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Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen

2003
978-3-8233-3022-6
Gunter Narr Verlag 
Joachim Ballweg

Das Buch gibt eine Darstellung der Quantifikation im Deutschen. Vor allem wird das Zusammenspiel mit den Nominaltypen dargestellt, insbesondere mit Plural- und Substanznomina. Den syntaktischen Rahmen bietet dabei eine flexible Kategorialgrammatik. Diese enthält neben der üblichen Applikationsregel noch die Regel der funktionalen Komposition, der Kommutation und der Reduktion, sowie Verkettungsregeln. Semantische Analysen werden durch eine Übersetzung in eine - an den Vorschlägen Godehard Links orientierte - Logiksprache PLINK gegeben, in der Plural- und Substanzausdrücke adäquat im Rahmen von Verband-Strukturen behandelt werden können.

STUDIEN ZUR DEUTSCHEN SPRACHE Studien zur Deutschen Sprache FORSCHUNGEN DES INSTITUTS FÜR DEUTSCHE SPRACHE Herausgegeben von Ulrike Haß-Zumkehr, Werner Kallmeyer und Ulrich Waßner Band 28 • 2003 Joachim Ballweg Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen gnw Gunter Narr Verlag Tübingen Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detailherte bibliografische Daten sind im Internet über <http: / / dnb.ddb.de> abrufbar. © 2003 • Gunter Narr Verlag Tübingen Dischingerweg 5 • D-72070 Tübingen Das Werk einschließbch aller seiner Teile ist urheberrechüich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Werkdruckpapier. Internet: http: / / www.narr.de E-Mail: info@narr.de Druck und Bindung: Hubert & Co., Göttingen Printed in Germany ISSN 0949-409X ISBN 3-8233-5158-3 Zur Einstimmung: * Erst die natürlichen Betrachtungen gemacht ehe die subtilen kommen, und immer vor allen Dingen erst versucht ob etwas ganz einfach erklärt werden könne. Georg Christoph Lichtenberg Ein etwas vorschnippischer Philosoph, ich glaube Hamlet Prinz von Dänemark hat gesagt: es gebe eine Menge Dinge im Himmel und auf der Erde, wovon nichts in unseren Compendiis steht. Hat der einfältige Mensch, der bekanntlich nicht recht bei Trost war, damit auf unsere Compendia der Physik gestichelt, so kann man ihm getrost antworten: gut, aber dafür stehn auch wieder eine Menge von Dingen in unsem Compendiis wovon weder im Himmel noch auf der Erde etwas vorkömmt. Georg Christoph Lichtenberg Herrlich was Baco sagt [...], der Mensch, wo er ein bisschen Ordnung sieht, vermutet gleich zu viel. Georg Christoph Lichtenberg Ich überlasse es nun den Lesern, was sie thun wollen, ob sie dabey lachen, lächeln, sauer sehen, schmählen oder weinen wollen. Christoph Martin Wieland Für Diskussionen, Hinweise und Kritik danke ich den Teilnehmern meiner Seminare aus dem Modul „Sprache und Logik“ an der Universität Karlsruhe im WS 2000/ 2001 und 2001/ 2002, den Teilnehmern an der Konferenz „Approaching the Grammar of Adjuncts“, Oslo, 22.-25.9.1999, insbesondere David Dowty und Catherine Fabricius-Hansen, außerdem Günther Grewendorf, meinen IDS-Kollegen Helmut Frosch, Lutz Gunkel, Gereon Müller, Bruno Strecker, Gisela Zifonun und Ulrich Waßner, der als Herausgeber viel zur Durchschaubarkeit des Buches beigetragen hat, sowie meiner Frau Angelika Ballweg- Schramm. Inhalt I. Prolegomena 11 1. Vorschau oder On what there will be 11 2. Quantifikation im Deutschen ein erster Überblick 12 2.1 Determinative 13 2.2 Zahlattribute 14 2.3 Lose Enden 15 2.3.1 Komplexe Quantoren 15 2.3.2 Quantifikationsadverbialia 16 II. Flexible Kategorialgrammatik für das Deutsche 19 3. Vorbemerkung 19 4. Kategorialgrammatik 20 4.1 Standard-Kategorialgrammatik 21 4.1.1 Syntax 21 4.1.1.1 Kategorien 21 4.1.1.2 Beispielanalysen 22 4.1.2 Das Lexikon: Kategorien und Sprachliche Ausdrücke 24 4.1.2.1 Nominalphrasen und Nomenmodifikatoren 24 4.2 Auf dem Weg zur flexiblen Kategorialgrammatik 28 4.2.1 Syntaxregelschemata 28 4.2.1.1 Syntaxregelschemata zur Verknüpfung von Ausdrücken 28 4.2.1.2 Syntaxregelschemata zur Umkategorisierung von Ausdrücken 34 4.2.1.3 Verkettungsoperationen (KET" und KET*„) 38 4.2.1.4 Komposition von Kategorialen Regeln und Verkettungsregeln 39 5. Deutsche Wortstellung kategorial 40 5.1 Nebenbzw. Verbendsätze 40 5.2 Hauptbzw. Verberst- und Verbzweitsätze 40 5.3 Stellung und Skopus von Satzadverbialen 41 6. Syntax und Lexikon 44 6.1 Flexible Kategorialsyntax 44 6.1.1 Kombinationsregeln 44 6.1.2 Umkategorisierungsregeln 45 6.1.3 Das Zusammenspiel von Umkategorisierungs- und Kombinationsregeln 46 6.1.3.1 Lexikalische Regelanwendungsmerkmale 47 6.1.3.2 Merkmalsvererbung 47 6.1.3.3 Syntaktische Funktionen 50 6.1.3.4 Übergenerierung 51 6 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen 6.2 Lexikon 53 6.2.1 Lexikon eines Deutsch-Fragments 53 III. Determinative im Deutschen 55 7. Was ist ein Determinativ? 55 7.1 Determinative syntaktisch-morphologisches Entree 55 7.2 Determinativkriterien 56 7.2.1 NP-Bildungskriterium 56 7.2.2 Rektionskriterium 57 7.2.3 Distributionskriterium 58 7.2.4 Pronomenkriterium 58 8. Skizze der Nomensemantik 60 9. Syntax der Determinative: Konstruktionstypen 63 9.1 Determinative in Nominalphrasen 63 9.2 Reduzierte Determinative 64 9.3 Distanzstellung: alles - Extraktion oder was? 64 9.3.1 Syntaktische Gründe gegen eine Extraktionsanalyse 65 9.3.1.1 Rektion 65 9.3.1.2 Morphologie 66 9.3.1.3 Konjunktions-Plural-Nominalphrasen 67 9.3.1.4 Konjunktion mit Verbgruppen-Adverbialia 67 9.3.1.5 Sächsischer Genitiv 68 9.3.1.6 Fazit 68 9.3.2 Semantische Gründe gegen eine Extraktionsanalyse 69 9.3.2.1 Standardnomina, Gattungslesart, Plural- und Substanznomina 69 9.3.2.2 Bedeutungsgleichheit ja oder nein? 70 9.4 Ein Lösungsansatz 71 IV. Semantik der Nominaltypen 75 10. PL 1 - Prädikatenlogik erster Stufe mit Abstraktion und Identität 75 10.1 Syntax 75 10.1.1 Vokabular 76 10.1.2 Formeldefmition 76 10.1.3 Skopus, gebundene und freie Variablenvorkommen und Substitution 78 10.2 Semantik 79 10.2.1 Ein Modell für PL 1 80 10.2.2 Interpretationsfunktionen 81 Inhalt 1 11. PUNK - Die allmähliche Verfertigung einer erweiterten Logik mit Plural- und Substanzprädikaten 82 11.1 Artikel 82 11.2 Plural- und Substanznomina 85 11.2.1 Kumulative Denotation 85 11.2.2 Pluralprädikate 86 11.2.2.1 Echte und unechte Pluralprädikate 87 11.2.2.2 Distributive, nicht distributive und gemischte Prädikate 87 11.2.3 Exkurs: Anzahlattribute 89 11.2.4 Substanzprädikate 90 11.2.4.1 Entia non sunt multiplicanda praeter necessitatem 90 11.2.4.2 Stabile, instabile und M-distributive Prädikate 91 V. Analyse der Determinative 95 12. Generelle Determinative 95 12.1 Syntax 95 12.1.1 Kategorienzuweisung 95 12.1.2 Syntaktische Funktionen 95 12.2 Semantik 96 12.2.1 der 96 12.2.2 mein, dein, sein 96 12.2.3 der, dieser, jener, derjenige, derselbe 97 12.2.4 jeglicher 97 12.2.5 mancher 98 12.2.6 kein 99 13. Singularische Determinative 99 13.1 Syntax 99 13.1.1 Kategorienzuwei sung 99 13.1.2 Syntaktische Funktionen 100 13.2 Semantik 100 13.2.1 ein, irgendein 100 13.2.2 jeder, jedweder 101 13.2.3 manch 101 14. Plural- und substanzbezogene Determinative 101 14.1 Syntax 101 14.1.1 Kategorienzuweisung 101 14.1.2 Syntaktische Funktionen 102 14.2 Semantik 102 14.2.1 solcher 102 14.2.2 einiger, etlicher 103 14.2.3 irgendwelcher 103 14.2.4 aller, alle, alles keine einfache Allquantifikation 103 8 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen 15. Exkurs: solcher ein Determinativ? 104 15.1 Die Problematik einer Kategorie von solcher in der Gegenwartssprache 104 15.1.1 Die Determinativkriterien in der Gegenwartssprache eine unklare Geschichte 104 15.1.1.1 Nommalphrasenbildungskriterium 105 15.1.1.2 Distributionskriterium 105 15.1.1.3 Pronominalkriterium 106 15.1.1.4 Rektionskriterium 106 15.2 Was tun? 107 15.2.1 Konvention 107 15.2.2 Blick zurück 108 15.2.2.1 solchmit Standardnomina 109 15.2.2.2 Pronominale Vorkommen 11 1 15.2.2.3 Rektionseffekte +/ - 112 15.2.2.4 Zahlenspiele 114 15.2.2.5 Resümee 115 16. Fazit 116 VI. Servicekapitel: Das Handwerkszeug - oder was man als Grundlage braucht 119 17. Grundbegriffe der Mengenlehre 119 17.1 Mengen 119 17.1.1 Der Mengenbegriff 119 17.1.2 Gleichheit von Mengen 121 17.1.3 Die leere Menge 121 17.1.4 Teilmenge 121 17.1.5 Mengen von Mengen 122 17.1.5.1 Vereinigungsmenge und Schnittmenge 123 17.1.5.2 Mengensubtraktion und Komplement 123 17.2 Relationen und Funktionen 124 17.2.1 Das geordnete Paar 124 17.2.2 Relationen und ihre Eigenschaften 125 17.2.2.1 Kartesisches Produkt 125 17.2.2.2 Relationen 125 17.2.2.3 Eigenschaften von zweistelligen Relationen 125 17.2.3 Funktionen 126 17.2.3.1 Der Funktionsbegriff 126 17.2.3.2 Eigenschaften von Funktionen 127 17.2.3.3 Komposition von Funktionen 127 Inhalt 9 17.2.4 Mächtigkeit von Mengen 127 17.2.4.1 Gleichmächtigkeit von Mengen 127 17.2.4.2 Verschiedenmächtigkeit von Mengen 129 17.2.5 Ein kleiner Blick in das mathematische Trickkabinett oder: Zirkus Unendlich 129 17.2.5.1 Natürliche und ungerade Zahlen 129 17.2.5.2 Natürliche und rationale Zahlen 130 17.2.5.3 Natürliche und reelle Zahlen 132 17.2.5.4 Potenzmenge 133 18. Aussage- oder Junktorenlogik 133 18.1 Syntax 134 18.1.1 Inventar 134 18.1.2 Formeldefmition 135 18.2 Semantik informal 135 18.2.1 Logische Wahrheit 137 18.3 Semantik formal 137 19. Prädikatenlogik 140 19.1 Syntax 140 19.1.1 Vokabular: 140 19.1.2 Formeidefinition 140 19.1.3 Gebundene und freie Variablenvorkommen und Substitution.... 141 19.2 Semantik 141 19.2.1 Vorbemerkung 141 19.2.2 Modelltheoretische Semantik für PL 1 141 20. Literatur 143 I. Prolegomena 1. Vorschau oder On what there will be To be is to be the value ofa bound variable Willard van Orman Quine Quantifikation ist ein wesentlicher Bestandteil der Grammatik jeder Sprache. Wenn wir über Ausdrücke eines bestimmten Typs quantifizieren, so legen wir uns auf die Existenz entsprechender Typen von Denotaten fest das ist mit dem eingangs vorgestellten Quine-Zitat gemeint. Der Quantifikationsapparat einer Sprache legt ihre Ontologie fest - Ontologie nicht als Lehre vom „Sein des Seienden“, sondern als System sprachlich induzierter Mindestanforderungen an eine Interpretation der betreffenden Sprache. 1 Daher ist die Behandlung der Quantifikation eng verbunden mit der Behandlung der Ausdrücke, die mit quantifizierenden Ausdrücken syntaktische Verbindungen eingehen, insbesondere der Nomina. Das folgende Buch will eine Darstellung der Quantifikation im Deutschen geben. Quantifikation ist dabei weit gefasst und soll einerseits alle durch logische Quantoren rekonstruierten Ausdrücke umfassen, d.h. insbesondere die Determinative des Deutschen, andererseits auch Zahlattribute 2 , wie in (1) ... mit Leichtigkeit genießt er hier so seine ein, zwei, drei Glas Bier (W. Busch: Maler Klecksel) und komplexe Quantoren wie mindestens ein. Außerdem gibt es noch quantifikationelle Adverbialia wie immer, überall, in jedem Fall. Zunächst soll 1 Das gilt sowohl für natürliche Sprachen als auch für alle formalen Sprachen „oberhalb“ der Aussagen- oder Junktorenlogik. 2 Es mag befremden, dass diese nicht durch Quantoren rekonstruiert werden, aber eine solche durchaus mögliche Rekonstruktion wäre sehr umständlich; für zwei ergäbe sich 3(x) [3(y)[((P(*)AP(y))A**y)]] d.h. man braucht zwei Exixtenzquantoren und ein Gleichheitsverbot. Bei 317 brauchte man demgemäß 317 Existenzquantoren und Z1-316 Gleichheitsverbote eine Schwindel erregende Formel! ! 12 Quantißkation und Nominaltypen im Deutschen eine intuitive Skizze des Gegenstandsbereichs vorgestellt werden. Die sich daraus ergebenden Ansprüche an eine Beschreibung fuhren zur Darstellung eines Analyserahmens mit den Komponenten - Flexible Kategorialgrammatik für das Deutsche - Prädikatenlogik - Logik der Plural- und Substanznomina Im Gang der Darlegung werden diese informell skizziert. Eine genaue Darstellung insbesondere der mengentheoretischen Grundlagen wird in einem Anhang gegeben. Im Rahmen des entwickelten Beschreibungsmodells werden dann die Determinative einschließlich der Distanzstellungsphänomene 3 ausführlich beschrieben. Nicht ausführlich dargestellt werden komplexe Quantoren, Zahlattribute und Quantifikationsadverbialia. 2. Quantifikation im Deutschen ein erster Überblick Quantifikation ist in der deutschen Sprache ein heterogenes Phänomen; semantisch bzw. logisch gefasst sind quantifizierende Ausdrücke des Deutschen solche, bei denen zur Darstellung der Bedeutung entweder die klassischen logischen Quantoren oder Zahlen herangezogen werden, außerdem noch Ausdrücke wie eine Hand voll, mit denen Schätzungen zum Ausdruck gebracht werden, sei es über die Anzahl der Elemente in Pluralobjekten 4 , wie in (2) (2) eine Hand voll Linguisten sei es über Größe von Substanzportionen, wie in (3) (3) eine Maß Bier. 1 Darunter will ich vor allem die so genannten Q-float-Konstruktionen verstehen, in denen quantifizierende Determinative außerhalb der Bezugs-Nominalphrase stehen, wie z.B. Bergsträßer Weine sollte man alle probiert haben. 4 Darunter wollen wir die Denotate von pluralischen Ausdrücken verstehen, die später noch ausführlich im Rahmen von PUNK im Kapitel 11. rekonstruiert werden. Prolegomena 13 Syntaktisch gesehen sind diese Ausdrücke in verschiedenen Kategorien angesiedelt: Determinative wie der, alle, Adjektive wie viel, wenig, Maßausdrücke wie ein Liter, ein Pfund, Behälterausdrücke wie ein Glas, ein Schock 5 etc. 2.1 Determinative Unter den Grammatikern des Deutschen besteht Einigkeit, welche Ausdrücke zu den Determinativen des Deutschen zu zählen sind, nur im Kembereich dieser Kategorie. Oft findet man auch keine zufrieden stellende Definition dieser Gruppe, insbesondere werden keine Kriterien für die Zuordnung von Ausdrücken zu dieser Kategorie angegeben. So definiert Engel: „Wenn man, wie unten dargelegt und begründet wird, eine Subklasse ‘Nullartikel’ einführt, ist das Determinativ der (einzige) obligatorische Begleiter des Nomens im Text.“ (1988, S. 523). Nun ist natürlich ein obligatorischer Nullartikel für jeden Freund von Ockham's Rasiermesser ein Unding; 6 akzeptiert man aber keinen Nullartikel, so ist die generelle Definition nicht mehr zu brauchen. Auch die Erörterung zur Hauptfunktion ist problematisch, wie wir gleich sehen werden: „Die Hauptfunktion des Determinativs besteht darin, dass es das Nomen zur Nominalphrase macht.“ (ebd.). Wir wollen dies das NP-Bildungskriterium nennen. Das Problem, das man sich mit dieser Definition einhandelt, besteht darin, dass es im Deutschen Ausdrücke wie etlich-, einiggibt, die sich nur mit Pluralbzw. Substanznomina verbinden lassen. (4) einiges Bier, einige Afroamerikanerinnen, aber * einiger Mensch Artikellose Pluralnomina oder Substanznomina sind aber ohnehin schon Nominalphrasen, sodass ein Tilgungstest zum Nachweis des Vorliegens des NP-Bildungskriteriums hier nicht greift. Außerdem lässt sich mehrere nur mit Pluralnomina verwenden: 5 Diese weisen eine Maßlesart auf, wie ich in Zifonun et al. (1997), Kapitel E dargetan habe. 6 Man weiß zum Beispiel bei Hackfleisch muss schnell verbraucht werden, nicht so recht, ob hier der obligatorische Nullartikel steht, oder ob er nicht steht, wodurch der Satz ungrammatisch wäre! Vgl. dazu die Glosse von Löbner (1986). 14 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen (5) mehrere Kolleginnen, aber * mehrerer Kollege, * mehreres Bier Plural- und Substanznomina können jedoch für sich alleine schon als Nominalphrasen fungieren, wie (6) und (7) zeigen: (6) Bier ist in Maßen bekömmlich. (7) Afroamerikanerinnen demonstrierten gestern in Philadelphia. Schließlich gibt es noch Determinative, die nur mit singularischen Nomina möglich sind; insbesondere ist hier der unbestimmte Artikel zu nennen, außerdem das unflektierte manch, sowie irgendein und jed-. Daraus ergeben sich folgende Konsequenzen: - Es erweist sich als unumgänglich, einen Satz von mehreren Kriterien für die Zugehörigkeit von Ausdrücken zur Kategorie Determinativ zu definieren, da das NP-Bildungskriterium bei Plural- und Substanznomina und den nur mit diesen möglichen Determinativkandidaten keine Entscheidung erlaubt. - Die Kategorie der Nomina muss offensichtlich weiter subkategorisiert werden in Standardnomina, singularische Nomina, Substanznomina und Pluralnomina, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass manche Ausdrücke nur mit diesen Typen von Nomina zusammen auftreten. 7 - Um die Bedeutung der verschiedenen Typen von Determinativen adäquat beschreiben zu können, muss eine vernünftige Semantik für Plural- und Substanznomina bereitgestellt werden. 2.2 Zahlattribute Neben den Determinativen sind Zahlattribute ein weiterer wichtiger Typ von quantifizierenden Ausdrücken. Sie begegnen uns in Ausdrücken wie (8) zehn kleine Negerlein (9) das Treffen der zwei Minister 7 Dies ist unabhängig davon, ob die in Frage stehenden Ausdrücke sich als Determinative erweisen werden oder nicht. Prolegomena 15 (10) das Treffen zweier Minister (11) das Treffen der drei Minister (12) das Treffen dreier Minister (13) das Treffen der vier Minister aber: (14) * das Treffen vierer(/ fünfer/ ... Minister Zahlattribute geben die Anzahl der in einem Pluralobjekt vorhandenen Individuen an. Um diese Analyse exakt auszubuchstabieren, benötigen wir wiederum eine semantische Analyse von Puralnomina. Die Abgrenzung der Zahlattribute von den Determinativen ergibt sich durch folgende Eigenschaften: - Sie treten unflektiert zusammen mit Determinativen auf, wie in (9), (11) und (13). - Sie können im Nominativ und Akkusativ ohne Determinative auftreten. - Nur zwei und drei können in den obliquen Kasus ohne Detenninativ und flektiert auftreten, wie (10), (12) zeigen; Zahlattribute oberhalb von drei flektieren nicht, weshalb sie nur mit einem Determinativ auftreten können, wie (13) und (14) illustrieren. 2.3 Lose Enden Die folgenden verwandten Gebiete werden hier ausgespart. 2.3.1 Komplexe Quantoren Unter Komplexen Quantoren verstehen wir Ausdrücke, für die gilt: - Entweder in ihrer logischen Rekonstruktion treten mehrere Quantoren auf, wie in (15) die drei gerechten Kammmacher 8 8 Hier wird klar, dass Zahlattribute oft als Teile komplexer Quantoren auftreten. 16 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen - oder sie sind semantisch gesehen aus einem Quantor und einem weiteren Ausdruck zusammengesetzt, wie in (16) fast tausend Demonstranten (17) genau zwei Lösungen - Mischtypen sind möglich: (18) die genau zwei Lösungen der Gleichung Ihre kompositionale Analyse wäre auf der Basis der in den Kapiteln 10. und 11. unten entwickelten Konzepte zu formulieren. 2.3.2 Quantifikationsadverbialia Ferner gehören zu unserem Themenbereich noch Quantifikationsadverbialia wie immer oder überall, deren Analyse sich dadurch als kompliziert erweist, dass nicht ohne weiteres klar ist, über welcher Art von Objekten quantifiziert wird. Betrachten wir z.B. überall'. Wörterbücher wollen uns oft weismachen, dies bedeute an allen Orten, an jeder Stelle. So z.B. Klappenbach/ Steinitz (1976, Bd. 5, S. 3829). Versucht man mit dieser Bedeutungshypothese eine Fahrplananzeige zu interpretieren, die besagt: (19) 17.15 - SE - Darmstadt - Frankfurt/ M. hält überall, 9 so gerät man ins Staunen darüber, dass der Zug überhaupt vorwärts kommt! überall scheint hier eher zu bedeuten zu allen (vernünftig erwartbaren) Gelegenheiten. Auch bei immer scheint es sich nicht um eine reine Quantifikation über Zeiten zu handeln (zu allen Zeiten gibt Klappenbach/ Steinitz an) wie die freundliche Aufforderung (20) Immer Bürste benutzen! (Auf den Toiletten des IDS zu finden! ) uns klar vor Augen führt; auch hier scheint wieder zu allen (vernünftig erwartbaren) Gelegenheiten die richtige Analyse zu sein; dass diese Gelegen- 9 Für nicht-Bahnfahrer: SE ist die Abkürzung für Stadt-Express. Prolegomena 17 heilen einmal Ankünfte auf Bahnhöfen sind und einmal Besuche der einschlägigen Örtchen, ist eine Frage von Pragmatik und Weltwissen. 10 Die Bedeutung der Quantifikationsadverbialia muss jedenfalls hinreichend abstrakt und flexibel beschrieben werden, um Ansatzstellen für pragmatische Einzelinterpretationen bereitzustellen. Hierzu kann auf Lewis (1975) verwiesen werden. 10 Natürlich sind Gelegenheiten, wie alle Ereignisse, an Zeitintervalle gekoppelt, aber sie sind mehr als einfach Zeitintervalle! II. Flexible Kategorialgrammatik für das Deutsche 3. Vorbemerkung Ziel des folgenden Kapitels ist es, eine Flexible Kategorialgrammatik das ist eine Kategorialgrammatik, die mehr als ein Lexikon und die Regel der funktionalen Applikation bereitstellt für das Deutsche zu entwickeln, in deren Rahmen dann das System der Determinative dargestellt werden kann. Die Motivation zu diesem Unternehmen liegt insbesondere darin zu zeigen, dass die Wahl eines kategorialgrammatischen Angangs nicht allein durch die semantische Transparenz der Standard-Kategorialgrammatik bedingt ist, sondern dass sich durch geeignete Erweiterungen auch syntaktische Phänomene wie Wortstellung, hier insbesondere die Phänomene der so genannten Distanzstellung im Bereich der deutschen Nominalphrase, überzeugend beschreiben lassen. Ein Reiz der Standard-Kategorialgrammatik liegt, wie oben angesprochen, in ihrer semantischen Transparenz: wenn die syntaktische Struktur eines Ausdrucks und die Bedeutung der darin vorkommenden Grundausdrücke bekannt sind, so lässt sich daraus die Bedeutung des Gesamtausdrucks berechnen. Dies wird dadurch erreicht, dass jeder syntaktischen Kategorie ein semantischer Typ entspricht, d.h., die Kategorien sind semantisch motiviert. Eine Standard-Kategorialgrammatik liefert somit eine semantisch zu interpretierende Funktionalstruktur. Es bleibt offen, wie daraus die richtigen Oberflächenketten abgeleitet werden. Daher findet sich kategorialgrammatisches Vorgehen selten und vor allem in Arbeiten, deren Flauptgewicht auf semantischen Analysen liegt. In den letzten zehn Jahren gab es jedoch ein Revival von kategorialen bzw. kategorial basierten Grammatiken, die neben der Regel funktionale Applikation noch über weitere syntaktische Kombinationsregeln verfügen und dadurch flexibler sind (vgl. Steedman 1987a,b, 1988). Auch Regeln zur Umkategorisierung von Ausdrücken wurden vorgeschlagen, 11 und schließlich gibt es Versuche, kategoriale Regeln mit Verkettungsregeln zu verknüpfen. 12 Das vorliegende Buch wird nach einer Skizze 11 Etwa von Geach (1972); Lambek (1958, 1988); Montague (1970b, 1973). 12 Bach (1981, 1983); Chierchia (1988). 20 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen der Optionen für die Erweiterung einer Kategorialgrammatik ein System vorstellen, das sowohl semantisch motivierte Umkategorisierungs- und Verknüpfungsregeln enthält als auch semantisch blinde Verkettungsregeln. Dahinter steckt die Idee, semantisch relevante Stellungsphänomene insbesondere geht es dabei um Skopusphänomene im Rahmen des kategorialgrammatischen Apparates zu erfassen, während semantisch irrelevante durch die Verkettungsregeln behandelt werden. Die zu Grunde liegende Annahme ist, dass die Wortstellung nicht immer semantisch transparent ist. Ziel der folgenden Darlegungen ist es also, mit Hilfe solcher Ideen eine möglichst ökonomische, kategorial basierte Beschreibung des Deutschen zu geben, die einerseits die Vorteile der klassischen Kategorialgrammatik für die semantische Interpretation beibehält, andererseits flexibel genug ist, mit der Wortstellung im Deutschen zurechtzukommen. Somit wird es nicht darum gehen, den kombinatorischen Apparat der Kategorialgrammatik durch neue, nicht aus der Literatur bekannte Regeln zu erweitern, 13 sondern darum, auf der Basis der in der Literatur gemachten Vorschläge eine möglichst minimale Version einer flexiblen Kategorialgrammatik zu entwickeln, die mit der Beschreibung der Syntax und Semantik der Nominalphrasen zurechtkommt. Es wird also jedenfalls im Wesentlichen kein neuer Stoff gewebt, sondern ein Anzug geschneidert. Dabei wird zunächst kurz eine Standard-Kategorialgrammatik angegeben. Danach werden die in der Literatur vorgestellten Möglichkeiten der Erweiterung diskutiert. Dem schließt sich eine syntaktische und semantische Analyse der Determinative an. 4. Kategorialgrammatik Um in einer kategorialbasierten Grammatik Ketten mit der richtigen deutschen Wortstellung zu produzieren, folgen wir folgenden Grundideen: Zu dem kategorialgrammatischen Standardregelschema, der funktionalen Applikation (FA), nehmen wir zusätzlich auf: 13 Eine Ausnahme ist die aus der kombinatorischen Logik stammende Reduktionsregel. Flexible Kategorialgrammatikfür das Deutsche 21 1) zunächst ein weiteres kategorialgrammatisches Regelschema der funktionalen Komposition (FK) 2) Umkategorisierungsregeln 3) Verknüpfung von Verkettungsfunktionen 14 und kategorialgrammatischen Regeln Bevor dies durchgeführt werden kann, rekapitulieren wir kurz, dass zur Formulierung einer Kategorialgrammatik die Aufzählung der Kategorien sowie die Angabe von Syntaxregeln gehört (kategorial basierte Verknüpfungsregeln und Umkategorisierungsregeln), und dass in der hier angestrebten kategorial basierten Grammatik für das Ausbuchstabieren der Oberfläche noch weitere Regeln gebraucht werden. 4.1 Standard-Kategorialgrammatik Eine Standard-Kategorialgrammatik besteht im Prinzip aus einem Lexikon und einer Syntax. 4.1.1 Syntax Die Syntax besteht aus einer Menge CZHCT von Kategorien und einer Verknüpfungsregel, der funktionalen Applikation 4.1.1.1 Kategorien (UV.Thst die Menge der Kategorien, die wir durch folgende rekursive Definition angeben: - Rekursionsanfang: Grundkategorien: e 15 und t 16 ; e,t ^ cmcr. 14 Das werden Regeln sein, die es erlauben, Ausdrücke nicht nur einfach aneinander zu hängen; damit wird Wortstellungsvarianz behandelbar. 15 Ausdrücke dieser Kategorie bezeichnen Entitäten. 16 Ausdrücke dieser Kategorie bezeichnenWahrheitswerte. 22 Quantißkation und Nominaltypen im Deutschen - Rekursionsklausel: Abgeleitete Kategorien: Sind ct,ß g CM! T, so sind auch (a/ ß),(a/ / ß), (a/ / / ß) itsf. g C^/ UT 17 - Rekursionsabschluss: Nichts sonst ist aus GTICT. 