wertvoll erscheinenden Texte abschreiben (Helgi Ívarsson 2007: 157f; Springborg 1977: 69). 49 Springborg (1977: 70). 50 Guðvarður Már Gunnlaugsson (2004: 126), Springborg (1977: 69f). 51 Slay (1972: 23 II). 52 Vgl. Slay (1972: 23 II). 2.1 Entstehungs- und Überlieferungskontexte der Handschriften 75 wahrscheinlich mit anderen Handschriften Jón Erlendssons in die Sammlung von Árni Magnússon in Kopenhagen. AM 181a-b fol (Den arnamagnæanske samling, Nordisk forskningsinstitut, Kopenhagen) ca. 1650 Papier, Teil a und b zusammen 37 Blatt Der Codex AM 181 kann vermutlich vor 1650 datiert werden. 53 Der Besitzer des Codex war Þorsteinn Björnsson 54 (1612-1675). AM 181a-m fol umfasst nur einen von ursprünglich zwei Bänden, wobei der erste Band 1728 verloren gegangen ist. Die zwei Bände stellten Springborg zufolge eine umfassende Sagasammlung dar: Landnámabók, Íslendingasögur, Biskupasögur, Sturlunga saga, Fornaldarsögur und Riddarasögur. 55 Aufgrund der sehr kleinen in zwei Spalten angebrachten Kursivschrift ist die Papierhandschrift schwer lesbar. Die Schrift ist wahrscheinlich der Größe wegen auf zwei Spalten verteilt worden und zählt je Seite ca. 60 Zeilen. Springborg deutet die Schriftgröße als Beweis für das anspruchsvolle Vorhaben Þorsteinn Björnssons, von Anbeginn einen umfassenden Codex zu verfassen. Þorsteinn Björnsson war der uneheliche Sohn von sýslumaður 56 Björn Grímssonar, ging in Skálholt zur Schule und war später Kurator für Bergsveinn Einarsson von Útskálar. Während seiner Ausbildung in Skálholt kam er wahrscheinlich in Berührung mit humanistischen Gedankengut, 57 was zu seinem antiquarischen Interesse führte. Springborg meint, 58 dass Þorsteinn Björnsson seine Handschriftenproduktion ohne höhere soziale Stellung oder finanzielle Mittel betrieb und einer Schreiberfamilie entstammt, da bereits sein Vater und Großvater als Schreiber tätig waren. 59 Þorsteinn Björnsson entstammt als Sohn eines sýslumaður einer oberen sozialen Schicht und genoss eine entsprechende Ausbildung in Skálholt. Seine Motivation für die Herstellung eines so umfassenden Handschriftencodex scheint deutlich aus seiner Herkunft und Bildung herzurühren. Zudem konnte er die Vorlagen für AM 181 fol wahrscheinlich aus Hólar und Skálholt entleihen, das heißt, er muss mit dem Einvernehmen der Bischöfe zu Werke gegangen sein. Anfang des 18. Jahrhunderts (vermutlich nach 1709) kam der Codex durch Þorsteinn Björnssons Bruder, Sigurður Björnsson, in die Sammlung Árni Magnússons, wo er zerlegt und in 53 Springborg (1977: 84). Ausführliche Beschreibung des Codex bei Blaisdell (1979: CIXf). 54 1636 wurde er zum Pfarrer geweiht und erhielt 1638 die Gemeinde Útskalar. Er verlor sein Amt 1660 und zog nach Setberg bei Hafnarfjörður (Páll Eggert Ólason 1948-1952 V: 196). 55 Springborg (1977: 81f) und weiter: „Teksten er i begge bind ordnet tilnærmelsesvis kronologisk og samlet i emnekredse eller genrer. For islændersagaernes del ser man at de er arrangeret efter samme princip som i den berømte Möðruvallabók: der går Island rundt med uret.“ (1977: 82). Hierzu überließ mir Springborg freundlicherweise ein unveröffentlichtes Dokument (April 2009), das diesen Codex rekonstruiert. Die erhaltenen Teile des ursprünglichen Codex befinden sich heute in den Handschriften AM 158 fol, AM 326 c 4to, AM 121 fol, AM 204 fol und AM 181 fol. 56 Vgl. Kapitel 1.4.1 und Gunnar Karlsson (2000: 92ff, 166). 57 Springborg (1977: 81). 58 Springborg (1977: 84f). 59 Springborg (1977: 86). 2 Die handschriftliche Gesamttransmission 76 die Teile a-m geordnet wurde. Diese Teile sind jeweils in teilweise bereits bedruckte oder beschriebene Papierseiten eingebunden und es mussten teilweise Anfangsseiten, wie bei der Ívens saga ergänzt werden, da sich durch die Zerlegung Anfangs- oder Endseiten in anderen Handschriftenteilen befanden. Die Art der Einbindung datiert auf 1730 bis 1780. Þorsteinn Björnsson schrieb den größten Teil der erhaltenen Handschriftenteile selbst, aber nicht den Teil des Codex, der Ívens saga, Erex saga, Parcevals saga enthält. Der Schreiber dieser Abschnitte ist unbekannt, 60 obwohl bekannt ist, dass Þorsteinn Björnsson insgesamt sieben Mitarbeiter hatte. Einer davon war Magnús Þórólfsson, der später nach Vigur zu Magnús Jónsson zog. AM 181a fol enthält 20 Blatt, wobei die Originalblattzahlen 513r-518r noch vorhanden sind. Einzig das eingefügte Blatt am Anfang der Ívens saga wurde vom Schreiber Árni Magnússons ganzflächig beschrieben und zählt 30 Zeilen. Nach Seite 518v fehlen offenbar zwei Blätter in der Heftung. Der Text verläuft aber ohne Unterbrechung weiter. Das spricht dafür, dass das Papierheft schon bestand, bevor es beschrieben wurde oder nur einzelne Seiten und nicht immer ganze Papierbögen zur Verfügung standen. Die Seitenzählung des alten Codex’ vor der Zerlegung ist noch sichtbar. Demzufolge befand sich die Ívens saga auf Blatt 512-531. Ein zusätzliche Seite wurde nach der Zerlegung des Codex als neuer Anfang der Ívens saga eingefügt und von Þórður Þórðarson im Auftrag Árni Magnússons beschrieben, da das originale Blatt 512 heute in AM 181c fol als Ende der Bevers saga erhalten ist. Die neue Seite mit dem Anfang der Ívens saga ist eine Kopie des Originals mit kleinen Abweichungen. Nach der Ívens saga folgt die Parcevals saga bis Seite 9rb bzw. der ursprünglichen Seite 529r. Die Ívens saga und die Parcevals saga basieren auf Holm perg 6 4to. Es gibt aber hier, wie bei den meisten Handschriften, keine absolute Sicherheit, dass AM 181a fol direkt von Holm perg 6 4to abgeschrieben wurde. Möglicherweise kann noch ein Text dazwischen gestanden haben. 61 AM 181a fol ist, verglichen mit Holm perg 6 4to, eine ungenaue Abschrift, wenn man die Ívens saga und Parcevals saga betrachtet. AM 181 fol beinhaltet zahlreiche kleinere Auslassungen, Hinzufügungen und Unterschiede im Vokabular. Einige Veränderungen zeigen eine Tendenz zur Korrektur der Textvorlage. AM 181b fol enthält 17 Blatt. AM 181b fol ist betitelt mit „Artus kappa Sögur“, und bei der Aufzählung des Inhalts erscheint die Form „Erreks“, die auch im Fragment Lbs 1230 8vo III frag vorkommt. 62 AM 181b fol weist einige Korrekturen bei der Foliierung auf, die aus verschiedenen Zeiten stammen. Die Erex saga stammt vermutlich ebenso aus Holm perg 6 4to, wenn man davon ausgeht, dass sie sich in einem der mittlerweile verlorenen Teile der Handschrift befunden hat. 60 Sanders (2001: C). 61 Hier und im Folgenden Blaisdell (1979: CXI). 62 Blaisdell (1965: XIX). 2.1 Entstehungs- und Überlieferungskontexte der Handschriften 77 Holm papp 46 fol (Kungliga biblioteket, Stockholm) 1690 Papier, 456 Blatt Diese Papierhandschrift wurde 1690 von Jón Vigfússon im Auftrag des schwedischen Antikvitetskollegiet von der heute verlorenen Handschrift Ormsbók 63 und zusätzlich von Holm perg 6 4to abgeschrieben. 64 Holm papp 46 fol beinhaltet neben der Erex saga auch eine kürzere Version der Ívens saga. 65 Ab Kapitel 10 folgt die Ívens saga dabei der Vorlage Holm perg 6 4to, wahrscheinlich war die Ormsbók an dieser Stelle nur fragmentarisch erhalten. Holm papp 46 fol sollte in zwei Spalten beschrieben werden, wobei die äußere Spalte zum Blattrand hin wahrscheinlich einer schwedischen Übersetzung dienen sollte. Tatsächlich beschrieben ist jeweils die innere Spalte mit dem entsprechenden Sagatext. Jeder Kapitelanfang ist durch größere Schrift und eine Kapitelangabe gekennzeichnet. Bei diesem Codex ist der Entstehungs- und Überlieferungskontext recht übersichtlich. Durch Verweise im Text und durch Vergleiche mit anderen Handschriften wurde Jón Vigfússon (†1692) 66 als Schreiber identifiziert. In der Handschrift finden sich diverse Verweise auf ihn, u.a. steht unter der Erex saga und Ívens saga sein Namenskürzel: „Endir Sog aff Ivent. Jonas Isl=“ und „Endir Erix sögu/ Jon Vigfuss“. Latinisierte Namensformen finden sich auch bei anderen Schreibern, z. B. Teitur Ólafsson, Teitur Jónsson. Jón Vigfússon war ein Schreiber im Dienste von Jón Eggertsson, 67 welcher für das Antikvitetskollegiet in Uppsala arbeitete. Jón Vigfússon reiste daher nach Schweden und lebte dort zwischen 1684 und 1892. Das Antikvitetskollegiet zog 1690 nach Stockholm um und wurde 1780 in die Kungliga biblioteket integriert. Es kann daher nicht mit Sicherheit gesagt werden, ob Holm papp 46 fol in Uppsala oder Stockholm entstanden ist. BL Add. 4857 fol (British Library, London) 1669-1670 Papier, 143 Blatt Sie wird auf 1669/ 70 datiert und enthält 14 verschiedene Texte. 68 Ebenso wie BL Add. 4859 fol zeichnet sich der Codex teilweise durch ein dem Buchdruck nachempfundenes Layout aus, sei es beim Titelblatt, beim Inhaltsverzeichnis oder den Anfängen der einzelnen Sagas. Diese Kopie von AM 489 4to wurde hauptsächlich 63 Ausführlich zur Ormsbók siehe Slay (1985). 64 Eine sehr ausführliche Beschreibung dieser Handschrift und der Vorlage Ormsbók, die auf ca. 1350-1400 datiert, bei Blaisdell (1965: XXIVf, 1979: LXXXVIIIf) und Sanders (2001: XLVI f). 65 Blaisdell (1979: LXXXVIII f). 66 Páll Eggert Ólason (1948-1952 III: 301). Blaisdell (1979) untersuchte Jón Vigfússons Kopiertätigkeiten, obwohl es m. E. problematisch ist, Rückschlüsse zu ziehen, da die Ormsbók als Textvorlage vom Holm papp 46 fol nicht erhalten ist. 67 Das schwedische Antikvitetskollegiet stellte in den 1680er Jahren mindestens sechs Isländer an. Einer der bekanntesten ist Jón Eggertsson, der auch als Sammler für das Antikvitetskollegiet auf Island tätig war (Jørgensen 1998: 90). 68 Siehe Blaisdell (1979: CXLII). 2 Die handschriftliche Gesamttransmission 78 von Þórður Jónsson 69 und im letzten Teil vermutlich von seinem Sohn Jón Þórðarson für Magnús Jónsson 70 von Vígur geschrieben. Die Ívens saga ist vollständig, da sie nach dem Abbruch der Vorlage AM 489 4to auf Seite 129v mit einer Holm perg 6 4to Version in einer zweiten Schreiberhand fortsetzt. Die zweite Schreiberhand beendet lediglich die Textseite und ab 130r schreibt Jón Þórðarson die Ívens saga zu Ende. Die zweite Schreiberhand identifizierte Jón Helgason mit Magnús Jónsson. 71 Blaisdell stellt die Vermutung auf, dass der letzte Teil der Ívens saga ursprünglich zu einer anderen Handschrift gehörte und Hand 2 den Text auf Seite 129v erst hinzufügte als der letzte Textteil in Jón Þórðarsons Hand bereits eingebunden war. 72 Möglicherweise fertigte er neben BL Add. 4859 fol eine weitere Abschrift von AM 181 fol an, die hier ans Ende von BL Add. 4857 fol eingebunden wurde. Die zwischen den zwei Handschriftenteilen fehlenden Zeilen wurden Blaisdell zufolge wiederum später von einer wahrscheinlich verlorenen Handschrift *X ergänzt. 73 Der Codex wurde mehrmals gebunden. Die Entstehungsumstände sind recht klar, da sich auf der Titelseite ein Verweis auf Magnús Jónsson mit Jahreszahl findet 74 und in den meisten Texten Namenskürzel auf den Schreiber Þórður Jónsson weisen. In diversen Handschriften, die für Magnús Jónsson geschrieben wurden, findet sich im Vorwort ein Hinweis auf sein Mäzenatentum. 75 Dies wird auch beim folgenden Manuskript BL Add. 4859 fol deutlich. Diese und andere Handschriften, die im Besitz von Magnús Jónsson waren, sind einer Schreiberfamilie zuzuordnen, die bereits für den Vater von Magnús Jónsson zuständig war. Þórður Jónssons älteste datierbare Abschriften stammen aus den 1650er und 1670er Jahren. Dann setzt Jón Þórðarson bis etwa 1700 das Abschreiben fort. 76 Magnús Jónsson wohnte seit ca. 1671 auf Vigur in den Westfjorden und baute dort eine umfangreiche Handschriftensammlung auf. 77 Er war ein bedeutender Auftraggeber und besaß eine der größten Privatbibliotheken seiner Zeit auf Island. 78 Die Handschriften der Sammlung dienten als Vorlage für weitere Abschriften. Nachdem Magnús Jónsson starb, kam seine Bibliothek (oder der Großteil davon) zunächst zu seinem Schwiegersohn Páll Vídalín. Dieser stand in guter Verbindung zu Árni Magnússon, aber er gab ihm offenbar keine Werke seiner Sammlung. Nach dem Tod Vídalíns 1727 ging die Samm- 69 Möglicherweise war dies Þórður Jónsson 1609-1670 (Páll Eggert Ólason 1948-1952 V: 102), doch es gibt keinen Nachweis für einen Sohn mit Namen Jón Þórðarson. 70 Ausführlich zu Magnús Jónsson und seinen Handschriften in Kapitel 1.3.1 sowie bei Seelow (1989: 106f), Loth (1967), Glauser (1992: 410f) und Kalinke (1996a: 173). 71 Jón Helgason (1955: 8, 18). 72 Blaisdell (1979: CXLIV). 73 Blaisdell (1979: CXLVI). 74 „Magnuse Jonsyne ad Vigur ok syðan ad hanns forlæge Uppskrifad Anno 1669“. 75 Springborg (1977: 76). 76 Springborg (1977: 77). 77 Springborg (1977: 75). 78 Hierzu und im Folgenden Jón Þorkelsson (1892: 201f). 2.1 Entstehungs- und Überlieferungskontexte der Handschriften 79 lung an seinen Schwiegersohn Bjarni Haldórsson über. 79 Bevor dieser 1773 starb, verkaufte er einige Handschriften an Joseph Banks. 80 Wahrscheinlich befanden sich BL Add. 4857 fol und 4859 fol darunter. Joseph Banks wiederum schenkte diese Handschriften kurz nach deren Ankunft in England dem British Museum London. BL Add. 4859 fol (British Library, London) 1693-1696 Papier, 370 Blatt Das Layout mit der Ausschmückung der Titelseite, die Inhaltsübersicht und der Beginn jeder Saga sind dem Buchdruck nachempfunden. Die Schrift ist eine Frakturschrift. Sie ähnelt in Gestaltung und Schriftstil BL Add. 4857 fol. Ein Verweis auf der ersten Seite stützt diese Vermutung, da Magnus Jónsson von Vigur als Auftraggeber genannt wird „Magnuse Joonssyne ad Wigur [...] Enn af hanz forlage skrifadur af Joone þörðarsyne Anno MDCLXLVI “. Ein weiterer Hinweis findet sich am Ende der Erex saga: hier næst aa ad skrifast sagann Af samsöne fagra. Enn med þui hun er edur feinginn og Jnn skrifud aa adrar søgubækur virduglegs høfddingia magnusar Jönssonar, er hun hier vndann felld. og Biriast hier þuj møttulz þaattur Hvor næst eptter Hana Epter riett er setningu Artus kappa sagna standa a. Eg meina og þessum søgum fylgia Eiga Viegoli søgu eff mier Riett skilest hefur er hun og Adra feinginn og aff virduglegum m.J.s. vr dønsku wtlögd J.þ.s.m rh. 81 Die Handschrift enthält alle drei hier relevanten Sagas. Sie basiert in Bezug auf Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga möglicherweise über eine Zwischenhandschrift auf AM 181 fol, 82 weist aber auch Lesarten von einer unbekannten Handschrift *X auf, worin die Ívens saga auf BL Add. 4857 fol basiert. Außerdem wurde für die Ívens saga eine Lakune mit einer vermutlich weiteren verlorenen Zwischenhandschrift *Y aufgefüllt. Diese Handschrift schrieb Jón Þórðarson für Magnús Jónsson. Aufgrund paratextueller Merkmale kann sie auf 1693 bis 1696 datiert werden. 83 Bis 79 Bjarni Haldórsson starb im Januar 1773 und verkaufte auf dem Sterbebett noch einige Handschriften an Ólafur Stefánson, der im Auftrag von Joseph Banks handelte (Jón Þorkelsson 1892: 204). 80 Joseph Banks’ Sammlung von Handschriften umfasste 40 Stück. Diese befinden sich heute in der British Library unter der Signatur Add. 4857-4896. Sie wurden zwischen 1773-1777 dem British Museum geschenkt. Das British Museum erhielt 1753 überhaupt das erste isländische Manuskript und begann damit die Sammlung isländischer Handschriften, die heute mehrere hundert Stück umfasst. Siehe hierzu Jón Þorkelsson (1892) und Porter (2006: 174f). 81 Dazu meine Übersetzung: Als nächstes sollte hier die Saga von Samson fagri geschrieben werden. Aber da ich sie vorher bekommen habe und in andere Sagabücher des ehrenhaften Ehrenmanns Magnús Jónsson hineingeschrieben habe, worunter diese hier zählt. Deshalb beginnt hier der Möttuls þáttur. Als nächstes soll diese laut der richtigen Reihenfolge der Sagas von den Arturittern stehen. Ich meine auch diesen Sagas soll die Vigalos saga folgen, wenn ich richtig verstanden habe. Aber diese und andere [Sagas] bekam ich vom ehrenhaften Magnús Jónsson aus dem Dänischen übersetzt. Jón Þórðarson eigenhändig. Magnús Hauksson sei für seine Hilfe bei der Übersetzung gedankt. 82 Blaisdell (1979: CXXVII). 83 Über den Schreiber wurden einige Untersuchungen angestellt, z. B. Blaisdells Studie zu der Ívens saga an (Blaisdell 1979: CXVII), der hier prinzipiell gefolgt wird. 2 Die handschriftliche Gesamttransmission 80 Ende des 18. Jahrhunderts befand sich dieser Codex auf Island, wurde von Joseph Banks erworben und kam dann in das British Museum London (vgl. hierzu BL Add. 4857 fol). 84 AM 588a 4to (Den arnamagnæanske samling, Nordisk forskningsinstitut, Kopenhagen) Ende 17. Jahrhundert Papier, 22 Seiten Dieses Papierheft besteht aus Fragmenten aus dem 17. Jahrhundert und weist generell eine Kürzungstendenz der Ívens saga auf. Grundlage für den Text bildete vermutlich eine Handschrift *X, die größtenteils auf AM 179 fol bzw. der Holm perg 6 4to Textgruppe basiert. Da AM 588 4to außerdem mit AM 395 fol gegenüber den anderen Texten Gemeinsamkeiten aufweist, vermutete bereits Blaisdell, dass beide auf einer gemeinsamen Vorlage *Y basieren, die wiederum auf eine unbekannte Vorlage *X zurückgeht. Die Kapitelanfänge der Ívens saga sind in fetter oder größerer Schrift hervorgehoben, manchmal mit einer Initiale. AM 588 4to weist teilweise eine eigene Kapiteleinteilung der Ívens saga auf. AM 588a 4to wurde von Magnús Ólafsson 85 von Brúarland (1680-1707) im Skagafjöður geschrieben. Árni Magnússon erhielt den Codex 1703 und ließ ihn dann zerlegen. 86 Nach einer Notiz von Árni Magnússon wurde die Ívens saga von einer Vorlage abgeschrieben, die Ragnheiður Jónsdóttir in Gróf gehörte (möglicherweise Handschrift *Y). Diese war wiederum von Magnús Markússon (1671-1731) 87 von einer Handschrift aus Videvöllum im Skagafjörður (möglicherweise Handschrift *X) abgeschrieben worden. 88 Gróf und Brúarland liegen beide in der Gegend von Skagafjördur. Da die mutmaßliche Handschriftenbesitzerin von *Y, Ragnheiður Jónsdóttir, 89 und Magnús Jónsson von Vigur Geschwister waren, ist hier neben der Verwandtschaft von AM 588a 4to zur Handschriftengruppe aus den Westfjorden auch eine soziale Verbindung nachweisbar. Magnús Ólafsson wiederum stand in Kontakt mit Árni Magnússon, als dieser 1702/ 12 in Skálholt war, und so kam die Handschrift letztlich nach Kopenhagen in die spätere Arnamagnæanische Sammlung. NKS 1708 4to (Det Kongelige Bibliotek, Kopenhagen) zweite Hälfte 18. Jahrhundert Papier, 311 Seiten Diese in einen kalbsledernen Gebrauchsband gebundene Handschrift ist, wie Kall 246 fol, eine Kopie von AM 181b fol und enthält dieselben Sagas. Sie ist in humanistischer Schrift abgefasst, was alle in dieser Untersuchung genannten Hand- 84 Vgl. hierzu auch die Ausführungen unter BL Add. 4857 fol. 85 Páll Eggert Ólason (1948-1952 III: 447). 86 Vgl. Kålund (1888-1894 I,2: 752). 87 Magnús Markússon, der die Vorlage zu AM 588a 4to schrieb, war mit der Nichte von Magnús Jónsson und Ragnheiður Jónsdóttir verheiratet. Ragnheiður selbst war die Witwe zweier Bischöfe, Gísli Þorláksson (†1684) und Einar Þorsteinsson (†1696). Vgl. Blaisdell (1979: CXXXIV). 88 Blaisdell (1979: CXXIX ff). 89 Zu Ragnheiður Jónsdóttir vgl. Þórunn Sigurðardóttir (2010). 2.1 Entstehungs- und Überlieferungskontexte der Handschriften 81 schriften auszeichnet, die für Peter Frederik Suhm (1728-1798) 90 erstellt wurden. Da Suhm Mitglied der Arnagmagnæanischen Kommission war, ist es nicht verwunderlich, dass er aus deren Sammlung, die zur Universitätsbibliothek gehörte, Abschriften anfertigen lassen konnte. Das Siglum der Suhmschen Bibliothek: „Suhms Sml 727, 4to“ befindet sich im Einband und auf der Titelseite steht: „er brugt 181.B.f. af Titus Joensen“. NKS 1708 4to wurde von Teitur Jónsson (1742-1815), 91 alias Titus Ioensen, für Suhm in Kopenhagen erstellt. Der Einband ist derselbe wie bei NKS 1691 4to und weist auf eine gemeinsame Funktion hin, nämlich ein Gebrauchsbuch in Suhms Bibliothek. Suhms Sammlung wurde 1793 in Det Kongelige Bibliotek überführt. 92 NKS 1691 4to (Det Kongelige Bibliotek, Kopenhagen) zweite Hälfte 18. Jahrhundert Papier, 568 Seiten Ebenso wie NKS 1708 4to wurde NKS 1691 4to von Teitur Jónsson (Titus Ioensen) im Auftrag von Suhm ab ca. 1766 geschrieben und teilt deren Überlieferungsgeschichte. Diese ebenfalls in einem kalbsledernen Gebrauchseinband befindliche Handschrift wurde von AM 181a fol abgeschrieben und folgt dessen Inhalt, ist aber keine „gewissenhafte“ Kopie. 93 Es findet sich das Siglum von Suhms Bibliothek „Suhms sml. 809 4to“ und „Adskrevna effur Cod: chart: Bibliotheca A: Magnæi No 181 A in fol: af Titus Ioensen“. Auch diese Handschrift kam mit Suhms Sammlung 1793 in Det Kongelige Bibliotek. Kall 246 fol (Det Kongelige Bibliotek, Kopenhagen) zweite Hälfte 18. Jahrhundert Papier, 113 Seiten Diese Handschrift befindet sich in einem marmorierten Pappeinband. Sie ist keine sorgfältige Kopie von AM 181 fol und ist durch eine großzügig angebrachte Schrift gekennzeichnet. 94 Der Schreiber vermerkte auf der Titelseite unten rechts „T. 90 Peter Frederik Suhm war ein bedeutender dänischer Historiker. Er wurde 1787 königlicher Historiograf und besaß eine große Bibliothek und andere Privatsammlungen. Suhm gab seinen isländischen Schreibern einen guten Lohn und unterstützte diverse Vorhaben zur Veröffentlichung historischer Bücher, isländischer Schriften (1774-1787) in Quartformat mit lateinischen Übersetzungen, diverser Sammlungen zur Geschichte Dänemarks usw. Seit 1771 war er Mitglied der Arnamagnæanischen Kommission. 1788 heiratete er eine junge Frau und wollte ihr durch den Verkauf seiner Bibliothek 1793 einen ruhigen Lebensabend sichern, vgl. auch Kapitel 2.3.2 zu seinen Handschriften (Tandrup 1983: 114f). 91 Teitur Jónsson besuchte ab 1763 die Skálholtschule. Seit 1766 studierte er in Kopenhagen und arbeitete für Suhm. Ab 1779 war er Pfarrer auf Island (Páll Eggert Ólason 1948-1952 V: 7). 92 1793 öffnete Det Kongelige Bibliotek für die Öffentlichkeit, etwa zeitgleich verkaufte Suhm seine Bibliothek (siehe Tandrup 1983: 114f). 93 Blaisdell (1979: CXLII). 94 Dazu Blaisdell: „Although some of the changes in the text do perhaps „improve“ it, [...]. Many of the changes do not even seem to be due necessarily to haste, but indicate merely a general disregard for the exact wording of the original.“ (1965: LI). 2 Die handschriftliche Gesamttransmission 82 Olavius scrip.“ und in der Mitte: „Udskreven efter No.181 af A: Magnæi Bibl.“. Diese Kopie von AM 181 fol wurde in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts von Teitur Ólafsson (1744-1821), auch T. Olavius 95 genannt, im Auftrag von Suhm in Kopenhagen erstellt. Wahrscheinlich kam die Handschrift Kall 246 fol, nachdem sie für Suhm geschrieben wurde, in Abraham Kalls Sammlung. 96 Kalls Sammlung wiederum ging 1821 an Det Kongelige Bibliotek in Kopenhagen. NKS 1794a 4to 97 (Det Kongelige Bibliotek, Kopenhagen) Ende 18. Jahrhundert Papier, 230 Seiten Diese Handschrift wurde ebenfalls von Teitur Ólafsson für Suhm angefertigt. Auf der ersten Seite steht: „Saga af Parceval Riddara Skrivan efter Codic Cart N=179 Bibl: efter Sagan in Folio af T: Olavius.“ Sie enthält lediglich die Parcevals saga mit dem Valvers þáttr und wurde von AM 179 fol abgeschrieben. Eine Besonderheit ist eine Lakune auf Seite 60 zwischen „Ad kenna honum Skylming“ und „jordena og brá Sverdinu“. Die humanistische Schrift ist, ebenso wie in Kall 246 fol, vom selben Schreiber großflächig angebracht. Die Handschrift befindet sich in einem dänischen Pappeinband mit dem Suhmsches Siglum „Suhms sml. 418 4to“. Auch diese Handschrift kam 1793 in Det Kongelige Bibliotek. NKS 1144 fol (Det Kongelige Bibliotek, Kopenhagen) zweite Hälfte 18. Jh. (Resümee) Diese Handschrift wurde von Þorlákur Ísfjörð, 98 genannt Th. M. Isfjord (1748- 1781), für Suhm geschrieben. Dabei nahm er, einer Notiz zufolge, die Handschrift AM 576a-c 4to 99 zur Vorlage. Auf Seite 179 findet sich eine Notiz: „Hic incipit exemplar Lit: C/ N: 576./ scriptum propria manu A. Magnæi“. Allerdings fehlen heute in AM 576 4to einige Texte, wie die in NKS 1144 fol vorhandenen Ívens saga und Wenn man davon ausgeht, dass die Schreiber pro Seite bezahlt wurden, ist es naheliegend, dass diese möglichst großflächig schrieben. 95 Teitur Ólafsson besuchte die Skálholtschule ab 1761, und von 1769 bis 1773 die Universität Kopenhagen. In seiner Kopenhagenzeit schrieb er zahlreiche Handschriften für Suhm. Er war weitere Jahre im Ausland und kam 1796 zurück nach Island, wo er Diakon in Hítardal wurde und schließlich dort starb (Páll Eggert Ólason 1948-1952 V: 8). 96 Abraham Kall (1743-1821) war ein dänischer Historiker und Professor für Griechisch in Kopenhagen (Jørgensen 1981: 312). 97 Die Handschrift wird in Kålunds Katalog (1900: 229) mit diesem Siglum angegeben und ist dadurch deutlich von NKS 1794b 4to frag zu unterscheiden. In Det Kongelige Bibliotek wird die Handschrift heute aber unter NKS 1794 4to ohne weiteren Buchstaben geführt. Der Verständlichkeit halber folgt diese Untersuchung Kålunds Unterscheidung. 98 Der Schreiber der Handschrift, Þorlákur Ísfjörd (1748-1781), ging zur Skálholtschule. Er war seit 1771 Student in Kopenhagen, schrieb viele Handschriften für Suhm und ging 1776 zurück nach Island. Dort unterstützte er Jón Árnason (1727-1777) auf Snæfellsnes in seiner Arbeit als sýslumaður. Ab 1778 erhielt Þorlákur Ísfjörd den Verwaltungskreis Suður-Múlasýsla und wohnte in Eskifjörður. Siehe Páll Eggert Ólason (1948-1952 V: 160). 99 In AM 576a-c finden sich Zusammenfassungen von verschiedenen Sagas, unter denen sich möglicherweise auch Texte zur Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga befanden. Diese Teile der Handschrift wurden von Árni Magnússon um 1700 geschrieben (vgl. Kålund 1888-1894). 2.1 Entstehungs- und Überlieferungskontexte der Handschriften 83 Erex saga. In NKS 1144 fol werden die zwei Sagas stark verkürzt und inhaltlich verändert wiedergegeben. 100 Eine Notiz verweist auf die Geschichte der Handschrift als Teil der Bibliothek Suhms: „Suhms sml. 571 fol“. Somit kann man davon ausgehen, dass sie mit Suhms Sammlung 1793 in Det Kongelige Bibliotek überging. AM 395 fol (Stofnun Árna Magnússonar í íslenskum fræðum, Reykjavik) ca. 1760-1766 Papier, 974 Seiten Diese umfangreiche Papierhandschrift wurde wahrscheinlich zwischen 1760 und 1766 für Jón Árnason von vier Schreiberhänden ausgeführt. 101 Die Seitenzahlen sind inkonsequent und die Lagen weisen verschiedene Größen auf. Jede Saga beginnt auf einer Vorderseite (Recto) und alle Kapitel sind deutlich angezeigt. Auf dem Ledereinband steht mit vergoldeten Lettern: „Saugur af Liösvetningum, Svarfdælum, Floamennum, Vopnfyrðingum, etc.“ sowie „Joh: Arnæus. 1766“. Die Löcher im Deckblatt weisen auf eine Anbringung von Schließen hin. Slay geht aufgrund einer Prägung auf der Einbandinnenseite davon aus, dass dieses Buch eigentlich ein für das Gericht bestimmtes Buch war „ S [ N ÆF ] ELLSNESS SYSSLU HERAD [ S ] RETTAR [ PRO ] TOCOLL “ und somit von seinem Besitzer für seine Sagasammlung zweckentfremdet wurde. 102 Einer Notiz von Morten Grønbech (ehem. Konservator der Arnamagnæanischen Sammlung Kopenhagen) zufolge, welche sich in der Photobox befindet, wurde die Handschrift in Dänemark gebunden, aber der Titel in Island vom selben Buchbinder auf das Deckblatt gedruckt. Die Kapiteleinteilung erfolgt, die Ívens saga und Parcevals saga betreffend, in einer sich von den übrigen Handschriften unterscheidenden Anordnung. Blaisdell zufolge geht der Text der Ívens saga in AM 395 fol, ebenso wie AM 588a 4to, auf die bereits erwähnte Handschrift *Y zurück. 103 Vermutlich war dies jene bereits erwähnte Handschrift von Magnús Markússon aus dem Skagafjörður. Es ist auch möglich, dass die Textvorlage von AM 395 fol auf weiteren, verlorenen Zwischenhandschriften basiert, da sie gegenüber AM 588a 4to unabhängig ist. So stammt der Text der Mírmanns saga in AM 395 fol z. B. von AM 181g fol ab. 104 Der Text der Parcevals saga geht aber vermutlich auf Zwischenmanuskripte wie *Y und *X zurück, die primär von AM 179 fol abstammen. Die lange und teils unbekannte Überlieferung kann eine Erklärung für die inhaltlich komprimierte Form von AM 395 fol sein. Der Valvers þáttr, der sonst auf die Parcevals saga folgt, fehlt hier. Der erste Besitzer und Auftraggeber von AM 395 fol war Jón Árnason (1727- 1777). 105 Dieser lebte auf Ingjaldshóll und war 1754 bis 1777 sýslumaður von 100 Hierzu ausführlich Blaisdell (1979: CLIII, 1965: LIV). 101 Zu dieser Handschrift ausführliche Besprechung bei Blaisdell (1979: CXXXVIII), Slay (1997: LXVIf). 102 Slay (1997: LXVI). 103 Blaisdell (1979: CXXXVIII). 104 Slay (1997: LXV). 105 Páll Eggert Ólason (1948-1952 III: 46). 2 Die handschriftliche Gesamttransmission 84 Snæfellsnes. 106 Zwei Notizen auf Seite drei geben Aufschluss über die Geschichte des Buches. Nach dem Tod Jón Árnasons wurde es auf einer Auktion in Kopenhagen verkauft. Der neue Besitzer könnte Skuli Thorlacius (1741-1815) gewesen sein und nach ihm sein Sohn Birgir Thorlacius (1775-1829). 107 Seit 1847 gehörte AM 395 fol Det Kongelige Nordiske Oldskrift-Selskab und seit 1883 der Arnamagnæanischen Kommission, die die Handschrift im Zuge der Rücküberführung isländischer Handschriften ab den 1970er Jahren zurück nach Island brachte, wo sie sich seitdem in der Stofnun Árna Magnússonar í íslenskum fræðum befindet. TCD 1015 8vo (Trinity College Library, Dublin) 108 zweite Hälfte 18. Jahrhundert Papier, 892 Seiten in zwei Bänden Diese Handschrift befindet sich in zwei kalbsledernen Einbänden. Band eins umfasst die Seiten 1 bis 448, bis zur Mitte der Parcevals saga, und Band zwei die Seiten 449 bis 892. In goldener Schrift steht auf dem Buchrücken von Band I: „ ARTUR KONG VOL I “. Nur jede zweite Seite ist beschrieben, da wahrscheinlich eine englische Übersetzung folgen sollte. TCD 1015 8vo basiert auf AM 181a fol und enthält Ívens saga und Parcevals saga. Blaisdell argumentiert dafür, dass TCD 1015 8vo erst nach der Zerlegung des Codex AM 181 fol entstanden ist, da es der neuen hinzugefügten ersten Seite der Ívens saga folgt. Die Kapitel sind durch eine Nummerierung in derselben Kapiteleinteilung wie AM 181 fol gekennzeichnet. Die Handschrift, die für die Sammlung von Pfarrer James Johnstone (†1778) vermutlich von ihm selbst erstellt wurde, stammt aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Er fertigte die Abschrift während seines Aufenthalts in Kopenhagen an, als er an der Britischen Botschaft von 1779 bis 1782 Kaplan war. 109 Seine Bibliothek wurde bei einer Auktion 1810 in Dublin verkauft und die beiden Bände kamen an das Trinity College Dublin. 106 Jón Árnason bekam aufgrund seiner Arbeit als Kreisrichter einen früheren Schreiber Suhms namens Þorlákr Ísfjörð 1775 gesandt, der in Kopenhagen Jura studiert hatte. Dieser assistierte ihm bis zu seinem Tod 1777. Vgl. Bogi Benediktsson (1891-1932 III: 218). 107 Slay (1997: LXVI). 108 In älteren Editionen wurde das Siglum Trin.L.2.30-31 genutzt, aber heute ist die Handschrift unter dem Siglum MS 1015 in der Trinity College Library Dublin auffindbar. 109 Während seiner Zeit in Kopenhagen wurde er wahrscheinlich mit Grímur Jónsson Thorkelin (1752-1829) bekannt. Beide waren seit 1783 Mitglieder der Society of Antiquaries of Scotland und Johnstone war auch Mitglied der Kongelige Danske Videnskabernes Selskab. Mit Thorkelins Hilfe entstanden Editionen und Übersetzungen zu altisländischen Werken. Diese spiegeln Johnstones Interesse für altisländische Literatur und Geschichte Skandinaviens wider (Waterhouse 1931: 436f). Seit 1785 reiste er mehrmals nach Irland und richtete sich dort in Ballinamallard bei Enniskillen ein. 1786 war er Rektor von Magheracross in Irland, 1794 Prebend of Clogher, bis er 1798 starb. Er war vermutlich ein Schotte, der in Edinburgh studiert hatte (Clunies Ross/ Collins 2008). Im Katalog zur Auktion des Nachlasses von James Johnstone finden sich Vermerke, welche Werke an welche Käufer gingen, unter anderen an einen W. Scott (siehe Waterhouse 1931: 438). 2.1 Entstehungs- und Überlieferungskontexte der Handschriften 85 Die Bibliothek des Trinity College besitzt 49 isländische Manuskripte, welche hauptsächlich aus dem 18. Jahrhundert stammen. 110 BL Add. 11,158 4to (British Library, London) nach 1776 (Resümee) Diese 320 Blatt umfassende Handschrift gliedert sich in elf Teile, die von verschiedenen Schreibern stammen und unterschiedlich datieren. Teil VII (Blatt 169 bis 200) enthält die Zusammenfassungen von zwölf Sagas, darin Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga. Mit größerer Schrift werden ab Blatt 169 die Resümees der Artussagas dargeboten. Blaisdell geht davon aus, dass BL Add. 11,158 4to und NKS 1144 fol auf derselben Vorlage, AM 576 4to, basieren. 111 Diese Resümees wurden von Hans Eggertson Wium (*1776) 112 wahrscheinlich für Finnur Magnússon (1781 -1847) 113 geschrieben und gelegentlich durch dänische Glossen ergänzt. Finnur Magnússon verhandelte seit 1830 mit dem British Museum über den Kauf seiner Handschriftensammlung und übersandte 1837 schließlich ca. 435 Handschriften. Da diese oftmals von geringem Umfang waren, wurden sie zusammen gebunden, was auch an dieser Handschrift zu sehen ist. In der British Library umfasst Finnur Magnússons Handschriftensammlung die Siglen BL Add. 11,062 bis 11,251. 114 2.1.3 Die Handschriften des 19. Jahrhunderts Aus dem 19. Jahrhundert sind fünf Handschriftenzeugen der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga erhalten. Die drei Textzeugen isländischer Herkunft umfassen ein Resümee der Ívens saga und Erex saga (Lbs 3128 4to), ein Fragment der Parcevals saga aus wenigen Zeilen (Lbs 1907 8vo) und eine Handschrift (Lbs 3127 4to), die die Erex saga enthält. Zwei weitere Handschriften sind einem wissenschaftlichen Kontext zuzuordnen und entstanden in Oslo und Kopenhagen. Sie sind noch stärker als die antiquarische Tradition um eine genaue Textwiedergabe bemüht. Andererseits können neben der älteren stabilen Textversion auch moderne, veränderte Textversionen existieren. 115 Auftraggeber und Schreiber sind im 19. Jahrhundert nun in einer Person vereint und nicht auf eine soziale Oberschicht beschränkt. Die Handschriften entstehen wohl vorrangig für einen persönlichen Bedarf. 116 Entsteh- 110 Im Katalog der Handschriften in der Bibliothek des Trinity College Dublin (Abbott 1980: 169) findet sich der Hinweis, dass James Johnstone der Bibliothek 48 Isländische Handschriften vermachte und sich diese unter folgenden Signaturen finden: No. 989-1037. 111 Blaisdell (1979: CLIV). 112 Hans Eggertson Wium war Lehrer an einer Schule in Kopenhagen. Von ca. 1799-1827 arbeitete er für Finnur Magnússon. Wium war auch Dichter und veröffentlichte verschiedene kleine Werke, diese befinden sich heute in der Stofnun Árna Magnússonar í íslenzkum fr æð um, Reykjavik und der British Library London. Siehe Páll Eggert Ólason (1948-1952 II: 324). 113 Jón Helgason (1981: 365f). 114 Jón Þorkelsson (1892: 215). 115 Vgl. Glauser (1992: 396). 116 Vgl. Glauser (1992: 409f). 2 Die handschriftliche Gesamttransmission 86 ung und Überlieferung der Handschriften sind durchschaubar, bei der Produktion und Nutzung stehen persönliche Interessen im Vordergrund. Die humanistische Schrift zeichnet sich seit Mitte des 19. Jahrhundert durch die Unterscheidung des „ð“ gegenüber dem „d“ aus, wie bei NKS 3310 4to deutlich wird. 117 Lbs 3127 4to (Landsbókasafn Íslands - Háskólabókasafn, Reykjavik) Anfang 19. Jahrhundert Papier, 180 Blatt Lbs 3127 4to ist eine Kopie von BL Add. 4859 fol und enthält u.a. die Erex saga. Viele Hinzufügungen, Auslassungen und Unterschiede im Vokabular aus BL Add. 4859 fol finden sich auch in Lbs 3127 4to. 118 Der Einband besteht aus einem Teil einer isländischen Zeitung aus dem 19. Jahrhundert. 119 Lbs 3127 4to basiert über verlorene Zwischenhandschriften wahrscheinlich auf BL Add. 4859 fol. In der Handschrift finden sich in den Marginalien und zwischen den Sagatexten einige Verse und Hinweise, wie z. B. Dankesverse oder der Namensstempel „Guðmundur Torfason“ auf Seite 150r. Besonders interessant ist ein Vers im Anschluss an die Erex saga, Seite 166v: „Atta Riddara Erex drap Aptur siø og Jøtna tvo, Malpriunt liet hreppa hrap hann og Dreka mikinn vo. Milon vard ad missa hønd Manbanaring yfer vann, a Gvinar lagdz lica grønd lyka Placidum Drap hann.“ 120 Der Vers bietet eine poetische Zusammenstellung der Taten von Erex in der Erex saga. Schreiber und Entstehungsumfeld dieser Handschrift sind unbekannt. Lbs 3127 4to gehörte zu einer Gruppe von Handschriften, die Ragnar H. Ragnar (1898-1987), einem Musiklehrer im Ísafjörðurgebiet, gehörten und die er 1951 dem Landsbókasafn Íslands schenkte. Er wiederum hatte sie aus Nordamerika mitgebracht. 121 Aufgrund der marginalen Hinweise in der Handschrift kann erschlossen werden, dass die Handschrift wahrscheinlich in Island entstanden ist und mit Guðmundur Torfason (1855 -1921), 122 der im Borgarfjörðurgebiet Bauer war, um 1900 nach Nordamerika kam. Über die Entstehung oder Überlieferung von isländischen Handschriften in Nordamerika ist bisher nicht viel bekannt. 123 117 Siehe Guðvarður Már Gunnlaugsson (2004: 71). 118 Blaisdell (1965: LI). 119 Diese Information stellte Sigríður Hjörðís Jörundsdóttir, Mitarbeiterin des Landsbókasafn Íslands - Háskólabókasafn im April 2013 zur Verfügung. 120 Meine Übersetzung: Acht Ritter tötete Erex, wieder sieben und der Riesen zwei, Malpriunt ließ [er] herunterstürzen, er besiegte auch einen großen Drachen. Milon musste eine Hand verlieren, über Manbanaring siegte er, Guinar legte sich auch auf die Erde, auch tötete er Placidus. 121 Diese Informationen stellte Landsbókasafn Mitarbeiterin Sjöfn Kristjánsdóttir zur Verfügung (Mai 2009). Ragnar H. Ragnar lebte ungefähr zwischen 1921-1923 in Winnipeg und zwischen 1923-1948 in North Dakota (Jón Guðnason 1967: 165f). 122 Guðmundur Torfason wanderte mit Guðrún Þorsteinnsdóttir und deren Kindern im Jahr 1900 nach Nordamerika aus und ließ sich in Grunnavatnsbyggð in Manitoba nieder (Benjamin Kristjánsson 1961-1992 III: 120). 123 Bezüglich der Handschriftennutzung und Handschriftenproduktion in den isländischen Kolonien in Nordamerika im 19. bis Anfang des 20. Jh.s scheint es nach Rücksprache mit Margrét Eggertsdóttir (Reykjavik), Kirsten Wolf (Madison, Wisconsin) und Patrick J. Stevens (Kurator in der 2.1 Entstehungs- und Überlieferungskontexte der Handschriften 87 NKS 3310 4to (Det Kongelige Bibliotek, Kopenhagen) 1840er Jahre Papier, ungebundene Seiten Unter dieser Signatur finden sich ungebundene Papierbögen, die insgesamt sieben Sagas in mehreren Umschlägen aus grauem Konzeptpapier umfassen. 124 Die Bögen zeichnen sich durch einen großen Rand aus. Das ebenmäßige Schriftbild nimmt ungefähr ein Quartformat ein, das Papier dagegen ungefähr ein Folioformat. Es handelt sich hier um ein Arbeits- oder ein Druckmanuskript. Ein einzelnes Blatt liegt zuoberst auf diesen Papierbögen und enthält eine Erläuterung zu den orthografischen Eigenheiten der Vorlage AM 179 fol. Für Ívens saga und Parcevals saga wurde AM 179 fol als Vorlage herangezogen. Die Handschrift diente deutlich wissenschaftlichen Interessen mit der Absicht einer Veröffentlichung. Darüber hinaus finden sich gelegentlich orthografische Notizen am Seitenrand, die auf einzelne Wörter verweisen. Auch Korrekturen kommen häufiger vor. In NKS 3310 4to finden sich insgesamt drei Schreiberhände. Kalinke meint, dass Gísli Brynjúlfsson die Tristrams saga ok Ísoddar von AM 489 4to abschrieb und die Anmerkungen in der Möttuls saga vornahm. 125 Die zweite Hand in NKS 3310 4to ordnet Kalinke einem unbekannten isländischen Studenten zu und Hand drei Konráð Gíslason. Slay widerspricht Kalinke und ordnet wiederum die Tristrams saga ok Ísoddar sowie Korrekturen in der Möttuls saga der Hand Konráð Gíslasons zu. Die anderen zwei Hände schreibt Slay unbekannten isländischen Studenten zu, die in den 1840er Jahren in der Arnamagnæanischen Sammlung arbeiteten. 126 Als sicher gilt, dass sowohl Konráð Gíslason als auch Gísli Brynjúlfsson sich bereits 1841 bzw. 1854 mit AM 489 4to beschäftigt hatten 127 und es ist möglich, dass beide Schreiberhände daher auch in NKS 3310 4to vorkommen können. Da sich die Handschrift aber im Besitz von Gísli Brynjúlfsson befand und nach seinem Tod 1888 in die Universitätsbibliothek Kopenhagen kam, müsste man doch eher von ihm als Schreiber ausgehen, da Konrád Gíslason erst 1891 starb. Man muss auch bedenken, dass Gísli Brynjúlfsson ab 1848 Assistent in der Arnamagnæanischen Sammlung war und die Tristrams saga ok Ísoddar 1851 sowie die Möttuls saga 1878 veröffentlichte. 1932 wurde die Handschrift im Zuge der Handschriftenüberführung aus der Universitätsbibliothek Kopenhagen in Det Kongelige Bibliotek eingegliedert. 128 Fiske Icelandic Collection, Cornell University Library) bis 2012 keine nennenswerten Veröffentlichungen gegeben zu haben. 124 Das war ein für das 19. Jh. typischer kostengünstiger Umschlag. Diese Information stellte Forschungsbibliothekar Jesper Düring Jørgensen in Det Kongelige Bibliotek, Manuskriptavdeling zur Verfügung (April 2009). 125 Kalinke (1987: CXXIIf). 126 Slay (1997: LIV). 127 Siehe unter AM 489 4to. 128 Information aus dem Katalog der Kongelige Bibliotek und in Rücksprache mit Leon Jaurnow, Forschungsbibliothekar in Det Kongelige Bibliotek, Manuskriptavdeling (August 2013). 2 Die handschriftliche Gesamttransmission 88 Lbs 1907 8vo (Landsbókasafn Íslands - Háskólabókasafn, Reykjavik) ca. 1860-1870 Papier, 72 Blatt Das Heft entstand wahrscheinlich zwischen 1860 und 1870 und enthält fünf Zeilen mit dem Anfang der Parceval saga. Wahrscheinlich basieren diese Zeilen der Parcevals saga auf AM 179 fol. Das Notizheft gehörte Steingrímur Thorsteinsson (1831-1913). 129 Er ist bekannt für seine Übersetzungen der Märchen aus 1001 Nacht und Hans Christian Andersens Märchen ins Isländische. Die Handschrift kam nach seinem Tod ins Landsbókasafn. Lbs 3128 4to (Landsbókasafn Íslands - Háskólabókasafn, Reykjavik) 1884 (Resümee) Diese Papierhandschrift enthält verschiedene Inhalte und unterschiedliche Schreiberhände. Der dritte Teil der Sammlung ist überschrieben mit „Ágrip af Riddara sögum og Ǽfintýrum“ und beinhaltet verkürzte Versionen von mehr als 20 Sagas, darunter Ívens saga und Erex saga. Die Resümees von Ívens saga und Erex saga basieren in Lbs 3128 4to hauptsächlich auf AM 181b fol. Die Ívens saga trägt den Titel: „Jvents saga (A.M. 181 A fol. 179 fol. 489 4to [Mbr])“, und am Ende steht das Datum „25.dec.1884“. 130 Die Erex saga befindet sich auf den Seiten 3 bis 12, gefolgt von der Ívens saga, trägt den Titel „Erreks saga (A.M. 181. B. fol)“ und das Datum „23. dec. 1884“. 131 Der Großteil der Inhalte ist wahrscheinlich einem Jónas Jónsson zuzuschreiben (1850-1917). Er arbeitete als Pförtner am Parlament sowie an der Universität Reykjavik. Möglicherweise kam er nach Kopenhagen und konnte AM 181b fol nutzen. 132 Als einzig sicher gilt, dass die Handschrift 1951 ins Landsbókasafn Reykjavik kam. NBO 3652: 13 fol (Nasjonalbiblioteket, Oslo) ca. 1856-1857 Papier, 138 Blatt Diese von Carl Richard Unger (1817-1897) 133 zwischen 1856 und 1857 ausgeführte Abschrift von Holm perg 6 4to gibt in humanistischer Schrift, aber in einer faksimilarischen Form, exakt jede Seite seiner Vorlage wieder. So werden Abkürzungen nicht aufgelöst, aber dennoch weist NBO 3652: 13 fol kleine Unterschiede gegenüber Holm perg 6 4to auf. Aufgrund dieser Merkmale meinte Blaisdell, 134 dass Unger auch AM 179 fol vorliegen hatte. Nach Sanders gibt es hierfür aber keine Beweise. 135 Da die Beschreibung der Papierbögen mit entsprechend viel Rand erfolgte, kann hier von einer möglichen Druckvorlage ausgegangen werden. Für die Fertigung sei- 129 Er war ab 1848 Stipendiat in Den Arnamagnæanske Samling und ab 1874 Dozent für Islandistik an der Universität Kopenhagen. 130 Nach Blaisdell (1979: CLV). 131 Nach Blaisdell (1965: LVII). 132 Páll Eggert Ólason (1948-1952 III: 339). 133 Unger war ein norwegischer Philologe und Historiker, der zahlreiche Sagatexteditionen veröffentlichte. Ausführlich zu Unger bei Arntzen (1999-2005 IX: 306f). 134 Blaisdell in Sanders (2001: XVI f). 135 Sanders (2001: XVI f). 2.2 Aspekte der Handschriftenüberlieferung 89 ner Abschrift von Holm perg 6 4to, konnte Unger diese aus Stockholm nach Oslo entleihen. Nach seinem Tod ging sein Nachlass und damit auch diese Handschrift, in die Nationalbibliothek Oslo über. 2.2 Aspekte der Handschriftenüberlieferung Auf der Basis der dargestellten Entstehungs- und Überlieferungskontexte aller Handschriften der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga sollen die Handschriften nun ihren jeweiligen Merkmalen gemäß verglichen und besprochen werden. Durch die Beleuchtung aller Handschriften aus verschiedenen Sichtwinkeln sollen weiterführende Aussagen, eine möglichst umfassende Beschreibung jeder Handschrift und eine Zuordnung der Handschriften zu bestimmten Texttraditionen aufgezeigt werden. 2.2.1 Räumliche Verortung Im folgenden Kapitel wird die hohe räumliche Mobilität der Handschriften über die Jahrhunderte hinweg dargestellt. Die Handschriftenentstehung und -überlieferung erstreckte sich nicht nur auf Island, sondern auch auf Skandinavien, Großbritannien und Nordamerika. Aufgrund dieser Mobilität konnten bestimmte Handschriften an unterschiedlichen Orten als Textvorlage für weitere Handschriften dienen (z. B. Holm perg 6 4to, AM 181a-b fol, AM 179 fol). Zur jeweils individuellen Geschichte ausführlich bei den jeweiligen Handschriften unter Punkt 2.1. Übersicht 8a: Räumliche Verortung der Handschriftenproduktionen Zeit/ Ort Norwegen Island Dänemark Schweden 14. Jh. 1 15. Jh. 3 17. Jh. 5 1 18. Jh. 1 5 19. Jh. 1 2 1 Bei einem Blick auf die räumliche Verortung der Handschriftenproduktion der drei Sagas tritt die geografische Breite der Entstehungsländer bei der neuzeitlichen Handschriftentradition der drei ü. Rs. hervor. Es gab Ende des 17. Jahrhunderts neben der isländischen zunächst eine schwedische und ab dem 18. Jahrhundert eine dänische Tradition. Dies hat ursächlich mit dem antiquarischen Interesse der schwedischen und dänischen Institutionen an isländischen Handschriften als Zeug- 2 Die handschriftliche Gesamttransmission 90 nisse des nordischen Altertums zu tun, die man sammeln oder kopieren wollte. 136 In Schweden entstand im 17. Jahrhundert eine Handschrift, aber in Dänemark entstanden im 18. Jahrhundert fünf Abschriften mit Texten der drei Sagas. Die jeweils in Dänemark und Norwegen entstandenen Handschriften des 19. Jahrhunderts sind hingegen aus wissenschaftlichen Interessen heraus entstanden, z. B. NKS 3310 4to und NBO 3652: 13 fol. Trotz der zunehmenden Kopiertätigkeiten im Ausland hielt sich eine isländische Tradition dieser drei ü. Rs. bis ins 19. Jahrhundert hinein, z. B. Lbs 3127 4to. 137 Ein räumlicher Transfer kann zwischen der ersten Darstellung der Entstehungsorte und den Standorten der Handschriften Mitte des 20. Jahrhunderts aufgezeigt werden. Von den elf auf Island entstandenen Handschriften befinden sich bis Mitte des 20. Jahrhunderts lediglich vier auf Island (Lbs 1230 8vo III frag, Lbs 3127 4to, Lbs 1907 8vo frag), alle übrigen sind Teil der Sammlungen in Stockholm, Kopenhagen und London. Auch das älteste erhaltene Handschriftenfragment (NKS 1794b 4to frag), welches vermutlich in Norwegen entstand, liegt in Kopenhagen. Das heißt, dass sich lediglich die im 19. Jahrhundert entstandenen Abschriften noch auf Island und in Norwegen befinden. Es ist somit ein deutlicher Schnitt um das Jahr 1800 zu erkennen. Bis auf ein Fragment (Lbs 1230 8vo III frag) wurden alle vor 1800 auf Island entstandenen Handschriften außer Landes gebracht. Übersicht 8b: Standorte der Handschriften Anfang des 21. Jahrhunderts Standort Anzahl der Handschriften Norwegen (Oslo) 1 Irland (Dublin) 1 Schweden (Stockholm) 2 England (London) 2 Island (Reykjavík) 5 Dänemark (Kopenhagen) 9 Im Zuge der Handschriftenrücküberführung wurden seit 1970 zwei Handschriften (AM 395 fol, AM 489 4to) mit Ívens saga und Parcevals saga aus Kopenhagen nach Reykjavik überführt, so dass sich heute fünf der ursprünglich elf auf Island entstandenen Handschriften wieder dort befinden. Die übrigen sechs Handschriften befinden sich nach wie vor in der Kungliga biblioteket Stockholm (Holm perg 6 4to), British Library London (BL Add. 4857 fol, BL Add. 4859 fol) sowie Den arnamagnæanske samling, Nordisk forskningsinstitut der Universität Kopenhagen (AM 181 fol, AM 179 fol, AM 588 4to). In Kopenhagen wiederum entstanden sechs Handschriften, wovon heute eine (TCD 1015 8vo) in der Bibliothek des Trinity College Dublin liegt und die übrigen (NKS 1691 4to, NKS 3310 4to, NKS 1708 4to, NKS 136 Ausführlich zur Geschichte der Handschriftensammlungen bei Seelow (1989: 18f). 137 Vgl. hierzu die Besprechung von Lbs 3127 4to. 2.2 Aspekte der Handschriftenüberlieferung 91 1794a 4to, Kall 248 fol) in Det Kongelige Bibliotek Kopenhagen. Eine Handschrift entstand in Schweden und liegt heute in Kungliga biblioteket Stockholm (Holm papp 46 fol). Durch die Mobilität der Handschriften schreiben sich nicht nur zeitliche sondern auch räumliche Kontexte in die Handschriften ein, am offensichtlichsten weisen nicht zuletzt die Handschriftensiglen auf die heutigen Besitzer und Aufbewahrungsorte hin. 2.2.2 Auftraggeber, Schreibermilieu In den Übersichten 9a-e wird auf die Verbindung der Handschriften mit bekannten Größen des vorrangig nordischen Geisteslebens aufmerksam gemacht. Übersicht 9a: Codex-Kontext Übersicht gemeinsamer Handschriften 138 Handschrift Entstehungszeit Auftraggeber, Ort Schreiber, Ort Holm papp 46 fol 1690 Antikvitetskollegiet, Uppsala oder Stockholm Jón Vigfússon, Schweden Holm perg 6 4to ca. 1425 Island (? Nord-)Island AM 181a fol ca. 1650 Þorsteinn Björnsson, Útskalar Þorsteinn Björnsson (Þórður þórðarson, Kopenhagen) AM 179 fol 1639-1672 Brynjólfur Sveinsson, Skálholt Jón Erlendsson, Villingaholt BL Add. 4859 fol 1693-1696 Magnús Jónsson, Vigur/ Ísafjöður Jón þórðarson, Ögur/ Ísafjöður AM 395 fol 1760-1766 Jón Árnason, Ingjaldshóll/ Snæfellsnes Island TCD 1015 8vo Zweite Hälfte 18. Jh. James Johnstone, Kopenhagen James Johnstone, Kopenhagen NKS 1691 4to Zweite Hälfte 18. Jh. Peter F. Suhm, Kopenhagen Teitur Jónsson, Kopenhagen NKS 3310 4to 1840er Jahre Gísli Brynjúlfsson, Kopenhagen u.a. Gísli Brynjúlfsson Kopenhagen NBO 3652: 13 fol ca. 1856-1857 Carl Richard Unger, Oslo Carl Richard Unger, Oslo 138 Gemeinsame Handschriften bezeichnen hier die Überlieferung von mindestens zwei der drei Sagas in einer Handschrift. In lediglich zwei Handschriften (AM 181 fol, BL Add. 4859 fol) sind alle drei Sagas zusammen überliefert. In Handschrift Holm papp 46 fol ist lediglich Ívens saga und Erex saga zusammen überliefert und in den übrigen gemeinsamen Handschriften Ívens saga und Parcevals saga. 2 Die handschriftliche Gesamttransmission 92 Übersicht 9b: Codex-Kontext Übersicht der übrigen Handschriften der Ívens saga Handschrift Entstehungszeit Auftraggeber, Ort Schreiber, Ort AM 489 4to ca. 1450 Westfjorde Teil A: Ari Jónsson, Tómas Arason, Jón Arason, Westfjorde Teil B: Ísafjörður BL Add. 4857 fol 1669-1670 Magnús Jónsson, Vigur/ Ísafjörður Þórður Jónsson, Jón Þórðarson, Ögur/ Ísafjörður AM 588a 4to Ende 17. Jh. Magnús Ólafsson, Skagafjörður Magnús Ólafsson (þórður þórðarson, Kopenhagen) Übersicht 9c: Codex-Kontext Übersicht der übrigen Handschriften der Erex saga Handschrift Entstehungszeit Auftraggeber, Ort Schreiber, Ort Lbs 1230 8vo III ca. 1500 unbekannt unbekannt Kall 246 fol Zweite Hälfte 18. Jh. Peter Fredrik Suhm, Kopenhagen Teitur Ólafsson, Kopenhagen NKS 1708 4to Zweite Hälfte 18. Jh. Peter F. Suhm, Kopenhagen Teitur Jónsson, Kopenhagen Lbs 3127 4to Anfang 19. Jh. Island Island Übersicht 9d: Codex-Kontext Übersicht der übrigen Handschriften der Parcevals saga Handschrift Entstehungszeit Aufttraggeber, Ort Schreiber, Ort NKS 1794b 4to ca. 1340 Norwegen (? Bergen) Norwegen (? Bergen) NKS 1794a 4to 18. Jh. Peter F. Suhm, Kopenhagen Teitur Ólafsson, Kopenhagen Lbs 1907 8vo ca. 1860-1870 Steingrímur Thorsteinsson, Kopenhagen/ Reykjavik Steingrímur Thorsteinsson, Kopenhagen Der Entstehungskontext ist bei den Handschriften des Mittelalters (AM 489 4to, Holm perg 6 4to, Lbs 1230 8vo III frag, NKS 1794b 4to frag) nur schwer nachzuvollziehen, da hierzu kaum Informationen vorliegen. Einzig bei AM 489 4to konnte aufgrund von Stefán Karlssons Vergleich mit anderen Handschriften für Teil A eine Schreiberfamilie aus den Westfjorden lokalisiert werden und Teil B wiederum mit der Gegend um Ísafjörður in Bezug gesetzt werden. Für Holm perg 6 4to vermutet 2.2 Aspekte der Handschriftenüberlieferung 93 man eine Entstehung in Nordisland. 139 Bei den Handschriften der Neuzeit und des 19. Jahrhunderts sind dagegen die Entstehungskontexte meistens bekannt. Die Handschriften, die in Island entstanden sind, lassen sich dabei in folgende lokale Gruppen unterscheiden: Südisland (AM 181 fol, AM 179 fol), Nordwestisland (BL Add. 4657 fol, BL Add. 4859 fol, AM 588a 4to) und Westisland (AM 395 fol, Lbs 3127 4to). Weitere Handschriften entstanden in Schweden (Holm papp 46 fol), Oslo (NBO 3652: 13 fol) und Kopenhagen (TCD 1015 8vo, NKS 1691 4to, NKS 3310 4to, NKS 1708 4to, NKS 1794a 4to, Kall 246 fol). Die für Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga relevanten Handschriftenzentren liegen in der Gegend des Skagafjörður (AM 588a 4to), der Gegend des Ísafjörður (AM 489 4to), Snæfellsnes (AM 395 fol), Borgarfjörður (Lbs 3127 4to), Skálholt (AM 179 fol) und Útskalar (AM 181 fol). Manchmal ist der Ort der Entstehung nicht genau zu benennen, da man über diese Informationen entweder nicht verfügt oder da die Schreiber nicht am selben Ort wie der Auftraggeber wohnten oder den Wohnort wechselten, z. B. BL Add. 4859 fol, BL Add. 4857 fol. Die zwei zuletzt genannten Handschriften wurden von Magnús Jónsson (Westfjorde/ Vigur) in Auftrag gegeben. Hier wurde bereits von Blaisdell und Slay eine Handschriftengruppe lokalisiert, die nicht nur textuell, sondern auch räumlich eine gewisse Einheit bildet. 140 Für unsere drei Sagas sind dies: AM 489 4to, BL Add. 4859 fol, BL Add. 4857 fol, AM 588a 4to. Die Handschriften waren allerdings nicht an den Ort ihrer Entstehung oder einen Besitzer gebunden, sondern wurden weitervererbt, verliehen, verkauft. So ist es möglich, dass Holm perg 6 4to zwar im Norden Islands entstand, aber auch im Süden Islands als Textvorlage für AM 181 fol und AM 179 fol dienen konnte. 141 AM 181 fol oder eine Zwischenhandschrift gelangte wiederum in die Hände der Schreiber von BL Add. 4859 fol, wie die Übersichten 10a-c zu Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga veranschaulichten. AM 179 fol bildete über eine Zwischenhandschrift wiederum die Vorlage für BL Add. 4857 fol. Der letzte umfangreiche Codex AM 395 fol (Snæfellsness) und die Handschrift AM 588a 4to (Skagafjörður) kamen, wenn auch auf unterschiedlichem Weg, 1703 bzw. 1777 direkt nach Kopenhagen. Neben den auf Island entstandenen Handschriften bilden die in Kopenhagen entstandenen Handschriften eine zweite Gruppe. Die meisten Handschriften entstanden dabei im Auftrag von Suhm, vermutlich für seine Bibliothek. Aber auch andere Sagainteressierte wie Steingrímur Thorsteinsson und James Johnstone nutzten die in der Universitätsbibliothek gesammelten Handschriften, vornehmlich AM 181a-b fol und AM 179 fol, für ihre Abschriften. In Uppsala oder Stockholm schrieb Jón Vigfússon Holm papp 46 fol und in Oslo arbeitete Unger an NBO 3652: 13 fol. 139 Vgl. die Ausführungen in Kapitel 2.1.1. 140 Blaisdell (1965) und Slay (1972). 141 Es besteht die Möglichkeit, dass sich Holm perg 6 4to in Hólar befand und von dort in den Süden verliehen wurde, da Þorsteinn Björnsson von dort Vorlagen bezog (Springborg 1977: 85). Siehe hierzu die Besprechung von AM 181 fol. 2 Die handschriftliche Gesamttransmission 94 Übersicht 9e: Codex-Kontext Übersicht Resümees Handschrift Entstehungszeit Aufttraggeber, Ort Schreiber, Ort NKS 1144 fol Zweite Hälfte 18. Jh. Peter Fredrik Suhm, Kopenhagen Þorlákur Ísfjörð, Kopenhagen BL Add. 11,158 4to nach 1776 (? Finnur Magnússon, Kopenhagen) Hans Eggert Wium, Kopenhagen Lbs 3128 4to 1884 Jónas Jónsson, Reykjavik u.a. Jónas Jónsson, (? Kopenhagen) Generell ist festzustellen, dass die Handschriften der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga während ihrer Herstellung mit bekannten Größen des Geisteslebens auf Island, in Kopenhagen, in Uppsala/ Stockholm und Oslo in Verbindung stehen. Bis auf fünf Ausnahmen (AM 181 fol, TCD 1015 8vo, Lbs 3127 4to, Lbs 1907 8vo, Lbs 3128 4to) haben die Handschriften einen Bezug zu Auftraggebern aus der sozialen Oberschicht. Auch im weiteren Verlauf ihrer Überlieferung weisen sie interessante Verbindungen auf, dazu ausführlich in Kapitel 2.3. Auftraggeber und Schreiber einer einzelnen Handschrift sind nicht immer identifizierbar. Man sollte meinen, dass umso jünger die Handschrift ist, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass hierzu Informationen vorliegen. Doch auch bei NKS 3310 4to ist nicht sicher, wie viele Schreiber neben Gíslason an der Handschrift mitwirkten oder wer z. B. Lbs 3127 4to verfasste. In der Neuzeit sind Auftraggeber und Schreiber zunehmend dieselbe Person. Tendenzen hierzu gab es bereits bei der Herstellung von AM 181 fol im 17. Jahrhundert, wo Þorsteinn Björnsson dieses Großprojekt zunächst selbst in Angriff nahm. 2.2.3 Verbindungen der Handschriften zueinander Anhand von Informationen zu den Textvorlagen 142 in vielen jüngeren Handschriften und den Ergebnissen bisheriger Texteditionen 143 zu den Abhängigkeiten und Verbindungen der Handschriften, soll im folgenden Kapitel anhand von drei Graphiken eine Darstellung aller erhaltenen Handschriften und ihren möglichen Beziehungen zueinander für die drei Sagas vorgestellt werden. Für die Parcevals saga liegen hierzu bisher keine vollständigen Informationen vor, daher wurden die Graphik anhand der Ergebnisse aus Kapitel 3 ergänzt. Die Übersichten 10a-c können daher keine absoluten Aussagen zu den genealogischen Handschriftenbeziehungen der drei Sagas 142 Siehe hierzu die Besprechung der Handschriften in Kapitel 2.1. 143 Vor allem Blaisdells Editionen der Ívens saga (1965) und Erex saga (1979) spielen eine Rolle. Allerdings können auch die Diskussionen in anderen Editionen herangezogen werden, z. B. Slays Edition der Mírmanns saga (1997), Sanders’ Edition der Bevers saga (2001), Kalinkes Edition der Möttuls saga (1987) oder die Faksimileausgaben von Tveitane (1972) und Sanders (2000). 2.2 Aspekte der Handschriftenüberlieferung 95 anstreben, 144 sie können lediglich als vorläufiges Hilfsmittel für die Besprechung der Handschriftenbeziehungen dienen. 145 Übersicht 10a: Handschriftenverhältnisse Ívens saga Die Ívens saga liegt heute in drei Textversionen vor, siehe hierzu Übersicht 10a. AM 489 4to, Holm perg 6 4to und Holm papp 46 fol. Die beiden Handschriften aus dem 15. Jahrhundert weisen jeweils unvollständige Texte auf, das heißt Textteile fehlen (Lakunen). Holm papp 46 fol basiert bis Kapitel 10 wahrscheinlich auf der heute verlorenen Ormsbók (um 1400) und spiegelt dadurch eine weitere mittelalterliche Texttradition wider. Ab Kapitel 10 folgt Holm papp 46 fol aber dem Text der Ívens saga von Holm perg 6 4to. Alle weiteren erhaltenen Handschriften mit der Ívens saga gehen letztlich auf Holm perg 6 4to und/ oder AM 489 4to zurück. 146 So wurde von Holm perg 6 4to die Ívens saga in AM 181 fol und AM 179 fol abgeschrieben, wobei AM 181 fol wiederum als Vorlage für mindestens zwei weitere Abschriften diente: TCD 1015 8vo und NKS 1691 4to. AM 179 fol diente als Vorlage für die Handschrift NKS 3310 4to. AM 179 fol steht auch in Zusammenhang mit AM 588a 4to und AM 395 fol und BL Add. 4857 fol, entweder über eine oder meh- 144 Da diese Übersichten zwar im Prinzip einem sogenannten „unrooted stemma“ ähneln, aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, werden sie in dieser Untersuchung auch nicht als Stemma bezeichnet. Einen Einführung in die Stemmatologie gibt Haugen (2007) und eine Diskussion zu den aktuellen Forschungstendenzen innerhalb der Altnordistik findet sich zuletzt bei Hall (2013). 145 Weitere und vor allem Computergestützte stemmatologische Analysen des gesamten handschriftlichen Textkorpus dieser drei Sagas sind notwendig um konkretere Aussagen zu diesem Thema zu treffen. Vgl. hierzu z. B. die Darstellungen bei Hall (2013). 146 Die folgenden Ausführungen gehen zurück auf Blaisdells Untersuchung der Handschriften (Blaisdell 1979: CLIf). 2 Die handschriftliche Gesamttransmission 96 rere Zwischenhandschrift(en) oder eine verlorene Schwesternhandschrift. 