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Deutsche Wortbildung

2000
978-3-8233-5976-0
Gunter Narr Verlag 
Ludwig M. Eichinger

Seit den 70er Jahren gibt es eine vielfältige Forschung, die sich mit der Rolle der Wortbildung in der deutschen Gegenwartssprache beschäftigt. Das Studienbuch erläutert, welche Beschreibungs- und Erklärungs-ziele sich die Wortbildungsforschung in jüngster Zeit gesetzt hat. Dargestellt werden die Techniken und Modelle der Wortbildung, wobei sich das Spektrum von den im Rahmen derselben Wortart oder semantischen Klasse bleibenden Kompositionstechniken bis hin zur Konversion spannt. Deutlich wird auch, daß die Schwerpunkte der Wortbildung bei Substantiv, Adjektiv und Verb jeweils auf unterschiedlichen Bildungstypen liegen. Abschließend geht der Verfasser der Frage nach, welche Konsequenzen die dargestellten Sachverhalte für eine syntaktische, lexikalische und textuelle Betrachtung der deutschen Wortbildung haben. Der Leser erhält so grundlegende Informationen zu Strukturen und Bildungstypen der deutschen Wortbildung, und er lernt, den Gebrauch von Wortbildungstechniken in Texten selbständig zu beschreiben und zu beurteilen.

narr studienbücner Ludwig M. Eiehinger Deutsche ortbildung Eine Einführung g&l\1 Gunter Narr Verlag Tübingen ISBN 978-3-8233-5976-0 Die Deutsche Bibliothek- CIP-Einheitsaufnahme Eichinger, Ludwig M.: Deutsche Wortbildung: eine Einführung I Ludwig M. Eichinger.- Tübingen: Narr, 2000 (Narr Studienbücher) ISBN 3-8233-4976-7 © 2000 · Gunter Narr Verlag Tübingen Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem und säurefreiem Werkdruckpapier. Satz: Wiest, Tübingen Druck: Gulde, Tübingen Verarbeitung: Koch, Tübingen Printed in Germany ISSN 0941-8105 Vorwort Im Sommersemester 1970, meinem zweiten Studiensemester, hörteich an der Universität Regensburg meine erste sprachwissenschaftliche Vorlesung. Ihr Titellautete wie der des vorliegenden Buches "Deutsche Wortbildung". Ablauf und Inhalt dieser Vorlesung orientierten sich an dem gerade, nämlich 1969, erschienenen Wortbildungsbuch von Wolfgang Fleischer. Wortbildung stellte sich als ein faszinierendes morphologisches Puzzle dar. Das ist dreißig Jahre her. Mit der Morphologie allein kommen wir inzwischen nicht mehr aus, wenn wir verstehen und erklären wollen, was im Bereich der Wortbildung geschieht. Zwischen Lexikon, Syntax und Flexionsmorphologie ist ihr Platz, im Text das Vorkommen ihrer Ergebnisse. Und wir wissen zwischenzeitlich auch mehr über das Funktionieren und den Bestand der Wortbildung in der deutschen Gegenwartssprache. Dazu beigetragen haben neben einer Vielzahl von Einzelarbeiten, von deren Umfang die Zusammenstellung in Eiehinger 1994 einen ersten Eindruck geben mag, die Fortführung des Fleischersehen Beginns (Fleischer/ Barz 1995) und die in fünf umfänglichen Bänden und einem Einführungsbuch dokumentierten Ergebnisse des von Johannes Erben initiierten Innsbrucker IdS-Projekts ("Deutsche Wortbildung" (1973-1992); Erben 4 2000). Vieles davon ist auch in Übersichtsgrammatiken des Deutschen eingegangen (wie in die Duden Grammatik (1998), in Peter Eisenbergs "Wort"-Band (1998), in Harald Weinrichs "Textgrammatik" (1993)). Auch die theoretische Diskussion ging weiter, nicht zuletzt im Modell der Wortsyntax. Als Ergebnis der Auseinandersetzung auf dieser Ebene läßt sich Wolfgang Matschs "Deutsche Wortbildung in Grundzügen" (1999) verstehen. Was soll da das vorliegende Buch? Es soll nicht: nur die theoretischen Fragen diskutieren und den gesamten Bestand an Möglichkeiten dokumentieren. Es soll: von der Funktion der komplexen Wörter ausgehend Schneisen in die Unübersichtlichkeit der vielfältigen Bildungsformen schlagen. Es stellt einen Kompromiss dar zwischen den Strukturierungswünschen des Verfassers und den inzwischen üblichen Redeweisen. Es soll zentrale Züge der deutschen Wortbildung aufzeigen und dennoch die wichtigsten Einzeltypen nennen. In einem Buch des vorliegenden Umfangs kann man nicht die Techniken der Wortbildung vollständig ausbreiten und gleichzeitig zeigen, wie die Wortbildung und die mit ihren Mitteln entstehenden neuen Wörter genutzt werden. Als Buch in einer Studienbuchreihe stellt es im wesentlichen Ergebnisse dar. Um diesen Charakter nicht zu sehr zu verfälschen, werden Literaturhinweise sowie eine Literaturdiskussion so weit wie möglich zurückgedrängt. Das Buch spricht von Wörtern in Texten: die Texte stammen aus schriftsprachlichen Textsorten des heutigen Deutschen, großenteils aus literarischen Texten. Das geschieht nicht zuletzt in der Hoffnung, in diesen bewussten Verwendungen von Sprache auch an den Rand der üblichen Möglichkeiten zu kommen. 6 Vorwort Zu danken habe ich vor allem dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein für die Bewilligung eines Forschungsfreisemesters im Wintersemester 1999/ 2000, das die Fertigstellung dieses Buches ermöglichte. Danken möchte ich auch dem Verlag für die freundliche und geduldige Betreuung. Inhalt 1 Das Interesse an der Wortbildung 1.1 1.1.1 1.1.2 1.1.3 1.1.4 1.1.5 1.1.6 1.2 1.2.1 1.2.2 1.3 1.4 Vom Umgang mit komplexen Wörtern am Beispiel der Substantive .... . Komposition: die Suche nach Zusammenhang ..................................... . Derivation: lauter Bekannte ................................................................. . Konversion: janusköpfige Lexeme und mehr ....................................... . Inkorporation: was zusammengehört ................................................... . Kurzwortbildung: to whom it may concern ......................................... . Zusammenschau ................................................................................... . Struktur und Funktion ......................................................................... . Strukturelle Analogien ......................................................................... . Erläuterung am Substantiv ................................................................... . Aufgaben der Wortbildungslehre .......................................................... . Stellung der Wortbildung ..................................................................... . 2 Wortarten und Wortbildungsarten 9 9 16 21 31 33 34 35 35 38 40 56 2.1 Vorbemerkung....................................................................................... 67 2.2 Generelle Verteilung.............................................................................. 71 2.3 Gründe für die Präferenzen................................................................... 74 2.3.1 Die Lage beim Substantiv...................................................................... 74 2.3.2 Adjektivtypisches .................................................................................. 85 2.3.3 Ganz anders: das Verb .......................................................................... 102 3 Wortbildungsarten 3.1 Komposition .......................................................................................... 115 3.1.1 Der Zusammenhang der Dinge: Determinativkomposita ...................... 115 3.1.2 With a little help: Rektionskomposita ................................................... 128 3.1.3 Das Beste beider Welten: Zusammenbildung ........................................ 136 3.1.4 Jedes Ding hat zwei Seiten: Kopulativkomposita .................................. 141 3.2 Derivation ............................................................................................. 143 3.2.1 Derivationen als Textwörter .................................................................. 143 3.2.2 Zum Substantiv ..................................................................................... 147 3.2.3 Zum Adjektiv........................................................................................ 150 3.2.4 Zum Verb.............................................................................................. 154 3.3 Inkorporation ........................................................................................ 156 3.3.1 Inkorporation beim Substantiv ............................................................. 156 3.3.2 Inkorporation beim Adjektiv ................................................................ 157 8 Inhalt 3.3.3 Inkorporation beim Verb ...................................................................... 160 3.4 Konversion ............................................................................................ 167 3.4.1 Allgemeines ........................................................................................... 167 3.4.2 Zum Substantiv ..................................................................................... 168 3.4.3 Zum Adjektiv ........................................................................................ 169 3.4.4 Zum Verb.............................................................................................. 170 3.5 Kurzwortbildung ................................................................................... 172 4 VVortartenausbau 4.1 Das Substantiv ...................................................................................... 175 4 .1.1 Damit man über alles reden kann: Setzung . .. ..... .. ..... .. ................ .. ...... .. 175 4.1.2 Zentrale Strukturen: Differenzierung und Rollenzuweisung ................. 181 4.2 Das Adjektiv ......................................................................................... 197 4.2.1 Damit man alles charakterisieren kann: Junktion ................................. 197 4.2.2 Überblick: Junktionale Differenzierung ................................................. 204 4.3 Das Verb ............................................................................................... 216 4.3.1 Wie man von etwas redet: Relationierung ............................................ 216 4.3.2 Übersicht ............................................................................................... 221 5 Literatur 5.1 Belegtexte .............................................................................................. 243 5.2 Wissenschaftliche Literatur ................................................................... 244 6 Register 6.1 Sachregister ........................................................................................... 251 6.2 Wortregister .......................................................................................... 255 1 Das Interesse an der Wortbildung 1.1 Vom Umgang mit komplexen Wörtern am Beispiel der Substantive 1.1.1 Komposition: die Suche nach Zusammenhang Das Wort Schießbudenlandschaft ist sicher nicht sehr geläufig. Dennoch beunruhigt uns sein Auftreten nicht weiter. Wir fühlen uns vielmehr auf sicherem Wortschatzgrund. Denn zum einen sind einem Sprecher des Deutschen 1 die Bestandteile {schieß}, {bude}, {n}, {land} und {schaft} bekannt; zum anderen weiß er im Prinzip mit der Motivation komplexer Wörter zu rechnen. So kann er erste Vermutungen über die Zusammenhänge zwischen den Teilen anstellen. Außerdem kennt er diese Teile oder Kombinationen von ihnen schon aus anderen lexikalischen Zusammenhängen. Letztlich kann er hoffen, dass ihm dieses Wort normalerweise nicht so ohne weiteres vor Augen gestellt würde, wie das hier des Exempels halber geschieht, 2 sondern dass es in einem nachvollziehbaren Text- und Sachzusammenhang stünde, der ihm bei der Rekonstruktion der Bedeutung helfen könnte. SYNT/ \GMATIK UND Auch wenn man die am Schluss angesprochene textuelle An- PARADICMATIK bindung vorerst noch etwas zur Seite stellt und im Rahmen einer Wort- und Satzgrammatik bleibt, sieht man, dass beim Verständnis solch eines Wortes systematisch Wissen über syntagmatische und über paradigmatische Zusammenhänge aufgerufen wird. Syntagmatik Solch ein neues komplexes Wort lebt zum ersten von seiner syntagmatischen Einbindung - und das auf zwei Ebenen. Der oben apostrophierte kompetente Sprecher, Hörer, Schreiber oder Leser des Deutschen kann zum ersten den syntagmainternen Aufbau komplexer Wörter, ihre interne Struktur, nachvollziehen. Er kennt aus der kompetenten Praxis 3 die auftretenden Elemente und die Regeln der Wortbildung, welche die Möglichkeiten der Verkettung im komplexen Wort beschreiben. Dieses Wissen hat unterschiedliche Stufen und seine Anwendung führt unterschiedlich weit. Es kann noch relativ formal sein und dann das enthalten, was wir als die verschiedenen Wortbildungsarten beschreiben. Bei 1 Der im Folgenden gelegentlich apostrophierte Sprecher des Deutschen ist, soweit nicht anders vermerkt, ein durchschnittlich gebildeter erwachsener muttersprachlicher Sprecher bzw. eine Sprecherirr des Deutschen, eben auch der potentielle Leser bzw. die potentielle Leserirr der hier in den Exempeln vorgeführten Textsorten. 2 Und häufig in Wortbildungslehren, was zu Diskussionen über Verständlichkeitsprobleme geführt hat, die praktisch kaum auftreten (vgl. Herirrger 1984, Günther 1981). 3 Dieses Beherrschen der Regeln ("knowing-how" ), heißt nicht, dass dieses Können in explizites Wissen ("knowing-what") umgesetzt werden könnte, wie wir es in der Analyse zu explizieren versuchen. 10 Das Interesse an der Wortbildung unserem Beispiel kann man auf dieser Ebene feststellen, dass es sich bei diesem komplexen Wort um ein substantivisches Determinativkompositum handelt. Das ist eine Konstruktion, bei der ein substantivisches Basislexem durch ein weiteres Element mit lexikalischer Bedeutung modifiziert wird. Es kann aber auch schon sein, dass man sofort mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auf die Relation schließen kann, die bei dieser Modifikation aktualisiert wird. Eine erste Hilfe dabei ist schon eine Einsicht in die Wortartcharakteristik der Elemente. Da es sich bei {schieß} um ein verbales Lexem handelt, kann man erwarten, dass bei der Deutung der Beziehung zwischen diesem Element und seinem Bezugswort Bude die im Umfeld des Verbs schießen denkbaren Subjekts-, Objekts- und Adverbialbeziehungen eine Rolle spielen werden. Klassematische Kategorien, die aus der lexikalischen Bedeutung der Elemente abgelesen werden können, erleichtern die genauere Identifikation der Beziehung. Bei Schießbude wird man, wegen des Elements {bude}, sicher eher auf eine lokale Relation- ,wo etwas stattfindet'kommen als bei dem Zweitelement von Schießeisen oder Schießwaffe, wo die instrumentale Relation- ,womit man etwas tut'zweifellos die nahe liegendste Wahl ist. Auf einer zweiten Ebene orientiert man sich an den syntagmaexternen syntagmatischen Beziehungen: hier ist es die syntaktische und typische textuelle Umgebung der in Frage stehenden Elemente, die uns bei der Interpretation hilft. Bei Elementen, die man kennt, geht man davon aus, dass die Sprecher Vorstellungen von typischen Gebrauchskonstellationen haben. Wissenschaftlich lässt sich das durch die Analyse und Interpretation von Korpora rekonstruieren. Exemplarisch genutzt wird dieser Tatbestand in erklärenden Texten, etwa wenn ein Wörterbuch ein solch komplexes Wort aufführt. Das DUDEN-Wörterbuch (2919/ 20) erläutert die erste Bedeutung von Schießbude folgendermaßen: (1) Bude, in der man gegen Einsatz auf ein (bewegliches) Ziel schießt. Das ist ein Beleg dafür, wie das Verständnis solch eines komplexen Worts durch den Verweis auf syntagmatische Beziehungen rekonstruiert wird, die von den Konstituenten des komplexen Worts ausgehen. P d• t"k Außerdem können zumindest von einem Teil der vorhandenen Eieara •gma ' h h .. d d" . h B . h f b · mente er auc stutzen e para tgmattsc e ez1e ungen au ge aut werden. Man ist in der Lage, lexikalische Zusammenhänge und dahinter stehende Schemata, in denen Teile des komplexen Worts oder auch das Wort als Ganzes eine Rolle spielen, aufzurufen. Bei unserem Beispiel gilt das für das Element Schießbude, das als Ganzes lexikalisiert ist, und mehr noch für den Bestandteil Landschaft. Die Vielzahl denkbarer Schemata, in die das deutsche Wort Landschaft eintreten kann stellt den Leser in diesem zweiten Fall vor größere Entscheidungsprobleme, als das bei dem Wort Schießbude der Fall ist. Dieses ruft, wenn man es überhaupt kennt, eine deutlicher konturierte Vorstellung auf. Es präsentiert sich in weniger Kontexten, die dafür spezifischer gefüllt sind. Beide Konstituenten sind aber bereits lexikalisierte Wörter. Solche im Lexikon schon vorhandenen Komplexe müssen nicht mehr unbedingt auf ihre Teile bezogen werden, wenn man sie verstehen will. Lexikalisierung komplexer Wörter heißt also, sie können als ganze Elemente im Lexikon eines durchschnittlich gebildeten Sprechers vorgefunden werden. Dass sie formal durchsichtig, Vom Umgang mit komplexen Wörtern 11 ja in verschiedenem Ausmaß motiviert sind und möglicherweise reihenbildenden Mustern folgen, ist eine Zugabe, die allenfalls in kritischen Fällen als Hilfe für das Verständnis hervorgeholt wird. Auch die paradigmatische Einbettung hat also ihre zwei Ebenen, auch hier gibt es eine Art syntagmainterne Paradigmatik, wenn wir im Lexikon Bildungen kennen, die nach demselben Muster wie das in Frage stehende komplexe Wort gebildet sind. Dabei wird das Muster nicht syntagmatisch rekonstruiert, sondern als Ganzes zum Vorbild einer analogischen Weiterbildung genommen. So etwas kann man sicher bei den {bude}-Bildungen annehmen, wenn man betrachtet, welche Einträge sich für dieses Zweitelement bei Muthmann (1988, S. 199) finden, und wie sich hier Nischen ausbilden, bei denen das Element {bude} in typischen, aber schwer paraphrasierbaren Bedeutungsakzentuierungen genutzt wird: (2) =*> Jahrmarkts-, Gaukler-, Glücks-, Schieß-, Würfel-, Wurfbude =*> Eis-, Erfrischungs-, Imbiss-, Markt-, Schnaps-, Verkaufs-, Würstchenbude =*> Bretter-, Holzbude =*> Bau-, Schau-, Quassel-, Quatsch-, Schwatzbude Und auch bei den paradigmatischen Beziehungen gibt es den anderen Typ, den der syntagmaexternen paradigmatischen Beziehungen. Sie leisten die Einbindung in sprachlich ausgeformte Weltausschnitte, in Schemata, die uns bei der kognitiven Verarbeitung unserer Welt aufgrund unserer intertextuellen Erfahrung zur Verfügung stehen. Die genannte Bedeutung dieser Relation wird sichtbar, wenn man sich die oben ausschnittsweise zitierte Bedeutungsbeschreibung des DUDEN-Wörterbuchs ganz ansieht: (3) (auf dem Rummelplatz) Bude, in der man gegen einen Einsatz auf ein (bewegliches) Ziel schießt u. für eine gewisse Anzahl von Treffern einen Preis erhält. Hier wird uns ein wohlkonturierter Handlungszusammenhang aus einer prototypischen Jahrmarktswelt vor Augen geführt. Dieser Wörterbucheintrag stellt einen Ausschnitt aus einer sprachlich vorgeformten Welt dar als den Versuch, die im mentalen Lexikon vorhandenen Verkettungen zu modellieren. 4 Vermutete Lexikalisierung dürfte auch der Grund dafür sein, dass solche komplexen Wörter in allgemeine einsprachige Wörterbücher aufgenommen werden. Und tatsächlich verzeichnet zum Beispiel das DUDEN-Wörterbuch (2919/ 2920) nicht nur das Stichwort Schießbude, sondern auch Schießbudenbesitzer, Schießbudenbesitzerin und Schießbudenfigur. Dieses Wortbildungsnest wird offenbar aufgeführt, um ein kulturell geprägtes Schema zu dokumentieren, ein Schema zudem, das in der Praxis seine beste Zeit hinter sich hat, aber offenbar als Bildgeber in verschiedenen Bereichen bedeutsam geblieben ist. Davon zeugt auch die Idiomatisierung metaphorischer Übertragung, wie sie in der Benennung eines Schlagzeugs als Schießbude ebenso zum Ausdruck kommt, wie in der Interpretation von Schießbudenfigur als ,lächerliche und komische Figur'. 4 In unsere Musterkenntnis gehen also sowohllexikalisches wie enzyklopädisches Wissen ein; eine strikte Scheidung erscheint hier ohnehin schwierig (vgl. Heringer 1999, S. 22 ff.). 12 LEXIKON .SCHEMATA TEXTE Das Interesse an der Wortbildung Was nun allerdings eine Schießbudenlandschaft sein soll, ist nach wie vor nicht klar, sicher ist lediglich, dass es sich um eine Landschaft handelt, die in näher zu spezifizierender Weise mit einer Schießbude oder mit Schießbuden zu tun hat. 5 Als Ganzes ist das Wort auch nicht lexikalisiert. Wenn wir wie in diesem Kompositum zwei solche Nomina, die uns wenig Hinweise darauf geben, wie sie sich zu einer ganzen Bedeutung zusammenfügen könnten, zusammengestellt finden, haben wir zwar- Aristoteles sei Dankbestimmte Präferenzen der Interpretation, aber doch noch eine ganze Reihe von Optionen. Was könnte das in unserem Falle sein? Gerne wird im ersten Teil solcher Wörter das genannt, aus dem das im zweiten Element Genannte besteht bzw. sich zusammensetzt. Eine ,Landschaft aus Schießbuden/ die aus Schießbuden besteht' mag einem vielleicht schwer vorstellbar erscheinen. Dennoch lassen sich Kontexte denken, in denen diese Lesart passt: wenn man über ein Volksfest mit einer Menge aneinandergereihter Schießbuden geht, kann man die Schießbudenlandschaft vielleicht gar nicht auf einen Blick erfassen. So verstanden, wäre das ein Wort ungefähr nach dem Muster von Hügellandschaft oder Heckenlandschaft. Es ist aber nicht sicher, ob diese halb konkrete Lesart des Zweitelements Landschaft, die wir in dem Bild der aneinandergereihten Schießbuden aufgerufen haben, jene Verwendung ist, die einem bei diesem Wort als erste in den Sinn kommt. In unserer modernen Welt kaum weniger gängig ist eine Verwendung, in der die geographische Konstellation, die wir eine Landschaft nennen, als Bild für eine nicht leicht zu übersehende Menge zusammengehöriger Dinge genommen wird. So kann man sagen, jemand kenne sich in der deutschen Hochschullandschaft gut oder schlecht aus. Das gängigste Wort dieses Typs ist vielleicht die Parteienlandschaft. Entsprechend mag man von jemandem, der sich im Bereich des Schaustellerischen gut auskennt, vielleicht sagen, er habe einen guten Überblick über die Schießbudenlandschaft. Vielleicht will ein Autor, der solch ein Wort verwendet, aber auch mit jenen kulturellen Erwartungen spielen, welche er bei uns mit dem Wort Schießbude aufgerufen zu haben hofft. Eine Schießbudenlandschaft wäre dann wirklich eine Landschaft, die aber so pittoresk wäre, dass sie unseren stereotypen Erwartungen so vollständig entspricht, als käme sie aus der idyllisierenden und vergröbernden Welt der Schießbuden. Letztlich, und von der gerade vorgeschlagenen Deutung nur um Grade unterschieden, mag auch nur einer jener Landschaftsprospekte gemeint sein, wie sie sich an der Rückwand von Schießbuden zu finden pflegen oder besser gesagt zu finden pflegten; ,Landschaften in und für Schießbuden' also. 6 Tatsächlich benutzt Walter Benjamin, bei dem es sich findet, das Wort genau in diesem letzten Sinn, um es uns durch seine Einbindung in die passenden Schemata in die Nähe der vorletzten Deutung zu rücken. Der Text, aus dem das Wort stammt, heißt Schießscheiben und beginnt nach dieser Überschrift folgendermaßen: 5 Diese ambivalente Formulierung soll andeuten, dass nach einer Zeit, in der die Fugenelemente, hier das {n), nur als ein weiter nicht bedeutendes Übergangselement interpretiert wurden, nun Deutungen aufkommen, die doch im Einzelnen wägen, ob hier auf Pluralformen oder dergleichen Bezug genommen wü,.de, vgl. Fuhrhop (1996 und 1998); s. auch Eisenberg (1998, S. 227 ff.). 6 Alle anderen Komposita mit {-Iandschaft) aus Muthmann (1988, S. 882). Vom Umgang mit komplexen Wörtern 13 (4) Schießbudenlandschaften müßten, in einem Korpus gesammelt, beschrieben wer- TEXT 1 den. Da war eine Eiswüste, von der an vielen Stellen weiße Tonpfeifenköpfe, die Zielpunkte, strahlenförmig gebündelt, sich abhoben. Hinten, vor einem unartikulierten Streifen Waldes, waren zwei Förster aufgemalt, ganz vorn, gleichsam Versatzstücke, zwei Sirenen mit provozierenden Brüsten in Ölfarbe. Anderswo sträuben sich Pfeifen im Haar von Frauen, die selten mit Röcken gemalt sind, meist in Trikots. Oder sie gehen aus einem Fächer hervor, den sie in der Hand entfalten. Bewegliche Pfeifen drehen sich langsam im hinteren Teil der" Tirs aux Pigeons ". (Benjamin 1996, S. 116/ 117) Selbst wo wir jetzt wissen, was gemeint ist, bleibt noch zu fragen, ob wir die leicht abfällige Konnotation, die wir mit einem Wort wie Schießbudenfigur verbinden und von der wir oben schon gesprochen haben, hier auch einbringen sollen und dürfen? Klar ist, dass schon dem Autor die Andersartigkeit des Vergaugenen und des Fremden, von dem er hier erzählt, bei jenem Wort vor Augen steht. Wie weit ist es in dem Wort eingefangen? Unser Autor beginnt seinen Text ziemlich unvermittelt mit diesem nie gehörten Wort, um von etwas zu sprechen, wofür es noch keinen Namen gibt. Es wird mit diesem Versuch einer Namengebung ein Konzept besprechbar gemacht. Dabei wird sein Inhalt nicht aggregativ beschrieben, sondern in einer integrierendverdichtenden Form angedeutet. Die leichte Undeutlichkeit, die deswegen bei seiner Lektüre bleibt, mag in anderen Textsorten ein Problem sein, das man durch definierende textliche Festlegungen lösen muss. In Texttypen wie dem essayistischen literarischen Text, der uns vorliegt, wird man diese Nichtfestgelegtheit sogar schätzen. Der Autor kann hoffen, dass der Leser danach strebt, diese Unsicherheit aufzulösen, also gespannt weiterliest. Und das bisher besprochene Kompositum ist nicht das einzige komplexe Wort in diesem Text, das sich dem Leser nicht gleich erschließt. Der Autor liebt offenkundig dieses Schwanken: weiße Tonpfeifenköpfe hätten sich von der Eiswüste abgehoben: Sind das nun Köpfe von Tonpfeifen oder Pfeifenköpfe aus Ton? Vermutlich beides, also Pfeifenköpfe von Tonpfeifen, also eigentlich Tonpfeifenpfeifenköpfe. Tonpfeifenköpfe wäre dann eine Kurzform, in der gängigen Terminologie genauer eine Klammer- oder Rahmenform. Diese Explikation klingt allerdings so, wie wenn man einen Witz erklärt er verschwindet in seiner Erklärung. Es geht an dieser Stelle offenbar noch weiter mit den gewollten Ungenauigkeiten: was ist hier weiß, die Tonpfeifen oder ihre Köpfe? Sachlich ist es offenbar ziemlich egal, darum ist der Doppelbezug möglich, jener Doppelbezug, der in den Ordnungsversuchen strukturaler Beschreibungen als "schiefes Adjektivattribut" aufscheint.? KONDENSATIONSTY! )EN UND TEXTSORTEN Daneben finden sich Exemplare solcher komplexer Wörter, die sowohl strukturell normal sind als uns unauffällig erscheinen, da sie im mentalen Lexikon des durchschnittlich gebildeten muttersprachlichen Sprechers des Deutschen einen paradigmatischen Platz haben. Solch ein Kompositum wäre Ölfarbe. Man muss nicht wissen, welche wirkliche Beziehung zwischen der Farbe und dem Öl besteht, um das Wort zu 7 Nach manch anderen Aufsätzen neuerdings von Abramov (1994) behandelt. 14 Das Interesse an der Wortbildung verstehenetwa ob in der Farbe Öl enthalten ist. Vielmehr handelt es sich um eine der gängigen Differenzierungen im Bereich der Farben, die für künstlerische Zwecke, aber auch für Oberflächenanstriche genutzt werden. An der vorliegenden Stelle wird gerade mit der Tatsache gespielt, dass das Wort Ölfarbe Schemata aus beiden Bereichen aufruftgerade dadurch, dass künstlerische Bildbeschreibungen in diesem Zusammenhang eher eine Kopfkurzform Öl (Öl auf Holz) verwenden. 8 Auf jeden Fall stehen auf der einender handwerklichen- Seite die Ölfarben neben den Kalkfarben oder den Dispersionsfarben, auf der anderen Seite der künstlerischen stehen sie neben Wasserfarben, Plakatfarben, Aquarellfarben und was es da noch geben mag. In der reihenhaften Differenzierung, in der Opposition der Bildungen, ergibt sich die Bedeutung dieser Wörter. Auch das Wort Eiswüste ist kein Neologismus, keine ad-hoc-Bildung. Es erscheint als normal und sein Verständnis ist durch unsere intertextuellen Erfahrungen als Sprecher des Deutschen gestützt. Dennoch, dadurch dass in den beiden Bestandteilen ,Eis' und ,Wüste' scheinbar Unvereinbares zusammengebracht wird, die Eiswüsten in die Wüsten insgesamt eingeordnet werden so werden Determinativkomposita ja üblicherweise semantisch umschrieben wird eine stilistisch wirksame Distanz erreicht. Aus ihr wird im Falle des vorliegenden Textes ironischer Nutzen gezogen. Das muss aber nicht immer so sein. Die Instruktion, die von dem Wort Eis ausgeht, bricht die prototypische Erwartung für Wüste, so dass für die Interpretation auf die einschlägigen stereotypen Merkmale des ,Wüsten und Leeren' zurückgegriffen wird, die das Wort Wüste auch immer mit sich trägt. Ein solches Zusammenwirken der Bestandteile als ihr gegenseitiger Minimalkontext wird noch deutlicher bei Wörtern wie Zielpunkt und Versatzstück. Im ersten Fall sind die beiden Elemente semantisch fast gleichwertig: der Punkt ist hier weniger wörtlich zu nehmen, vielmehr steht er für das Ziel des Zielens, das allerdings nicht flächig ist. Schwierig ist die Interpretation von Versatzstück. Zweifellos erkennen wir Teile, aus denen dieses Wort besteht, ebenso herrscht aber kein Zweifel, dass wir bei der Interpretation dieses Wortes noch mehr auf unsere Wortschatzkenntnisse, beziehungsweise auf intuitive und ungefähre Herleitungswege angewiesen sind. Am leichtesten tun wir uns noch mit dem Element {stück}. Auch in einer Reihe von anderen Kontexten ist es uns als eine Art generalisierender Archetyp für Gegenstände geläufig, bis hin zu der Verwendung als Zähleinheit in Fügungen wie zehn Stück. Wir reden aber auch von Stückgut, und Bruchstücken, manche Gemälde heißen Seestück, auch eine Beschimpfung als Miststück passt neben manch anderem in diese Reihe. Stück meint also hier nicht viel mehr als ,Element'. Die Konstituente {versatz} begegnet uns selbständig wohl nicht, auch gebunden eher selten. Wir kennen immerhin noch das Versatzamt, ein Amt also, wo man etwas versetzen kann. So können wir beim Versatzstück letztlich wohl auch nachvollziehen, dass es sich um ein Element (,Stück') handelt, das man beliebig versetzen oder irgendwo einsetzen kann. Das funktioniert aber eigentlich nur, wenn man diese Bedeutung aus dem Lexikon kennt, so dass man sich im Notfall auf die Analogie verlassen kann, oder wenn die textuelle Einbindung deutlich genug ist. In dem konkreten Fall hilft uns das Lexikon, die rei- "in der Fügung in Öl[ ...] er malt in Öl" (Duden-WB S. 2437). Vom Umgang mit komplexen Wörtern 15 henhafte Wirkung des Zweitelements weiter, die Einträge zu -stück, die sich im "Rückläufigen Wörterbuch" von Gustav Muthmann (1988, S. 495/ 96) finden, geben hinlänglich Zeugnis davon. 9 In diesem Text sind, bei all den angedeuteten Unterschieden, vergleichsweise viele komplexe Substantive des Typs Determinativkompositum enthalten. Solche Wörter lassen sich als höchste Stufe der Aggregation, der verdichtenden Darstellung zum Zweck benennender Setzung, verstehen. Schon die Möglichkeiten zum Anschluss des Adjektivs weiß, von denen oben die Rede war, zeigen allerdings, dass in dieser inhaltlichen Kondensation nicht alle Ausbaumöglichkeiten erhalten bleiben, die den Teilen, den Konstituenten des komplexen Wortes, als einzelnen offen stehen. Das kann man auf andere Weise sehen, wenn man Stellen betrachtet, wo eine entsprechende lexikalische Kondensation in einem komplexen Wort denkbar wäre, aber eben nicht eintritt. Vielleicht sogar unauffälliger wäre ein entsprechendes Kompositum an der Stelle, wo sich im Text die Fügung vor einem[...] Streifen Waldes findet, an dessen Stelle auch das Kompositum Waldstreifen stehen könnte. Allerdings ändert sich das Bild bereits, wenn man das Attribut unartikuliert mit betrachtet. Bei einem unartikulierten Waldstreifen wird das Kompositum als ganzes attribuiert, man wird daher sofort auf den dargestellten ,Wald', der ,streifenförmig' ist, gelenkt. Bei der im Text gewählten Darstellung wird von einem gemalten Streifen gesprochen, dem hinzugefügt wird, dass er Wald darstellen soll, wobei dieser seltene genitivus qualitatis das Ganze auf eine stilistische Ebene hebt, welche ironisch gebrochen werden kann. Die andere Stelle, an der man eine andere Art von Ausbau der Nominalgruppe mit einem möglichen komplexen Wort vergleichen könnte, spricht vom Haar von Frauen, was rein von der Relation zwischen den nominalen Elementen her auch durch ein Wort wie Frauenhaar ausgedrückt werden könnte. Nicht allerdings hier im Text: es geht um das Haar einer spezifischen Art von Frauen, denen auch noch eine besondere Eigenschaft zugeordnet wird, sie würden, heißt es dort, zumeist in Trikots dargestellt. Das Kompositum wäre eine ,anaphorische Insel', auf die man nur als Ganze zugreifen kann, und das heißt formal, man muss sich im Prinzip auf das am Ende stehende Glied beziehen. Ein solch definiter Bezug (,Haar bestimmter Frauen') auf das Erstelement ist nicht möglich. Wie wir oben schon am Beispiel von Eiswüste gesehen haben, hängt es von der Größe der semantischen Distanz zwischen den beiden Elementen ab, wie weit man hier bei einer textuellen Bezugnahme variieren kann: man kann sich zweifellos mehr Eigenschaften denken, die man gleichermaßen auf Eis und Wüste beziehen kann, als das bei Frau und Haar der Fall ist. 10 So kann man zwar generell erkennen, dass die Komposita uns dazu auffordern, sie als Namen mit einer gewissen sachlichen Konstanz zu betrachten, dass das aber je nach Wort doch etwas Unterschiedliches heißt. Bei den bekannteren, bereits lexikalisierten Wörtern, werden wir an konventionalisierte Zusammenhänge erinnert, im anderen Fall werden wir dazu aufgefordert, aus der wortinternen Konstitution, der 9 Zur Häufigkeit dieses Typs vergleiche die statistischen Auswertungen in Deutsche Wortbildung (4, S. 34), wo -stück eindeutig das haufigste Element dieser Art ist. 10 Wenn verbale Lexeme als erstes Element in ein komplexes Wort eingehen sowie bei anderen Wortarten wird der ,halbinselartige' Charakter noch deutlicher, vgl.: eine nicht leicht beantwortbare Frage. 16 Das Interesse an der Wortbildung intertextuellen Erfahrung mit den Bausteinen des Wortes und aus den Informationen des Kontexts ein Bild zu entwerfen, zu dem das Kompositum als Name passt: bei der Schießbudenlandschaft gelingt uns das ganz gut. In der Diskussion der Beispiele hat sich auch gezeigt, dass auch innerhalb dieses Musters, das ja zunächst den Spezialfall von dem bezeichnen soll, was als rechtes Element genannt ist, die semantische Akzentuierung auf die beiden Teile in Abhängigkeit vom Verhältnis der semantischen Klassen der beiden beteiligten Elemente schwanken kann. Nun sind Substantivkomposita des hier beispielhaft behandelten Typs zweifellos der Fall, wo uns diese textuelle Leistung am einleuchtendsten erscheint, kann sie ja zumeist durch entsprechende Weltbezüge erläutert werden. Das Determinativkompositum beim Substantiv ist jene Wortbildungsart, die im Deutschen besonders gut ausgebaut ist, und an der sich besonders schön zeigen lässt, welche verschiedenen Ebenen der Beschreibung in der Wortbildungslehre eine Rolle spielen. Man kann die Bedeutung der internen morphologischen Struktur und der Wortbildungsmuster erkennen. Man sieht, wie die internen Relationen ähnlichen Prinzipien folgen, wie wir sie auch aus der Syntax kennen, ohne damit identisch zu sein. Man sieht darüber hinaus, wie die Festigung komplexer Wörter im Lexikon zu eigenen Strukturen führt, die sich in einer analogen Ausformung einmal geprägter Muster niederschlägt. Man erkennt zudem, wie uns Schematisierungen, die sich als Geschichte von Texten und Intertexten darstellen, verbunden mit aktuellen textuellen Hinweisen helfen, auch mit unbekannten Wörtern umzugehen. 1.1.2 Derivation: lauter Bekannte Von anderer Art sind die Funktionen der anderen zentralen Wortbildungsart, nämlich der Derivation oder Ableitung. Bei ihr wird ein Lexem mit einem Element aus einer abgeschlossenen Menge von gebundenen Wortbildungsmorphemen verbunden. Diese Morpheme, die nur in der Kombination mit einem lexematischen Element aktualisiert werden können, dienen zumindest im Falle des Substantivs der Wortartencharakteristik und einer klassematischen Grobgliederung innerhalb der Wortart. Diese Wortbildungsmorpheme, insofern sie als an die Basislexeme angehängte Elemente verstanden werden, heißen Affixe. Je nach Stellung relativ zum Stamm werden sie auch spezifischer als Präfixe, die vor das Basislexem treten und als Suffixe, die rechts an die Basis treten, benannt. Beim Substantiv ist das Suffix, durch das Wortart und klassematische Einordnung gesichert werden, der zentrale und typische Fall für diese Art von Wortbildung. Da es nur eine aufzählbare Menge solcher Derivationsmittel gibt und wegen ihres abstrakteren Charakters sind die so entstehenden komplexen Wörter (Ableitungen, Derivate) weniger unmittelbar auf die Schematisierung welthaltiger Konstellationen angelegt, sie sind daher im Normalfall auch weniger überraschend. Ihre Interpretation lässt bei weitem nicht so viele Möglichkeiten offen, wie das beim Kompositum der Fall sein kann. TEXTSTEUERUNe Dennoch ist auch hier die textuelle Funktion entscheidend, allerdings operieren abgeleitete Wörter auf einer anderen Ebene. Sie beeinflussen die Aussagestruktur, akzentuieren bestimmte Sichtweisen. Da sie Vom Umgang mit komplexen Wörtern 17 merklich in die Struktur der Texte eingreifen, ist ihre Verwendung in vielen Fällen auch deutlich textsortensensitiv. Unser Beispieltext (4) von den Schießbudenbildern und ihrer Gestaltung kennt keine einzige solche Bildung, die ein Substantiv wäre, was vom stilistischen Charakter, der Textsortenbindung auch dieses Mittels spricht. Die auf jeden Fall in solchen Mitteln liegende Kraft der Abstraktion wird bei diesem Text nicht gebraucht. Dass es an der Textsorte liegt und nicht am individuellen Stil, zeigt ein ,wissenschaftlicherer' Text desselben Autors, Walter Benjamins wohl berühmtester Essay "Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit". Schon die Formulierung des Titels mit einem komplexen Wort wie Reproduzierbarkeit deutet an, dass der Text mit der substantivischen Fassung verschiedener Aspekte von Vorgängen zu tun haben wird. Vorgänge aber sind eigentlich Inhalte, die unmarkiert als verbale Lexeme kodiert werden: (5) Und wenn die Veränderungen im Medium der Wahrnehmung, deren Zeitgenos- TEXT 2 sen wir sind, sich als Verfall der Aura begreifen lassen, so kann man dessen gesellschaftliche Bedingungen aufzeigen. (Benjamin 1996, S. 317) Vier von sieben Substantivenwobei zwei, Medium und Aura, noch als unanalysierte Simplizia aufgrund der Fremdheitssignale, die sie tragen, herausfallen also eigentlich vier von fünf sind hier Derivationen. Wovon spricht der Text? Im Bereich der Medien, in denen Kunstwerke wahrgenommen würden, hätten sich verschiedene Dinge verändert. Das war das Thema des vorhergehenden Textteils, wo von den Folgen der Erfindung der Lithographie und der Photographie für die Frage nach der "Echtheit"[! ] des Kunstwerks berichtet wird. In dem Textteil, der unserem Ausschnitt vorhergeht, ist dieses Thema in aller Ausführlichkeit und mit Beispielen, in sprachlich gestreckter Form, in Strukturen also, die dem aggregativen Ende unserer Ausdrucksmittel zugehören, dargestellt. In dem Kapitel nun, zu dessen Beginn der zitierte Satz gehört, sollen Konsequenzen aus diesen Ausführungen gezogen werden. Da wäre es eine mögliche aber nicht nötige -Redundanz, das Fazit auch noch einmal in der geradein dem oben stehenden Kastenzur besseren Information ausformulierten aggregativen Fassung zu präsentieren. Das geschieht aber in dem originalen Text nicht. In ihm werden die Inhalte gleich in einer Form präsentiert, die sie als Voraussetzung, als setzungsfähiges thematisches Element, einer folgenden Aussage geeignet erscheinen lassen. Dieser Zweck wird durch die Formulierung mit den Derivationen erreicht. Diese Wortbildungsart erlaubt es, die zusammenspielenden Elemente einer Szene in höchst integrierter Form darzustellen. Wenn man beispielhaft wie in (6) versucht, die Derivationen prädikativ zu expandieren, kann man sehen, was es heißt, es werde mit diesem Mittel in die Aussagestruktur eingegriffen. 11 11 Die Terminologie aggregativ ,gestreckt', grammatisch explizitintegrativ ,kondensiert', ,implizit' bezieht sich auf Raible (1992). Das Interesse an der Wortbildung (6) Durch welche Medien Kunstwerke wahrgenommen werden, hat sich in letzter Zeit verändert. Deswegen verfällt ihre Aura. Das ist gesellschaftlich bedingt, was sich aufzeigen lässt. Es wird in dem originalen Text im Gegensatz zu der propositionalen Entfaltung in (6) klar geschieden, was als thematische Voraussetzung und was als rhematische Aussage gelten soll. Gleichzeitig wird durch die Wahl der nominalen Formulierung jeweils ein griffiger Name für das besprochene Phänomen geschaffen, der Text ist so übersichtlicher (vgl. Heringer 1989, S. 140-143). Zudem ermöglicht die Nominalisierung als Kern einer Nominalgruppe in den vorhandenen Junktoren, den Präpositionen bzw. dem Anschluss mit dem Genitiv 12 gewisse Modifikationen. Hier wählt der Autor bei der Fügung Veränderungen im Medium den Anschluss mit der Präposition in, das heißt inhaltlich, er wählt das Ungefähre des Anschlusses mit der Präposition in gegenüber dem auch denkbaren Genitiv, der das Objekt unmittelbar fokussieren würde: Veränderungen des Mediums. Von den Bildungstypen her wird der Text von dem Suffix -ung dominiert, das vor allem in Sachtexten als beliebtestes Mittel genutzt wird, um zusammenfassende Namen für Vorgänge mögen sie vorher im Text expliziert sein oder nicht zu prägen, und so diese Inhalte der substantivischen Setzung zur Verfügung zu stellen. So etwas hat natürlich stark anaphorische Wirkung, mag es im Einzelnen nun auf den Text oder andere Wissensvoraussetzungen verweisen. Und tatsächlich steht der von uns zitierte Textteil am Ende eines Abschnitts, der folgendermaßen beginnt: (7) Innerhalb großer geschichtlicher Zeiträume verändert sich mit der gesamten Daseinsweise der menschlichen Kollektiva auch die Art und Weise ihrer Wahrnehmung. (Benjamin 1996, S. 317) Die Derivation Wahrnehmung ist an dieser Stelle schon eingeführt, Art und Weise wird im Verlauf des Textes noch in ,Medium' übersetzt. So bleibt das verbale Lexem, das dann mittels -ung zum Satznamen gemacht wird, das sich zum Subjekt und Thema des in (5) zitierten Schlusssatzes dieses Abschnitts eignet. Dass solch ein nominaler Kern dann durch links und rechts von ihm stehende Attribute näher bestimmt werden kann, erlaubt es, auch die anderen Mitspieler in die kondensierte Form mit aufzunehmen. WORT'ARTFESTLEGUNG UND SEMANTISCHE I(ATEGO~ISIERUNG Das Suffix, das formal die Basis der Wortbildung darstellt, und somit auch generell die semantische Klasse kennzeichnet (hier: ,Vorgang'; nomen actionis), welcher das ganze Wort zugehört, ist funktional doch bloß eine aus einer überschaubaren Menge von Markierungen, die uns zeigen, in welcher seiner möglichen syntaktischen und subkategorialen Funktionen der Basisinhalt hier auftaucht. Dabei kann man bei deverbalen (,von verbalen Lexemen abgeleiteten') Substantiven die Bildung mit dem Suffix -ung als die Default-Option, den Normalfall dieser inhaltlichen Umsetzung, betrachten. Sie hebt lediglich die Bedeutung des verbalen Lexems ohne sonstige Veränderungen in den substantivischen Bereich. Dass es 12 Den man mit Weinrich (1993) sogar zu den Präpositionen zählen könnte. Vom Umgang mit komplexen Wörtern 19 sich hier um die Nulloption handelt, kann man unter anderem daran sehen, dass genau diese Funktion in einer bestimmten Zahl historisch fest gewordener Fälle durch jenen Akt einer historischen Konversion (,Wortartwechsel ohne Addition eines Wortbildungsmorphems') zustande kam, den man meist implizite Ableitung nennt: Verfall ist ein Beispiel dafür. Der zentrale Status der Vorgangsbenennung im deverbalen Bereich erklärt die Beibehaltung dieses isolierten Typs bei zentralen Verben und ihre starke Stellung im System. Sie bringt es mit sich, dass das Vorhandensein der alten Wörter dieses Typs das jetzige Normalmuster mit -ung blockiert: ''Verfallung ist genau deshalb nicht realisiert. Alle anderen Möglichkeiten dieser Umsetzung in dem Bereich der Vorgangs- und Handlungsbeteiligten-das müssen andere deverbale Derivationen ja dann seinhaben ein zusätzliches Merkmal, das ihre Univerbierung fördert und rechtfertigt, und sie merkmalhafter macht. Semantisches Korrelat dafür ist die häufig beobachtete Tatsache, dass die Züge des Usuellen, Regelmäßigen zum Bestandteil des Wortbildungsmusters gemacht werden. So wird der Name für den, der eine Handlung ausführt, an dem ein Vorgang abläuft oder der in einem Zustand ist, meist mit der Regelmäßigkeit, mit der er das tut bzw. ihm das geschieht, korreliert -in passenden Fällen wird eine Berufsbezeichnung oder eine Art von Berufsbezeichnung daraus: vom Gepäckträger zum Bedenkenträger, der nur als einer kritisierbar wird, dem das ,Tragen von Bedenken' zur zweiten Natur geworden ist. INTEGRATIONSTYPEN In einem Text, der sich räsonierend und argumentierend hin- AM BEtSf>tel. ... und herbewegt, mal aggregierend erzählt, mal integrierend Schlüsse zieht, ist es von Nutzen, Namen für alles mögliche zu haben, was in diesen Sätzen vorgekommen ist. Substantivische Derivationen sind das probate Mittel zur Erfüllung dieser textuellen Funktion das zeigt sich an dem folgenden Ausschnitt aus Thomas Bernhards "Holzfällen. Eine Erregung" besonders deutlich. 13 (8) Aber ich hatte vor den Auersbergischen auf dem Graben so getan, als wüßte ich TEXT 3 nichts vom Selbstmord der Joana und ich spielte ihnen meine totale Überraschung, gleichzeitig Erschütterung vor, obwohl ich um elf Uhr vormittag auf dem Graben von dem Unglück nicht mehr überrascht und auch nicht mehr erschüttert gewesen war, denn ich hatte davon schon um sieben Uhr früh erfahren gehabt und ich hatte tatsächlich den Selbstmord der Joana durch das mehrmalige Aufundabgehen auf dem Graben und der Kärtnerstraße schon ertragen können, aushalten können in der kalt-frischen Grabenluft. Tatsächlich wäre es besser gewesen, der auersbergischen Mitteilung vom Selbstmord der Joana die Wirkung der totalen Überraschung zu nehmen, indem ich nämlich gleich hätte sagen sollen, ich wisse längst, dass sich die Joana umgebracht habe, selbst wie sie sich umgebracht habe, die genauen Umstände, dachte ich, hätte ich ihnen sagen sollen und sie damit um ihren Mitteilungstriumph bringen, den sie tatsächlich auf die gemeinste Weise ausgenützt und also genossen haben, wie ich feststellte vor dem offenen Knizegeschäft; anstatt so zu tun, als wisse ich überhaupt nichts vom Tod der Joana, die Rolle des absolut Überraschten, Vorden- 13 Die vorkommenden Komposita, werden, da von der Funktion dieser Wortbildungsart oben schon die Rede war, im Folgenden ignoriert. 20 Das Interesse an der Wortbildung kopfgestoßenen, mit der grauenhaften Nachricht Überfallenen spielend, versetzte ich die Auersbergischen in die Verzückung plötzlicher Unheilsbringer, was gar nicht meine Absicht gewesen sein konnte naturgemäß, was ich aber durch Ungeschicklichkeit selbst verursacht hatte, indem ich vorgab, vom Selbstmord der Joana zu dem Zeitpunkt des Zusammentreffens mit den Auersbergischen nichts zu wissen, nicht das geringste; die Ahnungslosigkeit spielte ich die ganze Zeit [... ]. (Bernhard 1984, S. 16/ 17) Dieser Text redet von Ereignissen und ihren Folgen, von ihrer mentalen Verarbeitung. Diese Abläufe werden, wie zu erwarten ist, in Verben gefasst, die solche mentalen Vorgänge bezeichnen wie überraschen oder erschüttern, allerdings hier auch schon, da es um die Konsequenzen auf der Ebene der erzählten Zeit geht, in Perfektformen. Textuell überraschend aber ist vielleicht, wenn auch die zeitliche Stufung dazu passt, dass bereits vor dieser verbalen Ausführung die Namen für diese Vorgänge, die entsprechenden Derivationen mit dem Suffix -ung, auftauchen. Von der Überraschung und Erschütterung des Erzählers ist die Rede, noch bevor die Vorgänge in der entsprechenden Verbform ausgeführt worden wären. Außerdem sehen wir auf den ersten Blick, dass sich eine für einen erzählenden literarischen Text auffällige Häufung von Derivationen findet. Sie sind oben im Text fett gedruckt. Noch deutlicher ist der dadurch signalisierte Trend zur Nominalisierung, zu erkennen an der Häufung nominaler Verbformen, von Infinitiven und Partizipien. Sie sind im Text unterstrichen und wir werden auf sie später zurückkommen. Es ist offenkundig, dass die Wahl dieser Bildungen in dem zitierten Textausschnitt einen distanzierenden stilistischen Wert hat. Dabei ist eine Bildung wie Wirkung ein ganz gängiges, lexikalisiertes Wort. Dieses normale Wort wird jedoch bereits in Kombination mit dem Genitivattribut der totalen Überraschung stilistisch hervorgehoben. Diese Verdichtung in der Nominalgruppe scheint uns eher bestimmten fachlichen Diskursen, nicht einem erzählenden Text zuzugehören. So wird indirekt vorbereitet, dass wir die in dem späteren Kompositum Mitteilungstriumph ausgedrückte Bewertung und ihre Geltungsbehauptung in einem Kompositum nicht mehr so überraschend finden. Allerdings sind in diesem Kompositum zwei stilistisch diskrepante Elemente miteinander kombiniert. Das prosaisch-fachliche Derivat Mitteilung wird mit dem hyperbolischen Gefühlswort Triumph zusammengebracht. Das dient als Brücke zu der Isotopieebene des Textes, der auch die Ableitung Verzückung zugehört. Das ist an sich schon ein herausgehobenes Lexem, und wird in diesem Fall noch gesteigert durch die unmittelbare Konfrontation mit dem Lexem Unheilsbringer, das seinen stilistischen Reiz nicht zuletzt der paradigmatischen Folie des lexikalisierten Heilsbringers verdankt, auf das es sich analogisch bezieht. Im deutlichen Gegensatz zur stilistischen Überhöhung der auersbergischen Mitteilung ist unser Erzähler dann noch als ,ungeschickt' und ,ahnungslos' gekennzeichnet, aber eigentlich nicht wirklich, sondern er wird sprachlich dargestellt als oder wie einer, der eben diese Rollen spielt. Und das wird nicht dadurch erreicht, dass die Handlungen erzählt würden, die das beweisen, sondern indem die entsprechenden Eigenschaften als zuordenbare Größenin Form der zugehörigen deadjektivischen Derivation mit -keitvor der Person hergetragen werden. Dabei führt uns der Text am Ende in einer steigernden Folge von der Ungeschicklichkeit zur Ahnungslosigkeit. Vom Umgang mit komplexen Wörtern 21 WORTFAMILIEN Derivationen, das können wir an diesen exemplarischen Verwendungen sehen, dienen besonders der Verknüpfung von im Text auf verschiedene Weise gegebenen Informationen. Dazu ist es nötig, dass man die lexematischen Kerne, von denen diese Informationen vermittelt werden, grammatisch möglichst vielfältig einsetzen kann. In diesem Sinn erlaubt die Wortbildungsart der Derivation auf einfache Weise den Wechsel zwischen Wortarten und semantischen Klassen. Am klarsten sieht man das an den Wortfamilien, die sich um verbale Lexeme sammeln. (9) Verb rechnen schleifen nomen actionis Rechnung Schleifung nomen acti Rechnung Schl! ff nomen agentis Rechner Schleifer nomen instrumenti Rechner nomen actionis (neg.) Rechnerei Schleiferei nomen loci Schleiferei (nach Augst 1999, S. 1081 und 1203) Was hier am Beispiel von zwei relativ beliebig ausgewählten verbalen Lexemen zu sehen ist, gilt generell, es gibt einen systematischen Ausbau der Wortfamilien, die auf jeden Fall einfache Vorgangswörter, Ergebniswörter, Handelndenwörter, Werkzeugswörter, Wörter des Ortes und konnotativ angereicherte Möglichkeiten der Vorgangsbezeichnung umfassen. An diesen Beispielen sieht man nochmals, dass klassematische Einordnung und Wortartwandel die zentralen Aufgaben dieser Bildungsart sind. Sie dient dazu, dass die vorhandenen lexikalischen Kerne in den verschiedenen denkbaren Funktionen angewendet werden können. Was unmittelbar der Prädikation dient, kann durch die klassematische Einordnung als substantivisches Verbalabstraktum der Setzung zugänglich gemacht werden, das Lexem kann so den Kern einer Nominalphrase ausmachen, über die erneut prädiziert werden kann. Aber, wie wir an den bewertenden Textfortsetzungen gesehen haben, können die Prädikationen auch als Handlungstypen benannt werden. Damit kann die Bewertung einer Prädikation in die nominalen Elemente einer nachfolgenden Proposition eingehen die Proposition wird als Element eines Typus benannt, etwa, wenn eine Äußerung im nächsten Satz als diese Verleumdung qualifiziert wird. Kennzeichnend ist aber, dass immer, und selbst in diesem letzten Fall, die lexematische Basis kaum Überraschungen bietet, und dass sich die Bedeutung durch die Endlichkeit des Suffixinventars wesentlich leichter errechnen lässt als bei der Komposition. So ist es denn auch nicht die Schaffung von neuen Konzepten, die hier dominiert, sondern die Einordnung in zentrale und als nützlich erachtete Klassen. 1.1.3 Konversion: janusköpfige Lexeme und mehr Konversion heißt in der üblichen Terminologie der Wortbildungslehre zweierlei. Zum einen kann damit der Wortartwechsel generell gemeint sein: in diesem Sinne 22 Das Interesse an der Wortbildung dient zum Beispiel das Suffix -ung der Konversion von verbalen Lexemen zu Substantiven. In diesem Fall spricht man auch gern von Transposition. Der Gegenbegriff dazu wäre die Modifikation. Zum anderen ist damit nur jener Typ von Wortartwechsel gemeint, den man ausschließlich an der Verwendung des flexivischen Inventars der Wortart erkennt, die sich am Ende dieses Prozesses ergibt (der Zielwortart). Der Terminus Konversion steht dann als Benennung für eine merkmalärmere Variante des Wortartwechsels neben dem der Derivation. In diesem zweiten Sinn soll dieses Wort hier verstanden werden. WöRT8tLDUNC AM.RANOE DER MORPHOLOCIE Auch diese Art von Umsortierung von Lexemen lässt sich gut am Substantiv aufzeigen, gilt doch die Substantivierung, insbesondere die sogenannte Substantivierung von Infinitiven und Partizipien als der klassische Fall der Wortbildungstechnik Konversion. Für diesen Typ bietet der auch schon für die Derivation herangezogene Text (8) eine Reihe von Beispielen, die zeigen, welche Funktion diese Art von Wortbildung, allgemeiner vielleicht: diese Technik der Umkategorisierung, hat. Wir haben oben schon darauf hingewiesen, dass es gegen Ende des Texts eine Reihe von Personenbezeichnungen gibt, die als Nominalisierungen verbaler Fügungen erscheinen. Überrascht, vor den Kopfgestoßen, überfallen ist unser erzählendes Ego. Und die Konversion einer Verbform zum Nomen erlaubt es, auch noch die aus dem verbalen Umfeld stammenden Modifikatoren (absolut, mit der grauenhaften Nachricht) mit aufzunehmen. Wie immer man die entsprechende Umsetzung des verbalen Lexems an dieser Stelle beschreibt wir werden darauf zurückkommen -, der Autor sagt uns eigentlich selbst, wozu er diese Art von Ausdrucksweise nutzt: er vergibt Namen für Rollen des Erzählers. Das ist in dem Text um so deutlicher, als das Erzähler-Ich ja selbst sagt, dass es gar nicht mehr überrascht, vor den Kopf gestoßen, überfallen war, sondern jemanden spielte, der solch einen Namen verdient. Und so sagt uns diese Formulierung, dass es nicht um das Überraschtsein, das Vor-den-Kopf-Gestoßen- Sein und das Überfallensein geht, sondern um einen Rollennamen für den davon Betroffenen. An weiteren Beispielen kann man sehen, dass diese formal so unaufwendige Technik fast beliebige Möglichkeiten bietet, um einen Namen aus verschiedenen Teilen einer verbalen Szene zu destillieren. Partizip II und Infinitiv als die nominalen infiniten Formen mit guter Systemeinbindung im verbalen Bereich bieten sich hier als die ideale Schnittstelle zwischen der flexivischen und der lexikalischen Morphologie an. Hatten wir bisher in den Beispielen von Namen für einen ,Betroffenen' mit typischen Partizip li-Fällen zu tun, so finden wir als Abstraktion einer Handlung, die ausgeführt wird, den Infinitiv, versehen mit den flexivischen Merkmalen des Substantivs 14 als einen Vorgangsnamen. Diese Form eines nomen actionis, hat noch mehr von der Dynamik der verbalen Basis an sich als etwa entsprechende Ableitungen auf -ung. Das ist ganz deutlich sichtbar an einem Beleg wie das mehrmalige Aufundabgehen. In dieser Verwendung des Verbalnomens Infinitiv liegt aber auch die Möglichkeit der Kategorienangleichung durch die verbale Semantik. So wird in unserem Text ein 14 Also als das, was man gemäß der lateinischen Grammatik ein Gerund nennen würde. Vom Umgang mit komplexen Wörtern 23 punktuelles Verb als explikatives Genitivattribut eines punktuellen Nomens gewählt, das damit zum semantischen Zentrum der Nominalgruppe wird, mit der Betonung allerdings, dass es um den Punkt geht: zum Zeitpunkt des Zusammentreffens gegenüber denkbaren Formulierungen wie: beim Zusammentreffen. Gleichzeitig wird in der Infinitivform inhaltlich die von uns zitierte Passage als ein Subtext zusammengefasst, in der uns in ausgebreiteter Weise ein Geschehnis erzählt wird, das am Schluss den Namen Zusammentreffen bekommt. Auch Reaktionen werden so qualifiziert: die Information, die ihm die Auersbergischen gaben, sollten einen Überraschten treffen. Und auch die vorgeführten oder prätendierten Eigenschaften des Autoren-Egos werden so besprechbar: Ahnungslosigkeit beziehungsweise Ungeschicklichkeit sind diese Eigenschaftenüber ihre Rollenfunktion kann dann gesprochen werden. KONVERSION UND Ein weiterer kurzer Text mag zeigen, dass die hier angedeu- DERIVAT10N teten Ähnlichkeiten und Unterschiede in der Nutzung von Derivation und Konversion nicht dem durchaus markanten Individualstil des Autors Peter Handke angehören, sondern systematisch so angelegt sind: (10) Ich lebte kaum mehr mit meiner Zeit, oder ging nicht mit, und da mir nichts je TEXT 4 so zuwider war wie die Selbstzufriedenheit, wurde ich zunehmend gegen mich aufgebracht. Welch ein Mitgehen hatte sich zuvor ereignet, was für eine grundandere Begeisterung war das gewesen, in den Stadien, im Kino, auf einer Busfahrt unter Wildfremden. War das ein Daseinsgesetz: Kindliches Mitgehen, erwachsenes Alleingehen? (Handke 1987, S. 17) Was sich ereignet, der Vorgang, heißt Mitgehen, ist also die Konversion aus der Nennform des Verbs, in der über mögliche Partner des gemeinsamen Gehens generalisiert wird. Es geht ja nicht jemand mit jemandem, vor allem die mögliche Subjektanbindung wird strukturell sehr viel tiefer angesetzt, am natürlichsten wohl als PossessivartikeL Die Suffixbildung dagegen, die ebenfalls ein verbales Lexem im substantivischen Rahmen verwendbar macht, tut mehr, und das schon vor der syntaktischen Realisierung. So wird gesagt; was etwas ist, was also in die ,Kiste' einer Vorgangskategorie gesteckt wird. So in unserem Text bei dem Wort Begeisterung, mit dem Suffix -ung. Mit dieser Wortbildungsart werden stärker nominal strukturierte Grenzen gesetzt. 15 Und dennoch gibt auch die Konversion versuchsweise Namen, weil es sich aber um Versuche handelt, erscheinen sie uns oft weniger gewöhnlich. Das gilt sicherlich auch für die hier gebrauchten Formen Mitgehen und Al/ eingehen. Und was in einem Satz mit den entsprechenden Verben eine Art restriktive Adverbiale wäre: als Kind, als Erwachsener, erbt in der nominalen Fügung mit der Vagheit des attributiven Anschlusses außerdem zumindest einen Teil der wertenden Bedeutung, welche die Adjektive kindlich oder erwachsen neben ihrer Zugehörigkeitsbedeutung haben. Und auch in diesem Textstück zeigt sich, wie wichtig die Funktion der Textorganisation bei den Derivationen ist, nämlich bei der deadjektivischen Derivation Selbstzufriedenheit, die selbst klassifizierend vorausweist auf Elemente und Ver- 15 Zu einer Beschreibung dieser Zusammenhänge s. Eiehinger (1995a, S. 178-189). 24 Das Interesse an der Wortbildung haltensweisen, von denen dieser Zustand erzeugt wurde. In der Aufzählung all dessen, was nicht mehr ist, wird dieser Verweis kataphorisch ex negativo aufgelöst. FLEXION IN .DER NOI\41N1\L(; RUPP~ Konversion ist wie gesagt eigentlich ein Name für zweierlei, einerseits für den Tatbestand, dass Lexeme durch Wortbildungstechniken die Wortart wechseln, andererseits für jene Technik, die das allein durch die Hinzufügung der entsprechenden Flexive leistet. In diesem zweiten Sinn ist sie bei dem Gang durch die zentralen Wortbildungsarten, auf dem wir uns befinden, von Belang. Die Konversion ist im Deutschen zweifellos eine Domäne des Substantivs 16, Substantivierung ist der Hauptfall von Konversion. Substantivierung bedeutet praktisch, dass ein Artikel vor ein anderes Element gestellt wird, das somit zum Kern einer Nominalgruppe erklärt wird, und dass an das Lexem aus einer anderen Wortart die nominalen Flexive treten. Dabei ist an zwei Stellen der Wortartwechsel schon so in das morphologische System des Deutschen eingewebt, dass man eigentlich nur mit Mühe von Konversion im technischen Sinne der Wortbildung sprechen kann. ... und das Adjektiv ... Das ist zum einen, vielleicht nicht besonders überraschend, beim Adjektiv der Fall. Das Adjektiv in der Nominalgruppe, links vom Nomen, ist ja von seinem ganzen Kategorien- und Flexionssystem nicht weit vom Substantiv entfernt. So kann man relativ problemlos annehmen, dass das Adjektiv in dieser flektierten Form, wenn kein weiteres Nomen mehr folgt, die in ihm angelegte nominale Struktur voll nutzt. Neben der primären attributiven Verwendung hat das Adjektiv somit, zumindest in den zentralen Fällen der Wortart, eine sekundäre Verwendung als Substantiv, bei der einfach das ohnehin realisierte nominale Flexionsinventar in Verbindung mit dem Artikel genutzt wird. Die Genusvarianz des Adjektivs wird dabei sozusagen natürlich genutzt, indem die Maskulina und Feminina Personen des entsprechenden Geschlechts bezeichnen, ebenso wie der Plural, während das Neutrum ein Abstraktum bildet, das einen spezifischen Namen für die Eigenschaft bildet. Dessen Besonderheit zeigt sich schön an dem folgenden Beispiel, wo die substantivische Verwendung des flektierten Adjektivs neben eine formgleiche aber bedeutungsverschiedene Derivation mit dem Suffix {-e} gestellt wird. (11) Das Wort Chaos kommt aus dem Griechischen und bedeutet ursprünglich das Klaffende, weit Offenstehende, Leere des Weltraumes. In den antiken Kosmogonien, schon bei den Vorsokratikern, aber auch in der noch älteren Schöpfungsgeschichte der Bibel ist diese Wüste und Leere der Urgrund allen Werdens, aus dem schließlich der Kosmos hervorgehen kann. (Cramer 1994, S. 83) Das Leere und die Leere, die Derivation mit dem -e-Suffix benennt den Tatbestand, die Substantivierung des Adjektivs, was diesen Tatbestand qualitativ ausmacht. 17 Für die entsprechenden Personenbezeichnungen stehe das folgende Zitat aus Bertolt Brechts "Geschichten vom Herrn Keuner", in denen dieser zudem ebenso auffällig wie regelmäßig als der Denkende apostrophiert wird: 16 Und des Verbs, wenn man es so handhabt, wie wir das tun werden. 17 Zudem bestätigt die Verwendung des Worts Wüste hier, was wir oben zu seiner semantischen Ambivalenz gesagt haben. Vom Umgang mit komplexen Wörtern 25 (12) Die Neuen mußten sich alles neu berichten lassen, wodurch sie das Auffällige daran wahrnahmen. (Brecht 1967, S. 49) Diese Beispiele von substantivischen Verwendungen adjektivischer Lexeme, aber auch von solchen, die als Partizipien erst dazu geworden sind, zeigt, wie nahe die beiden nominalen Wortarten beieinander stehen, so dass das Adjektiv, gerade in der Verteilung der Flexion, die das Deutsche heutzutage kennzeichnet, leicht als Substantiv auftreten kann, wenn sich rechts von ihm in der eröffneten nominalen Klammer kein weiterer Kandidat findet. Die Partizipien, die hier vorkommen, und von denen wir in den früher zitierten Texten schon weitere Beispiele gesehen haben, dokumentieren, dass es mit den sogenannten Nominalformen des Verbs Standardübergänge zwischen den scheinbar unvereinbaren Wortarten Substantiv und Verb gibt wenn auch beim Partizip sozusagen auf dem Umweg über das Adjektiv. ... und der Klarer noch als bei den Partizipien ist das beim Infinitiv, den man als Infinitiv einen Namen für ein verbales Lexem verstehen kann. Als die infiniteste der infiniten Formen hat sie verschiedene Möglichkeiten der Annäherung an eine syntaktisch nominale Verwendung. So erscheint auch hier das Wort Konversion als ein fast zu grobes Etikett für einen mehrstufigen Übergang. Manchmal reicht es, einfach den Namen des Verbs zu zitieren, wie in Sprichwörtern der Art, dass Reden Silber, aber Schweigen Gold sei, wo eben weder die Infinitivkonstruktionen zu reden und zu schweigen als syntaktische Anschlüsse des Verbs gewählt werden, noch die vollen Substantivierungen mit dem Artikel: das Reden und das Schweigen. Bei der gerundartigen Aufrufung des Namens steht eine Art generischer Nennung im Vordergrund, sie ist aber überhaupt nur im Nominativ und Akkusativ möglich: (13) Auch wenn Katzen vor seiner Tür jaulten, stand er auf vom Lager, selbst bei Kälte, und ließ sie in die Wärme ein. "Ihre Rechnung ist einfach", sagte er, "wenn sie rufen, öffnet man ihnen. Wenn man ihnen nicht mehr öffnet, rufen sie nicht mehr. Rufen, das ist ein Fortschritt." Aber wo Geldhaben herrschen bedeutet, da ist herrschen nichts, was Geldstehlen entschuldigen kann. (Brecht 1967, S. 36, 73) Am anderen Ende stehen Infinitive, die wie wirkliche Substantive behandelt werden. Das kann im Fall des Nominativs und Akkusativs, wo die jeweils andere Option besteht, zur Konkretisierung eines Einzelfalls dienen, ist ansonsten aber einfach auch den morphologischen Zwängen des Deutschen geschuldet: (14) Eine Wissenschaft vom Werden ist im Entstehen. (Cramer 1994, S. 264) Er sei bis ans Ende der Äste gekrochen, und die vielfältigen Bewegungen, das Umsich- und Übersichgreifen müßten ihm gutgetan haben. (Brecht 1967, S. 70) So ist es sicherlich übertrieben, wennalldiese Übergänge, die schon in der Nominalität der Form angelegt sind und nur in unterschiedlicher Weise entfaltet zu werden brauchen, gleichermaßen unter dem Begriff der Konversion laufen. 26 Das Interesse an der Wortbildung ; .. und Aus dem seihen Grund gibt es auch in der umgekehrten Richtung llmgeJ<~hrt? definitorische Schwierigkeiten. Wie sind die vielen desubstantivischen Verben zu beurteilen, die lediglich aus einer substantivischen Basis und dem Element {-en} bestehen? Wir haben oben schon beiläufig darauf hingewiesen, dass es von der Behandlung dieses Problems ganz entscheidend abhängt, welche Schwerpunkte die Wortbildung des Verbs hat, genauer gesagt, ob die Derivation zu ihnen gehört oder nicht. Verben dieses strittigen Typs gibt es viele, und es lassen sich ohne weiteres auch neue Exemplare bilden: 18 (15) [...] aber als er's treppauf mutfern härte, wußte er, dass er "Stairway to Heaven" auch diesmal nicht komplett aufs Band kriegen würde. [...] beim Seidenbody ("Häkchen G., denk dran") hausmeisterte ihnen allerdings Herr Scheuffele entgegen. Der Junior-Jogi schlachtschüsselt in der Tiefe des Raumes. Erst gegen Abend raffte Gregor sich auf, moltofillte K. s Dübellöcher. (Politycki 1997,S. 16,242,346,364) Die Mutter des pubertierenden Helden der Geschichte kommt die Treppe herauf; Herr Scheuffele ist in dem Roman als Prototyp des Hausmeisters gezeichnet, und kann also sprachlich nicht anders, als dem Paar im dritten Teil der Geschichte als solcher entgegenzukommen; der Sohn des Metzgers bereitet eine Schlachtschüssel zu; von K., der Heidin im letzten Teil des Romans, verlassen, füllt Gregor Wandlöcher der ehemals gemeinsamen Wohnung mit Moltofill. Was passiert hier? Handelt es sich hier darum, dass die verbalen Flexionsmorpheme den Übertritt von der einen in die andere Wortart markieren, also um Konversion im technischen Sinn? Dafür spricht natürlich, dass im aktuellen Satz die verbalen finiten Endungen einfach den Infinitiv der Nennform ersetzen. Oder geht es darum, dass hier mittels eines Suffixes {-en} Ableitungen von substantivischen Basen gebildet würden? Dafür spricht, dass dadurch ja nicht so sehr eine Verbform gebildet wird, sondern ein Name für ein verbales Lexem, wie wir oben formuliert haben. Vielleicht gibt es aber doch noch ein Drittes: vom Verb aus gesehen ist der Infinitiv eine verbale Form mit nominaler Charakteristik, und so könnte man vom Substantiv aus den Infinitiv eine substantivische Form verbalen Charakters nennen, wie das eindeutig bei jenen Typen der Fall ist, wo man nicht recht sagen kann, ob Substantiv oder Verb primär ist, das heißt bei Beispielen vom Typ Arbeit vs. arbeiten (vgl. Augst 1999, S. 40 ff.). Wie man an den obigen Beispielen sieht, funktioniert dieser Wechsel in vielen Fällen, an die man nie gedacht hätte. Diese Regelmäßigkeit, die ebenfalls von einer flexivischen Sekundärverwendung zu sprechen erlaubte, wird lediglich bei nicht autochthonen Basen durch echte Ableitungen mit dem Element {-ier} durchkreuzt wobei hier die Einschätzung in der Sprachgemeinschaft offenbar schwanken kann, wie das Nebeneinander von Formen wie filtern und filtrieren zeigt, oder auch die regional differenzierte Verteilung von grillieren (in Österreich) und grillen. Dazu gehört, dass auch die Basen dieser nichtautochthonen Bildungen häufig Besonderheiten zeigen. Zumeist handelt es sich um lediglich gebundene lexikalische 18 Ohne dass die Leichtigkeit dieses Übergangs an die offenbar kaum beschränkten Möglichkeiten im Englischen heranreichen würde. Vom Umgang mit komplexen Wörtern 27 Morpheme, so genannte Konfixe, bei denen man im Unterschied zu den autochthonen Basen davon ausgehen kann, dass sie für den Benutzer des Deutschen nicht im selben Maße wortartenmäßig fixiert sind, und so immer ein Signal ihrer Realisierung als Substantiv, Adjektiv oder Verb brauchen. Man hat das in diesen Fällen mit dem Konzept der Suffixalternanz zu beschreiben versucht. Wir wollen dafür halten, dass sie um Unterschied zu den meisten autochthonen Lexemen so erst die Möglichkeit bekommen, überhaupt als ein Wort realisiert zu werden. Ein typisches Beispiel für diesen Fall sind Morpheme wie {inform(a[t])}, {demonstr(a[t])}, innov(a[t])} usw.: (16) [...] er informierte sie, wer von den alten Bekannten[...] geflohen [...]war. [...]er blickte demonstrativ lange zur Mutter. (Hein 1997, S. 141, 179) die letzten Innovationen [...]die Herrschaft des Akademismus in Leben und Kunst. Seltsam stagnatives, lasches Erörtern der Lage. [... ]und wurde Rigorist. Was vor Zeiten ein Rezitator war. Wenn der Existenzialismus nach dem Krieg den Menschen in die Freiheit stieß, so muß er heute gegen die frei-verfälschte Weltreexistenzialisiertwerden. (Strauß 1997, s. 79, 117, 74, 77, 115/ 16) Eine seltsam internationalistische Kompetenz wird für das Verständnis dieser und all der anderen Wörter verlangt, die zu denselben Elementen bildbar sind. 19 An der lateinischen Wissenschaftssprache orientierte Bildungsmuster stellen die Grundlage für die Allomorphie im Basislexem dar. Bestärkend und modifizierend wirken einerseits Traditionen der französischen Weltsprachenposition, andererseits natürlich weitaus deutlicher die Überformungen durch die nunmehrige lingua franca der Bildungssprachlichkeit, das Englische. 20 Die Auffaltung der in den obigen Beispielen angesprochenen lexemfähigen Einheiten möge erhellen, welche Ausbaumöglichkeiten so realisiert und welche Sprachbezüge dadurch aufgerufen werden. Erkennbar produktiv sind zum Beispiel folgende Typen, die typische Reihen von Umkategorisierung ausbilden: 19 Auf Probleme in diesem Zusammenhang verweist Volmert (1990, S. 58/ 59); vgl. generell Munske (1988, s. 69-71). 20 Beispiele wären die an Themavokal und Partizip-Perfekt-Bildung des Laterinischen orientierten Elemente Ja! bzw. / at/ , die Suffixe -iv oder -ität, aber auch-ationfür das Französische. Für das Englische spricht z.B. das präferierte (c( in Recital, andererseits werden durch die Form der englischen Wörter wie demonstrate die tradierten Bildungsmuster ,am Leben gehalten'. Für die Bildungsbasis sind morphophonologisch oft kompliziertere Zusammenhänge anzusetzen: vgl. die Basis {proiic; proiec(t)}. Das Interesse an der Wortbildung (17) ,actio' Basislexem Verb nomen acc nomen nomen Adjek- Adjektiv Betionisjacti agentis patiensj tiv 1 21 Jl sonobj. deres inform informlnformlnforminforminform- Info (a[t]) -at- -at- -at- -at- Info- -ier -ion -or -or- -iv- -tain- -isch -ment lnformlnform- -a- -a- -nt- -nd demonstr demonstr- Demonstr- Demonstrdemonstr- Demo (a[t]) -at- -a- -at- -ier -ion -nt -iv innov innovlnnovlnnovinnovinnov- (a[t]) -at- -at- -at- -at- -ier -ion -or -or- -iv -isch recitfrezit rezit- Rezit- Rezit- Recitrezit- Rezit- (a[t]) -at- -at- -a- -at- -at- -ier -ion -or -I -or- -iv -isch (18) ,status' Basis- Verb nomen Adjektiv I Adjektiv II nomen Besonderes Iexem qualitatis ideol. (abstr.f " pers.) stagn stagn- Stagnstagn- Stagflation (a[t]) -at- -at- -ier -ion -iv exist exist- Existexist- (e) -e- -e- -ier -nz -nt (=,nti-') exist- -e- -nti- -al Existentialreexistentialisier -is- -mus Existential- -is- -t 21 Adjektiv I (Zugehörigkeitsadjektiv); Adjektiv II (Eigenschaftswort). Vom Umgang mit komplexen Wörtern (19) ,qualitas' Basislexem Adjektiv nomen 11(2" qualitatis rig rigrig- -id -id- -ität (or) rig- Rig- -or- -or- -OS -OS- -ität (20) ,Institution/ Modalität' Basislexem nomen ~lassifrcativum (inst.fpers.) adadem Akadem- Akadem- -ie -i (k)- -er nomen ideol. (abstr.fpers.) Besonderes Rig- Rigrig- -or- -or- -or- -is- -is- -is- -mus -t -t- -isch 2 3 Adjektiv I Adjektiv 111 nomen ideol. ·. akademakadem- Akadem- -isch -isch -is- -mus 29 Diese beispielhafte Aufzählung soll dokumentieren, dass sich hier doch auch ein Zusammenhang der Bildungsstrukturen rekonstruieren lässt, der von primären und sekundären Funktionen auch bei diesen Lexemen zu sprechen erlaubt. Die Ableitungsrichtungen sprechen davon, dass auch hier das Konzept des Wortartwechsels anzuwenden ist, und dass auch in diesen Fällen manche Übergänge eher angelegt sind als andere. Wo aber jede Wortart erst ihr Aktualisierungsmerkmal bekommt, um wortfähig zu werden, kann natürlich die Technik der eigentlichen Konversion nicht greifen. 24 Die Konversion erscheint somit zwischen der Nutzung von Voraussetzungen aus der Flexionsmorphologie und der syntaktisch oder textuell angebundenen ad-hoc- Konversionen zu schwanken. Die wirklich häufigen und zentralen Fälle von Konversion sind eher Teile eines systematischen Wechselprozesses am Rande der flexionsmorphologischen Kodierung an systematisch dafür vorgesehenen Übergangsstellen als vergleichsweise beliebige Wechselprozeduren im Rahmen einer lexikalisch zu verstehenden Wortbildung. 25 22 Adjektiv III ( adverbal fundiertes Adjektiv. Vgl. außer Eiehinger (1982) die Ausführungen, die Helbig (1997, S. 326-328) zu Unterschieden innerhalb der Wortart Adjektiv macht. 23 Ohne typisch fachsprachlich-terminologische Varianten wie Rigor ,Totenstarre', Rigorosum ,mündliche Promotionsprüfung' o.ä. 24 Vgl. Harras (1997, S. 123 ff.), Bergmann (1998) . 25 Ähnlich wird das z.B. im Anschluss an Vogel (1986) auch bei Motsch (1999, S. 17) gehandhabt, nicht eindeutig in dieser Hinsicht Duden (1998, S. 426 ff.). Das Interesse an der Wortbildung So sind denn die Produkte anderer Arten von Konversion auch ..• und andere forJilen immer vergleichsweise auffällig, seien es die Substantivierungen von anderen Wortarten wie das Ich, das Für und Wider, mein Ein und Alles, ,Tomi, das Irgendwo'. (Ransmayr 1991, S. 9), aber auch Adjektivierungen 1 die zue Tür (s. insgesamt Duden 1998, S. 427 ff.). Wie schon das Beispiel für Adjektivierungen zeigt, erreichen diese Wörter häufig nur in einem gewissen Ausmaß bzw. erst in einem zeitlichen Verlauf alle Möglichkeiten der jeweiligen Zielwortart. Typisch ist das etwa bei den recht seltenen Konversionen von Substantiven in den Adjektivbereich, die zumindest zunächst nur zur Verwendung als Adkopula führen. In diesem Status scheinen derzeit drei lockere Bewertungswörter zu sein: etwas ist klasse, scheiße, spitze. (21) Im Lied "Raus" geht es darum, wie aus Liebe Hass werden kann. Die Alte ist scheiße und muss raus. (jetzt 41, 1999, S. 8) Mehr noch gilt die Bewertung als auffällig für jene Bildungen, die wohl systematisch hierher gehören, traditionell aber unter der Sonderbezeichnung Zusammenrückungen laufen. Bei ihnen handelt es sich um Nominalisierungen von praktisch beliebigen Einheiten, die so zitierbar gemacht werden. Matsch (1999, S. 326) prägt für die Ergebnisse dieser Umsetzungen den Terminus "Verbalphrasennominalisierungen". Es geht um Bildungen wie das Den-Teufel-an-die-Wand-malen. In diesem Umfeld kommen auch lexikalisierte Bildungen mit Eigennamencharakter vor: der Gottseibeiuns ist ein Name für den Teufel, das Vergissmeinnicht einer für eine Blume. In der erwähnten Terminologie müssten das nicht nur Satznominalisierungen, sondern sogar Äußerungsnominalisierungen sein. Außerdem lässt sich das Muster zumindest spielerisch auch auf andere Einheiten ausweiten. Die beiden zuletzt genannten Phänomene zeigen, dass wir uns nunmehr im nicht so strikt geregelten Randbereich der Wortbildung befinden. Entsprechend lassen sich diese Mittel mit stilistischem Sonderwert nutzen, wie das folgende Beispiel unschwer zeigt: (22) Der Gingganz Ein Stiefel wandern und sein Knecht von Knickebühlgen Entenbrecht. Urplötzlich auf dem Felde drauß begehrt der Stiefel: "Zieh mich aus! " Der Knecht drauf: "Es ist nicht an dem, doch sagt mir, lieber Herre, -! wem? " Dem Stiefel gibt es einen Ruck: "Fürwahr, beim heiligen Nepomuk, Ich GING GANZ in Gedanken hin ... Du weißt, dass ich ein andrer bin, seitdem ich meinen Herrn verlor ... " Der Knecht wirf beide Arm empor, TEXTS Vom Umgang mit komplexen Wörtern als wollt er sagen: "Laß doch, laß! " Und weiter zieht das Paar fürbaß. (Christian Morgenstern, Galgenlieder )2 6 1.1.4 Inkorporation: was zusammengehört So sind wir denn zumindest mit den zuletzt diskutierten Sonderfällen der Konversion, die man Zusammenrückung nennen könnte, und auch mit jenem Bildungstyp, der Zusammenbildung genannt wird, bei jenen Arten der Wortbildung, die als allmähliche Univerbierung in der syntagmatischen Abfolge des Satzes nebeneinander stehender Elemente verstanden werden können. Wir haben dafür, in lockerer Anlehnung an einige neuere terminologische Vorschläge den Begriff der Inkorporation gewählt. Er überdeckt als ein leitendes Prinzip eine Reihe von Wortbildungsarten, die sich vom zentralen Bereich der Komposition und Derivation in Richtung auf das syntaktische Ende der Wortbildung hin erstrecken. Das Phänomen als solches ist wohl bekannt. In den klassischen Wortbildungslehren spielt diese Erscheinung in der von Jacob Grimm gefundenen Unterscheidung von eigentlichen und uneigentlichen Komposita eine Rolle, wobei die letzteren die sind, die uns jetzt interessieren. Sie sind es ja, bei denen der voranstehende Genitiv allmählich zu einem ersten Kompositionsglied uminterpretiert wurde. Diese Reanalyse hängt natürlich ursächlich damit zusammen, dass der voranstehende Genitiv in Nominalgruppen in der deutschen Sprachgeschichte an Normalität verlor, so dass die entsprechende Signalisierung von Abhängigkeit anders funktionalisiert werden konnte. So erklären sich Bildungen wie Bischofsmütze oder Sonnenlichtdie letzte Bildung mit dem Genitiv der schwachen Feminina -, so erklärt sich also auch der entsprechende Teil unserer Fugenelemente. Aber synchron sind das für die Gegenwartssprache natürlich normale Komposita und keinerlei Fälle von Inkorporation. RELATIONEN OHNE . JUNKTOREN Es gibt aber eine Vielzahl von komplexen Wörtern, die sich eines derivationeilen Suffixes bedienen, um zum Substantiv zu werden, sich in der lexikalischen Basis aber nur annäherungsweise auf sonst auch syntaktisch oder phraseologisch ausgeführte Verbindungen beziehen. Das muss so kompliziert formuliert werden, da sie sich ja auf solche Fügungen in einer Weise beziehen, die gerade die spezifisch syntaktischen Verbindungsmittel beiseite lässt. Das klassische Zentrum dieser Bildungen beim Substantiv sind die Fälle, wo eine Wortgruppe, der aber genau das an Bindungsmitteln fehlt, was die syntaktische Wortgruppe aktualisiert und zusammenbindet, mittels eines Suffixes abgeleitet wird. Es handelt sich um Wörter wie Dreiachser ,Lastwagen mit drei Achsen'. Häufig ist die Analyse etwas ambivalent: ist ein Gepäckträger ein ,Träger von/ für Gepäck', also technisch gesprochen ein Kompositum oder ,jemand der das Gepäck trägt', und damit ein lexikalischer Typ von Inkorporation. Eindeutig ist die 26 Bemerkenswert hier auch die ,gemeinverständliche Deutung' Morgensterns: "Verf. hat sich erlaubt, aus dem Wort des Stiefels: "Ich ging ganz in Gedanken hin ... " die Wörter "ging ganz" herauszugreifen und, zu einem Ganzen vereinigt, zum Range eines neuen Substantivs masc.gen. (in allen Casibus unveränderlich ohne Pluralis) zu erheben. Ein Gingganz bedeutet für ihn damit fortan ein in Gedanken Vertiefter, Verlorener, ein Zerstreuter, ein Grübler, Träumer, Sinnierer". (Morgenstern 1965, S. 224) Das Interesse an der Wortbildung zweite Lesart, wenn die lexikalische Basis ihrerseits bereits einen Phraseclogismus darstellt. Der Bedenkenträger ist zweifellos kein ,Träger von etwas', sondern jemand der ,Bedenken trägt'. d d E. be In einem weiteren Sinne gehören zu einer solcherart verstandenen •.• tin as r von Rektion Kategorie der Inkorporation all jene Bildungstypen, welche die vor allem in verbalen Lexemen angelegten Komplemente und -zum Teil- Supplemente in entsprechender, d.h. lexikalisch geformter Weise in sich aufnehmen. Das sind zuvorderst die sogenannten Rektionskomposita. Das beginnt dann logischerweise schon da, wo in als nominal gekennzeichnete verbale Lexeme - ,Substantivierungen' von Infinitiv oder Partizip- Elemente aus dem syntakto-semantischen Umfeld dieses Lexems eingebaut werden. Das können einfache syntaktisch rekonstruierbare Beispiele sein wie oben in (13) und (14): bei Geldhaben oder Geldstehlen wird einfach das Objekt integriert. In diesem Fall, da es sich semantisch bei Geld um ein Kontinuativum handelt, auch formal völlig unauffällig. Bei Umsieh- und Übersichgreifen ist der syntaxnahe Part dieser Inkorporation ganz deutlich- und das ganz unabhängig davon, wie man dieses Problem orthographisch gerne gelöst hätte. Aber es gibt auch die stärker integrierten, unmittelbar auf semantische Schematisierungen zugreifenden Inkorporationen. (23) Gefrorene Windstriche an jedem Zweig, das Papierklirren der Raureifbäume ... (Strauß 1997, S. 187) Auch hier scheint es aber naheliegender, nicht das Papierklirren von anderen Arten des Klirrens zu scheiden, sondern das Ganze als eine nominale Fassung der Proposition, dass die Raureifbäume wie Papier klirrten, zu verstehen. Dieses Modell der Univerbierung lässt sich natürlich noch unterschiedlich akzentuieren, wenn Wortbildungsmorpheme weitere Informationen liefern, als nur den nominalen Charakter des verbalen Lexems zu betonen. (24) Der Dichter als Durcheinanderwerfer, als Prophet des selbstgefertigten Eschatons, der Ja-Sager zu Zerstörung und Entropie. (Strauß 1997, S. 83) Auch hier haben wir es logischerweise nicht mit einer Klassifikation von Werfern zu tun, sondern einer agensorientierten Nominalisierung eines verbalen Lexems mit seiner direktionalen Bestimmung. (25) [...]diesem stumpfsinnigen, ordinären, erzkatholischen Kunstmißbraucher, der seit vielen Jahrzehnten der größte aller kulturellen Umweltverschmutzer in diesem Lande ist. (Bernhard 1984, S. 258) Von ähnlichem Typ ist der Kunstmißbraucher, eine ad-hoc-Nominalisierung mit einer verbalen Basis {mißbrauch} ohne Folie eines lexikalisierten Worts Mißbraucher. Dagegen neigt Umweltverschmutzer eher zu einer Klassifikation der Verschmutzer, d.h. zu einer Interpretation als Kompositum, in einer anderen Sichtvon der musterprägenden Kraft von {Umwelt+ [kritisch zu sehende Handlung]nomenagentis}auch zu einer analogisch ausgebauten Klassifikation der Umweltsünder. 27 27 Zu bedenken wäre auch noch die musterstützende Kraft von üblichen Nachbarbildungen, lexikali- Vom Umgang mit komplexen Wörtern 33 (26) Sowohl der Machtunterworfene als auch der Machthaber können leicht grobe "Fehler" begehen. (Martin/ Drees 1999, S. 84) Mit lexikalischen Konversen auf verbaler Basis ,die Macht haben', ,der Macht unterworfen sein' wird hier ein Paar aufeinander bezogener Personenbezeichnungen gebildet, diebeideauf dem Prinzip der Inkorporation beruhen, allerdings in unterschiedlicher Weise in die Üblichkeiten der Wortbildung eingebaut sind. Nutzt Machthaber das gängige Muster der nomina agentis auf -er, um so die angedeutete Fügung lexikalisch zu integrieren, so wird in Machtunterworfener die sekundäre substantivische Verwendung des adjektivischen Lexems genutzt, um einerseits das Äquivalent eines syntaktischen Dativs (der Macht) zu integrieren, und andrerseits den substantivischen Charakter zu sichern. Es ist ganz offenkundig, dass wir uns damit ganz nahe an der Nominalgruppensyntax befinden, wo dependentielle Strukturen des adjektivischen Bereichs entweder, wie gerade angedeutet, übernommen werden oder sich in syntaktisch gesteuerten Attributionen wie den genitivi subiectivi oder obiectivi niederschlagen. 1.1.5 Kurzwortbildung: to whom it may concern Wir hatten es bisher mit Techniken der Wortbildung zu tun, die uns durch die Kombination von einfacheren Zeichen bzw. zumindest durch die flexivische Vereindeutigung beim Verstehen helfen: wir haben ja auch bisher versucht, die relative Motivation, die in den einzelnen Bildungstypen liegt, etwas auszuleuchten. Manchmal wird einem die Genauigkeit und Explizitheit dabei etwas zuviel. Das kann mindestens drei Gründe haben. Entweder sind an der Kommunikation über einen bestimmten Sachverhalt ausschließlich Spezialisten beteiligt, die der dauernden expliziten Erinnerung nicht bedürfen oder die Kommunikation findet in einer zusammengehörigen Gruppe statt, die ihre Zusammengehörigkeit über ein Verständnis auch nicht voll explizierter Zusammenhänge signalisiert. Zum dritten gibt es Anforderungen einer womöglich textsortenspezifischen Ökonomie, die es geraten erscheinen lassen, nicht die höchstmögliche Explizitheit zu wählen, aber sich dennoch an bestimmten inhaltlichen Stellen nicht einfach auf formale Mittel der Referenzsicherung wie Pronominalisierung zu verlassen. Das Umfeld dieser drei Gründe ist der Boden für das Aufkommen oder eine verstärkte Verwendung von Kurzwörtern, bei hinreichender praktischer Relevanz für die Allgemeinheit können solche Kurzformen auch in die normalsprachliche Ebene eindringen. So kann man denn die Verwendung von Kurzwörtern insgesamt als eine Folge des Ökonomieprinzips ansehen, dem die Sprecher folgen. Da bekanntlich das Ökonomieprinzip am besten funktioniert, je näher es an der Grenze zum Zusammenbruch der Kommunikation ist, sind Kurzwörter an sich schlechter zu verstehende Varianten sierten Verbalabstrakta wie Missbrauch, (auch in ähnlicher Einbindung: Machtmissbrauch), aber auch Umweltverschmutzung. Sie allein könnten schon den Platz eines entsprechenden nomen agentis in ihrer Nachbarschaft freimachen. Das spricht gegen eine allzu strikte Grenzziehung zwischen synthetisierenden und analogisierenden Erklärungstypen. 34 Das Interesse an der Wortbildung bereits existierender Lexeme, die in einer auf Sprechbarkeit hin orientierten formalen Reduktion nur eine mehr oder minder starke Erinnerung an die Vollform bewahren. Gelegentlich kann die Vollform dahinter verschwinden, so dass die alte Kurzform die einzige, das heißt die neue Vollform wird. In gewisser Weise haben so die Kurzwörter mehr vom Phraseologismus als von der eigentlichen Wortbildungdas Kurzwort ist eine Art Metapher der Ausdrucksform. Manchmal hat diese Form hohen emblematischen Wert. So verwundert es auch nicht, dass andererseits wieder viele dieser Bildungen eine Art Ikonismus auf anderer Ebene suchen. 1.1.6 Zusammenschau Wir haben von dem grundlegenden Inventar der Wortbildung gesprochen, und davon, wie und in welcher Funktion sie uns in unserem sprachlichen Leben begegnet. Wir haben das der Einfachheit halberdie Bedeutungen von Substantiven lassen sich am einfachsten isolieren am Beispiel der Substantive behandelt. Funktion Dabei hat sich eine dreifache funktionale Schichtung ergeben. Den Kern dessen, was der Wortbildung eigen ist, finden wir in den Techniken der Komposition und der Derivation wieder. Diese Techniken werden funktional abgerundet durch Arten der Wortbildung, die dann bruchlos in Bereiche der flexivischen Morphologie hinüberführen. Sie werden üblicherweise unter dem Oberbegriff der Konversion geführt. Analog dazu führen andere Arten ohne klaren Schnitt bis hin zur Univerbierung syntaktisch einander benachbarter Elemente: hierher gehören Rektionskomposita und Zusammenbildungen. t~n~Jechttik. Was die einzelnen Wortbildungsarten angeht, so hilft die Komposition neue Objekte der Setzung zu konstituieren, indem dem Leser oder Hörer schemageleitete und textunterstützte Modifikationen bereits vorhandener Wortkonzepte abverlangt werden. Die Derivation mit dem festen Inventar ihrer Suffixe verhilft zu einer groben klassematischen Einordnung und zur Akzentuierung bestimmter Sehweisen in Verbindung mit bestimmten Basislexemen. Zumeist dient die Derivation der Überschreitung von klassematischen und von Wortartengrenzen. Das Überschreiten der Wortartengrenzen, das die Derivation prägt, ist für die drei großen Wortarten des Deutschen ohnehin schon im flexivischen Raume angelegt. Adjektivische Lexeme sind sekundär auch zur substantivischen Verwendung geeignet, das Substantiv zur verbalen und das Verb zur adjektivischen und zur substantivischen. Das macht den Kern dessen aus, was man gerne Konversion nennt. Auf dem Gebiet der Modifikation, die wir vom Kompositum kennen, gibt es Taktiken der Univerbierung, die sich an semantische Strukturen anlehnen, denen auch bestimmte syntaktische Hierarchisierungen entsprechen. Traditionell haben die Techniken aus diesem Bereich verschiedene Namen: wir wollen sie unter dem Begriff der Inkorporation zusammenfassen. Struktur und Funktion 35 1.2 Struktur und Funktion 1.2.1 Strukturelle Analogien Die strukturalistisch orientierte synchronische Wortbildungsforschung, welche sich in den letzten Jahrzehnten mit dem Deutschen beschäftigte, hat besonderen Wert gelegt auf die strukturale Analogie in Konstruktionen, die dem naiven Blick als unterschiedlich erscheinen. Das betraf zunächst längere Zeit vor allem die Parallelen zwischen den verschiedenen Arten von Wortbildung, dann mehr das Herrschen derselben Strukturierungsprinzipien bei syntaktischen Konstruktionen und der Konstruktion komplexer Lexeme. . OPERATOR~ ~: l~~~ct: u Ein wesentlicher Punkt war dabei und ist es weiterhin noch, dass hierarchische Binarität und eine Operator-Operand-Struktur bzw. Rechtsvererbung zumindest die zentralen Bereiche der deutschen Wortbildung prägten. Nun ist dieses Modell zunächst entwickelt und am schlagendsten ausgeführt worden im Bereich der Komposition. Lexem-Lex~m- ~zif! hungE! n Dabei gilt als Paradefall des Kompositums das Determinativkompositum. Bei ihm handelt es sich um eine Struktur aus zwei Elementen mit lexikalischer Bedeutung, die in vielen Fällen auch als eigenständige Lexeme auftreten können. Der Binarität der formalen Struktur entspricht eine inhaltliche Determinationsbeziehung, die der klassischen Unterscheidung von genus proximum und differentia specifica nachmodelliert ist. So ist denn auch das Zweitglied, das Determinatum, zuständig für die klassematische Kategorisierung, die Erstelemente, Determinantia genannt, schränken die so eröffnete Klasse auf eine Subklasse ein. Der Erfolg eines neuen Kompositums beruht nun darauf, inwieweit zumindest im Zusammenhang des jeweiligen Textes diese Subklassifikation als eine dem Zweitelement inhärente Eigenschaft aufgefasst werden kann. Kontingente Eigenschaften werden in der Nominalgruppe tendenziell nicht so eng mit dem lexikalischen Kern der Nominalgruppe verbunden. So ist logischerweise das Zweitelement, das bestimmte Wort, das Determinatum, ein Element, das selbständig auch als Substantiv auftreten kann, sei es ein primäres Substantiv, sei es, dass es durch einen ,reinen' Konversionsprozess oder einen Derivationsvorgang zu einem Substantiv geworden ist. Das Erstelement unterliegt in dieser Hinsicht keinen grundsätzlichen Beschränkungen, allerdings deutlichen statistischen Unterschieden. Bei weitem am häufigsten sind ebenfalls substantivische Erstglieder, mit großem Abstand folgen verbale Erstelemente, fast eine Randgruppe stellen die Bildungen mit adjektivischen Erstelementen dar. Andere Erstelemente tauchen lediglich vereinzelt auf. Im Folgenden sind die Typen mit Substantiv, Verb, Adjektiv, Adverb, Präposition und Pronomen beispielhaft aufgeführt: (27) [...] und er sang hoch [. ..]seine Tamino-Arie. Die Mähdrescher fahren über die Hügel. [...] wie die Herkunft seines Schwachsinns. [...] niemals vom Einstweh überwältigt zu werden. Soviel Vorgeschmack auf die Hölle. So wenig Nachgeschmack vom Paradies. Das Interesse an der Wortbildung [...]aus denen niemals schöne Gleichgültige, nachdenkliche Selbstbetrüger werden. (Strauß 1997, S. 9, 17, 22, 64, 107, 16) Die auftauchenden komplexen Wörter folgen Wortbildungsmustern, welche die Interpretation erleichtern: dabei ist es am leichtesten, wenn das Zweitelement, aber auch das Erstelement gewisse Relationen bereits formal anbieten. Das betrifft verbale, adjektivische, aber auch bestimmte relationale substantivische Elemente, die bestimmte Relationen wahrscheinlicher erscheinen lassen als andere. (28) ~Für zwei Tage Sommer im April. Hitzevorschuß. (Strauß 1997, S. 10) ~> Sah zur Franzi, als hinge er an ihren unentwegt Klugsätze formulierenden Lippen, [...]