4.1.1.2 Beispielanalysen Zur Veranschaulichung wollen wir nun die syntaktische Funktionalstruktur einiger Beispiele ableiten. (21) Hans schläft. (22) t t/ e e schläft Hans (23) Hans schläft tief. (24) t Hans (t/ e)/ (t/ e) t/ e tief schläft Schon diese einfachen Beispiele zeigen, dass die kategorial erzeugte Funktionalstruktur nicht in der Lage ist, die Sätze in der richtigen Reihenfolge der 17 Die äußeren Klammem können wegfallen. Die Aufspaltung einer Schrägstrichkategorie in mehrere Subkategorien mit verschieden vielen Schrägstrichen geht auf Montague (1973) zurück und gibt die Möglichkeit, zwischen Ausdrücken zu differenzieren, die sich semantisch gleich, jedoch syntaktisch verschieden verhalten. Flexible Kategorialgrammatikfür das Deutsche 23 Konstituenten abzuleiten. Jedenfalls dann nicht, wenn man erwartet, dass die Applikationsregeln, wie etwa Phrasenstrukturregeln, durch einfache Verkettung der betroffenen Konstituenten von links nach rechts die richtige Abfolge produzieren. Erwartet man dies nicht, muss man die Grammatik erweitern, was wir ja Vorhaben. Für diese Struktur spricht bis jetzt nur, dass sie semantisch transparent ist: in (21) haben wir eine funktionale Applikation von schläft auf Ham, was der prädikatenlogischen Übersetzung (25) S(h) entspricht, und in (23) ergibt sich durch funktionale Applikation des Adverbs tief auf den Prädikatsausdruck schläft der komplexe Prädikatsausdruck tief schläft, der dann per funktionaler Applikation mit Hans verknüpft wird, was wiederum einer Standardübersetzung in eine Prädikatenlogik mit Prädikatsoperatoren entspricht: (26) (mm. Generell gilt für die Semantik, dass Denotate von Ausdrücken beliebiger komplexer Kategorien A/ B Funktionen' s von B-Denotaten oder Denotaten vom Typ B in Denotate vom Typ A sind, kurz: die Denotate sind vom Typ A H> B. Dieses Vorgehen hat den ungeheuren Vorteil, dass wir nach den Festlegungen des semantischen Typs für die Grundkategorien, nämlich Entitäten 19 für e und Wahrheitswerte für t, allen anderen nämlich den abgeleiteten - Kategorien einfach die ihren Typen entsprechenden Funktionen zuweisen können. Dieses Verfahren ist sehr einfach. Bei der Analyse von (23) sehen wir diese Strategie am Werk: so wie das Adverb tief syntaktisch aus dem Prädikatsausdruck schläft den komplexen Prädikatsausdruck schläft tief macht, so überführt die Bedeutung von tief die von schläft in die von schläft tief ist mithin eine Funktion von Verbbedeutungen in Verbbedeutungen. Auch Ad-Adverbien wie sehr lassen sich einfach behandeln: sehr e ((tle)l(tle)) / ((t/ e)/ (t/ e)), und die Bedeutung ist einfach eine Funktion von 18 Der Funktionsbegriff wird am Ende des Buches in einem Servicekapitel über Grundlagen der Mengenlehre (17.) expliziert. |g Das sind die „klassischen Individuen“ der modelltheoretischen Interpretation der Prädikatenlogik. Diese wird im Serviceteil expliziert. 24 Quantißkation und Nominaltypen im Deutschen Adverbbedeutungen in Adverbbedeutungen. Bestechend ist die ontologische Sparsamkeit: man braucht Individuen, Wahrheitswerte und den Funktionsbegriffsonst nichts. 20 4.1.2 Das Lexikon: Kategorien und Sprachliche Ausdrücke Bevor wir zu komplexeren Sätzen übergehen können, müssen wir uns über die Kategorien bestimmter sprachlicher Ausdrücke Gedanken machen. Dabei werden wir auf das Problem stoßen, dass morphologisch völlig verschiedene Wörter oder Ausdrücke verschiedener syntaktischer Komplexität in unserem kombinatorischen System in der gleichen Kategorie landen. Daraus wird sich die Notwendigkeit einer Doppelkategorisierung für Ausdrücke des Deutschen ergeben, da ja nicht nur die kombinatorischen, semantisch motivierten Kategorien für Ausdrücke des deutschen erfasst werden sollen, sondern auch deren morphosyntaktische Kategorien. 4.1.2.1 Nominalphrasen und Nomenmodifikatoren Betrachten wir folgende Ausdrücke: (27) ein Schwein (28) ein vollkommenes Schwein (29) ein Schwein, das ein Käppchen trägt (30) ein vollkommenes Schwein, das ein Käppchen trägt (31) ein vollkommenes Schwein mit einem Käppchen 21 Es ist unstrittig, dass alle diese Ausdrücke Nominalphrasen mit Schwein als Kern sind. Folglich sind vollkommenes, das ein Käppchen trägt und mit einem Käppchen Ausdücke, die eine Nominalphrase als Operanden nehmen, und die Resultatskategorie ist wieder die der Nominalphrase, d.h., sie erhal- 20 Diese Kompositionalität der Bedeutungsanalyse ist übrigens unabhängig von den gewählten Grundannahmen über semantische Entitäten. Wer z.B. Wahrheitswerte nicht als Denotate für Sätze akzeptieren mag, der kann ihnen auch beliebige andere, wohldefinierte Objekte zuordnen, z.B. Konfigurationen von verschiedenfarbigen Gummibärchen; dann denotieren einstellige Prädikate eben Funktionen von Individuen in Konfigurationen von Gummibärchen! 21 Nur die letzte Version ist belegt und steht so bei Gogol in Der Revisor. Flexible Kategorialgrammatikfür das Deutsche 25 ten vorläufig die Kategorie X/ X, wobei X die noch zu bestimmende Kategorie der Nominalphrasen ist. Morphologisch sind diese Ausdrücke jedoch völlig verschieden: ein Adjektiv, ein Relativsatz, eine Präpositionalphrase. Es bietet sich somit an, neben der kategorialgrammatischen Kombinationskategorie sprich: Schrägstrichkategorie zusätzlich eine den internen formalen Aufbau des jeweiligen Ausdrucks spezifizierende Konstruktionskategorie zur Verfügung zu haben. 22 Entsprechend wären die Kategorisierungen für diese Ausdrücke als Paare aus einer Kombinations- und einer Konstruktionskategorie anzugeben: < X/ X',ADJ >,< X/ X; RFLS >,<X/ X; PRP >, mit ADJ für Adjektiv, REES für Relativsatz und PRP für Präpositionalphrase. Was aber ist die Kombinationskategorie für Nominalphrasen? Zunächst wäre man wegen der bisherigen Beispiele geneigt, die Kategorie e zu wählen. Als Grundausdrücke dieser Kategorie e lassen sich aber allenfalls Eigennamen, 22 die nur meist aus einem Wort bestehen, z.B. Rhein, Amerika (Gegenbeispiel: die Cheops-Pyramide) behandeln. Schon bei Hans aus unserem Beispiel wird die Zugehörigkeit zu dieser Kategorie problematisch, da es ja diverse Hänse gibt. Für syntaktisch komplexe Nominalphrasen scheint sich die Kategorie e jedoch anzubieten wegen der syntaktischen Parallelität von (32) Amerika ist groß. (33) Der weiße Hai ist groß. (34) Das Mädchen auf dem Siegerpodest ist groß. (35) Kein Mädchen auf dem Siegerpodest ist groß. In all diesen Fällen bilden die Nominalphrasen Amerika, der weiße Hai, das Mädchen auf dem Siegerpodest, kein Mädchen auf dem Siegerpodest zusammen mit dem als einstelliges Prädikat zu analysierenden und somit der Kategorie t/ e zugehörigen ist groß einen Satz, was nahe legt, sie der Kategorie e zuzuordnen. Aus semantischen Gründen geht diese Idee jedoch nicht auf. Denn selbst wenn wir annähmen, dass es nur einen weißen Hai gäbe 24 und dass es nur ein Mädchen auf dem Siegerpodest gäbe, 25 was der bzw. das 22 Dieses Verfahren wurde bereits in der IDS-Grammatik von 1997 skizziert. '' Diese werden hier im Sinne der Sprachphilosophie als Bezeichnungen für einmalige Gegenstände aufgefasst. 24 Das könnte man bei einer Einschränkung auf den jeweiligen Kontext rechtfertigen. 25 Normalerweise stehen daraufja drei, aber wir könnten uns ja darauf einigen, dass die Äußerung in dem Moment erfolgt, wo nur die Siegerin schon auf das Treppchen gestiegen ist. 26 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen suggerieren, so ist spätestens bei kein Mädchen klar, dass uns diese Strategie nichts hilft, denn welches einmalige Individuum sollte durch kein Mädchen bezeichnet werden? ? Der locus classicus für diese Überlegung ist Lewis (1970, S. 203): In the dark ages of logic, a story something like this was told. The phrase some pig names a strange thing we may call the existentially generic pig which has just those properties some pig has. Since some pig is male, some pig (a different one) is female, some pig is pink (all over) and some pig is grey (all over), the existentially generic pig is simultaneously male, female, pink, and grey. Accordingly, he (she? ) is in the extensions both of is male and is female, both of is pink all over and of is grey all over. The phrase every pig names a different strange thing called the universally generic pig which has just those properties every pig has. Since not every pig is pink, grey or any other color, the universally generic pig is not of any color. (Yet neither is it colorless, since not every indeed not any pig is colorless.) Nor is he(? ) male or female or neuter, since not every pig is any of these. He is however, a pig and an animal, and he grunts; for every pig is a pig and an animal and grunts. There are also the negative universally generic pig which has just those properties that no pig has (he is not a pig, but he is both a stone and a number), the majority generic pig which has just those properties that more than half of the pigs have, and many more. A sentence formed from a name and an extensional verb phrase is true [...] if and only if the thing named by the name [...] belongs to the extension of the verb phrase [...]; and this is so regardless of whether the name happens to be a name like Porky of an ordinary thing or a name like some pig of a generic thing. This story is preposterous since nothing, however recondite, can possibly have more or less than one of a set of jointly exhaustive properties. At least, nothing can have more or less than one of them as its properties. Im Rahmen der semantischen Fundierung der Grundkategorien ist die Moral der Lewis'schen Ausführungen: - Wenn Namen Individuen bezeichnen sollen, - und wenn die Denotate von Ausdrücken wie kein Schwein, wie dargetan, keine Individuen sein können, Flexible Kategorialgrammatikfür das Deutsche 27 dann können Nominalphrasen unmöglich als Namen kategorisiert werden. Wenn nun aber ein Ausdruck zusammen mit einem anderen der Kategorie t/ e einen Resultatsausdruck der Kategorie t ergibt, - und wenn er nicht in der Operandenkategorie e stehen kann, dann bleibt im kategorialgrammatischen Rahmen nur übrig, ihn in die Operatorenkategorie t/ (t/ e) zu befördern. 26 Die Kategorie t/ (t/ e) wollen wir hinkünftig als Termkategorie bezeichnen. Sie enthält Operatoren-Ausdrücke, die einstellige Verben, also Ausdrücke der Kategorie t/ e, als Operanden nehmen und als Resultatskategorie Sätze haben. Gemäß unserer generellen Festlegung denotieren sie also Funktionen von Denotaten von einstelligen Verben (einstelligen Prädikaten) in Denotate von Sätzen (Wahrheitswerte). 27 Solche Funktionen wollen wir Charakteristiken nennen. Zur Vereinfachung 2 ^ wollen wir ververeinbaren: T= t/ (t/ e) Logisch gesehen denotieren auch Substantive Prädikate; morpho-syntaktisch verhalten diese sich im Deutschen selbstverständlich völlig anders. Dies könnten wir im Rahmen unserer Doppelkategorisierung durch den Unterschied von <t/ e; F>und <t/ e\N> darstellen. Dennoch folgen wir hier der Montagueschen Idee, Substantive kombinatorisch als t/ / e zu charakterisieren, da wir uns in vielen Fällen bei unseren Erläuterungen auf die Kombinationskategorien beschränken werden. Adjektive erhalten dann kombinatorisch die Kategorie (t/ / e)/ (t/ / e). So macht z.B. das Adjektiv rot aus dem lexikalischen Nomen Baron das komplexe Nominale roter Baron. 26 Dies folgt Montague (1970, 1972) und Lewis (1970). Man beachte jedoch, dass dies nicht als unrestringierte syntaktische Regel formuliert ist, sondern nur in diesem Falle vorgeschlagen wird. Zur Diskussion einer generellen Hebungsregel siehe Frosch (1996). 27 Eine detailliertere Darstellung der Semantik erfolgt in Kapitel 19. 28 Diese Vereinfachung werden wir nur dort einsetzen, wo es nicht um eine Weiterentwicklung des kombinatorischen Apparates der Kategorialgrammatik geht; bei Erweiterungen der Kategorialgrammatik werden wir grundsätzlich die explizite Kategorisierung verwenden. 28 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen (36) roter Baron,/ / e r ot(,/ / e )/ (,/ / e ) Baronj/ ze Ohne diesen Seitenpfad allzu weit auszutreten, wollen wir noch darauf hinweisen, dass Adjektive mit Substanznomina und Pluralnomina zusammen ein Problem aufwerfen: Substanznomina und Pluralnomina können auch ohne Determinative schon als „fertige“ Nominalphrasen auftreten. Um dieses Problem zu lösen, müssen wir entweder Adjektive in eine zweite Kategorie nämlich T/ T stecken oder eine syntaktische Regel einführen, die es erlaubt, Plural- und Substanznomina, auch komplexe, attribuierte, in die Termkategorie zu befördern. Partizipien verhalten sich im Prinzip wie Adjektive, sind aber syntaktisch von ihnen zu unterscheiden, da sie auch mit Hilfsverben zusammen (komplexe) Verben bilden. Sie erhalten die Kategorie (t/ / e)/ / (t/ / e). 4.2 Auf dem Weg zur flexiblen Kategorialgrammatik 4.2.1 Syntaxregelschemata Bei der Erläuterung der syntaktischen Regeln werden wir immer auch kurz auf die semantische Interpretation zu sprechen kommen. Dabei werden wir uns damit begnügen zu zeigen, wie die Übersetzung in eine Logiksprache aussieht, ohne jedoch deren Semantik explizit zu formulieren, da es für die jetzigen Zwecke genügt zu zeigen, dass die semantische Transparenz der einfachen Kategorialgrammatik erhalten bleibt. 29 4.2.1.1 Syntaxregelschemata zur Verknüpfung von Ausdrücken 1) Funktionale Applikation FA Wenn a e A/ B, ß e B, so a (ß) e A\ die Übersetzung ist wenn 2? bzw. 0 die Übersetzungen von a bzw. ß sind. Eine Stan- 29 Die verwendete Logiksprache wird in den Kapiteln 10. und 11. expliziert. Flexible Kategorialgrammatikfür das Deutsche 29 dardkategorialgrammatik enthält nur diese Regel; FA war auch die einzige kategoriale Syntaxregel in der IDS-Grammatik. Diese Regel wird gelegentlich durch eine Analogie zur Kürzung im Bruchrechnen illustriert: A — xB = A B Wie bereits oben gesehen, kann eine solche Standardkategorialgrammatik zwar eine korrekte Funktionalstruktur erzeugen, jedoch kommt sie mit der Wortstellung nicht zurecht. Aus diesem Grund wollen wir einige mögliche Erweiterungen unter die Lupe nehmen und prüfen, welche Behandlung von Stellungsphänomenen durch diese ermöglicht wird. 2) Funktionale Komposition FK Wenn a e A/ B, ß e B/ C, y e C, so ist a(ß) g A/ C; die Übersetzung ist: X C{! 7l{ ( B(Cf)) Dabei ist <71, die Übersetzung von a, vom Typ A/ B, und 0, die Übersetzung von ß, ist vom Typ B/ C und C, die Übersetzung von y, vom Typ C. Exkurs: Unvorgreifliche Bemerkungen zum / .-Operator In einer Prädikatenlogik mit A,-Operator lässt sich die „Sättigung“ von Operatorenausdrücken rückgängig machen. Hat man zum Beispiel ein einstelliges Prädikat P und eine Individuenvariable a, so ist P(a) eine prädikatenlogische Formel oder ein Satz der Prädikatenlogik; Xa[P(a)] ist dagegen wieder ein einstelliges Prädikat. In diesem einfachen Beispiel ist das natürlich relativ witzlos. Betrachten wir ein zweistelliges Prädikat P': zusammen mit zwei Individuenvariablen b und c bildet es die Formel: P'(b, c) 30 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen Verwendet man nun logische Formeln zur Interpretation natürlichsprachlicher Ausdrücke, so ist es natürlich wünschenswert, die logischen Ausdrücke so weit wie möglich parallel zum syntaktischen Aufbau der entsprechenden natürlichsprachlichen aufzubauen. Für einen Satz mit einem zweistelligen Verb und zwei Argumenten, z.B. (37) Hänsel liebt Gretel. ist eine übliche Analyse gleichgültig, ob die Analyse kategorialgrammatisch oder phrasenstrukturgrammatisch aufgebaut ist - (38) Hänsel liebt Gretel Hänsel liebt Gretel liebt Gretel Durch Einsatz des ^.-Operators kann man z.B. aus der Formel den Ausdruck P\b, c) Xb[P\b, c)} ableiten, dessen Kategorie die eines einstelligen Prädikates ist, d.h., sie entspricht der linguistischen Kategorie Verbalphrase. 30 Zurück zur funktionalen Komposition! Die Idee hinter der Einführung dieser Regel ist es, ungesättigte Ausdrücke als Operanden zuzulassen, die dann jedoch ihre ungesättigte Stelle in den resultierenden Operatorausdruck einbringen. Auch diese Regel weist eine Analogie zum Kürzen auf: ABA B X C ~ C Der / .-Operator wird später ausführlich eingeflihrt, deshalb mag dieser Hinweis hier genügen. 30 Flexible Kategorialgrammatikfür das Deutsche 31 Eine Gegenüberstellung von zwei Beispielen soll zeigen, was diese Regel an Gewinn bringt: 31 Für Sätze mit einstelligen Verben ist die Ableitung von Sätzen einfach, auch in der richtigen Stellung, 32 z.B. (39) Peter lacht. (40) t Peter lacht t/ (t/ e) t/ e Peter lacht wo der Term Peter per funktionaler Applikation mit dem einstelligen Prädikat lacht zu einem Satz verknüpft werden kann, womit auch die korrekte- Wortstellung erreicht ist. Wie aber lassen sich Sätze mit zweistelligen Verben ableiten? Nehmen wir das Beispiel (41) Peter kennt Gustav. kennt ist in der üblichen Kategorie für zweistellige Verben, (t/ e)/ e, Gustav und Peter jeweils in der Termkategorie t/ (t/ e). Damit ist zunächst keine Gelegenheit zu einer Anwendung der funktionalen Applikation gegeben. Durch das Regelschema der funktionalen Komposition können wir jedoch den Term Gustav, t/ (t/ e), mit kennt, (t/ e)/ e verbinden, sodass der resultierende 31 Wir klammem die Doppelkategorisierung hier aus und konzentrieren uns auf die Kombinationskategorien. 32 Es ist natürlich eleganter, die richtige Stellung möglichst ohne Bewegungsregeln oder spezielle Verkettungsregeln zu erzeugen, nur durch die kategorialgrammatischen Regeln, vorausgesetzt, die semantische Interpretation geht dabei auf. 32 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen Ausdruck (den) Gustav kennt in der gewünschten Kategorie für einstellige Prädikate 33 ist, nämlich in t/ e, wodurch dann die funktionale Applikation des Terms Peter möglich wird: (42) t/ e Gustav kennt t/ (t/ e) (t/ e)/ e Gustav kennt Das Resultat kann demgemäß per funktionaler Applikation mit Peter zu einem Satz verknüpft werden: (43) t Peter Gustav kennt t/ (t/ e) t/ e Peter Gustav kennt Leider ist hier jedoch die Wortstellung nicht korrekt; der Satz lautet ja: (44) Peter kennt Gustav. Hier wären zwei Lösungen möglich: Variante I: - Wenn ein Output der kategorialen, kombinatorischen Komponente ein Hauptsatz S ist (d.h. ein Satz, der nicht unter einem anderen eingebettet 33 Der kombinatorische Apparat unterscheidet noch nicht zwischen Verben und Prädikaten; daher führen wir ja zusätzlich die Konstruktionskategorien ein. Flexible Kategorialgrammatikfür das Deutsche 33 ist), dann wird der Satz auf einen anderen abgebildet (symbolisiert durch h>), für den bestimmte Stellungsbedingungen angegeben werden. S' Dabei unterscheiden sich S und S' nur dadurch, dass in S' der finite Verbteil an der zweiten Konstituentenstelle steht. Variante II: - Wenn ein Output der kategorialen, kombinatorischen Komponente ein Hauptsatz S ist (d.h. ein Satz, der nicht unter einem anderen eingebettet ist), dann S' Dabei unterscheiden sich S und S' nur dadurch, dass in S' der finite Verbteil an der ersten Konstituentenstelle steht und Sh+S" Dabei unterscheiden sich S' und S" nur dadurch, dass in S" eine nichtfinit-verbale Konstituente an der ersten Konstituentenstelle steht. Egal für welche Variante man sich entscheidet: die Regeln sind obligatorisch die Funktionsstruktur zur semantischen Interpretation wird in beiden Fällen von S geliefert. Übrigens scheint die zweite Variante insofern vorzuziehen zu sein, als ihr erster Schritt die Ableitungen von Verberstsätzen erlaubt, wie sie in uneingeleiteten Konditionalsätzen und Verberst-Hauptsätzen z.B. finden wir sie in Witzanfängen wie (46) auftreten: (45) Kräht der Hahn auf dem Mist, ändert sich's Wetter oder bleibt, wie's ist. (46) Kommt ein Mann in die Kneipe und sagt: ... 34 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen 4.2.1.2 Syntaxregelschemata zur Umkategorisierung von Ausdrücken Neben der Möglichkeit, neue Regeln zur syntaktischen Kombination einzuführen es wären noch andere als die bisher angeführten denkbar haben wir auch noch die Möglichkeit, Regelschemata zur Umkategorisierung von Ausdrücken festzulegen. 1) Reduktionsregel RED: Wenn a e A/ B, so ist RED (a) ^ A; die Übersetzung von a ist \g\[/ l{ s Cj)\, die von RED (a) ist wobei vom Typ A/ B ist und £ eine (freie, kontextabhängig zu interpretierende) Variable vom Typ B. Wir werden von dieser Regel vor allem Gebrauch machen, um die Verwandschaft von Determinativen und den „parallelen“ Pronomen aufzuzeigen. Was diese Regel im Beispielfall semantisch gesehen macht, ist leicht einzusehen: das A-Präfix fallt weg; dadurch fällt für den Ausdruck eine syntaktische Leerstelle weg, wobei aber eine „hängende“ freie Variable in der logischen Übersetzung übrig bleibt, die dann kontextabhängig interpretiert werden muss. Die Idee, manche Pronomina als „detransivierte Determinative“ zu behandeln, findet sich als rein syntaktisches Verfahren bereits in Vater (1980); Ballweg (1997) skizziert die hier unten ausführlich dargestellte kategorialgrammatische Lösung, bei der auch eine adäquate semantische Analyse angeboten wird. Eine solche Regel braucht man z.B. auch für Verben wie essen oder trinken, die sowohl einals auch zweistellig auftreten. 34 Es scheint hier wesentlich, darauf hinzuweisen, dass diese Regel offenbar nicht nur für den NP-Bereich gute Dienste leistet, sondern eben auch im Bereich der Verben, sodass eine unabhängige Motivation gewährleistet ist. 34 Ihre Anwendungsmöglichkeit muss bei den entsprechenden Verben bereits im Lexikon markiert werden. Diese Regel ist bisher meines Wissens wenig diskutiert worden; sie findet ihren Ursprung, wie fast alle hier zur Debatte stehenden Regeln, in der kombinatorischen Logik, siehe z.B. Curry/ Feys (1968). Flexible Kategorialgrammatikfür das Deutsche 35 2) Kommutationsregel (KOM): In der IDS-Grammatik wurden Subjekte zumindest als default-Fall als letztanzubindende Terme eingeführt (LZT, siehe dort Kapitel E 2.1.)- Dies ist jedoch nicht immer adäquat, da es Fälle gibt, in denen aus semantischen Gründen auch eine Lesart möglich sein muss, wo z.B. der akkusativische Term bzw. dessen Übersetzung weiten Skopus hat. So hat z.B. der Satz (47) Alle lieben eine. eine Lesart, in der alle weiten Skopus hat, zur Verdeutlichung paraphrasiert als „Für jeden gibt es eine, die er liebt.“ nämlich z.B. einer seine Freundin, ein andrer seine Mutter, Uhl oder Nachtigall ... eine zweite Lesart, in der eine weiten Skopus hat, zur Verdeutlichung paraphrasiert als „Es gibt eine, die jeder liebt.“ z.B. in England die Königin Elisabeth. Folglich brauchen wir für die zweite Lesart 35 die Möglichkeit, den Akkusativ-Term als Letzten anzubinden, d.h. die Reihenfolge der Termanbindungen zu vertauschen. Um solche Lesarten mit weitem Skopus von Objekten zu erhalten, wie z.B. die Queen Elizabeth-Lesart (vgl. Cresswell 1973) von In England lieben alle eine, muss man [t/ T^) / T^-Ausdrückc in (t/ ) / T^- Ausdrücke umkategorisieren können. Das entsprechende Regelschema K lautet: Wenn a e (A/ B) / C, so ist Ka s ((A/ C) / B. Die Übersetzung von K(a) ist Ky[LA[V7( ß)(y)]], wobei V? vom Typ (A/ B)/ C, y vom Typ B und S vom Typ C ist. Durch dieses Regel- 35 Darüber, ob und unter welchen Umständen ein Satz wie (47) Alle lieben eine. auch eine Lesart mit weitem Skopus der Akk-NP eine hat, gibt es eine lange Diskussion, die hier nicht nachgezeichnet werden soll. (Vgl. Frey 1993.) Ich begnüge mich mit dem Hinweis, dass (3(y)[V(x)[L(x,y)]]) —» (V(a-)[3 (y)[Z,(x,y)]]) ein fundamentales Theorem der Prädikatenlogik ist, sodass schlecht zu sehen ist, wie ein Satz, der die erste Lesart hat, die zweite nicht haben können soll! 36 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen schema wird die „normale“ Applikationsreihenfolge umgekehrt. In unserem Zusammenhang werden wir diese Regel unten verwenden, um das Problem von Determinativen in Distanzstellung zu behandeln. 3) Hebungsregel (H): Wenn a e ß, so auch a^X/ {X/ B), für beliebige 5, Xg CAT. Bemerkung: Eine Instanz haben wir oben schon gesehen, wo Namen, die man auch in die Kategorie e stecken könnte, zu T = t/ (t/ e) angehoben wurden. Das folgt Montague, der diese Hebung nur im Lexikon macht und kein allgemein anwendbares, rekursives Regelschema Hebung hat. Hebung als generelle, unrestringierte syntaktische Regel würde dazu fuhren, dass jeder Ausdruck unendlich viele Kategorien erhält, was für linguistische Zwecke sicher unerwünscht ist. Wir wollen deshalb hier versuchen, diese Regel nicht generell einzuführen, sondern nur dort, wo es unumgänglich ist, spezielle Hebungsregeln zu formulieren. Die Übersetzung, die diesem Regelschema entspricht, ist: TX/ ((i( f ß), wobei a vom Typ X/ B ist, y vom Typ B. 4) Geach-Regel (G): Wenn a e A/ B, so auch a e (A/ C) / [B/ C), für beliebige A,B,C e CAT. Die Übersetzung ist Z0(ZC(3^(ß(y)))). Dabei ist SAf, die Übersetzung von a, vom Typ A/ B, 0, die Übersetzung von ß, ist vom Typ A/ C und C, die Übersetzung von y, ist vom Typ C. Auch die Geach-Regel (GEACH) gibt es eine Analogie mit dem Bruchrechnen, nämlich die Erweiterung: A A x C B BxC Damit ist aber klar, dass auch hier das Problem der „Kategorieninflation“ auftaucht. Bemerkung: Die Standardillustration für G ist das „Absenken“ von Satzoperatoren aus der Kategorie t/ t nach „Verboperatorenkategorien“, z.B. kann selten, / t durch „geachen“ in die Kategorie (t/ e)/ (t/ e) überführt werden. (48) Hans lacht selten. Flexible Kategorialgrammatikfür das Deutsche 37 (49) t Hans lacht selten t/ (t/ e) t/ e Hans lacht selten t/ e (t/ e)/ (t/ e) lacht G(selten) Der hier mit GEACH und FA erreichte Effekt kann jedoch auch durch FK erreicht werden: (50) t/ e selten lacht t/ t t/ e selten lacht Da die Aufnahme der GEACH-Regel dazu fuhren würde, dass alle Ausdrücke in unendlich [! ] vielen Kategorien wären, begnügen wir uns mit der Möglichkeit, solche Sätze per FK zu erzeugen. Denn auch GEACH ist eine rekursiv anwendbare Regel, und das hat die oben bei der Verbhebung bereits erläuterten hässlichen Folgen. Schönfmkel-Regeln (SCH und RSCH): Ein weiteres Paar von Umkategorisierungsregeln geht darauf zurück, dass Schönfinkei gezeigt hat 38 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen (1924), dass man n-stellige Funktionen in gestufte, jeweils einstellige Funktionen umwandeln kann, deren Wert dann eine (n-l)-stelligc Funktion ist - und umgekehrt. Daraus ergibt sich eine Regel SCH und deren Umkehrung RSCH: - Ist a G A/ (B,C), so ist SCH(a) <= (A/ B)/ C. - Ist a e (A/ B)/ C, so ist RSCH(a) G A/ (B,C). Durch die Anwendung der Schönfmkelregel (SCH) kann man also mehrstellige Ausdrücke stufen; durch Anwendung der Rückwärts- Schönfmkelregel (RSCH) kann man gestufte Ausdrücke zu mehrstelligen machen. Wir werden diese unten im Zusammenhang mit der funktionalen Komposition anwenden, um „störende“ äußere Klammerungen loszuwerden. 4.2.1.3 Verkettungsoperationen (KET„ und KET*„) Die bisherigen Regeln betrafen, außer den beiden Varianten der Verbzweitstellungsregel, den kombinatorischen „harten Kern“ einer Kategorialgrammatik. Die jetzt zu betrachtenden Verkettungsoperationen betreffen die Oberflächenketten. Der empirische Hintergrund für ihre Einbeziehung in eine Beschreibung des Deutschen ist die Tatsache, dass wir eine große Wortstellungsvarianz vorfmden, deren Varianten nicht immer semantische Unterschiede im Sinn einer wahrheitskonditionalen Semantik aufweisen. 36 Um diese semantisch „blinden“ Varianten zu behandeln, benötigen wir Regeln, die in die semantisch-funktionale Kombinatorik nicht eingreifen, sondern lediglich für die richtige Reihenfolge der Konstituenten in der Oberflächenkette sorgen. Die Idee besteht mithin darin, auf den Output der kategorialen Regeln FA und FK, das sind Ausdrücke der Form a (ß), Operationen anzuwenden, die jeweils alle Teilausdrücke von a bzw. ß in der richtigen Reihenfolge verketten. 