147 Die Ívens saga wurde komplett aus AM 489 4to in BL Add. 4857 fol übernommen bis Kapitel 10. Danach bis zum Schluss der Saga wurde ein Text genutzt, der wiederum BL Add. 4859 fol nahe steht. Für Lakunen in der Textvorlage AM 489 4to wurde eine der Handschrift AM 179 fol nahestehende Textvorlage genutzt. Die Handschrift BL Add. 4859 fol nutzt meistens einen AM 181-Text als Vorlage, weist aber gelegentlich auch Schreibungen aus BL Add. 4857 fol auf. Es ist unklar, ob die Teile in BL Add. 4859 fol, die BL Add. 4857 fol stark ähneln, direkt auf BL Add. 4857 fol oder eine Zwischenhandschrift zurückgehen. Die erste Lakune füllt BL Add. 4859 fol dagegen mit einer AM 588a 4to und AM 395 fol nahestehenden Handschrift. AM 395 fol und AM 588a 4to zeigen generell einen AM 179-Text, sie stehen lakunebedingt in Textbeispiel 3.2.1 aber auch einem BL Add. 4857 fol Text nahe. Das spricht für die Verbindung dieser Handschriften über eine Zwischenhandschrift. Darüber hinaus weisen AM 395 fol und AM 588a 4to inhaltliche Gemeinsamkeiten auf, die für eine weitere gemeinsame Zwischenhandschrift sprechen würden. Natürlich muss man mit einer unbekannten Zahl von Zwischenhandschriften rechnen. Für die Ívens saga wird deutlich, dass es drei mittelalterliche Textversionen gibt, wovon lediglich zwei die Grundlage für die Überlieferung in der Neuzeit und Moderne liefern. Weiter wird deutlich, dass die Überlieferung der Neuzeit und Moderne sich in eine isländische und eine skandinavische Gruppe untergliedern lässt. Dies liegt daran, dass es aufgrund der Aufbewahrungsorte der Handschriftenvorlagen zu einer räumlichen Trennung der Textüberlieferung kommt. So wurden noch Abschriften von Holm perg 6 4to, AM 181a fol und AM 179 fol in Island angefertigt, bevor diese jeweils nach Stockholm oder Kopenhagen kamen. Von Kopenhagen aus wurden weitere Abschriften vorgenommen. Übersicht 10b: Handschriftenverhältnisse der Erex saga Die Erex saga ist in einem zweizeiligen Fragment aus dem 15. Jahrhundert erhalten, welches von Holm papp 46 fol und AM 181b fol variiert. Folglich könnte man von ursprünglich drei mittelalterlichen Textversionen ausgehen (Lbs 1230 8vo III frag, Ormsbók, Holm perg 6 4to). Holm papp 46 fol und AM 181b fol stellen nach der 147 Vgl. Blaisdell (1979: CXXIX, CXXXIII). 2.2 Aspekte der Handschriftenüberlieferung 97 heutigen Manuskriptlage die Haupthandschriften für die Erex saga dar, obwohl beide aus dem 17. Jahrhundert stammen, aber Abschriften verlorener Texte aus Mittelalterhandschriften sind. AM 181b fol basiert, was die Ívens saga und Parcevals saga betrifft, auf Holm perg 6 4to und es liegt nahe, anzunehmen, dass sich die Erex saga einmal in Holm perg 6 4to befand. 148 Holm papp 46 fol basiert vermutlich auf der verlorenen Ormsbók. Von Holm papp 46 fol wurden keine weiteren Abschriften angefertigt. Die Textversion der Erex saga in AM 181b fol bildet daher die Grundlage für alle weiteren neuzeitlichen und modernen Abschriften. Abschriften von AM 181 fol sind BL Add. 4859 fol und in Kopenhagen Kall 246 fol, NKS 1708 4to. Auf BL Add. 4859 fol basiert wiederum, vermutlich über Zwischenhandschriften, Lbs 3127 4to. Da die Erex saga bis auf ein Fragment in keiner mittelalterlichen Handschrift überliefert ist, kann die Textvarianz der Erex saga lediglich in der neuzeitlichen Textüberlieferung untersucht werden. Übersicht 10c: Handschriftenverhältnisse der Parcevals saga 148 Hierfür sprach sich zuerst Cederschiöld (1880: X) aus, ebenso mit aktueller Beweisführung Kalinke (1985b: 74) und Springborg (Gespräch im April 2009). 2 Die handschriftliche Gesamttransmission 98 Für die Parcevals saga 149 ist neben einem mittelalterlichen Fragment mit einer zweiten Textversion zu rechnen (Holm perg 6 4to), siehe Übersicht 10c. Letztlich basieren alle weiteren erhaltenen Handschriften der Parcevals saga auf Holm perg 6 4to, wobei AM 179 fol und AM 181a fol direkte Abschriften sind. Von AM 181a fol sind drei und von AM 179 fol zwei Abschriften erhalten. Auf AM 181 fol basiert vermutlich über eine Zwischenhandschrift die Handschrift BL Add. 4859 fol. BL Add. 4859 fol weist gelegentlich Lesarten auf, die möglicherweise auf eine unbekannte Handschrift zurückgehen. AM 395 fol basiert über Zwischenhandschriften wahrscheinlich auf einem der Handschrift AM 179 fol nahestehenden Text und zeigt doch auch gelegentlich Ähnlichkeiten mit einem BL Add. 4859 fol-Text. Aufgrund der dargestellten und besprochenen Handschriftenverhältnisse können alle besprochenen Handschriften der drei Sagas nun in vier wesentliche Gruppen untergliedert werden: Relationsgruppe 1) Mittelalterliche Handschriften (NKS 1794b 4to frag, Holm perg 6 4to, AM 489 4to, Lbs 1230 8vo III frag). Relationsgruppe 2) Neuzeitliche Abschriften von mittelalterlichen Handschriften (Holm papp 46 fol fol, AM 179 fol, AM 181 fol, BL Add. 4857 fol sowie NBO 3652: 13 fol). Relationsgruppe 3) Abschriften von neuzeitlichen Abschriften mittelalterlicher Handschriften (BL Add. 4859 fol, NKS 1691 4to, TCD 1015 8vo, Kall 246 fol, NKS 1708 4to, NKS 1794a 4to, NKS 3310 4to, Lbs 1907 8vo). Relationsgruppe 4) Abschriften ohne bekannte Textvorlage (AM 588a 4to, AM 395 fol, Lbs 3127 4to). 2.2.4 Fazit zu den Aspekten der Handschriftenüberlieferung Auf Basis der chronologischen Zuordnung der Handschriften der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga sind folgende drei Handschriftengruppen zu unterscheiden, die auch für die Besprechung der einzelnen Handschriften in Kapitel 2.1 benutzt werden: Zeitgruppe 1) Mittelalterliche Handschriften. Zeitgruppe 2) Neuzeitliche Handschriften. Zeitgruppe 3) Handschriften des 19. Jahrhunderts. 149 Für die Rekonstruktion der Handschriftenverhältnisse der Parcevals saga liegen bisher noch keine Untersuchungen vor, die hier vorgestellten Handschriftenverhältnisse basieren daher lediglich auf den Erkenntnissen aus den Textausschnitten in Kapitel 3, d.h. eine verwandtschaftliche Beziehung wird vorläufig aufgrund gemeinsamer Textmerkmale angenommen. 2.2 Aspekte der Handschriftenüberlieferung 99 Bei der chronologischen Übersicht 7 wird nochmals die Differenz zwischen angenommenen Entstehungskontext am norwegischen Königshof des 13. Jahrhunderts und tatsächlicher Handschriftenlage deutlich. Aus dem 14. bis 15. Jahrhundert sind zwei Fragmente und zwei umfangreichere Texte der drei Sagas erhalten. Problematisch ist, dass keiner der Texte vollständig ist. Aus dem 16. Jahrhundert ist keine Handschrift erhalten, was konform mit der Handschriftensituation zu diesem Zeitpunkt auf Island ist. Aus der Neuzeit sind die meisten Handschriften erhalten, vor allem aus dem 17. und 18. Jahrhundert, dies ist mit dem antiquarischen Interesse dieser Zeit zu erklären. Bei den meisten Handschriften aus dem 17. Jahrhundert handelt es sich um Abschriften von Mittelalterhandschriften (AM 181 fol, AM 179 fol, Holm papp 46 fol, BL Add. 4857 fol). Bei den Handschriften aus dem 18. Jahrhundert handelt es sich fast ausschließlich um Abschriften dieser genannten Abschriften (TCD 1015 8vo, NKS 1691 4to, Kall 246 fol, NKS 1708 4to, NKS 1794a 4to). Die Handschriften des 19. Jahrhunderts umfassen eine direkte Abschrift von der mittelalterlichen Handschrift Holm perg 6 4to (NBO 3652: 13 fol), eine Abschrift von AM 179 fol (NKS 3310 4to), ein isländisches Fragment (Lbs 1907 8vo) und eine isländische Handschrift (Lbs 3127 4to), deren Textvorlage verloren ist. Aufgrund der verwandtschaftlichen Zuordnung der Handschriften zueinander sind folgende vier Handschriftenrelationsgruppen zu unterscheiden: Relationsgruppe 1) Mittelalterliche Handschriften (NKS 1794b 4to frag, Holm perg 6 4to, AM 489 4to, Lbs 1230 8vo III frag). Relationsgruppe 2) Neuzeitliche Abschriften von mittelalterlichen Handschriften (Holm papp 46 fol fol, AM 179 fol, AM 181 fol, BL Add. 4857 fol sowie NBO 3652: 13 fol). Relationsgruppe 3) Abschriften von neuzeitlichen Abschriften mittelalterlicher Handschriften (BL Add. 4859 fol, NKS 1691 4to, TCD 1015 8vo, Kall 246 fol, NKS 1708 4to, NKS 1794a 4to, NKS 3310 4to, Lbs 1907 8vo). Relationsgruppe 4) Abschriften ohne bekannte Textvorlage (AM 588a 4to, AM 395 fol, Lbs 3127 4to). Der Verwandtschaftsgrad ist bei Gruppe 4) unklar, da mit unbekannten Zwischenhandschriften gerechnet werden muss und nur über diese überhaupt ein Bezug zu den übrigen erhaltenen Handschriften möglich ist. Es muss stets berücksichtigt werden, dass Handschriften verloren gegangen sein können. Es ist festzustellen, dass die Ívens saga in drei Textversionen erhalten ist. Zwei Versionen sind jeweils in den Mittelalterhandschriften Holm perg 6 4to und AM 489 4to erhalten und eine dritte Version in Holm papp 46 fol, einer Abschrift einer Mittelalterhandschrift. Diese Texte sind die ältesten erhaltenen Zeugen der jeweiligen Textversion, aber keine Textvorlagen sind erhalten. Von Holm papp 46 fol sind auch keine Abschriften überliefert. Dagegen basiert auf AM 489 4to und Holm perg 6 4to die weitere Textüberlieferung der Ívens saga bis ins 19. Jahrhundert. Die Erex saga weist zwar drei Textversionen 2 Die handschriftliche Gesamttransmission 100 auf, allerdings ist dabei nur ein Fragment einer mittelalterlichen Handschrift erhalten (Lbs 1230 8vo III frag). Die übrigen zwei Textversionen sind in den Handschriften Holm papp 46 fol und AM 181 fol aus dem 17. Jahrhundert überliefert. Auf AM 181 fol basiert die weitere handschriftliche Überlieferung der Erex saga bis ins 19. Jahrhundert. Die Parcevals saga weist zwei Textversionen auf, Holm perg 6 4to und ein Fragment mittelalterlichen Ursprungs (NKS 1794b 4to frag). Die gesamte weitere Textüberlieferung der Parcevals saga bis ins 19. Jahrhundert basiert auf dem Holm perg 6-Text in weiteren Abschriften. Ein wesentliches Merkmal jeder Handschrift ist der Entstehungskontext, denn dieser hat nicht nur materielle Auswirkungen, z. B. Qualität des Pergaments oder Papiers, sondern auch grundsätzlichen Einfluss auf die Motivation für die jeweilige Handschriftenproduktion an einem bestimmten Ort. Die Entstehungsumstände der Handschriften aus dem Mittelalter sind nahezu unbekannt, es konnten lediglich einige Schreiberhände in AM 489 4to ins Westfjordgebiet und Holm perg 6 4to nach Nordisland verortet werden. Die Handschriften der Neuzeit und des 19. Jahrhunderts sind dagegen fast immer einem Auftraggeber zuzuordnen, obwohl nicht alle Schreiber bekannt sind. In Island lassen sich auch einzelne Handschriftenzentren lokalisieren, die wiederum mit dort ansässigen Auftraggebern und Schreibern in Verbindung stehen, soweit dies bekannt ist. Eine ausführliche Beschreibung hierzu in Kapitel 2.1. Aus dem 17. Jahrhundert stechen besonders Magnús Jónssons und Þorsteinn Björnssons Arbeiten hervor, deren Entstehungskontexte bekannt sind. Viele Handschriften der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga sind mit Größen des isländischen und skandinavischen Geisteslebens verbunden, z. B. Árni Magnússon, Peter Frederik Suhm, Gísli Brynjúlfsson, Carl Richard Unger, und in der weiteren Überlieferung auch im englischsprachigen Raum mit Joseph Banks. Weitere an den Entstehungskontext gebundene Merkmale jeder Handschrift sind Material, Paläografie und Layout. Die mittelalterlichen Handschriften sind auf Pergament und alle jüngeren Handschriften auf Papier geschrieben. Die hier untersuchten mittelalterlichen Handschriften sind in gotischer Buchschrift verfasst, die neuzeitlichen Handschriften zunächst in gotischer und neugotischer Kursive und ab dem 18. Jahrhundert auch in humanistischer Schrift. 150 Das Layout bei neuzeitlichen Handschriften kann dem Buchdruck nachempfunden sein (vgl. BL Add. 4857 fol). Folgende Entstehungsorte sind den Handschriftengruppen zuzuordnen: Entstehungsortsgruppe 1) die mittelalterlichen Handschriften stammen aus Norwegen und Island. Entstehungsortsgruppe 2) die neuzeitlichen Handschriften stammen aus Dänemark, Schweden und Island. Entstehungsortsgruppe 3) die Handschriften des 19. Jahrhunderts stammen aus Dänemark, Norwegen und Island. 150 Ausführliche Darstellung der Handschriftentypen bei Guðvarður Már Gunnlaugsson (2004, 2005) und Svensson (1974). 2.2 Aspekte der Handschriftenüberlieferung 101 In Island entstanden im 15. Jahrhundert drei der erhaltenen Handschriften und im 17. Jahrhundert fünf, danach sind aus dem 18. Jahrhundert eine und dem 19. Jahrhundert zwei Handschriften erhalten. Erst im 18. Jahrhundert entstanden in Dänemark fünf Handschriften, die mindestens jeweils eine der drei Sagas enthalten im 19. Jahrhundert entstand noch eine weitere Handschrift. Es ist ganz offensichtlich an Übersicht 8a zu erkennen, dass die größte Handschriftenproduktion, soweit das anhand der erhaltenen Handschriften nachvollziehbar ist - schließlich ist besonders bei den Handschriften des Mittelalters mit unbekannten Verlusten zu rechnen -, im 17. Jahrhundert auf Island und im 18. Jahrhundert in Dänemark stattfand. Die Verlagerung der Produktion isländischer Handschriften ist anhand der in Kapitel 2.1.2 dargestellten historischen Zusammenhänge gut nachvollziehbar. Bis Ende des 18. Jahrhunderts wurden fast alle isländischen Handschriften in ausländische Sammlungen gebracht, was größere örtliche Auswirkungen auf die in Entstehungsortsgruppe 1) und 2) genannten Handschriften hat. Einerseits zeigen die isländischen Handschriften bereits auf Island eine gewisse Mobilität, da sie an verschiedenen Orten entstanden und dann oftmals an andere Orte verliehen, weitervererbt oder verkauft wurden. Folgende Handschriftenentstehungszentren lassen sich auf Island bezüglich unserer Handschriften nochmals zusammenfassend lokalisieren: Gegend um Skagafjörður (AM 588a 4to), Gegend um Ísafjörður (AM 489 4to, BL Add. 4859 fol, BL Add. 4857 fol), Snæfellsnes (AM 395 fol), Gegend um Borgarfjörður (Lbs 3127 4to), Skálholt (AM 179 fol) und Útskalar (AM 181 fol). Diese Lokalisierung konnte maßgeblich durch die Verbindung mit dem Auftraggeber und Schreiber hergestellt werden, vgl. Kapitel 2.2.2. Andererseits unterliegen die Handschriften auch im Ausland einem Transfer. Sie wurden von einer in eine andere Sammlung überführt, z. B. ging Suhms Sammlung in Det Kongelige Bibliotek über, oder die Handschriften wurden, wie Holm perg 6 4to zeigt, an andere Orte verliehen. 151 Von den ursprünglich neun auf Island entstandenen Handschriften der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga aus dem 15. bis 18. Jahrhundert befanden sich 1970 nur noch ein Handschriftenfragment und zwei Handschriften auf Island (Lbs 3127 4to, Lbs 1230 8vo III frag, Lbs 1907 8vo). Im Zuge der Handschriftenrücküberführung wurden zwei Handschriften aus Kopenhagen zurück gebracht (AM 489 4to, AM 395 fol), jedoch verblieben die anderen Handschriften in ihren ausländischen Sammlungen in Stockholm und London, da es hier keine politischen Gründe für eine Rücküberführung gab. Die räumliche Zuordnung der Handschriften bezüglich der Aufbewahrungsorte der Handschriften 1970 sieht so aus: Aufbewahrungsortsgruppe 1) mittelalterliche Handschriften in Kopenhagen, Stockholm, Reykjavik. Aufbewahrungsortsgruppe 2) neuzeitliche Handschriften in Stockholm, Kopenhagen, London, Dublin. 151 Siehe die Beschreibung der einzelnen Handschriften in Kapitel 2.1.2. 2 Die handschriftliche Gesamttransmission 102 Aufbewahrungsortsgruppe 3) Handschriften des 19. Jahrhunderts in Reykjavik, Kopenhagen, Oslo. Die räumliche Zuordnung der Handschriften bezüglich ihrer heutigen Aufbewahrungsorte sieht so aus: Aufbewahrungsortsgruppe 1) mittelalterliche Handschriften in Kopenhagen, Stockholm, Reykjavik. Aufbewahrungsortsgruppe 2) neuzeitliche Handschriften in Stockholm, Kopenhagen, London, Dublin, Reykjavik. Aufbewahrungsortsgruppe 3) Handschriften des 19. Jahrhunderts in Reykjavik, Kopenhagen, Oslo. Anhand der Handschriften der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga kann die Mobilität isländischer Handschriften anschaulich dargestellt werden und damit einhergehend ein interessanter Einblick in die skandinavische und europäische Geistesgeschichte vom Mittelalter bis zur Neuzeit gewonnen werden. So können die Handschriften auch bestimmten Schrifttraditionen zugeordnet werden. Das geistesgeschichtliche Interesse an den Handschriften und den Sagatexten ab dem 17. Jahrhundert bedingt deren Mobilität außerhalb Islands grundsätzlich. Alle Handschriften, die außerhalb Islands entstanden sind, weisen im 17. und 18. Jahrhundert einen akademischen Kontext auf, das heißt, sie sind an akademischen Institutionen (Det Kongelige Bibliotek, Antikvitetskollegiet) und/ oder im Auftrag bestimmter Gelehrter (Suhm) entstanden. Zwei Handschriften weisen daraufhin, dass Übersetzungen der isländischen Texte noch ergänzt werden sollten (Holm papp 46 fol, TCD 1015 8vo). Zwei Handschriften aus dem 19. Jahrhundert, die außerhalb Islands entstanden, sind wahrscheinlich Druckmanuskripte und bilden die Grundlage für die Publikationen von Texteditionen (NKS 3310 4to, NBO 3652: 13 fol) namhafter Forscher (Carl Richard Unger, Gísli Brynjúlfsson). Die isländischen Handschriften der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga, die im 17. und 18. Jahrhundert auf Island entstanden sind, können keine sogenannten akademischen Abschriften sein, da sie an keine Institutionen geknüpft sind. Dadurch stehen bei ihrer Herstellung antiquarisch-humanistische Interessen im Vordergrund. Daher sollen sie m. E. antiquarische Handschriften genannt werden, im Sinne einer Bewahrung und Sammlung alter Texte außerhalb akademischer Institutionen. Eine weitere Unterscheidung ist möglich, da es sich bei zwei Handschriften (AM 588a 4to, AM 395 fol) um keine direkten Abschriften mittelalterlicher Texte handelt, sondern um überlieferungsgeschichtlich verwandte Texte. Der antiquarische Ansatz kann daher nicht im direkten Sinne im Vordergrund gestanden haben, sondern m. E. ist in diesen Texten vorrangig eine Gebrauchs- und Unterhaltungsfunktion zu sehen. Im 19. Jahrhundert wird diese auf Unterhaltung und persönliche Interessen zurückzuführende Handschriftenüberlieferung um zwei weitere Handschriften ergänzt (Lbs 3127 4to, Lbs 1907 8vo). Die Handschriftentradition auf Island ist bei den vorliegenden Handschriften 2.3 Analyse der Handschriftenüberlieferungsverbünde 103 der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga daher in eine antiquarische und eine divergente Tradition zu unterscheiden. Unterschiede bestehen auch innerhalb der sozialen Entstehungskontexte der Handschriften. Im 19. Jahrhundert stehen diese auf Island mit einer wenig vermögenden sozialen Schicht in Verbindung, während sie im 17. und 18. Jahrhundert noch an eine soziale Oberschicht gebunden waren. 2.3 Analyse der Handschriftenüberlieferungsverbünde Anhand der Betrachtung des Überlieferungsverbunds für jedes Textvorkommen der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga können z. B. Rückschlüsse auf die Vorgaben und Vorlieben des Auftraggebers, auf die Funktionen der Handschriften, Handschriftenverfügbarkeit, -vorlagen und möglicherweise auf ein Gattungsbewusstsein gezogen werden. Siehe dazu die Übersichten 11a-e. Übersicht 11a: Handschriftenüberlieferungsverbund gemeinsamer Handschriften Holm 6 AM 179 AM 181 BL 4859 AM 395 1 Amícus saga ok Amilíus Eireks saga viðförla Ívens saga Hrómundar saga Gripssonar Ljósvetninga saga 2 Bevers saga Konráðs saga ok keisarasonar Parcevals saga Bragða-Ölvis saga Valla-Ljóts saga 3 Ívens saga Bevers saga Erex saga Valdimars saga Svarfdœla saga 4 Parcevals saga Ívens saga Samsonar saga fagra Mírmanns saga Flóamanna saga 5 Mírmanns saga Parcevals saga Möttuls saga Ívens saga Gunnars saga Keldugnúpsfífls 6 Flóvents saga Mírmanns saga Bevers saga Parcevals saga Finnbóga saga ramma 7 Elis saga ok Rósamundu Clárus saga Hektors saga Erex saga Brandkrossa þáttr 8 Konráðs saga ok keisarasonar Þjalar-Jóns saga Clárus saga Möttuls saga Brodd-Helga/ Vapnfirðinga saga 9 Þjalar-Jóns saga Flóvents saga Konráðs saga ok keisaras. Virgilíus saga Hrómundar saga Grípssonar 10 Eireks saga viðförla Elis saga ok Rósamundu Mírmanns saga Illuga saga Gríðarfóstra Áns saga bogsveigis 11 Möttuls saga Möttuls saga Rémundar saga keisarasonar Hálfdanar saga svarta Bragða-Ölvis saga 2 Die handschriftliche Gesamttransmission 104 12 Kvæði Álaflekks saga Göngu-Hrólfs saga Mírmanns saga 13 Clárus saga Álaflekks saga Ármanns saga ok Þorsteins gála Kirialax saga 14 Þjalar-Jóns saga Böðvars þáttr Bjarka Hálfdanar saga Eysteinssonar 15 Álaflekks saga Callinius saga Elis saga ok Blankiflúr 16 Sálus saga ok Nikanórs Hervarar saga ok Heiðreks konungs Fertrams saga ok Platos 17 Þjalar-Jóns saga Hákonar saga Hákonarsonar Friðþjófs saga frækna 18 Lykla-Péturs saga ok Magelónu fögru Úlfs saga Uggasonar 19 Knýtlinga saga Hervarar saga ok Heiðreks konungs 20 Sniðúlf þáttr/ Sindulfi Álaflekks saga 21 Rémundar saga keisarsonar Clárus saga 22 Kirialax saga Parcevals saga 23 Títus saga ok Gisippos Ívens saga Übersicht 11b: Handschriftenüberlieferungsverbund gemeinsamer Handschriften Holm 46 TCD 1015 NKS 1691 NKS 3310 NBO 3652 1 Ívens saga Ívens saga Ivens saga Ívens saga Amícus saga ok Amilíus 2 Erex saga Parcevals saga Parcevals saga Parcevals saga Bevers saga 3 Bevers saga Mírmanns saga Ívens saga 4 Fertrams saga ok Platos Möttuls saga Parcevals saga 5 Konráðs saga ok keisarasonar Tristrams saga ok Ísoddar Flóvents saga 6 Partalópa saga Flóres saga konungs og sona hans Mírmanns saga 2.3 Analyse der Handschriftenüberlieferungsverbünde 105 7 Viktors saga ok Blávus [Flóvents saga] 8 Elis saga ok Rósamundu Elís saga ok Rósamundu 9 Konráðs saga ok keisarasonar 10 [Þjalar-Jóns saga] 11 Eireks saga viðförla 12 Möttuls saga 13 Kvæði 14 Clárus saga Übersicht 11c: Handschriftenüberlieferungsverbund der übrigen Handschriften der Ívens saga AM 489 BL 4857 AM 588 1 Bárðar saga Snæfellsáss Göngu-Hrólfs saga Ívens saga 2 Kirialax saga Apollonius saga Álaflekks saga 3 Hrings saga ok Tryggva Gjafa-Refs saga/ Gautreks saga Álaflekks saga 4 Flóres saga ok Blankiflúr Sörla saga sterka Albanus saga Vigvallissonar 5 Tristrams saga ok Ísoddar Hálfs saga ok Hálfsrekka Bærings saga 6 Ívens saga (frg) Ölkofra þáttr Damústa saga 7 Hróa þáttr heimska Jóns saga leikara 8 Melkólfs saga ok Salomons kongs Kirialax saga 9 Ísleifs þáttr biskups Gizurarson Möttuls saga 10 Fertrams saga ok Platos Möttuls saga 11 Aefintýr af einum brøgdottum mylnumanne Samsonar saga fagra 12 Ívens saga Sálus saga ok Nikanórs 13 Bertrams saga greifa Sigurgards saga 14 Aefintýr af einum Meystara Sigurður saga fóts 15 Sigurður saga fóts 16 Bærings saga 17 Álaflekks saga 18 Valdimars saga 19 Úlfs saga Uggasonar 2 Die handschriftliche Gesamttransmission 106 Übersicht 11d: Handschriftenüberlieferungsverbund der übrigen Handschriften der Erex saga Kall 246 NKS 1708 Lbs 3127 1 Erex saga Erex saga Vilhjálms saga sjóðs 2 Samsonar saga fagra Samsonar saga fagra Jasonar saga bjarta 3 Möttuls saga Möttuls saga þorsteins þáttr forvitna 4 Flóres saga konungs o.s.h. 5 Dínus saga drambláta 6 Erex saga 7 Hálfdanar saga Eysteins sonar Übersicht 11e: Handschriftenüberlieferungsverbund der übrigen Handschriften der Parcevals saga Lbs 1907 NKS 1794 1 Notizen Parcevals saga 2 Parcevals saga [frag] 3 Möttuls saga [frag] 4 Notizen Die insgesamt 20 Handschriften umfassende Überlieferung der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga können aufgrund ihrer Überlieferungskontexte und -verbünde für die weitere Besprechung in vier Überlieferungsgruppen unterschieden werden: Überlieferungsgruppe 1) Die Handschriften Suhms. Überlieferungsgruppe 2) Die Handschriften des 19. Jahrhunderts außerhalb Islands. Überlieferungsgruppe 3) Die isländischen Handschriftencodices. Lediglich drei Handschriftenfragmente (Lbs 1230 8vo III frag, NKS 1794b 4to frag, Lbs 1907 8vo) sowie die Handschrift TCD 1015 8vo können keiner der Gruppen zugeordnet werden. TCD 1015 8vo trägt aufgrund ihres Inhalts, welcher lediglich Ívens saga und Parcevals saga umfasst, eine Ähnlichkeit mit den Suhmschen Handschriften. Andererseits kann man davon ausgehen, dass die Handschrift ausschließlich für den privaten Gebrauch des Besitzers bestimmt war und ursprünglich nicht öffentlich zugänglich war. 2.3.1 Die Suhmschen Handschriften Die für Suhms Bibliothek angefertigten Handschriften aus dem 18. Jahrhundert (Kall 246 fol, NKS 1708 4to, NKS 1691 4to, NKS 1794a 4to) enthalten jeweils ein kohärentes kleines Textkorpus. Interessant ist hier, dass Ívens saga und Parcevals saga in NKS 1691 4to zusammen stehen und die Erex saga in Kall 246 fol zur Möttuls 2.3 Analyse der Handschriftenüberlieferungsverbünde 107 saga und Samsonar saga fagra sortiert wurde. Da AM 181 fol die Vorlage für diese Abschriften bildet, ist diese Einteilung nur natürlich, da diese Handschriften korrekt dem heutigen Inhalt von AM 181a-b fol entsprechen. 152 Die Suhmschen Handschriften waren für eine Bibliothek/ Sammlung bestimmt, in der jedes Werk direkt zugänglich war, zudem existieren mehrere Exemplare. So ist die Parcevals saga in NKS 1794a 4to und in NKS 1691 4to erhalten, die Erex saga in Kall 246 fol und NKS 1708 4to. 2.3.2 Die Handschriften des 19. Jahrhunderts außerhalb Islands Die Handschriften des 19. Jahrhunderts basieren auf den Handschriften des Mittelalters und der Neuzeit, was bei den wahrscheinlich aus wissenschaftlichen Interesse heraus motivierten Handschriften NBO 3652: 13 fol und NKS 3310 4to möglicherweise folgende Ursachen hat: NBO 3652: 13 fol (Unger) ist eine faksimilarische Abschrift von Holm perg 6 4to. Holm perg 6 4to ist ein gut erhaltener Mittelaltercodex mit Riddarasögur und wurde nur zeitweise an Unger verliehen. Unger war um eine möglichst genaue Wiedergabe der Handschrift bemüht, wie man an der faksimilarischen Abschrift erkennen kann. NBO 3652: 13 fol ist daher auch inhaltlich eine genaue Kopie von Holm perg 6 4to. NKS 3310 4to wiederum nutzte AM 179 fol als Textvorlage für die Ívens saga und Parcevals saga. In Kopenhagen war AM 179 fol verfügbar, eine optisch ansprechendere Abschrift von Holm perg 6 4to als AM 181 fol. 153 Alle sechs Sagas in NKS 3310 4to sind Riddarasögur, wobei auch hier eine Vermischung von übersetzten Riddarasögur (Ívens saga, Parcevals saga, Möttuls saga) und originalen Riddarasögur (Tristrams saga ok Ísoddar, Mírmanns saga, Flóres saga konungs ok sonu hans) festzustellen ist. Die Kompilation von Riddarasögur in NKS 3310 4to orientiert sich in Auswahl und Anordnung wahrscheinlich an persönlichen Vorgaben Gísli Brynjúlfssons und an den genutzten Vorlagen, wie AM 179 fol und AM 489 4to. 2.3.3 Isländische Handschriftencodices Die größte und vielfältigste Handschriftengruppe bei den Übersichten 11a-e zum Überlieferungsverbund bildet die Gruppe mit isländischer Herkunft. Die isländische Handschriftenüberlieferung umfasst mittelalterliche und neuzeitliche Handschriften aus Island sowie Holm papp 46 fol als Abschrift eines nicht mehr erhaltenen isländischen Codex. Die konkreten Inhalte der isländischen Handschriftengruppe sind in den zwei Übersichten 12a-b nach Gattungszuordnungen markiert, auch wenn Gat- 152 Für weitere Aussagen zur Art und Weise der Kopien, die von Suhm in Auftrag gegeben wurden, müsste man zu allen ü. Rs. in Suhms Sammlung eine ausführliche Studie durchführen. 153 Gemeint sind Mírmanns saga und Möttuls saga. 2 Die handschriftliche Gesamttransmission 108 tungszuordnungen 154 generell problematisch sind, wie die Diskussion des Gattungsbegriffs in Kapitel 1 verdeutlicht, aber an dieser Stelle als tendenzieller Ansatzpunkt von Interesse. Die Markierung erfolgt folgendermaßen: übersetzte Riddarasögur originale Riddarasögur/ Märchensagas Märchensagas/ Fornaldarsögur unklare Abgrenzung Fornaldarsögur Übersetzungsliteratur (lat. / frz. Vorlagen, Volksbücher u.a.) unmarkiert sind Konungasögur, Íslendingasögur, þættir u.a. die nicht in die vier genannten Gruppen fallen Übersicht 12a: Isländische Handschriftengruppe Inhalte mit Gattungszugehörigkeiten 155 AM 489 Holm 6 Holm 46 AM 179 BL 4857 Lbs 3127 1 Bárðar saga Snæfellsáss Amícus saga ok Amilíus Ívens saga Eireks saga viðförla Göngu- Hrólfs saga Vilhjálms saga sjóðs 2 Kirialax saga Bevers saga Erex saga Konráðs saga ok keisarasonar Apollonius saga Jasonar saga bjarta 3 Hrings saga ok Tryggva Ívens saga Bevers saga Bevers saga Gjafa-Refs / Gautreks saga þorsteins þáttr forvitna 4 Flóres saga ok Blankiflúr Parcevals saga Fertrams saga ok Platos Ívens saga Sörla saga sterka Flóres saga konungs ok sonu hans 5 Tristrams saga ok Ísoddar Mírmanns saga Konráðs saga ok keisarasonar Parcevals saga Hálfs saga ok Hálfsrekka Dínus saga drambláta 6 Ívens saga Flóvents saga Partalópa saga Mírmanns saga Ölkofra þáttr Erex saga 7 Elis saga ok Rósamundu Viktors saga ok Blávus Clárus saga Hróa þáttr heimska Hálfdanar saga Eysteins s. 154 Die Genrezuordung soll an dieser Stelle zur Verdeutlichung des Handschriftenüberlieferungsverbands genügen. Diese vereinfachte Gattungszuordnung basiert auf Simek/ Pálsson (2007), Pulsiano (1993) und Kalinke (1996a, b). Wie bei jeder Genresystematik ist dies lediglich ein Instrument zur Einordnung der einzelnen Werke nach vornehmlich inhaltlichen Gesichtspunkten, ohne Anspruch auf Vollständigkeit. 155 Normalisierte Namen und Gattungszuordnungen nach Simek/ Pálsson (1987). Handschrifteninhalte nach den Angaben der Handschriftenkataloge und Sichtung der Handschriften(kopien). 2.3 Analyse der Handschriftenüberlieferungsverbünde 109 8 Konráðs saga ok keisarasonar Elis saga ok Rósamundu Þjalar-Jóns saga Melkólfs saga ok Salomons kongs 9 Þjalar-Jóns saga Flóvents saga Ísleifs þáttr biskups Gizurarson 10 Eireks saga viðförla Elis saga ok Rósamundu Fertrams saga ok Platos 11 Möttuls saga Möttuls saga Aefintýr af einum brøgdottum mylnumanne 12 Kvæði Ívens saga 13 Clárus saga Bertrams saga greifa 14 Aefintýr af einum Meystara Übersicht 12b: Isländische Handschriftengruppe Inhalte mit Gattungszugehörigkeiten AM 181 (AM) AM 181(ÞB) BL 4859 AM 588 AM 395 1 Ívens saga Konráðs saga ok keisarasonar Hrómundar saga Gripssonar Ívens saga Ljósvetninga saga 2 Parcevals saga Þjalar-Jóns saga Bragða-Ölvis saga Álaflekks saga Valla-Ljóts saga 3 Erex saga [...] Valdimars saga Álaflekks saga Svarfdœla saga 4 Samsonar saga fagra Hektors saga Mírmanns saga Albanus saga Vigvallissonar Flóamanna saga 5 Möttuls saga [Jarlmanns saga? ] Ívens saga Bærings saga Gunnars saga Keldugnúpsfífls 6 Bevers saga Mírmanns saga Parcevals saga Damústa saga Finnbóga saga ramma 7 Hektors saga [...] Erex saga Jóns saga leikara Brandkrossa þáttr 8 Clárus saga Rémundar saga keisarasonar Möttuls saga Kirialax saga Brodd-Helga/ Vapnfirðinga saga 9 Konráðs saga ok keisarasonar [Kirialax saga? ] Virgilíus saga Möttuls saga Hrómundar saga Grípssonar 2 Die handschriftliche Gesamttransmission 110 10 Mírmanns saga Clárus saga Illuga saga Gríðarfóstra Möttuls saga Áns saga bogsveigis 11 Rémundar saga keisarasonar [...] Hálfdanar saga svarta Samsonar saga fagra Bragða-Ölvis saga 12 Álaflekks saga Álaflekks saga Göngu-Hrólfs saga Sálus saga ok Nikanórs Mírmanns saga 13 Álaflekks saga Bevers saga Ármanns saga ok Þorsteins gála Sigurgards saga Kirialax saga 14 Þjalar-Jóns saga [Elis saga? ] Böðvars þáttr Bjarka Sigurður saga fóts Hálfdanar saga Eysteinssonar 15 Álaflekks saga [Flóvents saga? ] Calliníus saga Sigurður saga fóts Elis saga ok Blankiflúr 16 Sálus saga ok Nikanórs Ívens saga Hervarar saga ok Heiðreks konungs Bærings saga Fertrams saga ok Platos 17 Þjalar-Jóns saga Parcevals saga Hákonar saga Hákonarsonar Álaflekks saga Friðþjófs saga frækna 18 Erex saga Lykla-Péturs saga ok Magelónu fögru Valdimars saga Úlfs saga Uggasonar 19 Samsonar saga fagra Knýtlinga saga Úlfs saga Uggasonar Hervarar saga ok Heiðreks konungs 20 Möttuls saga Sniðúlf þáttr/ Sindulfi Álaflekks saga 21 Rémundar saga keisarasonar Clárus saga 22 Kirialax saga Parcevals saga 23 Títus saga ok Gisippos Ívens saga Eine Besonderheit ist, dass AM 181 fol in zwei Versionen in die Übersicht 12b einbezogen wird. Einerseits in der heutigen Anordnung aller Teile, die Árni Magnússon (AM) vorgenommen hatte, und andererseits in der von Peter Springborg rekonstruierten ursprünglichen Anordnung des Schreibers Þorsteinn Björnsson (ÞB). 156 Allerdings umfasste die Handschrift ursprünglich mehrere Teile, die sich heute in anderen AM Handschriften befinden und hier nicht weiter besprochen werden. 157 156 Freundlicherweise ließ mir Springborg Teile seiner unveröffentlichten Arbeit zu Þorsteinn Björnsson und der rekonstruierten Inhalte von AM 181 fol zukommen (Gespräch im April 2009). 157 Vgl. hierzu die Besprechung von AM 181 fol. 2.3 Analyse der Handschriftenüberlieferungsverbünde 111 Generell ist für die Übersichten 12a-b festzustellen, dass die Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga stets beieinander stehen, wenn sie zusammen überliefert sind. Alle drei Sagas sind lediglich in zwei Handschriften (AM 181 fol, BL Add. 4859 fol) zusammen überliefert. Ívens saga und Erex saga sind beide zusammen in Holm papp 46 fol überliefert, Ívens saga und Parcevals saga befinden sich zusammen in drei Handschriften (Holm perg 6 4to, AM 179 fol, AM 395 fol). In vier Handschriften sind die drei Sagas jeweils nur einzeln überliefert (AM 489 4to, BL Add. 4857 fol, AM 588a 4to, Lbs 3127 4to). Nimmt man allerdings an, dass in Holm perg 6 4to und AM 179 fol ursprünglich auch die Erex saga vorhanden war, so würde sich die Gemeinschaftsüberlieferung der drei Sagas auf vier Handschriften erhöhen. Ein weiteres Merkmal liegt bei diesen Handschriften darin, dass die Sagas stets zusammen mit originalen Riddarasögur/ Märchensagas und Fornaldarsögur überliefert sind. Die Handschriften sind dabei in zwei Gruppen (3a) und 3b)) zu unterscheiden: 3a) Die erste Gruppe überliefert Ívens saga, Erex saga und/ oder Parcevals saga ausschließlich mit ü. Rs., originalen Riddarasögur, Märchensagas und Fornaldarsögur: Holm papp 46 fol, AM 181 fol, AM 179 fol, AM 588a 4to sowie Lbs 3127 4to, die auch einen þáttr enthält. Auch AM 489 4to und Holm perg 6 4to werden hier ausnahmsweise mit hinzugezählt, obwohl sie jeweils ein anderes Werk enthalten. Bei Holm perg 6 4to handelt es sich offenbar um einen Riddarasögurcodex. Von seinen Kopien bewahrt zwar keine dieselbe Reihenfolge, aber Ívens saga und Parcevals saga stehen immer in derselben Reihenfolge. In Holm perg 6 4to und AM 179 fol geht ihnen die Bevers saga voran und es folgt die Mírmanns saga. AM 179 fol bewahrt weitgehend die Inhalte von Holm perg 6 4to, aber nicht vollständig die heutige Reihenfolge. Das kann entweder auf eine andere Sortierung von Holm perg 6 4to zurückzuführen sein oder auf eine individuelle Bearbeitung von AM 179 fol. 158 AM 179 fol gilt als präzise Abschrift, da sie von Jón Erlendsson für Bischof Brynjólfur Sveinsson geschrieben wurde. AM 181 fol ist ebenso eine Kopie von Holm perg 6 4to, unterscheidet sich aber von Holm perg 6 4to und von AM 179 fol in einigen Aspekten. Die heutige Reihenfolge der Inhalte des Codex folgt der Sortierung von Árni Magnússon in die Teile a-m (AM) und unterscheidet sich deutlich von einer rekonstruierten ursprünglichen Sortierung Þorsteinn Björnssons (ÞB). 159 Árni Magnússon ordnete die Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga möglicherweise aufgrund der Bekanntheit des Artusstoffs oder seiner Auffassung der zeitlichen Einordnung, an den Anfang des Codex, obwohl sie ursprünglich wohl eher am Ende standen. Springborg zufolge waren die Inhalte ursprünglich nach Thema und Handlungszeit sortiert, 160 das würde ein tendenzielles Gattungsbewusstsein von Þorsteinn Björnsson bei der Konzeption und Produktion des Codex erfordern, gleichwohl keine Grenze zwischen originalen und ü. Rs. gezogen wird. Auch AM 588a-r 4to wurde von Árni Magnússon in mehrere Teile zerlegt. Sie enthält bis auf zwei Texte aus- 158 Ausführlicher dazu bei der Besprechung der einzelnen Handschriften in Kapitel 2.1. 159 Vgl. hierzu die Besprechung von AM 181 fol. 160 Springborg (1977: 81f). 2 Die handschriftliche Gesamttransmission 112 schließlich originale und ü. Rs., dabei befindet sich die Ívens saga heute am Anfang der Handschrift und ist darin der Neusortierung von AM 181 fol vergleichbar. Als weiteres Beispiel für einen neuzeitlichen Eingriff in die Reihenfolge des Inhalts oder den Zustand einer Handschrift sei AM 489 4to genannt. Sie besteht heute aus zwei, ursprünglich nicht zusammengehörigen Teilen aus je einer Handschrift und enthält lediglich sechs Texte, welche den Fornaldarsögur, originalen Riddarasögur und übersetzten Riddarasögur zuzuordnen sind. 3b) Die zweite zu unterscheidende isländische Handschriftengruppe überliefert Ívens saga, Erex saga und/ oder Parcevals saga neben übersetzten und originalen Riddarasögur, Märchensagas und Fornaldarsögur mit anderen Stoffen: mit Íslendingasögur und einem Þáttr in AM 395 fol, mit Þættir, Volksbuchübersetzungen und anderer Übersetzungsliteratur in BL Add. 4857 fol sowie mit Konungasögur und Übersetzungsliteratur in BL Add. 4859 fol. BL Add. 4859 fol und 4857 fol weisen von allen Handschriften in dieser Übersicht die größte inhaltliche Varianz auf, da sie einerseits Riddarasögur und Fornaldarsögur mit Konungasögur und Þættir zusammenstellen, andererseits mit ausländischer (auch zeitgenössischer) Übersetzungsliteratur, wie Volksbüchern und Legenden. Auffällig ist auch, dass einige Fornaldarsögur in BL Add. 4859 fol auf Rímur zurückgehen, was für ein junges Alter dieser Sagas spricht und für eine Aktualität der Handschrift zur Zeit ihrer Entstehung. Auch vor dem Hintergrund des Auftraggebers von BL Add. 4859 fol und BL Add. 4857 fol ist es nachvollziehbar, dass diese Handschriften einerseits Sammlungen von älterer, bekannter, einheimischer Literatur und andererseits zeitgenössischer, aktueller und ausländischer Literatur sind. Sowohl BL Add. 4859 fol und BL Add. 4857 fol wurden für Magnús Jónsson geschrieben, der ein bekannter Handschriftensammler und Auftraggeber war. 161 In BL Add. 4857 fol findet man lediglich eine ü. Rs. vor, und sonst Übersetzungsliteratur, Fornaldarsögur, originale Riddarasögur sowie Þættir. In BL Add. 4859 fol gehen die ü. Rs. Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga sowie die Mírmanns saga, Rémundar saga und Kirialax saga möglicherweise gemeinsam auf AM 181 fol zurück. Ein Gattungsbewusstsein ist hier insofern zu erkennen, als die ü. Rs. beieinander stehen. Generell handelt es sich dabei um Literatur, die in einer Vorzeit oder fiktiven Zeit spielt. Auch AM 395 fol ist ein umfangreicher Codex mit verschiedenen Inhalten, die wohl auf die Vorlieben des Auftraggebers und die Verfügbarkeit der Stoffe zurückgehen. Die ersten acht Inhalte basieren dabei wahrscheinlich auf einer anderen Vorlage als die folgenden Sagas, da es sich um Íslendingasögur und Þættir handelt. Die Inhalte 9 bis 23 beschränken sich auf Fornaldarsögur, originale Riddarasögur und vier ü. Rs. Insofern ist für den zweiten Teil eine Kohärenz erkennbar und möglicherweise auch eine gemeinsame Vorlage. Auch bei AM 395 fol können die Textvorlagen für die Anordnung der Inhalte verantwortlich sein. Die sieben Íslendingasögur sind möglicherweise einer Vorlage entnommen und die anderen Stoffe verschiedenen Vorlagen. Die drei Handschriften aus Kapitel 2.3.2 sind ausschließlich neuzeitliche Handschriften und weisen, neben einem 161 Dieser Ansicht sind auch Sanders und Springborg (Gespräch im April 2009). 2.3 Analyse der Handschriftenüberlieferungsverbünde 113 Sammelinteresse, auf einen individuellen und vor allem zeitgenössischen Geschmack des Auftraggebers. Sie spiegeln somit inhaltlich ihren Entstehungskontext wider und bei BL Add. 4857 fol und BL Add. 4859 fol konkret ein Interesse des Auftraggebers an zeitgenössischer Literatur. 2.3.4 Resümees Der Vollständigkeit halber sind an dieser Stelle die Resümees der drei Sagas kurz erwähnt, da diese gegenüber den anderen Handschriften inhaltlich eine Gruppe bilden. Sie enthalten unterschiedlichste Texte auch teilweise in verschiedenen Sprachen (wie in BL Add. 11,158 4to) und bieten kurze Übersichten zu verschiedenen Inhalten, wie man es von Nachschlage- oder Sammelwerken kennt. BL Add. 11,158 4to bildet hier wiederum eine Ausnahme, da es neben den Inhaltszusammenfassungen auch komplette originale Riddarasögur, Volksbücher, Übersetzungen und pseudohistorische Erzählungen enthält. Die Handschriften, die Resümees der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga enthalten, dienten wahrscheinlich einem privaten Sammelinteresse und sollten die Bedürfnisse des Auftraggebers ansprechen, z. B. als ein Nachschlagewerk zu Inhalten verschiedener Sagas und Stoffe. Übersicht 13: Überlieferungsverbund Resümees NKS 1144 BL 11,158 Lbs 3128 1 Excerpta úr Saugum [darin: Saga von Ívens, Erex, Parcevals saga] Narratio de Fertame et Platone, filiis Arthuri Regis Frammhald Skagstrendingasögu edur Slisfari á Strandaflóa Árid 1862 2 Bæringi pulchri, Anglici herois, historiæ fragmentum 2, Flóamannasaga 3 Historia Vilhelmi, Crumenæ dicti, filii Ricardi, Angliæ Regis 3, Àgrip af Riddara sögum og æfintýrum“, þ.e. Skógarkristsrímum, Erex sögu, Ívents sögu Artuskappa, Bærings sögu fagra, Virgilius sögu, Viktors sögu og Bláus, Jóns sögu leikara, Amicus rímum og Amelíus, Ormars rímum, Úlfhams rímum, Klerka rímum, Sveins rímum Múkssonar, Filipó rímum, Reinalds rímum, Jarlmanns sögu og Hermanns, Hrings og Tryggva sögu, Ásmundar þætti Sebbafóstra, Nitida sögu hinnar frægu, Drauma-Jóns sögu, Sögu af illum, Verra og Verstum 2 Die handschriftliche Gesamttransmission 114 4 Historia Amlodi sive Amleti Regis 4, Nokkrar þýddar smásögur og ein frumsamin 5 Flavents, Francorum Regis, historiæ frag. 5, Kvæðatiningur, m.a. brot úr kvæðauppskriftum gerðum 1884-87. Nafngr. Höf.: Hallvarður Hallson í Skjaldabjarnavík, Magnús Magnússon á Úlfsstöðum, Matthías Jochumsson (ehdr.), Símon Bjarnason Dalaskáld, þorvarður Hallson í Búlandsnesi. Hér er og Annálskvæði, Dugvaldskvæði, Helenukvæði, Kvæði af Alexander blinda, Kvæði af einum greifa, Kvæði af Piltai kvinnu draum, Lögbókarvísur, Skáldarolla (1834) 6 Pontiani et Diolcletiani Historia Epitomæ et illustrationes variarum fabularum mythicarum et romanensium, inter spersis glossis Danicis, mann librarii H.E.Wium [u.a. Ívens saga, Erex saga, Parcevals saga] 7 Narratio de Saulo et Nicanore 8 Grisildæ Patientis historia Comitis Bertrami Historia Vita Rosaniæ 9 Helenæ pulchræ et ejus filiarum Vita 2.3.5 Eine Frage des Gattungsbewusstseins Die Gesamtüberlieferung der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga kann in Hinblick auf die jeweiligen Überlieferungsverbünde der Handschriften auf ein mögliches Gattungsbewusstsein des Kompilators oder Auftraggebers schließen lassen. Ein Gattungsbewusstsein würde zunächst eine allgemein definierte Gattung voraussetzen, die es in dieser Form, wie sie jetzt bei der Zuordnung angewendet wurde, tatsächlich erst seit den 1970er Jahren gibt. Die Diskussion eines Gattungsbewusstseins kann hier lediglich eine Diskussion zu inhaltlichen Tendenzen sein, die auf 2.3 Analyse der Handschriftenüberlieferungsverbünde 115 eine entsprechende Motivation des jeweiligen Auftraggebers zu seiner Stoffauswahl und -anordnung in den Handschriften schließen lassen. Wie bereits in Kapitel 1.6.1 angesprochen wurde, findet sich in der Mágus saga jarls in einer Handschrift aus dem 14. Jahrhundert ein erster Hinweis auf eine Sagagruppe, die Ritter zum Inhalt hat. Das umfasst ü. Rs. wie originale Riddarasögur. Wenn es folglich ein Inhaltsbewusstsein gab, ist es nur natürlich, dass die ü. Rs. zusammen mit originalen Riddarasögur in diesen Handschriften überliefert sind und somit eine inhaltliche Gruppe bilden. Die Unterscheidung in originale Riddarasögur, Märchensagas und Fornaldarsögur ist auch in der heutigen Forschung teilweise ungenau und war es vermutlich bis ins 19. Jahrhundert hinein, als erste wissenschaftliche Versuche einer Systematik der Sagaliteratur vorgenommen wurden. Generell spielt die Verfügbarkeit der Handschriftenvorlagen bei der Zusammenstellung und der Inhaltsreihenfolge einer Handschrift eine wesentliche Rolle, dieser Faktor ist aber aufgrund der nicht erhaltenen Textvorlagen bei den mittelalterlichen Handschriften nicht direkt nachvollziehbar. Bei den Abschriften der mittelalterlichen Handschriften konnte allerdings auch eine gewisse Diskrepanz bei der Anordnung der Sagas erkannt werden. Das bedeutet, dass die Handschriftenvorlage, vor allem aber die Vorgaben und damit einhergehend eine Art Gattungsbewusstsein des Auftraggebers bei der Zusammenstellung der Handschriften eine Rolle spielen. Besonders deutlich wurde auch, dass Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga immer in derselben Reihenfolge beieinander stehen, wenn sie gemeinsam überliefert werden, angeführt von der Ívens saga. Hier muss folglich mit einem Bewusstsein der Zusammengehörigkeit dieser drei Sagas gerechnet werden. Auch wenn aus der Handschriftenübersicht kein konkretes Gattungsbewusstsein für ü. Rs. erkennbar ist, so weist die Anordnung auf ein Bewusstsein für die Zusammengehörigkeit der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga hin, möglicherweise als eine Art Artusritter-Stoffgruppe, worauf gelegentliche Sagatitel hinweisen. Diese Anordnung erstreckt sich übrigens auch auf alle Handschriften, in denen diese Sagas zusammen überliefert wurden und die in Übersicht 12a-b nicht dargestellt sind, das umfasst also auch NKS 1691 4to und NKS 3310 4to. Ein Bewusstsein über die Zusammengehörigkeit der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga kann neben inhaltlichen Gründen auch aus der Kenntnis der Auftraggeber bzw. Schreiber der Handschriften erwachsen, dass diese drei Sagas Teil der europäischen Artusromane sind bzw. Übertragungen von ursprünglichen Werken Chrétien de Troyes. Die Handschriften der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga wurden gemäß den Gemeinsamkeiten der Entstehungskontexte und Überlieferungsverbünde zunächst in folgende Gruppen gegliedert: Überlieferungsverbund 1) Suhmsche Handschriften. Überlieferungsverbund 2) 19. Jahrhundert-Handschriften außerhalb Islands. Überlieferungsverbund 3) Isländische Handschriftencodices mit zwei Untergruppen. 2 Die handschriftliche Gesamttransmission 116 Aufgrund des Umfangs der Handschriften rücken die isländischen Handschriften besonders in den Fokus. Dabei zeigt Gruppe 3a) ein Gattungsbewusstsein bei den mittelalterlichen Handschriften (AM 489 4to, Holm perg 6 4to), direkten Abschriften davon (AM 181 fol, AM 179 fol, Holm papp 46 fol) und zwei weiteren Handschriften (AM 588a 4to, Lbs 3127 4to) insofern, dass die Inhalte weitestgehend homogen sind und, bis auf zwei Ausnahmen (Holm perg 6 4to, Lbs 3127 4to), ausschließlich originale Riddarasögur, ü. Rs. und Fornaldarsögur enthalten. Das kann darauf zurückzuführen sein, dass einerseits zwei mittelalterliche Codices (AM 489 4to, Holm perg 6 4to), zwei direkte Abschriften von Holm perg 6 4to (AM 181 fol, AM 179 fol) vertreten sind sowie die Abschrift eines sonst verlorenen Codex (Holm papp 46 fol). Andererseits befinden sich zwei weitere Handschriften (AM 588a 4to, Lbs 3127 4to) in dieser Gruppe, die keine direkten Abschriften mittelalterlicher Handschriften sind und dennoch solche Inhalte aufweisen. Das heißt, dass die mittelalterlichen Handschriften, deren direkte Abschriften aus dem 17. Jahrhundert sowie jeweils eine weitere Handschrift aus dem 17. und 19. Jahrhundert diese geschlossene Überlieferung von ü. Rs., originalen Riddarasögur und Fornaldarsögur aufweisen. Da von den zuletzt genannten Handschriften keine Textvorlagen erhalten sind, ist es schwierig, hier Zusammenhänge gegenüber einer Textvorlage aufzubauen. M. E. muss das persönliche Interesse und der Geschmack des Auftraggebers und/ oder Schreibers eine Rolle gespielt haben, dies ist vor allem bei den 19. Jahrhundert-Handschriften deutlich geworden. Bei den mittelalterlichen Pergamentcodices ist aufgrund der aufwendigen und vergleichsweise teuren Herstellung generell von einem Konzept des Auftraggebers auszugehen, die Ressource optimal nach seinen Vorgaben zu nutzen und auch als Prestigeobjekt zu besitzen. Ein Gattungsbewusstsein muss hier nicht im heutigen Sinne aufgefasst werden, sondern als Tendenz Sagas mit vergleichbaren Inhalten, z. B. mit Rittern als Hauptfiguren, Prinzessinnen und Königen sowie dem Brautwerbungsschema, in einer Handschrift zu sammeln. Das Brautwerbungsschema findet bei den übersetzten und originalen Riddarasögur sowie den sogenannten Märchensagas und Fornaldarsögur Anwendung und kann daher nicht als exklusives Gattungsmerkmal der ü. Rs. herangezogen werden. Eine ausführliche Diskussion bietet hier Kalinke. 162 In Gruppe 3b) (BL Add. 4857 fol, BL Add. 4859 fol, AM 395 fol) finden sich vielfältige Inhalte, die wahrscheinlich auf die Interessen und den persönlichen Geschmack des jeweiligen Auftraggebers zurückgehen. Auffallend ist, dass sich hier in zwei Handschriften zahlreiche zum Teil auch zeitgenössische Übersetzungsliteratur findet. Ein Bezug der ü. Rs. zu Übersetzungsliteratur ist ersichtlich, da es sich jeweils um ursprünglich nichtnordische Stoffe handelt. Jedoch ist ein Bezug der übrigen überlieferten Stoffe innerhalb der Handschriften zur Übersetzungsliteratur und den ü. Rs. weniger gut nachvollziehbar. Wenn Gruppe 3b) nicht ausreicht, um ein tendenzielles Gattungsbewusstsein in Bezug zu den ü. Rs. oder Riddarasögur zu beschreiben, so ist es doch möglich, hier eine Tendenz in Hinblick auf das Sammeln 162 Kalinke (1985a: 323f). 2.4 Zusammenfassung 117 von Übersetzungsliteratur zu erkennen. Andererseits kann Gruppe 3b) auch dafür herangezogen werden, zu zeigen, dass Riddarasögur, Fornaldarsögur, Übersetzungsliteratur zusammen mit Konungasögur, Íslendingasögur und Þættir in Handschriften des 17. und 18. Jahrhunderts überliefert werden. Generell wird deutlich, dass der Geschmack und die Interessen des Auftraggebers für die Auswahl und Anordnung der Inhalte neben der jeweiligen Textvorlage eine wesentliche Rolle spielen. Je Saga ist folgendes Fazit anhand der einzelnen Überlieferungsgruppen zu ziehen: Die Ívens saga ist in einer Handschrift aus der Überlieferungsverbundgruppe 1), zwei Handschriften aus Überlieferungsverbundgruppe 2) und neun Handschriften aus Überlieferungsverbundgruppe 3) überliefert. Dabei ist auffällig, dass die Ívens saga in sechs Handschriften aus Gruppe 3a) überliefert ist. Gruppe 3a) zeigt die größte Tendenz eines inhaltlich orientierten Gattungsbewusstseins gegenüber den übersetzten und originalen Riddarasögur. Die Erex saga ist in zwei Handschriften aus Überlieferungsverbundgruppe 1) überliefert sowie in vier Handschriften aus Gruppe 3), dabei in drei Handschriften aus Gruppe 3a). Die Parcevals saga ist sowohl in zwei Handschriften aus der Überlieferungsverbundgruppe 1) und 2) überliefert sowie in fünf Handschriften aus Gruppe 3), dabei in drei Handschriften aus Überlieferungsverbundgruppe 3a). In Bezug auf ein Gattungsbewusstsein ist feststellbar, dass zwar alle drei Sagas sind in Gruppe 3a) überliefert sind, jedoch die Ívens saga zahlenmäßig am stärksten hervortritt. Da mit einer unbekannten Zahl verlorener Handschriften zu rechnen ist und die Ívens saga insgesamt in den meisten erhaltenen Handschriften überliefert ist, kann dies kein direktes Indiz für ein stärkeres Gattungsbewusstsein im Umgang mit der Ívens saga gegenüber der Erex saga und Parcevals saga sein. Zusammenfassend ist feststellbar, dass bei der Anordnung der Handschriften vor allem in Überlieferungsverbundgruppe 3a) ein Bewusstsein über die Zusammengehörigkeit der drei Sagas und der übersetzten wie originalen Riddarasögur bestand, ob dies auf inhaltliche Gemeinsamkeiten, Vorlieben des Auftraggebers oder eine Art Gattungsbewusstsein zurückzuführen ist, kann aufgrund der inhaltlichen Anordnung innerhalb der Handschriften nicht vollends geklärt werden. Tatsächlich kann man in den Handschriften eine Tendenz der Zusammengehörigkeit der zwei Riddarasögur Gattungen feststellen und somit vom heutigen Gattungsbewusstsein unterscheiden. 2.4 Zusammenfassung In Kapitel 2 stand die handschriftliche Gesamttransmission der drei Sagas im Fokus, dabei wurden die Handschriften aus verschiedenen Betrachtungswinkeln wie Entstehungszeit, Entstehungsort, Handschriftenrelationen und Überlieferungskontex- 2 Die handschriftliche Gesamttransmission 118 ten heraus betrachtet. Merkmale der Handschriften und ihrer Inhalte wurden daraus beschrieben und analysiert. Prinzipiell ging es dabei um die Zuordnung aller Handschriften zu entsprechenden Handschriftengruppen aufgrund von Gemeinsamkeiten. Anhand dieser Systematik lieferte Kapitel 2 Ergebnisse zu Entstehungs- und Überlieferungskontexten der drei altisländischen Sagas sowie zu deren Handschriftenverhältnissen, Textvorlagen und Handschriftenüberlieferungsverbünden. Aufgrund der gesamten Ergebnisse lassen sich die Handschriften der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga nun abschließend in folgende Gruppen einordnen: 1) Mittelalterhandschriften (AM 489 4to, Holm perg 6 4to, NKS 1794b 4to frag, Lbs 1230 8vo III frag). 2) Neuzeithandschriften. 2a) antiquarische Handschriften (17. Jahrhundert) (AM 179 fol, AM 181 fol, BL Add. 4857 fol). 2b) akademische Handschriften (17. bis 18. Jahrhundert) (Holm papp 46 fol, TCD 1015 8vo, NKS 1691 4to, Kall 246 fol, NKS 1708 4to, NKS 1794a 4to). 2c) divergente Handschriften (17. bis 19. Jahrhundert) (BL Add. 4859 fol, AM 588a 4to, AM 395 fol, Lbs 3127 4to, Lbs 1907 8vo). 2d) wissenschaftliche Handschriften (19. Jahrhundert) (NKS 3310 4to, NBO 3256: 13 fol). Mittelalterhandschriften umfassen die im Mittelalter entstandenen Handschriften und werden nicht weiter unterschieden. Sie bilden die Basis für die Textüberlieferung der Ívens saga und Parcevals saga. Von der Erex saga sind bekanntlich keine vollständigen Handschriften aus dieser Zeit erhalten. Die Handschriften der Neuzeit wiederum lassen sich in vier entstehungskontextuell bedingte und handschriftenrelationsbezogene Untergruppen unterscheiden. Die antiquarischen Handschriften sind ausschließlich im 17. Jahrhundert auf Island entstanden und sind direkte Abschriften von Mittelalterhandschriften. Die akademischen Handschriften sind vom 17. bis 18. Jahrhundert außerhalb Islands in akademischen Institutionen entstanden. Die divergenten Handschriften sind vom 17. bis 19. Jahrhundert auf Island entstanden. Ihre Textvorlagen sind teilweise nicht erhalten, der Textüberlieferungsprozess ist nicht lückenlos nachzeichenbar, da offenbar Zwischenhandschriften verloren gegangen sind. BL Add. 4859 bildet hier eine Ausnahme, da sie neben verlorenen Textvorlagen im Wesentlichen auf AM 181 fol basiert. Die wissenschaftlichen Handschriften aus dem 19. Jahrhundert sind in wissenschaftlichen Institutionen in Oslo und Kopenhagen und im Auftrag von namhaften Akademikern entstanden. Allerdings basieren sie einerseits auf einer mittelalterlichen Textvorlage und andererseits auf einer antiquarischen Handschrift, doch dienen die wissenschaftlichen Abschriften wahrscheinlich in beiden Fällen einer beabsichtigten Publikation dieser Texte. Aus diesen Zuordnungen lässt sich folgende Erwartungshaltung die Textvarianz betreffend benennen: Die wissenschaftlichen und akademischen Handschriften weisen die geringste Textvarianz auf, die antiquarischen Handschriften weisen eine 2.4 Zusammenfassung 119 geringe Textvarianz auf, die Mittelalterhandschriften und divergenten Handschriften weisen die größte Textvarianz auf. Generell kann man m. E. aufgrund der Theorien zur Überlieferungsgeschichte von einer großen Textvarianz bei den mittelalterlichen Handschriften ausgehen. Die direkten Abschriften der mittelalterlichen Handschriften aus dem 17. Jahrhundert auf Island, die antiquarischen Interessen dienten, weisen eine geringe Textvarianz auf. Die außerhalb Islands entstandenen Handschriften des 17. bis 19. Jahrhunderts, das heißt die akademischen und wissenschaftlichen Handschriften, weisen aufgrund ihres konservierenden Charakters vermutlich kaum eine Textvarianz auf. Jedoch können die übrigen auf Island entstandenen Handschriften aus dem 17. bis 19. Jahrhundert aus der divergenten Texttradition eine größere Textvarianz aufweisen, schon aus dem Grund, da die Textvorlagen nicht konkret zu benennen sind und diese Texte Resultat einer langen Textüberlieferung sind. Es bleibt abzuwarten, welche Ergebnisse der Textvergleich in Kapitel 3 hierzu liefern wird. Ein weiterer Aspekt, der in diesem Kapitel besprochen wurde, betrifft die Handschriftenüberlieferungsverbünde im Hinblick auf ein tendenziell vorhandenes Gattungsbewusstsein, welches bei der Anordnung der Texte innerhalb einer Handschrift eine Rolle gespielt haben kann. Die relevanteste und interessanteste Handschriftengruppe umfasst dabei die Überlieferungsverbundgruppe 3) mit den isländischen Handschriftencodices. Es wurde festgestellt, dass in sieben von zehn Handschriften eine bewusste Tendenz bei der Anordnung der Handschrifteninhalte in Bezug auf Gattungszugehörigkeiten erkennbar ist. Jedoch muss man beachten, dass es sich dabei um zwei Mittelalterhandschriften, zwei antiquarische Handschriften, eine akademische Handschrift und zwei divergente Handschriften handelt. Das bedeutet, dass auch eine akademische Handschrift auf eine Mittelalterhandschrift zurückgeht. Die Textvorlage dürfte hier maßgeblich für die Inhalte der Abschriften gewesen sein, obwohl die Reihenfolge der Inhalte heutzutage abweicht. Aufgrund dieser Tatsachen stechen die zwei isländischen Handschriften aus der divergenten Handschriftentradition innerhalb der Überlieferungsverbundgruppe 3a) hervor, da sie offenbar, ebenso wie die mittelalterlichen Handschriften, einem tendenziellen Gattungsbewusstsein in der Zusammenstellung ihrer Inhalte folgen. Die Ívens saga weist zahlenmäßig die größte Zugehörigkeit zur Überlieferungsgruppe 3a) auf, doch ist sie insgesamt auch in den meisten Handschriften überliefert. Es bleibt abzuwarten, welche Ergebnisse Kapitel 3 zur Textvarianz und Textstabilität liefert und inwiefern diese Ergebnisse dann auf die in Kapitel 2 aufgezeigten verschiedenen Handschriftengruppen, Entstehungs- und Überlieferungskontexte jeder Handschrift, die Handschriftenrelationen, Überlieferungsverbünde und ein tendenzielles Gattungsbewusstsein bezogen werden können. 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift Die folgende Analyse soll die bereits angesprochene Textvarianz 1 in den einzelnen Handschriftentexten einer Saga aufzeigen und der Frage nach Festigkeit und Unfestigkeit bzw. Stabilität und Varianz von Text, anhand des Vergleichs von ausgewählten Textbeispielen in jeder Sagahandschrift nachgehen. Die Textbeispiele werden aufgrund intertextueller Gemeinsamkeiten bestimmter Schlüsselszenen innerhalb der drei Sagas ausgewählt und je Saga diplomatisch transkribiert aufgeführt. Da die Textbeispiele Schlüsselszenen im Gesamtkonzept der Erzählung darstellen, 2 können sich aus der untersuchten Textvarianz auch mögliche Aussagen auf die gesamte Saga beziehen. Z. B. dient der Anfang jeweils der Einführung in die Handlung und das Personeninventar. Das Ende schließt die Handlung mit einem positiven Schluss ab, das heißt Vereinigung des Helden mit seiner Frau, Erringung oder Wiederherstellung seines Platzes in der höfischen Gesellschaft und zugleich Höhepunkt in einer Festivität. Die Beispiele zur Liebe und Alterität sind literaturanthropologische Konstanten sowie zentrale Punkte in der Sagahandlung, die wiederum die weitere Handlung jeweils neu motivieren. Durch den Vergleich der Handschriftentexte wird je nach Befund der Textvarianz ggf. der Rezeptions- und Aktualisierungsprozess nachgezeichnet. So kann auf eine Rezeptionspraxis und Bearbeitungspraxis geschlossen werden, die innerhalb einer Handschrift oder in der Überlieferung einer Saga, z. B. in mehreren Handschriften, angewandt wurde. Es stellt sich dabei die Frage, inwiefern die Textvarianz mit den in Kapitel 2 besprochenen Handschriftengruppen (zeitliche und/ oder räumliche Handschriftengruppen, Handschriftenrelationsgruppen) oder den jeweiligen historischen Entstehungskontexten konform läuft und worauf die Textvarianz konkret zurückzuführen ist. Der Ausgangsgedanke ist dabei, dass die vorgefundene Textvarianz und Textstabilität primär an den Entstehungskontext gebunden ist und an die Rezeption der Textvorlage und Produktion der Handschrift. Aktuelle Ansätze aus der Medialitätsforschung 3 sollen bei der Analyse weitere Aussagen zum Rezeptions- und Aktualisierungsprozess von Text ermöglichen. Inwiefern sich Verweise oder Diskurse zu einem Schriftbewusstsein in den Textbeispielen finden lassen, wird die Textanalyse zeigen. Durch die konkrete Untersuchung von Handschriftentexten ist stets eine mediale Ebene gewährleistet, die jeden Text und damit auch jede Textvarianz unwillkürlich in einem materiellen und historischen Kontext verortet. Die Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga sind aufgrund ihrer handschriftlichen Überlieferung zwangsläufig keine absolut unveränderlichen, festen Texte. Jede erhaltene Handschrift stellt eine Rezeption und Aktualisierung sowie ein 1 Vgl. hierzu die Definition und Diskussion in Einleitung. 2 Vgl. dazu Übersicht 6 zu den Inhalten der drei Sagas in Kapitel 1.4.2. 