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Wortbildung des modernen Deutschen

2006
978-3-8233-7211-0
Gunter Narr Verlag 
Michael Lohde

Im Mittelpunkt des Bandes steht die Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache und damit ein Fachgebiet der Linguistik, das für das Studium der Mutter- wie der Fremdsprache von großer Relevanz ist. Im Unterschied zu den bisherigen Darstellungen handelt es sich hier erstmalig um eine Kombination aus Lehr- und Übungsbuch. Das Buch zeigt charakteristische Strukturen, Merkmale sowie Entwicklungslinien vorrangig der Standardsprache und stellt die detaillierte Beschreibung der Bildungsmöglichkeiten der Wortarten Substantiv, Adjektiv, Verb und Adverb in den Mittelpunkt, wobei explizite Derivation und Komposition aufgrund ihrer zentralen Bedeutung breiten Raum einnehmen. Nach jedem (Teil)Kapitel folgen entsprechende praktische Übungen zur Selbstlernkontrolle, deren Vielfalt und Variationsbreite sowohl der Verbesserung der Kenntnisse über Wortbildungsprozesse wie auch der Erweiterung des Wortschatzes dienen.

narr studienbücher narr studienbücher Im Mittelpunkt des Bandes steht die Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache und damit ein Fachgebiet der Linguistik, das für das Studium der Mutterwie der Fremdsprache von großer Relevanz ist. Im Unterschied zu den bisherigen Darstellungen handelt es sich hier erstmalig um eine Kombination aus Lehr- und Übungsbuch. Das Buch zeigt charakteristische Strukturen, Merkmale sowie Entwicklungslinien der Standardsprache und rückt die detaillierte Beschreibung der Bildungsmöglichkeiten der Wortarten Substantiv, Adjektiv, Verb und Adverb in den Vordergrund, wobei explizite Derivation und Komposition aufgrund ihrer zentralen Bedeutung breiten Raum einnehmen. Nach jedem (Teil-)Kapitel folgen entsprechende praktische Übungen zur Selbstlernkontrolle, deren Vielfalt und Variationsbreite sowohl der Verbesserung der Kenntnisse über Wortbildungsprozesse wie auch der Erweiterung des Wortschatzes dienen. ISBN 3-8233-6211-9 Michael Lohde Wortbildung des modernen Deutschen Ein Lehr- und Übungsbuch Lohde Wortbildung des modernen Deutschen 006706 Stud. Lohde 15.02.2006 14: 20 Uhr Seite 1 User: Steffen Hack Lpi: 175 Scale: 100% narr studienbücher Michael Lohde Wortbildung des modernen Deutschen Ein Lehr- und Übungsbuch Gunter Narr Verlag Tübingen Michael Lohde, Dr. phil., lehrt am Institut für Interkulturelle Kommunikation/ Germanistik der Universität Mainz in Germersheim. Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http: / / dnb.ddb.de> abrufbar. © 2006 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem und säurefreiem Werkdruckpapier. Internet: http: / / www.narr-studienbuecher.de E-Mail: info@narr.de Druck: Gulde, Tübingen Bindung: Nädele, Nehren Printed in Germany ISSN 0941-8105 ISBN 3-8233-6211-9 Vorwort Der vorliegende Band befasst sich mit der Wortbildung des heutigen Deutschen. Er widmet sich damit einem Fachgebiet der Linguistik, das in jüngerer Zeit verstärkt Beachtung findet und für das Studium einer Fremdsprache von großer Wichtigkeit ist. Im Unterschied zu allen bisherigen Darstellungen jener Thematik im Bereich ‚Deutsch als Fremdsprache‘ (DaF) handelt es sich erstmals um eine Kombination aus Lehr- und Übungsbuch. Sie wendet sich vorrangig an fortgeschrittene Deutschlerner und Studierende der Germanistik, aber auch an Lehrer der deutschen Sprache und soll dazu beitragen, eine nicht zu übersehende Lücke in der ansonsten umfangreichen DaF-Literatur zu schließen. Allerdings orientiert sich „Wortbildung des modernen Deutschen“ nicht nur an den Belangen des Fremdsprachenunterrichtes. Aufgrund seiner Charakteristik kann es ebenfalls von Muttersprachlern genutzt werden und ist somit gleichermaßen in der germanistischen Linguistik als Lehrwerk verwendbar. Den Gegenstand der Beschreibung bilden die vier Wortarten Substantiv, Adjektiv, Verb und Adverb, da diese - wenn auch im unterschiedlichen Maße - in der Lage sind, ihren Bestand durch neue Bildungen zu erweitern. Dabei nehmen die Haupttypen der deutschen Wortbildung - Komposition (Zusammensetzung) und explizite Derivation (Ableitung) - den größten Raum ein; sie zeichnen sich bei Nomen wie Verb zweifellos durch die höchste Produktivität aus. Die theoretische Grundlegung stützt sich im Wesentlichen auf bekannte Positionen, scheut aber nicht - sofern dies erforderlich erscheint - die Auseinandersetzung mit gegensätzlichen Auffassungen. Begleitet wird sie durch eine Vielzahl von Anmerkungen, welche Termini und Besonderheiten näher erklären oder auf weiterführende Literatur hinweisen. Hierbei erhebt die Darstellung keinen Anspruch auf Vollständigkeit - die allseitige Durchdringung des linguistischen Gegenstandes ist angesichts seiner Komplexität kaum möglich und würde unweigerlich den Rahmen eines Lehr- und Übungsbuches sprengen. Vielmehr geht es darum, die charakteristischen Züge und Merkmale herauszuarbeiten, typische Strukturen und semantische Muster zu erläutern, Entwicklungslinien zu verdeutlichen, letztlich einen Überblick über das deutsche Wortbildungssystem zu geben. Dazu gehört ferner die Aufdeckung synonymischer Konkurrenzformen sowie antonymischer Beziehungen. Betrachtet wird die Standardsprache, umgangs- und fachsprachliche Prägungen finden meist nur am Rande Erwähnung. Wenngleich das heutige Deutsche im Mittelpunkt steht, werden historische Aspekte nicht außer Acht gelassen. Ihre Einbeziehung soll zugleich den engen Zusammenhang zwischen Diachronie und Synchronie sichtbar machen. 6 Vorwort Durchgängiges Prinzip des Buches ist, dass nach jedem Teilkapitel entsprechende praktische Übungen folgen, welche die Vertiefung der theoretischen Kenntnisse zum Ziel haben. Es handelt sich teilweise um neuartige Übungsformen mit großer Variationsbreite, die methodisch aufgebaut sind und sich stets auf den zuvor behandelten Lehrstoff beziehen. In ihnen finden die langjährigen Erfahrungen des Autors aus seiner Arbeit als Lektor an Hochschulen des In- und Auslandes Berücksichtigung. Zu betonen bleibt, dass die Vielfalt des Übungsmaterials nicht allein auf die Erhöhung der „Wortbildungskompetenz“ abzielt, sondern darüber hinaus der Festigung und dem Ausbau des Wortschatzes dienen soll. „Wortbildung des modernen Deutschen“ versteht sich folglich zum einen als Nachschlagewerk. Es führt in die linguistische Teildisziplin ein und beschreibt aus verschiedenen Blickwinkeln die auftretenden Regularitäten, die ihre exponierte Stellung zwischen Syntax und Lexikon unterstreichen. Der umfangreiche Übungsteil stellt zum anderen ein Erfordernis der Praxis dar. Dabei eignet sich die Fülle der Übungen sowohl für den Einsatz im Unterricht als auch für das Selbststudium. Für diesen Zweck ist der beigefügte Lösungsschlüssel gedacht. Der Autor hofft, dass Germanisten, Studierende und alle an der Wortbildung Interessierten Nutzen aus dem Lehrwerk ziehen können. Bad Schönborn, im Februar 2006 Michael Lohde Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 1 Grundeinheiten der Wortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 1.1 Zum Begriff des Morphems. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 1.1.1 Grundmorpheme und Affixe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 1.1.2 Konfixe (Kombineme) und unikale Morpheme . . . . . . . . . . . . . . . 18 1.2 Allomorphie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 1.3 Interfigierung (Kompositions- und Derivationsfugen) . . . . . . . . . . . 21 1.3.1 Die Fuge nach substantivischem Erstglied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 1.3.2 Die Fuge nach verbalem Erstglied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 1.3.3 Fremdsprachige Fugenelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 1.4 Motiviertheit und Idiomatisierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 1.5 Der Affixbestand im Deutschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 1.6 Übungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2 Wortbildungsarten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 2.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 2.2 Wortbildungsarten mit Konstituentenstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 2.2.1 Komposition (Zusammensetzung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 2.2.2 Explizite Derivation (Ableitung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 2.2.3 Reduplikation (Doppelung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 2.2.4 Kontamination (Wortkreuzung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 2.3 Wortbildungsarten ohne Konstituentenstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . 45 2.3.1 Konversion (Wortartwechsel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 2.3.1.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 2.3.1.2 Substantivische Konversion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 2.3.1.3 Adjektivische Konversion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 2.3.1.4 Verbale Konversion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 2.3.1.5 Adverbiale Konversion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 2.3.2 Implizite Derivation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 2.3.3 Retrograde Derivation (Rückbildung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 2.4 Kurzwörter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 2.5 Übungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 3 Zur substantivischen Wortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 3.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 3.2 Substantivische Komposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 8 Inhalt 3.2.1 Grundtypen der substantivischen Komposition . . . . . . . . . . . . . . . 63 3.2.1.1 Substantiv + Substantiv. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 3.2.1.1.1 Strukturmuster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 3.2.1.1.2 Augmentativkomposita (Steigerungsbildungen) . . . . . . . . . . . . 64 3.2.1.1.3 Semantische Beziehungen des Grundtyps Substantiv + Substantiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 3.2.1.2 Adjektiv + Substantiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 3.2.1.2.1 Strukturmuster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 3.2.1.2.2 Semantische Beziehungen des Grundtyps Adjektiv + Substantiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 3.2.1.3 Verb + Substantiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 3.2.1.3.1 Strukturmuster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 3.2.1.3.2 Semantische Beziehungen des Grundtyps Verb + Substantiv. . 75 3.2.1.4 Weitere flektierbare Wortarten als Erstglieder . . . . . . . . . . . . . . . 76 3.2.1.5 Unflektierbare Wortarten als Erstglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 3.2.1.6 Konfix + Substantiv. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 3.2.1.7 Wortgruppe + Substantiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 3.2.1.8 Satz + Substantiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 3.2.1.9 Mehrgliedrige Komposita . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 3.2.1.10 Possessivkomposita . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 3.2.1.11 Metaphorische Benennungen von Personen . . . . . . . . . . . . . . . 83 3.2.2 Übungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 3.3 Explizite Derivation von Substantiven. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 3.3.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 3.3.2 Suffigierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 3.3.2.1 Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 3.3.2.2 Heimische Suffixe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 3.3.2.2.1 Suffix -e. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 3.3.2.2.2 Suffix -ei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 3.3.2.2.3 Suffix -el . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 3.3.2.2.4 Suffix -er . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 3.3.2.2.5 Suffixe-ler und -ner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 3.3.2.2.6 Suffix -heit (-keit, -igkeit) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 3.3.2.2.7 Suffix -ling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 3.3.2.2.8 Suffix -nis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 3.3.2.2.9 Suffix -schaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 3.3.2.2.10 Suffix -sel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 3.3.2.2.11 Suffix -tel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 3.3.2.2.12 Suffix -tum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 3.3.2.2.13 Suffix -ung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 3.3.2.2.14 Suffix -werk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 3.3.2.2.15 Suffix -wesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 3.3.2.2.16 Sonstige Suffixe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 9 Inhalt 3.3.2.3 Übungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 3.3.2.4 Diminuierung (Verkleinerungsbildung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 3.3.2.5 Übungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 3.3.2.6 Movierung (Sexusdifferenzierung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 3.3.2.7 Deonymische Suffixe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 3.3.2.8 Übungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 3.3.2.9 Fremdsuffixe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 3.3.2.10 Übungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 3.3.3 Präfigierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 3.3.3.1 Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 3.3.3.2 Heimische Präfixe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 3.3.3.2.1 Präfix erz- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 3.3.3.2.2 Präfix ge- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 3.3.3.2.3 Präfix haupt- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 3.3.3.2.4 Präfix miss- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 3.3.3.2.5 Präfix un- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 3.3.3.2.6 Präfix ur- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 3.3.3.2.7 Übungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 3.3.3.3 Fremdpräfixe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 3.3.3.4 Übungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 3.3.4 Kombinatorische Derivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 3.3.5 Übungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 4 Zur adjektivischen Wortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 4.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 4.2 Adjektivische Komposition. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 4.2.1 Produktive adjektivische Zweitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 4.2.2 Bildungen des Vergleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 4.2.3 Graduierende (abstufende) Bildungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 4.2.4 Grundtypen der adjektivischen Komposition. . . . . . . . . . . . . . . . . 165 4.2.4.1 Substantiv + Adjektiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 4.2.4.1.1 Strukturmuster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 4.2.4.1.2 Semantische Beziehungen des Grundtyps Substantiv + Adjektiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 4.2.4.2 Partizipialkomposita . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 4.2.4.3 Adjektiv + Adjektiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 4.2.4.3.1 Strukturmuster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 4.2.4.3.2 Semantische Beziehungen des Grundtyps Adjektiv + Adjektiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 4.2.4.4 Verb + Adjektiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 4.2.4.4.1 Strukturmuster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 4.2.4.4.2 Semantische Beziehungen des Grundtyps Verb + Adjektiv . . . 170 10 Inhalt 10 4.2.4.5 Weitere flektierbare Wortarten als Erstglieder . . . . . . . . . . . . . . . 170 4.2.4.6 Unflektierbare Wortarten als Erstglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 4.2.4.7 Konfix + Adjektiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 4.2.4.8 Kurzwörter und Wortgruppen als Erstglieder. . . . . . . . . . . . . . . . 173 4.2.4.9 Kopulativkomposita . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 4.2.5 Übungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 4.3 Explizite Derivation von Adjektiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 4.3.1 Suffigierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 4.3.1.1 Heimische Suffixe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 4.3.1.1.1 Suffix -bar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 4.3.1.1.2 Suffix -en (-ern) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 4.3.1.1.3 Suffix -er . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 4.3.1.1.4 Suffix -fach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 4.3.1.1.5 Suffix -haft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 4.3.1.1.6 Suffix -ig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 4.3.1.1.7 Suffix -isch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 4.3.1.1.8 Suffix -lich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 4.3.1.1.9 Suffix -los . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 4.3.1.1.10 Suffix -mäßig. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 4.3.1.1.11 Suffix -sam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 4.3.2 Übungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 4.3.3 Fremdsuffixe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 4.3.4 Übungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 4.3.5 Präfigierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 4.3.5.1 Heimische Präfixe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 4.3.5.1.1 Präfix erz- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 4.3.5.1.2 Präfix ge- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 4.3.5.1.3 Präfix miss- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 4.3.5.1.4 Präfix un- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 4.3.5.1.5 Präfix ur- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 4.3.6 Übungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 4.3.7 Fremdpräfixe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 4.3.8 Übungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 4.3.9 Kombinatorische Derivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 4.3.9.1 Kombinatorische Derivation mittels heimischer Affixe. . . . . . . . 220 4.3.9.2 Kombinatorische Derivation mittels Fremdaffixen . . . . . . . . . . . 221 4.3.10 Übungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 5 Zur verbalen Wortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 5.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 5.2 Verbale Komposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 5.2.1 Grundtypen der verbalen Komposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 11 Inhalt 5.2.1.1 Adverb + Verb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 5.2.1.1.1 Strukturmuster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 5.2.1.1.2 Semantische Beziehungen des Grundtyps Adverb + Verb . . . . 223 5.2.1.2 Adjektiv + Verb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 5.2.1.2.1 Strukturmuster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 5.2.1.2.2 Semantische Beziehungen des Grundtyps Adjektiv + Verb . . . 226 5.2.1.3 Substantiv + Verb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 5.2.1.4 Verb + Verb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 5.2.2 Übungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 5.3 Verbale Derivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 5.3.1 Deverbale Derivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 5.3.1.1 Präfigierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 5.3.1.2 Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 5.3.1.3 Untrennbare Verben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 5.3.1.3.1 Präfix be-. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 5.3.1.3.2 Präfix ent- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 5.3.1.3.3 Präfix er- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 5.3.1.3.4 Präfix miss- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 5.3.1.3.5 Präfix ver- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 5.3.1.3.6 Präfix zer- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 5.3.1.4 Übungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 5.3.1.5 Trennbare Verben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 5.3.1.5.1 Präfix ab- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 5.3.1.5.2 Präfix an- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 5.3.1.5.3 Präfix auf- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 5.3.1.5.4 Präfix aus- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 5.3.1.5.5 Präfix bei- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 5.3.1.5.6 Präfix ein- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 5.3.1.5.7 Präfix los- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 5.3.1.5.8 Präfix nach-. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 5.3.1.5.9 Präfix vor- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 5.3.1.5.10 Präfix zu-. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 5.3.1.6 Übungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 5.3.1.7 Trenn- und untrennbare Verben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 5.3.1.7.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 5.3.1.7.2 Präfix durch- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 5.3.1.7.3 Präfix über- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 5.3.1.7.4 Präfix um- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 5.3.1.7.5 Präfix unter- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 5.3.1.7.6 Präfix wider- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 5.3.1.8 Übungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 5.3.1.9 Fremdpräfixe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 5.3.1.10 Suffigierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 12 Inhalt 5.3.1.11 Übungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 5.3.2 Desubstantivische Derivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 5.3.2.1 Reine Konversion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 5.3.2.1.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 5.3.2.1.2 Semantische Muster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 5.3.2.2 Übungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 5.3.2.3 Präfixkonversion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 5.3.2.4 Übungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 5.3.2.5 Suffigierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 5.3.2.5.1 Heimische Suffixe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 5.3.2.5.2 Fremdsuffixe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 5.3.2.6 Präfix-Suffix-Derivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 5.3.2.7 Übungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 5.3.3 Deadjektivische Derivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 5.3.3.1 Konversion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 5.3.3.2 Suffigierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 5.3.4 Übungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 6 Zur adverbialen Wortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 6.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 6.2 Adverbiale Komposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 6.3 Übungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 6.4 Explizite Derivation von Adverbien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 6.4.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 6.4.2 Suffigierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 6.4.2.1 Suffix -s und dessen Kombinationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 6.4.2.2 Weitere Suffixe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 6.4.3 Übungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 Lösungsschlüssel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 1 Grundeinheiten der Wortbildung 1.1 Zum Begriff des Morphems 1.1.1 Grundmorpheme und Affixe Wortbildung befasst sich mit der Schaffung neuer Wörter, die auf der Grundlage bereits vorhandenen Wortmaterials auf verschiedene Art und Weise entstehen können. Dabei erfolgt die Bildung in Abhängigkeit vom Aufbau, von der Struktur des jeweiligen Wortes. Um diese Struktur adäquat beschreiben zu können, erlangt der Morphembegriff eine zentrale Bedeutung. Wie man das Morphem bestimmt, hat weit reichende Konsequenzen, denn davon hängt ab, was überhaupt zum Morphembestand einer Sprache gehört. Andererseits richtet sich die Differenzierung in Wortbildungsarten primär nach der Spezifik der beteiligten bzw. betroffenen Morpheme. Strukturell gesehen besteht das Morphem (griech. morphe¯ = Gestalt, Form) aus einem oder - viel häufiger - mehreren Phonemen, den kleinsten linearen bedeutungsdifferenzierenden Segmenten (vgl. Heidolph/ Flämig/ Motsch 1981, 147); im semantischen Sinne ist das Morphem die kleinste bedeutungstragende Einheit der Sprache, ein „signifikantes Minimalzeichen“ (Erben 2000, 25), das komplexe Wörter - also Morphemgefüge - aufbauen kann (lern-en, er-lern-t, er-lern-bar, Er-lern-bar-keit). Jede nähere Betrachtung der Wortstruktur lässt erkennen, dass die Morpheme sich durch einen unterschiedlichen Status auszeichnen. Man unterscheidet daher zwischen freien und gebundenen Morphemen. Zu den Ersteren zählen die sog. Grundmorpheme - auch Basis- oder Kernmorpheme genannt. Frei bedeutet, dass die Grundmorpheme „wortfähig“ (ebenda, 26) sind, sie begegnen in Form von selbstständig vorkommenden Wörtern und haben eine „lexikalisch-begriffliche Bedeutung“ (Schippan 1984, 71). Der Bestand der Grundmorpheme ist praktisch unbegrenzt, 1 nicht erfassbar und offen im Hinblick auf die Aufnahme neuer Bildungen: so, jetzt, schwarz, Boot, schweigen. Das zeigt sich zudem darin, dass ein Grundmorphem sich mit anderen verbinden und somit mehrgliedrige Zusammensetzungen bilden kann. Vgl.: Sahne-torte, Feuer-lösch-auto, Groß-stadt-lärm. Andererseits sind Grundmorpheme in der Lage, die Basis (daher der Terminus Basis- oder Kernmorphem) für vielfältige Ableitungen zu stellen wie z.B. in Feind-lich-keit, un-schuld-ig, Vermisch-ung, ein-bau-en. Auch hier sind die Bildungsmöglichkeiten sehr groß. 1 Unbegrenzt ist zu relativieren, denn der Anteil der Grundmorpheme in Form von Simplizia (einfachen Wörtern) ist nicht besonders groß. Unendlich wird er erst durch komplexe Wörter (Zusammensetzungen, Ableitungen). Außerdem treten im schriftlichen Kommunikationsbereich mehr Grundmorpheme auf als im mündlichen, wobei auch bestimmte Textsorten eine Rolle spielen (vgl. Naumann 2000, 11). 14 Grundeinheiten der Wortbildung Den freien Morphemen stehen die gebundenen gegenüber. Dazu rechnet man die sog. Affixe (lat. affixum = Angefügtes, Angeheftetes), auch „Formantien“ (Erben 2000, 26) genannt, die weder als Wort noch als Ableitungsbasis auftreten können. Wie die Grundmorpheme besitzen sie eine lexikalisch-begriffliche Bedeutung; die durch sie bezeichneten Begriffe haben jedoch einen erheblich höheren Grad der Verallgemeinerung (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 26). Affixe lassen sich unter funktionalem Aspekt in zwei Subgruppen aufgliedern: 1. Wortbildungsmorpheme (Derivateme oder Derivative) 2. Flexionsmorpheme (Grammeme oder Grammateme). Wortbildungsmorpheme dienen ausschließlich der Bildung von Wörtern; hinsichtlich ihrer Stellung zur Derivationsbasis ergeben sich zwei Möglichkeiten: - Präfixe stehen vor der Basis (ent-fliehen, Ge-stein), - Suffixe stehen nach der Basis (Neu-heit, wind-ig). Wenngleich Präfixe und Suffixe den Affixstatus besitzen, existieren neben den Gemeinsamkeiten doch auch bedeutsame Unterschiede. Beide Morphemtypen zeichnen sich durch eine Wortartenspezialisierung aus. So dient beispielsweise das Suffix -nis ausschließlich der Ableitung von Substantiven (Ereignis, Bedürfnis), während mithilfe des Präfixes be- (bestrafen, befühlen) nur Verben ableitbar sind. Andererseits fehlt bei einer ganzen Anzahl von Präfixen die Fixierung auf eine Wortart, vielmehr sind sie mehrfach verwendbar. Vgl.: Ernte → Missernte, gönnen → missgönnen, vergnügt → missvergnügt. Einschränkungen gibt es zudem innerhalb der Wortarten in Bezug auf die Verbindbarkeit der Affixe mit bestimmten basisfähigen Grundmorphemen (s.u.). Wortbildungsmorpheme tragen zur Ausprägung von Reihen bei, d.h., sie finden sich in Konstruktionen, denen immer das gleiche Strukturmuster zugrunde liegt. Eine Reihe bilden z.B. Substantive mit dem Suffix -e, die Eigenschaften benennen (Größe, Höhe, Frische). An der Reihenbildung ist ebenfalls das Präfix un- (unklar, unklug, unecht) beteiligt; in den präfigierten Adjektiven wird allgemein eine Negationsbeziehung ausgedrückt. Auf diese Weise bewirken die Wortbildungsmorpheme eine Modifikation des Basiswortes, indem sie es semantisch und/ oder stilistisch-pragmatisch abwandeln, ihm ein weiteres Merkmal zufügen. Einen Wortartwechsel können allerdings nur die Suffixe herbeiführen. Präfixe bleiben somit auf die modifizierende Funktion beschränkt. Vgl.: bemühen (Verb) → Bemühung (Substantiv), Neid (Substantiv) → neidisch (Adjektiv), wirken (Verb) → wirksam (Adjektiv). 15 Zum Begriff des Morphems Ein weiteres typisches Merkmal der wortbildenden Affixe ergibt sich aus ihrer Lautstruktur; die Mehrheit ist einsilbig (-chen, -lich, -bar, -tum; ur-, erz-, ver-, ent-), selten zweisilbig (-weise, -mäßig). 2 In den Bildungen liegt die Hauptbetonung prinzipiell auf der Basis - davon ausgenommen sind die nichtnativen Wortbildungssuffixe (Fremdsuffixe). 3 Eine in diesem Zusammenhang auffallende Erscheinung ist die Homonymie, die zwischen Affix und Grundmorphem bestehen kann. Es handelt sich um lautbzw. formgleiche Morpheme, die eine völlig unterschiedliche Bedeutung aufweisen, was sich letztlich im Grad ihrer Selbstständigkeit (frei oder gebunden) widerspiegelt. Vgl.: - werk (Suffix): Regelwerk (Sammlung von Regeln) Werk (Grundmorphem): Möbelwerk (Werk, in dem Möbel hergestellt werden) - ist (Suffix): Gitarrist ist (Grundmorphem): Form von sein - haupt- (Präfix): Hauptaufgabe Haupt (Grundmorphem): Kopf, wichtigste Person (vgl. auch Fleischer/ Barz 1995, 26). Homonymie zeichnet auch die grammatischen Affixe aus (s.u.). Im Vergleich zu den Grundmorphemen ist der Bestand der Wortbildungsaffixe folglich weniger umfangreich, quantitativ begrenzt. Ungeachtet dessen können verschiedene Prozesse zu seiner Vergrößerung führen. 4 Umstritten ist der Begriff Affixoid (Halbaffix). Damit werden Morpheme erfasst, die eine Übergangserscheinung zwischen Grundmorphemen und Affix darstellen (vgl. Stepanova/ Fleischer 1985, 141ff.). So drückt z.B. das freie Grundmorphemen Hölle in der Zusammensetzung Höllentempo eine von ihm abweichende Bedeutung aus, nämlich die der Steigerung bzw. Intensivierung (ein sehr hohes Tempo). Aufgrund dieser verallgemeinerten Be- 2 Zwei- und sogar Mehrsilbigkeit gibt es häufiger unter den fremdsprachigen Affixen: -abel, -ose, inter-, -arium. 3 Erben (2000, 27) zählt zu den betonten Fremdsuffixen nur die französischen Ursprungs (-ei, -eur, -tät). Dies betrifft aber auch einige nichtnative Suffixe aus dem Lateinischen und Griechischen wie z.B. -at (Telefonát) und -ast (Enthusiást). 4 Zu diesen Prozessen gehören Entlehnungen wie die unter Anmerkung 3 angeführten Fremdsuffixe, die Umwandlung von entlehnten Fremdwortteilen in Wortbildungsaffixe (z.B. telein Telearbeit, Telespiel, Teleklub), ferner die Entwicklung von grammatischen Morphemen und Grundmorphemen zu Wortbildungsaffixen - vgl. u.a. das Adverbialsuffix -s, das aus der substantivischen Genitivform -s hervorgegangen ist (abends, rings, teils), sowie -wesen, welches in der Funktion eines Suffixes mit kollektiver Bedeutung (Bauwesen) auftritt (vgl. u.a. Stepanova/ Fleischer 1985, 85f.). Zur Verringerung des Affixinventars trägt dagegen das Aussterben von Affixen bei, die aus bestimmten Gründen ihre Produktivität vollkommen verloren haben wie -de (Freude) und -t (Fahrt) (vgl. u.a. ebenda, 168ff.; Krahe/ Meid 1969, 137ff.; Erben 2000, 137ff.). 16 Grundeinheiten der Wortbildung deutung, die erst in der Kombination mit anderen Wörtern entsteht und in der Reihenbildung zum Ausdruck kommt (Höllenangst, Höllenfahrt usw.), sei Hölle(n) als „Affixoid“ - genauer gesagt - „Präfixoid“ zu betrachten. Analoge Verhältnisse lägen beispielsweise bei hoch- (hochberühmt), über- (übernervös), ab- (abscheiden), nach- (nachschicken), los- (losrennen), vor- (vorlesen) sowie den „Suffixoiden“ wie z.B. -fähig (lernfähig), -voll (sinnvoll), -arm (fettarm), -reich (waldreich) und -wesen (Schulwesen) vor. All diese Formen verdienten einen Sonderstatus, der dadurch gerechtfertigt sei, dass es sich um Wortbildungselemente handele, die sich in einer „Übergangszone“, einem „Subsystem“ (ebenda, 145) zwischen unselbstständigem Präfix bzw. Suffix und freiem Wort befänden. Nicht zuletzt unter dem Aspekt der Fremdsprachenvermittlung ist es unseres Erachtens besser, den Begriff Affixoid n i c h t zu verwenden, da der Ausdruck einer verallgemeinerten Bedeutung - also die semantische Entleerung - nicht gegen den Affixstatus spricht. Bei den Bildungen handelt es sich entweder um Grundmorpheme oder Affixe; dabei kann es vorkommen, dass die typischen Merkmale beider Morphemarten nicht vollständig oder nur in abgeschwächter Form vorhanden sind. So existieren Grundmorpheme, die sich aufgrund ihrer Eigenschaften den Affixen nähern, und umgekehrt Affixe, die längst nicht alle affixalen Merkmale aufweisen (vgl. ebenda, 143ff.; Schippan 1984, 112ff.; Fleischer/ Barz 1995, 27f.; Altmann/ Kemmerling 2000, 102f.). Das Inventar der Flexionsmorpheme, der zweiten Art der gebundenen Morpheme, besteht dagegen im Deutschen aus wenigen Elementen; der Bestand zeichnet sich - synchron betrachtet - durch große Geschlossenheit und Stabilität aus, da neue Elemente erst über einen langen Zeitraum aufgenommen werden. Flexionsmorpheme kennzeichnen „grammatische Inhalte und Beziehungen“ (Heidolph/ Flämig/ Motsch 1981, 484); sie dienen somit der Charakterisierung der Wortarten. Dafür stehen folgende Morpheme zur Verfügung (in eckigen Klammern die ausgedrückten grammatischen Kategorien). Verb: -e, -e(st), -(e)t, -(e)n, -end, -te, ge-; 5 Umlaut (fangen - fängt), Ablaut (binden - band) [Tempus, Modus, Genus Verbi, Person, Numerus]. Nomen: (Substantiv, Adjektiv, Pronomen, Numerale) : -(e)s, -(e)n, -e, -er, -em, -ens, -st; Umlaut (Zug - Züge) [Genus, Kasus, Numerus, Komparation]. 5 Es bleibt zu beachten, dass das Infinitivsuffix -e(n) k e i n Wortbildungsmorphem ist, denn es gehört nicht zum Verbstamm und unterliegt im Rahmen der Flexion Veränderungen. Somit muss man es als verbales Flexionsmorphem betrachten (vgl. Polenz 1980, 170). ge- (wie in ge-fragt, ge-geben) ist das einzige Präfix mit grammatischer Bedeutung, wenn man davon absieht, dass es zur Bildung von Partizipien und damit zur Adjektivbildung herangezogen wird. 17 Zum Begriff des Morphems Keine Flexionsmorpheme weisen Adverbien, Präpositionen und Konjunktionen auf (vgl. ebenda, 466, 484ff.). Grammatische Affixe nehmen in der Wortstruktur eine feste Position ein; sie stehen (mit Ausnahme von ge-) nach den Wortbildungsmorphemen an der rechten Seite bzw. am Wortende. Mit einem sehr begrenzten Formenbestand kann - wie oben zu sehen ist - eine Vielzahl grammatischer Beziehungen ausgedrückt werden. Es ist daher nicht verwunderlich, dass einige Flexionsmorpheme mehrere Funktionen (Polyfunktionalität) erfüllen müssen und sie infolgedessen einen hohen Grad an Mehrdeutigkeit besitzen (vgl. ebenda, 485). Es sei nur auf das Affix -en verwiesen, das beim Verb u.a. den Infinitiv (bestellen) sowie die 1. Person Plural (Präsens Indikativ Aktiv), Konjunktiv I (Aktiv), im nominalen Bereich Genitiv/ Dativ/ Akkusativ Maskulinum Singular (bestellbaren Schrankes/ Schrank) oder Dativ Maskulinum Plural (bestellbaren Schränken) auszudrücken vermag. 6 Auch hier begegnen homonyme Formen; so wird z.B. das grammatische Affix -en zugleich für die Ableitung von Adjektiven verwendet: Metall → metallen. Obgleich die Flexion nicht Gegenstand der Wortbildung ist, sind beide Bereiche eng miteinander verbunden. Darauf weisen folgende Besonderheiten hin: a) Grammeme können sich zu Wortbildungsmorphemen entwickeln wie in anfangs, rechts (s. Anmerkung 4). Hierher gehören ebenfalls die aus den Flexionsformen entstandenen sog. Fugenelemente: Leben-s-art, Herzen-s-sache (s. auch 1.3); b) bei identischen Wortbildungsstämmen 7 geben Flexionsmorpheme die Wortart an: kräftig → kräftige Hände (Adjektiv), es kräftigt das Haar (Verb); c) im Bedarfsfall übernehmen sie die Funktion von Wortbildungsaffixen - beispielsweise beim sog. lexikalischen Plural: Schmuck → Schmuckwaren, Schnee → Schneefälle, weil grammatische Pluralsuffixe hier nicht existieren; auf der anderen Seite wird die grammatische Umsetzung in eine andere Wortart genutzt, wo dies durch Wortbildungsmittel nicht möglich ist: lachen → das Lachen, hübsch → die Hübsche (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 4f.; Erben 2000, 29). 6 Dass die Flexionsmorpheme trotz ihrer Mehrdeutigkeit problemlos interpretierbar sind, ermöglicht ihr Zusammenwirken in ganz bestimmten Kontextstrukturen (vgl. ebenda, 485). 7 Unter dem Wortbildungsstamm versteht man den bedeutungstragenden Teil eines Wortes, der nach dem Entfernen aller wortbildenden und grammatischen Affixe übrig bleibt (Er-findung-en, be-frucht-bar-es); beim Flexionsstamm fehlen lediglich die Flexionsaffixe (Erfindungen, befruchtbar-es). 18 Grundeinheiten der Wortbildung 1.1.2 Konfixe (Kombineme) und unikale Morpheme Oben wurde festgestellt, dass Grundmorpheme über das Merkmal Wortfähigkeit verfügen. Eine Reihe von dem Anschein nach freien Morphemen erfüllt dieses Kriterium nicht. Trotz lexematischer Bedeutung sind sie nur in Verbindung mit anderen Morphemen vorzufinden. Derartige Morpheme nennt man Konfixe 8 oder Kombineme (vgl. Schmidt 1987, 37ff.; Eichinger 2000, 53). In Betracht kommen vorrangig fremdsprachige, seltener heimische Elemente, die sich „kombinierfähig“ erweisen. Hinsichtlich ihrer Positionen in den Zusammensetzungen lassen sich folgende Möglichkeiten feststellen: • Das Kompositum besteht aus der Struktur Konfix + Substantiv: Biomasse, Stiefsohn; • das Konfix steht an zweiter Stelle, wobei das Erstglied ein frei vorkommendes Grundmorphem bzw. dessen kombinatorische Variante darstellt: Fotograf, Psychopath; 9 • bei Erst- und Zweitglied handelt es sich um Konfixe: Aquanaut, polyglott (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 67f.). Daneben können Konfixe auch als Basen für Ableitungen fungieren: elektr- → elektr-isch, elektr-ifizieren, elektr-isieren, Elektr-izität; zyn- → zynisch, Zyn-iker, Zyn-ismus (vgl. ebenda, 68, 186; Eichinger 2000, 53). 10 Eine Sonderstellung nehmen ebenfalls die sog. unikalen Morpheme ein. Die Rede ist von herausgliederbaren Bestandteilen mancher Wörter, die im Unterschied zu den Konfixen nicht reihenhaft in Kombination mit anderen Morphemen vorkommen, sondern nur eine einmalige Verbindung eingehen wie in Samstag, Brombeere oder Nachtigall (Singvogel). Etymologisch gesehen stellen die unterstrichenen Elemente „Versteinerungen“ (Behagel 1927, 214ff.) dar, die allein in der deutschen Gegenwartssprache keine Bedeutung mehr haben. Solche Versteinerungen, die (außerhalb ihrer Verbindung) absolut basis- und kompositionsunfähig sind, zeigen sich auch im verbalen Bereich: vergessen, entfachen. Damit werden auch die Grenzen einer ausschließlich synchronen Betrachtung deutlich sichtbar. 11 8 Der Begriff Konfix ist etwas widersprüchlich, da er auf gebundene Morpheme (Suffix, Präfix) hinweist (vgl. Eichinger 2000, 53). Er hat sich aber in der Wortbildung durchgesetzt. 9 Psychoist die kombinatorische, d.h. als Erstglied in Zusammensetzungen erscheinende Variante des Grundmorphems Psyche (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 67). Ausführlich dazu s. 1.2 sowie 2.2.1. 10 Einige wenige Konfixe sind in der Lage, beide Funktionen (Kompositionsglied und Derivationsbasis) zu erfüllen: exotherm, Thermik (vgl. Erben 2000, 26). 11 Ihre größte Verbreitung finden unikale Morpheme konsequenterweise in phraseologischen Wendungen. Vgl.: jmdn. dingfest machen (jmdn. verhaften), gang und gäbe sein (üblich sein), sich nicht lumpen lassen (sich nicht geizig zeigen), Fersengeld geben (sehr schnell verschwinden, fliehen). 19 Allomorphie 1.2 Allomorphie Eine Vielzahl von Morphemen erscheint in verschiedenen Formen. Jene unterschiedlichen Erscheinungsformen ein und desselben Morphems bezeichnet man als Morphemvarianten oder Allomorphe (griech. allomorphe¯ = andere Gestalt, Form). Ein Allomorph ist eine „phonemische Variante“ (Schippan 1984, 75), wobei die „formale und semantische Grundstruktur“ (Stepanova/ Fleischer 1985, 74) erhalten bleibt. Die signifikantesten Mittel zur Realisierung der Formvariante sind Phonemtilgung (Ausfall bzw. Reduktion) und Phonemalternation (Wechsel). Bei den freien und gebundenen Morphemen sind diese Möglichkeiten der Variation unterschiedlich ausgeprägt. Grundmorpheme verfügen im Allgemeinen über einen größeren Variantenreichtum als Affixe. Phonemtilgungen erfolgen hauptsächlich an den Morphemgrenzen bzw. am Wortende. Besonders typisch ist der Wegfall des unbetonten -e im Auslaut. Vgl.: Ruhe → ruhig, Hölle → höllisch, Rose → Röschen, Ekel → eklig, Schweden → schwedisch, Isländer → isländisch. Aber auch andere Vokale bzw. Vokalkombinationen des Basisauslauts können von der Tilgung betroffen sein: Mongolei → mongolisch, Melodie → melodisch, Kanada → kanadisch. 12 Eine Reduzierung anderer Art liegt bei einigen Präpositionen und Adverbien wie entgegen, zurück und besonders vor, die oft Bestandteile bestimmter Bildungen sind. Vgl.: Gegenstimme, Rückblick, Sonderwunsch. Da durch die Verkürzung keine Bedeutungsveränderung eintritt, sind jene Formen als Grundmorpheme (gegen) oder Allomorphe des Grundmorphems (rück, sonder) anzusehen (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 32). Die Phonemalternation kann ihrerseits auf verschiedene Art und Weise erfolgen. Häufig begegnet der Wechsel des Stammvokals als Folge der Verbindung mit einem Wortbildungs- oder Flexionsmorphem (Stunde → stündlich, rot → rötlich, Baum → Bäume, Glas → Gläser) oder der Ablautentwicklung (finden → Fund, zwingen → Zwang, geben → gibst, biegen → bog). 13 Ferner zeigt sich die Alternation bisweilen auch in Form des Konsonantenwechsels. Dazu zählt man aus fremdsprachigen Verben abgeleitete Substantive auf -ier(en), wo der letzte Basiskonsonant wechselt wie z.B. in Transkription ← transkribieren oder Funktion ← fungieren (vgl. u.a. Erben 2000, 94). Als Beispiele für konsonantische Basisvariation im heimischen Wortgut können u.a. hier → hiesig und heiß → Hitze gelten. 12 Bei den Bewohnerbezeichnungen bestimmter Länder kommt es häufig zur vollständigen Tilgung von -land: Russland → Russe → russisch (s. auch 3.3.2.2.4.). Die unbetonte Endung entfällt gewöhnlich auch bei Fremdwörtern: Faktum → faktisch, Rhythmus → rhythmisch (vgl. auch Erben 2000, 117). 13 Das grammatische Paradigma eines starken deutschen Verbs kann bis zu fünf Morphemvarianten aufweisen: sprechen, sprach, spräche, sprich, gesprochen (vgl. Stepanova/ Fleischer 1985, 87). Zur Rolle des Ablauts s. auch 2.3.2. 20 Grundeinheiten der Wortbildung Hängt das Erscheinen der Formvarianten von bestimmten Wortbildungsmodellen ab, spricht man von kombinatorischer Allomorphie (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 31). Ein charakteristisches Merkmal der kombinatorischen Varianten der Grundmorpheme ist der Umlaut, der - wie oben z.T. gesehen - die Stammvokale a, o, u und au gewöhnlich ersetzt, wenn man z.B. die Suffixe -isch, -lich, -ig, -chen, -lein, -in an das Basiswort anschließt: Stadt → städtisch, dumm → dümmlich, Korn → körnig, Maus → Mäuschen, Buch → Büchlein, Gott → Göttin; dazu kommt es auch - in geringerem Maße - im Verbalbereich: lachen → lächeln, scharf → schärfen (vgl. ebenda; Erben 2000, 86f.). 14 Präfixallomorphe finden sich vornehmlich im Auslaut von nichtnativen Präfixen, wobei oft maßgeblich ist, ob das folgende Grundmorphem mit einem Vokal oder einem Konsonanten beginnt. Ist es ein Konsonant, findet in Bezug auf die Basis oft eine Konsonantenanpassung statt wie z.B. bei -in: human → inhuman, legitim → illegitim, real → irreal. Bei vokalischem Auslaut kommt es meist zu einer konsonantischen Erweiterung des Präfixes. Vgl.: kodieren → dekodieren, informieren → desinformieren, politisch → apolitisch, organisch → anorganisch (vgl. auch Wellmann 1995, 519) (s. 4.3.7). Im Suffixbereich ist der Vokalwechsel ebenfalls ein Kennzeichen der Formenvarianz. Er begegnet hauptsächlich bei Fremdsuffixen lateinischer oder französischer Herkunft; die Suffigierung bedingt z.T. eine Reduzierung des Basiswortes - dies betrifft insbesondere Verben auf -ier(en). Vgl.: simulieren → Simulant, dozieren → Dozent, respektieren → respektabel, disponieren → disponibel (vgl. ebenda, 509, 525) (s. 3.3.2.9, 4.3.3). Weitaus häufiger als der Vokalwechsel begegnet die Suffixtilgung. Sie bleibt aber auf ganz bestimmte Bereiche der Suffigierung beschränkt. Typisch ist sie für die sog. Toponyme, die der Benennung von Ländern, Landschaften und Regionen dienen. Getilgt werden in erster Linie die toponymischen Suffixe -en, -ien und -ei: Hessen → Hesse, hessisch; Argentinien → Argentinier, argentinisch; Türkei → Türke, türkisch (s. 3.3.2.2.1, 3.3.2.2.4). Bei Anthroponymen (Personennamen) kann das Adjektivsuffix -isch durch die reduzierte Form -sch ersetzt werden: Einsteinsche Gleichung, Grimmsche Märchen (s. 4.3.1.1.7). Der Ausfall von Suffixen lässt sich vorrangig bei Fremdsuffixen beobachten, dabei stellt die Basis i.d.R. ebenfalls ein Fremdwort. Außer dem oben 14 In den angeführten Beispielen ist der Umlaut an die Suffigierung gekoppelt. Er dient außerdem - in Verbindung mit bestimmten Morphemen - der Pluralkennzeichnung wie in Kuh → Kühe, Schloss → Schlösser, Rad → Räder. Während er also in diesen Fällen kombinatorisch bedingt ist und somit Morphemvarianten vorliegen, verhält es sich mit Vogel → Vögel, Graben → Gräben, Bruder → Brüder anders. Das Auftreten des Umlauts lässt sich nicht auf die Distribution, die Umgebung zurückführen, der Umlaut ist hier das alleinige distinktive (bedeutungsunterscheidende) Merkmal zur Markierung des Plurals. Diese Formen sind daher nicht als Allomorphe anzusehen. Zu beachten ist ferner, dass der Umlaut selbst Bestandteil des Wortstammes sein kann. Vgl.: spüren → spürbar, König → königlich. 21 Interfigierung (Kompositions- und Derivationsfugen) bereits erwähnten Verbalsuffix -ier werden im Zuge der Adjektivbildung u.a. die substantivischen Fremdsuffixe -ie und -ion grundsätzlich getilgt. Vgl.: Ökonomie → ökonomisch, Ironie → ironisch, Aggression → aggressiv. Daneben existieren Allomorphe auch im Bereich der heimischen Suffixe. Beispiele dafür sind -heit mit seinen Varianten -keit und -igkeit sowie das Adjektivsuffix -en (seiden), das über die Variante -ern (steinern) verfügt (Näheres s. 3.3.2.2.6, 4.3.1.1.2). 1.3 Interfigierung (Kompositions- und Derivationsfugen) Von den Allomorphen abzuheben sind phonematische Elemente, die an sich keine Bedeutung haben: lexik-alisch, erwiesen-er-maßen, Monat-s-lohn, Werbe-kosten. Erscheinungen dieser Art stellen im semantischen Sinne „leere Morphe, … Pseudowurzeln im Bestand des Wortstammes“ (Stepanova/ Cˇernyševa 1975, 100ff.) dar; es sind Einschübe, die lediglich der „morphonologischen Anpassung“ (Fleischer/ Barz 1995, 32) dienen. In der Literatur verwendet man dafür den Oberbegriff Interfix. Darunter fallen eine Anzahl heterogener Phoneme bzw. -kombinationen, die zudem in zwei unterschiedlichen Bildungsbereichen beobachtbar sind. Die Hauptaufgabe der Interfixe ist das Schließen der Nahtstelle zwischen den einzelnen Gliedern einer Komposition - daher rührt auch der Terminus Kompositionsfuge bzw. Fugenelement (vgl. Žepic´ 1970, 24ff.; Polenz 1980, 172; Furhop 1995, 525ff.). Vgl.: Tag-es-licht, Bauer-n-brot, erfolg-s-hungrig, Kleid-er-stoff, Präsident-en-sitz. Zum anderen sind darunter auch jene bedeutungsleeren Segmente zu verstehen, welche bei substantivischen, adjektivischen und adverbialen Ableitungen die Stelle zwischen Basiswort und Suffix ausfüllen und sich durch Formenreichtum auszeichnen. Vgl.: Chin-es-e, Amerika-n-er, Büch-er-ei, problem-at-isch, name-nt-lich, logisch-er-weise. Ungeachtet dessen unterliegt diese Derivationsfuge aufgrund ihrer Abhängigkeit von bestimmten Basen viel größeren Einschränkungen als die im Folgenden zu beschreibende Kompositionsfuge (Näheres dazu s. unter expliziter Derivation der einzelnen Wortarten). 15 1.3.1 Die Fuge nach substantivischem Erstglied Über zwei Drittel der Zusammensetzungen im heutigen Deutschen verlangen kein Fugenelement (vgl. Wellmann 1995, 479); die restlichen ca. 30 % mit Fugenelementen stellen Komposita, wo das Erstglied überwiegend von Substantiven und - weniger häufig - Verben gebildet wird. Das hat mit der 15 Einige Autoren (u.a. Naumann 2000, 53f.; Erben 2000, 117; Eichinger 2000, 212) betrachten die Derivationsfugen als Suffixerweiterungen bzw. -varianten, was natürlich zu einer erheblichen Vergrößerung des Bestandes der Wortbildungsaffixe beitrüge. Dies erscheint unter dem Aspekt der Beschreibbarkeit und Praktikabilität wenig sinnvoll. 22 Grundeinheiten der Wortbildung sprachgeschichtlichen Entwicklung jener Wortarten zu tun, wobei die Form der Fuge vielerlei Einflüssen und Veränderungen ausgesetzt war. 16 Aus diachronischer Sicht repräsentieren die Fugenelemente Flexionsmorpheme, die entsprechende grammatische Funktionen erfüllten wie z.B. die Genitivmarkierung (Königskrone, Bärenjagd). Im Laufe der Zeit verselbstständigten sich die Flexionssuffixe und die ursprünglich rein grammatische Funktion wurde aufgegeben. Das lässt sich z.B. leicht anhand des Fugenelementes -sbelegen. So erscheint -szum einen nach Substantiven mit eindeutiger Pluralbedeutung (Freundeskreis = Kreis von Freunden, Bischofskonferenz = Konferenz von Bischöfen). Andererseits findet sich das Fugenelement auch nach femininen (! ) Substantiven (Liebespaar, Untersuchungsergebnis), die -sin der Deklination gar nicht aufweisen (vgl. Stepanova/ Fleischer 1985, 113). Auch euphonische Gründe - der Einschub von Lauten zur Erleichterung der Aussprache bzw. Erreichung eines Wohlklangs - scheinen eine Rolle gespielt zu haben: Geburtstag, Blutstropfen. Dagegen sprechen jedoch Bildungen ohne Fugenelement wie Blutdruck, Nachttisch oder Giftpflanze. Generell sind Schwankungen beobachtbar, für die es kaum noch Erklärungen zu geben scheint. Vgl.: Meeresspiegel - Meerenge, Feindesland - Feindbild. Obzwar die Fugenelemente keine Bedeutung besitzen, können sie gelegentlich semantische Unterschiede anzeigen (distinktive Funktion). Vgl.: Storchschnabel (Zeichengerät) - Storchenschnabel (Schnabel eines Storches). Ebenfalls möglich sind stilistische Differenzierungen. Vgl.: Waldrand (neutraler, d.h. normal-spachlicher Stil) - Waldesrand (gehobener Stil). All diese Besonderheiten machen deutlich, wie schwierig es ist, ein festes Regelsystem für die Setzung der Fugenelemente zu erarbeiten. Dennoch sind einige grundlegende Ordnungsprinzipien erkennbar, die sich wie folgt zusammenfassen lassen. Die Fuge und ihre Variation hängen grundsätzlich vom Charakter des Erstgliedes der Komposition, dem Bestimmungswort, ab. Dabei sind folgende Eigenschaften und Faktoren des Erstgliedes von Relevanz: a) Die Wortart; die Fuge begegnet fast ausschließlich nach substantivischem oder verbalem Erstglied; 17 b) die Flexionsklasse (u.a. Genitiv- und Pluralmarkierung); c) die Lautstruktur (Silbenzahl, Auslaut, Suffixart); d) die Wortbildungsstruktur (Simplex, d.h. einfaches Wort, Komposition, Derivation); 16 Ausführlich dazu s. Krahe/ Meid (1969, 16ff.) und Fleischer (1983, 123ff.). 17 In Einzelfällen ist nach adjektivischem Erstglied die Flexion erhalten geblieben: die Langeweile, der Langenweile, vor Langerweile; ein Hoheslied (im Alten Testament Sammlung von Hochzeits- und Liebesliedern), das Hohelied, des Hohenliedes. Diese innere Flexion wird nach der neuen Rechtschreibung umgangen, indem bei Beugung des Erstgliedes getrennt zu schreiben ist: des Hohen Liedes. 23 Interfigierung (Kompositions- und Derivationsfugen) e) regionale Besonderheiten im deutschsprachigen Raum 18 (vgl. Wellmann 1995, 481; Erben 2000, 64). Dass damit längst nicht alle Fälle erklärt werden können, sei nochmals betont. Im Folgenden wird nun die Fuge nach substantivischem Bestimmungswort beschrieben. Anders als bei Verben und Konfixen in Erstgliedposition (s. 1.3.2, 1.3.3) zeichnet sie sich durch große Formenvarianz aus. 19 F u g e n e l e m e n t -(e)s- Die Fuge, zumeist nur -s-, kommt am häufigsten vor, nämlich in 10 %-20 % der Komposita (vgl. Wellmann 1995, 482). Sie hat ihren Ursprung in der Flexionsendung des Genitivs Singular maskuliner und neutraler Substantive. Es sind folgende Regularitäten erkennbar: • -serscheint gewöhnlich nach Maskulina und Neutra mit den heimischen Suffixen -ling, -tum und -sal: Zwilling-s-bruder, Altertum-s-kunde, Schicksal-s-schlag sowie den nichtnativen -at (Internat-s-schüler) und -um (Ministerium-s-beschluss), sofern nicht die Pluralbedeutung in den Vordergrund gerückt werden soll. • Das Fugenelement wird stets nach Feminina gesetzt, die die heimischen Suffixe -heit (-keit, -igkeit), -schaft, -ung sowie die Fremdsuffixe -ion und -ität aufweisen. 20 Vgl.: Gelegenheit-s-arbeit, Tapferkeit-s-medaille, Gerechtigkeit-s-sinn, Nachbarschaft-s-streit, Rettung-s-wagen, Produktion-s-zahl, Universität-s-gelände. • -ssteht i.d.R. nach substantiviertem Infinitiv wie in Essen-s-zeit, Überleben-s-kampf. • Ist das Erstglied ein auf -t (seltener -d) auslautendes komplexes feminines Bestimmungswort wie z.B. -macht, -sucht, -fahrt, -sicht, -flucht, -nacht oder -schuld, wird -seingeschoben: Ohnmacht-s-anfall, Zufahrt-s-straße, Ansicht-s-karte, Unschuld-s-beweis. • Die Fuge steht häufig nach Bestimmungswörtern mit dem Präfix Ge-: Gewicht-s-zunahme, Gespräch-s-runde, Gebrauch-s-hinweis. • Der besseren Markierung der Hauptfuge dient -soffensichtlich dann, wenn das Erstglied eine Zusammensetzung oder ein Präfixwort ist: Hofmauer - Friedhof-s-mauer, Triebkraft - Antrieb-s-kraft; 18 Hierher gehören die Abweichungen im Fugengebrauch in Österreich, der Schweiz und teilweise Süddeutschland, die wir nicht berücksichtigen können (Näheres dazu s. Wellmann 1995, 485f.). 19 Die Beschreibung folgt im Wesentlichen den Darstellungen von Žepic´ (1970, 24ff.), Fleischer (1983, 121ff.), Stepanova/ Fleischer (1985, 113ff.) und Wellmann (1995, 480ff.). 20 Dies entspricht allein 90 % der femininen Komposita mit der Fuge -s- (vgl. Wellmann 1995, 485). 24 Grundeinheiten der Wortbildung Die Tendenz zur Fugensetzung zeigt sich ferner auch bei drei- oder mehrgliedrigen Komposita: Verkehr-s-recht-s-experte-n-beratung (s. auch 3.2.1.9); Schwankungen in der Fugengestaltung sind in reichlichem Maße vorhanden (s.o.) - diese „Doppelformen“ unterscheiden sich im funktionellen Sinne aber nicht voneinander: Kalb-s-schnitzel - Kalbfleisch, Grab-es-ruhe - Grabmal, Stab-s-arzt - Stabhochsprung; 21 • Semantische Differenzierung ist auf wenige Beispiele begrenzt: Schiff-sfahrt (Fahrt mit einem Schiff) - Schifffahrt (Verkehr von Schiffen); unterschiedliche Stilebenen liegen dagegen in Fest-es-jubel (gehoben) - Festjubel (neutral) vor. F u g e n e l e m e n t -(e)n- Die Fuge ist ähnlich verbreitet wie -(e)s-. Ihr Gebrauch richtet sich primär nach dem Pluralmorphem des Bestimmungswortes. Endet es auf den Vokal -e, wird die Fuge durch -ngefüllt, in allen anderen Fällen ist -enanzutreffen, und zwar unabhängig davon, ob eine pluralische Beziehung vorhanden ist oder nicht. • -(e)n-, das auf die Flexionsendungen schwacher Substantive (Singular und Plural) zurückzuführen ist (vgl. Fleischer 1983, 127), kann bei Maskulina mit der Endung -(e)n sowie substantivierten Adjektiven festgestellt werden: Affe-n-käfig, Bote-n-junge, Alte-n-heim, Fremde-n-führer. Steht die Mehrzahlbedeutung des Bestimmungswortes im Vordergrund, findet -(e)n ebenfalls bei einigen anders auslautenden Maskulina (-s im Genitiv Singular, -en im Plural) Verwendung: Mastspitze (Spitze des Mastes) - Mastenwald (viele Masten), Staatsgrenze - Staatenbund. • Nach einigen Maskulina (im Genitiv Singular/ Plural -en), die Personen (mit teilweiser Mehrzahlbedeutung) benennen, wird -en gesetzt. Hierher gehören auch Substantive mit Fremdsuffixen (vor allem -ant, -ent, -ist und -or). Vgl.: Held-en-tat, Fabrikant-en-sohn, Student-en-vertretung, Komponist-en-verzeichnis, Autor-en-lesung. • Neutra mit den Fremdsuffixen -ment, -at, -on, deren Plural auf -e bzw. (bei -on) -en endet, weisen gewöhnlich die Fuge auf, die Mehrzahlbedeutung voraussetzt: Argument-en-wahl, Zitat-en-sammlung, Neutron-en-bombe. Die Reihe wird ergänzt durch neutrale Substantive auf -um (Studium, Datum), wo das Suffix getilgt und durch die Fuge substituiert wird: Studi-en-platz, Dat-en-bank. • Die Mehrheit der zahllosen Feminina, die den Plural mit -en bilden und auf einen Vokal auslauten (meist -e), schließt i.d.R. die Fuge mit -n-, wobei der Einzahl- oder Mehrzahlbezug wiederum keine Rolle spielt: Mode- 21 Ausführlich zu den Schwankungen, insbesondere von -(e)s- und -(e)ns. Augst (1975, 134). 25 Interfigierung (Kompositions- und Derivationsfugen) n-schau, Schwalbe-n-nest, Scheibe-n-wischer, Karte-n-spiel, Ware-n-haus. 22 Daran lassen sich deadjektivische Ableitungen anschließen: Größe-nangabe, Höhe-n-messer, Breite-n-grad. Die wenigen Feminina, die einen Konsonanten als Auslaut haben, 23 verwenden die Fuge nur dann, wenn ein pluralisches Verhältnis betont werden soll: Fahrt-en-buch, Nachrichten-magazin, Last-en-aufzug. • -(e)nfindet sich auch nach bestimmten Maskulina, die in ihren Flexionsparadigmen -en überhaupt nicht aufweisen. Es handelt sich im Wesentlichen um Personen- und Tierbezeichnungen (meist Vögel). Vgl.: Greis-en-alter, Star-en-kasten, Hahn-en-schrei. Variable Fugengestaltung ist ebenfalls relativ häufig. Das belegen beispielsweise die angeführten Konkurrenzformen mit z.T. identischem Erstglied: Ehr-en-wort - Ehrgefühl, Niet-en-hose - Niethose, Dorn-en-hecke - Dornhecke. • Bedeutungsunterschiede lassen sich nur anhand weniger Beispiele nachweisen. Vgl.: Geschicht-en-buch (Buch, das Geschichten für Kinder enthält) - Geschicht-s-buch (Buch über die Geschichte). Komposita anderer Stilebenen sind hingegen u.a. Mond-en-schein (gehoben) - Mondschein (neutral). F u g e n e l e m e n t -er- Es fällt mit der gleich lautenden Pluralendung -er formal zusammen, die vor allem bei Neutra und - seltener - Maskulina vorzufinden ist. Diese dienen ebenfalls der Tier-, Personen- und Sachbenennung: Hühn-er-stall, Rind-erzucht, Männ-er-chor, Brett-er-zaun. 24 Die Fuge, die stets mit einem Umlaut verbunden ist, wird jedoch auch dann verwendet, wenn die Zusammensetzung singularisch aufzufassen ist. Vgl.: Hühn-er-bein (Singular, d.h. Bein eines Huhnes), ebenso Rind-er-haut, Männ-er-stimme. Schwankungen ohne Differenzierung sind nur bei wenigen Beispielen feststellbar (Bild-er-buch, Bildband), es sei denn, der Pluralbezug des Bestimmungswortes ist wiederum zu unterstreichen: Lied-er-abend (Plural) - Liedtext (Singular), Kräut-er-bad - Krautblatt. Bedeutungsunterschiede treten nur vereinzelt auf. Vgl.: Geist-er-stunde (Stunde nach Mitternacht, in der angeblich die Geister umgehen) - Geist-esgegenwart (Fähigkeit, in einer gefährlichen bzw. unangenehmen Situation das Richtige zu tun). 22 Trotz der Pluralform -en fehlt bei einigen Feminina die Fuge: Beschwerde-ausschuss, Säge-blatt. Das betrifft auch solche Substantive, wo das -e im Auslaut getilgt wird: Straf-maß, Grenz-kontrolle (vgl. Stepanova/ Fleischer 1985, 114). 23 Es sind nur 10 % aller femininen Substantive (vgl. Wellmann 1995, 483). 24 Aufgrund der Gebundenheit an das Pluralmorphem sind hier die Berührungen zwischen Fugenelement und Flexion am stärksten (vgl. Fleischer 1983, 130). 26 Grundeinheiten der Wortbildung F u g e n e l e m e n t -e- Es steht nach einem zahlenmäßig kleinen Kreis maskuliner, neutraler und - vereinzelt - femininer Substantive, die den Plural mit -e bilden. Meist sind es Tier- und Sachbezeichnungen. Vgl.: Hund-e-leine, Pferd-e-markt, Getränk-ekiste. Gibt es im Plural einen Umlaut, tritt dieser auch in der Komposition auf; dabei drücken die Bestimmungswörter oft ein pluralisches Verhältnis aus. Vgl.: Gäns-e-leber, Gäst-e-liste, Frücht-e-tee, Kräft-e-vergleich. Eine Ausnahme stellt in diesem Zusammenhang Maus dar, das mit und ohne Umlaut (die häufigere Form) erscheinen kann: Maus-e-loch/ Mäus-e-loch, Maus-e-falle/ Mäus-e-falle (DUW). Beispiele für Bedeutungsdifferenzierung sind aufgrund ihrer Seltenheit vernachlässigbar, ebenso Konkurrenzformen ohne semantischen Unterschied (Schwein-e-fleisch - Schwein-s-leder). Das Hauptanwendungsgebiet von -eist die Fugengestaltung nach Verbstämmen (s.u.). F u g e n e l e m e n t -ens- Die Fuge hat im Deutschen die geringste Verbreitung; sie entspricht der Flexionsendung des Genitivs Singular von Herz (Herz-ens-lust), bleibt aber nicht darauf beschränkt, sondern findet sich auch in anderen Substantiven wie Schmerz (Schmerz-ens-schrei) oder Frau (Frau-ens-person), die diese Endung in ihren Paradigmen nicht enthalten. Allerdings zeigen die genannten Bestimmungswörter variable Fugengestaltung, d.h., in bestimmten Zusammensetzungen fehlt die Fuge (Herzschlag, Schmerzmittel, Frauenberuf). 1.3.2 Die Fuge nach verbalem Erstglied Kompositionsfugen nach verbalem Erstglied kommen erheblich seltener als bei den Substantiven vor. Sie lassen sich lediglich bei 10 %-20 % der Zusammensetzungen nachweisen (vgl. Kienpointner 1985, 23ff.; Wellmann 1995, 481). Zur Schließung der Fuge verwendet man ausnahmslos -e-, wobei das Infinitivsuffix -(e)n grundsätzlich getilgt wird. Maßgeblichen Einfluss auf den Fugengebrauch hat die Auslautart des Verbstammes. So steht -emeist nach den stimmhaften Konsonanten -d, -g sowie -ng, -s, b und -t; die Reihenfolge entspricht zugleich ihrer Häufigkeit (vgl. Žepic´ 1970, 67ff.; Fleischer/ Barz 1995, 141). Vgl.: Bad-e-salz, Wieg-e-braten, Häng-e-brücke, Lös-e-geld, Sterb-eurkunde, Wart-e-zimmer. 25 Dass dies kein durchgängiges Prinzip ist und die 25 Stimmlosen Konsonanten (außer -t), Nasallauten (-m, -n) und Liquida (-l, -r) folgt i.d.R. kein Fugenelement. 27 Interfigierung (Kompositions- und Derivationsfugen) Fuge fehlen kann, offenbaren Zusammensetzungen mit z.T. gleichem (! ) Verbstamm: Bind-e-glied - Bindfaden, Reib-e-kuchen - Reibfläche; Schlagzeile, Sprengmeister. Eine Sonderstellung nehmen die Verben zeichnen, rechnen und trocknen ein; in der Komposition entfällt nämlich das nasale -n des Stammauslauts: Zeichenblock, Rechenheft, Trockenobst. Bei gleichem Wortstamm kann mithilfe der Fugenart zuweilen die Wortart des Erstgliedes bestimmt werden. Vgl.: Pressluft ← pressen (verbales Erstglied) - Press-e-konferenz ← Presse (substantivisches Erstglied), ebenso Blaskapelle - Blas-en-bildung (vgl. ebenda). 1.3.3 Fremdsprachige Fugenelemente Im System der Interfigierung erlangen die Fugenelemente -o- und -ieinen Sonderstatus. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass beide Fugen nicht zu den heimischen Interfixen gehören und vorrangig in Verbindung mit Fremdwörtern auftreten. -ohat seinen Ursprung im griechischen Kompositionsvokal -o-; diese Funktion erfüllt es noch heute u.a. in den slawischen Sprachen. Vgl.: russ. пар-о-воз (Lokomotive), вод-о-провод (Wasserleitung). 26 Im Deutschen begegnet die Fuge vor allem in Zusammensetzungen, deren Erstund/ oder Zweitglied ein Konfix ist: Elektr-o-gerät, Aer-o-klub (Flugsportverein), Techn-o-logie, slaw-o-phil (alles Slawische liebend). Das Modell wird zunehmend auf Grundmorpheme übertragen, darunter befinden sich neuerdings auch heimische Wörter aus dem Bereich der Unterhaltung und Warenbezeichnung (Markennamen): Kristall-o-grafie (Wissenschaft vom Aufbau und der Bildung von Kristallen) Spiel-o-thek (! ) (Spielhalle), Klar-o-fix (! ) (Reinigungsmittel). 27 Zu beachten ist noch, dass bei einer Reihe von Erstgliedern -oden Stammauslaut bildet, es sich also n i c h t um Fugen handelt. Vgl.: Mono-pol, Hydrotechnik, Pseudo-wissenschaft. Daneben trifft man die Fuge -ogelegentlich in Zusammensetzungen an, die aus zwei fremdsprachigen Adjektiven bestehen; der Einschub der Fuge scheint hier manchmal eher aus euphonischen Gründen zu erfolgen, d.h., im Sinne des Wortklangs wird die als störend betrachtete Doppelung des Suffixes -isch durch -overmieden: germanisch-romanisch → german-o-romanisch, mechan-o-chemisch, magnet-o-optisch. 28 Dass das Fugenelement nicht nur auf 26 In der Russistik verwendet man dafür den Terminus „Bindevokal“ (vgl. auch Russische Sprache der Gegenwart 1988, 38). 27 Während es sich bei -graf(ie) und -thek noch um Konfixe handelt, steht -oim Beispiel Klaro-fix zwischen einem heimischen (klar) und einem fremdsprachigen (lat. fix = sehr schnell) Grundmorphem. 28 Manchmal umfasst die Tilgung Teile des Wortstammes: italienisch-französisch → ital-o-französisch, italienischer Western → Ital-o-western. 28 Grundeinheiten der Wortbildung Adjektive mit dem Suffix -isch beschränkt ist, unterstreichen Komposita wie Brutal-o-western (aus brutaler Western), Brutal-o-typ (aus brutaler Typ) 29 (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 251; Wellmann 1995, 486). In erheblich geringerem Umfang begegnet das aus dem Lateinischen stammende Fugenelement -i-. Beispiele für diese Fugenkomposition wären Strat-igrafie (Untersuchung geologischer Schichten) und die englische Entlehnung Hand-i-kap (allgemeine Vorbelastung, Benachteiligung) (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 142). 30 Auch hier muss genau unterschieden werden, ob -i- Fuge oder Bestandteil des Wortstammes bzw. eines Affixes ist wie z.B. in Epi-gramm und Anti-these. 1.4 Motiviertheit und Idiomatisierung Die Beschreibung des deutschen Morphembestandes und seiner Besonderheiten macht zugleich deutlich, dass einer exakten Wortanalyse Grenzen gesetzt sind. Schwierigkeiten ergeben sich immer dann, wenn die Gesamtbedeutung einer (komplexen) Bildung nicht mehr oder nur teilweise durch ihre Bestandteile erschließbar ist. Sie erscheinen in diesem Sinne unmotiviert, sind sozusagen nicht mehr „durchsichtig“ (Gauger 1971). Motivierte und unmotivierte Wortbildungen werden aber nicht durch starre Grenzen voneinander getrennt. Es existiert vielmehr ein breites Spektrum an fließenden Abstufungen, was anhand folgender Reihen verdeutlicht werden kann. Vgl.: • Reitpferd, Flusspferd, Schaukelpferd, Steckenpferd • Ohrring, Ohrmuschel, Ohrenschmaus, Ohrfeige • Steinchen, Frühchen, Veilchen, Flittchen. Um die unterschiedlichen „Grade der Motiviertheit“ (Schippan 1984, 95) erfassen zu können, stützt man sich gewöhnlich auf eine dreigliedrige Einteilung, die die Abstufungen vollmotiviert (durchsichtig), teilmotiviert (z.T. durchsichtig) und unmotiviert (undurchsichtig, idiomatisiert) enthält (vgl. u.a. Kürschner 1974, 31; Käge 1980, 12f.). Vollmotiviert sind z.B. - bezogen auf die oben angegebenen Reihen - Reitpferd (Pferd zum Reiten), Ohrring (Ring am Ohr) und Steinchen (kleiner Stein), da die Gesamtbedeutung klar durch die einzelnen Komponenten erklärbar ist. Schon anders liegen die Dinge bei teilmotivierten Bildungen wie Schaukelpferd (Kinderspielzeug aus Holz zum Schaukeln), Ohrenschmaus (etwas, was man gerne hört) oder Frühchen (zu früh geborenes Kind), denn hier erweist sich nur ein Bestandteil als 29 Brutalo hat in der Umgangssprache schon den Status eines Grundmorphems (zur Gewalttätigkeit neigende Person). 30 Untypisch ist das Auftreten von -i- und -onach gleichem Wortstamm: Agr-i-kultur, Agr-otechnik. Daneben existiert sogar noch die Form auf -ar: Agrarland, Agrarprodukt (DUW). 29 Der Affixbestand im Deutschen - mehr oder weniger - motiviert. Zum großen Bereich der teilmotivierten Bildungen gehören somit auch die meisten Zusammensetzungen mit unikalen Morphemen (s. 1.1.2). Bei idiomatisierten Morphemkonstruktionen ist die Motiviertheit so verdunkelt, dass die semantische Verbindung zwischen Gesamt- und Einzelbedeutung nicht mehr erkennbar ist; die Komponenten haben eine Umdeutung erfahren. Es sind Idiome, die sich als Ganzes einer semantischen Analyse entziehen. Als idiomatisiert gelten folglich Steckenpferd (Tätigkeit oder Thema, mit dem sich jmd. sehr gern beschäftigt), Ohrfeige (Schlag mit der Hand in jds. Gesicht) und Flittchen (leichtlebige Frau, die häufig zu verschiedenen Männern sexuelle Beziehungen unterhält). 31 Schon diese wenigen Beispiele zeigen, dass mit der dreistufigen Skala vollmotiviert, teilmotiviert und idiomatisiert nicht alle Bildungen genau zu erfassen sind, denn gerade im Bereich der Teilmotiviertheit gibt es zweifellos unterschiedliche Grade. Es sind deshalb zahlreiche Versuche unternommen worden, neue Kriterien für die exakte Beschreibung der (teil)idiomatisierten Morphemgefüge zu erarbeiten (vgl. u.a. Püschel 1978, 151ff.; Hebermann 1981, 205ff.; Schippan 1984, 94ff.). 32 Bislang liegt ein allseits überzeugendes Konzept nicht vor. Das ist angesichts der Charakteristik und Vielfalt der Bildungen wohl nicht verwunderlich. 1.5 Der Affixbestand im Deutschen Unter Zugrundelegung des bisher Gesagten erfolgt nun die tabellarische Zusammenstellung des affixalen Wortbildungsbestandes. Sie erfasst die in den verschiedenen Bildungsmodellen vorkommenden Affixe. Dabei wird von den einzelnen Wortarten ausgegangen und zwischen Präfixen und Suffixen sowie deren Ursprung (heimisch, fremdsprachig) differenziert. Runde Klammern kennzeichnen die jeweilige Variante (Allomorph). Unberücksichtigt bleiben die meisten der heute nicht mehr produktiven heimischen Suffixe sowie die Interfigierungen (s. dazu auch die entsprechenden Kapitel zu den Wortarten). 31 Ursprünglich wurde mit Steckenpferd ein Kinderspielzeug bezeichnet. Es bestand aus einem hölzernen Pferdekopf, der an einem Stab befestigt war. Die übertragene Bedeutung von einer gern ausgeübten Freizeittätigkeit wurde vom englischen hobby-horse übernommen. Bei Ohrfeige dachte man vermutlich an eine Schwellung am Ohr, die so groß wie eine Feige erscheint. Flittchen ist wahrscheinlich eine Rückbildung aus flittern, was früher kichern (lachen) oder liebkosen (zärtlich berühren) bedeutete (vgl. Kluge 1989). Da der Bedeutungszusammenhang dieser Bildung nur noch mithilfe der Etymologie erfassbar ist, gilt sie als isoliert. Vgl. dazu auch Schippan (1984, 96), die hier von „etymologischer Motivation“ spricht. 32 Püschel (1978, 164) gibt z.B. sechs Abstufungen der Teilmotiviertheit an, die auf morphematischen, semantischen und lexikologischen Merkmalen (Austauschbarkeit, Inhaltsseite, Ausdrucksseite) beruhen. Die Grenzen zwischen den einzelnen Graden sind jedoch unscharf und lassen verschiedenartige Interpretationen zu. 30 Grundeinheiten der Wortbildung W o r t a r t P r ä f i x S u f f i x heimisch (nativ) fremdsprachig (nichtnativ) heimisch (nativ) fremdsprachig (nichtnativ) Substantiv erz-, ge-, haupt-, miss-, un-, uranti-, dis-, ex-, hyper-, in- (il-, im-, ir-), ko- (kom-, kon-, kol-, kor-), pro-, re-, sub-, super-, trans-, ultra- -bold, -chen, -de, -e, -ei (-elei, -erei), -el, -er, -heit (-keit, -igkeit), -i, -ian (-jan), -in, -lein, -ler, -ling, -ner, -nis, -rich, -s, -sal, -schaft, -t, -tel, -tum, -ung, -werk, -wesen -ade, -age, -alien, -and (-end), -ant (-ent), -anz (-enz), -ar (-är), -ast, -at, -ee, -erie, -esse, -ette, -euse, -eur, -ice, -ie, -ier, -ik, -ine, -ing, -ion, -ismus, -ist, -it, -ität, -ment, -or, -ur Adjektiv erz-, ge-, miss-, un-, ura- (an-, ar-), anti-, dis- (dif-), hyper-, in-(im-, il-, ir-), inter-, ko- (kol-, kon-, kor-), para-, post-, prä-, sub-, super-, trans-, ultra- -bar, -en (-ern), -er, -fach, -haft, -ig, -isch, -lich, -los, -mäßig, -sam -abel (-ibel), -al , -ant (-ent), -ar (-är), -ell, -esk, -iv, -oid, -os (-ös) Verb ab-, an-, auf-, aus-, be-, bei-, durch-, ein- , ent-, er-, ge-, los-, miss-, nach-, über-, um-, unter-, ver-, vor-, wider-, zer-, zude- (des-), in-, kon- (ko-, kom-, kor-), re- -(e)l, -(e)r, -ig -ier (-ifizier, -isier) Adverb -dings, -ens, -halben (-halber), -lei, -lings, -mals, -maßen, -s, -wärts, -weg (-wegen), -weise 31 Übungen 1.6 Übungen ‹ 1. Analysieren Sie aus synchronischer Sicht die Morphemstruktur der folgenden Wörter! Unterscheiden Sie dabei zwischen Grundmorphemen (GM), Konfixen (K), unikalen Morphemen (UM), Wortbildungspräfixen (WBP), Wortbildungssuffixen (WBS), Flexionspräfixen (FP) und Flexionssuffixen (FS)! Beachten Sie die Homonymie! Maisfelder, bunterem, Schwiegersohnes, bezahlbares, Extrablatt, Missverständnis, Auerhähne, rentabel, aussterben, morgens, einschlafendem, Beinchen, Gaswerk, Darwinismus, Buschwerk, Geografen, sintflutartig, golden, Nachtblindheit, Gerufe, horizontaler, Anerkennung, aufgestiegen, Videothek, Wasserreichtum, Buchecker, Kaufmannschaft, autokratisch, Torwarthandschuh, Autodrom, Gewehrschaft, Arzthelferin, zerlegtest, frühlinghaft, Pseudonym, zuschlagen, unmäßig, gereinigt, Hochschulwesen, Teleskopantenne, Psychologe, jahrmarktmäßig, Fabelwesen, wachsamsten, Furchtlosigkeit, polyphon, Bräutigam, Unentschuldbarkeit, pausbäckig, urgeschichtlich, ostwärts, sportunfallversichert, Winterferienurlaub, mechanisieren, Hackfleischmesser, Biomülltonne, Luftdruckmesser, Kreislaufschwäche, Astronomie, Jugendwohnheime ‹ 2. Stellen Sie fest, in welchen Fällen aus synchronischer Sicht Morphemvarianten (Allomorphe) vorliegen! Um welche Art der Allomorphie handelt es sich? Beispiel: äffisch ← Affe: Morphemvariante / äff / Phonemtilgung: Auslauttilgung (-e) Phonemalternation: Umlautung a > ä geschoben, Sonderangebot, Kälbchen, stählern, Dirigent, hässlich, ausgewichen, kosmisch, Kätzchen, Abstraktion, löslich, hungrig, analphabetisch, Äuglein, abgestützt, erbrichst, tropisch, Kistchen, feinfühlig, desinformiert, norwegisch, überhört, Döschen, flackrig, unfähigste, irreal, vorgeführt, nachdrücklich, explosibel, ertrugst, dämlich, zugeflüstert, kühlere, launisch, Gebirge, abergläubisch, zerstritten, hiesige, Rückflug, versöhnen, plötzlich, Rättin, süßlich, Käufer, angesägt, würdig, möglich, Gärtner, entschwand, Korrelation, moralisieren, füttern, Ehrlichkeit, tölpisch, verlöschen, verjüngen, adlig, Division, innerstaatlich ‹ 3. Unterstreichen Sie in den angegebenen Reihen die unikalen Morpheme! a) Erdbeere, Himbeere, Stachelbeere, Brombeere b) Butzenscheibe, Glasscheibe, Fensterscheibe, Gummischeibe c) Schornstein, Sandstein, Bernstein, Schleifstein d) Lederhose, Trachtenhose, Anzugshose, Pluderhose 32 Grundeinheiten der Wortbildung e) Spitzmaus, Fledermaus, Feldmaus, Labormaus f) Hirschhorn, Alphorn, Jagdhorn, Hifthorn g) Sperling, Riesling, Schierling, Lüstling h) Unsitte, Unflat, Unheil, Unglaube i) vermeiden, vergeuden, verlieren, verlottern j) erbeben, ergötzen, erwürgen, erlauben k) besaufen, bekleben, begehren, beginnen l) störrisch, heldisch, höfisch, läppisch ‹ 4. Unterstreichen Sie das Fugenelement! Begründen Sie dessen Verwendung! Identitätskrise, Gleichheitsprinzip, Asylantenheim, Sonnenblume, Lichterglanz, Herzensbedürfnis, Schiebetür, Zufluchtsort, Invasionsplan, Längenmaß, Hundesteuer, Datumsangabe, Häuserreihe, Schwanensee, Gesteinsart, Lieblingsfach, Wissenschaftszweig, Inseratenannahme, Gräberfeld, Schlangenbiss, Professorenrede, Eigentumsschutz, Schaffenskraft, Sekretariatsschlüssel, Umkleidekabine, Stipendienvergabe, Mächtegruppe, Frauensleute, Abfahrtssignal, Geschmackssache, Prüfungsthema, Schlafenszeit, Rabennest, Unschuldsmiene, Lösemittel, Terroristenjagd, Elektronenröhre, Fruchtbarkeitsgöttin, Aufzuchtserfolg, Museumsstück, Schriftenverzeichnis, Straußenei, Geschwindigkeitskontrolle, Säugetier, Aufsichtspflicht, Läusepulver, Tiefenbohrung, Schmerzenslaut ‹ 5. Bilden Sie Komposita mit dem entsprechenden Fugenelement! Beachten Sie, dass das Fugenelement auch fehlen kann! Beispiele: Kind (Lied, Entführung) → Kinderlied, Kindesentführung Leib (Wächter, Kraft) → Leibwächter, Leibeskraft a) Blatt (Teig, Pflanze) j) Tag (Buch, Ordnung) b) Land (Kunde, Knecht) k) Klasse (Leistung, Treffen) c) Bett (Mangel, Tuch) l) Stadt (Partnerschaft, Bewohner) d) Herz (Blut, Wunsch) m) Stimme (Gewinn, Bruch) e) Hilfe (Ruf, Kraft) n) Schmerz (Tablette, Geld) f) Brett (Bude, Spiel) o) Kind (Taufe, Arbeit) g) Meer (Busen, Gott) p) Kalb (Stall, Leber) h) Staat (Bund, Bank) q) Arzt (Kammer, Roman) i) Weib (Feind, Bild) r) Weg (Strecke, Bau) ‹ 6. Stellen Sie fest, ob die in den Wortpaaren vorkommenden Fugenelemente eine semantische oder stilistische (neutral, gehoben) Differenzierung ausdrücken oder nicht! Erklären Sie die auftretenden Unterschiede! a) Sonntag - Sonnentag b) Landmann - Landsmann 33 Übungen c) Tagblatt - Tageblatt d) Gasthaus - Gästehaus e) Fabrikarbeiter - Fabriksarbeiter f) Mainacht - Maiennacht g) Volkskunde - Völkerkunde h) Berghöhe - Bergeshöhe i) Rindsbraten - Rinderbraten j) Toilettespiegel - Toilettenspiegel ‹ 7. Bilden Sie Komposita mit dem Fugenelment -e-! Begründen Sie dessen Verwendung! Beachten Sie, dass -enach verbalem Erstglied fehlen kann! I. a) hängen (Schrank) II. a) schneiden (Brenner, Zahn) b) steigen (Leiter) b) saugen (Kraft, Flasche) c) trocknen (Futter) c) lesen (Brille, Ecke) d) passieren (Schein) d) blasen (Rohr, Balg) e) schlingen (Pflanze) e) raten (Spiel, Quiz) f) sprechen (Stunde) f) senden (Pause, Bote) g) liegen (Wiese) g) tragen (Bahre, Tasche) h) leiten (Strahl) h) reiben (Laut, Käse) i) zeichnen (Stift) i) schweigen (Minute, Geld) j) nagen (Tier) j) treiben (Haus, Stoff) k) halten (Griff) k) hängen (Schrank) l) backen (Pulver) m) schlagen (Ader) n) reiten (Unterricht) o) heben (Bühne) ‹ 8. Entscheiden Sie, ob es sich bei den unterstrichenen Vokalen -o- und -ium Fugenelemente handelt oder nicht! Begründen Sie Ihre Entscheidung! Chemotechnik, Euronorm, Epigramm, germanophil, Stratigrafie, Gasometer, homophil, Neologismus, Politologie, Minibar, finnougrisch, Multitalent, Ozeanografie, Optometrie, Hypotaxe, australo-indisch, Ambivalenz, retrospektiv, anglophob, Filmothek, Stereoempfang, Grafologe, galloromanisch, afroasiatisch, egozentrisch ‹ 9. Ordnen Sie die Beispiele in den angegebenen Reihen nach ihrem Motiviertheitsgrad (vollmotiviert, teilmotiviert, idiomatisiert)! - Milchkuh, Elefantenkuh, Blindekuh, Seekuh - Lampenfieber, Lampenschein, Lampenschirm, Lampendocht - Bluthund, Hofhund, Schweinehund, Wachhund 34 Grundeinheiten der Wortbildung - Maulaffen, Maulesel, Maulwürfe, Maultaschen - Honigkuchen, Honigwein, Honigmond, Honigwabe - Holzauge, Glasauge, Bullauge, Kuhauge - Hundeleine, Hundstage, Hunderasse, Hundsfott - Kohlmeise, Kohlgemüse, Kohldampf, Kohlsuppe - Mondkalb, Mondlicht, Mondkrater, Mondpreis - Zeitlupe, Zeitbombe, Zeitalter, Zeitmangel - Katzenmusik, Tanzmusik, Gitarrenmusik, Volksmusik - Wischtuch, Halstuch, Kopftuch, Handtuch - Schaffner, Maler, Schlosser, Verkäufer - Heftchen, Töpfchen, Mädchen, Säckchen - Fräulein, Rehlein, Scherflein, Bäumlein 2 Wortbildungsarten 2.1 Allgemeines In der deutschen Gegenwartssprache lassen sich bestimmte Wortbildungskonstruktionen erkennen, die durch die Verwendung charakteristischer Bildungsmittel bzw. deren Kombination gekennzeichnet sind. Hinsichtlich Klassifizierung und Abgrenzung der einzelnen Wortbildungsarten gibt es in der Literatur recht unterschiedliche Auffassungen. Einigkeit herrscht offensichtlich nur darüber, dass Komposition (Zusammensetzung) und Derivation (Ableitung) die beiden Grundtypen der Wortbildung repräsentieren, da alle anderen Arten doch von geringerer Bedeutung sind. Im Folgenden wollen wir einen Überblick über die einzelnen Bildungsmöglichkeiten geben, wobei wir uns auf die für das Verständnis wichtigsten Punkte und Besonderheiten beschränken. So wird das Wirken von Komposition und Derivation erst in den Kapiteln zu den jeweiligen Wortarten einer näheren Betrachtung unterzogen. Zunächst werden die Arten mit sog. UK-Struktur beschrieben. Danach folgen die Bildungen ohne jene Struktur. 2.2 Wortbildungsarten mit Konstituentenstruktur 2.2.1 Komposition (Zusammensetzung) Komposita entstehen durch die Verbindung von zwei oder mehreren Wörtern bzw. unmittelbaren Konstituenten (UK) - engl. „immediate constituents“ (Bloomfield 1933, 206ff.; Gleason 1961, 133). Unter UK versteht man die beiden Konstituenten, aus denen sich die Konstruktion zusammensetzt. Eine derartige Konstruktion ist auf der darunter liegenden Ebene auf der Grundlage vor allem semantischer und distributioneller Kriterien (vgl. Stepanova/ Fleischer 1985, 94) in größere Morphemeinheiten gliederbar. 1 Vgl.: Bedrohlichkeit: bedrohlich+ keit (Adjektiv + Suffix) Ungeduld: un+ Geduld (Präfix + Substantiv) Erstarkung: erstark(en)+ ung (Verbstamm + Suffix) Stubenfliege: Stube(n)+ Fliege (Substantiv + Substantiv). 1 Wortbildungsarten mit UK-Struktur repräsentieren komplexe Konstruktionen, die durch Zusammensetzungen oder Affigierungen entstanden sind. Das unterscheidet sie grundsätzlich von den Bildungsarten ohne eine derartige Struktur. Deren Entstehung erfolgt vielmehr auf syntaktisch-grammatischer Grundlage (s. 2.3). 36 Wortbildungsarten Mitunter erweist sich die Analyse der UK-Struktur als schwierig, da zwei Bildungsmöglichkeiten vorliegen können. Dies machen z.B. folgende Beispiele deutlich: Unvereinbarkeit: a) un + Vereinbarkeit b) unvereinbar + keit Denkfaulheit: a) denk(en) + Faulheit b) denkfaul + heit rotbärtig: a) Rotbart + ig b) rot + bärtig. Wie man sieht, verfügen die Konstruktionen meist über eine binäre Struktur. 2 Die UK können aus freien oder gebundenen Morphemen bzw. Morphemgefügen bestehen (s. Kapitel 1). Nach Fleischer/ Barz (1995, 45) lassen sich folgende Bildungsvarianten erkennen: 1. Das Kompositum setzt sich zusammen aus freien Grundmorphemen oder freien Morphemgefügen: Kartoffelsalat, Schreibtisch, umweltfeindlich. Neben Wörtern können Wortgruppen oder ganze Sätze in das Kompositum aufgenommen werden: Kurzzeitgedächtnis, Tag-und-Nacht-Bombardierung, Lass-mich-in-Ruhe-Gesicht. 2. Das Kompositum enthält ein Grundmorphem und ein Konfix: Stiefschwester, Autopilot. 3. Die Zusammensetzung besteht aus zwei Konfixen: bibliophil, Pyromane. In der Wortbildung wird zwischen Determinativkomposita und Kopulativkomposita unterschieden. Determinativkomposita sind die mit Abstand häufigste und zugleich produktivste Form der Zusammensetzungen. Dabei bestimmt das Erstglied (Bestimmungswort) das Zweitglied (Grundwort) näher: Filmmusik, Dachziegel, Haarbürste, Wanduhr, Kaugummi. Das Grundwort legt zugleich Genus und Wortart der gesamten Konstruktion fest; der Hauptakzent befindet sich hingegen i.d.R. auf dem Bestimmungswort, der Nebenakzent auf dem Grundwort. Beide wortfähigen Elemente sind in dem Kompositum - im Gegensatz zu den Kopulativkomposita - grundsätzlich nicht vertauschbar, sondern durch Subordination gekennzeichnet. Was eine Vertauschung bewirkt, sei an obigen Beispielen demonstriert: Mit der Zusammensetzung Filmmusik wird die in einem bestimmten Film vorkommende Musik bezeichnet. Das Kompositum Musikfilm weist andere semantische Beziehungen auf: Es ist ein Film, der Musik thematisiert, von 2 Davon ausgenommen sind die sog. Kopulativkomposita (s.u.). 37 Wortbildungsarten mit Konstituentenstruktur ihr handelt. Ebenso verhält es sich mit Dachziegel. Während dieses Wort den (einzelnen) Ziegel eines Daches benennt, bestimmt Ziegeldach die Art des Daches näher, d.h., es besteht aus Ziegeln bzw. ist mit Ziegeln gedeckt. Determinative Zusammensetzungen zählen somit zu den sog. endozentrischen Komposita (vgl. u.a. Morciniec 1964, 110ff.; Wellmann 1995, 468), da die Bezugsgröße in der Bildung genannt wird - sie erscheint in Form des Grundwortes. Obgleich Determinativkomposita mehrgliedrig sein können, lassen sie sich doch im Allgemeinen auf eine binäre Struktur zurückführen. Dies kann mithilfe von Umschreibungen (Paraphrasen) verdeutlicht werden. Vgl.: Autobahntankstelle: Tankstelle an der Autobahn Lebensmittelvergiftung: Vergiftung durch Lebensmittel Schafwolljacke: Jacke aus Schafwolle Bahnhofsgaststättenbesitzer: Besitzer der Bahnhofsgaststätte Altstadtsanierungskonzept: Konzept zur Sanierung der Altstadt. 3 Einen Sonderfall des Determinativkompositums stellt das sog. Possessivkompositum - auch Bahuvrihi (ind. ‚viel Reis habend‘) genannt (vgl. u.a. Henzen 1965, 78ff.; Krahe/ Meid 1969, 31ff.; Žepic´ 1970, 116ff.) - dar. Zwischen beiden UK besteht ebenfalls ein determinatives Verhältnis. Allerdings charakterisiert das Grundwort eine außerhalb der Komposition stehende und somit exozentrische Größe. Das wird anhand folgender Vergleiche ersichtlich: In Dickmilch bezeichnet das Zweitglied eine dickflüssige Milch, in Dickbauch hingegen einen Menschen, der einen dicken Bauch besitzt. 4 Ebenso verhält es sich mit Rotkehlchen (Vogel mit rotem Gefieder am Hals) oder Ziegenbart (Mann mit einem an einen Ziegenbock erinnernden Bart). Das Grundwort, das meist Körperteile bezeichnet (Kopf, Fuß, Bart, Mund, Zahn usw.), steht stellvertretend für die ganze Konstruktion. Im Grunde genommen sind diese Bildungen „erstarrte pars pro toto“ (Fleischer 1983, 106), die einerseits zur Bezeichnung von Größen verwendet werden, die das erwähnte Körperteil besitzen (Hinkebein = Mensch, der hinkt; Milchgesicht = unreifer junger Mann), andererseits kann das jeweilige Merkmal bzw. die Eigenschaft vergleichsweise und somit metaphorisch zugeschrieben werden (vgl. Erben 2000, 71) wie in Hasenfuß (überängstlicher Mensch) oder Schlappschwanz (Mensch, der schwach und kraftlos ist). Derartige Bildungen sind dann im unterschiedlichen Maße idiomatisiert (s. 1.4). 3 Zu den Problemen bei der Umschreibung der mehrgliedrigen Komposita s. 3.2.1.9. 4 Zu beachten ist, dass manche Komposita zwei Interpretationen zulassen, wie dies z.B. bei Dickbauch, Langhals oder Kahlkopf möglich ist: a) Er hat einen dicken Bauch/ einen langen Hals/ einen kahlen Kopf. b) Er ist ein Dickbauch/ Langhals/ Kahlkopf (vgl. Fleischer 1983, 107). Dies gilt gleichermaßen für idiomatisierte Bezeichnungen wie Schafskopf: a) Er hat einen Kopf wie ein Schaf. b) Er ist ein Schafskopf = dummer Mensch. 38 Wortbildungsarten Possessivkomposita erscheinen oft als Benennungen von Personen; darüber hinaus können sie auch für die Bezeichnung von Pflanzen und Tieren verwendet werden (Näheres s. bei den substantivischen Komposita). Kopulativkomposita begegnen im Sprachgebrauch viel seltener. Im Unterschied zu den Determinativkomposita sind die Bestandteile der Zusammensetzung einander nicht untergeordnet, folglich gleichrangig und gehören ein und derselben Wortart an. Deshalb nennt man sie auch additive oder konjunktive Komposita. 5 Vgl.: Ofenkamin, Hemdbluse, Dichter-Diplomat. Die Gleichrangigkeit (Koordination) der Glieder zeigt sich auch darin, dass bei der Paraphrasierung die Konjunktion und Anwendung findet: Dichter-Diplomat: Dichter und Diplomat. Kopulativkomposita lassen sich vornehmlich in Berufs- und Fachsprachen (u.a. Mode, Zeitungssprache, Naturwissenschaften) sowie bei Namensbezeichnungen - Letztere mit oder ohne Bindestrich - nachweisen: Hosenrock, Maler- Ornithologe, Schwefelwasserstoff, Österreich-Ungarn, Hans-Peter, Annekathrin. Zu berücksichtigen bleibt, dass man eine Zusammensetzung wie Hosenrock oder Maler-Ornithologe ebenso als Determinativkompositum betrachten kann: ein Rock, der eine Hose ist - die Funktion einer Hose erfüllt; ein Ornithologe, der gern malt (vgl. auch Wellmann 1995, 467). Die meisten und gleichermaßen eindeutigen Beispiele treten konsequenterweise im Adjektivbereich auf, denn „Eigenschaften lassen sich besser addieren als Gegenstände oder Sachverhalte“ (Naumann 2000, 46). Vgl.: deutsch-französisch, taubstumm, grün-weiß-rot. Wenngleich die UK der Kopulativkomposita prinzipiell vertauschbar sind, ohne eine Bedeutungsveränderung zu erzielen, ist die Reihenfolge doch meist festgelegt bzw. konventionalisiert. Vgl.: nasskalt - *kaltnass, bittersüß - *süßbitter, Rheinland-Pfalz - *Pfalz-Rheinland. 2.2.2 Explizite Derivation (Ableitung) Der zweite große Grundtyp der Wortbildung ist die sog. explizite Derivation. Unter diesem Begriff versteht man das Hinzufügen von Affixen an das Wort. Ableitungen jener Art sind also explizit in dem Sinne, dass durch die neu hinzugekommenen Affixe eine „Substanzvermehrung“ des Ausgangswortes eintritt, eine Neubildung - das Derivat - entsteht. Ausgehend von der UK-Struktur wird zwischen Derivationsbasis und Derivationsaffix (Derivatem) differenziert. Ähnlich wie der Bestand der Grundmorpheme (s. 1.1.1) ist die Zahl der potenziellen Derivationsbasen sehr hoch. Hinsichtlich der Basenart sind die Möglichkeiten dagegen begrenzt, es lassen sich klare Grundmuster erkennen. So kann die Basis der Ableitung ein wortfähiges Grundmorphem oder ein Konfix sein. Vgl.: 5 In der altindischen Grammatik gebraucht man den Terminus Dvandva, was mit ‚Paar‘ übersetzt werden kann (vgl. u.a. Krahe/ Meid 1969, 23). 39 Wortbildungsarten mit Konstituentenstruktur achten → ver-achten, Veracht-ung Sinn → Un-sinn, un-sinnig Fehler → fehler-haft, fehler-los authent- → authent-isch, Authent-izität mechan- → Mechan-ik, Mechan-ismus. Als Basen stehen ferner Wortgruppen zur Verfügung. Hier ist zwischen substantivischen (a) und verbalen (b) Wortgruppen zu unterscheiden: a) kurze Frist → kurzfrist-ig b) Energie spenden → Energiespend-er alte Sprache → altsprach-lich Kosten senken → Kostensenk-ung acht Sitze → Achtsitz-er selbst beteiligen → Selbstbeteilig-ung. Oftmals handelt es sich bei den vorliegenden Basen um phraseologische Wortgruppen. Dabei zeichnet sich insbesondere die deverbale (aus Verben abgeleitete) dephraseologische Derivation durch eine hohe Produktivität aus. Vgl.: schwarz sehen (alles pessimistisch sehen) → Schwarzseh-er, -ei, schwarzseherisch; Haare spalten (übertrieben genau sein, völlig nebensächliche Dinge in Betracht ziehen) → Haarspalt-er, -ei, haarspalter-isch; jmdm. die Ehre abschneiden (jmdn. kränken, herabsetzen) → Ehrabschneid-er, -ei; in Anspruch nehmen → Inanspruchnahm-e; Anklage erheben → Anklageerheb-ung (vgl. Fleischer 1997, 185ff.). Desubstantivische dephraseologische Derivate sind hingegen weniger zahlreich. Vgl.: warmes Herz → warmherzig (mitfühlend sein, gefühlvoll reagierend); dünne Haut → dünnhäutig (sensibel, übertrieben empfindlich sein) (vgl. ebenda 187f.). Auch Eigennamen (Onyme) werden für die Ableitung genutzt; stark entwickelt ist die deonymische Derivation im Bereich der geografischen Bezeichnungen (Toponyme) und Personennamen. Vgl.: Hamburg → Hamburg-er, hamburg-isch Schweiz → Schweiz-er, schweizer-isch Sachsen → Sachs-e, sächs-isch Hegel → Hegel-ianer (Anhänger der Philosophie Hegels), Hegelianer-tum. Ausführlich dazu s. 3.3.2.2, 4.3.1.1.7. Onymische Wortgruppen dienen in weit geringerem Maße der Ableitung. Stattdessen wird meist auf Komposita oder - bei längeren Wortgruppen - auf Initialwörter (s. 2.4) zurückgegriffen: 40 Wortbildungsarten Dramen von Schiller → schillersche Dramen Bismarcks Sozialistengesetz → bismarcksches Sozialistengesetz. Nochmals betont sei, dass explizite Ableitungen nicht immer problemlos von substantivischen Komposita abgrenzbar sind (s. 2.2.1). So lässt z.B. das Wort Feuerlöscher zwei Interpretationen zu: Zum einen kann man es als Derivat der verbalen Wortgruppe Feuer löschen + Suffix -er betrachten, zum anderen als Determinativkompositum mit der Struktur Feuer + Löscher. In nicht wenigen Fällen ist die Abgrenzung von Kompositum und Derivat fließend (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 46, 172f.). 6 Die explizite Ableitung erfolgt durch das Anfügen von Präfixen und Suffixen an die Basis. Präfigierung und Suffigierung spielen in System der deutschen Wortbildung jedoch eine recht unterschiedliche Rolle. Größeres Gewicht besitzt zweifellos die Suffigierung, da Suffixe bei allen Wortarten anzutreffen sind. Besonders aktiv zeigen sie sich bei Substantiv, Adjektiv und Adverb, erheblich geringer sind sie an der verbalen Wortbildung beteiligt. Vgl.: eben → Eben-heit, Traum → traum-haft, nie → nie-mals, Privileg → privileg-ier(en). Im Vergleich dazu ist die Präfigierung von untergeordneter Bedeutung; die insgesamt kleine Zahl der Präfixe begegnet beim Substantiv und Adjektiv, bei Adverbien fehlen sie ganz: Stimmung → Miss-stimmung, gelesen → un-gelesen. Die eigentliche Domäne der Präfigierung ist das Verb: kaufen → er-kaufen, klopfen → an-klopfen, parken → ein-parken. Sie kann nicht nur eine semantische Modifikation des Ausgangsverbs bewirken. Das zeigt sich beispielsweise bei der Transitivierung intransitiver Verben (s. auch 5.3). Vgl.: - sich nach etw./ jmdm. sehnen → etw./ jmdn. er-sehnen - auf etw./ jmdn. hoffen → etw./ jmdn. er-hoffen - etw./ jmdm. folgen → etw. be-folgen. Die Vielzahl der durch Suffigierung und Präfigierung entstandenen Derivate 7 weist darauf hin, dass es unterschiedliche Abstufungen der Ableitungen gibt. Diese Ableitungsstufen hängen von der Morphemstruktur des Basiswortes (simplizisch, komplex, d.h. Derivat oder Zusammensetzung) ab und sind in den einzelnen Wortarten nicht gleich ausgeprägt. Vgl.: 6 Fleischer/ Barz (1995, 173) führen als Kriterien für die Bestimmung der Bildung als Komposition die Geläufigkeit (beide UK sind geläufige, selbstständige Wörter) sowie die Semantik der Bestandteile und deren Verhältnis zur Gesamtbedeutung der Konstruktion an. So stellt Verzichtleistung eine Ableitung der Wortgruppe Verzicht leisten dar, Durchschnittsleistung hingegen eine Komposition aus Durchschnitt(s) und -leistung. 7 Präfigierung und Suffigierung werden in der Literatur bisweilen nicht mit dem Terminus explizite Ableitung erfasst, sondern als eigenständige Wortbildungstypen bestimmt. Begründet wird dies mit der hohen Produktivität und den offensichtlichen Unterschieden zwischen Präfix- und Suffixbildung (vgl. u.a. Altmann/ Kemmerling 2000, 36). Obgleich die unterschiedlichen Eigenschaften nicht zu leugnen sind, bleibt jedoch zu berücksichtigen, dass Präfixe und Suffixe über den Affixstatus (s. 1.1.1) verfügen und sie beide in Verbindung mit Ableitungsbasen an der Bildung neuer Wörter beteiligt sind. 41 Wortbildungsarten mit Konstituentenstruktur lesen (Simplex) → 1a) lesbar (adjektivisches Suffixderivat) → 2a) Lesbarkeit → 3a) Un-lesbarkeit 1b) Les-er (substantivisches Suffixderivat) → 2b) Leser-in/ schaft treu (Simplex) → 1a) un-treu (adjektivisches Präfixderivat) → 2a) veruntreu(en) → 3a) Veruntreu-ung 1b) be-treu(en) (verbales Präfixderivat) → 2b) betreu-bar usw. Sinnbild (Kompositum) → 1. sinnbildlich (adjektivisches Suffixderivat) → 2. versinnbildlichen → 3. Versinnbildlichung (vgl. auch Erben 2000, 29ff.). Eine besondere Ableitungsart stellt die sog. kombinatorische Derivation dar. Hierbei werden sowohl Suffixe als auch Präfixe an die Basis angefügt. Das kombinierte Zusammenwirken von Suffigierung und Präfigierung vollzieht sich - bezogen auf die jeweiligen Wortarten - auf verschiedene Weise. Im Substantivbereich erfolgt die Derivation mittels des Präfixes Ge- und des Suffixes -e (s. 3.3.4) pfeifen → Ge-pfeif-e, klopfen → Ge-klopf-e, malen → Gemäl-de, Hof → Ge-höf-t. 8 Adjektive weisen die Kombination ge- + -ig auf: lehren → ge-lehr-ig. Daneben existieren produktive fremdsprachige Präfixe wie trans- und inter-, die in Verbindung mit -isch oder anderen nichtnativen Suffixen auftreten: trans-europä-isch, inter-disziplin-är. Hier kann man auch Lexeme mit einer partizipialen Struktur einordnen, zu denen es offensichtlich keine verbale, sondern eine substantivische Basis gibt: ge-stiefel-t, be-herz-t (Näheres dazu s. 4.3.9.1). Im verbalen Bereich erscheint die kombinatorische Derivation in zwei Arten: als sog. Präfix-Suffix-Derivation oder als Präfixkonversion. Bei der Präfix-Suffix-Derivation werden Verben primär aus Substantiven und vorrangig mithilfe der Affixkombination be- oder ver- + -ig abgeleitet. Vgl.: Aufsicht → be-aufsicht-ig-en, Eid → ver-eid-ig-en 9 (s. 3.3.4). Die zweite Art der kombinatorischen Ableitung, die sog. Präfixkonversion, ist wesentlich produktiver. Da es sich um Konversionsprodukte handelt, wird diese Art im nächsten Abschnitt besprochen. Es ist deutlich geworden, dass trotz des großen Reservoirs an Basiswörtern die Derivation Einschränkungen unterliegt. Diese lassen sich wie folgt zusammenfassen: a) Die Affigierung ist wortartenspezifisch geprägt (s. 1.1.1). b) Die Morphemstruktur der Basis (Grundmorphem, Konfix, Wortgruppe, Satz) beeinflusst den Charakter der Ableitung (s.o.). c) Von ebenso großer Wichtigkeit ist die Semantik des Basiswortes. So sind im Rahmen der Wortarten die Affixe nur mit bestimmten Basen ver- 8 -de und -t zählen heute zu den unproduktiven Suffixen (s. 3.3.2.2.16). 9 Da die kombinatorische Derivation das Zusammenwirken von Präfixen und Suffixen bezeichnet, findet sich dafür auch der Terminus Ableitung durch ein „Zirkumfix“ (Wellmann 1995, 423; Matzke 1998, 24ff.). 42 Wortbildungsarten bindbzw. nicht verbindbar. Vgl.: jagen → verjagen, *entjagen; wachsen → Wachstum, *Wachser, *Wächsling; Wolke → wolkig, *wolklich, *wolkisch, wolkenhaft; Zweifel → zweifelhaft, *zweifelbar, unbezweifelbar. d) Obwohl in nicht wenigen Fällen die Semantik der Basis das Anfügen eines bestimmten Affixes erlaubt, werden dennoch andere Formen bevorzugt. Hier spielt also die Geläufigkeit, der sprachliche Usus eine maßgebliche Rolle. Das wird u.a. bei der deverbalen Substantivbildung sichtbar. Vgl.: fliegen → *Fliegung, Flug, abfliegen → *Abfliegung, Abflug; sprechen → *Sprechung, Gespräch, versprechen → Versprechung; beißen → *Beißung, Biss, zerbeißen → *Zerbiss, Zerbeißung; werfen → *Werfung, Wurf, abwerfen → Abwurf, Abwerfung. e) Bei den Ableitungen entsteht eine Vielzahl von Derivaten, die sich in Bedeutung und Gebrauch ähneln. Es handelt sich um Konkurrenzformen; ihre Auswahl ist keineswegs beliebig, sondern erfolgt durch den Sprechenden wiederum unter Berücksichtigung morphologischer, syntaktischer und kommunikativ-semantischer Aspekte. Beispiele dafür wären verantwortlich (Verantwortung tragend) mit aktivischer Bedeutung und verantwortbar (sich verantworten lassend) mit passivischer Bedeutung, die Präfixe a- und unin an-alphabetisch (des Schreibens und Lesens nicht mächtig) und un-alphabetisch (nicht dem Alphabet nach) oder die durch die Suffixe -ung und -ion ausgedrückte Bedeutungsdifferenzierung: Qualifizier-ung (Vorgangsbezeichnung) - Qualifikat-ion (Vorgangsbezeichnung + Abschluss) 10 (s. 3.3.2.2.13). Somit besteht „keineswegs eine generelle Austauschbarkeit“ (Erben 2000, 49) der jeweiligen Formen. f) Einschränkungen können auch phonologisch begründet sein, sie resultieren aus der Lautstruktur des Basiswortes. Vgl.: Beil → Beil-chen, *Beillein, Tuch → Tüchlein, *Tüchchen (vgl. ebenda; Plank 1981, 41). g) Hinsichtlich der Kombinierbarkeit von heimischen und fremdsprachigen Lexemen, die man Hybridisierung nennt, bestehen ebenfalls - allerdings in Bezug auf Wort- und Affigierungsart - unterschiedlich stark ausgeprägte Restriktionen. Dies betrifft zunächst die Verbindung von Fremdbasen mit heimischen Suffixen. Während beispielsweise Substantivableitungen auf -ung von Verben mit dem altfranzösischen Lehnsuffix -ier sehr verbreitet sind, existieren keine deverbalen Derivate, die z.B. die Suffixe -e, -nis oder -ling aufweisen: tolerieren → Tolerierung, *Toleriernis, *Toleriere, *Tolerierling. Relativ wenig genutzt wird auch die 10 Synonymische Konkurrenzformen wie un-akzeptabel - in-akzeptabel (beide Derivate mit passivischer Bedeutung) (s. 4.3.5.1.4) sind relativ selten. Zum Problem der (absoluten) Synonymie s. auch Schippan (1984, 217ff.), Stepanova/ Fleischer (1985, 74f.). 43 Wortbildungsarten mit Konstituentenstruktur Kombination von Fremdbasen mit den Suffixen -heit, -schaft und -tum (Genaueres dazu s. 3.3.2.2). Adjektivsuffixe scheinen für den Anschluss an fremdsprachige Wörter offener zu sein. Es sei nur auf die hochproduktiven -bar (dokumentier-bar) und -isch (telefon-isch) verwiesen, eingeschränkt möglich ist das u.a. bei -lich und -ig; eine völlige Blockierung für derartige Verbindungen findet sich lediglich bei -sam (s. 4.3.1.1). Unter den heimischen Präfixen besitzt unzweifellos die größte Assimilationskraft. Dies gilt aber nur für den Adjektivbereich. Doch bleibt zu beachten, dass jenes Präfix meist an fremdsprachige Suffixderivate tritt (un-demokratisch, un-populär). Andere adjektivische wie substantivische Präfixe (miss-, ur-) verbinden sich nur in Einzelfällen mit Fremdwörtern. Bei den Präfixverben sind die Hybridisierungen sehr unterschiedlich verteilt. So stellen sie im Bereich der trennbaren Verben eine überaus häufige Erscheinung dar (ein-gravieren, aus-probieren, ab-isolieren, auf-summieren). Von den untrennbaren Präfixverben lassen im größeren Umfang nur ver- (ver-spekulieren) und ent- (ent-kriminalisieren) hybride Formen zu (ausführlich dazu 3.3.3.2, 4.3.5.1, 5.3.1.3, 5.3.1.5). Offenbar erheblich größeren Einschränkungen unterliegt die Kombination von heimischen Basen mit nichtnativen Affixen. Wenn man von einigen wenigen, überwiegend in der Umgangssprache vorkommenden scherzhaften Formen auf -alien und -ikus wie Fress-alien (Esswaren, Verpflegung) oder Luft-ikus (oberflächlicher, leichtsinniger Mensch) absieht, sind wiederum Kombinationen mit dem Suffix -ier sowie -ist (darunter auch zahlreiche Eigennamen) geläufig: gast-ier-en, stolz-ier-en, Lager-ist (Verwalter eines Lagers), Marx-ismus, Marx-ist (s. 5.3.2.5.2, 3.3.2.8). Fremdsprachige Präfixe treten nur vereinzelt an heimische Basen, meist ist die hybride Bildung ausgeschlossen: Freund → Ex-freund, Vorsitzender → Ko-Vorsitzender, *Ko-fahrer (Beifahrer! ), tief → super-tief, bauen → *de-bauen (abbauen! ), höflich → *in-höflich (unhöflich! ) (vgl. auch Fleischer/ Barz 1995, 63ff.; Olsen 1990b, 31ff.; Gutknecht 2004, 56ff.). 2.2.3 Reduplikation (Doppelung) Zu den Wortbildungsarten mit UK-Struktur zählt auch die Reduplikation. Darunter wird die Doppelung einer Konstituente (Wortdoppelung) verstanden. Im Gegensatz zu anderen Sprachen ist die Reduplikation im Deutschen eine wenig produktive Wortbildungsart und besonders auf Substantive und - seltener - Adjektive beschränkt. Es sind drei Haupttypen erkennbar: einfache Doppelungen, Reimdoppelungen sowie Ablautdoppelungen. Einfache Doppelungen zeichnen sich durch die zweimalige Setzung eines gleichen Wortes bzw. Lautes aus. Sie finden sich vor allem in der Kinder- und Umgangssprache: Papa, Wauwau (in der Kindersprache Bezeichnung für einen Hund), soso, Klein-Klein usw. 44 Wortbildungsarten Häufiger sind Reimdoppelungen mit wechselnden Anlautkonsonanten, die vornehmlich im mündlichen Sprachgebrauch vorkommen: Kuddelmuddel (Durcheinander), Hokuspokus, Techtelmechtel (kleine Liebesaffäre). Bei den sog. Ablautdoppelungen variieren in der Regel die Vokale i und a: Schnickschnack (wertloses Zeug, sinnloses Gerede), Singsang (monotones Lied), Mischmasch (aus verschiedenen Dingen bestehend und nicht zueinander passend) (vgl. dazu auch Kelletat 1991, 78ff.). Reim- und Ablautdoppelungen stellen statistisch gesehen die meisten Reduplikationen (vgl. u.a. Bzdega 1965, 6ff.) Gemeinsam ist ihnen auch der überwiegend pejorative Charakter, d.h., Doppelstrukturen dieser Art sind zumeist negativ besetzt. 2.2.4 Kontamination (Wortkreuzung) Bei diesem Wortbildungstyp verschmelzen die Segmente zweier UK zu einem neuen Wort. Wenn von Segmenten die Rede ist, heißt das, dass ein Teil eines der Ausgangswörter entweder ausfällt oder mit dem anderen vermischt wird. Vgl.: Kurlaub: aus Kur + Urlaub angeheitert: aus angetrunken + aufgeheitert verschlimmbessern: aus verschlimmern + bessern. Wortkreuzungen begegnen in erster Linie bei Substantiven, seltener bei Adjektiven und Verben. Produktiv sind sie besonders in der Presse- und Werbesprache. Insbesondere in der Werbesprache ist es das Ziel, durch die ungewöhnliche Wortverschmelzung die Aufmerksamkeit des Konsumenten auf ein Produkt oder ein Ereignis zu lenken. Dabei müssen die Bildungen zugleich einprägsam sein. Vgl.: Stagflation: aus Stagnation + Inflation Milka: aus Milch + Kakao Nescafé: aus Nestle + Café Persil: aus Perborat + Silikat Globiläum: aus Globus + Jubiläum (Jubiläum einer gleichnamigen Supermarktkette) Feurika: aus Feuer + Paprika (Name einer Salamisorte). Hinter manch einer Wortkreuzung steckt eine witzig-ironische oder satirische Absicht: Formularifari: aus Formular + Larifari (ugs. für Geschwätz, Unsinn) Medizyniker: aus Medizin + Zyniker akadämlich: aus akademisch + dämlich (vgl. auch Wellmann 1995, 426; Henzen 1965, 255). 