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Die neulateinische Dichtung in Frankreich zur Zeit der Pléiade / La Poésie néo-latine en France au temps de la Pléiade

2015
978-3-8233-7702-3
Gunter Narr Verlag 
Marie-France Guipponi-Gineste
Wolfgang Kofler
Anna Novokhatko
Gilles Polizzi

Die Neo-Latin Studies erlebten in den letzten Jahrzehnten einen wahren Boom und erfassten unlängst auch die Pléiade. Diese stellt unbestritten eine der wichtigsten literarischen Bewegungen der Renaissance dar, war bisher aber v.a. mit ihren französischsprachigen Werken Gegenstand der Forschung. Der Band, der aus dem von den Universitäten Freiburg im Breisgau und Mulhouse-Colmar gemeinsam veranstalteten 12. Freiburger Neulateinischen Symposion hervorgegangen ist, zieht eine kritische Bilanz dieses Umschwungs. Dabei stehen zwei Themenfelder im Vordergrund: der Status der neulateinischen Sprache als Medium literarischer Kommunikation und die Frage nach den antiken und zeitgenössischen (besonders auch volkssprachlichen) Vorbildern der im Frankreich des 16. Jahrhunderts produzierten neulateinischen Dichtung.

herausgegeben von Marie-France Guipponi-Gineste, Wolfgang Kofler, Anna Novokhatko und Gilles Polizzi Die neulateinische Dichtung in Frankreich zur Zeit der Pléiade La Poésie néo-latine en France au temps de la Pléiade Neo L atina Die neulateinische Dichtung in Frankreich zur Zeit der Pléiade La Poésie néo-latine en France au temps de la Pléiade Herausgegeben von Thomas Baier, Wolfgang Kofler, Eckard Lefèvre und Stefan Tilg in Verbindung mit Achim Aurnhammer Neo L atina 19 Die neulateinische Dichtung in Frankreich zur Zeit der Pléiade La Poésie néo-latine en France au temps de la Pléiade herausgegeben von Marie-France Guipponi-Gineste, Wolfgang Kofler, Anna Novokhatko und Gilles Polizzi unter Mitarbeit von Gérard Freyburger und Marie-Laure Freyburger-Galland Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. Gedruckt mit freundlicher Unterstützung durch die Stiftung Pegasus Limited for the Promotion of Neo-Latin Studies St. Gallen, die Wissenschaftliche Gesellschaft in Freiburg im Breisgau, das Institut de Recherche en Langues et Littératures Européennes der Universität Mulhouse (Laboratorium ILLE EA 4363) und das Interreg IV-Projekt Humanistisches Erbe am Oberrhein. © 2015 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Werkdruckpapier. Internet: www.narr.de E-Mail: info@narr.de Printed in Germany ISSN 1615-7133 ISBN 978-3-8233-6702-4 Dem Andenken von Paul Gerhard Schmidt Inhaltsverzeichnis / Sommaire Einleitung ...................................................................................................... 9 Introduction ................................................................................................. 13 Die Satirendichtung in den Iuvenilia von Marc-Antoine Muret Roswitha Simons (Bonn) ............................................................................. 17 Mel und Fel : Catullisches und Martialisches in Murets Epigrammen Ferdinand Stürner (Würzburg) ................................................................... 37 Le Baiser et le Songe : enjeux intertextuels et génériques de l’imitation de Jean Second dans les Juvenilia de Marc-Antoine Muret Virginie Leroux (Reims) .............................................................................. 63 Selektive Rezeption - Marc-Antoine Muret, die römische Liebeselegie und der französische Elegiendiskurs im 16. Jahrhundert Florian Hurka (Kiel) ................................................................................... 79 Le latin de correspondance de Marc Antoine Muret : simpliciter et dilucide scribere Laurence Bernard-Pradelle (Limoges) ....................................................... 93 Die Geburtsbeschreibung in Jean Dorats Ode 1 Christian Orth (Freiburg im Breisgau) .................................................... 109 Von Catull zu Du Bellay. Einige Gedanken zur neulateinischen Mittlerrolle zwischen antiker und neuzeitlicher Dichtung Eckard Lefèvre (Freiburg im Breisgau) .................................................... 119 Die poetischen Differenzen in Joachim Du Bellays lateinischer und französischer Rom-Dichtung Jürgen Blänsdorf (Mainz) ......................................................................... 137 Inhaltsverzeichnis / Sommaire 8 Joachim Du Bellay et la « divine campagne » : le rôle du Votum rusticum à la fin du livre des Elegiae dans les Poemata James Hirstein (Strasbourg) ..................................................................... 159 Jean-Antoine de Baïf als Übersetzer und neulateinischer Dichter Thomas Baier (Würzburg) ........................................................................ 177 Déplacements et enjeux de l’écriture macaronique chez Rémi Belleau Carole Primot (Tours) .............................................................................. 197 Fra prossimità e distanza: il latino maccheronico di Antoine Arène e Teofilo Folengo Gian Paolo Renello (Salerno) ................................................................... 217 Forcadel, Du Bellay et l’ imitatio : les enjeux du Prometheus Gérard Freyburger (Strasbourg) / Gilles Polizzi (Mulhouse ) .................. 241 Der Dichter als Täuscher - Zu einigen Epigrammen Étienne Forcadels Tobias Leuker (Münster) ........................................................................... 275 Joachim Du Bellay’s Precursors and Contemporaries in Italy: Pietro Alcionio, Ortensio Landi and Diogo Pires George Hugo Tucker (Reading) ................................................................ 293 L’élégance de l’hymne : une lecture médiévale des Carmina de rebus divinis de Marcantonio Flaminio (1550) Isabelle Fabre (Montpellier) ..................................................................... 319 Einleitung Nach den grundlegenden Arbeiten von Henri Weber und Guy Demerson konnte die Forschung zur Dichtung der Pléiade in den letzten Jahren auch vom Aufschwung der neulateinischen Philologie profitieren und so bedeutende Fortschritte erzielen. Eine Schlüsselstellung kam hierbei den von Perrine Galland-Hallyn gewonnenen Erkenntnissen zur ekphrasis , contaminatio und imitatio zu. Als Konsequenz dieser Entwicklung wurden in die von Jean Céard und Louis-Georges Tin 2005 besorgte Anthologie de la poésie française du XVIe siècle auch lateinische Werke aufgenommen, u.a. solche von Nicolas Bourbon, Theodore de Bèze, Jean Dorat, Marc-Antoine Muret, Joachim du Bellay und Rémy Belleau. Der vorliegende Band, der auf das gemeinsam von der Albert-Ludwigs- Universität Freiburg und der Université de Haute Alsace-Mulhouse durchgeführte 12. Freiburger Neulateinische Symposion zurückgeht, möchte eine kritische Bilanz dieses Umschwungs ziehen. Dies ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund bedeutsam, daß sich die lateinische Sprache im französischen Bildungssystem seit einiger Zeit in der Defensive befindet. Die in diesem Band versammelten Beiträge in deutsch, französisch, italienisch und englisch wollen dieser Tendenz entgegenwirken, indem sie die Wirkmächtigkeit der lateinischen Sprache im Rahmen eines europäischen Diskurses herausstreichen. Berücksichtigt werden nicht nur Werke aus dem inneren Zirkel der Pléiade, sondern bewußt auch Texte, die einem weiteren Kontext entstammen und gerade als Folie dazu beitragen, die literarische Ausrichtung der Gruppe besser zu fassen. Immer wiederkehrende Themen sind dabei nicht nur der Status der neulateinischen Sprache als Medium literarischer Kommunikation, sondern auch die Frage nach den antiken und zeitgenössischen (besonders auch volkssprachlichen! ) Vorbildern der im Frankreich des 16. Jahrhunderts produzierten neulateinischen Dichtung. Den Anfang macht eine Reihe von Beiträgen zu Marc-Antoine Muret, einem der wichtigsten Vorreiter der Pléiade, der bereits in seinen Juvenilia als ungemein produktiver neulateinischer Dichter hervorgetreten war. Zunächst untersucht Roswitha Simons den Satyrarum liber . Sie zeigt, wie Muret die ihm vorliegenden Gattungstraditionen aufgreift und für seine eigene Dichtung nutzt. Ferdinand Stürner macht deutlich, daß Muret in seinen theoretischen Äußerungen die epigrammatische Kunst des Catull zwar höher bewertet als jene des Martial, in der Praxis aber sehr wohl auch an letzteren an- Einleitung 10 schließt. Virginie Leroux richtet ihren Fokus auf den Einfluß des neulateinischen Dichters Janus Secundus und fragt danach, welche Transformationsprozesse seine Kußgedichte in Murets Epigrammen und Elegien durchlaufen. Florian Hurka betrachtet die Art und Weise, in der letztere auf ihre antiken Vorgänger rekurrieren und prägt hierfür den Begriff der selektiven Rezeption. Dabei gelangt er zur Erkenntnis, daß die im Frankreich des 16. Jahrhunderts geführte Diskussion über gattungstypologische Aspekte der Elegie die Entscheidungen des Dichters maßgeblich beeinflußt haben könnte. Laurence Bernard-Pradelle schließlich untersucht das stilistische Profil von Murets Briefen und kommt zu dem Ergebnis, daß ihr geglückter Anschluß an Ciceros Epistulae ad familiares nicht nur eine wichtige Etappe in der Weiterentwicklung der lateinischen Epistolographie darstellt, sondern auch die Herausbildung der volkssprachlichen Tradition befördert hat. Ein Aufsatz von Christian Orth zur frühesten Ode von Jean Dorat leitet zu den eigentlichen Vertretern der Pléiade über. In dem Gedicht auf die Geburt seiner ersten Tochter gelingt es dem berühmten Gräzisten, seine stupende Kenntnis der antiken Quellen mit Leben zu erfüllen und einen Text vorzulegen, der sich durch eine persönliche Note auszeichnet. Mit seinen römischen und griechischen Vorgängern auf Tuchfühlung war - wie Eckard Lefèvre am Beispiel von Catull herausstreicht - auch Joachim Du Bellay. Er rezipierte jedoch auch seine zeitgenössischen Kollegen. Zudem stand seine neulateinische Dichtung immer in einem fruchtbaren Spannungsverhältnis zu dem eigenen volkssprachlichen Schaffen. Genau dieser Aspekt wird von Jürgen Blänsdorf vertieft. Als Beispiel hierfür stellt er das Rombild, das Du Bellay in den Antiquitez de Rome und den Regrets entwirft, jenem der Elegiae gegenüber. James Hirstein bietet eine detaillierte Analyse von Du Bellays 10. Elegie, die den Titel Votum rusticum trägt. Im Zentrum seiner Deutung stehen die intertextuellen Bezüge zu Vergil, Tibull und Andrea Navagero, welche die von dem Dichter aus Anjou in Szene gesetzte translatio der lateinischen Dichtung nach Frankreich markieren. Jean-Antoine de Baïf steht oft im Schatten seiner berühmteren Pléiade-Kollegen. Thomas Baier zeichnet seinen Werdegang als Dichter nach und konzentriert sich dabei auf einen Text, der gewissermaßen sein neulateinisches Debut darstellt. Hierbei handelt es sich um die Übersetzung eines griechischen Gedichts über Erdbeben, die der Autor seinem französischen Lehrgedicht Les Météores beigeben hatte. Weil der kurze Text schwer zugänglich ist und wohl auch deshalb von der Forschung vernachlässigt wurde, wird er als Appendix zum Beitrag abgedruckt. Für eine vollständige Bewertung des Spannungsverhältnisses, das zwischen der neulateinischen und volkssprachlichen Dichtung des 16. Jahrhunderts bestand, sind Hybridformen wie jene der makkaronischen Dichtung von besonderem Interesse. Mit Rémi Belleau hat auch ein Mitglied der Pléiade einen solchen Text verfaßt, das Dictamen metrificum. Carole Primot zeigt bisher noch nicht gesehene intertextuelle Verbindungslinien auf, die von Belleaus Gedicht zu seinen makkaronischen Vorgängern, dem Baldus von Einleitung 11 Teofilo Folegno und der Meygra Entrepriza von Antonius Arena, verlaufen. Ihre Analyse macht deutlich, daß Belleau sich auch deshalb für die Verwendung der Mischsprache entschied, weil er in ihr ein Medium sah, mit dem er der nationalen und religiösen Zerrissenheit des zeitgenössischen Frankreich einen adäquaten künstlerischen Ausdruck verleihen konnte. Gian Paolo Renello wiederum stellt die Arbeitsweisen von Folegno und Arena vergleichend aneinander und berücksichtigt dabei besonders Aspekte der Prosodie und Metrik. Nicht direkt zur Pléiade ist Étienne Forcadel zu zählen. Seine komplexen und aufgrund zahlreicher juristischer Anspielungen oft schwer zugänglichen neulateinischen Werke lassen sich häufig aber nur vor dem Hintergrund der Bewegung adäquat verstehen. Dies ist v.a. bei seinem Prometheus der Fall, in dem er sich zu den schmalen Grenzen äußert, die zwischen poetischer imitatio und Plagiat verlaufen. In seinem Beitrag zeigt Gilles Polizzi, daß die in dem Dialog enthaltenen anonymen Angriffe gegen Joachim du Bellay gerichtet sind. In der Appendix arrangiert Gérard Freyburger eine Zusammenschau der wichtigsten Passagen des in seiner gesamten Reichweite bisher noch nicht gewürdigten Werks und fügt auch eine Übersetzung hinzu. Tobias Leuker richtet seine Aufmerksamkeit auf Forcadels Epigramme. Dabei konzentriert er sich auf Beispiele, in denen der Autor mit viel Feinsinn und Ironie über die Täuschungskraft der Dichtung nachsinnt. Den Abschluß des Bandes bilden zwei Beiträge zu Autoren und Texten, die für die Dichter der Pléiade in verschiedener Weise bedeutsam geworden sind. George Hugo Tucker bietet einen motivgeschichtlichen Überblick über die Exildichtungen von Pietro Alcionio, Ortensio Landi und Diogo Pires. Die hierbei gewonnenen Erkenntnisse helfen uns dabei, auch Du Bellays Regrets und die Elegie Patriae desiderium besser zu verstehen. Isabelle Fabre widmet sich in ihrem Beitrag über die gattungsgeschichtlichen Wurzeln der Carmina de rebus divinis von Marcantonio Flaminio einem Text, der im weiteren Umfeld der Pléiade eine besonders intensive Rezeption erfahren hat. Die Dichterin Anne de Marquets z.B. übersetzte ihn ins Französische und verfolgte damit sozusagen das Projekt einer „heiligen Pléiade“. Daß wir nun mehr über das Umfeld wissen, in dem die neulateinische Dichtung der Pléiade anzusiedeln ist, verdanken wir nicht nur den eben genannten Beiträgern, sondern auch all jenen, durch deren Unterstützung dieser Band fertiggestellt werden konnte. Hier sind nicht nur Anna Taschler, Elisa Viale und Oliver Schwazer zu nennen, die bei der Durchsicht und Formatierung der Beiträge geholfen haben, sondern auch das Team des Narr-Verlags, das alle technischen Problemen immer zeitnah und kompetent gelöst hat. Wir dürfen uns auch glücklich schätzen, daß wir umfangreiche finanzielle Unterstützung erfahren haben: Für Publikationszuschüsse bedanken wir uns bei der Wissenschaftlichen Gesellschaft in Freiburg im Breisgau, dem Institut de Recherche en Langues et Littératures Européennes der Universität Mulhouse (Laboratorium ILLE EA 4363) und dem Interreg IV-Projekt Humanistisches Einleitung 12 Erbe am Oberrhein; die Pegasus-Stiftung St. Gallen hat nicht nur den Band, sondern bereits die Tagung gefördert. Somit wird der grenzüberschreitende Charakter des gemeinsamen Unternehmens auch am internationalen Profil seiner Mäzene sichtbar. Der letzte Absatz dieser Einleitung sei einem Mann gewidmet, der die neulateinischen Studien insgesamt, besonders aber in Freiburg gefördert hat. Gemeint ist Paul Gerhard Schmidt, der drei Monate nach unserer Tagung heimgegangen ist. Er war ein gerne und oft gesehener Gast beim Freiburger Neulateinischen Symposion und langjähriges Mitglied im Herausgebergremium der NeoLatina . Seinem Andenken sei dieser Band in großer Dankbarkeit gewidmet. Wolfgang Kofler / Gilles Polizzi Introduction Près d’un demi-siècle après les ouvrages fondateurs d’Henri Weber et de Guy Demerson, les études sur la poésie de la Pléiade qui, dans les deux dernières décennies, ont profité de l’essor de la philologie néo-latine, ont enregistré des progrès importants dans ce domaine. Les travaux de Perrine Galland-Hallyn concernant l’ ekphrasis , la contaminatio et l’ imitatio y ont joué un rôle décisif. Conséquence logique de cette évolution, l’ Anthologie de la poésie française du XVIe siècle de Jean Céard et Louis-Georges Tin, parue en 2005, a intégré à son corpus nombre d’œuvres latines, notamment celles de Nicolas Bourbon, Theodore de Bèze, Jean Dorat, Marc-Antoine Muret, Joachim du Bellay et Rémy Belleau. Le présent ouvrage, qui se réfère au 12 ème Symposium Néo-latin organisé conjointement par l’Albert-Ludwigs-Universität de Fribourg et l’Université de Haute Alsace-Mulhouse, a pour ambition de dresser un bilan de cette évolution critique en faveur des œuvres en langue latine. En un temps où, en France tout au moins, l’enseignement de cette langue semble voué à perdre du terrain, il s’agit aussi, en lui donnant un prolongement, de mesurer ses perspectives à l’échelle européenne, à travers des contributions en quatre langues, l’allemand, le français, l’italien et l’anglais. On n’y prend pas seulement en compte les productions du « cercle intérieur » de la Pléiade, mais également et de propos délibéré, des œuvres émanant d’un contexte plus large, pris pour toile de fond, et qui permettent de mieux cerner les orientations et les modèles littéraires du groupe. Parmi les thèmes récurrents, outre le statut de la langue néo-latine en tant que moyen de communication parmi les lettrés, on aborde la question des modèles antiques et contemporains, particulièrement ceux qui émanent des langues vernaculaires, ainsi que le vaste domaine de la poésie néo-latine composée en France au 16 ème siècle. Le début est constitué par une série de contributions éclairant l’œuvre de Marc-Antoine Muret, l’un des principaux « maîtres » et précurseurs de la Pléiade, qui, par ses Juvenilia, s’était déjà fait connaître comme un poète fécond. Roswitha Simons examine d’abord le Satyrarum liber . Elle montre comment Muret s’empare des traditions du genre et les utilise pour sa propre poésie. Ferdinand Stürner précise que Muret, dans ses écrits théoriques, estime certes d’avantage l’art épigrammatique de Catulle que celui de Martial, mais que dans la pratique, il se rallie aussi, bien volontiers, au second modèle. Virginie Leroux se focalise sur l’influence du poète néo-latin Introduction 14 Jean Second et s’interroge sur le processus de transformation poétique que subissent ses Baisers dans les épigrammes et les élégies de Muret. Florian Hurka examine comment ces derniers se réfèrent à leurs modèles antiques et forge le terme de « réception sélective ». Il en arrive ainsi à la conclusion que la discussion menée en France au 16 ème siècle sur les aspects typologiques du genre de l’élégie a pu influencer de manière déterminante les choix du poète. Enfin Laurence Bernard-Pradelle examine le profil stylistique des lettres de Muret. Elle en conclut que leur heureuse connexion avec les Epistolae ad familiares de Cicéron ne constitue pas seulement une étape importante dans le prolongement et le développement de l’épistolographie latine, mais qu’il a également favorisé la transmission du modèle dans la langue vernaculaire. L’article suivant, celui de Christian Orth sur une ode précoce de Jean Dorat, marque la transition vers les représentants de la Pléiade proprement dite. Dans le poème composé à l’occasion de la naissance de sa première fille, le fameux philologue a réussi à rendre vivante sa connaissance stupéfiante des sources anciennes et à présenter un texte caractérisé par une inflexion personnelle. Joachim Du Bellay s’est également adossé à ses prédécesseurs latins et grecs, comme le montre Eckard Lefèvre à travers l’exemple de Catulle. Il a aussi assuré la réception critique de ses collègues contemporains. De surcroit sa poésie néo-latine s’inscrit toujours dans un rapport fécond avec sa propre création en langue vernaculaire. C’est précisément cet aspect qu’approfondit Jürgen Blänsdorf. Pour illustrer son propos, il confronte l’image de Rome chez Du Bellay, dans les Antiquitez et les Regrets à celle des Elegiae. James Hirstein, quant à lui, fait une analyse détaillée de la 10ème Elégie de Du Bellay intitulée Votum rusticum . Au centre de son interprétation se trouvent les rapports intertextuels avec Virgile, Tibulle et Andrea Navagero, qui marquent la translatio mise en scène par le poète angevin, de la poésie latine vers la France. Jean-Antoine de Baïf est resté dans l’ombre d’autres membres plus célèbres de la Pléiade. Thomas Baier revient sur son parcours de poète et se concentre sur un texte qui constitue en quelque sorte ses débuts néo-latins. Il s’agit de la traduction d’un poème grec sur les tremblements de terre, que l’auteur français avait adjoint à son poème didactique Les Météores . Ce texte bref étant peu accessible et, de ce fait, quelque peu négligé par les chercheurs, il est donné en appendice à cette contribution. Pour une évaluation approfondie des rapports entre la poésie néo-latine et vernaculaire au 16 ème siècle, les formes hybrides comme celles des œuvres en langue macaronique ont un intérêt particulier. L’un des membres de la Pléiade, Rémi Belleau, en a fait usage dans son Dictamen metrificum . Carole Primot fait apparaître sous un jour nouveau les liens intertextuels entre le poème de Belleau et ceux de ses prédécesseurs macaroniques : le Baldus de Teofilo Folengo et le Meygra Entrepriza d’Antoine d’Arena. Son analyse suggère que Belleau se décida pour l’usage d’une langue mêlée, parce qu’il y voyait un moyen de montrer, par une expression artistique adéquate, le déchirement national et religieux de la France contemporaine. Gian Paolo Renello Introduction 15 compare de son côté les méthodes de travail de Folengo et d’Arena en tenant particulièrement compte de leurs dimensions prosodiques et métriques. Étienne Forcadel n’a jamais été agrégé à la Pléiade et ses œuvres néo-latines, touffues et souvent obscurcies par leurs références juridiques, semblent ne s’entendre qu’en fonction de leur contexte. C’est du moins le cas de son Prometheus , dans lequel il s’exprime sur la marge étroite qui existe entre l’imitatio poétique et le plagiat. Dans sa contribution Gilles Polizzi montre que les attaques anonymes contenues dans le dialogue visent vraisemblablement Joachim du Bellay. Dans l’appendice qui fait suite, Gérard Freyburger présente un panorama des passages marquants d’une œuvre qui n’avait pas été prise en compte dans sa pleine signification et y ajoute sa traduction. Tobias Leuker s’attache aux Epigrammata de Forcadel. Il se concentre sur des exemples dans lesquels l’auteur réfléchit avec beaucoup de finesse et d’ironie au pouvoir de tromperie de la poésie. La clôture du volume est constituée par deux contributions sur des auteurs et des textes, qui, à plusieurs titres, sont devenus significatifs pour l’appréciation des poétiques de la Pléiade. George Hugo Tucker propose un aperçu historique sur les poèmes d’exil de Pietro Alcionio, Ortensio Landi et Diogo Pires. Ses conclusions nous aident à mieux comprendre les Regrets et l’élégie Patriae desiderium de Du Bellay. Isabelle Fabre consacre sa contribution aux sources des Carmina de rebus divinis de Marcantonio Flaminio, un texte qui a eu une réception particulièrement intéressante dans l’entourage de la Pléiade. La poétesse Anne de Marquets, par exemple, l’a traduit en français, suscitant le projet, ou le fantasme critique, d’une « Pléiade sacrée ». Ce n’est pas seulement aux contributeurs qu’on vient d’évoquer que nous devons le progrès de notre connaissance du fonds et du contexte dans lesquels s’ancre la poésie néo-latine de la Pléiade, mais aussi à tous ceux qui ont contribué par leur soutien à la composition de ce livre. Il faut nommer ici Anna Taschler, Elisa Viale et Oliver Schwazer qui ont vérifié et formaté le volume, mais aussi l’équipe de l’éditeur Narr-Verlag qui a résolu tous les problèmes techniques rapidement et avec compétence. Nous avons aussi eu la chance d’obtenir un soutien financier conséquent : nous remercions la Wissenschaftliche Gesellschaft in Freiburg im Breisgau, l’Institut de Recherche en Langues et Littératures Européennes (laboratoire ILLE EA 4363) de l’Université de Mulhouse et le projet Interreg IV Patrimoine Humaniste du Rhin Supérieur pour leurs aides à la publication ; la Pegasus-Stiftung St. Gallen n’a pas seulement subventionné le volume mais aussi le Symposium. Ainsi le caractère transfrontalier de ce volume est-il rendu visible par le profil international de ses mécènes. Le dernier paragraphe de cette introduction est consacré à un homme qui a promu les études néo-latines dans leur ensemble et celles de Fribourg en particulier. Il s’agit de Paul Gerhard Schmidt, décédé trois mois après notre session. Il participait souvent aux symposiums néo-latins de Fribourg et fut, de Introduction 16 longue date, un membre éminent du comité éditorial de NeoLatina . Ce volume lui est dédié avec notre gratitude. Wolfgang Kofler / Gilles Polizzi (trad. Régine Battiston, ILLE) Die Satirendichtung in den Iuvenilia von Marc-Antoine Muret Roswitha Simons (Bonn) Mit seinen 1552 publizierten Iuvenilia 1 stellt Marc-Antoine Muret seine Kompetenz in den unterschiedlichsten dichterischen Gattungen unter Beweis. Neben häufig in solchen Sammlungen vertretenen Gattungen wie Elegie, Epigramm, Brief und Ode enthalten die strikt nach Gattungen geordneten Iuvenilia Murets auch eine Tragödie sowie ein aus zwei Verssatiren bestehendes Satyrarum liber . In seiner Praefatio hebt Muret wiederholt die Vielfalt der dichterischen Gattungen hervor, 2 die in seinen Iuvenilia vertreten 1 Die Iuvenilia werden nach der Edition von Leroux (Muret 2009) zitiert, deren umfangreichem und tiefgreifendem Kommentar dieser Beitrag zahlreiche Anregungen verdankt. Weiterhin zu Rate gezogen ist die Edition von Summers, der auch eine englische Übersetzung und kurze Kommentierung bietet (Muret 2006, 53-65). Unzulänglich in Hinblick auf Textkonstitution, Textverständnis und Kommentierung ist hingegen die Ausgabe von Schmitz (Muret 1995); als Beispiel seien hier lediglich Schmitz’ Übersetzung und Kommentar zu Sat . 2, 1-2 ( Rumpe Lycambea numeros de caede madentes, / Musa ferox ) präsentiert: „Zerbrich die Verse, die vom Blut an Lycambes triefen, wilde Muse“ statt: „Brich aus in Verse, die vom Blut des Lycambes triefen, wilde Muse“ (vgl. zur Übersetzung auch Summers’ Erläuterung in Muret 2006, 65); im Kommentar übersieht Schmitz, dass es sich bei Lycambes um das berühmte Opfer des Archilochos handelt, der ihn und seine Töchter mit seiner iambischen Dichtung in den Selbstmord getrieben haben soll (vgl. etwa Hor. Ep . 1, 19, 25; Ov. Ib. 54). 2 Muret 2009, 48 praef .: […] qui cum etiam puerulus, et a teneris, ut Graeci dicunt, unguiculis admirabili quodam poetices amore flagrassem, multa etiam pene in omni genere carminis, veteres, quoad per vires licuerat, imitatus conscripseram sowie zur nun publizierten Auswahl: Feci autem, quod locupletes interdum oenopolae solent, qui multa hospitibus vini genera gustanda proponunt, electuris quod ad palatum maxime fecerit: nam ita et nos multa poemation genera proposuimus, ut si forte in aliquo lectoribus fecissemus satis, in eo plura porro emittere pergeremus ; vgl. dazu auch ebd., 286-296. Auf die Bedeutung der Genera für Muret verweist auch die Struktur der Roswitha Simons 18 sind. Als ungewöhnliches und bewusstes Zeugnis seiner dichterischen Vielfalt erweist sich bereits die Aufnahme einer Tragödie in seine Sammlung. 3 Doch auch die Einfügung eines Satirenbuches ist, wie der Vergleich mit anderen zeitgenössischen Sammlungen zeigt, 4 überraschender, als es zunächst erscheinen mag. Zwar ist die Verssatire fester Bestandteil der dichterischen Genera, und entsprechend wird sie in den zeitgenössischen Poetiken intensiv behandelt. 5 Auch werden die römischen Satiriker Horaz, Persius und Juvenal seit dem 15. Jahrhundert vielfach ediert und kommentiert: In Frankreich erscheint die erste Ausgabe lateinischer Satiriker (Juvenal, Persius) 1472 in Paris, ab 1490 folgen zahlreiche weitere, nun auch kommentierte Ausgaben; die erste kommentierte Ausgabe der Satiren des Horaz stammt von Jodocus Badius Ascensius (Lyon 1499), dessen, teils explizit für den Schulgebrauch gedachten, mit einem familiare commentum versehenen und vielfach nachgedruckten Editionen der römischen Satiriker (Juvenal: Lyon 1498; Persius: Paris 1499) jeweils auch ältere italienische Kommentare enthalten und damit auch in Frankreich breiter zugänglich machen. 6 Des Weiteren ist seit den 1430er Jahren mit den italienischen Satirikern eine neulateinische Satirentra- Sammlung, die nicht dem Prinzip der variatio verpflichtet ist, sondern strikt nach Gattungen geordnet ist. 3 Die Sonderstellung einer Tragödie in einer solchen Sammlung schlägt sich auch in den modernen Editionen der Iuvenilia nieder: Schmitz’ Ausgabe (Muret 1995) trägt den Titel „ Caesar. Iuvenilia “, als wäre die Tragödie nicht integraler Bestandteil der Iuvenilia . Summers lässt in seiner Iuvenilia -Edition den Caesar ganz fort mit Verweis auf verschiedene neuere, separate Editionen der Tragödie und der Begründung „that I have no compelling interest in theater during this period and no special background in it to allow me to make a useful contribution“ (Muret 2006, 10). Zur Zusammenstellung der Sammlung äußert sich leider keiner der Herausgeber, weder der Iuvenilia noch der Tragödie separat. 4 Man vergleiche z.B. die Gedichtsammlungen der von Muret in der Praefatio (Muret 2009, 47) besonders gerühmten Dichter - die sog. Iuvenilia von Théodore de Bèze (zuerst 1548; s. Summers 2001, bes. 12 und 2-5 mit der von Muret rezipierten Praefatio ) und Simon Macrins Gedichte (einen detaillierten Katalog seiner 1513-1550 publizierten Sammlungen gibt Schumann 2009, 8-87) - sowie die Carmina von Étienne Dolet (1538; zur Struktur der Sammlung s. Langlois-Pézeret in Dolet 2009, 18-29; 68-70). 