3 Vgl. Einleitung. 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 122 Rewriting und Neuschreiben einer Vorlage dar. Jeder Entstehungskontext, das heißt die Umstände der Entstehung einer Handschrift, hat Einfluss auf den Handschriftentext. Im Vergleich mit anderen Handschriften weist der jeweilige Sagatext dadurch stets Textunterschiede auf, die von orthografischen, morphologischen und syntaktischen Veränderungen bis hin zu konkreten Texteingriffen durch Austausch von Vokabular, Erweiterungen und Kürzungen von Text reichen können. 4 Aufgrund der handschriftlichen Überlieferung der drei Sagas ist generell mit Textvarianz, aber auch mit einem Vorkommen an Textstabilität zu rechnen. Die Entwicklung der isländischen Sprache, die sich in den Handschriften in der Orthografie, Morphologie und Syntax zeigt, wird bei der Ermittlung der Textvarianz nicht berücksichtigt. 5 Das heißt auch, dass der in dieser Untersuchung verwendete Begriff der Textstabilität nicht als Gegenbegriff zur Textvarianz zu verstehen ist, sondern er schließt die sprachhistorisch bedingte Varianz der Sprache grundsätzlich mit ein. Jede weitere Textvarianz, wie das Vokabular und die Erweiterung und Kürzung von Text, reicht dagegen über eine Textstabilität im engeren Sinne hinaus. In dieser Untersuchung wird der Begriff der Textstabilität aber in einem weiteren Sinn genutzt und umfasst somit auch jede weitere Textvarianz, die zu keinem inhaltlichen Bedeutungsunterschied führt. Wie stark die Textvarianz nun tatsächlich in der handschriftlichen Überlieferung der drei Sagas vorhanden ist, worauf sich diese zurückführen lässt und welche Rolle die Textvarianz in der Gesamttransmission der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga spielt, wird die Untersuchung exemplarisch an Textausschnitten aufzeigen. Es folgt nun anhand der Textbeispiele eine systematische Darstellung und Analyse einerseits der quantitativen Textvarianz und andererseits der inhaltlich bedeutungsunterscheidenden Textvarianz. Auf die Gemeinsamkeiten der Texte wird dabei weniger eingegangen werden. Je Textabschnitt wird es eine Übersicht geben, die die Textvarianz zwischen den Handschriftentexten in Zahlen als quantitative Darstellung erfasst. Die Zählung der Textvarianz erfolgt dabei, aus praktischen Gründen, auf das Vokabular konzentriert, so dass jeweils ein variierendes Wort einen Punkt ausmacht, wobei die Wortreihenfolge nicht berücksichtigt wird. Die Punktezählung beschreibt dadurch die Textvarianz in einer Handschrift gegenüber einer Vergleichshandschrift in folgenden Aspekten: das Vorhandensein von anderem Vokabular und das Vorhandensein von mehr oder weniger Vokabular. Handelt es sich dabei um voneinander abhängige Handschriften, z. B. Vorlage und Abschrift, dann kann auch expliziter von Wortsubstitution, Worthinzufügung und Wortauslassung gesprochen werden. Die durch den Abschreibeprozess bedingten Textunterschiede, die in der älteren Forschung mit Begriffen wie Fehler, Verlesung, Textverbesserung, Textverschlechterung usw. bezeichnet werden, stellt diese Untersuchung möglichst objektiv und wertungsfrei dar und bezeichnet diese als abschreibeprozessbedingte Textvarianz. Die Darstellung der Handschriftenrelationen in Kapitel 2.2.4 dient 4 Vgl. Einleitung. 5 Vgl. hierzu die Darstellung zur Entwicklung der isländischen Sprache in der Neuzeit bei Magnús Pétursson (2005) und Stefán Karlsson (2004). 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 123 prinzipiell als Grundlage für die in diesem Kapitel durch Textvarianz erkannten Verwandtschaftsverhältnisse der Handschriften. 6 Die Darstellung der Textbeispiele erfolgt nach den folgenden Kriterien: 7 Generell ist zum besseren Verständnis die Textvarianz in den jeweiligen Handschriftentextbeispielen gegenüber ihren Textvorlagen oder, wenn keine Textvorlagen vorhanden sind, gegenüber ihren nächsten Verwandten durch eine graue Markierung des betreffenden Wortes gekennzeichnet. Dabei werden Umstellungen in der Wortreihenfolge nicht markiert und nicht gezählt. Wenn mehr als zwei Primärtexte vorhanden sind, werden diese Texte auch durch eine dritte graue Markierungen in Bezug zueinander gesetzt, z. B. in der Ívens saga die Gemeinsamkeiten von Holm papp 46 fol mit AM 489 4to gegenüber Holm perg 6 4to. Die isländischen Textbeispiele sind diplomatisch transkribiert und werden nach folgenden Vorgaben in dieser Untersuchung dargestellt: Kennzeichnung Erklärung Keine Markierung Gemeinsame Textteile von mindestens zwei in Beziehung zueinander stehenden Handschriften hellgraue Markierung Herausgragende gemeinsame Textvarianz mit Vorlage oder verwandtem Text mittelgraue Markierung Textvarianz gegenüber Textvorlage oder nächstem verwandten Text dunkelgraue Markierung Gemeinsame Textvarianz in zwei Primärtexten wird gegenüber einem dritten Text hervorgehoben Leerstelle im Text Markierung dafür, dass ein Wort oder Textteil in einem Text gegenüber dem jeweiligen Vergleichstext fehlt [...] Textbeispiel wird nur in Ausschnitten wiedergegeben [Text] Editoriale Textergänzung, z. B. auf der Grundlage vorhandener Editionen oder vermutete Lesart; oder sinnvolle Ergänzung der deutschen Übersetzung Kursiv Aufgelöste Abkürzungen in angepasster Orthografie [000] Nicht lesbare Zeichen || Spalten oder Seitenwechsel \Text/ Einfügung oberhalb der Zeile in der Handschrift / Text\ Einfügung unterhalb der Zeile in der Handschrift m Im Handschriftentext durchgestrichene Buchstaben {m} Relevanter marginaler Einschub in Handschrift T ̣ e ̣ x ̣ t ̣̣̣ Punktierung im Handschriftentext 6 Die Handschriftensiglen werden bei der Besprechung der Textvarianz in Kapitel 3.1 bis 3.5.5 der Übersichtlichkeit halber verkürzt wiedergegeben. 7 Die diplomatische Transkription orientiert sich generell an den Richtlinien innerhalb der Altnordistik (vgl. Haugen 2007). 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 124 Weitere Informationen zu den einzelnen Textbeispielen, die von diesen Regeln abweichen, oder zusätzliche Hinweise finden sich ggf. in der jeweiligen Handschriftenspalte. Deutsche Übersetzungen werden zu allen Texten angegeben, dabei wird eine sinnvolle deutsche Sprache angestrebt, die durch Einschübe in eckigen Klammern teilweise ergänzt wird. Die Übersetzungen sollen einerseits einen korrekten deutschen Text bieten und sich andererseits möglichst genau am isländischen Text orientieren. Insbesondere wenn es um das Aufzeigen von Varianzen geht, kann die deutsche Übersetzung gelegentlich den deutschen Sprachgebrauch ignorieren. Meine Hinzufügungen oder Erklärungen werden in eckigen Klammern angegeben. 3.1 Der Sagaanfang Der jeweilige Beginn der drei Erzählungen dient der Einführung in Handlungsgeschehen, Personeninventar und Weltverortung. In der Ívens saga und der Erex saga beginnt die Erzählung am Artushof, der das Zentrum der idealisierten, höfischen Lebenswelt darstellt und dem Íven, Erex und Parceval jeweils als Ritter angehören bzw. angehören werden. In der Ívens saga beginnt die Handlung zu Pfingsten und in der Erex saga zu Ostern, als König Artus seinen Hofstaat jeweils zusammengerufen hat. In der Parcevals saga beginnt die Erzählung in der Wildnis. Parceval kommt dort das erste Mal in Kontakt mit einem Ritter und möchte fortan Artusritter werden. In Erex saga und Parcevals saga wird zum Beginn der Saga die Herkunft der Hauptfiguren benannt. In allen drei Sagas wird ihnen dann die Möglichkeit geboten, Abenteuer zu bestehen, um sich am Hof zu behaupten (Íven und Erex) bzw. um dort einmal aufgenommen zu werden (Parceval). 3.1.1 Íven am Hof von König Artus Holm papp 46 fol, 1r-2v Hier byriast SAGANN af Iwent Kappa Artus Köngz i Einglande. || || Hier upphefst Iwentz saga. Ivent saga. I. Capitule. Hjnn Agiæte Artus köngur rieed fyrir Englande hann vard sïdann keysarj yfvir Röma Borg allara könga frægastur ok vinsælastur i nordur hälfvu heimsins annar enn Kalla Magnüs. Medur h ǫ num voru hinir r ǫ skustu Riddarar. Þat var eirn Tïma at hann || giorde sem Huita Sunnu, ok sva sem kongurinn sat i sïnu häsæti sem gladastur þä fiell ä hann sva mïkill þüngi AM 489 4to, 46r-46v hier er Juentz saga ok huersu [...] || Hinn agætí artus kongr red fyrir einglandi sem maurgvm monnum er frægstur þeirra er uerit hafa þenna ueg at hafinu ok uínsælstur annar en jafnnann eina dyrdliga veitslu at Pickis d ǫ gumm, er vier k ǫ llumm kunnigt hann uard um sidir keisari yfir roma borg hann uar allra konga 3.1 Der Sagaanfang 125 kallamagnus kongr \hann/ hafdi þa rauskuztu Riddara sem j voru allri kristninne þat uar eínn tima sem iafnan uar at hann hafdi stefnt til sin ollum hínum ægætuztum monnum ok hellt mikla hatid at pickis daugum er uer kaullum huíta sunnu ok suo sem kongr sat j hasæti sínu ok folkit uar sem gladazt þa fell suo mikill þungi ꜳ kong BL Add. 4857 fol, 113v Sagann af Artus konge, edr herra Jvent. I.Capitule Hinn ägiæte ægiæte artus köngr Ried fyrir Einglande sem mørgum mønnum er kunnugt, hann vard vm sydir keijsare yffer Römaborg, hann var allra konga frægastur, þeirra er vered hafa þenna veg ad hafinnu, og vinsælastur Annar enn kallamagnus Keysare, hann hafde þä røskustu Riddara sem J voru allre Christninne. Þad var einn tijma sem jafnann var, ad hann hafde til sijn Boded, øllum hinnumm Agiætustu mønnum og hiellt mikla hätijd ad pickis døgumm, er vier kollumm Huytasunnu. Og sem kongr sat nu J sijnu Häsæti og fölked var sem Gladast, þä fiell so mikell þunge ä kong, Holm perg 6 4to, 24r [her byriar upp sögu hins agæta Jvent er uar einn af Artus köppum] Hin agætí kongr Artvrvs red fyrir einglandi Sem morgum monnum er kunnikt hann var vm sidir kongr yfir Roma borg. hann þeirra konga frægazstr er verith hafua þanuegh fra hafínu ok vínsælastzr annar enn Karlamagnus. hann hafdí þa röskuzstu Riddara er Jvoru kristninni. þat var einn tíma sem Jafnann ath hann hafdi stefnt til sin öllum sinum vinum ok hellt mikla hatith ꜳ pikis dogum er vær köllum huíta sunnu. ok sem kongrin sátt jsínu hasæti ok folkít var sem gladazst þa fell suo mikil þungí ꜳ kongin. NBO 3652: 13 fol, 23v-24r {..} von Unger eingefügt Her byriar upp sögu hins agæta Jvent er var einn af artus köppum Hinn agiæti kongr Arturus red fyrir einglandi sem morgum monnum er kunnikt hann var um sider kongr yfir romaborg {var} hann þeirra konga frægastr er verith hafua þannuegh fra hafinu ok vínsælastzr annar enn karlamagnus. hann hafde þa roskuztu Riddarar er J voru kristninne, þat var einn tima, sem jafnan ath hann hafdi stefnt til sinn ollum sinum vinum ok hellt mikla hatith ꜳ pikisdogum er vær kallum hvitasunnu. ok sem kongrin sat j sin hasæti ok folkit var sem gladast þa fell svo mikil þungi ꜳ kongin AM 179 fol, 64v Hier bijriast Ivents saga. Hinn agiæte kongr Arturus red fijrir Einglandi sem morgum m ǫnnum er kunnikt hann var vm sider kongr yfer Romaborg Var hann þeirra konga frægastr er vered hafa þannvegh fra hafinu og vinsælastr annar enn Karlamagnus. Hann hafde þa roskustu riddara er j voru kristninni. Þat var einn tima sem jafnann ad hann hafde stefnt til sinn ollum sinum vinum og hiellt mikla Hatid ꜳ Pikisdögum er vær kaullum Hvitasunnu Ok sem kongurinn sat i synu hasæte ok folked var sem gladast þa fell suo mikill þunngi a konginn 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 126 NKS 3310 4to, 1 Her byriast Ivents saga. Hinn ágæti konungr Arturus reð fyrir Englandi, sem mörgum mönnum er kunnigt. Hann var um siðir konungr yfir Rómaborg, var hann þeirra konunga frægastr, er verit hafa þann veg frá hafinu ok vinsælastr annarr enn Karla Magnus. Hann hafði þá röskustu riddara, er í vâru kristninni. Þat var einn tíma sem jafnan, at hann hafði stefnt til sín öllum sínum vinum, og helt mikla hátið á pikisdögum, er var köllum hvítasunnu. Ok sem konungrinn sat í sínu hásæti og fólkit var sem glaðast, þá fell svâ mikill þungi á konunginn, AM 588a 4to, 2r Hier bijriast Ivents saga. Hinn agiæte kongur Artus riede fijrir Eijnglandi, sem morgum mönnum Er kunnugt, hann vard Um sydir köngur yfir Romaborg, Var hann þeyrra konga frægastur Er vered hafa þann Veg fra hafinu, og vinsælastur Annar Enn karla Magnus. Hann hafdi þä roskvostu Riddara sem ij voru christninni þad var Eijrn tijma, sem jafnann, ad hann hafdi stefnt til sijn ollum synum vinum, og hellt mikla hätijd um pikisdaga sem vier kollum huijta sunno, og sem Kongurinn sat I sijnu häsæti, og folkid var sem gladast, fiell so mikill þungi ýfir konginn AM 395 fol, 945 Sagann af Herra Ivent Riddara artus het einn ägætur kongur er riedi fyrir Einglandi, hann vard um sydir kongr yfir Roma borg, var hann þeirra könga frægastur er verid hafa þann veg frä hafinu og vinsælatur annara, enn Karlamagnus hafde þä Roskustu Riddara sem voru i christnini, þat var ein tijma sem jafnann ad hann hafde, stefnt til sijn ollum sijnum vinum, og helt mikla hätijd um Picisdaga sem vier kollum hvýta sunnu og sem kongur sat i sijnu häsæti og folkid var sem gladast fiell so mikill þungi ýfir kongin AM 181a fol, 1r Hier hefiast sögur af Artus köppum, og bijriast med Juentz sögu. [H]inn agiæte kongur Artus ried fyrer Einglande sem mörgum mönnum er kunnugt, hann var um sider kongur yfer Romaborg, hann þeirra konga frægastur er verid hafa þannueg j fra hafinu, og vinsælastur annar, enn Karl Magnus hann hafdi þä röskustu riddara er j voru ehstunni, þad var einn tima sem jafnan ad hann hafdi stefnt til sin ollum sinum vinum og hiellt mikla hätid ä Rikis dögum er vær kollum hvitasunnu, og sem kongurinn sat j sinu hasæti, og folked var sem gladast þa fiell so mikill þungi a konginn TCD 1015 8vo, 2-4 Artus kongr || || Hinn ágæte kongr Artus red fyrer Einglande, sem mörgum mönnum er kunnugt. hann var um sider kongr yfer Rómaborg; hann var þeirra konga frægastr er vered hafa þann veg í frá hafinu og vinsælastr annar en Karl Magnus hann hafdi þá rikustu riddara er í voru Esstneni, þad var einn tíma, sem jafnan ad han hafdi stefnt til sin öllum sinum vinum og hellt mikla hátid á rikizdögum, er var köllum Hvítasunnu || || Og sem kongr sat í sinu hásæti og folkid var sem gladast þá fell so mikill þúngi á kong 3.1 Der Sagaanfang 127 NKS 1691 4to, 3-4 Hier hefiast S ǫ gur af Artus koppum, og bijriast med Juentz S ǫ gu. Hinn ágiæti Kongur Artus ried fijrer Einglande, sem m ǫ rgum m ǫ nnum er kunnugt, hann var um síder Kongur ijfer Rómaborg, hann þeirra konga frægastur, er verit hafa þann veg i frá hafinu, og vinsælastur annar, enn Karl Magnus hann hafdi þá r ǫ skustu riddara er i voru esstneni, þad var einn tíma sem jafnann, at hann hafde stefnt til sín ǫ llumm sínumm vinumm, og hiellt mikla hátid á Riksd ǫ gum, er vær k ǫ llum || Hvítasunnu, og sem kongur sat í sínu Hásæte, og folked var sem gladast, þá fiell so mikell þunge á kong, BL Add. 4859 fol, 32r Hier hefiast Søgur af Artus køppum og byriast med yventz søgu Cap.I Hinn agiæte kőngur artus ried fyrer Einglande sem Mørgum Mønnum er kunnugt. Hann vard vmm sijdir kongr yfer Romaborg Hann Var þeirra konga frægastr, er vered hafa þann veg J fra hafinu, og Vinsælastur Annar enn Karl Magnus, Hann hafdi þa Roskustu Riddara, er i voru Christninni. Þad var Einn Tyma sem Jafnann, ad hann hafdi stefnt til sijn øllum sijnum Vinum, og hiellt mikla h ꜳ tid ä Pickis Døgum er vær køllum Hvijtasunu, og sem kongr sat J sijnu H ꜳ sæti, og fölked var sem Gladast, þä fiell sua mikill þungi A kong Übersetzungen Holm 46 Hier beginnt die Saga von Iven, Ritter des König Artus’ von England. Hier beginnt [die] Ivens saga. Ivens saga. 1. Kapitel. Der hervorragende König Artus herrschte über England. Er war später Kaiser über Romaborg, der bekannteste aller Könige und der beliebteste auf der nördlichen Hälfte der Welt neben Karl dem Großen. Bei ihm waren die tapfersten Ritter. Es geschah einmal, dass er, wie üblich, ein großartiges Fest zu Pfingsten machte, den [Tag] nennen wir Hvítasunnu [= Pfingstsonntag]. Und als der König am freudigsten in seinem Hochsitz saß, da fiel eine so große Schwere auf ihn . AM 489 Hier beginnt die Ivens saga und wie [...]. Der hervorragende König Artus herrschte über England, wie vielen Männern bekannt ist. Er war später Kaiser über Romaborg. Er war der bekannteste aller Könige, die diesseits vom Meer waren, und der beliebteste neben König Karl dem Großen. Er hatte die tapfersten Ritter, die im ganzen Christentum waren. Es geschah einmal, wie üblich, dass er alle seine berühmtesten Männer zu sich einberufen hatte und ein großes Fest zu Pfingsten hielt, den [Tag] nennen wir Hvítasunna [= Pfingstsonntag]. Und so als der König in seinem Hochsitz saß und das Volk am freudigsten war, da fiel eine so große Schwere auf den König. 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 128 BL Add. 4857 Die Saga von König Artus, genauer Herrn Iven. I. Kapitel. Der hervorragende hervorragende König Artus herrschte über England, wie vielen Männern bekannt ist. Er war später Kaiser über Romaborg. Er war der bekannteste aller Könige, die diesseits vom Meer waren, und der beliebteste neben Kaiser Karl dem Großen. Er hatte die tapfersten Ritter, die im ganzen Christentum waren. Es geschah einmal, wie üblich, dass er alle seine berühmtesten Männer zu sich gebeten hatte und ein großes Fest zu Pfingsten hielt, den [Tag] nennen wir Hvítasunna [= Pfingstsonntag]. Und als der König in seinem Hochsitz saß und das Volk am freudigsten war, da fiel eine so große Schwere auf den König. Holm 6 Hier beginnt die Saga des hervorragenden Iven, der einer der Artusritter war. Der hervorragende König Artus herrschte über England, wie vielen Männern bekannt ist. Er war später König über Romaborg. Er [war] der bekannteste der Könige, die diesseits vom Meer waren, und der beliebteste neben Karl dem Großen. Er hatte die tapfersten Ritter, die im Christentum waren. Es geschah einmal, wie üblich, dass er alle seine Freunde zu sich einberufen hatte und ein großes Fest zu Pfingsten hielt, den [Tag] nennen wir Hvítasunna [= Pfingstsonntag]. Und als der König in seinem Hochsitz saß und das Volk am freudigsten war, da fiel eine so große Schwere auf den König. NBO 3652 Hier beginnt die Saga des hervorragenden Iven, der einer der Artusritter war. Der hervorragende König Artus herrschte über England, wie vielen Männern bekannt ist. Er war später König über Romaborg. Er war der bekannteste der Könige, die diesseits vom Meer waren, und der beliebteste neben Karl dem Großen. Er hatte die tapfersten Ritter, die im Christentum waren. Es geschah einmal, wie üblich, dass er alle seine Freunde zu sich einberufen hatte und ein großes Fest zu Pfingsten hielt, den [Tag] nennen wir Hvítasunna [= Pfingstsonntag]. Und als der König in seinem Hochsitz saß und das Volk am freudigsten war, da fiel eine so große Schwere auf den König. AM 179/ NKS 3310 Hier beginnt die Ivens saga. Der hervorragende König Artus herrschte über England, wie vielen Männern bekannt ist. Er war später König über Romaborg. Er war der bekannteste der Könige, die diesseits vom Meer waren, und der beliebteste neben Karl dem Großen. Er hatte die tapfersten Ritter, die im Christentum waren. Es geschah einmal, wie üblich, dass er alle seine Freunde zu sich einberufen hatte und ein großes Fest zu Pfingsten hielt, den [Tag] nennen wir Hvítasunna [= Pfingstsonntag]. Und als der König in seinem Hochsitz saß und das Volk am freudigsten war, da fiel eine so große Schwere auf den König. 3.1 Der Sagaanfang 129 AM 181/ NKS 1691 Hier beginnt die Saga der Artusritter und beginnt mit der Ivens saga. Der hervorragende König Artus herrschte über England, wie vielen Männern bekannt ist. Er war später König über Romaborg. Er [war] der bekannteste der Könige, die diesseits in vom Meer waren, und der beliebteste neben Karl dem Großen. Er hatte die tapfersten Ritter, die im [? ] waren. Es geschah einmal, wie üblich, dass er alle seine Freunde zu sich einberufen hatte und ein großes Fest zum Reichstag hielt, den [Tag] nennen wir Hvítasunna [= Pfingstsonntag]. Und als der König in seinem Hochsitz saß und das Volk am freudigsten war, da fiel eine so große Schwere auf den König. TCD 1015 König Artus. Der hervorragende König Artus herrschte über England, wie vielen Männern bekannt ist. Er war später König über Romaborg. Er war der bekannteste der Könige, die diesseits in vom Meer waren, und der beliebteste neben Karl dem Großen. Er hatte die tapfersten Ritter, die im ehstunni waren. Es geschah einmal, wie üblich, dass er alle seine Freunde zu sich einberufen hatte und ein großes Fest zum Reichstag hielt, den [Tag] nennen wir Hvítasunna [= Pfingstsonntag]. Und als der König in seinem Hochsitz saß und das Volk am freudigsten war, da fiel eine so große Schwere auf den König. BL Add. 4859 Hier beginnt die Saga der Artusritter und beginnt mit der Ivens saga. Kap. I. Der hervorragende König Artus herrschte über England, wie vielen Männern bekannt ist. Er war später König über Romaborg. Er war der bekannteste der Könige, die diesseits in vom Meer waren, und der beliebteste neben Karl dem Großen. Er hatte die tapfersten Ritter, die im Christentum waren. Es geschah einmal, wie üblich, dass er alle seine Freunde zu sich einberufen hatte und ein großes Fest zum Reichstag hielt, den [Tag] nennen wir Hvítasunna [= Pfingstsonntag]. Und als der König in seinem Hochsitz saß und das Volk am freudigsten war, da fiel eine so große Schwere auf den König. AM 588a Hier beginnt die Ivens saga. Der hervorragende König Artus herrschte über England, wie vielen Männern bekannt ist. Er war später König über Romaborg. Er [war] der bekannteste der Könige, die diesseits in vom Meer waren, und der beliebteste neben Karl dem Großen. Er hatte die tapfersten Ritter, die im Christentum [waren]. Es geschah einmal, wie üblich, dass er alle seine Freunde zu sich einberufen hatte und ein großes Fest an Pfingsten hielt, welches wir Hvítasunna nennen [= Pfingstsonntag]. Und als der König in seinem Hochsitz saß und das Volk am freudigsten war, fiel eine so große Schwere über den König. 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 130 AM 395 Die Saga von dem Ritter Herrn Iven. Artus hieß ein hervorragender König, der über England herrschte. Er war später König über Romaborg. Er war der bekannteste der Könige, die diesseits vom Meer waren und der beliebteste neben Karl dem Großen. Er hatte die tapfersten Ritter, welche im ganzen Christentum waren. Es geschah einmal, wie üblich, dass er alle seine Freunde einberufen hatte und hielt ein großes Fest zu Pfingsten, den [Tag] nennen wir Hvítasunnu [= Pfingstsonntag]. Und als der König in seinem Hochsitz saß und das Volk am freudigsten war, da fiel eine große Schwere auf den König. Vorkommen und Analyse der Textvarianz in allen Handschriften Folgende Abhängigkeiten der Handschriftentexte sind aufgrund der Textvarianz und den Kenntnissen aus Kapitel 2 für dieses Textbeispiel anzunehmen: BL Add. 4857 basiert auf AM 489. AM 181, AM 179 und NBO 3652 basieren auf Holm 6. Von Holm 46 ist weder eine Vorlage noch eine Abschrift erhalten. TCD 1015, NKS 1691 und indirekt auch BL Add. 4859 basieren auf AM 181. NKS 3310 basiert auf AM 179. Über verlorene Zwischenhandschriften steht AM 588 mit AM 179 in Zusammenhang. AM 395 wiederum zeigt die größten Gemeinsamkeiten mit AM 588. Folgende Textunterschiede sind zwischen Holm 6, AM 489 und Holm 46 erkennbar: Holm 6, AM 489 und Holm 46 unterscheiden sich bereits beim Titel der Ívens saga. Daher sind folgende Gruppen zu unterscheiden: „byriast“-Gruppe (Holm 6, NBO 3652, Holm 46, AM 179, AM 588, NKS 3310), „hefiast“-Gruppe (AM 489, AM 181, BL Add. 4859, NKS 1691) und die einfache-Titel-Gruppe (BL Add. 4857, AM 395). Da „byrja“ (beginnen) und „hefja“ (anfangen) inhaltlich nicht bedeutungsunterscheidend sind, können sie im weiteren Sinn als textstabile Merkmale identifiziert werden, da der Gebrauch unterschiedlicher Wörter zu keinem inhaltlichen Bedeutungsunterschied führt. Die eine Hälfte der Handschriften, außer AM 489, AM 179, NKS 3310, TCD 1015, AM 588, AM 395, verweisen im Titel auf Ívens Ritterschaft und setzen ihn in Bezug zu König Artus. Holm 6 enthält darüber hinaus das Adjektiv „agæta“ (hervorragend) zur näheren Beschreibung Ívens. TCD 1015 zeigt im Titel lediglich „Artus kongr“ (König Artus), was sicher in Bezug zum ersten Satz des folgenden Texts steht, aber schwerlich die folgende Saga bezeichnet. Entweder wurde hier aus Unverständnis oder lediglich in Bezugnahme zum Artusstoff der Titel in dieser Form angegeben. BL Add. 4857 zeigt im Titel zuerst den Bezug auf König Artus, um dann doch genauer auf Íven zu verweisen. Im folgenden Textabschnitt weist AM 489 zwar einige Gemeinsamkeiten mit Holm 46 und mit Holm 6 auf, aber auch eine genauere Beschreibung der Gäste des Königs durch preisende Adjektive. Holm 46 weist gegenüber den anderen zwei Handschriften Gemeinsamkeiten auf, aber auch eine Kürzungstendenz und Eigenarten. König Artus wird in Holm 46, AM 489 und BL Add. 4857 als „keysari“ (Kaiser) bezeichnet. In allen drei Handschriften wird er in seiner Gutmütigkeit mit Karl dem Großen verglichen, das heißt, er ist dem be- 3.1 Der Sagaanfang 131 rühmtesten historischen Kaiser ebenbürtig in seiner Tugendhaftigkeit. Der Vergleich mit einer historischen Persönlichkeit fördert zudem den Anspruch dieser Dichtung auf eine historische Wirklichkeit. In Holm 46 steht „i nordur hälfvu heimsins“ (auf der nördlichen Hälfte der Welt), was einen konkreten Raum bezeichnet gegenüber allen übrigen Handschriften, in denen lediglich „þenna ueg at hafinu“ oder „þanuegh fra hafínu“ (diesseits vom Meer) steht. Dadurch setzt der Text von Holm 46 die Handlung in Bezug zu einem tatsächlichen Raum, wohingegen die übrigen Handschriften einen unkonkreten Raum bezeichnen. Die Textvarianz in Holm 46 gegenüber allen übrigen Handschriften wird in einem Fall von AM 395 geteilt, da „sem mörgum mönnum er kunnigt“ (wie vielen Leuten bekannt ist) in beiden Handschriften fehlt. Generell zeigt Holm 46 einen kürzeren Text gegenüber der AM 489 und Holm 6-Handschriftenüberlieferung. Drei Inhalte fehlen in Holm 46 gegenüber den übrigen Handschriften und die Handlung erscheint dadurch gestraffter und konkreter. So wird die Gemütslage von König Artus wesentlich kontrastreicher beschrieben „ok sva sem kongurinn sat i sïnu häsæti sem gladastur þä fiell ä hann sva mïkill þüngi“ (und als der König am freudigsten in seinem Hochsitz saß, da fiel auf ihn eine so große Schwere). In der Abschrift BL Add. 4857 von AM 489 sind folgende Merkmale erkennbar: Der Titel unterscheidet sich insofern, als hier nun eine Zuordnung zum Artusstoffkreis vorgenommen wird. Im Textabschnitt selbst unterscheidet sich BL Add. 4857 durch eine Doppelschreibung von „agæite“ (berühmt) und der bedeutungsunterscheidenden Bezeichnung von Karl dem Großen als „keysari“ (Kaiser) gegenüber „kongur“ (König) in AM 489. Diese Textvarianz lässt sich auf den Abschreibeprozess zurückführen. In den Abschriften NBO 3652, AM 179 und AM 181 von Holm 6 sind folgende Textunterschiede erkennbar: NBO 3652 und AM 179 sind sehr genaue Abschriften. Dennoch weist AM 179 eine verkürzte Überschrift gegenüber Holm 6 auf und die Hinzufügung eines Worts zur Vervollständigung eines Satzes. NKS 3310 weist keine Unterschiede gegenüber AM 179 auf. AM 181 weist auf den Abschreibeprozess zurückführbare Unterschiede gegenüber Holm 6 auf: das bedeutungslose „ehstunni“ statt „christninni“ (Christentum); „Rikisdögum“ (Reichstag) statt „Pikisdögum“ (Pfingsttag); eine Hinzufügung in „i fra hafinu“ (in vom Meer). Offenbar kam es hier zu einem Missverständnis der Text-vorlage, wobei „Rikisdögum“ und „ehstunni“ eine bedeutungsunterscheidende Textvarianz bewirken. Im Zuge der Umsortierung der Handschrift AM 181 fol durch Árni Magnússon wurde das erste Blatt von AM 181a bzw. in diesem Fall der Anfang der Ívens saga von Árni Magnússons Schreiber neu erstellt. Die auf AM 181 zurückgehenden Handschriften weisen gegenüber AM 181 folgende Merkmale auf: NKS 1691 ist eine genaue Abschrift, TCD 1015 weist wahrscheinlich auf den Abschreibprozess zurückgehende Unterschiede auf. 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 132 Varianzzahlen in Textbeispiel 3.1.1 395 62,5 29 31,5 25,5 17 27,5 23,3 28 26 12 588 64 20,5 26,5 15,5 4,5 17 15 18 16,5 -3/ +6/ 3 4859 56 23 21 9 11 5 15 5 -1/ +11/ 4,5 -2,5/ +16/ 7,5 1691 57,5 25,5 26,5 11,5 12,5 1 12 -3/ 0/ 2 -9,5/ +2/ 6,5 -4/ + 14,5/ 9,5 1015 62 24 27,5 18,5 9,5 13 -1/ +9/ 2 -11/ 0/ 4 -3,5/ +2/ 9,5 -6/ +8/ 9,5 181 58 26,5 27,5 10,5 11,5 -10/ +1/ 2 -1/ 0/ 0 -3/ +1/ 2 -8,5/ +2/ 6,5 -3,5/ + 14,5/ 9,5 179/ 3310 52 17 24 10 -8/ +1,5/ 2 -1/ +3,5/ 5 -8/ +2,5/ 2 -10/ +1/ 0 0/ 0/ 4,5 -3/ +6,5/ 7,5 6/ 3652 50 25 27 -1/ +9/ 0 -1/ +2,5/ 7 -12/ +1,5/ 5 -1/ +3,5/ 7 -2/ +1/ 6 -1/ +10/ 4,5 -3/ +16,5/ 6 4857 61 13,5 -6/ +9/ 12 -2/ +13/ 9 -4/ +10,5/ 13 -2/ +15,5/ 10 -3/ +10,5/ 13 -5/ +7/ 9 -4/ +12/ 10,5 -1,5/ +19/ 11,5 489 67 -6/ +2,5/ 5 -8/ +7/ 10 -1/ +8/ 8 -7/ +7,5/ 12 -1/ +11/ 12 -6/ +7,5/ 12 -8/ +5/ 10 -1/ +10/ 9,5 -2,5/ +14/ 12,5 46 -36/ +19/ 12 -35/ +16/ 10 -27/ +11/ 12 -27/ +20/ 5 -30/ +14/ 14 -23/ +23/ 16 -29/ +14,5/ 14 -30/ +12/ 14 -29/ +21,5 / 13.5 -27/ +20/ 15,5 46 489 4857 6/ 3652 179/ 3310 181 1015 1691 4859 588 395 3.1 Der Sagaanfang 133 BL Add. 4859 zeigt bis auf „christninni“ und eine Hinzufügung „var“ (war) zwar alle Merkmale von AM 181. Es kann bei BL Add. 4859 aber mit einer verlorenen Zwischenhandschrift gerechnet werden. Die Handschriften AM 588 und AM 395 stehen über Zwischenhandschriften miteinander und mit der Holm 6-Überlieferung über AM 179 in Zusammenhang. AM 395 zeigt zudem einen anderen Titel. Inwiefern die Textvarianz in AM 588 und AM 395 auf Zwischenhandschriften oder den Entstehungskontext der jeweiligen Handschrift zurückgeht, kann nicht unterschieden werden. AM 395 weist bereits Merkmale von AM 588 auf, diese gehen daher sehr wahrscheinlich auf die nicht erhaltene Textvorlage von AM 395 zurück. Gründe und Fazit für Textvarianz in diesem Textbeispiel Zusammenfassend ist festzustellen, dass die höchsten Werte bei den sogenannten Hinzufügungen, Kürzungen und anderem Vokabular gegenüber den anderen Handschriften Holm 46 zeigt. In geringerem Maß zeigt AM 395 einen kürzeren Text und anderes Vokabular. Die Textvarianz in AM 181 und seinen Abschriften NKS 1691 und BL Add. 4859 gegenüber Holm 6 ergibt sich hauptsächlich aus dem abgewandelten Titel. Die Textvarianz in AM 588 und AM 395 ergibt sich zum Großteil aus dem kürzeren Titel und weiteren Auslassungen im Text. Die größte bedeutungsunterscheidende Varianz findet sich in den mittelalterlichen Handschriften Holm 6 und AM 489 sowie der neuzeitlichen Handschrift Holm 46, wobei sich deren Textunterschiede wahrscheinlich auf die Vorlage zurückführen lassen. In sehr geringem Umfang findet sich der Austausch oder die Hinzufügung einzelner Wörter mit Bedeutungsunterschied in BL Add. 4857 gegenüber AM 489, in AM 181 gegenüber Holm 6, in AM 395 gegenüber AM 588 bzw. in AM 588 und AM 395 gegenüber den nächsten Textverwandten AM 179. Die besprochenen Textunterschiede zwischen den Handschriften entsprechen stets den bereits dargestellten Handschriftenrelationen. Das heißt, dass die zwei mittelalterlichen Texte und Holm 46 die größten Textunterschiede aufweisen. Holm 46 weicht am stärksten von allen übrigen Handschriften ab, da sie selbst weder über erhaltene Textvorlagen noch Abschriften verfügt. Alle weiteren Handschriften basieren jeweils auf den Texten von AM 489 und Holm 6. Die wissenschaftlichen und akademischen Handschriften weisen in diesem Textbeispiel die geringste Textvarianz gegenüber ihren jeweiligen Textvorlagen auf. Die antiquarischen Handschriften, BL Add. 4857 und AM 181, weisen eine gewisse Textvarianz gegenüber ihren Textvorlagen auf, die größtenteils auf die verschiedenen Sagatitel zurückzuführen ist. In den divergenten Handschriften AM 588 und AM 395 ist die Textvarianz prinzipiell auf den unbekannten Textüberlieferungsprozess mit heute verlorenen Zwischenhandschriften zurückzuführen. Das heißt, man kann nicht bestimmen, wann die Textveränderungen vorgenommen wurden, und man kann diese daher nicht konkret dem jeweiligen Entstehungskontext von AM 395 und AM 588 zuschreiben. 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 134 Die größte Textvarianz kommt in den mittelalterlichen Handschriften und ihrer weiteren Überlieferung gegenüber Holm 46 vor und weniger stark zwischen den beiden mittelalterlichen Handschriften Holm 6 und AM 489. Die neuzeitliche Überlieferung basiert hauptsächlich auf der mittelalterlichen Handschrift Holm 6 und weist in den Handschriften AM 181, BL Add. 4859, AM 588 und AM 395 gegenüber ihren nächsten Verwandten jeweils eine minimale bedeutungsunterscheidende Textvarianz auf. Die bedeutungsunterscheidende Textvarianz umfasst in diesem Textbeispiel hauptsächlich den Sagatitel. Der folgende Text zeigt bis auf die beschriebene minimale Textvarianz eine bemerkenswerte Textstabilität. Anhand dieses Beispiels kann festgestellt werden, dass das Medium Ívens saga in der handschriftlichen Überlieferung in diesem Textbeispiel, trotz der minimalen Textvarianz, keinen Veränderungen des Handlungsgeschehens unterlag, sondern lediglich Varianz in der Handlungsdarstellung aufweist, und sich dadurch insgesamt, bis auf wenige Ausnahmen, durch eine beachtenswerte Textstabilität auszeichnet. Anhand dieser Ergebnisse wird die Medialität des Sagatexts der Ívens saga in ihrer zeittiefen Überlieferung und ihrem jeweiligen Rezeptions- und Adaptionsprozess deutlich. 3.1.2 Erex am Hof von König Artus Lbs 1230 8vo III frag, av einn af xíí koppum artus kong[s enns rika ok enns a]gæta. Ok fra env kringlotta bordi hans. enn þar [hefer tíl fra]sagnar sögu þessa. At artus kongr war j eínum kastala Holm papp 46 fol, 41r-42v Hier byrjaz Erix saga Artus Kappa, j Einglande || || Erix Saga, hvor ed Var eirn af kóppum Artus köngs ens Vïdfræga i Einglande. I. Capitule. Þat er upphaf søgu þessrar at Artus köngur var i einum kastala er kardian hiet þat var ä Packatïd, ok hiellt þä enn sva virdugliga sina hyrd, sem vandi hans var til, sva at einginnn þöttist sied hafa slïka köngs prijdi. Medur h ǫ num voru Tölf spekïngar hans ok rädgiafärer dagliga sätu ad hanns kringlöttu borde ok eirn af þeim var son Jlax || köngs mïkill kappe. ä Riddaraskap, frïdur sijnum ok Jþrötta madur mïkill ok eigi elldri enn hälfþrïtugur er saga þessi gi ǫ rdist. Hann var vel virdur af köngi, ok allri hyrdinne. AM 181b fol, 1rb Hier hefst saga af Erex Artur kappa [Þ]ad er vpphaf þessarar frä sogu ad Artus kongur sat J sijnum kastala er Kardigan hiet, þad var paskatijd, og hiellt þä enn virdugliga sijna hyrd sem vande hanz var til, suo einginn þottist sied hafa slijka kongz prijde med honum voru xij spekingar hanz og radgiafar er dagliga ridu vt med honum, Eirn af þeim var sonur Ilax kongz mykill kappi J riddaraskap frijdur sijnum og Jþrotta madur mykill, ei elldre enn half þrijtugur er saga þesse giordist, hann hiet Erex hann var veluirdur af kongi og drottningu og allre hyrdinni SAGA þessi er af Riddara einum er errek het son ílags kongs. errek war 3.1 Der Sagaanfang 135 Kall 246 fol, 3-5 Hier hefst Saga af Erex Artus Kappa || || Cap.1 Þad er upphaf þessarar Frásogu ad Artus Konungur sat í sínum kastala er Kartigon het, þad var Páska tíd, og hellt þar enn virduglega sína hird, sem vande hans var til, So einginn þottist sied hafa slíka kongs príde, med honum voru XII Spekingar hans og rádgiafar, er daglega ridu ut med honum, eirn af þeim var Sonur Ilax kongs, mikill kappe í riddara skap, frijdur sijnum og íþrotta madur mikill, ei elldre enn hálfþrítugur er þesse Saga giordist, hann het Erex, hann var vel vyrdur af konge og Drottningu, og allre hyrdenne, BL Add. 4859 fol, 66r Hier hefst saga af Erex artus kappa. Cap.I. Þad er upphaf þessarar fräsaugu ad Artus köngr sat J sijnum kastala, er Kardigan hiet, þat var P ꜳ ska tijd og hiellt þä Enn virdugliga sijna hyrd, sem vandi hanns var til, so Einginn þottist sied hafa slyka kongs prijde, med honum voru xij spekingar hanns og Radgiafar er Daglega ridu vt med honum, Einn af þeim var sonur Ilax kongs mikill Kappe, J Riddara skap, frydur synum og I þrotta madr mikill, Ei elldre enn h ꜳ lf þrytugur, er saga þessi giordest, Hann Hiet Erex hann var vel virdur af kongi og Drottningu, og Allre hyrdinne, NKS 1708 4to, 1-4 Hier Hefst Sagan af Erex Artus Kappa [...] || || Cap.1. Þad er upphaf þessarar Frásogu ad Artus Kongur sat i sinum kastala er Kardigon het, þad var Paskatid, og hiellt þá enn virduglega sina hijrd sem vande hans var til so einginn þottist sied hafa slika kongs pride, med honum voru XII Spekingar hans og rádgiafar, er daglega ridu ut med hónum, eirn af þeim var Sonur Ilax Kongs, mikill kappe i riddaraskap, fridur sinum og iþrotta madur mik || ill, ei elldre enn hálfþritugur er þesse Saga giórdist, hann het Erex, hann var velvirdur af Konge og drottningu og allre hirdinne Lbs 3127 4to, 150r Hier skrifast saga af Erex Artus kappa Þad er upphaf þessarar sógu ad Artus kongr sat ij sijnumm kastala er Kardigan hiet þad uar paska tïd og hielt þa Virduglega sijna menn sem Vande hans Var til So eingenn þottest Sied hafa slijka Kongs prijde vered honum voru xii spekingar hans og Radgiafar er daglega ridu ut med honum. Eirn af þeim Var sonur ijlax kongs mikell kappe i Riddara skap [fri]dur sijnum og i þrotta madr ej elldre enn half þritugur er saga þesse giordest hann hiet Erex hann var VelVirdr af konge og Drottningu og allre hird Übersetzungen Lbs 1230 Diese Saga handelt von einem Ritter, der Erex hieß, Sohn des Königs Ilax. Erex war einer von 12 Rittern des reichen und berühmten Königs Artus und seines kreisrunden Tisches. Und da beginnt diese Erzählung, dass König Artus in einer Burg war. 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 136 Holm 46 Hier beginnt die Saga von Erex, dem Ritter von Artus in England. Erex saga. Dieser war einer von König Artus’ Rittern, dem weit bekannten in England. I. Kapitel. Das ist der Anfang dieser Saga, dass König Artus in einer Burg war, die Kardigan hieß. Es war Osterzeit und da hielt er wieder seinen ehrenvollen Hof, wie es seine Gewohnheit war, so dass keiner dachte, [jemals] solche königliche Pracht gesehen zu haben. Bei ihm waren seine 12 Weisen und Ratgeber, die täglich an seinem kreisrunden Tisch saßen, und einer von diesen war der Sohn des Königs Ilax, ein großer Ritter an Ritterlichkeit, schönem Aussehen und ein sehr geübter Mann und nicht älter als 25 als diese Erzählung stattfand. Er war sehr angesehen bei König und Königin und dem ganzem Hof. AM 181 Hier beginnt die Geschichte von Erex, eines Ritters von Artus. Das ist der Anfang dieser Saga, dass König Artus in seiner Burg saß, die Kardigan hieß. Es war Ostern und da hielt er wieder seinen ehrenvollen Hof, wie es seine Gewohnheit war, so dass keiner dachte, [jemals] solche königliche Pracht gesehen zu haben. Bei ihm waren seine 12 Weisen und Ratgeber, die täglich mit ihm ausritten. Einer von diesen war der Sohn des Königs Ilax, ein großer Ritter an Ritterlichkeit, schönem Aussehen und ein sehr geübter Mann, nicht älter als 25, als diese Erzählung stattfand. Er hieß Erex, er war sehr angesehen bei König und Königin und dem ganzem Hof. Kall 246 Hier beginnt die Geschichte von Erex, eines Ritters von Artus. Kapitel I. Das ist der Anfang dieser Saga, dass König Artus in seiner Burg saß, die Kardigan hieß. Es war Ostern und dort hielt er wieder seinen ehrenvollen Hof, wie es seine Gewohnheit war, so dass keiner dachte, [jemals] solche königliche Pracht gesehen zu haben. Bei ihm waren seine 12 Weisen und Ratgeber, die täglich mit ihm ausritten. Einer von diesen war der Sohn des Königs Ilax, ein großer Ritter an Ritterlichkeit, schönem Aussehen und ein sehr geübter Mann, nicht älter als 25, als diese Erzählung stattfand. Er hieß Erex, er war sehr angesehen bei König und Königin und dem ganzem Hof. BL Add. 4859/ NKS 1708 Hier beginnt die Geschichte von Erex, eines Ritters von Artus. Kapitel I. Das ist der Anfang dieser Saga, dass König Artus in seiner Burg saß, die Kardigan hieß. Es war Ostern und da hielt er wieder seinen ehrenvollen Hof, wie es seine Gewohnheit war, so dass keiner dachte, [jemals] solche königliche Pracht gesehen zu haben. Bei ihm waren seine 12 Weisen und Ratgeber, die täglich mit ihm ausritten. Einer von diesen war der Sohn des Königs Ilax, ein großer Ritter an Ritterlichkeit, schönem Aussehen und ein sehr geübter Mann, nicht älter als 25, als diese Erzählung 3.1 Der Sagaanfang 137 stattfand. Er hieß Erex, er war sehr angesehen bei König und Königin und dem ganzem Hof. Lbs 3127 Hier schreibt sich die Saga von Erex Das ist der Anfang dieser Saga, dass König Artus in seiner Burg saß, die Kardigan hieß. Es war Ostern und da hielt er seine ehrenvollen Männer, wie es seine Gewohnheit war, so dass keiner dachte, [dass jemals] solche königliche Pracht war. Bei ihm waren seine 24 Weisen und Ratgeber, die täglich mit ihm ausritten. Einer von diesen war der Sohn des Königs Ilax, ein großer Ritter an Ritterlichkeit, schönem Aussehen und ein sehr geübter Mann, nicht älter als 25, als diese Erzählung stattfand. Er hieß Erex, er war sehr angesehen bei König und Königin und dem ganzem Hof. Vorkommen und Analyse der Textvarianz in allen Handschriften Folgende Abhängigkeiten der Handschriftentexte sind aufgrund der Textvarianz anzunehmen und sind in den Transkriptionen entsprechend markiert: Kall 246, NKS 1708 sowie BL Add. 4859 basieren auf AM 181. Lbs 3127 wiederum steht mit BL Add. 4859 in Zusammenhang. Bei Holm 46 und Lbs 1230 ist weder eine Vorlage noch eine Abschrift erkennbar. Generell sind folgende Textunterschiede zwischen allen Handschriften festzustellen: Der Titel variiert und vier Verben werden insgesamt in allen Handschriften genutzt: „er“ (ist) in Lbs 1230, „byriaz“ (beginnt) in Holm 46, „hefst“ (fängt an) in AM 181, BL Add. 4859, Kall 246, NKS 1708 und „skrifast“ (geschrieben) in Lbs 3127. Lbs 1230 und Lbs 3127 zeigen gegenüber den übrigen Handschriften jeweils eine bedeutungsunterscheidende Textvarianz, welche in Lbs 3127 auf die Schriftlichkeit der Saga verweist. Außerdem wird das Wort „frásögu“ (Erzählung) in AM 181, BL Add. 4859, Kall 246, NKS 1708, Lbs 1230 gegenüber „sögu“ (Erzählung) in Holm 46 und Lbs 3127 gewählt. Interessanterweise zeigen Holm 46 und Lbs 3127 hier eine Gemeinsamkeit, obwohl sie sonst in keiner Beziehung stehen. Folgende Textunterschiede sind in den Primärhandschriften Lbs 1230, AM 181 und Holm 46 erkennbar: In Lbs 1230 erscheint, statt eines Titels, zunächst eine ausführliche Einführung mit den wichtigsten Vorabinformationen zum Hauptprotagonisten Erex. Es folgt die intertextuelle Verortung bzw. der inhaltliche Vorabhinweis auf Artushof und Tafelrunde, 8 es wird ein genealogischer Hinweis gegeben, indem Erex’ Vater König Ilax genannt wird. Nach diesem vergleichsweise langen Vorspann beginnt schließlich die Erzählung und bricht gleich darauf ab, da die Handschrift nur als Fragment erhalten ist. In Holm 46 folgt auch ein Vorspann mit Hinweis auf König Artus und seiner Verortung in England, was der Beschreibung in Lbs 1230 ähnelt. Möglicherweise ist mit einer mittelalterlichen Tendenz einer ausführlichen Ein- 8 Reichert (1986) diskutierte die Rezeption und Funktion der Tafelrunde in einem norwegischen Kontext des 13. Jh.s. 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 138 leitung bei der Erex saga zu rechnen, die in AM 181 kürzer dargestellt ist. Inwiefern dies auf die Textvorlage oder den Entstehungskontext von AM 181 zurückzuführen ist, bleibt unklar, da die Vorlage von AM 181 nicht erhalten ist. In Lbs 1230 gibt es im Titel und in Holm 46 im Text einen Hinweis auf die Tafelrunde des Königs Artus, der in den übrigen Handschriften fehlt. In Holm 46 sitzen die zwölf Weisen und Ratgeber täglich an einem kreisrunden Tisch „dagliga sätu ad hanns kringlöttu borde“ (die täglich an seinem kreisrunden Tisch saßen) und in AM 181 reiten die zwölf Weisen und Ratgeber täglich mit dem König aus „dagliga ridu vt med honum“ (die täglich mit ihm ausritten). Die Darstellung in AM 181 verweist bereits auf die Mobilität des Hofs, der kurz darauf zur Jagd aufbricht, wobei es zur Motivation der weiteren Handlung mit Erex als Hauptfigur kommt. Wahrscheinlich befand sich ursprünglich der Hinweis auf die Tafelrunde in der Erex saga, dieser wurde aber in der Überlieferung von AM 181 bzw. in dessen Textvorlage möglicherweise aus Unverständnis oder Irrelevanz für die weitere Handlung ausgespart. AM 181 zeigt daher nicht nur hier beim Titel, sondern auch an weiteren drei Textstellen gegenüber Holm 46 eine Kürzungstendenz in diesem Textabschnitt der Erex saga. Der Textunterschied in AM 181 kann entweder bereits auf die Textvorlage oder den Entstehungskontext zurückzuführen sein. Holm 46 zeigt noch einen weiteren Unterschied, denn König Artus „var i einum kastala“ (war in einem Schloss) gegenüber AM 181 „sat i sinum kastala“ (saß in seinem Schloss). In Holm 46 handelt es sich scheinbar um ein unbestimmtes Schloss und in AM 181 um das Schloss von König Artus. In Holm 46 wird es entweder für unwichtig erachtet, den Leser über den Namen des Schlosses zu informieren, oder man setzt voraus, dass der Leser weiß, dass Artus’ Schloss Kardigan heißt, wie es in AM 181 auch benannt wird. Lbs 1230, Holm 46 und AM 181 zeigen dadurch bedeutungsunterscheidende Textvarianz. Alle weiteren erhaltenen Handschriften sind Abschriften von AM 181. Kall 246 und NKS 1708 sind Abschriften von AM 181. BL Add. 4859 geht indirekt auf diese zurück. Sie weisen in diesem Textbeispiel AM 181 gegenüber lediglich zwei bzw. drei Textunterschiede auf ohne inhaltliche Bedeutungsunterschiede. Die Nennung eines Namens im Paratext findet sich direkt nach dem Titel positioniert in NKS 1708 „af Titus Joensen“ sowie in Lbs 3127 „Guðmundúr Þorfason“. 9 Ein Bewusstsein gegenüber der eigenen Schreibtätigkeit führte möglicherweise zu diesen Hinzufügungen. In Lbs 3127 wird dieses Bewusstsein sogar über ein „skrifast“ verstärkt. Der Schreiber lenkt dadurch den Fokus von der Rezeption, also dem Lesen des Texts oder Zuhören des vorgelesenen Texts, zur eigenen Textproduktion und kann somit ein Hinweis auf ein Schriftbewusstsein des Sagatexts, aber auch auf ein Selbstverständnis des Schreibers sein, der sich durch die Hinzufügung eines Namens im Paratext noch verstärkt. Lbs 3127 wiederum geht auf BL Add. 4859 zurück und zeigt die größte bedeutungsunterscheidende Textvarianz innerhalb der 9 Vgl. hierzu Kapitel 2.1.2. 3.1 Der Sagaanfang 139 AM 181-Überlieferung. Inwiefern diese auf den Überlieferungsprozess oder Entstehungsprozess zurückzuführen ist, kann nicht genau bestimmt werden. Varianzzahlen in Textbeispiel 3.1.2 46 181 246 1708/ 4859 3127 46 -6/ +24/ 8 -6/ +22/ 8 -6/ +22/ 8 -6/ +24/ 11 181 38 0/ +2/ 1 -2/ 0/ 0 -2/ +2/ 3 246 36 3 0/ 0/ 1 -2/ 0/ 5 1708/ 4859 36 2 1 -3/ +2/ 4 3127 41 7 7 8 Gründe und Fazit für Textvarianz in diesem Textbeispiel Zusammenfassend ist festzustellen, dass die höchsten Werte gegenüber den anderen Handschriften bei den sogenannten Hinzufügungen, Kürzungen und anderem Vokabular bei Holm 46 vorzufinden sind. Auch bedeutungsunterscheidende Varianz findet sich generell in Holm 46 gegenüber allen übrigen Handschriften sowie in zwei Fällen auch in Lbs 3127 gegenüber AM 181. Lbs 1230 ist nur fragmentarisch erhalten und kann daher nicht vollständig in die Varianzanalyse mit einbezogen werden, aber die bedeutungsunterscheidende Textvarianz in den erhaltenen Textbeispielen ist offenbar. Es liegen drei Textversionen der Erex saga vor, die neben Lbs 1230 nur in neuzeitlichen Handschriften als Abschriften verlorener Mittelalterhandschriften überliefert sind. Wenn man neben Lbs 1230 als mittelalterliche Handschrift auch Holm 46 und AM 181 als Textzeugen für verlorene Mittelalterhandschriften zählt, so weisen die mittelalterlichen Texte bereits die größten Textunterschiede auf. Bei Holm 46 als akademischer Handschrift ist mit einer genauen Abschrift der Textvorlage zu rechnen, während AM 181, obwohl sie zur antiquarischen Handschriftengruppe zählt, nicht als genaue Abschrift ihrer Vorlage gilt. Da in der Erex saga aber keine mittelalterlichen Texte erhalten sind, können diese Annahmen nicht nachgewiesen werden. Die weitere Überlieferung basiert lediglich auf AM 181 und kommt mit Ausnahme von BL Add. 4859 und Lbs 3127 in akademischen Handschriften vor. In der zur divergenten Handschriftengruppe zu rechnenden Lbs 3127 können die Textunterschiede in der unbekannten Textüberlieferung, die aufgrund der verlorenen Zwischenhandschriften nicht mehr nachvollziehbar ist, oder bei der Produktion von Lbs 3127 entstanden sein. Das lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Eine Medialität der Erex saga ist durch den Erhalt von Lbs 1230 auch bis ins Mittelalter hin nachweisbar, aufgrund der fragmentarischen Lage aber nur minimal untersuchbar. Auch hier zeigt sich die größte Textvarianz in den beiden Textquellen, die jeweils auf mittelalterlichen Handschriftentexten basieren. Die weitere neuzeitliche Textüberlieferung basiert auf dem AM 181-Text und zeigt lediglich in Lbs 3127 eine minimale bedeutungsunterscheidende Textvarianz, sonst ist die neuzeitliche Überlieferung von einer Textstabilität geprägt. 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 140 3.1.3 Parceval in der Wildnis Holm perg 6 4to, 39r-39v [Her byrjar upp sögu ins pruda Parcevals riddara, er enn var einn Artus köppum] Sva byriar þessa sogu ath karl bio ok atti ser kerlingu. Þau attu son ath einberni er het Parceval þessi karl var bondi ath nafnbot en R iddari ath tignn hann hafdi verit allra kappa mestr hann hafdi tekit kongs dottur ath herfangi ok settiz sidann I þa bygd þvi ath hann þordi eigi millum annara manna ath vera. Einn dag þa er Parceval var xii vetra gamal hann hafdi adr kent honum skott ok skylming[ar] ok sva kunni hann gaflaukum ath skiota [...] en honum vard ekki annat amunni enn spyria R iddaran ef hann væri gud. kuad modur sina hafa sagt ser ath ekki væri jafnfagrt sem gud. R iddarinn svarar ek em ekki gud. þa tekr sveinnin ꜳ skildi hans ok fretti hvat þat væri. R iddarinn sagði ath þat var skiolldr. þa spyr hann ath hjalmi hans bryniu spioti ok sverdi. R iddarinn sagði honum ath þetta voru allt vopn þau er Artus kongr gaf honum. Hann spurdi hvar sa kongr var sva aurlyndr eda hvort hann mundi vilja gefa honum vopn. R iddarinn svarar þess mat þu freista NBO 3652: 13 fol, 39r-39v her byriar upp sögu hins pruda Parcevals Riddara er enn var ein artus köppum [S]va byriar þessa sógu ath karl bio ok atti ser kerlingu. þau attu son ath einberni er het Parceual. þessi karl var bondi ath nafnbot enn R iddari ath tignn hann hafdi verit allra kappa mestr hann hafdi tekit kongsdottur ath herfangi ok settiz sidann j þa bygd þvi ath hann þordi eigi millum annara manna ath vera. Einn dag þa er Parceual var xii vetra gamal hann hafdi adr kent honum skott ok skylming ok svo kunni hann gaflaukum ath skiota [...] enn honum vard ekki annat a munni enn spyria R iddaran ef hann væri gud. kuad modur sina hafa sagt ser ath ekki væri jafnanfagurt sem gud. R iddarin svarar ek er ekki gud. þa tekr sveinninn a skildi hans ok fretti hvat þat væri. R iddarinn segir ath þat var skiolldr, þa spyr hann ath hialmi hans bryniu spioti ok suerdi. R iddarinn segir honum ath þetta voru allt vopn þau er Artus kongr gaf honum. hann spurdi huar sa kongr var svo aurlyndr eda huort hann mundi vilia gefa honum vopn. R iddarinn svarar þess matþu freista AM 179 fol, 91r Saga af Parceval Riddara [S]uo byriar þessa Søgo Ad karl bio ok atte sier kierlingv. þ ꜳ attu son ad einbernni er het Parceval. þesse karl var bonde ad nafnbötum enn Riddari ad tign. hann hafde vered allra kappa mestur. Hann hafde teked kongsdottur ad herfängi ok settist sidann j obygd þuiad hann þordi ei millumm annara manna ad vera. Einn dag þär er Parceval var XII. vetra gamall hann hafdi adr kient honum skot ok skylming ok suo kunni hann gafllaukumm ad skiöta [...] enn honum vard ekke annad a mvnni enn 3.1 Der Sagaanfang 141 spyria Riddarann ef hann væri Gud kuad modur sina hafa sagt sier ad ecke væri iafnfagurt sem Gud. Riddarinn suarar. ek er eigi Gud. þa tekur sveininn ꜳ Skilldi hans ok frette huad þat være; riddarinn sagde ad þat var Skiolldur. þa spyr hann ad Hialmi hanns bryniu spioti ok sverdi Riddarinn sagde honum ad þetta voru allt vopn þau er Artus kongur gaf honum. Hann spurde huar sa kongr var suo aurlyndur. eda huort hann mvnde vilia gefa honum vopn. Riddarinn suarar þess mattu freista. NKS 3310 4to, 51r-51v Saga af Parceval riddara. Svá byrjar þessa sógu, at karl bjó ok átti ser kerlingu. Þau áttu son at einberni, er het Parceval. Þessi karl var bóndi at nafnbótum, en riddari at tign; hann hafði verit allra kappa mestr. Hann hafdi tekit konungsdóttr at herfángi, ok settist siðan í óbygð, þvíat hann þorði eigi millum annarra manna at vera. Einn dag þar er Parceval var XII vetra gamall, hann hafði áðr kent hánum skot ok skylming, ok svá kunni hann gaflokum at skjóta [...] en hánum varð eigi annat á munni enn spyrja riddarann ef hann væri guð; kvað móðr sína hafa sagt ser at ekki væri jafnfagurt sem guð. Riddarinn svarar: ek er eigi guð. Þá tekr sveinninn á skildi hans, ok fretti hvat hann væri. Riddarinn sagði at þat var skjöldr. Þú spyr hann at hjálmi hans, brynju spjóti ok sverði. Riddarinn sagði hánum at þetta væri allt vápn þau, er Artus konungr gaf hánum. Hann spurði hvar sá konungr var svá örlyndr, eða hvort hann mundi vilja gefa hánum vápn. Riddarinn svarar þess máttu freista. NKS 1794a 4to, 1-6 Saga af Parceval Riddara || || Cap.1. Svo byriar þessa Sogu, ad karl bio, og átte sier kerlingu, þau áttu Son ad einbijrne er Parceval het, þesse, bonde var ad nafnbotum, enn Riddare ad tign, hann hafde verid allra kappa mestur, Hann hafde tekid kongs dottur ad herfang, og settist sidann í obigd, þviad hann þorde ei millum || annara manna ad vera, eirn dag þar er Parceval var xij vetra gamall, hann hafdi adur kent honum skot og skilming, og so kunne hann gaflokum ad skióta, [...] enn honum vard ecke annad á munni enn spyria Riddarann ef hann være Gud, kvad modur sina hafa sagt, sier, ad ecke være jafnfagurt sem gud, Riddarinn svarar ecke er eg Gud; þá tekur sveirnenn á Skylde hans og friette hvad þad være, Riddarinn sagde ad þad var skiölldur, þá spijr || hann ad hiálme hans, brijniu Spiote og Sverde, Riddarinn sagde honum ad þetta voru allt vopn þau, er Artur kongur gaf honum, hann spurde hvar sa Kongur var svo aurlindur, eda hvort han munde vilia gefa honum vopn; Riddarinn seigir þess máttu freista, AM 181a fol, 9rb Hier hefst saga af Parceual Artus kappa [S]uo Biriar Sogu þessa ad karl bio og atti sier kerllijngu þaug attu son ad einbernj, er heit parceval, þessi karl var Bondi nefndur enn Riddare að || tign hann hafdj vered allra kappa mestur hann hafdj teked kongs dottur ad herfangi, og settist sijdan J þa bigd, þvj hann þordj ej mjllum annara manna ad vera ein dag for Parceval xij vetra gamall hann hafdj adur 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 142 kent honum skot Og skylmingar, og so kunnj hann gaflokumm ad skiota, [...] Enn honum Vard eckj annad a munnj enn spiria riddaran ef hann Væri gud, quad modur sijna hafa sagt ser ad eiget Væri jafnfogurt sem gud, riddarin svarar ej er eg gud, þa tekur svejnin a skillde hannz og frettir hvod þad væri, riddarin sagði þat væri skioldur þa spir hann ad hialmj hannz brynni spjotj og sverdj, riddarinn sagði honum ad þetta Voru allt Vopn, þaug er artus kongr gaf honum, hann spurdj Hvar sa kongr Var so ørlundur eða hvert hann mundj Vilia gefa honum Vopn, riddarinn svarar þess mattu freista TCD 1015 8vo, 332-338 Hier hefst Saga af Parceval Artus kappa. Svo byriar sógu þessa ad karl bió og átte sier kerlingu, þau áttu son ad einberne er hiet Parceval, þessi karl var bondi nefndr en riddare ad tign, hann hafdi verid allra kappa mestr, hann hafdi tekid kongsdottur ad herfángi og settist sidan í þá bygd því hann þordi ei mil || || lum annara manna ad vera; Einn dag fór Parceval xij vetra gamall, hann hafdi ádur kent honum skot og skilmingar og so kunne hann gaflokum ad skióta [...] en honum vard ecke annad á munne en spyria riddarann ef hann være gud, kvad modur sina hafa sagt sier ad eckert være iafn fagurt sem gud; Riddarinn seger ei er eg gud; þá tekr sveinninn á skilldr hans og fretter hvad þad være; Riddarinn seger þad være skiöllde; þá spyr hann ad hiálme hans bryniu, spióte og sverde, Riddarinn seger honum ad þetta voru allt vopn þau er Artus kongr gaf honum; Hann spurdi hvorsá kongr var svo örlyndr || || eða hvort hann mundi vilia gefa honum vopn; Riddarinn seger, þess máttu freista; NKS 1691 4to, 203-206 Hier hefst Saga af Parceval Artus kappa. Svo bijriar s ǫ gu þessa, ad karl bio og átti sier kerlingu, þaug áttu son ad einberni, er hiet Parceval, þessi Karl var bondi nefndur, enn Riddari ad tign, hann hafdi verid allra kappa mestur, hann hafdi tekid kongs dottur ad herfángi, og settist sídann || í þá bigd, því hann þordi ei millum annara manna ad vera, einn dag fór Parceval tolf vetra gamall, hann hafdi ádur kennt h ǫ num skot og skilmíngar, og so kunni hann gaflokum ad skióta, [...] enn honum vard ei annad á munni, enn spiria Riððarann ef hann væri gud, quad modur sína hafa sagt sier ad ekkert væri jafnfágurt || sem gud, Riddari seigir ei er eg gud, þá tekur sveinin á skilldi hanns og fretter hvad þad væri, Riddari seigir, þad væri skiolldur, þá spir hann ad hiálmi hanns brijniu spioti og sverdi, Riddari seigir h ǫ num ad þetta voru allt vopn þaug er Artus Kongur gaf h ǫ num, hann spurdi hvar sá Kongur var, so ǫ rlindur, eda hvert hann mundi vilia gefa h ǫ num vopn, Riddarinn seigir þess máttu freista, 3.1 Der Sagaanfang 143 BL Add. 4859 fol, 46r Hier hefst saga af parceual Artus Kappa Cap.1 Þannenn byriar søgu þessa ad karl biö og Atte sier kiellingu þau attu son ad Ein berne er hiet Parceval, þessi Karl var bonde nefndur, Enn Riddare Ad tygn, hann hafde vered allra kappa mestur, hann hafde teked kongsdottur Ad herfange, og settest sydann þui hann þorde ei millum Annara manna Ad vera og er var Parciual xij vetra hafde fadur hanns kient honum skot og skylmingar og so kunne hann gaflokum ad skiöta [...] Enn honum vard ej Annad A munne Enn spyria Riddaran ef hann væri Gud. Kvad modur sijna hafa sagt sier ad Eckert væri Jafn fagurt sem Gud, Riddarinn svarar Ej er eg Gud, þ ꜳ tekur sveinn ejrninn A skyllde hanns og spurde hvad þad være; Riddarinn sagdi þad være skiølldur þ ꜳ spyr hann ad hialmi hanns bryniu sverde og skyllde, Riddarinn sagdi honum, ad þetta voru Alltt vopn, þau er Artus konungr gaf honum, hann spurde hvar s ꜳ konungr var, so ørlyndur edur hvort hann mundi vilia gefa honum vopn; Riddarinn svarar. þess m ꜳ ttu freysta, AM 395 fol, 909 Sagann af parceval So biriar s ꜷ go þessa adkall einn biö og ätti sier kellingu son einn attu þau einbijrni er het Parceval þessi kall var bondi ad nafnbötumm enn Riddari ad tign, hann hafde verid allra kappa mestur, hann hafde teked kongsdottur ad herfänge og settest sijdann i öbijgdir þvi hann þorde ej milli annara manna ad vera, Einn dag þä Parceval var 12 vetra Reid hann ä skog ad ijdka sig. [...] enn honum vard ej annad af munni, enn spuria Riddarann hvert hann væri gud, quad mödur sijna hafa sagt sier ad eckert væri jafnfagurt sem gud, þä tekur sveininn ä skijldi hans og spir, hvad þad sie? Riddarinn sagdi ad þad væri skioldur, þä spurdi hann ad hiälmi hans briniu spiöte og sverdi, Riddarinn sagdi þad vera þau vopn er Artus kongr gaf honum, hans hofdingsskap mælti hann þar af siä, hann spurdi hvar sa kongur var so orlindur, eda hvert hann mundi vilia giefa honum vopn, Riddarinn seigir þess mattu freista Lbs 1907 8vo, frag Her hefst Saga af Parseval Artus kappa Svo byriar sögu þessa, at karl bjó ok átti ser kerlingu, þau áttu son at einberni, er het Parseval. þessi karl var bondi nefndr, en riddari at tign. Hann hafði verit allra kappa mestr. Hann hafði tekit konungsdottr at herfangi og settist siðan í þá bygð, þvi hann þorði ei millum annara manna at vera. Übersetzungen Holm 6/ NBO 3652 Hier beginnt die Saga von dem stolzen Ritter Parceval, der einer von Artus’ Rittern war. So beginnt diese Erzählung, dass ein Mann lebte, der eine Frau hatte. Sie besaßen einen Sohn, ein Einzelkind, der Parceval hieß. Dieser Mann war vom Namen ein 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 144 Bauer, aber vom Rang ein Ritter. Er war bester aller Ritter gewesen. Er hatte sich eine Königstochter als Kriegsbeute genommen und lebte seitdem in der Wildnis, weil er nicht wagte, unter anderen Leuten zu sein. Eines Tages, als Parceval 12 Winter alt war, er hatte ihn zuvor Bogenschießen und Schwertspiel gelehrt, und so konnte er mit einem Wurfspeer schießen. [...] Aber ihm war nichts anderes im Sinn, als den Ritter zu fragen, ob er Gott sei. Er sagte, seine Mutter habe gesagt, dass nichts ebenso schön wäre wie Gott. Der Ritter antwortete: „Ich bin nicht Gott.