45 Wortbildungsarten ohne Konstituentenstruktur Bei einigen Verschmelzungen handelt es sich um Entlehnungen; sie stammen oftmals aus dem Englischen. Als Beispiele seien hier Smog (aus smoke + fog), Telex (aus teleprinter + exchange), Brunch (aus breakfast + lunch) genannt. Diese Bildungen besitzen einen hohen Grad an Internationalisierung. Ungeachtet der erwähnten Beispiele ist der Anteil der Wortkreuzungen an den Neubildungen ziemlich gering. 2.3 Wortbildungsarten ohne Konstituentenstruktur 2.3.1 Konversion (Wortartwechsel) 2.3.1.1 Allgemeines Der Terminus Konversion wird in der Literatur nicht einheitlich definiert, was zur Folge hat, dass damit unterschiedliche Wortbildungsprozesse benannt werden (vgl. dazu Naumann 2000, 14ff.). Bewährt hat sich trotz aller Vorbehalte unseres Erachtens die Differenzierung in die sog. reine Konversion und die Präfixkonversion. Unter der reinen Konversion ist die Neubildung von Wörtern durch Transposition in eine andere Wortart zu verstehen. Es handelt sich um einen Wortartwechsel, der ohne lexikalische Affixe oder Veränderung des Stammvokals 11 vollzogen wird und semantische Modifizierungen ausdrücken kann (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 48); die Konversion tritt folglich durch die Verbindung von wortartspezifischen Grundmorphemen mit Flexionsmorphemen ein (vgl. Naumann 2000, 16; Eichinger 2000, 19ff.). Da bei dieser „Umkategorisierung“ (Erben 2000, 29) Wortbildungsaffixe gänzlich fehlen, spricht man auch von „syntaktischer Konversion“ (ebenda; Eichinger 2000, 22ff.). Analog zu den neu entstandenen Wortarten lassen sich einzelne Konversionstypen unterscheiden. 2.3.1.2 Substantivische Konversion Die Konversion zum Substantiv stellt die bedeutendste und produktivste Art des Wortartwechsels dar; sie verfügt in Abhängigkeit von dem zugrunde liegenden Ausgangswort über mehrere Bildungsmöglichkeiten. Häufigste Konversionsbasis ist das Verb. Da es in verschiedenen Formen auftreten kann, zeichnet sich die deverbale substantivische Konversion ebenfalls durch verschiedene Strukturmuster aus. Vgl.: a) Infinitiv: kochen → das Kochen, schießen → das Schießen, verabschieden → das Verabschieden; 11 Zu den Besonderheiten der verbalen Konversion und ihrer herausragenden Rolle für die Bildung dieser Wortart s. 5.3.2.1. 46 Wortbildungsarten b) Verbstamm: stoßen → der Stoß, beginnen → der Beginn, verkehren → der Verkehr; c) Partizip I und II (departizipiale Konversion): lernen → der/ die Lernende(n), betrogen → der/ die Betrogene(n); d) finite Verbform: muss → das Muss. 12 Infinitiv- und Verbstammkonversion sind oft die einzige Möglichkeit, um das entsprechende Verbalsubstantiv zu gewinnen (*Kochung, *Stoßung, *Beginnung usw.). Zudem können sie das Basiswort - wie oben erwähnt - semantisch erweitern, indem sie zusätzliche Bedeutungsmerkmale aufnehmen. Dies machen z.B. Stoß (Stoß in den Rücken) und Beginn (Beginn der Vorlesung) sowie Kochen (beim Kochen des Fleisches) und Schießen (beim Schießen mit scharfer Munition) deutlich, die den Ergebnis- und Prozesscharakter der Handlung unterstreichen (Näheres dazu s. 3.3.2.2.13). Die Substantivierung kann ebenso auf der Grundlage eines Adjektivs erfolgen: klug → der/ die/ das Kluge(n), grün → der/ die/ das Grüne(n), jugendlich → der/ die/ das Jugendliche(n). Substantivierte Adjektive haben wie die departizipialen Konversionen einen hybriden Charakter; einerseits sind es transponierte Substantive, andererseits werden sie wie Adjektive flektiert. 13 Anders als bei substantivierten Infinitiven (stets Neutra) und Verbstammkonversionen (i.d.R. Maskulina) richtet sich das Genus nach dem im Text zu bezeichnenden Wort. Eine geringe Anzahl der deadjektivischen Konversionsprodukte erscheint als gekürzte Form der Verbindung attributives Adjektiv + Substantiv. Vgl.: der Gestreckte (Kaffee), 14 die Gerade (Linie), das Helle (Bier). Derartige Kurzformen sind vor allem in der Umgangssprache gebräuchlich (s. 2.4). Von erheblich geringerer Bedeutung für die Substantivierung sind die anderen Wortarten. Dazu zählen Pronomen (das Wir, das Wenige), Adverbien (das Danach, das Hier und Heute), Präpositionen/ Konjunktionen (mein Gegenüber, das Für und Wider, das Wenn und Aber), 15 Numeralia (die Dreizehn, der Fünfte), Interjektionen (das Pfui, das Hurra). Wortgruppen und Sätze kommen ebenfalls für die Substantivierung in Betracht. Die Konversion von Wortgruppen, die immer einen infiniten und/ 12 Infinitive, Verbstämme und Partizipien begegnen häufig als Basen, während finite Verbformen selten substantiviert werden (vgl. u.a. Wellmann 1995, 415). 13 Einige wenige deadjektivische Substantivierungen werden wie Substantive dekliniert: tief → die Tiefs (z.B. in der Meteorologie). 14 Ein gestreckter Kaffee ist in Österreich und Teilen Süddeutschlands ein Bohnenkaffee, der mit einem Glas Mineralwasser serviert wird. 15 Idiomatisierte Konversionen wie das Für und Wider, das Wenn und Aber, das Oben und Unten usw. nennt man in der Phraseologie Zwillingsformeln oder phraseologische Wortpaare, da es sich um durch Konjunktionen verbundene Lexeme der gleichen Wortart handelt (vgl. Palm 1995, 46ff.). 47 Wortbildungsarten ohne Konstituentenstruktur oder finiten Verbteil enthalten, ist Ausdruck der Univerbierung, des Strebens nach Kürzung der Wortgruppe zu einem neuen Wort; das geschieht vorwiegend aus sprachökonomischen Gründen. Vgl.: unbeobachtet sein → das Unbeobachtetsein, das Fußballspielen, das Kennenlernen, das Sich-dagegen-Auflehnen. Recht verbreitet scheinen Konversionen im Bereich der sog. nichtsatzwertigen verbalen phraseologischen Wortgruppen (vgl. Palm 1997, 1ff.) zu sein. Diese phraseologischen Einheiten zeichnen sich offenbar durch eine größere Produktivität aus als die oben genannten Wortgruppen. 16 Vgl.: jmdm. den Daumen drücken (jmdm. viel Erfolg, Glück wünschen) → das Daumendrücken, jmdn. die Zähne zeigen (jmdm. Widerstand leisten) → das Zähnezeigen, sich die Haare raufen (sehr verzweifelt sein) → das Haareraufen. Konversionsprodukte, die aus ganzen Sätzen entstanden sind, treten äußerst selten auf und sind als expressive okkasionelle Bildungen aufzufassen (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 213; Eichinger 2000, 39ff.). Wenn einmal ein Satz die Basis stellt, greift man stattdessen eher auf substantivische Komposita zurück (s. 3.2.1.8). Dagegen spielen die sog. Satznamen eine ungleich größere Rolle. Es handelt sich um Namen in der Gestalt eines Satzes bzw. einer syntaktischen Zusammenziehung. Die Mehrzahl jener Konstruktionen wird für Personenbezeichnungen, teilweise mit pejorativer Konnotation, verwendet: Tunichtgut (aus ich tu nicht gut = jmd., der Dummheiten macht, Unfug treibt), Störenfried (jmd., der andere absichtlich stört). Satznamen sind häufig imperativischer Natur, d.h., die Verbform lässt sich auf den Imperativ zurückführen: Fürchte Gott! → Fürchtegott (männlicher Vorname), Stell dich ein! → Stelldichein (Verabredung), Rührmichnichtan (Pflanze). Es können aber auch andere, nicht verbale Formen dem Satznamen zugrunde liegen. Vgl.: drei Käse hoch → Dreikäsehoch (kleines Kind), nimmer satt → Nimmersatt (jmd., der nie genug bekommen kann). Im heutigen Deutsch stellen Satznamen insgesamt jedoch ein wenig produktives Wortbildungsmodell dar. 2.3.1.3 Adjektivische Konversion Im Gegensatz zur Substantivierung, dem „Kernfall der Konversion“ (Eichinger 2000, 168), kommt der Wechsel zum Adjektiv in wesentlich geringerem Maße vor. Dies zeigt sich allein darin, dass lediglich zwei Wortarten als Basen zur Verfügung stehen: Substantiv und Verb. Desubstantivische Konversionen erscheinen nur selten. Beispiele dafür sind ernst (mir ist es ernst), not, schuld, angst sowie die umgangssprachlichen spitze (etwas ist spitze = etwas ist sehr gut/ toll) und klasse, die nicht attributiv, sondern generell prädikativ gebraucht werden. 16 Fleischer/ Barz (1995, 213) sprechen hier von „Usualisierungstendenzen“. 48 Wortbildungsarten Produktiver ist die desubstantivische adjektivische Konversion in der Modesprache, man beobachtet sie dort insbesondere im Bereich der Farbadjektive. Vgl.: Flieder → flieder, Sand → sand, Malve → malve. Attributiver Gebrauch erfordert entweder die Verbindung mit einem Farbwort (fliederblau, sandgelb, malvengrün) oder das Konfix -farben: fliederfarben, sandfarben, malvenfarben (vgl. Wellmann 1995, 419, s. auch 4.2.2). 17 Anders als die Substantive spielen Verben bei der Adjektivierung eine wesentlich größere Rolle. Dies betrifft in erster Linie die departizipiale Konversion; der adjektivische Gebrauch der Partizipien I und II ist ebenso weit verbreitet wie jener in der substantivischen Konversion. Vgl.: duftend → die duftenden Blumen, die schlafende Katze, das entliehene Buch, das vergiftete Wasser. Verbstämme werden dagegen als Konversionsbasen kaum genutzt. Vgl.: wachen → wach, starren → starr. 18 2.3.1.4 Verbale Konversion Die Umwandlung in Verben ist analog zur substantivischen Konversion hochproduktiv. Als Basen kommen Substantive und Adjektive infrage. Allerdings zeichnet sich die Verbalisierung durch einige Besonderheiten aus, die den Konversionstyp sowie die morphologische Form der neu entstandenen Verben betreffen. Der am häufigsten begegnende Bildungstyp ist die reine Konversion. Wie bereits erwähnt, vollzieht sie sich ohne Hinzufügen von Affixen: Hagel → hagel-n, Bremse → brems-en, Splitter → splitter-n. 19 Ein geringer Teil der desubstantivischen Konversionsprodukte weist bestimmte morphematische Veränderungen auf. So kommt es bei einigen Verben zu einer Vokalumlautung (Futter → füttern, Qual → quälen); ferner tritt in bestimmten Fällen am Wortende Phonemtilgung auf (Segen → segnen, Regen → regnen). Meistens bilden Simplizia die Basis, manchmal liegen Derivate und Komposita zugrunde: malern (aus Maler), frühstücken (aus Frühstück) (vgl. Olsen 1990a, 185ff.; Fleischer/ Barz 1995, 305; Erben 2000, 75). Ausführlich zur verbalen Konversion s. 5.3.2.1. Problematisch ist zuweilen die klare Bestimmung der Ableitungsrichtung. Aufgrund des Fehlens von entsprechenden Derivationsaffixen kann nicht immer zweifelsfrei entschieden werden, ob das Konversionsprodukt aus einem Substantiv (Substantiv → Verb) oder einem Verbstamm (Verbstamm 17 Lediglich in der Umgangssprache gebraucht man - z.T. mithilfe von Flexionsmorphemen - die Farbadjektive attributiv: eine rosa/ rosane Bluse (vgl. Eichinger 2000, 169). 18 Die wenigen Beispiele sind sprachhistorisch belegt. Allerdings können sie auch als Rückbildungen interpretiert werden (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 276), s. dazu auch 2.3.3. 19 Es sei nochmals darauf hingewiesen, dass das Infinitivsuffix -(e)n aufgrund seines Charakters zu den Flexionsmorphemen zu rechnen ist (s. Anmerkung 5, Kapitel 1). 49 Wortbildungsarten ohne Konstituentenstruktur → Substantiv) abgeleitet wurde. Zur Beantwortung dieser schwierigen Frage lassen sich verschiedene Kriterien anführen: a) Die Umsetzung von Substantiven in Verben ist überaus produktiv, das Modell Verbstamm → Substantiv tritt dagegen viel seltener auf. b) Verfügt das Konversionsprodukt über verbale Präfixe, so liegt diesem konsequenterweise ein Präfixverb zugrunde; die Konversionsrichtung lautet also Verbstamm → Substantiv wie z.B. in erhalten → Erhalt, zerfallen → Zerfall. c) Eine Semanalyse von Verb und Substantiv kann ebenfalls auf das Bildungsmodell hinweisen. So ist das Verb fischen im semantischen Sinne durch das Substantiv Fisch motiviert, d.h., fischen bedeutet, dass man Fische fängt. Anders verhält es sich z.B. mit dem Verb schauen; seine Bedeutung zeigt, dass es nicht durch das Substantiv Schau motiviert ist, da schauen nicht das Sem ‚sich mit einer Schau befassen/ beschäftigen‘ enthält. Folglich liegt die Konversionsrichtung Verbstamm → Substantiv vor (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 210). 20 Eine spezielle Art von Verbalisierung stellt die sog. Präfixkonversion dar. Im Unterschied zur reinen Konversion wird an die substantivische Basis ein Präfix angefügt. Vgl.: Kern → ent-kern-en, Arm → um-arm-en, Silber → ver-silber-n, Kette → an-kett-en. 21 Auf den ersten Blick könnte man annehmen, es handele sich hier - aufgrund der Präfigierung - um explizite Derivationen. Dagegen spricht jedoch, dass es unpräfigierte Verben wie „kernen“, „armen“, „silbern“ oder „ketten“ im Deutschen nicht gibt. Präfixkonversion und -derivation sind nur der Form nach identisch. Während bei der expliziten Derivation das Präfix das bereits vorhandene Simplex modifiziert, entsteht durch die Präfixkonversion ein vollkommen neues Verb. Auch hier ist nicht immer leicht zu erkennen, auf welchem Wort die Konversion basiert. Das trifft z.B. auf Verben wie berauben oder auspolstern zu, die eine zweifache Interpretation erlauben - als Konversationsbasis kann das Substantiv Raub/ Polster oder das Verb rauben/ polstern genutzt worden sein (s. auch 5.3.2.2.3). Adjektive tragen nur im geringen Umfang zum Ausbau des Verbbestandes bei. Zurückgegriffen wird hierbei sowohl auf die reine Konversion als auch die Präfixkonversion. Vgl.: leer → leer-en, gleich → gleich-en, fern → ent-fern-en, ruhig → be-ruhig-en. Der deadjektivische verbale Wortartwechsel ist ebenfalls durch einige charakteristische Begleitumstände gekennzeichnet. Dazu gehören wiederum 20 Zur semantischen Analyse s. Schippan (1984, 175ff.). 21 Da das neue Verb erst durch das Zusammenwirken von Präfix und Infinitivsuffix gewonnen wird, rechnet man die Präfixkonversion ebenfalls zur kombinatorischen Derivation (s. 2.2). 50 Wortbildungsarten Vokalumlautung sowie Ausfall des nebentonigen -e am Wortende: kurz → kürz-en, trocken → trockn-en. Im Bereich der reinen Konversion stellen zumeist Simplizia im Positiv und, seltener, im Komparativ die Basis: welk → welk-en, näher → näher-n; die Präfixkonversion gebraucht in stärkerem Maße den Komparativ sowie verschiedenartige komplexe Basen. Vgl.: groß → ver-größer-n, klein → zer-kleiner-n, einsam → ver-einsam-en, anschaulich → ver-anschaulich-en (vgl. ebenda, 314; Wellmann 1995, 461ff.). Näheres dazu s. 5.3.3.1. 2.3.1.5 Adverbiale Konversion Die Bildung von Adverbien durch Umkategorisierung ist von den oben dargestellten Konversionen abzuheben. Zum einen ist der Anteil der auf diese Weise entstandenen Adverbien gering, zum anderen stehen als Ausgangswörter lediglich einzelne Substantive und bestimmte Wortgruppen zur Verfügung. Desubstantivische Konversionsprodukte findet man größtenteils im Bereich der sog. Temporaladverbien: morgen, früh. 22 In erheblich größerem Umfang werden Wortgruppen für den Wortartwechsel genutzt. Es überwiegen substantivische Wortgruppen. Diese zeichnen sich durch verschiedene Strukturmuster aus. Am häufigsten sind Verbindungen mit Präpositionen, selten begegnen Pronomen und Adjektive: zu + Frieden → zufrieden, beiseite, beizeiten (rechtzeitig); jederzeit (immer), manchmal; mittlerweile. Konversionen dieses Typs tragen in der Gegenwartssprache nicht mehr zu Neubildungen bei und sind zudem gewöhnlich idiomatisiert. Daneben kommen noch adjektivische Wortgruppen vor, die Präpositionen oder Substantive als weitere Bestandteile enthalten. Vgl.: insbesondere, insgesamt, zugleich, jahrelang. Eine größere Gruppe bilden ferner adverbiale Konversionen, denen Wortgruppen mit Präposition und Pronomen zugrunde liegen. Heute gebraucht man sie überwiegend als Konjunktionen: nachdem, trotzdem, unterdessen, gegeneinander (vgl. u.a. Fleischer/ Barz 1995, 283f.; s. auch Helbig/ Buscha 1996, 445ff.). Konversionen dieser Art stellen ebenfalls kein produktives Wortbildungsmodell mehr dar. 2.3.2 Implizite Derivation Mit dem Begriff implizite Derivation werden jene Bildungen erfasst, die ohne erkennbare Wortbildungsaffixe entstehen. Aber im Unterschied zu den oben beschriebenen Konversionen, die ja ebenfalls implizit - ohne Affixzusatz - gebildet werden, wird diese Derivationsart grundsätzlich durch einen Stammvokalwechsel begleitet. 22 Nach der neuen Rechtschreibung wird eine ganze Reihe von Adverbien großgeschrieben (u.a. Vormittag, Abend, Nacht). Sie stellen somit Substantive in adverbialer Funktion dar. 51 Wortbildungsarten ohne Konstituentenstruktur Implizite Ableitungen sind vorrangig im Substantivbereich nachweisbar und ausschließlich deverbalen Ursprungs. Als Derivationsbasen fungieren vor allem starke Verben. Vgl.: gießen → Guss, reiten → Ritt, klingen → Klang. Dem Vokalwechsel liegt die sog. Ablautbildung zugrunde - eine im sprachhistorischen Sinne äußerst bedeutsame Erscheinung, die aber in der deutschen Gegenwartssprache nicht mehr produktiv ist. Der Ablaut - auch „Stammalternation“ (Erben 2000, 29) genannt - lässt sich jedoch im Präteritalund/ oder Partizipialstamm vieler starker Verben erkennen: Präteritum Partizip II Implizite Derivation greifen griff gegriffen Griff schwinden schwand geschwunden Schwund brennen brannte gebrannt Brand „Innere Ableitungen“ sind nicht auf Simplizia beschränkt, vielmehr können auch mittels Präfigierung (absteigen → Abstieg) oder Komposition (freisprechen → Freispruch) entstandene komplexe Verben die Basen stellen und reihenbildend wirken: Anstieg, Aufstieg, Ausstieg, Einstieg; Anspruch, Ausspruch, Einspruch, Zuspruch. Wenngleich die implizite Derivation im heutigen Deutschen unproduktiv ist, können auf diesem Wege - wie zu sehen ist - durchaus neue Wörter entstehen (vgl. ebenda, 95f.; Fleischer/ Barz 1995, 51). Auch im Verbbereich stößt man auf diese Derivationsart. Allerdings betrifft dies eine recht kleine Anzahl der deutschen Verben, die zudem nur ganz bestimmte Aktionsarten (Verben, welche die Art der Handlung bzw. deren Verlaufsweise näher charakterisieren) repräsentieren. Im Einzelnen handelt es sich um sog. faktitive (kausative) Verben; sie bezeichnen das Bewirken oder Verursachen einer neuen Handlung oder eines neuen Zustandes. Ableitungsbasis ist i.d.R. ein duratives Verb, das den Verlauf oder die Dauer eines Geschehens benennt. Vgl.: sinken (durativ) = sich nach unten bewegen, niedersinken → senken (kausativ): sinken machen, versenken; saugen = Flüssiges aufnehmen → säugen: saugen machen oder lassen, trinken lassen; schwanken = sich schwingend hin- und herbewegen → schwenken: schwingen machen, etw. hin- und herbewegen (DUW). Nochmals betont sei, dass derartige implizite Ableitungen eine unproduktive Randgruppe innerhalb des deutschen Verbbestandes darstellen. Kausative Bedeutungen werden heute stattdessen mithilfe von Funktionsverbgefügen (etw. senken: etw. zum Sinken bringen) zum Ausdruck gebracht (vgl. Wellmann 52 Wortbildungsarten 1995, 464; Helbig/ Buscha 1996, 81ff.). Zudem sind enge semantische Beziehungen zwischen solchen Verbpaaren wie biegen - beugen, stechen - sticken oder winden - wenden nicht mehr klar erkennbar und somit eher dem Aufgabenfeld der Etymologie zuzuordnen. 2.3.3 Retrograde Derivation (Rückbildung) Darunter versteht man eine Bildungsweise, bei der mithilfe des Wegfalles oder Austausches eines Suffixes neue Wörter einer anderen Wortart geschaffen werden. Im Unterschied zu allen bisher beschriebenen Derivationen sind hier die Ableitungsbeziehungen unter umgekehrtem Vorzeichen zu betrachten, d.h., die kürzere Form ist nicht - wie es zunächst scheinen mag - Ausgangspunkt der Derivation, sondern deren Endprodukt, hat sich folglich zurückgebildet. Retrograde Ableitungen gibt es in begrenztem Umfang im Verb- und Substantivbereich, wobei rückgebildete Verben wesentlich häufiger begegnen. Diese repräsentieren jedoch keine homogene Gruppe, da die Rückbildungen auf verschiedene Bildungsmodelle zurückgehen können, die sich wie folgt zusammenfassen lassen: a) Substantivkompositionen mit dem Strukturmuster Substantiv + substantivierter Infinitiv/ implizite Ableitung: kopfrechnen ← das Kopfrechnen, segelfliegen ← Segelflug. b) Substantivkompositionen mit den im Zuge der Rückbildung getilgten Suffixen -er und -ung: staubsaugen ← Staubsauger, notlanden ← Notlandung. c) Zusammengesetzte Partizipien II, deren Erstglied ein Adjektiv oder ein Substantiv sein kann: fernsteuern ← ferngesteuert, maßschneidern (Kleidung nach Maß, nach gemessenen Werten anfertigen) ← maßgeschneidert (vgl. Wellmann 1995, 435f.; Fleischer/ Barz 1995, 352f.). 23 Ein typisches Merkmal rückgebildeter Verben ist ihr unvollständiges Flexionsparadigma. So verfügen viele nur über die Infinitivform. Vgl.: *Wir segelflogen. Wir dürfen segelfliegen! *Ich rechne(te) Kopf. Er kann gut kopfrechnen! Andere Verben wie zwangsumsiedeln oder generalüberholen (etw. genau überprüfen und reparieren) bilden neben dem Infinitiv nur das Partizip II: zwangsumgesiedelt, generalüberholt (DUW). 23 Für die Bezeichnung der rückgebildeten Verben wird auch der Terminus „Pseudo-“ oder „Scheinkompositum“ verwendet, da sie nicht gewöhnliche Verbzusammensetzungen, sondern Ableitungen aus einer Nominalform repräsentieren (vgl. Wellmann 1995, 435; Erben 2000, 31; Eichinger 2000, 219). Zu den Schwierigkeiten bei der Erkennung verbaler Rückbildungen, die sich aus ihrer formalen Übereinstimmung mit verbalen Komposita bzw. Konversionen ergeben, s. insbesondere Wunderlich (1987, 94ff.) sowie Kelletat (1991, 66ff.). 53 Wortbildungsarten ohne Konstituentenstruktur Morphologische Vielfalt zeigt sich in Bezug auf das Kriterium der Trennbarkeit. So existieren nebeneinander trenn- und untrennbare Verben; das Partizipialpräfix ge- und das infinite zu befinden sich bei den trennbaren Verben i.d.R. zwischen Erst- und Zweitglied, bei den untrennbaren davor: notlanden → notgelandet, notzulanden; wetteifern → gewetteifert, zu wetteifern. Rückbildungen im Substantivbereich sind offensichtlich eine weit seltenere Erscheinung als retrograde Verben. Sie verfügen auch nicht über deren Produktivität; begrenzt sind ebenfalls die dazu vorhandenen Bildungsmöglichkeiten. Suffixtilgung liegt bei einigen Substantiven vor, die sich aus Adjektiven mit dem Suffix -ig in Verbindung mit dem Grundmorphem Mut entwickelt haben. Vgl.: Sanftmut ← sanftmütig (milde und rücksichtsvoll handelnd), Freimut ← freimütig, Hochmut ← hochmütig. 24 Hierher gehören auch die aus den zusammengesetzten Adjektiven allmächtig und alltäglich hervorgegangenen Substantive Allmacht und Alltag (vgl. Erben 1976, 231). Außerdem können substantivische Rückbildungen durch Reduktion und parallele Affigierung entstehen, d.h., ein Suffix des Ausgangswortes wurde getilgt und durch ein anderes - nämlich -e - ersetzt. Dieser Art Rückbildung lässt sich nur anhand weniger Formen belegen. Als Beispiel dafür kann Häme (aus hämisch; gehässige, boshafte Haltung) gelten. Aus größeren Kürzungen hervorgegangen ist das pejorative Emanze (aus emanzipiert bzw. Emanzipation; selbstbewusste Frau, die aktiv für die rechtliche und gesellschaftliche Gleichstellung der Frauen eintritt). Rückbildungen mit gleichzeitiger Affigierung unterscheiden sich grundlegend von den auf Suffixtilgung beruhenden retrograden Ableitungen. Letztere sind durch das Basiswort gänzlich motiviert und in ihrer Gesamtheit darauf beziehbar. Wie bei impliziten Derivationen und Konversionen, die ebenfalls ohne Substanzvermehrung zu Stande kommen, handelt es sich um Bildungen ohne UK-Struktur. Ist die Rückbildung hingegen mit einem Wortbildungssuffix (-e) verbunden, wird der Wortartwechsel nicht mittels einfacher Transposition, sondern - explizit - durch Affigierung erreicht; das Suffix -e stellt somit die zweite UK dar (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 51; Erben 2000, 36f.). In den meisten Fällen stellt sich erst bei historischer Betrachtung heraus, ob retrograde Ableitungen vorliegen. Die Grenzen einer synchronen Analyse werden damit klar umrissen. 24 Neben Sanftmut, Freimut und Hochmut existieren die älteren Sanftmütigkeit, Freimütigkeit und Hochmütigkeit, welche allerdings längst nicht so häufig gebraucht werden (vgl. Wellmann 1995, 410). 54 Wortbildungsarten 2.4 Kurzwörter Kurzwörter nehmen im System der deutschen Wortbildung eine Sonderstellung ein. Dies hat mehrere Gründe. Durch Wortkürzungen entstehen weder neue Wörter, noch wird damit ein Wortartwechsel bewirkt. Im Grunde genommen liegt nach der Kürzung lediglich eine neue Variante der ursprünglichen Vollform vor; Kurzwörter stellen daher „eine lexikalische Variation besonderen Typs“ (Bellmann 1988, 18) dar. Andererseits sind sie nicht nur das Produkt einer Verkürzung (Fahrrad → Rad, Abitur → Abi, Christlich-Demokratische Union → CDU), sondern aus ihnen können wiederum neue Wortbildungskonstruktionen hervorgehen. Während solche Kurzwörter wie Rad, Abi oder CDU keine UK-Struktur aufweisen, verfügen Radrennen, Abi-Feier und CDU-Politiker, die echte Kompositionen repräsentieren, über die Konstituentenstruktur. Durch diese Art von Ambivalenz - zur Kürzung und zur Neuwortbildung beizutragen - heben sich die Kurzwörter grundsätzlich von jeder anderen Wortbildungsart ab. Im heutigen Deutschen sind Wortkürzungen überaus produktiv und in nahezu allen Kommunikationsbereichen vorzufinden. Verstärkt begegnen sie in der Sprache der Wirtschaft, Technik, Wissenschaft, Verwaltung, Presse und Werbung, aber auch in der Umgangssprache. Dabei ist die Kurzwortbildung kein typisches Phänomen allein unserer Zeit; eine explosionsartige Zunahme der Kurzwörter lässt sich jedoch seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges beobachten. Zur Reduktion eines längeren, oft mehrsilbigen Wortes kommt es vorrangig aus sprachökonomischen Gründen. Um die riesige Flut der Kurzwörter bewältigen, d.h. verstehen und anwenden zu können, ist in vielen Fällen zudem Fachbzw. enzyklopädisches Wissen erforderlich. So weiß jemand, dem wegen Alkohol am Steuer der Führerschein entzogen wurde, leider zu genau, was sich hinter der Abkürzung MPU verbirgt, nämlich eine Medizinisch-psychologische Untersuchung, eine Prüfung, die er zur Wiedererlangung des Führerscheins unbedingt bestehen muss. Für viele bedeutet NOK Nationales Olympisches Komitee, für Mitarbeiter in der Schifffahrt selbstverständlich auch Nord-Ostsee-Kanal. Ebenso verhält es sich mit SZ (Süddeutsche Zeitung, Sommerzeit), AOK (Allgemeine Ortskrankenkasse, Armeeoberkommando) oder BRD (Bundesrepublik Deutschland, Bergrettungsdienst). 25 Hier offenbart sich das „Doppelgesicht“ (Eichinger 2000, 63) der Ausdruckskürzung: Kurzwörter sind zwar aufgrund ihrer reduzierten Form ökonomischer, eine große Anzahl hat aber terminologischen Charakter und stellt selbständige Nominationseinheiten dar. Diese Verselbstständigung zeigt sich auch bei einer Reihe von 25 Hinter manchem Kurzwort kann sich eine Unmenge unterschiedlicher Bedeutungen verbergen. Exemplarisch sei hier nur auf AG (Aktiengesellschaft, Amtsgericht, Auftraggeber, …) und VA (Verbraucheranalyse, Verlagsanstalt, Versuchsabteilung, …) verwiesen, für die 23 bzw. 38 (! ) Langformen angeführt werden (vgl. Werlin 1999). 55 Kurzwörter Kurzwörtern, die im täglichen Leben relativ oft benutzt werden wie Laser (light amplification by stimulated emmision of radiation), Radar (radio detection and ranging) oder Flak (Flugzeugabwehrkanone). Dem Benutzer ist die ungekürzte Form i.d.R. unbekannt, oder sie lässt sich nur schwer einprägen oder aussprechen; die Kurzwörter haben die Vollformen verdrängt und sind in diesem Sinne standardisiert. Im Hinblick auf die Art der Kürzung lassen sich folgende Grundtypen erkennen: 26 1. Unisegmentale Kurzwörter - es bleiben lediglich die Anfangs- oder Endteile eines Wortes übrig (vgl. Bellmann 1980, 369ff.). Dazu zählen folglich a) Kopfwörter mit gekürztem Endsegment: Stip(endium), Akku(mulator), Ober(kellner), Uni(versität). Auch Vornamen können auf den Anfang reduziert werden, so z.B. Leo(nhard/ -pold), Alex(ander), Moni(ka), Bea(te). Das Kopfwort fällt häufig, aber nicht immer mit der Silbengrenze zusammen. Vgl.: Limo(nade), aber Lok(omotive)! Bei heimischen Wörtern richtet sich die Kürzung nach der Morphemgrenze: Selters(wasser), Bock(bier) (vgl. Fleischer 1983, 232). Wortgruppen werden nur selten auf diese Weise gekürzt. Meist handelt es sich um Bezeichnungen von bekannten Nahrungs- und Genussmitteln wie Wiener (Würstchen) oder Limburger (Käse); b) Schwanzwörter; von der Reduzierung betroffen ist der vordere Teil des Wortes: (Omni)bus → Bus, (Eisen/ Straßen)bahn → Bahn, (Antibaby)pille → Pille. Schwanzwörter kommen in der deutschen Gegenwartssprache viel seltener vor als Kopfwörter. Ihr Gebrauch ist oft kontext- oder situationsbezogen. 27 Analog zu den Kopfformen sind Verkürzungen auf das Endsegment bei Vornamen möglich und vor allem für die Umgangssprache typisch. Vgl.: Hannes ← Johannes, Gitte ← Brigitte, Fred ← Manfred, Dora ← Theodora. 2. Multisegmentale Kurzwörter - sie setzen sich aus zwei oder mehreren diskontinuierlichen Segmenten einer Vollform zusammen (vgl. Bellmann 1980, 369ff.). Im Einzelnen gehören dazu: a) Initialwörter (Acronyme); sie können als Folge von einzelnen Buchstaben mit dem Buchstabennamen ausgesprochen werden: EU (Europäische 26 Nicht enthalten in der Übersicht sind Gebrauchsabkürzungen, Siglen und Schreibsymbole wie usw., z.B., u.a., km, Dr. 27 Solch reduzierte Formen wie Platte, Band oder Schirm (aus Schallplatte, Tonband, Regenschirm) lassen sich nicht problemlos als Kurzwörter bestimmen, da sie noch weitere Bedeutungsvarianten besitzen, die sich von der angegebenen Langform erheblich unterscheiden - z.B. Fleischplatte, Kochplatte, Betonplatte, Tischtennisplatte; dagegen besteht u.a. zwischen Bus und Omnibus kein Bedeutungsunterschied (vgl. Fleischer 1983, 232). 56 Wortbildungsarten Union), WMF (Württembergische Metallwaren-Fabrik), (DAAD (Deutscher Akademischer Austauschdienst), BSE (bovine spongiforme Enzephalopathie). 28 Andererseits kann eine orthoepische Aussprache vorliegen, d.h., man spricht die Buchstaben silbisch - mit ihrem Lautwert aus: UFA (Universum-Film-Aktiengesellschaft) = [u: fa: ], DIN (Deutsche Industrie-Norm) = [di: n], TUI (Touristik Union International) = [tu: i: ], TÜV (Technischer Überwachungsverein) = [tü: f]. 29 b) Silbenwörter; diese entstehen durch die Koppelung der Anfangssilben eines meist zusammengesetzten Wortes: Sankra (Sanitätskraftwagen), SoKo (SonderKommision), Kika (Kinderkanal), Leica (Leitz-Camera), GROWIAN (Großwindanlage), Hanuta (Haselnusstafel) (vgl. u.a. Werlin 1999). Auch Wortgruppen werden - allerdings in erheblich geringerem Maße - zu Silbenwörtern reduziert: Stamokap (staatsmonopolistischer Kapitalismus), HeLaBa (Hessische Landesbank), KaDeWe (Kaufhaus des Westens). 30 Im Unterschied zu den Kopf- und Schwanzformen (s.o.) ist die Silbenwortbildung bei den Vornamen weniger üblich. Beispiele dafür wären Hajo (Hansjoachim) und Lilo (Liselotte). c) Kombinationen aus Silben- und Initialwort; derartige Mischformen finden besonders in Technik, Wissenschaft und Wirtschaft nicht zuletzt aufgrund ihrer Einprägsamkeit weite Verbreitung: Unimog (Universalmotorgerät), UFOKAT (Umweltforschungskatalog), Degussa (Deutsche Gold- und Silberschmiedeanstalt), GEFI (Gesellschaft für Immobilienverwaltung), AWO (Arbeiterwohlfahrt). d) Klammerwörter (Klappwörter); die Kürzung erfolgt in der Wortmitte, sodass die übrig gebliebenen Anfangs- und Endteile quasi eine Klammer bilden. Um das Mittelsegment gekürzt werden häufig drei- und mehrgliedrige Komposita: Kirsch(baum)garten, Fern(melde)amt, Frisch(obst)markt, Betriebs(wirtschafts)lehre. Das fehlende Mittelglied ist i.d.R. ein Grundmorphem, nur sehr selten kommt es zur Aussparung von Affixen wie in Wohn(ungs)bauförderung oder Leichen(be)schau (vgl. Wellmann 1995, 412). 31 28 Bei BSE ist die ungekürzte Form ebenfalls völlig ungeläufig. Außer dem Initialwort wird dafür jedoch auch der Ausdruck „Rinderwahn(sinn)“ gebraucht. 29 Es ist nicht festgelegt, wann das Initialwort buchstabiert oder silbisch gesprochen wird. So können beide Aussprachevarianten bei analoger Struktur begegnen. Vgl.: MAN (Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg) = buchstabiert - DAX (Deutscher Aktienindex) = silbisch. 30 Silbenwörter dieser Art sind von ähnlich erscheinenden Wortkreuzungen abzugrenzen. Eine Wortkreuzung ist die Verschmelzung von zwei beliebigen, semantisch meist nicht zusammenhängenden Wörtern, wobei sich ihre Segmente auf verschiedene Art und Weise überlagern und ein neues Wort bilden (s. 2.2.4). 31 Zu den Klammerwörtern - auch Kopf-Schwanz-Wörter genannt - werden mitunter auch Kurzformen gezählt, wo Teile des gewöhnlich fremdsprachigen Wortstammes getilgt sind. Die Rede ist von zweigliedrigen Komposita oder substantivischen Wortgruppen mit einem Adjektiv: Deo(dorant)spray → Deospray, Ku(rfürsten)damm → Kudamm, Dispo(sitions)kredit → 57 Kurzwörter e) Rumpfwörter; hier beschreitet die Kürzung den sozusagen „umgekehrten“ Weg einer Klammerform, da Wortanfang und -ende ausgespart werden. Rumpfformen sind im heutigen Deutschen kaum gebräuchlich. 32 Sie treten hauptsächlich bei Vornamen auf: (E)lisa(beth) → Lisa, (An)geli(ka) → Geli (vgl. u.a. Debus 1988, 37; Kohlheim 1998). Wie bereits erwähnt wurde, sind Kurzformen in der Lage, zur Entstehung neuer Wörter beizutragen, indem sie als Konstituenten in diese eingehen. Für derartige Neubildungen kommen grundsätzlich nur zwei Bildungsarten in Betracht: Komposition und Derivation, wobei Erstere von weitaus größerer Relevanz ist. Die Mehrzahl der Kurzwörter lässt sich problemlos mit anderen „ungekürzten“ Formen verbinden: Zitronenlimo, Bushaltestelle, Stamokap-Theorie. Überaus produktiv erweisen sich Zusammensetzungen mit Initialwörtern; gewöhnlich befinden sich die Initialen am Anfang der Komposition: EU-Grenze, BSE-Krise, TUI-Reisen. Wesentlich seltener trifft man auf Endstellungen: Schwimm-EM (Europameisterschaft) oder Mittelstellungen: Schwimm-EM-Sieger. Unter den Initialwortkompositionen verdienen Verbindungen mit einbuchstabigen Initialen besondere Beachtung. In solchen Kompositionen wie S-Bahn (Schnellbahn), R-Gespräch (Rückfragegespräch) oder H-Milch (haltbare Milch) wird nur der erste Teil reduziert, der zweite bleibt ungekürzt. Diese Kürzung ermöglicht jedoch erst die Komposition, denn außerhalb jener Zusammensetzungen treten die Einzelbuchstaben S, R und H mit der angegebenen Bedeutung nicht auf. Aus diesem Grunde nennt man derartige Verbindungen auch „partielle Kurzwörter“ (Bellmann 1980, 372). Sog. freie Initialwörter bestehen deshalb aus mindestens zwei Initialen (s.o.). Kurzwort-Neubildungen durch Derivation entstehen ausschließlich auf dem Wege der Suffigierung. Als Ableitungssuffixe werden vorrangig -i und -o genutzt. Das wesentlich gebräuchlichere Suffix -i vermag neben Verkleinerungs- und Koseformen (vor allem im Vornamenbereich) auch pejorative Konnotationen auszudrücken (vgl. Greule 1983/ 84, 214; Eichinger 2000, 63f.): Vati (aus Vater), Heidi (aus Adelheid), Michi (aus Michael), Profi (aus dem engl. professional = Berufssportler), Ossi 33 (aus Ostdeutscher, Bezeichnung für einen Bewohner der neuen Bundesländer), Knacki (aus verknacken = gerichtlich verurteilen; jmd., der im Gefängnis saß oder sitzt). Analog zu -i wird das Ableitungssuffix -o für Kurzformen mit teilweise negativer Wertung verwendet: Realo (aus Realpolitiker), Prolo (aus Prolet = Dispokredit, öko(logische) Struktur → Ökostruktur (vgl. u.a. Altmann/ Kemmeling 2000, 41). Da nur das Endsegment des Erstgliedes reduziert wird, kann man diese Kürzungen wohl ebenso als Kopfwörter in einer Zusammensetzung ansehen. 32 In anderen Sprachen wie z.B. dem Englischen erscheinen sie hingegen auch in der Umgangssprache: (in)flu(enza) → flu = Grippe. 33 Bei kurz gesprochenen Vokalen erfolgt wie hier die Verdoppelung des auslautenden Konsonanten, eine Erscheinung, die man auch von den Vornamen her kennt: Conrad/ Cornelia → Conni. 58 Wortbildungsarten ungebildeter, unkultivierter Mensch). Im Vornamenbereich ist es dagegen kaum anzutreffen. Zu berücksichtigen bleibt, dass Derivate mit den Suffixen -i und -o unverkennbar durch Kopf- und Silbenwörter, die auf -i oder -o enden, beeinflusst werden. Aber im Unterschied zu diesen Formen sind Bildungen wie Profi und Realo Ergebnis einer gleichzeitig erfolgenden Reduktion und Derivation (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 222). 34 Der Bestand der auf diese Weise entstandenen Kurzformen lässt sich durch reduzierte Bildungen mit Suffix -er (s. 3.3.2.2.4) ergänzen. Bei jenen Beispielen handelt es sich um Zusammensetzungen, deren zweite Konstituente entfällt (einschließlich des sich davor befindlichen Fugenelements) und durch -er ersetzt wird: es sind meistens Sach- und Personenbezeichnungen. Vgl.: Aschenbecher → Ascher, Fußballspieler → Fußballer. System der Wortbildungsarten (WBA) in der deutschen Gegenwartssprache WBA mit UK-Struktur WBA ohne UK-Struktur Komposition Determinativkompositum: Dachziegel, Filmmusik Possessivkompositum: Rotkehlchen, Milchgesicht Kopulativkompositum: Hosenrock, deutsch-französisch Explizite Derivation Suffigierung: Leser, traumhaft Präfigierung, Unsinn, erkaufen kombinatorische Derivation: Gepfeife, beherzt Präfixkonversion: versilbern, entfernen Reduplikation einfache Doppelung: Papa, soso Reimdoppelung: Hokuspokus, Techtelmechtel Ablautdoppelung: Singsang, Mischmasch Kontamination Kurlaub, verschlimmbessern Konversion substantivische Konversion: Zerfall, Lernende adjektivische Konversion: schuld, flieder verbale Konversion: blitzen, trauern adverbiale Konversion: früh, zufrieden implizite Derivation Griff, Ausspruch Rückbildung staubsaugen, Emanze Kurzwortbildung unisegmentales Kurzwort: Limo, Bus multisegmentales Kurzwort: EU, SoKo Kurzwort in Komposition: Zitronenlimo, EU-Grenze 35 Kurzwort mit gleichzeitiger Derivation: Ossi, Realo 34 Nicht so zu beurteilen sind deshalb solche Formen wie Hirni (aus Hirn, ugs. Bezeichnung für einen dummen Menschen) oder Grufti (aus Gruft = gemauertes Grab, jugendsprachliche Bezeichnung für einen älteren Menschen), die keine Kurzwörter, sondern - aufgrund ihrer Suffigierung - nur explizite Derivate repräsentieren. 35 Kurzwörter jener Art weisen wieder eine UK-Struktur auf. Das trifft ebenfalls auf Kurzwörter mit gleichzeitiger Derivation zu. 59 Übungen 2.5 Übungen ‹ 1. Bestimmen Sie die Art der Komposition (Determinativ-, Possessiv-, Kopulativkompositum)! Entscheiden Sie, ob die Glieder der jeweiligen Komposition ohne Einschränkungen vertauschbar sind! Kaffeebohne, Bromwasserstoff, Schreihals, bitterböse, Uhrenradio, Sandwüste, Schauspieler-Sänger, Bleichgesicht, griechisch-orthodox, Otto- Heinrich, schneeweiß, Blusenjacke, Wandschrank, dunkelrot, Schlaukopf, Grünpflanze, Pferdestall, graublau, konservativ-bürgerlich, Jodkalium, Hundeschnauze, Autor-Regisseur, Gummistiefel, Großschnauze, Rothaut, Frank-Rainer, zynisch-ironisch, Schöngeist, italienisch-spanisch-englisch, Milchbart, Treppenhaus, politisch-moralisch, Mecklenburg-Vorpommern, Alexandra-Maria, Strichpunkt, römisch-katholisch, Dickwanst, dummstolz, Tiger-Löwe, Baumstamm, Mantelweste, Rittersporn ‹ 2. Ermitteln Sie die Derivationsbasen der angegebenen expliziten Ableitungen! Stellen Sie fest, welchen Derivationsarten sie zuzuordnen sind! Beispiel: hartkernig → Derivationsbasis: hart(er) Kern + -ig, Derivationsart: Suffigierung ausschimpfen, Gefluche, beabsichtigen, altmodisch, geläufig, Österreicher, benachbart, windig, zerhacken, Unordnung, Berichterstattung, vorschreiben, Phrasendrescherei, fanatisch, umfahren, Inkraftsetzung, beleidigen, geblumt, erhoffen, typisieren, schädigen, Zugrundelegung, Vierzigtonner, weichschalig, Selbstzerstörung, Gestein, winterlich, Franke, Geschieße, überbieten ‹ 3. Stellen Sie fest, um welche Art der Reduplikation es sich handelt! Ermitteln Sie - eventuell mithilfe eines Wörterbuches - die Bedeutung der Reduplikationen! Wischiwaschi, Klimbim, Bonbon, Töfftöff, Heckmeck, Tingeltangel, Pinkepinke, Flickflack, Popo, Zickzack, Remmidemmi, tipptopp ‹ 4. Ermitteln Sie, aus welchen Wörtern bzw. Wortteilen die folgenden Wortkreuzungen gebildet worden sind! jein, Bionik, affenteuerlich, Teuro, Transistor, alternatief, vorwiegend, Literatour, Frenglisch, Internettigkeiten, sextrem, Tragikomik, Seerenade ‹ 5. Ordnen Sie die folgenden Konversionsprodukte den Grundtypen der Konversion zu! 60 Wortbildungsarten Beispiel: überzeugender Vortrag überzeugender: Konversionsbasis: Partizip II → departizipiale adjektivische Konversion; Vortrag: Konversionsbasis: Verbstamm → deverbale substantivische Konversion schaukeln, das Warum, die Leidende, reifen, das Beleidigtsein, schmuck, der Erkrankte, Verbrauch, das Deutsche, das Aus, das Warten, Habenichts, das Achselzucken, ein Niemand, rege, wachsendes Ansehen, mango, diesmal, das Sich-ständig-Verspäten, die Glücklichen, ein Kommen und Gehen, Vergissmeinnicht, bluten, säubern, Fang, das Gestern, die Sieben, zufolge, grünen, Wagehals, fragender Blick, köpfen, das Weiße, Bringfriede, reseda, Einlass, schauspielern, das Soll, zubereitetes Essen, das Ohrenspitzen, bange, zeitlebens, das Nutzlose, trösten, das Auf und Ab, donnern, das Ach, weiten, das Du, Entscheid ‹ 6. Entscheiden Sie, ob bei folgenden Verben Präfixderivation oder Präfixkonversion vorliegt! Beispiel: verbluten → ver- + bluten: Präfixderivation vergolden → * ver- + golden, ver- + Gold + -en: Präfixkonversion a) entkräften, enthaupten, entehren, enterben, entfesseln b) benoten, beliefern, bewirten, beheizen, bevorraten c) vergreisen, verhungern, verdeutlichen, verprügeln, verlängern d) einhüllen, einüben, eintauchen, einfrieren, einschließen e) erretten, erdulden, erweitern, erkaufen, erarbeiten f) aufbrechen, auftischen, aufhalsen, aufbürden, aufdrängen g) überdenken, überschatten, übernachten, überschätzen, überwintern h) anreichern, anbrüllen, anbrennen, anspucken, anfeuchten i) zertrümmern, zerteilen, zerkratzen, zerfließen, zerfleischen ‹ 7. Ordnen Sie folgende Wörter den Wortbildungsarten Konversion, explizite Derivation, implizite Derivation sowie Rückbildung zu! Gehen Sie bei Ihrer Entscheidung vom zugrunde liegenden Basiswort aus! Beispiel: Betrieb ← betreiben: implizite Derivation zweckentfremden ← Zweckentfremdung: Rückbildung a) Fraß, das Fressen, Fresser, Fresserei b) fällen, Rückfall, fällbar, das Verfallen c) betreten, Vertreter, Eintritt, das Auftreten d) Demut, demütig, demütigen, Demütigkeit e) das Pfeifen, Pfeiferei, Pfiff, auspfeifen; f) Brechung, Ehebrecher, einbrechen, ehebrechen g) das Mähen, Mäher, mähdreschen, Mähdrescher 61 Übungen h) abzüglich, Abzug, das Abziehen, Abziehung i) Trinker, Trunk, Trinkerei, tränken j) anbeißen, Biss, bissig, das Bissige k) das Verstoßen, vorstoßen, Abstoß, Ausstoßung l) Anstrich, Streich, das Unterstreichen, durchstreichen m) schlafwandeln, schlafwandlerisch, Schlafwandler, das Schlafwandeln n) Erhalt, Halt, erhältlich, Erhaltung o) betonieren, schlussfolgern, ängstigen, schutzimpfen p) Strenge, Häme, Geklopfe, Unruhe ‹ 8. Stellen Sie fest, um welche Kurzwortart es sich handelt! Versuchen Sie, die entsprechende Vollform zu ermitteln! Beispiel: Demo: Demonstration: unisegmentales Kurzwort, Kopfwort KFZ-Technik: Kraftfahrzeug-Technik: multisegmentales Kurzwort, Initialwort in einer Komposition E-Werk, MPi, Trafo, Krimi, UKW-Sender, Fernbahnhof, Gestapo, Cello, BMW, Wessi, DNS-Test, Azubi, Stasi-Akte, Diesel, Basti, Schupo, HNO- Arzt, Dino, D-Zug, Achim, UFO, Fußball-WM, Hanna, Sozi, Hape, SB-Warenhaus, Jabo, U-Boot, Foto, Zoo, EDV, Dia, Kita, BAFöG ‹ 9. Finden Sie zu folgenden bekannten Produktnamen, die gekürzte Wortgruppen bzw. Komposita darstellen, den fehlenden zweiten substantivischen Teil! Beispiel: Emmentaler → Emmentaler Käse a) Szegediner g) Berliner b) Meißner h) Frankfurter c) Linzer i) Burgunder d) Erdinger j) Lyoner e) Edamer k) Perser f) Nürnberger l) Achtzylinder ‹ 10. Ergänzen Sie das fehlende Mittelsegment der folgenden Klammerwörter! Beispiel: Aprikosenplantage → Aprikosenbaumplantage a) Tankwart j) Lastwagen b) Klavierlehrerin k) Ölzweig c) Ledergeschäft l) Skigebiet d) Füllhalter m) Pfeffernüsse e) Mieterbund n) Löschteich f) Hallenbad o) Breitwand 62 Wortbildungsarten g) Arzneikosten p) Fernwärme h) Blasmusik q) Bierdeckel i) Kornmühle r) Kokosplätzchen ‹ 11. Stellen Sie fest, ob es sich bei den Bildungen auf -i und -o um die Endvokale eines Kurzwortes oder um Derivationssuffixe handelt! Beispiel: Auto: Automobil: Kurzwort auf -o Mutti: Mutter: Kürzung + Derivationssuffix -i Tacho, Pulli, Abo, Rudi, Juso, Promi, Deko, Kripo, Susi, Anarcho, Schiri, Repro, Chauvi, Homo, Fundi, Klo, Resi, Theo, Sani, Niko, Papi, Kilo, Steffi, Kombi, Info, Omi ‹ 12. Bestimmen Sie nochmals die Wortbildungsart der angegebenen Wörter! Beschreiben Sie diese wie in den Übungen zuvor so genau wie möglich! Labor, kurpfuschen, vernetzen, Picknick, Nordrhein-Westfalen, der Bekannte, Blumentopf, VW-Besitzer, akadämlich, absperren, Arzt-Philosoph, bebildert, Trabi, Maiglöckchen, Beschuss, notschlachten, Wauwau, fetten, fieberhaft, Befehl, Elast, Gernegroß, kürzen, Flachland, erkundigen, Fortschritt, entsenden, Grusical, krummbeinig, Segelboot, unvorsichtig, gewährleisten, Ticktack, die Intellektuelle, skizzieren, das Erstaunen, Taugenichts, Eisbär, Verhör, Denglisch, Schuko, Taschentuch, schwedisch-finnisch, BASF, fernlenken, Zwang, Lügenmaul, Pingpong, Jens- Uwe, schneidern, die Studierenden, Glatzkopf, O-Saft, Allgegenwart, das In-den-Bergen-Wandern, bemuttern, Geklatsche, Alu 3 Zur substantivischen Wortbildung 3.1 Allgemeines Das Substantiv nimmt im System der deutschen Wortbildung eine exponierte Stellung ein. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Im Gegensatz zu Adjektiv, Verb und Adverb begegnen hier alle oben beschriebenen Wortbildungsarten in mehr oder weniger stark ausgeprägter Form. Gerade die wichtigsten Bildungstypen der deutschen Gegenwartssprache - Komposition und explizite Derivation - sind Domänen des Substantivs. Bei Zusammensetzungen wie expliziten Ableitungen ist die überaus große Modellvielfalt ein charakteristisches Merkmal. Eine ebenfalls hohe Produktivität entwickelt die Konversion. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass - abgesehen von Wortkreuzungen und Rückbildungen - implizite Derivationen, Reduplikationen sowie die einzelnen Kurzwortarten sich fast ausnahmslos beim Substantiv finden (s. Kapitel 2). Ergänzt wird jenes überaus breite Spektrum an Bildungsarten durch den reinen Zahlenaspekt. Nach verschiedenen Untersuchungen (vgl. Erben 1980, 124; Wellmann 1995, 399f.) liegt der Anteil der Substantive am deutschen Wortschatz bei 50 %-60 %. Diese Umstände erfordern nachdrücklich eine nähere Betrachtung jener Wortart. 3.2 Substantivische Komposition Um die ungeheuere Vielfalt der substantivischen Kompositionen zu ordnen, erweist es sich als am günstigsten, die an den Zusammensetzungen beteiligten Wortarten als Klassifikationsindikatoren zu wählen. Dieses Ordnungsprinzip kommt ebenfalls bei Adjektiven, Verben und Adverbien zur Anwendung (s. dazu die entsprechenden Kapitel). Einteilungen, die sich nach rein inhaltlichen Aspekten richten, scheinen sich aufgrund ihrer Beliebigkeit nicht bewährt zu haben (vgl. Naumann 2000, 44). 3.2.1 Grundtypen der substantivischen Komposition 3.2.1.1 Substantiv + Substantiv 3.2.1.1.1 Strukturmuster Zusammensetzungen mit Substantiven als Erst- und Zweitglied repräsentieren das mit Abstand häufigste Strukturmuster. Darauf entfallen ca. 80 % aller substantivischen Komposita (vgl. Wellmann 1995, 468). Bildungen dieser Art verfügen nach Fleischer/ Barz (1995, 95ff.) über vielfältige Strukturmuster: 64 Zur substantivischen Wortbildung a) Beide Unmittelbaren Konstituenten (UK) sind Simplizia: Bierfass, Regenwolke; b) eine der beiden UK stellt ein Kompositum dar: Dorfgasthof, Fahrscheinpreis; c) die erste oder zweite UK kann ein Suffixderivat, die andere ein Kompositum oder ein Simplex sein: Sicherheitsgurt, Deutschprüfung, Eisenbahnerstreik; d) sowohl Erstals auch Zweitglied sind Suffixderivate: Aufnahmebereitschaft, Häftlingskleidung; e) das substantivische Erstglied verfügt über das Movierungssuffix -in: Soldatinnenzimmer, Mitarbeiterinnenversammlung, wobei das Fugenelement -en obligatorisch ist, oder - das kommt sehr selten vor - das Diminutivsuffix -chen: Häuschenbauer; f) bei der ersten oder zweiten UK handelt es sich um ein Präfixwort: Unrechtsstaat, Drogenmissbrauch; g) die erste UK ist ein Eigenname (onymische Komposition): Ottomotor, Moselstadt; h) das Erst- oder Zweitglied wird von einem Infinitiv oder einem substantivierten Adjektiv gestellt: Essenszeit, Langzeitarbeitsloser; i) die erste oder zweite UK sind substantivierte Formen des Partizips II oder (seltener) I: Vermisstenanzeige, Abgeordnetenstuhl, Klubvorsitzender; j) das Zweitglied kann außer aus einem Suffixderivat (s. d)) ebenfalls aus der Suffixableitung eines Kompositums oder einer Wortgruppe bestehen: Bühnenbild → Bühnenbildner, Fenster putzen → Fensterputzer. 3.2.1.1.2 Augmentativkomposita (Steigerungsbildungen) Substantivische Erstglieder erfüllen im System der deutschen Wortbildung zusätzlich die sog. augmentative Funktion. Damit werden kompositionelle Bildungen erfasst, die dem Ausdruck von Vergrößerungen bzw. Steigerungen, somit eines höheren Grades dienen. Dass Substantive für diese Formen gebraucht werden, hat seinen guten Grund. Anders als in den slawischen oder romanischen Sprachen (vgl. russ. книжища , italien. librone = großes, schweres Buch) verfügt das Deutsche nicht über Augmentativsuffixe, sodass auf andere sprachliche Mittel - nämlich Substantive - zurückgegriffen werden muss. Für die Realisierung der augmentativen Funktion existiert eine ganze Reihe verschiedener Substantive. Dieses Inventar ist jedoch nicht homogen, sondern enthält Substantive mit abgestuften emotional-expressiven Wertungen. Das Zweitglied wird hierbei im Sinne einer Vergrößerung und/ oder Verstärkung/ Intensivierung gekennzeichnet. Zu den relativ häufigen substantivischen Erstgliedern mit der emotional wertenden Konnotation ‚sehr groß, hochgradig‘ zählen z.B. Riese(n)-, Bombe(n)-, Spitze(n)-, Hölle(n)-, Heide(n)-, Pfund(s)-: 65 Substantivische Komposition Riesenerfolg = sehr großer Erfolg Bombenstimmung = sehr gute, erstklassige Stimmung Spitzensportler = sehr guter, ausgezeichneter Sportler Höllendurst = sehr großer, brennender Durst Pfundskerl = toller Kerl, guter Kumpel Heidenarbeit = viel, zeitaufwändige Arbeit. Hervorzuheben sind Bildungen mit Riese(n)-. Einerseits zeichnen sie sich bei den emotional wertenden augmentativen Kompositionen durch eine hohe Produktivität aus, andererseits gelangen sie in verschiedenen naturwissenschaftlichen Disziplinen (u.a. Astronomie, Zoologie, Botanik) und im Sport in Form von neutralen Fachbegriffen zur Anwendung: Riesenstern, Riesenhirsch, Riesentanne, Riesentorlauf (Skisportdisziplin) (vgl. Wellmann 1995, 491). Häufig vermitteln die oben erwähnten Erstglieder eine überwiegend positive Einschätzung des Sprechers. Negativ besetzt sind jedoch Hölle-, Heide-, Mord- und Tod-. Besonders geeignet für die Umsetzung von negativen Sprechereinstellungen zeigen sich in der Regel Tier-, Körper- und gewisse Sachbezeichnungen, deren Gebrauch vor allem im überaus expressiven Schimpfwörterbereich nachweisbar ist. Vgl.: Affenschande (sehr empörende, unverständliche Situation), Hundewetter, Mistkerl, Bullenhitze, Arschkälte, Dreck(s)arbeit (unangenehme, schwere Arbeit). Als positiv wertend gelten u.a. Traum- (Traumtor), Glanz- (Glanzstück), Meister-(Meisterschuss), Muster- (Musterland), Klasse- (Klassespiel), Star- (Stardirigent), Lieblings-(Lieblingsschüler), Bilderbuch- (Bilderbuchkarriere = ideale Karriere) und Pracht- (Prachtweib = großartige Frau) (vgl. ebenda; Fleischer/ Barz 1995, 102). Viele der augmentativen Erstglieder sind Synonyme und aufgrund dessen untereinander austauschbar: Spitzenstimmung, Bombenstimmung, Klassestimmung. Es ist zu betonen, dass positive oder negative Konnotationen natürlich auch von der Art des Zweitgliedes und/ oder dem Kontext abhängen Vgl.: Riesenfußballer, Riesenskandal, Mordsfreude, Mordsschreck, Heidenspaß, Heidenlärm. Abzugrenzen von den bisher beschriebenen augmentativen Konstruktionen sind Haupt- und Grund-. Beide kompositionellen Erstglieder fügen dem Zweitglied die Zusatzbedeutung ‚besonders wichtig, wesentlich‘ bei: Haupterkenntnis - Grunderkenntnis, Hauptproblem - Grundproblem, Hauptvorwurf - Grundvorwurf. Obgleich Haupt- und Grundhier als synonym anzusehen sind, weisen beide nicht nur distributionelle Unterschiede 1 auf. Von einer absoluten 1 Damit ist der Umstand gemeint, dass Hauptzur Kennzeichnung von Personen und - seltener - Gegenständen gebraucht wird, Grundhingegen bei Abstrakta wie Grundidee oder Grundneigung (vgl. Fleischer 1983, 220). 66 Zur substantivischen Wortbildung Identität kann nicht die Rede sein. Grundals kompositionelles Erstglied unterstreicht nämlich mehr die Wesentlichkeit einer Sache, eines Umstandes, während Haupteher die Bedeutsamkeit bzw. Wichtigkeit akzentuiert (vgl. Fleischer 1983, 220; Erben 2000, 86). Die genannten Augmentativbildungen sind - wenn auch im unterschiedlichen Maße - produktiv, da sie als Modelle für Neubildungen fungieren; in diesem Sinne repräsentieren sie daher einen offenen Bestand. Charakteristisch ist ihr Auftreten für die (saloppe/ vulgäre) Umgangssprache und den Bereich der Medien (Presse, Fernsehen, Rundfunk) (vgl. auch Erben 2000, 88). 3.2.1.1.3 Semantische Beziehungen des Grundtyps Substantiv + Substantiv Zwischen den UK der substantivischen Determinativkomposita können unterschiedliche semantische Relationen bestehen. Diese Wortbildungsbedeutungen zeichnen sich - aufgrund der semantischen Eigenschaften von Grund- und Beziehungswort - naturgemäß durch eine überaus große Vielfalt aus. Trotz dieser zahllosen Möglichkeiten lassen sich bestimmte semantische Grundmuster herausfiltern, die über charakteristische Merkmale verfügen. Die folgende Klassifikation 2 enthält die wichtigsten und gleichermaßen produktivsten Bedeutungsbeziehungen. Dabei erfolgt zunächst eine Untergliederung in adverbiale Relationen und ergänzende Verbprädikationen. Zu jedem Typ wird mindestens ein Beispiel und die entsprechende Paraphrase angeführt. Da einige semantische Muster in verschiedenen Varianten auftreten, erscheint es sinnvoll, zwischen Bestimmungs- und Grundwort (Erst- und Zweitglied) zu unterscheiden, die hier - wie üblich - mit A und B gekennzeichnet werden. 1. Adverbiale Relationen Die Relationen zwischen Bestimmungs- und Grundwort entsprechen dem Verhältnis von Adverbialbestimmung und Prädikat des jeweiligen Satzes (sein-/ tun-Prädikation) (vgl. auch Wellmann 1995, 471): Muster Beispiel Paraphrase a) ‚l o k a l‘ - B befindet sich/ ist in A - B geschieht/ vollzieht sich in A Rathaussaal Feldhockey Saal im Rathaus Hockey auf dem Feld 2 Über Art und Umfang der Klassifikation herrscht aufgrund der semantischen Vielfalt der Zusammensetzung Substantiv + Substantiv in der Literatur verständlicherweise keine Einigkeit. Näheres dazu s. Eichinger (2000, 181f.) und Erben (2000, 67f.). Manche Komposita sind „Streitfälle“: Sie lassen sich nicht eindeutig zuordnen. Das gilt im Grunde genommen auch für die Grundtypen Adjektiv/ Verb + Substantiv. 67 Substantivische Komposition - B führt zu A - B kommt/ stammt von A Balkontür Stadioneingang Ostwind Tür zum Balkon Eingang zum/ ins Stadion Wind aus dem Osten b) ‚t e m p o r a l‘ - A bestimmt Zeitpunkt/ Zeitdauer von B Sommergewitter Weihnachtsfeier Jahresfahrkarte Gewitter im Sommer Feier zu/ an Weihnachten Fahrkarte für ein Jahr c) ‚i n s t r u m e n t a l‘ - A ist Mittel/ Instrument für B Beilhieb Fußtritt Hieb mit dem Beil Tritt mit dem Fuß d) ‚k a u s a l‘ - A ist Ursache von B Freudensprung Erdbebenschaden Sprung aus Freude Schaden durch ein Erdbeben e) ‚f i n a l‘ - B ist bestimmt/ geeignet für A Blumentopf Hustensaft Topf für Blumen Saft gegen Husten f) ,k o n d i t i o n a l‘ - B geschieht wegen A Jubiläumsausstellung Ausstellung anlässlich des Jubiläums g) ‚m o d a l‘ - A bestimmt Art und Weise von B (Drei)schichtbetrieb Betrieb in (drei) Schichten 2. Relationen nach der Semantik der ergänzten Verbprädikation Darunter fallen all jene substantivischen Kompositionen, deren Grundwörter durch eine ergänzende Verbprädikation (sein-/ tun-/ haben- Prädikation) eine nähere Bestimmung erfahren. Muster Beispiel Paraphrase a) ,p o s s e s s i v‘ - A gehört/ besitzt B Künstlervilla Villa, die dem Künstler gehört/ die er besitzt; Villa des Künstlers 3 b) ‚p a r t i t i v‘ - B ist Bestandteil von A/ gehört zu B Stuhllehne Pfirsichtorte Lehne des Stuhls Torte mit Pfirsichen c) ‚s u b s t a n z i e l l / m a t e r i a l‘ - B besteht aus A Metallkoffer Koffer aus Metall d) ,k o n s t i t u t i o n a l‘ - B wird von/ aus A gebildet Menschenansammlung Ansammlung von Menschen e) ,k o m p a r a t i v‘ - A ähnelt/ gleicht B Staubzucker Zucker wie Staub 4 3 Im Folgenden erscheint die vollständige Paraphrase nur dort, wo es für die Umschreibung nur diese Möglichkeit gibt bzw. sie stilistisch besser ist. 4 Eichinger (2000, 186) gebraucht für diese Zusammensetzungen den Begriff „Eigenschaftskomposita“, da das Erstglied wie in Zebralicht, Kreidesonne und Igelgras als eine Art Eigenschaft zu lesen ist. 68 Zur substantivischen Wortbildung f) ,t h e m a a n g e b e n d‘ - A ist Thema von B Lexikologiebuch Buch über Lexikologie g) ,g r a d u i e r e n d‘ - A macht B größer (‚augmentativ‘) - A macht B kleiner (,diminuierend‘) Rieseneinfluss Zwergstaat riesiger/ sehr großer Einfluss sehr kleiner/ unbedeutender Staat h) ‚A g e n s‘ 5 - A erzeugt/ produziert B - B erzeugt/ schafft A - B tut etw. mit A Ziegenmilch Romanschriftsteller Zeitungsleser Milch, die die Ziege erzeugt Schriftsteller, der Romane schreibt Leser, der eine Zeitung liest i) ‚P a t i e n s‘ - mit A geschieht etw./ wird etw. getan Geschwindigkeitsmessung Geschwindigkeit, die gemessen wird 3.2.1.2 Adjektiv + Substantiv 3.2.1.2.1 Strukturmuster Substantivische Komposita mit einem adjektivischen Erstglied sind weit weniger verbreitet. Bezogen auf den Gesamtbestand der Kompositionen liegt ihr Anteil lediglich bei 6 % (vgl. Wellmann 1995, 474), was nicht bedeutet, dass sie weniger wichtig wären. Allerdings unterliegen die adjektivischen Bestimmungswörter größeren Beschränkungen als die substantivischen Erstglieder. Im Einzelnen begegnen folgende Strukturmuster: a) Das Adjektiv ist i.d.R. ein Simplex, das meist aus einer, seltener aus zwei Silben besteht: Warmwasser, Steilufer, Magerquark, Edelgas; b) das Erstglied tritt in Verbindung mit dem von einer verbalen Wortgruppe gebildeten Suffixderivat -er auf: lang schlafen → Langschläfer, sich spät entwickeln → Spätentwickler; c) das Adjektiv ist Bestandteil eines komplexen Verbs, von dem ein Derivat mit dem Suffix -ung gebildet wird: klarstellen → Klarstellung, hochheben → Hochhebung; 5 Die Grundmuster ‚Agens‘ und ‚Patiens‘ führen Fleischer/ Barz (1995, 99) an. In anderen Arbeiten (u.a. Wellmann 1995, 472; Eichinger 2000, 184f.) werden in Bezug auf die Differenzierung des betroffenen Objekts die Termini „effizierend“ (das Objekt entsteht erst durch die mittels des Verbs bezeichnete Handlung: Sie bäckt den Kuchen) und „affizierend“ (das Objekt existiert bereits vor der mittels des Verbs bezeichneten Handlung: Sie stellt den Kuchen auf den Tisch). Unserer Ansicht nach ist jedoch die Differenzierung in Agens und Patiens günstiger, da dadurch die Rolle von Erst- und Zweitglied klar zum Vorschein kommt. 69 Substantivische Komposition d) aus einem komplexen Adjektiv wird ein Derivat mit dem Suffix -keit abgeleitet: kaltherzig → Kaltherzigkeit, schnelllebig → Schnelllebigkeit; e) das Erstglied ist Element einer verbalen Wortgruppe oder eines komplexen Verbs, welche(s) zur Bildung eines impliziten Derivats verwendet wird: freisprechen → Freispruch, neu beziehen → Neubezug (vgl. Stepanova/ Fleischer 1985, 112; Fleischer/ Barz 1995, 103f.). Obige Strukturmuster bedürfen noch einer Erläuterung, da sie mit einer Reihe von Besonderheiten verbunden sind. So besitzen die einzelnen Adjektive eine unterschiedliche Kompositionsfähigkeit. Nicht wenige sind zudem mit Grundwörtern überhaupt nicht verbindbar, was an der Semantik des Adjektivs wie des Substantivs liegen kann. 6 Meist stehen die Erstglieder in der adjektivischen Grundform, dem Positiv. Steigerungsformen wie der Superlativ sind überwiegend in Fachsprachen (u.a. Biologie, Technik, Sport, Werbung) anzutreffen und erfüllen zudem - dies betrifft vor allem Sport und Werbung - eine expressive Funktion: Kleinstlebewesen, Tiefstbohrung, Höchstform, Billigstpreis. Außerordentlich produktiv zeigen sich die von wenig und gut gebildeten Superlative mindest- und best-: Mindestlohn, Mindeststrafe, Bestzeit, Bestleistung. Dagegen treten Komparativformen eindeutig in den Hintergrund; erwähnenswert sind nur die Steigerungen mehr- und minder-: Mehrverdienst, Mehrwert, Minderzahl, Minderleistung. Als unüblich muss auch der Gebrauch von suffigierten Adjektiven bezeichnet werden. Hier wird gewöhnlich der Bildungstyp Substantiv + Substantiv bevorzugt. Vgl.: waldiges Gebiet → Waldgebiet, herbstlicher Nebel → Herbstnebel, mathematische Aufgabe → Mathematikaufgabe, wollener Strumpf → Wollstrumpf. Adjektivableitungen - in erster Linie auf -isch und -ig - finden sich hingegen im Fachwortschatz (Flüssiggas, Fertighaus, Niedrigwasser), darüber hinaus bei der Bezeichnung von Farben (Preußischblau) sowie Länder- und Volksnamen: Spanischstunde, Englischhorn (Holzblasinstrument), Griechischlehrer 7 (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 105; Erben 2000, 42f.). Über eine ähnlich hohe Produktivität verfügen auch die Adjektivderivate mit den Fremdsuffixen -al, -ar, -iv und (mit Abstrichen) -at, welche häufig fachsprachlich gebraucht werden: Normalbenzin, Nationalcharakter, Effektivbestand (Istbestand = tatsächlich in einer Kasse befindliches Geld), Privatbesitz, Privatdetektiv. 6 Zu den häufig gebrauchten Adjektiven s. insbesondere Ortner/ Ortner (1984, 80ff.). 7 Bei einigen aus Fremdwörtern abgeleiteten Adjektiven kommt es zum Wegfall des Suffixes -isch: disziplinarisch → Disziplinarstrafe, politisch → Politbarometer. 70 Zur substantivischen Wortbildung Von untergeordneter Bedeutung sind dagegen die Partizipien I und II. Diese übernehmen in der Zusammensetzung die Aufgabe des Adjektivs. Deshalb werden sie hier und nicht beim Grundtyp Verb + Substantiv (s. 3.2.1.3) eingeordnet. Ihr Vorkommen bleibt auf wenige - wenn auch recht gebräuchliche - Beispiele begrenzt, wobei das Partizip I eine noch größere Seltenheit darstellt: Gebrauchtwagen, Lebendgewicht (Gewicht eines Schlachttieres vor der Schlachtung, scherzhaft auch für das Gewicht eines Menschen) (vgl. Wellmann 1995, 474). Viele der genannten Komposita lassen sich mit einer attributiven Wortgruppe (Adjektiv + Substantiv) wiedergeben. 8 Vgl.: Steilufer → steiles Ufer, Fertighaus → fertiges Haus, Privatbesitz → privater Besitz Ihnen gegenüber stehen feste Zusammensetzungen, die Paraphrasierungen dieser Art nicht erlauben: - Beispielweise ist Normalbenzin kein „normales Benzin“, sondern Benzin mit einer niedrigeren Oktanzahl; - bei einer Intensivstation handelt es sich um eine Station in einem Krankenhaus, auf der frisch operierte oder schwer kranke Patienten intensiv behandelt bzw. betreut werden; - ein Privatdetektiv kann nicht als „privater Detektiv“ aufgefasst werden - er ermittelt privat, d.h. ist freiberuflich tätig. Beispiele jener Art können noch beliebig ergänzt werden durch unterschiedlich stark idiomatisierte Bildungen bzw. Possessivkomposita (s. 2.2.1) sowie Termini aus den Fachsprachen. Vgl.: Feinschmecker = jmd., der eine Vorliebe für gutes Essen/ Delikatessen hat Grünschnabel = unreifer, unerfahrener Mensch Kaltfront = kalte Luftmassen (Meteorologie). Berührt wird damit die nicht immer leicht zu beantwortende Frage, ob im Sprachgebrauch auf eine Komposition oder eine Wortgruppe zurückzugreifen ist. Neben den zuletzt beschriebenen Besonderheiten spielen noch andere Faktoren eine Rolle. Von besonderer Relevanz ist zweifellos die semantische Beziehung zwischen den UK. Der Umstand, dass es Kurzarbeit (aufgrund mangelnder Auftragslage verkürzte Arbeitszeit), aber keine Langarbeit, Kleingeld (Münzen oder Scheine mit geringem Wert), hingegen kein Großgeld gibt (ebenso verhält es sich z.B. mit Feinkost - *Grobkost, Dünnbier - *Hellbier, Sauerkirsche - *Sauerapfel), weist darauf hin, dass das Adjektiv dazu dient, bestimmte Dinge als „Sonderart oder Sonderkategorie“ (Erben 2000, 44) her- 8 Laut Wellmann (vgl. ebenda) trifft das auf über 50 % der Zusammensetzungen zu. Oftmals wirkt die Komposition - wo sie denn gebildet werden kann - zweckmäßiger, rationeller. Sie ist daher auch ein Ausdruck der Sprachökonomie. 71 Substantivische Komposition vorzuheben, falls dies der Sprechende aus sachlichen Gründen für notwendig erachtet; die Sonderart wie z.B. Dünnbier (alkoholreduziertes Bier) bildet somit eine Teilmenge der durch das Grundwort repräsentierten Klasse - in diesem Fall Bier (vgl. ebenda). 9 Dennoch ist zu beachten, dass die Grenzen für die Bildung gerade von Komposita mit adjektivischem Erstglied nicht nur durch die semantischen Beziehungen gesetzt werden. Sie liegen auch dort, wo die potenziellen Zusammensetzungen der Norm widersprechen, sie einfach unüblich, ungeläufig sind, was die oben angeführten Beispiele beweisen. 10 3.2.1.2.2 Semantische Beziehungen des Grundtyps Adjektiv + Substantiv Anders als der Grundtyp Substantiv + Substantiv verfügen Komposita mit adjektivischem Erstglied nicht über ein derartig umfangreiches Spektrum an semantischen Beziehungen, was sicherlich den Besonderheiten der Wortart Adjektiv geschuldet ist. Die im heutigen Deutsch produktiven Konstruktionen können im Grunde genommen in zwei semantische Hauptmuster aufgegliedert werden: a) Das Bestimmungswort dient der Hervorhebung einer bestimmten Eigenschaft; b) das Bestimmungswort wirkt verstärkend (vergrößernd) oder abschwächend (verkleinernd, abmildernd) (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 106, Eichinger 2000,187ff.). 11 Da sich Eigenschaften auf unterschiedliche Kriterien beziehen können, gehören der ersten Hauptgruppe folglich verschiedene Subgruppen an: • ‚lokal‘: Tiefgarage, Mittelkreis • ‚temporal‘: Spätsommer, Frühstart • ‚formbestimmend‘: Spitzdach, Rundholz • ‚substanziell/ konstitutional‘: Magerquark (aus wenig Fett bestehender Quark), Hohlkörper • ‚modal‘: Bareinzahlung (Einzahlung, die bar erfolgt), Rohöl • ‚geschmacksbestimmend‘: Bitterwasser, Süßkartoffel • ‚farbbezogen‘: Grauschimmel, Weißwurst. 9 Dass die Semantik letztlich entscheidend ist, kann ein Vergleich von Komposition und - auf den ersten Blick - adäquater attributiver Wortgruppe belegen. Vgl.: Wildpferd (in der Wildnis frei lebendes Pferd) - wildes Pferd (temperamentvolles, ungezähmtes, kaum zu bändigendes Pferd); Schwerathlet (Sportler, der sich mit Ringen und/ oder Gewichtheben beschäftigt) - schwerer Athlet (schwergewichtiger Sportler). 10 Als unüblich und damit nicht normgerecht können auch Kompositionen aufgefasst werden, die eigentlich im oben beschriebenen Sinne der Sonderart einer Klasse zuzuordnen wären. Vgl.: Schwarzstorch (Storchenart), aber schwarzer Kaviar (Kaviarart)! 11 Eichinger (vgl. ebenda) führt im Einzelnen drei Typen an: ‚attributiv-einschränkend‘ (Gesamtsumme), ‚prädikativ-zuschreibend‘ (Leichtbeton) und ‚adverbial-beschränkend‘ (Magersucht). 72 Zur substantivischen Wortbildung Zwischen den Subgruppen sind die Übergänge fließend, d.h., sie sind nicht immer klar voneinander zu trennen (z.B. ‚modal‘ und ‚substanziell/ konstitutional‘). 12 Außerdem sind viele Kompositionen demotiviert bzw. gehören in den fachsprachlichen Wortschatz. Zur zweiten Hauptgruppe zählen zunächst adjektivische Erstglieder, die eine Steigerung bzw. Verstärkung bezeichnen. Diese augmentativen Formen entstehen vor allem mithilfe der Adjektive hoch und groß; dabei handelt es sich ebenfalls häufig um fachsprachliche Begriffe. Vgl.: - Hochleistung, Hochgeschwindigkeit, Hochsaison (Hauptreisezeit), Hochverrat (Verrat am Staat, an der Verfassung) - Großmarkt, Großsegel (Segel am Großmast), Großrechner (Computer mit hoher Kapazität), Großfamilie (aus mehreren Generationen bestehende Familie). 13 Neben Groß- und Hochsind auch Zusammensetzungen mit Vollreihenhaft entwickelt. Das Adjektiv voll verdient auch deswegen eine größere Beachtung, weil es in verschiedenen Bedeutungsvarianten erscheinen kann. Laut DUW zählen u.a. dazu: • der Ausdruck eines Höchstmaßes/ Höchststandes von Personen und Dingen: Vollautomat, Vollgas, Volltrunkenheit • der Ausdruck von Vollzähligkeit, Vollständigkeit, Ganzheit: Vollversammlung, Vollbad, Vollglatze. Der Bestand der zweiten Hauptgruppe wird durch Komposita komplettiert, die eine Abschwächung/ Verminderung, Verkleinerung anzeigen. Die Rede ist u.a. von Kurz-, Klein(st)- und Schwach-, welche reihenbildend wirken und aufgrund ihres Charakters den Diminutiva (s. 3.3.2.4) ähneln (vgl. Fleischer/ Barz 1995,108): Kurznachricht, Kurzfilm; Kleinempfänger (Rundfunkgerät), Kleinstbetrag; Schwachstelle, Schwachstrom. Nicht in die beiden Hauptgruppen einzuordnen ist das überaus produktive Halb-, nach dem DUW ‚die Hälfte von etwas umfassend‘. Oft begegnet es in Termini wie Halbleinen (Mischgewebe aus Leinen und Baumwolle), Halbfabrikat (halbfertiges Erzeugnis), Halbschwergewicht (im Sport Gewichtsklasse zwischen Mittel- und Schwergewicht). Außerdem verwendet man es in Ausdrücken abwertenden Charakters wie z.B.: Halbwahrheit, Halbbildung (oberflächliche, lückenhafte Bildung). 12 Vgl. dazu auch die detaillierte, allerdings wenig praktikable Untergliederung bei Altmann/ Kemmerling (2000, 105f.). 13 Großfindet man zudem bei der Bezeichnung von verwandtschaftlichen Beziehungen (Großvater, Großtante) sowie einigen Titeln der Vergangenheit: Großwesir, Großfürst. Anstelle dieser heute unüblichen Verbindungen nutzt man vorwiegend Komposita mit Ober-: Oberstudiendirektor, Oberkirchenrat, Oberbürgermeister. 73 Substantivische Komposition Manche kompositionellen Formen mit Halb- und Volllassen sich gegenüberstellen, wobei Halbdas abschwächende Element (‚nicht ganz, nur zum Teil‘) realisiert: Halbautomat - Vollautomat, Halbglatze - Vollglatze, Halbpension - Vollpension. Nicht möglich sind Gegenüberstellungen jener Art u.a. bei Formen wie *Halbbad - Vollbad, Halbbildung - *Vollbildung, Halbwahrheit - *Vollwahrheit. 14 3.2.1.3 Verb + Substantiv 3.2.1.3.1 Strukturmuster Dieser Grundtyp ist quantitativ ähnlich begrenzt wie der zuvor Beschriebene. Er macht lediglich 5 % -10 % der substantivischen Determinativkomposita aus; die schwankenden Angaben sind auf die Verwendung in den jeweiligen Textarten zurückzuführen (vgl. Wellmann 1995, 475) - ein Beweis auch dafür, dass hier Fachsprachen eine nicht unwesentliche Rolle spielen. Die Erkennung des verbalen Erstgliedes bereitet mitunter erhebliche Schwierigkeiten. Da bei der Verbindung mit dem substantivischen Grundwort das Infinitivsuffix -en generell getilgt und nur unter gewissen Bedingungen das Fugenelement -eangefügt wird (s. 1.3.2), sind verbales und substantivisches Bestimmungswort oftmals formal identisch. Vgl.: Baustelle, Dauereinsatz, Schlagstock, Streitwert, Laufweg, Rufnummer, Beweiskraft, Sitzordnung, Angelschnur, Schlafwagen. Andererseits lassen zahlreiche Erstglieder hinsichtlich ihrer Bedeutung eine zweifache Interpretation zu: nämlich als Verbstamm oder als Substantiv; doppelt motiviert erscheinen so z.B.: • Laufweg: Weg, auf dem/ wo man läuft Weg des Laufens (Verbstamm) Weg des Laufes (Substantiv) • Rufnummer: Nummer zum (An)rufen Nummer des Rufs • Beweiskraft: Kraft des Beweisens; Kraft, etw. zu beweisen Kraft des Beweises • Angelschnur: Schnur zum Angeln Schnur der Angel. 15 14 Das Verhältnis ‚nicht ganz‘ - ‚ganz‘ wird dann ohne das Erstglied (Wahrheit), sondern durch eine äquivalente Wortgruppe (die volle Wahrheit) bzw. durch eine Wortgruppe mit einem anderen Adjektiv (die ganze Wahrheit) zum Ausdruck gebracht. Oder man greift gleich auf Komposita mit anderen Adjektiven wie z.B. bei Halbleinen - Ganzleinen zurück. 15 Wie eng sich substantivisches und verbales Erstglied berühren, zeigt auch das Nebeneinander von entsprechenden Komposita mit gleicher Wurzel, die bei identischem Zweitglied keinen nennenswerten Bedeutungsunterschied ausdrücken: Zugbrücke - Ziehbrücke, Treibrad - Triebrad, Mischungsverhältnis - Mischverhältnis (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 109f.). 74 Zur substantivischen Wortbildung Ob im konkreten Fall von einem verbalen oder substantivischen Bestimmungswort auszugehen ist, bleibt wohl oftmals der subjektiven Einschätzung des Sprechenden überlassen. Der verbale Bestandteil der Komposition kann in folgenden Strukturvarianten auftreten: 1. a) Das Erstglied ist gewöhnlich ein heimischer Wortstamm; dieser gehört zu einem Simplex oder einem Präfixverb: Sammelpunkt, Schwimmbad, Fehlbesetzung, 16 Anmeldepunkt, Einschreibeliste. 17 Verbstämme von Fremdwörtern haben nicht diese Verbreitung. Davon ausgenommen sind Verben mit dem Suffix -ier: Planierraupe, Destillierapparat. b) Verbindungen von mehreren Verbstämmen sind nicht üblich, sie begegnen, wie z.B. Streckspinnverfahren (Fleischer 1983, 90), fast ausschließlich in den Fachsprachen. An den Verbstamm (das Verb/ verbale Erstglied) können weitere Elemente (Substantive und Adjektive) angefügt werden. Die Mehrheit der auf diese Weise entstehenden dreigliedrigen Komposita ist ebenfalls dem Fachwortschatz zuzuordnen: Sommerfahrplan, Leisesprechtelefon (ebenda), Büroschreibmaschine, Metallbaukasten, Tiefkühltruhe, Schmelztauchanlage, Fließdrückmaschine (vgl. Lexikon der Technologie 1992). 18 2. Der selten vorkommende Infinitiv in unveränderter Form ist in den meisten Fällen wohl eher als substantivisches Erstglied aufzufassen - darauf deutet auch das Fugenelement hin: Wissensgesellschaft. Bei den Verben trocknen, zeichnen und rechnen erscheint der Infinitiv in einer Variante: Zeichenstift, Trockenraum, Rechentafel (s. 1.3.2). 3. Formen des finiten Verbs bleiben auf wenige Beispiele begrenzt und müssen daher als absolute Ausnahmen betrachtet werden: Kannbestimmung, Istaufkommen (tatsächlicher Steuerertrag). 16 Aufgrund der hohen Produktivität verdient das verbale Fehlmit seinen verschiedenen Sememen besondere Beachtung: a) ‚etw. Unangemessenes/ Falsches tun‘ (Fehlurteil), b) ‚etw. von der Regel/ Norm Abweichendes‘ (Fehlentwicklung), c) ‚etw. nicht Vorhandenes‘ (Fehlbetrag) (DUW). 17 Abgesehen von semantischen Einschränkungen, vgl. die bei Kienpointner (1985, 390ff.) angegebene Liste zu den am häufigsten gebrauchten Verbstämmen, können manche Verben aufgrund bestimmter Affixe nicht als Erstglied fungieren. Dies betrifft z.B. Verben mit dem Suffix -ig; das Erstglied bildet dann eine entsprechende Ableitung mit dem Suffix -ung: einigen + Prozess → Einigungsprozess. 18 In Bildungen wie Leisesprechtelefon gehört das Verb zur ersten Konstituente, die eine attributive Wortgruppe darstellt: leise sprechen + Telefon = 1. UK (Adjektiv + Verbstamm) + 2. UK (Substantiv). Um ein anderes Strukturmuster handelt es sich dagegen bei Sommerfahrplan, denn der Verbstamm bildet das Zweitglied: Sommer + Fahrplan = 1. UK (Substantiv) + 2. UK (Verbstamm + Substantiv). 75 Substantivische Komposition 3.2.1.3.2 Semantische Beziehungen des Grundtyps Verb + Substantiv Zusammensetzungen mit verbalem Erstglied besitzen zahlreiche Bedeutungsbeziehungen. Sie sind jedoch nicht so vielfältig wie beim Grundtyp Substantiv + Substantiv, obgleich es recht viele Übereinstimmungen gibt, was die folgende Übersicht zu den wichtigsten semantischen Mustern unterstreicht. 19 Muster Beispiel Paraphrase a) ‚l o k a l‘ - A geschieht/ vollzieht sich in B Kochecke Ladefläche Ecke, in der man kocht Fläche, auf die man etw. lädt b) ‚t e m p o r a l‘ - B bestimmt Zeitpunkt/ Zeitdauer von A Wandertag Schonzeit Tag, an dem man wandert Zeit, in der man jmdn./ etw. schont c) ‚i n s t r u m e n t a l‘ - B ist Mittel/ Instrument für A 20 Schweißgerät Klebeband Gerät, mit dem man schweißt Band, das man für/ zum Kleben verwendet d) ‚k a u s a l‘ - A ist Ursache von B - B ist Ursache von A Kratzwunde Brechreiz Wunde, die durch Kratzen entsteht Reiz, der Brechen bewirkt/ auslöst e) ‚m o d a l‘ - A bestimmt Art und Weise von B Stehempfang Empfang, der im Stehen erfolgt f) ‚t h e m a a n g e b e n d / e x p l i k a t i v‘ - B bezieht sich auf A Rauchverbot Sehtest Verbot in Bezug auf das Rauchen Test, der das Sehen überprüft g) ‚A g e n s‘ - B tut/ schafft A Stechmücke Mücke, die sticht h) ‚P a t i e n s‘ - mit B wird A getan/ ist getan worden Leihwagen Kochschinken Wagen, der geliehen wird Schinken, der gekocht wird/ worden ist (vgl. auch Ortner/ Ortner 1984, 146ff.; Kienpointner 1985, 137ff.). 19 Aus stilistischen Gründen und um Missverständnisse zu vermeiden, wird die vollständige Paraphrase angeführt. 20 Das semantische Muster ‚instrumental‘ - bei Eichinger (2000, 190) ‚funktional-zweckbestimmend‘ - kommt am häufigstem vor (vgl. Kienpointner 1985, 137ff.; Ortner/ Ortner 1984, 146ff.). 76 Zur substantivischen Wortbildung 3.2.1.4 Weitere flektierbare Wortarten als Erstglieder a) Numerale + Substantiv Zahlwörter sind im Vergleich zu den oben beschriebenen Grundtypen von untergeordneter Bedeutung. Als Erstglieder finden primär die beiden Hauptgruppen der Numeralien - Kardinalia (Grundzahlen) und Ordinalia (Ordnungszahlen) - Anwendung. Bei den Kardinalia wird hauptsächlich auf die Zahlen 0 bis 12 zurückgegriffen, wobei diese meist Bestandteil eines fachsprachlichen Ausdrucks sind: Nullmenge (mathematischer Begriff), Nulldiät (kalorienarme Diät), Dreirad, Vierfürst (Tetrarch), Zwölfkampf (Turndisziplin). 21 Noch begrenzter in ihrem Gebrauch erweisen sich Ordnungszahlen. Zum Kreis der allerdings reihenbildenden Kompositionsglieder zählen Erst-, Zweit- und Dritt-, welche ausnahmslos die Flexionsendungen tilgen. Etliche dieser Bildungen sind ebenfalls terminologisiert. Vgl.: Erstsemester, Zweitschlüssel, Drittmittel (finanzielle Mittel, die öffentliche Einrichtungen von der Industrie, Stiftungen o.ä. erhalten); Aktiv beteiligt an der Bildung mit Numeralien sind die sog. Vervielfältigungszahlwörter mit dem Suffix -fach sowie doppelt-. Das sehr geläufige doppelt verliert in der Komposition das auslautende -t. Synonymisch steht es zweifach gegenüber, wenngleich hier die attributive Wortgruppe bevorzugt wird: Dreifachpackung; Doppelmord - Zweifachmord (zweifacher Mord). b) Pronomen + Substantiv Pronomen spielen für substantivische Komposita ebenfalls eine unerhebliche Rolle. Erwähnenswert sind allenfalls einige Personalpronomen wie in Icherzählung, Dubeziehung, Wirgefühl (Zusammengehörigkeitsgefühl). Ungleich größere Beachtung verdient das undeklinierbare Demonstrativpronomen selbst, da es sich durch eine hohe Kompositionsaktivität ausgezeichnet. Charakteristisch ist die Verbindung mit Derivaten, die von zumeist reflexiven Wortgruppen stammen (vgl. Fleischer 1983, 96f.): Selbstironie, Selbstverteidigung ( ← sich selbst verteidigen), Selbsteinschätzung, Selbstbetrug. 3.2.1.5 Unflektierbare Wortarten als Erstglieder Die einzelnen flektionslosen Wortarten werden in unterschiedlicher Weise für die Bildung substantivischer Komposita beansprucht. Vernachlässigbar sind aufgrund ihrer Ungeläufigkeit Konjunktionen (Weil-Nebensatz) sowie Interjektionen (Hurraruf). Ein anderes Bild bieten dagegen Präpositionen 21 Keine Berücksichtigung finden hier Konstruktionen wie Fünfsitzer (Auto mit fünf Sitzen) oder Dreimaster (Segelschiff mit drei Masten), da es sich um explizite Ableitungen handelt, denen eine Wortgruppe zugrunde liegt (fünf Sitze, drei Masten). Diese Verbindungen begegnen viel häufiger (s. 3.3.2.2.4). 77 Substantivische Komposition und - in eingeschränktem Maße - Adverbien, die sich durch eine recht hohe Kompositionsaktivität auszeichnen. a) Präposition + Substantiv Längst nicht alle Präpositionen sind in substantivischen Zusammensetzungen anzutreffen. Verwendungen finden vor allem diejenigen, die bereits als Adverbien existieren oder an der Verbbildung beteiligt sind (s. 5.3.1.5). 22 Die Masse der präpositionalen Erstkonstituenten lässt sich in die Hauptgruppen ‚lokal‘ und ‚temporal‘ aufteilen, wobei Letztere bei weitem nicht so umfangreich ist. Hinzu treten noch einige weniger bedeutsame semantische Muster. In Anlehnung an Wellmann (1995, 478ff.) sowie Fleischer/ Barz (1995, 116ff.) können die Präpositionen folgendermaßen geordnet werden: Muster Präposition Beispiel ‚l o k a l‘ ab-, auf-, aus-, bei-, binnen-, gegen-, nach-, neben-, über-, um-, unter-, vor-, zwischen Abgrund, Aufwind (aufsteigender Luftstrom), Auslinie (im Sport), Beiblatt, Binnenhafen, Gegenverkehr, Nachname, Nebenraum, Überrock, Umkreis, Unterkörper, Vorhof, Zwischenwand ‚t e m p o r a l‘ nach-, vor-, zwischen- Nachkur, Vormonat, Zwischenmahlzeit ‚e n t g e g e n g e s e t z t‘ gegen- Gegenbeispiel ‚s o z i a t i v‘ (personenbezogen zusammen) mit- Mitmensch ‚p e j o r a t i v‘ (personenbezogen) ab- Abschaum (als minderwertig angesehene Menschen) ‚u n b r a u c h b a r / n i c h t v e r w e r t b a r‘ ab- Abprodukt (Abfall, Müll) ‚z u s ä t z l i c h / e r g ä n z e n d‘ auf-, neben-, zu- Aufpreis (Mehrpreis), Nebengeräusch, Zubrot ‚n o r m a b w e i c h e n d‘ über-, unter- Übergröße, Untergewicht ‚v o r l ä u f i g‘ vor-, zwischen- Vorvertrag, Zwischenergebnis ‚p a r t i t i v‘ (teilweise, anteilig) mit- Mitschuld ‚u n t e r g e o r d n e t‘ (weniger wichtig) neben- Nebenrolle 22 Hier wie für die Adverbien (s. b)) gilt das unter Anmerkung 21 Gesagte: Ableitungen aus Wortgruppen (sich vorstellen → Vorstellung, sofort wirken → Sofortwirkung) und komplexen Verben (übernachten → Übernachtung) sowie Konversionsprodukte (Abstoß ← abstoßen) lassen sich nicht als substantivische Komposita klassifizieren. 78 Zur substantivischen Wortbildung Einige Bildungen mit präpositionalem Erstglied repräsentieren exozentrische Komposita. Hier einzuordnen sind Zusammensetzungen wie Nachmittag, Übersee und Vorsaison. 23 b) Adverb/ Partikel + Substantiv Adverbien und Partikeln werden in weit geringerem Maße für substantivische Zusammensetzungen herangezogen; ihr Einsatz ist zudem auf wenige Vertreter dieser Wortart beschränkt. Dazu zählt zunächst das außerordentlich produktive, auch bei okkasionellen Bildungen 24 beobachtbare nicht. Vgl.: Nichtfachmann, Nichtmetall, Nichtmuttersprachler. 25 Als primär okkasionell, muss man ferner Komposita mit noch, fast und beinahe betrachten: Noch-Kanzler, Noch-Ehemann, Fast-Trainer, Beinahe-Wahlsieg. Lange Reihen kann dagegen das temporale Adverb sofort bilden: Sofortmaßnahme, Sofortaktion. Komposita jener Art werden offenbar durch Bildungen im Englischen beeinflusst (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 119). Ähnlich aktiv zeigen sich die lokalen Adverbien außen, innen, in geringerem Maße links, rechts und zurück, wobei das zuletzt Genannte in der Variante Rückauftritt: Außenpolitik, Außenwand, Innenfläche, Innenarchitekt, Linkspartei, Rechtskurve, Rückweg. 26 3.2.1.6 Konfix + Substantiv Da Konfixe (Kombineme) eine Zwischenstellung zwischen Grundmorphemen und Affixen einnehmen (s. 1.1.2), ist es angebracht, sie gesondert zu betrachten. Bei der Mehrzahl der uns interessierenden Konfixe handelt es sich um nichtheimische Morpheme aus dem Lateinischen und Griechischen (Latinismen und Gräzismen). In jüngerer Zeit fließen auch verstärkt Konfixe aus dem amerikanischen Englisch in das Deutsche ein. Zu den besonders kompositionsaktiven Erstkonstituenten zählen u.a. Multi-, Pseudo-, Auto-, Proto-, Semi-, Hydro-, Neo-, Vize-, Openair (engl. für 23 Es wird etwas bezeichnet, was das Grundwort nicht enthält bzw. nicht genau wiedergibt und erst außerhalb der Komposition durch eine Paraphrase beschreibbar ist. Vgl.: Nachsommer = Tage im späten Sommer oder schon frühen Herbst, Vorsaison = Zeitraum vor der Hauptreisezeit, Übersee = jenseits der Ozeane gelegene Kontinente (s. dazu auch 2.2.1). 24 Unter einem Okkasionalismus (Gelegenheits- oder Augenblicksbildung) versteht man ein nur in einer bestimmten Situation gebildetes Wort, das darüber hinaus kaum Gebrauch findet. Okkasionalismen sind in diesem Sinne nicht lexikalisiert, können sich aber natürlich zu Lexikalisierungen entwickeln. Näheres dazu s. Plank (1981, 206), Fleischer (1983, 18) und Wellmann (1995, 400). 25 Wellmann (1995, 493) und Erben (2000, 86) rechnen Komposita mit nicht zu den sog. Negationsbildungen. 26 In einigen Verbindungen ist Hindas Antonym zu Rück-: Rückweg - Hinweg, Rückspiel - Hinspiel, aber: Rückseite - Vorderseite. 79 Substantivische Komposition Freilicht-, im Freien), Top- (engl. für Spitze), welche teilweise fachsprachlich geprägt sind und die Verbindung mit vornehmlich heimischen, aber auch fremdsprachigen Substantiven (hybride Bildungen) eingehen: Multivitaminsaft, Pseudowissenschaft (scheinbare Wissenschaft), Autosuggestion, Prototyp, Semivokal (Halbvokal), Hydrotechnik (Wasserbau), Neoklassizismus, Vizepräsident, Openairkonzert, Topfavorit. 27 Mini- (sehr klein, kurz) und Mikro- (klein) - beide zeichnen sich durch eine besonders hohe Produktivität aus - sowie Mono- (ein, allein) stehen zu Maxi- (groß, überdimensional), Makro- (lang, groß) und Poly- (viel, mehrfach) in einem antonymischen Verhältnis, wenngleich die Verbindung mit einem identischen Zweitglied nicht immer möglich ist. Vgl.: Minirock - Maxirock Minipartei - Maxiversion (eines Liedes) Mikrofilm - Makroklima (Großklima) Mikrofauna (Kleintierwelt) - Makrostruktur Monovalenz (Einwertigkeit) - Polyvalenz. Einige der genannten Morpheme sind mittlerweile auch außerhalb der Kombination mit einem Substantiv anzutreffen. So wird Multi inzwischen als Kurzwort für einen multinationalen Konzern gebraucht, das gilt auch für Vize (synonymisch zu Stellvertreter). Noch weiter gespannt sind die Beziehungen bei Mini-, Maxi- und Top-. Laut DUW sind Mini- und Maxibereits als frei gebrauchte Adjektive und Substantive anzusehen: Der Rock ist mini, maxi. Daneben begegnen die umgangssprachlichen Kurzformen Mini und Maxi (für Rock). Tophat ebenfalls eine adjektivische Bedeutung (sie ist top vorbereitet = sie ist sehr gut vorbereitet) und kommt sogar als abgeleitetes Verb vor: toppen (übertreffen). Insofern muss hier der Konfixcharakter ebenso bezweifelt werden. Heimische Konfixe sind im Gegensatz zu den oben genannten fremdsprachigen nur eine Randerscheinung. Das betrifft sowohl ihre Zahl als auch die Kompositionsaktivität. Erwähnung können hier lediglich Stief- und Schwiegerfinden, welche man für die Kennzeichnung von Verwandtschaftsbeziehungen gebraucht: Stiefmutter, Stiefkind, Schwiegereltern, Schwiegertochter (vgl. auch Schmidt 1987, 37ff.). 27 Umstritten ist die Einordnung von adjektivischen Formen auf -al. Vgl.: generelle Vollmacht → Generalvollmacht, spezielle Ausbildung → Spezialausbildung, sexueller Verkehr → Sexualverkehr. Wellmann (1995, 474) betrachtet sie als Varianten der entsprechenden Adjektive. Wenn man jedoch andererseits berücksichtigt, das -al nur in Erstgliedern substantivischer Komposita vorzufinden ist, kann man in diesem Fall, wie Fleischer/ Barz (1995, 121f.) das tun, von einem Konfix ausgehen. 80 Zur substantivischen Wortbildung 3.2.1.7 Wortgruppe + Substantiv Grundsätzlich muss noch einmal darauf hingewiesen werden, dass der Grundtyp Wortgruppe + Substantiv eine Abgrenzung von anderen Bildungsarten verlangt. Nicht in Betracht kommen Konstruktionen, wo eine Wortgruppe als Basis für eine Ableitung fungiert. Oft handelt es sich um frei existierende verbale Fügungen wie in Schuhmacher (Basis: Schuhe machen + Suffix -er) oder Kampfführung (Basis: einen Kampf führen + Suffix -ung) (s. Anmerkung 21). Derartige Konstruktionen - auch mit dem Terminus „Zusammenbildung“ umschrieben (vgl. Wellmann 1995, 425; Erben 2000, 35) - sind aufgrund ihrer Struktur zu den expliziten Ableitungen zu rechnen (s. 3.3.2.2). 28 Die Wortgruppe ist eine Domäne des Substantivs, das mit anderen Wortarten die Verbindung herstellt. Im Einzelnen sind folgende Strukturmuster erkennbar, wobei die erste UK i.d.R. nicht frei als Wort vorkommt: a) Wortgruppe Adjektiv + Substantiv volles + Korn → Vollkornbrot rotes + Kreuz → Rotkreuzschwester mehrere + Zwecke → Mehrzweckwaffe alte + Männer → Altmännererotik 29 b) Wortgruppe Kardinalzahl + Substantiv vier + Takte → Viertaktmotor 20 + Euro → 20-Euro-Schein 80 + Millionen → 80-Millionen-Volk 30 c) Wortgruppe Substantiv + (und) + Substantiv Lehrer-Schüler-Verhältnis Grund-Folge-Beziehung Nacht-und-Nebel-Aktion (heimlich durchgeführte Aktion) d) Wortgruppe Präposition/ Konjunktion + Substantiv unter + Wasser → Unterwasserjagd nach + Krieg → Nachkriegsgeneration Wort + für + Wort → Wort-für-Wort-Übersetzung. 28 Zur mitunter schwierigen Unterscheidung von Derivat und Komposition s. 2.2.1, 2.2.2. 29 Diese Verbindung tritt zusammen mit b) am häufigsten auf (vgl. auch Leser 1990, 106ff.; Lawrenz 1995, 39ff.; Fleischer/ Barz 1995, 122). Bei Zusammensetzungen dieser Art fallen zumeist die adjektivischen Flexionsendungen weg. Gelegentlich trifft man auch auf Konstruktionen mit Flexionsendungen: Arme-Leute-Essen, Graue-Maus-Dasein, Braves-Mädchen- Image (vgl. Lawrenz 1995, 39ff.). 30 Der Gebrauch von Zahlwörtern in Verbindung mit Zeitangaben weist hinsichtlich des Fugenelements einige Besonderheiten auf. Konsequent mit -nwerden Sekunde, Minute, Stunde, Woche, Million und Milliarde verwendet: 10-Sekunden-Lauf, 35-Stunden-Woche; Tag, Monat und Jahr dagegen mit -ebzw. -s-: Eintagsfieber, Sechs-Tage-Krieg, Fünf-Monats-Kurs; Jahr begegnet auch ohne Fugenelement: 1000-Jahr-Feier! 81 Substantivische Komposition Sowohl + als + auch → Sowohl-als-auch-Kriterium kreuz + und + quer → Kreuz-und-quer-Ritt (planloser Ritt). 31 3.2.1.8 Satz + Substantiv Zusammensetzungen mit dieser Struktur sind sehr wohl möglich, stellen aber in der Praxis die Ausnahme dar. Viele Bildungen finden sich in der schöngeistigen Literatur und Publizistik. Sie sind oft eine Eigenheit des jeweiligen Autors, der dadurch meist eine höhere Expressivität erzielen will. Es handelt sich deshalb eindeutig um Gelegenheitsbildungen wie z.B. Schuld-sind-immerdie-anderen-Meinung, Ab-und-zu-muss-man-es-wieder-einmal-probieren-Einsatz (Wellmann 1995, 468). 32 Anders zu beurteilen sind Konstruktionen mit dem Imperativ wie Trimmdich-Methode (sportliche Betätigung mittels bestimmter Geräte) oder Stehaufmännchen (Mensch, der Misserfolge schnell überwindet). Diese Ausdrücke zählen schon zum usuellen Wortbestand, sind Allgemeingut der Sprachträger. 3.2.1.9 Mehrgliedrige Komposita Es sind Zusammensetzungen, die aus drei, vier oder mehr Elementen bestehen. 33 Die Tendenz zur Formierung von derartig langen Komposita findet sich in erster Linie im Bereich der Fachsprache, vornehmlich in Textsorten der Natur- und Wirtschaftswissenschaften, Technik, Verwaltung, des Finanzwesens und des Sports. Allerdings erscheinen sie auch im zunehmenden Maße in nicht fachsprachlich geprägten Texten. Vgl.: Messingkerzenhalter, Lebensmittelgroßmarkt, Gepäckaufbewahrungsschein Innenstadtsanierungskonzept, Südseereisekatalog, Blutalkoholwertüberprüfung Kindergartenspielplatzumbau, Kamelhaarmantelfaser, Steuervergünstigungsabbaugesetz. Oft handelt es sich bei den Elementen um Substantive; seltener sind Verben und Adjektive: Geschirrspülmaschinenhersteller, Edelobstanbaugebiet. 31 Verbale Wortgruppen in Erstgliedposition wie Ziegelbrenntechnik (Ziegel brennen + Technik) oder Wäscheabholdienst (Wäsche abholen + Dienst) spielen eine vergleichsweise untergeordnete Rolle. 32 Vgl. auch die expressiven Satz-Bildungen bei Fleischer (1983, 100) und Erben (2000, 62). 33 Unter den mehrgliedrigen, d.h. aus mehr als zwei Elementen bestehenden Zusammensetzungen treten die dreigliedrigen Kompositionen am häufigsten auf, gefolgt von den viergliedrigen. Obgleich nach oben die Grenze offen ist, stellen Bildungen mit fünf oder mehr Teilen aufgrund ihrer Unübersichtlichkeit und Länge eine Seltenheit dar (vgl. auch Erben 2000, 32). Einige der hier sowie vor allem im sich anschließenden Übungsteil (s. 3.2.2, Aufgaben 14 und 15) angeführten Beispiele dieser Art entstammen den Fachbüchern von Schneck (1998) und Brede (2001). 82 Zur substantivischen Wortbildung Ungeachtet der Länge der einzelnen Kompositionen ist auch hier die binäre Gliederung erkennbar, die Zurückführung auf zwei unmittelbare Konstituenten (s. 2.2.1), was durch Paraphrasierung nachgewiesen werden kann: Spielplatzumbau → Umbau des Spielplatzes Lebensmittelgroßmarkt → Großmarkt für Lebensmittel. Komposita mit vier oder mehr Teilen lassen sich i.d.R. leicht in einzelne Glieder, d.h. in ihre Grundmorpheme (GM) - einschließlich der dazu gehörenden Affixe - auflösen. Dabei entspricht die Auflösung oft der umgekehrten Reihenfolge der Glieder in der Zusammensetzung. Vgl.: Geschirrspülmaschinenhersteller = GM1 + GM2 + GM3 + GM4 = Hersteller (GM4) von Maschinen (GM3) zum Spülen (GM2) von Geschirr (GM1) Steuervergünstigungsabbaugesetz = Gesetz (GM4) zum Abbau (GM3) von Vergünstigungen (GM2) bei Steuern (GM1). Diese lineare Abfolge ist jedoch kein durchgängiges Stellungsprinzip, denn in den Mehrfachkomposita sind unterschiedliche „Stufen der Komplexbildung“ (Erben 2000, 32) beobachtbar. An primäre bzw. sprachübliche Kompositionen können weitere GM angefügt werden - die enge Zusammengehörigkeit der Konstituenten und deren Gliederung ist am besten mithilfe von Klammern darstellbar (vgl. ebenda): Autobahnraststättenabriss = Abriss (GM5) von Raststätten (GM3 + GM4) an der Autobahn (GM1 + GM2) Innenstadtsanierungskonzept = Konzept (GM5) zur Sanierung (GM4) der Innenstadt (GM1 + GM2). 3.2.1.10 Possessivkomposita Wie bereits darauf hingewiesen wurde, handelt es sich bei den Possessivkomposita um eine besondere Art des Determinativkompositums (s. 2.2.1). Ihr Anwendungsbereich liegt vorrangig in der spezifischen Bezeichnung meist männlicher Personen. Bei vielen Possessivkomposita ist das Pars-pro-toto- Verhältnis nur noch undeutlich wahrnehmbar - sie weisen einen relativ hohen Idiomatisierungsgrad auf, was nochmals durch folgende Beispiele illustriert sei: Graukopf: eindeutige Pars-pro-toto-Beziehung - jemand hat graues Haar Starrkopf: unscharfe Pars-pro-toto-Beziehung - metaphorisch für jemanden der starrköpfig, d.h. äußerst eigenwillig ist. Grünschnabel: kaum noch erkennbare Pars-pro-toto-Beziehung - grün symbolisiert die Unerfahrenheit, der Schnabel (eigentlich bei Tieren gebraucht) entspricht dem Mund = unerfahrener, unreifer Mensch (vgl. Naumann 2000, 45). 83 Substantivische Komposition Jene stark idiomatisierten Komposita nähern sich somit den unten beschriebenen metaphorischen Benennungen. Nicht nur Personen, sondern auch Tiere und Pflanzen werden durch Possessivkomposita charakterisiert. Zu Ersteren gehören beispielsweise Schwarzkehlchen (Singvogel mit schwarzem Gefieder an der Brust) und Neunauge (Fisch mit Vertiefungen am Kopf, die Augen ähneln). Als Beispiel aus dem Pflanzenbereich kann u.a. Löwenmäulchen (Blume, deren Blüten an aufgerissene Mäuler von Löwen erinnern) angesehen werden. 3.2.1.11 Metaphorische Benennungen von Personen Semantisch enge Berührungen gibt es insbesondere zwischen bestimmten Personen und metaphorischen Bezeichnungen. Darunter fällt eine Reihe von heterogenen Zusammensetzungen, die ebenfalls der Charakterisierung von Personen dienen. Um die jeweilige Person treffend kennzeichnen zu können, greift man auf ausgewählte Benennungen für Tiere, Verwandte, Vornamen und Gegenstände zurück. Die Übertragung von vermeintlichen Tiereigenschaften auf Menschen erweist sich als ein in mehreren Sprachen angewandtes Mittel zur Ausdrucksverstärkung. 34 In den deutschen Komposita wird hierbei das Erstglied meist von einem Substantiv und Verb, seltener von einem Adjektiv gebildet: Unglücksrabe (jemand, der oft Pech hat), Brummbär (meist schlecht gelaunter, vor sich hin schimpfender Mensch), Frechdachs (vorwitziges, übermütiges Kind). Verwandtschaftsbeziehungen in Zweitgliedposition unterstreichen den zumeist pejorativen Charakter der Komposition. Sie sind - wie auch die nachfolgenden Konstruktionen - vor allem in der saloppen Umgangssprache anzutreffen. Vgl.: Klatschbase (Frau, die ständig Gerüchte über jmdn. verbreitet und private Dinge weitererzählt), Zechbruder (Mann, der gern und reichlich Alkohol konsumiert). Näheres s. Fleischer (1983, 108). Salopp wirken auch die als Zweitglieder gebrauchten Vornamen. Diese „deonymischen Komposita“ (Fleischer/ Barz 1995, 135) - das Erstelement ist entweder ein Verbstamm oder ein Substantiv - zeichnen sich ebenfalls durch eine negative, eine Abwertung zum Ausdruck bringende Konnotation aus: Heulsuse (weibliche Person, die oft grundlos weint), Prahlhans (jmd., der ständig angibt; synonym zu Angeber). Der Kreis der verwendeten Vornamen ist ziemlich klein; zudem erscheinen einige in sehr umgangssprachlicher bzw. abgekürzter Form wie Fritze (von Fritz), Suse (von Susanne) oder Michel (von Michael). 35 Über eine gewisse Pro- 34 Typisch ist im Deutschen der Gebrauch von Bezeichnungen für Vögel und Säugetiere (vgl. auch Palm 1997, 40f.). In anderen Sprachen - u.a. in den slawischen - stehen dafür vor allem Suffixe zur Verfügung. 35 Viele Vornamen sind untereinander austauschbar wie z.B. Bummelfritze, Bummelliese, Heulliese, Heulpeter; sie kennzeichnen damit das Geschlecht. 84 Zur substantivischen Wortbildung duktivität verfügt das von Friedrich abgeleitete Fritze, das zur Bildung von Reihen herangezogen wird. Vgl.: Quasselfritze (jmd., der viel redet), Bummelfritze (jmd., der Handlungen sehr langsam ausführt), Tapetenfritze (abschätzig für jmdn., der sich beruflich mit Tapeten beschäftigt) (vgl. Spalding 1996, 37). 36 Zum begrenzten Inventar der Gegenstandsbenennungen zählen Substantive wie Tasche, Lappen oder Pilz. Anders als die oben erwähnten Zusammensetzungen können sie auch eine positive Konnotation zum Ausdruck bringen. Vgl.: Plaudertasche (synonym zu Quasselfritze und Klatschbase), Glückspilz (Person, die ständig Glück hat, der alles gelingt). Aufgrund ihres metaphorischen Charakters sind jene Kompositionen auch Gegenstand der Phraseologie. Darauf weisen die für diese Bildungen zuweilen verwendeten Termini „Einwortidiome“ oder „Einwortphraseologismen“ hin (vgl. auch Palm 1997, 11ff.; Fleischer 1997, 249f.). 3.2.2 Übungen ‹ 1. Ermitteln Sie das Strukturmuster, das dem substantivischen Kompositum zugrunde liegt! Beispiel: Übungsbuch: 1. UK: Suffixderivat (Übungs), 2. UK: Simplex (Buch) Alpengipfel, Wintersportwetter, Schädlingsbekämpfung, Schwerstarbeit, Einehe, Mitreisender, Unglücksort, Fahrerlaubnis, Elementarschule, Nichtwähler, Mindestalter, Wagner-Oper, Fußballbundesliga, Indischrot, Sollstärke, Topform, Nationalfeiertag, Abstellraum, Selbstzweifel, Bankangestellte, Schießplatz, Stromunkosten, Schnellgaststätte, Urwaldlebewesen, Mehrausgabe, Südbahnhof, Verwandtschaftsgrad, Schaffensperiode ‹ 2. Geben Sie für folgende Komposita mit substantivischem Erstglied die entsprechende Paraphrase an! Welches semantische Muster liegt vor? Beispiel: Abendspaziergang = Spaziergang am Abend semantisches Muster: ‚temporal‘ Staatseigentum, Zwergpudel, Teekanne, Kopfstoß, Hochzeitsfeier, Stromgenerator, Porzellantasse, Silvesterfeuerwerk, Tischkante, Büroarbeit, Hochwasserschaden, Ölförderung, Bismarckbiografie, Südfrucht, Zwiebelkuppel, Marmorplatte, Porträtmaler, Riesenappetit, Obstverkauf, Vogelschwarm, Hitzeschild, Deckelvase, Pilzbuch, Plastiktüte, Morgengymnastik, Freudentränen, Gartentür, Wolfsrudel, Bienenhonig, Eröffnungsrede, Hemdkragen, Baumwollkleid, Axtschlag, Nachtschicht, Direktorenzimmer, 36 Familiennamen als Zweitglieder werden heute nur noch vereinzelt gebraucht (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 135), so z.B. - ebenfalls pejorativ - Schlaumeier (jmd., der schlau, gerissen ist und andere ständig korrigiert) oder Drückeberger (jmd., der sich einer Verantwortung nicht stellt). 85 Substantivische Komposition Rasentennis, Textübersetzer, Weizenanbau, Rinderherde, Kirschkuchen, Monatsgehalt, Seuchenschutz, Kegeldach, Stacheldraht, Blechdose, Gesellschaftsreise, Bergspitze, Seewind, Schafzucht, Elternhaus ‹ 3. Bilden Sie geläufige Augmentativa, indem Sie die unter a) befindlichen Substantive als Erstglieder verwenden! Beachten Sie, dass das Erstglied sich mit mehreren Zweitgliedern verbinden kann (Mehrfachbildungen)! Bei welchen Bildungen handelt es sich um Synonyme? Stellen Sie in diesen Fällen eine Synonymreihe auf! a) Affe(n), Bilderbuch, Blitz, Glanz, Heide(n), Hölle(n), Hund(e), Mammut, Marathon, Meister, Mord(s), Muster, Pfund(s), Pracht, Qualität(s), Sau, Spitze(n) b) Sitzung, Spaß, Wetter, Gehalt, Qualität, Geld, Respekt, Kälte, Straße, Hunger, Wut, Fraß, Glück, Hitze, Landung, Kerl, Leistung, Angst, Ehe, Karriere, Produkt, Ware, Spiel, Besuch, Punkt, Lärm, Mannschaft, Dieb, Gatte, Veranstaltung, Leben, Ding, Schütze, Exemplar, Technologie, Sportler ‹ 4. Verbinden Sie das Adjektiv mit dem Substantiv! Beachten Sie, dass bei der Komposition das adjektivische Suffix erhalten bleiben bzw. entfallen kann! schulisch - Noten, papieren - Drachen, portugiesisch - Unterricht, mütterlich - Liebe, niedrig - Preis, komfortabel - Wohnung, stählern - Rohr, indefinit - Pronomen, kölnisch - Wasser, luxuriös - Leben, tierisch - Knochen, molekular - Biologe, dokumentarisch - Aufnahme, flüssig - Dünger, menschlich - Blut, tropisch - Krankheit, exklusiv - Bericht, arabisch - Kurs, samten - Stoff, drehbar - Tür, finanziell - Skandal, gerichtlich - Urteil, sächsisch - Metropole, politisch - Prominenz, heilig - Abend, narbig - Gesicht, pflanzlich - Fett, nordöstlich - Wind, feudal - Adel, sommerlich - Gewitter ‹ 5. Bilden Sie mithilfe der Adjektive entsprechende (feste) Verbindungen! Entscheiden Sie, ob im jeweiligen Fall ein Kompositum oder eine attributive Wortgruppe vorliegt! Beachten Sie dabei die Idiomatisierung und Terminologisierung! Beispiel: blind: Passagier, Auge, Darm, Alarm → blinder Passagier, blindes Auge, Blinddarm, blinder Alarm a) falsch: Geld, Meldung, Parker, Gebiss b) golden: Uhr, Barren, Regel, Hamster c) kalt: Schale, Miete, Buffet, Nase d) weiß: Maus, Kraut, Wurst, Bier 86 Zur substantivischen Wortbildung e) süß: Stoff, Mandeln, Wasser, Waren f) blau: Licht, Säure, Montag, Kleid g) tief: Wunde, Schüssel, Garage, Druck h) kurz: Schrift, Prozess, Welle, Geschichte i) rot: Armee, Barsch, Kaviar, Kehlchen j) schwer: Punkt, Industrie, Gepäck, Kraft k) tot: Winkel, Geburt, Kapital, Sprache l) schwarz: Maler, Arbeit, Markt, Fahrer m) leicht: Fehler, Bauweise, Wind, Athletik n) frei: Tod, Platz, Bad, Stoß o) gemischt: Chor, Karten, Waren, Doppel p) dick: Schädel, Seil, Darm, Ast q) wild: Streik, Wuchs, Wasser, Wein r) grün: Gras, Span, Futter, Gurken s) hoch: Kunst, Deutsch, Sommer, Norden t) klein: Vieh, Finger, Summe, Bürger u) fern: Zukunft, Heizung, Glas, Land v) gelb: Sucht, Blatt, Frucht, Haut w) groß: Tante, Städter, Zeiger, Auswahl x) fremd: Stimme, Körper, Person, Angelegenheiten y) sauer: Geschmack, Braten, Stoff, Regen z) dunkel: Kapitel, Anzug, Verdacht, Ziffer ‹ 6. Bilden Sie mithilfe der Adjektive voll und halb entsprechende Verbindungen! Entscheiden Sie, ob im jeweiligen Fall ein Kompositum oder eine attributive Wortgruppe vorliegt! a) voll: Milch, Einsatz, Mond b) halb: Finale, Schlaf, Liter c) voll: Stunde, Bus, Treffer d) halb: Schuh, Affe, Apfel e) voll: Koffer, Rausch, Narkose f) halb: Schwester, Leiter, Kuchen g) voll: Idiot, Dampf, Bart h) halb: Eimer, Gott, Edelstein i) voll: Stadion, Akademiker, Bremsung j) halb: Wissen, Brot, Pfund k) voll: Flasche, Glas, Waschmittel l) halb: Lohn, Blut, Tag ‹ 7. Entscheiden Sie, ob in den folgenden Komposita die Erstglieder Voll- und Halbgegenseitig austauschbar sind! Berücksichtigen Sie, dass hierfür unterschiedliche Bildungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen können! 