5 Vgl. u.a. Vadian, De poetica et carminis ratione , tit. 8 und 29 (1518; ed. Schäffer, Bd. 1, 78-79; 262-264); Scaliger, Poetices libri septem 1, 12; 3, 97; 6, 6 und 7 (ed. Deitz / Vogt-Spira, Bd. 1, 186-191; 3, 54-59; 5, 272-275 und 364-399). Ebenso hat die Satire auch in den zeitgenössischen französischsprachigen Poetiken ihren Platz: Sébillet, Art poétique français (1548) 2, 9; Du Bellay, Déffence et Illustration de la langue françoyse (1549) 2, 4 (ed. Monferran, 135-136); Aneau, Le Quintil horacien (1551; ed. Monferran, 346-347); Peletier, Art poétique (1555) 2, 6. 6 Zu den frühen Editionen der römischen Satiriker in Frankreich und ihrer Rezeption im Unterricht s. Trtnik-Rossettini 1958, 9-18 sowie 384-390 mit einer bibliographischen Übersicht. Zur Rezeption in Frankreich s. auch Debailly 1995. Die Satirendichtung in Murets Iuvenilia 19 dition begründet worden, 7 von der zumindest die je zehn Satiren umfassenden zehn Satirenbücher Francesco Filelfos rasch über Italien hinaus bekannt waren. 8 Diese Satirendichtung fand in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts zunächst auch nördlich der Alpen vereinzelte Nachahmer; 9 danach aber scheint die Verssatire unter den neulateinischen Dichtern zunächst keinen Anklang mehr zu finden. Erst ab Anfang der 1550er Jahre lässt sich ein neues - nun schnell wachsendes - Interesse an der Verssatire konstatieren. So ist Muret einer der ersten Dichter (und wohl sogar der erste in Frankreich überhaupt), die nun auch außerhalb Italiens wieder neulateinische Verssatiren publizieren; auch in Deutschland setzt mit den Satiren von Thomas Naogeorgus die Satirentradition nahezu zur selben Zeit (1555) wieder ein. Man kann sich fragen, warum die Verssatire zunächst so wenig geschätzt wird und worin andererseits ab etwa 1550 ihre Attraktivität besteht. Angesichts des umfangreichen polemischen Schrifttums aus den 1520er, 30er und 40er Jahren, das vor allem im Kontext der Reformation entsteht, lässt sich das geringe Interesse an der Verssatire kaum damit erklären, dass sie in der Gefahr stand, als carmen maledicum angesehen zu werden. Satirisches und invektivisches Schreiben ist in dieser Zeit sehr beliebt, doch nutzen die Autoren andere Textsorten in der Tradition der menippeischen Satire, des satirischen Dialogs Lukians und des paradoxen Enkomions wie Erasmus’ Lob der Torheit oder die prägnante Schärfe des Epigramms. Es gehört jedoch in deutlich stärkerem Maße als bei anderen polemischen Gattungen seit Horaz zur Gattung der Verssatire, dass in ihr - und in den entsprechenden poetologischen Texten - über die Legitimität der Verssatire und der in ihr praktizierten satirischen oder gar invektivischen Schreibart reflektiert wird. 10 D.h., dass 7 Zu den lateinischen Satirendichtern des 15. Jahrhunderts in Italien (neben Filelfo v.a. Gregorio Correr, Lorenzo Lippi, Gaspare Tribraco) s. Simons 2013 (Pfeile der Satire) mit weiterführender Literatur. 8 Francesco Filelfo ist der erste humanistische Satiriker, dessen Satiren auch gedruckt wurden; der editio princeps (Mailand 1502) folgten Drucke 1502 in Venedig und 1508 in Paris. Zur handschriftlichen Überlieferung s. Fiaschi in der Einleitung ihrer Edition von Filelfos Satiren (Filelfo 2005, 62-103). Filelfos Vorbildcharakter äußert sich auch darin, dass er in die Reihe der römischen Satiriker eingeordnet wird, vgl. z.B. Tribraco, Sat. 9, 103ff. und 133ff. sowie Naogeorgus, Satyrae , praef. 8 und 15. 9 Zu den frühen Satirikern aus den Niederlanden (Kempo von Texel, Petrus Montanus, Gerard Geldenhouwer) s. Tournoy 1994. Lateinische Verssatiren werden in dieser Zeit weiterhin verfasst von Bohuslav Hassenstein von Lobkowicz, Heinrich Bebel, Ulrich v. Hutten, Caspar Velius; eine erste Übersicht über die neulateinischen Satiriker hat IJsewijn 1976, 51-55 zusammengestellt. 10 Einschlägige Texte für diese Selbstreflexion bei den römischen Satirikern sind die Satiren 1, 4; 1, 10 und 2,1 des Horaz sowie jeweils die ersten Satiren von Persius und Juvenal. Die Anzahl der geradezu topisch gebrauchten Stellen, auf die neulateinische Satiriker rekurrieren, ist begrenzt; s. dazu auch Simons 2013 (Der poetologische Rekurs). Roswitha Simons 20 sich die Satiriker - und zwar sowohl die antiken Vorbilder wie insbesondere auch die neulateinischen Autoren - regelmäßig nicht allein in den Paratexten, sondern auch in den Satiren selbst zu dem Vorwurf äußern, ihre Satire sei zu scharf, zu verletzend, zu persönlich, eben ein carmen maledicum , und ihre teils höchst persönlichen Satiren mit moralischen Gründen rechtfertigen. So steht die neulateinische Verssatire als Gattung ambivalent zwischen Moralkritik und Invektive. Es ist denkbar, dass gerade dieser gattungsspezifische Diskurs über die Legitimität und die Grenzen persönlicher Polemik in einer Zeit scharfer verbaler Auseinandersetzungen wenig attraktiv war, dass aber die Verssatire andererseits in einer Zeit wachsender weltlicher und kirchlicher Zensurbestrebungen, wie sie um die Mitte des 16. Jahrhunderts festzustellen sind, eben deshalb neues Interesse fand, weil sie Raum für einen solchen legitimatorischen Diskurs bot. 11 Doch zurück zu Muret: Seine beiden Satiren lassen sich durchgehend als ein Spiel mit dem zeitgenössischen poetologischen Diskurs zur Verssatire lesen, sei es, dass einzelne Aspekte direkt behandelt werden, sei es indirekt, spielerisch, parodierend, ironisierend. 1. Zur Einordnung in die Satirentradition und zur Charakterisierung der Verssatire In der modernen Forschung zur Verssatire findet sich wiederholt eine Unterscheidung zwischen einer horazischen - d.h. gemäßigteren, eher dem ridere verpflichteten - und einer juvenalischen - d.h. aggressiven, von indignatio geprägten - Satire. 12 Diese Kategorisierung ist jedoch nur bedingt aussagekräftig und teils eher irreführend, da sie von einer modernen Sicht auf die römischen Satiriker ausgeht und wiederholt in Widerspruch steht zum expliziten und impliziten poetologischen Rekurs zeitgenössischer Satiriker auf die antiken Vorgänger und ihrer Einordnung der eigenen Satire in die literarische Tradition. Denn diese konstruieren vielmehr durch die Kombination und Übertragung antiker Satirezitate eine einheitliche Tradition aggressiver und zugleich moralisch gerechtfertigter Verssatire, der die römischen Satiriker von Lucilius über Horaz und Persius bis zu Juvenal gleichermaßen 11 So nutzt z.B. Janus Dousa in seiner 5. Satire diesen gattungsspezifischen Diskurs für die Auseinandersetzung mit Zensurbestrebungen; die Auseinandersetzung mit religiös motivierten Vorbehalten (s. dazu auch unten) findet sich u.a. in den Praefationes der Satirenbücher von Thomas Naogeorgus und von Nicodemus Frischlin, in Frischlins 2. und 3. Satire sowie in Baldes Diss. de studio poetico , 72. 12 Die zentralen Stellen, auf die diese Unterscheidung zurückgeführt wird, sind Hor. Serm . 1, 24: ridentem dicere verum sowie Juv. 1, 79: Si natura negat, facit indignatio versum . Die Satirendichtung in Murets Iuvenilia 21 zugeordnet werden. 13 So kann z.B. Horaz von neulateinischen Satirikern sowohl als Vorläufer aggressiver wie auch gemäßigter Satire benannt werden. Schließlich wird, aufbauend auf Hor. Serm . 1, 4, 1-6 und den Scholien hierzu, nach denen Horaz in diesen Versen die Herkunft der Satire aufgezeigt habe, 14 eine Traditionslinie erzeugt, die über die römischen Satiriker hinausreicht und ihre Ursprünge in der Alten Attischen Komödie sowie in der Jambik des Archilochos hat. Damit werden sowohl die Verspottung des Gegners unter Namensnennung, das ὀνοµαστὶ κωµῳδεîν der Alten Komödie - und des Lucilius -, als auch die scharfe persönliche Invektive der Jambik des Archilochos in die neulateinische Verssatire eingebunden und als typische Charakteristika reklamiert. Auf eben diese Traditionslinien rekurriert Muret jeweils in den Anfangsversen seiner beiden Satiren. Zunächst zu Sat . 1, 1-3: Iam dudum tumido mihi bilis in hepate fervet, et rumpi metuo, nisi te, Aurucane, secutus, inficiam tenues mordaci carmine chartas. Schon lange brennt mir die Galle in der geschwollenen Leber, und ich fürchte zu platzen, wenn ich dir nicht folge, Lucilius, und die zarten Blätter mit einem bissigen Gedicht besudele. Zu den einzelnen Wendungen lassen sich zahlreiche Belegstellen finden, 15 von denen hier nur eine Auswahl behandelt werden soll. Schlüsselbegriffe sind in diesen Versen zunächst bilis und tumido , die Galle, deren Anschwellen bis zum Platzen und deren Brennen eine markante Begleiterscheinung juvenalischer indignatio über den Zustand der Welt ist und den Satiriker zum 13 Ein prägnantes Beispiel für diese Schaffung einer einheitlichen Tradition lucilischer aggressiver Satire in der Antike mittels Zitatregie ist Lorenzo Lippis Charakterisierung von Horaz und Persius in Sat. 1, 6-8: At vafer incautos Flaccus ludoque iocoque / excipit, et ferrum totum in praecordia figit. / In segnes fregit genuinum Perseus ardens. Die Darstellung des Horaz (6-7) basiert zunächst auf einem Persius-Zitat über Horaz: Omne vafer vitium ridenti Flaccus amico / tangit et admissus circum praecordia ludit (Pers. 1, 116-117); indem Lippi aber in Vers 7 ergänzt, Horaz habe die Herzen mit dem Schwert durchbohrt, überträgt er eine Aussage Juvenals über Lucilius auf Horaz: ense semel stricto quotiens Lucilius ardens / infremuit (Juv. 1, 165-166). Ähnlich verwendet Lippi zur Charakterisierung des Persius (Vers 8) ein Zitat von Persius selbst über Lucilius (Pers. 114-115: Secuit Lucilius urbem, […] et genuinum fregit in illis ) und stilisiert damit auch Persius wie Horaz zu einem zweiten Lucilius. Ähnliche Verfahren finden sich z.B. auch bei Tribraco, Sat . 1, 128ff. oder Filelfo, Sat . 1, 19ff.; zu Filelfo s. auch Ludwig 2008, 210-211. Zur Konstruktion dieser Traditionslinie und weiteren Belegen bei neulateinischen Satirikern s. weiterhin Simons 2013 (Der poetologische Rekurs). 14 Die Scholien des Porphyrius und Ps.-Acro kommentieren diese Horaz-Stelle mit der Bemerkung: Mire autem per haec origo satirae ostenditur . 15 Zum Stellennachweis s. im Einzelnen die einander ergänzenden Stellenkommentare von Leroux (Muret 2009, 130-141) und Summers (Muret 2006, 63-65). Roswitha Simons 22 Satireschreiben geradezu zwingt. 16 Mordax (bissig) ist ein häufig verwendetes Epitheton, um den aggressiven und auch verletzenden Charakter der Satire zu bezeichnen. 17 Mit der Anrede Aurucane wird zunächst Lucilius als Vorläufer und Vorbild benannt - Aurunca ist Lucilius’ Geburtsort -, doch rekurriert gerade die Verwendung dieses Ausdrucks zugleich auf eine Juvenal-Stelle, in der dieser sich selbst in die Tradition des Lucilius, des alumnus Auruncae , stellt. 18 Darüber hinaus ist mit secutus die bereits erwähnte Horaz-Stelle evoziert ( Serm . 1, 4, 1-6), an der dieser die Satire des Lucilius mit der von Redefreiheit geprägten Alten Komödie verbindet: Eupolis atque Cratinus Aristophanesque poetae atque alii quorum comoedia prisca virorum est, si quis erat dignus describi, quod malus ac fur, quod moechus foret aut sicarius aut alioqui famosus, multa cum libertate notabant. 5 Hinc omnis pendet Lucilius, hosce secutus […] Eupolis, Cratinus, Aristophanes und andere, welche die Alte Komödie pflegten, schrieben mit großer Freiheit, wenn einer ihren Spott verdient hatte, weil er ein übler Mensch und Dieb, ein Ehebrecher, Mörder oder anderweitig berüchtigt war. Hiervon hängt ganz Lucilius ab, diesen folgte er […]. Die Aggressivität der Jambik des Archilochos wiederum reklamiert Muret zu Beginn der zweiten Satire für sich und seine Satirentradition (1-3): Rumpe Lycambea numeros de caede madentes, Musa ferox, rabieque nova flammata malignos fige hominum mores, damnataque saecula culpae! Brich aus in Verse, die vom Blut des Lycambes triefen, wilde Muse, und triff, von neuem Zorn entflammt, die üblen Sitten der Menschen und dieses verdammte Jahrhundert der Schuld! Lycambes und seine Töchter waren berühmte Opfer des Archilochos, der sie mit seinen Iamben in den Selbstmord getrieben haben soll. So evoziert der Name des Lycambes zunächst stets die Gattung des Iambus, wie in Ovids Bemerkung deutlich wird: in te mihi liber / iambus tincta Lycambeo sanguine 16 Vgl. u.a. Hor. Serm . 1, 9, 66: meum iecur urere bilis ; Pers. 3, 8: turgescit vitrea bilis und 2, 14: bile tumet ; bei neulateinischen Satirikern z.B. Correr, Sat . 1, 42-43: O veteratores ignavi, quos mihi risus / interdum et bilem vestri movere furores! und Filelfo, Sat . 7, 4, 7-8. 17 Vgl. Hor. Serm . 1, 4, 93; Pers. 1, 107; Ov. Trist . 2, 563. 18 Juv. 1, 19-21: Cur tamen hoc potius libeat decurrere campo, / per quem magnus equos Auruncae flexit alumnus, / si vacat ac placidi rationem admittitis, edam. Die Satirendichtung in Murets Iuvenilia 23 tela dabit ( Ib. 53-54). 19 Ebenfalls auf Archilochos und seine Jambik verweist Muret, wenn er rabies in Vers 2 als Antrieb der Musa ferox bezeichnet: In Horaz’ Ars poetica heißt es Vers 79: Archilochum proprio rabies armavit iambo . 20 Mit der Einbeziehung der jambischen Aggression in die Satire enthält nun auch das horazische ridere der Satire bei Muret wie auch bei anderen neulateinischen Satirikern eine neue Färbung: Es geht nicht mehr darum, in solcher Weise lachend die Wahrheit zu sagen (Hor. Serm . 1, 24: ridentem dicere verum ), dass derjenige, dessen Fehler Gegenstand des Gelächters ist, in Selbsterkenntnis mitlachen kann, 21 sondern um ein exkludierendes Lachen, in das nur noch die Gleichgesinnten, die sodales , einstimmen können, nicht aber der Verspottete selbst ( Sat . 1, 71-73): Si forte furor Phoebeius olim mentem, Rufe, meam simili concusserit oestro, bilem aliis, uni risum tibi, Rufe, movebo. 22 Wenn etwa noch einmal apollinische Raserei meinen Sinn mit ähnlicher Erregung erschüttert, so will ich bei den anderen die Galle, bei dir allein aber, Rufus, Lachen erregen. Obgleich Muret also seine Satire der neulateinischen Tradition entsprechend als aggressiv kennzeichnet, so ist seine Charakterisierung der Satire und seine Selbstdarstellung, vergleicht man sie mit anderen zeitgenössischen Satirikern, die ihre Satire gerne als Waffe oder Krieg bezeichnen und sich selbst als wehrhafte Kämpfer darstellen, eher maßvoll; solch kriegerische Metaphern 19 Vgl. auch Martial, der hier von Muret zitiert wird: si qua Lycambeo sanguine tela madent (7, 12, 6). 20 Allein schon dieser Beginn der zweiten Satire lässt sich kaum mit Lerouxs These vereinbaren, „Muret illustre le deux modèles: la première satire imite davantage Juvénal et la seconde restitue le risus horatien“ (Muret 2009, 399). Ähnliches gilt für weitere Verse der zweiten Satire, in denen Muret seiner heftigen indignatio Ausdruck verleiht, z.B. 2, 47 ( Hoc ego larvarum genus exitialiter odi ) sowie 2, 42-43 ( O simulatores, tetrum pecus, ut mihi saepe / bile iecur vitrea diffinditur ista tuenti! ), wo das Zitat aus Hor. Ep . 1, 19, 19-20, kombiniert mit Pers. 3, 8 ( vitrea bilis ), in markanter Weise abgeändert und aggressiv zugespitzt ist. Murets Wertschätzung der Satiren Juvenals und seines Stils wird auch aus späteren Aussagen deutlich, ohne dass dies nun zugleich eine Herabsetzung des Horaz bedeuten würde; vgl. Variae Lectiones 8, 21 (Muret 1791, 238): Vaferrimus poeta, quique omnia suae tempestatis hominum vitia et noverat optime, et insectabatur liberrime, Iuvenalis , sowie Oratio 12 (Muret 1789, 291): Et iucunda autem et utilis illius evolutio futura est. Continet enim multas graves et utiles sententias, optimis verbis, et genere quodam dicendi salso, festivo, hilari, et, ut ita dicam, vivido, quod huic poetae proprium ac perpetuum est, explicatas . 21 Vgl. auch hierzu Pers. 1, 116-117. 22 Muret spielt hier mit der auch in Sat. 2, 42-43 zitierten Horaz-Stelle Ep . 1, 19, 19-20: O imitatores, servum pecus, ut mihi saepe / bilem, saepe iocum vestri movere tumultus! Zu dieser exkludierenden und zugleich gemeinschaftsstiftenden Funktion satirischen Lachens vgl. auch Dousa, Sat . 1, 96-97 sowie dazu Simons 2009, 79-80 und 90. Roswitha Simons 24 fehlen bei ihm ganz. 23 Diese Mäßigung scheint ein Zugeständnis an eine Auffassung von der Verssatire zu sein, wie sie in zeitgenössischen Poetiken und besonders von der Pléiade zum Ausdruck gebracht wird. 24 So warnt Du Bellay vor jeder Form des maledicere und fordert explizit eine maßvolle Form der Kritik ohne persönlichen, namentlichen Angriff, als deren ideales Exempel er Horaz empfiehlt. 25 Muret wahrt eine unabhängige Position, indem er sich einerseits in die breitere Traditionslinie einer aggressiven Verssatire von Lucilius bis zu Filelfo einordnet, andererseits jedoch in gewissem Maße den Bedenken der Pléiade entgegenkommt, insbesondere, indem er auf namentliche Kritik verzichtet. 26 23 Lediglich in fige ( Sat . 2, 3) klingt diese Metaphorik an. Zu der hier skizzierten Selbstdarstellung s. Simons 2013 (Pfeile der Satire); zu Filelfo Ludwig 2008, 216-218. 24 Wegen ihrer Aggression und ihres rücksichtslosen Spottes kritisiert auch Scaliger die drei römischen Satiriker, die sich zwar in der Form, nicht aber in ihrer aggressiven Grundtendenz unterschieden. Anders als Du Bellay räumt Scaliger infolgedessen Horaz keine vorbildhafte Sonderstellung ein; er ordnet ihn vielmehr - der oben skizzierten neulateinischen Satirentradition entsprechend - in eine einheitliche Traditionslinie abzulehnender aggressiver Satire ein: Iuvenalis ardet, instat aperte, iugulat, Persius insultat, Horatius irridet. [...] Surrepit enim atque insinuamt sese in eius gremium, quem mordere vult. Hoc differunt, commune autem omnibus est profiteri ssese omnium paene hostem, paucissimorum parcissimum laudatorem. Se quoque vulnerare, ut alios interficere liceat; nam ne amicis quidem parcunt ( Poet. 3, 97, ed. Deitz / Vogt-Spira, Bd. 3, 56). Mit den letzten Worten kehrt Scaliger Horaz’ eigene Aussage ( Serm . 1, 4, 34) ins Gegenteil. 25 Du Bellay, Deffence 2, 4 (1549, ed. Monferran, 135-136): Autant te dy-je des Satyres, que les Francois, je ne scay comment, ont apellées Coqz à l’Asne : es quelz je te conseille aussi peu t’exercer, comme je te veux estre aliene de mal dire, si tu ne voulois, à l’exemple des Anciens, en vers heroiques […] soubz le nom de Satyre, […] taxer modestement les vices de ton tens, & pardonner aux noms des personnes vicieuses. Tu has pour cecy Horace, qui, selon Quintilian, tient le premier lieu entre les Satyriques. Ronsard, Élegie au Roy Henry III (1575, ed. Laumonier 1959, 91-92): Il n’y a ny Rheubarbe, Agaric ny racine / Qui puisse mieux purger la malade poictrine / De quelque patient fiévreux ou furieux, / Que fait une Satyre un cerveau vicieux, / Pourveu qu’on la destrampe à la mode d’Horace, / Et non de Juvenal qui trop aigrement passe: / Il faut la preparer si douce et si à point, / Qu’à l’heure qu’on l’avalle, on ne la sente point, / Et que le moqueur soit à moquer si adestre, / Que le moqué s’en rie, et ne pense pas l’estre . Zu Du Bellays Satirenauffassung s. Smith 1974, 1-12 und Debailly 1994; vgl. weiterhin Muret 2009, 398-399. Du Bellays Satirenauffassung ist jedoch keineswegs unumstritten; vgl. die oben Anm. 5 aufgeführten Äußerungen von Sébillet, Aneau und Pelletier. 26 Vgl. dazu auch Variae Lectiones 12, 16 (Muret 1791, 356): Reperiuntur nonnulli homines, qui dum faceti ac dicaces videri volunt, nullam salse aliquid dicendi occasionem praetermittunt, maluntque saepe amicum, quam dictum perdere: faciliusque flammam ardentem in ore, quam dictum aliquod aculeatum continerent. Talis erat ille, de quo Horatius ( Serm. 1, 4, 34): Dum modo risum / excutiat sibi, non hic cuiquam parcet amico. Die anschließende Bemerkung macht jedoch deutlich, dass diese Mäßigung auch in pragmatischen Gesichtspunkten begründet ist: Neque in privatos modo ac sortis Die Satirendichtung in Murets Iuvenilia 25 2. Zur Einschränkung der Redefreiheit Diese eigenständige Mittel-Position wird auch in seiner Reaktion auf eine Einschränkung der in der Satire eingeforderten Redefreiheit sichtbar. Bereits Horaz hatte in Serm . 2, 1 einen Gesprächspartner eingeführt, der ihn vor den Gefahren warnt, die eine allzu aggressive Satire für den Autor mit sich bringen kann. Horaz ebenso wie Persius und Juvenal betonen, dass die Zeitumstände eine freie polemische Rede und persönliche Angriffe, wie sie noch Lucilius möglich gewesen seien, nicht mehr zuließen. Neulateinische Satiriker hingegen betonen angesichts solcher Drohungen und Einschränkungen häufig dennoch trotzig ihre Bereitschaft zum Kampf und Streit auch angesichts solcher Gefahr. 27 Muret nun betritt einen anderen Weg: Sat . 1, 14-20 scheint er zunächst vor dem äußeren Druck, der eine offene Kritik der Gesellschaft und der Mächtigen verhindert, zu kapitulieren, 28 indem er erklärt, nur seinem Adressaten und Freund gegenüber offen seinem Zorn Luft machen zu wollen: O mihi si effossa liceat scrobe dicere, quod mox efferat in vulgum foliis vocalibus arbor, 15 quaenam ego, vel potius quae non ego crimina dicam concitus? Optari sedenim quia talia possunt, non etiam fieri dicam tibi, Rufe, sed uni, (σοὶ γάρ ῥητὰ λέγειν καὶ ὁµῶς ἄρρητα licebit) quae mihi sive furor, sive haec suggesserit ira. 20 Oh, wenn es mir doch vergönnt wäre, in eine Grube zu sprechen, was bald der Baum mit der Stimme seiner Blätter bekannt machte, welche Verbrechen würde ich in meiner Erregung nennen - oder eher: welche nicht? Da Derartiges aber nur ein Wunsch, nie auch Realität sein kann, will ich dir allein, Rufus, sagen (denn dir gegenüber kann man Erlaubtes und Unerlaubtes aussprechen), was mir Zorn und Erregung eingeben. Muret greift hier eine Argumentation des Horaz auf, mit der sich dieser in Sat . 1, 4 gegen den Vorwurf der Spottlust und allzu großer Aggressivität seiner Satire verwehrt, indem er darauf verweist, dass er seine Satiren nicht öffentlich vorträgt, sondern lediglich im engen Kreis der Freunde. 29 Scheint hier also Muret das Wirkungspotential seiner Satire zunächst auf einen engen Kreis zu begrenzen, so zeigt eine genauere Lektüre breitere Ambitionen auf: suae homines, sed et in principes immoderata illa maledicendi libidine abutuntur: non cogitantes, quam stultum sit scribere in eos qui possunt proscribere . 27 Vgl. z.B. Correr, Sat . 2, 100-101; Tribraco, Sat . 1, 126ff.; Filelfo, Sat . 1, 36ff.; Dousa, Sat . 1, 1ff. 28 Vgl. dazu auch die oben Anm. 26 zitierte Stelle aus Murets Variae Lectiones . 29 Vgl. Hor. Serm . 1, 4, 22-25: Cum mea nemo / scripta legat, volgo recitare timentis ob hanc rem / quod sunt quos genus hoc minime iuvat, utpote pluris / culpari digons sowie 70-74: Cur metuas me? / Nulla taberna meos habeat neque pila libellos, / [...] / nec recito cuiquam nisi amicis, idque coactus, / non ubivis coramve quibuslibet . Roswitha Simons 26 Unmittelbar vor seiner scheinbaren Resignation führt Muret, in Anlehnung an Persius, 30 die Geschichte vom Barbier des Midas ein: Als dieser es nicht mehr ertragen konnte, niemandem zu erzählen, dass König Midas Eselsohren habe, gräbt er eine Grube, in die hinein er diese Wahrheit endlich aussprechen kann. Doch bleibt sie nicht, wie von ihm beabsichtigt, geheim, denn als Hirten aus dem an dieser Stelle wachsenden Schilf Flöten fertigen, verkünden diese - bzw., wie Muret formuliert, „die sprechenden Blätter des Baumes“ ( foliis vocalibus ) - eben diese Wahrheit über Midas’ Eselsohren (vgl. Ov. Met . 11, 182-193). Wenn nun Muret seine vorgeblich allein für Rufus verfasste Satire drucken lässt, geschieht genau das, was er sich in Vers 15 wünscht: mit seinen foliis vocalibus wird das Buch die Wahrheit - geradezu ohne Murets Zutun und wider seine Selbstbeschränkung - über den engen Kreis hinaus allgemein bekannt machen. Entsprechend reklamiert Muret unmittelbar im Anschluss (21; 25-27) erneut ganz im Stile des Juvenal seine Verpflichtung zur Satire angesichts des untragbaren Zustandes der Gesellschaft: Nam quis enim est adeo patiens [...] Quisnam inquam est usquam, qui si saecli semel huius 25 vividius paulo faciem consideret, ira abstineat? Denn wer ist so geduldig […], wen gibt es, sage ich, der nicht in Zorn gerät, wenn er das Angesicht dieses Jahrhunderts einmal ein wenig intensiver betrachtet? Patiens (21) ist ein Schlüsselbegriff, der in diesem Kontext zwangsläufig die zentrale Juvenal-Stelle evoziert: Difficile est saturam non scribere. Nam quis iniquae / tam patiens urbis, tam ferreus, ut teneat se (Juv. 1, 30-31). 3. Zur Kritik an der Satire An zwei Stellen, jeweils zu Beginn seiner beiden Satiren, fügt Muret einen Einwurf eines Kritikers ein. In der zweiten Satire handelt es sich um die bereits aus Persius bekannte Frage, welcher Leser denn die Geduld haben 30 Pers. 1, 119-123: Me muttire nefas? Nec clam? Nec cum scrobe? Nusquam? / Hic tamen infodiam. Vidi, vidi ipse, libelle: / Auriculas asini quis non habet? Hoc ego opertum, / hoc ridere meum, tam nil, nulla tibi vendo / Iliade . Auch Persius fordert hier das Recht ein, unabhängig von Geschmack und Kritik des Publikums in der Nachfolge eines Lucilius und Horaz Satire zu schreiben. Im Gegensatz aber zu Muret fokussiert Persius’ Bemerkung ganz darauf, dass er die Wahrheit - zumindest im Verborgenen, für einen exklusiven Kreis - aussprechen will. Den weiteren Verlauf der Geschichte, die allgemeine Verbreitung durch das Schilf, lässt er unerwähnt. Die Satirendichtung in Murets Iuvenilia 27 werde, diese Satiren voller Vorwürfe zu lesen. 31 Ähnlich wie Persius in seiner ersten Satire und, wie Muret dies an der bereits behandelten Stelle in Sat . 1, 18-19 getan hat, antwortet Muret hierauf, dass ihm nicht am Urteil der Masse gelegen sei (12-14): 32 Tu modo, quem nondum secli contagio vertit, tu legito haec, DANIEL, primaeque a flore iuventae disce quot humana lateant sub imagine pestes. Du allein, den der Einfluss dieses Jahrhunderts noch nicht verändert hat, du sollst dies lesen, Daniel, und lerne in der ersten Blüte deiner Jugend, wie viel Gift sich hinter dem menschlichen Angesicht verbirgt. Muret verbindet hier mit dem Motiv der Exklusivität ein weiteres, die Satire legitimierendes Argument: den moralischen Nutzen der Satire. Diese Strategie zur Legitimation aggressiver Satire erhält besonders ab der Wende zum 16. Jahrhundert zunehmende Bedeutung im frühneuzeitlichen metapoetischen Diskurs über die Satire. 33 Ab Ende des 15. Jahrhunderts werden in den poetologischen Texten zur Verssatire verstärkt auch biblisch begründete, religiöse Vorbehalte gegen eine überzogene Streitlust und eine Kritik an seinem Nächsten thematisiert. Diese Verurteilung jeder Form der Verleumdung findet ihren metaphorischen Ausdruck in der Bibel im Bild der Zunge als verletzende Waffe 34 und in der Aufforderung: „Was siehst du aber den Splitter im Auge deines Bruders, doch den Balken in deinem Auge beachtest du nicht? “ ( Lk. 6, 41; Mt . 7, 3) Eine frühe Auseinandersetzung mit diesen religiösen Vorbehalten gegenüber der Satire findet sich in den Praefationes der Satirenkommentare des Jodocus Badius Ascensius: In einem an die Jugend gerichteten Einleitungsbrief seiner Juvenal-Ausgabe von 1512, in dem er zunächst ausführlich die Pflicht des Menschen zur Selbsterkenntnis und moralischen Selbstläuterung darlegt, kommt Badius auf die Satire zu sprechen, deren Intention es sei, den Menschen bei eben diesem Prozess der Selbsterkenntnis zu unterstützen: Als nach dem Sündenfall zunächst Streit und anschließend Luxus und Unmoral in die Welt gekommen seien, sei das ius satyricum entstanden, um Fehlverhalten auch unter namentlicher Nennung der Personen anzuprangern, damit sich 31 Sat. 1, 4-5: At tua quis poterit patienti volvere vultu / scripta? Quotus tandem feret haec convicia lector? Vgl. hierzu Pers. 1, 2: Quis leget haec? 32 Sat . 2, 6-14; vgl. bes. Pers. 1, 1ff. und 45ff. 33 Dabei knüpfen die humanistischen Autoren an Argumentationsstrategien an, wie sie im Mittelalter zur Rechtfertigung der Aggression der Satire genutzt wurden; vgl. dazu Kindermann 1978, 56-70. 34 Ps. 52 [51], 4-6; 57 [56], 5; 64 [63], 4; Sir. 28, 18. Zur Verurteilung der Streitlust s. bes. Spr. 18, Sir. 28, 8ff. sowie Mt. 5, 22ff.; zur Warnung vor der Verbreitung von Gerüchten etc. Spr. 17, 9 und Sir. 5, 13-15. Roswitha Simons 28 die Menschen aus Scham vor solch öffentlicher Entehrung vom Laster fernhielten: Ius satyricum utinam non ablatum esset, ut quisque virtutum corruptor nephanda sua scelera cerneret annotatus pudendaque culpa erubesceret. Dass doch das Recht der Satire nicht abgeschafft worden wäre, so dass jeder Verderber der Tugend, so als Übeltäter vermerkt, seine frevelhaften Verbrechen wahrnähme und aus Scham über seine Schuld errötete! 35 In der Praefatio seines Horaz-Kommentars schließlich vergleicht er das - aggressive - Vorgehen des Satirikers mit dem christlicher Prediger bei der Predigt ( idem videtur praetendere poeta in sermonibus, quod praedicatores nostri dum praedicant ). 36 Dass diese Legitimationszwänge und Argumentationsstrategien auch zur Zeit Murets virulent waren, zeigt Thomas Naogeorgus’ Praefatio zu seinen Satyrarum libri quinque , die 1555 fast zeitgleich mit Murets Iuvenilia publiziert wurden. Als Verteidigung gegen biblisch begründete Vorbehalte gegen die Satire wegen ihrer aggressiven und unzüchtigen Rede distanziert er sich zunächst von der Satire in der Tradition der antiken Satiriker, 37 um dann religiöse Beispiele für ein invektivisches Sprechen anzuführen, die Notwendigkeit und Nutzen einer Polemik im Dienste christlicher Nächstenliebe belegen sollen: die Invektiven der Kirchenväter, Paulus’ Polemik gegen die Pseudoapostel und schließlich auch Christi Angriffe gegen die Pharisäer. 38 Auf die skizzierten religiösen Vorbehalte rekurriert nun auch deutlich der Einwurf eines Kritikers, den Muret zu Beginn seiner ersten Satire einfügt (4- 5): 35 Badius, Iuvenalis familiare commentum , fol. A IIv. 36 Badius, Sermones […] Horatii , fol. IIv. 37 Naogeorgus, Satyrae , praef . 4-5: Quia vero a D. Paulo admonemur, non solum a turpibus factis, verum etiam a spurcis obscoenisque cavere sermonibus [vgl. Kol. 3, 8 und 17] , ab illorum ego mihi libertate temperandum duxi dedique operam, ut ne Satyri mei, unde Satyrae nomen deductum volunt, tam petulantes, tam lascivi tamque cornuti essent, quam illorum fuere . 