“ Da fasste der Junge an seinen Schild und fragte, was das sei. Der Ritter sagte, dass das ein Schild war. Da fragte er nach seinem Helm, Brünne, Speer und Schwert. Der Ritter sagte ihm, dass dies alles Waffen waren, die König Artus ihm gegeben hatte. Er fragte, wo dieser König war, [der] so freigiebig [war], oder ob er ihm Waffen geben wollen würde. Der Ritter antwortete: „Das musst du versuchen.“ AM 179/ NKS 3310 Saga von Ritter Parceval. So beginnt diese Erzählung, dass ein Mann lebte, der eine Frau hatte. Sie besaßen einen Sohn, ein Einzelkind, der Parceval hieß. Dieser Mann war vom Namen ein Bauer, aber vom Rang ein Ritter. Er war bester aller Ritter gewesen. Er hatte sich eine Königstochter als Kriegsbeute genommen und lebte seitdem in der Wildnis, weil er nicht wagte, unter anderen Leuten zu sein. Eines Tages, dort als Parceval 12 Winter alt war, er hatte ihn zuvor Bogenschießen und Schwertspiel gelehrt, und so konnte er mit einem Wurfspeer schießen. [...] Aber ihm war nichts anderes im Sinn, als den Ritter zu fragen, ob er Gott sei. Er sagte, seine Mutter habe gesagt, dass nichts ebenso schön wäre wie Gott. Der Ritter antwortete: „Ich bin nicht Gott.“ Da fasste der Junge an seinen Schild und fragte, was das sei. Der Ritter sagte, dass das ein Schild war. Da fragte er nach seinem Helm, Brünne, Speer und Schwert. Der Ritter sagte ihm, dass dies alles Waffen waren, die König Artus ihm gegeben hatte. Er fragte, wo dieser König war, [der] so freigiebig [war], oder ob er ihm Waffen geben wollen würde. Der Ritter antwortete: „Das musst du versuchen.“ NKS 1794 Saga [von] Ritter Parceval. So beginnt diese Erzählung, dass ein Mann lebte, der eine Frau hatte. Sie besaßen einen Sohn, ein Einzelkind, der Parceval hieß. Dieser Mann war vom Namen ein Bauer, aber vom Rang ein Ritter. Er war bester aller Ritter gewesen. Er hatte sich eine Königstochter als Kriegsbeute genommen und lebte seitdem in der Wildnis, weil er nicht wagte, unter anderen Leuten zu sein. Eines Tages, dort als Parceval 12 Winter alt war, er hatte ihn zuvor Bogenschießen und Schwertspiel gelehrt, und so konnte er mit einem Wurfspeer schießen. [...] Aber ihm war nichts anderes im Sinn, als den Ritter zu fragen, ob er Gott sei. Er sagte, seine Mutter habe gesagt, dass nichts ebenso schön wäre wie Gott. Der Ritter antwortete: „Ich bin nicht Gott.“ Da fasste der Junge an seinen Schild und fragte, was das sei. Der Ritter sagte, dass das ein Schild war. Da fragte er nach seinem Helm, Brünne, Speer und Schwert. Der Ritter sagte ihm, dass dies alles Waffen waren, die König Artus ihm gegeben hatte. Er fragte, wo dieser König 3.1 Der Sagaanfang 145 war, [der] so freigiebig [war], oder ob er ihm Waffen geben wollen würde. Der Ritter antwortete: „Das musst du versuchen.“ AM 181 Hier beginnt die Saga von Ritter Parceval. So beginnt diese Erzählung, dass ein Mann lebte, der eine Frau hatte. Sie besaßen einen Sohn, ein Einzelkind, der Parceval hieß. Dieser Mann war Bauer genannt, aber vom Rang ein Ritter. Er war bester aller Ritter gewesen. Er hatte sich eine Königstochter als Kriegsbeute genommen und lebte seitdem in der Wildnis, da er nicht wagte, unter anderen Leuten zu sein. Eines Tages fuhr Parceval 12 Winter alt, er hatte ihn zuvor Bogenschießen und Schwertspiel gelehrt, und so konnte er mit einem Wurfspeer schießen. [...] Aber ihm war nichts anderes im Sinn, als den Ritter zu fragen, ob er Gott sei. Er sagte, seine Mutter habe gesagt, dass nichts ebenso schön wäre wie Gott. Der Ritter antwortete: „Ich bin nicht Gott.“ Da fasste der Junge an seinen Schild und fragte, was das sei. Der Ritter sagte, das war ein Schild. Da fragte er nach seinem Helm, Brünne, Speer und Schwert. Der Ritter sagte ihm, dass dies alles Waffen waren, die König Artus ihm gegeben hatte. Er fragte, wo dieser König war, [der] so freigiebig [war], oder ob er ihm Waffen geben wollen würde. Der Ritter antwortete: „Das musst du versuchen.“ MS 1015/ NKS 1691 Hier beginnt die Saga von Ritter Parceval. So beginnt diese Erzählung, dass ein Mann lebte, der eine Frau hatte. Sie besaßen einen Sohn, ein Einzelkind, der Parceval hieß. Dieser Mann war Bauer genannt, aber vom Rang ein Ritter. Er war bester aller Ritter gewesen. Er hatte sich eine Königstochter als Kriegsbeute genommen und lebte seitdem in der Wildnis, da er nicht wagte, unter anderen Leuten zu sein. Eines Tages fuhr Parceval 12 Winter alt, er hatte ihn zuvor Bogenschießen und Schwertspiel gelehrt, und so konnte er mit einem Wurfspeer schießen. [...] Aber ihm war nichts anderes im Sinn, als den Ritter zu fragen, ob er Gott sei. Er sagte, seine Mutter habe gesagt, dass nichts ebenso schön wäre wie Gott. Der Ritter sagt: „Ich bin nicht Gott.“ Da fasste der Junge an seinen Schild und fragte, was das sei. Der Ritter sagt, das war ein Schild. Da fragte er nach seinem Helm, Brünne, Speer und Schwert. Der Ritter sagt ihm, dass dies alles Waffen waren, die König Artus ihm gegeben hatte. Er fragte, wo dieser König war, [der] so freigiebig [war], oder ob er ihm Waffen geben wollen würde. Der Ritter sagt: „Das musst du versuchen.“ BL Add. 4859 Hier beginnt die Saga von Parceval Artusritter. Kapitel 1. So beginnt diese Erzählung, dass ein Mann lebte, der eine Frau hatte. Sie besaßen einen Sohn, ein Einzelkind, der Parceval hieß. Dieser Mann war vom Namen ein Bauer, aber vom Rang ein Ritter. Er war bester aller Ritter gewesen. Er hatte sich eine Königstochter als Kriegsbeute genommen und lebte seitdem so, [dass] er nicht wagte, unter anderen Leuten zu sein. Und als Parceval 12 Winter war, hatte sein Vater ihn 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 146 Bogenschießen und Schwertspiel gelehrt, und so konnte er mit einem Wurfspeer schießen. [...] Aber ihm war nichts anderes im Sinn, als den Ritter zu fragen, ob er Gott sei. Er sagte, seine Mutter habe gesagt, dass nichts ebenso schön wäre wie Gott. Der Ritter antwortete: „Ich bin nicht Gott.“ Da fasste der eine Junge an seinen Schild und fragte, was das sei. Der Ritter sagte, dass sei ein Schild. Da fragte er nach seinem Helm, Brünne, Schwert und Schild. Der Ritter sagte ihm, dass dies alles Waffen waren, die König Artus ihm gegeben hatte. Er fragte, wo dieser König war, [der] so freigiebig [war], oder ob er ihm Waffen geben wollen würde. Der Ritter antwortete: „Das musst du versuchen.“ AM 395 Die Saga von Parceval. So beginnt diese Erzählung, dass ein Mann lebte, der eine Frau hatte. Sie besaßen einen Sohn, ein Einzelkind, der Parceval hieß. Dieser Mann war vom Namen ein Bauer, aber vom Rang ein Ritter. Er war bester aller Ritter gewesen und hatte sich eine Königstochter als Kriegsbeute genommen und lebte seitdem in der Wildnis, so, [dass] er nicht wagte, unter anderen Leuten zu sein. Eines Tages als Parceval 12 Winter war, ritt er in den Wald um sich zu üben. [...] Aber ihm war nichts anderes im Sinn, als den Ritter zu fragen, ob er Gott sei. Er sagte, seine Mutter habe gesagt, dass nichts ebenso schön wäre wie Gott. Da fasste der Junge an seinen Schild und fragt, was das sei. Der Ritter sagte, dass wäre ein Schild. Da fragte er nach seinem Helm, Brünne, Speer und Schwert. Der Ritter sagte, das seien die Waffen, die König Artus, ihm gegeben hatte, sein Herrschaftlichkeit sei daran zu sehen. Er fragte, wo dieser König war, [der] so freigiebig [war], oder ob er ihm Waffen geben wollen würde. Der Ritter sagt: „Das musst du versuchen.“ Lbs 1907 Hier beginnt die Saga von Ritter Parceval. So beginnt diese Erzählung, dass ein Mann lebte, der eine Frau hatte. Sie besaßen einen Sohn, ein Einzelkind, der Parceval hieß. Dieser Mann war Bauer genannt, aber vom Rang ein Ritter. Er war bester aller Ritter gewesen. Er hatte sich eine Königstochter als Kriegsbeute genommen und lebte seitdem in der Wildnis, da er nicht wagte, unter anderen Leuten zu sein. Vorkommen und Analyse der Textvarianz in allen Handschriften Folgende Abhängigkeiten der Handschriftentexte sind aufgrund der Textvarianz und den Handschriftenrelationen aus Kapitel 2 anzunehmen: Direkte Abschriften von der einzig erhaltenen mittelalterlichen Handschrift Holm 6 sind NBO 3652, AM 181 und AM 179. Auf AM 181 basieren TCD 1015, NKS 1691, Lbs 1907 sowie indirekt BL Add. 4859. Auf AM 179 basieren NKS 3310, NKS 1794. AM 395 steht mit AM 179 in Beziehung. 3.1 Der Sagaanfang 147 Generell sind in allen Handschriften folgende Textunterschiede feststellbar. Der Titel wird entweder gebildet mit „hefst“ (fängt an) in AM 181, BL Add. 4859, TCD 1015, NKS 1691 und Lbs 1907 oder „byrjar“ (beginnt) in Holm 6 und NBO 3652 oder ohne ein Verb in AM 179. In AM 179 zeigt sich somit eine minimale bedeutungsunterscheidende Textvarianz gegenüber allen übrigen Handschriften. Folgende Textunterschiede sind zwischen Holm 6 und seinen direkten Abschriften NBO 3652, AM 179 und AM 181 erkennbar: NBO 3652 ist die genauste Abschrift, AM 179 weist, neben der abweichenden Überschrift, einen zweimaligen Wortaustausch auf mit „þar“ (dort) und „obygd“ (Wildnis), obwohl dieser zu keinem inhaltlichen Bedeutungsunterschied führt. AM 181 dagegen weist mehrere Unterschiede gegenüber Holm 6 auf, die auf den Abschreibeprozess zurückzuführen sind. Es kommt zu einem Wortaustausch mit „hann“ (er) statt „er“ (welcher), „nefndur“ (genannt) statt „nafnbot“ (Namen), „for“ (fuhr) statt „var“ (war) und zu mehrfacher Wortauslassung. Inhaltlich führt dies zu geringen inhaltlichen Bedeutungsunterschieden in der Darstellung der Handlung. Die Lesart „þa bygd“ (Wildnis) in Holm 6 wird in AM 179 zu „obygd“ (Wildnis), was in der Übersetzung bedeutungsgleich ist. Die Abschrift NKS 3310 weist gegenüber AM 179 keine Unterschiede auf. NKS 1794 enthält gegenüber seiner Vorlage eine Hinzufügung und Auslassung. In NKS 1794 findet sich neben dem Titel ein paratextueller Hinweis „skrefnu efter codic Cart No AM 179 Bibl A Magn: in Folio T: Olavius“ (geschrieben nach dem Codex AM 179 fol T: Olavius), der auf die Herkunft des Texts sowie den Schreiber der Handschrift NKS 1794 verweist. Folgende Textunterschiede sind in TCD 1015, NKS 1691 und Lbs 1907 als Abschriften von AM 181 erkennbar: Lbs 1907 ist als fragmentarischer Text erhalten, aber folgt soweit AM 181. TCD 1015 und NKS 1691 sind die genausten Abschriften von AM 181 und zeigen lediglich dreimal das Wort „segir“ (sagen) anstelle von „sögðu“ (sagten), was inhaltlich zu keinem Bedeutungsunterschied führt. Dieser Wortaustausch geht sicher auf die Abkürzung „s.“ in AM 181 zurück, welche die Abschriften jeweils anders interpretieren. Bei der Auflösung der Abkürzung wird der Textvorlage AM 181 fol gefolgt. BL Add. 4859 weist gegenüber dem nächsten Verwandten AM 181 mehrfach anderes Vokabular auf. Es handelt sich dabei um die Ersetzung von Wörtern durch solche mit anderer Bedeutung bei „aður“ (andere) durch „faður“ (Vater), „og er var“ (und der war) statt „einn dag for“ (eines Tag fuhr), „spioti ok sverdi“ (Speer und Schwert) statt „sverde og skyllde“ (Schwert und Schild) sowie Wortaustausch mit derselben Bedeutung „þannem“ (so) statt „Sva“ (so), „spurdi“ (fragte) statt „fretti“ (fragte). Durch diese Textvarianz wird der Aktualisierungsprozess des Sagatexts in BL Add. 4859 sehr deutlich. Es finden sich Hinzufügungen wie „Cap. I“, „hanns“ (sein) und „eirnin“ (ein). Wenn diese bedeutungsunterscheidende Textvarianz nicht auf eine andere Zwischenhandschrift zurückgeht, so kann an dieser Stelle als Grund für die Textvarianz nur der Entstehungskontext von BL Add. 4859 herangezogen werden. 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 148 Varianzzahlen in Textbeispiel 3.1.3 6/ 3652 179/ 3310 1794 181 1015/ 1 691 4859 395 6/ 3652 0/ +10/ 3 0/ +8/ 4 0/ +12/ 4 0/ +12/ 8 -1/ +13/ 11 -9/ +24/ 15 179/ 3310 13 -2/ 0/ 0 -3/ +6/ 4 -2/ +5/ 8 -6/ +8/ 11 -9/ +14/ 15 1794 12 2 0/ +6/ 10 -2/ +7/ 8 -5/ +8/ 12 -9/ +16/ 16 181 16 13 16 0/ 0/ 4 -3/ +4/ 8 -6/ +11/ 10 1015/ 1691 20 15 17 4 -3/ +4/ 12 -6/ +11/ 13 4859 25 25 25 15 19 -11/ +17/ 21 395 48 38 41 27 30 49 AM 395 steht vermutlich mit dem AM 181-Text in Verbindung und zeigt dieser Handschrift gegenüber eine starke Kürzungstendenz an vier Stellen, aber auch die Hinzufügung von Wörtern ist erkennbar, wie „einn“ (ein), „hans höfdingesskap mælti hann þar af sia“, (seine Herrschaftlichkeit sei daran zu sehen) sowie Zusammenfassungen wie „reid hann a skog ad ydka seg“ (ritt er in den Wald um sich zu üben) anstelle von „hann hafdi adr kent honum skott ok skylming ok sva kunni hann gaflaukum ath skiota“ (er hatte ihn zuvor Bogenschießen und Schwertspiel gelehrt, und so konnte er mit einem Wurfspeer schießen). Die Textaktualisierung in AM 395 erklärt nicht, in welcher Form sich Parceval im Wald ertüchtigt, sie führt durch den geringen Informationsgehalt daher zu einer bedeutungsunterscheidenden Textvarianz. Jedoch hat dieser Aspekt keine Auswirkung auf die Sagahandlung selbst, da Parcevals späterer Lehrer Gormanz ihn das Ritterspiel lehren wird. Der weitere Austausch von Vokabular wird deutlich in „spurdi“ (fragte) statt „spyr“ (fragt), „spyr“ statt „spurdi“, „sie“ (sei) statt „være“ (wäre), „segir“ (sagt) statt „svarer“ (antwortet) oder „þad vera“ (das sind) statt „þetta voru allt“ (das waren alle). Gründe und Fazit für Textvarianz in diesem Textbeispiel Zusammenfassend ist festzustellen, dass die höchsten Werte gegenüber den anderen Handschriften Holm 6 bei den sogenannten Hinzufügungen zeigt, da hier generell ein längerer Titel vorhanden ist. Da nur eine mittelalterliche Textversion erhalten ist und alle weiteren erhaltenen Handschriften auf diese zurückgehen, ist eine geringere Voraussetzung für Textvarianz geboten. In der weiteren Überlieferung sticht AM 395 durch seinen deutlich kürzeren Text hervor. Bei der Verwendung von anderem Vokabular stechen AM 395 und BL Add. 4859 hervor, welches auf eine Textaktualiserung hinweist. Die antiquarischen Handschriften AM 181 und AM 179 unterscheiden sich von ihrer Vorlage Holm 6 maßgeblich durch die Kürzung bzw. Änderung des Titels. Die 3.2 Die Begegnung mit der Liebe 149 akademischen Handschriften, die auf AM 181 bzw. AM 179 zurückgehen, zeigen eine sehr geringe Textvarianz. Die wissenschaftliche Handschriftengruppe, vertreten durch NBO 3652 und NKS 3310, weist gegenüber ihren jeweiligen Vorlagen keine Unterschiede auf. Die divergente Handschrift AM 395 zeigt die höchsten Varianzpunkte durch ihren wesentlich kürzeren Text gegenüber ihrem nächsten Verwandten AM 181. Festzustellen ist, dass AM 181, BL Add. 4859 und vor allem AM 395 die größte und bedeutungsunterscheidende Textvarianz in der weiteren Überlieferung zeigen. Bei BL Add. 4859 spielt dabei der Entstehungskontext der Handschrift eine Hauptrolle. Bei AM 395 ist unklar, ob die verlorenen Textvorlagen diese Textvarianz bereits zeigten, oder ob die Textvarianz auf die Entstehungsumstände von AM 395 zurückzuführen ist. Die Textüberlieferung der Parcevals saga ist daher in diesem Textbeispiel im Wesentlichen und bis auf die Ausnahme AM 395 durch Textstabilität geprägt. 3.2 Die Begegnung mit der Liebe In den drei Erzählungen treffen die Ritter bei einer Ausfahrt bzw. bei einem Abenteuer ihre zukünftige Frau. Erex und Parceval treffen diese auf der Suche nach einer Herberge. Dabei stellt sich heraus, dass das Burgfräulein ihre Hilfe benötigt, um aus den Fängen eines Feindes befreit zu werden. In der Ívens saga dagegen fungiert Íven selbst als Feind, da er den Mann seiner zukünftigen Frau im Kampf tötet und sich in dessen trauernde Witwe verliebt. Íven hält sich daraufhin in der Burg seines Gegners versteckt. Erst mit Hilfe eines Burgfräuleins kann sich Íven der Burgherrin als neuer Beschützer anbieten. Dieses unausbalancierte Verhältnis zwischen Íven und seiner Frau sowie die Fehlbarkeiten Ívens setzen sich bis zum Ende der Saga fort. Die Darstellung der Liebe in der Erex saga ist wiederum durch eine Gegenseitigkeit geprägt, die sich auch durch die gesamte Handlung fortsetzen wird. Nachdem Evida und Erex einander geheiratet haben, treten sie fortan oftmals zusammen auf und bestehen auch gemeinsam Abenteuer. In der Parcevals saga entscheidet sich Parceval zur Rettung von Blankiflúr und ihres Hofes, nachdem diese ihn nachts im Schlafgemach besucht hat. Die Begegnung mit der Liebe wird in allen drei Sagas durch die formelhafte Darstellung der Frau in ihrer Schönheit und den Vergleich, dass sich keine Vergleichbare auf der Welt findet, eingeleitet. Die Beschreibung der Frau nährt sich zudem aus der gefühlsbetonten und introspektiven Sprache, die das Leiden des Verliebtseins auch als Wahnsinn oder Liebeskrankheit (amor hereos) schildert und durch die Innenschau der Gefühle der Protagonisten sowie einen Dialog zwischen den Liebenden noch gesteigert wird. 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 150 3.2.1 Íven begegnet seiner zukünftigen Frau Holm papp 46 fol, 8r-8v þar sä Ivent huar früinn sat ok syrgdi sinn Bönda mi ǫ k hormuliga, enn stundumm fiell hon i övit, hon var skrijdd skijnandi skickiu, hon var þä bi ǫ rt sem dagss Brün, enn hennar litur sem at samtemprat væri þad sniö huita Gras Lilium ok hin rauda Rösa enn Harid sem Gull borit Augu hennar voru skynande sem Carbünculi þeir steinar sem sva heita, hennar M ǫ ttull var af Bisso allur skijnandi ok ǫ ll hennar klædi voru Gulli büinn þat bæta þötte, ok þöttu þo sv ǫ rt hiä hennar Birte. Hon griet sarliga sva at hennar M ǫ ttull var allur votur Vidur þessa syn brä Ivent sva at hann hitnadi af brennandi Ast til hennar, ok elskadi hana af ǫ llumm Hug ok syrgdi || þegar meir hennar harmm enn sinn dauda. AM 489 4to, 49v-55r enn eftir likinu geck eín fru suo faugur at j allri ueraulld[u matti eigi finnazt hennar noti] hun syrgdi ok æptí sínn harm stundum fell hun j ouít allir menn uoru [þar] harms fullir ok sem likit kom j midia hollína toku oll sarín at blæda suo at blodit [rann] alla uega af baurunum þeir mæltu þa uisuliga er sa madr her jnni er uoru herra hefir drepit || [...] enn herra I[ven] uar þat hínn [me]stí harmur er hann mattí eckí tala uid hana enn hun ueínadi ok kærdí síg enn stundum fell [000] stundum kyrkti hun sig ok uilldí sialf drepa sig ok þui meír lystadí hann at [000] hana ok elskadí hana af ollum hug ok uilldí giarna tala uid hana ok suo mikla ast hafdi [000] at helldr uilldi hann deyía þar en tala eigi nockut uid hana ok freista ef hann [mæ]ttí fa hennar ast j þessu kemr iungfrúinn su gangandí er hann uardueíttí ok sa hann j huga [fu]llann ok ast bundínn sem hann r uissí eigi huat hann uilldí hun mælti herra Iuen huat byr nu j [li]fi þinu þann hug segir hann sem mer uel lika BL Add. 4857 fol, 118r-118v Enn eptir lijkinnu gieck ein fru suo fogur ad I allre verølldu mätte ei finnast hennar noote, hun syrgde og æpte sinn herra, stundum fiell hun i övit, aller menn Voru þar harms fuller, og sem lijked kom i midia hollina || töku öll sarinn ad blæda, so ad blöded Rann alla vega aff Børunum þejr mællttu þä Vissulega er sä madur hier Inne er voru herra heffur dreped, [...] Enn herra Ivennt var hinn mestr harmur, er hann mätte ecke tala vid hana, Enn hun veinade og kiærde sig, enn stundum fiell hun J övit, stundum kyrkte hun sig, og villde siälf drepa sig, og þui meire forleinging haffde hann til ad siä hana, og af ollum huga og hiarta elskade hann hana, og villde giarnann tala vid henna, og so mikla ást haffde hann ä henne, ad helldur villde hann deyia þar, enn tala ei nockud vid hana og freijsta ef hann mætte fä hennar äst. J þessu keimur jomfruinn gangande su er hann vardueitte, og sä hann J huga fullar og astbundenn sem hun visse ei huad hann villde, hun mælltte. herra Ivent, hvoad bijr nu J lijffe þinnu; Þann hugur seiger hann sem mier vellijkar: 3.2 Die Begegnung mit der Liebe 151 BL Add. 4859 fol, 35r-35v Enn epttir lykinu giekk Ein frua svo føgur, ad I Allre verølldu m ꜳ tti ej finnast hennar nooti, hun syrgdi miog og æpti sinn Herra, og stundum fiell hun I Ovit, Aller menn voru þar harms fuller, og sem lyked Kom I Midia Høllina töku øll s ꜳ rin ad blæda, so bloded rann Alla vega Af Børunum, þeir mælti þ ꜳ visulega er s ꜳ madur hier Inne, er voru herra hefr dreped, [...] Enn herra Iven var þat hinn mesti harmr, er hann matti ekkj tala vid Hana || Hun veinadi miøg, og kiærdi sig, Enn stundum fiell hun i ovit, og stundum Kyrktti hun sig og villdi sialf drepa sig, Enn þvi meiri for lenging hafdi Hann til ad si ꜳ hana, og þinna og Af øllum hug og hiarta Elskadi hann hana, og villdi Giarnan þ ꜳ ad tala vid hana, og so mikla Aast hafdi hann ꜳ henne, ad helldur villde hann deyja þar, Enn tala ei nockud vid Hana, og freysta ef hann mætti f ꜳ Aast hennar. I þessu kom jomfruinn þar Inn Gangandi, su er hann vardveitte, og saa hann i huga fullann og Astbundinn, sem hann vissi ei hvad hann villdi hun mælti vid hann, hvad hefr þu i lijfe þijnu? Þann hug sagdi hann sem mier lykar vel AM 588a 4to, 6v-7r Enn efftir Lijkinu gieck Eijn fru, so fogur, ad Um alla verolldu matti Eij finnast, Hennar nöti, hun sirgdi miog sinn herra, og stundum fiell hun J Ovit, allir menn voru þar harmsfullr, Og sem lijkid kom i midia hollina, tooku oll särin ad blæda, so ad blödid rann alla vega Vt af borunum, þeir mælti þä Vissulega Er sä madur hier Jnni sem Voru herra hefur drepid, [...] Enn Ivent var þad hinn mesti harmur, ad hann matti Ecki tala vid hana, hun veinadi mióg og kiærdi sig, Enn stundum fiell hun J ovit, stundum vildi hun sialf kijrkia sig, og drepa, Enn þvj meiri for leingingu hafdi hann til ad siä hana, og meiga med hennj saman ræda, Og so elskadi hann hana, Af ollu hiarta ad helldur villdi hann deija þar, Enn ad hann feingi ecki ad tala vid hana, og freijsta Ef hann matti fä hennar ast; J þessu keimur þar Inngangandi Jomfruin su Er hann Vardveitti, og sä hann vera J huga fullan, og astbundinn sem hann vissi Eij hvad hann villdj, hun mælti vid hann, hvad hefur þu j lijfi þijnu; þann hug sagdi hann, sem mjer lijkar vel, AM 395 fol, 953-954 og þar ytter gieck ein fru so fogur ad um alla veröldina var ej hennar lijki, hun sirgdi miog sinn herra og stundum fiell hun i övit, og sem lijkid kom i midia höllina töku oll särinn ad blæda so blödid rann alla vega, þeir mæltu sem lijkid bäru vissulega er sä madur hier inni sem voru herra hefur dreped [...] || [...] Iuvent var þad sin mesti harmur ad hann mätti ej tala vid hana, so elskadi hann hana af öllu hiarta og helldur villde hann deija þar enn hann feingi ej hennar äst, iþessu kiemur apttur su mær er hann vardveitta og sä ad hann var hugsinur Holm perg 6 4to, 27r astbundínn sem hann vissi eigi huatt hann vildí. hon mælti vid hann huat hefir þu J lifí þínu. þan hugg sagði hann. sem mer vel likar vel. 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 152 NBO 3652: 13 fol, 27r astbundinn sem hann vissi eigi huat hann vildi. hon mælti vid hann hvat hefir þu j lifi þinu þan hug sagði hann sem mer vel likar vel. AM 179 fol, 70r astbundin sem hann vissi ei huad hann villdi. Hun mællti vid hann huad hefur þu i lyfi þinv þann hug sagde hann sem mier likar vel NKS 3310 4to, 10 ástbundinn sem hann vissi eigi hvat hann vildi. Hun mælti við hann: hvat hefir þú í lifi þínu; Þann hug sagði hann, sem mer likar vel. AM 181a fol, 3va Astbunndinn, sem hann Vissi ej huad hann villdj, hun mælti Vid hann, huad hefur þu I lyfi þijnu, þann hug sagði hann sem mier Vel lykar TCD 1015 8vo, 66 ástbundin sem hann vissi ecke hvad hann vilde, hun mælte vid hann, hvad hefr þu í lífe þínu; þann hug seger hann sem mier vel likar; NKS 1691 4to, 37 ástbundinn, sem hann visse ei hvad hann villde, hun mællte vid hann, hvad hefur þu í lífe þínu, þann hug seiger hann, sem mier vel líkar Übersetzungen Holm 46 Da sah Iven, wo die Frau saß und ihren Mann betrauerte. Sie [war] sehr traurig und fiel zeitweise in Ohnmacht. Sie war in einen glitzernden Mantel gewandet. Sie war so hell wie der Tagesanbruch, aber ihr Antlitz war wie eine Mischung der schneeweißen Graslilie und der roten Rose und das Haar wie Gold gefärbt. Ihre Augen waren leuchtend wie Karfunkel, wie diese Steine heißen. Ihr Mantel war aus ganz scheinendem Stoff und ihre ganze Kleidung war mit Gold versehen, das [war] zur Verzierung gedacht, und erschien doch schwarz gegenüber ihrem Leuchten. Sie weinte schmerzlich, so dass ihr Mantel ganz nass war. Bei diesem Anblick änderte [sich] Iven, so dass er von brennender Liebe zu ihr getroffen wurde und sie von ganzem Sinn liebte und mehr durch ihr Leid besorgt war als [vor] seinem Tod. AM 489 Aber hinter der Leiche ging eine Frau, so schön, dass sich auf der ganzen Welt keine Ihresgleichen finden konnte. Sie trauerte und klagte ihren Kummer, zeitweise fiel sie in Ohnmacht. Alle Männer waren voller Trauer und als die Leiche in die Mitte der Halle kam, begannen alle Wunden zu bluten, so dass [das] Blut alle Wege/ in alle Richtungen von der Bare rann. Sie riefen, das zeigt, dass der Mann hier drinnen [ist], der unseren Herrn getötet hat, und wir beginnen jetzt, nach ihm zu suchen [...] Aber Herrn Iven war das die größte Sorge, dass er nicht mit ihr sprechen konnte. Und sie weinte und sorgte sich und fiel zeitweise in Ohnmacht und zeitweise würgte sie sich und wollte sich selbst töten. Umso mehr lüstete es ihn, sie zu sehen und liebte sie von ganzem Sinn und wollte gern mit ihr sprechen. Und so große Liebe hatte [er] zu ihr, dass er lieber sterben wollte, als nicht etwas mit ihr zu sprechen und zu versuchen, ob er ihre Liebe bekommen könnte. Da kam ihre Jungfrau gegangen, welche [auf] ihn aufpasste, und sah ihn gedankenversunken und liebesgebunden, dass er nicht wusste, was er wollte. Sie sprach: „Herr Iven, was geschieht jetzt in deinem Leben? “ „Diesen Gedanken“, sprach er, „der mir wohl gefällt.“ 3.2 Die Begegnung mit der Liebe 153 BL Add. 4857 Aber hinter der Leiche ging eine Frau, so schön, dass sich auf der ganzen Welt keine ihres Gleichen finden konnte. Sie trauerte und klagte [um] ihren Herrn, zeitweise fiel sie in Ohnmacht. Alle Männer waren voller Trauer und als die Leiche in die Mitte der Halle kam, begannen alle Wunden zu bluten, so dass [das] Blut alle Wege/ in alle Richtungen von der Bare rann. Sie riefen, das zeigt, dass der Mann hier drinnen [ist], der unseren Herrn getötet hat, und wir beginnen jetzt, nach ihm zu suchen [...] Aber Herrn Iven war die größte Sorge, dass er nicht mit ihr sprechen konnte. Und sie weinte und sorgte sich und fiel zeitweise in Ohnmacht und zeitweise würgte sie sich und wollte sich selbst töten. Umso mehr Verlangen hatte er sie zu sehen und er liebte sie von ganzem Sinn und Herzen und wollte gern mit ihr sprechen. Und so große Liebe hatte [er] zu ihr, dass er lieber sterben wollte, als nicht etwas mit ihr zu sprechen und zu versuchen, ob er ihre Liebe bekommen könnte. Da kam ihre Jungfrau gegangen, welche [auf] ihn aufpasste, und sah ihn gedankenversunken und liebesgebunden, dass sie nicht wusste, was er wollte. Sie sprach: „Herr Iven, was geschieht jetzt in deinem Leben? “ „Diesen Gedanken“, sprach er, „der mir wohl gefällt.“ BL Add. 4859 Aber hinter der Leiche ging eine Frau, so schön, dass sich auf der ganzen Welt keine ihres Gleichen finden konnte. Sie trauerte sehr und klagte [um] ihren Herrn und zeitweise fiel sie in Ohnmacht. Alle Männer waren voller Trauer und als die Leiche in die Mitte der Halle kam, begannen alle Wunden zu bluten, so rann [das] Blut alle Wege/ in alle Richtungen von der Bare. Sie riefen, das zeigt, dass der Mann hier drinnen [ist], der unseren Herrn getötet hat, und wir beginnen jetzt, nach ihm zu suchen [...] Aber Herrn Iven war die größte Sorge, dass er nicht mit ihr sprechen konnte. Und sie weinte sehr und sorgte sich und fiel zeitweise in Ohnmacht und zeitweise würgte sie sich und wollte sich selbst töten. Aber umso mehr Verlangen hatte er sie zu sehen [? ] und er liebte sie von ganzem Sinn und Herzen und wollte da gern mit ihr sprechen. Und so große Liebe hatte [er] zu ihr, dass er lieber sterben wollte, als nicht etwas mit ihr zu sprechen und zu versuchen, ob er ihre Liebe bekommen könnte. Da kam ihre Jungfrau herein gegangen, welche [auf] ihn aufpasste, und sah ihn gedankenversunken und liebesgebunden, dass sie nicht wusste, was er wollte. Sie sprach: „Herr Iven, was fängst du jetzt mit deinem Leben [an]? “ „Diesen Gedanken“, sprach er, „der mir wohl gefällt.“ AM 588 Aber hinter der Leiche ging eine Frau so schön, dass man auf der ganzen Welt keine ihres Gleichen finden konnte. Sie trauerte und klagte ihren Herrn, zeitweise fiel sie in Ohnmacht. Alle Männer waren voller Trauer und als die Leiche in die Mitte der Halle kam, begannen alle Wunden zu bluten, so dass [das] Blut alle Wege/ in alle Richtungen herunter von der Bare rann. Sie riefen, das zeigt, dass der Mann hier drinnen [ist], der unseren Herrn getötet hat, und wir beginnen jetzt nach ihm zu suchen [...] Aber Herrn Iven war die größte Sorge, dass er nicht mit ihr sprechen konnte. Und sie weinte und sorgte sich und fiel zeitweise in Ohnmacht, zeitweise wollte sie sich selbst würgen und töten. Umso mehr Verlangen hatte er sie zu sehen und mit ihr zusammen reden zu können und so liebte er sie von ganzem Herzen und wollte da lieber sterben, als dass er 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 154 nicht erreichte mit ihr zu sprechen und zuversuchen, ob er ihre Liebe bekommen könnte. Da kam ihre Jungfrau gegangen, welche [auf] ihn aufpasste, und sah, dass er gedankenversunken und liebesgebunden war, dass sie nicht wusste, was er wollte. Sie sprach: „Herr Iven, was fängst du jetzt mit deinem Leben [an]? “ „Diesen Gedanken“, sprach er, „der mir wohl gefällt.“ AM 395 und dahinter ging eine Frau so schön, dass in der ganzen Welt keine [mit] ihr Vergleichbare war. Sie trauerte sehr um ihren Herrn und fiel zeitweise in Ohnmacht. Und als die Leiche in die Mitte der Halle kam, begannen alle Wunden zu bluten, so [dass] das Blut in alle Richtungen lief. Die, welche die Leiche trugen, sprachen: „Offensichtlich ist der Mann hier drinnen, der unseren Herren getötet hat.“ [...] Íven war da sehr besorgt, dass er nicht mit ihr sprechen kann, so liebte er sie von ganzem Herzen und lieber wollte er sterben, als dass er nicht ihre Liebe bekam. Sogleich kam das Mädchen herein, das auf ihn aufpasste, und sie sah, dass er gedankenvoll war. Holm 6/ NBO 3652 und liebesgebunden, so dass er nicht wusste, was er wollte. Sie sprach zu ihm: „Herr Iven, was fängst du jetzt mit deinem Leben [an]? “ „Diesen Gedanken“, sprach er, „der mir wohl sehr gefällt.“ AM 179/ NKS 3310 und liebesgebunden, so dass er nicht wusste, was er wollte. Sie sprach zu ihm: „Herr Iven, was fängst du jetzt mit deinem Leben [an]? “ „Diesen Gedanken“, sprach er, „der mir wohl gefällt.“ AM 181 und liebesgebunden, so dass er nicht wusste, was er wollte. Sie sprach zu ihm: „Herr Iven, was fängst du jetzt mit deinem Leben [an]? “ „Diesen Gedanken“, sprach er, „der mir wohl gefällt.“ TCD 1015/ NKS 1691 und liebesgebunden, so dass er nicht wusste, was er wollte. Sie sprach zu ihm: „Herr Iven, was fängst du jetzt mit deinem Leben [an]? “ „Diesen Gedanken“, sagt er, „der mir wohl gefällt.“ Vorkommen und Analyse der Textvarianz in allen Handschriften Folgende Abhängigkeiten der Handschriftentexte sind aufgrund der Textvarianz und Handschriftenrelationen anzunehmen: Bei Holm 46 ist weder eine Vorlage noch eine Abschrift erkennbar. BL Add. 4857 basiert auf AM 489. Holm 6 weist in 3.2 Die Begegnung mit der Liebe 155 diesem Textbeispiel eine große Lakune auf. AM 181 und AM 179 basieren auf Holm 6. TCD 1015 und NKS 1691 basieren auf AM 181. NKS 3310 basiert auf AM 179. In diesem Textbeispiel basieren die Handschriften BL Add. 4859, AM 588, AM 395 aufgrund der Lakune von Holm 6 auf dem AM 489-Text. Nachdem der Text in Holm 6 fortsetzt, folgen die Handschriften wieder Holm 6. Folgende Textunterschiede sind zwischen den mittelalterlichen Handschriften Holm 6 und AM 489 sowie Holm 46, als Abschrift einer verlorenen mittelalterlichen Handschrift, erkennbar: Da Holm 6 an dieser Stelle eine Lakune aufweist, ist vom Text nur ein kleiner Abschnitt erhalten, doch der erhaltene Text ist bis auf drei Textunterschiede gegenüber AM 489 gleich. Holm 6 zeigt Bedeutungsunterschiede in „vid hann“ (zu ihm) gegenüber AM 489 „herra Íven“ (Herr Iven) sowie „hefir þu“ (hast du) gegenüber „byr nu“ (geschieht jetzt) und „vel likar vel“ (wohl sehr gefällt) gegenüber „vel likar“ (wohl gefällt). Holm 46 zeigt gegenüber AM 489 einen kürzeren und größtenteils unterschiedlichen Text. In Holm 46 folgt eine ausführliche Personen- und Gefühlsbeschreibung der Frau, die dadurch in den Vordergrund der Handlung tritt. In AM 489 dagegen wird Ívens Befinden beschrieben und die Handlung steht im Vordergrund. Der in Holm 46 angeführte Text kann eine nordische Invention sein, da AM 489 der erhaltenen französischen Textversion in diesem Textbeispiel näher steht. Trotz der starken Textunterschiede weisen AM 489 und Holm 46 auch Gemeinsamkeiten auf, wie die Textstellen „syrgdi [...] sinn“ (trauerte ... seinen), „stundum fell hon j ovit“ (zeitweise fiel sie in Ohnmacht), „ok elskadi hana af öllum hug“ (und liebte sie von ganzem Sinn). Folgende Textunterschiede sind in der Abschrift BL Add. 4857 gegenüber AM 489 erkennbar: In BL Add. 4857 ist der Austausch von Wörtern in „forleinging hafde hann til ad siä“ (Verlangen hatte er zu sehen) mit einem minimalen inhaltlichen Bedeutungsunterschied offensichtlich. Die Hinzufügung in „af ollum huga og hiarta“ (von ganzem Sinn und Herzen) zeigt eine Alliteration und Verstärkung der Aussage. BL Add. 4859 steht mit BL Add. 4857 in Zusammenhang und weist gegenüber BL Add. 4857 folgende Hinzufügungen auf: „miog“ (sehr), „og þinna“ (und von dir), was in der Übersetzung des Satzes allerdings keinen Sinn ergibt, sowie „þa ad“ (da), „þar inn“ (herein). Sobald die Lakune in der Holm 6 Version einsetzt, folgt auch BL Add. 4859 vermutlich einer AM 179 Version, was sich an „vid hann“ (zu ihm) und „lykar vel“ (wohl gefällt) erkennen lässt. BL Add. 4859 zeigt eine interessante Textvarianz mit minimalen Bedeutungsunterschieden, die wiederum Zeichen der Textaktualisierung sind. In AM 588 ist eine Hinzufügung und Auslassung von Wörtern erkennbar bei „og meiga med henni saman ræda“ (und mit ihr zusammen reden zu können) sowie „ad hann feingi ad tala“ (dass er erreichte mit ihr zu sprechen). 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 156 Varianzzahlen in Textbeispiel 3.2.1 1015/ 1691 99 159 108 84 173 106 1 2 1 181 99 159 108 84 173 106 1 1 0/ 0/ 1 179/ 3310 99 159 108 84 173 106 1 0 0/ 0/ 1 6/ 3652 100 158 109 85 174 107 0/ +1/ 0 0/ +1/ 0 0/ +1/ 1 395 113 112,5 123 126 102,5 0/ 107/ 0 0/ 106/ 0 0/ 106/ 0 0/ 106/ 0 588 182 46 46,5 25 -3/ +89/ 10,5 -1/ 173/ 0 0/ 173/ 0 0/ 173/ 0 0/ 173/ 0 4859 188 28 20 -12/ +5/ 8 -2/ +107/ 17 -1/ 84/ 0 0/ 84/ 0 0/ 84/ 0 0/ 84/ 0 4857 167 8,5 -11/ +2/ 7 -16/ +19,5/ 11 -5/ +97/ 21 -1/ 104/ 4 0/ 104/ 4 0/ 104/ 4 0/ 104/ 4 489 162 -5,5/ 0/ 3 -16/ 0/ 12 -17/ +11/ 18 -4,5/ +88/ 20 -1/ +154/ 3 0/ +154/ 5 0/ 154/ 5 0/ 154/ 5 46 -52/ 0/ 110 -57/ 0/ 110 -75/ 0/ 113 -69/ 0/ 113 0/ +18/ 95 0/ 100/ 0 0/ 99/ 0 0/ 99/ 0 0/ 99/ 0 46 489 4857 4859 588 395 6/ 3652 179/ 3310 181 1015/ 1691 3.2 Die Begegnung mit der Liebe 157 AM 588 zeigt gegenüber BL Add. 4859 nicht nur eine geringere Wortzahl, sondern auch eine andere Wortwahl und dadurch Bedeutungsunterschiede, die die Textaktualisierung von AM 588 unterstreichen. In AM 395 herrscht gegenüber AM 588 eine Kürzungs- und Zusammenfassungstendenz der Inhalte sowie der Austausch von Wörtern wie „og þar ytter“ (und dahinter) in AM 395 gegenüber AM 588 „enn efftir lykinu“ (aber hinter der Leiche), „var ej hennar lyki“ (war keine ihr Vergleichbare) statt „matti ey finnast hennar nöti“ (keine ihres Gleichen finden konnte), „sem lykid baru“ (welche die Leiche trugen) statt „þa“ (diese), „kiemur aptur su mær“ (kommt das Mädchen herein) statt „keimur inngangandi jomfruin su“ (kommt die Jungfrau herein gegangen) sowie „hugsinur“ (gedankenvoll) statt „huga fullur“ (gedankenversunken). In diesem Textbeispiel wird das andere Vokabular in AM 395 besonders deutlich und lässt sich wahrscheinlich auf den Prozess der Rezeption der Textvorlage und der Textaktualisierung zurückführen. Trotz dieser bedeutungsunterscheidenden Textvarianz in AM 395 gegenüber seinem nächsten Verwandten AM 588 erfolgt doch kein Eingriff in die Sagahandlung, sondern nur in die Darstellung dieser. Da Holm 6 und alle darauf basierenden Handschriften (AM 181, AM 179, NKS 1691, TCD 1015, NKS 3310, NBO 3652) eine große Lakune aufweisen, kann lediglich der darin überlieferte Text mit den AM 489-Handschriften verglichen werden. So weisen vorrangig AM 489 und BL Add. 4857 gegenüber den auf Holm 6 basierenden Texten bedeutungsunterscheidende Textvarianz auf. In den Abschriften AM 181 und AM 179 von Holm 6 ist jeweils eine Weglassung von „vel“ (sehr) nach bzw. vor „lykar“ (gefällt) erkennbar. Die weiteren Abschriften von AM 179 und AM 181 folgen diesen jeweiligen Versionen. Innerhalb der Holm 6-Tradition kommen in dem Bereich bis auf die Auslassung eines Wortes sowie einen Wortaustausch in TCD 1015 und NKS 1691 keine Varianten vor. NBO 3652 und NKS 3310 weisen gegenüber ihren Vorlagen keine Textvarianz auf. Gründe und Fazit für Textvarianz in diesem Textbeispiel Zusammenfassend kann zu Holm 46 und den auf AM 489 basierenden Handschriften bzw. Textabschnitten gesagt werden, dass die größte und vor allem bedeutungsunterscheidende Textvarianz in Holm 46 und AM 395 gegenüber allen übrigen Handschriften vorkommt und die höchsten Varianzzahlen aufweist. Die bedeutungsunterscheidende Varianz ist daher auch am stärksten in Holm 46 gegenüber den übrigen Handschriften vorhanden. Aber auch in AM 395 und in AM 588 kommt der Austausch von Wörtern mit hohen Varianzpunkten vor und eine Nichtüberlieferung des Dialogs. Die divergente Handschriftentradition mit AM 588 und AM 395 und weniger in BL Add. 4859 zeigt eine beachtliche Textvarianz mit Bedeutungsunterschieden. Bei AM 588 und AM 395 ist der Grund für die Textvarianz im Entstehungskontext und in der verlorenen Textvorlage bzw. unbekannten Textüberlieferung zu suchen. Holm 6 weist in diesem Textbeispiel eine große Lakune auf und die ihr folgenden Handschriften entsprechend ebenso, daher zeigen sie im Vergleich zu allen übrigen Handschriften die zahlenmäßig größte Textvarianz. Im Prinzip zeigt 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 158 die antiquarische Handschriftengruppe in BL Add. 4857 gegenüber der Textvorlage Bedeutungsunterschiede, die auf den Entstehungskontext zurückzuführen sind. AM 181 und AM 179 zeigen in dem lakunebedingten kleinen Textabschnitt lediglich einen Varianzpunkt gegenüber ihrer Vorlage. Die akademischen Handschriften TCD 1015 und NKS 1691 zeigen lediglich einen Varianzpunkt gegenüber ihrer Vorlage AM 181. Die wissenschaftlichen Handschriften NBO 3652 und NKS 3310 zeigen keine Textunterschiede gegenüber ihren Vorlagen. Die große Textvarianz basiert in diesem Textbeispiel maßgeblich auf dem Zustand des Texts, da dieser in der Holm 6-Überlieferung lediglich fragmentarisch erhalten ist. Für die Medialität des Sagatexts ist an dieser Stelle daher nicht von einer Textstabilität zu sprechen, da die bedeutungsunterscheidende Textvarianz zu stark in den Vordergrund tritt und nicht nur Auswirkungen auf die Darstellung der Handlung, sondern auch auf das Handlungsgeschehen selbst hat. Die Textvarianz ist daher nicht nur bei den primären Quellen feststellbar, sondern auch in der weiteren Überlieferung bei BL Add. 4857, BL Add. 4859, AM 588, AM 395 sowie der Holm 6-Überlieferung gegenüber allen übrigen Handschriften. In diesem Textbeispiel kann daher nur innerhalb der Holm 6-Überlieferung von einer Textstabilität gesprochen werden. 3.2.2 Erex begegnet Evida Holm papp 46 fol, 46r Mærinn var i lynkyrtle einum fornum ok slitnum enn þö æigi i þui sidi var allur lïkami hennar sva frïdur at Erix þöttist aungva þuilïka sied hafa þar med fylgdi ok hennar lïkams burdur ok ǫ ll kurteijse sva at sialf nättürann undradist at at hon var so frid sk ǫ pud ok þegar felldi hann allann sinn Elsku Hug til hennar. Enn er hon sä sä Erix þä felldi hon alla Ast til hanns ok þötti þö undarligtt at hana skylldi gyrna at elska ökunnann Mann AM 181b fol, 1vb mærinn var J einum lijnkyrtli fornum og slïtnum, enn þo eigi ad sijdur var allur hennar lijkami suo frijdur, ad Erex þottist aungua slijka sied hafa þar fyllgdu aller lijkamanz burder Og kurteysi, suo ed sialf natturan munde annann veg ä kiosa huorsu hun var frijd skopud, Enn er hun sä Erex þa fellde hun allann sinn elskuhuga til hanz, Og þotti þo vndarligt, er hun skyllde kunna ad elska okunnann mann Kall 246 fol, 13 mærin var í eínum línkirtle fornum og slitnum enn þo ei ad sídur var allur hennar likame so frídur, ad Erex þottist einga slika sied hafa þar fylgdu aller likamans burdir og kurteise, so ad siálf nátturann munde ei annann veg ákiosa hvorsu su var fridskopud, enn er hun sá Erex, þá felde hun allann sinn ellsku huga til hans, og þotte þo undarlegt hvorsu hun kunne ad elska || ókunnann mann 3.2 Die Begegnung mit der Liebe 159 NKS 1708 4to, 16 mærenn var í einum linkirtle fornum og slitnum enn þo ei ad sidur var aller hennar líkame svo fridur, ad Erex þottist einga slika sied hafa, þar filgdu aller líkamans burder og kurteise so ad sialf náttur || ann munde ei annann veg ákiosa, hvorsu hun var fridskopud, enn er hun sa Erex þá fellde hun allann sinn ellskuhuga til hans, og þotte þo undarlegt, er hun skylde kunna ad elska okunnann mann BL Add. 4859 fol, 67r mærin var i Einum lijn kyrtle, fornum og slitnum, Enn þo ej ad sijdur var allur hennar lykame svo frijdur ad Erex þottest ongua slijka sied hafa þar fylgdu aller lykamanz burder, og kurteyse. svo ad sialf natturann mundi Ei annan veg ꜳ kiösa, huorsu hun var frijd skøpad, Enn er hun s ꜳ Erex þa felldi hun Allann sinn Elskhuga til hanns, og þotti þo vndarlegt, er hun skyldi kuna ad Elska okunnann mann Lbs 3127 4to, 151v Mærin var ij einum lïnkirtle fornum og slitnum enn þo ej ad sidur var allur hennar lijkame so fridur ad Erex þotteist aungua slijka sied hafa þar filgdu allr lijkamans burdo og kurteise So ad siälf nätturann munde eike ödru visa kiösa huorsu hun var frijd skopud enn er hun sa Erex þa felde hun allann sinn elskhuga til hans og þotte þo undarlegt er hon skillde elska ökiendann mann Übersetzungen Holm 46 Das Mädchen war in einem alten und zerschlissenen Leinenkittel, aber in dieser Art doch nicht weniger war ihr ganzer Körper so schön, dass Erex dachte, keine Vergleichbare gesehen zu haben, dazu kam auch ihre Körperhaltung und ganze Höfischkeit, so dass selbst die Natur sich wunderte, dass sie so schön geschaffen war, und dadurch verliebte er sich ganz in sie. Aber als sie Erex sah, dann verliebte sie sich ganz in ihn, und es schien doch wunderlich, dass sie verlangen sollte, [einen] unbekannten Mann zu lieben. AM 181 Das Mädchen war in einem alten und zerschlissenen Leinenkittel, aber doch nicht weniger war ihr ganzer Körper so schön, dass Erex dachte, nichts Vergleichbares gesehen zu haben, dazu kam [ihre] ganze Körperhaltung und Höfischkeit, so dass selbst die Natur [keinen] anderen Weg kannte, [als] zu erkennen, wie schön sie geschaffen war. Aber als sie Erex sah, da verliebte sie sich ganz in ihn, und es schien doch wunderlich, dass sie [einen] unbekannten Mann sollte lieben können. BL Add. 4859/ NKS 1708 Das Mädchen war in einem alten und zerschlissenen Leinenkittel, aber doch nicht weniger war ihr ganzer Körper so schön, dass Erex dachte, nichts Vergleichbares gesehen zu haben, dazu kam [ihre] ganze Körperhaltung und Höfischkeit, so dass selbst die 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 160 Natur keinen anderen Weg kannte, [als] zu erkennen, wie schön sie geschaffen war. Aber als sie Erex sah, da verliebte sie sich ganz in ihn, und es schien doch wunderlich, dass sie [einen] unbekannten Mann sollte lieben können. Kall 246 Das Mädchen war in einem alten und zerschlissenen Leinenkittel, aber doch nicht weniger war ihr ganzer Körper so schön, dass Erex dachte, nichts Vergleichbares gesehen zu haben, dazu kam [ihre] ganze Körperhaltung und Höfischkeit, so dass selbst die Natur keinen anderen Weg kannte, [als] zu erkennen, wie diese schön geschaffen war. Aber als sie Erex sah, da verliebte sie sich ganz in ihn, und es schien doch wunderlich, wie sie [einen] unbekannten Mann lieben könne. Lbs 3127 Das Mädchen war in einem alten und zerschlissenen Leinenkittel, aber doch nicht weniger war ihr ganzer Körper so schön, dass Erex dachte, nichts Vergleichbares gesehen zu haben, dazu kam [ihre] ganze Körperhaltung und Höfischkeit, so dass selbst die Natur keine andere Weise kannte, [als] zu erkennen, wie schön sie geschaffen war. Aber als sie Erex sah, da verliebte sie sich ganz in ihn, und es schien doch wunderlich, dass sie [einen] unbekannten Mann lieben sollte. Vorkommen und Analyse der Textvarianz in allen Handschriften Folgende Abhängigkeiten der Handschriftentexte sind aufgrund der Textvarianz anzunehmen und sind in den Transkriptionen entsprechend markiert: Kall 246, NKS 1708 und indirekt BL Add. 4859 basieren auf AM 181. Lbs 3127 wiederum steht mit BL Add. 4859 in Zusammenhang. Bei Holm 46 ist weder eine Vorlage noch eine Abschrift erkennbar. Die größten Textunterschiede sind zwischen AM 181 und Holm 46 erkennbar, als erhaltene Abschriften der zwei ursprünglich mittelalterlichen Textversionen: Generelle Textunterschiede finden sich in AM 181 und seinen Abschriften bei „er hun skyllde kunna ad elska“ (dass sie sollte lieben können) gegenüber Holm 46 „at hana skylldi gyrna at elska“ (dass sie zu lieben verlangen sollte) und gegenüber Lbs 3127 „er huor skillde elska“ (wie sie lieben sollte). Folgender Austausch von Wörtern ist erkennbar: „ást“ (Liebe) in Holm 46 gegenüber „elskuhuga“ (Liebe) in AM 181, „gyrna“ (verlangen) gegenüber „kunna“ (können), „slika“ (Vergleichbares) gegenüber „þvilika“ (Vergleichbare) sowie Hinzufügungen bei Holm 46, wie „ok þegar felldi hann allann sin Elsku Hug til hennar“ (und dadurch fühlte er all seine Liebe zu ihr) bzw. an dieser Stelle dann Kürzungen in AM 181. In AM 181 kommt auch eine Erweiterung vor „munde ei annan veg a kiosa hvorsu“ (keinen anderen Weg kannte, [als] zu erkennen) gegenüber „undradist at“ (wunderte sich) in Holm 46. Zwischen Holm 46 und AM 181 ist daher eine bedeutungsunterscheidende Textvarianz darin erkennbar, dass Holm 46 benennt, wie sich Erex in Evida verliebt, dagegen fehlt in AM 181 dieser Teil. In Holm 46 wird somit das gegenseitige 3.2 Die Begegnung mit der Liebe 161 Verlieben der Protagonisten dargestellt, während sich in AM 181 explizit Evida in Erex verliebt, und die Liebe von Erex durch die vorangegangene Darstellung indirekt vorausgesetzt wird. In den Abschriften von AM 181 sind nur geringe Textunterschiede erkennbar. Kall 246 zeigt neben der Hinzufügung „ei“ (keinen), eine Auslassung „skyllde“ (sollte) und Wortaustausch „su“ (diese) statt „hun“ (sie), „hvorsu“ (wie) statt „er“ (dass). BL Add. 4859 und NKS 1708 zeigen ebenso die Hinzufügung von „ei“ (keinen) gegenüber AM 181. Lbs 3127 weist einen Wortaustausch auf von „eike ödru visa“ (keine andere Weise) gegenüber den AM 181- Texten und somit Bedeutungsunterschiede ohne Eingriff ins Handlungsgeschehen. Varianzzahlen in Textbeispiel 3.2.2 46 181 4859/ 1708 246 3127 46 -4/ +16/ 8 -4/ +16/ 8 -4/ +15/ 10 -4/ +14/ 8 181 28 -1/ 0/ 0 -1/ +1/ 2 -2/ 0/ 3 4859/ 1708 28 1 0/ +1/ 2 -1/ 0/ 3 246 29 4 3 -2/ +1/ 6 3127 26 5 4 9 Gründe und Fazit für Textvarianz in diesem Textbeispiel Die Handschrift Holm 46 zeigt allen übrigen Handschriften gegenüber die größte bedeutungsunterscheidende Textvarianz und die höchsten Varianzzahlenwerte. Die Unterschiede in AM 181 und Holm 46 gehen wahrscheinlich grundsätzlich auf ihre Textvorlagen zurück. Die akademische Handschrift Kall 246 weist gegenüber AM 181 drei Varianzpunkte auf, die auf den Entstehungskontext zurückzuführen sind. Die andere akademische Handschrift NKS 1708 zeigt dagegen keine Unterschiede. BL Add. 4859 weist gegenüber AM 181 keine Unterschiede auf. Die divergente Handschrift Lbs 3127 wiederum weist gegenüber den übrigen AM 181-Handschriften Varianzpunkte und Bedeutungsunterschiede auf. Diese Unterschiede sind auf den unbekannten Entstehungs- und Überlieferungskontext von Lbs 3127 zurückzuführen. In diesem Textbeispiel zeigt Holm 46 eine geringe bedeutungsunterscheidende Textvarianz gegenüber den übrigen Handschriften und lediglich Lbs 3127 zeigt gegenüber AM 181 eine einmalige bedeutungsunterscheidende Textvarianz, die zu keinem Eingriff ins Handlungsgeschehen führt. Auf dieser Grundlage kann man bei diesem Textbeispiel auch bis auf Holm 46 und Lbs 3127 von einer Textstabilität sprechen. 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 162 3.2.3 Parceval begegnet Blankiflúr Holm perg 6 4to, 44v, 45v-46r hon var svo fogr ath eingi lifandi mann hafdi fegri sieth þau voru aull mögr ok bleik af matleysi. hon var klæd brunum purpura. var honum þar vel fagnath voru þa tekinn af honum klædi hans ok hestr hans leidr til stallz ok var honum ekki ath gefua nema litith af hveiti. þessi Jung fru leiddi hann J eitt fagurt hus ok settiz þar nidr j eina sæmiligha hvilu þvi næst komu þar iij Riddarar gangandi ok settuz J adra sæng gegnt þeim ok toludu þeir med sier ath alldri hefdi þeir seth tvo menn fridari ok sögdu ath gud hefdi þau samann ætlat. [...] enn hann tekr hana hæverskliga ok lætr undir klædinn hia sier ok kunni hon þvi vel ath hann kysti hana ok svo lagu þau alla þa not hvort j annars fadmi med kossum ok halsföngum allt til þess er dagr var ann alla synd. Enn er dagadi gekk hon j svefn hus sitt ok klæddiz eingi madr vard vid þetta varr. [...] ast er ollum hlutum kærari hverium þeim er trygr er elskari NBO 3652: 13 fol, 44v, 45v-46r hon var svo fögr ath eingi lifandi mann hafdi fegri sieth þau var aull mögr ok bleik af matleysi. hon var klæd brunum purpura. var honum þar vel fagnath var þa tekinn af honum klædi hans ok hestr hans leidr til stallz ok var honum ekki ath gefua nema litith af hueiti. þessi Jungfru leiddi hann j eitt fagurt hus ok settiz þar nidr j eina sæmiligha huilu ok þvi næst komu þar iij Riddarar gangandi ok settuz j adra sæng gegnt þeim töludu þeir med sier ath alldri hefdi þeir seth tuo menn fridari ok sögdu ath gud hefdi þau samann ætlat [...] enn hann tekr hana hæverskliga ok lætr vndir klædinn hia ser ok kunni hon þvi vel ath hann kysti hana ok svo lagu þau alla þa nat huort j annars fadmi med kossum ok halsföngum allt til þess er dagr var ann alla synd. Enn er dagadi gek hon j suefn hus sit ok klæddiz eingi madr vard vid þetta var [...] ast er ollum hlutum kærari huerium þeim er trygr er elskari AM 179 fol, 99v-101v Hun var suo fógur ad eingi lifandi mann hafdi fegri sied. þau voru aull møgur ok bleik af matleise. Hun var klædd brunumm purpura. Var honum þar velfagnad. Voru þa tekinn af honum klæde hans ok hestur hans leiddr til stalls ok var honum ecke ath gefa nema lited af hveite. þesse jungfru leiddi hann i eitt fagurtt Hvs ok settist þar nidr j eina sæmiligha hvijlv. þar næst komv þar iii riddarar gänngandi ok settust j adra sæng gegnt þeim ok toludu þeir med sier alldri hefdi þeir sied tvo menn frydari ok saugdu ad gud hefde þau samann ætlad. [...] enn hann tekr hana hæversklega ok lætur vndir klædinn hia sier. ok kvnni hun þui vel ad hann kysti hana ok suo lagu þau alla þa nott huort i annars fadmi med kosumm ok halsfóngumm allt til þess er dagur var än alla synd. enn er dagadi geck hun i svefnhus sitt ok klæddist. eingi madur vard vid þetta var [...] ast er ollum hlutum kiærari hveriumm þeim er tryggur er elskare. 3.2 Die Begegnung mit der Liebe 163 NKS 3310 4to, 66-67, 71-72 hun var svá fögr at eingi lifandi mann hafði fegri set þau váru öll mögr ok bleik af máttleysi. Hun var klædd brúnum purpurar. Var hánum || vel fagnat. Váru þá tekin af hánum klæði hans ok hestr hans leiddr til stalls, ok var hánum eigi at gefa nema litið af hveiti. Þessi júngfrú leiddi hann i eitt fagurt hús, ok settist þar niðr í eina sæmiliga hvilu. Þar næst komu þar iii riddarar gangandi ok settust í aðra sæng gegnt þeim, ok töluðu þeir með ser, aldri hefði þeir set tvo menn fríðari, ok sögðu, at guð hefði þau saman ætlat. [...] En hann tekr hana hæverskliga ok lætr undir klæðin hjá sér, ok kunni hun þvi vel at kysti hana. Ok svá lágu þau alla þá nótt hvárt i annars faðmi með kossum ok hálsföngum allt til þess er dagr var án alla synd, en er dagaði gekk hun í svefnhús sitt ok klæddist, eingi maðr varð við þetta varr [...] Ast er öllum hlutum kærari hverjum þeim er tryggr er elskari. NKS 1794a 4to, 69-70, 80-81, 87 hun var so fogur ad eingann lifande mann hafde hann fegre sied, þau voru oll mogur og bleik af matleise hun var klædd brunum purpura, var honum þar vel fagnad, voru þar tekinn af honum klæde hans, og hestur hans leiddur til stalls, og var hönum ecke ad gefa nema lítid af hveite, þesse Jungfru leidde hann í eitt fagurt hús og settist þar nidur í eina sæmelega hvílu, þvi næst komu þar inn iij sæmeleger Riddarar gangande, og settust í adra sæng gegnt þeim, || og toludu þar med sier, ad alldre hefdu þeir sied tvo menn frídare, og sogdu ad gud hefde þau saman ætlad [...] enn han tekur hana hæversklega og lætur under klædin hiá sier, og kunne hun því vel ad hann || kijste hana, og so láu þau alla þá nott hvort i annars fadme, med kossum og hálsfongum inn til þess ad dagur var, án alla sind, enn er dagade geck hun í svefnhus sitt og klæddist, eingi madur vard var vid þetta [...] ást er ollum hlutum kiærara hvorium þeim er triggur er elskare AM 181a fol, 11vb, 12rb, 13ra hun var so fogur ad engin lifandi mann, hafdj fegri sied þaug Voru oll mogur og blejk af matlejsj, Hun var klædd brunum purpura, Var honum þar Vel fagnad, voru þa tekin af honum klædin hannz og hestur hannz lejddur til stallz, var honum ejgi ad gefa nema lijted aff huejti þessi Jumfru lejddi hann J ejtt fagurt hus, og settust þar nidrJ eina sæmjlega huijlu, þuj næst komu þar iij riddarar gangandj og settuzt J adra sæng gegnt þeim, og tauludu þeir med sier, ad alldri hefdu þeir sied ij menn frijdari og sögðu ad gud hefdj þaug saman ætlad [...] enn, hann tekur hann[a] hæversklega og lætur undir klædin hia sier, og kunni hun þui Vel ad hann kysti hana, og so lägu þaug alla þau nött huort J annars fædmj med kossum og hälsfaungum allt til þess dagur Var än alla synd enn er giordist biart geck hun J suefnhused sitt og klæddest eingin madr Vard Vid þetta Var [...] ast er öllum hlutum kiærarj huerium þeim er trjggur er elskarj 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 164 TCD 1015 8vo, 452-454, 474, 486 hun var so fögur ad einginn lifande mann hafde fegre sied, þav voru öll mögur og bleik af matleyse, hun var klædd brúnum purpura, var hönum þar vel fagnad voru þá tekin af hönum klædin og hestr hans leiddr til stalls var hönum ecke ad gefa nema lítid af hveite, þessi júngfrú leiddi hann í eitt fagurt hús og settust þar nidur í eina sæmilega || || hvílu, því næst komu þar þrír riddarar gángande og settust í adra sæng gegnt þeim og töludu þeir med sier ad alldrei hefdu þeir sied tvo menn frídare og sögdu ad gud hefde þau saman ætlad; [...] en hann tekr hana hæversklega og lætr under klædin hiá sier og kunne hun því vel að hann kiste hana og so lágu þau alla þá nótt hvört í annars faðme med kossum og hálsfaungum allt til þess dagr var án alla sýnd, en er giörist biart geck hun í svefnhúsið sitt og klæddist; eingin madr vard var vid þetta; [...] ást er öllum hlutum kiærare hverium þeim er triggr er elskare. NKS 1691 4to, 283-284, 298-289, 308 hun var so || f ǫ gur, ad einginn lifandi mann hafdi fegri sied, þaug voru ǫ ll m ǫ gur og bleik af matleisi, hun var klædd brunum purpura, var h ǫ num þar vel fagnad, voru þá tekinn af h ǫ num klædinn hannz, og hestur hannz leiddur til stallz var h ǫ num ekkert ad gefa nema lítid af hveiti, þessi jungfru leiddi hann í eitt fagurt hus og settust þar nidur í eina sæmilega || hvilu, þvinæst komu þar þrir Riddarar gángandi, og settust í adra sæng gegnt þeim, og tauludu þeir med sier, ad alldrei hefdu þeir sied tvo menn frídari, og s ǫ gdu ad gud hefdi þaug samannn ætlad [...] enn hann tekur hana hæversklega og lætur under klædinn hiá sier, og kunni hun þvi vel ad hann kisti hana, og so lágu þaug alla þá nott hvert í annarz fadmi, med kossum og hálzfaungum allt til þess dagur var án alla sind, enn er gi ǫ rdist biart gekk hun í || svefnhusid sitt og klæddist, einginn madur vard vid þetta var [...] ást er ǫ llum hlutum kiærari hverium þeim er trijggur er elskari BL Add. 4859 fol, 50v-51r, 52r miøg frijd og Asi ꜳ leg, þau voru øll bleyk af matleyse, var honum þar vel fagnad, og Afdreiginn klædi, þessi jomfru leiddi hann i Eitt fagurt hüs og settust ꜳ Eina sæng, þar næst komu iij Riddara og settust ꜳ Adra sæng Giegnt þeim, søgdu þeir millum sijn ad Alldrei hefdu þeir sied ij menn frijdare, og sungu ad Gud hefde þau saman ætlad, [...] hann tok hanna þ ꜳ hæversklega og liet undir klædin hiä sier og so lau þau || J fadm løgum Alla þ ꜳ nött med miklum kossa Fangi, A an allru Giørsamlegar syndar. Einginn madr vard vid þetta var [...] Ast er øllum hlutum kiærare, hvørium þeim er tryggur er elskare. AM 395 fol, 919, 921 frijd mieg og äsiälig, þau voru oll blejk af matleise var hun þar velfagnad, og af dreigin klædi þessi Jomfru leidde hann i eitt fagurt hus, og settust ä eina sæng, þvi næst komu 3 Riddarar og settust ä adra sæng giegnt þeim, sogdu þeir mille sijn, ad aldrei hefdu þeir sied 2 menn frijdari og sungu ad gud hefdi þau samann ætlad [...] hann tök hana þä hæversklega og liet undir klædinn hiä sier og läu þau i fadm logum alla 3.2 Die Begegnung mit der Liebe 165 þä nött med miklum kossa gängj än allrar gioranlegur sijndar einginn madur vard var vid þetta Übersetzungen Holm 6/ NBO 3652 Sie war so schön, dass kein lebender Mann [etwas] Schöneres gesehen hatte. Sie waren ganz mager und bleich von Essensmangel. Sie war [in] braunen Purpur gekleidet. Er wurde dann gut empfangen und seine Kleider wurden dann von ihm genommen und sein Pferd wurde zum Stall geführt und ihm war nichts zu geben, außer etwas vom Weizen. Diese Jungfrau führte ihn in ein schönes Zimmer und sie setzten sich dort nieder in ein feines Bett. Denn als nächstes kamen dort drei Ritter gegangen und setzten sich in das andere Bett ihnen gegenüber und sprachen miteinander, dass sie niemals zwei schönere Menschen gesehen hatten, und sagten, dass Gott diese füreinander gedacht hat. [...] Aber er behandelte sie höfisch und ließ [sie] zu sich unter die Bettdecke und ihr gefiel es gut, dass er sie küsste, und so lagen sie die ganze Nacht in des anderen Umarmung mit Küssen und Umarmungen, solange bis es Tag war, ohne jede Sünde. Und als es tagte, ging sie in ihr Schlafzimmer und kleidete sich an. Kein Mensch war dieser Sache gewahr. [...] Liebe ist für die, die wahrhaft lieben, das liebste aller Dinge. AM 179 Sie war so schön, dass kein lebender Mann [etwas] Schöneres gesehen hatte. Sie waren ganz mager und bleich von Essensmangel. Sie war [in] braunen Purpur gekleidet. Er wurde dann gut empfangen und seine Kleider wurden dann von ihm genommen und sein Pferd wurde zum Stall geführt und ihm war nichts zu geben außer etwas vom Weizen. Diese Jungfrau führte ihn in ein schönes Zimmer und sie setzten sich dort nieder in ein feines Bett. Dort als nächstes kamen dort drei Ritter gegangen und setzten sich in das andere Bett ihnen gegenüber und sprachen miteinander, niemals hatten sie zwei schönere Menschen gesehen, und sagten, dass Gott diese füreinander gedacht hat. [...] Aber er behandelte sie höfisch und ließ [sie] zu sich unter die Bettdecke und ihr gefiel es gut, dass er sie küsste, und so lagen sie die ganze Nacht in des anderen Umarmung mit Küssen und Umarmungen, solange bis es Tag war, ohne jede Sünde. Und als es tagte, ging sie in ihr Schlafzimmer und kleidete sich an. Kein Mensch war dieser Sache gewahr. [...] Liebe ist für die, die wahrhaft lieben, das liebste aller Dinge. NKS 3310 Sie war so schön, dass kein lebender Mann [etwas] Schöneres gesehen hatte. Sie waren ganz mager und bleich von Essensmangel. Sie war [in] braunem Purpur gekleidet. Er wurde gut empfangen und seine Kleider wurden dann von ihm genommen und sein Pferd wurde zum Stall geführt und ihm war nichts zu geben außer etwas vom Weizen. Diese Jungfrau führte ihn in ein schönes Zimmer und sie setzten sich dort nieder in ein feines Bett. Dort als nächstes kamen dort drei Ritter gegangen und setzten sich in das andere Bett ihnen gegenüber und sprachen miteinander, niemals hatten sie zwei schö- 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 166 nere Menschen gesehen, und sagten, dass Gott diese füreinander gedacht hat. [...] Aber er behandelte sie höfisch und ließ [sie] zu sich unter die Bettdecke und ihr gefiel es gut, dass [er] sie küsste, und so lagen sie die ganze Nacht in des anderen Umarmung mit Küssen und Umarmungen, solange bis es Tag war, ohne jede Sünde. Und als es tagte, ging sie in ihr Schlafzimmer und kleidete sich an. Kein Mensch war dieser Sache gewahr. [...] Liebe ist für die, die wahrhaft lieben, das liebste aller Dinge. NKS 1794 Sie war so schön, dass kein lebender Mann er hatte [etwas] Schöneres gesehen. Sie waren ganz mager und bleich von Essensmangel. Sie war [in] braunen Purpur gekleidet. Er wurde dann gut empfangen und seine Kleider wurden dort von ihm genommen und sein Pferd wurde zum Stall geführt und ihm war nichts zu geben außer etwas vom Weizen. Diese Jungfrau führte ihn in ein schönes Zimmer und sie setzten sich dort nieder in ein feines Bett. Denn als nächstes kamen dort drei feine Ritter gegangen und setzten sich in das andere Bett ihnen gegenüber und sprachen dort miteinander, dass sie niemals hatten zwei schönere Menschen gesehen, und sagten, dass Gott diese füreinander gedacht hat. [...] Aber er behandelte sie höfisch und ließ [sie] zu sich unter die Bettdecke und ihr gefiel es gut, dass er sie küsste, und so lagen sie die ganze Nacht in des anderen Umarmung mit Küssen und Umarmungen bis dahin dass es Tag war, ohne jede Sünde. Und als es tagte, ging sie in ihr Schlafzimmer und kleidete sich an. Kein Mensch war dieser Sache gewahr. [...] Liebe ist für die, die wahrhaft lieben, das liebste aller Dinge. AM 181/ NKS 1691 Sie war so schön, dass kein lebender Mann [etwas] Schöneres gesehen hatte. Sie waren ganz mager und bleich von Essensmangel. Sie war [in] braunen Purpur gekleidet. Er wurde dann gut empfangen und seine Kleider wurden dann von ihm genommen und sein Pferd wurde zum Stall geführt, ihm war nichts zu geben außer etwas vom Weizen. Diese Jungfrau führte ihn in ein schönes Zimmer und sie setzten sich dort nieder in ein feines Bett. Als nächstes kamen dort drei Ritter gegangen und setzten sich in das andere Bett ihnen gegenüber und sprachen miteinander, dass sie niemals zwei schönere Menschen gesehen hatten, und sagten, dass Gott diese füreinander gedacht hat. [...] Aber er behandelte sie höfisch und ließ [sie] zu sich unter die Bettdecke und ihr gefiel es gut, dass er sie küsste, und so lagen sie die ganze Nacht in des anderen Umarmung mit Küssen und Umarmungen, solange bis Tag war, ohne jede Sünde. Und als es hell wurde, ging sie in ihr Schlafzimmer und kleidete sich an. Kein Mensch war dieser Sache gewahr. [...] Liebe ist für die, die wahrhaft lieben, das liebste aller Dinge. TCD 1015 Sie war so schön, dass kein lebender Mann [etwas] Schöneres gesehen hatte. Sie waren ganz mager und bleich von Essensmangel. Sie war [in] braunen Purpur gekleidet. Er wurde dann gut empfangen und Kleider wurden dann von ihm genommen und sein Pferd wurde zum Stall geführt, ihm war nichts zu geben außer etwas vom Weizen. Diese Jungfrau führte ihn in ein schönes Zimmer und sie setzten sich dort nieder in ein 3.2 Die Begegnung mit der Liebe 167 feines Bett. Als nächstes kamen dort drei Ritter gegangen und setzten sich in das andere Bett ihnen gegenüber und sprachen miteinander, dass sie niemals zwei schönere Menschen gesehen hatten, und sagten, dass Gott diese füreinander gedacht hat. [...] Aber er behandelte sie höfisch und ließ [sie] zu sich unter die Bettdecke und ihr gefiel es gut, dass er sie küsste, und so lagen sie die ganze Nacht in des anderen Umarmung mit Küssen und Umarmungen, solange bis Tag war, ohne jede Sünde. Und als es hell wurde, ging sie in ihr Schlafzimmer und kleidete sich an. Kein Mensch war dieser Sache gewahr. [...] Liebe ist für die, die wahrhaft lieben, das liebste aller Dinge. BL Add. 4859 Eine Jungfrau so schön und ansehnlich. Sie waren alle bleich von Essensmangel, [dennoch] war sie sehr schön und stattlich gekleidet, diese Jungfrau führte ihn in ein schönes Zimmer und sie setzten sich in ein Bett. Als nächsten kamen drei Ritter und setzten sich in ein anderes Bett ihnen gegenüber. Sie sagten zueinander, dass sie niemals zwei schönere Menschen gesehen haben, und sangen, dass Gott diese füreinander geschaffen hat. [...] Er behandelte sie da höfisch und ließ sie unter die Bettdecke bei sich und so lagen sie in des anderen Umarmung die ganze Nacht mit viel Küssen und Umarmung, ohne jegliche machbare Sünde. Kein Mensch war dieser Sache gewahr. [...] Liebe ist für die, die wahrhaft lieben, das liebste aller Dinge. AM 395 Eine Frau so schön und ansehnlich. Sie waren alle bleich von Essensmangel, [dennoch] war sie sehr schön und stattlich gekleidet, diese Jungfrau führte ihn in ein schönes Zimmer und sie setzten sich in ein Bett. Als nächsten kamen drei Ritter und setzten sich in ein anderes Bett ihnen gegenüber. Sie sagten zueinander, dass sie niemals zwei schönere Menschen gesehen haben, und sangen, dass Gott diese füreinander geschaffen hat. [...] Er behandelte sie da höfisch und ließ sie unter die Bettdecke bei sich und sie lagen in des anderen Umarmung die ganze Nacht mit viel Küssen ohne jegliche machbare Sünde. Kein Mensch war dieser Sache gewahr. Vorkommen und Analyse der Textvarianz in allen Handschriften Folgende Abhängigkeiten der Handschriftentexte sind aufgrund der Textvarianz anzunehmen und in den Transkriptionen entsprechend markiert: Von Holm 6 existieren direkte Abschriften in NBO 3652, AM 181 und AM 179. Auf AM 181 wiederum basieren TCD 1015, NKS 1691 und indirekt BL Add. 4859. Auf AM 179 basieren NKS 3310 sowie NKS 1794. AM 395 steht mit BL Add. 4859 in Verbindung. Gegenüber Holm 6 zeigt NBO 3652 keine Textunterschiede. AM 179 zeigt eine Auslassung und einen Austausch. AM 181 weist gegenüber Holm 6 einen Wortaustausch mit Hinzufügung auf „giordist biart“ (als es hell wurde) anstelle von „dagadi“ (als es tagte) sowie zwei Auslassungen. Gegenüber AM 181 zeigen die Abschriften NKS 1691 keine Varianten und TCD 1015 eine Auslassung. Die Abschrift NKS 3310 zeigt gegenüber AM 179 zwei Auslassungen. NKS 1794 enthält zwei Hinzufügungen „sæmileger“ (feine), „hann“ (er) und mehrfachen 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 168 Wortaustausch mit „þar“ (dort), „þvi“ (da), „þar“, „inn til þess ad“ (bis dahin, dass), dies führt zu minimalen Bedeutungsunterschieden. Die meisten Textauslassungen, Hinzufügungen und den größten Wortaustausch weisen AM 395 und BL Add. 4859 gegenüber allen übrigen Handschriften auf. Auch die bedeutungsunterscheidende Textvarianz ist daher in BL Add. 4859 und AM 395 am größten. BL Add. 4859 als Abschrift von AM 181 und AM 395 mit unbekannter Textvorlage weichen bei der Beschreibung des Mädchens mit „miøg frijd og Asiæleg“ (sehr schön und ansehnlich) und „afdreigin klædi“ (vorzüglich gekleidet) von der Holm 6-Tradition ab. Man kann sich daher fragen, ob BL Add. 4859 und AM 395 an dieser Stelle überhaupt auf einem AM 181-Text basiert. In BL Add. 4859 und AM 395 steht „sungu“ (sangen) statt „sögdu“ (sagten), was der Szene eine gewisse Feierlichkeit verleiht, aber darüber hinaus für die Handlung keinen Unterschied darstellt. Weitere Unterschiede sind in BL Add. 4859 „A an allru Giørsamlegar syndar“ (ohne jegliche machbare Sünde) und AM 395 „in allrar gioranlegur sijndar“ (in allen machbaren Sünden) gegenüber „án alla synd“ (ohne alle Sünde) gegenüber den übrigen Handschriften enthalten. Diese bekannte Kemenatenszene wird von Kramarz-Bein als Spiel mit der Leser- und Hörererwartung gedeutet, die hier „[...] gezielt enttäuscht wird“, 10 da die Nacht „ohne Sünde“ verläuft. BL Add. 4859 und AM 395 zeigen hier ausnahmsweise eine Worthinzufügung und weisen generell auch in diesem Textbeispiel eine Textaktualisierung durch ihren Entstehungskontext auf. Varianzzahlen in Textbeispiel 3.2.3 6/ 3652 179 3310 1794 181/ 1691 1015 4859 395 6/ 3652 0/ +1/ 1 0/ +3/ 1 -3/ 0/ 3 -1/ +2/ 1 -1/ +3/ 1 -3/ +68/ 19 -3/ +81/ 18 179 2 0/ +2/ 0 -4/ 0/ 6 -1/ +2/ 2 -1/ +3/ 2 -4/ +68/ 18 -4/ +81/ 19 3310 4 2 -6/ 0/ 6 -3/ +2/ 2 -3/ +3/ 2 -5/ +67/ 18 -5/ +80/ 19 1794 6 10 12 -1/ +6/ 5 -1/ +7/ 5 -3/ +70/ 19 -3/ +83/ 18 181/ 16 91 4 5 7 12 0/ +1/ 0 -3/ +66/ 19 -3/ +79/ 18 1015 5 6 7 13 1 -3/ +65/ 19 -3/ +78/ 18 4859 90 90 90 92 89 91 0/ +13/ 2 395 102 104 104 104 100 99 15 10 Kramarz-Bein (2007: 148). 