87 Substantivische Komposition a) Vollwaise e) Vollkaskoversicherung b) Halbfabrikat f) Halbton c) Vollbeschäftigung g) Halbinsel d) Vollverb ‹ 8. Geben Sie für folgende Komposita mit verbalem Erstglied die entsprechende Paraphrase an! Welches semantische Muster liegt vor? Beispiel: Nähmaschine = Maschine, mit der man näht semantisches Muster: ‚instrumental‘ Auffahrunfall, Impfstation, Lehrstoff, Heizperiode, Niesreiz, Singvogel, Prüfgerät, Sitzstreik, Spielplatz, Badeverbot, Bratwurst, Waschraum, Lernphase, Lesefähigkeit, Löschmannschaft, Kehrschaufel, Fechtsport, Umhängetasche, Kühlmittel, Säugetier, Schwimmdauer, Kaufsucht, Bastelstube, Stricknadel, Räucherfisch, Stehbankett, Sprengkommando, Wickelkind, Schlagsahne, Putzfrau, Suchtrupp, Landebahn, Bremsgeräusch ‹ 9. Stellen Sie fest, welche Bedeutungsunterschiede die angegebenen Komposita mit Fehlaufweisen! a) Fehlgeburt f) Fehlsumme b) Fehldiagnose g) Fehlzündung c) Fehlstunde h) Fehlentscheidung d) Fehlplanung i) Fehlwort e) Fehlinterpretation ‹ 10. Bilden Sie mithilfe der unter a) befindlichen Zahlwörter und Pronomen geläufige Komposita, indem Sie diese den Substantiven (b) zuordnen! Beispiel: a) erstb) Dorf, Fassung → *Erstdorf, Erstfassung a) selbst, null, zwei, zweit-, niemand, eins, erst-, ich, drei, dritt-, doppelt, mehrfach b) Wagen, Mensch, Justiz, Baum, Fenster, Land, Meridian, Aufopferung, Horn, Treffer, Schrift, Erzählung, Salto, Sprung, Punkt, Ausgabe, Ironie, Wähler, Sprengkopf, Klang, Wachstum, Impfstoff, Aufführung, Rad ‹ 11. Bilden Sie mithilfe der Präpositionen und Adverbien (a) geläufige Komposita, indem Sie diese den Substantiven (b) zuordnen! Welches semantische Muster drückt die gebildete Komposition aus? Beispiel: a) vor b) Tisch, Tag → *Vortisch, Vortag: ‚temporal‘ a) neben, auf, nach, mit, zwischen, vor, über, ab, gegen, unter, um, aus, bei, links, binnen, sofort 88 Zur substantivischen Wortbildung b) Wasser, Gift, Sache, Geld, Woche, Gas, Mittag, Bürger, Silbe, Reife, Beruf, Schaum, Gardine, Ergebnis, Kandidat, Effekt, Hemd, Ernte, Dosis, Stadt, Wagen, Pause, Student, Garten, Gebirge, Zimmer, Maßnahme, Verantwortung, Deck, See, Hilfe, Land, Gleis, Schifffahrt, Kurve, Ernährung, Häftling ‹ 12. Bilden Sie mithilfe der unter a) angeführten Konfixe geläufige Komposita, indem Sie diese den Substantiven (b) zuordnen! Welche der gebildeten Komposita stehen in einem antonymischen Verhältnis zueinander? a) Auto-, Makro-, Maxi-, Mikro-, Mini-, Mono-, Multi-, Neo-, Openair, Poly-, Pseudo-, Schwieger-, Semi-, Stief-, Vizeb) Kultur, Kamera, Geschwister, Hypnose, Millionär, Welle, Technikum, Festival, Kritik, Kanzler, Finale, Tochter, Zelle, Nazismus, Version, Pilot, Empfänger, Molekül, Talent, Kleid, Weltmeister, Liberaler, Kosmos, Demokratie, Ethylen, Elektronik, Biografie, Kolonialismus, Kausalität, Film ‹ 13. Bilden Sie mithilfe der unter a) angeführten Wortgruppen geläufige Komposita, indem Sie diese den unter b) angegebenen Substantiven zuordnen (Mehrfachbildungen sind nicht möglich)! Achten Sie bei der Komposition auf das Fugenelement! a) fünf Sterne, fremde Sprache, Katz und Maus, 300 Jahre, Mund zu Mund, hohe See, kurze Zeit, zwei Takte, Magen-Darm, sieben Monate, altes Papier, kleines Kaliber, ein Tag, vor Weihnachten, halbes Jahr, lange Strecke, alles oder nichts, acht Stunden, Blut-Schweiß und Tränen, vier Zimmer, gelbes Fieber, Berg und Tal, schwarzes Brot, eine Familie b) Gedächtnis, Kind, Container, Rakete, Bahn, Zeugnis, Entscheidung, Scheibe, Wohnung, Haus, Spiel, Tag, Epidemie, Feier, Hotel, Unterricht, Erkrankungen, Gewehr, Motor, Zeit, Fischerei, Fliege, Beatmung, Rede ‹ 14. Lösen Sie folgende Komposita in ihre einzelnen Grundmorpheme auf! Beachten Sie dabei, dass eine vollständige Auflösung nicht immer möglich bzw. üblich ist! Beispiel: Kostensenkungsprogramm = Programm zur Senkung von Kosten Gasherdinstallation, Hagelschadenversicherung, Volkswirtschaftslehre, Abgasreinigungsanlage, Massenvernichtungswaffenexperte, Steinkohlenbergwerk, Fachschulabsolvent, Elektrizitätsversorgungsunternehmen, Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, Wertpapierhandelsgesetz, Bundestags- 89 Explizite Derivation von Substantiven präsidentenrede, Seebebenwarnsystem, Korrosionsschutzfettproduktion, Herrenoberbekleidungsgeschäft, Edelstahlpfannenangebot, Blutalkoholkonzentrationsbestimmung, Dampfbügeleisengebrauchsanweisung, Hochschulstrukturreformgesetz, Novemberwaffenstillstandsverhandlungen, Fußballeuropameisterschaftsqualifikationsspiel ‹ 15. Setzen Sie die angegebenen Wörter zu einem Kompositum zusammen! Land mit niedrigen Löhnen, Verkaufsstand für Kuchen mit Heidelbeeren, jährlicher Ausgleich der Lohnsteuer, Werk zum Heben von Schiffen, Erhöhung der Einschaltquoten im Fernsehen, Alarm infolge der Katastrophe eines Öltankers, Minister des Bundes für Verteidigung, durchschnittliches Entgelt für die Beförderung, Abkommen über die doppelte Besteuerung, Erstattung der Kosten für die Fahrt mit dem Schulbus, ergänzendes Gesetz zu Leistungen in der Pflege, Programm zur Sicherung des Standortes von Atomkraftwerken, Weltmeister im Handball der Frauen in der Halle, Liste der Teilnehmer an einem Seminar zur Wortbildung ‹ 16. Bilden Sie mithilfe der unter a) angeführten Substantive, Verben und Adjektive Possessivkomposita bzw. metaphorische Personenbenennungen, indem Sie diese den unter b) angegebenen Substantiven zuordnen (Mehrfachbildungen sind nicht möglich)! Achten Sie dabei auf das Fugenelement! Erklären Sie die Bedeutung der auf diese Weise entstandenen Bildungen! a) Nacht, leicht, Salon, zappeln, Spaß, Löwe, blau, fett, Radau, Schmutz, schnattern, Haus, Geiz, lästern, Kraft, Rabe, quälen, schmusen, Buch, Lack, Suppe, backen, dumm, Sünde, Schlaf, Land b) Gans, Bruder, Kasper, Affe, Ente, Geist, Katze, Fuß, Löwe, Fisch, Sack, Ratte, Vogel, Kopf, Zahn, Fink, Strumpf, Philipp, Mütze, Bock, Kragen, Vater, Meier, Mütterchen, Zunge, Wurm 3.3 Explizite Derivation von Substantiven 3.3.1 Allgemeines Neben der zuvor eingehend betrachteten Komposition nimmt die explizite Derivation im Rahmen der Substantivbildung eine exponierte Stellung ein. Für die Ableitung dieser Wortart stehen im Deutschen zahlreiche Affixe zur Verfügung; dieser umfangreiche Affixbestand ist jedoch ungleich auf die zwei Hauptarten der Derivation - Präfigierung und Suffigierung - verteilt. Während die Suffixe für die Substantivableitung außerordentlich bedeutsam sind, treten die Präfixe diesbezüglich in den Hintergrund. Folglich wird zunächst das Anfügen von Suffixen an das Basiswort beschrieben. 90 Zur substantivischen Wortbildung 3.3.2 Suffigierung 3.3.2.1 Vorbemerkungen Eine angemessene Darstellung der Suffigierung ist mit einer Reihe vornehmlich methodologischer Fragen verbunden. Um der Vielfalt und den Besonderheiten der Wortbildungsmorpheme gerecht werden zu können, ist die gesonderte Betrachtung jedes einzelnen Affixes unerlässlich; aus Gründen der Praktikabilität und der besseren Übersichtlichkeit geschieht dies alphabetisch. 37 Die Spezifik der fremdsprachigen Suffixe sowie derjenigen, die im Dienste der Movierung (Sexusdifferenzierung) und Diminuierung (Verkleinerungsbildung) stehen, macht es erforderlich, diese ebenfalls getrennt zu betrachten; das gilt gleichermaßen für die sog. deonymischen (von Eigennamen abgeleiteten) Suffixe. Ein überaus wichtiges Kriterium der Beschreibung ist die Produktivität, also die Frage, in welchem Maße das Suffix zu Neubildungen beiträgt. Hohe Produktivität liegt vor, wenn das Modell an Okkasionalismen beteiligt ist. Diese Neubildungen zeichnen sich gewöhnlich durch ein festes Strukturschema sowie ein deutliches semantisches Muster aus (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 57; Erben 2000, 37ff.). Ergänzt wird dieses Kriterium durch das Merkmal der Aktivität. Es erfasst nicht nur das zahlenmäßige Vorkommen einer suffixalen Ableitung, sondern zugleich deren Fähigkeit, als Basiswort für Derivationen bzw. UK in Zusammensetzungen zu fungieren (vgl. u.a. Barz 1988a, 112ff.). Suffixe, die beide Kriterien nicht oder nur bedingt erfüllen, finden in der Einzelbeschreibung keine Berücksichtigung. Ihre Darstellung erfolgt in Form einer Zusammenfassung (s. 3.3.2.2.16). Zu Beginn wird kurz auf die Herkunft des Suffixes eingegangen. Danach folgt die Beschreibung der Basiswörter und semantischen Muster. Ergeben sich Konkurrenzen zu anderen Suffixen, wird darauf explizit hingewiesen. 3.3.2.2 Heimische Suffixe 3.3.2.2.1 Suffix -e Das Suffix, das sich auf das althochdeutsche (ahd.) -ı ¯ zurückführen lässt (vgl. u.a. Fleischer 1983, 133; Erben 2000, 138f.), verfügt insgesamt über eine begrenzte Produktivität. • Derivationsbasis Verb a) Infinitivstamm simplizischer und komplexer Verben -e wird vornehmlich für die Bezeichnung von Prozessen (Nomina actio- 37 Diese Art der Darstellung ist für die Zielsetzung dieses Buches besser geeignet, da sie die Aspekte Systematik und Übersichtlichkeit mehr berücksichtigt als allein auf der Semantik der Ableitungen basierende Beschreibungen (vgl. u.a. Wellmann 1995, 488ff.). 91 Explizite Derivation von Substantiven nis), Gegenständen bzw. Geräten (Nomina instrumenti) sowie bestimmten Orten und Räumen (Nomina locativa) genutzt. Die Derivate sind immer Feminina: pflegen → Pflege, Einreise; Liege, Binde; Schmiede, Ausleihe (wo man etw. ausleihen kann). 38 Neuerdings findet sich das Suffix verstärkt in der Umgangs- und Jugendsprache: funken → Funke (für Funkgerät), Tanke (für Tankstelle), Putze (für Putzfrau), Schreibe 39 (vgl. Eichinger 2000, 196). Hierher gehören ebenfalls die pejorativen Wortbildungen Anmache (die unangenehme Art, wie ein Mann aus sexuellen Motiven eine Frau anspricht bzw. sich zu ihr verhält) und Abzocke (unehrliches, betrügerisches Verdienen von Geld). Äußerst selten sind maskuline Personenbezeichnungen (Nachkomme, synonymisch dazu Nachfahre), wie überhaupt dieser Bereich eher eine Domäne des Suffixes -er (s. 3.3.2.2.4) ist. b) Abgelauteter Präteritalstamm simplizischer und komplexer Verben Die Bildungen dienen ebenso dem Ausdruck der unter a) erwähnten semantischen Muster. Vgl.: Vergabe (aus vergeben), Grube (aus graben), Stiege 40 (aus steigen), Bote (aus bieten). c) Verbale Wortgruppe Sie werden vorrangig für die Kennzeichnung von Prozessen herangezogen, die sich teilweise wiederum zu konkreten Sachbenennungen entwickelt haben: Inbetriebnahme (aus in Betrieb nehmen), Vogelscheuche (auf Feldern stehende Stange mit alten Kleidern zum Abschrecken der Vögel). Die vielfach idiomatisierten Derivate konkurrieren mit den Derivaten auf -ung (s. 3.3.2.2.13). • Derivationsbasis Adjektiv Deadjektivische Bildungen charakterisieren entweder Eigenschaften (Nomina qualitatis) oder bestimmte Gegenstände bzw. Dinge, die diese Eigenschaft aufweisen. Gewöhnlich ist die Suffigierung mit einem Umlaut verbunden: frisch → Frische, schwarz → Schwärze, sauer → Säure, hohl → Höhle. Das Modell wird in der Gegenwartssprache zunehmend durch Substantive mit dem Suffix -heit (-keit, -igkeit) verdrängt (s. 3.3.2.2.6). • Derivationsbasis Substantiv Als Basis kommen zum einen Abstrakta mit dem aus dem Griechischen stammenden und weit verbreiteten Konfix -(o)log(ie) infrage. Bei der auf diese 38 Unter den Nomina instrumenti befinden sich relativ viele Küchengeräte wie z.B. Reibe (Gerät zum Zerreiben von Obst und Gemüse und anderen Lebensmitteln). 39 Schreibe hat umgangssprachlich drei Bedeutungen: Schreibgerät, Schreibstil und etwas Geschriebenes. 40 Unter Stiege versteht man eine enge, steile Holztreppe. 92 Zur substantivischen Wortbildung Weise gebildeten maskulinen Personenbezeichnung entfällt deren Auslaut. Vgl.: Psychologie → Psychologe, Zoologie → Zoologe. 41 Ferner wird -e auch zur Ableitung von Bewohnernamen genutzt; es handelt sich um Länder oder Regionen, die die toponymischen Suffixe -ei (s.u.), -en, -ien und -stan aufweisen: Mongolei → Mongole, Sachsen → Sachse, Kroatien → Kroate, Kasachstan → Kasache. Gehört zum Onym -land, so wird dieses ebenfalls meist getilgt: Finnland → Finne. In einigen Fällen befindet sich ein Interfix zwischen Stamm und Suffix, wobei der Auslaut entfallen oder erhalten bleiben kann: Senegal → Senegal-es-e, Chile → Chile-n-e, Guatemala → Guatemal-tek-e, China → Chin-es-e (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 148). • Derivationsbasis Adverb Adverbien spielen als Basiswörter keine Rolle mehr; die wenigen Beispiele stammen aus der gehobenen Stilebene und erscheinen in festen Wendungen, meist mit der Präposition in: bald → in Bälde, kurz → in Kürze. 3.3.2.2.2 Suffix -ei Das Suffix ist eine Entlehnung aus dem Altfranzösischen, welche sich im Mittelhochdeutschen (Mhd.) zu -ı ¯e weiterentwickelte (vgl. Öhmann 1966, 225ff.; Krahe/ Meid 1969, 49); seine Produktivität ist in den einzelnen semantischen Mustern unterschiedlich ausgeprägt. Alle Bildungen haben feminines Genus. • Derivationsbasis Verb a) Verbstamm (simplizisch und komplex) Die verbalen Basen lassen sich verschiedenen semantischen Mustern zuordnen. Am verbreitetsten ist die Bezeichnung von Prozessen (Nomina actionis) mit pejorativer Konnotation; endet der Verbstamm auf -e(l)n, wird -ei, bei -en gewöhnlich -erei verwendet: heucheln (Vortäuschen von Gefühlen oder Eigenschaften, die man nicht hat) → Heuchelei, rennen → Rennerei, Klingelei, Absucherei. Der Sprachbenutzer missbilligt damit ein wiederholtes oder andauerndes Tun, das nach seiner Ansicht unerwünscht, lästig oder überflüssig ist (vgl. u.a. Wellmann 1995, 501). Die Derivate sind teilweise schon als Resultatsbezeichnungen (Nomina acti) aufzufassen und konkurrieren mit dem kombinatorischen Modell Ge- + -e (s. 3.3.4). Eine weitere semantische Gruppe bilden deverbale Substantive, die „resultative Sachbezeichnungen“ (Stepanova/ Fleischer 1985, 118) kennzeichnen, d.h., das Resultat einer Handlung oder eines Prozesses liegt vor: sticken → Stickerei (gesticktes Muster, Bild), Schnitzerei. Über die Konkurrenz von -werk s. 3.3.2.2.14. 41 Personenbezeichnungen mit anderen Konfixen wie z.B. -nom und -soph + Suffix -ie erscheinen ohne -e: Ökonomie → Ökonom, Anthroposophie → Anthroposoph. 93 Explizite Derivation von Substantiven Daneben begegnet das Suffix noch bei Nomina locativa, womit man den Ort bzw. Raum einer Tätigkeit angibt: Rösterei (Anlage, Betrieb zum Rösten), Ausbesserei. b) Verbale Wortgruppe Diese dienen häufig der negativen Wertung einer Handlung oder eines Sachverhalts. Typisch ist hier der Gebrauch von phraseologischen Wortgruppen: Recht haben → Rechthaberei, Augen auswischen → Augenauswischerei (Täuschung durch Verharmlosung). • Derivationsbasis Substantiv An Substantive wird das Suffix angefügt, um Orte und Räume zu kennzeichnen, wo man einer gewerblichen Arbeit nachgeht bzw. etwas produziert: Brauerei, Weberei, Gärtnerei. In den meisten Fällen liegt der Bildung eine Personenbezeichnung auf -er zugrunde (Brauer, Weber, Gärtner). Ein weiterer Anwendungsbereich sind Kollektiva wie Kartei (Sammlung von Karten) oder Länderei (große Grundstücke). Zu beachten ist, dass bei der Derivation manchmal die Tilgung des Auslautes (Karte) oder der Einschub eines Interfixes (Länderei, vgl. auch Bücherei! ) vorliegen können. Das Suffix -ei wird auch dann gebraucht, soll eine negative Verhaltensweise zum Ausdruck gebracht werden. Als Ableitungsbasen kommen daher Tier- und Personenbezeichnungen in Frage, die jene vermeintlich pejorative Konnotation inhärieren: Eselei (Dummheit), Teufelei (hinterlistiger Plan, grausames Tun), Flegelei (unhöfliches, freches Benehmen). Derartige Substantive negativer Wertung treten zudem, offenbar beeinflusst durch Basen auf -el und -er, mit den Suffixvarianten -elei und -erei auf (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 149). Das Ausgangswort kann dabei simplizisch oder komplex sein: Eifersüchtelei (dauerhafte, leichte Eifersucht), Deutschtümelei (übertriebenes Betonen des Deutschtums, des deutschen Wesens), Dieberei (Diebstahl), Schweinerei (Unanständigkeit; schmutziger unordentlicher Zustand). Nur selten finden sich Ableitungen, die sich den Nomina locativa zuordnen lassen. Dazu rechnen z.B. Mosterei (Betrieb, in dem Most hergestellt wird) und Käserei. 3.3.2.2.3 Suffix -el Es lässt sich sprachhistorisch auf das im Ahd. existierende -il(a) zurückführen (vgl. Krahe/ Meid 1969, 86f.). Wenngleich es in der deutschen Gegenwartssprache kaum noch zu Neubildungen beiträgt, ist das Modell aktiv und zeichnet sich durch eine relativ hohe Gebräuchlichkeit aus. • Derivationsbasis Verb Die maskulinen Derivate erfüllen die Funktion von Werkzeug- und Gerätebezeichnungen (Nomina instrumenti): Hebel ← heben, Pickel (spitze Hacke 94 Zur substantivischen Wortbildung zum Schlagen von Löchern). Zum Bestand der -el-Ableitungen zählen auch Formen, die implizite Derivate (s. 2.3.2) darstellen: Zügel (Lederriemen, mit denen man ein Pferd am Kopf führt bzw. lenkt) ← Zug ← ziehen, Griffel (Stift zum Schreiben auf Tafeln) ← Griff ← greifen. Ferner verwendet man das Modell für Verbalsubstantive, die den Träger einer Handlung (Nomen agentis) charakterisieren. Die seltenen Beispiele sind isoliert, d.h. nur noch etymologisch erklärbar wie z.B. Büttel, das auf das ahd. butil zurückgeht (verbale Basis biotan = bieten) und für eine Amtsperson (Polizist, Ordnungshüter) stand (vgl. ebenda, 86). 42 Ableitungen auf -el wurden im Laufe der Zeit mehr und mehr durch Derivate mit dem Suffix -er (s.u.) verdrängt. Das betrifft Nomina instrumenti (Schläger für Schlägel, beide Formen existieren in der Komposition Trommelschlägel/ Trommelschläger! ) wie Nomina agentis (Wächter, Träger für die ahd. wahtil, tregil) (vgl. ebenda 87; Fleischer/ Barz 1995, 151; Erben 2000, 99f.). • Derivationsbasis Substantiv Gänzlich unproduktiv erweisen sich desubstantivische Ableitungen; sie kennzeichnen allgemein die Zugehörigkeit: Ärmel ← Arm. 3.3.2.2.4 Suffix -er Das Suffix hat seinen Ursprung im lateinischen -a¯rius (vgl. Krahe/ Meid 1969, 81f.). Es zeichnet sich durch eine außerordentlich hohe Produktivität im heutigen Deutschen aus; ein weiteres Kennzeichen ist seine Polyfunktionalität, die sich in zahlreichen semantischen Mustern niederschlägt. • Derivationsbasis Verb Es überwiegen Infinitivstämme simplizischer, seltener komplexer Verben. -er bildet maskuline Substantive, die den Träger der durch das Verb bezeichneten Handlung benennen. Mehr als zwei Drittel der Nomina agentis entstehen auf diesem Wege (vgl. Wellmann 1995, 506). Das semantische Muster verfügt über drei Varianten: - ‚beruflich‘ (professionell): Drucker, Verkäufer - ‚gewohnheitsmäßig‘ (habituell): Raucher, Denker - ‚gelegentlich‘ (okkasionell): Besucher, Leser (vgl. u.a. Stepanova/ Fleischer 1985, 118; Eichinger 2000, 192ff.). 43 42 Heute hat Büttel eine eindeutig pejorative Konnotation. 43 Departizipale Konversionsprodukte (Lesender, Rauchender) benennen zwar auch Personen, unterscheiden sich aber von den semantischen Varianten des Suffixderivats -er. Dies macht ein Vergleich zwischen Raucher und Rauchender deutlich. So wird mit Raucher jemand bezeichnet, der die Gewohnheit hat zu rauchen (habituell). Mit Rauchender betont man dagegen die Einmaligkeit der Tätigkeit, d.h., jemand raucht jetzt. 95 Explizite Derivation von Substantiven Im großen Bereich der Nomina agentis finden sich viele synonymische Konkurrenzformen, häufig zu mittels Fremdsuffixen abgeleiteten Substantiven. Näheres s. 3.3.2.9. Das zweite große Anwendungsfeld umfasst die Benennungen von Geräten (Nomina instrumenti) und - allerdings in geringerem Umfang - Sachen und Gegenständen: Schalter, Wecker, Entsafter, Aufkleber (aufklebbarer Zettel). Aufgrund der gleich lautenden Personenbezeichnungen muss nicht selten der Kontext darüber Auskunft geben, ob ein Gerät oder ein Handlungsträger vorliegt: Der Ordner im Regal enthält die Akten, der Ordner im Fußballstadion kontrolliert die Besucher, das Auto hat einen Anhänger, der Künstler hat viele Anhänger. Als Unterscheidungskriterium kann zudem genutzt werden, dass Nomina instrumenti meist mithilfe des Passivs zu umschreiben sind: Durch den Ordner im Regal wird etw. geordnet, der Anhänger ist/ wird an das Auto angehängt (vgl. Fleischer 1983, 140). 44 Des Weiteren findet man das Modell bei der Markierung von Prozessen oder Tätigkeiten, welche mit der menschlichen Atmung oder Artikulation verbunden sind. Vgl. Seufzer (schweres, geräuschvolles Ausatmen, weil man leidet oder erleichtert ist), Ächzer (jmd. atmet vor Anstrengung oder Schmerz stöhnend aus). Andere semantische Muster zeigen sich in Ableitungen, die sich auf (menschliche) Bewegungen (Hopser = kleiner Sprung; Dreher) oder Handlungen mit einem negativen Resultat beziehen: Schnitzer (aus Unaufmerksamkeit resultierender Fehler, synonymisch dazu Patzer). Ausrutscher lässt die Zuordnung zu beiden Mustern zu: (1) jmd. rutscht auf glattem Boden aus und fällt hin; (2) ein einmaliger Fehler, der vorkommen kann. 45 • Derivationsbasis verbale Wortgruppe Diese werden zum einen für die Benennung von meist handwerklichen Berufen herangezogen: Dach decken → Dachdecker, Ofensetzer, Fliesenleger, Schiffsbauer. Als überaus produktiv erweist sich in den Wortgruppen das Verb machen. Ursprünglich bei Berufsbezeichnungen aus dem Handwerk eingesetzt (Hutmacher, Schuhmacher), stößt man auf Bildungen mit -macher zunehmend auch in den Bereichen Musik, Kultur und Kunst; sie stehen in Konkurrenz zu älteren Ausdrücken. Vgl.: Liedermacher, Filmemacher (Regisseur), Bildermacher (Maler). Darüber hinaus erstreckt sich ihr Gebrauch auf die Kennzeichnung überwiegend negativer Verhaltensweisen: Panikmacher, Sprüchemacher (jmd., 44 Es ist darauf hinzuweisen, dass längst nicht alle Nomina instrumenti mithilfe des Passivs umschreibbar sind (vgl. ebenda). 45 Dreher und Schnitzer verfügen wie Ausrutscher über zwei Bedeutungen. Sie sind beide Nomina agentis mit der semantischen Variante ‚beruflich‘, denn damit wird jmd. bezeichnet, der Metalle bearbeitet bzw. Holz schnitzt. 96 Zur substantivischen Wortbildung der prahlt bzw. dessen Reden keine Bedeutung haben), Meinungsmacher (jmd. beeinflusst oder manipuliert die Meinung anderer). In dieses semantische Muster lassen sich ferner auch Wortgruppen mit der Struktur Adjektiv/ Adverb + tun + -er einordnen: Heimlichtuer (jmd. verhält sich so, dass zu merken ist, dass er etw. geheim hält), Wichtigtuer, Nichtstuer (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 153). Analog zu den Verbstämmen fungieren Wortgruppen ebenfalls als Basen zu Gerätebenennungen. Vgl.: Feuer melden → Feuermelder (Gerät, mit dem man die Feuerwehr alarmieren kann), Druckmesser, Büstenhalter, Signalgeber. 46 Besonderes Augenmerk verdienen Wortgruppen mit den Verben geben und nehmen. Die außerhalb des Strukturtyps ungeläufigen Ableitungen - Geber und Nehmer erscheinen häufig lediglich in der Juristensprache als Begriffe - sind hochproduktiv, lassen sich aber semantisch nur schwer einordnen. Vgl.: Arbeitgeber (Person oder Firma, die Leute einstellt und bezahlt), Ratgeber, Arbeitnehmer, Versicherungsnehmer (jmd., der eine Versicherung abgeschlossen hat). • Derivationsbasis Substantiv a) Simplex und Kompositum Die Derivate benennen die geografische bzw. staatliche Zugehörigkeit von Personen (vgl. Stepanova/ Fleischer 1985, 118). 47 Darunter fallen die von Orten, Regionen und Ländern abgeleiteten Bewohnernamen. 48 Vgl.: Dortmunder, Berliner, Römer, Tiroler, Thüringer. Bei den Ländernamen gibt es Besonderheiten zu beachten, die mit den Konkurrenzformen auf -e, aber auch mit der Lautbzw. Suffixstruktur des Basiswortes zusammenhängen. 1.) Endet der Name auf das toponymische Suffix -ien, gebraucht man - nach dessen teilweiser Tilgung (d.h. nur -en! ) - meist -er, selten das Suffix -e: Spanien → Spanier, Indonesier; Rumäne. 2.) Beim toponymischen -en sind beide Suffixe möglich: Ägypten → Ägypter, Schwaben → Schwabe. 3.) Geteilt ist der Anwendungsbereich bei -land. Wird -er verwendet, kommt es konsequent zu dessen Umlautung: England → Engländer; das Suffix -e verlangt dagegen den Wegfall von -land: Lettland → Lette. 49 Die Suffigierung mittels -er ist oftmals an eine Interfigierung gekoppelt, welche sich nach folgenden Kriterien richtet: • Handelt es sich bei dem Basislaut um einen Vokal, erfolgt zur Beseitigung des Hiatus (Aneinanderreihung zweier Vokale) häufig der Ein- 46 Signalgeber kann sich auch auf eine Person beziehen (jmd., der ein Signal gibt). Hier muss wiederum der Kontext zu Hilfe genommen werden. 47 Bei Eichinger (2000, 194) „geographisch-organisatorischer Bereich“. 48 -er ist hier nicht auf -a¯rius zurückführbar, sondern auf das altgermanische Kompositionssuffix -warja mit der Bedeutung „bewohnend“ (vgl. Krahe/ Meid 1969, 83; 223). 49 Manchmal begegnen beide Formen: Estland → Este, Estländer! 97 Explizite Derivation von Substantiven schub eines oder mehrerer Konsonanten: Kuba → Kuba-n-er, Nigerianer, Halle → Hall-ens-er (Tilgung des -e-Auslauts! ). 50 • Um die Aneinanderreihung des Auslauts -er an das Suffix -er zu vermeiden, wird insbesondere bei Städtenamen -an eingeschoben: Hannoveran-er. 51 • Die Interfixe erscheinen noch in anderen Varianten, die, teilweise in Anlehnung an das jeweilige fremdwörtliche Vorbild, sogar mit einer Wurzelveränderung verbunden sein können: Verona → Veron-es-er (neben Veronese! ), Florenz → Florent-in-er, Mallorca → Mallorqu-in-er. Personenbezeichnungen im allgemeinen Sinne bilden eine weitere semantische Gruppe. Hier muss in Untergruppen mit relativ unscharfen Grenzen differenziert werden. Zunächst handelt es sich um Berufsbenennungen auf simplizischer und komplexer Basis, wobei Erstere häufig älteren Ursprungs sind: Forst → Förster, Schlosser, Eisenbahner. Als außerordentlich produktiv erweist sich die Suffigierung bei Fremdwörtern auf -ik; sie umfasst neben den Berufsbezeichnungen auch die Zugehörigkeit zu bestimmten (geistigen) Richtungen oder Wissenschaften (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 154): Optik → Optiker, Physiker, Dialektiker, Mystiker. Das Modell -iker ist dermaßen produktiv, dass es ebenso auf Substantive übertragen wird, welche nicht auf -ik enden; die Suffigierung begleiten eine Akzentverschiebung auf die vor -iker befindliche Silbe sowie der Wegfall des Auslauts -e bzw. des Suffixes -ie: Akademíe → Akadémiker, Allergíe → Allérgiker, Satíre → Satíriker, Dógma → Dogmátiker (vgl. ebenda; Wellmann 1995, 508). 52 Das semantische Muster ‚Zugehörigkeit‘ wird durch deonymische Derivate ergänzt, welche die Anhängerschaft zu berühmten Persönlichkeiten und deren Auffassungen bzw. Werken ausdrückt; der Einschub des Interfixes -ianist dabei häufig beobachtbar, aber nicht obligatorisch. Vgl.: Kant → Kant-ian-er (Anhänger der Philosophie Immanuel Kants), Luther → Luther-an-er (Anhänger der Glaubenslehre Martin Luthers). Ferner zeigt sich noch eine Bedeutungsgruppe in Bildungen, welche die Zugehörigkeit zu einer Institution, Organisation oder einem Betrieb markieren: Schüler, Gewerkschafter, Opel(i)aner, Metaller. 53 Die engen Beziehungen zur oben beschriebenen Gruppe der Berufsbezeichnungen werden hier sichtbar. 50 Fleischer/ Barz (1995, 155) führen Tokio-t-er und Jen-ens-er an. Laut DUW existieren daneben Tokioer und Jenaer, ein Beweis dafür, dass der Hiatus zuweilen bestehen bleiben kann. 51 Diese Variante gibt es auch manchmal bei Ländernamen: Kolumbien → Kolumbi-an-er. 52 -iker kommt ebenfalls bei nichtnativen adjektivischen Basen auf -isch vor: theoretisch → Theoretiker. 53 Opel(i)aner steht für einen Mitarbeiter des Automobilkonzerns Opel, das Derivat Metaller bezeichnet hingegen einen Angehörigen der Industriegewerkschaft (IG) Metall. Außerdem ist es das Kurzwort zu Metallarbeiter (s. auch 2.4.). 98 Zur substantivischen Wortbildung b) Substantivische Wortgruppe Hierbei handelt es sich meist um Benennungen von Tieren, Fahrzeugen, weniger um Personen. Viele Substantive verbinden sich mit Zahlwörtern: zwölf Enden → Zwölfender (Hirsch, dessen Geweih zwölf Enden, d.h. Spitzen hat), Dickhäuter (synonymisch zu Elefant), Dreimaster (Segelschiff mit drei Masten), Viertürer (Auto mit vier Türen), Linkshänder. • Derivationsbasis Numerale Als Basen fungieren grundsätzlich nur Grundzahlen (Kardinalzahlen); diese dienen dem Ausdruck recht unterschiedlicher Benennungen. Typisch ist dabei, dass die Suffigierungen oft umgangssprachlich gefärbte Kurzformen darstellen, eine nicht nur im Deutschen anzutreffende beliebte Bildungsweise. 54 Im Einzelnen gehören hierher die Bezeichnungen für Geld (Hartgeld und Banknoten) wie Zehner (Zehncentstück oder Zehneuroschein), Hunderter (100-Euro-Schein), 55 Schul- und Zeugnisnoten (Dreier, d.h. eine Drei), Bootsklassen im Rudern wie z.B. Achter (Boot mit acht Rudern), Doppelvierer (mit Doppelrudern). Eine weitere Gruppe enthält geschätzte Altersangaben von Personen - auch in Form von Komposita: Zwanziger, Mittdreißigerin (Frau Mitte der Dreißig), Endfünfziger. Da Zahlenangaben sich auf viele Dinge beziehen können, sind die Möglichkeiten für Ableitungen aus höchst unterschiedlichen Bereichen weit gespannt. Vgl.: Fünftausender (Berg mit 5000 Meter Höhe), Achtundvierziger (Teilnehmer an der Revolution von 1848), Zweiundsiebziger (Wein aus dem Jahre 1972), Sechziger (Spieler der Fußballmannschaft 1860 München) (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 156; Eichinger 2000, 194). 3.3.2.2.5 Suffixe -ler und -ner Beide Suffixe zeichnen sich durch eine enge Verwandtschaft mit -er aus und sind deshalb an dieser Stelle zu beschreiben; ihre Herausbildung hat sprachgeschichtliche Ursachen. Sowohl -lals auch -nwaren im Mhd. Bestandteil des Substantivstammes. Vgl.: satel-er (aus ahd. sata¯lari), reden-er (aus ahd. redin-a¯ri). Nach dem Wegfall des unbetonten -e entstand eine neue Silbenstruktur: Sattler, Redner (vgl. Krahe/ Meid 1969, 49; 83). In beiden Fällen muss also aufgrund der Entwicklung von eigenständigen Suffixen ausgegangen werden. Zunächst betrachten wir das Suffix -ler, weil es in der Wortbildung eine größere Rolle spielt. 54 Vgl. insbesondere die slawischen Sprachen. 55 Das Suffix kann natürlich ebenso bei anderen Währungen (Mark, Krone, Franken usw.) genutzt werden. 99 Explizite Derivation von Substantiven • Derivationsbasis Substantiv a) Simplex, Kompositum und Derivat Das Suffix leitet vornehmlich maskuline Personenbezeichnungen ab. Es ist allerdings schwierig, die Bezeichnungen klar zu differenzieren, sie können sich auf Berufe (Kunst → Künstler), den Wohnort (Dorf → Dörfler), bestimmte Tätigkeiten (Sport → Sportler), Eigenschaften (Schwergewicht → Schwergewichtler) oder die Zugehörigkeit zu einer Organisation (Geheimdienst → Geheimdienstler) beziehen. Die Ableitung tritt gewöhnlich mit Umlautung auf. Charakteristisch ist außerdem, dass das Suffix eine pejorative Färbung ausdrücken kann. Vgl.: Zuchthaus (veraltet für Gefängnis) → Zuchthäusler, Hinterwäldler (ungebildeter, unmoderner Mensch), ebenso Hinterbänkler (unbedeutendes Mitglied des Parlaments). 56 Hinzu kommen noch einige Tier- und Pflanzenbenennungen: Warmblut → Warmblütler (gezüchtetes Rassepferd), Doldenblütler (vgl. u.a. Raabe 1956, 45ff.). 57 Zuweilen gibt es basisgleiche Formen mit -er und -ler, die etwas Unterschiedliches bezeichnen können oder auch nicht. Semantisch differenziert sind Wirtschafter (Verwalter; jmd., der den Haushalt führt) und Wirtschaftler (Wirtschaftswissenschaftler). Synonyme repräsentieren dagegen Gewerkschafter und Gewerkschaftler. b) Substantivische Wortgruppe Diese ist erheblich seltener und benennt meist Personen: freier Beruf → Freiberufler, Besserwisser (abwertend für jmdn., der alles besser zu wissen glaubt). c) Kurzwort -ler lässt sich - hierin liegt der Unterschied zu allen anderen Substantivsuffixen - an Initialwörter anschließen. Markiert wird damit die Zugehörigkeit einer Person zu bestimmten Institutionen, Organisationen usw.: SPD-ler (Mitglied der SPD), DDR-ler (Staatsbürger der ehemaligen DDR). Wesentlich seltener begegnen andere Kurzwortarten als Basis wie Radler (Radfahrer). • Derivationsbasis Verb Verbale Basen sind von untergeordneter Bedeutung. Den wenigen Beispielen ist gemeinsam, dass sie eine negative Wertung betonen. Vgl.: abweichen → Abweichler (jmd., der von einer politischen Meinung, der politischen Linie einer Partei abweicht), als Kompositum Kriegsgewinnler (jmd., der z.B. durch teilweise illegale Waffenverkäufe am Krieg verdient). 56 Zu Hinterwäldler und Hinterbänkler gibt es nicht die Basen Hinterwald und Hinterbank. Beide Derivate sind Lehnübersetzungen der engl. Formen backwoodsman und backbencher (DUW). 57 In einigen Fällen tritt -ler in synonymische Konkurrenz zu -er: Warmblütler - Warmblüter, Gliederfüßler (Insektenart) - Gliederfüßer. 100 Zur substantivischen Wortbildung Das Suffix -ner dient fast ausschließlich der Bildung desubstantivischer Personenbenennungen mit - ähnlich wie bei -er - Bezug auf Berufe und sonstige Tätigkeiten. Ableitungsbasen sind oftmals Simplizia, seltener Komposita. Vgl.: Zoll → Zöllner, Rente → Rentner, Maskenbild → Maskenbildner (jmd., der beruflich Schauspieler schminkt). Eine pejorative Konnotation liegt in Söldner (Soldat, der nur für Geld kämpft) vor. 3.3.2.2.6 Suffix -heit (-keit, -igkeit) Dieses Suffix spielt hinsichtlich der sog. Eigenschaftsabstrakta (Nomina qualitatis), die immer Feminina sind, eine zentrale Rolle in der Substantivbildung der Gegenwartssprache. Noch im Ahd. war -heit ein freies Grundmorphem mit der Bedeutung ‚Stand‘, ‚Charakter‘ (Krahe/ Meid 1969, 48). Durch verschiedene sprachhistorische Prozesse, auf die hier nicht eingegangen werden kann (Näheres dazu ebenda, 48ff.; Fleischer 1983, 150ff.), entstanden daraus die Formen -keit und -igkeit. Dass es sich im Gegensatz zu -ler und -ner um Suffixvarianten handelt, beweist die Abhängigkeit ihres Gebrauchs von der Struktur der Basiswörter, wie im Folgenden zu sehen sein wird. Das Hauptsuffix -heit verdient naturgemäß die größte Beachtung; das betrifft die Ableitungsbasen wie auch die semantischen Muster. 58 • Derivationsbasis Adjektiv a) Einsilbiges Simplex Adjektive dieser Silbenstruktur stellen am häufigsten die Basen. Aus semantischer Sicht können vielfältige Eigenschaften, die sich auf Personen, Dinge, bestimmte Ereignisse oder Handlungen beziehen, damit benannt werden. Vgl.: Klugheit, Schönheit, Dummheit, Klarheit. Abstrakta jener Art lassen sich auf Sätze mit einem adjektivischen Prädikat (Satzadjektiv) bzw. eine attributive Wortgruppe zurückführen. Vgl.: Sie ist klug, ihre Klugheit. 59 Die Derivate treten in synonymische Konkurrenz zu den -e-Bildungen, wenngleich diese auf wenige Beispiele beschränkt bleibt: Schlauheit - Schläue, Schwachheit - Schwäche. b) Mehrsilbiges Simplex Hierher gehören in erster Linie Fremdwörter (Exaktheit, Konkretheit), seltener heimische Adjektive - vor allem auf -ern (Schüchternheit) und -en (Offenheit), mit Einschränkungen -el(n) und -er (Einzelheit, Lockerheit). 58 Um den Gebrauch von -heit, -keit, -igkeit besser zu erklären, führen manche Autoren (vgl. u.a. Kolb 1985, 162ff.; Fleischer/ Barz 1995, 159ff.) verschiedene Akzentmuster an. Für die Zwecke des vorliegenden Buches erscheint uns dieses Kriterium aufgrund der damit verbundenen Ausnahmen wenig praktikabel. 59 Erben (2000, 49) spricht von „Basissätzen“, wenn die -heit-Derivate adjektivischen und substantivischen Prädikaten zuzuordnen sind. 101 Explizite Derivation von Substantiven c) Präfigiertes Adjektiv und Kompositum Die Anzahl der Derivate mit diesen Strukturmustern ist begrenzt: Unklarheit, Treffsicherheit. d) Partizip Als Basis fungiert fast ausschließlich das Partizip II; die Bildungsmöglichkeiten sind dagegen nahezu uneingeschränkt, d.h., -heit lässt sich an Partizipialformen simplizischer und präfigierter Verben nativen und nichtnativen Ursprungs anfügen. Das Modell ist somit hochproduktiv. Vgl.: Geübtheit, Verliebtheit, Unausgeglichenheit, Interessiertheit. Über die Konkurrenz von -nis s. 3.3.2.2.8. • Derivationsbasis Substantiv Substantivische Basen muss man zu den Ausnahmen rechnen; die wenigen Beispiele repräsentieren Kollektiva, welche prinzipiell Personenbezug haben: Christenheit. Andere Derivate wie Kindheit oder Torheit (Dummheit, Unvernunft) sind semantisch nur schwer klassifizierbar (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 161). • Derivationsbasis Numerale Ableitungen, die auf Zahlwörtern basieren, erscheinen ebenfalls nur am Rande. Zu den wenigen geläufigen Derivaten zählen u.a. Einheit, Dreiheit (drei zusammengehörende Dinge), Vielheit (Vielzahl) (vgl. Fleischer 1983, 149). Das Suffix -keit dient ebenso der Bildung von substantivischen Eigenschaftsabstrakta. Hinsichtlich der semantischen Muster gilt - wie auch für -igkeit - das oben Gesagte. Allerdings sind die Ableitungsmöglichkeiten bei -keit begrenzter. • Derivationsbasis Adjektiv a) Suffigiertes Adjektiv (simplizisch und komplex) Es handelt sich primär um Adjektivderivate mit den Suffixen -lich, -sam, -bar und -ig: Fröhlichkeit, Nachdenklichkeit, Wirksamkeit, Einprägsamkeit, Brauchbarkeit, Unheilbarkeit, Fleißigkeit, Breitbeinigkeit. Adjektive auf -isch wurden in der Vergangenheit kaum als Basen genutzt. 60 In letzter Zeit nehmen Ableitungen jener Art offenbar zu: Mürrischkeit (schlecht gelaunt, abweisend sein), Störrischkeit (starrsinnig, eigensinnig und uneinsichtig sein) (vgl. Kolb 1985, 162; s. auch DUW). b) Mehrsilbiges Simplex Infrage kommen vor allem Adjektive, die auf -er und - in geringerem Maße - -el enden: Heiterkeit, Tapferkeit, Übelkeit. 60 Das ist umso erstaunlicher, weil -isch zu den überaus produktiven Suffixen gehört (s. 4.3.1.1.7). 102 Zur substantivischen Wortbildung Zu beachten ist, dass bei diesen Basen auch das Suffix -heit Verwendung finden kann, wie das die oben erwähnten Beispiele belegen. Dennoch überwiegen eindeutig die -keit-Derivate (vgl. Fleischer 1983, 151). Auch die zweite Suffixvariante -igkeit ist in ihren Derivationsmöglichkeiten eingeschränkter als -heit. • Derivationsbasis Adjektiv a) Suffigiertes Adjektiv (simplizisch und komplex) Das Suffix verbindet sich immer mit adjektivischen Basen auf -los sowie -haft. Vgl.: Sprachlosigkeit, Grundsatzlosigkeit, Fehlerhaftigkeit, Lebhaftigkeit. b) Ein- und mehrsilbiges Simplex Der Gebrauch der Suffixvariante steht wiederum in engem Zusammenhang mit den sprachhistorischen Prozessen. Infolgedessen wurde die Variante -igkeit auch auf solche adjektivischen Basen übertragen, wo kein -ig-Derivat vorhanden war (ausführlich dazu s. ebenda, 151f. sowie Erben 2000, 137ff.). So entstanden schnell → Schnelligkeit, gerecht → Gerechtigkeit usw. Auf die Suffixvariante stößt man zudem häufig bei mehrsilbigen Adjektiven, die auf -e (dieses wird getilgt) enden oder endeten: müde → Müdigkeit, geschwind(e) → Geschwindigkeit (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 159). 61 • Derivationsbasis Substantiv Substantivische Basen sind vollkommen vernachlässigbar, da sie absolute Ausnahmen darstellen wie Streit → Streitigkeit, Zwist (synonym zu Streit) → Zwistigkeit. Hier ist auch die Pluralbildung problemlos möglich (Streitigkeiten). In den anderen Fällen liegen desubstantivische Adjektive vor. Vgl.: Farbe → farbig → Farbigkeit, Saft → saftig → Saftigkeit (vgl. ebenda, 162f.; Kolb 1985, 159ff.). 62 3.3.2.2.7 Suffix -ling Das Wortbildungsmorphem -ling entwickelte sich aus dem bereits im Altgermanischen existierenden Suffix -inga (Näheres s. Krahe/ Meid 1969, 198; 208). Es verfügt über eine begrenzte Produktivität und bildet ausschließlich maskuline Substantive. 61 Bei gleichem adjektivischen Basiswort kann es gelegentlich zur Konkurrenz von -igkeit- und -heit-Derivaten kommen. Synonyme Formen sind aber selten: seicht (flach, oberflächlich) → Seichtigkeit, Seichtheit. Meist gibt es einen erheblichen semantischen Unterschied: Kleinigkeit (Nebensächlichkeit, Bagatelle) - Kleinheit (Größe, Ausmaß) (vgl. ebenda, 160; Kolb 1985, 159ff.). 62 Das substantivische Ausgangswort - häufig ist es eine Konversion oder ein implizites Derivat - unterstreicht die Einmaligkeit der Handlung, die -igkeit-Bildung drückt hingegen die Wiederholung, die Fähigkeit zu etwas aus. Vgl.: Spaß - Spaßigkeit, Anfall - Anfälligkeit (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 162f.). 103 Explizite Derivation von Substantiven • Derivationsbasis Verb -ling tritt gewöhnlich an Stämme einfacher, mitunter präfigierter Verben, die Ableitung ist i.d.R. mit einer Umlautung des Stammvokals verbunden. Semantisch stehen die Suffigierungen im Dienste von Personenbenennungen. Es lassen sich zwei Untergruppen erkennen. So benennen die Derivate Personen, die Träger von Handlungen sind (Nomina agentis). Vgl.: schaden → Schädling, emporkommen → Emporkömmling (jmd., der in kurzer Zeit zu Macht und Reichtum gekommen ist; synonymisch zu Neureicher). Andererseits kann sich die Bezeichnung auch auf eine Person beziehen, die von der durch das Verb ausgedrückten Handlung betroffen wird (Nomina patientis): prüfen → Prüfling (jmd., der geprüft wird), lehren → Lehrling (jmd., der ausgebildet wird). 63 Ferner findet sich das Suffix bei der Benennung von Dingen und Pflanzen wie z.B. Steckling (Pflanzenteil, der in die Erde gesteckt wird). • Derivationsbasis Adjektiv Es werden simplizische Basen ebenfalls für Personenbenennungen genutzt. Dabei drückt die Bildung fast immer eine pejorative Konnotation aus, auch wenn sie dem Basisadjektiv eigentlich nicht zugrunde liegt. Vgl.: Feigling, Schönling (gut aussehender, gepflegter Mann, der zu viel Wert auf sein Äußeres legt), Fiesling (gemeiner, widerwärtiger Mensch). 64 Mitunter bieten sich suffigierte Adjektive als Basen an; in Betracht kommen die Suffixe -lich und -ig, die bei der Suffigierung jedoch entfallen: widerlich → Widerling (widerlicher, d.h. unsympathischer Mensch), winzig → Winzling. Ohne negative Wertung erscheinen dagegen die seltenen Beispiele von Pflanzen-, Tier- und Sachbezeichnungen. Vgl.: Grünling (Vogel- oder Pilzart), Frischling (junges Wildschwein), Rohling (Produkt, das sich noch im Rohzustand befindet). 65 • Derivationsbasis Substantiv Analog zu den Adjektiven steht die substantivische Basis für Personenbezeichnungen zur Verfügung; diese ist gewöhnlich ein Simplex, zuweilen ein Suffixderivat auf -er. Oft wird eine pejorative Bedeutung zum Ausdruck gebracht. Vgl.: Gunst → Günstling (jmd., der die Gunst einer einflussreichen 63 Passivische -ling-Derivate lassen sich den aktivischen -er-Derivaten gegenüberstellen: Prüfling - Prüfer (jmd., der prüft) (vgl. u.a. Erben 2000, 93). 64 Die für -ling typische Tendenz zur negativen Wertung kann man auch im heutigen Englisch beobachten. Vgl.: underling (Handlanger), authorling (Schreiberling), princeling (Prinzchen, unbedeutender Fürst). 65 Man beachte, dass die Derivate Grünling (1) und Rohling (2) ebenfalls eine pejorative Konnotation auszudrücken vermögen: (1) unreifer, unerfahrener Mensch, (2) roher, rücksichtsloser Mensch. 104 Zur substantivischen Wortbildung Person erhält, bevorzugt wird; synonym zum frz. Protégé), Schreiberling (jmd., der viel und schlecht schreibt; niveauloser Autor). Des Weiteren gebraucht man die Basen fachsprachlich, und zwar für Bezeichnungen aus dem Pflanzen- und Tierbereich: Röhrling (Pilzart), Strömling (Fischart). Davon zu unterscheiden sind Benennungen, die sich auf Gegenstände beziehen; es handelt sich vor allem um Teile der menschlichen Bekleidung wie z.B. Fäustling (Fausthandschuh). Zu berücksichtigen bleibt, dass in diesem Bereich eine ganze Anzahl von Bildungen hinsichtlich ihrer Basis sehr schwierig zu bestimmen ist. Dazu rechnen u.a. Sperling (Vogelart), Riesling (Weinsorte), Schierling (Giftpflanze), die im hohen Maße idiomatisiert und nicht mehr analysierbar sind (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 164). 66 • Derivationsbasis Numerale Es überwiegen die Grundzahlwörter als Basen; diese tragen größtenteils zur Bildung von Personenbezeichnungen bei. Vgl.: zwei → Zwilling (zwilals Allomorph von zwei) , Fünfling (vgl. ebenda, 165). Davon ausgenommen ist das Ordnungszahlwort Erstin Erstling, das zwei Bedeutungen hat: 1.) erstgeborenes Kind, 2.) erste Arbeit, erstes Werk eines Künstlers oder Autors. Die zweite Bedeutung findet sich zugleich in verschiedenen Komposita: Erstlingsroman, Erstlingsstück, Erstlingsfilm. 3.3.2.2.8 Suffix -nis Das Suffix, das schon im Ahd. in verschiedenen Varianten (-nassi, -nessi, -nissi, -nussi) begegnet (vgl. Krahe/ Meid 1969, 160), zeichnet sich wie -ling durch eine geringe Produktivität aus. Es trägt vorrangig zur Bildung femininer und neutraler Ableitungen bei, welche Vorgänge (Nomina actionis) und Zustände (Nomina acti) kennzeichnen. • Derivationsbasis Verb a) Infinitivstamm -nis tritt an die Stämme überwiegend präfigierter, seltener simplizischer Verben; gewöhnlich kommt es zur Umlautung. Vgl.: begraben → Begräbnis, Erlebnis, Hindernis. b) Partizip Gewählt werden nur Formen des Partizips II: gestanden → Geständnis, gedacht → Gedächtnis, Besorgnis. 67 66 Da die Basen außerhalb der Bildungen frei nicht mehr vorkommen, kann hier wohl zu Recht von unikalen Morphemen gesprochen werden (vgl. ebenda). 67 Bei einigen vor allem schwachen Verben entfiel im Laufe der Zeit das auslautende dentale -t der Partizipialform; aus lautlichen Gründen wurde es bei Kenntnis später eingeschoben (vgl. Krahe/ Meid 1969, 159ff.). 105 Explizite Derivation von Substantiven Außer den oben genannten Mustern stehen die Ableitungen auf -nis noch für Sach- und Ortsbezeichnungen zur Verfügung. Vgl.: Zeugnis, Gefängnis. Desubstantivische und deadjektivische Derivate sind so selten, dass man sie eindeutig zu den Ausnahmen zählen muss; sie sind wiederum überwiegend den Sach-, Ortssowie Eigenschaftszeichnungen zuzuordnen. Vgl.: Bildnis (synonymisch zu Porträt, Gemälde), Wildnis (unberührtes, unbesiedeltes Gebiet), Geheimnis. Da -nis-Bildungen Zustände kennzeichnen, ergeben sich Parallelen zu anderen Eigenschaftsabstrakta. Dies zeigt sich darin, dass -nis mit dem Suffix -keit - besonders bei partizipialer Basis - konkurriert. Vgl.: Bedrängnis (schwierige, unangenehme Situation; Notlage) - Bedrängtheit, Verdammnis - Verdammtheit, Finsternis - Finsterkeit (vgl. Erben 2000, 98). 68 Über die Konkurrenz von -ung s. 3.3.2.2.13. 3.3.2.2.9 Suffix -schaft Dieses Suffix geht auf das ahd. scaf zurück, was ‚Beschaffenheit‘, ‚Art und Weise‘ bedeutete (vgl. ebenda, 139). Es zeichnet sich durch eine höhere Produktivität als die zuletzt genannten -nis und -ling aus. Die Derivate haben grundsätzlich feminines Genus. • Derivationsbasis Substantiv I.d.R. handelt es sich um Personenbezeichnungen. Dabei wird das Suffix hauptsächlich für die Bildung von Kollektiva gewählt. Beeinflusst wurde der Bildungstyp zweifellos durch die Übereinstimmung mit dem Plural, der in der Ableitung dem Fugenelement entspricht. Vgl. die Lehrer → Lehrerschaft, die Bauern → Bauernschaft, Ärzteschaft (vgl. auch Fleischer 1983, 161). 69 Weniger häufig begegnen Personenbezeichnungen zum Ausdruck von Eigenschaften, Verhaltensweisen oder Zuständen: Freundschaft, Staatsbürgerschaft, Vaterschaft (der Umstand, dass jmd. Vater ist, das Vatersein). Als vollkommen unproduktiv und teilweise archaisch erweisen sich die seltenen Beispiele desubstantivischer Derivate, die keine Personen benennen; sie haben eine mehr oder weniger stark ausgeprägte kollektive Bedeutung: Landschaft, Dorfschaft (schweiz. für Dorf; Gesamtheit der Dorfbewohner), Briefschaften (schriftliche Korrespondenz, Gesamtheit der Briefe). 70 68 Finsternis und Finsterkeit sind Synonyme. Hier liegt, was sehr selten vorkommt, eine adjektivische Basis vor. 69 Davon weichen idiomatisierte Bildungen wie Mannschaft oder Bruderschaft (religiöse Vereinigung) ab, denn der Plural lautet Männer bzw. Brüder! 70 Briefschaften erscheint nur im Plural. 106 Zur substantivischen Wortbildung • Derivationsbasis Verb a) Partizip Es dominieren Formen des Partizips II, welche das Ergebnis oder den Zustand einer Handlung, aber auch Kollektiva benennen: Errungenschaft, Gefangenschaft, Bekanntschaft. b) Infinitiv Infinitivformen treten nur vereinzelt auf und sind gewöhnlich idiomatisiert: Wissenschaft, Liegenschaft (Grundstück), Machenschaft (Handlung, mit der man etwas Böses/ Negatives tut, um sich einen Vorteil zu verschaffen). 71 • Derivationsbasis Adjektiv In der Gegenwartssprache stößt man nur auf einen kleinen Kreis adjektivischer Basen; sie dienen der Merkmals- und Zustandskennzeichnung: Bereitschaft, Schwangerschaft. 72 Zur Konkurrenz von -tum s. (s. 3.3.2.2.12). 3.3.2.2.10 Suffix -sel -sel hat sich aus dem heute nicht mehr produktiven -sal (Schicksal, s. 3.3.2.2.16) entwickelt (vgl. Henzen 1965, 182; Krahe/ Meid 1969, 89f.). Das Modell ist allenfalls schwach produktiv. Bei der Derivation greift man nur auf Stämme simplizischer und präfigierter Verben zurück; dabei kommt es zur Umlautung. Die -sel-Derivate sind neutrale Nomina acti, tendieren aber stark zu Sachbezeichnungen: Füllsel (womit etw. gefüllt wird), Mitbringsel (etw. - meist ein kleines Geschenk - das man von einer Reise mitbringt), Überbleibsel (das, was übrig bleibt, Rest von etw.). In dieser Bedeutung konkurrieren Derivate mit Formen auf -ung: Füllsel - Füllung (vgl. Fleischer 1983, 160). 73 Außerdem gebraucht man das Suffix für die Diminuierung (Verkleinerung). Das ist jedoch nur dann möglich, wenn sich das Suffix mit dem Präfix Geverbindet. Auf diese Weise entstandene kombinatorische Derivate drücken zugleich eine pejorative Konnotation aus. Vgl.: Geschreibsel, Gereimsel (etw., das gereimt wurde). Die Bildungen stehen unter dem Konkurrenzdruck des kombinatorischen Modells Ge- + -e: Geschreibe, Gereime (s. 3.3.4), das aber mehr den Vorgangscharakter (Nomen actionis) betont (vgl. ebenda; Wolf 1997, 387ff.). 71 Der hohe Grad an Idiomatisierung ist für die -schaft-Ableitungen gar nicht so ungewöhnlich. Er zeigt sich ebenso bei substantivischer Basis: Wirtschaft, Gesellschaft. 72 Das -schaft-Derivat lässt sich wie die -heit-Bildungen (s. 3.3.2.2.6) auf adjektivische und substantivische Basissätze zurückführen: Er ist bereit, seine Bereitschaft. 73 Die Ableitung Füllung ist doppeldeutig. Sie ist einerseits ein Nomen actionis, andererseits kann sie eine konkrete Sachbezeichnung sein: Kuchen mit Obstfüllung, Zahn mit Goldfüllung usw. 107 Explizite Derivation von Substantiven 3.3.2.2.11 Suffix -tel -tel ist eine reduzierte Form von -teil, das bereits im Mhd. als Zweitglied von Zusammensetzungen auftrat (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 170; DUW) und diese Position auch noch heute einnimmt (u.a. Bestandteil, Vorteil). Als Derivationsbasen bieten sich ausschließlich Grundzahlen (Kardinalia) an. Mithilfe des Suffixes werden daraus Bruchzahlen, die generell Neutra sind: Fünftel, Sechstel. Ab der Zahl 20 gebraucht man die um -s erweiterte Suffixvariante -stel: Zwanzigstel, Dreißigstel, Tausendstel. Bruchzahlen kommen in der Umgangssprache nolens volens häufig vor, besonders in Verbindung mit Gewichts- und Maßangaben - dann auch als Erstglied von Komposita: ein Zehntel der Bevölkerung, eine Zehntelsekunde, drei achtel Liter, ein Achtelliter. 74 Als genauso unentbehrlich erweisen sie sich in der Mathematik. Fachsprachlich geprägt sind hier die Derivate Eintel und Zweitel: 5/ 101 = fünf Hunderteintel, 7/ 302 = sieben Dreihundertzweitel; außerhalb der Fachsprache wird statt Zweitel Hälfte oder halb verwendet (vgl. Gelhaus 1995, 272). 75 Eine Sonderstellung nimmt die Bruchzahl Viertel ein. Neben ihrer Rolle als häufiges Erstglied (Viertelpfund, Viertelstunde, Viertelfinale) kann sie zudem die Position des Zweitgliedes ausfüllen. Derartige Bildungen sind jedoch idiomatisiert (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 170): Stadtviertel (Gebiet in einer Stadt, Stadtteil), Hafenviertel, Bahnhofsviertel. 3.3.2.2.12 Suffix -tum Das Ableitungssuffix ist aus dem mhd. Grundmorphem tuom hervorgegangen, das eine Vielzahl von Bedeutungen hatte wie ‚Besitz‘, ‚Herrschaft‘, ‚Urteil‘, ‚Ruhm‘ und ‚Ehre‘ (vgl. Fleischer 1983, 163; Meineke 1994, 501ff.). 76 Heute ist es zu den Suffixen mit geringer Produktivität zu rechnen. • Derivationsbasis Substantiv -tum, das fast nur Neutra ableitet, wird gewöhnlich an Personenbenennungen angefügt, die eine bestimmte Verhaltensweise (Verhaltensabstrakta) kennzeichnen. Oft sind es pejorativ einzuschätzende Basiswörter, welche mit einer - allerdings unterschiedlich ausgeprägten - kollektiven Bedeutung verbunden sein können. Vgl.: Parasit → Parasitentum (Verhalten eines Parasiten), 74 Das Determinativkompositum Achtelliter stellt eine gebräuchliche Maßeinheit dar. 75 Einige Autoren wie z.B. Gelhaus (vgl. ebenda) und Helbig/ Buscha (1996, 333ff.) gehen von einem Suffix -el aus, das nach ihrer Ansicht an Ordnungszahlen angefügt wird, wogegen aber die Entwicklungsgeschichte von teil- und letztlich Formen wie eintel (und nicht erstel! ) klar sprechen. 76 Anders verlaufen ist im Englischen die Entwicklung von -tuom morphologisch und semantisch ähnelnden Formen. Dort existiert neben -dom (kingdom = Königreich) das Grundmorphem doom (verurteilen, verdammen; Verhängnis) (vgl. auch Meineke 1994, 501ff.). 108 Zur substantivischen Wortbildung Bürokratentum. 77 Unter den Personenbezeichnungen kommen Derivate mit dem Suffix -er relativ häufig vor: Abenteurertum, Strebertum (Streber = jmd., der sehr fleißig lernt und übertrieben ehrgeizig ist). Weil Verhaltensabstrakta auf -tum ebenso Träger kollektiver Bedeutung sein können, stehen sie mitunter in Konkurrenz zu Bildungen auf -schaft. Bei einem Vergleich wird jedoch die semantische Differenzierung deutlich. Vgl.: a) Unternehmertum: das Unternehmersein; Gesamtheit der Unternehmer. b) Unternehmerschaft: Gesamtheit der Unternehmer. 78 Für die Ableitung werden auch Eigennamen genutzt. Deonymische Derivate beruhen entweder auf Personen- oder Völkernamen. Sie enthalten ein breit gefächertes semantisches Spektrum. Vgl.: Luthertum: auf Luther zurückgehender Protestantismus; Wesen der evangelisch-lutherischen Glaubenslehre, die darauf basierende Lebens- und Geisteshaltung. Judentum: Gesamtheit der Juden; jüdische Religion; Gesamtheit der durch Religion und Kultur geprägten jüdischen Eigenschaften; Zugehörigkeit zum jüdischen Volk, das Judesein (DUW). Bestimmte Adels- oder Herrschertitel können ebenfalls die Basen stellen; das Derivat benennt den Zuständigkeitsbzw. Herrschaftsbereich (Nomina locativa): Fürstentum, Scheichtum (Letzteres ohne Fugenelement! ). Substantivische Basen, die sich nicht auf Personen beziehen, kommen kaum vor und tragen heute nicht mehr zu Neubildungen bei; sie haben i.d.R. eine kollektive Komponente: Brauchtum (alle Sitten und Gebräuche eines Gebietes/ Volkes), Besitztum (gesamter Besitz). • Derivationsbasis Adjektiv Adjektivische Basen sind eine seltene Erscheinung. Das hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass man zum Ausdruck von Eigenschaftsabstrakta andere heimische und fremdsprachige Suffixe (u.a. -heit, -ität) bevorzugt. Vgl.: Heiligtum (Ort oder Gegenstand, den man verehrt), Reichtum. • Derivationsbasis Verb Zu den großen Ausnahmen zählen deverbale Derivate; sie sind nur durch die Beispiele Irrtum und Wachstum belegt (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 171). 77 Das Einschieben eines Fugenelements erfolgt in Übereinstimmung mit den in 1.3.1 beschriebenen Regeln. 78 -tum und -schaft stehen sich praktisch in einem reziproken Verhältnis gegenüber: -tum- Derivate bringen primär Verhaltensweisen zum Ausdruck und nur sekundär die kollektive Komponente, bei -schaft ist das umgekehrt (vgl. Erben 2000, 84). 109 Explizite Derivation von Substantiven 3.3.2.2.13 Suffix -ung Das aus dem mhd. -unge entstandene -ung (vgl. Krahe/ Meid 1969, 209ff.; Fleischer 1983, 164) gehört zu den zentralen substantivischen Wortbildungssuffixen; es zeichnet sich wie -er und - mit Abstrichen - -heit durch eine außerordentlich hohe Produktivität aus und ist an der Umsetzung zahlreicher Wortbildungsgruppen beteiligt. Seine eigentliche Domäne ist die Derivation von Verbalabstrakta; dort wird es mit Abstand am häufigsten gebraucht (vgl. Wellmann 1995, 499). Den grundsätzlich femininen Derivaten können überaus verschiedenartige Strukturmuster zugrunde liegen. 79 • Derivationsbasis Verb a) Simplex Meist handelt es sich um transitive und intransitive Verben; reflexive Verben bilden eher die Ausnahme: jmd./ etw. heilen → Heilung, Gründung, Klärung (transitiv), schwanken → Schwankung, Gleichung (intransitiv), sich gabeln (sich teilen) → Gabelung (reflexiv). b) Präfigiertes Verb Diese lassen sich wiederum in transitive, intransitive und reflexive Verben unterscheiden, wobei Letztere hier häufiger auftreten als bei a): Entdeckung, Besprechung, Verlegung (transitiv), Erstarkung, Abweichung (intransitiv), Erkältung, Bewerbung (reflexiv). c) Zweifach präfigiertes Verb Die Anzahl der Derivate ist naturgemäß begrenzt: Verabredung, Beibehaltung. d) Suffigiertes Verb Gewöhnlich sind es Verben mit dem heimischen Suffix -ig (Festigung, Steinigung) oder dem fremdsprachigen -ier (-isier, -ifizier): Informierung, Normalisierung, Personifizierung. e) Kombinatorisches Derivat Dazu rechnen desubstantivische und deadjektivische Präfix-Suffix-Derivationen (s. 5.3.2.6): Benachteiligung, Verstaatlichung, Besänftigung. f) Verbales Kompositum Die Erstglieder gehören unterschiedlichen Wortarten an: Übereinstimmung (Präposition), Geheimhaltung (Adjektiv), Herbeirufung (Adverb). g) Verbale Wortgruppe In den meisten Fällen liegt die Struktur (Präposition +) Substantiv + Verb vor: eine Aufgabe stellen → Aufgabenstellung, Außerkraftsetzung, Eisenverarbeitung. Darunter befinden sich auch Funktionsverbgefüge und Phraseologismen: ein Protokoll führen → Protokollführung, etw. zunichte machen (etw. 79 Die Übersicht zu den Strukturmustern folgt im Wesentlichen der Darstellung von Fleischer (1983, 164ff.) sowie Fleischer/ Barz (1995, 172). 110 Zur substantivischen Wortbildung zerstören, vernichten) → Zunichtemachung. Außer Substantiven können auch Adjektive und Pronomen auftreten: etw. deutlich machen → Deutlichmachung, Selbstbestimmung. 80 Die Vielzahl der Strukturtypen bedeutet nicht automatisch, dass diese in der Gegenwartsprache in gleichem Umfang zur Anwendung gelangen. Es zeigen sich erhebliche Unterschiede in Bezug auf Ableitungsfähigkeit und Gebräuchlichkeit. Nahezu uneingeschränkt möglich ist die Derivation bei suffigierten Verben (d)) sowie verbalen Komposita (f)). Dies trifft hingegen auf Simplizia mit vor allem durativer Bedeutung (die Dauer einer Handlung ausdrückend) nicht zu; stattdessen wird oft ein Präfixverb gewählt. Vgl.: suchen → *Suchung, Aufsuchung; *Fragung, Befragung; *Hörung, Erhörung. Kein einheitliches Bild bieten jedoch selbst die Präfixverben, denn von längst nicht allen lässt sich das Verbalabstraktum ableiten. Das ist i.d.R. dann der Fall, wenn es bereits eine andere und damit geläufigere Bildung - wie z.B. Konversionsprodukte oder implizite Derivate - gibt. Vgl.: *Abnehmung, Abnahme; *Befindung, Befund; *Verbietung, Verbot; *Anfangung, Anfang; *Beitragung, Beitrag; *Aufgebung, Aufgabe (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 173). 81 Die deverbalen Ableitungen werden für eine Reihe weit gefächerter semantischer Muster verwendet. Typisch ist, dass innerhalb jener Muster andere Bildungstypen in Konkurrenz zu den -ung-Derivaten treten können. Es ist deshalb sinnvoll, auf diese Konkurrenzformen näher einzugehen. Größte Bedeutungsgruppe sind die Nomina actionis, die aufgrund ihrer Vielgestaltigkeit weitere Differenzierungen erlauben. I. a) Verbalsubstantive auf -ung dienen der Handlungsbezeichnung transitiver Verben: Einführung, Beleidigung. Konkurrenzformen 1. -ung - -ion: Manipulierung - Manipulation; Ableitungen auf -ion heben mehr den Abschluss einer Handlung (Nomen acti) hervor (s. 3.3.2.7). 2. -ung - -e: Eingebung - Eingabe; -e-Derivate betonen eher das Handlungsergebnis oder sind Sachbezeichnungen (s. 3.3.2.2.1). 3. -ung - -nis: Bedrängung - Bedrängnis; hier zeigen sich Parallelen zu 2., denn die -nis Bildungen rücken weniger das Prozesshafte, sondern ebenfalls mehr das Handlungsergebnis bzw. den Zustand in den Vordergrund (s. 3.3.2.2.8). 80 Zur Unterscheidung von verbaler Wortgruppe und Komposition mit einem -ung-Derivat s. 2.2.2. 81 Bisweilen stehen zwei synonyme Bildungen nebeneinander: Abzweig - Abzweigung, Erweis - Erweisung. 111 Explizite Derivation von Substantiven 4. -ung - implizites Derivat/ Konversionsprodukt (Verbstamm und/ oder Infinitivkonversion): Beschießung - Beschuss/ das Beschießen; Entscheidung - Entscheid/ das Entscheiden. Die Formen sind häufig synonym; -ung-Derivate unterstreichen in diesen Paaren - anders als bei den ersten drei Konkurrenzformen - das Handlungsergebnis (Nomen acti): Erwerbung eines Hauses - Erwerb eines Zertifikats (Vorgang des Erwerbens) (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 174). Infinitivkonversion wird bevorzugt, wenn man Fachbegriffe aus dem Bereich der Technik oder Technologie benennen will: Sägen, Polieren, Schweißen. In Funktionsverbgefügen überwiegen dagegen die Ableitungen auf -ung: eine Vereinfachung vornehmen = vereinfachen, zur Aufführung bringen = aufführen (vgl. Schäublin 1972, 23ff.; Fleischer/ Barz 1995, 175). I. b) Die Derivate kennzeichnen Vorgänge bzw. Prozesse, die durch intransitive oder reflexive Verben benannt werden: Drohung, Einwirkung, Verletzung. Konkurrenzformen: -ung - Infinitivkonversion: Drohung - das Drohen, Einwirkung - das Einwirken; der Gebrauch der -ung-Derivate ermöglicht die Aufteilung in Einzelhandlungen, was durch den Plural angezeigt werden kann: Drohungen, Einwirkungen. II. Nomina acti 82 Konkurrenzformen: -ung - -heit: Isolierung - Isoliertheit, Aufregung - Aufgeregtheit; synonymische Konkurrenz entsteht dort, wo die Basis ein Partizip II ist (vgl. Fleischer 1983, 171). III. Sach-, Gegenstands -und Raumbezeichnungen (Nomina locativa) Diese werden im Sprachgebrauch sehr häufig verwendet: Verpackung, Lenkung (bei Fahrzeugen), Siedlung, Wohnung. 83 Nicht selten verfügt das Derivat über eine kollektive Komponente: Bewölkung (Gesamtheit der Wolken), Schaltung. IV. Personenbezeichnungen Es handelt sich jedoch nicht um „echte“ Nomina agentis, sondern um indirekte Benennungen von Personen oder Personengruppen - also auch Kollektiva, die anhand ihrer Rolle oder Funktion bestimmt werden: Bedienung (jmd., der z.B. in einem Lokal bedient), Regierung (Gesamtheit der Minister), Versammlung (vgl. Eichinger 2000, 198f.; Erben 2000, 99). 82 Eine Vielzahl der Handlungs- und Vorgangsbezeichnungen (Nomina actionis) verbindet sich auf das Engste mit Resultatsbezeichnungen (Nomina acti), was durch das Zustandspassiv verdeutlicht werden kann: die Verteuerung der Waren: die Waren sind verteuert; die Rettung des Tieres: das Tier ist gerettet (vgl. u.a. Fleischer 1983, 171). 83 Wohnung wird dagegen ausschließlich in lokaler Funktion gebraucht und ist zugleich ein seltenes Beispiel für ein duratives Basisverb (vgl. Erben 2000, 101). 112 Zur substantivischen Wortbildung Konkurrenzformen: -ung - Partizip I: Regierung - die Regierenden, Leitung - der Leitende/ die Leitenden; Konkurrenzen dieser Art sind allerdings nicht immer möglich. • Derivationsbasis Substantiv Substantive werden zur Derivation kaum herangezogen; das Modell dient dann der Bezeichnung von Kollektiva: Satzung (Gesamtheit der Regeln, z.B. eines Vereins), Waldung. • Derivationsbasis Adjektiv Deadjektivische Derivate stellen heute einen völlig unproduktiven Bildungstyp dar und lassen sich nur durch wenige Beispiele belegen: Niederung (tiefer gelegenes, flaches Stück Land), Festung. 3.3.2.2.14 Suffix -werk Das Suffix hat sich aus dem ahd. werc, das eine Tätigkeit und ihr Ergebnis benannte, entwickelt. Neben dem Suffix -werk existiert nach wie vor Werk als freies Grundmorphem in der Bedeutung ‚künstlerische oder wissenschaftliche Leistung‘ (DUW) sowie als Zweitglied in Zusammensetzungen (Stahlwerk). Die Anerkennung des Suffixstatus ist dadurch gerechtfertigt, dass -werk sich semantisch und funktional erheblich von der homonymen Form Werk unterscheidet. 84 Dieser Prozess, d.h. die Übernahme suffixaler Aufgaben setzt bereits im 14. Jahrhundert ein (vgl. u.a. Seidelmann 1967, 111ff.). 85 • Derivationsbasis Substantiv Substantivische Basen dienen vornehmlich der kollektiven Bezeichnung von Pflanzen(teilen) und Stoffen: Wurzelwerk (Gesamtheit der Wurzeln einer Pflanze), Pelzwerk, Buschwerk. Synonymische Konkurrenzformen sind die kombinatorischen Derivate mit Ge- (+ -e): Gebüsch (s. 3.3.4). Ferner können mittels -werk Gegenstände gekennzeichnet werden, die mit der Architektur bzw. dem Bau eines Hauses zu tun haben: Dachwerk, Mauerwerk. 84 Wir folgen somit der Auffassung, dass unter dem Aspekt von Semantik und Funktion sich die reihenbildenden -gut (Pflanzengut), -stelle (Lagerstelle) und -zeug (Rasierzeug) noch nicht hinreichend von der Bedeutung der frei existierenden Substantive Gut, Stelle und Zeug gelöst haben, um sie als Suffixe anzusehen (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 143ff.). Anders bei Wellmann (1995, 492f.) und Erben (2000, 88ff.). 85 -werk hat mit anderen Suffixen gemeinsam, dass es aus einem Grundmorphem hervorgegangen ist, wobei z.B. tuom (-tum) und scaf (-schaft) jedoch bekanntlich nicht mehr als freie Grundmorpheme vorhanden sind. Das freie Substantiv Werk wird im heutigen Sprachgebrauch allerdings zunehmend durch Arbeit ersetzt (vgl. ebenda, 127). 113 Explizite Derivation von Substantiven • Derivationsbasis Verb Verben erscheinen in weit geringerer Anzahl; sie markieren das Handlungsergebnis (Nomen acti) bzw. ganz konkrete Sachbenennungen: Backwerk (aus Teig Gebackenes wie Kuchen, Kekse usw.). Daraus resultiert die Synonymie zu den -ei-Derivaten. Vgl.: Schnitzwerk - Schnitzerei (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 177; Wellmann 1995, 510). 3.3.2.2.15 Suffix -wesen Es ist aus dem ahd. wesan (sein) hervorgegangen. Analog zu -werk gibt es ein homonymes Grundmorphem Wesen, welches die kollektive Bedeutung bzw. charakteristische Eigenschaften einer Person/ Sache beschreibt. Die Entfernung vom ursprünglich substantivischen Wort schlägt sich auch hier funktional wie semantisch nieder. • Derivationsbasis Substantiv Substantivische Basiswörter finden sich bei der Mehrheit der Derivate. Es überwiegen Abstrakta, weniger häufig sind Sach- oder Personenbezeichnungen. Ihnen allen gemeinsam ist die kollektive Bedeutung, die sich konsequent im neutralen Genus niederschlägt. -wesen fasst alle gleichartigen Dinge oder Vorgänge sowie Institutionen unter einem Hyperonym (Oberbegriff) zusammen: Bankwesen, Schulwesen, Rechtswesen. Nicht nur Simplizia, sondern auch Derivate und Komposita können sich als Basen anbieten: Gesundheitswesen, Eisenbahnwesen, Hochschulwesen. 86 Das Modell ist durchaus produktiv und insbesondere für die Verwaltungssprache - dort bezieht es sich auf bestimmte Bereiche - typisch. Vgl.: Planungswesen, Steuerwesen, Verwaltungswesen (! ) (vgl. u.a. Wellmann 1995, 493). • Derivationsbasis Verb Verbale Basen kommen nur ganz vereinzelt vor: Werbewesen. 3.3.2.2.16 Sonstige Suffixe In diesem Abschnitt werden all jene heimischen Suffixe zusammengefasst, die heute zu den zweifellos unproduktiven Bildungstypen zählen. Wenngleich diese Suffixe in der Gegenwartssprache vorkommen, so ist doch ihre Aktivität auf die eine oder andere Weise eingeschränkt. Um Begrenzungen anderer Art handelt es sich bei Suffixen, auf die man nur in ganz bestimmten Stilschichten stößt. Da ihr Vorkommen in der Literatursprache starken Restriktionen unterliegt, werden sie ebenfalls an dieser Stelle beschrieben. Die Zusammenfassung enthält nur die wichtigsten Modelle. 86 Zur Fugengestaltung s. 1.3.1. 114 Zur substantivischen Wortbildung a) Suffix -t Das heute völlig unproduktive -t trug im Ahd. zu zahlreichen Neubildungen bei. Es sind aus Verben abgeleitete feminine Abstrakta, die nach wie vor häufig verwendet werden. Vgl.: tuon → ta¯-t (ahd.) → Ta-t; fliohan → fluh-t → Fluch-t; faran → far-t → Fahr-t (vgl. Erben 2000, 137). Hierher gehören ebenso die sehr gebräuchlichen Schrift, Sicht und Ankunft; 87 / schrif/ , / sich/ und / kunf/ sind dabei als verbale Morphemvarianten von / schreib/ , / seh/ und / komm/ anzusehen (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 198). Innerhalb der unproduktiven Suffixe zeichnet sich -t zweifellos durch die größte Aktivität aus. b) Suffix -de -de, das seinen Ursprung im ahd. -ida hat, wurde durch die -heit-Derivate (s. 3.3.2.2.6.) vollständig verdrängt; es handelt sich um feminine Verbal- und Adjektivabstrakta, die sich außerdem noch in kombinatorischen Derivaten des Strukturtyps Ge- + -de zeigen. Vgl.: zieren - Zierde (Schmuck), sich beschweren - Beschwerde, bauen - Gebäude. In einigen Fällen existieren nebeneinander Formen mit und ohne Suffix -de: Zierde - Zier, Neugierde - Neugier (vgl. Erben 2000, 138f.; Fleischer/ Barz 1995, 198f.). c) Suffix -icht Es lässt sich auf das ahd. -ahi zurückführen; als Kollektivsuffix diente -icht der Orts- und Geländebezeichnung, wobei Pflanzennamen (vor allem Bäume) die Basis bildeten (vgl. Krahe/ Meid 1969, 194). Diese Funktion erfüllt es heute noch. Vgl.: Birkicht (aus Birke - Tilgung des schwachtonigen -e! ); Ort, wo Birken sind); Tannicht/ Tännicht (aus Tanne). 88 Da es Kollektivbildungen sind, haben die Substantive neutrales Genus. Verbale Basen werden hingegen kaum genutzt; ein allerdings geläufiges Beispiel dafür wäre Kehricht (aus kehren): Schmutz oder Abfall, den man zu einem Haufen zusammengekehrt hat. d) Suffix -sal Das Suffix, dessen Weiterentwicklung -sel im gewissen Umfang an Neubildungen beteiligt ist (s. 3.3.2.2.10), verfügt über keine Produktivität mehr. -sal-Derivate (Feminina und Neutra) haben i.d.R. substantivische Basen; darunter befinden sich einige, die man schon als Archaismen oder stilistisch gehobene Bildungen betrachten muss. Vgl.: Drang - Drangsal (Bedrängnis, Leiden), Mühsal (Zustand dauerhafter großer Mühe), Rinnsal (kleines fließendes Gewässer, schmaler Fluss). 87 kunft gibt es nicht als freies Grundmorphem, sondern nur in deverbalen Bildungen wie Unterkunft ( ← unterkommen), Einkunft, Zukunft usw. 88 Synonyme zu jenen heute z.T. archaisch wirkenden -icht-Derivaten sind kleiner Birkenbzw. Tannenwald. 115 Explizite Derivation von Substantiven e) Suffix -s -s unterscheidet sich prinzipiell von den unter a) bis d) besprochenen Suffixen; anders als diese zeichnet es sich nämlich durch Aktivität und eine zumindest schwache Produktivität aus. Zu berücksichtigen ist aber, dass -s-Derivate (i.d.R. Maskulina) meist umgangssprachlich oder dialektal bzw. regional (die Verwendung bleibt auf ein bestimmtes Gebiet beschränkt) gefärbt sind. Es überwiegen verbale Basen. Sie werden zur Kennzeichnung des Handlungsvorgangs (Nomen actionis) bzw. -abschlusses (Nomen acti) herangezogen; in einigen wenigen Fällen liegen Personen- und Sachbezeichnungen vor. Vgl.: Knicks (aus knicken, Einbeugen des Knies bei einer höflichen Begrüßung); Klaps (aus klappen, ugs. für leichten Schlag mit der Hand); Merks (aus merken, ostmitteldeutsch für Gedächtnis); Flaps (vermutlich aus nieder- und mitteldeutschem Flappe = verzerrter Mund, ugs. für einen jungen Menschen mit schlechten Manieren); Klops (aus kloppen, nord- und mitteldeutsch für klopfen, schlagen; Kloß aus Hackfleisch) (DUW). Selten begegnen substantivische Basiswörter: Zeugs (ugs. und pejorativ für Gegenstand, Sache), Schriebs (ugs. und meist pejorativ für Schreiben, Brief) (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 168). 89 Zahlreiche verbale Derivate lassen sich Onomatopoetika - durch Schall- oder Lautnachahmung gebildete Wörter (Näheres dazu s. Naumann 2000, 2ff.) - zuordnen. Den Ableitungen können deshalb auch Interjektionen zugrunde liegen. Vgl.: knacks! → Knacken → Knacks (kurzer, harter Ton); pieps → piepen → Pieps (Lautnachahmung eines Vogels); plumps! → plumpsen → Plumps (Geräusch, wenn etw. schwer und laut zu Boden oder ins Wasser fällt). 89 Daneben existiert das implizite Derivat Schrieb, das die gleiche Bedeutung hat. 116 Zur substantivischen Wortbildung 90 Nicht enthalten in der Tabelle sind Diminuierungs- und Movierungssuffixe sowie die meisten der heute nicht mehr produktiven Suffixe. Semantische Muster der substantivischen Derivation (heimische Suffixe) 90 Suffix Prozess- und Zustandsbezeichnung Gegenstands- und Sachbezeichnung Gerätebezeichnung Orts- und Raumbezeichnung Eigenschaftsbezeichnung Personenbezeichnung Kollektiva -bold -e -ei (-elei, -erei) -el -er -ler -ner -heit (-keit, -igkeit) -jan (-ian) -ling -nis -schaft -s -sel -tum -ung -werk -wesen Pflege Teufelei Ächzer Erlebnis Freundschaft Knicks Parasitentum Aufregung Binde Schnitzerei Aufkleber Fäustling Bildnis Klops Füllsel Verpackung Mauerwerk Reibe Hebel Wecker Schmiede Brauerei Gefängnis Fürstentum Wohnung Frische Schönheit Geheimnis Lügenbold Psychologe Büttel Schuhmacher Dörfler Rentner Stolprian Emporkömmling Flaps Kartei Christenheit Ärzteschaft Unternehmertum Bewölkung Wurzelwerk Bankwesen 117 Explizite Derivation von Substantiven 3.3.2.3 Übungen ‹ 1. Bilden Sie mithilfe des Suffixes -e entsprechende Substantive! Achten sie dabei auf die Umlautung! Ordnen Sie die gebildeten Derivate semantischen Mustern zu! Beispiel: nah → Nähe: Eigenschaftsbezeichnung pfeifen → Pfeife: Gegenstands-/ Gerätebezeichnung flach, bleiben, stark, Geologie, durchreichen, wiegen, Einfluss nehmen, sanft, Westfalen, gut, spülen, Turkmenistan, groß, reifen, bleichen, lehren, ablegen, dicht, Slowenien, absteigen ‹ 2. Bilden Sie mithilfe des Suffixes -ei entsprechende Substantive! Achten Sie dabei auf die Interfigierung! Ordnen Sie die gebildeten Derivate semantischen Mustern zu! Beispiel: singen → Singerei: pejorative Prozessbezeichnung Ziegel, fahren, Ferkel, Drucker, Dieb, Molke, häkeln, fressen, Staffel, aufschneiden, Konditor, Eulenspiegel, Bäcker, blödeln, Barbar, laufen, Lump, Titel ‹ 3. Leiten Sie mithilfe des Suffixes -el aus den angegebenen Verben Gegenstandsbzw. Gerätebezeichnungen ab! Beispiel: Flügel ← fliegen decken, stechen, biegen, gürten, schließen, kreisen, senken, stoßen, werfen, sitzen ‹ 4. Bilden Sie mithilfe des Suffixes -er entsprechende Substantive! Ordnen Sie die gebildeten Derivate semantischen Mustern zu! Beispiel: schweißen → Schweißer: Personenbezeichnung (‚beruflich‘) kühlen, Japan, Schaf, siegen, Hegel, blinken, Stahlwerk, Schulden machen, kaufen, Köln, öffnen, vier Sitze, Gebäude reinigen, Orgel bauen, schluchzen, 50-Euro-Schein, groß tun, Scheiben wischen, Bremen, verlieren, lochen, Wagner, bohren, Mitte zwanzig, rempeln, ein Mast, ausklopfen, Uhr machen, 1968, plumpsen, jauchzen, zehn Enden ‹ 5. Bilden Sie mithilfe des Suffixes -er bzw. -iker entsprechende Substantive! Unterstreichen Sie die Akzentstelle im Basiswort und im Derivat! Optik, Legasthenie, Alkohol, Grafik, Methode, Chemie, Kritik, Phlegma, Historie, Musik, Komik, Sinfonie, Politik, skeptisch 118 Zur substantivischen Wortbildung ‹ 6. Entscheiden Sie, ob es sich bei den -er-Derivaten um Personen- oder Gerätebezeichnungen handelt! a) Hellseher - Fernseher b) Kopfhörer - Gasthörer c) Kartenspieler - Plattenspieler d) Buchhalter - Strumpfhalter e) Fahrtenschreiber - Redenschreiber f) Amtsrichter - Gleichrichter g) Brückenträger - Preisträger h) Glasschneider - Damenschneider i) Buchdrucker - Fahrscheindrucker j) Fallschirmjäger - Düsenjäger k) Lautsprecher - Nachrichtensprecher l) Tropfenfänger - Vogelfänger ‹ 7. Entscheiden Sie, ob zur Bildung der Bewohnerbezeichnungen die Suffixe -e oder -er zu verwenden sind! Achten Sie dabei auf Interfigierung und Umlautung! In welchen Fällen werden beide oder andere Suffixe gebraucht? Korea, Italien, Portugal, Münster, Schottland, Polen, Mexiko, Island, Bulgarien, Jemen, Kanada, Norwegen, Vietnam, Slowakei, Iran, Laos, Genua, Kongo, Liberia, Niedersachsen, Frankreich, Damaskus, Russland, Arabien, Madagaskar, Israel, Venedig, Malta, Libanon, Neuseeland, Argentinien, Nepal, Großbritannien, Peru, Rheinland, Sudan, Monaco, Brasilien, Tunesien, Afghanistan, Pakistan, Griechenland, Angola, Korsika, Irland, Haiti, Zypern, Indien, Chile, Venezuela ‹ 8. Entscheiden Sie, ob zur Bildung der Substantive die Suffixe -ler oder -ner zu verwenden sind! Schuld, Ausflug, Völkerrecht, Pforte, CDU, alte Sprache, Leichtgewicht, Tasche, Bühne bilden, Erzgebirge, Korbblüte, Flitterwochen, Geheimbund, Rohkost ‹ 9. Bilden Sie mithilfe des Suffixes -heit und seiner Varianten -keit und -igkeit entsprechende Substantive! In welchen Fällen gibt es synonyme Formen? ehrlich, trocken, endlos, betroffen, weise, eindeutig, empfindsam, ungeschickt, zart, sauber, ein, gewissenhaft, eitel, Gott, verschwiegen, rein, heiser, lebensfremd, dreist, ersetzbar, korrekt, schlaflos, dunkel, gereizt, mächtig, eben, matt, ähnlich, eingebildet, furchtsam, zweifelhaft, hell, mager, hässlich, blöd, anwendbar, düster, informiert, träge, genau, spröde, ausgeschlossen 119 Explizite Derivation von Substantiven ‹ 10. Bilden Sie mithilfe des Suffixes -ling entsprechende Substantive! Ordnen Sie die gebildeten Derivate semantischen Mustern zu! Beispiel: frech → Frechling: pejorative Personenbezeichnung finden, Strom, Finger, primitiv, pflegen, lieben, gelb, Lust, setzen, drei, sonderlich, Fuß, naiv, Stich, jämmerlich ‹ 11. Entscheiden Sie, ob die angegebenen Wörter mit den Suffixen -schaft oder -tum verbindbar sind! Achten Sie dabei auf das Fugenelement! Falls beide Suffixe angefügt werden können, erklären Sie die auftretenden Bedeutungsunterschiede! Feind, Bandit, Diener, eigen, Erbe, deutsch, Nachbar, Slawe, Herzog, Bürger, verwandt, Alter, Volk, Held, Schrift, Nachkomme, Autor, Bruder, Ignorant, Mann, leiden, Bauer, König, Mensch, Beamter ‹ 12. Stellen Sie fest, ob mithilfe des Suffixes -ung Substantive zu bilden sind! Falls das nicht möglich ist, nutzen Sie für die Bildung in der angegebenen Reihenfolge a) andere Suffixe (-e,-nis), b) implizite Derivate, c) Verbstammkonversionen und d) Infinitivkonversionen! Beispiel: achten → Achtung; anklagen → *Anklagung, Anklage; erlauben → *Erlaubung, Erlaubnis; reiten → *Reitung, Ritt; blicken → *Blickung, Blick; lachen → *Lachung, Lachen heilen, kritisieren, bitten, erfordern, befehlen, versorgen, verraten, dulden, sorgen, werfen, holen, gleichen, gelingen, erholen, forschen, fangen, erforschen, kommen, abspringen, halten, ermöglichen, ärgern, nachfragen, verhalten, bestrafen, typisieren, befriedigen, strafen, ähneln, graben, vorwerfen, dürfen, ausgraben, rufen, lesen, berufen, schützen, faulen, lächeln, fressen, bedürfen, beginnen, beugen, empfehlen, brechen, betrügen, verbeugen, einsteigen, geschehen, erarbeiten, binden, helfen, nennen, rennen, ablaufen, anrennen, klopfen, wissen, meiden, besichtigen, eingreifen, bringen ‹ 13. Bilden Sie mithilfe der Suffixe -werk und -wesen entsprechende Substantive! Achten Sie dabei auf das Fugenelement! Militär, Erziehung, Ast, Balken, Krankenhaus, Schuh, Finanzen, bauen, Sozialversicherung, Zucker, melden, Formel, Blatt, Rente, Jagd, Gitter, Kredit, Zoll, Rechnung, Leder, Vermessung, Bibliothek 120 Zur substantivischen Wortbildung ‹ 14. Nennen Sie die Verben, die den Substantiven mit dem heute unproduktiven Suffix -t zugrunde liegen! Saat, Zucht, Glut, Naht, Verlust, Tracht, Andacht, Geburt, Gunst, Schlacht ‹ 15. Bilden Sie nochmals mithilfe der Suffixe -e, -ei, -er, -ler, -heit (-keit, -igkeit), -icht, -ling, -nis, -s, -schaft, -sel, -tel, -tum, -ung, -werk und -wesen entsprechende Substantive! Beachten Sie, dass Mehrfachbildungen (ein Basiswort mit mehreren Derivaten) möglich sein können! taub, Flug, verletzen, Krach machen, Saarland, Daumen, schwierig, reden, Pirat, wagen, Archäologie, fünf, Meister, glaubhaft, Metzger, Glocke, Rohr, tanzen, Drama, Anteil nehmen, klecksen, gerinnen, trübe, bewegen, Tisch, Germane, Tyrann, gemein, Flucht, hindern, vergessen, rinnen, breit, Völkerkunde, Gauner, arbeitslos, bitter, mucken, Kaiser, Marokko, Tat, kümmerlich, Buch binden, regeln, Fichte, scharf, FDP, verteilen, gefährlich, sich ereignen, vergleichbar, Augsburg, Eltern, aufheben, Philologie, zwölf, schlank, lieblos, anhängen, Dichter, wechselhaft, gepflegt, Film, Spinner, Mathematik, fremd, lang schlafen, Bolivien, bieder, Laub, bedeutsam, kostbar, bergen, Libyen, absagen, Auskunft, Nostalgie, hemmen, unüberlegt, erzeugen, Kamerad, schwimmen, erschweren, Mönch, fein, siedeln, auslesen, hoch, abweichen, roh, gewinnen 3.3.2.4 Diminuierung (Verkleinerungsbildung) Für die Bildung von Diminutiven stehen im Deutschen mehrere verschiedenartige Suffixe zur Verfügung. Damit unterscheidet sich die Diminuierung grundlegend von ihrem „Gegenstück“, der Augmentation, die nur mithilfe der Komposition umsetzbar ist. (s. 3.2.1.1.2). Diminutiva dienen nicht nur dem Ausdruck der Verkleinerung, sie enthalten zugleich eine emotionale Konnotation (s.u.). Ihre Domäne ist das Substantiv. 91 Zu den bedeutsamsten substantivischen Diminutivsuffixen zählen -chen und -lein, wobei -chen mit Abstand am häufigsten verwendet wird. Die Derivate sind immer Neutra. Das Suffix -chen existierte im Mhd. als -chı ¯n; im Niederdeutschen sowie Niederländischen erscheint es zudem in der Variante -ken. Dagegen hat -lein (mhd. -lı ¯n) seinen Ursprung im Oberdeutschen; besonders in den Mundarten verfügt es über zahlreiche, sehr gebräuchliche Varianten. Vgl.: österreichischbairisch -el, -erl (Raderl); schwäbisch -le (Vögele), schweizerisch -li (Blättli). 91 Auch im Adjektiv- und Verbbereich existieren Diminutivsuffixe (schwächlich, grünlich, tänzeln). Im Vergleich zu den Substantiven ist diese Diminuierung jedoch von erheblich geringerer Bedeutung. 121 Explizite Derivation von Substantiven Ausführlich dazu s. Krahe/ Meid (1969, 216ff.; 110ff.), Wellmann (1975, 124f.) sowie Wandruszka (1991, 143ff.). Beide Suffixe unterliegen in Bezug auf die Auswahl der substantivischen Basen bestimmten Einschränkungen. So wird -chen aus Aussprachegründen i.d.R. nicht an Substantive angefügt, die auf -ch, -g oder -ng auslauten. Stattdessen nutzt man -lein: Bach → Bächlein, Zweig → Zweiglein, Ring → Ringlein. Umgekehrt wird -chen gebraucht, wenn -l(e) vorliegt, wobei es zur Tilgung des Vokals -e kommt: Spiel → Spielchen, Keule → Keulchen. 92 Anders verhält es sich mit dem Auslaut -el. Hier sind prinzipiell immer beide Suffixe anfügbar. Allerdings entfällt bei -lein gewöhnlich das schwachtonige -e, während es bei -chen erhalten bleibt: Spiegel → Spieglein, Spiegelchen; Vogel → Vöglein, Vögelchen. Neben -e tilgt man ebenfalls -en im Auslaut: Garten → Gärtchen, Gärtlein; Kasten → Kästchen, Kästlein. Begleitet wird die Diminuierung durch die Umlautung des Stammvokals. Es zeigen sich jedoch wiederum Unterschiede zwischen -chen und -lein. So ist der Umlaut bei -lein obligatorisch, während er bei -chen in bestimmten Fällen fehlt. Dazu zählen vor allem Personen- und Verwandtschaftsbezeichungen sowie der große Bereich der Vornamen. Vgl.: Mama → Mamachen, Tante → Tantchen, Oskarchen, Mariechen, Paulchen (vgl. u.a. Fleischer/ Barz 1995, 179; Erben 2000, 87). Dass dies kein durchgängiges Prinzip ist, beweisen Formen wie Brüderchen (zu Bruder) und Hänschen (zu Hans). Außer den genannten phonologischen Restriktionen lassen sich somit beide Suffixe an das Basiswort anschließen. Zu betonen ist aber, dass -chen in der Literatursprache eindeutig dominiert. 93 Trotz eines Auslauts, der beide Suffixe zulässt, ist daher eher die -chen-Bildung zu erwarten. Diese gilt als konventionalisiert, sprachüblich: Hand → Händchen, *Händlein. Zudem kann -chen um -el und -er erweitert werden. Formen auf -el-chen - hervorgegangen aus Basen mit Auslaut -el (s.o.) - kommen vorrangig in der nord- und mitteldeutschen Umgangssprache vor: Tuch → Tüchelchen, Sache → Sächelchen. Die seltene Erweiterungsform -er-chen kennzeichnet hingegen den Plural: Ding → Dingerchen. 94 Hier diente ebenfalls die Diminutivbildung mit Basisauslaut -er (Hammer → Hämmerchen) als Vorbild (vgl. ebenda). Wenngleich die Diminutivsuffixe vorrangig bei substantivischen Basen beobachtbar sind, so können doch auch andere Wortarten das Ausgangswort stellen. In Betracht kommen in erster Linie Adjektive (z.T. substantiviert), an die sich fast nur -chen anschließen lässt: grau → Grauchen (kleiner Esel), Dicker → Dickerchen, schneeweiß → Schneeweißchen. 95 Nur vereinzelt zieht 92 Der Vokal -e wird nicht nur in der Verbindung -le, sondern generell im Auslaut getilgt. 93 Das Suffix -lein ist heute nur noch in ganz bestimmten Textarten gebräuchlich. Dazu zählen Märchen, Lyrik und kirchliche Schriften (vgl. Wellmann 1995, 490). 94 Das Basiswort erscheint gewöhnlich im Singular. Nur in wenigen Fällen liegen Pluralformen oder Pluraliatantum (nur im Plural vorkommende Substantive) vor: Leute → Leutchen. 95 Die Märchengestalt Schneeweißchen entspricht dem norddeutschen Schneewittchen. 122 Zur substantivischen Wortbildung man Verbstämme für die Diminuierung heran. Dann muss jedoch die Erweiterungsform -er-chen gewählt werden: einnicken (einschlafen) → Nickerchen (kurzer Schlaf). In der Schriftsprache spielen andere Diminutivsuffixe eine untergeordnete Rolle. Erwähnenswert ist das Suffix -el; die Bildungen sind aber meist idiomatisiert und/ oder finden sich in Zusammensetzungen: Knochen → Knöchel (kleiner Gelenkknochen), Krume → Krümel (abgefallener kleiner Teil von Brot oder Kuchen; liebevolle Bezeichnung für ein Kind), Busch → Büschel (mehrere Haare oder Fasern zusammengefasst), Haarbüschel. 96 Eine geringe Bedeutung haben ebenfalls Fremdsuffixe. Dazu rechnen u.a. -ette (Stiefel → Stiefelette), -ine (Viola → Violine) und -it (Meteor → Meteorit). Bis auf das maskuline Meteorit sind Bildungen mit Fremdsuffixen Feminina (vgl. Wandruszka 1991, 192ff; Fleischer/ Barz 1995, 181; Dressler 1994, 131ff.). Im System der Diminuierung nimmt das Suffix -i eine Sonderstellung ein. Anders als die letztgenannten Suffixe zeichnet es sich durch eine hohe Produktivität aus. Weite Verbreitung findet es bei vertraulichen Personenbezeichnungen, insbesondere im Vornamenbereich: Schatzi, Hansi, Klausi. 97 Obgleich -i-Bildungen unbestritten eine diminuierende Funktion haben, muss berücksichtigt werden, dass diese im Wesentlichen auf den mündlichen Sprachgebrauch beschränkt bleiben. Zudem sind viele von ihnen das Resultat einer Wortkürzung (s. 2.4): Manni (aus Manfred), Didi (aus Dieter). Wie bereits erwähnt wurde, vermögen Diminutiva mehr auszudrücken als die bloße Verkleinerung. Sie signalisieren zugleich die emotionale Einstellung oder Beziehung des Sprechers im Sinne der Vertraut- oder Bekanntheit. Diese expressive Färbung kann so stark sein, dass sie die eigentliche Funktion, nämlich die Verkleinerung, überlagert. Dabei zeichnen sich zwei Bedeutungsmuster ab: a) meliorative Konnotation (die Bedeutung aufwertend, verbessernd); hierin ist auch die kosende Funktion enthalten: Mütterchen, Küsschen, Kätzchen; b) pejorative Konnotation; die negative Wertung kann von Ironie über Geringschätzung bis Abneigung reichen: Witzchen, Filmchen, Freundchen (vgl. u.a. Fleischer 1983, 182). 98 Keine emotionale Wertung weisen -chen-Derivate auf, die in den Fachsprachen (vorrangig Medizin und Naturwissenschaften) zu gebräuchlichen Termini gehören: Blutkörperchen, Teilchenstrahlung. 96 Diminutivbildungen mit -el haben variables Genus: der Knödel, der/ das Krümel, das Büschel. I.d.R. kann -chen angefügt werden. Die Formen, die dann wieder Neutra sind, drücken eine noch höhere Verkleinerungsstufe aus: Knöchelchen (sehr kleiner Knochen). 97 Auch hier ist eine weitere Steigerung bzw. Verstärkung der verkleinernden, liebkosenden Bedeutung möglich. Dies wird erreicht, indem man das Suffix -lein an das Diminutivum anschließt: Schatzilein. 98 Oft hängt es vom Kontext ab, ob die Diminutiva positiv oder negativ zu verstehen sind; sie zeichnen sich also durch Ambiguität (Mehrdeutigkeit) aus. 123 Explizite Derivation von Substantiven Semantische Differenzierungen zwischen -chen und -lein bei gleicher Basis treten kaum auf. Als Beispiel dafür seien Frauchen (liebevolle Bezeichnung für eine kleine, oft alte Frau; Herrin eines Hundes) und Fräulein (kinderlose, ledige junge Frau; leichtfertiges, junges Mädchen; Prostituierte; Anrede für eine unverheiratete Frau) (DUW) angeführt. Eine Vielzahl der Diminutiva ist durch einen hohen Idiomatisierungsgrad gekennzeichnet. Darunter befinden sich nicht wenige Bildungen, die man schon als isoliert bezeichnen muss: Eichhörnchen (Nagetier), Stiefmütterchen (Zierpflanze), Kaninchen, Ohrläppchen (unterer Teil des Ohres), Kaffeekränzchen (von Frauen organisiertes regelmäßiges Kaffeetrinken mit meist belanglosen Gesprächen), bisschen, Mädchen. Diminutiva auf -chen und -lein begegnen konsequenterweise in Phraseologismen. Da diese sich durch eine „lexikalisch-semantische Stabilität“ (Fleischer 1997, 36f.) auszeichnen, sind dem Ersatz der einzelnen Komponenten durch andere Wörter enge Grenzen gesetzt. Das betrifft ebenfalls -chen und -lein, die in diesen festen Konstruktionen i.d.R. gegenseitig nicht ersetzbar sind: jmdm. ein Schnippchen schlagen (jmdn. hereinlegen, überlisten), *jmdm. ein Schnipplein schlagen. Vgl. ferner sein Mütchen kühlen (seine Wut an jmdm. auslassen), sein Scherflein beitragen (seinen kleinen Beitrag leisten), kleinere Brötchen backen (bescheidener werden, leben), mit jmdm. ein Hühnchen zu rupfen haben (jmdn. zurechtweisen, die Meinung sagen), ein Häufchen Elend (unglücklicher, deprimierter Mensch) (vgl. ebenda, 37ff.; Palm 1995, 30ff.). 3.3.2.5 Übungen ‹ 1. Bilden Sie mithilfe der Suffixe -chen und -lein entsprechende Diminutiva! Achten Sie dabei auf die Basisveränderungen (Umlautung und Auslauttilgung) und den Umstand, dass manche Derivate nicht geläufig sind! Stellen Sie fest, in welchen Fällen beide Suffixe sowie die Erweiterungsformen -el-chen und -er-chen verwendet werden können! Otto, Stuhl, Onkel, Buch, Ente, Haken, Auge, Sabine, Lamm, Decke, Seele, Wagen, Vater, Blume, Alter, Schuh, Schlange, Kathrin, Schnabel, Mensch, Stunde, Schwester, Sache, Kurt, Kinder, Ball, Deckel, Hahn, Flasche, Hase, Beutel, Acker, dumm, Rose, Hund, Mantel, Werner, Loch, Löffel, Platz, Junge, Engel, Schlaf, Zapfen, Kuss, Fuß, Jahr, Ärmel, Licht, Haus, Maul, Bursche, Lotte, Punkt ‹ 2. Stellen Sie fest, ob zwischen den angegebenen Diminutiva eine semantische Differenzierung besteht! - Fähnchen - Fähnlein - Männchen - Männlein - Weibchen - Weiblein 124 Zur substantivischen Wortbildung ‹ 3. Bilden Sie mithilfe der Fremdsuffixe -ette und -ine entsprechende Diminutiva! Zigarre, Statue, Sonate, Oper, Sandale, Lanze ‹ 4. Ermitteln Sie - eventuell mithilfe eines Wörterbuches - die Bedeutung der idiomatisierten Diminutiva! Schneeglöckchen, Grübchen, Kittchen, Ständchen, Zipperlein, Frettchen, Hörnchen, Schnäppchen, Heimchen, Stäbchen, Muttersöhnchen, Rumpelstilzchen 3.3.2.6 Movierung (Sexusdifferenzierung) Unter Movierung - auch Motion genannt - versteht man die Derivation von Substantiven mit dem Ziel, eine Genusänderung vorzunehmen. Als Basen dienen somit Personen- und Tierbezeichnungen. Wichtigstes Suffix zur Motionsbildung ist -in. Sein Ursprung reicht bis ins Ahd. (friuntin = Freundin) zurück; im Mhd. tritt neben -ı ¯n die Variante -inne (botinne = Botin) auf (vgl. Krahe/ Meid 1969, 120f.). Durch Anfügen des Suffixes an das maskuline Substantiv entstehen immer nur Feminina. Wenngleich -in hochproduktiv ist, sind dieser Art der Movierung doch Grenzen gesetzt, die verschiedene Ursachen haben. Im Einzelnen sind folgende Besonderheiten und Restriktionen feststellbar: a) Der Anschluss von -in ist nicht konsequent mit der Umlautung des Stammvokals verbunden; im Unterschied zu älteren Movierungen fehlt er oft bei zweisilbigen Wörtern mit schwachtonigem -e, Fremdwörtern und Bewohnerbezeichnungen: Koch → Köchin, Arzt → Ärztin, Gatte → Gattin, Sklave → Sklavin, Ungar → Ungarin, aber: Franzose → Französin! b) -in lässt sich nur bedingt mit Derivaten nativen Ursprungs verbinden; infrage kommen vorrangig Ableitungen auf -er und - jedoch seltener - auf -ling: Schwimmerin, Tänzerin, 99 Flüchtlingin (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 183; Erben 2000, 87). Nicht geeignet erweist sich -in für die Movierung deadjektivischer und departizipialer Konversionen; das feminine Genus wird hier durch den Artikel angezeigt. Vgl.: die Jugendliche, eine Gefangene. c) Praktisch uneingeschränkt möglich ist dagegen die Kombination mit Derivaten, die zur Personenbezeichnung nichtnative Suffixe nutzen; der Umlaut fehlt hier grundsätzlich: Assistentin, Nationalistin, Redakteurin. d) Einige Fremdsuffixe stehen in Konkurrenz zu -in: Friseurin - Friseuse, Kommandeurin - Kommandeuse (s.u.). 99 Derivate, die auf -erer auslauten, werfen aus Aussprachegründen ein -er aus: Zauberer → Zauberin. 125 Explizite Derivation von Substantiven e) Handelt es sich bei der Basis um eine Tierbezeichnung, ist die Movierung durch -in stark eingeschränkt. Das Suffix begegnet dann im Haustierbereich oder bei Tieren, die relativ leicht in Kontakt zum Menschen treten bzw. sich in dessen Nähe aufhalten: Hund → Hündin, Esel → Eselin, Affe → Äffin. Gewöhnlich greift man aber auf vorhandene weibliche Tierbenennungen (z.T. in Kompositionen) zurück: Hengst (männliches Pferd) - Stute (weibliches Pferd), Hirsch - Hinde/ Hirschkuh. 100 Eine zunehmende Bedeutung erfährt die -in-Movierung auf dem Gebiet der Berufsbezeichnung. Ausgelöst durch die Frauenemanzipation, kommt es hier verstärkt zur Bildung movierter Formen, da zahlreiche traditionelle „Männerberufe“ jetzt auch den Frauen zugänglich sind: Pilotin, Bischöfin, Schlosserin (vgl. Wellmann 1995, 492). Es bleibt zu berücksichtigen, dass sich auch ohne Movierung bestimmte Berufsbenennungen sowie Titel auf Frauen beziehen können. Vgl.: Professor, Staatssekretär, Minister (neben Professorin, Staatssekretärin, Ministerin). 101 Zum anderen existieren feminine Berufsbenennungen, denen die männliche Entsprechung fehlt. Das hängt mit dem Umstand zusammen, dass in diesen Berufen fast ausschließlich Frauen arbeiten: Kosmetikerin, Kindergärtnerin, Näherin. Neben dem dominierenden -in spielen andere Wortbildungssuffixe eine sehr geringe Rolle. Allenfalls Fremdsuffixe sind hier zu erwähnen. 102 Außer -euse (s.o.) werden noch -esse (mit den Varianten -ess und -isse), -ice und -ine genutzt und gewöhnlich an fremdwörtliche Basen angeschlossen: Baroness(e), Direktrice (leitende Angestellte in der Modebranche), Heroine (Heldin). 103 Motionsbildungen lassen sich zudem mittels Komposition umsetzen. Verbreitet sind die kompositionellen Zweitglieder -frau (zu -mann) sowie -weibchen (zu -männchen, beide Formen sind nur auf Tiere beziehbar! ): Torfrau (zu Tormann), Kobraweibchen (zu Kobramännchen). Eine erheblich geringere Frequenz weisen -mädchen und -schwester auf: Stubenmädchen, Krankenschwester. Komposita auf -frau treten zuweilen in synonymische Konkurrenz zu den -in-Derivaten. Vgl.: Zigeunerfrau - Zigeunerin, Amtfrau (zu Amtmann = Vorsitzender einer Verwaltungsbehörde) - Amtmännin (! ). Dass es sich nicht immer 100 Oft wird auf die Movierung verzichtet, wenn dazu keine Notwendigkeit besteht. Das betrifft u.a. Vögel, Reptilien, Fische und Insekten: *Krähin, *Natterin, *Forellin, *Käferin. 101 So sind in der Anrede zwei Formen möglich: Frau Professor, Frau Professorin. 102 Andere heimische Suffixe wie -se und -sche sind umgangssprachlich und/ oder regional geprägt. Während -se stets eine pejorative Konnotation ausdrückt (Tippse = Maschinenschreiberin, Sekretärin), wird -sche vor allem in Norddeutschland zur Kennzeichnung des Familiennamens weiblicher Personen gebraucht: die Meiersche, die Oldendorfsche. Diese Aufgabe erfüllte bis zum 18., 19. Jahrhundert ebenfalls -in, wie das z.B. die berühmte Luise Millerin in Schillers „Kabale und Liebe“ belegt. Im heutigen Deutschen begegnet -in in dieser Funktion nur noch als reduzierte Form in der saloppen Umgangssprache -(e)n: die Dietzen, die Schrödern (vgl. Wellmann 1995, 492; Plank 1981, 116ff.). 103 Das Suffix -ine wurde bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts häufig zur Vornamenbildung verwendet: August → Augustine, Joseph → Josephine. 126 Zur substantivischen Wortbildung um Synonyme handelt, zeigen Paare wie Lehrersfrau - Lehrerin oder Majorsfrau - Majorin; die Komposita kennzeichnen den Status ‚Ehefrau‘ (Ehefrau des Lehrers), während die Derivate den Beruf benennen. 104 Zur Neutralisierung der Sexusdifferenzierung männlich - weiblich bei Berufsbenennungen greift man in der deutschen Gegenwartssprache verstärkt auf sog. geschlechtsneutrale Kompositionsglieder wie -kraft und -hilfe zurück. Zusammensetzungen jener Art erscheinen besonders häufig in der modernen Verwaltungssprache, wo es offensichtlich ohne Relevanz ist, ob ein Mann oder eine Frau diese Tätigkeit ausübt. Vgl.: Schreibkraft, Lehrkraft, Küchenhilfe, Haushaltshilfe (vgl. auch ebenda; Fleischer/ Barz 1995, 184). Der „umgekehrte Weg“ - die Bildung maskuliner Substantive zu femininen Entsprechungen - stellt eine Ausnahme dar. Movierte Maskulina kommen überwiegend bei Tierbezeichnungen vor; sie entstehen mittels -(e)rich: Gans → Gänserich, Taube → Tauberich/ Täuberich. Als noch weniger gebräuchlich erweist sich das polyfunktionale Suffix -er: Witwe → Witwer. Vereinzelt können beide Derivate synonymisch nebeneinander stehen: Tauber/ Täuber. 3.3.2.7 Deonymische Suffixe Sog. deonymische Suffixe haben sich aus Eigennamen entwickelt und üben im heutigen Deutschen eine appellative Funktion aus, d.h., das auf diese Weise entstandene Substantiv steht für eine Gattung gleichartiger Lebewesen und Dinge (vgl. Gelhaus 1995, 193f.). Der Kreis der aus Eigennamen abgeleiteten Substantive ist begrenzt. Zudem besitzen sie eine allenfalls als schwach einzuschätzende Produktivität. 105 Doch schließen sie durch ihre Spezialisierung eine Lücke im deutschen Wortbildungssystem - genauer gesagt - im Bereich der Nomina agentis. Zu erwähnen sind hier die Suffixe -bold, -(e)rich und -jan(-ian). Unter den deonymischen Suffixen findet -bold die weiteste Verbreitung. Es wurde im Laufe der Zeit aus Namen wie Dietbold und Diepold herausgelöst (vgl. Fleischer 1983, 174) und bezeichnet Personen, die gerne und oft etwas machen oder durch bestimmte Handlungen auffallen bzw. bekannt sind; die Appellativa enthalten grundsätzlich eine pejorative Konnotation. Als Basiswörter stehen Verben und Substantive zur Verfügung. Vgl.: saufen → Saufbold (jmd., der viel Alkohol trinkt), Lüge → Lügenbold. In synonymische Konkurrenz dazu können Derivate mit dem Suffix -er sowie metaphorisch 104 In einem Fall wie Majorin können ebenfalls zwei Bedeutungsmöglichkeiten gegeben sein, d.h. der Dienstrang beim Militär sowie die heute allerdings archaisch wirkende Bezeichnung für die Ehefrau eines Majors. 105 Onymische Suffixe spielen eine wesentlich größere Rolle. Zu ihnen gehören u.a. Suffixe von Länder-und Regionennamen wie z.B. -en und -ien (s. 3.3.2.2.1), ferner von Ortsnamen wie -ingen-/ -ungen (Tübingen, Salzungen), -hagen (Lichtenhagen), -reuth (Bayreuth), -hausen (Nordhausen) oder -stetten (Vaterstetten). Auf diese toponymischen Elemente kann im Rahmen dieses Buches nicht näher eingegangen werden. Eine ausführliche Darstellung dazu bietet z.B. Sonderegger (1985, 2069f.). 127 Explizite Derivation von Substantiven gebrauchte Personenbezeichnungen als Zweitglieder von Kompositionen (s. 3.2.1.11) treten: Säufer, Saufbruder. Das Suffix -(e)rich, das ebenso zur Movierung genutzt wird (s.o.), war ursprünglich Bestandteil von Namen wie z.B. Dietrich oder Friedrich (vgl. ebenda). Es dient einerseits der Benennung von Personen, wobei meist Verben die Basis stellen. Gewöhnlich sind die deverbalen Appellativa pejorativ gefärbt: wüten → Wüterich (jmd., der wütet, d.h. zerstörerisch wirkt oder handelt). 106 Andererseits benennt man damit verschiedene Pflanzengattungen; die Basis ist hier ein Substantiv: Weg → Wegerich. 107 Ebenfalls abwertende Personenbenennungen kennzeichnen Derivate mit dem Suffix -jan und seiner Variante -ian. Die Entstehungsgeschichte ist allerdings nicht eindeutig geklärt, man muss vielmehr von unterschiedlichen Basen ausgehen. In Liederjan - Liedrian liegt offenbar das ostmitteldeutsche „liederlicher Jan“ (Kurzform von Johannes) zugrunde, das heute als Synonym für einen liederlichen (unordentlichen) Menschen gilt (DUW). Das Muster wurde dann wohl auf deverbale Ableitungen übertragen: stänkern → Stänkrian (jmd., der ständig kritisiert, andere angreift), stolpern → Stolprian (jmd., der oft stolpert). 108 3.3.2.8 Übungen ‹ 1. Bilden Sie mithilfe des Movierungssuffixes -in feminine Substantive! Achten Sie dabei auf die Basisveränderungen (Umlautung und Auslauttilgung)! Gott, Raucher, Schütze, Ankömmling, Maler, Löwe, Matrose, Direktor, Schwager, Iraner, Bauer, Kamerad, Storch, Hutmacher, Russe, Bettler, Studienrat, Bote, Autor, Soldat, Beamter, Wolf, Afrikaner, Dekorateur, Polsterer, Genosse, Wissenschaftler, Neuling, Graf, Asiat, Inspektor, Kunde, Kommissar, Mongole, Ruderer, Räuber, Pate, Sozialist, Hase, Zimmerer, Langstreckler, Gemahl, Zeuge, Dieb, Musikant, Offizier, Fahrer, Kubaner, Arbeiter, Sachse ‹ 2. Finden Sie zu der männlichen Tierbezeichnung die weibliche Entsprechung! a) Hahn d) Elefantenbulle b) Eber e) Marderrüde c) Keiler 106 Es muss betont werden, dass zum Ausdruck pejorativer Expressivität diese Personenbezeichnungen sowie Eigennamen in Zusammensetzungen (-fritze, -liese usw.) geläufiger sind (s. 3.2.1.11). 107 In Abhängigkeit von den einzelnen Arten dieser Pflanzengattung erscheint Wegerich in mehreren Kompositionen: Spitzwegerich, Breitwegerich u.a.). 108 Dass diese von Fleischer (1983, 175) angeführten deverbalen Formen regional begrenzt und nicht allgemein geläufig sind, beweist ihr Fehlen im DUW. Ihre Funktion haben kompositionelle Zweitglieder und/ oder Derivate übernommen: Stänkerer. 128 Zur substantivischen Wortbildung ‹ 3. Bilden Sie mithilfe der Fremdsuffixe -euse, -esse (-ess, -isse) und -ine feminine Substantive! Diakon, Wilhelm, Masseur, Blonder, Steward, Souffleur, Count, Philipp ‹ 4. Bilden Sie mithilfe der kompositionellen Zweitglieder -frau, -weibchen, -mädchen und -schwester geläufige feminine Substantive! Achten Sie dabei auf das Fugenelement! Wal, Säugling, Kamera, Land, Fliege, Stube, Adler, Haus, Kauf, Robbe, Orden, vertrauen, Krokodil, Fach, Pinguin ‹ 5. Bilden Sie mithilfe der Suffixe -er und -(e)rich maskuline Substantive! a) Pute d) Maus b) Ente e) Gans c) Hexe ‹ 6. Bilden Sie mithilfe der Suffixe -bold, -(e)rich und -jan (-ian) entsprechende Substantive! Führen Sie - falls das möglich ist - synonymische Formen mit einem Zweitglied oder Suffix -er an! Witz, Knoten, poltern, blöd, Fahne, scherzen, dummer Jan, raufen, Weide, schmieren, Neid 3.3.2.9 Fremdsuffixe Zu den Fremdsuffixen rechnen wir all diejenigen Suffixe, die aus einer fremden Sprache übernommen wurden, in der Gegenwartssprache als Wortbildungsmorpheme fungieren und keinen oder nur einen geringen Grad der Assimilation („Eindeutschung“) aufweisen. 109 Das Inventar der nichtnativen Suffixe repräsentiert keine homogene Gruppe, vielmehr gibt es große Unterschiede hinsichtlich Produktivität und Aktivität. Besonders in Hinblick auf die Produktivität treten die meisten nichtnativen Suffixe klar hinter den heimischen zurück. Gewöhnlich werden die Fremdelemente mit nichtnativen Basen kombiniert, der umgekehrte Weg (heimische Basis + Fremdsuffix) stellt nach wie vor eine Ausnahme dar. Nicht immer ist zweifelsfrei zu klären, auf welchem Ausgangswort die Derivation beruht, mitunter handelt es sich um Konfixe, die für verschiedenartige Ableitungen genutzt werden. Andererseits lassen sich zahlreiche Bildungen im Deutschen nicht analysieren. 109 Ausführlich zu Fremdwörtern und Entlehnungen s. Schippan (1984, 278ff.). 129 Explizite Derivation von Substantiven Die Darstellung basiert auf den schon bei den heimischen Suffixen angewendeten Kriterien und methodologischen Verfahren (s. 3.3.2.1). Sie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, denn insbesondere sehr ungebräuchliche oder nur fachsprachlich geprägte Suffixe werden hier nicht berücksichtigt. 110 Suffix -ade Das Suffix ist französischen Ursprungs; es bildet ausschließlich feminine Substantive. • Derivationsbasis E i g e n n a m e Deonymische Bildungen zeichnen sich durch eine gewisse Produktivität aus. Dabei lassen sich zwei semantische Muster erkennen: a) Das Derivat markiert eine Handlung oder Tätigkeit, die von jemandem in der Art des Namensträgers ausgeführt wird; man kennzeichnet damit zugleich eine bestimmte Verhaltensweise: Hanswurst → Hanswurstiade (synonymisch dazu Harlekinade) 111 Bocaccio → Bocacciade. b) Es können mit dem Suffix Veranstaltungen oder Wettbewerbe im Bereich von Sport und Kunst benannt werden: Universität → Universiade (internationaler sportlicher Wettkampf von Studenten), Schubert → Schubertiade (Musikwettbewerb). Wie bei a) wird häufig zwischen Basis und Suffix das Interfix -ieingefügt. 