38 Naogeorgus, Satyrae , praef . 6-7: Quoties enim prophetae invehuntur in idolorum cultores […] ? Quoties apostoli, et D. praesertim Paulus, acerbe reprehendunt pseudoapostolos, antichristos, seductores, impostores atque etiam fidei desertores? […] Christus servator noster, nonne vehementer fulminat in scribas et Pharisaeos, subinde hypocritas appellans, sepulchra dealbata, caecos ducesque caecorum, illorumque impietatem perversitatemque palam traducit, depingit illisque exprobrat? Non est hoc maledicentia nec conviciandi vel libido vel morbus, sed admonitio, sed correctio zelusque pro domo regnoque Dei. Die gleichen Argumente und Exempla (Kirchenväter, Paulus, Christus) führt auch Frischlin in der Praefatio und der 3. Satire seiner 1567 entstandenen Satyrae adversus Iacobum Rabiam zur Legitimierung seiner Satirendichtung an; dazu auch Laureys 2013. Die Satirendichtung in Murets Iuvenilia 29 Tune ausis satyram conscribere, tot tibi rerum conscius, ut satyrae possis satis esse vel unus? 5 Du wagst es Satire zu schreiben, obwohl dein eigenes Gewissen mit so vielen Dingen belastet ist, 39 dass du allein schon als Gegenstand einer Satire ausreichen könntest? In seiner Antwort greift Muret die bereits aus Badius und Naogeorgus bekannte Parallelisierung von predigendem Priester und Satiriker auf, allerdings ohne damit nun auch die religiöse Argumentationsebene der genannten Autoren zu akzeptieren und zu übernehmen. Vielmehr wendet er die Parallele ironisierend in eine Kritik an der Kirche um und entzieht dieser das Recht zur Kritik an der Satire, indem er einen Priester vorführt, der zwar öffentlich lautstark wie ein zweiter Paulus die Laster anprangert, heimlich aber selbst den Lastern frönt. 40 Angesichts solch scheinheiliger und moralisch zweifelhafter Repräsentanten der Kirche erweisen sich alle religiösen und von kirchlicher Seite vorgetragenen Zweifel an der Legitimität der Satire und der in ihr geübten (Kirchen-)Kritik als obsolet. Wenig später verdeutlicht Muret diesen Gedanken noch einmal, indem er explizit betont, wie das unmoralische und ungerechte Verhalten der Kirche und der Kleriker nicht allein den Glauben an die Kirche erschüttert, sondern die christliche Religion als Ganzes diskreditiert (41-48): 41 Haec aliquis, sacro cernens qui sulphure quercus nil meritas, non monstra illa exitiosa feriri, in rabiem versus furiisque agitatus amaris, insequitur veteris non sanum dogma Lucreti. Sic alia ex aliis incommoda. Quomodo enim plebs 45 ipsa colat divos, cum vos, qui fulmine bruto stringitis in vestras ausos mutire tiaras, conspiciat divis ipsique oppedere Christo? Jemand, der sieht, dass die unschuldigen Eichen vom heiligen Blitz getroffen werden und nicht jene tödlichen Bestien, wird sogleich, in Zorn geraten und von bitterer Wut getrieben, der unsinnigen Lehre des alten Lukrez folgen. So folgt ein Unglück aus den anderen. Wie nämlich soll das Volk selbst die Götter ehren, wenn es sieht, dass ihr, die 39 Conscius findet sich wiederholt in den poetologischen Selbstaussagen der Satiriker und ist dann gewöhnlich religiös konnotiert im Sinne christlicher conscientia . Entsprechend übersetzt auch Summers „aware of so many of your own faults“; anders hingegen Leroux: „quand tu es coupable de crime si nombreux“. 40 6-13: Quidni autem? Numquid par est audacia Balbo, / Balbo, Stentorea Christum qui voce professus, / deinde domi caevet, tremulum crissante Lycinna? / Et tamen hunc torvis oculis, et fronte severa / flammatisque genis, atque horrifico ululatu, / dum docet, et iactat fatuae sua dogmata turbae, / in mores clamare malos si videris olim, / esse putes supero demissum ex limine Paulum. 41 Leroux in Muret 2009, 394 sieht diese Stelle gegen den Atheismus gerichtet und verbindet sie mit dem Adressaten der Satire, Petrus Rufus, der bekanntermaßen ein Atheist gewesen sei. Roswitha Simons 30 ihr mit stumpfem Blitz diejenigen im Zaum haltet, die es wagen gegen eure Tiaren zu murren, alles Heilige und Christus selbst anfurzt. Wenn die Vertreter der Kirche mit ihrem Blitz (41: sacro sulphure ; 46: fulmine bruto ) - d.h. mit den kirchlichen Drohungen und Strafen - statt jener wahren monstra (42) Unschuldige (41-42) bzw. diejenigen schlagen, die es wagen gegen sie zu murren (46-47), und wenn sie dabei selbst derart Christus und die christliche Lehre verachten (48), so ist es unvermeidlich, dass die Menschen in Zorn geraten (43: in rabiem versus ), Kritik an ihr üben (47: in vestras ausos mutire tiaras ) und sich von ihr abwenden. Scheint es sich hier zunächst um allgemeine Opposition gegen die Kirche zu handeln, so verweisen rabies und muttire doch unmittelbar auf die Satire und ihre Aggression: rabies bezeichnet den emotionalen Impuls, der den Satiriker zum Schreiben veranlasst (vgl. Sat . 2, 2: Musa ferox, rabieque nova flammata ); muttire wiederum ist seit Persius’ Ausruf Me muttire nefas? (1, 119) mit dem Anspruch des Satirikers auf das Recht zur Satirendichtung und zur Redefreiheit verbunden. So formuliert Muret auch hier noch einmal in verhüllter Form seinen Anspruch darauf, Satire zu schreiben auch gegen jegliche kirchliche Kritik und Drohung, eine Waffe, die aufgrund des Zustandes der Kirche ohnehin stumpf (46) geworden ist. 4. Stilfragen Es lassen sich weitere Passagen anführen, in denen Muret zumindest indirekt auf den poetologischen Satirendiskurs reagiert. Dabei geht es nicht nur um Fragen der Legitimität der Satire, sondern auch um Stilistisches oder die Etymologie der Satire. So scheint auch die Verwendung des Griechischen in Sat . 1, 19 (Σοὶ γάρ ῥητὰ λέγειν καὶ ὁµῶς ἄρρητα licebit ) eine Reaktion zu sein auf die umstrittene Frage, ob man griechische Worte in die Dichtung einfügen dürfe. Horaz hatte hierüber noch gespottet ( Serm . 1, 10, 20ff.), während Juvenal selbst Griechisches einstreut (Juv. 6, 196; 9, 37). Scaliger diskutiert dieses Problem unter Verweis auf die genannten Horaz- und Juvenal- Stellen in seinem Kapitel zur Satire ( Poet. 3, 97); dabei lobt er die Verwendung des Griechischen in Juv. 9, 37 als besonders angemessen, da man auf Latein niemals etwas Skandalöses sagen dürfe ( dicere enim Latine flagitia neutiquam decet ). Murets Verwendung des Griechischen ist ein ironisches Spiel mit einer Position, wie sie von Scaliger hier vertreten wird: Denn in Sat . 1, 19 sagt er nun keineswegs etwas Obszönes oder irgendwie Skandalöses, das man nur auf Griechisch aussprechen könnte; stattdessen spricht er vielmehr gerade über das „Unaussprechliche“ an sich, und die Frage, ob es Dinge gibt, die man nicht aussprechen darf - zumindest nicht öffentlich. Die Satirendichtung in Murets Iuvenilia 31 Über diese grundsätzliche „Unaussprechlichkeit“ nun spricht Muret eben auf Griechisch. Wie bereits an Scaligers Bemerkung zum Griechisch-Gebrauch deutlich wird, haben Derbheit und Obszönitäten der Satire, wie sie bereits von den antiken Satirikern, besonders Juvenal, zur Kritik der gesellschaftlichen Zustände eingesetzt wurden, in der poetologischen Diskussion immer wieder Ablehnung provoziert. So kritisiert Scaliger die Satire im Allgemeinen und Juvenal im Besonderen für ihre derbe Sprache ( Poet. 3, 97, ed. Deitz / Vogt- Spira, Bd. 3, 54-55): Alterum est non minoris pretii praeceptum, ut ne dum vitia insectamur eas ponamus voces, e quibus qui legunt evadant deteriores. Nam sane foeditates nemo bonus nominare debet, nedum ut litteris mandet. Quid enim cogitet adulescens, qui certarum ignarus obscaenitatum audiat verba aut vocabula tam nefanda, quam monstruoso sunt ingenio ii, qui ea scriptis suis audent inserere? […] Quid enim taetrius quibusdam versibus Iuvenalis, propter quorum insolentiam vel iusserim vel optarim toto opere abstinere virum bonum? Die zweite Regel ist nicht weniger wichtig: Wenn wir die Laster geißeln, dürfen wir hierzu keine Wörter gebrauchen, die den Sitten der Leser abträglich sind. Ein anständiger Mensch darf nämlich keine Scheußlichkeiten aussprechen, geschweige denn schriftlich festhalten. Was soll denn ein Jugendlicher denken, der bestimmte Unanständigkeiten nicht kennt, wenn er Ausdrücke oder Wörter hört, die so unaussprechlich sind, wie der Geist derer verderbt ist, die es wagen, diese Dinge in ihre Schriften einzufügen? […] Es gibt nämlich nichts Widerlicheres als manche Verse Juvenals, wegen deren Zügellosigkeit ich jedem anständigen Manne befehlen oder ihm doch zumindest nahelegen würde, daß er vom ganzen Werk seine Finger lasse. 42 Vergleichbare Äußerungen finden sich auch bei anderen Autoren. 43 Dass Muret vor einer drastischen Sprache nicht zurückscheut und ἄρρητα im scaligerischen Sinne durchaus beim Namen nennt, wurde bereits an der oben behandelten Stelle zur Verdorbenheit der Kirche sichtbar (vgl. Sat. 1, 48). Entsprechend obszön gehalten sind Murets Schilderungen sexueller Ausschweifungen, wobei sich seine Kritik nicht auf Kleriker beschränkt, sondern auch 42 Übersetzung nach der Edition von Deitz / Vogt-Spira, Bd. 3, 54-55. 43 Vgl. z.B. Vadian, Poet. 29 (ed. Schäffer, Bd. 1, 262) über Juvenal und die Satire im allgemeinen: Quod ad vitia attinet, vellem in ipsis proscindendis Horatiana modestia fuisset usus, sed Lucilium imitari maluit, adeo saepe in his quae et ipsa natura non amat luxuriae monstris liber, ut ea palam legi prohibeat verecundia. Quocirca nec Horatii satyras nec Iuvenalis ac ne Persii quidem, qui utroque tamen modestior est, inter primos attrectari a paulo delicatioribus vellem . Roswitha Simons 32 andere Schichten trifft. 44 So mangelt es auch den Beschreibungen der Sitten am Hof nicht an derber Deutlichkeit. 45 Andererseits aber bleibt festzuhalten, dass Muret, wie Leroux zu Recht festgestellt hat, 46 in seiner zweiten Satire seine Sprache an das jugendliche Alter seines Adressaten, dessen Unverdorbenheit er besonders hervorhebt ( Sat . 2, 12-14), anpasst und auf entsprechende Obszönitäten verzichtet, ohne aber in seiner Kritik weniger vehement zu sein. 5. Satyra oder Satura . Zur Etymologie der Satire An der bereits behandelten Stelle ( Sat . 1, 21-27), an der Muret in der Nachfolge Juvenals ( quis enim est adeo patiens ) auf der Notwendigkeit des Satireschreibens angesichts des Zustandes der Welt beharrt, fügt er ein Beispiel für eine andere, gleichmütige Reaktion auf die Unmoral der Welt ein. Dabei erweist sich diese indifferente Reaktion selbst als höchst unmoralisch: Nam quis enim est adeo patiens (nisi forte Torannus deprensis solitus blandiri in coniuge moechis, et piperis multo saturas offere placentas, dum refugit rixas, vitandaque iurgia censet) quisnam, inquam est usquam, qui si saecli semel huius 25 vividus paulo faciem consideret, ira abstineat? Denn wer ist so geduldig (außer Torannus, der es gewöhnt ist zu lächeln, wenn er die Liebhaber auf seiner Frau ertappt, und ihnen mit reichlich Pfeffer gewürzte Kuchen anbietet, weil er Auseinandersetzungen fürchtet und meint, Streit vermeiden zu müssen), wen gibt es, sage ich, der nicht in Zorn gerät, wenn er das Angesicht dieses Jahrhunderts einmal ein wenig intensiver betrachtet? Torannus, der den Liebhabern seiner Frau noch lächelnd scharfe, stimulierende Speisen anbietet (23), wird so selbst zu ihrem Kuppler, nur weil er Auseinandersetzung und Streit fürchtet. Bereits Leroux 47 hat erwogen, es handele sich bei der Erwähnung von saturas in Vers 23 um eine Anspielung 44 Sat . 1, 7-8: Balbo, Stentorea Christum qui voce professus, / deinde domi caevet, tremulum crissante lycinna? S. auch 52-54: Et bene sub domino lumbos vibrare perita: / Quin etiam fessus si quando elanguit, ipsa / insilit, et blande super illum palpitat . 45 Sat . 1, 66-70: Curant magnanimi ventrem caudamque nepotes. / Nec gratus quisquam est, nisi cui perfricta pudorem / frons omnem abstulerit, sic ut probet omnia, sitque / et bene ructanti post coenam applaudere porco, / et bene pedenti blandum arridere paratus . 46 Muret 2009, 400-401. 47 Muret 2009, 389-390. Die Satirendichtung in Murets Iuvenilia 33 auf die umstrittene Etymologie der Satire. Zwar wird in der Frühen Neuzeit bis zu Casaubons Abhandlung De satyrica Graecorum poesi et Romanorum satira (1605) die Ableitung der satyra von den Satyrn präferiert, und hierauf verweist auch Murets Entscheidung für die Schreibweise Satyra / Satyrarum liber in den Titeln, daneben sind aber über Diomedes auch andere Ableitungen wie die von der satura lanx bekannt. 48 Mit diesen Etymologien gehen zugleich Aussagen über die Natur der Satire, ihren Charakter einher. Vor diesem Hintergrund lässt sich nun das Torannus-Beispiel in Sat . 1, 21-27 auch als eine poetologische Aussage lesen: Eine Satirenauffassung, die den streitbaren Charakter der Satire, der traditionell aus dem streitbaren und spottlustigen Charakter der Satyrn abgeleitet wird, 49 negiert und stattdessen eine Satire vertritt, die auf den Zustand der Welt indifferent reagiert und Streit und Aggression vermeidet, erweist sich, wie das Verhalten des Torannus, als verfehlt und letztlich unmoralisch. 6. Zu Gegenstand und Funktion der Satire Abschließend soll noch kurz die thematische Ebene von Murets Satiren behandelt werden. Ihr Inhalt lässt sich aufgrund ihrer assoziativen Struktur jeweils nur schwer zusammenfassen, und sie entziehen sich prägnanten Formulierungen wie „Schwätzersatire“, „Kirchenkritik“, „Kritik am Ciceronianismus“, „Polemik gegen xy“ etc. Als verbindendes Thema seiner vielfältigen Kritik der Gesellschaft und Movens seiner Satirendichtung erscheint jedoch seine Kritik an der Scheinheiligkeit, die Diskrepanz zwischen Schein und Sein, zwischen wahrem Verdienst und gesellschaftlicher Anerkennung, zwischen moralischer Verpflichtung und tatsächlichem Verhalten. Dies betrifft nicht nur die Kritik an Kirche und Klerus, sondern ebenso das Verhalten der Mächtigen (vgl. Sat . 1, 29ff.) wie auch die allgemeinen Sitten und den Zustand der Gesellschaft (vgl. Sat . 1, 63ff.; 2, 48ff.). Bezeichnend ist hierfür seine Abwandlung von Hor. Ep . 1, 19, 19-20 in Sat . 2, 42-43: O simulatores, tetrum pecus, ut mihi saepe bile iecur vitrea diffinditur ista tuenti! Ihr Heuchler! Scheußliches Vieh! Wie oft wird mir, wenn ich es sehe, die Leber von klarer Galle zerrissen! 48 Diomedes Ars gramm. 3, 485, 30ff.; die Stelle wird immer wieder in den Praefationes von Satirenkommentaren (z.B. Badius) und in den entsprechenden Kapiteln der Poetiken (z.B. Vadian, Scaliger) referiert und diskutiert. 49 Zu Filelfos Gebrauch dieser Etymologie für seine poetologischen Aussagen in Sat. 8, 1 s. Ludwig 2008, 220-222. Debailly 2009, 380-386 erläutert diesen Zusammenhang anhand der Äußerungen von Jodocus Badius Ascensius in seinem Horaz-Kommentar. Roswitha Simons 34 Damit verweist nun auch der Inhalt der Satiren auf poetologische Fragen: Bereits bei den römischen Satirikern wird als Aufgabe der Satire immer wieder die Entlarvung, das Entblößen, pellem detrahere (Hor. Serm . 2, 64), benannt. Muret vermeidet die einschlägigen Zitate, formuliert diesen Anspruch jedoch in vielfältiger Weise: Es ist notwendig, die facies der Gesellschaft genauer anzusehen und zu durchschauen ( Sat . 1, 26); der Leser soll lernen, quot humana lateant sub imagine pestes ( Sat . 2, 14); das genus larvarum ist Muret tödlich verhasst ( Sat . 2, 47). Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Murets Satiren nicht nur in gelehrter Weise von seiner Kenntnis des poetologischen Diskurses zeugen. Vielmehr nutzt er sie durchgängig, um auf verschiedenen Ebenen und in durchaus origineller Weise im Satiren-Diskurs eine eigenständige Position zu beziehen. Literaturverzeichnis Primärwerke und Kommentare sind durch einen Stern (*) bezeichnet. *Aneau, Barthélemy: Le Quintil Horatian, in: Du Bellay 2001, 298-361. *Badius, Jodocus: Juvenalis Familiare commentum. Argumenta Satyrarum Juvenalis per Anthonium Mancinellum & per Jodocum Badium, Lyon 1512. *Badius, Jodocus: Sermones & Epistolae Quinti Flacci Horatii cum familiari & dilucida explicatione Jodoci Badii Ascensii ab eodem diligentia recogn. et in epistolas praesertim & aucta & repolita, Paris 1503. Debailly, Pascal: Du Bellay et la satire dans les Regrets, in: Yvonne Bellenger (Hg.), Du Bellay et ses sonnets romains. Études sur les Regrets et les Antiquitez de Rome, Paris 1994 (Collection Unichamp, Bd. 42), 197-226. Debailly, Pascal: Juvénal en France au XVIe et au XVIIe siècle, in: Louise Godard de Donville (Hg.), La Satire en vers au XVIIe siècle, Paris 1995 (Littératures classiques, Bd. 24), 29-47. Debailly, Pascal: La satire lucilienne et la poétique du blâme, in: Perrine Galand-Hallyn / Fernand Hallyn (Hg.): Poétiques de la Renaissance. Le modèle italien, le monde franco-bourguignon et leur héritage en France au XVIe siècle, Genf 2001 (Travaux d’Humanisme et Renaissance, Bd. 348), 379-389. *Dolet, Étienne: Juvenilia. Édition trad. et annot., précédée d’une introd. sur sa poétique par Catherine Langlois-Pézeret, Genf 2009 (Travaux d’Humanisme et Renaissance, Bd. 455). *Du Bellay, Joachim: La Déffence et Illustration de la langue françoyse, ed. Jean-Charles Monferran, Genf 2001. *Filelfo, Francesco: Satyrae, Bd. I (Decadi I-V), ed. Silvia Fiaschi, Rom 2005 (Studi e testi del Rinascimento europeo, Bd. 26). Die Satirendichtung in Murets Iuvenilia 35 *Goyet, Francis (Hg.): Traités de poétique et de rhétorique de la Renaissance: Sébillet, Aneau, Peletier, Fouquelin, Ronsard, Paris 1990. IJsewijn, Jozef: Neo-Latin Satire. Sermo and Satyra Menippea, in: Robert R. Bolgar (Hg.): Classical Influences on European Culture A.D. 1500-1700, Cambridge 1976, 41-55. Kindermann, Udo: Satyra. Die Theorie der Satire im Mittellateinischen. Vorstudie zu einer Gattungsgeschichte, Nürnberg 1978 (Erlanger Beiträge zur Sprach- und Kunstwissenschaft, Bd. 58). Laureys, Marc / Simons, Roswitha (Hg.): The Art of Arguing in the World of Renaissance Humanism, Löwen 2013 (Supplementa Humanistica Lovaniensia, Bd. 34). Laureys, Marc: Die Kunst der Verunglimpfung in Nikodemus Frischlins Satiren gegen Jakob Rabus, in: Laureys / Simons 2013, 185-212. Ludwig, Walther: Die 100 Satiren des Francesco Filelfo, in: Thomas Haye (Hg.), Epochen der Satire. Traditionslinien einer literarischen Gattung in Antike, Mittelalter und Renaissance, Hildesheim 2008 (Spolia Berolinensia, Bd. 28), 191-258. *Muret, Marc-Antoine: Caesar. Juvenilia, hrsg., übers., eingel. und komm. von Dietmar Schmitz, Frankfurt a.M. u.a. 1995 (Bibliotheca Humanistica, Bd. 5). *Muret, Marc-Antoine: Opera omnia, ed. 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Schumann, Marie-Françoise: Salmon Macrin und sein Werk unter besonderer Berücksichtigung der carmina ad Gelonidem von 1528 und 1530, Münster 2009 (Hamburger Beiträge zur Neulateinischen Philologie, Bd. 6). *Sébillet, Thomas: Art poétique français, Paris 1548. Simons, Roswitha: Ein humanistischer Plagiatstreit und seine Inszenierung. Zu Gestalt und Funktion der ersten beiden Satiren Janus Dousas, in: Eckard Lefèvre / Eckart Schäfer (Hg.): Janus Dousa. Neulateinischer Dichter und Klassischer Philologe, Tübingen 2009 (NeoLatina, Bd. 17), 69-92. Roswitha Simons 36 Simons, Roswitha: Der poetologische Rekurs auf die römischen Satiriker. Zum Verhältnis von humanistischer Satire und Invektive, in: Beate Hintzen / Roswitha Simons (Hg.): Norm und Poesie. Explizite und implizite Poetik in der lateinischen Literatur der Frühen Neuzeit, Berlin / Boston 2013 (Frühe Neuzeit, Bd. 178), 125-144. Simons, Roswitha: Die Pfeile der Satire, Waffen der Nemesis. Gewaltmetaphorik im metapoetischen Diskurs neulateinischer Satiriker, in: Laureys / Simons 2013, 27-49. Smith, Malcolm: Joachim du Bellay’s Veiled Victims, with an Edition of the Xenia, seu illustrium quorundam nominum allusiones, Genf 1974. Summers, Kirk M.: A View from the Palatine. The Iuvenilia of Théodore de Bèze. Text, Translation, and Commentary, Tempe, AZ 2001 (Medieval & Renaissance Texts & Studies, Bd. 237). Tournoy, Gilbert: The Beginnings of Neo-Latin Satire in the Low Countries, in: Rudolf de Smet (Hg.), La satire humaniste. Actes du colloque international des 31 mars, 1er et 2 avril 1993, Löwen 1994 (Travaux de l’Institut Interuniversitaire pour l’Etude de la Renaissance et de l’Humanisme, Bd. 11), 95-109. *Tribraco, Gaspare: Satirarum Liber dedicato al duca Borso d’Este. A cura di Giuseppe Venturini, Ferrara 1972. Trtnik-Rossetini, Olga: Les influences anciennes et italiennes sur la satire en France au XVIe siècle, Florenz 1958. Vadianus, Joachim: De poetica et carminis ratione. Krit. Ausgabe mit dt. Übers. und Komm. von Peter Schäffer, 3 Bde, München 1973 (Humanistische Bibliothek, Reihe 2: Texte, Bd. 2). Mel und Fel : Catullisches und Martialisches in Murets Epigrammen Ferdinand Stürner (Würzburg) I Nicht erst Lessing und Herder haben eine kontroverse Debatte über das ideale Muster epigrammatischen Dichtens geführt. Bereits in Renaissance und Barock wird die theoretische und dichterisch-produktive Rezeption des antiken Epigramms durch einen Paradigmenstreit bestimmt. So wurde die Frage, ob als Gattungsmuster Catull oder Martial zu bevorzugen sei, immer wieder kontrovers erörtert und entwickelte sich zu einem beliebten Topos frühneuzeitlicher Literaturkritik. 1 Zu Wort gemeldet hat sich in der Sache auch Marc- Antoine Muret, der bereits lange vor seinem Aufstieg am päpstlichen Hof zu den führenden philologischen Autoritäten Frankreichs zählte und während seiner Jahre in Paris enge Kontakte zu den Dichtern der Pléiade unterhielt. 2 In seinem einflussreichen Kommentarwerk zu Catull aus dem Jahr 1554 stellt er einen knappen, aber eingängigen und viel beachteten Vergleich zwischen den beiden antiken Paradigmen des Epigramms an, der alles in allem sehr zu Ungunsten Martials ausfällt. 3 Bereits Marie de Gournay war dies Anlass genug, Muret zur Galionsfigur humanistischer obtrectatores Martialis zu erheben, 4 und auch die moderne Forschung sagt dem Gelehrten gerne eine dezi- 1 Eine eingehende Diskussion bei Swann 1994, 95-154; vgl. auch Schulz-Buschhaus 1969, 149-154. 2 Für eine kurze biographische Skizze vgl. jetzt Summers 2006, XIII-XXV; dort auch die ältere Literatur. 3 Hierzu ausführlich unten unter II. 4 Gournay 2002, Bd. 2, 1790. Kritisch setzt sich mit dem Passus Murets Schüler Justus Lipsius auseinander, der in einem Brief an Janus Lernutius bemerkt: nollem excidisset viro magno hoc iudicium iudicii dissimile (1577, 7). Ben Jonson merkt in seinem Ferdinand Stürner 38 dierte Abneigung gegen die Epigrammatik des Spaniers nach. 5 Gewertet wird Murets Urteil zumeist als Ausdruck, wenn nicht gar als Ursache eines Wandlungsprozesses im literarischen Zeitgeschmack der französischen Renaissance. Erfreute sich Martial während der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts besonders bei Clément Marot und den Dichtern des sodalitium Lugdunense noch großer Beliebtheit, 6 haben sich Murets Freunde und Bewunderer aus dem Kreise der Pléiade bekanntermaßen nur am Rande mit seinen Gedichten befasst und ihm - wie offenbar auch viele Zeitgenossen - Catull und die Vertreter der Anthologie vorgezogen. 7 Nun ist es sicherlich zu einseitig, die Stellung Murets in der Rezeptionsgeschichte des antiken Epigramms ganz in Abhängigkeit von einer vereinzelten theoretischen Äußerung zu bewerten. Beachtung verdient auch das Zeugnis seiner dichterisch-kreativen Auseinandersetzung mit der Gattung. 1552, nur kurze Zeit vor dem Kommentar zu Catull, erscheinen in Paris Murets Iuvenilia , die neben der einflussreichen Tragödie Iulius Caesar , Elegien, Oden, Satiren und Episteln auch ein umfangreiches Buch Epigrammata enthalten. 8 Wenn der überzeugte Martial-Verehrer Guillaume Colletet in seiner Poetik späterhin anerkennend von „Epigrammes, qui n’estoient pas à mépriser“ sprechen wird, 9 ist dies bezeichnend. Als Dichter scheint sich Muret seinen eigenen theoretischen Standpunkten nicht übermäßig verpflichtet gefühlt zu haben. Jedenfalls bemerkt Virginie Leroux in ihrem wertvollen Kommentar zu den Iuvenilia : „Malgré les déclarations du commentaire de Catulle, Muret exploite dans les Iuvenilia tous les modèles d’épigrammes légués par les Anciens [...].“ 10 Diese Anregung möchte der vorliegende Beitrag aufgreifen und versuchen, den Anteil catullischer und martialischer Elemente am epigrammatischen Dichten Murets etwas präziser zu bestimmen. Dabei gilt es vor allem zu zeigen, dass Murets Verhältnis zu Martial differenzierter gesehen werden muss, als dies üblicherweise geschieht. Exemplar der Martial-Ausgabe des Scriverius zu Murets Iudicium an: dure, dure, mi Murete, et false (vgl. Trimpi 1962, 262 Anm. 24). 5 Vgl. z.B. Hutton 1946, 52; Morrison 1956, 250; Mehnert 1970, 84; Laurens 1986, 188- 189; Gaisser 1993, 155; Swann 1994, 125. 6 Vgl. hierzu eingehend Mehnert 1970, 47-75. 7 Vgl. Mehnert 1970, 81-102. Immerhin hat du Bellay Martial in seiner Deffence (1549) zur Nachahmung empfohlen (II, 4) und ist ihm in den Epigrammen seiner Poemata (1558) stark verpflichtet. 8 Die Iuvenilia sind in jüngerer Zeit von Summers 2006 (ohne Iulius Caesar ) und Leroux 2009 zuverlässig herausgegeben und eingehend kommentiert worden. Beide Werke bieten für die Beschäftigung mit den Epigrammen eine unverzichtbare Basis. Wir zitieren die Iuvenilia im Folgenden nach Leroux. Die ältere, sehr fehlerhafte Leseausgabe von Schmitz ist durch Summers und Leroux überholt. Ich habe sie für das Folgende nicht gesondert herangezogen. 9 Colletet 1658 [1970], 61. 10 Leroux 2009, 409. Catullisches und Martialisches in Murets Epigrammen 39 II Bevor wir uns den Epigrammen selbst zuwenden, ist es sinnvoll, kurz nach den Vorstellungen zu fragen, die sich Muret vor dem theoretischen Horizont der Zeit von den spezifischen Eigenheiten catullischen und martialischen Dichtens machte. Ausführlich scheint er sich zu der Frage nur in der so wirkungsreichen Polemik des Catull-Kommentars geäußert zu haben. In der praefatio beschreibt er dort den Unterschied zwischen den beiden Epigrammatikern folgendermaßen: Inter Martialis autem et Catulli scripta tantum interesse arbitror, quantum inter dicta scurrae alicuius de trivio, et inter liberales ingenui hominis iocos, multo urbanitatis aspersos sale. Neque vero negaverim, multa in Martiale quoque non inscienter dicta reperiri; sed profecto deteriorum longe numerus maior est. Latinae quidem orationis nativa illa, minimeque quasi pigmentis infuscata germanitas in Martiale nulla est, in Catullo praecipua. Iis de causis cum ab illo altero, nescio quo modo, semper abhorruissem, Catullum contra nunquam non mirabiliter amavi. Zwischen den Schriften Martials und Catulls besteht aber, wie ich glaube, derselbe Unterschied wie zwischen den Sprüchen eines Possenreißers von der Straße und den leutseligen Scherzen eines vornehmen Mannes, verfeinert durch ein gerüttelt Maß geistreichen Witzes. Durchaus gebe ich zu, dass sich auch bei Martial viele Dinge finden lassen, die nicht übel gesagt sind; und doch ist die Zahl der missglückten Stellen weitaus größer. Die einfache, nicht gleichsam durch stilistische Schminke verdunkelte Natürlichkeit der lateinischen Sprache jedenfalls ist bei Martial überhaupt nicht vorhanden, bei Catull hingegen außerordentlich. Wenn ich aus diesem Grund gegen jenen stets eine unwillkürliche Abneigung hegte, liebte ich Catull seit jeher ganz besonders. 11 Klar ist, dass es bei der Synkrisis in erster Linie um Fragen des Sprachstils geht. 12 Sie gehört in den Kontext einer Passage, in der ein gängiges Dekadenzmodell der römischen Literaturgeschichte entwickelt wird: Der klassischen Größe des goldenen augusteischen Zeitalters wird als Phase des Niedergangs eine silberne Epoche gegenübergestellt, welche unter dem Einfluss spanischer Autoren die lateinische Sprache durch rhetorische Effekte und eine geschwollene Ausdrucksweise ( inflatum et tumidum genus orationis ) korrumpiert habe. Martials Epigrammatik versteht Muret trotz glücklicher Einfälle ( multa […] non inscienter dicta ) als typischen Ausdruck des „neuen Stils“ und gibt seine Präferenz für die natürlichere Diktion Catulls ( latinae […] orationis […] germanitas ) klar zu erkennen. 13 Im Hintergrund dieser im Einzelnen leider nicht präzisierten Wertung steht wohl die gängige Tendenz der Zeit, argutia als zentrales Charakteristikum der Dichtungsart 11 Muret, Catullus , iiir°. Sämtliche Übersetzungen sind meine eigenen. 12 Interpretationen bei Mehnert 1970, 84; Leroux 2009, 406-408. 13 Einige von ihm besonders geschätzte Martial-Stellen diskutiert Muret in den Variae Lectiones von 1558: vgl. Muret 1841, 71; 284. Ferdinand Stürner 40 Martials von der suavitas oder venustas Catulls abzugrenzen. 14 So unterscheidet auch Julius Caesar Scaliger in seiner Poetik das pointierte, auf argutia basierende Epigramm Martials von der eher unpointierten, einzügigen Form, die herkömmlich Catull und den Dichtern der Anthologie zugeordnet wurde. 15 Würdigt freilich Scaliger Martials Streben nach Pointierung positiv, wird sein Hang zur argutia von Muret als Ausdruck eines depravierten Stilempfindens gewertet. Mit seiner anti-spanischen und anti-manieristischen Haltung schließt sich Muret dabei unverkennbar an den literarischen Zeitgeschmack an, der im Italien des 16. Jahrhunderts unter dem Vorzeichen des Ciceronianismus das Feld beherrschte: 16 Es dürfte sich bei seinen Einlassungen nicht zuletzt um eine nationalistisch gefärbte Ergebenheitsadresse an die Gelehrtenkreise Italiens handeln, von denen er sich nach seiner überstürzten Flucht aus Frankreich im Jahr 1553 Förderung und Protektion erhoffte. 17 Freilich werden nicht nur stilistische, sondern auch eher inhaltliche Fragen erörtert. Qualifiziert Muret Martials Gedichte wenig wohlmeinend als „Sprüche eines Possenreißers von der Straße“ ( dicta scurrae de trivio ) ab, knüpft er mit dieser Metapher terminologisch wie inhaltlich sehr wahrscheinlich an Giovanni Pontanos einflussreichen Traktat De sermone an. 18 Dort wird die scurrilitas in Anlehnung an Aristoteles und Cicero als eine dem Ideal höfischer facetudo diametral entgegengesetzte Eigenschaft eingehend diskutiert. 