. (Politycki 1997, S. 167) ~>Flieder und Spiräen zeigen am baren Weiß die ersten Schmutzränder des Welkens. (Strauß 1997, S. 16) ~>Ausstellungen, die den Gewaltregimen des Jahrhunderts gewidmet sind. (Strauß 1997, S. 1076) So bietet in dem ersten Beispiel, einem Rektionskompositum, die Rektion des deverbalen Nomens, Vorschuss an etwas, den Hinweis auf die naheliegendste Interpretation, die auch vom Kontext gestärkt wird. 28 Beim zweiten Beispiel wird die attributive Beziehung ins Prinzipielle hypostasiert, prinzipiell kluge Sätze, im dritten Fall hilft uns der Kontext mit den weißen Blumen, die relationale Instruktion des Worts Rand nicht als ,Rand von' sondern als ,Rand bestehend aus' zu lesen. Dagegen sind wir im letzten Fall, bei dem die Substantive Regime und Gewalt miteinander verbunden sind, gezwungen, Gewalt als eine Art charakteristischer Eigenschaft mit Regime in Verbindung zu bringen. Bei diesen Komposita mit zwei substantivischen Gliedern und nicht relationalem Zweitglied wird eine Reihe von Relationen abgeprüft und mit den klassematischen Verhältnissen im komplexen Wort verrechnet. Das geht häufig auf dem Wege eines analogischen Verfahrens, das nach einer Reihe von Bildungen oder nach einem besonders prägnanten Muster Deutungen oder die Schaffung neuer Bildungen erlaubt. Die groben Muster sind nicht unähnlich den in der Satzsemantik mit einer gewissen Präferenz kodierten Beziehungen, es gibt subjektsorientierte Relationen wie agentische Subjektsbeziehungen, nichtagentische Subjektsbeziehungen wie bei Vorgangs- und Zustandssubjekten sowie instrumentale und kausale Urheberbeziehungen, wie in den folgenden Beispielen; in diesen wird dabei nicht zwischen den eigentlichen Komposita und dem Inkorporationstyp des Rektionskompositums geschieden: (29) ~Marotten von Berühmtheiten, Studentenstreiche. (Rehmann 1999, S. 17) ,subi-ag' - Die Studenten machen Streiche ~>Wie ein durch die Wolken brechender Sonnenschein. (ebd. S. 8) ,subi-ag'- Die Sonne scheint ~[ ... ]für ein Arbeitsgeräusch hält wie Computerklappern oder Maschinensurren. ,subi-ag'- Computer klappern, Maschinen surren 28 Sonst wäre sicherlich ähnlich naheliegend ,Vorschuss bei Hitze', analog zu hitzefrei. Struktur und Funktion 37 ~ Von Zeit zu Zeit dröhnt eine unverständliche Lautsprecherstimme durch den Waggon (ebd. S. 8) ,caus'- Vom Lautsprecher geht eine Stimme aus<4= der Lautsprecher lässt seine Stimme erschallen ~wechselt ständig Stand- und Spielbein (ebd. S. 7) ,instr'mit dem Bein steht man <4= Das Bein steht Daneben finden sich objekts-orientierte Beziehungen wie objeff' objaff' pat, fin, cons: (30) ~>dass das keine Liebeserklärung ist (ebd. S. 8) obiaff- (jmd.) erklärt seine Liebe ~>dann greift sie nach der Reisetasche (ebd. S. 7) findie Tasche ist für die Reise Und es treten adverbiale Relationen wie ,Vergleich', ,Entsprechung', mod, loc, temp auf: (31) ~Ihre Kleidung gibt keine Auskunft über das Herkunftsland (ebd. S. 7) ,loc' ~>eine [...] ganz der Belehrung hingegebene Altersstimme (ebd. S. 17) ,Entsprechung' Daneben hat man aber auch mit spezifischen lexikalischen Bezügen bzw. Bezügen zu tun, die eher bei den attributiven Techniken der Syntax wiederzufinden sind, wie ,Teil von' oder ,Bestehen aus', ,Haben', ,Identität', ,Bereich': (32) ~Abseits vom abfließenden Menschenstrom setzt sie die Tasche hin (ebd. S. 7) ,Bestehen aus' - Strom der/ von Menschen ~>ein in Pastellfarben zwischen Blau und Türkis getöntes Seidentuch (ebd. S. 7) ,Bestehen aus'- Tuch aus Seide ~>Jeder England-Erfahrene weiß (ebd. S. 8) ,Bereich'mit England Erfahrene Die Komposita mit adjektivischem Erstglied benennen häufig einen namenfähigen Teil der Beziehung, die in der Attribution (implizite Prädikation) bzw. einer ursprünglich adverbialen Beziehung (mod) schon angedeutet war. (33) mit engem geschlitzten Rock und lockerem Obertf! il (ebd. S. 7)oberes Teil So ähnlich ist das mit entsprechenden fast nur gebunden vorkommenden Elementen (s.o. Pastellfarben) Gleiches gilt für die sonstigen Typen, die ja häufig irgendwie adverbial angebunden sind: (34) ~>Junge Frau oder ältere Dameirgendwo im ungenauen Zwischenfeld (ebd. S. 8) ,loc/ mod' ~Sie empfindet die Nichtreaktion (ebd. S. 9) ,mod! neg' Lexetn-Suffi~- Seziehungen Was die Form angeht, lässt sich das binäre Schema mit der Spezifizierung von links nach rechts auch auf die Suffixderivation noch einigermaßen problemlos anwenden. Auch die Suffixe bestimmen ja semantische Klasse und formale Eigenschaften wie Genus und Flexionstyp. Allerdings handelt es sich bei den auf dieser Ebene gegebenen semantischen Instruktionen nicht so sehr um lexikalische Bedeutungsangaben, als vielmehr um Instruktionen zur Aktualisierung eines bestimmten klassematischen Aspekts der in der lexikalischen Basis angelegten Bedeutung. Im Suffix werden hyperklassematische Relationen the- Das Interesse an der Wortbildung matisiert, wie sie beim Kompositum die beiden Teile desselben verbinden. Darauf spielen ja schon die klassischen Bezeichnungennomen actionis ,Name für die Handlung', nomen agentis ,Name für den Handelnden', nomen acti ,Name für das Ergebnis' und nomen instrumenti ,Name für das Mittel' an, mit denen die suffixalen Umsetzungsmöglichkeiten verbaler Lexeme durch Nominalsuffixe beschrieben werden. (35) [...] breitet sich in ihrem Körper die Vorstellung aus [...] als Hüter und Beschützer [...] liest die Anweisungen (Rehmann 1999, S. 8, 40, 9) Zu erheblichen Schwierigkeiten auf formaler wie inhaltlicher Ebene führt die Anwendung des Binaritätswie des Determinationsprinzips bei allen konversionsähnlichen Bildungen sowie dem stark präfigierungsorientierten Bereich der verbalen Wortbildung d.h. in jenen Bereichen, wo das Muster der Inkorporierung vorherrscht. Offenkundig wachsen die Schwierigkeiten, je stärker bestimmte Mittel der Transposition dienen, und sinken, sofern Modifikation den zentralen Punkt darstellt. In einer funktionalen Sicht, der die vorgeführten Deutungen entstammen, lassen sich diese Unterschiede zu einem sinnvollen Ganzen zusammensetzen. 1.2.2 Erläuterung am Substantiv Wir wollen das an der Wortart Substantiv, über die sich am leichtesten in einigermaßen uneingebundener Verwendung reden lässt, erläutern. Beim Substantiv ist es die Funktion der Setzung, welche die Einheitlichkeit dessen, was hier in der Wortbildung geschieht, sichert. Im Wesentlichen hat dieser Bezug auf die Setzungsfähigkeit zwei Seiten: MODIFIKATION UND TRANSPOsmoN Entweder hat die Basis eines komplexen Worts allein schon substantivische Merkmale, dann können die Wortbildungsmittel die so gegebene Vorgabe nur in der einen oder anderen Weise beeinflussen: man spricht in diesen Fällen von Modifikation. Oder die Basis allein ist noch nicht als Substantiv bestimmt, dann wird sie in der einen oder anderen Weise in diese Rolle überführt: in diesem Fall spricht die Wortbildungslehre von Transposition. reine Modifikation Die Komposition ist die typische Struktur für die Modifikation. Komposita bleiben in der Wortart des am rechten Ende stehenden Grundworts. Diese Wortbildungsart kann auf dieser Ebene nichts ändern, sie differenziert vorhandene Setzungen, indem auf Schemata verwiesen wird, die uns im Text, in intertextuellen und sonstigen Wissensbezügen angedeutet werden. Das Wiedererkennen formaler und struktureller Analogien in Reihen von Bildungen erleichtert uns zweifellos das Verstehen. Beides, das Formale wie das Inhaltliche haben wir an einem Beispiel wie Ölfarbe gesehen. Schon Farbe allein ist ein Substantiv, dessen Bedeutungsumfang durch die Voransetzung des determinierenden Elements Öl auf eine Subklasse eingeschränkt wird: etwas über Hundert solcherart mit dem Determinaturn/ Zweitglied Farbe gebildeter Komposita, die Hyponyme dieses Oberbegriffs benennen, verzeichnet das rückläufige Wörterbuch von Gustav Muthmann (1988, Struktur und Funktion 39 S. 187). Neben der hier vorliegenden Kategorie ,in der Farbe enthaltenes Element' gibt es eine Reihe von anderen Subtypen, die unser lebensweltliches Interesse an solchen Subklassifikationen erkennen lassen: (36) ENTHALTENES: Anilin-, Blei-, Bronze-, Eisenoxid-, Emaille-, Kalk-, Kasein-, Latex-, Leim-, Tempera-, Wasserfarbe usw. ÜBJEKT: Aluminium-, Eier-, Eisen-, Metall-, Ofen-, Plakat-, Stoff-, Teigfarbe usw. SUBJEKT/ INSTRUMENT: Maler-; Fingerfarbe ZWECK: Deck-, Grundier-, Lasur-, Mal-, Rostschutz-, Schutz-, Stempel-, Tarn-, Vorstreichfarbe VERGLEICHITYP: Eierschalen-, Erd-, Fleisch-, Leucht-, Meer-, Perlmutter-, Regenbogen-, Rosen-, Scharlach-; Mode-, Popfarbe WIRKUNG: Fluoreszenz-, Interferenz-, Kenn-, Kontrast-, Schock-, Signal-, Warnfarbe ARTUND WEISE: Gegen-, Grund-, Komplementär-, Lieblings-, Misch-, Pastell-, Spektral-, Standard-, Voll-, Zwischenfarbe u.a.m. W<lrt~rtw~h$E! I Am anderen Ende der Wortbildungsarten steht die Konversion als Mittel des formal unaufwendigsten Wechsels der Wortart. Ein lexikalisches Element aus einer anderen Wortart logischerweise mit einer anderen Funktion wird durch flexivische Markierung als Substantiv ausgezeichnet, und so als setzungsfähig markiert. Prädestiniert zu diesem Zweck erscheinen aus leicht erkennbaren Gründen die infiniten Formen des Verbs, die nicht zu Unrecht Nominalformen des Verbs genannten Infinitive und Partizipien. Es werden bei Ihnen eben nicht nur die lexikalischen Kerne, sondern auch Merkmale der ursprünglichen Flexionsform in die neue Wortart mit herüber genommen. Man kann gerade am Infinitiv schön sehen, wie die funktionalen Übergänge durch entsprechende Aktualisierungsmarker kenntlich gemacht werden. Man sieht an diesen zentralen Fällen aber auch, dass bei den von uns zu behandelnden zentralen Wortarten diese Möglichkeit der Umkategorisierung bereits eingebaut ist, so dass hier die flexivischen Möglichkeiten bruchlos in die Wortbildung übergehen. Dennoch hat auch der Übergang in den zentralen Fällen seine graduierende Abstufung, wie man das anhand eines oben schon angesprochenen Beispieles zeigen kann: (37) Welch ein Mitgehen FORM Ich werde mit den Anderen mitgehen: Lass mich mitgehen! Mit Anderen mitzugehen ist schön Mit Anderen Mitgehen ist schön. Das Mitgehen mit Anderen Der gemeinsame Gang mit Anderen Komplexes Prädikat ,Modalitäts'-Konstruktion zu-Junktion Syntaktische lsolierungfGerund Substantivierung Derivationeile Hypostasierung Man sieht den Übergang, man sieht aber auch den Schritt, der mit der Substantivierung gemacht wird, wenn auch der Infinitiv als Nominalform eine Graduierung dieses Übergangs erlaubt. Der wird auch dadurch klar gemacht, dass eine ganze Reihe 40 Das Interesse an der Wortbildung dieser Bildungen einen von der Verbhandlung mehr oder minder abgehobenen selbständigen Platz in unserem Lexikon gefunden haben; so verzeichnet wiederum Muthmann (1988, S. 566 ff.) nebeneinander die folgenden Verben und Substantive: (38) baden- Baden; beben- Beben; behagen- Behagen; bestreben- Bestreben; leben- Leben; leiden - Leiden; s. befinden - Befinden; schreiben - Schreiben; sterben - Sterben; treffen- Treffen; treiben- Treiben; vorhaben- Vorhaben ~··und Kategddsierung~ Da~egen b_ieten die Suffi_xe der. ebenfalls ~eit? in der Trans- . · · positiOn dienenden Suffixableitung bereits eme Sortierung in relevante Grobkategorien an. Gemeinsam mit der Transposition haben die Suffixbildungen allerdings, dass der semantische Kern, das, worum es geht, in der Basis, in diesem Fall im linken Element der Bildung liegt. Im Unterschied zur Transposition wird aber auf die lexikalische Bedeutung der Basis, und nicht auf bestimmte formale Merkmale Bezug genommen. Etwas komplizierter liegt der Fall bei den Präfixbildungen, die im nominalen Bereich eher der Modifikation dienen, während sie beim Verbum eine ähnlich die Wortart bestimmende und semantisch kategorisierende Funktion haben wie die meisten Suffixe beim Nomen. Die Ausbildung von Wortfamilien mit Hilfe deverbaler Ableitungen bei den Substantiven zeigt in typischer Weise die Leistung der Derivation beim Nomen: Prüfer- Prüfling - Prüfung - Prüferei erlauben es, unterschiedliche Aspekte der von dem Lexem {prüf} 29 aufgerufenen Handlungszusammenhänge in dem komplexen Wort zu aktualisieren und so aus der Prädizierbarkeit in dem jeweiligen Satz zu nehmen. M()DIFIKATI()N UND GENERALISIERUNG An der Grenze hin zur Funktion der Komposita liegen in dieser Hinsicht eine Reihe von Bildungen, die zunächst wie ,normale' Komposita aussehen, bei denen aber eigentlich nicht durch Modifikation aus einer Klasse eine Subklasse ausgesondert wird, sondern wo aus klassifikatorischen Gründen der ebenfalls links im Wort befindliche semantische Schwerpunkt in eine Oberkategorie eingeordnet wird. Hierher gehört eine Reihe von Fach- und Wissenschaftskomposita, welche einen Spezialfall der fachlich relevanten Oberklasse zuordnen; so werden spezifische Vorgänge durch entsprechende Komposita (z.B. Bearbeitungsprozess) in die Klasse der -prozesse eingeordnet. 30 1.3 Aufgaben der Wortbildungslehre Wortbildung hilft uns, wenn uns die Wörter fehlen. Sei es, dass wir in einem Text Zusammenhänge aufzeigen wollen, sei es, dass die Sprechergemeinschaft das Gefühl hat, im Lexikon ihrer Sprache sei eine interessante Stelle nicht aufgefüllt. Diese beiden Sichtweisen, die textuelle und die lexikalische, führen auch zu entsprechenden 29 Ein beliebtes Beispiel spätestens seit von Polenz (1972). 30 Über diese und ähnliche Zusammenhänge macht sich auch Donalies (1999a) Gedanken; sie geht offenkundig eher davon aus, in den zu beschreibenden Objekten stecke eine aristotelisch eindeutige Abgrenzung gegeneinander. Das zwingt zu weitgehenden Kompromissen. Aufgaben der Wortbildungslehre 41 Akzentsetzungen in der Wortbildungsforschung; so beschäftigt sich vom Lexikon her kommend die analytische Wortbildungsforschung eher mit der Frage, wie existierende Wortbildungen strukturiert sind, die synthetische Wortbildungsforschung, die es mit Syntax oder Text zu tun hat, eher mit der Produktivität von Wortbildungsmitteln und -mustern. Welche Alternativen hätte man, wenn man den angedeuteten Benennungsproblemen nicht mit Mitteln der Wortbildung zu Leibe rücken würde? Man könnte es mit Wortschöpfung, also der Schaffung neuer Simplizia aus dem Inventar phonataktisch möglicher Kombinationen des Deutschen versuchen. Das scheint am ehesten zu funktionieren, wenn in irgendeiner Weise entweder ikonische Wiedererkennbarkeit oder der Anschluss an sprachlich Verwandtes gesichert ist. Im ersten Fall handelt es sich um onomatopoetische oder lautsymbolische Anschlüsse: vielleicht könnte man die Benennung einer zwergenähnlichen Kunstfigur als Schlumpf hierher rechnen. Für den zweiten Fall könnte man das meistzitierte Beispiel für Wortschöpfung, die Bildung von Gas in Anlehnung an griechisch xaoc; heranziehen. Mit dieser Erinnerung an das Wort einer Bildungssprache sind wir ganz in der Nähe einer weiteren Möglichkeit, uns aus der Benennungsnot zu helfen: durch verschiedene Modelle der Entlehnung in sprachlichen Kontaktsituationen. Dabei muss man die Bedeutung entweder im Entlehnungsprozess lernen oder festlegen im alltagssprachlichen Kontext dürfte ein Wort wie Prion hierher gehören. Manche Strukturen werden aber in der entlehnenden Sprache, in unserem Fall dem Deutschen, produktiv. Man denke an Bildungsmittel wie -itis: Rederitis, aber auch lexematische Kerne wie techn-, die in mancherlei wiedererkennbaren Verbindungen vorkommen, so dass eine offenbar im deutschsprachigen Raum entstandene Musikmode Techno heißt. Dass hier eigenständige Bildungsmuster stehen, dafür mag die Bildung Handy für den Typ von tragbaren Telefonen stehen, die im angelsächsischen Raum cellular oder mobile phones heißen. . uc; mVtERTHErf Was hier kurz zu den Alternativen -Wortschöpfung und Entlehnung -gesagt wurde, spricht implizit schon vom Vorzug, den die Wortbildung gegenüber diesen Formen, wenn sie in Reinkultur auftreten, hat. Denn nur die Wortbildungen erinnern uns in ihrer Form an sprachliche Elemente, die wir schon kennen und helfen uns so, die Bedeutung aus unserem Wissen über diese Bestandteile und bestimmte strukturelle Regeln in mehr oder minder hohem Ausmaß zu errechnen. Wortbildungen appellieren an unser sprachliches Gedächtnis, fordern uns auf, sie an unsere Erfahrungen und Schemata, die wir mit den bekannten Elementen verbinden, anzuschließen, und sie auf diese Weise sinnvoll in neue Schemata einzufügen. .•• und t~,d Kontextuelle und intertextuelle Bezüge helfen uns, den Sinn in den neuen Wörtern zu finden. Das ist es, was man die Motiviertheit der Wortbildungen nennt. Am unmittelbarsten ist ihr Effekt an Bildungen zu zeigen, die wir noch nicht kennen und die nicht einem gängigen Muster folgen. Das kann man an dem Wort Isolirschemel aus der folgenden Notiz Jean Pauls sehen, das den Weg ins deutsche Lexikon nicht geschafft hat: (39) Sein Studierstuhl ist ein Isolirschemel, auf dem er sich mit Wiz für jeden der ihn angreift vollädt. (Jean Paull996, S. 256) 42 Das Interesse an der Wortbildung Mit Hilfe des Kontextes und unseres Wissens um das Ende des 18. Jahrhunderts modische Reden von Elektrizität und Elektrisiermaschinen können wir die Motivation dieser Bildung rekonstruieren, die wohl auch für unseren damaligen Autor als ad-hoc-Bildung gelten muss. Tatsächlich kennen wir aber viele komplexe ,wortgebildete' Wörter schon aus dem Zusammenhang des Lexikons. Sie sind lexikalisiert, was häufig mit der Annahme zusätzlicher mehr oder minder regelhafter Bedeutungsmerkmale einhergeht. Ihr Motivationsgrad sinkt, sie werden demotiviert, nähern sich dem Pol der Idiomatisierung an. Bestes Beispiel dafür sind vielleicht die volksetymologischen Re-Etymologisierungen solcherart nur mehr durchsichtiger Wörter, wie des Substantivs Windhund, das aus einer Koppelung zur Verdeutlichung des alten Wortes Wind zu einer andeutenden Rassebezeichnung mit dem Merkmal ,schnell wie der Wind' wurde. Man sieht hier, wie die beiden Elemente des neuen Wortes sich gegenseitig Kontext sind, so dass wir versuchen, sie sinnvoll in ein einziges Schema kognitiver Deutung zu bringen. Wir vergessen dabei die anderen Optionen der Wörter. Gerade wenn die Lexikalisierung relativ deutliche Präferenzen vorgeprägt hat, kann eine Um- Kontextualisierung zu verblüffenden Konsequenzen führen. Man denke an die brotlosen Berufe des Zeichners Paul Flora, von denen hier nur der Kaiserjäger genannt sein soll: (40) Dass das auch bei weniger institutionalisierten Bildungen funktioniert, mag wiederum ein Jean-Paulscher Aphorismus verdeutlichen: (41) Von der Strickleiter behält der Dieb am Ende nur den Strick und die Leiter. (Jean Paul 1996, S. 258) Die lexikalisierte Benennung Strickleiter vor unserem Auge, treffen wir auf das Wort Dieb und interpretieren das Bild nach dem Schema des diebischen Einsteigens, während uns das Auseinandernehmen der Teile des komplexen Worts zu der Funktion der gemeinten Gegenstände im Script des gerichtsmäßigen Hängens führt. Aufgaben der Wortbildungslehre 43 , ~~.'tlneli~Utorf Wir haben mit der Art der Beispiele, die wir bisher zur Illustration gewählt haben, implizit einen Schritt getan, der meistens gemacht wird, wenn man davon spricht, es gehe bei der Wortbildung um das Ausfüllen von Benennungslücken. 31 Man denkt dabei zunächst an den zumindest im Deutschen spektakulärsten Fall, die Komposition, genauer gesagt, den Fall des substantivischen Determinativkompositums. Es handelt sich hierbei um das zweifellos eindrucksvollste Mittel zur benennungsschaffenden Verdichtung. Diese Struktur sagt uns im Prinzip in der extremsten Form nur, dass zwei lexemfähige Bedeutungen miteinander verknüpft werden. Das rechte, das Zweitelement, bestimmt Wortart, grammatische Kategorien und semantische Klasse, das linke, das Erstelement, schränkt die Bedeutung der Bildung auf einen Spezialfall ein. Dabei helfen uns, wie andeutungsweise gezeigt, strukturelle Kenntnisse und unsere sonstigen intertextuellen Erfahrungen, die vorhandenen Hinweise zur Beziehung zwischen den beiden Elementen aufzulösen. Bei Komposita, die wir schon kennen, gibt es zudem häufig eine oder eine übersehaubare Anzahl präferierter Lesarten, die uns in den Sinn kommen, wenn ein Wort ohne Kontext auftaucht. So sehen die Wörter Holzhaus und Stoffhaus nicht nur auf den ersten Blick völlig gleich aus. Dennoch tendieren muttersprachliche Sprecher des Deutschen dazu, ohne Kontext Holzhaus als ein aus Holz gefertigtes Haus, also im Sinne einer Material-Relation zu verstehen, Stoffhaus dagegen als ein Kaufhaus für Stoffe, also als Exemplar eines anderen häufigen Musters, in dem eine Zweck-Relation vorherrscht. Wir ordnen also diese Bildungen auf den ersten Blick unterschiedlichen paradigmatisch ausgebauten Mustern zu, wir können diesen Unterschied auch durch systematisch verschiedene syntaktische Umschreibungen, durch Paraphrasen, verdeutlichen. Das Wort Holzhaus gehört so in eine Reihe mit Ziegelhaus, Blechhütte, Holzkiste, Holzschrank usw., alles in allem also in ein wohlausgebautes, da praktisch nützliches Muster von Benennungen von Artefakten, deren spezifischer Unterschied bzw. auch deren klassifikatorische Gemeinsamkeit in der Materialangabe liegt. Diese Lesart ist naheliegend und oft lexikalisiert in Fällen, wo diese Beziehung einen hohen Grad an kultureller Erwartbarkeit hat. Ein Wort wie Holzhaus scheint für solch eine Benennungstiefe kulturell fast ideal eingebettet: Holz gehört - und gehörte zwar im Umfeld unserer Kultur und ihrer Geschichte zu den erwartbaren Hausbau-Materialien, ist aber doch nicht der häufig nicht erwähnenswerte Normalfall des aus Ziegeln oder Ähnlichem gebauten Hauses, so dass sich dieses Wort gut dazu eignet, kulturell geprägte Erfahrungen aufzurufen: sei es der seit einigen Jahren wieder aufkommende Trend zu natürlichem Bauen, der sich in der Holzbauweise niederschlägt, sei es ein Teil der eigenen regionalen Geschichte, die durch bäuerliche Wohnbauten, die aus Holz gefertigt waren, bis zur Mitte unseres Jahrhunderts geprägt war, seien es prägende Geschichten aus Holzbaukulturen wie der skandinavischen. Holzhaus ist daher ein gutes komplexes Lexikonwort und nicht nur ein adhoc-Wort, weil es im Alltag unserer Lebenswelt einen sinnvollen Namen ergibt. So würden wir ein Wort wie Lebkuchenhaus in der Bedeutung eines Hauses, das aus 31 Als kommunikativ als Lücken empfundene Erscheinungen wollen wir auch die Fälle betrachten, bei denen ein Objekt in seiner Benennungsmotivation als durchsichtig und diese als nicht mehr adäquat betrachtet wird, wie z.B. beim Wechsel der Benennung von Raubvogel zu Greifvogel. 44 Das Interesse an der Wortbildung Lebkuchen besteht, am ehesten in die mögliche Welt der Märchen setzen, prototypisch in eine Hänsel-und-Gretel- Welt. Bei der Bildung Stoffhaus-auch wenn es in Kinderwelten Häuser aus Stoff gibtist die erste Wahl wohl jenes Verständnis, bei dem {-haus} im Sinne von Kaufhaus verstanden wird, und wo im ersten Teil des Worts jene Dinge genannt werden, die dort gehandelt werden: Stoffe eben, oder Schuhe im Schuh haus, Autos im Autohaus, was auch immer sprachlich genau im Elektrohaus oder im Sanitätshaus. Die schnodderige Verallgemeinerung des letzten Halbsatzes soll nicht die Schwierigkeiten der Paraphrase verschleiern, vielmehr liegen Charme und Nutzen dieser Art von Wortbildung gerade darin, dass die Beziehungen nicht expliziert werden müssen, sondern dass man sich darauf verlassen kann, dass der Text, unsere intertextuell vermittelte Weltkenntnis und die Kenntnis vorhandener Muster und häufiger Relationen uns beim Verstehen solcher Bildungen helfen. Dieser musterhafte Zusammenhalt, der als Versuch einer Namengebung verstanden werden kann, stellt auch einen deutlichen Schritt über nahe verwandte syntaktische Formen hinaus dar. So ist die beschreibende Wirkung entsprechender adjektivischer Attributbildungen, z.B. beim Materialtyp deutlich höher als beim Kompositum, wiewohl man sich links vom Nomen noch im durchaus verwandten Raum der Determination befindet. Wenn so Hans-Magnus Enzensberger (1987, S. 16) von den "riesigen Backstein-, Granit- und Sandsteinbergen des Östermalen" als "den steingewordenen Monumenten der schwedischen Bourgeoise" schreibt, so ruft er in den Komposita, deren Erstglieder Steinarten bezeichnen, eine Klassifikation steingewordener Monumentalität auf. Wenn er einige Seiten weiter ein landsitzartiges früheres Eisenwerk darstellt, und dabei "der hölzerne Turm, dessen Glocke die ganze Gemeinde zur Arbeit rief" (S. 36), erwähnt wird, so wird dem Turm mit dem Adjektivattribut hölzern eine individuelle Qualität zugesprochen, wie das mit einem Kompositum Holzturm nicht in gleicher Weise möglich wäre. Dieser klassifikatorische Charakter der Komposita gegenüber dem eigenschaftszuordnenden Charakter der Links-Attributionist es auch, was es so mühsam erscheinen ließ, die relative Natürlichkeit von ad-hoc-Remotivierungen lexikalisierter Komposita völlig ernst zu nehmen: eine Tasse aus Milch -tiefgefroreneine Milchtasse zu nennen, bedarf intensiver textueHer Stützung. 32 Dieser isolierte Charakter der Komposition wird am klarsten bei Beispielen wie den gerade diskutierten, in denen substantivische Lexeme miteinander kombiniert werden, die in sich keinen eindeutigen Hinweis darauf tragen, welche Beziehungen von ihnen ausgehen könnten. ... uncl relatiohale Elementß ·· Wenn eines der beiden Elementedenn auch längere Bildungen sind in der Regel binär segmentierbarjedoch solch einen Hinweis gibt, ist die Interpretation gleich viel leichter, die Auswahl ist eingeschränkt. Durch die grammatische Anbindbarkeit werden uns bestimmte Optionen der Interpretation nahegelegt. Der typische Fall dafür sind bestimmte ver- 32 Vgl. Günther (1981, S. 272/ 73); die von Eisenberg (1998, S. 221) dazu zitierten Fälle belegen gerrau diesen Effekt: um lexikalisierte Komposita konterdeterminierend auf eine der weniger gängigen Lesarten festzulegen, braucht es Einiges an textuellem Aufwand (zur relativen Aufwendigkeit von Bildungen und den textuellen Konsequenzen vgl. auch Matussek [1994]). Aufgaben der Wortbildungslehre 45 bal geprägte Elemente, bei denen die szenenschaffende Kraft dieser Wortart in Verbindung mit der lexikalischen Vernetzung der beiden Teile unser Verstehen steuert. So geht in die eine Zeit lang heftig diskutierten Komposita vom Typ Putzfrau das handelnde Subjekt gemeinsam mit der potentiell prädizierten Handlung ein: ,Frau, die putzt', in das Substantiv Putzlappen das Prädikat mit einer instrumentalen Bestimmung, wie sie bei einem Verb wie putzen mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist: ,Lappen, mit dem man putzt'. Aber auch hier scheint das typische Merkmal von Komposita in der zusätzlichen Kategorisierungsleistung zu liegen, die man traditionell mit dem Terminus der Übersummativität zu fassen versucht; in unserem Fall betrifft das jenen Bedeutungsüberhang, der die Komposita als Namen für Typisches oder Professionelles erscheinen lässt: nicht jede Frau, die putzt, ist eine Putzfrau, sondern nur eine, die beruflich durch diese Handlung kategorisierbar wird. Und auch, dass Sätze möglich sind wie: er hat ein altes Hemd als Putzlappen benutzt, zeigt, dass Putzlappen eine funktionale Gesamtcharakteristik besitzt. Besonders deutlich ist dieser Effekt bei substantivischen Komposita mit einem adjektivischen Erstglied, deren syntaktische Erläuterung eigentlich auch kein Problem darstellt. Ein Wort wie Rotlicht kann in verschiedene Kontexte gehören, vom wärmenden niederspektralen Licht der Medizin, über das zum Halten mahnende Licht der Verkehrsampel, rote Warnlampen an Geräten, bis hin zur Markierung von Prostitution durch ein rotes Licht. Das alles zeigt nur, dass wir mit diesem Kompositum nur bestimmten konventionellen Verwendungen roten Lichts einen Namen geben. Nicht jedes rote Licht ist ein Rotlicht. Je spezieller nun diese Bedeutungen sind und je weniger wir sie in eine einfache und sinnfällige Beziehung zu den Teilen bringen können, desto demotivierter oder idiomatisierter nennen wir sie (vgl. Bergmann 1988). Der Grad dieser Idiomatisierung, dieser Bedeutungsidiosynkrasien mag in ganz eigenwilliger Weise variieren. So bedeuten die Substantive Holzhaus und Holztisch systematisch dasselbe, sie erlauben uns, von Häusern oder Tischen zu sprechen, die aus dem Baumaterial Holz hergestellt sind. Dennoch scheint uns eine Spezifikation wie Hartholztisch viel ,normaler' als * Hartholzhaus; d.h. Holzhaus scheint noch um eine Stufe typisierter zu sein. Mit diesem ersten Gang durch typische Bereiche der Wortbildung sind wir der Frage etwas nähergetreten, was es eigentlich heißt, Wortbildungen dienten zur Auffüllung von Benennungslücken im Text und im Lexikon. Wir haben versucht, den spezifischen Platz der Wortbildung im Gegensatz zu denkbaren anderen Optionen, der Wortschöpfung und der Entlehnung, zu charakterisieren. Wir haben auch gesehen, was sie von syntaktischen Fügungen mit analogem lexikalischen Material trennt. Wir haben den Vorteil und die Grenze dessen beleuchtet, was man Motiviertheit nennt und wir haben an Beispielen diskutiert, wie man aus textueller und aus lexikalischer Perspektive die Produktivität der Wortbildungsprozeduren beschreiben kann. Ganz nebenher haben wir bei der exemplarischen Diskussion einer Reihe von substantivischen Determinativkomposita gesehen, was die Sprachwissenschaft an der Wortbildung interessiert und auf welchen Ebenen und mit welchen Methoden sie dabei die Untersuchungen in diesem Bereich angeht. Ausgangspunkt ist dabei immer, dass in der Wortbildung eine sprachliche Möglichkeit betrachtet wird, welche ein Das Interesse an der Wortbildung Stück weit die Nachteile der Arbitrarität des sprachlichen Zeichens für das Gedächtnis aufhebt. In den nach den Mustern und Modellen der Wortbildung entstandenen und entstehenden Wörtern finden wir im Bezug auf bekannte Teile und Prozeduren eine relative Motiviertheit, die den einfachen Wörtern, den Simplizia fehlt. Dieser Rekurs auf Bekanntes erleichtert das Verstehen, selbst wenn auch bei diesen komplexen Lexemen gleich wieder die Konventionalisierung zuschlägt. ·~: .~,lJV~-&oW.~~; D~ese relative Motivation lässt s~ch aus verschi~d~nen ,Jf! k~n~ktiot: i\' 1 ,~; <' Richtungen beleuchten. Der klassische strukturalistische ·· · ·· ···· ·· · · ·· ·· · · · Ansatz zielt auf die Segmentation in Konstituenten, bei komplexeren Bildungen auf die Erstellung einer Hierarchie in der Regel binär organisierter unmittelbarer Konstituenten sowie der sich anschließend ergebenden Klassifikation der Teile, aber auch der Kombinationsmuster. Wie auf anderen Beschreibungsebenen sind Stammbaumdarstellungen bzw. entsprechende Klammerungssysteme die typischen Darstellungsmittel dieses Ansatzes. Wie eine beispielhafte Darstellung bisher besprochener Exempel zeigt, wird hier eine an den Wortarten orientierte Darstellung angeboten, deren Kombinationsmusterin den Bäumen augenfällig - Grundtypen mit einer rechtsvererbenden Struktur erkennen lassen: (42) / N~ / N~ IN~ V N N N N / N\ I I I I I V SuffN / " Isolir- -schemel Wind- -hund Kaiserjäger / N~ / N~ / N~ N N V N V N I I I I I I Holz- -haus Kauf- -haus Putzfrau- / N~ / N~ Adj. N / N\ N I I Rot- -licht Adj. N I I Hartholz -tisch Aufgaben der Wortbildungslehre 47 Auf die genauere Ausführung sei hier noch verzichtet, auch auf die Diskussion ambivalenter Fälle: (43) / N~ N/ AdjN? Fuge N I I I Elektr- -ohaus .... Ungeachtet dieser Vorläufigkeit wird hier jener Grundtyp der Organisation sichtbar, den gewisse Schulen Rechtsvererbung nennen, und der in der morphologisch orientierten Diskussion als die im Deutschen weithin vorherrschende Determinans-Determinatum-Struktur beschrieben wird ist. Das rechte Element bestimmt wesentliche Merkmale der Gesamtkonstruktion. Nicht immer sind allerdings die Analysen eindeutig: -gebühr I Manchmal wird das zu mehr oder minder guten Scherzen genutzt: (45) ~N~ / N~" "'N N N I I Mädchen- -handel -sschule 1 I I N~~N/ N N Das Interesse an der Wortbildung Hierbei hat die untere Variante glücklicherweise die höhere kulturelle Wahrscheinlichkeit für sich. Nur andeutend sei darauf hingewiesen, dass dieses generelle Muster bei bestimmten Arten der Wortbildung, die sich nicht als Morphemaddition beschreiben lassen, zu Problemen führt: Besuch zu besuchen oder das Essen zu essen. Das führt bei der morphologischen Analyse gerne zu Lösungen mit Nullmorphemen: (46) / N~ / N~ V N V N I I I I {besuch-} {0} {essen} {0} Woran sich natürlich die Diskussion anschließt, wann und wie hier der Unterschied zwischen Null und Nichts zu bestimmen sei. Noch problematischer ist in dieser Hinsicht das ,Elementen-Zooming' bei der Kurzwortbildung, die sich ja nicht einmal immer auf Morpheme bezieht, wie man am Element fö des folgenden Beispiels gut sehen kann: (47) B a fö. / / / @undes @usbildungs @rderungs g I @esetz Wegen der so grundlegenden Andersartigkeit kann man sich natürlich fragen, wo hier die Grenzen der Wortbildung hin zu anderen, bisher noch nicht recht beschriebenen Techniken ökonomischen Sprachgebrauchs liegen. Man möchte dabei sowohl an terminologische Festschreibungen der verschiedensten Art denken, die uns eine Art indexikalische Stütze geben, so wenn der Vater der Valenzgrammatik, Lucien Tesniere, seine Wortarten gemäß den entsprechenden Endungen im Esperanto benennt: 0 für Substantive, E für Adjektive, I für Verben, wenn die Einheit für den elektrischen Widerstand in der Physik in honorifizierender Weise Ohm gesprochen und Q geschrieben wird, wenn internationalistische Kürzungen Langformen quasi übersetzen: Sauerstoff= 0 = Oxygen, Handelsmarke = TM = trade mark, wenn piktographische Siglen ihre knappe Nachricht an uns richten, wie das im politischen Bereich das ® der Anti-Atomkraftbewegung tut, als auch an jene ikonisierenden Übersetzungen in das Buchstabensystem wie T-Profil, S-Linie, U-Profil mit derzeit seriös wohl noch nicht genutzten Mustern wie 8ung o.ä.. Viel wissen wir dazu noch nicht, klar ist allerdings, dass jene letztgenannten Typen ikonisch eine Art absoluter Motivation suchen eine Art Onomatopoetica der Graphie -, die normalen Wortbildungstypen die Erhöhung des Grades relativer Motivation, und die anderen genannten Typen von den Kurzwörtern anfangend eine Art indexikalischer Motivation, welche die Eingeweihtheit in die Art des Hinweises verlangt, wenn er wirksam sein soll. Aufgaben der Wortbildungslehre 49 Kritisch, weil zweifellos eine Erscheinung, die innerhalb der Wortbildung zu lösen ist, sind Problemfälle aus zentralen Bereichen der Bildung komplexer Verben. Wenn die Infinitiv-Endung-en ein Flexiv ist und daher bei Wortbildungsanalysen als wertformbildend in der Regel ausgeschieden wird, ist zwar ein Verb wie aufessen kein Problem: (48) Präf V I I auf- -essen Präfixe gelten nicht als wortartdeterminierend. Ein Problem sind sie aber in den Fällen, wo sich ein nichtverbales Lexem als Basis findet, das auch nicht vorher in ein entsprechendes verbales Simplex eingegangen ist. Ein solcher Fall ist zum Beispiel das Verb aufgabeln, das man in etwa folgendermaßen zu analysieren hätte: (49) / V~ N[? ] V / ~ Präf N I I auf- -gabel- 0 Damit stehen wir vor vielfältigen Problemen. Neben der Verschärfung des 0-Morphem-Dilemmas haben wir auch noch mit dem virtuellen Charakter der restlichen Einheit zu kämpfen. Wenn wir aber, wie es hier in den oben aufgeführten 0-Morphem-Fällen sinnvoll ist, annehmen, dass das Auftreten des entsprechenden Piexivinventars im vorliegenden Beispiel also der Infinitivendung in der Nennform die Wortart klarmacht, kommt man kaum umhin, den Tatbestand, dass das Element -gabelhier im verbalen Umfeld auftaucht, mit dem Präfix aufin Verbindung zu bringen, da man ja sonst in das Problem der angedeuteten Vertikalität der obigen Struktur gerät. Da Elemente wie aufhochgradig typisch für das Verb und dort reihenbildend sind, ist das nicht prinzipiell abwegig, führt aber gerade im verbalen Bereich zu einer auffälligen Verkehrung des üblichen Strukturmusters. Ein Verb wie aufgabeln ist dann ja nicht zu erläutern als ein Fall von *gabeln durch auf-; vielmehr handelt es sich um den Aufruf eines bestimmten Untertyps des auf- Musters, in dem Gabel als ein sinnvolles Schemaelement auftauchen kann. Wir können davon ausgehen, daß im Lexikon des Sprechers ein ,Transporttypus' gespeichert ist, der sich um das zentrale Verb aufladen anordnet, und bei dem eine der typischen Untergruppen die ist, bei der das Instrument genannt wird, das zum Aufladen genutzt wird. Solch ein Verb steht also als ein insgesamt reproduzierbares und analogisch weiterbildbares Muster zur Verfügung. Und morphologisch funktioniert das auf der Basis, dass hier das Präfix für die Sicherung der Wortartzugehörigkeit zuständig ist. Gerade bei den Verben lassen sich solche Prozeduren logischerweise mit den Beziehungen korrelieren, die von der verbalen Valenz bzw. weiteren Abhängigkeitsrelationen ausgespannt so Das Interesse an der Wortbildung werden. Die entsprechenden Verhältnisse sind in Eiehinger (1989) mit vielleicht etwas eindeutiger Syntaxlastigkeit dargestellt. In dem dort entwickelten Beschreibungsmodell würden sich die entsprechenden Verhältnisse folgendermaßen abbilden lassen: (50) S4 V3~ El E2 Epräp I I I V3~ RE\\ ~E1E2E'u ~~ TU a x z AUF z [...] LAD a x z AUF z [...]BENUTZ ZU a Gabel [PNs3] Beschrieben wird hier die Bildung eines Verbs, das ein affiziertes Objekt an einen Ort ,tut', der als ,auf' charakterisiert wird, diese Tätigkeit wird gleichzeitig klassifiziert als ein ,laden auf' und es wird dazugesagt, dass dazu eine Gabel benutzt wird. Durch entsprechende Akzentuierung lassen sich daraus die Verben aufladen mit Modus- Thematisierung- und aufgabelnmit Instrument-Thematisierungerklären. 33 In einer unmittelbarer auf die Schema-Verhältnisse zugreifenden Darstellung könnte man sagen, daß das AUF-Muster unter Einbeziehung der Bedeutung der Basis und der textuellen Umgebung auf das Submuster ,aufladen' hin spezifiziert wird. Das aufmacht somit aus der substantivischen Basis unmittelbar ein Verb, das in Analogie zu Musterprägungen verstanden wird. (51) / V~ Präfv N I I auf- -gabel n ~ Die horizontale Linie soll andeuten, dass durch diese Präfigierung verbale Flexion ausgelöst wird. Soviel als ein erster Beleg für die Erkenntnismöglichkeiten und den Typ von Problemen, die sich aus dem morphologischen Vorgehen in der Wortbildungslehre ergeben, das nun andrerseits wieder die unverzichtbare Basis für weitere Überlegungen darstellt. 33 Zu einer gerraueren Erläuterung siehe Eiehinger (1989, S. 129/ 130). Aufgaben der Wortbildungslehre 51 ... und syntaktische Die Probleme, die sich ergeben, sind unausweichlich. Sie sind Muster Folgen des hohen Grads an Verdichtung wenig Form pro Inhaltder für die Wortbildung typisch ist. Denn auffällig ist ja das Fehlen von expliziten Mitteln, welche die in die komplexen Wörter eingebauten Relationen formal widerspiegeln würden. Eigentlich sind es im Wesentlichen Reihenfolge und die Charakteristik der ,verbauten' Morphemklassen, die uns als Mittel verblieben sind, um uns über die Art der gemeinten Verbindung zu instruieren. Etwas drittes kommt noch dazu: die Rekurrenz bestimmter Konstellationen prägt bei den Sprechern des Deutschen ein Mustergedächtnis aus, das uns auf einen Blick die Zugehörigkeit einer Bildung zu einem bestimmten Typ erkennen lässt, bzw. andersherum eine entsprechende holistische Schaffung neuer Bildungen ermöglicht. Gerade hier liegt auch der Kern einer spezifischen Art von Kreativität: eine versuchte Überdehnung eines Musters mag selbst der Ansatzpunkt einerneuen Reihe sein, die vielleicht bald die ursprüngliche Regel vergessen macht. Auf solche Weise mag man sich Bildungen mit sehr produktiven Halbaffixen entstanden denken, wobei der Terminus Halbaffix eigentlich sagt, dass die alte Regel noch nicht ganz vergessen ist. Man denke an Bildungen des Typs vorsteuerabzugsfähig, die uns unsere Welt zu verstehen gelehrt hat, die aber auch unsere sprachlichen Erwartungen mit dem Element -fähig immer noch etwas in die Irre laufen lassen. Diese Kodierungsweise des Impliziten unterscheidet die Wortbildung recht grundsätzlich von dem anderen produktiven Bereich sprachlich-formaler Tätigkeit, der Bildung von Sätzen mit Mitteln der Syntax. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass sie erlaubt, mit einer Vielzahl von Punktionssignalen klarzumachen, welche Relationen zwischen den in ihren Einheiten zusammengefügten Elementen bestehen. Das mussja-um Missverständnisse zu vermeidennicht heißen, dass es hier um eindeutige Kodierungen ginge. Dennoch sind die flexivischen und positioneilen Folgen von Rektion und präpositionale, konjuktionale u. ä. Anhindungen viel deutlichere Instruktionen als die Möglichkeiten, welche die Wortbildung dafür anbietet. Man könnte typologisierend davon sprechen, die Technik Wortbildung befinde sich am integrativen Ende unserer sprachlichen Möglichkeiten, die Syntax an deren aggregativen Pol. Im Extrem kann hier alles so explizit ausgedrückt werden, dass keine wesentlichen Unklarheiten der Interpretation verblieben. Dagegen ist bei den Wortbildungen gerade das Fehlen von expliziten Mitteln kennzeichnend, welche die genannten Relationen verdeutlichen würden. Selbst im Fall der Inkorporation, wo die Verwandtschaft mit syntaktischen Fügungen offenkundig ist, sind die spezifisch syntaktischen Junktive getilgt oder wortstrukturell uminterpretiert. Getilgt ist zum Beispiel die adjektivische Flexion in Komposita wie Blaustich, aber auch Derivationen wie Albernheit. Umgedeutet werden sie, zumindest zum Teil, zu Fugenelementen wie die historischen Genitivelemente in den seit Jacob Grimm so genannten unechten Zusammensetzungen wie Tageslicht. Dieses Genitiv -s hat seine Funktion deutlich in Richtung Abhängigkeits- und Struktursignal (,Fugenelement') verschoben, was sich unter anderem daran zeigt, dass es automatisch an bestimmte feminine Suffixe wie {-ung}und {-heit} tritt: Hoffnungsschimmer, Schönheitspreis. Die an dieser Stelle mögliche Variation ist meist beliebig: Hilfeersuchen vs. Hilfsangebot, wirkt gelegentlich aber auch bedeutungsdif- Das Interesse an der Wortbildung ferenzierend: der jedem Klavierlernenden geläufige "Fröhliche Landmann" Schumanns vs. den Landsmann des folgenden Zitats: (52) Es ist nicht ,falsche Ernährung' der einzige Grund für die Unförmigkeit meines TEXT 6 Landsmanns an der Tankstelle, der seine Wampe nur mit einem grobmaschigen Unterhemd bedeckt und über seine kurze Hose wölbt. (Strauß 1997, S. 104). Ähnliches gilt für Elemente wie -obei jenen häufig fremd- oder fachsprachlichen Basen, die je nach Bildungstyp einen unterschiedlichen morphophonologischen Anschluss haben: Elektrizität, elektrisch, Elektriker, Elektron, Elektro-. Aber natürlich gilt diese Neutralisierung der syntaktischen Flexion auch für andere Wortarten als das Substantiv. Ganz augenfällig ist das bei adjektivischen Erstelementen, die in ihrer unflektierten Form auftreten, wiewohl sie an einer Stelle in die Nominalgruppe integriert werden, die zum flexivischen Teil zu rechnen ist. Das sieht man an dem Namen der wilden, wild gewachsenen Hecke in dem folgenden Textstück: (53) Jeden Morgen in der Frühe die Wildhecke abgehen, jeden Strauch und jedes Gehölz prüfen und begrüßen. (Strauß 1997, S. 205) Und dass solche syntaktisch rekonstruierbaren Wortbildungseinheiten unter Verlust ihrer Gesamtflexion wieder in komplexe Wörter eingehen können, zeigen Adjektive wie grobmaschig in dem obigen Text, die gerne als Ableitungen aus Wortgruppen verstanden werden: dabei bleibt allerdings unberücksichtigt, dass die Basis {grobmasch} schon vorher zu einer lexemfähigen Basis kondensiert worden ist, so dass gängige morphologische Analysebäume vergleichsweise tiefe Strukturen beschreiben. (54) 0 I Adj~ grob- -e Masch e -n -ig Das zeigt nur, dass die Kombinationsregeln von Wortbildung und von Syntax zwar in gewissem Ausmaß analog, aber nicht identisch sind. Das führt bei Wörtern, wie dem Bezugswort Unterhemd, bei dem das Adjektiv grobmaschig im Text als Attribut steht, dazu, dass nicht spezifiziert ist und auch gar nicht geklärt werden muss, ob es sich um Präposition oder Adjektiv handelt, es geht lediglich um eine lexikalische Fassung für die Bedeutung ,unterhalb'. Klassischer Fall für dieses Phänomen ist die Konkurrenz zwischen verbalen Lexemen als Basen, die ja immer nur unflektiert vorkommen wie {blend} in Blendwirkung, und entsprechenden impliziten Ableitungen wie Schrei, Lauf oder Blick, wobei im letzten Fall eine gewisse Differenzierung dadurch erreicht scheint, dass ein verbales Verständnis ,blicken' eher metaphorischabstrakten Verwendungen eignet, während das konkrete Schauen mit der Einheit ,Blick' verbunden ist. In diesem Sinn erläutert das DUDEN-Wörterbuch (S. 553) das Stichwort Blickrichtung: "1. Richtung des Blicks: in B. [nach] Osten. 2. Richtung des Aufgaben der Wortbildungslehre 53 Denkens, Reflektierens: Grundeinstellung und B. des Existentialismus". Aber auch das gilt nicht immer. Dort (S. 552) wird einerseits blendungsfrei durch blendfrei erklärt und andererseits Blendwirkung als "die Wirkung, Auswirkung des Blendens«, wobei eine Paraphrase wie ,Wirkung, die in Blendung besteht' vielleicht realistischer erschiene. All diese Erscheinungen zeugen von einer wortbildungstypischen Amalgamierung der morphologischen Merkmale und Kennzeichen, die wir aus syntaktischen Zusammenhängen kennen. (55) Für Augenblicke bezeugt jeder: die Durchschlagskraft des Ersten durch die tausendfachen Verhältnisse. (Strauß 1997, S. 59) Ganz ohne Zweifel ist hier von der ,durchschlagenden Wirkung' und nicht von einem ,Durchschlag' die Rede, also eigentlich von dem Verb, dennoch sieht die Form wie dieses Substantiv aus. Ganz klar und konstitutiv ist die morphologische Undefiniertheit bei der Wortbildung mit fremdsprachigen Elementen. Um über Elemente wie elektr(o) zu sprechen, die trotz lexematischer Bedeutung nur gebunden vorkommen, hat man in letzter Zeit den Terminus Konfix gebildet. Er ist systematisch nicht ganz glücklich geprägt, steht doch das Element -fix, das sonst ja nur gebundenen Wortbildungsmorphemen zukommt, in einem gewissen Widerspruch zur Basisfähigkeit dieser Elemente, die wir für den Fall elektroben schon dokumentiert haben. Gerade an diese Bildungstypen schließen sich neuerdings per Analogie Muster an, die auf andere Elemente als auf Morpheme zugreifen oder zuzugreifen scheinen. So haben wir erst vor einigen Jahren das Wort Workaholic als Bezeichnung eines Arbeitssüchtigen aus dem Amerikanischen übernommen, das formal eine eigenwillige Reanalyse des alcoholic darstellt etymologisch handelt es sich ja um ein Lehnwort aus dem Arabischen mit einer gänzlich anderen morphologischen Struktur-, die nach dem Muster des amerikanischen Englisch offenbar innerhalb des Deutschen zur Ausbildung eines Bildungselements -holic mit der Bedeutung ,Süchtiger nach ... ' mit s-Plural geführt hat; so findet sich bei einem zwar selbst sprachlich konservativen Autor, der aber dem sprachlichen Zeitgeist kritisch auf der Spur ist, die folgende Neubildung: (56) Es vermehren sich die Infoholics, die Leute werden süchtig danach, fortwährend das Große und Ganze, die Weltlage abzuschätzen wie die Börsianer und darüber jedermann Mitteilungen zu machen aller Art, wie man früher vom Wetter sprach. (Strauß 1997, S. 103) Wenn wir hier versucht haben, aufzuzeigen, dass die Wortbildung grundsätzlich nicht mit denselben morphologisch-syntaktischen Mitteln arbeitet wie die Wortgruppen- und Satzsemantik, so bleibt unbestritten, dass wegen der Analogie der Strukturen und der höheren Eindeutigkeit der expliziten syntaktischen Mittel eine Abbildung in syntaktische Strukturen erklärend wirkt. Diese Methode hat als eine der Standardbeschreibungen Platz gefunden in den gängigen Übersichtsbeschreibungen des Deutschen. In diesem Sinn wären Bildungen wie Putzfrau oder Wachmann, aber auch Putze oder Wächter als Prädikat-Subjekt-Typ zu qualifizieren, Wörter wie Steuerzahlung oder Bratapfel als Objekt-Prädikat bzw. Prädikat-Objekt-Typ, Bratpfanne oder Bohrer als Prädikats-Adverbial-Typ, je nach der Rolle, die das entsprechende Ele- 54 Das Interesse an der Wortbildung ment in einer syntaktischen Paraphrase einnimmt. Die dabei entwickelten strukturellen Muster haben sich zu einer gewissen Vororientierung bewährt, allerdings ist der Status dieser Art von Paraphrasen in mancherlei Hinsicht unklar. Sie stehenirgendwo zwischen der Verdeutlichung der Motivation, die in der morphologischen Struktur erkennbar ist und ihrer semantischen Interpretation. Vor allem jene Muster, die in irgendeiner Weise auf adverbiale Elemente Bezug nehmen und sie in Paraphrasen auf die ,typische' Weise mit Konjunktionen und Präpositionen ausdrücken, stehen unmittelbar an der Schwelle zwischen syntaktischer Explikation und semantischer Erklärung. Man kann womöglich sogar der Meinung sein, dass die syntaktische Ausformulierung nur ein formaler Umweg ist, um Bedeutungszusammenhänge zu erläutern, die der Leser eines solchen Wortes eher gesamthaft wahrnimmt. Ein Hinweis darauf ist, dass wir manche nicht zuletzt auch fachliche - Bildungen zwar verstehen, dass wir sie aber nur mit Mühe syntaktisch zu explizieren vermögen. Man vergleiche nur jenes neuere Gesetz, das in seinem Namen sinnfällig sagt, nach welchem Prinzip es das Umgehen mit Abfall regelt: Kreislaufwirtschaftsgesetz. Die morphologisch-hierarchische Analyse bereitet uns wenig Schwierigkeiten. (57) N~N----N N/ N< N/ N~N ~ I t I t I N V N --+N Fuge N Kreis lauf- Wirt -schaft -s- Gesetz Bei diesem Kompositum wird offenkundig ein prägnantes Benennungsmotiv ausgewählt, das in bildhafter Weise in einem zentralen und populären Element (,recyceln') einen Namen als Terminus erschafft, in den eine Vielzahl von textuellen Informationen eingeht. Trotz dieser hohen Durchsichtigkeit tun wir uns schwer mit einer sinnvollen syntaktischen Explikation. Vermutlich handelt es sich um irgendeinen Typ, bei dem Gesetz das Subjekt darstellt, das die Behandlung von Abfall (Akkusativobjekt, das kontextuell ergänzt werden kann) in der Art und Weise (Adv.) der Kreislaufwirtschaft regelt. Unter Wirtschaft (wieder Subjekt) haben wir hier ein geordnetes System zu verstehen, das wie ein/ im Kreislauf funktioniert (Adv). Auf der letzten Stufe endlich handelt es sich mehr um den Subjekt-Adverbial-Typ. Es scheint fraglich, ob es uns sehr viel hilft, zu sehen, dass uns dieses Wort deshalb etwas vage vorkommt, weil hier dreimalbei jeweils unterschiedlichem Motivationsgrad-dasselbeMuster realisiert ist, das inhaltlich recht verschieden gefüllt sein kann, so dass wir für sein genaues Verständnis darauf angewiesen sind, diese inhaltlichen Relationen aus der Kombinatorik der verwendeten Lexeme unmittelbar zu entnehmen. , .. i~': ~~~~~,' ~~; : ~J: ~~: ~a; : r~; ~: : sc~ d; : ~rs: ~t~r; Y: ~: sk~~s~~~~~=a~: : sehe oder rein semantische Modelle bei den Überblicksdarstellungen überwiegen. Dabei werden die von rektionalen Beziehungen abzuleiten- Aufgaben der Wortbildungslehre 55 den Relationen von den entsprechenden satzsemantischen Beziehungen her erklärt, während ansonsten die Verhältnisse zwischen den an der Wortbildung beteiligten Elementen aus den möglichen Rollen, in die sie miteinander eintreten können, erschlossen werden müssen. Es gibt auch in diesem Bereich unumstrittene zentrale Fälle wie die Relation des ,Bestehens aus' wie in Holzhaus, instrumentale oder modale Beziehungen wie in Putzlappen oder Kreislauf, temporale ( Wintergewitter) und lokale (Bergwiesen) Bestimmungen, Vergleichsrelationen (feuerrot), Kennzeichnungen als typisch ( Nibelungentreue) oder einfach Bezugsrelationen (Kreislaufwirtschaftsgesetz). Jenseits eines solchen Kernbestandes ist aber strittig, wie viele und wie genaue Differenzierungen man ansetzen soll, und ob das Inventar dieser Beziehungen universal sein soll oder nicht. Worum es geht, kann man mit einem Beispiel andeuten. Reicht es aus, den Bereich der Beziehung des ,Bestehens aus' in dieser einen Bestimmung relativ großer Allgemeinheit abgedeckt zu sehen und spezifischere Fälle auf der Ebene der beteiligten Lexeme zu klären, oder sollte man für ,vollständiges Bestehen aus' (Holzhaus), ,partielles Bestehen aus' (Eisenerz), ,Bestehen aus Bestandteilen' (Blumenstrauß) und ,Bestehen aus in einer bestimmten Form' (Kakaopulver) eigene Subgruppen ansetzen? In diesem Buch wird davon ausgegangen, dass die Wortbildungsmittel eine generelle und generalisierbare Information liefern; sie erlauben eine generellere Einordnung, die lokale Interpretation wird im Zusammenhang mit anderen Faktoren geleistet. ... und Analogie Einer dieser weiteren Faktoren ist die Tatsache, dass die Interpretationen von Wortbildungen neben der analytischen Aufbereitung von den Teilen her durch regelmäßige Beziehungen im Lexikon gestützt werden. Diese paradigmatischen Zusammenhänge nachzuzeichnen, ist die Aufgabe einer lexikalisch orientierten Wortbildungslehre. Es braucht dazu einen Blick, der komplexe Wörter gleichzeitig als ganze und als strukturierte zu erkennen und zu erklären erlaubt. Gerade der Tatbestand, dass wir Neubildungen durch Anschluss an Reihen bereits bekannter Wörter interpretieren, zeigt die Wichtigkeit dieses Blicks. Das hilft uns auch, mit recht unüblichen Bildungen fertig zu werden; wenn so der Titel eines Buches von Peter Handke lautet: "Mein Jahr in der Niemands bucht", dann handelt es sich bei dem Wort Niemandsbucht zweifellos um ein relativ auffälliges ad-hoc- Kompositum, das wir dennoch in Analogie zu einer idiomatisierten Bildung wie Niemandsland so weit nachvollziehen können, wie das für das Textverständnis ausreicht. So haben wir an diesen Beispielen aus dem Bereich der substantivischen Komposita sehen können, welche Ebenen der Beschreibung in einer Wortbildungslehre angesprochen werden. Die Morphologie, die Struktur und Hierarchie der Bildungen beschreibt, die Satzsyntax, die in expliziten strukturellen Analogien erkennen lässt, was in komplexen Wörtern verdichtet ist, die Semantik und die Lexikologie, welche die grundlegenden Kodierungsregeln auf der Ebene der Wortbildung zu fassen versuchen, zuletzt oder zuvorderst die Textlinguistik, die den Platz der komplexen Wörter in den Ausdrucksoptionen der Textbildung und Textsortenstrukturierung beschreibt und gemeinsam mit psycholinguistischen Erklärungen nach den aufgerufenen Schematisierungen fragt. Man könnte auch zeigen, wie diese Abfolge der linguistischen Ebenen auch wissenschaftsgeschichtliche Abläufe spiegelt. Das schien uns müßig: Das Interesse an der Wortbildung viel produktiver erscheint es, alle diese möglichen Betrachtungsweisen als Abstraktionen zu betrachten, die bei bestimmten Objekten oder bei bestimmten Untersuchungszwecken spezifischen Erfolg versprechen, eigentlich aber erst gemeinsam ein Bild der Wortbildung des Deutschen geben. 1.4 Stellung der Wortbildung Wir haben bisher an verschiedenen Stellen gesehen, dass die Wortbildungslehre die Mittel der Morphologie nutzt, um Einheiten zu schaffen, die im Raume der Äußerungen als ganze Elemente einen Platz finden können. Dieser Raum der Äußerungen ist strukturell von der Syntax beherrscht, die dann wiederum von Grundstrukturen der Aussageintention, die sich in so etwas wie Thema-Rhema-Strukturen niederschlagen, überlagert wird. ~~f~RIJI'·Y/ •. Y·•···· . SATZUt'AE>: T~ In diesen Raum textuell überlagerter syntaktischer Strukturen müssen die Wortbildungen eingebaut werden, in ihm sind sie aber auch als etwas Spezifisches zu erkennen. Das führt natürlich dazu, dass Strategien und Weisen der Kodierung gewählt werden, die nicht gänzlich different sind von dem, was auf den anderen Ebenen passiert, die aber trotzdem die Eigenleistung dieses Bereichs zeigen. Zudem haben, wie bereits angedeutet, die verschiedenen Arten von Wortbildung einen unterschiedlichen Sinn das schlägt sich dann natürlich in einer unterschiedlichen Nähe oder Ferne zu anderen linguistischen Ebenen nieder, die gänzlich anderen oder vergleichbaren Funktionen dienen. Wie sich diese Nähe und Ferne, diese Ähnlichkeit und relative Eigenständigkeit niederschlagen, hat zudem unmittelbar damit zu tun, welche Optionen das Deutsche bei seinem typologisch-strukturellen Charakter zur Verfügung stellt. Man kann das anhand zentraler Wortbildungsmöglichkeiten der wichtigsten Wortarten andeuten. Die Wortbildung des Substantivs betrifft gemäß der syntaktischen Verwendbarkeit dieser Wortart Möglichkeiten, den lexikalischen Kern der Nominalgruppe auszubauen, Information in ihm zu kondensieren bzw. zu modifizieren oder lexikalische Einheiten überhaupt erst für den Gebrauch als lexikalischer Kern der Nominalgruppe geeignet zu machen. Die sich ergebenden Konstruktionen müssen also als spezifische Möglichkeiten erkennbar sein, diesen Platz in deutschen Sätzen einzunehmen. Der Einfachheit der Argumentation halber wird hier nur auf die Gesetzmäßigkeiten der geschriebenen deutschen Standardsprache eingegangen, die gegebenenfalls nötigen Modifikationen im Hinblick auf andere subsystemische Varietäten werden nicht berücksichtigt. 34 34 Das betrifft nicht nur die weithin vernachlässigte Darstellung der Regiolekte, sondern auch die medialektale Frage, inwieweit zum Beispiel bestimmte jugendsprachliche Bildungen Teil dieses zentral schriftsprachlich geprägten Systems sind, oder dort nur als eine Art Zitatform aus einer anderen sprachlichen Welt zu werten sind. Stellung der Wortbildung 57 Zum Beispiel: oerK~rnaer Nominalgruppe Die Analyse substantivischer Wortbildung hat mit den grundsätzlichen Gesetzmäßigkeiteil der deutschen Nominalgruppe zu rechnen. Was gehört zu dieser Prägung durch den Sprachtyp? Bei der syntaktischen Realisierung eines Substantivs als Kern einer Nominalgruppe spielt das Verhältnis zwischen diesem zentralen Substantiv und dem Artikel bzw. verwandten determinierenden Elementen eine zentrale strukturierende Rolle. Zwischen diesen beiden Elementen oder Positionen in der Nominalgruppe besteht eine Korrelation, die man mit dem Begriff der Nominalklammer zu erfassen versucht. Für unseren Zweck ist die wichtigste Eigenheit dieser Klammer, dass nur in ihrem Bereich die nominale Flexion und die durch Kongruenz gesteuerten Zusammenhänge zwischen den beteiligten Elementen auftauchen und strukturierend wirksam werden. Artikel und Substantiv spielen bei der Zuordnung der verschiedenen flexivischen Kategorien eine Rolle, auch das Paradeattribut dieses Bereichs, das attributive Adjektiv, ist auf jeden Fall immer flektiert und im Einzelnen in unterschiedlicher Weise in das Kongruenzsystem eingebunden. Diese unterschiedlichen Weisen, die sich in der Wahl der schwachen (nominalen) oder starken (pronominalen) Endungssätze niederschlagen, sollen jetzt nicht genauer erläutert werden. Wesentlich ist, dass die Erweiterungen links vom Kernsubstantiv bis hin zu diesem im Bereich der Flexion und Kongruenz liegen. Zudem ist die Beziehung zum Adjektivattribut von einer eigentümlichen Ambivalenz gekennzeichnet. Wenn das Adjektiv, wie man an den Kongruenzbeziehungen schon sieht, auch auf jeden Fall formal abhängig ist vom Auftreten und den Eigenheiten der Artikel-Substantiv-Gruppe, so handelt es sich strukturell wie semantisch doch um eine freie Hinzufügung, umgekehrt sättigt eigentlich das Substantiv eine Leerstelle des Adjektivs. Ein Adjektiv wie gut eröffnet eine Leerstelle für die Bezeichnung von jemandem oder etwas, von dem angenommen werden soll, dass er oder es diese Eigenschaft hat. Wesentlich offener und formal anders strukturiert ist die rechte Hälfte der Nominalgruppe. Erstens ist hier kein klammerndes Ende abzusehen. Zum zweiten sind es nicht Flexion und Kongruenz, welche an dieser Stelle die Zusammenhänge in der Nominalgruppe klar machen, sondern verschiedene Arten von Abhängigkeit, deren Abstufung durch unterschiedliche Arten von Junktoren klargemacht wird. Dabei führen rektionsähnliche Beziehungen zu einer Signalisierung der Abhängigkeit durch Genitive und feste Präpositionalverbindungen, freiere Beziehungen nutzen Präpositionen oder konjunktionale Gleichsetzungsoperationen. Und je weiter man nach rechts kommt, desto aussagehaltiger, ,satzförmiger' werden die Formen, auf die wir treffen. Eine solche Beschreibung der Struktur der deutschen Nominalgruppe nimmt den typologischen Status des Deutschen ernst, der gegenüber den europäischen Nachbarsprachen durch eine eigenwillige Verknüpfung von zwei Typen von Information gekennzeichnet ist. Im Deutschen wirken Informationen aus der Serialisierung auf eine zum Teil ergänzende, zum Teil gegenseitig unterstützende Weise mit Informationen aus der Morphologie zusammen. •.. und drei Wege Im Prinzip hat die Wortbildungslehre hier drei Möglichkeiten, der Wortbildung um mit ihren Mitteln anzugreifen. Sie kann Elemente durch das Zusammenwirken von adjektivischer und nominaler Flexion am rechten Ende der Klammer als Substantive kennzeichnen, sie kann Wörter als Ganze Das Interesse an der Wortbildung in ihrer semantischen Klasse, ihrem Genus und Flexionstyp usw. kennzeichnen. Diese Art von Information wird im Deutschen ja prinzipiell rechts vom Nomen kodiert. Links vom Nomen kann die Wortbildung Informationen, die in der Syntax mehr oder minder explizit zu geben wären, als bereits behauptete Eigenschaften an dem Platz, der dafür gedacht ist, einbauen. Dieser Platz ist eindeutig links vom Nomen, wir haben ja andeutungsweise gesehen, dass dem adjektivischen Attribut solche Eigenschaften zukommen. Klar ist, dass hiermit zumindest in den jeweiligen Übergangsbereichen das Problem auftaucht, wo einerseits, bei der Attribution, die Syntax endet und die Wortbildung beginnt, andererseits, bei der Wortart- und Wortklassenkennzeichnung, die flexivische Morphologie endet und die Wortbildung beginnt. Um klarzumachen, wo hier die Unterschiede liegen und wo Abgrenzungsprobleme auftreten, sollen die eben angedeuteten Verhältnisse noch an einigen Beispielen verdeutlicht werden. Den Standardweg zur intensionalen Anreicherung und extensionalen Beschränkung der Reichweite von substantivischen Lexemen stellt zweifellos die Bildung von substantivischen Determinativkomposita dar. Die übliche Analyse dieses Bildungstyps durch geordnete syntaktische Paraphrasen zeigt schon, dass dieser Typ von Komposition dazu dient, verschiedene Arten von Relationen zu integrieren. Beim typischsten Fall, der sogenannten N+N-Komposition, handelt es sich um Relationen, die, zum Teil in selbständigen syntaktischen Beziehungen, zum Teil in attributiven Fügungen, mit den diesen Ebenen entsprechenden Mitteln ausgedrückt werden können. Wenn wir zum Beispiel den folgenden Beleg haben, (58) Amselpaarhüpfzeit (im Zug vor Augsburg, 1. April) (Handke 1998, S. 39) dann heißt das Folgendes: Wenn man die Verhältnisse syntaktisch zu analysieren versucht, könnte man sagen, dass im Kern ein Lexem {hüpf} steht, an das in Subjektsrelation das Lexem {paar} angebunden wird und in temporaler Relation das Lexem {zeit}. Wenn man so will, ist hier die Proposition, dass es sich um ein Paar von Amseln handle, impliziert. Paraphrasierend könnte man sagen: ,Zeit, zu der die Amselpaare hüpfen'. Integriert in eine attributive Struktur wäre anzusetzen: ,Zeit der hüpfenden Paare von Amseln'. Die Wortbildungsstruktur ebnet die hierarchischen Strukturen der verschiedenen Arten von syntaktischer Verdichtung ein, und signalisiert durch Unselbständigkeitsmerkmale das Tiefergehen auf den Stufen der Wortbildungshierarchie. Dabei wird bei {hüpf} die Abhängigkeit durch deutliche Merkmale der nichtselbständigen Realisierung gekennzeichnet traditionell sagt man, es handle sich um den Verbstamm. Weniger deutlich ist das bei Amselpaar, wo lediglich das Fehlen jeglicher Aktualisierungsmerkmale die Abhängigkeit signalisiert. Aufgrund der Ungewöhnlichkeit der Wortbildung kann man zudem über die genaue Hierarchie an dieser Stelle im Unklaren sein. Ist der April die Paarhüpfzeit für Amseln, was eine ganz nette Interpretation wäre, oder die Hüpfzeit für Amselpaare. Nachdem es nicht mehr Kontext gibt als den oben angegebenen, ist die Sache nicht endgültig entscheidbar, es hängt eigentlich damit zusammen, ob wir der Einheit Paarhüpfzeit einen einheitlichen Sinn geben können und wollen. Was wir daraus für Komposita insgesamt ablesen können, ist, dass sie unsere Dekodierungsstrategien in ganz spezifischer Weise instruieren. Stellung der Wortbildung 59 Was geschieht im Deutschen, wenn wir im Text auf ein Kompositum treffen? Auf die Erstelemente von Komposita stoßen wir, nachdem wir die Nominalklammer praktisch ganz durchlaufen haben. Diese Strecke der Nominalgruppe ist durch Kongruenz und ihren Ausdruck in flexivischen Elementen gekennzeichnet. Wir wissen, was wir dabei zu erwarten haben, in der Reihenfolge von pronominaler und nominaler Flexion, von verschiedenen Bedeutungsgruppen von Adjektiven und dergleichen mehr. So gesehen begegnen wir mit dem ersten Element eines Kompositums einer Insel der Nichtaktualisierung. Dort werden die Abhängigkeiten und hierarchischen Beziehungen auf eine vergleichsweise wenig explizite Weise signalisiert- und auf jeden Fall nicht mit den Aktualisierungsmerkmalen der jeweiligen Wortart. Mit diesen Techniken können an dieser Stelle Elemente in den Kern der Nominalgruppe, das substantivische Lexem integriert werden, die in ihrer syntaktischen Realisierung der linken und der rechten Hälfte der Nominalgruppe zugehören können. Die Elemente, die attributiv rechts vom Nomen angeschlossen werden, werden dabei spiegelbildlich links vom Kernnomen angefügt, und geraten so aus dem Bereich hinzugefügter neuer Information in den Bereich links vom Nomen, wo wir mit bereits erwartbarer Information rechnen. (59) Sie werden, wenn Sie durch die Dörfer dieser Leute gehen, deren Frauen ausschließlich mit Bundesbahnwaggonvorhängen und -Überzügen umwickelt gekleidet herumgehen sehen und die Hüften aller Männer ausschließlich mit Bundesbahnwaggonfenstergurlgürleln umschnallt! (Jonke 1979, S. 176) a) Bundesbahnwaggonvorhänge vs. Vorhänge aus den Waggons der Bundesbahn 3 2 1 1 2 3 b) Bundesbahnwaggonfenstergurtgürtel vs. Gürtel aus Gurten der Fenster von 5 4 31 1 1 2 3 Waggons der Bundesbahn 4 5 Diese relativ strikte Abgrenzung von Wortbildung gegenüber syntaktischen Konstruktionen verdankt das Deutsche der Kombination von Stellungsordnung und Verteilung flexivischer Strukturen in der Nominalgruppe. Das betrifft zum Beispiel die Integration adjektivischer Erstglieder, die im Deutschen flexionsfrei erfolgt und auf relativ wenige Adjektive beschränkt ist. Die folgenden Beispiele sollen auch darauf hindeuten, dass hier wie auch sonst in der Wortbildung, die Akzeptabilitätsgrenze für solche Bildungen nicht eindeutig festliegt (vgl. Matsch 1999, S. 380): (60) Wo seine "Bekannte" zu einer bedenklichen Hochform auflief in puncto Laufend- Blödsätze-des-Tages-ablassen-und-es-nicht-Merken, wo sie sich in ihrer abgerissenen Jeans zwar als höchst langbeinig erwies, vornehmlich aber als doofbeinig. Sah zur Franzi, als hinge er an ihren unentwegt Klugsätze formulierenden Lippen, [... ]. (Politycki 1997, S. 167, 169) An anderer Stelle setzt die Suffixderivation an, nämlich unmittelbar am Ende des flexivischen Bereichs, vor der Flexion des Kernnomens. Dort wird in quasimorphologischer Art eine generelle Klärung über die substantivischen Paradigmenkategorien gesucht. (61) die entfesselten Erinnerer, die unter Ausschaltung des umwälzenden Herzens[ ...] niemals vergessen können. (Strauß 1997, S. 56) In diesem Polster sind sie sicher vor den Härlen und Schärfen des Tages. Go Das Interesse an der Wortbildung Bei der leisesten Ungenauigkeit bricht er ab und korrigiert. Sein musikalisches Gedächtnis ist unfehlbar, sein Pfeifen virtuos. Wie in allen Dingen, so strebt er auch hier nach Perfektion. [...]die Hinterlassenschaft geordnet (Rehmann 1999, S.78, 95, 164) Die Suffixe dienen, wie in den Beispielen angezeigt, primär der Veränderung der Wortart, beziehungsweise der Festlegung der Wortart Substantiv. Sie sind in dieser Funktion auch weithin spezialisiert. Deverbal sind eine ganze Reihe von Bildungen, hier vertreten durch das nomen agentis Erinnerer und das nomen actionis Ausschaltung. Die Suffixe {-e}, {-heit/ -keitl-igkeit} und {-ion}, leitendeadjektivische Bildungen ab, in denen die jeweilige Eigenschaft benannt wird. Die von Partizipia II herzuleitenden Bildungen auf {-nis} und {-schaft} sind nomina acti, die hierzu verwendeten Suffixe stehen eher am Rande der heute produktiven Muster. Dass wir hier nahe an der Flexionsmorphologie sind, zeigt sich daran, dass an dieser Stelle im Bereich der Movierung Doppelungen der klassematischen Information auftreten können, die es schwer machen, zu entscheiden, wo die Grenze zwischen Flexions- und Wortbildungsmorphologie liegt. Sofern aber in solchen Fällen nur das jeweils am weitesten rechts stehende Element in einen paradigmatischen morphologischen Wandel eingebunden ist, halten wir diese Unterscheidung für nützlich. So ist {-in} ein Wortbildungsmorphem, ebenso wie dann beim Adjektiv die Steigerungsmorphologie: (62) Wenn die Zahnarzthelferinnen hier alle so schöne Löcher im Kleid haben (Politycki 1997,5. 165) Aber die schlimmste Krankheit[...] ein verzehrendes Heimweh nach den Marschen und den versunkenen Wäldern Frieslands. (Ransmayr 1991, S. 38) Die Suffixe leisten auf explizite Weise, was wir bei Simplizia aus der Nominalsemantik direkt ablesen müssen, nämlich die Einordnung in Subklassen, die uns bei der grammatischen Sortierung helfen. Als zusätzlichen Nutzen bringen sie mit sich, dass die Paradigmenkategorie Genus durch die Suffixe ziemlich eindeutig determiniert wird. Die dritte grundlegende Möglichkeit ist die einfache Integration in die Wortart Substantiv. Sie nutzt die strikte Begrenzung nominaler Flexion auf den Raum links von N auf die Weise, dass man ein praktisch beliebiges Element mit substantivischer Flexion versehen, an die äußerste rechte Grenze der Nominalklammer bringtwas dort steht, ist das Kernsubstantiv der Nominalgruppe. Das ist natürlich am leichtesten bei einem Element, das ohnehin schon flektiert im Rahmen der Nominalgruppe vorkommt. Das ist der Fall beim attributiven Adjektiv. Hier scheint es übertrieben, bei der Substantivierung von einem echten Wortartwechsel auszugehen, das Adjektiv verändert, wenn es an den rechten Rand der Nominalgruppe tritt, seine Flexion gar nicht. Man kann somit die substantivische Verwendung dieses Typs für eine sekundäre Verwendung der Wortart Adjektiv halten, wobei sich zeigt, welche Wörter zum Kernbereich dieser Wortart gehören, denn nur sie erlauben solch eine Verwendung. Wir haben schon darauf hingewiesen, dass mit diesen Adjektiven das, was man Konversion nennt, deutlich in der wortartspezifischen Morphologie fundiert ist, so dass man hier eigentlich nicht von Konversion, sondern von Umkategorisierung reden sollte: Stellung der Wortbildung 61 (63) Der Alte griff mit einer raschen Handbewegung nach dem Fähnchen. Das Tiefrote hier, über den Faltenwurf der Plane Verspritzte, das Leuchtende, das sei alles Jägerblut. (Ransmayr 1991, S. 16/ 17, 23) In gewisser Weise in eine andere Richtung weisen die Bildungstypen, die wir hier unter dem Oberbegriff Inkorporation zusammengefasst haben, also Bildungen, wo die semanto-syntaktische Nachbarschaft zur allmählichen Univerbierung der Bildungen führt. Sie setzen grundsätzlich an den Beziehungen an, die im Zweitelement, der rechten Konstituente, angelegt sind. Bevorzugt ist das natürlich bei Determinata der Fall, in die ein verbales Lexem mit seiner Bindungsfähigkeit eingegangen ist. Diesen univerbierenden Wortbildungen und den Schemata, die sich in den Valenzbeziehungen der Syntax niederschlagen, liegen somit die gleichen Strukturen zu Grunde. Es sind die Kodierungstechniken von Syntax und von Wortbildung, die dann zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. (64) Ich prüfe nochmals: der frischeAugenglitzerauf dem Foto (Strauß 1997, S. 141) vs. die Augen glitzern frisch Ein Übermaß an Fratzenschneiderei (Strauß 1997, S. 115) vs. jmd. schneidet Fratzen eine durch die in ein paar Stunden anbrechende Finsternis rollende gewälzt zischende Chorkonzertunterhaltung (Jonke 1979, S. 236/ 37) vs. man wird durch ein Chorkonzert unterhalten als fröhlich bunte Volksfesterinnerung (Jonke 1979, S. 237) vs. man erinnert sich an das Volksfest35 Was an dieser Stelle bei der Ableitung der Wortbildung aus den notgedrungen expliziten syntaktischen Fügungen als merkwürdige Restriktion erscheint, ist eigentlich ein einigermaßen perzeptiv ökonomischer Umgang mit den in der Lexembildung möglichen Kodierungstechniken. In ihnen ist die Umsetzung von nur semantisch rekonstruierbaren präpositionalen Fügungen im Prinzip nicht vorgesehen, daher sind auch all jene Dinge nur schwer auf diese Weise zu kodieren, die im Bereich der substantivischen Attribute durch freie Präpositionalphrasen ausgedrückt werden. Das heißt, leicht zu kodieren sind all jene regierten Relationen, die in der weniger integrierten Form der Attribution unverändert als präpositionale Phrasen mit erwartbarer Präposition oder als Genitivattribute kodiert werden- und natürlich als Adjektivattribute, was aber das angesprochene Problem nicht betrifft. Damit wären das indirekte- Dativobjekt und bestimmte adverbiale Beziehungen am schwersten so zu kodieren. Einen doppelten Platz hat die Präfixbildung in diesem Spiel. Sie hat von der Struktur her natürlich Ähnlichkeit mit der Derivation mit Suffixen, auch hier tritt an ein lexematisches Element ein lediglich der Wortbildung dienendes gebundenes Wortbildungsmorphem. Andererseits modifizieren diese Präfixe zumindest im nominalen Bereich die Basis in einer Weise, die eher an die Komposition erinnert: (65) [... ]das von Fama vorausgesagte Unheil zu bannen. (Ransmayr 1991, S. 113) 35 Man beachte den andersartigen Bezug von fröhlich und bunt. 62 Das Interesse an der Wortbildung Was heißt das für den Platz der Wortbildung im Gefüge der Ebenen linguistischer Beschreibung? Es heißt eigentlich, dass sie Techniken entwickelt hat, die es erlauben, an alle verschiedenen als benachbart zu denkenden Bereiche anzuschließen. So erscheint denn der Übergang zur Komposition im Licht ihres oben geschilderten Platzes in der Nominalgruppe als das Umkippen der Linie syntaktischer Verdichtungstypen, die vom Satz bis zur attributiven Fügung reichen, in den Bereich des Lexikons hinein. Die Derivation systematisiert den Platz vor der Flexion, die Konversion setzt an Übergängen an, die in der Flexionsmorphologie bereits vorgearbeitet sind und die Inkorporation erlaubt den unmittelbaren Zugriff auf lexikalische Einheiten, die einer Generalisierung bestimmter syntaktischer Fügungen entsprechen. Auf diese Art und Weise erscheint die Wortbildung des Substantivs umfassend ausgebaut. Wie das bei den anderen Wortarten genau aussieht, wird in den folgenden Kapiteln darzustellen sein. ... und Text-ökonomie Worauf wir beim Substantiv noch nicht eingegangen sind, ist ein Spezifikum dieser Wortart, nämlich die Kurzwortbildung. Eigentlich handelt es sich bei dieser Reduktionstechnik mehr um ein Verfahren mit einer Intention, die den üblichen Interessen der Wortbildung zuwiderläuft. Wo diese eigentlich Verständnis durch relative Motivation aufzubauen versucht, erinnert die Kurzwortbildung allenfalls noch an Grundstrukturen, ist ökonomisch auf Kosten der Explizitheit. (66) ,All these initials', says Philip. TEXT 7 ,It's supposed to save paper and typing time,' says Pamela. , We had a memo round about it. Acrowhatsits to be used whenever possible in University correspondence. (David Lodge (1988): Nice Works. London, S. 84) Dieses Zitat aus englischen Verhältnissen, das sich aber problemlos auf die deutschen übertragen lässt, hebt auf die Akronyme ab, also Bildungen, die eine ausgeführte Kurzwortklassifikation unter die Initialkurzwörter rechnet, einen Fall der Kopfformen, der in weiten schriftsprachlichen Kommunikationsbereichen prägend ist. (67) Eine typische offene KW-Silbe kann also einer Silbe des BL nur dann entsprechen, wenn sie bereits dort eine offene Silbe ist[... ]. In diesen Fällen kann nicht festgestellt werden, ob das SI-KW nach dem typischen Muster, also mit offenen KW-Silben gebildet wird, oder ob die Silbenstruktur des BL übernommen wird, da beide identisch sind. (Kobler-Trill1994, S. 77)36 Es sind das jene Wörter, wo die Anfangsbuchstaben oder -laute, so klar mag das hier nicht sein, zu einerneuen Bildung zusammentreten. Der vorstehende Text ist insofern typisch, als eine der Hauptfunktionen dieser Bildungen ist, fachliche Texte von unnötiger terminologischer Länge zu befreien. Dennoch, und das wird auch an diesem kurzen Text schon deutlich, in dem eigentlich nur drei Kurzwort-Typen vorkommen, hält sich die Leserfreundlichkeit solcherart systematisch komprimierter Texte in Grenzen. Das ist weniger der Fall, wenn die Kurzwörter zumindest in den einschlägigen Kreisen, eine gewisse Geläufigkeit haben. Dazu gehören Bildungen wie DaF für 36 KW = Kurzwort, BL = Basislexem, SI-KW = Silbenkurzwort Stellung der Wortbildung Deutsch als Fremdsprache, und BDI für den Bundesverband der deutschen Industrie. Schon an diesen beiden relativ harmlos wirkenden Beispielen wird das Doppelgesicht auch der Bildung usueller Kurzwörter erkennbar. Natürlich sind die Bildungen kürzer, und in diesem Sinne bei textueHer Rekurrenz zweifellos ökonomischer. Andererseits neigen diese Bildungen, zumindest bei den Kennern des jeweiligen Weltzusammenhangs zur Verselbständigung: Der Namensgebungsakt, der in der Verbindung zur langen Basisform liegt, wird textuell nicht mehr wiederholt, das Ganze bekommt terminologischen oder Namencharakter. Und wie es mit terminologisch geprägten Einheiten auch sonst geht, werden sie, außer als ein Mittel zur reibungslosen Spezialistenkommunikation auch zur Gruppenstabilisierung genutzt. Mehr noch als bei sachlichen Kürzungen spielt das bei Kürzungen eine Rolle, die im Gegensatz dazu typischerweise Gruppensprechsprachen zugehören. Viele dieser Bildungen gehören einem Bereich an, den man im Rahmen der Fachsprachenforschung als Werkzeugsprache bezeichnet hat. Das beginnt bei deiktisch bedingten Verkürzungen, wie sie für praktische Zusammenhänge typisch sind, wo denn eben in handwerklichen Zusammenhängen jede noch so kompliziert zu benennende Maschine auf den generischen Schluss reduziert wirddas ergibt dann elliptische Endformen. Jede noch so kompliziert zu benennende Bohrmaschine kann so auf den Bohrer zurückgefahren werden. Das ist eine funktionale Möglichkeit, die parallel ist etwa zu metonymischen Setzungen des Markennamens: der Bosch für den Kühlschrankalso eine Art Kopfform. Beide prinzipiell textuell und ernpraktisch eingebundenen Möglichkeiten tauchen an einzelnen Stellen in der Stabilität des Durchschnittssystems auf, von (Violon)cello bis (Fahr)rad, von Tempo(taschentücher) bis Tesa(film). Gerade bei dem letzten Typ ist die ,protoypische' kulturspezifische Einbindung offenkundig: wenn schon im Österreichischen Deutsch das bundesdeutsche Tempoaufgrund der anderen prädominanten Marke Scotch heißt. Mit den zunehmenden Akronymprägungen englischsprachig beeinflusster Bereiche der modernen Alltags- und Technikkultur gewinnt hier der Typ der Verselbständigung von Akronymen eine gewisse Bedeutung: bei den Computerleuten heißt der SCSI-Adapter mit einer gewissen phonetisch-phonataktischen Erweiterung gern Skasi. Diese spezifische Bildung ist auch deshalb von Interesse, weil sie von einem anderen Zusammenhang der Dinge zeugt, der in den letzten Jahren in Tendenzbeschreibungen andeutungsweise angesprochen wird. Auf <i> endende Kurzwörter wechseln auf mehr oder minder deutliche Weise in den Bereich einer in verschiedenen Nischen ausgebauten, allerdings meist deutlich sprechsprachlichen, Ableitung mit {-i} hinüber vielleicht könnte man sogar eine Allographie <i, y> annehmen. Von der echten Kopfform Uni(versität) zur i-Ableitung Profi ist an sich kein weiter Weg. Allerdings stellt sich der Ableitungsweg dieses Worts aufgrund der phonataktischen Bedingungen, denen dieser Bildungstyp zu folgen scheint, etwas komplizierter dar. Bildungen auf {-i} scheinen zumindest präferiert zu einsilbigen, auf Konsonanten endenden Basen gebildet zu werden. Im Fall von Profi ist nun diese Basis eine Art Konfix, das sich als ein Kopfelement einer im Deutschen praktisch nur in der entlehnten Formprofessional vorkommenden Basis erklären lässt. Solche Bildungen könnte man auch Lexemkernbildungen nennen: sie scheinen in diesem Bereich insbesondere dafür eine Rolle zu spielen, dass Basen mit entsprechender phonataktischer Form entstehen. Softi wie Grufti, Blödi wie Hirni, Das Interesse an der Wortbildung Spasti wie Evi, ja auch Knacki (,zu Gefängnis Verknackter') sind auf diese Weise zu erklären. Auch die regional verstärkten Sachbezeichnungen um Müsli, Rösti und dergleichen passen in diese Reihe. Hierbei sind zum Teil stark assoziativ zu deutende Bildungen möglich, so wenn zum Beispiel eine Unterwäschefirma einen Slip Sloggi nennt. Das {-i}-Muster bleibt erkennbar, zudem irgendwelche Assoziationen zwischen Slip und slim. Dass wir uns hier in einem interessanten, weil nur schwer entwirrbaren Zwischenbereich autochthoner und nichtautochthoner Wortbildung befinden, mag auch der Name Te Vi einer Kette von Elektrogeschäften zeigen. Auf der graphischen Oberfläche der Wahl der Groß- und Kleinbuchstaben wird ganz offenkundig auf den Internationalismus TV ,Fernsehen' Bezug genommen, der im Deutschen im Unterschied zu den europäischen Nachbarsprachen eine ambivalente Stellung hat. Gesprochen wird er entweder mit den deutschen Buchstabennamen, oder in englischer Lautung mit Endbetonung. Der Name des Geschäfts scheint in dieser Hinsicht zu mischen, und bringt auf diese Weise jedenfalls ,Stammbetonung' mit sich, wodurch das Ganze als eine {-i}-Bildung auf Basis eines solcherart rekonstruierten ,Lexemstammes' des deutsch gesprochenen Initialworts interpretierbar wird. Auch die oben angedeutete Allagraphie zeigt, dass wir uns mit diesen Bildungen im sprachlichen Übergangsbereich befinden, so wenn etwa ein Müsliriegel Corny heißt. Aber auch an anderen Stellen des Kurzwortfeldes gibt es eigentümliche Übergangsphänome einer Art Pseudo-Suffigierung, wenn auch häufig in medialen, d.h. ,gemachten' Zusammenhängen. Hier scheinen sich sozusagen zufällige Endungen systematisch auszuweiten. Dabei bildet sich eine Generalisierung über deutlich schriftlich geprägten Endformen aus, so etwa bei <x>, das ja zum Beispiel schon bei Fax eine lediglich graphisch bedingte Überschreitung gegenüber anderen Struktureigenschaften der anzusetzenden Basisform Faksimile darstellt. 37 Dazu passen ins Deutsche gekommene englische Plurale, die graphisch zu <X> umgesetzt werden: man vergleiche die Firma Techtronics, die sich Tektronix schreibt. In ein solches Umfeld passt es dann, dass das <X> am Ende von Index zum klassenbildenden Endelement entsprechender Börsenverzeichnisse wurde: Dax (,Deutscher Aktienindex'). Ähnlich mag es sein mit bestimmten Firmennamen, die am rechten Rand das Initialwort AG integriert haben, so wie in Dywidag oder Keramag oder ähnlichen Bildungen. Man könnte sich auch überlegen, ob das Zweitelement {-com} wie in Telekom, Intercom, Mobilcom einen gewissen Selbständigkeitscharakter gewinnt. Letztlich ist offenkundig, dass etwa das Element / -a/ zumindest als klassenmarkierendes Endelement bei Produkten des alltäglichen Gebrauchs gewählt wird. Das mag, wie oben schon im Fall von Ii! gesehen, zum Teil in den Ausgangslexemen angelegt sein, zum Teil aber nicht: so steckt in Rama zweifellos noch Margerine (und der Rahm), aber auf keinen Fall findet sich so etwas in Nivea oder bei dem Kurzwort Exquisa, einer Quarkcreme. 38 Eine weitere Margarinemarke, Sanella, lässt neben einer konfixartigen Basis gar eine Art Suffixerweiterung erkennen. Man kann sehen, dass hier in 37 Man vergleiche auch das Nebeneinander von Xerox und xerokopieren. 38 Wobei leicht irritierend ist, dass das Produkt mit folgendem Slogan als Maskulinum beworben wird: "Exquisa. Keiner schmeckt mir so wie dieser". Abgesehen vom Reim spielt hier sicherlich ein lockerer Bezug auf das imaginierte Genus von Quark eine Rolle. Stellung der Wortbildung Gs Ansätzen Entwicklungen zu sehen sind, wie sie sich bei dem Element Ii! schon in weitergehendem Ausmaß finden. Man kann dieser kurzen Diskussion entnehmen, dass die Kurzwortbildung zunächst einer eigenen Kodierungsstrategie folgt, die sich an verschiedenen Stellen an die normalen Gesetzmäßigkeiteil der Wortbildung annähert. Gleichzeitig erweist sich, dass unter dem Oberbegriff der Kurzwortbildung technisch vergleichbare Dinge zusammengestellt werden, die aber in funktional ganz unterschiedlichen Subsystemen auftauchen. So hat das Initialkurzwort als Repräsentant jenes Bildungstyps, der seine Bestandteile aus mehreren Elementen des Ausgangsworts nimmt (,multisegmental'39) eine Domäne in schriftsprachlicher Sachkommunikation. Dazu gehören auch jene Bildungen, die nur ein Element kürzen und das anderenormalerweise das zweiteals Langform belassen (,partielle'). Die ,Sprecheinheitenwörter', die ein Element durch Verkürzung einer längeren Form gewinnen (,unisegmental')z.B. auch mit der Neigung zu den i-Endungen-gehören dagegen zentral zum Bereich gesprochener Substandardvarietäten des Deutschen. Eine vergleichsweise geringe Zahl solcher Bildungen hat den Status einer im geschriebenen Standard des Deutschen verankerten Bildung relativer stilistischer Unauffälligkeit gewonnen. In der einen oder anderen Weise kombiniert sich in beiden Verwendungsweisen verkürzende Darstellung mit gruppensoziologischen Signalisierungsstrategien. Daneben existieren ernpraktische Kürzungsstrategien, die sich zum Teil im lexikalischen System niedergeschlagen haben. Eine spezifische Anwendung der Kürzungsstrategien findet sich im medialen Umfeld, vor allem in der Namenbildung. So muss die Frage vorerst offen bleiben, inwieweit die derzeit übliche formale Subklassifikation auf diese Verhältnisse abzubilden ist. Eine durch die hier angedeuteten Zusammenhänge leicht modifizierte Untergliederung der Bildungstypen in diesem Bereich sollte darauf Rücksicht nehmen, dass von zentraler aktueller Produktivität offenbar die im schriftsprachlichen Bereich fundierten Bildungen sind, bei denen zum Teil in Kombination mit Langelementen bestimmte zum indexikalischen Verweis auf die Langform besonders geeignete Teilelemente zu einem ,Kurzlexem' zusammengestellt werden. Wichtigste Anforderung formaler Art scheint zu sein, Elemente so zu kombinieren, dass in der Kurzform minimale Sprechbarkeitsanforderungen erfüllt werden, d.h. dass eine deutschen Silbenstrukturen entsprechende Konstruktion entsteht. Präferiert wird dabei eindeutig ein Muster mit der Silbenstruktur KV. Dazu verhilft, wenn es sonst nichts gibt, die Buchstabierform der Buchstaben unseres Alphabets. Was sich traditionell im Lexikon als Kürzung einer Langform niedergeschlagen hat, ist dagegen der festgewordene Fall einer grundsätzlich deiktisch-textuell gewordenen Kürzung: die dabei bleibenden Teile machen zumeist morphologischen Sinn, es ist eine Reduktion auf relevante Merkmale. Von den neueren Kopfformen d.h. Bildungen, bei denen der Anfang stehen bleibt haben offenbar die besten Chancen die Strukturen, die über den Endvokalismus in eine Art klassifikatorisches System eintreten. 40 Grob ergäbe sich daraus eine Klassifikation der Kurzlexeme wie die folgende: 39 Die hier und in den folgenden Klammern erwähnte Terminologie bezieht sich aufKobler-Trill (1994). 40 Bildungen wie Bus zu Omnibus und Cello zu Violoncello bleiben dann marginal, wenn man nicht in Betracht zieht, dass auch bei den modernen Kopfformen nichtautochthoner Basen Prof (essor), Bib (liothek)) eigentlich nur soviel Material geliefert wird, bis die Differenzierungsfunktion geleistet ist. 66 Das Interesse an der Wortbildung (68) KÜRZUNGEN 1 KURZWÖRTER: Kombination lesbarer Kurzeinheiten 1.1 Vollkurzwörter (nur Kurzeinheiten) 1.2 Teilkurzwörter (in Kombination mit Langelementen) 1.1.1 Akronyme 1.1.1.1 in silbischer Kombination 1.1.1.2 mit Silbenauffüllung 1.1.2 aus silbischen Elementen 1.1.2.1 Ausgangssilben 1.1.2.2 Zielsilben 1.1.2~3 Mischung 1.1.3 Mischformen 1 Kurzwörter 1.1 Vollkurzwörter 1.1.1 Akronyme 2 GEKÜRZTE WÖRTER: Reste von Langeinheiten 2.1 Kopfformen 2.2 Endformen 2.3 Rumpfformen 2.4 Klammerformen 2.1.1 Kürzung auf Morphem 2.1.2 auf morphologisierte Teile analog für 2.2 1.1.1.1 BaföG [Bundesausbildungsförderungsgesetz], BUND [Bund für Umwelt- und Naturschutz in Deutschland]; Dax [Deutscher Aktienindex] 1.1.1.2 EU [Europäische Union]; Kfz [Kraftfahrzeug]; Adac [Allgemeiner deutscher Automobilclub]; Tbc [Tuberculose] 1.1.2 aus silbischen Elementen 1.1.2.1 Kripo [Kriminalpolizei] 1.1.2.2 Schiri [Schiedsrichter] 1.1.2.3 Fuzo [Fußgängerzone]; Gestapo [Geheime Staatspolizei] 1.1.3 Degussa [Deutsche Gold- und Silber-Scheideanstalt]; taz [Tageszeitung] 2 Gekürzte Wörter 2.1 Kopfformen 2.1.1 Ober [Oberkellner]; Dia [Diapositiv] 2.1.2 Prof [Professor]; Telekom [Telekommunikation]; Pulli [Pullover] 2.2 Endformen 2.2.1 Rad [Fahrrad]; 2.2.2 Bus [Omnibus] 2.3 Rumpfformen 2.3.1 Lisa 41 2.4 Klammerformen Naturdoktor [Naturheildoktor] 42 41 Deutsch wohl nur einige Namen; vgl. aber englisch flu [influenza]. 42 S. Gersbach/ Graf (1984, S. 161). 2. Wortarten und Wortbildungsarten 2.1 Vorbemerkung Die Wortbildung operiert größtenteils in den Hauptwortarten, deren Elemente lexikalische Bedeutung tragen. Wir werden also im Folgenden nur von der Wortbildung des Substantivs, des Adjektivs und des Verbs sprechen. 43 Die Wortbildung als Technik des Wortschatzausbaus bzw. der textuellen Adaption von Lexemen ist nicht nur auf diese Wortarten beschränkt, vielmehr scheinen letztere auch von den Wortbildungstechniken unterschiedlich belastet zu sein. Während das Substantiv eine ganz erhebliche Breite der Möglichkeiten kennt, die auch der relativen Selbständigkeit dieser Wortart in ihrer syntaktischen Verwendung entspricht, wirkt schon die Wortbildung des Adjektivs anders akzentuiert und das Verb folgt bereits auf den ersten Blick seinen eigenen Gesetzmäßigkeiten. Ebenfalls ohne große Schwierigkeiten kann man sehen, dass diese Unterschiede damit zu tun haben, in welchem Ausmaß das Verbleiben in der jeweiligen Wortart - Modifikation - und der Wechsel der Wortart- Transpositionim Vordergrund der Wortbildungsaktivitäten stehen. Beim Substantiv spielt beides eine bedeutsame Rolle, bei den Adjektiven steht die ,Adjektivierung, mit ihren Techniken deutlich im Vordergrund. Beim Verb ist die Frage schwer zu beantworten: was wir hier Wortbildung nennen, hilft, die Szenen, die ein Verb aufruft, unterschiedlich zu arrangieren und zu organisieren: diese Operationen kennen gerade im zentralen und typischen Bereich (,trennbare Verben,) Strukturen, deren Status durch die Trennbarkeit ebenso ambivalent bleibt wie die Informationsverteilung im Wort. DURCH DIE WORTARTEN: KOMPOSITA. So ist denn selbst die Behandlung desselben Wortbildungstyps bei den verschiedenen Wortarten nicht dasselbe. Substantive, Adjektive und Verben werden syntaktisch so unterschiedlich verwendet, dass manchmal die Benennung einer morphologisch definierten Wortbildungsstruktur mit demselben Terminus eher irreführend wirkt. So meint der Terminus Komposition beim Substantiv in zentraler Weise eine nicht von grammatischen Relationen direkt gesteuerte Lexemkombination, beim Verb dagegen ein Zusammenwachsen auch syntaktisch nebeneinander stehender Teile. Präfigierung ist im nominalen Bereich eindeutig nur modifikativ, beim Verb bestimmen die Präfixe semantischen Typ und Wortart wie das bei den nominalen Wortarten eher die Suffixableitung tut. 43 Schon der Anteil des Adverbs an solchen Techniken erscheint marginal, anderes wie etwa die Bildung desubstantivischer Präpositionen wird kaum unter dieser Überschrift behandelt. 