36 Sie mögen eine andere Vordergrund-Hintergrund-Verteilung o.Ä. aufweisen, aber keine Unterschiede in den Wahrheitsbedingungen. Flexible Kategorialgrammatikfür das Deutsche 39 KET„ und KET*„: - KET„oc (ß) = das Resultat der Einfügung von ß hinter die n-te Konstituente von a. (n G Af u 0) - KET*„a (ß) = das Resultat der Einfügung von a hinter die n-te Konstituente von ß. Die Idee hinter dieser Konstruktion ist einfach: KET fugt Operanden in Operatoren ein, wie z.B. Terme in Verbgruppen, KET* fügt Operatoren in Operanden ein, z.B. Adverbialia in Sätze, und zwar ohne Folgen für die semantische Interpretation. Als Konstituente sollen dabei die jeweiligen unmittelbaren Konstituenten der Teilausdrücke gelten, die durch die Verkettungsregel in die richtige Oberflächenreihenfolge gebracht werden. 4.2.1.4 Komposition von Kategorialen Regeln und Verkettungsregeln Komponiert man nun die Regeln FA bzw. FK mit KET bzw. KET*, so ergibt sich bei 0 als mathematisch üblichem Zeichen für die Komposition von Funktionen: - FA o KET: Ist a g A/ S, ß g B, so ist FA 0 KET„ (a,ß) g A das Resultat der Einfügung von ß hinter die n-te Konstituente von a. - FA o KET*: Ist a g A/ B, ß g B, so ist FA 0 KET*„(a,ß) g A das Resultat der Einfügung von a hinter die n-te Konstituente von ß. - FK o KET: Ist a e A/ B, ß e B/ C, so ist FK 0 KET„(a,ß) G A/ C das Resultat der Einfügung von ß hinter die n-te Konstituente von a. - FK o KET*: Ist a G A/ B, ß e B/ C, so ist FK 0 KET*„(a,ß) g A/ C das Resultat der Einfügung von a hinter die n-te Konstituente von ß. Durch diese Verknüpfung von kategorialen Regeln und Verkettungsregeln wird simultan sowohl die Kategorie des komplexen Ausdrucks als auch die korrekte Abfolge der Elemente festgelegt. Zu beachten ist dabei, dass die Verkettungsregeln die Funktionalstruktur nicht ändern. 40 Quantifikaüon und Nominaltypen im Deutschen 5. Deutsche Wortstellung kategorial 5.1 Nebenbzw. Verbendsätze Ziel dieses kleinen Kapitels kann es natürlich nicht sein, neue und aufregende empirische Ergebnisse über die Wortstellung im Deutschen zu präsentieren. Vielmehr wird es darum gehen zu zeigen, dass das vorgeschlagene System mit den kategorialen Regeln FA, FK, RED, KOMM, SCH und RSCH, ergänzt durch die Verkettungsregeln, geeignet ist, sowohl semantisch „blinde“ als auch semantisch relevante Stellungsvarianten zu erfassen. VERBLETZT versus VERBZWEIT: Bekanntlich haben die Hauptsätze (Aussagesätze) im Deutschen Verbzweitstellung (bzw. Finitumzweitstellung), wohingegen die Nebensätze Verbletztstellung aufweisen jedenfalls im Prinzip. Wie soll man das in unserem Rahmen bewältigen? ? Soll man wirklich die Termanbindung mit verschiedenen KET„ für Hauptsätze und Nebensätze formulieren? ? Bevor jemand sagt, das sei unelegant, folgende Ideenskizze: Man erzeugt zuerst die Nebensatzstellung (die Idee ist alt und stammt von Bierwisch). Dann kann man FA 0 KET„ für Terme in erster Näherung so definieren, dass diese in der Reihenfolge der Applikationen bzw. Kompositionen links angefügt werden. Termanbindungsregel: Ist a e (t/ e)/ X, ß G t{t/ e), so ist FA 0 KET 0 (a,ß) e X, wobei X = e oder <e, e> oder 0. Diese Regel erzeugt nun die korrekte Nebensatzbzw. Verbendstellung. 5.2 Hauptbzw. Verberst- und Verbzweitsätze Um die Wortstellung von Hauptsätzen zu gewinnen, kann man, wie oben diskutiert, von der Nebensatzstellung (Verbletzt) ausgehen und in einem ersten Schritt das Verb an die Spitze transportieren; die so gewonnenen Verberstsätze kann man durch Voranstellung einer Konstituente zu Verbzweitsätzen machen. Wenn wir das bisherige System betrachten, sehen wir, dass wir einerseits Regelschemata haben, die nur Stellungseffekte haben - KET & Co. -, ande- Flexible Kategorialgrammatikfür das Deutsche 41 rerseits solche, die sowohl Stellungsals auch Skopuseffekte haben - SCH, RSCH und KOMM, und dass beide Typen von Regelschemata auch interagieren können. Dahinter steckt die Hypothese, dass die Wortstellung im Deutschen nicht immer semantisch transparent ist. Doch kann man Sätze mit semantisch transparenter Stellung auszeichnen, weil sie kommunikativ besonders effektiv sind. Zur Vereinfachung fuhren wir noch die Konvention ein, dass KET 0 nicht eigens notiert wird, weil hier die Reihenfolge schon durch Anwendung von FA bzw. FK richtig geregelt wird. 5.3 Stellung und Skopus von Satzadverbialen Bevor wir genauer über Beschränkungen für n in den Verkettungsoperationen für Ausdrücke bestimmter Kategorien nachdenken, betrachten wir folgendes Beispiel: Aufgabe ist die Erzeugung von folgenden Sätzen mit allen Skopusvarianten für gestern: (51) dass gestern (der) Hans (den) Hugo sah (52) dass (der) Hans gestern (den) Hugo sah (53) dass (der) Hans (den) Hugo gestern sah Unerwünscht ist: (54) * dass(der) Hans (den) Hugo sah gestern Zuerst, weil es einfacher geht, die Lesart mit weitem Skopus: (55) gestern Hans Hugo sah, gestern,/ , Hans Hugo sah, Hans,/ (,/ e ) Hugo sah ( ,/ e y e Hugo,/ (,/ e ) sah,/ e 42 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen Zunächst wird Hugo durch FK mit sah verknüpft, der resultierende Ausdruck dann durch FA mit dem Subjekt Hans. Diese Ableitungsschritte sind für alle Varianten gleich. Die Einfügung des Satzoperators gestern erfolgt nun mittels FA 0 KEX”; mit n = 0 ergibt sich Satz (51), mit n = 1 ergibt sich Satz (52), mit n = 2 ergibt sich Satz (53); in allen hat gestern weiten Skopus. Nur Satz 1 weist transparente Stellung auf. Als Prinzip für die Stellung bei Termanbindung bietet sich anscheinend an: Ist a e X/ T, wobei X e V" mit 0 < n, und ist ß G T, so ist FA 0 KET" (a(ß)) e X das Resultat der Einfügung von ß hinter der n-ten Stelle von a, wobei 0 < « < w (w sei die Position des Verbs). Das läuft darauf hinaus, dass Terme in der Nebensatzstellung links vom Verb stehen genauer: links vom Verbalkomplex - und dass die Terme (NB: bei gleicher semantischer Struktur) in verschiedenen Reihenfolgen auftreten können. Der prototypische Fall ist n = 0, was auf eine Abbildung der Applikationsreihenfolge in der Kette hinausläuft, und zwar so, dass der als letzter angebundene Term an erster Stelle unter den Termen steht, der als erster angebundene an letzter Stelle. Der prototypische Fall ist wiederum semantisch transparent. Für Satzadverbialia bietet sich an: 1st a G t/ t, ß <= t, so ist FA o KET*'” (a(ß)) G t das Resultat der Einfügung von a hinter die m-te Stelle von ß, wobei m = 0 ist, oder m ist die Position eines Terms oder Satzadverbials. Das läuft darauf hinaus, dass Satzadverbialia vor, hinter oder zwischen Termen bzw. anderen Satzadverbialia stehen können, aber nicht hinter oder im Verbalkomplex, m = 0 liefert die transparente Stellung. Wie schon gesagt produziert die Verknüpfung von KET mit FA, wie in den Beispielen, zwar alle Stellungsvarianten für das Adverbial durch die Beschränkungen für m, durch geeignete Wahl von t auch die mit J Akk vor T AW aber alle mit der gleichen Funktionalstruktur: X t/ t [Y t ], d.h. alle Terme sind mit im Skopus des Adverbials. Für bestimmte Sätze ist das aber inadäquat, wie folgendes Beispiel zeigt: (56) ... dass der Präsident gestern den Jubilar gesehen hat. Flexible Kategorialgrammatikfür das Deutsche 43 Dieser Satz hat auch eine Lesart, wo der Präsident außerhalb des Skopus von gestern steht, z.B. wenn er gestern noch Kandidat war, weil die Wahl erst heute Morgen stattfand; auch der Stichtag für den Jubilar kann erst heute sein, und dann muss auch der Jubilar außerhalb des Skopus von gestern stehen. Mit genau diesen Fällen haben wir aber oben die Einführung von FK motiviert. Wir analysieren zuerst (57) ...dass der Präsident gestern den Jubilar sieht. Die Lesart mit weitem Skopus von gestern ergibt sich wie oben durch FA o KETq für die beiden Terme und FA 0 KET m für gestern. Für die Lesarten mit engerem Skopus versuchen wir eine Ableitung mit Flilfe von FK: Zunächst scheint das nicht zu gehen, da gestern g t/ t ist und sieht g (t/ e)/ e. Erinnern wir uns aber an die oben eingefuhrte Rückwärts- Schönfinkelregel RSCFI, so können wir damit sieht in die Kategorie t/ (e,e) überführen, wonach FK angewendet werden kann: (58) gestern sieht^g) gestern,/ , RSCH(sieht)t/ ( e e ) den resultierenden Ausdruck gestern sieht^ e ^ können wir dann durch SCFI wieder in eine gestufte Funktion zurückverwandeln, wonach wir die Terme schrittweise durch FK und FA anbinden können: (59) der Präsident den Jubilar gestern sieht. der Präsident,/ (,/ e ) den Jubilar gestern sieht,/ e den Jubilar,/ (,/ e ) SCH (gestern sieht)(,/ e) e ) Dieser kurze Überblick zeigt, dass die vorgestellte flexible Kategorialgrammatik nicht nur mit den Stellungsregeln zurecht kommt, sondern auch die geeigneten semantischen Interpretationen liefert. 44 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen Damit sind wir jetzt in der Lage, das System auf den Bereich der Determinative im Deutschen anzuwenden, wobei sich weitere Verfeinerungen ergeben werden. 6. Syntax und Lexikon Bevor wir das syntaktische Verhalten der Determinative des Deutschen beschreiben, ist es nötig, zunächst noch einmal alle bisher entwickelten Regeln unserer flexiblen Kategorialgrammatik zusammenfassend darzustellen. Die bisherigen Überlegungen machen es außerdem notwendig, auch für das Lexikon eine angepasste Konzeption zu entwickeln, die die kombinatorischen und morphologischen Merkmale und Regelanwendungsmerkmale für Umkategorisierungsregeln vorsieht. In einem dritten Teil wollen wir dann das Zusammenspiel von Lexikon und Syntax darstellen und dabei auch das Konzept der syntaktischen Funktionen vorstellen. 6.1 Flexible Kategorialsyntax 6.1.1 Kombinationsregeln Das bisher erarbeitete System enthält folgende Kombinationsregeln: 1) Funktionale Applikation: Wenn a e A/ B, ß e 5, so a (ß) e A; die Übersetzung in die Logiksprache, die zur semantischen Beschreibung dient, ist wenn ! 7l bzw. 0 die Übersetzungen von a bzw. ß sind. Eine Standardkategorialgrammatik enthält nur diese Regel. 2) Funktionale Komposition: Wenn a e z(/ ß , ß e 5/ C, so ist a (ß) g A/ C; die Übersetzung ist aC(-B( ( B(C))). Dabei ist A, die Übersetzung von a , vom Typ A/ B; 0, die Übersetzung von ß, ist vom Typ B/ C und C, die Übersetzung von y ist vom Typ C. Die Idee hinter der Einführung dieser Regel ist es, ungesättigte Ausdrücke als Operanden zuzulassen, die dann jedoch ihre ungesättigte Stelle in den resultierenden Operatorausdruck einbringen. Flexible Kategorialgrammatikfiir das Deutsche 45 6.1.2 Umkategorisierungsregeln 1) Reduktionsregel RED: Wenn a g A/ B, so ist RED (a) g A\ die Übersetzung ist 5^ (^1, wobei ! 7l vom Typ A/ B ist und r C/ eine (freie, kontextabhängig zu interpretierende) Variable vom Typ B. Wir werden von dieser Regel vor allem Gebrauch machen, um die Verwandschaft von Determinativen und den „parallelen“ Pronomen aufzuzeigen. Was diese Regel semantisch gesehen macht, ist leicht einzusehen: eines der / .-Präfixe fallt weg, dadurch fällt für den Ausdruck eine syntaktische Leerstelle weg, wobei aber eine „hängende“ freie Variable in der logischen Übersetzung übrig bleibt, die dann kontextabhängig interpretiert werden muss. Dabei ist zu beachten, dass durch Anwendung dieser Regel, beschränkt auf eine Argumentstelle, die Möglichkeit einer weiteren Anwendung wegfallt, wodurch keine rekursive Anwendung möglich ist und damit auch kein Übergenerierungsproblem entsteht. 2) Kommutationsregel K: Wenn a e (A/ B)/ C, so ist K(a) g (A/ C) / B. Die Übersetzung von K(a) ist / XVÜ[V7(S)(y)], wobei 5/ vom Typ (A/ B)/ C, C vom Typ B und S vom Typ C ist. Durch dieses Regelschema wird die „normale“ Applikationsreihenfolge umgekehrt. Bei einer rekursiven Anwendung dieser Regel entsteht wieder der Ausgangsausdruck, sodass auch hier keine Gefahr der Übergenerierung aufkommt. 3) HEBUNG (H): Wenn a g R, so auch a g X/ (X/ B), für beliebige B,X & CAT. Das folgt Montague, der diese Hebung nur im Lexikon macht und kein allgemein anwendbares, rekursives Regelschema Hebung hat. Hebung als generelle, unrestringierte syntaktische Regel würde dazu fuhren, dass jeder Ausdruck unendlich viele Kategorien erhält, was für linguistische Zwecke sicher unerwünscht ist. Wir wollen deshalb hier versuchen, diese Regel nicht generell in der Syntax einzuführen, sondern nur dort, wo es unumgänglich ist, spezielle Hebungen im Lexikon vorzusehen, d.h. insbesondere im Falle von Eigennamen, die nicht in der Kategorie e, sondern in der Termkategorie t/ (t/ e) stehen. 46 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen Die Übersetzung, die diesem Regelschema entspricht, ist yj7l{! 7l(C)), wobei vom Typ X/ B ist, C vom Typ B. 4) SCHÖNFINKEL-Regeln: Eine weiteres Paar von Umkategorisierungsregeln geht darauf zurück, dass Schönfmkel (1924) gezeigt hat, dass man n-stellige Funktionen in gestufte, jeweils einstellige Funktionen umwandeln kann, deren Wert dann eine (n-l)-stellige Funktion ist - und umgekehrt. Daraus ergibt sich, wie auf S. 35 gezeigt, eine Regel SCH und deren Umkehrung RSCH. Ist a e A/ (B,C), so ist SCH(a) e (A/ B)/ C. Ist a g (A/ B)/ C, so ist RSCH(a) e A/ (B,C). Durch die Anwendung der Schönfmkelregel (SCH) kann man also mehrstellige Ausdrücke stufen, durch Anwendung der Rückwärts- Schönfmkelregel (RSCH) kann man gestufte Ausdrücke zu mehrstelligen machen. Wir werden diese unten im Zusammenhang mit der funktionalen Komposition anwenden, um „störende“ äußere Klammerungen loszuwerden. 6.1.3 Das Zusammenspiel von Umkategorisierungs- und Kombinationsregeln Ein bisher noch nicht systematisch angesprochenes Problem einer flexiblen Kategorialgrammatik ist die Übergenerierung. Verwendet man alle vorgeschlagenen Regeln unrestringiert, so wird die Syntax viele Ausdrücke generieren, die unerwünscht sind, z.B. würde neben der erwünschten, durch Reduktion des Determinativs diesgenerierten Pronomens, wie in (60) Kennst du diesen? auch (61) *Kennt ihr solchen? durch Reduktion des Determinativs solcherzeugt. Und neben dem korrekten (62) Reinhold isst. Flexible Kalegorialgrammatikfür das Deutsche 47 durch Reduktion des zweistelligen Verbs essen generiert, würde auch (63) *Reinhold besteigt. durch Reduktion des zweistelligen Verbs besteigen generiert, was unerwünscht ist. 6.1.3.1 Lexikalische Regelanwendungsmerkmale Angesichts dieser Beispiele drängt sich zunächst die Überlegung auf, in den Lexikoneinträgen dafür zu sorgen, dass Informationen über die Möglichkeit vorgesehen werden, Umkategorisierungsregeln auf diesen Ausdruck anzuwenden. Neben den Schrägstrich- oder Kombinationskategorien und den Konstruktionskategorien, die morphologisch motiviert sind, kämen dann noch Regelanwendungsmerkmale hinzu. Ein Lexikoneintrag für z.B. essen sähe dann so 37 aus: essen e [(t/ e)/ e; V; <+red>\, <+red> ist dabei ein Regelanwendungsmerkmal, das besagt, dass das Verb durch die Reduktionsregel RED umkategorisiert werden kann zu: essen g [t/ e; V; <-red>]. Wie man sieht, ist der durch Reduktion entstandene Ausdruck seinerseits nicht mehr reduzierbar. Hingegen wäre der entsprechende Eintrag für besteigen: besteigen g [(t/ e)/ e; V; <-red>~\, wodurch eine Ableitung von (63) blockiert wäre. Und für die beiden Determinative in (61) und (60) käme man zu den Lexikoneinträgen: der g [(t/ (t/ e)/ (t/ / e)); DET+masc+sing; <+red>]; solcher g [(t/ (t/ e)/ (t/ / e)); DET+masc+sing; <-red>]. Das würde dann die Ableitung von (60) ermöglichen, die von (61) jedoch blockieren. 6.1.3.2 Merkmalsvererbung Die rein lexikalistische Strategie für Regelanwendungsmerkmale geht jedoch nicht ganz auf, wie uns folgende Beispiele und ihre syntaktischen Ableitungen zeigen, in denen die Reduktionsregel auch auf syntaktisch komplexe Ausdrücke angewandt werden muss: 17 Mindestens so, denn über die Anwendung der anderen Regeln ist hier noch nichts ausgesagt! 48 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen (64) Reinhold ist ein berühmter Bergsteiger. (65) Reinhold ist ein berühmter. (66) Reinhold ist einer. Zunächst ein Teil der Ableitung von Beispiel (64): (67) ein berühmter Bergsteiger/ / ^/ ") ™ (t/ {t/ e)/ {t/ / e)) berühmter Bergsteiger/ / / / , berühmter),/ / e) / ,/ / e) Bergsteiger/ / / " Durch FA wird zunächst das Adjektiv mit dem Nomen syntaktisch verknüpft, worauf die so entstandene Phrase mit dem Determinativ ein verknüpft wird, wiederum durch FA. Das alles ist unproblematisch und geht in j eder Standardkategorialgrammatik. Es sei daraufhingewiesen, dass die Einführung der funktionalen Komposition noch eine andere Ableitung von (64) erlaubt, nämlich: (68) ein berühmter Bergsteiger/ / )/ / ^) Dies ist insofern unerheblich, als die mit FA bzw. FK assozierten Übersetzungsregeln in beiden Fällen zur gleichen semantischen Interpretation fuhren, die auch adäquat ist, nämlich: A,x [BERÜHMT(BERGSTEIGER)(x)]. Bei dieser Ableitung wird das Determinativ ein zunächst mit dem Adjektiv berühmter zu dem phrasalen Determinativ ein berühmter verknüpft, und zwar ein berühmter(/ / (,/ e )/ (,/ / e ) Bergsteiger/ / / ") ^ n {t/ (t/ e)/ {t/ / e)) berühmter)/ / / ")/ ,/ / / ,) Flexible Kategorialgrammatikfür das Deutsche 49 durch funktionale Komposition; dieses wird dann durch funktionale Applikation mit dem Nomen Bergsteiger zu der kompletten Nominalphrase zusammengefugt. Ganz anders sieht es bei (65) aus, wo die Phrase ein berühmter nicht durch FA von ein t / (ti e y{tlie) un( J berühmter^,/ / e y t / / e ) entstanden sein kann, da die Kombinationskategorien keine Applikation erlauben. Hier zeigt sich das flexible Modell auf der Höhe, da es uns die Verknüpfung mit FK erlaubt: (69) ein berühmter,/ ( ,/ e) / (/ / / e) ein berühmter,/ / e) / ,/ / e) Die so entstandene Phrase, die wir aus der zweiten Ableitungsmöglichkeit von (64) schon kennen, ist eine Determinativphrase; sie hat nun aber noch die falsche Schrägstrichkategorie, denn sie sollte ja in der Termkategorie sein, was heißen würde, dass ein als Pronomen zu kategorisieren ist. Aber auch dafür haben wir mit der Reduktionsregel RED eine Lösung, wenn wir sie als Regel verstehen, die nicht nur auf Lexikoneinträge, sondern auch auf Phrasen angewendet werden kann. 38 Die Ableitung von (65) sieht dann so aus: (70) RED ein berühmter,/ (,/ e ) ein berühmter,/ ( ,/ e) / ( ,/ / e) e i n / / (/ / e)/ (L/ e) berühmter(,/ / e y,/ / e ) Das heißt aber, dass sich das Regelanwendungsmerkmal <+red> von einem lexikalischen - Operatorausdruck auf einen daraus durch funktionale Komposition gebildeten komplexen Operatorausdruck nach oben vererbt! 38 Die Probleme der morphologischen Umkategorisierung vernachlässigen wir hier, weil wir sie im gleich folgenden Kapitel „Syntaktische Funktionen“ ansprechen werden. 50 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen Ganz einfach ist natürlich die Ableitung von (66), wo das Pronomen einer, das den Prädikativterm bildet, schlicht durch Reduktion des Determinativs ein erzeugt wird. (71) RED einer,/ (; / e) ™ t/ (t/ e)/ (t/ / e) 6.1.3.3 Syntaktische Funktionen Klar geworden ist jetzt anhand der Diskussion von (64) bis (66), dass neben den rein kategorialgrammatischen Regeln, die die Kombinatorik erfassen („Schrägstrich-Regeln“), noch eine Beschreibung für die dort aufgezeigten Regularitäten für - Merkmalsvererbung morphologische Umkategorisierung aufzustellen sind. Die Frage stellt sich, ob es möglich ist, dies in einem Format von Regeln zu bewerkstelligen. In Montague (1974) wurden ähnliche Probleme durch die syntaktischen Funktionen gelöst, nämlich alle Phänomene, die über die reine kategoriale Kombinatorik hinausgehen. 39 Eine Formulierung der syntaktischen Funktionen für unsere drei Beispiele (64) bis (66) wäre: - .71 Ist a = FK(ß,y), und ist ß e [(t/ (t/ e)/ (t/ / e)); DET+masc+sing; <+ra7>], y G [(t/ / e)/ (t/ / e); ADJ+masc+sing], so ist a <= [(t/ (t/ e)/ (t/ / e)); DETP+masc +sing; <+red>], - 72 Ist a e [(t/ (t/ e)/ (t/ / e)); DETP+masc+sing; <+red>], so ist RED(a) e [(t/ (t/ e)/ (t/ / e)); PRONP+masc+sing] 39 Insofern können Montagues Vorschläge auch nicht, wie dies oft geschieht, unter „Kategorialgrammatik“ subsumiert werden. Vgl. dazu Frosch (1996). Flexible Kategorialgrammatikfür das Deutsche 51 - Ti Ist a e [(t/ (t/ e)/ (t/ / e)); DET+masc+sing; <+red>], so ist RED(a) g [t/ (t/ e); FRON +masc+sing] Diese drei syntaktischen Funktionen erlauben nun die korrekte Ableitung von (64) bis (66) und ordnen ihnen kombinatorisch und morphologisch korrekte Strukturbeschreibungen zu. Sie regeln neben der aus der Standard- Kategorialgrammatik übernommenen korrekten Kombinationskategorie für die Resultatsausdrücke insbesondere Folgendes: - .71 legt fest, dass die funktionale Komposition von Determinativen mit Adjektiven Determinativphrasen sind und regelt gleichzeitig die Vererbung des Regelanwendungsmerkmals +red. - .72 legt fest, dass die Reduzierung einer solchen Phrase eine Pronomenphrase ist. - Ti legt fest, dass ein reduziertes Determinativ ein Pronomen ist. 6.1.3.4 Übergenerierung Allmählich zeichnet sich eine Lösung des Übergenerierungsproblems ab. Gehen wir zunächst die zur Standard-Kategorialgrammatik hinzugekommenen Regeln durch: 1) Funktionale Komposition Diese Regel erlaubt, wie wir bei der zweiten Ableitung von (64) gesehen haben, eine alternative Ableitung bestimmter Ausdrücke, z.B. Nominalphrasen, außerdem eine Ableitung von Verbalphrasen, die aus Satzadverbialen und Verben bzw. Verbalphrasen zusammengesetzt sind; wir haben am Anfang unserer Überlegungen bei der Ableitung von (57) gesehen, dass dadurch Lesarten mit engem Skopus von Satzadverbialen möglich werden. Am Beispiel der Nominalphrasen haben wir gesehen, dass so entstandene Ausdrücke nur dann zur Ableitung neuer, vorher nicht erzeugbarer Oberflächenketten führen, wenn wir darauf noch die Reduktionsregel anwenden, deren Verwendung durch Lexikoneinträge und Merkmalsvererbung, die in syntaktischen Funktionen geregelt ist, jedoch hinreichend eingeschränkt ist. 52 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen 2) Schönfinkei hin und zurück: Generell gesprochen kann man festhalten, dass von den neu eingeführten Regeln „Schönfinkei“ und „Schönfinkei rückwärts“ insofern unproblematisch sind, als sie per Definition nicht rekursiv anwendbar sind. Das liegt offensichtlich daran, dass der Output einer Anwendung der Schönfinkel-Regel eine Struktur aufweist, die die weitere Anwendung derselben Regel blockiert, jedoch die Anwendung der Schönfinkel-Rückwärts-Regel gestattet, wodurch allerdings wieder der Ausgangsausdruck mit der Ausgangskategorie entsteht. Außerdem kann der geschönfinkelte (oder gar: schön gefinkelte? ? ) Ausdruck durch funktionale Komposition mit einem anderen verknüpft werden, wonach der resultierende Ausdruck zurückgeschönfinkelt werden kann. Bei Verknüpfung durch funktionale Applikation wird jedoch eine ungesättigte Stelle gesättigt, was die Anwendung der Schönfinkel- Rückwärts-Regel blockiert. All dies ist jedoch mit Blick auf das Übergenerierungsproblem harmlos, und wir benötigen keine besonderen Restriktionen in der Syntax. 3) Kommutation Diese Regel ist zwar rekursiv anwendbar, doch ähnlich wie bei Schönfinkel hin und zurück entsteht bei der zweiten Anwendung wieder der Ausgangsausdruck mit der Ausgangskategorie. Außerdem kann der durch diese Regel entstandene Ausdruck durch funktionale Komposition mit einem anderen verknüpft werden, auf den u.U. wiederum Kommutation angewendet werden kann. Bei Verknüpfung durch funktionale Applikation wird jedoch eine ungesättigte Stelle gesättigt, was die Anwendung der Kommutationsregel blockiert. Über mögliche Beschränkungen dieser Regel über das Lexikon bzw. Merkmalsvererbung werden wir unten im Zusammenhang mit der Behandlung von Distanzstellungsphänomenen nachdenken. 4) Reduktion Bei der Ableitung von (64) bis (66) haben wir gesehen, dass die Anwendung dieser Regel von Lexikoneinträgen und in syntaktischen Funktionen kodierten Merkmalsvererbungsregeln kontrolliert wird, wodurch die Gefahr einer Übergeneralisierung abgefangen wird. Flexible Kategorialgrammatikfür das Deutsche 53 Prinzipiell scheint beim Übergeneralisierungsproblem der Lösungsweg der zu sein, die Anwendung anderer Regeln als der funktionalen Applikation, wo nötig, über Lexikoneinträge und Merkmalsvererbung zu kontrollieren. 6.2 Lexikon In der Standard-Kategorialgrammatik bestand ein Lexikoneintrag aus einem Lexem und der ihm zugeordneten Schrägstrichkategorie. In der bisherigen Skizze einer flexiblen Kategorialgrammatik hat sich ein Konzept herauskristallisiert, in dem ein Lexikoneintrag besteht aus der Wortform der Kombinationskategorie („Schrägstrich-Kategorie“) der Konstruktionskategorie (morphologische Kategorie, versehen je nach Kategorie mit Merkmalen für Person, Numerus, Genus, Kasus, Komparation, Tempus, Modus und Genus verbi) den Regelanwendungsmerkmalen den Übersetzungen 6.2.1 Lexikon eines Deutsch-Fragments Die folgenden Beispiele sollen die Funktionsweise einer solchen Grammatik illustrieren und dienen gleichzeitig als Basis für ein kleines Fragment des Deutschen. Die Einträge erfolgen nach dem oben angegebenen Schema. Zur Vereinfachung 40 geben wir nicht Lexeme, sondern Wortformen an, entsprechend enthalten die zugehörigen Spezifikationen vollständige wenn auch minimale (was das genau heißen soll, wird unten expliziter gemacht) - Informationen. Im Mittelpunkt des Interesses stehen dabei die Kategorien in der Nominalphrase die Determinative, die Adjektive und die Nomina selber: 1) Verben singt e [t/ e; V+3.Pers.+Sing.+Praes.+Akt.+Ind.] 40 D.h.: um eine weit führende Diskussion von Flexionsmorphologie zu vermeiden. Einen vielversprechenden Weg scheint Müller (2002) aufzuzeigen. 54 Quantißkation und Nominaltypen im Deutschen bestieg e [(t/ e)/ e; V+l./ +3.Pers.+Sing.+Imp.+Akt.+Ind.] isst e [(t/ e)/ e; V+2./ +3.Pers.+Sing.+Praes.+Akt.+Ind; <+red>\ trank g [(t/ e)/ e; V+l./ +3.Pers.+Sing.+Imp.+Akt.+Ind.; <+red>~\ 2) Nomina: - Mann g [t/ / e; N+Sing.-Gen.+Masc.] - Mannes g [t/ / e; N+Sing.+Gen.+Masc] - Schnitzel g [t/ / e; N+Sing-Gen./ +Plu.-Dat.+Neutr.] - Bier g [t/ / e; N+Sing.-Gen.+Neutr.] - Männer g [t/ / e; N+Plu.-Dat.+Masc.] - Frau g [t/ / e; N+Sing.+Fem] - Frauen g [t/ / e; N+Plu.+Fem.] Bemerkung: An den Einträgen für die Kasus der Nomina lässt sich zeigen, was „minimale“ Spezifikation heißen soll. So trägt Mann lediglich die Kasus- Spezifikation [-Gen], da die Form geeignet 41 ist, die drei anderen Kasus des Singulars zu repräsentieren; und Frauen trägt überhaupt keine Kasus-Spezifikation, da die Form alle Kasus im Plural repräsentieren kann! 3) Determinative <> ein g [(t/ (t/ e))/ (t/ / e); DET+Sing.+Nom.+Akk.-Fem., <+red>, <+komm>] der g [(t/ (t/ e))/ (t/ / e); DET+Sing.+Nom.+Masc, <+red>, <+komm>] den g [(t/ (t/ e))/ (t/ / e); DET+Sing.+Akk.+Masc., <+red>, <+komm>] das g [(t/ (t/ e))/ (t/ / e); DET+Sing.+Nom.+Akk.+Neutr., <+red>, <+komm>] 4) Adjektive bayrisches g [(t/ / e)/ (t/ / e); ADJ+Sing.