3.2 Die Begegnung mit der Liebe 169 Das für die Parcevals saga typische Element des Sinnspruchs, welches hier exemplarisch mit in das Textbeispiel hineingenommen wurde „ást er öllum hlutum kiærari hverium þeim er tryggur er elskari“ (Liebe ist für die, die wahrhaft lieben, das liebste aller Dinge), 11 kommt in allen Handschriften, außer AM 395, vor. AM 395 zeigt eine Kürzungs- und Aktualisierungstendenz, die hier zu keinem Eingriff in die Sagahandlung führt, aber zu inhaltlichen Bedeutungsunterschieden in der Darstellung. Gründe und Fazit für Textvarianz in diesem Textbeispiel Alle Handschriftentexte basieren auf der Holm 6-Texttradition und die gesamte erhaltene Textüberlieferung kann daher nur auf eine mittelalterliche Textversion zurückgeführt werden. Die antiquarischen Handschriften AM 179 und AM 181 zeigen eine geringe Textvarianz gegenüber Holm 6, die auf den jeweiligen Entstehungskontext zurückzuführen ist. BL Add. 4859 allerdings zeigt eine bemerkenswert hohe Textvarianz gegenüber den übrigen Handschriften, die auf eine Kürzungstendenz zurückführbar ist. Hier ist deutlich mit einer unbekannten Zwischenhandschrift zu rechnen. BL Add. 4859 steht diesmal mit dem Text von AM 179 in Zusammenhang. Da die divergente Handschrift AM 395 inhaltlich wiederum am stärksten mit BL Add. 4859 in Verbindung steht, kann hier von einer Überlieferungskette mit verlorenen Zwischenhandschriften ausgegangen werden. Inwiefern die Textvarianz in beiden Handschriften auf den Entstehungskontext oder die Textvorlage zurückzuführen ist, kann ohne die erhaltenen Textvorlagen nicht geklärt werden. Die Kürzungstendenz von AM 395 war wahrscheinlich bereits zum Großteil in der Textvorlage vorhanden, da auch BL Add. 4859 dahingehend in diesem Textbeispiel eine Tendenz aufweist. Die akademischen Handschriften NKS 1691 und TCD 1015 zeigen keine bzw. eine Abweichung gegenüber ihrer Textvorlage AM 181. NKS 1794 allerdings weist immerhin neun Varianzpunkte gegenüber der Textvorlage AM 179 auf, wobei der Großteil auf einen Wortaustausch zurückgeht. Die wissenschaftlichen Handschriften NBO 3652 und NKS 3310 zeigen gegenüber ihren Textvorlagen keine Unterschiede. Auch in diesem Textbeispiel kann daher bis auf die Ausnahmen BL Add. 4859 und AM 395 sowie die minimale bedeutungsunterscheidende Textvarianz von NKS 1794, von einer Textstabilität des Sagatexts in seiner handschriftlichen Überlieferung gesprochen werden. 11 Auch hier ist eine wortgetreue Übersetzung ins Deutsche problematisch. Es gab daher z. B. von Kalinke folgende Vorschläge: „Die Liebe ist mehr als alles andere wert für jeden, der ein treuer Geliebter ist“ oder „Die Liebe ist lieber als alles andere für alle, die treue Geliebte sind.“ (E-Mail vom 25.08.2009 von Margrét Eggertsdóttir in mündlicher Rücksprache mit Kalinke). 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 170 3.3 Momente der Alterität und Identität Die Gegenwelt zur höfischen Welt situiert sich meistens in einem Wald, in dem Begegnungen mit verschiedenen Kreaturen, Räubern oder feindlichen Rittern stattfinden, welche die Helden auf ihre Fähigkeiten und ihre Identität hin ansprechen. In dieser Außenwelt besteht der höfische Ritter seine Abenteuer und beweist so seine Ritterlichkeit. Gerade in diesen Schlüsselszenen des Aufeinandertreffens von ritterlicher Identität und abenteuerhafter Alterität, aber auch in der Ausübung von Gewalt, bietet sich möglicherweise besonderer Raum zur Entfaltung von Textvarianz. Bevor Íven in der Ívens saga zur Hauptperson des Geschehens wird, steht der Artusritter Kalebrant im Mittelpunkt der Erzählung mit seinem Bericht von einem schmachhaften Abenteuer, in dessen Verlauf er auf ein unbekanntes Wesen im Wald trifft. In der Erex saga trifft Erex bei der Jagd im Wald auf ein fremdes Wesen, das ihn zu einem Abenteuer herausfordert. Parceval wurde vom Fischerkönig in seine Burg eingeladen und sieht eine wundersame Prozession, die in den französischen höfischen Romanen als sogenannte Gralsprozession bekannt ist. 3.3.1 Kalebrant trifft den schwarzen Mann Holm papp 46 fol, 3r-v huort hann væri Madur edur ønnur || Vettur, hann svarar þä slikur em ek sem at þü mätt siä, alldr eigi skipta ek skepnu minni, ek giæti hier ä sköginum Svina ok villudyra [...] Ek bad hann visa mier Veg þängat at sem at ek mætti reyna minn Riddaraskap enn hann bad mik rïda skamt þadann til eirnrar keldu er vellur sem hver enn er þö k ǫ lld sem Eytur. AM 489 4to, 47r-v huort ertu madr eda aunnr uættr hann mælti slikr madr er ek sem nu mattu sia alldri skipti ek skepnu mínní þa spurda ek huat hann gierdi j morkinni hann suarar gæti ek kuikinda mínna þeirra er þu sier her ek spurda huersu hann mætti þeirra geyma er suo uoru olm ok uijd ras [...] eda huat manna ertu ek sagda at ek uar eínn Riddari leitandi æfíntyra þeirra er ek mætta mina hreystí ok Riddaraskap ok bid ek þíg at þu segir mer hann suarar ok kuezt alldri hafa heyrt getit æfintyra enn ef þu fer skamt hedan til eínnar kelldu þa muntu þadan komazt eigi haska laust nem[a þ]u gíalldir þat sem rett er BL Add. 4857 fol, 114v huortt være madur edur ønnur vætta; Hann mællte, slijkur madur em eg sem nu mättu siä, alldre skipte eg skiepnu minne þä spurda eg huad hann giorde I mørkinne; hann svarar, giæte eg kvikinda minna þeirra er þu sier hier, Eg spurda huørsu hann mætte þeirra geyma, er so voru ölm og wijdr ꜳ s; [...] eda huad manna ertu. eg sagda ad eg væra einn Riddare, leitande æffintijra þeirra er eg mætta mijna hreijste og Riddaraskap ä Reina, og bid eg þig ad þu seiger mier eff þu kant nockud til vita, hann svarar og kvadst alldre haffa heirt gietedt æffintijra. Enn ef þu fer skamt 3.3 Momente der Alterität und Identität 171 hiedann til ejrnrar kielldu, þä muntu þadan ei komast haijskalaust, Nema þu giallder þad sem Riett er, Holm perg 6 4to, 24v-25r huortt ert þu madr. eda. andí. eda. onnur vættur. hann svarar slikur madr er ek sem nu mattu sía. Alldri skipta ek skepnu minni. þa fretta ek huat || hann giordí J mörkinní. hann svarar ek geymi kuikendí þessi sem þu mátt her sía. ek spurda huersu hann mættí þau geyma er suo voru ollm ok vidræs. [...] eda huath manna ert þu. ek sagða ath ek var einn Riddari ath leíta æfuentyra ef ek mætti reyna mina hreysti ok Riddaraskap. ok bidr ek ath þu segir mer þar til. hann svarar ok kuezst eigi hafa heyrt æfuentyr nefnt. eda getit. Enn ef þu fer skamt hedann til einnar keldu. þa mattu eigi þadan komazst haska laust nema þu gialdir þat er rett er NBO 3652: 13 fol, 24v-25r huort ert þu madr eda andi eda önnur vættur. hann svarar slikr madr er ek sem nu mattu sia. Alldri skipta ek skepnu minni. þa fretta ek huat || hann giordi j mörkinni. hann svarar ek geymi kuikendi þessi sem þu matt her sia. ek spurda huersu hann mætti þau geyma er svo voru ollm ok vidræs [...] eða huath manna ert þu. ek sagða ath ek var einn Riddari ath leita æfuentyra ef ek mætti reyna minna hreysti ok Riddaraskap. ok bidr ek ath þu segir mer þat þar til. hann svarar ok kuezst eigi hafa heyrt æfuentyr nefnt eda getit. Enn ef þu fer skamt hedann til einnar keldu. þa mattu eigi þadan komazst haskalaust nema þu gialder þat er rett er AM 179 fol, 66r-66v Huort ert þu madur edr ande edr onnur vættur. hann suarar. slikur madur er ek sem nu mattu sia alldri skipta eg skiepnv minne. þa fretta ek huad hann giordi j morkinne; hann suarar ek geymi kvikindi þessi sem þu matt hier sia. ek spurda huersu hann mætte þau geyma er suo voru olm ok vidræs. [...] edr huad manna erttu; ek sagda ath ek var einn Riddare ath leita æventijra ef ek mætte reina mina hreysti ok Riddaraskap. ok bidr ek ath þu seiger mier þar til. hann svarar ok kuadst ei hafa heyrtt æventyr nefnt edr getit. enn ef || þu fer skamt hiedann til einnrar kielldu þa mattu ei þadan komast haskalaust nema þu giallder þat er riett er. NKS 3310 4to, 2-4 Fußnoten: erttu. mscr getit mscr Hvort ert þú maðr eðr andi eðr önnr vættr? Hann svarar: Slíkr maðr er ek sem nú máttu sjá, aldri skipta ek skepnu minni. Þá fretta ek hvat hann giörði í || mörkunni. Hann svarar: ek geymi kvikindi þessi sem þú mátt hér sjá. Ek spurða hversu hann mætti þau geyma er svâ vâru ólm ok viðræs. [...] Eðr hvat manna er þú X ) Ek sagða, at ek væri einn riddari at leita æfintýra ef ek mætta reyna mína hreysti ok riddaraskap Ok biðr ek, at þu segir mer þartil. Hann svarar ok kveðst eigi hafa heyrt æfintýri nefnt eðr getið X ) en ef þú fer skamt heðan til einnrar keldu, þá má þú eigi þaðan komast || háskalaust, nema þú gjaldir þat er rett er 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 172 AM 181a fol, 1v-2r Hvert ertu madr eda andi eda onnur vættr, hann svarar slikur madur em eg sem nu mattu sia, alldri skipta eg skepnu minni þä frietta eg hvad hann giórdi j mórkinni, hann svarar eg geyme kvikenden þesse, sem þu matt hier sia, eg spurda hversu hann mætti þau geýma, er so voru olm og vidræzi [...] edur hvad manna ertu, eg sagða, eg var einn Riddari ad leita æfintyra, ef mætti reyna mijna hreysti og Riddaraskap, og bid eg ad þu seigir mier þar till hann svarar og quedst ej hafa heirt æfintijre nefndt edur getid, Enn ef þu fer skámtt hiedan til eynnar kelldu, þä mattu Enn ej þann komast häska laust, nema þu giallder þad Rieter TCD 1015 8vo, 22-26 hvort ertu madr eda andi eda önnur vætti; Hann svarar, slikr madr em eg sem nu máttu siá, alldri skipta eg skepnu minni. þá fretta eg hvad hann giörde í mörkinne; Hann svarar, eg geymi kvikenden þesse sem þu mátt her siá. Eg spurde hvorsu hann mætte þau geyma er so voru ólm og vidræzi; [...] edur hvad manna ertu; Eg sagde eg var einn riddare ad || æfentyra ef mætte reyna mína hreyste og riddaraskap og bid eg ad þu seger mer þar til. Hann seger og kvedst ei hafa heyrt æfentyr nefndt edur getid, en ef þu fer skamt hedan til einnrar kelldu þá máttu einn ei þadan komast háskalaust nema þu giallder þann rett NKS 1691 4to, 12-14 hvert ertu madur eda andi eda ǫ nnur vætti, hann svarar slíkur madur em eg sem nu máttu siá, alldri skipta eg skepnu minni, þá frietta eg hvad hann gi ǫ rdi í m ǫ rkinni, hann svarar, eg geijme Kvikenden þesse, sem þu mátt hier siá, eg spýr, hversu hann mætti þau geijma, er so voru ólm og vidvæzi [...] edur hvad manna ertu, eg segie, eg var einn riddare ad leita æfinntýra, ef mætti reijna mína hreijste og riddaraskap, og bid eg ad þu seiger mier þar till, hann svarar og qvedst ei || hafa heirt æfintýre nefndt edur getid, enn ef þu fer skamtt hiedan til einnarar kelldu, þa mattu einn ei þaþann komast háskalaust, nema þu giallder þad riett BL Add. 4859 fol, 32v-33r hvort ertu madur edur Andi. eda ønnur vættur, hann svarar slijkr madur em eg sem nu mattu siä. Alldrei skipta eg skepnu minne, þ ꜳ fretta Eg hvad hann giordj I morkinne, hann svarar Eg Geymi qvikindi þessi sem þu m ꜳ tt hier si ꜳ , Eg spurdi hversu hann mætti þau Geyma; er so voru ølm og vidræz [...] edr hvad manna ertu; Eg sagda ad Eg var Einn Riddare Ad Leita æfintijra, Ef eg m ꜳ tta Reina mijna hreysti, og Riddara skap, og bid eg ad þu seigir mier þar til, hann svarar og sagdist ei hafa hejrt æfintyre Nefnt Edur gieted, Enn ef þu fer skamt hiedann til Eirnrar kielldu, þ ꜳ m ꜳ ttu Ejrn ej þadann komast, h ꜳ skalaust nema þu gialldir þad rett er AM 588a 4to, 3v hvort ertu andj eda madurt eda ønnur vættur, hann suarar slijkur madur er eg sem nu mattu sia; alldreij skifta Eg skepnu minj. Þä fretta Eg huad hann giordj I mörkinnj, hann svarar eg geijmi kvikindi þessi, sem þu matt hier sia, Eg spurdi hversu hann mætti þaug geijma, Er so Væri olm Vidrædes [...] edr hvad manna Ertu; Eg sagdi ad Eg var Eijrn Riddari ad leita æfinntyra, Ef Eg mætti reijna mijna hreisti, og riddaraskap, og bid 3.3 Momente der Alterität und Identität 173 Eg ad þu seigir mier þar til, hann svarar og kvadst Eij hafa æfintijr heijrt nefnt, Enn ef þu fer schamt hiedan til Eijrnrar kielldu, þä mattu Eij komast þadan haskalaust, nema þu gialldir þad riett Er AM 395 fol, 947 Hvert ertu andi eda onnur vættur, hann svarar slijkur madur er eg sem þu mátt siá nu alldrei skiptte eg skiepnu minni þä friette hvad hann giordi i mörkinni hann svarar eg geimi kvikinde þesse er þu sier hier, eg spurdi hversu hann mattu þau geima er so væri ólm vidur eigna [...] eda hvada manna ert þu; eg sagdi eg væri Riddara og leita æfintijra ef eg matti Reina mijna hreiste og riddaraskap og bid þu seigir mier þar til, hann svarar eg hefe ej heirt afintijr nefnt, enn ef þu fer skamt hiedan til einrar keldu, þä máttú ej komast þadann haskalaust nema þu gialder þad riett er Übersetzungen Holm 46 Ob er ein Mann sei oder ein anderes Wesen. Er sagt dann: „Der gleiche bin ich, den du sehen kannst, niemals wechselte ich mein Aussehen, ich hüte hier im Wald Schweine und Wildtiere.“ [...] Ich bat ihn, mir den Weg dahin zu zeigen, dass ich meine Ritterschaft prüfen könnte, und er bat mich, kurz zu einer Quelle zu reiten, die sprudelt wie eine heiße Quelle, aber doch kalt ist wie Gift. AM 489 „Was bist du, ein Mann oder ein anderes Wesen? “ Er sprach: „Ein solcher Mann bin ich, wie du [ihn] jetzt sehen kannst. Niemals wechsle ich meine Gestalt.“ Da fragte ich, was er im Wald machte. Er antwortete: „Ich hüte meine Wildtiere, welche du hier siehst.“ Ich fragte, wieso er diese hüten musste, welche wild und umherstreifend waren. [...] „Aber was für ein Mann bist du? “ Ich sagte, dass ich ein Ritter war, [der] Abenteuer sucht, so dass ich meine Streitbarkeit und Ritterlichkeit [testen] könnte, und „ich bitte dich, dass du mir [das] sagst.“ Er anwortet und sagt: „Ich habe nie von Abenteuern reden hören. Aber wenn du von hier auf kurzem Weg zu einer Quelle gehst, da vermagst du dort nicht gefahrlos [weg] zu kommen, außer du vergiltst, was Recht ist.“ Holm 6/ NBO 3652/ AM 179 „Was bist du, ein Mann oder ein Geist oder ein anderes Wesen? “ Er antwortet: „Ein solcher Mann bin ich, wie [du ihn] jetzt siehst. Niemals wechselte ich meine Gestalt.“ Da fragte ich, was er im Wald machte. Er antwortete: „Ich achte auf die Wildtiere, welche du hier sehen kannst.“ Ich fragte, wieso er diese hüten musste, die wild und umherstreifend waren. [...] „Aber welcher Mann bist du? “ Ich sagte, dass ich ein Ritter war, [der] Abenteuer sucht, wenn ich meine Streibarkeit und Ritterlichkeit prüfen könnte. „Und ich bitte [dich], dass du mir darüber berichtest.“ Er anwortet und sagt: „[Ich] habe nichts von Abenteuern gehört, weder [dass sie] genannt noch erzählt [werden]. 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 174 Aber wenn du von hier auf kurzem Weg zu einer Quelle gehst, da kannst du dort nicht gefahrlos [weg] kommen, außer du vergiltst, was Recht ist.“ NKS 3310 „Was bist du, ein Mann oder ein Geist oder ein anderes Wesen? “ Er antwortet: „Ein solcher Mann bin ich, wie [du ihn] jetzt siehst. Niemals wechselte ich meine Gestalt.“ Da fragte ich, was er im Wald machte. Er antwortete: „Ich achte auf die Wildtiere, welche du hier sehen kannst.“ Ich fragte, wieso er diese hüten musste, die wild und umherstreifend waren. [...] „Aber welcher Mann bist du? “ Ich sagte, dass ich ein Ritter wäre, [der] Abenteuer sucht, wenn ich meine Streibarkeit und Ritterlichkeit prüfen könnte. „Und ich bitte [dich], dass du mir darüber berichtest.“ Er anwortet und sagt: „[Ich] habe nichts von Abenteuern gehört, weder [dass sie] genannt noch erzählt [werden]. Aber wenn du von hier auf kurzem Weg zu einer Quelle gehst, da kannst du dort nicht gefahrlos [weg] kommen, außer du vergiltst, was Recht ist.“ AM 181 „Was bist du, ein Mann oder ein Geist oder ein anderes Wesen? “ Er antwortet: „Ein solcher Mann bin ich, wie [du ihn] jetzt siehst. Niemals wechselte ich meine Gestalt.“ Da fragte ich, was er im Wald machte. Er antwortete: „Ich achte auf die Wildtiere, welche du hier sehen kannst.“ Ich fragte, wieso er diese hüten musste, die wild und umherstreifend waren. [...] „Aber welcher Mann bist du? “ Ich sagte, ich war ein Ritter, [der] Abenteuer sucht, wenn [ich] meine Streibarkeit und Ritterlichkeit prüfen könnte. „Und ich bitte [dich], dass du mir darüber berichtest.“ Er anwortet und sagt: „[Ich] habe nichts von Abenteuern gehört, weder [dass sie] genannt noch erzählt [werden]. Aber wenn du von hier auf kurzem Weg zu einer Quelle gehst, da kannst du dort aber nicht gefahrlos [weg] kommen, außer du vergiltst, was Recht ist.“ TCD 1015 „Was bist du, ein Mann oder ein Geist oder ein anderes Wesen? “ Er antwortet: „Ein solcher Mann bin ich, wie [du ihn] jetzt siehst. Niemals wechselte ich meine Gestalt.“ Da fragte ich, was er im Wald machte. Er antwortete: „Ich achte auf die Wildtiere, welche du hier sehen kannst.“ Ich fragte, wieso er diese hüten musste, die wild und umherstreifend waren. [...] „Aber welcher Mann bist du? “ Ich sagte, ich war ein Ritter, [der] Abenteuer [sucht], wenn [ich] meine Streibarkeit und Ritterlichkeit prüfen könnte. „Und ich bitte [dich], dass du mir darüber berichtest.“ Er sagt und spricht: „[Ich] habe nichts von Abenteuern gehört, weder [dass sie] genannt noch erzählt [werden]. Aber wenn du von hier auf kurzem Weg zu einer Quelle gehst, da kannst du dort aber nicht gefahrlos [weg] kommen, außer du vergiltst das Recht.“ NKS 1691 „Was bist du, ein Mann oder ein Geist oder ein anderes Wesen? “ Er antwortet: „Ein solcher Mann bin ich, wie [du ihn] jetzt siehst. Niemals wechselte ich meine Gestalt.“ Da fragte ich, was er im Wald machte. Er antwortete: „Ich achte auf die Wildtiere, wel- 3.3 Momente der Alterität und Identität 175 che du hier sehen kannst.“ Ich fragte, wieso er diese hüten musste, die wild und [? ] waren. [...] „Aber welcher Mann bist du? “ Ich sage, ich war ein Ritter, [der] Abenteuer sucht, wenn [ich] meine Streibarkeit und Ritterlichkeit prüfen könnte. „Und ich bitte [dich], dass du mir darüber berichtest.“ Er anwortet und sagt: „[Ich] habe nichts von Abenteuern gehört, weder [dass sie] genannt noch erzählt [werden]. Aber wenn du von hier auf kurzem Weg zu einer Quelle gehst, da kannst du dort aber nicht gefahrlos [weg] kommen, außer du vergiltst das Recht.“ BL Add. 4859 „Was bist du, ein Mann oder ein Geist oder ein anderes Wesen? “ Er antwortet: „Ein solcher Mann bin ich, wie [du ihn] jetzt siehst. Niemals wechselte ich meine Gestalt.“ Da fragte ich, was er im Wald machte. Er antwortete: „Ich achte auf die Wildtiere, welche du hier sehen kannst.“ Ich fragte, wieso er diese hüten musste, die wild und umherstreifend waren. [...] „Aber welcher Mann bist du? “ Ich sagte, dass ich ein Ritter war, [der] Abenteuer sucht, wenn [ich] meine Streibarkeit und Ritterlichkeit prüfen könnte. „Und ich bitte [dich], dass du mir darüber berichtest.“ Er anwortet und sagte: „[Ich] habe nichts von Abenteuern gehört, weder [dass sie] genannt noch erzählt [werden]. Aber wenn du von hier auf kurzem Weg zu einer Quelle gehst, da kannst du dort aber nicht gefahrlos [weg] kommen, außer du vergiltst, was Recht ist.“ AM 588 „Was bist du, ein Mann oder ein Geist oder ein anderes Wesen? “ Er antwortet: „Ein solcher Mann bin ich, wie [du ihn] jetzt siehst. Niemals wechselte ich meine Gestalt.“ Da fragte ich, was er im Wald machte. Er antwortete: „Ich achte auf die Wildtiere, welche du hier sehen kannst.“ Ich fragte, wieso er diese hüten musste, die wild umherstreifend waren. [...] „Aber welcher Mann bist du? “ Ich sagte, dass ich ein Ritter war, [der] Abenteuer sucht, wenn [ich] meine Streibarkeit und Ritterlichkeit prüfen könnte. „Und ich bitte [dich], dass du mir darüber berichtest.“ Er anwortet und sprach: „[Ich] habe nichts von Abenteuern gehört, weder [dass sie] genannt [werden]. Aber wenn du von hier auf kurzem Weg zu einer Quelle gehst, da kannst du dort nicht gefahrlos [weg] kommen, außer du vergiltst, was Recht ist.“ AM 395 „Was bist du, ein Geist oder ein anderes Wesen? “ Er antwortet: „Ein solcher Mann bin ich, wie [du ihn] jetzt siehst. Niemals wechselte ich meine Gestalt.“ Da fragte [ich], was er im Wald machte. Er antwortete: „Ich achte auf die Wildtiere, welche du hier sehen kannst.“ Ich fragte, wieso er diese hüten müsse, die wild im Umgang waren. [...] „Aber welcher Mann bist du? “ Ich sagte, ich sei ein Ritter und suche Abenteuer, wenn ich meine Streibarkeit und Ritterlichkeit prüfen könnte. „Und [ich] erbitte, [dass] du mir darüber berichtest.“ Er anwortet: „Ich habe nichts von Abenteuern gehört. Aber wenn du von hier auf kurzem Weg zu einer Quelle gehst, da kannst du dort nicht gefahrlos [weg] kommen, außer du vergiltst, was Recht ist.“ 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 176 Vorkommen und Analyse der Textvarianz in allen Handschriften Folgende Abhängigkeiten der Handschriftentexte sind aufgrund der Textvarianz anzunehmen und sind in den Transkriptionen entsprechend markiert: BL Add. 4857 basiert auf AM 489. AM 181, AM 179 und NBO 3652 basieren auf Holm 6. Bei Holm 46 ist weder eine Vorlage noch eine Abschrift erkennbar. TCD 1015, NKS 1691 und indirekt BL Add. 4859 gehen auf AM 181 zurück. NKS 3310 basiert auf AM 179. AM 395 steht mit AM 588 im Zusammenhang. AM 588 steht wiederum mit AM 179 in Zusammenhang. Generell sind in allen Handschriften folgende Tendenzen zu erkennen: Die einleitende Frage kommt in der langen Form in Holm 6, AM 181, AM 179, NBO 3652, NKS 3310, NKS 1691, AM 588 vor. Das Wort „andi“ (Geist) sparen AM 489, BL Add. 4857, BL Add. 4859 und Holm 46 aus, AM 395 spart stattdessen „madr“ (Mann) aus. Es kommt daher in allen Handschriften zu Bedeutungsunterschieden. Folgende Textunterschiede sind bei AM 489 und Holm 6 gegenüber Holm 46 erkennbar: Ein kleiner Teil des Texts von Holm 46 ist konform mit AM 489 und Holm 6. Insgesamt weist der Holm 46-Text eine kürzere und komprimierte Handlungsbeschreibung gegenüber den AM 489- und Holm 6-Texten auf. Der Dialog in AM 489 und Holm 6 wird in Holm 46 auf die Aussage des fremden Mannes reduziert, so dass Kalebrant wesentlich passiver in der Handlung erscheint. Holm 46 zeigt eine konkrete Benennung der Tiere „svina ok villudyra“ (Schweine und Wildtiere) gegenüber „ollm ok vidræs“ (wild und umherstreifend), was inhaltliche Bedeutungsunterschiede aufzeigt. Folgende Textunterschiede sind zwischen Holm 6 und AM 489 erkennbar: In diesem Textabschnitt kommt es zu diversen Wortaustauschungen, wie in AM 489 „mælti“ (sprach) zu Holm 6 „svarar“ (antwortet), „spurda“ (fragte) zu „fretta“ (fragte), „gæti“ (achte) zu „geymi“ (hüte), „alldri“ (niemals) zu „eigi“ (nicht), „muntu“ (vermagst) zu „máttu“ (kannst), und Hinzufügungen in AM 489 „þig“ (dich) oder Holm 6 „eða andi“ (oder Geist), „þau“ (diese), „þar til“ (dahin), „nefnt eða“ (genannt oder). Das heißt, bedeutungsunterscheidende Textvarianz ist offensichtlich, obwohl dies in den beiden Handschriften nicht relevant für die Sagahandlung ist. In der Abschrift BL Add. 4857 gegenüber AM 489 sind zwei Hinzufügungen erkennbar „av Reina“ (zu prüfen), „ef þu kant nokud til vita“ (wenn du etwas weißt), dabei wird jeweils der in AM 489 angedeutete Sinn des Satzes vervollständigt, daher sind inhaltliche Bedeutungsunterschiede in BL Add. 4857 vorhanden. In den Abschriften NBO 3652, AM 179 und AM 181 von Holm 6 ist lediglich bei AM 181 durch Auslassungen von „at“ (dass), „ek“ (ich), „er“ (welches) und einem Austausch „Rieter“ statt „rett er“ von Unterschieden zu sprechen, die jedoch keine Bedeutungsunterschiede des Inhalts hervorrufen. In NKS 3310 als Abschrift von AM 179 ist der Austausch von „var“ (war) zu „væri“ (wäre) erkennbar. 3.3 Momente der Alterität und Identität 177 Varianzzahlen in Textbeispiel 3.3.1 395 49 32,5 33 20 20,5 20 25,5 24 19 14 588 56 22,5 28 3 5,5 6 10,5 10 5,5 -1/ +8/ 5 4859 95 25,5 31 3,5 4 3 7 6,5 0/ +4/ 1,5 -1/ +11/ 7 1691 100 27 36 8 9 5 5,5 -3/ 0/ 3,5 -3/ +4/ 3 -5/ +11/ 8 1015 89 29 34,5 8,5 9,6 4 -1/ 0/ 4,5 -4/ 0/ 3 -4/ +4/ 2,5 -5/ +12/ 8,5 181 90 25,5 32 5 6 0/ +2/ 2 0/ +2/ 3 -1/ 0/ 1 -2/ +3/ 0 -4/ +9/ 7 3310 94 24,5 28 1 -1/ +3/ 2 -1/ +5/ 3,5 -1/ +4/ 4 -2/ 0/ 2 0/ +4/ 1,5 -2/ +13/ 5,5 6/ 3652/ 179 94 22,5 28,5 0/ 0/ 1 -1/ +3/ 1 -1/ +5/ 2,5 -1/ +4/ 3 -1/ +1/ 1,5 0/ +3/ 0 -2/ +13/ 5 4857 101 10 -8/ +6/ 14,5 -7/ +7/ 14 -7/ +11/ 14 -6/ +12/ 16,5 -7/ +12/ 17 -7/ +9/ 15 -4/ +9/ 15 -3/ +15/ 15 489 94 -8/ 0/ 2 -9/ +3/ 10,5 -9/ +3/ 12,5 -9/ +6/ 10,5 -9/ +7/ 13 -10/ +5/ 12 -10/ +4/ 11,5 -7/ +5/ 10,5 -6/ +11/ 15,5 46 -51/ +4/ 39 -59/ +4/ 38 -56/ +3/ 35 -56/ +3/ 35 -53/ +3/ 34 -51/ +3/ 35 -62/ +3/ 35 -57/ +3/ 35 -43/ +3/ 10 -36/ +3/ 10 46 489 4857 6/ 3652 / 179 3310 181 1015 1691 4859 588 395 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 178 In TCD 1015 als Abschrift von AM 181 sind minimale Wortauslassungen und der Wortaustausch von „segir“ (sagt) statt „svarar“ (antwortet) sowie „þann“ (das) statt „það“ (das) erkennbar. In NKS 1691 als Abschrift von AM 181 ist ein Wortaustausch erkennbar von „spýr“ (fragt) statt „spurda“ (fragte), das bedeutungslose „vidvæzi“ statt „vidræzi“ (umherstreifend) und „segie“ (sagt) statt „sagda“ (sagte) führt zu keinem Bedeutungsunterschied, wenn „vidvæzi“ als Schreibvariante zählt. In BL Add. 4859 ist gegenüber AM 181 ein Wortaustausch erkennbar „sagdist“ (sprach) statt „quedst“ (spricht) sowie eine Hinzufügung „ad“ (dass). In AM 588 fehlen gegenüber BL Add. 4859 mehrere Wörter „og“ (und), „edur gieted“ (noch erzählt) und „Eijrn“ (aber). In AM 395 sind gegenüber AM 588 weitere Kürzungen und Wortaustausch erkennbar. Der Wortaustausch erfolgt mit „mattu“ (musste) statt „mætti“ (müsse), „vidur eigna“ (im Umgang) statt „vidrædest“ (umherstreifend), „væri“ (wäre) statt „var“ (war), „og“ (und) statt „ad“ (dass), ein inhaltlicher Bedeutungsunterschied ergibt sich bei „vidur eigna“. AM 588 und AM 395 zeigen durch die Textvarianz deutliche Zeichen der jeweiligen Textaktualisierung. Gründe und Fazit für Textvarianz in diesem Textbeispiel Die größte Textvarianz kommt zwischen den mittelalterlichen Handschriften AM 489, Holm 6 sowie der akademischen Abschrift Holm 46 vor. Außer BL Add. 4857, die auf den AM 489-Text zurückgeht, basieren alle weiteren, jüngeren Handschriften auf der Holm 6-Version. Besonders auffällig unterscheidet sich die divergente Handschrift AM 395 von allen anderen Handschriften. Eine bedeutungsunterscheidende Textvarianz erscheint in Holm 46 sowie in BL Add. 4859, AM 395 und minimal in AM 588 gegenüber den übrigen Handschriftentexten in der Darstellung der Handlung. Gegenüber ihren Vorlagen oder nächsten Verwandten weisen die übrigen antiquarischen Handschriften AM 179 und AM 181 keine oder wenige Textunterschiede auf. Die akademischen Handschriften TCD 1015, NKS 1691 weisen gegenüber AM 181 ebenso eine geringe Textvarianz auf. Die wissenschaftlichen Handschriften NKS 3310 und NBO 3652 zeigen einen bzw. keinen Textunterschied gegenüber ihren Vorlagen. Die divergente Handschrift AM 588 zeigt gegenüber ihrem Verwandten AM 179 wenige Textunterschiede auf. AM 395 dagegen weist gegenüber den Holm 6-Handschriften höhere Varianzpunkte auf. Die Textvarianz in BL Add. 4857, AM 179, AM 181 und BL Add. 4859 ist wahrscheinlich auf den Entstehungskontext zurückzuführen. Inwiefern die Textvarianz in den divergenten Handschriften auf den Entstehungskontext oder die Textvorlage zurückzuführen ist, bleibt aufgrund der unbekannten Überlieferungslage unklar. Bis auf die bedeutungsunterscheidende Textvarianz in Holm 46 und AM 395 gegenüber allen übrigen Handschriften, die geringe bedeutungsunterscheidende Textvarianz in AM 489 gegenüber den Holm 6 Handschriften und die minimale bedeutungsunterscheidende Textvarianz in BL Add. 4857 gegenüber AM 489 zeigt die übrige Handschriftenüberlieferung eine Textstabilität. 3.3 Momente der Alterität und Identität 179 3.3.2 Erex begegnet einem Zwerg Holm papp 46 fol, 44r-44v Hann hleypir nü framm þar at sem at dvergurinn stöd, hann kallar ä Erix; Snü aptur þü föl þui at ek hrædist þik æigi, þui at minn Meystari hefnir min skiött ef þü giorir mier Jllt AM 181b fol, 1rb-1va hann hleiper nu ad framm þar sem dvergurinn er, hann kallade a Erex og mællti snu aptur þu föl, ei kemst þu framm leingra. Erex seiger skrijd burt þu leidinnlig skepna, enn eg mun fara min veg fyrer þier og skaut honum fr ꜳ sier, nei nei seiger duergurin eg || hrædunst eckj þig þuiad minn meistari hefner mijn skiott ef þu giorer mier illt Kall 246 fol, 9-10 hann hleipir nú fram þar sem dvergurinn er, hann kallade || til Erex, og mælte, snu aptur þu fól eige kemst þu fram leingra, Erex seiger snu aptur þu leidinleg skepna, enn eg mun fara minn veg fyrir þier, og skaut honum fra sier, nei seiger dvergurinn, eg hrædunst þig ei, því ad minn meistare hefner mín skiótt, ef þu giórir mier illt NKS 1708 4to, 10-11 hann hleiper nu ad framm þar sem dvergurinn er, hann kall || ade á Erex og mællte, snu aptur þu fol, ei kemst þu fram leingra, Erex svarer, Skrid burt þu leidinleg skepna, enn eg mun fara minn veg fyrir þier, og skaut honum fra sier, nei nei seiger dvergurinn, eg hrædunst ei þig, því minn mestare hefner min skiótt ef þu giörir mier nockud meir BL Add. 4859 fol, 66v hann hleipur nu ad framm þar sem Dvergurinn er hann kallade ꜳ Erex og mælti. snu apttur, þu fool, ei kiemst þu leingar, Erex mælti skrijd burt þu leidingleg skepna, Enn eg mun fara minn veg fyrer þier, og skaut honum fr ꜳ sier, Ney ney seiger Dvergurinn, Eg hrædunst þig ej þuiat minn meystare hefner mijn skiött, ef þu giører mier illt Lbs 3127 4to, 151r hann hleipur nu ad framm þad sem dverguren er hann kallade a Erex og mælte Snú aptur þu föl ej kiemt þu leingra Erex mælte skrijd burt þu leidenleg skiepna er eg mun fara minn Veg firer þier og skáut honum frá sier Nej Nej seigir dvergurenn eg hrædest þig ej þuj minn meistare hefner mijn ef þu giórer mier ilt Übersetzungen Holm 46 Er läuft jetzt bis dahin, wo der Zwerg steht. Er ruft zu Erex: „Dreh um du Narr, weil ich dich nicht fürchte, weil mein Meister mich schnell rächen wird, wenn du mir weh tust.“ AM 181 Er läuft nun bis dahin, wo der Zwerg ist. Er rief zu Erex und sprach: „Dreh um du Narr, du kommst nicht weiter vorwärts.“ Erex sagt: „Schreite weg, du leidiges Geschöpf, denn ich muss meinen Weg trotz deiner fortsetzen.“ und stieß ihn von sich. „Nein, 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 180 nein“, sagt der Zwerg, „ich fürchte dich nicht, weil mein Meister mich schnell rächt, wenn du mir Böses tust.“ Kall 246 Er läuft nun dahin, wo der Zwerg ist. Er rief bis Erex und sprach: „Dreh um du Narr, du kommst nicht weiter vorwärts.“ Erex sagt: „Dreh um, du leidiges Geschöpf, denn ich muss meinen Weg trotz deiner fortsetzen.“ und stieß ihn von sich. „Nein“, sagt der Zwerg, „ich fürchte dich nicht, weil mein Meister mich schnell rächt, wenn du mir Böses tust.“ NKS 1708 Er läuft nun dahin, wo der Zwerg ist. Er rief zu Erex und sprach: „Dreh um du Narr, du kommst nicht weiter vorwärts.“ Erex antwortet: „Schreite weg, du leidiges Geschöpf, denn ich muss meinen Weg trotz deiner fortsetzen“ und stieß ihn von sich. „Nein, nein“, sagt der Zwerg, „ich fürchte dich nicht, da mein Meister mich schnell rächt, wenn du mir etwas mehr tust.“ BL Add. 4859 Er läuft nun dahin, wo der Zwerg ist. Er rief zu Erex und sprach: „Dreh um du Narr, du kommst nicht weiter.“ Erex sprach: „Schreite weg, du leidiges Geschöpf, denn ich muss meinen Weg trotz deiner fortsetzen.“ und stieß ihn von sich. „Nein, nein“, sagt der Zwerg, „ich fürchte dich nicht, weil mein Meister mich schnell rächt, wenn du mir Böses tust.“ Lbs 3127 Er läuft nun dahin, wo der Zwerg ist. Er rief zu Erex und sprach: „Dreh um du Narr, du kommst nicht weiter.“ Erex sprach: „Schreite weg, du leidiges Geschöpf, wenn ich meinen Weg trotz deiner fortsetzen muss.“ und stieß ihn von sich. „Nein, nein“, sagt der Zwerg, „ich fürchte dich nicht, da mein Meister mich rächt, wenn du mir Böses tust.“ Vorkommen und Analyse der Textvarianz in allen Handschriften Folgende Abhängigkeiten der Handschriftentexte sind aufgrund der Textvarianz anzunehmen und in den Transkriptionen entsprechend markiert: Kall 246, NKS 1708 und indirekt BL Add. 4859 basieren auf AM 181. Lbs 3127 wiederum steht mit BL Add. 4859 in Zusammenhang. Bei Holm 46 ist weder eine Vorlage noch eine Abschrift erkennbar. AM 181 und Holm 46 weisen anderes Vokabular auf, wie „hann“ (er) in AM 181 gegenüber „Riddari“ (Ritter) in Holm 46, Hinzufügungen in Holm 46, wie „þessi“ (dieses), „at“ (dass), „þvi“ (da), aber auch die kürzere Darstellung des Dialogs zwischen Zwerg und Ritter in Holm 46. Dadurch rückt der Fokus der Handlung in 3.3 Momente der Alterität und Identität 181 Holm 46 auf den Zwerg, der hier einen Monolog hält. Erex wird sehr passiv dargestellt. In AM 181 ist die Handlung einerseits erweitert und gleichzeitig auf Erex und den Zwerg konzentriert, wobei Erex den aktiveren Part übernimmt. An dieser Stelle fällt die Ähnlichkeit zu Textbeispiel 3.3.1 auf, wo Kalebrant durch die Auslassung seiner wörtlichen Rede in Holm 46 als passiv gegenüber dem fremden Wesen erscheint. In diesem Textbeispiel ist in Holm 46 Erex’ wörtliche Rede ausgespart und ihm wird somit die aktive Rolle entzogen. Kall 246 weist gegenüber AM 181 den Austausch „snu aptur“ (dreh um) statt „skriid burt“ (schreite weg) auf, was zu einem minimalen Bedeutungsunterschied führt. Lbs 1708 folgt AM 181 treu bis auf einen zweimaligen Wortaustausch von „svarer“ (antwortet) statt „segir“ (sagt) und „nockud“ (etwas) statt „illt“ (Böses) und führt auch hier zu minimaler bedeutungsunterscheidender Textvarianz. BL Add. 4859 zeigt gegenüber AM 181 einen Wortaustausch „mælti“ (sprach) statt „seigir“ (sagt) sowie eine Auslassung. In diesem Textbeispiel folgt Lbs 3127 seinem nächsten Verwandten BL Add. 4859 bis auf die Erstattung „er“ (wenn) gegenüber „enn“ (denn) sowie zwei Auslassungen. Varianzzahlen in Textbeispiel 3.3.2 46 181 246 1708 4859 3127 46 -29/ +2/ 5 -2/ +27/ 6 -2/ +28/ 6 -2/ +28/ 5 -3/ +27/ 2 181 36 0/ +2/ 3 -1/ +1/ 2 0/ +1/ 1 0/ +3/ 2 246 35 5 -1/ +2/ 5 -1/ +2/ 5 -1/ +3/ 6 1708 36 4 8 -1/ +2/ 1 0/ +2/ 2 4859 35 2 8 4 0/ -2/ 1 3127 32 5 10 4 3 Gründe und Fazit für Textvarianz in diesem Textbeispiel Die größte Textvarianz und die höchsten Varianzzahlen zeigt Holm 46 gegenüber allen übrigen Handschriften, was maßgeblich auf deren kürzeren Text zurückzuführen ist. In der weiteren Überlieferung zeigt die akademische Handschrift Kall 246 noch die größte Textvarianz gegenüber ihrer Textvorlage AM 181. In Kall 246 und BL Add. 4859 sind die Textunterschiede auf den Entstehungsprozess zurückzuführen. Kall 246, Lbs 3127 und NKS 1708 zeigen minimale bedeutungsunterscheidende Textvarianz. In Lbs 3127 ist der Entstehungs- und Überlieferungprozess unklar, daher kann nicht gesagt werden, inwiefern die minimale Textvarianz auf die unbekannte Textvorlage zurückgeht. Bis auf die maßgeblich bedeutungsunterscheidende Textvarianz von Holm 46 gegenüber allen Handschriften sowie minimale bedeutungsunterscheidende Textvarianz in Kall 246 und Lbs 3127 gegenüber den AM 181-Texten weist dieses Textbeispiel in der handschriftlichen Überlieferung eine Textstabilität auf. 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 182 3.3.3 Parceval beim Fischerkönig Holm perg 6 4to, 49r þvi næst komu inn tveir sveinar ungir ok fridir ok baru j hondum kertistikur af brendu gulli ok ij kerti ꜳ huorri med skinanndi logum sem mest gatu daudligh augu sied þvi næst gek jnn einn fogur mær ok bar j hondum ser þvi likaz sem textus væri enn þeir j volsku male kalla braull enn vær megum kalla ganganda greida af því skein svo mikit liosath þegar huarf birti allra þeira loga er j voru hollinni sem stiornu birti fyrir solar liosi. þat var giort med miklum hagleik af gulli ok ollum dyrstum steinum er j voru verolldunni NBO 3652: 13 fol, 49r þvi næst kömu inn tveir sveinar ungir ok fridir ok baru j hondum kertistikur af brendu gulli ok ij kerti ꜳ huorri med skinanndi logum sem mest gatu daudligh augu sied þvi næst gek jnn einn fögur mær ok ber j hondum ser þvi likaz sem textus væri enn þeir j volsku male kalla braull enn vær megum kalla ganganda greida af því skein svo mikit lios ath þegar huarf birti allra þeirra loga er j voru hollinni sem stiornu birti fyrir solar liosi. þat var giort med miklum hagleik af gulli ok ollum dyrstum steinum er j voru verolldunni AM 179 fol, 106r-106v þui næst komv inn tueir sveinar ungir ok frydir ok baru i hondum kertistikir af brendu gulli ok tuo kerti ꜳ hvorri med skynandi logumm semm mest gatv daudlig augv sied. þui næst geck inn ein føgur mær ok bar i hondumm sier þuilikast sem Textus væri/ enn þeir j Vaulskv mali kalla braull, enn vær meigum kalla Ganganda greïda af || þvi skein suo mikit liös ad þegar huarf birti allra þeirra loga er j voru hollinne sem stiornv birti fyrer Solarliose. þat var giaurt med miklumm hagleik af gulli ok ollumm dyrstumm steïnumm er j voru Verolldinni. NKS 3310 4to, 84r-84v þvi næst komu inn tveir sveinar úngir ok friðir ok báru i höndum kertistiku\r/ af brendu gulli ok tvö kerti á hverri með skinandi logum, sem mest gátu dauðlig augu séð. Þvi næst gekk inn ein fögr mær ok bar i höndum sér þvilikast sem textus væri, en þeir i völsku máli kalla braull, en vær megum kalla gánganda greiða || A því skein svá mikit liós, at þegar hvarf birti allra þeirra loga, er i voru höllinni sem stiörnubirti fyrir sólarljósi. Þat var giört með miklum hagleik af gulli ok öllum dýrstum steinum er i voru veröldini NKS 1794a 4to, 126-127 því næst komu inn tveir sveinar ungir og fridir, og baru i hondum kertis stikur af brendu gulle, og tvö kerte á hvörre med skyn || ande logum, sem mest gátu daudleg augu sied, því næst geck inn ein fögur mær, og bar í hondum sier þvílíka sem textus være, enn þeir í Volsku mále kalla Braull, enn vær meigum kalla gangande greida, af því skein so mikid liós ad þegar byrte allra þeirra loga er í vóru höllenne, sem stjörnu byrte fyrir solar lióse þad var giört med miklum hagleik af gulle og öllum dijrstum steinum er í voru verolldenne 3.3 Momente der Alterität und Identität 183 AM 181a fol, 14va-14vb þvj næst komu inn I husid tuejr Ungir svejnar og fridir med ij kertjstijkur af klaru gullj, og ij lios skjnandj lógum sem mest Gätu daudlig augun sied, þvj næst kom inn ein fogur mær, og bar J hondum sier þijlijkast sem, textus Væri, enn þeir J Volsku malj kalla Braull, enn Vær mejgum / kalla\ || Gängandj greida af þvi skein so mikid lios ad þegar hvarf birtj allra þeyrra hinna liosanna, er I voru hollinnj sem tungls bjrti fýrir solar liose, þad Var giort med miklum haglejk af klaru gullj og ollum djrstum stejnum er J varu Verolldinnj TCD 1015 8vo, 558-560 því næst komu inn í husid tveir unger sveinar og frider med tvær kertistikur af kláru gulle og tvö liós skínnande logum sem mest gátu daudlig augu sied, því næst kom inn ein fögur mær og bar í höndum sier þvílíkast sem textus væri en þeir í Völsku máli kalla Praull en vær meigum kalla gángande greida, af því skein so mikid liós ad þegar hvarf byrti allra þeirra hinna || liósanna er í voru höllinne sem tungls byrte fyrer sólar lióse, þad var giört med miklum hagleik af kláru gulle og öllum dyrstum steinum er í voru verölldinne NKS 1691 4to, 357-358 því næst komu inní husid tveir ungir sveinar, og fridir med tvær kerti stijkur af kláru gulli, og tv ǫ liós skinandi logum sem mest || gátu daudleg augun sied því næst kom inn ein f ǫ gur mær, og bar í h ǫ ndum sier þvílíkast sem TEXTUS vari enn þeir í V ǫ lsku máli kalla Braull, enn vær meigum kalla gangandi greida, af þvi skein so miked liós. ad þegar hvarf birti allra þeirra hinna liósanna, er í voru h ǫ llinni sem tunglz birti fijrir sólarliosi, þad var gi ǫ rt || med miklum hagleik af kláru gulli og ǫ llum dírstum steinum, er i voru ver ǫ lldunni BL Add. 4859 fol, 54v þui næst komu Jnn tvejr ungir og frijder sveinar med tvær kiertastikur Af kl ꜳ ru gulle, og tvø liös skynandi lögum sem Mest gätu Daudleg Augun sied, þui næst kom Jnn Ein føgur mær og bar J høndum sier þui lyktt sem Textus være, Enn þeir J vølsku m ꜳ le kalla Braull, Enn vær meigum kalla Gangande Greida. af þui skein so mikid Liös, ad þegar huarf Byrti Allra þeirra, hinna liösanna, er J woru høllinne sem Tunglz byrti fyrir soolar liöse. Þad var giort med miklum Hagleik af kl ꜳ ru gulle, og øllum dyrstum steinum, er J woru verølldinne AM 395 fol, 929 hier næst komu enn tveir sveinar og bäru kiertastikur af brendu gulle og tvó logande Kierte þar i, og þvi næst kiemur inn ein fogur mær og bar i hendi sier þvilikt sem Textus væri enn Valskur kalla þad Braull, enn vær gangandi greida þä skein óll hóllinn af skioru liösu Übersetzungen Holm 6/ NBO 3652/ AM 179 Als nächstes kamen zwei junge und schöne Knaben herein und trugen in den Händen Kerzenständer aus brennendem Gold und je zwei Kerzen darin mit scheinenden 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 184 Flammen, welche die meisten sterblichen Augen zu sehen bekommen. Als nächstes ging ein schönes Mädchen herein und trug in ihren Händen etwas so ähnlich, [als wenn] es ein textus [= Bibel] war, aber das wird in völsku [= welsche/ französische Sprache] braull [= Gral] genannt, aber wir mögen es gangandi greiða [= wandernde Bewirtung] nennen. Von diesem schien so viel Licht, dass dadurch alle Lichter, deren Flammen, die in [der] Halle waren, verschwanden, wie Sternenlicht vor Sonnenlicht. Das war mit großer Fertigkeit aus Gold gemacht und allen den teuersten Steinen, die in der Welt waren. NKS 3310 Als nächstes kamen zwei junge und schöne Knaben hinein und trugen in den Händen Kerzenständer aus brennendem Gold und je zwei Kerzen darin mit scheinenden Flammen, welche die meisten sterblichen Augen zu sehen bekommen. Als nächstes ging ein schönes Mädchen herein und trug in ihren Händen etwas so ähnlich, [als wenn] es ein textus [= Bibel] war, aber das wird in völsku [= welsche/ französische Sprache] braull [= Gral] genannt, aber wir mögen es gangandi greiða [= wandernde Bewirtung] nennen. Auf diesen schien so viel Licht, dass dadurch alle Lichter, deren Flammen, die in [der] Halle waren, verschwanden, wie Sternenlicht vor Sonnenlicht. Das war mit großer Fertigkeit aus Gold gemacht und allen den teuersten Steinen, die in der Welt waren. NKS 1794 Als nächstes kamen zwei junge und schöne Knaben hinein und trugen in den Händen Kerzenständer aus brennendem Gold und je zwei Kerzen darin mit scheinenden Flammen, welche die meisten sterblichen Augen zu sehen bekommen. Als nächstes ging ein schönes Mädchen herein und trug in ihren Händen etwas so ähnlich, [als wenn] es ein textus [= Bibel] war, aber das wird in völsku [= welsche/ französische Sprache] braull [= Gral] genannt, aber wir mögen es gangandi greiða [= wandernde Bewirtung] nennen. Von diesem schien so viel Licht, dass dadurch alle Lichter, deren Flammen, die in [der] Halle waren, [verschwanden], wie Sternenlicht vor Sonnenlicht. Das war mit großer Fertigkeit aus Gold gemacht und allen den teuersten Steinen, die in der Welt waren. AM 181/ NKS 1691 Als nächstes kamen in das Haus zwei junge und schöne Knaben hinein mit zwei Kerzenständern aus klarem Gold und je zwei Kerzen [mit] scheinenden Flammen, welche die meisten sterblichen Augen zu sehen bekommen. Als nächstes kam ein schönes Mädchen herein und trug in ihren Händen etwas so ähnlich, [als wenn] es ein textus [= Bibel] war, aber das wird in völsku [= welsche/ französische Sprache] braull [= Gral] genannt, aber wir mögen es gangandi greiða [= wandernde Bewirtung] nennen. Von diesem schien so viel Licht, dass dadurch alle Lichter, deren Kerzen, die in [der] Halle waren, verschwanden, wie Mondlicht vor Sonnenlicht. Das war mit großer Fertigkeit aus klarem Gold gemacht und allen den teuersten Steinen, die in der Welt waren. 3.3 Momente der Alterität und Identität 185 TCD 1015 Als nächstes kamen in das Haus zwei junge und schöne Knaben hinein mit zwei Kerzenständern aus klarem Gold und je zwei Kerzen [mit] scheinenden Flammen, welche die meisten sterblichen Augen zu sehen bekommen. Als nächstes kam ein schönes Mädchen herein und trug in ihren Händen etwas so ähnlich, [als wenn] es ein textus [= Bibel] war, aber das wird in völsku [= welsche/ französische Sprache] Praull [= Gral] genannt, aber wir mögen es gangandi greiða [= wandernde Bewirtung] nennen. Von diesem schien so viel Licht, dass dadurch alle Lichter, deren Kerzen, die in [der] Halle waren, verschwanden, wie Mondlicht vor Sonnenlicht. Das war mit großer Fertigkeit aus klarem Gold gemacht und allen den teuersten Steinen, die in der Welt waren. BL Add. 4859 Als nächstes kamen zwei junge und schöne Knaben hinein mit zwei Kerzenständern aus klarem Gold und zwei Kerzen [mit] scheinenden Flammen, welche die meisten sterblichen Augen zu sehen bekommen. Als nächstes kam ein schönes Mädchen herein und trug in ihren Händen etwas Vergleichbares, das ein textus [= Bibel] sei, aber das wird in völsku [= welsche/ französische Sprache] braull [= Gral] genannt, aber wir mögen es gangandi greiða [= wandernde Bewirtung] nennen. Von diesem schien so viel Licht, dass dadurch alle diese Lichter, deren Kerzen, die in [der] Halle waren, verschwanden, wie Mondlicht vor Sonnenlicht. Das war mit großer Fertigkeit aus klarem Gold gemacht und allen den teuersten Steinen, die in der Welt waren. AM 395 Hier kamen als nächstes zwei Knaben und trugen Kerzenständer aus brennenden Gold und zwei flammende Kerzen darin. Und als nächstes kommt ein schönes Mädchen herein und trug in seinen Händen etwas Vergleichbares, das ein textus [= Bibel] sei, aber [auf] Welsch [= welsche/ französische Sprache] wird das Braull [= Gral] genannt, aber ein gangandi greida [= wandernde Bewirtung] sei. Da schien die ganze Halle von schneidendem Licht. Vorkommen und Analyse der Textvarianz in allen Handschriften Folgende Abhängigkeiten der Handschriftentexte sind aufgrund der Textvarianz anzunehmen und in den Transkriptionen entsprechend markiert: Abschriften von Holm 6 sind NBO 3652, AM 181 und 179. Auf AM 181 basieren TCD 1015, NKS 1691 sowie indirekt BL Add. 4859. Auf AM 179 basieren NKS 3310, NKS 1794. AM 395 steht mit Holm 6 bzw. AM 179 in Verbindung, da hier weniger Wortaustausch vorkommt als in Verbindung mit der Handschrift AM 181. Generell ist das Textbeispiel in zwei Textgruppen zu unterscheiden, die Holm 6- Gruppe, die „brendu“ (Brennende), „kerti“ (Kerze), „loga“ (Flamme) und „stiornu“ (Sterne) enthält (Holm 6, AM 179, NKS 1794, NKS 3310 und NBO 3652), und eine AM 181-Gruppe, die „klaru“ (das Klare), zweimal „lios“ (Licht) und „tungls“ 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 186 (Mond) enthält (AM 181, BL Add. 4859 und NKS 1691). Einzig AM 395 unterscheidet sich von den übrigen Handschriften durch einen wesentlich kürzeren Text und folgt der Holm 6-Gruppe mit „brendu“ und „loga“. Die Beschreibung des Grals: „þvi likast sem textus væri er þeir i volsku mali kalla braull en ver megum kalla ganganda greida“ (etwas so ähnlich, [als wenn] es ein textus [= Bibel] war, aber das wird in völsku [= welsche/ französische Sprache] braull [= Gral] genannt, aber wir mögen es gangandi greiða [= wandernde Bewirtung] nennen) wurde in den Handschriften generell bewahrt. „Braull“ wurde als altnordische Fehldeutung 12 des französischen Grals verstanden. 13 Wenn man davon ausgeht, dass der nordische Übertrager unter dem Gral bzw. „Braull“ ein Gefäß versteht, dann könnte die Beschreibung „gangandi greiða“ (wandernde Bewirtung) in der Parcevals saga einen gewissen Sinn ergeben, wenn man von einem Herumreichen des Gefäßes ausgeht und darin eine Parallele zum christlichen Abendmahl sehen will. In den Abschriften NBO 3652 und AM 179 von Holm 6 sind keine Unterschiede erkennbar. AM 181 wiederum zeigt gegenüber Holm 6 zahlreiche Unterschiede, die auf den Entstehungsprozess zurückzuführen sind, siehe die genannten Beispiele oben, sowie Auslassungen und Hinzufügungen, z. B. „i husid“ (in das Haus), „hinna“ (deren), „klaru“ (klarem). In diesem Textbeispiel zeigt AM 181 daher bedeutungsunterscheidende Textvarianz. In NKS 1691 und TCD 1015 als Abschrift von AM 181 sind keine Unterschiede ersichtlich. BL Add. 4859 zeigt gegenüber AM 181 eine Auslassung „i husid“ und dadurch einen minimalen Bedeutungsunterschied. In NKS 3310 ist gegenüber AM 179 ein Austausch „á því“ (auf diesen) statt „af þeim“ (von diesem) erkennbar. In AM 395 ist gegenüber den übrigen Handschriften ein wesentlich kürzerer Text und anderes Vokabular, wie „hier“ (hier) statt „þier“ (dir), „þá“ (da) statt „þvi“ (als), „af skioru liös“ (von schneidenem Licht) statt „tungls byrti“ (Mondlicht), erkennbar, was auf die Textaktualisierungstendenzen dieser Handschrift hinweist. Die Gralsprozession selbst wird hier nur minimal kürzer wiedergegeben. Der Grund hierfür kann im Unverständnis des Inhalts liegen und regte zu einer Bewahrung und keiner individuellen Ausschmückung beim handschriftlichen Kopierprozess an. Die Darstellung konzentriert sich in AM 395 auf die Handlung und wirkt durch den kürzeren Text und das andere Vokabular weniger feierlich. 12 Von Mitchell (1958: 593) wurde dieser Text in Holm perg 6 4to als Emdendation und Fehllesung des Altfranzösischen „graull“ gedeutet. Die Wörter „braull“ und „ganganda greiða“ sind sonst in keinem anderen Werk belegt. 13 Das Motiv des Grals und des Gralkönigs/ Fischerkönigs ist in Chrétiens de Troyes’ „Le Conte du Graal“ dargestellt und völlig uneindeutig. Es liegen daher verschiedene Meinungen vor, was der Gral und die damit verbundene Szene bedeutet haben können, z. B. Initiationsritus, Fruchtbarkeitsritus, Gral als Gefäß des Blutes Christi und Reliquie. Bei Chrétien ist der Gral ein mit Edelsteinen besetztes Gefäß. In Wolfram von Eschenbachs Parzival ist der Gral ein Stein, der Zauberkräfte besitzt (Besamusca 1999: 1618f). 3.4 Das Sagaende 187 Varianzzahlen in Textbeispiel 3.3.3 6/ 3652/ 179/ 1794 3310 181/ 1691 1015 4859 395 6/ 3652/ 179/ 1794 0/ 0/ 1 -4/ +5/ 7 -4/ +5/ 8 -2/ +5/ 7 -2/ +48/ 10 3310 1 -4/ +5/ 8 -4/ +5/ 9 -2/ +5/ 8 -2/ +48/ 10 181 16 17 0/ 0/ 1 0/ +2/ 0 -1/ +44/ 12 1015 17 18 1 0/ +2/ 1 -1/ +46/ 13 4859 14 15 2 3 -1/ +46/ 12 395 60 60 57 60 59 Gründe und Fazit für Textvarianz in diesem Textbeispiel Die höchsten Varianzzahlen und bedeutungsunterscheidende Textvarianz zeigen in diesem Textbeispiel AM 181 gegenüber Holm 6 und der AM 179-Überlieferung sowie AM 395 gegenüber allen Handschriften. Trotz dieser Varianz erfolgt kein Eingriff ins Handlungsgeschehen und die übrigen Handschriften belegen die Textstabilität dieses Texts. Aufgrund der nicht erhaltenen Textvorlage von AM 395 kann die Herkunft der Varianz nicht genauer bestimmt werden. AM 181 weist die nächstgrößere Textvarianz auf, die auf den Entstehungsprozess zurückzuführen ist. Die übrigen auf AM 181 basierenden Texte folgen dieser Tendenz. BL Add. 4859 unterscheidet sich aber nochmals minimal von AM 181. 3.4 Das Sagaende Jeweils am Ende der Erzählungen werden die Ritter mit ihrer Frau vereint und erhalten oder bestätigen die Herrschaft über ein Reich und den Platz in der höfischen Welt, dabei wird Íven und Parceval eine Läuterung und Erkenntnis zuteil. Alle drei Ritter haben ihre ritterlichen Tugenden perfektioniert und gelten als unbesiegbare oder einzigartige Ritter. Für Íven stellt das Bestehen seiner Abenteuer und die (Zurück-)Gewinnung seiner Frau eine anspruchsvolle Aufgabe dar, die er nach einer tiefen Krise meistert. Die Ívens saga enthält zudem in einigen Handschriften einen Verweis auf König Hákon als Auftraggeber. Das Ende der Erex saga enthält gegenüber den anderen zwei Sagas eine detailreich geschilderte Krönung. Erex kann nach den bestandenen Abenteuern an seinen Hof zurückkehren und seine Frau heiraten, da er nun seinen Platz in der höfischen Welt durch seine heldenhaften Taten bestätigt hat. Parceval wird von seinem Onkel, einem Eremiten, über den Fischerkönig und die Gralsprozession aufgeklärt. Nachdem Parceval seine ritterlichen Tugenden erworben hat, wird er mit seiner Frau Blankiflúr vereint und Herrscher über ihr Reich. In allen drei Sagas schließt der Text durch eine Formel in der Art „ok lykur hier sögu“ (und hier schließt die Erzählung). 