112 • Derivationsbasis Verb -ade wird i.d.R. an Verben auf -ier(en) angeschlossen; 113 bei den Derivaten handelt es sich meist um Sachbezeichnungen: panieren → Panade (Mischung aus Ei und Semmelmehl, in die Fleisch gelegt wird). Vereinzelt stößt man auf Ortsbezeichnungen: promenieren → Promenade (breiter, gepflegter Spazierweg). • Derivationsbasis Substantiv Ableitungen aus Substantiven sind nur schwach vertreten; es sind vorrangig Tätigkeitsbezeichnungen: Kanone → Kanonade (schweres, andauerndes Feuer mit Kanonen, Geschützfeuer). 110 Dazu zählen u.a. die in der Medizin verwendeten -itis (Bronchitis) und -ose (Tuberkulose) oder -en (Ethylen) und -id (Bromid) aus dem Bereich der Chemie. 111 Hanswurstiade hieß zunächst ein derbkomisches Bühnenstück des deutschen Theaters im 18. Jahrhundert, in dem Hanswurst die Hauptfigur war. Heute wird damit ein Scherz, eine Spaßmacherei bezeichnet. 112 Nach Fleischer/ Barz (1995, 185) wurde -iade aus Wörtern wie Olympiade, in denen -izum Stamm gehört, herausgelöst und auf andere deonymische Derivate übertragen. Es können jedoch -ade und -iade nebeneinander stehen: Harlekinade - Harlekiniade (DUW). 113 Das fremdsprachige Suffix -ier entfällt bei der Derivation grundsätzlich. 130 Zur substantivischen Wortbildung Suffix -age -age stammt aus dem Französischen; alle Bildungen haben feminines Genus. • Derivationsbasis Verb Als Basen kommen primär Verben mit dem Fremdsuffix -ier in Betracht; die Derivate sind Nomina actionis, in manchen Fällen Sachbenennungen: sabotieren → Sabotage, drainieren → Drainage (Rohre und Leitungen zum Trockenlegen des Bodens). • Derivationsbasis Substantiv Nur vereinzelt begegnen desubstantivische Derivate; diese drücken eine kollektive Bedeutung aus: Karton → Kartonage (aus Karton oder Pappe bestehendes Verpackungsmaterial). Suffix -alien Das Suffix ist aus dem lateinischen -a¯lia hervorgegangen. Von den anderen Suffixen muss es abgehoben werden, weil es grundsätzlich nur der Bildung von Pluraliatantum dient. • Derivationsbasis Substantiv -alien-Derivate sind folglich immer Kollektiva: Musik → Musikalien (gedruckte Noten), Person → Personalien (Angaben zur Person wie z.B. Name, Geburtsort und -datum). Suffix -and (-end) Es ist aus der lateinischen Gerundivform -nd-us (participium necessitatis) entstanden; die Derivate haben maskulines Geschlecht. • Derivationsbasis Verb -and und seine Variante -end werden vorrangig an Verben auf -ier(en) angefügt und für Personenbezeichnungen gebraucht; es handelt sich meist um Nomina patientis, d.h., die Handlung erstreckt sich auf die jeweilige Person. Auf Benennungen dieser Art stößt man häufig im akademischen Bereich: examinieren → Examinand (zu Examinierender = jmd., der zu prüfen ist), doktorieren → Doktorand. Ferner findet sich -and in geringerem Umfang in der Fachsprache der Mathematik. Vgl.: substrahieren → Subtrahend (Zahl, die man von einer anderen abzieht). Suffix -ant (-ent) -ant hat seinen Ursprung im lateinischen -ans, -antis, ebenso die Variante -ent (-ens, -entis); es bildet ausschließlich maskuline Substantive. 131 Explizite Derivation von Substantiven • Derivationsbasis Verb Verben auf -ier(en) stellen im Allgemeinen die Basis. Hinsichtlich des Gebrauchs der beiden Varianten gibt es keine klaren Kriterien, -ant wird aber doppelt so häufig verwendet wie -ent (vgl. Altmann/ Kemmerling 2000, 119; Erben 2000, 94). Die Bildungen sind Nomina agentis. Vgl.: immigrieren → Immigrant, demonstrieren → Demonstrant, konsumieren → Konsument. In wenigen Fällen werden beide Suffixvarianten um das Interfix -ierweitert: denunzieren → Denunziant (jmd., der einen anderen aus niedrigen Beweggründen anzeigt), rezipieren → Rezipient (jmd., der einen Text oder ein Musikstück aufnimmt). Wenngleich Basen auf -ier(en) dominieren, so ist der Anschluss an ein heimisches Wort durchaus möglich: liefern → Lieferant (jmd., der Waren liefert oder produziert). • Derivationsbasis Substantiv Während Ableitungen aus Verben produktiv sind und vorwiegend in der Presse- und Wissenschaftssprache erscheinen, stößt man auf desubstantivische Derivate nur selten. Vgl.: Labor → Laborant. Nicht wenige Bildungen erweisen sich als idiomatisiert und isoliert, entziehen sich somit der Analysierbarkeit. Darunter sind auch Nichtpersonenbezeichnungen (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 189): Kombattant (Mitkämpfer, Kriegsteilnehmer), Patient, Trabant (Satellit; Gefolgsmann), Kontingent. Derivate auf -ant (-ent) stehen in synonymischer Konkurrenz zu substantivischen Konversionen des Partizips I: Kommandant - Kommandierender, Student - Studierender. Suffix -anz (-enz) -anz und die Variante -enz lassen sich auf die lateinischen -antia, -entia bzw. die französischen Formen -ance und -ence zurückführen; die Derivate sind Feminina. • Derivationsbasis Verb Als Basen wählt man Verben mit dem Fremdsuffix -ier; die Bildungen stellen Abstrakta dar, die nur schwer einzelnen Wortbedeutungen zuzuordnen sind. Vgl.: dominieren → Dominanz, tendieren → Tendenz. • Derivationsbasis Adjektiv Die Ableitungen repräsentieren Eigenschaftsabstrakta (Nomina qualitatis). Infrage kommen nur Adjektive mit den Fremdsuffixen -ant und -ent. Nach diesen Suffixen richtet sich ebenfalls der Gebrauch der Suffixvarianten: bei -ant wird -anz, bei -ent -enz gewählt: tolerant → Toleranz, konsequent → Konsequenz. 132 Zur substantivischen Wortbildung Suffix -ar (-är) Es basiert auf den lateinischen -a¯rius und -a¯rium. Der Suffixvariante -är liegt die französische Form -aire zugrunde; die Derivate sind entweder Maskulina oder Neutra. • Derivationsbasis Substantiv Desubstantivische Formen dienen in erster Linie der Benennung von Personen, die immer Maskulina sind. Hierbei wird -är wesentlich häufiger genutzt. Oftmals stellen Substantive mit dem Fremdsuffix -ion das Basiswort. Vgl.: Bibliothek → Bibliothekar, Revolution → Revolutionär, Funktion → Funktionär. Aber auch andere nichtnative Suffixe können begegnen: Parlament → Parlamentär (Unterhändler). Ferner wird -ar (-är) für die Ableitung von Kollektiva herangezogen; diese haben stets neutrales Genus. Bei der Suffigierung kann es dann zur Basisvariation kommen. Vgl.: Vokabel → Vokabular. Neben Substantiven schließt sich das Suffix auch an Konfixe an, wobei ebenfalls eine kollektive Bedeutung zum Ausdruck gebracht wird: miltit- → Militär. • Derivationsbasis Verb Die wenigen Beispiele repräsentieren Ableitungen aus Verben mit dem Suffix -ier; das Genus kann dabei variieren. (Maskulina oder Neutra). Bei den Derivaten handelt es sich meist um Sachbezeichnungen. Vgl.: formulieren → Formular. Vereinzelt treten Nomina acti auf: kommentieren → Kommentar. 114 Suffix -ast -ast stammt aus dem Griechischen (-ast ē s); die Derivate sind ausschließlich Maskulina. • Derivationsbasis Substantiv Die Ableitungen aus Substantiven werden für die Bezeichnung von Personen genutzt; im fremdsprachigen Ausgangswort wird das Suffix getilgt: Gymnasium → Gymnasiast. Generell zu beachten ist, dass es sich bei der Basis meist um ein Konfix handelt, wobei, genau genommen, -as immer Bestandteil des Konfixes ist und -t (allerdings stets in Kombination mit -as-) das eigentliche Suffix darstellt. Vgl.: Phantas-t, Phantas-t-ik, phantas-t-isch usw. (vgl. ebenda, 189). Suffix -at -at ist auf das lateinische -atus zurückführbar; at-Derivate haben ausnahmslos neutrales Genus. 114 Liegt der Kommentar in schriftlicher Form vor (z.B. als kritische Stellungnahme in einer Zeitung), stellt er wiederum eine Sachbezeichnung dar. 133 Explizite Derivation von Substantiven • Derivationsbasis Substantiv Als Basen werden hier Personenbezeichnungen gebraucht; im Einzelnen sind es Benennungen von Berufen, öffentlichen Ämtern oder Herrschertiteln. Durch die Suffigierung entstehen Derivate, die mehrere Wortbedeutungen erhalten können. Vgl.: Dekan → Dekanat: a) Büro eines Dekans, b) Amtszeit eines Dekans. Mitunter wird das Interfix -i zwischen Basis und Suffix eingeschoben: Kommissar → Kommissar-i-at, was z.T. mit einer Umwandlung des Umlauts in einen Vokal verbunden sein kann: Sekretär → Sekretariat. • Derivationsbasis Verb Für die Ableitung stehen Verben auf -ier(en) zur Verfügung; diese benennen Vorgänge (Nomina actionis) und Ergebnisse (Nomina acti). Beide semantischen Muster sind oft eng miteinander verflochten, sodass eine klare Trennung nicht selten unmöglich ist: telefonieren → Telefonat. In einigen Fällen haben sich daraus Sachbenennungen entwickelt: fabrizieren → Fabrikat (Industrieerzeugnis). Suffix -ee -ee ist französischen Ursprungs (ée, -é); die Derivate sind meist neutralen, seltener femininen Geschlechts. • Derivationsbasis Verb Abgeleitet wird aus Verben mit dem Suffix -ier; es handelt sich um Nomina acti oder Sachbezeichnungen: resümieren → Resümee (Zusammenfassung), haschieren → Haschee (Gericht aus feinem Hackfleisch). • Derivationsbasis E i g e n n a m e Onymische Basen kommen nur vereinzelt vor: Odysseus → Odyssee (griechisches Heldengedicht; übertragene Bedeutung für lange Reise mit vielen Gefahren und Schwierigkeiten; Irrfahrt). 115 Suffix -erie -erie wurde unverändert aus dem Französischen übernommen; die Bildungen sind stets Feminina. • Derivationsbasis Substantiv Das Basiswort ist im Allgemeinen eine Personenbezeichnung; dadurch bringt man eine personenbezogene, oft pejorative Verhaltensweise zum Ausdruck: Scharlatan → Scharlatanerie (Verhalten oder Handeln eines Schwindlers, der bestimmte Kenntnisse oder Fähigkeiten vortäuscht), Kamerad → Kameraderie (abwertend für Kameradschaft). 115 Bei einigen Beispielen wie Matinee und Livree ist die Ableitungsbasis nicht feststellbar. 134 Zur substantivischen Wortbildung Ferner bezeichnet -erie Kollektiva; darunter befindet sich eine Anzahl von Beispielen, die sich zu Ortsbezeichnungen (Nomina locativa) weiterentwickelt haben. Auslautendes -e wird getilgt. Vgl.: Maschine → Maschinerie (System aus mehreren Maschinen; Getriebe), Gendarmerie (Polizei u.a. in Österreich und Frankreich), Parfümerie (Geschäft für Parfüm). • Derivationsbasis Adjektiv Deadjektivische Derivate nutzt man für die Kennzeichnung von Verhaltensabstrakta. Vgl.: prüde (ebenfalls Tilgung des -e) → Prüderie (übertriebene Zimperlichkeit und Zurückhaltung in sexueller Hinsicht), galant → Galanterie (Höflichkeit gegenüber Frauen). Suffix -eur Das Suffix stammt aus dem Französischen; es bildet stets Maskulina. • Derivationsbasis Verb Man greift auf Verben mit dem Fremdsuffix -ier zurück; die Derivate kennzeichnen Nomina agentis, wobei die meisten sich Berufsbezeichnungen zuordnen lassen. Vgl.: hypnotisieren → Hypnotiseur, chauffieren → Chauffeur, frisieren → Friseur. 116 • Derivationsbasis Substantiv Es sind gewöhnlich Substantive auf -ion, aber auch andere Basiswörter können vorkommen; Ableitungen dieser Art benennen ebenfalls Personen bzw. deren Berufe. Vgl.: Redaktion → Redakteur, Charme → Charmeur (Mann, der mittels seines Charmes versucht, Frauen für sich zu gewinnen). Nomina agentis auf -eur konkurrieren mit den Fremdsuffixen -ant (-ent) und -or (s.u.). Gewöhnlich sind die drei Suffixe jedoch nicht austauschbar, d.h., jedes ist auf bestimmte Basiswörter spezialisiert und füllt somit entstehende Lücken im großen Bereich der Personenbezeichnungen. Suffix -ie -ie ist aus dem lateinischen -ia hervorgegangen und existiert im Französischen in gleich lautender Form; es bildet nur feminine Substantive und verfügt über eine gewisse Produktivität. • Derivationsbasis Substantiv Es überwiegen Personenbenennungen als Basen, darunter befinden sich zahlreiche Konfixe; sie werden für vielfältige semantische Muster genutzt. Dazu zählen im Einzelnen: 116 Manche -eur-Derivate wurden in Aussprache und Schreibung dem Deutschen angeglichen, sodass neben Chauffeur und Friseur die Formen Schofför und Frisör existieren. 135 Explizite Derivation von Substantiven a) Bezeichnungen von Wissenschafts- und Fachgebieten: Demograf → Demografie, Anatom → Anatomie. b) Bezeichnungen von Staatsformen und Herrschaftssystemen: Monarch → Monarchie, Despot → Despotie (Gewaltherrschaft). c) Kollektiva: Aristokrat → Aristokratie, Bourgeois → Bourgeoisie. • Derivationsbasis Adjektiv Wie bei den desubstantivischen Ableitungen repräsentieren die Basiswörter häufig Konfixe oder sogar Konfixkombinationen. In der Mehrzahl der Fälle erscheinen diese mit dem heimischen Adjektivsuffix -isch. Derivate jener Art sind vorwiegend Eigenschaftsabstrakta (Nomina qualitatis), man findet sie aber auch bei der Benennung von wissenschaftlichen Fächern oder Begriffen. Vgl.: analog → Analogie, orthodox → Orthodoxie, ironisch → Ironie, empirisch → Empirie. Bei einigen Ableitungen kommt es zum Wechsel t > s: poetisch → Poesie, epileptisch → Epilepsie. -ie tritt in synonymische Konkurrenz zum heimischen Suffix -tum, wenngleich das Basiswort i.d.R. nicht identisch ist: Bourgeoisie - Bürgertum. Suffix -ier Es stammt aus dem Französischen und ist eigentlich die Weiterentwicklung des lateinischen -a¯rius (s. 3.3.2.2.4); die Derivate sind zumeist Maskulina, selten Neutra. • Derivationsbasis Substantiv Es werden vorrangig Personenbezeichnungen abgeleitet; diese weisen bestimmte Aussprachebesonderheiten auf: a) -ier entspricht der französischen Ausspracheform [ı ¯e: ]: Hotel → Hotelier (Hotelbesitzer); diese phonetische Variante tritt am häufigsten auf. b) -ier wird wie [i: r] ausgesprochen: Kanone → Kanonier (Soldat, der eine Kanone bedient). c) -ier verbindet sich mit dem Interfix -ar zu -arier, das der Lautform [a: rier] entspricht: Parlament → Parlamentarier. Zahlreiche Neutra, die keine Personenbezeichnungen repräsentieren, erweisen sich im heutigen Deutsch als unanalysierbar: Spalier, Pläsier, Brevier (vgl. Fleischer 1983, 196). Auf ein Konfix zu beziehen sind hingegen Formen wie Vegetarier. Suffix -ik Es ist lateinischen und griechischen Ursprungs (-ica) und existiert im Französischen als -ique; alle Bildungen sind Feminina. 136 Zur substantivischen Wortbildung • Derivationsbasis Substantiv -ik-Derivate, denen des Öfteren Konfixe zugrunde liegen, weisen zuweilen das Interfix -at auf; sie verfügen zudem über ein breites semantisches Spektrum: a) Bezeichnungen von Wissenschaftsdisziplinen und Fachgebieten. Basiswörter sind Nomina agentis aus -ist; darunter befinden sich ebenfalls deonymische Ableitungen: Artist → Artistik, Slawist → Slawistik. b) Kollektiva: Thema → Thematik, Elektronik (lässt sich als Teilgebiet der Elektrotechnik ebenso a) zuordnen). c) Bezeichnungen von Stilrichtungen oder (literarischen) Epochen: Romanik, Klassik. 117 Bei der Derivation kommt es zur Tilgung des schwachtonigen -e im Auslaut sowie zum Wegfall von Fremdsuffixen: Methode → Methodik, Rhythmus → Rhythmik. Daneben gibt es noch eine Reihe isolierter Bildungen wie Rubrik, Kolik, Replik. Suffix -ing -ing stammt aus dem Englischen und bildet fast ausschließlich Neutra. • Derivationsbasis Verb Verbale Basen werden vor allem zur Bezeichnung von Vorgängen und Prozessen (Nomina actionis) gebraucht: joggen → Jogging, dopen → Doping. 118 Einige Derivate zeigen eine Weiterentwicklung zu Nomina acti oder Sachbezeichnungen: Meeting (Treffen, Zusammenkunft; Sportveranstaltung), Dressing (Salatsoße; Kräuter- oder Gewürzmischung). 119 Auf -ing-Derivate stößt man in vielfältigen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens. Ihre Zahl hat in jüngerer Zeit vornehmlich in der Sprache der Wirtschaft, Werbung, Technik und des Sports zugenommen. Berücksichtigt man den Einfluss des - genauer gesagt - amerikanischen Englisch, so ist mit weiteren Bildungen jener Art zu rechnen. 117 Hier überwiegen Konfixe, die als Basen für verschiedenartigste Derivationen fungieren: klass- → klass-isch, Klass-izität, Klass-izismus u.a. 118 Jogging und Doping sind vollständige Übernahmen aus dem Englischen, die aus den Verben to jog bzw. to dope abgeleitet wurden. Formen dieser Art werden konsequent dem deutschen Infinitiv angepasst, sodass joggen und dopen als freie Verben vorkommen und somit auch der Konjugation unterliegen (ich jogge, du joggst usw.). 119 Andere Basen (Adjektive und Substantive: clear → Clearing, shop → Shopping) finden ebenso Verwendung. Sie spielen jedoch eine relativ geringe Rolle. Zu beachten ist hierbei, dass im Englischen viele Lexeme nicht auf eine Wortart festgelegt sind. 137 Explizite Derivation von Substantiven Suffix -ion Das zu den produktiven Suffixen zählende -ion ist aus dem lateinischen -io¯ hervorgegangen und existiert als -ion auch im Französischen; alle Bildungen haben feminines Genus. • Derivationsbasis Verb Für die Ableitung bieten sich vor allem transitive Verben auf -ier(en), an, das stets entfällt; die Derivate lassen sich Nomina actionis und - in noch größerem Umfang - Nomina acti zuordnen. Dabei ist die Derivation durch einige Besonderheiten gekennzeichnet: 1. Vielfach begegnen Interfixe, am häufigsten -at, seltener -it und -t: formieren → Formation, addieren → Addition, intervenieren → Intervention. 2. Allomorphie zeigt sich zum einen in den Konsonantenwechseln b > p, d > s, g > k: transkribieren → Transkription, kollidieren → Kollision, fungieren → Funktion. Andererseits kann es zum Anfügen oder Tilgen eines Konsonanten kommen: instruieren → Instruktion, korrumpieren → Korruption (vgl. Erben 2000, 94). 120 • Derivationsbasis Adjektiv Die wesentlich seltener genutzten adjektivischen Basen benennen Eigenschaften oder Verhaltensweisen, die sich auf Menschen beziehen: pervers → Perversion, devot → Devotion (Unterwürfigkeit). • Derivationsbasis Substantiv Desubstantivische Ableitungen kommen in noch geringerer Zahl vor. Gewöhnlich handelt es sich um Nomina actionis: Exkurs → Exkursion. Verbalabstrakta auf -ion konkurrieren vorrangig mit heimischen -ung-Derivaten. Allerdings stößt man selten auf Fälle synonymischer Konkurrenz wie bei Stabilisation - Stabilisierung. Denn -ion betont wohl eher Zustände und Ergebnisse von Handlungen, während -ung klarer den Prozesscharakter unterstreicht (s. 3.3.2.2.13). Vgl.: Dekoration - Dekorierung. Andererseits steht -ion im Bereich der Nomina acti unter dem Konkurrenzdruck anderer Fremdsuffixe (s.u.). Bei der kleinen Reihe der Eigenschaftsabstrakta erweisen sich die -heit-Bildungen als Synonyme: Devotion - Devotheit. Suffix -ismus -ismus ist lateinisch-griechischen (-ismos) Ursprungs. Es gehört zu den produktivsten Fremdsuffixen im Substantivbereich. Doch bleibt die hohe Pro- 120 Einen Sonderstatus haben -ion-Derivate, die zwar nicht deverbalen Ursprungs sind, stattdessen aber die Basis für Verbalableitungen auf -ier stellen: Subvention → subventionieren, Revolution → revolutionieren (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 187). 138 Zur substantivischen Wortbildung duktivität überwiegend auf die Sprache der Presse, Publizistik und Wissenschaft beschränkt; die Ableitungen haben stets maskulines Genus. • Derivationsbasis E i g e n n a m e Deonymische Derivate sind Nomina actionis und kennzeichnen eine allgemeine Geisteshaltung, wirtschaftliche, politische oder religiöse Lehren, Prinzipien und Richtungen sowie Theorien, die jemand vertritt bzw. jemanden charakterisieren: Darwin → Darwinismus, Buddha (Tilgung des -a! ) → Buddhismus, Marx → Marxismus. Ein Interfix weisen Beispiele wie Freudianismus (aus Freudianer = Anhänger des Psychiaters Sigmund Freud) auf (DUW). • Derivationsbasis Substantiv Neben Personenbezeichnungen trifft man auch auf Substantive anderer semantischer Bereiche; darunter befinden sich viele Konfixe: Patriot → Patriotismus, Kapital → Kapitalismus, Vulkan → Vulkanismus (Vorgänge, die mit dem Auftreten von Magma zusammenhängen); Terrorismus, Pessimismus, Faschismus. Manchmal entstehen bei der Derivation Morphemvarianten (Allomorphe): Katholik → Katholizismus, Militär → Militarismus. Interfigierung - zur Vermeidung des Hiatus - liegt hingegen in dem Beispiel Rheuma → Rheumatismus vor. • Derivationsbasis Adjektiv Gewählt werden in erster Linie Adjektive auf -al, weniger häufig auf -iv sowie -il; die Bildungen repräsentieren Nomina actionis und Nomina qualitatis: national → Nationalismus, zentral → Zentralismus, konservativ → Konservativismus, infantil → Infantilismus. Als Derivationsbasis kann jedoch auch ein fremdsprachiges Adjektiv ohne die genannten Suffixe bereitstehen: human → Humanismus. -ismus-Derivate bezeichnen zwar hauptsächlich Prozesse und Eigenschaften, sie können aber ebenso zu den sog. sekundären Kollektiva gerechnet werden, d.h., eine bestimmte Geisteshaltung bzw. geistig-kulturelle Richtung wird mit ihren Anhängern gleichgesetzt: Nationalismus = Nationalisten, Terrorismus = Terroristen (vgl. Erben 2000, 88f.; 99). 121 „Primäre“ Kollektiva gibt es dagegen kaum; es sind Sachbezeichnungen: Organ → Organismus (Gesamtheit der Organe eines Lebewesens). Die Ableitungen konkurrieren synonymisch mit dem Suffix -ie: Anarchismus - Anarchie, ferner mit -ität (s.u.). 121 Erben spricht hier von der „Kollektivverwendung usueller Abstrakta“ (ebenda, 89). 139 Explizite Derivation von Substantiven Suffix -ist -ist geht zurück auf die griechische und lateinische Form -iste¯s bzw. -ista; das als produktiv einzustufende Suffix bildet maskuline Ableitungen. • Derivationsbasis Substantiv Es werden zumeist Personenbenennungen genutzt; bei den daraus entstehenden Nomina agentis entfällt oft der vokalische Auslaut: Reform → Reformist, Jura → Jurist, Gitarre → Gitarrist. Das Suffix lässt sich zudem an heimische Basen anschließen. Hier überwiegen Wörter, die Musikinstrumente benennen: Pauke → Paukist, Harfe → Harfenist (Harfenspieler). Interfix -nist dann anzutreffen, wenn der Auslaut auf -e (wie bei Pauke) nicht getilgt wird und das Aufeinanderstoßen zweier Vokale verhindert werden soll. Hin und wieder begegnen Konfixbasen: Pazifist. • Derivationsbasis E i g e n n a m e Analog zu den -ismus-Bildungen lassen sich aus den Eigennamen entsprechende Nomina agentis ableiten. Damit wird die Anhängerschaft zu einer Person charakterisiert: Marxist, Buddhist u.a. Die relativ hohe Produktivität des Suffixes zeigt sich auch in Bildungen jüngster Zeit: Bushist, Putinist. Obgleich neben vielen Substantiven auf -ismus solche auf -ist existieren, darf nicht von einer 1: 1-Entsprechung ausgegangen werden. Das verdeutlichen folgende Beispiele: Propaganda → Propagandist, *Propagandismus, *Klassizist, Klassizismus, *Mechanist (Mechaniker! ), Mechanismus. • Derivationsbasis Verb Verbale Basen sind nur schwach vertreten. Es handelt sich meist um Verben mit dem Suffix -ier: telefonieren → Telefonist. Das Suffix steht in Konkurrenz zum nativen -er, und zwar dann, wenn man wiederum den Anhänger einer bestimmten Person und dessen Geisteshaltung benennen will; beide Suffixe sind aber nicht austauschbar, -er tritt zudem mit einer Interfigierung (-ian) auf: Stalin → Stalinist, *Stalinianer, Hegel → *Hegelist, Hegelianer usw. Suffix -it Dem Suffix liegen das griechische -itos sowie das lateinische -itus zugrunde; die Bildungen haben zumeist maskulines Genus. • Derivationsbasis E i g e n n a m e -it verwendet man vorrangig bei der Benennung von Personen. Mit dem Suffix wird - in Anlehnung an den Eigennamen - die Zugehörigkeit zu einer kulturellen oder religiösen Theorie, Richtung oder Völkergruppe zum Ausdruck gebracht. Das Derivat konkurriert folglich mit der -ist-Bildung, tritt aber viel seltener auf. Vgl.: Sunna → Sunnit (Anhänger der orthodoxen Hauptrichtung 140 Zur substantivischen Wortbildung des Islams), Jesuit (Mitglied des katholischen Ordens der Gesellschaft Jesu), Semit (Angehöriger einer Völkergruppe in Nordafrika und Vorderasien). • Derivationsbasis Substantiv Substantivische Basen kommen nur am Rande vor: Bande → Bandit. Suffix -ität -ität hat sich aus den lateinischen Formen -itas, -itatis sowie dem Französischen -ité entwickelt; das Suffix, das zu den produktiven Wortbildungsmorphemen gehört, bildet nur feminine Substantive. • Derivationsbasis Adjektiv Die Derivate bezeichnen vor allem Eigenschaften und Zustände. Für die Ableitung nutzt man verschiedenartige nichtnative Adjektive; bei einigen kommt es zur Veränderung des Basissuffixes (Suffixallomorphie): a) Adjektiv auf -abel (-ibel): Wechsel -e- > -i-. Vgl.: praktikabel → Praktikabilität, sensibel → Sensibilität b) Adjektiv auf -al: genial → Genialität c) Adjektiv auf -il: senil → Senilität d) Adjektiv auf -ell: Wechsel -ell > -al: sexuell → Sexualität e) Adjektiv auf -os: burschikos → Burschikosität (Ungezwungenheit) f) Adjektiv auf -ös: Wechsel -ös > -os: religiös → Religiosität g) Adjektiv auf -iv: effektiv → Effektivität. 122 Daneben können ebenso Adjektive ohne jene Suffixe die Ableitungsbasis stellen: intim → Intimität, integer (mit Tilgung des -e-! ) → Integrität. Unter den Basen gibt es ferner eine Reihe von Konfixen; -ität wird dann um -izerweitert, das auf das lateinische -ic-itas zurückgeht: Elektr-iz-ität, Authent-iz-ität (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 188). Eine im Vergleich zu den Eigenschaftsabstrakta untergeordnete Rolle spielen -ität-Derivate, welche Räumlichkeiten, Sachen oder Gegenstände benennen; diese können - anders als die Nomina qualitatis - im Plural erscheinen: lokal → Lokalität (Örtlichkeit, Raum), rar → Rarität (Seltenheit). 122 Die angegebene Reihenfolge entspricht der Häufigkeit der Basen. So werden Adjektive auf -abel (-ibel) immer, auf -al und -il fast ausnahmslos, auf -os und -ös meistens zur Derivation herangezogen. Bei Adjektiven mit dem Suffix -iv betrifft das nur ca. ein Drittel (vgl. Altmann/ Kemmerling 2000, 124). 141 Explizite Derivation von Substantiven • Derivationsbasis Substantiv Nur vereinzelt tritt das Suffix an Substantive: Moral → Moralität. 123 Da -ität-Bildungen vornehmlich Eigenschaften benennen, ergibt sich die Konkurrenz zu den heimischen -heit-Derivaten. So stehen z.B. nebeneinander: Senilität - Senilheit, Brutalität - Brutalheit. Außerdem können sie mit dem Fremdsuffix -ismus konkurrieren: Konservativität - Konservativismus, Konformität - Konformismus. Suffix -ment Es hat seinen Ursprung im lateinischen -mentum und existiert in der jetzigen Form auch im Französischen; die abgeleiteten Substantive sind immer Neutra. • Derivationsbasis Verb Den Derivaten liegen Verben auf -ier(en) zugrunde; das Suffix wird entweder um -eoder, was erheblich seltener geschieht, -aerweitert. Derivate mit -ement sind Nomina actionis und Nomina acti: bombardieren → Bombardement, arrangieren → Arrangement (Anordnung; Übereinkunft). Im Gegensatz dazu stellen -a-ment-Bildungen aus den erwähnten semantischen Mustern entstandene Sachbezeichnungen dar: postieren → Postament (Sockel oder Grundlage für ein Denkmal, eine Statue). Bei einigen -ment-Derivaten ist die zugrunde liegende Basis im Deutschen nicht feststellbar. Aber diese stellen ihrerseits vielfach das Ausgangswort für verbale Ableitungen auf -ier bereit: Experiment → experimentieren, Argument → argumentieren. Es bestehen Konkurrenzen zu den Suffixen, die Vorgänge und Handlungsergebnisse kennzeichnen (vor allem -ion, -ur, -age). Doch auch hier ist das gegenseitige Austauschen nicht möglich. Suffix -or -or wurde unverändert aus dem Lateinischen übernommen; es bildet maskuline Substantive. • Derivationsbasis Verb In Betracht kommen Verben mit dem Fremdsuffix -ier; häufig verbindet sich -or mit dem Interfix -at. Die Derivate dienen der Kennzeichnung von Personen (Nomina agentis), Geräten bzw. Maschinen (Nomina instrumenti). Vgl.: kommentieren → Kommentator, illustrieren → Illustrator (Künstler, der ein Buch mit Bildern ausstattet), Stabilisator (elektrischer Spannungsregler), Isolator (Bauelement mit isolierender Funktion). 123 Zahlreiche Derivate, darunter viele mit der verkürzten Form -tät, lassen sich in der Gegenwartssprache nicht mehr analysieren: Novität, Kapazität, Majestät, Fakultät. 142 Zur substantivischen Wortbildung • Derivationsbasis Substantiv Desubstantivische Ableitungen sind nur schwach vertreten (i.d.R. Substantive auf -ion). Sie bringen die gleichen Bedeutungsmuster zum Ausdruck: Profession → Professor, Kompression → Kompressor (Maschine zum Verdichten von Gas und Dampf). -or konkurriert mit den Fremdsuffixen, die Nomina agentis bilden wie z.B. -eur, -ant (-ent) und -ist (s.o.). Beispiele für synonymische Doppelformen wie Inspektor - Inspekteur zählen jedoch zu den Ausnahmen. Gewöhnlich ist der Austausch der Suffixe ausgeschlossen. Suffix -ur Das Suffix existiert im Lateinischen (-u¯ra) und Französischen (-ure); die Derivate haben stets feminines Geschlecht. • Derivationsbasis Verb Die Derivation erfolgt von Verben auf -ier(en). Ursprünglich wurden damit nur Vorgänge und Handlungsergebnisse bezeichnet; daraus haben sich teilweise Gegenstandsbenennungen entwickelt. Zwischen Basis und Suffix befindet sich häufig das Interfix -at-: dressieren → Dressur, kandidieren → Kandidatur, karikieren → Karikatur. Basisvariation zeigt sich bei korrigieren → Korrektur. • Derivationsbasis Substantiv Desubstantivische Ableitungen - ebenfalls oft mit -at-Interfigierung - stellen zumeist Kollektiva dar; das schwachtonige -edes Auslauts entfällt gewöhnlich oder wird durch einen anderen Vokal ersetzt: Taste → Tastatur (Gesamtheit der Tasten, z.B. einer Schreibmaschine), Muskel → Muskulatur. Nicht wenige -ur-Derivate erlauben die Zuordnung zu mehreren semantischen Mustern wie Kommandantur (Dienstgebäude eines Kommandanten; Amt des Kommandanten) oder Architektur (Wissenschaft von der Baukunst; Aufbau und künstlerische Gestaltung von Bauwerken; Bauten, die in einer bestimmten Epoche geschaffen wurden). 143 Explizite Derivation von Substantiven Semantische Muster der substantivischen Derivation (Fremdsuffixe) Suffix Prozess- und Zustandsbezeichnung Gegenstands- und Sachbezeichnung Gerätebezeichnung Orts- und Raumbezeichnung Eigenschaftsbezeichnung Personenbezeichnung Kollektiva -ade -age -alien -and (-end) -ant (-ent) -anz (-enz) -ar (-är) -ast -at -ee -erie -eur -ie -ier -ik -ing -ion -ismus -ist -it -ität -ment -or -ur Hanswurstiade Sabotage Tendenz Kommentar Telefonat Resümee Kameraderie Jogging Intervention Vulkanismus Arrangement Dressur Panade Drainage Formular Fabrikat Dressing Rarität Postament Karikatur Isolator Promenade Kommissariat Lokalität Kommandantur Toleranz Ironie Perversion Konservativismus Genialität Doktorand Demonstrant Funktionär Gymnasiast Friseur Kanonier Jurist Bandit Kommentator Kartonage Personalien Vokabular Gendarmerie Aristokratie Methodik Organismus Tastatur 144 Zur substantivischen Wortbildung 3.3.2.10 Übungen ‹ 1. Bilden Sie mithilfe der Suffixe -and (-end) und -ant (-ent) entsprechende Personenbezeichnungen! Ordnen Sie die Derivate den Nomina agentis bzw. Nomina patientis zu! In welchen Fällen handelt es sich nicht um Personenbezeichnungen, sondern um mathematische Termini? assistieren, Asyl, sympathisieren, multiplizieren, absolvieren, emigrieren, diplomieren, dirigieren, Abitur, simulieren, habilitieren, dividieren, referieren, kapitulieren, Musik, regieren, repräsentieren, summieren, Arrest, interessieren, Komödie, intrigieren, informieren ‹ 2. Bilden Sie mithilfe der Suffixe -ar (-är), -ier, -eur, -ist, -it und -or entsprechende Personenbezeichnungen! Achten Sie dabei auf die Interfigierung und Basisveränderungen! dressieren, Bank, Humor, Mission, Aggression, komponieren, Legion, montieren, Konzession, organisieren, Flöte, Rente, Aktie, Karriere, agitieren, Million, desertieren, Piano, Essay, Auktion, Archiv, kontrollieren, Horn, Calvin, Inquisition, Garde, Bankrott, Laute, massieren, Kabarett, Monopol, Brigade, restaurieren, Hus, Reserve, imitieren, Liga, Routine, Konstruktion, Revision, Cello, Kapital, Invasion, formulieren, ventilieren, Möbel ‹ 3. Bilden Sie mithilfe der Suffixe -ie und -ik entsprechende Substantive! Ordnen Sie die Derivate den a) Bezeichnungen von Staats- und Regierungsformen, b) Wissenschafts- und Fachgebieten, c) Kollektiva und d) Eigenschaftsabstrakta zu! Achten Sie dabei auf die Interfigierung und Basisveränderungen! Publizist, Motiv, Demokrat, Geste, Geodät, monoton, Symbol, lethargisch, Bürokrat, Hygiene, autonom, Anglist, Metapher, Philosoph, Mime, Problem, autark, Demoskop, Prothese, Geograf, Technokrat, apathisch, Oligarch, Orientalist, Astronaut, Chirurg, xenophob, Germanist ‹ 4. Bilden Sie mithilfe der Suffixe -at, -alien, -ee, -erie, -ment und -ur entsprechende Substantive! Ordnen Sie die Derivate Kollektiva, Sach- oder Ortsbezeichnungen zu! Achten Sie dabei auf die Interfigierung! Agent, Orange, Natur, armieren, Linie, Apparat, Fasan, Notar, fundieren, Rektor, Droge, filtrieren, postieren, gravieren, referieren, gelieren, präparieren, Konsul, broschieren, destillieren ‹ 5. Bilden Sie mithilfe des Suffixes -ion entsprechende Substantive! Achten Sie dabei auf die Interfigierung und Basisveränderungen! 145 Explizite Derivation von Substantiven eskalieren, investieren, qualifizieren, emanzipieren, spekulieren, dividieren, definieren, infizieren, reduzieren, diskutieren, abstrahieren, injizieren, interpretieren, explodieren, konstruieren, exekutieren, absorbieren, reagieren ‹ 6. Bilden Sie mithilfe der Suffixe -ade und -ismus deonymische Substantive! Ordnen Sie die Derivate a) Verhaltensweisen, b) Wettkämpfen bzw. Veranstaltungen und c) politischen, ideologischen, religiösen Richtungen zu! Achten Sie dabei auf die Interfigierung und Basisveränderungen! Zar, Robinson, Hindu, Spartakus, Bonaparte, Chaplin, Lenin, Münchhausen, Asien, Epikur, Islam, Mao, positiv, Olympia, sozial, Köpenick ‹ 7. Bilden Sie mithilfe der Suffixe -age, -anz (-enz), -ing, -ismus, -ität entsprechende Substantive! In welchen Fällen lassen sich mehrere Suffixe an ein Basiswort anfügen? Achten Sie dabei auf die Suffixallomorphie! prominent, montieren, Reform, intim, ignorieren, aktiv, blamieren, respektabel, steril, absolut, militant, skaten, Protestant, objektiv, kolonial, korrespondieren, spionieren, speziell, prägnant, legal, Vulkan, anonym, disponibel, renitent, normal, nervös, liberal, trainieren, provinziell, exzellent, aktuell, naiv, passieren, walken, grandios, koexistieren, feudal, solide, formal, aggressiv, brillant, absurd, kollegial, trecken, flexibel, quantitativ, dribbeln, subjektiv, massieren, Dogma 3.3.3 Präfigierung 3.3.3.1 Vorbemerkungen Wie bereits erwähnt, spielen Präfixe im Vergleich zu den Suffixen in der substantivischen Derivation eine untergeordnete Rolle. Dies betrifft zum einen ihre Produktivität, die - bis auf wenige Ausnahmen - relativ niedrig ist, zum anderen den Umfang des Präfixbestandes, wobei die heimischen Präfixe quantitativ klar hinter den fremdsprachigen zurücktreten. Es sind zwei große Bedeutungsgruppen erkennbar: a) Negationspräfixe und b) Augmentationspräfixe. Daneben existiert aber noch eine Reihe von Präfixen, die andere semantische Muster realisieren. Betont werden muss, dass hier nur Morpheme besprochen werden, die eine Modifikation des Substantivs bewirken und klar als Affixe gelten können. Konfixe und eine augmentative Funktion erfüllende Erstglieder in Zusammensetzungen (s. 3.2.1.1.2) sind deshalb von diesen Präfixen abzugrenzen. 124 124 Anders z.B. bei Wellmann (1995, 488ff.), Erben (2000, 86) und Naumann (2000, 55). Gebraucht wird dort der Terminus Präfixoid, der ebenso fragwürdig ist wie Suffixoid. Zum Status des Affixoids s. 1.1.1. 146 Zur substantivischen Wortbildung Hinsichtlich der Beschreibungskriterien und methodologischen Vorgehensweise gilt das unter 3.3.2.1 Gesagte. 3.3.3.2 Heimische Präfixe 3.3.3.2.1 Präfix erz- Das Präfix ist auf das griechische archi zurückführbar, was mit ‚der Oberste‘ bzw. ‚der Erste‘ übersetzt werden kann (vgl. Fleischer 1983, 218). Präfigierungen mit dieser Bedeutung sind mittlerweile jedoch unproduktiv. Sie begegnen nur noch vereinzelt in kirchlichen und dynastischen Begriffen, Titeln und Rangbezeichnungen: Erzbistum, Erzherzog. Im heutigen Deutschen gebraucht man erzaugmentativ, d.h. zum Ausdruck einer Intensivierung oder Vergrößerung. Als Basen fungieren Personenbenennungen, denen dadurch eine gewöhnlich pejorative Konnotation verliehen wird. Vgl. Lump → Erzlump (sehr unehrlicher, schlechter Mensch), Lügner → Erzlügner. Nur in wenigen Fällen können Eigenschaftsabstrakta eine negative Bewertung dieser Art erhalten: Dummheit → Erzdummheit. Synonymische Konkurrenzformen - vornehmlich zu den Personenbenennungen - sind Komposita mit dem Adjektiv ober-: Oberlump, Oberlügner. 3.3.3.2.2 Präfix gegelässt sich bereits im Gotischen in der Gestalt von ganachweisen (vgl. Krahe/ Meid 1969, 43f.). Für die Ableitung werden sowohl Substantive als auch Verben genutzt. 125 Desubstantivische Derivate, die sich in der Gegenwartssprache durch eine schwache Produktivität auszeichnen, sind gewöhnlich Kollektiva. Benannt werden zumeist Sachen oder Gegenstände; die Präfigierung ist dabei stets mit Umlautung und zumeist Tilgung des schwachtonigen Auslauts auf -(e)n verbunden: Stein → Gestein, Wolke → Gewölk, Balken → Gebälk. Daneben gibt es den Stammvokalwechsel e > i(e), der jedoch nur vereinzelt beobachtbar ist: Feder → Gefieder (Federn eines Vogels). Außer Sachbezeichnungen, die stets Neutra sind, wird das Präfix gein sehr geringem Umfang für Personenbenennungen gebraucht: Bruder → Gebrüder. Nicht wenige Derivate zählen heute nicht mehr zu den Kollektiva. So weisen u.a. Wasser - Gewässer (größere Ansammlung von Wasser) oder Trank - Getränk nur noch einen geringen oder gar keinen semantischen Unterschied mehr auf. Noch größer ist die Zahl der demotivierten und isolierten Bildungen: Gewand (festliches Kleidungsstück), Geflügel, Gebärde (Geste), Geselle (Facharbeiter; veraltet für Mann), Gewitter (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 125 Deverbale Bildungen zeigen enge Berührungen zum Strukturtyp Ge- + -e der kombinatorischen Derivation und werden deshalb dort beschrieben (s. 3.3.4). 147 Explizite Derivation von Substantiven 200; Erben 2000, 88). Synonyme zu den kollektiven Sachbezeichnungen mit gesind Bildungen auf -werk: Gebälk - Balkenwerk (s. 3.3.2.2.14). 3.3.3.2.3 Präfix haupthaupthat zwar seinen Ursprung in dem freien Grundmorphem Haupt (Kopf, leitende Person), ist aber im Laufe der Zeit zu einem eigenständigen Präfix geworden. 126 Es erweist sich als außerordentlich produktiv und findet sich in nahezu allen Textsorten. hauptmodifiziert die Basis im Sinne von ‚bedeutungsvoll‘ bzw. ‚sehr wichtig‘. Aus diesem Grunde erscheint es oft bei Sach- und Begriffsbezeichnungen; das Ausgangswort kann ein Simplex, ein Derivat oder eine Komposition sein: Ziel → Hauptziel, Hauptgebäude, Hauptverkehrsstraße, Hauptbestandteil. Neben jenen Bildungen der „taxierenden Einstufung“ (Wellmann 1995, 493) nutzt man das Präfix ebenso zur Benennung von Personen: Hauptdarsteller (z.B. in einem Film), Hauptverdächtiger. Bei Berufen wird damit die leitende Position des Stelleninhabers unterstrichen: Hauptsacharbeiter, Hauptfeldwebel (militärischer Dienstrang). 127 Das Präfix lässt sich teilweise durch das Synonym grund-, seltener kernersetzen: Hauptbestandteil - Grundbestandteil, Hauptgedanke - Kerngedanke. Beide Konkurrenzformen unterliegen aber Verwendungsbeschränkungen. 128 Um Antonymie handelt es sich hingegen bei Bildungen mit neben-: Hauptgebäude - Nebengebäude, Hauptdarsteller - Nebendarsteller. 3.3.3.2.4 Präfix missmissexistierte bereits im Ahd. als missbzw. missi- (vgl. ebenda, 215); es zählt zu den aktiven Präfixen, trägt aber wohl nicht mehr zu Neubildungen bei. Simplizia, Suffixderivate sowie substantivierte Infinitive stellen die Basen. miss- Derivate drücken zwei sich eng berührende Bedeutungsvarianten aus: a) eine Negation, die mit einer emotionalen Wertung verknüpft ist: Erfolg → Misserfolg, Missstimmung; b) eine Einschätzung, dass etw. falsch, nicht gut oder richtig ist bzw. getan wird (DUW): Wirtschaft → Misswirtschaft (schlechtes Wirtschaften), Missgeburt (Lebewesen mit schweren Fehlbildungen). Nicht immer liegt der Präfixableitung ein Substantiv zugrunde. So stellt z.B. Missbilligung ein deverbales Suffixderivat (aus missbilligen), 126 Die ahd. Form houbit bedeutete eigentlich Gefäß oder Schale (DUW). Näheres zur Entstehung des Präfixes haupts. Fleischer (1983, 219). 127 Bei Wellmann (ebenda, 494) sind das „Rollenbezeichnungen.“ 128 hauptdominiert bei den Personen- und Sachbezeichnungen, grund- und kernverwendet man vorrangig für die Bezeichnung von Abstrakta (vgl. Fleischer 1983, 220). 148 Zur substantivischen Wortbildung Missliebigkeit (Unbeliebtheit) eine deadjektivische Ableitung (aus missliebig) dar (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 201). Schwieriger zu bestimmen ist die Basis in Beispielen wie Missbrauch, das als Ergebnis von zwei verschiedenen Wortbildungsmodellen interpretiert werden kann: 1. als Präfixderivat miss- + Brauch, 2. als deverbale substantivische Konversion missbrauchen → Missbrauch (Näheres dazu s. ebenda). Präfixbildungen mit missstehen in Konkurrenz zu den un- Derivaten (s.u.) 3.3.3.2.5 Präfix ununmit der Bedeutung ‚nicht‘ ist zurückführbar auf das ahd. ni (vgl. Krahe/ Meid 1969, 39); es gehört zu den produktiven Präfixen der deutschen Gegenwartssprache. Allerdings ist die Produktivität unterschiedlich ausgeprägt und auf bestimmte Basisarten begrenzt. Simplizische Substantive und Suffixderivate dominieren, kaum vertreten sind Verbalabstrakta sowie Verbstamm- und Infinitivkonversionen. 129 un- Präfigierungen lassen sich drei Bedeutungsmustern zuordnen, wobei die ersten beiden a) und b) von missdoch sehr ähneln: a) Das Derivat drückt eine Negation von i.d.R. als positiv eingeschätzten Sachverhalten und Begriffen aus: Treue → Untreue, Unrichtigkeit; b) unkennzeichnet eine Abweichung von dem im Basiswort ausgedrückten Inhalt im Sinne von falsch, verkehrt, schlecht oder schlimm: Sinn → Unsinn, Unkultur (mangelnde Kultur); c) das Präfix dient in Verbindung mit Mengenbezeichnungen einer - häufig emotionalen - Verstärkung bzw. Steigerung: Summe → Unsumme (sehr große Summe), Unzahl (DUW). 130 Wenngleich Sach- und Begriffsbezeichnungen die Mehrheit der Derivate ausmachen, lässt sich doch undurchaus mit Personenbenennungen kombinieren. In Betracht kommen vor allem deadjektivische und departizipiale Konversionen: der Unbesiegbare, Unsportliche, Unerfahrene, Ungelernte (jmd. ohne Berufsausbildung). 131 Zahlreiche Bildungen erweisen sich als idiomatisiert bzw. isoliert: Unrat (Schmutz), Unbill (Unrecht), Ungetüm (Monster; unförmiger Gegenstand) u.a. 129 Auch hier können der Präfixbildung zwei Modelle zugrunde liegen, was das Beispiel Unehrlichkeit dokumentiert: a) Präfix + Derivationsbasis Substantiv = un- + Ehrlichkeit, b) Derivationsbasis Adjektiv + Suffix = unehrlich + keit. 130 Die im DUW angegebene vierte Reihe - ‚eine Person oder Sache ist nicht mehr bzw. kann nicht mehr als jmd./ etw. bezeichnet werden‘ (Unkünstler, Unleben) - findet sich im Sprachgebrauch kaum noch. 131 Präfigierte Simplizia wie Unmensch (grausamer, rücksichtsloser Mensch) sind große Ausnahmen. 149 Explizite Derivation von Substantiven Dazu sind ebenfalls jene zu rechnen, die nur in Phraseologismen auftreten, d.h. außerhalb dieser festen Wendungen nicht vorkommen. Vgl.: sein Unwesen treiben (Schaden verursachen). 132 Drückt uneine bloße Verneinung aus, kann es in synonymische Konkurrenz zu nichttreten; Die Basiswörter sind meist Suffixderivate: Unselbstständigkeit - Nichtselbstständigkeit. Gelegentlich konkurriert das Präfix mit miss-; zu beachten ist, dass missexpressiver wirkt: Unbehagen (unangenehmes Gefühl) - Missbehagen (vgl. Wellmann 1995, 493). 3.3.3.2.6 Präfix ur- Das Präfix begegnet schon im Ahd. in der gleichen Form (DUW); heute zeichnet es sich durch eine schwache Produktivität aus. Für die Ableitung werden überwiegend einfache Substantive sowie Präfix- und Suffixderivate genutzt. Es sind drei Wortbildungsreihen erkennbar: a) urcharakterisiert einen weit zurückliegenden Ursprung, Anfang bzw. Ausgangspunkt: Zustand → Urzustand, Urbewohner; b) das Präfix kennzeichnet einen Verwandtschaftsgrad, benannt wird damit die unmittelbar zuvor lebende bzw. nachfolgende Generation: Großmutter → Urgroßmutter, Urenkel; 133 c) ur- Derivate üben eine verstärkende, steigernde Funktion aus: Gemütlichkeit → Urgemütlichkeit (überaus große Gemütlichkeit), Urkraft - letzteres Beispiel kann ebenfalls a) zugeordnet werden (ebenda; vgl. auch Naumann 2000, 55). Unter den Derivaten befinden sich nicht wenige Bildungen, die sich zu Fachwörtern entwickelt haben: Urgeschichte (Lehre und Wissenschaft vom ältesten Abschnitt der Menschheitsgeschichte), Urtierchen (aus einer Zelle bestehendes Lebewesen), Urproduktion (Gewinnung und Herstellung von Nahrungsmitteln und Rohstoffen). Daneben gibt es eine recht große Anzahl von Idiomatisierungen wie Urteil, Ursache, Urheber. 3.3.3.2.7 Übungen ‹ 1. Präfigieren Sie folgende Substantive mit ge-! Achten Sie dabei auf die Basisveränderungen! In welchen Fällen lassen sich Synonyme mit dem Suffix -werk anführen? Horn, Stuhl, Darm, Schwester, Mauer, Bein, Holz, Busch, Stern, Ast, Wurm, Strauch, Berg, Tafel, Wolke 132 Für ausschließlich an einen Phraseologismus gebundene Lexeme gebraucht man den Terminus „unikale Komponente“ (vgl. Fleischer 1997, 37ff.); Formen wie Unbill oder Ungetüm stellen hingegen unikale Morpheme dar (s. 1.1.2). 133 Hier sind zudem Doppelpräfigierungen möglich: Ururgroßmutter, Ururenkel. 150 Zur substantivischen Wortbildung ‹ 2. Zu welchen haupt-Bildungen lassen sich Synonyme mit grund- oder Antonyme mit nebenanführen? a) Hauptschlagader g) Hauptfehler b) Hauptsache h) Hauptkriegsschauplatz c) Hauptwiderspruch i) Hauptschuld d) Hauptfach j) Haupteingang e) Hauptbuchhalter k) Hauptgewinn f) Hauptnahrungsmittel l) Hauptrolle ‹ 3. Präfigieren Sie folgende Substantive mit un-! Ordnen Sie die Derivate den Bedeutungsmustern a) Negation, b) Abweichung von der Norm und c) Verstärkung zu! Kraut, Dankbarkeit, Masse, Person, Begabte, Geduld, Wetter, Wahrscheinlichkeit, Lust, Tugend, Menge, Klugheit, Sitte, Tier, Bekannter, Gleichgewicht, Korrektheit, Zeit, Freundliche, Heil, Schärfe, Art, Maß, Fall ‹ 4. Präfigieren Sie folgende Substantive mit erz-, haupt-, miss-, un- und ur-! In welchen Fällen lassen sich mehrere Suffixe an ein Basiswort anfügen? Großeltern, Bahnhof, Moral, Ernte, Engel, Aufführung, Gleichmäßigkeit, Bischof, Verkehrszeit, Gunst, Wald, Einigkeit, Griff, Gauner, Mensch, Film, Verständnis, Ahn, Straße, Gefährlichkeit, Vergnügen, Satz, Diözese, Mut, Angst, Wort, Gestalt, Angeklagter, Klarheit, Achtung, Zeuge, Bevölkerung, Zuverlässige, Abteilungsleiter, Instinkt, Ton, Feind, Wahrheit, Vogel, Stadt, Glück, Geschick, Verhältnis, Teilbarkeit, Vernünftige, Romantische, Revanchist, Gewalt, Postamt, Heimat 3.3.3.3 Fremdpräfixe Das Inventar der fremdsprachigen Präfixe enthält eine beträchtliche Anzahl wortbildender Morpheme, die aus dem Lateinischen oder - viel seltener - Griechischen entlehnt worden sind. Infolge ihrer semantischen Vielfalt lässt sich die Masse jener Präfixe nicht in klar umrissene Bedeutungsgruppen zusammenfassen; dies ist nur bei einem wesentlich kleineren Teil des Präfixbestandes möglich, der Augmentativa sowie Negationsbildungen zuzuordnen ist (vgl. u.a. Ruf 1996, 335f.; Erben 2000, 86ff.). Rein fachsprachlich geprägte Präfixe bleiben konsequenterweise wiederum unberücksichtigt. Präfix antiantistammt aus dem Griechischen und lässt sich allgemein mit ‚gegen‘ übersetzen; es zählt zu den produktiven Präfixen. 151 Explizite Derivation von Substantiven Das Präfix verbindet sich mit heimischen und fremden Basen. Dabei kann die Grundbedeutung ‚gegen‘ im heutigen Deutschen in verschiedenen Nuancierungen auftreten: a) antikennzeichnet gegenüber einer Person oder Sache eine gegnerische Einstellung bzw. ablehnende Haltung: Militarismus → Antimilitarismus; b) das Präfix drückt aus, dass einer Sache entgegengewirkt wird, um diese zu verhindern oder zu bekämpfen: Antikrebsmittel (Mittel gegen Krebs); c) es wird der Gegensatz zu dem benannt, was man mit dem Wort normalerweise verbindet: Antifußball (DUW). Außerdem wird antihäufig für die Bezeichnung naturwissenschaftlicher oder medizinischer Begriffe genutzt: Antizyklone (Hochdruckgebiet), Antikörper (Abwehrstoffe im Blut). Liegt dem Präfixderivat eine Komposition zugrunde, kann sie gewöhnlich mit einer die Präposition gegen enthaltenden Wortgruppe wiedergegeben werden. Vgl.: Antiterrormaßnahmen - Maßnahmen gegen den Terror. Bei simplizischen Basen ist die synonymische Bildung mit gegen als Erstglied nur vereinzelt möglich: Antithese - Gegenthese. Präfix disdisist eine Entlehnung aus dem Lateinischen und bedeutet in wörtlicher Übersetzung ‚auseinander‘. Das heute nur noch aktive Präfix tritt ausschließlich an fremdsprachige Basen, die oftmals Konfixcharakter haben und im Deutschen nicht als freie Grundmorpheme zu beobachten sind; disdient der Negation, wobei seitens des Sprechenden eine negative Bewertung mit einfließen kann: Harmonie → Disharmonie, Dissident (Andersdenkender). Daraus ergeben sich Parallelen zu den heimischen Präfixen miss- und un- (s. 3.3.3.2.4, 3.3.3.2.5). 134 Präfix ex- Es ist lateinischen Ursprungs und entspricht den deutschen Lexemen ‚aus‘, ‚heraus‘, ‚weg‘. Das Präfix zeigt sich bei der Bildung von Personenbenennungen produktiv; dort schließt es sich fremden wie heimischen Basen an. exkennzeichnet die Person als jemanden, der früher einen bestimmten Status besaß, eine Position einnahm bzw. ein Amt ausübte. Vgl.: Kanzler → Exkanzler, Exkönig, Exehefrau. Präfigierungen jener Art sind stets durch das synonymische Adjektiv ehemalig ersetzbar: der ehemalige Kanzler, die ehemalige Ehefrau; bei (Ehren)titeln findet sich manchmal alt-: Altkanzler, Altbürgermeister (vgl. u.a. Erben 2000, 52). 134 So werden im DUW für Disharmonie die Synonyme Missklang, Missstimmung und Uneinigkeit angeführt. 152 Zur substantivischen Wortbildung Präfix hyperhyperentstammt dem Griechischen und hat die Bedeutung ‚über‘. Es gehört zu den schwach produktiven augmentativen Präfixen, denn es wird verwendet, um ein Übermaß, eine starke Ausprägung zu kennzeichnen; die Derivate erhalten oft eine negative Konnotation. Für die Ableitung nutzt man vorwiegend fremdsprachige Basen, darunter sind vielfach deadjektivische Derivate: Produktion → Hyperproduktion, Hypernervosität. Charakteristisch ist der Gebrauch als Termini vor allem in der Medizin und den Naturwissenschaften (Chemie, Biologie): Hyperacidität (hoher Säuregehalt im Magen), Hyperphosphat. hypersteht zuweilen in synonymischer Konkurrenz zu über, das als Erstglied in Kompositionen erscheint. Vgl.: Hyperproduktion - Überproduktion. 135 Zur Konkurrenz von supers.u. Präfix ininwurde aus dem Lateinischen übernommen; es gehört aufgrund seiner Bedeutung (‚nicht‘, ‚kein‘) zu den Negationspräfixen und entwickelt eine allenfalls schwache Produktivität. Die Basen sind stets Fremdwörter; darunter befinden sich zahlreiche Bildungen, die deadjektivische Derivate - oft auf -anz (-enz) und -ität - darstellen: Toleranz → Intoleranz, Instabilität. 136 Ein charakteristisches Merkmal der in- Derivate ist die Präfixallomorphie; es kommt zu einer Anpassung an den im Anlaut des Basiswortes stehenden Konsonanten. Folgende Präfixvarianten begegnen: • in > il bei Basisanlaut [l]: Legitimität → Illegitimität • in > im bei den Basisanlauten [m] und [p]: Mortalität → Immortalität, Potenz → Impotenz • in > ir bei Basisanlaut [r]: Regularität → Irregularität. Auf intrifft man hauptsächlich im Fachwortschatz. Zu diesen Bildungen gibt es vielfach synonyme Formen, die aus einer heimischen Basis und dem Präfix un- oder dem kompositionellen Erstglied nicht bestehen: Illegitimität - Unrechtmäßigkeit, Immortalität - Unsterblichkeit, Kongruenz - Inkongruenz (Nichtübereinstimmung) (vgl. Wellmann 1995, 519). Präfix ko- Das Präfix ist eine Entlehnung aus dem Lateinischen und bedeutet ‚zusammen mit‘. Für die Ableitung werden oft Personenbenennungen gewählt; auf diese Weise entstehen sog. Soziativa (Partnernamen), welche die Beziehung zu einer Person charakterisieren: Trainer → Kotrainer, Koautor. Daneben dienen noch andere Basen (u.a. Abstrakta) der Präfigierung: Koedukation. 135 hyperspielt bei der adjektivischen Präfigierung eine größere Rolle (s. 4.3.7). 136 Analog zu hyperist das Hauptanwendungsgebiet von indie Adjektivableitung. 153 Explizite Derivation von Substantiven Auch hier kann das Präfix über verschiedene Varianten verfügen. Präfixallomorphe sind kon- (häufig bei nachfolgendem f, g, d) sowie kol- und kor- (bei l-und r-Anlaut): Föderation → Konföderation, Kongenialität, Kollaboration, Korreferat. 137 Im Deutschen werden personenbezogene ko-Präfigierungen durch mitwiedergeben: Koautor - Mitautor. Sonst verwendet man Umschreibungen oder Komposita, die das Gemeinsame, Miteinander bzw. die Zusammenarbeit ausdrücken. Vgl.: Koedukation - Gemeinschaftserziehung, Konföderation - Staatenbündnis. Präfix pro- Das lateinische Präfix entspricht den deutschen ‚vor‘, ‚für‘ und ‚anstatt‘. Die einzelnen Entsprechungen bestimmen die Verwendungsweise des in der Gegenwartssprache kaum produktiven Präfixes. Im Sinne von ‚vor‘ gebraucht man z.B. Proseminar (Seminar für Studienanfänger, das vor anderen weiterführenden Seminaren absolviert werden muss). proin der Bedeutung von ‚anstatt‘ findet sich hingegen in Prorektor (Stellvertreter des Rektors). Nicht als Präfix, sondern vielmehr als Präposition kommt pro in Komposita vor, wo eine Wortgruppe die Basis bildet: Pro-Kopf-Verbrauch (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 207). Präfix rereist lateinischer Herkunft und wird mit ‚zurück‘ oder ‚wieder‘ übersetzt; es zeichnet sich durch eine schwache Produktivität aus. Bei den immer fremdsprachigen Basen handelt es sich vorwiegend um deverbale Ableitungen (meist auf -ung oder -ion): Privatisierung → Reprivatisierung, Rekonstruktion. Seltener sind simplizische Basen: Remigrant (zurückgekehrter Emigrant), Reimport. Da resinngemäß eine Wiederholung oder Erneuerung kennzeichnet, trifft man ebenso auf Entsprechungen mit der Struktur wieder/ zurück + heimische Basis. Vgl.: Reimport - Wiedereinfuhr, Reintegration - Wiedereingliederung, Reaktion - Rückwirkung. Präfix subsubwurde aus dem Lateinischen entlehnt und bedeutet ‚unter‘ oder ‚unterhalb‘. Das kaum produktive Präfix wird zum einen an Personenbenennungen angefügt, um hierarchische Beziehungen zu kennzeichnen (DUW): Diakon → Subdiakon (Geistlicher, der unter einem Diakon steht), Subdirigent. Man 137 Manchmal stehen zwei Formen (mit bzw. ohne Präfixallomorph) nebeneinander: Konautor, Koreferat. 154 Zur substantivischen Wortbildung gebraucht es andererseits bei Sachbezeichnungen und Abstrakta: Substandardwohnung (Wohnung unter dem Standard, d.h. ohne Toilette und Wasseranschluss), Subkategorie (Untergruppe einer Kategorie). Ferner begegnet subin Texten der Fachsprache: Subspezies (Unterart der Biologie). Präfix super- Das lateinische Lehnpräfix hat die Bedeutung von ‚über‘. Es wird zu den produktiven augmentativen Präfixen gerechnet, da es im Dienste einer Steigerung, Verstärkung steht. Aus seiner Semantik resultiert die enge Berührung mit hyper-. Aber im Unterschied zu diesem wird durch superder Bildung eine positive Wertung verliehen. Außerdem findet das Derivat - offenbar beeinflusst durch das Englische - eine größere Verbreitung; seine Domäne ist die Umgangssprache, weniger die Fachsprache. Als Basen werden sowohl heimische als auch fremdsprachige Basen genutzt: Talent → Supertalent, Superleistung, Superstärke. 138 Für die deutsche Entsprechung wird kaum auf über zurückgegriffen, sondern eher auf Umschreibungen. Vgl.: Supertalent = großes, riesiges Talent, Superleistung = besonders gute Leistung. Synonymische Formen dazu sind die augmentativen Erstglieder Riese(n)-, Spitze(n)-, Glanzu.a.: Riesentalent, Spitzenleistung, Glanzleistung usw. (s. 3.2.1.1.2). Präfix trans- Das aus dem Lateinischen stammende transentspricht den deutschen Lexemen ‚über‘, ‚hinüber‘, ‚jenseits‘, die eine räumliche Bedeutung anzeigen. Benannt werden vorrangig Regionen oder Landesteile, die das toponymische Suffix -ien aufweisen. Vgl.: Kaukasien → Transkaukasien (Gebiet südlich des Kaukasus), Transdanubien (Gebiet beiderseits der Donau in Ungarn). Sein zweites Anwendungsfeld sind Fachausdrücke: Transfusion (Übertragung von Blut oder Flüssigkeiten in einen anderen Organismus). Präfix ultraultraist aus dem Lateinischen entlehnt worden und bedeutet ‚jenseits‘, ‚über‘, ‚hinaus‘. Obgleich es auf den ersten Blick semantisch transsehr ähnelt, unterscheidet es sich durch seinen Gebrauch erheblich von diesem. Das Präfix bezeichnet etwas, das über das Normale, das erwartete Maß hinausgeht. Ursprünglich begegnete es nur in den Termini der Naturwissenschaften, insbesondere der Physik und Technik: Mikroskop → Ultramikroskop, Ultrazentrifuge. Inzwischen hat es aber allgemeine Verbreitung gefunden. Die Derivate sind oft Sachbezeichnungen; dabei verbindet sich ultraebenso mit 138 In der Umgangssprache kann super die Funktion eine Adjektivs übernehmen: Das sieht super aus (das sieht erstklassig, hervorragend aus). Zudem steht Super als Kurzwort für Superbenzin (Benzin mit hoher Oktanzahl). 155 Explizite Derivation von Substantiven heimischen Basen: Ultraleichtflugzeug (besonders einfach und leicht gebautes Flugzeug). Des Weiteren ist ultraan Personenbenennungen anfügbar. Es handelt sich meist um deadjektivische Konversionen oder -ist-Derivate; die Augmentation ist hier grundsätzlich an eine negative Bewertung gebunden. Linker → Ultralinker (Linksextremist, linker Fanatiker), Ultrafaschist. 139 3.3.3.4 Übungen ‹ 1. Präfigieren Sie folgende Substantive mit hyper- und super-! Achten Sie auf deren unterschiedliche Verwendungsweisen! Frau, Funktion, Klugheit, Preis, Inflation, Hotel, Riesenslalom, Bezahlung, Sensibilität, Sportler, Film, Korrektheit, Star ‹ 2. Präfigieren Sie folgende Substantive mit in-! Achten Sie dabei auf die Präfixallomorphie! Nennen Sie zu den gebildeten Präfixderivaten deutsche Entsprechungen mit un-! a) Realität e) Effektivität b) Kompetenz f) Determination c) Konstanz g) Solvenz d) Legalität h) Mobilität ‹ 3. Präfigieren Sie folgende Substantive mit anti-, dis-, ex-, in-, ko-, pro-, re-, sub-, trans- und ultra- (Mehrfachbildungen sind möglich)! Achten Sie dabei auf die Präffixallomorphie! Operation, Schall, Kriegsdemonstration, Weltmeister, Konstruktion, Relevanz, Held, Dekan, Jordanien, Direktheit, Proportion, Sozialisierung, Pilot, Kontinent, Kurzwelle, Transitivität, Kaiser, Diskretion, Alkoholiker, Christ, Qualifikation, Rechter, Produzent, Tropen, Liberalität, Finanzierung, Kommunist, Freundin, Himalaja, Text, Aktivierung, Raucherwerbung, Effizienz, Flexibilität, Regisseur, Kultur, Imperialismus, Kompensation, Minister, Differenz, Serum 3.3.4 Kombinatorische Derivation Die Kombination von Präfix- und Suffixderivation ist im substantivischen Bereich hinsichtlich ihrer Realisierungsformen stark begrenzt. Denn anders als bei Adjektiven und Verben, wo dafür vielfältige Möglichkeiten vorhanden sind (s. 4.3.9), steht nur der Strukturtyp Ge- + -e zur Verfügung. Gleichwohl erweist sich die kombinatorische Ableitung als überaus produktives Wortbildungsmodell. 139 Als Vertreter extremer politisch-ideologischer Positionen wird Ultra bereits als freies Grundmorphem gebraucht. 156 Zur substantivischen Wortbildung Die Basis stellen Verben, bei ihrer Wahl sind aber bestimmte Besonderheiten und Einschränkungen beobachtbar: 1. Nicht möglich ist die kombinatorische Derivation bei Modal- und Reflexivverben sowie Verben mit dem Fremdsuffix -ier; 2. außer simplizischen Basen können auch komplexe und Präfixverben genutzt werden - Letztere müssen jedoch trennbar sein; geschiebt sich dann zwischen Erstglied bzw. verbales Präfix: fernsehen → Fern-ge-sehe, herumstehen → Herum-ge-stehe, einladen → Ein-ge-lade, auslachen → Ausge-lache; 3. endet das Verb auf -el(n) oder -er(n), kommt es zum Wegfall des Suffixes -e: wackeln → Gewackel, hämmern → Gehämmer (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 208; Wellmann 1995, 488, 501). Das Modell dient dem Ausdruck verschiedener semantischer Muster. Besonders verbreitet sind Vorgangs- und Handlungsbezeichnungen (Nomina actionis). Die Bildung, die stets neutrales Genus hat, verbindet sich mit einer pejorativen Konnotation, denn die Handlung wird als dauerhafte, lästige Wiederholung betrachtet und löst Widerwillen aus. Vgl.: fahren → Gefahre, Getrommel, Gerede, Gefluche (heftiges Schimpfen). Parallel zu nicht wenigen Derivaten existieren Formen ohne das Suffix -e; damit wird gewöhnlich das Fehlen der negativen Bewertung angezeigt: Gestöhne - Gestöhn, Gebrumme - Gebrumm, Gekreische (lautes Schreien) - Gekreisch. 140 Neben den Nomina actionis nutzt man die kombinatorische Ableitung für die Benennung von Handlungsergebnissen (Nomina acti) sowie Sach- und Gerätebezeichnungen (Nomina instrumenti), die teilweise eine kollektive Bedeutung erhalten können: singen → Gesinge, Geleit (Begleitung), Gewächs (Pflanze), Gebläse (Ventilator; Gerät zur Kühlung eines Motors), Gewebe (gewebter Stoff; Ansammlung von Körperzellen), Gesteck (Blumenarrangement). Um die einzelnen semantischen Muster klarer trennen zu können, bieten sich verschiedene sprachliche Mittel an; das Suffix -e kann hierbei wiederum entfallen: • Umlaut: Gebacke (wiederholtes Backen) - Gebäck (Gebackenes wie z.B. Kekse, Kuchen), Gespotte - Gespött • Ablaut: Gerieche - Geruch (Duft), Getreibe - Getriebe (Vorrichtung in Maschinen zur Übertragung von mechanischen Kräften und Bewegungen). Das Fehlen von Um- oder Ablaut hebt folglich den Prozesscharakter des Derivats hervor (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 208). 141 140 Trotz der recht häufigen Doppelformen bleibt zu betonen, dass der Bildungstyp Ge- + -e geläufiger ist. 141 Anhand der Beispiele wird deutlich, dass sich die Derivate mit Umlaut durch einen höheren Idiomatisierungsgrad auszeichnen. 157 Explizite Derivation von Substantiven Kombinatorische Ableitungen konkurrieren in hohem Maße mit den Suffixderivaten auf -ei (s. 3.3.2.2.2), denn beide kennzeichnen Nomina actionis, welche die oben beschriebene pejorative Konnotation aufweisen. So stehen viele Formen synonymisch nebeneinander: meckern → Gemecker - Meckerei; Gehacke - Hackerei, Angegebe - Angeberei, Gebettel - Bettelei. Dennoch zeigen sich Unterschiede in den Verwendungsbereichen. Offenbar bevorzugt man Ge- + -e, bezieht sich die verbale Handlung auf nichtmenschliche oder nicht klassifizierbare Handlungsträger. Hierher gehören tierische Laute, Wetterphänomene und andere Zustände und Erscheinungen in der Natur (vgl. u.a. Erben 2000, 48f.): grunzen → Gegrunze (von Schweinen), funkeln → Gefunkel, Gedonner, Gekrache, Geknatter (knallende Laute). Kombinatorische Derivate sind ferner nicht in der Lage, den Plural auszudrücken, was auf -ei zutrifft: Betteleien, Angebereien usw. Indem beide Modelle nur mit bestimmten Basen verbindbar sind, bei auftretenden Lücken sich aber gegenseitig ergänzen, verkörpern sie ein Beispiel für die komplementäre Distribution (vgl. ebenda, 49). 3.3.5 Übungen ‹ 1. Bilden Sie von folgenden Verben kombinatorische Derivate mit Ge- + -e! Stellen Sie fest, in welchen Fällen das Suffix -e entfällt! wimmeln, malen, hochspringen, gackern, mischen, schneien, knistern, streiten, lügen, jammern, hetzen, krähen, hupen, plaudern, tanzen, blitzen, geigen, rattern, bellen, poltern, abschreiben, wiehern, umräumen, murmeln, schmieren, wegrennen, glitzern, schreien, schieben, festhalten, bummeln, hüpfen, tummeln, tun, wispern, trampeln, drängeln, anrufen, hören, prahlen, quieken, hinauszögern, saufen, heulen ‹ 2. Bilden Sie von folgenden Verben Derivate mit Ge- + -e und Ge-! Beachten Sie, dass Um- und Ablaut auftreten können! Beispiel: schwatzen → Geschwatze, Geschwätz a) schenken h) rollen b) rumpeln i) fassen c) schießen j) zanken d) packen k) saugen e) setzen l) waschen f) rauschen m) legen g) schmecken n) laufen 4 Zur adjektivischen Wortbildung 4.1 Allgemeines Das Adjektiv spielt in der Wortbildung der Gegenwartssprache längst nicht eine so große Rolle wie das Substantiv. Dies ist allein schon dadurch bedingt, dass sein Anteil am Gesamtwortschatz ca. 10 %-15 % beträgt (vgl. Wellmann 1995, 514). Zudem kommen hier nicht alle Wortbildungsarten vor. Nicht vorhanden sind implizite Ableitungen, Kurzwortbildungen sowie Movierungen, allenfalls geringe Bedeutung haben Doppelungen und Wortkreuzungen. Ein differenziertes Bild bietet die Konversion (s. 2.3.1.3). Zu Neubildungen tragen in besonderem Maße Komposition und explizite Derivation bei, wenngleich die vorhandenen Möglichkeiten nicht mit dem Modellreichtum des Substantivs konkurrieren können. Da Adjektive Merkmale oder Eigenschaften benennen, erlangen Bildungen, die dem Vergleich und der Graduierung (Abstufung) dienen, eine wesentliche Bedeutung. Hervorzuheben sind ebenso die Farbbezeichnungen. Ein Spezifikum der adjektivischen Zusammensetzungen ist die hohe Gebräuchlichkeit bestimmter Zweitglieder. Jene Besonderheiten werden zunächst einer genaueren Betrachtung unterzogen. 4.2 Adjektivische Komposition 4.2.1 Produktive adjektivische Zweitglieder In adjektivischen Zusammensetzungen treten Grundwörter auf, die oft als Modelle für Neubildungen gewählt werden. Diese Fähigkeit zur kompositionellen Reihenbildung ist hier viel stärker ausgeprägt, als das bei den anderen Wortarten der Fall ist. Die Mehrheit jener Zweitglieder begegnet außerhalb der Zusammensetzungen in Form eines frei verwendeten Adjektivs mit identischer oder zumindest ähnlicher Bedeutung. Es handelt sich somit nicht um Suffixe oder Suffixiode (s. 1.1.1). Darunter befinden sich jedoch auch einige Zweitglieder wie -fähig, -freudig oder -arm, welche aufgrund ihrer Gebrauchsweise zweifellos zum Status eines Suffixes tendieren. Derartige Formen stellen Grenzfälle dar - sie markieren den Übergang zwischen Komposition und Derivation. 1 Das Inventar der Zweitglieder erlaubt die Aufgliederung in simplizische und komplexe Adjektive. 1 Die genannten Zweitglieder weisen in einigen Zusammensetzungen eine im Vergleich zum freien Grundmorphem entkonkretisierte und verallgemeinerte Bedeutung auf. So sind -fähig und -freudig nicht nur auf Personen beziehbar (s.u.), ein bügelarmes Hemd ist kein „armes Hemd“, sondern muss nur wenig gebügelt werden. Näheres dazu s. Naumann (2000, 48ff.). 159 Adjektivische Komposition a) Simplizische Zweitglieder Zu den einfachen Zweitgliedern, die sich durch eine teilweise hohe Produktivität auszeichnen, gehören u.a. -sicher, -bereit, -frei, -müde, -echt, -nah, -reif, -aktiv, -weit, -fähig, -leer, -fremd, -freundlich, -wert, -tüchtig, -voll, -reich, -stark, -arm, -schwach, -frisch, -schwer, -fest, -dicht, -intensiv. Viele lassen sich den sog. Rektionskomposita (vgl. u.a. Eichinger 2000, 133ff.) zuordnen, d.h., die Zusammensetzungen sind mithilfe einer syntaktischen Fügung aus Adjektiv, Substantiv und/ oder Präposition paraphrasierbar. Dies entspricht ihrer Verwendung als freie Adjektive. Vgl.: friedensbereit = bereit zum Frieden, lawinensicher = sicher vor Lawinen, gegenwartsfern = fern der Gegenwart, charakterstark = starker Charakter. Komposita dieser Art sind zugleich Ausdruck der Sprachökonomie. b) Komplexe Zweitglieder Es sind i.d.R. Ableitungen (meist Suffigierungen auf -ig und -lich) aus Wörtern (häufig Substantiven, seltener Verben) oder Wortgruppen. Vgl.: Freude → freudig → kontaktfreudig, Sucht → süchtig → heroinsüchtig, taugen → tauglich → berufstauglich, Protein enthalten → proteinhaltig, Art einer Katze → katzenartig. 2 Da es sich auch hier mehrheitlich um Rektionskomposita handelt, gibt es natürlich syntaktische Entsprechungen: heroinsüchtig = Sucht nach Heroin, berufstauglich = tauglich für den Beruf, frauenfeindlich = feindlich gegenüber Frauen. Weitere produktive komplexe Zweitglieder sind -kundig, -trächtig, -freundlich, -beständig, -widrig, -ähnlich, -selig, -gemäß, -bedürftig, -gerecht, -getreu, -verträglich. Einige der Grundwörter wie -frei, -sicher und -fähig weisen eine semantisch breitere Fächerung auf - sie verfügen über Untermuster, ohne dass sie sich von der Grundbedeutung lösen. Zwischen den kompositionellen Zweitgliedern bestehen vielfältige synonymische und antonymische Beziehungen, auf die im Folgenden näher eingegangen wird. 3 Synonymisch sind -gemäß und -gerecht hinsichtlich der Bedeutung, jmdm. oder einer Sache entsprechend‚ angemessen‘: vertragsgemäß - vertragsgerecht, fristgemäß - fristgerecht. Dies trifft ebenso auf -abhängig und -süchtig zu, wenn eine körperliche und seelische Angewiesenheit oder Abhängigkeit von etwas gekennzeichnet werden soll: tablettenabhängig - tablettensüchtig. 4 Gleiche Verwendung zeigen -wert und -würdig, wenn es eine vor allem positive Sache verdient, gemacht zu werden. Vgl.: sehenswert - sehenswürdig, bewunderungswert - bewunderungswürdig. 2 -artig, -haltig sowie -förmig und -pflichtig existieren folglich in der Gegenwartssprache nicht als freie Grundmorpheme, sondern nur als Bestandteile jener Komposita. 3 Die Beschreibung richtet sich nach den im DUW vorzufindenden Angaben. 4 Bei Abstrakta wird auch -hörig verwendet: machthörig. 160 Zur adjektivischen Wortbildung In Hinblick auf bestimmte Stoffe und Materialien, die aufgrund ihrer Eigenart keine schädlichen Auswirkungen davontragen, konkurrieren synonymisch -fest, -sicher und -beständig miteinander: hitzefest, hitzesicher, hitzebeständig. 5 Bei der Bezugsgröße ‚Wäsche(behandlung)‘ entsprechen sich neben -fest und -beständig noch -echt sowie -fähig: kochfest - kochbeständig - kochecht - kochfähig. Das vielseitig verwendbare -fähig ist außerdem synonymisch zu -bereit und -fertig, wenn etwas ohne Vorbereitung getan werden kann: reisefähig - reisebereit - reisefertig, versandfähig - versandbereit - versandfertig. Steht das Geeignetsein im Vordergrund, ergeben sich enge Berührungen zu -tauglich und wiederum -bereit: dienstfähig - diensttauglich - dienstbereit, wehrfähig (geeignet für den militärischen Einsatz) - wehrtauglich - wehrbereit. Will man ausdrücken, dass eine Sache oft und gern getan wird, bieten sich -freudig und -lustig an: kauffreudig - kauflustig. 6 Für die Kennzeichnung des Nichtvorhandenseins stehen die adjektivischen Zweitglieder -frei und -leer zur Verfügung. Doch beide sind i.d.R. nicht austauschbar; das wesentlich häufigere und semantisch breiter nuancierte -frei charakterisiert das Fehlen als Vorteil oder Vorzug (cholesterinfrei, kostenfrei, mietfrei), bei -leer ist dies jedoch ein Nachteil oder Mangel (inhaltsleer, wasserleer) (vgl. Fleischer 1983, 279). 7 -fern und -fremd entsprechen sich dagegen in der Bedeutungsvariante ‚fehlender Bezug‘ oder ‚fehlende Orientierung an etw./ jmdm.‘: wissenschaftsfern - wissenschaftsfremd. Das System der antonymischen Beziehungen ist weniger stark ausgebaut. Hierher gehören die Suffixderivate freundlich und feindlich mit der Bedeutung, ‚angenehm, geeignet, entgegenkommend‘ bzw. ‚nachteilig, ungünstig, ablehnend‘: familienfreundlich - familienfeindlich, umweltfreundlich - umweltfeindlich. Gegensätzlichkeit im Sinne der Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit bezeichnet das Paar -eigen - -fremd: Vgl.: konzerneigen - konzernfremd, wesenseigen - wesensfremd. Den synonymischen -fremd und -fern steht -nah antonymisch gegenüber, wenn das Genannte an oder auf jmdn./ etw. orientiert bzw. gerichtet ist: realitätsfremd - realitätsfern - realitätsnah, patientenfremd - patientenfern - patientennah. Geht es um die Darstellung einer räumlichen Distanz, bildet ausschließlich -fern den Gegenpol: grenznah - grenzfern. 5 Ein weiteres synonymisches Zweitglied dazu ist -unempfindlich (antonymisch -empfindlich): hitzeunempfindlich. Diese Bildungen erfreuen sich besonders in Werbung und Technik großer Beliebtheit. Weil das im Bestimmungswort Genannte geschätzt oder gesichert wird, gebraucht man für die Zweitglieder auch den Begriff „Protektiva“ (vgl. Wellmann 1995, 533). 6 -freudig hat noch die Bedeutung ‚schnell zu etwas bereit sein‘ und berührt damit eng das Zweitglied -bereit: reformfreudig - reformbereit. 7 -frei und -leer stehen in synonymischer Konkurrenz zu -los, das wir aber zu den Suffixen rechnen (s. auch 4.3.1.1.9). 161 Adjektivische Komposition Notwendigkeit - Nichtnotwendigkeit spiegelt das antonymische Paar pflichtig - frei wider: versicherungspflichtig - versicherungsfrei, rezeptpflichtig - rezeptfrei. 8 Schließlich ist noch die antonymische Beziehung zwischen den Synonymen -gemäß, -gerecht und -widrig zu erwähnen; widrig weist dabei die Bedeutung ‚gegen etw. gerichtet/ verstoßend‘ auf: ordnungsgemäß - ordnungsgerecht - ordnungswidrig, verkehrsgemäß - verkehrsgerecht - verkehrswidrig. Zu den Steigerungsbildungen s. 4.2.3. 4.2.2 Bildungen des Vergleichs Ein Charakteristikum der Wortart Adjektiv besteht darin, Eigenschaften zu vergleichen und graduieren, d.h. abstufen zu können. Dafür wird neben der grammatischen Kategorie der Komparation ein breit gefächertes System vielfältiger Wortbildungsmodelle genutzt. 9 Vergleichsbildungen beschreiben die Gleichartigkeit oder Ähnlichkeit einer Eigenschaft. Um diese Vergleiche herzustellen, wird in erster Linie auf substantivische Bestimmungswörter zurückgegriffen. Diese lassen sich Subgruppen zuordnen, die durch eine Wortgruppe mit wie paraphrasierbar sind. Es sind im Einzelnen Bezeichnungen von a) bestimmten Stoffen und Gegenständen: staubtrocken (trocken wie Staub), bildhübsch (hübsch wie ein Bild); b) Tieren: bärenstark; c) Körperteilen: faustgroß (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 234; Eichinger 2000, 124). Derartige Komposita verfügen folglich über einen metaphorischen Charakter. Gesondert zu betrachten sind zusammengesetzte Farbadjektive. Das recht umfangreiche Inventar der „traditionellen“ Farbwortkomposita wird durch zahllose Neubildungen aus den Bereichen Werbung und Mode ergänzt. Allerdings bleiben die meisten Komposita okkasionell, nur ein Teil wird lexikalisiert und findet somit den Weg in die Allgemeinsprache. Es dominiert wieder der Strukturtyp Substantiv + Adjektiv; Bezugspunkte sind ebenfalls Stoffe, Gegenstände und Tiere, aber auch Zeitangaben und Naturerscheinungen (vgl. Klaus 1989, 33ff.; Eichinger 2000, 97f., 123ff.). 10 Vgl.: • moosgrün, smaragdgrün, flaschengrün, lindgrün • himmelblau, veilchenblau, taubenblau, nachtblau 8 Auf -pflichtig stößt man vor allem im Bereich der Verwaltungs- und Rechtssprache. 9 Abgesehen von der Komposition spielt die explizite Derivation hierbei eine wesentliche Rolle (s. 4.3). 10 Mode- und Werbetexte ziehen für Vergleiche insbesondere Benennungen von Pflanzen(früchten), Edelsteinen, Mineralien und Metallen heran (vgl. Klaus 1989, 33ff.). 162 Zur adjektivischen Wortbildung • kirschrot, weinrot, fuchsrot, ziegelrot • zitronengelb, maisgelb, honiggelb, goldgelb (DUW). Außer dem Strukturtyp Adjektiv + Adjektiv (s.u.) verdienen bei den Farbwörtern -farben und -farbig in Zweitgliedposition Aufmerksamkeit. Das heimische Konfix -farben ist außergewöhnlich produktiv; es lässt sich problemlos mit den oben genannten Modefarbwörtern kombinieren. Vgl.: honigfarben, kirschfarben, smaragdfarben usw. 11 In erheblich geringerer Zahl kommt das echte Adjektiv -farbig vor; es tendiert mehr zum Anschluss an reine Farbwörter; die Formen stehen dann oft in synonymischer Konkurrenz zu -farben: rosafarbig - rosafarben, goldfarbig - goldfarben, cremefarbig - cremefarben (ebenda). Vergleiche, welche besonders die Gleichartigkeit oder Ähnlichkeit eines Merkmals unterstreichen, sind ferner mithilfe bestimmter kompositioneller Zweitglieder beschreibbar. Dazu rechnen -förmig, -artig, -ähnlich, -getreu sowie -gleich (vgl. Wellmann 1995, 533; Eichinger 2000, 93f.), die überwiegend an Substantive angeschlossen werden. Sehr produktiv sind die nur in Zusammensetzungen erscheinenden -förmig und -artig, während die freien Adjektive -ähnlich und -getreu ein begrenztes Auftreten haben; auf okkasionelle Bildungen beschränkt bleibt offenbar -gleich. Vgl.: sternförmig (in der Form eines Sternes, Form wie ein Stern, einem Stern ähnlich), eiförmig, krebsartig (in der Art eines Krebses), schockartig, 12 maßstabsgetreu (dem Maßstab genau entsprechend), rattenähnlich, falkengleich (einem Falken gleich, ähnlich). 4.2.3 Graduierende (abstufende) Bildungen Mit dem Terminus „abstufend“ werden hier sowohl Formen der Steigerung, Verstärkung (‚augmentativ‘) als auch der Abschwächung (‚diminuierend‘) erfasst. Steigerungsformen sind zweifellos am zahlreichsten. Umgesetzt wird die augmentative Bedeutung durch verschiedene Modelle: a) Substantiv + Adjektiv Substantivische Erstglieder werden am häufigsten verwendet. Unter diesen befinden sich viele, die umgangssprachlichen Charakter haben, z.T. idiomatisiert sind und emotional verstärkend wirken. Einige kennt man schon von den substantivischen Zusammensetzungen in augmentativer Funktion (s. 3.2.1.1.2). Sie haben sich aus Vergleichsbildungen entwickelt, welche meist kaum noch erkennbar oder allenfalls metaphorisch zu deuten sind. Der 11 Das ist nicht verwunderlich, denn -farben hat sich aus dem mhd. var, das ‚farbig‘ bedeutete, entwickelt (ebenda). 12 -artig beschreibt das im Bestimmungswort Genannte als ähnlich oder vergleichbar, -förmig bezieht sich dagegen auf die äußere Form, Beschaffenheit (DUW). Da aber bei -artig der allgemeine Vergleich ebenso die äußere Gestalt mit einschließen kann, resultiert daraus die partielle (teilweise) Synonymie zu -förmig: traubenartig - traubenförmig (vgl. auch Fleischer 1983, 260f.). 163 Adjektivische Komposition darin enthaltene hohe Steigerungsgrad (Elativ) lässt sich mit ‚sehr‘, ‚außerordentlich‘, ‚äußerst‘ oder ‚vollkommen‘ umschreiben. Folgende Erstglieder erweisen sich als hochproduktiv: • sau-: sauteuer, saublöd • tod-: todernst, todhungrig • blitz-: blitzgescheit, blitzsauber • bombe(n)-: bombenfest, bombenrein • stock-: stockdunkel, stockbetrunken • grund-: grundfalsch, grundehrlich • herz-: herzbewegend, herzerfreuend 13 • kreuz-: kreuzbrav, kreuzlangweilig • hund(e)-: hundemager, hundeelend • blut-: blutjung, blutnötig • brand-: brandneu, brandeilig • arsch-: arschruhig, arschkalt • scheiß-: scheißegal, scheißfrech. 14 In bestimmten Fällen sind verschiedene verstärkende Erstglieder mit ein und demselben Adjektiv kombinierbar: kreuzelend - hundeelend - todelend, arschkalt - saukalt - scheißkalt. Neben diesen gut ausgebauten Reihen existieren einige sehr häufig gebrauchte Komposita, deren Erstglied nur in dieser Verbindung vorkommt wie federleicht, bierernst, spottbillig (vgl. u.a. Wilss 1986, 120). Nur am Rande erscheinen zusammengesetzte Adjektive als Bestimmungswörter; es handelt sich ebenfalls um Einzelbildungen: splitterfasernackt (vollkommen nackt), funkelnagelneu. b) Adjektiv + Adjektiv Adjektivische Erstglieder sind weniger stark vertreten. Als überaus produktiv erweist sich hoch-; es zeigt sich zudem variabel in Bezug auf das Zweitglied. So lässt sich hochan Simplizia, Derivate und Partizipien (überwiegend Partizip II) sowie nichtnative Adjektive anfügen. Vgl.: hochschwanger, hochgiftig, hochgeschätzt, hocherfreut, hochglänzend, hochinteressant, hochakut. Analog zu den substantivischen Komposita (s. 3.2.1.2) sind Superlativformen mit höchstmöglich: höchstentwickelt, höchstwahrscheinlich. Eine ähnlich hohe Produktivität entwickelt vollmit der Bedeutung ‚in vollem Umfang‘, ‚vollständig‘. Parallelen zu hochzeigen sich hinsichtlich 13 -herz tritt mit Ausnahme von herzensgut ausschließlich an Formen des Partizips II. 14 Die letztgenannten arsch- und scheißsind schon als vulgär einzustufen. Das grundsätzlich pejorative scheiß- (anders arsch-) kennzeichnet zusätzlich ein Übermaß, d.h., etw. wird als verachtenswert betrachtet: scheißfreundlich (übertrieben freundlich). Zu erwähnen ist noch, dass das bei den substantivischen Komposita äußerst produktive Riesen- (s. 3.2.1.1.2) hier nur ganz schwach vertreten ist (riesenstark). 164 Zur adjektivischen Wortbildung der Art der verwendeten Zweitglieder: vollreif, vollinhaltlich, volltönend, vollklimatisiert, vollsynthetisch. An der Reihenbildung sind ferner tief- (tieftraurig, tiefgekühlt), bitter- (bitterarm, bitterernst) und ober- (oberschlau = ugs. ironisch für besonders schlau, obermies = ugs. für sehr schlecht, gemein) sowie hell- (hellwach) beteiligt (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 232). 15 c) Verb + Adjektiv Genutzt werden hauptsächlich Verbstämme. All diese expressiven Bildungen bleiben ausschließlich auf die Umgangssprache begrenzt. Am häufigsten findet sich das Modell mit dem Verbstamm stink-: stinknormal, stinkreich. Kleine Reihen bilden knall- und quietsch- (knallbunt, quietschfidel = sehr lustig, gut gelaunt), während bettelarm und knackfrisch offenbar Einzelbildungen darstellen (DUW). Andere Wortarten spielen für die Steigerung eine untergeordnete Rolle. Es handelt sich um einige wenige Adverbien. Erwähnung können hier viel, wohl und extra sowie die Präposition über finden (s. 4.2.4.5). Die steigernde Bedeutung lässt sich ferner durch bestimmte Zweitglieder signalisieren. Dafür geeignet sind die zugleich als freie Adjektive begegnenden überaus produktiven -reich, -stark, -voll und -intensiv sowie das weniger häufige -schwer. Sie zeigen an, dass das durch das Erstglied Bezeichnete in hohem Maße und/ oder großer Menge vorhanden ist; die Funktion des Bestimmungswortes erfüllen meist einfache und komplexe Substantive, die heimischen wie fremdsprachigen Ursprungs sein können. Vgl.: • -reich: kalorienreich, sauerstoffreich, abwechslungsreich • -stark: nervenstark, kampfstark, mitgliederstark • -voll: liebevoll, qualvoll, temperamentvoll • -intensiv: geruchsintensiv, lärmintensiv, arbeitsintensiv • -schwer: millionenschwer, folgenschwer, inhaltsschwer. Für viele dieser Bildungen lassen sich ebenfalls entsprechende syntaktische Fügungen anführen. Vgl.: kalorienreich = reich an Kalorien, nervenstark = starke Nerven, liebevoll = voller Liebe/ voll von Liebe, geruchsintensiv = intensiver Geruch. 16 Die Zweitglieder konkurrieren zwar miteinander, sind aber nur sehr begrenzt austauschbar. So tritt -reich überwiegend an Bestimmungswörter, die Sachbezeichnungen darstellen (holzreich, tierreich), weniger an Abstrakta (ideenreich). Doch besteht auch hier zumindest partielle Synonymie zu -reich, 15 hell- und tiefverwendet man wie dunkelzugleich für Farbabstufungen: hellrot, tiefrot, dunkelrot usw. 16 Manche Komposita erfordern jedoch eine andere Umschreibung wie z.B. kampfstark (stark im Kampf/ stark in Bezug auf den Kampf) oder millionenschwer (viele Millionen habend). 165 Adjektivische Komposition -voll und -schwer. Vgl.: bedeutungsreich - bedeutungsvoll - bedeutungsschwer, sorgenreich - sorgenvoll - sorgenschwer, wobei sich -schwer und -voll am engsten berühren. Abzuheben von den anderen Zweitgliedern ist -intensiv, weil es noch die Notwendigkeit im hohen Maße unterstreicht: arbeitsintensiv = viel Arbeit ist notwendig, bewegungsintensiv = viel Bewegung ist notwendig. Adjektivkomposita, die eine abschwächende (diminuierende) Bedeutung zum Ausdruck bringen, machen nur einen geringen Teil der graduierenden Bildungen aus. Zudem ist der Kreis der beteiligten Elemente recht klein. Eine abgeschwächte Eigenschaft benennen vor allem -arm und -schwach, welche zugleich frei gebraucht werden. Beide stehen in einem ausgeprägten antonymischen Verhältnis zu -reich und -stark; die Zweitglieder lassen sich hier uneingeschränkt austauschen: kalorienarm, sauerstoffarm, nervenschwach, kampfschwach usw. Begrenzt möglich ist der Austausch von -schwer und -intensiv: inhaltsarm - inhaltsschwer, lärmarm - lärmintensiv. Eine antonymische Beziehung liegt ebenso in den Paaren -voll - -frei und -voll - -leer vor. Es handelt sich jedoch nicht um eine Abschwächung, sondern um das Fehlen einer Sache oder Person (s. 4.2.1). Abschwächend wirkt dagegen halbals Erstglied, da es die Unvollkommenheit, Unvollständigkeit, das Teilweise kennzeichnet. Im Vergleich zu den substantivischen Komposita (s. 3.2.1.2) zeichnet es sich durch eine wesentlich höhere Produktivität aus: halblaut, halboffen, halbelastisch. Doch kann die Abschwächung minimal sein, sodass ein hoher Grad mit der Nuance ‚beinahe, fast ganz‘ erreicht wird: halbblind = fast blind. 4.2.4 Grundtypen der adjektivischen Komposition 4.2.4.1 Substantiv + Adjektiv 4.2.4.1.1 Strukturmuster Substantive als Erstglieder dominieren in adjektivischen Kompositionen (vgl. Eichinger 2000, 123). Es begegnen folgende Strukturmuster: a) Beide Unmittelbaren Konstituenten (UK) sind simplizisch: meterlang, kurvenreich; 17 b) die erste UK stellt ein Kompositum dar: kirschkerngroß, haselnussbraun; c) die erste UK ist ein Suffixderivat, die zweite ein Simplex oder umgekehrt: erwartungsvoll, hautfreundlich; d) bei der ersten UK handelt es sich um ein Kompositum, bei der zweiten um ein Suffixderivat: raubvogelähnlich, atomwaffentechnisch; 17 Für die Fugensetzung gelten die gleichen Regeln wie bei den substantivischen Komposita (s. 1.3.1). 166 Zur adjektivischen Wortbildung e) sowohl die erste als auch die zweite UK sind Suffixderivate: gesundheitsschädlich, wachstumsförderlich; f) Erst- oder Zweitglied ist ein Präfixderivat: unheilvoll, anpassungsunwillig; g) die erste UK ist ein z.T. komplexer Infinitiv, meist kombiniert mit -wert: hassenswert, nachahmenswert, seltener mit anderen Adjektiven: schreckensbleich; h) die Stelle des Zweitgliedes nimmt ein Partizip I oder - häufiger - Partizip II ein, diese sind oftmals präfigiert: arbeitserschwerend, infarktgefährdet, blutsverwandt; i) ein Eigenname bildet das Erstglied: deutschlandfreundlich, bachbegeistert, österreichinteressiert (vgl. Wilss 1986, 164ff; Fleischer/ Barz 1995, 243f.). 18 4.2.4.1.2 Semantische Beziehungen des Grundtyps Substantiv + Adjektiv Adjektivische Zusammensetzungen werden für den Ausdruck unterschiedlicher semantischer Beziehungen genutzt. Es sind mehrheitlich Muster, die schon bei den substantivischen Komposita vorkommen. Ungeachtet dessen ist leicht festzustellen, dass die zu beschreibenden Bildungen in Bezug auf Menge wie semantische Fächerung hinter denen des Substantivs zurücktreten. Eine gesonderte Betrachtung verdienen die Partizipialkomposita, weil sie aufgrund ihrer Spezifika über semantische Muster verfügen, auf die man bei den adjektivischen Grundwörtern nicht oder sehr selten stößt. Zur Kennzeichnung von Erst- und Zweitglied werden wiederum die Buchstaben A und B verwendet. S markiert das sich darauf beziehende Substantiv. 19 Muster Beispiel Paraphrase a) ‚k o m p a r a t i v‘ - S ist B, das A ähnelt/ gleicht steinhart glockenförmig schneeweiß hart wie Stein Form wie eine Glocke weiß wie Schnee b) ‚g r a d u i e r e n d‘ - S ist B gesteigert durch A (‚augmentativ‘) - S ist B abgeschwächt durch A (‚diminuierend‘) todhungrig eisenreich hochelegant gedächtnisschwach halbtot sehr hungrig reich an Eisen sehr elegant schwaches Gedächtnis beinahe tot 18 Zu beachten ist, dass adjektivische Komposition und explizites Derivat mitunter schwer zu unterscheiden sind; die Analyse der UK sowie die Paraphrasierung geben meist Auskunft darüber, welche Wortbildungsart vorliegt (s. 2.2.1). 19 Aufgrund der begrenzten Anzahl der semantischen Beziehungen wird auf die Unterscheidung zwischen adverbialer und ergänzter Verbprädikation (s. 3.2.1.1.3) verzichtet. 167 Adjektivische Komposition c) ‚l o k a l‘ - S ist B in/ an A - S ist B bis/ (zu) A weltbekannt magenkrank randvoll bekannt in der Welt krank im Magen voll bis zum Rand d) ‚t e m p o r a l‘ - S ist B zum Zeitpunkt/ Zeitraum A nachtaktiv aktiv in der Nacht e) ,k a u s a l‘ - S ist B als Ursache von A regennass Nass wegen/ vom/ durch den Regen f) ,f i n a l‘ - S ist B für den Zweck A flugtauglich mottensicher rostbeständig tauglich für den Flug sicher vor Motten beständig gegen Rost g) ,l i m i t a t i v - r e l a t i o n a l‘ - S ist B in Bezug auf A lebensfremd kriegsverantwortlich fremd in Bezug auf das Leben verantwortlich für den Krieg h) ,m e n s u r a t i v‘ - S ist B im (Aus)maß von A meterhoch zentnerschwer einen/ mehrere Meter hoch einen/ mehrere Zentner schwer (vgl. Lipka 1967, 39ff.; Fleischer/ Barz 1995, 244). 4.2.4.2 Partizipialkomposita Partizipialkomposita zeichnen sich durch einen Sonderstatus aus. So treten die Partizipien häufiger auf als die oben beschriebenen adjektivischen Zweitglieder. Es bleibt jedoch zu berücksichtigen, dass es sich vielfach um okkasionelle Bildungen handelt; sie finden sich oft in Fachsprachen (Presse, Technik, Wirtschaft) sowie in der Belletristik (vgl. u.a. Fleischer 1983, 240; Eichinger 2000, 134). Außerdem sind die Komposita im stärkeren Maße syntaktisch geprägt als der Grundtyp Substantiv + Adjektiv. Dabei entsprechen die Zusammensetzungen meistens einer Objektbeziehung im Akkusativ: wärmeisolierend = die Wärme isolierend, schlaffördernd = den Schlaf fördernd. Andere semantische Muster sind selten: freudestrahlend = vor Freude strahlend (‚kausal‘), goldglänzend = wie Gold glänzend (‚komparativ‘). Zur Reihenbildung tragen außer den genannten Partizipien beispielsweise noch -bezogen (textbezogen), -bedingt (altersbedingt), -orientiert (exportorientiert), -erregend (krankheitserregend) und -unterstützend (wachstumsunterstützend) bei. Hierbei sind -orientiert und -bezogen sowie -unterstützend und -fördernd synonymisch und gegenseitig austauschbar. Das Partizip II in Zweitgliedposition begegnet wesentlich häufiger. Kennzeichnend für diese Komposita ist, dass das Spektrum der Bedeutungen durch semantische Muster ergänzt wird, welche beim adjektivischen Grundwort gewöhnlich fehlen oder nur am Rande erscheinen. Vgl.: 168 Zur adjektivischen Wortbildung Muster Beispiel Paraphrase a) ‚a g e n t i v‘ - S ist B erzeugt durch A neugiermotiviert mondbeschienen durch die Neugier motiviert vom Mond beschienen b) ‚o r n a t i v‘ - S ist B versehen mit A grasbewachsen schmuckverziert mit Gras bewachsen mit Schmuck verziert c) ‚i n s t r u m e n t a l‘ - S ist B mithilfe von A gasbetrieben handgemalt mit Gas betrieben mit Hand gemalt d) ‚s u b s t a n z i e l l / m a t e r i a l‘ - S ist B bestehend aus A lehmgeformt stoffgeschneidert aus Lehm geformt aus Stoff geschneidert (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 245; Wellmann 1995, 517). 20 4.2.4.3 Adjektiv + Adjektiv 4.2.4.3.1 Strukturmuster Bildungen des Typs Adjektiv + Adjektiv, die nicht zu den kopulativen Komposita zählen, erscheinen in der deutschen Gegenwartssprache selten. Für den Ausdruck des determinativen Verhältnisses steht zudem nur eine begrenzte Anzahl von Strukturtypen zur Verfügung: a) Erst- und Zweitglied sind Simplizia: hellwach; b) die erste UK ist ein Simplex, die zweite ein Derivat oder umgekehrt: mild-cremig (Joghurt), silbrig-weiß; c) bei beiden UK handelt es sich um Derivate: römisch-katholisch; 21 d) das Erstglied bildet eine Superlativform: kleinstmöglich (so klein wie möglich), das Zweitglied kann auch ein Komparativ sein: nächsthöher; 22 e) die Position der zweiten UK (seltener der ersten) nimmt ein Partizip ein (sehr häufig Partizip II), stark ausgebaute Reihen ergeben sich in Kombination mit dem Erstglied hochbzw. alt-: hochgespannt (sehr gespannt), altvertraut (seit langem vertraut); f) das Partizip II in Zweitgliedposition verbindet sich oft mit den Superlativformen best- und meist-: bestbezahlt (am besten bezahlt), meistgelesen (am meisten gelesen) (vgl. Wilss 1986, 152ff.; Fleischer/ Barz 1995, 246). 20 Ornative und agentive Muster haben mit 25 % bzw. 19 % den größten Anteil an den Partizipialkomposita (vgl. Wellmann 1995, ebenda). 21 In diesem Fall muss laut Duden ein Bindestrich gesetzt werden. 22 Als Zweitglieder begegnen ferner Partizipien (nächstliegend) und sogar Superlative (nächstbeste). Der Superlativ des mit Abstand häufigsten Zweitgliedes möglich wird vom Duden als falsch bezeichnet und findet sich auch nicht im DUW. Anders bei Fleischer/ Barz (1996, 246): größtmöglich. 169 Adjektivische Komposition 4.2.4.3.2 Semantische Beziehungen des Grundtyps Adjektiv + Adjektiv Der Grundtyp verfügt nicht über die relativ breite semantische Fächerung des substantivischen Erstgliedes; so sind einige jener Beziehungen nur schwach oder gar nicht vertreten. Es überwiegen graduierende Bildungen mit den Submustern ‚augmentativ‘ (hochmodern, meistgekauft) und ‚diminuierend‘ (halbroh). Auf Abstufungen im Sinne einer Steigerung oder Abschwächung trifft man ferner bei den Farbbezeichnungen. Produktiv sind die adjektivischen Erstglieder hell- (‚diminuierend‘), dunkel- und tief- (‚augmentativ‘): hellbraun, dunkelgrün, tiefrot. Vergleichsbildungen nach der Art der Komposita mit substantivischem Erstglied (s. 4.2.4.1) fehlen logischerweise völlig. 23 Neben dem dominierenden Muster ‚graduierend‘ treten andere semantische Beziehungen in erheblich geringerem Umfang auf. Erwähnenswert sind temporale und kausale Bildungen. Vgl.: frühreif (früh reif sein), hinfällig-pflegebedürftig (pflegebedürftig, weil hinfällig) (vgl. Wellmann 1995, 517). 24 4.2.4.4 Verb + Adjektiv 4.2.4.4.1 Strukturmuster Komposita des Typs Verb + Adjektiv bleiben auf drei Strukturmuster beschränkt: a) Verbstamm + Adjektiv: bügelleicht b) Verbstamm + Partizip II + Adjektiv: gehbehindert c) Infinitiv + Adjektiv: sterbenslangweilig. Der absolut dominierende Strukturtyp Verbstamm + Adjektiv unterscheidet sich von substantivischen Determinativkomposita mit verbalem Erstglied dadurch, dass grundsätzlich das Fugenelement fehlt; es entfällt lediglich das Infinitivsuffix -e(l)n. Das gilt gleichermaßen für die Partizipialkomposita unter b). Bei infinitivischem Erstglied wird das Fugenelement -sgesetzt, weil der Infinitiv ein Konversionsprodukt, d.h. substantiviert ist (s. 2.3.1.2). Wie oben gezeigt, tragen adjektivische Zweitglieder wie -fähig, -fest, -tüchtig, -freudig, -bedürftig u.a. in Verbindung mit Substantiven, aber auch Verben verstärkt zur Reihenbildung bei. In jüngster Zeit nehmen adjektivische Komposita jener Art spürbar zu. Man gebraucht sie insbesondere in Werbetexten der Presse und des Fernsehens. Typisch ist hierbei die Tendenz, Eigenschaften, die eigentlich auf Menschen bezogen sind, auf Gegenstände zu übertragen (vgl. Wellmann 1995, 515; Erben 2000, 72): magenfreundlicher Tee (Tee, der den Magen schont/ ihm 23 Abstufend wirken zudem einige Einzelbildungen wie blass → blassgrün (mattes, schwaches Grün). 24 Das von Wellmann (ebenda) angeführte Beispiel gutbezahlt als modale Beziehung lässt sich ebenso dem Muster ‚graduierend‘ (in welchem Maße bezahlt) zuordnen. 170 Zur adjektivischen Wortbildung gut tut), lauffreudiger Motor (Motor, der gut läuft), lernfähiger Computer (Computer, der zum Lernen fähig ist) usw. 4.2.4.4.2 Semantische Beziehungen des Grundtyps Verb + Adjektiv Komposita mit verbalem Erstglied dienen nach Kienpointner (1985, 221ff.) der Kennzeichnung weniger Wortbildungsbedeutungen, die teilweise schon beim substantivischen Bestimmungswort erscheinen (s. 4.2.4.1.2): Muster Beispiel Paraphrase a) ,l i m i t a t i v - r e l a t i o n a l‘ - S ist B in Bezug auf A schreibfaul faul in Bezug auf das Schreiben b) ,k o n s e k u t i v‘ - S ist so B, dass A tropfnass so nass, dass es tropft 25 c) ,k a u s a l - m o d a l‘ - S ist B wegen A kühlfrisch frisch, weil gekühlt Ergänzt werden kann der Bestand der Bedeutungsgruppen noch durch ‚graduierend‘ mit dem Submuster ‚augmentativ‘: stinkfein (sehr fein). 4.2.4.5 Weitere flektierbare Wortarten als Erstglieder a) Pronomen + Adjektiv Auf Pronomen wird nur in geringem Maße zurückgegriffen. Analog zu den substantivischen Zusammensetzungen (s. 3.2.1.4) ist allein das Demonstrationspronomen selbst äußerst kompositionsaktiv. Als Grundwörter kommen Simplizia und Derivate, aber auch die Partizipien II (weniger die Partizipien I) in Betracht; die Bildungen können mithilfe der syntaktischen Struktur Präposition + selbst + Adjektiv/ Partizip umschrieben werden. Vgl.: selbstzufrieden = mit sich selbst zufrieden, selbstkritisch = zu sich selbst kritisch, selbstverliebt = in sich selbst verliebt, selbstklebend = von selbst klebend. Daneben weisen zahlreiche Komposita einen mehr oder weniger starken Idiomatisierungsgrad auf wie z.B. selbstvergessen (so in Gedanken versunken, dass man die Umwelt nicht wahrnimmt) oder selbstgerecht (von der eigenen Unfehlbarkeit überzeugt, keiner Kritik zugänglich) (DUW). Andere Pronomen begegnen nur vereinzelt. Erwähnenswert sind Verbindungen mit all-: allbekannt (überall bekannt), allumfassend, allgegenwärtig. b) Numerale + Adjektiv Noch begrenzter in ihrem Auftreten als die Pronomen sind Numeralien. Gebraucht werden vor allem Vervielfältigungszahlwörter, die meist einen 25 Auch das Muster ‚konsekutiv‘ kann als Steigerungsbildung aufgefasst werden: tropfnass = sehr nass. 171 Adjektivische Komposition fachsprachlichen Charakter haben. Vgl.: doppeltkohlensauer (Chemie), mehrfachbehindert (Amtssprache) (DUW). 26 4.2.4.6 Unflektierbare Wortarten als Erstglieder Stark eingeschränkt in ihrer Verwendung sind ebenfalls die unflektierbaren Wörter. Von diesen werden lediglich Präpositionen und Adverbien für die Komposition genutzt. a) Präposition + Adjektiv Nur wenige Präpositionen füllen die Position des Erstgliedes aus. Doch diese bilden gut ausgebaute Reihen; dazu zählen über-, unter-, vor- und - weniger häufig - mit- (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 249). 27 Die Präpositionen über- und unterdrücken in Verbindung mit Adjektiven und z.T. Partizipien eine Verstärkung bzw. Abschwächung in dem Sinne aus, dass etw. das übliche Maß über- oder unterschreitet und damit eine Normabweichung eintritt. Vgl.: überdeutlich, übervorsichtig, überhart, unterdurchschnittlich, unterschweflig. überkennzeichnet außerdem eine Eigenschaft, die über einen bestimmten Rahmen hinausgeht: übernational (nicht auf eine Nation begrenzt), überkonfessional. Ist das Grundwort ein Partizip II, besteht zwischen über- und unterrecht oft ein antonymisches Verhältnis: überprivilegiert - unterprivilegiert, überbesetzt (mit zu vielen Personen) - unterbesetzt. 28 Die Präposition vorweist ebenso zwei Bedeutungen auf; sie kann nämlich eine temporale Beziehung (vorchristlich = vor Christi Geburt) sowie wiederum eine Normabweichung, ein Übermaß (voreilig = zu schnell und unüberlegt) anzeigen. 29 Das seltenere mitähnelt der Verwendungsweise substantivischer Komposita (s. 3.2.1.5), da es auch die Beteiligung an etw. (‚partitiv‘) signalisiert: mitverantwortlich, mitangeklagt. b) Adverb + Adjektiv Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass Adverbien kaum als Erstglieder anzutreffen sind. Abgesehen von den Lokaladverbien rechts- (rechtsgerichtet) und links- (linksliberal) dienen vor allem wohl-, viel- und extrader Reihenbildung. 26 Nicht zu verwechseln mit dem Strukturtyp Numerale + Adjektiv sind explizite Derivate, die aus einer Wortgruppe abgeleitet wurden: zwei Teile → zweiteilig (s. auch 4.3.1.1.6). 27 Hierher gehören nicht Präpositionen, die Bestandteile präfigierter Verben sind wie überprüft, überboten, untergetaucht usw. 28 über- und vor allem unterlassen sich natürlich nicht mit jedem graduierbaren Adjektiv verbinden. Gebrauchsbeschränkungen liegen dort vor, wo es andere entsprechende Adjektive oder syntaktische Fügungen gibt. Vgl.: stark → überstark; *unterstark → gar nicht stark/ schwach; warm → *überwarm, mehr als warm/ allzu warm/ schwül/ heiß; *unterwarm → gar nicht warm/ kühl (vgl. Erben 2000, 105). 29 In dieser Bedeutung konkurriert es mit über-: übereilt. 172 Zur adjektivischen Wortbildung wohlschließt sich vorrangig an die Partizipien I und II an. Es steht ebenfalls im Dienste der Graduierung, denn es bringt zum Ausdruck, dass das durch das Bestimmungswort Bezeichnete (gewöhnlich etw. Gutes, Angenehmes oder Richtiges) in hohem Maße vorhanden ist. Vgl.: wohlerzogen (sehr gut erzogen), wohlverdient (synonymisch zu hochverdient), wohlschmeckend. Die wenigen Simplizia als Zweitglieder sind i.d.R. idiomatisiert: wohlgefällig (Wohlgefallen, d.h. Freude ausdrückend), wohlfeil (billig). vielverbindet sich ebenfalls mit Partizipien. Wie wohlzeigt es eine Steigerung an; diese ist folglich mit ‚sehr‘ paraphrasierbar: vielversprechend. Anders als wohl und vielkann extraan heimische wie fremdwörtliche Basen treten. Es bringt zum einen ebenfalls eine Verstärkung zum Ausdruck: extragroß, extradünn. Andererseits beschreibt extrain den Adjektivkomposita eine Sache, die außerhalb von etwas sich befindet: extralingual (nicht zur Sprache gehörend, außersprachlich), extragalaktisch (sich außerhalb der Galaxis befindend) (DUW). 4.2.4.7 Konfix + Adjektiv Zum Konfixbestand gehören mehrheitlich jene gebundenen Grundmorpheme, die schon bei den substantivischen Komposita eine Rolle spielen. 30 Zu beachten ist, dass nicht wenige Bildungen explizite Ableitungen aus eben diesen Komposita darstellen: mikroskopisch ← Mikroskop, autobiografisch ← Autobiografie, makroökonomisch ← Makroökonomie. Am Ausbau von Reihen sind vornehmlich mono-, poly-, multi-, hydro- und top-, weniger aktiv auto-, semi- und neobeteiligt. Man stößt auf diese Konfixe häufig in der Sprache der Medizin und Naturwissenschaften; vielfach verbinden sie sich mit adjektivisch gebrauchten Konfixen, die ihrerseits fachsprachlich geprägt sind. Vgl.: monokausal, monoglott (einsprachig), monosem (nur eine Bedeutung habend), monomer (aus einzelnen Molekülen bestehend), polyglott, polysem, polymer, multikulturell, multimedial, hydroelektrisch, hydrophob (Wasser meidend), topfit (ugs. in bester körperlicher Verfassung), topmodisch (synonymisch zu hochmodisch), autozentriert (eigenständig, nicht integriert), semilunar (halbmondförmig), neokonservativ. Als kompositionsaktiv erweisen sich ferner bi- (lat. zwei, doppelt), therm- (o)- (griech. warm), elektr-(o)-, homo- (griech. gleich, gleichartig) und hetero- (griech. anders, fremd). Das Zweitglied der meist fachsprachlichen Komposita wird oft durch ein Konfix gestellt: bikonkav (beiderseits hohl), bistabil, thermonuklear, elektroakustisch, homofon (gleich klingend), heterosexuell. 31 30 Einige der substantivischen Konfixe wie mini-, midi-, maxi- und vizesind laut DUW allerdings überhaupt nicht vertreten. 31 Fragwürdig erscheint der Konfixstatus von homo-, heterosowie biin Verbindung mit sexuell, denn in der Umgangssprache werden die Konfixkomposita als Kurzformen substantivisch und adjektivisch gebraucht. Vgl.: der Homo, Hetero; er ist homo, hetero, bi (DUW). 173 Adjektivische Komposition 4.2.4.8 Kurzwörter und Wortgruppen als Erstglieder Gegenüber dem Substantivbereich ist die Anzahl der Bildungen mit einem Kurzwort als Erstglied sehr gering. Für die Komposition nutzt man hauptsächlich Initialwörter; darunter befinden sich viele okkasionelle Bildungen. Zwischen Initialwort und adjektivisches Zweitglied muss immer ein Bindestrich gesetzt werden: Tbc-krank, EU-typisch, UV-bestrahlt, US-amerikanisch, HIV-positiv. 32 Wortgruppen kommen wesentlich seltener vor - die Neigung zu Gelegenheitsbildungen ist hier noch stärker ausgeprägt. Dabei weisen die wenigen lexikalisierten Beispiele zumeist ein Zahlwort auf: Fata-Morgana-ähnlich, viertelkilometerlang, halbmeterdick (DUW). 4.2.4.9 Kopulativkomposita Grundsätzliches zu dieser Kompositionsart wurde bereits gesagt (s. 2.2.1). Beide UK stehen in einem gleichrangigen Verhältnis zueinander. Sie sind somit austauschbar, ohne dass dadurch ein wesentlicher Bedeutungsunterschied bewirkt wird. Kopulativkomposita können daher mittels einer Wortgruppe und der Konjunktion und umschrieben werden. Die im Vergleich zum substantivischen Grundwort häufiger vorkommenden adjektivischen Kopulativkomposita (vgl. Wellmann 1995, 515; Eichinger 2000, 87) lassen sich aufgrund ihrer Besonderheiten in Untergruppen zusammenfassen: a) Farbbezeichnungen; sie stellen zusammen mit b) zahlenmäßig die größte Gruppe dar, da viele Kombinationen mit zwei oder mehr Farben möglich sind: grüngelb, blaugrau, schwarzweißrot. 33 b) Beliebig kombinierbar erweisen sich auch Sprachbezeichnungen; es sind deonymische Adjektivderivate auf -isch: spanisch-portugiesisch, englischfranzösisch-russisch. c) Adjektivkombinationen, die Eigenschaften von Personen, seltener von Gegenständen kennzeichnen: dummfroh, süßsauer. d) Eine kleine Gruppe bilden die von manchen Autoren gebrauchten Oxymora, Komposita deren Bestandteile eine völlig entgegengesetzte Bedeutung haben und sich im Grunde genommen ausschließen. Formen dieser Art bleiben jedoch auf die Belletristik beschränkt: heißkühl, ernstheiter (vgl. Fleischer 1983, 249). Beabsichtigt wird mit dem Gebrauch der Oxymora eine Erhöhung der Expressivität. 32 Interessant ist das Beispiel natogrün, das - ohne Bindestrich und klein geschrieben - einen hohen Lexikalisierungsgrad aufweist und in der Alltagssprache für graugrün steht. 33 Wie bei den Substantiven gilt auch hier, dass derartige Zusammensetzungen eigentlich auch als Determinativkomposita aufgefasst werden können: grüngelb - Gelb mit grünem Ton (Gelb, das mit Grün kombiniert ist). 