68 Wortarten und Wortbildungsarten ... beim Beim Substantiv ist das Kompositum, genauer das Determinativkom- Substantiy positum, ganz offenkundig ein gängiges Mittel differenzierender Benennung durch die systematische Bildung von Subklassen, wobei in einem Erstelement (Determinans) die nähere Bestimmung beigebracht wird, durch die angezeigt wird, dass und wie eine Subklasse des im Zweitglied (Determinatum) Genannten abgegrenzt werden soll; um Typen von Feuern, Stätten, Winden geht es zumindest in den folgenden Beispielen: (69) und man roch das Holzfeuerder Herdstätten die [...] anrückenden Flachhügel der kalabrischen Küste die der augusteischen Hofhaltung ziemte von einem leisen, kaum merklichen Gegenwind (alle Broch 1976, S. 11) Durch Hinweise auf Schemata, die wir kennen, werden hier die mit Holz unterhaltenen Feuer von anderen geschieden, etwa Kohlefeuern, die flachen Hügel als ein Typ von anderen. Manchmal handelt es sich eher umgekehrt um eine Einordnung in eine Grobklasse; eine solche wird hier am Beispiel des Herds vorgenommen, der als Exemplar einer Stätte wie die Heimstätte dargestellt wird. Manchmal gehen die Bildungen hinüber zu inkorporierenden Techniken: ,wo man Hof hält, ist die Hofhaltung, neben der aber immerhin bestärkend Lexeme stehen könnten wie die Haushaltung, aber dann auch die Tierhaltung mit allerlei Anverwandten. Komposita fordern uns offenbar auf, aus der Beziehung zwischen ihren Elementen Sinn zu machen, ohne dass dieser in einfacher Weise syntaktisch erläutert werden könnte. Schon ein eigentlich harmloser Fall wie Holzfeuer mag das belegen, mehr noch der Gegenwind mit jenem Präpositionen-Erstglied, dem alles zu seiner Ergänzung fehlt. ... beim Auch bei den Adjektiven gibt es determinative Komposita, allerdings ist Adjektiv bei dieser Wortart der Rand dieses Bildungstyps größer, so dass man gar nicht recht weiß, ob man sein Zentrum noch ein Zentrum nennen soll. (70) Stahlblau und leicht[...] waren die Wellen[...] entgegengeströmt da war das Wasser beinahe spiegelglatt geworden von der prunkvollen Bauart längs der weißbespülten Ufer goldglänzend sein bronzebeschlagener Bug (alle Brach 1976, S. 11) Häufig ist bei Adjektiven, die Ergebnisse sinnlicher Wahrnehmung klassifizieren, wie hier bei dem Farbadjektiv blau, eine vergleichende Subklassifikation: ,wie Stahl'. Aber obwohl es von diesen Bildungen eine ganze Menge gibt, haben wir nicht so ganz den Eindruck, als handle es sich um eine freie Kombination, sondern um kulturell präformierte Pseudo-Graduierungen über den Kategorien ,Helligkeit' und ,Farbsättigung'; ergänzt werden ja diese Typen durch den beim Adjektiv viel häufigeren Typ des Kopulativkompositums wie blaugrau, der über die Abstufungen des Farbspektrums hinweg führt. In gewissem Sinn haben wir hier die sprachliche Graduierung des Farbkontinuums in seinen drei Erstreckungen Farbton, Helligkeit und Sättigung. Das Determinativkompositum dient hier der häufig lexikalisierten und idiomatisierten - Graduierung in Bereichen, die über die einfache Steigerung hinausgehen. Vorbemerkung 6g Dass die Komposition dieses Typs immer leicht geneigt ist, zur Graduierung überzugehen, sieht man an dem Beispiel spiegelglatt, dessen Bedeutung auch im DUDEN- Wörterbuch (S. 3170) als ,äußerst glatt' umschrieben wird, nicht mit ,sehr glatt', und das wohl zu Recht, ist doch spiegelglatt deutlich konnotativ angereichert gegenüber der normalen Graduierung. Ansonsten ist beim Adjektiv jener Typ weitaus weiter verbreitet, bei dem, wie bei prunkvoll einerseits die Nähe zur Inkorporation groß ist (,voll von Prunk'), wo aber gleichzeitig und wenn man so will, in gegenläufiger Entwicklungsrichtung, die Bedeutung der formalen Basis entleert wird. Eigentlich geht es nicht um einen Sonderfall von voll, sondern um eine ,Vereigenschaftung' von Prunk; ,Prunk aufweisend', paraphrasiert daher hier auch das DUDEN-Wörterbuch (S. 2649) etwas hilflos. Wenn durch die partizipiale Basis die Neigung zur Inkorporation noch erhöht ist, wird dieser Typ noch weiter, differenzierter ausgebaut. Auch weißbespült, goldglänzend, bronzebeschlagen haben ihren semantischen Kern in der ersten Hälfte, die Partizipien sagen eigentlich nur in verschiedener Differenzierung so etwas wie ,versehen mit'. Bei aller Verschiedenheit im Einzelnen wird doch sichtbar, dass beim Adjektiv das eigentliche Determinativkompositum einerseits wegen des Sogs der präfigierenden Typen und andererseits wegen des Trends zur ,semantischen Umkehr' des Musters, das die Zweitelemente zumindest in eine funktionale Reihe mit den Suffixen stellt, bei weitem nicht die Bedeutung hat wie beim Substantiv. Das hat unmittelbar mit den Spezifika der Wortart zu tun, der Neigung des Adjektivs zur Graduierung und Antonymenbildung, von der der Präfixbereich profitiert, einerseits, und dem Tatbestand andererseits, dass das Adjektiv, aufgrund seiner modifizierenden Stellung als Attribut, im Zweitelement eher die Verbindung zwischen dem im ersten Element auftretenden Lexem und dem modifizierten Substantiv betont und in gewisser Weise ausdifferenziert. 44 b Beim Verb, um auf die dritte der Wortarten nur noch kurz einzuge- ··· ·eim Verb d 1 b d hen, hat die Komposition eine gänzlich an ere Position a s ei en nominalen Wortarten, es ist eigentlich fraglich, ob man überhaupt davon reden kann. 45 Das Problem liegt darin, dass es sich bei den möglicherweise einschlägigen Phänomenen insgesamt um Erscheinungen der Inkorporierung handelt, bei denen der Grad der Univerbierung schwankt. Das hat die Diskussion um die Rechtschreibreform an dieser Stelle recht deutlich gezeigt. Zudem handelt es sich auf jeden Fall um trennbare Verben, was die Vergleichbarkeit mit der nominalen Komposition noch weiter erschwert. So gibt es denn bei den Verben eine Reihe von Bildungen, wo es nicht von vornherein feststeht, wie fest aneinandergebunden die Teile jeweils sind: (71) Sie mußten sich, weil dieser Kasten wirklich klein war, eng aneinander pressen. ]ohann hatte das Gefühl, beide, Irmgard und er, hätten, solange sie so aneinandergedrängt standen[. ..] nicht mehr geatmet. (Walser 1998, S. 39) 44 Vgl. dazu die semantische Beschreibung der nicht primären Adjektive, die praktisch immer auf die mögliche Relation zwischen dem Adjektiv und dem Bezugswort rekurriert; so z.B. in Eiehinger (1982, S. 209 ff.) zu den Adjektiven auf -isch. 45 Neuere Übersichtsarbeiten tendieren dazu, diese Frage eher zu verneinen. So schließt Matsch (1999, S. 48) die meisten dieser Fälle aus der Beschreibung aus. Und auch in der Duden-Grammatik tauchen Komposita in der Übersicht über die verbalen Wortbildungsmittel gar nicht auf. (Duden 1998, S. 447) 70 Wortarten und Wortbildungsarten Was macht den Unterschied zwischen den beiden so verwandten Fügungen mit dem Element aneinander in diesem Text aus? Ist es der Unterschied zwischen syntaktischer Fügung und Komposition, oder ist es eigentlich gar keiner, wie die neue Rechtschreibung festlegen würde? Ganz offenkundig will der Autor des Textes einen Unterschied signalisieren, der sich zum Beispiel auch in der Intonation niederschlägt. Wir wollen diese Frage später noch einmal aufgreifen. An unserem Beispiel kann man zumindest schon sehen, dass viele dieser inkorporierenden Bildungen ohne Kenntnis des Kontextes und der Sprecherintention gar nicht sinnvoll daraufhin befragt werden können, wie ,univerbiert' sie seienman kann sich so oder so entscheiden. Aber wir stehen damit nicht nur zwischen Syntax und Wortbildung, sondern wegen der Kombinationsbeschränkungen, auch irgendwo zwischen Komposition und trennbarem Partikelverb. Wir können uns durchaus Peter Eisenberg (1998, S. 257) anschließen, der davon spricht, wir befänden "uns hier in einem Übergangsbereich von Wort- und Satzgrammatik, der in seiner Systematik noch keineswegs verstanden ist". Diese hinführenden allgemeinen Bemerkungen sollten andeuten, warum die Frage nach Wortart und Wortbildung bedeutsam ist und sich nicht in der morphologischen Klassifikation der beteiligten Elemente erschöpft. Die Wortarten haben unterschiedliche Funktionen, die verwendeten Mittel der Wortbildung müssen im Hinblick auf diese Funktionen sinnvoll sein. r~<: : ~~JKEN. ()E~ Akzentuieren kann man diese Aussage nicht zuletzt im Hinblick I~K(),P9Rhtlc; )N, auf die Geltung der inkorporativen Techniken, die Aussagen über die relative Nähe zu syntaktischen Kodierungsweisen erlauben. Bei den Substantiven erscheint diese Beziehung weitgehend von der Syntax isoliert und systematisch an die Komposition (Rektionskomposita) oder an die Derivation (Zusammenbildung) angeschlossen. Bei den Adjektiven schlägt die Ambivalenz der Ausrichtung von semantischer und syntaktischer Abhängigkeit (Valenz und Potenz) in der Weise durch, dass die Elemente in den inkorporativen Techniken, von denen in der syntaktischen Basis die Abhängigkeiten ausgegangen wären, als Junktoren zunehmender Spezifik (Halbaffixe ( Partizipialkomposita) gedeutet werden, die an die Suffixderivation mit ihrer kategorisierenden Funktion anschließen. Im Falle des Verbs letztlich lässt sich bei den Zweifelsfällen nicht einfach und kontextlos feststellen, ob wir es mit ,syntaktischer Inkorporation', die zu mehr oder minder festen syntaktischen Fügungen führt, oder mit ,lexikalischer Inkorporation', die zur Univerbierung führt, zu tun haben: das Verb als Prädikat bietet beide Möglichkeiten an, die eben am Rande beide genutzt werden können. 46 46 Meines Erachtens handelt es sich hier um eine echte Wahl, deswegen soll hier auch nicht eine Beschreibung gesucht werden, die das verdecken würde. So machen das z.B. Motsch (1999), der alle diese Phänomene zur Syntax zählt, oder Weinrich (1993), der aus diesem Grund seine Wortbildungsart "Konstitution" weit in syntaktische Phänomene ausgreifen läßt. Generelle Verteilung 71 2.2 Generelle Verteilung Man kann die Frage nach Wortart und Wortbildungsart natürlich auch umdrehen. Was sind die bedeutsamsten, auffälligsten und wirksamsten (produktivsten) Arten von Wortbildung? Was macht sie dazu? Inwieweit spielen hier die Anforderungen der verschiedenen Wortarten eine Rolle? "~~2E~l'~Mt: l, SiE'il: : ufi.i(i oti' ·KottP6srrJoN Als vielleicht zentralste Art der Wortbildung kennen wir die Komposition. In ihr werden prinzipielllexemfähige Elemente zu einer spezifischen Benennung zusammengefügt. Der Kompositionsprozess verändert die Wortart des Gesamtprodukts nicht sie ist der Paradefall der Modifikation. Struktureller Kern und semantisch bestimmender Teil ist das am rechten Ende stehende Element dieser Operation. Der bei weitem häufigste Typ dieser Wortbildungsart, das Determinativkompositum, stellt sich somit als eine Technik der links-rechts-determinierenden Subklassifikation dar. Diese Art der Zusammenfügung hat, wenn man so will, einen natürlichen Grund im Zusammenwachsen systematisch nebeneinander auftretender Elemente. Ihr anderer Grund ist die weitere Kondensation von Relationen, die auch auf der Ebene der Syntax im Prädikations- und vor allem im Attributbereich ihren Niederschlag gefunden haben. Die Komposition zeigt am deutlichsten den Charakter der Kondensation, welcher der Wortbildung generell eigen ist. Im extremsten Fall bleibt die Reihenfolge als einziges Mittel der formalen Struktur. Aus erklärlichen Gründen ist dieser extreme Fall am ehesten in der nominalen Wortbildung zu erreichen, und dort besonders bei den Substantiven, die ja keiner zusätzlichen Anhindung bedürfen, um in ihrer syntaktischen Rolle auftreten zu können. Jenes ,reine' Ende der Zusammensetzung wird schon verlassen, wenn im Zweitelement bestimmte Relationen angelegt sind, welche die Interpretation des gesamten Kompositums steuern. Bei den anderen beiden Hauptwortarten, dem Adjektiv und dem Verb ist die relationale Bindung der Normalfall, so dass hier die Komposition auch einen weniger herausragenden Fall darstellt, sondern gern in Richtung der Inkorporation geht. Den Widerpart der Komposition, die ja der Modifikation innerhalb einer Wortart dient, stellt die Derivation dar. Bei ihr wird eine lexemfähige Basis mit einem gebundenen Morphem verbunden, das ausschließlich der Wortbildung dient. In zentralen Teilen wird diese Wortbildungsart dazu genutzt, das Basislexem in eine andere Wortart zu transponieren. Beim Substantiv und beim Adjektiv wird diese Technik mit einer Vielzahl von Suffixen ausführlich und systematisch genutzt. Die Suffixe dominieren zwar strukturell und ordnen semantisch in grobe Kategorien ein, den semantischen Kern stellen aber die lexikalischen ,linken' Elemente. Bei den Substantiven werden die kategorisierenden Möglichkeiten dieses Bildungstyps hauptsächlich dazu genutzt, beliebige Inhaltskerne unter verschiedenen Aspekten in Texten und Sätzen auftauchen zu lassen. Bei den Adjektiven dienen die großen Suffixgruppen der Signalisierung des Adjektivcharakters, der sich in der Attributionsfähigkeit am deutlichsten zeigt. Semantisch geht es einerseits um eine Erweiterung des Feldes der Eigenschaftsbezeichnungen aus dem Fundus nicht primär adjektivisch geprägter Inhalte heraus, andrerseits 72 Wortarten und Wortbildungsarten um die simple Charakterisierung als Attributivum, dem diese Positions- und Flexionsmöglichkeiten als fast einzige Adjektivmerkmale eignen. 47 Verbalisierungssuffixe gibt es nicht sehr viele: hier wird das Feld weitaus mehr von Konversion auf der einen und Präfigierung auf der anderen Seite bestimmt. Die Präfigierung zeigt überhaupt ein merkwürdiges Doppelgesicht: beim Substantiv spielt sie eher eine marginale Rolle, beim Adjektiv dient sie im Wesentlichen der Füllung in der Wortart angelegter Typen von Modifikation wie Antonymenbildung oder Graduierung. Hoch bedeutsam ist sie beim Verb, wo sie eine der Suffigierung bei den anderen Wortarten vergleichbare Rolle spielt. RICHTUNG SYNTAX: Beim Verb ist aufgrund der Gegebenheiten der Wortart mit UNIVER81t: RUNG einer Kombinierbarkeit zu rechnen, die in Verbindung mit der zentralen Beziehungskraft des Verbs steht, wie sie sich in der Valenz niederschlägt. So erscheint die Wortbildung des Verbs auch formal als ganz eigenständig: es überwiegen bei weitem präfigierende Typen. Der für das Deutsche bezeichnendste Typ liegt wohl bei den trennbaren ,Partikel'-Verben vor. Sie zeigen die lexikalische Systematisierung der Szenen, die sich in verbalen Prädikationen niederschlagen. Hier werden Partikel unterschiedlichen Generalisierungsgrades als Erstelemente bzw. rechte Klammerelemente gewählt, bis hin zu einer nicht unumstrittenen Art von Kompositabildung (kaltstellen), bei der die Eigenständigkeit des Worts, das aus einander benachbarten Elementen zusammengewachsen ist, in Frage steht. Auch das Adjektiv bildet systematisch Typen aus, die von den rektionalen und dependentiellen Merkmalen des rechten, wortartprägenden Elements gekennzeichnet sind. Am offenkundigsten ist das bei jenen Bildungen mit einem Partizip als Zweitelement, wo die von der verbalen Basis ererbten Abhängigkeitsverhältnisse die grundlegende Interpretation steuern. Bemerkenswert ist aber, dass diese Möglichkeit nicht in erster Linie zur Bildung beliebiger Rektionskomposita genutzt wird, sondern zu einer spezifischeren Kennzeichnung der Junktion zwischen der Basis, dem Erstelement des Adjektivs und dem Bezugssubstantiv. In dieser doppelten Einbindung wird die entsprechende Doppelorientierung der das Adjektiv betreffenden Abhängigkeiten auf der Ebene der Wortbildung sinnvoll genutzt. Ähnliches, nur in gröberer Untergliederung, gilt auch für die sogenannten Halbaffixbildungen, bei denen adjektivische Zweitelemente in paradigmatische Reihen von Bildungen eingebunden werden, durch die wichtige Relationen zwischen Adjektivbasis und Bezugssubstantiv in einer Weise strukturiert werden, wie das mit Suffixen allein nicht möglich ist. Beim Substantiv hat die Univerbierung einen nicht so festen Grund. In zentralen Bereichen wird sie überlagert von suffigierenden Typen der Wortartfestlegung (,Zusammenbildung' und auch ,Rektionskompositum'), oder sie schlägt sich in nicht so zentralen Formen nieder. Dazu zu rechnen wären der Teil der Rektionskomposita, die nicht deverbale oder deadjektivische relationale Nomina als Zweitelement haben (Typ: Familienvater), die Komposita mit adjektivischem Erstglied und, als wirklich 47 Wir werden im Weiteren bei den zentralen Eigenschaftswörtern von Adjektiv I, bei den nur attribuierenden Zugehörigkeitsadjektiven von Adjektiv II und bei den Adjektiven, die auf eine adverbale Relation zurückzuführen sind, von Adjektiv III sprechen. Generelle Verteilung 73 marginaler Fall, die sogenannten Zusammenrückungen, bei deri.en man sich fragen kann, ob sie nicht besser bei der Konversion aufgehoben wären. Welche Rolle die univerbierenden syntaxnahen Typen bei den verschiedenen Wortarten spielen, hängt erkennbar von den syntaktischen Rahmenbedingungen ab, die durch die Wortarten gesetzt sind. So kann das Verb seine Bindungsfähigkeit ausspielen, genau sie macht aber auch die Abgrenzung zur Syntax schwierig, das Adjektiv nutzt seine doppelte dependentielle Einbindung zu einer Systematisierung junktionaler Differenzen in der attributiven Verbindung und das Substantiv hat am ehesten Zugang zur Attributsyntax und zur Phrasenkonversion. RICHTUf: 4C MORPHOLOGIE: . . KONVERS.IQf-4 Noch ausschließlicher der Transposition als die Derivation- und ohne die Möglichkeit der Akzentuierung durch die verschiedenen Derivationstypen dient die Konversion, also der Wortartwechsel, der eine bestimmte Form einer Wortart betrifft, die durch die flexivische Einbettung in eine andere Wortart integriert wird. Sie wird in typischer Weise beim Substantiv und auch beim Verb realisiert-, dass hier Wortformenbildung und Lexembildung ineinander greifen, darauf wurde oben schon hingewiesen. RE~E In den letzten Jahren ist einiger Wert auf Erscheinungen gelegt worden, die zwischen diesen Formen angeordnet sind. Vor allem gibt es Elemente, die in der einen oder anderen Art zwischen Kompositionsgliedern und Affixen zu stehen scheinen: sie werden als Affixoide oder Halbaffixe bezeichnet. Als Erscheinung haben sie einen wichtigen Platz bei den Adjektiven, er wurde bei den univerbierenden Typen schon erläutert. In anderer Weise sind die neuerdings als Konfixe bezeichneten Elemente an derselben Übergangsstelle zu finden: mit lexematischer Bedeutung, aber nur gebunden vorkommend. Sie haben ihre Domäne in den nichtautochthonen oder internationalistischen, den europäischen Teilen unseres Wortbildungssystems. Seine Grundbestandteile sind morphologisch weniger leicht einsehbar, morphophonologisch spielen bildungssprachliche Muster, die an das Lateinische, das Französische und das Englische als internationale Sprachen erinnern, eine erhebliche strukturierende Rolle. Dennoch handelt es sich um ein systematisch an die autochthonen Regeln angeschlossenes Teilsystem der Wortbildung. Marginal erscheinen weitere Typen: die sogenannte implizite Ableitung erscheint als eine Art historischer Sonderfall der Konversion. Nicht umsonst hat sie ihren Kern in Ableitungen von jenem kleinen Satz semantisch zentraler Verben, die ihre Zentralität dadurch belegen, dass sie in heutzutage unregelmäßiger ,starker' Flexion gebeugt werden. (72) Umso entrückter der Blick, desto näher das Erblickte. (Handke 1998, S. 120) Relativ neu ist dagegen die sogenannte Kurzwortbildung: in ihr liegt allerdings im Unterschied zu den anderen Typen ein Muster vor, das die Motivation des Wortschatzes mindert, statt erhöht. Sie kommt außerdem nur beim Substantiv vor. So sind dem Einsatz dieses Mittels natürliche funktionale Grenzen gesetzt. 74 Wortarten und Wortbildungsarten 2.3 Gründe für die Präferenzen Wenn man diese Wortbildungsarten und die Präferenzen der Verteilung auf die verschiedenen Wortarten betrachtet, ergibt sich ein Bild, das deutliche Korrelationen von formaler Explizitheit und funktionaler Einbettung erkennen lässt: (73) Dabei kann man sehen, dass Komposition und Konversion den merkmallosen Typ von Modifikation beziehungsweise Transposition darstellen. Ihre Bedeutung wird durch die lexikalische Einbindung beziehungsweise die syntaktisch-flexivische Markierung bestimmt. In diesen beiden Möglichkeiten ist die kondensierende Kraft der Wortbildung ohne sonstige Modifikationen realisiert. In der Derivation werden verschiedene Aspekte vor allem der Transposition akzentuiert. Inkorporation und Präfixbildung zeigen je nach Wortart ein Doppelgesicht. Dient die Inkorporation bei Substantiv und Verb der Modifikation, so liegt beim Adjektiv eine inhaltlich spezifiziertere Transposition vor, als das bei der begrenzten Anzahl von Suffixen möglich wäre. Die Präfixbildung spezifiziert beim Verb zumindest die Wortart und ist somit eigentlich neutral gegenüber der Unterscheidung von Modifikation und Transposition. Das gilt auch für Teile der Partikelverben. Dagegen dient die Präfixbildung in der nominalen Wortbildung eindeutig der Modifikation, wobei diese Modifikation beim Adjektiv quasi-paradigmatisch eingebettet ist. Man kann generell davon ausgehen, dass bei allen Wortarten Mittel der Modifikation und Mittel der Transposition, welche logischerweise im Hinblick auf die Zielwortart spezifiziert sind und Merkmale der Herkunftswortart transportieren, existieren. 2.3.1 Die Lage beim Substantiv Komposition, vorzüglich Determinativkomposition, und Derivation auf der einen, Konversion auf der anderen Seite gelten als die zentralen Wortbildungsarten des Deutschen. Dabei teilen Komposition und Derivation das Merkmal einer grammatisch vom rechten Element gesteuerten Konstituentenstruktur, bei der Konversion ist solch eine Segmentation nicht möglich will man nicht extensiven Gebrauch vom Konzept des Nullmorphems machen. Um den Kern dieser drei Typen versammeln sich in den gängigen Darstellungen marginalere Bildungsweisen, die in der einen oder Gründe für die Präferenzen 75 anderen Weise zwischen diesen Kernen stehen: es sind vor allem Rektionskomposita, Zusammenbildungen und ähnliche kompositions- oder ableitungsnahe Bildungstypen, die wir hier unter dem Oberbegriff der Inkorporation zusammengefasst haben. t.toBI~t~tJ()N,; U~D ·r~~~s·~•.q9',· ... : . Dabei scheint diese formale Eineilung nach der Untergliederbarkeit, die wie angedeutet gängig ist, eher an der falschen Stelle in einem funktionalen Kontinuum zu trennen. Wenn man sich überlegt, wozu neue Komposita, neue Derivationen und die Ergebnisse von Konversion gut sind, liegt es nahe, die Trennungslinie eher zwischen der Konversion und der Derivation auf der einen und der Komposition auf der anderen Seite zu ziehen. Der Grund dafür ist, dass die Komposition prinzipiell der Modifikation innerhalb derselben Wortart dient, während schon die Derivation und noch eindeutiger die Konversion der Transposition, und das heißt der Wortartfixierung bzw. -veränderung dienen. So scheinen bei der Komposition und der Konversion Morphologie und Funktion parallel zu laufen, während zumindest auf den ersten Blick bei der Derivation die beiden Informationsebenen miteinander konfligieren. Tatsächlich lässt sich dieses Problem aber durch eine mehrschichtige Analyse lösen. · Hinwei~~~tif Nun haben wir praktisch alle Behandlungen der Wortbildung bei Sch~tlj~~. ''; den Substantiven begonnen, die aufgrundihrer relativ großen Selbständigkeit besonders viele Optionen eröffnen. So ermöglichen die hohe Zahl vorhandener Substantive auch schon primärer Substantive - und die vielfältigen syntaktischen Positionen, in die Substantive als die lexikalischen Kerne von Nominalgruppen eingehen können, eine ganz unterschiedliche Einbettung in sprachliche Schemata, indem jeweils ein weiteres Element zur genaueren Spezifizierung hinzugefügt wird. Genau das macht ja die Komposition, die dadurch auch beim Substantiv eine herausgehobene Stellung hat. Die reinste Form der substantivischen Komposition ist zweifellos die, bei der zwei ihrerseits nicht unmittelbar relationale Elemente nebeneinandergestellt werden, von denen wir nur wissen, dass sie in einer Beziehung zueinander stehen, die sich im Sinne einer Einordnung in das durch das rechteste Element gegebenen Rahmen verstehen lässt. Die Bestandteile solcher komplexer Wörter werden damit als Elemente sprachlicher Schemata gelesen, mit denen uns unsere Sprache zu leben gelehrt hat. Das wäre vergleichsweise aufwendig, hätten wir nicht eine Stütze darin, dass uns Wortbildung auf dieser Ebene zunächst eine generelle Vorinformation ermöglichen soll, die dann im Einzeltext beliebig genau spezifiziert werden kann. Wie auch immer das im Einzelnen sein mag, klar ist, dass hier eine benennungsmäßig relevante Grobgliederung im Bereich der am rechten Ende stehenden Elemente intendiert ist. Diese Art von Wortbildungder Typ des Determinativkompositumsstellt den zentralen Teil der Komposition dar. Vorzug und Schwäche dieses Bildungsmittels liegt darin, dass uns bei diesem Bildungstyp häufig verschiedene Interpretationen offen stehen. Sprachscherze spielen gelegentlich damit, dass sie uns auf solchen Analogiegleisen in die Irre laufen lassen: (74) Herbert sagt zu Inge: "Wir haben nun lange genug gearbeitet. Komm, wir gönnen uns eine Atempause." Inge versteht das wörtlich und meint: "Aber bitte nicht zu lange. Das halte ich sonst nicht durch. (Grasso 1989, S. 79) Wortarten und Wortbildungsarten Es schließen sich Bildungstypen an, welche dieses Muster funktionalleicht verschieben, ohne formal seinen Bereich zu verlassen. Das beginnt schon, wenn ein verbales Element, das die zentrale Relation wesentlich klarer steuert, auftaucht, und so eine gewisse Asymmetrie in das Klassifikationsmuster bringt. Denn die Verben benennen ja den Kern des Schemas (vgl. Holztrog vs. Backtrog), das damit zweifellos leichter eindeutig zu ermitteln ist, auch wenn die Interpretation auf den verbalen Relator zu und nicht von ihm weg läuft: (75) Die Fenster im Erdgeschoß gehörten zur Backstube und waren sommers wie winters leicht geöffnet. Man härte die Geräusche der Maschinen, den Knetarm der Backmulde, das elektrische Sieb und die Schlagmaschine, das metallene Klicken der Türen und des Gestänges vom Backofen. (Hein 1997, S. 7) Zum Kern Einen qualitativ anderen Fall stellt es dar, wenn der Kern des rechten .der. Szenen Elements von einem verbalen Lexem gebildet wird. Durch die vorgängige Umwandlung dieses Lexems in ein Substantiv und die Anhindung des Erstelements wird hier die gemeinte verbale Szene schon mit recht deutlicher Rollenverteilung aufgerufen: und so benennt das Wort Goldsucher weniger eine Subklasse von Suchern, als die auf den Agens hin organisierte Szene, dass jemand etwas und in diesem Fall spezifischer Gold sucht, so wie Goldsuche die auf das Objekt hin organisierte Option darstellt. Wir wollen diesen Wortbildungstyp unter die Wortbildungstechnik der Inkorporation einordnen. Es gibt verschiedene Arten dieses syntaktischen Kondensierungstyps, vor allem Rektionskomposita und Zusammenbildungen: (76) diesem stumpfsinnigen, ordinären, erzkatholischen Kunstmißbraucher, der seit vielen Jahrzehnten der größte aller kulturellen Umweltverschmutzer in diesem Lande ist (Bernhard 1984, S. 258) Ist hier bei einem Wort wie Umweltverschmutzer immerhin die reine Kompositionsanalyse formal noch möglich, so nicht mehr bei den meist für nicht so wichtig gehaltenen Zusammenbildungen wie Kunstmißbraucher. Hier werden Szenen in angedeuteter syntaktischer Vollständigkeit aufgerufen, es hängt dann vom Lexikalisierungsgrad des Zweitelements ab, wie weit man hier noch von Komposition oder von einer Art Phrasentransposition mittels Suffix ausgehen kann, die es erlaubt, ein Suffix, in unserem Falle das {-er} an verschiedenartigste Elemente (Wortgruppen usw.) anzuhängen. Ein Wort wie Bedenkenträger mag zeigen, wie dieser Bildungstyp analogisch ausgreift und zu reihenbildenden Mustern führt, vomKulturträger, über den Bedarfsträger bis zum Funktionsträger (nach Muthmann 1988, S. 761). Die Zusammenbildung kann man also als Ableitung von einer Wortgruppe beschreiben. Vo. 11 u~n . In anderer Weise ist die Funktion der Komposita an einer Stelle bena~b oben rührt, die vor allem im fachlichen Deutsch eine vergleichsweise bemerkenswerte Rolle spielt. Häufig belächelt wird ja die Verwendung von Komposita vom Typ Entwicklungsprozess, wo ebenfalls syntaktisch nicht aus allen denkbaren Prozessen die entwicklungsartigen aussortiert werden, sondern wo die Konstituente Entwicklung explizit ihrem Oberbegriff zugeordnet wird, der implizit schon in ihm steckt. Vor allem im angelsächsischen Kontext wird hier gerne ge- Gründe für die Präferenzen 77 spottet, das Deutsche sei die Sprache, die Selbstverständlichkeiten zweimal sage. Tatsächlich aber handelt es sich bei der Signalisierung dieser Abstraktionsleistung um ein starkes Fachlichkeitssignal. Mir scheint es nicht hinreichend, dies als einen Subtyp von verdeutlichenden Komposita 48 zu betrachten, es handelt sich hier vielmehr um eine Art klassifikatorisch-explikativer Verwendung, vgl.: (77) In der Zeitung heute das andere Wort für Waffen: "Rüstungsgut". (Handke 1998, s. 444) Das Gelingen kommunikativen Handeins hängt, wie wir gesehen haben, von einem Interpretationsprozeß ab, in dem die Beteiligten im Bezugssystem der drei Welten zu einer gemeinsamen Situationsdefinition gelangen. (Habermas 19 81, S. 173) Das Qualitätsprofil hochwertiger Dispersionsfarben unterscheidet sich im großen und ganzen nicht allzu viel. (wohnen 3/ 1995, S. 66) Bei diesen Bildungen geht es zumindest vorrangig nicht um Güter, Prozesse, Systeme oder Profile, sondern um Rüstung, Interpretation, Bezüge, Qualität(en). Vielmehr wird ein in diesen linken Elementen bereits enthaltener Klassifikationszug als Kategorie herausgezogen, um so die dem jeweiligen Abstraktionsgrad entsprechende Benennungsschicht zu erreichen. So nähern sich diese Bildungen in unterschiedlichem Maße der Derivation mittels Suffixen an. Am weitesten geht das wohl in jenen Fällen, wo das rechte Element eigentlich mehr oder minder dazu dient, bestimmte Zähleinheiten zu benennen. Dazu gehört von den obigen Beispielen das offenkundig in sprachkritischer Absicht zitierte Wort Rüstungsgut, dazu gehören aber auch die im ersten Kapitel dieses Buches diskutierten Bildungen mit dem Element {-stück}, wie in Packstück, aber auch personenbezogene Neutralisierungen vom Typ Schreibkraft. Aspekteder Modifikation Zusammenfassend können wir sehen, dass der harte Kern der Komposition, der sich relativ rein durch die Modifikation eines rechts stehenden Elements beschreiben und aus der Rekonstruktion von sprachlichen Schematisierungen erklären lässt, an Bildungen grenzt, die zwar noch viel mit dem Kompositum gemein haben, deren funktional-semantischer Kern aber nicht mehr so eindeutig auf dem rechten Element liegt. Im Falle der zusammenbildungsartigen, inkorporierenden Wörter ist der Weg zur transpositiven Derivation hin offenkundig, es werden hier, an syntaktische Fügungen angelehnt, Szenenaspekte in spezifischer Weise aufgerufen. Im anderen Fall geht es um eine textsortentypische Einordnung in Oberklassen, um Klassifikation, um die Akzentuierung eines implizit im Erstelement bereits enthaltenen Aspekts. Auch hier nähern wir uns in gewisser Weise der Derivation mit ihrer generalisierenden Funktion an. Vielleicht kann die Reihe bis in die Flexion hinein durchgeführt werden: es gibt auf jeden Fall einen funktionalen Zusammenhang von Plural, Kollektiva und Zählbarkeitsmarkern vom Typ Schneemassen, der ja gerne als eine Art Pluralisierung von Kontinuativa verstanden wird. Hier bietet es sich vielleicht an, kurz über die Präfigierung beim Substantiv zu sprechen, steht sie doch zu Recht an der Stelle des Übergangs zwischen Komposition und Derivation. Die meisten im Zusammenhang damit genannten Präfixe - Erz-, 48 Das wären Bildungen wie Eichbaum, Haifisch u. dergleichen. Wortarten und Wortbildungsarten Haupt-, Hyper-, Un- und Ur- (vgl. Fleischer Barz (1995, S. 199ff)sind in Funktion und Form der Eigenschaftsmodifikation, der Graduierung und Antonymenbildung zuzuordnen. Dieser Typ von Präfigierung ist in Anlehnung an entsprechende Phänomene beim Adjektiv ausgebaut. So können zum Beispiel Eigenschaften bewertend gesteigert werden (Erzfeind), so kann aber auch eine Hierarchie graduiert werden (Erzbischof; Sekretär- Obersekretär- Hauptsekretär). Von ganz anderer Art ist das Präfix Ge-, in Allomorphie mit Ge- ... -e -, das einen Spezialfall substantivischer Derivation darstellt, desubstantivisch wohl nicht mehr produktiv ist, aber eine Reihe von noch durchsichtigen Kollektiva (Gebüsch, Gebirge) gebildet hat und deverbal seinen produktiven Kern in der Bildung meist negativ konhotierender Vorgangs- und Handlungsbezeichnungen hat (Geschimpfe, Geschrei). KI~S$enbjldt: t"g Die Derivation verbindet die transpositive Funktion mit einer sprachlich offenkundig bewährten Grobklassifikation. Wie man etwa an deverbalen Substantiven dieses Typs sehr schön sieht, bietet dieser Wortbildungstyp die Möglichkeit, eine lexematische Bedeutung im Substantivbereich handhabbar und so in diesem Fall den ursprünglichen Kern einer Verbszene von verschiedenen Seiten her zugänglich zu machen. Bedeutung und rollenbindende Kraft werden hier aus der Ursprungswortart übernommen. Nicht umsonst sind ja die Bildungen mit den Suffixen -er und -ung die bestausgebauten Muster im derivationeilen Bereich; sie erlauben ja eine Subjekts-, Instrument-, Vorgangs/ Handlungs- und Objektsakzentuierung. So ist es vergleichsweise wenig erhellend, auch hier die übliche formale und klassematische Steuerung durch das rechte Element festzustellen. Den eindeutigen semantischen Kern stellen die lexikalischen Basen dieser Ableitungen dar. Es handelt sich um Akzentuierungen des häufig verbalen lexematischen Kerns, wobei in das komplexe Lexem bestimmte zentrale Rollen der vom Verb geprägten Szene integriert sind. Die Klassifikation, die in den Suffixen aufscheint, ist eine von relevanten substantivischen Rollen. 49 Sie erlauben vor allem eine systematisch variierende Einbettung in textuelle Zusammenhänge und dienen nicht zuletzt in schriftsprachlichfachlichen Diskursen einer verdichtenden Informationsführung, wie man das an dem ersten Beispiel [a)] unter (78) in relativ kondensierter Form sehen kann. Der hochgradig fachliche Eindruck, den dieser Textausschnitt macht, kommt daher, dass hier in der Wortbildung wie im attributiven Bereich satzsemantische Relationen in zunehmender Verdichtung miteinander verknüpft werden. Dabei zeigt sich die Absetzung der wortbildungsmäßigen Inkorporation von der Bezugnahme auf syntaktische Relationen darin, dass die Beziehungen zwischen den Elementen aufgehoben scheinen: das inkorporierende Zweitelement reicht dem Autor offenbar nicht als Bezugsgröße der Attribute: worauf beziehen sich die attributiven Adjektive ethisch und religiös genau? Das zweite [b)] und das dritte [c)] Beispiel zeigen demgegenüber die Normalverwendung von Vorgangsnamen mit im einzelnen unterschiedlicher Struktur. In dieser 49 Das ist zweifellos auch eine semantische Funktion, allerdings schon durch die Form als ,gröber' klassenbildend ausgewiesen; zur Berücksichtigung der semantischen Seite wie bei Donalies (1999b) gehört aber doch auch die der Form. Gründe für die Präferenzen 79 Form können die primär verbal geprägten Lexeme als Namen für abgeschlossene Einheiten 50 benutzt werden. Dies durchaus im Sinne einer fachlichen Syntax mit der Funktionalisierung der Verben (begünstigt, stellt dar) und Lexikalisierung der Substantive. Man kann an diesen beiden Beispielen noch zwei weitere Dinge sehen: zum einen das bruchlose Ineinandergreifen des indigenen ( -ung) und des nichtindigen bildungssprachlichen ( -tur) Bildungssystems. Zum anderen, wie das Muster der -ung- Ableitung, hier speziell in Form des bildungssprachlichen -(is)ierungs-Typs, selbsttätig analogisch weiterwirkt, auch wo eigentlich kein entsprechendes Verb existiert: 1 individualisieren, *globalisieren. Vielmehr geht es hier um ein bewährtes Integrationsmuster für nicht indigene gebundene Lexeme, die sich mit diesen technischen Möglichkeiten an verschiedenen Stellen im grammatischen und lexikalischen System des Deutschen anlagern können, so zum Beispiel auch beim Partizip II: globalisiert, individualisiert. Das Beispiel (78) d) spricht von den Grenzen der deverbalen Ableitung, nicht zufällig handelt es sich dabei nicht um den ,unauffälligsten' Typ der -ung-Ableitung, der recht wenige Beschränkungen zeigt, sondern um den nomen-agentis-Typ mit -er. Dieses Muster verlangt, wenn nicht ein spezifischer Fall thematisiert wird (die Zerstörer meines Lebens), dass die genannte Handlungsweise als Disposition einer Eigenschaft verstanden werden kann, als etwas, was seinen Träger kennzeichnet. Dazu kommt noch der substandardsprachliche Charakter des verbalen Lexems umbringen. (78) a) Die Dialektik von Wissenschafts- und Religionsentwicklung soll, wie wir gesehen haben, die empirische Begründung dafür bieten, dass die ethischen Handlungsorientierungen infolge der Erschütterung religiöser Glaubensgewißheiten nicht mehr verläßlich reproduziert werden können. (Habermas 1981, S. 332) b) Die Individualisierung begünstigt das Aufgeben oder die Neusetzung von sozialen Ligaturen. (Beck 1997, S. 281) c) Globalisierung stellt mehr als die Ausdehnung der altbekannten Modernisierung dar. (Beck 1997, S. 288) d) Du triffst deine grauenhaften Zerstörer undUmbringerauf dem Graben und bist einen Augenblick sentimental und läßt dich in die Gentzgasse einladen. (Bernhard 1984, S. 20/ 21) . ErerbteUnter-~ Einer weiteren Differenzierung dient letztlich die Konversion, die scheidungen durch flexivische Einbettung eine flektierte Form aus einer anderen · Wortart als Substantiv übernimmt, und es so erlaubt, klassifikatorische Unterschiede aus dieser anderen Wortart im substantivischen Bereich zu nutzen. Der wohl häufigste Typ hierbei ist die Infinitivkonversion, die im Vergleich zu entsprechenden Bildungen auf -ung, die ja auch den Vorgang oder die Handlung benennen, viel deutlicher auf den Verlauf Bezug nehmen, wie denn der Infinitiv auch. Man sieht ja schon an der Form, dass hier eine im Verb ohnehin angelegte Option genutzt wird, die erst allmählich in die eigentliche Wortbildung hineinführt. 50 Weniger abgeschlossen wären die ebenfalls vorgangsbenennenden substantivisch verwendeten Infinitive; ein Beispiel dafür findet sich in b): hier steht wohl Aufgeben, weil die Bildung des Normalworts *Aufgebung durch die Existenz des Substantivs Aufgabe blockiert ist, das seinerseits nicht eindeutig genug auf die hier verlangte Bedeutung festgelegt ist. 8o Wortarten und Wortbildungsarten (79) Uns ist es längst peinlich geworden, körperliche Reaktionen auf das Erleben symbolischer Gebilde zu zeigen, [... ]. Wer weint noch beim Lesen? (Schön 1993, S. 87) Wie man sieht, werden hier auch die Möglichkeiten der aspektuellen Modifikation genutzt, welche die verschiedenen Nominalformen des Verbs leistenalso neben dem Infinitiv auch Partizip I und II, mit der Möglichkeit zur Integration ans Verb angebundener syntaktischer Elemente. Dabei wird, wie an unseren Beispielen sichtbar, auch die Genusvariation der Verbaladjektive, wie auch der Adjektive überhaupt genutzt. (80) Hoffnungshallendes Echo der Verheißung im Irdischen, rückhallend in der irdischen Zuversicht; empfangsbereit ist der Sterbliche, umgeben vom irdischen Sein. (Broch 1976, S. 98/ 99) Man kann das gerade Ausgeführte tabellarisch folgendermaßen zusammenfassen: (81) Tabelle 1 SUBSTANTIVISCHE SETZUNG TRANSPOSITION Narne Wortartwechsel I: Wortartwechsel II: Derivation Inkorporation 1: Inkorporation II: Umkategori- Konversion Zusammenbil- Rektions- ,. sierung dung kompositum Vorgang Optionenwahl Transponierung Strukturierung Strukturierung + Kondensierung Kondensierung Ausgang Nominale Verb- Wortformen; Lexeme Phrasale Einheiten regierendes formen; Adjektive Phrasen Zweitglied Ziel Kern einer Kern einer Derivat Wortgruppen- Nominalisie- Nominalgruppe Nominalgruppe derivat rung Technik Lexematische Lexematische lexematische Relationen zwi- Relationales Merkmale der und formale Merkmale der sehen Basisele- Zweitglied und Basis Merkmale der Basis; sortiementen; formale von ihm ausge- Basis; substantirende Suffixe Transposition des hende Abhänvische Flexion der Zielwortrechten Basisgigkeiten art Substantiv elements Nutzung des no- Nutzung der Ko- Nutzung von Nutzung von Re- Nutzung deminalen Inventars dierungsmöglich- Standard-Kiaslationen in der Bapendentieller der Wortarten keiten anderer sifikationen sis zu spezifischen Zusammen- Verb und Adjek- Wortarten innerhalb der Klassifikationen hänge bei relativ und Phrasen Wortart tionalen Nomina Funb Vereindeutigung Symbolisierung lndizierung Inszenierung Kontextualisietion rung Kornposition - Typisierung Erstglied Kompositum Extraktion von Hyperonymen aus dem Erstglied; Setzung als Zweitglied Nutzung der Hyponymierelation zur Subsumption unter Oberbegr·iffe Explikation MODIFIKATION Kornposition Präfigierung Subklassifi- Modifizierung zierung Zweitglied Substantiv Kompositum Derivat Kombination Lexematische von Elemenkategoriale ten sprachli- und formale eher Schema- Merkmale ta; Erstglied der Basis zeigt relevante Subklasse an; Modifikation Nutzung lexi- und klassekalisch angematische deuteter Sehe- Umorientiemata zur Sperung zifikation Subklassifi- Schematikation sierung [) -. c: : : : l Q_ (J) 2? -. Q_ (J) ~ ! lJ: ~ ; : ; ; : : : s N (J) : : : l 00 ... . ~tAmt: ~Nc; li)ER TYPEN., Wortarten und Wortbildungsarten Es gibt also zwei Fälle, bei denen ein Lexem aus einer anderen Wortart durch Einbindung in die substantivische Flexion substantiviert wird. Am leichtesten geht das, wenn diese Möglichkeit schon als sekundär in der Form angelegt ist. Im Fall der Substantivierung ist eine solche Umkategorisierung bei den Nominalformen des Verbs, dem Infinitiv und den Formen der Partizipien I und II, und im Kernbereich der Adjektive möglich. Die Wahl der substantivischen Option in diesen Fällen zeigt sich in Belegen wie den Folgenden: (82) Umkategorisierung a) Das Schweigen als Tätigsein-das Stummsein als Leiden b) Das Kind strich im Getragenwerden oberhalb des Ellbogens des Vaters entlang. c) Der lang, überlang Erwartete endlich heimkommend[ ...] mit dem Geräusch der Schritte des endlich Ankommenden fängt das Seelenherz des Wartenden zu schlagen an. d) durch die Beschäftigung mit dem Benannten[. ..] versäume ich das Benennbare. e) Nicht von Anfang an haben die Götter den Sterblichen alles enthüllt, sondern mit der Zeit erst finden diese suchend das Bessere. (Handke 1998, S. 118, 9, 128/ 29, 129, 112) Die Konversion geht von den in den Hauptwortarten angelegten Übergängen aus, wie sie sich vom Verb her beim Infinitiv und vom Adjektiv her in dessen substantivischer Verwendung finden; dabei hat das Verb mit dem Partizip ein weiteres Mittel, seine Bedeutung mit einer bestimmten Akzentuierung als Substantiv wirksam werden zu lassen. Manche dieser eigentlich auf flexivischem Wege erklärbaren Bildungen haben einen lexikalisierten Platz als selbständige Wortschatzeinheit gefunden; das gilt für Infinitivnomina wie das Schweigen oder das Leiden, aber auch für substantivisch verwendete Adjektive wie die Sterblichen. Wie dieser Typ von Wortartübergängen dazu dient, die verschiedenen Kategorien der Ausgangswortart nutzbar zu machen, sieht man an der passivischen Nominalisierung Getragenwerden ebenso wie an der Gesamtnominalisierung des Kopulaprädikats in Stummsein und Tätigsein oder an der komparativischen Nominalisierung das Bessere. In dem Nebeneinander von das Benannte und das Benennbare wird sichtbar, dass hier durch die Nominalisierung deverbaler Adjektive die Möglichkeit geschaffen wird, Modalität in den Substantivhereich zu transportierenin diesem Fall durchaus in Robert Musils klassischer Unterscheidung von Wirklichkeits- und Möglichkeitssinn. (83) Konversion a) Eine Birke vor dem Sternenhimmel: ideales Gegenüber. b) Das Glück der Augen des Gegenüber c) Ein Nichts tief erleben (Handke 1998, S. 114, 129, 137) In diesen weiteren Beispielen sieht man, dass das Benennbarmachen von Elementen weiterer Wortarten, hier Adverbien und Pronomina deutlich auffälliger ist. Hier werden Lexeme einer anderen Wortart es können auch größere Einheiten sein durch die Annahme der substantivischen Flexionsmorphologie zu setzungsfähigen Einheiten gemacht. Dieser Wortartwechsel auf der symbolischen Zeichenebene ist Konversion im eigentlichen Sinn. Gründe für die Präferenzen (84) Derivation a) Für die meisten ist "Erzählung" immer noch das (grausige) Gewölle, das ein Verschlinger der Wirklichkeit nach vollbrachter Tat hervorwürgt, während ich, Erzählerdas Ich als Erzähleran der Wirklichkeit schlucke, in Begeisterung und Trauer, in begeisterter Trauer. b) der begeisterte Versäumer c) Die höchste Erzählung ist nicht Beschreibung von Aktionen, Reflexionen, Reflexen, sondern die Wiedergabe einer Folge von Dingen; die Evokation einer ebenso unerhörten wie einleuchtenden Dingfolge, die Dinge, in einem einmaligen Zusammenhang wahrgenommen, der durch das Evozieren ein für allemal gilt. d) angezogen von den Schweigern, von den Schweigenden e) "Die Statue des Bedenkers": Ja, im Be-Denken wurde man statuarisch, im Bedenken, in der Tat. (Handke 1998, S. 117,211,229,247, 332) Hier sieht man in einer Reihe der Beispiele den Zusammenhang mit den bisher angesprochenen Techniken des Wortartwechsels, denn substantivische Derivation dient meistens ebenfalls der Transposition. Gerade die letzten beiden Beispiele mit dem Nebeneinander beider Möglichkeiten zeigen aber auch, dass wir uns mit der Suffixderivation in spezifischeren Arten der Umsetzung bewegen. Man sieht an den verschiedenen Belegen unter (84 ), wie die Suffixe die Möglichkeit bieten, eine der Relationen in dem dargestellten syntaktischsemantischen Zusammenhang zu binden, zu thematisieren. In einem weiteren Schritt wird die Technik der Inkorporation dazu genutzt, weitere Elemente einzubinden, ohne dass das Zweitelement unmittelbar eine lexikalische Einheit sein müsste (Beispiele (85]). Im Beispiel b) kann man sehen, wie diese Möglichkeit sogar zu einer Art Reanalyse einer lexikalisierten Bildung (Bergsteiger) genutzt wird. Man sieht an diesen Beispielen auch, dass der Übergang zwischen den verschiedenen Techniken der Inkorporation fließend ist. Handelt es sich bei Bergbesteiger wohl um eine Zusammenbildung, so bei Sommergewitterankündigung eindeutig um ein Rektionskompositum. (85) Inkorporation a) Sommergewitterankündigung b) Die Bergbesteiger sind unplatonisch. c) Der Blechbieger gestern abend (Handke 1998, S. 165,203, 343) Die Beispiele unter (86) dokumentieren den vor allem in fachlichen Zusammenhängen wichtigen Typ der explikativen Komposition. Was den fachlichen Charakter angeht, so scheint es normalerweise so zu sein, dass das Erstelement auf der erwartbaren normalen semantischen Ebene zugreift, um dann im Zweitelement auf eine generalisierende Abstraktionsebene geführt zu werden. Das literarische Beispiel c) spielt offenkundig mit diesem Effekt, in d) dient es der lexikalischen Einbettung einer Metapher: (86) Kompositionexpl a) den Auswirkungen des Modernisierungsprozesses schlechthin. ,Modernisierung' b) das Angebotsspektrum reicht vom ,klassischen' Nachtwächter[. ..] bis hin zum allenthalben boomenden Sicherheitsgewerbe. ,das Angebot'; (Beck 1997, S. 176, 188) Wortarten und Wortbildungsarten c) Jede Schreibaktion ,jedes Schreiben' d) vor der bretonischen Waldwand ,der bretonische Wald'; (Handke 1998, S. 396, 385) Nicht umsonst stammen die problemlosesten Beispiele für die substantivischen Determinativkomposita aus dem Bereich der Konkreta. Hier gibt es offenbar allerlei Benennungsbedarf, der durch die Herunterdifferenzierung von lexematisch festgelegten Konzepten, die semantisch auf der normalen Ebene der Benennung liegen, geleistet wird. Komposita, die auf dieser semantischen Ebene einsteigen und eine nachvollziehbare Differenzierung leisten, wirken normalerweise vergleichsweise unauffällig. Das sieht man auch an den Beispielen unter (87): Riegel, Schlösser, Pfeifen, Sprays, Pistolen, etwas weniger spezifisch auch Kameras, sind Objekte, die eine normalsprachliche Orientierung in der Welt der Sicherungsmöglichkeiten, von denen dieser Text spricht, entfalten. Erwartbar- und zum Teillexikalisiertist, dass nach betroffenem Objekt (Tür), Zweck (vorleg-), Art und Weise (triller-), Mittel (Pfeffer; Tränengas), Funktion (Alarm; Überwachung) differenziert wird. Am Rande -zur Inkorporationsteht die Bildung mit Geber, 51 das ansonsten dem Muster entspricht. Auffälliger, und daher mit einer zusätzlichen Instruktion versehen (,Ironiesignal') sind in diesem Kontext die funktionalen Abstraktionen über diesen aufgezählten Einzelobjekten: Mechanik, die zum (Ver)sperren, Elektronik, die zur Einfriedung dient. Auf derselben Ebene der semantischen Abstraktion liegen die Komposita Survival- Ausrüstung und Passiv-Bewaffnung; sie sind allerdings im Kontext auffällig, stammen sie doch aus martialischen Kontexten. Die formale Auffälligkeit der Bindestrich- Schreibung mag als zusätzliches Signal dafür gelten, daneben aber vor allem im ersten Fall auch der Kombination von neuer Entlehnung mit indigenem Zweitelement geschuldet sein. Deutlich stilistisch ist der Gebrauch des Bindestrichs bei Großbürger- Villen und Kleinbürger-Quartiere, wo auch sonst allesz.B. die Wahl der Basen, der gesuchte Parallelismusden Wunsch erkennen lässt, diese Benennungen als Typisierungen verstanden haben zu wollen. (87) Komposition Türriegel, Vorlegeschlösser, Mehrfachsicherungen, Alarmgeber und Überwa- TEXT 8 chungskameras breiten sich von den Großbürger-Villen in die Kleinbürger- Quartiere aus: Wohnen hinter einem Wall von Sperrmechanik und Einfriedungselekronik. Trillerpfeifen, Pfeffersprays, Tränengaspistolen, Elektroschocker gehören für immer mehr Leute zur individuellen Survival-Ausrüstung: Noch scheint in Mitteleuropa die Passiv-Bewaffnung die Heimkehr mit heiler Haut hinreichend zu gewährleisten. (Beck 1997, S. 187) 51 Geber ist mit entsprechender Bedeutung ,Gerät, das nichtelektrische Meßgrößen in elektrische umsetzt' im Duden-Wörterbuch (S. 1228) verzeichnet; der ebenfalls im Text vorkommende Elektroschocker ist eine Ableitung zu lexikalisiertem Elektroschock. Gründe für die Präferenzen 2.3.2 Adjektivtypisches RAHMEN- Gänzlich anders sind die Voraussetzungen beim Adjektiv. Das BEDINGUNGEN zeigt sich schonamBestand von primären ,einfachen' Adjektiven. Ihre Zahl liegt allenfalls bei einigen Hundert. Es handelt sich dabei um Wörter und oft auch um Paare wie in folgendem Beispiel: (88) primäre Adjektive I junge Frau und ältere Dame sehr groß, ein langes lockeres Knochengestell (Rehmann 1999, S. 8, 14) Von daher ergibt sich schon ein erhöhter Benennungsbedarf, der nicht nur aus Modifikationen bereits vorhandener Adjektive geleistet werden kann. Zum anderen zeigt die Wortart Adjektiv ein syntakto-semantisches Doppelgesicht, das sich in einer Vielzahl von Verwendungsbesonderheiten niederschlägt. Es gibt neben den eigentlichen Eigenschaftswörtern, den zentralen und prototypischen Adjektiven (Adjektiv I), (89) komplexe Adjektive I eine misstrauisch gewordene, menschenscheue Schönheit eine[...] stockfleckige Photographie (Ransmayr 1991, S. 131, 137) eben auch die nur attributiv verwendbaren Zugehörigkeitsadjektive (Adjektiv II). Für diese Funktion des Attributivums gibt es überhaupt keine primären Lexeme, bei ihnen werden immer Lexeme einer anderen Wortart transponiert. (90) Adjektive II und III wo sie sich in der Nachbarschaft handwerklich oder künstlerisch betätigen (Rehmann 1999, S. 15) ein handschriftliches Testament des Dichters (Ransmayr 1991, S. 136) TRANSPOSITION INKORPORATION MODiflKATION Die hier angedeuteten Tatbestände führen dazu, dass Transposition, also Wortartwechsel zum Adjektiv hin, die Produktivität und den Ausbau der verschiedenen Wortbildungsarten und Wortbildungsmuster entscheidend prägt. So nimmt die regelmäßigste Wortbildungsart mit dieser Funktion, die Derivation, beim Adjektiv die zentrale Stelle ein. spemsche Modifikationsklassen Zwei weitere Dinge kommen hinzu, durch die zumindest die zentralen Eigenschaftswörter unter den Adjektiven ausgezeichnet sind. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass sie gerne in antonymischen Paaren geordnet sind, wie das die obigen Beispiele schon zeigen. Bei den Zugehörigkeitsadjektiven mag dem entsprechen, dass auch sie Bereiche herausschneiden, in gewissem Sinn die Negation aller anderen Optionen darstellen, daher in ihrer Negation den Rest der Optionen benennen. 52 52 Am Beispiel nichtindianische Bevölkerung ausführlich dargestellt in Eiehinger (1982). 86 Wortarten und Wortbildungsarten (91) Wir werden da manchen Gruppen begegnen, die auf den ersten Blick sehr seltsam erscheinen, wie etwa "weißen Negern""nichtjüdischen Juden". (Beck-Gernsheim 1999, s. 13) Verträge können in schriftlicher oder nichtschriftlicher Form geschlossen werden. "Nichtschriftliche" Form meint nicht nur die mündliche Form. (Martin/ Drees 1999, s. 148) Zum anderen ist das Adjektiv ja als die Wortart gekennzeichnet, die graduiert, gesteigert werden kann. Das geschieht auf zwei Weisen, in der grammatischen Form der Steigerungsmorphologie mit Komparativ und Superlativ/ Elativ, aber auch durch lexika-grammatische Mittel. In beiden Fällen, der Antonymenbildung und der Steigerung, geht es um eine im Verhältnis zur Komposition mit ihren kombinierten Einzelbedeutungen abstraktere Art der Modifikation. Zu ihrer Domäne gehören modifizierende, d.h. linksdeterminierende Wortbildungsmorpheme. Die Präfixbildung ist an dieser Stelle und besonders mit diesen beiden Funktionen systematisch ausgebaut, aber auch bis in idiomatisierte Einzelbildungen verteilt. (92) Es ist ein tollkühnes Beginnen (Hacks 1987, S. 81) Daß seine Entfernung aus Rom [...]unumgänglich erscheinen mußte (Ransmayr 1991, s. 121) Worta~stf~ir~~; ~ Bei Wortartwechsel vom Substantiv her spielt, wie angedeutet, WOrtartWe<: hsel. ···· · die Suffigierung die entscheidende Rolle. Sie ist auch vom Verb her möglich und bietet einige der schlagendsten Muster für eine ganz systematische Anwendung von Wortbildungsregeln. Hier ist allerdings auch noch ein weiter Bereich der Konversion, den wir nicht als der Wortbildung zugehörig betrachten wollen, sondern als nominale Option im Verb, nämlich die adjektivische Verwendung des Verbs im Partizip. Dabei dient das Partizip I heutzutage im Deutschen ausschließlich der Signalisierung einer sekundären Verwendung eines verbalen Lexems, es hat ja keinen Platz mehr in der verbalen Flexion. Das Partizip II ist in dieser Hinsicht ein kritischerer Fall. Wenn man die analytischen Tempusformen und das Passiv als voll grammatikalisierte Formen des entsprechenden Verbs betrachtet, steht das Partizip II genau am Übergang zwischen flexivischer Verboption und Signalisierung nominaler Verwendung. 53 ,.~~·k~~~ ank~titiori Aber es ist offenkundig, dass diese sekundären Verbverwendungen die Möglichkeit in sich fassen, in ein solcherart neugeschaffenes Adjektiv Bindungen, die vom verbalen Lexem ausgehen, zu inkorporieren. So spielt denn Inkorporierung bei verbalen und mehr als einwertigen adjektivischen Basen eine wichtige Rolle. Dabei kommt es dann durchaus vor, dass sich solche Muster über ihren eigentlichen Bereich analogisch weiter ausbreiten. Es ist das einer jener Bereiche, wo sich dann Reihen von Bildungen mit demselben Zweitelement finden, die gegenüber dem selbständigen Vorkommen dieses Elements gewisse 53 Die angedeutete Hierarchie zwischen den beiden Partizipialformen bringt Harald Weinrich (1993) dazu, sie entsprechend anders zu benennen, Peter Eisenberg (1998) schließt das Partizip I aus dem verbalen Paradigma aus. Gründe für die Präferenzen Besonderheiten, vor allem eine bestimmte semantische Entleerung zeigen und zum Teil auch die syntaktische Normalverwendung wie einen stilistischen Sonderfall aussehen lassen. Diesem Übergangsbereich versucht man mit dem Begriff des Affixoids, hier spezieller des Suffixeides oder Halbaffixes beizukommen. Die Verwendung dieses Terminus tritt in neuerenArbeiten wegen seines prinzipiell diachronischen Charakters aber eher wieder zurück. Man betont jetzt eher den Zusammenhang zwischen den beiden Typen und spricht von einer speziellen Art der Komposition oder der Derivation. Sie gehört zweifellos unter den Oberbegriff der Inkorporation wie wir ihn hier verstehen. . Ko~pösiti~~ . Durch die genannten Faktoren ist aber der Bereich der eigentlichen Komposition, insbesondere der Determinativkomposition deutlich eingeschränkt. Sie beschränkt sich im Wesentlichen auf die am Rande der satzsyntaktischen Kodierbarkeit stehenden Relationen. Das sind einerseits Grund-Folge-Beziehungen, andrerseits die Relation der Bereichsrestriktion; dabei sind schon gewisse konsekutive Bildungen und vor allem das produktivste der Muster, die Vergleichsbildung, immer in ,Gefahr', zu lexikalisierten Graduierungspräfixen zu werden. Dagegen hat bei den Adjektiven, da es ohne weiteres möglich ist, sich eine additive Kombination zweier Eigenschaften zu einem neuen Ganzen vorzustellen, das Kopulativkompositum einen wesentlich größeren Raum als beim Substantiv, von dreizehn über süßsauer bis schwarzweiß: (93) Dies dreistnaive, sehnenwendige Kuriosum mit der verschmollten Schnute und den unrasierten Unterschenkeln! (Politycki 1997, S. 284) Auch beim Adjektiv lässt sich also zeigen, dass die Wortbildung ein Kontinuum im Spannungsfeld zwischen Transposition und Modifikation zur Verfügung stellt. Beim Adjektiv stellt sich zudem heraus, dass die morphologisch orientierten Beschreibungsmuster, die normalerweise relativ unmodifiziert von der Beschreibung des Substantivs übernommen werden, hier im Hinblick auf die funktionale Belastung der verschiedenen Bildungstypen eine deutliche Schiefsicht zur Folge haben. Das wird schon durch zwei Phänomene nahegelegt, die überall konstatiert werden. Zum einen liegt die Anzahl primärer Adjektive weit unter der Zahl von Substantiven, zum anderen sind die Adjektive durch Negierbarkeit bzw. Gegensatzbildung gekennzeichnet, was sich in einem deutlichen Gewicht auf präfixartigen Ausdrucksmitteln niederschlägt, die diesem Zweck dienen. Beides zusammen schwächt den beim Substantiv zentralen Typ der modifizierenden Wortbildung, die Komposition. Auch das andere Ende, das man hier fast nicht Transposition nennen will, ist ganz anders ausgestattet, ist durch den quasi-flexivischen Übergang zwischen Verben und Adjektiven im Bereich der Partizipien geprägt. (94) [... ]nach einem zwei Tage und Nächte tobenden Gewitter [...] am darauffolgenden Tag An der Mole versammelte sich eine verstörte Menge [...] einen goldenen, zerrissenen Schleier [...]unter dem schweißüberströmten Gewicht eines durchreisenden Mineurs (Ransmayr 1991, S. 121, 149, 120, 121, 124) 88 Wortarten und Wortbildungsarten Deri": atiorf Wenn man zudem die Verwendung von Adjektiven in Betracht zieht, die ja erst im Kontakt mit einem Bezugselement prototypisch mit einem Nomen bei der attributiven Verwendungihren eigentlichen Sinn erhalten, stellt sich neben dem flexivischen Übergang bei den Partizipien die Transposition durch Suffixe als der zentrale Teil der adjektivischen Wortbildung dar. Diese Suffixe zeigen zunächst, dass es sich um Adjektive handelt, d.h. sie stellen Junktoren zwischen den Basislexemen und den Bezugssubstantiven dar. Diese Funktion lässt sich recht schön an den mengenmäßig bedeutendsten drei Suffixen, -ig, -lieh und -isch sehen. Wenn sie auch generell signalisieren, dass das jeweilige Basislexem zum Adjektiv gemacht wurde, akzentuieren die verschiedenen Suffixe denn doch Unterschiedliches. Während das Suffix -ig über Vergleich (eine tiefe, pelzig angerauhte Stimme [Rehmann 1999, S. 8]), (übermäßiges) Vorhandensein (war er an den frostigen Rand geraten [ebd. S. 12]) oder Dispositionsangabe (in ihrer unauffälligen Behendigkeit [ebd. S. 14]) unmittelbar Eigenschaftswörter produziert, 54 funktioniert das Suffix -isch im Wesentlichen auf dem Weg der Klassenzuordnung (Statements über die richtigen Standpunkte, moralisch und politisch [ebd.S. 30]) und deren prototypische Wertung (Sie empfiehlt sie aber auch nicht als moralische oder ökologische Haltung eines "einfachen Lebens" [ebd. S.19]), das Suffix -lieh läßt im Kern noch seine Herkunft aus dem adverbialen Bereich erkennen (dass er augenblicklich gesunden würde [ebd. S. 15]). ··· ·· ·· J SU&i .· ·. ·· Wenn diese Suffixe auf den ersten Blick nicht viel mehr sagen, Z.E! l\t@ e, .. x~.,. als dass es sich bei den entstehenden Wörtern um Adjektive handelt, so lassen sich doch durchgehend die erwähnten Tendenzen beobachten. Dabei kann man -isch und -lieh gegenüber -ig dadurch zusammenfassen, dass sie die Eigenschaftsbestimmung über eine im Einzelnen unterschiedliche Art der Zuordnung leisten, wie z.B. bei den Adjektiven tänzerisch oder festlich, wo Typischesam Tanz oder einem Fest wahrgenommen wird. Dagegen leistet -ig die unmittelbare, allenfalls direkt durch einen Vergleich erzeugte Zuordnung eines Merkmals, bedeutet also eine Art ,haben' oder ,enthalten sein' oder ein ,sein wie'. Und das vor allem, wenn die Basen Substantive sind wie etwa in einem Adjektiv wie einmotorig. Bei verbalen Basen, die allerdings seltener sind, nimmt das Adjektiv fast so etwas wie eine dauerhaft gewordene Partizipialbedeutung an, man denke an Adjektive wie auffällig, das ja soviel bedeutet wie auffallend. Die Bildungen mit -isch und -lieh lassen sich voneinander nur dadurch unterscheiden, dass im -lieh häufig die alte adverbiale Bereichsangabe lebendig ist. In mittelhochdeutscher Zeit bildete man bekanntlich Adverbien zum Teil durch Anhängen des Suffixes -liehe. Bei vielen Bildungen ist nach wie vor deutlich, dass sie ursprünglich verbmodifizierend gedacht waren, so etwa das Adjektiv ordentlich in den folgenden Belegen: (95) Ein Wirbelwind, in dem sich mit Laub und Papierfetzen eine vollständige Zeitung drehte und im Fliegen sogar ordentlich auf- und zuklappte. Ihre Kinder waren dabei eher zufällig und eher Zeugen der Verbindung als ordentliche Familienangehörige. (Handke 1979, S. 104, 108) 54 Mit gewissen Randphänomenen: vgl. Wörter wie unterschwellig, die wie Eigenschaftsvarianten zu Bildungen wie dortig aussehen. Gründe für die Präferenzen 8g Die grundlegende Verwendung des Adjektivs ordentlich ist die der Modifikation eines Handlungsverbs, nämlich das ,etwas ordentlich zu tun' ist. Erst sekundär sind attributive Zuordnungen zu Substantiven, die nicht deverbal sind, wie hier bei Familienangehörige, wo eine sehr weitgehende Übertragung vorliegt, möglich. Die Bereichsangabe, die durch -lieh geleistet wird, ist also im Kern adverbial. Dagegen leistet -isch bei muttersprachlichen Basen einfach eine Bereichszuordnung, wobei durch das Basissubstantiv der Bereich genannt wird, aus dem die Eigenschaft zu nehmen ist. Diese Zuordnung kann mehr oder minder klar sein. Man vergleiche das folgende Beispiel: (96) [Er war] schnurstracks zu dem in irdischer Schönheit ihn grüßenden Giebelhaus gegangen. (Handke 1979, S. 89) Das eigentlich lexikalisierte Adjektiv irdisch hat hier offenkundig eine andere Bedeutung. Es nimmt sie zweifellos in irgendeiner, allerdings nicht einfach nachzuvollziehenden, Weise von der Zuordnung zu dem Bereich Erde her. Die meisten Fälle sind aber klarer deutbar oder lexikalisiert, so dass wir über ihre Bedeutung aus Tradition Bescheid wissen: (97) mochten sie in der Außenwelt einst auch zerstörerisch gewesen sein (und die Zerstörung immer noch fortsetzen). (Handke 1979, S. 12) Es ist die Eigenschaft, immer zu zerstören oder zerstören zu wollen, auf die hier durch die Bereichsangabe (zerstör( in der Basis hingewiesen wird. Das wird an dieser Stelle auch durch den Textzusammenhang mit Zerstörung ganz deutlich gemacht. Bei fremdsprachigen Basen ist das ein wenig anders. Von diesen lassen sich keine Adjektive mit -lieh bilden, so dass hier -isch die ganze Breite der Möglichkeiten abdecken muß: man überlege sich, ob man ein Adjektiv wie ironisch in dem folgenden Beleg eher adverbial fundiert oder als bezogen auf eine Bereichsangabe Ironie verstehen will. Vermutlich liegt hier die erste Interpretation näher: (98) Manchmal bin ich mir nicht ganz sicher, ob er ein Argument ernst oder ironisch meint. (Enzensberger 1985, S. 28) ... und ihre Aufgaben (99) -ig So ließen sich denn die großen Bereiche, welche die drei wichtigsten Adjektivsuffixe abdecken, mit folgenden Beispielen belegen. Eine bösartige Grimasse = ,von böser Art' Der Erdboden bucklig= ,mit vielen Buckeln versehen' rundschultriger, eifriger Volksbeamter =,runde Schultern/ Eifer habend' Die buschigen, hellen Schweife= ,wie Büsche' War Sorger [...] auffälliger als sonst= ,auffallender' (Handke 1979, S. 86, 86, 41, 20, 107) Ein Beleg wie rundschultrig zeigt zudem, dass das Haben oder Besitzen eines bestimmten Merkmals erwähnenswert sein muss, um zu einem neuen Adjektiv führen zu können. Dass Menschen Schultern haben, ist selbstverständlich und daher unwichtig, runde Schultern sind das Merkmal, das die Sache hier im Text interessant macht. Ähnliches könnte man von den folgenden Belegen sagen: go Wortarten und Wortbildungsarten (100) Die einmotorige Mietmaschine gelbköpfige Kometenbüschel (Handke 1979, S. 73, 33). Auch diese Adjektive geben jeweils eine spezifische Information im Unterschied zu anderen Optionen. Das bringt es auch mit sich, dass sehr häufig Bildungen auftreten wie eben einmotorig, wo ein Determinator wie ein mit dem Basissubstantiv Motor gemeinsam die Basis der Ableitung bildet. Diese Bildungstypen werden in den normalen Wortbildungslehren eher beiseite gelassen, da sie die übliche binäre Untergliederung vor erhebliche Schwierigkeiten stellen. Zentrale Beispiele bei den -isch-Adjektiven mit einheimischen Basen wären etwa die folgenden: (101) -isch Dieser begrüßt jetzt den ins Haus Tretenden mit einem wie schurkischen Blick der Überlegenheit. Schrecklich verführerisch Ein tragisches Geheimnis (Handke 1979, S. 73, 20, 22) Dem Bereich der Schurken, der Verführer bzw. des Verführens oder der Tragik werden jene Eigenschaften zugeordnet, welche in den Adjektiven ausgedrückt werden sollen. Wie schon erwähnt, steckt letztlich in -lieh der alte modale Kern. (102) -lieh Ein amerikanisches Weihnachtsliednicht probiert, sondern wie absichtlich falsch gespielt. Er glich ihnen nicht nur äußerlich. Seine Sprache war das Spiel, in dem er wieder beweglich wurde. Eine wie brüderlich wirkende Massigkeit. (Handke 1979, S. 68, 104, 104, 23) Es ist die Art und Weise der Modifikation, das ,wie', das die Einheit über diesen Bildungstyp liefert. Dem entspricht auch, dass bei deverbalen Bildungen nicht die aktivische Umsetzung des Verbinhalts wie etwa bei -ig vorherrscht, 55 sondern eine Art der passiven Modalisierung, diese zudem in meist stark idiomatisierter Form: (103) Daß diese Macht sich unwiderstehlich ausdehnt (Enzensberger 1985, S. 23). Die Geschichte der unvergleichlich anderen Bewegungen (Handke 1979, S. 19) Hier ist von etwas die Rede, dem ,nicht widerstanden werden kann', mit dem ,nichts anderes verglichen werden kann', und doch wäre ein Wort unwiderstehbar, wenn es das gäbe und nicht vergleichbar etwas anderes. Die Bildungen mit -lieh haben über die passiv-modale Bedeutung ,das kann getan werden bzw. kann nicht getan werden' eine Gesamtbedeutung erlangt, die ihnen im Lexikon als idiomatisierten Ausdrücken zukommt. 55 Vergleiche "Die Moskitos, wenn sie torkelig daherflogen" (Handke 1979, S. 24) (,torkelnd'). Gründe für die Präferenzen .'~i 'Zösa~tti~ri~ ... g,.ass~ " , Die drei großen Adjektivsuffixe des Deutschen, so könnte man resümieren, leisten im Wesentlichen die Arbeit der Transposition von Inhalten, die primär in anderen Wortarten, vor allem dem Substantiv und dem Verb lexikalisiert sind. Die Suffixe -ig, -lieh und -isch zeigen im Kern ihre ganz spezifische Weise dieses Umsetzungsvorganges wenn es dann natürlich auch unklarere Fälle und Übergänge gibt. Die -isch-Adjektive bezeichnen die Eigenschaften über eine Angabe des Bereichs, aus dem man die jeweiligen Eigenschaften deduzieren soll. Sie sind daher zentral von Substantiven gebildet und leiten uns an, nach stereotypen Eigenschaften zu suchen, die man mit einem Substantiv verbinden könnte. So bekommt gemäß dem alten Scherz, dass das Schwein seinen Namen zu Recht trage, da es ein sehr unreinliches Tier sei, das Adjektiv schweinisch eine Bedeutung irgendwo im Bereich von ,übel, unanständig'. Auch Bildungen, die inhaltlich eher auf die jeweiligen Verben zu beziehen sind, werden formal so ausgedrückt, als seien sie eine Bereichsangabe zu einem Substantiv; das kann man an dem oben bereits zitierten Beispiel sehen: (104) Aus welchem schrecklich verführerisch[...] der Sog[...] kam. Wenn wir auch inhaltlich hier eher die Tendenz haben, die Bedeutung von verführerisch unmittelbar in eine verbale Bedeutung wie ,anlockend' umzus~tzen, d.h. das Wort im Wesentlichen als verführend zu verstehen, ist hier immerhin noch eine formale Ableitung zu dem existierenden Substantiv Verführer möglich. Bei anderen solchen Bildungen wie etwa halsbrecherisch in einer Verwendung wie die halsbrecherische Klettertour lässt sich auch formal diese Herleitung nicht mehr halten, da es den * Halsbrecher nicht gibt. Man sieht, dass wir uns hier mit diesen -isch Adjektiven in der Nähe der Adjektive auf -lieh befinden. Denn die Adjektive auf -lieh leisten in ihrem Kern, wie gesagt, eine adverbiale Zuordnung der Art und Weise. Um auch das noch einmal an einem Beispiel auszuführen: (105) Gegen den er sich tatsächlich einmal gerichtet hatte (Handke 1979, S. 22). Die Modifikation der Art und Weise, die wir in tatsächlich finden, ist genau die Modifikation der Wirklichkeit, die der Satzmodus und die sogenannten Satzadverbien leisten. Auch restriktive adverbale Beziehungen werden so aus formal ganz unterschiedlichen Basen transponiert: (106) das mit christlichen Grundsätzen inner- und zwischenstaatlicher Ordnung zu konkurrieren wagte (Koselleck 1992, S. 354). In anderen Fällen ist es die Beziehung der Art und Weise, wie sie in Adjektiv-Adverbien enkodiert wird, von der die Basis der Bedeutung geliefert wird: eine glückliche Einheit (Handke 1979, S. 23). Auch synchron nicht mehr als desubstantivisch erkennbare Bildungen wie gewöhnlich funktionieren so. Da -lieh, wie bereits erwähnt, nicht zu fremden Stämmen treten kann, wird die adverbiale Umsetzung bei Basen aus Fremdwörtern von -isch mit übernommen. Den zentralen deverbalen Teil der -isch- Adjektive bilden die oben diskutierten modal-passivischen Schemata. Es gibt allerdings auch seltener aktivische Bildungen vom Typ erfreulich ,erfreuend'. 92 Wortarten und Wortbildungsarten Sind sich nun aber die Bildungen auf -isch und auf -lieh insofern noch einig, als sie nicht unmittelbar die Zuordnung von Eigenschaften signalisieren, sondern über Bereichszuordnung (über den Typ Adjektiv II) bei -isch bzw. über Handlungsmodifikation (über den Typ Adjektiv III) bei -lieh zur Benennung von Eigenschaften (zum Adjektiv I) kommen, signalisiert das Suffix -ig unmittelbar, dass es sich bei dem entstehenden Wort um ein Eigenschaftswort handelt. Das heißt auch, es gibt keine Zugehörigkeitsadjektive auf -ig, wenn man von den deadverbialen Bildungen vom Typ heutig, dortig absieht, deren Status unklar ist. 56 Bei desubstantivischen Bildungen mit dem Suffix -ig wird die Eigenschaftszuordnung im Normalfall durch die Relation des Besitzens oder Anteilhabens (vgl. Adjektive wie waldig oder steinig) bzw. durch eine Vergleichsrelation ,sein wie etwas' (vgl. Adjektive wie wollig) geleistet. (107) Schwalben, von ihrem Schwarm verlassen, weißbäuchig, dicker und viel kleiner als anderswo. (Handke 1979, S. 51) Das ,Haben eines weißen Bauches' als ein spezifisches Charakteristikum, nicht ein zufälliges Merkmal für den Moment, das ist die Bedeutung, die durch Bildungen wie weißbäuchig signalisiert wird. In den deverbalen Fällen ist die Bedeutung fast partizipial zu nennen (vgl. durchlässig, das fast etwas ist wie ,durchlassend'). Nur wird beim Adjektiv die Handlung oder ihr Vorgang, die im Verb ausgedrückt sind, zu einer Disposition, also auch zu etwas prinzipiell Dauerndem, gemacht: (108) In einen dämmrig-sonnigen Raum (Handke 1979, S. 51) Ein dämmriger Raum ist eben ein Raum, in dem es prinzipiell dämmert, der in gewissem Sinne zum Dämmern neigt. Die drei bisher besprochenen Suffixe bieten zwar leicht unterschiedliche Möglichkeiten, zu neuen Eigenschaftswörtern zu kommen, prinzipiellliegt ihnen aber insofern noch ein relativ einfaches Muster zugrunde, als sie im Hinblick auf die auszudrückende Eigenschaft eine Ja-Nein-Entscheidung darstellen. Die Adjektive auf -isch, -lieh und -ig drücken aus, dass eine bestimmte Eigenschaft vorhanden ist, allenfalls kann die Zuordnung negiert und solcherart eine antonymische Eigenschaft postuliert werden. zusätzliche Offenbar besteht aber im Bereich der Eigenschaften an bestimm- Differenzierung ten Stellen ein Differenzierungsbedarf, der durch die Suffixe nicht hinreichend gestillt wird. Dort werden Mittel entwickelt und ausgebaut, die in genauerer Weise signalisieren, von welcher Art die Beziehung zwischen der Basis des Adjektivs und dem Bezugssubstantiv ist. Dieser wird durch verschiedene Elemente mehr Relief verliehen. Drei wichtige inhaltliche Bereiche, wo das offenkundig der Fall ist, sind erstens die Relation des Habens bzw. Vorhandenseins, dann die Vergleichsrelation, wie sie 56 In gewisser Weise zwischen den Gruppen steht auch der Typ adelig, wie auch die prädikative Verwendbarkeit zeigt. Gründe für die Präferenzen 93 etwa in wollig vorliegt, und schließlich der Bereich der Modalisierung von Handlungen, d.h. grob gesagt des Könnens oder Wollens. d h S ffi Zum Teil, allerdings zu einem geringeren Teil, hat das Suffixsy- ··· urc u xe stem der Adjektive selbst schon Möglichkeiten ausgebildet, um solche Lücken auszufüllen. Man denke etwa an ein Suffix wie -haft, das den Vergleichscharakter des Adjektivs gegenüber möglicherweise entsprechenden Bildungen auf -ig verdeutlicht. (109) Das wannenhafte Plätschern; einen ruckhaften [...] Taumel; wirkt er[ ... ] puppenhaft; mit einem tierhaften[ ... ] Geschnarch; ganz hamsterhaft (Handke 1979, S. 11, 19, 23, 26, 35). mit riesigen, mausmakihaft aufgerißnen Augen (Politycki 1997, S. 19) Das -haft in all diesen Bildungen fordert uns dazu auf, uns Gedanken über den Vergleich zu machen, der diesen Bildungen jeweils zugrundeliegt. Diese Aufgabe ist zweifellos ohne Kontext unterschiedlich schwierig, die Bildungen zeigen aber sehr schön, dass neue Adjektive, die man normalerweise in keinem Wörterbuch findet, der Stützung durch den Text bedürfen. Was immer man sich unter Wannenhaftern Plätschern vorstellen kann, im Kontext wird es klar: diese Beschreibung wird im Gegensatz zu den wilden Wellen des Meeres für einen sanft heranplätschernden Fluss verwendet. Die Puppenhaftigkeit im nächsten Beispiel wird durch den Kontext auf eine mechanische Starrheit eingeschränkt. Diese Bedeutung ist nicht gänzlich unüblich, gibt es doch eine Reihe von Werken der deutschen Literatur, in denen die Marionette oder die Puppe als die mechanische Menschentsprechung aufgeführt werden. In den anderen Fällen sind der sammelnde Hamster und das großäugige Nachttier die einen Vergleich ermöglichenden typischen Eigenschaften. ... durch spezifi- Nun kann aber die einfache Instruktion, genauerauf das ,wie' zu schere Junktoren achten, in dem einen oder anderen Fall auch nicht ausreichen. Für diese Fälle hat die deutsche Sprache in den letzten Jahrzehnten eine Reihe von Mustern ausgebaut, die in den üblichen Wortbildungslehren als Halbaffixe geführt werden. derArtl.mc: lWeistL~ Sie erlauben eine genauere Signalisierung, wie zum Beispiel der Vergleich der Art und Weise zwischen der adjektivischen Basis und dem Bezugsnomen, um das es geht, zu verstehen ist. So hat sich z.B. ein Suffix -artig herausentwickelt. Wir haben oben schon das Adjektiv bösartig diskutiert. Ausgehend von solchen und ähnlichen Bildungen, hat sich das Element -artig mit der Bedeutung ,nach Art von' in einer Weise verselbständigt, die es in vielen Fällen nicht mehr erlaubt, in der Beschreibung auf das Substantiv Art zurückzugreifen. Es sei hier nur der Beginn der langen Liste aus Muthmanns Rückläufigem Wörterbuch mit solchen Bildungen zitiert: (110) Veranda-, zebra-, trieb-, sieb-, gold-, hemd-, sand-, gelatine-, grippe-, bronze-, trance-, creme-, pique-, see-, relief-, krampf-, schopf-, kropf-, scharf-, torf-, schlag-, teig-, talgartig (Muthmann 1988, S. 358) 94 Wortarten und Wortbildungsarten Und niemals einer von diesen ästhetischen Henkergesellen, die eine kalte Klinge im Auge haben, die Guillotine-Blicke auf dich werfen und fallbeilartig Urteile fällen. (Strauß 1997, S. 72) Die Beispielliste bei Muthmann geht vier Spalten weiter. Man kann sich anhand von Beispielen, in denen beides, nämlich Suffixe und Halbaffixe möglich sind, fragen, was der Unterschied zwischen den Bildungen ist. So gibt es etwa triebhaft neben triebartig oder ruinenhaft neben ruinenartig. Nun ist aber -artig, wenn auch schon spezieller als die Suffixe, immer noch eine relativ allgemeine Modifikation der Art und Weise. Es bilden sich für besonders wichtige Relationen dann noch eigene Halbaffixe heraus. Für das menschliche Handeln besonders wichtig scheint offenbar die Form von bestimmten Dingen zu sein. Daher gibt es eine große Menge von Bildungen, die das zweite Element -förmig an sich tragen; auch hier seien nur die ersten Beispiele aus dem Rückläufigen Wörterbuch zitiert: (111) delta-, stab-, sieb-, rad-, schild-, band-, handfömig usw. Ja, noch eine weitere Differenzierung ist systematisch ausgebaut, die den Vergleich des ,Wie etwas sein' als Ähnlichkeit genauer bestimmt: (112) sieb-, tweed-, gold-, hunde-, eheähnlich usw. Es handelt sich bei diesen Bildungen aber nicht, wie es scheinen möchte, um relativ beliebige Komposita, ist doch der Bedeutungsschwerpunkt eher auf dem Erstglied, man versteht die Bildungen in (97) weniger als Spezialfälle von Ähnlichkeit, sondern mehr als Variationen von z.B. Sieb + ,Art von'. Analog sind die Bildungen in (96) kaum Ableitungen zu Komposita vom Typ Siebform, sondern Spezifizierungen der Art-und-Weise-Modifikation im Hinblick auf die Kategorie ,Form'. Man kann hier die Abwandlungen nach ,Art', ,Form' und ,Ähnlichkeit' als ein Paradigma betrachten, in das die Zuordnung nach der Art und Weise ausdifferenziert werden kann. des Habens. In ähnlicher Weise kann man sehen, dassinneuerer Zeit der Bereich des Habens oder Nichthabens mit den Abstufungen dazwischen, der, wie gesagt, durch die -ig-Adjektive nur pauschal in einer Ja-Nein-Entscheidung angesprochen wird, mit einer endlichen Reihe solcher Halbaffixbildungen ausdifferenziert werden kann. Vor allem gibt es in diesem Feld neuerdings eine Tendenz, genauer zu spezifizieren, ob bestimmte Stoffe, die wir haben wollen, oder die wir nicht haben wollen, in geringerer oder größerer Menge irgendwo enthalten sind: So gibt es, um das unnütze oder schädliche Fett zu meiden, fettarme Lebensmittel, d.h. solche, die wenig Fett enthalten, ja zum Beispiel sogar fettfreie Milch; will man neutral davon sprechen, könnte man von bestimmten Nahrungsmitteln, aber zum Beispiel auch von Cremes sagen, sie seien fetthaltig, wenn irgendwo viel Fett enthalten ist, kann man das mit dem Adjektiv fettreich ausdrücken. Das heißt, wir haben hier mit einer festen Reihe von Bildungen mit den immer wiederkehrenden Zweitelementen -frei, -arm, -haltig, -reich die Möglichkeit, etwas, was Eigenschaftswörtern inhärent ist, nämlich die Fähigkeit, gesteigert zu werden, in einem lexikalischen Paradigma ausgebaut. Gründe für die Präferenzen 95 d. ····· · · Auffällig ist der Ausbau solcher paradigmatischen Verhältnisse er Modalität auch im Bereich der Modalitäten, also von Bildungen, die in irgendeiner Weise eine Modifikation von ,können', ,müssen', ,wollen' oder ,dürfen' ausdrücken. Wir haben gesehen, dass zumindest die Bedeutungsvariante ,können + Passiv' (passivisch-modal) bei den -Iieh-Adjektiven eine gewisse Rolle spielt, nicht zuletzt in negierter Form: so wenn zum Beispiel jemand einen unverzeihlichen Fehler begangen hat. Wie man an dieses Beispiel gleich anhängen kann, gibt es ein eigenes Bildungsmittel speziell für dieses Muster, nämlich das Suffix -bar. 57 Man kann praktisch zu jedem transitiven Verb solch ein Adjektiv bilden: essbar, trinkbar usw., so auch z.B. unverzeihbar. Wenn man dieses Wort gegen das formal verwandte unverzeihlich hält, sieht man, dass die -bar-Bildungen viel wörtlicher zu verstehen sind. Gegenüber diesen rein passiven Bildungen entwickelt sich eine große Menge von Bildungen mit dem Halbaffix -fähig, die eine aktivische Sicht oder zumindest eine Sicht implizieren, bei der das Subjekt stärker beteiligt ist. Auch hier zunächst einige Bildungen, wie sie das Wörterbuchüber Seiten hinaufführt: (113) erb-, schuld-, beihilfe-, ehe-, aufnahme-, reise-, see-, hoffähig Diese Bildungen haben den Vorteil, zur Verkürzung auch viel komplexerer Verhältnisse gebraucht werden zu können. Dazu nutzen sie die inkorporierende Kraft der in {fähig zu} angelegten rektionalen Anbindung. Und wenn auch die Bedeutung von fähig zu einer allgemeineren Möglichkeitsvariante reduziert ist, so bleibt doch diese Bindungsfähigkeit der Kern dieser Bildungen. Wenn man etwa ein Wort wie beihilfefähig betrachtet, das gerne in Fügungen wie beihilfefähige Aufwendungen vorkommt, dann kann man sehen, dass es sich ungefähr auflösen lässt als: Aufwendungen, die von der Beihilfe anerkannt werden können. Niemand allerdings würde das so auflösen. Die kulturelle oder intertextuelle Kenntnis ermöglicht es, den Zusammenhang von Beihilfe und ,können', der in dieser Bildung enthalten ist, aufzulösen, ohne die Einzelteile und ihren Zusammenhang genauer zu interpretieren. Als ein Beispiel der bewusst genutzten Ambivalenz in diesem Bereich mag der folgende Beleg dienen: (114) [... ]machte ihn beziehungsfähig und wahlfähig, im zweifachen Sinn: er konnte wählen und gewählt werden. Von wem? Von wem auch immer; er wollte nur wählbar sein. (Handke 1979, S. 16) Ansonsten können die Modalisierungen in gewissem Sinn ebenfalls graduell weiter ausdifferenziert werden. Dafür nur einige Beispiele 57 Nur das heute produktive deverbale Muster, nicht das noch in historischen Resten erhaltene desubstantivische mit der ,Tragen'-Bedeutung von -bar: fruchtbar usw. Eisenberg (1998, S. 269) stellt allerdings völlig zu Recht fest: "Unter den kategorienverändernden Derivationssuffixen dürfte es [...] kaum eines geben, das mit so hoher Regelmäßigkeit angewendet werden kann wie bar. Als Derivationssuffix ist bar eher untypisch und nicht etwa eine >ideale< oder gar prototypische Wortbildungseinheit." g6 Wortarten und Wortbildungsarten (115) • WOLLEN -willig: aussage-, ehe-, impf-, blüh-, lern-, opferauch negiert: zahlungsunwillig -freudig: • KÖNNEN -kräftig: -trächtig: • MÜSSEN rede-, geburten-, schalt-, drehfreudig heil-, deck-, zahlungskräftig skandal-, zukunfts-, profitträchtig -pflichtig: maut-, rezeptpflichtig • (NICHT) DÜRFEN -widrig: ehe-, form-, rechtswidrig Man kann sehen, dass es sich zum Teil um Steigerungen der Bereitschaft, des Grades der Beteiligung handelt, zum anderen (widrig) um den unmittelbaren Ausdruck negativer Eigenschaften, was etwas ist, das sich mit den normalen Suffixen nicht realisieren lässt. Wir wollen die Aufzählung solcher Bildungen hier abbrechen. Man kann auf jeden Fall sehen, dass hier zu der Verbindung zwischen der Basis des Adjektivs und dem Bezugssubstantiv gegenüber den Suffixen, die nicht viel mehr als eine leicht spezifizierte Markierung der Tatsache bezeugen, dass es sich hier um Adjektive handelt, eine zusätzliche Information hinzukommt. Bestimmte kommunikativ relevante Kritierien für eine Einordnung werden in einer Reihe paradigmatisch aufeinander bezogener Bildungstypen in ein Raster grober generellerer Klassen eingeordnet. ·d h s · · Darüber hinaus finden sich bei den Adjektiven eine Vielzahl von .•. urc zeneni.ndikatoren Bildungen, deren Zweitglied ein Partizip ist, das seinerseits das Erstglied syntaktisch und semantisch bestimmt. Das klingt so, als handle es sich hier um Komposita, und als Partizipialkomposita werden sie meistens in der Literatur geführt. Entgegen dem ersten Anschein handelt es sich aber auch hier funktional weniger um die Differenzierung einer partizipialen Basis, als um eine nochmals um eine Stufe gerrauere Einordnung des Verhältnisses zwischen dem Erstglied solcher Konstruktionen und dem Bezugssubstantiv. All diese Bildungen sollen als die zweite Art der adjektivischen Variante von Inkorporation verstanden werden. Das macht hinreichend klar, dass die Frage, ob es sich um Komposition oder -bei den sogenannten ,Halbaffixen'um Derivation handelt, eigentlich gar nicht richtig gestellt ist. Die in dem Junktor angelegte Leerstelle erfordert eine inkorporierende Füllung: davon spricht nicht zuletzt das Mitwirken der ,Verbform' Partizip. Aber zurück zur den partizipialen Inkorporationen: (116) • rückwärtsgerichteter Kindersitz (adac S. 12); eine Marketingstrategie, die Deutschland viel erlebnisorientierter vermarktet; unsere eher mentalitätsbedingten Probleme (adac S. 60) • Sie reinigt es mit zitrusduftendem Olivenöl, die kakaogebutterte Haut, ein feuchtigkeitsspendendes Gel, keine benzingetriebenen Fahrzeuge, die männerdominierte Türkei (SZ, S. 13) Gründe für die Präferenzen 97 • jahrhundertespiegelnde Tennendächer (Handke 1997, S. 152), die floskelbeschilderten Friedhöfe (Handke 1997, S. 157) • Ein hermetisches, erhöhtes zeitentbundenes Erleben (Strauß 1997, S. 55) Es geht in all diesen Fällen eigentlich um eine spezielle Art der Beziehung zwischen rückwärts und Kindersitz, Erlebnis und Vermarktung, Mentalität und Problemen, Zitrus(frucht) und Olivenöl, Kakaobutter und Haut, Feuchtigkeit und Gel, Benzin und Fahrzeug, Männern und Türkei, Jahrhunderten und Tennendach, Floskeln und Friedhöfen, Zeit und Erleben. Die denkbare Beziehung wird durch das Verbindungselement spezifiziert, manchmal in überraschender Weise spielerisch verfremdet. So z.B. bei die kakaogebutterte Haut: die allgemeine Beziehung des ,Bestreichens' wird lexikalisch als bebuttern realisiert, was eigentlich nur bei Broten statthaft ist, aber möglich wird, da ein Sonnenschutz- und Bräunungsmittel Kakaobutter heißt. Ähnlich ließen sich die anderen Beispiele interpretieren. Das heißt, funktional geht es hier nicht um die Spezifizierung von beschildern durch ,mit Floskeln', sondern um die Differenzierung der Beziehung zwischen Friedhof und Floskeln dadurch, dass ,Floskeln' in die szenensetzende Kraft des Junktionselements in Form eines Part II eingebunden wird. ~OMPOSITA In diese Kategorie gehören denn auch die Adjektivkomposita, die von der Relationalität des Zweitglieds leben. Sie sind der andere Typ von Inkorporation: (117) Siliconharz-Fassadenfarben wie etwa Amphisilan sind wasseroerdünnbar, umweltschonend und geruchsarm. Sie sind in hohem Maße wasserabweisend und wetterbeständig nach VOB. Ferner sind sie nicht filmbildend und mikroporös. (wohnen S. 67) Dagegen sind eigentliche Determinativkomposita, also solche mit einem nichtrelationalen Zweitelement eher selten und tendieren zu adjektivtypischer Uminterpretation. Es gibt sie aber: (118) [...]an die mannshohen Farne (Ransmayr 1991, S. 121) Das Korngrün maidunkel und fett. [...]eine kabeldicke Sehne schwillt an. die eiskalten Mutanten der Mnemosyne (Strauss 1997, S. 12, 38, 56) Vor allem modale Bildungen wie eiskalt rücken mit ihrer steigernden Bedeutung in die Nähe der bei den Adjektiven im Vergleich zum Substantiv deutlich stärker ausgebauten Präfixbildungen; zu ihnen wären sicher die folgenden Bildungen zu rechnen: (119) Wie die blutjungen Troilus und Cressida in hochzivilisierten Ländern Die Äcker waren frischgepflügt, blitzsauber (Strauß 1997, S. 83, 138, 206) Wie diese Bildungen funktionieren, lässt sich im Übergangsbereich gut zeigen: (120) Aus dem Gepäck kramt er eine feuerrote, mit farbigen Blumen- und Tiermotiven geschmückte Robe aus Damast (Braunger 1995, S. 12) g8 Wortarten und Wortbildungsarten ,Rot wie Feuer' ist die Robe: dennoch liegt auch in dieser Bildung schon der Kern zu einer anderen Deutung: bei Eigenschaftswörtern, hier einem Farbwort, können die verschiedenen Unterabteilungen wie die Grade einer Eigenschaft gelesen werden, gerade bei jenen häufig ,absolut' genannten Eigenschaften, die der normalen morphologischen Steigerung nicht zugänglich sind. Was könnte ,röter' sein als ,feuerrot'? So ist denn auch jemand der aschgrau im Gesicht ist, besonders grau, und jemand, der mausetot ist, ist sprachlich ganz besonders tot. So sieht man am Beispiel der Steigerung, wie sich hier lexematisch selbständige Elemente in ein Muster einbinden, welches adjektivtypischer Modifikation, spezifischer: der Steigerung dient. Ähnliches ließe sich auch für Negation und Antonymenbildung zeigen. (121) der dem Fremden ein unheizbares [... ]Zimmer[ ...] vermietete. (Ransmayr 1991, S. 8) Bei der Bedeutung solch modifizierender Kategorien verwundert es denn nicht, dass die Präfixbildungen beim Adjektiv eine entscheidende Rolle spielen. Hauptfunktion der adjektivischen Wortbildung ist also die Junktion; die Suffixe zeigen mehr oder minder nur den Adjektivstatus und ganz grobe Zuordnungsregeln des Eigenschaftstyps an, in der Inkorporation bauen die sogenannten Halbaffixe kommunikativ relevante Grobkategorien paradigmatisch aus, sie bringen Relief in die Szene und die Partizipialbildungen erlauben es, die Besonderheit einzelner Beziehungen noch dadurch zu vertiefen, dass sie zur Verdeutlichung der Verbindung eine Verbszene aufrufen. Das soll nicht weiter ausgeführt werden, vielmehr soll auch am Ende dieses Kapitels eine Übersicht zu den Funktionen der Wortbildung innerhalb der Wortart Adjektiv stehen. Als Konstante kann man immerhin feststellen, dass es einen Kernbereich der Wortbildung gibt, der durch Transposition geprägt ist und einen Kernbereich, der von Modifikation gekennzeichnet ist. Das sind beim Adjektiv die Suffixableitungen und die Präfixbildungen, während die Determinativkomposita dagegen an Bedeutung eher zurücktreten. Dem entspricht, dass auch der Teil der von uns behandelten Prozesse deutlich von den Verhältnissen beim Substantiv abweicht, den wir mit dem Oberbegriff der Inkorporation gekennzeichnet haben. Aufgrund der syntaktischen Relationalität und Aktualisierung nur mit einem Substantiv, dem es zugeordnet ist, haben Konstruktionen, die formal durch die Abhängigkeiten, die von Zweitelementen mit Adjektivcharakter ausgehen, geprägt sind, einen intermediären Status, sie verbinden die Basis mit dem Bezugsnomen. Im Sinne dieser abgestuften Junktion verschiebt sich somit der Bedeutungsschwerpunkt deutlich auf die linken Elemente. So ergibt sich eine funktionale Reihe vom Suffix über das sogenannte Halbaffix zum partizipialen Zweitglied. Sie stellen drei Stufen der Präzision dar, in der wir die Beziehungen zwischen adjektivischer Basis und Bezugsnomen variieren können. Auf der anderen Seite gibt es in der Bildung der Partizipialformen einen einfachen morphologischen Weg eines verbalen Lexems in die Verwendungsmöglichkeiten eines Adjektivs hinein. Wir wollen das als die Ausfüllung einer sekundären Funktion dieser Lexeme verstehen. Dagegen stellt die eigentliche Konversion beim Adjektiv keine bedeutsame Möglichkeit dar: sie macht zunächst auch Halt beim Übergang in die Gründe für die Präferenzen 99 unflektierten Möglichkeiten des Adjektivs rechts von N. So ergibt sich, bei scheinbar ganz ähnlichem Inventar, doch eine deutliche Verschiebung gegenüber den Verhältnissen beim Substantiv. Sie hat mit der unterschiedlichen syntaktischen Einbindung der beiden Wortarten zu tun. '.~.c~~ •'' B~iseitegelassen habe~ wir einen Bereich, de~ sich alle~dings formal ; i~M~~~,··~ n: cht be~on~ers a_~szetchnet, s? ndern eher ~eigt, dass die .Entste~ung · ·· ···· ·· · · emes Adjektivs starker semantisch betont sem kann als bei den hisher besprochenen Beispielen (Adjektiv I), aber auch mehr syntaktisch betont als bei den Zugehörigkeitsadjektiven (Adjektiv II). Sie ermöglichen einfach die attribuierende Relationierung von zwei Basen, ohne der Adjektivbasis den Charakter der Eigenschaft zu verleihen: (122) Im gegenständlichen Fall habe der römische Bürger Publius Ovidius Naso die Residenz[ ...] verlassen. (Ransmayr 1991, S. 131) Dazwischen stehen die eigentlich auf adverbale Modifikation zurückgehenden Bildungen (Adjektiv III): (123) Über den vorliegenden Reiseantrag war daher spruchgemäß zu entscheiden. (Ransmayr 1991, S. 131) ·· · ·· · •· · ·· J • Die Möglichkeiten adjektivischer Wortbildung reichen somit von der •.