19 Über die Erscheinung des scurra heißt es: Dumque iocari queat ac risum movere, hinc honestatis modestiaeque digreditur e via, illinc vellicat astantes ac molestia afficit et perturbat potius quam delectet aut recreet, ut finis eius nequaquam sit refocillare facetiis ac iucundis dictis, sed quovis modo risum movere. Hat er Gelegenheit zu scherzen oder Gelächter hervorzurufen, so verlässt er den Pfad des Anstandes und der Mäßigung, rupft und verdrießt seine Umgebung und setzt Verstörung vor fröhliche Erbauung. Ganz und gar nicht ist es sein Ziel, durch Scherze und 14 Eingehend hierzu z.B. Schulz-Buschhaus 1969, 149-154; Laurens 1986, 184-191; Laurens 1989, 8-11. 15 Vgl. Scaliger, Poetices libri septem , 170-171. Zu Kontext und Interpretation des schwierigen Passus z.B. Mehnert 1970, 138-143; Nowicki 1974, 82-86; Laurens 1986, 186-187; Hess 1989, 32-34. 16 Zum Einfluss des Ciceronianismus auf die Martial-Rezeption in Italien vgl. Hausmann 1979, 484-485; die Rolle anti-spanischer Befindlichkeiten hebt Swann 1994, 109 hervor. Recht typisch sind in dieser Hinsicht auch die im Folgenden zu diskutierenden Äußerungen von Pontano. 17 Mehnert 1970, 84; Leroux 2009, 408. 18 Editio princeps von 1509, in der Folgezeit einige Nachdrucke: vgl. Lupi und Risicato in Pontano 1954, XIII. 19 Vgl. Aristot. Eth. Nic. 1128a-b. Das scurrile als Entartungsform des ridiculum wird De or . 2, 244-247 besprochen. Zum Einfluss der antiken Ethik und Rhetorik auf Pontanos Traktat vgl. v.a. die Studien von Walser 1908, Luck 1958 und Nespoulos 1983. Catullisches und Martialisches in Murets Epigrammen 41 angenehme Aussprüche zu erfreuen, sondern auf jede erdenkliche Weise Gelächter zu erregen. 20 Als Paradebeispiel für übertriebene scurrilitas führt Pontano unter anderem die Epigramme Martials an, die er - wie Muret - zwar nicht in Bausch und Bogen verwerfen, aber auch nicht zu den empfehlenswerten Quellen fazeter Redensarten rechnen möchte. Als typischer Spanier habe Martial einerseits einen dunklen, geschwollenen Pointenstil gepflegt, andererseits in seinem Streben nach acumen wenig Sinn für den Tonfall des galanten Scherzes aufgebracht, vielmehr vorrangig auf spicula, invectivae und summorsiones abgezielt: Valerius Martialis, artificiosissimus epigrammatum scriptor, ita in iis quidem iocatus est, ut frequentius carpat quam delectet, tametsi e demorsione ipsa delectatio quoque paritur. Ad haec dictis eius partim occultissima quaedam insunt spicula, partim verba quae non solum a faceto sint aliena verum aut oscena ipsa admodum scurriliaque aut maxime ampullosa et acida, quod quidem Hispanicum est. Nam etsi Hispani cum primis sunt facetiarum studiosi, […] invenies eorum iocos non tam propendere in lusum ac delicias quam in summorsiones, magisque spectare in invectivas et subsannationes quam in risum voluptatemque e iucunditate conceptam […]. Martial, jener kunstreiche Autor von Epigrammen, pflegt in ihnen freilich so zu scherzen, dass er öfter verspottet als erfreut, mag auch bisweilen Amüsement aus der Bissigkeit erwachsen. Außerdem wohnen seinen Gedichten teils wohl verborgene Spitzen inne, teils Worte, die nicht nur keine Anmut besitzen, sondern auch entweder recht obszön und possenreißerhaft oder aber höchst schwülstig und ätzend sind - was wiederum ganz spanischem Wesen entspricht. Denn obwohl die Spanier die scherzhafte Rede besonders lieben, […] wird man feststellen, dass ihre Witze nicht so sehr spielerisch und galant, sondern vielmehr unterschwellig bissig daherkommen, mehr auf die Invektive und Verhöhnung zielen als auf das freudige Lachen, das aus dem Angenehmen resultiert […]. 21 Eben den von Pontano geschilderten Meister der bissigen Pointe und oft obszönen Invektive hat nun offenbar auch Muret im Sinn, wenn er Martial in seinem Kommentar als scurra de trivio einführt. Stellt er dem haltlosen, bisweilen gemeinen Spötter wiederum einen Catull gegenüber, der als ingenuus homo vorwiegend auf dem Gebiet der ioci liberales brilliert, wird gleichsam ex positivo auf das von Pontano entwickelte Idealbild der facetudo rekurriert: In Catulls Gedichten findet Muret eben jene dicta iucunda und deliciae exemplarisch verwirklicht, die er ganz wie Pontano in den Epigrammen des satirischen und obszönen Martial weitgehend vermisst. Die so getroffene Unterscheidung, die dem modernen Betrachter nur bedingt einzuleuchten vermag, war im humanistischen Denken fest etabliert. 22 Sie kehrt unter ande- 20 De serm . 3, 13, 1 (= Pontano 1954, 96). 21 De serm . 3, 18, 1-2 (= Pontano 1954, 112). 22 Vgl. Mehnert 1970, 47-51. Ferdinand Stürner 42 rem auch bei Scaliger wieder, der die epigrammatische Satire vorzugsweise mit der Pointendichtung Martials in Verbindung bringt und sie durch gängige Stilmetaphern wie fel und acetum charakterisiert, die einen klaren Gegensatz zum mit Catull assoziierten mel bilden. 23 Catull und Martial, so wird man festhalten dürfen, stehen bei Muret den Vorstellungen der Zeit entsprechend paradigmatisch für zwei unterschiedliche Typen des Epigramms. Wie es die allgemeinen Tendenzen im Italien des frühen Cinquecento erwarten lassen, zieht Muret als Theoretiker die fazete und natürliche suavitas Catulls der bissigen und geschraubten argutia Martials vor. Sehen wir nun im Weiteren, wie er sich den beiden Dichtern als Praktiker genähert hat. III Das Epigrammbuch Murets zerfällt in zwei ungleich gewichtete Teile. An die Spitze ist eine Gruppe von 15 Liebesgedichten gestellt, in deren Mittelpunkt die schon in den Elegien besungene Margarete steht. Gerahmt und so als Zyklus kenntlich gemacht werden die Margarete-Gedichte durch Epigramme, die an Murets Patrone Julius Caesar Scaliger ( Epigr. 1, 18-20) und Antonio de Gouvéa ( Epigr. 2) gerichtet sind. Es folgen im zweiten Teil 87 Stücke, die das Liebesthema nur noch gelegentlich aufgreifen und vorwiegend die gängigen nicht-erotischen Inhalte epigrammatischer Dichtung behandeln. Leroux hat im Anschluss an Trinquet die Auffassung vertreten, dass die Sonderstellung der erotischen Gedichte zu Beginn auf eine frühe Entstehung in Form eines gesonderten Zyklus hindeute, der sodann unverändert Eingang in den weiteren Bezugsrahmen der Sammlung fand. 24 Diese Hypothese mag durchaus Richtiges sehen, doch dürfte die eigenartige Form der Großgruppierung von weiterreichender Signifikanz sein. Es drängt sich der Eindruck auf, Muret habe versucht, die Makrostruktur der Gedichtsammlung Catulls nachzubilden, wo Lesbia und die eher sentimental-tiefgründige Behandlung des Liebesthemas bekanntermaßen ebenfalls stark die Eingangspartie beherrschen. 25 Man kann diese Vermutung vielleicht durch einen Blick auf die Ge- 23 Scaliger, Poetices libri septem , 171. 24 Leroux 2009, 405-406; vgl. Trinquet 1965, 275. 25 Lesbia sind unter den einleitenden Gedichten 2, 3, 5, 7, 8 und 11 gewidmet - eine ähnliche thematische Konzentration auf die Geliebte lässt sich in den sog. Polymetra späterhin nicht mehr feststellen. Durch den Zyklus versteht der Leser „von Beginn an, was Lesbia für Catulls Lyrik bedeutet, und mit diesem Wissen kann er dann später, wenn die weiteren Lesbiagedichte nicht mehr in einer zeitlichen Reihenfolge stehen, für sich selbst jedes Gedicht in einen allgemeinen Geschehenszusammenhang einreihen“ (Syndikus 2001, 61). Es verdient Beachtung, dass auch die sog. Epigramme mit mehreren Lesbia-Gedichten (70, 72, 73, 75, 76) beginnen. Catullisches und Martialisches in Murets Epigrammen 43 dichtzahl erhärten. Die Sammlung Murets umfasst insgesamt 107 Epigramme, was wiederum fast exakt der Gesamtzahl catullischer carmina entspricht, wenn man die nicht als epigrammatisch anzusehenden Gedichte 61- 68 aussondert und die traditionelle Zählung der Ausgaben zu Grunde legt (108). Nun wissen wir leider nicht genau, welche konkreten Vorstellungen von der Gestalt des Catull-Textes sich Muret im Jahr 1552 gemacht haben mag, als er sein Epigrammbuch für die Publikation zusammenstellte und am Pariser Collège de Boncourt seine gefeierten Kurse hielt. 26 Wenig später wird er jedenfalls in seinem Catull-Kommentar, den man ganz überwiegend als Frucht der Pariser Vorlesungen anzusehen hat, 27 von 107 epigrammatischen Catull-Gedichten ausgehen: Zwar finden nur zwei der später durch Lachmann wieder ausgesonderten Priapeen ( c . 17-19) Eingang in den Text, 28 doch werden die Verse 9-15 von c . 28 im Anschluss an ältere Ausgaben ganz selbstverständlich als ein eigenständiges Gedicht behandelt. 29 Außerdem hält der Herausgeber die Verse von c . 54 für fragmenta diversorum epigrammatum . Manches spricht mithin dafür, dass Muret sowohl mit der Gesamtzahl der Epigramme als auch der blockhaften Positionierung der Margarete-Gedichte den Anschluss an Catulls Gedichtbuch gesucht hat. Ansonsten scheint sich die Disposition in eher konventionellen Bahnen zu bewegen. Sie wird in hohem Maße vom Gesetz der variatio beherrscht: Ein umfassendes, weit ausgreifendes Ordnungsprinzip ist jedenfalls nirgends zu erkennen. 30 Beherrschend sind thematische Variantenpaare, die nicht nur in Eng-, sondern auch in Sperrstellung auftreten 31 und gelegentlich nach dem 26 Zu diesen Veranstaltungen vgl. Gaisser 1993, 149. 27 So auch Morrison 1963, 25; Mehnert 1970, 84-85; Leroux 2009, 19. 28 Die Priapea Nr. 85 und 86 Buecheler erscheinen in Murets Catull-Ausgabe erstmals als c. 17 und 18, ohne dass die Zuschreibung an Catull näher begründet würde. Der Herausgeber beruft sich etwas nebulös auf die Autorität von nonnulli eruditi homines , wobei er vor allem an Paulus Victorius denken dürfte, der bereits in seinen Variae Lectiones das Priapeum Nr. 86 Buecheler für catullisch erklärte; zur Sache eingehend Gaisser 1993, 166-167. Cat. Frg . 1 (b. Terentianus; vgl. GL VI, 406 Keil) wird im Kommentar zitiert, aber nicht in den Text aufgenommen. 29 Hierzu Gaisser 1993, 159. 30 Vgl. Leroux 2009, 410. 31 Gedichtpaare: 24/ 25: Spott über den pathicus Lygdus; 26/ 27: Nymphomanie der Porna; 30/ 31: Ponticus als Literat; 33/ 35: Lob Scaligers; 37/ 38: „Dreigestaltige“; 43/ 44: Der Epikureer Ponticus/ Lob maßvoller Lebensführung; 48/ 50: Freundschaftsbeteuerungen an Laccius und Costecaudus; 51/ 55: Unzucht des Klerus; 56/ 58: Gelage; 64/ 82: Der Trinker Pontilianus; 66/ 67: Satire auf Faulpelze; 69/ 70: Satire auf Nasen; 73/ 74: Gegen Fresser; 79/ 80: Virro - Poet aus Anmaßung/ Paulus’ dunkle Gedichte; 85/ 86: Lob der Hl. Katharina; 87/ 88: apologia pro opere suo ; 89/ 90: Schlechte Künstler; 100/ 101: Selbstmord der Phaedra und des Brutus; 101/ 102: Tod republikanischer Helden (Brutus und Cicero); 104/ 105: Murets Geschenke; 104/ 106: Wintergedichte. Ferdinand Stürner 44 Schachtelungsprinzip weitere zusammengehörige Gedichte umschließen. 32 Daneben lassen sich einige kurze Reihen finden, welche bald geschlossen stehen, 33 bald die gesamte Sammlung durchziehen. 34 Atmosphärisch sorgt Muret durch den stetigen Wechsel von skoptischen und nicht-satirischen Gedichten für Abwechslung und sucht bisweilen auch den scharfen Kontrast. 35 Es ist klar, dass der Dichter derartige Dispositionsstrategien der geordneten Vielfalt aus den Büchern Catulls und Martials gleichermaßen kannte und sie - wie viele Zeitgenossen - in freiem Spiel auf sein eigenes Werk übertrug. 36 Dabei mag er nicht zuletzt an Martials ausdrückliche Warnung vor einem liber aequalis , einem allzu ebenmäßig komponierten Epigrammbuch, gedacht haben. 37 IV Obwohl sich Murets Epigrammbuch der äußeren Anordnung nach also als liber Catullianus präsentiert, bewegt sich die unmittelbare Catull-Nachfolge doch in engen Grenzen. Fraglos sind viele Gedichte geeignet, die Stileigenschaften der suavitas und des lepos zu repräsentieren, welche die zeitgenössische Theorie mit Catulls Epigrammatik in Verbindung brachte. Jedoch zeigen nur wenige Stücke die typischen Merkmale des „catullischen“ Stils der Renaissance. 38 Metrisch dominiert bei Muret stark das elegische Distichon, das catullische Maß schlechthin, der Hendecasyllabus, bleibt auf 7 Gedichte beschränkt (8, 10, 25, 32, 39, 50, 102), die auch sonst als die zentralen loci Catulliani in Erscheinung treten. Insbesondere hier sind die oft beschriebenen Eigenheiten des catullischen Stils der Zeit anzutreffen - Diminutive, Parallelismen, Ausrufungen und verschiedene Klangspiele. Zu der catullischen Gestaltung fügen sich zumeist catullische Inhalte oder wenigstens inhaltliche 32 29/ 32: Enkomien - 30/ 31: Der Poetaster Ponticus; 60/ 65: Lob der virtus - 61/ 64: Dichter mit sittlichem Makel - 62/ 63: Sexuelles; 94/ 99: Schlechte Dichter - 95/ 98: Geschenke des Paulus. 33 83-86: „Philosophische“ Epigramme; 32-36: Lobgedichte an Freunde und Gönner. 34 Scaliger: 1, 18-20, 33, 35, 93; Fatum und Fortuna: 68, 83, 91; Ponticus als Dichter und Literat: 30, 31, 43, 61; Heroes: 42, 100, 101, 103. 35 So wird beispielsweise mit Epigr . 102 eine scharfe Invektive in den Zyklus über Selbstmorde historischer und mythologischer Persönlichkeiten (100-101; 103) eingeschoben. 36 Zu Variantenpaaren und Variantenreihen bei Martial und Catull vgl. z.B. Scherf 1998, 131-133 und Barwick 1958; zur Verschachtelungstechnik Scherf 1998, 131 und Syndikus 2002, 62; zum Wechsel skoptischer und nicht-satirischer Gedichte Berends 1932, 63. 37 Vgl. 7, 90, 4: aequalis liber est, Cretice, qui malus est. Ähnlich 10, 59. 38 Zu diesem Stil, seinen Merkmalen und seiner Evolution eingehend Ludwig 1989; Gaisser 1993, 211-254. Catullisches und Martialisches in Murets Epigrammen 45 Anklänge an Catull; die Technik der imitatio wird durch zahlreiche Übernahmen aus der catullischen Dichtungstradition des Humanismus bestimmt. In den Epigrammen 8 und 10 nimmt Muret - wie schon in seinen Elegien ( Eleg . 6 und 8) - die verbreitete Mode catullisierender Kussgedichte auf, in 32 preist er die Qualitäten der catullischen Dichtung eines Bekannten, bei 50 handelt es sich um eine catullisch getönte Freundschaftserklärung, 39 und mit 39 wird das - wenigstens im Ursprung - catullische Thema vom Unterschied zwischen Dichtung und Leben aufgegriffen. Unter den übrigen Stücken erinnern an Catull vor allem die Epigramme 28 und 51. Im einen Fall liefert Muret eine Variation über das Thema von c. 6 und enttarnt scherzhaft die Amouren eines Freundes, im anderen wird der berühmte Schlussgedanke des Attis- Gedichts ( c. 63) als Pointe genutzt und in den Bezugsrahmen zeitgenössischer Klerus-Satire integriert. Epigr . 10 nimmt insofern eine Sonderstellung ein, als die direkten Übernahmen aus Catull hier so dominant zum Tragen kommen wie in keinem anderen Gedicht der Sammlung. Wie bereits die einleitenden Hortative ( ludamus, mea Margari, et iocemur ) signalisieren, ist Murets Ausgangspunkt das so häufig imitierte c. 5. Freilich stellen die basia des Franzosen, von deren fortdauernder Popularität nicht zuletzt eine ehrenvolle Erwähnung bei Paul Fleming zeugt, 40 eher eine „Erinnerung“ an das römische Vorbild als eine echte imitatio dar. 41 Muret hat Catulls knappe Bitte um basia gewaltig verbreitert und die lose Struktur von c. 5 in einen einwandfrei symmetrischen Aufbau überführt. Zwei Rahmenteile zu jeweils fünf Versen (1-5; 28-32) sind mit kurzen Überleitungen (6-8; 25-28) um einen ausgedehnten Mittelteil gruppiert (9-24). Mit c. 5 hat diese Komposition nichts gemein - catullisch wirkt sie gleichwohl, weil Anfang und Schluss des Epigramms in einer von Catull besonders geschätzten Manier durch refrainhafte Wiederholungen aufeinander bezogen erscheinen. 42 In den beiden rahmenden Partien wird Catulls Aufforderung, angesichts der Kürze menschlicher Existenz Liebe und Leben zu genießen, mit geschickter, aber eigenwilliger Hand variiert. Das Motiv der Vergänglichkeit, das in c. 5 den Eingang bildet, begegnet bei Muret erst ganz am Schluss (29-31) und erhält so deutlich weniger Gewicht. Verbindet der römische Sprecher sein carpe diem zudem mit dem Hinweis 39 Die Schlussverse ( tanto ut sim ipse miserrimus malorum , / quanto tu unus es optimus bonorum ) lassen Catulls an Cicero gerichtetes c. 49 anklingen (vgl. 6-7: tanto pessimus omnium poeta, / quanto tu optimus omnium patronus ), das Muret anders als spätere Interpreten offenbar nicht ironisch auffasst: vgl. Muret, Catullus , 56r°. Auf zusätzliche Ähnlichkeiten mit c. 45 weist Summers 2006, 156 hin. 40 Vgl. Silv . 8 ( Suavia ), 13, 7 (= Fleming 1863, 118). 41 So bereits Ramminger 1937, 96. 42 Vgl. 1/ 28: ludamus, mea Margari, et iocemur ; 5/ 32: ludentes simul, et simul iocantes / pro ludisque iocisque . Eine entsprechende Verknüpfung von Anfang und Schluss findet sich bei Catull c. 16, 36, 52, 57, 112; vgl. Bardon 1943, 11-13. Die Technik ist freilich auch Martial und den Dichtern der Anthologie geläufig (Siedschlag 1977, 123-124). Ferdinand Stürner 46 auf die nox perpetua , zeigt sich sein Pendant bei Muret weniger sentimental und ermahnt Margarete, der bevorstehenden senectus zu gedenken. Catulls melancholisches memento mori erscheint so nicht nur zum alternativen Vergänglichkeitstopos des memento senescere abgeschwächt, 43 sondern wird durch den Hinweis auf den beim Küssen hinderlichen Altershusten (31: tussis mala ) sogar regelrecht humoristisch transformiert. Hierzu passt nur, dass der bei Catull wehmütig konstatierte Unterschied zwischen der ewigen Wiederkehr des Tages (4: soles occidere et redire possunt ) und dem kurzen Leben der Menschen (5: brevis lux ) bei Muret ebenso wenig anklingt wie das Thema der gestrengen senes (2), das auf einen Konflikt zwischen dem Lebensentwurf des poeta amator und dem traditionellen Wertekanon verweist. Das Sonnen-Motiv und die Hell-Dunkel-Metaphorik des Vorbilds 44 werden vielmehr in den Versen 2-4 in einen ganz anderen Kontext übertragen: Das Dichter-Ich wünscht sich, sowohl beim Aufgang als auch beim Untergang der Sonne in den Armen Margaretes zu liegen. An diesen Gedanken anknüpfend erweitert Muret im Mittelteil des Gedichts die catullische Bitte um möglichst zahlreiche Küsse zu einer eingehenden erotischen Träumerei (6- 27). Die Idee, einen eigentlichen Dialog zwischen den beiden Liebenden zu gestalten, mag er Catulls c. 45 verdanken, wo Septimius und Acme das Liebesspiel unterbrechen, um sich wechselseitig ihrer Treue zu versichern. Im Unterschied zu Catull schafft Muret freilich eine Szene von sinnlicher und verspielter Eindeutigkeit. Es ist eingehend die Rede vom Spiel der Zungen beim Kuss (13-14), von den schwellenden Brüsten der Geliebten (20-23), schließlich von den tastenden Fingern des Liebhabers (23-24). Muret hat, so wird man festhalten dürfen, in seiner Variation über Catulls basia -Gedicht die erotischen Aspekte des Kussthemas dezidiert in den Vordergrund gestellt. Die dunklen, melancholischen Seiten des Vorbilds sind zu Gunsten eines heiteren, spielerischen Duktus beseitigt. Mit solchen gestalterischen Tendenzen bewegt sich Muret in den traditionellen Bahnen catullischer Renaissancelyrik, die einen Hang zu expliziter Erotik von ihren italienischen Anfängen an deutlich erkennen lässt. 45 Muret macht keinen Versuch, seinem antiken Modell möglichst nahe zu kommen, sondern rückt es in den weiteren Kontext der catullischen Dichtungstradition. Die Anklänge an Catull verbinden sich dementsprechend durchweg mit Reminiszenzen an die catullisch inspirierte Dichtung der Epoche. So kennen bereits die italienischen Archegeten der basia -Tradition, Pontano und Sannazaro, die eingehende, physiologisch gefärbte Kussbeschreibung 46 oder das 43 Seine Geschichte in der antiken Literatur beleuchtet Ramminger 1937, 14-28. 44 Zu ihr treffend Syndikus 2002, 94. 45 Hierzu etwa Gaisser 1993, 217. 46 Vgl. z.B. Pontano, Am. 1, 14, 10-15 (1514, 18v°); Sannazaro, Epigr. 1, 6, 9-16 (2009, 258). Catullisches und Martialisches in Murets Epigrammen 47 Motiv der Brustberührung. 47 Mit der Idee, an die Stelle der perpetua nox Catulls die senectus zu setzen, mag Muret vor allem Salmon Macrin, dem viel bewunderten Mentor der Brigade, Tribut zollen, 48 dem er auch den in passender Weise spielerisch klingenden Auftakt seines Gedichts verdankt. 49 Reden sich die Liebenden mit den Kosenamen passer und columbulilla an, klingen weitere beliebte, erotisch konnotierte Motive catullisierender Dichtung auf. 50 Vergleichbare Apostrophen finden sich nicht nur bei Marullus, dessen poeta amator seine Geliebte Neaera als passerculus und turturillus tituliert, 51 sondern ebenso bei Johannes Secundus, der den turturillus Marullos in seinem Basium 8 (35) zitiert und auch sonst Spuren in Murets Epigramm hinterlassen hat. 52 Die mannigfaltig vernetzten Anleihen fügen sich zu einem puzzlehaften Ganzen, das in seiner Konzentration auf erotische Aspekte einen eher sensualistischen Typus des renaissancezeitlichen Kussgedichts repräsentiert. 53 Die neoplatonistisch getönte Vergeistigung und die musische Überformung des Kussmotivs haben in der Komposition keinen Platz gefunden, weshalb sie Catull wiederum näher steht als ein Großteil der zeitgenössischen Produktion. In seinem heiteren Duktus bildet das Epigramm so einen wohl berechneten Kontrast zu dem zweiten Kussgedicht der Sammlung ( Epigr . 8), 47 Vgl. z.B. Sannazaro, Epigr. 1, 6, 21-22 (2009, 258). 48 Vgl. Macrin, Carm. 3, 6 (1530, 42r°). Die Wendung findet sich aber u.a. auch bei Johannes Secundus, Basium 16, 41-44 (1996, 64). 49 Vgl. Macrin, Carm. 1, 9, 6 (1530, 28v°): ludamus simul, et simul iocemur ; zur Sache Leroux 2009, 427. Den Vers imitiert in einem Kussgedicht an seine Sabina auch Étienne Pasquier ( Epigr. 1, 76, 4 [1585, 57r°]). 50 Martial bringt in zwei Epigrammen (1, 7 und 7, 14) Catulls passer mit der columba seines Patrons Stella in Verbindung, der Gedichte in catullischem Stil verfasst. Von da an sind beide Tiere als symbola salacitatis fester Bestandteil der Bildsprache catullischer Dichtung: zu den Einzelheiten vgl. die eingehende Diskussion bei Gaisser 1993, 236-254. Murets doppelter Diminutiv columbulilla (17) entspricht besonders den klanglichen Erfordernissen des catullischen Stils. Ruhnken meint wohl zu Recht: hoc Muretus ipse sibi videtur finxisse (Muret 1834, Bd. 2, 274) . Die Form findet sich später auch bei Philippus Pareus (vgl. Pareus, Anacreon , Melos 1 [1615, 101]). 51 Marullo, Epigr . 1, 2, 2; den dritten Vers des Epigramms ( meum mel, mea suavitas, meum cor ) zitiert Muret in Vers 18 fast wörtlich; vgl. Leroux 2009, 152 (Apparat). In seinem späteren Catull-Kommentar hat sich Muret heftig gegen Polizianos einflussreiche Deutung des catullischen passer als Allegorie für das membrum virile zur Wehr gesetzt (vgl. Muret, Catullus , 2v°-3r° zu Poliziano, Miscell. Cent. 1, 6: Quo intellectu passer Catullianus accipiendus ). Die Gestaltung des gängigen Motivs lässt folgerichtig einen entsprechenden Nebensinn nicht erkennen. 52 Leroux 2009, 429 Anm. 83 führt zu den Versen 23-24 eine Stelle in Secundus’ Epithalamium (117-120) an. Man vergleiche außerdem Vers 10 bei Muret ( vibrans improbulam subinde linguam, et ) mit Basium 5, 7 ( et linguam tremulam hinc et inde vibras ; [1996, 18]). Eingehend zu Muret und Johannes Secundus vgl. den Beitrag von Leroux in diesem Band. 53 Einen nützlichen Überblick über das Material bietet u.a. Gooley 1993. Ferdinand Stürner 48 mit dem Muret an seine basia -Elegien (6 und 8) anknüpft und demonstriert, dass er sich auch auf eine eher tiefgründige und sentimentale Behandlung des Themas versteht. Der Kuss wird hier wie schon bei Johannes Secundus zu einem Sinnbild für die Unerreichbarkeit einer vollkommenen Verschmelzung der Liebenden. 54 In seiner Dezenz ist dieses Gedicht typischer für Murets erotische Epigrammatik als sein unmittelbares Gegenstück, das freilich bei aller Sinnenfreude eine gewisse Reserve ebenfalls nicht vermissen lässt. Zwar ist die beschriebene Situation eindeutig, doch handelt es sich in letzter Konsequenz lediglich um das Wunschdenken, um eine erotische Phantasie des Sprechers (ähnlich dem Somnium in Epigr. 7). Muret trägt mit seiner Gestaltung nicht nur den moralischen Bedenklichkeiten seiner Zeit Rechnung, sondern setzt auch zwei fest etablierte Paradigmen catullischer Dichtung in einen spannungsvollen Dialog: Die laszive Gespielin Pontanos ist in seiner Margarete ebenso präsent wie Marullos unerreichbare Geliebte. Im Zyklus der erotischen Gedichte kommt Epigr . 10 besondere Bedeutung zu. Es ist nicht nur das bei weitem längste Stück der Serie, sondern auch deren genauer Mittelpunkt. 55 Letztlich dürfte es Muret darum gegangen sein, mit dem herausgehobenen Musterstück eine Selbstpositionierung vorzunehmen und sein epigrammatisches Dichten für Margarete dezidiert in die Nachfolge der Lesbia-Poesie Catulls und der ihr verpflichteten Dichtungstradition zu stellen. Das Gedicht verleiht dem erotischen Epigrammzyklus eine catullische Färbung, obwohl - oder eben weil - dieser im Einzelnen nur wenig Catullisches enthält. Muret hat auf der thematisch-motivischen Ebene keinerlei Versuche unternommen, Catulls sogenanntem Lesbia-Roman einen echten „Margarete-Roman“ an die Seite zu stellen. Wie überall in seinem Gedichtbuch bleiben direkte Anklänge an Catull selten, und die typischen Elemente des catullisierenden Stils spielen lediglich eine untergeordnete Rolle. Es dominieren kurze, distichische Kompositionen, in denen sich verbreiteter Mode entsprechend Anregungen aus der Griechischen Anthologie mit petrarkistischen Inspirationen verbinden. 56 Neben den Vertretern der Anthologie wirken vor allem die frühen römischen Epigrammatiker, die Elegiker und die Vertreter rinascimentaler Liebesdichtung nach. 57 Martial als Repräsentant von fel und argutia kommt erwartungsgemäß kaum zu Wort. Allerdings greift Muret in Epigr . 17, das den erotischen Zyklus beschließt und bereits zum Rest der Sammlung hinüberleitet, auf Martials Gedichte über eine Galla zurück, die trotz ständiger erotischer Avancen zögert, sich dem poeta amator hinzugeben. 58 Während nun Martial in den Galla-Epigrammen die pointiert- 54 Vgl. Leroux 2009, 151 Anm. 198. Vorbildhaft ist Secundus’ Basium 7. 55 Dem Epigramm gehen sieben Gedichte voraus (3-9), sieben weitere folgen (11-17). 56 Eingehend zu diesem Stil Laurens 1989, 376-389. 57 Vgl. hierzu den kenntnisreich zusammengestellten Quellenapparat bei Leroux. 58 Leroux 2009, 159 Anm. 213. Es handelt sich um die Epigramme 2, 25; 3, 51; 3, 54; 3, 90; 4, 38. Catullisches und Martialisches in Murets Epigrammen 49 spöttische Kürze sucht und sich in die Rolle eines überaus zielstrebigen Liebhabers begibt, der seiner Enttäuschung Luft macht, signalisiert der Sprecher bei Muret seiner Geliebten, dass seine Wünsche den ihren entsprechen, sie ihm aber entgegenkommen muss. Aus Martials Spottepigrammen ist bei Muret beinahe schon ein echtes Liebesgedicht geworden: Das martialische fel erscheint zu catullischem mel hin transformiert und souverän der Tonalität des erotischen Gedichtzyklus angepasst. Sorgt das Kussgedicht im Rahmen der abgegrenzten Gruppe erotischer Epigramme für color Catullianus , kommt eine ähnliche Funktion im Rest des Buches vor allem Epigr . 32 zu. Hier würdigt Muret in catullisierendem Stil eingehend die catullische Dichtung des François Moncaud, bringt aber zum Ausdruck, dass er dem Autor angesichts der Laszivität und erotisierenden Wirkung seiner Verse keineswegs die Behauptung abnehmen möchte, er sei ein tyro (26) in der Liebe. Natürlich lässt Muret damit das oft zitierte c . 16 anklingen, in dem Catull Polemik gegen den erotischen Charakter seines Schreibens zurückweist und den Unterschied zwischen Dichter und Dichtung, Erleben und Kunstgestalt betont: nam castum esse decet pium poetam / ipsum, versiculos nihil necesse est (5-6). Bereits Ovid und Martial haben den Gedanken aufgegriffen, um die erotischen Seiten ihres Dichtens zu rechtfertigen, 59 die Renaissance bildet ihn zu einem gerne bemühten Topos der Dichtungsapologetik fort: Auch Ronsard schickt seinem Livret de folastries (1553) das Catull-Zitat als Motto voran. Muret geht einen anderen Weg, kehrt das Motiv gewissermaßen um und stellt die gängige Unterscheidung zwischen Dichtung und Leben augenzwinkernd in Frage. Dem sog. Fiktionstopos setzt er die in der Antike offenbar sprichwörtliche und von Catull ironisch umspielte Auffassung entgegen, Stil und Rede seien eine getreuliche Abspiegelung des menschlichen Charakters (so z.B. Quint. 11, 1, 30: […] Graeci prodiderunt ut vivat quemque etiam dicere ). Nun hat es natürlich nie an Kritikern freizügiger erotischer Dichtung im Geiste Pontanos gefehlt, die das in c . 16 aufgestellte Postulat mehr oder minder grundsätzlich befehdeten. 60 Klar ist freilich, dass es eben darum bei Muret nicht gehen kann - im Gegenteil: Der Dichter bekennt offen, für die pruritus der Verse Moncauds empfänglich zu sein, und schlägt stilistisch eine entsprechende Tonalität an. Leroux meint, Muret belustige sich gerade über die moralischen Bedenken seiner Zeitgenossen und formuliere eine „plaisanterie qui utilise avec ironie le discours moralisant des censeurs“. 61 Dies ist sicher zutreffend, doch dürfte ein anderer Aspekt entscheidender sein. Dass die catullische Tradition den 59 Vgl. Ovid, Tr . 2, 351; Martial 1, 4, 8. 60 Vgl. Ludwig 1988, 181-182 und Gaisser 1993, 229-231 zur Haltung Battista Spagnolis und Michele Marullos. Interessant auch die Stellungnahme von Murets Patron Antoine de Gouvéa, der Epigr . 1, 4, 5-6 für sich selbst festhält: Namque satis fuerit caste vixisse tacentem: / scribenti non est vita pudica satis (1539, 6). 61 Leroux 2009, 418. Ferdinand Stürner 50 sogenannten Fiktionstopos keineswegs nur als Entschuldigung für Obszönitäten bemüht, hat Gaisser zu Recht hervorgehoben: „The Catullan denial could not answer serious moral objections, and no one expected it to. […] The real function of the excuse was literary. Throughout the Renaissance, it identified its user as a Catullan poet and a subscriber to the principles of Catullan poetry established by Pontano.