174 Zur adjektivischen Wortbildung Synonymie und Antonymie geläufiger adjektivischer Zweitglieder Synonymische Beziehungen Antonymische Beziehungen gemäß - gerecht: fristgemäß - fristgerecht abhängig - süchtig: tablettenabhängig - tablettensüchtig wert - würdig: sehenswert - sehenswürdig fest - sicher - beständig: hitzefest - hitzesicher - hitzebeständig fest - beständig - echt - fähig: kochfest - kochbeständig - kochecht - kochfähig fähig - bereit - fertig: versandfähig - versandbereit - versandfertig versandfähig - versandbereit - versandfertig freudig - lustig: kauffreudig - kauflustig fern - fremd: wissenschaftsfern - wissenschaftsfremd förmig - artig: sternförmig - sternartig reich - voll - schwer: sorgenreich - sorgenvoll - sorgenschwer freundlich - feindlich: umweltfreundlich - umweltfeindlich eigen - fremd: wesenseigen - wesensfremd nah - fern: grenznah - grenzfern pflichtig - frei: rezeptpflichtig - rezeptfrei reich - arm: kalorienreich - kalorienarm stark - schwach: nervenstark - nervenschwach intensiv - arm: lärmintensiv - lärmarm voll - frei: angstvoll - angstfrei voll - leer: gedankenvoll - gedankenleer 4.2.5 Übungen ‹ 1. Ermitteln Sie das Strukturmuster, das dem adjektivischen Kompositum zugrunde liegt! Beispiel: westwindgeschützt: 1. UK: Kompositum (Westwind), 2. UK: Partizip II (geschützt) dunkelgrün, napoleoninteressiert, meistgekauft, fleischfarbig, rüstungskontrollpolitisch, lesekundig, ernährungsbedingt, hochgeschätzt, amerikafeindlich, bierdeckelgroß, christlich-demokratisch, sterbensmüde, PVCbeschichtet, liebenswürdig, nächsttiefer, kaufunwillig, erdbeerfarben, strahlend-heiter, gehfähig, treibstoffunabhängig ‹ 2. Geben Sie für folgende adjektivische Komposita die entsprechende Paraphrase an! Welches semantische Muster liegt vor? Beispiel: flussnah = nah am Fluss semantisches Muster: ‚lokal‘ 175 Adjektivische Komposition parkähnlich, kohlebeheizt, geburtenstark, morgenmüde, hilfsbereit, fahnengeschmückt, qietschvergnügt, emotionsarm, altersschwach, kastanienbraun, tonnenschwer, einbruchssicher, schlangengleich, holzgeschnitzt, tiefernst, dollarschwer, brusthoch, angstbebend, schreibgewandt, schmutzbedeckt, kreisförmig, kopfverletzt, batteriebetrieben, silberschimmernd, sehnsuchtsvoll, fingerdick, wirklichkeitsgetreu, trainingsfaul, nachtblind, zuchttauglich, gebirgsfern, palastartig, widerstandsfähig, regimegelenkt, scheißkalt, leistungsschwach, kältebeständig, extralang, blechgestanzt, publikationsreif ‹ 3. Bilden Sie mithilfe der Zweitglieder -abhängig, -beständig, -echt, -fähig, -fest, -gemäß, -gerecht, -sicher, -süchtig, -wert und -würdig geläufige Adjektivkomposita, indem Sie diese den angegebenen Substantiven und Verben zuordnen! Welche der gebildeten Komposita stehen in einem synonymischen Verhältnis zueinander? Diebstahl, Regel, erwähnen, Alkohol, Kind, Säure, Wettbewerb, streiten, erhalten, Alter, denken, Kokain, Frost, herrschen, treffen, Konkurrenz, Fälschung, fernsehen, waschen, Nikotin, Wunsch, verehren, Licht, Kompromiss, Plan, Anpassung ‹ 4. Bilden Sie mithilfe der Zweitglieder -eigen, -frei, -freundlich und -nah geläufige Adjektivkomposita! Stellen Sie - falls das möglich ist - den gebildeten Komposita antonymische Bildungen mit -feindlich, -fern, -fremd und -pflichtig gegenüber! Küste, Kinder, Wesen, Schulgeld, Ausländer, Front, Porto, Betrieb, Hunde, Steuer, Wüste, Zukunft, Wirklichkeit ‹ 5. Bilden Sie geläufige Adjektivkomposita mit -frei und -leer! Achten Sie auf den semantischen Unterschied! Fehler, Zoll, Fieber, Ausdruck, Rost, Menschen, Luft, Störung, Akzent, Blut ‹ 6. Bilden Sie mithilfe der unter a) angeführten Substantive geläufige Komposita des Vergleichs, indem Sie diese den Adjektiven b) zuordnen! a) Stroh, Biene, Pudel, Stahl, Lamm, Faden, Aal, Knie, Wiesel, Pfennig, Handtuch, Spindel, Mäuschen, Sonne, Zucker b) schmal, fromm, flink, fleißig, süß, still, dumm, glatt, dünn, klar, tief, nass, dürr, groß, hart ‹ 7. Bilden Sie mithilfe der Erstglieder blitz-, blut-, bombe(n)-, brand-, grund-, herz-, hund(e)-, kreuz-, stock- und todgeläufige steigernde Komposita, 176 Zur adjektivischen Wortbildung indem Sie diese den angegebenen Adjektiven und Partizipien zuordnen (Mehrfachbildungen sind möglich)! Welche der gebildeten Komposita stehen in einem synonymischen Verhältnis zueinander? gefährlich, erschütternd, krank, steif, verschieden, müde, blank, zerreißend, unglücklich, wenig, taub, sicher, gescheit, aktuell, verkehrt, schick, finster, ergreifend, konservativ, fidel, langweilig, anständig, schnell, kalt ‹ 8. Bilden Sie mithilfe der Zweitglieder -reich, -stark, -voll, -intensiv und -schwer geläufige steigernde Komposita, indem Sie diese den angegebenen Substantiven zuordnen! Welche der gebildeten Komposita stehen in einem synonymischen Verhältnis zueinander? Milliarde, Fett, Schuld, Willen, Fisch, Kosten, Rücksicht, Zeit, Baum, Seele, Folge, Vorwurf, Vitamin, Ereignis, Kopfball, Respekt, Schicksal, Ozon, Geist, Qual ‹ 9. Bilden Sie mithilfe der Erstglieder selbst-, über-, vor- und wohlgeläufige Komposita, indem Sie diese den angegebenen Adjektiven und Partizipien zuordnen! riechend, haftend, motiviert, eiszeitlich, beruflich, regional, verständlich, klingend, weihnachtlich, eifrig, entzündlich, beschäftigt, römisch, proportioniert, herrlich, empfindlich, ehelich, temperiert, qualifiziert, sicher, geformt ‹ 10. Führen Sie zu den Komposita mit über- Antonyme mit unteran! Falls das nicht möglich ist, nennen Sie die entsprechende syntaktische Fügung bzw. das antonymische Adjektiv! Beispiel: *unterfleißig → nicht fleißig/ faul a) überbreit f) überirdisch b) überlaut g) überklug c) überbezahlt h) überrepräsentiert d) überängstlich i) überfein e) überschwer j) übergroß ‹ 11. Bilden Sie geläufige adjektivische Farbkomposita, indem Sie den Farben gelb, schwarz, grün, grau, weiß, braun, rot und blau die angegebenen Substantive zuordnen! Feuer, Pech, Kornblume, Stroh, Gras, Rubin, Kakao, Jäger, Asche, Gift, Blüte, Kupfer, Azur, Rabe, Kaffee, Stahl, Kalk, Senf, Glut, Maus, Schokolade, Kreide 177 Explizite Derivation von Adjektiven ‹ 12. Bilden Sie mithilfe der unter a) angegebenen Konfixe geläufige Adjektivkomposita, indem Sie diese den Zweitgliedern b) zuordnen! Beachten Sie, dass in vielen Fällen Mehrfachbildungen möglich sind! a) auto-, bi-, elektr(o)-, hetero-, homo-, hydro-, mono-, multi-, neo-, poly-, semi-, therm(o)-, topb) -gam, aktuell, faschistisch, -nom, national, dynamisch, konvex, -nym, nuklear, -gen, valent, magnetisch, -phil, lateral, fit, klassizistisch, funktional, -chrom, polar, optisch, labial, modern, lingual, elektrisch ‹ 13. Bilden Sie mithilfe der unter a) angeführten Adjektive geläufige Kopulativkomposita, indem Sie diese den Zweitgliedern b) zuordnen! Klassifizieren Sie die gebildeten Komposita semantisch (Farb-, Sprach-, Eigenschaftsbezeichnungen, Oxymora)! a) feucht, dumm, deutsch, eng, schwarz-rot, nass, taub, nah, grün-weiß b) gelb, stumm, kalt, rot, dreist, fern, heiß, italienisch, weit 4.3 Explizite Derivation von Adjektiven Unterzieht man die explizite Derivation des Adjektivs einer näheren Betrachtung, werden analog zur Komposition schnell Parallelen zum Substantivbereich sichtbar. Hier wie dort dominiert die Ableitung mittels Suffigierung; der dafür genutzte Suffixbestand ist ähnlich umfangreich, wobei die heimischen Suffixe sich als am produktivsten erweisen. Eine ebenso untergeordnete Rolle spielen die Präfigierungen. 4.3.1 Suffigierung 4.3.1.1 Heimische Suffixe 4.3.1.1.1 Suffix -bar Das Suffix ist auf das ahd. ba¯ri, dem ein zu beran (gebären, tragen) gehörendes Verbaladjektiv zugrunde lag, zurückzuführen; im Mhd. entwickelte es sich zu bære weiter (vgl. u.a. Naumann 2000, 54). Heute ist es das wichtigste Suffix in Bezug auf die Ableitung deverbaler Adjektive. • Derivationsbasis Verb a) Infinitivstamm transitiver Verben (simplizisch oder komplex) -bar lässt sich grundsätzlich an transitive Verben anfügen, die eine Handlung bezeichnen. 34 Damit zum Ausdruck gebracht wird eine „passivisch-modale 34 Nicht als Basen können folglich sog. pseudo-transitive Verben (ohne subjektfähigen Akkusativ) fungieren, die nicht passivfähig sind wie z.B. enthalten, bekommen, benötigen. Näheres dazu s. Helbig/ Buscha (1996, 54). 178 Zur adjektivischen Wortbildung Bedeutung“ (Erben 2000, 107), d.h. die Möglichkeit, das Potenzielle, das mit der Paraphrase ‚etw. kann getan werden‘ zu umschreiben ist: teilen → teilbar (etw. kann geteilt werden) lieferbar, bezahlbar, durchführbar. Manche Bildungen enthalten zusätzliche semantische Merkmale - die Handlung kann gut und/ oder leicht realisiert werden: leicht herstellbares Produkt, gut/ leicht hörbares Signal. Die -bar-Suffigierung stellt deshalb ein probates Mittel dar, lange syntaktische Fügungen mit einem Modalverb problemlos zu ersetzen. In dieser Hinsicht trägt sie zur Sprachökonomie bei. Unter den Basen befinden sich ebenfalls suffigierte Verben; stark vertreten ist das Fremdsuffix -ier (finanzierbar, automatisierbar), heimische Verbalsuffixe wie -(e)l(n) (radeln) begegnen kaum oder entfallen gewöhnlich, wie das bei -ig der Fall ist: befriedigen → befriedbar (aber: benachrichtigen → benachrichtigbar! ). b) Infinitivstamm intransitiver Verben (simplizisch und komplex) Intransitive Verbformen kommen weniger häufig vor. Sie unterliegen außerdem starken Einschränkungen. So können weder durative (schlafen, stehen, arbeiten) noch echte reflexive Verben (sich erkälten, sich bemühen, sich betrinken) 35 für die Ableitung genutzt werden. Dagegen sind manche Verben, die einen Präpositionalkasus regieren, durchaus verwendbar: über etw. verhandeln → verhandelbar, an etw. anbinden → anbindbar, auf etw. hinweisen → hinweisbar. 36 Da - abgesehen von den letztgenannten Beispielen - intransitive Verben das Passiv nicht bilden können, steht i.d.R. allein die Möglichkeit im Sinne einer aktivisch-modalen Bedeutung im Vordergrund: schwimmbar (etw. kann schwimmen, schwimmt), zerfließbar. 37 Einige wenige -bar-Derivate aktivischer Bedeutung zeigen die Notwendigkeit der Handlung an, die sich mit dem Modalverb müssen umschreiben lässt (vgl. u.a. Fleischer/ Barz 1995, 253). Vgl.: Sie ist für den Schaden haftbar = sie muss für den Schaden haften. Zu -bar gibt es eine Reihe von Konkurrenzformen. Es konkurriert mit dem Zweitglied -fähig, das aber - insbesondere wenn es sich um Personen handelt - eine aktivische Bedeutung aufweist: lieferbar (etw. kann geliefert werden) - lieferfähig (jmd./ etw. ist fähig zu liefern). Dennoch können -bar und -fähig auch synonymisch nebeneinander stehen, doch wird -fähig dann gewöhnlich nicht an Infinitive, sondern an aus Verben abgeleitete Substantive angeschlossen: transportierbar - transportfähig, entwickelbar - entwicklungsfähig (vgl. Wellmann 1995, 525). Zur Konkurrenz von -lich und -sam s. 4.3.1.1.8, 4.3.1.1.11. 35 Echte reflexive Verben verlangen immer das Reflexivpronomen sich. 36 Von diesen Verben kann auch das modale Passiv gebildet werden: verhandelbar = darüber kann verhandelt werden. 37 Die aktivische Bedeutung ist überaus selten. Nach Flury (1965, 90) macht sie nur 3 % der -bar-Bildungen aus, 97 % entfallen somit auf die passivisch-modale Bedeutung. 179 Explizite Derivation von Adjektiven Bei der Bildung von Antonymen greift man in hohem Maße auf das Präfix unzurück: unteilbar, undurchführbar, unfinanzierbar usw. Doch existiert manchmal nur die präfigierte Adjektivform. Vgl.: unverkennbar, unbezweifelbar, unfassbar. Umgekehrt ist nicht immer das Adjektivderivat mit unzu präfigieren; diese Angabe erfüllt dann nicht: erfassbar → *unerfassbar → nicht erfassbar, manipulierbar → *unmanipulierbar → nicht manipulierbar. • Derivationsbasis Substantiv Substantivische Basen finden sich in der Gegenwartssprache kaum noch. Bei den relativ wenigen Beispielen sind verschiedene semantische Muster vertreten. Passisvisch ist u.a. steuerbar (Steuer muss gezahlt werden), 38 aktivische Bedeutung hat dagegen dienstbar (Dienst leistend, zum Dienst bereit), schiffbar (für Schiffe befahrbar), flugbar (vgl. Fleischer 1983, 253). Demotiviert sind Derivate wie schandbar (schändlich, schlecht) oder mittelbar (indirekt). 39 • Derivationsbasis Adjektiv Ableitungen mit adjektivischer Basis zählen zu den großen Ausnahmen; zudem gelten die meisten Derivate als idiomatisiert: sonderbar (eigenartig, merkwürdig), offenbar (dem Anschein nach, offensichtlich). 4.3.1.1.2 Suffix -en (-ern) Das Suffix hat seinen Ursprung im ahd. -ı ¯n (Krahe/ Meid 1969, 112f.); es ist kaum noch produktiv. Als Basen kommen nur Substantive in Betracht. Weil -en für die Bezeichnung von Stoffen und Pflanzen (vor allem Bäumen) genutzt wird, verwendet man auch die Begriffe „Stoff“- oder „Materialadjektive“ (Erben 2000, 114; Eichinger 2000, 213). Vgl.: Metall → metallen (aus Metall bestehend, hergestellt), Samt → samten. Endet das Basiswort auf ein schwachtoniges -e, kommt es zu dessen Tilgung: Tanne → tannen, Wolle → wollen. Bei Auslaut -er wird nur -n angefügt: Marmor → marmorn, Leder → ledern. Beeinflusst durch die Auslautverhältnisse, ist die erweiterte Suffixvariante -ern entstanden (Näheres dazu s. Fleischer 1983, 255; Naumann 2000, 53). Sie ist heute weiter verbreitet und hat z.T. das ältere -en ersetzt. Bemerkenswert ist, dass sich -ern mit Basen verbindet, die gar keinen Auslaut -er haben. Im Unterschied zu -en ist die Derivation meist an eine Umlautung gekoppelt: Blech → blechern, Wachs → wächsern, Stahl → stählern. Bei der Mehrheit der Substantive handelt es sich um Simplizia, Komposita finden sich nur vereinzelt: Elfenbein → elfenbeinern. Grundsätzlich bleibt zu 38 Das Synonym zu steuerbar ist steuerpflichtig. Beide Formen finden sich vornehmlich in der Finanz- und Verwaltungssprache. 39 Manchmal ist es schwierig zu entscheiden, ob von einem Substantiv oder eher einem Verb bei der Ableitung auszugehen ist. Das trifft auf Beispiele wie scheinbar oder dankbar zu: Schein/ Dank + -bar, scheinen/ danken + -bar. 180 Zur adjektivischen Wortbildung beachten, dass nicht von allen Stoffbezeichnungen ein -en-Adjektiv sprachüblich ist. Stattdessen gebraucht man dann eine Komposition: *bambusenes Rohr → Bambusrohr, Mohnbrötchen, Reiskuchen. 40 Zur Konkurrenz von -haft und -ig s. 4.3.1.1.5, 4.3.1.1.6. 4.3.1.1.3 Suffix -er -er, das bereits ausführlich bei der Substantivbildung besprochen wurde (s. 3.3.2.2.4.), tritt zugleich als überaus produktives Adjektivsuffix auf. Seine Hauptfunktion besteht in der Ableitung geografischer Namen (detoponymische Derivation); es handelt sich meist um Ortsnamen, niemals um Personennamen, andere Toponyme (u.a. Gebirgs- und Landschaftsnamen) sind viel seltener. Doch werden die Formen nur attributiv gebraucht, außerdem sind sie unflektierbar. Man findet sie häufig als feste Bestandteile bekannter Eigennamen. 41 Vgl.: Heidelberger Schloss, Kieler Hafen, Leipziger Universität, Ötztaler Alpen, Ulmer Münster, Kölner Dom, Starnberger See, Münch(e)ner Olympiastadion, Osnabrücker Zeitung. Zu den reduzierten Formen auf -er, die als Substantive fungieren, s. insbesondere 2.4. In Konkurrenz zu -er steht das Suffix -isch. Seine Domäne ist jedoch die Ableitung von Personennamen (s. 4.3.1.1.7). Man kann es nicht nur attributiv, sondern ebenso prädikativ sowie substantivisch verwenden (vgl. u.a. Fleischer/ Barz 1995, 240). Vgl.: die hessische Stadt, sie spricht hessisch, das schöne Hessische. Aufgrund der festgelegten Anwendungsbereiche gehören Doppelformen auf -er und -isch zu den Ausnahmen: Badener Dialekt - badischer Dialekt, Brandenburger Betrieb - Brandenburgischer Betrieb usw. Daneben dient -er der Ableitung von Adjektiven aus Kardinalzahlen; sie sind ebenfalls auf den attributiven Gebrauch beschränkt: das achtundfünfziger Modell, die neunziger Jahre. Zur Ableitung aus Kardinalzahlen s. auch 3.3.2.2.4. 4.3.1.1.4 Suffix -fach Es geht auf das mhd. vach (Stück, Teil) zurück (DUW) und zeichnet sich durch eine hohe Produktivität aus. -fach dient der Bildung von sog. Vervielfältigungszahlwörtern, indem es sich an Kardinalzahlen anschließt. Damit zeigt man an, dass etwas in der genannten Menge vorhanden ist bzw. gemacht wird: dreifach, zehnfach, vierzigfach, hundertfach, milliardenfach. 40 Selbst wenn ein Stoffadjektiv auf -en vorhanden ist, wird - zumindest in der Umgangssprache - das Kompositum bevorzugt: Metallzaun, Marmorplatte, Ledergürtel usw. 41 Hier liegt der Unterschied zu den gleich lautenden substantivischen Bewohnerbezeichnungen auf -er. Es muss außerdem beachtet werden, dass diese Bildungen trotz ihres Adjektivstatus groß geschrieben werden. 181 Explizite Derivation von Adjektiven Ferner lässt sich -fach mit unbestimmten Zahlwörtern wie viel und mehr kombinieren. Außer -fach existieren noch die älteren und kaum noch gebrauchten Formen -fältig und -faltig: mehrfach, vielfach - vielfältig, mannigfach (zahlreich und verschiedenartig) - mannigfaltig (vgl. Gelhaus 1995, 273). 4.3.1.1.5 Suffix -haft -haft kommt bereits im Ahd. als freies Grundmorphem gleicher Form vor und hatte die Bedeutung ‚gefangen‘, ‚gebunden‘, ‚behaftet‘ (vgl. u.a. Erben 2000, 139); es zählt zu den produktiven Suffixen. • Derivationsbasis Substantiv (simplizisch und komplex) Substantive stellen mit Abstand die meisten Basen. 42 Sie beziehen sich gewöhnlich auf Personen oder Tiere, mitunter auf Eigennamen, manchmal auch Abstrakta; die Derivate repräsentieren Vergleichsbildungen und entsprechen der Paraphrase ‚in der Art von jmdm./ etw.‘, ‚wie die Art von jmdm./ etw.‘. Vgl.: Held → heldenhaft (wie ein Held), meisterhaft, löwenhaft, papageienhaft, mozarthaft, shakespearehaft. Andere Substantive (u.a. Abstrakta) sind nur schwach vertreten: skizzenhaft, legendenhaft, romanhaft. Bezieht sich die Basis nicht auf Personen oder Tiere, kann außer ‚komparativ‘ das Muster ‚ornativ‘ (mit etw. versehen) auftreten: schwunghaft (mit Schwung), fehlerhaft (mit Fehlern). 43 Wie zu sehen ist, befindet sich vor dem Suffix oft ein Fugenelement, das im Wesentlichen nach den Regeln der substantivischen Komposition gesetzt wird (s. 1.3.1). Besonders häufig ist -en-, welches folglich dann erscheint, wenn das Substantiv -en als Plural hat (so wie oben bei Helden, Löwen, Papageien usw.). Außer auf -en stößt man seltener auf andere Fugenelemente (-s-, -e-, -er-): schmetterlingshaft, gänsehaft, geisterhaft. 44 • Derivationsbasis Verb Die Zahl verbaler Basen ist gering. Das Derivat charakterisiert die Neigung (Vorliebe) zu der durch das Verb bezeichneten Handlung. Vgl.: naschen → naschhaft (gern und oft Süßigkeiten essend), wechselhaft. Demotiviert sind u.a. das sehr gebräuchliche wohnhaft (irgendwo wohnend, seinen Wohnsitz habend) sowie das polyseme lebhaft (lebendig, munter, groß). 42 Ihr Anteil beträgt ca. 96 % (vgl. Wellmann 1995, 530). 43 Es gibt Derivate, die beiden Mustern zuzuordnen sind: mythenhaft: a) in der Art eines Mythos, wie ein Mythos (‚komparativ‘); b) mit einem Mythos (‚ornativ‘) (vgl. dazu auch Fleischer 1983, 258). 44 Unterschiedlich verfährt man mit dem e-Auslaut der Basis. Er wird entweder getilgt (Sünde → sündhaft) oder durch das Fugenelement -(e)n ersetzt (s.o.). Bei einigen Fremdwörtern bleibt -e jedoch erhalten: Genre → genrehaft, paradehaft (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 255). 182 Zur adjektivischen Wortbildung • Derivationsbasis Adjektiv Ableitungen aus Adjektiven begegnen nur vereinzelt. Wie die Verbalderivate zeigen sie die Neigung - in diesem Fall zu einer bestimmten Eigenschaft - an: krankhaft (von einer Krankheit stammend, sich wie diese äußernd). 4.3.1.1.6 Suffix -ig Das Suffix findet sich schon im Ahd. in den Formen -ag, -ı ¯g und -ig (vgl. Krahe/ Meid 1969, 188ff.). Heute gehört es zu den zentralen Adjektivsuffixen, für die eine sehr hohe Produktivität kennzeichnend ist. • Derivationsbasis Substantiv a) Simplex und Kompositum Substantivische Basen dominieren. 45 Charakteristisch für -ig ist außerdem - und hier gibt es Parallelen zu anderen sehr produktiven Suffixen -, dass es in höherem Maße Veränderungen des Basiswortes bewirkt, die sich folgendermaßen zusammenfassen lassen: 1. Lautet die Basis auf ein schwachtoniges -e oder -en aus, kommt es zu deren Tilgung: Rose → rosig, Kante → kantig, Seife → seifig, Schatten → schattig. Bei -er und -el bleibt das -eteilweise erhalten, manchmal begegnen beide Formen. Vgl.: Hunger → hungrig, Schauer → schaurig, Wasser → wässerig/ wässrig, Nebel → nebelig/ neblig. 2. Bei der Umlautung sind keine festen Regeln, sondern nur allgemeine Tendenzen feststellbar. So haben Simplizia oft keinen Umlaut, komplexe Substantive dagegen häufiger. Wenn er erscheint, stimmt er meist mit dem Pluralumlaut überein. Vgl.: Kraft (Pl. Kräfte) → kräftig, Korn (Pl. Körner) → körnig, eine Hand (Pl. Hände) → einhändig. Doch stehen diesen Derivaten Formen gegenüber, wo trotz des entsprechenden Plurals der Umlaut fehlt: Luft (Pl. Lüfte! ) → luftig, Spaß (Pl. Späße! ) → spaßig, Frucht (Pl. Früchte! ) → fruchtig (vgl. auch Kühnhold/ Putzer/ Wellmann 1978, 54ff.). 46 Das semantische Spektrum der Basen ist breit gefächert. Es kann sich um Bezeichnungen für Sachen, Gegenstände, Stoffe, Personen sowie Tiere, aber auch um Abstrakta handeln. Bezieht sich die Basis auf keine Personen, liegt das Muster ‚ornativ‘ vor: Schmutz → schmutzig (mit Schmutz), waldig, rostig. Stoff-, Gegenstandssowie (seltener) Personen- und Tierbezeichnungen werden hingegen für Vergleichsbildungen (‚komparativ‘) herangezogen. Letztere 45 Es sind zu 83 % desubstantivische Ableitungen (vgl. Wellmann 1995, 529). Darunter befinden sich allerdings keine Derivate mit den Suffixen -ung, -heit (-keit, -igkeit), -schaft, -tum, -ling und -nis. 46 Das Nebeneinander von Derivaten mit und ohne Umlaut hat vor allem sprachgeschichtliche Ursachen. Näheres s. Fleischer (1983, 260). 183 Explizite Derivation von Adjektiven weisen fast immer eine pejorative Konnotation auf: saftig, schwammig, dreieckig, fuchsig (wütend, ärgerlich), schuftig (gemein, ehrlos). Abstrakta kennzeichnen vor allem menschliche und tierische Eigenschaften: Schwachsinn (Unsinn, Debilität) → schwachsinnig, gierig, zornig. Die Zahl demotivierter Bildungen ist relativ gering. Hierher gehören z.B. pfundig (großartig, toll), zeitig und markig (kraftvoll). b) Substantivische Wortgruppe Die überaus zahlreichen Wortgruppen verfügen über zwei syntaktische Strukturmuster: Adjektiv + Substantiv oder Numerale + Substantiv. Es überwiegen auch hier ornative Derivate, denen oft Gegenstandsbezeichnungen (Körperteile), seltener Abstrakta zugrunde liegen. Vgl.: breite Schultern → breitschultrig, dunkles Haar → dunkelhaarig, spitze Nase → spitznasig, zwei Sprachen → zweisprachig, vier Geschosse → viergeschossig, zehn Seiten → zehnseitig. 47 Daneben existieren Derivate mit der Bedeutung ‚substanziell‘ (bestehend aus). Vgl.: sechsteiliger Fernsehfilm (aus sechs Teilen bestehender Fernsehfilm), dreiköpfige Kommission (aus drei Köpfen, d.h. Mitgliedern bestehende Kommission). 48 Sehr oft zieht man die Ableitungen für Zeit- und Altersangaben heran: elf Jahre → elfjährig (elf Jahre alt, dauernd), mehrtägig. Näheres dazu s. -lich (4.3.1.1.8). Desubstantivische -ig-Derivate treten in Konkurrenz zu anderen kompositionellen Zweitgliedern und Suffixen besonders dann, wenn es um Vergleiche - meist bezogen auf Gegenstände - geht: wellig - wellenartig - wellenförmig, kugelig - kugelartig - kugelförmig. Im Bereich des Musters ‚ornativ‘ stehen sich zuweilen -ig und Formen des Partizips II gegenüber, relativ häufig von komplexen Verben mit Präfix ver-: dreckig - verdreckt, staubig - verstaubt. Darüber hinaus kann auch -voll das Äquivalent stellen: kräftig - kraftvoll. Vorwiegend bei Personen- und Tierbezeichnungen ist, wenn auch in geringerem Umfang, das Suffix -haft die synonymische Konkurrenzform: Riese → riesig - riesenhaft, Krüppel → krüpp(e)lig - krüppelhaft. • Derivationsbasis Verb a) Infinitivstamm (i.d.R. simplizisch) Das Derivat kann sich auf Personen (seltener Tiere), Gegenstände und Sachen beziehen. Gekennzeichnet wird damit eine Neigung zur durch das Verb benannten Handlung. Vgl.: taumeln → taumelig (taumelnd, schwankend), finden → findig (einfallsreich, gewitzt), rutschig. Vereinzelt schiebt sich zwischen 47 Wie bei den aus Wortgruppen abgeleiteten substantivischen Komposita (s. 3.2.1.7) entfallen hier die Flexionsmorpheme. 48 Es hängt vom Bezugswort ab, welche Bedeutung gegeben ist. So ist ein dreiköpfiger Adler (in einem Wappen) ein Adler mit drei Köpfen; das Derivat hat also ornative Bedeutung. 184 Zur adjektivischen Wortbildung Stamm und Suffix das Interfix -(e)r-: schlafen → schläfrig (müde werdend), glitsch(e)rig (glatt). Zuzunehmen scheint der Gebrauch abgelauteter Präteritalstämme als Basen: streiten → stritt → strittig, erbieten → erbot → erbötig (bereit sein, etw. zu machen), gestehen → gestand → geständig (Näheres s. Fleischer 1983, 261f.). Demotiviert und z.T. isoliert sind u.a. schäbig (ärmlich, gemein), zuverlässig, gehörig (angemessen, intensiv), ausgiebig (reichlich). b) Verbale Wortgruppe Sie stellen im Vergleich zu den substantivischen Wortgruppen nur eine unbedeutende Randgruppe dar; das Verb verbindet sich meist mit einem Substantiv: gering schätzen → geringschätzig, schwer hören → schwerhörig, Wasser durchlassen → wasserdurchlässig. • Derivationsbasis Adverb Für die Derivation wird diese Wortart häufig genutzt (vor → vorig, baldig). Ähnlich wie bestimmte Substantive unterliegt das Adverb aber einigen Veränderungen: Auslautendes -e sowie -en entfallen: heute → heutig, morgen → morgig; das betrifft ebenso das -ein -er: über → übrig. Immer getilgt wird ferner das Adverbialsuffix -s: damals → damalig, jenseits → jenseitig. Konsonantenausfall bzw. -wechsel zeigen jetzt → jetzig und hier → hiesig (vgl. u.a. Erben 2000, 116). • Derivationsbasis Adjektiv Basen jener Wortart bleiben auf wenige Beispiele beschränkt. Vgl.: lebend → lebendig, faul → faulig (von Fäulnis befallen, z.B. Obst). 4.3.1.1.7 Suffix -isch Das gegenwartssprachliche -isch ist aus der ahd. Form -isc hervorgegangen (vgl. Krahe/ Meid 1969, 194ff.); es gehört zu den hochproduktiven Suffixen. • Derivationsbasis Substantiv a) Simplizisches/ komplexes Substantiv, Kompositum -isch hat sich in besonderem Maße auf die Ableitung von Adjektiven aus Substantiven spezialisiert. 49 Neben der semantischen Vielfalt (s.u.) ist die Formveränderung des substantivischen Basiswortes ein Kennzeichen der -isch-Bildung: 49 So sind 95 % aller -isch-Bildungen desubstantivisch (vgl. Wellmann 1995, 529f.). 185 Explizite Derivation von Adjektiven 1. Analog zu -ig kommt es zur Tilgung von -e und -en sowie -el und -er im Auslaut: Sklave → sklavisch, Tropen → tropisch, Bibel → biblisch, Flandern → flandrisch. 2. Ein differenziertes Bild bietet die Umlautung. So fehlt der Umlaut prinzipiell bei Fremdwörtern (s.u.), andererseits wird er zumeist bei folgenden Basen gesetzt: • Personenbezeichnungen: Narr → närrisch • Kollektive Personenbezeichnungen mit einem Umlaut im Plural: Stand (Gruppe, Schicht in einer Gesellschaft) → ständisch • Tierbezeichnungen: Hund → hündisch • bestimmte Abstrakta: Aberglauben → abergläubisch • Bewohnerbezeichnungen: Thailand → thailändisch (vgl. Kühnhold/ Putzer/ Wellmann 1978, 57f., 259; Erben 2000, 117). Anders als bei den -ig-Bildungen werden Suffixableitungen für die Derivation verwendet; das betrifft insbesondere das Suffix -er, das der Ableitung von Personenbenennungen (s. 3.3.2.2.4) dient: Dichter → dichterisch, Kriegstreiber → kriegstreiberisch. Manchmal wird das erweiterte -er-isch auch auf Basiswörter übertragen, die gar keine Nomina agentis repräsentieren; es sind vor allem -ung-Derivate: Zerstörung → zerstörerisch (vgl. Eichinger 2000, 211; Naumann 2000, 53). Personen- und Tierbezeichnungen drücken meist das semantische Muster ‚komparativ‘ aus. Dabei enthält die Vergleichsbildung oftmals eine negative Wertung: Dieb → diebisch, schweinisch, satanisch. Diese pejorative Konnotation ist bei den Derivaten auf -er-isch weniger stark ausgeprägt: Gärtner → gärtnerisch, schöpferisch, kämpferisch, aber: ehebrecherisch, erpresserisch! Stellt die Basis keine Personenbezeichnung dar - es sind dann i.d.R. Abstrakta - findet sich neben den Vergleichen das Muster ‚ornativ‘; die Derivate weisen dann oftmals eine pejorative Konnotation auf: Spott → spöttisch, neidisch. 50 Nur am Rande erscheint das Muster ‚substanziell‘: Metall → metallisch (aus Metall bestehend). b) Eigenname -isch ist das zentrale Suffix der deonymischen Derivation. Abgeleitet werden vor allem Adjektive zu Länder- und Landschaftsnamen. Dabei fügt man -isch i.d.R. an die entsprechende Bewohnerbezeichnung an, wobei die Suffixe -e und -er entfallen. Vgl.: Russland → Russe → russisch, Mexiko → Mexikaner → mexikanisch, aber: Schweiz → Schweizer → schweizerisch! Der Umlaut richtet sich nach der Form der Bewohnerbezeichnung (Pfälzer → pfälzisch), kann aber ebenso unabhängig von dieser erscheinen: Sachse → sächsisch. 50 Adjektive, die ohne negative Einschätzung die Beziehung oder Zugehörigkeit markieren, also neutral sind, gibt es relativ selten: Seele → seelisch. 186 Zur adjektivischen Wortbildung Von Gebirgs- und Gewässernamen (Hydronymen) sowie Bezeichnungen für Inselgruppen sind ebenfalls Adjektive mit -isch ableitbar; die Basisauslaute (u.a. -e, -en) werden zumeist getilgt: Erzgebirge → erzgebirgisch, Amazonas → amazonisch, Malediven → maledivisch. Das gilt gleichermaßen für Wortgruppen: links der Elbe → linkselbisch. Beachtung verdienen ferner die sog. Anthroponyme (Personennamen), insbesondere bekannte Familiennamen. Verwendung findet hier außer -isch dessen verkürzte Variante -sch: salomonisches Urteil, parkinsonsche Krankheit, einsteinsche Relativitätstheorie, mannsche Romane, plancksches Strahlungsgesetz. 51 c) Fremdwörter Die Ableitung von fremdsprachigen Substantiven ist eine Hauptfunktion des Suffixes -isch, da in dieser Hinsicht sonst vorrangig Fremdsuffixe (s. 4.3.3) produktiv sind. Zu beachten ist, dass sich unter den Basiswörtern zahlreiche Konfixe bzw. Konfixderivate befinden, welche aufgrund ihres Charakters bekanntlich keiner Wortart angehören (s. 1.1.2). Es sei an dieser Stelle nur auf solch überaus produktive Konfixbasen wie -log-, -nom-, -path- und -krathingewiesen, aus denen Substantive wie Adjektive ableitbar sind (s.u.). Vielfach stellen die Basen Personenbenennungen dar: Tyrann → tyrannisch, reformatorisch, demokratisch, kommunistisch. -e und -er werden getilgt: Grafologe → grafologisch, Plebejer (Angehöriger der unteren Schichten) → plebejisch. 52 Eine zweite große Gruppe bilden die Nichtpersonenbenennungen; bei den Derivaten handelt es sich um Relativadjektive. 53 Vgl.: Ironie → ironisch, psychologisch, medizinisch, mechanisch. Anders als bei heimischer Basis tritt nie Umlaut auf. Neben den Fremdsuffixen -ie, -ik und -ismus (s. 3.3.2.9) entfallen auch -um, -ose, -us und -se: Faktum → faktisch, Neurose → neurotisch, Rhythmus → rhythmisch, Analyse → analytisch. Ebenso entfällt der Auslaut -e: Methode → methodisch. Eine wichtige Rolle spielt die Interfigierung. Sie zeigt sich in verschiedenen Varianten überwiegend bei den Nichtpersonenbezeichnungen; am häufigs- 51 Zur Verdeutlichung des Eigennamens kann vor -sch ein Apostroph gesetzt werden, was zur Großschreibung führt: Planck’sches Strahlungsgesetz. Feste Regeln für den Gebrauch von -sch und -isch gibt es nicht. -isch kommt häufiger vor, besonders in der Fachsprache, manchmal stehen beide Formen nebeneinander: goethesche, goethische (Tilgung des -e-Auslauts) Verse. 52 Derivate auf -ist-isch wie kommunistisch, egoistisch usw. lassen sich nicht nur auf die Personenbezeichnung auf -ist, sondern zugleich auf ein -ismus-Abstraktum beziehen: Kommunist/ Kommunismus → kommunistisch, Egoist/ Egoismus → egoistisch. Das gilt ebenso für Abstrakta mit dem Fremdsuffix -ie: Monarchist/ Monarchie → monarchistisch (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 260). 53 Relativadjektive beschreiben eine allgemeine Beziehung (daher auch der Terminus „Beziehungsadjektive“) hinsichtlich des durch das substantivische Basiswort bezeichneten abstrakten Begriffs. Ausgedrückt werden damit Beziehungen des Besitzes, der Zugehörigkeit oder Herkunft. Relativadjektive sind deshalb i.d.R. nicht steigerungsfähig (vgl. auch Helbig/ Buscha 1996, 309ff.). 187 Explizite Derivation von Adjektiven ten begegnet das Interfix -ar: Disziplin → disziplinarisch, Tabelle → tabellarisch. Weitere Interfixe sind u.a. -al-, -at-, -t- und -ist-: lexikalisch, problematisch, Hypothese → hypothetisch, charakteristisch. 54 -isch steht unter dem Konkurrenzdruck anderer heimischer Suffixe. Ein synonymisches Verhältnis zu -haft liegt in einigen Fällen vor, die auf Personen und Tiere bezogene Vergleiche repräsentieren: heldisch - heldenhaft. In der Bedeutung ‚substanziell‘ berühren sich -isch und -en sehr eng; Doppelformen wie metallisch - metallen aus dem Bereich der Stoffadjektive zählen aber zu den großen Ausnahmen. Differenziert zu betrachten ist die Beziehung zwischen -isch und -ig. Synonymie tritt vor allem dann auf, wenn sich beide Suffixe an Personen- und Tierbezeichnungen mit pejorativer Konnotation anschließen. Doch ist das Verhältnis gewöhnlich komplementär und ein Austausch nicht möglich; der Ausdruck negativer Wertungen ist eher eine Domäne von -(er)-isch. 55 • Derivationsbasis Adjektiv Man gebraucht fast ausschließlich nichtnative Adjektive, deren Zahl jedoch begrenzt ist; zudem sind die Bildungen oft fachsprachlich geprägt. Durch die Derivation entsteht somit parallel zum fremdsprachigen Eigenschaftswort eine deutsche Variante: deskriptivisch, hybridisch, substantivisch. Davon abzugrenzen sind paarweise Bildungen wie sozial - sozialistisch, formal - formalistisch, denn das -ist-isch-Derivat ist eindeutig auf ein Abstraktum auf -ismus (Sozialismus, Formalismus) zurückführbar (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 200; Erben 2000, 141f.). • Derivationsbasis Verb Verbale Basen sind noch schwächer vertreten; es sind Infinitivstämme, die oft durch das Interfix -er erweitert werden und mehrheitlich eine pejorative Konnotation aufweisen: misstrauen → misstrauisch, quälen → quälerisch, regnen → regnerisch. Hinzufügen kann man noch einige Beispiele verbaler Wortgruppen phraseologischen Charakters: wichtig tun → wichtigtuerisch, den Kopf hängen lassen (mutlos sein) → kopfhängerisch (vgl. Fleischer 1997, 185ff.). 4.3.1.1.8 Suffix -lich Das Suffix -lich hat sich aus dem ahd. lı ¯h entwickelt, das in jener Zeit ein freies Substantiv mit der Bedeutung ‚Körper‘, ‚Leib‘ war (vgl. u.a. Erben 2000, 140f.); es zählt wie -ig und auch -isch zu den hochproduktiven Suffixen im 54 -istfungiert als Interfix, wenn keine homonyme Personenbezeichung vorliegt wie in Komponist oder Artist. In diesem Fall ist es ja ein Fremdsuffix zur Bildung des Nomen agentis (s. 3.3.2.9). 55 Derivate gleicher Basis wie affig und äffisch sind zudem semantisch differenziert: affig (eitel), äffisch (nach der Art eines Affen). 188 Zur adjektivischen Wortbildung Bereich der desubstantivischen Derivation, 56 ist aber zugleich an der Ableitung aus Adjektiven und Verben relativ stark beteiligt. • Derivationsbasis Substantiv a) Simplizisches und komplexes Substantiv -lich wird vorrangig zur Ableitung heimischer Wörter gebraucht. In Bezug auf die Basisveränderungen zeigen sich z.T. Übereinstimmungen mit -ig und -isch: 1. Auslautendes -e und -en entfallen meistens: Sprache → sprachlich, Osten → östlich. In einigen wenigen Fällen wird -e um das Interfix -nterweitert: Name → namentlich. Nur das Interfix -tweisen seltene Beispiele wie wesentlich auf. 2. Die Umlautung offenbart vor allem zu -ig Parallelen, denn sie erfolgt dann, wenn es im Plural des Substantivs einen Umlaut gibt. Vgl.: Raum (Pl. Räume) → räumlich, Gott (Pl. Götter) → göttlich. Auch hier widersprechen dem Formen, wo trotz des jeweiligen Plurals ein bzw. kein Umlaut gesetzt wird: Jahr (Pl. Jahre! ) → jährlich, Gast (Pl. Gäste! ) → gastlich. Im Unterschied zu -isch und vor allem -ig verbindet sich aber -lich viel öfter mit bestimmten Suffixderivaten: freundschaftlich, ganzheitlich, altertümlich, bürgerlich. Bei den Basen überwiegen Abstrakta und Personenbezeichnungen. Die Mehrheit der -lich-Derivate lässt sich den Relativadjektiven zuordnen. Sie erfüllen damit die gleiche Funktion, die -isch bei den fremdsprachigen Basen ausübt. Vgl.: gerichtlich, feindlich, winterlich. Stellt ein Abstraktum das substantivische Ausgangswort dar, kann ferner das Muster ‚ornativ‘ vorliegen: nachdrückliche Warnung (Warnung mit Nachdruck), unterschiedliche Ergebnisse. In geringem Umfang vorkommende Personenbezeichnungen zeigen hingegen Vergleiche (‚komparativ‘) an: schwesterlich. 57 Eine kleinere, aber wichtige Gruppe bilden außerdem die temporalen Ableitungen, welche meist mit Umlaut verbunden sind: Mittag → mittäglich, aber: abendlich! Kennzeichnend für die ig-Derivation ist die recht große Zahl demotivierter, teilweise isolierter Bildungen. Vgl.: plötzlich, gründlich, dämlich (dumm), lieblich (anmutig, sanft), handlich (leicht und bequem verwendbar). 56 Rund 40 % aller abgeleiteten Adjektive entstehen mithilfe der Suffixe -ig, -isch und -lich (vgl. Wellmann 1995, 514). 57 Beispiele jener Art können als Relativwie Eigenschaftsadjektive auftreten. Vgl.: schwesterliches Haus (Haus der Schwester), schwesterliche Liebe (Liebe in der Art einer Schwester, wie eine Schwester sie gibt). 189 Explizite Derivation von Adjektiven b) Substantivische Wortgruppe Wortgruppen jener Art nutzt man viel weniger, als das beim Suffix -ig der Fall ist. Am häufigsten sind Verbindungen mit Numeralien, Adjektive und Präpositionen sind seltener anzutreffen: sieben Tage → siebentäglich, später Herbst → spätherbstlich, zwischen den Staaten → zwischenstaatlich. Desubstantivische -lich-Derivate konkurrieren in erster Linie mit den produktiven Suffixen -ig und -isch. Doch Formen mit gleicher Basis und Bedeutung wie mitternächtlich - mitternächtig (Duden), muss man zu den großen Ausnahmen rechnen. 58 Abgesehen von diesen Beispielen bezeichnen die Suffixe bei gleicher Basis infolge ihrer Idiomatisierung generell Unterschiedliches: tätig (beruflich arbeitend) - tätlich (körperliche Gewalt einsetzend); sinnig (sinnvoll, sinnreich) → sinniger Spruch - sinnlich (wahrnehmbar) → sinnlicher Reiz; bäuerlich (dem Bauern gehörend, ihn betreffend) → bäuerlicher Hof - bäu(e)risch (unfein, unkultiviert, taktlos) → bäu(e)risches Benehmen. Diese semantische Differenzierung wird auch bei bestimmten temporalen Ableitungen deutlich. Sie werden aus Wortgruppen mit der syntaktischen Struktur Numerale + Substantiv gewonnen und lassen den Anschluss der Suffixe -ig wie -lich zu. Während -ig das Alter oder die Dauer angibt, kennzeichnet -lich das zeitliche Intervall, in beiden Fällen ist der Umlaut obligatorisch. Vgl.: siebentägig (sieben Tage dauernd) - siebentäglich (alle sieben Tage wiederkehrend, stattfindend). • Derivationsbasis Verb Deverbale -lich-Ableitungen zählen heute nicht mehr zu den produktiven Wortbildungsmodellen. Man trifft das Suffix primär bei Verbstämmen sowie - in geringer Zahl - bei Infinitiven an, die meist präfigiert sind. Der Umlaut tritt dabei nicht regelmäßig auf. Vgl.: taugen → tauglich, ertragen → erträglich. Liegt ein transitives Verb vor, drückt das Verb eine passivisch-modale Bedeutung aus - die bezeichnete Handlung wird als möglich und/ oder notwendig beschrieben, teilweise in Verbindung mit der Bewertung ‚gut‘ und ‚leicht‘: erträgliche Schmerzen (Schmerzen, die leicht ertragen werden können), bedauerlicher Irrtum (Irrtum, der bedauert werden muss). 59 Intransitive Verben verfügen hingegen meist über eine aktivisch-modale Bedeutung: Menschen sind sterblich (Menschen können/ müssen sterben), tauglicher Vorschlag (Vorschlag, der etw. taugt, taugen kann) (vgl. u.a. Eichinger 2000, 212; Erben 2000, 109). Eine weitere kleine Gruppe bilden Derivate, welche die Neigung zur durch das Verb benannten Handlung markieren; zwischen Basis und Suffix befindet 58 Im Duden wird darauf hingewiesen, dass mitternächtig seltener gebraucht wird, im DUW fehlt es. 59 Wie bei -bar gibt es Derivate nichtransitiver Verben mit präpositionalem Objekt, die das Passiv auszudrücken vermögen. Vgl.: sich verlassen auf jmdn./ etw. → verlässlich: ein verlässlicher Mitarbeiter (auf den Mitarbeiter kann sich verlassen werden). 190 Zur adjektivischen Wortbildung sich dann häufig das Interfix -er-, teilweise kommt es zur Umlautung: weinen → weinerlich (zum Weinen geneigt, dem Weinen nahe), lächerlich. Gesondert zu betrachten sind Ableitungen aus Infinitiven. Das Modell ist zwar heute völlig unproduktiv, die Derivate sind aber sehr geläufig; sie weisen fast immer das Interfix -tauf: hoffen → hoffentlich, versehentlich. Nicht wenige deverbale Derivate gelten als idiomatisiert: möglich, erheblich, üblich. Einige davon zeichnen sich jedoch schon durch einen archaischen Charakter aus wie z.B. redlich (anständig) und trefflich (sehr gut). Konsequenterweise konkurriert -lich mit -bar, wenn das Ausgangswort transitiv ist und eine passivisch-modale Bedeutung auszudrücken vermag. Synonymische Paare wie vermeidlich - vermeidbar oder erklärlich - erklärbar stellen aber Ausnahmen dar, denn das Suffix -bar hat -lich in dieser Funktion verdrängt. 60 Zur Herstellung eines antonymen Verhältnisses lassen sich viele deverbale -lich-Derivate mit dem Präfix -un verbinden (unerträglich, unsterblich, unvermeidlich usw.). 61 Doch bleibt festzustellen, dass zahlreiche Bildungen nur mit dem Präfix unsprachüblich sind: unerschöpflich, unermesslich, unwiderstehlich. Das unpräfigierte Gegenwort stellt dann in den meisten Fällen das -bar-Derivat: erschöpfbar, ermessbar, vergleichbar. • Derivationsbasis Adjektiv Deadjektivische Ableitungen dienen größtenteils der Graduierung, da sie eine abschwächende (diminuierende) Funktion ausüben. Genutzt wird das insbesondere bei den heimischen Farbadjektiven, die alle mit -lich verbindbar sind und grundsätzlich einen Umlaut haben: bläulich (von schwach blauer Farbe, leicht blau getönt), rötlich. In gleicher Funktion tritt -lich bei einer Reihe häufig gebrauchter Eigenschaftswörter auf: dicklich (etw. dick, nicht ganz dick), süßlich, rundlich (ohne Umlaut! ). Zahlenmäßig klein ist dagegen die Gruppe derjenigen Adjektivderivate, die eine Neigung zur bezeichneten Eigenschaft kennzeichnen; diese beziehen sich vorwiegend auf Personen: reinlich (jmd. neigt dazu, alles sauber zu halten), weichlich (jmd. neigt zu körperlicher und/ oder charakterlicher Schwäche). Hervorzuheben sind ferner einige -lich-Derivate, welche annähernd das Gleiche ausdrücken wie das adjektivische Basiswort; der Unterschied äußert sich aber in ihrer syntaktischen Verwendungsweise - sie werden nämlich weniger attributiv, sondern bevorzugt im adverbialer Funktion verwendet: reich sein - reichlich (viel) essen, jmdm. ist es ernst mit etw. - etw. ernstlich bezweifeln (vgl. Wellmann 1995, 523). 60 Bei anderen Doppelformen ist i.d.R. nicht von Synonymen auszugehen, denn -lich deckt eher den aktivischen Bereich ab. Derivate wie vergessbar oder begehrbar (zu vergesslich, begehrlich) sind zudem nicht lexikalisiert. Anders Fleischer/ Barz (1995, 254). 61 Die Präfigierung mit unerlauben längst nicht alle Verben. Nahezu ausgeschlossen ist sie bei infinitivischen Basen (aber: unwissentlich! ). 191 Explizite Derivation von Adjektiven Ergänzt wird der deadjektivische Bestand durch eine Reihe unterschiedlich stark demotivierter Bildungen; diese tendieren ebenfalls mehr zu einer adverbialen Verwendung: gänzlich (völlig), freilich (natürlich), wahrlich (wirklich). • Derivationsbasis Adverb Ableitungen aus Adverbien bleiben auf wenige Beispiele beschränkt, auf die man aber im Sprachgebrauch häufiger trifft. Vgl. u.a.: sämtlich (gesamt-, ganz), gemächlich (langsam, ruhig). 4.3.1.1.9 Suffix -los Das Suffix -los lässt sich auf das ahd. Grundmorphem lo¯s, das die Bedeutung ‚(ab)geschnitten‘, ‚abgelöst‘ hatte (DUW), zurückführen. Es gehört heute nicht nur zu den äußerst produktiven Adjektivsuffixen, sondern trägt ferner als Präfix in hohem Maße zur Verbableitung bei (s. 5.3.1.5.7). 62 Trotz der gerade beim freien Adjektiv auftretenden semantischen Ähnlichkeit sind die Unterschiede zum Wortbildungsmorphem -los unverkennbar, sodass seine Anerkennung als Suffix gerechtfertigt ist (anders u.a. Altmann/ Kemmerling 2000, 144; s. dazu auch -mäßig). Für die Suffigierung stehen fast nur Substantive (simplizisch und komplex) zur Verfügung. Diese können heimischer oder nichtnativer Herkunft sein. Mitunter unterliegt das Basiswort der Veränderung. So wird auch hier ein auslautendes -e meistens getilgt: Freude → freudlos, Liebe → lieblos. Davon weichen aber Derivate mit erhaltenem Auslaut ab: Ruhe → ruhelos, Mühe → mühelos. Obligatorisch ist dagegen unter bestimmten Bedingungen die Interfigierung; die Setzung des Fugenelements richtet sich wiederum nach den in der substantivischen Komposition behandelten Regeln. Vgl.: regierungslos, emotionslos, kinderlos, wolkenlos. Bei den Basen handelt es sich um Personen- und Sachbezeichnungen, aber auch Abstrakta. Durch loswird deren Fehlen angegeben: fahrerlos, waffenlos, ergebnislos. Das Suffix übt zugleich eine wertende Funktion aus, denn das Nichtvorhandensein von jmdm./ etw. kann positiv wie negativ - nämlich als Vorzug oder Fehler bzw. Mangel aufgefasst werden (vgl. Fleischer 1983, 274). Vgl.: positiv: schuldlos, furchtlos; negativ: respektlos, arbeitslos. 63 Einige wenige 62 Vom Suffix -los müssen das Substantiv Los (Schicksal; Lotteriezettel) sowie die freie Adverbial- und Adjektivform los abgegrenzt werden. Als Adverb erfüllt los u.a. eine imperativische Funktion (Los, komm jetzt! ). Das Adjektiv und seine Nebenform lose weist außer dem semantischen Merkmal ‚abgetrennt‘, abgelöst‘ (der Knopf ist los(e)) noch die nur prädikativ gebrauchte Bedeutungsvariante ‚von jmdn./ etw. befreit sein‘ (das Geld bin ich los, den Husten ist er los) auf. 63 Es gibt natürlich Derivate, die weder eine positive noch eine negative Wertung besitzen. Das trifft vor allem auf Sachbezeichnungen zu: ärmelloses Kleid, drahtlose Telegrafie. 192 Zur adjektivischen Wortbildung -los-Derivate sind keine desubstantivischen Ableitungen; diesen Bildungen liegen verbale Formen zugrunde: leben → leblos, schadlos, neidlos. 64 Das Suffix konkurriert synonymisch mit den kompositionellen Zweitgliedern -frei und -leer (s. 4.2.1); ein wechselseitiger Austausch ist dabei oft, aber nicht immer gegeben. -los kann außerdem generell durch eine substantivische Wortgruppe mit der Präposition ohne ersetzt werden: ergebnislos = ohne Ergebnis, arbeitslos = ohne Arbeit usw. Vielfalt kennzeichnet die antonymischen Beziehungen. Sie bestehen einerseits zum Zweitglied -voll (temperamentlos - temperamentvoll), andererseits zu den Suffixen -haft, -ig und - weniger ausgeprägt - -lich, wenn das auf Substantive bezogene semantische Muster ‚ornativ‘ vorliegt: fehlerlos - fehlerhaft, schattenlos - schattig, unterschiedslos - unterschiedlich. Über die synonymische Konkurrenz des Präfixes uns. 4.3.5.1.4. 4.3.1.1.10 Suffix -mäßig -mäßig hat seinen Ursprung wohl in der mhd. Pluralform diu ma¯ze mit den Bedeutungen ‚das Ausmaß von etw. habend‘, ‚Verhältnismäßigkeit‘, ‚Abgemessenheit‘ (vgl. u.a. Seibicke 1963, 33ff.). 65 In der Gegenwartssprache zeichnet es sich durch eine außerordentlich hohe Produktivität aus. Als Basen kommen fast nur Substantive (simplizisch und komplex) vor. Analog zu -los gibt es in Bezug auf die Nutzung von Fremdwörtern keine Blockierung. Das Ausgangswort benennt Personen, Tiere, Sachen und Gegenstände sowie Abstrakta. Dabei sind im Wesentlichen drei semantische Muster erkennbar. Am häufigsten tritt die Bedeutungsvariante ‚limitativ‘ (‚in Bezug auf‘, ‚hinsichtlich‘) auf, welche den eingeschränkten Geltungsbereich einer Beziehung kennzeichnet (vgl. ebenda, 46; Wellmann 1995, 532): Menge → mengenmäßig, leistungsmäßig, gefühlsmäßig. 66 Eine weitere Gruppe umfasst Bildungen des Vergleichs oder der Ähnlichkeit (‚komparativ‘); hier stellen vor allem Personen- und Tierbezeichnungen die Basis: schauspielermäßig (wie ein Schauspieler, in der Art eines Schauspielers), soldatenmäßig, gazellenmäßig, raubtiermäßig. Viel seltener stößt man auf Sachbezeichnungen und Abstrakta: robotermäßig, kriegsmäßig. Die dritte Gruppe vereinigt Derivate in sich, die eine verbindliche Entsprechung, Angemessenheit bzw. Norm ausdrücken: vorschriftsmäßig (der Vorschrift entsprechend, wie es die Vorschrift vorsieht), ordnungsmäßig, 64 Man beachte, dass die Formen jedoch auch als Ableitungen aus substantivischen Konversionsprodukten (Leben, Schaden, Neid) aufgefasst werden können. 65 Neben dem Wortbildungsmorphem -mäßig existiert das homonyme Adjektiv mäßig; es benennt die Einhaltung eines rechten oder wenig befriedigenden Maßes: Er trinkt mäßig. Sie hat ein mäßiges (geringes) Einkommen. 66 Der Gebrauch des Fugenelements entspricht im Wesentlichen dem der substantivischen Komposition. Ausnahmen davon bilden wie bei -haft (s. 4.3.1.1.5) einige Ableitungen aus Fremdwörtern: genremäßig, parademäßig. 193 Explizite Derivation von Adjektiven kalendermäßig. Keine substantivische Basis liegt nur ganz vereinzelt vor. Es sind dann deverbale Ableitungen, welche dem Muster ‚limitativ‘ zugeordnet werden können und stark umgangssprachlichen Charakter haben: sitzen → sitzmäßig (in Bezug auf das Sitzen), werbemäßig (vgl. Seibicke 1963, 41). Ableitungen der Bedeutungsvariante ‚komparativ‘ stehen bei oft identischer Basis dem kompositionellen Zweitglied -artig und dem Suffix -haft synonymisch gegenüber: schauspielermäßig - schauspielerartig - schauspielerhaft, gazellenmäßig - gazellenartig - gazellenhaft. Wenn aber etwas verbindlich gefordert wird, ergeben sich logischerweise synonyme Konkurrenzen zu den Zweitgliedern -gemäß und -gerecht: vorschriftsmäßig - vorschriftsgemäß - vorschriftsgerecht usw. Dieses Muster kann man außerdem mithilfe der Präpositionen gemäß, nach, laut sowie des Partizips I von entsprechen umsetzen: gemäß, nach, laut, entsprechend dem Kalender. 67 4.3.1.1.11 Suffix -sam Das Suffix hat sich aus den ahd. sama, samo (‚derselbe‘, ‚ebenso‘) entwickelt (vgl. Krahe/ Meid 1969, 227; Erben 2000, 139); 68 im heutigen Deutschen gehört es zu den Wortbildungsmorphemen mit einer allenfalls geringen Produktivität. • Derivationsbasis Verb Es sind meist Simplizia, Präfigierungen kommen seltener vor. Darunter befindet sich eine kleine Gruppe reflexiver Verben. Ist das Verb transitiv, wird eine passivisch-modale Bedeutung - z.T. mit der Konnotation ‚leicht‘/ ‚gut‘ - signalisiert: bilden → bildsam (etw. kann leicht gebildet werden), einfügen → einfügsam, sich einprägen → einprägsam. Aktivisch-modalen Inhalt weist hingegen eine andere Bedeutungsvariante auf. Sie markiert hauptsächlich die Neigung zur durch das Verb gekennzeichneten Handlung. Vgl.: sparsam (jmd./ etw., der/ das spart, also wenig verbraucht), wachsam. Einige wenige Derivate lassen sich noch dem Muster ‚ornativ‘ zuordnen: wirksam (mit Wirkung, voller Wirkung), erholsam. Liegen Derivate mit passivisch-modaler Bedeutung vor, berühren sich -sam und -bar synonymisch. So kann hier neben jedes -sam-Derivat eines auf -bar gestellt werden: bildbar, einfügbar, einprägbar. Umgekehrt ist das nur sehr begrenzt möglich, denn dieses Muster ist eine absolute Domäne des Suffixes -bar (s. 4.3.1.1.1). Andere Derivate gleicher Basis bezeichnen oft Unterschiedliches, -sam i.d.R. die aktivische, -bar die passivisch-modale Bedeutung. Vgl.: mitteilsam (jmd., der gerne etw. mitteilt, gesprächig ist) - mitteilbar (etw. kann mitgeteilt werden). 67 Nach der Präposition laut kann neben dem Dativ auch der Genitiv stehen. 68 Im Englischen blieb es als freies Adjektiv mit der gleichen Bedeutung bestehen. 194 Zur adjektivischen Wortbildung • Derivationsbasis Substantiv Das Modell ist heute gänzlich unproduktiv. Die Derivate, die zur Bedeutungsgruppe ‚ornativ‘ gehören, gelten zumeist als veraltet und werden gewöhnlich durch andere Suffixderivate und kompositionelle Zweitglieder verdrängt: Tugend → tugendsam - tugendhaft (moralisch vorbildlich), Frieden → friedsam (Tilgung des -en) - friedlich - friedvoll. • Derivationsbasis Adjektiv Deadjektivische Ableitungen verfügen ebenfalls über keinerlei Produktivität. Aus semantischer Sicht stellen sie keine einheitliche Gruppe dar und weisen einen mehr oder weniger starken Idiomatisierungsgrad auf: seltsam (eigenartig, merkwürdig), gemeinsam (zusammen, eigen). 4.3.2 Übungen ‹ 1. Bilden Sie mithilfe der Suffixe -bar, -lich und -sam geläufige Adjektive! Stellen Sie fest, ob eine passivisch-modale oder aktivisch-modale Bedeutung vorliegt! Führen Sie dazu die entsprechende Paraphrase an! In welchen Fällen handelt es sich um synonymische Konkurrenz? Beispiel: heizen (Raum): *heizlich, *heizsam → heizbarer Raum = Raum, der geheizt werden kann: passivisch-modale Bedeutung a) dehnen (Stoff) n) brennen (Gas) b) lesen (Schrift) o) erneuern (Energie) c) deklinieren (Substantiv) p) erklären (Verhalten) d) essen (Pilze) q) bezwingen (Feind) e) begreifen (Fehler) r) wiederholen (Experiment) f) arbeiten (Nachbar) s) verantworten (Mitarbeiterin) g) tragen (Gerät) t) schweigen (Mensch) h) kontrollieren (Ergebnisse) u) verzeihen (Irrtum) i) vererben (Krankheit) v) eintragen (Projekt) j) bestechen (Politiker) w) gerinnen (Flüssigkeit) k) beeinflussen (Publikum) x) sich fügen (Kind) l) versenden (Pakete) y) auswechseln (Bauteile) m) biegen (Material) z) verderben (Lebensmittel) ‹ 2. Bilden Sie mithilfe des Suffixes -bar geläufige Adjektive! Bei welchen Verben ist die Bildung nicht möglich? trinken, drehen, erreichen, sitzen, helfen, aufwachsen, abwaschen, bitten, entschuldigen, erfüllen, liegen, verblühen, sich bedanken, beherrschen, ausbessern, sich unterhalten, erzeugen, über etw. verfügen, vor etw. warnen, ändern, schenken, verriegeln, sich kümmern, gegen etw. eintauschen, über etw. lachen 195 Explizite Derivation von Adjektiven ‹ 3. Führen Sie zu den mit unpräfigierten -bar-Derivaten Antonyme ohne unan! Bei welchen Adjektiven ist das nicht möglich? a) unbefahrbar g) unvorhersehbar b) unannehmbar h) unberechenbar c) unnahbar i) unschätzbar d) unversiegbar j) unrettbar e) unantastbar k) unverwendbar f) unbespielbar l) unverzichtbar ‹ 4. Stellen Sie fest, ob aus folgenden Substantiven Stoffadjektive auf -en (-ern) ableitbar sind! Verbinden Sie diese mit den in Klammern stehenden Substantiven! Falls das nicht möglich ist, bilden Sie ein Kompositum! Beispiel: Seide (Krawatte): seidene Krawatte; Pappe (Schachtel): *pappene Schachtel → Pappschachtel a) Bronze (Statue) l) Eisen (Gitter) b) Lehm (Hütte) m) Porzellan (Geschirr) c) Kupfer (Münze) n) Erz (Glocke) d) Papier (Tüte) o) Holz (Löffel) e) Beton (Block) p) Ton (Gefäß) f) Eiche (Tisch) q) Blei (Rohr) g) Mais (Mehl) r) Granit (Tafel) h) Knochen (Werkzeug) s) Chrom (Schicht) i) Zinn (Krug) t) Horn (Knopf) j) Sand (Boden) u) Flachs (Faden) k) Diamant (Bohrerspitze) v) Kalk (Felsen) ‹ 5. Bilden Sie mithilfe der Suffixe -er und -isch (-sch) entsprechende Adjektive! Beachten Sie den unterschiedlichen Gebrauch der beiden Suffixe bzw. der Suffixvariante -sch! Beispiel: Stuttgart (Flughafen): Stuttgarter Flughafen Ohm (Gesetz): Ohmsches Gesetz a) Hertz (Wellen) m) Mannheim (Institut) b) Gotha (Versicherung) n) Homer (Epen) c) Einstein (Gleichung) o) Teutoburg (Wald) d) Kapverden (Inseln) p) Mittelmeer (Küste) e) Dresden (Frauenkirche) q) Pascal (Dreieck) f) Platon (Schriften) r) Rostock (Werft) g) Erfurt (Bürgermeister) s) Hegel (Philosophie) h) 20 (Jahre) t) Grimm (Märchen) i) Pyrenäen (Klima) u) Faraday (Käfig) 196 Zur adjektivischen Wortbildung j) Braunschweig (Rathaus) v) Bach (Kantate) k) Düsseldorf (Karneval) w) 10 (Serie) l) Niederrhein (Richtung) x) Weimar (Republik) ‹ 6. Bilden Sie mithilfe des Suffixes -haft entsprechende Adjektive! Achten Sie dabei auf die Interfigierung! Ordnen Sie die Derivate den semantischen Mustern ‚komparativ‘, ‚ornativ‘ und ‚Neigung zur bezeichneten Handlung/ Eigenschaft‘ (Neigungsadjektiv) zu! Führen Sie - falls das möglich ist - Synonyme mit -artig und -voll an! Albtraum, schwatzen, Scham, Märchen, Ballade, Panik, Bär, Schiller, Grauen, Greis, wahr, Zweifel, Komet, erschrecken, Routine, Anekdote, wehren, Prunk, Zwerg, Beethoven, Laie, Tugend ‹ 7. Bilden Sie mithilfe der Suffixe -ig, -isch und -lich geläufige Adjektive (Mehrfachbildungen sind nicht möglich)! Achten Sie dabei auf die Basisveränderungen (Auslauttilgung, Umlaut, Interfigierung)! Fleiß, Logik, Widerspruch, oben, Tier, Durst, Westen, Wolf, Rechteck, Magie, Schule, kaltes Herz, Philippinen, Räuber, Narbe, Kulturgeschichte, gestern, Megalith, erhalten, kleben, Jugend, prädikativ, dicke Wand, Buchstabe, Milch, Frost, Sturm, außerhalb der Ehe, Trauer, Marxist, abseits, Fachmann, Irrtum, arm, Genuss, Absolutismus, sofort, grün, verkaufen, Landwirtschaft, Teufel, nachdenken, Anmut, Darsteller, Kirche, zwischen den Menschen, voll, erfordern, Wehmut, Diktator, leicht glauben, Jesuit, Eltern, Duft, Europäer, flehen, Ohnmacht, Berg, Betrüger, Erzbischof, sauber, bedrohen, Salz, befremden, Verdacht, Freiheit, holpern, Vieh, Rauch, Bruder, allein, Kubus, Abendland, Handwerk, Abenteuer ‹ 8. Leiten Sie aus den Wortgruppen Adjektive mit dem Suffix -ig ab und verbinden Sie diese mit den in Klammern stehenden Substantiven! Liegt das Muster ‚ornativ‘ (mit) oder ‚substanziell‘ (bestehend aus) vor? a) harte Rinde (Baum) h) voller Busen (Mädchen) b) krumme Beine (Mann) i) fünf Spuren (Autobahn) c) sechs Silben (Wort) j) dünne Lippen (Schwester) d) langer Stiel (Blume) k) vier Blätter (Kleeblatt) e) kahler Kopf (Großvater) l) breiter Rand (Hut) f) zwei Türen (PKW) m) 18 Teile (Essgeschirr) g) grüne Augen (Katze) n) drei Bände (Lehrwerk) ‹ 9. Bilden Sie mithilfe des Suffixes -isch entsprechende Adjektive! Achten Sie dabei auf die Basisveränderungen! 197 Explizite Derivation von Adjektiven Welche Derivate haben eine positive, welche eine negative Konnotation? Hölle, Träumer, Nomade, Stadt, Blutsauger, trügen, Gestaltung, Marktschreier, Zank, erfinden, Tücke, Betreuer, Himmel, Verbrecher, Angeber, Lügner, laufen, Verschwender, Wortbildung, Kriecher, Paradies, Schönfärber ‹ 10. Bilden Sie mithilfe des Suffixes -isch entsprechende Adjektive! Achten Sie dabei auf Auslauttilgung und Interfigierung! a) Protokoll m) Novelle b) Inflation n) Konsul c) Illusion o) Seminar d) Physis p) Katalyse e) Klima q) Lyrik f) Dokument r) Folklore g) Ethos s) Solidarität h) Physik t) Stil i) Provokation u) Chronologie j) Galaxis v) Psyche k) Thema w) Organismus l) Feudalismus x) Psychose ‹ 11. Bilden Sie mithilfe des Suffixes -lich entsprechende Adjektive! Achten Sie dabei auf die Basisveränderungen! Ordnen Sie die Derivate den verschiedenen semantischen Mustern (‚komparativ‘, ‚diminutiv‘, ‚passivisch-modal‘, ‚temporal‘, ‚ornativ‘, ‚Neigungs- und Relativadjektiv‘) zu! klein (Schiedsrichter), Arzt (Gutachten), Nachmittag (Schlaf), beachten (Fortschritt), Wissenschaft (Methode), weiß (Farbe), Schmerz (Erinnerung), Einheit (Strategie), Mutter (Typ), schwach (Junge), Morgen (Spaziergang), entbehren (Gepäck), Begriff (Denken), Leidenschaft (Hass), braun (Fell), sauer (Geschmack), Fürst (Bezahlung), weich (Mensch), Kaiser (Familie), weinen (Kind) ‹ 12. Entscheiden Sie, ob die in Klammern stehenden Zeitangaben mit dem Suffix -ig oder -lich zu verbinden sind! Achten Sie neben der semantischen Differenzierung auf die Basisveränderungen! a) Im Sommer unternahmen wir eine (vier Wochen) Urlaubsreise nach Ungarn. b) Dienstags wird eine (90 Minuten) Vorlesung zur deutschen Geschichte angeboten. 198 Zur adjektivischen Wortbildung c) Das Zeugnis wird (jedes halbe Jahr) ausgestellt. d) Bei diesem Gerät ist eine (alle fünf Wochen) Überprüfung Vorschrift. e) Sie muss (jeden Monat) 200 € für die Krankenversicherung bezahlen. f) Erst (18 Jahre) dürfen den Film sehen. g) Er nimmt an einem (drei Monate) Deutsch-Intensivkurs teil. h) An dieser Stelle führt die Polizei (alle acht Tage) Geschwindigkeitskontrollen durch. i) Die U-Bahn verkehrt in dieser Zeit auf der Linie 10 (Viertelstunde). j) Gestern sind die Studenten zu einer (mehrere Tage) Exkursion in die Alpen aufgebrochen. ‹ 13. Bilden Sie mithilfe des Suffixes -los entsprechende Adjektive! Achten Sie dabei auf die Basisveränderungen (Auslauttilgung, Interfigierung)! Stellen Sie fest, ob man das Fehlen positiv, negativ oder neutral auffassen kann! Führen Sie - falls das möglich ist - zu den Derivaten Antonyme mit -voll an! Hoffnung, Ast, Kosten, Niveau, Furcht, Treue, Unkraut, Fuge, Geschmack, Glück, Verantwortung, Mut, Ausnahme, Erfolg, Rücksicht, Konzeption, Würde, Motor, Gedanke, Takt, Chance, Vorurteil, Talent, Interesse, Makel, Charakter, Salz, Gewalt, Risiko, Wille, Treppe, Wirkung, Gefahr, Vaterland, Wort, Einfall, Gnade, Wert, Sinn, Neid ‹ 14. Bilden Sie mithilfe des Suffixes -mäßig entsprechende Adjektive! Achten Sie dabei auf die Interfigierung! Ordnen Sie die Derivate den semantischen Mustern ‚limitativ‘ (in Bezug auf), ‚komparativ‘ und ‚verbindliche Entsprechung‘ zu! Führen Sie - falls das möglich ist - Synonyme mit -artig und -gemäß an! Entwicklung, Recht, Tiger, Größe, schreiben, Vertrag, Gefühl, Wohnung, Fahrplan, Intelligenz, Verfassung, Knabe, Darstellung, Giraffe, Verkehr, Termin, Rennfahrer, Resultat, Statut, Marder ‹ 15. Fügen Sie an folgende Basiswörter das passende Adjektivsuffix! Verwenden Sie dabei -bar, -en (-ern), -haft, -ig, -isch, -lich oder -sam! Achten Sie auf die semantische Differenzierung bzw. Idiomatisierung! Beispiel: Kind (Stimme, Verhalten): kindliche Stimme, kindisches Verhalten a) Herz (Gruß, Frühstück) b) lösen (Kaffe, Aufgabe) c) Furcht (Reh, Erdbeben) d) Rasse (Pferd, Gründe) e) Gewalt (Monument, Vertreibung) 199 Explizite Derivation von Adjektiven f) Weib (Benehmen, Geschlecht) g) heilen (Krankheit, Schock) h) Name (Wissenschaftler, Abstimmung) i) Geist (Fähigkeit, Lied) j) sparen (Hausfrau, Vegetation) k) Glas (Dach, Blick) l) Schaden (Einfluss, Möbelstück) m) ausführen (Bauvorhaben, Erklärung) n) Frucht (Boden, Geschmack) o) lang (Fleck, Bewegung) p) Dorf (Manieren, Fest) q) achten (Auge, Ergebnis) r) Schmerz (Wunde, Erkenntnis) s) Vorzeit (Säugetier, Wintereinbruch) t) Stein (Brücke, Gelände) u) Heim (Pflanzen, Geliebte) v) nutzen (Erfindung, Energie) w) Geschäft (Verabredung, Treiben) x) wirken (Mittel, Leben) y) Gold (Ring, Mädchen) z) Herr (Aussicht, Person) aa) Leid (Anzahl, Thema) bb) Mund (Bürger, Prüfung) cc) strafen (Handlung, Leichtsinn) dd) verändern (Aprilwetter, Vorrichtung) ee) krank (Eifersucht, Aussehen) ff) glauben (Christ, Zeuge) ‹ 16. Bilden Sie nochmals mithilfe der Suffixe -bar, -en (-ern), -fach, -haft, -ig, -isch, -lich, -los und -sam geläufige Adjektive (Mehrfachbildugen sind möglich)! brauchen, Mathematik, Künstler, Trotz, Rubin, Episode, Bart, Dämon, König, Sumpf, Gegensatz, geruhen, Fassung, Hügel, schwer, lang leben, Hanf, Aufstand, froh, Optimist, Frühling, drucken, viel, Funktion, nieder, Mode, Vertrag, fünf, Sau, Ärger, sonst, Brett, gleiche Schenkel, Student, Freude, Teig, Schicksal, bebauen, Million, raten, Pracht, Kunst, begehen, Vorschulalter, Nationalist, Schonung, empfinden, Mumie, Kitsch, Extremismus, Bedürfnis, Süden, gelb, Volkstum, Falte, erkennen, Bernstein, wahrnehmen, Flucht, Geiz, Afrikaner, gute Nachbarn, dulden, Bulle, Phantasie, Titan, Skrupel, Gips, mehr, Locke, Volkstum, Hemmung, auffinden, zappeln, sich anschmiegen, Ausweg, Anlass, versöhnen, Jude, vor Ostern, Jagd, Versöhnler, vertragen, hindern, Bein, abstrahieren, Tausend 200 Zur adjektivischen Wortbildung 4.3.3 Fremdsuffixe Der Bestand der adjektivischen Fremdsuffixe ist wesentlich kleiner als bei den Substantiven (s. 3.3.2.9). Mehrheitlich sind sie in ihrer Produktivität stark beschränkt und häufig fachsprachlich geprägt. Nahezu ausgeschlossen ist die Verbindung des grundsätzlich betonten Suffixes mit heimischer Basis, wenn man einmal von vereinzelten okkasionellen Bildungen absieht. Suffix -abel (-ibel) Das Suffix -abel und seine Variante -ibel sind lateinischen Ursprungs (-a¯bilis, -ibilis); im Französischen begegnen sie als -able bzw. -ible. Es hat sich auf die deverbale Ableitung spezialisiert und zeichnet sich durch eine begrenzte Produktivität aus. • Derivationsbasis Verb Für die Derivation werden fast nur Verben mit dem Fremdsuffix -ier herangezogen, das immer entfällt: akzeptieren → akzeptabel, respektabel. 69 Weniger häufig ist die Suffixvariante -ibel, welche sich vorrangig in der Fachsprache findet: konvertieren → konvertibel (austauschbar, umwandelbar). In Verbindung mit Substantiven kommt es zum Ausfall des -ein -abel und -ibel: respektables Resultat, konvertible Währung. Einige Derivate weisen einen Wechsel des auslautenden Konsonanten auf. Bewirkt wird dieser durch die zugrunde liegende lateinische Verbform: praktizieren → praktikabel (lat. practicabilis), komprimieren → kompressibel (lat. compressibilis = zusammendrückbar). Ist das Verb transitiv, liegt hauptsächlich das Muster ‚passivisch-modal‘ vor, das die Möglichkeit bzw. Eignung des Bezugswortes unterstreicht: akzeptabel = etw. kann akzeptiert werden. Daraus resultiert die synonymische Konkurrenz zu -bar (s. 4.3.1.1.1), die sich - bei identischer verbaler Basis - relativ oft in Doppelformen niederschlägt: akzeptierbar, konvertierbar, komprimierbar. Andere Bedeutungsvarianten treten in weit geringerem Umfang auf. Erwähnenswert ist das Muster ‚aktivisch-modal‘, die Basis stellt hier aber ein intransitives Verb: explodieren → explosibel (etw. kann explodieren). Eine kleinere Gruppe bilden ferner Neigungsadjektive, wenn es eine Personenbezeichnung als Bezugswort gibt (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 268): spendieren → spendabel (jmd., der gern bereit ist, Geschenke zu machen oder jmdn. einzuladen, synonymisch zu großzügig, freigebig). • Derivationsbasis Substantiv Desubstantivische Derivate sind nur schwach vertreten; sie drücken eine ornative Bedeutung aus: Profit → profitabel (mit Profit, Gewinn bringend). 69 Nicht bildbar ist das Derivat von Verben mit den Suffixvarianten -isier und -ifizier. Diese Aufgabe übernimmt dann allein -bar: signalisierbar, identifizierbar. 201 Explizite Derivation von Adjektiven Suffix -al -al ist aus dem lateinischen -a¯lis hervorgegangen und zeigt nur eine geringe Produktivität. Darüber hinaus sind die Derivate großenteils im Fachwortschatz anzutreffen. Das Suffix dient allein der desubstantivischen Ableitung. Kennzeichnend ist, dass bestimmte Basiswörter variieren können. Endet der Auslaut auf -e oder -er, kommt es zu dessen Tilgung: Katastrophe → katastrophal, Orchester → orchestral. Von der Tilgung sind ferner die Fremdsuffixe -um, -ie und -us betroffen: Imperium → imperial, Kolonie → kolonial, Radius → radial. Zudem stößt man in Einzelfällen auf die Interfixe -u- und -i-: Prozess → prozessual, Äquator → äquatorial. 70 Eine weitere Besonderheit bestimmter -al-Derivate liegt darin, dass diese nur als Erstglied in Kompositionen auftreten bzw. bevorzugt werden: Experimentalphysik, Offizialverteidiger (Pflichtverteidiger). 71 Das -al-Modell verfügt über zwei Bedeutungsmuster. Man nutzt es zum einen für die Ableitung von Relativadjektiven: regional (die Region betreffend). Hier konkurriert es vor allem mit dem heimischen -isch. Beide Suffixe stehen jedoch in einem komplementären Verhältnis zueinander und erlauben somit keinen Austausch. Das zweite Muster umfasst dagegen Vergleichsbildungen (‚komparativ‘): monumental (wie ein Monument, in der Art eines Monuments, synonymisch zu groß, gewaltig). Die Derivate haben konkurrierende Adjektive auf -artig und -haft (monumentartig, monumenthaft) neben sich. Zur Konkurrenz von -ell s.u. Bei einer Reihe von -al-Adjektiven ist im Deutschen nicht feststellbar, aus welchem Basiswort diese abgeleitet wurden. Hierher gehören solch gebräuchliche Formen wie radikal, pauschal, fatal und brutal. Suffix -ant (-ent) -ant hat sich aus der lateinischen Form -antis entwickelt, ebenso dessen Variante -ent (-entis); das Suffix ist kaum produktiv. • Derivationsbasis Verb Gebrauch finden vorrangig Verben auf -ier, das beim Anschluss wiederum ausgeworfen wird. Die Derivate bezeichnen das tatsächliche Eintreten einer Handlung oder die Neigung dazu. Vgl.: frappieren (überraschen, verblüffen) → frappant, tolerieren (dulden, zulassen) → tolerant. Vielfach kann -ant durch die Form des Partizips I ersetzt werden: frappierend, tolerierend. 72 70 Vom Suffix -al sind Bildungen wie lexikalisch zu unterscheiden, bei denen -al die Funktion eines Interfixes ausübt. 71 Manches -al-Derivat, das in Zusammensetzungen vorzufinden ist, existiert daneben als freies Grundmorphem. So z.B. Offizial - es bezeichnet den Vertreter eines Bischofs oder in Österreich einen Beamten. 72 Das gilt auch für die deutschen Entsprechungen: überraschend, duldend. 202 Zur adjektivischen Wortbildung • Derivationsbasis Substantiv Desubstantivische Ableitungen, die z.T. Basisvariationen zeigen (Tilgung des Auslauts), signalisieren eine ornative Bedeutung: Interesse → interessant, Charme → charmant. 73 -ent bezieht sich allein auf Abstrakta mit dem Suffix -enz: Turbulenz → turbulent, Vehemenz (Heftigkeit) → vehement (vgl. auch Erben 2000, 122). Suffix -ar (-är) -ar ist ein Lehnsuffix aus dem Lateinischen (-aris); -är geht hingegen auf die französische Form -aire zurück. Beide Suffixvarianten haben eine geringe Produktivität und kommen teilweise in Fachtexten vor. Als Basen stehen gewöhnlich Substantive zur Verfügung. Dabei führt die Suffigierung manchmal zu Basisvariationen. Neben der Tilgung des auslautenden -e, begegnet der Vokalwechsel (e > u). Vgl.: Legende → legendär, Partikel → partikular, Insel → insular. Bei Abstrakta auf -ität (dieses entfällt) und -ion wird nur -är verwendet, das häufiger als -ar anzutreffen ist (vgl. Wellmann 1995, 531): Autorität → autoritär, Vision → visionär. 74 -ar/ -är-Derivate dienen der Ableitung von Relativadjektiven: insular (in Bezug auf eine Insel, die Insel betreffend). Ferner können die Muster ‚komparativ‘ (legendär = wie eine Legende, in der Art einer Legende) und ‚ornativ‘ (visionär = mit Visionen) erscheinen. 75 Kennzeichnet die Bildung einen Vergleich, stehen sich -ar (-är) und das heimische -haft synonymisch gegenüber: legendär - legendenhaft. Zu -ös s.u. Suffix -ell -ell ist auf das lateinische -a¯lis zurückführbar, im Französischen hat es sich zu -el weiterentwickelt; es zählt zu den begrenzt produktiven Adjektivsuffixen. Für die Derivation werden nur Substantive genutzt: Tradition → traditionell, Profession → professionell. Ein charakteristisches Merkmal sind dabei die Basisveränderungen. Außer Auslaut -e werden die Suffixe -ie, -um und -us grundsätzlich getilgt. Vgl.: Maschine → maschinell, Industrie → industriell, Individuum → individuell, Habitus → habituell. Weite Verbreitung findet die Interfigierung. Zwischen Basis und Suffix wird dann ein -i- oder - jedoch seltener - ein -ueingeschoben: Prinzip → prinzipiell, Intellekt → intellektuell. -ell-Derivate, die teilweise in Fachtexten anzutreffen sind, tragen hauptsächlich zur Ableitung von Relativadjektiven bei: traditionell (die Tradition 73 -ant kann sich natürlich auch auf eine -anz-Bildung beziehen: Redundanz → redundant. Es ist manchmal schwer feststellbar, ob man hier von einer deadjektivischen oder desubstantivischen Ableitung ausgehen muss. 74 -är hat eine Doppelfunktion, denn es trägt zugleich zur Ableitung fremdwörtlicher Substantive bei (s. 3.3.2.9). 75 Das Muster kann in Abhängigkeit vom Bezugswort variieren: ‚komparativ‘: visionäre Erscheinung (in der Art einer Vision); ‚ornativ‘: visionärer Künstler (Künstler mit Visionen). 203 Explizite Derivation von Adjektiven betreffend). Andere Muster sind eher selten: emotionell (‚ornativ‘ = mit Emotionen). 76 -ell konkurriert in starkem Maße mit -al. Es gibt Parallelformen, die sich semantisch praktisch nicht unterscheiden: emotionell - emotional, funktionell - funktional. 77 Neben Beispielen deutlicher Differenzierung zeichnet sich -ell dadurch aus, dass es mehr die Eigenschaft charakterisiert: formal (in Bezug auf die Form, sie betreffend) → formaler Aufbau eines Zeitungsartikels, formell (die Form unterstreichend, sich auf sie beschränkend) → formeller Empfang. Die größere Neigung zu Eigenschaftsadjektiven zeigt sich auch darin, dass -ell sich steigern lässt (formell → formeller) und nicht wie -al als Erstglied in Kompositionen (s.o.) verwendbar ist (vgl. Fleischer 1983, 284). Nicht zu analysieren sind geläufige Formen wie reell, offiziell und artifiziell. Suffix -esk -esk ist ein Lehnsuffix, das aus dem Italienischen (-esco) und Französischen (-esque) übernommen wurde; seine Produktivität ist allenfalls gering, scheint aber in jüngster Zeit zuzunehmen. Als Derivationsbasen fungieren nur Substantive; darunter haben Eigennamen den größten Anteil. Die Derivate, die immer einen Vergleich (‚komparativ‘) bezeichnen, gebraucht man vor allem in der Belletristik, in der Sprache der Kunst, Kultur und Musik. Nicht wenige Beispiele haben einen okkasionellen Charakter. Vgl.: Goya → goyaesk (wie Goya, in der Art von Goya), raffaelesk, schubertesk. Das Suffix verbindet sich nicht nur mit Personenbezeichnungen, sondern auch mit Begriffen - primär aus den genannten Bereichen: Novelle → novellesk (Tilgung des -e! ), gigantesk. -esk lässt sich synonymisch immer durch -haft ersetzen: goyahaft, schuberthaft, novellenhaft. Nur in seltenen Fällen ist das bei -isch möglich: raffaelisch, gigantisch (synonymisch zu riesig, riesenhaft). Einige gebräuchliche Derivate wie grotesk oder pittoresk (malerisch) entziehen sich einer genauen Analyse. Suffix -iv -iv ist auf das lateinische -ı ¯vus und die französischen Formen -if/ -ive zurückführbar; es verfügt über eine geringe Produktivität. Substantive stellen im Wesentlichen die Basis. Es handelt sich zumeist um Abstrakta mit dem Fremdsuffix -ion, das stets entfällt. Vgl.: Information → informativ, Administration → administrativ. Wechsel ä > a zeigen Substantive auf -ität: Qualität → qualitativ. -iv-Derivate dienen dem Ausdruck der Muster ‚komparativ‘ und ‚ornativ‘, manchmal können beide Bedeutungsvarianten vorliegen. Vgl.: Dekoration → dekorativ (wie eine Dekoration, in der Art einer Dekoration), Instinkt → 76 Hinsichtlich der Beteiligung an mehreren Mustern gilt das unter Anmerkung 75 Gesagte. 77 Selbst das DUW charakterisiert beide Suffixe aus semantischer Sicht als absolut identisch. 204 Zur adjektivischen Wortbildung instinktiv (mit Instinkt/ wie ein Instinkt). Eine kleinere Gruppe besteht aus Relativadjektiven: assoziativ (in Bezug auf die Assoziation, die Assoziation betreffend), qualitativ. In der Bedeutung ‚komparativ‘ konkurriert -iv mit dem Suffix -haft. Dies trifft vor allem auf suffixlose Abstrakta zu; sprachunüblich ist dagegen der Anschluss an Basen auf -ion. Vgl.: *informationshaft, instinkthaft. -los bildet in jenen Fällen das Antonym: instinktlos. Suffix -oid -oid basiert auf dem griechischen -oiede¯s; es ist im heutigen Deutschen kaum produktiv. Für die Ableitung werden fast nur Substantive gewählt. -oid kennzeichnet nicht die Identität, sondern die Ähnlichkeit einer Sache oder Person. Es ist in hohem Maße fachsprachlich geprägt; man findet es insbesondere in der Medizin zur Bezeichnung von Krankheiten und Begriffen. Vokalischer Auslaut wird gewöhnlich getilgt. Vgl.: Paranoia → paranoid (der Paranoia ähnlich), Grippe → grippoid, Mongole → mongoloid. In geringer Zahl kommen Termini aus anderen Wissenschaftsdisziplinen (u.a. Linguistik, Geologie, Mathematik) vor: präfixoid, kristalloid, paraboloid. 78 Dem Suffix stehen im Bereich der Fachbegriffe die heimischen Kompositionsglieder -artig und -ähnlich gegenüber. Vgl.: grippeartig - grippeähnlich, präfixartig - präfixähnlich. Suffix -os (-ös) Das Suffix -os geht auf das lateinische -o¯sus zurück. -ös stellt hingegen die dem Deutschen angepasste Variante der französischen Formen -ieux und -ieuse dar; es entwickelt eine geringe Produktivität. -os schließt sich nur an Substantive an. Dabei führt die Suffigierung zu Basisveränderungen. Auslautendes -e in verschiedenen Kombinationen (vor allem -er, -en) wird stets getilgt, ebenso Fremdsuffixe wie -ion, -ie, -um, -us u.a. Vgl.: Desaster → desaströs, Ambition → ambitiös, Mysterium → mysteriös. Der Einschub des Interfixes -ifolgt dem lateinischen bzw. französischen Vorbild: Luxus → luxuriös (lat. luxuriosus), Tendenz → tendenziös (frz. tendancieux) (DUW). Mehrheitlich haben die Derivate eine ornative Bedeutung: ambitiös (mit Ambitionen), luxuriös (mit Luxus, voller Luxus). Zu einer weiteren Gruppe gehören Ableitungen der Bedeutungsvariante ‚komparativ‘: desaströs (wie ein Desaster), mysteriös (wie ein Mysterium). Auch hier kann man einige Bildungen beiden Mustern zuordnen. 79 78 Viel häufiger gebraucht man aber die gleich lautenden Substantivformen: Präfixoid, Kristalloid, Paraboloid. 79 Ein sehr seltenes Beispiel für die Verbindung eines adjektivischen Fremdsuffixes mit einer heimischen Basis ist schauderös (aus Schauder); es ist scherzhaft aufzufassen und steht für ‚abstoßend‘, ‚widerlich‘ (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 65). 205 Explizite Derivation von Adjektiven Auf das viel seltener vorkommende -os trifft man größtenteils nur in der Fachsprache: Humus → humos (mit Humus). Manches oft verwendete Derivat lässt nicht klar erkennen, auf welche Basis es zurückgeht. Dazu zählen u.a. kurios, famos und seriös. In Konkurrenz zu Derivaten der Bedeutung ‚komparativ‘ treten -haft, seltener -är und -ig: tendenziös - tendenzhaft, tubulös - tubulär (aus Tubus = röhrenförmig), porös - porig (aus Pore = löchrig), zu ‚ornativ‘ das Kompositionsglied -reich: humos - humusreich. Doch diese synonymischen Beziehungen sind nicht systematisch ausgebaut. Synonymische Beziehungen adjektivischer Suffixderivate 80 Suffix synonymische Konkurrenzform -al -ell: emotional - emotionell -ant Partizip I: frappant - frappierend -bar -abel (-ibel): akzeptierbar - akzeptabel konvertierbar - konvertibel -haft -artig: löwenhaft - löwenartig -esk: novellenhaft - novellesk -ig: krüppelhaft - krüppelig -isch: heldenhaft - heldisch -iv: instinkthaft - instinktiv -ös: tendenzhaft - tendenziös -sam: tugendhaft - tugendsam -ig -artig: wellig - wellenartig -förmig: kugelig - kugelförmig -lich: mitternächtig - mitternächtlich Partizip II: dreckig - verdreckt -ös: porig - porös -voll: kräftig - kraftvoll -isch -en: metallisch - metallen -esk: gigantisch - gigantesk -lich -voll: friedlich - friedvoll -los -frei: schuldlos - schuldfrei -leer: gedankenlos - gedankenleer -mäßig -artig: schauspielermäßig - schauspielerartig -gemäß: kalendermäßig - kalendergemäß -oid -artig: präfixoid - präfixartig -ähnlich: kristalloid - kristallähnlich -os -reich: humos - humusreich -ös -är: tubulös - tubulär 80 Die Tabelle enthält Beispiele für reihenhaft und nicht reihenhaft entwickelte synonymische Beziehungen. Letztere lassen sich nur anhand eines einzelnen Beispieles belegen. 206 Zur adjektivischen Wortbildung 4.3.4 Übungen ‹ 1. Bilden Sie mithilfe des Suffixes -abel (-ibel) entsprechende Adjektive! Achten Sie dabei auf die Basisveränderungen! Stellen Sie fest, bei welchen Beispielen die Adjektivbildung nur mithilfe des heimischen Suffixes -bar möglich ist! rentieren, deklinieren, legalisieren, Komfort, infizieren, disponieren, variieren, blamieren, modernisieren, reparieren, expandieren, personifizieren ‹ 2. Bilden Sie mithilfe der Suffixe -al und -ell entsprechende Adjektive (Doppelbildungen sind nicht möglich)! Achten Sie dabei auf die Basisveränderungen (Auslauttilgung, Interfigierung)! Horizont, Kultur, Koloss, Sensation, Substanz, Gymnasium, Ritus, Embryo, Fundament, Zentrum, Dimension, Konzeption, Epoche, Notar, Phänomen, Maximum, Zeremonie, Kollege, Maschine, Norm, Redaktion, Dialekt, Triumph, Pronomen ‹ 3. Entscheiden Sie, ob das Adjektiv auf -al oder -ell zu verwenden ist! Beachten Sie, dass einige -al-Derivate nur als Erstglieder in Kompositionen vorkommen! a) konventional - konventionell Bei Vertragsbruch muss eine hohe … Strafe gezahlt werden. Der Krieg wird mit … Waffen geführt. b) ideal - ideell Das Bild hat für mich vor allem einen … Wert. Heute ist … Badewetter. c) nominal - nominell Es gibt eine … Gehaltserhöhung von 3 %. In der Verwaltungssprache bevorzugt man gewöhnlich den … Stil. d) original - originell Mein Freund hat viele … Einfälle. Das ist die … Aufnahme seiner letzten Rede. e) ministeriell - ministerial Es handelt sich bei dieser Anweisung um einen … Beschluss. Er arbeitet seit kurzem als … Beamter in Berlin. f) kriminal - kriminell Dieses Verbrechen ist einmalig in der … Geschichte. Die Mafia ist eine … Organisation. g) personal - personell In diesem Schrank befinden sich die … Akten. Die Mannschaft braucht eine … Verstärkung. 207 Explizite Derivation von Adjektiven h) rational - rationell Ein Kennzeichnen des Gebäudes ist die … Bauweise. Es ist wichtig, … Entscheidungen zu treffen. i) real - reell Wir haben eine … Chance, das Spiel zu gewinnen. Die … Löhne sind im vergangenen Jahrzehnt gesunken. j) sexual - sexuell Östrogen ist ein … Hormon. Er hatte … Kontakt zu verschiedenen Frauen. ‹ 4. Bilden Sie mithilfe der Suffixe -ar (-är), -esk und -iv entsprechende Adjektive (Mehrfachbildungen sind nicht möglich)! Achten Sie dabei auf die Basisveränderungen! Führen Sie - falls das möglich ist - geläufige Synonyme mit -haft an! Roman, Fiktion, Station, Linie, Kafka, Aggression, Molekül, Ballade, Effekt, Familie, Cézanne, Demonstration, Pupille, Quantität, Illusion, Spekulation, Clown, Pol, Parasit, Föderation, Attribut, Dante, Puschkin, Deduktion ‹ 5. Bilden Sie mithilfe des Suffixes -ös entsprechende Adjektive! Achten Sie dabei auf die Basisveränderungen! Führen Sie - falls das möglich ist - geläufige Synonyme mit -haft und -reich an! Ruin, Infektion, Muskel, Medikament, Religion, Melodie, Grazie, Vene, Strapaze, Volumen, Monster, Tuberkel, Elefant ‹ 6. Bilden Sie nochmals mithilfe der Suffixe -abel (-ibel), -al, -ant (-ent), -ar (-är), -ell, -esk, -iv, -oid und -os (-ös) geläufige Adjektive (Mehrfachbildungen sind möglich)! Skandal, transportieren, Impuls, Usus, Chaplin, Ellipse, Prozent, brillieren, Kondition, Lepra, Rudiment, Boulevard, Front, Intuition, diskutieren, Adverb, Faschist, Punkt, sich mokieren, Okzident, Depression, Spektakel, Hoffmann, Schikane, Konstitution, Intensität, Korpulenz, Zone, Karneval, Anarchist, Mirakel, Vektor, Eruption, Nation, Opposition, Instrument, Regel, Universum, Territorium, Budget 4.3.5 Präfigierung Bei der Präfigierung von Adjektiven begegnen im Wesentlichen jene heimischen Affixe, die schon in der substantivischen Derivation auftreten. Allerdings tragen sie nicht in gleichem Maße zur Neubildung von Adjektiven bei; neben hochproduktiven gibt es völlig unproduktive Modelle. Weitgehende Übereinstimmung mit den substantivischen Präfixen zeigt sich ferner darin, dass die Adjektivpräfixe vorrangig Negation und Augmentation dienen. Hin- 208 Zur adjektivischen Wortbildung sichtlich ihrer Entstehungsgeschichte verweisen wir auf die in der Substantivbildung erfolgten Ausführungen (s. 3.3.3.2). 4.3.5.1 Heimische Präfixe 4.3.5.1.1 Präfix erz- Das adjektivische erztritt zahlenmäßig klar hinter das erzder Substantivderivation zurück. Auch ist es in seinem Gebrauch begrenzter. Als Basen kommen heimische wie Fremdadjektive in Betracht; das Bezeichnete wird gesteigert bzw. verstärkt. Oftmals erhalten die Derivate eine pejorative Komponente, die meist im Ausgangswort gegeben ist. Vgl.: erzfrech (sehr frech), erzfaul. Das Präfix ist ferner typisch für den politischen Wortschatz: erzkatholisch (in hohem Maße vom Katholizismus geprägt). erzsteht unter dem Konkurrenzdruck kompositioneller Erstglieder, die verstärkend wirken wie z.B. sau- und bitter- (s. 4.2.3). Doch ist der Austausch bei gleicher Basis nur selten möglich: erzfrech - saufrech. Zur Konkurrenz der Fremdpräfixe (s. 4.3.7). 4.3.5.1.2 Präfix ge- Im Unterschied zum geder Substantivderivation, das im großen Umfang zu Neubildungen beiträgt (s. 3.3.3.2.2), ist das adjektivische Präfix gänzlich unproduktiv. Es bleibt aber zu berücksichtigen, dass nicht wenige dieser Formen nach wie vor gebräuchlich sind. • Derivationsbasis Substantiv Die meisten desubstantivischen Bildungen sind idiomatisiert: geraum ( ← Raum) = länger (zeitlich); geheim ( ← Heim) = vertraut, verborgen bleibend; getrost ( ← Trost) = vertrauensvoll sein, ruhig. • Derivationsbasis Adjektiv Hier handelt es sich vielfach um veraltende Formen, die heute als gehoben gelten: getreu ( ← treu), gestreng ( ← streng). Vereinzelt stößt man auf Idiomatisierungen: gewahr ( ← wahr) = bemerkend. 81 Daneben trifft man noch auf eine Reihe demotivierter Bildungen, deren unpräfigierte Basen nicht existieren: genehm (angenehm), geschwind (schnell), genug usw. 82 81 gewahr findet sich nur in der phraseologischen Wendung etw. oder jmds. gewahr werden (etw. oder jmdn. bemerken), die heute als gehoben gilt. 82 Außer geexistieren im Sprachgebrauch andere unproduktive Präfixmodelle, die allerdings nur noch in wenigen Beispielen vertreten sind. Sie dienen sowohl der Negation als auch der Verstärkung, teilweise wird eine pejorative Komponente sichtbar. Ihnen gemeinsam ist, dass sie laut DUW als stilistisch gehoben gelten und/ oder zu den veralteten Formen zählen. Erwähnt seien hier die Präfixe in-, aber- und ab-. Vgl.: ingrimmig (zornig), aberwitzig (unsinnig), abhold (abgeneigt sein). Näheres dazu s. Fleischer/ Barz (1995, 274). 209 Explizite Derivation von Adjektiven 4.3.5.1.3 Präfix miss- Wie das substantivische so stellt ebenso das adjektivische missheute kein produktives Präfigierungsmodell mehr dar, die Zahl der Derivate ist zudem noch geringer. Für die Ableitung nutzt man Partizipialformen sowie suffigierte Adjektive. Die semantischen Muster entsprechen denen des substantivischen Präfixes; gekennzeichnet wird zum einen eine reine Negation, zum anderen etwas, was man als nicht richtig oder fehlerhaft betrachtet: missverständlich, missgestaltet (deformiert), misstönend (nicht harmonisch klingend), mit unselbstständiger Basis missliebig. 83 Antonymisch steht missdas kompositionelle Erstglied wohl-, synonymisch z.T. un- (s.u.) gegenüber: wohlgestaltet, wohltönend, missliebig - unbeliebt. 4.3.5.1.4 Präfix ununist das mit Abstand produktivste deutsche Adjektivpräfix; es zeichnet sich durch eine erheblich höhere Produktivität aus als das gleich lautende Präfix der substantivischen Derivation (s. 3.3.3.2.5). Die Basiswörter lassen sich Adjektiven oder Partizipien zuordnen. • Derivationsbasis Adjektiv Es überwiegen Suffixderivate (vor allem mit den Suffixen -bar, -lich sowie -ig), Simplizia sind seltener: unbenutzbar, unfruchtbar, unempfindlich, unerfreulich, unauffällig, unwahr, unscharf. unschließt sich ebenso an fremdwörtliche Basen und Suffixderivate an, wenngleich hier Fremdpräfixe überwiegen (s. 4.3.7): unfair, unseriös, unsensibel. Ferner kann das Präfix die Position zwischen den Kompositionsgliedern einnehmen. Vgl.: arbeitsunwillig, berufsuntauglich, entscheidungsunfreudig. 84 Dagegen ist die Präfigierung bei durch Bindestrich verbundenen Komposita nicht möglich (vgl. ebenda, 271): *unfreiheitlich-demokratisch, *unöffentlichrechtlich. Eine Reihe von Adjektiven erlaubt die un-Präfigierung nicht. Dazu zählen Farbbezeichnungen (*unrot, *ungelb), weil sie eine skalierende (abstufende) Bedeutung haben, Stoffbezeichnungen auf -er (-ern) und -ig (*ungolden, *unholzig) sowie deadverbiale Bildungen (*unheutig) (vgl. u.a. Naumann 2000, 55; Wellmann 1995, 519). Nicht üblich ist ferner die Präfigierung der Re- 83 Bei der Mehrzahl der miss-Derivate handelt es sich offenbar nicht um Präfigierungen, sondern um verschiedene suffixale oder andere Ableitungen: missgünstig ← Missgunst, missachtet ← missachten, missmutig ← Missmut. 84 Ob man hier von sog. „Infixen“ (Morpheme, die - anders als Interfixe - eine Bedeutung haben) sprechen kann, bleibt umstritten, denn meist ist un- Bestandteil des zweiten Kompositionsgliedes: berufsunfähig, wetterunabhängig. Näheres dazu s. Wellmann (1995, 405) und Fleischer/ Barz (1995, 271). 210 Zur adjektivischen Wortbildung lativadjektive: *uncharakterlich, *unchemisch. Auf unwird meist verzichtet, bezieht sich das Adjektiv auf eine negative Eigenschaft: *unschlecht, *unbrutal, *unbetrügerisch (zu den Ausnahmen s.u.). Das betrifft gleichermaßen simplizische Adjektive, die das Nichtvorhandensein signalisieren: *unnackt, *unleer. Außerdem wird unmeist nicht angefügt, wenn polarisierbare Adjektive 85 (vgl. Naumann 2000, 55) vorliegen: *unhart, *unlang, *unstark. Man wählt dann eher ein unpräfigiertes Antonym: weich, kurz, schwach (s.u.). Bemerkenswert ist, dass sich unter den Bildungen zahlreiche Formen befinden, die nur negiert vorkommen; es handelt sich hierbei um gebräuchliche, oftmals komplexe Adjektive - zumeist mit den Suffixen -bar, -lich und -sam: unverkennbar, unausrottbar, unerschütterlich, unerforschlich, unaufhaltsam usw. (s. 4.3.1.1.1, 4.3.1.1.8). 86 • Derivationsbasis Partizip Partizipien werden häufiger genutzt als (simplizische und komplexe) Adjektive. Man bevorzugt aber eindeutig das Partizip II. Vgl.: ungeklärt, ungewaschen, ungesalzen, unbedeckt, unentschlossen, unausgeschlafen; das Partizip I begegnet hingegen nur vereinzelt und dient der Wertung: unbedeutend, unzutreffend. Formen des Partizips II transitiver Verben treten zumeist als Zustandspassiv auf. Vgl.: ungeklärter Mord, ungewaschenes Hemd. 87 Mit unverbundene Partizipien präfigierter intransitiver Verben können ebenfalls einen eingetretenen Zustand kennzeichnen, sofern sie eine perfektive Bedeutung aufweisen: unentschlossen sein, unausgeschlafen sein (vgl. Kühnhold/ Putzer/ Wellmann 1978, 182). unist das adjektivische Hauptsuffix zur Negationsbildung; es findet sich in allen Sprachschichten. Ähnlich wie beim Gebrauch des substantivischen unverfügt die Negation über verschiedene Bedeutungsvarianten: a) Die Hauptaufgabe von unbesteht darin, Antonyme zu bilden. Das geschieht dort, wo die jeweiligen adjektivischen Gegenwörter fehlen (s.o.): sicher - unsicher, echt - unecht, gefährlich - ungefährlich. b) unkann zugleich eine Wertung zum Ausdruck bringen. Aus einem positiv besetzten Adjektiv entsteht dann ein negatives oder im umgekehrten Fall - was jedoch seltener ist - ein positives: ehrlich - unehrlich, blutig - unblutig. Das Präfix verbindet sich dann auch mit simplizischen Adjektiven, zu denen bereits ein Antonym existiert; die Bildung wirkt in bestimmten Kommunikationssituationen höflicher und/ oder euphemistisch (verhüllend, beschönigend), da dadurch eine Abschwächung des Gegensatzes 85 Polarisierbar bedeutet, dass sich - bezogen auf die Wortarten - Lexeme zuordnen lassen, welche die Gegensätzlichkeit ausdrücken. Vgl.: alt - jung, Freund - Feind, aussteigen - einsteigen usw. (vgl. Schippan 1984, 229ff.). 86 Das Antonym ohne unlässt sich - falls es existiert - bei -lich und -sam dann mit -bar bilden: erforschbar, aufhaltbar. 87 Genaueres zum Zustandspassiv s. Helbig/ Buscha (1996, 175ff.). 211 Explizite Derivation von Adjektiven erzielt wird: unfeine Manieren (keine vornehmen Manieren), unkluge Entscheidung (undiplomatische, ungeschickte Entscheidung), ungutes Gefühl (Gefühl voller Befürchtungen). 88 c) Einige Präfigierungen dienen der Steigerung bzw. Intensivierung; es handelt sich in erster Linie um Derivate auf -bar und -lich, die ein Übermaß kennzeichnen. Dieses lässt sich mit ‚überaus‘, ‚außerordentlich‘, oder ‚sehr‘ wiedergeben: unvorstellbar heiß (sehr heiß), unmissverständlich klar (überaus klar). d) Rein syntaktische Negierung liegt vor, wenn un-Bildungen durch nicht + Adjektiv/ Partizip zu ersetzen sind. Hier wird allein das Fehlen einer Eigenschaft ohne Wertung signalisiert. Negationsbildungen jener Art erfordern insbesondere die Fachsprachen: unflektierbar = nichtflektierbar, unehelich = nichtehelich, unorganisiert = nicht organisiert. Der oben beschriebene Umstand, dass die Basen zahlreicher un- Formen im heutigen Deutsch nicht existieren, ist nicht nur bei bestimmten Suffixderivaten, sondern auch bei Simplizia und Partizipien beobachtbar. Diese sind hochgradig idiomatisiert, teilweise isoliert. Vgl.: ungeschlacht (grob, unförmig), unwirsch (unfreundlich), ungehobelt (unhöflich) (vgl. Fleischer 1983, 290). Außer mit nicht konkurriert unmit dem Suffix -los. Dies ist aber nur in den Fällen möglich, wo eine substantivische Basis vorliegt. Vgl.: ungefährlich - gefahrlos, unwürdig - würdelos. Ebenso verhält es sich mit dem kompositionellen Zweitglied -frei, auf das man aber viel seltener trifft: ungiftig - giftfrei. Daneben gibt es eine Reihe derartiger Doppelformen, die aber Unterschiedliches bezeichnen: unwilliger (verärgerter) Blick - willenloser (ohne festen Willen) Mensch. Über die Konkurrenz der negierenden Fremdpräfixe s. 4.3.7. 4.3.5.1.5 Präfix ur- Das Präfix entwickelt eine größere Produktivität als das urder Substantivbildung. Seine Hauptfunktion ist die Verstärkung der durch das Adjektiv bezeichneten Eigenschaft. Als Basen werden primär Derivate, seltener Simplizia gewählt: urgemütlich (überaus, sehr gemütlich), urgesund. 89 Z.T. enthält die Ausdrucksverstärkung die Komponente des Ursprünglichen und Typischen. Das zeigt sich besonders bei Adjektiven auf -(i)sch, welche die Zugehörigkeit zu Ländern und Regionen kennzeichnen (vgl. Kühnhold/ Put- 88 Die jeweiligen antonymischen Simplizia grob, dumm und schlecht haben eine viel stärkere pejorative Wirkung. Zur Abschwächung tragen ebenfalls die in der mündlichen Kommunikation weit verbreiteten doppelten Negierungen des Typs nicht + unbei. Vgl.: nicht unübel = eigentlich ganz gut, nicht unklug (vgl. ebenda, 181). 89 Von diesen Derivaten sind Bildungen wie urgeschichtlich oder urmenschlich abzuheben, weil es desubstantivische Ableitungen (Urgeschichte, Urmensch) sind. 212 Zur adjektivischen Wortbildung zer/ Wellmann 1978, 192). Vgl.: urdeutsch (sehr, typisch deutsch), urrussisch, urbayrisch, urberlinerisch usw. Bemerkenswert ist, dass urseinerseits als Ableitungsbasis fungiert. Beispiel dafür ist das Suffixderivat urig (unverfälscht, sonderbar). Ferner begegnet es in der Superlativform urst (sehr schön, großartig), welche allerdings umgangssprachlich-regionalen Charakter hat. Es bestehen synonymische Konkurrenzen zu kompositionellen Erstgliedern wie kern-, hoch- und grund-, wenn das Adjektiv steigerungsfähig ist. Doch sind die Beziehungen nicht systematisch ausgebaut und bleiben auf Einzelbeispiele beschränkt: kerngesund - grundgesund, uranständig - grundanständig - hochanständig (vgl. Fleischer 1983, 292). 90 4.3.6 Übungen ‹ 1. Präfigieren Sie folgende Adjektive und Partizipien mit erz-, miss- und ur-! Führen Sie - falls das möglich ist - geläufige Synonyme mit sau- und bitteran! plötzlich, konservativ, farbig, komisch, eigen, gelaunt, misstrauisch, verwandt, wienerisch, dumm, alt, kommunistisch, gebildet, sächsisch, launig, böse, vergnügt, germanisch, protestantisch, gestimmt, christlich, behaglich ‹ 2. Stellen Sie fest, ob folgende Adjektive und Partizipien mit unpräfigierbar sind oder nicht! Begründen Sie Ihre Entscheidung in den Fällen, wo das nicht möglich ist! Beispiel: deutlich → undeutlich gläsern → *ungläsern: Stoffadjektiv geduldig, motiviert, sommerlich, gekämmt, frech, ähnlich, fähig, aufmerksam, silbern, dortig, blöd, wissend, erwartet, schwarz, ärztlich, verdächtig, gleich, sandig, gerade, bekannt, blau, falsch, lachend, überhörbar, kahl, bewiesen, gestrig, ängstlich, absichtlich, frei, beeindruckt, bloß, achtsam, real, talentiert, elterlich, aggressiv, ordentlich, geschützt, schlafend, befriedigend, spöttisch, bewohnt, eisern, gierig, auffällig, städtisch, genügend, teilbar, verheiratet, hässlich, abhängig ‹ 3. Stellen Sie fest, ob folgende Adjektive mit unpräfigierbar sind oder nicht! In welchen Fällen ist ein Antonym bereits vorhanden bzw. sind beide Formen möglich? Beispiel: richtig → unrichtig, falsch 90 Synonyme jener Art finden sich jedoch nicht bei den deonymischen Ableitungen auf -isch. 213 Explizite Derivation von Adjektiven genau, sauber, krank, langsam, dunkel, arm, ängstlich, bequem, dünn, kompliziert, satt, dicht, modern, schön, flüssig, appetitlich, weit, fröhlich, warm, jung, teuer, bescheiden ‹ 4. Stellen Sie fest, ob es zu folgenden un-Derivaten die unnegierte Form gibt oder nicht! unumstößlich, undankbar, unermüdlich, unverhofft, unliebsam, unerfüllbar, unzugänglich, unübertragbar, unverwüstlich, unausstehlich, undenkbar, unabdingbar, unerfreulich, unbedingt, unbeachtet, unerbittlich, unverträglich, unzerbrechlich, unweigerlich, unabsehbar, unzuverlässig, unverfälscht, unübersichtlich, unwägbar, uneinsichtig, ungenießbar ‹ 5. Führen Sie - falls das möglich ist - zu folgenden un-Derivaten Synonyme mit -lich oder -bar an! a) unzertrennlich j) unverzeihbar b) undurchdringbar k) unsäglich c) unwiderlegbar l) unvergänglich d) unbestechlich m) unbezahlbar e) unablässig n) unersetzbar f) unabwendbar o) unglaublich g) unüberwindbar p) unliebsam h) unaussprechlich q) unvergleichlich i) unauslöschlich r) unversöhnbar ‹ 6. Suffigieren Sie folgende Substantive mit -los! Stellen Sie fest, ob es zu den gebildeten Derivaten synonyme un-Präfigierungen auf -ig, -isch oder -lich gibt! In welchen Fällen tritt eine andere un-Präfigierung synonymisch auf? Beispiel: Maß (Trinken): maßloses Trinken - unmäßiges Trinken a) Traum (Schlaf) h) Problem (Umstellung) b) Idee (Unterricht) i) Zügel (Temperament) c) Ruhm (Karriereende) j) Grund (Misstrauen) d) Bedeutung (Künstler) k) Lücke (Aufklärung) e) Schnur (Telefon) l) Ende (Wälder) f) Scham (Person) m) Beleuchtung (Treppenhaus) g) Kommentar (Wiedergabe) n) Tadel (Benehmen) 4.3.7 Fremdpräfixe Zwischen adjektivischen und substantivischen Fremdpräfixen gibt es zahlreiche Parallelen. So gehören - von einigen Ausnahmen abgesehen - die 214 Zur adjektivischen Wortbildung gleichen Wortbildungsmorpheme zum Präfixbestand. Doch werden diese unterschiedlich genutzt. Eine weitere Gemeinsamkeit besteht darin, dass Negations- und Augmentationsbildungen die zwei größten Wortbedeutungsgruppen bilden. Daneben trifft man auf Präfixmodelle, die verschiedenartige semantische Muster realisieren. Anders als bei den fremdsprachigen Adjektivsuffixen ist der Anschluss an nichtheimische Basen viel eher möglich, wenn er auch im Wesentlichen auf die augmentativen Präfixe beschränkt bleibt. Präfix aaist ein Lehnpräfix aus dem Griechischen; es zählt zu denjenigen Negationspräfixen, die schwach produktiv sind. Das Präfix tritt vorrangig an Basen mit dem heimischen -isch, ferner an -ös und -al-Derivate, die meist aus dem Fachwortschatz stammen, aber auch in der Allgemeinsprache zu finden sind: atypisch, areligiös. Es begegnen die Präfixvarianten (Präfixallomorphe) an- und ar-, wenn das Basiswort mit einem Vokal bzw. rbeginnt. Vgl.: organisch → anorganisch, rhythmisch → arrhythmisch. a-Derivate konkurrieren in starkem Maße mit un-Präfigierungen, sodass oftmals beide Formen unterschiedslos nebeneinander stehen: atypisch - untypisch, anormal - unnormal. Nur wenige Paare sind geringfügig semantisch differenziert: areligiös (nicht religiös + außerhalb der Religion stehend) (DUW) - unreligiös (nicht religiös). Präfix antiantihat die gleiche Grundbedeutung (‚gegen‘, ‚entgegen‘) wie das identische Substantivpräfix (s. 3.3.3.3). Das relativ oft vorkommende Präfix schließt sich am häufigsten an Basen mit dem Suffix -isch, andere Suffixderivate (u.a. -är und -al) werden seltener gewählt. Vgl.: antikommunistisch, antinational, antiautoritär. Außerdem ist die Kombination mit einem heimischen Adjektiv (i.d.R. auf -lich) möglich: antibürgerlich. Als besonders produktiv erweist sich antibei der Präfigierung deonymischer Ableitungen. Das betrifft vor allem geografische Bezeichnungen (Länder- und Regionennamen). Vgl.: antifranzösisch, antijapanisch, antieuropäisch. Ein Teil der Bildungen ist fachsprachlich gebunden; sie werden überwiegend in Physik, Technik und Wirtschaft verwendet: antistatisch (elektrostatische Aufladung verhindernd), antimagnetisch, antizyklisch (einem Konjunkturzustand entgegenwirkend). Zur Antonymie von pros.u. Präfix dis- Das Negationspräfix disträgt wie seine substantivische Entsprechung kaum zur Ableitung von Adjektiven bei. Es existieren deshalb nur wenige Beispiele; diese verfügen teilweise über eine pejorative Konnotation. Vgl.: diskontinu- 215 Explizite Derivation von Adjektiven ierlich (unterbrochen, zusammenhangslos), disproportional (nicht die richtige Proportion habend). dis-, das sich primär in Fachsprachen zeigt, tritt noch in der Variante difauf: difform (medizinisch für missgestaltet). Zahlreicher sind dis-Bildungen, deren Basen im Deutschen nicht als freie Adjektive vorkommen. Dazu zählen u.a. solch geläufige Formen wie diskret, disjunktiv, diskrepant. Synonymisch steht dismeist dem Präfix ungegenüber: diskontinuierlich - unkontinuierlich, disharmonisch - unharmonisch, aber: disproportional - unproportioniert. Präfix hyperhypergehört zu den augmentativen Präfixen; man gebraucht es öfter als die identische substantivische Präfixform. Unter den Basiswörtern sind Adjektive auf -abel (-ibel), -ös sowie -isch häufiger vertreten. hyperfällt dabei die Aufgabe zu, die Verstärkung mit einem Übermaß zu verknüpfen. Dieses Übermaß wird vom Sprachbenutzer meist negativ empfunden, wobei das Negative i.d.R. im Basiswort bereits angelegt ist: hyperkritisch, hypersensibel, hypernervös. Der Bestand an hyper-Derivaten wird durch zahlreiche desubstantivische Ableitungen oft fachsprachlicher Herkunft vergrößert: hyperbolisch ( ← Hyperbel), hyperplastisch ( ← Hyperplasie = anormale Zellvermehrung). hyperschließt sich mittlerweile an heimische Basen an, wenngleich dies offenbar noch Einzelfälle sind: hypergenau (DUW). Außer dem Erstglied überstellen - bezogen auf die allgemeinsprachlichen Bildungen - allzu und übertrieben weitere synonymische Äquivalente dar: überkritisch, allzu kritisch, übertrieben kritisch. Präfix ininist das bedeutendste nichtnative Negationspräfix; in der Produktivität übertrifft es bei weitem seine substantivische Entsprechung. Für die Präfigierung werden ausschließlich Fremdwörter genutzt; es überwiegen verschiedenartige Suffixderivate, Simplizia sind seltener. Vgl.: inkompatibel, inoffiziös, instabil, inaktiv, indirekt. 91 Präfixvarianten erscheinen wiederum dann, wenn sich im Basisanlaut ein l- (il-) bzw. ein r- (ir-) befindet, bei p- und mkommt es zum Wechsel in > im. Vgl.: illiberal, irreparabel, impraktikabel, immateriell. inlässt sich überwiegend in Fachtexten nachweisen, insbesondere im Bereich der Technik, Medizin und den Naturwissenschaften. Darüber hinaus hat es ebenso in der Allgemeinsprache starke Verbreitung gefunden. 91 Auffällig ist, dass die bei aso häufigen -isch-Derivate kaum vorkommen: inelastisch; man wählt hier lieber die un- Form (vgl. Kühnhold/ Putzer/ Wellmann 1978, 183). 216 Zur adjektivischen Wortbildung Zu nicht wenigen Formen kann man Synonyme mit unanführen: impraktikabel - unpraktikabel, instabil - unstabil. Doch manchmal ist das in-Derivat konventionalisiert und weder durch unnoch ein anderes Präfix austauschbar. Viele in-Bildungen haben - was bei anur ausnahmsweise der Fall ist (vgl. ebenda) - ein deutsches Äquivalent mit unneben sich: inaktiv = untätig, irreparabel = unreparierbar, immateriell = unstofflich. Doppelformen mit den Negationspräfixen in- und astellen eine Seltenheit dar: irreligiös - areligiös. Präfix ko- Ähnlich wie das semantisch identische Substantivpräfix ist koin seiner Produktivität stark eingeschränkt. Als Ausgangswörter stehen nur fremdsprachige Adjektive, vorrangig auf -ent, -al und -iv, zur Verfügung. Das Präfix passt sich bestimmten Basisanlauten an, sodass die Varianten kon- (vor Anlaut f- und g-), kol (vor l-) sowie kor- (vor r-) vorzufinden sind. Meist gebraucht man die Derivate in Fachtexten. Vgl.: koexistent (nebeneinander existierend), konform (übereinstimmend), kongenital (angeboren), kollateral (nebensächlich), korrelativ (wechselseitig). Festzustellen ist, dass viele gebräuchliche ko-Bildungen mit Basen verbunden sind (darunter auch Konfixe), die im Deutschen nicht als freie Adjektive existieren wie kohärent, kompakt, komplex, kongruent, konvergent, konstant, kollektiv u.a. Präfix para- Das Präfix stammt aus dem Griechischen und wird nicht nur in räumlichem (‚neben‘, ‚vorbei‘), sondern auch in übertragenem Sinne (‚entgegen‘, ‚falsch‘) verwendet; es ist nur schwach produktiv. Die Mehrzahl der para-Bildungen ist fachsprachlich gebunden, nur wenige sind in der Allgemeinsprache vorzufinden. Das Basiswort stellen gewöhnlich Adjektivableitungen mit heimischen (vor allem -isch) und Fremdsuffixen. Vgl.: parazentrisch (mathematisch für um das Zentrum liegend), paranormal (nicht auf natürliche Weise erklärbar, synonymisch zu übersinnlich). Mitunter werden Konfixe präfigiert: paradox (scheinbar widersprüchlich), paraphil (abweichende sexuelle Beziehung). Präfix postpost- (‚nach‘) ist ein aus dem Lateinischen übernommenes Präfix, das nur schwach produktiv ist; es erfüllt eine temporale Funktion, indem etwas als später liegend oder erfolgend festgelegt wird. Die meisten Derivate sind in Fachtexten (Geschichte, Politik, Medizin) anzutreffen. Als Basen fungieren gewöhnlich isch-Bildungen sowie Adjektive auf -är und -al: postkommunistisch, postmortal (nach dem Tod eintretend), postrevolutionär. 