·• di~ ~itter flexionsmorphologischen Enkodierung: (124) von jenem verrußten Balkonzimmer dieser Prozeß der fortschreitenden Sprachlosigkeit (Ransmayr 1991, S. 132, 134) und punktuell anderen Formen der Konversion: (125) Finden Sie das auch super? zunächst bis zu den Suffixbildungen, die ebenfalls die Wortart fixieren, dann aber auch gewisse klassematische Unterscheidungen klarlegen: (126) neben der halboffenen Tür zu einem spartanischen Bad[ ...] der kolossale Schreibtisch in der Mitte, dahinter der hochlehnige, geschnitzte Arbeitsstuhl [...] und am entfernten Ende eine spärliche Sitzecke (Rehmann 1999, S. 57) Die Suffixe -al und -ig führen direkt zu Eigenschaftsbenennungen, -isch vergleicht über die Zugehörigkeit zu Sparta, und die Fügung von der spärlichen Sitzecke irritiert deswegen leicht, weil -lieh eher auf die adverbialen Wurzeln verweist. Dann kommt man, auf dem Weg hin zu wortbildungsmäßig expliziteren Wörtern, bei jenen Bildungen vorbei, die in unterschiedlicher Weise Nutzen ziehen aus den rektionalen und dependentiellen Anlagen von adjektivierenden Zweitelementen. Hier zeigt sich der syntaxnahe Teil der adjektivischen Wortbildungsarten. (127) geheimnisvolle Andeutungen (Rehmann 1999, S. 56) die ehrwürdige Tradition (Rehmann 1999, S. 57) gekoppelt mit der revolutionsprophylaktischen Empfehlung (Koselleck 1992, S. 355) 100 Wortarten und Wortbildungsarten Gegenüber der sonst bei der Modifikation dominanten Komposition fällt hier auf, dass semantische Kategorien, die in einem gewissen Bereich innerlexikalisch oder morphologisch gelöst werden- Negation und Graduierungin verschiedene Typen von Präfigierung eingehen. (128) Wo er doch eine urdeutsche Regung ist (Rehmann 1999, S. 55) Bei der Komposition ist dafür auffällig, dass die Addition von Eigenschaften zu neuen abgewandelten Eigenschaften, also formal das Kopulativkompositum, einen stärkeren Stand hat: (129) eher bürgerlich-demokratisch als ökonomisch-materialistisch akzentuiert (Koselleck 1992, S. 378) (130) Tabelle 2 ADJEKTIVISCHE SETZUNG TRANSPOSITION Name Wortartwechsel I: Wortartwechsel II: Derivation Inkorporation I: Umkategorisie- Konversion Derivation I rung Komposition Vorgang Optionenwahl Transponierung Strukturierung Typisierung Ausgang Nominale einzelne Lexeme reihenbildendes Verbformen Substantive regierendes Zweitglied Ziel Partizip Adkopula Derivat Kompositoid Technik Lexematische und Lexematische Lexematische Lexematische formale Merkmale Merkmale der Merkmale der Merkmale des der nominalen Ausgangswortart; Basis; sortie- Erstelements; Formen der Wortadjektivische Disrende Affixe Paradigmatisieart Verb tribution der Zielwortrung der Zweitart elemente als Junktoren Funktion Vereindeutigung Symbolisierung lndizierung Reliefbildung Inkorporation II: Rektionskompositum lnkorporierung regierendes Zweitglied Kondensat Dependentielle Steuerung des Zweitelements; rektionale Einbindungdes Erstelements Inszenierung MODIFIKATION Komposition I Präfixbildung Präfixbildung Subkategorisierung Variation adjektivisches adjektivische Zweitglied Basis Kompositumloid Präfixbildung Lexikalische Merk- Lexikalische male beider Kon- Merkmale der stituenten; Schema- Basis; einbindungzum modifizierende Zweck der Katego- Präfixe (adjekrisierung und Moditivtypische fikation Kategorien) Schematisierung Modifizierung C'l 2: : : 3 o._ C1l 2? ._, o._ C1l "'0 ._, ru: (i)' ._, C1l : : 3 N C1l : : 3 ... g 102 Wortarten und Wortbildungsarten 2.3.3 Ganz anders: das Verb Schon von der Funktion her, die Verben im Satz einnehmen, zeigen die Mittel der Wortbildung, die hier zum Einsatz kommen, eine gänzlich andere Struktur, die Gesamtheit der Wortbildung beim Verb hat eine eigene Gestalt. Dabei bleibt die Fragestellung zunächst auch hier die gleiche: was macht die Wortbildung mit Lexemen, die schon verbalen Charakter haben, im Unterschied zu denen, aus denen sie erst Verben machen muß? Wenn etwas schon ein Verb ist, dann kann es modifiziert werden. Dazu dient beim Verb zuvorderst die Technik der Präfixbildung. Aber schon wenn man sich die deverbale Teilgruppe der Präfixverben ansieht, kann man feststellen, dass die Modifikation, von der wir sprechen, auf drei Ebenen angreift. Es kann natürlich um semantische Modifikation gehen, daneben, und im Falle der festen, nicht trennbaren Präfixe, noch davor, geht es um Modifikationen des Valenzmusters und um fast morphologische aspektuelle Modifizierungen. Vor allem diese zweite, die syntaktische und satzsemantische Stufe macht ganz deutlich, dass hier die Konzentration auf das verbale Lexem zu kurz greift, es geht um das verbale Lexem und seine satzsemantische Umgebung, die bei dieser Art von Wortbildung verhandelt wird. f? T~~gi~~~~ Bedeutsam ist die Präfixbildung beim Verb, da sie praktisch die einzige Wortbildungsart bei dieser Wortart ist, bei der kein Zweifel am Wortcharakter der entstehenden Konstruktion herrscht. Hier einige Belege für die gängigsten Präfixe (be-, ent-, er-, miss-, ver-, zer-; durch- und über-): (131) Cotta fühlte, dass Tomi ihn zu beobachten, ja zu belauern begann [... ]um der Apparatur der Macht zu entgehen und erfaßten als einzig ergiebige Neuigkeit nur ein Liebespaar Man misstraut mir. Was die beiden verband, mußte also mehr sein Zu welchen Mythen Nasos Schicksal unter den Schlägen der Politik auch immer zerfiel nach einem durchzechten Nachmittag keine Spuren zu hinterlassen schien Bemühungen, die Unüberwindlichkeit zu überwinden (Ransmayr 1991, S. 124, 125, 123, 13, 123, 124, 128, 131) KLAMMERBILI; nJNCEN Bei fast allen anderen Bildungen wird der Zweifel an der Festigkeit der Bindung schon dadurch genährt, dass diese Formen beim Eintreten in die Satzklammer voneinander getrennt und auf die beiden Klammerhälften verteilt werden. Vor allem die Erstelemente solcher Bildungen kommen dadurch an einen Platz, an dem auch entsprechende syntaktische Elemente stehen könnten. Partite~~, Das Paradebeispiel für die Nutzung dieses Musters sind die sogenannten Partikelverben, gelegentlich werden sie auch trennbare Präfixverben genannt. Auch bei ihnen handelt es sich um einen auf die Spezifika der Gründe für die Präferenzen 103 Wortart Verb ausgerichteten Fall von Inkorporation, der allerdings als lexikalische Analogieregel mit entsprechenden Isolierungseffekten bei der Bedeutung mehr oder minder fest geworden ist: (132) [...]der den Fahrplan abschrieb Nun war er angekommen [...]der gelegentlich mit einem Satz Angelruten auftauchte Wer[...] eine besondere Gnade des Imperators nicht ausschöpfe [...] in das Naso sich eingeschlossen hatte [...] bei der Behörde um die Erlaubnis einer Reise ans Ende der Welt nachgefragt den Arm noch vorgestreckt [...]die auf das Schiff zusprang (Ransmayr 1991, S. 9, 8, 12, 131, 18, 131, 15, 7) Drittens sind hier die verbalen Komposita zu nennen: ob es diese überhaupt gibt, ist außerordentlich umstritten. Das kommt nicht zuletzt daher, dass es sich hier wieder um den Typus der Inkorporation handelt, der beim Verb in verschiedenen Stufen ablaufen kann. ·V~~n~ . ..njt; .·~···• < Einben erdstendGrad ste1 llehn schon die sogenannten Doppfedlpartikel- . •9: PtJ: P,.~I~~~~·l'l·· ver en ar, ie räum ic e Interpretation mit Bezug au en Sprecherstandort kombinieren, und nicht immer ganz einheitlich zu beurteilen sind; vgl. die folgenden Belege mit analoger Form: (133) Aber die Dünung hob [...] das Schiff, hob die ganze Welt hoch über den salzigen Schaum der Route hinaus. Wer hier zum Fischen hinausfuhr, der fluchte auf das leere Wasser. [...]blickte dem langsam heranwehenden Staub ratlos entgegen. (Ransmayr 1991, s. 8, 9, 22) Wie auch immer man das terminologisch fassen will, im zweiten Beispiel ist die inkorporierende Univerbierung zweifellos weiter fortgeschritten, auch semantisch: das Hinausfahren des Fischers stellt sich als eine feste Handlung dar, während wir im ersten Fall eher noch von einer syntaktischen Verdeutlichung der Szene durch ein adverbiales hinaus ausgehen würden. Auch das dritte Beispiel scheint eher ein gesamtes Wort zu präsentieren, auf das sich die adverbiale Modifikation durch das langsam ununterschieden bezieht. So handelt es sich hier zweifellos um so etwas wie Rektionskomposita, allerdings ist der erreichte Grad an Univerbierung ganz unterschiedlich. ~f(~pO~ Die bisher genannten trennbaren Wortbildungstypen waren gemeinsam dadurch gekennzeichnet, dass ihre Erstelemente, die als zweite Klammerelemente auftauchen, sich im Kern auf ein direktionales und lokales Ordnungsprinzip beziehen, wie es durch die entsprechenden Adverbien und präpostionalen Phrasen aufgespannt wird. Hier sind wir offenkundig ganz in der Nähe der Syntax, im Falle der direktionalen Bestimmungen bei einer Kategorie, die auch in der Syntax durch eine außerordentlich hohe Nähe zum verbalen Lexem des jeweiligen Satzes gekennzeichnet ist. Das ist anders bei einer Reihe weiterer Bildungen, wo entweder weniger strikt syntaktisch angebundene adverbiale Relationen in stärker univerbierter Form integriert werden, oder abhängige Infinitive, oder bestimmte 104 Wortarten und Wortbildungsarten nominale Elemente mit einer ungewissen Eigenständigkeit. Das sind die Kandidaten für das Determinativkompositum beim Verb: (134) aus den Händen einer Krämerin in Tomi entgegengenommen würde [...] der Verbannte[...] in seinen Metamorphoses heimkehren Und die Unerfüllbarkeit seiner eigenen Sehnsüchte wiederzuerkennen (Ransmayr 1991,5.137, 130,24) (135) die im Leeren stehengebliebenen Torbögen (Ransmayr 1991, S. 14) (136) Straßenjungen, die Lavendelsräuße feilboten daß den Andächtigen[. ..] die Lippen daran festfroren. der habe seine verwandtschaftliche Nähe für immer preisgegeben. (Ransmayr 1991, S. 19, 26, 131) · · ·· · Der klassische Fall, der auch die Wortbildung des deutschen IM ZENTRUM: b h d d d ld d b PÄR'tiKELVERBEN Ver s entsc ei en prägt, ist ie Bi ung mit en trenn aren Präfixen: sie bilden ja auch den Kern der Erscheinung, die man Lexikalklammer nennt. Selbst die Rechtschreibreform, die ja z.B. in dem Bereich, den man Verbalkomposition nennt, deutlich aufgeräumt hat, 58 rechnet diese Fälle eindeutig zu den komplexen Wörtern, bei denen die Zusammenschreibung bleibt. Die Duden-Grammatik (1998) versucht, ihre Zwischenstellung aus erkennbarer Verwandtschaft mit adverbialen oder präpostionalen Fügungen und präfixartigen Wortteilen im Konzept des Halbaffixes aufzufangen. Das ist rein synchron nicht ganz glücklich. Vielmehr zeigt sich bei einem genaueren Blick, dass es sich um eine spezifisch lexikalische Verdichtung von Szenenzusammenhängen handelt, die als solche auch logischerweise mit der Wortart Verb verbunden sind. Wie die bisherige Beschreibung schon zeigt, handelt es sich um die ganz typische Art von Inkorporation, da Elemente integriert werden, die in ähnlicher Weise syntaktisch angeschlossen werden könnten, die aber normalerweise eben nicht genau so anschließen, bzw. eigentlich noch eine ganz spezifische Art der Ergänzung des inkorporierten adverbialen Elements erwarten lassenso dass im Verhältnis zur Syntax häufig genau der für die Wortbildung interessante Bedeutungsbestandteil nicht explizit auftaucht. Die Nähe zur Syntax und auch die Distanz zeigen fast alle Verwendungen dieser Verben, die man findet, so auch in dem folgenden Textstück: (137) Die Mähdrescher fahren über die Hügel, vorwärts und rückwärts, auf und ab. Und ein anderer mit rotem Traktor kommt nach und sammelt ein. Mit dem Motorenschall spielen die Lüfte, mal dämpfen sie, mal wehen sie ihn auf. Das Wasser wippt ganz flach im Wind, und Noppen breiten sich statt Wellen aus. (Strauß 1997, S. 17) Natürlich kommt der Traktor nach den Mähdreschern, aber das sagt das Verb nachkommen hier nicht exakt, sondern dass er (auch funktional) hinterdreinkommt. Und natürlich ist ein einsammeln ein ,in ein Aufbewahrungsobjekt hinein sammeln', aber das ist nur eine Rekonstruktion ohne jeden Gebrauchswert, ja vor sehr fraglicher Akzeptabilität. Unklar ist, wie man den aufgewehten Motorenschall hier unter- 58 Von kennen lernen bis kalt stellen. Gründe für die Präferenzen 105 bringt: zwar hängt auch aufwehen, wie bei den Adverbien herauf/ hinauf mit der Bedeutung ,nach oben' zusammen, aber dieser Zusammenhang wird eben genau nicht syntaktisch rekonstruiert, sondern durch syntaktische Inkorporation zusammengebracht. Noch klarer ist das bei dem letzten Verb aus unserem Beleg: wohl geht die Ausbreitung von einem Kern aus und kommt, wenn man so will, irgendwoheraus aber auch das ist weder Blickrichtung noch Konstruktionsweise des Partikelverbs, vielmehr ist es eine Bedeutung des ,Ausfüllens', die eine ganze Reihe von Bildungen mit auskennzeichnet. Noch dazu haben die beiden letztgenannten Bildungen mit auf- und ausjeweils eine deutlich inchoative Komponente, die diesen Wortbildungsmustern wesentlich eigen ist, und die auch nicht mit entsprechenden syntaktischen Konstruktionen in Beziehung zu bringen ist. Auch hier liegt also wieder eine lexemspezifische Integrationsleistung lexikalischer Art vor, wobei natürlich beim Verb die Nähe zu Strukturen der Verbalgruppe, wie sie durch die Anhängigkeiten des Verbs gesteuert werden, die Grenzen zwischen Wortbildung und Syntax oft nahe aneinander treten lässt. Auch das mag man an dem obigen Beispiel sehen, wenn es im ersten Satz heißt, die Mähdrescher führen vorwärts und rückwärts- Richtungsergänzungen in Form von Adverbien- und dann auf und ab, ,hin und her'. Mit dieser Partikelkombination befinden wir uns im Bereich einer phraseologischen Syntax. Aber insgesamt ist die lexikalische Eigenständigkeit dieser Bildungen doch so hoch, dass ihr Status als Bestandteil einer inkorporierenden Wortbildung unstrittig ist. WO.MAN DIE WAHL HAT: Das ist anders bei jenen Bildungen, die man häufig unter DOPPELPARTIKELN dem Terminus ,Doppelpartikelverben' behandelt findet. Hier befinden wir uns offenbar genau an einer Stelle, wo Univerbierung eintreten kann oder nicht, so dass die entsprechenden Fügungen normalerweise als "feste Wortverbindungen" (Duden 1998, S. 796), die allerdings in gewissem Umfang zur Idiomatisierung neigen, gewertet werden. Motsch (1999, S. 51) spricht bei Fügungen wie hinauf steigen, aber auch heraus fordern gleichermaßen von lexikalisierten syntaktischen Fügungen. Klassischerweise werden diese Bildungen im Bereich der Komposition behandelt (s. Fleischer/ Barz 1995, S. 301-303). Wegen des deutlich relationalen Charakters des Zweitelements scheint es sinnvoll, auch diesen Bildungstyp im Bereich der Inkorporation anzusiedeln, was ja, da die Inkorporationstypen unterschiedlich syntaxnah sind, erlauben würde, zu erklären, dass wir uns hier in einem im Einzelnen schwer abgrenzbaren Übergangsbereich zwischen usualisierter Syntax und mehr oder minder locker inkorporierender Wortbildung befinden. Das hat natürlich mit dem ohnehin schwierigen Charakter von direktionalen Bestimmungen zu tun, die ja größtenteils in diesen Konstruktionen auftauchen, und die ja auch sonst die Syntax oft mehr prägen als die Verben, zu denen sie treten, sind sie doch syntaktisch praktisch immer unverzichtbar. 59 Die Festigkeit der Einbindung in den Satz bzw. der Bindung an das verbale Lexem sind in den folgenden Beispielen wohl unterschiedlich: 59 Damit sind sie natürlich ein notorisches Problem für dependentielle syntaktische Beschreibungen; vgl. Verwendungen vom Typ: Er schält die Kartoffeln ins Spülbecken. 106 Wortarten und Wortbildungsarten (138) a) But l'm not Bristish, hat Vera vom Fenster heruntergerufen, not the way your Pearls are-nicht echt! b) und stöckelt auf hohen Absätzen aus dem Gewimmel hinaus c) Als eine neue Welle Reisender heranrollt [...] d) wenn die Stimme nicht schon den zweiten Teil des Wortes von der prekären Höhe herunterholen [...] würde e) während sie unwiderstehlich ins nächste Stimmungstief hinabgleitet f) einen Holzstuhl, der Mr. Pears vorbehalten ist, wenn er auf seinen schweren Schuhen hereintapst g) wo sie sich [...} handwerklich oder künstlerisch betätigen, bis es sie wieder hinaustreibt h) der träumend zum Fenster hinausschaut (Rehmann 1999, S. 108, 7, 8, 10, 11, 14, 15, 129) Hier geht es von Bildungen, wo die Doppelpartikel wie in b) oder e) eine eher beliebige adverbiale Differenzierung darstellt, über Fälle, wo die syntaktische Konstruktion vom Verb mit der Partikel bestimmt wird wie in a), d), h) und ganz besonders f), wo keine Chance zu einer adverbialen Auflösung besteht, hin zu Fällen, wo es sich um von der Autorin deutlich als semantisch von entsprechenden syntaktischen Fügungen abgesetzte Bildungen handelt, wie, eher metaphorisch, in c) und abhängiger in g). Diese Befunde lassen es als sinnvoll erscheinen, diese Bildungen als einen Übergangshereich in die inkorporierende Wortbildung hinein zu verstehen. 60 Noch kritischer ist beim Verb die Frage, ob hier überhaupt Komposita existieren; sie lässt sich nicht völlig unabhängig von dem gewählten Beschreibungsmodell beantworten. Wenn man von der Existenz verschiedener Typen einer Wortart Inkorporation ausgeht, wird man aufgrunddes Charakters der Wortart Verb prinzipiell annehmen, dass es sich hier praktisch ausschließlich um Inkorporationen handelt. Diese Aussage betrifft natürlich nur determinative Verhältnisse, die Existenz einzelner kopulativer Bildungen sei damit nicht bestritten. Ihre systematische Bedeutung ist nicht besonders hoch. Häufig werden fachsprachliche oder literarische Beispiele diese mit hoher stilistischer Auffälligkeit genannt: (139) Tschilpen, trillern, schirken, quietschen, zwitschern und flötzwitschern, alles mit überschärftem Klang, steht nah und doppelt erregt, weil kein Wind geht. (Strauß 1997, S. 52) Der Nutzen solch eines Bildungsmusters in der alltäglichen Kommunikation ist nicht besonders groß. Das ist auch logisch, hat doch das Verb zwar die Möglichkeit, alle Elemente, die es auch im Satz an sich binden kann, graduell in den Bereich der Univerbierung hineinzuziehen, allerdings sind andere Verben offenbar nur durch syntaktische Konstruktionen anzubinden. Gegebenenfalls werden Konstruktionen gebildet, in denen das eine der beiden Elemente in seinem verbalen Charakter verändert wird. 60 In Anbetracht dieser Befunde erscheint mir der einfache Ausschluss dieser Kombinationen aus der Wortbildung wie bei Motsch (1999) oder Zifonun (1999) als problematisch. Gründe für die Präferenzen 107 Dabei haben sich eine Reihe von Konstruktionen entwickelt, die sich im Randbereich zwischen Prädikatsmorphologie, Syntax und Lexikon befinden. Daher ergeben sich gerade im Bereich des Verbs eine Reihe von Phänomenen, die von vornherein nicht eindeutig zuzuordnen sind, zum Teil ist ihre Zuordnung dem jeweiligen Sprecher oder Schreiber überlassen. Es handelt sich hier zweifellos um eine Zone im grammatisch-lexikalischen System des Deutschen, die sich nicht allein mit Mitteln der Wortbildung erklären lässt. Am einen Ende finden sich hier die Phänomene, die man neuerdings mit dem Konzept der Grammatikalisierung zu fassen versucht. Grammatikalisiert werden Konstruktionen, die in der Lage sind, in einer entsprechenden Konstellation die beiden Hälften der Satzklammer zu bilden. In den Bereich der engeren Verbalmorphologie fallen dabei sicherlich Konstruktionen wie das seit einiger Zeit viel diskutierte kriegen-Passiv, bei dem die Selbständigkeit dieses verbalen Elements im Sinne einer Auxiliarisierung herabgestuft wird. Es finden sich aber daneben durchaus fossilisierte Elemente, die man in die Nähe von Konstruktionen stellen kann, die in Sprachen anderer Sprachfamilien systematisch genutzt werden, und dort dann serielle Verben heißen; hierzu kann man Konstruktionen vom Typ er kommt gegangen zählen, die ein marginales syntaktisches Phänomen darstellen. 61 Weiter in den Bereich des Lexikons kommt man hinein mit einer Reihe von Infinitiv-Verbindungen, bei denen sich die Finitum-Infinitiv-Verbindung mit einer finalen Interpretation verbindet. Das ist der Typ baden gehen, der daher auch schon in der Rechtschreibungsdiskussion eine Rolle gespielt hat. Für die Übergänge zwischen Syntax und Wortbildung sind vor allem die Verbindungen mit einer Infinitivform interessant, schließen sie doch unmittelbar an grammatische Möglichkeiten wie das Futur oder die Kombination mit Modalverben an. So erscheinen diese Konstruktionen zunächst durch die Form des Nachverbs wie eine der typischen Besetzungen der Grammatikalklammer (Futurklammer). Wie sehen in diesem Fall die Instruktionen aus, die uns in die Wortbildung hineinführen? Zunächst ist es offenkundig, dass in diesem Fall tatsächlich syntaktische Fügungen zusammenwachsen: laut Weinrich (1993, S. 1051) handelt es sich bei diesen Bildungen um die Verfestigung von Grammatikalklammern. Was kann hier Verfestigung heißen, woran merkt man sie, und wozu wird sie genutzt? Wichtig ist, dass hier nur bestimmte Vorverben, also Besetzungen des linken Klammerteils, in Frage kommen. V+\f"cTJpen Wenn diese Frage in Grammatiken behandelt wird, wird regelmäßig darauf hingewiesen, dass hier die Basis-Norverben bleiben und lassen die zentrale Rolle spielen, dann wird noch allerdings nicht von allen gehen und mit gewissem Abstand lernen genannt, letzterem aber offenbar nur die folgenden komplexen Verben und Verbfügungen bzw. eine Auswahl davon. 61 Schon der Vergleich mit Nachbarsprachen wie dem Englischen zeigt, daß diese Marginalität damit zu tun hat, dass das Partizip I aus dem grammatischen System des deutschen Verbs ausgeschieden ist, und nur als normale adverbiale Ergänzung vorkommt. 108 Wortarten und Wortbildungsarten (140) lerne: kennen, schätzen, lieben, fürchten Nicht umsonst gehören diese Verben zu den in der Debatte um die Rechtschreibreform umstrittensten Fällen. Es gibt offenbar einen Weg von freien syntaktischen Fügungen wie schwimmen lernen zu den oben genannten Verbindungen, gleichzeitig aber verliert gerade in kennenlernen, das man als eine Art Archiverb über den anderen ansehen kann, das Lexem lernen etwas von seiner Vorgangsbezogenheit, die lexikalische Fügung verfestigt sich, und nimmt die genannten Kohyponyme mit sich aus dem Raum der Syntax heraus. Am offenkundigsten ist der vorgefallene Wandel vielleicht bei lassen, das ja auch in seinen eindeutig der Syntax zuzurechnenden Verwendungen Besonderheiten zeigt. Schon diese und mehr noch die Neigung zur Inkorporation hängen ja zweifellos damit zusammen, dass lassen in einer Reihe von Fügungen seine Handlungseinbettung des ,Bewirkens durch Befehlen oder durch Zulassen' so weit verlässt, bzw. dass dieser Kern beim Benutzer so weit in den Hintergrund tritt, dass nicht viel mehr als eine beiläufig agensbezogene Kausativität übrigbleibt, die dann in einzelnen Mustern oder Nischen in unterschiedliche Lexikalisierungsrichtungen ausläuft. Beiläufig agensbezogen heißt dann auch, dass vom Lassen immerhin auch noch ein Hauch des Zulassens bleibtviele der Verben prägen Muster von Unachtsamkeit aus, das heißt, sie bilden Nischen der Idiomatisierung, ein Phänomen, das für Wortbildung typisch ist. Weinrich (1993, S. 1052) nennt folgende zweiteilige Verben mit lassen: (141) lasse: sitzen, stehen, liegen, stecken, laufen, bleiben, mich gehen Alle diese Bildungen sind durchsichtig, aber lassen hat jene Reduktion mitgemacht, die es systematisch für den ersten Platz in der Klammer geeignet machtmit reduzierter lexikalischer aber ausgebauter grammatischer Funktion, die man als einen spezifischen Fall von Kausativierung mit einer zulassenden Instanz ansehen kann. Die Neigung, solche Verbindungen nur so zu sehen (und ggf. zusammenzuschreiben) oder einmal so und einmal so, variiert verständlicherweise von Lexem zu Lexem. Während die lexematische Lesart bei Fällen wie sich gehenlassen dominiert, da hier der verbale Charakter des Erstelements durch den Typ der Reflexivierung ebenso reduziert ist wie bei bleibenlassen durch die Anordnung der Partizipanten, gibt man durch die Wahl der Einwortlesart von laufenlassen z.B. die Instruktion, eine spezifische Lesart des Erstelements laufen zu wählen, die selbständig nicht vorkommt. Dadurch wird ebenfalls, wenn man so will, der Verbalitätsgrad dieses Elements gesenkt, es wird zum typischen zweiten Klammerelement, das die Bedeutung der Gesamtkonstruktion erst schließt und seine übliche syntaktische Anhindung aufgibt. Man kann die ,festen' Formen also verstehen als den lexeminternen Ausbau einer spezifischen "kausativen Diathese" (Raible 1992, S. 269). 62 Beidseitig akzentuierbar sind zweifellos die anderen Fälle, man kann sich entscheiden, ob man etwas an einem bestimmten Platz liegen lässt, oder ob man es dort liegengelassen d.h. ,liegend gelassen' hat. 62 Ähnliches müsste man wohl auch von den genannten Kombinationen mit lernen sagen. Gründe für die Präferenzen 109 Damit wären wir auch schon bei den Fällen mit bleiben; auch hier ein paar Beispiele: (142) bleibe: sitzen, stehen, stecken, hängen, kleben, bestehen (Weinrich 1993, S. 1052) Hier gibt es bessere Möglichkeiten der Beschreibung, als die Infinitivintegration syntaktisch-wörtlich zu nehmen. Schon aufgrund der Parallelität von bleiben, werden und sein liegt es nahe, hier den Infinitiv als eine im Finitheitsgrad abgestufte infinite Form zu sehen, die damit für etwas ,Uneigentliches' frei wird. Das folgt Überlegungen von Talmy Giv6n (1990, S. 854/ 55), der auf der Ebene der verbalen Formkategorien folgende Abstufung nach Graden der Finitheit vornimmt: 63 (143) mostfinite indicative ==*> ~ subjunctive =» =» =*> =*> least finite participial infinitive nominal =*> Normal und syntaktisch erwartbar wäre auch hier vielleicht das Partizip, also eine infinite Form mit höherem Finitheitsgrad. Was also bei der Verbindung von werden mit dem Inifinitiv historisch zur Grammatikalisierung geführt hat, nämlich der Weg von der Kombination mit einem Partizip Präsens zu der mit einem Infinitiv, führt bei bleiben zu einer Art serieller Interpretation. Alle die zugeordneten ,Infinitive' sind ja Zustandsverben, bei denen in der Kombination mit bleiben die Dauer des Zustandes akzentuiert wird. Wegen der Kompatibilität der beiden Teile auf der Ebene des Zustandes ändert sich durch diese Kombinationen die Valenz nicht. Etwas uneinheitlicher ist das Bild bei den Kombinationen mit gehen, wo Weinrieb die folgenden aufzählt: (144) gehe: verloren, holen, einkaufen, spazieren, baden, schwimmen, stiften 64 Als der normale Fall können hier die Bildungen gelten, bei denen gehen als eine Art Archiverb für Bewegung gelesen werden kann. Gleichzeitig wird aber durch die infinite Konstruktion im Vergleich mit denkbaren präpositionalen Paraphrasen (zum Baden) die Akzentuierung des unmittelbar bevorstehenden Beginns dieser Handlung angedeutet. Es ist ja bekannt, dass gehen weltweit eines der geläufigsten Verben ist, um Fügungen zu konstruieren, mit denen ein Bezug auf die unmittelbare Zukunft kodiert wird (vgl. das englische going to). 65 So weit ist das Deutsche nicht gegangen, es hat sich hier mit einer Stufe der Integration begnügt, bei der durch die spezifische Art der Reduktion der Finitheit des zweiten Klammerelements gezeigt wird, dass wir uns nicht mehr in der normalen Syntax befinden, sondern in einem Bereich, den man bei Sprachen, die so etwas systematisch machen (z.B. Kreolsprachen) serielle Verben 63 Vgl. dazu auch, was Raible (1992, S. 98) im Anschluß an die Behandlung der verschiedenen finnischen Infinive ausführt: "Sie können auch in mannigfaltiger Weise im Bereich der Verb-Verb-Verbindungen auftauchen und dabei vor allem das Partizipatum, den Verbinhalt, verändern." 64 Davon ist verloren kein Infinitiv, zeigt aber als Partizip II immerhin, daß das Muster in einer Weise ausgreift, dass in Kombination mit gehen, das ja typischerweise ein agentisches Subjekt verlangt, dennoch der Patiens erreicht werden kann. Spazierengehen ist der im verbalen Bereich nicht so häufige Fall eines explikativen Kompositums, um den ich nicht viel systematischen Wesens machen würde. 65 Raible (1992, S. 267) verweist auf Überlegungen von Haspelmath, über die Kategorie des Zwecks den Weg von entsprechenden zielorientierten Phrasen zum Infinitiv hin als universale Grammatikalisierungstendenz zu betrachten. 110 Wortarten und Wortbildungsarten nennen würde. Sie bilden im Deutschen, wie oben schon angedeutet, zweifellos einen marginalen Bereich. Man kann an diesen Typen der Verfestigung von Konstruktionen, die aus Verben mit Infinitiven bestehen, sehen, dass der Grad an Inkorporation häufig nicht eindeutig feststeht, so dass man das Schwanken zwischen dem Bereich der Syntax und dem der Wortbildung als Entsprechung der unterschiedlich zu interpretierenden Billdungsfestigkeit des Verbs betrachten kann. ~~~stty~: In äh~lic~er Weis~ gilt das auch für Bildun? en, bei denen Elemet~.te · ·· ·· · ·. ursprunglieh nommalen Charakters als zweites Klammerelement mtegriert werden. Auch hier ist auf jeden Fall auffällig, dass die Menge der beteiligten verbalen Basen, d.h. ersten Klammerelemente, wenige allgemeine und zentrale Verben beschränkt ist. Mit Bezug auf die Zweiteiligkeit der Verben insgesamt gilt schon das Folgende: (145) Am stärksten ist die Eignung zur lexikalischen Zweiteiligkeit bei Verben ausgeprägt, die Grundformen des menschlichen Verhaltens und Handeins ausdrücken, wie etwa mache, halte, führe, trage, bringe, gebe, nehme, setze, stelle, lege, sitze, stehe, liege, gehe, komme. (Weinrich 1993, S. 1033) Und noch deutlicher wird die Tendenz, wenn man sich nur auf Bildungen mit nominalen Erstgliedern bezieht. Den Kern dieser Gruppe von Verben stellen jene Bildungen dar, die mit einem Element als zweitem Klammerteil verbunden werden, das nicht erweiterbar ist und zumindest in der Nähe dessen steht, was man inneres Objekt nennt (s. Weinrich 1993, S. 1053). So verhalten sich die Verben fahren (auto, rad, ski) und spielen, daneben aber wohl auch noch das schreiben in Maschine schreiben und womöglich weitere Fälle. Auffällig ist zudem die bei Weinrich ohne weiteren Kommentar angegebene Korrelation, dass hier auch die Vorverben geben, nehmen oder halten besonders produktiv seien. (146) halte: gebe: nehme: hof, maß, stand, Schritt, Wort kund, preis, statt, acht, Obacht teil, Platz, Maß, Abschied, Abstand Diese Basisverben sind nun nicht irgendwelche beliebigen allgemeinen Verben, vielmehr werden in ihnen die verschiedenen Aspekte oder Abschnitte von Übermittlungshandlungen sprachlich gefasst. Es werden durch sie drei Aspekte der damit gegebenen Konstellation herausgelöst. Dabei ist die Szene des Übertragens von etwas in ihre drei wesentlichen Schritte unterteilt, und von dem handelnden Subjekt her dargestellt. Bei halten haben wir ein Subjekt, von dem gesagt wird, dass es etwas festhält, nicht loslässt. 66 Damit wird die Voraussetzung für das Handlungsschema, das in den anderen beiden Verben in Bewegung gesetzt wird, gegeben. Wenn man das 66 Wegen der Lexikalisierung von halten als so etwas wie ,festhalten, behaupten' (vgl. Duden-Wörterbuch 1999, S. 1650-1652), kommt wohl dieses Verb bei Schumacher (1986, S. 721 ff.) unter den "Verben des Besitzes und Besitzwechsels" nicht vor, sondern nur das speziellere behalten oder das generellere haben. Entsprechend auch der Eintrag von halten in dieser Verwendung bei der Untergruppe des Greifen-Modells bei Ballmer/ Brennenstuhl (1986, S. 312), die paraphrasiert wird: Festhalten jd letw 2. Gründe für die Präferenzen 111 Subjekt beibehält, geht die Handlung, die in dem Verb nehmen gefasst wird, dem Vorgang des Haltens voraus, nachdem etwas ergriffen und genommen wurde, kann es gehalten werden. Die Handlung des Gebens schließt sich dann als letzte Teilhandlung an, sofern man das Subjekt gleich hält. Zudem bringen geben und nehmen in diesen Kontext ihre Dreiwertigkeit, d.h. einen systematischen Bezug auf alle denkbaren Handlungsrollen ein. Es handelt sich offenbar um relativ grundlegende Beziehungen, die es erlauben, sie in abstrakteren Ordnungsschemata zu verwenden. Wolfgang Raible (1992, S. 268) hat sich in seinem Buch über Junktion Gedanken gemacht, wie gerade diese Verben in der Spannung zwischen aggregativen und integrativen Ausdrucksmitteln zu einer Kondensation auf noch relativ aggregativer Basis genutzt werden. Dabei kann man grob gesagt Techniken der Aggregation als gestreckte, prädikative und Techniken der Integration als verdichtete, benennende begreifen. Auf einer noch kaum grammatikalisierten Stufe werden durch Zusammenrückung bestimmter verbaler Fügungen Handlungs-Konzepte stärker integriert: (147) Daß hier gerade die Verben des Gebensund Nehmens für die "Serialisierung" von Handlungs-Konzepten wichtig sind, hat generell mit dem [...] Paar ,Voraussetzung und Folge' zu tun: Nehmen bzw. Greifen schafft die Voraussetzung, Geben stellt die Folge dar. Dies ist keine schlechte Beschreibung der Verhältnisse von Verben wie teilnehmen mit seiner Patiens-Orientierung, die mit dem Vorverb nehme angekündigt wird, um in {teil} dann in spezifischer Weise gefüllt zu werden ein Verb, das daher zu Recht unter keinen Bedingungen anders denn als eine einzige Benennungseinheit behandelt wird. Seine Zusammenschreibung steht daher außer Zweifel. Das gilt aber auch für ein Verb wie preisgeben, bei dem ebenfalls durch das Lexem geben einerseits das Ausgehen vom Subjekt, andererseits aber auch das seiner Dreiwertigkeit inhärente Zugewendetsein auf eine Person angedeutet wird, ebenso wie das betroffene Objekt, das in {preis} in volllexikalisierter Form eingebunden wird. In diesem Prozess wird auf lexikalischer Ebene eine ähnliche Abstraktion vollzogen wie bei den Passiv-Verwandten in der Syntax, z.B. dem kriegen-Passiv. Wie dort wird auch bei den jetzt besprochenen Verben in der Kombination mit besonders infiniten Elementen, die aber auch nicht die Charakteristika ausgebauter Nominalität zeigen, eine konzeptuelle Abstraktion vollzogendie Entsprechung von Grammatikalisierung auf lexikalischer Ebene. So spricht denn auch Raible (1992, S. 269) davon, Verben wie nehmen seien die idealen Kandidaten zur Entwicklung einer Art "finaler Diathese", durch die typischerweise der aktanzieHe Rahmen erweitert werde. Analog zu der Darstellung bei Substantiv und Adjektiv ließen sich die Verhälntisse beim Verb folgendermaßen untergliedern. Dabei wird die Schwerpunktverschiebung auf den ersten Blick sichtbar: (148) Tabelle 3 VERBALE RELATIONIERUNG TRANSPOSITION Name Wortartwechsel I: Wortartwechsel II: Derivation II: Inkorporation 1: Umkategorisie- Derivation I: Präfixbildung Partikelverb rung Suffixbildung Vorgang Transponierung Transponierung Strukturierung Typisierung Ausgang·· substantivische Lexeme Verben und Verben und und adjektivische (spez. Gruppen) andere Szenenandere Szenen- Lexeme elemente elemente Ziel Verbformen Derivat Derivat Kondensat Technik Nennform der Lexematische Lexematische Lexematische Ausgangswortart, Merkmale der Merkmale der Merkmale der Flexion der Ziel- Basis; Basis; Basis; Musterwortart Affixe der Zielsystematisieprägungdurch wortart rende wortartgeneralisierte adspezifische verbiale Einbin- Präfixe dungdes (Erst-) elements Funktion Symbolisierung Symbolisierung Reliefbildung Inszenierung Inkorporation II: Doppelpartikelverb Lokalejdirektionale Modifikation Verben (oder Szenenelemente Kompositoid Lexematische Merkmale der Basis; Modifikationdurch direktionale (und andere lokale) Erstelemente Schematisierung MODIFIKATION Inkorporation 111: Komposition Rektionskompositum Variation Modifikation Verben + Szenen- Verben elemente lntegrat Kompositum Lexikalische Merk- Lexematische male der Basis; Merkmale der rektionale Einbin- Basis; Überfordungdes Erstelemung durch ments Adjektivprädikate Univerbierung Konversion ... N @ ; : : : ; . fl) ; : : : ; . (1) : : l c : : l Cl,_ @ ; : : : ; . CT 0: c : : l ClQ (/ ) fl) ; : : : ; . (1) : : l Gründe für die Präferenzen 113 ER~~~9UNC· . DERTYPEN. Bemerkenswert an der verbalen Wortbildung ist etwas, was durch den Versuch einer Übersicht wie in (148) fast verdeckt wird. Verbale Wortbildung dient offenbar dazu, sprachlich verarbeitete Szenen und Schemata von verschiedenen beteiligten Sichtweisen und damit auch Elementen her dazusteHen. Das kann einerseits dadurch geschehen, dass ein neues Verb aus dem Inventar der Substantive und (selten) Adjektive geschaffen wird, und zwar lediglich auf flexivischer Grundlage (s. Beispiele [149]) oder mithilfe von Infixen und Suffixen (s. Beispiele [150]). Dies betrifft die beiden Spalten Wortartwechsel I und II unseres Schemas. (149) ihre Stempel spiegeln das Himmelblau (Strauß 1997, S. 17) [...]ferkelte gleich noch mit ihrer feudeligen Zungenspitze über seine Zähne. (Politycki 1997, S. 419) amBoden ihrer Schlafkammer knieend oder hockend (Rehmann 1999, S. 83) und die Stille brennt und bleicht das hohe Gras am Hang (Strauß 1997, S. 22) (150) die sie trösten wollten (Ransmayr 1991, S. 216) schien sich allein vor[...] dem Schein seiner Lampe nach und nach zu öffnen (Ransmayr 1991, S. 48) [...] am Mittwoch also, während der Professor vom Podium tirilierte und tschilpte und tremolierte, und auch draußen ein richtig südlicher Tag aufzwitscherte am Himmel. (Politycki 1997, S. 101) In den anschließenden Spalten von der Präfixbildung bis hin zur Komposition überlagern sich die transpositioneBen und modifikatorischen Typen bei den einzelnen Bildungsmitteln. Das ist das formale Korrelat dafür, dass in all diesen Wortbildungstypen verschiedene Teile des aufgerufenen sprachlichen Schemas als Basis der jeweiligen Bildung auftreten können. Natürlich sind am häufigsten und einfachsten die deverbalen Typen (151) deverbal der [... ] einem Matrosen die Sehnen zerriß des Schlachters, der selbst die Tiere überbrüllte Als [...],schlief er ein. Die Geröllhalden, die[...] aus den Wolken herabflossen Schäumte ein Sturzbach über die Bordtreppe ins Dunkel des Zwischendeckes hinab Die er wiedererkannte Wer in den Nächten wachlag (Ransmayr 1991, S. 7, 12, 9, 10, 31, 12, 10) Substantivische Basen rufen ein anderes signifikantes Element der geschilderten Szene auf: (152) desubstantivisch Während Gregors Vater wortlos, mienenlos seine Zeit zergabelte (Politycki 1997, S. 13) zwischen verkrusteten Töpfen, Teegläsern und Brotresten in einem verkohlten Packen Papier Sie sahen die Liebenden einander umarmen während Cyparis die Falben ausschirrte (Ransmayr 1991, S. 16, 19, 28, 23) auf den nächstbesten Tisch sprang, daß es runterscherbte (Politycki 1997, S. 269) Wortarten und Wortbildungsarten Adjektive sind die Basen von Causativa und Rezessiva: (153) deadjektivisch den Ekel zu betäuben Wenn der Projektor das Antlitz eines Helden ins Riesenhafte vergrößerte durchquerte den Hof die Gluthitze [... ]kühlte auch in einem ringsum blühenden Jahr nicht ab hatte sich dann ausgebreitet (Ransmayr 1991, S. 30, 24, 16, 122, 11) Wie Katarinas Blick erblautel (Politycki 1997, S. 255) Eine Reihe von Basen lässt sich morphologisch nur schwer deuten; hier wird die musterschaffende Kraft der Präfixe besonders deutlich: (154) diffuse Basis um eine Neuigkeit zu verbrämen zerknüllte es mit[ ...] ausgestattetes Zimmer (Ransmayr 1991, S. 11, 17, 9) Das betrifft alle oben bereits ausführlich angesprochenen Typen der verbalen Integration. Was die Determinativkomposita angeht, so sind sie dadurch gekennzeichnet, dass sie von der Syntax her gesehen marginale Relationen zu einer textuellen oder systematischen Univerbierung nutzen, wobei die Grenzen zwischen einer markierten Syntax und einer markierten Wortbildung häufig nicht systematisch, sondern aus dem Kontext zu ziehen sind. 67 67 Wir werden bei der Behandlung der Komposition im nächsten Kapitel nochmals auf diese Frage zu sprechen kommen. 3 Wortbildungsarten 3.1 Komposition 3.1.1 Der Zusammenhang der Dinge: Determinativkomposita (155) In dem Alter, wo man noch alle Schneider- und Barbierangelegenheiten wichtig TEXT 9 nimmt und gerne in den Spiegel blickt, stellt man sich oft auch einen Ort vor, wo man sein Leben zubringen möchte, oder wenigstens einen Ort, wo es Stil hat, zu verweilen, selbst wenn man fühlt, dass man für seine Person nicht gerade gern dort wäre. Eine solche Zwangsvorstellung ist nun schon seit langem eine Art Überamerikanische Stadt, wo alles mit der Stoppuhr in der Hand eilt oder stillsteht. Luft und Erde bilden einen Ameisenbau, von den Stockwerken der Verkehrsstraßen durchzogen. Luftzüge, Erdzüge, Untererdzüge, Rohrpostmenschensendungen, Kraftwagenketten rasen horizontal, Schnellaufzüge pumpen vertikal Menschenmassen von einer Verkehrsebene in die andre; man springt an den Knotenpunkten von einem Bewegungsapparat in den andern, wird von deren Rhythmus, der zwischen zwei losdonnernden Geschwindigkeiten eine Synkope, eine Pause, eine kleine Kluft von zwanzig Sekunden macht, ohne Übergang angesaugt und hineingerissen, spricht hastig in den Intervallen dieses allgemeinen Rhythmus miteinander ein paar Worte. (Musil1978, S. 31) 3.1.1.1 Allgemeines Bei der Komposition werden zwei Einheiten mit lexematischer Bedeutung zu einem neuen Text- oder Lexikonwort zusammengefügt. Die dazu benutzten Elemente sind häufig selbst, gegebenenfalls um entsprechende Flexive ergänzt, als selbständige Wörter verwendbar. So ist das etwa in den folgenden Beispielen: (156) =*> [Ameise]subst + n + [Bau]subst =*> [Erd(e)lsubst + [Zug]subst Aber während natürlich das zweite Element immer ein Substantiv ist, da sonst die ganze Konstruktion kein Substantiv sein könnte, kommen an der ersten Stelle nicht nur Substantive vor, obwohl dieser Kombinationstyp laut Aussagen der Ducleu- Grammatik 80% der Substantivkomposita ausmacht, sondern auch Lexeme anderer Wortarten, vor allem Verben (zu 8%), aber auch Adjektive (zu 5%): (157) ~> [Stopp{en)]verb + [Uhr]subst =*> [schnell]adj + [Aufzug]subst In weniger systematischem Umfang finden sich auch weitere Wortarten, vor allem Pronomina und Typen von Partikeln: 116 Wortbildungsarten (158) =*>Aufgehalten im [Niemandlpron + s +[landJsubst =*>dass sie [Selbstlpron [Gesprächelsubst führt =*>von einem Nebel aus [Hinterlpräp/ adv [Gedankenlsubst ~>gleitet sie in den [Halb ladv [Schlaflsubst (Rehmann 1999, S. 9, 61, 62, 67) ~>aus einem blassen [Blankoladkop [Gesichtlsubst (Politycki 1997, S. 78) Die dazu benutzten lexikalischen Einheiten können ihrerseits morphologisch einfach oder komplex sein. Beide Teile der obersten Teilungsstufe können Simplizia, aber auch komplexere Konstruktionen seindas gilt natürlich insbesondere bei substantivischem Erstglied. Dabei sind relativ häufig linksverzweigende Konstruktionen, bei, denen also das Erstelement der Komposition wiederum hierarchisch untergliedert ist: (159) im sanften (((Spät)adv(sommer)substllicht) 8 ubst (Rehmann 1999, S. 96) Aber natürlich gibt es auch Rechtsverzweigungen: (160) der Dichter als ((Medien)(wurm(fortsatz))) (Strauß 1997, S. 83) N / Medienwurmfo~ N N Wurmfortsatz N~N Medien Wurm Bald sind beide Teile gleich komplex: (161) ((Rohr(post))(menschen(sendung))) Fortsatz I V fortsetz ~ Adv V fort setz Die Biene im ((Löwen(zahn))(blüten(staub))) (Handke 1998, S. 52) Auch noch komplexere Zusammenhänge sind natürlich denkbar: (162) ((Düsen(jäger))(kondens(streifen))fransen) (ebd., S. 167) Komposition 117 So baut sich eine hierarchische Struktur auf, bei der auch Konstituenten tieferer Ebenen in der Form von Komposita auftreten können. Zum Teil unterliegen dabei die lexematischen Einheiten, die so verknüpft werden, formalen Bedingungen, die nur für die Verwendung in dieser gebundenen Form gelten, es gibt eine spezifische Allomorphie. (163) Pornoslang und die Optik des Videoclips (Strauß 1997, S. 120) Das erste Kompositum in diesem Beispiel hat in dem Element {porno} eine wortbildungstypische Kurzform des Lexems Pornographie, wie sie gerne als Konfix bezeichnet wird eine nur gebunden vorkommende Form mit lexikalischem Inhalt. Bei Video ist es ein wenig anders, hier existiert diese Kurzform auch im selbständigen Gebrauch mit derselben Bedeutung. Das Kompositum Untererdzüge aus unserem Einleitungstext hingegen zeigt, wie überhaupt lexikalische Verkürzungen von auch in der Syntax üblichen Verbindungen einen Platz in komplexen Wörtern einnehmen können. Letztlich lassen sich an der ersten Stelle beliebig komplexe integrierte Zitatformen finden. Wir haben jetzt immer schon Beispiele aus dem Bereich der Determinativkomposita gewählt, weil dieser Typ vor allem beim Substantiv bei weitem am häufigsten ist. Ja, man bezweifelt nachgerade, ob es den anderen Typ, das sogenannte Kopulativkompositum in stabiler Form eigentlich gibt. KOPUlATIV.: Die Elemente, die sich solcherart zu einem Wort verbinden, können KOMPOSITUM in der Struktur des Kompositums einander gleichgeordnet sein. Sie müssen einander in gewissem Maße gleichsetzbar sein, so dass sie beide an die rechte Stelle des Worts treten können, um so Genus, Wortart und semantische Grobklasse zu bestimmen. Wir sprechen in diesem Fall von Kopulativkomposita. Sie sind zumindest beim Substantiv selten. DETERMINATIV- Die große Menge und den funktional zentralen Typ dagegen bil- KOM: POSITUM den die sogenannten Determinativkomposita, Bildungen, bei denen das Erstelement, das Determinans, dem Zweitelement, dem Determinatum, untergeordnet ist. Das Determinatum, auch Grundglied genannt, bestimmt Wortart, Genus und semantische Klasse, das Determinans, auch Bestimmungsglied, schränkt die Bedeutung gegenüber derjenigen des Wortes auf eine Subklasse ein. So werden in dem Musil-Text die Verkehrsmittel jener modernen Stadt auch durch Komposita klassifiziert und in verwandte Untergruppen zerteilt. Von einer ganzen Reihe von Zügen ist die Rede, die danach klassifiziert werden, wo sie fahren. Es gibt Luftzüge, Erdzüge und Untererdzüge. Zug ist also das Grundwort und der jeweilige Weg das Bestimmungswort. Bei den Erstelementen {Erd} und {Untererd} sieht man auch, was gemeint war, wenn wir oben festgestellt haben, dass bestimmte gebundene Varianten von Morphemen bzw. Morphemgefügen ihren lexikalischen Gehalt in einer Form einbringen, die im selbständigen syntaktischen Gebrauch nicht üblich ist. Man sieht auch, dass es die Frage kommunikativer Relevanz ist, welche zur Verwendung dieser vorher wie nachher ungeläufigen Bildungen führt und nicht ein irgendwie gearteter unabhängiger Bedarf der Benennung von etwas Neuem. Uns wird eine allseits belebte Stadt vor Augen geführt, deren Realitätsgehalt 118 Wortbildungsarten (Luftzüge) uns nicht weiter zu bekümmern braucht, da es um eine erkennbare Dreier- Sortierung nach Bewegungsebene geht: über, auf, unter der Erde. Eigentlich sind ja die Züge unserer Normalsprache ,Erdzüge' im Sinne dieses Textes, und an sich nicht explikationsbedürftig: man sieht aber, dass die Wortbildung dem textuellen Bedürfnis nachkommen kann, mit nötiger Genauigkeit zu differenzieren. So sind auch unmittelbar nicht so naheliegende Konzepte in rekonstruierbarer Weise zu verdeutlichen: Rohrpostmenschensendung als die quasi postalische Sendung von Menschen durch die Rohrpost. Die verschiedenen Bildungen sind in unterschiedlicher Weise und in unterschiedlichem Maße motiviert. Die Zug-Wörter lassen sich aus ihren Teilen und die Stützung durch die paradigmatische Reihe der drei Bildungen erklären, die komplexe Bildung Rohrpostmenschensendungen spielt mit der Idiomatisierung von Rohrpost und Postsendung ebenso, wie dem überraschenden Bruch, den die Kombination mit dem Lexem Mensch in diesem Umfeld darstellt so dass wir gar nicht so recht wissen, wie wir diese Bildung analysieren sollen. 3.1.1.2 Zum Substantiv Wie oben bereits angedeutet, kann man als zentrale Funktion von Substantiven die Setzung ansehen: die Modifikation im Kompositum betrifft keine Änderung auf dieser Ebene, vielmehr werden bereits vorhandene setzungsfähige Lexeme intensional modifiziert, d.h. mit zusätzlichen semantischen Merkmalen angereichert. Dies führt zu einer Subklassifikation, die ,namenfähige' Einheiten ergibt. Was eine relevante Untergliederung in diesem Sinne ist, muss entweder formal deutlich gemacht werden oder mit einem hohen Grad an kultureller Erwartbarkeit rechnen können. Man versucht in der Wortbildungslehre daher seit längerem schon, ein Inventar an Relationen zu erstellen, die zugleich allgemein und spezifisch genug sind, um diese Erwartung zu erfüllen. Dabei findet sich ein Inventar von in etwa zehn Relationen, das seine Verwandtschaft mit allen klassischen Kategorientafeln nicht leugnen kann, und das sich unter Einbezug der Bedeutung der jeweiligen Bestandteile und Texteinbettungen fast beliebig spezifizieren lässt. 68 Das beginnt mit jenen Relationen, welche man oberhalb der Bedeutung der Einzelszene, die mit den verbundenen lexikalischen Elementen aufgerufen wird, als Subjekts- und Objektsrelationen bezeichnen kann. Darunter sind dann Agens- und Experiencer-Typen auf der einen Seite, Patiens- und Objective-Muster auf der anderen Seite gemeint. Der ebenfalls hier einzuordnende Typus des Themas oder auch derjenige einer allgemeinen Bereichszuordnung sind demgegenüber eher marginal. Unmittelbar anschließen lassen sich die kausalen Relationen, mit der Urheberschaft in der Nähe der Subjektstypen und den Ziel- und Zweck-Angaben in der Nähe der Objekts-Typen. Dem Zweck nahe steht die Kategorie des Mittels, die uns dann zu den ,adverbialen' Typen der Zeit und des Ortes hinüberführt. In gewissem Sinn einen Ausbau der Subjekts- 68 Das ist denn auch der Grund, warum nicht fest lexikalisierte Bildungen, die doch häufig eine hochgradig fixierte Bedeutung haben, ohne Kontext in ganz verschiedener Weise gelesen werden können. Komposition 119 und Objekts-Bezüge stellen verschiedene Teil-Ganzes-, Besitz- und Enthaltenseins- Relationen dar. Schließlich findet sich die Vergleichsrelation, welche Analogien und Ähnlichkeiten handhabbar macht, und auch gelegentlich eine identifizierende Angabe. (164) possessiv Ornativ Partitiv 1 Adhäsiv Bereich Thema Die Symbolisierung soll hier durchaus auch zeigen, dass die Positionen Possessiv, Ornativ und Partitiv/ Adhäsiv als Repräsentation einer allgemeineren Relation des ,Habens' verstanden werden können, ebenso Bereich und Thema als Ausbuchstabierungen von etwas wie ,Bezug'. Wir wollen damit andeuten, dass die semantischen Relationen, welche in den Komposita realisiert sind, eine vergleichsweise grobe und daher schnelle Orientierung erlauben: schon ein erster Einbezug der Semantik der beteiligten Lexeme erlaubt zudem den Ausschluss einer Reihe von Optionen bzw. eine Präferenz von gewissen Lesarten. Freilich kann die erste Erwartung vom weiteren Kontext bestätigt, aber auch konterkariert werden. Typische Bildungen für die aufgeführten Muster wären etwa die folgenden; alle Beispiele stammen aus Gert Jonkes Roman "Der ferne Klang": 120 (165) Impresariostift Schranktür Stofffaser Hausdetektiv Heimatgefühle Wortbildungsarten Fischerdorf Wohnungstür Wasserhahn Schon hier zeigt sich überdies, dass die gängige Ansicht, neue Wortbildungen seien dazu da, neue Dinge zu benennen, nicht das Wesentliche trifft. Vielmehr handelt es sich um Möglichkeiten zur verdichtenden Benennung, die einer mehr oder minder versuchsweisen Namengebung dienen. Die komplexen Namen können in unser Lexikon eingehen, oder sie können ihren Status als ad-hoc-Bildungen des Textes beibehalten. Alle diese Muster funktionieren durch die Modifikation eines vorhandenen Substantivs, durch eine Art Subklassenbildung, bei der der kompositionelle Charakter daraus resultiert, dass dem zugeordneten Merkmal eine gewisse Salienz und Evidenz zu eigen ist. So erlauben es diese Bildungen, ein feinziseliertes und doch aus typischen Objekten bestehendes Bild einer Textwelt zu umreißen. Sofern ihr typischer Charakter als konsensfähig gelten kann, verfestigen sich die Namen in Lexikalisierungen. Es ist nicht weiter überraschend, diesen Bildungstyp beim Substantiv in voller Ausbildung zu finden, bietet er doch die Möglichkeit, Benennungen beliebiger Spezifik als setzungsfähige Einheiten zu bilden, für die eine höhere Gültigkeit oder Dauer angenommen wird als für die syntaktischen Fügungen der Attribution. Man kann das gelegentlich auch an Verwendungen sehen, wo zwei solche Elemente unterschiedlicher Festigkeit nebeneinander auftreten: (166) [... ]mit einem Heizungsraum und einem Zimmer fürs Klavier (Strauß 1997, S. 7) Die Substantivkomposition lässt sich, wie in den bisherigen Ausführungen exemplarisch angedeutet, zunächst einmal von ihrer morphologischen Struktur her beschreiben. Auch dabei wollen wir vom leitenden Typ des Determinativkompositums ausgehen. Per Definition ist das Zweitelement, das Determinatum oder Grundglied, wie es genannt wird, ebenfalls ein Substantiv. Als Erstglied, Determinans oder Bestimmungsglied sind verschiedene Dinge möglich: zentral sind die Typen, bei denen entweder ein weiteres Substantiv, ein Adjektiv oder ein Verb(stamm) diese Stelle einnehmen. Komposition 121 N + N Wie schon mehrfach gesagt, ist das N+N-Kompositum, also das Kompositum, das aus zwei Substantiven besteht, und bei denen das Determinatum nicht ein relationales Substantiv ist, der prototypische- und der häufigste- Fall der substantivischen Komposition. Hier sind auch zweifellos die Möglichkeiten der Komposition am besten entwickelt, da die Form der Bildungen die wenigsten Aussagen macht, und gelegentlich auch gar nicht so weit explizierbar ist: (167) Wann endlich entlädt sich der Gewitterhimmel? Diurno, der tags Gezeugte und mein Tagwandel (Strauß 1997, S. 9, 9) Für die Aufführung hatte man eine Truppe von Spitzmäusen gewonnen, welche als Blumendarsteller berühmt waren (Hacks 1987, S. 142) A.+ N Ein vergleichsweise gängiges Muster ist auch die Verbindung von Adjektiven mit Nomina, wobei der einfachste Fall der ist, dass das Kompositum einen Spezialfall dessen meint, was mit einer entsprechenden attributiven Fügung ausgedrückt würde: (168) [...] deren fehlerhafte Überlieferung das unpoetische Wissen[...] zu Faulstoff wandelt (Strauß 1997, S. 134) [...] durch Abschmelzen von Toteisblöcken in den Lockermassen (Strauß 1997, s. 197) Sie hob den Rock ihres Kleidesam Hintersaum (Hacks 1987, S. 17) Dabei heißt Spezialfall für die letzten beiden Beispiele, dass die genannten Entitäten mit den im adjektivischen Teil angedeuteten Eigenschaften funktionale und charakteristische Bestandteile der jeweiligen Objekte darstellen, und auch der Faulstoff fault ,wesenhaft' und nicht nur ,akzidentiell'. 69 Neben diesen wohl gängigsten Typ tritt der, bei dem auf direkte oder indirekte Weise eine adverbale Relation realisiert ist: ,schläft halb', ,wächst wild'. (169) Lächelnd gleitet sie in den Halbschlaf (Rehmann 1999, S. 67) Eine frischgepflanzte Wildhecke (Strauß 1997, S. 10) Ergänzt wird das von etlichen analogischen Erweiterungen: (170) Feinbäckerei Oder dem Blick des Fremden standzuhalten suchte, der aus dem Spiegel kam, sobald das K verflog aus einem blassen Blankogesicht, das keine Ausreden akzeptierte. (Politycki 1997, S. 78) V+ N Ziemlich unproblematisch ist der dritte erwartbare Typ, nämlich der mit einem verbalen Element als Erstglied. Wenn hier auch, wie bei allen Determinativkomposita, die Relationen vom Zweitelement ausgehen, wird doch die Beziehung vom Verb her rekonstruierbar. Wir wollen aber betonen, dass das eigentlich 69 Das gilt strukturell auch für den Sondertyp der sogenannten Possessivkomposita. Dabei handelt es sich um metonymische Benennungen für Personen aufgrund charakteristischer Eigenschaften: "Habe ich diesem Dummkopf nicht ausdrücklich verboten... " (Hacks 1987, S. 131); s. dazu Knobloch (1997, v.a. S. 256 ff.), der den Weg von Deskriptoren zu ,Namen' in diesem Fall nachzeichnet und sprachuniversal diskutiert. 122 Wortbildungsarten eine die Motivation verdeutlichende Paraphrasierung ist, die nicht in der Richtung und im Sinn dieser Bildungen liegen. Das spielt nur bei der Beziehung zwischen Subjekt und Verb bzw. direktem Objekt und Verb keine Rolle, wie bei der vieldiskutierten Putzfrau als Beispiel für den Subjektstyp bzw. einem Wort wie Bratapfel für die Beziehung von Verb und direktem Objekt. (171) Verb-Subjekt zwischen Treibholz und Tang (Ransmayr 1991, S. 251) wie er[ ...] die Glühbirne herausdreht (Rehmann 1991, S. 90) (172) Verb-Objekt Mit Magenbitter und Kautabak (Ransmayr 1991, S. 250) Ansonsten folgen die auf das Verb gerichteten Typen von Substantivkomposita, um die es sich hier handelt, nämlich einem recht einfachen Muster: die im Determinatum genannten Objekte werden funktionalisiert im Hinblick auf die im Determinans genannten Vorgänge, und in einem gewissen Umfang sind auch die Subjekts- und Objektsbeziehungen dadurch überlagert; auch der Bratapfel ist ein ,Apfel zum Braten' und die Putzfrau ist eine ,Frau zum Putzen', auch wenn man diese verdeutlichende Periphrase nicht als besonders glücklich empfinden mag. Bei anderen Beziehungen zwischen verbalem Determinans und substantivischem Determinatum ist diese handlungsfunktionale Interpretation, die auf Zwecke oder Ursachen abhebt, aber eindeutig, und sie erübrigt andersartige syntaktische Rekonstruktionen. Aber natürlich lassen sich die Determinata, wie in den folgenden Beispielen, als Orte bzw. als Instrumente für bestimmte Handlungen interpretieren: (173) den Knetarm (instr) der Backmulde (loc), das elektrische Sieb und die Schlagmaschine (instr), das metallene Klicken der Türen[ ...] vom Backofen (instr/ loc) (Hein 1997, s. 7) (174) Orte hielt vor dem Schlachthaus Ansprachen (Ransmayr 1991, S. 252) in einer Strafkolonie zwischen Ruinen zu leben (Ebd., S. 256) (17 5) Instrumente/ Mittel in einem Schwemmwasserbecken des Baches Vieh[ ...] zu schlachten drosch mit einer Brechstange gegen Tore und Mauern setzte aus einem Koffer voll Glas einen Destillierapparat zusammen (Ransmayr 1991,5.257,258,258) Der kleine Suchscheinwerfer daß ihm [...] kein Kosewort entgehe (Strauß 1997, S. 11, 18) (176) Zeit Schonzeit für Füchse (Filmtitel; P. Schamoni 1965) Wegen dieser überlagerten abstrakteren Beziehung des ,für etwas' ist hier auch nicht der formale Charakter des Determinans als Verbstamm der entscheidende Punkt, sondern die entsprechende semantische Charakteristik. Insbesondere implizite Ableitungen sind daher an dieser Stelle nicht selten und funktional gleichwertig. Das Komposition 123 Zugpferd des folgenden Beispiels ist daher zweifellos am adäquatesten mit ,ein Pferd zum/ für das Ziehen' zu paraphrasieren, analog ist ein Schutzhelm ,ein Helm zum sich Schützen': (177) Der Huftritt eines Zugpferdes (Ransmayr 1991, S. 259) viele Frauen mit gelben Schutzhelmen (Strauß 1997, S. 71) Weniger häufig scheinen die ursachenorientierten Bildungen bei diesen nicht relationalen Zweitgliedern zu sein; ,Geräusche, die vom Laden kommen': (178) die Ladegeräusche [...] elektrischer Geräte (Strauß 1997, S. 8) die Einlegearbeiten der Tischplatte (Hein 1997, S. 7) Auch hier lassen sich entsprechende Bildungen mit impliziten Ableitungen finden: (179) in denen Bruchholz und Abfall verbrannten (Ransmayr 1991, S. 176) Offenkundig ist, dass gerade bei verbalen Erstgliedern und nicht relationalen Zweitgliedern eine funktionale Interpretation der genannten Elemente der durch das verbale Lexem aufgerufenen Szene die entscheidende Rolle spielt. Die möglichen genaueren Interpretationen bleiben dabei im Hintergrund. 3.1.3 Zum Adjektiv Bei Adjektiven muss natürlich fehlende Relationalität anders verstanden werden als bei Substantiven. Adjektive sind per Definition relational, eine vorhandene Bezugsstelle ist immer gefüllt. 70 Nicht relational und somit eigentlicher Kandidat für Determinativkomposita sind jene Adjektive, bei denen keine weitere Relation angelegt ist. f111 i A Dominant ist dabei die Verbindung zu substantivischen Erstgliedern, die logischerweise nicht unmittelbar den syntaktischen Relationen folgen können: Das substantivische Determinans kann so der Bildspender eines Vergleichs oder einer Metapher sein oder einen Bereich angeben. Bei manchen substantivischen und bei verbalen Erstgliedern werden, wenn man so will, zwei potentielle Prädikationen ohne weiteren Kommentar nebeneinander gestellt: das ist die typische Voraussetzung für kausale Lesarten. (180) Vergleich sitzt sie im Bett, kerzengeradetrotzder genagelten Hüfte [...] bis zum Hals zugeknöpft[ ...] in ihrem eleganten nachtblauen Morgenrock (Rehmann 1999, S. 145) zum handspannengroßen Ausschnitt des Kleides (Politycki 1997, S. 208) (181) Bereich die[ ...] ökopathetische Periode (Strauß 1997, S. 72)? 1 ein kappenbunter Trommler (Politycki 1997, S. 206) 70 Sonst wählen sie sich, wie bei der Behandlung der Konversion noch zu besprechen sein wird, in ihre sekundäre Funktion als Substantiv ein. 71 Dabei kann man über den Status des Elements {öko) sicherlich geteilter Meinung sein: hier wird es aus semantischen Gründen betrachtet als ein nur gebunden vorkommendes Kurzwort zu Ökologie, ein konfixartiges Element. 124 Wortbildungsarten eine Sandkastengespielin mit zopfblondem Haar (Politycki 1997, S. 208) einer Person, die einem seelenverwandt ist (Martin/ Drees 1999, S. 136) kleine grüne funkelflinke Augen (Politycki 1997, S. 17) (182) Kausales und die frostblauen Schlehen (Strauß 1997, S. 129) ]eremy, schreckensbleich, erscheint in der Tür (Rehmann 1991, S. 59) triefnass Was sich unmittelbar bei den im oben beschriebenen Sinn nicht-relationalen Adjektiven zeigt, kann auch bei anderen Adjektiven realisiert werden. Insofern sie ,außerhalb' ihrer angelegten Abhängigkeiten ergänzt werden, gibt es hier auch Komposita dieses Typs. 72 A + A Nicht kopulativ verstehbare Adjektiv-Adjektiv-Bildungen sind selten, sie stehen häufig, wie auch schon die Wörter mit verbalem Erstglied, nahe an dem graduierenden Modifikationstyp, der zwischen Komposition und Präfigierung steht: (183) mit den großen dunkelroten Brustwarzen (Hein 1997, S. 93) Ihre Brustwarzen waren hellrot (Hein 1997, S. 162) Nur um einen halbdunklen Ton zu erreichen (Strauß 1997, S. 129) in hochzivilisierten Ländern (Strauß 1997, S. 138) frisch aus dem mittelschweren Geschiebelehm (Strauß 1997, S. 7) Graduierung Das gilt insbesondere auch für viele Vergleichsbildungen, die dativische bis superlativische Funktion haben, auch für die, welche im Gegensatz zu den häufig per Kollokation festliegenden Pseudo-Präfigierungen noch als Metaphern zu verstehen sind: (184) Lehm, der betonharterstarrte (Strauß 1997, S. 37) läßt einen riesengroßen Strudel entstehen (Strauß 1997, S. 89) den gottverlassenen wunderschönen Anger (Strauß 1997, S. 156) In den eigentlichen Übergangsbereich kommt man mit allerlei lexikalisierten und idiomatisierten Bildungen; wir werden darauf bei der Derivaton zu sprechen kommen: (185) Wie die blutjungen Troilus und Cressida (Strauß 1997, S. 83) Die Äcker waren frisch gepflügt, blitzsauber (Strauß 1997, S. 206) In diesen Bereich gehören sicherlich auch eine Reihe vor allem nichtindigener Bildungsmittel, die eher den Charakter gebundener Lexeme als den von Präfixen haben. Dazu wären wohl Elemente wie super- oder topzu stellen. 73 72 Vgl. alle referentiellen Gruppen bei Deutsche Wortbildung 5. 73 vgl. die Beispiele in Ruf (1996, S. 108), dort allerdings als Präfix behandelt; diese Einordnung ist schon aufgrund des gegebenen Belegs super-sehr-furchtbarlieh-groß nicht sehr überzeugend; s. auch die Adkopulaverwendung von super. Bei Ruf (1996, S. 41 ff.) wird bedauerlicherweise darauf verzichtet, Differenzen zwischen den unterschiedlichen Erstelementen genauer zu bewerten. Komposition 125 Aufhebung Einen ähnlichen Fall stellt dar, dass verschiedene mehr oder minder gebunden vorkommende Lexeme die Existenz der ausgedrückten Eigenschaft in Frage stellen. Das hat zweifellos mit dem Vorkommen antonymischer Bedeutungsrelationen im Adjektivwortschatz insgesamt zu tun. Es sind das neben Bildungen wie den oben bereits genannten mit halbsolche mit schein- oder quasi-, womöglich auch mit pseudo- oder semi-.7 4 Anzuschließen wären weitere Arten der ,Ausschließung' wie in dem folgenden Beispiel mit vor-. (186) sie gewinnen eine quasi-objektive Wirklichkeit. vor-subjektive Wirklichkeiten (Martin! Drees 1999, S. 160, 161) 75 8-elchsüber~ s~hneidung Etwas unübersichtlicher - und auch noch nicht recht beschrieben sind entsprechende Einschränkungsverhältnisse bei Zugehörigkeitsadjektiven. Viele Fügungen, die man findet, sind relativ nahe an einer Art Gleichsetzung bzw. gegenseitigen Erklärung: (187) mit Hilfe magnetohydrodynamischer Megamaschinen (Strauß 1997, S. 117) Wenn auch die Struktur dieses Wortes schwer einzuschätzen ist, vor allem was die rechte Hälfte angeht, bleibt wohl doch die Determination durch das Lexem {magnet}, das eine spezifische Wirkungsweise andeutet. 76 Stärker gleichgeordnet und so schon zu den kopulativen Bildungen hinüberweisend erscheint das folgende Adjektiv: (188) eines neukonstruierten optoelektrischen Speichers (Strauß 1997, S. 157) Zugehörigkeitsadjektive geben Geltungsbereiche an, deren Überschneidungen oder Nichtüberschneidungen unterschiedliche mengentheoretische Bilder ergeben, die nicht einfach in der Unterscheidung von Determination und Addition aufgehen. 3.1.1.4 Zum Verb Bei den Verben kann man hier nicht viele Möglichkeiten erwarten, sind sie doch die Verkörperung von Relationalität. Was soll hier rein determinativ passieren? ·oETE'RMtNATtONs-·· Erwarten könnte man vielleicht eine determinative Relation in FRAGEN all den Fällen, wo als verbale Basis kein verbales Lexem bzw. ein verbales Lexem, das nicht der semantischen Kategorie des Gesamtverbs entspricht, auftaucht und als erstes Element eines mit lexematischer Bedeutung. (189) ließ ein Sologreis [...]seinen Sektkübel im Stich, krückte davon ... das Signal für Gregor, davonzunuscheln in sein Zimmer, eiligst davonfluchten (Politycki 1997, S. 26, 256, 121) Hier kann man auf jeden Fall sehen, dass bei diesen trennbaren Bildungen im Rahmen der sogenannten Lexikalklammer etwas zum Tragen kommt, was die 74 Wenn man sie, wie Fleischer/ Barz (1995, S. 249 und 234) für Konfixe hält. 75 Dieses Präfix hat hier durchaus die gleichen Eigenschaften, wie sie in Eiehinger (1989, S. 347-350) für die entsprechende Verbpartikel beschrieben worden sind. 76 Oder doch irgendwie hydraulisch und magnetisch? 126 Wortbildungsarten übliche Determinans-Determinatum-Struktur konterkariert. Es geht ja nicht um ein in irgendeiner Weise modifiziertes *Krücken oder um ein Nuscheln oder Fluchen, sondern um den Aufruf eines Davon-Schemas.7 7 Die Frage, ob es sich hierbei um Komposita handelt, lässt sich daher eher metaphorisch stellen, die beiden Teile der Wortbildung wirken hier in der Weise zusammen, dass der durch das linke Element gesetzte Typusin den Beispielen der davon-Typ-durch verschiedene Schemaelemente gefüllt wird. In den vorliegenden Fällen hat man den Eindruck der relativen ,Unabhängigkeit' der Teile, da es sich zumindest bei den beiden verbalen Basen um zusätzliche Prädikationen, also adverbiale Modifizierungen handelt, die eigentlich nicht der Kategorie des gewünschten Gesamtprädikats entsprechen: es geht beim Nuscheln oder Fluchen eher um kontingente Nebenumstände. Was hier am Beispiel von davongezeigt werden konnte, gilt für alle Partikelverben dieser Art. Sie repräsentieren einen Typ, der mit den normalen, von der nominalen Wortbildung ausgehenden Beschreibung nicht recht zu erfassen ist. Eine einfache Determinationsbeziehung ist hier jedenfalls nicht anzusetzen. Das gilt auch für die nicht unmittelbar rektional zu interpretierenden Fälle von Doppelpartikelverben vom Typ hinauskomplimentieren. ·~~ati~'' Q~Ja ... ßg,; Dennoch hat sich im Laufe der Diskussion um die Rechtschreibreform herausgestellt, dass es bestimmte Fälle ,undeutlicher' Abhängigkeit gibt, die auch zur Bedeutungsisolierung neigen, und die daher am ehesten das ausmachen, was man Determinativkompositum im engeren Sinn nennen möchte. Das betrifft im Kern jene viel diskutierten Beispiele wie die Suppe warm machen bzw. den Hasen totschießen, um hier in den Regeln der alten Rechtschreibung zu verdeutlichen, worum es geht.7 8 Es handelt sich bei diesen Konstruktionen um ein recht spezifisches Valenzmuster des Deutschen, das man als eine Erweiterung der Kopulaprädikate verstehen kann. Die Erweiterung ist zweifellos eine Kausativierung, das Ganze ergibt ein resultatives Prädikat. Da hier aber im Unterschied zu den Kopulaprädikaten verschiedene Verben möglich sind, scheint ein besonders guter Grund vorzuliegen, um von so etwas wie einer Artergänzung zu sprechen, und nicht von der semantischen Variation in einem Adjektivprädikat, die logischerweise durch die Adjektive geleistet würde. Das verkennt aber die Tatsache, dass hinter all diesen Verwendungen eine Prädikation machen + Adjektiv steht, die einen quasi-grammatikalisierten Gebrauch erst erlaubt. Das ermöglicht die Verwendung des adjektivischen Elements als eine Art Resultativum. Deshalb handelt es sich bei diesen Fällen doch um kausative Adjektivprädikate, die ihre Bedeutung erst gänzlich vom klammerschließenden Teil bekommen. Das wird zum Teil dadurch verdeckt, dass sich aufgrund erwartbarer Sachzusammenhänge Kollokationen herausbilden, die mehr oder minder unhintergehbar erscheinen.7 9 Nun gibt es bei dieser 77 Diese das Schema leitende Kraft des rechten Klammerelements und sein Zusammenwirken in einer Verbszene wird in Eiehinger (1989, S. 264 ff.) für das semantisch vergleichbare ausausführlich erläutert. Die Wichtigkeit des rechten Klammerelements bei den trennbaren Verben betont nun auch Donalies (1999 b). 78 Sie werden in polemischer Absicht erläutert bei Schaeder (1997, S. 290/ 91). 79 So scheinen schießen und tot ein fast untrennbares Paar zu sein, ad hoc ist aber allerlei denkbar: Letztes Jahr haben mich die Silvesterraketen wach geschossen. Komposition 127 grammatikalisierten Form noch immer zwei Möglichkeiten der Interpretation, die uns als Sprecher oder Schreiber des Deutschen dazu bringen, solche Verb-Adjektiv- Kombinationen als syntaktische Konstruktionen oder als Verbkomposita zu verstehen. Das lässt sich sehr gut an dem Beispiel vom Warmmachen der Suppe zeigen. Einmal kann ich davon sprechen, dass ich der Suppe eine andere Eigenschaft, noch dazu eine problemlos graduierbare, zuordnen will. Ich kann sie daher auch wärmer und wärmer machen, bis sie dann eine warme Suppe ist - und dann noch wärmer, dann wird sie heiß. Dass wir den absoluten Grad einer solchen Eigenschaft nach dem Bezugsobjekt bemessen (,warm für eine Suppe'), ist die charakteristische Eigenschaft solcher semantisch ,relativ' genannter Adjektive. Dazu gehört auch, dass sie polar organisiert sind, und dass das positive Ende unmarkiert ist: Wie warm! ? kalt ist die Suppe? Suppen sind in unserer Kultur zudem prototypisch warmes Essen. So kann denn ,warm machen' auch als ein Name dafür fungieren, dass die Suppe in ihren funktional adäquaten Zustand gebracht wird. 80 Wenn ich somit sage, ich wolle mir heute Mittag nur schnell eine Suppe warmmachen, handelt es sich um ein auch intonatorisch entsprechend gekennzeichnetes Kompositum. Man hat sich angewöhnt, diesen Sachverhalt durch Zusammenschreibung auszudrücken. Hier kommt es also darauf an, was ich sagen will, die Argumentation weder der alten noch der neuen Rechtschreibregeln vermag hier zu überzeugen. Eindeutiger ist der Fall bei totschießen: es handelt sich hier um einen das Ergebnis des Totseins deutlich akzentuierenden Namen für die Handlung, die sonst auch Erschießen genannt wird. Mit dieser perfektiven er- Bildung teilt sie auch kategoriale Beschränkungen, nämlich dass als direktes Objekt die Bezeichnung für ein menschliches Wesen oder ein normalerweise nicht gejagtes Tier steht: Der Jäger, der Hasen schießt, kann die Nachbarskatze nur irrtümlich erschießen oder totschießen. 81 Es handelt sich also um eine in mancherlei Hinsicht aus den syntaktischen Bezügen genommene Konstruktion, ein verbales Kompositum, bei dem erst der syntaktische Rahmen über die interferierende machen-Konverse die Relation zwischen den Konstituenten klärt. Mit der Univerbierung ist auch ein konnotativer Mehrwert verbunden: (190) Ich schieße keine Möwe tot I ich lass' sie lieber leben, I und füttre sie mit Roggenbrot I und rötlichen Zibeben (Ch. Morgenstern 1965, S. 222) Dieser Typ einer indirekten lexikalischen Umsetzung eines grammatischen Effekts bildet den Kern von Determinativkomposition beim Verb (191) der Baummade, die die grünen Zweigekahlfraß (Strauß 1997, S. 29) die sich [...] vor Begeisterung die Hälse wundschrien (Ransmayr 1991, S. 45)8 2 Den anderen Fall, den man hierher rechnen sollte, stellen die Bildungen mit innerem Objekt dar; dabei handelt es sich offenkundig um einen marginalen syntaktischen 80 Dass manche Suppen auch kalt gegessen werden, ist in unserer Kultur der merkmalhafte Fall, in diesem Zusammenhang würde man zweifellos nicht von warmmachen sprechenaber das heißt ja auch nur, dass Wortbildungen motiviert sind. 81 Die Ambivalenz englischer Konstruktionen wie des Filmtitels They shoot horses steht dem Deutschen hier nicht zur Verfügung. 82 Dazu dann auch partizipiale Konversionen: braungebrannt, kurzgeschoren (jetzt 1999, H. 41, [6]). 128 Wortbildungsarten Konstruktionstyp, der daher leicht zur Univerbierung übergeht, von radfahren bis geigespielen. 83 3.1.2 With a little help: Rektionskomposita 3.1.2.1 Allgemeines Mit den Rektionskomposita kommen wir in den Bereich der inkorporierenden Techniken, also zu Bildungen, bei denen das Determinatum strukturelle Anknüpfungspunkte für das determinierende Element vorgibt oder anbietet. Wir wollen hierbei nicht nur die strikt rektionalen Beziehungen gelten lassen, sondern auch andere vom Kern der Szene eröffnete Abhängigkeiten. Damit sind wir, das sieht man auch im Vergleich mit dem letzten Kapitel, nicht bei ganz andersartigen Relationen und auch die prinzipielle Lexemfähigkeit der beiden beteiligten Elemente bleibt ebenso unstrittig wie vielleicht vage im Feld der sogenannten Konfixe. Bemerkenswert anders ist der Status der Determinata. Sie sind relational. Das heißt bei den drei behandelten Wortarten jeweils etwas anderes und hat innerhalb der Wortarten einen unterschiedlichen Stellenwert. Das prototypische Substantiv ist ein für sich stehender Name für ein uneingebundenes Objekt, das prototypische Verb hat seine Bedeutung erst zusammen mit den Relationen, die es mit den es notwendig ergänzenden Elementen eingeht. Das hat Folgen für Status und Ausbau entsprechender Komposita. 3.1.2.2 Zum Substantiv Substantive können Relationalität aus zwei Gründen haben. Der normale Fall ist, dass sich in den von ihnen ausgehenden Beziehungen Reflexe der in verbalen und adjektivischen Lexemen angelegten Abhängigkeiten wiederfinden. Wir haben schon darauf hingewiesen, dass man in dieser Hinsicht die Wortbildungsarten, die einen Wortartwechsel bewirken, als Techniken verstehen kann, die mit den Mitteln einer prädizierenden Syntax am explizitesten und gestrecktesten (,aggregativsten') ausgedrückten Zusammenhänge impliziter und kondensierter (,integrativer') zu fassen. Dabei kommt es nicht nur zu formaler Reduktion der die Bindung anzeigenden Mittel und zu Clusterungen und Blockierungen, in denen sich Hierarchisierungen spiegeln, sondern auch zu funktionalen Verschiebungen. Wenn wir uns ein komplexes Wort ansehen, bei dem die Relationalität von einem verbalen Lexem ausgeht, so erleben wir im nominalen Bereich die Integration vom Status des Satzglieds über den des adnominalen Attributs bis zum Element einer Wortbildung. Bei einer adjektivischen Basis kann man von der in der attributiven Verwendung vorliegenden mittleren Integrationsstufe als dem unmarkierten Fall ausgehen. Wenn wir uns die Rektionskomposita mit einem deverbalen Zweit- ~~~~: u: . glied ansehen, so sind durch die binäre Struktur dieser Bildungen, die ja großenteils Derivationen mit Suffixen sind, bereits bestimmte mögliche Relationen gesättigt und damit für den weiteren Ausbau blockiert. Dabei ist die Möglichkeit minimal, dass das verbale Lexem in seiner prädikativen Funktion der 83 Vgl. dazu die obigen Ausführungen. Komposition 129 Benennung für den Vorgang, die Tätigkeit, die Handlung selbst, als Nomen gesetzt wird. Dies kann in drei wichtigen Formen geschehen, die dann jeweils durch entsprechende Erstglieder näher differenziert werden können: (192) Umkategori~ierung durch Infinitiv: das Kollegenverhalten ist durchsetzt vom stillen Tausch (Martini Drees 1999, 125) Uns interessiert hier nicht das Verdikt über das Romanelesen (Schön 1993, S. 276) Das Tauschdenken lenkt das eigene Sozialverhalten (Martin/ Drees 1999, S. 119) Das Lautlesen ist auch der Gesundheit sehr heilsam (Schön 1993, S. 107) Es geht um die Subjekte (wie die Kollegen sich verhalten), die Objekte (die Romane liest man; an den Tausch denkt man), es geht um modale (laut) und restriktive (sozial) adverbiale Bestimmungen, deren Anhindung an das Zweitelement uns hier relativ deutlich vorgegeben wird. (193) Derivation durch -ung/ -ion usw. der Wertminderung von Tauschgütern (Martin! Drees 1999, S. 129) die Optimierung der eigenen Beitragsleistungen (Martin/ Drees 1999, S. 119) unsere Art der Kriegführung (Hacks 1987, S. 40) in den Kooperationsbedürfnissen der sozialen Umwelt (Martini Drees199J, S. 108) Beiträge zur "Lesesucht«-Diskussion (Schön 1993, S. 318) .. mit einem Gedankenexperiment klarmachen (MartiniDrees 1999, S. 120) um der Fee ihre Frühaufwartung abzustatten (Hacks 1987, S. 36) Auch hier steht Subjektartiges (Der Wert mindert sich) neben Objektartigem (man leistet Beiträge), das vielleicht eher ein Passivsubjekt ist, worauf die Adjektivische Abstufung des Agens weist (eigen; Beiträge werden geleistet); ähnlich ist das nächste Beispiel, das Bedürfnis ist ein ,Bedürfnis nach', ebenso wie die Lesesucht-Diskussion eine ,Diskussion über' ist. Die letzten beiden Fälle weisen eine modale und eine temporale Relation aus. (194) Implizite Ableitung Gesetz des abnehmenden Ertragszuwachses die Schieflage des Güteraustausches den gemeinsamen Wochenendeinkauf (Martin! Drees 1999, S. 128, 133, 145) Auch hier liegen ein Subjekt, ein Objekt und eine finale adverbiale Relation vor. Deverbale Nomina, die das Ergebnis von Handlungen ausdrücken, bedienen sich ganz ähnlicher Mittel und zusätzlich einer Reihe weiterer Suffixe und Inkorporationseierneute mittlerer Allgemeinheit: (195) Suffixe daß im Zivilisationsprozeß Affektäußerungen in körperlicher Aktion [...]gedämpft werden (Schön 1993, S. 289) daß sich Gerechtigkeitsvorstellungen nicht nur auf das Ergebnis [...] beziehen In einer Dienstbesprechung z.B. in sogenannten Zielvereinbarungsgesprächen (Martin! Drees 1999, S. 135, 135, 124) 130 Wortbildungsarten (196) Sonstiges nachhaltigere Auswirkungen als Unzufriedenheitsgefühle eine besondere Form des Lustgewinns (Martin/ Drees 1999, S. 135, 120) Auch hier dominieren erkennbar Objektrelationen bzw. die damit nah verwandte Themen-Relation; auch bei Unzufriedenheitsgefühl wird das ,Ergebnis des Fühlens der Unzufriedenheit' also eine Objektsbeziehung fokussiert. Die klassische Technik, um die Bezeichnung für den Handelnden (nomen agentis) zu bilden, stellen verschiedene Affixe dar, deren prominentestes zweifellos -er darstellt; dazu treten eine Reihe von Fremdaffixen, substantivierte Adjektiv- und Partizipialformen: (197) Affixe Ich bitte den Herrn Versammlungsleiter [...] (Hacks 1987, S. 25) Es gibt ein Bild eines Rousseau-Lesers (Schön 1993, S. 134) wenn einer der Rostbratenesser hinaus [...]ging (Politycki 1997, S. 330) jeden Gartenbewohner (Hacks 1987, S. 58) einen erfolgreichen Werbetexter spielen oder Börsenmakler (Politycki 1997, S. 289) Talkshowmoderator (198) Partizipien/ Adjektive obwohl es von einem anderen Roman-Süchtigen[...] heißt das Verhalten von Lese-Dilettanten (Schön 1993, S. 237, 314) Eigentlich nicht davon zu trennen sind bestimmte nomina instrumenti: (199) bedrohte ihre Mutter den Anrufbeantworter (Politycki 1997, S. 327) und der Knospenbrecher, das stilettspitz sich hervorwindende Blatt, erscheint (Strauß 1997, s. 11) Auch in diesen Beispielen dominieren Objekts-Inkorporationen, die syntaktisch z.T. als Akkusativ-, z.T. als Präpositionalergänzung zu explizieren wären. Die andere Seite thematisieren Ergebnis- und Objektsbenennungen: (200) oder ein paar Aufenthaltserlaubnisse (Hacks 1987, S. 30) Beschränkung des Marktzutritts die Belohnungswirkung von Tauschgütern seine Nutzenvorstellungen in eine Richtung zu lenken Man verhandelt über[...] Konventionalstrafen den Wunsch nach der Gegengabe (Martin/ Drees 1999, S. 125, 127, 129, 122, 119) Auch hier sind weithin Objekts-Verhältnisse eingegangen, allerdings zum Teil gefiltert durch den stabiler lexikalisierten Charakter der Determinata (z.B. Zutritt zu, 84 Vorstellung von}; Konventionalstrafe realisiert ein modales Verhältnis, bei Gegengabe wird die intendierte Bedeutung durch Einbezug des zentralen Junktors verdeutlicht (ich gebe jemandem etwas gegen etwas). 85 84 Kann man, wenn man will, auch als direktional betrachten. 85 Wie zum Beispiel die Übersicht in Schumacher (1986, S. 724) zeigt, gehört das "Entgelt für einen Besitzwechsel", das hier durch gegen signalisiert wird, zum Kategorieninventar der Verben des Besit- Komposition Was hier angedeutet werden sollte, war, dass Rektionskomposita mit deverbalen Determinata uns durch die solcherart ererbte Bindungsfähigkeit relativ eindeutig über die jeweils inkorporierte Relation instruieren. Rektionskomposita sind sie ja nur, insoweit entsprechende Ergänzungs- und adverbiale Angaberelationen 86 aufgenommen werden. Im Rahmen dessen ist dann auffällig, dass trotz verschiedener Möglichkeiten, 87 die bei den einzelnen Beispielen auch zu sehen waren, die Bildungen mit inkorporierter Objekts-Relation eindeutig dominieren. Auffällig ist dagegen die geringe Nutzung der Subjekts-Relation, die dafür häufig im Suffix auftaucht und so für die weitere Inkorporation blockiert ist. 88 Systematisch entspricht das natürlich dem Tatbestand, dass es sich bei solchen Bildungen um generalisierbare Benennungen für rhematische Einheiten handelt. Solche Einheiten finden sich im unmarkierten Fall im Satz an das rechte Klammerelement, die infinite Verbform, angelagert. Neben der Direktionalbestimmung, die dann auch zu entsprechenden Bildungen (Englandreise) führt, stehen Präpositional- und Akkusativergänzung positioneil und semantisch dem Verblexem am nächsten. 89 Sie sind als die ,direkten' Anschlüsse auch mit den Mitteln der Wortbildung, die sich ja auf die Stellung reduzieren, am problemlosesten zu kodieren. Unter den Angaben können aufgrund ihres jeweiligen Fokus nur die verbmodifizierenden Typen als im hier verlangten Sinne relational angebunden verstanden werden. DEADJEKTtVISCH~ NOMINA ... Weniger vielfältig sind Bildungen mit deadjektivischen Zweitgliedern; relational genutzt werden kann ja hier einerseits die auch in der Attribution notwendig gefüllte Relation zum Bezugssubstantiv, andererseits eine zusätzliche in der Valenz des Verbs angelegte Möglichkeit. Erweiterungsmöglichkeiten dieser Muster bieten sich vor allem auf dem Feld substantivierter Partizipien, die allerdings eher selten eine solche Festigkeit haben, dass sie als einzeln lexemfähige Zweitglieder betrachtet werden können. Die sogenannten Partizipialkomposita sind daher fast durchwegs Zusammenbildungen: (201) Deadjektivisches Eigenschaftsnomen und Erstergänzung: Auseinanderfallen von Ergebnis- und Prozeßgerechtigkeit (Martin/ Drees 1999, s. 135) (202) Deadjektivisches Eigenschaftsnomen und Zweitergänzung/ adverbialer Bezug: Leistung, Gehorsam und Betriebstreue (Martin/ Drees 1999, S. 187) weil sie [...] die äußerliche Verhaltensfreiheit einschränkt (Martini Drees 1999, s. 136) (203) Substantivisches Partizip und Ergänzung die hartnäckig "Noch ein Glas Wein zusammen"-Fordernde (Strauß 1997, S. 20) zes und des Besitzwechsels, seine syntaktische Spezifizierung wird aber gerade bei den allgemeinen Verben des Feldes wie geben offengelassen. 86 d.h. modale und restriktive Relationen, die auf Verbebene modifizieren. 87 In der Duden-Grammatik (1998, S. 486) am Beispiel des Zweitglieds -reise demonstriert. 88 Zu dieser Verteilung passend die korpusorientierte Analyse der Form von Zweitgliedern substantivischer Komposita in "Deutsche Wortbildung" (4, 1991, S. 32). 89 Vgl. dazu Eiehinger (1997); die Dominanz des Objekt-Typs belegen statistisch auch die Ergebnisse in Gersbach/ Graf (1984, S. 45 ff und 95 ff). lEXIKALISCH RElATIONALE .NOMtNA Wortbi Idungsarten Die andere Art von Relationalität liegt im entsprechenden Charakter mancher Substantive, z.B. solcher, die verschiedene Arten von Teilen bezeichnen, aber auch sonstwie offene Bildungen, die der Ergänzung bedürfen. Die Unterscheidung von in dieser Hinsicht absoluten und relativen Substantiven geht auf Otto Behaghel zurück, sie ist verschiedentlich wieder aufgenommen worden. 90 Auch hier wollen wir darauf verzichten, Benennungen wie Zeit und Ort sofort für relational zu halten. Das wird dem Charakter dieser Grundkategorien nicht gerecht. Vielmehr geht es hier um spezifischere lexikalisch eingebaute Relationen. Typisch sind Bezeichnungen von Personen über allgemeine Rollen, die dann inhaltlich konkretisiert werden müssen: (204) nur ganz wenige ausgesuchte Tauschpartner für einen unattraktiven Liebespartner gibt man sich nicht hin meinen Studienkollegen dazu zu bringen (MartinJDrees 1999, S. 125, 136, 132) Rollen im sozialen System (z.B. Familienvater, Parteimitglied etc.) (Schön 1993, s. 292) Partner zum Beispiel sind eben immer Partner in etwas, eigentlich immer "Interaktionspartner" (Martin/ Drees 1999, S. 136). Die Relativität kann auch diejenige von allgemeinen methodischen Verfahren und dergleichen sein, die jeweils konkretisiert werden müssen. (205) eine Bewältigungsstrategie, die dazu dient, das Leben zu erleichtern aus unterschiedlichen Gerechtigkeitsmaßstäben resultiert (Martini Drees 1999, s. 123, 134) Hier muß man darauf achten, dass Relativität auch in der Verwendung sichtbar wird; es gibt zweifellos gleitende Übergänge, bzw. den Fall, dass dasselbe Lexem einmal relational und einmal absolut verstanden werden kann. Zum Beispiel sind Wörter wie Prinzip oder Konzept wesentlich leichter absolut zu gebrauchen als die gerade genannten Beispiele, trotzVerwendungenwie "Adäquatheitsprinzip" (Martin/ Drees 1999, s. 134). Für die Teil-Ganzes-Relationen, zu denen wir schon anhand des Elements-stück ganz zu Beginn dieses Buches etwas gesagt haben, seien nur zwei Beispiele für ,negative' Teile, Defizite und Lücken, erwähnt: (206) Hat sie aus Versehen schon erhebliche Mengen verstaut, dann wird sie angesichts des Verhaltens ihres Mannes innehalten und warten, bis sich ihr Mann wieder aufrafft und sein Holdefizit ausgleicht. (Martin/ Drees 1999, S. 145) Zuständigkeitslücken gibt es insbesondere für [...] systemübergreifende Probleme (Martin/ Drees 1999, 5.177) Die hohe Kondensationsleistung dieser Bildungen, die sie für die hier zitierten wissenschaftlichen Textsorten offenbar besonders attraktiv macht, führt in dem letzten Beispiel (für) wie in dem ersten in (205) (die dazu dient) zu ,schiefen' syntaktischen Anbindungen. 90 Vgl. die Diskussion in Gersbach/ Graf (1984, S. 70 ff). Komposition 133 An dem Text, aus dem die meisten Belege stammen, kann man gut sehen, wie hier das Schema ,Tauschen' mittels Komposition in die verschiedensten Bestandteile zerlegt werden kann. (207) Es geht um die Austauschtheorie sozialen Handelns, die vom Tauschdenken, damit einem Tauschkonzept, und somit von der grundlegenden Bedeutung des Tauschverhältnisses ausgeht. Tauschelemente fänden sich in vielen Handlungen, alle Kulturen seien Tauschkulturen, das Tauschprinzip ist daher von hoher Bedeutung Man hat ggf. eine Tauschabsicht, verfolgt ein Tauschkalkül, hat Tauschgründe bei seiner Tauschhandlung, bei der es um Tauschobjekte geht, die in unterschiedlichen Tauschformen den Mann wechseln. Die Tauschaktion kann an bestimmten Tauschplätzen stattfinden, es gibt Tauschregeln und Tauschrituale, die das Tauschhandeln zwischen den Tauschpartnern absichern. 9 1 3.1.2.3 Zum Adjektiv Auch das adjektivische Rehionskompositum hat zwei Gesichter. Zum einen nutzt es die Mehrwertigkeit von Adjektiven, zum anderen bieten hier Partizipien als Zweitelemente mit den von den Verben her ererbten Beziehungen viele Möglichkeiten. In diese Kategorie gehören wohl alle Partizipialkomposita und auch der eher kompositionelle Teil der sogenannten Halbaffixbildungenin beiden Fällen sind die von den adjektivischen Rechtselementen ausgehenden Relationen konstitutiv. Was vor allem bei den Partizipialbildungen verblüffen mag, ist die sehr geringe Eigenständigkeit der Partizipialform: diese hohe Relationalität ist dem verbalen Charakter dieser Form geschuldet, bei der die abhängigen Elemente wirklich als notwendig verstanden werden können. MEHRWERTIGE ADJEKTIVE Die erste Gruppe stellen Bildungen mit Adjektiven dar, die außer der notwendigen Bindung an ein Bezugselement eine weitere Relation integrieren, um eine relevante Information zu kodieren: (208) bivalente Adjektive ortskundig, sprungbereit, wahrheitsgetreu, wißbegierig usw. (aus Wilss 1986, S. 101) eines ortsansässigen Stadtfestmitorganisators (jetzt 1999, H. 41, S. 8) wo se doch sonst so linientreu waren (jetzt 1999, H. 41, S. 12) Hier werden die Erstelemente im Sinne der rektionalen Anbindung, die übrigens typischerweise indirekter Art ist, verstanden. (209) reihenbildend-paradigmatisierte Adjektive über die milde, menschenleere Senke (Strauß 1997, S. 9) kroch er in sein menschenleeres Bett. (Politycki 1997, S. 325) das Feenkleid erwies sich als nichtwiderstandsfähig genug (jetzt 1999, H. 41, S. 6) 91 Alle Beispiele aus Martin/ Drees (1999, S. 119-126). 134 Wortbildungsarten ',~~-&-~ : : a~; : n~~~~ ~~: o~: rui~: ~~! ~~s~: ~~ ~: : ss~i~e~a~~~e; o~~: : ~~=~ ~~~~ len von den Abhängigkeiten ihren Ausgang nehmen, welche die als Basis dienenden Adjektive im selbständigen Gebrauch nicht zwingend, aber als Option (eine Art ,weglassbarer Ergänzung') mitbringen: leer (von), fähig (zu). Die Verselbständigung in der Wortbildung geschieht dann so, dass sich allmählich die Subkategorisierungsbedingungen ändern. Das reduziert die syntaktische Rekonstruierbarkeit und fördert den automatisch holistischen Ausbau des Musters. Dabei kann es auch zu analogischen Sprüngen kommen und zu einer Funktionsdifferenzierung im Feld funktional verwandter BildungsmitteL Dies lässt sich gut an der Beschreibung possessiver und privativer Bildungen sehen, die in Fandrych (1993) vorliegt. So zeigt das von ihm behandelte Beispiel -frei, dass auf dem Weg durch die vier oder fünf angesetzten Untergruppen die Nähe zum Rehionstyp schwindet. Ist die entsprechende syntaktische Fügung beim ersten Typ- {1} seifenfreie Waschemulsionnoch ganz nahe, so rückt sie zunehmend in die Ferne: {2} straffrei ausgehen lassen, {3} berührungsfreie Endabschaltung, {4} parteifreie Experten, {5} schulterfreies Kleid. : t~~~t~; ~' ~~~~z~! ~~ : ; ~; ~: ! ~i~~~: ~: d ~l; : : ; i: g~~~t; : : si~f~~! ~~~; g~~~ Plural Kategorien, die sich an diese Form anschließen lassen, auch muss die Relation, die beim Finitum durch das Subjekt besetzt ist, in der einen oder anderen Weise in der Umgebung verankert sein. Im attributiven Fall ist sie jeweils als Bezugsnomen in der Rolle des aktivischen (Partizip I) oder passivischen (Partizip II) Subjekts angeschlossen. Damit ist die Nähe zu anderen verbalen Verwendungen hergestellt. Der Grad an Ablösung von der Verbalität, d.h. der Grad an Univerbierung, kann ganz unterschiedlich sein. In der attributiven Position sind die Chancen dafür sicherlich besser als in adverbialer Verwendung. Wie man am Gebrauch vor allem auch des Partizip I sieht, ermöglicht erst eine relativ starke Integration ins adjektivische System wie bei den folgenden Partizipbildungen die prädikative Verwendung. 92 Integriert werden Objekte, die passivischen Instrumentalkonversen (,von Rost, von Rauch'), entsprechende präpositionale und direktionale Bestimmungen, Modaladverbialia, Gradadverbien. Schon an diesen Beispielen kann man übrigens sehen, dass in gewissem Sinn eine weitere Paradigmatisierung angelegt ist, etwa im Sinn von ,versehen sein mit'. (210) Partizipien voll mit wurstessenden Freiheitsstatuen (jetzt 1999, H. 41, S. 9) verkaufte [...] blutstillenden Alaunstein (Ransmayr 1991, S. 12) Bilder von raucherfüllten Gassen (Ransmayr 1991, S. 11) an der rostzerfressenen Bushaltestelle (Ransmayr 1991, S. 9) silberbeschlagenes Saumzeug (Ransmayr 1991, S. 65) aber es war nur heißes übelriechendes Wasser (Ransmayr 1991, S. 61) die meistbenutzte Metapher (Strauß 1997, S. 19) diese schmale, vornübergebeugte Gestalt (Ransmayr 1991, S. 61) 92 Das ist beim Partizip ß wegen seiner Einbettung ins verbale Paradigma etwas anders (vgl. Rapp 1999). Komposition 135 . ifi.6.