“ 62 Indem Muret dem Freund Moncaud scherzhaft die Formelhaftigkeit seiner Entschuldigung vorhält, stellt er die eigene Vertrautheit mit den poetologischen Codes der catullischen Tradition unter Beweis und erhebt selbst Anspruch auf Catulls Erbe. Die kreative Umkehrung des gängigen Fiktionstopos erfüllt die gleiche autodefinitorische Funktion wie der Topos selbst und macht aus Epigr . 32 ein catullisches Gedicht par excellence . Um Kritik an einem überlebten locus communis catullisierender Dichtung dürfte es hingegen ebenso wenig gehen wie in dem thematisch eng verwandten, atmosphärisch aber kontrastierenden Epigr . 39. Polemisiert wird dort ganz offensichtlich nicht gegen die Verwendung des Fiktionstopos an sich, sondern gegen die Einfältigkeit eines Autors, der ihn übermäßig strapaziert und seine rein literarischen Funktionen nicht verstanden hat. V Epigr . 39 ist vor allem ein catullisches Gedicht. Jedoch verbindet sich in ihm das Thema catullisierenden Dichtens homogen mit der vor allem für Martial charakteristischen poetologischen Cato-Metaphorik (vgl. z.B. Mart. 1, praef.). Auch in Epigr . 32 hat Muret zahlreiche Anspielungen auf Martial eingewoben. 63 Catull und Martial erscheinen hier keineswegs als Antipoden; vielmehr wird Catull in einer für die Renaissance sehr typischen Weise gleichsam durch die Augen Martials gesehen. Freilich hat Martial für Muret nicht nur als unverzichtbarer Teil der catullischen Tradition Bedeutung. Ganz generell ist er sein wichtigstes epigrammatisches Muster. Martialisch dichten - das hieß nach den Vorstellungen der Renaissance vor allem, sich der epigrammatischen Typensatire auf menschliche Fehler und Gebrechen zu widmen. Muret hat auf diesem Gebiet viel getan. Fast die Hälfte aller Gedichte besitzt skoptischen Charakter. Allerdings verzichtet Muret im Unterschied zu vielen Zeitgenossen konsequent darauf, das Epigramm zum Werkzeug persönlicher Polemik zu machen. 64 Dies mag primär der natürlichen Vorsicht eines literarischen Debütanten geschuldet sein. Al- 62 Gaisser 1993, 228-229. 63 Zusammengestellt bei Summers 2006, 150 und Leroux 2009, 418. Vgl. zu V. 15 Mart. 12, 95, 2, zu V. 30 Mart. 1, 35, 14-15. 64 Aufschlussreich ist der Vergleich mit den Epigramm-Sammlungen von Bourbon 1533, Visagier 1537, Bèze 1548 oder Gouvéa 1539. Catullisches und Martialisches in Murets Epigrammen 51 lerdings entspricht der Verzicht auf die ad hominem -Attacke auch dem Grundsatz Martials, Fehler frei heraus zu benennen, Personen aber zu schonen (10, 33, 10: dicere de vitiis / parcere personis ). Durchgängig werden daher Decknamen verwendet, die zu einem großen Teil aus Martial entlehnt sind. 65 Hierin liegt natürlich ein dichterisches Bekenntnis: Muret will mit seinen skoptischen Epigrammen die Nachfolge des antiken Vorbilds antreten und seinem Buch insgesamt ein entsprechendes Kolorit verleihen. Martials Einfluss macht sich dementsprechend auch thematisch und motivisch überall bemerkbar. Von ihm übernimmt Muret die Figur des Vielschreibers Gaurus (72), 66 die allzu reichlich parfümierte Gellia (45) 67 und den verweichlichten pathicus Lygdus (24, 25, 54). 68 Unmittelbare Vorbilder gibt es ebenso für den unverständlich schreibenden Paulus (80), 69 den von seinem os impurum geplagten fellator Romanus (47) 70 und einen gewissen Rufinus, der seine Gäste zwar reichlich bewirtet, sie dafür aber mit schlechten Gedichten quält (90). 71 Die thematisch verwandte Attacke gegen lästige, weil omnipräsente Rezitatoren (94) amplifiziert ein berühmtes Epigramm Martials, 72 und auch Ponticus, der als Korrektor seinen Kunden aus Habgier nur Gutes sagt (30), ist offenbar durch eine gleichnamige Figur Martials inspiriert, die über ihre Gedichte vom Korrektor nur Gutes hören möchte. 73 Ponticus repräsentiert in Epigr . 43 außerdem den von Martial besonders geschätzten Typus des heuchlerischen Philosophen. 74 Freilich interessiert sich Muret nicht nur für Martials Typensatire. Sehr deutlich wandelt er auch mit seinen Geschenk- Epigrammen (75, 95, 98, 104, 105) auf den Spuren Martials, der das Thema in nahezu einem Viertel seiner Gedichte behandelt hat. 75 Die inhaltlichen Anklänge an das Vorbild gestalten sich bisweilen höchst subtil, da Muret nur selten einem exklusiven Modell folgt. So schildert er etwa in Epigr . 37 einen triformis , der drei Götter zugleich in seinem Körper trägt: Vulkan gleicht er wegen des Humpelbeins, Dionysos wegen der Alkoholfahne und Aeolus wegen der Pausbacken. Anregend auf die Gestaltung dürfte vor allem ein Epigramm der Anthologie gewirkt haben, das einer Statue gewidmet ist, wel- 65 So Galla, Lygdus, Ponticus, Rufinus, Gellia, Pontilianus, Paulus, Gaurus. 66 Mart. 9, 50 (vgl. Leroux 2009, 419). 67 Mart. 3, 55. Die Figur entfaltet ein reiches Nachleben im neulateinischen Epigramm: vgl. Summers 2006, 154; Leroux 2009, 437-438. 68 Mart. 11, 73; 12, 71 (vgl. Leroux 2009, 167). 69 Mart. 10, 21. 70 Mart. 2, 50. 71 Mart. 3, 45 und 50. Ähnlich A.G. 11, 137. 72 Mart. 3, 44. Wichtig als Vorbild natürlich auch Horaz, Ars 453-476. 73 Mart. 5, 63. 74 Die Pointe qui semper simulat, Pontice, non simulat weist dabei auf Mart. 2, 12, 4: Postume, non bene olet qui semper bene olet . 75 Der Wert bezieht natürlich den Sonderfall der Xenia und Apophoreta nicht mit ein: vgl. Spisak 1998, 243. Ferdinand Stürner 52 che die körperlichen Merkmale dreier Götter in sich vereint. 76 Jedoch erinnert das Thema „Drei in einem Körper“ auch an Mart. 5, 49, wo ein gewisser Labienus als dreigestaltiger Geryoneus verspottet wird, weil seine Glatze eine dreifache Haarlücke aufweist. 77 Muret lässt beide Vorbilder nachklingen, um doch eine Pointe von zeitgeschichtlicher Aktualität zu wagen. Das Gedicht, das im Pentameter in auffälliger Weise die trinitarischen Formeln umspielt, 78 dürften Zeitgenossen durchaus als witzig-ironischen Kommentar zu den heftigen dogmatischen Debatten der Reformationszeit verstanden haben. Unter den thematisch durch Martial beeinflussten Gedichten sind einige Epigramme poetologischen Inhalts von besonderem Interesse. Hatten bereits andere Autoren den sal im Anschluss an Martial 7, 25 als zentrale Eigenschaft guter Epigrammdichtung verfochten, 79 greift auch Muret dieses Thema auf. In Epigr . 64 wendet er sich gegen einen gewissen Pontilianus, dessen Epigramme vix umquam salsa erscheinen. Der Grund: Diluis haec nimio, Pontiliane, mero . Das Thema des fehlenden sal aus 7, 25 wird hier mit Elementen weiterer Martial-Gedichte vermischt: Einen Pontilianus verspottet Martial so in 7, 3 als schlechten Dichter, in Epigramm 12, 40 lässt er ihn als patronus dissolutus in Erscheinung treten und mala carmina rezitieren. 80 Jedoch ist es ein origineller Gedanke Murets, das Wein-Motiv ins Spiel zu bringen. Natürlich fehlt es in der Anthologie nicht an Epigrammen, die der inspirierenden Kraft des Weins gewidmet sind oder Dichter vorführen, welche seine berauschende Wirkung allzu sehr zu schätzen wissen. 81 Bei Muret geht es jedoch nicht um wohlfeile Alkoholiker-Satire. Im Anschluss an die Bildsprache der rhetorischen Theorie steht der Wein als poetologische Metapher für eine Diktion, die sich durch einen Hang zu übertriebenem Bombast auszeichnet und geschwollen wirkt. 82 Gegenüber Pontilianus macht sich Muret zum Anwalt stilistischer Zurückhaltung und variiert die gängige Forderung nach Witz und Pointe, indem er aufzeigt, dass eben diese Tugenden nicht zuletzt von der richtigen Sprachbehandlung abhängig sind. Das Ideal stilistischer Mäßigung wird auch in anderen Gedichten propagiert. In Epigr. 87 ist so ein wohl rein imaginärer Kritiker Zielscheibe des Spotts, der in seiner Ignoranz einen nicht übermäßig geschraubten Stil als allzu nüchtern und 76 A.G. 16, 234. Leroux zitiert zur Stelle die Epigramme A.G. 5, 94-95, wo die körperlichen Vorzüge der Geliebten mit jenen einzelner Göttinnen verglichen werden. Allerdings fehlt dort der satirische Ton, und auch der Gedanke der Dreizahl wird nicht ausgesprochen. Allgemein hat die Art des Vergleichs natürlich eine lange Tradition: vgl. so schon Od . 6, 149-152. 77 Sehr ähnlich 10, 83. 78 So Summers 2006, ad loc. 79 Beispiele nennt Leroux 2009, 420 Anm. 48. 80 Die Stellen führt auch Leroux 2009, 197 Anm. 276 an. 81 A.G. 9, 305; 11, 343; 13, 29. 82 Ps.-Longinus 3, 2 und 5; Cic. Orat. 99, Brut. 276 ; Quint. 12, 10, 73. Zum historischen Hintergrund der Stilmetapher O’Sullivan 1992, 117-118. Catullisches und Martialisches in Murets Epigrammen 53 trocken tadelt. An anderer Stelle wird wiederum gegen einen Paulus polemisiert (80), der so dunkel zu schreiben pflegt, dass er neben seinen carmina auch noch einen grammaticus übersenden müsste: Es ist klar, dass es sich bei dem Gedicht um eine recht getreue Nachahmung von Martial 10, 21 handelt, wo eine analoge Stellungnahme gegen obscuritas zu einer ähnlichen Pointe führt. 83 Der epigrammatische Feldzug gegen sprachlichen Schwulst lässt sehr an die im späteren Catull-Kommentar vertretenen Standpunkte denken. 84 Wie wir sahen, äußert Muret als gemäßigter Ciceronianer massive Vorbehalte gegen das inflatum et tumidum orationis genus der frühen Kaiserzeit. Das im Gegenzug entwickelte Ideal einer klassizistisch orientierten puritas , die sich von jedem Schwulst und jeder Dunkelheit freihält, vertritt er auch in seinen Epigrammen. Dass der Dichter seine stilistischen Vorstellungen als Theoretiker weitaus eher in den Gedichten Catulls als in jenen Martials verwirklicht sieht, hält ihn freilich keineswegs davon ab, sie in der Praxis in martialischer Form zu postulieren. Allzu verwunderlich ist das nicht, hat doch gerade Martial für die epigrammatische Dichtung immer wieder eine Diktion eingefordert, die den alltäglichen Gegenständen und der realistischen Ästhetik des Genus angemessen erscheint. 85 Martials Einfluss zeigt sich nicht nur im Thematischen und Motivischen. Auch die epigrammatische Technik Murets lässt durchweg Eigenheiten erkennen, die auf Martial weisen. Ausgesprochen viele Gedichte (etwa ein Drittel) entsprechen dem Typus des zweigliedrigen, pointierten Epigramms, den die zeitgenössische Theorie mit Martial in Verbindung zu bringen pflegte. Zuspitzung wird in manchen dieser Gedichte lediglich durch eine geistreiche, oft auffällig figurierte Schlusswendung ( sententia ) erzielt, so dass von einer Zweigliedrigkeit des Aufbaus nur in einem weiteren Sinne des Wortes gesprochen werden kann. 86 Daneben finden sich jedoch zahlreiche Beispiele für eine zweizügige Anlage, die Lessings berühmtem Konzept von „Erwartung und Aufschluss“ vollkommen entspricht. Im Dienst der spannungsvollen Zweiteilung steht bei Martial besonders häufig das Verfahren, im Eingang des Epigramms einen Erwartung weckenden Gegensatz anzudeuten oder auszuformulieren, der dann im Folgenden durch eine pointierte 83 Zum obscuritas -Problem in der antiken Theorie vgl. allgemein Fuhrmann 1966. Leroux 2009, 421 schlägt im Anschluss an Demerson vor, die Äußerungen Murets seien auf Ronsards Amours und deren notorische Dunkelheit zu beziehen. Der polemische Tonfall des Gedichts, das obendrein noch an den epigrammatischen Standard-Tunichtgut Paulus gerichtet ist, spricht in meinen Augen gegen diese Deutung. Eine durch Muret beeinflusste Variation über das wohl häufig imitierte Martial-Epigramm findet sich bei Étienne Pasquier, Epigr . 1, 83 (1585, 36r°). 84 Vgl. oben unter II. 85 Hierzu etwa Szelest 1986, 2590; Sullivan 1991, 73-74. 86 So z.B. 7, 23, 30, 38, 80, 96, 97. Ferdinand Stürner 54 Wendung entweder aufgelöst oder affirmiert wird. 87 In dieser Art hat Muret beispielsweise Epigr . 26 komponiert: Porna suis tantum, Memmi, substernit amicis! Verum: At nulli unquam Porna inimica fuit. Nur mit ihren Freunden treibt es, Memmius, Porna, die Hure! Wie wahr! Allerdings ist Porna - mit jedermann befreundet. Stücke vergleichbarer Anlage sind in der Sammlung zahlreich vertreten. 88 Besonders erinnern unter ihnen die Epigramme 11, 41 und 88 an die Art Martials, die in ihrem Gedankengang ( quod non sed ) ein von dem römischen Dichter geschätztes Schema des Aufbaus aufgreifen. 89 Neben der markanten Strukturierung in Gegensatz und Auflösung lassen sich hier und da auch andere für Martial typische Formen der Komposition beobachten: Zu verweisen ist insbesondere auf verschiedene Häufungsfiguren (Nebensätze, Wiederholung von Wörtern und Wendungen), 90 die Martial oft einer Zuspitzung des gedanklichen Ablaufs auf den Schluss hin dienstbar gemacht hat. Für die Gestaltung der finalen Pointen greift Muret auf ein reiches Arsenal rhetorischer Figuren zurück und zeigt sich eben jener Freude an der arguten Wendung durchaus nicht abgeneigt, die er im Catull-Kommentar Martial und seinen Zeitgenossen zum Vorwurf machen wird: Die von Leroux zusammengestellte Übersicht dürfte weitgehend für sich sprechen und braucht hier nicht weiter kommentiert zu werden. 91 Auf dem diffizilen Gebiet des epigrammatischen Witzes schließlich stellt Muret seine ganze Wandlungsfähigkeit unter Beweis und erprobt eine Vielzahl an komischen Verfahren. In der Nachfolge Martials steht er - wie viele Epigrammatiker der Epoche - vor allem mit seinen griechischen Wortspielen und einer dezidierten Vorliebe für die unterschiedlichen Typen des pointierten ambiguum , 92 eher unmartialisch wirkt dagegen der fast völlige Verzicht auf das Aprosdoketon. 93 Nicht alle Witzgedichte Murets wird man als geglückt empfinden, doch quält er den Leser selten mit faden Pointen. Dies vor allem deshalb, weil er nicht nur um ein möglichst gelehriges Abarbeiten der 87 Vgl. Siedschlag 1977, 69-85. 88 Vgl. z.B. 11, 22, 27, 39, 41, 43, 45, 53, 56, 62, 72, 75, 77, 88, 95. 89 Hierzu Siedschlag 1977, 65-67. 90 So v.a. 29, 43, 44, 46, 94. Eingehend zur Häufungsfigur bei Martial Siedschlag 1977, 39-55. An Martial erinnert auch die Technik der Fragen in 27, 49, 62 und 64: vgl. Siedschlag 1977, 19-28. 91 Leroux 2009, 422. 92 Das double-entendre ist ein Charakteristikum der Epigramme Martials: vgl. Prinz 1911, 84 und Siedschlag 1977, 90-91. Zu Martials griechischen Wortspielen zusammenfassend Sullivan 1991, 245-246. 93 Martial verwendet das Aprosdoketon wesentlich häufiger und geschickter als die Dichter der Anthologie : vgl. Prinz 1911, 85. Catullisches und Martialisches in Murets Epigrammen 55 rhetorischen Vorschriften über das ridiculum bemüht ist, sondern sich als ein sehr gründlicher Beobachter der komischen Strategien erweist, welche die antiken Muster und vor allem Martial zur Anwendung bringen. Ein gutes Beispiel hierfür ist Epigr . 24: 94 Ἱππεύειν Lygdus teneris dum discit ab annis, est simul et Chiron factus et Eurytion. Indem Lygdus reiten lernte von frühester Jugend an, wurde er Chiron und Eurytion zugleich. Der boshafte Nebensinn des Gedichts verbirgt sich hinter mehreren ambigua und muss vom Leser im Einzelnen erst erschlossen werden. Zentral für die komische Wirkung ist das Wortspiel mit den Namen der Zentauren Chiron und Eurytion, das Muret von Diogenes Laërtios zu entlehnen scheint. 95 In der Feststellung, der reitende Lygdus verkörpere beide Zentauren zugleich, liegt ein Widerspruch, kennt die mythologische Tradition Chiron doch als weisen Lehrer verschiedener Heroen, Eurytion hingegen als einen dem Laster und der Lust hingegebenen Raufbold. Des Rätsels Lösung ist, dass der Name Chiron in seiner griechischen Form (Χείρων) auch als Komparativ verstanden werden kann und dann „moralisch schlechter“ bedeutet. Das double-entendre im Pentameter wird wiederum durch eine weitere Doppeldeutigkeit im exponierenden Hexameter vorbereitet, wo ἱππεύειν sowohl in wörtlichem als auch in übertragen-obszönem Sinne aufzufassen ist. Die Verwendung des griechischen Verbums an Stelle des lateinischen equitare geschieht dabei wohlüberlegt. Eben durch den Gräzismus wird der Leser angeregt, nach weiteren griechischen Doppeldeutigkeiten zu suchen, den lateinischen Namen Chiron zu gräzisieren und so die Pointe des Epigramms zu enträtseln: Durch sexuellen Umgang, so versteht er, wird Lygdus verdorben und zu einem wahren Eurytion. Das fraglos virtuos komponierte Gedicht zeigt - weit über die äußere Ähnlichkeit mit Stücken wie Mart. 3, 67; 3, 78 oder 7, 57 hinaus - vollkommene Anverwandlung martialischer Technik. Von Martial konnte Muret nicht nur lernen, dass ein ambiguum besonders wirkungsvoll gerät, wenn man es verrätselt und seine Entschlüsselung bis zu einem gewissen Grad der Boshaftigkeit des Lesers überlässt. 96 Auch für die Lenkung der Entschlüsselung durch die Konstruktion von Widersprüchen 97 oder die glossierende 94 Wir besprechen es hier etwas ausführlicher, da die knappen Bemerkungen bei Summers 2006, 147 und Leroux 2009, 167 Anm. 227 nicht alle Aspekte hinreichend würdigen. 95 Leroux verweist auf Diog. Laert. 6, 59. Sehr ähnlich jedoch auch 6, 51. 96 Das Rätselambiguum diskutiert als besondere Errungenschaft Martials Siedschlag 1977, 90. 97 Vgl. z.B. Mart. 3, 80; 4, 34 Ferdinand Stürner 56 Einfügung weiterer ambigua 98 halten seine Epigramme Anschauungsmaterial bereit. So deutlich sich Muret nun thematisch und formal auf den Spuren Martials bewegt - im engeren Bereich des Sprachgebrauchs zeigt er sich erstaunlicherweise nur sehr wenig durch ihn beeinflusst. Dies offenbart vor allen Dingen das verwendete Vokabular, das kaum an die charakteristischen Präferenzen Martials denken lässt. Explizit obszöne Wörter und Ausdrücke, wie sie bei Martial im Anschluss an Catull so überaus häufig sind, 99 begegnen in Murets Epigrammen kaum. Von cunnus , mentula oder gar futuere ist nirgendwo die Rede, und jener enorme muto , den der unmoralische monachus in Epigr . 55 präsentieren darf, bildet als verbale Anzüglichkeit eine seltene Ausnahme. Der fast vollständige Verzicht auf obszönes Vokabular und die lasciva verborum veritas Martials ist umso bemerkenswerter, als Muret schlüpfrige Themen ja keineswegs vollständig ausklammert, sondern Sexuelles in mehreren Epigrammen geradezu genussvoll ausbreitet. Allerdings meidet er nicht nur die obszönen, dem Ideal der facetudo widerstrebenden Lieblingswörter seines Vorläufers, sondern hat auch für dessen sprachschöpferische Virtuosität offenbar keinen besonderen Sinn. Nach den zahlreichen hapax legomena Martials, nach den für ihn spezifischen Kolloquialismen, Vulgarismen und Barbarismen hält man bei Muret weitgehend vergeblich Ausschau. Natürlich kann sich der Neulateiner Umgangssprachlichem, Archaischem und Entlegenem nicht gänzlich verschließen, da die zeitgenössische Theorie stilistische Vielfalt geradezu als Wesensmerkmal des epigrammatischen Dichtens betrachtete. 100 Entsprechendes Material scheint ihm aber viel weniger als Martial zu liegen. 101 Der von Leroux zusammengestellte Quellenapparat vermittelt zudem den Eindruck, dass Muret auch mit konkret auf Martial weisenden Formulierungen und Junkturen eher zurückhaltend war. Der Befund passt fraglos gut zu den Vorbehalten, die Muret in seinem Catull-Kommentar gegen den in seinen Augen gleichsam hypertrophen Stil Martials äußert. Offenbar versuchte er, in seinen Epigrammen bei enger formaler Anlehnung an Martial doch jene sprachlichen Schwächen zu umgehen, die im Kommentar als typisch für die nachaugusteische Epoche gerügt werden. Martialimitatio scheint bei Muret bis zu einem gewissen Grad im- 98 Vgl. z.B. Mart. 9, 15. 99 Hierzu Sullivan 1991, 230-231. 100 Vgl. insbesondere Scaliger, Poetices libri septem , 170: [ Epigrammata ] tot verbis verborumque generibus, speciebus, formis, figuris, modis componuntur, quot sunt in quocumque linguae, nationis, populi, gentis ambitu genera, species, formae, figurae, modi verborum . 101 Durchweg ausgefallen ist nur das Lexikon von Epigr . 102, wo Muret freilich eher das Arsenal der durch Cicero stilistisch sanktionierten plautinischen Komödie plündert: vgl. insbesondere zu pabulum Charontis (5) Cas . 158; zu expeculiatus (11) Poen . 843; zu harpagare (13) Aul . 201; Bacch . 657; Pseud . 139. Catullisches und Martialisches in Murets Epigrammen 57 mer auch Martialcorrectio im Sinne eines eher klassizistischen Sprachideals zu sein. Die Tendenz zur Berichtigung Martials zeigt sich ganz besonders in Epigr. 80, in dem der Franzose, wie wir schon erwähnten, seinem antiken Vorbild so getreulich folgt wie sonst nirgends. Aufschlussreich ist ein Vergleich der Schlusspartien von Vorlage und Nachahmung. Obwohl sich Muret inhaltlich durchaus eng an Martials Pointe anschließt, hat er doch ihren rhetorischen Eklat deutlich reduziert und die gesuchte argutia des Vorbilds im Sinne des Stilideals der suavitas entschärft: Epigr . 80, 9-10: Errasti hoc tantum, quod mittens carmina, Paule, debueras una mittere grammaticum. Nur daran hast Du es fehlen lassen, Paulus, dass Du mit Deinen Gedichten einen Grammatiker hättest schicken sollen. Mart. 10, 21, 5-6: Sic tua laudentur sane: mea carmina, Sexte, grammaticis placeant, ut sine grammaticis. So mag man gerne Deine Werke loben: Meine, Sextus, sollen Grammatikern gefallen - doch ohne Grammatiker. Zwar adaptiert Muret die Wortwiederholung als die Pointe stützende Stilfigur, doch vermeidet er Paradoxie und versus echoicus und damit zugleich die gedrängte Zuspitzung auf den letzten Vers hin. Es fällt schwer, die Art der Umgestaltung nicht vor dem Hintergrund der Kritik zu interpretieren, die Muret in seinem Catull-Kommentar gegen die contortae sententiae des „neuen Stils“ der Kaiserzeit vorträgt. Seine vielsagende Neufassung des antiken Epigramms kommt einem poetologischen Bekenntnis gegen übertriebene argutia sehr nahe. VI Mit seinen Iuvenilia scheint Muret ein ehrgeiziges Ziel verfolgt zu haben. Viel spricht dafür, dass er für jede literarische Gattung unter Rückgriff auf die besten Vorbilder in Antike und Neuzeit ein ideales Muster entwickeln und damit in der Gelehrtensprache jene exemplarische Dichtung schaffen wollte, die sein Freund du Bellay in der Deffence für den Bereich der Volks- Ferdinand Stürner 58 sprache so nachdrücklich gefordert hatte. 102 Anders als es die harschen Worte des Catull-Kommentars erwarten ließen, stellt er sich auf dem Gebiet des Epigramms in die Nachfolge Catulls und Martials gleichermaßen. Er möchte dem Leser Epigrammatik im Geist des mel und des fel , der argutia und der suavitas gleichermaßen präsentieren und seine poetischen Fertigkeiten in allen Spielformen des Epigramms unter Beweis stellen. 103 Wenn allerdings Freunde und Verehrer Muret gerne als einen zeitgenössischen Catull verherrlichten und damit dem Gelehrten und seinen wissenschaftlichen Neigungen in besonderer Weise zu schmeicheln hofften, 104 bedarf diese Einschätzung mit Blick auf die Epigramme einer gewissen Einschränkung. So nimmt Catull unter den zahlreichen Quellen epigrammtischen lepos keineswegs eine besonders exklusive Stellung ein. Seine sehr persönliche Dichtung bot für thematische Entwicklung nur wenige Anknüpfungspunkte. Die exaltierte catullische Manier der Renaissance wiederum konnte einem eher klassizistisch denkenden Autor nur bedingt willkommen sein. So verlegt sich Muret vor allem darauf, durch das Arrangement der Gedichte und einige herausgehobene Paradestücke Anspruch auf Catulls Erbe zu erheben und seinem humanistischen sodalitium neoterisches Kolorit zu verleihen. Von größerer Bedeutung für die technische und thematische Substanz seiner Epigrammatik ist Martial. Auch ein Muret konnte sich der Attraktivität der besonders zur Imitation einladenden Verfahren Martials nicht entziehen - freilich mit gewissen Vorbehalten im Einzelnen: So sollen die Iuvenilia nicht zuletzt exemplarisch aufzeigen, wie man Martial folgen kann, ohne sich seine sprachlichen Fehler und stilistischen Schwächen zu Eigen zu machen. In Murets durchaus gespaltener Haltung zum Werk des Dichters spiegelt sich letzten Endes idealtypisch eine Konstante der frühneuzeitlichen Martial- Rezeption. So sehr Humanismus und Renaissance auch theoretisch gegen den Stil und den Humor des antiken Autors polemisierten - in der neulateinischen Dichtung konnte sich von solchen Debatten weitgehend unbehelligt seit jeher eine reiche Tradition der Martial-Nachfolge entfalten. 105 Sie legte den Grund- 102 In der Praefatio nennt Muret die französische „Reformpoesie“ Ronsards, Baïfs und du Bellays als vorbildhaft für seinen eigenen dichterischen Ansatz. Zu Murets Absicht, neulateinische Gattungsmuster zu schaffen, eingehend Leroux 2009, 482-486. 103 Dies könnte bereits durch die Widmung der Sammlung an Julius Caesar Scaliger und Antoine de Gouvéa zum Ausdruck gebracht sein. Hat Scaliger in seinen Nova Epigrammata von 1533 vorrangig den mit Catull assoziierten, lyrischen Typus des Epigramms gepflegt (seine Abneigung gegen das epigrammatische taxare hebt er auch in den Poetices libri septem , 171 hervor), widmet sich Gouvéa in seinen Epigrammen eingehend der Satire im Stile Martials, den er Catull bei weitem vorzieht (vgl. Epigrammaton libri duo , 3-4). 104 So preist Nicolas Denisot, der „ Comes Alsinous “, in einem Begleitgedicht Murets Epigramme als versus Catulliani (vgl. Leroux 2009, 34-35). Für Scévole de Sainte-Marthe wird der Ausspruch überliefert, Muret sei als Dichter tam Catullo similis quam ipse Catullus sibi (vgl. Summers 2006, XXV). 105 Dies hebt für das Quattrocento Hausmann 1972 nachdrücklich hervor. Catullisches und Martialisches in Murets Epigrammen 59 stein für jene Verschiebung der Präferenzen von catullischer suavitas hin zu martialischer argutia , die sich im Laufe des Jahrhunderts immer deutlicher bemerkbar machte. 106 Als Theoretiker steht Muret mit seinen Ansichten fest in der Tradition der frühen Renaissance; als Dichter schlägt er eine Brücke hinüber zu den argutia -Artisten und Martial-Verehrern des frühen Barock. Literaturverzeichnis Editionen und Kommentare sind durch einen Stern (*) bezeichnet. Bardon, Henri: L’art et la composition chez Catulle, Paris 1943. Barwick, Karl: Zyklen bei Martial und in den kleinen Gedichten des Catull, Philologus 102, 1958, 284-318. Berends, Herbert: Die Anordnung in Martials Gedichtbüchern I-XII, Diss. Jena 1932. *Bèze, Théodore de: Poemata, Paris 1548. *Bourbon, Nicolas: Nugae, Basel 1533. *Colletet, Guillaume: L’art poëtique, Paris 1658 [Genf 1970]. *Fleming, Paul: Lateinische Gedichte, ed. Johann Martin Lappenberg, Stuttgart 1863. 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Le Baiser et le Songe : enjeux intertextuels et génériques de l’imitation de Jean Second dans les Juvenilia de Marc-Antoine Muret Virginie Leroux (Reims) Dans le recueil des Juvenilia , paru en 1552, Marc-Antoine Muret exhibe ses liens avec les jeunes poètes de la Brigade dont certains formeront la Pléiade. 1 Dans la préface, il dénigre les poètes en langue vernaculaire qui ont longtemps écrit des ouvrages « tout juste bons à charmer les bonnes femmes oisives » (et de la part de Muret, il s’agit d’une critique particulièrement acerbe), pour mieux célébrer « Ronsard, Jean-Antoine Baïf et Du Bellay dont l’art semble déjà parvenu au sommet, ou sur le point d’y parvenir ». 2 C’est cette perfection que doivent viser les poètes néo-latins et Muret entend suivre les traces de Salmon Macrin et de Jean Dorat qui « qui seul, ou plus que tous, fera en sorte que la France n’envie plus à l’Italie ses Pontano, Actius, Molza et Flaminio ». 3 Si Muret met en relief la rivalité avec les poètes néo-latins Italiens, qui, pour des raisons géographiques et historiques, se proclament les successeurs privilégiés des poètes latins, le flamand Jean Second est particulièrement admiré des poètes de la Brigade. En témoigne notamment l’éloge qui figure dans une ode de Ronsard, dédiée à Nicolas Denisot : Jan Second, de qui la gloire N’ira jamais defaillant, Eut contre elle la victoire Par ces armes l’assaillant : Dont la main industrieuse, 85 Animoit peniblement 1 Voir Muret 2009, 262-269. 2 Muret 2009, 44-47. 3 Muret 2009, 47. Virginie Leroux 64 La charte laborieuse, Et la table egualement. Et duquel les baizers, ores Pour estre venuz du Ciel, 90 En ses vers coulent encores Plus doulx que l’Attique miel. 4 L’auteur des Basia devient ainsi un modèle incontournable au moment où se développe en France une écriture de la série qui incite les poètes érotiques à rivaliser dans l’imitation d’une même source. Alors que Du Bellay, pour se démarquer de la génération précédente, rejette les vieilles « épiceries qui corrompent le goût de notre langue » et remet à l’honneur les genres hérités de l’Antiquité, Muret propose un échantillonnage de poèmes appartenant à presque tous les genres poétiques. Il s’inscrit donc dans une réflexion contemporaine sur la taxinomie littéraire et répond par l’exemple à la nécessité de définir de nouvelles conventions esthétiques. Or, il s’inspire surtout de Second lorsqu’il cultive des sous-genres, non répertoriés dans les Poétiques humanistes, mais qui, au-delà d’une parenté thématique, présentent des caractéristiques communes fortes et tendent à transcender les distinctions génériques traditionnelles. C’est le cas des Baisers que constituent l’élégie 8 et l’épigramme 8, tous deux imités de Jean Second, mais aussi de l’épigramme 7, intitulée Somnium , dans laquelle Muret rivalise avec le Somnium que Second - ou ses frères - a inséré dans le premier livre de ses Elégies . Par l’étude de ces poèmes, il s’agira d’analyser les stratégies intertextuelles de Muret et de réfléchir à la spécificité des esthétiques élégiaque et épigrammatique, dont les frontières, labiles dès l’origine des deux genres, sont particulièrement difficiles à distinguer dans les recueils d’ Amores du Quattrocento, mais que les théoriciens humanistes définissent par des critères distinctifs. 