217 Explizite Derivation von Adjektiven Vielfach entsprechen die post-Bildungen Zusammensetzungen mit nachals Erstglied: nachkommunistisch, nachrevolutionär (aber nicht nachmortal! ). Über das antonymische präs.u. Präfix präpräist die dem Deutschen angepasste Variante der lateinischen Form prae (‚vor‘), die stets der temporalen Bestimmung eines Sachverhalts dient; es zeichnet sich durch eine geringe Produktivität aus. Meist kommen die Derivate in Fachwortschätzen (Geschichte, Politik, Medizin) vor. Neben Adjektiven auf -isch werden Ableitungen mit Suffixen wie -är und -al gewählt. Vgl.: präkolumbisch (Zeit vor der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus), prärevolutionär, präembryonal. präist die antonymische Entsprechung des Präfixes post-, wenngleich nicht immer auf diesem Wege antonymische Paare geschaffen werden können, weil diese nicht geläufig sind. 92 Wie bei postbesteht jedoch oft die Möglichkeit, den Präfigierungen Komposita mit vorgegenüberzustellen: vorkolumbisch, vorrevolutionär, vorembryonal. Präfix pro- Anders als das proder Substantivpräfigierung kommt das adjektivische Präfix nur in der Bedeutung ‚für‘ zur Anwendung; außerdem entwickelt es eine höhere Produktivität. Für die Derivation nutzt man Adjektive mit heimischen (vor allem -isch und -lich), seltener nichtnativen Suffixen; es sind gewöhnlich Relativadjektive. Signalisiert wird damit eine positive, zustimmende Einstellung bzw. Neigung zu etwas. Vgl.: profaschistisch (dem Faschismus zuneigend), prowestlich. Die Derivate sind fester Bestandteil des politischen Wortschatzes, dringen aber mehr und mehr in die Alltagssprache. Ferner zeigt sich das Präfixmodell sehr produktiv bei Ableitungen aus Länder- und Regionennamen - hier kann es im Grunde genommen vor jedes Suffixderivat auf -isch gesetzt werden: prospanisch, probayerisch, prochinesisch, proamerikanisch usw. Ein klares antonymisches Verhältnis besteht daher zu anti-; mit seiner Hilfe lassen sich stets die entsprechenden Gegenwörter bilden: antispanisch, antibayerisch, antichinesisch, antiamerikanisch. Präfix sub- Es hat die gleiche Bedeutung wie das substantivische Präfix, nämlich das Bezeichnete aus räumlicher Sicht als ‚unter etwas‘ bzw. ‚unterhalb liegend‘ zu beschreiben; auch ist es kaum produktiv. 92 So gibt es im Sprachgebrauch kein präkommunistisch oder - umgekehrt - postkolumbisch, dafür aber postembryonal. 218 Zur adjektivischen Wortbildung subpräfigiert hauptsächlich Adjektive, die Ableitungen aus geografischen Namen repräsentieren; das Basiswort ist meist ein -isch-Derivat, seltener sind nichtnative Suffixe: subarktisch (zwischen Arktis und gemäßigter Klimazone gelegen), submarin (unterseeisch). Andere Bildungen kommen in Fachtexten - insbesondere der Medizin - vor: subkutan (sich unter der Haut befindend), submikroskopisch (nicht mit dem Mikroskop erkennbar). Präfix super- Das Präfix dient wie superim Substantivbereich der Ausdrucksverstärkung. In dieser Funktion entwickelt es eine außerordentlich hohe Produktivität, die - offenbar in Anlehnung an das angloamerikanische Vorbild - noch zuzunehmen scheint. Das Modell wählt für die Präfigierung meist steigerungsfähige Adjektive heimischer wie fremdsprachiger Herkunft; darunter befinden sich mehrheitlich Simplizia, daneben Suffixderivate und sogar Partizipien. Sie enthalten gewöhnlich eine positive Wertung: superschnell (sehr schnell, überaus schnell), superbreit, superelegant, supermodern, supergünstig, superkonzentriert. Auf super-Bildungen stößt man in der Werbe- und Umgangssprache, wobei sich beide Kommunikationsbereiche offensichtlich wechselseitig durchdringen: superbreite Reifen, supergünstige Preise, superelegantes Kleid. Insgesamt sind jedoch viele Derivate okkasionell und haben noch nicht den Weg in die Allgemeinsprache gefunden. Auch die früher stärker vertretene spöttisch-ironische Konnotation (vgl. ebenda, 193), scheint aufgrund der stets positiv wirkenden Werbesprache an Bedeutung zu verlieren, da sie nur noch in wenigen Beispielen nachweisbar ist. Vgl.: superklug = sich für besonders klug haltend. 93 In Konkurrenz zu supertreten verschiedene Formen. Handelt es sich um Bildungen mit eindeutig positiver Konnotation, bietet sich häufig das kompositionelle Erstglied hochan: superelegant - hochelegant, supermodern - hochmodern, superkonzentriert - hochkonzentriert. Bei eher missbilligender bzw. ablehnender Sprechereinstellung werden dagegen über- und hyperbevorzugt: übereifrig, hypermodern, übernervös - hypernervös. Präfix ultra- Man rechnet es wie das substantivische ultrazu den augmentativen Präfixen, da es ein extrem hohes Maß signalisiert; seine Produktivität ist jedoch gering. Bei der Präfigierung wird auf heimische Simplizia und Derivate mit -isch sowie fremdsprachige Suffixe (vor allem -är, -ir, -al) zurückgegriffen. ultrazeigt sich hierbei in verschiedenen Gebrauchsfeldern. So markiert es in Allgemein- und Fachsprache (Presse, Politik) eine extreme politische Position: ultrarechts, ultrareaktionär. In dieser Bedeutungsvariante ergibt sich die Konkurrenz zum heimischen Präfix erz- (s. 4.3.5.1.1): erzreaktionär. 93 Daneben hat superklug noch die positive Bedeutung ‚überaus klug geltend‘ (DUW). 219 Explizite Derivation von Adjektiven Daneben gebraucht man das Präfix in der Werbung. Es fehlt dann die pejorative Komponente, denn betont werden sollen natürlich die positiven Eigenschaften des empfohlenen Produkts: ultraschnell, ultralang. Eine weitere Gruppe umfasst Bildungen, die als Begriffe in der Physik verwendet werden; diese geben das Überschreiten eines bestimmten Bereiches an: ultrarot (nicht mehr sichtbare Wärmestrahlen). Jenen Derivaten steht synonymisch das rein fachsprachliche Präfix infragegenüber: infrarot. 4.3.8 Übungen ‹ 1. Entscheiden Sie, ob folgende Adjektive mit dem Präfix a-, in- oder diszu verbinden sind! Achten Sie dabei auf die Präfixallomorphie! national, konsequent, regulär, symmetrisch, kontinuierlich, tonal, finit, potent, alphabetisch, kongruent, loyal, sozial, effizient, grammatisch, sonant, historisch, konsistent, disponibel, logisch, periodisch, determiniert, politisch, artikuliert, liquid ‹ 2. Entscheiden Sie, ob folgende Adjektive mit dem Präfix in- oder unzu verbinden sind! Achten Sie dabei auf die Präfixallomorphie! hygienisch, populär, human, sympathisch, offiziell, akzeptabel, reell, kultiviert, akkurat, produktiv, relevant, professionell, homogen, charmant, korrekt, solide, konventionell, diskret, orthodox, rationell, flexibel, rentabel, kollegial, reversibel, demokratisch, präzise, spektakulär, sentimental, operabel, diszipliniert, rational, deklinabel, systematisch, existent, galant, variabel, diskutabel, legitim, moralisch, zensiert, aktuell, musikalisch ‹ 3. Präfigieren Sie folgende Adjektive mit anti-, pro-, prä und post-! In welchen Fällen treten Antonyme auf? historisch, westlich, deutsch, modern, toxisch, bakteriell, afrikanisch, glazial, septisch, karbonisch, traumatisch, arabisch, natal, operativ ‹ 4. Präfigieren Sie folgende Adjektive mit hyper-, super- und ultra-! In welchen Fällen treten Synonyme auf? konservativ, bequem, stark, schlau, violett, kurz, fest, links, modern, korrekt, leicht, mondän, marin, radikal, wohl, fleißig ‹ 5. Präfigieren Sie folgende Adjektive mir ko-, para- und sub-! Achten Sie dabei auf die Präfixallomorphie! militärisch, axial, antarktisch, genial, polar, venös, lingual, sonant, psychologisch, glazial, mensurabel, magnetisch, tropisch, normal, alpin 220 Zur adjektivischen Wortbildung 4.3.9 Kombinatorische Derivation Bei der kombinierten Präfix-Suffix-Derivation ist festzustellen, dass auf ein breit gefächertes Modellangebot zurückgegriffen werden kann. Beteiligt sind heimische und gleichermaßen fremdsprachige Affixe. Doch ist die Produktivität der einzelnen Ableitungsmuster sehr unterschiedlich ausgeprägt. 4.3.9.1 Kombinatorische Derivation mittels heimischer Affixe Den Ausgangspunkt bilden Verben, an die zugleich das Präfix gesowie das Suffix -ig angefügt werden. Das Modell trägt anders als das hochproduktive Ge- + -e des Substantivs (s. 3.3.4) nur in sehr geringem Umfang zur Adjektivbildung bei. Bezeichnet wird durch die gewöhnlich mit Umlaut versehenen Derivate eine Neigung oder Eignung (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 275). Vgl.: lehren → gelehrig (mit der Fähigkeit, etw. leicht zu lernen), hassen → gehässig (bösartig, missgünstig). 94 Als wesentlich produktiver erweisen sich Formen, die auf den ersten Blick aus Partizipien abgeleitet, aber auf Substantive beziehbar sind. Jene auf „Scheinpartizipien“ (Wellmann 1995, 534) basierenden Bildungen verfügen über zwei produktive Strukturmuster: a) ge- + -t: ge- + Narbe + -t → genarbt (Tilgung des -e! ), ge- + Streifen + -t → gestreift (Tilgung des -en! ), gehörnt. b) be- + -t: be- + Herz + -t → beherzt, be- + Nachbar + -t → benachbart, behelmt (vgl. ebenda; Eichinger 2000, 224). Semantisch können alle Derivate dem Muster ‚ornativ‘ zugeordnet werden: genarbtes Leder = Leder mit Narben, gehörntes Tier = Tier mit Hörnern, behelmter Soldat = Soldat mit Helm. Für den Gebrauch beider Strukturtypen gibt es keine klaren Regeln, es sind allenfalls bestimmte Tendenzen erkennbar. So wird ge- + -t oftmals verwendet, um das Aussehen, die Musterung von Gegenständen zu beschreiben. be- + -t hingegen verbindet sich eher mit Gegenständen oder Dingen, die vom Menschen hergestellt bzw. zu ihm oder - seltener - Tieren und Pflanzen gehören. Beispiele, bei denen die zwei kombinatorischen Derivate die gleiche Basis haben, begegnen kaum: gestiefelt - bestiefelt (mit Stiefeln). Synonymisch konkurriert ge- + -t mit -ig, wenngleich das nur in wenigen Fällen beobachtbar ist: genarbt - narbig. Andere kombinatorische Strukturmuster erscheinen nur am Rande. Erwähnenswert sind ent- + -t, ver- + -t, zer- + -t und aus- + -t: entseelt (leblos, tot), 94 Abzugrenzen sind davon Bildungen, denen ein Substantiv zugrunde liegt; es sind Adjektive auf -ig: gesprächig ( ← Gespräch), gelenkig ( ← Gelenk). Nicht hierher gehören ebenso aus präpositionalen Wortgruppen abgeleitete Formen mit -ig und -lich: unterschwellig ( ← unter der Schwelle), überzeitlich ( ← über der Zeit) (vgl. ebenda). 221 Explizite Derivation von Adjektiven verkatert (einen Kater habend, d.h. an den Folgen übermäßigen Alkoholgenusses leidend), zerlumpt (in Lumpen, d.h. alten Kleidern), ausgefuchst (ugs. für raffiniert, erfahren). 4.3.9.2 Kombinatorische Derivation mittels Fremdaffixen Genutzt werden hier die zwei nichtnativen Präfixe inter- und trans-, die rege an der Neubildung von Adjektiven beteiligt sind (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 275). Das Präfix interwurde aus dem Lateinischen übernommen. Es bezeichnet eine Wechselbeziehung in dem Sinne, dass sich etwas zwischen zwei oder mehreren Dingen befindet, besteht bzw. vollzieht (DUW). inter-, auf das man vorwiegend in Fachsprachen (Naturwissenschaften) stößt, kann man Adjektiven mit heimischem (-isch) wie Fremdsuffix (u.a. -ar/ -är, -al, -ell) voranstellen. Unabhängig vom Basiswort hat es einen substantivischen Bezug. Vgl.: interplanetarisch (sich zwischen den Planeten befindend), intermolekular (zwischen den Molekülen stattfindend), interkonfessionell (das Verhältnis zwischen verschiedenen Konfessionen betreffend). 95 Weit weniger produktiv ist das Präfix trans- (‚über‘, ‚hinüber‘, ‚jenseits‘; s. dazu auch 3.3.3.3). Analog zu interbezieht es sich auf Substantive; die Basis stellen deonymische Adjektive auf -isch: transalpinisch (jenseits der Alpen liegend). 4.3.10 Übungen ‹ 1. Bilden Sie mithilfe von ge- + -t und be- + -t kombinatorische Derivate (Doppelbildungen sind nicht möglich)! Achten Sie dabei auf die Basisveränderungen (Auslauttilgung)! Pelz, Fleck, Moos, Flamme, Leib, Zacken, Jahr, Handschuh, Fransen, Zopf, Rippe, Punkt, Brille, Lappen, Mütze, Muster, Ringel, Bucht, Güter, Stern, Witz, Wimper, Hosen, Kralle, Sitte, Maser, Tuch, Schweif, Harnisch, Kies ‹ 2. Bilden Sie mithilfe der Präfixe inter- und transsowie der Suffixe -al, -ar (-är), -isch und -ell geläufige kombinatorische Derivate! Achten Sie dabei auf die Basisveränderungen! In welchen Fällen lassen sich beide Präfixe anfügen? Parlament, Disziplin, Kontinent, Sibirien, Fraktion, Ozean, Kommune, Atlantik, Nation, Zelle, Kanton, Linie 95 Selbst wenn ein aus einem Substantiv abgeleitetes Adjektiv genutzt wird, ist semantisch von einem Substantiv als kombinatorischer Basis auszugehen, d.h., es liegt nicht der Strukturtyp inter + planetarisch, sondern inter- + Planet + -(ar)isch vor (vgl. ebenda). 5 Zur verbalen Wortbildung 5.1 Allgemeines Die verbale Wortbildung unterscheidet sich erheblich von der des Nomens. Diese Feststellung bezieht sich sowohl auf die genutzten Bildungsarten als auch deren Produktivität. Den Hauptgrund für diese Unterschiedlichkeit muss man darin sehen, dass das Verb die Satzstruktur im starken Maße prägt, Verbbildung und Syntax somit aufs Engste miteinander verflochten sind. Die im Substantivbereich herausragende Stellung der Komposition bestätigt sich hier nicht und tritt in ihrer Gesamtheit auch hinter der des Adjektivs zurück. An dieser Tatsache ändern auch einige wenige produktive Modelle nichts. Nahezu umgekehrte Verhältnisse liegen bei der expliziten Derivation vor. So hat die bei den Nomen hochproduktive Suffigierung nur einen relativ geringen Anteil an der Verbableitung. Grundsätzlich anders zu beurteilen ist dagegen die Präfigierung, denn die verschiedenen Präfixmodelle bauen den Verbbestand systematisch aus. Ebenso zur Neubildung tragen die einzelnen Arten der kombinatorischen Derivation bei; das trifft im gleichen Maße auf die reine Konversion zu. Da bei den Verben von erheblicher Relevanz ist, welche Wortart der Ableitung zugrunde liegt, wird zwischen deverbaler, desubstantivischer und deadjektivischer Derivation unterschieden. Die übrigen Wortbildungsarten spielen keine (Reduplikation, Kurzwortbildung) bzw. eine untergeordnete Rolle (implizite Derivation, Rückbildung, Wortkreuzung). Näheres dazu s. Kapitel 2. 5.2 Verbale Komposition 5.2.1 Grundtypen der verbalen Komposition 5.2.1.1 Adverb + Verb 5.2.1.1.1 Strukturmuster Zusammensetzungen mit Adverbien dominieren im heutigen Deutschen die verbale Komposition. 1 Geprägt werden die einzelnen Strukturmuster durch die Beschaffenheit des adverbialen Erstgliedes. a) Adverbiales Simplex + Infinitiv Besonders häufig begegnen hin- und her-, welche sich oftmals mit Verben der Bewegung verbinden, ferner da-, weg-, fort-, zusammenu.a. Ebenfalls möglich 1 Durch die Rechtschreibreform (Stand Februar 2005) hat sich die Zahl der Verbalkomposita erheblich verringert. Von dieser Reduzierung sind alle Strukturtypen - wenn auch nicht im gleichen Maße (s.u.) - betroffen. Die Präpositionen ordnen wir im Verbbereich bei den Präfixen und damit bei der expliziten Derivation ein (s. dazu 5.3.1.). 223 Verbale Komposition ist der Anschluss an Modalverben. Vgl.: hinstellen, hindürfen, herholen, dalassen, wegwischen, wegmüssen, fortschicken, zusammenlegen. b) Adverbiales Kompositum + Infinitiv Es sind meist Komposita der unter a) erwähnten einfachen Adverbien, zumeist hin- und her-; diese werden auch als „Doppelpartikelverben“ (Eichinger 2000, 165ff.) bezeichnet. Vgl.: hinaufstellen, herunterholen, hinzufügen, hereinschaffen, hereinwollen, hinterherwerfen. Weit verbreitet ist auch das als Pronominaladverb auftretende da-, bei vokalischem Auslaut dar-: davonlaufen, dazulernen, daraufschlagen, daranhalten. 2 Hierher gehören außerdem das in verschiedenen Kombinationen erscheinende vorsowie gegenüber. Vgl.: voranstellen, vorausberechnen, gegenübersitzen, gegenüberstehen. Auf diese Weise zusammengesetzte Verben werden grundsätzlich getrennt; die Betonung liegt auf dem Adverb, bei zweisilbigen Adverbien auf der zweiten Silbe. Verben mit hin- und hergebraucht man ugs. und regional verkürzt, indem die Anfangsbuchstaben hi- und heder Tilgung unterliegen. So entstehen rauf (aus herauf), ’nauf (hinauf), runter (herunter), ’nunter (hinunter), rum (herum) usw. Das gilt ebenso für dar-Bildungen; sie werfen das erste schwachtonige -aaus: draufschlagen, dranhalten. 5.2.1.1.2 Semantische Beziehungen des Strukturtyps Adverb + Verb Die Masse der Komposita dient der lokalen Differenzierung, da sie eine Richtung bzw. Bewegung angeben. Bei der Darstellung der Räumlichkeit kann auf eine große Modellvielfalt zurückgegriffen werden; man bevorzugt jedoch Komposita mit hin- und her-. Es sind lokale Antonyme: hinmarkiert eine Bewegung auf ein Ziel zu, die sich somit vom Sprechenden entfernt, hergibt die umgekehrte Richtung an, d.h. auf den Sprecher zubewegend (DUW). Im Einzelnen zeigen sich zahlreiche Submuster, die folgende Bewegungen oder Richtungen beschreiben: a) ‚nach oben‘: hinauf-, heraufb) ‚nach unten‘: hinunter-, hinab-, herunterc) ‚in etw. hinein‘: hinein-, dazwischend) ‚aus etw. heraus‘: heraus-, hinaus-, hervore) ‚durch etw. hindurch‘: hindurchf) ‚sich etw. nähern‘: her-, heran-, hinzu-, herbei-, herüberg) ‚sich von etw. entfernen‘: hin-, hinweg, davon-, voran-, voraush) ‚sich etw. nähern und sich wieder entfernen‘: vorbei-, vorüber- 2 Die komplexen Pronominaladverbien wo(r)- (wogegen, worauf) und hier- (hiernach, hierum) lassen sich nicht dem Verb voranstellen. Näheres zu den Pronominaladverbien s. Gelhaus (1995, 365ff.) und Helbig/ Buscha (1996, 264ff.). 224 Zur verbalen Wortbildung i) ‚sich um etw. bewegend‘: herum- (vgl. Wellmann 1995, 438; Barz 1988b, 655ff.). Außer diesen äußerst produktiven Verbindungen gibt es noch weitere adverbiale Erstglieder mit lokaler Bedeutung. Lange Reihen bilden u.a. die Simplizia fort, weg, empor und zurück. fort- und wegverfügen über eine identische Bedeutung. Sie bezeichnen das Sichentfernen von einem bestimmten Ort. Beide Adverbien lassen sich bei Bewegungsverben immer mit dem gleichen Basisverb kombinieren: fortbringen, wegbringen, forttragen, wegtragen, forttreiben, wegtreiben. In dieser Bedeutung konkurrieren sie mit davon-; das Antonym dazu ist hin-. Vgl.: davontragen - hintragen. zurückbeschreibt eine Handlung, die wieder an den Ausgangspunkt führt: zurücklaufen, zurückspielen, zurückgeben. Das Adverb erscheint in den Komposita noch in der Variante rück-, welche aber seltener vorkommt und nicht trennbar ist: er lief zurück, er hat rückgefragt (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 303). Synonymisch steht zurückteilweise wiedergegenüber: wiedergeben. Das adverbiale Erstglied emporcharakterisiert eine Aufwärtsbewegung (‚von unten nach oben‘). Anders als die meisten Richtungsadverbien findet man es in der gehobenen Stilschicht; seine Produktivität ist jedoch begrenzt: emporschauen, emporheben, emporfliegen. Synonyme zu emporsind hinaufsowie das Erstglied hoch-: hinaufschauen, hochschauen, hinaufheben, hochheben. Nicht wenige der genannten Erstglieder zieht man gleichzeitig für den Ausdruck temporaler Bedeutungen heran. Das trifft insbesondere auf Komposita mit vor-, da(r)- und deren Kombinationen sowie fort- und weiterzu. Bei vor- und da(r)begegnet dann häufig gehen als Zweitglied: die Schmerzen werden vorbeigehen, der Krieg geht vorüber, der Tag ging dahin, das schlechte Wetter dauert fort, er raucht weiter (DUW). Außer lokalen und temporalen Beziehungen gibt es noch eine große Anzahl anderer Muster. Diese finden sich vor allem bei solch komplexen Richtungsadverbien wie herunter-, heran-, daneben-, herum-. So bezeichnet herunter in Verbindung mit Verben den Eintritt eines sehr schlechten Zustandes: herunterwirtschaften (synonymisch zu ruinieren), herunterkommen (synonymisch zu verkommen). Eine Weiterentwicklung kennzeichnet dagegen heran- (Früchte reifen heran), ferner ‚jmdn. mit etw. vertraut machen‘ (an neue Techniken heranführen). danebenweist zusätzlich noch die Bedeutung des Nichterreichens/ Irrens auf: danebengehen (synonymisch zu fehlschlagen), danebenliegen (falsch einschätzen). herum + Verb signalisiert eine ziel- und nutzlose Handlung, die sich wiederum mit einer temporalen Komponente verknüpfen kann: herumstehen, herumlungern (sich untätig irgendwo aufhalten), herumraten (lange versuchen, etw. zu erraten), herumtreiben (ohne bestimmtes Ziel durch die Gegend ziehen) (ebenda). 3 3 Auf weitere nichtlokale Bedeutungen der Verbindungen mit her-, hin- und dakann an dieser Stelle nicht eingegangen werden. Wir verweisen auf die einschlägigen erklärenden Wörterbücher. 225 Verbale Komposition Am Ausbau langer Reihen, die nicht lokale Beziehungen beschreiben, sind noch andere Modelle beteiligt. Erwähnung müssen hier nach Fleischer/ Barz (1995, 303ff.) die Adverbien mit-, zurecht- und zusammenfinden. mitkennzeichnet in Zusammenhang mit Verben, dass man etw. gleichzeitig bzw. mit anderen Personen macht. Es wird sozusagen „Begleitendes“ (Eichinger 2000, 165) signalisiert. Vgl.: mitlesen, mitdenken, mitreisen, mitregieren. Verbale Komposita mit zurechtals Erstglied werden gebraucht, wenn irgendetwas die richtige Form oder einen vorgesehenen Platz erhalten soll. In Bezug auf die Form verwendet man meist Verben des Produzierens und Bearbeitens: zurechtschneiden, zurechtklopfen, zurechtfeilen; andernfalls treten Bewegungsverben auf: zurechtstellen, zurechtlegen, zurechthängen. Semantisch viel breiter gefächert ist zusammen-; es zeigt sich an mindestens acht Bedeutungsvarianten beteiligt (WB DaF). Dazu zählen u.a.: a) ‚beieinander‘: zusammenleben, zusammensitzen b) ‚vermehren, anhäufen‘: zusammenkaufen, zusammensparen c) ‚verkleinern, vermindern‘: zusammendrücken, zusammenlegen d) ‚beschädigen, verletzen‘: zusammenbrechen, zusammenschießen e) ‚sich vereinen, treffen‘: zusammenfließen, zusammenfinden f) ‚etw. oberflächlich, ungenau tun‘: zusammenbasteln, zusammendichten. Komposita mit adverbialem Erstglied unterliegen wie auch die Nomen dem Idiomatisierungsprozess. Zahlreich sind zudem auch diejenigen einfachen und komplexen Verben, auf die man außerhalb der entsprechenden Komposition entweder kaum oder gar nicht stößt. Vgl.: herumlungern (s.o.), hineingeheimissen (irrtümlich glauben, dass bestimmte Dinge eine Rolle spielen), davonstieben (sich mit großer Geschwindigkeit entfernen), hervorschnellen (sich schnell herausbewegen), dahinsiechen (sehr krank sein und immer schwächer werden), hinauskomplimentieren (mit höflichen Worten verabschieden) (vgl. Fleischer 1983, 311). 5.2.1.2 Adjektiv + Verb 5.2.1.2.1 Strukturmuster Das Modell ist wesentlich schwächer entwickelt als der Strukturtyp Adverb + Verb. Für die Zusammensetzungen werden praktisch nur simplizische (meist einsilbige, seltener mehrsilbige) Adjektive gewählt. 4 Nicht für die Komposition verwendbar sind adjektivische Präfix- und Suffixderivate. Dagegen nutzt man Komparativformen (weiter). Von den infrage kommenden Adjektiven bilden nur wenige wie frei-, fest-, hoch- und weiter- Reihen aus: freihalten, frei- 4 Eine sehr seltene Ausnahme ist das komplexe Adjektiv aufrecht: aufrechterhalten (weiterhin bestehen lassen). 226 Zur verbalen Wortbildung haben, freistellen, festziehen, festdrücken, festklopfen, hochspringen, hochheben, hochdrehen, weiterarbeiten, weiterentwickeln, weiterverkaufen. 5 Die Mehrheit bleibt auf Einzelkomposita beschränkt und weist vielfach einen mehr oder weniger starken Idiomatisierungsgrad auf: dichtmachen (ugs. für schließen), geradestehen (Verantwortung für etw. übernehmen), gutheißen (etw. für richtig halten). Abzugrenzen von jenen Bildungen sind Zusammensetzungen, bei denen das Erstglied im heutigen Deutschen nicht mehr als freies Adjektiv existiert, sondern Bestandteil phraseologischer Wendungen ist. Dazu zählen u.a. fehl- und kund-, welche in den festen Konstruktionen fehl am Platz(e) sein (nicht hierher gehören, unpassend sein) bzw. jmdm. etw. kund und zu wissen tun (jmdm. etw. mitteilen, deutlich sagen) anzutreffen sind (vgl. Fleischer 1997, 37ff.). Bemerkenswert ist, dass diese Formen - anders als sonst - Modellcharakter haben und zur Reihenbildung beitragen: fehlbesetzen, fehlleiten, kundtun (sich ausdrücken), kundgeben (mitteilen). Komposita des Strukturtyps gehören i.d.R. zum Allgemeinwortschatz. Nur wenige zeichnen sich durch einen eindeutig fachsprachlichen Gebrauch aus; es handelt sich dann um Termini aus dem Bereich der Technologie (Metallbearbeitung): kaltschweißen, schnellschweißen, tiefbohren. 6 5.2.1.2.2 Semantische Beziehungen des Grundtyps Adjektiv + Verb Die Bedeutungsmuster werden dadurch geprägt, welche syntaktische Funktion das Adjektiv im Satz ausübt. Daraus ergeben sich drei Bedeutungstypen: a) Am häufigsten entspricht das Kompositum dem Verhältnis eines prädikativen Attributs zum Objekt des Satzes. Es wird mittels des Adjektivs ein Zustand signalisiert, der durch die Verbalhandlung eintritt und mit ‚etw. machen‘ paraphrasierbar ist: etw. fortziehen, etw. hochheben. b) Seltener sind Komposita, die mit der Beziehung des Prädikats sein zum Satzsubjekt übereinstimmen. Sie bezeichnen einen Zustand, in dem sich das Subjekt befindet: festsitzen = etw. ist (bleibt) fest. c) Ebenfalls begrenzt in ihrem Auftreten sind Komposita, in denen das Adjektiv das Verb wie ein Adverb determiniert: hochfahren = nach oben fahren (vgl. Wellmann 1995, 436f.). 7 5 Ein Kennzeichen der verbalen Komposita ist ihre Trennbarkeit: er springt hoch, sie drücken es fest usw. Davon ausgenommen sind Einzelbeispiele wie frohlocken (jubeln, triumphieren) sowie Kombinationen mit voll-: sie frohlockten, vollbrachten. … 6 Diese Fachbegriffe erscheinen aber gewöhnlich nur im Infinitiv und Partizip II (kaltgeschweißt). 7 Die Zuordnung zu den Bedeutungstypen ist nicht immer eindeutig, denn manches Kompositum stellt aufgrund seiner syntaktischen Verwendung einen Mischtyp dar. So weist das Auto nach oben fahren zugleich auf Typ a) hin = etw. mit dem Auto machen. Näheres dazu s. Fleischer/ Barz (1995, 299). 227 Verbale Komposition 5.2.1.3 Substantiv + Verb Der Anteil verbaler Komposita mit substantivischem Erstglied ist gering. 8 Er setzt sich zum einen aus Konstruktionen zusammen, deren substantivischer Bestandteil immer getrennt werden kann; die ursprüngliche Bedeutung des Substantivs ist dabei oftmals verblasst bzw. verloren gegangen, sodass viele Idiomatisierungen vorliegen. Erwähnenswert sind in dieser Hinsicht statt-, teilsowie stand-, die insgesamt sehr geläufige Zusammensetzungen konstituieren: stattfinden, stattgeben (etw. erfüllen, nachkommen), teilnehmen, teilhaben, standhalten (jmdm., einer Belastung erfolgreich widerstehen). Andererseits sind etliche Komposita nicht trennbar. Dazu rechnen hohnlachen (höhnisch, schadenfroh lachen) und lobpreisen (sehr loben): sie hohnlachte/ hat gelobpreist. Untrennbar und nur im Infinitiv und Partizip II gebräuchlich erweisen sich wenige Zusammensetzungen aus der Techniksprache (Metallverarbeitung): sandstrahlen, punktschweißen. 9 Die semantischen Muster gleichen den syntaktischen Beziehungen, die zwischen einem Objekt oder einer Adverbialbestimmung zum Prädikat innerhalb eines Satzes bestehen. Vgl.: sackhüpfen (‚lokal‘), jmdn./ etw. lobpreisen (Akkusativobjekt), jmdm./ etw. stattgeben (Dativobjekt). Manche Bildungen stellen keine Komposita dar und müssen anderen Wortbildungsarten zugeordnet werden. Dies ist umso schwieriger, da sie sich von den „echten“ Komposita in der Form nicht unterscheiden. Zum einen trifft das auf Konversionen zu; ihnen liegen komplexe Substantive zugrunde: schriftstellern ( ← Schriftsteller), bildhauern ( ← Bildhauer) (s. 2.3.1 sowie 5.3.2). Nicht als Komposita zu betrachten sind zum anderen jene Konstruktionen, die Rückbildungen repräsentieren (s. 2.3.3). Vgl.: schlussfolgern ( ← Schlussfolgerung), hobbybasteln ( ← Hobbybastler). 10 5.2.1.4 Verb + Verb Die beim Nomen sehr gebräuchliche Komposition von Wörtern ein und derselben Wortart erscheint hier nur am Rande. Es werden ausschließlich Verbstämme miteinander verbunden. 11 8 Als Folge der Rechtschreibreform ist deren ohnehin begrenzte Zahl noch weiter zurückgegangen, denn einige geläufige Komposita werden jetzt getrennt geschrieben: Rad fahren, Kopf stehen, Halt machen. 9 Hier lassen sich ferner nichtfachsprachliche Bildungen wie schaulaufen oder strafversetzen anschließen. Ihr Status als Komposita ist jedoch fragwürdig (s. Anmerkung 10). 10 In bestimmten Fällen kann nicht klar festgestellt werden, ob man von einer Komposition oder Rückbildung ausgehen muss. Vgl. dazu sandstrahlen: a) mit Sand etw. bestrahlen (reinigen) = Komposition; b) eine Sandstrahlung durchführen = Rückbildung. 11 Aus zwei Infinitiven oder Partizip und Infinitiv bestehende Komposita sind der Rechtschreibreform komplett „zum Opfer gefallen“ und erscheinen jetzt als Einzelverben. Unter diese 228 Zur verbalen Wortbildung Ein Kennzeichen dieser Komposita ist ihre fachsprachliche Verwendung. Man nutzt sie vor allem für die Bezeichnung technischer Verfahren der Metallbearbeitung. Vgl.: drehbohren, brennhärten, streckwalzen. Die Formen sind untrennbar und kommen meist nur im Infinitiv oder als Partizip vor (drehgebohrt). Man kann die Komposita als Kombination zweier gleichrangiger Infinitive auffassen; es handelte sich dann um Kopulativkomposita: drehen und bohren, brennen und härten. Doch scheint es angebrachter zu sein, von Determinativkomposita auszugehen, da das Zweitglied ein Übergewicht hat. Dies lässt sich mit Partizip I oder einem Modalsatz umschreiben: brennend härten; härten, indem gleichzeitig gebrannt wird (vgl. Eichinger 2000, 141). Derartige Komposita begegnen ferner in der schöngeistigen Literatur (besonders in der Lyrik); sie sind ein Mittel zur Erhöhung der Expressivität und können auch gegensätzliche Handlungen ausdrücken. Vgl.: lobtadeln, keuchgrinsen (vgl. u.a. Erben 2000, 62). Beide Elemente sind beliebig vertauschbar (loben und tadeln, tadeln und loben), erlauben aber ebenso die Interpretation als Determinativkompositum: lobend tadeln. 5.2.2 Übungen ‹ 1. Stellen Sie fest, welche Bewegung bzw. Richtung in folgenden verbalen Komposita mit adverbialem Erstglied angegeben wird! Beispiel: davonrennen: ‚sich von etw. entfernen‘ herschwimmen, hinunterfallen, herbeieilen, hinaufschieben, herumdrehen, hinabspülen, vorbeimarschieren, hinausjagen, davonfliegen, herauftransportieren, vorübergehen, dazwischenkommen, herantreten, hervorziehen, hinstellen, herüberschicken ‹ 2. Führen Sie - falls das möglich ist - zu folgenden Komposita Synonyme mit hinauf-, hoch-, fort- und wiedersowie Antonyme mit heran! In welchen Fällen sind Doppelbildungen möglich? zurücktreten, emporklettern, wegfliegen, zurückkehren, wegziehen, emporragen, zurückfallen, wegbleiben, emporreichen, wegessen, zurückbekommen, wegrollen, zurückgewinnen, emporsteigen ‹ 3. Stellen Sie fest, ob folgende Verben mit zurück- oder der Variante rückzu verbinden sind! Regelung fallen somit Verbindungen mit den vormals sehr häufig auftretenden Zweitgliedern lassen, lernen und bleiben sowie partizipiale Erstglieder wie verloren, gefangen: stehen lassen, kennen lernen, liegen bleiben, verloren gehen, gefangen nehmen. 229 Verbale Derivation In welchen Fällen sind beide Formen möglich? kriechen, datieren, denken, bauen, erstatten, lächeln, koppeln, halten, schlagen, versichern, müssen, buchen ‹ 4. Ordnen Sie die Komposita mit zusammenden Bedeutungsmustern ‚beieinander‘, ‚vermehren/ anhäufen‘, ‚verkleinern/ vermindern‘, ‚beschädigen/ verletzen‘ und ‚sich vereinen/ treffen‘ zu! zusammentragen, zusammenströmen, zusammenschlagen, zusammenwohnen, zusammenpressen, zusammenstürzen, zusammenfinden, zusammenbleiben, zusammenfalten, zusammenbetteln ‹ 5. Verbinden Sie die adverbialen Erstglieder hindurch-, hinaus-, davon-, dahin-, herauf-, herum- und herausmit den folgenden Verben! Beachten Sie, dass einige Verben außerhalb der Komposition relativ selten oder gar nicht vorkommen! Erklären Sie die Bedeutung der gebildeten Komposita! schwinden, beschwören, stolzieren, siechen, ekeln, stehlen, doktern, fädeln, posaunen, geistern, komplimentieren, platzen, stöbern ‹ 6. Bilden Sie mithilfe von hoch-, frei-, fest- und fehlgeläufige Verbalkomposita! sprechen, holen, kleben, interpretieren, kämpfen, deuten, lassen, hüpfen, frieren, greifen, klammern, wollen, haken, klettern, kaufen ‹ 7. Bilden Sie mithilfe von hohn-, feuer-, haus-, seil-, statt-, dank-, teil- und schaugeläufige Verbalkomposita! haben, sagen, turnen, verzinken, nehmen, tanzen, geben, lächeln, halten, finden 5.3 Verbale Derivation 5.3.1 Deverbale Derivation 5.3.1.1 Präfigierung Die Präfigierung freier Verben stellt bei der verbalen Wortbildung zweifellos die wichtigste Wortbildungsart dar. Ihre Aufgabe besteht darin, das Basisverb semantisch und/ oder syntaktisch zu modifizieren. Dafür zieht man eine große Anzahl recht verschiedenartiger Präfixe heran, die dem gewöhnlich simplizischen Verb vorangestellt werden. Auf die dadurch eintretenden Veränderungen ist zunächst näher einzugehen. 230 Zur verbalen Wortbildung Syntaktisch kann die Präfigierung eine Änderung der Valenz 12 des Basisverbs bewirken. Diese Veränderungen sind sehr vielfältig. Zu den wichtigsten zählen a) Valenzreduzierung; sie führt meistens zum Wegfall von längeren präpositionalen Fügungen: Ich steige in den Bus → ich steige ein. Sie schreibt das Wort an die Tafel → sie schreibt das Wort an. b) Reflexivierung; aus einem (in)transitiven Verb entsteht ein reflexives: Er spricht → er spricht sich aus. Sie läuft in die Irre → sie verläuft sich. c) Transitivierung (Akkusativierung); das intransitive Verb wird transitiv und verlangt folglich den Akkusativ: Du lachst → du lachst ihn aus. Sie bittet um Urlaub → sie erbittet Urlaub. Er droht mir → er bedroht mich. d) Präpositionalisierung; das Basisverb erfordert die Ergänzung durch eine präpositionale Fügung: Sie danken uns → sie bedanken sich bei uns. Er schmeichelt ihr → er schmeichelt sich bei ihr ein. (vgl. Erben 2000, 81f.; Kühnhold/ Wellmann 1973, 160ff.) 13 Mit dem Begriff semantische Modifikation werden verschiedene Erscheinungen beschrieben, nämlich temporale, lokale und modale Veränderungen, schließlich die sog. Aktionsarten, welche den zeitlichen und inhaltlichen Verlauf der Handlung charakterisieren (vgl. Helbig/ Buscha 1996, 72ff.). Oftmals sind die einzelnen Bedeutungsgruppen nicht scharf voneinander zu trennen, sodass es Überschneidungen gibt. Im Bereich der temporalen Modifikation werden die Präfixe genutzt, um die zeitliche Einordnung der Handlung zu realisieren: vorbestellen, nacherzählen. Man zieht sie insbesondere für die zeitliche Differenzierung der Aktionsarten heran. Folgende Bedeutungsmerkmale werden durch die Präfigierung unterstrichen: 12 Unter Valenz oder Wertigkeit versteht man die Fähigkeit eines Wortes oder Satzgliedes, andere Wörter oder Satzglieder an sich zu binden. Insbesondere das Verb eröffnet sog. „Leerstellen“, die besetzt werden müssen oder können. Näheres dazu s. Helbig/ Buscha (1996, 619ff.). 13 Manche Präfixderivate weisen mehr als eine der unter a) bis d) genannten syntaktischen Besonderheiten auf. Doch bleibt festzustellen, dass die meisten Verben in ihrer Valenz keine Veränderung erfahren. 231 Verbale Derivation a) ‚inchoativ‘ - das Präfixderivat kennzeichnet den Anfang einer Handlung: einschlafen, erblicken, loslaufen. Zuweilen kommt das Merkmal ‚punktuell‘ hinzu, wenn der plötzliche Beginn hervorzuheben ist: erklingen, anschalten, aufschreien. b) ‚perfektiv‘ - charakterisiert wird der Abschluss einer Handlung: versinken, abarbeiten, aufbrauchen. Oftmals sind die Verben mit dem Bedeutungsmerkmal ‚resultativ‘ verknüpft, wobei das Handlungsergebnis in den Vordergrund rückt: ausrechnen, erforschen, zerschneiden. In einigen Fällen wird zugleich eine Verstärkung (‚intensiv‘) zum Ausdruck gebracht: abstürzen, versterben. c) ‚durativ‘ - das Derivat signalisiert den reinen Handlungsverlauf, die unbestimmte Dauer, ohne die zeitliche Begrenzung anzugeben: durchschlafen. Auch hier kann die Präfigierung das Merkmal ‚intensiv‘ erhalten: anwachsen. 14 Die lokale Modifikation umfasst die räumliche Einordnung der Verbalhandlung; es handelt sich vorrangig um die Angabe von Richtungen. Diese können sehr vielfältig sein. Entsprechend stark ausgebaut sind die Präfixmodelle: absteigen, verlaufen, nachblicken, umstoßen, auffahren usw. In erheblich geringerem Umfang begegnen modale Veränderungen. Diese ergänzen die Grundbedeutung des Verbs um ein weiteres Merkmal. Allerdings sind jene Zusatzmerkmale recht verschiedenartig, sodass sie sich einer Klassifizierung entziehen. Als Beispiele seien hier nur ‚beschädigen‘ (zerschlagen) und ‚falsch‘ (sich verrechnen) erwähnt. Näheres dazu s. bei den einzelnen Präfixen. 5.3.1.2 Vorbemerkungen Der Bestand präfigierter Verben ist im Deutschen zahlenmäßig sehr groß. Sie bringen eine kaum überschaubare Menge von Bedeutungen zum Ausdruck. Hinzu kommt noch, dass viele Verben polysem, d.h. mehrdeutig sind, was ihre Einordnung zusätzlich erschwert. Eine umfassende Beschreibung der Präfixverben ist deshalb unmöglich und wird im Rahmen dieses Lehrwerks auch nicht angestrebt. 15 Im Mittelpunkt der Darstellung steht die semantische Modifikation, dabei gilt das Hauptaugenmerk der Erfassung wichtiger Bedeutungsmuster. Auf syntaktische Veränderungen wird gewöhnlich nur eingegangen, wenn sie entwe- 14 Die Unterscheidung der Aktionsarten erweist sich zuweilen als äußerst schwierig. Es können zahlreiche Präfixverben mehreren Aktionsarten zugeordnet werden. „Mischtypen“ sind daher charakteristisch. Ausführlich dazu s. Heidolph/ Flämig/ Motsch (1981, 501ff.) sowie Helbig/ Buscha (1996, 72ff.). 15 Zu verweisen ist an dieser Stelle auf die ausführliche Beschreibung der Präfixverben bei Kühnhold/ Wellmann (1973, 140ff.), Eichinger (1989, 18ff; 2000, 216ff.), Wellmann (1995, 439ff.) und Fleischer/ Barz (1995, 316ff.), auf die sich im Folgenden bezogen wird. 232 Zur verbalen Wortbildung der eine Hauptaufgabe des Präfixes oder typisch für bestimmte Modelle sind. Nur wenig Berücksichtigung können Modifikationen stilistisch-pragmatischer Art (vgl. Wellmann 1995, 444) finden. Das betrifft ebenfalls Idiomatisierungen, sofern sie nicht sehr gebräuchlich sind. Dagegen wird wiederum darauf geachtet, synonymische und antonymische Beziehungen mit einzubeziehen. Die meisten Präfixe tragen in hohem Maße zu Neubildungen bei. Aus diesem Grunde wird das Kriterium der Produktivität nur dann erwähnt, wenn diese eingeschränkt ist. Zunächst wird sich mit den untrennbaren (festen) Präfixverben befasst, danach folgen die trennbaren (unfesten), schließlich diejenigen, die sowohl trennals auch untrennbar sind. 5.3.1.3 Untrennbare Verben 5.3.1.3.1 Präfix bebegeht auf die ahd. Form bı ¯ mit der Bedeutung ‚um‘ zurück und ist verwandt mit bei (vgl. Fleischer 1983, 328). Für die Präfigierung nutzt man hauptsächlich einfache, seltener komplexe Verben (belächeln). befällt in erster Linie die Aufgabe zu, das Basisverb syntaktisch zu modifizieren. Durch diese syntaktische Spezialisierung unterscheidet es sich grundlegend von den anderen Präfixen. Es trifft eine Valenzänderung ein, die sich meist als Transitivierung niederschlägt, aber auch auf andere Weise sich äußern kann: a) Transitivierung intransitiver Verben • Dativobjekt → Akkusativobjekt: jmdm. dienen → jmdn. bedienen. • präpositionales Objekt → Akkusativobjekt: über etw. staunen → etw. bestaunen. 16 b) „Objektumsprung“ (Kühnhold/ Wellmann 1973, 163) • Dativobjekt (Person) + Akkusativobjekt (Sache) → Akkusativobjekt (Person) + präpositionales Objekt (Sache): jmdm. Geld schenken → jmdn. mit Geld beschenken. • Akkusativobjekt + Adverbialbestimmung → präpositionales Objekt + Akkusativobjekt: Bilder auf das Papier drucken → mit Bildern das Papier bedrucken. c) Reflexivierung • transitives Verb + Akkusativobjekt → reflexives Verb: trinken → sich betrinken. 17 16 Syntaktisch kompliziertere Konstruktionen wie die sog. Funktionsverbgefüge kann man auf diese Weise vereinfachen: etw. zur Sprache bringen → etw. besprechen, etw. in Rechnung stellen → etw. berechnen. 17 Das Reflexivverb lässt sich hier durch eine präpositionale Fügung ergänzen: sich mit Bier betrinken. 233 Verbale Derivation Schwach vertreten ist neben diesen rein syntaktischen Modellen die semantische Modifikation. Anzuführen sind hier be-Präfigierungen, die dem Muster ‚modal‘ (‚schließen‘) und ‚lokal‘ (‚darüber‘) dienen: bedecken, begießen. Ferner bringt beeine Verstärkung (‚intensiv‘) zum Ausdruck: lehren → belehren, bestrafen, bedrängen. Bei manchem Derivat erweist sich die intensivierende Funktion als so gering ausgeprägt, dass beweggelassen werden kann: (be)ruhen, (be)streben (vgl. ebenda, 355). Über die synonymische Konkurrenz von ver-, an- und übersowie die Antonymie von ents. 5.3.1.3.5, 5.3.1.5.2, 5.3.1.7.3, 5.3.1.3.2. behat in einigen Fällen eine Idiomatisierung der Basis bewirkt. Vgl.: reinigen → bereinigen (etw. wieder in Ordnung bringen, klären), begreifen (verstehen), berufen (jmdm. eine hohe Funktion übertragen). 5.3.1.3.2 Präfix ent- Es ist aus den ahd. Formen ant- und int- (‚gegen‘) hervorgegangen (vgl. Fleischer 1983, 332). Bei den Basen überwiegen einfache Verben; daneben greift man aber auch auf Suffixderivate (entbürokratisieren) zurück. Muster ‚lokal‘ Die lokale Bedeutung findet sich bei über 90 % der Präfigierungen (vgl. Wellmann 1995, 447); es ist somit unbestritten dessen Hauptaufgabe. Gekennzeichnet wird dadurch ein Sichentfernen ohne Zielangabe, das mit einer Bewegung ‚aus etw. heraus‘ verbunden sein kann. Liegt ein transitives Verb vor, wird das Entfernen des Objektes signalisiert: laden → Gepäck entladen. Bei intransitiven Verben entfernt sich dagegen das Subjekt. Häufig bildet das auftretende Dativobjekt den Ausgangspunkt des Sichfortbewegens: dem Unglück entkommen, dem Auto entsteigen. Konstruktionen dieser Art konkurrieren mit den aus-Präfigierungen (s. 5.3.1.5.4). Manche Verben drücken mit ihrer Grundbedeutung schon ein Entfernen aus. entfügt dann die Merkmale ‚perfektiv‘ und ‚intensiv‘ hinzu: entfallen, entsenden. Muster ‚modal‘ Die zahlenmäßig viel kleinere Bedeutungsvariante bezeichnet ein Aufheben oder Rückgängigmachen der Verbalhandlung. Vgl.: stören → entstören (eine Störung, z.B. in einer Telefonleitung, beseitigen), enterben, entwarnen. Als Basen können ferner fremdsprachige Suffixderivate auf -isier(en) dienen. Vgl.: problematisieren → entproblematisieren, entideologisieren (von Ideologie befreien). Bei desubstantivischer Basis bildet häufig bedas Gegenwort: entlüften - belüften. Über die Antonymie von vers. 5.3.1.3.5. 234 Zur verbalen Wortbildung Muster ‚inchoativ‘ entmarkiert den Beginn einer Handlung: entbrennen, entglimmen, entschlafen; 18 die wenigen Derivate gehören der gehobenen Stilebene an und lassen sich meist mit ‚anfangen/ beginnen zu etw.‘ (anfangen zu brennen, glimmen usw.) umschreiben. Zur Konkurrenz von eins. 5.3.1.5.6. Charakteristisch für entist der umfangreiche Bestand an demotivierten Bildungen; dazu rechnen solch geläufige Verben wie entscheiden, enthalten, entstehen, entsprechen, entwickeln. 5.3.1.3.3 Präfix ererbasiert auf dem ahd. ur-, das die Bedeutung ‚aus‘, ‚heraus‘, ‚hervor‘ hatte (vgl. Fleischer 1983, 332); es wird simplizischen Verben vorangestellt. 19 Muster ‚perfektiv‘ erkennzeichnet hier den Abschluss einer Handlung bzw. das Erreichen eines Handlungsergebnisses (‚resultativ‘). Die stark ausgebildeten Reihen zeigen z.T. die Verbindung mit dem Merkmal ‚intensiv‘: ererben, erraten, erarbeiten. Ist die Intensivierung nur wenig ausgeprägt, kann erentfallen: (er)retten, (er)dulden. Zur Konkurrenz von durchs. 5.3.1.7.2. Wie weit verbreitet und dominierend erin dieser Funktion ist, beweisen die vielen Okkasionalismen im heutigen Deutsch: erfliegen, erriechen, ersingen, erschwimmen, ersegeln, erlaufen (die letzten drei Derivate gebraucht man im Bereich des Sports). Mitunter ist in den Handlungsergebnissen der Präfigierungen noch ansatzweise eine räumliche Komponente (‚lokal‘) erkennbar. Sie umfasst eine Aufwärtsbewegung (‚nach oben‘) wie in erbauen, errichten sowie die Richtung ‚von innen nach außen‘: erfließen, ergießen. Letztere entspricht Komposita mit herausals Erstglied (vgl. Kühnhold/ Wellmann 1973, 221; Eichinger 2000, 226): herausfließen, herausgießen. Typisches Kennzeichen der Präfixderivate ist das Auftreten von Valenzveränderungen. Stark ausgebildet ist die Transitivierung, die den Wegfall präpositionaler Fügungen bedingt: um etw. kämpfen → etw. erkämpfen, sich nach etw. sehnen → etw. ersehnen. Daneben stößt man auf den Objektumsprung und - seltener - die Reflexivierung: jmdn. zu etw. zwingen → etw. von jmdm. erzwingen, von etw. träumen → sich etw. erträumen. Innerhalb der perfektiven Verben mit Resultatsbezug bilden Derivate zur Bezeichnung einer geistigen Tätigkeit eine große Gruppe: erdenken, erahnen, erfassen (verstehen); das Präfix steht hier in Konkurrenz zu aus- (s. 5.3.1.5.4). Eng daran anzuschließen sind Verben, die ein Bitten realisieren: erbetteln, erbeten. 18 entschlafen steht euphemistisch (verhüllend) für (eines sanften Todes) sterben. 19 erlässt sich zwar nicht an komplexe Basen anschließen, stellt aber seinerseits die Basis für andere Präfigierungen: umerziehen, auserwählen. 235 Verbale Derivation Eine weitere Sondergruppe stellen die er-Bildungen aus dem Bereich der physischen Gewaltanwendung und des Zugrundegehens (‚töten/ sterben‘) dar. Es sind Verben, die das Vernichten oder Töten von Leben durch Menschen näher bestimmen: erhängen, erschlagen, erschießen, ertränken, erdrosseln. Muster ‚inchoativ‘ ersignalisiert den Beginn einer Handlung oder eines Vorganges; dieser kann plötzlich sein, was sich im Merkmal ‚punktuell‘ niederschlägt. Die Verben stammen hauptsächlich aus dem Bereich der optischen und akustischen Wahrnehmung und gelten als gehoben: erstrahlen, erklingen, ertönen, erblühen. Über die Konkurrenz von aufbzw. die Antonymie von vers. 5.3.1.5.3, 5.3.1.3.5. Etliche Derivate sind idiomatisiert: erfahren, erhalten, erzählen. Unikale Verbstämme haben u.a. erlauben, sich erinnern. 5.3.1.3.4 Präfix missmisswird als einziges Verbalpräfix auch bei den Nomen gebraucht (s. 3.3.3.2.4); es ist heute kaum produktiv und präfigiert Simplizia, sehr selten komplexe Verben (missverstehen). Semantisch lässt sich missdem Muster ‚modal‘ zuordnen. Es dient der Negierung der Verbalhandlung, wobei das Zusatzmerkmal ‚falsch/ verkehrt‘ zum Ausdruck kommt. Eine Valenzänderung tritt dadurch nicht ein: missglücken, missachten, missgönnen, missleiten. misskonkurriert z.T. mit dem Erstglied fehl- (fehlleiten) sowie mit ver- (s.u.). 20 5.3.1.3.5 Präfix ver- Aus sprachhistorischer Sicht ist verdas Resultat des Zusammenschlusses dreier ursprünglich selbstständiger Präpositionen des Gotischen mit der Bedeutung ‚vor(bei)‘, ‚weg - von‘ und ‚hindurch‘ (vgl. Mungan 1986, 133). Es ist das mit Abstand produktivste Präfix im Bereich der deverbalen Ableitungen. 21 verschließt sich meist an simplizische Verben an, seltener an Suffixderivate; unter ihnen befinden sich zahlreiche Fremdbasen (verkomplizieren). Häufig begegnen Doppelpräfigierungen, in denen verdie erste (bei denominalen Ableitungen) oder zweite Stelle (bei deverbalen Ableitungen) einnimmt: vernachlässigen, umverteilen. Schon aufgrund seiner innewohnenden Bedeutung gehört verzu den multifunktionalen Präfixen. Es ist an der Realisierung zahlreicher semanti- 20 Einige Bildungen stellen keine Präfigierungen einfacher Verben dar. misshat dort lediglich das inzwischen unproduktive Präfix geersetzt: missfallen ← gefallen, misslingen ← gelingen (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 324). 21 Sein Anteil an der Bildung untrennbarer Verben beträgt ca. 45 % (vgl. Wellmann 1995, 445). 236 Zur verbalen Wortbildung scher Muster beteiligt, die sehr breit gefächert sind und ihrerseits über Submuster verfügen. Muster ‚perfektiv‘ Das Signalisieren der vollständigen Durchführung bzw. Beendigung einer Handlung ist die Hauptfunktion des Präfixes (vgl. Kühnhold/ Wellmann 1973, 314): vermischen, verwandeln, verändern, verblühen, verteilen, verklingen. Zur Synonymie mit ab-, auf- und auss. 5.3.1.5.1, 5.3.1.5.3, 5.3.1.5.4. Ein antonymisches Verhältnis besteht zu er-, da dieses den Anfang der Handlung markiert; der Anschluss an gleiche Basen ist jedoch nur eingeschränkt möglich: verblühen - erblühen, verklingen - erklingen. Die perfektierende Funktion ist manchmal mit einer syntaktischen Modifikation verbunden (Transitivierung, Objektumsprung). Vgl.: jmdm. folgen → jmdn. verfolgen, über etw. schweigen → etw. verschweigen, mit jmdm. sprechen → etw. jmdm. versprechen usw. Das Hauptmuster ‚perfektiv‘ vereinigt in sich verschiedene Untergruppen; eine maßgebliche Rolle spielt hierbei die Semantik des Basisverbs (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 325f.). • Submuster ‚resultativ‘ Bezeichnet werden i.d.R. menschliche Tätigkeiten, die ein Verarbeiten bzw. Nutzen irgendeines Stoffes oder Gegenstandes zum Ziel haben: verbacken, verfüttern, verrauchen (Tabak). Hier einzuordnen sind teilweise umgangssprachlich geprägte Präfigierungen mit der Bedeutung ‚etw. verschwenden‘. Sie beziehen sich gewöhnlich auf a) Geld oder b) Zeit: a) verjubeln, verschleudern, verspielen (im Casino) b) verschlafen, vertrödeln (die Zeit verbringen ohne etw. Nützliches zu tun), verpennen (ugs. für verschlafen). Das Merkmal ‚resultativ‘ zeigen ferner Verben an, welche ein (langsames) Zugrundegehen oder Sterben von Lebewesen, Pflanzen und Stoffen kennzeichnen: verbluten, verdampfen, verhungern, vertrocknen (vgl. auch Kühnhold/ Wellmann 1973, 316). • Submuster ‚verbinden‘ Man bezeichnet dadurch das Verbinden zweier oder mehrerer Dinge oder abstrakter Größen. Nicht selten ist das Zusatzmerkmal bereits im Basisverb angelegt: verwachsen, verheiraten, verfließen (Farben), verflechten (Bänder). Als Synonym zu vertritt zusammenauf, was aber nur auf einen Teil der Verben zutrifft: zusammenwachsen, zusammenfließen. Ebenfalls nur in wenigen Fällen bietet sich entals Antonym an: entflechten. 237 Verbale Derivation • Submuster ‚lokal‘ verdient dem Ausdruck des Sichentfernens eines Objektes oder Subjektes, wobei auch hier die lokale Bedeutung oftmals in den Verben enthalten ist: verjagen, vertreiben, verreisen, verziehen (sich an einen anderen Ort bewegen), versetzen (Steine). Synonymisch konkurriert vermit weg-, ähnlich oft mit fort-; bei zahlreichen Basen lassen sich beide Formen anschließen: wegreisen, wegtreiben, forttreiben, wegjagen, fortjagen, wegziehen, fortziehen. Muster ‚modal‘ Art und Weise der Verbalhandlung werden als ‚falsch‘ bzw. ‚fehlerhaft‘ betrachtet: verformen, verkennen (etw. falsch beurteilen). Einige z.T. idiomatisierte Präfigierungen dienen der Negierung der Grundbedeutung: wünschen → verwünschen, achten → verachten. Synonymisch dazu ist in Einzelfällen miss- (missachten), das darüber hinaus auch das Gegenwort bilden kann: vergönnen - missgönnen. Häufige Begleiterscheinung ist die Umwandlung des Basisverbs in ein reflexives Verb (Reflexivierung): fahren → sich verfahren (in die falsche Richtung fahren), sich verschreiben, sich verhören. Die falsche Ausführung der Handlung kann sich ferner mit einem ‚Übermaß‘ verbinden: versalzen (zu viel Salz in etw. geben), verwürzen. Eine weitere Gruppe fasst Verben zusammen, die den Zugang zu etw. verhindern (‚schließen‘): verschließen, verdecken, verhängen (Fenster mit Decken). verkonkurriert hier mit den be-Derivaten: bedecken, behängen. Zur Synonymie von zu- und Antonymie von aufs. 5.3.1.5.10, 5.3.1.5.3. Muster ‚intensiv‘ verführt zu einer Verstärkung der Grundbedeutung des Basisverbs: vermeiden, verspüren, vertrauen, verkonsumieren, vermaskieren. Allerdings ist festzustellen, dass in nicht wenigen Fällen - das betrifft insbesondere Verben auf -ier(en) - das Intensivierungspräfix weglassbar ist (vgl. ebenda, 354; Fleischer/ Barz 1995, 326). 22 Zum ver-Bestand gehören zahlreiche demotivierte Formen. Darunter befinden sich etliche mit unikaler Basis: vergeuden, verlieren, verletzen, vergessen. 5.3.1.3.6 Präfix zerzerist vermutlich aus dem Zusammenschluss der ahd. Formen zi- und ze- (‚entzwei‘, ‚auseinander‘) hervorgegangen (DUW) und gehört heute zu den 22 Zu berücksichtigen ist, dass zahlreiche ver-Verben aufgrund ihrer Polysemie mehreren Mustern zugeordnet werden können. Vgl. dazu verfliegen: ‚lokal’ + ‚modal’ (‚falsch’): der Pilot hat sich im Nebel verflogen; ‚resultativ’ (mit einzelnen Subreihen): er verfliegt (verbraucht) den ganzen Sprit, der Rauch verfliegt (verschwindet) in der Luft, die Stunden sind verflogen (schnell vergangen) (DUW). Die Beteiligung an mehreren Mustern lässt sich nicht nur bei verbeobachten, sondern ist ein Kennzeichnen vieler Präfixverben. 238 Zur verbalen Wortbildung begrenzt produktiven Präfixen. Für die Ableitung werden einfache Verben genutzt. zerkennzeichnet den Abschluss bzw. das Resultat einer Handlung, zeigt aber zugleich, wie dieses Resultat aussieht. Somit lassen sich die Derivate sowohl dem Muster ‚resultativ‘ als auch ‚modal‘ zuordnen. In Abhängigkeit von der Semantik der Basisverben sind zwei eng miteinander verknüpfte Gruppen feststellbar: a) ‚teilen/ zerkleinern‘ Die Mehrzahl der Verben beschreibt mit ihrer Grundbedeutung schon das Auflösen eines Ganzen - meist mittels Werkzeug - in einzelne Teile; zerhat dann außerdem eine verstärkende Funktion. Durch die Präfigierung werden intransitive Verben stets transitiviert. Vgl.: zerbrechen, zerhacken, zerspalten, zerfließen. b) ‚beschädigen‘ zerdrückt aus, dass etwas beschädigt, (total) zerstört oder unbrauchbar gemacht wird. Vgl.: zerschlagen, zerbohren, zerklopfen. Auch hier gibt es Verben, die das Bedeutungsmerkmal ‚beschädigen‘ bereits enthalten: zerkratzen, zerknittern, zerreißen. Nicht selten begegnen Derivate, die zugleich das Muster ‚teilen‘ und ‚beschädigen‘ ausdrücken. Erst der Kontext erlaubt genauere Rückschlüsse. Vgl. dazu das Verb zerreißen: • ‚teilen‘: Papier in Stücke zerreißen • ‚beschädigen‘: die Hose durch einen Nagel zerreißen. Das Präfix konkurriert mit ver-, wenn Letzteres ein resultatives Aufbrauchen oder Verschwinden bzw. eine falsch durchgeführte Handlung charakterisiert. Vgl.: zerrühren - verrühren, zerrinnen - verrinnen (Schnee in der Sonne), zerkochen - verkochen (Nudeln) (vgl. Kühnhold/ Wellmann 1973, 335). Über die Synonymie von durchs. 5.3.1.7.2. Seltener gibt es Entsprechungen mit dem kompositionellen Erstglied kaputt- (‚beschädigen‘): kaputtschlagen, kaputttreten. 5.3.1.4 Übungen ‹ 1. Präfigieren Sie die Verbformen mit be-! Achten Sie auf die syntaktischen Veränderungen! Beispiel: Sie steigt auf das Pferd → Sie besteigt das Pferd. a) Die Sonne scheint auf die Felder. b) Man darf in diese Straße nicht fahren. c) Gestern hat sie mir gedroht. d) Mein Freund wohnt in der ersten Etage. e) Die Mannschaft hat über alle Gegner gesiegt. 239 Verbale Derivation f) Im letzten Urlaub reisten wir durch den Kaukasus. g) Der Soldat wacht am Eingang zur Kaserne. h) Sie antwortete nicht mehr auf meine Briefe. ‹ 2. Verwenden Sie die Verbformen ohne Präfix be-! Achten Sie auf die syntaktischen Veränderungen! a) Sie belächelte seine Unwissenheit. b) Wir betrauern die Opfer der Flutkatastrophe. c) Die Spanier beherrschten Mexiko. d) Du hast das Zimmer betreten. e) Im Zirkus bestaunen die Zuschauer die Tierdressuren. f) Das Flugzeug befliegt nur diese Strecke. g) Es ist wichtig, die Kriminalität zu bekämpfen. h) Einige Indianerstämme besiedeln das Gebirge. ‹ 3. Bilden Sie mithilfe der in Klammern stehenden Wörter Sätze mit und ohne be-! Achten Sie auf die syntaktischen Veränderungen! Beispiel: kleben/ bekleben (Verkäuferin, Preisetikett, Hemd): Die Verkäuferin klebt das Preisetikett auf das Hemd. Die Verkäuferin beklebt das Hemd mit dem Preisetikett. a) streichen/ bestreichen (ich, rote Farbe, Blech) b) gießen/ begießen (er, Wasser, Rosen) c) hängen/ behängen (wir, Plakate, Wand) d) trinken/ betrinken (er, Schnaps) e) laden/ beladen (Fahrer, LKW, Steine) f) saufen/ besaufen (einige Touristen, Wein) g) pflanzen/ bepflanzen (Gärtner, Beete, Tulpen) h) werfen/ bewerfen (Kinder, Schneebälle, wir) ‹ 4. Ordnen Sie die Verben mit entden Mustern ‚lokal‘ (‚entfernen‘), ‚modal‘ (‚rückgängig machen‘) sowie ‚inchoativ‘ zu! Bilden Sie - falls das möglich ist - Antonyme mit be-! entmagnetisieren, entzünden, enteilen, entkleiden, entschärfen, entbrennen, entkommen, entziehen (finanzielle Unterstützung), entlaufen (Katze), entsalzen, entsenden, entsorgen (Müll), entkolonialisieren, entschlummern ‹ 5. Bilden Sie mithilfe der in Klammern stehenden Wörter Sätze mit entin lokaler Bedeutung! Beachten Sie, dass der Ausgangspunkt des Sichfortbewegens im Dativ steht! 240 Zur verbalen Wortbildung Beispiel: entwachsen (Boden, Pilze) → Pilze entwachsen dem Boden. a) entschlüpfen (Ei, Küken) b) entklettern (Pilot, Flugzeug) c) entweichen (Luft, Reifen) d) entnehmen (du, Buch, Regal) e) entgleiten (Porzellan, meine Hände) f) entreißen (Dieb, alte Frau, Handtasche) g) entfliehen (Gefängnis, Häftlinge) h) entströmen (Gas, Rohr) ‹ 6. Ordnen Sie die Verben mit erden Mustern ‚resultativ‘ (‚geistige Tätigkeit‘, ‚bitten‘, ‚töten/ sterben‘) sowie ‚inchoativ‘ zu! erbeben, errechnen, erstechen, erzittern, ermorden, ersuchen, eröffnen, erwürgen, erschallen, erlernen, erstrahlen, erdichten, erdrosseln, erfrieren, erdenken, erflehen ‹ 7. Bilden Sie mithilfe der in Klammern stehenden Wörter Sätze mit und ohne er-! Achten Sie auf die syntaktischen Veränderungen! a) forschen/ erforschen (Mediziner, Ursachen des Krebses) b) bitten/ erbitten (Studenten, mehr Zeit) c) hoffen/ erhoffen (ich, höheres Gehalt) d) blicken/ erblicken (Touristen, Berge) e) flehen/ erflehen (Mörder, Gnade) f) träumen/ erträumen (wir, das große Glück) g) streben/ erstreben (er, Macht und Reichtum) h) ringen/ erringen (Sportlerin, Sieg) i) klettern/ erklettern (Affe, Palme) ‹ 8. Präfigieren Sie folgende Verben mit miss-! Achten Sie dabei auf die Veränderungen des Basisverbs! Führen Sie - falls das möglich ist - Synonyme mit fehl- und versowie Antonyme mit veran! behagen, geraten, achten, gelingen, leiten, trauen, gebrauchen ‹ 9. Ordnen Sie die Verben mit verden Mustern ‚resultativ‘ (‚verarbeiten/ nutzen‘), (‚verschwenden‘), (‚zugrunde gehen/ sterben‘), (‚verbinden‘), ‚lokal‘ (‚entfernen‘), ‚modal‘ (‚falsch/ fehlerhaft‘), ‚modal‘ (‚schließen‘) zu! Führen Sie - falls das möglich ist - Synonyme mit fort- und wegan! verheizen (Kohlen), verdursten, sich verzählen, verplaudern (Zeit), verriegeln, verlagern (Gewicht), verstreichen (Farbe), verknüpfen, verblühen, 241 Verbale Derivation vernageln (Fenster), sich verschlucken, verpflanzen, verenden, versaufen (Geld), verdecken, verschleppen, verfüttern (Möhren), verkochen (Gemüse), verdrängen, verschmieren (Fugen), verbluten, verpfeffern, verschieben (Tisch), verschleudern (Energie), vergraben (Schatz), vereinigen, sich verlesen, verjagen, verheiraten, verlöten, sich versprechen, verbummeln (Tag), vermahlen (Getreide), vermischen, verrutschen (Strümpfe), verwehen (Laub) ‹ 10. Ordnen Sie die Verben mit zerden Mustern ‚teilen/ zerkleinern‘ und ‚beschädigen‘ zu! zerstechen (Autoreifen), zerstampfen (Kartoffeln), zerknittern (Hemd), zerwühlen (Acker), zergliedern (Sätze), zerlegen (Motor), zertreten (Blumen), zersägen (Baumstamm), zerkauen (Speisen), zerkratzen (Lack), zerbomben (Stadt), zerschneiden (Fleisch) 5.3.1.5 Trennbare Verben 5.3.1.5.1 Präfix ab- Im Bereich der trennbaren Präfixe erweist sich abals das am häufigsten genutzte Präfix und ist in dieser Hinsicht mit verzu vergleichen (vgl. Wellmann 1995, 450). Eine weitere Parallele zur verbesteht darin, dass sich die mittels abrealisierten semantischen Muster durch eine große Vielfalt auszeichnen. abpräfigiert vornehmlich einfache Verben, außerdem Präfix- und Suffixderivate (aburteilen, abfotografieren). Muster ‚lokal‘ Das Beschreiben räumlicher Beziehungen ist die wichtigste Aufgabe des Präfixes. Diese sind aber stark differenziert und schlagen sich in Subreihen nieder. • Submuster ‚entfernen‘ Bezeichnet wird das Sichfortbewegen von Objekten oder Subjekten, ohne dabei eine bestimmte Richtung anzugeben. Vgl.: abhängen (Bilder), ableiten (Wasser), abliefern, abgeben, abmarschieren, abfahren. Bei den Bewegungsverben tritt abmeist in synonymische Konkurrenz zu den Erstgliedern weg- und fort-: weghängen, forthängen, wegmarschieren, fortmarschieren, wegfahren, fortfahren. Nur manchmal konkurriert es mit ent-: abladen - entladen. Über die Antonymie von ans.u. Die Art des Entfernens wird schließlich auch durch die Basissemantik beeinflusst, sodass innerhalb der Untergruppe weitere Reihen begegnen. Erwähnenswert sind ab-Bildungen, welche das Trennen eines Teils vom Ganzen (vgl. Kühnhold/ Wellmann 1973, 213) angeben, was meist mithil- 242 Zur verbalen Wortbildung fe eines Werkzeugs geschieht: abhauen, abschneiden, absägen. Als Synonym kann wieder wegangesehen werden (weghauen, wegschneiden), ferner los- (s. 5.3.1.5.7). Eine andere Reihe bilden Verben, die ein Vorbild oder Original imitieren, d.h. es übernehmen oder kopieren: abschreiben (Tabelle), ablesen (Text). Hinzu kommen noch ab-Derivate mit der Bedeutung ‚etw. von einer Person verlangen, um daraus einen Vorteil zu gewinnen‘: abzwingen, abfordern, abknöpfen (jmdn. zwingen, etw. herzugeben). Die syntaktische Modifizierung äußert sich zumeist als Transitivierung: geben (intransitiv) → abgeben (Brief). Weniger häufig ist der Objektumsprung: von jmdm. etw. fordern → jmdm. etw. abfordern. • Submuster ‚beenden‘ Akustische Zeichengebung sowie das Betätigen von Maschinen und Vorrichtungen führen zum Beenden oder Unterbrechen (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 329): abpfeifen (Fußballspiel), abschalten (Fernseher), abstellen (Motor). Zur Synonymie von aus- und Antonymie von ein- und auss. 5.3.1.5.4, 5.3.1.5.6. • Submuster ‚nach unten‘ Die kleinste lokale Untergruppe zeigt eine Abwärtsbewegung an. Wie bei zahlreichen anderen Mustern ist im Basisverb die Bewegungsrichtung meist schon vorgegeben (vgl. Eichinger 2000, 241ff.): abspringen, absteigen, abstürzen, abbauen (Zelt), sich abregen. In Konkurrenz zu abstehen die kompositionellen Erstglieder herab-, hinab-, herunter-, hinunter-, die beliebig austauschbar sind: herabspringen, hinabsteigen, hinunterstürzen, herunterspringen. Doch fällt auf, dass die Komposita stärker die Zielorientierung (‚nach unten‘) - aus der Sicht des Sprechenden vom Ausgangspunkt der Bewegung betrachtet - betonen, während abaußerdem das unkonkrete Entfernen (wegspringen) mit einbezieht (vgl. ebenda; Kühnhold/ Wellmann 1973, 176). Über die Antonymie von aufs. 5.3.1.5.3. Muster ‚perfektiv‘ Gekennzeichnet wird die vollständige Durchführung einer Handlung bis zu ihrem Ende: abwarten, ablaufen (Strecke), abschießen (Tier). Bei manchem Derivat tritt die Nuance ‚beschädigen‘ und/ oder ‚langsam‘ hinzu: ablatschen (Schuhe), abtragen (Kleidung), absterben (Pflanze). Das Merkmal ‚intensiv‘ weisen dagegen Derivate wie abschätzen, abfangen, sich abquälen, abmühen auf. Wenn die Intensivierung als nicht notwendig aufgefasst wird, kann das Präfix jedoch auch entfallen. 243 Verbale Derivation Muster ‚modal‘ Zu diesem Muster gehört nur eine relativ kleine Zahl von Bildungen. Sie haben eine aufhebende Wirkung, denn etwas wird rückgängig gemacht (‚entgegen‘): sich abmelden, abbestellen (Zeitung). 5.3.1.5.2 Präfix an- Das Präfix anwird vor allem simplizischen Verben vorangestellt. Es präfigiert aber ebenso, wenn auch in geringem Umfang, komplexe Verben, darunter Suffix- und Präfixderivate (anmontieren, anerkennen). Muster ‚lokal‘ anist das wichtigste Präfix für den Ausdruck der sog. Kontaktfunktion. Sie äußert sich in Form zweier Submuster, die sich vielfach eng berühren und zuweilen nur schwer zu trennen sind. • Submuster ‚annähern‘ Es werden bestimmte Basisverben bevorzugt. Dazu zählen u.a. Verben der Bewegung (anfliegen, ankommen), des Mitteilens/ Äußerns, darunter auch Tiergeräusche (anlügen, anschreien, anbellen), des Sehens (anschauen, anlächeln), ferner Verben, die das Bewegen von Luft, Feuchtigkeit oder Licht auf ein Objekt benennen: anblasen, anspucken, anstrahlen (vgl. Kühnhold/ Wellmann 1973, 179ff.). Das Zusatzmerkmal ‚einen Widerstand überwinden‘ enthalten Basen wie ankämpfen und anstürmen. Daneben gibt es noch die Komponente ‚intensiv‘, womit - vor allem bei durativen Verben - eine Zunahme oder Vergrößerung (einer Menge) angegeben wird: anwachsen, anschwellen (Adern). Eine Sonderstellung nehmen bei den Bewegungsverben Kombinationen mit ankommen und Partizip II ein. Während kommen allein steht, wird das Präfix animmer der Partizipialform vorangestellt. Man realisiert damit eine Bewegung des Objektes auf den Sprecher zu: sie kommen angerannt, angereist, anmarschiert usw. • Submuster ‚verbinden/ befestigen‘ Aufgrund ihrer breiten Fächerung ist eine semantische Klassifizierung der Basen kaum möglich. Es überwiegen aber Verben, die das Verbinden oder Berühren zweier Dinge bereits signalisieren: anfügen, anschrauben, annähen, anbinden. Das Annähern bzw. Herstellen des Kontaktes hat gewöhnlich eine Transitivierung zur Folge; diese ist oft an eine Valenzreduzierung bzw. -änderung gekoppelt. Vgl.: schreien → jmdn. anschreien, einen Knopf an den Mantel nähen → einen Knopf annähen, jmdm. einen Brief schreiben → jmdn. anschreiben, jmdm. ins Gesicht blasen → jmdn. anblasen. 244 Zur verbalen Wortbildung Die Subreihe ‚Widerstand überwinden‘ verlangt zudem die Ergänzung durch die Präposition gegen: gegen die Flut ankämpfen, gegen die Barrikade anstürmen. In Konkurrenz zu ansteht be-, wenngleich diese nur partiell ist, denn anbeschreibt eher das Berühren, während bei bedas vollständige Erfassen in den Vordergrund rückt. Vgl.: anschauen - beschauen, anlügen - belügen, anstrahlen - bestrahlen, anmalen - bemalen, anrennen - berennen. Für die antonymischen Beziehungen nutzt man beim Submuster ‚verbinden/ befestigen‘ ab- (abbinden, abschrauben) und -los (s. 5.3.1.5.7). Muster ‚inchoativ‘ anhebt den Beginn einer Handlung hervor. Neben einer Menge nicht klassifizierbarer Bildungen werden - in Abhängigkeit von der Semantik der Basisverben - einzelne Submuster sichtbar. Dazu zählen Verben der manuellen Tätigkeit (anbohren, ansägen) und des Kochens (anbraten, anrösten). Präfigierungen dieser Art zeichnen sich dadurch aus, dass sie zeitlich begrenzt und wenig intensiv sind (‚kurzzeitig/ geringer Grad‘). Ferner treten Handlungen hinzu, welche die Inbetriebnahme technischer Geräte zum Ziel haben: anschalten, anlassen (Triebwerke). Als Gegenwort fungiert in wenigen Fällen ab-: abschalten. Über die Konkurrenz von eins. 5.3.1.5.6. Eine weitere Untergruppe bilden Verben mit der Zielsetzung, Personen zu Handlungen zu bewegen (‚Personen aktivieren‘): antreiben, anregen. Erst jüngeren Datums sind Derivate, welche im Bereich verschiedener Sportarten das erste Mal in einer Saison signalisieren (vgl. Wellmann 1995, 451; Fleischer/ Barz 1995, 332): ansegeln, anschwimmen, anwandern. 5.3.1.5.3 Präfix auf- Für die Präfigierung zieht man vor allem einfache, in begrenzter Zahl komplexe Verben (aufmarschieren) heran. Liegt ein Präfixderivat vor, handelt es sich um eine er-Bildung (auferstehen, auferlegen). aufverfügt über eine ähnlich große semantische Vielfalt wie ver-. Muster ,lokal‘ Räumliche Beziehungen zu kennzeichnen ist die Hauptaufgabe des Präfixes. Innerhalb des Hauptmusters sind Untergruppen mit weiteren Differenzierungen vorzufinden. • Submuster ‚nach oben‘ aufmarkiert eine allgemeine Aufwärtsbewegung: aufschauen, auftauchen; dabei kann die Bewegungsrichtung schon im Basisverb enthalten sein: aufsteigen (Rauch). Liegen Verben der Bewegung und der optischen Wahrnehmung (des Sehens) vor, treten in Konkurrenz zum Präfix auf-, herauf-, hinauf-, hoch- und 245 Verbale Derivation teilweise empor-. Nicht selten kann man alle Konkurrenzformen an die gleiche Basis anfügen: heraufschauen, hinaufschauen, hochschauen, emporschauen, heraufsteigen, hinaufsteigen, hochsteigen, emporsteigen. Doch steht bei den Verbalkomposita mit aufwiederum die Zielkomponente (‚nach oben‘) stärker im Mittelpunkt (s. auch ab-). Das Submuster bildet weitere Reihen aus, die von der Semantik der zugrunde liegenden Verbalhandlungen beeinflusst werden. So kann es sich um ein Bewegen des Subjekts (aufhüpfen, sich aufschwingen) oder Objekts (aufbauen, aufsammeln) handeln. Weniger konkrete Richtungsangaben finden sich in Verben, die eine Erweiterung des Volumens benennen: aufblasen, aufpumpen. Hierher gehören ferner Verben mit der Bedeutungskomponente ‚Schmutz entfernen‘: aufwischen, aufkehren. Eine Sondergruppe repräsentieren Verben, die ein Bewegen einer Person, d.h. „ein Aufstören aus einer seelischen Ruhelage“ (Kühnhold/ Wellmann 1973, 171) erreichen wollen: jmdn. aufregen, aufbringen (wütend machen). Als Gegenwörter können Präfixderivate mit abfungieren, sofern eine „eindeutige“ Aufbzw. Abwärtsbewegung vorliegt: aufbauen - abbauen, aufspringen - abspringen. 23 • Submuster ‚Oberflächenkontakt‘ Das Derivat bringt zum Ausdruck, dass der Kontakt an der Oberseite bzw. an der Oberfläche eines Objektes (‚von oben‘) entsteht: aufgießen, aufprallen (ein Auto auf einen Baum), aufleimen, aufdrucken. Die synonymische Konkurrenzform ist in diesen Fällen das Erstglied darauf (ugs. drauf): d(a)raufgießen, d(a)raufprallen, d(a)raufleimen usw. Führt der Kontakt zu einer festen Verbindung, bildet andas Synonym: aufnageln - annageln, aufheften - anheften (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 334; Eichinger 2000, 238f.). Neben Gegenständen kann sich die Kontaktaufnahme ebenso auf Personen beziehen. Sie verbindet sich jedoch mit einer pejorativ empfundenen Komponente, denn es soll eine gegen den Willen der Person gerichtete Handlung realisiert werden. Vgl.: aufzwingen, aufschwatzen (jmdn. dazu überreden, etw. zu kaufen, was er eigentlich nicht möchte). Bei einem Teil der lokalen Präfixderivate kann man syntaktische Modifizierungen beobachten. Gewöhnlich sind es Valenzreduzierungen (teilweise mit Objektverschiebungen): etw. auf den Stoff drucken → etw. aufdrucken, jmdn. zu etw. zwingen → jmdm. etw. aufzwingen. 23 So sind z.B. keine lokalen Gegenwörter zu abfallen (Blätter von Bäumen) oder abstürzen (Flugzeug) bildbar. 246 Zur verbalen Wortbildung Muster ‚modal‘ • Submuster ‚öffnen/ auseinander gehen‘ aufbezeichnet ein Öffnen bzw. Auseinandergehen. Wie dies geschieht, hängt von der Semantik des Basisverbs ab: aufschlagen (Ei), aufkratzen (Wunde), aufschließen (Tür), aufschnüren (Schuh). Den Bildungen entsprechen syntaktische Fügungen mit dem Adverb offen: die Wunde, die Tür, der Schuh ist offen. Antonymisch stehen aufteilweise ver- (verschließen, verschnüren) sowie zu- (s. 5.3.1.5.10) gegenüber. • Submuster ‚Zustandsverbesserung‘ Der neue und zugleich bessere Zustand verbindet sich gelegentlich mit einer (einmaligen) Wiederholung (‚iterativ‘): aufwärmen (Suppe), aufkochen, aufpolieren (u.a. Möbel glänzend machen). Muster ‚inchoativ‘ Das i.d.R. plötzliche Eintreten der Handlung (‚punktuell‘) findet sich gewöhnlich bei Verben, die der Bezeichnung optischer Erscheinungen, (menschlicher) Geräusche oder Lautäußerungen dienen: aufleuchten, aufklingen, aufglühen, aufschluchzen. Bei einem Teil der Formen tritt erals Synonym auf: erklingen, erglühen. Über die Konkurrenz von loss. 5.3.1.5.7. Muster ‚perfektiv‘ Die Derivate bezeichnen den vollständigen Abschluss einer Handlung - genauer gesagt - das restlose Verarbeiten oder Beseitigen eines Objektes (vgl. Kühnhold/ Wellmann 1973, 325): aufbrauchen (Heizöl), auffressen, aufteilen. Daraus resultiert das synonymische Verhältnis zu ver-. Doch ist der Anschluss an gleiche Basen nur selten möglich: verbrauchen, verteilen. Perfektive Bildungen weisen mitunter das Zusatzmerkmal ‚intensiv‘ auf. Wo es als nicht notwendig erachtet wird, kann das Präfix auch entfallen: (auf)speichern, (auf)finden, sich (auf)opfern (vgl. ebenda, 354; Fleischer/ Barz 1995, 334f.). Im auf-Bestand gibt es zahlreiche unterschiedlich idiomatisierte Bildungen, besonders als Formen des Partizips II: aufgeschossener (sehr großer und schlanker) Junge, aufgekratzte (gute) Stimmung, aufgewecktes (schnell denkendes, intelligentes) Kind. 5.3.1.5.4 Präfix aus- Das Präfix stellt man hauptsächlich einfachen Verben voran; komplexe Basen wie ausverkaufen haben Ausnahmecharakter. 247 Verbale Derivation Muster ‚lokal‘ Die Hauptfunktion des Präfixes besteht darin, ein Entfernen mit der Richtungsangabe ‚von innen nach außen‘ - meist aus Gebäuden, Behältern oder Gefäßen heraus - zu kennzeichnen. Damit wird eine „Grenzüberschreitung“ (Eichinger 2000, 234) markiert. Als Basen gebraucht man u.a. Verben der Bewegung und der manuellen Tätigkeit: ausfahren, auslaufen, auskriechen, ausschütten, ausladen. Das Bewegen kann sich auch auf Flüssigkeiten beziehen: auspumpen, ausgießen, auskippen. Das Zusatzmerkmal ‚(ab)trennen‘ (a) bzw. ‚herausheben‘ (b) kommt zum Ausdruck in (a) aussägen, ausrupfen (Federn eines Huhnes) und (b) ausgliedern, aussortieren. Manche Verben des Sprechens weisen zudem die Konnotation ‚etw. (Geheimes) weitererzählen, verraten‘ auf: ausplaudern, auspacken. Wird das Verb zum Reflexivum, steht das emotionale Element ‚alles erzählen, was man auf dem Herzen hat‘ im Vordergrund: sich ausquatschen, sich ausheulen (vgl. Kühnhold/ Wellmann 1973, 216; Fleischer/ Barz 1995, 335). Außer der Reflexivierung bewirkt auseine Verringerung der Valenz: die Kartoffeln aus dem Sack schütten → die Kartoffeln ausschütten. auskonkurriert im starken Maße mit ent-, ohne dass bei Letzterem eine Grenzüberschreitung angegeben wird: ausladen (Kisten aus dem Lieferwagen) - entladen (Kisten), ausleihen - entleihen. Weitere Konkurrenzformen sind Zusammensetzungen mit den adverbialen Erstgliedern heraus- und hinaus-: herauskriechen, hinauskriechen, herauslaufen, hinauslaufen. 24 Muster ‚perfektiv‘ ausdient der Signalisierung des vollständigen Abschließens einer Handlung (z.T. mit resultativer Komponente): ausheilen (Verletzung), ausschlafen, ausglühen. Bei starkem Resultatsbezug gibt es Entsprechungen mit ver-: verheilen, verglühen. Antonymisch dazu ist, allerdings nur bei wenigen Verben, er-: erglühen. Eine Subreihe bilden Verben mit dem Zusatzmerkmal ‚ornativ‘. ausgibt an, dass die Innenseite bzw. der Innenraum eines Objektes mit etwas versehen wird: auspolstern (einen Sitz mit einem Poster versehen), ausbetonieren, ausmauern. Ferner begegnen Derivate, die sich in der Gruppe ‚säubern‘ zusammenfassen lassen: auswischen, auskehren, ausreiben (vgl. Eichinger 2000, 236). Eine andere Spezialisierung vertreten Verben aus dem Bereich des Sprechens. Sie enthalten eine negative Konnotation, die sich stets auf Personen bezieht: ausschimpfen (synonymisch beschimpfen), auslachen (synonymisch 24 Diese Konkurrenz bleibt auf die Bewegungsrichtung ‚von innen nach außen’ beschränkt und gilt nicht für die anderen Subreihen. 248 Zur verbalen Wortbildung verlachen). Hier kommt es immer zur Transitivierung: über/ auf jmdn. schimpfen → jmdn. ausschimpfen. Besondere Beachtung muss schließlich Präfixderivaten der ‚Außerbetriebsetzung‘ geschenkt werden; es handelt sich um technische Geräte oder Gebrauchsgegenstände, die man außer Funktion setzt: ausschalten (Radio, Licht, Ton), ausblasen (Kerze). Bei den technischen Geräten steht ausabgegenüber (abschalten), das Gegenwort bilden an- (anschalten) sowie ein- (s. 5.3.1.5.6). Manchen Verben fügt ausnur eine verstärkende Komponente (‚intensiv‘) hinzu. Das Präfix ist dann jedoch weglassbar, ohne dass ein Bedeutungsunterschied bemerkbar wäre: (aus)ruhen, (aus)deuten, (aus)rufen (vgl. ebenda, 235). 5.3.1.5.5 Präfix beibeipräfigiert vorrangig simplizische, manchmal komplexe Verben (beibehalten); im Unterschied zu den anderen trennbaren Präfixen ist es heute kaum noch produktiv. Alle Präfixderivate weisen lokale Bedeutung auf; diese hat verschiedene Subreihen entwickelt. a) ‚hinzufügen‘: beimischen, beigeben, beitreten (einem Verein). beientsprechen hier die Erstglieder hinzu- und dazu-: hinzumischen, dazumischen, hinzugeben, dazugeben. b) ‚helfen/ unterstützen‘; beihat hier immer Personenbezug: jmdm. beistehen (jmdm. in einer schwierigen Situation helfen), jmdm. beispringen (jmdm. zu Hilfe kommen). c) ‚dabei sein‘: beiwohnen (bei etw. anwesend sein, etw. miterleben), beisitzen (an Prüfungen, Gerichtsverhandlungen als Mitglied teilnehmen) (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 337; DUW). Durch die Präfigierung entsteht meist ein Dativobjekt: den Salat mit Olivenöl mischen → dem Salat Olivenöl beimischen. Über die Konkurrenz von zus. 5.3.1.5.10. Stark demotiviert sind geläufige Bildungen wie beibringen (jmdn. etw. lehren) oder beisetzen (geh. für feierlich begraben). 5.3.1.5.6 Präfix ein- Für die Ableitung wählt das Präfix hauptsächlich simplizische Verben; auf Präfix- oder Suffixderivate (einbeziehen, einkalkulieren) stößt man dagegen nur selten. Muster ‚lokal‘ einbeschreibt eine Bewegung in etwas hinein, wobei diese Bewegung von außen kommt (‚von außen nach innen‘) und somit konkrete (Behältnisse, 249 Verbale Derivation Gefäße) oder nur vorgestellte Grenzen überwinden muss (Eichinger 1989, 266; 2000, 231). Häufig stellen Verben der Fortbewegung die Basis: einsteigen, einfliegen, einreisen, einmarschieren, einwandern. Ferner kommen Verben zur Kennzeichnung von Flüssigkeitsbewegungen sowie manueller Tätigkeiten, die auch mittels bestimmter Instrumente ausgeführt werden, vor: einschütten, eingießen, eindrehen (Glühbirne), einbauen (Möbel in die Küche), einhängen (Fenster). Die Präfigierung bewirkt i.d.R. einen Valenzabbau; bei den Basisverben obligatorische präpositionale Fügungen mit in sind fakultativ und können deshalb entfallen: die Glühbirne in die Lampe drehen → die Glühbirne eindrehen. Manchmal kommt es gleichzeitig zur Reflexivierung: ein Loch in die Erde graben → sich eingraben. Als Antonym bietet sich bei fast allen Formen ausan, da es die genau entgegengesetzte Richtung angibt: aussteigen, ausmarschieren, auswandern, ausbauen, ausgraben usw. Das Muster ‚lokal‘ vereinigt in sich noch eine ganze Reihe weiterer, von der Semantik der Basisverben bestimmte Untergruppen. Dazu rechnen Verben des Sprechens (auf jmdn. einschreien, einreden), des aggressiven und zugleich intensiven Einwirkens auf eine Person - immer mit Präposition auf - (auf jmdn. einstechen, einschlagen), des Beschädigens und Zerstörens von gegenständlichen Oberflächen (eine Scheibe einschmeißen, eine Tür eintreten), des Planens und Rechnens (einteilen, einschätzen) sowie der Konservierung von Lebensmitteln (Marmelade einkochen = einmachen) (vgl. Kühnhold/ Wellmann 1973, 184ff.). Muster ‚inchoativ‘ Das Derivat erfasst den Beginn eines Zustandes. Hier erscheinen die teilweise umgangssprachlichen Ausdrücke für den Schlafbeginn: einschlafen, einnicken, einschlummern. Ferner signalisiert eindas langsame Gewöhnen an etwas bzw. das Bearbeiten von etwas, bis dieses „richtig funktioniert“ (vgl. ebenda, 283); in einigen Fällen ist daran eine Reflexivierung gebunden: sich einlesen, sich einarbeiten, einschießen (Pistole), einfahren (Auto). 5.3.1.5.7 Präfix loslospräfigiert - abgesehen vom Präfixderivat losbekommen - ausschließlich einfache Verben. Ein besonderes Kennzeichen ist, dass es Bestandteil vor allem in der Umgangssprache genutzter Komposita mit draufsein kann (s.u.). Muster ‚inchoativ‘ Der meist plötzliche Beginn einer Handlung zeigt sich vornehmlich bei Verben der Fortbewegung und des Sprechens bzw. der Lautäußerung: losfahren, losschwimmen, losschimpfen, losbrüllen. 250 Zur verbalen Wortbildung Ist die Basis ein Bewegungsverb, steht losoft in Konkurrenz zu den Erstgliedern weg- und fort-, manchmal zu ab-: wegfahren, fortfahren, abfahren, wegschwimmen, fortschwimmen (aber nicht abschwimmen! ). Nur partielle Synonymie besteht zwischen auf- und losbei den Verben des Sprechens und der Lautäußerung, da aufmehr den plötzlichen, kurzzeitigen Beginn (‚punktuell‘) betont: loslachen - auflachen, losheulen - aufheulen. Durch das kompositionelle Erstglied drauflos-, das man allen Basen voranstellen kann, fließt noch eine pejorative Komponente mit ein: Es kennzeichnet nämlich den schnellen, unüberlegten, oftmals ziellosen Handlungsbeginn: drauflosfahren, drauflosschwimmen, drauflosschimpfen, draufloslachen usw. (DUW). Muster ‚lokal‘ Das Präfix signalisiert das Trennen eines Teils von einem Ganzen oder Loslösen einer Verbindung: losschneiden, losschrauben, losmachen, losbinden, loskoppeln (Gerät oder Fahrzeug von einem anderen trennen). Synonymisch stehen dem Präfix ab- und teilweise weggegenüber: abschneiden, wegschneiden, abschrauben, abkoppeln. Drückt das Basisverb ein Verbinden oder Berühren zweier Teile aus, kommt anals Antonym in Betracht: anschrauben, anmachen (Schild an der Haustür), anbinden, ankoppeln. 5.3.1.5.8 Präfix nach- Für die Präfigierung gebraucht man einfache Verben und - in geringerem Umfang - Präfix- und Suffixderivate (nacherzählen, nachdrängeln). Muster ‚lokal‘ Beschrieben wird eine Bewegung, die einem sich entfernenden Ziel folgt (‚hinterher‘). Bei den Basen überwiegen Verben der Bewegung und des Transportierens. Das anvisierte Ziel erscheint stets im Dativ: jmdm./ etw. nachfahren, nachjagen, nachblicken, nachwerfen, nachschicken. Im Rahmen der lokalen Bedeutung haben sich weitere Untermuster herausgebildet. So bezeichnet eine Reihe ein - z.T. mit dem Merkmal ‚intensiv‘ verknüpftes - Erforschen bzw. Beweisen: nachfragen, nachspüren, nachweisen. Daneben gibt es Verben, die die Orientierung an einem Vorbild oder Original (‚imitieren‘) - verbunden mit einer zeitlichen Komponente - angeben: nachsprechen, nachbauen, nachsingen. Jenen Präfixderivaten ähneln Verben jüngeren Datums, die das Hineinversetzen in Vorstellungen, Gefühle oder auch die Handlungsweise eines anderen Menschen beschreiben und die aus der Sicht des Sprechenden somit verstanden werden: jmds. Gedanken nachvollziehen, jmds. Trauer nachempfinden. Schließlich realisiert noch eine kleinere Gruppe ein Zurückweichen oder -geben: nachgeben (dem Willen eines anderen nach anfänglichem Widerstand entsprechen), nachlassen (vgl. Kühnhold/ Wellmann 1973, 237f.). 251 Verbale Derivation Bei konkret räumlicher Bedeutung kommt es zur Konkurrenz mit dem kompositionellen Erstglied hinterher-: hinterherfahren, hinterherjagen usw. Über die Antonymie von vors.u. Muster ‚temporal‘ nachkennzeichnet in den Bildungen, dass eine zeitliche Abfolge vorliegt, d.h., die Handlung findet nach einer anderen statt: nachfordern, nachwachsen. Auch hier verfügt das Muster über sich eng berührende Schattierungen. Es können Derivate vorliegen, die a) das erneute (‚iterativ‘), b) das überprüfende, c) das korrigierende oder d) das andauernde Handeln betonen: a) nachziehen (Schraube), nachlegen (Kohle in den Ofen), b) nachmessen, nachzählen, c) nachfärben, nachbessern, d) nachbeben, nachleuchten (vgl. ebenda, 274f.; Eichinger 2000, 230). 5.3.1.5.9 Präfix vorvorzieht für die Ableitung simplizische und nur wenige komplexe Verben heran; bei Letzteren stößt man auf Präfix- und Suffixderivate (vorverlegen, vordatieren). Muster ‚lokal‘ vorsignalisiert allgemein eine Vorwärtsbewegung. Durch die Verbsemantik kann die Richtungsangabe differenziert werden in a) ‚nach vorn‘, b) ‚vor etw. hinkommend‘, c) ‚zwischen etw. herauskommend, davor‘, wobei manches Derivat eine genaue Zuordnung nicht zulässt. Vgl.: a) vordrängen, vorstürmen, b) vorhängen (Türkette), vorschieben, c) vorschauen, vorspringen (Felsen). Sondergruppen bilden Verben mit der Bedeutung des Lügens und Täuschens (vorlügen, vorschwindeln), ferner Handlungen, die im Bereich des Lehrens eine Vorbild- oder Prüfungsfunktion haben und zugleich eine temporale Komponente enthalten: vorspielen (Musikstück), vortanzen. Bei einigen Verben bewirkt die Präfigierung eine Valenzverringerung, meist entfällt die präpositionale Fügung: aus den Bergen springt ein hoher Felsen vor → ein hoher Felsen springt vor. Andererseits werden manche Basisverben durch ein Dativobjekt ergänzt: etw. spielen → jmdm. etw. vorspielen. Synonymisch konkurriert in der Bedeutung ‚zwischen etw. herauskommend, davor‘ das kompositionelle Erstglied hervormit vor-: hervorschauen, hervorspringen. Verben des Lügens und Täuschens entsprechen Präfixderivaten mit be- und an-: belügen, anlügen, beschwindeln, anschwindeln. Als Antonym zu vorkann nachgelten, wenn das Basisverb ein Imitieren bezeichnet: vorspielen - nachspielen, vorsprechen - nachsprechen. 252 Zur verbalen Wortbildung Muster ‚temporal‘ Die zeitliche Beziehung hat zwei sich eng berührende Subreihen ausgebildet: a) Die Handlung geht einer anderen voran, d.h. findet vorher statt: vorsorgen, vorkosten (Speisen vorher kosten, probieren); b) die Handlung geschieht aus der zeitlichen Sicht des Sprechenden im Voraus: vorbestellen, vordatieren (mit einem zukünftigen Datum versehen) (vgl. ebenda, 272; Eichinger 1989, 349). Bei Verben mit der Nuance ‚im Voraus‘ bildet das Präfix nachdas Gegenwort: nachbestellen, nachdatieren. Zahlreiche sehr gebräuchliche vor-Derivate gelten als idiomatisiert: vorkommen (existieren, geschehen), vorhaben (etw. zu tun beabsichtigen), vorherrschen (dominieren), vorschreiben (anordnen). 25 5.3.1.5.10 Präfix zuzumodifiziert in erster Linie simplizische Verben; Präfix- und Suffixderivate (zuerkennen, zulächeln) stellen eher Ausnahmen dar. Muster ‚lokal‘ Angegeben wird eine Bewegung bzw. Hinwendung auf ein bestimmtes Ziel (‚annähern‘); hierbei kann es sich um Personen oder Sachen handeln. Vielfach stellen Verben der Fortbewegung, des Sprechens bzw. der Lautäußerung die Basis: zueilen, zukriechen, zureisen, zurufen, zulachen, zusehen, zuhören. Aus der lokalen Bedeutung ‚annähern‘ sind weitere Subreihen hervorgegangen. So drückt zuaus, dass noch jemand oder etwas zum bereits Vorhandenen kommt (‚hinzufügen‘): zugießen, zuzahlen, zugeben (Zucker dem Kuchenteig). Eine andere Gruppe charakterisiert das aggressive Einwirken auf Menschen und Tiere: zustoßen, zuschlagen, zustechen (vgl. Kühnhold/ Wellmann 1973, 190). Reihenhaft treten schließlich Ableitungen auf, die ein Anpassen an eine bestimmte Form sowie ein Bekommen benennen: zuschneiden, zurichten (Bleche), zuteilen (Essen), zuerkennen (Recht). In vielen Fällen zieht die Präfigierung syntaktische Modifizierungen nach sich. Häufig ist die Dativierung des Basisverbs: lachen → jmdm. zulachen, etw. erkennen → jmdm. etw. zuerkennen. Verben der Bewegung schließen oft eine präpositionale Fügung (gewöhnlich auf + Akkusativobjekt) an: kriechen → auf jmdn. zukriechen, zu jmdm. eilen → auf jmdn. zueilen. Wenn Verben des Sprechens, der Lautäußerung und Wahrnehmung vorliegen, kommt es zur Konkurrenz mit an-: zulachen - anlachen, zuhören 25 Daneben verfügen solch idiomatisierte Bildungen wie vorkommen, vorschlagen und vorschreiben noch über die ursprüngliche lokale Bedeutung ‚nach vorn’ mit ihren verschiedenen Variationen (s.o.). 253 Verbale Derivation - anhören, zusehen - ansehen. Bezeichnet das Basisverb ein Hinzufügen, ist manchmal beidas Synonym: zugeben - beigeben, zuzählen - beizählen. 26 Bei Verben zur Signalisierung der Gewaltanwendung konkurriert zumeist mit ein-, wenngleich zudie Intensität von einfehlt: zuschlagen - einschlagen, zustechen - einstechen (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 342). Auf wenige Derivate beschränkt bleibt das antonymische Verhältnis zwischen zu- und aus- und ab-: zusteigen (einem Zug) - aussteigen, zuleiten (Wasser) - ableiten. Muster ‚modal‘ zugibt an, dass etwas geschlossen wird (‚schließen‘). Das Schließen kann sich auch auf ein Bedecken oder Füllen einer Öffnung beziehen: zumachen (Fenster), zuschnüren (Schuhe), zusiegeln, zukleben, zustopfen (Loch). Viele Derivate lassen ein Synonym mit verneben sich stellen: verschnüren, verriegeln, verkleben, verstopfen. Das Antonym dazu ist auf-, soweit es die Bedeutung des Basisverbs erlaubt: aufmachen, aufschnüren, aufdecken. 5.3.1.6 Übungen ‹ 1. Ordnen Sie die Verben mit abden Mustern ‚lokal‘ (‚sich fortbewegen‘, ‚trennen eines Teils vom Ganzen‘, ‚imitieren‘, ‚beenden/ unterbrechen‘, ‚nach unten‘), ‚perfektiv‘ (‚vollständig bis zum Ende/ beschädigen‘), ‚modal‘ (‚rückgängig machen‘) zu! Führen Sie - falls das möglich ist - Synonyme mit fort-, weg- und hinab-, hinunteran! abbeißen, absitzen (vom Pferd), abfotografieren, abhacken, abfahren, abdrehen (Gas), abtragen (Anzug), abzeichnen (Bild), abwandern, absagen (Theatervorstellung), absinken, abspalten, abreisen, abschalten (Fernseher), abtippen (Text), abtöten (Bakterien), abbrechen (Schokolade), abperlen (Wasser), abrüsten, abklemmen (Strom), abtropfen, abwetzen (Stoff), abschlagen (Ast), abmalen, abberufen (Botschafter), abspringen (vom Zug) ‹ 2. Ordnen Sie die Verben mit anden Mustern ‚lokal‘ (‚annähern‘, ‚zunehmen‘, ‚Widerstand überwinden‘, ‚verbinden/ befestigen‘), und ‚inchoativ‘ (‚Inbetriebnahme‘, ‚Personen aktivieren‘, ‚kurzzeitig/ geringer Grad‘) zu! Führen Sie - falls das möglich ist - Synonyme mit be- und Antonyme mit aban! ansteigen (Temperatur), ansteuern (Hafen), anschnallen (Skier), annagen (Brot), anrennen (Festung), anschwindeln, anlassen (Motor), anmontie- 26 Das Verb hinzufügen bietet ein seltenes Beispiel für die synonymische Konkurrenz von an- und bei-: anfügen, beifügen. 254 Zur verbalen Wortbildung ren, anheben (Preise), anstaunen, anregen (zum Nachdenken), anlöten (Draht), anleuchten, anschalten (Radio), ankämpfen (Schlaf), anbeißen (Apfel), anreißen (Papier), antreiben (zur Eile), anrösten (Kartoffeln), anfeuern (Fußballmannschaft), ankuppeln (Waggon), anschwimmen (meterhohe Welle) ‹ 3. Ordnen Sie die Verben mit aufden Mustern ‚lokal‘ (‚nach oben‘, ‚Volumenvergrößerung‘, ‚Oberflächenkontakt‘), ‚modal‘ (‚öffnen/ auseinander gehen‘, ‚Zustandsverbesserung‘), ‚inchoativ‘ (‚punktuell‘) und ‚perfektiv‘ (‚restlose Objektbeseitigung‘) zu! Führen Sie - falls das möglich ist - Synonyme mit empor-, d(a)rauf und veran! auflachen, aufblasen (Luftballon), aufsteigen (Nebel), aufessen, auflegen (Verband auf die Wunde), aufknacken (Nuss), aufschreien, aufblicken, sich aufschwingen, sich aufplustern (Vogel), aufnähen (Taschen auf das Kleid), aufspritzen (Wassertropfen), aufhacken (Eis auf dem See), aufdrücken (Etikett), aufpolstern (Sofa), aufschneiden (Verpackung), aufflammen (Feuerzeug), aufarbeiten (Wolle), aufbügeln (Rock), aufteilen (Kuchen), aufkleben, aufschwellen (Leib), aufzehren (Lebensmittelvorrat), aufbohren (Schloss), aufblitzen ‹ 4. Bilden Sie zu den auf-Verben Antonyme mit ab-, zu- oder ver-! In welchen Fällen gibt es mehrere antonymische Formen? a) Er klappt den Sonnenschirm auf. b) Wir hatten das Zelt aufgebaut. c) Knöpf deinen Mantel auf! d) Der Tresorraum war aufgeschlossen. e) In der Nacht hat sich der Kranke aufgedeckt. f) Unsere Orchideen waren schnell aufgeblüht. g) Man muss die Schnur aufknoten. h) Hast du das Buch aufgeblättert? i) Beide Länder wollen aufrüsten. ‹ 5. Ordnen Sie die Verben mit ausden Mustern ‚lokal‘ (‚von innen nach außen‘, ‚(ab)trennen/ herausheben‘, ‚weitererzählen/ verraten‘), und ‚perfektiv‘ (‚resultativ‘, ‚ornativ‘, ‚negatives Sichäußern‘, ‚Außerbetriebsetzung‘) zu! Führen Sie - falls das möglich ist - Synonyme mit ver- und entan! austrocknen, ausroden (Bäume), auslachen, sich ausquatschen, ausschneiden, ausfließen, ausmalen (Kreis mit Blumen), ausschalten (Musik), ausströmen (Gas), auszeichnen, ausklingen (Lied), auslöschen (Licht), 255 Verbale Derivation ausleeren (Briefkasten), ausbilden (Lehrling), ausreißen (Haare), sich aussprechen, ausatmen, ausladen, ausspotten, ausgießen (Loch mit Teer) ‹ 6. Ordnen Sie die Verben mit beiden Mustern ‚hinzufügen‘, ‚helfen/ unterstützen‘ und ‚dabei sein‘ zu! Führen Sie - falls das möglich ist - Synonyme mit hinzubzw. dazuan! beistehen (Freundin), beilegen (Foto), beimengen (Mehl), beisitzen (Prüfung), beiwohnen (Untersuchung), beispringen (Opfern), beimischen (Öl) ‹ 7. Ordnen Sie die Verben mit einden Mustern ‚lokal‘ (‚von außen nach innen‘, ‚aggressives Einwirken auf Personen‘, ‚beschädigen/ zerstören‘, ‚konservieren‘) und ‚inchoativ‘ (‚langsames Gewöhnen‘, ‚Bearbeiten‘) zu! Führen Sie - falls das möglich ist - Antonyme mit ausan! einreiten (Pferd), einwerfen (Fensterscheibe), eingraben, einlegen (Gurken), einführen (Waren), einparken, einknüppeln (Demonstranten), einmontieren (Chip), einsalzen (Fleisch), einstecken (Brief), eindreschen (Gegner), eingießen (Kaffee), eindrücken (Kotflügel des Autos), einheiraten (Familie), einschießen (Gewehr), einsteigen (Zug), einmarinieren (Heringe), sich einarbeiten, einschrauben (Glühbirne), einliefern (Kranke), einhängen (Fenster), sich einleben, einreißen (Haus), einfliegen (Soldaten), einprügeln (Kinder), eintreten (Partei) ‹ 8. Bilden Sie mithilfe der in Klammern stehenden Wörter Sätze mit und ohne ein-! Achten Sie auf die syntaktischen Veränderungen (fakultative Elemente, Reflexivierung)! Beispiel: schlagen/ einschlagen (Blitz, Baum): Der Blitz schlägt in den Baum. Der Blitz schlägt ein. a) biegen/ einbiegen (Auto, Straße) b) bohren/ einbohren (Holzwurm, Loch) c) mischen/ einmischen (du, Gespräch) d) schreiben/ einschreiben (er, Liste) e) sickern/ einsickern (Wasser, Erde) f) nisten/ einnisten (Vögel, Dachboden) g) wühlen/ einwühlen (Wildschwein, Schlamm) h) brechen/ einbrechen (Junge, Eis des Teiches) ‹ 9. Ordnen Sie die Verben mit losden Mustern ‚inchoativ‘ und ‚lokal‘ (‚trennen‘) zu! Führen Sie - falls das möglich ist - Synonyme mit fort-, weg- und absowie Antonyme mit anan! 256 Zur verbalen Wortbildung losrennen, loslösen (Briefmarke), losschießen, losschimpfen, losschwimmen, losreißen (Knopf), loslaufen, loslachen, losschrauben, losbinden (Schürze), losreden, losreiten, lossegeln, losmachen (Leine) ‹ 10. Ordnen Sie die Verben mit nachden Mustern ‚lokal‘ (‚Bewegung hinterher‘, ‚erforschen/ beweisen‘, ‚imitieren‘) und ‚temporal‘ (‚überprüfend‘, ‚korrigierend‘, ‚andauernd‘) zu! Führen Sie - falls das möglich ist - Synonyme mit hinterheran! nachspüren (Geheimnis), nachwerfen, nachformen (Plastik), nachwiegen (Gold), nachbilden (Vase), nachglühen, nachsalzen (Suppe), nachlaufen, nachbessern (Gesetzentwurf), nachrechnen (Aufgabe), nachbeben, nachweisen, nachsingen (Lied), nachrufen, nachstarren, nachsprechen (Wort) ‹ 11. Ordnen Sie die Verben mit vorden Mustern ‚lokal‘ (‚nach vorn/ davor‘, ‚täuschen‘, ‚Vorbild‘) und ‚temporal‘ (‚vorher/ im Voraus‘) zu! Führen Sie - falls das möglich ist - Synonyme mit nachan! vordatieren, vorspielen (Melodie), vorschieben (Riegel), vorlügen, vorbehandeln (Wäsche), vorheucheln, vorbestellen (Theaterkarten), sich vorlehnen, vorheizen (Backofen), vorspiegeln (Idylle), vorlegen (Teppich), vorturnen (Übung), vorverhandeln (Friedensbedingungen), vorschwindeln, vormerken (Termin), vorrennen, vorwarnen, vormachen (Zaubertrick) ‹ 12. Ordnen Sie die Verben mit zuden Mustern ‚lokal‘ (‚annähern‘, ‚hinzufügen‘, aggressives Einwirken‘, ‚bekommen‘) und ‚modal‘ (‚schließen‘) zu! Führen Sie - falls das möglich ist - Synonyme mit bei- und versowie Antonyme mit aufan! zunähen (Riss), zumarschieren, zuweisen (Wohnung), zusperren (Tresor), zubeißen, zudrehen (Ventil), zugeben (Sahne), zubewegen, zubinden (Sack), zuschießen (Geld), zukneifen (Augen), zuklappen, zuströmen (Luft), zusichern (Unterstützung), zuschlagen (Buch), zurechnen (Summe), zuschütten (Grube), zukaufen (Möbel), zuschnappen (Hund), zukommen, zudrücken (schwere Tür), zuschrauben (Deckel), zukriechen, zuschweißen (Behälter) ‹ 13. Bilden Sie mithilfe der in Klammern stehenden Wörter Sätze mit und ohne zu-! Achten Sie auf die syntaktischen Veränderungen! Beispiel: hören/ zuhören (wir, Rede): Wir hören die Rede. Wir hören der Rede zu. a) sehen/ zusehen (Gäste, Feuerwerk) b) rennen/ zurennen (Marathonläufer, Stadion) 257 Verbale Derivation c) gießen/ zugießen (er, Mineralwasser, Sirup) d) fahren/ zufahren (Motorrad, Kreuzung) e) rufen/ zurufen (Mutter, Kind, etwas) f) gehen/ zugehen (Kunden, Regale) g) spielen/ zuspielen (Torwart, Ball, Verteidiger) h) reden/ zureden (Lehrer, Schülerin) 5.3.1.7 Trenn- und untrennbare Verben 5.3.1.7.1 Allgemeines Die Zahl derjenigen Präfixe, die sowohl trennbar (unfest) als auch untrennbar (fest) auftreten, ist relativ klein. Dazu rechnet man durch-, über-, um-, unter- und wider-. 27 Beim trennbaren Verb liegt die Betonung immer auf dem Präfix, beim untrennbaren auf dem Verbstamm. Das hat Konsequenzen für die Stellung des grammatischen Präfixes gesowie zu: a) Wir stellen die Fahrräder únter, haben sie úntergestellt, beginnen sie únterzustellen. b) Die Polizei untersúcht den Unfall, hat ihn untersúcht, beginnt ihn zu untersúchen. 28 Es ist ein Kennzeichen jener Präfixe, dass sie sich an das gleiche Basisverb anschließen lassen. Dabei bewahrt das trennbare Verb oftmals die konkrete, d.h. lokale Bedeutung, während das untrennbare Präfixderivat zu einem übertragenen, abstrakten Gebrauch tendiert (vgl. Eroms 1982, 38; Helbig/ Buscha 1996, 224). Vgl.: trennbar - untrennbar dúrchschauen - durchscháuen Sie schaut dúrch das Fenster. Sie durchscháut (erkennt) seine Pläne. úmreißen - umreíßen Der Sturm hat den Baum úmgerissen. Er hat das Problem umríssen (beschrieben). Dass dies nur eine allgemeine Tendenz ist und ebenso trennbare Verben eine abstrakte Bedeutung zu realisieren vermögen, macht die folgende Einzeldarstellung (insbesondere von durch- und über-) deutlich. Außerdem können in einigen Fällen trennbares und untrennbares Verb ohne semantischen oder syntaktischen Unterschied verwendet werden: Ich habe das Zimmer dúrchge- 27 Andere trenn- und untrennbare Formen wie wieder- (wíedergeben, wiederhólen) und hinter- (hínterschlucken, hintergéhen) ordnen wir den kompositionellen Erstgliedern zu (s. 5.2.1.1). 28 geentfällt bei trennbaren Präfixverben mit Fremdsuffix -ier(en) sowie doppelt präfigierten Verben: er hat úmgruppiert, hat sich überánstrengt. 258 Zur verbalen Wortbildung sucht/ durchsúcht. Wir sind nach Bayern ü´bergesiedelt/ übersiédelt (vgl. Helbig/ Buscha 1996, 225). 5.3.1.7.2 Präfix durchdurchmodifiziert in erster Linie einfache Verben. Komplexe Basen (durchbekommen, durchdiskutieren) sind selten. Mit ca. 60 % überwiegen die trennbaren Präfixderivate (vgl. Wellmann 1995, 453). Muster ‚lokal‘ Das Präfix beschreibt die Bewegungsrichtung ‚in etw. hinein und wieder hinaus‘. Präfigiert werden häufig Verben der Bewegung: dúrchfahren, dúrchreisen, dúrchrennen. Es finden sich aber auch andere verbale Bedeutungen. Ihre Auswahl richtet sich danach, wie der vorliegende Gegenstand zu „durchdringen“ ist bzw. welche genaue Art der Bewegung vorliegen muss. So kann das Derivat kennzeichnen, dass etwas a) - verbunden mit einer Abnutzung/ Zerstörung (‚beschädigen/ zerstören‘) - geöffnet, b) getrennt oder c) eine aus verschiedenen Materialien bestehende Hülle als Hindernis überwunden wird: a) dúrchbohren, dúrchwetzen (eine Hose = sie wird löchrig), b) dúrchhacken, dúrchschneiden (synonymisch zer-: zerhacken, zerschneiden), c) dúrchblicken (durch Glas), dúrchregnen (durch ein Dach). Zur Bezeichnung des Überwindens von Widerständen und Schwierigkeiten im übertragenen Sinne gebraucht man Verben wie (sich) dúrchboxen, jmdn. dúrchbringen (jmdn. pflegen, bis er gesund ist). Verben mit untrennbarem Präfix signalisieren mehr die gänzliche Durchdringung eines Objektes (Raumes, Gebietes) von einem Ende zum anderen: durchschwímmen (See), durchwándern (Gebirge), durchéilen (Gelände). Die Präfigierung hat oftmals eine Transitivierung zur Folge: er schwimmt durch den See → er durchschwímmt den See, er wandert durch das Gebirge → er durchwándert das Gebirge. Typisch ist ferner die Valenzreduzierung: es regnet durch das Dach → es regnet durch. Viele Derivate lassen sich durch das adverbiale Erstglied hindurchersetzen: hindurchfahren, hindurchschneiden, hindurchregnen. Muster ‚perfektiv‘ Im Vordergrund steht die vollständige Durchführung, der endgültige Abschluss der Handlung, wobei trennwie untrennbare Verben Verwendung finden: dúrchlesen, dúrchrechnen, durchsúchen. Muster ‚durativ‘ durchhebt die Dauer der Verbalhandlung hervor, ohne dass es zu Unterbrechungen kommt (‚ununterbrochen‘). Zugleich wird dabei häufig eine Verstärkung (‚intensiv‘) angezeigt: dúrchtanzen (die ganze Nacht), dúrchschlafen. 259 Verbale Derivation Untrennbare Verben unterstreichen hier mehr den Handlungsabschluss: durchlében, durchdúlden. Synonyme sind hier Präfixverben mit er- (erleben, erdulden), denen aber das Merkmal ‚intensiv‘ fehlt (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 344). 5.3.1.7.3 Präfix über- Als Basen stehen vornehmlich simplizische Verben zur Verfügung. Beträchtlich ist allerdings ebenfalls die Zahl komplexer Basen (überbezahlen, überstrapazieren). Es dominieren Verben mit untrennbarem Präfix (ca. 72 %) (vgl. Kühnhold/ Wellmann 1973, 239f.). Muster ‚lokal‘ Angegeben wird eine Bewegungsrichtung über etw./ jmdn. hinweg (‚darüber‘). übertritt oft an Bewegungsverben: überspríngen, überkléttern, überschréiten. Auf der Grundlage der Basissemantik haben sich weitere Subreihen entwickelt. Eine Gruppe bezeichnet das Bedecken oder Verdecken von etwas: übergíeßen, überklében, überdécken. überkonkurriert in dieser Bedeutung mit dem Präfix be-: begießen, bekleben, bedecken (synonymisch verdecken und zudecken). Das oberflächliche Wahrnehmen oder Nichtwahrnehmen einer Sache beschreiben Derivate wie überflíegen (etw. schnell und ungenau lesen), überséhen (etw. absichtlich/ unabsichtlich nicht beachten). In Verbindung mit ausschließlich trennbaren Verben signalisiert über-, dass Flüssigkeiten über eine Grenze, einen Raum hinausfließen: ü´berschwappen (Bier), ü´berlaufen (Wasser in der Badewanne). Ebenfalls trennbar sind Bildungen, die das Anziehen eines Kleidungsstückes bezeichnen: ü´berstreifen (Pullover), ü´berziehen (Mantel). Stark ausgebaut erweisen sich ferner Reihen mit pejorativer Konnotation - sie benennen ein Übermaß, ein unerwünschtes Zuviel und damit eine Normabweichung: überláden (Auto), überfü´ttern (Tier), überfórdern (zu hohe Anforderungen an jmdn./ etw. stellen). 29 Semantisch ähnelt das Submuster Präfigierungen der Bedeutung ‚überlegen sein‘ (jmd. ist auf einem bestimmten Gebiet besser als andere), allerdings ohne die eindeutig pejorative Komponente: übertréffen, überrágen. Zur Antonymie von unters. 5.3.1.7.5. Der Anschluss von überführt bei den trennbaren Verben zum Wegfall der präpositionalen Fügung: das Bier schwappt über den Rand des Glases → das Bier schwappt ü´ber. Transitivierung ist häufig ein Kennzeichen der untrennbaren Verben: das Pferd springt → das Pferd überspríngt den Graben. Muster ‚temporal‘ Für die zeitliche Einordnung kann nur auf einen kleinen Kreis untrennbarer Derivate zurückgegriffen werden. Das Präfix bezeichnet eine über einen 29 Wenn das Basisverb ein Präfixderivat ist, wird überbetont: ü´berbewerten. 260 Zur verbalen Wortbildung bestimmten Punkt hinweggehende Zeitspanne: überlében, überdáuern (vgl. ebenda, 276). Eine weitere Reihe bilden Verben aus, die das Merkmal Wiederholung (‚iterativ‘) in den Vordergrund rücken: überprü´fen (etw. nochmals genau lesen, prüfen), überárbeiten. Viele über-Derivate weisen einen hohen Idiomatisierungsgrad auf wie ü´berschnappen (verrückt werden, durchdrehen), überrúmpeln (jmdn. mit etw. überraschen, sodass er nicht darauf reagieren kann), überlégen (über etw. nachdenken). 