~otirsetHk . EXPANSION· Für die Wirksamkeit der Adjektivierung spricht auch der Sachverhalt, dass sich Bildungen finden, die wie Partizipien aussehen, aber kaum oder gar nicht auf verbale Formen zurückzuführen sind. Paradebeispiele dafür sind Fälle wie goldbebrillt oder das ,Mineralwasserflaschenadjektiv' enteisent, aber auch die folgenden Belege: (211) Partizipialanalogien Ein [...] zeitentbundenes Erleben (Strauß 1997, S. 55) moosbewachsenen Mauern am Fuß der Steilküste (Ransmayr 1991, S. 8) 93 3.1.2.4 Zum Verb Als Rektionskomposita beim Verb kann man die Bildungen betrachten, bei denen einfach aus der Rektion der jeweiligen Verben zu erklärende Elemente als erstes Element auftreten. Dabei handelt es sich um ausgeführte adverbiale Bestimmungen nicht die Generalisierungen in den Partikelverben -, und verschiedene Formen von Objekten. Wir haben oben schon ausgeführt, dass wir uns mit diesen Bildungen unmittelbar an der Grenze zwischen Syntax und Wortbildung befinden, so dass die möglicherweise unterschiedliche Schreibung eine Interpretation in dieser Hinsicht darstellt. OOP~Et! P~RTI~Et: VERBEN· .. . ·. Den klarsten Fall stellen wohl die Bildungen dar, die man als Doppelpartikelbildungen in der Literatur findet. Sie stellen in den einfachen Fällen die Verbindung einer verbalen Basis mit einem direktionalen deiktischen Adverb dar, das in unterschiedlicher Relation zur Valenz des Satzes stehen kann. Am eindeutigsten rektional sind die Fälle, wo die Partikel nur textdeiktisch das normale Satzmuster durch anaphorischen Verweis füllt: (212) kommt auch hier ein qualitatives Moment hinzu (Beck-Gernsheim 1999, S. 18) Hinzukamen die Sonderfälle (Beck-Gernsheim 1999, S. 62) Einen Schritt univerbierter sind jene Fälle, wo eine realisierte adverbiale Ergänzung in der Doppelpartikel verdeutlichend aufgenommen wird: (213) diese Beziehungen werden [... ]aus den ortsgebundenen Kontexten herausgenommen (Beck-Gernsheim 1999, S. 18) die nicht mehr in die tradierten Kategorien hineinpassen (Beck-Gernsheim 1999, s. 34) Gerät man hier nicht in Spitzfindigkeiten hinein (Beck-Gernsheim 1999, S. 79) Noch ein wenig mehr an Eigenständigkeit findet sich in Verben, bei denen die gesamte Bildung eine Metapher für etwas Abstraktes enthält: 93 Die Beurteilung kontextloser Neubildungen auf dieser Basis ist natürlich notorisch schwierig; dennnoch erscheint schon in Anbetracht von existierendem weißbehandschuht und buntbebildert ein Versuch mit besonnenbrillt (Motsch 1999, S. 225) relativ chancenlos; wenn schon, dann sonnenbebrillt. Wortbildungsarten (214) Desto mehr können Lebensformen sich herausbilden, die Länder, ja Kontinente umspannen. (Beck-Gernsheim 1999, S. 18) Das geht bis zu weithin idiomatisierten Bildungen, deren Benennungsmotiv aber noch gut erkennbar ist: (215) Familien sortiert und auseinanderdividiert (Beck-Gernsheim 1999, S. 12) Komplexer werden die Fälle, wenn erst durch die Doppelpartikeln die Direktionalität des Prädikats erzeugt oder gesichert wird: (216) zu keinem anderen Zweck und Sinn, als um dich aus der Anstalt hinauszukomplimentieren! (Jonke 1979, S. 117) bist du [...] hinausintrigiert worden, [...] hat man dich [...] hinausgeekelt (Jonke 1979, s. 117) Allerdings handelt es sich hier um keine sehr umfangreiche Gruppe und auch nicht um ein sehr aktives Muster. Wir haben oben (S. 125 ff.) schon eine Reihe von weiteren Fällen diskutiert, die sich im Übergangsbereich zwischen Rektionskompositum und fester syntaktischer Fügung befinden. Es sind das die Fügungen mit mehr oder minder weit inkorporierten nominalen Erstelementen. Zu nennen sind dabei vor allem die Kombinationen mit lexikalisch inkorporierten inneren Objekten (klavierspielen) und reduzierten präpositionalen Anhindungen (kopfstehen, eislaufen), wobei der Status der Bildungen, die syntaktisch direkten Anschlüssen entsprechen, natürlich kritischer ist. Vgl. dazu auch weitere Fälle (leidtun, rechthaben). 94 3.1.3 Das Beste beider Welten: Zusammenbildung 3.1.3-1 Allgemeines Die Zusammenbildung gilt in den üblichen Behandlungen der Wortbildung als eine marginale Erscheinung im Rahmen der Komposition. Dieses Bild ist vor allem von den Verhältnissen beim Substantiv her gesehen, bei dem sehr viele der vorkommenden Zweitelemente einen selbständigen Status haben. Aber auch hier haben wir oben schon gezeigt, dass die Zusammenbildung als ein Typ lexikalischer Inkorporation eine deutliche Rolle spielt (vgl. auch Motsch 1999, S. 8/ 9). Noch deutlicher ist das bei den anderen beiden Wortarten: beim Adjektiv gibt es eine Menge von Bildungen, deren Elemente bis auf die Endung Reflex einer syntaktischen Konstellation sind. Das Verb zielt dann noch direkter auf Abhängigkeiten in seiner Umgebung. Dabei hat man bei den Rektionskomposita schon gesehen, wie hier Relationen durch die Realisierung als Suffix für die inkorporierende Einbindung blockiert werden. Der Platz des inkorporierenden Anschlusses am linken Ende nimmt dann mit einer deutlichen Präferenz ganz bestimmte Elemente auf. 94 Zu einer Diskussion dieser Fälle im Hinblick auf die orthographischen Verhältnisse s. Eisenberg (1998, s. 323 ff). Komposition 137 3.1.3.2 Zum Substantiv Beim Substantiv ist das Prinzip der Zusammenbildung in Abgrenzung von den Rektionskomposita relativ leicht zu beschreiben. Es handelt sich im Prinzip um analoge relationale Zusammenhänge, nur dass die lexematische Einheit, die als Determinatum zählen sollte, nicht als eigenständiges Lexem auftritt, bzw. dass, von der anderen Richtung her gesehen, die Basis des Determinatums in einem Zusammenhang mit dem Determinans steht, der als lexikalischer Reflex einer phrasalen Einheit angesehen werden kann. Man kann also sagen, dass auf diese Art und Weise solche lexikalischen Phrasen durch ein substantivisches Suffix als Substan- PHRASEQLEXEME ~LS BAS·s·· tiv und in der dem Suffix entsprechenden semantischen Kategorie realisiert werden. Die präferierten Realisierungskategorien sind wieder die des Handelnden und ähnlicher Subjektskategorien bzw. des Vorgangs und seines Ergehnisses: (217) Verb-Objekt-Phraseolexem mit Subjekts-Thematisierung offenbare Ungerechtigkeit zu verkraften fällt auch dem Vorteilsnehmer schwer (Martin/ Drees 1999, S. 130) das Modell der wechselnden Geschmacksträger (Schön 1993, S. 299) Irgendein hartgesottener Spielverderber (Enzensberger 1982, S. 44) (218) Verb-Objekt-Phraseolexem mit Vorgangs-Thematisierung Eine genaue Rechenschaftslegung führt nämlich nicht immer zu größerer Gerechtigkeit (Martin/ Drees 1999, S. 123) Bei dieser Problemstellung (Habermas 1981, S. 449) (219) Verb-Modal-Phraseolexem mit Subjekts-Thematisierung Ihre Liebhaber wußten sich [...] geschützt (Ransmayr 1991, S. 103) verwendet absolut keine Freistempler (Enzensberger 1982, S. 134) (220) Verb-Modal-Phraseolexem mit Vorgangs-Thematisierung In der Weiterentwicklung einer Beziehung (Martin/ Drees 1991, S. 134) (221) Adj. + Nomen-Phraseolexem bot der Dreimaster[...] einen unheimlichen Anblick (Ransmayr 1991, S. 204) mit Fleiß und Schlaumeierei (Enzensberger 1982, S. 131) Diese verschiedenen Möglichkeiten, aus lexikalischen Basen Ableitungen zu bilden, ermöglichen es, die Klassifizierungsleistung der Suffixe auch auf Konstruktionen auszudehnen, die keinen Komposita-Charakter haben. 3.1.3.3 Zum Adjektiv Beim Adjektiv haben wir oben schon eine zentrale Gruppe von Eigenschaftswörtern angesprochen, die einen ausschließlich kommunikativen Sinn haben, wenn die in der Basis genannte Eigenschaft in modifizierter Form vorkommt. Nun kann das einerseits schon dadurch geschehen, dass Ableitungen von Komposita gebildet werden: meldepflichtig zu Meldepflicht. Es kann aber auch der Fall sein, dass auf eine seman- Wortbildungsarten tische Einheit in einer Weise Bezug genommen wird, wie sie auf syntaktischer Ebene durch Fügungen aus attributivem Adjektiv und Bezugssubstantiv ausgedrückt würden. Auf solche Strukturen als eine lexematische Konstellation können vor allem die Bildungen mit dem Suffix -ig zugreifen: (222) dickleibig, vielsilbig, mehrfarbig, grobnarbig, dickwandig, wirrköpfig, vielsprachig, stiernackig, stumpfwinklig, hochstämmig; feinfühlig, leichtlebig, schnellläufig; oftmalig u.v.m 95 an diesem klippenbewehrten, scharfkantigen[...]Küstenstrich (Ransmayr 1991, S. 161) ein barfüßiges, von der Krätze und Geschwüren entstelltes Wesen (Ransmayr 1991, s. 272) Nun befinden wir uns mit diesen Bildungen an einer Stelle, wo verschiedene Strukturtypen gegeneinander verschwimmen. Eine Reihe solcher Bildungen, die auf das Element {ig} enden, sind zweifellos Rektionskomposita: (223) handelseinig, opferwillig, aussagewillig, liebesfähig, ruhmwürdig, länderkundig, vereinzelt normale Determinativkomposita: (224) nachtfarbig ... und Reihenbildung Dabei sind bei diesen Bildungen die distributioneilen Verhältnisse beibehalten, die sie auch in sonstigen Verwendungen prägen. Nun greift aber an dieser Stelle die paradigmatisierende Kraft der Wortbildung ein, und generalisiert über wesentliche Kategorien. Wie oben angedeutet, sind das Ergebnis dieser Generalisierung junktionale Klassen, die einen Differenzierungsgrad genauer sind als die in den Suffixen angedeuteten Unterschiede. Wesentliche Kategorisierungen, die dabei betroffen sind, sind das Haben/ Nicht-Haben, Form, Farbe, Art und Weise sowie Modalität. Reihenbildend wirken hier die folgenden Elemente: (225) -fähig, -fertig, -tüchtig, -förmig, -artig, -haltig, -freudig, -kundig, -selig, -süchtig, -trächtig, in einem geschwungen, wellenförmigen Flug (Ransmayr 1991, S. 284) eines beschwerlichen spiralenförmigen Weges (Ransmayr 1991, S. 90) Neben diese Bildungen im eigentlichen adjektivischen Bereich tritt eine Vielzahl von Partizipialkomposita, die Rektionskomposita sind. Als Zusammenbildung könnte man hier alle die Verbindungen verstehen, bei denen das Zweitelement nicht allein stehen kann. Allerdings ist hier diese Abgrenzung außerordentlich schwierig, da ja Partizipien aufgrund ihres verbalen Erbes nicht allein stehen können. Wenn man zudem die Partizipien als ohnehin angelegte Realisierungsmöglichkeit eines Verbs versteht, gibt es keinen Anlass, von partizipialen Zusammenbildungen auszugehen. 95 Die Bildungen, die in diesem Unterkapitel zu besprechen sind, spielen in deutlich anderen Textsorten eine Rolle als denen, auf die wir uns mit unseren Beispielen hier sonst beziehen. Daher wird hier im Wesentlichen auf bei Muthmann (1988) verzeichnete Adjektive verwiesen. Komposition 139 3.1.3.4 Zum Verb Bei der relationalen Definition der Wortart Verb muss man auch sehen, dass die existierenden Wortbildungsmuster auf die Relationalität der jeweiligen Basis zurückwirken, so dass es eine Reihe von Bildungen gibt, bei denen sich eine Gesamtbedeutung ergibt, die sich nicht aus den Teilen einfach als Rektionskompositum erklären lässt, sondern wo das jeweilige Wortbildungsmorphem einen Wortbildungstyp aufruft, der durch die Basis - und gegebenenfalls durch den Kontextsignalisiert, welche semantischen Schemata aufgerufen werden. Wenn das auch nicht ganz das ist, was man bei den anderen Wortarten als Zusammenbildung versteht, so ist das doch beim Verb der Typ, der am ehesten eine ähnlich ambivalente Struktur erkennen lässt. Der Unterschied zu den anderen Wortarten ist, dass der hier zu erläuternde Typ von lexikalischer Inkorporation beim Verb eine der zentralen verbalen Wortbildungsarten darstellt. Gemeint sind die sogenannten Partikelverben. Für sie gibt es eine große Zahl von verschiedenen Namen und auch Beschreibungen. Den Kern dieser Wortbildungsart bildet eine Art des irrkorporativen Prozesses, die nicht völlig auf die syntaktische Integration reduziert werden kann. 96 Partikelverben nennen wir die Verben, die den Akzent auf dem auf ein präpositionales oder adverbiales Lexem zu beziehenden Erstelement tragen, was ein intonatorisches Korrelat für die Trennbarkeit ist. Es handelt sich vor allem um Bildungen mit den Erstelementen: (226) ab-, an-, auf-, aus-, bei-, durch-, ein-, mit-, über-, um-, unter-, vor-, zultiti~mu#e,p&ls ··oeutultg~~is Im Zentrum der so gearteten Charakteristik verbaler Lexeme stehen jene Elemente, die aus den gerade aufgezählten Elementen eine Deutungswelt aufbauen. Sie basiert auf dem Ich-Raum, der Ich-Zeit und der Ich-Identität, wie sie Karl Bühler in seiner Ego-Bie-Nune-Orientierung anspricht, und wie wir sie uns im Dialog als dem Prototyp des Sprachgebrauchs etwas dynamischer organisiert vorstellen können und baut sich aus den Informationen auf, die wir jenen adverbialen und präpositionalen Lexemen entnehmen können, die das Material für diese Verbpartikeln bereitstellen. Eine absolute dreidimensionale Welt und eine relative von allerlei Gegenständen bevölkerte topologische Welt werden uns so sprachlich vor Augen geführt. Dabei ist auch noch diese dreidimensionale Welt eigentlich eine auf die Stellung des Menschen in der Welt orientierte ,Universaltopologie'. Soweit geschieht das aber durch die Adverbien und die Präpositionen allein auch schon. Was macht dann das Spezifische des Partikelverbs aus? Was immer es ist, es muss damit im Zusammenhang stehen, dass diese adverbial und präpositional wirkenden Elemente nicht wie gewöhnliche adverbiale Bestimmungen und wie auch noch die entsprechenden Elemente in Rektionskomposita, konkret auf eine Situation bezogen sind und sie beschreiben. Die Partikeln, am leichtesten zu sehen bei der präpositionalen Variante, rufen eine generalisierte Information über die indizierte Relation ab, die als eine funktionale Instruktion gelesen wird. Die jeweilige Positionierung wird als ein handlungsrelevanter Standpunkt eingeführt. Diese Generalisierung über möglichen adverbialen Positionen ist es, was es vielleicht erlaubt, 96 Dafür argumentieren auch Härts! Witt 1999. Wortbildungsarten diese Bildungen hier unter dem Oberbegriff der Zusammenbildung vorzustellen, auch wenn sie im Grunde ein anderer, dem Verb auch strukturell vorbehaltener Bildungstyp sind. Eigentlich passt gerade an dieser Stelle das Verb nicht in die Unterteilung der Wortbildungsarten, wie sie vom Substantiv ausgehend, dann auch auf die anderen Wortarten angewendet wird. Wir werden auf die Partikelverben bei dem Resümee zur Wortbildung des Verbs noch einmal zurückkommen. An dieser Stelle soll aber an einigen Beispielen angedeutet werden, was dieses ,funktionalisierte relative Raumbild' für Folgen für die verbale Wortbildung hat: (227) Der junge Mann mit der Aktentasche winkte dem Herrn im Hemd zu, aber der schien ihn nicht zu bemerken. Da lief der junge Mann über den Damm und gesellte sich ihm bei. »Sie gehen aus? « fragte er besorgt. »Ich reise unauffällig ab [...] Am liebsten wäre mir, wenn gar niemand von meiner Abreise erführe« (Hacks 1987, s. 8/ 9) Der Rasen muß unbedingt endlich abgefressen werden. (Hacks 1987, S. 13) Er springt auf eine anfahrende Straßenbahn (Hacks 1987, S. 14) Der junge Mann nahm ihr den Korb ab. (Hacks 1987, S. 14) Sie bog, ohne von seinen Lippen abzulassen, ihren Körper ein wenig beiseite (Hacks 1987, s. 14) Leberecht bewohnte einen umgestülpten Blumentopf, aus dessen Rand eine Scherbe herausgebrochen und lose wieder eingesetzt war. (Hacks 1987, S. 15) Eine wichtige topalogische Unterscheidung, die bei diesen Verben in mancherlei Weise genutzt wird, ist die von Innen und Außen. Wieder eingesetzt ist die Scherbe, also an den Platz gebracht, der als ein Inneres verstehbar ist und wo die Scherbe ihre funktionale Richtigkeit hat. Was davor geschehen war (herausgebrochen) sagt darüber nichts, vielmehr wird beschrieben, dass etwas aus einem als Innen verstehbaren Raum (dem Topf) herausgenommen wird. Anders das Ausgehen des ersten Beispiels: auch da geht es zwar von Innen nach Außen, aber erkennbar in ein Außen, das ein funktionales Ziel darstellt. Analoges kann man bei den Bildungen mit ab sehen. Diese Partikel wird mit der Präposition ab (ab München, ab diesem Jahr) ,weg' und der adverbialen Relation des Abwärts in Verbindung gebracht. Bei abreisen und ablassen ist zweifellos das ,weg' dominant, bei abfressen und abnehmen zumindest auch das ,nach unten'. Erkennbar ist aber in allen Fällen, dass es sich um Vorgänge handelt, bei denen der Ausgangspunkt als funktional relevanter Punkt dargestellt wird, zum Teil wohl als der ,normale' funktionale Zustand, bei abfressen als einer, der eher als das negative Ende gekennzeichnet wird: der kurze, von der jetzigen Länge aus gesehen unten liegende Zustand kurzes Gras gilt als positiv funktional, bei abreisen ist, wie der Beleg anfahren zeigt, keine Bewertung, sondern nur eine bestimmte Sichtweise damit verbunden. Eine Bewegung, die als Abreise dargestellt wird, kann auch von dem Fahrzeug her als Beginn einer funktional sinnvollen Aktion betrachtet werden: dann fährt es an. In beiden Fällen wird uns zudem deutlich gemacht, dass es um den Beginn einer funktional gesehenen Bewegung geht. Und auch das zu und das bei unserer Beispiele zeigen schon in der Konstruktion, dass die Ausrichtung des Winkens und das Daneben der Präpostion bei von lokalen Zuordnungen zu Handlungen umgedeutet werden. Komposition Raummuster So wird denn in &r Zuordnung der Partikel ein durch sie indiziertes und Funktion weiteres Schema über das durch die Basis angedeutete gelegt, was mehr ist als lediglich eine Modifikation der dargestellten Bewegung. Dieser Mehrwert wird auch dadurch signalisiert, dass die Partikel den normalerweise stärker lexikalischen rechten Part der Nominalklammer spielt. Dieser funktionale Mehrwert bildet, wenn man so will, die aus der Abhängigkeitsstruktur des Verbs stammende lexikalische Fügung aus nicht syntaktisch gesättigter adverbialer Bestimmung und Verb zusammen. 3.1.4 Jedes Ding hat zwei Seiten: Kopulativkomposita Kopulativkomposita haben eine einfache strukturelle Voraussetzung: es müssen zwei Lexeme zusammentreten, beide von derselben Wortart und derselben semantischen Kategorie. Die Bedeutung des Kompositums ergibt sich aus einer Addition der Bedeutung der beiden Teilelemente. Daraus ist auch zu schließen, dass beiden Bedeutungen derselbe Grad an Informationswert zugerechnet wird, keiner steht über dem anderen. Aus diesem Grund ist die Reihenfolge in solchen Wörtern zwar oft konventionell festgelegt, sollte aber für den Gehalt des Wortes nicht entscheidend sein. Dieses Verhältnis zeichnet das Kopulativkompositum nicht nur gegenüber allen anderen konstitutionell aufgebauten komplexen Wörtern aus, sondern stellt es auch in eine einzigartige Position gegenüber aggregativeren Optionen der Syntax. ANSATZPUNKTE KOPULATIVER VERBINDUNG Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, kann man eigentlich schon Voraussagen über die Geltung machen, welche die kopulativen Bildungen in den verschiedenen Wortarten haben können. Beim Substantiv gibt es zweifellos entsprechende Möglichkeiten, und zwar im Umfeld von Apposition und Parenthese. Dabei handelt es sich um relativ auffällige syntaktische Mittel, bzw. auch, was zum Beispiel die sogenannte enge Apposition angeht, um strukturell nicht ganz leicht überschaubare. Beim Verb ist ein solches Nebeneinander von zwei sich in gewisser Weise ergänzenden Prädikationen ohne Abstufung und nicht einfach als Koordination nicht vorgesehen. Dagegen gibt es für mehrere Adjektive in der Nominalgruppe die Möglichkeit der Stufung (eine großartige gebirgige Landschaft), daneben aber auch die der Reihung (eine großartige, gebirgige Landschaft), die durch Kommasetzung klargemacht wird. Entsprechend stellt sich auch das Auftreten von kopulativen Komposita dar. Beim Verb sind sie außerordentlich selten, häufig fachsprachlich (schwingschleifen, fließpressen) oder stilistisch markiert (grinskeuchen). Motsch (1999, S. 142/ 43), von dem diese Beispiele stammen, bemerkt zudem zurecht, dass vor allem bei den fachsprachlichen Verbindungen doch das Zweitglied etwas dominanter ist, während das Erstglied eine Art entfernten Begleitumstand angibt, etwa in Art eines Partizip I (brennhärten ,brennend härten'. Das ist ein Symptom dafür, dass hier reine Gleichwertigkeit selten ist. (228) quietschen, zwitschern und flötzwitschern, alles mit überschärftem Klang. (Strauß 1997, s. 52) Wortbildungsarten Dagegen finden sich bei den Substantiva etliche Bildungen, bei denen zwei Aspekte einer Erscheinung einigermaßen gleichberechtigt in die Benennung eingehen, genannt werden auffälligerweise immer einige Kleidungsstücke (Strumpfhose) und dann Personenbezeichnungen (Lehrer-Forscher) (vgl. Breindlffhurmair 1992). Reine Gleichwertigkeit ist auch hier selten, daher ist die Reihenfolge denn doch nicht ganz beliebig, und sei es auch nur von der Thematisierung im Text her; so will unser erster Beleg sicher von Autoren sprechen, die andere Bücher lesen, aber nicht so eindeutig determinativ, wie diese Paraphrase klingt: (229) Wir Leser-Autoren sind[ ...] gemäßigte Naturen (Strauß 1997, S. 77) von den runden Schultern bis zu den Wadenkeulen (Strauß 1997, S. 24) Es rauschte nieder des Erdrutsches Keulenhammer (J.R. Becher, Berlin) Einen Gärtnerjungen (Hacks 1987, S. 59) Dagegen ist bei den Adjektiven die koordinierende Verknüpfung mit verschiedenen Folgen durchaus üblich; so können zum Beispiel Eigenschaften addiert werden, das Bezugssubstantiv hat beide Eigenschaften: (230) eine taubstumme Weberin (Ransmayr 1991, S. 12) von ersten Farben, braunrosagrün (Strauß 1997, S. 11) Manchmal geht es um die Aspektbetrachtung, etwas ist teils so, teils so: (231) Bilder schwarzgrüner Urwälder (Ransmayr 1991, S. 154) die so aussah, [...], als wäre sie nicht dabeigewesen: nickiblauglockenrockbuntturnschuhweiß. (Politycki 1997, S. 178) In manchen dieser Fälle, vor allem bei hoher Distanz der Eigenschaften geht es auch um eine Integration des vermeintlich Unvereinbaren (süßsauer, bittersüß). (232) Gesichtsausdruck melancholisch-ironisch-frivol (Rehmann 1999, S. 145) Ähnlich wie bei den ,doppelten' Personenbezeichnungen beim Substantiv kann auch bei den Adjektiven eine doppelte Bereichszuordnung geleistet werden: (233) medizinisch-technische Assistentin geistiger und politisch-moralischer Entwicklung (Lepenies 1985, S. 300) den Protestantismus als Quelle der liberal-utilitaristisch orientierten, bürgerlichen Gesellschaft (Lepenies 1985, S. 348)97 97 Wobei nicht ganz klar ist, warum in den beiden Lepenies-Belegen die jeweils drei Bereichsangaben so verteilt werden. Derivation 143 3.2 Derivation 3.2.1 Derivationen als Textwörter (234) Die menschlichen Willen stehen in vielfachen Beziehungen zueinander; jede sol- TEXT 10 ehe Beziehung ist eine gegenseitige Wirkung, dies insofern, als von der einen Seite getan oder gegeben, von der anderen erlitten oder empfangen wird. Diese Wirkungen sind aber entweder so beschaffen, dass sie zur Erhaltung, oder so, dass sie zur Zerstörung des anderen Willens oder Leibes tendieren: bejahende oder verneinende. Auf die Verhältnisse gegenseitiger Bejahungwird diese Theorie als auf die Gegenstände ihrer Untersuchung ausschließlich gerichtet sein. Jedes solche Verhältnis stellt Einheit in der Mehrheit oder Mehrheit in der Einheit dar. Es besteht aus Förderungen, Erleichterungen, Leistungen, welche hinüber und herüber gehen, und als Ausdrücke der Willen und ihrer Kräfte betrachtet werden. Die durch dies positive Verhältnis gebildete Gruppe heißt, als einheitlich nach außen wirkendes Wesen oder Ding aufgefaßt, eine Verbindung. Das Verhältnis selber und also die Verbindung, wird entweder als reales und organisches Leben begriffen dies ist das Wesen der Gemeinschaft, oder als ideelle und mechanische Bildung dies ist der Begriff der Gesellschaft. Durch die Anwendung wird sich herausstellen, dass die gewählten Namen im synonymischen Gebrauche deutscher Sprache begründet sind. (Tönnies 1991 [1935], S. 3) Dieser Textes handelt sich um den Beginn von Ferdinand Tönnies bedeutsam gewordener Schrift "Gemeinschaft und Gesellschaft"enthält viele komplexe Wörter: wir finden in ihnen Teile wieder, die wir aus anderen Zusammenhängen schon kennen. Diese komplexen Wörter führen uns durch ihre kleinsten Bestandteile zumindest ungefähr in die Richtung ihrer Bedeutung und Textfunktion. Sie erlauben uns eine ungefähre Verortung in den Netzen von Wörtern, welche das Lexikon im Gedächtnis des Sprechers und Hörers, des Schreibers und des Lesers aufspannt. Wörter, die wir so auf Elementareres beziehen können, sind daher vernünftige Mittel sprachlicher Interaktion, erlauben sie doch, auf knappe Weise Verbindungen im Lexikon anzusprechen, welche uns das Verstehen erleichtern. Auf eine knappe Weise, welche uns im Normalfall den weiten Weg explizit-textueller Explikation erspart oder uns einen Namen gibt für eine ganze Folge von Gedanken, die ein Text vor uns ausgespannt hat oder ausspannen wird. Jener erste Blick, von dessen Unvorbereitetheit wir uns Erkenntnis versprochen haben, lehrt uns zudem, dass uns diese Wegweisung unterschiedlich weit auf dem Weg zur wirklichen Bedeutung bringt. Es gibt viele komplexe Wörter, die wir als Ganze schon kennen. Auch sie sind für uns zwar durchsichtig, und wir können uns, wenn wir wollen, die Bestandteile klarmachen, aus denen sie bestehen. Im alltäglichen Reden kommt uns das aber nur selten in den Sinn. Da wir diese Wörter oft genug als Ganze gehört haben, haben wir aus ihrer eingebürgerten Stellung im Lexikon Besonderheiten der Bedeutung mitgebracht, welche aus den Teilen und ihren Relationen nicht klar werden können. Wir haben schon eine ganze Reihe von Kontexten zur Verfügung, vor deren Hintergrund wir einen neu vorkommenden Gebrauch einschätzen und aus der wir auch schließen können, was wir für den Kern Wortbildungsarten der Bedeutung dieser Wörter halten wollen. Daraus folgt, dass komplexe Wörter zunächst Wörter sind, welche zwar aus ihrer formalen Struktur eine gewisse Ikonizität nehmen, aber mit ihrem regelmäßigen Auftreten auf den Weg der Symbolisierung gesetzt sind, derwie das Rudi Keller (1995) dargelegt hatein Weg ohne semiotische Wiederkehr ist. tA<: >l1vÄtt(>~ &EI· DEf(tVATi()NEPf Immerhin erlauben uns aber komplexe Wörter, die Arbitrarität der Symbole, aus denen sie aufgebaut sind, in gewissem Umfang zu hintergehen, eine Art Ikonismus der Konventionalität zu nutzen. Komplexe Wörter können so durch regelhafte oder analoge Generalisierung das Gedächtnis entlasten. Im Unterschied zu Elementen, welche nur aus einem Morphem bestehen, sind komplexe Wörter, wie sie die Wortbildungslehre beschreibt, motiviert. Diese relative Motivation oder Motiviertheit ist keine absolute Eigenschaft, sondern sie bezeichnet das eine Ende eines Kontinuums, an dessen anderem Ende die völlige Idiomatisierung steht. Voll motiviert sollen komplexe Wörter heißen, bei denen sich soweit das überhaupt möglich istdie Bedeutung des komplexen Lexems gänzlich aus seinen Teilen errechnen lässt, voll idiomatisiert hingegen komplexe Wörter, bei denen wir zwar noch die formale Struktur erkennen, sie aber in keine sinnvolle Verbindung mit dem üblichen Verständnis dieser Wörter mehr bringen können. Ein Wort wie das oben vorkommende Substantiv Untersuchung vermag beides zu zeigen. Was die erste Teilungsstufe in eine Basis untersuch- und ein Suffix -ung angeht, so kann dieses Abstraktum als voll motiviert gelten. Die als bekannt angenommene Bedeutung von untersuch- und die Bedeutung von -ung als eines Elements, das deverbale Vorgangsbezeichnungen bildet und davon herleitbar Bezeichnungen für das Ergebnis solcher Vorgänge, reichen hin, um diese Bildung zu verstehen. Gleichzeitig erkennen wir auf der nächsten Stufe zwar die Elemente unter- und such-, denen wir durchaus auch konventionelle Bedeutungen zuordnen können. Die konventionelle Bedeutung dieses Lexems geht allerdings über das hinaus, was wir aus diesen Teilen ermitteln können, wenn sie uns auch in gewissem Maße einleuchtend erschienen, sofern wir die Gesamtbedeutung kennen. Das Verb untersuchen kennen wir als Ganzes aus unserem Sprachwissen, es ist also lexikalisiert, seine Bedeutung ist abgelöst von der Summe der zu ermittelnden Teilbedeutungen, es ist zu einem hohen Grad idiomatisiert; wir erkennen aber durchaus noch seine Struktures ist durchsichtig. Dabei stellen wir aufgrundder Betonung fest, dass es sich um ein Verb mit dem nichttrennbaren Präfix unterhandelt. Dieses hat auf jeden Fall mit manchen Präfixen gemein, dass es die Konzentration der Handlung (,suchen') auf ein Objekt kennzeichnet, was zu einer eingeschränkten Bedeutung führt, wobei die Bedeutung des ,darunter' und ,dazwischen', die wir mit entsprechenden präpositionalen bzw. adverbialen Verwendungen verbinden, die Art der suchenden Tätigkeit, das ,Alles-Umwenden' des Suchenden gut kennzeichnet. Das allerdings nur, wenn wir länger darüber nachdenken, im alltäglichen Gebrauch holen wir dieses Verb als ein fertiges Versatzstück aus unserem Lexikon, das auch nicht durch ein weitläufigesunter-Mustergestützt wird. Allenfalls ebenso nicht trennbare Verben wie unternehmen oder unterhandeln geben einen Begriff davon, in welcher morphologischen Gegend wir uns hier befinden. Derivation QIE VORKOMMENDEN TYPEN 145 Interessant und für unseren Text offenbar charakteristisch ist es, dass von mehr oder minder durchsichtigen Verben Substantive, sogenannte Verbalabstrakta, gebildet werden, die es erlauben, über die ausgedrückten Vorgänge, Handlungen usw. in einer kurzen benennenden Form zu reden. Das ist im Sinne eines angemessenen Wechsels von verdichteten und gestreckten Formen in einem Sachtext sicherlich eine wichtige Funktion, auch wenn man hier in keinem vernünftigen Sinn davon sprechen könnte, es würden irgendwie neue Dinge benanntja, vielleicht ist es in diesem Fall sogar nicht so einfach, zu sagen, ob wir uns im Bereich analytischer oder synthetischer Wortbildung befinden. Kann man fragen, wie produktiv solche Bildungen sind? In unserem kurzen Stück finden sich die Wörter Beziehungen, Wirkung, Erhaltung, Zerstörung, Bejahung, Förderungen, Erleichterungen, Leistungen, Verbindung, Bildung, Anwendung, sowie Verhältnisse, Ausdrücke, Begriff, Gesellschaft, Gebrauche. Auffällig ist natürlich die Häufung der Bildungen mit dem Suffix -ung. Unter einem Suffix wollen wir ein gebundenes Morphem verstehen, das rechts an ein Basis-Lexem tritt, und das seinerseits der Lexembildung dient. Die Hauptfunktion der Suffigierung ist Transposition, also die Umsetzung des Lexems in eine andere Wortart. In unserem Fall ist das Ergebnis der Suffigierung ein deverbales Substantiv. Des Weiteren werden durch das Suffix semantische Klassen bedeutet, in unserem Fall geht es, wie schon gesagt, um Verbalabstrakta, genauer um Benennungen für Vorgänge (nomina actionis wie: Erhaltung) oder ihr Ergebnis (nomina acti wie Wirkung). Manchmal ist diese Zuordnung erst im Text möglich: ob Untersuchung der Vorgang oder sein Ergebnis ist, lässt sich ohne Kontext nicht sagen. Ganz offenkundig ist an einigen Stellen jene textuelle Einbettung, die Walter Porzig (1930) von diesem Typ von Wörtern als Satznamen sprechen ließ, am deutlichsten an jenen Stellen, wo die Partizipien bejahend und begriffen in den Nominalisierungen Bejahung und Begriff aufgenommen werden. Aber auch sonst zeigt sich deutlich, wie diese Substantive als Benennungen für eine gedachte Behauptung verwendet werden. Dieses Mittel kennt, wie es aus dem Text scheint, kaum Grenzen, so dass es fast einen grammatischen Wert hat. Dennoch ist auch hier zwischen lexikalisch festeren und unmittelbarer an die akute Umsetzungsoperation gebundenen Bildungen zu unterscheiden: Beziehung, Wirkung, Leistung und Bildung haben den Charakter von Wörtern, die wir schon kennen. Mehr noch gilt das für andere Suffixe, die eher beschränktere Nischen abdecken, wie etwa das -nis in Verhältnis, oder für jene zwar durchsichtigen, aber nicht mehr nachbildbaren Muster der sogenannten impliziten Ableitung, wie sie in Ausdruck, Begriff oder Gebrauch vorliegen. Immerhin wirkt aber ihr Vorhandensein soweit weiter, dass durch ihre Existenz die entsprechende Bildung mit dem gängigen Suffix -ung blockiert ist: *Ausdrückung, *Begreifung und * Gebrauchung wirken befremdlich. Die explizite Ableitung mit Suffixen spielt in der nominalen Wortbildung, also der des Substantivs und des Adjektivs eine große Rolle, ohne dass dadurch spektakuläre neue Bildungen aufträten, wie das etwa bei den Nominalkomposita der Fall ist. Vielmehr handelt es sich um ein gut ausdifferenziertes Mittel, um bestimmte Inhalte in möglichst vielen grammatischen Positionen verfügbar werden zu lassen. Dabei ist offenbar ein wichtiger Punkt, auf der Skala zwischen Aggregation und Integration Möglichkeiten offen zu haben. Die gut ausgebildeten Muster deverbaler Wortbildungsarten Bildung dienen zweifellos zur Verstärkung des integrativen Pols von Benennungen, die unter morphologischem Bezug auf verbale Szenen die Rekonstruktion ihres Platzes in einem inhaltlichen Schema steuern. Aber die Basen abgeleiteter Substantive stammen auch aus anderen Wortarten, wie die deadjektivischen Bildungen Einheit und Mehrheit, aber auch Gemeinschaft, das neben dem deverbalen Gesellschaft steht. Dabei werden in unserem Text diese uns an sich geläufigen Bildungen durch remotivierendes Wörtlichnehmen verfremdeteine wissenschaftssprachliche Taktik, die offenbar in den ersten Jahrzehnten unseres Jahrhunderts recht populär war (vgl. kritisch Gauger 1996). Bei der hohen Bedeutung deverbaler Substantive in diesem Text ist zu erwarten, dass auch ein größerer Teil der Adjektive einen ,ursprünglich' adverbialen Charakter zeigt: vielfach, gegenseitig, ausschließlich, einheitlich; das erklärt, warum solch ein Text kaum primäre Adjektive enthält (positiv, real), auch weitere Adjektive sind aus anderen Wortarten transponiert: menschlich, organisch, ideell, mechanisch, synonymisch. Schon hier sieht man einerseits die hohe Bedeutung der Derivation bei der Wortbildung der Adjektive, andrerseits die herausragende Rolle der zentralen Suffixe -ig, -isch und -lieh. Die Wirkung ist offenbar die, dass verbal oder substantivisch gefasste Inhalte einer attributiven und adverbialen Modifikation zugänglich werden. Nur an einer Stelle, in einer pseudo-verbalen Partizipialbildung ist eine prädikative Bildung erkennbar: beschaffen. Sie leitet unmittelbar dazu über, dass bei der Wortbildung der Verben ein anderer Typ vorherrscht, nicht die Suffixableitung, sondern die Präfixableitung oder Präfigierung. Sie wird gelegentlich von der Derivation getrennt, da sie nicht im seihen Ausmaß wortartfestlegend sei; wir wollen sie wegen der morphologischen Strukturähnlichkeit hier belassen. Erkennbar ist die Vielzahl von Bildungen mit nicht trennbaren Präfixen, allen voran be-. Hier finden sich mit abnehmender Motiviertheit bejahen, begründen, begreifen, betrachten, bestehen. Die Bildungsweise ist hier auch insofern komplexer, als es, etwa bei bejahen, die Basen als selbständige Lexeme gar nicht gibt; das Objekt der Äußerung ist ja in die Basis dieses Äußerungsverbs aufgenommen. Man sieht hier eine wichtige Funktion verbaler Wortbildung: nämlich die semantische Reliefbildung in den ausgedrückten Szenen, die sich in der Zuordnung unterschiedlicher syntaktischer Rollen niederschlägt. Gerade die untrennbaren Präfixe wie besind hochgradig grammatikalisiert und stellen daher relativ abstrakte Muster der Umorganisation dar. Ihr Effekt liegt durchaus auf einer Ebene, die in anderen Sprachen geradezu flexivisch aktualisiert wird, wie etwa beim Aspekt in den slawischen Sprachen. Daher führen unmittelbar semantische Erklärungen ebenso wenig zu einem Ziel wie syntaktische Transformationen, vielmehr handelt es sich im Deutschen um etwas, was man grammatische Strukturmuster am Rande des Lexikons nennen könnte. Nicht umsonst wird bei diesen Verben das Partizip II, das Abgeschlossenheit signalisiert, ohne das normale ge-Präfix gebildet, das Präfix be-allein reicht, d.h. es operiert auf dieser Unterscheidungsebene. So scheint das Präfix beim Kern die Funktion zu haben, die Fokussierung der entsprechenden Handlungen und Vorgänge auf ein Objekt und dadurch die Determination der Handlung in diesem Objekt auszudrücken. Das Verhältnis werde als etwas begriffen, heißt es in diesem Sinn in unserem Text; jene Handlung des Begreifens findet ihr Ziel und Ende in dem Verhältnis, das daher problemlos als Subjekt eines entsprechenden Vorgangs im Passiv auftreten kann. Nach Derivation 147 diesem Muster ist auch das wesentlich motiviertere bejahen in seiner transitiven Zugewandtheit zu erfassen, ebenso wie die anderen Bildungen, die in unserem Lexikon fest und idiomatisiert sind, aber sich dennoch in diesem Sinne auflösen lassen. cJSut..l~tQ .. '\ Wir haben gesehen, wie die Derivation dazu dient, einen bezüglich der · ·.·. ·.·. ·· .. · Wortart primär in bestimmter Weise geprägten Inhalt in verschiedenen Aspekten und verschiedenen syntaktischen Rollen greifbar zu machen. Dieser allgemeine Satz heißt für die einzelnen Wortarten jeweils etwas geringfügig Unterschiedliches. Beim Verb, das ja dazu dient, Szenen um sich her aufzuspannen und in verschiedener Ausrichtung zu aktualisieren bzw. zu modalisieren, fließen daher die Modifikation, also die Variation im bestehenden Muster, und die Transposition, das Herüberholen aus einer anderen Wortart zum Zwecke anderer Inszenierung, in denselben Mitteln zusammen. Es ist so, dass uns die Präfixe zunächst einen Hinweis auf das Ergebnis geben, und wir aufgefordert sind, die Basis im Hinblick darauf zu interpretieren. Beim Adjektiv wird zunächst die Attribuierbarkeit von Inhalten gesucht: dabei gibt es gewisse Akzentsetzungen, deren Art sich an den großen Suffixen -ig, -iseh und -lieh zeigen läßt. Als die zentralen Funktionen dieser Suffixe stellen sich die unmittelbare Zuordnung von Eigenschaften bei -ig, die Bereichsangabe und davon abgeleitete Eigenschaftsbenennungen bei -iseh und die Ausweitung des Adverbialen bei -lieh heraus. Nochmals anders sind die Verhältnisse beim Substantiv. Wie unser Text zeigt, bietet hier das feste Set an Derivationssuffixen die Möglichkeit, eine Szene nicht zu prädizieren, sondern als nominale Setzung von verschiedener Seite ,angeleuchtet' zu ze1gen. Das mag alles wenig spektakulär klingen, und tatsächlich überraschen uns solche Bildungen kaum, sie sind das strukturelle Öl an textucHen Angeln. Sie weisen uns durch die Verbindung einer ,neuen' Basis mit einem Wortbildungsmittel, dessen paradigmatische Einbettung uns klar macht, wo wir uns befinden, den Weg zu einer angemessenen Interpretation. 3.2.2 Zum Substantiv Wenn die Funktion der substantivischen Derivation zu einem wichtigen Teil darin besteht, die Bestandteile verbaler Szenen in unterschiedlicher Richtung und Sichtweise in nominaler Setzung zu präsentieren, dann verwundert es nicht, dass die deverbale Derivation die vielfähigsten Möglichkeiten bietet, einen Leser entsprechend zu instruieren. Es mag zudem nicht verwundern, dass die gängigsten der dabei gebrauchten Muster zu einer lexikalischen Paradigmatisierung neigen. ZENTRAfE; Es gibt hierbei einen zentralen Kern von Bildungsmitteln, der von MITJ'EL weniger prägnanten Rändern umgeben ist, von selteneren Bildungstypen, auch von historisch festgewordenen Bildungen aus dem Lexikon. Wie oben an unserem Text deutlich sichtbar ist, benötigen gerade abstraktere Texte regelmäßig Namen für die Vorgänge und Tatbestände, von denen die Rede ist. Das zentrale Suffix in dieser Funktion ist -ung, es erlaubt uns, Vorgänge, Handlungen und Wortbildungsarten ähnliches, typisch verbale Inhalte eben, als einezählbare- Entität zu fassen. Es liegt nahe, dass solch ein fest gewordener Vorgang leicht zu einer Bezeichnung für sein Ergebnis hinüber diffundiert. Auf der anderen Seite schließen sich als Bildungen mit verstärktem Vorgangscharakter die Substantivierungen des Infinitivs an, die bei gleichem transpositivem Wert nicht den abschließenden Charakter der Suffixbildung haben. So stehen nebeneinander das Erheben der Daten, ihre Erhebung und als Name für das gesamte Ereignis ebenfalls die Erhebung. Vor allem an dem letzten Typ greift die Idiosynkrasie des Lexikons an: mit Erbitterung mag der Systematiker das feststellen, mit Hoffnung der Liebhaber einer gewissen Verunsicherung. Die prinzipielle Bedeutung dieser Bildungen erklärt auch, warum das System an dieser Stelle mit einer Überausstattung durch historische Bildungen zu kämpfen hat. Wo die *Fliehung eine Flucht ist, die *Suchung eine Suche und die *Rufung ein Ruf, trotz Versuchung und Berufung, erhält sich die alte Form eine Nische, die die Normalableitung als merkwürdig erscheinen lässt. Ergänzt wird diese Seite unseres Systems auch noch durch die Möglichkeit, die Geringschätzung einer bestimmten regelmäßigen Tätigkeit den Bildungen gleich formal einzuschreiben: so mag das Rufen des Rufers in der Wüste so manchem als Gerufe oder Ruferei erscheinen. Scheint hier vor allem aufzuleuchten, dass Wiederhohes und Unablässiges stört, so lässt sich bei entsprechenden Handlungen das Professionelle andeuten, das mit der Handlung verbunden ist: Bildhauerei ist eine entsprechende Tätigkeit, sie ist zudem gesellschaftlich so üblich, dass sie den institutionellen Ort bezeichnen kann, wo dieser Beruf ausgeübt wird: eine Bildhauerei. Und es wundert uns nicht, dass in diesen Formen die Basen jener Verben stecken, die aussehen wie die entsprechenden Personenbezeichnungen: der Bildhauer. Aber auch unser Rufer hat etwas Usuelles an sich, wer nur einmal in der Wüste ruft, lässt sich nicht so benennen. So dass wir auch an dieser Stelle wieder sehen, dass Wortbildung mehr ist als zum Beispiel die Zusammensetzung der Bedeutungen einer Handlung (,ruf') und des Handelnden (,er'). Die Einbettung in die verschiedenen lexikalischen Umgehungen zeigt, dass dies zwar die conditio sine qua non ist, dass zur adäquaten Anwendung aber mehr gehört. Die Setzung einer Bedeutung ,Ausführender der in der Basis genannten Handlung' verlangt, dass damit Charakteristisches genannt wird. Sonst ergibt eine solche Personenbezeichnung keinen Sinn, im Unterschied zur Handlungsbezeichnung im substantivierten Infinitiv oder in der Derivation auf -ung. Diese ist bei jedem Verb sinnvoll. Bei anderen Wendungen der Szene muss es aber einen kommunikativen Grund dafür geben, der in einer generalisierungsfähigen Menge von Texterfahrungen liegen muss, wenn ein komplexes Wort dieser Art lexikalisiert werden soll; das geschieht mit vielen Bildungen wie dem Umweltverschmutzer des folgendenoben schon benutzten- Textes, der auf die intertextuelle Vorbereitung dieses Wortes rekurriert: (235) diesem stumpfsinnigen, ordinären, erzkatholischen Kunstmißbraucher, der seit vielen Jahrzehnten der größte aller kulturellen Umweltverschmutzer in diesem Lande ist (Bernhard 1984, S. 258) TEXTVERWENDUNG Solch ein Wort muss aber zumindest im aktuellen Text von einem hinlänglichen Interesse an solch einer Akzentuierung getragen sein: solch ein Fall ist schon der Kunstmißbraucher dieses Ausschnitts aus Derivation 149 Thomas Bernhards "Holzfällen". An diesem Wort sieht man auch, dass es nicht nur um die Transposition des Verbs missbrauchen geht. Vielmehr ist es ein Mittel, um das ,Missbrauchen der Kunst' zu einem charakteristischen Merkmal des so Bezeichneten zu machen: diese ganze Prädikation wird so greifbar gemacht, es handelt sich zweifellos um einen Fall von Inkorporation, und die Nähe zur Determinativkomposition erhöht den stilistischen Reiz. Solche intermediären Bildungen zwischen Komposition und Derivation nennt man üblicherweise Zusammenbildungen, und sie sind vielleicht häufiger inhaltlich als formal eindeutig als solche zu identifizieren. Aber auch wenn die Handlung nicht wie hier weiter spezifiziert werden muss, steht dieses Mittel offen. So wird im folgenden Ausschnitt aus demselben Werk das Handeln der ,Eheleute Auersberger' in einer Weise beschrieben, dass die ungewöhnlichen nomina agentis am Ende als stilistisch auffällige Klimax der vorhergehenden Klage-Suada erscheinen: (236) Die Eheleute Auersberger haben deine Existenz, ja dein Leben zerstört, sie TEXT 11 haben dich in diesen entsetzlichen Geistes- und Körperzustand Anfang der Fünfzigerjahre hineingetrieben, in deine Existenzkatastrophe, in die äußerste Aus- , weglosigkeit, die dich Ietztenendes damals sogar nach Steinhof gebracht hat und du gehst hin. [. ..] Du triffst deine grauenhaften Zerstörer und Umbringerauf dem Graben und bist einen Augenblick sentimental und läßt dich in die Gentzgasse einladen und gehst auch noch hin, dachte ich auf dem Ohrensessel. (ebd. S. 20/ 21) Man sieht, dass dieser literarische Text, dem es stark darauf ankommt, Personen eindringlich über ihre Handlungen zu charakterisieren, gerade dieses Muster nutzt und mit ihm spielt. Dass man damit spielen kann, hat damit zu tun, dass in unserem sprachlichen Vermögen Bildungen dieses Typs in unterschiedlicher Festigkeit vorhanden sind, die uns die Interpretationsmuster anbieten, welche der Text dann in überraschender Weise variiert; mit der Abstufung unserer Erwartungen arbeitet Bernhard zum Beispiel, wenn er an einer Stelle von den "Geld-, Ordens- und Rentengebern" (S. 259) spricht. Der Leser wird das Vorhandensein oder Fehlen solcher Bildungen und den Grad ihrer Anlehnung an übliche Muster als ein Textsortenmerkmal lesen. Unser oben diskutierter Tönnies-Textspricht von den Vorgängen und ihren Ergebnissen, nicht von Handelnden, so dass es uns nicht überrascht, in diesem derivationsreichen Text keines der häufigen nomina agentis auf -er zu finden. Solche Bildungen sind aber natürlich nicht nur für literarische Texte der zitierten Art typisch, sondern zeugen immer von der Intention, Personen über Handlungstypen festzulegen: so sind nicht zuletzt juristische Texte erste Kandidaten für die Häufung solcher Bildungen. Schon in jedem Kaufvertrag werden die Namen der Beteiligten alsbald durch Käufer und Verkäufer ersetzt, welche sich ihrerseits auf ihre paradigmatische Festlegung in den einschlägigen Gesetzen beziehen. Man kann an diesen Beispielen sehen, wie uns unsere intertextuellen Erfahrungen und die paradigmatischen Kenntnisse über die Verteilung der Wortbildungsarten helfen, den Wert verschiedener solcher Bildungen einzuschätzen. Wir haben gesehen, dass die Suffix-Derivation bei den Substantiven ein mächtiges Ordnungsmittel darstellt weitere Einzelheiten sollen in Punkt 4 dieser Arbeit dar- Wortbildungsarten gelegt werden. Nicht zuletzt ist hier aber auch eine der Stellen, wo die Wortbildung des Deutschen ihren internationalen, zumindest ihren europäischen Charakter zeigt. An den Derivationen des Tönniessehen Textes vom Anfang dieses Kapitels war abzulesen, dass es sich hier um einen Text handelt, der in die Endphase jener relativ kurzen Zeit in der deutschen Sprachgeschichte gehört, wo die deutschsprachige Wissenschaft in zentralen Bereichen so führend war, dass sie auch ihre eigene deutschsprachige Terminologie exportierte. Dazu gehörte nicht zuletzt die Soziologie. 98 Wir wissen aber auch, dass eine in der Tradition der antiken Sprachen stehende Bildungs- 'sprachlichkeit über Jahrhunderte die vor allem für ernsthafte schriftliche Dinge geprägte Sprachform war, und wir wissen auch, dass diese prägende Macht unter dem Einfluss des amerikanischen Englisch, dem diese Elemente strukturell weitaus weniger fremd sind als dem Deutschen, nun verstärkt wieder fortwirkt. Dieser Trend ist eine Quelle für eine Vielzahl von Internationalismen, bzw. zumindest euro-amerikanischen Supranationalismen. Das hat an drei Stellen Folgen für die deutsche Wortbildungslehre, von der diese Erscheinungen nicht zu trennen sind. Es kommen damit eine Reihe von Lexemen in das Morpheminventar des Deutschen, die außerhalb verschiedener komplexer Wörter keine selbständige Existenz im Deutschen nachweisen können. Sie kommen also nur gebunden vor, zumeist an bestimmte ebenfalls nichtindigene Wortbildungsmorpheme: Häufig bilden sich dabei Reihen aus: Demokrat - Demokratie demokratisch oder Inspirator - Inspiration oder Elektriker- Elektrizitätelektrisch. Diese Bildungstypen repräsentieren eine Teilkompetenz gebildeter Sprecher des Deutschen, die man eigentlich nicht als fremdsprachig klassifizieren möchte; vielmehr spiegeln diese Arten der Bildung komplexer Wörter den Tatbestand, dass eine bildungssprachliche Teilkompetenz existiert, die an die zentralen indigenen Modelle angelagert ist. 3.2.3 Zum Adjektiv Da ein abgeleitetes Adjektiv im Wesentlichen durch sein Ableitungselement kennzeichnet, dass und in welcher Verbindung eine untergeordnete lexematische Einheit -die Basis des Adjektivszu einem übergeordneten Substantivlexem steht, ist es der beliebteste, weil Variabilität mit Übersichtlichkeit vereinende klassische Bildungstyp beim Adjektiv. Dabei haben sich vor allem die drei bereits oben geschilderten Suffixe -ig, -lieh und -isch aufgrund der vielfältigen Optionen und doch differenten Zugriffe, die sie bieten, einen weiten Raum erobert. So steht die Derivation des Adjektivs als systematische Ausbaumöglichkeit der attributiven Stelle in einer systematischen Konkurrenz einerseits zur N + N-Komposition, andererseits zu den attributiv verwendeten Partizipien. Dabei heißt systematische Konkurrenz allerdings nicht, dass hier gleichwertige Konstruktionen entstünden. Vielmehr haben wir es mit einer funktionalen Abstufung beim Ausdruck analoger Relationen bzw. onomasiologischer Kategorien, zu tun. 98 Zu dieser allgemeinen Entwicklung siehe Pörksen (1985), Weinrich (1986), im Hinblick auf die spezifischen Verhältnisse bei der Soziologie Lepenies (1985). Derivation >S(,F.FvCE~t.$ So prätendiert die Einbettung eines nominalen Erstelements in ein · )ij~((t(! )REN'' Kompositum immer, dass es sich bei dem solcherart hinzugefügten Merkmal um eine - und sei es nur im jeweiligen Kontextcharakteristische Eigenheit des bezeichneten Gesamtobjekts handelt. Die Attribution fügt dieselben substantivischen Lexeme zusammen und markiert die jeweilige Eigenschaft bzw. die Zuordnung zu einem bestimmten, dem in der Basis genannten Bereich als dem Bezugssubstantiv akut-syntaktisch beigelegt - Adjektive gelten als der typische Fall der freien Attribute. Die Zuordnung auf diese Weise steht dann ihrerseits logischerweise in Zusammenhang mit möglichen Alternativen im substantivischen Attributbereich rechts von N. Hier gibt es bestimmte funktionale Präferenzen: So ist der Attributbereich links von Nomina mit entsprechenden Abhängigkeiten den Subjektsbenennungen vorbehalten, während die Genitive rechts vom Nomen die Objektbenennung bevorzugen, wobei aber Subjektsgenitive durchaus nicht ungewöhnlich sind. Deshalb erscheint uns eine Fügung wie Goethes "römische Reise" eher ungewöhnlich, und wir verstehen in Ausdrücken wie der kaiserliche Besuch den Kaiser eindeutig als Subjekt. Und auch in Konstruktionen wie ärztliche Ausbildung, die als objektsbezeichnend geführt werden (Duden Grammatik 1998, S. 988) ist ja im Adjektiv weniger die Objektsbeziehung, sondern die diffusere, aber für das Zugehörigkeitsadjektiv zentralere vage Bereichsvariante realisiert. Andererseits wird bei äquivalenter Besetzung der beiden Attributtypen-hölzerner Turm, Turm aus Holzdie generellere Verteilung thematischer und rhematischer Information genutzt. So wird beim präpositionalen Attribut das Sprechen über einen Turm ausgeführt, als dessen zusätzliches Merkmal dann sein Material genannt wird, während bei der adjektivischen Attribution diese Eigenschaft als schon bekannt oder als unmittelbar sichtbar aber nicht weiter zentral, also eher thematisch behandelt wird. Die adjektivische Derivation ist bei den desubstantivischen Fällen folglich das Mittel, nicht als grundsätzlich oder dauernd gekennzeichnete Eigenschaften oder Bereichszuordnungen syntaktisch passend zwischen den genannten Polen der lexikalischen Komposition und der syntaktischen Rechtsattribuierung einzubetten. •. ; utldander~ Bei den deverbalen Fällen hat man zu sehen, wie das Verhältnis zu Möglichkeiten V + N-Komposita und zu attributiven Verwendungen von Partizipien beschaffen ist. Offenkundig wird durch die Partizipien der Verbinhalt in aktivischer oder passivischer Fassung attribuierbar gemacht, wobei sich diese beiden Fälle dadurch unterscheiden, daß dem Partizip II immer auch eine prädizierbare Form entspricht, die zwischen Zustandspassiv und Adjektivprädikat schwankt (s. [239]), während das beim Partizip I nur im idiomatisierten Fall möglich ist (s. [237]), 99 da dem Partizip I ansonsten im prädikativen Bereich die finite Verbform entspricht (s. [238]). (237) Verstöße gegen die Sprachgrammatik haben normalerweise keine weitreichenden Auswirkungen (Martin/ Drees 1999, S. 160) 99 Diese Formen lassen sich dann auch steigern, benehmen sich also insgesamt recht adjektivisch. Wortbildungsarten (238) Beide standen sie knöcheltief im zurückströmenden Wasser [...] Cotta spürte, wie [...] Wasserzungen über seine Füße hinweg auf den Strand und wieder ins Meer zurückglitten (Ransmayr 1991, S. 162) (239) [ein Floß]. Es waren nur einige leere, aneinandergekettete Weinfässer, darauf eine Stalltür gebunden (Ransmayr 1991, S. 165) Die reine syntaktische Umsetzung wie in den Beispielen (238) und (239) steht zweifellos am Rande der Wortbildung. Allerdings bleibt zu bemerken, dass vor allem mit dem Partizip I hier eine nominale Ausdrucksoption des verbalen Lexems gewählt wird, die im verbalen Paradigma ansonsten keine Rolle spielt. Die Funktion dieser Bildungen ist klar: durch die Infinitheit der Form wird die mehr oder minder entfaltete Szene als abhängig markiert. Die Markierung syntaktischer Abhängigkeit durch infinite Konstruktionenin Sonderheit Partizipien -hat im Laufe der neuhochdeutschen Zeit deutlich abgenommen. Syntaktische Konstruktionen dieses Kodierungstyps haben im heutigen Deutsch einen markierten Status, sie sind durch prädikativnominalen Doppelbezug gekennzeichnet, treten also als sogenannte prädikative Attribute (Weinend brachte die Mutter das Kind ins Bett) oder als Appositionen (Der Held, die Szene überblickend)auf. Am unauffälligsten und solche Doppelbezüge vermeidend, ist die Verwendung als adjektivisch flektiertes Attribut. Damit steht dieser verbal geprägte Inhalt an einer Stelle, an der Informationen in einer Weise gegeben werden, dass sie als Voraussetzung des in der Prädikation insgesamt Ausgedrückten erscheinen: (240) weil die dort herrschenden sozialen Normen die Vertragsgestaltung und -erfüllung "abstützen". Überformale Regeln hinausgehende Verträge finden sich [... ](Martini Drees 1999, S. 148) nicht alle der genannten Merkmale (Martin/ Drees 1999, S. 149) Der idealtypische Transaktionsvertrag entspricht weitgehend den im Vertragsrecht zumAusdruck kommenden Vorstellungen (Martin/ Drees 1999, S. 149) Wie man sieht, können aufgrund der Bindungsfähigkeit des Verbs hier recht genaue Informationen geliefert werden; sichtbar ist an den Beispielen auch der deutlich anaphorisch-thematische Wert dieser Einfügungen. Im Sinne einer Generalisierung solcher Verweise treten häufig distributioneHe Veränderungen ein, die als Lexikalisierungseffekte gedeutet werden können; dazu kann man schon die Verwendung von weitgehend im letzten der obigen Beispiele rechnen, aber auch Fälle wie die folgenden weisen in ihrer Distribution auf eine gewisse Ablösung von der verbalen Verwendung: (241) Das Bestreben nach umfassenderund ganz genauer Regelung (Martin/ Drees 1999, s. 151) Die Umsetzung von Verträgen hängt von der Qualität der zugrundeliegenden Verpflichtung ab (Martin/ Drees, S. 152) Die beschriebenen Probleme zeigen[...] (Martin/ Drees 1999, S. 157) Endlich, vor dem auszehrenden Wind und der Wärme einer beinah vergessenen Sonne, wich die Flut zurück (Ransmayr 1991, S. 164) Derivation 153 Nicht zuletzt gibt es univerbierende Inkorporationseffekte, die den Übertritt in die Domäne lexikalischer Strukturierung signalisieren: (242) gegen das die Bewegtheit der äußeren Welt plump und nichtssagend erschien (Ransmayr 1991, S. 209.) daß wohldosierte Gaben wesentlich effektiver sind (Martin/ Drees 1999, S. 127) Die Gründe hierfür sind naheliegend. (Martin/ Drees 1999, S. 129) an diesem klippenbewehrten [...]Küstenstrich (Ransmayr 1991, S. 161) Wie weit das geht, ist im Einzelfall nicht leicht zu entscheiden, so dass man hier kaum eine klare Grenze wird ziehen können: 100 (243) ein kaltes und "berechnendes" Verhalten (Martin/ Drees 1999, S. 143) jenes Generators, der in einem Kellerverschlag stampfend und hämmernd Strom für die Lampen und Kühlschlangen des Krämerhauses erzeugte (Ransmayr 1991, s. 209) eine Maschine aus Metall, Glas, Glühlampen und Spiegeln, die alles, was man unter ihr geschliffenes Auge legte, leuchtend und vergrößert auf dem Weiß der nächstbesten Wand abzubilden vermochtevergilbte Fotos, Zeitungsfetzen, selbst eine ängstlich ausgestreckte Hand ..., alles (Ransmayr 1991, S. 209) unter der Zerstörungskraft der Verwitterung, der nagenden und schabenden Jahrtausende (Ransmayr 1991, S. 157/ 58) Dabei mag aufgrund des prekären Status des Partizip I im verbalen Paradigma nicht verwundern, dass auf diese Weise gekennzeichnete verbale Lexeme eine gewisse ,Dauer' der Eigenschaft signalisieren (z.B. ausgestreckt bei der Hand). Man sieht das nicht zuletzt an den unauffälligen aber signifikanten Verschiebungen der Zuordnung zu den Bezugselementen (stampfendes und hämmerndes Erzeugen durch einen Generator, nichtssagende Bewegtheit). Manchmal erscheint die Partizipialform geradezu primär gegenüber irgendwelchen anderen Verwendungen des Verbs (etwa vergilbt). d · Wird hier aber von der schematischen Grundlage her jeweils die ... un derWert der Derivate aktivisch-vorgangsorientierte bzw. die passivisch-zustandsorientierte Fassung des verbalen Lexems so attribuierbar bzw. ,adverbialisierbar' gemacht, dass das Bezugselement die Rolle des Aktivbzw. des Passivsubjektes einnimmt, fügen die Suffixe als Modifikatoren der Junktion zwischen den beiden Elementen eine diese Verbindung variierende Information dazu. Die aktivischen Bildungen sind großenteils Dispositionsadjektive, wie schwerhörig, luftdurchlässig, auch erpresserisch u.ä. die eben durch die Bedeutung ,Disposition zu einer Handlung' Eigenschaftswörter schaffen. 100 Das versucht z.B. Irene Rapp (1997, S. 222 f.), indem sie die attributive Verwendung nur auf diein ihrer Verwendung aus semantischen Gründen stark beschränktesein- Prädikation bezieht und die syntaktisch weitaus Unbeschränkteren Möglichkeiten betont. Es ist nicht unproblematisch, völlig auf die Korrelation mit dem deutschen Normalpassiv, der werden-Form, zu verzichten. Davon abgesehen, werden die Kosten für die so erreichte Eindeutigkeit innerhalb der rein syntaktischen Analyse logischerweise nicht sichtbar, man muss dann aber für die lexikalisierten Bildungen annehmen, dass es sich um eine Ableitung mit morphologisch identischen Mitteln handelt, hat die Abgrenzungsfrage also nur verschoben. 154 Wortbildungsarten (244) schwarze, schmierige Klumpen (Ransmayr 1991, S. 139) wie tröstlich[...] sei doch das Schicksal der Versteinerung (Ransmayr 1991, S. 158) sich dauerhaft lösen kann (Martin/ Drees 1999, S. 186) Man sieht, wie hier die einzelnen Suffixe unterschiedliche Basen bedienen bzw. unterschiedliche Muster nutzen. Allerdings hat die relativ schwache Besetzung des aktivischendeverbalen Typs bei der Adjektivderivation sicherlich auch damit zu tun, dass das Partizip I hier eine doch erhebliche Wirksamkeit entwickelt. Wesentlich deutlicher sind die Verschiebungen bei dem passivischen Muster: hier variiert das bedeutsamste Suffix -bar das passivische Muster durch Modalisierung: ,getan werden könnend'. Im Vergleich zu dieser Modalisierung hat das Partizip II keine Chance. (245) Von unangreifbarer Würde (Ransmayr 1991, S. 157) Allerdings spielt diese Funktion auch bei weiteren Suffixen eine Rolle. Es gibt vor allem bei den Bildungen mit -lieh eine größere Menge von Wörtern, in denen diese Beziehung lexikalisiert und dann in einer bestimmten Art von Idiomatisierung aufgehoben ist: (246) durch Echos undurchdringliche Verschwiegenheit mit einem durchsichtigen Anstrich (Ransmayr 1991, S. 103, 103) Andererseits spricht es von der Bedeutung dieser Beziehung, dass das Muster der -bar-Adjektive an verschiedenen Stellen und immer einmal wieder über seinen syntaktischen Kern, die passivische Umsetzung transitiver Verben, hinaus ausgreift: (247) Situationen, die den Akteuren als[...]unentrinnbarerscheinen (Martin/ Drees 1999, s. 70) Dabei zeigt die adjektivische Derivation insgesamt die größte Vielfalt im desubstantivischen Bereich, ist daneben aber auch im deverbalen Bereich vertreten, wo sich die Suffixableitungen in verschiedener Weise mit der Umkategorisierung in den Partizipien treffen. 3.2.4 Zum Verb FtEl(IQI! IIUNf). Was die Derivation des Verbs angeht, so ist der Umfang dieser WORBll[)QNG Wortbildungsart von zwei Entscheidungen abhängig, die grundlegende Fragen der Modeliierung betreffen. Die eine bezieht sich darauf, ob das -en in Verben wie fischen als ein Derivationssuffix gerechnet wird. (248) eine wilde Bilderflut, die jetzt in jäh sich türmenden Wellen durchs Gehirn wogte an die geblähten Nasenflügel brandete durch die hellwachen Ohrgänge gischtete (Politycki 1997, S. 126) [...] läßt andere die Zugtür öffnen dass er augenblicklich gesunden würde (Rehmann 1999, S. 7, 15) Wir haben oben dafür plädiert, diesen Typ für ein systematisch im flexivischen Bereich des Deutschen angesiedeltes Modell des Wortartwechsels zu betrachten. Damit Derivation 155 können vor allem Elemente von Handlungsschemata, wie sie sich in verbalen Rahmen niederschlagen, zur Basis neuer Verben gemacht werden. Die Suffixderivationen werden dadurch zu einem weniger wichtigen Fall, entsprechende Suffixe sind -ig, -el, -er. (249) ängstigen, endigen, reinigen; züngeln, lächeln, bröckeln; kälbern, rädern, schildern, geistern. und vor allem das nicht aus dem autochthonen Bereich der deutschen Wortbildung stammende -ier: (250) konzentrierte sich darauf, sämtliche Kellner zu fogalisieren. (Politycki 1997, S. 341) Kristallisieren wir, technifizieren, artifizialisieren wir das Beste vom Menschen[...] (Strauß 1997, S. 55) ohne zu telefonieren (Rehmann 1999, S. 9) Wenn ich mich stabilisiert habe ... (Rehmann 1999, S. 10] All diese Bildungen, das häufig modifikativ-diminutiv gebrauchte -el vielleicht ausgenommen, erscheinen nicht als zentrale, sondern als ergänzende Möglichkeiten der verbalen Wortbildung, die dort eintreten, wo aus dem einen oder anderen Grunde weder die normale Konversion noch eine Präfixbildung stattfindet. Bei -ieren wirkt hier insbesondere die Tradition mit, dieses Suffix als Signal für Nichtindigenes zu lesen, die jetzt allerdings unter verstärktem englischen Einfluss aufbricht, so wenn etwa rezyklieren offenbar keine Chance hat gegen recyceln. Günstig ist dabei, und das hilft auch bei den oben genannten indigenen Bildungen, dass das auslautende Element / ein/ wie auch lern! bei einer Menge von Bildungen auftritt, wo es nicht als verbales Affix zu interpretieren ist, von dübeln und rodeln bis zu schustern und bessern, so denn auch computern. Und auch wo heutzutage eher auf derivative Elemente verzichtet wird, wird zumindest in gewissem Ausmaß der deutschen Morphophonologie gefolgt. Relativ problemlos ist das offenbar bei Einsilblern, die auf Konsonanten enden: biken, booten (den Computer), surfen, updaten, crashen usw. (251) Schnell brieft sie noch einen Kameramann Zur topmodisch gestylten Lorraine Keane (bmw-magazin 4/ 1999, S. 66, 66) Das Suffix -ieren hat im Kontext moderner Internationalismen bestimmte Funktionen behalten. Es ist das normale Ableitungssuffix für traditionelle fachsprachliche Verben wie integrieren, tolerieren, häufig entsprechend dem englischen Suffix {ate}: (252) daß die Anordnung der Argumente nicht mehr stipuliert werden muß (Rapp 1997, s. 131) Häufig folgt es auf das Element {iv} (intensivieren). Andererseits ist es in der Erweiterung {-isieren} das Suffix für kausative Muster, dem englischen {ize} entsprechend: computerisieren. DlE~R-' VERIJAtEa f'~FtXE Die andere Frage ist, wie man die Präfigierung beim Verb bewertet. Wenn man Derivation als die Kombination einer lexematischen Einheit mit einem wortartspezifizierenden Wortbildungsmorphem versteht, dann ist die Präfigierung beim Substantiv und beim Adjek- Wortbildungsarten tiv nur mit deutlichen Einschränkungen hierher zu rechnen. Daher sind wir oben nicht darauf eingegangen und werden diese Frage in dem Kapitel zur Wortartspezifik behandeln. Anders ist das allerdings beim Verb, wo die Präfixbildungen sehr viel mehr die Wortart prägen, und wo auch eine ganze Reihe von Bildungen nur durch das Präfix gekennzeichnet wird. (253) von ihrem Einfluß zu befreien Polizei benachrichtigen sich [...] von sich selbst zu entfernen Ihre fliehende Handschrift erinnert mich an die unzähligen Seiten Von diesem Augenblick an verwirrt sich meine Erinnerung (Rehmann 1999, S. 143, 150, 142, 142, 147) Zudem werden in einem ähnlichen Maße wie bei der Suffigierung des Substantivs unterschiedliche syntaktische und semantische Subklassen durch die Präfigierung gekennzeichnet, so etwa die Transitivierung durch be-, die Bedeutung eines ,falschen' Abschlusses bei einer Reihe von ver-Bildungen (vgl. Eiehinger 1997a). 3·3 Inkorporation 3·3·1 Inkorporation beim Substantiv Wir haben in den bisherigen Ausführungen schon gesehen, dass es eine Reihe von komplexen Wörtern gibt, die sich nach den klassischen Kriterien nicht ordentlich zuordnen und beschreiben lassen. Man sieht das auch schon an der verwendeten Terminologie: Wörter dieses Typs heißen Rehionskomposita oder Zusammenbildungen, andere seien mit Präfixaiden oder Suffixaiden beziehungsweise Halbpräfixen und Halbsuffixen gebildet, sie heißen eher unentschieden Partikelbildungen oder Doppelpartikelbildungen. EIN FUNKTIONALES DACH Wenn man die Bedeutung der entsprechenden Muster ansieht, bemerkt man, dass es ganz erhebliche Bereiche der Wortbildung des Deutschen gibt, die nach solchen Modellen gebildet werden. Zudem wird sichtbar, dass sich bei den verschiedenen Wortarten unterschiedliche Schwerpunkte für den Ausbau solcher Bildungstypen ergeben. Aus diesem letzten Grund schon ist es vernünftig, nach einer Beschreibung zu suchen, die ohne falsche Analogisierungen den spezifischen Charakter der jeweiligen Wortart wiedergibt, und andererseits die Definitionen der Wortbildungsart zu generalisieren, und nicht, wie es häufig geschieht, die Wortbildung des Substantivs als Grundlage der Beschreibung auch der anderen Wortarten zu liefern. Einen wichtigen Schritt dahin stellt die Zusammenfassung einer Reihe bisher disparat als Einzelfälle behandelter Bildungstypen als Inkorporation dar. Den augenfälligsten Fall stellen die oben schon mehrfach dokumentierten Zusammenbildungen dar, die auch klassischerweise auf etwa diese Weise beschrieben werden. Allerdings sieht man die Probleme der klassischen Analyse, die von einer Art Mischfall von Derivation und Komposition ausgehen muss. Tatsächlich aber hat man davon auszu- In ko rpo rati on 157 gehen, dass der Bildungstyp, den wir Inkorporation nennen, eine typische, eigenständige Wortbildungstechnik ist, die es erlaubt, Relationalität, die in explizitester Weise syntaktisch kodiert wird, mit Mitteln der Wortbildung zu verknüpfen. ABGRENZUNG Wenn man dieses Bildungsmittel so auffasst, beschränkt sich auf der einen Seite ganz deutlich das, was man unter Komposition versteht: Komposita sind dann wirklich nur die Bildungen, bei denen die Relationalität nicht schon in der einen oder anderen Weise in das Zweitelement eingebaut ist. Alle jene Bildungen, die mit Mitteln der Wortbildung die Abhängigkeiten, die in dependenztragenden Elementen angelegt sind, rekonstruieren, repräsentieren den großen Typ der Inkorporation. Den zentralen Normalfall stellen die sogenannten Rektionskomposita dar, die ja übrigens auch andernorts schon als strukturverständliche Komposita beschrieben wurden. Darunter fallen alle jene Bildungen, die oben bei der Beschreibung der semantischen Gruppen von Komposita mit den entsprechenden syntaktischen Relationen erläutert wurden. Hier wie bei allen Wortarten bietet das die Möglichkeit, das Feld der Wortbildung übersichtlicher und ihren eigenen Kategorien entsprechender abzustecken. Die Inkorporation ist jene Technik, die es erlaubt, die Wortbildung mit ihren eigenen Mitteln an den Bereich der Syntax anzuschließen. Dabei ist es von der Wortart abhängig, wie nahe die Techniken der Wortbildung und der Syntax sich einander annähern können. Im Falle des Substantivs ist der Abstand ziemlich groß, was mit der relativen Selbständigkeit des Substantivs zu tun hat, das ja auch so etwas wie Relationalität im Wesentlichen durch Umsetzungsprozesse von adjektivischen und verbalen Lexemen erbt. Die zentralen eigenständigen Techniken der Wortbildung sind dann die Komposition, bei der die Relationen von Schemaelementen rekonstruiert werden müssen, und die klassifikatorischen Prozesse der Derivation, die uns sozusagen eine kommunikativ bewährte Grobklassifikation vorschlagen. Nahe an die Syntax führen die Prozesse heran, die man im weiteren Sinne der Konversion zurechnen kann, wie wir wiederum bei Verb und Adjektiv am deutlichsten sehen können. 3.3.2 Inkorporation beim Adjektiv __ DEPE~JlENZQND B 1 eimdAdjDekt~v e~laubth~s d_iekAl n~lysde, d1p. e vf~n. der Zentradlstdel- REIHENBILDUNC . ung er envatwn - 1er m us1ve er rä 1g1erung un er Komposition ausgeht 101 , den klassischen Übergangsbereich in dieser Wortart, die sogenannten Halbaffixbildungen, als eigenständige Erscheinungen zu berücksichtigen. Bisher hat man -in extremer Weise zum Beispiel bei Bildungen mit dem Element -haltiggroße Schwierigkeiten, Elemente zu erklären, die ,zuviel' lexikalische Bedeutung haben, als dass sie guten Gewissens schon als Suffixe erklärt werden könnten, und andererseits als zu unselbständig gelten müssen, als dass man sie guten Gewissens unter die Komposita einordnen könnte. Außerdem hängt das eng damit zusammen, dass bestimmte Adjektive selbst schon mehr als einwertig 101 Dass beim Adjektiv die Komposition sich aus wortbildungsspezifischen Gründen stark an die Präfigierung annähert, wurde schon erwähnt und spielt an dieser Stelle keine Rolle. Wortbildungsarten sind, so dass sich ihr Verhältnis zur eigenen Basis nur in Termen der Inkorporation beschreiben lässt. (254) amerikahörig, mannschaftsdienlich, staatstreu, stellungsfest (Nach: Deutsche Wortbildung 5, S. 115) Wie tröstlich und menschenwürdig sei doch das Schicksal der Versteinerung (Ransmayr 1991, S. 158) Diesen Rektionskomposita, die von den Abhängigkeiten gesteuert werden, die im Zweitelement angelegt sind, stehen Bildungen gegenüber, bei denen das Suffix lexikalisch hierarchisierte Phrasen zusammenfasst. Das ist die Definition für Zusammenbildungen: (255) er sprach stockend und einsilbig über die Pflanzen (Ransmayr 1991, S. 153) von zweitklassiger Intelligenz (Strauß 1997, S. 88) einen hundertjährigen Wolkenbruch (Ransmayr 1991, S. 163) mit breitschneidigen Messern (Strauß 1997, S. 163) deren menschenverächtliche Gesellschaftsbegriffe (Strauß 1997, S. 83) ein wenig vollmundig (Strauß 1997, S. 84) diese zielstrebigen Schritte (Strauß 1997, S. 90) zu außerbiographischen Erlebniswelten (Strauß 1997, S. 107) tB(EM~~8,€; EN Eigentlich ist wohl so etwas wie breitschneidig der zentrale Typ, benannt wird die spezifische und somit kommunikativ interessante Spezifikation eines dem jeweilige Objekt inhärenten Merkmals. Bei Zugehörigkeitsadjektiven ist dies ein distinkter Bereich, der in einer Weise gefasst wird, dass sich das Erstelement nicht auf das Adjektiv, sondern seinen lexematischen Stamm bezieht (außerbiographisch). Bemerkenswert unter den Erstgliedern ist das häufige Auftreten von Zahlwörtern, in ganz unterschiedlicher Einbindung, teils ganz einfach zählend (hundertjährig), teils metaphorisch für eine Eigenschaft (einsilbig), teils in analoger Weiterung von Mustern (erstklassig, zweitklassig). Nicht wenige dieser Bildungen sind lexikalisiert und in gewissem Umfang idiomatisiert (vollmundig ,übertrieben selbstbewußt'; zielstrebig ,geradeaus auf etwas zu; konsequent'). Erkennbar ist das Suffix, das direkt Eigenschaftswörter produziert, nämlich -ig, hier dominant, andere tun sich schwer: menschenverächtlich ist eher eine Kontamination aus menschenverachtend und verächtlich als ein regelmäßiger Zusammenbildungstyp. Entsprechene Bildungen gibt es auch von Partizipien, wenn erst zusammen mit der adverbialen Modifikation ein interessantes adjektivisches Konzept entsteht: (256) ein leerstehendes Haus (Ransmayr 1991, S. 253) DlfFERENZlERUNG . Interessanter für das Gesamtbild der adjektivischen Wortbil- DERJUNiffiON'; .. dung als diese Zusammenbildungen, die man vielleicht als Ableitungen von lexematischen Phrasemen umschreiben kann, ist, dass es in diesem Umfeld zu Reanalyseprozessen kommt, die nur gebunden auftretende reihenbildende Inkorporationskerne schaffen. Es sind das die kompositions- Inkorporation 159 artig wirkenden unter den Elementen, die man auch Halbaffixe nennt. Wir haben oben schon dargelegt, wie so eine Technik entwickelt wird, spezielle Kategorien adjektivischer Subklassifikation einfach kodierbar zu machen. Zumeist kann man sehen, wo der Ansatzpunkt für diese Bildungen ist: auch hier wird auf lexikalische Weise, also ohne die typischen Merkmale der syntaktischen Junktion eine wichtige Spezifizierung einer grundlegenderen Kategorie eingeführt, und mit dem unmittelbar als Eigenschaftswort zu lesenden Suffix -ig als ein Adjektiv kodiert. Die Beziehung zu dem auch in freier Verwendung geläufigen Lexem hat also nicht eine Subklassifikation dieses Elements zur Folge, sondern eine Akzentuierung und Verdeutlichung der Beziehung des Erstelements solcher Bildungen zu ihrem Bezugssubstantiv, -artig: , -förmig, -haltig sind Paradefälle für diese Art der Strukturierung. (257) das zellenartige Zimmer (Rehmann 1999, S. 57) die lanzettförmige Zunge (Strauß 1997, S. 42) salzhaltiges Wasser (Fandrych 1993, S. 66) Dabei ist vielleicht der morphologisch schwierigste Fall, das Element -haltig, gleichzeitig der typischste. Der lexikalische Kern {halt}, wie wir ihn in einem Verb wie enthalten finden, modifiziert die Beziehung zwischen den genannten Substantiven Salz und Wasser: salzhaltiges, salziges und Salzwasser können sich auf dasselbe Element beziehen, dabei ,beschreibt' salzhaltig den Tatbestand des Enthaltenseins, salzig den Sachverhalt, dass das Wasser dadurch charakterisiert ist, zum Beispiel nach Salz schmeckt, und Salzwasser ist ein Name für eine als kommunikative Einheit funktionierende Entität: in Salzwasser kocht man, man spült mit Salzwasser die Nase, wenn man erkältet ist, im Salzwasser leben Salzwasserfische. Alle drei Ebenen sind offenbar wichtig, auch Enthaltensein ist eine häufig bedeutsame Kategorie, und so gibt es eine große Menge von Bildungen mit dem Element -haltig, von alaunhaltig bis zuckerhaltig. Und oft ist das, anders als bei einem so grundlegenden und wichtigen Element wie Salz, die einzige Möglichkeit, das Vorhandensein des jeweiligen Stoffes auszudrücken und attributiv als Merkmal des jeweiligen Bezugsobjekts anzubinden. Die anderen beiden genannten Möglichkeiten sind ebenfalls Junktoren für desubstantivische Bildungen, aber auch in den Junktor ist hier, nicht wie bei -haltig ein verbales, sondern ein substantivisches Lexem eingegangen. Das Suffix -ig hat seine übliche Funktion: das Ganze wird ein Eigenschaftswort, und die substantivische Basis, das Erstelement, wird entweder zum Vergleich herangezogen, oder die Eigenschaft kommt von dem typischen, übermäßigen usw. Vorkommen dessen, was im Erstelement genannt wird. Diese Ietzt Option wurde durch {halt} modifiziert: die charakteristische Zugehörigkeit wird als Enthaltensein ausbuchstabiert. Die andere Option von -ig wird bei den Bildungen auf -artig und -förmig aufgenommen: der Vergleich betrifft die Form oder die Art und Weise. Aber auch vom erstgenannten Bereich adjektivischer Inkorporation, den Rektonskomposita, aus gibt es jene reihenbildend-abstrahierende Funktion, die zur paradigmatischen Differenzierung bestimmter Sachbereiche beiträgt. Diese Veränderung der Funktion zeigt sich auch daran, dass gegenüber einer freien Verwendung andere semantische Distributionsverhältnisse auftreten. So ist es durchaus typisch, dass bei -voll in dem folgenden Beleg ein Abstraktum die Basis darstellt, während bei 160 Wortbildungsarten -reich daneben auch Konkreta auftauchen; dass beiden Bildungstypen häufig eine gewisse stilistische Gehobenheit eignet, dass sie ebenso wie das -frei des letzten Beispiels eher positiv konnotiert sind, wobei aber die frei- Bildungen häufig eher sachorientierter Darstellung zugehören: (258) eine einzige variantenreiche Verspottung in einem respektvollen Brief an Cyane er hielt die Reflektoren staubfrei (Ransmayr 1991, S. 196, 198, 211) Diese Reihenbildung führt zu paradigmatischen Klassen mit unterschiedlichem Sachbezug und unterschiedlichem stilistischen Wert. Nochmals weiter differenziert wird dann durch Partizipialbildungen, in denen die von den sogenannten Halbaffixen vorgegebenen Kategorien (hier: ,Haben') noch weiter ausdifferenziert und szenenspezifisch angedeutet werden können. Das sollen die folgenden Beispiele belegen, die man als Rektionskomposita verstehen kann: (259) die spinnenverseuchten Ruinen blutige, lehmverschmierte Schafe (Ransmayr 1991, S. 200, 222) Bleiben aber bei den Bildungen mit -frei usw. die Verbindungen zur lexematischen Grundlegung noch erhalten, so dass man sie, wenn man sich entscheiden muss, der Komposition zuzuordnen hätte, gibt es auch den Effekt der Entstehung von Suffixen für schlecht abgedeckte Relationen wie die der Privativität, des Nichtvorhandensems: (260) nach kaum fünfzig achtlosen Laufschritten wortlos und drohend (Ransmayr 1991, S. 239, 248) Allerdings ist dieses Muster, das ja auf ein Schema ,ohne etwas' zurückzuführen ist, in seiner Aktivität recht beschränkt; es steht aber in einer systematischen Beziehung zu den anderen Bildungen, was man auch an der konnotativen Aufgabenverteilung sieht: die Bildungen mit -los sind, wenn sie von einer neutralen Bedeutung (bartlos) abweichen, negativ konnotiert. 3·3·3 Inkorporation beim Verb Wo, wenn nicht beim Verb, sollte die Inkorporation ihre eigentliche Domäne haben. Vielfältige Verbindungen gehen vom Verb aus. Wenn dann, wie Otto Behaghel zu recht postuliert, inhaltlich eng Zusammengehöriges zudem gerne nahe beieinander steht, dann ist die Chance groß, dass durch den regelmäßigen Gebrauch eine Kookkurrenz geschaffen wird, die als mehr als ein rein syntaktisches Nebeneinander interpretiert wird, und die dann auch zu Beschränkungen in der Verwendung und zu Spezialisierungen in der Bedeutung führen kann. PARTIKELVERBEN Dabei kann man zwei große Möglichkeiten zur Univerbierung unterscheiden: eine, die tatsächlich nur in analogischen Fällen über den geschilderten Tatbestand hinausgeht, und eine andere, die auf der Basis generalisierter adverbialer Beziehungen eigenständige Muster entwickelt. Wir wollen Inkorporation mit diesem letzten Muster, dem der sogenannten Partikelverben beginnen, sind sie doch das zentrale der mit der Trennbarkeit operierenden Muster. Die deutschen Bildungen dieses Typs sind durch eine doppelte Orientierung gekennzeichnet, die den Bedingungen für trennbare Konstruktionen im Deutschen entspricht. Dazu macht sich dieser Typus von Wortbildung den Tatbestand zu Nutzen, dass direktionale Bestimmungen, trotzihres an der Oberfläche adverbialen Aussehens, eigentlich ohnehin schon als Prädikatsteile zu gelten haben. Sie treten in der Grundreihenfolge unmittelbar vor dem infiniten Verbteil auf, ja nicht nur das, mehr noch als andere Ergänzungskonstellationen geben direktionale Ergänzungen über das realisierte Schema Auskunft. Das trägt zweifellos dazu bei, dass die Partikelverben, die auf generalisierten direktionalen - und dann auch statisch lokalen - Beziehungen beruhen, als Modifikatoren der Basis ebenso funktionieren, wie sie selbst schemabildend wirken. Die Ordnungsmuster werden von zentralen topalogischen und dimensionalen Gegebenheiten des von den Sprechenden wahrgenommenen Raumes geliefert; sofern dimensionale Relationen betroffen sind, werden unmittelbar adverbiale Lexeme generalisiert, wenn es sich um die topalogischen Relationen handelt, die entsprechenden präpositionalen Anschlüsse. Wie aber schon mehrfach zu bemerken war, abstrahiert die Wortbildung bei der Inkorporation gerade von den Elementen, welche die syntaktische Verknüpfung anzeigen würden. So ergeben sich aus den Relationen, die sich auch in der Syntax finden, Bausteine eines funktional genutzten Raumes. Zentrales topalogisches Muster ist zweifellos die ein-aus-Unterscheidung, die Interpretationen für eine Vielzahl von Verhältnissen erlaubt: (261) dem Zug, der[...] in Victoria-Station einfährt, sie[...] läßt andere die Zugtür öffnen und aussteigen (Rehmann 1999, S. 7) Der Bahnhof ist in dem Script einer Zugfahrt ein funktional relevanter Innenraum, und so sagt denn der Satz nicht nur, dass der Zug in den Bahnhof fährt, sondern dass er dort seine ,Aufgabe' im Sinne des Scripts erfüllt, er kommt an; ebenso ist der Zugwaggon, wie alle möglichen Verkehrsmittel, wiederum ein funktionaler Innenraum für das Script ,Reise in einem öffentlichen Verkehrsmittel'. Wenn der Zug angekommen ist, steigt man aus, dass man dabei ,steigt', ist heutzutage im Zeitalter des weithin ebenen Heraustretens zweifellos eine Reminiszenz an die Höhen, die man zu früheren Zeiten bei einer Zug- oder auch Wagenfahrt zu erklimmen hatte. 102 Am einfachsten ist dann noch die Variante, dass nicht das Subjekt selbst bewegt wird, 103 sondern ein Objekt: (262) Gummistiefel hätte sie einpacken sollen! (Rehmann 1999, S. 11) [...] hat alle Taschen ausgeräumt (Rehmann 1999, S. 107)104 Schon diese Beispiele zeigen, daß unterschiedliche weitere Szenenbestandteile als Basis des Verbs auftreten können. So können neben den direkten Handlungsverben 102 Das ist so wie die Uhr, die wir immer noch aufziehen, obwohl es da schon lange nichts mehr zu ziehen gibt. 103 Vgl. Eiehinger (1989, S. 273 ff. bzw. S. 288 ff.) 104 Die hier vorliegende Objektsvertauschung ist zumindest häufig; vgl. Eiehinger (1989, S. 292) Wortbildungsarten (ausgraben) zum Beispiel Bildungen auftauchen, bei denen das benutzte Instrument als Basis gewählt (ausschaufeln) oder die Art und Weise der Handlung näher bestimmt wird (auszupfen). Dennoch ist aber klar, dass, wenn man so will, ausgraben hier das archetypische Verb ist, das unmittelbar eine bestimmte Handlung benennt. Erst auf der Basis unseres Wissens um solch ein Schema können die anderen Bildungen sinnvoll rückbezogen werden. Dabei werden dann Untertypen der Handlung durch weitere klassifizierende Verben gekennzeichnet. In unserem Lexikon entfaltet sich so ein Netz von Bildungen, in denen die Möglichkeiten des Ein-aus-Schemas ausgespannt sind. Wir haben das versuchsweise in Eiehinger (1989, S. 286/ 87 bzw. 290 und 304) dargestellt; in leicht vereinfachter Version sieht das so aus: einpacken gehört zu den Verben des Sich-nach-innen-Bewegens, deren Schema auf der folgenden Seite skizziert ist, ebenso wie das entsprechende Nach-außen-Schema, und die entsprechenden Schemata für die Verben der Objektbewegung. Man kann an diesen Beispielen schön sehen, wie hier verschiedene Basen zur Interpretation im Sinne der genannten Scripts genutzt werden. Des weiteren lässt sich beobachten, wie die Idiomatisierung oder Abstraktion bei solchen Verben über aktionale Interpretationen läuft. Auszielt auf das Ende, einauf den Beginn. Das reicht bis zu Bildungen hin, wo fast nur noch diese Bedeutung vorhanden ist, etwa bei dem in den Schemata angedeuteten ,leer'-Typ (austrinken) oder: (263} [... ]daß das Wasser einzusickern begann (Brandstetter 1982, S. 118} Nicht nur das begann, das dies nur noch verstärkt, weist darauf hin, dass es um den Moment geht, wo das Wasser durch die Wand kommt. Ist nun die genannte Relation, die den sprachlichen Raum vollständig in zwei Bereiche unterteilt, deren Grenzen bei unseren Verben durch funktionale Differenzen gezogen werden, der Paradefall der topologischen Relation, so ist die Relation, die durch die Partikeln auf- und abgekennzeichnet ist, der typische Fall für Bildungen mit sowohl topologischer wie dimensionaler Basis. Wo diese Entscheidung besteht, lässt sich die dimensionale Relationierung adverbial (nach oben, nach unten), die typologische präpositional (auf etwas; ab von etwas) umschreiben. Hier gibt es also beide Optionen, und nicht immer sind sie ganz scharf voneinander zu trennen. So auch in dem folgenden Beispiel: (264} "Warum? " fragte das Leben und stieg ab. [... ]Damit machte es sich an sein Fahrrad, um wieder aufzusteigen. (Mann 1986, S. 209} (265) ein- DRING dringen SICH BEWEG / ubj.: -hu~ ~/ ub~> Flüssiges plötzlich intensiv geheim I mit unrecht- Gewalt mäßig fließ münd fall sink sfühl kusche/ schleich I bre~h I geh flieg flut tauch nist steh/ ste1g lauf lauf ström (266) ein- HINEINBEWEG BETRET betreten <natürlich> geh marsehier rück komm steig find passier wander zieh RÄUMEND ~inr~men~ / / FÖRD~~- Objekt Modall Modalll Modallll fädel bau lad montier pack gieß schwemm wickel Modall Modalll Modallll lnstr Loc führ liefer treib weis sperr schließ deich boot klammer dock rniet schiff schirr sch/ euß <maschinell> fahr fahr flieg reit park scher : : l " 0 -o 0 -.., PJ ~. 0 : : l ... 0\ ...., (267) aus SICH BEWEG ---- DRING ~dringen-------------- <Subj.: -anim> <Subj.: + nim> ----- I Flüssiges plötzlich aus dem Ei heimlichjmit Gewalt fließ dampf ufer fall brech kriech büx rück steig lauf bröckel schlüpf brech ström tret ---------- >-KOMM ~kommen--------- ~lieh> <maschinell> geh fahr I geh flieg marsehier steig find fahr scher lauf rück wander flieg zieh reit ... E ~ ; : : + 2': CL s: : : l (lQ Vl "' ; : : + (I) : : : : ! Inkorporation Herunter und von dem Fahrrad weg bewegt sich das von Thomas Mann personifizierte Leben, beziehungsweise dann wieder nach oben und auf das Fahrrad. Dieser Beleg zeigt nebenher die typische Generalisierung, die in dieser pauschalierten Bewegungsschilderung liegt. Auf zeigt als Präposition wie als Verbpartikel an, dass der dadurch erzeugt Kontakt dazu führt, dass das jeweils Bewegte in den dazugehörigen funktionalen Zusammenhang kommt. 105 Bei ab verliert es dann diesen Zusammenhang. Und auch hier wird der Einstieg in die Handlung ganz entschieden hervorgehoben, vielleicht noch deutlicher bei Fällen, wo die Bewegung insgesamt mehr Dynamik hat als in dem Fall des Mann-Zitats: aufspringen, 106 sich abducken. Wir wollen darauf verzichten, auch noch die weitere Ausgestaltung und semantisierende Nutzung von Bewegungen im Raum zu schildern. Statt dessen sei darauf verwiesen, dass mittels der Andeutung der entsprechenden präpositionalen Bindung auch nicht-lokale Relationen wortbildungsmäßig nutzbar gemacht werden können, so nicht zuletzt das in vielfältiger Weise Begleitendes signalisierende mit. (268) Verb des Vaters: er "denkt mit" (Handke 1998, S. 71) Verb für das abwesende Geliebte: es "wirkt mit" (Handke 1998, S. 67) Das vielfältig verwendbare mit zeigt uns, dass das etwas statische Bild sprachlicher Kommunikation, in dem ein Ich mit einem Du über ein Es spricht, wobei gegebenenfalls eine Handlung zustandekommt, ganz entscheidend dadurch zu modifizieren ist, dass Beteiligtheit oder Gemeinsamkeit ein wesentlicher Bestandteil von Aktionen ist. Diese Beispiele mögen genügen, um zu zeigen, dass und wie diese Bildungen aus der Integration von auch syntaktisch realisierten Relationen leben. Allerdings wird die Relation im Muster angesprochen, ohne dass das entsprechende Mittel konkret gefüllt würde. Die generalisierende Wirkung der jeweils angesprochenen Relation wird im Sinne der Funktionalisierung der geschilderten Handlung in einem Handlungszusammenhang genutzt. D.h. nochmals verdeutlichend, die Bedeutung von mitmachen hat zwar mit der Bedeutung der syntaktischen Fügung mit jemandem etwas machen zu tun, ist aber darin nicht aufgehoben, sondern bezeichnet eine Handlung dieses Typs mit transzendentem Sinn, ja eigentlich diesen transzendenten Sinn: ,kooperieren' . 107 . DOPPELPARTIKEL"' Neben dieser Technik lexikalischer Inkorporation, bei der V~Ö~N ············ ·········· Handlungs-, Vorgangs- und Zustandsnamen vergeben werden, gibt es bei den Verben aber auch noch eine Konstruktion, die viel näher an der Zusammenrückung syntaktischer Nachbarn steht. Es handelt sich dabei um jene Bildungen, die man gerne Doppelpartikelverben nennt. 105 Vgl. das Bild des Auf-der-Hand-Liegens als Bedeutungsbeschreibung für aufbei Weinrich (1993), die es übrigens erlaubt, auch die ansonsten etwas schwerer zu erklärende ,offen'-Varinte von auf sinnvoll zu integrieren: aufschließen. 106 Von daher lässt sich auch die Entwicklung von abstrakteren Varianten vom Typ die aufbegehrende Studentin (Rehmann 1999, S. 42) gut erklären. 107 Vgl. dazu auch das Beispiel zu Mitgehen oben, wo das Miteineander auch mehr ist als ein Nebeneinander. 166 Wortbildungsarten (269) blickte[...] hinab in eine grundlose[...] Tiefe (Ransmayr 1991, S. 232) und durch dünne Risse blinzelte der Tag herein (Hacks 1987, S. 114) Sieh an, er hat sie herausgetrieben (Hacks 1987, S. 117) weil in Wahrheit nur jeder seine eigene Wohnstube hinausträgt unter Mißachtung der Öffentlichkeit (Strauß 1997, S. 104). Hier ist zweifellos die Grenze zwischen syntaktischer Fügung und univerbiertem Namen für ein Prädikat besonders schmal. Auf jeden Fall handelt es sich bei den Doppelpartikeln, die in diesen Sätzen auftauchen, nicht um Lexeme, die generalisiert auf adverbiale Relationen Bezug nähmen, sondern um Deiktika, die uns durch räumliche Konstellationen der Textwelt führen, und den Ego-Standpunkt des Sprechers dabei ,mitlaufen' lassen. Unterschiedlich bei den obigen Verwendungen ist, inwieweit die Prädikate ohne die Doppelpartikel die Direktionalität auch schon ausdrükken könnten, klar ist, dass in den ersten beiden Fällen die Information durch die Partikeln als redundanter erscheint als in den letzten beiden Beispielen, wo sie anaphorisch verweisend das Valenzmuster um ein notwendiges Element auffüllen. Wenn man die jeweiligen Textumgehungen heranzieht, so bezieht sich der Beleg mit heraustreiben auf die Schilderung einer Szene, wo ein Verfolgter aus einer Höhle getrieben wird, und darauf wird konkret Bezug genommen. Das Verb, im Text zusammengeschrieben, fasst die Szene mit der Stellung aller Beteiligten nochmals zusammen, spricht vom Abschluss eines ,Herausbringens' und strukturiert so die Abgeschlossenheit des Vorgangs, ohne der syntaktischen Bedeutung ansonsten etwas hinzuzufügen. Bei dem Beleg mit Hinaustragen ist es im Prinzip ähnlich, die Univerbierung geht nur insofern einen Schritt weiter, als es im Kontext um eine kulturkritische Anmerkung zu den Leuten geht, die mit ihrem informellsten Hausgewand in der Öffentlichkeit auftreten 108 , die nach Meinung des Autors zu Unrecht nicht wissen, was für das Drinnen und was für das Draußen gehört, und dies daher vermischen. In die ,Öffentlichkeit', hinaus ins feindliche Leben, ist ein prototypisches Außen, das daher, trotz syntaktischer Unauffälligkeit, bereits einen Hauch lexikalischer wirkt. Bei den anderen beiden Belegen ist offenkundig, dass die Hinzufügung der Partikel stilistisch motiviert ist; bei hereinblinzeln nimmt die Stützung durch das normale Muster mit hinein der Verwendung des direktionalen Blinzeins etwas von seiner ,neckischen' Metaphorizität, bei hinabblicken wird mit hohem Pathos eine Szene geschildert, wo einer auf dem Rücken liegenden Person der sich über ihr wölbende Nachthimmel in Verkehrung der Perspektive so erscheint, als blicke sie in ihn nicht hinunter, sondern hinab. Auch hier wird die Szene strukturierend nachgefahren: ein Hinabblicken ist es, und die Gehobenheitsmarkierung des hinab gegen hinunter passt auch zur stilistischen Umgebung ("grundlose Tiefen"). Auch hier wird also nicht nur geschildert, wie irgendwer irgendwohin hinunterblickt, sondern eine Szene ,Blick in die Tiefe' vor Augen gestellt. Ob man diese Erscheinungen auf der syntaktischen oder lexikalischen Seite der Methodenscheide beschreiben sollte, ist daher zweifellos auch nicht eindeutig geklärt. Und es scheint in diesen Fällen, wie oben auch schon angedeutet, in die Hand des Schreibers gegeben zu sein, wie er das gesehen haben will. Zweifellos gibt 108 Bezugspunkt ist u.a. die oben zitierte Stelle. Konversion es dann aber Bildungen und Fälle, die grundsätzlich weiter ins Lexikon ausgreifen, etwa mit den Partikeln hinweg- und hervor-: (270) ein Sturm aus Steinen, der innerhalb von Sekunden über Trachila hinweggerastwar (Ransmayr 1991, S. 236) einen Eichenheiligen aus der Eiche hervortreten zu sehen (Strauß 1997, S. 43) Die beiden genannten Typen von Wortbildung sind typische auf den Strukturen der Satzklammer aufsitzende Konstruktionen, wobei die Doppelpartikelverben mit ihrem syntaktischen Typ von Inkorporation bruchlos in die syntaktischen Konstruktionen übergehen. Mit den Partikelverben haben wir dagegen den neben der Konversionzentralen Wortbildungstyp des deutschen Verbs vor uns 109, bei dem die beiden Teile in ganz eigener Weise zur Konstitution von Wortbildungstypen beitragen, indem nämlich durch die Partikel ein genereller Typ, bzw. eine geringe Zahl genereller Typen aufgerufen werden, und die Basis ein Element enthält, das über die Indizierung des gemeinten Schemas über das genaue Wortbildungsmuster Auskunft gibt. Im einfachsten und häufigsten Fall ist das das Verb, von dem aus dann die Partikel unmittelbar als generalisierte adverbiale Modifikation gelesen werden kann. Ihr Charakter wird durch ein adverbiales oder präpositionales Lexem angedeutet. Der Aufruf des semantischen Schemas kann aber auch von anderen wichtigen Szeneelementen aufgerufen werden. 