5 La section élégiaque des Juvenilia mêle des poèmes méta-génériques qui définissent le code élégiaque ( recusatio des grands genres, refus du sérieux ou formulation d’un rêve pastoral) à un cycle de Marguerite qui reproduit un discours amoureux en se focalisant sur des thématiques héritées de l’élégie antique, en particulier la fides , tout particulièrement revendiquée par Properce, et qui constitue le thème de l’élégie 5, ou une rhétorique de la séparation et du désir, qui dans l’élégie 4 adopte la forme épistolaire et ressortit au genre de l’épître amoureuse illustrée par Ovide dans les Héroïdes . Or, le cycle de Marguerite intègre les tendances nouvelles de la poésie érotique humaniste, notamment le néo-catullianisme et le pétrarquisme, en particulier 4 Cinquième livre des Odes (1552), Ode 11, 81-92, éd. Laumonier. 5 Sur la confusion des deux genres chez les poètes du Quattrocento, voir par exemple Coppini 1988, 1-29 et Pieper 2008. L’imitation de Jean Second dans les Juvenilia de Muret 65 par le biais de deux exercices de style : une variation hydropyrique dans l’élégie 9 qui s’inscrit parmi les nombreuses imitations du Dizain de neige (dont une par Second) et le Baiser de l’élégie 8. Muret y concentre dans un poème de 18 vers, relativement court pour une élégie, tous les topoi du genre qu’il exploite selon une stratégie référentielle à laquelle il a souvent recours : il multiplie les renvois à ses contemporains, à Jean Second modèle du genre, et aux Italiens, comme Pontano, Sannazar ou Navagero, ses rivaux néo-latins, mais il signale aussi sa source antique, en l’occurrence Catulle. Pour pouvoir évaluer ce qui motive l’insertion de ce poème dans la section élégiaque du recueil, je vais d’abord examiner brièvement les Baisers insérés dans la section des Epigrammes . Le premier figure dans l’épigramme 8, imitée du Baiser 7 de Jean Second : Margaridi Dum te, Margari, basiare conor, Labris protinus inuident ocelli, Aspectuque tui carere nolunt. Quòd si contuitu beare ocellos Tentarim, labra protinus repugnant, 5 Quae ad sese iste tuus vocat, trahítque Candor, purpureo natans in ore, Ut ferrum Herculeus trahit lapillus. O vis eximiae superba formae, Quae me vel mihi dissidere cogit. 10 Pour Marguerite Quand je tente de t’embrasser, Marguerite, Mes yeux aussitôt sont jaloux de mes lèvres, Et, de te regarder, refusent qu’on les prive. Si par ta vue, j’entends les contenter, Voici qu’aussitôt mes lèvres se rebellent, 5 Elles sont appelées et attirées Par l’éclat qui flotte sur ta bouche pourpre, Comme le fer par la pierre d’Hercule. O pouvoir orgueilleux de la beauté parfaite, Qui me contraint au désaccord avec moi-même. 10 Cette épigramme, dédiée aussi à Marguerite - preuve que l’insertion au cycle de Marguerite ne constitue pas aux yeux de Muret un critère suffisant pour répartir ses poèmes érotiques -, imite le Baiser 7 de Jean Second, qui s’inspire d’un motif de la lyrique médiévale (le conflit des yeux et du cœur) pour développer l’opposition précieuse des lèvres et des yeux lésés par les baisers. Comme l’a montré Perrine Galand-Hallyn, le combat précieux met en valeur chez Second une impossibilité inhérente à la condition humaine, Virginie Leroux 66 celle de réaliser pleinement la fusion avec l’autre. 6 Chez Muret, le paradoxe s’inscrit parmi d’autres effets paradoxaux de la passion exploités dans le recueil des épigrammes : l’opposition du vent et du feu (épigramme 4), du froid et du feu (épigramme 5) et de l’eau et du feu (épigramme 13) ou encore l’incapacité de l’amant, qui ne peut ni parler ni se taire (épigramme 6). Du point de vue formel, Muret choisit l’hendécasyllabe phalécien et adopte la structure complexe de l’épigramme double, recommandée notamment par ses amis Antoine de Gouvéa et Jules-César Scaliger, 7 en exposant successivement la jalousie des yeux, puis des lèvres et en soulignant le paradoxe de ce déchirement interne par la sententia finale, dont la valeur expressive est assurée par l’apostrophe exclamative, imitée d’un autre Baiser de Second ( O vis superba formae ! , 8, 49). L’épigramme 10, en hendécasyllabes, aussi adressée à Marguerite, reprend au carmen 5 de Catulle le motif du compte des baisers, associé aux topoi érotiques du moineau et de la colombe et met en place une intertextualité complexe qui exhibe la rivalité avec les poètes néo-latins. 8 En écho à l’interprétation du moineau comme métaphore du sexe masculin, développée dans certains commentaires humanistes, 9 et à une veine gaillarde et assez crue de la poésie érotique humaniste, illustrée notamment par le Panormite, Muret accentue le caractère sexuel du motif (15-23) : Dehinc dices mihi, mi tenelle passer, 15 An non ipsa tibi vna sum columba ? Tua vna ex animo columbulilla ? Tuum mel, tua suauitas, tuum cor ? En me (nam tua sum) suauiare, En haec vbera iam retecta cerne, 20 Quae per te mihi primulùm tumescunt, Obiectam et sibi fasciam repellunt. Quò tu, quò modò, delicate, pergis ? Après quoi tu me diras : « Mon doux moineau, 15 Ne suis-je pas ton unique colombe ? L’unique colombelle de tes rêves ? Ton miel, ta jouissance, ton cœur ? Me voici, je suis à toi, embrasse-moi, Vois mes seins déjà dénudés 20 Qui par toi commencent à pointer Et repoussent le bandeau qui les maintient. 6 Voir Galand-Hallyn 2009. 7 Gouvea 1539, préface, 3-4 et Scaliger, Poetices libri septem 3, 125, 170A et B. Sur la théorie épigrammatique à la Renaissance, voir notamment Laurens 1986, 183-208. 8 Voir Muret 2009, 427. 9 Voir Politien, Miscellanea 1, 6 ad Martial, 11, 6, 14-17, cité par Gaisser 1989, 314. Sur la postérité de ce moineau, voir Laigneau 2005, 265-281. L’imitation de Jean Second dans les Juvenilia de Muret 67 Où vas-tu et comment, mon tout doux ? Où fourres-tu tes doigts trop effrontés ? » Dans l’épigramme, le baiser n’est que le prélude à des jeux plus hardis comme en témoignent enfin trois autres baisers épigrammatiques qui illustrent le motif de l’invite érotique. Les épigrammes 14 et 17 imitent respectivement un poème de l’ Anthologie grecque et une épigramme de Martial, deux sources génériques donc. L’épigramme 11 s’inspire d’une ode d’Horace ( carm . 1, 13, 15-16). Non content des baisers ou des mots doux de sa maîtresse, l’amant réclame la « quintessence du nectar de Vénus » ( aut nulla, aut quinta da mihi parte frui , 6). Par cette expression qu’il emprunte à l’ode 1, 13 d’Horace chez qui elle désigne la partie la plus savoureuse, la plus fine du nectar divin, Muret fait vraisemblablement référence aux gradus Amoris , aux cinq points de Vénus qui assimilent le cinquième point au coït. L’adaptation générique se traduit donc par une intégration au « lieu » épigrammatique de la requête érotique, illustré notamment par Marot. En quoi le Baiser de l’élégie 8 se distingue-t-il de ces Baisers épigrammatiques ? Les deux premiers distiques en expriment toute la sensualité par une comparaison topique avec le miel et l’ambroisie, héritée de Catulle et particulièrement cultivée par les poètes néo-latins : Basiolum blando tetulit mihi Margaris ore, Ambrosia, et dulci nectare dulce magis, Quale thymo aut casiae, verni sub primula Solis Lumina, cum blando murmure libat apis : De sa tendre bouche, Marguerite m’a donné un petit baiser, Plus doux que l’ambroisie, plus doux que doux nectar, Tel le baiser qu’aux premiers rais du soleil de printemps, L’abeille offre avec tendre murmure au thym ou au laurier. Par une stratégie référentielle que l’on pourrait qualifier de kaléïdoscopique, Muret emprunte sa formulation à une épigramme de Nicolas Bourbon, qui lui-même décalque la formulation du carmen 99 de Catulle : Ambrosia, et dulci nectare dulce magis / Basiolum, dulci nectare dulce magis . 10 Dulci reste à la même position métrique, mais à la structure en miroir de Catulle ( sauiolum dulci dulcius ambrosia ), les poètes néo-latins substituent une structure plus fluide et moins symétrique. Les vers 3 et 4 comparent le bisou ( basiolum ) de Marguerite au « baiser qu’aux premiers rais du soleil de printemps, l’abeille, avec tendre murmure, offre en libation au thym ou au laurier ». On songe à Pontano qui compare aux libations de l’abeille le miel que distillent les lèvres de Stella ( Parthenopeus 1, 11, 9-11), à Sannazar qui dans l’épigramme 1, 6 exploite à son tour la comparaison topique du baiser avec le miel et l’ambroisie, mais aussi à Jean 10 Bourbon, Nugae , 13, 2, éd. Laigneau-Fontaine, 240. Virginie Leroux 68 Second qui dans le Baiser 4 compare le baiser de Néère au nectar de la rosée et au miel que recueillent les abeilles de l’Hymette et qui, dans le baiser 19 demande aux abeilles de venir vers les lèvres de sa maîtresse assimilée à une fleur. Muret s’approprie le motif en mettant l’accent sur le « tendre murmure » de l’abeille ( blando et murmure étant mis en valeur de part et d’autre de la coupe), mimé par l’abondance de liquides et de nasales. Le vers suivant introduit un principe narratif : la fuite de Marguerite. Le motif est emprunté au Baiser 9 de Jean Second (15-20) et il est repris par Ronsard dans l’ode 2, 24, mais il illustre bien la dialectique élégiaque, décrite par Ovide, qui rappelle dans les Amours , que le désir s’avive quand il est contrarié. 11 Cependant, le poète retrouve Marguerite grâce à l’aide des torches fournies par Cupidon qui rappellent cette fois l’élégie 2, 9 de Properce dans laquelle le poète rencontre en pleine nuit une délégation de petits Amours, munis de torches, venus le chercher pour le compte de Cynthie. L’amant peut donc se réjouir de la possession de sa maîtresse, ce qu’il fait en imitant l’élégie 1, 10 de Jean Second : Iam te igitur rursus te teneo, formosula, iam te (Quid trepidas ? ) teneo : iam, rosa, te teneo. 12 Te teneo, mea Lux, Lux mea, te teneo. 13 On reconnaît, en effet, la répétition du verbe teneo qui chez Second confère réalité à la possession fantasmatique et onirique de la femme aimée. 14 Muret adapte sa source à son exercice de style par l’introduction du diminutif formosula , ressenti comme un procédé stylistique catullien, et par le vocatif rosa qui fait écho au motif du baiser comme libation de l’abeille et s’inscrit dans une topique de la femme-fleur, popularisée par Le roman de la rose et particulièrement chère aux poètes de la Pléiade. Suit au vers 14 le motif catullien de la requête et du compte des baisers, l’insistance sur le chiffre 9, formulée par le décompte 3 fois 3, provenant probablement du Baiser 9 de Second. Si l’imitation de Second est manifeste, jusque là, la spécificité du Baiser élégiaque n’apparaît pas très clairement. Elle se précise dans la fin du poème. Comme on l’a vu, la requête des épigrammes érotiques met l’accent sur une satisfaction sexuelle ; l’élégie insiste, en revanche, sur l’union des âmes (13-18): Dic age, num sentis animos concurrere nostros, Dum sibi dimidium quaerit vterque sui ? Sic age, sic, mea vita, animos iungamus vtrinque, 15 Nulla vt eos posit dissociare dies, 11 Amours 3, 4, 17 : Nitimur in uetitum semper cupimusque negata . 12 Muret, El. 8, 9-10. 13 Second, El. 1, 10, 24. 14 Voir Leroux 2008. L’imitation de Jean Second dans les Juvenilia de Muret 69 Quin tandem ambiguae post iura precaria lucis Vnicus è gemino spiritus ore fluat. Sens-tu, dis-moi, l’élan de nos âmes pour se joindre, Tandis que chacune recherche sa moitié ? Ainsi, ma vie, ainsi, unissons donc nos âmes, 15 De sorte qu’aucun jour ne puisse les séparer, Ni empêcher qu’après les lois précaires d’une vie dédoublée, De notre double bouche ne coule un souffle unique. L’union des âmes dans le baiser à été développée dans l’ Anthologie grecque (Ruffin 5, 14 : A. Pl. 7, 144 ; Platon 5, 78 = A. Pl. 7, 203 ; Méléagre 5, 171 = A. Pl. 7, 15) et dans la paraphrase latine d’un poème de Platon transmis par Aulu-Gelle (19, 11) et rapprochée par Nicolas James Perella 15 de la théorie ficinienne de l’ anima unica et de l’exposition de l’amour platonique par Pietro Bembo dans Le livre du Courtisan de Castiglione (4, 64) : si le baiser n’est pas autorisé dans l’amour sensuel, il l’est dans l’amour intellectuel puisque la bouche est la porte des mots et le passage des âmes. Chez les poètes érotiques humanistes, notamment Giovanni Pontano et Jean Second, la fusion des âmes prolonge la fusion des corps. Second constitue encore une fois le modèle de Muret qui semble transcrire les vers 21-22 du Baiser 13 : Donec, inexpleti post taedia sera furoris Unica de gemino corpore uita fluet. Jusqu’à ce jour lointain où, lassée de fureurs toujours inassouvies, De notre double corps fuira l’unique vie. 16 L’originalité de Muret est d’introduire une référence au mythe de l’androgyne, induite par le mot dimidium , allusion que confirme le commentaire du sonnet 17 des Amours : De ma fiere moitié] Cela aussi est pris de Platon, dans un dialogue duquel, qui se nomme Le banquet ou De l’Amour, Aristophane raconte, que les hommes etoient au commencement doubles, mais que Juppiter après les partist par le milieu : et que depuis un chacun cherche sa moitié. De la dit-il que l’amour procede. 17 En raison de cette référence sous-jacente au mythe de l’androgyne, l’adjectif ambiguae (17) doit être pris selon son acception étymologique ( ambo : deux). Le poète oppose le caractère précaire de l’existence « dédoublée » dans laquelle le couple originel est séparé à l’éternité de la fusion des âmes. Cepen- 15 Perella 1969, 158-174. 16 Traduction Perrine Galand-Hallyn pour l’édition des Œuvres complètes de Jean Second, à paraître à Genève. 17 Sonnet 17, 7 in Ronsard / Muret 1999, 36. Voir Platon, Banquet 189d-193d. On trouve aussi l’expression chez Pontus de Tyard, Erreurs Amoureuses 1, 47. Virginie Leroux 70 dant, dans une optique néo-platonicienne, l’expression ambiguae […] lucis , qu’il faudrait traduire par « une lueur trouble », peut aussi se comprendre en relation avec les ténèbres dans lesquelles Marguerite pensait pouvoir se cacher et par opposition à l’éclatante lumière qui accompagne la fusion éternelle des âmes. 18 Muret ne condamne pas le baiser sensuel, mais alors que dans l’épigramme il met l’accent sur son caractère sexuel, dans l’élégie, il met l’accent sur l’union des âmes et sur la fidélité : l’amant élégiaque ne recherche pas le plaisir sensuel pour lui-même, mais une fusion éternelle qui renoue avec l’unité originelle. Voyons maintenant le cas du Somnium , imité d’une élégie de Second et intégré dans la section des Epigrammes . L’élégie 1, 10 de Jean Second trouve parfaitement sa place dans le livre 1 des Elégies , consacré aux amours du poète avec une certaine Julie et qui présente l’originalité par rapport aux recueils d’amours antiques ou néo-latins de restituer une chronologie cohérente, puisqu’il s’ouvre sur le vœu de chanter Vénus et Cupidon (élégie 1) pour s’achever par l’Adieu à Julie (élégie 11) rendu nécessaire par l’apparition d’un rival dans l’élégie 7 et par le mariage de Julie, déploré dans l’élégie 8. Dans l’élégie 10, le poète éconduit congédie la tristesse, les lamentations et le souci et célèbre son triomphe, en des termes empruntés à Tibulle et à Ovide : grâce à Vénus, il possède de nouveau Julie, sans être gêné par des témoins (23-36): Iulia te teno, teneant sua gaudia divi, Te teneo, mea lux, lux mea, te teneo, Iulia te teneo, Superi teneatis olympum, 25 Quid loquor ? An vere Iulia te teneo ? Dormione ? an vigilo ? vera haec ? a somnia sunt haec, Somnia seu sunt, seu vera, fruamur age. Somnia si sunt haec, durent haec somnia longum, Nec vigilem faciat me, precor, ulla dies. 30 Et quicumque meo pones vestigia tecto, Parce pedum strepitu, comprime vocis iter, Sic tibi non unquam rumpant insomnia galli, Tardaque productae tempora noctis eant, Plurima cum rubris tibi gemma legetur ab undis, 35 Pactolique domus tota liquore fluet. 18 Kirk M. Summers préfère conserver le sens étymologique de precaria : « obtenu par la prière » et interpréter « lucis » en fonction des autres références du poème à la lumière, il traduit donc : « Instead, at long last, after the prayed-for right of waning light, / let one single breath flow from our twin mouths », 33. L’allusion au mythe de l’androgyne serait ainsi renforcée par l’union de la lune et du soleil à l’œuvre dans la lumière trouble de l’aube, Muret 2006, 49-50. L’imitation de Jean Second dans les Juvenilia de Muret 71 Ma Julie, je te tiens : que les dieux tiennent leurs plaisirs, Je te tiens, ma clarté, ma clarté, je te tiens, Ma Julie, je te tiens : tenez l’Olympe, dieux d’en haut. 25 Que dis-je ? Ma Julie, te tiens-je en vérité ? Je dors ? Je veille ? est-ce réel ou bien est-ce un songe ? Songe ou réalité, cédons à la jouissance ! Si c’est un songe, que ce songe dure longtemps, Qu’aucun jour ne m’éveille, je vous en conjure, 30 Et toi, qui que tu sois, qui poses tes pieds sous mon toit, Épargne moi leur bruit, garde ta bouche close, Qu’ainsi jamais les coqs tes rêves ne suspendent, Que s’étire le temps durant tes longues nuits, Tandis qu’en mer Rouge on cueillera pour toi mille perles 35 Et que l’eau du Pactole baignera ton toit. 19 Second s’inspire manifestement d’une épigramme grecque de Politien à qui il emprunte à la fois le motif de la jalousie des dieux et l’affirmation triomphale de la possession de l’aimé, exprimée par la répétition du verbe teneo , qui imite la répétition du verbe habeo dans la version latine de l’épigramme de Politien. 20 Mais il met en doute la réalité de cette possession et suggère qu’il rêve, ce que rien ne laisse supposer dans le début de l’élégie. Il renoue alors avec la riche tradition du songe érotique et son modèle est probablement le Lusus 19 de Navagero. Il s’agit d’une invocation au Sommeil, célébré pour avoir apporté au poète une Néère docile et qu’il invite à venir fréquemment le visiter. S’adressant à sa maîtresse, il conclut ainsi : At tu, proterva, quolibet fuge, eripe Complexibus te te meis : Si somnus iste me frequens reviserit, Tenebo te, invitam licet. 20 Quin dura sis, sis quamlibet ferox : eris Et mitis, et facilis tamen. 21 Mais toi, effrontée, fuis où tu veux, arrache-toi A mes étreintes : Si ce songe vient fréquemment me visiter, Je te possèderai, même malgré toi. 20 Bien que tu sois dure et féroce, tu seras A la fois douce et complaisante. 19 Notre traduction pour l’édition des Œuvres complètes dirigée par P. Galand-Hallyn, à paraître à Genève. Sur ce poème, on consultera Auhagen 2004, 89-101 et Leroux 2008. 20 Et non, Juppiter, invideas, et nemini ego inuideam. / […] / O dii, nempe te habeo, puer chare, certe te habeo ! / Certe te habeo meum amasium ; quot tolerans, / quanta passus, quanta faciens hoc praemium habeo ! , Epigramme 26, 2 et 8-10, éd. Isidoro del Lungo, 197. 21 Andrea Navagero, Lusus 19, 17-22, cité par Windau 1998, 154. L’édition princeps des Lusus est posthume et date de 1530. Voir l’édition critique de Wilson 1973 et l’article de Griffio 1977, 135. Virginie Leroux 72 Second fait sienne cette modalité optative et repousse indéfiniment le réveil. On songe à Ovide, qui, dans l’élégie 1, 13 des Amours , cherche à retarder l’Aurore pour jouir plus longtemps de sa maîtresse. Comme lui, Second fait le vœu d’un temps suspendu ( tardaque productae tempora noctis ), d’abord longtemps ( longum ), puis indéfiniment ( ulla dies ), cultivant une modalité onirique qui est celle des Héroïdes d’Ovide. Cependant, l’interrogation sur la réalité de la vision a probablement aussi une valeur métapoétique, en raison notamment de la parenté entre la phantasia à l’état de veille et la phantasia onirique. 22 La théorie antique et humaniste de l’enargeia s’est nourrie de l’explication psychologique du rêve, dans la lignée de Quintilien qui compare les visions des orateurs aux « songes que nous faisons en veillant » ( inst . 6, 2, 28-30), mais aussi d’Horace qui associe songe et création poétique à propos des œuvres mal construites ( ars 7-9). Ulrike Auhagen a ainsi souligné que de nombreux termes de l’élégie 1, 10 de Second avaient un double sens : c’est le cas de fingere (14), mais aussi de lusus (21-22) qui désigne fréquemment la poésie érotique. 23 Ainsi, lorsque Second se demande s’il dort ou s’il veille, il évoque peut-être l’écriture du « dormir-veille », à laquelle les théoriciens de la Renaissance associent l’imagination et la phantasia et une écriture proprement élégiaque du fantasme qui privilégie une modalité irréelle et renvoie à l’autonomie de la sphère poétique comme lieu d’expression de la subjectivité. 24 Muret exploite cette problématique mais en une épigramme qui s’ouvre par l’interrogation qui clôt l’élégie de Second : Somnium Euge, an te teneo, mea lux, an somnia demens Fingo mihi ? Certè, lux mea, te teneo. Somnia non haec sunt. Oculis nónne intuor hisce Flammeolósque oculos, purpureásque genas, Lacteolásque manus, et eburnae frontis honorem, 5 Colláque non tacta candidiora niue ? Dulcia collatis ineamus praelia signis, Dum tuta alternis lusibus hora datur. Me miserum ! nusquam es. Fallax me lusit imago. O dolor ! ô animi gaudia vana mei ! 10 Quid queror ? exacta si rem ratione putemus, Vmbra est in misero quicquid amore boni est. 22 Voir Galand-Hallyn 1990, 123-134. 23 Auhagen 2004, 89-101. 24 Nous devons beaucoup aux stimulantes analyses de Bokdam 2012, notamment 645- 649. L’imitation de Jean Second dans les Juvenilia de Muret 73 Songe Je te tiens, ma lumière, ou est-ce un songe que je forge Dans ma folie ? Oui, ma lumière, je te tiens. Ce n’est pas un songe : mes yeux ne voient-ils pas Les flammes de tes yeux, la pourpre de tes joues, Tes mains de lait, la beauté de ton front d’ivoire, 5 Ton cou plus éclatant que de la neige vierge ? Lançons-nous à l’assaut et engageons les doux combats, Tant qu’à nos jeux communs une heure est garantie. Hélas, tu n’es nulle part ; une fausse image m’a trompé. O douleur ! O vaines joies de mon âme ! 10 Pourquoi me plaindre ? Un examen lucide le démontre : Dans l’amour malheureux, tout bonheur n’est qu’une ombre. A la différence de Second, Muret renoue avec une tradition qui trouve son origine dans les épigrammes de l’ Anthologie grecque et particulièrement exploitée dans la lyrique médiévale et pétrarquiste, qui célèbrent la jouissance déceptive procurée par le sommeil et cultivent le thème du songe-mensonge. 25 A l’hésitation prolongée de Second entre rêve et réalité, Muret substitue une interprétation tranchée, affirmant d’abord la réalité de la vision, fondée sur l’évidence d’une enargeia qui convoque les topoi littéraires de la description de la femme aimée - l’image pétrarquiste des yeux-flammes ou les fameuses « comparaisons blanches » - ici le lait, l’ivoire et la neige - qui traduisent depuis l’Antiquité la beauté. Mais c’est pour mieux cultiver l’effet de surprise. L’effet de réel est accentué par un encouragement aux luttes amoureuses, justifié par le carpe diem , mais par un brusque retournement, la vanité du songe est dénoncée et le poème s’achève par une sentence qui rappelle la condamnation lucrétienne de l’amour comme simulacre ( sic in amore Venus simulacris ludit amantis , DRN 4, 1101), mais aussi la condamnation des vaines joies du songe érotique par Pic de la Mirandole. Comme Muret, celui-ci décrit les joies trompeuses procurées par la phantasia onirique (« De somniis ei amicam referentibus », Carmina 4, 19-20): Etsi non potior, videor mea vota potiri, Dum fallax oculos ludit imago meos. 26 20 La possession de l’aimée se traduit dans le rêve de Pic par une consommation érotique beaucoup plus explicite et le poète évoque non seulement les caresses qu’il prodigue aux doigts et aux seins de l’aimée, mais il rapporte dans toute sa crudité la jouissance sexuelle de l’ oneirôgmos , dont la trivialité est soulignée par le détail du lit qui grince (27-28): 25 Voir Méléagre 4, 125 et 127 et Anacréon, Ode 8. Sur toute la tradition du songe-mensonge, voir Pigné 2005, 206-210. 26 Il imite lui-même la quatrième élégie de Maximianus, consacrée au même thème. Voir le vers 46 de Maximianus : et fallax studium ludit imago suum . Virginie Leroux 74 Ultima (quis credat ? ) persaepe ad gaudia ventum est, Visus et est tremulus concrepuisse thorus. Souvent (qui le croirait ? ) nous avons atteint les plaisirs ultimes Et j’ai cru entendre grincer le lit ébranlé. Mais c’est pour mieux stigmatiser le caractère illusoire des joies procurées par l’amour qu’il oppose à la réalité de la douleur qu’il engendre (47-48): Hei mihi quod cruciat non est quod somnia fingunt, Quod iuvat, id vanum est cum tenebrisque fugit. Malheur à moi, ce qui me torture n’est pas forgé par les songes, Mais ce qui m’aide est vain et s’enfuit avec les ténèbres. En ne convoquant que des topoi littéraires pour décrire son amante, Muret interroge la spécificité de l’enargeia poétique dont il célèbre à la fois l’évidence et le caractère illusoire. Or, dans l’ode 5, 11 de Ronsard, adressée à Nicolas Denisot et citée au début du présent article, l’éloge de Second est suivi d’une interrogation demandant quel peintre pourra figurer la beauté de Cassandre et le poème s’achève par un songe (105-112): Amour, qui le cuoeur me ronge 105 Pour redoubler mon esmoy, Ceste nuict trois fois en-songe L’a faicte apparoistre à moy. Las, mais elle accoustumée De me retromper souvent, 110 Me fuit comme une fumée Qui se jouë avec le vent. Les commentateurs signalent que Ronsard imite ici Sannazar, 27 mais il imite peut-être aussi Muret. On voit bien en tous les cas comment le songe érotique de Jean Second, qui par ailleurs déplore dans l’élégie 1, 6 son incapacité à sculpter sa maîtresse Julia, nourrit une réflexion sur les capacités mimétiques de l’art. Pour conclure, l’insertion des Baisers dans la section des Elégies ou des Epigrammes obéit à des critères précis, métriques, thématiques et esthétiques. De même, lorsqu’il imite le Songe élégiaque de Second, Muret renoue avec l’origine épigrammatique du genre et accentue les qualités épigrammatiques de son poème par le choix d’une structure bipartite qui privilégie la surprise et la sentence finale à la revendication d’un univers onirique. Par ailleurs, Muret exploite une stratégie référentielle à laquelle il a souvent recours : en imitant Second dans l’élégie 8, il multiplie les renvois à ses contemporains, 27 Sannazar, Rime 2, 51, dernier tercet. L’imitation de Jean Second dans les Juvenilia de Muret 75 les poètes italiens ou son compatriote Nicolas Bourbon, mais il signale aussi les sources latines du Baiser, en l’occurrence Catulle et Martial. Dans le poème des « Iles fortunées », Ronsard décrit un Age d’or utopique, inspiré du mythe des Iles des Bienheureux, dans lequel s’épanouissent les talents de la jeune Brigade que Muret, nouvel Orphée, nourrit de ses lectures des poètes antiques. Or, les poèmes de Muret jouent un rôle tout aussi important que ses commentaires philologiques en ce qu’ils fournissent des modèles génériques, mais aussi en ce qu’ils diffusent des motifs poétiques - thématiques et stylistiques - hérités des Anciens, mais réélaborés de façon originale par les humanistes italiens et néo-latins et appelés à jouer un rôle considérable dans la poésie de la Pléiade, en des genres variés, comme l’ode et le sonnet. Plus généralement, Muret favorise une réflexion esthétique qui innervera les poèmes de ses amis. Si l’influence des poètes vernaculaires italiens sur les poètes français est indéniable, elle est elle-même filtrée par des imitations néo-latines et à ce titre, le rôle joué par Jean Second et par ses passeurs est exemplaire. Bibliographie Auhagen, Ulrike : Zwischen Traum und Wirklichkeit: Secundus’ Somnium (Eleg. 1, 10), in Eckart Schäfer (Éd.), Johannes Secundus und die römische Liebeslyrik, Tübingen 2004 (NeoLatina, vol. 5), 89-101. Bokdam, Sylviane : Métamorphoses de Morphée. Théories du rêve et songes poétiques à la Renaissance, en France (Bibliothèque littéraire de la Renaissance, Bd. 86), Paris 2012. Bourbon, Nicolas : Nugae - Bagatelles. 1533, éd. Sylvie Laigneau-Fontaine, Genève 2008 (Travaux dʼHumanisme et Renaissance, vol. 446). Coppini, Donatella : I modelli del Panormita, in Roberto Cardini / Mariangela Religiosi (eds.), Intertestualità e smontaggi, Roma 1988 (Humanistica, vol. 19), 1-29. Gaisser, Julia Haig : Catullus and His Renaissance Readers, Oxford 1989. Galand-Hallyn, Perrine : Le songe et la rhétorique de l’enargeia, in Françoise Charpentier (éd.) : Le songe à la Renaissance. 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À Raymond Chevallier in memoriam, Clermont-Ferrand 2005, 265-281. Laurens, Pierre : Du modèle idéal au modèle opératoire : la théorie épigrammatique aux XVI e et XVII e siècles, in Claudie Balavoine / Jean Lafond / Pierre Laurens (eds.), Le modèle à la Renaissance, Paris 1986 (L’Oiseau de Minerve), 183-208. Leroux, Virginie : Refuge ou rival ? Sommeil élégiaque et écriture du « dormir-veille » chez Jean Second et ses modèles, in Virginie Leroux / Christine Pigné (eds.), Les visages contradictoires du sommeil de l’Antiquité à la Renaissance, novembre 2008 (Camenae, n° 5), http: / / www.paris-sorbonne.fr/ IMG/ pdf/ Article_Leroux.pdf, 27/ 08/ 2014. Mirandole, Jean Pic de la : Carmina latina, éd. Wolfgang Speyer, Leiden 1964. Muret, Marc-Antoine : The Juvenilia, éd. Kirk M. Summers, Columbus 2006. Muret, Marc-Antoine : Juvenilia, éd. Virginie Leroux, Genève 2009 (Travaux dʼHumanisme et Renaissance, vol. 450). Navagero, Andrea : Lusus, éd. Alice E. 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Selektive Rezeption - Marc-Antoine Muret, die römische Liebeselegie und der französische Elegiendiskurs im 16. Jahrhundert Florian Hurka (Kiel) Marc-Antoine Muret lässt in seiner im Jahre 1552 erstmals veröffentlichten Gedichtsammlung Juvenilia auf seinen Caesar ein Elegienbuch folgen, den zehn Gedichte umfassenden Elegiarum libellus . 1 Die Elegie ist im 16. Jahrhundert ein renommiertes Genos, dem man sowohl in der Literaturtheorie als auch in der dichterischen Praxis hohe Aufmerksamkeit entgegen bringt. 