+Nom/ +Akk+Neutr.] bayrische g [(t/ / e)/ (t/ / e); ADJ+Nom/ +Akk+Fem.] kluge g [(t/ / e)/ (t/ / e); ADJ+Nom/ +Akk+Neutr.] wohlschmeckendes g [(t/ / e)/ (t/ / e); ADJ+Sing.+Nom/ +Akk+Neutr.] Bemerkung: Auch die Adjektivformen sind unterspezifiziert; so sind die Formen kluge und bayrische nicht für Singular bzw. Plural spezifiziert, da dies wegen des Formensynkretismus überflüssig ist. 41 Sie ist lediglich geeignet, weil sie zwar alle anderen Kasus repräsentiert, aber nicht alle anderen Singular-Formen, da es noch den markierten Dativ Manne gibt. III. Determinative im Deutschen 7. Was ist ein Determinativ? Und wenn ich auf dem letzten Loch pfiffe, würde ich noch über den bestimmten Artikel nachdenken! Bertrand Russell Bevor wir uns mit der kategorialen Analyse von Determinativen des Deutschen auseinander setzen, müssen wir uns zunächst Gedanken darüber machen, welche Ausdrücke unter diese Kategorie subsumiert werden sollen und welche Kriterien es für diese Entscheidung gibt. 7.1 Determinative syntaktisch-morphologisches Entree Der Bereich der Determinative im Deutschen ist über den bestimmten und den unbestimmten Artikel hinaus in den meisten Grammatiken eher stiefmütterlich und uneinheitlich behandelt; über den Umfang der Kategorie gibt es verschiedenste Vorstellungen. In der Duden-Grammatik (1984) finden wir in §530-532 einige knäppliche Ausführungen: - ZurWortart Begleiter und Stellvertreter des Substantivs gehören Wörter wie: der (Wald), die (Tür), das (Buch); ein (Wald), eine (Tür), ein (Baum), dieses (Buch), jenes (Buch), mein (Auto); ... Die Grundzüge (1981) unterscheiden Artikel und Artikelwörter: - Zum Artikel im engeren Sinn zählen wir die d-Formen {der, die, das) und die e/ 'n-Formen {ein, eine, ein) mit ihren Flexionsparadigmen sowie die „Null“-Form (Artikellosigkeit). Zu den Artikelwörtem im weiteren Sinn mit verschiedenen speziellen Funktionen werden auch Possessiva, sowie dieser, jener, alle, jeder, mancher, irgendein, irgendwelcher, einige, mehrere gerechnet. 56 Quantißkation und Nominaltypen im Deutschen Bei Engel (1988), der die ausführlichste Darstellung bietet (immerhin 33 Seiten), finden sich in den Paragraphen N 020 bis N 062 folgende Determinative der definite Artikel, der indefinite Artikel, der Nullartikel [! ! ], Possessiva (mein, dein, ...), Demonstrativa der, dre, das, dieser, derjenige, derselbe, solcher Indefinita aller, ein wenig [! ], einiger, etlicher, irgendein, irgendwelcher, jeder, lauter, manche, mehrere, das negative Determinativ kein und die Interrogativa. Bei Eisenberg (1986) findet sich eine Problematisierung des Artikelbegriffs: - „Welche Einheiten zu den Artikeln gehören, ist durchaus umstritten.“ Das Hauptproblem sieht er in der Abgrenzung gegen Pronomina die sind ja in der Duden-Grammatik zusammen behandelt und er scheidet Einheiten aus, die sowohl adsubstantivisch als auch für sich stehen können; nur solche, die eine andere Morphologie als die allein stehenden Doubletten haben, behandelt er als Artikel (z.B. Wir glauben den Sternen versus Wir glauben denen). Damit sind für ihn nur der, ein, kein, mein Artikel. 7.2 Determinativkriterien In meinem Kapitel 1. der „Grammatik der Deutschen Sprache“ (Zifonun et al. 1997), S. 1929f. wird deshalb ein Kriteriensatz verwendet, der die Zuordnung von Ausdrücken zu dieser Kategorie nachvollziehbar macht. Folgende Kriterien werden dort vorgeschlagen: 7.2.1 NP-Bildungskriterium - Determinative überführen Nomina in minimale Nominalphrasen. Darunter wollen wir Ausdrücke verstehen, die Nominalphrasen sind und um keinen Teilausdruck reduziert werden können, ohne diesen Status zu verlieren. Determinative im Deutschen 57 Dieses Kriterium reicht jedoch nicht aus, da in (72) und in (73) ebenfalls minimale Nominalphrasen vorliegen: (72) Schokolade stopft. (73) Indianer demonstrierten gestern. Generell gesprochen lässt sich feststellen, dass artikellose Substanzbezeichnungen und bloße Plurale minimale Nominalphrasen sind. Nun gibt es aber Determinativ-Kandidaten, die ausschließlich mit Substanzbzw. Pluralnomina verbindbar sind, wie alle, einige, etliche: (74) Alles Gold der USA liegt in Fort Knox. (75) Alle Spieler sind in Form. aber: (76) *Aller Semantiker forscht fleißig. Wegen dieser Ausdrücke 42 reicht das NP-Bildungskriterium allein nicht aus, da die entsprechenden Substanzbzw. Plural-Nomina ohnehin schon „fertige“ Nominalphrasen sind. Damit ergibt sich einerseits ein Ansatzpunkt einer Subklassifizierung der Determinative nach ihrem Zusammenspiel mit Nominaltypen, andererseits die Notwendigkeit, ein weiteres Kriterium einzuführen, das auf morphologischen Gegebenheiten beruht: 7.2.2 Rektionskriterium Wie die folgenden Beispiele zeigen, üben Determinative auf pränominale Adjektive Rektion aus, indem sie deren Übergang in die schwache bzw. gemischte Flexion bewirken. 41 42 Ein scheinbares Gegenbeispiel ist Alle Mann an Bord. Hier ist jedoch Mann eine unmarkierte Pluralform, wie man an drei Mann an Bord, sieht. Auch Aller Anfang ist schwer, ist kein Gegenbeispiel, denn das ist wohl eine idiomatische, veraltete Ausdrucksweise. 43 Gailmann (2000, S. 144) kritisiert meine Formulierung schwache oder gemischte Flexion erzwingt in der IDS-Grammatik, weil damit alle Adjektive zu Determinativen würden, da im Dativ Singular auf ein starkes Adjektiv ein schwaches folgen kann und gibt das Beispiel: nach langem, schweren Leiden. Erstens halte ich das für ungrammatisch, zweitens übersieht er das Zusammenspiel mehrerer Kriterien; so erfüllen Adjektive nicht das Distributionskriterium (s.u.), das, wie aus der Tabelle in der IDS-Grammatik (Zifonun et al. 1997), S. 1950, hervorgeht, sozusagen die unterste Grenze der Determinativhaftigkeit setzt. 58 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen Singular bayrisches Bier (NOM) bayrischen Bieres (GEN) bayrischem Bier (DAT) das/ alles bayrische Bier des/ allen bayrischen Bieres dem/ einem/ allem bayrischen Bier Plural bayrische Biere (NOM) bayrischer Biere (GEN) bayrischen Bieren (DAT) die/ alle bayrischen Biere der/ aller bayrischen Biere den/ allen bayrischen Bieren Damit lässt sich das Rektionskriterium so formulieren: Ausdrücke, die auf pränominale Adjektive Rektion ausüben, indem sie in mindestens einem Kasus in mindestens einem Numerus schwache (oder gemischte) Flexionsformen erzwingen, gehören zur Kategorie der Determinative. 7.2.3 Distributionskriterium Ein weiteres Kriterium, das in der IDS-Grammatik verwandt wurde, war das Distributionskriterium: Ausdrücke, die das Auftreten von nach den beiden anderen Kriterien ermittelten Determinativkandidaten blockieren, gehören zur Kategorie der Determinative. Das läuft einfach darauf hinaus, dass keine zwei Determinative in einer Nominalphrase stehen dürfen (jedenfalls im Prinzip. Sonderfalle, die eher an der Peripherie liegen, sind Kombinationen von ein- und solch-', solch ein Tag, ein solches Beispiel.). 7.2.4 Pronomenkriterium Ein weiteres Kriterium für die Zugehörigkeit von Ausdrücken zur Kategorie der Determinative, das über die IDS-Grammatik hinausgeht, ist das Pronomenkriterium: Typisch für Determinative ist die Existenz von „parallelen Pronomina“: (77) Der Libero hat gepatzt. (78) Der hat gepatzt. Determinative im Deutschen 59 (79) Ein Tormann hat einen Fehler gemacht. (80) Einer hat einen Fehler gemacht. Dieser Zusammenhang lässt sich, wie oben gezeigt, im Rahmen einer Flexiblen Kategorialgrammatik äußerst elegant darstellen, indem man von der Reduktionsregel RED Gebrauch macht. Diese vier Kriterien genügen nun, den Kembereich der deutschen Determinative zu erfassen. Gemäß der Erläuterungen beim Rektionskriterium teilen wir die Determinative ein in: generelle Determinative das sind die, die mit Standardnomina im Singular, Pluralnomina und Substanznomina kombinierbar sind; singularische Determinative das sind die, die nur mit Standardnomina im Singular kombinierbar sind; - Plural- und Substanz-Determinative das sind die, die nur mit Plural- und Substanznomina kombinierbar sind. Es ergibt sich folgende Liste: plural-Zsubstanzbezogene Determinative: solcher einiger etlicher irgendwelcher aller wie vieler derselbe jeglicher mancher kein welcher generell verwendbare singularische Determinative: der mein, ... der dieser jener derjenige Determinative: ein irgendein jeder jedweder manch welch 60 Qucmtifikation und Nominaltypen im Deutschen 8. Skizze der Nomensemantik Die bisherigen Darlegungen werfen mehrere Fragen auf, denen wir unten nachgehen wollen: a) Lässt sich eine Semantik für Plural- und Substanzausdrücke auf der Basis der klassischen Prädikatenlogik als konservative Erweiterung 44 formulieren, die auch deren ähnliches syntaktische Verhalten im Zusammenspiel mit Determinativen erklärt? b) Lässt sich im Rahmen einer solchen Erweiterung eine tragfähige Analyse der Determinative formulieren? c) Braucht man für Plural- und Substanzausdrücke neue Quantoren? d) Lässt sich eine semantisch vernünftige Erklärung für die Existenz paralleler Pronomina finden, bzw. lassen sich diese aus den entsprechenden Determinativen ableiten? Bevor wir diesen Fragen nachgehen, wollen wir erst die kategoriale Syntax der Determinative skizzieren, und zwar im Zusammenspiel mit den drei Nominaltypen, aus denen wir oben dier Einteilung der Determinative aus ihrem syntaktischen Verhalten vorgenommen haben, nämlich: 1) Standardnomina im Singular( vs ,N) 2) Kumulativ denotierende Nomina ^N; diese zerfallen in - Pluralnomina Q/ N) - Substanznomina ( V N) Die Menge der Nomina des Deutschen ist dann die Vereinigung dieser drei Teilmengen: N = S gNyj p ]Nyj s N. Eine ausführliche, formal ausgearbeitete Semantik für kumulativ denotierende Nomina, auf der die Semantik der Determinative aufbauen kann, werde 44 Konservative Erweiterung bedeutet, dass sich diejenigen Ausdrücke, die bereits im Rahmen von PL 1 semantisch vernünftig behandelt werden konnten, in der erweiterten Sprache klassisch verhalten und neue Schlussformen und Bedeutungspostulate nur für Ausdrücke gelten, die Teilausdrücke enthalten, die in PL 1 noch nicht vorkamen. Determinative im Deutschen 61 ich unten entwickeln. Doch scheint es sinnvoll, vor der Darstellung der Syntax der Determinative die Grundideen der semantischen Behandlung kumulativ denotierender Nomina zu skizzieren. Plural- und Substanzprädikate weisen in der Semantik eine interessante Parallele auf, wie Link herausgearbeitet hat: 45 bei beiden Prädikatstypen liegt kumulative Denotation vor, d.h. eine Zusammenfassung zweier Pluralobjekte zum gleichen Prädikat ergibt wieder ein solches Pluralobjekt, die Fusion zweier Substanzquanten einer Substanz ergibt wieder ein Substanzquantum dieser Substanz. Aus den Sätzen (81) und (82) folgt (83): (81) Pferde stehen hinter dem Haus. (82) Pferde stehen vor dem Haus. (83) Pferde stehen vor und hinter dem Haus. Ebenso folgt aus den Sätzen (84) und (85) der Satz (86): (84) Bier ist im Kühlschrank. (85) Bier ist im Keller. (86) Bier ist im Kühlschrank und im Keller. Diese semantische Eigenschaft lässt sich abbilden, indem man als Denotatbereich der entsprechenden Prädikate der semantischen Explikationssprache Verbandsstrukturen annimmt; 46 für Pluralprädikate, auf die wir uns hier zunächst beschränken wollen, genügen atomare Summenhalbverbände ohne neutrales Element. Diese enthalten als Atome die einzelnen Individuen aus derjenigen Menge, die als Denotatbereich des entsprechenden Singularprädikates dient. Mit Hilfe einer zweistelligen Summierungsoperation © 47 werden daraus Pluralobjekte gebildet, aus diesen wieder Pluralobjekte usf. Zur Verdeutlichung ein Beispiel: Betrachten wir das Prädikat Weise aus dem Morgenland. Davon gibt es bekanntlich drei, Caspar, Melchior und Baltha- 45 Link (1983), vgl. auch Link (1991) und Kriflca (1991). 46 Die genaue Erläuterung dieses Konzepts findet sich unten bei der Ausarbeitung der Sprache FLINK. 47 © ist kommutativ, assoziativ und idempotent. Eine Operation erzeugt aus Objekten in einer Menge oder einem Verband neue Objekte, die wieder der Menge oder dem Verband angehören, sie „führt nicht hinaus“ aus dem angenommenen Operationsbereich. 62 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen sar, die wir hier C, M und B nennen wollen. Aus dem Denotatbereich des Singularprädikats, {C, M, B}, lassen sich die Pluralobjekte C ® M, C ® B, M ® B, sowie C ® M ® B gewinnen; das Pluralprädikat Weise aus dem Morgenland hat als Denotatbereich den aus den Atomen durch © erzeugten Summenhalbverband. Grafisch lässt sich ein solcher Summenhalbverband mit den drei Elementen a, b und c folgendermaßen darstellen: a © b © c a©b a©c b©c ab a c b c Es ist klar, dass diese Konstruktion die Eigenschaft der kumulativen Denotation abbildet, da die mit © aus vorhandenen Objekten aus dem Verband gebildeten neuen Objekte wieder dem Verband angehören (vgl. Link 1983). Nimmt man die Atome aus dem Verband heraus, so erhält man den Denotatbereich des echten Pluralprädikats. Bestimmte Pluralformen im Deutschen können semantisch entweder wie in (87) als Plural- oder wie in (88) nur als echtes Pluralprädikat gedeutet werden: (87) Gibt es Krokodile im Teich? - Ja, eines. (88) Sind die Karten gemischt? - * Ja, eine. Bei Prädikaten wie es gibt überträgt sich die einem Pluralobjekt zugeschriebene Eigenschaft auf alle Teile bis zu den Atomen hinunter; solche Prädikate heißen distributiv. (Genauer müsste man distributiv bezüglich der Subjektstelle sagen, da es auch Distributivität bezüglich anderer Komplementstellen gibt.) Bei Prädikaten wie gemischt in (88) ist dies nicht der Fall; sie heißen nichtdistributiv. Für distributive Prädikate gilt folgendes Bedeutungspostulat: (89) V(x)[VU)[(* J P(x) A x>^) -> */ >(*)]] Determinative im Deutschen 63 x >z steht für: ‘x enthält z’ {*P ist ein Puralprädikat; per Definition gilt: X>Z = 3y[y © Z = x]). Manche Prädikate lassen beide Lesarten zu, und welche die bevorzugte ist, wird abhängig von Kontext und Weltwissen entschieden. So würde man (90) eher distributiv interpretieren, (91) eher nicht: (90) Die Heppenheimer trinken jährlich 50 Liter Wein. (91) Die Heppenheimer trinken jährlich 2000 Hektoliter Wein. Solche Prädikate heißen gemischt. Eine Erweiterung der klassischen Prädikatenlogik, die als Beschreibungssprache für diese Phänomene dienen könnte, müsste für die Interpretation neben den klassischen Individuen noch Pluralobjekte aufweisen, die in der oben skizzierten Weise aus Individuen konstruiert werden können. Außerdem sollte sie Substanzportionen bereitstellen. Quantoren würden dann nicht nur über Individuen laufen, sondern auch über Pluralobjekten und Substanzportionen. Eine solche Sprache wird unten entwickelt. 9. Syntax der Determinative: Konstruktionstypen Vor einer ausführlichen Erläuterung wird es nützlich sein, sich das syntaktische Verhalten deutscher Determinative noch einmal zu vergegenwärtigen. 9.1 Determinative in Nominalphrasen Der Standardfall der Verwendung von Determinativen ist ihr Vorkommen in Nominalphrasen; das Nomen kann dabei attributiv erweitert sein. (92) ein Mann (93) die schöne Frau (94) alle Männer des Königs Diese Verwendung wirft offensichtlich keine sonderlichen Probleme auf, denn die Verknüpfung von Determinativ und Nomen bzw. Nomenphrase (d.h. Nomen plus attributive Erweiterungen) kann einfach durch funktionale Applikation bewerkstelligt werden. 64 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen 9.2 Reduzierte Determinative Etwas komplizierter liegen die Dinge bei den reduzierten Determinativen. Wir haben oben bereits gesehen, dass sich viele Determinative zu Pronomina bzw. pronominalen Phrasen reduzieren lassen: (95) kluge Männer (96) alle klugen Männer (97) alle klugen (98) alle Dabei wurde auch herausgearbeitet, a) dass dazu die Regel RED benötigt wird, b) dass deren Anwendungsmöglichkeit im Lexikon durch das Regelanwendungsmerkmal {+red) spezifiziert werden muss, c) dass auch Phrasen aus Determinativen und Adjektiven auftreten, bei denen die Reduktion erst nach der Verknüpfung von Adjektiv und Determinativ durch funktionale Komposition erfolgen kann, da die Rektionseffekte der Determinative noch beobachtbar sind (vgl. (95) bis (97)), d) und dass deshalb schließlich Vererbungsregeln für das Regelanwendungsmerkmal {+red) benötigt werden, die darauf hinauslaufen, dass es sich unter funktionaler Komposition nach oben vererbt. 9.3 Distanzstellung: alles - Extraktion oder was? Die größten Probleme für eine Beschreibung des syntaktischen Verhaltens der deutschen Determinative wirft ihre Verwendung in Distanzstellung auf. 48 Diese wird hier am Beispiel von alle ausführlicher diskutiert, da wir bisher noch kaum darauf eingegangen sind. 48 Die Frage im Titel dieses Kapitels ist eine Verbeugung vor Karin Pittner (vgl. Pittner 1995). Determinative i/ n Deutschen 65 Im Deutschen gibt es, wie im Englischen, die Möglichkeit, dass quantifizierende Elemente in Distanzstellung zum Bezugsnomen auftreten. Es handelt sich um Beispiele wie (99) Gold will Dagobert alles. (100) „Römer spinnen alle“, sagt Obelix. (101) Die Männer sind alle Verbrecher. Auf den ersten Blick scheint es so, als ob die quantifizierenden Elemente einfach durch eine Transformation wegbewegt worden wären, dass man diese Sätze also mit Hilfe von Bewegungstransformationen aus den entsprechenden Sätzen (102) und (103) ableiten könne: (102) Dagobert will alles Gold. (103) „Alle Römer spinnen“, sagt Obelix. Aber schon zu (101) existiert kein entsprechendes Pendant: (104) *Die alle Männer sind Verbrecher. Allenfalls möglich wäre: (105) All die Männer sind Verbrecher. Auch hier ist zumindest keine simple Bewegungsanalyse möglich. Aber auch in (99) und (100) geht die Bewegungsanalyse im Deutschen aus folgenden Gründen nicht recht auf. (Dies zeigen schon Fanselow 1988, Pittner 1995, Hoberg 1997 und Ballweg 1996.) 9.3.1 Syntaktische Gründe gegen eine Extraktionsanalyse 9.3.1.1 Rektion Erweitert man die Nominalphrasen um Adjektive, so zeigen sich im Deutschen bekanntlich Rektionseffekte der Determinative bei den Adjektivformen: (106) ... dass Matthias keine leichten Präludien spielt 66 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen Bei den Distanzstellungsvarianten zeigt sich dieses Verhalten nicht, wenn das Adjektivattribut adjazent zum Nomen steht: (107) ... dass Matthias leichte Präludien keine spielt Steht das Adjektivattribut dagegen adjazent zu dem distanzgestellten Element, so ist Determinativrektion zu beobachten: (108) ... dass Matthias Präludien keine leichten spielt Bei zwei Adjektivattributen, von denen eines beim Nomen, eines bei dem quantifizierenden Element steht, zeigt sich Determinativrektion nur bezüglich des Attributs beim quantifizierenden Determinativ: (109) ... dass Matthias schöne Präludien keine leichten spielt Beide Distanzstellungsvarianten lassen sich also nicht einfach durch eine Bewegungstransformation aus dem „normalen“ Satz gewinnen. 49 9.3.1.2 Morphologie Ein weiteres Argument ist, dass isolierte, distanzgestellte quantitative Determinative Pronominalmorphologie zeigen: (110) Bier trinkt er keines. versus (111) Er trinkt kein Bier. Dies gilt jedoch nicht, wenn ein Adjektiv bei dem quantifizierenden Element steht, (112) Bier trinkt er kein bayrisches. 49 Mindestens müsste man, um mit Bewegung zu arbeiten, die morphologischen „Folgekosten“ in der Formulierung der Bewegungstransformation spezifizieren. Gereon Müller hat mich darauf hin gewiesen, dass das allerdings nur unter der in der Montague-Grammatik üblichen, stillschweigenden Voraussetzung gilt, dass die Prä-Bewegungs-Struktur wohlgeformt sein muss. Determinative im Deutschen 67 Auch hier muss eine einfache Bewegungsanalyse scheitern. Außerdem deuten Beispiele wie (112) daraufhin, dass sich (+komm), ebenso wie (+red) unter funktionaler Komposition nach oben vererbt. 9.3.1.3 Konjunktions-Plural-Nominalphrasen Ein weiteres schönes Argument gegen eine Extraktionsanalyse findet sich bei Pittner (1995): Pluralische Nominalphrasen vom Typ Hänsel und Gretel lassen quantifizierende Determinative in Distanzstellung zu: (113) Hubert, Axel und Jockel waren alle bei Katharinas Fest. Hingegen ist eine Nicht-Distanz-Variante wie (114) unmöglich: (114) *Alle Hubert, Axel und Jockel waren bei Katharinas Fest. In diesem Falle geht natürlich überhaupt keine Bewegungsanalyse, da es keine Prä-Bewegungsstruktur gibt. 9.3.1.4 Konjunktion mit Verbgruppen-Adverbialia Schließlich findet man alle in Konjunktion mit Verbgruppenadverbialia, wie folgendes Beispiel 50 zeigt: (115) Dass sich etwas tut, finden Heppenheims Politiker alle und prinzipiell 51 gut. Hingegen ist eine Konjunktion mit Satzadverbialia, insbesondere lokalen und temporalen, ungrammatisch: (116) *Dass sich etwas tut, finden Heppenheims Politiker alle und heute gut. (117) *Dass sich etwas tut, finden Heppenheims Politiker alle und im Parlamentssaal gut. 50 Der Originalbeleg aus der Südhessischen Post vom 9. Mai 1996 lautet: dass sich endlich etwas aufdem lange vernachlässigten, vis-ä-vis der Post gelegenen Daumschen Areal tut, finden Heppenheims Politiker alle undprinzipiell gut. 3 Prinzipiell halte ich hier für ein VG-Adverbial, da die klassische Satzadverbial-Paraphrase *Es ist prinzipiell der Fall, dass die Politiker es alle gutfinden. m.E. nicht recht geht. 68 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen Auch modale Satzadverbialia gehen in dieser Konstruktion nicht: (118) *Dass sich etwas tut, finden Heppenheims Politiker alle und wahrscheinlich gut. Auch hier zeigt sich, dass eine einfache Bewegungsanalyse inadäquat ist, da sie keine Erklärung für die Konjunktion von alle mit einem Verbgruppenadverbial wie prinzipiell bietet. 9.3.1.5 Sächsischer Genitiv Auch folgende Beobachtung, die wiederum auf Pittner zurückgeht, zeigt die Unmöglichkeit einer Extraktionslösung: alle in Distanzstellung kann mit einer NP, die einen sächsischen Genitiv enthält, auftreten, und es gibt wieder kein Pendant mit adjazentem alle. (119) Heinzens Bücher kennt sie alle. versus (120) *Alle Heinzens Bücher kennt sie. 9.3.1.6 Fazit Unsere syntaktische Horizonttour hat eine erstaunliche Vielfalt von Verwendungen von alle zu Tage gebracht: In (99), (103) und (101) distanzgestellt, wobei der Status vor allem im Chansontitel, dem Beispiel (101), noch unklar ist; in (106) bis (109) schillert es merkwürdig zwischen Determinativ- und Pronomenstatus in (109) scheint es gar beides zu sein; in (110) deutet die Endung des morphologisch deutlicher markierten kein auf eine Klassifikation als Pronomen hin; in (113), (119) und (120) wird klar, dass zumindest eine simple Extraktionsanalyse nicht machbar ist; (115) bis (118) verleihen ihm gar adverbiale Züge. Ein Chamäleon ist es, bald „der Erlenkönig mit Krön und Schweif‘, bald „ein Nebelstreif 1 , jedenfalls aber ist dieser Irrwisch geeignet, den Syntaktiker nachdrücklich zu beunruhigen - und das nicht nur, wenn er „so spät durch Nacht und Wind“ reitet. Aber nicht genug des Wirrwarrs! Determinative im Deutschen 69 9.3.2 Semantische Gründe gegen eine Extraktionsanalyse 9.3.2.1 Standardnomina, Gattungslesart, Plural- und Substanznomina Fanselow (1988) wie auch Hoberg (1997) haben gezeigt, dass die fragliche Konstruktion im Prinzip nur mit Plural- und Substanznomina geht, wie in allen bisherigen Beispielen; allerdings gibt es Sprecher, die distanzgestelltes keinauch zusammen mit Standardnomina im Singular akzeptabel finden, insbesondere wenn diese eine Gattungslesart haben: (121) ? Krokodil ist keines im Teich. (122) ? ? Mantel hat er keinen. Wird die Gattungs- oder Subgattungslesart durch Adjektivattribute gestützt, so scheinen solche Sätze besser zu gehen, falls das Adjektiv ebenfalls distanzgestellt steht: (123) *Englischen Mantel hat er einen. versus (124) Mantel hat er einen englischen. In Beispielen, wo die Gattungslesart schwer zugänglich ist, sind entsprechende Sätze kaum akzeptabel: (125) ? ? Sonne stand keine am Himmel. Allenfalls würde man hier bei einer Interpretation auf eine mögliche Welt ausweichen, wo es mehr als eine Sonne gibt, wodurch eine Gattungslesart ermöglicht wird. Es bleibt aber festzhalten, dass bei einigen Sprechern auch bei singularischen Verwendungen die Distanzstellung grundsätzlich möglich ist, wobei ein bei dem Determinativ stehendes Attribut zu noch akzeptableren Sätzen fuhrt. Dies zeigt sich an den folgenden Beispielen, die zunehmend akzeptabler werden: (126) *Mantel trug er den. (127) ? Mantel trug er den alten. (128) Mantel trug er den alten englischen. 70 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen (129) Mantel trug er den schönen neuen, den er zu Weihnachten bekommen hatte. Anscheinend spielt hier auch das Prinzip der „wachsenden Glieder“ eine Rolle. Sehr schlecht geht die Distanzstellung bei Personenbenennungen: (130) *Freund wünscht sich jeder einen. (131) *Freund wünscht sich jeder einen treuen. (132) *Freund wünscht sich jeder einen, auf den er sich stets verlassen kann. 9.3.2.2 Bedeutungsgleichheit ja oder nein? Die oben skizzenhaft eingeführte semantische Analyse erlaubt, einen weiteren Gegengrund zu formulieren: die Sätze mit distanzgestelltem Quantor haben nicht zwingend dieselbe Bedeutung wie die mit adjazentem Quantor, wie die folgenden Beispiele zeigen: (133) Alle Gäste tranken am Eröffnungsabend des Weinmarkts eine Flasche Wein. (134) Alle Gäste tranken am Eröffnungsabend des Weinmarkts 5000 Flaschen Wein. Das Prädikat tranken ist, wie man an der Korrektheit beider Sätze sieht, offensichtlich gemischt; in (133) hat es eine distributive Lesart (jeder), in (134) eine kollektive (alle zusammen) das erschließen wir über unser Weltwissen. Betrachten wir die Varianten mit distanzgestelltem alle\ (135) Gäste tranken am Eröffnungsabend des Weinmarkts alle eine Flasche Wein. (136) p? ? (Markierung: pragmatische Fragwürdigkeit) Gäste tranken am Eröffnungsabend des Weinmarkts alle 5000 Flaschen Wein. Der Satz (135), die Distanzvariante von (133) mit distributiver Lesart des Prädikats, ist offensichtlich völlig normal. Bei (136) jedoch stutzen wir! Das Determinative im Deutschen 71 liegt daran, dass die für (134) durch unser Weltwissen einzig mögliche kollektive Lesart für (136) nicht zugänglich ist. Das zeigt, dass gemischte Prädikate mit distanzgestellten Quantoren zusammen zwingend distributiv interpretiert werden müssen. Das spricht ebenfalls gegen eine Bewegungsanalyse! Außerdem erklärt es teilweise, warum Distanzstellung bei Individuenbezeichnungen im Singular schlecht geht: Distributivität gibt es nun einmal nur für Plural- und Substanzprädikate, und die Erzwingung der distributiven Lesart bei singularischen Nomina greift deshalb ins Leere. 