3·4 Konversion 3·4·1 Allgemeines Die Konversion, darauf haben wir oben schon hingewiesen, spielt großenteils als Substantivierung und als Verbalisierung eine Rolle. Je nachdem, wie man die Verwendung der Nominalformen des Verbs beurteilt, variiert ihr Anteil bei der Bildung von Adjektiven und Substantiven. Auch beim Verb ist der Umfang, den die Konversion ausmacht stark modellabhängig. Wie kommt das? Bei der Konversion geht es auf jeden Fall um Wortartwechsel, der nicht durch Affixe geleistet wird, sondern durch die Integration in das flexivische Paradigma der Zielwortart. Je nachdem, ob diese Möglichkeit in den Lexemen der Ausgangswortart als sekundäre Verwendung bereits angelegt ist oder ob eine ad-hoc-Umwandlung erfolgt, sprechen wir von Umkategorisierung und von Konversion im engeren Sinne. Klar ist auch, dass beide Umsetzungsprozesse in gewissem Umfang von den Kategorisierungen der Ausgangswortart Nutzen ziehen. Nicht wie bei der derivativen Transposition, wo z.B. ein verbales Lexem ohne weitere Orientierung in den Substantivraum geholt und dann durch das Suffix einer semantischen Kategorie zugeordnet wird. Die Einheiten der Konversion sind im Falle der Umkategorisierung mit kategorialen Merkmalen der Ausgangswortarten versehen, im Falle der eigentlichen Konversion werden zeichenhafte Folgen als eine Art Zitatform isoliert. 109 Vgl. dazu Weinrichs Terminus der "Konstitution" (s. Weinrich 1993, S. 1032 ff.). 168 Wortbildungsarten 3·4·2 Zum Substantiv Substantivierung gilt als der Kernfall der Konversion. Das kommt daher, dass das Substantiv als relational am wenigsten eingebundene Wortart, bei der zudem ein Großteil der Flexion auf ein getrenntes Element, den Artikel, übergegangen ist, die wenigsten Ansprüche an die Elemente stellt, die substantiviert werden sollen. Zum anderen gibt es sowohl vom Adjektiv wie vom Verb her systematisch im Paradigma dieser Wortarten angelegte Übergänge. 110 EIGENTltC: ttE KONVERSION Die folgenden Beispiele zeigen, dass man fast beliebige Elemente auf diese Weise substantivieren kann. Davon lebt ja unter anderem die Kurzwortbildung, zu der man auch die Bildungen unter c) rechnen könnte, Lexeme verschiedener Wortarten wie in a) und b). An den deadverbialen Fällen in a) sieht man, dass sich auch hier fast idiomatisierte Formen herausgebildet haben. (271) a) daß es kein Zurück mehr gibt doch nur fürs Ein und Aus der Fliegen in seinem absoluten Hier und Heute besteht jeder Tag aus mehr Gestern als Heute b) breitete der Raps ein provenzalisches Gelb über das Land c) mit 35° im Schatten imTV d) Man sieht eine Frau, einen Mann, und am Ende wird ihr Gegenüber allein durch eine Bemerkung von Leopardi gerechtfertigt (Strauß 1997, S. 9, 19, 19, 30, 12, 38, 21, 75) MQRPHOLOCISC: HE Die andere Seite des Wortartwechsels liegt in der Nutzung der MÖGLICHKEITEN morphologisch angelegten Möglichkeit zur Umkategorisierung adjektivischer und verbaler Lexeme, wobei das im letzten Fall über den Weg des Partizips geht. Dabei wird in der Weise, wie man das auch an den folgenden Beispielen sieht, die Möglichkeit zur Genusdifferenzierung genutzt, die beim Adjektiv angelegt ist. An den Belegen in (272) kann man auch sehen, dass hier neben Eigenschaftswörtern auch bestimmte klassifizierende Elemente so verwendet werden können. (272) Die Haut einer Vierzigjährigen du wirst die Eine vor dir sehen des Guten zu viel das Schöne dem Häßlichen, das Gesunde dem Verdorbenen vorzuziehen (Strauß 1997,S.40,59, 15, 15) 110 Vogel (1996, S. 129 ff) erläutert den Zusammenhang mit anderen Formen der Nominalisierung, sie weist darauf hin, welch entscheidenden Schritt die Umstellung auf eine nominal-attributive Abhängigkeitskodierung darstellt (s. dazu auch Fabricius-Hansen 1993; Eiehinger 1995), und in welcher Weise die umkategorisierenden Formen hier an der Kippe stehen. Konversion (273) der tags Gezeugte Etwas Stehendes, wenn nicht gar Herumstehendes hat die Luft (Strauß 1997, S. 9, 53) Wir haben auch oben schon ausgeführt, dass sich der Infinitiv als die nominale Nennform des verbalen Lexems zur Substantivierung eignet, dass aber auch hier mit der Setzung des Artikels ein entscheidender Schritt in einem Kontinuum gemacht wird. (274) So befangen vom Staunen, verlernt der Geist sein Deuten (Strauß 1997, S. 12) Unter dem Einfluss des Englischen ergeben sich hier Optionen, in denen bei der Nominalisierung an entsprechende Gerundformen angelehnte Formen benutzt werden. (275) das heißt laufen und das heißt joggen (jetzt 1999, H. 41, S. 9) Jogging; vgl. snowboarden- Snowboarding in Beleg (279) Letztlich lassen sich fast beliebige Einheiten als Zitatformen substantivieren: (276) in irgendeiner "nächsten Sekunde" Denn hier ist das "Zurück zu" die Wesensform (Strauß 1997, S. 49, 25) 3·4·3 Zum Adjektiv Das Adjektiv hat primär an der referierenden Funktion der Nominalgruppe teil, zumindest im Deutschen ist die bei echten Eigenschaftswörtern mögliche Teilnahme an der prädizierenden Funktion in Adjektivprädikaten merkmalhaft kodiert. Zudem zeigt das Adjektiv, wenn man es einzelsprachlich auch morphologisch bestimmt, seine flexivischen Merkmale und Besonderheiten- Wechsel sogenannter schwacher und starker Formenausschließlich in der attributiven Verwendung. Diese Eigenheit ist ja der Grund dafür, warum im Gegensatz zum Beispiel schon im Englischen kein stützendes Element gebraucht wird (the beautiful onesdie Schönen), um die substantivische Verwendung zu kennzeichnen. Wir haben oben bereits genauer ausgeführt, wie hier die durch die Nominalklammer geschaffenen Räume von Kongruenz und von Rektion gesteuerter Räume für die eindeutige Identifikation genutzt werden. bESlJBST~NTIVISCH Andererseits besteht nun, wenn die Teilhabe am referentiel- .. ~' 'L' · len Teil, syntaktisch an der Setzung, das Ziel ist, zweifellos wenig Bedarf, Substantive in Adjektive umzuwandeln. Hier gibt es in der Attributsyntax, in der Komposition und vor allem in der Derivation genügend Möglichkeiten.111 Die hier genutzten Möglichkeiten sind marginal (klasse, pleite), meist wird die attributive Verwendung auf diese Art und Weise nicht ermöglicht. Dass Attribution das ist, was Adjektivierung eigentlich anstrebt, kann man an einer Reihe von Erscheinungen sehen. So gibt es zumindest umgangssprachlich Versuche, einer weitergehenden Integration (ein rosa/ rosanes Kleid), manchmal auch in geschriebenen Texten: 111 Und so werden denn die oben genannten Wörter auf diesem Weg (klasse, spitze, scheiße) im referentiellen Falle links vom Nomen auch eher als erste Kompositionsglieder, bzw fast steigernde ,Halbaffixe' integriert. 170 Wortbildungsarten (277} [...] daß er ein derartiges Dahocken zeitweise als Tätigsein erlebte, ein vielleicht auch zu etwas nutzes (Handke 1997, S. 178} Man sieht aber schon, dass wir hier bei dem Versuch sind, Elemente aus dem prädikativen Bereich referentiell greifbar zu machen. Weitere Möglichkeiten der Umsetzung aus dem prädizierenden Bereich betreffen dann bestimmte adkopulaartige Partikeln mit weniger formalem Gehalt, die in gewissem Umfang Attribuierbarkeit und womöglich Flexion annehmen (die Tür ist zu- ? die zue Tür). DEVERBAl Die Partizipien aber sind die grammatikalisierten Anworten verbaler Lexeme auf diese Herausforderung; diese Umkategorisierung ist problemlos. (278} es bleibt über Wasser wie beim schwimmenden Hund zwei sondierende Geschöpfe um die verschmutzten Gewässer des Herzens mit Sauerstoff allmählich zu erfrischen (Strauß 1997, S. 10, 10, 11} die mit schweren Stahlbändern armierte Tür (Ransmayr 1991, S. 85} Dabei werden die Partizipien I und II genutzt, um einem Aktivbzw. einem Passivsubjekt eine Prädikation als eine Eigenschaft unterschiedlicher Dauer zuzuordnen. Hier verläuft zweifellos eine kritische Grenze, was syntaktische Umsetzung und lexematische Isolierung angeht. Die Unterscheidung spielt auch in den vorliegenden Beispielen schon eine Rolle. So ist der schwimmende Hund, einer, wenn er schwimmt, die sondierenden Geschöpfe haben, wie der weitere Kontext ausweist, das Sondieren als eine kontinuierliche Eigenschaft. Bei den Partizipien II ist die Sache etwas anders, komplizierter. Auch bei armiert geht es um einen Zustand der Tür, er wird hier im Gegensatz zu der Attribuierung in verschmutzt nur beschrieben, während verschmutzt wesentlich eigenschaftsartiger im Sinn von ,schmutzig' ist, was sich nicht zuletzt in der Abkopplung von den verbalen syntaktischen Bindungen zeigt. 3·4·4 Zum Verb Verbalisierung heißt Zeitinstabilität gewinnen und Abhängigkeiten aktualisieren. Mögliche Zeitinstabilität signalisiert man durch das verbale Flexionsinventar. 112 Die einfachste Möglichkeit liegt in der Integration in den Typus des Kopula-Prädikats, dessen Prototyp vielleicht das Adjektivprädikat darstellt. Allerdings bringt das wenig im Hinblick auf das Auftreten als ein Verb. Auch wenn es das Deutsche hier schwerer hat, da die verbale Flexion wesentlich stärker an und im Stamm stattfindet als die beim Nomen- und zum Beispiel als beim Verb im Englischenfinden sich ganz viele Verben, die einfach das mit verbaler Flexion versehene Substantiv darstellen. 112 Das ist natürlich eine einzelsprachliche Lösung, schon das Lateinische oder das Russische handhaben das bekanntlich anders. Konversion MORPHOLOGISCHE · .. VERBAlJSIERUNC 171 Vor allem Typen, die über die beschränkten Möglichkeiten der Kopula nicht in den Griff zu bekommen sind, werden so realisiert. Dabei ragen besonders diejenigen heraus, die einen Vergleich mit der Basis (hamstern), ein Tun mit Hilfe des in der Basis Genannten (angeln), ein Handeln in der Rolle, die in der Basis genannt ist (schreinern), oder ein entsprechendes Objekt nennen (zahnen, erden). Dieses einfache Muster erlaubt es auch, hier nichtindigenes Wortgut zumindest morphologisch minimal zu adaptieren. Die folgenden Zitate sollen auch den soziokulturellen Wert solcher Verwendungen noch einmal beleuchten. (279) Im Feng Shui optimierten Ambiente soll Mensch hier rausholen was geht: Leute treffen, plaudern, an der Bar relaxen, snacken [...] und natürlich im Netz surfen. (Lokal-Werbung, März 2000) Snowhaarden in den Dolomiten? Inlineskaten an der Uferpromenade? (Lufthansa- Anzeige, jetzt 1999, H. 41, S. 11) Wann und wo auch immer du es machst. Snowboarding, Biking, chillen oder eben auf dem Klo. (motorola-Anzeige, jetzt 2000, H. 07, S. 3) Der Spezifik der verbalen Flexion einerseits, und andererseits den vielfältigen Möglichkeiten, sie durch Ausweichen in analytische Formen zu vermeiden, ist es geschuldet, dass diese Umsetzung problemlos funktioniert, auch wenn oft nur schwer vorstellbar ist, wie ein ganzes Paradigma für bestimmte Verben aussähe. Diesen Rekurs auf die infiniten Formen kennt man von den sogenannten verbalen Pseudokomposita (notlanden, ehebrechen) schon, die ja eigentlich auch Konversionsprodukte sind. Die Beschreibung dieser Bildungen als Konversion ist leicht möglich und eine Konsequenz der Entscheidung, eine regelmäßige Möglichkeit zum Wechsel zwischen den Hauptwortarten vorzusehen, ohne auf eine Wortartfestlegung überhaupt zu verzichten. Der Infinitiv als Nominalform des Verbs trägt diesen Wechsel in sich, er braucht daher auch eigene Finitheitsmarker (Hilfsverb; Kopula), um überhaupt verbal realisiert werden zu können. , deadj~ivisch Etwas problematischer ist das Verhältnis bei Bildungen mit einer adjektivischen Basis, das lässt sich schon an ihrer relativen Seltenheit sehen, und auch daran, dass sie häufig stilistisch markiert sind. Häufig stehen daneben stilistisch normale Bildungen mit Präfixen oder Circumfixen. Von der zuständlichen Bildung gibt es dann logischerweise zwei Typen, nämlich zum ersten eine Gruppe, bei der das allmähliche Erreichen eines Zustandes ausgedrückt wird, und zum zweiten eine, bei der das Bewirken solch eines Zustandes signalisiert wird. Das Nebeneinander zeigt sich gelegentlich in einem Paar von Rezessivum und Causativum wie trocknen. Hier kann die Wäsche trocknen, oder man kann das Geschirr trocknen. Reine Zustandsverben (bangen, kranken, lahmen) sind dagegen seltener. Eine weitere Nische bilden Verben, bei denen eine eigentlich adverbiale Modifikation zugrundeliegt (nahen, schrillen, tschilpen): 172 Wortbildungsarten 3·5 Kurzwortbildung (280) MfG ARD, ZDF, C&A BRD, DDR und USA BSE, HIV und DRK GbR, GmbH ihr könnt mich mal THX, VHS und FSK RAF, LSD und FKK DVU, AKW und KKK RHP, USW, LMAA PLZ, UPS und DPD BMX, BPM und XTC EMI, CBS und BMG ADAC, DLRGojemine. EKZ, RTL und DFB ABS, TÜV und BMW KMH, ICE und Eschede PVC, FCKWis nich OK HNO, EKG und AOK LBS, WKD und IHK UKW, NDW und Hubert K BTM, BKA, hahaha LTU, TNT und IRA NTV, THW und DPA H + M, BSB und FDH SOS, 110tatütata SED, FDJ und KDW FAZ, BWL und FDP EDV, IBM und WWW HSV, VfB, oleole ABC, DAF und OMD TM3, A + 0 und AEG TUI, UVA und UVB THC in OCB is was ich dreh MfG mit freundlichen Grüßen TEXT 12 die Welt liegt uns zu Füßen, denn wir stehen drauf wir gehen drauf für ein Leben voller Schall und Rauch bevor wir fallen, fallen wir lieber auf. (Die fantastischen Vier) SPRECH- MfG statt Mit freundlichen Grüßen: ist das eigentlich schon ein KURZWÖRTER Kurzwort? Es spricht einiges dafür: schon die Orthographie, ohne Abkürzungspunkte, aber auch die funktionale Einbettung in eine fachlich verkürzte Kommunikation etwa als Bezeichnung zur Verwendung der Standardgrußformel in diktierten Briefen. Dieser Kontext sichert die Verständlichkeit. Formal gehört die Bildung zur durchaus häufigen Gruppe der Initialwörter mit Buchstabennamenaussprache. Bei echten Abkürzungen würde ja die Langform gesprochen. Der Wechsel zwischen Majuskeln und Minuskeln in Erinnerung an die Struktur der Langform ist durchaus gängig. Normal ist auch, dass es keinen Bedeutungsunterschied zur Langform gibt. Für einen bestimmten Typ der Kurzwörtern ist es auch kennzeichnend, dass man die Kurzform gerade typischerweise nicht zum seriösen Ausdruck der Sprechhandlung, der die Langform dient, benutzen kann. Man kann unter den Geschäftsbrief eben nicht MfG schreiben, und damit die rituelle Verabschiedung mit der Konnotation neutraler Freundlichkeit aus einem Brief meinen. In gewissem Sinne stammen diese Kurzwörter aus der Werkstattsprache der Insider, die sich daranerkennen und häufig ihre ironische Freude daran haben. Diese Kurzformen eines vertraulichen Einverständnisses sind in dem vorliegenden Text jedoch deutlich in der Minderheit. In gewissem Umfang hierher rechnen könnte man die tabuvermeidende Kurzform LMAA (Leck mich am Arsch), die allerdings sicher funktional keinen Vergleich mit der Langform aushält, aber auch das gesichtsschonende Kürzel FDH (Friss die Hälfte) als Name für die effizienteste Diät. Kurzwortbildung 173 SCHREIB- Die Mehrheit der in diesem Song ironisch zitierten Kurzwörter KURZWÖRTER stammen aus jener unüberschaubaren Vielfalt von Namen und terminologischen Verwendungen, die in unserer Gesellschaft täglich über uns hereinbrechen, der Schall und Rauch unseres Lebens. Dazu gehören die Namen von gesellschaftlichen Institutionen, so die Staatennamen BRD (Bundesrepublik Deutschland) und DDR (Deutsche Demokratische Republik), die nicht zuletzt als Beleg dafür dienen können, dass bei Interesse der jeweiligen Kommunikationsgemeinschaft die Verhältnisse zwischen Langform und Kurzform nicht immer dieselben sein müssen. Die Fremdwie Eigenbenennung DDR war viel häufiger und ,normaler' einerseits als die entsprechende Langform und auch als die Kurzform BRD relativ zu ihrer Langform. Die politischen Verwerfungen dahinter brauchen hier nicht besprochen zu werden, vielleicht ganz interessant ist, dass sich für die Bundesrepublik Deutschland eher die Kurzform (,Kopfform') Bundesrepublik eingebürgert hatte, deren Usualität es nicht geraten erscheinen lässt, diese Verwendung nur als deiktisch probate Ellipse zu deuten. In derselben Zeile unseres Textes wären auch noch die USA genannt, eine Form, die auch auf einen kritischen Punkt der Kurzformbeschreibung hinweist. Wir haben ja etwa bei der Derivation schon gesehen, dass die Grenze zwischen indigenen und exogenen Bildungsmitteln häufig keine große Relevanz hat. Ob eine Bildung wie USA in einer Beschreibung des Deutschen als Kurzwort zu rechnen ist, ist nicht leicht zu sagen: objektiv ist es natürlich im Englischen ein Kurzwort und viele der Sprecher, die wir für solche Fragen in dieser Arbeit als typisch gesetzt haben, haben ein Bewusstsein davon in ihrer zweisprachigen Kompetenz; dennoch beantwortet das diese Frage nicht endgültig. Ein analoges Problem stellt sich bei einer Reihe weiterer gängiger Bildungen, die das Deutsche oft im Unterschied zu den romanischen Nachbarn, die der eigenen Struktur gemäß verändernin den dem Englischen entsprechenden Kurzform übernimmt; aktuelles Beispiel sind vielleicht HIV und BSE, dessen Langform in der Kommunikation praktisch nicht existiert, wo aber zumindest im zweiten Fall wegen mangelnder Verträglichkeit mit der eigenen sprachlichen Struktur diese Bildung im Französischen gemieden wird, so dass hier bis auf höhere kommunikative Ebene die lockere Entsprechung zu Rinderwahnsinn oder mad cow disease, nämlich vache falle, gewählt wird. ~KURZWORT.U.N.D .. In auffälliger Weise spielt unser Text auch damit, dass wir uns KONTEXT zum Verständnis und zum Gebrauch von Kurzwörtern häufig, ja zumeist in kohärenten Kontexten bewegen, die das Verständnis sichern helfen. Das gilt zum Beispiel für die ,Krankheitszeilen' BSE, HIV und DRK (Deutsches Rotes Kreuz), HNO (Hals-Nasen-Ohren), EKG (Elektrokardiogramm) und AOK (Allgemeine Ortskrankenkasse), die ,Postzeile' PLZ (Postleitzahl), UPS (United Parcel Service) und DPD (Deutscher Paketdienst). Das gilt mehr noch für die trickreich-ironischen Fälle wie die ,Tourismuszeile' TUI, UVA und UVB, wo der Reiseveranstalter ,Touristik Union International' mit möglicherweise kritischen Folgen der Sonneneinstrahlung Ultravioletten Strahlen der Typen A und B zusammengebracht wird. Die beiden letzten Kurzwörter sind in ihrer Struktur gar nicht so einfach zu beschreiben. Bemerkenswert auch das aufgerufene Bild in der ,Politikzeile' FAZ, BWL und FDP, wo eine Partei (Freie Demokratische Partei (Deutschlands)) mit ihrer 174 Wortbildungsarten bevorzugten Klientel, den BWLern (Betriebswirtschaftslehre) und deren bevorzugter Lektüre, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zusammengestellt wird. Dabei kann der letzte Fall im Wechsel von Buchstabennamenaussprache [(f,a: 'tset] als neutralem Normalfall und silbischer Aussprache [fats] den Symbolwert der angemessenen Benutzung des Kurzwortes beleuchten. Ein netter Schluss ist die, wenn man so will, Pop-Selbstreferenz in der Zeile UKW, NDW und Hubert K, wo die relativ leicht entschlüsselbare Ultrakurzwelle neben dem Pop-Musiker Hubert Kund der Musikrichtung der Neuen Deutschen Welle steht. VE~WANOTE$ Manch Anderes über Kurzwörter und ihre Umgebung könnten wir .· .. · aus dem Text lernen. Es gibt Elemente, die keine Kurzwörter sind, zum Beispiel usw., zweifellos eine Abkürzung, die nur in Langform realisiert wird. Kein Kurzwort ist auch SOS, das nur eine möglichst effektive Morse-Kodierung in die entsprechenden Buchstaben umsetzt-trotzder gutgemeinten Reanalyse: save our souls -, kein Kurzwort ist 11 0, Kurzform für Notrufinstitutionen, ein merkwürdiges Kurzwort ist ICE mit deutscher Buchstabenaussprache eines in Deutschland geprägten Anglizismus (Inter-City-Express), kein Kurzwort ist das A + 0, die in lateinische Graphie und entsprechende Aussprache umgesetzte griechische Kodierung von Anfang und Ende des Alphabets als des Anfangs und Endes aller Dinge: A und Q. FUNKTION Danach kann und soll nichts mehr kommen: allerdings führen gerade D.ER KO~E die zuletzt genannten Erscheinungen noch einmal vor Augen, dass der semiotische Raum, in dem diese Erscheinungen, einschließlich der Kurzwörter angesiedelt sind, noch nicht hinreichend erfasst ist, und zwar zeichentheoretisch wie praktisch. Man müsste vor der gängigen formalen Subklassifikation zunächst sehen, was man über die semiotische Gemeinsamkeit der in der ,Kürze' gewählten Kodierung sagen kann und dann in drei medial geprägte Gruppen unterscheiden. Daraus ergibt sich Manches für die Beschreibung der Form. In der Trias symbolisches indexikalisches ikonisches Zeichen gehört das Kurzwort den indexikalischen Zeichen an: einer Zeichengruppe, die eigentlich auf etwas hinweist. Man kann dann drei medial unterschiedene Verwendungen der Kurzwörter erkennen. Da sind am einen Ende die Kurzwörter, die als Insider-Merkmale einer lockeren Mündlichkeit geschuldet sind, am anderen Ende befinden sich die reinen Ökonomieprägungen in fachsprachlichen Kontexten, insbesondere der juristischen und der Verwaltungssprache. Sie sind eindeutig auf traditionelle Schriftlichkeit angelegt. Dazwischen steht der dritte Typ, der für die Gemeinsprache am bedeutendsten erscheint. Es ist dies der Schall und Rauch unseres Alltags, wie das oben bezeichnet wurde. Das beginnt damit, dass unser Leben in Politik und Warenwelt von kürzelhaften Sigeln umstellt ist und reicht bis an jene Stelle, wo die Kodierungsweise umkippt, indem etwa die Form der Buchstaben metaphorisch wirksam wird. Dann gehören auch Zahlenkombinationen, eine bestimmte Typographie oder auch Markensignets zum Inventar dieser anderen Art von Signalisierung. Es ist ganz offenkundig, dass hiermit in einem neuen Medienmix, die traditionelle Schriftlichkeit transzendiert wird, ohne dass es sich um die mündliche Lockerheit des ersten Typs handeln würde. 4 Wortartenausbau 4.1 Das Substantiv 4.1.1 Damit man über alles reden kann: Setzung (281) Buntes Spektrum Das Qualitätsprofil hochwertiger Dispersionsfarben unterscheidet sich im gro- TEXT 13 ßen und ganzen nicht allzu viel. Differenziert werden kann hier zwischen den Beschichtungen, die den Spitzenstandard darstellen, nach Dispersionsfarben mit Silikatcharakter und nach Dispersionsfarben, die siloxanverstärkt sind. Alle Anstrichmittel sind wasserverdünnbar, umweltschonend und geruchsarm sowie wetterbeständig nach DIN 4108 und scheuerbeständig nach DIN 53 778. Außerdem sind sie wasserdampfdiffusionsfähig. Das verwendete Bindemittel, eine Kunstharzdispersion nach DIN 55 947, ist alkaliresistent und daher unverseifbar. Der Glanzgrad ist matt nach DIN 53 778. [...]Diese Werkstoffe (z.B. Amphisil) erzielen spannungsarme Beschichtungen, die hoch diffusionsfähig sind: Ihr sd- Wert ist < 0,2 m. Siloxanverstärkte Fassadenfarben zeichnen sich durch ihren mineralischen Charakter und durch eine ebenfalls hohe Wasserdampf-Diffusionsfähigkeit aus. Sie sind hydrophob eingestellt: Die Siloxanverstärkung bewirkt hier einen besonders guten Feuchteschutz bei ausreichendem Kohlendioxid-Durchgang. Deshalb sind solche Farben auch zur Beschichtung kalkreicher Putze der Mörtelgruppe Pli gut geeignet. [... ]Alle Reinacrylatfarben erzielen darüber hinaus auch im Innenbereich besonders wirtschaftliche und lang haltbare Beschichtungen, weil sie gut reinigungsfähig und beständig gegen haushaltsübliche Desinfektions- und Reinigungsmittel sind. Sie haben sich deswegen für strapazierte Wohnbereichez.B. Flure und Treppenhäuserals lange haltbar und damit ökonomisch sinnvoll erwiesen.[...] Einkomponentige Silikatfarben lassen sich unterscheiden nach Dispersions- Silikatfarben und Rein-Silikatfarben. Sie sind jeweils verarbeitungsfertig und besitzen als Bindemittel Kaliwasserglas. Dispersions-Silikatfarben enthalten darüber hinaus organische Stabilisatoren. Häufig wird auch durch Zusatz von Siloxan eine besonders gute wasserabweisende Wirkung erzielt (beispielsweise bei Sylitol). Bei solchen Anstrichmitteln ist ein lange haltbarer Wetterschutz zusätzlich dadurch gegeben, daß sie doppelt verkieseln. Die chemische Reaktion, die als "Verkieselung" bezeichnet wird, geschieht hierbei nicht nur mit dem Untergrund sondern auch im Anstrich selbst, weil dieser Quarzfüllstoffe enthält. Als Untergründe eignen sich nicht nur mineralische Putze, sondern auch feste und ausblühfreie Natursteine, Kalksandstein-Sichtmauerwerk sowie tragfähige Silikatfarben. Dispersions-Silikatfarben können zusätzlich auch auf intakten Dispersionsfarben-Anstrichen eingesetzt werden. Der Wasserdampf-Diffusionswiderstand der Beschichtungen mit Dispersions-Silikatfarben ist< 0,1 m. Wortartenausbau Bei den Reinsilikatfarben ohne Dispersionszusatz wird eine ebenso hohe Wasserdampf- und Kohlendioxid-Durchlässigkeit erzielt. Diese Beschichtungen sind mikroporös und unquellbar. Sie bieten sich insbesondere für die Renovierung historischer Gebäude an und eignen sich für Putze der Mörtelgruppen PI, Pli und PIII. [...] Fassadenfarben, deren Bindemittel eine Siliconharzemulsion ist, eignen sich ebenfalls in besonders hohem Maße für den Einsatz auf denkmalgeschützten Gebäuden sowie kalkreichen Putzen. Auch sie sind hoch wasserdampfdurchlässig mit einem sd- Wert, der< 0,05 m ist. (Der sd- Wert ist stellvertretend für die Dicke einer ruhenden Luftschicht, die Wasserdampf zu durchdringen hätte). Siliconharz-Fassadenfarben wie etwa Amphisilan sind wasserverdünnbar, umweltschonend und geruchsarm. Sie sind in hohem Maße wasserabweisend und wetterbeständig nach VOB. Ferner sind sie nicht filmbildend und mikroporös. [ ... ] Ihr Bindemittel ist eine Kunstharz-Dispersion nach DIN 55 947. Sie besitzen fungizide und algizide Langzeit-Wirkung, sind diffusionsfähig, wasserabweisend nach DIN 4108, wetterbeständig nach VOB, wasserverdünnbar und geruchsarm. Als "Problemlöser für kritische Untergründe" werden wasserfreie, matte Fassadenfarben auf der Bindemittelbasis Polymerisatharz bezeichnet. Sie eignen sich für wetterbeständige Beschichtungen speziell auf Beton und Asbestzement. Es gibt sie auch als Spezialtype mit fungiziden und algiziden Wirkstoffen für die Beschichtung schimmel-, moos- oder algenbefallener, bzw. hiervon gefährdeter Fassadenflächen. Hervorzuheben ist bei diesen Anstrichmitteln die hohe Schutzwirkung gegen den Kohlendioxid-Durchgang. Der sd- Wert für den Kohlendioxid-Durchgang ist< 50 m. Wasserfreie Fassadenfarben trocknen spannungsfrei auf, und sie sind rostunempfindlich beim Lagern und Verarbeiten. (wohnen, Heft 3/ 1995, S. 66-68). Von diesem Text ausgehend soll noch einmal zusammengefasst werden, was die Wortbildung des Substantivs charakterisiert, denn hier sind praktisch alle zentralen Gruppen vertreten, die das Substantiv kennt. Wir wollen die Wortbildungslehre als einen Bereich der Linguistik verstehen, der eine eigenständige Stellung in einem Grenzraum zwischen Flexionsrnorphologie, Syntax und Lexikon hat. So betrachtet gliedern sich die Wortbildungsarten in die zentral die Wortbildung prägenden Techniken der Kornposition und der Derivation und in Techniken, die jeweils in Richtung der genannten Bereiche weisen. So führt der Weg von der Derivation aus in Richtung Morphologie zur Konversion als einer Technik des Wortartwechsels, die über die Grenzen der Flexionsmorphologie greift und auf die grundsätzlich angelegten Wege zwischen den Hauptwortarten weist. Andererseits führt von der Komposition über die inkorporierenden Techniken der Rektionskomposita und Zusammenbildungen ein Weg hin zur Nutzung syntaktisch explizit formulierter Relationen. Die Zusammenbildung stellt darüber hinaus noch den Versuch dar, die prototypischen Funktionen der Kornposition (klassen- und wortartin- Das Substantiv 177 terne Modifikation) und der Derivation, (klassen- und wortartändernde Transposition) zu vereinen. 113 Substantive, so lehrt uns dieser Text, sind Wörter, die es uns erlauben, Inhalte relativ selbständig hinzustellen, zu "setzen", um über sie etwas zu sagen. Wenn Harald Weinrich (1993, S. 917) feststellt, dass über die Hälfte der Substantive des Deutschen komplexe Wörter seien, so zeigt dieser Text besonders deutlich, woher das kommt. Fachliche Differenzierung und textuelle Verbindungsnotwendigkeiten erhöhen die Quote der durchsichtigen komplexen Substantive ganz erheblich; es handelt sich um die Gruppe folgender Wörter: (282) Anstrich, Anstrichmittel, Asbestzement, Beschichtungen, Bindemittel, Bindemittelbasis, Desinfektions- und Reinigungsmittel, Dicke, DIN, Dispersions-Silikatfarben, Dispersionsfarben, Dispersionsfarben-Anstriche, Dispersionszusatz, Einsatz, Fassadenfarben, Fassadenflächen, Feuchteschutz, Gebäude, Glanzgrad, Innenbereich, Kaliwasserglas, Kalksandstein-Sichtmauerwerk, Kohlendioxid-Durchgang, Kunstharz-Dispersion, Lagern, Langzeit-Wirkung, Luftschicht, Mörtelgruppe, Natursteine, Polymerisatharz, Problemlöser, Qualitätsprofil, Quarzfüllstoffe, Rein-Silikatfarben, Reinacrylatfarben, Renovierung, Schutzwirkung, sd- Wert, Siliconharz-Fassadenfarben, Siliconharzemulsion, Siliconharzfarben, Silikatcharakter, Silikatfarben, Siloxanverstärkung, Spezialtype, Spitzenstandard, Stabilisatoren, Treppenhäuser, Untergrund, Verarbeiten, Verkieselung, Wasserdampf, Wasserdampf und Kohlendioxid-Durchlässigkeit, Wasserdampf- Diffusionswiderstand, Wasserdampf- Diffusionsfähigkeit, Werkstoffe, Wetterschutz, Wirkstoffe, Wirkung, Wohnbereich, Zusatz. . KOM,I'QSlT.QN Auffällig ist die der fachlichen Durchsichtigkeit geschuldete Häufigkeit an Komposita wobei es sich hier ausnahmslos um Determinativkomposita handelt. Ihre denotative Funktion der Subklassenbildung, wobei sie Oberklasse und Typ der Subklassifikation anzeigen, lässt sich gut bei jenen Substantiven sehen, die das sachliche Objekt dieses Artikels, bestimmte Farben, umkreisen. Dabei erlaubt es die Komplexität der Benennungen, die jeweilige Genauigkeit und Zielrichtung an dem Platz in dem aufgerufenen Schema auszurichten. Das Schema ist ja offenkundig, dass Farben, die nach ihrem chemischen Aufbau charakterisiert werden, als Mittel betrachtet werden, um auf verschiedene Untergründe und 113 Die deutsche Wortbildung wird also eindeutig geprägt von dem, was die gängigen Übersichtsbeschreibungen "Wortbildungskonstruktionen mit UK-Struktur" (Fleischer/ Barz 1995) bzw. "Wortbildung als Ausdruckserweiterung" (Duden 1998) nennen. Die "Wortbildung als Umsetzung" -die Konversion steht am Rande der eigentlichen Wortbildung zur Flexionsmorphologie, die formal ähnliche "implizite Ableitung" stellt einen historischen Sonderfall dar, der ja lediglich durchsichtige, aber nicht mehr produktive Bildungen liefert. Die "Ausdruckskürzung", d.h. die Kurzwortbildung stellt einen nur beim Substantiv vorkommenden anderen semiotischen Typ dar, dessen Prinzip man im Unterschied zur symbolischen Motiviertheit der anderen Bildungen indexikalische Motiviertheit nennen könnte. Spielerische Formen wie die "mots valises" der Kontamination zeugen von der prägenden und Wiedererkennungswirkung der ausdruckserweiternden Typen. Etwas mehr Interesse verdiente eigentlich ein Bildungstyp wie die sogenannten "Pseudokomposita", der darauf hinweist, dass es unterschiedliche Annäherungen an den Charakter einer bestimmten Wortart gibt, was offenbar nominale Formen des Verbs leichter handhabbar macht als finite. Wir werden beim Verb noch kurz auf diesen Punkt zurückkommen. Wortartenausbau verschiedene Gebäudeteile Anstriche aufzubringen, den jeweiligen Untergrund zu beschichten, so dass sich unterschiedliche Beschichtungen ergeben. Dabei wird zudem auf jeweils einschlägige Qualitätsmerkmale abgehoben. Die Einbettung in die abstrakteren Schemata sieht man daran, dass die Farben als Anstrichmittel, ja noch eine Stufe abstrakter als Werkstoffe in die vorliegende Diskurswelt eingeführt werden. Aber auch auf den tieferen Stufen wird die konkrete Beschreibung der Farben immer wieder abstrakt zurückgebunden. So wird etwa die Untergliederung aufgebaut: (283) Farben [Fassadenfarben] / ~ Silikatfarben Siliconharzfarben I ~ ~ Dispersions-Silikatfarben Rein-Silikatfarben [Siliconharz-Fassadenfarben] I [Rein-Silikatfarben ohne Dispersionszusatz] Dabei werden die genannten spezifischen Bestandteile (Silikat-; Siliconharz) als Bindemittel funktional benannt, welche die Farbe tragen (auf Bindemittelbasis); auch diese Bindemittel können konkret spezifiziert werden (Kaliwasserglas; Siliconharzemulsion, einmal noch in anderer Richtung spezifiziert als Kunstharz-Dispersion, mit der chemisch konkreten Subklassifikation Polymerisatharz). Andrerseits besteht offenbar der Bedarf, die Art der Untergründe und Putze die Plurale instruieren uns weiter über die Fachlichkeit dieser vergleichsweise alltäglichen Wörtergenauer zu benennen: allgemein geht es wie gesagt um Fassadenfarben, um Mörtelgruppenmit der impliziten Annahme, dass in unserer Hausbaukultur Putze die Normaloberflächen sind, so dass andererseits Steinoberflächen als Alternativen in der nötigen Genauigkeit spezifiziert werden (Natursteine; Kalksandstein-Sichtmauerwerk): (284) < Fa.'"d'n~ / -Anstrich +Anstrich +Putze -Putze I I Mörtelgruppe PI/ IIIIII Naturstein KS-Sichtmauerwerk Dispersionsf.-Anstriche Haben wir nunmehr von unseren Anstrichmitteln etwas über ihre Klassifikation nach chemischen Eigenheiten und möglichen Untergründen erfahren, so gehört eine weitere große Gruppe den Qualitätsanforderungen und -merkmalen. Nicht umsonst beginnt der Text mit dem Kompositum Qualitätsprofil. Nicht alles wird hier im substantivischen Bereich abgehandelt; über die Mitwirkung der Adjektive wird an Das Substantiv 179 passender Stelle zu reden sein. Auffällig ist hier aber offenbar die Bedeutung des Meßwerts, der terminologisch verkürzt als sd- Wert auftritt: Wasserdampf-Diffusionsfähigkeit ist offenbar ein benennungsbedürftiges Element des Qualitätsprofils, spezifiziert dann auch noch als Wasserdampf- und Kohlendioxid-Durchlässigkeit, wobei auch der Vorgang selbst als Kohlendioxid-Durchgang benannt wird, sein "Gegenwert" als Wasserdampf- Diffusionswiderstand sowie der funktionale Zusammenhang mit dem Feuchteschutz bzw. auch hier noch spezifischer auf die Farbe als Mittel bezogen die Schutzwirkung. Schutz ist ja offenbar eine Hauptfunktion, die dann ebenfalls weiter spezifiziert werden kann: Langzeit-Schutz. So erlauben es uns diese komplexen Wörter, ein Netz von zusammenhängenden Benennungsstufen aufzubauen, die ein kohärentes und nachprüfbares Reden über einen fachlichen Sachverhalt erlauben. Mit seinen sachlichen Ausführungen und den terminologischen Verkürzungen ist der Text in gewissem Umfang auch als Einführung in eine fachliche Redeweise zu lesen. Wir haben bisher gesehen, dass diese Verknüpfung fachlicher Handlungszusammenhänge durch Determinativkomposita unterschiedlicher Komplexität geschieht, wobei eine größere Tiefe unter anderem durch die Setzung der Bindestriche signalisiert wird. Bei der großen Menge von Substantiven, die der Wortschatz des Deutschen enthält, und bei der ohnehin schon in diesen Wortschatzteil eingebauten Stufung der lexikalischen Abstraktion, liegt es nahe, jeweilige Hyponyme durch Angabe einer spezifischen Differenz gegenüber der nächsthöheren Abstraktionsstufe zu signalisieren: manchmal geht das auch kaum anders; so etwa wenn ich die Bäume in die Laubbäume und die Nadelbäume differenziere. Manchmal sieht man aber, dass das Deutsche diese Möglichkeit, die es offenbar in herausragender Weise nutzt, auch zur informationstheoretisch redundanten Verdeutlichung und Systematisierung verwendet, etwa wenn die Eiche auch Eichbaum und die Tanne auch Tannenbaum heißt wobei wir uns im Moment um stilistische Differenzen oder Unterschiede in der Konnotation nicht kümmern wollen. Die Komposition bietet uns Ordnungsmuster an. Diese ermöglichen eine Vorsortierung, wobei, wie im allgemeinen Teil schon angedeutet, Weltwissen, intertextuelles und textuelies Wissen gemeinsam mit unseren Kenntnissen über übliche Bauformen von Komposita uns helfen, diese neuen Wörter so genau zu verstehen, wie das im jeweiligen Kontext erforderlich ist. Das heißt auch, dass es beim Verstehen von Komposita im unkritischeren Normalfall um das Erkennen sprachlich vorformulierter Schemata geht. Die mögliche syntaktische Expansion steht dem als Verwendungsalternative nur dann recht nahe, wenn der Relator, also das Verb eines erklärenden Satzes, als Element des Kompositums auftaucht. Ansonsten helfen uns zunächst Vermutungen über die syntakto-semantischen Grundrelationen weiter: hier, in unserem Text, der wenig agentisch orientiert ist, finden sich nicht die auf Subjektrelationen basierenden Bildungen, dafür aber eine Reihe von Bildungen, die in verschiedener Modifikation einen Objektbezug realisieren: Bindemittel ,zu', Fassadenfarben ,für', Feuchteschutz ,gegen', womöglich kann man auch die Gleichsetzung hierher zählen: Schutzwirkung ,='.Von den typisch modalen Bildungen haben wir hier die lokale: Innenbereich ,wo', und Untertypen modaler Relationen: Asbestzement ,aus/ mir', Natursteinen ,wie'; die instrumentale Bestimmung ist wohl der nächste Nachbar von Subjektrelationen in diesem Bereich: Siloxanverstärkung ,mittels'. Die Kompositabildung zeigt sich hier als ein sehr anpassungsfähiges 180 Wortartenausbau Mittel, um die Benennungsbedürfnisse auch einer avancierten Fachlichkeit abzudekken. Die Verdichtung in sehr terminologiehaltigen Komposita ist ein erstes Signal für den hohen Grad an Fachlichkeit, den dieser Text beansprucht. DERIVATION Gegenüber der sachlichen Differenzierung und dem damit verbundenen Aufbau terminologischer Hierarchien dient die Derivation der Positionierung der Inhalte, der textuellen Organisation. Folgende Bildungen finden sich in unserem Text: (285) Anstrich, Beschichtungen, Desinfektions- und Reinigungsmittel, Dispersion, Einsatz, Feuchteschutz, Gebäude, Durchgang, Wirkung, Renovierung, Siloxanverstärkung, Verarbeitung, Verkieselung, Durchlässigkeit, Zusatz. Es geht einerseits um Vorgänge: sie referierend zu benennen, dazu sind eine Reihe von Bildungsmitteln da. Das gängigste ist, wie wir oben schon ausgeführt haben, die deverbale Derivation mittels -ung. Substantive mit diesem Bildungsmittel können Vorgänge benennen, wie Reinigung, Renovierung oder Verkieselung, aber auch die jeweiligen Ergebnisse, wie bei Beschichtungen, wo der Plural das ganz deutlich zeigt, aber auch bei Wirkung oder Siloxanverstärkung. In beiden Hinsichten konkurrieren Bildungen mit dem Fremdsuffix -ion: Desinfektion und Dispersion, ebenso die impliziten Ableitungen von vorgangsorientiertem Einsatz oder Durchgang zu abstrakteren (Feuchteschutz) oder konkreteren (Anstrich) Ergebnissen. Dass nicht nur verbale Aspekte der geschilderten Zusammenhänge nominalisiert werden können, zeigen die vorkommenden "Eigenschaftsnamen", also das deadjektivische Substantiv Durchlässigkeit, das mit einer Variante des Suffixes -heit auch den Normalfall dieser Bildungen repräsentiert, und die ebenfalls deadjektivische Bildung Dicke, die mit ihrem -e-Suffix ein in vielerlei Weise eingebundenes Bildungsmittel repräsentiert, wobei die Eigenschaftsbenennungen zu einer Reihe unmarkierter Relativadjektive eine herausgehobene Bildungsnische darstellen (wie Höhe, Breite, Tiefe, Länge, Kürze, Härte; s. Motsch 1999, S. 356). Der hohe Grad an Nominalisierung und auch das Fehlen von nomina agentis ist ein Merkmal der Instruktion von Fachlichkeit, die dieser Text dem Leser geben will. SONST.IGES In geringerem Ausmaß werden Mittel eines morphologienahen Wortartwechsels bzw. einer lexikalischen Zusammenbildung genutzt, zum einen (Lagern, Verarbeiten), um gegenüber einer möglichen Bildung Lagerung bzw. Verarbeitung den Verlaufscharakter deutlicher zu machen, zum anderen, um so eine feste Wendung zu einer Art Instrumentalbezeichnung machen zu können (Problemlöser). Der Fachlichkeit des Textes geschuldet ist die Verwendung bestimmter hochgradig schriftsprachlicher Initialkurzwörter (DlN 53 778; sd- Wert; PI, Pli, PIII, VOB), die auch orthographisch deutlich als Sonderfälle gekennzeichnet sind und in ihrer Funktion schon hinüberführen zu dem medialen Wechsel in eine eingeschränkte- Formalisierung ("'-). Zum Schluss sei noch erwähnt, dass sich auch eine graduierende präfigierende Bildung findet (Spitzenstandard), die, wenn man sie im Text einordnen möchte, eher einer werbenden Intention zugehört als der ansonsten so stark in den Vordergrund gestellten Fachlichkeit. Das Substantiv Man sieht an diesem Beispiel noch einmal, dass der substantivische Bereich dadurch gekennzeichnet ist, dass alle Möglichkeiten der Wortbildung realisiert werden können. Die spezifischen Schwerpunktsetzungen in diesem Text hängen mit der spezifischen Art kodierter Fachlichkeit zusammen. 4.1.2 Zentrale Strukturen: Differenzierung und Rollenzuweisung 4.1.2.1 Allgemeines Die Wortbildung des Substantivs ist dadurch gekennzeichnet, dass die klassischen Mittel der Wortbildung, nämlich (Al) Komposition und (Bl) Derivation gleichermaßen gut ausgebaut sind. Zwei Techniken der Inkorporation öffnen diese Wortschatztechniken hin zu anderen Ebenen linguistischer Kodierung: die (A2) Rektionskomposita weisen von den Komposita her in Richtung Syntax, die (B2) Zusammenbildungen von den Derivationen her. Der Wortartenwechsel ohne spezifische Wortbildungsmorphologie kennt zwei Untergruppen, die sich beide an die Möglichkeiten der Flexionsmorphologie anschließen: (Cl) die Umkategorisierung nutzt die in den nominalen Formen der Wortart Verb und im Adjektiv angelegten flexivischen Optionen, (C2) die Konversion im engeren Sinne nutzt die syntaktisch gewendete Morphologie der Artikelsetzung und Kasusflexion. Relativ wenig Bedeutung beim Substantiv hat die (D) Präfixbildung, während die (E) Kurzwortbildung eine Domäne des Substantivs darstellt. 4.1.2.2 Komposition: Mittel der Benennungsdifferenzierung Bei der substantivischen Komposition ist eine Vielzahl von Relationen zwischen den Bestandteilen erkennbar. Welche Menge solcher Relationen man für die Beschreibung für relevant hält, ist davon abhängig, was man genau beschreiben will. Wenn man versuchen will, die Beziehungen, die zwischen den Konstituenten bestehen, für kleinstmöglich differierende Gruppen semantisch verwandter Elemente zu beschreiben, kommt man logischerweise zu einer großen Menge von Untergruppen, so wie wir das etwa bei dem entsprechenden Band der "Deutschen Wortbildung 4" sehen können. Dort werden in einer Übersicht (S. 126 ff.) weit über zweihundert Untergruppen aufgeführt, die an anderer Stelle (S. 145) für die Bildungen mit substantivischen und verbalen Erstgliedern in zweiunddreißig grundlegendere Relationen zusammengefasst werden. Sie lassen sich durch weitere Kondensation auf zwölf bzw. dreizehn Großgruppen reduzieren. Bei der Übersicht auf der Basis der mittleren Differenzierung von zweiunddreißig Gruppen wird zudem eine Übersicht über die zahlenmäßige Verteilung gegeben. Die funktionale Belastung der unterschiedlichen Gruppen ist außerordentlich verschieden. Fünf Gruppen allein (äquativ, partitiv/ soziativ, lokal, referentiell, aktional) machen in etwa 55% des Gesamtkorpus aus, 12 Gruppen liegen jeweils unter 1%. Das zeigt, dass dieses Beschreibungsmodell, das ganz in die einzelne semantische und textuell rekonstruierbare Interpretation geht, doch unterschiedlich tief zu gehen scheint, undinnersystematisch logischauch keinen Grund für diese Verteilung über die Häufigkeit hinaus geben kann. Mit den Wortartenausbau zwölf oder dreizehn Gruppen der letzten Kondensation sind wir auf den Ebene der üblichen Differenzierungstiefe. Bei Fleischer/ Barz findet sich etwa eine Liste von 17 Gruppen. Die etwas größere Zahl erklärt sich zum Beispiel daraus, dass hier lokal und temporal erklärbare Bildungen zwei Einzelgruppen ausmachen, während sie in der Deutschen Wortbildung zusammengefasst sind. Die Darstellung der Ducleu- Grammatik (Wellmann 1998) führt auf eine ähnliche Größenordnung und auch wir haben oben (Punkt 3.1.1) eine entsprechende Unterteilung vorgelegt, die sich, entsprechend umgesetzt, in etwa auf 14 Gruppen addiert. Auf diese Größenordnung von Relationen in der Substantivkomposition kommt man offenbar, wenn man ernstnimmt, dass Sprachen in ihren verschiedenen Teilbereichen, hier vor allem in der Syntax und in der Wortbildung, analoge Strukturen mit den jeweils einschlägigen Mitteln abbilden. Wichtig ist aber Beides, die strukturellen Analogien und die Unterschiedlichkeit der Realisierung. Diese Darstellung lässt sich wie folgt präzisieren und differenzieren: N+ N-Komposita Es soll zunächst vom Kernbereich, dem der (I) N+N-Komposita ausgegangen werden, wobei es sich zumeist um (A) Determinativkomposita handelt. Wir haben ausgeführt, daß man diese Bildungen in gewisser Weise als spiegelbildliche Enkodierungen der substantivischen Attribute rechts vom Nomen betrachten kann. Am eindeutigsten durch die kategoriale Besetzung angedeutet sind in diesem Rahmen die in der Attributsyntax durch entsprechende präpositionale Junktoren angeschlossenen "adverbialen" (1) lokalen und (2) temporalen Relationen: (286) Als das größte Gartenraubtier, begann es (Hacks 1987, S. 23)--> ,indat' wird die Balkontür geöffnet (Strauß 1997, S. 140) -->,zu/ nach' traktieren mit Bauchtritten einander (Strauß 1997, S. 90)--> ,inakk' Die Tasche enthielt Gartenfrüchte aller Art (Hacks 1987, S. 8)--> ,aus' Stickiger Abendfrieden (Strauß 1997, S. 137)--> ,an' Es schließt sich an die mit der Präposition ,aus' syntaktisch explizierbare und semantisch-kategorial gut markierte Relation des ,Bestehens aus' (3) materia 1/ konstitutional: (287) Die roten Wege führten zu dem Marmorsockel (Hacks 1987, S. 16) in das Brennesselgestrüpp (Strauß 1997, S. 159) aus einer weiten Rasenfläche (Hacks 1987, S. 17) Kurzworttakte (Strauß 1997, S. 20) unter den turnenden Wipfeln des Birkenhains (Strauß 1997, S. 30) Menschengruppe Einen anderen praktischen Aspekt von Handlungen beleuchten die (4) instrumentalen Verbindungen, die allerdings, wie man an den Beispielen schon sieht, den inkorporierenden Techniken zuzuordnen sind: Das Substantiv (288) einen tüchtigen Fußmarsch weit (Hacks 1987, S. 65) an die Schriftsprache geknüpft (Strauß 1997, S. 138) die Aroma-Therapie (Strauß 1997, S. 93). [...] den scheußlichen Film " Pulp Fiction"[ ...] Es gibt im Schnittegemetzel dieses Kriegspielens nichts[...] (Strauß 1997, S. 94) Elektromotor Hier ist man manchmal schon ganz in der Nähe von allgemein (5) modaleren Verwendungen der Art und Weise, die sich insbesondere auch als Vergleichsrelation niederschlagen: 114 (289) Etappenrennen den Schleiertänzen der Bäume (Strauß 1997, S. 12) Über die gewellte Fläche fährt er mit seinem Allradtransporter (Strauß 1997, S. 18) den Splitter-Code (Strauß 1997, S. 20) im Nicolai-Viertel, dieser geschmacklosen Puppenstuben-Rekonstruktion (Strauß 1997, s. 70) die Guillotine-Blicke auf dich werfen und fallbeilartig Urteile fällen (Strauß 1997, s. 72) Mit den kausalen Verbindungen nähern wir uns dann jenen Relationen an, die sich weniger modifizierend auf eine Szene beziehen, wie die bisher genannten adverbialen Funktionen, sondern sie zu anderen propositionalen Gehalten in Beziehung setzen, wie im Fall der (6) kausalen und (7) finalen Relationen: (290) würde im nächsten Sommer also nach Garageneinfahrten riechen und Vorgartenmäuerchen und beigem Klinkerglück (Politycki 1997, S. 82) als wären sie ins Gespräch vertieft oder in die "Stuttgarter Zeitung" oder ein Kuchenglück (Politycki 1997, S. 238) und allen übrigen bunten Kunstfreuden (Strauß 1997, S. 98) Liebeskummer Wann endlich entlädt sich der Gewitterhimmel? (Strauß 1997, S. 9) wo kleine Lüftungsgitter einen guten Halt bieten (Strauß 1997, S. 8) mit gelben Schutzhelmen (Strauß 1997, S. 71) dem Gestaltungswillen (ebd.) Dabei sieht man in einem Beispiel wie Gewitterhimmel, daß die Frage nach Ursprung oder Ziel (kommt die Art des Himmels von dem Gewitter oder verweist sie auf ein kommendes Gewitter? ) nicht eindeutig geklärt sein muß. Auf Wortbildungsebene stört diese Ambivalenz nicht. Wenn diese Fälle nicht eintreten, bleibt tatsächlich zunächst nur anzunehmen, wir hätten es bei Substantiven mit den Bestandteilen AB mit einer Konstruktion zu tun, die uns instruiert, daß es sich um ein B handle, das irgendwie mit einem A zu tun habe. Das wird jedoch dadurch erleichtert, dass man Schemaverhältnisse zu rekon- 114 Sie hat ihre Korrelate in Adjektiven mit den Elementen -haft, -artig, -förmig usw., wobei wir die jeweilige Ebene des Vergleichs aus der lexikalischen Bedeutung der beteiligten Elemente erschließen müssen. So ist der Zitonenfalter ein zitronenfarbiger Falter. Wortartenausbau struieren versuchen kann, die sich sprachlich bewährt haben, was sich in ihrer Grammatikalisierung in den regierten und kasusmarkierten Teilen von Sätzen zeigt. Es ist dies ja in der von uns nunmehr gegangenen Richtung nur noch ein weiterer Schritt, von der Kausalität zur Subjektartigkeit, von der Finalität oder Konsekutivität zur Objektartigkeit. Dabei lassen sich noch Typen unterscheiden, je nachdem, wie die Szenen geartet sind, die durch die Kombination der beiden gegebenen nominalen Elemente aufgerufen werden. Im strengsten Sinne sind Subjekt- und Objekttypen vor allem die Domäne der Inkorporation ( "Rektionskomposita" ), allerdings gibt es auch im reinen N+N-Bereich bestimmte Untertypen, die eine solche Interpretation verlangen. So finden sich Bildungen, bei denen das Erstelement in einer subjektartigen Rolle zu dem Zweitglied steht, das in einem rekonstruierten Schema eine Art Objekt wäre. Wir wollen sie daher als (8) Subjekt-Typen betrachten. Es ist die Rolle der Subjekte in ,machen', ,tun' und ,haben'-Verben, die in dieser Relation auftreten. Die ,haben'- Schemata, die ja auch syntaktisch als nichttransitive Akkusativmuster in bestimmter Weise herausgehoben sind, bilden eine wichtige Gruppe: (291) ,haben' Bundesvermögen Die Unterscheidung zwischen dem ,machen'- und dem ,tun'-Typ betrifft Relationen, die man syntaktisch eher von den betroffenen Objekten her zu differenzieren gewohnt ist. Dort entspricht ihr der Unterschied zwischen Mustern mit effiziertem und affiziertem Objekt: (292) ,machen' Kuhmilch Firmenware Die berühmten Cezanne-Bilder von der Saint Victoire Das Jahrhundert wird mit Deserteurfnnen-Parade und Transvestitenshow verabschiedet (Strauß 1997, S. 115) (293) ,tun' ALDI-Computer Analoge Bildungen mit einer umgekehrten Anordnung der Bestandteile der Schemata finden sich beim (9) Objekt-Typ, den wir so nennen, weil die differenzierende Beziehung des Erstelements die eines Objekts wäre. So schlagen sich Untertypen eines ,machen'-Schemas, etwa der ,Erzeugens'-Typ, hier nieder: 115 (294) ,machen'/ effiziert Schokoladenfabrik (, (Pseudo- )Agens') Milchkuh oder eben des ,tun'-Schemas: 116 115 D.h. das Element A wird im Sinne eines effizierten Objekts verstanden. 116 Mit A im Sinne eines affizierten Objekts. Das Substantiv (295) ,tun'/ affiziert Schuhhaus Herr Scheffler besaß zu Hause ein Papierwarengeschäft (Hein 1997, S. 181) Auch hier gibt es eine entsprechende Nutzung der ,haben'-Relation. Komposita dieser Unterart stehen dem oben schon beschriebenen ,Bestehen aus'-Typ nahe. 117 (296) ,haben' Henkelkorb (,hat als (charakteristischen! s) TeiVElement') Moränenlandschaft Pelztier Schlauchboot Gelddynastie (,besitzt') Als eine ja auch im syntaktischen Bereich herausgehobene Gruppe von entsprechenden Verben mit Präpositionalergänzungen vom Typ ,reden/ handeln über/ von' läßt sich der ,thematische' Typ, eine relevante Untergruppe des Objekt-Typs, erkennen: (297) themaangebend Thomas Manns Goethe-Rede Tischbeins berühmtes Goethe-Bild 118 Elektronisches Höhlengleichnis (Strauß 1997, S. 21) Hier zuzuordnen wären die Bildungen mit -steig, -weg, -straße, -allee, -markt, -platz und den Namen solcher Einheiten als Erstelementen. Ähnliches gilt für die honorifizierenden Erstelemente der Namen von Preisen, Stiftungen, Gesellschaften und dergleichen.119 Wie die Objektrelation an ihrem ,semantischeren' Ende in einem gleitenden Übergang mit der finalen Relation verbunden ist, so am ,formaleren' Ende mit der noch passepartoutartigeren Bereichs-Relation, die wegen eben dieses Charakters hier als Nummer (10) gerechnet werden soll; sie hat ihre ähnlich passepartoutartigen Entsprechungen in präpositionalen Attributen mit der Präposition in bzw. in adjektivischen Restriktivbildungen mit dem Element -mäßig: 120 117 Um ihre Differenzierung, die allerdings weit in Einzellexemarisches hineingeht und die Rektionskomposita einfach integriert, bemüht sich auch Ortner (1997, S. 31). 118 Kein morphologischer oder syntaktischer Erklärungsmodus reicht natürlich aus, um die Typen Cezanne-Bild und Goethe-Bild im hier dargestellte Sinne zu trennen: Kontext und Intertext, also textuelies und Kulturwissen sind hier unabdingbar. 119 Auch in Fällen, bei denen der Namengeber der Gründer war (Christian-Albrechts-Universität) reicht es wohl meistens aus, dies synchron als thematischen Umstand zu verstehen; natürlich können bei Preisen und Stiftungen auch andere Erstelemente auftreten, häufig der Bereichs-Typus: Literaturpreis. Bei Kombinationen wird meist die Verbindung in einer Komposition gescheut, vielmehr wird Rechts- und Linkserweiterung der Nominalphrase genutzt: Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz. 120 Es ist das Verhältnis, das auch zwischen den Zugehörigkeitsadjektiven und ihren Bezugssubstantiven besteht. 186 Wortartenausbau (298) Finanzproblem Dem Weg aller Kulturleistungen folgend (Strauß 1997, S. 79) auf den erbitterten Widerstand der Kommunikationsangestellten (Strauß 1997, s. 98) Der Arme der Konsumbrüderschaft ist meinst nur die unterste Charge ihres unförmigen Reichtums. (Strauß 1997, S. 110) ihre ganze innere und äußere Ausdrucksbeschränktheit (Strauß 1997, S. 111) vom Studiogast zur Quoten-Fee (Strauß 1997, S. 69) Polit-Prominenz Hierher passen vermutlich am besten Bildungen mit archilexematischen Zweitgliedern, die fast als Varianten suffixaler Klassenzuordnung gelesen werden können: (299) Es waren nur Gartenpersonen von Rang und Einfluß zugegen (Hacks 1987, S. 23) An der Grenze der Determinativkomposition bewegen wir uns im Falle verschiedener (11) Gleichsetzungs-Relationen, wobei sich hier die ambivalenten Verwendungen der Kopula sein (Eigenschaftszuordnung/ Klassenzuordnung) 121 wiederfinden: Als erstes wären jene Bildungen zu nennen, bei denen ein Zweitelement mit einem Erstelement nicht kongruierender semantischer Klassen kombiniert wird, so dass wir gezwungen sind, das Erstelement als eine Art Eigenschaft zu lesen.l 22 Metaphern oder andere Arten von Vergleichen, die nicht Vergleiche der Modalität sind, gehören zu den (11a) Eigenschaftskomposita: (300) Zitronenfalter Die Sonne wirft ein Zebralicht auf den kleinen Flur (Strauß 1997, S. 180) Die Kreidesonne [...] Alle Bäume frostkandiert. Starres Igelgras. (Strauß 1997, s. 185) Dabei können sich die Klassen einander weit annähern und an metaphorischem Charakter verlieren. (301) Die Männer mit Stummelzopf(Strauß 1997, S. 69) diesen ästhetischen Henkergesellen (Strauß 1997, S. 72) Die leichte Verschiebung in der Bedeutungsstruktur ist offenkundig: Stummel oder Zopf, Henker oder Geselle? Noch etwas weiter in diese Richtung gehen Bildungen, bei denen eindeutig nicht die Unterklasse aus einer Menge von Elementen, sondern im Zweitelement eine übergeordnete Kategorie als die im jeweiligen Kontext aktuelle Interpretationsvariante aussortiert wird. Diese nennen wir (11b) Klassenkomposita: (302) Der Wahlvorgang findet folgendermaßen statt<-> Die Wahl Der Produktionsablauf wurde optimiert <-> Die Produktion das alte Gutsgebäude (Strauß 1997, S. 7) <--> Das alte Gut 121 Er ist ein guter Lehrer. vs. Er ist Lehrer. 122 Etwa so wie die substantivischen Basen von Adjektiven auf -ig. Das Substantiv Wir haben dafür oben bereits eine Reihe von Beispielen gegeben und auch auf den Fachlichkeitscharakter dieser Bildungen hingewiesen. Sie sind funktional aus dieser Reihe zu nehmen und dann als (B) explikative Komposita an die Stelle zwischen der zentralen Determinativkomposition und der Derivation zu setzen. Bevor wir die N+N-Bildungen abschließen, müssen wir hier noch auf die (C) Kopulativkomposita zu sprechen kommen. Sie sind eigentlich anzuschließen an die Eigenschaftskomposita in (9a), wo wir schon rhetorisch angedeutet hatten, daß hier die Hierarchie der Glieder ins Wanken gerät: Stummel oder Zopf. Statt dieser Kategorienannäherung, bei der doch noch klar ist, daß es um Frisuren, also um Zöpfe geht, ist hier von einer völligen Kategoriengleichheit und -gleichwertigkeit auszugehen: (303) Wir Leser-Autoren sind dagegen gemäßigte Naturen (Strauß 1997, S. 77). Meines Kindkönigtums an Erfahrung (Strauß 1997, S. 112). Einen Gärtnerjungen (Hacks 1987, S. 59) Sie sollen uns hier nicht weiter interessieren; ihr Status zumindest beim Substantiv ist problematisch; man tendiert, wo immer das geht, dazu, sie eher determinativ zu lesen: Autoren, die auch lesen. Wenn man ihre Stellung in der geschilderten Reihe betrachtet, ist klar, warum das so ist; klar ist auch, dass diese Entscheidung offenbar wiederum eher im Text als im Wort allein begründet ist. A± N·KQMposita Von den Eigenschaftskomposita (11a) und den modalen Bildungen (5) führt ein direkter Weg zu den (II) Adj + N-Komposita. Sie können qua Struktur nur Determinativkomposita seines kann ja keine Kategoriengleichheit geben, und sie entpuppen sich außerdem gleichzeitig als Adj/ Adv + N- Komposita.123 Ihre Bildungsweise ist nicht sehr komplex. Im Prinzip finden sich solche Typen, in denen sich Besonderheiten der drei allgemeinen Typen von Adjektivverwendung, der attributiven, der prädikativen und der adverbialen, niederschlagen. Vermutlich der wichtigste Typ der A + N-Komposita ist der, bei dem das adjektivische Erstelement (1) attributiv-einschränkend wirkt, ohne Rücksicht auf seine sonstige Verwendung. 124 Hierher gehören viele der Bildungen, die normalerweise als idiomatisiert oder sogar terminologisiert beschrieben werden. Insbesondere einschlägig sind hier jene meist einsilbigen und primären Adjektive, die in Paaren auftreten, semantisch relativ sind und ein jeweils unmarkiertes Ende haben. Diese Bildungen orientieren sich in ihrer Bedeutung an den Erwartungsnormen, die von den jeweiligen Bezugssubstantiven gesetzt werden. In den Komposita wird wiederum der kommunikativ interessante, d.h. häufig in irgendeiner Weise markierte Fall kodiert. Das kann jeweils unterschiedlich ausfallen. Man kann die Komposition in diesen Fällen als die Instruktion verstehen, die Relativierung der adjektivischen Bedeutung vor dem Maßstab des Bezugsnomens zentral ins Auge zu fassen. Dies ist bei der prädikativen Verwendung gar nicht der Fall, denn die Syntax kann hier die Vergleichsgrößen be- 123 In dem Sinne, daß außer den "direkten" attributiven und prädikativen Zuordnungen auch die "indirekten" adverbialen des sogenannten Adjektivadverbs eine Rolle spielen. 124 So auch andeutungsweise in der Ducleu-Grammatik (1998, S. 489}; eher verwirrend, was die prädiktive Verwendung angeht, in Deutsche Wortbildung 4 (S. 718} 188 Wortartenausbau liebig setzenattributiv wird das Adjektiv schon zur Referenzfixierung genutzt, und das heißt in der Interpretation auf den Beurteilungsrahmen ausgerichtet, den das Bezugswort setzt. 125 Durch die Komposition wird das so zugeordnete Merkmal zu einem noch inhärenteren Merkmal gemacht und kann so auch zu einer fest gewordenen Klassifikation genutzt werden. In diesem Sinn kann man zum Beispiel verschiedene Bildungen mit Klassikern dieser Adjektivgruppe wie groß und klein oder alt und jung verstehen. Diese Adjektive als Erstglieder von Komposita deuten also an, dass es sich bei der gemeinten Subgruppe von Elementen des Typs, wie sie im Zweitglied benannt sind, um eine handelt, die Elemente enthält, für die groß, klein, jung oder alt die erwartbare Norm bei Objekten dieses Typs sind. Das kann nun im konkreten Fall leicht Unterschiedliches bedeuten. Man kann zum Beispiel ausgehen von einem Wort wie Kleinkind, das tatsächlich eine terminologisierte Benennung für eine Stufe des frühen Kindheitsalters ist, zu der das Kind klein für die erwartbare Größe eines Kindes ist. Alles, was zwischen dort und dem Jugendlichen liegt, ist dann der Normalbereich von Kind. Anders ist das zum Beispiel bei Städten, wo die Normerwartung schwankt, aber im Zweifelsfall von einer mittleren Stadtgröße geprägt erscheint; vielleicht das, was man Mittelstadt nennt, aber das ist kein sehr geläufiger Begriff im Unterschied zur Kleinstadt und zur Großstadt auf der anderen Seite, mit denen sich jenseits der rechtlichen Festlegungen auch ganz alltägliche Vorstellungen verbinden. Analog geht es bei den ,Altersadjektiven' zu: ein Politiker ist ein Mensch, der auf jeden Fall in dieser Funktion aktiv ist, ein Jungpolitiker ist dann einer, der das erst seit kurzem ist, d.h. als Politiker jung. Am anderen Ende des Spektrums wird dieses Klassifikationssystem bei präziseren Amts- und Rollenbezeichnungen genutzt: man ist Bundespräsident und anschließend Altbundespräsident. So wird hier die Opposition von alt und jung zu einer Klassifikation von geschehendem Rolleneinstieg und geschehenemRollenausstieg genutzt. Anders operiert die Opposition alt vs. neu, wobei man typischerweise in Absetzung zu einer früheren Phase so etwas wie Altlasten beklagt und Neuland betritt. Auch reine terminologische Klassifikationen wie Alt-, Mittel-, Neuhochdeutsch finden sich an dieser Stelle, wobei extern definiert wird, was als alt, mittel(alt) und neu im Erwartungshorizont des Hochdeutschen heißt. Schwierig wird die Zuordnung solcher Eigenschaften da, wo die beteiligten Adjektive deutlich von der bewertenden Seite der Eigenschaftswörter kommen, wie bei gut und schlecht. Solche Bildungen sind selten, Schlechtwetter ist das einzige solche Kompositum, das im zehnbändigen Duden (1999, S. 3374) verzeichnet ist, gut als ein definierendes Chrakteristikum ist noch kritischer: bekanntlich wird gerne über den Gutmenschen gespottet. Des weiteren gehören zu dieser Gruppe Bildungen mit Adjektivgruppen, die ohnehin nur attributiv verwendbar sind und damit Orientierungen verschiedener Art ausdrücken (vgl. Deutsche Wortbildung 4, S. 700 ff.): es handelt sich hierbei um Bildungen wie Eigenkapital, Gesamtsumme, aber auch solche mit nichtindigenen Zugehörigkeitsadjektiven: Kontinentalsperre, Individual/ äsung, Kollektivvertrag. 125 Ausgenommen appositiv-verdeutlichende Wendungen: Da vorne läuft ein kleines Kind! kann als Warnung an einen Autofahrer wohl auch heißen: ein Kind, und Kinder sind klein, noch nicht erwachsen, sie sind, wenn man so will "Kleinmenschen" -wir werden auf das Problem dieses Typs von Bildung noch kurz zurückkommen. Das Substantiv (304) seinen souveränen Eigeninteressen (Beck-Gernsheim 1999, S. 126) die modernen Nationalstaaten (Beck-Gernsheim 1999, S. 21) Etwas anderes ist eigentlich jene Gruppe von Bildungen, bei denen das adjektivische Erstelement von einer (2) prädikativ-zuschreibenden Art ist; es handelt sich hier logischerweise um absolute Wörter für absolute Eigenschaften. Eine typische Gruppe stellen die Farbwörter dar, von denen tatsächlich viele eine solche Klassifikationsmöglichkeit wahrnehmen. Hier wird eine implizite sein-Prädikation realisiert. Allerdings handelt es sich dann bei den durch Wortbildung integrierten Fällen jeweils um Spezialfälle, die durch die jeweilige Funktion definiert sein können. Ein beliebtes Beispiel dafür ist ein Wort wie Blaulicht, das als Warnlicht auf Polizeifahrzeugen, Krankenwagen und dergleichen auftritt. Der funktional klassifikatorische Charakter wird daran deutlich, dass man dazu neigt, auch wenn entsprechende Leuchten eine andere Farbe haben in amerikanischen Krimis sind die aufgesetzten Blaulieber oft rotsie dennoch Blaulicht zu nennen. Und entsprechend wird in anderen Bereichen sachlich-funktional differenziert, so z.B. im Bauwesen, nebst einer Reihe weiterer differenzierender Benennungen: (305) in eine Steildach-Aufsattelung oder in das Aufstocken einer ganzen Flachdach- Etage (domus 1, S. 20) nützlich ist ein Gründach allemal (domus 1, S. 20) Bogenstürze aus Leichtbeton (domus 1, S. 47) Die Sprache, die nicht die meine ist, ist eine Fremdsprache, nicht besonders haltbar gemachte Milch ist Frischmilch, um nur noch einige Beispiele dieses Typs der Zusammensetzung von Primäradjektiv und Substantiv zu nennen. Bemerkenswert ist hier, dass dieses Muster in manchen heutzutage sehr produktiven Textsorten erweitert wird um Bildungen, die eine Reihe von Adjektiven auf -ig, aber auch solche mit nichtindigenen Bildungsmitteln an erster Stelle zeigen. So gibt es Fertighäuser und Fertiggerichte, Billigflüge und Niedrigpreise, ferner Massivhäuser, aber auch seltenere Bildungen: (306) sein Komplementärbegriff, der des Inländers (Beck-Gernsheim 1999, S. 127) Bei der dritten Gruppe ist das adjektivische Erstglied (3) adverbal-beschränkend zu verstehen. Hier handelt es sich denn auch zum Teil wirklich um adverbiale Erstglieder. Es geht um Wörter wie Neudruck, Schnellwäsche, Aktivurlaub, Frühstart. In manche Bildungen sind Verkürzungen eingebaut, die allerdings ohne Schwierigkeiten akzeptiert werden: so werden all die Bildungen mit Fein-, die bestimmte Gewerbe bezeichnen, welche mit den jeweiligen Objekten zu tun haben, kodiert als ein feines Handeln in dem jeweiligen Bereich: in der Feinbäckerei wird also der Tatbestand, dass dort feines Gebäck gebacken wird, dargestellt wie eine feine Art des Backens. Zum Teil treten in diesen Bildungen mit anderen Basen natürlich Adjektive aus den vorherigen Gruppen auf: (307) Neudefinitionen von Gruppenidentität (Beck-Gernsheim 1999, S. 81) Wortartenausbau Dass diese Art von Bildung auch metaphorisch ausbaufähig ist, zeigen Beispiele wie Schwarzarbeit oder Schwarzgeld, die damit spielen, dass man etwas ebenso Unsichtbares wie moralisch Zweifelhaftes tut, was dann auf entsprechende Objekte übertragen werden kann. Wir haben diese Gruppe bewusst adverbal genannt, wobei die bisherigen Bildungen tatsächlich adverbial waren im Sinne einer modifikativen Beziehung. Unter Bezug auf die dazu typischerweise benutzten Adverbialsuffixe könnte man vom -Weise- Typ sprechen (solcherweise); daneben gibt es aber eine weitere Untergruppe, die gerne als final erklärt wird (s. z.B. Motsch 1999, S. 384 und 430; Duden 1998, S. 489) und die man als Realisierungen einer restriktiven Relation, als -mäßig-Typ (klassenmäßig) verstehen könnte. Es handelt sich um Bildungen von Leergewicht und Trockenfrüchte bis zu Gelbfieber und Magersucht. Nun ist unstrittig, dass eine rein semantische Interpretation darauf hin zielen muss, dass in den Adjektiven das Resultat eines Vorgangs genannt wird, das die im Zweitglied genannten Objekte kennzeichnet. Das ist aber nicht die Nachzeichnung der Wortbildungsstruktur. Vielmehr handelt es sich hier eigentlich um eine einfachere Ausdrucksweise: "Trocken" benennt die entscheidende Differenz, den für diesen Typ von Früchten relevanten Bereich, ebenso "gelb" den Differenzbereich dieser Krankheit. Man sollte diese Bildungen also als eine Art restriktiver Verwendung verstehen als der leeremäßige, trockenheitsmäßige, gelbemäßige und magerkeitsmäßige Untertyp sind die jeweiligen Substantive klassifiziert. 126 V\+ N-Kofuposita Über (ill) V+ ~-K_ompos~ta haben ': ir obe~ schon ausführli~~er ·. ·· ··· ·· gesprochen. Bet dtesen Btldungen gtbt es emen ersten domtmerenden Typ, den der (1) funktional-zweckbestimmenden Funktion. Die generelle Funktion dieser Bildungen überlagert eine Vielzahl der vom Verb zum an zweiter Stelle stehenden Nomen laufenden Relationen, die dann allenfalls Untertypen dieses Modells darstellen. Es handelt sich außer der Subjekt- (Prüfprofessor) und Objektrelation (Bratapfel) um modale (Liegestuhl; Tauchbad), lokale (Spielplatz) und temporale (Sprechstunde) Beziehungen. Dagegen tritt in einem zweiten Untertyp das Verb quasi nominalisiert als ein Mitspieler einer zu rekonstruierenden Relation zwischen den beiden Elementen auf. Wir wollen hier vom (2) schematisierend-klassifikatorischen Typ sprechen. Er kennt im wesentlichen drei Unterarten: bei der ersten geht es um eine effizierte Objekt-Subjekt-Beziehung (Lachgas), bei der zweiten geht es um eine Gleichsetzungsbeziehung im Sinne der explikativen Komposita (Denkvorgang; Trauerarbeit). Der dritte wie der zweite Untertyp nehmen den Verbstamm als Namen für einen entsprechenden Vorgang auf. Dieser Name gibt beim dritten Untertyp den Bereich an, den das Zweitelement betrifft (Werbephilosophie; Trinkkultur; Holpflicht). Wir wollen daher vom (3) bereichsangebend-klassifikatorischen Typ sprechen.127 126 Die semantischen Klassen von Adjektiven, die bei den A + N-Komposita auftreten, sind bei Matsch (1999, S. 378-380) genau ausgeführt; dort wird auch klar, wie schwierig es ist, Bedingungen anzugeben, von denen die offenbar vorhandenen Gebrauchsbeschränkungen gegenüber der attributiven Verwendung gesteuert werden. 127 Zu den als Sonderfälle zu bewertenden weiteren Kombintionen vgl. Matsch (1999, S. 411 ff.). Das Substantiv 191 4.1.2.3 Derivation: Mittel syntaktischer und semantischer Rollenzuordnung Die Derivation beim Substantiv steht ganz im Zeichen der Transposition, weithin sogar in dem strikteren Sinne des Wortartwechsels. Nur eine ganz geringe Anzahl von Möglichkeiten der Derivation dient der Modifikation innerhalb derselben Wortart und semantischen Klasse. Diese Modifikationstypen sind im wesentlichen die der Diminution und der Motion; die zentralen Suffixe sind -eben und -in sowie beschränkter -leinl-i und selten -rich! -euse. Dazu kommt noch das pejorisierende Suffix -fing. Ansonsten dient die Derivation dazu, die Bedeutung von Lexemen in verschiedenen syntaktischen und semantischen Rollen greifbar zu machen. Hierfür gibt es eine ganze Reihe von Suffixen. In den üblichen Übersichten finden sich zwischen etwa zehn (Motsch 1999, S. 433/ 34) und dreißig (Deutsche Wortbildung 2, S. 7/ 8) solcher Bildungsmittel angegeben. 128 Zu welcher Zahl man kommt, hängt davon ab, wie weit man sich auf aktive Muster beschränkt oder alle erkennbaren Bildungen auflistet, und inwieweit man suffixartige und nichtindigene Bildungsmittel mit aufnimmt. Auch innerhalb der jeweiligen Suffixe werden unterschiedlich viele Subfunktionen angenommen: so finden sich für eines der zentralen Suffixe, -er, von sechs (Motsch 1999, S. 434) über neun (Deutsche Wortbildung 2, S. 69) bis zwölf (Fleischer/ Barz 1995, S. 151-156) Untergruppen. Dies macht den Eindruck einer hohen funktionalen Belastung der einzelnen BildungsmitteL Das stimmt zweifellos; andererseits stehen die Bildungsmittel und ihre Untergruppen doch nicht völlig unbeeinflusst nebeneinander. Das Suffix -er Wir wollen das an zwei zentralen Suffixen zeigen. Es soll um die Suffixe -er und -ung gehen. Ihren Zusammenhang bei der Ausbildung von Wortfamilien im deverbalen Bereich haben wir oben schon umrissen. Das Suffix -ung ist auf den deverbalen Bereich beschränkt, während das Suffix -er daneben auch in desubstantivischen Varianten vorkommt, also in Varianten, bei denen im Verhältnis zur Basis die semantische Kategorie geändert wird. 129 128 Für Fleischer/ Barz 1995 ergäbe sich eine noch deutlich höhere Zahl, da hier dankenswerterweise versucht wird, die Vielfalt der nichtindigenen Bildungsmittel aufzuweisen (S. 185ff.), wobei es derzeit allerdings sehr schwer fällt, über deren Aktivität als Bildungsmittel etwas Endgültiges zu sagen; wir werden daher auf diesen Teil der Derivation auch nur beiläufig eingehen. 129 Die Namen von Zahlen, die mittels -er gebildet werden: der Einser (,die Eins') wollen wir beiseitelassen; bei den entsprechenden Personenbezeichnungen: der Fünfziger (,der Fünfzigjährige') nehmen wir an, dass sich die Bildungen auf eine substantivische Form beziehen. (308)130 -er' (2) nomina agentis -er (3) nomina instrumenti -er3 (5) Einwirkung auf ein betroffenes Objekt (4) -er4 0 -er5 (1) punktuelles Geschehen -er6 0 -er7 0 -er8 (4) nomina acti -er9 (6) Zugehörigkeit zu einem sozialen Bereich jmd., der x-t Prüfer, Vertreter womit ge -x-t wird Öffner, Schrubber Achzer, Jodler etw. das ge-x-t wird Füller, Aufkleber Wortartenausbau jmd., der mit x etwas tut Attentäter, Schäfer jmd. kommtjstammt aus Mainzer, Schweizer jmd. hat x Dickhäuter, Viertürer Objekt von x Einheiten Dreitausender, Fünfziger jmd., der x angehört Gewerkschafter, Politiker Was erläutert uns diese Klassifikation? Bei Motsch ist die schemadeduzierende Linie deutlich: das geht in (1) von der Nominalisierung des Geschehens, über (2) den Handelnden, ein (3) Instrument, über (4) Objekte, die als Ergebnisse einer Handlung betrachtet werden, das (5) von einer Handlung betroffene Objekt als Personenmerkmal bis zur Zugehörigkeit zu Personen zu sozialen Verbänden. Die Klassifikation der Deutschen Wortbildung geht nach der Häufigkeit des jeweiligen Musters: interessant ist daher, wie sich die abstrakte semantische Abfolge zu der realen Nutzung verhält, und was man daraus systematisch schließen kann. Es ist nicht weiter überraschend, dass Motschs erste Gruppe keinen zentralen Status hat. Systematisch stünden ja an dieser Stelle einfache Nominalisierungen des Verbs, d.h. substantivierte Infinitive, -ung-Ableitungen oder implizite Derivationen. Dieser Typ von -er-Bildung ist dagegen resultativ (nomen acti): ,was herauskommt, wenn man einmal ächzt/ wenn einmal geächzt wird', ist ein Ächzer. Das heißt, wenn diese Bildung überhaupt irgendwo systematisch anzuschließen ist, dann an die anderen nomina acti (-er 8 ). Der Typ -er 1 hat einen Anteil von 67,8% an allen -er-Bildungen, die nächsten beiden Typen noch 10,2% und 8,5%. Die ersten beiden Typen sind auch semantisch zentral: es handelt 130 Diese Liste stellt die Klassifikationen der Deutschen Wortbildung 2 (-er 1- 9 ) und von Motsch (1999) nebeneinander; verbale Kategorien in der zweiten Zeile nach der Reihenfolge bei Morsch numeriert. Das Substantiv 193 sich auf jeden Fall um Subjekt-Typen in unserer obigen Beschreibung, es geht um Menschen oder Maschinen, die etwas tun. Das sind die zentralen Merkmale, die -er kodiert. Zu ihnen gehört, entgegen der davon eher ablenkenden Formulierung von Motsch, auch der Typ Attentäter. Was heißt bei solch einem Beispiel "Einwirkung auf das Objekt"? Auch hier geht es um jemanden, der etwas tut: nur bei Prädikaten mit einer Art von innerem Objekt oder dort, wo vom Objektper Kollokation völlig klar ist, was man damit macht, kann man sich auch direkt auf das "Objekt" beziehen. Was macht der Attentäter? Er macht/ verübt ein Attentatdas ist ja schon fast ein Funktionsverbgefüge. Der Schäfer mit den Schafen: er hütet sie. Typisch ist, dass hier auch die oben schon als auffällig erwiesenen Konstruktionen mit spielen wieder auftauchen: der Fußballer "spielt Fußball". Und was macht der Revoluzzer, eine Revolution, oder morphologisch korrekter, er revoluzzt: (309) War einmal ein Revoluzzer/ im Zivilstand Lampenputzer; l ging im Revoluzzerschrittl mit den Revoluzzern mit./ / Und er schrie: Ich revolüzze! " [...] II Dann ist er zuhaus geblieben/ und hat dort ein Buch geschrieben: / nämlich wie man revoluzztl und dabei doch Lampen putzt. (Erich Mühsam, Der Revoluzzer) So gibt es denn eine Vielzahl von Signalen, die die Zentralität der Subjektkonzeption mit einem Schwerpunkt auf der Personenbezeichnung bestätigen. Dazu gehört auch das Ausgreifen in die Zusammenbildung in Fällen wie dem Lampenputzer dieses Textes. An diese Stelle gehören ferner die -macher-Bildungen, die ja eigentlich nur in weniger durch Kollokationen festgewordenen Fällen eine ähnliche Funktion ausüben wie die Bildungen vom Typ Attentäter: vom Liedermacher und Filmemacher bis zum Krachmacher. Für die Dominanz dieser Funktion spricht auch, dass Adjektive von Verben gerne über diese Erweiterung abgeleitet werden (anklägerisch), selbst wenn solch eine Zwischenform nicht existiert (halsbrecherisch). Somit können wir die nomina agentis (wie Esser), die nomina instrumenti ([Telefon]Hörer) und die auf nominale Teile der Prädikation bezogenen nomina agentis (Kutscher) als Ausprägungen des einen großen Typs von -er- Derivationen ansehen. Wir haben gesehen, dass die Basis dieser Bildungen prädizierende Lexeme sind; das gilt auch für die scheinbar nominalen Lexeme der dritten Gruppe. Ganz offenkundig gibt es eine zweite große Gruppe von Bildungen, die mit referentiellem Kern logischerweise auf die Subjektsseite des -er-Musters verzichtet, und so auf nominaler Basis Personenbezeichnungen schafft. Den Kern dieser Bildungen stellen zweifellos die Adjektive dar, in denen die Zugehörigkeit zu einem "sozialen Bereich" das Benennungsmotiv für die Personenbezeichnung ist. Ihnen kann man ohne weiteres die "Bewohnerbezeichnungen" (-er 4 ) zuordnen. Und auch die bei Motsch ebenfalls nicht erwähnten Bildungen mit Alterszuordnung von Personen mit einer gewissen Erweiterung auf andere Objekte lässt sich als eine Zuordnung zu jeweils relevanten Bereichen verstehen. Davon zeugt, dass diese Lebensaltercharakteristik nur mit runden Zahlen gut geht. Der Typus Dickhäuter oder Warmblüter gehört als Zusammenbildung eigentlich nicht hierher und nutzt die Präferenz der -er-Bildungen für Personen- und Lebewesenbezeichnungeil zu einer unauffälligeren Integration von Bezeichnungstypen, die auch in den Possessivkomposita realisiert werden. Deren Domäne sind dann vor 194 Wortartenausbau allem die hoch emotiven Personenbezeichnungen vom Typ Dummkopf. Es gibt aber auch entsprechende neutralere Benennungen wie bei der Warmblut vs. Kaltblut- Unterscheidung bei Pferden. Konnotativ einigermaßen neutrale Personenbezeichnungen sind selten (Rothaut) oder eher literarisch (Isolde Weißhand). 131 Es bleiben dann die beiden Typen von nomina acti: zunächst das Sachverhaltsergebnis in den Bildungen vom Typ Seufzer (Ergebnis dessen, wenn ge-x-t wird) und dann das Objekt der Handlung, das dadurch definiert ist, also der Typ Bettvorleger. So gesehen leistet das Suffix -er eine grundlegende Vorstrukturierung in recht wenige große Typen, wobei der erste der folgenden drei Typen systematisch und durch die Aktivität der Muster deutlich hervorgehoben ist. (310) 1 Subjektbezeichnungen für Personen und Instrumente 1.1 "nomina agentis/ subiecti" mit verbaler Basis: Bearbeiter; Empfänger 1.2 "nomina agentis" mit nominalem Prädikatselement als Basis: Geiger 1.3 "nomina instrumenti" mit verbaler Basis: Entsafter 2 Zugehörigkeitsbezeichnungen für Personen 2.1 Teil eines sozialen Bereichs: Rotarier; ein 68er 2.2 Teil eines geographisch-organisatorischen Bereichs: Belgier; Städter 2.3 Teil eines "natürlichen" Bereichs: der rüstige Neunziger13 2 3 Resultativbezeichnungen für Ereignisse und Objekte 3.1 Was beim Tun entsteht: Hopser, Rülpser 3.2 Was vom Tun betroffen ist: Binder Um das Bild zu ergänzen, wären einerseits die Suffixvariationen -Zer, und -ner zu betrachten, die vor allem beim Typ 2 eine Rolle spielen (Mittelständler; Primaner; Dörfler), andererseits die Konkurrenzen zu anderen Suffixen ähnlicher Funktion (vgl. 2.1 den Bänker gegen den Bankier, 1.1 den Trainer gegen den Masseur, den Prozessierer gegen den Demonstranten oder 1.2 den Kutscher gegen den Traktoristen). Das Suffix -ung Wir wollen aber statt dessen untersuchen, wie zusätzlich zu diesem zentralen Subjekt- und Personenmuster das entsprechende große Vorgangsmuster mit -ung strukturiert ist. Auch hier kann man sehen, dass das auf semantisch explizite Paraphrasen zurückgreifende Modell der Deutschen Wortbildung 2 (1975, S. 94) die meisten (sieben) Untergruppen liefert, während die rein semantische Unterteilung bei Motsch (1999, S. 435) zu drei Untergruppen führt, und das Mischvorgehen bei Fleischer/ Barz (1995, S. 174 ff.) zu vieren. Die Lage ist schon dadurch vereinfacht, dass fast nur Derivate zu verbalen oder zumindest Prädikatsbasen auftauchen und ein einziges Muster, das der Verlaufsnominalisierung, über 80% der Bildungen ausmacht. Im Unterschied zu den -er- Bildungen, bei denen es um Mitspieler einer Szene geht, kommen bei -ung verschiedene Aspekte des Ablaufs eines Schemas selbst in den Blick. Im Kern stehen zweifellos die Bildungen, die man etwas 131 Auch diese Verhältnisse weisen wieder darauf, dass die ,haben'-Relation, die in diesen Bildungen genutzt wird, eine Sonderstellung unter den verbalen Schemata hat. 132 Dieser Untertyp kann auf andere Bereiche ausgreifen: Dreitausender (,Berg'); Fünfziger (,Geld'), 85er (,Wein'). Das Substantiv 195 unpräzise nomina actionis nennen könnte. Es handelt sich hierbei um die im Vergleich zur Substantivierung des Infinitivs nominale Umsetzung des Verbinhalts in die Wortart Substantiv. Wir haben auf diese Unterschiede oben schon hingewiesen. Dabei sind es vor allem transitive Verben, die in diesem Muster auftreten (Bearbeitung), mit größerer Regelmäßigkeit komplexe (Verarbeitung, Ausarbeitung) Verben als Simplicia (Lieferung, Täuschung, Fälschung, aber *Laufung). Wir haben ebenfalls schon auf die Konkurrenz durch die impliziten Ableitungen (Lauf) in diesen Fällen hingewiesen. Seltener, aber durchaus auch möglich sind Ableitungen von einwertigen Vorgangsverben (Entstehung, Landung). Nun sieht man schon an den genannten Bildungen zum Teil, dass die Bezeichnungen für diese Abläufe unter geeigneten Kontextbedingungen auch für ein Ergebnis stehen können; dabei mag wiederum abstrakt das Ergebnis der Verbhandlung benannt sein (Bescheinigung) oder aber durchaus ein Konkretum (Lieferung, Fälschung). Dieser letzte Fall lässt auch die Möglichkeit zu, dass durch die verbale Basis bereits eine solche Lesart nahegelegt wird. So können -ung-Bildungen zu Verben mit adjektivischer Basis o.ä. häufig nur mit Mühe verlaufsartig gelesen werden (seine Erbitterung vs. *,sein Erbittern'; oder Entzückung, wo auch Entzücken schon in ähnlicher Weise idiomatisiert ist). Das gilt besonders, wenn die Verben schon im Partizip II geläufiger sind als in anderen Formen (Enthemmung und enthemmt). Ein weiterer solcher Fall sind jene Bildungen, die z.T. irrtümlich auf substantivische Basen zurückgeführt werden, Kollektiva wie Bestuhlung oder Täfelung. Im ersten Fall ist durch die Präfigierung klargelegt, dass es um eine verbale Basis geht, und wie das Ergebnis des Rechnens eine abstrakte Rechnung und dann auch der entsprechende auf dem Tisch liegende Zettel ist, so kann das Ergebnis des Bestuhlens ebenfalls das abstrakte Ergebnis sein (diese Bestuhlung ist ungeschickt) oder auch die Menge der Stühle, welche die Bestuhlung eines Raums ausmachen. Von der Üblichkeit der Bildungen (Täfelung ist z.B. deutlich idiomatisiert) hängt es ab, wie weit der Bezug zum jeweiligen Vorgang hergestellt wird. Schon durch den Umlaut wird aber an dieser Stelle klar, dass die verbale Variante dieses Lexems aufgerufen ist. Nicht aus dieser Reihe fällt auch die Gruppe mit Ortsbezeichnungen, die gerne gesondert ausgeführt wird. Abgesehen vom Idiomatisierungsgrad liegt hier derselbe Effekt vor: Ergebnis des Siedeins ist die Siedlung, des sich Niederlassensdie Niederlassung. Eine marginalere Kategorienübertragung liegt vor, wenn die Bezeichnung für die Handlung als Rollenname für die damit betraute Person oder Personengruppe verwendet wird (Bedienung, eine aparte Erscheinung). Das Suffixung ist also sehr viel mehr von interpretativen Zusammenhängen gekennzeichnet. Diese Zusammenhänge lassen sich in ihren wesentlichen Zügen vielleicht folgendermaßen zusammenfassen: (311) 1 Handlungs-, Tätigkeits- und Vorgangsbezeichnungen (nomen agentis) 1.1 von Transitiva: Versorgung, Erzählung, Bestuhlung, Bedienung 1.2 von Intransitiva: Entfremdung, Erstarrung 2 Bezeichnungen für Effiziertes: was das Tun erzeugt (nomen acti I) Objekt: was ich erzähle, ist eine Erzählung 3 Bezeichnung für Thematisiertes: was im Verlauf entsteht (nomen acti Il) 3.1 Experiencer: indem ich erstarreierstarrt bin, entsteht Erstarrung 3.2 Instrument: 3.3 Kollektivum: 3.4 örtliche Struktur: 3.5 Rollennamen: Wortartenausbau indem ich etwas mit etwas ausrüste, entsteht Ausrüstung indem ich einen (ganzen) Raum bestuhle, entsteht Bestuhlung indem ich irgendwo siedle, entsteht eine Siedlung indem ich bediene, entsteht und werde ich zur Bedienung Das Suffix-e Mit den meisten der deverbalen, nicht agentischen Bildungen konkurrieren hier komplexe Substantive mit dem Suffix-e. Dieses Suffix ist aus verschiedenen Gründen bemerkenswert. Seine Nutzung zeugt zum einen von der morphologienahen - Präferenz für einfache und relativ gewichtlose Bildungsmittel im Kern der Derivation, zum anderen auch von den Reflexen historischer Differenzen im heutigen Gebrauch. Das Suffix-e passt gut in die Substantivmorphologie insgesamt, wie die relativ vielen vor allem zweisilbigen Bildungen auf Iei zeigen, deren Status im einzelnen recht unterschiedlich ist (s. Fleischer/ Barz 1995, S. 148). In diesem Umfeld haben sich einige Nischen dieses ansonsten heute wenig aktiven Affixes entwickelt, die vor allem auch die heutzutage ,normalen' Bildungstypen in dem entsprechenden Bereich blockieren. In Sonderheit gilt das für die deverbalen Vorgangsbezeichnungen (Suche, Ansage, Folge, Inanspruchnahme), durch die der Normalfall der -ung-Suffigierung blockiert wird, und für die deadjektivischen Eigenschaftsbezeichnungen (Blässe, Frische), die ja auch aus historischen Gründen in Konkurrenz mit Bildungen auf -heit stehen (zu weiteren Gruppen s. Fleischer/ Barz 1995, S. 146- 148). Dennoch gibt es auch Nischen mit Restproduktivität, so bei den deverbalen Gerätebezeichnungen (Reibe, Säge) und ähnlichen Bildungen, die offenbar immer wieder einmal umgangs-/ jugendsprachlich produktiv werden: 133 (312) Mach dir nicht ins Hemd und drück deinen dicken Daumen auf die Funke. (jetzt 07, S. 3) ,Funkgerät' Im Grunde können Autoren, die Juden sind, sich gar nicht auf ihre eigene Schreibe konzentrieren (Beck-Gernsheim 1999, S. 268) ~heit, -schaft, -tum Wenn wir mit den bisher behandelten Typen zentrale deverbale und desubstantivische Bildungen kennengelernt haben, so sei im Folgenden auf den deadjektivischen und kategorienverändernden desubstantivischen Bereich eingegangen. Hier gibt es im zentralen Bereich drei auffällig parallel funktionierende Suffixe, nämlich -heit (mit den Varianten -keit, -(ig)keit),13 4 -schaft und mit Einschränkungen -tum (s. Fleischer/ Barz 1995, S. 169). Wir betrachten diese Bildungen in ihrem Vorkommen als transpositiv, wortart- oder kategorienverändernd. Die Bildungen mit dem Suffix -heit sind der Normalfall der Bildung von Adjektivabstrakta (Schönheit, Auffälligkeit, Verruchtheit, Gespaltenheit) . 135 In dem 133 Daneben als maskuline Personenbezeichnung bei den nichtindigenen Bildungen mit dem Zweitelement {log}: Gerontologe. 134 Vgl. dazu Eisenberg (1998, S. 403). 135 Prinzipielle Einschränkungen sind selten (s. Motsch 1999, S. 354); problematisch ist etwa die Anschließbarkeit bei Adjektiven auf -isch: Schnippischkeit, Störrischkeit, Mürrischkeit (Muthmann 1988, S. 921); die Bedeutung bestimmter Akzentmuster wird verschiedentlich betont (s. Fleischer/ Barz 1995, S. 160; Motsch 1999, S. 354). Das Adjektiv 197 üblichen Übertragungsprozess von Abstrakta auf ihre Ergebnisse bezeichnen entsprechende Wörter zum Teil auch Personen, Dinge oder Ereignisse (eine Schönheit, eine Sehenswürdigkeit, eine Unüberlegtheit). Daneben stehen desubstantivische Kollektiva (Christenheit; Menschheit), die allerdings innerhalb der Bildungsmöglichkeiten für solche Kollektiva nur einen marginalen Platz einnehmen (vgl. Deutsche Wortbildung 2, S. 185). Umgekehrt ist es, wenn man so will, bei -schaft. Deadjektivische Bildungen sind marginal, das Muster ist inaktiv (s. Motsch 1999, S. 356) und bringt selten Eigenschaftsabstrakta (Bereitschaft), großenteils Resultatsbildungen abstrakter (Errungenschaft, Bekanntschaft) oder konkreter Art (Hinterlassenschaft) hervor. Zum Teil verweisen schon deadjektivische Bildungen (Verwandtschaft) auf die desubstantivische Hauptfunktion, nämlich Kollektiva zu bilden. In dieser Funktion ist es das am häufigsten verwendete Suffix (Bürgerschaft, Nachkommenschaft). Zum Teil werden desubstantivische Basen andererseits wieder für Eigenschaftsbenennungen genutzt (Freundschaft, Autorschaft) (s. auch Deutsche Wortbildung 2, S. 90/ 91 und Verweise). Die desubstantivischen Substantive mit dem Suffix -tum schließlich schwanken in einer merkwürdigen Weise zwischen Eigenschafts- und Kollektivbezeichnungen. Daneben gibt es klare Fälle von Eigenschaftsbezeichnungen im desubstantivischen (Strebertum) und deadjektivischen (Reichtum) Bereich. Von diesen letzten Bildungen gibt es allerdings nur eine kleine abgeschlossene Gruppe: 136 (313) Außer den bekannten Vertretern des beamteten Großbürgertums (Wehler 1989, s. 431) So bringen Nichtjuden kleinen Juden bei, was Judentum ist (Beck-Gernsheirn 1999, S. 260) 4.2 Das Adjektiv 4.2.1 Damit man alles charakterisieren kann: Junktion (314) Stahlblau und leicht, bewegt von einem leisen, kaum merklichen Gegenwind, TEXT 14 waren die Wellen des adriatischen Meeres dem kaiserlichen Geschwader entgegengeströmt, als dieses, die mählich anrückenden Flachhügel der kalabrischen Küste zur Linken, dem Hafen Brundisium zusteuerte, und jetzt, da die sonnige, dennoch so todesahnende Einsamkeit der See sich ins friedvoll Freudige menschlicher Tätigkeit wandelte, da die Fluten, sanft überglänzt von der Nähe menschlichen Seins und Hausens, sich mit vielerlei Schiffen bevölkerten, mit solchen, die gleicherweise dem Hafen zustrebten, mit solchen, die aus ihm ausgelaufen waren, jetzt da die braunsegeligen Fischerboote bereits überall die kleinen Schutzmolen all der vielen Dörfer und Ansiedlungen längs der weißbespülten Ufer verließen, um zum abendlichen Fang auszuziehen, da war das Wasser beinahe spiegelglatt geworden, perlmuttern war darüber die Muschel des Himmels geöffnet, es wurde Abend, und man roch das Holzfeuer der Herdstätten, so oft die 136 Eisenbergs (1998, S. 262) Behauptung, diese Bildungen bezeichneten "nicht das Personenkollektiv, sondern die Gesamtheit von Stereotypen, die mit einem Personenkollektiv verbunden sind", gilt nicht in dieser Absolutheit. 198 Wortartenausbau Töne des Lebens, ein Hämmern oder ein Ruf von dort hergeweht und herangetragen wurden. Von den sieben hochbordigen Fahrzeugen, die in entwickelter Kiellinie einander folgten, gehörten bloß das erste und das letzte, beides schlanke, rammspornige Penteren, der Kriegsflotte an; die übrigen fünf, schwerfälliger und imposanter, zehnruderreihig, zwölfruderreihig, waren von der prunkvollen Bauart, die der augusteischen Hofhaltung ziemte, und das mittlere, prächtigste, goldglänzend sein bronzebeschlagener Bug, goldglänzend die ringtragenden Löwenköpfe unter der Reling, buntbewimpelt die Wanten, trug unter Purpursegeln feierlich und groß das Zelt des Cäsars. Doch auf dem unmittelbar hinterdrein folgenden Schiffe befand sich der Dichter der Äneis, und das Zeichen des Todes stand auf seine Stirne geschrieben. (Broch 1976, S. 11) Dieser Text schildert möglichst genau, auch um das Tempo der Szene zu verlangsamen und den Leser zum ruhigen Beobachter des beginnenden Romans zu machen, die Einfahrt der kaiserlichen augusteischen Flotte sie kommt aus Griechenland und hat, wie wir am Ende der Szene erfahren, den sterbenden Dichter Vergil an Bordin den Hafen von Brindisi. Der Autor braucht, teils um die Eindrücke der Wirklichkeit, teils um ihre Einordnungskategorien, teils ihre Eindrücke und Folgen zu schildern, eine ganze Reihe von einordnenden, beschreibenden und wertenden Adjektiven. Und er benutzt dazu die Möglichkeiten der Wortbildung, die das Adjektiv bietet. Das Adjektiv, die primär unselbständige, aber bindungsreiche der nominalen Wortarten, bietet ein zwar dem Substantiv durchaus noch ähnliches Bild von Wortbildungsarten, allerdings mit typischen Akzentverschiebungen. Diese andersartige Schwerpunktsetzung lässt sich mit der prinzipiellen Abhängigkeit und der damit verbundenen Hauptfunktion der Junktion erklären. Ein weiterer Teil der Besonderheiten hängt mit semantischen Eigenheiten der Wortart zusammen, die sich in Oppositionenbildung und verschiedenen Arten von Negierung niederschlägt. Grob charakterisierend kann man dennoch sagen, dass wiederum die Derivation und die Kompositionaber hier in dieser Reihenfolgeden Kern der Wortbildungstechniken bilden, dass außerdem die Präfixbildung mit der Komposition als zentraler Modifikationstyp konkurriert sowie dass die nicht bereits in der Verbmorphologie angelegte Konversion einen marginalen Fall darstellt. 