2 Dass sich Muret dieser Form von Poesie annimmt, sie sogar an den Anfang seiner kleineren Gedichte stellt, erklärt sich indes nicht allein aus dem allgemein hohen Ansehen der Elegie im zeitgenössischen Frankreich, sondern auch aus seinem persönlichen Interesse: Seine Studien zu Catull, Tibull und Properz führen einige Jahre später zu philologisch bedeutsamen Editionen. 3 Die besondere Vertrautheit mit den antiken Vorbildern lässt vermuten, dass Murets neulateinische Elegien in enger Nachfolge zu Properz, Tibull und Ovid stehen, und tatsächlich sieht man schon bei einer flüchtigen Lektüre viele Motive und Konstellationen der römischen Liebeselegie aufscheinen. 4 Ein tiefergehender Blick offenbart indes, dass trotz der augenfälligen Anleh- 1 Zur Frage nach dem Jahr der Erstveröffentlichung vgl. Leroux in Muret 2009, 25. 2 Siehe unten. 3 Catull: 1554, Catull, Properz und Tibull: 1558. Murets Kennerschaft auf dem Gebiet der römischen Elegie wird auch von Zeitgenossen anerkannt: Kein geringerer als sein enger Freund und heimliches Haupt der Pléiade, Pierre de Ronsard, preist Murets Leistung bei der Vermittlung der römischen Liebeselegie mit den Worten: „Divin Muret, tu nous liras Catulle, / Ovide, Galle, et Properce, et Tibulle“ (zitiert nach Leroux in Muret 2009, 351). Für Muret ist Ronsard schlichtweg der Fürst unter den französischen Dichtern (vgl. Hallowell 1954, 18 und den Titel des 127. Gedichts seiner Juvenilia : Ad Petrum Ronsardum Gallicorum Poetarum Facile Principem ). 4 Dazu siehe unten. Florian Hurka 80 nung vor allem an Tibull und Properz die Gedichte Murets in wesentlichen Zügen von den antiken Vorgängen abweichen: Das eigentlich Elegische der römischen Liebeselegie, die Schilderung der Liebesleiden des lyrischen Ichs, tritt auffallend gegenüber einem im Vergleich zur antiken Elegie deutlich verstärkten Hang zu Reflexionen über Dichtkunst und dem Themenkomplex „Tod und Endlichkeit“ zurück. Gehalt und Form des Elegiarum libellus Die Elegiensammlung beginnt mit einer recusatio . Wie Properz weist das elegische Ich Krieg und Zwietracht als Gegenstand seiner Gedichte zurück. 5 Die Verse der Dichterpersona seien zu schwach für große Formen: Epos und Tragödie mögen sich mit Heroen und deren Leiden und Sterben beschäftigen, seine schwache Muse erlaubt nur kleine Gedichte und kleine, private Themen. 6 Allein die Schönheit seiner Geliebten vermag das vom Pfeil Amors getroffene Ich zu besingen. 7 Von dem Objekt der Liebe, der Herrin, erfährt der Leser den Namen (Margaris); auch von ihrer großen Schönheit hört man, 8 und dass die Frau durch ihren Blick die Liebe des poeta / amator entfachte. 9 Der an der römischen Liebeselegie geschulte Leser findet hier verschiedene Anklänge an die antiken Muster, 10 wie auch die kriegerische Metaphorik an die römische Liebeselegie erinnert. 11 5 Vgl. neben Prop. 1, 7 auch Ov. Am . 1, 1; 3, 15. 6 Mur. Eleg . 1, 1-8. Dass diese Aussage von einem sich Muret nennenden elegischen Ich gesagt werden, das nicht mit dem Dichter identisch sein kann, man also mit einem literarischen Spiel zu rechnen hat, offenbart der unmittelbare Anschluss des Elegienbuches an die Tragödie Caesar . 7 Mur. Eleg . 1, 9-10. Immerhin findet das elegische Ich in der Feststellung, dass auch Jupiter der Liebe weiche (14), doch ein für die Dichtung erhabenes Thema. 8 Mur. Eleg . 1, 9 (Herrin); 15 (Name); 12, 28 (Schönheit). 9 Mur. Eleg . 1, 9; 25 10 Die Stilisierung der Geliebten zur domina (Vers 9) ist ein Grundmotiv der römischen Liebeselegie: Prop. 1, 1, 21,1 Tib, 1, 1, 46, Ov. Am . 1, 4, 47 u.ö. (vgl. Holzberg 2009, 16-17); der Zauber der Augen steht ähnlich wie bei Muret am Anfang von Properzʼ Elegiensammlung (Prop. 1, 1, 1-2): Cynthia prima suis miserum me cepit ocellis, / contactum nullis ante cupidinibus („Cynthia hat mich Armen als erste mit ihren lieblichen Augen eingefangen, mich, der ich von keinen Liebesleidenschaften vorher berührt war“). 11 Mur. Eleg . 1, 26: spolia e nostro sanguine opima refers („Du trägst reiche Beute aus unserem Blut davon“; die deutschen Übersetzungen Murets folgen der Ausgabe von Schmitz in Muret 1995). Die Kriegsmetaphorik ist im Rahmen des erotischen Soldatendienstes, in den sich die elegisch Liebenden stellen (dazu Holzberg 2009, 16), in der römischen Liebeselegie topisch (Lyne 1980, 74-78). Zugleich sind militärische Bilder Selektive Rezeption in Murets Elegien 81 Die zweite Elegie ist eine Ausweitung der ersten. Zu Beginn wird eine weitere Begründung gegeben, warum das dichterische Ich Elegien schreibt: Es verfügt nur über ein zartes Talent, auch legt das junge Lebensalter eine Beschäftigung mit der Liebe nah. 12 Beide Motive finden sich auch in der römischen Liebeselegie, am deutlichsten in Ovids Amores 3, 1, wo die Tragödie auf spätere Jahre vertröstet wird. 13 Es folgt der Aufruf zum Leben im jugendlichen Jetzt. 14 Bei der sich anschließenden Zurückweisung möglicher Einwände der Alten und Etablierten werden zwei wichtige Motive der römischen Liebeselegie thematisiert: das gewaltsame Eindringen in das Haus der Geliebten und das Lagern vor verschlossener Tür, das Paraklausithyron. 15 Sein Ende nimmt das Gedicht mit einer Reflexion über die Vergänglichkeit menschlichen Seins. 16 Hier meint man zum ersten Mal in den Elegien die Stimme des Horaz zu vernehmen. 17 insbesondere der Gefangenschaft in der antiken Liebessprache überhaupt gängig: Men. Mis . fr. 3 K.-Th., Plaut. Epid . 191 u.ö. 12 Mur. Eleg . 2, 1-2. 13 Ov. Am . 3, 1, 67-68: exiguum vati concede, Tragoedia, tempus: / tu labor aeternus; quod petit illa, breve est („Du, Tragödie, lass dem Sänger noch ein wenig Zeit: Dann bist du ewig mein Werk; kurz ist, was jene [sc. Elegie] verlangt“); vgl. auch Prop. 3, 5. Mur. Eleg . 2, 18: sit procul hinc tragico syrmate Musa tumens („Fern möge sein von hier die Muse, die sich im tragischen Schleppgewand aufbläht“). 14 Mur. Eleg . 2, 27-30: dum decet et postes nocturna frangere rixa, / nec pudor est vernis frons redimita rosis: / dum decet et mentem leni vincire Lyaeo, / et dominae clausas ante iacere fores („Solange es schicklich ist, in nächtlichem Streit die Tür aufzubrechen, ist auch eine mit den Rosen des Frühlings umkränzte Stirn keine Schande, solange ist es auch schicklich, den Geist mit mildem Wein zu kränzen und vor der geschlossenen Tür der Herrin zu liegen“). 15 Dazu Holzberg 2009, 8-9. Besondere Nähe besteht zu Tib. 1, 1, 69-74, wo der römische Dichter das Paraklausithyron wie Muret bei seinem Aufruf, das Jetzt zu genießen, erwähnt. Properz greift auf den Topos in 3, 3, 47-50 zurück, um das Genos der Liebeselegie zu definieren (vgl. Leroux in Muret 2009, 103 Anm. 97). 16 Mur. Eleg . 2, 32-38: cernis, ut hora, dies, mensis et annus eunt? / Qui modo vagibat, nunc est puer, inde repente / de puero iuvenis, mox vir et inde senex. / Quare florentes aptosque caloribus annos, / quisquis agis, Veneris vive sub imperio, / ne frustra aetatis meliori parte peracta, / vivere tunc cupias, vivere cum nequeas („Siehst du, wie die Stunde, der Tag, der Monat und das Jahr dahingehen? Der eben noch wimmerte, ist jetzt ein Knabe, dann wird plötzlich aus dem Knaben ein Jüngling, bald ein erwachsender Mann und dann ein Greis. Deshalb, wer auch immer im Alter der blühenden und für die Leidenschaften geeigneten Jahre steht, lebe unter der Herrschaft der Venus, damit du nicht dann, wenn der bessere Teil des Lebens vorbei ist, vergeblich zu leben begehrst, wenn du nicht mehr zu leben vermagst“). 17 Die Vergänglichkeit der Zeit und die daraus folgende Aufforderung, im Hier und Jetzt das Glück zu suchen ist ein Epikur geschuldeter Grundgedanke horazischer Dichtung: Hor. Carm . 1, 11, 2, 13 u.ö. (vgl. Lefèvre 1993, 207-212); das populärphilosophische Thema ist freilich ein locus communis der antiken Literatur: Cic. Cato 69, Verg. Georg . 3, 284 u.ö. Zu offenkundigerem horazischen Einfluss siehe unten. Florian Hurka 82 Die dritte Elegie benennt im Stil der Priamel das Lebensideal des elegischen Ichs. Wie bei Tibull werden Reichtum und Macht dem Liebesleben hintenangestellt. 18 Nicht anders als der römische Elegiker in seinem ersten Gedicht feiert Murets poeta / amator stattdessen das Landleben, in dem das elegische Ich mit seiner Geliebten ein friedliches und ungestörtes Leben genießen will. 19 Bei Muret klingt dabei das elegische Motiv der ewig währenden Bindung, des foedus aeternum , an. 20 Der Ausblick auf den unabwendbaren Tod beschließt das Gedicht. 21 Elegie 4 lässt zum ersten Mal so etwas wie eine Liebeshandlung erahnen: Das Ich und Margaris halten sich an verschiedenen Orten auf, was Anlass zu mythologischen Vergleichen wird. 22 Die Pest verbietet das Reisen und so muss sich die Dichterpersona den Zauber der Geliebten in Erinnerung rufen und auf ein baldiges Wiedersehen hoffen. 23 Die fünfte Elegie greift die Gedichtsituation der vierten nicht auf: Das elegische Ich beschwört seine ewig dauernde Liebe zu Margaris. In Kontrast zu untreuen mythologischen Helden wie Paris (Oenone) und Theseus (Ariadne) strebt es wie bereits in der dritten Elegie nach dem foedus aeternum . Dessen weltlicher Endpunkt, das Ableben der Dichterpersona, beschließt wie in der dritten Elegie das Gedicht. 24 18 E.g. Tib. 1, 1; 3, 3 u.ö. 19 Tib. 1, 1, 7-24 (zu den intertextuellen Bezügen vgl. Leroux in Muret 2009, 357-358). 20 Prop. 8, 45-46, Tib. 1, 10, 59-69 u.ö. Das foedus aeternum ist ein Grundmotiv der römischen Liebeselegie (Holzberg 2009, 15-16). 21 Mur. Eleg . 3, 37-44: nam mea tu, sed non longum mansura superstes, / in tumulo condes ossa minuta brevi: / deinde ubi te pariter saeva mors impia falce / laeserit et iuris iusserit esse sui, / quo nos, te poni tumulo mandabis eodem: / inscriptum lapidi carmen et istud erit: / cor fuerat binis unum, mens una, viator, / quorum nunc unus contegit ossa lapis („Denn du wirst, obwohl du mich nicht lange überleben wirst, meine verkleinerten Gebeine in niedrigem Hügel beisetzen: Sobald dich dann der schamlose Tod mit wütender Sichel zugleich verletzt und den Befehl gegeben hat, du seist sein Eigentum, wirst du die Weisung geben, dass man dich im selben Hügel bestattet, wo auch ich ruhe. Der Stein wird folgende Inschrift tragen: Beide hatten ein einziges Herz besessen, eine Gesinnung, oh Wanderer, deren Gebeine jetzt ein einziger Stein bedeckt“). 22 Mur. Eleg . 4, 9-12 (Leid der Trojaner nach Zerstörung ihrer Stadt bzw. Trauer der Elektra). 23 Mur. Eleg . 4, 19-23: occurrunt animo ridentia lumina nostro, / occurrit fusco blandus in ore lepos: / nunc molles subeunt risus, nunc gratia fandi, / nunc subeunt sciti, sed sine dente, sales / verbaque, amarescunt mihi prae quibus omnia mella („Es schweben unserem Herzen lachende Augen, es schwebt des dunklen Antlitzes schmeichelnder Charme mir vor. Jetzt folgt sanftes Lachen, jetzt Anmut der Sprache, jetzt folgen kluge Scherzreden, aber ohne Spott, und Wörter, im Vergleich zu denen alle Honigsorten bitter werden“). 24 Mur. Eleg . 5, 25-32: Quandocumque igitur fatalia tempora mensus, / ad vacuas lucis cogar adire domos, / Margaris ipsa mihi natitantes claudat ocellos, / vitamque ore suo carpat ab ore meo: / post, effusa comas, nostrum fleat ante sepulcrum, / serta ferens lacrymis humida facta suis, / et dicat: vates nuper, Murete, fuisti / non bonus, at certe Selektive Rezeption in Murets Elegien 83 Die sechste Elegie scheint sich auf die vierte zu beziehen. Elegisches Ich und Geliebte sind weiterhin voneinander getrennt. Nach einer mit erotischen Details geschmückten Wiedervereinigungsvision erfährt der Leser, dass sich Margaris im pictonischen Land, die Dichterpersona in Bordeaux befindet. 25 Grund der Trennung ist aber anders als in Elegie 4 nicht die Pest, sondern es sind die „Zähne des Neids“, die das Ich von der Geliebten fortgetrieben haben. 26 Am Ende steht der an die Götter gerichtete Wunsch, die Liebenden zu vereinigen. Geschehe dies nicht, ziehe der poeta / amator den Tod einem sinnlos gewordenen Leben vor. 27 Elegie 7 nimmt ein Thema aus Properz auf: die Nützlichkeit der Liebesdichtung. Wie Properz an derselben siebten Stelle seiner Monobiblos und in Parallele zu der Arbeit des Arztes Pierre Crouzeil, dem Muret sein Gedicht widmet, 28 beansprucht das elegische Ich, dass der Leser von der Lektüre seines Liebesleiden profitieren werde. 29 In dieser Reflexion klingen zwei Grundpfeiler der römischen Liebeselegie an: die Geliebte als puella dura und das servitium amoris . 30 fidus amator eras („Wann auch immer ich also die vom Schicksal bestimmten Zeiten durchmessen habe und gezwungen werde, die Häuser ohne Licht aufzusuchen, dann mag mir Margaris selbst die gläsernen Augen schließen und mit ihrem Mund das Leben von meinen Mund suchen. Später dürfte sie wohl mit offenem Haar, vor unserem Grabmal weinen, wobei sie Kränze trägt, die von ihren Tränen feucht sind, und sie dürfte sagen: Ein guter Dichter bist du, Muretus, neulich nicht gewesen, aber gewiss warst du ein treuer Liebhaber“). 25 Mur. Eleg . 6, 19-26. 26 Mur. Eleg . 6, 23: me vero invidiae procul a te dentibus actum (sc. retinent moenia Burdigalae ). 27 Mur. Eleg . 6, 33-36: O di, si miseros vestrum fovet ullus amantes, / vos tandem faciles in mea vota date: / reddite me dominae, vel si id per fata negatur, / finiat angores nex inopina meos („Oh, ihr Götter, wenn irgend einer von euch die unglücklich Liebenden hegt, zeigt euch endlich willig gegenüber meinen Bitten: Gebt mich der Herrin zurück, oder wenn dies durch das Schicksal verneint wird, so soll unvermuteter Tod meine Qualen beenden“). 28 Die Elegie trägt den Titel Elegia septima ad P. Cruselium Medicum ; zur Identifizierung vgl. Leroux in Muret 2009, 117 Anm. 129. 29 Mur. Eleg . 7, 15-18: ut quondam iuvenis telo percussus eodem, / quo nos, assidue carmina nostra legat, / agnoscatque suos nostris in versibus ignes, / reddaturque meis cautior ipse malis („Damit einst ein junger Mann, von demselben Pfeil getroffen, von dem auch wir getroffen wurden, beständig unsere Gedichte lesen soll, und er soll sein Feuer in unseren Versen erkennen, und soll selbst durch meine üblen Erfahrungen vorsichtiger werden.), vgl. Prop. 1, 7, 13-14: me legat assidue post haec neglectus amator, / et prosint illi cognita nostra mala („mich möge später beständig der vernachlässigte Liebhaber lesen, und jenem mögen meine Leiden nützen, wenn er sie kennengelernt hat“). 30 Mur. Eleg . 7, 10 ( domina crudelis ) und 7, 27 ( sum sectando natus Amori ); zur Konzeption der puella dura und des servitium amoris : Prop. 1, 4, 3-4, Ov. Am . 1, 30, 5-6 u.ö. (Holzberg 2009, 16-17, vgl. auch Anm. 10). Florian Hurka 84 In der achten Elegie wird der Leser zum einzigen Mal im Elegiarum libellus in eine unmittelbar erlebte Situation geworfen: Auf eine Einleitung, die von einem Kuss und anschließender Flucht des Mädchens berichtet, 31 erhascht das elegische Ich das Mädchen, fordert weitere Küsse und wünscht sich die dauerhafte Vereinigung der beiden. 32 Komplementär zu diesem Augenblicksglück steht die mit 18 Versen exakt gleich lange neunte Elegie, in der die Kälte der Geliebten und der rätselhafte Kontrast zwischen Nähe und Distanz bitter beklagt werden. 33 In der letzten Elegie weist die Dichterpersona die Beschäftigung mit ungeliebten Künsten zurück. Am Beginn bleibt noch unklar, ob der Adressat der Elegie, François de Loménie, 34 das Ich, dem allein die Musica sacra zusagt, von der Liebesdichtung oder der Dichtung überhaupt abbringen will. 35 Zunächst wendet sich die Dichterpersona nämlich in Form der Priamel der freien Lebensführung zu, die für ihn eine Fortsetzung der Liebe zu Margaris bedeuten soll. 36 Erst danach wird der Wunsch des Freundes konkretisiert: Nicht dichten soll das elegische Ich, sondern der Macht der Atraea folgen, also das Studium der Rechte betreiben. 37 Das Ende der Elegie bildet die Selbstbehauptung des Dichters: Eher will er zugrunde gehen, als sich von der poetischen, insbesondere elegischen Beschäftigung abbringen lassen. 38 31 Mur. Eleg . 8, 1-8. 32 Mur. Eleg . 8, 15-18: sic age, sic, mea vita, animos iungamus utrinque, / nulla ut eos possit dissociare dies, / quin tandem ambiguae post iura precaria lucis / unicus e gemino spiritus ore fluat („Lass uns also, mein Liebling, auf beiden Seiten die Herzen verbinden, damit kein Tag sie zu trennen vermag, so dass schließlich nach den auf Zeit verliehenen Rechten des unbeständigen Lichtes ein einziger Lebensodem aus zwei Mündern entflieht“). 33 Mur. Eleg . 9, 15-18: o igitur glacies quovis ardentior igni, / o ignis quavis frigidior glacie, / aut ne me perdant tua frigora, mitius ure: / aut ne flamma, gelu proiice, Diva, tuum („Oh, Eis also glühender als irgend ein Feuer, oh Feuer, kälter als irgend ein Eis; damit mich deine Kälte nicht zugrunde richtet, brenne milder oder, göttliche Flamme, wirf dein Eis ab“). 34 Die Elegie trägt den Titel Elegia decima ad F. Verum Lomenium (zur Identifizierung des Namens vgl. Leroux in Muret 2009, 123 Anm. 141). 35 Mur. Eleg . 10, 1-4. 36 Mur. Eleg . 10, 5-42. 37 Mur. Eleg . 10, 45-46. 38 Mur. Eleg . 10, 63-66: dediscam teneri modulamina blanda Properti, / dediscam numeros, culte Tibulle, tuos? / ah peream prius, et saevo me fulmine tactum / trudat in obs1curas Iuppiter ipse domos („Soll ich die schmeichelnden Melodien des zarten Properz vergessen, / soll ich deine Verse, Tibull, verlernen? / Ach, ging ich doch eher zugrunde und stieße Jupiter selbst mich, getroffen vom wütenden Blitz, in die dunklen Häuser“). Selektive Rezeption in Murets Elegien 85 Murets Elegiarum libellus und die römische Liebeselegie: selektive Rezeption Vergleicht man das bei Muret begegnende Motivrepertoire mit demjenigen der römischen Liebeselegie, so kann zunächst festgestellt werden, dass sich fast jedes Thema aus Murets Elegien auf römische Vorlagen zurückführen lässt, so etwa das oft als kummervoll erlebtes Liebesleben, die Stilisierung der Geliebten zur Herrin oder der Wunsch nach dem foedus aeternum , einer bis in den Tod währenden Verbindung. 39 Auch ist deutlich, dass Muret zuweilen einen offenkundigen Bezug auf bestimmte Gedichte seiner römischen Vorgänger herstellt. 40 Muret rezipiert allerdings selektiv: So werden zwar zahlreiche Motive der römischen Liebeselegie wie das Auftauchen eines Rivalen, handfeste Streitereien mit der Geliebten oder die Klage vor verschlossener Tür, das Paraklausithyron, zwar aufgenommen, aber zu einem beträchtlichen Teil lediglich benannt, ohne in einem tatsächlichen Sinn thematisiert, man könnte sagen: ausgespielt zu werden. 41 Dasselbe gilt für zwei der wichtigsten Charakteristika der römischen Liebeselegie, (Selbst-)Versklavung des lyrischen Ichs ( servitium amoris ) und Soldatendienst der Liebe ( militia amoris ), in die sich die Dichterpersona stellt: Beides wird lediglich angedeutet: Die Geliebte wird zwar Herrin genannt, 42 doch fehlen Margaris wesentliche Aspekte ihrer antiken Vorgängerinnen, wie deren libertinenhaftes Wesen oder die bitter-süße Selbsterniedrigung des Liebenden in Knechtschaft und Leid. 43 Noch weniger ist die militia amoris betont. Sie findet sich (allenfalls) in zwei knappen Formulierungen. 44 Indem Muret wesentliche Züge der römischen Liebeselegie vernachlässigt, vollzieht sich bei ihm sozusagen eine negative selektive Rezeption. 39 Leidvolles Lieben: 4, 6, 7, 9; foedus aeternum : 3, 5, 8 (siehe oben und vgl. Schmitz in Muret 1995, 33). 40 E.g. Mur. Eleg . 2 ~ Tib. 1, 1, Mur. Eleg . 7 ~ Prop. 1, 7 (siehe Anm. 15 und 29). 41 Beispielhaft für Murets Verfahren, solche lediglich Motive zu berühren, ist die in Anm. 14 angeführte Partie aus der zweiten Elegie, in der es um die Rechtfertigung für die jugendliche Liebesdichtung geht. 42 Mur. Eleg . 1, 9 ( dominae ); 2, 13 ( dominam ); 7, 10 ( domina ). 43 Die Geliebten Tibulls Nemesis und Delia stehen zum Beispiel unter dem Einfluss einer Zuhälterin (Tib. 1, 5, 49-48-56 und 2, 6, 44-54), vgl. Holzberg 2009, 17. 44 Mur. Eleg . 7, 27-28: at sine me, qui sum sectando natus Amori / inter exhaustas vivere nequitias („Aber lass mich, der ich geboren wurde, um im Dienst der Liebe zu stehen, zwischen unerschöpflichen Liebesspielen leben“). Noch schwächer und überhaupt als Zeugnis für den Soldatendienst im Heerlager der Venus anfechtbar ist eine Stelle aus der zehnten Elegie (Mur. Eleg . 10, 39-41): et si nescio quid seu vultu ancilla sereno / seu non informis villica pollicita est, / protinus ut capta reduces ex urbe triumphant („Wenn eine Magd mit heiterer Miene oder eine wohlgestaltete Bäuerin ein Versprechen gegeben hat, veranstalten sie (Dichter) gleich, wie nach Einnahme einer Stadt, einen Triumphzug“). Florian Hurka 86 Gleichzeitig gibt er aber dem in der römischen Elegie spürbaren Hang zur poetologischen Reflexion breiteren Raum, etwa wenn das Motiv der recusatio in zwei Elegien ausgerollt wird. 45 Eine Verstärkung von Motiven der römischen Elegie findet sich auch in zwei anderen Bereichen: Erstens zeichnet sich eine große Zahl von Murets Elegien durch ihren expliziten Bezug auf die Themen „Tod und Trauer“ aus: Bereits in der zweiten Elegie, der Rechtfertigung, als junger Dichter junge Themen zu besingen, ist die Reflexion über den Schwund der Jahre dominierend. 46 In der dritten und in der fünften steht das foedus aeternum im Vordergrund, das jeweils mit der Todesvision beider Liebenden bzw. allein des elegischen Ichs endet. 47 Objektiviert wird das Thema „Vergänglichkeit“ in der dazwischen liegenden vierten Elegie, in der die Liebenden unter der räumlichen Trennung leiden, die der Ausbruch der Pest ihnen auferlegt. 48 Schwächer, aber immerhin durch den letzten Vers an nachdrückliche Stelle gerückt, begegnet der Todeswunsch auch in der sechsten Elegie. 49 In der siebten wird der Gedanke in Form der gängigen Stilisierung „Liebe - Krankheit“ abgewandelt. 50 Vergänglichkeit und Tod spielen auch in der römischen Liebeselegie eine nicht unwichtige Rolle. 51 Eine Konzentration wie bei Muret kann aber nicht konstatiert werden. Der zweite Aspekt, in dem sich Murets Elegien augenfällig von den antiken Elegikern abhebt, ist die Integration horazischer Motivik und horazischen Gedankenguts. In einigen Elegien leuchten Gedanken aus der horazischen Lyrik auf wie etwa in der zweiten Elegie, wo das unaufhaltsame Verrinnen der Zeit ähnlich thematisiert wird wie bei Horaz. 52 Solche (eher beiläufigen) Parallelen werden übertroffen in der abschließenden zehnten Elegie: Ein jeder sei durch seine Begabung an eine Beschäftigung gebunden, verkündet dort das elegische Ich, um das Ansinnen des Adressaten zu widerlegen, der poeta / amator solle aufhören zu dichten und sich dem Jurastudium zuwenden. 53 Hier erinnert zwar der Vorzug der Ewigkeit dichterischen Schaffens gegenüber dem negotium an Ovids letzte Elegie seines ersten Amores -Buches. 54 Allerdings sind die sprachliche Gestaltung und 45 Leroux in Muret 2009, 355. 46 Mur. Eleg . 2, 31-39 (siehe oben). 47 Mur. Eleg . 3, 37-44 und 5, 24-32 (siehe oben). 48 Mur. Eleg . 4, 25-26 (siehe oben). 49 Mur. Eleg . 6, 35-36 (siehe oben). 50 Mur. Eleg. 7, 36 (siehe oben), vgl. Prop. 1, 1, 25-26, Tib. 2, 5, 110 u.ö. 51 Prop. 1, 21, 1-10, Tib. 1, 1, 59-64 u.ö. (Holzberg 2009, 5 und 47). 52 Mur. Eleg . 2, 31-32: auferet haec secum, velut aufert omnia, tempus: / cernis, ut hora, dies, mensis et annus eunt? („Dies wird die Zeit mich sich davontragen, wie sie alles davonträgt: / Siehst du, wie die Stunde, der Tag, der Monat und das Jahr dahingehen? “); e.g. Hor. Carm . 2, 14, 1-2: eheu fugaces, Postume, Postume, / labuntur anni („Weh uns, im Flug, o Postumus, Postumus, eilt Jahr um Jahr“). 53 Siehe oben. 54 Ov. Am . 1, 15 (Leroux in Muret 2009, 124). Selektive Rezeption in Murets Elegien 87 auch der Argumentationsweg Horaz entnommen: Zu Beginn heißt es bei Muret: Wen Clio bei der Geburt mit wohlwollendem Auge erblickt habe, der sei nicht für den Forumsdienst gemacht: si quem placido nascentem lumine Clio / viderit . 55 Bei Horaz findet sich folgende Formulierung: quem tu, Melpomene, semel / nascentem placido lumine videris . 56 Muret bleibt diesem mottoartigen, auf Horaz rekurrierenden Auftakt treu, wenn er im Folgenden die lange Priamel, in der verschiedene Lebensarten dargestellt und für das lyrische Ich als unpassend abgelehnt werden, an Horazʼ Eröffnungsgedichts seiner Odensammlung anlehnt: Das Heerlager, erläutert Muret, mag andere erfreuen, wie auch das Leben eines Advokatenpatrons oder eines forschenden Seefahrers. 57 Alle drei Menschentypen werden in leichter Abwandlung auch bei Horaz genannt (dort ist es der Politiker, der durch die wankelmütige Masse zu Ehren gebracht wird, der Kaufmann, der sich den Wellen anvertraut, und der Soldat, der sich an dem den Müttern verhassten Krieg erfreut). 58 Ihnen stellt Muret wie Horaz den bescheidenen Dichter entgegen: In Muße und stiller Zurückgezogenheit solle man leben. 59 Inhalt und Diktion erinnern hier an Horaz und nur wenig an die Elegiker. Diese treten trotz mancher Landlebenromantik als städtisch-urbane Dichterpersonen auf, 60 der Lyriker Horaz dagegen predigt den Rückzug ins otium (Muße), in ein beschauliches, meist ländlich-idyllisch gedachtes Sein. 61 Dass Muret hier tatsächlich auf Horaz rekurriert, machen nicht nur der intertextuelle Bezug zu Beginn, die Gedankenfigur der Priamel und die auffallende Nähe zu horazischem Gedankengut wahrscheinlich, sondern auch die Verwendung des altrömisch-ehrwürdigen Begriffs vates , den Muret an dieser Stelle wie Horaz gebraucht. 62 55 Mur. Eleg . 10, 7-8. 56 Hor. Carm . 4, 1-2: „Wen du, Melpomene, einmal bei der Geburt mit wohlwollendem Auge erblickt hast, den wird nicht Leistung am Isthmos als Faustkämpfer berühmt machen“. 57 Mur. Eleg . 10, 17-30. 58 Hor. Carm . 1, 1, 7-18, 23-25. 59 Mur. Eleg . 10, 31-36: non sic divini, mitissima pectora, vates, / aethereo quorum flamine corda calent; / otia sectantur se denim tacitosque recessus, / et sua neglectis urbibus arva colunt, / splendidaque et multo spectanda palatia luxu / contemnunt, humiles anteferuntque casas („Nicht so göttliche Seher, sehr sanfte Gemüter, deren Herzen durch Ätherrauch erglühen: Denn sie folgen der Muße und der stillen Zurückgezogenheit, und sie bebauen ihre Äcker, wobei sie die Städte vernachlässigen, sie verachten prächtige Paläste, die vor lauter Luxus strotzen, und ziehen niedrige Hütten vor“). 60 Insbesondere Tibull schwelgt in Visionen ländlicher Idylle (e.g. Tib. 1, 1, 7-50; 2, 1, 1-66), die im Gegensatz zu der in der Stadt beheimateten elegischen Welt steht (Holzberg 2009, 81). 61 Hor. Carm . 1, 9; 1, 17 u.ö.; vgl. Lefèvre 1993, 202-212. 62 Hor. Carm . 1, 1, 35; 2, 31, 2 u.ö. ~ Mur. Eleg . 10, 31. Die Elegiker nennen sich üblicherweise poeta (Prop. 1, 7, 21, Tib. 1, 4, 61 u.ö.). Properz benutzt vates in seinem Florian Hurka 88 Nimmt man die Hauptcharakteristika von Murets Elegien zusammen, so lässt sich Folgendes feststellen: Während einige Züge der römischen Vorbilder verstärkt werden, etwa die Neigung zur poetologischen Reflexion oder die Thematisierung von drohendem Tod und Trauer, werden andere zentrale Elemente weitgehend ausgeblendet: das für die antike Elegie maßgebliche Konzept des erotischen Sklaventums ( servitium amoris ) und des Soldatendienstes der Liebe ( militia amoris ). 63 Zugleich ist, vor allem in der abschließenden zehnten Elegie, ein deutlicher Einfluss der horazischen abgeklärten Gedankenwelt zu erkennen. Murets Elegiarum libellus und die zeitgenössische Elegie Muret ist nicht nur ein exzellenter Kenner der römischen Elegie. Bei der Abfassung seiner Gedichte greift er auch auf seine neulateinischen Vorgänger zurück: 64 Neben Anklänge an die italienischen Elegiker Giovanni Gioviano Pontano (1429-1503) und Jacopo Sannazaro (1458-1530) lassen sich besonders solche an Johannes Secundus erkennen (1511-1536). 65 Murets Elegien sind dabei nicht nur durch Übernahmen einzelner Formulierungen mit seinen neulateinischen Vorgängern verbunden. Vielmehr lässt sich hier wie dort dieselbe starke Betonung des Todesmotivs finden, die in ihrer Intensität deutlich von den römischen Vorbildern abweicht. 66 Dieser Zug ist nicht auf die lateinische Elegie des 16. Jahrhunderts beschränkt. Sie findet sich auch bei dem Begründer der französischsprachigen Elegie, Clément Marot (1496- 1544). 67 Muret scheint hier wie Pontano, Sannazaro, Secundus und auch Ma- zunächst eigenständig veröffentlichten ersten Buch (dazu Holzberg 2009, 37-38) überhaupt nicht, später zur Bezeichnung der Dichterpersona nur selten (e.g. 2, 10, 19, dort im Zusammenhang mit einer erhabeneren dichterischen Tätigkeit als dem Verfassen von Elegien); Tibull bezeichnet sich nur in 2, 5, 114 als vates (wie in Prop. 2, 10, 19 in einem Ausblick auf größere Themen). 63 Wenig Streit und Zwietracht herrschen zwischen den Liebenden, wie insgesamt kaum Handlung zu erkennen ist: eine Liebesgeschichte wird eigentlich nicht erzählt. 64 Die Vertrautheit mit den neulateinischen Dichtern kann nicht verwundern: Jean Dorat, seit 1547 Leiter des Collège de Coqueret und einflussreicher Lehrer der Brigade, integrierte Johannes Secundus, Pontanus, Sannazaro und andere zeitgenössische Elegiker in seinen Unterricht (Hallowell 1953, 14). Muret war mit Dorat so eng verbunden, dass die Juvenilia mit einem Widmungsgedicht aus Dorats Feder beginnen und Muret dem Lehrer Ronsards den ersten Platz unter den neulateinischen Dichtern einräumt (vgl. Leroux in Muret 2009, 263). 65 Leroux in Muret 2009, 380ff. Alle drei großen neulateinischen Dichter standen bereits im Zentrum der Freiburger Neulateinischen Symposien: Baier 2003, Schäfer 2004, Schäfer 2006. 66 Vgl. Secundus 1,15; 3,17 u.ö. 67 Zur Todesmotivik bei Marot vgl. Clark 1975, 24ff. Selektive Rezeption in Murets Elegien 89 rot durch die zeitgenössische Rückführung der Elegie auf die Trauerklage bestimmt zu werden. 