5.3.1.7.4 Präfix umummodifiziert in erster Linie Simplizia, in geringerem Umfang begegnen komplexe Basen (umbestellen, umdisponieren). Der Anteil der trennbaren Verben beträgt ca. 50 % (vgl. Wellmann 1995, 453). Muster ‚lokal‘ Das Präfix beschreibt allgemein eine Bewegung, die um etwas herum geht und folglich in der Form einem Kreis oder Bogen ähnelt. Anders als bei durch- und übergibt es zwischen trenn- und untrennbaren Verben eine klarere semantische Differenzierung. Die trennbaren Verben haben mehrere Subreihen entwickelt. Dazu zählen die sich eng berührenden Bedeutungsvarianten ‚herum‘ und ‚zurück‘: sich úmsehen, úmwenden, úmblicken. Abzuheben davon sind Verben zur Bezeichnung der Lageveränderung eines Objektes. Meist handelt es sich um eine Bewegung von der Vertikalen in die Horizontale (‚nieder/ zu Boden‘) (vgl. Kühnhold/ Wellmann 1973, 256): úmstoßen (Vase), úmfahren (Verkehrsschild), úmfallen. Untrennbare Präfixderivate kennzeichnen hingegen eine Bewegung um ein nicht bewegtes Objekt herum (vgl. Helbig/ Buscha 1996, 225; Eroms 1982, 44): umfáhren (Baustelle), umschwében (Rauch eine Lampe), umgében (Zäune ein Haus). Eine andere Reihe wiederum trennbarer Derivate gibt eine Bewegung in eine andere Richtung an. Verändert wird die Lage eines Objektes (‚von einem Ort zu einem anderen‘): úmfüllen (Benzin in einen anderen Kanister), úmleiten (Fluss). Durch die Präfigierung wird aus dem intransitiven Verb meist ein transitives: fahren → etw. úmfahren, umfáhren. Bei einigen Formen kommt es zur Reflexivierung: sehen → sich úmsehen. Muster ‚modal‘ Das Modell signalisiert den Eintritt eines neuen, veränderten Zustands. Weil dieser meist eine Ortsveränderung und Wiederholung bedingt, fließt neben 261 Verbale Derivation der lokalen eine temporale Komponente mit ein; es begegnen nur trennbare Verben: úmbauen (einen Keller in eine Bar), úmbenennen (neuen Namen geben), sich úmkleiden. Allein der Verstärkung (‚intensiv‘) dient umin Bildungen mit der Grundbedeutung ‚ändern‘; es ist somit weglassbar: (úm)wechseln, (úm)ändern. 5.3.1.7.5 Präfix unterunterlässt sich hauptsächlich einfachen Verben voranstellen, komplexe Basen (unterbelegen) kommen kaum vor. Etwa die Hälfte der Bildungen hat ein untrennbares Präfix (vgl. Kühnhold/ Wellmann 1973, 248). Das Derivat verfügt über zwei lokale Muster mit verschiedenen Differenzierungen. Beschrieben wird eine Bewegung die unter bzw. unterhalb von etwas anderem verläuft: úntergehen, úntertauchen, únterpflügen, unterbáuen, unterspü´len (von Wasser aushöhlen). Die untrennbaren Verben, die viel häufiger in abstrakter Bedeutung verwendet werden (vgl. Fleischer 1983, 336), haben sich auf den Ausdruck weiterer, auf das lokale Grundmuster zurückführbarer Nuancen spezialisiert. Hierher gehören zum einen Verben mit Bezug auf die Lokalisierung unter Texten und Schriftstücken: unterschréiben, untersíegeln. Zum anderen gibt es eine umfangreiche Gruppe von Verben, die ein oft als negativ angesehenes Zuwenig kennzeichnen: unterfórdern, unterbíeten. Daraus ergibt sich das antonymische Verhältnis zu über- (s. 5.3.1.7.3) Die zweite, kleinere Hauptgruppe umfasst Verben mit der Bedeutung ‚da(zwischen)‘. Beeinflusst von der Semantik der Basisverben, haben sich ebenfalls bestimmte Subreihen entwickelt. Dazu zählen Bildungen des Verbindens (únterrühren, úntermischen), ferner des Differenzierens (unterglíedern, untertéilen) sowie z.T. stark idiomatisierte Präfigierungen des Verhinderns: unterbínden (durch bestimmte Maßnahmen verhindern, dass etw. geschieht, sich entwickelt), unterságen (verbieten) (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 346). Intensivierend wirken Präfixe, wo die Bedeutung ‚unter‘ das Basisverb bereits enthält: úntersinken. Etliche Derivate weisen keinerlei Bezug zur lokalen Grundbedeutung mehr auf. Darunter befinden sich solch gebräuchliche untrennbare Präfigierungen wie sich unterhálten, etw. unternéhmen, jmdn. unterríchten (lehren, informieren). 5.3.1.7.6 Präfix widerwiderstellt heute kein produktives Präfixmodell mehr dar. Allerdings begegnet es in sehr geläufigen Derivaten; das Präfix findet sich nur bei einfachen Verben. Die Mehrzahl der Präfigierungen ist nicht trennbar und realisiert die Bedeutung ‚dagegen‘, wobei die Bildungen gewöhnlich demotiviert sind. Vgl.: 262 Zur verbalen Wortbildung widerspréchen, widerrúfen (etw. für ungültig, unrichtig erklären), sich widersétzen (einer Sache Widerstand entgegensetzen). Trennbare Präfixderivate haben hingegen die Bedeutung ‚zurück‘. Typisch sind hier Verben der optischen und akustischen Wahrnehmung: (sich) wíderspiegeln, wíderhallen (als Echo zurückwerfen), wíderscheinen (als Schein reflektiert werden). Synonymische Beziehungen deverbaler Verben Präfix synonymische Konkurrenzform bean-: belügen - anlügen aus-: beschimpfen - ausschimpfen ver-: bedecken - verdecken über-: begießen - übergießen entab-: entladen - abladen aus-: entleihen - ausleihen ein-: entschlafen - einschlafen erauf-: erglühen - aufglühen aus-: errechnen - ausrechnen durch-: erdulden - durchdulden verab-: verändern - abändern auf-: verbrauchen - aufbrauchen aus-: verheilen - ausheilen zer-: verkochen - zerkochen zu-: verstopfen - zustopfen zerdurch-: zerhacken - durchhacken antonymische Konkurrenzform aban-: abschrauben - anschrauben auf-: abspringen - aufspringen zu-: ableiten - zuleiten aufver-: aufschnüren - verschnüren zu-: aufmachen - zumachen ausein-: auswandern - einwandern ver-: auspacken - verpacken zu-: aussteigen - zusteigen beent-: belüften - entlüften entver-: entflechten - verflechten erver-: erklingen - verklingen missver-: missgönnen - vergönnen nachvor-: nachsprechen - vorsprechen überunter-: überbieten - unterbieten 263 Verbale Derivation 5.3.1.8 Übungen ‹ 1. Bilden Sie mithilfe der in Klammern stehenden Wörter Sätze mit durchim Perfekt! Achten Sie dabei auf die Trenn- und Untrennbarkeit! Ordnen Sie die Verben den Mustern ‚lokal‘ (‚beschädigen/ zerstören‘, ‚trennen‘, ‚durch ein Hindernis hindurch‘), ‚perfektiv‘ (‚vollständig, bis zum Ende‘) und ‚durativ‘ (‚ununterbrochen‘) zu! Beispiel: durchlesen (ich, Brief): Ich habe den Brief durchgelesen: ‚perfektiv‘ (‚vollständig, bis zum Ende‘) a) durchschlafen (Kinder, bis zum Morgen) b) durchreichen (er, Koffer, Zugfenster) c) durchsägen (Holzfäller, Baumstämme) d) durchbraten (Koch, Rindfleisch) e) durchscheuern (er, Ärmel an der Jacke) f) durchprüfen (unser Elektriker, alle Leitungen) g) durchleben (viele Gefangene, schreckliche Zeit) h) durchkriechen (Mäuse, unter dem Zaun) i) durchsieben (Kugeln, Benzintank) j) durchqueren (Forscher, ganzer Erdteil) k) durchkneten (Bäcker, Teig) l) durchhacken (Hausfrau, Knochen) ‹ 2. Entscheiden Sie, ob das trenn- oder untrennbare Verb zu verwenden ist! a) durchbrechen Der Zimmermann hat das Brett … . Einige U-Boote schafften es, die Blockade … . b) durchkämmen Die Polizei hat den Wald … . Das Mädchen hat ihr langes Haar … . c) durchlaufen Er hat eine kaufmännische Ausbildung … . Die Sportlerin hat schon die neuen Schuhe … . d) durchreisen Mein Onkel ist bis München … . Der Tourist hat die halbe Welt … . e) durchschneiden Das Motorboot hat die Wellen … . Sie hat den Bindfaden … . f) durchkreuzen Sie haben unsere Pläne … . Sie hat die falschen Angaben auf dem Personalbogen … . g) durchfliegen Viele Sudenten sind in der Prüfung … . Heute habe ich die Zeitung nur … . h) durchdringen Diese Idee hat ihr Leben … . Seine Stimme ist bis zu uns … . 264 Zur verbalen Wortbildung ‹ 3. Bilden Sie mithilfe der in Klammern stehenden Wörter Sätze mit überim Perfekt! Achten Sie auf die Trenn- und Untrennbarkeit! Ordnen Sie die Verben den Mustern ‚lokal‘ (‚bedecken‘, ‚oberflächliches Wahrnehmen/ Nichtwahrnehmen‘, ‚anziehen‘, ‚Übermaß‘) und ‚temporal‘ (‚über eine Zeitspanne hinweg‘) zu! a) übertreiben (Mutter, Sparsamkeit) b) überhören (unsere Nachbarn, Klingeln des Telefons) c) überkleben (er, alte Plakate) d) überleben (Patientin, Operation) e) überwürzen (Koch, Suppe) f) überwerfen (du, Jacke) g) übersehen (seine Lehrerin, Fehler im Diktat) h) überschätzen (Trainer, junger Spieler) i) überstreifen (Tochter, Kleid) j) überpinseln (man, schwarze Flecke) k) überdauern (Türme, viele Stürme) l) überpudern (sie, ihr Gesicht) ‹ 4. Entscheiden Sie, ob das trenn- oder untrennbare Verb zu verwenden ist! a) überströmen Mein Gesicht war von Schweiß … . Ihre gute Laune ist auf alle … . b) übergehen Der Schnee ist schnell in Regen … . Er hat diesen Punkt einfach … . c) überragen Zwei Hochhäuser haben die anderen Gebäude deutlich … . Der Holzbalken hat … . d) überziehen Bei diesem Wetter hatte sie sich einen Pullover … . Der Himmel hatte sich mit Wolken ... . e) überlegen Habt ihr euch die Sache noch einmal … ? Die Mutter hat dem Kind noch eine Decke … . f) überschütten Susanne hat mir einen Eimer kaltes Wasser … . Wir werden von Reklame … . g) überhängen Es ist besser, den Vogelkäfig mit einem Tuch … . Die Soldaten hatten sich die Gewehre … . h) überfließen Ihr Herz ist vor Mitleid … . Ein kleiner Bach hat den Weg … . 265 Verbale Derivation ‹ 5. Bilden Sie mithilfe der in Klammern stehenden Wörter Sätze mit umim Perfekt! Achten Sie auf die Trenn- und Untrennbarkeit! Ordnen Sie die Verben den Mustern ‚lokal‘ (‚herum/ zurück‘, ‚nieder/ zu Boden‘, ‚von einem Ort zum anderen‘, ‚um ein unbewegtes Objekt herum‘) und ‚modal‘ (‚Zustandsveränderung‘) zu! a) umsteigen (Passagiere, in den Bus) b) umkippen (Kind, Stuhl) c) umrudern (wir, Insel) d) sich umschauen (ich, nach einem Parkplatz) e) umfärben (Friseur, Haare) f) umstoßen (Passanten, Leiter) g) umlenken (Fahrer, Wagen) h) umbilden (Kanzler, Regierung) i) umrühren (Maler, Farbe) j) umpflanzen (Gärtner, Palme in einen größeren Topf) k) umflattern (Motten, Lampe) l) umbuchen (Familie, Reise) m) umtosen (Orkan, Haus) ‹ 6. Entscheiden Sie, ob das trenn- oder untrennbare Verb zu verwenden ist! a) umfliegen Durch den Wind ist die chinesische Vase … . Die Rakete hat die Erde … . b) umschreiben Er versuchte den Begriff … . Der Autor beginnt das Drehbuch … . c) umlegen Starker Regen hatte das Getreide … . Das gekochte Huhn war mit Pilzen … . d) umreiten Wir haben die Schlucht … . Die Ritter haben die Bogenschützen einfach … . e) umbauen Diese Lagerhalle soll in eine Diskothek … werden. Der Platz wird mit Wohnhäusern … . f) umstellen Polizisten hatten die Bank … .Viele Haushalte haben sich auf Sonnenenergie … . g) umspringen Die Ampel ist auf Rot … . Die Hunde haben den Jäger … . h) umgehen Im Schloss soll früher ein Gespenst … sein. Die Baustelle ist sehr schnell … . 266 Zur verbalen Wortbildung i) umlaufen Der Mond hat die Erde in 28 Tagen … . Über ihn sind viele Gerüchte … . j) umwinden Die Frau hatte sich ein Tuch … . Viele Bäume waren mit Schlingpflanzen … . ‹ 7. Bilden Sie mithilfe der in Klammern stehenden Wörter Sätze mit unterim Perfekt! Achten Sie auf die Trenn- und Untrennbarkeit! Ordnen Sie die Verben dem Muster ‚lokal‘ (‚darunter/ unterhalb von etw.‘, ‚unter Texten/ Schriftstücken‘, ‚zu wenig‘, ‚verhindern‘, ‚differenzieren‘) zu! a) unterzeichnen (man, Verträge) b) untergehen (Schiffe, im Meer) c) unterbinden (Zollbeamte, Zigarettenschmuggel) d) untergliedern (er, Text, in Absätze) e) unterbewerten (Professor, Leistung des Studenten) f) unterkriechen (einige Igel, in der Scheune) g) untersagen (Arzt, Patient, Alkohol) h) unterschreiben (ich,Urkunde) i) unterbezahlen (Betrieb, seine Angestellten) j) unterscheiden (Biologen, drei Virustypen) ‹ 8. Entscheiden Sie, ob das trenn- oder untrennbare Verb zu verwenden ist! a) unterstellen Dem Hauptkommissar sind alle Inspektoren … . Es ist besser, sich bei diesem Hagel hier … . b) unterhalten Bei dem defekten Rohr haben wir einen Eimer … . Es ist Aufgabe der Stadt, die Straßen … . c) unterziehen Das Auto muss einer gründlichen Reinigung … werden. Ich habe mir noch ein Hemd … . d) unterlegen Der Film wird mit einer neuen Musik … . Sie hat dem Kranken ein Kissen … . e) unterschieben Das uneheliche Kind wurde ihm … . Dir wird Unehrlichkeit … . f) untergraben Seine Gesundheit hat das starke Rauchen … . Der Bauer beginnt den Dünger … . 267 Verbale Derivation ‹ 9. Ordnen Sie die Verben mit widerden Mustern ‚dagegen‘ und ‚zurück‘ zu! widerschallen, widerstehen, widerlegen, widerklingen, widerreden, widerraten, widerstrahlen, widerstreben 5.3.1.9 Fremdpräfixe Fremdwörtliche Präfixe spielen in der Verbbildung offensichtlich eine noch geringere Rolle als bei Substantiven und Adjektiven. Das zeigt sich zum einen darin, dass ihre Zahl kleiner ist. Es handelt sich dabei ausnahmslos um solche, die ebenfalls die Nomen präfigieren. Auf der anderen Seite sind einige davon quantitativ stark begrenzt und finden sich häufig in Fachtexten. Typisch ist ferner, dass bei den wenigen Beispielen das Basiswort nicht als freies Verb vorkommt, es oft ein Konfix ist. Vgl.: subtrahieren (abziehen), substituieren (ersetzen, austauschen), transmittieren (übertragen, senden), transplantieren (verpflanzen, einsetzen), dislozieren (räumlich verteilen), diskriminieren (benachteiligen), exzidieren (medizinisch für herausschneiden), exspirieren (ausatmen). Zu den Präfixen, die zumindest teilweise eine schwache Produktivität entwickeln und in relativ großer Anzahl begegnen, gehören de- (des-), in-, kon- (kom-, kor-) sowie re-. Präfix de- Das Präfix degeht auf das Lateinische (‚von - weg‘, ‚von - herab‘) zurück. Befindet sich im Anlaut der Basis ein Vokal, begegnet i.d.R. die Variante des-. dedrückt aus, dass etwas aufgehoben oder rückgängig gemacht wird (‚entgegen‘): motivieren → demotivieren, demaskieren, desarmieren, deeskalieren (! ), desensibilisieren, demarkieren, demoralisieren, demilitarisieren. 30 Unter den Basen befinden sich viele Formen, die im Deutschen nicht als Verben existieren, meist sind es Konfixe: deprimieren, destruieren (zerstören), deduzieren (ableiten). In Konkurrenz zu de- (des-) tritt ent-, das sich jedoch gewöhnlich mit einer heimischen Basis verbindet: desarmieren - entwaffnen, demoralisieren - entnerven, entmutigen. Der Anschluss an das gleiche fremdsprachige Basisverb ist deshalb eine Ausnahme: entmilitarisieren. Neben entkann in geringerem Umfang das Aufheben oder Rückgängigmachen noch durch absignalisiert werden: demarkieren - abgrenzen, demaskieren - entlarven - abnehmen (im Sinne von ‚die Tarnung von jmdm./ etw. abnehmen‘) (DUW). 30 de- (des-) kommt bei den Nomen (d.h. einfachen Substantiven und Adjektivderivaten) nur bei wenigen Beispielen vor: Desinteresse, dezentral. Im Substantivbereich trifft man vor allem auf deverbale Ableitungen: Demarkierung, Demaskierung, Demoralisierung usw. 268 Zur verbalen Wortbildung Präfix in- Im Unterschied zum substantivischen und adjektivischen indient das aus dem Lateinischen stammende Präfix nicht der Negation; es hat vielmehr eine lokale Bedeutung, die ,in‘, ‚an‘ oder ‚auf‘ entspricht. inschließt sich hauptsächlich an Verben an, die in der Gegenwartssprache ohne Präfix nicht verwendet werden und oftmals Konfixcharakter haben: insistieren (auf etw. bestehen), inspizieren (prüfen, untersuchen), instruieren (anweisen, jmdn. unterrichten), installieren, injizieren, inhärieren (anhaften). In wenigen Fällen verbindet sich inmit heimischen Basen: inhaftieren (verhaften). 31 Synonymisch steht ineingegenüber, das aber nur die Kombination mit einem deutschen Verb zulässt: installieren - einbauen, injizieren - einspritzen. Präfix kon- Beim Verbalpräfix kon- (‚mit‘, ‚zusammen‘) dominieren ebenfalls unselbstständige Verben als Basen. Der Basisauslaut bestimmt die Varianten - beginnt er mit einem Vokal, steht ko-, während vor rkor-, vor b- und pmeist komsich findet (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 328). Vgl.: konstruieren, konjugieren, kooperieren, korrodieren, komprimieren, kompensieren. Präfix re- Das lateinische re- (‚wieder‘, ‚zurück‘) signalisiert eine Wiederholung oder Erneuerung; es ist neben de- (des-) das produktivste Verbalpräfix und übertrifft in dieser Hinsicht das substantivische re- (s. 3.3.3.3) deutlich. Man präfigiert überwiegend freie Verben, häufig entsprechen sie Konstruktionen mit dem Adverb wieder: reorganisieren, reproduzieren, refinanzieren, rekultivieren (unfruchtbar gewordenen Boden wieder nutzbar machen), reaktivieren (jmdn. wieder anstellen, etw. wieder in Gebrauch nehmen). Nicht als selbstständige Basen vorkommende Verbformen - darunter auch Konfixe - begegnen hier seltener: rezyklieren (wieder verwenden), revidieren (etw. korrigieren, abändern), resistieren (widerstehen). Der Anschluss von rehat in einigen Fällen dazu geführt, dass die Bedeutung des freien Basisverbs sich gewandelt hat; die Derivate sind dann demotiviert (vgl. ebenda): signieren (unterzeichenen, unterschreiben) → resignieren (aufgeben), servieren (Speisen und Getränke auftragen) → reservieren (Tisch oder Hotelzimmer freihalten), kapitulieren (sich ergeben, aufgeben) → rekapitulieren (noch einmal zusammenfassen). 31 Das Derivat ist jedoch eine kombinatorische Ableitung, die aus in- + Haft + -ier(en) besteht (s. 5.3.2.6). 269 Verbale Derivation 5.3.1.10 Suffigierung Das Anschließen von Suffixen an Verben ist im Vergleich zur Präfigierung eine sehr wenig genutzte Bildungsweise. Es stehen dafür mit -(e)l(n) und -(e)r(n) auch nur zwei Suffixe zur Verfügung. Allerdings haben sich diese auf den Ausbau besonderer semantischer Muster spezialisiert. Suffix -(e)l(n) Seine Hauptaufgabe besteht darin, dem i.d.R. simplizischen Basisverb eine abschwächende (‚diminutiv‘) und/ oder wiederholende (‚iterativ‘) Bedeutungskomponente zu verleihen; dabei wird der Stammvokal meist umgelautet. Vgl.: streichen → streicheln (über jmdn./ etw. leicht und sanft streichen), tanzen → tänzeln (sich mit kleinen, leichten Schritten bewegen). In einigen Fällen kommt eine pejorative Konnotation hinzu: brummen → brummeln (leise und undeutlich sprechen). Andere Derivate zeigen eine weiter gehende semantische Spezialisierung: kuschen (bei Hunden: sich still hinlegen; übertragen für still und gehorsam sein) → kuscheln (sich an jmdn. anschmiegen, um Wärme oder Geborgenheit zu finden). Das zweite Aufgabenfeld des Suffixes umfasst die Bildung von lautmalenden Verben, sog. Schallwörtern (Onomatopoetika). Es handelt sich um expressive Formen, deren Basen nicht als freie Grundmorpheme vorkommen (vgl. u.a. Naumann 2000, 3f.): bimmeln (klingen, läuten), pinkeln (urinieren), kribbeln (jucken), quasseln (schwatzen), watscheln (sich schwerfällig wie eine Ente bewegen), buddeln (graben). Suffix -(e)r(n) Anders als -(e)l(n) bleibt dieses Suffix im Allgemeinen auf den Ausdruck der Wiederholung (‚iterativ‘) beschränkt. Derartige Formen sind zudem selten und teilweise idiomatisiert: blinken → blinkern (wiederholt blinken), steigen → steigern (erhöhen, vergrößern). Viel häufiger findet sich das Suffix in Onomatopoetika: flüstern, plappern (schnell und viel reden), bibbern (frieren), schlittern (rutschen), knabbern (abbeißen), ballern (schießen), kichern (leise lachen), rattern (metallisch klingende, sich wiederholende Töne, z.B. bei einem fahrenden Zug), knattern (Motorrad). 5.3.1.11 Übungen ‹ 1. Präfigieren Sie folgende Verben und Konfixbasen mit de-, in-, kon-, kom- und re- (Mehrfachbildungen sind möglich)! Achten Sie dabei auf die Präfixallomorphie! Ordnen Sie die deutschen Entsprechungen entschlüsseln, entseuchen, abbauen, einpflanzen, eindringen, sich einschreiben, wieder besetzen, wieder einführen und wieder herstellen den Präfixderivaten zu! 270 Zur verbalen Wortbildung mobilisieren, existieren, infizieren, importieren, parieren, stabilisieren, chiffrieren, oxidieren, -ferieren, -plantieren, organisieren, ordinieren, zitieren, -duzieren, okkupieren, agieren, -pensieren, -skribieren, montieren, filtrieren, flektieren, zentrieren, -kurrieren, strukturieren ‹ 2. Suffigieren Sie folgende Verben mithilfe von -e(l)n oder -(e)r(n)! Achten Sie dabei auf die Basisveränderungen! husten, zucken, schnitzen, folgen, spotten, trotten, schlecken, lachen, schlingen, tropfen, blinken, einschlafen ‹ 3. Stellen Sie fest, bei welchen Verben es sich um Onomatopoetika handelt! knistern, rappeln, drängeln, gackern, deuteln, wiehern, blubbern, liebeln, schütteln, dudeln, fälteln, gluckern 5.3.2 Desubstantivische Derivation 5.3.2.1 Reine Konversion 5.3.2.1.1 Allgemeines Für die Ableitung von Verben aus Substantiven nutzt man in erster Linie die reine Konversion. Der Wortwechsel vollzieht sich also ohne die Beteiligung irgendwelcher Affixe. Angefügt wird lediglich das zu den Flexionsmorphemen zählende -en des Infinitivs (s. 1.1). Endet das substantivische Basiswort auf -e, -el oder -er erscheint dessen Variante -n. Vgl.: Scherz → scherzen, Salbe → salben, Fessel → fesseln, Donner → donnern. In den meisten Fällen bleibt bei der Konversion das Basissubstantiv unverändert. Wenn eine Veränderung eintritt, kommt dies vor allem in Form der Umlautung zum Ausdruck. Doch gibt es für sie keine festen Regeln, allenfalls Tendenzen. So begegnet der Umlaut bei transitiven Verben häufiger als bei intransitiven. Vgl.: Farbe → färben, Trost → trösten, Hagel → hageln, Fluch → fluchen (vgl. Kühnhold/ Wellmann 1973, 24). Andere Basisvariationen lassen sich seltener beobachten. Hierher gehört die aus phonetischem Grunde erfolgende Tilgung des -e im Auslaut -e(n) sowie - vereinzelt - des Konsonanten -s: Intrige → intrigieren, Regen → regnen (*regenen), Koks → koken (Koks herstellen). Ferner wird das schwachtonige -o des Suffixes -or in fremdsprachigen Basen durch -e ersetzt: Konditor → konditern, Sponsor → sponsern (vgl. ebenda, 23). Es überwiegen einfache Substantive als Konversionsbasen. In erheblich geringerem Umfang kommen Derivate, meist Personenbezeichnungen (Nomina agentis) auf -er, vor; Ableitungen mit den Suffixen -tum, -schaft, -ung, -ling, -nis, -heit (-keit, -igkeit) fehlen dagegen völlig: Gärtner → gärtnern, 271 Verbale Derivation Tischler → tischlern (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 305; Olsen 1990a, 185ff.). Stark eingeschränkt ist auch der Gebrauch von Zusammensetzungen; die seltenen Beispiele sind aber gewöhnlich idiomatisiert: Schauspieler → schauspielern, Langweile → langweilen. 5.3.2.1.2 Semantische Muster Bei der semantischen Einordnung der desubstantivischen Ableitungen hat es sich bewährt, auf syntaktische Eigenschaften des zugrunde liegenden Basiswortes zurückzugreifen, d.h., seine Rolle in einem äquivalenten Satz zu berücksichtigen. Davon ausgehend ergeben sich drei Grundtypen: Grundtyp A: Basissubstantiv als subjektbezogenes Prädikativ, 32 oder Subjekt, das im Nominativ erscheint: er arbeitet als Kellner → er kellnert, Regen fällt → es regnet. Grundtyp B: Basissubstantiv als affiziertes bzw. effiziertes Objekt, 33 das im Akkusativ steht: sie gibt dem Tier Futter → sie füttert das Tier, die Sau gebärt ein Ferkel → die Sau ferkelt. Grundtyp C: Basissubstantiv als objektbezogenes Prädikativ, präpositionales Objekt oder Adverbialbestimmung, stets mit Präposition: der Soldat versieht das Gewehr mit Öl → der Soldat ölt das Gewehr, Glas zerfällt in Splitter → Glas splittert, die Bauern bewahren das Getreide in einem Speicher auf → die Bauern speichern das Getreide (vgl. Marchand 1964, 105ff.; 1969, 155ff.; von Polenz 1968, 148ff.; Kühnhold/ Wellmann 1973, 40ff.). Wie man sieht, werden durch diese Konversionen Konstruktionen vereinfacht und somit sprachliche Mittel reduziert. Letztlich repräsentieren sie ein Instrument der Spachökonomie. In Abhängigkeit von der Semantik der Basis haben sich innerhalb der Typen einzelne Submuster herausgebildet, die sich mitunter eng berühren. Typ A • Muster ‚als jmd. arbeiten/ tätig sein‘ Als Basen gebraucht man vornehmlich Personenbezeichnungen (Nomina agentis). Obwohl es sich vorrangig um Berufsbezeichnungen handelt, wird dadurch nicht der Beruf an sich, sondern seine zeitweise Ausübung bzw. eine Nebentätigkeit signalisiert. Vgl.: als Tischler, Schlosser, Gärtner arbeiten → tischlern, schlossern, gärtnern. 34 32 Da das Prädikativ Teil des nominalen Prädikats ist, wird dafür auch der Terminus „Prädikatsnomen“ gebraucht. Näheres dazu s. Helbig/ Buscha (1996, 539ff.). 33 Das affizierte Objekt wird von der Handlung betroffen, während das effizierte Objekt aus ihr hervorgeht. Ausführlich dazu s. ebenda (165; 560), s. auch Kapitel 3, Anmerkung 5. 34 Formen jener Art können darüber hinaus die Nuance des „Dilettantischen“ (Kühnhold/ Wellmann 1973, 46) mit einbringen, denn die Arbeit führt ein Nichtfachmann aus. 272 Zur verbalen Wortbildung • Muster ‚sich wie jmd./ etw. verhalten‘ Es überwiegen Tier- und Sachbezeichnungen, Nomina agentis sind seltener. Den Derivaten entsprechen Vergleichskonstruktionen mit wie. Je nachdem welches Tier vorliegt, kann eine pejorative Komponente mit einfließen. Vgl.: sich wie eine Robbe (auf dem Bauch liegend) bewegen → robben, sich wie ein Hamster Vorräte an Lebensmitteln anlegen → Vorräte hamstern, wie ein Bock beleidigt und trotzig sein → bocken. Daneben treten diese Verben in phraseologischen Wendungen auf: die Niederlage wurmt sie = die Niederlage ärgert sie, mir schwant nichts Gutes = ich ahne nichts Gutes. Sachbenennungen beschreiben hauptsächlich Bewegungen. Doch ist ihre Zahl begrenzter: Perlen bilden (Sekt) → perlen; wirbeln, schaukeln. Die seltenen Personenbezeichnungen bringen oftmals eine pejorative Konnotation zum Ausdruck: wie ein Schulmeister jmdn. ständig belehren und korrigieren → schulmeistern, wie ein Zigeuner umherziehen → zigeunern. Auch Familiennamen bekannter Persönlichkeiten werden herangezogen. Auf diese Weise entstehen vornehmlich Okkasionalismen: wie Hegel denken → hegeln (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 307). • Muster ‚etw. ist da, tritt ein‘ Bei den Basen sind zwei große Beziehungsklassen erkennbar: a) Bezeichnungen für Tages- und Jahreszeiten und Festtage; b) Witterungserscheinungen sowie (vereinzelt) bestimmte Materialien/ Stoffe (vgl. Kühnhold/ Wellmann 1973, 42). Stets handelt es sich um unpersönliche Verben, wobei es das grammatische Subjekt stellt: a) der Tag beginnt, es wird Tag → es tagt; es herbstet, weihnachtet. b) Donner ist zu hören, setzt ein → es donnert; es blitzt, es staubt. Typ B • Muster ‚etw./ jmdm. etw. geben, antun, zufügen‘ Durch die Konversion bildet man transitive Verben. Ihnen entsprechen Konstruktionen, wo die Person im Dativ, das Abstraktum im Akkusativ steht: jmdm. einen Stoß geben → jmdn. stoßen, jmdm. Hass entgegenbringen → jmdn. hassen; jmdm. eine Ohrfeige geben → jmdn. ohrfeigen; trösten, grüßen. • Muster ‚etw./ jmdn. von etw. entfernen, wegnehmen‘ Die sog. privativen Verben haben Körper- oder Pflanzenteile als Basen. Sie sind immer transitiv und bedingen z.T. eine Umlautung: dem Wildschwein die Haut abziehen → das Wildschwein häuten, dem Fisch die Schuppen entfernen → den Fisch schuppen; köpfen, schälen. 35 35 Durch reine Konversion entstandene privative Verben werden heute mehr und mehr durch Präfixverben mit ab-, aus- oder entersetzt (s. 5.3.1). 273 Verbale Derivation • Muster ‚etw. produzieren, bilden‘ Sämtliche Basissubstantive sind effizierte Objekte, bezeichnen also das Resultat einer Handlung. Dieses kann von Personen, Tieren, Pflanzen oder Sachen hervorgerufen werden, das gebildete Verb ist stets intransitiv. Vgl.: Wurst herstellen → wursten, ein Lamm gebären → lammen, Duft verbreiten → duften; bluten, dampfen. Eine besondere Reihe bauen Verben aus, die mit machen eine feste Verbindung eingehen: Spaß, einen Putsch machen → spaßen, putschen (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 307). • Muster ‚etw. fühlen, empfinden‘ Verben dieser Reihe lassen sich aus Fügungen mit der Struktur haben + Abstraktum ableiten (vgl. Wellmann 1995, 459) und kennzeichnen einen bestimmten Gefühlszustand. Alle Bildungen sind intransitiv, z.T. kommt es zur Umlautung. Vgl.: einen Traum, Zweifel, Furcht haben → träumen, zweifeln, (sich) fürchten. Typ C • Muster ‚etw. mit etw. versehen, ausstatten‘ Für die Ableitung der zahlreichen ornativen Verben zieht man zumeist Stoff-, seltener Sachbezeichnungen heran. Es entstehen transitive Verben, die mitunter Umlaut aufweisen. Vgl.: den Kuchen mit Zucker bestreuen → den Kuchen zuckern, den Brief mit einem Stempel versehen → den Brief stempeln, Wasser mit Chlor versetzen → Wasser chloren; färben, salzen, pflastern. 36 • Muster ‚etw. mit etw. bearbeiten, etw. benützen‘ Bei den Basen handelt es sich um Benennungen für Werkzeuge, Geräte oder bestimmte Mittel, sodass die Konversionen zu den instrumentalen Verben zählen, welche transitiv oder intransitiv sein können. Ihnen entsprechen Fügungen mit präpositionalem Objekt. Vgl.: das Metallstück mit einer Feile bearbeiten → das Metallstück feilen, das Holz mit Leim befestigen → das Holz leimen, auf die Bremse treten → bremsen; pumpen, schaufeln, rudern. Aus Musikinstrumenten abgeleitete Konversionen bilden eine spezielle Reihe: auf der Trompete blasen → trompeten, auf der Geige spielen → geigen (vgl. Kühnhold/ Wellmann 1973, 91f.). 37 36 Aufgrund der Ähnlichkeit der ornativen Bedeutung mit dem Muster ‚etw./ jmdm. etw. geben, antun, zufügen’ (Typ B) werden beide Reihen manchmal zusammengefasst (vgl. Wellmann 1995, 460). 37 Die Präposition muss in der Fügung nicht enthalten sein: er bläst Trompete, sie spielt Geige. 274 Zur verbalen Wortbildung • Muster ‚jmd./ etw. sich wo befinden, sein, jmdn./ etw. wohin transportieren, hinbringen‘ Das Basissubstantiv dient der Orts- und Richtungsangabe (‚lokal‘); die Verben sind sowohl transitiv als auch intransitiv. Vgl.: auf den Knien liegen → knien, das Holz zu einem Stapel schichten → das Holz stapeln, die Kohle im Bunker aufbewahren → die Kohle bunkern; stranden, lagern, zelten. • Muster ‚zu etw. werden, in etw. übergehen‘ Durch die Konversionen wird der Übergang in einen anderen Zustand signalisiert. Da die Derivate zugleich den Beginn des Übergangs markieren, kommt das Merkmal ‚inchoativ‘ hinzu. Als Basen wählt man Sach- oder Gegenstandsbezeichnungen, die Verben sind stets intransitiv. Vgl.: das Mehl bildet Klumpen → das Mehl klumpt, die Maschine setzt Rost an → die Maschine rostet; splittern, krümeln. • Muster ‚etw./ jmdn. zu etw. machen‘ Die Verben beschreiben das durch ein Agens hervorgerufene Ergebnis eines neuen Zustands und haben daher das Merkmal ‚faktitiv‘. Abgeleitet wird aus Sach-, seltener aus Personenbezeichnungen; es entstehen nur transitive Verben: die Pizza in zwei Teile zerlegen → die Pizza teilen. An das Verb teilen lassen sich semantisch auch Bildungen mit einigen Bruchzahlen anschließen: in drei, acht Teile schneiden → dritteln, achteln. Weitere Beispiele für das Muster sind jmdn. zum Knecht (Diener) machen → jmdn. knechten; bündeln, häufen (vgl. ebenda, 57; von Polenz 1968, 155). 5.3.2.2 Übungen ‹ 1. Leiten Sie aus folgenden Sätzen entsprechende Verben ab! Ordnen Sie die Derivate den Mustern ‚als jmd. arbeiten/ tätig sein‘, ‚sich wie jmd./ etw. verhalten‘, ‚etw. ist da, tritt ein‘ ‚etw. jmdm./ etw. geben, antun, zufügen‘, ,etw./ jmdn. von etw. entfernen, wegnehmen‘, ,etw. produzieren, bilden‘, ‚etw. fühlen, empfinden‘ zu! Beispiel: Der Ofen gibt Qualm ab → Der Ofen qualmt: ‚etw. produzieren, bilden‘ Es fängt an zu schneien. Wir haben Furcht vor ihm. Die Stute gebärt ein Fohlen. Er lernt wie ein Büffel. Sie gibt dem Sohn einen Kuss. Die Kinder machen Lärm. Das Brett vibriert wie eine Feder. Er ist als Kellner tätig. Die Köchin zieht den Kartoffeln die Pelle ab. Es wird Herbst. Sie versetzten uns einen Schock. Sie ist wie ein Tiger zum Ausgang gerannt. Der Fleischer schlägt den Kopf des Huhnes ab. Sie empfinden Trauer. Nebel setzt ein. Er gewährt mir seinen Schutz. Die Kuh gebärt ein Kalb. Er betätigt sich als Tischler. Hagel fällt. Sie blickt mich wie ein Stier an. Die Köchin entfernt die 275 Verbale Derivation Schale von den Eiern. Beide Kerzen setzten Ruß frei. Es geht auf Weihnachten zu. Die Weizenfelder bewegen sich wie Wogen im Wind. Sie sieht wie eine Unke nur das Negative. Ein Sturm beginnt. Die Obstbauern stellen Most her. Der Autor hat einen Text verfasst. Sie haben Zweifel. Jetzt betätigt er sich als Schriftsteller. Ich hatte einen Traum. Er hat mir einen Schlag auf den Kopf gegeben. Sie empfindet Ekel. Die Studenten sind als Maler tätig. Aus der Wunde läuft Blut. Wir erweisen der Verstorbenen die Ehre. ‹ 2. Leiten Sie aus folgenden Sätzen entsprechende Verben ab! Ordnen Sie die Derivate den Mustern ‚etw. mit etw. versehen, ausstatten‘, ‚etw. mit etw. bearbeiten, etw. benützen‘, ‚jmd./ etw. sich wo befinden, sein, jmdn./ etw. wohin transportieren, hinbringen‘, ‚zu etw. werden, in etw. übergehen‘, ‚etw./ jmdn. zu etw. machen‘ zu! Das Schiff gerät auf dem Strand. Sie graben mit dem Bagger ein Loch. Die Straße wurde mit Teer bedeckt. Das Glas zerfällt in Splitter. Sie haben die Wand mit Fliesen versehen. Er nimmt den Sack auf die Schulter. Die Äpfel werden in vier Teile geschnitten. Wir wohnen in einem Zelt. Das Laub wird zu Moder. Das Kind schlägt auf die Trommel. Sie rüsten das Fahrzeug mit einem Panzer aus. Er schnürt die Zeitungen zu einem Bündel. Sie spielt auf der Flöte. Er versieht den Stuhl mit einem Polster. Die Vögel haben ihr Nest im Busch. Der Kuchen löst sich in Krümel auf. Mit dem Knopf kann man die Hupe betätigen. Das Fleisch wird mit Pfeffer gewürzt. Er stellt die Kiste auf die Kante. Der Müller mahlt das Korn zu Schrot. Sie bewegen mit Rudern das Boot zur Insel. Eisenteile setzen schnell Rost an. Sie malt mit dem Pinsel ein Bild. Die Truppen sind am Land angekommen. Er aß die Suppe mit einem Löffel. 5.3.2.3 Präfixkonversion Die Konversion von Verben mithilfe von Präfixen auf substantivischer Basis zählt wie die reine Konversion zu den produktiven Wortbildungsmodellen. Es begegnen zudem die gleichen semantischen Grundtypen, welche aber insgesamt über weniger Muster verfügen. Das betrifft vor allem Typ A und B. Für die Realisierung der einzelnen Bedeutungsvarianten greift man auf vielfältige Präfixe zurück. Typ A • Muster ‚sich wie jmd. verhalten‘ Als Basissubstantive werden meist Personenbenennungen gewählt; diese verbinden sich oft mit be- und an, vereinzelt mit ver-, manchmal tritt eine negative Wertung hinzu. Vgl.: für jmdn. in übertriebener Weise wie eine Mutter sorgen → jmdn. bemuttern; sich anfreunden/ sich befreunden, verarzten. 276 Zur verbalen Wortbildung Typ B • Muster ‚etw./ jmdm. etw. geben, antun, zufügen‘ Es kommen als Basen primär Abstrakta in Betracht. Einige davon sind Bestandteil sog. Funktionsverbgefüge; das entsprechende Präfixverb wird mithilfe von begebildet und ist stets transitiv. Vgl.: jmdm. Urlaub geben → jmdn. beurlauben, jmdm. einen Auftrag erteilen → jmdn. beauftragen, jmdm./ etw. eine Note geben → jmdn./ etw. benoten. • Muster ‚etw./ jmdn. von etw. entfernen, wegnehmen‘ Auf diese Weise gebildete privative Verben finden sich wesentlich häufiger als die Derivate der reinen Konversion (vgl. Wellmann 1995, 460). Besonders stark ist entvertreten, ferner aus- und ab-: die Waschmaschine vom Kalk befreien → die Waschmaschine entkalken, das Siegel vom Brief entfernen → den Brief entsiegeln, das Waldstück von Bäumen befreien → das Waldstück ausholzen/ abholzen; entwaffnen, enthüllen, abstielen, entmisten/ ausmisten. Die Verben, die Sachen oder Gegenstände benennen, sind überwiegend transitiv, seltener intransitiv. Typ C • Muster ‚etw. mit etw. versehen, ausstatten‘ Die Bildung ornativer Verben ist eines der produktivsten Modelle. Bei den Basen handelt es sich wiederum um Stoff- und Sachbezeichnungen; die Präfigierung lässt transitive Verben entstehen. Um die ornative Bedeutung zu realisieren, stehen vielfältige Präfixe bereit. Besonders zahlreich sind ver-, über- und be-, daneben finden sich um-, unter- und aus-. Teilweise konkurrieren die Präfixe miteinander. Vgl.: das Fenster mit einem Gitter versehen → das Fenster vergittern/ umgittern, ein Dach auf die Hütte setzen → die Hütte überdachen/ bedachen, das Kabel mit einer Kupferschicht überziehen → das Kabel verkupfern. Es bestehen ausgeprägte antonymische Beziehungen zu den privativen Verben mit ent- und - weniger entwickelt - zu be- (s.o.): versiegeln - entsiegeln, verhüllen - enthüllen, bewaffnen - entwaffnen. • Muster ‚etw. mit etw. bearbeiten, etw. benützen‘ Instrumentale Präfixverben gibt es relativ wenige. Alle Bildungen sind transitiv. Vgl.: Fleisch auf einen Spieß stecken → Fleisch aufspießen/ anspießen, mit modaler Komponente (‚schließen‘): die Tür mit einer Kette verschließen → die Tür verketten; abseilen, zerbomben, aufschlüsseln. • Muster ‚jmdn./ etw. wohin transportieren, hinbringen, befestigen‘ Orts- und Richtungsangaben werden über verschieden Präfixe realisiert. Meist geschieht das mittels einsowie auf- (vgl. Kühnhold/ Wellmann 1973, 95), wobei transitive wie intransive Verben entstehen. Vgl.: jmdn. in einen 277 Verbale Derivation Kerker (Gefängnis) sperren → jmdn. einkerkern, Essen auf den Tisch bringen → auftischen. Bei einigen Konversionen mit ankommt das Merkmal ‚befestigen‘ hinzu: an eine Kette, ein Seil binden → anketten, anseilen (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 309). • Muster ‚zu etw. werden, in etw. übergehen‘ Die Basissubstantive repräsentieren Sach-, aber auch Personenbenennungen. Konversionen dieses Musters rücken zugleich das Handlungsergebnis in den Vordergrund, das sich im Zusatzmerkmal ‚resultativ‘ äußert, wobei verdas alleinige Präfix ist. Alle Bildungen sind intransitiv. Vgl.: zur Steppe werden → versteppen, zum Sumpf werden → versumpfen, zum Greis werden → vergreisen (stark altern); verschilfen, vertrotteln. • Muster ‚etw./ jmdn. zu etw. machen‘ Bei den Basen überwiegen Sachbenennungen, vereinzelt begegnen Personenbezeichnungen. Präfigiert wird in erster Linie mit ver-, in geringerem Umfang mit zer-, woraus transitive Verben resultieren: aus Autos Schrott machen → Autos verschrotten, jmdn. zum Sklaven machen → jmdn. versklaven; zertrümmern, zerpulvern. Unter den Konversionen befinden sich zahlreiche Idiomatisierungen. Eine nicht seltene Erscheinung ist, dass die demotivierte Bedeutung neben der motivierten steht. Vgl.: sich abseilen (pejorativ für verschwinden, sich davonmachen), auftischen (Lügen erzählen), versumpfen (lange feiern und trinken). 5.3.2.4 Übungen ‹ 1. Leiten Sie aus folgenden Wortgruppen entsprechende Verben mit be-, ver- und anab (Doppelbildungen sind möglich)! Beachten Sie dabei die syntaktischen Veränderungen! Ordnen Sie die Derivate den Mustern ‚sich wie jmd. verhalten‘ und ‚etw./ jmdm. etw. geben, antun, zufügen‘ zu! Beispiel: jmdm. den Vorzug geben → jmdn. bevorzugen: ‚etw./ jmdm. etw. geben, antun, zufügen jmdm. einen Rat erteilen, sich gegenüber jmdm. als Vormund betätigen, auf etw. eine Antwort geben, etw. einen Zuschuss gewähren, jmdn. als Spitzel heimlich beobachten, jmdm. eine Wunde zufügen, jmdm. Glückwünsche übermitteln, gegenüber dem neuen Kollegen als Freund auftreten, seiner Leistung eine Note geben, für den Mitarbeiter als Bürge auftreten 278 Zur verbalen Wortbildung ‹ 2. Bilden Sie mithilfe der Präfixe ent-, aus- und ab- Verben des Musters ‚etw./ jmdn. von etw. entfernen, wegnehmen‘ (Doppelbildungen sind möglich)! Beispiel: vom Baum die Rinde entfernen → den Baum entrinden aus Kirschen die Kerne entfernen, Trinkwasser keimfrei machen, den Stall von Mist säubern, jmdn. der Macht berauben, dem Fisch die Schuppen entfernen, Bohnen von der Hülse befreien, Nüsse aus der Schale herauslösen, dem Gas den Schwefel entziehen, jmdn. seiner Rechte berauben, dem Hasen die Haut abziehen, dem Star den Zauber nehmen, aus Pflaumen die Steine entfernen, das Schloss von Eis befreien, den Rahm abschöpfen, von den Wäldern das Laub entfernen, die scharfe Kante des Bleches beseitigen, die Kinder von Läusen befreien, das Argument seiner Kraft berauben ‹ 3. Bilden Sie mithilfe der Präfixe ver-, über-, be-, um-, unter- und aus- Verben des Musters ‚etw. mit etw. versehen, ausstatten‘ (Doppelbildungen sind nicht möglich)! Beispiel: das Besteck mit einer Silberschicht überziehen → das Besteck versilbern den Park mit einem Zaun umgeben, die Erzählung mit Bildern illustrieren, das Gebiet mit Minen versehen, den Bahnübergang mit einer Schranke ausstatten, über das Tal eine Brücke bauen, die Badewanne mit einer Zinnschicht überziehen, das Haus mit einem Keller versehen, die Straße mit Pflastersteinen belegen, die Leiste mit einer Polsterung ausstatten, das Kabel mit einem Mantel aus Kunststoff versehen, das Tischtuch mit Flecken verunreinigen, den Soldaten den Sold zahlen, die Jacke mit einem Futter versehen, die Metalle mit Nickel überziehen, Schatten auf den Platz werfen ‹ 4. Entscheiden Sie, ob zu den Privativa mit ent- Antonyme mit ver- oder bebildbar sind! a) den Boden entwässern g) die Soldaten entwaffnen b) die Flasche entkorken h) die Erde entseuchen c) den jungen Hund entwurmen i) das Hemd entfärben d) die Statue enthüllen j) die Berge entwalden e) den Brief entsiegeln k) den Mörder enthaupten f) das tote Reh entfleischen l) die Nachricht entschlüsseln 279 Verbale Derivation ‹ 5. Leiten Sie aus folgenden Wortgruppen entsprechende Verben mit ver-, ein-, auf-, ab-, an- und zerab (Doppelbildungen sind nicht möglich)! Ordnen Sie die Derivate den Mustern ‚etw. mit etw. bearbeiten, ‚etw. benützen‘, ‚jmdn./ etw. wohin transportieren, hinbringen, befestigen‘, ‚zu etw. werden, in etw. übergehen‘ ‚etw./ jmdn. zu etw. machen‘ zu! den Hund an die Leine binden, zur Steppe werden, sich an einem Seil herunterlassen, das Papier in Fetzen reißen, den Golfball in ein Loch spielen, zum Moor werden, das Blech mit Nieten verschließen, den Toten auf eine Bahre legen, die Möbel in Trümmer legen, Kohle in Koks umwandeln, Lebensmittel in einen Sack füllen, zum Trottel werden, die Tablette in einer Kapsel einschließen, das Auto auf einen Bock stellen, den Mantel mit einer Bürste säubern, die Kartoffeln im Keller unterbringen, das Brot zu Bröseln zerreiben, das Boot an einem Pflock befestigen, zu Feinden werden, Zwieback zu Krümeln zerkleinern, den Lehrer zum Beamten machen, zum Greis werden 5.3.2.5 Suffigierung 5.3.2.5.1 Heimische Suffixe Analog zur deverbalen Verbbildung (s. 5.3.1.10) herrscht auch hier ein Mangel an Suffixen, denn es sind nur -(e)l(n) sowie -ig(en) im Gebrauch. Suffix -(e)l(n) -(e)l(n) suffigiert fast ausschließlich einfache Substantive. Dabei verteilen sich die intransitiven Derivate auf zwei semantische Muster: Wie bei den verbalen Basen dient das Suffix hauptsächlich dazu, eine abschwächende und sich wiederholende Bedeutung (‚diminuierend/ iterativ‘) zu realisieren. Das Basissubstantiv, meist Abstraktum oder Sachbezeichnung, weist teilweise Umlaut auf: Frost → frösteln (vor Kälte, Müdigkeit leicht frieren), Fenster → fensterln (süddeutsch und österreichisch für nachts durch ein Fenster zu einem Mädchen klettern), werken (handwerklich arbeiten) → werkeln (kleine handwerkliche Arbeiten - als Hobby - ausführen, basteln). Ist die Basis eine deonymische Bewohnerbezeichnung, wird das Muster durch das auf einem Vergleich beruhende Merkmal ,so sprechen‚ ein bisschen sprechen wie‘ ergänzt: Schwabe → schwäbeln, Franzose → französeln. Die zweite kleinere Bedeutungsgruppe umfasst Verben mit der Bedeutung ‚etw. in eine bestimmte Form bringen‘ (vgl. ebenda 1995, 310): Stück → stückeln (etw. aus kleinen Stücken zusammensetzen), mit Umlaut und Auslauttilgung: Faden → fädeln (einen Faden durch das Loch einer Nadel ziehen). 38 38 Abzugrenzen von diesen Suffigierungen sind Formen, wo -el zum Substantivstamm gehört: rodeln (aus Rodel), spiegeln (aus Spiegel) (vgl. auch Eichinger 2000, 155). 280 Zur verbalen Wortbildung Suffix -ig(en) Ursprünglich als Adjektivsuffix verwendet (s. 4.3.1.1.6), hat sich -ig zum desubstantivischen Verbalsuffix entwickelt. Doch trägt es heute offenbar nicht mehr zu Neubildungen bei. -ig schließt sich an Abstrakta an, dabei tritt Umlautung sowie Auslauttilgung ein; die transitiven Derivate haben die Bedeutung ‚etw./ jmdm. etw. geben, antun, zufügen‘. Vgl.: jmdm. Schaden zufügen → jmdn. schädigen, jmdn. in Angst versetzen → jmdn. ängstigen; steinigen, huldigen. 5.3.2.5.2 Fremdsuffixe Aus dem Bestand der Fremdsuffixe wird nur -ier(en) für die Ableitung genutzt. Es wurde bereits im 12. Jahrhundert aus dem Altfranzösischen übernommen (Näheres dazu s. Öhmann 1970, 337ff.) und übertrifft in der Produktivität die oben besprochenen Suffixe bei weitem. Als Basen fungieren zumeist fremdwörtliche Substantive, in geringerer Zahl auch heimische. Hybride Bildungen wie amtieren ( ← Amt) oder hausieren ( ← Haus) stellen aber nach wie vor Ausnahmen dar. Außerdem verbindet sich -ier(en) mit einer ganzen Reihe von Konfixen: qualifizieren, informieren, organisieren, definieren usw. Es entstehen transitive wie intransitive Verben. Der Anschluss vor -ier hat Basisveränderungen zur Folge. -e im Auslaut entfällt, das trifft aber auch auf andere schwachtonige Vokale zu: Interesse → interessieren, Filter → filtrieren, Torpedo → torpedieren. Im Unterschied zu den heimischen Suffixen kommt es nie (! ) zur Umlautung. Das Suffix verfügt über zwei Varianten, nämlich -isier und -ifizier, die stets zu transitiven Verben führen. Beim Gebrauch von -isier lassen sich keine festen Regeln, sondern wohl nur Tendenzen beobachten. So trifft man es vor allem bei neueren Formen, insbesondere Konfixbasen an: typisieren, romantisieren, politisieren, atomisieren (vgl. Marchand 1969, 160ff.). Endet die Basis auf -a, wird das Interfix -teingefügt: Schema → schematisieren, Thema → thematisieren. Fremdwörter auf -ose streichen -se und setzen dafür auch -t ein: Hypnose → hypnotisieren (vgl. Erben 2000, 75). Es entfällt ebenfalls das schwachtonige -e: Mumie → mumifizieren, Glorie → glorifizieren. Die Derivate erlauben die Zuordnung zu den aus der Konversion bekannten drei Grundtypen. Abweichungen zeigen sich lediglich bei den einzelnen Mustern. Typ A • Muster ‚als jmd. tätig sein/ sich wie jmd. verhalten‘ Man suffigiert nur Nomina agentis. Es überwiegen Derivate mit pejorativer Konnotation. Dabei können sie manchmal sowohl ein Tätigsein als auch ein Verhalten ausdrücken: Spion → spionieren (als Spion tätig sein, sich wie ein Spion verhalten), Vagabund → vagabundieren. 281 Verbale Derivation Ohne negative Wertung sind Bildungen wie Gast → gastieren (als Gast, d.h. als Künstler oder Sportler auftreten). Typ B • Muster ‚etw./ jmdm. etw. geben, antun, zufügen‘ Man greift vor allem auf Abstrakta zurück; vgl.: jmdm. Respekt erweisen → respektieren, jmdm. ein Signal geben → signalisieren; prämiieren, diplomieren. Gelegentlich tritt -ier an Eigennamen: den Boykott erklären, zum Boykott aufrufen → boykottieren. 39 • Muster ‚etw. von etw. entfernen, wegnehmen‘ Die Reihe ist nur schwach ausgebaut. Vgl.: Filet → filetieren (Filets aus dem Fleisch herausnehmen, herausschneiden); skalpieren, mit Eigennamen als Basis: Guillotine → guillotinieren (jmdn. köpfen). • Muster ‚etw. produzieren, bilden‘ Bei den effizierten Objekten handelt es sich um Sachbezeichnungen oder Abstrakta; durch die Suffigierung entstehen transitive wie intransitive Verben: ein Experiment machen → experimentieren, ein Porträt von jmdm. anfertigen → porträtieren; argumentieren, skizzieren. • Muster ‚etw. fühlen, empfinden‘ Die Basissubstantive bezeichnen Abstrakta: Sympathie, Triumph empfinden → sympathisieren, triumphieren; sich interessieren. Typ C • Muster ‚etw. mit etw. versehen, ausstatten‘ Die Gruppe ist kleiner als bei der reinen und Präfixkonversion. Den ornativen Verben liegen meist Benennungen für Stoffe (u.a. Metalle, chemische Elemente), manchmal für Sachen zugrunde. Vgl.: die Straße mit Asphalt bedecken → asphaltieren, die Statue mit Bronze überziehen → bronzieren; betonieren, parkettieren, kommentieren. Einige Bildungen stehen in synonymischer Konkurrenz zu reinen Konversionen gleicher Basis: chlorieren → chloren, normen → normieren. Beispiele jener Art sind jedoch begrenzt (vgl. Kühnhold/ Wellmann 1973, 78). 39 Nach Charles Boycott, dem britischen Gutsverwalter in Irland. Zur Geschichte der Eigennamen und der Rolle deonymischer verbaler Ableitungen s. Rössing (2001) sowie Gutknecht (2004). 282 Zur verbalen Wortbildung • Muster ‚etw. mit etw. bearbeiten, etw. benützen‘ Unter den fremdwörtlichen Werkzeug- und Gerätebezeichnungen befinden sich auch Waffen: Telefon → telefonieren, Harpune → harpunieren; torpedieren, zentrifugieren. • Muster ‚jmd./ etw. sich wo befinden, jmdn. wohin transportieren, hinbringen‘ Die wenigen Suffigierungen stammen z.T. aus dem Militärwesen. Vgl.: Soldaten in einer Kaserne unterbringen → kasernieren, jmdn. ins Exil schicken → exilieren; biwakieren, campieren. • Muster ‚zu etw. werden, in etw. übergehen‘ Verben zur Bezeichnung eines Übergangs mit dem Merkmal ‚inchoativ‘ sind nur sehr schwach vertreten. Vgl.: Kristalle bilden → kristallisieren, zu einer Summe anwachsen → summieren. • Muster ‚etw./ jmdn. zu etw. machen‘ Suffigiert werden Basen, die Gegenstände, Abstrakta, aber auch Personen benennen. Vgl.: in Atome zerlegen (völlig zerstören) → atomisieren, einen toten Körper zur Mumie machen → mumifizieren; bagatellisieren, heroisieren. Als Basen eignen sich auch Eigennamen; es sind zumeist bekannte Familiennamen. Vgl.: Pasteur → pasteurisieren (Lebensmittel durch Erhitzen haltbar machen). 5.3.2.6 Präfix-Suffix-Derivation Die zweite Art der kombinatorischen Derivation, das gleichzeitige Anfügen von Präfixen und Suffixen stellt in der Gegenwartssprache ein kaum produktives Modell dar. Um sie zu realisieren, greift man auf die Präfixe be- und - weniger häufig - versowie das Suffix -ig(en) zurück, sodass sich folgende Struktur ergibt: be-/ ver- + Substantiv + -ig(en). Hierbei unterliegt die Basis den bekannten Veränderungen (Umlautung, Tilgung des schwachtonigen Auslauts -e/ -en). Vgl.: be- + Nachricht + -ig(en) → benachrichtigen, be- + Erde + -ig(en) → beerdigen, be- + Last + -ig(en) → belästigen, ver- + Kunde + -ig(en) → verkündigen (geh. für feierlich etw. verkünden). 40 Bei fremdsprachigen Basen verbinden sich die Präfixe ver-, entsowie in- und demit -ier (-isier, -ifizier); Erstere sind somit Beispiele für die Hybridisierung: verklausulieren, entkoffeinieren, inthronisieren, desillusionieren. Durch die Präfix-Suffix-Derivate werden nur wenige der bei der (Präfix-) Konversion auftretenden semantischen Muster zum Ausdruck gebracht. Häu- 40 Nicht als Präfix-Suffix-Derivate sind Formen aufzufassen, wo das Suffixderivat ohne Präfix ein frei vorkommendes Verb ist und das Basisverb für die Präfigierung stellt: schädigen → beschädigen, ängstigen → verängstigen; das trifft ebenso auf deverbale Ableitungen aus Substantiven zu: Verdacht → verdächtigen (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 313). Anders Wellmann (1995, 457ff.). 283 Verbale Derivation fig findet sich die zum Typ B gehörende Bedeutungsvariante ‚etw./ jmdm. etw. geben, antun, zufügen‘: benachrichtigen (informieren), belästigen (stören, verärgern), benachteiligen (schlechter behandeln). Daneben stößt man auf das semantisch ähnliche Muster ‚ornativ‘: verklausulieren (mit vielen Klauseln versehen), verproviantieren (mit Proviant versehen). Nur Randgruppen bilden privative (mit ent- und de-) sowie lokale Verben (mit be- und in-): entkoffeinieren (Kaffee das Koffein entziehen), desillusionieren (jmdm. die Illusion nehmen, enttäuschen), beerdigen (einen Toten auf dem Friedhof begraben, beisetzen), inthronisieren (jmdn. auf den Thron setzen). 5.3.2.7 Übungen ‹ 1. Bilden Sie von folgenden Substantiven mithilfe der Suffixe -(e)l(n) und -ig(en) entsprechende Verben! Achten Sie dabei auf die Basisveränderungen! Ordnen Sie die Derivate den Mustern ‚diminutiv/ iterativ‘ ‚etw. in eine bestimmte Form bringen‘ und ‚etw./ jmdm. etw. geben, antun, zufügen‘ zu! Pein, Krise, Haufen, Rad, Angst, Schwabe, Schaden, Kraft, Falten, Stein, Sachse, Herbst, Frost, Rand ‹ 2. Bilden Sie von folgenden Substantiven mithilfe des Suffixes -ier(en) und seiner Varianten -isier(en) und -ifizier(en) entsprechende Verben (Doppelbildungen sind nicht möglich)! Achten Sie dabei auf die Basisveränderungen! Transport, Charakter, Kasse, Modell, Adresse, Magnet, Person, Transfer, Alphabet, Narkose, Manifest, Glosse, Klasse, Bilanz, Analyse, Thema, Dokument, Terror, Vulkan, Zement, Emaille, Skalp ‹ 3. Leiten Sie aus folgenden Wortgruppen entsprechende Verben mit -ier(en) und -isier(en) ab (Doppelbildungen sind nicht möglich)! Ordnen Sie die Derivate den Mustern ‚als jmd. tätig sein, sich wie jmd. verhalten‘, ‚etw./ jmdm. etw. geben, antun, zufügen‘, ‚etw. produzieren, bilden‘, ‚etw. fühlen, empfinden‘ zu! Beispiel: eine Kontrolle durchführen → kontrollieren: ‚etw. produzieren, bilden‘ eine Skizze machen, Triumph empfinden, eine Fotokopie anfertigen, sich wie ein Tyrann verhalten, jmdm. ein Diplom verleihen, durch Subventionen unterstützen, jmdm. ein Privileg einräumen, sich als Spion betätigen, ein Konzert geben, einen Prozess führen, jmdm. Amnestie gewähren, Sympathie fühlen, Musik machen, als Rebell auftreten, eine Lizenz erteilen 284 Zur verbalen Wortbildung ‹ 4. Leiten Sie aus folgenden Wortgruppen entsprechende Verben mit -ier(en) und -isier(en) ab (Doppelbildungen sind nicht möglich)! Achten Sie dabei auf die Basisveränderungen! Ordnen Sie die Derivate den Mustern ‚etw. mit etw. versehen, ausstatten‘, ‚etw. mit etw. bearbeiten, etw. benützen‘ und ‚etw./ jmdn. zu etw. machen‘ zu! jmdn. zum Favoriten machen, etw. mit Beton bedecken, einen Telegraf verwenden, etw. mit einem Etikett versehen, etw. zu Pulver zermahlen, mit einer Kutsche fahren, etw. mit einem Motor ausrüsten, etw. zum Tabu machen, etw. in einer Zentrifuge drehen lassen, jmdn. mit einer Maske versehen, etw. zum Dogma machen, etw. mit einem Torpedo versenken, etw. zur Bagatelle machen, in einem Fluss einen Kanal anlegen ‹ 5. Bilden Sie mithilfe von be-, ver- + -ig(en) sowie ver-, ent-, in- + -ier (-isier, -ifizier) (-en) entsprechende kombinatorische Derivate (Doppelbildungen sind nicht möglich)! Achten Sie dabei auf die Basisveränderungen! Gnade, Aufsicht, Barrikade, Leid, Thron, Gewalt, Seite, Nazi, Herz, Frieden, Haft, Lob, Gunst, Teil, Koffein, Rücksicht, Vollmacht, Kunde 5.3.3 Deadjetivische Derivation 5.3.3.1 Konversion Deadjektivische Konversionen tragen in erheblich geringerem Umfang zur Bildung von Verben bei, denn nur ca. 20 % aller Ableitungen gehen auf Adjektive zurück (vgl. Wellmann 1995, 456). Es überwiegen dabei reine und Präfixkonversion, von untergeordneter Bedeutung ist hingegen die Präfix- Suffix-Derivation (Modell be-/ ver- + Adjektiv + -ig(en)). Für den Wortartwechsel nutzt man hauptsächlich einfache Basisadjektive: weiß → weißen, gleich → gleichen, straff → straffen. Vor allem in der Präfixkonversion stößt man zudem auf Suffixderivate: einsam → vereinsamen, deutlich → verdeutlichen, ruhig → beruhigen. Ferner gibt es eine Reihe von Komparativformen: lang → länger → verlängern, leicht → leichter → erleichtern. Zusammensetzungen kommen dagegen nicht vor. Wie bei den Desubstantiva führt die Konversion zur Tilgung des -e im Auslaut -en: trocken → trocknen. 41 Hinsichtlich des Umlauts ist festzustellen, dass er sich bei transitiven Verben noch mehr zeigt, als dies bei der desubstantivischen Konversion der Fall ist (s. 5.3.2.1.1): genug → genügen, schwarz → schwärzen, hart → härten. 42 41 Die Tilgung muss von Adjektiven mit Auslaut -e unterschieden werden. In diesem Fall tritt an die Basen nicht das Infinitivsuffix -en, sondern nur -n: trübe → trüben, rege → sich regen. 42 Etwa 80 % der Transitiva haben einen Umlaut (vgl. Kühnhold/ Wellmann 1973, 25). 285 Verbale Derivation Manchmal weisen bei gleichem Basisadjektiv transitive Verben mit und intransitive ohne Umlaut einen semantischen Unterschied auf (vgl. u.a. Fleischer/ Barz 1995, 314): lahmen (intransitiv): das Pferd lahmt (zieht ein Bein nach), lähmen (transitiv): das Gift lähmt die Nerven (verhindert ihr Funktionieren). Ausgehend von der syntaktischen Klassifikation Marchands (1964, 105ff.) verfügt die deadjektivische Konversion insgesamt über vier Verbgruppen, die aber unterschiedlich gebraucht werden und zugleich mehrere Bedeutungen auszudrücken vermögen. 43 a) Durative Verben Das Basisadjektiv erfüllt die Funktion eines Subjektprädikativs und beschreibt einen Zustand; es tritt in Konstruktionen mit sein auf. Durativa realisieren sich meist über die reine Konversion: die Wiese ist grün → die Wiese grünt, die Wunde ist nass → die Wunde nässt, der Bus kommt später → der Bus verspätet sich. b) Inchoative Verben Die Derivate beziehen sich ebenfalls auf ein Subjektprädikativ, signalisieren aber den Beginn eines Zustandes. Es entstehen intransitive, manchmal reflexive Verben. Syntaktisches Äquivalent dazu sind Konstruktionen mit werden: es wird dunkel → es dunkelt, die Blume wird welk → die Blume welkt, das Gesicht wird rot → das Gesicht rötet sich. 44 Neben der reinen Konversion gebraucht man insbesondere die Präfixkonversion. Sie greift oftmals auf ver- und er-, seltener auf be-, ab- und aufzurück (vgl. Kühnhold/ Wellmann 1973, 292ff.). Vgl.: verblassen, sich verschlechtern, ermüden, erstarken, sich beruhigen, abmagern, aufklaren. c) Faktitive Verben Die Zahl jener Derivate ist am größten. Hierbei treten die Basen in der Funktion eines Objektprädikativs auf. Durch das Verb wird gekennzeichnet, welche Eigenschaft das Objekt erhält bzw. in welchen Zustand es gelangt. Faktitiva, die stets transitiv sind, lassen sich in Konstruktionen mit machen umformen: der Postbote macht den Briefkasten leer → der Postbote leert den Briefkasten, die Hausfrau macht das Messer scharf → die Hausfrau schärft das Messer, der Lektor macht den Text kürzer → der Lektor kürzt den Text. Zur Ableitung tragen jedoch in erster Linie die Präfixkonversionen bei. Dafür bieten sich vielfältige Präfixe an. Besonders produktiv erweisen sich ver-, be- und er-, in geringerer Zahl finden sich an-, auf-, ab-, ein-, ent- und zer- 43 Die Beschreibung richtet sich im Wesentlichen nach der von Wellmann (1995, 461ff.) angeführten Klassifikation. 44 Es ist darauf hinzuweisen, dass einige inchoative Derivate ebenso als durative Bildungen aufgefasst werden können, das gilt auch umgekehrt: die Wiese grünt (sie ist/ wird grün), es dunkelt (es wird/ ist dunkel) (vgl. von Polenz 1968, 145; Marchand 1969, 155ff.). 286 Zur verbalen Wortbildung (vgl. Kühnhold/ Wellmann 1973, 109f.): verwirklichen, verlangsamen, berichtigen, befreien, ermöglichen, anschuldigen, aufmuntern, abstumpfen, einschüchtern (jmdm. Angst machen), entblößen (Kleidung entfernen, sich frei machen), zerkleinern. 45 d) Verhaltenscharakterisierende Verben Diese Gruppe umfasst nur relativ wenige Derivate. Das Basisadjektiv übt die Funktion eines Adverbs aus. Bezeichnet wird ein bestimmtes Verhalten, Handeln oder auch eine Bewegung: das Telefon klingelt schrill → das Telefon schrillt, der Pfeil fliegt schnell durch die Luft → der Pfeil schnellt durch die Luft, sie blickt mich starr an → sie starrt mich an (vgl. auch Erben 2000, 77). 5.3.3.2 Suffigierung Für die deadjetivische Verbableitung sind Suffixe nur von peripherer Bedeutung. Verwendung finden die heimischen -(e)l(n) und -ig(en) sowie das nichtnative -ier(en), das am stärksten vertreten ist. Suffix -ier(en) Es verbindet sich gewöhnlich mit Fremdwörtern. Basisveränderungen (Suffixtilgung) zeigen sich bei Adjektiven auf -ant (-ent) sowie -isch: brillant → brillieren, existent → existieren, amerikanisch → amerikanisieren, hierarchisch → hierarchisieren. Außerdem wird Suffix -ell durch -al ersetzt: sexuell → sexualisieren. -ier(en) leitet hauptsächlich Faktitiva ab: komplett → komplettieren (etw. komplett machen), amerikanisieren (dem amerikanischen Englisch bzw. den Verhältnissen in den USA anpassen), sexualisieren (die Sexualität in den Vordergrund rücken). Ferner realisiert es verhaltenscharakterisierende Verben: kokettieren (sich kokett benehmen), mit heimischer Basis stolzieren (sich sehr wichtig nehmend herumlaufen). Vereinzelt trifft man auf Durativa (brillieren, existieren). Suffix -(e)l(n) Diese Derivate sind nur schwach vertreten. Sie repräsentieren entweder verhaltenscharakterisierende Verben wie blödeln (Unsinn reden, machen) und frömmeln (sich übertrieben fromm geben, fromm tun) oder Durativa wie ähneln, wobei hier das Suffix -lich von ähnlich getilgt wird. Suffix -ig(en) Das Modell bleibt auf sehr wenige Beispiele begrenzt. Diese zählen ausnahmslos zu den Faktitiva. Vgl.: reinigen, sättigen (satt machen). 45 Man beachte, dass viele reflexive inchoative Verben bei transitivem Gebrauch zu Faktitiva werden: sich verschlechtern → die Lage verschlechtern, sich beruhigen → die Nerven beruhigen. 287 Verbale Derivation 5.3.4 Übungen ‹ 1. Leiten Sie aus folgenden Sätzen entsprechende Verben ab! Achten Sie dabei auf die Basisveränderungen! Ordnen Sie die Derivate den Mustern ‚durativ‘, ‚inchoativ‘, ‚faktitiv‘ sowie ‚verhaltenscharakterisierend‘ zu! Beispiel: Der Metzger macht das Beil scharf → Der Metzger schärft das Beil: ‚faktitiv‘ Das Foto ist dem anderen gleich. Der Maler macht die Wände weiß. Die Wellen werden glatt. Uns ist um dich bange. Der Schuster macht den Schuh weit. Er schaut sie starr an. Sein Benehmen wurde besser. Das Feld ist grün. Die Arbeiter haben den Stahl hart gemacht. Der Himmel wird blau. Das ist für ihn genug. Die Hausfrau macht die Wäsche trocken. Delfine springen schnell aus dem Wasser. Das Obst wird faul. Die Orchideen sind welk. ‹ 2. Leiten Sie aus folgenden Sätzen entsprechende Verben mithilfe der Präfixe ver-, be-, er-, ab-, auf-, an- und zuab! (Doppelbildungen sind möglich)! Ordnen Sie die Derivate den Mustern ‚durativ‘, ‚inchoativ‘ und ‚faktitiv‘ zu! Sie machte das Problem deutlich. Er ist als Schlosser tätig. Die Menschen werden arm. Du musst die Briefmarke feucht machen. Wir haben sie heiter gestimmt. Ihr Gesicht wurde bleich. Ihr macht eure Lage schlimmer. Das Flugzeug kommt später. Das Klima wird schlechter. Der ewige Kampf macht mich mürbe. Der Schüler wird langsam ruhig. Die Hitze macht das Wachs weich. Einige Supermärkte haben die Waren billiger gemacht. Man machte ihn zum Schuldigen. Die Pupillen werden weiter. Er war so dreist, das zu tun. Ich werde die Kante schräger machen. Es ist besser, die Anzahl der Teilnehmer kleiner zu machen. Das Mädchen wird mager werden. Er machte aus dem Holz einzelne Stücke. Seine lange Rede hat uns müde gemacht. Die Methoden werden feiner. ‹ 3. Suffigieren Sie folgende Adjektive mithilfe von -ier (-isier) (-en) und -(e)l(n)! Achten Sie dabei auf die Basisveränderungen! germanisch, blöd, brüsk, matt, aktuell, dominant, ähnlich, ironisch, krank, individuell, mobil, radikal, moralisch, klug, neutral, blond 6 Zur adverbialen Wortbildung 6.1 Allgemeines Die Bildung von Adverbien muss in vielerlei Hinsicht von der des Nomens abgegrenzt werden. Dies hat mit den allgemeinen Eigenschaften jener Wortart zu tun. Adverbien sind nicht flektierbar; sie lassen sich ferner nur begrenzt steigern. Syntaktisch gesehen steht das Adverb bei Nomen, Verben und Adverbien, erfüllt somit die Funktion einer Adverbialbestimmung, eines Prädikativs oder Attributs. Der Adverbienbestand setzt sich aus verschiedenen Teilklassen zusammen, die der genannten Bestimmung der anderen Wortarten dienen. Dazu zählen u.a. lokale (dort, unten), temporale (gestern, jetzt), modale (gern, langsam) und kausale (also, daher) Adverbien (vgl. u.a. Gelhaus 1995, 358ff.; Helbig/ Buscha 1996, 343ff.). 1 Berücksichtigt man die Unflektierbarkeit sowie die relative Geschlossenheit der einzelnen Teilklassen, so ist nicht verwunderlich, dass das Adverb von allen infrage kommenden Wortarten im geringsten Maße zu Neubildungen beiträgt. Zudem sind nur wenige Bildungsarten vertreten. Neben der Konversion (s. 2.3.1.5.) stößt man auf Komposition und explizite Derivation, die aber in Bezug auf die Anzahl der gebrauchten Grundtypen bzw. Modelle weit hinter Nomen und Verb zurücktreten. Am produktivsten erweist sich die explizite Derivation. Doch realisiert sich diese fast ausschließlich über die Suffigierung. Bemerkenswert ist noch, dass fremdsprachige Suffixe nicht vorhanden sind. 6.2 Adverbiale Komposition Die Komposita in diesem Bereich gehen vielfach auf Zusammenrückungen zurück und ähneln in dieser Hinsicht Konversionen von Wortgruppen (s. 2.3.1.2). Im Unterschied zu den Konversionsprodukten handelt es sich bei dem Zweitglied um ein Adverb, das die Wortart der gesamten Konstruktion determiniert. 2 Gleichwohl sind viele adverbiale Zusammensetzungen nicht wie im nominalen Bereich als Determinativkomposita anzusehen, sie repräsentieren eher ein kopulatives Verhältnis: dorthin (dort + hin), hierauf (hier + auf), woher (wo + her) (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 280). 3 1 Das Deutsche gehört zu denjenigen Sprachen, wo das Adverb nicht durch ein grammatisches Suffix gekennzeichnet wird. Anders z.B. im Französischen (-ment), Englischen (-ly), Lateinischen und Russischen (-o). 2 Manche Autoren vertreten die Auffassung, dass das Adverb als Zweitglied nicht genügt, um die Bildung von einer Konversion zu unterscheiden. Näheres s. Altmann/ Kemmerling (2000, 155ff.) 3 Dass ebenfalls keine typischen Kopulativkomposita vorliegen, macht der Umtausch von Erst- und Zweitglied deutlich, der zu nicht existenten Konstruktionen führt: *hindort, *aufhier, *herwo. 289 Adverbiale Komposition Erst- und Zweitglieder der adverbialen Komposita sind überwiegend Simplizia, seltener finden sich komplexe Formen (irgendwohin, allerfrühestens). Unter dem Aspekt der Kompositionsaktivität lassen sich die Bildungen in bestimmte Gruppen zusammenfassen: a) Komposita mit -her und -hin als Zweitglied her und hin gehören zur Klasse der Lokaladverbien. her gibt die Richtung auf den Ort des Sprechenden an, während hin die entgegengesetzte Richtung, nämlich von ihm weg, auf ein bestimmtes Ziel zu, markiert (vgl. Gelhaus 1995, 359). Beide Adverbien verbinden sich ihrerseits mit bestimmten Erstgliedern, sodass sich verschiedene Strukturmuster ergeben. • Lokaladverb + -her/ -hin Es entstehen aus sog. Ortsadverbien Richtungsadverbien: hierher, hierhin, daher, dahin, ferner mit wogebildete Frageadverbien: woher, wohin. Hier anzuschließen sind außerdem die Erstglieder überall- und irgend-, die ebenfalls eine lokale Bedeutung auszudrücken vermögen (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 281): überallher (aus allen Richtungen, von allen Orten), überallhin (in alle Richtungen, zu allen Orten), irgendwoher, irgendwohin; veraltet sind rechtsher (von rechts her), rechtshin (nach rechts hin), linksher, linkshin. • Präposition + -her/ -hin Es treten nur wenige Präpositionen als Erstglieder auf. Noch dazu sind -her und -hin nicht in gleichem Maße an der Entstehung der Präpositionaladverbien beteiligt. Vgl.: nebenher, nebenhin, vorher, vorhin, hinterher, *hinterhin, *mither, mithin. • Adjektiv + -hin Es handelt sich um eine kleine Reihe, wobei das Adjektiv zumeist im Komparativ erscheint. -hin bewirkt keinen semantischen Unterschied, sondern unterstreicht lediglich die Adverbialisierung des Adjektivs (vgl. Fleischer 1983, 298); die Komposita kennzeichnen neben der lokalen Bedeutung gewöhnlich Zeitangaben (‚temporal‘): späterhin (später), weiterhin, nebenhin, fernerhin, fernhin (in weite Entfernung). b) Komposita mit Präpositionen als Zweitglied Der Typ verfügt über mehrere Strukturmuster, die aber unterschiedlich stark ausgebaut sind. • her-/ hin- + Präposition Als Zweitglieder begegnen lokale Präpositionen; auch hier gibt es Blockierungen, denn her- und hinverbinden sich nur mit bestimmten Präpositionen: herüber, hinüber, herunter, hinunter, herbei, *hinbei, *herdurch, hindurch. 290 Zur adverbialen Wortbnildung • da(r)-/ hier- + Präposition Komposita dieser Art sind sehr zahlreich, sie werden mit dem Terminus „Pronominaladverb“ erfasst. Vgl.: dabei, hierbei, dagegen, hiergegen, damit, hiermit, daraus, hieraus, darum, hierum. An diese Formen lassen sich Kombinationen mit dem Fragewort woanschließen: worüber, woraus, wobei usw. 4 • Präposition + Präposition Diese Bildungen kommen relativ selten vor. Durch den Zusammenschluss geht gewöhnlich der Charakter der Präpositionen verloren und es entstehen reine Adverbien, die i.d.R. idiomatisiert sind (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 281): mitunter (manchmal), überaus (sehr), voran (vorwärts), durchaus (völlig, unbedingt, ganz und gar), obenan (an der Spitze). • Adjektiv + Präposition Komposita jener Art sind begrenzt; das Zweitglied verleiht der Konstruktion den Status eines Adverbs. Doch sind diese Kompositionen viel weniger demotiviert, als das bei dem Strukturmuster Präposition + Präposition (s.o.) der Fall ist: weitab (weit entfernt), vollauf (völlig), kurzum (kurz gesagt), geradeaus. c) Adverb als Erst- und Zweitglied Komposita, die aus zwei Adverbien bestehen, treten hinter den unter a) und b) besprochenen Grundtypen klar zurück. Hier einzuordnen sind Bildungen mit so, das in Erstwie, wenn auch seltener, Zweitgliedposition sich findet; die meisten so-Komposita sind jedoch im starken Maße idiomatisiert: sofort, sosehr, sogar, sobald, sofern, geradeso, genauso, ebenso. Neben dieser Reihe gibt es verschiedene Einzelbildungen, die hauptsächlich temporale und - in geringerer Zahl - lokale Bedeutungen realisieren; sie sind aber i.d.R. ebenfalls idiomatisiert: immerfort (ständig), nunmehr (jetzt), gleichwohl (trotzdem), anderswo, vorgestern, obendrein (außerdem, noch dazu). 4 Pronominaladverb bedeutet, dass das Adverb eine pronominale Funktion erfüllt - es ersetzt eine präpositionale Fügung: Über dem Hemd trägt er einen Mantel = darüber trägt er einen Mantel. Stell die Tasche unter den Tisch = stell die Tasche darunter. Sie legte die Beine auf den Hocker = sie legte die Beine darauf. In der Umgangssprache wird darzu drverkürzt: drüber, drunter, drauf (vgl. Gelhaus 1995, 365f.). 291 Übungen 6.3 Übungen ‹ 1. Bilden Sie mithilfe der Zweitglieder -her und -hin geläufige adverbiale Komposita, indem Sie diese mit den angegebenen Präpositionen verbinden! In welchen Fällen lassen sich beide Zweitglieder verbinden? Wo ist die Verbindung weder mit -her noch -hin möglich? nach, neben, ohne, in, seit, vor, bis, zu, mit, um, bei, hinter ‹ 2. Bilden Sie mithilfe der Zweitglieder -her und -hin geläufige adverbiale Komposita, indem Sie diese mit den angegebenen Präpositionen verbinden! In welchen Fällen sind Doppelbildungen möglich? schlecht, dort, überall, darauf, künftig, da, weiter, hier ‹ 3. Bilden Sie geläufige adverbiale Komposita, indem Sie die unter a) genannten Präpositionen als Erstglieder mit denen von b) verbinden! In welchen Fällen sind Mehrfachbildungen möglich? a) vor, durch, neben, in, oben, über b) bei, aus, quer, an, auf, über, zwischen ‹ 4. Bilden Sie mithilfe der Erstglieder her- und hingeläufige adverbiale Komposita, indem Sie diese mit den angegebenen Präpositionen verbinden! In welchen Fällen ist eine Verbindung mit her- oder hinnicht möglich? auf, bei, durch, nieder, über, ab, vor, innen, aus, an, um, zu ‹ 5. Bilden Sie geläufige adverbiale Komposita, indem Sie die unter a) genannten Substantive und Adjektive als Erstglieder mit den unter b) angegebenen Präpositionen und Adverbien verbinden! In welchen Fällen sind Doppelbildungen möglich? Wo ist die Komposition nicht möglich? a) Tag, Land, Berg, frisch, rund, weit, Kopf, quer, kurz, schräg, hell, Straße, voll, Reihe b) ab, um, auf, über, her, durch ‹ 6. Bilden Sie geläufige adverbiale Komposita, indem Sie die unter a) genannten Adverbien und Präpositionen mit den unter b) angegebenen Adverbien als Erstglieder verbinden! In welchen Fällen sind Mehrfachbildungen möglich? a) immer, so, oben, über, um, vor, nun b) gleich, erst, wohl, drauf, oft, übermorgen, so, mehr, zu, fort, drein, vorgestern, fern, sonst, bald, eben, gar, dann 292 Zur adverbialen Wortbnildung 6.4 Explizite Derivation von Adverbien 6.4.1 Allgemeines Es wurde bereits zu Beginn dieses Kapitels darauf hingewiesen, dass zur Gewinnung von Adverbien die explizite Derivation am stärksten genutzt wird. Dies erfolgt mithilfe eines umfangreichen Suffixinventars. Dabei sind aber die einzelnen Suffixe nicht in gleicher Weise an der Ausbildung von Reihen beteiligt. Am weitesten verbreitet ist -s. Es geht auf das Flexionsmorphem -s des Genitivs Singular der Substantive zurück (vgl. u.a. Erben 2000, 147f.). -s ist einerseits selbstständiges Suffix, andererseits findet es sich in Verbindung mit anderen Suffixen (s.u.). Während die Suffigierung eine wichtige Rolle in der adverbialen Wortbildung spielt, ist die Präfigierung ohne Relevanz. Sie bleibt auf einzelne Beispiele mit zubeschränkt; die Basis wird häufig von adjektivischen Superlativformen gestellt. Es entstehen vor allem lokale und temporale Adverbien: zuvorderst (ganz vorn), zunächst, zumeist, zuoberst, zuhöchst, zuinnerst usw. (vgl. auch Gelhaus 1995, 361f.; Helbig/ Buscha 1996, 345). 6.4.2 Suffigierung 6.4.2.1 Suffix -s und dessen Kombinationen Suffix -s -s zeichnet sich im heutigen Deutschen durch eine allenfalls geringe Produktivität aus. Für die Ableitung stehen verschiedene Wortarten zur Verfügung. Man begegnet vor allem Substantiven (häufig Zeitbezeichnungen) und Adjektiven (darunter Komparativformen). Vgl.: Mittag → mittags, abends, anfangs, mittwochs; besonder- → besonders, öfters, eigens. 5 Aus substantivischen Basen abgeleitete Formen repräsentieren vielfach Temporaladverbien, die zugleich eine Wiederholung signalisieren können: abends = am Abend, jeden Abend. Viel seltener finden sich Partizipien und Pronomen: durchgehends (ohne Unterbrechung), eilends (rasch, unverzüglich), anders. 6 Eine größere Gruppe bildet die Ableitung von Wortgruppen. Nach der Suffigierung liegen diese in verkürzter Form (Tilgung des -e im Auslaut, Wegfall des Artikels und der Präposition) vor: hinter dem Rücken → hinterrücks (heimtückisch von hinten), des anderen Tags → anderntags, des erforderlichen Falls → erforderlichenfalls, von meiner Seite → meinerseits. 5 Formal sind die Derivate identisch mit den substantivischen Genitivformen: des Mittags, Abends, Anfangs usw. Dass -s Adverbialsuffix ist, beweisen Beispiele wie nachts - ein feminines Basissubstantiv ohne -s in seinem Paradigma. Außerdem fehlt die bei den Substantiven auftretende Genitivvariante -es (vgl. u.a. Erben 2000, 147f.). 6 Darüber hinaus ist -s noch an der Bildung einiger Präpositionen beteiligt: Mangel → mangels, Mittel → mittels, Angesicht → angesichts. Wie bei den meisten substantivischen Basen erweist sich das Modell in der Gegenwartsprache jedoch als unproduktiv. 293 Explizite Derivation von Adverbien Suffix -ens -ens tritt vorrangig an den Superlativ von Adjektiven und entwickelt dabei noch eine gewisse Produktivität. Die adverbialen Formen geben an, dass eine äußere Grenze bzw. ein sehr hoher Grad erreicht ist: neuestens, wenigstens, ehestens. Einige Suffixderivate haben elativische Bedeutung: höchstens (im äußersten Falle, auf keinen Fall mehr), bestens (ausgezeichnet, sehr gut) (vgl. u.a. Helbig/ Buscha 1996, 338). Außer dem Superlativ werden noch Ordinalzahlen für die Ableitung herangezogen. In Gebrauch sind vorrangig die Zahlen unter 20: erstens, zweitens, drittens, elftens, neunzehntens. Suffix -dings Die Bildung der Adverbien mithilfe von -dings ist heute kaum produktiv. Als Basen fungieren Adjektive, vereinzelt Pronomen. In allen Derivaten, die z.T. idiomatisiert sind, findet sich das Interfix -er: neuerdings, (seit kurzem), glatterdings (durchaus), allerdings (jedoch, natürlich). Suffix -lings Das Suffix -lings, im Mhd. noch als -lingen verwendet (DUW), ist heute wohl nicht mehr produktiv. Es schließt sich überwiegend an Substantive an; diese benennen Körperteile. Die Suffigierung ist mit Auslauttilgung und Umlautung des Stammvokals verbunden: Bauch → bäuchlings (auf dem Bauch, mit dem Bauch voran), Rücken → rücklings. Manchmal begegnen adjektivische Basen: jählings (plötzlich). Suffix -mals Das Modell ist in der Gegenwartssprache kaum noch an Neubildungen beteiligt. -mals suffigiert vor allem reine Adverbien, ferner andere flexionslose Wortarten. Die Suffixderivate sind den Temporaladverbien zuzuordnen: niemals, einstmals, oftmals, abermals. Suffix -wärts -wärts hat seinen Ursprung in der im Ahd. und Mhd. vorkommenden Form wertes, das die Bedeutung ‚auf etw. hingewendet oder gerichtet‘ (ebenda) hatte. Es zählt zu den produktiven Suffixmodellen. -wärts bildet ausschließlich Lokaladverbien. Es suffigiert zum einen Substantive, damit wird die Richtung auf das im Basiswort Genannte gekennzeichnet: talwärts (in Richtung auf das Tal), meerwärts, westwärts. Ferner tritt -wärts an Adverbien; das Suffix dient hier der Hervorhebung der angegebenen Richtung. Vielfach entstehen antonymische Paare: vorwärts - rückwärts (als Variante von zurück), aufwärts - abwärts. Antonymische Verbindungen jener Art sind auch mit geografischen Bezeichnungen möglich. Besonders häufig trifft man auf Hydronyme (Gewäs- 294 Zur adverbialen Wortbnildung sernamen). Vgl.: donauaufwärts (in Richtung auf die Quelle der Donau) - donauabwärts (in Richtung auf die Mündung der Donau), elbaufwärts (Tilgung des -e von Elbe! ) - elbabwärts. 6.4.2.2 Weitere Suffixe Suffix -halben (-halber) Beide Suffixvarianten gehen auf die ahd. Form halba (mhd. halbe) mit der Bedeutung ‚Hälfte‘ bzw. ‚Seite‘ zurück (vgl. ebenda). Als produktiv erweist sich davon -halber. Es verbindet sich vornehmlich mit Substantiven (Abstrakta) und signalisiert einen vorliegenden Grund (‚kausal‘). Das Auftreten der Fugenelemente richtet sich nach den in der substantivischen Komposition festgestellten Regeln: sicherheitshalber, ordnungshalber, ehrenhalber. Die Derivate lassen sich in Wortgruppen mit wegen, aufgrund, um…willen usw. umformen: wegen, aufgrund der Sicherheit, um der Sicherheit willen. Der Anschluss an Pronomen (vor allem Personalpronomen) ist kennzeichnend für -halben. Allerdings ist dieses Modell heute nicht mehr produktiv. Zwischen Basis und Suffix erscheint das Interfix -(e)t-: derenthalben, meinethalben, unser(e)thalben. Ferner begegnet das Suffix als reduzierte Form -halb in einigen geläufigen Präpositionen, die hauptsächlich lokale Bedeutung haben: unterhalb, oberhalb, außerhalb. Suffix -lei -lei wurde aus dem Altfranzösischen (-ly = ‚Art‘) übernommen (vgl. Öhmann 1969, 441ff.) und gehört zu den produktiven Suffixen. Für die Suffigierung wählt man oft Kardinalzahlen. Es entstehen auf diesem Wege die sog. Gattungszahlwörter. 7 Bei jenen wie auch allen anderen Basen tritt das Suffix immer mit dem Interfix -er auf: einerlei, 8 zweierlei, dreierlei, tausenderlei. In geringerem Umfang werden Pronomen mehrerer Teilklassen suffigiert: keinerlei, jederlei, welcherlei. Nur vereinzelt kommen adjektivische Basen vor: bunterlei. Suffix -maßen Es ist zurückführbar auf die mhd. Form ma¯ze (‚Maß‘, ‚Art und Weise‘) (s. 4.3.1.1.10) und zählt ebenfalls zu den produktiven Suffixmodellen. 7 Diese Teilklasse der Numeralien gibt die Zahl der Gattungen oder Arten an, aus denen das Beziehungswort besteht (vgl. Gelhaus 1995, 273). 8 einerlei verfügt über zwei Bedeutungen: a) gleichartig, einheitlich, b) gleichgültig, unwichtig. Zudem kommt es als freies Substantiv vor (DUW). 295 Explizite Derivation von Adverbien Bei den Basen überwiegen Partizipien, in erster Linie das Partizip II. Durch die Präfigierung entstehen modale Adverbien; sie entsprechen häufig Wortgruppen des Vergleichs mit wie. Obligatorisch ist wiederum der Einschub des Fugenelements -er: bekanntermaßen (wie bekannt ist), zugegebenermaßen (wie man zugeben muss), folgendermaßen. Nur schwach vertreten sind adjektivische Basiswörter: gewissermaßen (in gewissem Sinne), einigermaßen (in erträglichem Maße, ziemlich). Suffix -weg Das Suffix ist aus dem mhd. in welhen wec (‚auf welche Weise‘) hervorgegangen (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 287). In der Gegenwartssprache ist es nicht mehr an Neubildungen beteiligt. Suffigiert werden Adjektive und Adverbien. Viele Derivate weisen einen mehr oder minder starken Idiomatisierungsgrad auf: hinweg, durchweg (ausnahmslos, völlig), vorweg (bevor). Ein Teil der adjektivischen Ableitungen steht sich synonymisch gegenüber: schlankweg - kurzweg (ohne zu zögern), reinweg - rundweg (vollständig). Neben -weg existiert noch die Variante -wegen. Sie schließt sich an Pronomen an und tritt in synonymische Konkurrenz zu -halben und (selten) -halb: unser(e)twegen - unser(e)thalben, deswegen - deshalb (vgl. ebenda; Gelhaus 1995, 326ff.). Suffix -weise -weise hat sich aus der im Mhd. vorkommenden Wortgruppe in manege wı ¯s, was dem heutigen ‚auf manche Weise‘ entspricht, entwickelt (vgl. Fleischer/ Barz 1995, 288). Im Adverbbereich zeichnet es sich mit Abstand durch die höchste Produktivität aus. Sehr oft verbindet sich -weise mit Substantiven. So entstandene modale Adverbien haben die Bedeutung ‚in Form oder Art des Basiswortes‘ (vgl. Wellmann 1995, 535). Auch hier gelten die aus der Substantivkomposition bekannten Regeln der Fugensetzung: beispielsweise, ergänzungsweise, ausnahmsweise, besuchsweise. Eine weitere stark ausgebaute Reihe bilden Derivate, die Maß-, Mengen- oder Zeiteinheiten bezeichnen (DUW). Sie sind mittels präpositionaler Konstruktionen (in, nach, jeweils) umschreibbar: kiloweise (in, nach Kilo), massenweise, meterweise, stundenweise. 9 Kaum weniger zahlreich sind suffigierte einfache und komplexe Adjektive und Partizipien, wobei das Fugenelement -erstets gesetzt werden muss. Die Derivate geben an, dass etwas in der Art des Adjektivs sich vollzieht: Es wer- 9 Adverbien jener Art gebraucht man zunehmend attributiv: massenweise Flucht, meterweises Bohren, stundenweiser Unterricht (vgl. auch Wellmann 1995, 535). 296 Zur adverbialen Wortbnildung den dadurch auch Wertungen oder Einschätzungen zum Ausdruck gebracht: dummerweise, logischerweise, unbegreiflicherweise, vernünftigerweise, rätselhafterweise, sitzenderweise, überraschenderweise. Offenbar wenig geeignet für die Ableitung sind verbale Basen: leihweise (im Wege des Leihens). In einigen Fällen, wo ein Basisverb vorliegen könnte, ist eher von einem zugrunde liegenden Substantiv auszugehen: strafweise, tauschweise, probeweise usw. (vgl. Fleischer 1983, 304). Idiomatisiert sind u.a. beziehungsweise (oder, genauer gesagt) und kleckerweise (pejorativ für in vielen kleinen Schritten, in ununterbrochener Folge) (DUW). 6.4.3 Übungen ‹ 1. Bilden Sie mithilfe der Suffixe -s, -ens und -dings geläufige Adverbien (Doppelbildungen sind nicht möglich)! Achten Sie dabei auf Basisveränderungen und Interfigierung! übrig, Freitag, des späten Abends, bereit, schlecht, meist, Morgen, all, von ihrer Seite, vergeben, acht-, Sommer, neu, Teil, Nachmittag, zusehend, jüngst, Namen, Ring, glatt, fünft-, Eingang, längst, weiter, Flug, platt, stet, manchen Ortes ‹ 2. Bilden Sie mithilfe der Suffixe -lings, -mals und -wärts geläufige Adverbien (Doppelbildungen sind nicht möglich)! Achten Sie dabei auf Basisveränderungen und Interfigierung! Küste, da, Bauch, viel, Himmel, noch, blind, Pol, her, Süden, erst, zurück, ehe, Rücken, Wald, je, aber, jäh ‹ 3. Verbinden Sie die unter a) genannten Substantive sinnvoll mit den unter b) angegebenen -wärts-Adverbien! In welchen Fällen gibt es antonymische Paare? a) Wolga, Land, Berg, Nil, Stadt, Rhein b) aufwärts, abwärts, einwärts, auswärts ‹ 4. Entscheiden Sie, ob folgende Substantive mit -halben, -halber oder -halb zu verbinden sind! Achten Sie dabei auf die Interfigierung! Vorsicht, dein, Interesse, Spaß, des, sein, unter, Krankheit, Anstand, dessen, inner-, ihr, Kürze, ober-, euer, Ferien ‹ 5. Bilden Sie mithilfe der Suffixe -lei, -maßen und -weg (-wegen) geläufige Adverbien (Doppelbildungen sind nicht möglich)! Achten Sie dabei auf die Interfigierung! 297 Explizite Derivation von Adverbien frei, sechs, erwiesen, unbestritten, manch, bunt, gezwungen, hundert, vor, anerkannt, beide, mein, viel, bewusst, verschieden, schlecht, wes, gebührend, zwei, glatt, eingestanden, unser, all, verdient ‹ 6. Bilden Sie mithilfe des Suffixes -weise geläufige Adverbien! Achten Sie dabei auf die Interfigierung! Ordnen Sie die Derivate den Mustern ‚in Form oder Art des Basiswortes‘ und ‚Maß-, Mengen- oder Zeiteinheit‘ zu! seltsam, Tonne, freundlich, Vermutung, Fass, verboten, eigenartig, Gramm, unerklärlich, Zentimeter, Löffel, notwendig, Flasche, traditionell, ehrlich, Woche, Auszug, Versuch, fahrend, Liter, Sekunde, erfreulich, Eimer, Stück, liebenswürdig, Monat, Zwang, unsinnig, realistisch, nett, Zentner, Quartal, Dutzend, möglich, Minute Literaturverzeichnis Altmann, H./ Kemmerling, S.: Wortbildung fürs Examen. Wiesbaden 2000. Augst, G.: Untersuchungen zum Morpheminventar der deutschen Gegenwartssprache. Tübingen 1975. Barz, I.: Nomination durch Wortbildung. Leipzig 1988a. Barz, I.: Zur funktionalen Determiniertheit der verbalen Wortbildung. In: ZfG 9 1988b, S. 655ff. Behagel, O.: Von deutscher Sprache. Aufsätze, Vorträge und Plaudereien. Lahr 1927. Bellmann, G.: Zur Variation im Lexikon: Kurzwort und Original. In: Wirkendes Wort 30 1980, S. 369ff. 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Mais-feld-er: Mais (GM), feld (GM), er (FS); bunt-er-em: GM, FS, FS; Schwieger-sohn-es: K, GM, FS; be-zahl-bar-es: WBP, GM, WBS, FS; Extrablatt: GM, GM; Miss-ver-ständ-nis: WBP, WBP, GM, WBS; Auer-hähn-e: UM, GM, FS; rent-abel: K, WBS; aus-sterb-en: WBP, GM, FS; morgen-s: GM, WBS; ein-schlaf-end-em: WBP, GM, FS, FS; Bein-chen: GM, WBS; Gas-werk: GM, GM; Darwin-ismus: GM, WBS; Busch-werk: GM, WBS; Geo-graf-en: K, K, FS; sint-flut-art-ig: UM, GM, GM, WBS; gold-en-e: GM, WBS, FS: Nacht-blind-heit: GM, GM, WBS; Ge-ruf-e: WBP, GM, WBS; horizont-al-er: GM, WBS, FS; An-er-kenn-ung: WBP, WBP, GM, WBS; aufge-stieg-en: WBP, FP, GM, FS; Video-thek: GM, K; Wasser-reich-tum: GM, GM, WBS; Buch-ecker: GM, UM; Kauf-mann-schaft: GM, GM, WBS; autokrat-isch: K, K, WBS; Tor-wart-hand-schuh: GM, K, GM, GM; Auto-drom: GM, K; Gewehr-schaft: GM, GM; Arzt-helf-er-in: GM, GM, WBS, WBS; zer-leg-te-st: WBP, GM, FS,FS; früh-ling-haft: GM, WBS, WBS; Pseudonym: K, K; zu-schlag-en: WBP, GM, FS; un-mäß-ig: WBP, GM, WBS; gerein-ig-t: FP, GM, WBS, FS; Hoch-schul-wesen: GM, GM, WBS; Tele-skopantenne: K, K, GM; Psycho-log-e: GM, K, WBS; jahr-markt-mäßig: GM, GM, WBS; Fabel-wesen: GM, GM; wach-sam-st-en: GM, WBS, FS, FS; Furcht-los-igkeit: GM, WBS, WBS; poly-phon: K, K; Bräut-igam: GM, UM; 303 Lösungsschlüssel Un-ent-schuld-bar-keit: WBP, WBP, GM, WBS, WBS; paus-bäck-ig: UM, GM, WBS; ur-geschicht-lich: WBP, GM, WBS; ost-wärts: GM, WBS; sportun-fall-ver-sicher-t: GM, WBP, GM, WBP, GM, FS; Winter-ferien-urlaub: GM, GM, GM; mechan-isier-en: K, WBS, FS; Hack-fleisch-messer: GM, GM, GM; Bio-müll-tonne: K, GM, GM; Luft-druck-mess-er: GM, GM, GM, WBS; Astro-nom-ie: K, K, WBS; Kreis-lauf-schwäch-e: GM, GM, GM, WBS; Jugend-wohn-heim-e: GM, GM, GM, FS ˛ 2. geschoben ← schieben: Ablaut; Sonderangebot ← besonders: reduzierte Form; Kälbchen ← Kalb: Umlautung a>ä; stählern ← Stahl: Umlautung a>ä + Suffixvariante -ern; Dirigent ← dirigieren: Suffixtilgung (-ier), Suffixvariante -ent; ausgewichen ← ausweichen: Ablaut; kosmisch ← Kosmos: Auslauttilgung (-os); Kätzchen ← Katze: Auslauttilgung -e + Umlautung a>ä; Abstraktion ← abstrahieren: Suffixtilgung (-ier) + Konsonantenwechsel h>k; hungrig ← Hunger: Tilgung des (-e) im Auslaut; analphabetisch ← Analphabet: Präfixvariante an-; Äuglein ← Auge: Auslauttilgung (-e) + Umlautung a>ä; erbrichst ← erbrechen: Ablaut; tropisch ← Tropen: Auslauttilgung (-en); Kistchen ← Kiste: Auslauttilgung (-e); desinformiert ← informiert: Präfixvariante des-; norwegisch ← Norwegen: Auslauttilgung (-en); Döschen ← Dose: Auslauttilgung (-e) + Umlautung o>ö; flackrig ← flackern: Auslauttilgung (-e); irreal ← real: Präfixvariante -ir; nachdrücklich ← Nachdruck: Umlautung u>ü; explosibel ← explodieren: Suffixtilgung (-ier) + Konsonantenwechsel d>s; ertrugst ← ertragen: Ablaut; launisch ← Laune: Auslauttilgung (-e); Gebirge ← Berge: Ablaut; abergläubisch ← Aberglaube(n): Auslauttilgung (-e(n)); zerstritten ← zerstreiten: Ablaut; hiesig ← hier: Konsonantenwechsel r>s; Rückflug ← zurück: reduzierte Form; Rättin ← Ratte: Auslauttilgung (-e) + Umlautung a>ä; Käufer ← kaufen: Umlautung a>ä; würdig ← Würde: Auslauttilgung (-e); Gärtner ← Garten: Auslauttilgung (-en) + Umlautung a>ä; entschwand ← entschwinden: Ablaut; Korrelation ← Relation: Präfixvariante kor-; moralisieren ← Moral: Suffixvariante -isier; füttern ← Futter: Umlautung u>ü; Ehrlichkeit ← ehrlich: Suffixvariante -keit; tölpisch ← Tölpel: Auslauttilgung (-el); verjüngen ← jung: Umlautung u>ü; adlig ← Adel: Tilgung des -e im Auslaut; Division ← dividieren: Suffixtilgung (-ier) + Konsonantenwechsel d>s; innerstaatlich ← innerhalb (des Staates): reduzierte Form ˛ 3. a) Himbeere, Brombeere, b) Butzenscheibe, c) Schornstein, Bernstein, d) Pluderhose, e) Fledermaus, f) Hifthorn, g) Sperling, Riesling, Schierling, h) Unflat, i) vergeuden, verlieren, verlottern, j) ergötzen, erlauben, k) begehren, beginnen, l) störrisch, läppisch ˛ 4. Identitätskrise: nach Suffix -ität; Gleichheitsprinzip: nach Suffix -heit; Asylantenheim: nach maskuliner Personenbezeichnung mit Suffix -ant; Sonnenblume: nach Femininum auf -e mit -en im Plural; Lichterglanz: nach Neutrum mit -er im Plural; Herzensbedürfnis: entspricht Genitiv Singular 304 Lösungsschlüssel von Herz; Schiebetür: nach Verbstamm auf -b; Zufluchtsort: nach femininem -flucht; Invasionsplan: nach Suffix -ion; Längenmaß: nach femininem deadjektivischem Derivat auf -e; Hundesteuer: nach Maskulinum mit -e im Plural; Datumsangabe: nach Suffix -um ohne Pluralbedeutung; Häuserreihe: nach Neutrum mit -er im Plural; Schwanensee: nach maskuliner Tierbezeichnung; Gesteinsart: nach Präfix Ge-; Lieblingsfach: nach Suffix -ling; Wissenschaftszweig: nach Suffix -schaft; Inseratenannahme: nach Neutrum mit Suffix -at und -en im Plural; Gräberfeld: nach Neutrum mit -er im Plural; Schlangenbiss: nach Femininum auf -e mit -en im Plural; Professorenrede: nach maskuliner Personenbezeichnung mit Suffix -or; Eigentumsschutz: nach Suffix -tum; Schaffenskraft: nach substantiviertem Infinitiv; Sekretariatsschlüssel: nach Neutrum mit Suffix -at ohne Pluralbedeutung; Umkleidekabine: nach Verbstamm auf -d; Stipendienvergabe: nach Neutrum mit Suffix -um und Pluralbedeutung; Mächtegruppe: nach Femininum mit -e im Plural; Frauensleute: entspricht Genitiv Singular von Herz; Abfahrtssignal: nach femininem -fahrt; Geschmackssache: nach Präfix Ge-; Prüfungsthema: nach Suffix -ung; Schlafenszeit: nach substantiviertem Infinitiv; Rabennest: nach Maskulinum mit -n im Plural; Unschuldsmiene: nach Femininum -schuld; Lösemittel: nach Verbstamm auf -s; Terroristenjagd: nach maskuliner Personenbezeichnung mit Suffix -ist; Elektronenröhre: nach Neutrum mit Suffix -on und Pluralbedeutung; Fruchtbarkeitsgöttin: nach Suffix -keit; Aufzuchtserfolg: nach femininem -zucht; Museumsstück: nach Neutrum mit Suffix -um ohne Pluralbedeutung; Schriftenverzeichnis: nach Femininum mit -en im Plural; Straußenei: nach maskuliner Tierbezeichnung; Geschwindigkeitskontrolle: nach Suffix -igkeit; Säugetier: nach Verbstamm auf -g; Aufsichtspflicht: nach femininem -sicht; Läusepulver: nach femininer Tierbezeichnung mit -e im Plural; Tiefenbohrung: nach femininem deadjektivischem Derivat auf -e; Schmerzenslaut: entspricht Genitiv Singular von Schmerz ˛ 5. a) Blätterteig, Blattpflanze, b) Landeskunde, Landsknecht, c) Bettenmangel, Betttuch, d) Herzblut, Herzenswunsch, e) Hilferuf, Hilfskraft, f) Bretterbude, Brettspiel, g) Meerbusen, Meeresgott, h) Staatenbund, Staatsbank, i) Weiberfeind, Weibsbild, j) Tagebuch, Tagesordnung, k) Klasseleistung, Klassentreffen, l) Städtepartnerschaft, Stadtbewohner, m) Stimmengewinn, Stimmbruch, n) Schmerztablette, Schmerzensgeld, o) Kind(s)taufe, Kinderarbeit, p) Kälberstall, Kalbsleber, q) Ärztekammer, Arztroman, r) Wegstrecke, Wegebau ˛ 6. a) Sonntag: siebter Tag der Woche, Sonnentag: Tag, an dem die Sonne scheint, b) Landmann: Bauer, Landsmann: jmd., der aus demselben Land, derselben Gegend kommt, c) Tagblatt - Tageblatt: keine Differenzierung, Tagblatt Variante in Süddeutschland, Österreich und der Schweiz, d) Gasthaus: Haus mit Restaurant (mit Zimmer für die Übernachtung), 305 Lösungsschlüssel Gästehaus: Haus für Gäste, e) Fabrikarbeiter - Fabriksarbeiter: keine Differenzierung, Fabriksarbeiter Variante in Österreich, f) Mainacht: stilistisch neutral, Maiennacht: stilistisch gehoben, g) Volkskunde: Wissenschaft, die die Kultur- und Lebensformen des Volkes beschreibt; Folklore, Völkerkunde: Wissenschaft, die die Kultur- und Lebensformen der (Natur)völker beschreibt; Ethnologie, h) Berghöhe: stilistisch neutral, Bergeshöhe: stilistisch gehoben, i) Rindsbraten - Rinderbraten: keine Differenzierung, Rindsbraten Variante in Süddeutschland, Österreich und der Schweiz, j) Toilettespiegel - Toilettenspiegel: keine Differenzierung, Toilettespiegel Variante in Österreich ˛ 7. I a) Hängeschrank (Verbstamm endet auf -ng), b) Steigleiter, c) Trockenfutter, d) Passierschein, e) Schlingpflanze, f) Sprechstunde, g) Liegewiese (-g), h) Leitstrahl, i) Zeichenstift, j) Nagetier (-g), k) Haltegriff (-t), l) Backpulver, m) Schlagader, n) Reitunterricht, o) Hebebühne (-b) II a) Schneidbrenner, Schneidezahn (-d) , b) Saugkraft, Saugflasche, c) Lesebrille, Leseecke (-s), d) Blasrohr, Blasebalg (-s), e) Ratespiel, Ratequiz (-t), f) Sendepause (-d), Sendbote, g) Tragbahre, Tragetasche (-g), h) Reibelaut (-b), Reibkäse, i) Schweigeminute, Schweigegeld (-g), j) Treibhaus, Treibstoff ˛ 8. Chemotechnik: FE -onach Konfix; Euronorm: kein FE, -o Teil des Stammes (europäisch); Epigramm: kein FE, -i Stammauslaut; germanophil: FE -oin Konfixkompositum (Konfix Erst- und Zweitglied); Stratigrafie: FE -iin Konfixkompositum; Gasometer: FE -onach GM; homophil: kein FE, -o Stammauslaut; Neologismus: kein FE, -o Stammauslaut; Politologie: FE -oin Konfixkompositum; Minibar: kein FE, -i Stammauslaut; finnougrisch: FE -ofür Adjektiv auf -isch (finnisch); Multitalent: kein FE, -i Stammauslaut; Ozeanografie: FE -onach GM; Optometrie: FE -oin Konfixkompositum; Hypotaxe: kein FE, -o Stammauslaut; australo-indisch: FE -ofür Adjektiv auf -isch (australisch); Ambivalenz: kein FE, -i Stammauslaut; retrospektiv: kein FE, -o Stammauslaut; anglophob: FE -oin Konfixkompositum; Filmothek: FE -onach GM; Stereoempfang: kein FE, -o Stammauslaut; Grafologe: FE -oin Konfixkompositum; galloromanisch: FE -ofür Adjektiv auf -isch (gallisch); afroasiatisch: FE -ofür Adjektiv auf -isch (afrikanisch), egozentrisch: kein FE, -o Stammauslaut ˛ 9. vollmotiviert (1), teilmotiviert (2), idiomatisiert (3) Milchkuh (1), Elefantenkuh (1), Blindekuh (3), Seekuh (2); Lampenfieber (3), Lampenschein (1), Lampenschirm (1), Lampendocht (1); Bluthund (2), Hofhund (1), Schweinehund (3), Wachhund (1); Maulaffen (3), Maulesel (2), Maulwürfe (3), Maultaschen (3); Honigkuchen (1), Honigwein (1), Honigmond (3), Honigwabe (1); Holzauge (3), Glasauge (1), Bullauge (3), Kuhauge (1); Hundeleine (1), Hundstage (2), Hunderasse (1), 306 Lösungsschlüssel Hundsfott (3); Kohlmeise (2), Kohlgemüse (1), Kohldampf (3), Kohlsuppe (1); Mondkalb (3), Mondlicht (1), Mondkrater (1), Mondpreis (2); Zeitlupe (3), Zeitbombe (2), Zeitalter (2), Zeitmangel (1); Katzenmusik (2), Tanzmusik (1), Gitarrenmusik (1), Volksmusik (2); Wischtuch (1), Halstuch (1), Kopftuch (1), Handtuch (2); Schaffner (3), Maler (1), Schlosser (2), Verkäufer (1); Heftchen (1), Töpfchen (1), Mädchen (3), Säckchen (1); Fräulein (2), Rehlein (1), Scherflein (3), Bäumlein (1) 2.5 ˛ 1. Determinativkompositum (1), Possessivkompositum (2), Kopulativkompositum (3) Kaffeebohne (1), Bromwasserstoff (3), Schreihals (2), bitterböse (1), Uhrenradio (3) - Radiouhr, Sandwüste (1), Schauspieler-Sänger (3) - Sänger- Schauspieler, Bleichgesicht (2), griechisch-orthodox (3), Otto-Heinrich (3) - Heinrich-Otto, schneeweiß (1), Blusenjacke (3) - Jackenbluse, Wandschrank (1), dunkelrot (1), Schlaukopf (2), Grünpflanze (1), Pferdestall (1), graublau (3) - blaugrau, konservativ-bürgerlich (3) - bürgerlich-konservativ, Jodkalium (3), Hundeschnauze (1), Autor-Regisseur (3) - Regisseur-Autor, Gummistiefel (1), Großschnauze (2), Rothaut (2), Frank-Rainer (3) - Rainer-Frank, zynisch-ironisch (3) - ironisch-zynisch, Schöngeist (2), italienisch-spanisch-englisch (3) - englisch-spanisch-italienisch, Milchbart (2), Treppenhaus (1), politisch-moralisch (3) - moralisch-politisch, Mecklenburg-Vorpommern (3), Alexandra-Maria (3) - Maria-Alexandra, Strichpunkt (3), römisch-katholisch (3), Dickwanst (2), dummstolz (3), Tiger-Löwe (3) - Löwen-Tiger, Baumstamm (1), Mantelweste (3) - Westenmantel, Rittersporn (2) ˛ 2. Suffigierung (1), Präfigierung (2), kombinatorische Derivation (3) aus- + schimpfen (2); Ge- + fluch(en) + -e (3); be- + Absicht + -ig(en) (3); alt(e) Mod(e) + -isch (1); ge- + lauf(en) + -ig (3); Österreich + -er (1); be- + Nachbar + -t (3); Wind + -ig (1); zer- + hacken (2); Un- + Ordnung (2); Bericht erstatt(en) + -ung (1); vor- + schreiben (2); Phrasen dresch(en) + -(er)ei (1); fanat- + -isch (1); um- + fahren (2); in Kraft setz(en) + -ung (1); be- + Leid + -ig(en) (3); ge- + Blum(e) + -t (3); er- + hoffen (2); Typ + isier(en) (1); schad(en) + -ig(en) (1); zu Grunde leg(en) + -ung (1); vierzig Tonn(en) + -er (1); weich(e) Schal(e) + -ig (1); selbst zerstör(en) + -ung (1); Ge- + Stein (2); Winter + -lich (1); Frank(en) + -e (1); Ge- + schieß(en) + -e (3); über- + bieten (2) ˛ 3. einfache Doppelung (1), Reimdoppelung (2), Ablautdoppelung (3) Wischiwaschi: (3) = unklares Gerede, ungenaue Darstellung; Klimbim: (2) = unnützer Kram; lautes Treiben; überflüssige Aufregung; Bonbon: (1) = 307 Lösungsschlüssel Süßigkeit; Töfftöff: (1) = Auto, Motorrad (Kindersprache); Heckmeck: (2) = unnötige Umstände; Geschwätz; Tingeltangel: (3) = niveaulose Unterhaltungsmusik; Varieté; Tanzlokal; Pinkepinke: (1) = Geld; Flickflack: (3) = schnell hintereinander ausgeführter Handstandüberschlag; Popo: (1) = Gesäß (Kindersprache); Zickzack: (3) = nicht gerade, Zickzacklinie; Remmidemmi: (2) = lautes Treiben, Trubel; tipptopp (3) = sehr gut ˛ 4. jein: ja + nein; Bionik: Biologie + Technik; affenteuerlich: Affe + abenteuerlich; Teuro: teuer + Euro; Transistor: transfer + resistor; alternatief: alternativ + tief; vorwiegend: vorherrschend + überwiegend; Literatour: Literatur + Tour; Frenglisch: Französisch + Englisch; Internettigkeiten: Internet + Nettigkeiten; sextrem: Sex + extrem; Tragikomik: Tragik + Komik; Seerenade: See + Serenade ˛ 5. Konversionsbasis (KB), substantivische Konversion (sK), adjektivische Konversion (aK), verbale Konversion (vK), adverbiale Konversion (avK) schaukeln: KB Substantiv (Schaukel): desubstantivische vK; das Warum: KB Adverb: deadverbiale sK; die Leidende: KB: Partizip I: departizipiale sK; reifen: KB Adjektiv (reif): deadjektivische vK; das Beleidigtsein: KB verbale WG: sK; schmuck: KB Substantiv: desubstantivische aK; der Erkrankte: KB Partizip II: departizipiale sK; Verbrauch: KB Verbstamm (verbrauch-): deverbale sK; das Deutsche: KB Adjektiv: deadjektivische sK; das Aus: KB Präposition: depräpositionale sK; das Warten: KB Infinitiv: deverbale sK; Habenichts: KB Satz (ich habe nichts): sK (Satzname); das Achselzucken: KB phraseologische WG: dephraseologische sK; ein Niemand: KB Pronomen: depronominale sK; rege: KB Verbstamm (reg-): deverbale aK; a) wachsendes b) Ansehen: a) KB Partizip I: departizipiale aK; b) KB Infinitiv: deverbale sK; mango: KB Substantiv (Mango): desubstantivische aK; diesmal: KB substantivische WG (dieses Mal): avK; das Sich-ständig-Verspäten: KB verbale WG: sK; die Glücklichen: KB Adjektiv: deadjektivische sK; ein Kommen und Gehen: KB phraseologische WG: dephraseologische sK; Vergissmeinnicht: KB imperativischer Satz (Vergiss mein nicht! ): sK (Satzname); bluten: KB Substantiv (Blut): desubstantivische vK; säubern: KB Adjektiv (sauber): deadjektivische vK; Fang: KB Verbstamm (fang-): deverbale sK; das Gestern: KB Adverb: deadverbiale sK; die Sieben: KB Numerale: sK; zufolge: KB substantivische WG: avK; grünen: KB Adjektiv: deadjektivische vK; Wagehals: KB Satz (ich wage den Hals): sK (Satzname); a) fragender b) Blick: a) KB Partizip I: departizipiale aK, b) KB Verbstamm (blick-): deverbale sK; köpfen: KB Substantiv (Kopf): desubstantivische vK; das Weiße: KB Adjektiv: deadjektivische sK; Bringfriede: KB imperativischer Satz (Bring Friede! ): sK (Satzname); reseda: KB Substantiv (Reseda): desubstantivische aK; Einlass: KB Verbstamm (einlass-): deverbale sK; schauspielern: KB Substantiv (Schauspieler): desubstantivische vK; das 308 Lösungsschlüssel Soll: KB finite Verbform: deverbale sK; a) zubereitetes b) Essen: a) KB Partizip II: departizipiale aK, b) KB Infinitiv: deverbale sK; das Ohrenspitzen: KB phraseologische WG (die Ohren spitzen): dephraseologische sK; bange: KB Substantiv (Bange): desubstantivische aK; zeitlebens: KB substantivische WG (in der Zeit des Lebens): avK; das Nutzlose: KB Adjektiv: deadjektivische sK; trösten: KB Substantiv (Trost): desubstantivische vK; das Auf und Ab: KB phraseologische WG: dephraseologische sK; donnern: KB Substantiv (Donner): desubstantivische vK; das Ach: KB Interjektion: sK; weiten: KB Adjektiv (weit): deadjektivische vK; das Du: KB Pronomen: depronominale sK; Entscheid: KB Verbstamm (entscheid-): deverbale sK ˛ 6. Präfixderivation (1), Präfixkonversion (2) a) entkräften (2), enthaupten (2), entehren (1), enterben (1), entfesseln (1) b) benoten (2), beliefern (1), bewirten (2), beheizen (1), bevorraten (2) c) vergreisen (2), verhungern (1), verdeutlichen (2), verprügeln (1), verlängern (2) d) einfüllen (1), einüben (1), eintauchen (1), einfrieren (1), einschließen (1) e) erretten (1), erdulden (1), erweitern (2), erkaufen (1), erarbeiten (1) f) aufbrechen (1), auftischen (2), aufhalsen (2), aufbürden (2), aufdrängen (1) g) überdenken (1), überschatten (2), übernachten (2), überschätzen (1), überwintern (2) h) anreichern (2), anbrüllen (1), anbrennen (1), anspucken (1), anfeuchten (2) i) zertrümmern (2), zerteilen (1), zerkratzen (1), zerfließen (1), zerfleischen (2) ˛ 7. Konversion (1), explizite Derivation (2), implizite Derivation (3), Rückbildung (4) a) Fraß (3), das Fressen (1), Fresser (2), Fresserei (2) b) fällen (3), Rückfall (1), fällbar (2), das Verfallen (1) c) betreten (2), Vertreter (2), Eintritt (3), das Auftreten (1) d) Demut (4), demütig (2), demütigen (1), Demütigkeit (2) e) das Pfeifen (1), Pfeiferei (2), Pfiff (3), auspfeifen (2) f) Brechung (2), Ehebrecher (2), einbrechen (2), ehebrechen (4) g) das Mähen (1), Mäher (2), mähdreschen (4), Mähdrescher (2) h) abzüglich (2), Abzug (3), das Abziehen (1), Abziehung (2) i) Trinker (2), Trunk (3), Trinkerei (2), tränken (3) j) anbeißen (2), Biss (3), bissig (2), das Bissige (1) k) das Verstoßen (1), vorstoßen (2), Abstoß (1), Ausstoßung (2) 309 Lösungsschlüssel l) Anstrich (3), Streich (1), das Unterstreichen (1), durchstreichen (2) m) schlafwandeln (4), schlafwandlerisch (2), Schlafwandler (2), das Schlafwandeln (1) n) Erhalt (1), Halt (1), erhältlich (2), Erhaltung (2) o) betonieren (2), schlussfolgern (4), ängstigen (2), schutzimpfen (4) p) Strenge (2), Häme (4), Geklopfe (2), Unruhe (2) ˛ 8. unisegmentales Kurzwort (1), multisegmentales Kurzwort (2) E-Werk: Elektrizitätswerk: (2), Initialwort in einer Komposition (partielles Kurzwort); MPi: Maschinenpistole: (2), Kombination aus Silben- und Initialwort; Trafo: Transformator: (2), Silbenwort; Krimi: Kriminalroman/ film: (1), Kopfwort; UKW-Sender: Ultrakurzwellen-Sender: (2), Initialwort in einer Komposition; Fernbahnhof: Fernverkehrsbahnhof: (2), Klammerwort; Gestapo: Geheime Staatspolizei: (2), Silbenwort aus einer WG; Cello: Violoncello: (1), Schwanzwort; BMW: Bayerische Motoren-Werke: (2), Initialwort; Wessi: Westdeutscher: (1), Kopfwort + Derivation (Suffix -i); DNS-Test: Desoxyribonukleinsäure-Test: (2), Initialwort in einer Komposition; Azubi: Auszubildender: (2), Kombination aus Silben- und Initialwort; Stasi-Akte: Staatssicherheitsdienst-Akte: (2), Silbenwort in einer Komposition; Diesel: Dieselkraftstoff/ -motor: (1), Kopfwort; Basti: Sebastian: (2), Rumpfwort; Schupo: Schutzpolizei/ -polizist: (2), Silbenwort; HNO-Arzt: Hals-Nasen-Ohren-Arzt: (2), Initialwort in einer Komposition; Dino: Dinosaurier: (1), Kopfwort; D-Zug: Durchgangszug: (2), Initialwort in einer Komposition (partielles Kurzwort); Achim: Joachim: (1), Schwanzwort; UFO: Unbekanntes Flugobjekt: (2), Initialwort; Fußball-WM: Fußballweltmeisterschaft: (2), Initialwort in einer Komposition; Hanna: Johanna: (1), Schwanzwort; Sozi: Sozialdemokrat/ Sozialist: (1), Kopfwort; Hape: Hans-Peter: (2), Silbenwort; SB-Warenhaus: Selbstbedienungswarenhaus: (2), Initialwort in einer Komposition; Jabo: Jagdbomber: (2), Silbenwort; U-Boot: Unterseeboot: (2), Initialwort in einer Komposition (partielles Kurzwort); Foto: Fotografie: (1), Kopfwort; Zoo: zoologischer Garten: (1), Kopfwort aus einer WG; EDV: elektronische Datenverarbeitung (2), Initialwort; Dia: Diapositiv: (1), Kopfwort; Kita: Kindertagesstätte (2), Silbenwort; BAFöG: Bundesausbildungsförderungsgesetz: (2), Kombination aus Silben- und Initialwort ˛ 9. a) Szegediner Gulasch, b) Meißner Porzellan, c) Linzer Torte, d) Erdinger Weißbier, e) Edamer Käse, f) Nürnberger Lebkuchen, g) Berliner Pfannkuchen h) Frankfurter Würstchen, i) Burgunderwein, j) Lyoner Wurst, k) Perserteppich, l) Achtzylindermotor ˛ 10. a) Tankstellenwart, b) Klavierspiellehrerin, c) Lederwarengeschäft, d) Füllfederhalter, e) Mieterschutzbund, f) Hallenschwimmbad, g) Arzneimittelkosten, h) Blasinstrumentenmusik , i) Kornmahlmühle, j) Lastkraftwagen, 310 Lösungsschlüssel k) Ölbaumzweig, l) Skisportgebiet, m) Pfefferkuchennüsse, n) Löschwasserteich, o) Breitbildwand, p) Fernleitungswärme, q) Bierglasdeckel, r) Kokosnussplätzchen ˛ 11. Endvokal eines Kurzwortes (1), Derivationssuffix (2) Tacho (1): Tachometer; Pulli (2): Pullover; Abo (1): Abonnement; Rudi (2): Rudolf; Juso (1): Jungsozialist; Promi (2): Prominenter; Deko (1): Dekoration; Kripo (1): Kriminalpolizei; Susi (2): Susanne; Anarcho (2): Anarchist; Schiri (1): Schiedsrichter; Repro (1): Reproduktion; Chauvi (1): Chauvinist; Homo (1): Homosexueller; Fundi (2): Fundamentalist; Klo (1): Klosett; Resi (2): Therese; Theo (1): Theodor; Sani (1): Sanitäter; Niko (1): Nikolaus; Papi (2): Papa; Kilo (1): Kilogramm; Steffi (2): Stefania/ Stefanie; Kombi (1): Kombination(s)/ kombiniert; Info (1): Information; Omi (2): Oma ˛ 12. Labor: Laboratorium: unisegmentales Kurzwort (1), Kopfwort; kurpfuschen ← Kurpfuscher: Rückbildung; vernetzen: ver- + Netz + -en: Präfixkonversion; Picknick: Reimdoppelung; Nordrhein-Westfalen: Kopulativkompositum; der Bekannte: deadjektivische substantivische Konversion (sK); Blumentopf: Determinativkompositum; VW-Besitzer: Volkswagenbesitzer: multisegmentales Kurzwort (2), Initialwort in einer Komposition; akadämlich: Wortkreuzung: akademisch + dämlich; absperren: ab + sperren: explizite Derivation (exD), Präfigierung; Arzt-Philosoph: Kopulativkompositum; bebildert: exD, kombinatorische Derivation; Trabi: Trabant: (1), Kopfwort + Derivation (Suffix -i); Maiglöckchen: Possessivkompositum; Beschuss ← beschießen: implizite Derivation (imD); notschlachten ← Notschlachtung: Rückbildung; Wauwau: einfache Doppelung; fetten: desubstantivische verbale Konversion (vK) (Fett); fieberhaft: Fieber + -haft: exD, Suffigierung; Befehl: deverbale sK; Elast ← elastisch: Rückbildung; Gernegroß: sK (gerne groß), Satzname; kürzen: deadjektivische verbale Konversion (vK) (kurz); Flachland: Determinativkompositum; erkundigen: er- + Kunde + -ig: exD, kombinatorische Derivation; Fortschritt ← fortschreiten: imD; entsenden: ent- + senden: exD, Präfigierung; Grusical: Wortkreuzung: gruseln + Musical; krummbeinig: krumm(e) Bein(e) + -ig: exD, Suffigierung; Segelboot: Determinativkompositum; unvorsichtig: un- + vorsichtig: exD, Präfigierung; gewährleisten ← Gewährleistung: Rückbildung; Ticktack: Ablautdoppelung; die Intellektuelle: deadjektivische sK; skizzieren: Skizz(e) + ier(en): exD, Suffigierung; das Erstaunen: deverbale sK (Infinitiv); Taugenichts: sK (ich tauge nichts), Satzname; Eisbär: Determinativkompositum; Verhör: deverbale sK (Verbstamm); Denglisch: Wortkreuzung: Deutsch + Englisch; Schuko: Schutzkontakt: (2), Silbenwort; Taschentuch: Determinativkompositum; schwedisch-finnisch: Kopulativkompositum; BASF: Badische Anilin- und Sodafabrik: (2), Initialwort; fernlenken ← ferngelenkt: Rückbildung; Zwang ← zwingen: 311 Lösungsschlüssel imD; Lügenmaul: Possessivkompositum; Pingpong: Ablautdoppelung; Jens-Uwe: Kopulativkompositum; schneidern: desubstantivische vK (Schneider); die Studierenden: departizipiale sK; Glatzkopf: Possessivkompositum; O-Saft: Orangensaft: Initialwort in einer Komposition (partielles Kurzwort); Allgegenwart ← allgegenwärtig: Rückbildung, das In-den-Bergen-Wandern: sK (Satz); bemuttern: be- + Mutter + -n: Präfixkonversion; Geklatsche: Ge- + klatsch(en) + -e: exD, kombinatorische Derivation; Alu: Aluminium (1), Kopfwort 3.2.2 ˛ 1. 