137 Dafür geht eine deutlich ausgebaute Gruppe von Bildungen, die in abgestufter Weise die Art von Junktion zwischen Adjektivbasis und Bezugsnomen charakterisieren, in Richtung syntaktischer Inkorporierung, d.h. es werden in den sogenannten Halbaffixbildungen die in adjektivischen Basen angelegten Abhängigkeiten zu einer paradigmatischen Klassifikation benutzt, und es wird wenn man so will, mit Übergriff in die Morphologie bei den Parti- 137 Gemeint ist natürlich die Partizipialbildung. Wenn man hier an mancher Stelle den Weg zum Verb abgeschnitten sieht, so etwa systematisch beim Partizip I, so muß man das frühereFlexiv {-(e)nd) als aktivisches, modal neutrales deverbales Suffix interpretieren. Daß dabei die Bildungsbeschränkungen minimal sind, wäre nicht so singulärdas passivisch modale Suffix {-bar) ist in seiner Regelhaftigkeit ähnlich unbeschränkt. Für beide Suffixe gilt, daß sie in Anbetracht ihrer leichten Anwendbarkeit auffällig wenig zur massenhaften Bildung unerwarteter Adjektive genutzt werden. Die doch vorhandene Zwischenstellung des Partizip I zeigt sich allerdings in der fehlenden prädikativen Verwendbarkeit; vorkommende Verwendungen zeigen Markiertheitssignale, wie Friedrich Torbergs ironischer Titel Der Beifall war endenwollend vielleicht besonders deutlich zeigt. Das Adjektiv 199 zipialkomposita eine weitere Spezifizierung geleistet. Das relativ Schematische der meisten dieser Bildungen zeigt sich nicht zuletzt daran, dass das Muster analogisch weiterwirkt, selbst wo entsprechende verbale Basen nicht vorhanden sind. Allerdings ist offenkundig, dass hier zudem eine Verbindung mit den normalen adjektivischen Determinativkomposita besteht. Die eigentlichen Determinativkomposita stehen aufgrund der Besonderheiten der Adjektivsemantik immer in der ,Gefahr', in den Bereich der Präfixbildungen überzugehen, was als mehr oder minder lexikalische Kodierung der adjektivtypischen Kategorisierungen Graduierung und Antonymie verstanden werden kann. Auch hier gibt es zudem den Typ der Zusammenbildung, bei dem eine lexikalisch gefasste Relation mit einer anderen Wortart als rechtes Element durch ein Suffix zum Adjektiv erklärt wird. Der Kernbereich der Derivation ist ferner in dem Sinne noch zweigeschichtet, dass Adjektive Eigenschaftswörter oder Zugehörigkeitsadjektive sein können. 138 Schließlich sei erwähnt, dass der Typus Kopulativkompositum beim Adjektiv bei weitem einen festeren Stand hat als beim Substantiv. TEXT.l#ND . Vieles von dem, was das Adjektiv allgemein kennzeichnet, lässt ADJEKTIVTYPEN 1 sich an den komplexen Adjektiven dieses dichterischen Textes zeigen. Man sieht aber auch an dem, was diesem Text fehlt, und was andererseits den oben bereits bei den Substantiven benutzten "Farben"-Text charakterisiert, dass traditionelle Literarizität und Fachlichkeit als Textintentionen offenbar zu unterschiedlichen Bildungsmitteln greifen lassen. Der literarische Text enthält die folgenden komplexen Adjektive: (315) Stahlblau, merklich, adriatisch, anrückend, kalabrisch, sonnig, todesahnend, {riedvoll, menschlich, braunsegelig, weißbespült, abendlich, spiegelglatt, perlmuttern, hochbordig, entwickelt, rammspornig, schwerfällig, zehnruderreihig, zwölfruderreihig, prunkvoll, augusteisch, prächtig, goldglänzend, bronzebeschlagen, ringtragend, buntbewimpelt, feierlich, folgend Wir können versuchen, diese Wörter nach Bildungstypen zu ordnen: (316) DETERMINATIVKOMPOSITIJM: stahlblau, todesahnend, goldglänzend, ringtragend DETERMINATIVKOMPOSITIJMf PRAFIXOID: spiegelglatt DERIVATION (EIGENSCHAFT)- }UNKTION 1: merklich, anrückend, sonnig, perlmuttern, schwerfällig, rammspornig, prächtig, feierlich DERIVATION (ZUGEHÖRIGKEIT)- }UNKTION 1: adriatisch, kalabrisch, menschlich, abendlich INKORPORATION I: ZusAMMENBILDUNG- ]UNKTION 1: braunsegelig, hochbordig, zehnruderreihig, zwölfruderreihig INKORPORATION Il: HALBAFFIXE- }UNKTION 2: {riedvoll, prunkvoll INKORPORATION III: REKTIONSKOMPOSITA - }UNKTION 3: weißbespült, bronzebeschlagen, buntbewimpelt KONVERSION (SEKUNDÄRE VERBVERWENDUNG): entwickelt 138 Vgl. dazu Eiehinger (1982), wo für die Adjektive auf {-isch} gezeigt wird, was das bedeutet, und wie diese beiden Gruppen wieder miteinander zusammenhängen. 200 Wortartenausbau TEXT UND Wir können dieses Bild ergänzen, wenn wir uns ansehen, wie ADJEKTIVTYPEN 2 eine in typischer Weise Fachlichkeit signalisierende Sprechweise dieses Wortbildungsproblem handhabt. Wenn wir das Deutsche, wie die Sprachen in entwickelten westlichen Industriegesellschaften überhaupt, betrachten, so ist ein charakteristisches Merkmal das der zunehmenden Verfachlichung der Diskurse, einer Zunahme von Redeweisen, die Spezialistentum signalisieren, und das auch in Bereichen, die früher alltags- und allgemeinsprachlich behandelt worden wären. Ein gutes Beispiel dafür, was auf diesem Wege mit einem relativ alltäglichen Thema geschieht, ist der oben (vgl. S. 175/ 76) abgedruckte Ausschnitt aus einem Artikel, der sich mit Qualität und Art von Farben befasst, mit denen die Außenseite von Häusern gestrichen wird. Der Artikel ist in der Kundenzeitschrift einer Bausparkasse erschienen, er richtet sich an ein nicht speziell vorgebildetes Publikum. In augenfälliger Weise nutzt dieser Text adjektivische Wortbildungen, um die Qualitätseigenschaften der besprochenen Farben in Worte zu fassen. (317) algizid, alkaliresistent, ausblühfrei, ausreichend, denkmalgeschützt, diffusionsfähig, einkomponentig, filmbildend, fungizid, geruchsarm, haltbar, haushaltsüblich, historisch, hochwertig, hydrophob, kalkreich, kritisch, mikroporös, mineralisch, ökonomisch, organisch, reinigungsfähig, rostunempfindlich, scheuerbeständig, schimmel-, moos- oder algenbefallen, siloxanverstärkt, sinnvoll, spannungsarm, spannungsfrei, strapaziert, tragfähig, umweltschonend, unquellbar, unverseifbar, verarbeitungsfertig, wasserabweisend, wasserdampfdiffusionsfähig, wasserdampfdurchlässig, wasserfrei, wasserverdünnbar, wetterbeständig, wirtschaftlich Diese Bildungen lassen sich den folgenden Bildungstypen zuordnen: (318) DETERMINATNKOMPOSITUM: alkaliresistent, rostunempfindlich, scheuerbeständig, wasserdampfdurchlässig, wetterbeständig DETERMINATIVKOMPOSITUMf PRAFIXOID: (99 f.) mikroporös PRAFIXBILDUNG: DERIVATION (EIGENSCHAFT)- }UNKTION 1: ausreichend, haltbar, kritisch, ökonomisch, unquellbar, unverseifbar, wirtschaftlich DERIVATION (ZUGEHÖRIGKEIT)- }UNKTION 1: historisch, mineralisch, organisch INKORPORATION I: ZusAMMENBILDUNG -}UNKTION 1: einkomponentig, filmbildend, hochwertig, wasserverdünnbar INKORPORATION Il: HALBAFFIXE - }UNKTION 2: algizid, ausbfühfrei, diffusionsfähig, fungizid, geruchsarm, hydrophob, kalkreich, reinigungsfähig, sinnvoll, spannungsarm, spannungsfrei, tragfähig, verarbeitungsfertig, wasserdampfdiffusionsfähig, wasserfrei INKORPORATION III: REKTIONSKOMPOSITA- }UNKTION 3: denkmalgeschützt, haushaltsüblich, schimmel-, moos- oder algenbefallen, siloxanverstärkt, umweltschonend, wasserabweisend KONVERSION (SEKUNDÄRE VERBVERWENDUNG): strapaziert Im zweiten Absatz wird uns mit einer Reihe von Adjektiven aufgezählt, welche Eigenschaften hierbei eine Rolle spielendie entsprechenden Adjektive sind formal relativ auffällig: Das Adjektiv 201 (319) FARBEN: wasserverdünnbar, umweltschonend, geruchsarm, wetterbeständig, scheuerbeständig, wasserdampfdiffusionsfähig BINDEMITTEL: alkaliresistent, unverseifbar BESCHICHTUNGEN: spannungsarm, diffusionsfähig Diese Adjektive vermitteln für einen Text dieser allgemeinen Verbreitung ein beeindruckendes Flair von Fachlichkeit. Warum empfinden wir das so? Um genauer spezifizierte Eigenschaften in ein Adjektiv zu stecken, ist man im Deutschen relativ bald auf Mittel der Wortbildung angewiesen, da das Deutsche nicht einmal ein paar Hundert primäre Adjektive vom Typ jungalt usw. besitzt. Für Zusammenhänge wie den in diesem Artikel beschriebenen reichen solch allgemeine Qualifikationen nicht aus, vielmehr benötigt man Adjektive, die genaue Aussagen im Hinblick auf Zusammensetzung, Verarbeitbarkeit, Umweltkonsequenzen, Haltbarkeit usw. erlauben. Nun bietet die Wortbildung des Adjektivs, will man nicht nur vorhandene Adjektive modifizieren (Typ: schwefelgelb), drei Stufen an Genauigkeit an. Die Genauigkeit betrifft die Exaktheit, mit der angegeben wird, in welchem Sinn das adjektivische Wortbildungsmittel die Basis des Adjektivs mit dem Bezugssubstantiv verbindet. Diese Angabe der Art der Verbindung haben wir Junktion genannt; die drei Wortbildungsarten würden sich dann durch die Art und Funktion der Junktoren unterscheiden. Dabei ist die einfachste, wenn man so will, ungenaueste Art der Junktion die der Ableitung mittels eines Suffixes. Wenn man dazu einmal die drei wichtigsten Adjektivsuffixe -ig, -lieh und -isch heranzieht, kann man sagen, dass sie mit verschiedener Akzentsetzung nur die Instruktion geben, dass es sich um ein abgeleitetes Adjektiv handelt. Bei den Adjektiven auf -ig etwa geht mit dieser Transposition aus anderen Wortarten zum Adjektiv unmittelbar die Zuordnung einer Eigenschaft einher. Bei substantivischen Basen wird bei diesem Prozess oft ein Haben, ein Enthaltensein (waldig) oder ein Vergleich (seidig) angedeutet, bei verbalen Basen geht es um die Disposition zu der im verbalen Lexem genannten Handlung (taumelig). Auffällig ist, dass auf diese Weise natürlich nur solche lexematischen Komplexe in den Adjektivbereich überführt werden, die über relevante Differenzen in den Eigenschaften zu instruieren versprechen. So findet sich am Anfang des obigen Textes die Fügung hochwertige Dispersionsfarben; es geht also um Farben von ,hohem Wert'. 139 Solche Bildungen, die ganz allgemeinsprachlich sind und wenig Signale von Fachlichkeit an sich haben, müssen sich, um die relevante informative Differenz fassen zu können, häufig auf Wortgruppen 140 beziehen. Es ist keine besprechenswerte Eigenschaft, *wertig zu sein; wenn überhaupt, dann geht es um den hohen (s.o.) oder geringen (minderwertig) Wert einer Sache. Der Großteil der Bildungen, die wir in diesem Text finden, liegt auf der nächsten Stufe der Genauigkeit der Junktion, wo die Beziehung zwischen Adjektiv und Bezugssubstantiv im Junktor in eine spezifischere Kategorie eingeordnet wird. Eine wichtige Gruppe darunter bilden Adjektive, bei denen das Wortbildungselement nicht das 139 Nebenher ein schönes Beispiel für die ,Banalisierung', d.h. aber auch weitläufigere Brauchbarkeit, die mit der Lexikalisierung von Bildungen gerne verbunden ist. 140 Diese Redeweise ist leicht ungenau, vielmehr werden lexemarische Kerne mit möglichen Zuordnungsrelationen, aber ohne die Merkmale ihrer syntaktischen Aktualisierung als Basen genommen. 202 Wortartenausbau einfache Enthaltensein wie bei der Ableitung, sondern den Grad des Enthaltenseins angibt, und zwar durch Zweitelemente wie -frei, -arm, -leer, -los, -voll, -reich, -haltig, die in der Wortbildungsdiskussion oft Halbaffixe genannt werden, da sie Merkmale von Kompositionsgliedern und von Suffixen gleichzeitig an sich zu tragen scheinen. Wir wollen an diesem Beispiel die genaue Funktion dieses Typs von Junktoren verdeutlichen. Sie leisten einerseits mehr, liefern genauere Informationen als Suffixe. Mit den normalen Suffixen lässt sich im Deutschen zum Beispiel nicht darstellen, dass eine Eigenschaft im Nicht-Vorhandensein von etwas beruht. 141 So könnte man zu dem Substantiv Wasser allenfalls ein Eigenschaftswort wässerig bilden: eine wässerige Lösung (,eine Lösung, die (viel) Wasser enthält'); aber was ist das Gegenteil davon? Die deutsche Wortbildung hat sich mit einer Reihe von Konstruktionen beholfen, deren Zweitelemente zwar normalerweise selbständig oder zumindest mit einer lexikalischen Bedeutung vorkommenalso so etwas wie den Charakter von Konfixen haben -, die aber in der gebundenen Verwendung in die paradigmatische Differenzierung eines Bedeutungsspektrums eingebunden sind. Dadurch wird die Instruktion, die von diesen Elementen ausgeht, mehr oder minder deutlich auf diese Differenzierung eingeschränkt. Die Wortbildungslehre spricht in diesem Fall, wie gesagt, gerne von Halbaffixen. Wir sehen in diesen Bildungen die reihenhafte Nutzung eines Subtyps von Inkorporation, nutzen doch diese Bildungen durchaus die in den Zweitelementen angelegte Bindungsfähigkeit. Die negative Seite in unserer oben angedeuteten Liste von Bildungen des Enthaltenseins signalisiert das Element -frei. So heißt es in dem Beispieltext, bestimmte Farben seien wasserfrei; morphologisch paraphrasiert und nicht gänzlich von der resultierenden Bedeutung entfernt, sind sie also ,frei von Wasser', man würde aber lieber sagen, sie enthielten kein Wasser. Kann man hier immerhin noch gut auf eine Paraphrase mit frei kommen, so ist das bei den anderen belegten Fällen schon schwieriger: ausblühfrei soll der Naturstein sein, d.h. er soll keine Ausblühungen haben. Sachlich heißt das, dass er keinen freien Kalk enthalten sollte. Auch ein Wort wie spannungsfrei lässt sich nur umschreibend wiedergeben: ,ohne Spannung zu erzeugen'. Die Bedeutung dieses gebundenen -frei signalisiert also einfach das Nichtvorhandensein eines jeweils relevanten Elements. Nun ist man manchmal auch zufrieden (oder gezwungen, zufrieden zu sein) mit nicht gerade vollständiger Abwesenheit, sondern einem geringen Grad des Vorhandenseins, und so spricht unser Text von spannungsarmen Beschichtungen: ,in denen wenig Spannungen entstehen'. Im Gegensatz dazu kann man auch betonen, dass etwas in hohem Grade vorhanden ist: von kalkreichen Putzen ist die Rede. Letztlich hätte man auch noch die Möglichkeit, das einfache Enthaltensein zu signalisieren: wasserhaltig; solch eine Bildung kommt in unserem Text nicht vor. Man kann an dieser Folge von Wörtern schön sehen, wie durch die Reihe dieser Junktoren ein Paradigma aufgebaut wird, das es erlaubt, Graduierungen des Enthaltenseins zur Basis der im einzelnen Wort ausgedrückten Eigenschaft zu machen. Gerade unter den Bedingungen des starken Umwelt- und Gesundheitsbewusstseins ist es wichtig geworden, solche Eigen- 141 Im Unterschied zum Beispiel zu den slawischen Sprachen, bei denen privative Bildungen wohl vertreten sind; allerdings innerhalb eines insgesamt wesentlich deutlicher auf Derivation ausgelegten Wortbildungsarsenals. Das Adjektiv 203 schaften sprachlich systematisch fassen zu können. So sind diese, seit Jahrhunderten angelegten, Muster erst in neuester Zeit systematisch ausgebaut worden. Einen anderen Bereich fachlicher Differenzierung stellen alle die Bildungen dar, bei denen Modalität im Spiel ist, also Bedeutungen aus dem Umfeld von können, müssen, dürfen usw. Auch hier gibt es Ansatzpunkte bei den Suffixen. Vor allem eine passivisch-modale Konverse (,können + Passiv') steckt in den Adjektiven auf -lieh (unbegreiflich), insbesondere aber, und ansonsten semantisch unmodifiziert, in den Bildungen mit -bar. Eine ganze Reihe solcher Wörter enthält auch unser Text, Wörter zudem, die aufgrund ihrer Nichtalltäglichkeit von der zumindest fachsprachlichen hohen Produktivität dieses Musters zeugen. Bestimmte Farben seien wasserverdünnbar (,können mit Wasser verdünnt werden'), das Bindemittel ist unverseifbar (,kann nicht verseifen[! ]'), was immer das konkret heißt. Die Beschichtung ist unquellbar (,quillt nicht'), was eigentlich eine Bildung ist, die im Sinne des Musters (kann-Passiv von Transitiva) nicht korrekt ist und auf eine Ausweitung des Musters weist. Diese Ausweitungen zeigen unter anderem, dass eigentlich in diesem Bereich ein Bildungstyp vermisst wird, der nicht unbedingt passivisch verstanden werden muss, sondern bei dem das ,Können' zu einem mehr oder minder großen Umfang aktivisch im Subjekt steckt bzw. bei dem dazu keine genaue Festlegung getroffen wird. Zu solch einem Mittel wird seit einiger Zeit auf der nächsten Ebene der Halbaffixe der Junktor -fähig ausgebaut. Tragfähig (,in der Lage zu tragen') heißt es von Farben in unserem Text. Den Fachlichkeitscharakter macht wohl am deutlichsten die Bildung wasserdampfdiffusionsfähig erkennbar, die nur sehr schwer paraphrasierend aufzulösen, aber leicht zu verstehen ist. Dass -fähig inzwischen fast neutral zwischen Aktiv und Passiv stehtim Gegensatz zu selbständigem fähig-, zeigt eine Bildung wie reinigungsfähig (,in der Lage zur Reinigung, kann gereinigt werden'). In einem weiteren Sinn gehören zu diesen Modalitätsbildungen auch Adjektive wie das verarbeitungsfertig in unserem Text, die wie Bildungen auf -froh oder -freudig das Können und die Bereitschaft zu etwas signalisieren. Weitere Differenzierungen in diesem Bereich der relevanten Qualitäten von Farben haben keinen Anschluss auf der Ebene der Suffixe. Typischerweise handelt es sich auch hier um negativ akzentuierte Eigenschaften, die sich darauf beziehen, dass eine bestimmte, unerwünschte, Folge nicht eintritt. Diese ,dynamischen' Entsprechungen zu den Nicht-Enthaltenseins-Bildungen von oben nutzen sofort die Ebene der Inkorporation vom Halbaffix-Typ. Hier wird eine Reihe von Zweitelementen reihenhaft genutzt, um ein in der Regel positiv bewertetes negatives Verhalten gegenüber Einflüssen auszudrücken: scheuerbeständig, wetterbeständig, rostunempfindlich, alkalisresistent. Mit diesen deverbal zu erläuternden Junktoren sind wir nicht mehr weit entfernt von den Partizipien und ihrer Funktion in diesem Kontext. Da in sie am unmittelbarsten die vom Verb ererbte Bindungsfähigkeit eingeht, werden sie zu einer weiter differenzierenden Junktion genutzt. Das schlägt sich in den sogenannten Partizipialkomposita nieder. Bei ihnen lässt sich durch die Einbindung des Erstglieds in die Valenzmuster des Verbs eine fast beliebige Genauigkeit erreichen. Auch hier werden aber typischerweise nicht beliebige Szenen genauer ausgestaltet. Häufig geht es vielmehr um eine noch präzisere Ausdifferenzierung dessen, was sich schon auf der 204 Wortartenausbau Ebene der Halbaffixe als kommunikativ relevant erwiesen hat. So werden die gerade zitierten ,Resistenz'-Bildungen geradezu noch gesteigert durch ein Wort wie wasserabweisend. Solch eine Bildung ist nicht glücklich analysiert, wenn man sie als einen Spezialfall von abweisend versteht und damit als ein "normales" Determinativkompositum. Vielmehr handelt es sich um eine Art explikativen Rektionskompositums, wie man im Hinblick auf die Verhältnisse beim Substantiv verdeutlichend sagen könnte. Mit diesem Mittel wird ein ganz spezifisches Sprechen über fachlich relevante Differenzierungen des Verhaltens zwischen Wasser und Farbe möglich. Diese Deutung impliziert, dass der Bedeutungskern des Wortes auf dem Erstelement liegt, d.h. dass die im Vordergrund der Konstruktion stehende zentrale Beziehung in einer Fügung wie wasserabweisende Oberflächen die zwischen Wasser und Oberfläche darstellt. Sie wird im Hintergrund durch die systematische Ausgestaltung der Junktion zwischen diesen beiden Elementen auf die spezifische Szene mit ihren Kontextbedingungen abgestimmt. Für diese Interpretation spricht, dass durch solche Bildungstypen die Paradigmen weiter ausdifferenziert werden, in denen auch die Halbaffixbildungen schon tätig waren. Das kann man an den Bildungen dieser Art in unserem Text sehen, die sich großenteils auf die Haben-Enthaltensein-Relation beziehen und sie schemaspezifisch akzentuieren: schimmel-, moos-, algenbefallen, siloxanverstärkt. Das Vorhandensein von Dingen wie Moos oder Algen wird in das Deteriorisierungsschema des Befalls eingeordnet, das überdurchschnittlich hohe Vorhandensein von Siloxan in das Abwehrschema Verstärkung. 142 4.2.2 überblick: Junktionale Differenzierung 4.2.2.1 Allgemeines Adjektive treten als Attribute links an Substantive; nur an dieser Stelle werden sie flektiert. Sie sind durch regelmäßige und komplexe Kongruenzbeziehungen in die flexivische linke Seite der Nominalgruppe eingebunden. Mit dem Konzept der sogenannten Monoflexion ist gut beschrieben, was an dieser Stelle passiert. Praktisch alle Adjektive können in dieser syntaktischen Funktion auftreten, nur ein Teil von ihnen auch in den unflektierten Verwendungen im Mittelfeld (,adverbial') oder als rechtes Element der verbalen Klammern (,prädikativ'). Ob ein Adjektiv nur in attributiver oder daneben auch in prädikativer, adverbialer oder in beiden Verwendungen vorkommt, korreliert mit weiteren Regularitäten seines Gebrauchs. Die grundlegenden Reihenfolgebeziehungen in der nominalen Klammer, wie sie vom Artikel und seinem Bezugssubstantiv aufgespannt wird, greifen zum Teil auf dieselben Kriterien zurück, die auch die genannten syntaktischen Verwendungen bestimmen. Es spiegelt sich in beiden Fällen eine semantische und funktionale Unterteilung des Adjektivwortschatzes, die zudem noch durch Merkmale der adjektivtypischen Morphologie (,Steigerbarkeit') bestätigt und weiter differenziert wird. 142 Bemerkenswert hier auch der über das verbale Lexem eingebaute ,Graduierungseffekt' als ganz adjektivtypische Leistung. Das Adjektiv 205 RAHMENBEOINGUNC'EN Anhand der skizzierten Gebrauchsregularitäten lassen DERWORTART sich drei funktionale Gruppen unterscheiden, die sich ausgehend von den Wortstellungsregularitäten in der Nominalgruppe folgendermaßen voneinander abgrenzen lassen. Es gibt zunächst die zentralen Eigenschaftswörter. Sie zeigen alle Varianten des Gebrauchs, welche die Wortart Adjektiv im Deutschen überhaupt zur Verfügung hat. So sind sie attributiv, prädikativ und adverbial zu verwenden, sie lassen sich im Paradigma von Positiv, Komparativ und Superlativ variieren und bilden auch den zentralen Kern in der Nominalklammer des Deutschen. Wenn mehrere Adjektive an dieser Stelle auftreten, nehmen sie die funktionale Mitte ein, an der die Bezugsrichtung adjektivischer Attribute umschlägt: was rechts davon kommt, klassifiziert den lexematischen Kern der Nominalgruppe, der im Substantiv ausgedrückt ist, was links davon steht, expliziert die im Artikel angelegten Züge der Determination und Situierung. Auf beiden Seiten dieser prototypischen Adjektivederen Kern zweifellos die formal primären, semantisch häufig paarigen Lexeme wie gutschlecht oder jungalt bildennimmt allmählich der Grad an Adjektivität ab. So sindwenn wir uns in Richtung Substantiv bewegen- Farbwörter wie gelb zwar noch syntaktisch vielfältig verwendbar, aber nicht mehr morphologisch komparierbar. Bei den unmittelbar am Substantiv stehenden Adjektiven, die einen Bezugsbereich für das Substantiv angeben (französische Regierung), ist davon im wesentlichen nur der attributive Gebrauch und die flexivische Einbettung in das Kongruenzsystem übriggeblieben. Am anderen Ende des Spektrums in Richtung Artikel -, befinden sich die Kardinalzahlen, welche die implizite Einzahl-Mehrzahl-Unterscheidung des Artikels spezifizieren und selbst die Flexion aufgeben. Wenn wir diese Gruppen im Hinblick auf die Komplexität der auftretenden Lexeme betrachten, so finden sich primäre Adjektive im Bereich der eigentlichen Eigenschaftswörter sowie an den Rändern dieser Gruppe in Richtung Substantivdie genannten Farbwörter sind Beispiele dafür. In Richtung Artikel wären die einfachen Zahlwörter zu nennen, deren Sonderstatus in mancher Hinsicht offenkundig ist. Bei den anderen Gruppen gibt es ohnehin nur komplexe Lexeme, da sie ja prinzipiell eine Relation zu einem Basislexem herstellen; bei den örtlich und zeitlich situierenden Adjektiven auf der Artikel-Seite ergeben sich so z.B. die deadverbialen Bildungen wie dortig oder heutig, bei den Nominalklassifikatoren spielendesubstantivische Bildungen wie quadratisch oder mathematisch eine große Rolle. Auch im Bereich der Eigenschaftswörter gibt es aufgrund der relativ geringen Zahl primärer Adjektive einen Ausbaubedarf, der zum Teil durch den Bezug auf andere Wortarten gestillt wird: ein Beispiel dafür mag sein, dass schon die nicht mit einem primären Adjektiv besetzte semantische Gegenposition zu schön mit der Derivation hässlich gefüllt wird. Wie man an diesen Beispielen sieht, sind komplexe Adjektive, die mit Mitteln der Transposition entstanden sind, mit Mitteln also, die es erlauben, Basislexeme unterschiedlichster Charakteristik in die Wortart Adjektiv zu integrieren, besonders häufig. Die Mittel der Modifikation, die Mittel aus dem Umfeld der Komposition also, welche Neues durch Spezifizierung bereits vorhandener adjektivischer Lexeme schaffen, haben dann ihren quasi natürlichen Angriffspunkt bei den primären Adjektiven. Wenn durch Determination spezifische Eigenschaftsbenennungen geschaffen werden, dann greift das auf Eigenschaftswörter aus, die durch Trans- 206 Wortartenausbau position entstanden sind. Aus funktionalen Gründen sind bei den Nicht-Eigenschaftswörtern eher verschiedene additive Formen, Kopulativkomposita (naturwissenschaftlich-technisch) zu finden. Der Bedarf an neuen Eigenschaftswörtern wird neben der Modifikation in der Komposition auch durch entsprechende transpositive Mittel gestillt, und zwar durch bestimmte derivationeile Mittel und durch eine spezifische Art der Konversion. Unter den häufigen Adjektivsuffixen dient vor allem -ig unmittelbar diesem Zweck. Benennungsstiftend wirkt die Häufigkeit und Üblichkeit von etwas, was zu desubstantivischen Bildungen wie steinig oder deverbalen Wörtern wie zittrig führt. Das andere Mittel ist eine Art von Konversion, die man nicht gewohnt ist, als solche zu betrachten; es handelt sich um die Umkontextualisierung von Bildungen, die ihrerseits durch Transposition entstanden sind. Primär als nicht-zentrale Adjektive gedacht, nehmen sie syntaktische Positionen von Eigenschaftswörtern ein und geben uns so die Instruktion, sie als Eigenschaftsmetaphern zu lesen. So werden eigentlich klassifikatorische Benennungen wie hölzern, bei dem -ern das Bestehen aus dem Material Holz als attribuierbares Merkmal zur Verfügung stellt (hölzerne Löffel), in Kontexte gebracht, die uns anweisen, sie als Eigenschaftswörter zu verstehen. Dazu gehören prädikative und adverbiale Verwendung, Komparation und die Verbindung mit Substantiven, bei denen die klassifikatorische Lesart keinen Sinn macht, so dass wir nach einer Lesart suchen, die von typischen Merkmalen der Basis ausgeht: hölzernes Benehmen als marionettenhaft [! ]ungeschicktes. Adjektive scheinen dieser Konversion um so leichter zugänglich zu sein, je inhärenter das Klassifikationsmerkmal ist, was man unter anderem daran sehen kann, dass die entsprechenden Informationen auch oder vielleicht sogar geläufiger in Substantivkomposita eingehen können. Die Kategorie des Materials ist sicher von dieser Art: Holzlöffel ist zumindest ebenso geläufig wie hölzerner Löffel, und so ist das klassifikative Adjektiv schon stilistisch auffällig, und wir denken bei ehern, eisern, stählern vielleicht ohne Kontext schon an die entsprechenden Eigenschaftswörter. Bietet so die Derivation Möglichkeiten der Verschiebung an, so werden auch bestimmte Bereiche der Komposition dazu benutzt, eine Zwischenstufe der Abstraktion zwischen dem ,individuellen' Kompositum und dem sehr weit generalisierenden Suffix zu schaffen. Hier werden die rektionalen Anhindungsmöglichkeiten bestimmter Zweitelemente über das hinaus ausgedehnt, was ihre selbständige Verwendung erlauben würde, und über dieser erweiterten Verwendung wird ein neues paradigmatisches Muster ausgebaut. Auf dieser Basis wird etwa durch Adjektive, die auf Zweitelemente wie -fähig, -bereit, -freudig, -willig enden, das System der Eigenschaftsbezeichnungen ausdifferenziert, bei denen das Können und Wollen von etwas im Kern steht; dieser Typ wird bei der Suffixwortbildung vor allem durch das Suffix -bar vertreten, allerdings in sehr beschränkter Weise. Man kann zeigen, dass der Ausbau dieser Muster einer grammatikalisierten Komposition mit Uminszenierungen gegenüber unseren Erfahrungen mit der syntaktisch freien Verwendung der Zweitelemente verbunden ist: eine Fügung wie beihilfefähige Kosten verlangt von uns die Konstruktion eines Schemas, das sich an generalisierbare Erfahrungen in der Sprechergemeinschaft anschließen lässt. Einen noch weitaus differenzierteren Ausbau solcher Schemata erlaubt uns eine weitere Gruppe von Bildungen, die von ihrer morphologischen Basis her schon auf Schematisierung angelegt ist. Es handelt sich um die sogenannten Partizipialkompo- Das Adjektiv 20] sita. Partizipien bilden hier das Zweitelement, so dass sie die szenesetzende Kraft der Wortart Verb, aus der sie ja kommen, in die Adjektivwortbildung hineintragen. Wo die Verfestigung einer nominalen Verbform zum Adjektiv genau eintritt, mag im Einzelfall strittig sein, man kann aber auch in diesen Fällen sehen, wie bestimmte häufige Muster innerhalb der Wortart Adjektiv unabhängig von der verbalen Basis produktiv werden. Das mag die folgende Reihe zeigen: goldverziert goldbestickt goldbesterntgoldbe.. ? .. goldbebrillt. Vor allem passivische Bildungen sind hier ein schier unerschöpflicher und kontextsensitiver Fundus für neue Wörter. Wir haben bei der Modifikation, also der Veränderung beim Verbleib im gleichen semanto-syntaktischen Feld, bisher nur eher beiläufig von der Komposition gesprochen. Die Komposition ist dafür das klassische Mittel, ihr funktionaler Raum wurde oben schon angedeutet. Es gibt eine Reihe von Bildungstypen, doch nicht sehr viele sind sehr produktiv, man vergleiche etwa kausale Bildungen wie kältestarr. Vor allem modale Bildungen wie wachsweich rücken mit ihrer steigernden Bedeutung in die Nähe der bei den Adjektiven im Vergleich zum Substantiv deutlich stärker ausgebauten Präfixbildungen. Schon die Bedeutungsnische der Steigerung deutet an, dass die Präfixbildung gerade in solchen Bereichen besonders intensiv genutzt wird, die adjektivtypische Merkmale betreffen. Die außerordentlich vielfältige Reihe von Präfixen, mit denen eine reale oder emotionale Graduierung ausgedrückt wird, macht fast den Eindruck, als werde hier prämodifizierend eine Komparationsmorphologie zweiter Art entwickelt, mit Bildungen wie tieftraurig, hochgefährlich, erzkatholisch, wobei dieser Modifikationstyp mehr (feuerrot: ,sehr rot') oder minder (mausetot: ,besonders tot') gleitend in den anderen der Komposition übergeht. Der andere zentrale Bereich der Präfigierung ist die antonymische Negation, die in der angedeuteten Paarigkeit der primären Eigenschaftswörter angelegt ist und dieses Muster ausbaut (untot), aber auch sonst entsprechende Zweiteilungen (nicht-, pseudo- ... )vorschlägt. Auch in den durchsichtigen Bildungen des Adjektivwortschatzes steckt ein diachrones Spektrum von Bildungen und Bildungstypen unterschiedlichen Alters. Die Frage der Aktivität und Produktivität, der Isoliertheit und Anbindbarkeit der verschiedenen Bildungstypen läuft eigentlich darauf hinaus, den Wert dieser Schichtungen für die heutige Sprechergemeinschaft zu ermitteln. Die Antwort ist schwierig, wenn sie aber nicht versucht wird, kommt eine Verwirrung in die Beschreibung, die diesem katachronischen Periskop entspricht. Wir wollen hier um der Klarheit der Darstellung willen eher Grenzen ziehen und die Frage der Durchsichtigkeit von der einer regelhaften Rekonstruierbarkeit auf der Ebene eines alltäglichen Sprachgebrauchs zu trennen versuchen. So scheint bei manchen durchsichtigen Bildungen die ehemals vorhandene Regelhaftigkeit im kollektiven Bewusstsein vergessen worden zu sein. Idiomatisierung und Unnatürlichkeit gegebenenfalls noch möglicher Paraphrasen scheinen deutliche Hinweise darauf zu sein. So sind die vor allem in gesprochener Sprache gar nicht so selten verwendeten Adjektive auf -bar, welche die alte ,tragen'-Bedeutung tradieren- Adjektive wie fruchtbar oder dankbarsolche Inseln eines allenfalls strukturellen Erinnerns. Ähnliches gälte für die passivisch-modalen Bildungen auf -lieh (wie unbestechlich). Ja, ganze Suffixe scheinen in diesem Sinn vergessen worden zu sein: so das Suffix-sam, das einen hohen Anteil stilistisch markierter Verwendungen aufweist- 208 Wortartenausbau nicht nur Uhlands Kaiser Rotbart lobesam oder Brechts Aufhaltsamer Aufstieg des Arturo Ui, sondern auch nicht so herausgehobene Adjektive wie bedeutsam können durch eine synchrone Wortbildungsanalyse nicht weiter erhellt werden. TE)(T UN,D Natürlich haben alle diese Wortbildungen einen unterschiedli- ADJEKllyryPEN 3 chen Sitz im sprachlichen Leben; so ergeben die vorliegenden Untersuchungen zu geschriebener und gesprochener Sprache ganz unterschiedliche Verhältnisse in der Nutzung verschiedener Wortbildungsarten und Wortbildungsmittel des Adjektivs. Aber auch innerhalb des geschriebenen Deutsch gibt es zum Beispiel eine Reihe von Bildungen, die als fachsprachliche Signale gelesen werden. Wir wollen versuchten, im Folgenden den Kern eines nicht zu spezifischen schriftsprachlichen Gebrauchs auszuleuchten. Beginnen wir dazu mit einem Stück essayistischer Prosa, das weniger stilistische AuffäHigkeiten zeigt als die bisher gewählten Beispieltexte dieses Kapitels: (320) Keine zwei Stunden Fahrt von Stockholm entfernt, im nördlichen Uppland, wirkt TEXT 15 die schwedische Landschaft bereits öd und menschenleer. Aber dieser Eindruck trügt. Wer hier anfinge zu graben, stieße auf prähistorische Siedlungen, fände da das Fundament einer verlassenen Kirche und dort die Reste eines aufgegebenen Hammerwerks. Und der Reisende, der sich mit Geduld und mit einer guten Karte gewappnet hat, wird mitten in dieser gleichförmigen, ebenmäßigen Waldregion noch mehr entdecken: ein kleines Wunder der frühen industriellen Zivilisation. Lenßsta Bruk, heute eine still vor sich hinträumende Siedlung abseits der großen Verkehrswege, führt dem Besucher aus der Gegenwart das fast intakte Bild eines utopischen Gemeinwesens aus dem achtzehnten Jahrhundert vor Augen: Im Zentrum, von einem alten Park umgeben, das Herrenhaus, das sich im großen Wasserreservoir spiegelt- Teil eines kunstvollen hydraulischen Systems, das die Kräfte der Natur der menschlichen Natur dienstbar machte; jenseits des Wassers in symmetrischer Anordnung die Wohnhäuser der Verwalter, der Schmiede und der Handlanger; daneben die Schule, die Apotheke, die Wohnung des Arztes; der hölzerne Turm, dessen Glocke die ganze Gemeinde zur Arbeit rief; und die kleine, ebenso karge wie prächtige Kirche, die mit einer der schönsten Barockorgeln des europäischen Nordens geschmückt ist. (Enzensberger 1987, S. 35/ 36) Dieser Text führt uns auf eine Reise und versucht, uns einen räumlichen und sachlichen Zusammenhang sichtbar zu machen, ihn zu beschreiben und gelegentlich zu bewerten. Bei der Schilderung von Raum und Zusammenhängen finden wir eine Reihe von Adjektiven, die Zusammenhänge deutlich machen, Nominalklassifikatoren von unterschiedlicher Nähe zum Substantiv: dazu gehört die Richtungseinordnung nördlich wie die staatliche: schwedisch (auch europäisch), die generelle (prähistorisch) und konkrete (achtzehnt) zeitliche wie die institutionell-prozedurale: industriell, menschlich. Manche dieser Bildungen erlauben es, adverbiale Beziehungen zu nominalisieren: in symmetrischer Anordnung, etwas indirekter auch eines [...] hydraulischen Systems. Manche solche Klassifikation steht an der Grenze zur Eigenschaftszuordnung (der hölzerne Turm). Aber auch eine Reihe zentraler bewertender Eigenschaftswörter finden sich: menschenleer, gleichförmig, ebenmäßig, kunstvoll, Das Adjektiv 2.09 dienstbar, prächtig; am Rande steht wohl utopisch, das vermutlich die Konversion vom Zugehörigkeitsadjektiv mitgemacht hat. Auch die lexikalisierten Partizipien verlassen und aufgegeben sind in anderer Weise durch Konversion zum Eigenschaftswort geworden, während vor sich hinträumend eher verbale ad-hoc-Integration darstellt. Formal auffällig ist natürlich die weitgehende Prävalenz der expliziten Suffixableitung, ergänzt durch Konversionsprozesse und jenen generischen Typ von Komposition, der gelegentlich als Halbaffixbildung bezeichnet wird. So zeigt denn dieser Text viel von dem, was die adjektivische Wortbildung insgesamt prägt. Es stehen nebeneinander Eigenschaftswörter (Adjektive I), Zugehörigkeitswörter (Adjektive II) und Adjektive (Adjektive III), die aus einer adverbalen Verwendung in die eine oder andere Richtung tendieren: (321) Adjektive I gleichförmig, ebenmäßig, prächtig, verlassen, aufgegeben (322) Adjektive II nördlich, schwedisch, prähistorisch, utopisch, europäisch, menschlich (323) Adjektive III industriell, hydraulisch, symmetrisch (324) Eigenschafts-Attributiva vor sich hinträumend, hölzern ZUSAMMENFASSUNG Des gleichen kann man aus den hier verwendeten Adjektiven auch Indizien über die zentraleren und marginaleren Bildungstypen entnehmen. Ganz offenkundig zentral ist die Wortbildungsart der (Al) Derivation, der Suffixbildung mit den daran sich anschließenden inkorporierenden Varianten der (A2) Zusammenbildung. Die andere zentrale Stelle liegt bei (B 1) Rektionskomposita, deren Elemente sich gerne in Richtung inkorporierender (B2) Junktorenreihen entwikkeln. Bei geringerer semantischer Größe des jungierenden Elements kommen Elemente dieser Klasse auch von (A2) her. Sind (A2) und (Bl) jene Wortbildungsarten, die sich an Syntaktisches anlehnen und machen (Al) und (B2) die eigentliche junktive Leistung der Adjektivwortbildung deutlich, so verweisen (Cl) Umkategorisierung/ Konversion und (C2) Präfigierung auf die Wortartenmorphologie; dabei zielt (Cl) auf Kategorisierung, (C2) auf Modifikation. (D) Determinativkomposita stellen im wesentlichen eine Möglichkeit dar, diese Modifikation in anderen Relationen zu ergänzen. In dieser Hinsicht sind sie Nachbarn des (E) Kopulativkompositums, das Mischeigenschaften benennt. Diese Untergliederung orientiert sich zudem an den Adjektiven I, den Eigenschaftswörtern, während die Zugehörigkeitswörter (Adjektive II) im Feld Derivation, Zusammenbildung,} unktionsreihe bleiben. Die Typen (A), (B) und (Cl) gehören der Transposition an, 143 (C2), (D) und (E) der Modifikation. Die funktionalen Zusammenhänge zwischen den Bildungen haben wir oben schon 143 Das kann man wohl auch für den Typ bläulich sagen, der sich immerhin als semantischer Kategorienwechsel verstehen lässt. Auf diese Art und Weise würden übrigens auch die sonstigen Diminutiva, Augmenativa und auch die Motion ihre Sonderstellung verlieren. 210 Wortartenausbau angedeutet, so dass wir uns hier auf die Andeutung der wichtigsten formalen Muster beschränken können. 4.2.2.2 Derivation: Wortartensymbolisierung Die Derivation (A1) stellt, wie wir oben schon ausgeführt haben, die dominante Wortbildungsart beim Adjektiv dar. Man kann das Inventar der hier beteiligen Mittel und Typen auf zwei Weisen darstellen. Zum einen kann man von der Form der Suffixe ausgehen und ihre Funktionen beschreiben, zum anderen kann man zunächst die jeweilige Transpositionsleistung als zentral ansehen und nach diesem distributioneilen Kriterium desubstantivische von deverbalen Bildungen unterscheiden. Adjektive dienen ja grundsätzlich dazu, ein Bezugswort zu modifizieren: die attributive Beziehung ist der Paradefall für diesen Sachverhalt. Daher tritt bei den desubstantivischen Bildungen prinzipiell der gleiche Fall ein wie bei denN + N-Komposita, dass nämlich zwei nominale Lexeme zueinander in Beziehung gesetzt werden 144 • Allerdings bieten die Suffixe, die ja aus der Basis der Wortbildung ein Adjektiv machen, gewisse Möglichkeiten, diese Junktion in mehr oder minder deutlicher Weise zu modifizieren. So kann man denn zunächst auch versuchen, etwas genauer herauszubekommen, welche Funktionen denn die Suffixe erfüllen. DESUBSTANTIVISCH Dabei kann man zum Beispiel für die Suffixe -isch und -lieh das Folgende feststellen. Beide Suffixe werden überwiegend desubstantivisch verwendet, die Duden Grammatik (1998, S. 546) nennt für -isch einen 95%-Anteil. Beide Suffixe bilden Adjektive II und Adjektive I. Adjektive II signalisieren verschiedene Arten von Bereichszuordnung: (325) Adjektive II -iseh: französisch, germanistisch, napoleonisch, europäisch, ethnologisch, buchhändlerisch -lieh: bäuerlich, herbstlich, kirchlich, väterlich, abendlich, muttersprachlich, betrieblich, weiblich, wettbewerb/ ich, volkskundlich Man kann hier schon etwas über gerrauere Distributionsbedingungen sagen: -isch steht offenbar bevorzugt bei fremdsprachlichen und fachlichen Bildungen, bei Staaten, Institutionen, Personen, Wissenschaften, oft auch in der oben beschriebenen typischen Suffixalternanz, -lieh steht nur bei indigenen Basen, dort aber bei den verschiedensten Formen. Beide bilden auch Adjektive III, bei denen man die adverbale Modifikation als grundlegend annehmen würde: 145 (326) Adjektive III -iseh: alphabetisch, mathematisch, fachmännisch, telefonisch, elektronisch, kaufmännisch, deklaratorisch -lieh: abecelich, fachlich, ärztlich, brieflich, eidlich, ganzheitlich, gräulich, schriftlich 144 Eine solche Analyse für die Adjektive auf -isch findet sich in Eiehinger (1982). 145 Die folgenden Adjektive sind zumeist Muthmann (1988) entnommen. Das Adjektiv 2.11 Natürlich sieht man bereits, welche Handlungstypen auf diese Weise modifiziert werden können, jedoch wird das Wortbildungsmuster davon zunächst noch nicht berührt. Auf dieser Ebene ist sicherlich wichtiger, dass mit -isch die abstraktere Ebene angesprochen wird, so dass beim selben Typ -lieh stärker die Person (hautärztlich) oder die Art und Weise (mündlich) akzentuiert, -isch eher über den Bereich spricht (dermatologisch; elektronisch). Beide Suffixe bilden auch Eigenschaftswörter (Adjektive 1). Das kann dadurch geschehen, dass Eigenschaftssubstantive durch das Suffix in den Adjektivbereich transponiert werden. Wenn man so will, ist das eigentlich dieselbe Funktion wie bei den Adjektiven II, nur bezogen auf Basen, die ihrerseits Eigenschaften bezeichnen. (327) transponierte Adjektive I a -isch: spöttisch, argwöhnisch, harmonisch, chaotisch, idyllisch, heimtückisch, akribisch, charismatisch -lieh: ehrlich, friedlich, sündig, glücklich, gefährlich, leidenschaftlich, witzig Eine formale Variante stellen Bildungen dar, die sich, tatsächlich oder nur strukturell, auf eine Personenbezeichnung beziehenbei den -isch-Adjektiven liegt hier ein Übergang zu den deverbalen Bildungen vor. (328) transponierte Adjektive I b -isch: närrisch, ehebrecherisch, grüblerisch, gaunerisch, prophetisch -lieh: freundlich, feindlich, spießbürgerlich Es ist von hier nur ein Schritt dazu, dass die gemeinte Eigenschaft metaphorisch durch einen Vergleich angesprochen wird; das bezieht sich im einen Fall auf Bereichzuordnungen, die bei den Adjektiven II oder III schon vorgegeben sind: (329) metaphorische Adjektive I a -isch: aristokratisch (,edel'), allergisch (,empfindlich'), preußisch (,überkorrekt'), viktorianisch (,prüde'), salomonisch (,klug, gerecht'), faustisch (,zerrissen'), aerodynamisch (,aerodynamisch günstig'), ästhetisch (,schön') -lieh: kindlich, väterlich, mütterlich, weiblich, fraulich, (un)sittlich, durchschnittlich, christlich, sportlich In einer anderen, kleineren, Gruppe wird unmittelbar verglichen: (330) metaphorische Adjektive I b -isch: kindisch, weibisch, herrisch -lieh: meisterlich Einfacher sind die Verhältnisse schon bei dem dritten großen Suffix, -ig. Desubstantivische Bildungen steuern unmittelbar auf Eigenschaftsbenennungen zu, indem ein Vergleich angestellt wird oder indem das typische, konstitutive, übermäßige o.ä. Vorhandensein eines Elements zur Eigenschaftsbenennung genutzt wird: (331) ,Vorhandensein' narbig, farbig, geldig, sandig, schrundig, seifig, bergig, bauchig, zackig (332) ,Vergleich' bombig, zombig, affig, breiig, milchig, kugelig, flaumig 212 Wortartenausbau DEVERBAL Die deverbalen Verwendungen dieser drei großen Affixe sind weniger ausgebreitet. Sie machen ja auch, wie angedeutet, nur einen kleinen Teil dieser Bildungen aus. Bei den -isch-Adjektiven handelt es sich um eine recht kleine Gruppe mit aktivischer Bedeutung, was vor allem daran liegt, dass der Bezug auf verbal ausgedrückte Merkmale zumeist über die Suffixkombination -er-isch hergestellt wird, die im Zweifelsfall den Eindruck einer Derivation von einem nomen agentis auf -er erweckt, das das prinzipielle, andauernde der ausgedrückten Disposition zusätzlich betont. (333) lügnerisch, mürrisch, nachträgerisch Das Suffix -lieh kennt eine größere Menge lexikalisierter passivisch-modaler Bildungen (allerdings ist das zugrundeliegende Muster nicht mehr aktiv) sowie eine kleinere Menge von aktivischen Dispositionsadjektiven: (334) ,passivisch-modal' glaublich, unerfindlich, käuflich, verkäuflich, unverkäuflich, unübersteiglich, undenklich (335) aktivisch: ,Disposition' schädlich, sterblich, einträglich, nachdenklich, merklich Das Suffix -ig, das sich ja auch sonst schon gegenüber den anderen beiden Suffixen hat differenzieren lassen, ist im Unterschied zu -isch und -lieh, eines der beiden zentralen Affixe im deverbalen Bereich, und zwar im aktivisch-modalen Bereich (s. Duden-Grammatik 1998, S. 543), wenngleich auch die Frage der Aktivität oder Produktivität dieses Musters für ,Dispositionsadjektive' strittig ist. 146 So gibt es eine größere Menge von durchsichtigen Bildungen dieses Typs, z.B.: (336) schlampig, klebrig, schläfrig, knurrig, bedürftig Ansonsten ist der deverbale Bereich bei den Suffixen eher schwach besetzt, was zweifellos damit zu tun hat, dass hier die in den Partizipien vorliegenden Möglichkeiten zur Umkategorisierung genutzt werden. Das zentrale Suffix in diesem Bereich ist-bar, das etwas leistet, was die Partizipien nicht können, nämlich die passivisch-modale "Konverse" des Verbalinhalts: ,kann getan werden'. Was schon diese sehr syntaxnahe Funktion andeutet, bewahrheitet sich auch: bis auf die Beschränkung auf passivierbare Verben gibt es keine grundsätzlichen Restriktionen bei der Bildbarkeit [! ] dieser Adjektive; es seien daher nur einige Beispiele genannt, bei denen die in der Akzeptabilität als problematischer geltenden Simplicia als Basen dienen: (337) regelhafte -bar-Bildungen schmiedbar, bildbar, pfändbar, zündbar, strafbar, greifbar, prüfbar, tragbar, biegbar, waschbar Problemloser sind Bildungen mit Präfixverben als Basis, oft mit einer regelmäßigen Antonymenentsprechung mit un-: bespielbarunbespielbar. 146 Motsch (1999, S. 312) erwähnt diesen Typ nicht, Fleischer/ Barz (1995, S. 257) halten ihn für rückläufig. Das Adjektiv 213 In Texten ist auffällig, dass diese so einfache Bildungsmöglichkeit bei weitem nicht so systematisch genutzt wird, wie man vermuten könnte. Der Wortbildungscharakter wird auch deutlich an der Idiomatisierung zumindest vieler un-Bildungenso stehen neben dem tragbaren Fernseher die untragbaren Zustände- und nicht zuletzt an einer gewissen Neigung zur analogischen Weiterung. Viel diskutiert war dabei die Bildung unverzichtbar, aber auch werbungssprachliche Versuche vom Typ unkaputtbar finden sich. 147 Ein Durchziehen des rein syntaktischen Gebrauchs dieser Bildungen hat, wie man der Ironisierung durch den folgenden Anzeigentext, der zum Zeichnen von Aktien aufruft, entnehmen kann, den Charakter pedantischer Fachlichkeit: (338) Nur für kurze Zeit zeichenhart Bitte bevorraten Sie sich! (infineon-Anzeige in der SZ vom 21.2.2000) "KLEINERE« SUFFIXE Die sonstigen Suffixe besetzen kleinere Nischen des im Adjektivbereich möglichen Ausdrucksspektrums. Das sei nur noch an einigen desubstantivischen Mustern angedeutet. Eine auffällige Kleingruppe stellen die Materialadjektive mit dem Suffix -e(r)n dar, von golden, silbern, eisern bis tönentönern in seiner Suffixalternanz angedeutet. Diese Materialwörter sind ja auch durch Stellung und syntaktische Verwendung herausgehoben, als Wörter, die eine Art Eigenschaft bezeichnen, die aber doch nur attributiv verwendbar sind, allerdings durch Vergleichsbeziehungen zu ,echten' Eigenschaftswörtern werden können: ein hölzerner Mensch, ist einer, der sich so verhält. Die Funktion der -haft-Bildungen wurde oben schon angedeutet; sie setzen ein deutlicheres Signal für Eigenschaftsbezeichnungen aus einem Vergleich, als das die funktional durchaus vergleichbaren Entsprechungen mit -ig tun. Dieses Muster eröffnet auch den Einbezug weiterer Basen, vor allem wegen der Nutzung der-en-Fuge, d.h. auch von Substantiven, die diesem Pluraltyp folgen: (339) lausbubenhaft, balladenhaft, lügenhaft, skizzenhaft Dieser Wortbildungstyp ermöglicht ferner einen formal einheitlieberen Einbezug zusätzlicher Basen, die zum Teil sonst mit -isch verbunden werden oder mit den üblichen Suffixen gar nicht kombiniert werden könnten: (340) berserkerhaft, krämerhaft, bullenbeißerhaft, philisterhaft, roboterhaft, amateurhaft, rowdyhaft, gotthaft Bemerkenswert sind letztlich noch die in diesem Bereich auftretenden Fremdsuffixe, die jeweils mit entsprechenden Mustern der vorbildhaften Bildungssprache korrelieren. Genannt sei nur das sich offenbar in letzter Zeit einer gewissen Beliebtheit (sensitiv, sportiv, emotiv) erfreuende Suffix -iv, das dem lateinischen -ivus entspricht und durch die Gültigkeit dieses Musters im Englischen gestärkt wird, so dass andere bei derselben Basis denkbare Bildungen (sensibel, sportlich, emotional) oder auch Ver- 147 Solche Erweiterungen wegen der systemstörenden Wirkung in einer syntaktisch basierten Erklärung und aufgrund ihrer schwankenden Akzeptabilität nicht zur Kenntnis nehmen zu wollen, scheint mir nicht glücklich (vgl. Siebert 1999, S. 68-70). 214 Wortartenausbau wendungsweisen (initiativ werden vs. Initiative ergreifen) weniger modern erscheinen. Das hat sicherlich mit der deutlichen Fachlichkeitsinstruktion zu tun, die von diesen Bildungen ausgeht. 148 4.2.2.3 lnkorporationstypen und Reihenbildung: Junktionstypen Zur Benennung kommunikativ relevanter Eigenschaften bedarf es allerdings der Möglichkeit, Modifikationen einzubauen und daraus ein System von Junktionen zu erstellen. Es werden dazu zwei Wege genutzt, die wir in Anlehnung an die gängige Terminologie Zusammenbildungen und Rektionskomposita genannt haben. An beide Formtypen schließen sich dann Reihenbildungen an. Die Zusammenbildung lässt sich als die Möglichkeit verstehen, mit den Mitteln der Derivation auf lexematische Konstellationen zuzugreifen, die syntaktisch als Attributkonstruktionen realisiert würden, die Rektionskarnposition nutzt die von adjektivischen und partizipialen Zweitelementen ausgehenden Abhängigkeiten. ZUSAMMENBiLDUNGEN Die Standardmöglichkeit bietet die Zusammenbildung mit den sich anschließenden reihenbildenden Mustern. Wir wollen darunter diejenigen Bildungen verstehen, die man umschreibend kompositionsartige Halbaffixe nennen könnte. Zusammenbildungen betreffen zuvorderst die kommunikativ relevanten Differenzierungen von Merkmalen, die bestimmten Objekten inhärent sind. Wir sind an verschiedenen Stellen schon darauf zu sprechen gekommen (vgl. auch Motsch 1999, S. 225, 231, 239, 256): (341) rundschultrig, vierrädrig, scharfkantig, dickköpfig usw. Man sieht an diesen wieder aufgerufenen Beispielen, dass hier Eigenschaftswörter geschaffen werden, indem ganz spezifische Merkmale eines generellen inhärenten Merkmals (z.B. ,Fahrzeuge haben Räder') benannt und so zu einem klassifizierenden Merkmal gemacht werden. Formal und inhaltlich stehen diese Bildungen ganz in der Nähe von zwei anderen Wortbildungstypen, nämlich einerseits der einfachen Derivation, insofern sie sich auf ein entsprechendes Kompositum beziehen, wie etwa sangesfreudig zu Sangesfreude, so dass hier bereits lexikalisierte ,Eigenschaftskombinationen' zugeordnet werden. 149 Andererseits grenzen hier unmittelbar die Rektionskomposita an, die von der lexikalischen Nutzung der in adjektivischen Lexemen angelegten Abhängigkeiten leben: (342) verehrungswürdig, arbeitsfähig, lebenstauglich 148 Außer der Reihe ist bemerkenswert, dass das Suffix -ig eine spezielle Rolle im Bereich Adverbien und auch Adverbialfügungen zu spielen scheint. Das beginnt damit, dass Adverbien wie dort, hier, damals, oben usw. mittels dieses Suffixes adjektiviert werden. Das betrifft aber auch adverbiale Zusammenbildungen wie ebenerdig, diesjährig, eigenhändig. 149 Dass beide Typen auch für die Zugehörigkeitsadjektive, d.h. für eine entsprechende Bereichsklassifikation existieren, sei hier nur kurz erwähnt: großtechnische Produktion (,große Technik') bzw. antriebstechnische Probleme (,Antriebstechnik'). Auch die Bildungen wie vierrädrig sind ja eher schon klassifikatorisch, vgl. die Frage einer prädikativen Verwendung. Das Adjektiv 215 Manchmal ist es unklaraber praktisch auch unerheblichwie man einzelne Bildungen zuordnen soll (menschenwürdig zu würdig oder Menschenwürde). Das gilt in Sonderheit auch für den weitläufig belegten Typ der Partizipialkomposita (vgl. dazu Wilss 1986). Bei diesen Bildungen geht es ja auch darum, eine spezifischere, kommunikativ relevante Eigenschaft zumindest attributiv einzubauen. Das kann zweifellos auf unterschiedliche Weise geschehen zum Teil natürlich durch die einfache Partizipform, wenn der Sachverhalt sich damit spezifisch genug ausdrücken lässt (die klaffende Wunde, die geschlossene Tür); häufig aber werden durch das Partizip allgemeinere Relationierungen angelegt, die dann in einem inkorporierten Element weiter spezifiziert werden müssen: (343) handgefertigt, schneebedeckt, silberverziert, ölfördernd Im Umfeld dieser Bildungsalternativen sind nun eine Reihe von Verfestigungs- oder auch Idiomatisierungsstrategien angelegt. Durch sie kommt es zu reihenhaften Spezialisierungen, die vor allem auf die klassenbildende Wirkung von Zweitelementen zielen, d.h. auch auf eine lexikalisierende Uminterpretation von einem selbständigen Zweitelement zu einem gebundenen kategorisierenden Junktor mit einer lexikalischen Bedeutung, die in paradigmatisierende Reihen eingebunden ist. Das betrifft vor allem die nicht mit partizipialen Bestandteilen gebildeten Formen. Was die entsprechende Einbettung partizipialer Zweitglieder angeht, handelt es sich hier darum, eine szenenspezifische Aktualisierung generellerer Junktionsbeziehungen zu realisieren, was dann wiederum zu Bildungen führt, die wie Ableitungen zu ganzen verbalen Phraseologismen aussehen, also wie Zusammenbildungen (z.B. zinsbringend). REIHENBitDU.NC. Ausgegangen waren wir aber von dem Übergang von Zusammenbildungen zu entsprechenden Reihen. Wir haben schon darauf hingewiesen, dass sich hier mit Zweitelementen Reihen aufbauen lassen, die in ihren lexikalischen Kernen auf diejenigen Kategorien hinweisen, auf die sich die Bildungen beziehen. In 2.3.2 haben wir Beispiele für einen entsprechenden Ausbau im Bereich ,Art und Weise' mittels der Elemente -artig und -förmig angeführt. Schon dort zeigte sich aber (-ähnlich), dass die damit intendierte Ausdifferenzierung dieses und weiterer Bereiche (s. ebenfalls unter 2.3.2 ,Haben', ,Modalität'), aus allen genannten Strukturen Nutzen zieht. Wichtig ist dabei ein spezifischer gebundener Gebrauch von adjektivischen Zweitelementen, die auf verschiedene Weisen für generalisierende Funktionen nutzbar gemacht werden. Es sind das insbesondere solche Funktionen, für die einfachere Elemente wie Suffixe nicht oder nicht in dieser Vielfalt zur Verfügung stehen. 150 So werden in den folgenden Bildungen, um nur ein Beispiel herauszugreifen, adjektivische Zweitelemente in einer ,Zweck'-Relation mit einem Erstelement verbunden, das sich seinerseits auf das Bezugssubstantiv wie auf ein passivisches Subjekt bezieht. Dabei werden Relationen generalisiert, die im selbständigen Gebrauch zumindest nicht immer im Vordergrund stehen, so z. B. eine Relation des ,gegen' bei Adjektiven 150 Welche Formen in welchen semantischen Untergruppen hier auftreten, ist in Deutsche Wortbildung 3, Punkt 6 (S. 427ff.) ausführlich dokumentiert. 216 Wortartenausbau wie waschfest, bügelecht, oder waschbeständig, eine Relation der ,Geeignetheit' bei Bildungen wie lesegerecht, spülfreundlich oder des ,unmittelbar Verwertbaren' in gebrauchsfertig, essbereit, aufführungsreif. Dabei wird man unterschiedliche Abstände zu den selbständigen Verwendungen der in diese Bildungen eingegangenen Adjektive feststellen und so auch den unterschiedlichen Bedarf, einen eigenständigen Bildungstyp zu konstatieren, bei dem die Beziehung zwischen Erstelement und Bezugssubstantiv von dem Zweitelement des Adjektivs lediglich junktional überformt ist. Die Paradigmatisierung bei den Bereichen ,Haben/ Nichthaben', der ,Art und Weise' und in gewissem Maße der ,Modalität' geht deutlich über das hinaus, was andere Bereiche bieten. Vor allem bei den "Halbaffixen der Einstellung" (Weinrich 1993, S. 1007) ist vieles von den selbständigen Verwendungen her erklärbar. Das heißt auch, dass das häufige Vorkommen eines Bildungselements allein noch kein Kriterium für das Vorliegen eines entsprechenden reihenbildenden Integrationstyps ist. Dieser Satz gilt auch, wenn man zusätzlich die Partizipialbildungen heranzieht, die weithin in ihrer Konstruktion als Komposita nachvollzogen werden, damit als szenenangepasste Eigenschaftszuordnungen verstanden werden können. 4·3 Das Verb 4·3-1 Wie man von etwas redet: Relationierung (344) Du begibst dich zurück ins Zimmer, die Sonne längst schon versunken, willst TEXT 16 zwischen verdoppelter Dämmerung zurückfinden in die Beobachtung langsam durchbrechender Dunkelheit, wieder dich hingeben der dich vorhin umhüllenden Abendlandschaft mit ihren Lichthaufen, die über die Ebene an den Waldrand gerollt und dort zerschellt waren oder rauchig im Föhn sich wieder erhoben [. .. ]Im Unterholz des Horizonts, der die Nacht nicht mehr zurückhalten kann, sondern unter der ihn einreißenden Finsternis zusammenbricht, welche jetzt die gesamte Ebene überflutet. hat DER WALDBRAND begonnen, jetzt aus fernen Hügeln schon hervorflackernd glühende Straßen vor sich herschiebend leise zischende Glutnester, die zitternd pulsierend wie verlorene Signale herumblinkend die überall herumkreisenden Rauchschwaden verzieren. Langsam schiebt er sich weiter dem Stadtrand entgegen, schon hat er das Ufer der Steppe erreicht und entzündet die sich knisternd herbeigleisenden Grassträucher der Ebene, glühend durch die Nacht zucken die dort nistenden Vogelschwärme, welche hochflatternd aus dem sie einschließenden Feuer sich zu erheben versuchen, doch meistens haben sie kurz darauf schon in der Finsternis über den Flammenzungen sich verirrt, und sinken, die versengten Flügel erschöpft zusammengeklappt, zurück, stürzen ab vom Brand geblendet in die Funkenflut der Steppe. (Jonke 1979, S. 24) In diesem zweifellos etwas ungewöhnlichen Text sind die Merkmale von Bewegung im Raum, ja von heftiger und spektakulärer Bewegung dominant. Verben gelten ja nicht zuletzt als zuständig für die Dynamik im Satz, und folglich sind Bewegungsverben eine zentrale Gruppe der Verben überhaupt. Ihre verschiedenen Arten lassen sich Das Verb 217 hier gut sehen. Von dem Simplicia wollen wir, da es uns um die Funktionen der verbalen Wortbildung gehen soll, nicht gesondert reden, wir werden etwas später in anderem Zusammenhang nochmals auf sie zurückkommen. Dynamik, Bewegung und Zusammenhang werden in diesem Text von den Verben hergestellt, deren Festigkeit so ambivalent ist, wie sie typisch sind für das deutsche Wortbildungssystem. TRENNBARKElT Es sind das jene trennbaren Bildungen, die eine generalisierte Integration von vor allem adverbialen Beziehungen in den prädikativen Kern erlauben. Das heißt also auch, im Kern der Wortbildungsaktivitäten des Verbs steht ein inkorporierender Typ: für die Wortbildung des Verbs ist damit die Nähe, ja der schier bruchlose Übergang zur Syntax charakteristisch. Das ist ein wesentlicher Unterschied zu den Strategien der nominalen Wortbildung. Zwar spielt auch dort Inkorporation eine nicht unbedeutende Rolle, der wesentliche Schritt hin zur Syntax aber besteht beim komplexen Verb dieses Typs darin, dass die Informationsverteilung derjenigen von komplexen Prädikatenalso zum Beispiel den analytischen Tempora oder den Passivformen folgt. Das macht die Abgrenzung ebenso schwierig und ohne Kontext häufig zu einem sinnlosen Unterfangen. Welche Verben dieser Art finden sich hier? (345) Inkorporation: trennbare Verben abstürzen, durchbrechen, einreißen, einschließen, herbeigleisen, herumblinken, herumkreisen, hervorflackern, hochflattern, s. entgegenschieben, s. hingeben, s. zurückbegeben, zurückfinden, zurückhalten, zurücksinken, zusammenbrechen, zusammenklappen Man sieht zwei Dinge sofort: nämlich dass bei manchen Bildungen unklar bleibt, wie fest ihre Bindung aneinander, der Univerbierungseffekt der Wortbildung ist. Das betrifft hier zum Beispiel die Belege für sich zurückbegeben und zurücksinken, aber auch die für sich entgegenschieben und die Verben mit herum-. Daneben finden sich aber z.B. in zurückfinden zu in der vorliegenden Verwendung ganz eindeutige Fälle einer Wortbildungsinterpretation dieser Konstruktion. Des weiteren sieht man, daß sich unter dem allgemeinen Oberbegriff der trennbaren Verben noch allerlei Verschiedenes verbirgt. Die angedeuteten kritischen Fälle binden ja Elemente an sich, die auch selbständig stehen könnten ihre Abstraktion ist lediglich die phorischer oder deiktischer Elemente, und das berührt die Frage, ob sie zur Syntax oder zur Wortbildung gehören, eigentlich nicht. Man könnte diese Bildungen also, wo sich für ihren lexikalischen Charakter argumentieren lässt, als Komposita verstehen, und natürlich können hier nur Rektionskomposita gemeint sein. Am anderen Ende des Spektrums stehen jene Bildungen, die man häufig Partikelverben, gelegentlich auch trennbare Präfixverben nennt. Hierbei handelt es sich um Verben, deren erste Konstituente bzw. rechtes Klammerelement aus Teilen besteht, die zwar eine adverbiale, insbesondere lokale und direktionale Relation besetzen, dies aber in einer lexikalisch verkürzten Form tun. Auf jeden Fall gehören zu dieser Gruppe oben die Bildungen mit den Partikeln ab-, durch- und ein-, wobei abzumindest in der vorliegenden Verwendung als Beispiel für die dimensionale, absolute Raumorganisation im Sinne von ,nach unten' verstanden werden kann, während ein-, am deutlichsten bei einschließen, den 218 Wortartenausbau . ,inneren' Raum der zentralen topalogischen Relation ,innen-außen' repräsentiert. Den zentralen Raum dieser Bildungen nehmen also jene Wörter ein, deren Partikeln sich auf die dimensionale oder topalogische Organisation unseres sprachlichen Handlungsraums beziehen. Allerdings ist auch bei den erwähnten zentralen Verwendungen schon sichtbar, dass regelmäßig zu dieser Verallgemeinerung einer auch syntaktisch ausdrückbaren Relation zusätzliche Univerbierungseffekte treten. An abstürzen kann man sie gut zeigen: zum ersten ist der direktionale Slot durch die Partikelverbbildung blockiert, d.h. es gibt bestimmte Konsequenzen auf der Ebene der syntaktischen Valenz. Zum zweiten ist die Subkategorisierung strikter als beim Simplex, d.h. es gibt Konsequenzen auf der Ebene semantischer Spezialisierung. Zum dritten werden Phasen der ausgedrückten Vorgänge fokussiertin unserem Fall ihr Beginn -, d.h. es gibt Konsequenzen auf der Ebene der Aktionsart, also im morphologienahen Bereich verbaler Kategorisierung. Nach diesen Kriterien lassen sich dann auch die oben aufgeführten Bildungen mit hoch- und zusammenhier anschließen. Nochmals etwas anders zu beurteilen sind jene Bildungen, die sich auf die Ego-hicnunc-Ausrichtung beziehen, d.h. die mit den Partikeln her- und hingebildet sind. Wegen der Idiomatisierung in dem einen (s. hingeben) und der Unselbständigkeit des Basislexems im anderen (herbeigleisen) Fall sind die vorliegenden Beispiele ebenfalls als eine Instanz topalogischer Generalisierung und somit als Partikelverben bzw. Doppelpartikelverben zu betrachten. Dennoch ist offenkundig, dass ihre Bindung häufig weniger fest ist. Unser ,bewegter' Text zeigt, welche Möglichkeiten die verbale Inkorporation bietet, Bewegungen in mehr oder minder generalisierter, dynamisch akzentuierter und bedeutungsmäßig spezialisierter Weise darzustellen. PRÄFICIERUNC betrachtet: Anders stellt sich die Aufgabe der verbalen Wortbildung dar, wenn man den zentralen Typ von Derivation, nämlich die Präfixbildung, (346) Derivation 1: Präfixbildung beginnen, entzünden, erreichen, erschöpfen, s. erheben, s. verirren, überfluten, umhüllen, verdoppeln, verlieren, versengen, versinken, versuchen, verzieren, zerschellen Mit den Präfixen be-, ent-, er-, ver- und zersind die wesentlichen Bildungsmittel dieses Typs in unserem Text vorhanden. Statistisch angemessen ist auch die deutliche Überrepräsentation von ver-. KONVERSION Verben gibt es ziemlich viele, und sie lassen sich verstehen als Vorschläge für die Strukturierung der mit ihnen benannten Szenen. So finden sich auch in unserem Text eine Reihe von primären Verben in verschiedenen Formen, die im Folgenden auf die Infinitivform zurückgeführt werden: (34 7) rollen, glühen, zischen, zittern, knistern, zucken Wir haben auch schon gesehen, dass man verbale Verwendungen als sekundäre Option bei den Substantiven - und bei bestimmten Adjektiven ansehen kann. Das Verb (348) An den großen Garten grenzte[...] ein zweiter (Hacks 1987, S. 15) Sie lagerten unter einem [...]Eibisch (Hacks 1987, S. 17) die [...) tanzend den Fußboden [... ]zu säubern verstehen (Jonke 1979, S. 35) 219 Worum kann es bei der Wortbildung des Verbs gehen? Die Wortbildung kann im Prinzip auf drei Ebenen ansetzen. Zum einen kann natürlich die Bedeutung des jeweiligen verbalen Lexems in bestimmter Weise modifiziert werden, zum zweiten können von der Veränderung durch die Wortbildung verbale Kategorien betroffen sein, die zwischen der Wortsemantik und den grammatischen Kategorien liegen. Und zum dritten kann das gesamte syntakto-semantische Umfeld umorganisiert werden. So ist es nicht verwunderlich, dass wir Bildungen finden, deren Funktion nahe an der verbalen Flexion überhaupt steht: solche, die auf bestimmte Bedeutungsaspekte der Verben zugreifen, und solche, die auf die Valenz des entstehenden Lexems entscheidenden Bezug nehmen. Das Komplizierte daran ist, dass sich diese Funktionen überschneiden, so dass sie bei verschiedenen Bildungsmitteln unterschiedlich rein auftreten. Zudem stehen diese Funktionen natürlich in Korrelation zur transpositiven bzw. ,nur' modifizierenden Kraft der jeweiligen BildungsmitteL Was die Transposition angeht, so ist davon auszugehen, dass desubstantivische Bildungen die größte und bedeutsamste Gruppe darstellen. 151 Das liegt daran, dass dieser Wechsel im flexivischen System vorgesehen ist und keiner weiteren Mittel bedarf. Wie bei den Substantivierungen ist die nominale Form des Infinitivs die zur Umkategorisierung der Wortart genutzte Übergangsstelle; substantivische Lexeme werden mit dem Infinitivflexiv versehen und so zu Nennformen entsprechender Verben. Und es ist nicht nur die Nennform, sondern wir können auch feststellen, dass bei ,ungewöhnlichen' Verben, deren Gebrauch sonst nicht recht klar ist, die Infinitvverwendung am leichtesten erscheintgefolgt vom Partizip II. Diese Präferenzen lassen sich ja dann problemlos zur Einbettung in das analytische Formensystem des verbalen Paradigmas nutzen. Dieses Effekts bedienen sich zum Beispiel die sogenannten ,Pseudokomposita' vom Typus notlanden, wo bei einem komplexen Substantiv wie Notlandung die verbale Basis sozusagen rekonstruiert wird, ohne allerdings zu einem voll verwendbaren Verb zu werden. Aber auch manche nicht solcherart als sekundär zu erklärenden Bildungen sind in ihrer Verwendung entsprechend beschränkt, so z.B. das Verb stapeln, das ebenfalls einen starken Hang zur infiniten Verwendung hat: (349) Musikplatten, die[...] übereinander gestapelt lagerten (Hein 1997, S. 14) Ähnlich verstehen kann man auch die versuchte Integration entlehnter Basen, die teilweise vollständig gelingt, so etwa bei einem Verb wie booten im Computerumfeld, oder etwas komplizierter ist, wie bei recyceln, das in verschiedener Weise dem deutscher Verbsystem angenähert wird. Die graphische Metathese <ei> gegenüber der englischen Basis gehört ebenso dazu wie die Reinterpretation des Bestandteils reals eines entsprechenden Präfixes was man an dem Fehlen des {-ge-} im Partizip II: recycelt sehen kann - und die Einbettung in das verbale Flexionssystem. Die finiten 151 "Die Verbableitung basiert weitgehend auf Substantiven. Auf Adjektive geht nur etwa ein Fünftel zurück, auf Verben weniger als 2%." (Duden 1998, S. 471). 220 Wortartenausbau Formen wirken aber zumindest immer noch etwas merkwürdig. In weniger sachbezogener Umgebung finden sich hier auch kühnere Neuerungen: (350) mit dem Becken tat sie fast allesunaufhörlich federte sie damit hüftete kreiselnd herum um die eigene Taille (Politycki 1997, S. 95) Der Normalfall dieses Bildungstyps ist das lexikalisierte Federn, bei dem die elastisch schwingende Bewegung mechanischer Federn das Bild geliefert hat; auffälliger ist bei dieser Darstellung einer in der Diskothek tanzenden Frau das Verb hüften, das hier ein durchaus übliches instrumentales Untermuster repräsentiert. Was man damit tut, ergibt sich aus dem Kontext: ,unter Mithilfe der Hüften sich kreiselnd drehen'. Es gibt aber eine Vielzahl wesentlich normalerer Bildungen, mit unterschiedlichem Grad an Lexikalisierung: (351) [...] den Dill hier, den braucht man alle Nase lang[...] in meiner Küche muß jedenfalls alles gut gedillt sein. Wenn die Sahne zu dünn war, ließ sie sich nicht buttern (Hein 1997, S. 7, 35) [...] es dampfte noch stärker [...] verstand es dieser Mann, uns [...] zu fesseln. [...] sich einen Jungen zu angeln (Hein 1997, S. 44, 43, 48) Verb für die Trauer: sie "häutet" (endlich) Das Verb für die Gegenwart: sie "baucht sich" Verb für die Seele beimInne-Werden eines Orts: sie "buchtet sich" (wird zur Bucht) Verb zu den Notaren: "nisten" Verb zu den unentwegt Fernsehenden: sie "ochsen" (Handke 1998, S. 73, 71,438, 99, 440) Ganz ähnliche Umsetzungen gibt es auch zu Adjektiven: (352) Verb für die Schrift: sie "heiligt" (ja) Verb für die Begeisterung: sie "härtet" (Handke 1998, S. 422, 71) Semantisch gesehen, haben sich an dieser Übergangsstelle eine Reihe von Bedeutungsgruppen ,bewährt', durch welche die Wahrscheinlichkeit des realen Auftretens von bestimmten Bildungen gesteuert wird. Das kann man zum Beispiel an der Korpusanalysevon Gersbach/ Graf (1985, 5. 328) sehen, wo Bildungen, die so etwas wie ein affiziertes, ein effiziertes oder ein ,Haben'-Objekt und ein Instrument oder Mittel als Basis haben, fünf von 23 Untergruppen ausmachen, aber 60% der Lemmata und 75% der Verwendungen. Auch unsere Beispiele signalisieren zumindest tendenziell diese Präferenzen: (353) effiziert: buttern, dampfen, sich buchten, stapeln affiziert: häuten, sich bauchen instrumental: angeln, fesseln, hüften, dillen Dazu kommen weitere Varianten: (354) Ort: lagern, nisten Vergleich: federn, ochsen Subjekt: muttern, bausmeistern Das Verb 221 Die beiden genannten Adjektive gehören der häufigsten, der causativen Gruppe an, produktiv ist daneben auch die instrumentale Gruppe. Alle anderen Relationen sind seltener (vgl. Eschenlohr 1999, S. 86/ 87). SUFFIGIERUNG Eigentlich schließen sich hier auch die Bildungen mit ,echten' Suffixen an. Diese echten Suffixableitungen, mit Ausnahme des als Nichtinidigenitätssignal genutzten {(is)ier}, wirken daher fast wie der Sonderfall, der eintritt, wenn die normale Umkategorisierung aus irgendeinem Grunde blockiert ist: (355) Verb für das Atemanhalten: es "reinigt" (Handke 1998, S. 72) wollte[...] nicht geängstigt werden (Rehmann 1999, S. 77) Kristallisieren wir, technifizieren, artfizialisieren wir das Beste vom Menschen (Strauß 1997, S. 55) Dazu tragen wie häufig phono/ morphotaktische Ähnlichkeiten bei. Die {ig}-Erweiterung wird durch die Ableitungen von Adjektiven, die auf {ig} enden (veraltet: endigen), nahegelegt bei Verben wie: (356) fertigen, würdigen, heiligen, einigen, billigen152 4·3·2 Obersicht 4.3.2.1 Allgemeines Verben sind durch Beziehungen definiertdurch Beziehungen, die von ihnen ausgehen, wie die dependentiellen Relationen, die sich im Satz in der Zuordnung von Ergänzungen und Angaben niederschlagen, aber auch die Beziehungen, in die sie sonst eingebunden sind, vorzüglich die Kongruenz mit dem Subjekt. 153 Daher besteht eine der zentralen Möglichkeiten, neue verbale Lexeme zu bilden, in der Fähigkeit des Verbs, Elemente zu inkorporieren, die in der einen oder anderen Weise dem Verb ,naheliegen'. Im Gegensatz zu den entsprechenden sententiellen Relationen handelt es sich hierbei nicht um eine singuläre Aktion, sondern um einen regelhaften Vorgang, der in der Univerbierung sprachliche Schemata nach bestimmten Sichtweisen formt. Zusätzlich prägend kommt dazu, dass diese inkorporierenden Bildungsmuster im Deutschen unter die Aktualisierungsbedingungen der Satzklammer fallen. Das jeweils inkorporierte Element bildet somit, wenn diese Distanzstellung eintritt, die rechte Hälfte der Klammer. An dieser Stelle erwarten wir bei den analytischen verbalen Konstruktionen des Deutschen normalerweise einen Höhepunkt lexikalischer Information. Da im Unterschied zu den Grammatikalklammernaber auch die am linken Klammerende stehende Basis über die hier üblicherweise gelieferte grammatische Information hinaus erhebliche lexikalische Bedeutungsanteile liefert, führt das, wenn man so will, zu einer Konkurrenz im Hinblick auf den Gehalt des jeweiligen Wortbildungsmusters. Die inkorporierten Elemente 152 Den Sog zum -ig-Suffix zeigt auch das Nebeneinander von Adjektivpaaren wie spitz und spitzig. 153 "[E]in prototypisches Verb [ist] ein Wort mit minimal zeitstabiler und maximal relationaler Bedeutung" (Eschenlohr 1999, S. 56, in Anlehnung an Lehmann 1992, S. 158); ähnliche Bestimmungen finden sich sowohl in Eisenberg 1998 wie in Zifonun u.a. 1997. 222 Wortartenausbau haben daher prägende Wirkung für die Muster innerhalb der trennbaren (B) Partikelverben, die eine für das Deutsche typische Struktur repräsentieren. Trotz der Dominanz des deverbalen Bildungstyps trägt die Partikel selbst das Muster, die Basis ist eher für die Differenzierung in Subtypen zuständig. 154 Dieser komplexe Bildungstyp ist ein zentraler Pfeiler der verbalen Wortbildung des Deutschen. Den anderen stellt die (A) Präfixbildung mit den nicht trennbaren Präfixen dar. Geben die Partikelverben wie angedeutet semantische Schematisierungen vor, bewegen sie sich auch im Bereich der Aktionsarten, so operieren die Präfixbildungen primär auf der Ebene der verbalen Kategorisierungen. Sie verschieben syntaktische Akzente von der Valenzänderung bis zur Objektfokussierung -,sie operieren zum Teil auf der Ebene der Aspektualität. Als dritte zentrale Möglichkeit ist die Option anzusehen, dass Verbalisierung von Substantivenin weitaus geringerem Ausmaße auch von Adjektivenmorphologisch vorgesehen ist. Dieser Typ von (C) Konversion prägt das Bild der Wortart ganz deutlich. Alle anderen Wortbildungsarten gruppieren sich in der einen oder anderen Weise um diese Bildungstypen. Im Umfeld des Partikelverbs als des Repräsentanten des trennbaren Musters bildet sich eine Nische für die (D) Determinativkomposition heraus. Sie ist das Muster für die Univerbierung von Einheiten, die nicht unmittelbar auf die vom Verb ausgehenden Relationen bezogen werden können. Signifikant ist hier das resultative Muster, das in gewisser Weise eine semantischere Variante der perfektiven Präfixbildungen darstellt. An die Konversion schließt sich die (E) Derivation hier als eine geradezu morpho-phonologische Technik an, die fast nur eintritt, um Adaptationsprobleme zum Beispiel von nichtindigenen Lexemen zu vermeiden. Neben diesem (El) transpositiven Typ steht der (E2) modifikative, durch den bestimmte iterative oder diminutive Abwandlungen verbaler Tätigkeiten ausgedrückt werden. 155 Wie man an dieser Übersicht sieht, wird man den Verben besser gerecht, wenn man nicht vor vornherein versucht, sie nach dem von den nominalen Wortarten vorgegebenen Muster zu sortieren. Vielmehr stehen die Partikelverbbildung als inkorporierende Option und Präfixderivation als klassifizierende Option im Zentrum der verbalen Wortbildung. Sowohl die Partikeln wie die Präfixe haben dabei eine deutlich das Muster prägende Funktion, hinter der die Frage, ob es um modifizierende oder transponierende Typen geht, deutlich zurücktritt. In beiden Fällen wird auf die sprachliche Konstruktion von Schemata der Wirklichkeit zugegriffen. Basen können somit die verbalen Lexeme als Kerne dieser Schemadarstellung sein, es können aber auch andere Schemaelemente auftreten. Dennoch gibt es eine hohe Präferenz für verbale Basen, und auch die archetypischen Muster innerhalb der Partikel- oder Präfixbildungen sind komplexe Verben mit verbaler Basis. Um den charakteristischen Kern konstitutioneller Wortbildung bei den Verben soll es jetzt im Praktischen noch gehen, um die Andersartigkeit der zentralen Wortbildungsarten im Vergleich zur nominalen Wortbildung zu verdeutlichen. 154 Nicht zuletzt die öfter erwähnte Neigung, in jugendsprachlichem Kontext fast beliebige Basen in die Muster der an- und ab- Verben einzubringen, passt zu dieser Interpretation. 155 Stilistisch hochmarkiert bzw. mit deutlichem Fachlichkeitscharakter versehen sind die kopulativen Komposita. Das Verb 223 4·3·3·2 Derivation 1: Präfixbildungen (A) Präfixbildungen haben ihre zentrale Funktion im Bereich grammatischer Kategorisierungen: dass damit typische semantische Effekte verbunden sind, ergibt sich sozusagen nebenher. Dabei stehen die verschiedenen Präfixe und die mit ihnen gebildeten Verben nicht äquidistant nebeneinander, es gibt vielmehr funktionale Gruppen. Es gibt zum ersten die Gruppe der (I) Objektfokussierung mit den Präfixen be- und ent-. 156 Die Gruppe der (II) Aspektorientierung machen die Präfixe er-, ver- und zeraus. Allein steht die (III) Negationsbildung mit miss-. 157 be-und ent~ Bei der Gruppe (I) Objektfokussierung instruiert das Präfix beden Rezipienten, das Verb im Sinne einer (1) positiven Fokussierung auf das direkte Objekt zu verstehen. Wenn uns so Peter Handke (1998) eine Reihe seiner Meinung nach richtiger Verwendungen von Verben aufzählt, sind darunter (1a) deverbale Bildungen: (357) Verb für den Besucher: "gibt zu bedenken" Verb zur Schwermut: "befällt" (Handke 1998, S. 107, 280) Auch schon bei diesen modifikativ wirkenden Bildungen wird deutlich, dass es weniger um eine semantische Abtönung der Bedeutung des Basisverbs geht, als um eine systematische Valenzveränderung, durch die auf verschiedene Weise indirekt in ein Valenzmuster eingebundene Mitspieler in die Rolle des direkten Objekts kommen. Diese Rollenverbesserung ist zudem von der Art, dass mittels der grammatikalisierten Passivkauverse auch noch die Verwendung als Subjekt möglich wird, was wohl die beste Option ist, die man für ein Substantiv erreichen kann. Bei den oben gegebenen Belegen handelt es sich um einen der typischen Fälle, bei denen eine präpositionale Ergänzung in den Rang des Akkusativs gehoben, die Zahl der Mitspieler aber nicht verändert wird: (358) bewohnte der Grieche ein Steinhausam Strand Schwer beladen keuchte er[ ...] zurück (Ransmayr 1991, S. 251) In anderen Fällen bleibt sogar das syntaktische Muster gleich, aber die Resultativität, die mit dem be-auf jeden Fall mitgeliefert wird, verändert den dargestellten Schematyp oft begleitet von Veränderungen in der Subkategorisierung, d.h. der semantischen Interpretation der Rolle solcherart angebundener Akkusativergänzungen: (359) So ist es zweifellos schwieriger, das Matterhorn zu bezwingen als den Feldberg denn Fehler werden bestraft (Martin/ Drees 1999, S. 1, 44) Erwartungsgemäß ist auch die dritte Option realisiert: die Valenz eines Verbs wird um eine entsprechend fokussierte Akkusativergänzung erweitert; das kann man an dem folgenden Beispiel einschließlich der Passivkauverse in dem -bar- Adjektiv sehen: 156 Diese Gruppe ist ausführlich dargestellt in Eiehinger (1995a) und (1997b). 157 Wir haben aber jetzt schon mehrfach gesehen, dass es negierende und ausgrenzende Sondergruppen gibt. 224 Wortartenausbau (360) ist[ ...] auch die erste Aufgabe trivial, weil sie sich [...] berechnen[...] läßt. Soziales Verhalten [...] provoziert Reaktionen, die prinzipiell unberechenbar sind (Martini Drees 1999, S. 1/ 2) Desubstantivisch und durch be- oder durch Circumfixe (be- ... -erlig-) zum Verb geworden sind: (361) Verb für die Lindenblüten: "bewirten" (Handke 1998, S. 97) Fehler[ ...] erkennen und beseitigen (Martin/ Drees 1999, S. 44) Bitte bevorraten Sie sich. (infineon-Anzeige, SZ vom 21.2.2000) Verb für Goethe: "bevölkert"seine Werke bevölkern die Leere (Handke 1998, s. 353) Einheitlich ist hier auch im wesentlichen die Objektfokussierung: eine Tätigkeit wird durch ein Schemaelement angesprochen und das Präfix instruiert uns, eine auf ein Objekt konzentrierte Handlung aus der gesamten Bildung zu rekonstruieren. Dabei gibt es zweifellos inhaltlich relevante Subgruppen, so den ,versehen mit'-Typus, der auch zu vieldiskutierten deverbalen Typen (mit dem bekritzelten Fetzen [Ransmayr 1991, S. 250]) paßt. Dennoch braucht man, wie zum Beispiel der ersten beiden Belege in (359) zeigen, ein übergreifendes Erklärungsmuster. Die Objektsfokussierung in Verbindung mit aspektuellen Faktoren (Resultativität) vermag das zu erklären. Deadjektivisch mit be- oder be- ... -ig schließlich sind Verben wie: (362) Verb für die Sonne wäre auch: "beruhigt" (Handke 1998, S. 81) Ein Verb für die Herzlichkeit: sie "bereinigt" (Handke 1998, S. 71) und besänftigte die Ungeduld der Zuschauer (Ransmayr 1991, S. 250) Hier führt die Resultativität zur Bildung von Kausativa. Die Resultativität ist auch der Kern mancher idiomatisierten Bildung: (363) und betranken sich schon am Morgen die nahezu entvölkerte Stadt unter sich begrub (Ransmayr 1991, S. 202, 229) Die geschilderten satzsemantischen Funktionen führen dazu, dass Transitivität ein hervorstechendes Merkmal derbe-Verbenist (vgl. auch Eiehinger 1997b, S. 37/ 38). Das hat zur Folge, dass die Möglichkeit, Passivformen zu bilden, intensiv genutzt wird. Vielfach sind daher die Formen des Partizip II entweder als Adjektive mehr oder minder lexikalisiert oder zumindest geläufiger als andere verbale Formen: (364) in den unbekümmerten oder begeisterten Mienen von Staub und Schlamm bedeckten Bergleuten der Himmel, leer, blau, bewölkt (Ransmayr 1991, S. 111, 112, 196) war zu bejahrt, zu beleibt (Broch 1976, S. 29) Wir haben oben schon festgestellt, dass das zu ganz ,unregelmäßigen', d.h. analogischen Ausweitungen dieses Musters im Umfeld der Zusammenbildungen führt. (365) buntbewimpeltdie Wanten (Broch 1976, S. 11) Schwieriger als bei den be-Verben scheint die entsprechende Deutung als (2) negative Objektfokussierung bei ent-, ist doch hier eine rein semantische Paraphrase gängiger, Das Verb 225 nämlich dassent-im wesentlichen für ,weg' stünde. Das wird zweifellos durch zentrale Gruppen mit verbaler, adjektivischer und substantivischer Basis gestützt: (366) Naso war aller Aufsicht für immer entzogen zu entfernen, [...]was Lycaon gerade zum Unrat[ ...] erklärte Efeu und Gras entwurzeln die Todesnachricht zu entkräften (Ransmayr 1991, S. 138, 103, 103, 146) Aber auch hier hat man das zwar als eine wichtige Variante dieses Bildungstyps der negativen Objektfokussierung mit aspektuellen Konsequenzen anzusehen, man kommt aber auf dieser Basis zu einer eher disparaten Beschreibung des gesamten Bildungstyps. Das gilt nicht nur für die Variante von ent-, die sich aufgrund ihrer historischen Herkunft aus inzwar in der Ingressivität mit den anderen Bildungen trifft, sonst aber doch isoliert bleibt und auch nicht aktiv ist: (367) einen Brand zu entfachen (Ransmayr 1991, S. 127) Das gilt noch mehr für die sehr viel zentraleren Bildungen ,negativer' Richtung, die zum Beispiel in einer Reihe von Fällen in korrespondierenden be-Verben oder anderen ,positiven' Mustern ihre Entsprechung finden: (368) {be)kleidenentkleiden, beladenentladen, faltenentfalten, färbenentfärben, härten enthärten, kräftigen entkräften Ebenso gilt es für Bildungen, die sich nur analog in diesem Umfeld klären lassen; in gewissem Sinn eine analogische Gegenbildung zu beschreiben/ beschriften stellt die Bildung entziffern dar; um Enkodieren und Dekodieren als gegenläufige Handlungen geht es da: (369) Die Steine waren entziffert. [...] Pythagoras saß vor einem unbeschrifteten Menhir (Ransmayr 1991, S. 75) Typisch ist aber auch eine Reihe von Bildungen, bei denen eine negative Handlung ohne unmittelbare positive Entsprechung bleibt. Dazu gehören die deadjektivischen Bildungen um entfernen, bei denen eine von einem Objekt abgewandte Bewegung benannt wird, die in einem Zustand des Fernseins endet. Wegen der Bedeutung von fern ist hier eine Paraphrase mit ,weg' naheliegend, allgemeiner fassen muss man das aber schon für weitere benachbarte Verben (entblößen, entfremden, entleeren). Auch bei anderen Typen tut man sich mit so einer engen Bedeutungsangabe schwer; man vergleiche nur den häufigen Typ mit nichtindigenen Ideologiewörtern als Basen (entdogmatisieren, entdämonzsieren usw.). Wichtig und dabei sichtbar ist auch, dass die gesamte Handlung, auf einem ,negativen' Verlauf basierend, eine Bezeichnung für einen positiven Vorgang ist. Das Entbeinen des Fleisches, das Entasten des Baumes, sind zwar im Hinblick auf die Basen, die hier jeweils etwas Entferntes anzeigen, negativ orientiert, im Hinblick auf das Fleisch, das gekocht werden soll, auf den Baum, der gepflegt werden soll, aber eine positive Handlung. 158 158 Man kann also zwei sprachlich formulierte Schemata wie die Folgenden für die Basis ansehen, auf denen diese Bildungen im wesentlichen beruhen. (1) BE: Jmd. (Agens [bewirten]) tut in positivem Handlungssinne (Prädikat [betreten]) etwas mit jmdm./ etw. (Patiens, Benefaktiv, affiziertes Objekt), 226 Wortartenausbau So lassen sich (wie in Eiehinger 1997b angedeutet) die Bildungen mit be-und entals Techniken verstehen, Handlungen zu benennen, die in positivem und negativem Handlungssinn ein Objekt fokussieren. Zu diesem Zweck und zur Unterdifferenzierung dieser Muster kann auf verschiedene Teile des entsprechenden parallelen Schemas zugegriffen werden. Besonders akzentuiert ist bei dieser Fokussierung von Szenen auch ein resultativer Aspekt. Den systematischen Ort der Bildungen mit den häufigsten der eP., ver-, zer~ Verbpräfixe, nämlich er-, ver- und zermachen die in diesen Verben festgeschriebenen aspektuellen Differenzierungen aus. Der Versuch, diese Verteilung in einigermaßen übersichtlicher Weise zu systematisieren, erscheint in Anbetracht der vielfachen Verwendung dieser als multifunktional geltenden Präfixe nicht einfach. So nimmt Matsch (1999, S. 152) in seiner Übersicht über die aktiven Präfixgruppen achtzehn semantisch geschiedene Untergruppen an. Mehr Hoffnung macht uns schon die Darstellung in der Duden-Grammatik, die auf eine prototypische Differenzierung zwischen den drei Präfixen zielt. So schreibt Hans Weilmann dort (S. 459) zum häufigsten dieser Präfixe, nämlich ver-, "die meisten Präfixverben mit ver- [hätten heutzutage] das Merkmal gemeinsam, das Ende eines zeitlichen Ablaufs anzugeben, und zwar in der Weise, dass etwas in einen bestimmten Zustand gelangt (intransitiv) oder gebracht wird (transitiv)." Unübersichtlicher wirkt die Beschreibung für das deutlich weniger produktive er-. Das mag sich daraus erklären, dass sich bei diesem Bildungstyp mehr fossilisierte und idiomatisierte Verben finden. Von erheißt es auf jeden Fall, es habe bei den deverbalen Bildungen drei verschiedene Funktionen, zum ersten "das Einsetzen des im Grundverb genannten Vorgangs oder den Eintritt eines Zustands", dann zweitens "meistens den perfektiven Aspekt, besonders (resultativ) das Anstreben bzw. Erreichen eines Zwecks oder einer Wirkung durch die im Grundwort genannte Tätigkeit" und drittens" vereinzelt[...] noch die lokale Komponente ,empor"'. Die deadjektivischen Bildungen seien "Verben der Zustandsveränderung" (alles S. 462) in verschiedener Akzentuierung. 159 Beim Präfix zer-letztlich dominiere "die Benennung von Vorgängen oder Tätigkeiten des Trennensund Zerkleinerns" (ebd.). So kann man denn zumindest mit einer prototypischen Geltung sagen, dass die Bildungen mit eruns zu einem Zustand hinführen, während die Verben mit verauf dessen mehr oder minder positives Ende verweisen. Das kann je nach den Sachverhalten, von denen die Rede ist, zu großen Unterschieden führen. So lassen sich innerhalb der Funktionsbreite von erdie folgenden Abstufungen finden: und das das geschieht mittels xlso (Instrumental, Art und Weise [bemasten]) und hat folgendes Ziel (Resultat[ befeuchten]). (2) ENT: Jmd. (Agens) tut in negativem Handlungssinne (Prädikat [entsteigen]) etwas mit jmdm./ etw. (Benefaktiv, Patiens, affiziertes Objekt [entasten]) und das geschieht mittels xlso (Instrumental, Art und Weise [entsühnen]) und hat folgendes Ziel (Resultat [entfernen]). Die modalen Typen entstehen durch Modifikation in den verbalen Basen. 159 Zu den Bedeutungsverhältnissen bei erin einer erklärenden Perspektive vgl. Wilmanns (1899, S. 151-153); für auffällig hält er, dass die zentralen Verben "die verbale Thätigkeit nicht[...] nach ihrer schrankenlosen Dauer darstellen, sondern einen Moment hervorheben. Sie bezeichnen entweder den Eintritt in einen Zustand [...] oder lenken das Auge auf den Abschluss der Thätigkeit [...]. Dasselbe Verb kann in dem einen oder andern Sinn gebraucht werden" (S. 152). Das Verb 227 (370) Gruppe 1) ERREICHEN 2) ERGREIFEN 3) ERLEDIGEN 4) ERSCHRECKEN Ingressiv Ingressiv__. resultativ Resultativ Ingressiv""' resultativ erstrahlen erschließen erstechen erschrecken 1) Kommunikationsfertigkeiten eröffnen die Möglichkeit, Erfahrungen[...] zu machen (Martin/ Drees 1999, S. 82) als würde sich aller Staub [...]gegen die eiserne Stadt erheben (Ransmayr 1991, s. 113) und Cotta glaubte zu erkennen (Ransmayr 1991, S. 227) als sie der Person ermöglichen (Martin/ Drees 1999, S. 72) 2) als daß Cotta ihren Arm [...] hätte ergreifen können das ihn mit[ ...] Weltschmerz erfüllt hatte wenn der Morast der Straße erstarrte und zu Staub zerfiel (Ransmayr 1991, s. 114, 111, 112) Diese Beobachtung erschwert es ihm (Martin/ Drees 1999, S. 48) Alles Licht war[ ...] erloschen (Ransmayr 1991, S. 213) 3) Sie erschöpfen sich jedoch nicht in soziotechnischem Wissen (Martin/ Drees 1999, S. 73) 4) erschrecken, erstaunen160 Wenn die Bildungen mit erden Anfang eines neuen Zustands bezeichnen, dann führt das Präfix veran sein Ende. Die Vielzahl von semantischen Nischen, die sich in diesem Muster angesiedelt haben, verdunkelt zwar etwas den Blick auf diesen Sachverhalt, letztlich handelt es sich aber doch um Untergruppen dieses Musters. So zum Beispiel bei den Verben, die alle die Endphase eines Verschwindens betonen: (371) die Anfälligkeit der zu Sand verfliegenden Gebirge, die Flüchtigkeit der Meere, die zu Wolkenspiralen verdampften Staubwolke, die nur langsam verwehte mit dem auch die Hoffnung[ ...] verschwand (Ransmayr 1991, S. 111, 114, 113) Oder auch bei jenem häufig hervorgehobenen Typ, der den Abschluss als ein Misslingen lesen lässt: (372) hatte sich in den Gassen der Stadt verlaufen die Minuten[ ...] zu verschleppen (Ransmayr 1991, S. 114, 115) Aber auch alle diese Gruppen lassen sich als Varianten dessen lesen, dass mit den Ver- Bildungen ein Name für etwas gegeben wird, das in der einen oder anderen Weise im Abschluss seinen Zweck hat. Was das im einzelnen heißt, wird dann von den Schemata gesteuert, die wir im Zusammenhang mit den Basislexemen aufrufen: 160 Dafür, dass sich auch scheinbar nur verstärkende Verwendungen wie in erfordern in dieses Schema fügen, s. Eiehinger (1997a, S. 366). 228 Wortartenausbau (373) die Tomi mit der verlassenen Stadt Limyra verband Was immer diesem Unglücklichen einmal verbrannt sei sie verstanden ihre Befangenheit voreinander so zu verbergen, als wären diese beiden staubbedeckten Spaziergänger durch einen weiten gemeinsamen Weg miteinander vertraut (Ransmayr 1991, S. 112, 118, 115) Auch hier hilft uns manchmal die Paradigmatik der Bildungsmittel: (374) gebietenverbieten: in seinen verbotenen Büchern lasen (Ransmayr 1991, S. 111) Wir haben hier großenteils deverbale Bildungen zitiert, es gibt aber auch desbustantivische (vergreisen, vergolden) und deadjektivische (verdünnen, veredeln; verbessern, vergrößern) Nischen.l 61 Auch hier ist auffällig, dass nominale Formen in Kombination vor allem mit dem Hilfsverb sein eine bedeutsame Rolle spielen, also die Zustandsnamen in Perfekt oder Zustandspassiv bzw. entsprechende Attribute: (375) Der Schlachter eines verlorenen Kaffs versteinert zu Reliefs diesen verrauchten, verwilderten Gassen so war den Menschen [. ..] verborgen geblieben wie das verwirrte und beschämte Opfer jene große unverwechselbare Nase (Ransmayr 1991, S. 94, 94, 188, 106, 100, 96) Bis hin zu analogischen Weiterungen: (376) Eine [...] unverzichtbare Voraussetzung (Martin/ Drees 1999, S. 78) Die unterschiedliche Akzentuierung durch die Präfixe er- und verzeigt sich auch an entsprechenden Paaren (erschließenverschließen) oder analogen Typen: (377) [Sprache] eröffnet oder verschließt den Raum für Gemeinsamkeiten (Beck 1997, s. 132) Wie die oben schon paraphrasierte Umschreibung aus der Duden-Grammatik zeigt, handelt es sich bei den Bildungen mit zerum eine spezifischere Variante, bei der es einerseits um das Zerfallen in Teile, andererseits allgemeiner um den Übergang in einen "unbrauchbareren" Zustand geht (vgl. Fleischer/ Barz 1995, S. 327): (378) und mit Beilen und Sicheln zerstückelt Schutthaufen, zu denen sie im Laufe der Zeit wieder zerfallen würden (Ransmayr 1991, s. 108, 111) (379) um sich schließlich mit seinen eigenen Händen zu zerfleischen die ihm vor den Augen zu zerrinnen drohte (Ransmayr 1991, S. 107, 94) Auch hier finden sich wieder viele partizipiale Eigenschaftbezeichnungen: 161 Zu einer gerraueren Beschreibung der morphologischen und semantischen Untergruppen vgl. Deutsche Wortbildung 1 (S. 151/ 52 und Verweise), Fleischer/ Barz (1995, S. 324-326) und Motsch (1999, s. 66 ff.). Das Verb 229 (380) ein vom Rost zerfressener Linienbus die zerschundenen Füße des Seilers (Ransmayr 1991, S. 112, 115) An den Beispielen wird zudem deutlich, dass es einerseits desubstantivische Bildungen gibt, die die Form signalisieren, in die Zerfall oder Zerteilung führen, und andererseits deverbale Bildungen, die sich auf die Modalität dieser Prozesse beziehen. •• · < Weitaus weniger grundsätzlich ist der Beitrag des Präfixes miss-, das übrimissgens als einziges von den behandelten auch als nominales Präfix vorkommt (Misswirtschaft). Es ist ein Präfix für das Nicht-Glücken von Handlungen und Ähnliches. Der Status der Bildungen ist zum Teil prekär; so sind sich nicht alle Sprecher des Deutschen sicher, ob sie ein volles Paradigma z.B. von missverstehen haben. Formen wie ich missverstehe sind nicht unumstritten. (381) Interaktionen können aus vielen Gründen mißlingen wenn einer der Partner sich tatsächlich verletzt und mißverstanden fühlt (Martini Drees 1999, S. 78, 164) Die Präfixbildungen des Verbs haben offenkundig ihren Schwerpunkt in der Nähe der grammatischen Möglichkeiten des Verbs. Es geht um Objektfokussierung, um Transitivierung und dergleichen, es werden also aspektuelle Verschiebungen in lexikalischer Form aufgenommen. Gleichzeitig können die Szenen durch Konversen, aber auch durch unterschiedliche Basenwahl umorganisiert werden. Letztlich spielen Kategorien wie das Glücken und das Nicht-Glücken von Handlungen bei der Systematisierungsleistung dieser Bildungen eine strukturierende Rolle. 