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 188 3.4.1 Ívens Versöhnung mit seiner Frau AM 489 4to [Lakune] Holm papp 46 fol, 39v ok hefvur nü Ivent feing[ed] sina list ok fagnad ok untust þau vel þadann af allt til dauda dags ok lyktar hier sogu af Ivent. Holm perg 6 4to, 39r ek hefí dyrt keyptt heimsku mína ok v vizsku þui gef ek mik sekiann ydr jvalld. ok ef þu vil nu taka vid mer. þa skal ek alldri optar misgíora vid þigg. hon svarar giarna vil ek taka vid þer þui ath ek vil eigi riufa eid minn ok vil ek nu giora orugga sætt med okkr ok samþykki ok ospillileghann frid ok vndarlighann fagnath. þa mælti síra Iven þat veítt ek ath eingí þessa heíms hlutr giorir mik fegnara. Nv hefir herra Ivent feingit þann fagnath er hann hefir leingí til lyst. ok m ꜳ þui nu huer madr trua ath alldri sidann hann var fædr vard hann Jafn fegínn hefir hann nu godri lykt komit sítt starf þui ath hann elskar nu fru ok hon hann. ok gleymir hann nu aullum volkum ok vandrædum af þeim mikla fagnadi er hann hafdi af unnosto sinni Ok lykr her sögu herra Ivent. er hakon kongr gamlí lett snua or franzeisu J norenu. NBO 3652: 13 fol, 39r Ek hefi dyrt keypt heimsku mina ok v vizsku þvi gef ek mik sekiann ydr j valld. ok ef þu vil nu taka vid mer. þa skal ek alldri optar misgiora vid þig. hon svarar giarna vil ek taka vid þer þvi ath ek vil eigi riufa eid minn ok vil ek nu giora orugga sætt med okkr ok samþykki ok ospillileghann frid ok undarlighann fagnath. þa mælti sira Jven. þat veitt ek ath eingi þessa heimshlutr giorir mik fegnara. Nu hefr herra Jven feingit þann fagnath er hann hefr leingi til lyst. ok m ꜳ þvi nu hver madr trua ath alldri sidann hann var fædr vard hann jafn feginn hefr hann nu godri lykt komit sitt starf þvi ath hann elskar nu fru ok hon hann ok gleymir hann nu aullum volkum ok vandrædum af þeim mikla fagnadi er hann hafdi af vnnosta sinni. Ok lykr her sögu Jvent. er hakon kongr gamli lett snua \or/ J franzeisu j norenu AM 179 fol, 90r ek hefe dyrt keypt heimsku mina ok vvitsku þui gef ek mig sekann ydur j valld. ok ef þv villt nv taka vid mier þa skal ek alldri optar misgiora vid þik. Hvn suarar. giarna vil ek taka vid þier þuiad ek vil ei riufa eid minn, ok vil ek nv giaura orugga sætt med okkr ok samþykki || ok ospilliligann frid ok vndarlighann fagnath. þa mællte sira Jvent. þad veit ek ath einngi þessa heims hlutur giorer mik fegnara. Nu hefer herra Jvent feinngid þann fagnath er hann hefer leingi til list. ok ma þui nv huor madur trua ad alldri sidan hann var fæddur vart hann jafnfeiginn. Hefer hann nv i godri lykt komit sitt starf þui hann elskar nv fru ok hun hann ok gleymer hann nv ollumm volkumm ok vandrædum af þeim mykla fagnadi er hann hafdi af vnnostu sinne. Ok lykr hier søgu herra Jvent er Hakon kongur gamle let snva or franzeisu j Norrænv С 3.4 Das Sagaende 189 NKS 3310 4to, 50-51 ek hefi dýrt keypt heimsku mina ok úvitsku, því gef ek || mik sekan yðr í vald. Ok ef þú vilt nú taka við mer, þá skal ek aldri optar misgjöra við þik. Hun svarar: gjarna vil ek taka við þer þvíat ek vil eigi rjúfa eið minn ok vil ek nú gjöra örugga sætt með okkr ok samþykki ok óspillliligan frið ok undarligan fagnað. þá mælti síra Ivent: þat veit ek, at eingi þessa heims hlutr giörir mik fegnari. Nú hefir herra Ivent fengit þann fagnað, er hann hefir lengi til list. Ok má því nú hverr maðr trúa, at aldri síðan hann var fæddr varð hann jafn feginn. Hefir hann nú í góðri lykt komit sitt starf, því hann elskar nú frú, ok hun hann, ok gleymir hann nu öllum volkum ok vandræðum af þeim mikla fagnaði er hann hafði af unnustu sinni. Ok lýkr her sögu herra Ivents, er Hákon, konungr, gamli let snúa ur franzeisú i norrænu. AM 181a fol, 9rb eg hefi djrt kejpt heimsku Mijna og ovitsku þui gef eg mig sekan ydr J valld, og ef þu villt nu taka vid mier, þá skal eg alldrj optar misgjora vid þig, hun svarar Giarnan vil eg taka vid þier þuj eg vil ej riufa eid minn, og vil eg nu giora fasta satt med ockur, og samþeckj og ospillj, legan frid, og undrun arlegan fagnad, þá mælti sira Jven þad vejt eg, ad eingin þessa heims hlutr giorer mig fegnara. nu hefer herra Iven fejngid þann fagnad er hann hefer leingi til lijst; og ma þuj nu huer madur trua, ad alldri sijdan hann var fæddur Vard hann jafnfejgin, hefer hann nu Godri lijkt komud á sitt starf þuj hann elskar nu sinn fru og hun hann, og gleimr hann nu ollum Volkum og vandrædum aff þeim mikla fagnadj, er hann hafdj aff unnustu sinnj, og lykur hier Nü sogu aff herra Ivenntt er Hakan kongr hinn gamli liet snua Ur franseisu J norrænu TCD 1015 8vo, 328-332 eg hefe dirt keypt heimsku mína og övitsku því gef eg mig sekann ydur í valld og ef þu villt nu taka vid mier þá skal eg alldrei optar misgiöra vid þig; Hun seger giarnan vil eg taka vid þier því eg vil ei riufa eid minn og vil eg nu giöra fasta sátt med ockur og samþycke og óspilleligann frid og undrunarligann fagnad || || þá mællti herra Jvent, þad veit eg ad einginn þessa heims hlutr giörer mig fegnara; Nu hefr herra Jvent feinged þann fagnad er hann hefr leingi tillyst, og má því nu hvor madr trua ad alldrei sídan hann var fæddr vard hann iafnfeiginn, hefr hann nu godri lykt komid á sitt starf því hann elskar nu fru sína og hun hann, og gleymer hann nu öllum volkum og vandrædum af þeim mikla fagnadi er hann hafdi af unnustu sinne og líkr hier nu sögu af herra Jvent er Hakon || kongr hinn gamli liet snua ur Franseisu í Norrænu. NKS 1691 4to, 199-202 eg hefi dírt keipt heimsku mína og óvitsku, því gef eg || mig sekan ijdur i valld og ef þu villt nu taka vid mier, þá skal eg alldrei optar missgi ǫ ra vid þig, hun seiger, giarnann vil eg taka vid þier, því eg vil ei riufa eid minn, og vil eg nu gi ǫ ra fasta satt med ǫ kkur, og samþikki og óspilliligan frid, og undrunarlegann fagnad, þá mællti sira Ivent, þad veit eg, ad einginn þessa heims hlutur gi ǫ rir mig fégnara. nu hefur herra Ivent feingid þann fagnad, er hann || hefur leingi til lijster, og má því nu hver madur trua, 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 190 ad alldrei sidann hann var fæddur vard hann jafnfeiginn, hefur hann nu godri likt komid á sitt starf, því hann elskar nu fru sína, og hun hann, og gleimer hann nu ǫ llum volkum og vandrædum, af þeim mikla fagnadi, er hann hafdi af unnustu sinni, og líkur hier nu s ǫ gu af herra Ivent, er || Hákon Kóngur hinn gamli liet snua ur franseisu í norænu. BL Add. 4857 fol, 133v eg hefe dyrt keipt Heimsku Mijna, og oveitsku, þuj gef eg mik sekan ydr J valld og ef þu villst nu taka vid mier þä skal eg Alldri offtar mis giora vid þig. hun sagde giarnan vil eg taka vid þier þuj eg ei Riufa eid min, og vil eg nu giora fasta satt med okr og samþicke og ospillelegan frid og undrunnar legan fagnad, þa mælti herra Ivent þad veit eg ad eingin þessa heims hlutur giorer mig fegnara. Nu hefur herra Ivent feinged þann fagnad er hann hefur leinge til list og mä þui nu huer madur trua ad Alldrei sydann hann var fæddur, vard hann jafnfeiginn, hefur hann nu gödre lyckt ä komid sitt starf, þui hann elskar nu fru sin og hun hann, og gleimir hann nu ællum volkum og vandrædum af þeim mikla fagnade, er hann hafde Af Vnnustu sinne, Og lykur hier nu sogu Af herra Ivent, er Hakon kongr hinn gamle, liet snua wr franseisu J norrænu BL Add. 4859 fol, 45v Eg hefe dyrt keypt heimsku mijna og ovitsku, þvi gief Eg mig sekan i ydar valld, og ef þu villtt nu taka vid mier þ ꜳ skal eg Alldrej opttar misgiora vid þig. Hun sagde Giarnann vil eg taka vid þier þui eg uil ei riufa Eyd minn, Og vil Eg nu giora fasta s ꜳ tt med ockur, og samþycki og ospillelegann frid Og undrunarlegann fagnad, þ ꜳ mælti herra Ivent þad veit Eg ad Einginn þessa heims hlutur giører mig fegnara. Nu hefur herra Ivent feinged þann fagnad er hann hefur leingi til list, og m ꜳ þvj nu hvor madur trua, ad Alldrei sydann hann var fæddur vard hann jafn feiginn, hefur hann nu godre lycktt A komed sitt starf þvi hann elskar nu fru, og hvn hann, og gleimur hann nu øllum volkum, og vandrædum, Af þeim mikla fagnade, er hann hafde Af vnustu sinne, Og lykur hier nu søgu Af Herra Iventh, er Hakon kongur hinn gamle liet snua wr franseysu I norrœnu AM 588a 4to, 22r eg hefi dyrt keypt heimsku mina, þvi gef eg mig sekann ydur ä valld, og ef þu villt nu taka vid mier, þa skal eg alldrei misgiöra framur vid þig, hun svarar giarnan vil eg taka vid þier, þvi eigj vil eg riufa eid minn, og vil eg nu giöra örugga sætt med okur, og öspillilegan frid, og fagnad, þa mælti Iven þad veit eg ad einginn þessa heims hlutur giörir mig fegnare. Nu hefur herra Iven feingid þa gledi er hann leingi hefur til lyst, og mä þvi hvor madur trua ad alldrei sidan hann var fæddur, vard hann jafnfeiginn, hefur hann nu vel endad allt sitt starf, þvi nu elskar hann fru sina, og hun hann, gleymir hann nu allin volkun og vandrædi, af þeim fagnadi er hann hafdi af unnustu sinni |: og likur hier sögu af herra Iven er Hakon kongur gamli liet snua ur frönskutungumali j norrænu. 3.4 Das Sagaende 191 AM 395 fol, 972 hefe eg siälfur keiptt nögu dijrt heimsku mijna, og vilier þu nu vid taka vid mier skal eg aldri þier meir i mótr gióra. hun svar giarnann vil eg nu taka vid þier, og giór um ockar ä mille ospillelegan sátt, og frid medan vid bædi lijfum var nu þetta giórt og untust med elsku allt til elledaga. Nu hefur herra Ivent feinged þä gledi er hann hafde leinge efter þreid, hefur hann nu og vel Rädeded allt sitt starf, lifdi sijdann i fridi med fru sinni til elledaga, og var hinn meste riddari Arti köngs og lykur hier sógu af herra Iuvent Riddara Übersetzungen Holm 46 Und Iven hat nun seine Klugheit und Glück bekommen und beide liebten sich von da an die ganze Zeit bis zum Todestag. Und hier schließt die Saga von Iven. Holm 6 „Ich habe meine Dummheit und meinen Unverstand teuer erkauft, so gebe ich mich schuldig in eure Gewalt. Und wenn du mich jetzt annehmen willst, da werde ich [mich] niemals wieder gegen dich falsch verhalten.“ Sie antwortete: „Gern will ich dich aufnehmen, weil ich nicht meinen Eid brechen will, und ich will jetzt eine sichere Wiedergutmachung zwischen uns herstellen sowie Einverständnis und unzerstörbaren Frieden und wundervolles Glück.“ Da sprach Herr Iven: „Ich weiß es, dass mich keine Sache der Welt glücklicher machen könnte.“ Jetzt hat Herr Iven dieses Glück bekommen, welches er lang verlangte. Und jeder Mann kann dies jetzt glauben, dass er seit seiner Geburt nicht glücklicher war. Er hat jetzt seine Taten [zu einem] guten Ende gebracht, weil er jetzt [seine] Frau liebt und sie ihn. Und jetzt vergaß er alle Qualen und Schwierigkeiten durch dieses große Glück, welches er durch seine Liebste hatte. Und hier schließt die Erzählung [von] Herrn Iven, welche König Hákon [der] Alte aus dem Französischen ins Norwegische übersetzen ließ. NBO 3652 „Ich habe meine Dummheit und meinen Unverstand teuer erkauft, so gebe ich mich schuldig in eure Gewalt. Und wenn du mich jetzt annehmen willst, da werde ich [mich] niemals wieder gegen dich falsch verhalten.“ Sie antwortete: „Gern will ich dich aufnehmen, weil ich nicht meinen Eid brechen will, und ich will jetzt eine sichere Wiedergutmachung zwischen uns herstellen sowie Einverständnis und unzerstörbaren Frieden und wundervolles Glück.“ Da sprach Herr Iven: „Ich weiß es, dass mich keine Sache der Welt glücklicher machen könnte.“ Jetzt hat Herr Iven dieses Glück bekommen, welches er lang verlangte. Und jeder Mann kann dies jetzt glauben, dass er seit seiner Geburt nicht glücklicher war. Er hat jetzt seine Taten [zu einem] guten Ende gebracht, weil er jetzt [seine] Frau liebt und sie ihn. Und jetzt vergaß er alle Qualen und Schwierigkeiten durch dieses große Glück, welches er durch seine Liebste hatte. 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 192 Und hier schließt die Erzählung [von] Herrn Iven, welche König Hákon [der] Alte aus im Französischen ins Norwegische übersetzen ließ. AM 179/ NKS 3310 „Ich habe meine Dummheit und meinen Unverstand teuer erkauft, so gebe ich mich schuldig in eure Gewalt. Und wenn du mich jetzt annehmen willst, da werde ich [mich] niemals wieder gegen dich falsch verhalten.“ Sie antwortete: „Gern will ich dich aufnehmen, weil ich nicht meinen Eid brechen will, und ich will jetzt eine sichere Wiedergutmachung zwischen uns herstellen sowie Einverständnis und unzerstörbaren Frieden und wundervolles Glück.“ Da sprach Herr Iven: „Ich weiß es, dass mich keine Sache der Welt glücklicher machen könnte.“ Jetzt hat Herr Iven dieses Glück bekommen, welches er lang verlangte. Und jeder Mann kann dies jetzt glauben, dass er seit seiner Geburt nicht glücklicher war. Er hat jetzt seine Taten [zu einem] guten Ende gebracht, da er jetzt [seine] Frau liebt und sie ihn. Und jetzt vergaß er alle Qualen und Schwierigkeiten durch dieses große Glück, welches er durch seine Liebste hatte. Und hier schließt die Erzählung [von] Herrn Iven, welche König Hákon [der] Alte aus dem Französischen ins Norwegische übersetzen ließ. AM 181 „Ich habe meine Dummheit und meinen Unverstand teuer erkauft, so gebe ich mich schuldig in eure Gewalt. Und wenn du mich jetzt annehmen willst, da werde ich [mich] niemals wieder gegen dich falsch verhalten.“ Sie antwortete: „Gern will ich dich aufnehmen, da ich nicht meinen Eid brechen will, und ich will jetzt eine feste Wiedergutmachung zwischen uns herstellen sowie Einverständnis und unzerstörbaren Frieden und wundervolles Glück.“ Da sprach Herr Iven: „Ich weiß es, dass mich keine Sache der Welt glücklicher machen könnte.“ Jetzt hat Herr Iven dieses Glück bekommen, welches er lang verlangte. Und jeder Mann kann dies jetzt glauben, dass er seit seiner Geburt nicht glücklicher war. Er hat jetzt seine Taten [zu einem] guten Ende gebracht, da er jetzt seine Frau liebt und sie ihn. Und jetzt vergaß er alle Qualen und Schwierigkeiten durch dieses große Glück, welches er durch seine Liebste hatte. Und hier schließt jetzt die Erzählung von Herrn Iven, welche König Hákon der Alte aus dem Französischen ins Norwegische übersetzen ließ. TCD 1015 „Ich habe meine Dummheit und meinen Unverstand teuer erkauft, so gebe ich mich schuldig in eure Gewalt. Und wenn du mich jetzt annehmen willst, da werde ich [mich] niemals wieder gegen dich falsch verhalten. Sie sagt: „Gern will ich dich aufnehmen, da ich nicht meinen Eid brechen will, und ich will jetzt eine feste Wiedergutmachung zwischen uns herstellen sowie Einverständnis und unzerstörbaren Frieden und wundervolles Glück.“ Da sprach Herr Iven: „Ich weiß es, dass mich keine Sache der Welt glücklicher machen könnte.“ Jetzt hat Herr Iven dieses Glück bekommen, welches er lang verlangte. Und jeder Mann kann dies jetzt glauben, dass er seit seiner Geburt nicht glücklicher war. Er hat jetzt seine Taten [zu einem] guten Ende gebracht, da er jetzt seine Frau liebt und sie ihn. Und jetzt vergaß er alle Qualen und Schwierig- 3.4 Das Sagaende 193 keiten durch dieses große Glück, welches er durch seine Liebste hatte. Und hier schließt jetzt die Erzählung von Herrn Iven, welche König Hákon der Alte aus dem Französischen ins Norwegische übersetzen ließ. NKS 1691 „Ich habe meine Dummheit und meinen Unverstand teuer erkauft, so gebe ich mich schuldig in eure Gewalt. Und wenn du mich jetzt annehmen willst, da werde ich [mich] niemals wieder gegen dich falsch verhalten.“ Sie sagt: „Gern will ich dich aufnehmen, da ich nicht meinen Eid brechen will, und ich will jetzt eine feste Wiedergutmachung zwischen uns herstellen sowie Einverständnis und unzerstörbaren Frieden und wundervolles Glück.“ Da sprach Herr Iven: „Ich weiß es, dass mich keine Sache der Welt glücklicher machen könnte.“ Jetzt hat Herr Iven dieses Glück bekommen, welches er lang verlangte. Und jeder Mann kann dies jetzt glauben, dass er seit seiner Geburt nicht glücklicher war. Er hat jetzt seine Taten [zu einem] guten Ende gebracht, da er jetzt seine Frau liebt und sie ihn. Und jetzt vergaß er alle Qualen und Schwierigkeiten durch dieses große Glück, welches er durch seine Liebste hatte. Und hier schließt jetzt die Erzählung von Herrn Iven, welche König Hákon der Alte aus dem Französischen ins Norwegische übersetzen ließ. BL Add. 4857 „Ich habe meine Dummheit und meinen Unverstand teuer erkauft, so gebe ich mich schuldig in eure Gewalt. Und wenn du mich jetzt annehmen willst, da werde ich [mich] niemals wieder gegen dich falsch verhalten.“ Sie sagte: „Gern will ich dich aufnehmen, da ich nicht meinen Eid brechen will, und ich will jetzt eine feste Wiedergutmachung zwischen uns herstellen sowie Einverständnis und unzerstörbaren Frieden und wundervolles Glück.“ Da sprach Herr Iven: „Ich weiß es, dass mich keine Sache der Welt glücklicher machen könnte.“ Jetzt hat Herr Iven dieses Glück bekommen, welches er lang verlangte. Und jeder Mann kann dies jetzt glauben, dass er seit seiner Geburt nicht glücklicher war. Er hat jetzt seine Taten [zu einem] guten Ende gebracht, da er jetzt seine Frau liebt und sie ihn. Und jetzt vergaß er alle Qualen und Schwierigkeiten durch dieses große Glück, welches er durch seine Liebste hatte. Und hier schließt jetzt die Erzählung von Herrn Iven, welche König Hákon der Alte aus dem Französischen ins Norwegische übersetzen ließ. BL Add. 4859 „Ich habe meine Dummheit und meinen Unverstand teuer erkauft, so gebe ich mich schuldig in eure Gewalt. Und wenn du mich jetzt annehmen willst, da werde ich [mich] niemals wieder gegen dich falsch verhalten.“ Sie sagte: „Gern will ich dich aufnehmen, da ich nicht meinen Eid brechen will, und ich will jetzt eine feste Wiedergutmachung zwischen uns herstellen sowie Einverständnis und unzerstörbaren Frieden und wundervolles Glück.“ Da sprach Herr Iven: „Ich weiß es, dass mich keine Sache der Welt glücklicher machen könnte.“ Jetzt hat Herr Iven dieses Glück bekommen, welches er lang verlangte. Und jeder Mann kann dies jetzt glauben, dass er seit seiner Geburt nicht glücklicher war. Er hat jetzt seine Taten [zu einem] guten Ende gebracht, 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 194 da er jetzt die Frau liebt und sie ihn. Und jetzt vergaß er alle Qualen und Schwierigkeiten durch dieses große Glück, welches er durch seine Liebste hatte. Und hier schließt jetzt die Erzählung von Herrn Iven, welche König Hákon der Alte aus dem Französischen ins Norwegische übersetzen ließ. AM 588 „Ich habe meine Dummheit teuer erkauft, so gebe ich mich schuldig bei eure Gewalt. Und wenn du mich jetzt annehmen willst, da werde ich [mich] niemals mehr gegen dich falsch verhalten.“ Sie antwortete: „Gern will ich dich aufnehmen, da ich nicht meinen Eid brechen will, und ich will jetzt eine feste Wiedergutmachung zwischen uns herstellen und unzerstörbaren Frieden und Glück.“ Da sprach Herr Iven: „Ich weiß es, dass mich keine Sache der Welt glücklicher machen könnte.“ Jetzt hat Iven diese Freude bekommen, welche er lang verlangte. Und jeder Mann kann dies jetzt glauben, dass er seit seiner Geburt nicht glücklicher war. Er hat jetzt gut beendet alle seine Taten, da liebt er jetzt seine Frau und sie ihn. Jetzt vergaß er alle Qualen und Schwierigkeiten durch diese Freude, welche er durch seine Liebste hatte. Und hier schließt die Erzählung von Herrn Iven, welche König Hákon [der] Alte aus der französischen Sprache ins Norwegische übersetzen ließ. AM 395 „Ich habe selbst etwas teuer meinen Unverstand erkauft und willst du mich jetzt annehmen, werde ich niemals mehr dir zuwider handeln.“ Sie antwortete: „Gern will ich dich jetzt aufnehmen und ich mache zwischen uns sehr viel unzerstörbare Wiedergutmachung und Frieden, solange wir beide leben.“ Das war jetzt gemacht und [sie] liebten sich mit Liebe bis zum Todestag. Jetzt hat Herr Iven diese Freude bekommen, nach der er lange verlangt hat, er hat jetzt auch guten Rat für all seine Taten. Er lebte seitdem in Frieden mit seiner Frau bis zum Todestag und er war der größte Ritter von König Artus und hier endet die Saga von Herrn Iven [dem] Ritter. Vorkommen und Analyse der Textvarianz in allen Handschriften Folgende Abhängigkeiten der Handschriftentexte sind aufgrund der Textvarianz anzunehmen und in den Transkriptionen entsprechend markiert: AM 181 und AM 179 basieren auf Holm 6. Bei Holm 46 ist weder eine Vorlage noch eine Abschrift erkennbar. TCD 1015, NKS 1691, BL Add. 4857 und indirekt BL Add. 4859 gehen auf AM 181 zurück. NKS 3310 basiert auf AM 179. AM 588 steht in diesem Textbeispiel aufgrund der Textvarianz wahrscheinlich mit AM 181 in Verbindung. AM 395 steht wiederum mit AM 588 in Verbindung. AM 489 weist ab Seite 56v der Ívens saga eine Lakune auf und das vorliegende Textbeispiel ist daher nicht in AM 489 enthalten. Zwischen Holm 46 und Holm 6 gibt es folgende Unterschiede: Der Text in Holm 46 ist gegenüber Holm 6 wesentlich kürzer und inhaltlich stark zusammengefasst. Die aus Holm 6 bekannte wörtliche Rede und ausführlichen Beschreibungen sind in Holm 46 nicht vorhanden. Die inhaltliche Darstellung variiert daher stark 3.4 Das Sagaende 195 und bietet in Holm 46 einen völlig anderen Eindruck als in Holm 6. Jegliche Emotionalität und Feierlichkeit, die den Abschluss der Saga begleiten, sind ausgespart. Mit Ausnahme von Holm 46 und AM 395 schließen alle Handschriften die Saga mit der formelhaften Wendung, dass König Hákon die Saga aus dem Französischen ins Altnorwegische übersetzen ließ. In Holm 46 finden sich Hinzufügungen bei „sina list ok fagnad“ (seine Klugheit und Schönheit) gegenüber „fagnad“ in Holm 6 sowie der Austausch von Vokabular und die inhaltliche Komprimierung in „ok untust þau vel þadann af allt til dauda dags“ (und beide liebten sich von da an die ganze Zeit bis zum Todestag). Eine ähnliche Zusammenfassung findet sich in AM 395. In den Abschriften NBO 3652 und AM 179 sind gegenüber Holm 6 bis auf eine Wortauslassung keine Textunterschiede erkennbar. In der Abschrift NKS 3310 sind gegenüber ihrer Textvorlage AM 179 keine Textunterschiede aufzufinden. In AM 181 kommen gegenüber Holm 6 vier Hinzufügungen vor „sinn“ (sein), „nu“ (jetzt), „aff“ (von), „hinn“ (der), die zu einer expliziteren Beschreibung der Frau, des Schlusspunkts der Saga und König Hákon führen. Der Austausch eines Worts „fasta“ (feste) statt „orugga“ (sichere) kommt auch vor und dadurch ist in AM 181 eine minimale bedeutungsunterscheidende Textvarianz sichtbar, die den Textaktualisierungsprozess sichtbar macht. Generell ist zu beobachten, dass NKS 1691, TCD 1015 und BL Add. 4859 die Abkürzung „s.“ in AM 181 unterschiedlich interpretierten zu „segir“ (sagen) oder „sagði“ (sagte) statt „svarar“ (antwortet) in der Textvorlage von AM 181. In BL Add. 4857 und BL Add. 4859 sind gegenüber AM 181 jeweils weitere zwei Wörter ausgetauscht „sagdi“ (sagte) und „herra“ (Herr) statt „mælti“ (sprach) und „sira“ (Herr). In AM 588 ist gegenüber dem nächsten Verwandten AM 179 zahlenmäßig mehr Vokabular erkennbar, z. B. „framur“ (mehr), aber auch an anderer Stelle weniger Wörter und anderes Vokabular, wie z. B. „frönskutungumáli“ (französische Sprache) anstelle von „franzeisu“ (Französisch), „á“ (auf) statt „i“ (in) sowie „þa gledi“ (diese Freude) statt „þann fagnad“ (dieses Glück). Dieser Wortaustausch weist auf eine Textaktualisierung hin, was zu minimalen Bedeutungsunterschieden führt, jedoch ohne einen Eingriff in die Sagahandlung hervorzurufen. AM 395 enthält gegenüber dem nächsten Verwandten AM 588 die Hinzufügungen „siälfur“ (selbst), „nögu“ (etwas), „nu“ (jetzt) und die Auslassung der wörtlichen Rede. Gegenüber AM 588 ist besonders der Austausch von Wörtern erkennbar, wie „þier meir i moti“ (dir mehr zuwider) statt „framur vid þig“ (mehr gegen dich) und „um ockar ä mille ospillelegan sátt, og frid“ (zwischen uns sehr viel unzerstörbare Wiedergutmachung und Frieden) gegenüber „örugga sætt med okur, og öspillilegan frid“ (eine feste Wiedergutmachung zwischen uns und unzerstörbaren Frieden). Weitere Unterschiede in „medan vid bædi lijfum var nu þetta giórt og untust med elsku allt til elledaga“ („solange wir beide leben.“ Das war jetzt gemacht und [sie] liebten sich mit Liebe bis zum Todestag), „og vel Rädeded“ (auch guten Rat) und „lifdi sijdann i fridi med fru sinni til elledaga, og var hinn meste riddari Arti köngs“ (Er lebte seitdem in Frieden mit seiner Frau bis zum Todestag und er war der größte 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 196 Ritter von König Artus) sind gegenüber dem AM 588-Text zu erkennen. Durch diesen kürzeren Text und das andere Vokabular wird die Sagahandlung nicht verändert, aber die inhaltliche Darstellung erfährt bedeutungsunterscheidende Textvarianz. Die Textaktualisierung bewirkt einen handlungsfokussierten und wenig emotionalen oder feierlichen Abschluss der Saga, da die wörtliche Rede und Beschreibungen kürzer ausgefallen oder mit anderem Vokabular zusammengefasst werden. Varianzzahlen in Textbeispiel 3.4.1 395 18,5 22 33 32,5 32 33,5 16 588 11 20,5 17 16,5 20,5 17,5 0/ +13/ 3 4859 20 8 3,5 1 8 0/ +14/ 3,5 0/ +27/ 6,5 4857 20,5 0 6,5 7 -2/ +1/ 5 -1/ +16/ 3,5 0/ +27/ 5 181 19 7 2,5 -2/ +1/ 4 0/ 0/ 1 0/ +14/ 2,5 0/ +27/ 5,5 6/ 3652/ 179/ 3310 21 6,5 0/ +2/ 0,5 -2/ +3/ 1,5 0/ +2/ 1,5 0/ +15/ 2 0/ +28/ 5 489 20,5 -3/ +2/ 1,5 -1/ +2/ 4 0 -1/ +2/ 5 -1/ +16/ 3,5 0/ +27/ 5 46 -15/ +1/ 4,5 -16/ +1/ 4 -14/ +1/ 4 -15/ +1/ 4,5 -14/ +1/ 5 -4/ +1/ 6 0/ +13/ 5,5 46 489 6/ 3652/ 179/ 3310 181/ 1015/ 1691 4857 4859 588 395 3.4 Das Sagaende 197 Gründe und Fazit für Textvarianz in diesem Textbeispiel Die größte Textvarianz zeigt in diesem Textbeispiel Holm 46 durch sein sehr kurzes Sagaende. Innerhalb der Holm 6-Überlieferung wiederum weist AM 395 aufgrund seines kürzeren Texts die größte Textvarianz und Bedeutungsunterschiede auf. Die Handschriften AM 179, BL Add. 4857 und BL Add. 4859 weisen gegenüber ihren Vorlagen nur minimale Textvarianz auf. Allerdings zeigt die antiquarische Handschrift AM 181 eine vergleichsweise hohe Varianz gegenüber ihrer Vorlage Holm 6 und diese Varianz wird prinzipiell durch ihre Abschriften übernommen, so dass diese gegenüber den übrigen Holm 6-Texten eine vergleichbar hohe Textvarianz aufweisen. AM 181 und AM 588 zeigen Bedeutungsunterschiede und Hinweise auf den Textaktualisierungsprozess. Die akademischen Handschriften TCD 1015 und NKS 1691 zeigen gegenüber ihrer Vorlage eine minimale Varianz. Die wissenschaftlichen Handschriften NBO 3652 und NKS 3310 zeigen gegenüber ihren Vorlagen Varianzpunkte. Die divergenten Handschriften AM 588 und vor allem AM 395 zeigen eine hohe Varianz gegenüber den Holm 6-Handschriften einerseits durch Kürzungen, andererseits durch Worterstattungen. Inwiefern diese Unterschiede auf den Entstehungskontext oder Überlieferungsprozess in den entsprechenden Textvorlagen zurückzuführen sind, ist unklar. Holm 46 und AM 395 zeigen gegenüber allen übrigen Handschriften die größte bedeutungsunterscheidende Textvarianz. Bis auf diese Handschriften und die Bedeutungsunterschiede in AM 181 und AM 588 ist die Textüberlieferung dieses Textbeispiels in den übrigen Handschriften stabil. 3.4.2 Erex’ glamouröse Hochzeit Holm papp 46 fol, 79r-80r Artus köngur gaf Erix Cöronu af Gulle i vigslunne setta dijrdligum Gymsteinumm, setiandi hana ä hans h ǫ fvud. hon vard æigi minna verdi keypt i Affrica enn þriätiju M ǫ rkum Gullss, enn ovide drottnings gaf hann eina skickiu þar voru ä skrifadar allar si ǫ h ǫ fvudlistir hon var ǫ ll skynandi ok sva dijr at einginn Kaupmadur kunnj hana at meta, hon var vofinn niju Rastir i J ǫ rd nidur af fiörum Alkonumm i Jardhuse þar sem alldreigi kom dagsliös ok at lyktudumm Tïdum voru þau heim leidd til hallar || med sæmd ok sidann til Bordss geingit, ok skipat h ǫ fdingiumm i Häsæti i Tölf Hallir einginn af þeim minne hättar enn köngar, Erkibiskup Jarlar liödbiskupar Hertogar, Barönar og Greifar, enn Riddaralid ok annat fölk, var i ǫ drum herbergium [...] Enn Erix köngur ok ovida drottning skilldu nu vidur Artus köng ok drottningu medur mïkillri Vinättu ok hielldu þat ä medann þau lifdu, ridu þeim i sitt Riki ok styrdu þui med sæmd ok Heydri ok fullum fride || þau ättu tvo syne, hiet annar ödus enn annr Jlax eptir f ǫ dur Erix urdu þeir bädir Köngar ok Afburdar Menn at Hreyste ok Riddaraskap ok t ǫ ku rikit eptir f ǫ dur sinn ok nü lyktar hier at seigia frä Erix ok hans frü Ovide. Endur Erix sogu 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 198 AM 181b fol, 6va-6vb Artus kongur gaf Erex Coronu af gulli giorva J vijgslunni dijrligum gimsteinum setta setiandi hana vpp a hanz hofud, hun var eigi minna verdi keipt j Africa enn xxx marka gullz, Enn Evida gaf hann dijrliga skyckiu, þar voru a skrifadar allar hofudlister, hun var oll skynandi, og suo dijr ad einginn kaupmadur kunni hana ad meta, hun var ofin iiij j jord nidur af fiorum alfkonum J jardhusi þar er alldrei kom dagzliös og ad liktudum domum voru þau heim leidd til hallar med sæmd og sijdan var til Bordz geinged og skipad hofdingium j hasæti J xij haller, og einginn af þeim minni hattar enn kongar og Erkisbiskubar hertugar og lijdbiskupar, Baronar og greifar enn riddaralidi og audru folki voru skipud aunnur herbergi, [...] Erex kongur og Evida || drottning skylia uid Artus kong og hanz drottning med myklum vinskap, og hiellst hann medann þau lifdu, sijdann ridu þau heim J sitt rijki, og stijrdu þui medur sæmd og heyrdre og fullum fryde, þau gatu ij sonu, hiet annar epter faudur Evidæ, enn annar Jlax epter faudur Erex. Urdu þeir bader kongar og aburdarmenn og lijker faudur sijnum ad hreysti og riddaraskap og toku rijki epter faudur sijnum lijkur hier þessari saugu af þeim agiæta Erex kongi og hanz fru hini vænu Evida Kall 246 fol, 76-78 Artur kóngur gaf Erex kóronu af gulle, giorva í vígslunne dyrlegum gimsteinum setta, setiande hana uppa hans höfud hun var eige minna verde keipt í Africa enn þriátíge marka gulls, enn Evida gaf hann dyrlega skyckiu, þar voru á skrifadar allar höfudlister, hun var oll skínande, og svo dijr ad einge kaupmadur kunne hana ad meta, hun var ófinn þrisvar í jörd nidre í þeim stad, þar er alldrei kom dagsliós, og ad liktudum domum, vóru þaug heimleidd til hallar med sæmd, og sidan var til bords geingid, og skipad hofdingium í hásæte í tolf haller og einginn af þeim minne háttar enn kóngar og Erkebiskupar, hertugar || og lidbiskupar, Baronar og Greifar, enn riddara lide og ödru fólke voru skipud önnur herberge [...] Erex Kongur og Evida Drottning skijldu vid Artus kong og || drottning hans med miklum vinskap, og hiellst hann medann þaug lifdu, Sidann ridu þaug heim í sitt rike, og styrdu þvi med sæmd og heidre og fullum Fride, þau gátu tvo Sónu, het annar epter födur Evida, enn annar Ilax epter föder Erex, urdu þeir báder kóngar og adburda menn líker födur sínum ad hreiste og riddaraskap, og tóku ríke epter födur sinn, líker hier so þessare sögu af þeim ágiæta Erex konge, og hans fru hinne vænu Evida NKS 1708 4to, 111-114 Artus kongur gaf Erex Coronu af gulle giórva í vigslunne dirlegum gimsteinum setta, setiande hana uppa hans höfud hun var eige minna verde keipt i Africa enn XXX marka gullz enn Evida gaf hann dirlega skyckiu, þar voru á skrifadar allar hófudlister, hun var óll skinande og so dírleg ad einginn kaupmadur kunne hana ad meta, hun var ofinn i jord nidur af fiorum alfkonum í jard huse þar er alldrei kom dagslios, og ad liktudum domum || voru þau heimleidd til hallar med sæmd, og 3.4 Das Sagaende 199 sidann var til bords geingid, og skipad höfdingium í hásæte, í xij haller, og einginn af þeim minne háttar enn kongar og erkebiskupar hertugar og Lidbiskupar, Baronar og greifar, enn riddara lide og ódru fólke voru skipud ønnur herberge, [...] Erex kongur og Evida skilia vid Artur kong og hans drottning med miklum vinskap, og hiellht hann medann þau lifdu, sidann ridu þau heim í sitt ríke, og stijrdu þvi medur sæmd og heidre, og || og fullum fride, þau gátu ij sonu het annar epter fódur Evida, enn annar epter fódur Erex, urdu þeir báder kóngar og atburdar menn, og líker fodur sinum ad hreiste og riddaraskap og toku rike epter fodur sinn og líkur hier þessare saugu af hinum fræga Erex konge, og hans fru, hinne vænu Evida. BL Add. 4859 fol, 74v Artus kongr gaf Erex Coronu af gulle giørua i vijgslunne, dijrlegum gymsteinum setta, setianði henna vppa hanns høfud, Hun var eigi minna verdi Keipt I Affrica, Enn xxx marka Gullz, Enn Evida gaf hann dijrlega skyckiu þar woru ꜳ skrifadar allar høfud lister hun var øll skijnande og so dijr ad Einginn kaupmann kunne hana ad meta, hun var ofinn fiøgur ꜳ r J Jørd nidur Af fiorum Alfkonum J Jardhvse þar er Alldrej kom dagsliös, og ad lyckttudum dömum woru þau heim leidd til hallar med sæmd og sydann var til bords Geinged, og skipad høfdingium J h ꜳ sæti, J xij Haller, og Einginn af þeim minne H ꜳ ttar Enn Kongur, og Erkibyskupar, og Lijdbyskupar, baronar og Greyfar, Enn Riddara Lidi og ødru fölki var skipad J ønnur herbergi [...] Erex kongs og Eveda drottning skilia vid Artus kong og hanns Drottningu med miklum vinskap, og hielltt hann medann þau lifdu, sijdann Ridu þau heim i sitt ryke og stijrdu þuj medur sæmd og heidre og fullum pridi, þau g ꜳ tu tvo sonu hiet Annar eptter faudur Evidæ Enn Annar jlax Eptter fauþr Erex, vrdu þeir b ꜳ der kongar og aburdar menn og lykar faudur synum ad hreyste og Riddaraskap, og tooku rijke Eptter fødur sinn. Lykur Hier þessare søgu Af þeim Agiæta Erex kongi og hanns frü Hinne wænu Evida Lbs 3127 4to, 167r Artus kongur gaf Erex Coronu af gulle giorfa i Vijgslunne dijrlegumm steinumm setta setiande hana uppa hanz höfud Hün var eige mynne Verde keiptt i Affrica enn xxx marka guls enn Evida gaf hann dijrlega skicku þar voru a skrifadar alle höfud lijster hun Var öll skijnande og so dijr ad eingenn kaupmadur kunne hana ad meta hün Var ofenn fiögur ar i Jörd nidur af fiorum álfkonumm þar er aldre || kom dagsliös og ad liktudumm Dömum Voru þaug hejmleidd til hallar med sæmd og sydan Var til bords geinged og skipad höfdingiumm ij vij haller enn minna hättar folke Var skipad ij önnur herberge [...] Erex kongur og Evida Drottning skilia Vid Artus kong og hans drottning med miklum vinskap og hiellst hann medann þau lifdu sidan Ridu þaug heim ij sitt Rijke og stijrdu þuj med sæmd og hædre þaug gätu tvo Sonu hiet annar efter fodur Evida enn onnar efter födur Erex urdu þeir bader köngar og af burdar menn og liker fodur sijnum ad hreiste og Riddaraskap og toku 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 200 Ryke efter födur [sijn] lijkur hier þess sögu af þeim agiæta Erex konge og hans fru hinns agiæta Evida Drottningu Ender Ender Übersetzungen Holm 46 König Artus gab Erex eine Krone aus Gold [bei der] Krönung, besetzt mit teuren Edelsteinen, setzte er sie auf seinen Kopf. Sie wurde in Afrika gekauft für keinen geringeren Preis als dreißig Mark Gold. Aber Königin Evida gab er einen Mantel, auf ihm waren alle sieben Künste gestickt. Er war ganz scheinend und so teuer, dass kein Kaufmann ihn [seinen Wert] messen könnte, er war gewebt [von] vier Albfrauen neun Lagen unter der Erde, in einem unterirdischen Raum, dort wo nie Tageslicht [hin]kam, und am Ende [der] Zeremonie wurden sie zur Halle heimgeleitet mit Würde und später wurde zu Tisch gegangen. Und die Häuptlinge waren [jeweils] in den Hochsitz in 12 Hallen angeordnet und keiner von denen [von] geringerer Stellung als Könige und Erzbischöfe, Herzöge und Weihbischöfe, Barone und Grafen. Aber Ritter und anderes Volk waren in anderen Unterkünften. [...] Aber König Erex und Königin Evida trennen sich nun von König Artus und [seiner/ der] Königin mit großer Freundschaft und hielten diese, solange sie lebten. Sie ritten nach Hause in ihr Reich und führten es mit Ehre und Pracht und voller Frieden. Sie hatten zwei Söhne, einer hieß Ödus, der andere Ilax nach dem Vater von Erex. Die zwei wurden Könige und angesehene Männer an Mut und Ritterlichkeit und übernahmen das Reich nach ihrem Vater. Und hier ist jetzt die Erzählung von Erex und seiner Frau Evida zu Ende. Ende der Erex saga. AM 181 Zur Krönung gab König Artus Erex eine Krone, gemacht aus Gold, besetzt mit teuren Edelsteinen, [und] er setzte sie auf seinen Kopf. Sie wurde in Afrika gekauft für keinen geringeren Preis als dreißig Mark Gold an Wert. Aber Evida gab er einen teuren Mantel, auf ihm waren alle großen Künste gestickt. Er war ganz glitzernd und so teuer, dass kein Kaufmann ihn [seinen Wert] messen konnte. Er war gewebt [von] vier Albfrauen viermal in der Erde, in einem unterirdischen Raum, dort wo nie Tageslicht [hin]kommt. Und am Ende [der] Beurteilung wurden sie zur Halle heimgeleitet mit Würde und dann wurde zu Tisch gegangen und die Häuptlinge waren [jeweils] in den Hochsitz in 12 Hallen angeordnet und keiner von diesen [war von] geringerer Stellung als Könige und Erzbischöfe, Herzöge und Weihbischöfe, Barone und Grafen. Aber Ritter und anderes Volk war [in] anderen Unterkünfte untergebracht. [...] König Erex und Königin Evida trennen sich von König Artus und seiner Königin in großer Freundschaft und diese hielt, solange sie lebten. Dann ritten sie nach Hause in ihr Reich und führten es mit Ehre und Pracht und voller Frieden. Sie bekamen zwei Söhne, einer hieß nach dem Vater Evidas, der andere Ilax nach dem Vater von Erex. Die zwei wurden Könige und angesehene Männer und glichen ihrem Vater an Mut und Ritterlichkeit und übernahmen das Reich nach ihrem Vater. Hier endet diese Erzählung von dem hervorragenden König Erex und seiner Frau, der schönen Evida. 3.4 Das Sagaende 201 Kall 246 Zur Krönung gab König Artus Erex eine Krone, gemacht aus Gold, besetzt mit teuren Edelsteinen, [und] er setzte sie auf seinen Kopf. Sie wurde in Afrika gekauft für keinen geringeren Preis als dreißig Mark Gold an Wert. Aber Evida gab er einen teuren Mantel, auf ihm waren alle großen Künste gestickt. Er war ganz glitzernd und so teuer, dass kein Kaufmann ihn [seinen Wert] messen konnte. Er war gewebt [von] vier Albfrauen dreimal in der Erde, unten an dem Ort, dort wo nie Tageslicht [hin]kommt. Und am Ende [der] Beurteilung wurden sie zur Halle heimgeleitet mit Würde und dann wurde zu Tisch gegangen und die Häuptlinge waren [jeweils] in den Hochsitz in 12 Hallen angeordnet und keiner von diesen [war von] geringerer Stellung als Könige und Erzbischöfe, Herzöge und Weihbischöfe, Barone und Grafen. Aber Ritter und anderes Volk war [in] anderen Unterkünften untergebracht. [...] König Erex und Königin Evida trennten sich von König Artus und seiner Königin in großer Freundschaft und diese hielt, solange sie lebten. Dann ritten sie nach Hause in ihr Reich und führten es mit Ehre und Pracht und voller Frieden. Sie bekamen zwei Söhne, einer hieß nach dem Vater Evidas, der andere Ilax nach dem Vater von Erex. Die zwei wurden Könige und angesehene Männer, glichen ihrem Vater an Mut und Ritterlichkeit und übernahmen das Reich nach ihrem Vater. So endet hier diese Erzählung von dem hervorragenden König Erex und seiner Frau, der schönen Evida. NKS 1708 Zur Krönung gab König Artus Erex eine Krone, gemacht aus Gold, besetzt mit teuren Edelsteinen, [und] er setzte sie auf seinen Kopf. Sie wurde in Afrika gekauft für keinen geringeren Preis als dreißig Mark Gold an Wert. Aber Evida gab er einen teuren Mantel, auf ihm waren alle großen Künste gestickt. Er war ganz glitzernd und so kostbar, dass kein Kaufmann ihn [seinen Wert] messen konnte. Er war gewebt [von] vier Albfrauen in der Erde, in einem unterirdischen Raum, dort wo nie Tageslicht [hin]kommt. Und am Ende [der] Beurteilung wurden sie zur Halle heimgeleitet mit Würde und dann wurde zu Tisch gegangen und die Häuptlinge waren [jeweils] in den Hochsitz in 12 Hallen angeordnet und keiner von diesen [war von] geringerer Stellung als Könige und Erzbischöfe, Herzöge und Weihbischöfe, Barone und Grafen. Aber Ritter und anderes Volk war [in] anderen Unterkünften untergebracht. [...] König Erex und Evida trennen sich von König Artus und seiner Königin in großer Freundschaft und diese hielt, solange sie lebten. Dann ritten sie nach Hause in ihr Reich und führten es mit Ehre und Pracht und voller Frieden. Sie bekamen zwei Söhne, einer hieß nach dem Vater Evidas, der andere nach dem Vater von Erex. Die zwei wurden Könige und angesehene Männer und glichen ihrem Vater an Mut und Ritterlichkeit und übernahmen das Reich nach ihrem Vater. Hier endet diese Erzählung von dem bekannten König Erex und seiner Frau, der schönen Evida. BL Add. 4859 Zur Krönung gab König Artus Erex eine Krone, gemacht aus Gold, besetzt mit teuren Edelsteinen, [und] er setzte sie auf seinen Kopf. Sie wurde in Afrika gekauft für keinen geringeren Preis als dreißig Mark Gold an Wert. Aber Evida gab er einen teuren Mantel, auf ihm waren alle großen Künste gestickt. Er war ganz glitzernd und so teuer, dass 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 202 kein Kaufmann ihn [seinen Wert] messen konnte. Er war gewebt [von] vier Albfrauen vier Jahre in der Erde, in einem unterirdischen Raum, dort wo nie Tageslicht [hin]kommt. Und am Ende [der] Beurteilung wurden sie zur Halle heimgeleitet mit Würde und dann wurde zu Tisch gegangen und die Häuptlinge waren [jeweils] in den Hochsitz in 12 Hallen angeordnet und keiner von diesen [war von] geringerer Stellung als Könige und Erzbischöfe und Weihbischöfe, Barone und Grafen. Aber Ritter und anderes Volk war in anderen Unterkünften untergebracht. [...] König Erex und Königin Evida trennen sich von König Artus und seiner Königin in großer Freundschaft und diese hielt, solange sie lebten. Dann ritten sie nach Hause in ihr Reich und führten es mit Ehre und Pracht und voller [? ]. Sie bekamen zwei Söhne, einer hieß nach dem Vater Evidas, der andere Ilax nach dem Vater von Erex. Die zwei wurden Könige und angesehene Männer und glichen ihrem Vater an Mut und Ritterlichkeit und übernahmen das Reich nach ihrem Vater. Hier endet diese Erzählung von dem hervorragenden König Erex und seiner Frau, der schönen Evida. Lbs 3127 König Artus gab Erex eine Krone aus Gold gemacht, mit teuren Edelsteinen besetzt, [und] er setzte sie auf seinen Kopf. Sie wurde in Afrika gekauft für keinen geringeren Preis als dreißig Mark Gold. Aber Evida gab er einen teuren Mantel, auf ihm waren alle großen Künste gestickt. Er war ganz glitzernd und so teuer, dass kein Kaufmann ihn [= seinen Wert] messen konnte. Er war gewebt vier Jahre in der Erde von vier Albfrauen, dort wo nie Tageslicht [hin]kommt. Und am Ende [der] Beurteilung wurden sie zur Halle heimgeleitet mit Würde und dann wurde zu Tisch gegangen und die Häuptlinge waren in sieben Hallen angeordnet. Aber Volk von geringerer Stellung war in anderen Unterkünften untergebracht. [...] König Erex und Königin Evida trennen sich von König Artus und seiner Königin in großer Freundschaft und diese hielt, solange sie lebten. Dann ritten sie nach Hause in ihr Reich und führten es mit Ehre und Pracht. Sie bekamen zwei Söhne, einer hieß nach dem Vater Evidas, der andere nach dem Vater von Erex. Die zwei wurden Könige und angesehene Männer und glichen ihrem Vater an Mut und Ritterlichkeit und übernahmen das Reich nach ihrem Vater. Hier endet diese Erzählung von dem hervorragenden König Erex und seiner Frau, der hervorragenden Königin Evida. Zu Ende zu Ende. Vorkommen und Analyse der Textvarianz in allen Handschriften Folgende Abhängigkeiten der Handschriftentexte sind aufgrund der Textvarianz anzunehmen und in den Transkriptionen entsprechend markiert: Kall 246 und indirekt BL Add. 4859 basieren auf AM 181. Lbs 3127 wiederum steht mit BL Add. 4859 in Zusammenhang. Von Holm 46 ist weder eine Vorlage noch sind Abschriften erhalten. Zwischen AM 181 und Holm 46 ist anderes Vokabular erkennbar, wie „eina“ (einen) in Holm 46 gegenüber „dijrliga“ (teuren) in AM 181, „Tidum“ (Zeremonie) gegenüber „domum“ (Urteil), „i“ (in) gegenüber „skipud“ (gewechselt), „vinättu“ (Freundschaft) gegenüber „vinskap“ (Freundschaft), „þat a“ (diese) gegenüber „hann“ (diese), „ättu“ (hatten) gegenüber „gatu“ (bekamen), „ödus“ (Ödus) gegen- 3.4 Das Sagaende 203 über „epter“ (nach) sowie „at segia fra“ (zu erzählen von) gegenüber „þessari saugu af“ (diese Erzählung von). Gegenüber AM 181 gibt es in Holm 46 zahlenmäßig mehr Wörter: „drottning“ (Königin), „siö“ (sieben), „niju Rastir“ (neun Lagen), „Jarlar“ (Jarle), „Enn“ (Aber), „nu“ (nun), „ok nü“ (und jetzt), und in AM 181 gibt es wiederum an anderer Stelle mehr Wörter „giorva“ (gemacht), „vpp“ (auf), „var“ (war), „og“ (und), „hanz“ (seine), „sijdann“ (dann), „faudur Evidæ“ (Vater Evidas), „liker faudur sijnum“ (gleichen ihrem Vater), „þeim agæti“ (dem hervorragenden), „kongi“ (König), „hini vænu“ (der schönen). Die Darstellung der Handlung variiert zwischen Holm 46 und AM 181 im Detail, vorrangig durch anderes Vokabular und die Wortanzahl. In den Abschriften von AM 181 ist in Kall 246 die Auslassung von „af fiorum alfkonum“ (von vier Albfrauen) und der Austausch von Wörtern ersichtlich, wie „þrisvar“ (dreimal) statt „iiii“ (vier), „þeim stad“ (dieser Ort) statt „jardhusi“ (Erdhaus/ unterirdischer Raum). Kall 246 zeigt gegenüber seiner Textvorlage daher bedeutungsunterscheidende Textvarianz. In NKS 1708 findet sich folgender Wortaustausch „hinum fræga Erex“ (der berühmte Erex) statt „þeim agiæta Erex“ (der hervorragende Erex) und so kommt es zu einer minimalen bedeutungsunterscheidenden Textvarianz. Varianzzahlen in Textbeispiel 3.4.2 46 181 246 1708 4859 3127 46 -21/ +11/ 12 -21/ +14/ 14 -22/ +14/ 12 -21/ +8/ 14 -21/ +31/ 12 181 45 -1/ +4/ 3 -1/ +3/ 2 -2/ +1/ 2 -4/ +25/ 3 246 49 8 -5/ +4/ 4 -6/ +2/ 3 -8/ +26/ 4 1708 48 6 13 -4/ +2/ 3 -6/ +26/ 5 4859 43 5 11 9 -3/ +26/ 3 3127 64 32 38 37 32 In BL Add. 4859 ist die Kürzung von „hertugar“ (Herzöge) und ein Austausch „fjøgur ar“ (vier Jahre) gegenüber AM 181 „iiij“ (viermal) sichtbar sowie das bedeutungslose Wort „pridi“, welches auf ein „fridi“ (Frieden) zurückgeht. BL Add. 4859 enthält im Anschluss an den Text der Erex saga einen Kommentar zum Inhalt der Handschrift (siehe Kapitel 2.1.2) und so kommt es zu einer minimalen bedeutungsunterscheidenden Textvarianz. In Lbs 3127 finden sich gegenüber BL Add. 4859 mehrfach Auslassungen, wie „i jardhuse“ (in einem unterirdischen Raum), „i hasæti“ (in Hochsitze), „og einginn af“ (und keiner von), Wortaustausch „vii“ (sieben) statt „xii“ (zwölf), „enn“ (aber) statt „þeim“ (diesen), „agiætu“ (hervorragend) statt „vænu“ (schön). In Lbs 3127 ist die minimale bedeutungsunterscheidende Textvarianz offensichtlich. Ein interssanter Paratext findet sich in Lbs 3127 nach dem Ende der Erex saga, vgl. Kapitel 2.1.3 und stellt eine interessante Adaption und Aktualisierung der Erex saga dar. Da der Ent- 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 204 stehungskontext von Lbs 3127 als weitestgehend unbekannt gilt, kann auch der Dichter des Verses nicht bestimmt werden. Gründe und Fazit für Textvarianz in diesem Textbeispiel Die Textvarianz entspricht den Handschriftenbeziehungen und weist in den auf mittelalterlichen Handschriften basierenden Abschriften Holm 46 und AM 181 die größte Varianz und die höchsten Varianzzahlenwerte auf. In der weiteren Überlieferung zeigt BL Add. 4859 gegenüber AM 181 ebenso eine geringe Varianz. Die akademische Handschrift NKS 1708 zeigt gegenüber AM 181 eine geringe Textvarianz, jedoch weist Kall 246 hier eine erhöhte Varianzzahl auf, welche sich auf den Austausch von Wörtern zurückführen lässt. Die Textvarianz in den antiquarischen und akademischen Handschriften gegenüber ihrer Textvorlage geht auf den jeweiligen Entstehungskontext zurück. Das heißt, dass Holm 46, AM 181, Kall 246, NKS 1708, Lbs 3127 und die divergente Handschrift BL Add. 4859, bedeutungsunterscheidende Textvarianz aufweisen. Die divergente Handschrift Lbs 3127 zeigt innerhalb der AM 181-Überlieferung die größten Abweichungen durch ihre Kürzungstendenz. Die Textvarianz kann in Lbs 3127 gleichermaßen auf den Entstehungskontext wie auf den Überlieferungsprozess zurückgehen. In diesem Textbeispiel zeigt zwar Holm 46 die größte bedeutungsunterscheidende Textvarianz, aber auch Kall 246, NKS 1708, BL Add. 4859 und Lbs 3127 zeigen minimale bedeutungsunterscheidende Textvarianz gegenüber der sonst textstabilen Überlieferung. 3.4.3 Parcevals Vereinigung mit Blankiflúr Holm perg 6 4to, 56r Ek er modurbrodir þinn enn sa hinn Riki fiski madr er son kongs þess er ser lætr med sliku þiona ok þer fagnadi. enn þat er einn heilagr hlutr er hinn Riki madr lætr bæra fyrir sier til hugganar ok upphalldz salu sinnar ok lifs er þessi hinn heilagi hlutr andligr enn eigi likamligr þar hefir hann nu verit vii vetr. Enn þu frændi gætt nu hedan af salu þinnar ok gakk jafnann til kirkiu fyr enn j nokkurn stad annan ok hlyd messu med litillæti til guds. ver litillatr ok þionosto fullr ollum þurftugum. Nu skalt þu vera her med mer þessa tuo daga ok svo giordi hann ok nam ꜳ þessum tveimr dögum eina goda bænn ok lifdi sidann sem godr kristin madr. Hann reid nu brot ok letti eigi fyr enn hann kom til fögru borgar ok vard blankinflur unnosta hans honum hardla feginn ok allir adrir þeir sem þar voru fyrir. fekk parceval þa blankiflur ok giordiz ꜳ gætr hofdingi yfir öllu riki hennar. svo agætr ok sigursæl ath aldri atti hann svo vopnaskipti vid Riddara ath eigi sigradiz hann. ok mætti hann ollum hinum snorpuztum Riddurum er voru vm hans daga / / Ok lykr her nu sögu Parceval Riddara. 3.4 Das Sagaende 205 NBO 3652: 13 fol, 56r Ek er modurbrodir þinn enn sa hinn Riki fiski madr er son kongs þess er ser lætr med sliku þíona ok þeir fagnadi. enn þat er einn heilagr hlutr er hinn Riki madr lætr bæra fyrir sier til hugganar ok upphalldz salu sinnar ok lifs er þessi hinn heilagi hlutr andligr enn eigi likamligr þar hefir hann nu verit vii vetr. Enn þu frændi gætt nu hedan af salu þinnar ok gakk jafnann til kirkiu fyr enn j nokkurn stad annan ok hlyd messu med litillæti til guds. ver litillatr ok þionosto fullr ollum þurftugum. Nu skalt þu vera her med mer þessa tuo daga ok svo giordi hann ok nam ää þessum tveimr dögum eina goda bænn ok lifdi sidann sem godr kristin madr. Hann reid nu brot ok letti eigi fyr enn hann kom til fögru borgar ok vard blankinflur vnnosta hans honum hardla feginn ok allir adrir þeir sem þar voru fyrir. Fekk parceval þa blankiflur ok giordiz agiætr hofdingi yfir öllu riki hennar. svo agætr ok sigursæl ath aldri atti hann svo vopnaskipti vid Riddara ath eigi sigradiz hann. ok mætti hann ollum hinum snorpuztum Riddurum er voru vm hans daga / / Ok lykr her nu sögu Parceval Riddara. AM 179 fol, 117v Ek er mödurbrödur þinn. enn sa hinn ryki fiski madur er son kongs þess er sier lætr med slykv þiona ok þier fagnade. Enn þat er ein heilagur hlutur er hinn ryki madur lætur bera fyrir sier til huggunnar ok vpphallds Sälvsinnar ok lyfs er þesse hinn heilagi hlutur andligur enn ei lykamligur þar hefr hann nv verit vjj vetur. Enn þu frændi giæt nv hiedan af Salu þinnar ok gakk iafnann til kirkiu fyrr enn j nokkurn stad annan ok hlyd messo med litilæti til Guds. Ver litilatur ok þionustufullur ollum þurfttugumm. Nu skalltu vera hier med mier þessa tuo daga. Ok suo giordi hann. ok nam ꜳ þessum tveimur dogum eina göda bæn ok lifde sidann sem godur kristinn madur. Hann reid nv brott ok lette ei fyrr enn hann kom til fógruborgar ok vard Blankinflur vnnosta hans honom harla feiginn ok allir adrer þeir sem þar voru fyrir Fekk Parceval þa Blankiflur og giordist agiætr hofdingi yfir ollu Rijki hennar suo agiætur ok sigursæll ad alldrei atte hann suo Vopnaskipte vid Riddara ad ei sigradist hann. ok mætte hann ollum hinum snorpustv Riddurum er vorv vmm hans daga. Ok lykur hier nv Søgu Parcevals Riddara NKS 3310 4to, 112r-112v Ek er móðr bróðr þinn, en sá hinn ríki fiskimaðr er son konungs þess, er ser lætr þjona með sliku ok þer fagnaði. En þat er einn heilagr hlutr, er hinn ríki maðr lætr bera fyrir ser til huggunar ok upphalds sálu sinnar ok lifs, er þessi hinn heilagi hlutr andligr en eigi likamligr, þar hefir hann nú verit sjö vetr. En þú frændi, gæt nú || heðan af sálu þinnar, ok gakk jafnan í kirkju fyrr enn í nokkurn stað annan ok hlýð messu með litillæti til guðs. Ver litillátr ok þjónustufullr öllum þurftugum. Nú skaltu vera her með mer þessa tvo daga, ok svâ gjorði hann, ok nam á þessum tveimr dögum eina góða bæn, ok lifði siðan sem góðr kristinn maðr. Hann reið nú brott, ok letti eigi fyrr enn hann kom til fögruborgar, ok Blankiflur unnusta hans hönum harla fegin ok allir aðrir sem þar váru 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 206 fyrir. Fekk Parceval þá Blankiflur ok giörðest ágætr höfðingi yfir öllu ríki hennar, sva ágætr ok sigrsæll, at aldri átti hann svá vápnaskipti við riddara, at eigi sigraðist hann, ok mætti hann öllum hinum snorpustu riddrum, er váru um hans daga. Ok lýkr her nú sögu Parcevals riddara. NKS 1794a 4to, 227-230 eg er modur brodur þinn, enn sá hinn rike fiske madur er modur brodur þinn, er þier lætur med sliku þiona og þier fagnade || enn þad er eirn heilagr hlutur er hin heilage madur lætur bera fijrir til huggunar og upphalds sálu sinnar og lifs, er þesse hinn heilage hlutur andlegur, enn ei veralldlegur, þar hefur hann nu verid vij vetur enn þu frænde giæte þu salu þinnar og gack jafnann í kyrkiu fijr enn i nockurn stad annann, og hlyd messu med líte læte guds, ver litelátur þiónustufullur öllum þurftugum, nu skalltu vera med mier þessa tvo daga, og so giorde hann og var á þessum tveimur dögum eina goda bæn, og lifde sidann sem christinn madur, hann reid nu brott og liette ei fyrr enn hann kom til fögru borgar, og vard Blankilfur unnusta hans hönum harla feiginn og aller þeir er þar vóru fyrir; Feck Parceval þá Blankiflur, og giör || dist agiætur höfdinge ijfer öllu rike hennar, so agiætur og Sigursæll ad alldrei atte hann so vopna skipte vid Riddara, ad ei Sigradist hann, og mætte hann öllum hinum snörpustu Riddurum, er voru um hans daga. og lijkur hier nu sogu Parcevals Riddara AM 181a fol, 18ra-18rb Eg er modrbrodur þinn enn sa hinn riki fiskj madr er son kongs þess er sier lætur med slýku þiona og þierr fagnadj enn þad er einn heilagr hlutur er hinn riki madur lætur bera fyrir sier til huggunar og Upphalldz salu sinnar og lyfz, er þesse hinn h.| heilagi hlutur andlegur enn eigj lijkamlegr þar hefur hann nu verid 7 vetur: Enn þu frændj giæt nu hiedan af salu þinnar og gack jafnan J kyrku firr enn j nockurn stöd anann, og hlýd messu med ljtelæti til gudz, Ver ljtelätur og þionustusamur ollum þurftugum, Nu skalltu vera hier, med mier þessa ij daga, og so giordj hann og nam á þessum ij dogum göda bæn, og lifdj sijdan sem godur chr[i]stinn madur. Hann rejd nu J burt og lietti ej firr, enn hann kom til fogru borgar Og Vard blankhinflur unnusta hannz Honum harla fejginn, og aller adrer þeir sem þar voru firr, feck Parceval þá Blanchinflur, og giordest ágiætur hofdjngi yfir óllu riki hennar, og so ágiætur og, sigursæll, ad alldrej átti hann so vopnaskipti Vid riddara, ad ej sigradj hann, og mættj hann hinnum snorpustum riddurum, er á hannz dogum voru, og lijkur hier nu sogu parcevals riddara. TCD 1015 8vo, 750-754 Eg er modurbroder þinn en sa hinn ríke fiskemadr er son kongs þess er sier lætr med sliku þióna og þier fagnade, en þad er einn heilagr hlutr er hinn ríke madr lætr bera fyrer || || sier til huggunar og upphallds sálu sinnar er þesse hinn heilagi hlutr andligr en ecke líkamlegr, þar hefr hann nu verid VII vetur. En þu frænde giat nu hedan af sálu þinnar og gack iafnan í kirkiu fyrr en i nockurn stad annann og hlíd messu med lítelæte til guds, var lítelátr og þiónustusamr öllum þurftugum; Nu 3.4 Das Sagaende 207 skaltu vera hier med mier þessa tvo daga, og so giörde hann og nam á þessum tveim dögum góda bæn || || og lifde sidan sem gódr kristinn madr; Hann reid nu í burt og lette ei fyrr en hann kom til fögru borgar og vard Blánchinflur unnusta hans honum harla fegin og aller adrer þeir sem þar voru fyrer feck Parceval þá Blanchinflur og giördest ágiætr höfdinge yfer öllu ríke hennar og so ágiætr og sigrsæll ad alldrei átte hann so vopnaskipte vid ridda ad ei sigrade hann og mætte hann hinum snörpustu a hans dögum og líkur hier sögu Parcevals riddara. NKS 1691 4to, 477-480 Eg er modurbroder þinn, enn sá hinn riki fiskimadur er son Kóngz þess, || er sier lætur med slíku þióna, og þier fagnadi, enn þad er einn heilagur hlutur er hinn ríki madur lætur bera firir sier, til huggunar og upphalldz sálu sinnar og lifz, er þessi hinn heilagi hlutur andlegur, enn ekke líkamlegur, þar hefur hann nu verid si ǫ vetur; Enn þu frændi giæt nu hiedann af salu þinnar, og gakk jafnann í kirkiu firrenn i nokkurn stad annann, og hlid mi ǫ g med lítilæti til gudz, ver lítilátur og þionustusamur ǫ llum þurftugum. Nu skalltu vera hier med mier þessa tvo daga, og so gi ǫ rdi hann, og nam á þessum tveim d ǫ gum goda bæn, og lifdi sídann sem gódur kristinn madur; Hann reid nu í burt, og lietti ei firr enn hann kom til f ǫ gru borgar, og vard Blanchinflur unnusta || hannz h ǫ num harla feiginn og allir adrir þeir sem þar voru firir; Fekk Parceval þá Blanchinflur og gi ǫ rdist ágiætur h ǫ fdíngi ijfir ǫ llu ríki hennar, og so ágiætur og sigursæll ad alldrei átti hann so vopnaskipti vid Riddara, ad ei sigradi hann, og mætti hann hinum sn ǫ rpustum Riddurum, er á hannz d ǫ gum voru, og líkur hier nu s ǫ gu Parcevals Riddara. BL Add. 4859 fol, 60v Eg er mödur brödir þinn, enn s ꜳ ryke fyske madur er son kongs þess er sier lætur med slyku þiöna, og þier fagnade, Enn þad er einn Heilagur Hlutur, er hinn ryke madur lætur bera fyrir sier til huggunar, og upp halldz sælu sinnar og lijfs, er þesse hinn heilagi hlutur Andlegur, Enn ekkj lykamlegur. þar hefir hann nu vered siø vetur, Enn þu frændi Giæt nu hiedann af sælu þinnar, og gack Jafnann i kyrkiu fyrir enn J nockurn stad Annann, og hlijd messu med lytelæte til guds, ver lytelætur og þionustusamur øllum þurftugum. Nu skallttu vera hier med mier þessa tuo daga, og suo giørde hann, og nam ꜳ þessum Tveimur Døgum Gooda Bæn, og lifde sijdann sem Goodur Christin madur, Hann Reid nu J burt og liette ei fyr enn hann kom til føgru borgar. Og vard Blanchiflür unnustu hanns, honum harla feiginn, og aller Adrer sem þar woru fyrir, fieck Parceval þä Blanchinflür og giørdest Agiætur Høfdinge, yfer øllu ryke Hennar, og suo Agiætr og sigr sæll ad Alldrei Atte hann suo vopna skypte vid riddara, Ad ej sigrade hann, og mætte hann hinum snorpustu riddurum er A hanns døgum voru, og lykur hier nu søgu Parcevals riddara. 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 208 AM 395 fol, 942 Eg er modurbrodur þinn enn sa Rijki fyskimadur er son kongs þess er hier lætur med þessu þiöna, enn þat er ein heilagur hlutur er sa Rijki madur lætur bera firir sier, til huggunar salu sinni og er þessi hlutur heilagur enn ej lijkamlegur þar hefur hann nu verid 7 vetur enn giæt hiedan af sälu þinnar og gack i kijrkiu og hlijd messu lijtelatlega vert þionustusamur þurftugum, þu skalt vera hia mier 2 daga og so giordi hann, og nam eina göda bæn, og lifdi sijdann sem einn gödur christinn madur hann reid nu burt og kom til fogru borgar, og vard unnusta hans honum feiginn, feck Parceval þä Blankeflur og vard agiætur hofdingi ijfir hennar rijki so sigur sæll ad alldri ätti hann so vapna skiptti vid riddara ad ej sigradest hann á þeim, og lykur hier so sogu a Parceval Übersetzungen Holm 6/ NBO 3652/ AM 179 „Ich bin dein Mutterbruder und der mächtige Fischermann ist der Sohn des Königs, der sich selbst mit solchen bedienen ließ und dich gut empfing. Aber das ist eine heilige Sache, die der mächtige Mann vor sich tragen ließ, als Trost und Erhöhung für seine Seele und sein Leben. Diese heilige Sache ist geistlicher aber nicht körperlicher [Art]. Dort war er nun sieben Winter gewesen. Aber du, Verwandter, achte ab jetzt auf deine Seele und gehe immer zur Kirche, eher als an einen anderen Ort, und höre die Messe mit Demut gegenüber Gott. Sei demütig und dienstwillig [gegenüber] allen Bedürftigen. Jetzt sollst du diese zwei Tage hier bei mir sein.“ Und so machte er es und erlernte in diesen zwei Tagen ein gutes Gebet und lebte seitdem wie ein guter christlicher Mann. Er ritt nun weg und ließ nicht nach, bis er zur Fagraborg kam, und seine Liebste Blankiflúr war sehr glücklich ihn zu sehen und alle anderen diese, welche dort waren. Parceval bekam dann Blankiflúr und wurde zu einem hervorragenden Herrscher über ihr ganzes Reich. So hervorragend und siegessicher, dass er niemals in Waffenvergleichen mit [anderen] Rittern nicht siegte, und er kämpfte mit all den fähigsten Rittern, die zu seiner Zeit lebten. Und hier endet nun die Erzählung von Ritter Parceval. NKS 3310 „Ich bin dein Mutterbruder und der mächtige Fischermann ist der Sohn des Königs, der sich selbst mit solchen bedienen ließ und dich gut empfing. Aber das ist eine heilige Sache, die der mächtige Mann vor sich tragen ließ, als Trost und Erhöhung für seine Seele und sein Leben. Diese heilige Sache ist geistlicher aber nicht körperlicher [Art]. Dort war er nun sieben Winter gewesen. Aber du, Verwandter, achte ab jetzt auf deine Seele und gehe immer in die Kirche, eher als an einen anderen Ort, und höre die Messe mit Demut gegenüber Gott. Sei demütig und dienstwillig [gegenüber] allen Bedürftigen. Jetzt sollst du diese zwei Tage hier bei mir sein.“ Und so machte er es und erlernte in diesen zwei Tagen ein gutes Gebet und lebte seitdem wie ein guter christlicher Mann. Er ritt nun weg und ließ nicht nach, bis er zur Fagraborg kam, und seine Liebste Blankiflúr [war] sehr glücklich ihn zu sehen und alle anderen, welche dort waren. 3.4 Das Sagaende 209 Parceval bekam dann Blankiflúr und wurde zu einem hervorragenden Herrscher über ihr ganzes Reich. So hervorragend und siegessicher, dass er niemals in Waffenvergleichen mit [anderen] Rittern nicht siegte, und er kämpfte mit all den fähigsten Rittern, die zu seiner Zeit lebten. Und hier endet nun die Erzählung von Ritter Parceval. NKS 1794 „Ich bin dein Mutterbruder und der mächtige Fischermann ist dein Mutterbruder, der dich mit solchen bedienen ließ und dich gut empfing. Aber das ist eine heilige Sache, die der heilige Mann vor sich tragen ließ, als Trost und Erhöhung für seine Seele und sein Leben. Diese heilige Sache ist geistlicher aber nicht weltlicher [Art]. Dort war er nun sieben Winter gewesen. Aber du, Verwandter, achte du deine Seele und gehe immer in die Kirche, eher als an einen anderen Ort, und höre die Messe mit Demut [zu] Gott. Sei demütig und dienstwillig [gegenüber] allen Bedürftigen. Jetzt sollst du diese zwei Tage bei mir sein.