1. UK: (1), 2. UK: (2); Simplex bezieht sich auf Substantive und Adjektive (1): Eigenname (Alpen), (2): Simplex (Gipfel); (1): Kompositum (Wintersport), (2): Simplex (Wetter); (1): Suffixderivat (Schädlings), (2): Suffixderivat (Bekämpfung); (1): Superlativform (schwerst-), (2): Simplex (Arbeit); (1): Numerale (ein), (2): Simplex (Ehe); (1): Präposition (mit), (2): substantiviertes Partizip I (Reisender); (1): Präfixderivat (Unglücks), (2): Simplex (Ort); (1): Verbstamm(fahr-), (2): Suffixderivat (Erlaubnis); (1): Suffixderivat (elementar), (2): Simplex (Schule); (1): Adverb (nicht), (2): Suffixderivat (Wähler); (1): Superlativform (mindest-), (2): Simplex (Alter); (1): Eigenname (Wagner), (2): Simplex (Oper); (1): Kompositum (Fußball), (2): Kompositum (Bundesliga); (1): Suffixderivat (indisch), (2): Simplex (rot); (1): finites Verb (soll), (2): Suffixderivat (Stärke); (1): Konfix (Top-), (2): Simplex (Form); (1): Suffixderivat (national), (2): Kompositum (Feiertag); (1): Präfixverbstamm (abstell-), (2): Simplex (Raum); (1): Pronomen (selbst), (2): Simplex (Zweifel); (1): Simplex (Bank), (2): substantiviertes Partizip II (Angestellte); (1): Verbstamm (schieß-), (2): Simplex (Platz); (1): Simplex (Strom), (2): Präfixderivat (Unkosten); (1): Simplex (schnell), (2): Kompositum (Gaststätte); (1): Präfixderivat (Urwald), (2): Kompositum (Lebewesen); (1): Komparativform (mehr), (2): Suffixderivat (Ausgabe); (1): Simplex (Süd), (2): Kompositum (Bahnhof); (1): Suffixderivat (Verwandtschafts), (2): Simplex (Grad); (1): Infinitiv (schaffens), (2): Simplex (Periode) ˛ 2. Staatseigentum = Eigentum, das dem Staat gehört/ des Staates: ‚possessiv‘; Zwergpudel = sehr kleiner Pudel: ‚graduierend‘ (diminuierend); Teekanne = Kanne für Tee: ‚final‘; Kopfstoß = Stoß mit dem Kopf: ‚instrumental‘; Hochzeitsfeier = Feier anlässlich der Hochzeit: ,konditional‘; Stromgenerator = Generator, der Strom erzeugt: ‚Agens‘; Porzellantasse = Tasse aus Porzellan: ‚substanziell/ material‘; Silvesterfeuerwerk = Feuerwerk an/ zu Silvester: ‚temporal‘; Tischkante = Kante des Tischs: ‚partitiv‘; Büroarbeit = Arbeit im Büro: ‚lokal‘; Hochwasserschaden = Schaden durch/ wegen Hochwasser(s): kausal‘; Ölförderung = Öl, das gefördert 312 Lösungsschlüssel wird: ‚Patiens‘; Bismarckbiografie = Biografie über/ zu Bismarck: ‚themaangebend‘; Südfrucht = Frucht aus dem Süden: ‚lokal‘; Zwiebelkuppel = Kuppel wie eine Zwiebel: ‚komparativ‘; Marmorplatte = Platte aus Marmor: ‚substanziell/ material‘; Porträtmaler = Maler, der Porträts malt: ‚Agens‘; Riesenappetit = sehr großer Appetit: ‚graduierend‘ (‚augmentativ‘); Obstverkauf = Obst, das verkauft wird: ‚Patiens‘; Vogelschwarm = Schwarm von Vögeln: ‚konstitutional‘; Hitzeschild = Schild gegen Hitze: ‚final‘; Deckelvase = Vase mit Deckel: ‚partitiv‘; Pilzbuch = Buch über/ zu Pilze(n): ‚themaangebend‘; Plastiktüte = Tüte aus Plastik: ‚substanziell/ material‘; Morgengymnastik = Gymnastik am Morgen: ‚temporal‘; Freudentränen = Tränen aus Freude: ‚kausal‘; Gartentür = Tür in den/ zum Garten: ‚lokal‘; Wolfsrudel = Rudel von Wölfen: ‚konstitutional‘; Bienenhonig = Honig, den die Biene erzeugt: ‚Agens‘; Eröffnungsrede = Rede anlässlich der Eröffnung: ‚konditional‘; Hemdkragen = Kragen des Hemdes: ‚partitiv‘; Baumwollkleid = Kleid aus Baumwolle: ‚substanziell/ material‘; Axtschlag = Schlag mit der Axt: ‚instrumental‘; Nachtschicht = Schicht in der Nacht: ‚temporal‘; Direktorenzimmer = Zimmer, das dem Direktor gehört/ des Direktors: ‚possessiv‘; Rasentennis = Tennis auf Rasen: ‚lokal‘; Textübersetzer = Übersetzer, der Texte übersetzt: ‚Agens‘; Weizenanbau = Weizen, der angebaut wird: ‚Patiens‘; Rinderherde = Herde von Rindern: ‚konstitutional‘; Kirschkuchen = Kuchen mit Kirschen: ‚partitiv‘; Monatsgehalt = Gehalt für einen Monat: ‚temporal‘; Seuchenschutz = Schutz gegen/ vor Seuchen: ‚final‘; Kegeldach = Dach wie ein Kegel: ‚komparativ‘; Stacheldraht = Draht mit Stacheln: ‚partitiv‘; Blechdose = Dose aus Blech: ‚substanziell/ material‘; Gesellschaftsreise = Reise in Gesellschaft: ‚modal‘; Bergspitze = Spitze des Berges: ‚partitiv‘; Seewind = Wind von der See: ‚lokal‘; Schafzucht = Schafe, die gezüchtet werden: ‚Patiens‘; Elternhaus = Haus, das den Eltern gehört/ der Eltern: ‚possessiv‘ ˛ 3. Affenhitze, -kälte; Bilderbuchwetter, -landung, -ehe; Blitzkarriere, -besuch; Glanzleistung, -punkt; Heidenspaß, -geld, -respekt, -wut, -angst, -lärm; Höllenwut, -lärm; Hundewetter, -kälte, -leben; Mammutsitzung, -veranstaltung; Marathonsitzung, -veranstaltung; Meisterleistung, -dieb, -schütze; Mordsspaß, -hunger, -wut, -glück, -hitze, -kerl, -angst, -lärm, -ding; Musterlandung, -ehe; Pfundsspaß, -kerl; Prachtwetter, -straße, -kerl, -exemplar; Qualitätsware, -produkt; Sauwetter, -kälte, -wut, -fraß, -glück; Spitzenwetter, -gehalt, -qualität, -leistung, -produkt, -ware, -mannschaft, -veranstaltung, -technologie, -sportler Synonymreihen: Affenhitze - Mordshitze; Affenkälte - Hundekälte - Saukälte; Bilderbuchwetter - Prachtwetter - Spitzenwetter; Glanzleistung - Meisterleistung - Spitzenleistung; Heidenspaß - Mordsspaß - Pfundsspaß; Heidenwut - Höllenwut - Mordswut - Sauwut; Heidenangst - Mordsangst; Heidenlärm - Höllenlärm - Mordslärm; Mammutsitzung 313 Lösungsschlüssel - Marathonsitzung; Mammutveranstaltung - Marathonveranstaltung; Bilderbuchlandung - Musterlandung; Bilderbuchehe - Musterehe; Mordskerl - Pfundskerl - Prachtkerl; Qualitätsware - Spitzenware; Qualitätsprodukt - Spitzenprodukt ˛ 4. Schulnoten, Papierdrachen, Portugiesischunterricht, Mutterliebe, Niedrigpreis, Komfortwohnung, Stahlrohr, Indefinitpronomen, Kölnischwasser, Luxusleben, Tierknochen, Molekularbiologe, Dokumentaraufnahme, Flüssigdünger, Menschenblut, Tropenkrankheit, Exklusivbericht, Arabischkurs, Samtstoff, Drehtür, Finanzskandal, Gerichtsurteil, Sachsenmetropole, Politprominenz, Heiligabend, Narbengesicht, Pflanzenfett, Nordostwind, Feudaladel, Sommergewitter ˛ 5. a) Falschgeld, Falschmeldung, Falschparker, falsches Gebiss, b) goldene Uhr, Goldbarren, goldene Regel, Goldhamster, c) Kaltschale, Kaltmiete, kaltes Buffet, kalte Nase, d) weiße Maus, Weißkraut, Weißwurst, Weißbier, e) Süßstoff, süße Mandeln, Süßwasser, Süßwaren, f) Blaulicht, Blausäure, blauer Montag, blaues Kleid, g) tiefe Wunde, tiefe Schüssel, Tiefgarage, Tiefdruck, h) Kurzschrift, kurzer Prozess, Kurzwelle, Kurzgeschichte, i) rote Armee, Rotbarsch, roter Kaviar, Rotkehlchen, j) Schwerpunkt, Schwerindustrie, schweres Gepäck, Schwerkraft, k) toter Winkel, Totgeburt, totes Kapital, tote Sprache, l) Schwarzmaler, Schwarzarbeit, Schwarzmarkt, Schwarzfahrer, m) leichter Fehler, Leichtbauweise, leichter Wind, Leichtathletik, n) Freitod, freier Platz, Freibad, Freistoß, o) gemischter Chor, gemischte Karten, Gemischtwaren, gemischtes Doppel, p) Dickschädel, dickes Seil, Dickdarm, dicker Ast, q) wilder Streik, Wildwuchs, Wildwasser, wilder Wein, r) grünes Gras, Grünspan, Grünfutter, grüne Gurken, s) hohe Kunst, Hochdeutsch, Hochsommer, hoher Norden, t) Kleinvieh, kleiner Finger, kleine Summe, Kleinbürger, u) ferne Zukunft, Fernheizung, Fernglas, fernes Land, v) Gelbsucht, gelbes Blatt, gelbe Frucht, gelbe Haut, w) Großtante, Großstädter, großer Zeiger, große Auswahl, x) fremde Stimme, Fremdkörper, fremde Person, fremde Angelegenheiten, y) saurer Geschmack, Sauerbraten, Sauerstoff, saurer Regen, z) dunkles Kapitel, dunkler Anzug, dunkler Verdacht, Dunkelziffer ˛ 6. a) Vollmilch, voller Einsatz, Vollmond, b) Halbfinale, Halbschlaf, halber Liter, c) volle Stunde, voller Bus, Volltreffer, d) Halbschuh, Halbaffe, halber Apfel, e) voller Koffer, Vollrausch, Vollnarkose, f) Halbschwester, Halbleiter, halber Kuchen, g) Vollidiot, Volldampf, Vollbart, h) halber Eimer, Halbgott, Halbedelstein, i) volles Stadion, Vollakademiker, Vollbremsung, j) Halbwissen, halbes Brot, halbes Pfund, k) volle Flasche, volles Glas, Vollwaschmittel, l) halber Lohn, Halbblut, halber Tag 314 Lösungsschlüssel ˛ 7. a) Halbwaise, b) Fertigfabrikat, c) Teilbeschäftigung, d) Hilfsverb, e) Teilkaskoversicherung, f) Ganzton, g) Insel ˛ 8. Auffahrunfall = Unfall, der durch Auffahren eintritt: ‚kausal; Impfstation = Station, in der man impft: ‚lokal‘; Lehrstoff = Stoff, der gelehrt wird: ‚Patiens‘; Heizperiode = Periode, in der man heizt: ‚temporal‘; Niesreiz = Reiz, der Niesen bewirkt: ‚kausal‘; Singvogel = Vogel, der singt: ‚Agens‘; Prüfgerät = Gerät, mit dem man prüft: ‚instrumental‘; Sitzstreik = Streik, der im Sitzen erfolgt: ‚modal‘; Spielplatz = Platz, auf dem man spielt: ‚lokal‘; Badeverbot = Verbot, das sich auf das Baden bezieht: ‚themaangebend/ explikativ‘; Bratwurst = Wurst, die gebraten wird/ worden ist: ‚Patiens‘; Waschraum = Raum, in dem man sich wäscht: ‚lokal‘; Lernphase = Phase, in der man lernt: ‚temporal‘; Lesefähigkeit = Fähigkeit, die sich auf das Lesen bezieht: ‚themaangebend/ explikativ‘; Löschmannschaft = Mannschaft, die löscht: ‚Agens‘; Kehrschaufel = Schaufel, mit der man kehrt: ‚instrumental‘; Fechtsport = Sport, der sich mit Fechten befasst: ‚themaangebend/ explikativ‘; Umhängetasche = Tasche, die umgehängt wird: ‚Patiens‘; Kühlmittel = Mittel, mit dem man kühlt: ‚instrumental‘; Säugetier = Tier, das säugt: ‚Agens‘; Schwimmdauer = Dauer, in der man schwimmt: ‚temporal‘; Kaufsucht = Sucht, die sich auf das Kaufen bezieht: ‚themaangebend/ explikativ‘; Bastelstube = Stube, in der man bastelt: ‚lokal‘; Stricknadel = Nadel, mit der man strickt: ‚instrumental‘; Räucherfisch = Fisch, der geräuchert wird/ worden ist: ‚Patiens‘; Stehbankett = Bankett, das man im Stehen einnimmt: ‚modal‘; Sprengkommando = Kommando, das sprengt: ‚Agens‘; Wickelkind = Kind, das (noch) gewickelt wird: ‚Patiens‘; Schlagsahne = Sahne, die geschlagen wird/ worden ist: ‚Patiens‘; Putzfrau = Frau, die putzt: ‚Agens‘; Suchtrupp = Trupp, der sucht: ‚Agens‘; Landebahn = Bahn, auf der man landet: ‚lokal‘; Bremsgeräusch = Geräusch, das durch Bremsen entsteht: ‚kausal‘ ˛ 9. Unrechtes/ Falsches tun (1), Regel-/ Normabweichung (2), Nichtvorhandensein (3) a) Fehlgeburt (2), b) Fehldiagnose (1), c) Fehlstunde (3), d) Fehlplanung (1), e) Fehlinterpretation (1), f) Fehlsumme (3), g) Fehlzündung (2), h) Fehlentscheidung (1), i) Fehlwort (3) ˛ 10. Selbstjustiz, -aufopferung, -ironie; Nullmeridian, -punkt, -wachstum; Zweirad; Zweitwagen, -schrift; Niemandsland; Einbaum, -horn; Erstausgabe, -wähler, -aufführung; Ichmensch, -erzählung; Dreisprung, -klang, -rad; Drittland; Doppelfenster, -treffer, -salto, -sprung, -punkt; Mehrfachsprengkopf, -impfstoff 315 Lösungsschlüssel ˛ 11. ‚lokal‘ (1), ‚temporal‘ (2), ‚entgegengesetzt‘ (3), ‚soziativ‘ (4), ‚pejorativ‘ (5), ‚unbrauchbar/ nicht verwertbar‘ (6), ‚zusätzlich/ ergänzend‘ (7), ‚normabweichend‘ (8), ‚vorläufig‘ (9), ‚partitiv‘ (10), ‚untergeordnet‘ (11) Nebensache (11), -beruf (7/ 11), -effekt (7/ 11), -ursache (11) -zimmer (1), -gleis (11); Aufgeld (7); Nachmittag (2), -silbe (1), -ernte (2), -hilfe (7); Mitbürger (4), -student (4), -verantwortung (10), -hilfe (10), -häftling (4); Zwischengas (2), -ergebnis (9), -deck (1), -pause (2); Vorwoche (2), -mittag (2), -silbe (1), -stadt (1), -garten (1), -gebirge (1), -zimmer (1), -deck (1); Überreife (8), -gardine (1), -dosis (8), -ernährung (8); Abwasser (6), -gas (6), -schaum (5); Gegengift (3), -kandidat (3), -maßnahme (3); Unterhemd (1), -deck (1), -land (1), -ernährung (8); Umland (1); Ausland (1); Beiwagen (1/ 7), -hilfe (7); Linkskurve (1); Binnensee (1), -schifffahrt (1); Sofortmaßnahme (2) -hilfe (2) ˛ 12. Autohypnose, -pilot, -biografie; Makromolekül, -kosmos; Maxiversion, -kleid; Mikrowelle, -kosmos, -elektronik, -film; Minikamera, -version, -kleid, -kosmos; Monokultur, -zelle, -empfänger, -kausalität; Multimillionär, -talent, -kausalität; Neonazismus, -liberaler, -kolonialismus; Openairfestival; Polytechnikum, -ethylen; Pseudokritik, -demokratie; Schwiegertochter; Semifinale; Stiefgeschwister, -tochter; Vizekanzler, -weltmeister Antonyme: Makrokosmos - Mikrokosmos, Maxiversion - Miniversion, Maxikleid - Minikleid, Multikausalität - Monokausalität ˛ 13. Fünf-Sterne-Hotel, Fremdsprachenunterricht, Katz-und-Maus-Spiel, 300- Jahr-Feier, Mund-zu-Mund-Beatmung, Hochseefischerei, Kurzzeitgedächtnis, Zweitaktmotor, Magen-Darm-Erkrankungen, Siebenmonatskind, Altpapiercontainer, Kleinkalibergewehr, Eintagsfliege, Vorweihnachtszeit, Halbjahreszeugnis, Langstreckenrakete, Alles-oder-nichts-Entscheidung, Achtstundentag, Blut-Schweiß-und-Tränen-Rede, Vierzimmerwohnung, Gelbfieberepidemie, Berg-und-Tal-Bahn, Schwarzbrotscheibe, Einfamilienhaus ˛ 14. Installation von Gasherden, Versicherung für Schäden durch Hagel, Lehre von der Volkswirtschaft, Anlage zur Reinigung von Abgasen, Experte für Waffen zur Massenvernichtung, Bergwerk für Steinkohle, Absolvent der Fachschule, Unternehmen für die Versorgung mit Elektrizität, Maßnahme zur Beschaffung von Arbeit, Gesetz zum Handel mit Wertpapieren, Rede des Präsidenten des Bundestages, System zur Warnung vor Seebeben, Produktion von Fett zum Schutz vor Korrosion, Geschäft für die Oberbekleidung von Herren, Angebot an Pfannen aus Edelstahl, Bestimmung der Konzentration des Alkohols im Blut, Anweisung für den Gebrauch von Dampfbügeleisen, Gesetz zur Reform der Struktur von Hochschulen, Ver- 316 Lösungsschlüssel handlungen zum Waffenstillstand im November, Spiel zur Qualifikation für die Europameisterschaft im Fußball ˛ 15. Niedriglohnland, Heidelbeerkuchenverkaufsstand, Lohnsteuerjahresausgleich, Schiffshebewerk, Fernseheinschaltquotenerhöhung, Öltankerkatastrophenalarm, Bundesverteidigungsminister, Beförderungsdurchschnittsentgelt, Doppelbesteuerungsabkommen, Schulbusfahrtkostenerstattung, Pflegeleistungsergänzungsgesetz, Atomkraftwerkstandortsicherungsprogramm, Frauenhallenhandballweltmeister, Wortbildungsseminarteilnehmerliste ˛ 16. Nachteule: jmd., der gern und lang aufbleibt; Leichtfuß: jmd., der leichtsinnig ist; Salonlöwe: eleganter, aber oberflächlicher Mann; Zappelphilipp: Kind, das nie ruhig sitzt; Spaßvogel: jmd., der gern Witze und Späße macht; Löwenzahn: Pflanze mit runder, gelber Blüte; Blaustrumpf: Frau, die gelehrig wirkt, aber sexuell nicht anziehend ist; Fettsack: sehr dicker Mensch; Radaubruder: jmd., der Lärm macht; Schmutzfink: jmd., der schmutzig ist; Schnattergans: jmd., der ständig redet; Hausmütterchen: Frau, die sich fast nur für die Hausarbeit interessiert; Geizkragen: jmd., der sehr geizig ist; Lästerzunge: jmd., der sich über andere abwertend äußert; Kraftmeier: Mann, der mit seiner Körperkraft prahlt; Rabenvater: Vater, der sich nicht um seine Kinder kümmert; Quälgeist: jmd., der andere bedrängt und lästig wird; Schmusekatze: (kleines) Mädchen, das sehr gern schmust; Bücherwurm: jmd., der sehr gern und viel liest; Lackaffe: eitler, eingebildeter Mann; Suppenkasper: Kind, das keine Suppe bzw. wenig isst; Backfisch: junges, noch unerwachsenes Mädchen; Dummkopf: dummer Mensch, Sündenbock: jmd., dem man die Schuld an etw. gibt; Schlafmütze: jmd., der viel schläft und langsam ist; Landratte: jmd., der nicht zur See fährt, kein Matrose ist 3.3.2.3 ˛ 1. Gegenstands-/ Gerätebezeichnung (1), Ortsbezeichnung (2), Prozessbezeichnung (3), Eigenschaftsbezeichnung (4), Berufsbezeichnung (5), Bewohnerbezeichnung (6) Fläche (4), Bleibe (2), Stärke (4), Geologe (5), Durchreiche (1), Wiege (1), Einflussnahme (3), Sänfte (1), Westfale (6), Güte (4), Spüle (1), Turkmene (6), Größe (4), Reife (4), Bleiche (2/ 4), Lehre (3), Ablage (1), Dichte (4), Slowene (6), Absteige (2) ˛ 2. pejorative Prozessbezeichnung (1), Sachbezeichnung (2), Ortsbezeichnung (3), Kollektivum (4), negative Verhaltensweise wie Person/ Tier (5) Ziegelei (3), Fahrerei (1), Ferkelei (5), Druckerei (3), Dieberei (5), Molkerei (3), Häkelei (2), Fresserei (1), Staffelei (4), Aufschneiderei (1), Konditorei 317 Lösungsschlüssel (3), Eulenspiegelei (5), Bäckerei (3), Blödelei (1), Barbarei (5), Lauferei (1), Lumperei (5), Titelei (4) ˛ 3. Deckel, Stachel, Bügel, Gürtel, Schlüssel, Kreisel, Senkel, Stößel, Würfel, Sessel ˛ 4. Personenbezeichnung ‚beruflich‘ (1a), ‚gelegentlich‘ (1b), ‚negative Verhaltensweise‘ (1c), ‚Zugehörigkeit zu einer geistigen Richtung/ Wissenschaft‘ (1d), ‚Zugehörigkeit zu einer Institution/ zu einem Betrieb‘ (1e), ‚Altersangabe‘ (1f), Bewohnerbezeichnung (2), menschliche Äußerung/ Artikulation (3), (menschliche) Bewegung (4), Gerätebezeichnung (5), Tierbezeichnung (6), Fahrzeug-/ Schiffsbezeichnung (7), Geldbezeichnung (8) Kühler (5), Japaner (2), Schäfer (1a), Sieger (1b), Hegelianer (1d), Blinker (5), Stahlwerker (1e), Schuldenmacher (1c), Käufer (1b), Kölner (2), Öffner (5), Viersitzer (7), Gebäudereiniger (1a), Orgelbauer (1a), Schluchzer (3), Fünfziger (8), Großtuer (1c), Scheibenwischer (5), Bremer (2), Verlierer (1b), Locher (5), Wagnerianer (1d), Bohrer (5), Mittzwanziger (1f), Rempler (4), Einmaster (7), Ausklopfer (5), Uhrmacher (1a), 68er (1d), Plumpser (4), Jauchzer (3), Zehnender (6) ˛ 5. Optik, Optiker, Legasthenie, Legastheniker, Alkohol, Alkoholiker, Grafik, Grafiker, Methode, Methodiker, Chemie, Chemiker, Kritik, Kritiker, Phlegma, Phlegmatiker, Historie, Historiker, Musik, Musiker, Komik, Komiker, Sinfonie, Sinfoniker, Politik, Politiker, Skepsis, Skeptiker ˛ 6. Personenbezeichnung (1), Gerätebezeichnung (2) a): (1)-(2), b): (2)-(1), c): (1)-(2), d): (1)-(2), e): (2)-(1), f): (1)-(2), g): (2)-(1), h): (2)-(1), i): (1)-(2), j): (1)-(2), k): (2)-(1), l): (2)-(1) ˛ 7. Koreaner, Italiener, Portugiese, Münsteraner, Schotte, Pole, Mexikaner, Isländer, Bulgare, Jemenit, Kanadier, Norweger, Vietnamese, Slowake, Iraner, Laote, Genuese/ Genueser, Kongolese, Liberianer, Niedersachse, Franzose, Damaszener, Russe, Araber, Madagasse, Israeli, Venezianer, Malteser, Libanese, Neuseeländer, Argentinier, Nepaler/ Nepalese, Brite, Peruaner, Rheinländer, Sudaner/ Sudanese, Monegasse, Brasilianer, Tunesier, Afghane, Pakistaner/ Pakistani, Grieche, Angolaner, Korse, Ire/ Irländer, Haitianer, Zyprer/ Zypriot, Inder, Chilene, Venezolaner ˛ 8. Schuldner, Ausflügler, Völkerrechtler, Pförtner, CDU-ler, Altsprachler, Leichtgewichtler, Täschner, Bühnenbildner, Erzgebirgler, Korbblütler, Flitterwöchner, Geheimbündler, Rohköstler ˛ 9. Ehrlichkeit, Trockenheit, Endlosigkeit, Betroffenheit, Weisheit, Eindeutigkeit, Empfindsamkeit, Ungeschicktheit, Zartheit, Sauberkeit, Einheit, Gewissenhaftigkeit, Eitelkeit, Gottheit, Verschwiegenheit, Reinheit, Heiser- 318 Lösungsschlüssel keit, Lebensfremdheit, Dreistheit/ Dreistigkeit, Ersetzbarkeit, Korrektheit, Schlaflosigkeit, Dunkelheit, Gereiztheit, Mächtigkeit, Ebenheit, Mattheit/ Mattigkeit, Ähnlichkeit, Eingebildetheit, Furchtsamkeit, Zweifelhaftigkeit, Helligkeit, Magerkeit, Hässlichkeit, Blödheit, Anwendbarkeit, Düsterheit/ Düsterkeit, Informiertheit, Trägheit, Genauigkeit, Sprödheit/ Sprödigkeit, Ausgeschlossenheit ˛ 10. Findling (Personenbezeichnung: Nomen patientis, Sachbezeichnung: Gesteinsblock), Strömling (Tierbezeichnung: Fisch), Fingerling (Sachbezeichnung), Primitivling (pejorative Personenbezeichnung), Pflegling (Personenbezeichnung: Nomen patientis), Liebling (Personenbezeichnung: Nomen patientis), Gelbling (Pflanzenbezeichnung: Pilz), Lüstling (pejorative Personenbezeichnung), Setzling (Pflanzen-/ Tierbezeichnung: junge Pflanze, Zuchtfisch), Drilling (Personenbezeichnung), Sonderling (pejorative Personenbezeichnung), Füßling (Sachbezeichnung), Naivling (pejorative Personenbezeichnung), Stichling (Tierbezeichnung: Fisch), Jämmerling (pejorative Personenbezeichnung) ˛ 11. Feindschaft, Banditentum, Dienerschaft, Eigenschaft (Merkmalsbezeichnung)/ Eigentum (jmdm. Gehörendes), Erbschaft, Deutschtum, Nachbarschaft, Slawentum, Herzogtum, Bürgerschaft (Kollektivum; Parlamentsname in Hamburg und Bremen)/ Bürgertum (Kollektivum), Verwandtschaft, Altertum, Volkstum (Wesen eines Volkes)/ Völkerschaft (Kollektivum), Heldentum, Schrifttum, Nachkommenschaft, Autorschaft, Bruderschaft, Ignorantentum, Mannestum (das Mannsein)/ Mannschaft (Kollektivum), Leidenschaft, Bauernschaft (Kollektivum)/ Bauerntum (das Bauersein; Kollektivum), Königtum, Menschentum, Beamtenschaft (Kollektivum)/ Beamtentum (das Beamtersein; Kollektivum) ˛ 12. Heilung, Kritisierung, Bitte, Erfordernis, Befehl, Versorgung, Verrat, Duldung, Sorge, Wurf, Holen, Gleichung, Gelingen, Erholung, Forschung, Fang, Erforschung, Kommen, Absprung, Haltung, Ermöglichung, Ärgernis, Nachfrage, Verhältnis, Bestrafung, Typisierung, Befriedigung, Strafe, Ähneln, Grabung, Vorwurf, Dürfen, Ausgrabung, Ruf, Lesung, Berufung, Schutz, Fäulnis, Lächeln, Fraß, Bedürfnis, Beginn, Beugung, Empfehlung, Brechung, Betrug, Verbeugung, Einstieg, Geschehnis, Erarbeitung, Bindung, Hilfe, Nennung, Rennen, Ablauf, Anrennen, Klopfen, Wissen, Meidung, Besichtigung, Eingriff, Bringen ˛ 13. Militärwesen, Erziehungswesen, Astwerk, Balkenwerk, Krankenhauswesen, Schuhwerk, Finanzwesen, Bauwesen/ Bauwerk, Sozialversicherungswesen, Zuckerwerk, Meldewesen, Formelwerk, Blattwerk, Rentenwesen, Jagdwesen, Gitterwerk, Kreditwesen, Zollwesen, Rechnungswesen, Lederwerk, Vermessungswesen, Bibliothekswesen 319 Lösungsschlüssel ˛ 14. säen, ziehen, glühen, nähen , verlieren, tragen, andenken, gebären, gönnen, schlagen ˛ 15. Taubheit, Flugwesen, Verletzung, Krachmacher, Saarländer, Däumling, Schwierigkeit, Rederei/ Redner, Piratentum, Wagnis, Archäologe, Fünfling/ Fünftel, Meisterschaft, Glaubhaftigkeit, Metzgerei, Glöckner, Röhricht/ Röhrling, Tänzer/ Tanzerei, Dramatiker, Anteilnahme, Klecks, Gerinnsel/ Gerinnung, Trübheit, Bewegung, Tischler, Germanentum, Tyrannei, Gemeinheit, Flüchtling, Hindernis/ Hinderung, Vergessenheit, Rinne, Breite, Völkerkundler, Gaunerei, Arbeitslosigkeit, Bitterkeit/ Bitternis, Mucks, Kaisertum, Marokkaner, Täter, Kümmerlichkeit/ Kümmerling, Buchbinder, Regler/ Regelung, Fichticht, Schärfe, FDP-ler, Verteiler/ Verteilung, Gefährlichkeit, Ereignis, Vergleichbarkeit, Augsburger, Elternschaft, Aufhebung, Philologe, Zwölftel, Schlankheit, Lieblosigkeit, Anhänger/ Anhängsel/ Anhängung, Dichterling/ Dichtertum, Wechselhaftigkeit, Gepflegtheit, Filmwesen, Spinnerei, Mathematiker, Fremdheit/ Fremdling, Langschläfer, Bolivianer, Biederkeit, Laubwerk, Bedeutsamkeit, Kostbarkeit, Bergung, Libyer, Absage, Auskunftei, Nostalgiker, Hemmnis/ Hemmung, Unüberlegtheit, Erzeuger/ Erzeugnis/ Erzeugung, Kameradschaft, Schwimmer, Erschwernis/ Erschwerung, Mönch(s)tum, Feinheit, Siedler/ Siedlung, Auslese, Höhe, Abweichler/ Abweichung, Rohheit/ Rohling, Gewinner/ Gewinnler/ Gewinnung 3.3.2.5 ˛ 1. Ottochen, Stühlchen, Onkelchen, Büchlein/ Büchelchen, Entchen/ Entlein, Häkchen, Äuglein/ Äugelchen, Sabinchen, Lämmchen/ Lämmlein, Deckchen/ Decklein, Seelchen, Wäglein/ Wägelchen, Väterchen, Blümchen/ Blümlein/ Blümelchen, Alterchen, Schuhchen/ Schühchen/ Schühlein, Schlängelchen, Kathrinchen, Schnäbelchen/ Schnäb(e)lein, Menschlein, Stündchen/ Stündlein, Schwesterchen/ Schwesterlein, Sächelchen, Kurtchen, Kinderchen/ Kinderlein, Bällchen, Deckelchen, Hähnchen, Fläschchen/ Fläschlein, Häschen/ Häslein, Beutelchen, Äckerchen, Dummchen/ Dummerchen, Röschen/ Röslein, Hundchen/ Hündchen, Mäntelchen/ Mäntlein, Wernerchen, Löchlein/ Löchelchen, Löffelchen, Plätzchen, Jungchen/ Jüngelchen, Engelchen/ Eng(e)lein, Schläfchen, Zäpfchen, Küsschen, Füßchen/ Füßlein, Jährchen, Ärmelchen, Lichtchen/ Lichtlein, Häuschen/ Häuslein, Mäulchen, Bürschchen/ Bürschlein, Lottchen, Pünktchen ˛ 2. Fähnchen: kleine Fahne; billig wirkendes, nicht sehr geschmackvolles Kleid; Fähnlein: Truppeneinheit der Landsknechte (Söldner) im 15./ 16. Jhd; kleinere Einheit einer Jugendorganisation; Männchen: kleiner, alter Mann; männliches Tier; Männlein: kleiner, alter Mann; Weibchen: meist pejorativ für eine Frau in Bezug auf ihre weiblichen bzw. sexuellen Eigenschaften; weibliches Tier; Weiblein: kleine, alte Frau 320 Lösungsschlüssel ˛ 3. Zigarette, Statuette, Sonatine, Operette, Sandalette, Lanzette ˛ 4. Schneeglöckchen: Blume; Grübchen: kleine Vertiefung am Kinn oder in der Wange; Kittchen: ugs. für Gefängnis; Ständchen: Musik, die man jmdm. darbringt, um ihn zu ehren oder zu gratulieren; Zipperlein: körperliche Behinderung; Gelenkentzündung; Frettchen: Marderart; Hörnchen: Gebäckart; Nagetier; Schnäppchen: preisgünstiges (Waren-)Angebot; Heimchen: Grille; nicht emanzipierte Hausfrau; Stäbchen: dünne Stäbe, mit denen man in Asien isst; ugs. für Zigarette; Muttersöhnchen: unselbstständiger, verweichlichter Junge oder Mann; Rumpelstilzchen: Märchenfigur 3.3.2.8 ˛ 1. Göttin, Raucherin, Schützin, Ankömmlingin, Malerin, Löwin, Matrosin, Direktorin, Schwägerin, Iranerin, Bäuerin, Kameradin, Störchin, Hutmacherin, Russin, Bettlerin, Studienrätin, Botin, Autorin, Soldatin, Beamtin, Wölfin, Afrikanerin, Dekorateurin, Polsterin, Genossin, Wissenschaftlerin, Neulingin, Gräfin, Asiatin, Inspektorin, Kundin, Kommissarin, Mongolin, Ruderin, Räuberin, Patin, Sozialistin, Häsin, Zimmerin, Langstrecklerin, Gemahlin, Zeugin, Diebin, Musikantin, Offizierin, Fahrerin, Kubanerin, Arbeiterin , Sächsin ˛ 2. a) Henne, b) Sau, c) Bache, d) Elefantenkuh, e) Marderfähe ˛ 3. Diakonisse, Wilhelmine, Masseuse, Blondine, Stewardess, Souffleuse, Countess, Philippine ˛ 4. Walweibchen, Säuglingsschwester, Kamerafrau, Landsfrau, Fliegenweibchen, Stubenmädchen, Adlerweibchen, Hausfrau/ Hausmädchen, Kauffrau, Robbenweibchen, Ordensschwester, Vertrauensfrau, Krokodilweibchen, Fachfrau, Pinguinweibchen ˛ 5. a) Puter, b) Enterich, c) Hexer, d) Mäuserich, e) Gänserich ˛ 6. Witzbold, Knöterich, Polterer, Blödian - Blödhammel/ Blödmann, Fähnrich, Scherzbold, Dummerjan/ Dummrian - Dummkopf, Raufbold - Raufer, Weiderich, Schmierer - Schmierfink, Neider - Neidhammel 3.3.2.10 ˛ 1. Nomen agentis (1), Nomen patientis (2), mathematischer Terminus (3) Assistent (1), Asylant (1), Sympathisant (1), Multiplikand (3), Absolvent (1), Emigrant (1), Diplomand (2), Dirigent (1), Abiturient (1), Simulant (1), Habilitand (2), Dividend (3), Referent (1), Kapitulant (1), Musikant 321 Lösungsschlüssel (1), Regent (1), Repräsentant (1), Summand (3), Arrestant (2), Interessent (1), Komödiant (1), Intrigant (1), Informand (2)/ Informant (1) ˛ 2. Dresseur, Bankier, Humorist, Missionar, Aggressor, Komponist, Legionär, Monteur, Konzessionär, Organisator, Flötist, Rentier, Aktionär, Karrierist, Agitator, Millionär, Deserteur, Pianist, Essayist, Auktionator, Archivar, Kontrolleur, Hornist, Calvinist, Inquisitor, Gardist, Bankrotteur, Lautenist, Masseur, Kabarettist, Monopolist, Brigadier, Restaurator, Hussit, Reservist, Imitator, Ligist, Routinier, Konstrukteur, Revisionist, Cellist, Kapitalist, Invasor, Formular, Ventilator, Mobiliar ˛ 3. Staats-/ Regierungsform (1), Wissenschafts-/ Fachgebiet (2), Kollektivum (3), Eigenschaftsabstraktum (4) Publizistik (2), Motivik (3), Demokratie (1), Gestik (3), Geodäsie (2), Monotonie (4), Symbolik (3), Lethargie (4), Bürokratie (3), Hygienik (2), Autonomie (4), Anglistik (2), Metaphorik (3), Philosophie (2), Mimik (3), Problematik (3), Autarkie (4), Demoskopie (2), Prothetik (2), Geografie (2), Technokratie (3), Apathie (4), Oligarchie (1), Orientalistik (2), Astronautik (2), Chirurgie (2), Xenophobie (4), Germanistik (2) ˛ 4. Kollektivum (1), Sachbezeichnung (2), Ortsbezeichnung (3) Agentur (3), Orangeat (2)/ Orangerie (3), Naturalien (1), Armee (1), Lineatur (1), Apparatur (1), Fasanerie (3), Notariat (3), Fundament (2), Rektorat (3), Drogerie (3), Filtrat (2), Postament (2), Gravur (2), Referat (2/ 3), Gelee (2), Präparat (2), Konsulat (3), Broschur (2), Destillat (2) ˛ 5. Eskalation, Investition, Qualifikation, Emanzipation, Spekulation, Division, Definition, Infektion, Reduktion, Diskussion, Abstraktion, Injektion, Interpretation, Explosion, Konstruktion, Exekution, Absorption, Reaktion ˛ 6. Verhaltensweise (1), Wettkampf/ Veranstaltung (2), politische, ideologische, religiöse Richtung (3) Zarismus (3), Robinsonade (1), Hinduismus (3), Spartakiade (2), Bonapartismus (3), Chaplinade (1), Leninismus (3), Münchhauseniade/ Münchhausiade (1), Asiade (2), Epikurismus (3), Islamismus (3), Maoismus (3), Positivismus (3), Olympiade (2), Sozialismus (3), Köpenickiade (1) ˛ 7. Prominenz, Montage, Reformismus, Intimität, Ignoranz, Aktivität, Blamage, Respektabilität, Sterilität, Absolutismus, Militanz, Skating, Protestantismus, Objektivität, Kolonialismus, Korrespondenz, Spionage, Spezialität, Prägnanz, Legalität, Vulkanismus, Anonymität, Disponibilität, Renitenz, Normalität, Nervosität, Liberalismus/ Liberalität, Training, Provinzialismus/ Provinzialität, Exzellenz, Aktualität, Naivität, Passage, Walking, Grandiosität, Koexistenz, Feudalismus/ Feudalität, Solidität, Formalismus/ Formali- 322 Lösungsschlüssel tät, Aggressivität, Brillanz, Absurdität, Kollegialität, Trecking, Flexibilität, Quantitativität, Dribbling, Subjektivismus/ Subjektivität, Massage, Dogmatismus 3.3.3.2.7 ˛ 1. Gehörn, Gestühl, Gedärm, Geschwister, Gemäuer - Mauerwerk, Gebein, Gehölz, Gebüsch - Buschwerk, Gestirn, Geäst - Astwerk, Gewürm, Gesträuch - Strauchwerk, Gebirge, Getäfel - Tafelwerk, Gewölk ˛ 2. b) Nebensache, c) Grundwiderspruch, d) Nebenfach, f) Grundnahrungsmittel, g) Grundfehler, h) Nebenkriegsschauplatz, i) Grundschuld, j) Nebeneingang, l) Nebenrolle ˛ 3. Negation (1), Abweichung von der Norm (2), Verstärkung (3) Unkraut (2), Undankbarkeit (1), Unmasse (3), Unperson (2), Unbegabte (1), Ungeduld (1), Unwetter (2), Unwahrscheinlichkeit (1), Unlust (1), Untugend (2), Unmenge (3), Unklugheit (1), Unsitte (2), Untier (2), Unbekannter (1), Ungleichgewicht (1), Unkorrektheit (1), Unzeit (2), Unfreundliche (1), Unheil (2), Unschärfe (1), Unart (2), Unmaß (3), Unfall (2) ˛ 4. Urgroßeltern, Hauptbahnhof, Unmoral, Missernte, Erzengel, Uraufführung, Ungleichmäßigkeit, Erzbischof, Hauptverkehrszeit, Missgunst/ Ungunst, Urwald, Uneinigkeit, Missgriff, Erzgauner, Unmensch/ Urmensch, Hauptfilm, Missverständnis/ Unverständnis, Urahn, Hauptstraße, Ungefährlichkeit, Missvergnügen, Hauptsatz, Erzdiözese, Missmut/ Unmut, Urangst, Hauptwort/ Unwort, Hauptgestalt/ Missgestalt/ Urgestalt, Hauptangeklagter, Unklarheit, Missachtung, Hauptzeuge, Urbevölkerung, Unzuverlässige, Hauptabteilungsleiter, Urinstinkt, Misston, Erzfeind/ Hauptfeind, Unwahrheit, Urvogel, Hauptstadt, Unglück, Ungeschick, Missverhältnis, Unteilbarkeit, Unvernünftige, Unromantische, Erzrevanchist, Urgewalt, Hauptpostamt, Urheimat 3.3.3.4 ˛ 1. Superfrau, Hyperfunktion, Superklugheit, Superpreis, Hyperinflation, Superhotel, Superriesenslalom, Superbezahlung, Hypersensibilität, Supersportler, Superfilm, Hyperkorrektheit, Superstar ˛ 2. a) Irrealität - Unwirklichkeit, b) Inkompetenz - Unfähigkeit, c) Inkonstanz - Unbeständigkeit, d) Illegalität - Ungesetzlichkeit, e) Ineffektivität - Unwirksamkeit, f) Indetermination - Unbestimmtheit, g) Insolvenz - Zahlungsunfähigkeit, h) Immobilität - Unbeweglichkeit 323 Lösungsschlüssel ˛ 3. Kooperation, Ultraschall, Antikriegsdemonstration, Exweltmeister, Rekonstruktion, Irrelevanz, Antiheld, Prodekan, Transjordanien, Indirektheit, Disproportion, Resozialisierung, Expilot/ Kopilot, Subkontinent, Ultrakurzwelle, Intransitivität, Exkaiser, Indiskretion, Antialkoholiker, Antichrist, Disqualifikation, Ultrarechter, Exproduzent/ Koproduzent, Subtropen, Illiberalität, Refinanzierung, Exkommunist/ Antikommunist, Exfreundin, Transhimalaja, Kontext, Reaktivierung, Antiraucherwerbung, Ineffizienz, Inflexibilität, Exregisseur/ Koregisseur, Subkultur, Antiimperialismus, Rekompensation, Exminister, Indifferenz, Antiserum 3.3.5 ˛ 1. Gewimmel, Gemale, Hochgespringe, Gegacker, Gemisch(e), Geschneie, Geknister, Gestreite, Gelüge, Gejammer, Gehetze, Gekrähe, Gehupe, Geplauder, Getanze, Geblitze, Gegeige, Geratter, Gebell(e), Gepolter, Abgeschreibe, Gewieher, Umgeräume, Gemurmel, Geschmier(e), Weggerenne, Geglitzer, Geschrei(e), Geschiebe, Festgehalte, Gebummel, Gehüpfe, Getümmel, Getue, Gewisper, Getrampel, Gedrängel, Angerufe, Gehör, Geprahle, Gequieke, Hinausgezögere, Gesaufe, Geheul(e) ˛ 2. a) Geschenke, Geschenk, b) Gerumpel, Gerümpel, c) Geschieße, Geschoss, d) Gepacke, Gepäck, e) Gesetze, Gesetz, f) Gerausche, Geräusch, g) Geschmecke, Geschmack, h) Gerolle, Geröll, i) Gefasse, Gefäß, j) Gezanke, Gezänk, k) Gesauge, Gesäuge, l) Gewasche, Gewäsch, m) Gelege, Gelage, n) Gelaufe, Geläuf 4.2.5 ˛ 1. 1. UK: (1), 2. UK: (2); Simplex bezieht sich auf Substantive und Adjektive (1): Simplex (dunkel), (2): Simplex (grün); (1): Eigenname (Napoleon), (2): Partizip II (interessiert); (1): Superlativform (meist-), (2): Partizip II (gekauft); (1): Simplex (Fleisch), (2): Suffixderivat (farbig); (1): Kompositum (Rüstungskontroll), (2): Suffixderivat (politisch); (1): Verbstamm (lese-), (2): Suffixderivat (kundig); (1): Suffixderivat (Ernährungs), (2): Partizip II (bedingt); (1): Simplex (hoch), (2): Partizip II (geschätzt); (1): Eigenname (Amerika), (2): Suffixderivat (feindlich); (1): Kompositum (Bierdeckel), (2): Simplex (groß); Suffixderivat (christlich), (2): Suffixderivat (demokratisch); (1): Infinitiv (sterbens), (2): Simplex (müde); (1): Initialwort (PVC), (2): Partizip II (beschichtet); (1): Infinitiv (liebens), (2): Suffixderivat (würdig); (1): Superlativform (nächst-), (2): Komparativform (tiefer); (1): Verbstamm (kauf-), (2): Präfixderivat (unwillig); (1): Kompositum (Erdbeer), (2): Konfix (-farben), (1): Partizip I (strahlend), (2): Simplex (heiter); (1): Verbstamm (geh-), (2): Simplex (fähig); (1): Kompositum (Treibstoff), (2): Präfixderivat (unabhängig) 324 Lösungsschlüssel ˛ 2. parkähnlich = einem Park ähnlich: ‚komparativ‘; kohlebeheizt = mit Kohle beheizt: ‚instrumental‘; geburtenstark = eine hohe Geburtenzahl habend: ‚graduierend‘ (‚augmentativ‘); morgenmüde = müde am Morgen: ‚temporal‘; hilfsbereit = bereit zur Hilfe: ‚final‘; fahnengeschmückt = mit Fahnen geschmückt: ‚ornativ‘; quietschvergnügt = sehr vergnügt: ‚graduierend‘ (‚augmentativ‘); emotionsarm = arm an Emotionen: ‚graduierend‘ (‚diminuierend‘); altersschwach = schwach wegen des Alters/ durch das Alter: ‚kausal‘; kastanienbraun = braun wie eine Kastanie: ‚komparativ‘; tonnenschwer = eine Tonne/ mehrere Tonnen schwer: ‚mensurativ‘; einbruchssicher = sicher vor Einbruch: ‚final‘; schlangengleich = einer Schlange gleich: ‚komparativ‘; holzgeschnitzt = aus Holz geschnitzt: ‚substanziell/ material‘; tiefernst = sehr ernst: ‚graduierend‘ (‚augmentativ); dollarschwer = viele Dollar habend: ‚graduierend‘ (‚augmentativ‘); brusthoch = hoch bis zur Brust: ‚lokal‘; angstbebend = vor Angst bebend: ‚kausal‘; schreibgewandt = gewandt in Bezug auf das Schreiben/ im Schreiben: ‚limitativ-relational‘; schmutzbedeckt = mit Schmutz bedeckt: ‚ornativ‘; kreisförmig = Form wie ein Kreis: ‚komparativ‘; kopfverletzt = verletzt am Kopf: ‚lokal‘; batteriebetrieben = mit einer Batterie betrieben: ‚instrumental‘; silberschimmernd = wie Silber schimmernd: ‚komparativ‘; sehnsuchtsvoll = voller Sehnsucht/ voll von Sehnsucht: ‚graduierend‘ (‚augmentativ‘); fingerdick = dick wie ein Finger: ‚komparativ‘; wirklichkeitsgetreu = getreu der Wirklichkeit/ der Wirklichkeit entsprechend: ‚komparativ‘; trainingsfaul = faul in Bezug auf das Training: ‚limitativ-relational‘; nachtblind = blind in der Nacht: ‚temporal‘; zuchttauglich = tauglich für die Zucht: ‚final‘; gebirgsfern = fern dem Gebirge: ‚lokal‘; palastartig = in der Art eines Palastes/ wie ein Palast: ‚komparativ‘; widerstandsfähig = fähig zum Widerstand = ‚final‘; regimegelenkt = vom Regime gelenkt: ‚agentiv‘; scheißkalt = sehr kalt: ‚graduierend‘ (‚augmentativ‘); leistungsschwach = schwach in der Leistung: ‚graduierend‘ (‚diminuierend‘); kältebeständig = beständig gegen Kälte: ‚final‘; extralang = sehr lang: ‚graduierend‘ (‚augmentativ‘); blechgestanzt = aus Blech gestanzt: ‚substanziell-material‘; publikationsreif = reif für die Publikation: ‚final‘ ˛ 3. diebstahlsicher, regelgemäß - regelgerecht, erwähnenswert - erwähnenswürdig, alkoholabhängig - alkoholsüchtig, kindgemäß - kindgerecht, säurebeständig - säureecht - säurefest, wettbewerbsfähig, streitsüchtig, erhaltenswert - erhaltenswürdig, altersgemäß - altersgerecht, denkfähig, kokainabhängig - kokainsüchtig, frostbeständig - frostsicher, herrschsüchtig, treffsicher, konkurrenzfähig, fälschungssicher, fernsehsüchtig, waschbeständig - waschecht - waschfähig - waschfest, nikotinabhängig - nikotinsüchtig, wunschgemäß - wunschgerecht, verehrenswert - verehrenswürdig, lichtbeständig - lichtecht, kompromissfähig, plangemäß - plangerecht, anpassungsfähig 325 Lösungsschlüssel ˛ 4. küstennah - küstenfern, kinderfreundlich - kinderfeindlich, wesenseigen - wesensfremd, schulgeldfrei - schulgeldpflichtig, ausländerfreundlich - ausländerfeindlich, frontnah - frontfern, portofrei - portopflichtig, betriebseigen - betriebsfremd, hundefreundlich - hundefeindlich, steuerfrei - steuerpflichtig, wüstennah - wüstenfern, zukunftsnah - zukunftsfern, wirklichkeitsnah - wirklichkeitsfern - wirklichkeitsfremd ˛ 5. fehlerfrei, zollfrei, fieberfrei, ausdrucksleer, rostfrei, menschenleer, luftleer, störungsfrei, akzentfrei, blutleer ˛ 6. strohdumm, bienenfleißig, pudelnass, stahlhart, lammfromm, fadendünn, aalglatt, knietief, wieselflink, pfenniggroß, handtuchschmal, spindeldürr, mäuschenstill, sonnenklar, zuckersüß ˛ 7. blitzblank, blitzgescheit - grundgescheit, blitzschnell; blutwenig; bombensicher - todsicher; brandgefährlich - kreuzgefährlich, brandaktuell; grundverschieden, grundverkehrt, grundanständig - kreuzanständig; herzerschütternd, herzzerreißend, herzergreifend; hundemüde - todmüde, hundekalt; kreuzfidel, kreuzunglücklich - todunglücklich, kreuzlangweilig - todlangweilig; stocksteif, stocktaub, stockfinster, stockkonservativ; todkrank, todschick ˛ 8. milliardenreich - milliardenschwer, fettreich, schuldvoll, willensstark, fischreich, kostenintensiv, rücksichtsvoll, zeitintensiv, baumreich, seelenstark, folgenreich - folgenschwer, vorwurfsvoll, vitaminreich, ereignisreich, kopfballstark, respektvoll, schicksalsschwer - schicksalsvoll, ozonreich, geistreich - geistvoll, qualvoll ˛ 9. wohlriechend, selbsthaftend, übermotiviert, voreiszeitlich, vorberuflich, überregional, selbstverständlich, wohlklingend, vorweihnachtlich, übereifrig, selbstentzündlich, überbeschäftigt, vorrömisch, wohlproportioniert, selbstherrlich, überempfindlich, vorehelich, wohltemperiert, überqualifiziert, selbstsicher, wohlgeformt ˛ 10. a) nicht breit/ schmal, b) nicht laut/ leise, c) unterbezahlt, d) nicht ängstlich/ mutig, e) nicht schwer/ leicht, f) unterirdisch, g) nicht klug/ dumm, h) unterrepräsentiert, i) nicht fein/ grob, j) nicht groß/ klein ˛ 11. feuerrot, pechschwarz, kornblumenblau, strohgelb, grasgrün, rubinrot, kakaobraun, jägergrün, aschgrau, giftgrün, blütenweiß, kupferrot, azurblau, rabenschwarz, kaffeebraun, stahlblau, kalkweiß, senfgelb, glutrot, mausgrau, schokoladenbraun, kreideweiß ˛ 12. autonom, autogen; bikonvex, bilateral, bipolar, bilabial, bilingual; elektromagnetisch, elektrooptisch; heteronom, heteronym, heterogen, heterophil; homonym, homogen, homophil; hydrogam, hydrodynamisch, hydrophil; monogam, monogen, monovalent, monochrom; multinational, 326 Lösungsschlüssel multivalent, multilateral, multifunktional, multilingual; neofaschistisch, neoklassizistisch; polygam, polygen, polyvalent, polyfunktional, polychrom; semilateral; thermodynamisch, thermonuklear, thermoelektrisch; topaktuell, topfit ˛ 13. feuchtheiß: Eigenschaftsbezeichnung; dummdreist: Eigenschaftsbezeichnung; deutsch-italienisch: Sprachbezeichnung; engweit: Oxymoron; schwarz-rot-gelb: Farbbezeichnung; nasskalt: Eigenschaftsbezeichnung; taubstumm: Eigenschaftsbezeichnung; nahfern: Oxymoron; grün-weißrot: Farbbezeichnung 4.3.2 ˛ 1. passivisch-modale Bedeutung: (1), aktivisch-modale Bedeutung: (2) a) dehnbarer Stoff = Stoff, der gedehnt werden kann: (1); b) lesbare - leserliche Schrift = Schrift, die gelesen werden kann: (1); c) deklinierbares Substantiv = Substantiv, das dekliniert werden kann: (1); d) essbare Pilze = Pilze, die gegessen werden können: (1); e) begreifbarer - begreiflicher Fehler = Fehler, der begriffen werden kann: (1); f) arbeitsamer Nachbar = Nachbar, der viel arbeitet: (2); g) tragbares Gerät = Gerät, das getragen werden kann: (1); h) kontrollierbare Ergebnisse = Ergebnisse, die kontrolliert werden können: (1); i) vererbbare - vererbliche Krankheit = Krankheit, die vererbt werden kann: (1); j) bestechbarer - bestechlicher Politiker = Politiker, der bestochen werden kann: (1); k) beeinflussbares Publikum = Publikum, das beeinflusst werden kann: (1); l) versendbare Pakete = Pakete, die versendet werden können (1); m) biegbares - biegsames Material = Material, das gebogen werden kann: (1); n) brennbares Gas = Gas, das brennt: (2); o) erneuerbare Energie = Energie, die erneuert werden kann: (1); p) erklärbares - erklärliches Verhalten: Verhalten das erklärt werden kann: (1); q) bezwingbarer Feind = Feind, der bezwungen werden kann: (1); r) wiederholbares Experiment = Experiment, das wiederholt werden kann: (1); s) verantwortliche Mitarbeiterin = Mitarbeiterin, die die Verantwortung trägt: (2); t) schweigsamer Mensch = Mensch, der viel schweigt: (2); u) verzeihbarer - verzeihlicher Irrtum = Irrtum, der verziehen werden kann: (1); v) einträgliches Projekt = Projekt, das etwas einträgt: (2); w) gerinnbare Flüssigkeit = Flüssigkeit, die gerinnt: (2); x) fügsames Kind = Kind, das sich fügt (2), y) auswechselbare Bauteile = Bauteile, die ausgewechselt werden können: (1); z) verderbliche Lebensmittel = Lebensmittel, die verderben: (2) ˛ 2. trinkbar, drehbar, erreichbar, -, -, -, abwaschbar, -, entschuldbar, erfüllbar, -, -, -, beherrschbar, ausbesserbar, -, erzeugbar, verfügbar, -, änderbar, -, verriegelbar, -, gegen etw. eintauschbar, - 327 Lösungsschlüssel ˛ 3. a) befahrbar, b) annehmbar, c) -, d) -, e) -, f) bespielbar, g) vorhersehbar, h) berechenbar, i) schätzbar , j) -, k) verwendbar, l) verzichtbar ˛ 4. a) bronzene Statue, b) Lehmhütte, c) kupferne Münze, d) papier(e)ne Tüte, e) Betonblock, f) eichener Tisch, g) Maismehl, h) knöchernes Werkzeug, i) zinnener/ zinnerner Krug, j) Sandboden, k) diamantene Bohrerspitze, l) eisernes Gitter, m) porzellanenes Geschirr, n) erzene Glocke, o) hölzerner Löffel, p) tönernes Gefäß, q) bleiernes Rohr, r) granitene Tafel, s) Chromschicht, t) hörnerner Knopf, u) flächsener/ flächserner Faden, v) Kalkfelsen ˛ 5. a) hertzsche Wellen, b) Gothaer Versicherung, c) einsteinsche Gleichung, d) Kapverdische Inseln, e) Dresd(e)ner Frauenkirche, f) platonische Schriften, g) Erfurter Bürgermeister, h) 20er Jahre, i) pyrenäisches Klima, j) Braunschweiger Rathaus, k) Düsseldorfer Karneval, l) niederrheinische Richtung, m) Mannheimer Institut, n) homerische Epen, o) Teutoburger Wald, p) mittelmeerische Küste, q) pascalsches Dreieck, r) Rostocker Werft, s) hegelsche Philosophie, t) grimmsche Märchen, u) faradaysche Käfig, v) bachsche Kantate, w) 10er Serie, x) Weimarer Republik ˛ 6. ‚komparativ‘ (1), ‚ornativ‘ (2), ‚Neigung zur bezeichneten Handlung/ Eigenschaft‘ (3) albtraumhaft: (1) - albtraumartig; schwatzhaft: (3); schamhaft: (2) - schamvoll; märchenhaft: (1) - märchenartig; balladenhaft: (1) - balladenartig; panikhaft: (1/ 2) - panikartig; bärenhaft: (1) - bärenartig; schillerhaft: (1) - schillerartig; grauenhaft: (2) - grauenvoll; greisenhaft: (1) - greisenartig; wahrhaft: (3); zweifelhaft: (2); kometenhaft: (1) - kometenartig; schreckhaft: (3); routinehaft (1/ 2) - routineartig; anekdotenhaft: (1) - anekdotenartig; wehrhaft (3); prunkhaft: (2) - prunkvoll; zwergenhaft: (1) - zwergenartig; beethovenhaft: (1) - beethovenartig; laienhaft: (1) - laienartig; tugendhaft (2) ˛ 7. fleißig, logisch, widersprüchlich, obig, tierisch, durstig, westlich, wölfisch, rechteckig, magisch, schulisch, kaltherzig, philippinisch, räuberisch, narbig, kulturgeschichtlich, gestrig, megalithisch, erhältlich, klebrig, jugendlich, prädikativisch, dickwandig, buchstäblich, milchig, frostig, stürmisch, außerehelich, traurig, marxistisch, abseitig, fachmännisch, irrtümlich, ärmlich, genüsslich, absolutistisch, sofortig, grünlich, verkäuflich, landwirtschaftlich, teuflisch, nachdenklich, anmutig, darstellerisch, kirchlich, zwischenmenschlich, völlig, erforderlich, wehmütig, diktatorisch, leichtgläubig, jesuitisch, elterlich, duftig, europäisch, flehentlich, ohnmächtig, bergig, betrügerisch, erzbischöflich, säuberlich, bedrohlich, salzig, befremdlich, verdächtig, freiheitlich, holp(e)rig, viehisch, rauchig, brüderlich, alleinig, kubisch, abendländisch, handwerklich, abenteuerlich 328 Lösungsschlüssel ˛ 8. ‚ornativ‘ (1), ‚substanziell‘ (2) a) hartrindiger Baum (1), b) krummbeiniger Mann (1), c) sechssilbiges Wort (2), d) langstielige Blume (1), e) kahlköpfiger Großvater (1), f) zweitüriger PKW (1), g) grünäugige Katze (1), h) vollbusiges Mädchen (1), i) fünfspurige Autobahn (2), j) dünnlippige Schwester (1), k) vierblätt(e)riges Kleeblatt (2), l) breitrandiger Hut (1), m) 18-teiliges Essgeschirr (2), n) dreibändiges Lehrwerk (2) ˛ 9. höllisch (negativ), träumerisch (positiv), nomadisch, städtisch, blutsaugerisch (negativ), trügerisch (negativ), gestalterisch, marktschreierisch (negativ), zänkisch (negativ), erfinderisch (positiv), tückisch (negativ), betreuerisch, himmlisch (positiv), verbrecherisch (negativ), angeberisch (negativ), lügnerisch (negativ), läuferisch, verschwenderisch (negativ), wortbildnerisch, kriecherisch (negativ), paradiesisch (positiv), schönfärberisch (negativ) ˛ 10. a) protokollarisch, b) inflationistisch/ inflatorisch, c) illusorisch, d) physisch, e) klimatisch, f) dokumentarisch, g) ethisch, h) physikalisch, i) provokatorisch, j) galaktisch, k) thematisch, l) feudalistisch, m) novellistisch, n) konsularisch, o) seminaristisch, p) katalytisch, q) lyrisch, r) folkloristisch, s) solidarisch, t) stilistisch, u) chronologisch, v) psychisch, w) organisch, x) psychotisch ˛ 11. kleinlicher Schiedsrichter (Neigungsadjektiv), ärztliches Gutachten (Relativadjektiv), nachmittäglicher Schlaf (‚temporal‘), beachtlicher Fortschritt (‚passivisch-modal‘), wissenschaftliche Methode (Relativadjektiv), weißliche Farbe (,diminutiv‘), schmerzliche Erinnerung (‚ornativ‘), einheitliche Strategie (Relativadjektiv), mütterlicher Typ (‚komparativ‘), schwächlicher Junge (‚diminutiv‘), morgendlicher Spaziergang (,temporal‘), entbehrliches Gepäck (‚passivisch-modal‘), begriffliches Denken (Relativadjektiv), leidenschaftlicher Hass (‚ornativ‘), bräunliches Fell (‚diminutiv‘), säuerlicher Geschmack (‚diminutiv‘), fürstliche Bezahlung (‚komparativ‘), weichlicher Mensch (Neigungsadjektiv), kaiserliche Familie (Relativadjektiv), weinerliches Kind (Neigungsadjektiv) ˛ 12. a) vierwöchige, b) 90-minutige/ minütige, c) halbjährlich, d) fünfwöchentliche, e) monatlich, f) 18-Jährige, g) dreimonatigen, h) achttäglich, i) viertelstündlich, j) mehrtägigen ˛ 13. positiv (1), negativ (2), neutral (0) hoffnungslos (2) - hoffnungsvoll, astlos (0), kostenlos (1), niveaulos (2) - niveauvoll, furchtlos (1), treulos (2), unkrautlos (1), fugenlos (0), geschmacklos (2) - geschmackvoll, glücklos (2), verantwortungslos (2) - verantwortungsvoll, mutlos (2), ausnahmslos (0), erfolglos (2), rücksichtslos (2) - rücksichtsvoll, konzeptionslos (2), würdelos (2) - würdevoll, 329 Lösungsschlüssel motorlos (0), gedankenlos (2) - gedankenvoll, taktlos (2) - taktvoll, chancenlos (2), vorurteilslos (1), talentlos (2), interesse(n)los (2), makellos (1), charakterlos (2), salzlos (0), gewaltlos (1), risikolos (1), willenlos (2), treppenlos (0), wirkungslos (2) - wirkungsvoll (0), gefahrlos (1) - gefahrvoll, vaterlandslos (2), wortlos (0), einfallslos (2), gnadenlos (2) - gnadenvoll, wertlos (2) - wertvoll, sinnlos (2) - sinnvoll, neidlos (1) - neidvoll ˛ 14. ‚limitativ‘ (1), ‚komparativ‘ (2), ‚verbindliche Entsprechung‘ (3) entwicklungsmäßig (1), rechtmäßig (3) - rechtgemäß, tigermäßig (2) - tigerartig, größenmäßig (1), schreibmäßig (1), vertragsmäßig (3) - vertragsgemäß, gefühlsmäßig (1), wohnungsmäßig (1), fahrplanmäßig (3) - fahrplangemäß, intelligenzmäßig (1), verfassungsmäßig (3) - verfassungsgemäß, knabenmäßig (2) - knabenartig, darstellungsmäßig (1), giraffenmäßig (2) - giraffenartig, verkehrsmäßig (1), terminmäßig (3) - termingemäß, rennfahrermäßig (2) - rennfahrerartig, resultatsmäßig (1), statutenmäßig (3) - statutengemäß, mardermäßig (2) - marderartig ˛ 15. a) herzlicher Gruß, herzhaftes Frühstück; b) löslicher Kaffee, lösbare Aufgabe; c) furchtsames Reh, furchtbares Erdbeben; d) rassiges Pferd, rassische Gründe; e) gewaltiges Monument, gewaltsame Vertreibung; f) weibisches Benehmen, weibliches Geschlecht; g) heilbare Krankheit, heilsamer Schock; h) namhafter Wissenschaftler, namentliche Abstimmung; i) geistige Fähigkeit, geistliches Lied; j) sparsame Hausfrau, spärliche Vegetation; k) gläsernes Dach, glasiger Blick; l) schädlicher Einfluss, schadhaftes Möbelstück; m) ausführbares Bauvorhaben, ausführliche Erklärung; n) fruchtbarer Boden, fruchtiger Geschmack; o) länglicher Fleck, langsame Bewegung; p) dörfische Manieren, dörfliches Fest; q) achtsames Auge, achtbares Ergebnis; r) schmerzhafte Wunde, schmerzliche Erkenntnis; s) vorzeitliches Säugetier, vorzeitiger Wintereinbruch; t) steinerne Brücke, steiniges Gelände; u) heimische Pflanzen, heimliche Geliebte; v) nützliche Erfindung, nutzbare Energie; w) geschäftliche Verabredung, geschäftiges Treiben; x) wirksames Mittel, wirkliches Leben; y) goldener Ring, goldiges Mädchen; z) herrliche Aussicht, herrische Person; aa) leidliche Anzahl, leidiges Thema; bb) mündiger Bürger, mündliche Prüfung; cc) strafbare Handlung, sträflicher Leichtsinn; dd) veränderliches Aprilwetter, veränderbare Vorrichtung; ee) krankhafte Eifersucht, kränkliches Aussehen; ff) gläubiger Christ, glaubhafter Zeuge ˛ 16. brauchbar, mathematisch, künstlerisch, trotzig, rubinen, episodenhaft/ episodisch, bärtig/ bartlos, dämonenhaft/ dämonisch, königlich, sumpfig, gegensätzlich, geruhsam, fassungslos, hüg(e)lig, schwerlich, langlebig, hanfen, aufständisch, fröhlich, optimistisch, frühling(s)haft, druckbar, vielfach, funktionslos, niedrig, modisch, vertraglich/ vertrag(s)los, fünffach, säuisch, ärgerlich, sonstig, brettern, gleichschenk(e)lig, studentisch, freudig/ freudlos, teigig, schicksalhaft, bebaubar, millionenfach, ratsam, prächtig, künstlich, 330 Lösungsschlüssel begehbar, vorschulaltrig, nationalistisch, schonungslos, empfindlich/ empfindsam, mumienhaft, kitschig, extremistisch, bedürfnislos, südlich, gelblich, volkstümlich, faltig/ faltenlos, erkennbar, bernsteine(r)n, wahrnehmbar, flüchtig, geizig, afrikanisch, gutnachbarlich, duldsam, bullig/ bullenhaft, phantastisch/ phantasielos, titanenhaft/ titanisch, skrupellos, gipsern, mehrfach, lockig, volkstümlich, hemmungslos, auffindbar, zapp(e)lig, anschmiegsam, ausweglos, anlässlich, versöhnlich, jüdisch, vorösterlich, jagdbar, versöhnlerisch, verträglich, hinderlich, beinern, abstrahierbar, tausendfach 4.3.4 ˛ 1. rentabel, deklinabel, legalisierbar, komfortabel, infizierbar, disponibel, variabel, blamabel, modernisierbar, reparabel, expansibel, personifizierbar ˛ 2. horizontal, kulturell, kolossal, sensationell, substanziell, gymnasial, rituell, embryonal, fundamental, zentral, dimensional, konzeptionell, epochal, notariell, phänomenal, maximal, zeremoniell, kollegial, maschinell, normal, redaktionell, dialektal, triumphal, pronominal ˛ 3. a) Konventionalstrafe, konventionellen, b) ideellen, ideales, c) nominelle, Nominalstil/ nominalen Stil, d) originelle, Originalaufnahme, e) ministeriellen, Ministerialbeamter, f) Kriminalgeschichte, kriminelle, g) Personalakten, personelle, h) rationelle, rationale, i) reelle, Reallöhne/ realen Löhne, j) Sexualhormon, sexuellen ˛ 4. romanesk - romanhaft, fiktiv, stationär, linear, kafkaesk - kafkahaft, aggressiv, molekular, balladesk - balladenhaft, effektiv, familiär, cézannesk - cézannehaft, demonstrativ, pupillar, quantitativ, illusionär, spekulativ, clownesk - clownhaft, polar, parasitär - parasitenhaft, föderativ, attributiv, dantesk - dantehaft, puschkinesk - puschkinhaft, deduktiv ˛ 5. ruinös, infektiös, muskulös - muskelreich, medikamentös, religiös, melodiös, graziös - grazienhaft, venös, strapaziös - strapazenreich, voluminös, monströs - monsterhaft, tuberkulös, elefantös - elefantenhaft ˛ 6. skandalös, transportabel, impulsiv, usuell, chaplinesk, ellipsoid, prozentual/ prozentuell, brillant, konditional/ konditionell, lepros/ leprös, rudimentär, boulevardesk, frontal, intuitiv, diskutabel, adverbial/ adverbiell, faschistoid, punktuell, mokant, okzidental, depressiv, spektakulär, hoffmannesk, schikanös, konstitutionell/ konstitutiv, intensiv, korpulent, zonal/ zonar, karnevalesk, anarchistoid, mirakulös, vektoriell, eruptiv, national, oppositionell, instrumental, regulär, universal/ universell, territorial, budgetär 4.3.6 ˛ 1. urplötzlich, erzkonservativ, missfarbig, urkomisch - saukomisch, ureigen, missgelaunt, erzmisstrauisch, urverwandt, urwienerisch, erzdumm - saudumm, uralt, erzkommunistisch, missgebildet, ursächsisch, misslaunig, 331 Lösungsschlüssel erzböse - bitterböse, missvergnügt, urgermanisch, erzprotestantisch, missgestimmt, urchristlich, missbehaglich ˛ 2. Farbbezeichnung (1), Stoffbezeichnung (2), deadverbiales Derivat (3), Relativadjektiv (4), negative Eigenschaft (5), Nichtvorhandensein (6), Partizip I ohne Wertung (7) ungeduldig, unmotiviert, *unsommerlich (4), ungekämmt, *unfrech (5), unähnlich, unfähig, unaufmerksam, *unsilbern (2), *undortig (3), *unblöd (5), unwissend, unerwartet, *unschwarz (1), *unärztlich (4), unverdächtig, ungleich, *unsandig (2), ungerade, unbekannt, *unblau (1), *unfalsch (5), *unlachend (7), unüberhörbar, *unkahl (6), unbewiesen, *ungestrig (3), *unängstlich (5), unabsichtlich, unfrei, unbeeindruckt, *unbloß (6), unachtsam, unreal, untalentiert, *unelterlich (4), *unaggressiv (5), unordentlich, ungeschützt, *unschlafend (7), unbefriedigend, *unspöttisch (5), unbewohnt, *uneisern (2), *ungierig (5), unauffällig, *unstädtisch (4), ungenügend, unteilbar, unverheiratet, *unhässlich (5), unabhängig ˛ 3. ungenau, unsauber - schmutzig, gesund, schnell, hell, reich, mutig, unbequem, dick, unkompliziert - einfach, hungrig, undicht, unmodern - altmodisch, unschön - hässlich, fest, unappetitlich, unweit - nah, traurig, kalt, alt, billig, unbescheiden ˛ 4. -, dankbar, -, -, -, erfüllbar, zugänglich, übertragbar, -, -, denkbar, -, erfreulich, bedingt, beachtet, -, verträglich, zerbrechlich, -, absehbar, zuverlässig, verfälscht, übersichtlich, -, einsichtig, genießbar ˛ 5. a) unzertrennbar, b) undurchdringlich, c) unwiderleglich, d) unbestechbar, e) -, f) -, g) unüberwindlich, h) unaussprechbar, i) -, j) unverzeihlich, k) unsagbar, l) -, m) -, n) unersetzlich, o) -, p) -, q) unvergleichbar, r) unversöhnlich ˛ 6. a) traumloser Schlaf, b) ideenloser Unterricht, c) ruhmloses Karriereende - unrühmliches Karriereende, d) bedeutungsloser Künstler - unbedeutender Künstler, e) schnurloses Telefon, f) schamlose Person, g) kommentarlose Wiedergabe - unkommentierte Wiedergabe, h) problemlose Umstellung - unproblematische Umstellung, i) zügelloses Temperament - ungezügeltes Temperament, j) grundloses Misstrauen - unbegründetes Misstrauen, k) lückenlose Aufklärung, l) endlose Wälder - unendliche Wälder, m) beleuchtungsloses Treppenhaus - unbeleuchtetes Treppenhaus, n) tadelloses Benehmen - untadeliges Benehmen 4.3.8 ˛ 1. anational, inkonsequent, irregulär, asymmetrisch, diskontinuierlich, atonal, infinit, impotent, analphabetisch, inkongruent, illoyal, asozial, ineffizient, agrammatisch, dissonant, ahistorisch, inkonsistent, indisponibel, alogisch, aperiodisch, indeterminiert, apolitisch, inartikuliert, illiquid 332 Lösungsschlüssel ˛ 2. unhygienisch, unpopulär, inhuman, unsympathisch, inoffiziell, inakzeptabel - unakzeptabel, unreell, unkultiviert, inakkurat, unproduktiv, irrelevant, unprofessionell, inhomogen, uncharmant, inkorrekt - unkorrekt, unsolide, unkonventionell, indiskret, unorthodox, unrationell, inflexibel - unflexibel, unrentabel, unkollegial, irreversibel, undemokratisch, unpräzise, unspektakulär, unsentimental, inoperabel, undiszipliniert, irrational, indeklinabel, unsystematisch, inexistent, ungalant, invariabel, indiskutabel - undiskutabel, illegitim, immoralisch - unmoralisch, unzensiert, inaktuell, unmusikalisch ˛ 3. prähistorisch, antiwestlich - prowestlich, antideutsch - prodeutsch, postmodern, antitoxisch, antibakteriell, antiafrikanisch - proafrikanisch, präglazial - postglazial, antiseptisch, präkarbonisch - postkarbonisch, posttraumatisch, antiarabisch - proarabisch, pränatal - postnatal, präoperativ - postoperativ ˛ 4. ultrakonservativ, superbequem, superstark, superschlau, ultraviolett, superkurz - ultrakurz, superfest, ultralinks, hypermodern - supermodern, hyperkorrekt, superleicht - ultraleicht, hypermondän, ultramarin, ultraradikal, superwohl, superfleißig ˛ 5. paramilitärisch, koaxial, subantarktisch, kongenial, subpolar, paravenös, paralingual, konsonant, parapsychologisch, subglazial, kommensurabel, paramagnetisch, subtropisch, paranormal, subalpin 4.3.10 ˛ 1. bepelzt, gefleckt, bemoost, geflammt, beleibt, gezackt, bejahrt, behandschuht, befranst, bezopft, gerippt, gepunktet, bebrillt, gelappt, bemützt, gemustert, geringelt, gebuchtet, begütert, besternt, gewitzt, bewimpert, behost, bekrallt, gesittet, gemasert, betucht, geschweift, geharnischt, bekiest ˛ 2. interparlamentarisch, interdisziplinär, interkontinental/ transkontinental, transsibirisch, interfraktionell, interozeanisch/ transozeanisch, interkommunal, transatlantisch, international/ transnational, interzellular, interkantonal, interlinear 5.2.2 ˛ 1. herschwimmen: ‚sich etw. nähern‘; hinunterfallen: ‚nach unten‘; herbeieilen: ‚sich etw. nähern‘; hinaufschieben: ‚nach oben‘; herumdrehen: ‚sich um etw. bewegen‘; hinabspülen: ‚nach unten‘; vorbeimarschieren: ‚sich etw. nähern und sich wieder entfernen‘; hinausjagen: ‚aus etw. heraus‘; davonfliegen: ‚sich von etw. entfernen‘; herauftransportieren: ‚nach oben‘; vorübergehen: ‚sich etw. nähern und sich wieder entfernen‘; da- 333 Lösungsschlüssel zwischenkommen: ‚in etw. hinein‘; herantreten: ‚sich etw. nähern‘; hervorziehen: ‚aus etw. heraus‘; hinstellen: ‚sich von etw. entfernen‘; herüberschicken: ‚sich etw. nähern‘ ˛ 2. emporklettern: hinauf-, hochklettern; wegfliegen: fortfliegen - herfliegen; zurückkehren: wiederkehren; wegziehen: fortziehen - herziehen; wegbleiben: fortbleiben; emporreichen: hinauf-, hochreichen; zurückbekommen: wiederbekommen; wegrollen: fortrollen - herrollen; zurückgewinnen: wiedergewinnen; emporsteigen: hinauf-, hochsteigen ˛ 3. zurückkriechen; zurück-, rückdatieren; zurückdenken; rückbauen; zurück-, rückerstatten; zurücklächeln; rückkoppeln; zurückhalten; zurückschlagen; rückversichern; zurückmüssen; rückbuchen ˛ 4. ‚beieinander‘ (1), ‚vermehren/ anhäufen‘ (2) ‚verkleinern/ vermindern‘ (3), ‚beschädigen/ verletzen‘ (4), sich vereinen/ treffen‘ (5) zusammentragen (2), -strömen (5), -schlagen (4), -wohnen (1), -pressen (3), -stürzen (4), -finden (5), -bleiben (1), -falten (3), -betteln (2) ˛ 5. dahinschwinden: sich verringern, abnehmen; heraufbeschwören: eine unangenehme Situation verursachen, an etw. Vergangenes erinnern; herumstolzieren: sich sehr wichtig nehmend ohne bestimmtes Ziel hin und her gehen; dahinsiechen: krank sein und immer schwächer werden; hinausekeln: jmdn. durch Unfreundlichkeit oder schlechtes Benehmen vertreiben; sich davonstehlen: sich heimlich und unbemerkt entfernen; herumdoktern: dilettantisch versuchen, etw. zu heilen, in Ordnung zu bringen; hindurchfädeln: etw. durch eine enge Stelle bringen oder bewegen; hinausposaunen: etw., was nicht bekannt werden sollte, weitererzählen; herumgeistern: irgendwo allein umhergehen; hinauskomplimentieren: jmdn. bewegen zu gehen, mit höflichen Worten verabschieden; herausplatzen: plötzlich und laut zu lachen beginnen, etw. spontan sagen; herumstöbern: etw. suchen und dabei Unordnung hinterlassen ˛ 6. freisprechen, hochholen, festkleben, fehlinterpretieren, freikämpfen, fehldeuten, freilassen, hochhüpfen, festfrieren, fehlgreifen, festklammern, hochwollen, festhaken, hochklettern, freikaufen ˛ 7. hohnlächeln, feuerverzinken, haushalten, seiltanzen, statthaben, -geben, -finden, danksagen, teilhaben, -nehmen, schauturnen 5.3.1.4 ˛ 1. a) Die Sonne bescheint die Felder. b) … diese Straße nicht befahren. c) … mich bedroht. d) … bewohnt die erste Etage. e) … hat alle Gegner besiegt. f) … bereisten wir den Kaukasus. g) … bewacht den Eingang zur Kaserne. h) … beantwortete nicht mehr meine Briefe. 334 Lösungsschlüssel ˛ 2. a) Sie lächelte über seine Unwissenheit. b) … trauern um die Opfer … . c) … herrschten über Mexiko. d) … bist in das Zimmer getreten. e) … staunen … über die Tierdressuren. f) … fliegt nur auf dieser Strecke. g) …, gegen die Kriminalität zu kämpfen. h) … siedeln im Gebirge. ˛ 3. a) Ich streiche rote Farbe auf das Blech. … bestreiche das Blech mit roter Farbe. b) Er gießt Wasser auf die Rosen. … begießt die Rosen mit Wasser. c) Wir hängen Plakate an die Wand. … behängen die Wand mit Plakaten. d) Er trinkt Schnaps. … betrinkt sich mit Schnaps. e) Der Fahrer lädt Steine auf den LKW. … belädt den LKW mit Steinen. f) Einige Touristen saufen Wein. … besaufen sich mit Wein. g) Der Gärtner pflanzt Tulpen auf/ in die Beete. … bepflanzt die Beete mit Tulpen. h) Die Kinder werfen Schneebälle nach uns. … bewerfen uns mit Schneebällen. ˛ 4. ‚lokal‘ (‚entfernen‘) (1), ‚modal‘ (‚rückgängig machen‘) (2), ‚inchoativ‘ (3) entmagnetisieren (2), entzünden (3), enteilen (1), entkleiden (2) - bekleiden, entschärfen (2), entbrennen (3), entkommen (1), entziehen (2) - beziehen, entlaufen (1), entsalzen (2), entsenden (1), entsorgen (1), entkolonialisieren (2), entschlummern (3) ˛ 5. a) Das Küken entschlüpft dem Ei. b) Der Pilot entklettert dem Flugzeug. c) Luft entweicht dem Reifen. d) Du entnimmst das Buch dem Regal. e) Das Porzellan entgleitet meinen Händen. f) Der Dieb entreißt der alten Frau die Handtasche. g) Die Häftlinge entfliehen dem Gefängnis. h) Gas entströmt dem Rohr. ˛ 6. ‚resultativ‘: ‚geistige Tätigkeit‘ (1a), ‚bitten‘ (1b), ‚töten/ sterben‘ (1c), ‚inchoativ‘ (2) erbeben (2), errechnen (1a), erstechen (1c), erzittern (2), ermorden (1c), ersuchen (1b), eröffnen (2), erwürgen (1c), erschallen (2), erlernen (1a), erstrahlen (2), erdichten (1a), erdrosseln (1c), erfrieren (1c), erdenken (1a), erflehen (1b) ˛ 7. a) Die Mediziner forschen nach den Ursachen des Krebses. … erforschen die Ursachen des Krebses. b) Die Studenten bitten um mehr Zeit. … erbitten mehr Zeit. c) Ich hoffe auf ein höheres Gehalt. … erhoffe mir ein höheres Gehalt. d) Die Touristen blicken auf die Berge. … erblicken die Berge. e) Der Mörder fleht um Gnade. … erfleht Gnade. f) Wir träumen vom großen Glück. … erträumen uns das große Glück. g) Er strebt nach Macht und Reichtum. … erstrebt Macht und Reichtum. h) Die Sportlerin ringt um den Sieg. … erringt den Sieg. i) Der Affe klettert auf die Palme. … erklettert die Palme. 335 Lösungsschlüssel ˛ 8. Synonym (S), Antonym (A) missbehagen, missraten, missachten - verachten (S), misslingen, missleiten - fehlleiten (S), misstrauen - vertrauen (A), missbrauchen ˛ 9. ‚resultativ‘: ‚verarbeiten/ nutzen‘ (1a), ‚verschwenden‘ (1b), ‚zugrunde gehen/ sterben‘ (1c), ‚verbinden‘ (1d), ‚lokal‘: ‚entfernen‘ (2), ‚modal‘: ‚falsch/ fehlerhaft‘ (3a), ‚schließen‘ (3b) verheizen (1a), verdursten (1c), sich verzählen (3a), verplaudern (1b), verriegeln (3b), verlagern (2), verstreichen (1a), verknüpfen (1d), verblühen (1c), vernageln (3b), sich verschlucken (3a), verpflanzen (2), verenden (1c), versaufen (1b), verdecken (3b), verschleppen (2) - fort-, wegschleppen, verfüttern (1a), verkochen (3a), verdrängen (2) - wegdrängen, verschmieren (3b), verbluten (1c), verpfeffern (3a), verschieben (2) - fort- , wegschieben, verschleudern (1b), vergraben (3b), vereinigen (1d), sich verlesen (3a), verjagen (2) - fort-, wegjagen, verheiraten (1d), verlöten (3b), sich versprechen (3a), verbummeln (1b), vermahlen (1a), vermischen (1d), verrutschen (3a), verwehen (2) - fort-, wegwehen ˛ 10. ‚teilen/ zerkleinern‘ (1), ‚beschädigen‘ (2) zerstechen (2), zerstampfen (1), zerknittern (2), zerwühlen (2), zergliedern (1), zerlegen (1), zertreten (2), zersägen (1), zerkauen (1), zerkratzen (2), zerbomben (2), zerschneiden (1) 5.3.1.6 ˛ 1. ‚lokal‘: ‚sich fortbewegen‘ (1a), ‚trennen eines Teils vom Ganzen‘ (1b), ‚imitieren‘ (1c), ‚beenden/ unterbrechen‘ (1d), ‚nach unten‘ (1e), ‚perfektiv‘ (‚vollständig bis zum Ende/ beschädigen‘) (2), ‚modal‘ (‚rückgängig machen‘) (3) abbeißen (1b), absitzen (1e), abfotografieren (1c), abhacken (1b), abfahren (1a) - fort-, wegfahren, abdrehen (1d), abtragen (2), abzeichnen (1c), abwandern (1a) - fort-, wegwandern, absagen (3), absinken (1e) - hinab-, hinuntersinken, abspalten (1b), abreisen (1a) - fort-, wegreisen, abschalten (1d), abtippen (1c), abtöten (2), abbrechen (1b), abperlen (1e) - hinab-, hinunterperlen, abrüsten (3), abklemmen (1d), abtropfen (1e) - hinab-, hinuntertropfen, abwetzen (2), abschlagen (1b), abmalen (1c), abberufen (3), abspringen (1e) - hinab-, hinunterspringen ˛ 2. ‚lokal‘: ‚annähern‘ (1a), ‚zunehmen‘ (1b), ‚Widerstand überwinden‘ (1c), ‚verbinden/ befestigen‘ (1d), ‚inchoativ‘: ‚Inbetriebnahme‘ (2a), ‚Personen aktivieren‘ (2b), ‚kurzzeitig/ geringer Grad‘ (2c) ansteigen (1b), ansteuern (1a), anschnallen (1d) - abschnallen, annagen (2c), anrennen (1c), anschwindeln (1a) - beschwindeln, anlassen (2a), anmontieren (1d) - abmontieren, anheben (1b), anstaunen (1a) - bestau- 336 Lösungsschlüssel nen, anregen (2b), anlöten (1d) - ablöten, anleuchten (1a) - beleuchten, anschalten (2a) - abschalten, ankämpfen (1c), anbeißen (2c), anreißen (2c), antreiben (2b), anrösten (2c), anfeuern (2b), ankuppeln (1d) - abkuppeln, anschwimmen (1c) ˛ 3. ‚lokal‘: ‚nach oben‘ (1a), ‚Volumenvergrößerung‘ (1b), ‚Oberflächenkontakt‘ (1c), ‚modal‘: ‚öffnen/ auseinander gehen‘ (2a), ‚Zustandsverbesserung‘ (2b), ‚inchoativ‘: ‚punktuell‘ (3), ‚perfektiv‘: ‚restlose Objektbeseitigung‘ (4) auflachen (3), aufblasen (1b), aufsteigen (1a) - emporsteigen, aufessen (4), auflegen (1c) - d(a)rauflegen, aufknacken (2a), aufschreien (3), aufblicken (1a) - emporblicken, sich aufschwingen (1a) - emporschwingen, sich aufplustern (1b), aufnähen (1c) - d(a)raufnähen, aufspritzen (1a), aufhacken (2a), aufdrücken (1c) - d(a)raufdrücken, aufpolstern (2b), aufschneiden (2a), aufflammen (3), aufarbeiten (4) - verarbeiten, aufbügeln (2b), aufteilen (4) - verteilen, aufkleben (1c) - d(a)raufkleben, aufschwellen (1b), aufzehren (4), aufbohren (2a), aufblitzen (3) ˛ 4. a) Er klappt den Sonnenschirm zu. b) … abgebaut. c) … zu! d) … ab-, zu-, verschlossen. e) … zugedeckt. f) … verblüht. g) … zu-, verknoten. h) … zugeblättert? i) … abrüsten. ˛ 5. ‚lokal‘: ‚von innen nach außen‘ (1a), ‚(ab)trennen/ herausheben‘ (1b), ‚weitererzählen/ verraten‘ (1c), ‚perfektiv‘: ‚resultativ‘ (2a), ‚ornativ‘ (2b), ‚negatives Sichäußern‘ (2c), ‚Außerbetriebsetzung‘ (2d) austrocknen (2a) - vertrocknen, ausroden (1b), auslachen (2c), sich ausquatschen (1c), ausschneiden (1b), ausfließen (1a), ausmalen (2b), ausschalten (2d), ausströmen (1a) - entströmen, auszeichnen (1b), ausklingen (2a) - verklingen, auslöschen (2d), ausleeren (2a) - entleeren, ausbilden (2a), ausreißen (1b), sich aussprechen (1c), ausatmen (1a), ausladen (1a) - verladen, ausspotten (2c) - verspotten, ausgießen (2b) ˛ 6. ‚hinzufügen‘ (1), ‚helfen/ unterstützen‘ (2), ‚dabei sein‘ (3) beistehen (2), beilegen (1) - hinzu-, dazulegen, beimengen (1) - hinzu-, dazumengen, beisitzen (3), beiwohnen (3), beispringen (2), beimischen (1) - hinzu-, dazumischen ˛ 7. ‚lokal‘: ‚von außen nach innen‘ (1a), ‚aggressives Einwirken auf Personen‘ (1b), ‚beschädigen/ zerstören‘ (1c), ‚konservieren‘ (1d), ‚inchoativ‘: ,langsames Gewöhnen/ Bearbeiten‘ (2) einreiten (2), einwerfen (1c), eingraben (1a) - ausgraben, einlegen (1d), einführen (1a) - ausführen, einparken (1a) - ausparken, einknüppeln (1b), einmontieren (1a) - ausmontieren, einsalzen (1d), einstecken (1a), eindreschen (1b), eingießen (1a) - ausgießen, eindrücken (1c), einheira- 337 Lösungsschlüssel ten (1a), einschießen (2), einsteigen (1a) - aussteigen, einmarinieren (1d), sich einarbeiten (2), einschrauben (1a) - ausschrauben, einliefern (1a), einhängen (1a) - aushängen, sich einleben (2), einreißen (1c), einfliegen (1a) - ausfliegen, einprügeln (1b), eintreten (1a) - austreten ˛ 8. a) Das Auto biegt in die Straße. Das Auto biegt ein. b) Der Holzwurm bohrt ein Loch. … bohrt sich ein. c) Du mischst dich in das Gespräch. … mischst dich ein. d) Er schreibt sich in die Liste. … schreibt sich ein. e) Das Wasser sickert in die Erde. … sickert ein. f) Die Vögel nisten im Dachboden. … nisten sich ein. g) Das Wildschwein wühlt sich in den Schlamm. … wühlt sich ein. h) Der Junge bricht in das Eis des Teiches. … bricht ein. ˛ 9. ‚inchoativ‘ (1), ‚lokal‘ (‚trennen‘) (2) losrennen (1) - fort-, wegrennen; loslösen (2) - ablösen; losschießen (1); losschimpfen (1); losschwimmen (1) - fort-, wegschwimmen; losreißen (2) - abreißen; loslaufen (1) - fort-, weglaufen; loslachen (1); losschrauben (2) - abschrauben; losbinden (2) - abbinden; losreden (1); losreiten (1) - fort- , wegreiten; lossegeln (1) - fort-, wegsegeln; losmachen (2) - abmachen ˛ 10. ‚lokal‘: ‚Bewegung hinterher‘ (1a), ‚erforschen/ beweisen‘ (1b), ‚imitieren‘ (1c), ‚temporal‘: ‚überprüfend‘ (2a), ‚korrigierend‘ (2b), ‚andauernd‘ (2c) nachspüren (1b), nachwerfen (1a) - hinterherwerfen, nachformen (1c), nachwiegen (2a), nachbilden (1c), nachglühen (2c), nachsalzen (2b), nachlaufen (1a) - hinterherlaufen, nachbessern (2b), nachrechnen (2a), nachbeben (2c), nachweisen (1b), nachsingen (1c), nachrufen (1a) - hinterherrufen, nachstarren (1a) - hinterherstarren , nachsprechen (1c) ˛ 11. ‚lokal‘: ‚nach vorn/ davor‘ (1a), ‚täuschen‘ (1b), ‚Vorbild‘ (1c), ‚temporal‘: ‚vorher/ im Voraus‘ (2) vordatieren (2) - nachdatieren, vorspielen (1c) - nachspielen, vorschieben (1a), vorlügen (1b), vorbehandeln (2) - nachbehandeln, vorheucheln (1b), vorbestellen (2) - nachbestellen, sich vorlehnen (1a), vorheizen (2), vorspiegeln (1b), vorlegen (1a), vorturnen (1c) - nachturnen, vorverhandeln (2) - nachverhandeln, vorschwindeln (1b), vormerken (2), vorrennen (1a) - nachrennen, vorwarnen (2), vormachen (1c) - nachmachen ˛ 12. ‚lokal‘: ‚annähern‘ (1a), ‚hinzufügen‘ (1b), ‚aggressives Einwirken‘ (1c), ‚bekommen‘ (1d), ‚modal‘: ‚schließen‘ (2) zunähen (2) - vernähen, zumarschieren (1a), zuweisen (1d), zusperren (2) - aufsperren, zubeißen (1c), zudrehen (2) - aufdrehen, zugeben (1b) - beigeben, zubewegen (1a), zubinden (2) - aufbinden, zuschießen (1b) - beischießen, zukneifen (2), zuklappen (2) - aufklappen, zuströmen (1a), 338 Lösungsschlüssel zusichern (1d), zuschlagen (2) - aufschlagen, zurechnen (1b), zuschütten (2), zukaufen (1b), zuschnappen (1c), zukommen (1a), zudrücken (2) - aufdrücken, zuschrauben (2) - aufschrauben, zukriechen (1a), zuschweißen (2) - verschweißen - aufschweißen ˛ 13. a) Die Gäste sehen das Feuerwerk. Die Gäste sehen dem Feuerwerk zu. b) Der Marathonläufer rennt ins Stadion. … rennt auf das Stadion zu. c) Er gießt Mineralwasser auf/ in den Sirup. … gießt Mineralwasser dem Sirup zu. d) Das Motorrad fährt in die Kreuzung. … fährt auf die Kreuzung zu. e) Die Mutter ruft das Kind. … ruft dem Kind etwas zu. f) Die Kunden gehen zu den Regalen. … gehen auf die Regale zu. g) Der Torwart spielt den Ball zum Verteidiger. … spielt den Ball dem Verteidiger zu. h) Der Lehrer redet mit der Schülerin. … redet der Schülerin zu. 5.3.1.8 ˛ 1. ‚lokal‘: ‚beschädigen/ zerstören‘ (1a), ‚trennen‘ (1b), ‚durch ein Hindernis hindurch‘ (1c), ‚perfektiv‘: ‚vollständig, bis zum Ende‘ (2), ‚durativ‘: ‚ununterbrochen‘ (3) a) Die Kinder haben bis zum Morgen durchgeschlafen (3). b) Er hat den Koffer durch das Zugfenster durchgereicht (1c). c) Die Holzfäller haben die Baumstämme durchgesägt (1b). d) Der Koch hat das Rindfleisch durchgebraten (2). e) Er hat die Ärmel an der Jacke durchgescheuert (1a). f) Unser Elektriker hat alle Leitungen durchgeprüft (2). g) Viele Gefangene haben eine schreckliche Zeit durchlebt (3). h) Die Mäuse sind unter dem Zaun durchgekrochen (1c). i) Die Kugeln haben den Benzintank durchsiebt (1a). j) Die Forscherin hat den ganzen Erdteil durchquert (2). k) Der Bäcker hat den Teig durchgeknetet (2). l) Die Hausfrau hat den Knochen durchgehackt (1b). ˛ 2. a) durchgebrochen, zu durchbrechen, b) durchkämmt, durchgekämmt, c) durchlaufen, durchgelaufen, d) durchgereist, durchreist, e) durchschnitten, durchgeschnitten, f) durchkreuzt, durchgekreuzt, g) durchgeflogen, durchflogen, h) durchdrungen, durchgedrungen ˛ 3. ‚lokal: ‚bedecken‘ (1a), ‚oberflächliches Wahrnehmen/ Nichtwahrnehmen‘ (1b), ‚anziehen‘ (1c), ‚Übermaß‘ (1d), ‚temporal‘: ‚über eine Zeitspanne hinweg‘ (2) a) Die Mutter hat die Sparsamkeit übertrieben (1d). b) Unsere Nachbarn haben das Klingeln des Telefons überhört (1b). c) Er hat die alten Plakate überklebt (1a). d) Die Patientin hat die Operation überlebt (2). e) Der Koch hat die Suppe überwürzt (1d). f) Du hast dir die Jacke übergeworfen (1c). g) Seine Lehrerin hat die Fehler im Diktat übersehen (1b). h) Der Trainer hat den jungen Spieler überschätzt (1d). i) Die Tochter hat sich das Kleid übergestreift (1c). j) Man hat die schwarzen Flecken überpinselt 339 Lösungsschlüssel (1a). k) Die Türme haben viele Stürme überdauert (2). l) Sie hat ihr Gesicht überpudert (1a). ˛ 4. a) überströmt, übergeströmt, b) übergegangen, übergangen, c) überragt, übergeragt, d) übergezogen, überzogen, e) überlegt, übergelegt, f) übergeschüttet, überschüttet, g) zu überhängen, übergehängt, h) übergeflossen, überflossen ˛ 5. ‚lokal‘: ‚herum/ zurück‘ (1a), ‚nieder/ zu Boden‘ (1b), ‚von einem Ort zum anderen‘ (1c), ‚um ein unbewegtes Objekt herum‘ (1d), ‚modal‘: ‚Zustandsveränderung‘ (2) a) Die Passagiere sind in den Bus umgestiegen (1c). b) Das Kind hat den Stuhl umgekippt (1b). c) Wir haben die Insel umrudert (1d). d) Ich habe mich nach einem Parkplatz umgeschaut (1a). e) Der Friseur hat die Haare umgefärbt (2). f) Die Passanten haben die Leiter umgestoßen (1b). g) Der Fahrer hat den Wagen umgelenkt (1c). h) Der Kanzler hat die Regierung umgebildet (2). i) Der Maler hat die Farbe umgerührt (1a). j) Der Gärtner hat die Palme in einen größeren Topf umgepflanzt (1c). k) Die Motten haben die Lampe umflattert (1d). l) Die Familie hat die Reise umgebucht (2). m) Der Orkan hat das Haus umtost (1d). ˛ 6. a) umgeflogen, umflogen, b) zu umschreiben, umzuschreiben, c) umgelegt, umlegt, d) umritten, umgeritten, e) umgebaut, umbaut, f) umstellt, umgestellt, g) umgesprungen, umsprungen, h) umgegangen, zu umgehen, i) umlaufen, umgelaufen, j) umgewunden, umwunden ˛ 7. ‚lokal‘: darunter/ unterhalb von etwas‘ (1a), ‚unter Texten/ Schriftstücken‘ (1b), ‚zu wenig‘ (1c), ‚verhindern‘ (1d), ‚differenzieren‘ (1e) a) Man hat die Verträge unterzeichnet (1b). b) Die Schiffe sind im Meer untergegangen (1a). c) Die Zollbeamten haben den Zigarettenschmuggel unterbunden (1d). d) Er hat den Text in Absätze untergliedert (1e). e) Der Professor hat die Leistung seines Studenten unterbewertet (1c). f) Einige Igel sind in der Scheune untergekrochen (1a). g) Der Arzt hat dem Patienten Alkohol untersagt (1d). h) Ich habe die Urkunde unterschrieben (1b). i) Der Betrieb hat seine Angestellten unterbezahlt (1c). j) Die Biologen haben drei Virustypen unterschieden (1e). ˛ 8. a) unterstellt, unterzustellen, b) untergehalten, zu unterhalten, c) unterzogen, untergezogen, d) unterlegt, untergelegt, e) untergeschoben, unterschoben, f) untergraben, unterzugraben ˛ 9. ‚dagegen‘ (1), ‚zurück‘ (2) widerschallen (2), widerstehen (1), widerlegen (1), widerklingen (2), widerreden (1), widerraten (1), widerstrahlen (2), widerstreben (1) 340 Lösungsschlüssel 5.3.1.11 ˛ 1. demobilisieren, koexistieren, desinfizieren = entseuchen, reinfizieren, reimportieren = wieder einführen, reparieren = wieder herstellen, destabilisieren, dechiffrieren = entschlüsseln, desoxidieren, konferieren, referieren, implantieren = einpflanzen, desorganisieren, reorganisieren, koordinieren, rezitieren, deduzieren, induzieren, reduzieren, reokkuppieren = wieder besetzen, reagieren, kompensieren, inskribieren = sich einschreiben, konskribieren, demontieren = abbauen, infiltrieren = eindringen, reflektieren, konzentrieren, konkurrieren, rekurrieren, restrukturieren ˛ 2. hüsteln, zuckeln, schnitzeln, folgern, spötteln, trotteln, schleckern, lächeln, schlingern, tröpfeln, blinkern, einschläfern ˛ 3. knistern, rappeln, gackern, wiehern, blubbern, dudeln, gluckern 5.3.2.2 ˛ 1. ‚als jmd. arbeiten/ tätig sein‘ (1), ‚sich wie jmd./ etw. verhalten‘ (2), ‚etw. ist da, tritt ein‘ (3), ‚etw./ jmdm. etw. geben, antun, zufügen‘ (4), ‚etw./ jmdn. von etw. entfernen, wegnehmen‘ (5), ‚etw. produzieren, bilden‘ (6), ‚etw. fühlen/ empfinden‘ (7) Es schneit (3). … fürchten uns (7). … fohlt (6). … büffelt (2). … küsst den Sohn (4). … lärmen (6). … federt (2). … kellnert (1). … pellt (5). … herbstet (3). … schockten uns (4). … getigert (2). … köpft das Huhn (5). … trauern (7). … nebelt (3). … schützt mich (4). … kalbt (6). … tischlert (1). … hagelt (3). … stiert (2). … schält die Eier (5). … rußten (6). … weihnachtet (3). … wogen im Wind (2). … unkt (2). … stürmt (3). … mosten (6). … getextet (6). … zweifeln (7). … schriftstellert (1). … träumte (7). … auf den Kopf geschlagen (4). … ekelt sich (7). … malern (1). … die Wunde blutet (6). … ehren die Verstorbene (4). ˛ 2. ‚etw. mit etw. versehen, ausstatten‘ (1), ‚etw. mit etw. bearbeiten, etw. benützen‘ (2), ‚jmd./ etw. sich wo befinden, sein, jmdn./ etw. wohin transportieren, hinbringen‘ (3), ‚zu etw. werden, in etw. übergehen‘ (4), ‚etw./ jmdn. zu etw. machen‘ (5) strandet (3), baggern (2), geteert (1), splittert (4), gefliest (1), schultert (3), geviertelt (5), zelten (3), modert (4), trommelt (2), panzern (1), bündelt (5), flötet (2), polstert (1), nisten (3), krümelt (4), hupen (2), gepfeffert (1), kantet (3), schrotet (5), rudern (2), rosten (4), pinselt (2), gelandet (3), löffelte (2) 5.3.2.4 ˛ 1. ‚sich wie jmd. verhalten‘ (1), ‚etw./ jmdm. etw. geben, antun, zufügen‘ (2) jmdn. beraten (2), jmdn. bevormunden (1), etw. beantworten (2), etw. bezuschussen (2), jmdn. bespitzeln (1), jmdn. verwunden (2), jmdn. be- 341 Lösungsschlüssel glückwünschen (2), sich mit den neuen Kollegen an-, befreunden (1), seine Leistung benoten (2), sich für den Mitarbeiter verbürgen (1) ˛ 2. ent-, auskernen, entkeimen, ent-, ausmisten, entmachten, ent-, ausschuppen, enthülsen, ausschälen, entschwefeln, entrechten, ent-, abhäuten, entzaubern, ent-, aussteinen, enteisen, entrahmen, entlauben, abkanten, entlausen, entkräften ˛ 3. umzäunen, bebildern, verminen, beschranken, überbrücken, verzinnen, unterkellern, bepflastern, auspolstern, ummanteln, beflecken, besolden, ausfüttern, vernickeln, überschatten ˛ 4. a) bewässern, b) verkorken, d) verhüllen, e) versiegeln, g) bewaffnen, h) verseuchen, j) bewalden, l) verschlüsseln ˛ 5. ‚etw. mit etw. bearbeiten, etw. benützen‘ (1), jmdn./ etw. wohin transportieren, hinbringen, befestigen‘ (2), ‚zu etw. werden, in etw. übergehen‘ (3), etw./ jmdn. zu etw. machen‘ (4) anleinen (2), versteppen (3), sich abseilen (1), zerfetzen (4), einlochen (2), vermooren (3), vernieten (1), aufbahren (2), zertrümmern (4), verkoken (4), einsacken (2), vertrotteln (3), einkapseln (2), aufbocken (2), abbürsten (1), einkellern (2), zerbröseln (4), anpflocken (2), sich verfeinden (3), zerkrümeln (4), verbeamten (4), vergreisen (3) 5.3.2.7 ˛ 1. ‚diminutiv/ iterativ‘ (1), ‚etw. in eine bestimmte Form bringen‘ (2), ‚etw./ jmdm. etw. geben, antun, zufügen‘ (3) peinigen (3), kriseln (1), häufeln (2), radeln (1), ängstigen (3), schwäbeln (1), schädigen (3), kräftigen (3), fälteln (2), steinigen (3), sächseln (1), herbsteln (1), frösteln (1), rändeln (2) ˛ 2. transportieren, charakterisieren, kassieren, modellieren, adressieren, magnetisieren, personifizieren, transferieren, alphabetisieren, narkotisieren, manifestieren, glossieren, klassifizieren, bilanzieren, analysieren, thematisieren, dokumentieren, terrorisieren, vulkanisieren, zementieren, emaillieren, skalpieren ˛ 3. ‚als jmd. tätig sein, sich wie jmd. verhalten‘ (1), etw./ jmdm. etw. geben, antun, zufügen‘ (2), ‚etw. produzieren, bilden‘ (3), ‚etw. fühlen, empfinden‘ (4) skizzieren (3), triumphieren (4), fotokopieren (3), tyrannisieren (1), diplomieren (2), subventionieren (2), privilegieren (2), spionieren (1), konzertieren (3), prozessieren (3), amnestieren (2), sympathisieren (4), musizieren (3), rebellieren (1), lizenzieren (2) 342 Lösungsschlüssel ˛ 4. ‚etw. mit etw. versehen, ausstatten‘ (1), ‚etw. mit etw. bearbeiten, etw. benützen‘ (2), ‚etw./ jmdn. zu etw. machen‘ (3) favorisieren (3), betonieren (1), telegrafieren (2), etikettieren (1), pulverisieren (3), kutschieren (2), motorisieren (1), tabuisieren (3), zentrifugieren (2), maskieren (1), dogmatisieren (3), torpedieren (2), bagatellisieren (3), kanalisieren (1) ˛ 5. begnadigen, beaufsichtigen, verbarrikadieren, beleidigen, inthronisieren, vergewaltigen, beseitigen, entnazifizieren, beherzigen, befriedigen, inhaftieren, belobigen, begünstigen, beteiligen, entkoffeinieren, berücksichtigen, bevollmächtigen, verkündigen 5.3.4 ˛ 1. ‚durativ‘ (1), ‚inchoativ‘ (2), ‚faktitiv‘ (3), ‚verhaltenscharakterisierend‘ (4) gleicht (1), weißt (3), glätten sich (2), wir bangen (1), weitet (3), starrt (4), besserte sich (2), grünt (1), gehärtet (3), blaut (2), genügt ihm (1), trocknet (3), schnellen (4), fault (2), welken (1) ˛ 2. ‚durativ‘ (1), ‚inchoativ‘ (2), ‚faktitiv‘(3) verdeutlichte (3), betätigt sich (1), verarmen (2), be-, anfeuchten (3), aufgeheitert (3), erbleichte (2), verschlimmert (3), verspätet sich (1), verschlechtert sich (2), zermürbt (3), beruhigt sich (2), erweicht (3), verbilligt (3), beschuldigte, schuldigte an (3), erweitern sich (2), erdreistete sich (1), ab-, anschrägen (3), verkleinern (3), abmagern (2), zerstückelte (3), ermüdet (3), verfeinern sich (2) ˛ 3. germanisieren, blödeln, brüskieren, mattieren, aktualisieren, dominieren, ähneln, ironisieren, kränkeln, individualisieren, mobilisieren, radikalisieren, moralisieren, klügeln, neutralisieren, blondieren 6.3 ˛ 1. nachher; nebenher, -hin; ohnehin; seither; vorher, -hin; bisher; mithin; umher, -hin; hinterher ˛ 2. schlechthin; dorther, -hin; überallher, -hin; daraufhin; künftighin; daher, -hin; weiterhin; hierher, -hin ˛ 3. vorbei, -aus, -an, -auf, -über; durchaus; nebenbei, -an; inzwischen; obenaus, -an, -auf; überaus, -quer ˛ 4. herauf, -bei, -nieder, -über, -ab, -vor, -innen, -aus, -an, -um, -zu; hinauf, -durch, -über, -ab, -aus, -an, -zu 343 Lösungsschlüssel ˛ 5. tagsüber; landab, -auf; bergab, -auf; frischauf; rundum; weitum, -her; kopfüber; querüber; kurzum; schrägüber; hellauf; straßab, -auf; vollauf; reihum ˛ 6. immerzu, -fort; sogleich, -wohl, -oft, -so, -fort, -fern, -bald, -eben, -gar, -dann; obendrauf, -drein; überübermorgen; umsonst; vorerst, -vorgestern; nunmehr 6.4.3 ˛ 1. übrigens, freitags, spätabends, bereits, schlechterdings, meistens, morgens, allerdings, ihrerseits, vergebens, achtens, sommers, neuerdings, teils, nachmittags, zusehends, jüngstens, namens, rings, glatterdings, fünftens, eingangs, längstens, weiters, flugs, platterdings, stets, manchenorts/ mancherorts ˛ 2. küstenwärts, damals, bäuchlings, vielmals, himmelwärts, nochmals, blindlings, polwärts, herwärts, südwärts, erstmals, rückwärts, ehemals, rücklings, waldwärts, jemals, abermals, jählings ˛ 3. wolgaaufwärts - wolgaabwärts, landeinwärts, bergaufwärts - bergabwärts, nilaufwärts - nilabwärts, stadteinwärts - stadtauswärts, rheinaufwärts - rheinabwärts ˛ 4. vorsichtshalber, deinethalben, interessehalber, spaßeshalber, deshalb, seinethalben, unterhalb, krankheitshalber, anstandshalber, dessenthalben, innerhalb, ihrethalben, kürzehalber, oberhalb, euert-/ eurethalben, ferienhalber ˛ 5. freiweg, sechserlei, erwiesenermaßen, unbestrittenermaßen, mancherlei, bunterlei, gezwungenermaßen, hunderterlei, vorweg, anerkanntermaßen, beiderlei, meinetwegen, vielerlei, bewusstermaßen, verschiedenerlei, schlechtweg, weswegen, gebührenderweise, zweierlei, glattweg, eingestandenermaßen, unser(e)twegen, allerlei, verdientermaßen ˛ 6. ‚in Form oder Art des Basiswortes‘ (1), ‚Maß-, Mengen- oder Zeiteinheit‘ (2) seltsamerweise (1), tonnenweise (2), freundlicherweise (1), vermutungsweise (1), fassweise (2), verbotenerweise (1), eigenartigerweise (1), grammweise (2), unerklärlicherweise (1), zentimeterweise (2), löffelweise (2), notwendigerweise (1), flaschenweise (2), traditionellerweise (1), ehrlicherweise (1), wochenweise (2), auszugsweise (1), versuchsweise (1), fahrenderweise (1), literweise (2), sekundenweise (2), erfreulicherweise (1), eimerweise (2), stückweise (2), liebenswürdigerweise (1), monatsweise (2), zwangsweise (1), unsinnigerweise (1), realistischerweise (1), netterweise (1), zentnerweise (2), quartalsweise (2), dutzendweise (2), möglicherweise (1), minutenweise (2) Sachregister Ablaut 16, 19, 51, 156 Ablautdoppelung 43f., 58 abstufende Bildung 162ff. - s. auch graduierende Bildung Acronym 55f. - s. auch Initialwort additives Kompositum 38 - s. auch Kopulativkompositum Adjektiv als Erstglied 68ff., 162f., 168f., 225f., 289f. Adjektivierung 47f. - s. auch adjektivische Konversion adjektivische Komposition 158ff. adjektivische Konversion 47f., 58, 155 - s. auch Adjektivierung Adjektiv als Zweitglied 158ff. Adverb als Erstglied 78, 171f., 288ff. Adverb als Zweitglied 288ff. adverbiale Komposition 288ff. adverbiale Konversion 50, 58 - s. auch Adverbialisierung Adverbialisierung 50, 289 - s. auch adverbiale Konversion Affigierung 35, 41f., 53 Affix 13ff. Affixbestand 29ff., 89 Affixstatus 14, 16, 40 Affixoid 15f., 145 - s. auch Halbaffix affizierend 68 affiziertes Objekt 271 Akkusativierung 230 - s. auch Transitivierung Aktionsart 51, 230f. aktivische Bedeutung 42, 178f. aktivisch-modale Bedeutung 178, 189 Aktivität 90 Allomorph 19ff., 29f., 104, 138 - s. auch Morphemvariante Allomorphie 19ff. Ambiguität 122 Anthroponym 20, 186 - s. auch Personenname Antonymie 147, 174 antonymische Beziehung 78f., 160f., 165, 171, 174, 192, 209, 211, 217, 236, 244, 246f., 253, 261f., 276, 293 Appellativum 126f. attributive Wortgruppe 74, 76, 100 Augmentationspräfix 145 Augmentation 120, 155, 207, 214 Augmentativkompositum 64ff., 162ff. - s. auch Steigerungsbildung Basismorphem 13 - s. auch Grundmorphem Berufsbezeichnung 95, 97, 125, 134, 271 Bestimmungswort 22ff., 36, 71, 73f., 160, 162, 164, 170, 172 Bewohnerbezeichnung 19, 124, 180, 185, 279 Bewohnername 92, 96f. Beziehungsadjektiv 186 - s. auch Relativadjektiv binäre Struktur 36f. Bindevokal 27 Bruchzahl 107, 274 buchstabiert 56 Dativierung 252 deadjektivische Derivation 284ff. deadjektivische Konversion 155, 284ff. deonymisches Derivat 97, 108, 129, 138 deonymisches Suffix 126f. departizipiale Konversion 46, 48 Derivat 38ff. Derivatem 14, 38 - s. auch Wortbildungsmorphem Derivationsaffix 38, 48 Derivationsbasis 10, 14, 38 Derivationsfuge 21 Derivativ 14 - s. auch Wortbildungsmorphem desubstantivische Derivation 270ff. 345 Sachregister desubstantivische Konversion 47, 50 Determinativkompositum 36ff., 40, 58, 66, 73, 82, 107, 169, 173, 228 detoponymische Derivation 180 deverbale Derivation 229ff. dialektal 115 diminuierend 68, 122, 162, 165f., 169, 190, 279 Diminuierung 90, 106, 116, 120ff. - s. auch Verkleinerungsbildung Diminutivsuffix 64, 120, 117, 122 distinktive Funktion 22 Distribution 20 distributionell 35, 65 Doppelpartikelverben 223 Doppelpräfigierung 149, 235 Doppelung 43f., 58, 158 - s. auch Reduplikation duratives Verb 51, 285f. durchsichtig 28 - s. auch motiviert und vollmotiviert effizierend 68 effiziertes Objekt 271, 273 Eigenname 39, 43, 60, 86, 108, 126f., 133, 138ff., 166, 180f., 185f., 203, 281f. - s. auch Onym Eigenschaftsbezeichnung 143 - s. auch Nomen qualitatis einfache Doppelung 43, 58 Einwortidiom 81 elativische Bedeutung 293 endozentrisches Kompositum 37 etymologische Motivation 29 euphemistisch 210, 234 euphonisch 22, 27 exozentrisches Kompositum 37, 78 explizite Derivation 150ff., 155ff., 177ff., 200ff., 207ff., 213ff., 220f., 292ff. faktitives Verb 51, 285f. - s. auch kausatives Verb Familienname 84, 125, 186, 272, 282 Farbadjektiv 48, 161, 190 Farbwortkompositum 161 Flexionsmorphem 14, 16f., 19, 22, 24, 48, 76, 80, 183, 270, 292 - s. auch Grammatem und Grammem Gewässername 186, 293f. - s. auch Hydronym freies Morphem 13ff., 36 fremdsprachiges Fugenelement 27f. Fremdpräfix 150ff., 213ff., 267f. Fremdsuffix 15, 20f., 23f., 69, 122, 124f., 128ff., 200ff., 216, 221, 257, 280f. Fuge nach substantivischem Erstglied 21ff. Fuge nach verbalem Erstglied 26f. Fugenelement 17, 21ff., 64, 73f., 80, 105, 108, 169, 181, 191f., 294f. Funktionsverbgefüge 51, 109, 111, 232, 276 Gattungszahlwort 294 gebundenes Morphem 13ff., 18f., 36 Gegenstandsbezeichnung 116, 143, 183, 274 Gelegenheits- oder Augenblicksbildung 78 - s. auch Okkasionalismus Gerätebezeichnung 93, 116, 143, 156, 282 - s. auch Nomen instrumenti Gerundivform 130 geschlechtsneutrales Kompositionsglied 126 graduierende Bildung 162ff., 169 - s. auch abstufende Bildung Grammatem 14 - s. auch Flexionsmorphem Grammem 14, 17 - s. auch Flexionsmorphem Grundmorphem 13ff., 18f., 20, 27f., 36, 38, 53, 56, 172 - s. auch Basismorphem und Kernmorphem Grundwort 36f., 66f., 69, 71, 73, 78, 158f., 166f., 170f. Grundzahl 76, 98, 104, 107 - s. auch Kardinalzahl 346 Sachregister Halbaffix 15 - s. auch Affixoid heimisches Konfix 79, 162 heimisches Präfix 146ff., 208ff. heimisches Suffix 90ff., 125, 177ff., 279f. Herrschertitel 108, 133 Hiatus 96f., 138 homonyme Form 17 Homonymie 15 hybride Bildung 43, 79, 280 Hybridisierung 42f., 282 Hydronym 182, 186, 293f. - s. auch Gewässername Hyperonym 109 - s. auch Oberbegriff idiomatisiert 28f., 37, 46, 50, 70, 91, 104ff., 107, 122, 131, 148, 162, 172, 179, 190, 208, 211, 235, 237, 246, 252, 261, 269, 271, 290, 293, 296 - s. auch undurchsichtig Idiomatisierung 28f. implizite Derivation 50ff., 58, 63, 222 inchoatives Verb 285f. Infinitivkonversion 111, 148 Infinitivsuffix 16, 26, 48, 73, 169, 284 Infix 209 Initialwort 39, 55ff., 99, 173 - s. auch Acronym Initialwortkomposition 57 Interfigierung 21ff., 29f., 96, 138f., 142, 186, 191, 202 Interfix 21, 27, 92f., 97, 129, 131, 133, 135ff., 141f., 184, 187f., 190, 201, 204, 209, 280, 293f. - s. auch leeres Morph isoliert 29, 94, 123, 131, 136, 146, 148, 184, 188, 211 Kardinalzahl 76, 98, 104, 107, 180, 294 - s. auch Grundzahl kausatives Verb 51 - s. auch faktitives Verb Kernmorphem 13 s. auch Grundmorphem Klammerwort 56f. - s. auch Klappwort und Kopf-Schwanz- Wort Klappwort 56f. - s. auch Klammerwort Kollektivum 93, 101, 105f., 111f., 116, 130, 132, 134ff., 142f., 146 kombinatorische Allomorphie 20 kombinatorische Derivation 41, 58, 146, 155ff., 220f. - s. auch Präfix-Suffix-Derivation und Präfixkonversion kombinatorisches Derivat 106, 109, 157 Kombinem 18f., 78 - s. auch Konfix Komparativform 69, 225, 284, 292 komplexes Zweitglied 159 komplementäre Distribution 157 Komposition 22, 27, 35ff., 40, 51, 54, 57f., 63ff., 158ff., 222ff., 288ff. Kompositionsfuge 21ff. Kompositum 18, 36, 40f., 64, 96, 99, 101, 109, 165, 180, 182, 184, 219, 226 Konfix 18, 27, 36, 38f., 41, 48, 91, 128, 132, 134ff., 138ff., 151, 162, 186, 216, 267f., 280 - s. auch Kombinem Konfix als Erstglied 78f., 172 Konfixbasis 18, 139, 186, 269, 280 konjunktives Kompositum 38 - s. auch Kopulativkompositum Konsonantenwechsel 19, 137 Konstituentenstruktur 35ff., 45ff., 54 Kontaktfunktion 243 Kontamination 44f., 58 - s. auch Wortkreuzung Konversion 45ff. - s. auch Wortartwechsel Kopfwort 55, 57 Kopf-Schwanz-Wort 56f. s. auch Klammerwort Kopulativkompositum 36f., 38, 173, 228, 288 - s. auch additives und konjunktives Kompositum Kurzwort 54ff., 79, 97, 99, 154, 173, 222 347 Sachregister Kurzwort als Erstglied 173 Ländername 96f. leeres Morph 21 - s. auch Interfix lexikalischer Plural 17 Lokaladverb 171, 289, 293 lokale Modifikation 231 Materialadjektiv 179 - s. auch Stoffadjektiv mehrgliedriges Kompositum 56, 81f. meliorative Konnotation 122 metaphorische Personenbenennung 83f. Modaladverb 295 Modifikation 14, 40, 145 Morphem 13ff., 209 Morphembegriff 13 Morphemvariante 19f., 114, 138 - s. auch Allomorph Motion 124 - s. auch Sexusdifferenzierung motiviert 28f., 49, 53, 73, 277 - s. auch durchsichtig Motiviertheit 28f. Movierung 124ff., 90, 154 - s. auch Sexusdifferenzierung Movierungssuffix 64, 116 multisegmentales Kurzwort 55, 58 Negationspräfix 145, 152, 214f., 216 Neigungsadjektiv 182f., 189f., 193, 200f., 203, 217, 220 Nichtvorhandensein 160, 191, 210 Nomen acti 92, 104, 106, 110f., 113, 115, 132f., 136f., 141, 156 - s. auch Resultatsbezeichnung Nomen actionis 92, 104, 106f., 115, 130, 133, 136ff. - s. auch Prozess- und Vorgangsbezeichnung Nomen instrumenti 91, 93ff., 141, 156 - s. auch Gerätebezeichnung Nomen locativum 91, 93, 105, 108, 111, 129, 134 - s. auch Orts- und Raumbezeichnung Nomen patientis 103, 130 Nomen qualitatis 91, 100, 131, 135, 138, 140 - s. auch Eigenschaftsbezeichnung Numerale als Erstglied 76 Oberbegriff 109 - s. auch Hyperonym objektbezogenes Prädikativ 271 Objektumsprung 232, 234, 236, 242 Okkasionalismus 78, 90, 234, 272 - s. auch Gelegenheits- oder Augenblicksbildung Onomatopoetikum 115, 269 - s. auch Schallwort Onym 39 - s. auch Eigenname onymische Komposition 64 onymische Wortgruppe 39 Ordinalzahl 293 - s. auch Ordnungszahl Ordnungszahl 76, 104, 107 - s. auch Ordinalzahl ornatives Verb 273, 276, 281 orthoepisch 56 Orts- und Raumbezeichnung 116, 143 - s. auch Nomen locativum Oxymoron 173 Paraphrase 37, 66ff., 75, 78, 166ff., 170, 178, 181 Pars-pro-toto-Beziehung 82 partielles Kurzwort 57 Partikel als Erstglied 78 Partizipialkompositum 166ff. Partnername 152 - s. auch Soziativum passivische Bedeutung 38 passivisch-modale Bedeutung 174, 189f., 193 Personenbezeichnung 47, 58, 91ff., 95, 97, 99f., 103, 107f., 111, 113, 116, 122, 124, 127, 130, 133ff., 138f., 143, 146, 148, 151ff., 155, 185f., 188, 203, 271f., 274f., 277 Personenname 20, 39, 180, 186 348 Sachregister - s. auch Anthroponym Pflanzenbezeichnung 38, 83, 99, 103f., 112, 114, 127, 161, 179 Phonem 13, 21 Phonemalternation 19 Phonemtilgung 19, 48 phraseologische Wortgruppe 39 Plualiatantum 121, 130 Pluralmorphem 24f. polarisierbares Adjektiv 210 poyfunktionales Suffix 126 Polyfunktionalität 17, 94 polysem 231 Polysemie 237 Possessivkompositum 37f., 58, 70, 82f. Präfigierung 40f., 49, 51, 58, 145ff., 150ff., 190, 193, 207ff., 213ff., 229ff., 241ff., 257ff., 267f. Präfix 14ff., 18, 20, 23, 29f., 35, 40ff., 49, 106 Präfixallomorph 20, 153, 214 - s. auch Präfixvariante Präfixallomorphie 152 Präfixkonversion 41, 49f., 58, 275ff., 284ff. - s. auch kombinatorische Derivation Präfixoid 16, 145 Präfix-Suffix-Derivation 41, 109, 220, 282ff. - s. auch kombinatorische Derivation Präfixvariante 152, 214f. - s. auch Präfixallomorph Präposition als Erstglied 77f., 171, 289f. Präposition als Zweitglied 289 Präpositionaladverb 289 Präpositionalisierung 230 Präteritalstamm 91, 184 primäres Kollektivum 138 privatives Verb 272, 276 Produktivität 90 Pronomen als Erstglied 76, 170 Pronominaladverb 223, 290 Protektivum 160 Prozess- und Vorgangsbezeichnung 42, 90ff., 95, 111, 136, 138 - auch Nomen actionis Pseudokompositum 52 - s. auch Scheinkompositum Reduplikation 43f., 58, 63, 218 - s. auch Doppelung Reflexivierung 230, 232, 234, 237, 247, 249, 260 Regionenname 126, 214, 217 Reimdoppelung 43f., 58 reine Konversion 45, 48f., 222, 270ff., 275, 285 Rektionskompositum 159 Relativadjektiv 186, 188, 201f., 204, 217 - s auch Beziehungsadjektiv Resultatsbezeichnung 92, 111 - s. auch Nomen acti retrograde Derivation 52f. - s. auch Rückbildung Richtungsadverb 224 Rückbildung 29, 48, 52f., 58, 63, 222, 227 - s. auch retrograde Derivation rückgebildetes Verb 52 Rumpfwort 57 Sachbezeichnung 26, 65, 92, 103, 106, 110, 115f., 129, 132f., 136, 138, 141, 143, 146f., 154, 164, 191f., 272f., 276, 279, 281 Satz als Erstglied 81 Satzname 47 Schallwort 269 - s. auch Onomatopoetikum Scheinkompositum 52 - s. auch Pseudokompositum Scheinpartizip 220 Schwanzwort 55 sekundäres Kollektivum 138 semantische Modifikation 40, 230f., 233 Sexusdifferenzierung 90, 124ff. - s. auch Motion und Movierung Silbenwort 56, 58 silbisch 56 Simplex 22, 41, 64, 68, 74, 96, 99ff., 109, 147, 165, 168, 182, 222 349 Sachregister simplizisches Zweitglied 159 Soziativum 152 - s. auch Partnername Sprachökonomie 70, 159, 178 Städtename 97 Stammvokalwechsel 19, 50f., 146 Steigerungsbildung 64ff., 170 - s auch Augmentativkompositum stilistisch-pragmatische Modifikation 232 Stoffadjektiv 179f., 187 - s. auch Materialadjektiv Stoffbezeichnung 180, 209 subjektbezogenes Prädikativ 271 Substantiv als Erstglied 63ff. 165ff., 227 Substantivierung 45ff. - s. auch substantivische Konversion substantivische Komposition 63ff. substantivische Konversion 45ff., 58, 148 - s. auch Substantivierung Suffigierung 90ff., 120ff., 124ff., 128ff., 177ff., 200ff., 269, 279ff., 286, 292ff. Suffix 14f., 17, 20f., 23f., 27, 29f., 40ff., 52, 57f., 89f. Suffixallomorphie 140 Suffixoid 145 Suffixtilgung 20, 53, 286 Suffixvariante 93, 100, 102, 107, 131f., 179, 200, 202, 294 Superlativform 163, 168, 212, 292 Synonymie 42, 113, 162, 164, 174, 187, 236ff., 242, 250 synonymische Konkurrenz 42, 95f., 99, 102, 106, 108, 111f., 124ff., 126, 135, 137, 139, 141, 146ff., 178, 180, 183, 187, 200, 205, 208, 212, 218, 233, 241f., 244ff., 247, 250ff., 262, 267, 281 295 syntaktische Modifikation 230, 236 teilmotiviert 28f. Temporaladverb 50, 292f. temporale Modifikation 230 Tierbezeichnung 25, 93, 124ff., 182ff., 187, 192 Titel 72, 125, 146 Toponym 20, 39, 180 toponymisches Suffix 20, 92, 96, 126, 154 Transitivierung 40, 230, 232, 234, 236, 242f., 248, 258f. - s. auch Akkusativierung Transposition 14, 45, 53 trennbares Verb 53, 241ff., 257ff. Umkategorisierung 45, 50 Umlautung 44, 50, 96, 99, 103f., 106, 121, 124, 146, 179, 182, 185, 188, 190, 270, 272f., 280, 282, 293 undurchsichtig 28 - s. auch idiomatisiert unikale Komponente 149 unikaler Verbstamm 235 unikales Morphem 18, 149 s. auch Versteinerung unisegmentales Kurzwort 55, 58 Univerbierung 47 unmittelbare Konstituente 35ff., 40, 45ff., 54, 58, 82 unpersönliches Verb 272 unproduktives Suffix 113ff. untrennbares Verb 53, 232ff., 257ff. unvollständiges Flexionsparadigma 52 Valenz 230 Valenzreduzierung 230, 243, 245, 247, 249, 251, 258 Verb als Erstglied 73ff., 169f., 227f. verbale Derivation 229ff. verbale Komposition 222ff. verbale Konversion 48ff., 58 - s. auch Verbalisierung verbale Wortgruppe 81, 91, 93, 95, 109, 184 Verbalisierung 48ff. - s. auch verbale Konversion Verbprädikation 66f., 166 Verbstammkonversion 46 Vergleichsbildung 161f., 169, 181f., 185, 192, 201 verhaltenscharakterisierendes Verb 286 Verkleinerungsbildung 90, 120ff. 350 Sachregister - s. auch Diminuierung Versteinerung 18 - s. auch unikales Morphem Vervielfältigungszahlwort 76, 170, 180 Verwandtschaftsbeziehung 79, 83 Verwandtschaftsgrad 149 Vokalwechsel 20, 51, 146, 202 Vollform 54f. vollmotiviert 28f. - s. auch durchsichtig Vorname 55ff., 83, 121f., 125 Wortartwechsel 14, 45ff., 53f., 284 - s. auch Konversion Wortbildungsart 35ff., 58, 158, 222, 227, 229 Wortbildungsmorphem 14, 16f., 90, 102, 128, 140, 191f., 193, 214 - s. auch Derivatem und Derivativ Wortbildungsstamm 17 wortfähig 13, 18, 36, 38 Wortgruppe als Erstglied 80f., 173 Wortkreuzung 44f., 56, 63, 158, 222 s. auch Kontamination Zirkumfix 41 Zusammenbildung 80 Zustandsbezeichnung 116 Zustandspassiv 111, 210 Zwillingsformel 46 narr studienbücher narr studienbücher Im Mittelpunkt des Bandes steht die Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache und damit ein Fachgebiet der Linguistik, das für das Studium der Mutterwie der Fremdsprache von großer Relevanz ist. Im Unterschied zu den bisherigen Darstellungen handelt es sich hier erstmalig um eine Kombination aus Lehr- und Übungsbuch. Das Buch zeigt charakteristische Strukturen, Merkmale sowie Entwicklungslinien der Standardsprache und rückt die detaillierte Beschreibung der Bildungsmöglichkeiten der Wortarten Substantiv, Adjektiv, Verb und Adverb in den Vordergrund, wobei explizite Derivation und Komposition aufgrund ihrer zentralen Bedeutung breiten Raum einnehmen. Nach jedem (Teil-)Kapitel folgen entsprechende praktische Übungen zur Selbstlernkontrolle, deren Vielfalt und Variationsbreite sowohl der Verbesserung der Kenntnisse über Wortbildungsprozesse wie auch der Erweiterung des Wortschatzes dienen. ISBN 3-8233-6211-9 Michael Lohde Wortbildung des modernen Deutschen Ein Lehr- und Übungsbuch Lohde Wortbildung des modernen Deutschen 006706 Stud. Lohde 15.02.2006 14: 20 Uhr Seite 1 User: Steffen Hack Lpi: 175 Scale: 100%