4.3.2.3 Inkorporation 1: Partikelverben DAS RAUMMODEll Auf einer anderen Ebene agieren die (B) Partikelverben. Wir lesen ihre Instruktion schon aus dem Grunde anders, da sie aufgrund ihrer Trennbarkeit den Strukturierungszwängen der Verbalklammer unterworfen sind bzw. deren Strukturierungsmöglichkeiten nutzen können. Mit den Partikelverben wird ein System von Handlungsnamen aufgebaut, das Generalisierungen über adverbiale Beziehungen zur Namengebung von Vorgängen, Handlungen und Zuständen nutzt. Eine herausgehobene Rolle spielt dabei die direktionale Beziehung, die nicht nur die prädikatsnächste Bestimmung überhaupt darstellt, sondern für sich den jeweiligen Satz als eine Realisierung eines Bewegungsmusters ausweisen kann. Diese Möglichkeit haben die Verbpartikel, weil sie an derselben Stelle stehen wie die adverbialen Bestimmungen auch. Das führt natürlich zu der Frage, inwiefern sich diese komplexen Verben von syntaktischen Fügungen unterscheiden. Diese Frage stellt sich auch deshalb, weil das Inventar an Verbpartikeln den entsprechenden präpositionalen und adverbialen Lexemen gleicht oder zumindest ähnlich ist. 162 Wenn man, wie wir das bisher versucht haben, ein möglichst bedeutungsminimalistisches 162 Die Fügungen aus Partikel und Verb insgesamt als eine syntaktische Fügung aus Präposition und Verb zu erklären (so z.B. Donalies 1999c, S. 139/ 40) geht wohl nur, wenn der Terminus Präposition deutlich anders als üblich verstanden wird. Wortartenausbau Konzept verfolgt, d.h. nach einem Zusammenhang in den verschiedenen Verwendungen eines Bildungsmittels sucht, hat man an dieser Stelle im Prinzip zwei Möglichkeiten. Man kann den Zusammenhang hier in der generalisierten Interpretation räumlicher Verhältnisse sehen, oder man kann generalisierte Allgemeinbedeutungen aus den verschiedenen Verwendungen abstrahieren, ohne sich besonders um den formal offenkundigen Bezug auf Formen lokalen Charakters zu kümmern. Faktisch bietet sich wohl auch hier ein Kompromiss an, der von einer Systematisierungsleistung ausgeht, die die räumlichen Grundkonstellationen überschreitet. Man kann bei einem Blick auf die üblicherweise behandelten Bildungsmittel deutlich sehen, welche Grundzüge der räumlichen Welt sich das Deutsche für Zwecke verbaler Namenbildung zurechtgelegt hat. Es geht um die folgenden Elemente: (382) Partikel topologisch dimensional aspektuell ein x (einsitzen) eintauchenleinschlafen einsteigenleinpacken aus X ausfüllenlausleeren aussteigenlauspacken auf x aufliegen X aufblühenlaufschreien auftretenlauflegen auffliegenlaufheben ab x abliegen X abfahrenlabklingen abreisenlabladen absinken! abstellen vor x (vorstehen) X (temp: vorarbeiten) (vortreten)lvorschieben vorrücken/ vorschieben nach X (temp: nacharbeiten) nachlaufen/ nachbringen zu X ! zuordnen bei x (beistehen) ! (beilegen) an X anfahren fanbinden Dieses Schema deutet an, dass die räumliche Orientierung an topalogischen Verhältnissen und an den ,auffälligen' Enden der dimensionalen Achsen (oben, unten, vorne) sowie eine Interpretation im Hinblick auf Handlungseinsatz, Verlauf und Ende das Partikelverbsystem grundlegend strukturieren. Wichtig ist zudem, dass diese Bildungen im Unterschied zu den Zusammenbildungen (,Doppelpartikelverben') diese Verhältnisse nicht zu einer möglichst präzisen konkreten räumlichen Orientierung nutzen, sondern aus dem räumlichen Muster einen Namen für eine Handlung machen. Das erklärt auch, warum nicht zuletzt die topalogischen Beziehungen zum Teil deutliche Idiomatisierungstendenzen zeigen. Daher schließt sich denn auch die Partikel mit-, die ja eigentlich in dieses Schema passt, unmittelbar an Involviertheitsbedeutungen, wie sie die Partikeln bei- und zuzeigen, an. So erklären sich wohl auch weitere Verwendungen, die nur recht schwer mit der Iokalistischen Grundstrukturierung vereinbar sind. Das Verb Unter Einbezug dieser zusätzlichen Überlegungen zeigt sich, dass es eine geringe Menge von Strukturen ist, die im Sinne sprachlicher Handlungsorganisation durch Partikelverben genutzt werden. Ein wesentliches Strukturmuster ist offenbar das, in dem Handlungen Innen- und Außenräumen zugeteilt werden. Vollwerden und Eindringen sind hier die sich anbietenden Konstellationen für eine aspektuelle Interpretation. Ein zweites Muster nutzt offenbar die Möglichkeiten der auffälligen Oben- Unten-Erstreckung. Zu ihr gehört eine entsprechende Interpretation topalogischer auf-Strukturen als Strukturen handlungsmäßiger Aktualisierung. Als drittes wird die ,Sichtbarkeits'-Richtung, durch vor in ihrer deiktischen und in ihrer sprecher- und objektintrinsischen Interpretation eingesetzt. Davon lässt sich auch die Reihenfolgeinterpretation für vor und nach ableiten. Die partielle Zuordnung im an wird als Indirektheitssignal genutzt, die implizite Zweiseitigkeit des bei, aber auch des zu, wird wie das Miteinander des mit zu Modellen vor allem des Kooperierens umgedeutet. Entsprechend sehen die zentralen Bildungstypen der jeweiligen Partikelverben aus. Sie falten sich dann zum Teil in eine erhebliche Zahl praktisch bedingter Subtypen aus, deren pragmatischem Begründungsmodus auch der sprachlich pragmatische Modus des analogischenUngefähr bei Neubildungen entspricht. l! in- und aus- Für das ein-/ aus-Paar sehen die Grundlagen dafür ungefähr folgendermaßen aus. Die Bildungen stellen Kondensierungen verschiedener Art zu den folgenden Schemata dar: (383) ,sich oder etwas auf geeignete Art und Weise oder durch geeignete Mittel oder Instrumente von einem Außenraum in einen Innenraum (ein-) bzw. von einem Innenraum in einen Außenraum (aus-) bewegen, um einen bestimmten Zustand zu erreichen' (s. Eiehinger 1989, S. 273) Analog ließe sich das für die statische Variante, die aber in diesem Fall fast keine Rolle spielt, formulieren. Als die unauffälligste Verbbildung aus diesem Schema erscheint dann die Modifikation eines entsprechenden Verblexems im Sinne der gewählten Richtung. Wichtig ist dabei, dass wegen der weder deiktischen noch sonstwie zu findenden Füllung des relationalen Verweises das Partikelverb eben nicht identisch ist mit der analogen Zusammenbildung (z.B. ausgehen und hinausgehen), sondern auf eine dem Lexikon gemäße Spezialisierung verweist. Dem entsprechen zum Beispiel Bewegungsverben wie die folgenden: (384) dem Zug, der[ ...] in Victoria-Station einfährt (Rehmann 1999, S. 7) der Überbringer habe nicht eintreten [...] wollen (Rehmann 1999, S. 119) Die unterschiedlichen verbalen Basen akzentuieren unterschiedliche Arten der Fortbewegung. Hier handelt es sich um relativ unauffällige Varianten. Die Variation kann auch spezifischer sein (einfallen, sich einkuscheln, einreiten, einrücken u.a.m.) oder recht genau festgelegte Innen-Außen-Verhältnisse betreffen (einatmen, sich einmischen). Man sieht, dass hier die Interpretation der Bildungen die lokale Basis allenfalls als metaphorische Basis brauchen kann. Untergruppen ergeben sich hier zum Wortartenausbau Beispiel auch abhängig von der Art der Subjekte (,jemand oder etwas'), ihrem Agentivitätsgrad (einsickern [Wasser], sich einschleichen [ein Übel]). Dabei variiert zudem das Ausmaß, in dem die im Partikelverb genutzte Direktionalität schon in der Basis angelegt ist, ganz erheblich. In dem letztgenannten Beispiel handelt es sich z.B. um ein Verb, das für sich die Modalität einer Bewegung ausdrückt und erst in der Verbindung mit der Partikel zu einem Muster ,schleichend Eindringen' verdichtet wird. Schon hier zeigt sich, dass es, wie bei direktionalen Bestimmungen im Bereich der Syntax auch, nicht ausreicht, eine einseitige Bestimmungsrichtung zwischen den Komponenten anzusetzen. Für die Partikelverben ist die doppelte Bestimmung durch das in der Basis angedeutete Schema und die Indizierung des Musters durch die Verbpartikel charakteristisch. Wegen der Nutzung der direktionalen, allgemeiner lokalen, Relation muss solch eine Kodierungsweise auch für das Verb typisch sein, und kann daher mit den von der nominalen Wortbildung abgeleiteten Normalkategorien nicht angemessen beschrieben werden. Was hier kurz an den (intransitiven) Fortbewegungsverben angedeutet wurde, gilt in eher noch ausgeprägterer Weise für die transitiven Beförderungsverben. Bei ihnen hat sich schon eine große Menge von verbalen Simplicia herausgebildet, um ganz spezifische Handlungstypen bezeichnen zu können (bohren, drucken, fädeln usw.) bzw. um als Modifikation eines entsprechenden Vorgangs, der dann durch die Partikel indiziert wird, genutzt werden zu können (backen, drehen, dübeln, heften usw.). Durch die Partikel wird klargestellt, dass es sich um Verben handelt, in denen der je spezifische ,Transport' eines Objekts dargestellt wird, und zwar in Zusammenhängen, bei denen dies als eine funktional sinnvolle Handlung erscheint. Das hat dann eine unterschiedliche Striktheit der Gebrauchsbeschränkung zur Folge. Manchmal ist die Distanz zu einer möglichen syntaktischen Paraphrase eher gering (einbuddeln, eingießen), häufiger aber ist sie doch ganz erheblich, was sich an den Schwierigkeiten zeigt, überhaupt angemessen zu paraphrasieren (einernten, einimpfen; auf andere Weise auch Verben wie eingeben). Neben die vielfältigen Möglichkeiten, die sich also bei den Bildungen mit einer verbalen Basis bieten, erlauben die desubstantivischen Verben eine Interpretation des Schemas von einem Teil her, der nicht im Prädikat bzw. einer entsprechenden Modalisierung ausgedrückt ist. Wie in der Schemaparaphrase oben schon angedeutet, handelt es sich hier um instrumentale, objekts- und ortsbezogene Bestimmungen. Betroffen davon ist das Muster der transitiven Verben. Die hauptsächlich genutzten Optionen sind die, bei denen der ,Innenraum' genannt wird, in den hinein etwas getan wird (eindocken, eindosen, einkellern usw.) oder das ,Instrument', mittels dessen das geschieht (eindeichen, einklammern, einzäunen; einkreisen; einrechen; einnebeln). Dazu kommen einige kleinere und diffusere modalitätsnahe Gruppen (,in Form von': einbrocken). Seltener sind eigentlich die Objektbenennungen (einbürgern, aber auch einstöpseln), gelegentlich ist es unklar, ob man sich auf deverbalem oder desubstantivischem Bereich bewegt (einbunkern; eindübeln, eingipsen). Recht selten, aber wenn vorhanden, auf ein Resultat weisend, sind die deadjektivischen Bildungen (einschwärzen, einengen). 163 Bemerkenswert ist wie gesagt generell die Eigenheit der Par- 163 Die Verhältnisse bei den denominalen Bildungen mit einwerden ausführlich dargestellt in Fehlisch (1998). Das Verb 233 tikelverben, eine funktionale Einheit zu benennen, die auf der geschilderten räumlichen Konstellation beruht, und nicht die Bewegung als solche. Das führt zu einer Reihe von bildhaft-metaphorisch weitergebildeten Mustern, die sich aber mit dem gerade umrissenen Raumbild vertragen. Zu nennen sind dabei vor allem zwei Muster, die eine Reduktion auf einen zurückgezogeneren, häufig schlechteren Zustand als eine ,Nach-Innen'-Bewegung konzeptualisieren. Es sind das Verben wie einschrumpeln bzw. einkochen, die verschiedene Art der Reduktion bezeichnen, und Verben wie einstürzen als Rezessivum und als Kausativum -, die ein Zusammenfallen als einen nach innen gerichteten Prozess darstellen. Daneben, und diese Ordnungsmuster sind sicherlich auf einer anderen Ebene zu erklären, hat sich eine Reihe von Handlungs- und Vorgangstypen herausentwickelt, bei deren Kennzeichnung die Partikel eineine zentrale Rolle spielt. Es handelt sich dabei uin typische Möglichkeiten der Funktionalisierung des ein-Schemas in unserer Welt. Diese Möglichkeiten sind aber in lexikalisierten Bildungen angelegt, so dass sie eine systematische Stelle bei der Erklärung der entsprechenden Wortschatzstrukturen finden müssen. Wichtige Gruppen wären etwa (s. Eiehinger 1989, S. 306 ff.): 164 (385) ,Vorrat anlegen' einbunkern, einkellern, einsilieren (386) ,konservieren' einlegen, einmachen, einsalzen, einwecken (387) ,befestigen' eindübeln, einheften, einkleben, einrammen, eintopfen (388) ,beschriften' eingravieren, einhämmern, einritzen, eintätowieren (389) ,einpacken' einschlagen, eintüten, einschalen, einzäunen (390) ,in ein EDV-System bringen' eingeben, einlesen, einscannen, eintippen, (391) ,in den Körper aufnehmen/ einbringen' einatmen, einsaugen Wie oben angedeutet, ist die inchoative Variante selbst schon eine Spezialisierung, die über bestimmten Handlungen generalisiert, bei denen der Eintritt des jeweiligen Zustandes besonders akzentuiert wird (eintauchen, einsinken, einbrechen). Dieses Merkmal wird dann genutzt zur Bezeichnung für den Eintritt in Zustände, die einem abgeschlossenen Raum vergleichbar sind (einschlafen). Eine Spezialisierung dieses Aspekts stellt die Bedeutung des Inbetriebsetzens (einschalten) dar. Die Bildungen mit der Partikel aussehen zunächst im Kern aus wie die gegenläufige Entsprechung der ein- Muster: man kann in ein Auto einsteigen und dann wieder aussteigen, Schiffe können einlaufen oder auslaufen, man kann etwas eingraben oder 164 Das schließt nicht aus, dass diese Verben auch andere Verwendungsmöglichkeiten kennen. 234 Wortartenausbau ausgraben, man kann einen Bereich eingrenzen und dadurch etwas anderes ausgrenzen, der Dieb kann in einem Geschäft einbrechen, aber gegebenenfalls auch aus dem Gefängnis ausbrechen. Man kann einatmen und ausatmen. Man kann auch jemanden etwas einhändigen dann hat er es in seiner Hand oder Gewalt - oder es ihm aushändigen dann hat man es hergegeben. Entsprechung kann auch heißen, dass die beiden Verben sich in einer Handlung sinngemäß ergänzen: einfüllen und ausleeren, eindämmen und ausufern, einschlagen und ausziehen. Daneben gibt es natürlich eine Vielzahl von Verben, die funktionale Bewegungen ,von innen nach außen' bezeichnen, ohne dass eine gegenläufige Aktion denkbar wäre: das Küken, das ausschlüpft, der chemische Stoff, der ausfällt, wären Beispiele dafür. In der Partikel ausliegen dann aber noch grundsätzlich andere Möglichkeiten, die für einnicht existieren. So können sich Verben wie ausgießen, ausleeren, ausessen, austrinken, auskratzen usw. als Objekt auf den Inhalt beziehen (Wasser ausgießen) oder auf das entsprechende Gefäß, aus dessen Innenraum etwas entfernt wird (den Eimer ausgießen). Das ist eine Art systematischer lexikalischer Konverse, die in anderen Fällen auch die Subjektbesetzung betrifft, und auf diesem Weg eine vielfältige Nutzung dieses Musters, auch in übertragenen Verwendungen, erlaubt. Das Prinzip ist das Folgende: wenn jemand Wasser einfüllt, dann füllt er ein Gefäß mit Wasser aus, und auch das Wasser füllt dieses Gefäß, sein Inneres, aus. Wenn jemand das Wasser ausgießt, dann leert er das Gefäß aus. Das heißt, in jenen Verwendungen, die als resultativ zu lesen sind, wird auf jeden Fall signalisiert, dass ein Zustand erreicht wird, der das gemeinte Objekt vollständig betrifft. Das kann nun der Endzustand sein, in dem, im Sinn der obigen Bewegungsparaphrase, alles aus einem ,Innen' entfernt ist, oder ein Zustand, bei dem die volle ,Ausnutzung' dieses Raums gemeint ist. Aufgrund dieser vielfähigeren systematischen Anlagen findet sich bei denaus-Verbeneine Vielzahl semantischer Nischen, deren Platz noch nicht recht beschrieben ist (andeutungsweise bei Hundsnurscher 1968/ 1996). Die Orientierung an der topalogischen Grundkonstellation und an ihrer zweifachen resultativen Interpretation der dadurch als grundlegend gesetzten Grenzüberschreitung ist aber deutlich. Selten sind statisch-lokale Bildungen (ausbleiben, ausliegen) ansonsten gibt es eine Vielzahl von direktionalen Bildungen bzw. von Bildungen, die durch das Partikelverbmuster direktional verstanden werden: (392) ausbrechen, ausdehnen, ausfahren, ausfallen, ausfliegen, ausfließen, ausführen, ausgeben, ausgehen usw. Zwischen Transitiva und Intransitiva wird hier nicht unterschieden. Auffällig ist, dass bei den allgemeinen Basen wie dehnen, fahren oder gehen eine Vielzahl von Funktionalisierungen vorgesehen ist, die sich auf unterschiedliche Zusammenhänge beziehen. So verzeichnet das Duden-Wörterbuch (1999, S. 383) dreizehn Untergruppen für den Eintrag ausgehen. Neben diesen Namen für Handlungen oder Vorgänge, die recht direkt auf Bewegungstypen fußen, gibt es eine große Menge weiterer Schematisierungen, die das Bild dieser Grenzüberschreitung von einem Innen in ein Außen wählen. Wie oben schon für eingenauer erläutert, können zu diesem Zweck verschiedene Elemente der zugrunde liegenden sprachlichen Schemata als Basen in diese Verben aufgenommen werden. Das geht von modalen Modifizierungen durch Das Verb 235 verschiedene verbale Basen (ausatmen, ausbeißen, ausblicken, ausbuddeln, ausbügeln, auschecken, ausspucken) über Benennungen von Instrumenten (ausbaggern, auseggen, ausposaunen) oder Ähnlichem (ausbauchen), zu Benennungen für die betroffenen Objekte (ausästen, ausbeinen, ausbeulen) und Räume (ausbetten, ausbooten). Diese Grundmuster zeigen an verschiedenen Stellen Weiterungen. Das betrifft vor allem die deverbalen Bildungen, bei denen sich Basen bzw. Typen von Basen finden, die dieses ,Grenzmuster' analogisch in bestimmte funktionale Nischen hinein ausweiten. Dabei wollen wir vorerst von den Bildungen sprechen, die nicht dominant durch Resultativität gekennzeichnet sind. Das ist allerdings nicht immer ganz leicht festzustellen. Einige typische Richtungen dieser Ausdifferenzierung seien genannt, ohne dass derzeit ein Gesamtüberblick möglich wäre. Es gibt ganz offenkundig eine größere Gruppe von Bildungen, die in dem ausdie exteriorisierten, manchmal auch direkt an die Öffentlichkeit als außen gewandten Ergebnisse von Tätigkeiten fasst. Das kann man gut sehen bei den Verben, bei denen daneben ein Simplex existiert, so wie bei ausrufen und rufen. Das Rufen oder das Ausrufen eines Wortes, um uns auf diese Verwendungsmöglichkeit zu beziehen, macht denotativ keinen so großen Unterschied. Allerdings ist die Präfixbildung auf diese Verwendung beschränkt, und sie fokussiert, dass eine Äußerung als eine Grenzüberschreitung des mit auszu kodierenden Typs beschrieben wird. Es ist daher zumindest ungenau, wenn diese Fälle normalerweise lediglich als Verstärkung der Basisbedeutung beschrieben werden. Tatsächlich geht es umals exteriorisierte dargestellte - Ergebnisse. Dieses Muster wird in verschiedenen Untergruppen genutzt: (393) ,Exteriorisierung'165 ausagieren, ausarbeiten, (gedanklich) ausbrüten, ausdenken, ausdifferenzieren, ausfertigen, ausfolgen, ausformulieren, ausposaunen, ausrufen, aussagen, s. ausschweigen, aussegnen, aussprechen Erkennbar ist, dass es um die Ergebnisse von Gedankenarbeit, aber auch um Äußerungen und damit verbundene Handlungen in verschiedenen medialen Formen geht. Aber auch andere durchaus zentrale Wörter gehören hierher. Wie das Nebeneinander der Verben tauschen, eintauschen und austauschen zeigt, wird auch in diesem Fall in der aus-Bildung die Exterriosisierung der Objekte des Tauschakts signalisiert. Das legt es nahe, die immer als eine Sondergruppe behandelten Verben wie ausschimpfen, das ja in ähnlicher Weise neben schimpfen und objektfokussierendem beschimpfen steht, an dieser Stelle anzuschließen neben anderen exteriosisierten Strafhandlungen: (394) ausätschen, auslachen, ausschimpfen, ausspotten, auspeitschen Vermutlich ist auch ein so häufiges wie schwer zu analysierendes Verb wie aussehen hier anzuschließen. Die nächsten Gruppen verbinden ihr räumliches Bild noch stärker mit der Vorstellung der vollständigen Durchführung der jeweiligen Abläufe, das heißt mit der resul- 165 Die folgenden Beispiele sind Belege aus dem Ducleu-Wörterbuch (1999), meist aus der Anfangsstrekke des Alphabets. Wortartenausbau tativen Lesart von aus-, allerdings ist zunächst der Grenzbezug noch nachvollziehbar. Dazu gehört sicherlich die Gruppe der Verben, bei denen das Verlassen des Raumes als Abweichen von der Normalität gelesen wird: (395) ausarten, ausgleiten, ausglitschen, ausholen, ausrutschen, ausufern Daneben finden sich noch kleinere Untergruppen wie die des ,Herausbekommens' oder des ,sich Ausbittens', die sich noch räumlich lesen lassen: (396) ausbaldowern, ausklamüsern, ausschnüffeln, ausspionieren, austüfteln, ausbedingen, ausbitten Die andere Seite, die erheblich zum Ausbau des Wortbildungsmusters beiträgt, ist die aktionale Seite. Verben mit aussind zumeist resultativ.l 66 Wie oben schon angedeutet, können bei den resultativen Bildungen vier Typen unterschieden werden, nämlich ein Neutraltyp (ausdauern), der ,leer'-Typ (ausleeren), der ,voll'-Typ (ausfüllen) und der ,vorbei'-Typ (ausblühen). Beim Neutraltyp wird ein Abschluß, ein Ergebnis genannt, das exteriorisierte Folge der Basishandlung ist. Es geht hier um Verben wie die folgenden: (397) resultativer Neutraltyp ausbaden, ausbezahlen, ausdauern, ausheilen, auslernen, austrocknen Auch hier finden sich inhaltlich bestimmte Spezialisierungen: (398) ,richten' ausätzen, ausbessern, ausbeulen, ausbiegen, ausflicken, ausfräsen, aushämmern, ausschleifen (399) ,ausgleichen' ausbalancieren, ausfedern, auskorrigieren, aussteuern, austarieren, auswägen, auswiegen (400) ,fertigkochen' ausbacken, ausbraten, auskochen Der resultative ,leer'-Typ signalisiert das leer- oder freiwerden bzw. -machen auf verschiedenen sachlichen Ebenen: (401) resultativer ,leer'-Typ ausapern, ausblasen, ausblassen, ausbleichen, ausbluten, ausbohren, ausbrennen, ausbröckeln, ausfasern, ausixen Die bekannteste semantische Subgruppe in diesem Kontext stellt wohl das Säuberungs-Muster dar: (402) ,säubern' ausharken, ausjäten, auskehren, auskratzen, ausputzen, ausreiben, ausschwefeln, austupfen, auswischen 166 Gelegentlich finden sich auch inchoative Bildungen wie austreten (von Flüssigkeiten), aber auch bestimmte Verwendungen von ausfahren. Das Verb 237 Ihre Mitglieder sind im allgemeinen positiv konnotiert, während das Gesamtmuster eher Prozesse schildert, die auf ein nicht so positives Ende zugehen. Demgegenüber ist das ,voll'-Muster eher ein positiv bewertetes Ausstattungsmuster; Untermuster sind hier leicht erkennbar; sie sollen hier nicht gesondert ausgewiesen werden: (403) resultativer ,voll'-Typ ausbetonieren, ausbojen, ausfachen, ausfetten, ausflechten, ausfugen, ausfüllen, auskalken, auslängen, ausleuchten, auslitern, ausmauern, auspolstern, ausschäumen, ausschildern, ausschmücken Letztlich ist ein ,vorbei'-Typ zu erkennen, wie man ihn in Wendungen vom Typ Es hat sich ausgetanzt! finden kann. Diese Bedeutung hängt eng zusammen mit der Adkopula-Verwendung von aus wie in die Schule war aus oder Licht aus! . Diese Verben haben meist auch andere Verwendungen -bei den folgenden Verben verzeichnet das Duden-Wörterbuch (1999) eine solche Variante. (404) ,vorbei'-Typ ausblasen (Wind), ausdampfen, ausdreschen, ausfischen, ausflackern, ausfragen Hierher sollte man wohl auch den einschalt-ausschalt- Typus rechnen. Diese Übersicht, die auf eine genauere formale Untergliederung verzichtet hat, sollte zeigen, in wie vielfältiger Weise die Kombination von topalogischer Grenzsignalisierung und Verlaufsdifferenzierung zur Ausbildung von Wortbildungsmustern genutzt wird. aq/ und Rb- Zur Abrundung des Bildes soll zum Abschluss noch auf das Partikel- , "), paar eingegangen werden, das nicht nur eine topalogische Konstellation und ihre aspektuelle Deutung, sondern auch die handlungspraktisch bedeutsame vertikale Dimension als Element der Strukturierung nutzen kann. Es handelt sich um die Verben mit auf- und ab-. Die Partikel aufist einerseits verwandt ist mit entsprechenden Adverbien und signalisiert so (dimensional) die Richtung nach oben, gehört andererseits aber zu der entsprechenden Präposition und signalisiert somit (topologisch) einen funktional positiven Oberflächenkontakt, häufig auch Oberseitenkontakt.167 Das sind zweifellos zentrale Positionen im räumlichen Orientierungssystem (vgl. Eiehinger 1989, S. 15ff.). Dagegen erscheinen die Bildungen mit abzunächst systematisch weniger zentral. Auch haben die entsprechenden adverbialen (hinab/ herab) und präpostionalen (ab) Elemente einen marginaleren oder markierteren Status. Dennoch haben auch sie einen wichtigen Platz nicht zuletzt in der Opposition mit auf-, aber auch mit an-, was der folgende Text mit seinen ambivalenten Lesarten der ab- Verben zeigt. 167 "Die Bedeutung der Präposition auf ist von der Blickstellung abzuleiten, wobei die kommunikative Dyade gleichzeitig als interaktive Dyade angesehen wird. Denn die Präposition auf, die ihr anthropologisches Anschauungszentrum bei der offenen (Arbeits)-Hand hatwenn die Hand also auf istmuß auf das tätige Handeln bezogen werden. Sie drückt eine Bereitschaft oder Bereitstellung für Handlungszwecke aus. Wir beschreiben ihre Bedeutung mit dem Merkmal <ZUGÄNGLICHKEIT>" (Weinrich 1993, S. 625). 238 Wortartenausbau (405) Abturnen. Die Hunsrücker Sportler tun dies zum Saisonende, ehe sie den Barren einmotten und sich zum Winterschlaf zurückziehen. Zur gleichen Zeit treffen sich die Schützen zum Abschießen, die DLRG-Ortsgruppe zumAbtauchen, die Wanderer zum Abgang und die Hundesportler zum finalen Abbeißen. Alles ruht, bis das Frühjahr die Menschen wieder dermaßen anturnt, daß sie zu Reck und Schießprügel greifen. Für den Wortfund sind wir Herrn Schatto von der Allgemeinen Zeitung in Sahernheim verpflichtet, bei dem wir ihn auch abgeschrieben haben. (Henscheid usw. 1985, s. 9110) Die Popularität dieser Bildungen ist offenkundig, wie ja überhaupt die Partikelverben wegen der prägenden Kraft des durch die Partikel indizierten Musters im Hinblick auf die zu wählenden Basiselemente recht großzügig sein können. Neben den verschiedenen Varianten von abspielt der Text auch schon damit, dass diese Bildungen in unterschiedlicher Weise in antonymische Wortbildungsstrukturen eingebunden sind und so etwa Gegenbildungen zu Verben mit aufbilden (aufsteigenabsteigen; etw. aufhebenetw. ablegen; sich aufregensich abregen), aber auch zu Verben mit an- (ein Gerät anstellenabstellen). Schon aufgrund der Doppelung einer funktional gedeuteten topalogischen und dimensionalen Interpretation und den jeweils damit verbundenen aspektuellen Modifikationen ergibt sich ein vielfältiges Bild der Leistung dieser Partikelverben, der auch eine hohe Zahl angesetzter Untergruppen in den gängigen Beschreibungen entspricht.168 Tatsächlich kann man aber auch hier auf der Ebene des Wortbildungsmusters davon ausgehen, dass die erste Instruktion wesentlich genereller ist und bei aufdavon spricht, dass ein funktional sinnvoller, im Sinne des Geschehens positiver Zustand erreicht wird (vgl. insgesamt Eiehinger 1989, S. 100 ff.). Dieser positive Zustand kennt drei Kodierungsmodi: zum ersten wird er als (A) das obere Ende charakterisiert (,dimensional'), zum zweiten durch (B) das Erreichen eines vollständigen Oberflächenkontaktes (,topologisch'), letztlich kann (C) das Offenstehen als positiver Endzustand gemeint sein. Diese drei Modi bieten wieder verschiedene Schematisierungsweisen an, die sich dann für unterschiedliche Konstellationen eignen. So kann (A), das obere Ende, im wohl gängigsten Falle (Al) intrinsisch im Rahmen des Geschehens, das relativ von tiefer nach höher führt, festgelegt sein, oder (A2) deiktisch in zweierlei Weise: (A2a) als Bewegung in einen von der Normalorientierung des Menschen als absolutes Oben betrachteten Raum und (A2b) als Bewegung über den Wahrnehmungshorizont. Die instrinsische Orientierung (Al) wird in eine Reihe möglicher sachlicher Subgruppen differenziert, die sich ihrerseits wiederum danach zusammenfassen lassen ob es (Ala) um einwertige Bewegungsverben oder um (Alb) zweiwertige Verben des Beförderns geht. Durchweg gibt es beim Typ (A) eine Tendenz, das Erreichen des jeweiligen Geschehensziels als (Aa) Verbesserung zu konnotieren. Unterschiedlich signifikant, zum Teil auch alleinige Bedeutung ist (Ab) die aspektuelle Fokussierung auf den Beginn, der bei den Verben nach (A2b) mit hoher Regelmäßigkeit zu einer Interpretation als punktuell führt. Der (B) Oberflächenkon- 168 Es werden für aufzwischen 6 (Fleischer/ Barz 1995) und 9 (Kühnhold 1973, Motsch 1999), für abzwischen 5 (Fleischer/ Barz 1995) und 8 (Motsch 1999) Untergruppen angesetzt; vgl. auch Eiehinger (1997b, s. 31-36). Das Verb 239 taktkennt eine Reihe von Bildungen die ein funktionales (B1) ,oben auf' benennen, während eine große Menge von Bildungen lediglich (B2) den Kontakt mit irgendeiner ,handlungsrelevanten Seite' nutzen und eine Gruppe den mit dem Oberflächenkontakt verbundenen Aspekt der (B3) Resultativität nutzt. Vor allem bei (B1) und (B2) gibt es dann jeweils statische und direktionale Subtypen. Die Gruppe (C) kennt ebenfalls diese letzte Unterscheidung. Ansonsten werden an dieser Stelle eine Reihe von Schemaverhältnissen genutzt, die eigentlich auch als eine Erweiterung der Oberflächenbedeutung verstanden werden können. Wenn man so will, kommt durch das Öffnen von der anderen Seite etwas an die Oberfläche. Dennoch scheint der Abstand groß genug zu sein, dass man eine eigene Großgruppe ansetzen kann. (406) Al: ,dimensional-intrinsisch' (Ala) nach der aufwachsenden Frau (Ransmayr 1991, S. 168) (407) Al: ,dimensional-intrinsisch' (Alb) so daß zwei Streifen davon aufgerollt[...] werden können (Rehmann 1999, S. 99) (408) A2: ,dimensional-deiktisch' (A2a) Wer[ ...] zur Oberkante der Wand aufblickte (Ransmayr 1991, S. 159) aus denen Flamingos und Sumpfhühner aufflogen (Ransmayr 1991, S. 156) Übelkeit, die vom Magen aufsteigt (Rehmann 1999, S. 92) einer lotrechten, zwei- und dreihundert Meter aufragenden Felswand (Ransmayr 1991, s. 159) (409) A2: ,dimensional-deiktisch' (A2b) sieht Elisabeth Götte den alten Morris [...] aufheulend hinter der Hecke verschwinden (Rehmann 1999, S. 97) (410) Bl: ,topologisch-oben auf' Die Figuren wanderten über eine Pappe, auf die ein Hafen aufgemalt war (Hein 1997, s. 12) (411) B2: ,topologisch-handlungsrelevante Seite' und immer noch aufgereiht an einer gebrochenen Trosse (Ransmayr 1991, S. 228) Irgendjemand müsste mal die frisch gewaschenen Gardinen aufhängen (Hain 1997, s. 21) half meinen Eltern beim Aufladen (Hein 1997, S. 137) (412) B3: ,topologisch-resultativ' als er das Fleisch vor unseren Augen auffraß (Hein 1997, S. 9) und hält die Tüte auf, um Nägel und Schrauben aufzufangen (Rehmann 1999, s. 89) Er spießte die Stücke mit der Messerspitze auf (Hein 1997, S. 69) Sie nahm ungeschlachte Bewohner der Hochtäler in ihr Bett auf (Ransmayr 1991, s. 153) (413) C: ,offen-bereit' mit Mänteln aus Schlick und Lehm, die schließlich aufsprangen wie die Schalen eines Geleges (Ransmayr 1991, S. 169) Löwen und Wölfe mit aufgebrochenen Seiten (Ransmayr 1991, S. 166) Mit aufgelösten Zöpfen (Rehmann 1999, S. 74) Wortartenausbau mit mehreren Schnüren zugebunden war, die Vater sehr sorgfältig und langwierig aufknüpfte (Hein 1997, S. 132) dass ich endlich den Mund aufmachte (Hein 1997, S. 149) (414) C: ,offen-resulatitv' Das Gespenst aber [...]löste sich nicht auf (Ransmayr 1991, S. 168) Auch bei dieser Partikel findet sich eine ganze Reihe von semantischen Nischen, die systematischer ausgebaut sind: (415) ,sich erheben' Eines Tages wacht sie auf[ ...] Sie will aufstehen (Rehmann 1999, S. 96/ 97) richteten beidesich auf (Ransmayr 1991, S. 151) Daran schließt sich auch ein Verb wie aufbrechen an: (416) sehr früh aufbrechen würden (Hein 1997, S. 128) In die Nähe dieses Musters gehört auch eine transitivere und meist weniger wörtliche Variante: (417) ,auffordern' als der Polizist ihn dazu aufforderte (Hein 1997, S. 57) am Freitag rief mich Frau Blüthgen auf (Hein 1997, S. 129) Immerhin dem intrinsischen Muster folgt auch noch der nächste Typ, der vom Verbringen an einen passenden Platz zu einem bestimmten Zweck im Sinne dieser lokalen Vorstellung spricht: (418) ,aufheben, aufbewahren, aufräumen' immer noch hob und sammelte das Wasser so träge wie unersättlich auf, was nicht verwurzelt war oder schwamm (Ransmayr 1991, S. 163) aufbewahrt hatte (Ransmayr 1991, S. 175) seine Kleider sogen eine ölige Pfütze auf (Ransmayr 1991, S. 89) Hier schon und auch in einer Reihe anderer Untergruppen, z.B bei Verben wie aufpolstern oder aufforsten kann die ,nach oben'-Bedeutung gegenüber der ,Verbesserns'-Bedeutung mehr oder minder in den Hintergrund treten, so etwa bei Verben des ,schmückenden Herrichtens': (419) wurden elf Schimmel aufgezäumt (Ransmayr 1991, S. 65) Es gibt aber auch immer die anderen, metaphorischeren Fälle: (420) War ein Meer vom Sturm aufgewühlt (Ransmayr 1991, S. 196) Die Schlehen am Feldweg schäumen auf, dazu das Vorgrün der Buchen (Strauß 1997, S. 11) Der topalogischen Interpretation schließen sich z.B. die Verben eines sprachlichen ,Aufreihens' an: (421) ,aufzählen' und ich musste die Flüsse Afrikas aufzählen (Hein 1997, S. 129) fiel es mir leichter, den Text aufzusagen (Hein 1997, S. 143) Das Verb Auch die resultativen Bildungen zeigen bestimmte Nischen der Idiomatisierung, sei es des ,Plötzlichen': (422) Er lachte auf und kletterte in den Anhänger (Hein 1997, S. 125) sei es der ekstatischen ,Überhöhung' wie in: (423) dass die Frauen sich immer so leicht aufregten (Hein 1997, S. 133) aber auch in jugendsprachlich gängigen Bildungen vom Typ aufgeilen. Wenn hier übrigens davon gesprochen wurde, dass es um einen im Sinn des Geschehens positiven Zustand gehe, so ist natürlich gemeint, dass auch ein negativ zu bewertendes Ergebnis, das ,Ziel' und damit das positive Ende des jeweiligen Vorgangs darstellt. Auch bei den Verben mit abkann man eine ähnliche Struktur wie bei denen mit auferkennen, nämlich zwei Signalisierungsmodi, die auf die dimensionale und die topalogische Leitung entsprechender adverbialer Bestimmungen (,unten') bzw. präpositionaler Fügungen (,weg von') Bezug nehmen, und einen dritten Modus, der einen wichtigen Spezialfall (,vollständig') herausnimmt und zum eigenen Muster macht. So signalisiert der ab- Typ (A) das ,nach unten' von einem Ausgangspunkt, und auch hier ist der zentrale Typ (Al), bei dem instrinsisch in einem so geordneten Muster der Weg von ,höher nach tiefer' kodiert wird, während in (A2) ein absoluter Raum des ,unten' gemeint ist. Das intrinsische Muster (Al) ist bei abzwar wesentlich weniger deutlich in funktionale Nischen ausgebaut als bei auf-, da diese beiden Partikeln aber in dieser dimensonalen Verwendung durchweg systematisch aufeinander bezogen sind, ist es nicht verwunderlich, dass abin der Bewertung des Geschehens eher zu einer Interpretation als (Aa) Verschlechterung neigt, während es mit aufdie Neigung teilt, (Ab) den Beginn des Geschehens ins Auge zu fassen. Mag das bei aufnicht so eindeutig sein, so ist bei abder topalogische Modus (B) eindeutig das bedeutendere Muster; die dimensionale Bedeutung muss sehr deutlich durch die jeweiligen Basen gesichert werden. Intern ist der Modus (B) ähnlich strukturiert wie bei auf-. So finden sich die Typen (Bl) ,von oben', (B2) ,von handlungsrelevantem Punkt' und (B3) ,nach unten bis zum Schluss'. Im Anschluss an diese Möglichkeit ist die Herausbildung des Modus (C) zu sehen, in dem die vollständige Durchführung einer zumindest mit der ,weg'-Bedeutung kompatiblen Handlung kodiert wird. (424) Al: ,dimensional-instrinsisch' an diesem [...]jäh ins Wasser abfallenden Küstenstück (Ransmayr 1991, S. 161) dass sie in der Nacht alles abbauen [...] würden (Hein 1997, S. 128) Die quälenden Spitzen sind abgeschliffen (Rehmann 1999, S. 79) eines abgeschliffenen Kiesels, den sie aufhob (Ransmayr 1991, S. 167) (425) A2: ,dimensional-deiktisch' und als ein Ganzes abgesunken sind (Rehmann 1999, S. 75/ 76) (426) Bl: topalogisch ,(von oben) weg nach unten' und wenn ein Sturm das Dach abhebt (Rehmann 1999, S. 78) (427) B2: topalogisch ,von handlungsrelevantem Kontext' Erst jetzt ließ er von ihr ab (Ransmayr 1991, S. 151) daß sie bald abreisen wird (Rehmann 1999, S. 91) 242 Wortartenausbau (428) B3: topalogisch ,nach unten bis zum Schluß' vom nackten Körper dieser Frau abglitten (Ransmayr 1991, S. 169) (429) C: ,vollständige Durchführung' schritt viele der gemeinsamen Wege mit Echo noch einmal ab (Ransmayr 1991, S. 176) Auch hier führt die Akzentuierung bestimmter in diesen Mustern angelegten Schematisierungsfiguren zur reihenhaften Ausbildung semantisch-praktisch zusammengehörender Typen von ,verschwinden' (abtauchen, absacken), über ,medial abnehmen' (abschreiben, von den Lippen ablesen, abbilden, abhören), ,Handlung an Phasenenden' (den Kollegen ablösen, sich abwechseln), ,Schmutz entfernen' (abwaschen, abwischen, abkehren, abledern), ,Distanz erzeugen' (abblocken, abdämpfen, abfangen, abfedern, abpolstern) bis zu ,negative Stimmung' (abturnen [s.o. (405)], abgefuckt [Duden-WB 1999, S. 78]). 4.3.2.4 Schlussbemerkung Die in den letzten Punkten erläuterten zentralen Beispiele aus dem Bereich der Präfix- und der Partikelverben zeugen davon, in wie vielfältiger Weise durch sie das Inventar an prädikationsfähigen Einheiten mit ihrer szenengestaltenden Kraft modifizeirt und ausgebaut werden kann. In Sonderheit die auf lokal geprägter Adverbialität basierenden Partikelverben stellen hier ein im Lexikon gut fundiertes und auch alltagssprachlich leicht zu handhabendes Muster parat. Man sieht das daran, dass einerseits über die Basen eine hochgradige Spezialiserung erreicht werden kann und dass andererseits bei den allgemeineren Basen (verbalen Lexemen wie gehen, stehen, bringen, kommen u.ä.) eine Einbindung in verschiedenste funktionale Zusammenhänge vorgenommen wird. Diese beiden Typen, die Präfigierung und die Partikel-Inkorporation, die aber gerade die syntaktisch relevanten Elemente nicht einbaut, sondern generalisierend anspricht, stellen den Kern der verbalen Wortbildung dar. Also wollte ich allen jungen Leuten raten, alle neuen Wörter fein zu ordnen und so wie die Mineralien in ihre Klassen zu bringen, damit man sie finden kann, wenn man darnach fragt oder sie selbst gebrauchen will (G.Ch. Lichtenberg, Sudelbücher B 146). 5· Literatur 169 5.1 Belegtexte Applaus Heft Dezember 1998. Beck, Ulrich (Hg.)(1997): Kinder der Freiheit. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Beck-Gernsheim, Elisabeth (1999): Juden, Deutsche und andere Erinnerungslandschaften. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Benjamin, Walter (1996): Ein Lesebuch. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Bernhard, Thomas (1984): Holzfällen. Eine Erregung. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Brandstetter, Alois (1982): Über den grünen Klee der Kindheit. Salzburg: Residenz. 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Berlin: Akademie, S. 2 79-311. 6 Register 6.1 Sachregister Abhängigkeit 57, 128, 134, 157 Abkürzung 172, 174 Ableitung, implizite 19, 52, 73, 122, 129, 145, 195 ad-hoc-Bildungen 14, 42, 43, 55, 120 Adjektiv 24, 60, 67, 72, 85, 9~ 130,133,197-216 - Adjektiv I [Eigenschaft] 23, 85,99,205,209-211 - Adjektiv II [Zugehörigkeit] 23,85,92,99,205,209- 211 - Adjektiv III [adverbal fundiert] 93, 99, 205, 209 - Adjektivierung 30, 67 - N+A-Komposita 123 - A+A-Komposita 124 - Derivation 210-214 - Inkorporation 214-216 - Mehrwertigkeit 133, 157 aktivisch I passivisch 151- 154 ambivalent 133 reihenbildend 133, 215, 216 - Text 198-204, 208, 209 Adkopula 30 adverbial 99, 103, 104, 134, 139, 146, 161 Affix 16, 130 Affixoid [= Halbaffix] 73, 156 Aggregation 13, 15, 17, 51, 111, 128 Akronym 62, 63, 66 Akzeptabilität 59 Analogie 11, 14, 20, 32, 36, 49,53,55, 76, 79, 86,103, 134, 135 Analogien, strukturelle 35, 38 Antonym 69, 72, 78, 85, 86, 98, 125, 198 Arbitrarität 46, 144 Aspekt 80, 102 Attribution 36, 37, 44, 57, 60, 61,62, 71, 78,120,128, 131,134,138,150,151,204 Attributivum 72, 209 Aufhebung 125 Basis 114 adjektivisch 128 substantivisch 113 verbal 110 autochthon I nichtautochthon 26 lexemfähig 52, 71, 115, 128 phraseologisch 31, 32 Basislexem 37, 78, 145 Benennungslücken 43, 45 Bereichsüberschneidung 125 Binarität 35, 38, 44, 46, 128 deadjektivisch 23, 72, 113, 114, 131,146,171,180,196,197 Dependenz 33,49, 72,157 Derivation (Ableitung) 16, 19, 23,24,34,40,59,61,62, 71, 74, 75, 77, 143-147 adjektivisch 71, 72, 88, 150- 154 substantivisch 16-20, 71, 77- 80, 83, 129, 147-150, 176, 179, 191-197 verbal 26, 72,154-156,218, 223-229 verbal: Objektfokussierung 223-226 verbal: Aspektorientierung 223, 226-229 verbal: Negationsbildung 223,229 desubstantivisch 78, 91, 113, 151,154,169,171,210,211 Determinans I Erstglied I Bestimmungswort 35, 44, 68, 117,120 Determinans-Determinatum- Struktur 47, 71, 126 Determination 35, 38, 44 Determinativkompositum 71, 115, 117 adjektivisch 68, 87, 97, 138, 199 substantivisch 10, 14, 16, 35,43,45,58,68,75,84, 117-120,177-180, 182-187, 187-190 - Adj+N: attributiv-einschränkend 187, 188 - Adj+N: prädikativ-zuschreibend 189 - Adj+N: adverbial-beschränkend 189 - N+N: lokal 182 - N+N: temporal 182 - N+N: material I konstitutional 182 - N+N: instrumental 182, 183 - N+N: modal 183 - N+N: kausal 183 - N+N: final 183 - N+N: Subjekt-Typen (haben, machen, tun) 184 - N+N: Objekt-Typen (haben, machen, tun) 184, 185 - N+N: Bereich 185, 186 - N+N: Gleichsetzung 186 - V+N: funktional-zweckbestimmend 190 - V+N: schematisierendklassifikatorisch 190 - V+N: bereichsangebendklassifikatorisch 190 verbal 104, 126, 127 Determinatum I Zweitglied I Grundwort 35, 38, 44, 61, 68, 117, 120, 128 deverbal 18, 60, 72, 78, 91, 128, 131, 145, 151, 170, 180, 196, 212, 213 dimensional 140, 141, 161, 162,218,230,238,239 Doppelpartikel 103, 105, 106, 135, 156, 165 Durchsichtigkeit 10, 108, 144, 145 Ego-hic-nunc 139, 166 Eigenschaftsbezeichnung 71, 85,99 Einordnung, klassemarische 36,37,40,99 Elemente, relationale 36, 44, 45, 128, 157 Endform 66 Entlehnung 41,45, 63 Erstglied 117 adjektivisches 45, 72, 115, 120, 187ff. substantivisches 35, 59, 115,116,120,182ff. verbaks 115, 120, 122, 189 weitere Wortarten 115, 116 relationales 121 Fachsprachen I Fachlichkeit 62, 63,76-79, 141, 146, 177, 179,180,181,201 Finitheit(sgrad) 109 Flexion 39, 49, 50, 52, 99, 113, 115, 154, 155, 167, 176 Fugenelemente 12, 31, 51 Fügungen, syntaktische 45 Geschehen, punktuelles 192 Gliederung, klassemarische 16, 21,34 Graduierung 68, 69, 72, 78, 86,87,97, 100,124,127 - Pseudo- 68, 124 Grammatikalisierung 109, 111, 126, 146 Gruppenstabilisierung 63, 65 Halbaffix 51, 70, 72, 73, 156 beim Adjektiv 73, 87, 94, 133,134,157,159,206 Hauptwortarten 67 Hierarchie (der Konstituenten) 46, 55 Hyponyme 38 Idiomatisierung I Demotivierung 11,42,45,55, 108,124, 136, 144, 162 Ikonisches 34, 41, 48 Indexikalisches 48, 174 Infinitheitsgrad 134 Infinitiv 20, 22, 32, 39, 79, 80, 82, 110, 129 Inhärenz 35 Initialkurzwörter 62, 65, 172, 180 Inkorporation 31, 33, 34, 36, 51, 61, 62, 68-71, 74-76, 78, 128 - Adjektiv 74, 85, 86, 157- 160, 198 Substantiv 74, 80, 83, 149, 156, 157 Verb 74, 105, 106, 108, 110,136,160-167,217, 218, 221, 229-242 Integration 13, 17, 51, 79, 105, 111, 128 von Objekten 32 des Infinitivs 109 Internationalismen I Europäismen I fremdsprachige Elemente 27-29,41, 53, 73, 150, 155 Intertext 16, 38, 41, 44, 149 Junktion/ Junktiv I Junktor 51, 57, 70, 111,130 beim Adjektiv 72, 93, 138, 151, 158, 198 der Art und Weise 93, 94, 159 des Habens 94, 159, 160, 202 der Modalität 95, 203 dreifach gestuft 201-204 Katapher 24 Kategorisierung, semantische 18 Kausativa 126 Klammerform 66, 72, 102, 107, 108, 110, 126, 141, 167,221 Klassifikation 78 Kollektiva 197 Komplexität 116 Komposita 117 eigentliche/ uneigentliche 31, 51 explikative 77, 83, 187 verdeutlichende 77 - Partizipial- 70, 72, 96, 97, 131, 133, 134, 198, 199, 203, 204, 207, 215 Komposition 9, 12, 34, 38, 62, 67, 71, 74, 75, 77, 115, 117, 157 - Adjektiv 68, 69, 97 - Substantiv 9, 16, 31, 55, 68, 80, 118, 176, 181-190 - Verb 70, 72, 103, 105, 126, 127,207 Kondensation 13, 71 Konfix 27, 53, 63, 73, 117, 128 Kongruenz 59 Konnotation 12 7 Konstituenten 46, 120 Konstitution 15 Kontext 14, 16, 41, 42, 70, 114, 119, 173, 174 Konversion 19, 21, 23-26, 31, 34,38, 39,60, 72-74,79, 82,99, 167,176 Register ad-hoc 29, 30, 62, 82, 167 zum Adjektiv 169, 170 zum Substantiv 73, 82, 168, 169 zum Verb 73, 154, 155, 170, 171,218-221 Kopfform 62, 63, 65, 66, 173 Kopulativkompositum 117, 141, 142 adjektivisch 68, 87, 100 substantivisch 187 verbal 106 Kurzform 13, 117 Kurzwort(bildung) 33, 34, 48, 62-66, 73, 168, 172, 173 - Sprechbarkeit 65, 172 Kurzwort multisegmentales 65 partielles 65 unisegmentales 65 - Siglierung 174 - Schreibkurzwort 173, 174 - Sprechkurzwort 172, 174 - Verwandtes 174 Lexem 16, 108, 117 adjektivisch 25 autochthon 27 eigenständig 35 verbal 32, 123, 125, 128 - Allomorphie 117 Lexikalisierung 10-12, 42, 44, 79,83, 108,120,124,130 Lexikalklammer 104, 125 Lexikon 12, 14, 16, 40, 42, 43,45,55, 62, 10~ 115, 120, 143, 162, 167 Linksverzweigung 116 Mehrfachverzweigung 116 Modifikation 22, 34, 38, 40, 67, 71, 72, 74, 75 - Adjektiv 85, 87 - Substantiv 118, 120 - Verb 102, 113 semantische 102 Morphemklassen 51 Morphologie 16, 49, 50, 55, 56,60,62,67,107 morphologienahe Bildungstypen 22,24,29,34,62, 87, 154,155,171, 180 Motivation, Motiviertheit 9, 10,33,41,42,45,46, 54, 73, 118, 122, 144 Muster, semantische 54 Sachregister Namengebung 13, 23, 120 klassifikatorische 44 Negation 85,87,98,198 nomina acti 38, 129, 130, 148, 192, 195 actionis 38, 129, 147, 148, 195 agentis 33, 38, 79, 130, 148,149,192,195 instrumenti 38, 130, 192 Nominalgruppe 15, 18, 20, 23, 24,33,35,56,57,60, 75 - Flexion in der 24, 52, 57 - Kongruenz in der 57 - Typologisches zur 57 links von N 24, 59, 60, 204 rechts von N 57, 59, 151 Nominalisierung 18, 20, 22, 30, 32, 145 Nominalklammer 57 Nullmorphem 48, 49 Oberkategorien 40 Objekt, inneres 110, 127 Ökonomie 33, 48, 61-63 Onomatopoetika I Lautsymbolisches 41, 48 Operand-Operator-Beziehungen 35 Orthographie I Rechtschreibung 32, 70, 104, 108, 126, 172, 180 Paradigmatik 9-11,55, 118 Paraphrasen 43, 44, 54, 58, 122 Partikelverb 70, 72, 74, 102, 104, 105, 126, 139, 140, 156,160,161,229-242 ab- 241-242 auf- 238-241 aus- 234-237 ein- 231-234 Partizip 20, 22, 32, 39, 69, 80, 82,86, 130,131,133,151- 153, 195 Phonotaktik 63 Phraseolexem 137 - Adj. + Nomen-Ph. 137 - Verb-Modal-Ph. 137 - Verb-Objekt-Ph. 137 Phraseologie 34, 105 Possessivkomposita 121 Potenz 70 Prädikat, resultatives 126, 127 Präferenzen 74, 119 Präfigierung I Präfixbildung 38,40,61, 74 adjektivisch 69, 78, 86, 97, 99, 124, 198, 207 substantivisch 77, 80, 180 verbal 49, 72, 74, 102, 146, 155, 156, 171, 223 ff. verb: be- 223-224 verb: ent- 225, 226 verb: er- 226, 227 verb: ver- 227, 228 verb: zer- 228, 229 Präfixe 16, 104 präpositional 104, 139, 161 Produktivität 27, 45, 71, 145 Prototypen 14, 26, 44, 128, 166 Pseudosuffigierung 64 Rechtsverzweigung 116 Reihenbildung 55, 138 Rekonstruktion, morphologische I Konstituentenstruktur 46 Rektion 32, 72, 95, 128 Rektionskomposita 32, 34, 36, 70-76, 128, 156, 157, 176 adjektivisch 133-135, 138, 214 substantivisch 128-133 verbal 103, 135, 136 Relationen adverbial 10, 37, 55, 91, 118 - Agens 118 - Art und Weise I modal 119, 129, 130, 183 - Bereich 91, 118, 123, 151, 185, 186 - Beteiligtheit 165 direktional 136, 161, 166 - Eigenschaft 186 - Enthalt I Bestehen aus fürnativ I Material I konstitutional 43-45,55, 119, 182 - Experiencer/ prozessual 118, 119 - Gleichsetzung 186 haben I Besitz I possessiv 92, 119, 134, 185 identifizierend I identifikativ 119 - Klasse 186 lexikalisch 37, 55 - Mittel I instrumental 118, 122, 182, 183 - Objective 118 - Objekts- 10, 37, 55, 118, 122, 129-131, 184, 185 253 - Ortllokal118, 119,122, 182 - Patiens 118 privativ 134 restriktiv 129 semantische 10, 11, 43, 44, 54,84,181 - Subjekts- 10, 36, 55, 58, 118, 122, 129, 184 - Teil-Ganzes I partitiv I adhäsiv 119, 132 - Thema 118, 130, 185 - Urheber I kausal 87, 118, 123, 124, 183 - Vergleichs- I komparativ 68, 87, 118, 119, 123 - Zeit I temporal 118, 119, 122, 129, 182 - Ziel I Zweck I final 118, 122, 129, 183 Relator, verbaler 76 Rhema 18, 55, 59, 131 Rumpfform 66 Salienz 120 Satzsemantik 55 Schemata 10-12, 14, 16, 32, 34,38,42,49,50,55,68, 75, 110-113, 126, 161, 162 Segmentarion 46 Serialisierung 57, 59, 71 Setzung 15, 17, 18, 38, 120, 147 Silbenstruktur 65, 66 Simplicia 46, 116 Stammbaumdarstellung 46 ff., 52 Standardsprache 56 Steuerung, textuelle 16 Stil 14, 17, 20, 23, 30, 106, 141,166,171,207,208 Struktur, morphologische 29 Strukturalismus 35, 46 Strukturen, analoge 45 Subklassifikation 35, 40, 68, 71, 117, 120, 178 Substandard 65, 79 Substantiv, generell 38, 56, 67, 72, 75, 118 ff., 175 ff. - N+N-Komposita 12, 44, 58, 118, 121, 182-187 - A+N-Komposita 121, 187 - V+N-Komposita 121, 190 relational 128, 132 Substantivierung 22, 24, 25, 30, 39, 80, 148 Subtext 23 254 Suffixalternanz 27 Suffixe 16, 18, 23, 26, 31, 34, 37, 60, 61, 67, 71, 145 adjektivisch 69, 74, 88-91, 93,94,99, 146,150,151 adj: -ig 211, 212 adj: -isch 210-212 adj: -lieh 210-212 adj: -bar 212, 213 adj: -e(r)n, -haft, -iv 213, 214 substantivisch 83, 129, 146, 149, 193-197 subst: -e 196 subst: -er 191-194 subst: -ung 194-196 verbal 113, 154, 221 Syntagmatik 9, 10, 51 ff. Syntax 50, 51, 53, 55, 56, 61, 62, 70, 71, 75, 107, 127, 128 syntaxnahe Bildungstypen 72, 103, 105, 136, 157, 160, 165, 166 Szenen 45, 72, 76, 78, 96, 104, 110, 113, 146, 147 Terminologie 62, 63, 179, 180 Text 9, 10, 12, 13, 16, 19, 20, 34,40,41,44,45,55,56, 67, 71, 78, 93, 115, 118, 120, 143, 149, 179, 180, 216-221 Textorganisation 23, 143, 145 Textsorten 13, 17, 27, 33, 40, 55, 77, 149, 179 Thema-Rhema 18, 55, 59, 151 topalogisch 140, 161-164, 218,230,238,239 Transposition 22, 38, 67, 73- 75,177 - Adjektiv 87 - Verb 113 Trennbarkeit 67, 139, 161, 217-218 Typen, syntaktische 53 Typisches 45, 120 Typographie 174 Übersummativität 45 Umkategorisierung 22, 24, 25, 27, 39, 60, 82, 129, 167, 168 - Verwendung, primäre eines Lexems 26, 29, 60, 147 - Verwendung, sekundäre eines Lexems 26, 29, 33, 34, 60, 86, 167 Umkontextualisierung 42 Undefiniertheit, morphologische 53 Univerbierung 19, 31, 32, 34, 61,72 beim Adjektiv 72, 134 beim Substantiv 72 beim Verb 72, 103, 105- 107,127,128,160,166 Valenz 70, 72, 102, 131, 135 Verb 67, 69, 102, 125, 135, 216-242 desubstantivisch 26, 171 - Nominalformen [s. auch Infinitiv, Partizip] 25, 39, 107, 134 seriell 109 -trennbar 70, 104-106,217, 218, 229-242 - und Determination 125 - V+V-Bildungen 107, 110 Verbalabstrakta 21 Verbalgruppe 105 Verbalisierung 171 Verbszenen s. Szenen Verdichtung 120 Verfestigung 107 Verkürzungen 63, 66 Vollform 34 Vollkurzwort 66 Register Wortart 16, 56, 67, 71 festlegung 18, 34, 49, 75, 86,99 wechsel 19, 21, 24, 25, 29, 34, 39, 60, 73, 81, 86, 113, 128, 167, 176, 180 Wortbildung, autochthone I nichtautochthone 64, 73 Wortbildungsarten 9, 34, 67, 71 - Adjektiv (Übersicht) 101, 199,200,201,209 - Substantiv (Übersicht) 81, 181 - Verb (Übersicht) 112, 222 Wortbildungsforschung 39 ff. analytische 41, 55, 145 synthetische 41, 145 Wortbildungsmorphem 16, 32, 61,71 nichtindigen 124 Wortbildungsmuster 11, 16, 19,32,36,44,51,86, 134 Wortfamilie 21, 40, 78, 191 Wortgruppe 52, 53 Wortschatz 67 Wortschöpfung 41, 45 Wörter, gekürzte 66 Zähleinheiten 77 Zielwortart 22 Zugehörigkeit 99, 151, 158 Zusammenbildung 31, 32, 34, 70, 72, 74, 75, 131, 136, 156, 176 adjektivisch 137, 138, 158, 214,215 substantivisch 137, 180 verbal 139-141 Zusammenrückung 30, 31, 73 Zweitelement, relationales 71, 157 Wortregister 6.2 Wortregister 110 174 35° 168 68er 194 A+O 174 abbauen 241 abbeißen 238 abducken 165 abecelich 210 Abendfrieden 182 abendlich 197, 199, 210 Abendstunden 120 abfahren 230 abfallen 241 abfressen 140 Abgang 238 abgleiten 242 abheben 241 abklingen 230 abkühlen 114 abladen 230 ablassen 140, 241 ablegen 238 abliegen 230 abnehmen 140 abregen, sich 238 abreisen 140,230, 241 abschießen 238 abschleifen 241 abschreiben 103, 238 abschreiten 242 absichtlich 90 absinken 230, 241 absteigen 162, 238 abstellen 230, 238 abstürzen 216,217 abtauchen 238 abturnen 238 achtlos 160 Ächzer 192 Adac 66 adelig 92 adriatisch 197, 199 -ähnlich 94 aerodynamisch 211 Affektäußerung 129 affig 211 Ahnungslosigkeit 20, 23 akad- 29 Akademismus 2 7 akribisch 211 Aktion 83 Aktivurlaub 189 Alarmgeber 84 alaunhaltig 159 Albernheit 51 ALDI-Computer 184 algizid 176, 200 alkaliresistent 175, 200, 201, 203 Alleingehen 23 allergisch 211 Allgemeine Ortskrankenkasse 173 Allradtransporter 183 alphabetisch 210 Altbundespräsident 188 Alte, der 61 Altersstimme 37 Althochdeutsch 188 Altlast 188 Altpolitiker 188 amateurhaft 213 Ameisenbau 115 amerikahörig 158 Amselpaarhüpfzeit 58 anbinden 230 aneinanderdrängen 69 aneinanderketten 152 anfahren 140 Angebotsspektrum 83 angeln 171, 220 ängstigen 155, 221 anklägerisch 193 ankommen 103 Ankommende, der 82 anrückend 197, 199 Anrufbeantworter 130 Ansage 196 anstellen 238 Anstrich 175, 177, 180 Anstrichmittel 175-177 anturnen 238 Anweisung 38 Anwendung 143, 145 AOK 173 arbeiten 26 arbeitsfähig 214 argwöhnisch 211 aristokratisch 211 armiert 170 Aroma-Therapie 183 artifizialisieren 155, 221 -artig 93 ärztlich 151, 210 Asbestzement 176, 177, 179 ästhetisch 211 aschgrau 98 Atempause 75 Attentäter 192, 193 aufbegehren 165 aufbewahren 240 aufblicken 239 aufblühen 230 aufbrechen 239, 240 Aufenthaltserlaubnis 130 aufessen 49 auffällig 88, 89 Auffälliges 25 Auffälligkeit 196 auffangen 239 auffassen 143 auffliegen 230, 239 auffordern 240 aufforsten 240 auffressen 239 aufführungsreif 216 Aufgabe 79 aufgabeln 49, 50 Aufgeben 79 aufgegeben 208, 209 aufhaltsam 208 aufhängen 239 aufheben 230,238,240 aufheulen 239 Aufkleber 192 aufknüpfen 240 auflachen 241 aufladen 49,50,239 auflegen 230 aufliegen 230 auflösen 239 auflösen, sich 240 aufmachen 240 aufmalen 239 aufnehmen 239 aufpolstern 240 aufragen 238, 239, 241 aufreihen 239 aufrichten, sich 240 aufrollen 239 aufrufen 240 aufsagen 240 aufsammeln 240 aufsaugen 240 aufschäumen 240 aufschließen 165 aufschreien 230 aufspießen 239 aufspringen 165, 239 aufstehen 240 aufsteigen 162, 238, 239 255 auftauchen 103 auftreten 230 Aufundabgehen 19, 22 aufwachen 240 aufwachsen 239 aufwehen 104, 105 aufwühlen 240 aufzählen 240 aufzäumen 240 augenblicklich 88 Augenglitzer 61 augusteisch 198, 199 ausagieren 235 ausapern 236 ausarbeiten 235 Ausarbeitung 195 ausarten 236 ausästen 235 ausatmen 234, 235 ansätsehen 235 ausätzen 236 ausbacken 236 ausbaden 236 ausbaggern 235 ausbalancieren 236 ausbaldowern 236 ausbauchen 235 ausbedingen 236 ausbeirren 235 ausbeißen 235 ausbessern 236 ausbetonieren 237 ausbetten 235 ausbeulen 235, 236 ausbezahlen 236 ausbiegen 236 ausbitten 236 ausblasen 236, 237 ansblassen 236 ausbleiben 234 ausbleichen 236 ausblicken 235 ausblühen 236 ausblühfrei 175, 200, 202 ausbluten 236 ausbohren 236 ausbojen 237 ausbooten 235 ausbraten 236 ausbrechen 164, 234, 244 ausbreiten, sich 104, 114 ausbröckeln 164, 236 ausbrüten 235 ausbuddeln 235 ausbügeln 235 ausbüxen 164 auschecken 235 ausdampfen 164, 237 ausdauern 236 ausdehnen 234 Ausdehnung 79 ausdenken 235 ausdifferenzieren 235 ausdreschen 237 Ausdruck 143, 145 Ausdrucksbeschränktheit 186 auseggen 235 ausessen 234 ausfachen 23 7 ausfahren 164, 234 ausfallen 164, 234 ausfasern 236 ausfedern 236 ausfertigen 235 ausfetten 237 ausfinden 164 ausfischen 237 ausflackern 237 ausflechten 237 ausflicken 236 ausfliegen 164, 234 ausfließen 164, 234 ausfolgen 235 ausfonriulieren 235 ausfragen 237 ausfräsen 236 ausfugen 237 ausführen 234 ausfüllen 230, 236, 237 ausgeben 234 ausgehen 140,164,231,234 ausgetanzt 237 ausgießen 234 ausgleiten 236 ausglitschen 236 ausgraben 162, 233 ausgrenzen 234 aushämmern 236 aushändigen 234 ausharken 236 ausheilen 236 ausholen 236 ausixen 236 ausjäten 236 auskalken 237 auskehren 236 ausklamüsern 236 auskochen 236 auskorrigieren 236 auskratzen 234, 236 auskriechen 164 auslachen 235 auslängen 237 auslaufen 164, 233 Register ausleeren 230, 234, 236 auslernen 236 ausleuchten 237 ausliegen 234 auslitern 23 7 ausmarschieren 164 ausmauern 237 auspacken 230 auspeitschen 235 auspolstern 237 ausposaunen 235 ausputzen 236 ausräumen 161 ausreiben 236 ausreichend 175, 200 ausreiten 164 ausrücken 164 ausrufen 235 Ausrüstung 196 ausrutschen 236 aussagen 235 Ausschaltung 59 ausschaufeln 162 ausschäumen 237 ausscheren 164 ausschildern 237 ausschimpfen 235 ausschirren 113 ausschleifen 236 ausschließlich 143, 146 ausschlüpfen 164, 234 ausschmücken 237 ausschnüffeln 236 ausschöpfen 103 ausschwefeln 236 ausschweigen, sich 235 außerbiographisch 158 äußerlich 90 aussegnen 235 ausspionieren 236 ausspotten 235 aussprechen 235 ausspucken 235 ausstatten 114 aussteigen 161, 164, 230, 233 aussteuern 236 ausströmen 164 austarieren 236 austauschen 235 Austauschtheorie 133 austreten 164 austrinken 234 austrocknen 236 austüfteln 236 austupfen 236 ausufern 164, 234, 236 auswägen 236 Wortregister auswandern 164 auswiegen 236 auswischen 236 auszehrend 152 ausziehen 164, 234 auszupfen 162 Autohaus 44 Autorschaft 197 backen 232 Backmulde 76, 122 Backofen 122 Backsteinberg 44 Backstube 76 Backtrog 76 Baden 40 badengehen 107, 109 Bafög 48,66 Balkontür 182 balladenhaft 213 bangen 171 Bänker 194 Bankier 194 barfüßig 138 bauchen, sich 220 bauchig 211 Bauchtritt 182 bäuerlich 210 BDI 63 Bearbeiter 194 Bearbeitung 195 Beben 40 Bedarfsträger 76 bedeckt 224 bedenken 223 Bedenken 83 Be-Denken 83 Bedenkenträger 32, 76 Bedenker 83 bedeutsam 208 Bedienung 195, 196 Bedingung 17 bedürftig 212 befallen 223 befeuchten 226 Befinden 40 befreien 156 Begeisterung 23, 83 beginnen 216, 218 begraben 224 begreifen 143, 146 Begriff 143, 145 begründen 143, 146 Begründung 79 Behagen 40 beigesellen, sich 140 beihilfefähig 95, 206 beilegen 230 beistehen 230 Beitragsleistungen 129 bejahen 143, 146, 147 bejahrt 224 Bejahung 143, 145 Bekanntschaft 197 bekleiden 225 bekritzeln 224 beladen 223, 225 belauern 102 beleibt 224 Belgier 194 Belohnungswirkung 130 bemasten 226 benachrichtigen 156 Benannte, das 82 Benennbare, das 82 benzingetrieben 96 beobachten 102 berechnen 224 berechnend 153 bereinigen 224 Bereitschaft 19 7 Bergbesteiger 83 bergig 211 Bergwiese 55 berserkerhaft 213 Berufung 148 beruhigen 224 berührungsfrei 134 besänftigen 224 beschaffen 143, 146 Bescheinigung 195 Beschichtung 175-177,180 beschimpfen 235 beschreiben 152, 225 beschriften 225 Beschützer 38 beseitigen 224 bespielbar 212 Bessere, das 82 bessern 155 bestehen 146 bestehenbleiben 109 bestrafen 223 Bestreben 40 Bestuhlung 195, 196 Besuch 48 betäuben 114 betonhart 124 betrachten 143, 146 betreten 225 betrieblich 210 Betriebstreue 131 Betriebswirtschaftslehre 174 betrinken, sich 224 Bettvorleger 194 bevölkern 224 bevorraten 224 Bewältigungsstrategie 132 beweglich 90 Bewegungsapparat 115 bewirten 224 bewohnen 223 bewölkt 224 Beziehung 143, 145 beziehungsfähig 95 Bezugssystem 77 bezwingen 223 Bibliothek 65 biegbar 212 biken 155 bildbar 212 Bildhauer 148 Bildhauerei 148 Bildung 143, 145 billigen 221 Billigflug 189 Bindemittel 175-177,179 Bindemittelbasis 176, 177 Binder 194 Birkenhain 182 Bischofsmütze 31 BL 62 Blankogesicht 116, 121 Blässe 196 blaugrau 68 Blaulicht 189 Blaustich 51 Blechbieger 83 Blechhütte 43 bleiben 107 bleibenlassen 108 bleichen 113 blendfrei 53 blendungsfrei 53 Blendwirkung 52, 53 Blick 52,73 Blickrichtung 52 blitzsauber 97, 124 Blödi 63 Blödsatz 59 Blumendarsteller 121 Blumenstrauß 55 blutjung 97, 124 blutstillend 134 bohren 232 Bohrer 53 bombig 211 booten 155, 219 Börsenmakler 130 bösartig 89 Bosch 63 257 Bratapfel 53, 122, 190 Bratpfanne 53 braunrosagrün 142 braunsegelig 197, 199 BRD 173 Brechstange 122 breiig 211 Breite 180 breitschneidig 158 Erennesselgestrüpp 182 briefen 155 brieflich 21 0 bröckeln 155 bronzebeschlagen 68, 69, 198 Bruchholz 123 Bruchstück 14 brüderlich 90 BSE 173 buchhändlerisch 210 buchten, sich 220 bucklig 89 -bude 11 bügelecht 216 bullenbeißerhaft 213 BUND 66 Bundesausbildungsförderungsgesetz 48 Bundesbahnwaggonfenstergurtgürtel 59 Bundesbahnwaggonvorhänge 59 Bundespräsident 188 Bundesrepublik 173 Bundesrepublik Deutschland 173 Bundesvermögen 184 buntbebildert 135 buntbewimpelt 198, 224 bürgerlich-demokratisch 100 Bürgerschaft 197 Bus 65,66 buschig 89 buttern 220 BWL 173 Cezanne-Bilder 184 Chaos 41 chaotisch 211 charismatisch 211 chillen 171 Chorkonzertunterhaltung 61 Christenheit 197 christlich 91, 211 computerisieren 155 Computerklappern 36 computern 155 Corny 64 crashen 155 DaF 62,63 dämmrig 92 dampfen 220 dankbar 207 darauffolgend 87 darstellen 143 dauerhaft 154 davon- 126 davonfluchen 125 davonkrücken 125 davonnuscheln 125 Dax 64,66 DDR 173 Degussa 66 dehnen 234 deklaratorisch 210 Demokrat 150 Demokratie 150 demokratisch 150 Dernonstaut 194 demonstr- 28 demonstrativ 27 Denkender 24 denkmalgeschützt 176, 200 Denkvorgang 190 Deserteurlnnen-Parade 184 Desinfektionsmittel 175, 177, 180 Destillierapparat 122 Deuten 169 Deutsche Demokratische Republik 173 Deutscher Paketdienst 173 Deutsches Rotes Kreuz 173 Dia 66 Dickhäuter 192, 193 dickköpfig 214 dickleibig 138 dickwandig 138 dienstbar 208, 209 Dienstbesprechung 129 diffusionsfähig 175, 176, 200, 201 dillen 220 DIN 53 778 180 Dingfolge 83 Dispersion 180 Dispersionsfarben 175, 177 Dispersionsfarben-Anstrich 175,177 Dispersions-Silikatfarben 175, 177,178 Dispersionszusatz 176, 177, 178 Dörfler 194 dortig 205 Register DPD 173 drehen 232 Dreiachser 31 Dreimaster 13 7 dreistnaiv 87 Dreitausender 192, 194 dreizehn 87 DRK 173 drucken 232 dübeln 155,232 Dummkopf 121, 194 dunkelrot 124 durchbrechen 216, 217 Durcheinanderwerfer 32 Durchgang 180 durchlässig 92 Durchlässigkeit 180 durchqueren 114 durchreisend 87 Durchschlagskraft 53 durchschnittlich 211 durchsichtig 154 durchzechen 102 Düsenjägerkondensstreifenfrausen 116 Dywidag 64 ebenmäßig 208, 209 ehebrechen 171 ehebrecherisch 211 ehern 206 ehrlich 211 ehrwürdig 99 Eichbaum 77, 179 eidlich 210 eifrig 89 Eigeninteresse 189 Eigenkapital 188 Ein und Alles 30, 168 einatmen 231, 233, 234 einbauen 163 einbooten 163 einbrechen 163, 233, 234 einbrocken 232 einbuddeln 232 einbunkern 232, 233 einbürgern 232 eindämmen 234 eindeichen 163, 232 eindocken 163, 232 eindosen 232 eindringen 162 eindübeln 232, 233 Eine 168 einengen 232 einernten 232 einfädeln 163 Wortregister einfahren 161, 163, 231 einfallen 163, 231 einfinden 163 einfliegen 163 einfließen 163 einfluten 163 Einfriedungselektronik 84 einfühlen, sich 163 einführen 163 einfüllen 234 eingeben 232, 233 eingehen 163 eingießen 163, 232 eingipsen 232 eingraben 233 eingravieren 233 eingrenzen 234 einhämmern 233 einhändigen 234 einheften 233 Einheit 143, 146 einheitlich 143, 146 einimpfen 232 einkaufen gehen 109 einkellern 232, 233 einklammern 163,232 einkleben 233 einkochen 233 einkommen 163 einkomponentig 175,200 einkreisen 232 einkuscheln, sich 163, 231 einladen 163 einlaufen 163, 165, 233 Einlegearbeiten 123 einlegen 233 einlesen 233 einliefern 163 einmachen 233 einmarschieren 163 einmieten 163 einmischen, sich 231 einmontieren 163 einmotorig 88, 90 einmünden 163 einnebeln 232 einnisten 163 einpacken 161, 163, 230 einparken 163 einpassieren 163 einrammen 233 einrechen 232 einreißen 216,217 einreiten 163, 231 einritzen 233 einrücken 163, 231 einsalzen 233 einsammeln 104 Einsatz 176, 177, 180 einsaugen 233 einscannen 233 einschalen 233 einschalten 233 einscheren 163 einschiffen 163 einschlafen 113, 230, 233 einschlagen 233, 234 einschleichen, sich 163, 232 einschleusen 163 einschließen 103, 163, 216, 217 einschrumpeln 233 einschwärzen 232 einschwemmen 163 Einser 191 einsetzen 140 einsickern 162, 232 einsilbig 15 8 einsilieren 233 einsinken 163, 233 einsitzen 230 einsperren 163 einstehlen, sich 163 einsteigen 163, 230, 233 einstöpseln 232 einströmen 163 einstürzen 233 Einstweh 35 eintätowieren 233 eintauchen 163, 230, 233 eintauschen 235 eintippen 233 eintopfen 233 einträglich 212 eintreiben 163 eintreten 231 eintüten 233 einwandern 163 einwecken 233 einweisen 163 einwickeln 163 einzäunen 232, 233 einziehen 163 Eisenerz 55 eisern 206, 213 eiskalt 97 eislaufen 136 Eiswüste 14, 15 EKG 173 elektr- 53 Elektriker 150 elektrisch 150 Elektrizität 150 Elektrohaus 44, 47 Elektrokardiogramm 173 Elektromotor 183 elektronisch 21 0 Elektroschock 84 Elektroschocker 84 emotional 213 emotiv 213 empfangen 143 Empfänger 194 endenwollend 198 endigen 155 England-Erfahrene 37 Englandreise 131 entasten 225, 226 entbeinen 225 entblößen 225 entdämonisieren 225 entdogmatisieren 225 enteisent 135 entfachen 225 entfalten 225 entfärben 225 259 entfernen 156, 225, 226 entfremden 225 Entfremdung 195 entgegenschieben, sich 216, 217 entgegennehmen 104 entgehen 102 enthärten 225 Enthemmung 195 entkleiden 225 entkräften 225 entladen 225 entleeren 225 Entsafter 194 Entstehen 25 Entstehung 195 entsteigen 226 entsühnen 226 entwickelt 198, 199 Entwicklungsprozess 76 entwurzeln 225 entziehen 225 entziffern 225 Entzücken 195 Entzückung 195 entzünden 216, 218 Erbitterung 148, 195 erblauen 114 Erblickte, das 73 erden 171 Erdzug 115, 117, 118 erfassen 102 erfordern 22 7 erfreulich 91 erfüllen 22 7 260 Ergebnisgerechtigkeit 131 ergreifen 22 7 Erhaltung 143, 145 Erheben 148 erheben, sich 216, 218, 227 Erhebung 148 Erinnerer 59 erinnern 156 erkennen 22 7 Erleben 80 erlebnisorientiert 96 Erleichterung 143, 145 erleiden 143 erlöschen 22 7 ermöglichen 227 eröffnen 227, 228 erreichen 216, 218 Errungenschaft 197 Erscheinung 195 erschließen 227, 228 erschöpfen 227 erschrecken 22 7 erschüttert 19 Erschütterung 19, 20, 79 erschweren 227 erstarren 227 Erstarrung 195 erstaunen 227 erstechen 227 erstrahlen 227 Ertragszuwachs 129 Erwartete, der 82 Erzähler 83 Erzählung 83, 195 Erzbischof 78 Erzfeind 78 erzkatholisch 207 essbar 95 essbereit 216 Essen 48 Etappenrennen 183 ethnologisch 210 EU 66 europäisch 208-210 Evi 64 Evokation 83 Evozieren 83 exist- 28 Existentialismus 27 Exquisa 64 fachlich 210 fachmännisch 210 fädeln 232 -fähig 51, 95 fahren 234 Fahrrad 63 Faksimile 64 Fälschung 195 fallbeilartig 94 falten 225 Familienvater 72, 132 -farbe 39 färben 225 farbig 211 Fassadenfarbe 175-179 Fassadenfläche 176, 177, 179 Faulstoff 121 faustisch 211 Fax 64 FAZ 173 FDH 172 FDP 173 federn 220 feierlich 198, 199 feilbieten 104 Feinbäckerei 121, 189 feindlich 211 feinfühlig 13 8 ferkeln 113 fertigen 221 Fertighaus 189 fesseln 220 festfrieren 104 fettarm 94 fettfrei 94 fetthaltig 94 fettreich 94 Feuchteschutz 175, 177, 180 feuchtigkeitsspendend 96 feuerrot 55, 97, 207 filmbildend 97, 176, 200 Filmemacher 193 filtern 26 filtrieren 26 Finanzproblem 186 Firmenware 184 Fischerdorf 120 Flachdach 189 Flachhügel 68 flaumig 211 fließpressen 141 floskelbeschildert 97 flötzwitschern 106, 141 flu 66 Flucht 148 -förmig 94 fogalisieren 155 Folge 196 folgend 198, 199 fortschreitend 99 Förderung 143, 145 Frankfurter Allgemeine Zeitung 173 französisch 205, 210 Fratzenschneiderei 61 Frauenhaar 15 fraulich 211 Register Freie Demokratische Partei (Deutschlands) 173 Freistempler 137 Fremdsprache 189 -freudig 96 freundlich 211 Freundschaft 197 friedlich 211 friedvoll 197, 199 Frische 196 frischgepflügt 97 Frischmilch 189 frostblau 124 frostig 88 fruchtbar 207 Frühaufwartung 129 Frühstart 189 Füller 192 Fünfziger 191, 192, 194 fungizid 176, 200 Funke 196 funkelflink 124 Funktionsträger 76 Für und Wider 30 fürchten lernen 108 Fußballer 193 Fußmarsch 183 Fuzo 66 Gang 39 ganzheitlich 210 Gartenbewohner 130 Gartenfrucht 182 Gartenperson 186 Gartenraubtier 182 Gärtnerjunge 142, 187 gaunerisch 211 Gebäude 176, 177, 180 -geben 110 Geber 84 gebieten 228 Gebirge 78 Gebrauch 143, 145 gebrauchfertig 216 Gebüsch 78 Gedächtnis 60 Gedankenexperiment 129 gefährlich 211 Gegengabe 130 gegenseitig 143, 146 gegenständlich 99 Gegenstand 143 Gegenüber 82, 168 Wortregister Gegenwind 68 geheimnisvoll 99 gehen 234 gehenlassen, sich 108 Geiger 194 geigespielen 128 geistern 155 Gelb 168 Gelbfieber 190 gelbköpfig 90 Gelddynastie 185 Geldhaben 25, 32 geldig 211 Geldstehlen 25, 32 Gemeinschaft 143, 146 genannt 152 Gepäckträger 31 Gerechtigkeitsmaßstab 132 Gerechtigkeitsvorstellung 129 germanistisch 210 Gerontologe 196 geruchsarm 97, 175, 176, 200, 201 Gerufe 148 Gesamtsumme 188 Geschimpfe 78 geschliffen 153 geschlossen 215 Geschmacksträger 137 Geschrei 78 Gesellschaft 143, 145, 146 Gespaltenheit 196 Gestaltungswillen 183 Gestapo 66 gesunden 154 Gesundes 168 Getragenwerden 82 Gewaltregime 36 Gewerbemüllgebühr 4 7 Gewerkschafter 192 Gewitterhimmel 121, 183 gewöhnlich 91 Gewölle 83 Gezeugter 169 Gingganz 30, 31 gischten 154 Glanzgrad 175, 177 Glaubensgewissheiteil 79 glaublich 212 gleichförmig 208, 209 Globalisierung 79 glücklich 91, 211 Glühbirne 122 glühen 218 Goethe-Bild 185 Goethe-Rede 185 goldbebrillt 135, 207 goldbesternt 207 goldbestickt 207 golden 213 goldglänzend 68, 69, 198 Goldsucher 76 goldverziert 207 gotthaft 213 Gottseibeiuns 30 Granitberg 44 gräulich 210 greifbar 212 Greifvogel 43 grenzen 219 grillen 26 grillieren 26 grinskeuchen 141 grobmaschig 52 grobnarbig 138 Großbürgertum 197 Großbürger-Villen 84 Großstadt 188 grüblerisch 211 Grufti 63 Gründach 189 Guillotine-Blicke 183 Güteraustausch 129 Gutes 168 Gutmensch 188 Gutsgebäude 186 Haifisch 77 halb- 125 halbdunkel 124 Halbschlaf 116, 121 halsbrecherisch 91, 193 Hals-Nasen-Ohren 173 haltbar 175, 200 -halten 110 hämmernd 153 hamsterhaft 93 hamstern 171 handgefertigt 215 Handlungsorientierungeil 79 handschriftlich 85 handspannengroß 123 handwerklich 85 Handy 41 hängenbleiben 109 harmonisch 211 Härte 59, 180 härten 220, 225 Hartholzhaus 45, 46 Hartholztisch 45, 46 hässlich 205 Hässliches 168 Hausdetektiv 120 haushaltsüblich 175, 200 hausmeistem 26, 220 häuten 220 heften 232 heiligen 220, 221 Heimatgefühle 120 heimkehren 104 Heimstätte 68 heimtückisch 211 Heizungsraum 120 hellrot 124 Henkelkorb 185 Henkergesellen 186 herabfließen 113 heranrollen 106 heranwehen 103 herausbilden 136 herausbrechen 140 herausnehmen 135 herausstellen 143 heraustreiben 166 herbeigleisen 216, 217 hereintapsen 106 herbstlich 210 Herdstätte 68 hereinblinzeln 166 Herkunftsland 37 herrisch 211 herrschen 25 herrschend 152 herschieben 216 herumblinken 216,217 herumkreisen 216, 217 Herumstehendes 169 herunterholen 106 herunterrufen 106 hervorflackern 216, 217 hervortreten 167 heutig 205 Hier und Heute 168 Hilfeersuchen 51 Hilfsangebot 51 hinabblicken 166 hinabgleiten 106 hinabschäumen 113 hinausekeln 136 hinausfahren 103 hinausgehen 231 hinausgehend 152 hinausheben 103 hinausintrigieren 136 hinauskomplimentieren 126, 136 hinausschauen 106 hinausstöckeln 106 hinaustragen 166 hinaustreiben 106 hineingeraten 135 hineinpassen 135 hingeben, sich 216,217 Hintergedanken 116 hinterlassen 102 Hinterlassenschaft 60, 197 Hintersaum 121 hinträumend, vor sich 208, 209 hinwegrasen 167 hinzukommen 135 Hirni 63 historisch 176, 200 hitzefrei 36 Hitzevorschuß 36 HIV 173 HNO 173 hochbordig 198, 199 hochflattern 216, 217 hochgefährlich 207 hochlehnig 99 hochstämmig 138 Höchstverwaltungssachverständigengutachten 120 hochwertig 175, 200, 201 hochzivilisiert 97, 124 hocken 113 Hoffnung 148 Hoffnungsschimmer 51 Hofhaltung 68 Höhe 180 Höhlengleichnis 185 Holdefizit 132 holen gehen 109 Holpflicht 190 hölzern 44, 151, 206, 208, 209,213 Holzfeuer 68 Holzhaus 43, 45, 46, 55 Holzkiste 43 Holzlöffel 206 Holzschrank 43 Holztisch 45 Holztrog 76 Holzturm 44 Hopser 194 Hörer 193 hüften 220 hundertjährig 158 Hüter 38 hydraulisch 208, 209 hydrophob 175,200 ICE 174 Ich 30 ideell 143, 146 idyllisch 211 Igelgras 18 6 Impresariostift 120 Inanspruchnahme 196 Individualisierung 79 Individuallösung 188 industriell 208, 209 influenza 66 InfohoHe 53 inform- 28 informieren 27 initiativ 214 inlineskaten 171 Innenbereich 179 inner- und zwischenstaatlich 91 innov- 28 Inspiration 150 Inspirator 150 intakt 208 intensivieren 155 Inter-City-Express 174 Intercom 64 Interpretationsprozess 77 irdisch 89 Irdisches 80 Irgendwo 30 ironisch 89 Isolirschemel 41, 46 jahrhundertespiegelnd 97 Ja-Sager 32 Jodler 192 joggen 169 Jogging 169 Judentum 197 Jungpolitiker 188 kabeldick 97 kahlfressen 127 Kaiserjäger 42, 46 kaiserlich 151, 197 kakaogebuttert 96 Kakaopulver 55 kalabrisch 197, 199 kälbern 155 Kaliwasserglas 175, 177 kalkreich 175,176,200,202 Kalksandstein-Sichtmauerwerk 175, 177, 178 Kaltblut 194 kältestarr 207 kaltstellen 72 kappenbunt 123 Käufer 149 Kaufhaus 44, 46 käuflich 212 kaufmännisch 210 Kautabak 122 kennenlernen 108 Keramag 64 kerzengerade 123 Keulenhammer 142 Kfz 66 kindisch 211 Kindkönig 187 kindlich 211 kirchlich 210 klaffend 215 klasse 169 klavierspielen 136 klebenbleiben 109 klebrig 212 Register Kleiderschrank 120 Kleinbürger-Quartiere 84 Kleinkind 188 Kleinstadt 188 Klinkerglück 183 klippenbewehrt 153 Klugsatz 36, 59 Knacki 64 Knetarm 76, 122 knieen 113 knistern 218 Knospenbrecher 130 Knotenpunkt 115 knurrig 212 Kohlendioxid-Durchgang 175- 177,179 Kohlendioxid-Durchlässigkeit 176,179 Kollegenverhalten 129 Kollektivvertrag 188 kolossal 99 kommend, zum Ausdruck 152 Kommunikationsangestellter 186 Komplementärbegriff 189 Konsumbrüderschaft 186 Kontinentalsperre 188 Konventionalstrafe 130 konzentrieren, sich 155 Kooperationsbedürfnis 129 kopfstehen 136 Kosewort 122 Krachmacher 193 -kräftig 96 kräftigen 225 krämerhaft 213 Kraftwagenketten 115 kranken 171 Kreidesonne 186 Kreislauf 55 Kreislaufwirtschaftsgesetz 54, 55 Kriegsführung 129 Wortregister Kripo 66 kristallisieren 155 kritisch 176, 200 Kuchenglück 183 kugelig 211 Kuhmilch 184 Kulturleistung 186 Kulturträger 76 Kunstfreude 183 Kunstharz-Dispersion 175-177 künstlerisch 85 Kunstmißbraucher 32, 76, 148 kunstvoll 208 Kürze 180 Kurzworttakte 182 Kutscher 193, 194 KW-Silbe 62 lächeln 155 Lachgas 190 Ladegeräusche 123 Lagern 176,177 lagern 219 lahmen 171 Landmann 52 Landschaft 10, 12 -Iandschaft 12 Landsmann 52 Landung 195 Länge 180 Langzeit-Wirkung 176, 177, 179 lanzettförmig 159 lassen 107 Laubbaum 179 Laubgeruch 120 Lauf 52, 195 laufenlassen 108 Iausbubenhaft 213 Lautlesen 129 Lautsprecherstimme 37 Leben 40 lebenstauglich 214 Lebkuchenhaus 43 Leere 24 Leergewicht 190 leerstehend 158 lehmverschmiert 160 Leichtbeton 189 leichtlebig 138 Leiden 40, 82 leidenschaftlich 211 leidtun 136 Leistung 143 lernen 107, 108 Lese-Dilettant 130 lesegerecht 216 Lesen 80 Leser-Autor 142, 187 Lesesucht-Diskussion 129 leuchtend 153 Leuchtende, das 61 liberal-utilitaristisch 142 lieben lernen 108 Liebeserklärung 37 Liebeskummer 183 Liebespartner 132 Liebhaber 137 Liedermacher 193 Lieferung 195 liegenlassen 108 Liegestuhl 190 Ligaturen 79 linientreu 133 Lisa 66 LMAA 172 lobesam 208 Lockermassen 121 Löwenzahnblütenstaub 116 Luftschicht 176, 177 Lüftungsgitter 183 Luftzüge 115, 117, 118 lügenhaft 213 lügnerisch 212 Lustgewinn 130 Machthaber 33 Machtmissbrauch 33 Machtunterworfener 33 Mädchenhandelsschule 47 Magersucht 190 magnetohydrodynamisch 125 Mähdrescher 35 mählich 197 männerdominiert 96 maidunkel 97 Mainzer 192 mannschaftsdienlich 158 mannshoch 97 Marktzutritt 130 Marmorsockel 182 Maschinensurren 36 Masseur 194 Massivhaus 189 mathematisch 205, 210 mausetot 98, 207 mausmakihaft 93 mechanisch 143, 146 Medienwurmfortsatz 116 medizinisch 151 medizinisch-technisch 142 Mehrfachsicherung 84 mehrfarbig 138 Mehrheit 143, 146 meistbenutzt 134 meisterlich 211 melancholisch-ironisch-frivol 142 meldepflichtig 137 Menschengruppe 182 menschenleer 133, 208 Menschenmassen 115 menschenscheu 85 Menschenstrom 37 menschenverächtlich 158 menschenwürdig 158, 215 Menschheit 197 menschlich 143, 146, 197, 199,208,209 mentalitätsbedingt 96 merklich 197, 199, 212 MfG 172 mikroporös 97, 176, 200 milchig 211 Milchkuh 184 Milchtasse 44 minderwertig 201 mineralisch 175,200 Missbrauch 33 missbrauchen 148 misslingen 229 misstrauen 102 misstrauisch 85 missverstehen 229 Misswirtschaft 229 Miststück 14 mitdenken 165 mitgehen 165 Mitgehen 23, 39 Mitteilung 19 Mitteilungstriumph 19, 20 Mitteleuropa 84 Mittelhochdeutsch 18 8 mittelschwer 124 Mittelstadt 188 Mittelständler 194 mitwirken 165 Mobileern 64 Modernisierung 79 Modernisierungsprozess 83 moltofillen 26 moosbewachsen 135 moralisch 88 Moränenlandschaft 185 Mörtelgruppe 175-178 mürrisch 212 Mürrischkeit 196 Müsli 64 mütterlich 211 muttern 26, 220 muttersprachlich 210 nacharbeiten 230 nachbringen 230 nachdenklich 212 nachfragen 103 Nachgeschmack 35 nachkommen 104 Nachkommenschaft 197 nachlaufen 230 nachtblau 123 nachträgerisch 212 Nadelbaum 179 nagend 153 naheliegend 153 nahen 171 napoleonisch 210 narbig 211 närrisch 211 Nationalstaat 189 Naturdoktor 66 Naturstein 175,177,178, 179 naturwissenschaftlich-technisch 206 NDW 174 -nehmen 110 Neudefinition 189 Neudruck 189 Neue 25 Neue Deutsche Welle 174 Neuhochdeutsch 188 Neuland 188 Neunziger 194 Neusetzung 79 Nibelungentreue 55 nichtjüdisch 86 Nichtreaktion 37 Nichts, das 82 nichtschriftlich 86 nichtssagend 153 nickiblauglockenrockbuntturnschuhweiß 142 Niederlassung 195 Niedrigpreis 189 Niemandsbucht 55 Niemandsland 55, 116 nisten 220 Nivea 64 "Noch ein Glas Wein zusammen"-Fordernde 131 nördlich 208, 209 notlanden 171, 219 nutze 170 Nutzenvorstellung 130 Ober 66 Oberteil 37 ochsen 220 öffnen 113, 154 Öffner 192 oftmalig 138 ökologisch 88 ökonomisch 175, 200 ökonomisch-materialistisch 100 ökopathetisch 123 Öl 14 Ölfarbe 13, 14, 38 ölfördernd 215 Omnibus 65 optoelektrisch 125 ordentlich 88, 143, 146 organisch 175,200 ortsansässig 133 ortskundig 133 PI 180 Pli 180 PIII 180 Papierfetzchen 120 Papierklirren 32 Papierwarengeschäft 185 parteifrei 134 Parteimitglied 132 Passiv-Bewaffnung 84 pelzig 88 Pelztier 185 Perfektion 60 perlmuttern 197, 199 pfändbar 212 Pfefferspray 84 Pfeifen 60 -pflichtig 96 philisterhaft 213 Platzschwierigkeiten 120 pleite 169 PLZ 173 Politiker 188, 192 politisch 88 politisch-moralisch 412 Polit-Prominenz 186 Polymerisatharz 176, 177 Pornoslang 117 positiv 146 Postleitzahl 173 prächtig 198, 199, 208, 209 prähistorisch 208, 209 preisgeben 104, 111 preußisch 211 Primaner 194 Problemlöser 176,177,180 Problemstellung 137 Produktionsablauf 186 Prof 66 Professor 65 Register Profi 63 prophetisch 211 Prozessgerechtigkeit 131 Prozessierer 194 prüfbar 212 Prüfer 40, 192 Prüferei 40 Prüfling 40 Prüfprofessor 190 Prüfung 40 prunkvoll 68, 69, 198, 199 pseudo- 125 Pulli 66 Pulsschlag 120 puppenhaft 93 Puppenstuben-Rekonstruktion 183 Putze 53 Putzfrau 45, 46, 53, 122 Putzlappen 45, 55 quadratisch 205 Qualitätsprofil 77, 175,177, 178 Quarzfüllstoffe 175, 177 quasi- 125 quasi-objektiv 125 Quoten-Fee 186 Rad 66 rädern 155 radfahren 128 Rama 64 rammspornig 198, 199 Rasenfläche 182 Raubvogel 43 raucherfüllt 134 Raus 30 Reaktion 175 real 146 Rechenschaftslegung 137 Rechner 21 Rechnerei 21 Rechnung 21 rechthaben 136 recyceln 155, 219 Reden 25 reexistenzialisiert 2 7 Reflexion 83 Reibe 196 Reichtum 197 Reinacrylatfarben 175, 177 reinigen 155, 221 reinigungsfähig 175, 200 Reinigungsmittel 175, 180 Rein-Silikatfarbe 175, 176, 177,178 Wortregister Reisetasche 3 7 Religionsentwicklung 79 Renovierung 176, 177, 180 respektvoll 160 revolutionsprophylaktisch 99 Revoluzzer 193 rezit- 28 Rezitator 27 rezyklieren 155 riesengroß 124 Rigor 29 rigor- 29 Rigorosum 29 Rigorist 27 Rinderwahnsinn 173 ringtragend 198 roboterhaft 213 rodeln 155 Rohrpostmenschensendung 115,116,118 rollen 218 Romanelesen 129 Roman-Süchtiger 130 römisch 99 rosa 169 Rostbratenesser 130 Rösti 64 rostunempfindlich 176, 200, 203 rostzerfressen 134 Rotarier 194 Rothaut 194 Rotlicht 45, 46 Rousseau-Leser 130 rowdyhaft 213 ruckhaft 93 rückwärtsgerichtet 96 Ruf 148 rufen 235 Rufen 25, 148 Rufer 148 Ruferei 148 Rülpser 194 rundschultrig 89, 214 runterscherben 113 Rüstungsgut 77 Säge 196 salomonisch 211 salzhaltig 159 salzig 159 sandig 211 Sandsteinberg 44 Sanella 64 sangesfreudig 214 Sanitätshaus 44 säubern 219 Scasi 63 schabend 153 schädlich 212 Schäfer 192 scharfkantig 138, 214 Schärfe 59 schätzen lernen 108 schein- 125 scheiße 30 scheuerbeständig 175, 200, 201,203 Schießbude 10, 12 Schießbudenfigur 11 Schießbudenlandschaft 9, 12, 13 Schiffsreise 120 schildern 155 schimmel-, moos- oder algenbefallen 176, 200, 204 schimpfen 235 Schiri 66 Schlachthaus 122 schlachtschüsseln 26 schläfrig 212 Schlagmaschine 76, 122 schlampig 212 Schlauchboot 185 Schlaumeierei 137 Schlechtwetter 188 Schleiertanz 18 3 Schleifer 21 Schleiferei 21 Schleifung 21 Schliff 21 schlimmste 60 Schlumpf 41 schmiedbar 212 schmierig 154 Schmutzrand 36 Schnauzerhund 120 schneebedeckt 215 Schneider- und Barbierangelegenheiten 115 Schnellaufzug 115 schl; lellläufig 138 Schnellwäsche 189 Schnippischkeit 196 Schnittegemetzel 183 Schokoladenfabrik 184 Schöner 169 Schönes 168 Schönheit 196, 197 Schönheitspreis 51 Schonzeit 122 Schranktür 120 schreckensbleich 124 schrecklich 91 Schrei 52 Schreibaktion 83 Schreibe 196 Schreiben 40 schreinern 171 schriftlich 210 Schriftsprache 183 schrillen 171 Schrubber 192 schrundig 211 Schuhhaus 44, 185 schulterfrei 134 schurkisch 90 schustern 155 Schutzhelm 123, 183 Schutzwirkung 176,177,179 Schwachsinn 35 Schwarzarbeit 190 Schwarzgeld 190 schwarzweiß 87 schwedisch 208, 209 schwefelgelb 201 Schweigen 25, 82 Schweigender 83 Schweiger 83 schweinisch 91 schweißüberströmt 87 Schweizer 192 Schwemmwasserbecken 122 schwerfällig 198, 199 schwimmend 170 schwimmengehen 109 schwingschleifen 141 Scotch 63 SCSI 63 sd-Wert 180 seelenverwandt 124 Seestück 14 Sehenswürdigkeit 197 Seidentuch 37 seidig 201 seifenfrei 134 seifig 211 Selbstbetrüger 3 6 Selbstgespräch 116 Selbstzufriedenheit 23 semi- 125 sensibel 213 sensitiv 213 Seufzer 194 Siedlung 195, 196 SI-KW 62 silberbeschlagen 134 silbern 213 Silberstreif 120 silberverziert 215 Siliconharzemulsion 176, 177 266 Siliconharz-Fassadenfarbe 176, 177, 178 Silikatfarben 175,177,178 siloxanverstärkt 175, 200, 204 Siloxanverstärkung 175, 177, 179, 180 sinnvoll 175, 200 sitzenbleiben 109 sitzenlassen 108 skizzenhaft 213 S-Linie 48 Sloggi 64 snacken 171 snowhaarden 169 Snowboarding 169 Softi 63 Sommergewitterankündigung 83 sondierend 170 sonnenbebrillt 135 Sonnenlicht 31 Sonnenschein 36 sonnig 197, 199 SOS 174 Sozialverhalten 129 spannungsarm 175,200,201, 202 spannungsfrei 176, 200, 202 spartanisch 99 spärlich 99 Spasti 64 Spätsommerlicht 116 spazierengehen 109 Sperrmechanik 84 Spezialtype 176, 177 spiegelglatt 68, 69, 197, 199 spiegeln 113 Spielplatz 190 Spielverderber 137 spießbürgerlich 211 spinnenverseucht 160 spiralenförmig 138 Spitzenstandard 175,177,180 Splitter-Code 183 sportiv 213 sportlich 211, 213 spöttisch 211 Sprechstunde 190 spruchgemäß 99 sprungbereit 133 spülfreundlich 216 staatstreu 158 Stabilisator 175, 177 stabilisieren 155 Städter 194 stagn- 28 stagnativ 27 stahlblau 68, 198, 199 stählern 206 stampfend 153 Standbein 37 stapeln 219 staubfrei 160 Staunen 169 steckenbleiben 109 steckenlassen 108 stehenbleiben 104 stehenlassen 108 Stehendes 169 Steildach 189 steinig 92, 206 stellungsfest 158 Sterben 40 sterblich 212 Sterbliche, die 82 Sterbliches 80 Steuerzahlung 53 stiernackig 138 stiftengehen 109 stipulieren 155 stockfleckig 85 Stockwerk 115 Stofffaser 120 Stoffhaus 43, 44 Stoppuhr 115 Störrischkeit 196 strafbar 212 straffrei 134 Strafkolonie 122 strapaziert 175, 200 Streberturn 197 Strickleiter 42 -stück 15 Stückgut 14 Studentenstreiche 36 Studienkollege 132 Stummelzopf 186 Stummsein 82 stumpfwinklig 13 8 stylen 155 Suche 148, 196 Suchscheinwerfer 122 Suizidversuch 120 sündig 211 super 99 super- 124 surfen 155 Survival-Ausrüstung 84 süßsauer 87 Sylitol 175 symmetrisch 208, 209 synonymisch 143, 146 Register Täfelung 195 Tageslicht 51 Tagwandel 121 Talkshowmoderator 130 Tamino-Arie 35 Tannenbaum 179 Tätigsein 82 tatsächlich 91 taubstumm 142 Tauchbad 190 taumelig 201 Tauschabsicht 133 Tauschaktion 133 Tauschdenken 129, 133 Tauschelement 133 tauschen 235 Tauschform 133 Tauschgründe 133 Tauschhandeln 133 Tauschhandlung 133 Tauschkalkül 133 Tauschkonzept 133 Tauschkultur 133 Tauschobjekt 133 Tauschpartner 132, 133 Tauschplatz 133 Tauschprinzip 133 Tauschregel 133 Tauschritual 133 Täuschung 195 Tauschverhältnis 133 taz 66 Tbc 66 technifizieren 155, 221 Techno 41 teilnehmen 111 Tektronix 64 telefonieren 155 telefonisch 210 Telekom 64, 66 Tempo(taschentücher) 63 tendieren 143 Tesa(film) 63 TeVi 64 Theorie 143 Tiefe 180 Tiefrote, das 61 tieftraurig 207 tierhaft 93 Tierhaltung 68 tirilieren 113 tobend 87 todesahnend 197, 199 tollkühn 86 tönen 213 tönern 213 Wortregister Tonpfeifenköpfe 13 top- 124 torkelig 90 Toteisblöcke 121 totschießen 126, 127 Touristik Union International 173 T-Profil 48 -trächtig 96 tragbar 212, 213 tragfähig 175,200,203 tragisch 90 Trainer 194 Traktorist 194 Tränengaspistole 84 Transvestitenshow 184 Trauerarbeit 190 Treffen 40 Treiben 40 Treibholz 122 tremolieren 113 Treppenhaus 175, 177 triefnass 124 Trillerpreife 84 trinkbar 95 Trinkkultur 190 Trockenfrucht 190 trocknen 171 trösten 113 tröstlich 154 tschilpen 171 TUI 173 Türriegel 84 TV 168 übelriechend 134 überbrüllen 113 Überfallener 20, 22 überfluten 216, 218 überrascht 19 Überraschter 19, 22 Überraschung 19, 20 Übersichgreifen 25 Überwachungskamera 84 überwinden 102 UKW 174 Ultrakurzwelle 174 Ultraviolette Strahlen A 173 Ultraviolette Strahlen B 173 umarmen 113 Umbringer 79, 149 umfassend 152 umhüllen 216, 218 Umsichgreifen 25 umstülpen 140 umweltschonend 97, 175, 176, 200,201 Umweltsünder 32 Umweltverschmutzer 32, 33 76, 148 Umweltverschmutzung 33 unangreifbar 154 unauffällig 88 unbegreiflich 203 unbekümmert 224 unberechenbar 224 unbeschriftet 225 unbespielbar 212 unbestechlich 207 undenklich 212 undurchdringlich 154 unentrinnbar 154 unerfindlich 212 Ungenauigkeit 60 Ungeschicklichkeit 20, 23 Unheil 61 Unheilsbringer 20 unheizbar 98 Uni(versität) 63 United Parcel Service 173 unkaputtbar 213 unquellbar 176,200,203 unsittlich 211 Untererdzüge 115, 117 Untergrund 175,176,177 unterhandeln 144 Unterhemd 52 unternehmen 144 unterschwellig 88 untersuchen 144 Untersuchung 143, 144 untot 207 untragbar 213 Unüberlegtheit 197 unübersteiglich 212 unumgänglich 86 unvergleichlich 90 unverkäuflich 212 unverseifbar 175, 200, 201, 203 unverwechselbar 228 unverzeihbar 95 unverzeihlich 95 unverzichtbar 213, 228 unwiderstehlich 90 Unzufriedenheitsgefühl 130 updaten 155 U-Profil 48 UPS 173 urdeutsch 100 USA 173 usw. 174 utopisch 208, 209 UVA 173 UVB 173 variantenreich 160 väterlich 210, 211 Veränderung 17, 18 Verarbeiten 176,177, 180 Verarbeitung 195 verarbeitungsfertig 175, 200, 203 verbergen 228 verbessern 228 verbieten 228 verbinden 102, 228 Verbindung 143, 145 verbrämen 114 verbrennen 228 verdampfen 227 verdoppeln 216, 218 Verdorbenes 168 verdünnen 228 veredeln 228 verehrungswürdig 214 Verfall 17 verfliegen 22 7 verführerisch 90, 91 vergessen 152 vergilbt 153 Vergissmeinnicht 30 vergolden 228 vergreisen 228 vergrößern 114,228 vergrößert 153 Verhaltensfreiheit 131 Verhältnis 143, 145 verirren, sich 216, 218 Verkäufer 149 verkäuflich 212 Verkehrsebene 115 Verkehrsstraßen 115 Verkieselung 175, 177, 180 verkohlen 113 verkrusten 113 verlassen 208, 209 verlaufen, sich 227 Verleumdung 21 verlieren 216, 218, 228 verlorengehen 109 verneinen 143 verraucht 228 Verruchtheit 196 verrusst 99 Versammlungsleiter 130 Versatzstück 14 Versäumer 83 verschleppen 227 verschließen 228 Verschlinger 83 268 verschmutzt 170 verschwinden 227 versengen 216, 218 versinken 216, 218 Versorgung 195 Verspritzte, das 61 versteinern 228 verstört 87 versuchen 216, 218 Versuchung 148 vertrauen 228 Vertreter 192 Verunsicherung 148 Verwandtschaft 197 verwehen 22 7 verwildern 228 verwirren 156, 228 verzieren 216, 218 Verzückung 20 Videoclip 117 vielfach 143, 146 vielsilbig 138 vielsprachig 138 vierrädrig 214 Viertürer 192 Vierzigjährige 168 viktorianisch 211 Violoncello 63, 65 VOB 97,180 Volksfesterinnerung 61 volkskundlich 210 vollmundig 158 vor- 125 vorarbeiten 230 Vordenkopfgestoßener 19, 20, 22 Vorgeschmack 35 Vorhaben 40 Vorlegeschloss 84 vornübergebeugt 134 vorrücken 230 vorschieben 230 vorstehen 230 Vorstellung 38 vorsteuerabzugsfähig 51 vorstrecken 103 vor-subjektiv 125 Vorteilsnehmer 137 vortreten 230 wachliegen 113 Wachmann 53 wachsweich 207 Wächter 53 Wadenkeulen 142 wahlfähig 95 Wahlvorgang 186 wahrheitsgetreu 133 Wahrnehmung 17, 18 waldig 92, 201 Waldstreifen 15 Waldwand 83 wannenhaft 93 Warmblut 194 Warmblüter 193 warmmachen 126 Wartende, der 82 waschbar 212 waschbeständig 216 waschfest 216 wasserabweisend 97, 175,176, 200,204 Wasserdampf 176, 177 wasserdampfdiffusionsfähig 175,200,201,203 Wasserdampf-Diffusionsfähigkeit 175, 177,179 Wasserdampf-Diffusionswiderstand 175, 177, 179 wasserdampfdurchlässig 176, 200 Wasserdampf-Durchlässigkeit 176, 177, 179 wasserfrei 176, 200, 202 Wasserhahn 120 wasserhaltig 202 wasserverdünnbar 97, 175, 176,200,201,203 Wasserzungen 152 weibisch 211 weiblich 210, 211 weißbäuchig 92 weißbehandschuht 135 weißbespült 68, 69, 197, 199 Weißhand 194 Weiterentwicklung 137 weitreichend 151 wellenförmig 138 Werbephilosophie 190 Werbetexter 130 Werden 25 Werkstoff 175, 177 Wertminderung 129 wettbewerblieh 210 wetterbeständig 97, 175, 176, 200,201,203 Wetterschutz 175, 177 widerstandsfähig 133 -widrig 96 wiedererkennen 104, 113 Wiedergabe 83 -willig 96 Wildhecke 52, 121 Windhund 41,46 Wintergewitter 55 Register Wirklichkeit 83 Wirkstoff 176, 177 Wirkung 19, 20, 143, 145, 175, 177, 180 wirrköpfig 138 wirtschaftlich 175, 200 wissbegierig 133 Wissenschaftsentwicklung 79 witzig 211 Wochenendeinkauf 129 wogen 154 wohldosiert 153 Wohnbereich 175,177 Wohnungstür 120 wollig 92, 93 Worcaholic 53 wortlos 160 wunderschön 124 wundschreien 127 würdigen 221 wurstessend 134 Wüste 24 zackig 211 Zaharzthelferinnen 60 zahnen 171 Zebralicht 186 zehnruderreihig 198, 199 zeichenbar 213 zeitentbunden 97, 135 Zeitpunkt 23 zellenartig 159 zerfallen 102, 228 zerfleischen 228 zerfressen 229 zergabeln 113 zerknüllen 114 zerreißen 113 zerrinnen 228 zerrissen 87 zerschellen 216, 218 zerschinden 229 Zerstörer 79, 149 zerstörerisch 89 Zerstörung 89, 143, 145 zerstückeln 228 Ziegelhaus 43 zielstrebig 158 Zielvereinbarungsgespräch 129 zischen 218 Zitronenfalter 186 zirrusduftend 96 zittern 218 zittrig 206 zombig 211 zopfblond 124 zu 170 Wortregister zucken 218 zuckerhaltig 159 Zugpferd 123 zugrundeliegend 152 zündbar 212 züngeln 155 zuordnen 230 Zurück 168 Zurück zu 169 zurückbegeben sich 216, 217 zurückfinden 216, 217 zurückgleiten 152 zurückhalten 216, 217 zurücksinken 216, 217 zurückströmend 152 zusammenbrechen 216,217 Zusammenhang 83 zusammenklappen 216,217 Zusammentreffen 20, 23 Zusatz 177, 180 zuspringen 103 Zuständigkeitslücke 132 zuwinken 140 Zwangsvorstellung 115 zweitklassig 158 Zwischenfeld 37 zwölfruderreihig 198, 199 269 Seit den 70er-Jahren gibt es eine vielfältige Forschung, die sich mit der Rolle der Wortbildung in der deutschen Gegenwartssprache beschäftigt. Das Studienbuch erläutert, welche Beschreibungs- und Erklärungsziele sich die Wortbildungsforschung in jüngster Zeit gesetzt hat. Dargestellt werden die Techniken und Modelle der Wortbildung, wobei sich das Spektrum von den im Rahmen derselben Wortart oder semantischen Klasse bleibenden Kompositionstechniken bis zur Konversion, in der der Wechsel der Wortart seine prägnanteste Form gefunden hat, spannt. Deutlich wird auch , dass die Schwerpunkte der Wortbildung bei Substantiv, Adjektiv und Verb jeweils auf unterschiedlichen Bildungstypen liegen. Abschließend geht der Verfasser der Frage nach, welche Konsequenzen die dargestellten Sachverhalte für eine syntaktische, lexikalische und textuelle Betrachtung der deutschen Wortbildung haben. Der Leser erhält so grundlegende Informationen zu Strukturen und Bildungstypen der deutschen Wortbildung, und er lernt, den Gebrauch von Wortbildungstechniken in Texten selbständig zu beschreiben und zu beurteilen. ISB! ': 3· 8233 · 4976·7