“ Und so machte er es und war in diesen zwei Tagen ein gutes Gebet und lebte seitdem wie ein christlicher Mann. Er ritt nun weg und ließ nicht nach, bis er zur Fagraborg kam, und seine Liebste Blankiflúr war sehr glücklich ihn zu sehen und alle die, welche dort waren. Parceval bekam dann Blankiflúr und wurde zu einem hervorragenden Herrscher über ihr ganzes Reich. So hervorragend und siegessicher, dass er niemals in Waffenvergleichen mit [anderen] Rittern nicht siegte, und er kämpfte mit all den fähigsten Rittern, die zu seiner Zeit lebten. Und hier endet nun die Erzählung von Ritter Parceval. AM 181 „Ich bin dein Mutterbruder und der mächtige Fischermann ist der Sohn des Königs, der sich selbst mit solchen bedienen ließ und dich gut empfing. Aber das ist eine heilige Sache, die der mächtige Mann vor sich tragen ließ, als Trost und Erhöhung für seine Seele und sein Leben. Diese heilige Sache ist geistlicher aber nicht körperlicher [Art]. Dort war er nun sieben Winter gewesen. Aber du, Verwandter, achte ab jetzt auf deine Seele und gehe immer in die Kirche, eher als an einen anderen Ort, und höre die Messe mit Demut gegenüber Gott. Sei demütig und dienstsam [gegenüber] allen Bedürftigen. Jetzt sollst du diese zwei Tage hier bei mir sein.“ Und so machte er es und erlernte in diesen zwei Tagen [ein] gutes Gebet und lebte seitdem wie ein guter christlicher Mann. Er ritt nun weg und ließ nicht nach, bis er zur Fagraborg kam, und seine Liebste Blankiflúr war sehr glücklich ihn zu sehen und alle anderen diese, welche dort waren. Parceval bekam dann Blankiflúr und wurde zu einem hervorragenden Herrscher über ihr ganzes Reich. Und so hervorragend und siegessicher, dass er niemals in Waffenvergleichen mit [anderen] Rittern nicht siegte, und er kämpfte mit den fähigsten Rittern, die zu seiner Zeit lebten. Und hier endet nun die Erzählung von Ritter Parceval. TCD 1015 „Ich bin dein Mutterbruder und der mächtige Fischermann ist der Sohn des Königs, der sich selbst mit solchen bedienen ließ und dich gut empfing. Aber das ist eine heilige Sache, die der mächtige Mann vor sich tragen ließ, als Trost und Erhöhung für seine Seele. Diese heilige Sache ist geistlicher aber nicht körperlicher [Art]. Dort war er nun 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 210 sieben Winter gewesen. Aber du, Verwandter, achte ab jetzt auf deine Seele und gehe immer in die Kirche, eher als an einen anderen Ort, und höre die Messe mit Demut gegenüber Gott. Sei demütig und dienstsam [gegenüber] allen Bedürftigen. Jetzt sollst du diese zwei Tage hier bei mir sein.“ Und so machte er es und erlernte in diesen zwei Tagen [ein] gutes Gebet und lebte seitdem wie ein guter christlicher Mann. Er ritt nun weg und ließ nicht nach, bis er zur Fagraborg kam, und seine Liebste Blankiflúr war sehr glücklich ihn zu sehen und alle anderen diese, welche dort waren. Parceval bekam dann Blankiflúr und wurde zu einem hervorragenden Herrscher über ihr ganzes Reich. Und so hervorragend und siegessicher, dass er niemals in Waffenvergleichen mit [anderen] Rittern nicht siegte, und er kämpfte mit den Fähigsten zu seiner Zeit. Und hier endet die Erzählung von Ritter Parceval. NKS 1691 „Ich bin dein Mutterbruder und der mächtige Fischermann ist der Sohn des Königs, der sich selbst mit solchen bedienen ließ und dich gut empfing. Aber das ist eine heilige Sache, die der mächtige Mann vor sich tragen ließ, als Trost und Erhöhung für seine Seele und sein Leben. Diese heilige Sache ist geistlicher aber nicht körperlicher [Art]. Dort war er nun sieben Winter gewesen. Aber du, Verwandter, achte ab jetzt auf deine Seele und gehe immer in die Kirche, eher als an einen anderen Ort, und höre sehr mit Demut gegenüber Gott. Sei demütig und dienstsam [gegenüber] allen Bedürftigen. Jetzt sollst du diese zwei Tage hier bei mir sein.“ Und so machte er es und erlernte in diesen zwei Tagen [ein] gutes Gebet und lebte seitdem wie ein guter christlicher Mann. Er ritt nun weg und ließ nicht nach, bis er zur Fagraborg kam, und seine Liebste Blankiflúr war sehr glücklich ihn zu sehen und alle anderen diese, welche dort waren. Parceval bekam dann Blankiflúr und wurde zu einem hervorragenden Herrscher über ihr ganzes Reich. Und so hervorragend und siegessicher, dass er niemals in Waffenvergleichen mit [anderen] Rittern nicht siegte, und er kämpfte mit den fähigsten Rittern, die zu seiner Zeit lebten. Und hier endet nun die Erzählung von Ritter Parceval. BL Add. 4859 „Ich bin dein Mutterbruder und [der] mächtige Fischermann ist der Sohn des Königs, der sich selbst mit solchen bedienen ließ und dich gut empfing. Aber das ist eine heilige Sache, die der mächtige Mann vor sich tragen ließ, als Trost und Erhöhung für seine Seele und sein Leben. Diese heilige Sache ist geistlicher aber nicht körperlicher [Art]. Dort war er nun sieben Winter gewesen. Aber du, Verwandter, achte ab jetzt auf deine Seele und gehe immer in die Kirche, eher als an einen anderen Ort, und höre die Messe mit Demut gegenüber Gott. Sei demütig und dienstsam [gegenüber] allen Bedürftigen. Jetzt sollst du diese zwei Tage hier bei mir sein.“ Und so machte er es und erlernte in diesen zwei Tagen ein gutes Gebet und lebte seitdem wie ein guter christlicher Mann. Er ritt nun weg und ließ nicht nach, bis er zur Fagraborg kam, und seine Liebste Blankiflúr war sehr glücklich ihn zu sehen und alle anderen, welche dort waren. Parceval bekam dann Blankiflúr und wurde zu einem hervorragenden Herrscher über ihr ganzes Reich. Und so hervorragend und siegessicher, dass er niemals in Waffenvergleichen mit [anderen] Rittern nicht siegte, und er kämpfte [mit] den fähigsten Rittern, die zu seiner Zeit lebten. Und hier endet nun die Erzählung von Ritter Parceval. 3.4 Das Sagaende 211 AM 395 „Ich bin dein Mutterbruder und der mächtige Fischermann ist der Sohn des Königs, der [dich] hier mit diesen bedienen ließ. Aber das ist ein heilige Sache, die der mächtige Mann vor sich tragen ließ, als Trost für seine Seele, und diese heilige Sache ist nicht körperlicher [Art].“ Dort war er nun sieben Winter gewesen. „Achte ab jetzt auf deine Seele“ und [er] ging in die Kirche und hörte die Messe mit Demut. „Sei dienstsam [gegenüber] Bedürftigen. Jetzt sollst du zwei Tage hier bei mir sein.“ Und so machte er es und erlernte ein gutes Gebet und lebte seitdem wie ein guter christlicher Mann. Er ritt nun weg und kam zur Fagraborg und seine Liebste Blankiflúr war glücklich ihn zu sehen. Parceval bekam dann Blankiflúr und wurde ein hervorragender Herrscher über ihr Reich. So siegessicher, dass er niemals in Waffenvergleichen mit [anderen] Rittern nicht gegen diese siegte. Und so endet hier die Erzählung von Parceval. Vorkommen und Analyse der Textvarianz in allen Handschriften Folgende Abhängigkeiten der Handschriftentexte sind aufgrund der Textvarianz anzunehmen und in den Transkriptionen entsprechend markiert: Abschriften von Holm 6 sind NBO 3652, AM 181 und AM 179. Auf AM 181 basieren TCD 1015, NKS 1691 und indirekt BL Add. 4859. Auf AM 179 basieren NKS 3310 und NKS 1794. AM 395 steht in diesem Textbeispiel mit dem Text von AM 181 in Verbindung. Generell kann man die Handschriften, mit Ausnahme von AM 395, in zwei Handschriftengruppen trennen: Eine Holm 6/ AM 179-Gruppe mit „ok mætti hann öllum inum snörpustum riddurum er varu um hans daga“ (und er kämpfte mit all den fähigsten Rittern, die zu seiner Zeit lebten) gegenüber einer AM 181-Gruppe „og mætti hann hinnum snorpustum riddarum er a hannz dogum voru“ (und er kämpfte mit den fähigsten Rittern, die zu seiner Zeit lebten). NBO 3652 und AM 179 folgen Holm 6 genau. NKS 3310 zeigt gegenüber AM 179 zwei Varianten: „i“ (in) statt „til“ (zur) sowie die Auslassung von „vard“ (war) und „þeir“ (diese). In NKS 1794, einer Abschrift von AM 179, sind zwei Wiederholungen „er modur brodur þinn“ (bin dein Mutterbruder) und „heilage“ (heiliger) sowie mehrfach anderes Vokabular auffindbar, wie „veralldlegur“ (weltlicher) statt „likamligur“ (körperlicher), „i“ (in) statt „til“ (zur) und „var“ (war) statt „nam“ (nahm). Diese Textunterschiede führen dazu, dass in NKS 1794 sowohl der Eremit als auch der Fischerkönig Onkel von Parceval sind. Dadurch wird in NKS 1794 eine bedeutungsunterscheidende Textvarianz deutlich. In der Abschrift AM 181 von Holm 6 ist der Austausch von Wörtern, wie „i“ (in) statt „til“ (zur), „þionustusamur“ (dienstsam) statt „-fullur“ (dienstwillig), „a“ (zu) statt „um“ (zu), sowie zwei Hinzufügungen „i“ (in), „og“ (und) ersichtlich und es kommt zu minimalen inhaltlichen Bedeutungsunterschieden. In TCD 1015 sind gegenüber AM 181 sechs Auslassungen zu erkennen. In NKS 1691 ist der Austausch von „mjög“ (sehr) gegenüber „messu“ (Messe) erkennbar. BL Add. 4859 weist weniger Wörter gegenüber AM 181 auf. AM 395 weist einen kürzeren Text gegenüber allen übrigen Handschriften auf und zeigt gegenüber dem nächsten Verwandten BL Add. 4859 folgende weitere Un- 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 212 terschiede. Es gibt zahlenmäßig mehr Wörter, z. B. „einn“ (ein), „á þeim“ (gegen diese), „so“ (so) und „a“ (von), die eine explizitere Benennung erzeugen und eine Textaktualisierung umfassen. Anderes Vokabular, wie „hier“ (hier) statt „sier“ (sich) und „þessu“ (diesen) statt „slyku“ (solchen), bindet die Saga scheinbar konkreter in ein aktuelles Hier und Jetzt ein. Die Darstellung wirkt in AM 395 im Vergleich zu BL Add. 4859 weniger feierlich und beschreibend, dafür jedoch stärker handlungsbezogen. AM 395 zeigt gegenüber allen übrigen Handschriften nicht nur eine Textaktualisierung, sondern auch bedeutungsunterscheidende Textvarianz. Fazit und Gründe für Textvarianz in diesem Textbeispiel In AM 395, NKS 1794, NKS 1691 und BL Add. 4859 sind die Varianzzahlenwerte am höchsten und bedeutungsunterscheidende Textvarianz wird deutlich. Generell ist nur die Textversion Holm 6 erhalten und alle weiteren erhaltenen Handschriften gehen auf diesen Text zurück. Dadurch existiert keine mittelalterliche Textvarianz, sondern lediglich die im Lauf der neuzeitlichen Überlieferung entstandene Varianz in der weiteren Überlieferung. Die größte Textvarianz zeigt insgesamt AM 395 durch die Kürzungstendenz gegenüber den übrigen Handschriften sowie den Austausch der meisten Wörter. Allerdings weisen auch NKS 1794 und BL Add. 4859 gegenüber den übrigen Handschriften erhöhte Varianzzahlen auf. Varianzzahlen in Textbeispiel 3.4.3 6/ 3652 / 179 3310 1794 181 1015 1691 4859 395 6/ 3652 / 179 0/ +2/ 1 0/ +7/ 10 -2/ +3/ 3 -2/ +9/ 3 -2/ +3/ 4 -2/ +5/ 3 -4/ +64/ 7 3310 3 -1/ +6/ 8 -4/ +3/ 2 -4/ +9/ 2 -4/ +3/ 3 -3/ +4/ 2 -5/ +63/ 6 1794 17 15 -9/ +3/ 11 -9/ +9/ 11 -9/ +3/ 12 -9/ +5/ 11 -4/ +57/ 16 181 8 9 23 0/ +6/ 0 0/ 0/ 1 0/ +2/ 0 -5/ +62/ 4 1015 14 15 29 6 -6/ 0 / 1 -6/ +2/ 0 -8/ +59/ 4 1691 9 10 24 1 7 0/ +2/ 1 -5/ +62/ 5 4859 10 9 25 2 8 3 -5/ +60/ 4 395 75 74 77 71 72 72 69 3.5 Quantitative und bedeutungsunterscheidende Textvarianz 213 BL Add. 4859 zeigt gegenüber AM 181 zwei Varianzpunkte, bedingt durch den Wortaustausch, was einen Hinweis zum Textaktualisierungsprozess darstellt. Die akademische Handschrift NKS 1691 zeigt einen, TCD 1015 zeigt sechs und NKS 1794 zeigt 17 auffällige Varianzpunkte gegenüber der jeweiligen Vorlage. In NKS 1794 sind Varianzzahlen auf Auslassungen und den Austausch von Wörtern zurückzuführen, dabei handelt es sich in vier Fällen um eine offenbar versehentliche Wiederholung eines vorangegangenen Wortes. Die Textvarianz ist bei den antiquarischen und akademischen Handschriften auf den jeweiligen Entstehungskontext zurückzuführen. AM 179 und die wissenschaftliche Handschrift NBO 3652 zeigen gegenüber Holm 6 keine Varianz. NKS 3310 zeigt minimale Unterschiede gegenüber ihrer Textvorlage. Die Textvarianz ist auch hier auf den Entstehungskontext zurückzuführen. Die divergente Handschrift AM 395 zeigt durch ihre Kürzungstendenz und den Austausch von Wörtern stark erhöhte Varianzwerte. Aufgrund der nicht erhaltenen Zwischenhandschriften kann nicht gesagt werden, ob die Textvarianz im Entstehungskontext von AM 395 zu suchen ist oder in der Textvorlage. In diesem Textbeispiel ist bis auf minimale bedeutungsunterscheidende Textvarianz in NKS 1794, NKS 1691, AM 181 sowie größeren Bedeutungsunterschieden in AM 395 eine textstabile Überlieferung der Parcevals saga erkennbar. 3.5 Quantitative und bedeutungsunterscheidende Textvarianz Anhand der in jedem Textbeispiel in Kapitel 3.1 bis 3.4 angeführten Tabellen zum quantitativen Vorkommen der Textvarianz wird im Folgenden das gemeinsame Vorkommen der Sagatexte in den Handschriften untersucht. Vergleiche hierzu Übersicht 13a. Übersicht 13a: Vorkommen in gemeinsamen Handschriften Ívens saga Erex saga Parcevals saga Holm 46 Holm 46 AM 181 AM 181 AM 181 BL Add. 4859 BL Add. 4859 BL Add. 4859 Holm 6 Holm 6 NBO 3652 NBO 3652 AM 179 AM 179 TCD 1015 TCD 1015 AM 395 AM 395 NKS 1691 NKS 1691 NKS 3310 NKS 3310 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 214 Übersicht 13b: Varianzzahlen in den gemeinsamen Handschriften Ívens saga Erex saga Parcevals saga Holm 46 vs. AM 181 58+117+92+152=419 38+28+36+45=147 AM 181 vs. BL Add. 4859 5+84+3+3=95 2+1+2+5=10 15+89+2+2=108 AM 181 vs. Holm 6 6+1+4+10=21 16+4+16+8=44 AM 179 vs. Holm 6 10+1+0+1=12 13+2+0+0=15 NBO 3652 vs. Holm 6 0+0+0+2=2 0+0+0+0=0 NKS 3310 vs. AM 179 0+0+1+0=1 0+2+1+3=6 TCD 1015 vs. AM 181 11+1+3+2=17 4+1+1+6=12 NKS 1691 vs. AM 181 0+1+4+2=7 4+0+0+1=5 AM 395 vs. BL Add. 4859 24+124+16+116=280 49+15+59+69=192 Es gibt nur zwei Handschriften, in denen alle drei Sagas gemeinsam überliefert sind. Einerseits AM 181 und andererseits die größtenteils darauf basierende Handschrift BL Add. 4859. Zudem sind jeweils zwei Sagas in fünf weiteren Handschriften gemeinsam überliefert: Ívens saga und Parcevals saga in Holm 6, TCD 1015, NKS 3310 und AM 395, Ívens saga und Erex saga in Holm 46. Bei der Addition der Varianzzahlen aus jedem Textbeispiel und in jeder Saga verteilen sich die Varianzzahlen in den gemeinsamen Handschriften der drei Sagas insgesamt gesehen wie in Übersicht 13b ersichtlich wird. Hauptsächlich führen beim Vergleich von zwei Handschriftentexten sogenannte Textkürzungen, Texterweiterungen und/ oder die Verwendung von anderem Vokabular zu Textvarianz. Es folgt eine Besprechung der herausragenden quantitativen und der bedeutungsunterscheidenden Textvarianz in den einzelnen Textbeispielen sowie der Blick auf die gemeinsamen Handschriften und deren Textaktualisierungstendenzen in den jeweiligen Sagas. Bei der Darstellung der einzelnen Handschriften muss natürlich im Gegenzug davon ausgegangen werden, dass sich nicht nur die besagte Handschrift von anderen Handschriften unterscheidet, sondern die anderen Handschriften sich ebenso durch dieselben Varianzzahlen auch von dieser unterscheiden. Wenn also die Rede von Holm 46 ist und diese sich von allen übrigen Handschriften unterscheidet, muss gleichermaßen davon ausgegangen werden, dass auch die übrigen Handschriften sich durch Textvarianz von Holm papp 46 unterscheiden. Die Textvarianz in den 3.5 Quantitative und bedeutungsunterscheidende Textvarianz 215 gemeinsamen Handschriften wird in den folgenden Abschnitte nochmals zusammenfassend für alle drei Sagas besprochen. 3.5.1 Der Sagaanfang Generell ist bei diesen Textbeispielen festzustellen, dass Holm 46 in der Ívens saga und AM 395 in der Parcevals saga die größte Textvarianz gegenüber ihren Vergleichshandschriften in den jeweiligen Sagas zeigen. Generell weist Holm 46 auch in der Erex saga eine hohe Varianz auf, jedoch übersteigt sowohl die Ívens saga als auch die Parcevals saga diese Varianzpunkte. Hauptgrund für die Textvarianz von Holm 46 ist in der Erex saga die Erweiterungstendenz, vor allem durch den langen Titel, in der Ívens saga aber die Kürzungstendenz gegenüber den übrigen Handschriften. Die Varianz von Holm 46 geht wahrscheinlich auf die verlorene mittelalterliche Textvorlage zurück. In der Ívens saga weist Holm 46 gegenüber den übrigen Handschriften anderes Vokabular auf, welches zu einer unterschiedlichen inhaltlichen Darstellung führt, wie z. B. einem längeren Titel oder dem Hinweis auf die nördliche Hälfte der Welt. Trotz der bedeutungsunterscheidenden Textvarianz enthält sie keinen Eingriff auf der Handlungsebene. In der Ívens saga weist AM 395 gegenüber BL Add. 4859 ganze 24 Varianzpunkte auf. In AM 395 sind der Titel und einzelne Beschreibungen im Text nicht vorhanden, was zu bedeutungsunterscheidender Textvarianz führt. Vorrangig aufgrund der Varianz in der Überschrift der Saga zeigen in der Ívens saga AM 181 und AM 179 jeweils zehn bzw. sechs Varianzpunkte gegenüber Holm 6. Die übrigen Handschriften folgen mit minimaler Varianz ihren Vorlagen. AM 181 zeigt gegenüber BL Add. 4859 in der Ívens saga eine Varianz von fünf Punkten. Die Textvarianz in TCD 1015 in der Ívens saga basiert hauptsächlich auf dem kürzeren Titel gegenüber der Vorlage AM 181. Die Ívens saga hat im Vergleich zur Parcevals saga in allen gemeinsamen Handschriften außer TCD 1015 eine geringere Textvarianz aufzuweisen. In der Erex saga zeigt die Handschrift Holm 46 gegenüber AM 181 insgesamt 38 Punkte. BL Add. 4859 weist in der Erex saga gegenüber AM 181 lediglich zwei Varianzpunkte auf. Lbs 1230 zeigt gegenüber allen anderen Handschriften einen ausführlicheren Titel mit der Zusatzinformation zur Tafelrunde (die in AM 181 fehlt) und dadurch bedeutungsunterscheidende Textvarianz auf der Handlungsebene. Auch Holm 46 weist gegenüber AM 181 einen längeren Titel und weitere Zusatzinformationen auf, wie die Nennung der Tafelrunde, und somit bedeutungsunterscheidende Textvarianz auch auf der Handlungsebene. Lbs 3127 zeigt gegenüber allen anderen Handschriften eine andere Wortwahl, so dass es zu bedeutungsunterscheidender Textvarianz kommt. In der Parcevals saga weichen AM 179 und AM 181 gegenüber Holm 6 um 13 und 16 Varianzpunkte ab, vorrangig aufgrund des variierenden Titels. Die Parcevals saga zeigt vor allem in AM 395 gegenüber allen anderen Handschriften einen kürze- 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 216 ren Text und eine andere Wortwahl. Auch BL Add. 4859 weist gegenüber AM 181 immerhin 15 Varianzpunkte auf, aufgrund eines geringeren Textumfangs und der Verwendung von anderem Vokabular, so dass es nicht nur in AM 395 sondern auch in BL Add. 4859 zu bedeutungsunterscheidenden Eingriffen in den Text kommt, wobei dies bei AM 395 auch auf der Handlungsebene sichtbar wird. 3.5.2 Die Begegnung mit der Liebe Die größte Textvarianz in der Erex saga zeigt mit Abstand Holm 46, in der Ívens saga Holm 46 und AM 395, und in der Parcevals saga AM 395. In der Ívens saga weisen Holm 46 und BL Add. 4859 einen längeren Text gegenüber AM 181 mit insgesamt 117 bzw. 84 Varianzpunkten auf. Holm 46 zeigt gegenüber allen anderen Handschriften einen nahezu komplett anderen Text. Es kommt statt der Schilderung des Aufbahrens und der damit verbundenen Suche nach Íven zu einer formelhaften Beschreibung des Aussehens der Frau. Die Situation erscheint dadurch für Íven weniger bedrohlich. Holm 6 hingegen enthält hier eine Lakune und dadurch einen wesentlich reduzierten Text, auch hier fehlt die komplette Handlung mit der Aufbahrung und den blutenden Wunden des Ritters, der Fokus liegt dadurch auf Ívens Gemütszustand. Dadurch ist in Holm 6 gegenüber AM 489 und in Holm 46 gegenüber allen weiteren Handschriften bedeutungsunterscheidende Textvarianz auch auf der Handlungsebene erkennbar. BL Add. 4857 und BL Add. 4859 zeigen in diesem Textbeispiel der Ívens saga eine auffällige Textvarianz gegenüber AM 489 durch einen umfangreicheren Text und anderes Vokabular. Dies hat seine Ursache im unvollständigen Text von AM 489 und in der Textaktualisierung durch BL Add. 4857 und 4859, deren Textvarianz jedoch keinen Eingriff in die Handlungsebene darstellt. Auch AM 588 weist in diesem Textbeispiel eine auffällige Varianz mit 32 Punkten gegenüber BL Add. 4859 in der Ívens saga auf. AM 395 folgt diesen Tendenzen und weist gegenüber allen anderen Handschriften einen kürzeren Text und zudem eine andere Wortwahl auf, z. B. ist die wörtliche Rede am Ende des Textbeispiels kürzer. Dadurch ist in AM 395 gegenüber allen anderen Handschriften eine bedeutungsunterscheidende Textvarianz erkennbar, die auch Einfluss auf die Handlungsebene hat. In der Erex saga zeigt Holm 46 gegenüber allen anderen Handschriften einen umfangreicheren Text mit gelegentlich anderer Wortwahl z. B. gegenüber AM 181 mit insgesamt 28 Varianzpunkten. In Holm 46 ergibt sich für die Erex saga eine bedeutungsunterscheidende Textvarianz in der inhaltlichen Darstellung und der Beschreibung des Verliebens von Erex. BL Add. 4859 weist gegenüber AM 181 keine nennenswerte Varianz auf. Kall 246 und Lbs 3127 zeigen jeweils anderes Vokabular, was ein Merkmal des Textaktualisierungsprozesses ist, aber keine inhaltlich bedeutungsunterscheidende Textvarianz hervorruft. Die Parcevals saga weist in allen gemeinsamen Handschriften, außer BL Add. 4859 und AM 395, eine Textvarianz von maximal 15 Punkten auf. In der Parcevals 3.5 Quantitative und bedeutungsunterscheidende Textvarianz 217 saga zeigt BL Add. 4859 gegenüber AM 181 einen kürzeren Text und anderes Vokabular mit insgesamt 89 Varianzpunkten. In AM 395 folgt kein Sinnspruch am Ende des Kapitels und sie weist gegenüber allen übrigen Handschriften eine Textvarianz auf, z. B. 15 Varianzpunkte gegenüber BL Add. 4859. In AM 395 und BL Add. 4859 ist gegenüber den anderen Handschriftentexten bedeutungsunterscheidende Textvarianz feststellbar, die sich auch auf die Handlungsebene auswirkt. Auch AM 181 zeigt in der Parcevals saga gegenüber Holm 6 mit vier Varianzpunkten neben Kürzungen auch Wortaustausch. In NKS 1794 ist gegenüber AM 179 mit mehrmalig anderem Vokabular eine auffällige Textvarianz erkennbar, die zu keinem Eingriff in die Sagahandlung führt. 3.5.3 Momente der Alterität und Identität Generell ist festzustellen, dass in der Ívens saga und Erex saga Holm 46 sowie in der Ívens saga und Parcevals saga AM 395 die größte Textvarianz zeigen, jeweils bedingt durch einen kürzeren Textumfang. In der Ívens saga weist Holm 46 gegenüber allen anderen Handschriften einen wesentlich kürzeren Text und anderes Vokabular auf. Ein Großteil der wörtlichen Rede fehlt, so dass die Motivation der Protagonisten nicht mehr deutlich wird und auch die Sagahandlung um die Reaktion Ívens gekürzt wird. Dadurch kommt es in Holm 46 gegenüber allen übrigen Handschriften zu einer bedeutungsunterscheidenden Textvarianz, die auch einen Einfluss auf die Handlungsebene hat. BL Add. 4859 folgt ihrer Vorlage AM 181 mit geringer Varianz. In der Ívens saga zeigt Holm 46 die größte Varianz gegenüber AM 181 mit 152 Punkten. Gegenüber Holm 6 weist AM 181 insgesamt zehn Punkte auf. BL Add. 4859 zeigt gegenüber AM 395 16 Punkte. AM 395 zeigt aufgrund des kürzeren Texts hohe Varianzpunkte, aber weniger bedeutungsunterscheidende Textvarianz. In der Erex saga weist Holm 46 von allen Handschriften mit Abstand die größte Varianz und anderes Vokabular mit insgesamt 36 Varianzpunkten gegenüber AM 181 auf, was größtenteils auf den kürzeren Text in Holm 46 zurückgeht. Durch die kürzere wörtliche Rede, vergleichbar dem Textbeispiel in der Ívens saga, erfolgt ein Eingriff ins Handlungsgeschehen, so dass Erex’ Reaktion auf den Zwerg fehlt. Die Darstellung der Handlung scheint in Holm 46 gegenüber AM 181 einerseits beschleunigt, andererseits wird Erex passiver dargestellt. Somit kommt es in Holm 46 gegenüber allen anderen Handschriften zu bedeutungsunterscheidender Textvarianz auch auf der Handlungsebene. In der Parcevals saga zeigt AM 395 von allen Handschriften mit Abstand die größte Varianz, z. B. 59 Punkte gegenüber BL Add. 4859. AM 181 lässt gegenüber Holm 6 mit 16 Varianzpunkten in diesem Textbeispiel eine beachtliche Abweichung erkennen, was eine bedeutungsunterscheidende Textvarianz von AM 181 in diesem Fall auch widerspiegelt. AM 395 weist generell einen kürzeren Text und anderes Vokabular gegenüber den übrigen Handschriften auf. Dadurch ist auch in diesem 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 218 Textbeispiel in dieser Handschrift gegenüber den übrigen Handschriften in der Parcevals saga eine bedeutungsunterscheidende Textvarianz feststellbar, die Einfluss auf die Handlungsebene hat. 3.5.4 Das Sagaende Generell stechen in diesem Textbeispiel erneut Holm 46 in der Ívens saga und Erex saga bzw. AM 395 in der Ívens saga und Parcevals saga mit der größten Textvarianz hervor und bieten bedeutungsunterscheidende Textvarianz gegenüber allen übrigen Handschriften. Dies ist jeweils auf einen kürzeren Text zurückführbar. Insgesamt weist die Ívens saga eine wesentlich höhere Varianz als die Erex saga und die Parcevals saga auf. Die größte Textvarianz in der Ívens saga zeigt mit Abstand Holm 46, z. B. gegenüber AM 181 mit 152 Punkten gefolgt von AM 395 gegenüber BL Add. 4859 mit 116 Punkten. Holm 46 weist einen extrem kurzen Text gegenüber dem wesentlich ausführlicheren Text von Holm 6 auf. Der abschließende Dialog zwischen Íven und seiner Frau fehlt komplett, so dass es zu bedeutungsunterscheidender Textvarianz auch auf der Handlungsebene kommt. Auch AM 395 enthält einen kürzeren Text und anderes Vokabular, worin sich eine Textaktualisierung zeigt und die bedeutungsunterscheidende Textvarianz auch auf der Handlungsebene greift. Bereits AM 588 lässt eine andere Wortwahl erkennen, woran eine Textaktualisierung deutlich wird. BL Add. 4859 zeigt gegenüber AM 181 lediglich drei Varianzpunkte und AM 181 weist gegenüber Holm 6 wiederum zehn Punkte auf. Die größte Textvarianz in der Erex saga zeigt Holm 46 gegenüber AM 181 mit 45 Punkten. Gegenüber allen anderen Handschriften zeigt Holm 46 einen kürzeren Text und gelegentlich anderes Vokabular, was eine bedeutungsunterscheidende Textvarianz hervorruft. Lbs 3127 zeigt gegenüber AM 181 mit insgesamt 32 Punkten einen kürzeren Text und eine andere Wortwahl, was zu einer minimalen bedeutungsunterscheidenden Textvarianz führt. Eine wesentliche Abweichung ist dagegen die Anfügung eines Verses an das Ende der Erex saga, der allerdings zum Paratext zählt. In der Erex saga zeigt Kall 246 mit neun Punkten die größte Abweichung gegenüber AM 181. Neben Kall 246 findet sich auch in NKS 1708 minimaler Wortaustausch gegenüber AM 181. Die größte Textvarianz in der Parcevals saga besitzt mit Abstand AM 395 mit 69 Punkten gegenüber BL Add. 4859. AM 181 weist in der Parcevals saga gegenüber Holm 6 acht Varianzpunkte auf. BL Add. 4859 zeigt gegenüber AM 181 wiederum nur zwei Punkte. Auch NKS 1794 und NKS 1691 weisen minimale Textvarianz gegenüber AM 181 auf. AM 395 zeigt einen kürzeren Text und eine andere Wortwahl gegenüber allen anderen Handschriften auch fehlt eine wörtliche Rede. So ergibt sich in dieser Handschrift einmal mehr eine bedeutungsunterscheidende Textvarianz auch auf der Handlungsebene. 3.5 Quantitative und bedeutungsunterscheidende Textvarianz 219 3.5.5 Fazit zur Textvarianz je Saga und je Handschrift In diesem Kapitel wurde deutlich, dass bei einem Vergleich der quantitativen Textvarianz je Textbeispiel mit allen drei Sagas bzw. je Saga mit allen Textbeispielen, die Parcevals saga in den Textbeispielen in Kapitel 3.1 und 3.3 in der Handschrift AM 395 fol mehr Textvarianz als die Ívens saga aufweist. In Kapitel 3.2 und 3.4 zeigen BL Add. 4859 fol und AM 395 fol in der Ívens saga eine größere Varianz als in der Parcevals saga. Die Ívens saga weist gegenüber der Erex saga in allen Textbeispielen beim Vergleich von AM 181 fol und Holm papp 46 fol eine wesentlich größere Textvarianz auf. Insgesamt zeigt also die Ívens saga von allen drei Sagas quantitativ die größte Textvarianz in den meisten Handschriften, das sind vor allem Holm papp 46 fol und AM 395 fol gefolgt von BL Add. 4859 fol, AM 181 fol, BL Add. 4857 fol und AM 588a 4to. Die Parcevals saga lässt lediglich in AM 395 fol, gefolgt von BL Add. 4859 fol und AM 181 fol, eine Textvarianz erkennen. In der Erex saga zeigen vor allem Holm papp 46 fol und in geringerem Maß Lbs 3127 4to und Kall 246 fol Textvarianz. Holm papp 46 fol und AM 395 fol zeigen insgesamt die auffälligste bedeutungsunterscheidende Textvarianz. Diese genannten Handschriften beziehen ihre Textvarianz und Bedeutungsunterschiede vor allem aus der Varianz des Vokabulars und des unterschiedlichen Textumfangs. Holm papp 46 fol zeigt aufgrund eines kürzeren oder umfangreicheren Texts oder anderem Vokabular in allen Textbeispielen bedeutungsunterscheidende Textvarianz sowie Unterschiede auf der Handlungsebene, in der Ívens saga in den Textbeispielen 3.2.1, 3.3.1, 3.4.1 und in der Erex saga in den Textbeispielen 3.1.2, 3.2.2 und 3.3.2. Holm papp 46 fol repräsentiert als Abschrift einer verlorenen Mittelalterhandschrift indirekt eine zweite mittelalterliche Handschriftentradition neben Holm perg 6 4to und AM 489 4to. Das heißt, dass die Textvarianz wahrscheinlich bereits in ihrer mittelalterlichen Textvorlage bestand und dadurch indirekt eine instabile mittelalterliche Texttradition bestätigen würde. Da sich alle anderen Handschriften im Gegenzug von Holm papp 46 fol unterscheiden und diese Texte in der Ívens saga auf den zwei erhaltenen mittelalterlichen Vorlagen basieren, kann daher von einer Textvarianz zwischen allen mittelalterlichen Texten in der Ívens saga ausgegangen werden. In der Erex saga wiederum kann man aufgrund der Situation der Handschriftenüberlieferung jeweils von einer verlorenen mittelalterlichen Textvorlage von Holm papp 46 fol und AM 181 fol ausgehen und daher deren Textvarianz im Rückschlussverfahren auch jeweils auf eine mittelalterliche Textvorlage beziehen. Das würde bedeuten, dass theoretisch auch in der Erex saga mit einer mittelalterlichen Textvarianz und somit einer mittelalterlichen instabilen Textüberlieferung der Erex saga gerechnet werden könnte. Mit AM 395 fol weist die weitere handschriftliche Überlieferung der Ívens saga und Parcevals saga auf Island ihre größte Varianz auf, so dass sie in allen Textbeispielen bedeutungsunterscheidende Textvarianz hervorruft. In den Textbeispielen 3.2.1 und 3.4.1 der Ívens saga sowie 3.1.3, 3.3.3 und 3.4.3 der Parcevals saga zeigt sich die bedeutungsunterscheidende Textvarianz auch auf der Handlungsebene. 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 220 AM 181 fol zeigt in den Textbeispielen 3.1.3 und 3.3.3 der Parcevals saga eine interessante bedeutungsunterscheidende Textvarianz gegenüber ihrer Vorlage Holm perg 6 4to. BL Add. 4859 fol weist in den Textbeispielen 3.1.3 und 3.2.1 der Parcevals saga sowie in Textbeispiel 3.4.2 der Erex saga bedeutungsunterscheidende Textvarianz auf. Die Handschrift steht dabei meistens mit einem Holm perg 6-Text, vorrangig AM 181 fol, in Verbindung, außer in den Textbeispielen 3.2.1, wo sie auf einem AM 489-Text basiert. BL Add. 4857 fol weist in den Textbeispielen 3.1.1 und 3.3.1 der Ívens saga bedeutungsunterscheidende Textvarianz gegenüber ihrer Textvorlage auf. Sie steht in 3.4.1 aufgrund des nicht vorhandenen Texts von AM 489 4to mit der Holm perg 6- Tradition bzw. AM 181 fol in Verbindung. AM 489 4to zeigt in den Textbeispielen 3.1.1, 3.2.1 und 3.3.1 der Ívens saga gegenüber Holm perg 6 4to bedeutungsunterscheidende Textvarianz, da sie in Beispiel 3.4.1 keinen Text mehr enthält. AM 588a 4to und AM 395 fol basieren in Textbeispiel 3.1.1 und 3.3.1 auf einer AM 179-Texttradition, dagegen in 3.2.1 auf einer AM 489-Texttradition, in Textbeispiel 3.4.1 generell auf einem Holm perg 6-Text. AM 588a 4to zeigt in Textbeispiel 3.1.1 und 3.2.1 minimale bedeutungsunterscheidende Textvarianz in der Ívens saga. Kall 246 fol und NKS 1708 4to zeigen in den Textbeispielen 3.3.2 und 3.4.2 der Erex saga minimale bedeutungsunterscheidende Textvarianz gegenüber ihrer Textvorlage AM 181 fol. Lbs 3127 4to weist in den Textbeispielen 3.1.2, 3.2.2 und 3.4.2 der Erex saga bedeutungsunterscheidende Textvarianz auf. Lbs 1230 8vo III frag zeigt in Textbeispiel 3.1.2 der Erex saga bedeutungsunterscheidende Textvarianz. In Bezug auf die drei Sagas bedeutet die bisher dargelegte Textvarianz, dass die Ívens saga durch ihre verhältnismäßig große Überlieferung die interessantesten Aktualisierungstendenzen in AM 395 fol, AM 588a 4to, BL Add. 4857 fol und 4859 fol zeigt. Vor allem Holm papp 46 fol zeigt gegenüber allen Handschriften in allen Textbeispielen bedeutungsunterscheidende Textvarianz. Aber auch Holm perg 6 4to und AM 489 4to mit ihrer jeweiligen weiteren Überlieferung bieten interessante Textvarianz in allen Textbeispielen. Die Erex saga zeigt vor allem in Holm papp 46 fol eine interessante Textvarianz mit Bedeutungsunterschieden und einer Varianz in der Sagahandlung. In der weiteren Überlieferung zeigt die Erex saga Aktualisierungstendenzen in Kall 246 fol und NKS 1708 4to gegenüber AM 181 fol. Lbs 3127 4to zeigt gegenüber AM 181 fol in drei von vier Textbeispielen geringe bedeutungsunterscheidende Textvarianz, welche auf den entsprechenden Textaktualisierungsprozess oder auch eine verlorene Textvorlage zurückführbar ist. Die Parcevals saga weist in AM 181 fol, BL Add. 4859 fol und AM 395 fol gegenüber ihren nächsten Verwandten jeweils eine interessante Textaktualisierung auf, die teilweise zu Bedeutungsunterschieden in der Darstellung führt und in den Textbeispielen 3.2.3 bis 3.4.3 auch zu Veränderungen auf der Handlungsebene der Saga. 3.5 Quantitative und bedeutungsunterscheidende Textvarianz 221 Trotz der in fast allen Textbeispielen vorhandenen bedeutungsunterscheidenden Textvarianz in den genannten Handschriften, ist es insgesamt möglich, eine starke Tendenz der Textstabilität dieser drei Sagas in der weiteren Überlieferung, bis auf die genannten Beispiele, nachzuweisen. Die bedeutungsunterscheidende Textvarianz bietet zwar Unterschiede in der inhaltlichen Darstellung der jeweiligen Saga, die auf einem komprimierten Text basieren (außer in 3.2.1), aber lediglich in zwei Handschriften in unterschiedlichen Textbeispielen einen Eingriff in die Handlungsebene der Saga. Das heißt, die Handschriften zeigen keinen einheitlichen Umgang mit den Sagatexten, so weist Holm papp 46 fol in Textbeispiel 3.1.2, 3.2.1, 3.2.2, 3.3.1, 3.3.2 und 3.4.1 einen Eingriff auf der Handlungsebene auf, dagegen in 3.1.1 nicht; AM 395 fol weist in 3.1.3, 3.2.1, 3.3.3, 3.4.1 und 3.3.3 einen Eingriff in die Handlungsebene auf, in 3.1.1, 3.2.3 und 3.3.1 dagegen nicht. Die Textvarianz und Textstabilität sind in den gemeinsamen Handschriften in allen Textbeispielen unterschiedlich ausgeprägt und müssen daher in diesem Fall eher auf den individuellen Umgang mit dem einzelnen Sagatext als auf die generellen Entstehungsumstände der jeweiligen Handschrift zurückzuführen sein. Jeder Sagatext zeigt einen individuellen Umgang mit Textvarianz und Textstabilität, es ist daher treffend von einer individuellen Medialität der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga auch in den gemeinsamen Handschriften auszugehen. Nicht nur die jeweilige handschriftliche Überlieferung der Sagas spielt eine Rolle, sondern auch der jeweilige Umgang mit dem Sagatext in einer Handschrift. Die Gründe für die Textvarianz bzw. Textstabilität sind u.a. in der Handschriftenüberlieferung und der Materialität des Textes zu suchen, die sich in der Art der Textrezeption und damit einhergehend dem Phänomen der Textaktualisierung widerspiegeln. Im Text selbst spiegelt sich eine Anpassung an den jeweiligen Entstehungskontext entweder durch sprachentwicklungsgeschichtlich bedingte Momente der Orthografie, Morphologie, Syntax und Lexikologie oder durch eine bewusste Anpassung, z. B. an die Vorgaben oder den Geschmack des Auftraggebers oder Schreibers. Dies äußert sich besonders durch den Austausch von Vokabular und die teilweise stark komprimierte Handlung. Jede Saga erfährt in jeder weiteren Abschrift eine individuelle Textaktualisierung. Der Aktualisierungsprozess des Texts lässt sich in den Handschriften mit erhaltener Textvorlage konkret mit einem Entstehungskontext vergleichen. Ohne die erhaltene Textvorlage sind solche Rückschlüsse nicht direkt zu ziehen. Der Begriff der Textaktualisierung umfasst hier auch die Primärtexte, obwohl hierzu keine Textvorlagen zum Vergleich vorliegen. Es ist daher für die jeweiligen Primärtexte korrekter von Textvarianz generell zu sprechen und diese dadurch in Bezug zu setzen. Alle weiteren Handschriften, welche auf die Primärtexte zurückgehen, können aber mit dem Begriff der Textaktualisierung korrekt umschrieben und gegenüber ihren jeweiligen Textvorlagen oder nächsten erhaltenen, verwandten Handschrift zueinander in Bezug gesetzt werden. 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 222 3.6 Zusammenfassung Bei der Analyse der Handschriftenbeziehungen in Kapitel 2 wurde hinsichtlich der Relevanz der Textvorlagen auf die jeweilige Abschrift eine Erwartungshaltung aufgebaut, die bei der Textanalyse in Bezug auf das Phänomen der Textstabilität aufgegriffen wurde. Die Ívens saga und die Parcevals saga sind in der mittelalterlichen Handschriftentradition vollständig überliefert, wohingegen die Erex saga aus der mittelalterlichen Tradition nur fragmentarisch erhalten ist. So gibt es heute bei der Ívens saga drei, bei der Erex saga vermutlich drei und bei der Parcevals saga vermutlich zwei mittelalterliche Textversion, wobei nur auf zwei (Ívens saga) bzw. auf einer (Erex saga, Parcevals saga) mittelalterlichen Textversion die weitere erhaltene Textüberlieferung basiert. Wahrscheinlich existierten im Mittelalter mehr Handschriften mit diesen Texten. Die größte Textvarianz zeigt die Ívens saga, die nicht nur das größte, sondern auch vielfältigste Handschriftenvorkommen innerhalb der drei Sagas aufweist (vgl. 3.5.2). Die Erex saga weist drei mittelalterliche Textversionen auf, wenn man Holm papp 46 fol und AM 181 fol jeweils als Quellen für verlorene mittelalterliche Textvorlagen heranzieht und Lbs 1230 8vo III frag, die nur fragmentarisch erhalten ist, an dieser Stelle einbezieht. Die Parcevals saga zeigt eine Textversion (Holm perg 6 4to) und die weitere erhaltene Textüberlieferung geht allein auf diese Version zurück. Aufgrund dieser Ausgangssituation der Gesamttransmission müsste man sagen, dass die Parcevals saga die geringste Textvarianz aufweist und die Ívens saga die größte. Die Analyse hat diese Annahme nicht bestätigt, sondern gezeigt, dass Erex saga und Parcevals saga eine vergleichbare Textvarianz zeigen. Die Textvarianz hängt schließlich nicht nur von den aus dem Mittelalter überlieferten erhaltenen Textversionen ab, sondern auch von der weiteren neuzeitlichen handschriftlichen Überlieferung. Hier hebt sich die akademische Handschrift Holm papp 46 fol am stärksten gegenüber allen übrigen Handschriften ab, da weder ihre Textvorlage noch Abschriften vorhanden sind. Doch vor allem die neuzeitlichen auf Island entstandenen Handschriften weisen gegenüber den außerhalb Islands entstandenen eine größere Textvarianz auf. Dies liegt auch an der bis ins 19. Jahrhundert reichenden Überlieferung auf Island mit unzähligen verlorenen Zwischenhandschriften, so enthalten die divergenten Handschriften AM 395 fol sowie AM 588a 4to jeweils eine interessante Textvarianz. Auch AM 181 fol und BL Add. 4859 fol zeigen gelegentliche Abweichungen gegenüber ihren jeweiligen Vorlagen. In Kapitel 3 wurde daher ermittelt, ob der Grad der Textvarianz oder Textstabilität mehr oder weniger auf den Entstehungskontext der jeweiligen Handschrift zurückzuführen ist. Entstehungskontext umfasst hier bekanntlich den Rezeptions- und Aktualisierungsprozess von Text in einer Handschrift, das heißt Ort und Zeit der Handschriftenentstehung sowie die Textvorlage, soweit dies bekannt ist. Je mehr über den Entstehungskontext bekannt ist, desto mehr kann man in den Rezeptions- und Aktualisierungsprozess einer Handschrift hineinlesen. Das heißt auch, dass der Entstehungskontext der jeweiligen Handschriftentradition entscheidend für den 3.6 Zusammenfassung 223 Umgang mit der Textvorlage ist. Für die Handschriftenüberlieferung und Handschriftentraditionen sind daher insgesamt folgende Feststellungen zu machen: Die mittelalterlichen Handschriften bestätigen die Annahme des mittelalterlichen offenen Textbegriffs. Holm perg 6 4to und AM 489 4to dienten in der Analyse der Ívens saga als textueller Ausgangs- und Vergleichspunkt, da sie die ältesten nahezu vollständig erhaltenen Texte der Ívens saga enthalten. Es ist nicht möglich, bei den mittelalterlichen Handschriften entstehungskontextuell bedingte Textvarianz zu definieren, die über sprachentwicklungsbedingte Aspekte hinausgeht, da ein älteres Vergleichsartefakt fehlt. Bei der Parcevals saga ist nur die mittelalterliche Handschrift Holm perg 6 4to erhalten sowie ein Fragment, so dass weitere mittelalterliche Vergleichsartefakte fehlen. Die heute erhaltene Gesamttransmission der Ívens saga und Parcevals saga baut auf diesen mittelalterlichen Texten auf. Bei der Erex saga sind vollständige Texte erst aus dem 17. Jahrhundert erhalten. Wenn man diese als Abschriften und einzige Quelle für mittelalterliche Textvorlagen heranzieht und zudem von einer geringen entstehungskontextuell bedingten Textvarianz ausgeht, was allerdings problematisch ist, können die Abschriften als Beispiele für mittelalterliche Texte dienen. Holm papp 46 fol und AM 181 fol können dann zum Vergleich mit der einzig erhaltenen mittelalterlichen Handschrift Lbs 1230 8vo III frag genutzt werden. Im Gegensatz zu den mittelalterlichen Handschriften ist bei antiquarischen und akademischen Handschriften mit erhaltener Textvorlage die Textvarianz direkt auf den jeweiligen Entstehungskontext der Handschrift zurückführbar. Die antiquarische Tradition dient hauptsächlich der Bewahrung von mittelalterlichen Texten. Inhaltliche Textvarianz ist prinzipiell nicht erwünscht, aber auch nicht auszuschließen. Die Handschriften der antiquarischen Tradition spiegeln deutlich den jeweiligen Entstehungskontext der Handschriften wider und zeigen dadurch innerhalb der Handschriftentradition entsprechende Unterschiede im jeweiligen Rezeptions- und Aktualisierungsprozess der einzelnen Handschriften. So wurde AM 181 fol als eine Art Übersichtswerk und als umfangreiche Textsammlung isländischer Literatur konzipiert, jedoch mit begrenzten Ressourcen des Auftraggebers. Daher weisen die Abschriften der Ívens saga und Parcevals saga aus Holm perg 6 4to in AM 181 fol und AM 179 fol unterschiedliche abschreibeprozessbedingte Textvarianz auf. Da AM 181 fol, nachdem sie seit Anfang des 18. Jahrhunderts in Kopenhagen lag, für weitere Handschriften (NKS 1691 4to, TCD 1015 8vo, Kall 246 fol, NKS 1708 4to) als Vorlage diente, konnten diese Varianten weitergetragen werden. Durch die kleine, leserunfreundliche Schrift von AM 181 fol konnten in weiteren Abschriften leicht Schreibvarianten entstehen. Dagegen ist AM 179 fol eine sehr genaue Abschrift von Holm perg 6 4to. Dies ist sicher dem Schreiber Jón Vigfússon und dem Auftraggeber, Bischof Brýnjólfur Sveinsson von Skálholt, zuzuschreiben. Sie diente für drei weitere Handschriften (NKS 3310 4to, NKS 1794a 4to, Lbs 1907 8vo) als Vorlage. Die divergente Handschrift BL Add. 4859 fol und die antiquarische Handschrift BL Add. 4857 fol ähnlen einander optisch stark. Beide Handschriften wurden für Magnús Jónsson von Vigur erstellt und zeigen gelegentlich eine interessante Textvarianz. BL Add. 4857 fol basiert auf AM 489 4to und 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 224 BL Add. 4859 fol steht meistens mit AM 181 fol in Verbindung, außer in Textbeispiel 3.2.1 und 3.1.3. Die akademische Tradition, deren Handschriften hauptsächlich im 18. Jahrhundert in Kopenhagen entstanden sind, verkörpert das Interesse an Erhalt und Sammlung mittelalterlicher Werke. Die Handschriften zeigen somit gegenüber ihren Textvorlagen eine sehr geringe Varianz, das heißt noch geringer als die antiquarischen Handschriften. Holm papp 46 fol bildet bei den akademischen Handschriften eine Ausnahme, da sie im 17. Jahrhundert im Auftrag des schwedischen Antikvitetskollegiet entstand. Sie unterscheidet sich in allen dargestellten Textbeispielen von den übrigen Handschriften durch ihre generelle Kürzungstendenz, aber auch Hinzufügungen und die Wiedergabe von anderem Vokabular. Ihre Textvorlage ist nicht erhalten, es kann daher keine konkrete Aussage zur Textaktualisierung und dem Kopiervorgang der Abschrift gemacht werden oder dazu, inwiefern Textvarianz auf die Textvorlage oder den Entstehungskontext zurückzuführen ist. TCD 1015 8vo war für eine kleine private Sammlung bestimmt, basiert auf AM 181 fol und zeigt eine sehr geringe abschreibeprozessbedingte Varianz. NKS 1691 4to und NKS 1708 4to wurden von einem Schreiber und Kall 246 fol und NKS 1794a 4to von einem anderen Schreiber für Suhm erstellt. Sie basieren jeweils auf AM 181 fol und weisen deren Varianten auf. Sie selbst zeigen geringe abschreibeprozessbedingte Varianten. Doch stechen Kall 246 fol und NKS 1794a 4to durch einzelne Abweichungen gegenüber AM 181 fol hervor. Die divergente Handschriftentradition geht in dieser Untersuchung immer auf eine unbekannte oder nicht erhaltene Textvorlage zurück und der Entstehungskontext liegt daher größtenteils im Dunkeln. Aufgrund der nicht erhaltenen Textvorlagen ist nicht nachweisbar, inwiefern und ob die Textvarianz in der jeweiligen divergenten Handschrift auf die Textvorlage oder den jeweiligen Entstehungskontext zurückführbar ist. Generell zeigen die divergenten Handschriften die größte Varianz innerhalb der Textüberlieferung der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga. AM 588a 4to weist in den Textausschnitten inhaltlich die größte Ähnlichkeit zu AM 179 fol auf und bietet eine leicht gekürzte Version der Ívens saga, gelegentlich mit bedeutungsunterscheidender Textvarianz. AM 395 fol ist der letzte erhaltene, große isländische Codex in dieser Gesamttransmission und auch optisch ein Prestigeobjekt. Die darin enthaltenen Ívens saga und Parcevals saga erscheinen in inhaltlich komprimierter Form, vor allem bei Beschreibungen und wörtlicher Rede. Die Handlung selbst bleibt unverändert. Generell bietet AM 395 fol eine auffallende Textaktualisierung des jeweiligen Sagatexts durch den Austausch von Vokabular und Textkomprimierung. Zum Entstehungskontext von Lbs 3127 4to ist dagegen nichts bekannt. Die Textaktualisierung zeigt sich besonders deutlich in einem gelegentlichen Austausch von Vokabular. Außerdem findet sich im Anschluss an die Saga eine interessante Textadaption der Erex saga in einem achtzeiligen Vers. In Lbs 1907 8vo ist nur ein wenige Zeilen umfassendes Fragment der Parcevals saga erhalten. Die wissenschaftliche Tradition war um eine exakte und reflektierte Wiedergabe der Vorlagen bemüht. Eingriffe in den Text finden nur statt, um Korrekturen oder 3.6 Zusammenfassung 225 Kommentare anzufügen, meistens in Form von Fußnoten. Die wissenschaftliche Tradition wird von dem bewussten Umgang mit der Vorlage geprägt. Jede Abweichung ist daher offensichtlich als abschreibeprozessbedingte Varianz zu verstehen, außer sie wurde als Korrektur oder Kommentar gekennzeichnet. NKS 3310 4to basiert auf AM 179 fol und weist sehr geringe Textvarianz gegenüber der Vorlage auf. Sie wurde wahrscheinlich von Gísli Brynjúlfsson geschrieben. NBO 3652: 13 fol basiert auf Holm perg 6 4to, wurde von Carl Richard Unger erstellt und gibt Holm perg 6 4to als eine Art handschriftlich verfasste Faksimileversion wieder. Wahrscheinlich sollte diese Holm perg 6 4to-Abschrift als Textedition publiziert werden. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass jede Aktualisierung, jedes neue Abschreiben eines Texts seine Spuren im Text hinterlässt. Eine bedeutungsunterscheidende Textvarianz findet sich zwar in den meisten Textbeispielen, außer 3.1.1, 3.2.3 und 3.4.2, aber ist nur auf wenige Handschriften verteilt. 14 Das heißt, in der Ívens saga und Erex saga findet sich bedeutungsunterscheidende Textvarianz in Holm papp 46 fol gegenüber den übrigen Handschriften sowie in der Parcevals saga in der divergenten Handschrift AM 395 fol gegenüber allen übrigen Handschriften. Die drei Sagas weisen aber auch in den gemeinsamen Handschriften AM 181 fol, BL Add. 4859 fol eine minimale bedeutungsunterscheidende Textvarianz auf. Das Vorkommen dieser drei Texte in einer Handschrift setzt schließlich nicht zwangsläufig eine gemeinsame Vorlage voraus. So steht BL Add. 4859 fol meistens mit AM 181 fol in Verbindung, jedoch in Textbeispiel 3.2.1 mit einem AM 489-Text und in 3.2.3 möglicherweise mit einem weiteren Holm perg 6-Text. Des Weiteren findet sich eine minimale bedeutungsunterscheidende Textvarianz beim Vergleich der gemeinsamen Handschriften von Erex saga und Ívens saga auch in Holm papp 46 fol sowie bei Ívens saga und Parcevals saga betreffend auch in AM 179 fol, AM 395 fol, NBO 3652: 13 fol, NKS 3310 4to, NKS 1691 4to, TCD 1015 8vo. Es konnten in der vorangegangenen Untersuchung einzelner Textabschnitte nicht nur die Besonderheiten jeder einzelnen Handschrift gezeigt werden, sondern auch Gemeinsamkeiten und Zusammenhänge zwischen den Handschriften. Dabei wurde deutlich, dass jede Saga in einem einzigartigen Überlieferungszusammenhang steht. Die jeweilige Textvarianz resultiert durch den Rezeptions- und Aktualisierungsprozess aus der Textvorlage, aus dem Entstehungskontext oder sie geht auf unbekannte Textüberlieferungsstufen zurück. 15 Durch das Fortleben der isländischen Handschriftenkultur bis ins 19. Jahrhundert ist auf der materiellen Ebene eine lebendige und aktive Überlieferung 16 die- 14 Siehe Kapitel 3.5. 15 Siehe Kapitel 3.6. 16 Auf der textuellen Ebene kann man unter aktiver Überlieferung die prinzipiell in jeder Handschrift erkennbaren Textaktualisierungen verstehen. Im weiteren Sinne kann der Begriff der aktiven Überlieferung auch bedeutungsunterscheidende Textvarianz umfassen. Die drei Sagatexte tragen in einzelnen Handschriften aus Mittelalter und Neuzeit (z. B. Holm perg 6 4to, AM 489 4to, Lbs 1230 8vo III frag, Holm papp 46 fol, AM 181 fol, BL Add. 4859 fol, AM 588a 4to, AM 395 fol, Lbs 3127 4to) somit Merkmale einer aktiven Überlieferung, die über eine Textaktualisierung hinausreicht. 3 Analyse von Textbeispielen je Saga und Handschrift 226 ser Texte bezeugt. Eine aktive Überlieferung auf textueller Ebene findet in der Neuzeit allerdings kaum statt und man muss von einem Bewusstsein gegenüber diesen Texten ausgehen, welches diese über Jahrhunderte hinweg als unveränderliche Klassiker wahrnahm. Auf der textuellen Bedeutungsebene hat sich der Rezeptions- und Aktualisierungsprozess des jeweiligen Entstehungskontexts eingeschrieben, dennoch ist insgesamt ein beachtliches Maß an inhaltlicher Textstabilität zu erkennen. 17 Trotz der unterschiedlichen Rezeptions- und Aktualisierungsprozessen, welche zeitlich und räumlich teilweise weit voneinander entfernt in unterschiedlichen Entstehungsmilieus stattfanden, wurde in den drei Sagas bis ins 19. Jahrhundert hinein eine bemerkenswerte Textstabilität bewahrt. 17 Siehe Kapitel 3.6. 4 Zusammenfassung der Untersuchung und Ausblick Auf Grundlage eines Textvergleichs aller Handschriftenzeugen einer Saga ging es darum zu klären, welchem Wandel oder welcher Kontinuität der einzelne Sagatext unterliegt, welche Gründe dafür im jeweiligen Entstehungskontext auffindbar sind und welche Rückschlüsse aus dem gesamten Rezeptions- und Aktualisierungsprozess eines Sagatexts in seiner kompletten handschriftlichen Überlieferung zu ziehen sind. Um sich diesem Ansatz zu nähern, mussten im ersten Kapitel zunächst eine literaturgeschichtliche Einordnung der Sagainhalte sowie eine Aufarbeitung der Forschungsgeschichte erfolgen. Im zweiten Kapitel folgte die umfassende Betrachtung der Untersuchungsobjekte, den Handschriften. Im dritten Kapitel ging es schließlich um die Analyse der ausgewählten Textbeispiele in allen Handschriften in Hinblick auf die Textvarianz und Textstabilität der jeweiligen Sagatexte. In Kapitel 1 zeigte die Verortung der drei Sagas in der nordischen und europäischen Artusliteratur, 1 dass die Prosaform dieser ursprünglich höfischen Versromane keineswegs eine nordische Sonderform darstellt, sondern eine europäische Tendenz des 13. Jahrhunderts. Weiterhin wurde deutlich, dass sowohl bei den europäischen höfischen Romanen als auch bei den nordischen Adaptionen eine Diskrepanz zwischen angenommenem Entstehungskontext und tatsächlicher Handschriftenlage vorherrscht. Da jeder Text an seinen Textträger gebunden ist und durch seinen Entstehungs- und Überlieferungskontext geprägt wird, sollte die Materialität von Literatur bei der Untersuchung von mittelalterlicher Literatur stets berücksichtigt werden. Es ist somit generell problematisch, jüngere Handschriften für die Betrachtung älterer Kontexte heranzuziehen. Die drei untersuchten ü. Rs. können in Hinblick auf ihre erhaltenen Handschriften nur unzutreffend als höfische Romane des Nordens bezeichnet werden, da die erhaltenen Handschriften weder funktional noch kontextuell an ein höfisches Milieu europäischer Art geknüpft sind. Für einen Adaptionsprozess im 13. Jahrhundert am norwegischen Hof sind keine Textzeugen vorhanden, und für die isländischen Handschriften des 14. und 15. Jahrhunderts sind keine Kontextinformationen erhalten, die eine weitere Erörterung zu einem höfischen Entstehungsmilieu eröffnen können. Zudem fokussieren diese drei Sagas gegenüber den wesentlich ausführlicheren kontinentalen höfischen Romanen auf die Handlung und enthalten weniger Erzählerkommentare, Dialoge und Beschreibungen. Es ist daher aus inhaltlichen Gründen problematisch, hier von derselben höfischen Ideologie in den höfischen Versromanen und den ü. Rs. auszugehen. Es wird nochmals deutlich, dass Ergebnisse der älteren Forschung nicht unreflektiert übernommen werden sollten. So ist auch der Begriff der ü. Rs. problematisch, wofür der Begriff der 1 Siehe Kapitel 1.2. Zusammenfassung der Untersuchung und Ausblick 228 höfischen Romantik m. E. nach treffender genutzt werden könnte. 2 Die Erörterung der bisherigen Forschungsgeschichte verdeutlicht die Notwendigkeit einer aktuellen und materialphilologischen Betrachtung der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga, wie sie in dieser Untersuchung vorgenommen wurde. Der literarische Text in seiner je einzigartigen handschriftlichen Erscheinung, als Artefakt und Medium, bietet die interessante Möglichkeit, literatur- und kulturwissenschaftliche Betrachtungsmöglichkeiten zu verbinden. 3 In Kapitel 2 wurden daher die Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga in ihrer handschriftlichen Gesamttransmission betrachtet und untersucht. Dabei kommt es durch die materielle Verbindung des literarischen Texts mit seinem Textträger zu einer ursächlichen Verbindung des Texts mit seinem Entstehungs- und Überlieferungskontext. 4 Anhand der handschriftlichen Artefakte sind Verbindungen zu jeweils aktuellen Persönlichkeiten und Institutionen der Geistesgeschichte, wie z. B. Magnús Jónsson, Árni Magnússon, Gísli Brynjúlfsson und Carl Richard Unger, sowie zur Geschichte der jeweiligen Handschriftensammlungen nachzuzeichnen. Im Text selbst finden sich intratextuelle Hinweise auf einen möglichen Entstehungskontext, z. B. durch den Verweis auf König Hákon hinn gamli als Auftraggeber in der Ívens saga. Paratextuelle Hinweise außerhalb des eigentlichen Sagatexts finden sich im Entstehungs- und Überlieferungskontext, z. B. steht nach dem Ende der Parcevals saga in BL Add. 4859 fol ein Datum oder am Ende der Erex saga eine Erläuterung des Schreibers zu seiner Arbeit, Holm papp 46 fol zeigt ein Namenskürzel des Schreibers Jónas Vigfusson, Lbs 3127 4to zeigt neben dem Titel der Erex saga den Namen „Guðmundur Torfason“. AM 588a 4to und NKS 3310 4to verfügen über ein Vorblatt, auf dem jeweils steht, von welcher Handschrift die Abschrift getätigt wurde. Insbesondere jüngere Handschriften, wie die in Suhms Bibliothek, weisen Kürzel auf, die jeweils auf Schreiber, Vorlage und Überlieferungszusammenhang verweisen. NKS 3310 4to besitzt im Text selbst Fußnoten, die auf eine wissenschaftliche Rezeption hinweisen. Marginalien, die nicht unbedingt in Bezug zum Text stehen, weisen vor allem die mittelalterlichen Handschriften auf und zeigen hier die verschiedenen Leser-, Benutzer- oder Besitzerkontexte. Bibliothekssiglen finden sich oftmals auf dem Vorblatt oder der Innenseite des Handschriftenumschlags und weisen bei vielen Handschriften auf frühere Besitzer hin. Die zeitliche und räumliche Zuordnung der Handschriften, aber vor allem auch die Handschriftenrelationen dienen als Hilfsmittel zur Einordnung in für diese Untersuchung etablierte Kategorien von Texttraditionen, das heißt der mittelalterlichen, antiquarischen, akademischen, divergenten und wissenschaftlichen Texttradition. 5 Dabei unterscheiden sich die mittelalterlichen Handschriften (AM 489 4to, Holm perg 6 4to, NKS 1794b 4to frag, Lbs 1230 8vo III frag) prinzipiell durch ihre 2 Siehe Kapitel 1.5. 3 Jeder Text ist ein Medium sprachlicher und kultureller Kommunikation. Vgl. hierzu die Diskussion in Einleitung und entsprechende Literaturverweise. 4 Siehe Kapitel 2. 5 Siehe Kapitel 2.2. Zusammenfassung der Untersuchung und Ausblick 229 zeitliche Entstehung von den übrigen Handschriftentexten. Darüber hinaus bieten die mittelalterlichen Texte die jeweils ältesten erhalten Textzeugen der jeweiligen Saga, auf denen wiederum die weiteren Überlieferungen basieren, wie z. B. in der Ívens saga und Parcevals saga. Demgegenüber sind alle weiteren Handschriften in der Neuzeit entstanden. Die antiquarischen Handschriften (AM 179 fol, AM 181 fol, BL Add. 4857 fol) sind lediglich im 17. Jahrhundert entstanden, die akademischen Handschriften (Holm papp 46 fol, TCD 1015 8vo, NKS 1691 4to, Kall 246 fol, NKS 1708 4to, NKS 1794a 4to) im 17. und 18. Jahrhundert, die divergenten Handschriften (BL Add. 4859 fol, AM 588a 4to, AM 395 fol, Lbs 3127 4to, Lbs 1907 8vo) vom 17. bis 19. Jahrhundert, die wissenschaftlichen Handschriften (NKS 3310 4to, NBO 3256: 13 fol) im 19. Jahrhundert. Räumlich sind die neuzeitlichen Handschriften so zu unterscheiden, dass die antiquarischen und divergenten Handschriften ausschließlich auf Island entstanden sind und die wissenschaftlichen und akademischen Handschriften außerhalb Islands in akademischen Institutionen. Die antiquarischen Handschriften sind meistens direkte Abschriften von mittelalterlichen Handschriften. Die akademischen Handschriften sind Abschriften der antiquarischen Handschriften. Die wissenschaftlichen Handschriften nutzen sowohl eine mittelalterliche als auch eine antiquarische Handschrift als Vorlage, und bei den divergenten Handschriften sind generell keine Textvorlagen zu identifizieren bzw. kann die Textüberlieferung aufgrund verlorener Handschriften heute nicht mehr nachgezeichnet werden. Daher ist die divergente Handschriftengruppe von besonderem Interesse für die Untersuchung der Textvarianz, da hier die größten Unterschiede in der neuzeitlichen Textüberlieferung feststellbar sind, die allerdings nicht konkret auf einen Entstehungskontext zurückgeführt werden können. Neben den Handschriftenrelationen spielt auch der Entstehungskontext der Handschriften eine wesentliche Rolle bei der Textvarianz. 6 So stehen die antiquarischen Handschriften als direkte Kopien von Mittelalterhandschriften in einer sogenannten antiquarisch-humanistischen Tradition. 7 Bei der Aufnahme und Verbreitung humanistischer Ideen sind die zwei Bischofssitze, Skálholt mit Bischof Brynjólfur Sveinsson und Hólar mit Bischof Þorlákur Skúlason, von herausragender Bedeutung für die isländische Geistesgeschichte. Besonders in der Schule in Skálholt fanden die humanistischen Ideen schnell Empfänger, z. B. gingen dort Magnús Jónsson (BL Add. 4857 fol, BL Add. 4859 fol) und Þorsteinn Björnsson (AM 181 fol) zur Schule. Die wissenschaftlichen Handschriften sind wiederum mit den Wissenschaftlern Gísli Brynjúlfsson und Carl Richard Unger verbunden. Nachdem die Gesamttransmission und die Entstehungskontexte der Handschriften der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga in Kapitel 2 aus verschiedenen Blickwinkeln heraus betrachtet wurden, stellt sich die Frage, ob die Analyse der Überlieferungsverbünde, das heißt der Anordnung der Sagas innerhalb einer Handschrift, in jeder Handschrift Hinweise auf ein mögliches Gattungsbewusstsein beim Um- 6 Siehe Kapitel 2.1. 