9.4 Ein Lösungsansatz Die bisher dargelegten Gegengründe gegen eine Bewegungsanalyse legen nun nahe, im Rahmen der erweiterten Kategorialgrammatik für die fraglichen Konstruktionen eine Ableitung in situ vorzusehen, die dadurch ermöglicht wird, dass die Determinative durch die Regel KOMM umkategorisiert werden von (t/ (t/ e))/ (t/ / e) das sind Ausdrücke, die aus nominalen Prädikaten Terme machen zu (t/ (t/ / e))/ (t/ e), d.h. zu Ausdrücken, die aus Prädikaten solche Ausdrücke machen, die zusammen mit einem nominalen Prädikat einen Satz bilden. Damit können wir z.B. den Satz (137) Römer spinnen alle, folgendermaßen analysieren: (138) Römer spinnen alle, Römer,/ / e spinnen alle,/ (,/ / e ) spinnen, / e KOMM(alle) ( ,/ ( ,/ / e)) / ( ,/ e) 72 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen Die Ableitung von KOMM(alle) ist: (139) KOMM(alleV ( , / / e))/ (; / e) a ^ Q (t/ (t/ e))/ (t/ / e) Dieser Lösungsansatz macht jedoch, wegen der erzwungenen Distributivität, die wir oben diskutiert haben, nötig, dass in syntaktischen Funktionen auch Bedeutungspostulate stecken, die z.B. die Distributivität von Resultatsausdrücken betreffen, nämlich von gemischten Verben mit Determinativen. Spätestens hier können wir nicht mehr umhin, unsere syntaktische Horizont- Tour abzubrechen und die semantische Theorie von Plural- und Substanzausdrücken zu explizieren. Vorher bleibt aus unserem Katalog ein letztes Problem übrig. Wir müssen noch zeigen, wie (140) in dem vorgeschlagenen System abgeleitet wird: (140) ... dass die Römer alle spinnen. Sätze dieses Typs machen offenbar den größten Ärger, wie die einschlägige Literatur zeigt (vgl. Fanselow 1988, Pittner 1995). Dies liegt vor allem daran, dass in solchen Beispielen scheinbar zwei Subjekte vorhanden sind. Das hat Fanselow (1988) und Hoberg (1997) zu der pfiffigen Lösung veranlasst, den distanzgestellten Quantor als Subjekt zu betrachten, der Nominalphrase den Argumentstatus abzusprechen und sie in der Interpretation auf das als Nomen sprachlich realisierte logische Prädikat zu reduzieren. Ein Versuch der Ableitung mit Hilfe von KOMM und RED scheint sich in unserem System anzubieten und liefert eine Analyse, die sich auf ähnliche Weise interpretieren lässt, in der nämlich die Römer als syntaktisch ungebunden auftritt. (140) würde damit als geordnetes Paar analysiert, bestehend aus einer Nominalphrase und einem Satz. Dabei wird die Römer ähnlich wie in der Originalversion des Obelix-Satzes (141) Die spinnen, die Römer! als eine Art freier Themaausdruck analysiert. Determinative im Deutschen 73 (142) Die Römer spinnen alle. Die Römer; / (c/ e ) RED spinnen alle ? alle spinnen ( ,/ (/ / / e) spinnen^ \L{-d\\c) t/ (t / / e) / {t / e) ^(t/ (t/ e))/ (t/ e) Diese trickreiche Lösung hat jedoch leider wenig mit der naiven Sprecherintuition zu tun, die in diesem Satz Römer als Subjekt sieht und nicht etwa alle. Linguistisch gestützt wird dieser Befund auch dadurch, dass alle in dieser Distanzkonstruktion in Konjunktion mit Verbgruppenadverbialia auftreten kann: (143) Obelix glaubt, dass die Römer alle und grundsätzlich spin- Und niemand wird im Emst annehmen wollen, dass konjunktive Verknüpfung von Subjekten und Adverbialia im Deutschen möglich ist. Außerdem fuhrt diese Konstruktion nur mit alle zu wohl geformten Sätzen, nicht aber mit den anderen quantifizierenden Determinativen (sie ist natürlich auch mit beide möglich, das aber kein Determinativ ist; vgl. Reis/ Vater 1980). Schließlich würde diese Ableitung auch zulassen, dass Adjektivattribute adjazent zu alle stehen, was jedoch nicht geht: (144) *Obelix glaubt, dass die Römer alle klugen Angst vor ihm Das deutet aber darauf hin, dass alle in dieser Konstruktion mit einer definiten Nominalphrase von Anfang an kombinatorisch gesehen nicht in der Denen. haben. 74 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen terminativkategorie steckt. Daher scheint es gerechtfertigt, eine lexikalistische Lösung vorzuschlagen und für alle einen zweiten Lexikoneintrag 52 vorzusehen, der alles kombinatorisch als Verbmodifikator einordnet: 53 (145) alle <= DEV, (t/ e)/ {t/ e) > Die Übersetzung wäre dann (146) Ü{alle) = ^V(x)[V(y)[(P(x) A x o^) -> P(y)]] Nach dieser Entscheidung ist aber die Ableitung von (140) einfach: (147) Die Römer spinnen alle, Die Römer,/ (,/ e ) spinnen alle,/ e ) spinnen,/ e ^1 le(,/ e)/ (,/ e) Nun ist endgültig der Punkt erreicht, an dem eine ausführliche Darlegung der Semantik von Nominaltypen und Determinativen notwendig ist, um einige der bisher verwendeten semantischen Begriffe (Distributivität, kumulative Denotation etc.) genau ausformulieren zu können. 52 Man könnte darüber spekulieren, ob diese Variante diachron nach der Distanzstellungsvariante ohne Artikel entstanden ist, gleichsam als systemzwangbedingte Übergeneralisierung der dort schon angelegten Verbmodifikator-Eigenschaften. Eine diachrone Überprüfung dieser verführerischen Idee bleibt aber ein Traum angesichts der Tatsache, dass diese Konstruktionen fast nur in der gesprochenen Sprache auftauchen, was eine diachrone Überprüfung ohne Zeitmaschine natürlich erschwert. 53 Von Adverbialen unterscheidet es sich in folgenden Hinsichten: - Es ist nicht vorfeldfähig: *Alle sind die Männer Verbrecher. - Es flektiert; der „Mehrwert“ dieses flektierenden Verbmodifikators besteht darin, dass die Argumentstelle, deren Distributivität es markiert, über die Flexionsendung identifizierbar ist: * Die Gallier haben den Römern alle verziehen. * Die Gallier haben den Römern allen verziehen. IV. Semantik der Nominaltypen 10. PL 1 - Prädikatenlogik erster Stufe mit Abstraktion und Identität Wir beginnen zunächst mit einer Darstellung der Standardlogik, der Prädikatenlogik erster Stufe. Die semantische Analyse der Artikel soll in diesem Rahmen skizziert werden; danach wird der Frage nach der Plural- und Substanzsemantik nachgegangen, um schließlich im Rahmen einer Logik für Plural- und Substanzprädikate eine Analyse der Determinative zu formulieren. Die Standardbehandlung von Determinativen seit Russell ist ihre Rekonstruktion mit Flilfe der Quantoren der klassischen Prädikatenlogik, seit den Arbeiten von Montague, Lewis und Cresswell aus den 70em unter Zuhilfenahme des / . Operators. An dieser Stelle vergegenwärtigen wir uns kurz, wie eine klassische Prädikatenlogik erster Stufe aussieht. Die Darstellung folgt weitgehend Hermes ( 2 1971) und verzichtet zunächst auf die Unterscheidung von Individuen- und Prädikatskonstanten; letztere werden, wo sie benötigt werden, durch Abkürzungen in Großbuchstaben mitgeteilt. Griechische Buchstaben dienen als Metavariablen. Eine Logiksprache, wie auch die Prädikatenlogik, wird eingeführt, indem man zunächst ihre Syntax angibt, danach eine parallel dazu formulierte Semantik; d.h. zu jeder syntaktischen Regel gibt es in der Semantik eine Regel, die die entsprechende Bedeutungskomposition besorgt. Beides kann auf verschiedeneWeisen geschehen, je nach dem Zweck, den man mit der Formalisierung verfolgt. Das wird unten deutlich werden. 10.1 Syntax Die Syntax der Sprache PL 1, die hier eingeführt wird, besteht zunächst, wie es Standard ist, aus dem Zeichenvorrat und den syntaktischen Regeln zur Bildung komplexer Ausdrücke, den Formationsregeln. Da die Prädikatenlogik eine konservative Erweiterung der Aussagelogik ist, enthält das Vokabular unter anderem auch die wichtigsten aussagenlogischen Junktoren. 76 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen 10.1.1 Vokabular V = {x, n P(n e 0u | A , V, X, (,),[,]} - Individuenvariablen: IV ist die kleinste Menge, sodass x ^ IV, und wenn a g IV, so auch a'. - Prädikatsvariablen: Für alle n ist „TV die kleinste Menge, sodass n P yV, und wenn a £„ ’IV, so auch a'. Dabei heiße n die Stellenzahl von n P. - = heiße Identitätszeichen. - A heiße Konjunktor. heiße Negation. - V heiße Allquantor. - / . heiße Abstraktor. - ( ,) ,[ und ] sind Hilfszeichen zur syntaktischen Gliederung. Kommentar: IV bzw. TV sind jeweils durch eine rekursive Definition generierte, abzählbar unendliche Mengen. 54 10.1.2 Formeidefinition Mit Hilfe des angegebenen Vokabulars kann nun die Formeldefinition folgendermaßen formuliert werden: - Hilfsdefmition: Ist a £ n^V, ß £ IV, so ist a(ß) £ n .\TV Kommentar: Da der Zweck unseres Treibens darin bestehen wird, prädikatenlogische Ausdrücke als Übersetzungen natürlichsprachlicher Ausdrücke anzugeben, wird es sich als günstig erweisen, die Formeldefinition möglichst in paralleler Weise zu unseren kategorialgrammatischen syntaktischen Strukturen anzulegen. Dazu dient in erster Linie die Hilfsdefinition, die es erlaubt, in der Logiksprache nicht nur komplette Formeln zu betrachten, sondern auch ungesättigte bzw. teilgesättigte Prädikate. 54 Siehe dazu das Mengentheoriekapitel 17. im Anhang. Semantik der Nominaltypen 77 Nach dieser Vorbereitung können wir nun die Menge der wohl geformten Formeln durch eine rekursive Definition angeben: r W.Tjr 5 die Menge der wohl geformten Formeln, ist die kleinste Menge, sodass 1) Ist a e so ist a g Kommentar: Der elementarste Typ von Formeln sind nullstellige Prädikate, d.h. entweder vollständig gesättigte Prädikate oder „geborene“ elementare nullstellige Prädikate, z.B. es regnet. 2) Sind a,ß g IV , oder sind a,ß g W.T.T, so ist a = ß g Kommentar: Diese Klausel legt die Syntax des Identitätszeichens fest, das aus Paaren von Individuenausdrücken oder Paaren von wohl geformten Formeln wohlgeformte Formeln erzeugt. 3) Sind a,ß g so auch (o-Aß) und^(a) Kommentar: Diese Klausel fuhrt die Syntax der beiden hier als Basis des Systems verwendeten Junktoren ein, des Konjunktors und des Negators. Die übrigen Junktoren können mit ihrer Hilfe definiert werden. 4) Ist a g ß g / T 7 , so ist Vß[a] g Kommentar: Diese Klausel legt die Syntax des Allquantors fest. Ein Quantor, dem unmittelbar eine Individuenvariable folgt, heiße besetzt. 55 5) Ist a g ( W5 r 5 r , ß g IV, y ^ IV, so ist A,ß[a](y) g r Wy~5 r 6) Ist a g ß g„ VV, y g„ UV, so ist A.ß[a](y) g T^yy Kommentar: Diese beiden Klauseln legen die Syntax des Abstraktionsoperators fest und lassen Abstrahierung sowohl über Individuenvariablen als auch über Prädikaten zu. Abkürzungen: def 1) Existenzquantor: 3ß[a] = ^ (Vß[^ (a)]) 55 Man beachte, dass die Definition nicht fordert, dass ß in a (frei, s.u.) vorkommt. Sie lässt also auch Formeln wie V.r[2><2=4] oder Vx[2x2=5] zu. Die semantische Interpretation wird dafür Sorge tragen müssen, dass die erste als wahr, die zweite als falsch bewertet wird. 78 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen def def 2) Junktoren: (a V ß) = ^ ((^ (a)) A (ß))); (a ^ ß) = (- (a) V ß); (a ß) = (a -> ß) a (a <— ß)- Kommentar: Diese Klauseln dienen der Vereinfachung und fuhren per Definition den Existenzquantor und die wichtigen Junktoren Disjunktor (v), materiale Implikation (-») und Äquivalenz (<->) ein. Durch die in den Definitionen geleistete Rückführung auf den Allquantor bzw. den Konjunktor und den Negator können wir uns in der Semantik die Interpretationsregeln für diese Ausdrücke ersparen, da deren Semantik durch die Definitionen aus der der grundlegenden Ausdrücke „entlang der Syntax“ berechenbar ist. 10.1.3 Skopus, gebundene und freie Variablenvorkommen und Substitution Die folgenden Klauseln fuhren einige wichtige syntaktische Begriffe ein, die wir in der Folge benötigen werden: 1) Der kürzeste Ausdruck, der unmittelbar auf ein Vorkommen eines besetzten Quantors folgt, heißt Skopus dieses Vorkommens. Zwei Beispiele zur Verdeutlichung: V.r[/ J (x) —Q(x)] Vx[P(x)]-dQ(x) Im ersten Beispiel ist der Skopus von Vx der Ausdruck [P(x) —» Q(x)], im zweiten Beispiel dagegen nur [/ 5 (x)]. Entsprechend sind die Formeln auch verschieden zu deuten, nämlich als: „Für alle x gilt: wenn x die Eigenschaft P hat, so hat dieses x auch die Eigenschaft Q.“ (Da x in Vx[P(x) —> Q(x)\ gebunden vorkommt, müssen beide Vorkommen bei der Interpretation gleich belegt werden.) bzw. „Wenn alle x die Eigenschaft P haben, dann hat (irgendein beliebiges, kontextabhängig zu interpretierendes) x die Eigenschaft Q.“ (Da x in Q(x) frei vorkommt, kann es bei der Interpretation anders belegt werden als in Vx[P(x)].) Semantik der Nominaltypen 79 2) Ein Vorkommen einer Variable ß in einer WFF a heißt gebunden, wenn es unmittelbar auf einen Quantor folgt oder im Skopus eines von ß gefolgten Quantors liegt. 3) Nicht gebundene Vorkommen von Variablen heißen frei. (In unseren obigen Beispielen ist das x in dem Ausdruck Q(x) im ersten gebunden, im zweiten frei.) g 4) [ß] y ist das Resultat der Substitution aller Vorkommen von y in ß durch 8. 10.2 Semantik Die semantische Interpretation der Sprache PL 1 wird modelltheoretisch angelegt. Das geschieht so, dass ein Modell angegeben wird, das zunächst aus einem Individuenbereich D, der als nicht-leere Menge konzipiert wird, der Menge der Wahrheitswerte - 0 für „falsch“, 1 für „wahr“ -, sowie zwei Interpretationsfunktionen f und g besteht. f weist Individuenvariablen Entitäten aus D zu, n-stelligen Prädikaten Ntupel aus Entitäten in D, nullstelligen Prädikaten Wahrheitswerte. g weist den Formeln der Sprache, die logische Ausdrücke enthalten, Wahrheitswerte in Abhängigkeit von f zu. Man sagt dazu auch, dass g eine Fortsetzung von f ist. Kommentar: - Man kann sich das leicht am Beispiel der Beschreibung von Positionen einer Schachpartie klar machen: * Einstellige Prädikate sind Bezeichnungen der spielenden Parteien, Figurenbezeichnungen und Prädikate wie „gewinnt“, „steht auf Verlust“ etc.; zweistellige Prädikate sind Positionszuweisungen oder Prädikate wie „bietet Schach“, „bedroht“ etc. * Daraus lassen sich dann Aussagen formulieren wie: • "WK(x)“ x ist der weiße König • "SB(y)“ y ist ein schwarzer Bauer . "3(x)[(WS(x) a f7(x)) a 3y[SD(y) A d8(y) A 3(V)[((SK(z) A h8(z)) A (DR(x,y) a DR(x,z)))]]] ein weißer Springer auf f7 bedroht sowohl die 80 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen schwarze Dame auf d8 als auch den schwarzen König auf h8. (In der Sprache der Schachspieler: Ein weißer Springer auf f7 bietet „Familienschach“! ) Die Verifizierung der einfachen Sätze ist im Beispiel der Miniaturwelt „Schach“ natürlich wesentlich einfacher als in komplizierteren Welten! - Die Einführung zweier Interpretationsfunktionen ist von einem reinen Logikerstandpunkt aus überflüssig. Wir leisten uns diesen Luxus jedoch nicht ohne guten Grund. Wir wollen die prädikatenlogische Sprache PL 1 ja später erweitern, um eine Logik für Plurale und Substanzausdrücke zu erhalten. Die Aufteilung der Interpretation in eine Funktion f, die für die Interpretation der nichtlogischen Ausdrücke der Sprache (das sind die Individuenvariablen und Prädikate) zuständig ist, und eine Funktion g, die für das logische Vokabular zuständig ist, hat dabei einen großen Vorteil: sie gestattet uns, bei der Einführung neuer Ausdrücke in die Sprache und den entsprechenden modelltheoretischen Erweiterungen nämlich, einen besseren Überblick zu bewahren, da logische und nichtlogische Ausdrücke und ihre Interpretation getrennt behandelt werden können. Auch bei der Betrachtung von Modellvarianten das sind intuitiv gesehen so etwas Ähnliches wie andere „mögliche Welten“ ist diese Trennung nützlich, weil man hier zulassen kann, dass f sich ändert, d.h., Individuenvariablen können andere Objekte bezeichnen als im Originalmodell, und Prädikate andere Mengen. Um beim Beispiel der Schachwelt zu bleiben: ein weißer Bauer kann durch Ziehen auf die achte Reihe z.B. in eine Dame umgewandelt werden, wodurch sich der Begriffsumfang von „weiße Dame“ verändert. Die Funktion g dagegen bleibt gleich, denn die logischen Ausdrücke sollen in allen Modellvarianten gleich interpretiert werden. 10.2.1 Ein Modell für PL 1 Ein Modell M für PL 1 ist ein Quadrupel: (A{0, l}f, g) Es soll gelten: - D ist der (nicht leere) Individuenbereich des Modells. - {0,1} sind die beiden Wahrheitswerte (0 fürfalsch, 1 für wahr). f, g sind zwei Interpretationsfunktionen, deren Rolle unten ausführlicher beschrieben wird. Semantik der Nominaltypen 81 10.2.2 Interpretationsfunktionen f ist eine Funktion von IV\j n PVnach Dy {0,1}, sodass gilt: 1) Ist a G IV, so ist f(a) G D n mal I J 1 2) Ist a e n PV, so ist f(a) eine Funktion von D xD x... xD nach {0,1} Kommentar: Die Funktion f ordnet in arbiträrer Weise Individuenausdrücken Individuen aus D zu, n-stelligen Prädikaten Funktionen von n-Tupeln aus D in Wahrheitswerte. g ist eine Funktion von WFF nach {0, 1}, sodass gilt: 1) * Ist a e IV, so ist g(a) = f(a) * Ist a e qPV, so ist g(a) = f(a) 2) Ist a = (ß = y ), so ist g(a) = 1 gdw. g(ß) = g( y ) 3) Ist a = (ß a y), so ist g(a) = 1 gdw. g(ß) = g( y ) = 1 Ist a = - ( y ), so ist g(a) = 1 gdw. g( y ) = 0 4) Ist a = V y [ß], so ist g(a) = 1 gdw. g(ß) = 1 für alle Modellvarianten M', die sich höchstens durch die Interpretation von y von M unterscheiden, kurz: für alle M' = 5) Ist a = A, y [ß](5), wobei y ,5 elVyj n PV, so ist g(a) = g([ß] y ). Daraus ergibt sich das Prinzip der ^-Konversion, die gestattet, Ausdrücke der Form Xjc[P(jc)](p) bzw. kP[P(x)}{F) durch P(y) bzw. P'(x) zu ersetzen. Kommentare: - Zu 1: g ist für Individuenausdrücke, Prädikate und damit wegen unserer Formeldefmition auch für elementare Formeln eine Kopie von f. - Zu 2: g ist für Fonnein mit Identitätszeichen wahr, wenn g für die durch das Identitätszeichen verbundenen Teile der Formel gleich ist. - Junktoren: * Zu 3: g ist für durch das Konjunktionszeichen gebildete Formeln wahr, wenn g für beide Teilformeln wahr ist. * g ist für negierte Formeln wahr, wenn g für die unter dem Negationszeichen eingebettete Formel falsch ist. 82 Quanlifikation und Nominaltypen im Deutschen - Zu 4: Allquantor: Entscheidend für das Verständnis dieser Definition ist der Begriff der Modellvariante bezüglich der Belegung einer Variablen: eine Modellvariante M' = y M ist ein Modell, das sich höchstens an der Interpretation der Variablen y von M unterscheidet, d.h., alle Ausdrücke werden an M' interpretiert wie an M, nur die Interpretation von y kann variieren, muss aber nicht, was dem Fall M = M' entspricht. M selbst ist also auch eine solche Modellvariante. Die Idee hinter der Interpretationsklausel für den Allquantor besteht somit darin, alle bezüglich der Individuendomäne D möglichen Belegungen für y durchzuspielen. Falls alle Belegungen den unter dem besetzten Quantor eingebetteten Satz erfüllen, wird der Allsatz als wahr bewertet, was ja auch der Intuition entspricht, dass alle durchgespielten Möglichkeiten den Satz bestätigen. - Zu 5: Abstrakter: Die Klausel für den Z-Abstrakter besagt schließlich, dass ein Satz der Form a = Zy[ß](8) interpretiert wird durch g([ß]y), d.h., seine Interpretation ist gleich der des Ausdrucks, der entsteht, wenn man den besetzten Abstrakter streicht und in ß überall y durch 8 ersetzt; dabei ist ß e ( W.7\7~und y bzw. 8 sind Individuen- oder Prädikatsvariablen. 11. FLINK - Die allmähliche Verfertigung einer erweiterten Logik mit Plural- und Substanzprädikaten Wir wollen nun die skizzierte klassische Prädikatenlogik so erweitern, dass die oben gemachten Beobachtungen zu Plural- und Substanzausdrücken und zu deren Zusammenspiel mit den Determinativen behandelbar werden. Dabei werden wir anhand bestimmter Phänomene Erweiterungen der bis hierher aufgebauten Sprache PL 1 angeben, die die Ausdruckskraft unserer Sprache entsprechend erhöhen. 11.1 Artikel Beginnen wir mit dem unbestimmten und dem bestimmten Artikel, indem wir zunächst ihre üblichen Übersetzungen angeben: ein =? ■ ZPfZP'CdxfPWAP'W]]] der => }J>[},F\(3xmx) A P'(x)) A V y [(PQ-) x =>>)]])]] Semantik der Nominaltypen 83 Die Analyse von ein als Existenzquantifikation ist weitgehend unproblematisch. Ein Satz wie (148) Ein Mann aus Marokko hat gestern meinen gebrauchten Wagen gekauft. wird damit offensichtlich zutreffend analysiert als: Es gibt ein Individuum, das ein Mann aus Marokko ist und auf das zutrifft, das es gestern meinen Wagen gekauft hat. Probleme scheinen allerdings Sätze wie (149) zu machen: (149) Ein Kleinwagen braucht wenig Benzin. Intuitiv gesehen bringt der Sprecher damit nämlich nicht zum Ausdruck, dass es ein Objekt gibt, auf das sowohl die Prädikate Kleinwagen und wenig Benzin verbrauchen zutreffen, sondern eher die Aussage, dass es eine typische Eigenschaft von Kleinwagen ist, wenig Benzin zu verbrauchen der Satz ist generisch zu interpretieren. 56 Die Analyse des bestimmten Artikels ist die von Bertrand Russell. Sie verknüpft eine Existenzbedingung mit einer Einzigkeitsbedingung. Diese Einzigkeitsbedingung ist jedoch viel zu stark. So wird in dem Satz (150) Auf der Schneekoppe steht der Femsehturm. bestimmt nicht behauptet, dass es nur einen Femsehturm auf derWelt gibt. Hier könnte man versucht sein, zu folgendem Heilmittel zu greifen: die Einzigkeitsbedingung wird kontextabhängig. Aber auch diese Forderung ist zu stark, wie (151) zeigt: (151) Schau mal das Auto! (Geäußert in einem Kontext, wo lauter mausgraue Kleinwagen und ein knallroter Ferrari Testarossa auf einem Parkplatz stehen.) In der gegebenen Situation wird wohl jeder Hörer vermuten, dass sich der Sprecher mit das Auto auf den auffallenden, seltenen - Ferrari bezieht. 56 In Ballweg (1995) habe ich die pragmatischen und semantischen Pobleme einer generischen Interpretation ausführlich erörtert. 84 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen Lewis hat nun 1979 ein probates Heimittel vorgeschlagen: Salienzordnung. Die Idee ist, dass die Objekte im Interpretationsuniversum innerhalb bestimmter Mengen zusätzlich eine Sprecher- und kontextabhängige Salienzordnung definiert, die erlaubt, ein Prädikat SAL+P zu definieren, intuitiv gelesen als salienter als... unter dem Prädikat P. Damit lässt sich dann der bestimmte Artikel so redefmieren: der => XP[hP'[Ox{P(x) A Vy[((P(y) ->x=y)\/ SAL+ P (x, y))]])]] Damit greifen dann definite Nominalphrasen auf das im Kontext salienteste Individuum zu, auf das das nominale Prädikat zutrifft. Die korrespondierende Erweiterung unserer Logiksprache wäre dann: Erweiterung 1 - Einführung einer Familie' 1 zweistelliger Prädikate {.S’4/ .+}/ 4salienter als) in die Logiksprache, interpretiert durch > p; im Modell. Für pluralische Vorkommen, ebenso wie für Vorkommen mit Substanznomina, liefert die bisher aufgebaute Prädikatenlogik jedoch noch keinen adäquaten Analyserahmen. Denn sie verfügt für die modelltheoretische Interpretation nur über klassische Individuen. Dieser Begriff enthält essenziell die Eigenschaft der Unteilbarkeit, insofern können Summenobjekte und Substanzportionen nicht als Individuen behandelt werden; eine solche Behandlung würde auch das Phänomen der kumulativen Denotation nicht beschreiben können. Andererseits ist aber klar, wie eine Erweiterung auszusehen hat: neben den klassischen Individuen benötigen wir in der modelltheoretischen Interpretation als weitere Objekte Pluralobjekte und Substanzportionen. Dabei ist auch zu klären, wie der systematische semantische Zusammenhang von Individuen-, Plural- und Substanzprädikaten zu beschreiben ist. 57 Eine Familie ist eine indizierte Menge, bei der die Indexmenge nicht die Menge der natürlichen Zahlen ist. Damit läuft die Konstruktion darauf hinaus, dass es zu jedem zweistelligen Prädikat P zusätzlich ein korrespondierendes Salienzprädikat gibt. Semantik der Nominaltypen 85 11.2 Plural- und Substanznomina Eine Semantik für Plurale und Substanznomina wurde 1983 von Link vorgeschlagen. Die dort formulierten Gedanken werden auch hier die Basis der Überlegungen bilden (daher auch das Akronym PLINK). Dass wir diese hier, trotz ihrer mathematischen Eleganz, nicht einfach übernehmen, hat den Grund, dass wir aus didaktischen Gründen vorziehen, so weit wie möglich mit dem Konzept der schrittweisen Erweiterung der Prädikatenlogik zu arbeiten, was für den Leser/ Hörer den Vorteil der besseren Nachvollziehbarkeit hat. Fertige Systeme sind erfahrungsgemäß schwerer zu vermitteln, weil hier die allmähliche Verfertigung der Gedanken in den Hintergrund getreten ist und damit oft nur schwer ersichtlich wird, auf Grund welcher Probleme bestimmte technische Lösungen gewählt wurden. Dieses hier gewählte schrittweise Vorgehen ist unter dem Schlagwort genetisches Lernen bekannt. 11.2.1 Kumulative Denotation Aus den Sätzen (152) und (153) folgt (154): (152) Pferde stehen hinter dem Haus. (153) Pferde stehen vor dem Haus. (154) Pferde stehen vor und hinter dem Haus. ebenso wie aus den Sätzen (155) und (156) der Satz (157) folgt: (155) Bier ist im Kühlschrank. (156) Bier ist im Keller. (157) Bier ist im Kühlschrank und im Keller. Das heißt für uns: - Pluralprädikate haben, wie in Beispiel (152) und Beispiel (153), aus denen Beispiel (154) folgt, ersichtlich, die Eigenschaft der kumulativen Denotation. - Substanzprädikate haben, wie in den Beispielen (155), (156) und (157) ersichtlich, ebenfalls diese Eigenschaft. 86 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen Kumulative Denotation soll heißen, dass Zusammenfassungen verschiedener Objekte - Pluralobjekte oder Substanzportionen wieder Objekte des gleichen Typs bilden. Also müssen wir die Semantik der Standardprädikatenlogik so erweitern, dass diese Eigenschaft dargestellt werden kann, und dass die Parallelität dieser beiden Prädikatstypen somit herausgearbeitet werden kann. 11.2.2 Pluralprädikate Wir beginnen unsere Erläuterungen mit der Analyse der Pluralprädikate: Für Pluralprädikate postulieren wir, darin Link folgend, als Denotatbereiche atomare Summenhalbverbände ohne neutrales Element. Diese enthalten als Atome die einzelnen Individuen aus derjenigen Menge, die als Denotatbereich eines entsprechenden Singularprädikates dient. Mit Hilfe einer zweistelligen Summierungsoperation © 58 werden daraus Pluralobjekte gebildet. Zur Verdeutlichung ein Beispiel: Betrachten wir das Prädikat Weiser aus dem Morgenland. Davon gibt es drei, die wir hier C, M und B nennen wollen. Aus dem Denotatbereich des Singularprädikats, {C,M,B}, lassen sich die Pluralobjekte C ® B, C ® M, M® B, sowie C © M® B gewinnen; das Pluralprädikat Weise aus dem Morgenland hat als Denotatbereich den aus den Atomen durch © erzeugten Summenhalbverband. m © b © c m©b m©c bffic mb m c b c Es ist klar, dass diese Konstruktion die Eigenschaft der kumulativen Denotation abbildet, da die mit © aus vorhandenen Objekten aus dem Verband gebildeten neuen Objekte wieder dem Verband angehören (vgl. Link 1983). 58 © ist kommutativ, assoziativ und idempotent. Eine Operation auf einer Menge generiert grundsätzlich nur Objekte, die wiederum dieser Menge angehören. Semantik der Nominaltypen 87 11.2.2.1 Echte und unechte Pluralprädikate Nimmt man die Atome aus dem Verband heraus, so erhält man den Denotatbereich des echten Pluralprädikats. Für manche Beispiele, wie (159), ist nur das echte Pluralprädikat zur Interpretation heranzuziehen, in anderen, wie (158), ist dagegen das unechte vorzuziehen: (158) Gibt es Krokodile im Teich? - Ja, eines. (159) Sind die Karten gemischt? - * Ja, eine. Wenn jemand die in (158) aufgeworfene Frage nach der Existenz von Krokodilen deshalb mit Nein! beantworten würde, weil er genau weiß, dass nur eines vorhanden ist, wäre dies ein extrem unkooperativer Zeitgenosse. Dieses Problem wird für die weitere Darlegung jedoch nur eine untergeordnete Rolle spielen. 