7 Siehe dazu ausführlich Kapitel 2.1. Zusammenfassung der Untersuchung und Ausblick 230 gang mit der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga liefern kann. 8 Auffällig ist, dass die drei Sagas stets in derselben Reihenfolge und direkt nacheinander stehen, wenn sie zu zweit oder zu dritt zusammen in einer Handschrift überliefert sind. Die Ursache hierfür kann nicht zwangsläufig in der Textvorlage gefunden werden, wie der Umgang mit Holm perg 6 4to in AM 181 fol und AM 179 fol zeigt. Vielmehr kann von einem generellen Bewusstsein der Zusammengehörigkeit dieser drei Sagas ausgegangen werden, besonders deutlich wird dies in der Handschriftengruppe 3a) in Kapitel 2.3.5. Darüber hinaus ist auf der Ebene der Überlieferungsverbünde allerdings kein Bewusstsein zur Zusammengehörigkeit der ü. Rs. im heutigen Gattungsverständnis nachweisbar. 9 Das Hauptergebnis aus Kapitel 3 ist eine bemerkenswerten Tendenz der Sagatexte zur Textstabilität 10 in der handschriftlichen Überlieferung. Als Grund für die Tendenz zu einer inhaltlichen Textstabilität kann die geringe Zahl der erhaltenen Handschriften insgesamt dienen, auch wenn man davon ausgehen muss, dass eine unbekannte Zahl an Handschriften heute verloren ist, so dass die vorgestellte überschaubare Gesamttransmission bei Weitem nicht das tatsächliche Gesamtbild der Handschriftenüberlieferung der drei Sagas abgibt. Der Großteil der erhaltenen Handschriften stammt aus der Neuzeit und diese entstanden größtenteils außerhalb Islands, vor allem die akademische und wissenschaftliche Textüberlieferungsgruppe. Lediglich die Handschriften der mittelalterlichen und divergenten Handschriftengruppe entstanden vornehmlich auf Island. Eine weitere Ursache für die Textstabilität kann ein Bewusstsein der Rezipienten gegenüber diesen drei Erzählungen sein, dass es sich um literarische Klassiker handelt. Je nachdem wie stark die Textstabilität aber bei der langen handschriftlichen Überlieferung eines Sagatexts ausgeprägt ist, kann man bei einer großen Textstabilität bzw. Textkonstanz 11 von einer literarischen Tradition in der neuzeitlichen Textüberlieferung dieser drei Sagas sprechen. Das heißt, die Texte wurden als unveränderbare Texte wahrgenommen und waren daher für inhaltliche Textveränderungen in der weiteren Überlieferung nicht offen bzw. ungeeignet, wohingegen die ab dem 14. Jahrhundert parallel überlieferten originalen Riddarasögur Raum zur Textveränderung boten. Doch sowohl originale wie übersetzte Riddarasögur sind in gemeinsamen Handschriften überliefert, so dass ein Gattungsbewusstsein im heutigen Sin- 8 Siehe Kapitel 2.3. 9 Siehe Kapitel 2.3.4. 10 Textstabilität schließt die entstehungskontextuell bedingte Varianz oder Anpassung der Sprache in ihrer Orthografie, Morphologie und Syntax grundsätzlich mit ein. Textstabilität umfasst in dieser Untersuchung aber auch die gesamte Textvarianz, die zu keinem inhaltlichen Bedeutungsunterschied führt. 11 Vgl. die Diskussion von Schnell (1997: 73) sowie Schöllers (2009) Verwendung des Begriffs bei der Untersuchung der handschriftlichen Überlieferung Wolfram von Eschenbachs Parzival und der festgestellten Textkonstanz. Textkonstanz und gleichzeitig parallel überlieferte Kurzfassungen wurden bereits für die höfischen Romane diskutiert (Vgl. Schnell 1997: 73f). Dennoch ist es problematisch auf der Textüberlieferungsebene Gemeinsamkeiten zwischen den höfischen Romanen und nordischen Sagas zu sehen. Zusammenfassung der Untersuchung und Ausblick 231 ne, welches sich neben dem Inhalt über die Stoffherkunft definiert, eigentlich auszuschließen wäre. Die gemeinsame handschriftliche Überlieferung der übersetzten und originalen Riddarasögur spricht daher für ein inhaltliches Bewusstsein gegenüber der Ritterthematik. Die Textstabilität der Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga wiederum spricht für ein Stoffherkunftsbewusstsein. Die Textstabilität zeigt die bereits in Kapitel 2.3.5 festgestellte Tendenz, dass die drei Sagas eine gemeinsame Gruppe innerhalb der originalen und übersetzten Riddarasögur bilden. Das Bewusstsein über die Stoffherkunft, aber vor allem die Zugehörigkeit zum europäischen Artusstoff, kommt bereits im Titel der Sagas in verschiedenen Handschriften zum Ausdruck (Holm papp 46 fol, AM 181 fol, BL Add. 4857 fol, BL Add. 4859 fol, NKS 1691 4to, Lbs 3127 4to, Kall 246 fol, NKS 1708 4to, Lbs 1907 8vo). Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga zeigen auch Gemeinsamkeiten mit der Überlieferung der höfischen Romane und folgen damit einer europäischen Stofftradition. 12 Dies ist erstaunlich, da die handschriftliche Überlieferung auf Island bis ins 19. Jahrhundert reicht und diese Texte somit inhaltlich aufgrund der Textstabilität doch teilweise mittelalterlich bleiben und gleichzeitig materiell und medial neuzeitlich sind. Die drei Sagatexte sind stoffgeschichtlich eindeutig Texte des Mittelalters. Überlieferungsgeschichtlich sind sie durch ihren jeweiligen Textträger bedingt sowohl mittelalterliche als auch neuzeitliche Sagatexte. Man muss daher von einem Bewusstsein der jeweiligen Rezipienten gegenüber diesen drei Sagatexten ausgehen, diese inhaltlich nicht zu verändern. Wenn man im Vergleich dazu die neuzeitliche Überlieferung der Bevers saga und Elis saga heranzieht, so ist dort in den gemeinsamen Handschriften eine wesentlich größere Textvarianz feststellbar als in den drei Sagas. 13 Auf der medialen Ebene enthalten die drei Sagatexte verschiedene Entstehungskontexte, da sie immer wieder neu wahrgenommen, rezipiert und von Neuem geschrieben werden. Sie sind daher gleichermaßen Texte der Vergangenheit und Gegenwart, da z. B. Handschriften aus dem 18. oder 19. Jahrhundert Abschriften von Handschriften aus dem 17. Jahrhundert sind und diese wiederum z. B. Abschriften von mittelalterlichen Handschriften. Der Text unterläuft immer wieder einem Rezeptions- und Aktualisierungsprozess und trägt dadurch z. B. Textvarianz in sich, die von verschiedenen Entstehungskontexten herrühren kann. Der Sagatext als Medium verbindet die materielle und mediale Ebene eines Jahrhunderte währenden zeitlichen und räumlichen Überlieferungsprozesses. 14 Die drei Sagas zeigen durch ihre teilweise gemeinsam verlaufende handschriftliche Überlieferung durchaus ähnliche Tendenzen im Umgang mit Textvarianz und Textstabilität, jedoch unterscheiden sie sich auch in ihrem individuellen Textaktualisierungsprozess. So weißt die Ívens saga durch ihre verhältnismäßig große Überlieferung die interessanteste Textvarianz auf in den mittelalterlichen Handschriften Holm perg 6 4to und AM 489 4to sowie den neuzeitlichen Handschriften AM 395 fol, AM 588a 4to, BL Add. 4857 fol, BL Add. 4859 fol. Insbesondere Holm papp 46 fol zeigt gegenüber allen Handschriften in 12 Vgl. hierzu Kapitel 1.4.1. 13 Seidel (2012). 14 Siehe Einleitung. Zusammenfassung der Untersuchung und Ausblick 232 allen Textbeispielen bedeutungsunterscheidende Textvarianz. Dadurch zeigt die Erex saga auch vor allem in Holm papp 46 fol die größte Textvarianz. Weitere Aktualisierungstendenzen sind in Kall 246 fol und NKS 1708 4to gegenüber AM 181 fol und vor allem Lbs 3127 4to feststellbar. In der Parcevals saga zeigen AM 181 fol, BL Add. 4859 fol und AM 395 fol gegenüber ihren nächsten Verwandten mehrfach eine Textvarianz. Diese Arbeit konnte nicht allen Aspekten nachgehen, die sich während einer solchen Untersuchung eröffnen. So könnte man die Fragestellung auf das gesamte handschriftliche Textkorpus der drei Sagas erweitern oder einen Textvergleich aller ü. Rs. in allen gemeinsamen Handschriften anstreben. Eine andere Möglichkeit wäre eine sprachwissenschaftliche Analyse der Handschriftentexte z. B. in Hinblick auf eine sprachenwicklungsbedingte Textvarianz. Für derartige Untersuchungen wäre eine computergestützte Datenbank aller transkribierten Handschriftentexte sehr nützlich. 15 Auf einer solchen Ebene wären die Voraussetzungen für zahlreiche Untersuchungsmöglichkeiten geschaffen, die über eine reine Textvarianzanalyse hinausgehen würde. Das Materialkorpus wäre dann beliebig erweiterbar und Fragestellungen könnten nicht nur auf einzelne Sagas, Sagagattungen, sondern auf die Sagaliteratur generell bezogen werden. Es könnten alle isländischen Sagas in ihrer oftmals jahrhundertelangen handschriftlichen Textüberlieferung erörtert werden, doch wurden diese Möglichkeiten bisher kaum genutzt. Dies mag auch am Zugang zu den Handschriften selbst liegen, da diese vor allem in den Bibliotheken in Kopenhagen, Reykjavik, Stockholm, Oslo oder London liegen und man sich zudem mit deren Paläografie vertraut machen muss. Die vorliegende Untersuchung soll als Anreiz dienen, die Textkörper, das heißt die Handschriften, als Basis für weiterführende Fragestellungen innerhalb der (deutschsprachigen) Sagaforschung zu entdecken, zugänglich zu machen und zu nutzen. 15 Wie z. B. die Datenbank des Medieval Nordic Text Archive oder aktuelle Forschungsprojekte am Nordisk forskningsinstitut in Kopenhagen (Stories for all time: The Icelandic fornaldarsögur) und der Stofnun Árna Magnússonar í íslenzkum fræðum in Reykjavik (The Variance of Njáls saga). Literaturverzeichnis Primärliteratur Handschriften AM-Signatur (AM 179 fol, AM 181A-C fol, AM 391 fol, AM 519A 4to, AM 533 4to, AM 544 4to, AM 567 II 4to, AM 567 XXII 4to, AM 580 4to, AM 588A 4to, AM 598 I ß 4to, AM 657A-B 4to, AM 37b IV 8vo). Den arnamagnæanske samling, Nordisk forskningsinstitut. Kopenhagen. AM-Signaturen (AM 489 4to, AM 395 fol). Stofnun Árna Magnússonar í íslenskum fræðum. Reykjavik. BL Add.-Signaturen (BL Add. 4859 fol, BL Add. 4857 fol, BL Add. 11,158 4to). The British Library (ehemals The British Museum). London. Böðvar Kvaran MS V 8 B. Private Collection Böðvar Kvaran. Tjaldanes. DG-Signatur (DG 4-7). Delagardieska samlingen, Uppsala universitetsbibliotek. Uppsala. Holm-Signaturen (Holm papp 46 fol, Holm perg 6 4to). Kungliga biblioteket. Stockholm. Lbs-Signaturen (Lbs 678 4to, Lbs 1493 4to, Lbs 1501 4to, Lbs 1502 4to, Lbs 1503 4to, Lbs 1504 4to, Lbs 3127 4to, Lbs 3128 4to, Lbs 4816 4to, Lbs 1230 8vo III frag, Lbs 1907 8vo, Lbs 2784 8vo, Lbs 3939 8vo). Landsbókasafn Íslands Háskolabókasafn. Reykjavik. NBO-Signatur (NBO 3652: 13 fol). Nasjonalbiblioteket. Oslo. NKS- und Kall-Signaturen (Kall 246 fol, NKS 1144 fol, NKS 1708 4to, NKS 1794b 4to, NKS 1794a 4to NKS 1691 4to, NKS 3310 4to, NKS 445 8vo). Det Kongelige Bibliotek. Kopenhagen. NRA-Signaturen (NRA 58, NRA 61, NRA 65). Riksarkivet. Oslo. TCD-Signaturen (TCD 1015 8vo ehemals Trin.L.2.30-31). Trinity College Library. Dublin. Editionen Bjarni Vilhjálmsson (Hg.). 1949-1954. Riddarasögur. Bände IV-VI. Reykjavik: Íslendingasagnaútgáfan - Haukadalsútgafan. Blaisdell, Foster W. (Hg.). 1965. Erex saga Artuskappa. Editiones Arnamagnæanæ B19. Kopenhagen: Munksgaard. Blaisdell, Foster W. (Hg.). 1979. Ívens saga. Editiones Arnamagnaeanae B18. Kopenhagen: Reitzel. Blaisdell, Foster W. (Hg.). 1980. The Sagas of Ywain and Tristan and other Tales. AM 489 4to. Early Icelandic Manuscripts in Facsimile XII. Kopenhagen: Rosenkilde & Bagger. Cederschiöld, Gustav (Hg.). 1880. Erex Saga efter handskrifterna. Samfund til Udgivelse af Gammel Nordisk Litteratur III. Kopenhagen: Møller. Cederschiöld, Gustav (Hg.). 1884. Fornsögur Suðrlanda: Mágus Saga Jarls, Konraðs Saga, Bærings Saga, Flovents Saga, Bevers Saga/ med inledning. Lund: Berling. Gier, Albert (Hg.). 2000. Chrétien de Troyes. Erec et Enide. Erec und Enide. Altfranzösisch/ Deutsch. Nachdruck [Erstauflage 1987]. Stuttgart: Reclam. Literaturverzeichnis 234 Gunnlaugur Þórðarson (Hg.). 1858. Bragda-Mágus saga med tilheyrandi tháttum. Skrifud upp eptir gömlum handritum af Cunnlaugi Thórdarsyni. Kopenhagen. Kalinke, Marianne E. (Hg.). 1987. M ǫ ttuls saga. Editiones Arnamagnaeanae B30. Kopenhagen: Reitzel. Kalinke, Marianne E. (Hg.). 1999. Norse Romance II: Knights of the Round Table. Arthurian Archives 4. Cambridge: Brewer. Kölbing Eugen (Hg.). 1872. Riddarasögur. Strassburg: Trübner. Kölbing, Eugen (Hg.). 1898. Ívens saga. Halle: Niemeyer. Olef-Krafft, Felicitas (Hg.). 2003. Chrétien de Troyes. Le Roman de Perceval ou Le Conte du Graal. Der Percevalroman oder Die Erzählung vom Gral. Altfranzösisch/ Deutsch. Nachdruck [Erstauflage 1991]. Stuttgart: Reclam. Sanders, Christopher (Hg.). 2000. Tales of Knights: Perg. fol. nr 7 in the Royal Library Stockholm (AM 567 VIß 4to, NKS 1265 IIc fol.). Manuscripta Nordica I. Kopenhagen: Reitzel. Sanders, Christopher (Hg.). 2001. Bevers saga, with the text of the Anglo-Norman Boeve de Haumtone. Reykjavik: Stofnun Árna Magnússonar á Íslandi. Slay, Desmond (Hg.). 1972. Romances: Perg. 4: o nr 6 in The Royal Library Stockholm. Early Icelandic Manuscripts in Facsimile X. Kopenhagen: Rosenkilde & Bagger. Slay, Desmond (Hg.). 1997. Mírmanns saga. Editiones Arnamagnaeanae A17. Kopenhagen: Reitzel. Valdimar Ásmundarson (Hg.). 1886. Ævintýra-sögur. Band II. Reykjavik: Sigurðr Kristjánsson. Sekundärliteratur Handschriftenkataloge Abbott, Thomas K. 1900. Catalogue of the manuscripts in the library of Trinity College. Dublin: Hodges, Figgis [u.a.]. Gödel, Vilhelm. 1897-1900. Katalog öfver Kongl. Bibliotekets fornisländska och fornnorska handskrifter. Stockholm 1897: Norstedt. Lárus H. Blöndal. 1959. Skrá um handritasöfn Landsbókasafnsins. Aukabindi 2. Reykjavik: Félagsprentsmiðja. Kålund, Kristian. 1888-1894. Katalog over den Arnamagnæanske Håndskriftssamling. Hg. Kommissionen for det Arnamagnæanske Legat. Kopenhagen: Gyldendal. Kålund, Kristian. 1900. Katalog over de oldnorsk-islandske håndskrifter i det Store Kongelige Bibliotek og i Universitetsbiblioteket (udenfor den Arnamagnæanske Samling) samt den Arnamagnæanske Samlings tilvækst 1894-1899. Hg. Kommissionen for det Arnamagnæanske Legat. Kopenhagen: Gyldendal. Ólafur Halldórsson. 1967. Skrá yfir íslenzk handrit í Dublin: I. í Trinity College. A cataloque of sixty Icelandic manuscripts in Dublin by Trinity College Dublin. [Unveröffentlicht]. Páll Eggert Ólason. 1935-1937. Skrá um Handritasöfn Landsbókasafnsins. Band 3. Reykjavik: Gutenberg. The British Library. 1977. Catalogue of Additions to the Manuscripts 1756-1782: additional manuscripts 4101-5017. London: British Museum. Literaturverzeichnis 235 Wörterbücher, Bibliographien und Nachschlagewerke Arntzen, Jon Gunnar (Hg.). 1999-2005. Norsk Biografisk Leksikon. 2 utgave. Oslo: Kunnskapsforlaget. Baetke, Walter (Hg.). 1993. Wörterbuch zur altnordischen Prosaliteratur. 5. unveränderte Auflage [Erstauflage 1965-1968]. Berlin: Akademie Verlag. Benjamin Kristjánsson (Hg.). 1961-1992. Vestur-íslenzkar æviskrár. Akureyri: Björnson. Bogi Benediktsson (Hg.). 1881-1932. Sýslumannaæfir. Eptir Boga Benediktsson á Staðarfelli. Reykjavik: Einar Þórðarson. Cedergreen Bech, Svend [u.a.] (Hg.). 1979-1984. Dansk biografisk leksikon. Tredje red. utgave. Kopenhagen: Gyldendal. Fritzner, Johan (Hg.). 1973. Ordbog over det gamle norske Sprog. 2. überarb. Auflage. Oslo: Univ. Forlag. Jón Guðnason [u.a.] (Hg.). 1967. Islenzkir samtíðarmenn. Band II. Reykjavik: Bókaútg. Samtíðarmenn. Kalinke, Marianne E./ Phillip M. Mitchell (Hg.). 1985. Bibliography of Old Norse-Icelandic Romances. Ithaca (New York): Cornell Univ. Press. Lacy, Norris J. [u.a.] (Hg.). 1996. The new Arthurian encyclopedia. Updated paperback edition [Erstauflage 1986]. New York: Garland. Lacy, Norris J. [u.a.] (Hg.). 2005. A Companion to Chrétien de Troyes. Woodbridge: Brewer. Ordbog over det norrøne prosasprog: Registre. 1989. Hg. Den Arnamagnæanske Kommission. Kopenhagen. Ordbog over det norrøne prosasprog. 2005-. Hg. Den Arnamagnæanske Kommission. Kopenhagen. [Letzter Zugriff am 01.11.2014 auf Online Ressource: http: / / onp.ku.dk/ ]. Páll Eggert Ólason [u.a.] (Hg.). 1948-1952. Íslenzkar Æviskrár. Hg. Reykjavik: Hið Íslenzka Bókmenntafelag. Pulsiano, Phillip [u.a.] (Hg.). 1993. Medieval Scandinavia. An Encyclopedia. New York: Garland. Simek, Rudolf / Hermann Pálsson (Hg.). 2007. Lexikon der altnordischen Literatur. Erw. und verb. Auflage [Erstauflage 1987]. Stuttgart: Kröner. Wilpert, Gero (Hg.). 2001. Sachwörterbuch der Literatur. 8. verbesserte und erweiterte Auflage [Erstauflage 1955]. Stuttgart: Kröner. Zitierte Artikel und Monographien Álfrún Gunnlaugsdóttir. 1984. „Um Parcevals sögu“. In: Gripla VI/ 1. S. 218-258. Andersson, Roger. 2014. „Die Eufemiavisor - Literatur für die Oberklasse“. In: Rittersagas - Übersetzung, Überlieferung, Transmission. Hg. Jürg Glauser/ Susanne Kramarz-Bein. Tübingen: Francke. Anderson, Sarah M. 1990. The Textual Transmission of Two Fornaldarsögur: Ketils saga høings and Gríms saga loðinkinna. Dissertation, Cornell University Ithaca (New York). [Unveröffentlicht]. Andree, Martin. 2005. Archäologie der Medienwirkung. Faszinationstypen von der Antike bis heute (Simulation, Spannung, Fiktionalität, Authentizität, Unmittelbarkeit, Ursprung). München: Fink. Ashman Rowe, Elizabeth. 2005. The development of Flateyjarbók: Iceland and the Norwegian dynastic crisis of 1389. Odense: Univ. Press of Southern Denmark. Literaturverzeichnis 236 Astås, Reidar. 1987. „Lærd stil, høvisk stil og florissant stil i norrøn prosa“. In: Maal og Minne 5. S. 24-38. Baisch, Martin. 2002. „Parzivals einfache Probe. Zur kulturellen Funktion von Varianz am Beispiel der Handschriftengruppe um den Cgm 19“. In: Mediävistik und Kulturwissenschaften. Zeitenwende - Die Germanistik auf dem Weg vom 20. ins 21. Jahrhundert. Akten des X. Internationalen Germanistenkongresses Wien 2000. Band 5. Hg. Peter Wiesinger. Bern: Lang. S. 243-248. Baisch, Martin. 2004a. „Die Bedeutung der Varianz. Zu den auktorialen Selbstentwürfen im ‚ Parzival ‘ Wolfram von Eschenbachs“. In: Kulturen des Manuskriptzeitalters. Ergebnisse der amerikanisch-deutschen Arbeitstagung an der Georg-August-Universität Göttingen vom 17. bis 20. Oktober 2002. Hg. Hans-Jochen Schiewer/ Arthur Groos. Göttingen: V & R unipress. S. 11-40. Baisch, Martin. 2004b. „Autorschaft und Intertextualität. Beobachtungen zum Verhältnis von ‚ Autor ‘ und ‚ Fassung ‘ im höfischen Roman“. In: Autor - Autorisation - Authenzität. Beiträge der Internationalen Fachtagung für germanistische Edition in Verbindung mit der Arbeitsgemeinschaft philosophischer Editionen und der Fachgruppe Freie Forschungsinstitute in der Gesellschaft für Musikforschung Aachen 20. bis 23. Februar 2000. [Beihefte zu editio 21]. Hg. Thomas Bein [u.a.]. Tübingen: Niemeyer. S. 94-102. Bandle, Oskar. 1988. „Die Fornaldarsaga zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit: Zur Entstehung und Entwicklung der Örvar-Odds saga“. In: Zwischen Festtag und Alltag: Zehn Beiträge zum Thema ‚ Mündlichkeit und Schriftlichkeit ‘ . Hg. Wolfgang Raible. Tübingen: Narr. S. 191-213. Bandlien, Bjørn. 2001. Å finne den rette kjærlighet, individ og samfunn i norrøn middelalder. Oslo: Den Norske Historiske Forening. Barnes, Geraldine. 1974a. The riddarasögur: a literary and social analysis. Dissertation, University College London. [Unveröffentlicht]. Barnes, Geraldine. 1974b. „The riddarasögur: a medieval exercise in translation“. In: Saga book of the Viking Society for Northern Research 19. S. 403-441. Barnes, Geraldine. 1975. „The riddarasögur and mediæval European literature“. In: Medieval Scandinavia 8. S. 140-158. Barnes, Geraldine. 1984. „Parcevals saga: Riddara Skuggsjá? “ In: Arkiv för nordisk filologi 99. S. 49-62. Barnes, Geraldine. 1989. „Some current issues in riddarasögur research“. In: Arkiv för nordisk filologi 104. S. 73-88. Barnes, Geraldine. 1993. „Riddarasögur 2. Translated“. In: Medieval Scandinavia. An Encyclopedia. Hg. Phillip Pulsiano. New York: Garland. S. 531-533. Barnes, Geraldine. 2009. „Scandinavian Versions of Arthurian Romance“. In: A companion to Arthurian literature. Hg. Helen Fulton. Malden (Massachusetts): Blackwell. S. 189-201. Bein, Thomas. 2002a. „Textvarianz, Editionspraxis, Interpretation - Überlegungen zur veränderten Mittelalterphilologie“. In: Perspectives of Scholarly Editing. Perspektiven der Textedition. Hg. Bodo Plachta/ H.T.M. van Vliet. Berlin: Weidler. S. 63-80. Bein, Thomas. 2002b. „Überlieferungsgeschichte - Textgeschichte - Literaturgeschichte“. In: Jahrbuch für Internationale Germanistik 34/ 2. S. 89-104. Bein, Thomas. 2002c. „ ‚ Neue Philologie ‘ und neue Literarhistoriographie“. In: Mediävistik und Kulturwissenschaften. Zeitenwende - Die Germanistik auf dem Weg vom 20. ins 21. Jahrhundert. Akten des X. Internationalen Germanistenkongresses Wien 2000. Band 5. Hg. Peter Wiesinger. Bern: Lang. S. 309-315. Besamusca, A. A. M. 1999. „Gra(al), -dichtung“. In: Lexikon des Mittelalters. Band IV. Hg. Robert Auty [u.a.]. Stuttgart: Metzler. S. 1616-1621. Literaturverzeichnis 237 Blaisdell, Foster W. 1964. „The Composition of the interpolated chapter in the Erex saga“. In: Scandinavian studies 36/ 2. S. 118-126. Blaisdell, Foster W. 1967. „The Value of the Valueless: A problem in editing medieval texts“. In: Scandinavian studies 39/ 1. S. 40-46. Blaisdell, Foster W. 1979. „Jón Vigfússon as copyist: the conclusion of Ívens Saga“. In: Acta philologica Scandinavica 32/ 2. 232-238. Blom, Grethe Authén. 1962. „Islandhandel. Norge“. In: Kulturhistorisk leksikon for nordisk middelalder fra vikingetid til reformationstid. Band VII. Hg. Johannes Brøndsted [u.a.]. Kopenhagen: Rosenkilde & Bagger. S. 481-485. Borgstedt, Thomas. 2009. Topik des Sonetts: Gattungstheorie und Gattungsgeschichte. Tübingen: Niemeyer. Bruckner, Matilda Tomaryn. 1987. „Intertextuality“. In: The legacy of Chrétien de Troyes. Hg. Norris J. Lacy/ Douglas Kelley/ Keith Busby. Amsterdam: Rodopi. S. 223-265. Budal, Ingvil Brügger. 2009. Strengleikar og Lais. Høviske noveller i omsetjing frå gammalfransk til gammalnorsk. Dissertation, Universitetet i Bergen. [Unveröffentlicht]. Bumke, Joachim. 1996. Die vier Fassungen der „Nibelungenklage“. Untersuchungen zur Überlieferungsgeschichte und Textkritik der höfischen Epik im 13. Jahrhundert. Berlin: de Gruyter. Bumke, Joachim. 1999. „Kultur und Gesellschaft, höfische“. In: Lexikon des Mittelalters. Band V. Robert Auty [u.a.]. Stuttgart: Metzler. S. 1565-1568. Bumke, Joachim. 2008. Höfische Kultur. Literatur und Gesellschaft im hohen Mittelalter. 12. Auflage [Erstauflage 1986]. München: Dt. Taschenbuch-Verlag. Busby, Keith [u.a.] (Hg.). 1993. Les manuscripts de Chrétien de Troyes. The manuscripts of Chrétien de Troyes. Amsterdam: Rodopi. Busby, Keith. 2005. „The manuscripts of Chrétien’s romance“. In: A Companion to Chrétien de Troyes. Hg. Norris J. Lacy. Woodbridge: Brewer. S. 64-75. Clunies Ross, Margaret/ Amanda J. Collins. 2004. „Johnstone, James ( d. 1798)“. In: Oxford Dictionary of National Biography: from the earliest times to the year 2000. Band 30. Hg. H. C. G. Matthew/ Brian Harrison. Oxford: Oxford Univ. Press. S. 402-403. Damsgaard Olsen, Thorkil/ Hans Bekker Nielsen [u.a.]. 1965. Norrøn fortællekunst. Kopenhagen: Akademisk Forlag. Det Kongelige Bibliotek (Hg.). 2007. Nationalbibliotek og K ø benhavns Universitetsbibliotek. Hovedpunkter av mere end 500 å rs historie. [Letzter Zugriff am 01.11.2014 auf Online- Ressource: http: / / www.kb.dk/ export/ sites/ kb_dk/ da/ kb/ historie/ historie/ historie 2007.pdf]. Doležel, Lubomír. 1998. Heterocosmica: Fiction and Possible Worlds. Baltimore: The John Hopkins Univ. Press. Driscoll, Matthew James. 1992. Sigurðar saga þógla: the shorter redaction ed. from AM 596 4to. Reykjavik: Stofnun Árna Magnússonar á Íslandi. Driscoll, Matthew James. 1995. Ágrip af Nóregskonungasogum: a twelfth-century synoptic history of the kings of Norway. London: Viking Society for Northern Research. Driscoll, Matthew James. 1997. The unwashed Children of Eve: the production, dissemination and reception of popular literature in post-Reformation Iceland. Enfield Lock (Midlesex): Hisarlik Press. Driscoll, Matthew James. 2010. „The words on the page: Thoughts on philology, old and new“. In: Creating the medieval saga: versions, variability and editorial interpretations of old Norse saga literature. Hg. Judy Quinn. Odense: Univ. Press of Southern Denmark. S. 87- 104. Duggan, Joseph J. 2001. The Romances of Chrétien de Troyes. New Haven: Yale Univ. Press. Literaturverzeichnis 238 Eikelmann, Manfred/ Tomas Tomasek (Hg.). 2009. Handbuch der Sentenzen und Sprichwörter im höfischen Roman des 12. und 13. Jahrhunderts. Band 2. Berlin: de Gruyter. Ekberg, Lena. 2005. „The development of lexicon from the 16th to the end of the 18th century“. In: The Nordic languages: an international handbook of the history of the North Germanic languages. Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft (= Handbooks of linguistics and communication science) Band 22/ 2. Hg. Oskar Bandle. Berlin: de Gruyter. S. 1302-1313. Eriksen, Stefka Georgieva. 2009. „The Materiality of Medieval Texts - a comparison between Elie de Saint-Gille and two versions of Elís saga“. Arkiv för nordisk filologi 124. S. 69-87. Ferrari, Fulvio. 2005. „Mouvance des Textes und feudale Reinterpretation“. In: Neue Ansätze in der Mittelalterphilologie - Nye veier i middelalderfilologien. Akten der skandinavistischen Arbeitstagung in Münster vom 24. bis 26. Oktober 2002. Hg. Susanne Kramarz-Bein. Frankfurt a. M.: Lang. S. 207-215. Finnur Jónsson. 1891. „Nekrolog Konráð Gíslason“. In: Arkiv för nordisk filologi 7 [Ny fölid. Tredje Bandet]. Lund. S. 293-303. Finnur Jónsson. 1923. Den oldnorske og oldislandske litteraturs historie. Band II. Kopenhagen: Gad. Fulton, Helen (Hg.). 2009. A companion to Arthurian literature. Malden (Massachusetts): Blackwell. Gardiner, Ann Broady 1977. Narrative technique and verbal style in Parcevals saga ok Valvers þattr: A comparative study of the Old Norse version of Chrétien de Troyes Perceval. Dissertation, University of Philadelphia: Univ. of Pennsylvania Press. Genette, Gérard. 1992. Paratexte. Das Buch vom Beiwerk des Buches. Frankfurt a. M.: Campus Verlag. Glauser, Jürg. 1983. Isländische Märchensagas. Studien zur Prosaliteratur im spätmittelalterlichen Island. Basel: Helbing & Lichtenhahn. Glauser, Jürg. 1985. „Erzähler - Ritter - Zuhörer: Das Beispiel der Riddarasögur, Erzählkommunikation und Hörergemeinschaft im mittelalterlichen Island“. In: Les sagas de chevaliers (Riddarasögur): actes de la Ve Conférence Internationale sur les Sagas, Toulon, juillet 1982. Hg. Régis Boyer. Paris: Presses de l’Université de Paris-Sorbonne. S. 93-119. Glauser, Jürg. 1987. „Vorbildliche Unterhaltung. Die Elis saga ok Rosamundu im Prozess der königlichen Legitimation“. In: Applikationen. Analysen skandinavischer Erzähltexte. Hg. Walter Baumgartner. Frankfurt a. M.: Lang. S. 95-129. Glauser, Jürg. 1992. „Spätmittelalterliche Vorleseliteratur und frühneuzeitliche Handschriftentradition. Die Veränderungen der Medialität und Textualität der isländischen Märchensagas zwischen dem 14. und 19. Jh.“. In: Text und Zeittiefe. Interdisziplinäres Kolloquium zum Thema „Text und Textualität, Medialität und Zeittiefe“ in Freiburg 25.-27. Juni 1992. Hg. Hildegard L. C. Tristram. Tübingen: Narr. S. 377-428. Glauser, Jürg. 1998. „Textüberlieferung und Textbegriff im spätmittelalterlichen Norden: Das Beispiel der Riddarasögur“. In: Arkiv för nordisk filologi 113. S. 7-27. Glauser, Jürg. 2000. „Marginalien des Sagatexts. Zu den Rändern von Texten in der mittelalterlichen Literatur Islands“. In: Den fornnordiska texten i filologisk och litteraturvetenskaplig belysning: studier och diskussionsindlägg. Gothenburg Old Norse Studies 2. Hg. Karl G. Johansson [u.a.]. Göteborg: Göteborgs Univ. S. 136-145. Glauser, Jürg/ Barbara Sabel (Hg.). 2004. Text und Zeit. Wiederholung, Variante, Serie. Konstituenten Literarischer Transmission. Würzburg: Königshausen & Neumann. Glauser, Jürg. 2005. „Riddarasögur“. In: A Companion to Old Norse-Icelandic Literature. Hg. Rory McTurk. Malden (Massachusetts): Blackwell. S. 372-387. Literaturverzeichnis 239 Glauser, Jürg/ Susanne Kramarz-Bein (Hg.). 2014. Rittersagas - Übersetzung, Überlieferung, Transmission. Tübingen: Francke. Gödel, Vilhelm. 1897b. Fornnorsk-isländsk litteratur i Sverige. Stockholm: Hæggström. Greene, Dennis Howard. 1996. Medieval listening and reading: the primary reception of German literature, 800-1300. Nachdruck [Erstauflage 1994]. Cambridge: Cambridge Univ. Press. Greene, Dennis Howard. 2002. The Beginnings of Medieval Romance. Fact and Fiction, 1150- 1220. Cambridge: Cambridge Univ. Press. Gropper, Stefanie. 2014. „Die Breta sögur“. In: Rittersagas - Übersetzung, Überlieferung, Transmission. Hg. Jürg Glauser/ Susanne Kramarz-Bein. Tübingen: Francke. S. 219-237. Guðrún Kvaran. 2002. „Nordic language history and the history of translation IV: Icelandic“. In: The Nordic languages: an international handbook of the history of the North Germanic languages. Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft (= Handbooks of linguistics and communication science) Band 22/ 1. Hg. Oskar Bandle. Berlin: de Gruyter. S. 527-533. Gu ð rún Nordal. 2001. Tools of Literacy: the role of skaldic verse in Icelandic textual culture of the twelfth and thirteenth centuries. Toronto: Univ. of Toronto Press. Guðvarður Már Gunnlaugsson. 2004. „Writing“. In: The manuscripts of Iceland. An exhibition by the Árni Magnússon Institute in Iceland, which opened in the Culture House, Reykjavik, October 5, 2002. Hg. Gísli Sigurðsson/ Vésteinn Ólason. Reykjavik: Stofnun Árna Magnússonar á Íslandi. S. 63-71. Guðvarður Már Gunnlaugsson. 2005. „Palaeography“. In: A Companion to Old Norse- Icelandic Literature. Hg. Rory McTurk. Malden (Massachusetts): Blackwell. S. 245-264. Gunnar Karlsson. 2000. Iceland’s 1100 Years. History of a Marginal Society. London: Hurst. Hall, Alaric/ Katelin Parsons. 2013. „Making stemmas with small samples, and digital approaches to publishing them: testing the stemma of Konrá ð s saga keisarasonar“. In: Digital Medievalist 9. [Letzter Zugriff am 01.11.2014 auf Online-Ressource: http: / / www.digitalmedievalist.org/ journal/ 9/ hall/ ]. Hallberg, Peter. 1971. „Norröna riddarasagor. Några språkdrag“. In: Arkiv för nordisk filologi 86. S. 114-137. Halvorsen, Eyvind Fjeld. 1959. The Norse version of the Chanson de Roland. Kopenhagen: Munksgaard. Halvorsen, Eyvind Fjeld. 1962. „Høvisk litteratur“. In: Kulturhistorisk Leksikon for Nordisk Middelalder fra vikingtid til reformasjonstid. Band VII. Hg. Johannes Brøndsted [u.a.]. Kopenhagen: Rosenkilde & Bagger. S. 308-313. Halvorsen, Eyvind Fjeld. 1969. „Riddersagaer“. In: Kulturhistorisk Leksikon for Nordisk Middelalder fra vikingtid til reformasjonstid. Band XIV. Hg. Johannes Brøndsted [u.a.]. Kopenhagen: Rosenkilde & Bagger. S. 175-183. Halvorsen, Eyvind Fjeld. 1973. „Norwegian Court Literature in the Middle Ages“. In: Orkney Miscellany 5. London. S. 17-26. Harf-Lancner. 2005. „Chrétien’s Literary Background“. In: A Companion to Chrétien de Troyes. Hg. Norris J. Lacy. Woodbridge: Brewer. S. 26-42. Hastrup, Kirsten. 1990. Nature and Policy in Iceland 1400-1800: an anthropological analysis of history and mentality. Oxford: Clarendon. Haug, Walter. 2003. Die Wahrheit der Fiktion. Studien zur weltlichen und geistlichen Literatur des Mittelalters und der frühen Neuzeit. Tübingen: Niemeyer. Haugen, Odd Einar. 1990. „Mål og metodar i tekstkritikken“. In: Den filologiske vitenskap. Hg. Odd Einar Haugen/ Einar Thomassen. Oslo: Solum. S. 128-180. Literaturverzeichnis 240 Haugen, Odd Einar. 2000. „Fem argument mot filologien“. In: Den fornnordiska texten i filologisk och litteraturvetenskaplig belysning: studier och diskussionsindlägg. Gothenburg Old Norse Studies 2. Hg. Karl G. Johansson [u.a.]. Göteborg: Göteborgs Univ. S. 17-26. Haugen, Odd Einar. 2007. „Textkritik und Textphilologie“. In: Altnordische Philologie: Norwegen und Island. Hg. Odd Einar Haugen. Übersetzt von Astrid van Nahl. Berlin: de Gruyter. S. 99-146. Heimir Pálsson. 1999. Frá lærdómsöld til raunsæis: íslenskar bókmenntir 1550-1900. Reykjavik: Vaka-Helgafell. Helgi Ívarsson. 2007. „Sr. Jón Erlendsson handritaskrifari í Villingaholti“. In: Árnesingur VIII. Eyrarbakki: Sögufélag Árnesinga. Hickethier, Knut. 2003. Einführung in die Medienwissenschaft. Stuttgart [u.a.]: Metzler. Iser, Wolfgang. 1991. Das Fiktive und das Imaginäre. Perspektiven literarischer Anthropologie. Frankfurt a. M.: Suhrkamp. Jaeger, Stephen Charles. 1999. Ennobling Love, in search of a lost sensibility. Philadelphia: Univ. of Pennsylvania Press. Jaeger, Stephen Charles. 2001. Die Entstehung höfischer Kultur: vom höfischen Bischof zum höfischen Ritter. Aus dem Amerikan. übers. von Sabine Hellwig-Wagnitz. Berlin: Schmidt. Jahraus, Oliver. 2004. Literaturtheorie: theoretische und methodische Grundlagen der Literaturwissenschaft. Tübingen: Francke. Jakob Benediktsson. 1951. „Nokkur handritabrot“. In: Skírnir 125. S. 182-198. Jakobi-Mirwald, Christine. 2004. Das mittelalterliche Buch. Funktion und Ausstattung. Stuttgart: Reclam. Jauß, Hans Robert. 1977. Alterität und Modernität der mittelalterlichen Literatur: gesammelte Aufsätze 1956-1976. München: Fink. Johansson, Karl G. [u.a.] (Hg.). 2000. Den fornnordiska texten i filologisk och litteraturvetenskaplig belysning: studier och diskussionsindlägg. Gothenburg Old Norse Studies 2. Göteborg: Göteborgs Univ. Johansson, Karl G./ Rune Flaten (Hg.). 2012. Francia et Germania. Studies in Strengleikar and Þiðreks saga af Bern. Oslo: Novus Forlag. Jón Helgason. 1955. Kvæðabók úr Vigur: AM 148, 8vo. Íslenzk rit siðari alda 1B. Kopenhagen: Hið Íslenzka Fræðafelag. Jón Helgason. 1979. „Gísli Brynjúlfsson“. In: Dansk biografisk leksikon. Band III. Hg. Svend Cedergreen Bech [u.a.]. Tredje red. utgave. Kopenhagen: Gyldendal. S. 14-15. Jón Helgason. 1980. „Konráð Gíslason“. Dansk biografisk leksikon. Band V. Hg. Svend Cedergreen Bech [u.a.]. Tredje red. utgave. Kopenhagen: Gyldendal. S. 193-194. Jón Helgason. 1981. „Finnur Magnússon“. Dansk biografisk leksikon. Band IX. Hg. Svend Cedergreen Bech [u.a.]. Tredje red. utgave. Kopenhagen: Gyldendal. S. 365-367. Jón Karl Helgason. 1999. The rewriting of Njáls saga, translation, ideology, and Icelandic sagas. Clevedon: Multilingual Matters Ltd. Jón Viðar Sigurðsson. 1995. „The Icelandic Aristocracy after the Fall of the Free State“. In: Scandinavian Journal of History 20/ 1. S. 153-166. Jón Þorkelsson. 1892. „Islandske håndskrifter i England og Skotland“. In: Arkiv för nordisk filologi 8. S. 199-237. Jónas Kristjánsson. 1993. Handritaspegill. Reykjavik: Hið íslenska bókmenntafelag. Jørgensen, Ellen. 1981. „Abraham Kall“. In: Dansk biografisk leksikon. Band XVII. Hg. Svend Cedergreen Bech [u.a.]. Tredje red. utgave. Kopenhagen: Gyldendal. S. 574-575. Jørgensen, Jon Gunnar. 1998. „Om verdien av sagaavskrifter fra 1600-tallet“. In: Collegium Medievale 11. S. 87-103. Literaturverzeichnis 241 Jørgensen, Jon Gunnar. 2007. The lost vellum Kringla. Transl. from the Norwegian by Siân Grønlie. Kopenhagen: Reitzel. Jucknies, Regina. 2009. Der Horizont eines Schreibers. Jón Eggertsson (1643-1689) und seine Handschriften. Frankfurt a. M.: Lang. Kalinke, Marianne E. (alias Jane Aza Kalinke). 1970. The Erex saga and its relation to Chretien de Troyes' Erec et Enide. Dissertation, Indiana University Bloomington. Kalinke, Marianne E. 1977. „Erex saga and Ivens saga: Medieval Approaches to Translation“. In: Arkiv för nordisk filologi 92. S. 125-44. Kalinke, Marianne E. 1979. „Alliteration in Ívens saga“. In: Modern Language Review 74. S. 871-883. Kalinke, Marianne E. 1981. King Arthur North-By-Northwest. The matiére de Bretagne in Old Norse-Icelandic Romances. Kopenhagen: Reitzel. Kalinke, Marianne E. 1985a. „Norse Romance (Riddarasögur)“. In: Old Norse-Icelandic Literature. A Critical Guide. Hg. Carol J. Clover/ J. Lindow. Ithaca (New York) [u.a.]: Cornell Univ. Press. S. 316-363. Kalinke, Marianne E. 1985b. „Riddarasögur, Fornaldarsögur, and the problem of genre“. In: Les sagas de chevaliers (Riddarasögur): actes de la Ve Conférence Internationale sur les Sagas, Toulon, juillet 1982. Hg. Régis Boyer. Paris: Presses de l’Université de Paris-Sorbonne. S. 77-91. Kalinke, Marianne E. 1990a. Bridal-quest romance in medieval Iceland. Ithaca (New York): Cornell Univ. Press. Kalinke, Marianne E. 1990b. „Arthurian Literature in Scandinavia“. In: King Arthur through the ages. Band 1. Hg. Valerie M. Lagorio/ Mildred Leake Day. New York: Garland. S. 127-151. Kalinke, Marianne E. 1993. „Riddarasögur 1) Indigenous“. In: Medieval Scandinavia. An Encyclopedia. Hg. Phillip Pulsiano. New York: Garland. S. 528-531. Kalinke, Marianne E. 1996a. „Gabons saga ok Vigiles“. In: The new Arthurian encyclopedia. Hg. Norris J. Lacy. Updated paperback edition [Erstauflage 1986]. New York: Garland. S. 173. Kalinke, Marianne E. 1996b. „Samsons saga fagra“. In: The new Arthurian encyclopedia. Hg. Norris J. Lacy. Updated paperback edition [Erstauflage 1986]. New York: Garland. S. 396. Kalinke, Marianne E. 1996c. „Sigurður Breiðfjörð“. In: The new Arthurian encyclopedia. Hg. Norris J. Lacy. Updated paperback edition [Erstauflage 1986]. New York: Garland. S. 418. Kalinke, Marianne E. 1996d. „Scandinavia“. In: Medieval Arthurian Literature. A guide to resent research. Hg. Norris J. Lacy. New York: Garland. S. 83-119. Kalinke, Marianne E. 2006. „Scandinavian Arthurian Literature“. In: A history of arthurian scholarship. Hg. Norris J. Lacy. Cambridge: Brewer. S. 169-178. Kalinke, Marianne E. (Hg.). 2011. The Arthur of the North: the Arthurian legend in the Norse and Rus' realms. Cardiff: Univ. of Wales Press. Kalinke, Marianne E. 2012. „Scribe. Redactor. Author. The emergence and evolution of icelandic romance“. In: Viking and medieval Scandinavia 8. S. 171-198. Kellermann, Karina (Hg.). 2005. Medialität im Mittelalter. Erstes Nachwuchssymposion des Mediävistenverbandes, das vom 10. bis zum 12. Dezember 2003 an der TU Berlin stattfand. Berlin: Akademie Verlag. Kennedy, Edward Donald (Hg.). 1996. King Arthur: A casebook. New York: Garland. Kiening, Christian. 1996. „Anthropologische Zugänge “ . Jahrbuch für internationale Germanistik: Forschungsberichte zur germanistischen Mediävistik 1/ 1996. S. 11-129. Literaturverzeichnis 242 Kiening, Christian. 2003. Zwischen Körper und Schrift. Texte vor dem Zeitalter der Literatur. Frankfurt a. M.: Fischer Taschenbuch-Verlag. Kiening, Christian. 2007. „Wege zu einer historischen Mediologie“. In: Germanistik in der Schweiz 4/ 2007. (= Online-Zeitschrift der Schweizerischen Akademischen Gesellschaft für Germanistik). [Letzter Zugriff am 01.11.2014 auf Online-Ressource: http: / / www.germanistik.unibe.ch/ SAGG-Zeitschrift/ 4_07/ kiening.html]. Kiening, Christian. 2010. Modelle des Medialen im Mittelalter. Berlin: Akademie Verlag. Kjær, Jonna. 1992. „Two Old Norse Translations of Chrétien de Troyes - Ívens Saga and Erex Saga“. In: The Arthurian Yearbook II. Hg. Keith Busby. New York: Garland. S. 113- 133. Kjær, Jonna. 2014. „Vérité, mensonge et ironie dramatique dans Erex saga“. In: Rittersagas - Übersetzung, Überlieferung, Transmission. Hg. Jürg Glauser/ Susanne Kramarz-Bein. Tübingen: Francke. S. 191-201. Köhler, Erich. 1956. Ideal und Wirklichkeit in der höfischen Epik. Studien zur Form der frühen Artus- und Gralsdichtung. Tübingen: Niemeyer. Köhler, Erich. 1962. „Zur Entstehung des altfranzösischen Prosaromans“. In: Troubadourlyrik und höfischer Roman. Hg. Erich Köhler. Berlin: Rütten & Loening. S. 213-223. Kölbing, Eugen. 1869. „Die nordische Parzivalssaga und ihre Quelle“. In: Germania 14. S. 129-181. Kölbing, Eugen. 1871. „Die nordische Erexsaga und ihre Quelle“. In: Germania 16. S. 381- 414. Kramarz-Bein, Susanne. 1999. „Höfische Unterhaltung und ideologisches Ziel. Das Beispiel der altnorwegischen Parcevals saga“. In: Die Aktualität der Saga. Festschrift für Hans Schottmann. Hg. Stig Toftgaard Andersen. Berlin: de Gruyter. S. 63-84. Kramarz-Bein, Susanne. 2002. Die Þiðreks saga im Kontext der altnorwegischen Literatur. Tübingen: Francke. Kramarz-Bein, Susanne. 2007. „Die altnorwegische Parcevals saga im Spannungsfeld ihrer Quelle und der mittelhochdeutschen und mittelenglischen Parzival-Überlieferung“. In: Arthurian Literature XXIV. Hg. Keith Busby [u.a.]. Woodbridge. S. 135-156. Kretschmer, Bernd. 1982. Höfische und altwestnordische Erzähltradition in den Riddarasögur: Studien zur Rezeption der altfranzösischen Artusepik am Beispiel der Erex saga, Ívens saga und Parcevals saga. Hattingen: Kretschmer. Kristeva, Julia. 1980. Desire in Language: A Semiotic Approach to Literature and Art. New York: Columbia Univ. Press. Krueger, Roberta L. 2000. The Cambridge companion to medieval romance. Cambridge: Cambridge Univ. press. Kungliga bibliotek - Sveriges nationalbibliotek (Hg.). 2008. The manuscript collection. [Letzter Zugriff am 01.11.2014 auf Online-Ressource: http: / / www.kb.se/ english/ collections/ manuscripts/ collection/ ]. Kyrkjebø, Rune. 2001. Heimskringla I etter J ǫ fraskinna: karakteristikk av tekstvitna samt tekstkritisk utgåve av Jens Nilssøns avskrift i AM 37 folio. Dissertation, Universitetet i Bergen. Lacy, Norris J. (Hg.). 1988. The Arthurian handbook. New York: Garland. Lacy, Norris J. (Hg.). 2006. A history of Arthurian scholarship. Cambridge: Brewer. Lansing, Tereza. 2011. Post-medieval production, dissemination and reception of ‚Hrólfs saga kraka‘. Dissertation, K ø benhavns Universitet. [Unveröffentlicht]. Le Saux, Françoise Hazel Marie (Hg.). 2005. A Companion to Wace. Cambridge: Brewer. Leach, Henry Goddard. 1921. Angevin Britain and Scandinavia. Cambridge. Literaturverzeichnis 243 Lethbridge, Emily. 2007. Narrative Variation in the Versions of Gisla saga Súrssonar. Dissertation, University of Cambridge. [Unveröffentlicht]. Lethbridge, Emily. 2010. „Gísla saga Súrssonar: Textual Variation, Editorial Constructions and Critical Interpretations“. In: Creating the medieval saga: versions, variability and editorial interpretations of old Norse saga literature. Hg. Judy Quinn. Odense: Univ. Press of Southern Denmark. S. 123-152. Loth, Agnethe. 1967. „Om håndskrifter fra Vigur i Magnús Jónssons tid. Tre bidrag“. In: Opuscula III. Kopenhagen: Reitzel. S. 92-100. Lotman, Jurij M. 1990. „Über die Semiosphäre“. In: Zeitschrift für Semiotik 12/ 4. S. 287-305. Löser, Freimut. 2004. „Postmodernes Mittelalter? ‚New Philology‘ und ‚Überlieferungsgeschichte‘“. In: Kulturen des Manuskriptzeitalters. Ergebnisse der amerikanischdeutschen Arbeitstagung an der Georg-August-Universität Göttingen vom 17. bis 20. Oktober 2002. Hg. Hans-Jochen Schiewer/ Arthur Groos. Göttingen: V & R unipress. S. 215-236. Löser, Freimut. 2005. „Postmoderne Theorie und Mittelalter-Germanistik. Autor, Autortext und edierter Text aus überlieferungsgeschichtlicher Sicht“. In: Theorien der Literatur. Grundlagen und Perspektiven 2. Hg. Hans Vilmar Geppert/ Hubert Zapf. Tübingen: Francke. S. 277-294. Magnús Pétursson. 2005. „The development of Icelandic from the mid-16 th century to 1800“. In: The Nordic languages: an international handbook of the history of the North Germanic languages. Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft (= Handbooks of linguistics and communication science) Band 22/ 2. Hg. Oskar Bandle. Berlin: de Gruyter. S. 1258-1269. Magnús Stefánsson. 1993. „Iceland“. In: Medieval Scandinavia. An Encyclopedia. Hg. Phillip Pulsiano. New York: Garland. S. 311-319. Malm, Mats. 2004. „The Nordic Demand for Medieval Icelandic Manuscripts“. In: The manuscripts of Iceland. An exhibition by the Árni Magnússon Institute in Iceland, which opened in the Culture House, Reykjavik, October 5, 2002. Hg. Gísli Sigurðsson/ Vésteinn Ólason. Reykjavik: Stofnun Árna Magnússonar á Íslandi. S. 101-108. Már Jónsson. 2012. Arnas Magnæus philologus: (1663-1730). Odense: Univ. Press of Southern Denmark. Margrét Eggertsdóttir. 2006. „From Reformation to Enlightenment“. In: A history of Icelandic literature. Histories of Scandinavian Literature. Band V. Hg. Daisy Neijmann/ Sven Hakon Rossel. Lincoln (Nebraska): Univ. of Nebraska Press. S. 174-250. Marold, Edith. 1985. „Von Chrestiens Yvain zur Ivenssaga. Die Ivenssaga als rezeptionsgeschichtliches Zeugnis“. In: Les sagas de chevaliers (Riddarasögur): actes de la Ve Conférence Internationale sur les Sagas, Toulon, juillet 1982. Hg. Régis Boyer. Paris: Presses de l’Université de Paris-Sorbonne. S. 157-185. Marti, Suzanne. 2010. Kingship, chivalry and religion in the Perceval matter: an analysis of the Old Norse and Middle English translations of Le conte du graal. Dissertation, Universitetet i Oslo. [Unveröffentlicht]. Medieval Nordic Text Archive. [Letzter Zugriff am 01.11.2014 auf Online-Ressource: http: / / www.menota.org/ forside.xhtml]. Meissner, Rudolf. 1902. Die Strengleikar: ein Beitrag zur Geschichte der altnordischen Prosaliteratur. Halle: Niemeyer. Messerli, Alfred. 2007. „Vom imaginären zum realen Leser. Zur Bedeutung des Vorlesens im 18. und 19. Jahrhundert“. In: Scripta volant, verba manent. Schriftkulturen in Europa zwischen 1500 und 1900. Hg. Alfred Messerli/ Roger Chartier. Basel: Schwabe. S. 243- 272. Literaturverzeichnis 244 Mitchell, Phillip M. 1958. „The Grail in the Parcevals Saga“. In: Modern Language Notes LXXIII. S. 591-594. Mitchell, Phillip M. 1959. „Scandinavian Literature“. In: Arthurian Literature in the Middle Ages: a collaborative history. Hg. Roger Sherman Loomis. Oxford: Clarendon Press. S. 462-471. Møller, Poul. 1965. De islandske Håndskrifter i dokumentarisk belysning. Kopenhagen: Hagerup. Müller, Jan-Dirk (Hg.). 1994. Wissen für den Hof. Der spätmittelalterliche Verschriftungsprozeß am Beispiel Heidelberg im 15. Jahrhundert. München: Fink. Müller, Jan-Dirk/ Horst Wenzel (Hg.). 1999. Mittelalter. Neue Wege durch einen alten Kontinent. Stuttgart: Hirzel. Müller, Jan-Dirk (Hg.). 2007. Text und Kontext. Fallstudien und theoretische Begründungen einer kulturwissenschaftlich angeleiteten Mediävistik. Kolloquium zum Thema „Text und Kontext - Fallstudien und Theoretische Begründungen einer Kulturwissenschaftlich Angeleiteten Mediävistik“ vom 12. bis 14. Juli 2003 im Historischen Kolleg München. München: Oldenbourg. Müller, Jan-Dirk (Hg.). 2010. Mediävistische Kulturwissenschaft. Ausgewählte Studien. Berlin: de Gruyter. Müller, Peter Erasmus. 1817-1820. Sagabibliothek med Anmærkninger og indledende Afhandlinger. Kopenhagen: J. F. Schultz. Nahl, Astrid van. 1981. Originale Riddarasögur als Teil altnordischer Sagaliteratur. Frankfurt a. M.: Lang. Nichols, Stephen G. 1990. „The New Philology“. In: Speculum: A Journal of Medieval Studies 65. S. 1-108. Nichols, Stephen G. 1997. „Why Material Philology? Some Thoughts“. In: Zeitschrift für Deutsche Philologie 116. Sonderheft: Philologie als Textwissenschaft: alte und neue Horizonte. S. 10-30. Nünning, Ansgar/ Vera Nünning (Hg.). 2003. Konzepte der Kulturwissenschaften: theoretische Grundlagen - Ansätze - Perspektiven. Stuttgart: Metzler. Nyborg, Birgit. 2009. Norrøne sagaer om kong Arthurs riddere. Oslo: Aschehoug. Orr, Mary. 2003. Intertextuality: Debates and Contexts. Oxford: Polity. Quinn, Judy (Hg.). 2010. Creating the medieval saga: versions, variability and editorial interpretations of old Norse saga literature. Odense: Univ. Press of Southern Denmark. Parr, Rolf. 2011. „Medialität und Interdiskursivität“. In: Medien des Wissens: interdisziplinäre Aspekte von Medialität. Hg. Georg Mein/ Heinz Sieburg. Bielefeld: transcript-Verlag. S. 23-42. Peters, Ursula (Hg.). 2001. Text und Kultur. Mittelalterliche Literatur 1150-1450. Stuttgart: Metzler. Petersen, Carl S. 1943. Det kongelige Biblioteks Haandskriftsamling. Kopenhagen: Munksgaard. Porter, Pamela. 2006. „Preserving the Past: England, Iceland and the movement of manuscripts“. In: Care and conservation of manuscripts 9: Proceedings of the ninth international seminar held at the University of Copenhagen 14 th -15 th April 2005. Kopenhagen: Museum Tusculanum. S. 173-190. Posner, Roland. 1991. „Kultur als Zeichensystem“. In: Kultur als Lebenswelt und Monument. Hg. Aleida Assmann/ Dietrich Harth. Frankfurt a. M.: Fischer Taschenbuch-Verlag. S. 37-74. Literaturverzeichnis 245 Posner, Roland. 2003. „Kultursemiotik“. In: Konzepte der Kulturwissenschaften: theoretische Grundlagen - Ansätze - Perspektiven. Hg. Ansgar Nünning/ Vera Nünning. Stuttgart: Metzler. S. 39-72. Reichert, Hermann. 1986. „King Arthur’s round Table: Sociological Implications of It’s Literary Reception in Scandinavia“. In: Structure and Meaning in Old Norse Literature. Hg. Carol J. Clover [u.a.]. Odense: Univ. Press of Southern Denmark. S. 394-414. Reuvekamp, Silvia. 2007. Sprichwort und Sentenz im narrativen Kontext: Ein Beitrag zur Poetik des höfischen Romans. Berlin: de Gruyter. Reynard, Liliane. 2004. „Fra Érec et Énide til Erex saga: Tilpasning og sensur“. In: Kompendium zum Symposium Rittersagas - Übersetzung, Überlieferung, Transmission. 13.-16.05.2004 in Basel. [Unveröffentlicht]. Richter, Anna Katharina. 2009. Transmissionsgeschichten. Untersuchungen zur dänischen und schwedischen Erzählprosa in der frühen Neuzeit. Tübingen: Francke. Röcke, Werner. 2002. „Historische Anthropologie und Ältere deutsche Literatur“. In: Germanistik als Kulturwissenschaft: Eine Einführung in neue Theoriekonzepte. Hg. Claudia Benthien/ Hans Rudolf Velten. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt-Taschenbuch-Verlag. S. 35-55. Rossenbeck, Klaus. 1970. Die Stellung der Riddarasögur in der altnordischen Prosaliteratur: Eine Untersuchung anhand des Erzählstils. Frankfurt a. M.: J.-W.-Goethe-Universität Frankfurt. Sanders, Christopher/ Helle Degnbol. 1983. „The Manuscript Tradition of Translated riddarasögur“. Torsdag den 4. november. Præsentation af nogle indlæg ved Den 5. Internationale sagakongres, Toulon august 1982. In: Årsberetning 1981-1982. Selskab for nordisk filologi. Kopenhagen: Selskab for nordisk filologi. S. 55. Sanders, Christopher. 2014. „A typology of the primary texts of Bevers saga“. In: Jürg Glauser/ Susanne Kramarz-Bein (Hg.). Rittersagas - Übersetzung, Überlieferung, Transmission. Tübingen: Francke. S. 133-151. Sanders, Julie. 2006. Adaption and appropriation. London: Routledge. Schach, Paul. 1957. „Some observations on Tristrams saga“. In: Saga book of the Viking Society for Northern Research 15. S. 102-129. Schier, Kurt. 1970. Sagaliteratur. Stuttgart: Metzler. Schlauch, Margaret. 1934. Romance in Iceland. Princeton: Princeton University Press. Schnell, Rüdiger. 1997. „Was ist ‚ neu ‘ an der New Philology? Zum Diskussionsstand in der Germanistik“. In: Alte und neue Philologie. Hg. Martin-Dietrich Gleßgen/ Franz Lebsanft. Tübingen: Niemeyer. S. 61-96. Schnell, Rüdiger. 1998. „ ‚ Autor ‘ und ‚ Werk ‘ im deutschen Mittelalter. Forschungskritik und Forschungsperspektiven“. In: Neue Wege der Mittelalter-Philologie. Landshuter Kolloquium 1996. Hg. Joachim Heinzle. Berlin: Erich Schmidt. S. 12-73. Schnell, Rüdiger. 2009. „Literaturwissenschaft und Mediengeschichte. Kritische Überlegungen eines Mediävisten“. In: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur 34/ 1. S. 1-48. Schöller, Robert. 2009. Die Fassung *T des „ Parzival “ Wolframs von Eschenbach: Untersuchungen zur Überlieferung und zum Textprofil. Berlin: de Gruyter. Scholz, Manfred Günter. 1980. Hören und Lesen: Studien zur primären Rezeption der Literatur im 12. und 13. Jahrhundert. Wiesbaden: Steiner. Schubert, Martin J. 2002. „Der Schreiber im Mittelalter“. In: Das Mittelalter 7/ 2. S. 3-8. Seelow, Hubert. 1989. Die isländischen Übersetzungen der deutschen Volksbücher. Reykjavik: Stofnun Árna Magnússonar á Íslandi. Literaturverzeichnis 246 Seidel, Katharina. 2007. „How variably is King Arthur presented in Icelandic chivalric literature (translated riddarasögur) and their manuscripts? “. First International Arthurian Conference for post-graduate students: Portrayals of Arthur in (pseudo-) historical and literary writings. 29.-30.03.2007. Freiburg i. Brsg. [Unveröffentlichter Vortrag]. Seidel, Katharina. 2012. „Text Variance and Text Stability in Translated Riddarasögur: Various Concepts of Text Transmission within one Genre“. The 15 th International Saga Conference. 5.-11.08.2012. Aarhus. [Unveröffentlichter Vortrag]. Sif Ríkharðsdóttir. 2012. Medieval translations and cultural discourse: the movement of texts in England, France and Scandinavia. Cambridge: Brewer. Sigur ð ur Nordal. 1953. Synisbók íslenzkra bókmennta til mi ð rar átjándu aldar. Reykjavik: Eymundsson. Sigurgeir Steingrímsson. 2004. „Árni Magnússon“. In: The manuscripts of Iceland. An exhibition by the Árni Magnússon Institute in Iceland, which opened in the Culture House, Reykjavik, October 5, 2002. Hg. Gísli Sigurðsson/ Vésteinn Ólason. Reykjavik: Stofnun Árna Magnússonar á Íslandi. S. 85-100. Slay, Desmond. 1985. „Ívens saga, Mírmanns saga and Ormr Snorrasons book“. In: The sixth International Saga Conference: workshop papers. Kopenhagen. S. 953-966. Slay, Desmond. 1991. „Order in AM 179 fol“. In: Opuscula IX. (Kopenhagen: Museum Tusculanum Press). S. 160-165. Springborg, Peter. 1977. „Antiqvæ Historiæ Lepores - om renæssancen i den islandske håndskriftproduktionen i 1600-tallet“. In: Gardar VIII. Årsbok för Samfundet Sverige- Island i Lund-Malmö. S. 53-89. Springborg, Peter. 1997. „Prøv med syre“. In: Frejas Psalter. En psalter i 40 afdelinger til brug for Jonna Louis-Jensen. Kopenhagen: Den Arnamagnæanske Institut. S. 171-182. Stackmann, Karl. 1994. „Neue Philologie? “. In: Modernes Mittelalter. Neue Bilder einer populären Epoche. Hg. Joachim Heinzle. Frankfurt a. M.: Insel Verlag. S. 398-427. Stefán Karlsson. 1967. „Perg. fol. nr. 1 (Bergsbók) og Perg. 4to nr. 6 í Stockhólmi“. In: Opuscula III. Kopenhagen: Museum Tusculanum Press). S. 74-82. Stefán Karlsson. 1979. „Islandsk bogeksport til Norge i middelalderen“. In: Maal og Minne 1. S. 1-17. Stefán Karlsson. 1999. „The Localisation and Dating of Medieval Icelandic Manuscripts“. In: Saga book of the Viking Society for Northern Research 25. S. 138-158. Stefán Karlsson. 2002. „The development of Latin script II: in Iceland“. In: The Nordic languages: an international handbook of the history of the North Germanic languages. Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft (= Handbooks of linguistics and communication science) Band 22/ 1. Hg. Oskar Bandle. Berlin: de Gruyter. S. 832- 840. Stefan Karlsson. 2004. The Icelandic language. Transl. by Rory McTurk. London: Gazelle Book services. Stolz, Michael. 2002. „Wolframs ‚Parzival‘ als unfester Text. Möglichkeiten einer überlieferungsgeschichtlichen Ausgabe im Spannungsfeld traditioneller Textkritik und elektronischer Darstellung“. In: Wolfram Studien 17. S. 294-321. Stories for all time: The Icelandic fornaldarsögur. [Letzter Zugriff am 01.11.2014 auf Online- Ressource: http: / / nfi.ku.dk/ fornaldarsogur/ ]. Strohschneider, Peter. 1991. „Höfische Romane in Kurzfassungen. Stichworte zu einem unbeachteten Aufgabenfeld“. In: Zeitschrift für deutsche Altertumskunde 121/ 1. S. 419- 439. Literaturverzeichnis 247 Svensson, Lars. 1974. Nordisk paleografi. Handbok med transkriberade och kommenterade skriftprov. Lund: Studentlitteratur. Sverrir Tómasson. 1977. „Hvenaer var Tristrams sögu snúið“. In: Gripla II. S. 47-78. Sverrir Tómasson [u.a.] (Hg.). 1993. Íslensk Bókmenntasaga. Band II. Reykjavik: Mál og Menning. Sverrir Tómasson. 2002. „Er nýja textafræðin ný? Þankar um gamla fræðigrein“. In: Gripla XIII. S. 199-216. Szkilnik, Michelle. 2005. „Medieval translations and adaptions“. In: A Companion to Chrétien de Troyes. Hg. Norris J. Lacy. Woodbridge: Brewer. S. 202-213. Tandrup, Leo. 1983. „P. F. Suhm“. In: Dansk biografisk leksikon. Band XIV. Hg. Svend Cedergreen Bech [u.a.]. Tredje red. utgave. Kopenhagen: Gyldendal. S. 194-199. Tétrel, Hélène. 2006. La chanson des Saxons et sa réception norroise: avatars de la matière épique. Orléans: Paradigme. The Variance of Njals saga. [Letzter Zugriff am 01.11.2014 auf Online-Ressource: http: / / njalssaga.wordpress.com/ ]. Trachsler, Richard. 2006. „How to Do Things with Manuscripts. From Humanist Practice zu Recent Textual Criticism“. In: Textual Cultures: texts, contexts, interpretation 1/ 1. Hg. The Society for Textual Scholarship. Bloomington: Indiana University Press. S. 5-28. Tveitane, Mattias. 1969. „Europeisk påvirkning på den norrøne sagalitteraturen“. In: Edda 69. S. 73-95. Uecker, Heiko. 2008. Der mittelalterliche Tristan-Stoff in Skandinavien. Einführung. Texte und Übersetzung. Bibliographie. Berlin: de Gruyter. Waterhouse, G. 1931. G. J. „Thorkelin and the Rev. James Johnstone“. In: The Modern Language Review 26/ 4. S. 436-444. Weber, Gerd Wolfgang. 1986. „The Decadence of Feudal Myth. Towards a Theory of Riddarasaga and Romance“. In: Structure and Meaning in Old Norse Literature. Hg. John Lindow [u.a.]. Odense: Univ. Press of Southern Denmark. S. 415-454. Wenzel, Horst. 2002. „Medien- und Kommunikationstheorie. Ältere Deutsche Literatur“. In: Germanistik als Kulturwissenschaft: Eine Einführung in neue Theoriekonzepte. Hg. Claudia Benthien/ Hans Rudolf Velten. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt-Taschenbuch- Verlag. S. 125-151. Williams-Krapp, Werner. 2000. „Die überlieferungsgeschichtliche Methode. Rückblick und Ausblick“. In: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur 25/ 2. S. 1- 21. Wolf, Alois. 1977. „Adaption courtoise“. In: Germanisch-Romanische Monatszeitschrift 58. S. 257-283. Wolf, Jürgen. 2002. „New Philology/ Textkritik. Ältere deutsche Literatur“. In: Germanistik als Kulturwissenschaft: Eine Einführung in neue Theoriekonzepte. Hg. Claudia Benthien/ Hans Rudolf Velten. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt-Taschenbuch-Verlag. S. 175-195. Wolf, Kirsten. 1993. „Old Norse - New Philology“. In: Scandinavian studies 65/ 3. S. 338- 348. Wolfzettel, Friedrich. 1990. „Zum Stand und Problem der Intertextualitätsforschung im Mittelalter“. In: Artusroman und Intertextualität. Beiträge der Deutschen Sektionstagung der Internationalen Artusgesellschaft vom 16. bis 19. November 1989 an der J.-W.- Goethe-Universität Frankfurt a. M. Hg. Friedrich Wolfzettel. Giessen: Schmitz. S. 1-17. Würth, Stefanie. 1998. Der ‚ Antikenroman ‘ in der isländischen Literatur des Mittelalters: eine Untersuchung zur Übersetzung und Rezeption lateinischer Literatur im Norden. Basel: Helbing & Lichtenhahn. Literaturverzeichnis 248 Würth, Stefanie. 1999. „New Historicism und altnordische Literaturwissenschaft“. In: Verhandlungen mit dem New Historicism: Das Text-Kontext Problem in der Literaturwissenschaft. Hg. Jürg Glauser/ Annegret Heitmann. Würzburg: Königshausen & Neumann. S. 193-208. Würth, Stefanie. 2000. „Eufemia: Deutsche Auftraggeberin schwedischer Literatur am norwegischen Hof“. In: Arbeiten zur Skandinavistik. 13. Arbeitstagung der Deutschsprachigen Skandinavistik, 29.7.-3.8.1997 in Lysebu (Oslo). Hg. Fritz Paul Frankfurt a. M.: Lang. S. 269-281. Würth, Stefanie. 2005. „Kulturwissenschaftliche Ansätze in der Mediävistik“. In: Neue Ansätze in der Mittelalterphilologie - Nye veier i middelalderfilologien. Akten der skandinavistischen Arbeitstagung in Münster vom 24. bis 26. Oktober 2002. Hg. Susanne Kramarz-Bein. Frankfurt a. M.: Lang. S. 57-69. Vries, Jan de. 1964-1967. Altnordische Literaturgeschichte. 2. Auflage völlig neu bearb. [Erstauflage 1941-1942]. Berlin: de Gruyter. Þórir Óskarsson. 2005. „Rhetoric and style“. In: A Companion to Old Norse-Icelandic Literature. Hg. Rory McTurk. Malden (Massachusetts): Blackwell. S. 354-370. Þórunn Sigurðardóttir. 2010. „Handrit Ragnheiðar Jónsdóttur í Gröf“. In: Margarítur: hristar Margréti Eggertsdóttur fimmtugri 25. november 2010. Hg. Guðvarður Már Gunnlaugsson. Reykjavik: Menningarog Minningarsjóður Mette Magnussen. S. 101-103. Das Buch bietet eine überlieferungsgeschichtlich orientierte Analyse des gesamten handschriftlichen Textkorpus der isländischen Prosaerzählungen Ívens saga, Erex saga und Parcevals saga, die nordische Adaptionen altfranzösischer höfischer Versromane darstellen. Sie werden innerhalb der Altnordistik zur Gattung der sogenannten übersetzten/ norwegischen Riddarasögur gezählt. Die drei Sagas, die heute in isländischen Handschriften aus dem 14. bis 19. Jahrhundert überliefert sind, zeigen einen stetigen Prozess der Textrezeption und Textaktualisierung vom Mittelalter bis in die Moderne. Jede Handschrift bietet einen einzigartigen Sagatext, der literaturwissenschaftlich untersucht werden kann. Welchem Wandel und welcher Kontinuität unterliegen diese Sagatexte in der jahrhundertelangen handschriftlichen Transmission? Worauf ist die jeweilige Textvarianz oder Textstabilität zurückzuführen? Diesen Leitfragen wird in der Untersuchung anhand eines Vergleichs von Textausschnitten aller Handschriften nachgegangen. Dr. phil. Katharina Seidel ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im DFG-Projekt „Neuedition der Skaldendichtung“ an der Christian-Albrechts- Universität zu Kiel.