11.2.2.2 Distributive, nicht distributive und gemischte Prädikate Bei Prädikaten wie es gibt überträgt sich die einem Pluralobjekt zugeschriebene Eigenschaft auf alle Teile bis zu den Atomen hinunter; solche Prädikate heißen distributiv. (Genauer müsste man „distributiv bezüglich der Subjektstelle“ sagen, da es auch Distributivität bezüglich anderer Komplementstellen gibt.) Bei Prädikaten wie gemischt in (159) ist dies nicht der Fall; sie heißen nicht-distributiv. Manche Prädikate lassen beide Lesarten zu, und welche die bevorzugte ist, wird abhängig von Kontext und Weltwissen entschieden. So würde man (160) eher distributiv interpretieren, (161) eher nicht: (160) Die Heppenheimer trinken jährlich 50 Liter Wein. (161) Die Eleppenheimer trinken jährlich 2000 Hektoliter Wein. Solche Prädikate heißen gemischt. Pluralobjekte lassen sich also aus den klassischen Individuen mittels © konstruieren, womit auch die Frage des Zusammenhangs von Plural- und Singularprädikaten geklärt ist. Die Erfassung der Distributivität, Nicht- 88 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen Distributivität und Gemischtheit von Prädikaten durch Bedeutungspostulate stellt neben der Eintuhrung der Verbandsstrukturen einen weiteren Beitrag zur Analyse dieses Zusammenhanges dar. Dies führt zu folgender Erweiterung der klassischen Prädikatenlogik: Erweiterung 2 - In der Logiksprache werden die alten Individuenvariablen zu Objektvariablen, die auch über Pluralobjekte laufen; außerdem wird ein Operator * eingeführt: Ist a ein Individuenprädikat, so ist *a das zugehörige Pluralprädikat. Prädikatsvariablen ohne * laufen über beliebigen Prädikaten, Individuenprädikatsvariablen werden durch iP, iP usf. mitgeteilt. - Im Modell wird auf dem Objektbereich eine zweistellige, assoziative, kommutative und idempotente Operation © eingeführt; der Objektbereich besteht damit 1) aus den klassischen Individuen; 2) aus durch © aus Objekten gebildeten neuen Objekten. 3) Die Menge der Objekte O kann dann durch folgende rekursive Definition angegeben werden: * Ist a £ D, so ist a e O. * Sind a, ß e O, so ist a©ß g O. * Nichts sonst ist Element von O. - Die Funktion f wird um eine entsprechende Klausel erweitert, die den Zusammenhang zwischen Individuen- und Pluralprädikaten sichert: Ist a e iP, so ist ß'ka) eine Funktion von dem aufßa) durch © generierten Summenhalbverband nach {0,1}. - Bedeutungspostulate: 1) Distributivität: Ist -kaein distributives Pluralprädikat und sind y, 8 Variablen, so gilt: (*a(y)) - ► (V5[((f(y) 3 f(5) -> ★ a(S))])) Semantik der Nominaltypen 89 2) Nichtdistributivität: Ist ★ « ein nicht-distributives Pluralprädikat, sind y, 8 Variablen, so gilt: (( ★ a(y)) - (V5[((f( y ) 3 f(8)) ★ a(5))])) Diese Konstruktion stellt also syntaktisch gesehen für jedes Prädikat P ein korrespondierendes Pluralprädikat *P bereit; semantisch gesehen wird auf der Menge von Individuen, die der Denotatbereich von P ist, durch © ein korrespondierender Summenhalbverband von Pluralobjekten generiert. Die Funktion f wird dann entsprechend so erweitert, dass sie für die Interpretation der besternten Prädikate auf den jeweiligen Summenhalbverband zugreift. 11.2.3 Exkurs: Anzahlattribute Zwar stehen Anzahlattribute nicht im Fokus unseres Interesses, aber da die bisherige Erweiterung der Prädikatenlogik eine sehr einfache Behandlung zulässt, wollen wir sie in einem kurzen Exkurs abhandeln. Die auf Link zurückgehende Idee beruht darauf, dass sich die Objekte in den Pluralhalbverbänden Ebenen zuordnen lassen: - Objekte, die nicht durch eine Verknüpfung mittels © gebildet sind, gehören der ersten Ebene an. - Objekte, die durch eine Verknüpfüng mittels © gebildet sind, gehören der zweiten Ebene an. - Objekte, die durch zwei Verknüpfungen mittels © gebildet sind, gehören der dritten Ebene an. usf., d.h., Objekte, die durch n-1 Verknüpfungen gebildet sind, gehören der n-ten Ebene an. Daraus ergibt sich ein Defmitionsschema für Anzahlattribute fast von selbst: A.(P)Ax[«(P)(x)] mit der semantischen Interpretation: Für alle n g N g(A.(P)Ajc[n(P)(x)] = 1) gdw. g(x) g O und g(x) durch (n 4)fache Anwendung von © aus Elementen von I konstruiert ist. 90 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen 11.2.4 Substanzprädikate 11.2.4.1 Entia non sunt multiplicanda praeter necessitatem Es ist klar, dass wir, um die kumulative Denotation zu erfassen, auch für Substanzprädikate eine Verbandsstruktur benötigen. Analog zu © können wir für Substanzen eine Operation © einführen. Im Gegensatz zu den Pluralobjekten, wo wir die klassischen Individuen als Basis einer Verbandskonstruktion benutzen konnten, haben wir hierbei jedoch keine Atome zur Verfügung. Eine Basis der Rekonstruktion könnte man dadurch zu gewinnen suchen, dass wir eine Konstitutionsrelation -< einführen, die Objekten diejenigen Substanzquanten zuordnet, die sie materialiter konstituieren. Da auch Teile von Substanzquanten wieder Substanzquanten sind, und da die durch © erzeugten Substanzquanten nicht eindeutig wieder trennbar sind, benötigen wir zusätzlich eine materiale Teil-von-Relation, • =3 die Teilsubstanzquanten liefert. Diese reduktionistische Konstruktion geht jedoch nicht ganz auf: - Die Kriterien dafür, ob solche Teile noch unter das Substanzprädikat fallen, sind von Substanz zu Substanz verschieden. Ein materialer Teil eines Substanzquantums Gold ist in allen Fällen wieder ein Substanzquantum Gold (zumindest solange wir Kernspaltung ausschließen), während dies bei einem Substanzprädikat wie Rosinenkuchen nicht der Fall ist irgendwann landet man bei der Teilung bei rosinenfreien Teigkrümeln. Folglich brauchen wir für jedes Prädikat eine eigene, axiomatisch eingeführte Teilungsrelation. - Es gibt auch abstrakte Substanzen, wie folgendes Beispiel verdeutlicht: (162) Wie viel Grammatik braucht der Mensch? Hier wäre es in der Tat absurd, die oben angedeutete reduktionistische Konstruktion zu versuchen. Semantik der Nominaltypen 91 11.2.4.2 Stabile, instabile und M-distributive Prädikate Unter den Individuen- und Pluralprädikaten gibt es solche, die, wenn sie für ein Objekt gelten, auch für das Substanzquantum gelten, das diesem Objekt entspricht. Diese heißen stabil, die anderen instabil: - Typische stabile Prädikate sind lokale. Wenn gilt: (163) Mein Ring liegt im Safe, dann folgt: (164) Das Gold, aus dem mein Ring besteht, liegt im Safe. - Typische instabile Prädikate sind temporale und Einstellungsprädikate. Wenn gilt: (165) Mein Ring ist neu. so folgt nicht: (166) Das Gold, aus dem mein Ring besteht, ist neu. Wenn gilt: (167) Ich liebe meine Gitarre, so folgt nicht: (168) Ich liebe das Holz, aus dem meine Gitarre gebaut ist. Unter den Pädikaten gibt es solche, die, wenn sie für ein Substanzquantum gelten, auch für alle Subquanten gelten. Diese Prädikate heißen Mdistributiv und sind typischerweise auch stabil. Aus: (169) Mein Goldbesitz liegt im Safe, folgt: (170) Jeder Teil meines Goldbesitzes liegt im Safe. 92 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen Um diese Intuitionen abzubilden, konstruieren wir die folgende Erweiterung unserer formalen Sprache: Erweiterung 3 - 1) In der Logiksprache wird ein Operator • eingeführt: Ist a ein Individuenprädikat, so ist ■ a das zugehörige Substanzprädikat. 2) Ist a ein Substanzprädikat, so ist *a ein pluralisches Substanzprädikat. 3) Prädikatsvariablen ohne * oder • laufen über beliebigen Prädikaten. 4) Außerdem werden zwei Prädikate p (konstituiert materialiter) und u (materialer Teil von) eingeführt, die durch -< bzw. ■ zd interpretiert werden. - Im Modell werden Substanzquanten eingeführt, außerdem wird auf dem Bereich der Substanzquanten eine zweistellige, assoziative, kommutative und idempotente Operation Q eingeführt, sowie eine materiale Konstitutionsrelation -< und eine Familie • zzp, deren Elemente die materiale Teil-von-Relation jedes einzelnen Prädikates festlegen. - Der Objektbereich besteht damit 1) aus den klassischen Individuen, 2) aus den Substanzquanten, 3) aus durch © aus Individuen bzw. Pluralobjekten gebildeten neuen Pluralobjekten, 4) aus durch q oder ■ zzp aus Substanzquanten gebildeten neuen Substanzquanten. - Um den Zusammenhang von Individuen-, Plural- und Substanzprädikaten zu garantieren, benötigen wir eine wesentlich kompliziertere Konstruktion als oben für den Zusammenhang von Individuen- und Pluralprädikaten: 1) Ist a e iP, so ist ß a) eine Funktion von dem durch q auf der Basis der Menge SP generierten Halbverband nach {0,1}. SP ist die kleinste Menge, sodass gilt: (a) Ist ein Objekt o e / (-a), und gilt o' < o, so ist auch o' g SP (b) Sind o,o' g SP, so ist auch o q o' g SP (c) Ist o g SP, und gilt o ■ z> a o', so ist auch o' g SP Semantik der Nominaltypen 93 2) Ist a e sP, so ist fisa) eine Funktion von der durch q , - Da auf der Basis vonßa) generierten Menge SP von Substanzquanten. - Einen weiteren Zusammenhang von Substanz- und anderen Prädikaten können wir auch über die folgenden Bedeutungspostulate hersteilen: 1) Stabilität: Ist a ein stabiles Individuen- oder Pluralprädikat, sind y, 5 Variablen, so gilt: Vy[((a(y) A/ ^(ö,y)) —> -afö))] 2) Instabilität: Ist a ein instabiles Individuen- oder Pluralprädikat, y eine Variable, so gilt: (Vy[((a(y) A^(8,y)) —> -a(5))]) 5) M-Distributivität: Ist a ein M-distributives Substanzprädikat, sind y, 8 Variablen, so gilt: Vy[V8[((a(y) Af(y) • => f(8)) a(y))]] — Hypothese: Ist ein Individuenprädikat a stabil, so ist ■ a M-distributiv. Damit haben wir anhand der Diskussion des unbestimmten und bestimmten Artikels eine formale Sprache durch schrittweise Erweiterungen definiert, in deren Rahmen wir jetzt die einzelnen Determinative syntaktisch und semantisch beschreiben können, wobei nur noch kleinere Erweiterungen nötig werden. ... dann hat er die Teile in seiner Hand, fehlt leider nur das geistige Band! Im folgenden Teil sollen nun noch die einzelnen Vertreter der drei Gruppen generelle Determinative singularische Determinative pural- und substanzbezügliche Determinative im Rahmen der erweiterten Logik semantisch analysiert werden. Voraus geht jeweils eine kurze syntaktische Analyse der ganzen Gruppe, wobei die Kategorienzuweisung und die relevanten syntaktischen Funktionen angegeben werden. 59 Darauf erfolgt die semantische Analyse der einzelnen Determinative. 59 Wir ersparen uns die Analyse der w-Determinative welcher, welch (unflektiert) und wie vieler, da eine Einbeziehung der Frageproblematik den Rahmen sprengen würde. V. Analyse der Determinative 12. Generelle Determinative In den Übersetzungen der generellen Determinative benötigen wir die unrestringierten Prädikatsvariablen, die dann je nach Beispiel als Individuen-, Plural- oder Substanzprädikat ausbuchstabiert werden können. 12.1 Syntax Die Syntax der einzelnen Gruppen handeln wir jeweils für alle Elemente ab, die semantische Analyse im Rahmen von PLINK buchstabieren wir für jedes einzelne aus. 12.1.1 Kategorienzuweisung Für alle generellen Determinative a gilt die Kategorienzuweisung a e [(t/ (t/ e))/ (t/ / e), DET, {+red), (+komm)~\, d.h. sie sind alle reduzierbar und kommutierbar. 12.1.2 Syntaktische Funktionen Für alle generellen Determinative sind die folgenden syntaktischen Funktionen relevant: fTj: Ist a = FK(ß,y), und ist ß g [(t/ (t/ e)/ (t/ / e)); DET, (+red)], y g [(t/ / e)/ t/ / e); ADJ], so ist a g [(t/ (t/ e)/ (t/ / e)); DETP, <+red)]. üj: Ist a g [(t/ (t/ e)/ (t/ / e)); DETP, (+red)], so ist RED(a) g [(t/ (t/ e)/ (t/ / e)); PRONP] üj: Ist a g [(t/ (t/ e)/ (t/ / e)); DET, <+red)], so ist RED(a) g [t/ (t/ e); PRON] 96 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen - 5^: Ist a e [(t/ (t/ e)/ (t/ / e)); DET, (+komm)], so ist KOMM(a) e [(t/ (t/ / e)/ (t/ e); FRON]; bei gemischten Prädikaten ß e t/ e ist a (ß) distributiv! - J’s. Ist a e {der, die, das; der, die, das; dieser, diese, dieses; jener, jene, jenes; derjenige, diejenige, dasjenige; derselbe, dieselbe, dasselbe; jeglicher, jegliche, jegliches; mancher, manche, manches; welcher, welche, welches}, und ist ß(y) eine N-Phrase, in der ß ein Adjektiv ist, so hat in a(ß( y )) das Adjektiv schwache Flexion. - Td. Ist a e {unser, euer, ihr; kein, keine, kein; mein, dein, sein}, und ist ß(y) eine N-Phrase, in der ß ein Adjektiv ist, so hat in a(ß(y)) das Adjektiv gemischte Flexion. 12.2 Semantik 12.2.1 der der ^ ^P[^'[3x[((P(x) A PW)aV^[(P(» ((y = x) V SAL+ F (x,.y)))])]]] Für den Fall, dass P ein Plural- oder Substanzprädikat ist und dass der Kontext kein salientestes Objekt aus dem Plural- oder Substanzverband bereitstellt, gilt das jeweilige Supremum des entsprechenden Verbandes, i.e. dessen oberstes Objekt, axPx als salientestes Objekt. 60 Das stimmt zu der Tatsache, dass in solchen Kontexten entsprechende NPs oft generisch interpretiert werden. 12.2.2 mein, dein, sein Für die possessiven Determinative benötigen wir noch eine Erweiterung für unsere semantische Beschreibungssprache: 60 Für Pluralprädikate lautet die Definition: axPx = ix[P(x)a Vy[(P(y) —» f(.r)ffif(y) = f(x))]], d.h., das Pluralobjekt, zu dem man nichts mehr hinzufügen kann, das größte; für Substanzprädikate lautet die Definition: <3xPx d ^ \x[P(x)/ \Vy[(P(y) —> ■ f(x) q f(y) = f(x))]], d.h., die Substanzportion, zu der man nichts mehr hinzufugen kann, die größte; das lässt def sich zusammenfassen zu: axPx = ly[P(x)y Vy[(P(y) - > f(x)^f(y) = f(x))]]. Analyse der Determinative 97 Erweiterung 4 - Füge zur Sprache ein zweistelliges Prädikat POSS hinzu. - Zeichne unter den Indiviuen des Modells zwei aus, sp und h (Sprecher und Hörer) Dann können wir folgende Übersetzungen angeben: mein => kP\XP'\^x{(((P(x) A POSSisp, x))/ \P'(x)) / \ Vy[(P(y) ((y = x) \jSAL+p(x,y)))\)W\ - Bei dein wäre POSS(sp,x) durch POSS(h,x) zu ersetzen. - Bei sein bzw. ihr wäre POSS(sp,x) durch (POSS(y,x)/ \ {y A sp/ \y * h) ) zu ersetzen. Diese Analyse läuft darauf hinaus, dass die possessive Bedeutungskomponente zu der Deutung des bestimmten Artikels hinzu kommt. Possessive Determinative sind damit als definit analysiert! 12.2.3 der, dieser, jener, derjenige, derselbe Diese Demonstrativdeterminative (der Akut bei der soll Betonung andeuten) können wir noch nicht formal behandeln, da dazu pragmatische und Kontextfaktoren an das Modell angeschlossen werden müssten, was über den gegenwärtigen Rahmen hinausfiihrt. Diese Faktoren müssten mit einer definiten Deutung verknüpft werden. 12.2.4 jeglicher (Veraltet, kaum im Plural anzutreffend); jeglicher => hP[hP'[\/ x[(P(x) -» P(jc))]]]; Bedeutungspostulat: Wenn P ein Pluralprädikat ist, ist P distributiv. Das veraltete jeglicher entspricht weitgehend dem Allquantor; bei den seltenen Pluralverwendungen erzwingt es Distributivität, z.B.: (171) Jegliche Einsprüche sind zwecklos. 98 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen 12.2.5 mancher Dieses Determinativ ist besonders interessant, weil es bei Singularverwendungen eine pluralische Implikation hat: Aus (172) Manche Stadt habe ich besucht, folgt nämlich: (173) Manche Städte habe ich besucht. und aus (174) Ich habe manchen Bordeaux genossen. folgt (175) Ich habe manche Bordeaux genossen. Das führt zu folgender Fallunterscheidungsanalyse: - Singular: 1) mancher A./ 7 , [A.[/ P'[3x[((/ / 5 (x)A/ F , ’W)A3y[(*7 , (y)A> ; =5^) A^'(y)])]]]] Bedeutungspostulat: *P ist das zu iP gehörige Pluralprädikat und ist distributiv. 2) mancher => ksP\KP[3x\({sP(x) A iP'(x)) A 3y[(*/ - ) 0 ; ) Ak => v)]) A/ ny)]]] Bedeutungspostulat: *P ist das zu sP gehörige Pluralprädikat, und *P ist distributiv. - Plural: manche => } *P[} *P'\3x[(*P(x)f\*P'(x))\\] Bedeutungspostulat: *P ist distributiv. Diese Analyse bedarf eines kurzen Kommentars: Für den ersten Singularfall, die Kombination mit einem singularischen Standardnomen, wird die Existenz eines entsprechenden distributiven Pluralprädikats postuliert, zu dem das Singularprädikat gehört und auf das das anzuschließende Prädikat zutrifft, vgl. (172) und (173). Die Deutung von (172) lässt sich paraphrasieren als: Analyse der Determinative 99 es gibt eine Stadt x diese gehört zu einem Pluralobjekt y, das nur Städte umfasst und wozu x gehört ich habe alle einzelnen Objekte in y (insbesondere x) besucht Ähnliches gilt für den Singularfall mit Substanzprädikat in (174) und (175). Die Deutung von (174) lässt sich paraphrasieren als : es gibt eine Bordeauxportion x diese gehört zu einem Pluralobjekt y, das nur Bordeauxportionen umfasst ich habe alle einzelnen Teilportionen in y (insbesondere x) genossen. Für den Pluralfall gibt es keine Probleme. 12.2.6 kein kein => (3x[(/ 5 (x) A .P’(x)))]]] Dieses Determinativ kann man kurz und bündig abhandeln: Im Prinzip liegt die Negation des unbestimmten Determinativs ein vor, wobei jedoch, im Gegensatz zu diesem, auch Pluralformen auftreten. 13. Singularische Determinative Wir beschränken generelle Prädikatsvariablen hier auf individuelle und Substanzprädikate. 13.1 Syntax 13.1.1 Kategorienzuweisung Ist ot e {ein, irgendein, jeder, jedweder, manch, welch}, so ist a e [(t/ (t/ e)/ t/ / e s .g DET (+red), (+komm) \ 100 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen Bemerkung: Man beachte zur Kommutation singularischer Determinative die einschränkenden Bemerkungen unter 7.3! 13.1.2 Syntaktische Funktionen Für alle singularischen Determinative sind die folgenden syntaktischen Funktionen relevant: - .Ti: Ist a = FK(ß, y), und ist ß <= [(t/ (t/ e)/ (t/ / e)); DET, (+red)], y e [(t/ / e)/ t/ / e)]; ADJ, so ist a e [(t/ (t/ e)/ (t/ / e)); DETP, (+red)]. - T 2 : Ist a G [(t/ (t/ e)/ (t/ / e)); DETP, (+red>], so ist RED(a) G [(t/ (t/ e)/ (t/ / e)); PRONP] - .Ti: Ist a £ [(t/ (t/ e)/ (t/ / e)); DET, (+red>], so ist RED(a) G [t/ (t/ e); PRON] - Ti: Ist a e [(t/ (t/ e)/ (t/ / e)); DET, (+komm), so ist KOMM(a) e [(t/ (t/ / e))/ (t/ e); PRON]; bei gemischten Prädikaten ß e t/ e ist a(ß) distributiv! - Ti: Ist a e {ein, irgendein}, und ist ß(y) eine N-Phrase, in der ß ein Adjektiv ist, so hat in a(ß(y)) das Adjektiv gemischte Flexion. - Ti: Ist a G {jeder, jedweder, manch, welch}, und ist ß(y) eine N-Phrase, in der ß ein Adjektiv ist, so hat in a(ß(y)) das Adjektiv schwache Flexion. 13.2 Semantik 13.2.1 ein, irgendein Die Analyse haben wir bereits eingangs formuliert: ,; : dein ^^n^mx)NPXx)m Analyse der Determinative 101 13.2.2 jederJedweder Jeder und das seltene jedweder können einfach mit Hilfe von V analysiert werden: Bedeutungspostulat: Ist P ein Pluralprädikat, so ist P distributiv. 13.2.3 manch Die Analyse ist die gleiche wie die für mancher für die Singularfälle: 1) manch => 'kiP[k[iP'[3x[((iP(x)/ \iF(x))/ \3y[(*P(y)/ \y zd x)])]] Bedeutungspostulat: *P ist distributiv. 2) manch =5ksP[kr[3x[((sP(x)/ \iP'(x)) A 3y\(*P(y) A y =3 x)])]]] Bedeutungspostulat: *P ist distributiv. 14. Plural- und substanzbezogene Determinative Wir beschränken generelle Prädikatsvariablen hier auf Plural- und Substanzprädikate. 14.1 Syntax 14.1.1 Kategorienzuweisung Ist a e {solcher, einiger, etlicher, irgendwelcher, aller, wie vieler}, so ist a e [(t/ (t/ e))/ t/ / e / t DET (+red), (+komm)] Bemerkung: Bei solcher ist die Reduzierbarkeit stark eingeschränkt, s.u. 102 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen 14.1.2 Syntaktische Funktionen Für alle plural- und substanzbezüglichen Determinative sind die folgenden syntaktischen Funktionen relevant: - Tp. Ist a = FK(ß,y), und ist ß e [(t/ (t/ e)/ (t/ / e)); DET, (+red)], y <= [(t/ / e)/ t/ / e); ADJ, so ist a <= [(t/ (t/ e)/ (t/ / e)); DETP, (+red)]. - T 2 \ Ist a £ [(t/ (t/ e)/ (t/ / e)); DETP, <+red)], so ist RED(a) G [(t/ (t/ e)/ (t/ / e)); PRONP] - Jy. Ist a G [(t/ (t/ e)/ (t/ / e)); DET, <+red>], so ist RED(a) G [t/ (t/ e); PRON] r J A -. Ist a G [(t/ (t/ e)/ (t/ / e)); DET, <+komm), so ist KOMM(a) g [(t/ (t/ / e)/ (t/ e); PRON]; bei gemischten Prädikaten ß g t/ e ist a(ß) distributiv! - 7y. Ist a G {solcher, einiger, etlicher, irgendwelcher, aller, wie vieler}, und ist ß(y) eine N-Phrase, in der ß ein Adjektiv ist, so hat in a(ß(y)) das Adjektiv gemischte Flexion. 14.2 Semantik 14.2.1 solcher Bei diesem Determinativ liegt eine Existenzquantifikation über Substanzquanten oder Pluralobjekten vor, ergänzt durch die Anbindung an den Kontext über eine kontextabhängige Prädikatsvariable, AP, die auf ein im Kontext vorhandenes Prädikat zugreift. solcher => ^P[A,P'[3x[((P(x)/ \AP(x))/ \P'(x))]]] Die formale Darstellung der Interpretation von kontextabhängigen Variablen würde den Rahmen dieses Buches sprengen. Der Frage, inwieweit solchein Determinativ ist, gehen wir in einem Exkurs am Ende des Kapitels nach. Analyse der Determinative 103 14.2.2 einiger, etlicher Bei diesem Determinativ liegt eine Existenzquantifikation über Substanzquanten oder Pluralobjekten vor, ergänzt durch einen Vergleich mit einem kontextabhängigen Schwellenwert 2X => ^[^3*[((/ >(*) A P'(x)) A f(x) > C )]]] Die genaue Ausbuchstabierung des Schwellenkonzepts würde hier zu weit fuhren. (Man vgl. hierzu Ballweg/ Frosch 1979, 1981 und Ballweg 1981, 1983.) 14.2.3 irgendwelcher irgendwelcher => kP\kP'[3x[(P(x)/ \R'(x))}W 14.2.4 aller, alle, alles keine einfache Allquantifikation Man ist versucht, aller einfach als Allquantifikation über Pluralobjekten und Substanzquanten zu analysieren. Dies geht jedoch nicht. Um das zu zeigen, vergleichen wir die zwei folgenden Beispiele: (176) Alle Spieler der Mannschaft wiegen 80 kg. (177) Alle Spieler der Mannschaft wiegen 880 kg. Das Prädikat wiegen ist gemischt. Das komplexe Prädikat 80 kg wiegen würde man über unser Weltwissen distributiv interpretieren, nicht aber 880 kg wiegenl In (177) findet nämlich eine Prädikation über ctP(x), dem Supremum, statt. Eine Formalisierung Vx[(*SPIELER(x) -> * 880kgWIEGEN(x)] würde aber eine distributive Lesart erzwingen. Auch bei Substanzprädikaten kann man Ähnliches beobachten: (178) Alles Gold von Amerika liegt in Fort Knox. (179) Alles Gold von Amerika ist 50 Millarden $ wert. 104 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen Das Prädikat in (178) ist M-distributiv, das in (179) nicht. Die korrekte Analyse lautet also: aller => kP[)J y [{(P{x)(x = SUPp)) / \ pxm\ Ist P distributiv oder M-distributiv, so folgt daraus wegen des entsprechenden Bedeutungspostulats: A„P[AF[Vx[(.P(.x) —» P'(x))]]] D.h. aus (180) Alle Spieler der Mannschaft wiegen 80 kg. folgt (181) Jeder Spieler der Mannschaft wiegt 80 kg. Und aus (182) Alles Gold von Amerika liegt in Fort Knox. folgt (183) Jedes Stück Gold von Amerika liegt in Fort Knox. 15. Exkurs: solcher ein Determinativ? 15.1 Die Problematik einer Kategorisierung von solcher in der Gegenwartssprache 15.1.1 Die Determinativkriterien in der Gegenwartssprache eine unklare Geschichte Geht man die einzelnen Determinativkriterien für Belege mit solchin der Gegenwartssprache durch, so ergibt sich kein klares Bild, wie wir gleich sehen werden. Eine Einordnung scheint also problematisch zu sein. Analyse der Determinative 105 15.1.1.1 Nominalphrasenbildungskriterium Wir haben oben gesehen, dass solchzu der Gruppe von Determinativen gehört, die nur mit Substanz- und Pluralnomina zusammen Nominalphrasen bilden. Da jedoch diese Nomina ohnehin auch ohne Determinativ als Minimale Nominalphrasen auftreten (Zifonun et al. 1997, S. 1928), hilft das Nominalphrasenkriterium bei diesen Determinativen nicht weiter. 15.1.1.2 Distributionskriterium Das Distributionskriterium ist z.T. erfüllt, wie man an (184) sieht: (184) * Solche die Kollegen sind mir sympathisch. Jedoch kann sich solchmit einem vorangehenden indefiniten Artikel verbinden: (185) Einen solchen Kollegen schätze ich sehr. Außerdem gibt es die Verbindung des unflektierten solch mit einem nachfolgenden indefiniten Artikel: (186) Solch eine Kollegin ist bei allen beliebt. Letzteres Problem lässt sich jedoch umgehen, wenn man das unflektierte solch als Indefinit-Determinativmodifikator auffasst, ebenso wie so\ (187) Solch eine elegante Lösung! (188) So eine elegante Lösung! Damit sind bei diesen Fällen die Rektionseffekte auf den indefiniten Artikel beschränkt, was auch den empirischen Befunden entspricht, wie man leicht sieht. Denn ebenso wie ein haben auch solch ein und so ein nur im Dativ Rektionseffekte: (189) Ein/ solch ein/ so ein beliebter Professor! (190) Eines/ solch eines/ so eines beliebten Professors! (191) Einem/ solch einem/ so einem beliebten Professor! (192) Einen/ solch einen/ so einen beliebten Professor! 106 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen 15.1.1.3 Pronominalkriterium Auch das Pronominalkriterium bringt die Frage einer Lösung nicht näher, denn in der deutschen Gegenwartssprache ist pronominales Vorkommen von solchso gut wie nicht mehr möglich: (193) *Solches ist mir noch nie aufgefallen. (194) * Solcher mag sagen, was er will. Allerdings scheint solchals Antezedenz von Relativsätzen möglich zu sein: (195) In Bayern gibt es viele Berge. Solche, die ich schon bestiegen habe, und solche, auf die ich noch nicht gegangen bin. Schließlich gibt es noch solche und solche bzw. solche und andere. Auf jeden Fall lässt sich aber konstatieren, dass pronominale Verwendung von solchstark rückläufig ist. 15.1.1.4 Rektionskriterium Damit bleibt uns also das Rektionskriterium als einzige Hoffnung übrig. Aber auch hier ist der empirische Befund in der Gegenwartssprache eher verwirrend. Es finden sich nämlich einerseits Belege, bei denen das Rektionskriterium erfüllt ist: (196) Solche ganz langsame/ ! Bewegungen nehmen sie anscheinend kaum wahr. (Grzimek, Serengeti, S. 126) (197) Aber in die Studienstiftung gehören solche junge/ i Leute im allgemeinen nicht. (Heimpel, Kapitulation, S. 85) (198) ... Sie könnten mir solches laue Gesöff vorsetzen ... (Mann, Zauberberg, S. 949) Andererseits treten auch Belege ohne den Rektionseffekt auf; sogar beim selben Autor finden sich oft beide Optionen, so bei Jaspers mit Rektionseffekt: (199) Daher bringt die Vernunft zwar solche unumgänglichen Fixierungen hervor,... (Jaspers, Atombombe, S. 313) Analyse der Determinative 107 Beim selben Autor ohne Rektionseffekt: (200) Selbst wenn es solche uns verborgene und wirksame Sinnzusammenhänge gibt,... (Jaspers, Atombombe, S. 465) Wie man sieht, sind von den vier Kriterien nur zwei teilweise erfüllt, und so gibt der empirische Befund keine Basis für eine zufrieden stellende Antwort. Vielmehr scheint im Gegenwartsdeutsch hier eine Instabilität des Systems vorzuliegen. 15.2 Was tun? Unter synchronischem Aspekt ermittelte Instabilitäten können ein Hinweis darauf sein, dass an der entsprechenden Stelle des Systems ein Sprachwandelprozess im Gange ist. 15.2.1 Konvention Geht man, wie allgemein üblich, davon aus, dass das Sprachsystem ein System von impliziten - Konventionen ist, und fasst man Konventionen mit Lewis (1969) als Verhaltensregularitäten in einer Gesellschaft auf, für die gilt, dass die meisten sie meistens befolgen - und die meisten meistens bevorzugen, dass die meisten anderen sie ebenfalls meistens befolgen, so hat man einen theoretischen Rahmen, in dem sich diese Phänomene gut beschreiben lassen, da die Lewis'sche Konventionsdefinition hinreichend flexibel ist, wodurch sich Sprachwandel beschreiben lässt als Ablösung einer Konvention durch eine andere; synchrone Instabilitäten lassen sich als Konflikt zwischen konkurrierenden Konventionen beschreiben. Konventionen unterscheiden sich eben dadurch von Gesetzen oder Spielregeln, dass man sie durchbrechen kann, ohne bestraft zu werden bzw. das Spiel zu verlassen. Wer bei Rot über die Kreuzung fahrt wird, soweit er erwischt wird, bestraft, und wer mit dem Springer unmögliche Züge macht, 108 Quanlißkation und Nominaltypen im Deutschen verlässt das Schachspiel. Wer eine Kommunikationskonvention verletzt, z.B. brauchen ohne zu gebraucht, bekommt zwar in der Schule einen Fehler angestrichen, 61 jedoch im richtigen Leben richten sich die möglichen Folgen eines Verstoßes gegen eine bestehende - oder noch bestehende - Sprachkonvention nach vielen Faktoren: - Einem Sprecher mit hohem Kultur- oder Sozialprestige wird man eher einen Konventionsverstoß genehmigen, und ein solcher hat auch eher Gelegenheit, „seiner“ neuen Konzeption zum Durchbruch zu verhelfen. - Im Medienzeitalter ist es nicht überraschend, dass auch der Verbreitungsgrad eine Rolle spielt; so wirkt die Werbung hier sehr stark, wie man z.B. am Übergang von Parka ~ eigentlich ein Eskimowort zu dem fälschlicherweise anglisierten und auch so ausgesprochenen - Parker sieht; das Beispiel illustriert auch, wie schnell solche Ablösungen alter Konventionen durch neue im Bereich des Lexikons vonstatten gehen. Im Rahmen eines solchen Ansatzes deutet ein Konventionenkonflikt, wie er bei solchin der Gegenwartssprache vorliegt, möglicherweise auf eine laufende Sprachentwicklung hin, sodass ein Blick in die „historische Tiefe“ nützlich sein könnte. 15.2.2 Blick zurück Zur Erlangung eines Einblicks in die diachrone Entwicklung von solchwurde in den Mannheimer Corpora nach aussagekräftigen Belegen gesucht, d.h. nach - Belegen, in denen solchmit Standardnomina im Singular auftritt, - Belegen, in denen solchals Pronomen auftritt, - Belegen, in denen auf solchmindestens ein pränominales Adjektiv folgt. 61 Dies geschieht übrigens wahrscheinlich zu Unrecht, weil auch bei brauchen ein aktueller Konventionenkonflikt vorliegt: in gesprochener Sprache lässt sich beobachten, dass Sprecher, die brauchen ohne zu gebrauchen, in der dritten Person Singular oft die Form er brauch verwenden. Solche endungslosen Formen liegen bei den Modalverben des Deutschen vor, wo auch ein Infmitivanschluss ohne zu erfolgt. Also scheint hier ein Konventionskonflikt zwischen einer Konvention mit brauchen als Vollverb und einer anderen Konvention mit brauchen als Modalverb vorzuliegen (Hinweis von Wolf Ullrich Wurzel). Analyse der Determinative 109 Die Mannheimer Korpora erlauben dabei eine Recherche, die bis ins 17. Jahrhundert zurückreicht. Folgende Texte wurden schwerpunktmäßig 62 durchsucht: für das 17. Jahrhundert: Edict (4 Belege) - Stiehler (195 Belege); für das 18. Jahrhundert: Indianerin (83 Belege) - Sincerus (75 Belege); für das 19. Jahrhundert: Hackländer (17 Belege) - Vamhagen (138 Belege) - Althof (12 Belege) - Gartenlaube v. 1861 (9 Belege) - Karpeles (44 Belege); für das 20. Jahrundert vor 1960 (a): Verfassung (7 Belege) - Heuss (77 Belege) - Mann (13 Belege); für das 20. Jahrhundert nach 1960 (b): FAZ (113 Belege) - Grass (63 Belege). Bereits der erste Blick in die Daten zeigt, dass die Idee eines historischen Tiefblicks fruchtbar war. Einige Beispiele sollen das dem Leser nachvollziehbar machen: 63 15.2.2.1 solchmit Standardnomina Für solchmit Standardnomina im Singular, womit das Rektionskriterium erfüllt ist, finden sich vom 17. bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Belege. Zunächst einige Beispiele aus dem 17. Jahrhundert: (201) ... bis nunmehr auch gottlob von ettlichen 100 Jahren her solches Geheimnüß ihnen sowohl als anderen Nationen kund worden ... (Stieler, Zeitungs Nutz und Lust, 1695, S. 15) (202) ... und nur der bisherige Französische Krieg imWege gestanden, dass Seine Königliche Majestät den Besitz solches Herzogtums nicht ergriffen (Stieler, Zeitungs Nutz und Lust, 1695, S. 120) 62 Belege aus anderen Texten wurden nicht in die Auszählung aufgenommen, sind jedoch unter den Beispielen aufgeführt. 63 Alle Beispiele aufzuftihren würde aus der historischen Tiefe einen Schwindel erregenden Abgrund machen; es mag genügen, dass sich der Autor dieser Gefahr ausgesetzt hat! 110 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen (203) In solchem Meere sind die Türkische Insulen Cypem, Candien, Rhodos. (Stieler, Zeitungs Nutz und Lust, 1695, S. 252) (201) zeigt solchmit einem abstrakten Nomen, (202) mit einem konkreten, ebenso wie (203), das außerdem ein Vorkommen des bestimmten Artikels ohne Rektionseffekt zeigt: die Türkische Insulen Auch im 18. Jahrhundert finden sich Beispiele: (204) In solchem Fall wird die Erde etwas weiter aus dem Topf herausgenommen, als die Tiefe, die der Ableger erfordert, ausmacht. (Dießkau, Gartnerey, S. 195) (205) ..., erzeigte sich der Graf über solche Nachricht ungemein freudig, und bat die schöne Oestereicherin mit den verbindelichsten Worten, ob er nicht auf diesen allerliebsten Tag, ihr zu Ehren eine Gesellschaft in seinem Quartier anstellen [...] dürffte? ? (Sincerus, Oestereicherin, S. 61) (Siehe auch unten (219) und (220)). Im 19. Jahrhundert finden wir: (206) ..., und selbst sanftmüthige und gütige Menschen werden in solchem Leben leicht wilder, als recht ist. (Amdt, Katechismus, 1812, S.24) (207) Das ist also doch etwas zu kraß, und Ihr werdet solche Behauptung doch ein Wenig mildem müssen. (Allgemeine Zeitung des Judentums, 16.10. 1848, S. 616) Schließlich seien noch einige Beispiele vom Anfang des 20. Jahrhunderts aufgeführt: (208) Koljaiczek schüttelte zäh, wie gegen einenWiderstand, den Kopf, und es gelang ihm dabei, traurige und müde Augen zu bekommen, daß Dückerhoff, solchem Blick ausgesetzt, weitere Fragen bei sich hielt, als Koljaiczek, wie alle Flißacken es taten, bei Modi in, wo der Bug in die Weichsel mündet und die „Radaune“ einbog, über die Reling gelehnt dreimal spuckte, stand Dückerhoff mit einer Zigarre neben ihm und wollte Feuer haben. (Grass, Blechtrommel 1962, S. 22) Analyse der Determinative 111 (209) aber die hielt stand, gab mir Antwort, schlug, wenn ich draufschlug, anklagend zurück. Merkwürdigerweise kam mir während solcher Schlägerei, die ja nur bezweckte, meine Vergangenheit auszuradieren, immer wieder der Geldbriefträger Viktor Weluhn in den Sinn, obgleich der als Kurzsichtiger kaum gegen mich zeugen konnte, aber war ihm als Kurzsichtigem nicht die Flucht geglückt? (ebd., S. 211) 15.2.2.2 Pronominale Vorkommen 17. Jahrhundert: (210) Ja, man machet auch die Tore einer Festung zu und lässet niemanden heraus, wann man sich rüstet, einen Ausfall zu thun, darmit solcher vor der Zeit dem Feinde nicht kund werde. (Stieler, 1695, S. 26) 18. Jahrhundert: (211) Denen sowohl anals abwesenden Herren Buchhändlern wird hiermit bekandt gemacht, dass die Verlegere der Häckhelischen Allgemeinen und neuesten Welt-Beschreibung in 2 Theilen, so mit dene in verwichener Jubilate-Meßß dazu gekommenen Zusätzen in groß Quart von gar schönem Druck und Papier beynah 15 Alphabet betragen gesonnen seyn, um dieses schöne Werck desto beliebter und bekandter zu machen, den Preiß auf 6 oder 9 fl. herunter zu setzen, gleichwie solches in den Leipziger- und andern gelehrten Zeitungen publicirt werden wird. (Akzidenzdruck 154, 1753, S. 1) (212) Nachdeme bey gegenwärtiger allgemeiner Creyß- Versammlung die Anzeige geschehen, weichergestalten die höchstschädliche Wilderer und Wildprets-Diebe in den oberen Landen zwischen dem Lech, der Iller und Donau, immer mehr und mehr überhand nehmen, und deren Frech- und Boßheit so hoch angestiegen, dass sie sich zusammen zu rottiren, die Straßen unsicher zu machen, in der Fürsten und Stände dieses Löbl. Creyßes Förste und gebannte Wild- 112 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen Fuhren einzufallen, die auf sie stoßende Jäger und Forst- Bediente mit Verfolgung und Tod zu bedrohen, mit Schlägen zu mißhandeln, ja wohl gar höchst vermessenerWeise würklich auf Leib und Leben zu gehen und solche todt zu schießen sich understanden haben: ... (Akzidenzdruck 9, S. 1769) 19. Jahrhundert: (213) Dann, wann solches erscheinet, wirst du wieder seyn, was deine Väter waren, das Volk der Gerechtigkeit, der Freiheit, der Begeisterung; ... (Arndt, Katechismus, 1812, S. 32) Im 20. Jahrhundert finden wir noch Belege als Antezedens von Relativsätzen: (214) Vielleicht gibt es Neger im dunkelsten Afrika, vielleicht auch solche in Amerika, die Afrika noch nicht vergessen haben, vielleicht mag es diesen rhythmisch organisierten Leuten gegeben sein, [...] zuchtvoll und entfesselt zugleich zu trommeln; ... (Grass, Blechtrommel 1962, S. 36) (215) Ich wußte natürlich, daß es Standesämter gab und dort irgendwelche Trauungszeremonien vollzogen und Urkunden ausgestellt wurden, aber ich dachte, das wäre eine Sache für unkirchliche Leute und für solche, die sozusagen dem Staat eine kleine Freude machen wollten. (Böll, Clown 1963, S. 90) 15.2.2.3 Rektionseffekte+/ - 17. Jahrhundert: Beispiel mit Rektionseffekt: (216) Hernach ist es leicht zu erachten, dass solcher fremden Zeitungen niemand gebessert ist, als wer dieselbe Sprache gelemet hat oder verstehet; ... (Stieler, 1695, S. 41) Beispiel ohne Rektionseffekt: (217) Allein, wird dieses Gemeinwort durch das folgende gnugsam eingeschrenket, nemlich: dass es solche gedruckte Erzehlungen seyn, die sich an keine Ordnung binden, sondern. Analyse der Determinative 113 sie seyn wahrhaftig oder auch scheinbar und vermeintlich hin und wieder vorgangen, ihres Weges fortschwatzen. (ebd., S. 26) 18. Jahrhundert: Beispiel mit Rektionseffekt: (218) Euer christlichen Liebe wird von selbsten annoch bester massen bekandt seyn, weichergestalten der gerechte GOTT die hiesige Stadt und Landschafft hiebevor mit schweren, obschon wohl verschuldeten, Krieges..Plagen auf das empfindlichste heimgesuchet und gestraffet, gleichwolen aber, nach seiner grossen Barmhertzigkeit, nicht völlig den Garaus mit uns gemachet, sondern unser liebes Stadt-, Land-, Religions- und Policey-Wesen in den vorigen aufrechten Freyheits-Stand wiederum gesetzet, und bey solchem unschätzbare« Kleinod, mitten unter so vielen und weitem gefährlichen Läufften, die uns neuen Jammer und Gefahr gedrohet" bishero gnädiglich erhalten habe; ... (Akzidenzdruck Nr. 15, S. 1750) Beispiel ohne Rektionseffekt: (219) Um den Ausgang des XVI. Seculi that sich eim Anonymus hervor, der in einem Lateinischen Tractat mit vielen, wiewohl unbegründeten Argumentis behaupten wollte, dass die Weiber keine Menschen wären, den aber Gediccius stattlich refiitiret, und solches Satyrisdm.v Scriptum als was Ketzerisches verworffen; ... („Mensch“ in Amaranthes, 1715, S. 1259) Beispiel mit Rektionseffekt (beim selben Autor finden wir eine Seite später): (220) Der Autor solcher Satyrische« und ketzerische« Schrift soll Acidalius geheissen haben, ... (ebd., S. 1260) 19. Jahrhundert: Beispiel mit Rektionseffekt: (221) Das Recht (jus) nennt man dann auch den Inbegriff, die Gesamtheit solcher rechtliche« Bestimmungen für ein Volk: ... („Recht“, Allg. dt. Real-Encyklopädie, 1836, S. 76) 114 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen Beispiel ohne Rektionseffekt: (222) Wie wenig solche geheime Verbindungen auch im Stande seyn werden, Revolutionen in einem Lande, wie Deutschland ist, zu bewirken, so sehr können sie dazu beitragen, die Ansichten des Volkes zu verwirren, ... (Baireuther Zeitung, 29. 07. 1819, S. 685) 20. Jahrhundert: Beispiel mit Rektionseffekt: (223) ..., wer bedenkt, wieviel bequemer und billiger sich durch solche vorhergehende« Informationen der Kuraufenthalt gestalten kann,... (Allgemeine Zeitung des Judentums, 23. 5. 1919, S. 6) Beispiel ohne Rektionseffekt: (224) Denn solche anzuführende Zitate sind nicht einfach gegeben ... (Bollnow, Maß, S. 204) 15.2.2.4 Zahlenspiele Zählt man in den ausgewählten Texten aus eine wirkliche Statistik macht angesichts der Belegzahlen wenig Sinn -, so ergibt sich folgendes Bild: solchmit Standardnomina im Singular weist im 17. Jahrhundert einen Anteil am Gesamtvorkommen von 14% auf, im 18. Jahrhundert einen solchen von 15,2%, im 19. Jahrhundert geht der Anteil auf 11,3% zurück, Anfang des 20. Jahrhunderts finden wir 32,3% (hier scheint der starke Anteil bei Heuss die Zahlen zu verzerren! ); in der Gegenwartssprache der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts finden wir lediglich noch einen Anteil von 2,1%. Versucht man diese Zahlen zu interpretieren, so kann man sagen, dass die Verwendung von solchals Determinativ mit singularischen Standardnomina in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wegbricht, sodass das Nominalphrasenbildungskriterium in der Gegenwartssprache nicht mehr greift. Analyse der Determinative 115 - Pronominale Verwendungen finden wir im 17. Jahrhundert 17,5%, im 18. Jahrhundert 36%, im 19. Jahrhundert 14%, Anfang des 20. Jahrhunderts 14,7% und in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts lediglich 1,2%. Auch diese Ergebnisse zeigen ein Verschwinden von freien, pronominalen Vorkommen von solchin der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, sodass auch das Pronominal-Kriterium für die Gegenwartssprache nicht mehr greift. - Das Verhältnis von Belegen mit (DR+) zu solchen ohne Rektionseffekt (DR-) auf pränominale Adjektive wurde über das ganze historische und Mannheimer Korpus ermittelt; Grund für dieses Vorgehen war der geringe Anteil von Belegen für solchmit pränominalen Adjektiven - 3,4% im historischen und 2,4% im Mannheimer Korpus. Der Quotient von DR+/ DRbetrug dabei im 17. Jahrhundert 8/ 9 = 0,888, im 18. Jahrhundert 24/ 24 = 1 und im 19. Jahrhundert 14/ 15 = 0,933 d.h. über drei Jahrhunderte beträgt der Wert ungefähr eins. Im 20. Jahrhundert nun haben wir einen Quotienten von 36/ 5 = 7,2! Diese Zahlen zeigen deutlich, dass sich das Rektionskriterium im 20. Jahrhundert stabilisiert! 15.2.2.5 Resümee Betrachtet man die ermittelten Ergebnisse im Zusammenhang, so zeigt sich, dass das „Wegbrechen“ von NP-Bildungskriterium (solchmit singularischen Standardnomina) und Pronomenkriterium durch eine deutliche Stabilisierung beim Rektionskriterium, dem einzig verbleibenden, kompensiert wird. 64 Geht man in die Details und berücksichtigt noch die Vorkommen in verschiedenen Kasus, so wird das Bild noch deutlicher: Erst im 20. Jahrhundert treten z.B. Beispiele im Nominativ mit Rektionseffekt auf, während sich davor der Rektionseffekt weitgehend auf die obliquen Kasus beschränkt. 64 Neben dem schwach erfüllten Distributionskriterium. 116 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen Angesichts dieser Befunde kann man der Sprachgemeinschaft mit Fug und Recht ein hervorragendes Zeugnis ausstellen. Sie löst den seit Jahrhunderten bestehenden Konventionenkonflikt in einer Zeit, wo er sich durch den fast völligen Wegfall von pronominalen Verwendungen und Verwendungen mit Standardnomina verschärft, indem sie das verbleibende Kriterium stabilisiert, nämlich die Rektionseffekte auf pränominale Adjektive. Und das tut sie unbewusst, als Effekt der „unsichtbaren Hand“ (vgl. Keller 1994)! Angesichts dieses Verhaltens der Sprachgemeinschaft kein noch so ausgefuchster Sprachwissenschaftler könnte ihr ein besseres empfehlen stellt sich die Frage nach Sinn und Unsinn sprachpflegerischer, sprachpolitischer oder gar sprachpolizistischer Eingriffe in die Sprachentwicklung. Wer wollte sich anmaßen, einer Sprachgemeinschaft, die ein so hochkomplexes Problem, zu dessen Bewusstmachung ein Sprachwissenschaftler erheblichen theoretischen und empirischen Aufwand treiben muss, unbewusst hervorragend löst, gute Ratschläge zu erteilen in einfacheren Fragen der Sprachentwicklung? Sicher nicht das Heer selbst ernannter Sprachpolizisten, die Probleme, die die Sprachgemeinschaft auf stupende Weise glänzend löst, noch nicht einmal bemerken! 16. Fazit - Die Syntax der Determinative lässt sich im Rahmen der erweiterten Kategorialgrammatik durch geeignete Zuweisung komplexer Kategorien und syntaktischer Funktionen formulieren, wobei auch die Problematik von Distanzstellung und die Darstellung der „parallelen Pronomina“ eine befriedigende Lösung findet. - Eine Semantik für Plural- und Substanznomina lässt sich im Rahmen einer Erweiterung der klassischen Prädikatenlogik formulieren. Auch die sparsame Ontologie musste lediglich für den Substanzbereich durch die vorgegebene Menge der Substanzquanten erweitert werden. Spezielle Quantoren für Plural- und Substanzprädikate braucht man nicht; es genügt, die klassischen Quantoren 3 und V über dem Bereich der Objekte laufen zu lassen, der in der Erweiterung aus klassischen Individuen, Pluralobjekten und Substanzportionen besteht. Analyse der Determinative 117 - Ira Rahmen der erweiterten Logik lässt sich der quantifikationale Bedeutungsanteil der Determinative der verschiedenen Gruppen zufrieden stellend und relativ einfach beschreiben, indem die Quantoren der logischen Beschreibungssprache nicht mehr, wie in der Standard-Prädikatenlogik, über Individuen laufen, sondern über Objekten, d.h. über Individuen, Pluralobjekten und Substanzportionen. Die klassische Prädikatenlogik war für unseren Beschreibungsbedarf ein Prokrustesbett. Die erweiterte Logik erweist sich als Maßanzug! Im letzten Kapitel werden die formalen Voraussetzungen der Arbeit dargestellt. Insbesondere werden die mengentheoretischen Grundlagen ausführlich expliziert, ohne die die oben dargelegten Analysen nur oberflächlich verstanden werden. Außerdem werden die Junktorenlogik und die Prädikaten- oder Quantorenlogik erster Stufe in dem Beschreibungsformat, wie es oben verwendet wurde, dargestellt. VI. Servicekapitel: Das Handwerkszeug - oder was man als Grundlage braucht 17. Grundbegriffe der Mengenlehre 17.1 Mengen 17.1.1 Der Mengenbegriff Die von Cantor begründete Mengenlehre ist eine Theorie, die die Basis für zahlreiche mathematische Teiltheorien bildet. Insbesondere für strukturtheoretische Konstruktionen ist sie eine wesentliche Grundlage. Ihr Grundbegriff ist der der Menge. Definition 1: Eine Menge ist eine Zusammenfassung von bestimmten, wohlunterschiedenen Objekten unserer Anschauung zu einem Ganzen. Die Objekte heißen Elemente der Menge. Man verwendet gewöhnlich Kleinbuchstaben für Elemente, Großbuchstaben für Mengen. Dass ein Objekt a Elemente der Menge M ist, wird durch a ^ M mitgeteilt, dass ein Objekt b nicht Element von M ist, durch b £ M. Die Elemente einer Menge können übrigens auch selber Mengen sein, denn auch Mengen sind „bestimmte, wohlunterschiedene Objekte unserer Anschauung“. Mengen kann man auf verschiedene Arten angeben: - Durch Aufzählen der Elemente der Menge zwischen Schweifklammem: Ml = {3,5,7} - Durch Angabe einer die Elementschaft definierenden Bedingung: * M2 = {x : x e \N und x 3 - 15x 2 + 71 x - 105 = 0} Lies: die Menge aller x, für die gilt: ...; \N sei die Menge der natürlichen Zahlen. * M3 = {: x ist eine ungerade, einstellige Primzahl} * M4 = {x: x ist ein Primteiler von 315} * M5 = {x: x g |Aund x ist ungerade und 2 < x < 8} 120 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen - Durch eine rekursive Definition. Die rekursive Definition ist eine besonders wichtige, häufig verwendete Art, Mengen zu definieren. Sie besteht grundsätzlich aus drei Teilschritten, dem Rekursionsanfang, dem Rekursionsschritt und einer Abschlussklausel. Der Rekursionsanfang gibt dabei ein oder mehrere Element(e) der zu definierenden Menge vor, der Rekursionsschritt erlaubt, aus vorhandenen Elementen neue zu gewinnen, und die Abschlussklausel legt fest, dass nur gemäß Rekursionsanfang und Rekursionsschritt gewonnene Elemente zu der rekursiv definierten Menge gehören. Ein Beispiel soll das veranschaulichen: Rekursive Definition von \N, der Menge der natürlichen Zahlen: 1) 1 G |N 2) Für alle x gilt: Ist x e \N, so ist auch (x+1) e \N. 3) Nichts sonst ist Element von \N. Eine verkürzte Form der Mitteilung von rekursiven Definitionen ist die folgende: \N ist die kleinste 65 Menge, sodass 1) 1 G |N 2) Für alle x gilt: Ist x g \N, so ist auch (x+1) g \N. Die Methode der Aufzählung der Elemente heißt extensionale Definition, weil hier der Umfang, die Extension der Menge, angegeben wird. Sie funktioniert nur bei Mengen mit endlich vielen Elementen und wird bei großen Mengen, z.B. bei der Menge „die Einwohner von Tokyo“, schnell unhandlich. Die Methode, Menge mit Hilfe einer definierenden Bedingung mitzuteilen, heißt intensionale Definition, weil sie die definierende Bedingung, die Intension, für die Menge, angibt. Sie ist bei großen Mengen prakisch, bei unendlich großen Mengen die einzig mögliche. Zu der Problematik dieser Art von Mengenbildung s.u. 65 Das besagt das Gleiche wie die Abschlussklausel in der ersten Definition. Servicekapitel: Das Handwerkszeug 121 17.1.2 Gleichheit von Mengen Definition 2: Zwei Mengen sind gleich, wenn sie dieselben Elemente enthalten. Man beachte, dass bei dieser Definition die Mengen {a,b} und {b,a} gleich sind, d.h., die Reihenfolge der Elemente spielt keine Rolle. Die oben angegebenen Ml bis M5 sind nach diesem Kriterium nur eine Menge, wie man sich durch das Ausbuchstabieren der Definitionen leicht überzeugen kann. 17.1.3 Die leere Menge Durch eine unerfüllbare Bedingung für die Elementschaft wird man auf die leere Menge geführt, die durch 0 bezeichnet wird, z.B. {x: x ist eine Primzahl und 31 <x < 37}. Die einfachste Definition ist: Definition 3: 0= {x: x dx\ Satz 1: Es gibt nur eine leere Menge. Beweis 1: A ns Definition 2 folgt, dass zwei Mengen Ml und M2 verschieden sind, wenn es ein Element a gibt, sodass a g Ml und a ^ M2. Dieser Fall kann aber bei leeren Mengen nicht eintreten, sodass hier immer Gleichheit gegeben ist. q.e.d. 17.1.4 Teilmenge Sind alle Elemente von A auch Elemente von B, so heißt A Teilmenge von B; dies wird durch A c= B mitgeteilt. Definition 4: A gdw. für alle x gilt: Ist x ^A, so auch x ^ B. Man beachte, dass unter dieser Definition von e insbesondere gilt: A c A. Will man dies ausschließen, so verschärft man die letzte Definition zur Definition der echten Teilmenge: 122 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen Definition 5: A a B gdw. A ± B undfür alle x gilt: Ist x ^A, so auch x £ B. NB: Man beachte, dass zwischen g einerseits und c und c andererseits scharf zu unterscheiden ist. So ist z.B. 2 g {1,2,3}, aber nicht 2 c {1,2,3} und nicht 2 c {1,2,3}, umgekehrt ist {2} c {1,2,3}, aber nicht {2} g {1,2,3}! Für jede Menge A gilt 0 c A, und falls A ^ / 0f, so 0 c A. 17.1.5 Mengen von Mengen Auch Mengen können Elemente anderer Mengen sein. Besonders wichtig unter diesen Mengen ist die Potenzmenge einer gegebenen Menge A, mitgeteilt durch p(A). Definition 6: ^,(A) = {X: X cA} Wir geben als Beispiel p {a,b,c} durch Aufzählen aller Elemente an: {0, {a}, {b}, {c}, {a,b}, {a,c}, {b,c}, {a,b,c}} Wie man sieht, hat diese Menge 8 Elemente, wobei die Urmenge 3 Elemente aufwies. Das führt, da 2 3 = 8 ist, zur Vermutung des folgenden Satzes: Satz 2: Enthält eine Menge A n Elemente, so enthält p(A) 2" Elemente. Beweis 2: Der Satz wird durch vollständige Induktion bewiesen. - Induktionsvoraussetzung: Da fl 0 ist, ist p(fl) = {fl} und enthält ein Element. Da 2° = 1 ist die Behauptungfür fl erwiesen. - Induktionsschritt: Sei Meine Menge mit n Elementen, p(M) habe m Elemente. Erweitert man nun M um ein Element a zu M*, so entstehtfürjede Teilmenge N cz M eine zweite Teilmenge N* c M*, indem man N um a erweitert: daraus folgt gemäß unserer Definition N* g p{M*). Also hat p(M*) doppelt so viele Elemente wie p{M), nämlich die m „alten“ Teilmengen {ohne das Element a) und die m „ neuen “ Teilmengen. - Aus der Induktionsvoraussetzung und dem Induktionsschritt folgt unmittelbar die Behauptung! Servicekapitel: Das Handwerkszeug 123 17.1.5.1 Vereinigungsmenge und Schnittmenge Definition 1: A yj B= {x: x g A oder x g B} A (j B, die Vereinigungsmenge von A und B, enthält genau diejenigen Objekte, die Elemente von A oder von B oder von beiden sind. Z.B. ist fur A = {a,b}, B = {a,d,e} die Vereinigungsmenge A u B = {a,b,d,e}. Definition ü: A f^B= {x: x g A undx g ß} A n B, die Schnittmenge von A und B, enthält genau diejenigen Objekte, die Elemente von A und von B sind. Z.B. ist fur A = {a,b}, B = {a,d,e} die Schnittmenge A n B = {a}. Wichtige Eigenschaften von u und n: - Kommutativität: A u B = B u A - Assoziativität: (A u B) u C = A u (B u C) - Distributivität: A U (B n C) = (A u B) n (A U C) - Adjunktivität: A n (A u B) = A - Idempotenz: Ay A = A A n B = B n A (A n B) n C = A n (B n C) A n (B u C) = (A n B) u (A n C) A u (A n B) = A An A = A 17.1.5.2 Mengensubtraktion und Komplement Definition 9: A\B= {x.x g A und x £ B) A \ B, A minus B oder A ohne B enthält genau diejenigen Elemente von A, die nicht in B sind. Z.B.istfürA= {1,2},B= {2,3},C= {3,4}: A\B= {1}, A\C = A, B\C = {2} Definition 10: Ist A c B, so heißt B\A das Komplement von A in B. 124 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen 17.2 Relationen und Funktionen 17.2.1 Das geordnete Paar Als Voraussetzung der Analyse von Relationen definieren wir <a,b>, das geordnete Paar aus a und b, folgendermaßen: Definition 11: <a,b> = {{a},{a,b}} Diese Definition geht auf Kuratowski zurück. Der Witz ist, dass wir mit dem Instrumentarium der Mengenlehre, das selbst keinen Ordnungsbegriff enthält, den Begriff der Ordnung definieren können. Von einem geordneten Paar erwartet man ja, dass ein Element als erstes ausgezeichnet ist, und dass zwei Paare dann gleich sind, wenn sie gliedweise übereinstimmen: < x ,y> = <u,v> wenn x = u und y = v. Dass unsere Definition das leistet ist zu zeigen: Satz 3: Ist <x,y> = <u,v>, so ist x = u undy = v Beweis 3: Wegen der Definition des geordneten Paares folgt aus der Behauptung {{x},{x,y}} = {{u},{u,v}}\ - Da {x,y} = {u,v} gdw. entweder x = u und y = v oder x = v und y = u, so gilt: - Entweder {x} = {u} und {x,y} = {u,v}, oder {x} = {u,v} und {x,y} = {u}. - Im ersten Fall gilt, da aus {x} = {«} folgt: x = u: x = u und {x,y} = {u,v}. Aus diesen beiden Aussagen folgt y = v, also x = u undy = v. - Im zweiten Fall gilt, da {x} = {x,x}: x = u und x = v und x = u undy = uwas natürlich nur geht, wenn x= y = u = v! - Also folgt in beiden Fällen: x = u und y = v. Durch die Generalisierung, dass ein N-tupel ein geordnetes Paar aus einem Element und einem geordneten (N-l)-tupel ist, gewinnen wir Tripel, Quadrupel usf. Servicekapitel: Das Handwerkszeug 125 17.2.2 Relationen und ihre Eigenschaften 17.2.2.1 Kartesisches Produkt Das kartesische Produkt von Mengen Ml, M2, ..., Mn, wird mitgeteilt durch Ml x M2 * x Mn. Definition 12: Ml x M2 x ... x Mn = {<xl,x2, ... , xn> : xi e Mi} Das kartesische Produkt von n Mengen ist also die Menge aller geordneten N-tupel, deren erstes Element aus Ml, deren zweites aus M2 ... und deren n-tes aus Mn ist. M1 x M2 heißt auch Paarmenge; für kartesische Produkte einer Menge mit sich selbst schreibt man M . 17.2.2.2 Relationen Nach all den Präliminarien können wir jetzt kurz und bündig definieren, was eine n-stellige Relation ist: Definition 13: Jede Teilmenge R c Ml x M2 x ... x Mn heißt n-stellige Relation. Besonders wichtig sind zweistellige Relationen R c Ml x M2, die als Zuordnungen oder Abbildungen gedeutet werden können. Statt <a,b> e R schreibt man oft aRb. Eine Relation R c Ml x Ml oder Ml“ heißt Relation in M. 17.2.2.3 Eigenschaften von zweistelligen Relationen - RcMl xM2, Ml J M2 1) R ist Unkstotal gdw. es für alle x aus Ml ein y aus M2 gibt, sodass xRy. 2) R ist rechtstotal gdw. es für alle y aus M2 ein x aus M1 gibt, sodass xRy. 126 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen 3) R ist bitotal gdw. R sowohl linksals auch rechtstotal ist. 4) R ist linkseindeutig gdw. für alle x,z aus Ml, für alle y aus M2 gilt: Wenn xRy und zRy, so x = z (jedes Bild hat nur ein Original). 5) R ist rechtseindeutig gdw. für alle x aus Ml, für alle y,z aus M2 gilt: Wenn xRy und zRy, so y = z (jedes Original hat nur ein Bild). 6) R ist eineindeutig gdw. R sowohl linksals auch rechtseindeutig ist (jedes Original hat genau ein Bild). Diese Eigenschaften sind für den Funktionsbegriff grundlegend. - R c M x M; für alle x, y,z aus M gilt: 1) R ist reflexiv, wenn xRx 2) R ist symmetrisch, wenn aus xRy folgt: yRx 3) R ist asymmetrisch, wenn aus xRy folgt: nicht(yRx) 4) R ist identitiv, wenn aus xRy und yRx folgt: x = y 5) R ist konnex, wenn entweder xRy oder yRx 6) R ist transitiv, wenn aus xRy und yRz folgt: xRz Diese Eigenschaften sind für den Aufbau von Ordnungsstrukturen grundlegend. Definition 14: Eine Relation ä c M x Mheißt Äquivalenzrelation, wenn sie reflexiv, symmetrisch und transitiv ist. 17.2.3 Funktionen 17.2.3.1 Der Funktionsbegriff Definition 15: Eine linkstotale, rechtseindeutige Relation/ c M x N heißt Funktion. Jedem Element x von M wird genau ein Element y aus N zugeordnet. Statt <a,b> e/ schreibt man auch a h> b und statt/ c M x N entsprechend / : M N. M heißt Argument- oder Definitionsbereich von / , N heißt Wertebereich von/ ./ [M] heißt Bild von N unter/ . Servicekapitel: Das Handwerkszeug 127 17.2.3.2 Eigenschaften von Funktionen Ein Funktion/ M i—» N heißt 1) surjektiv, wenn/ [M] = N, d.h., wenn sie bitotal ist, 2) injektiv, wenn sie eineindeutig ist, 3) bijektiv, wenn sie injektiv und surjektiv ist. 4) Zu jeder bijektiven Funktion / gibt es eine inverse Funktion / , ihre Umkehrung. So ist z.B. die Funktion, die Mitarbeitern einer Firma ihre Telefonanschlüsse zuordnet, bijektiv, und die Umkehrung ordnet Telefonanschlüssen die jeweiligen Mitarbeiter zu unter der stillschweigenden Voraussetzung, dass jeder Mitarbeiter genau einen Anschluss hat. 17.2.3.3 Komposition von Funktionen Zwei Funktionen/ A B und g: B i-> C können komponiert, d.h. zusammengesetzt, werden, was durchf 0 g mitgeteilt wird. Das Ergebnis entspricht dem der Hintereinanderausführung von / und g; wenn z.B. / jedem Mitarbeiter eine Personalkennziffer zuordnet, und g jeder Personalkennziffer ein Zeitkonto, dann ordnet/ 0 g jedem Mitarbeiter ein Zeitkonto zu. 17.2.4 Mächtigkeit von Mengen 17.2.4.1 Gleichmächtigkeit von Mengen Definition 16: 7) Zwei Mengen A und B sind gleichmächtig unter f gdw. f eine bijektive Funktion ist. 2) Zwei Mengen A und B sind gleichmächtig, gdw. es eine bijektive Funktion/ : A \-^> ß gibt. Bemerkung: Überraschenderweise kommt die Definition ohne Rückgriff auf natürliche Zahlen aus. Aber eine Definition über Zahlen, wie man sie vielleicht intuitiv erwarten würde: Zwei Mengen sind gleichmächtig, wenn sie gleich viele Elemente enthalten, hätte gravierende Nachteile: 128 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen - Sie würde bei unendlichen Mengen nicht funktionieren. - Bei endlichen Mengen würde sie zum selben Ergebnis fuhren wie unsere oben angegebene Definition, würde aber bei großen Mengen unhandlich. Wenn John Williams wissen will, ob sein Konzert ausverkauft ist, zählt er nicht erst 1000 Stühle und dann 1000 Köpfe das wäre mit Kanonen auf Spatzen geschossen -, sondern er schaut nach, ob aufjedem Stuhl einer sitzt er konstruiert eine bijektive Funktion. Dass zwei Mengen A und B gleichmächtig sind, wird durch A « B mitgeteilt. Sei A = {7, 14, 21} und B = {1,2, 3}. Dann gibt es bijektive Funktionen von A nach B, z.B.: / l = < 1,7 >,< 2,14 >,< 3,21 > h = < 1,14 >,<2,21 >,< 3,7 > usf. Jede beliebige dieser Funktionen begründet: A & B Die folgenden drei Sätze zeigen, dass » die charakteristischen Eigenschaften einer Äquivalenzrelation hat: Satz 4: A ^ A (Reflexivität) Beweis 4: Die Funktionffür die für alle x £ A gilt, dass f \ a \—> a ist eine bijektive Funktion, die den Satz begründet. Satz 5: Wenn A x B, dann B & A {Symmetrie) Beweis 5: Wenn A ~ B, dann gibt es eine bijektive Funktion f: / ([/ ! ]) = B. Die inverse Funktion einer bijektiven Funktion ist immer bijektiv. Also istf , die inverse Funktion zuf bijektiv. Also gibt es eine bijektive Funktion von B nach A. Daraus folgt B & A Satz 6: Wenn A & B und B & C, dann A ~ C {Transitivität) Beweis 6: Seif eine bijektive Funktion, die A ~ B begründet. Sei g eine bijektive Funktion, die B & C begründet. Dann gibt es eine bijektive Funktion h =f o g, die Komposition vonfund g, die A & C begründet. Servicekapitel: Das Handwerkszeug 129 17.2.4.2 Verschiedenmächtigkeit von Mengen Definition 17: Zwei Mengen A und B sind verschieden mächtig, wenn A (echt) mächtiger als B oder B (echt) mächtiger als A ist. Dass A (echt) mächtiger ist als B, wird durch A^B oder B < A mitgeteilt; dass A (unecht) mächtiger ist als B durch A ^B oder B ^ A. Die Definition von A ^ B ist offensichtlich: Definition 18: A A B gdw. es eine Menge C gibt, sodass A ~ C und C c B. Definition 19: Eine Menge A ist (echt) mächtiger als eine Menge B, wenn 1) A tB und 2) A B Den Zusammenhang von « und a verdeutlicht der folgende Satz: Satz 7: Wenn A ^ B und B d: A, dann A & B. Dies ist als Schröder-Bemstein-Theorem bekannt. Den schwierigen Beweis ersparen wir uns. Interessierte Leser(innen) finden ihn in Suppes (1960, S. 95). Das Theorem wird im Folgenden für Beweise gebraucht. 17.2.5 Ein kleiner Blick in das mathematische Trickkabinett oder: Zirkus Unendlich Die folgenden Ausführungen sind vor allem dazu gedacht, dem Leser an einigen Beispielen vor Augen zu führen, wie schnell uns unsere natürliche Intuition im Bereich des Unendlichen verlässt und wie heikel und schwierig der Umgang mit unendlichen Mengen ist, mit denen es ja Syntaktiker und Semantiker täglich zu tun haben. 17.2.5.1 Natürliche und ungerade Zahlen Es ist klar, dass die Menge der natürlichen Zahlen unendlich mächtig ist, wie man sich an der oben gegebenen rekursiven Definition leicht klar macht. 130 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen Frage: Ist die Menge der natürlichen Zahlen, SV gleichmächtig mit der der ungeraden Zahlen, Ul Spontan antwortet man mit Nein, doppelt so viele! , weil die Menge der ungeraden eine Untermenge der Menge der natürlichen Zahlen ist, und weil es in endlichen Abschnitten, die bei 1 beginnen und bei einer geraden Zahl enden, auch so ist. - Denkste! Denn offensichtlich lässt sich leicht eine bijektive Abbildung angeben, indem man der 1 die erste ungerade Zahl zuordnet, der 2 die zweite ungerade Zahl usf: 1 i-> 1; 2 i-> 3; 3 i-> 5; 4 h-> 7; usf. Die Menge der natürlichen Zahlen ist also der der ungeraden (geraden, durch 3 teilbaren usw.) gleichmächtig! 17.2.5.2 Natürliche und rationale Zahlen Bekanntlich gibt es zwischen einer natürlichen Zahl und ihrem Nachfolger unendlich viele Brüche. Das fuhrt zu der spontanen Überzeugung, dass die Menge Ä Ul der rationalen Zahlen mächtiger ist als die Menge der natürlichen Zahlen. Denkste! Der folgende Beweis zeigt, dass die beiden Mengen gleichmächtig sind: Beweis 7: Wir schreiben zunächst die Brüche übersichtlich auf: J_ JL J. l 1 1 1 V. 3 2 2 2 L IL 1. 3 3 3 J_ X JL 4 4 4 usf. usf. usf usf. ~ usf. ~Ä~ US f usf usf. usf. Servicekapitel: Das Handwerkszeug 131 Dann machen wir Folgendes: — Wir zeichnen in das Schema einen mehrfach gebrochenen Pfeil nach folgender Vorschrift: 1) Der Pfeil beginnt oben links. 2) Er geht eine Zahl nach rechts. 3) Der Pfeil geht dann nach unten, bis er aufeine Zahl trifft, deren linker Nachbar noch nicht von dem Pfeil erfasst ist. 4) Der Pfeil geht dann nach links bis zum Rand und eine Zahl nach unten. 5) Von dort geht er so lange nach rechts, bis er aufeine Zahl trifft, deren oberer Nachbar noch nicht von dem Pfeil erfasst ist. 6) Dann geht er nach oben bis zum Rand. 7) Dann geht der Pfeil in einer endlosen Programmschleife, ab Schritt 2 beginnend, weiter. Das Ergebnis sieht dann so aus: -* usf.\ 3 4 usf.^* usf.^* usf.-+ usf^* usf. t Es ist klar, dass der Pfeil alle Brüche erreicht. Eine Funktion f: 7f 2N 271' die diesem Pfeil entspricht, ist offensichtlich bijektiv und sie begründet, dass ff und ff 271 gleichmächtig sind! ! 132 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen 17.2.5.3 Natürliche und reelle Zahlen Bevor jetzt jemand meint, dass im Unendlichen immer irgendwie eine bijektive Funktion zwischen zwei Mengen angebbar ist, vergleichen wir SV noch mit der Menge der reellen Zahlen, Ä 6. Der Versuch, eine bijektive Funktion anzugeben, scheitert notwendig, wie folgender Widerspruchsbeweis zeigt: Beweis 8: Wir nehmen an, diefolgende Aufstellung sei die Darstellung einer bijektiven Funktion/ : SVi—» Ä 6: / f-> 0,1749356...; 2 i—> 0,4396813...; 3 b-» 0,7291635...; usf. Nun konstruieren wir eine neue reelle Zahl x nach folgender Vorschrift; Wir gehen die reellen Zahlen in der Liste von der ersten Stelle hinter dem Komma ab diagonal durch und schreiben bei unserer neuen Zahl x an der betreffenden Stelle eine 2, falls die Zahl in der Matrix dort eine 1 aufwies, ansonsten eine 1. Unsere neue Zahl x unterscheidet sich jetzt an der ersten Dezimalstelle von der ersten Zahl in der Matrix, an der zweiten Dezimalstelle von der zweiten und ganz allgemein an der n-ten Dezimalstelle von der n-ten Zahl der Matrix, x ist zweifellos eine reelle Zahl, war aber nicht in der Matritze der Funktionfenthalten. Das Verfahren ist außerdem beliebig wiederholbar. Daraus folgt, dass f entgegen unserer Annahme, keine Bijektion sein kann (da nicht rechtstotal)! Damit ist gezeigt, dass 94. £ j N. Der zweite Teil der in Definition 19 gegebenen Festlegung dafür, dass eine Menge A echt mächtiger ist als eine Menge~B, nämlich A ^ß, wird dadurch gezeigt, dass es eine Bijektion von SV in auf eine Teilmenge von fl £ gibt, nämlich: 1 0,1; 2 b-> 0,2; 3 h-> 0,3; usf. Damit sind beide Teilbedingungen von Definition 19 erfüllt und es ist gezeigt, dass die Menge der reellen Zahlen echt mächtiger ist als die Menge der natürlichen Zahlen. Servicekapitel: Das Handwerkszeug 133 17.2.5.4 Potenzmenge Betrachten wir nun noch die Potenzmenge von SV, V(SV). Die Potenzmenge ist echt mächtiger als die Grundmenge, wie der folgende Widerspruchsbeweis zeigt: Beweis 9: Wir geben die Teilmengen der Grundmenge dadurch an, dass wir an die Stelle des Elements, wenn es in der Teilmenge enthalten ist, ein + schreiben, sonst ein -, z.B.: {/ , 2, 3, 4,...}; {+, +, +, {+, - +, -...}; {-, +, +, +,...}; {-, - - — Die Annahme, dies sei die Matrix einer bijektiven Funktionf wird wieder durch ein Diagonalverfahren widerlegt: wir gehen die Liste der Teilmengen diagonal durch und schreiben ein wo wir ein + vorfinden und umgekehrt. Das ergibt dann: {-, +, -, -, ...}. Die so gebildete Teilmenge unterscheidet sich an der n-ten Stelle jeweils von der n-ten Teilmenge in der Liste, war also noch nicht enthalten; somit istfnicht rechtstotal und damit, im Gegensatz zur Annahme, keine Bijektion. - Außerdem gibt es eine Bijektion b: SV i—> .T c ffifl): Für alle n ^ 72, n K> {«}. Damit ist gezeigt, dass die Potenzmenge echt mächtiger als die Grundmenge ist. 18. Aussage- oder Junktorenlogik Dieses Kapitel kann und will natürlich keine gründliche Beschäftigung mit der Junktorenlogik ersetzen, sondern lediglich eine Präsentation des im Buch gewählten Formates einer Junktorenlogik bieten. Beim Aufbau von formalen Sprachen geht man grundsätzlich so vor, dass man zuerst die Syntax der Sprache angibt - und dann die Interpretation der mit dieser Syntax erzeugten wohl geformten Ausdrücke angibt, und zwar parallel zum Aufbau der Syntax. 134 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen 18.1 Syntax 18.1.1 Inventar Das Inventar I der Sprache JL der Junktorenlogik besteht aus Satzbuchstaben (SB), einstelligen Junktoren (Jl) und zweistelligen Junktoren (32), sowie den Hilfszeichen der syntaktischen Gliederung (H): I = SB u Jl U J2 u # Die Menge der Satzbuchstaben SB ist diejenige Menge, für die gilt: 1) a,b,c,... z e SB 2) Ist a e SB, so ist auch a' e SB 3) Nichts sonst ist e SB. NB: Dies ist eine rekursive Definition, die besteht aus drei Schritten, nämlich dem Rekursionsanfang, der festlegt, dass bestimmte Elemente in der zu definierenden Menge enthalten sind, einer Rekursionsklausel, die festlegt, wie man aus den vorhandenen Elementen neue gewinnt, einem Rekursionsabschluss, der festlegt, dass nur die per Rekursionsanfang und Rekursionschritt festgelegten Elemente in dieser Menge enthalten sind. Wichtig ist dabei, dass die griechischen Buchstaben als Metavariablen dienen, d.h., sie sind keine Ausdrücke der Sprache JL, sondern Ausdrücke der Sprache, in der wir die Syntax von JL definieren, der syntaktischen Metasprache. Die Menge der einstelligen Junktoren Jl enthält nur ein einziges Element, nämlich die Negation, mitgeteilt durch ^ : Jl = {- ■ } 32, die Menge der zweistelligen Junktoren, enthält vier Elemente, nämlich / \ (die Konjunktion), v (die Disjunktion), -» (die Implikation) und <-> (die Äquivalenz): 32= {/ \, v, —> ■ , <-»} Servicekapitel: Das Handwerkszeug 135 H, die Menge der Hilfszeichen der syntaktischen Gliederung, enthält runde öffnende und schließende Klammem: H = {(,)} 18.1.2 Formeldefinition WFF, die Menge der wohl geformten Formeln von JL wird wieder durch eine rekursive Definition angegeben: WFF ist diejenige Menge, für die gilt: 1) Ist a e SB, so auch a e WFF 2) - Ist a e WFF, so auch (-’ a) e WFF - Sind a, ß e WFF, und ist y g J2, so auch (otyß) g in WFF 3) Nichts sonst ist in WFF NB: ln der rekursiven Formeldefinition zeigt sich der Nutzen der Metavariablen in der Rekursionsklausel: Deren erster Schritt für die negierten Formeln kann durch die Metavariablen mit einem Schlag beliebig oft negierte Formeln definieren. Man sehe: setzt man für a z.B. p in die Definition ein, so ergibt sich (“'/ ? ) g WFF; setzt man für a( - ' p) ein das darf man, weil es ja eine Formel ist ergibt sich (-' (-’ p)) g WFF usw. Ähnliches gilt für den zweiten Teil der Rekursionsklausel. Man beachte, dass wir die Negation als ihre eigene metasprachliche Bezeichnung verwenden es wäre ziemlich witzlos, mit einer Variablen zu arbeiten, für die es nur eine Belegung gibt! Auch bei den vier zweistelligen Junktoren wird oft so verfahren. Ausdrücke, die nur Metavariablen oder Metavariablen und Junktoren enthalten, heißen Formelschemata. 18.2 Semantik informal Der Aufbau der Semantik muss so vor sich gehen, dass jede erzeugte Formel eine Interpretation erhält. Das erreicht man durch einen parallelen Aufbau der Interpretation (entlang den Klauseln der Formeldefinition): 136 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen 1) Eine Interpretation weist jeder elementaren Formel einen der beiden Wahrheitswerte zu (0 für „falsch“, 1 für „wahr“). 2) Eine Interpretation weist Formeln mit JunktorenWahrheitswerte zu in Abhängigkeit von den Wahrheitswerten der darin auftretenden Elementarformeln, und zwar nach Maßgabe der folgenden Wahrheitstafeln: (a) a 1 (b) a 1 1 0 0 (a) 0 ß 1 0 1 0 (a A ß) 0 0 0 Die Verknüpfung zweier Formeln durch a wird also nur dann wahr, wenn beide Teilformeln wahr sind. (c) a ß 1 1 1 0 0 1 0 0 (a v ß) 1 1 1 0 Die Verknüpfung zweier Formeln durch v wird also nur dann falsch, wenn beide Teilformeln falsch sind. (d) a ß 1 1 1 0 0 1 0 0 (a —> ß) 1 0 1 1 Die Verknüpfung zweier Formeln durch —» wird also nur dann falsch, wenn die erste Teilformel wahr und die zweite falsch ist. Servicekapitel: Das Handwerkszeug 137 (e) a ß 1 1 1 0 0 1 0 0 (a <-> ß) 1 0 0 1 Die Verknüpfung zweier Formeln durch <-» wird also nur dann wahr, wenn die beiden Teilformeln denselbenWahrheitswert haben. 18.2.1 Logische Wahrheit Wie 1) ((-' (- ■ a)) <-» a) und 2) (i —> (a v &)) illustrieren, gibt es Formeln, die allein auf Grund ihrer logischen Struktur wahr sind, gleichgültig, welchen Wahrheitswert die darin enthaltenen Elementarformeln haben. Solche Formeln heißen logisch wahr; man nennt sie auch Tautologien oder Theoreme der JL. Es gibt auch Sätze, die bei allen Wahrheitswertbelegungen für die Elementarformeln falsch werden, z.B. (aA^ a)); diese heißen logisch falsch oder Kontradiktionen. Sätze, die weder Tautologien noch Kontradiktionen sind, heißen kontingent. 18.3 Semantik formal Das oben angegebene Wahrheitstafelverfahren erlaubt uns, von jeder Formel von JL zu entscheiden, ob sie logisch wahr, logisch falsch oder kontingent ist und ist insofern eine zufrieden stellende Semantik für JL. Trotzdem wollen wir die Semantik nochmals in einem anderen Format aufziehen, da wir dabei eine Art der Formulierung logischer Semantik kennen lernen, die wir für die spätere Entwicklung der Prädikaten- oder Quantorenlogik, sowie für weitere, noch kompliziertere Logiksprachen, benötigen werden. Betrachten wir nochmals unsere Definitionen von oben: Eine Interpretation weist jeder elementaren Formel einen der beiden Wahrheitswerte zu (0 für „falsch“, 1 für „wahr“). Ein Objekt, das allen Elementen einer Menge eindeutig ein anderes Objekt zuweist (wobei es keine Rolle spielt, ob das Elemente derselben Menge sind oder einer anderen, solange 138 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen die Menge nur wohldefiniert ist! ), ist mathematisch gesehen eine Funktion. Um die Interpretation von elementaren Formeln zu bewerkstelligen, können wir also eine Funktion ansetzen, die wir f nennen wollen. Ihr Wertebereich ist die Menge der Satzbuchstaben, ihr Bildbereich die Menge der Wahrheitswerte: / : 5S (-> {0,1} Die Zuordnung ist arbiträr, sodass es mehrere mögliche Interpretationsfunktionen f gibt, was wir durch folgende Schreibweise verdeutlichen können: f^SB* {0,1} SB x {0,1} ist das cartesische Produkt der Menge der Satzbuchstaben mit der Menge der Wahrheitswerte, und f ist eine (echte) Teilmenge davon. f sorgt also für eine Interpretation des nicht-logischen Teils unserer Sprache die SB entsprechen ja Sätzen wie Es regnet., und ob es das tut oder nicht ist eine Frage des Wetters, nicht der Logik! Für alle, auch die mit Junktoren gebildeten Formeln können wir entsprechend eine Funktion g zur Interpretation formulieren; im Unterschied zu den Elementarsätzen ist diese Funktion aber konstant - Junktoren gehören ja zum logischen Teil unserer Sprache und sollen stets gleich interpretiert werden. Außerdem soll ja die Interpretation der Teilsätze bis hinunter zu den elementaren Formeln in die Interpretation eingehen, wie wir das oben gesehen haben; die Interpretationsfunktion für Formeln, g, muss also die Funktion f in gewisser Weise fortsetzen. Dies erreicht man durch eine erste Klausel in der Definition von g: g ist eine Funktion von WFF nach {0,1}, sodass für alle a e WFF gilt: g(a) = f(a). Um zu sehen, wie wir für die Junktoren verfahren, betrachten wir dazu jetzt nochmals die Wahrheitstafeln für die Negation und Konjunktion: a 1 0 (-' a) 0 Servicekapitel: Das Handwerkszeug 139 Die Wahrheitstafel für die Negation ist in unserer jetzigen Perspektive nichts anderes als eine Werteverlaufstabeile einer Funktion. Dies ausnutzend gelangen wir zu folgender Erweiterung der Definition für die Funktion g: g ist eine Funktion von WFF nach {0,1}, sodass für alle a,ß e WFF gilt: g(a) = f(a), - Ist a = (- 1 ß), so ist g(a) = 1 gdw. g(ß) = 0. (Lies: Genau dann wenn oder: dann und nur dann.) Auch die Tafel für die Konjunktion: a ß («Aß) 1 1 1 1 0 0 0 1 0 0 0 0 können wir alsWerteverlaufstabelle einer Funktion auffassen. Das führt uns zu folgender Erweiterung der Definition für die Funktion g: g ist eine Funktion von WFF nach {0,1}, sodass für alle a, ß, y e WFF gilt: g(a) = f(a), - Ist a = (-' ß), so ist g(a) = 1 gdw. g(ß) = 0. - Ist a = (ß Ay)> so ist g(a) = 1 gdw. g(ß) = g( y ) = 1. Sowohl die Tabelle als auch die Definition bringen, wie wir sehen, zum Ausdruck, dass eine Konjunktion nur wahr ist, wenn beide Teilformeln wahr sind! Die übrigen Junktoren lassen sich auf und a zurückführen: (a V ß) —((-(a)) A (-(ß))) (a -> ß) = / (~' (a) v ß) (a <-» ß) = (a <ß) A( a ß) 140 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen 19. Prädikatenlogik PL - Prädikatenlogik erster Stufe mit Abstraktion und Identität. 19.1 Syntax 19.1.1 Vokabular V = {x, y, z, „T 3 (n e 0 u 9V=, A , A V, A, (,), [,]} - Individuenvariablen: .72) ist die kleinste Menge, sodass x, y. z G JD und wenn a e -72), so auch a’. - Prädikatsvariablen: für alle n ist n 0 y U die kleinste Menge, sodass n P g n ff y U und wenn a e „TV), so auch a'; n heiße die Stellenzahl von n P. - = heiße Identitätszeichen, A heiße Konjunktor, - 1 heiße Negation, V heiße Allquantor, A heiße Abstrakter. (,), [,] sind Hilfszeichen zur syntaktischen Gliederung. 19.1.2 Formeldefmition - Hilfsdefinition: Ist a e „TV), ß g TZ), so ist a(ß) e „qTV die Menge der wohl geformten Formeln, ist die kleinste Menge, sodass 1) Ist a e o72), so ist a g 2) Sind a, ß e TZ), so ist (a = ß) e Z^TT“ 3) Sind a, ß £ ( Wj r 5 r , so auch (oiAß) und ^ (a) 4) Ist a G Z^TTj ß e T2), so ist Vß[a] e 5) Ist a e ß e T2), y G T2), so ist Aß[a]( y ) e 6) Ist a G Z^TT ß, GnTV, y Gn^V), so ist Aß[a](y) e - Abkürzungen: 1) Existenzquantor: 3ß[a]=^ (Vß[^ (a)]) def 2) Junktoren: (ayß) = ^ (T («»Af -1 (ß))) (a^ßj^T ( a )V ß) Servicekapitel: Das Handwerkszeug 141 19.1.3 Gebundene und freie Variablenvorkommen und Substitution 1) Der kürzeste Ausdruck, der unmittelbar auf ein Vorkommen eines besetzten Quantors folgt, heißt Skopus dieses Vorkommens. (Ein Quantor, dem unmittelbar eine Variable kommt, heißt „besetzt“.) 2) Ein Vorkommen einer Variable ß in einer WFF heißt gebunden, wenn es unmittelbar auf einen Quantor folgt oder im Skopus eines von ß gefolgten Quantors liegt. 3) Nicht gebundene Vorkommen von Variablen heißenfrei. g 4) [ß]y ist das Resultat der Substitution aller Vorkommen von y in ß durch 5. 19.2 Semantik 19.2.1 Vorbemerkung Wie schon beim Ausbuchstabieren der formalen Semantik für die Junktorenlogik und aus den dort aufgeführten Gründen definieren wir auch für die Quantorenlogik zwei Interpretationsfunktionen, f für nicht-logische Ausdrücke, g für logische Ausdrücke der Sprache. 19.2.2 Modelltheoretische Semantik für PL 1 Ein Modell M für PL 1 ist ein Quintupel <g; D,{0,1}, f, g » Es soll gelten: - D ist der (nicht leere) Individuenbereich des Modells. - {0,1} sind die beiden Wahrheitswerte (0 fürfalsch, 1 für wahr). fist eine Funktion von IV UnEFnach Dij{0,1}, sodass gilt: 1) Ist a e IV, so ist f(a)eD n-mal A 2) Ist a e n PV, so ist f(a) eine Funktion von DxZ)x... xD nach {0,1}; Df heißt „Argumentbereich von f‘, / tyheißt „Wertebereich von f‘; \Dj{a) sei diejenige Teilmenge von Df (a), für deren Elemente f den Wert 1 annimmt. 142 Quantifikation und Nominaltypen im Deutschen g ist eine Funktion von WFF nach {0,1}, sodass gilt: 1) Ist a g qPV, so ist g(a) = f(a) 2) Ist a = (ß = y), so ist f(a) = 1 gdw. f(ß) = f(y) 3) Ist a = (ß A y) so ist g(a) = 1 gdw. g(ß) = g(y) = 1 Ist a = - (y), so ist g(a) = 1 gdw. g(y) = 0 4) Ist a = Vy[ß], so ist g(a) = 1 gdw. g(ß) = 1 für alle M', die sich höchstens durch die Interpretation von y von M unterscheiden. 5) Ist a = ^y[ß](8), wobei y, 5 <= IV u n PV, so ist g(a) = g([ß]y) Daraus ergibt sich das Prinzip der ^-Konversion, die gestattet, Ausdrücke der Form tcc[P(x)\(y) bzw. 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Einen Weg aus dieser unbefriedigenden Situation aufzuzeigen, ist das Ziel dieser Arbeit. llrkii Schnörch Der zentrale Wortschatz des Deutschen Strategien zusehter Knnittlung, Analyse und lexikogratischen Aufarbeitung gif Gunter Narr Verlag Tübingen gn Gunter Narr Verlag Tübingen Postfach 2567 ■ D-72015 Tübingen • Fax (07071) 75288 -— Studien zur Deutschen Sprache Studien zur Deutschen Sprache Elke Donalies Die Wortbildung des Deutschen Ein llherblick Gunter Narr Vertag Tübingen Elke Donalies Die Wortbildung des Deutschen Ein Überblick Studien zur Deutschen Sprache 27, 2002, 190 Seiten, € 39,-/ SFr 64,50 ISBN 3-8233-5157-5 Dieses Buch bietet einen kompakten Überblick über die Wortbildung des Deutschen. Die zugrunde liegende Sprachtheorie ist mit den üblichen grammatischen Kenntnissen und den üblichen Denkweisen der Logik leicht nachzuvollziehen. Genau beschrieben wird, wie Wortbildung funktioniert, aus welchen Einheiten und mit welchen Verfahren Wörter gebildet werden. Vorschriften werden dabei nicht gemacht. Dieses Buch ist problemorientiert und forschungsnah. Es setzt sich mit wesentlichen Termini und Begriffen auseinander und diskutiert die verschiedensten traditionellen, aktuellen und revolutionären Erklärungsmodelle der Wortbildungslehre. Es soll für ein präzises Sprechen über Sprache sensibilisieren. Weil es zudem materialreich und nah an der Sprachrealität ist, ist es anschaulich und vergnüglich bei höchstmöglicher wissenschaftlicher Ausrichtung. m |W Gunter Narr Verlag Tübingen Postfach 2567 • D-72015 Tübingen • Fax (07071) 75288 Das Buch gibt eine Darstellung der Quantifikation im Deutschen. Vor allem wird das Zusammenspiel mit den Nominaltypen dargestellt, insbesondere mit Plural- und Substanznomina. Den syntaktischen Rahmen bietet dabei eine flexible Kategorialgrammatik. Diese enthält neben der üblichen Applikationsregel noch die Regel der funktionalen Komposition, der Kommutation und der Reduktion, sowie Verkettungsregeln. Semantische Analysen werden durch eine Übersetzung in eine an den Vorschlägen Godehard Links orientierte - Logiksprache PLINK gegeben, in der Plural- und Substanzausdrücke adäquat im Rahmen von Verband-Strukturen behandelt werden können. ISBN 3-8233-5158-3