68 Wie sieht es mit der „negativen“ Rezeption aus, der Ausblendung maßgeblicher Elemente der römischen Liebeselegie wie Selbstunterwerfung und Schwelgen in dem von der Herrin zugefügten Leid, der Verkehrung der gesellschaftlichen Normen bis hin zu einer trotzigen Umdeutung des unschicklichen Verhaltens als Soldatendienst? Anders als die Betonung des Themas „Trauer und Tod“ kann Muret hier nicht von Secundus und den anderen neulateinischen Elegikern beeinflusst sein, denn diese stehen in dieser Hinsicht in einer Traditionslinie mit ihren römischen Vorgängern bzw. deren Vermittler Petrarca. 69 Aufschlussreich erscheint ein Blick auf die Auseinandersetzung mit der Elegie in Frankreich, die in einer praktischen und einer theoretischen Form begegnet. Die französische Elegie in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, vornehmlich repräsentiert durch Marot, Fontaine und Forcadel, ist trotz einiger (allerdings rein äußerlicher) Anklänge in ihrem Wesen unbeeinflusst von der römischen Elegie (insbesondere die elegische Selbsterniedrigung der antiken Muster fehlen). 70 Es mag fragwürdig erscheinen, ob sich Muret bei seinem ansonsten engen Anschluss an die antiken und neulateinischen Muster ausgerechnet hier von dem Properz, Tibull, Ovid und Secundus fremd gegenüberstehenden Marot und dessen Dichterkollegen bestimmen ließ, zumal im Übrigen kein Einfluss der französischen Elegie auf Muret festgestellt werden kann. Nimmt man aber den durch Marot mitbestimmten französischen Elegiendiskurs des 16. Jahrhunderts hinzu, 71 so scheint die These von einem zeitgenössischen französischen Einfluss auf Muret nicht unmöglich: Zu Murets Zeit beschäftigt sich die Literaturtheorie in Frankreich intensiv mit der Elegie. 72 Die einflussreichsten Arts poétiques empfehlen dabei die antiken Dichter Catull, 68 Endres 1981, 67. Als repräsentativ für diese Auffassung darf Julius Caesar Scaliger gelten (auch wenn seine Poetik erst 1561 erscheint), der Aristotelesʼ onomatopoetische Erklärung e légein („weh sagen“) aufgreift und mit einem Wort des Horaz auslegt: versibus impariter iunctis querimonia primum, / post etiam inclusa est voti sententia compos („In Paaren ungleich langer Verse wurde zuerst die Totenklage niedergelegt, dann auch die Freude über erfüllte Wünsche“, Hor. Ars 75-76): Der Theoretiker Thomas Sebillet (siehe Anm. 73) verbindet aus diesem Grund die Elegie sowohl mit Liebe als auch mit dem Tod (Clark 1975, 16). 69 Zum Einfluss Petrarcas vgl. Endres 1981, 69ff. 70 Forster 1959, 18ff.; zu Marot vgl. Hanisch 1979, 26-27: „it is now generally acknowledged that Marotʼs debt to the Latin love elegists is negligible“. 71 Hallowell 1954, 37: „All of them follow in the footsteps of Clément Marot who confused the epistle with the elegy. Marot’s disciples imitated their master, and the literary theorists continued the tradition.“ 72 Hallowell 1954, 17: „From 1500 to 1598 no fewer than 96 treatises or critical writings of various types, prefaces, epistles, odes, etc., dealing with some aspect of the French language or literary theory were published in France“. Florian Hurka 90 Properz, Tibull und Ovid als Vorbilder für Elegien. 73 Für die Frage nach den Entstehungsvoraussetzungen von Murets Elegienbuch scheint dabei von großer Bedeutung, dass die französische Theorie, unter dem Einfluss der erfolgreichen Elegien Clément Marots, 74 mit einer besonderen Schwierigkeit ringt, nämlich mit der klaren Unterscheidung zwischen den literarischen Genera Epistel und Elegie. 75 Hauptunterscheidungsmerkmal zwischen diesen beiden Gattungen ist für die Verfasser der französischen Arts die größere Erhabenheit der Elegie gegenüber dem Brief. 76 Sie gilt sowohl in der sprachlichen Gestaltung als auch in ihrer Beschränkung auf ihre Themen „Kummer und Leid“ im Vergleich zur Epistel als das würdevollere Genre. 77 Der Versuch der Abgrenzung zur Epistel und der Vorzug der Elegie gegenüber dem Brief in Fragen der Gravität können möglicherweise helfen, die Frage nach den Gründen von Murets selektiver Rezeption zu beantworten: Die Verweigerung einiger elegischer Motive wie der Unterjochung des elegischen Ichs gehen vielleicht auf das in der französischen Theorie herrschende Problem einer Scheidung zwischen Epistel und Elegie zurück: In die Konzeption der „erhabeneren“ Elegie passen zwar Liebesschmerz und Trauer, in den Augen Murets aber offenbar nicht die (Selbst-)Erniedrigung des Liebenden. Auch der horazische Aufschwung am Ende des letzten Gedichts fügt sich wie das weitgehende Ausblenden des servitium amoris und die gegenüber den antiken Mustern verstärkten Bezüge zu Tod und Trauer in die zeitgenössische Auffassung des literarischen Genos: Muret verleiht damit seinen Ele- 73 So etwa in unmittelbarer zeitlicher Nähe zu Muret Thomas Sebillets Art Poétique Francoys (1548), Joachim Du Bellays Deffence et Illustration de la languae francoyse (1549), Julius Caesar Scaligers Poetices (1561), vgl. Hallowell 1953, 17 Anm. 2. 74 Siehe Anm. 71. 75 So diskutiert Sebillet (siehe Anm. 73) Elegie und Epistel gemeinsam in einem Kapitel mit dem bezeichnenden Titel De l’Epistre, ét de l’Elegie, et de leurs differences . Auch die unmittelbar nach Sebillet schreibenden Theoretiker Claude de Boissière ( Art poétique réduict en abrégé en singulier ordre et souverain méthode , 1554) und Jacques Peletier du Mans ( LʼArt poëtique , 1555) verbinden nicht anders als Du Bellay (siehe Anm. 73) beide Genera miteinander (Hallowell 1953, 37). Forster 1959, 5 spricht von einer „verhängnisvolle(n) Konfusion zwischen Elegie und Epistel“. 76 Sebillet 1548, 153 (zitiert nach Hallowell 1954, 38). So urteilt Thomas Sebillet: „l’élégie n’est pas sugette a téle variété de suget: et n’admet pas lés différences dés matiéres et légeretés communément traittées aus épistres: ain ha je ne say quoy de plus certain“. Über den Brief schreibt er an selber Stelle: „l’epistre garde sa forme de superscriptions et soubzscriptions, et de stile plus populaire.“ Der gehobene Stil geht mit einem würdevolleren Inhalt einher: „car de sa nature l’Elégie est triste et flebile: et traite singuliéremnt lés passions amoureuses, lésquéles tu n’as guéres veues ni oyës vuides de pleurs et de tristesse“. 77 Hallowell 1954, 38: „he (sc. Sebillet) considers the elegy a more dignified genre than the epistle“. Dieser Grundsatz wird aus dem (angenommenen) Ursprung der Elegie aus der Klage um Verstorbene abgeleitet. Siehe Anm. 68. Selektive Rezeption in Murets Elegien 91 gien den Abglanz der im 16. Jahrhundert allgemein als hohe literarische Gattung anerkannten Ode, als deren Hauptrepräsentant Horaz gilt. 78 Die selektive Rezeption in Murets Elegiarum libellus scheint also zumindest zu einem guten Teil auf den zeitgenössischen französischen Elegiendiskurs zurückzuführen zu sein. Literaturverzeichnis Baier, Thomas (Hg.): Pontano und Catull, Tübingen 2003 (NeoLatina, Bd. 4). Clark, John E.: Élégie. The Fortune of a Classical Genre in Sixteenth-Century France, The Hague 1975. Endres, Clifford: Joannes Secundus: The Latin Love Elegy in the Renaissance, Hamden 1981. Forster, Elborg: Die französische Elegie im 16. Jahrhundert, Diss. Köln 1959. Hallowell, Robert Edward: Ronsard and the Conventional Roman Elegy, Urbana 1954 (Illinois Studies in Language and Literature, Bd. 37). Hanisch, Gertrude S.: Love Elegies of the Renaissance. Marot, Louise Labé and Ronsard, Saratoga 1979 (Stanford French and Italian Studies, Bd. 15). Holzberg, Niklas: Die römische Liebeselegie, Darmstadt 4 2009. Lefèvre, Eckard: Horaz. Dichter im augusteischen Rom, München 1993. Lyne, Richard O. A. M.: The Latin Love Poets from Catullus to Horace, Oxford 1980. Monferran, Jean-Charles: À propos de la constitution du genre de l’ode: Les definitions de l’ode française avant Ronsard, in: Nathalie Dauvois (Hg.), L’ode française au tournant des années 1550, Paris 2007 (Colloques, congrès et conférences sur la Renaissance européenne, Bd. 57), 19-52. Muret, Marc-Antoine: Caesar, Juvenilia herausgegeben, übersetzt, eingeleitet und kommentiert von Dietmar Schmitz, Frankfurt a. M. 1995 (Bibliotheca Humanistica, Bd. 5). Muret, Marc-Antoine: Juvenilia. Edition critique, traduction, annotation et commentaire par Virginie Leroux, Genf 2009 (Travaux dʼHumanisme et Renaissance, Bd. 450). Schäfer, Eckart (Hg.): Johannes Secundus und die römische Liebeslyrik, Tübingen 2004 (NeoLatina, Bd. 5). Schäfer, Eckart (Hg.): Sannazaro und die Augusteische Dichtung, Tübingen 2006 (NeoLatina, Bd. 10). 78 Monferran 2007, 37-39. Le latin de correspondance de Marc Antoine Muret : simpliciter et dilucide scribere Laurence Bernard-Pradelle (Limoges) Pour tout lecteur versé dans les correspondances latines d’humanistes, l’exercice de la comparaison est toujours fructueux. Si l’on s’intéresse, par exemple, à celle d’un Florentin de la première moitié du XVe siècle comme Leonardo Bruni et que l’on aborde ensuite celle de Marc Antoine Muret, qui publie la sienne en France à la fin du XVIe siècle, on ne manquera pas de percevoir assez vite à quel point, malgré beaucoup de ressemblances apparentes, elles sont en réalité profondément différentes dans leurs desseins et dans leurs styles. Si en effet, dans l’une de ses lettres, Bruni peut écrire en substance : « je ne conserve que les lettres qui ne contiennent rien de quotidien », 1 Muret aurait plutôt tendance à écrire : « je m’intéresse peu à ce qui ne me touche pas directement ». 2 Mais c’est sur le plan stylistique que les 1 Bruni 2014, Ep . 7, 7 : Quid enim habere laudis epistolae possunt, familiares praesertim & de rebus contingentibus scriptae? Itaque ego ipse spernens satis longo tempore nullas servavi. Postea vero cum intellexissem quasdam pro meis circumferri, quae meae non essent, conquirere illas coepi, et quas postea scripsissem servare, non tamen omnes sed eas tantum, quae haberent in se narrationem rei non quotidianae. (« En effet quel mérite peuvent avoir mes lettres, surtout mes lettres familières, et écrites sur des sujets contingents ? C’est pourquoi moi-même, dans mon mépris, je n’en ai conservé aucune pendant assez longtemps. Mais par la suite, comme je m’étais rendu compte que certaines circulaient sous mon nom, alors qu’elles n’étaient pas de moi, j’ai commencé à les rechercher et à conserver celles que j’avais écrites par la suite, pas toutes cependant, mais seulement celles qui possédaient le récit d’un sujet ne relevant pas du quotidien ».) 2 Muret, Ep . 1, 27, p. 46, à son ami Canano : Quanquam enim non sum solitus valde magnam curam suscipere de iis quae ad me nihil pertinent ; neque quisquam usquam est minus quam ego sum rerum novarum curiosus. (« Toutefois, en effet, je ne suis pas très habitué à me préoccuper de ce qui ne me concerne en rien ; et personne nulle part Laurence Bernard-Pradelle 94 contrastes sont surtout frappants : Bruni donne des lettres écrites ore rotundo , dans un style soigné qui ne rompt pas de manière sensible avec celui de ses autres écrits, comme s’il adoptait un style cicéronien univoque pour tous les genres littéraires qu’il aurait choisi d’aborder ; 3 Muret, en revanche, laisse des lettres écrites dans un style qui revendique une certaine facilité par rapport à ses autres écrits. 4 À un siècle et demi de distance, séparés par d’autres grandes correspondances, comme celles de Politien, d’Érasme, de Budé, qui s’inscrivent toutes dans la querelle du cicéronianisme, nos deux Cicéroniens, d’avant et d’après la querelle, n’ont évidemment pas tout à fait la même idée de ce que doit être une correspondance latine publiée. 5 Cela dit, malgré les circonstances de départ, il n’est pas question de faire ici une comparaison entre les deux humanistes ni de s’interroger directement sur la position de Muret par rapport à la querelle. 6 C’est une autre voie que l’on se propose de suivre. Dans son livre sur Marc Antoine Muret, J.-E. Girot montre que, aux yeux de l’humaniste, il existe deux sortes d’épitres : la lettre conventionnelle et érudite, qui relève de la correspondance d’apparat, mais qui s’oppose au code de la lettre familière qui doit être libre de ton ; et la lettre familière, juste- n’est moins curieux de nouveauté que moi ».) Toutes les citations de la correspondance de Muret sont tirées de l’édition Muret 1834-1841 = 1971. 3 Il affirme lui-même lire les lettres de Cicéron pour leur elegantia ( Ep. 2, 18), qualité suprême qu’il prise dans le genre épistolaire ( Ep . 2, 19). 4 Muret, Ep. 1, 1, p. 5 : Mitto iam, quod cum in ceteris, tum in hoc praecipue genere, ita neglegens sum, ut epistolas uno impetu fusas, raro admodum bis legere, certe quidem nunquam bis scribere, sed ut primum fluxerunt, liturarum saepe ac macularum plenas, ad amicos mittere soleam . (« Je passe maintenant sur le fait que, comme dans tous les autres, dans ce genre particulier, je suis si négligent que mes lettres, écrites d’un seul jet, je les lis rarement deux fois, je ne les écris en tous les cas jamais deux fois, je les envoie à mes amis pleines de ratures et de tâches, comme elles se sont répandues de prime abord ».) En revanche, il peut se plaindre de la difficulté que lui cause la rédaction des discours officiels, comme dans la lettre à Sacrato du 21 octobre 1566. 5 Vaillancourt 2003, 137 : « Converti à l’orthodoxie de la Contre-Réforme, [Muret] présente la lettre comme l’héritière de toutes les formes d’éloquence, suggérant que les autres n’ont plus leur place au sein d’une Europe privée de forum , monarchique et catholique. Cicéron demeure la référence, mais c’est l’épistolier et non l’orateur qu’il faut chercher à imiter. Ses lettres sont l’incarnation idéale du genus humile qui convient bien à l’échange entre hommes d’élite ». On pourrait schématiser l’évolution suivante : à des correspondances de type cicéronien telles que celle de Bruni, font suite, dans un premier temps, les correspondances anti-cicéroniennes de Politien, d’Érasme, de Budé, puis, dans un second temps, celle de Manuce qui renouerait avec le cicéronianisme, tandis que Muret revendiquerait un retour au style épistolaire de Cicéron, plus qu’à Cicéron lui-même. 6 Sur le cicéronianisme, en général, nous renvoyons au livre de Lecointe 1993, notamment aux chapitres III et IV, 375-572 ; sur le cicéronianisme dans les correspondances humanistes, voir Vaillancourt 2003, 124-146 ; sur les positions de Muret lui-même, voir Girot 2012, 207-216. Le latin de correspondance de Marc Antoine Muret 95 ment, que l’on écrit en transgressant les normes stylistiques, et qui doit être celle que l’on envoie à l’ami intime ; or, cette dernière, par son style simple et coulant, ne relève pas de la littérature et donc n’est pas destinée à la publication. 7 Cohérent avec cette façon de penser, Muret a longtemps refusé de publier ses lettres familières. Il ne l’a fait que très tardivement, en 1580, peu d’années avant sa mort, poussé par certaines considérations explicites comme celle de donner un recueil de lettres écrites véritablement de sa main, et implicites, comme celle de dresser de lui-même un portrait qui viendrait faire taire les mauvaises langues à un moment où l’on publiait à nouveau sa correspondance avec Lambin, qui, vingt ans auparavant, avait fortement écorné sa réputation. 8 Or, se résignant à cette publication, Muret ne va pas tout publier, loin de là, mais opérer certains choix, en laissant de côté, d’une part, toutes ses lettres italiennes et françaises, qui ne sauraient, à ses yeux, trouver place dans une édition ; 9 mais d’autre part aussi, beaucoup de ses lettres latines. Avant d’en venir à quelques remarques sur ces dernières, on peut s’attarder brièvement sur les premières, à savoir les lettres françaises et italiennes, afin de rappeler brièvement comment Muret se situe par rapport à la production épistolaire de son temps. En 1538, en Italie, l’Arétin a publié ses lettres intimes, écrites « au fil de la plume », selon ses termes, et de surcroît en italien, sans craindre d’abandonner le latin. La langue italienne est désormais capable de faire concurrence à la langue latine en ce domaine et d’être érigée en langue épistolaire. D’après la recension de J. Basso, il semble que ces lettres dites « intimes », adressées à tous les grands de l’époque, ne soient pas à proprement parler une correspondance beaucoup plus familière que celle qui avait cours en latin. 10 En France, presque cinquante ans plus tard, en janvier 1586, Étienne Pasquier, « Conseiller et Advocat général du Roi en la Chambre des Comptes de Paris », s’inscrit dans la même démarche que l’Arétin, en publiant sa correspondance en langue française. Dans la lettre-préface, adressée à Monsieur Loysel, « Advocat en la Cour de Parlement de Paris », il évoque, 7 Girot 2012, 159-170. 8 Sur cet incident, voir Girot 2012, 140-148 : il s’agit des lettres publiées par Sébastien Gryphe en 1561 à l’instigation de Lambin. 9 Les lettres inédites de Muret écrites en français et en italien sont publiées par Girot 2012, dans le chapitre « Muret et la correspondance », 267-517. 10 Basso 1990, 38-48. Avant l’Arétin, il y avait déjà eu la publication de la correspondance de Landino, qui se présentait comme une série de lettres adressées à différents personnages pour savoir comment s’adresser à chacun selon son rang, etc. ; la correspondance de Baldassare Olimpo degli Alessandri regroupait, quant à elle, des lettres d’amour en prose à l’intérieur d’un recueil de poésie : toutes ces premières correspondances italiennes ne sont pas, à proprement parler, familières. Laurence Bernard-Pradelle 96 entre autres, la qualité première de cette publication qui est de créer un genre : Je diray seulement ce mot, qu’en toutes choses du monde, auparavant qu’elles se trouvent être arrivées à leur accomplissement, il faut que premierement il y ait quelque hardy entrepreneur qui face planche aux plus sages. J’entreprens veritablement de publier mes Epistres, subjet non accoustumé à la France. Mais quoy, uns Erasme & Budé (lumieres de notre siècle) & devant eux un Politian, n’en ont-ils pas fait tout autant? Mais ils les ont dictées en Latin, me dira quelqu’un, d’adventure. Que peut importer au Lecteur que ce soit Latin ou François, veu que tous les deux sont instrumens pour expliquer nos conceptions. Le Grec estoit le vulgaire à Hippocrate & Platon, le Latin à Cicéron et Pline ; cela ne destourna pas toutesfois ceux qui estoient de leurs temps de donner le cours à leurs lettres : voire que je me puis vanter avoir plus d’occasion de ce faire que tous ces modernes, d’autant qu’ils redigerent leurs fantasies par escrit en un langage qui ne leur estoit naturel, & par ce moyen encore qu’ils fussent personnages fort doctes, si nous peurent-ils apprendre plusieurs traits de parler, mal couchez, mal limez, mal appropriez comme de la part de ceux qui les accommodoient plus à la liberté de leur esprit qu’à la pureté du langage, ores que le principal but de ceux qui escrivent en ce genre doive estre l’embellissement de la langue en laquelle ils descouvrent leurs sens. 11 Ce « hardy entrepreneur », comme il se nomme lui-même, qui fait œuvre nouvelle en publiant des lettres écrites en français, est doublement surprenant dans ce passage : d’une part, évoquant les correspondances latines, il ne fait pas allusion à la publication assez récente de celle de Muret, publiée à Paris en 1580, mais il nomme à la place Érasme, Budé et Politien. D’autre part, il se dit « hardy entrepreneur » en français, alors que, sans parler d’une tradition française épistolaire rappelée par L. Vaillancourt, 12 quelques années auparavant, en 1569, Étienne du Tronchet avait publié ses Lettres missives et Familières , écrites en français et suivies bientôt, en 1572, d’un manuel d’épistolographie, intitulé Finances et Thrésor de la plume françoise, toujours en français. Ce passage ne manque donc pas de susciter certaines interrogations, sur lesquelles nous reviendrons. En tous les cas, une chose est sûre : il pose ici très nettement la question de la langue de la correspondance, laissant entendre qu’il est temps désormais de publier en vulgaire et que le latin est sinon obsolète, du moins anachronique : tout d’abord, à partir d’une conception instrumentale de la langue, considérée avant tout comme moyen de communiquer des idées, il défend le principe de l’équivalence des langues et affirme la fin de la hiérarchie entre le latin et les langues vulgaires ; se référant ensuite à l’histoire des langues, il rappelle que le latin a été langue vulgaire en son temps et que c’est en cette langue que Cicéron, par exemple, écrivit ses lettres. On peut donc se montrer Cicéronien en écrivant en vulgaire! Enfin, le latin n’étant pas « naturel », c’est-à-dire langue maternelle 11 Pasquier 1723, 3. 12 Vaillancourt 2003, 191-192. Le latin de correspondance de Marc Antoine Muret 97 même des plus grands auteurs, ils risquent de transmettre une langue erronée à leurs lecteurs. Ainsi, à la question qu’il posait au début de sa lettre : « quel besoin est-il que le peuple entende mes affaires privées? », la réponse est que cela n’a jamais été fait en France et en français, tandis que le principal but d’une correspondance est l’embellissement de la langue. On peut noter, pour la coïncidence, que la deuxième lettre du recueil, qui suit la lettre programmatique de 1586 adressée à Loisel, et qui ouvre véritablement la correspondance, est datée de 1552 : adressée à M. de Tournebu, professeur de grec à l’Université de Paris, elle défend la langue française pour les lettres et les arts. Or, 1552 est l’année de la première publication des Amours de Ronsard, qui seront bientôt agrémentées du commentaire de Muret en 1553. 13 En outre les lettres de Pasquier sont, d’une certaine manière, des lettres plus familières que celles de l’Arétin, s’adressant à des destinataires plus ou moins connus et importants, et abordant comme il le dit lui-même tous les sujets aux différents âges de sa vie. 14 Or, le problème de la langue épistolaire soulevé et résolu par Pasquier est justement posé par Muret dans sa lettre-préface, adressée à Jean Nicot, en 1580. 15 Quel peut bien être, écrit Muret, l’intérêt de ces lettres écrites par un particulier, dans un latin qui ne peut rivaliser avec celui des Anciens? Comme l’écrit J.-E. Girot, « de ces deux objections, la seconde est de loin la plus importante, car elle met en question de manière radicale la légitimité même de la notion de littérature contemporaine en latin ». 16 En rejetant catégoriquement de la publication ses lettres françaises et italiennes, Muret, qui n’a pourtant pas hésité à commenter en français les Amours de Ronsard, dès 1553, et qui est bien conscient que l’avenir de la littérature est en vernaculaire, semble refuser de suivre l’air du temps en matière épistolaire, au risque d’être à contre courant de l’évolution de l’époque. Il choisit donc, quand il se décide enfin à publier, de ne garder que ses lettres latines, s’inscrivant justement plutôt dans la mouvance de son grand ami Paul Manuce qui, en 1558, avait publié sa propre correspondance 13 Buzon et Martin 1999. 14 Voir Vaillancourt 2003, 354 : « Le choix d’inclure des lettres d’Étienne Pasquier dans notre corpus pourrait sembler discutable. A priori, on fait face à un recueil qui rejette explicitement les propos domestiques et qui prétend ne pas contenir de lettres personnelles. Pourtant bon nombre de ces lettres sont destinées à des proches, parents ou amis, et l’on observe dans celles-ci, comme dans la plupart des autres, le recours à un style souple, les arguments éthiques et pathétiques apparemment caractéristiques du genre familier ». 15 Dans cette lettre-préface, Muret distingue trois types de lettres : les lettres qu’on lit pour le style, qui peut être soit un style naturel ( sermonis nitor , elegantia , nativa quaedam pulchritudo, nullo artificio, nullis pigmentis ), soit, au contraire, un style travaillé ( cultum et artificium , genus minime vulgatum ) ; les lettres qu’on lit pour leur fond historique ou philosophique, telles que les lettres de Sénèque ; enfin, les lettres qui concernent la vie privée des grands hommes. 16 Girot, 173. Laurence Bernard-Pradelle 98 latine, dans une double tradition cicéronienne et arétine, avec l’ambition de « recréer pour le latin les conditions du succès des correspondances familières en italien ». 17 J.-E. Girot fait remarquer que Manuce fait ici se rejoindre les deux traditions opposées que l’on évoquait plus haut : la tradition des lettres latines, écrites ore rotundo , qui respectent la norme stylistique antique et celle des lettres écrites dans un latin véhiculaire, qui n’est littéraire qu’à l’occasion et qui est agrémenté de vernaculaire quand le besoin se fait sentir (c’est-à-dire quand il s’agit de pallier les insuffisances du latin classique pour les realia contemporains). En gros, cette distinction recoupe celle que l’on a l’habitude d’admettre entre correspondance publique et correspondance privée. En 1558, Manuce saute le pas, mais Muret s’y refuse encore. Pourquoi? parce que, outre l’anachronisme rappelé plus haut, toute intéressante que soit la lettre familière, à la Cicéron, il faut être justement Cicéron pour l’assumer : un homme d’État et un philosophe qui avait su mêler le plaisant au sérieux dans des lettres offrant encore au lecteur d’aujourd’hui autre chose qu’un divertissement. Il doit y avoir une interaction entre la personnalité et l’histoire en arrière-plan ; or Muret n’est qu’un simple privatus , comme il le dit lui-même et il n’est pas question pour lui de publier. Il ne s’autorisera à le faire que bien plus tard, pour les raisons que l’on a évoquées. 18 La question pourrait donc être : pourquoi Muret, commentateur de Ronsard, n’a-t-il pas fait ce que l’Arétin venait de faire en Italie et a-t-il laissé à Pasquier la possibilité et le soin de dire le premier : je crée un genre épistolaire en français? Pourquoi s’en est-il tenu au latin, malgré les positions que l’on vient de rappeler? Si sa principale ambition, en publiant tardivement sa correspondance, était de peaufiner son portrait pour la postérité, il aurait pu mêler des lettres en vulgaire pour ce portrait, puisque, dans ce dessein précis, la langue n’avait pas nécessairement une très grande importance? Sans avoir la prétention de répondre complètement à ces questions, on peut présenter quelques pistes, en rappelant tout d’abord qu’il n’est évidemment pas le seul à continuer de publier une correspondance latine dans les années 1580. En 1581, Henri Estienne publie un recueil d’ Epistolae ciceroniano stylo scriptae « pour fournir des modèles de prose aux étudiants », tandis que, en 1586, année de la publication de la correspondance de Pasquier, Juste Lipse « renoue avec l’érasmisme épistolaire et présente la lettre familière comme l’écrit le plus propice à l’expression individuelle », 19 et qu’en 1591 il publie son Epistolica institutio . C’est avec cet arrière-plan à l’esprit que l’on peut se pencher sur les lettres que Muret a effectivement et volontairement publiées. 17 Ibid. 175. 18 Pour tout ce paragraphe, nous renvoyons au chapitre IV du livre de Girot 2012, intitulé « La correspondance », 133-181. 19 Vaillancourt 2003, 137-138. Le latin de correspondance de Marc Antoine Muret 99 La correspondance de Marc Antoine Muret, telle que nous la connaissons à ce jour, se compose de trois livres, dont seul le premier fut voulu par Muret, paraissant en 1580, chez les éditeurs parisiens Clopeiau et Coulombel, par l’intermédiaire de son ami Jean Nicot ; 20 cette édition princeps fut reprise en 1592, à Ingolstadt, Muret étant mort depuis quelques années (en 1585), avec, pour le premier livre, la suppression d’une lettre grecque remplacée par trois lettres latines (97 à 99) et l’ajout du livre II, ainsi qu’une préface de Juste Lipse ; la troisième édition de 1618, publiée par les soins des héritiers spirituels de Muret à Venise, fut augmentée d’un troisième livre. La correspondance de Muret se trouva intégrée à l’édition des œuvres par Ruhnken en 1789, et reprise par Frotscher en 1836. 21 À la lecture des lettres de la première édition, qui seule nous intéresse pour l’objet de cette étude, deux remarques s’imposent d’emblée : elles sont regroupées, non selon la chronologie, mais selon les destinataires, des plus familiers (Manuce, Sacrato), à d’autres, plus ou moins familiers, comme Cardaneti, par exemple. Dans sa présentation, cette édition se veut comme une réduction de la correspondance de Cicéron avec le groupe des lettres à Atticus, celui des lettres à Quintus ou à Brutus, celui des lettres aux Familiares . Surtout, comme dans la correspondance de Cicéron, le style est différent selon le destinataire : on pourrait montrer qu’aux lettres à Atticus et à Quintus, les plus intimes et les plus libres, avec les images les plus vives, les plus spontanées, les plus énergiques, correspondent les lettres à Manuce ou à Sacrato ; tandis que, pour les amis moins intimes, les lettres sont plus tenues dans les deux cas. 22 En revanche, beaucoup plus que celle de Cicéron, elle intègre la correspondance passive qui donne une impression d’échange, même si ces lettres ne se répondent pas toujours. 23 Dans l’optique qui est la nôtre ici, elle permet de comparer le latin épistolaire de Muret à celui de ses correspondants, et de se rendre compte de ce qui en fait la spécificité. La deuxième remarque, plus importante, porte sur le fait que l’édition voulue par Muret, en 1580, a évincé purement et simplement toutes les lettres érudites qui n’apparaissent que dans les éditions de 1592 et de 1618, pour ne garder 20 Girot 2012, 148 et suivantes. 21 Sur les différentes éditions de cette correspondance, sur la correspondance éditée et inédite de Muret, voir Girot 2012, 154 et note 67. L’auteur ajoute à ces trois livres la publication de nombreuses lettres encore inédites. 22 Comme l’a fait Bornecque à propos des lettres de Cicéron (Bornecque 1898), il serait utile d’examiner si certaines lettres de Muret sont métriques, comme le sont certaines chez Cicéron, et surtout si la métrique correspond au degré de familiarité avec le correspondant. On se souvient que Bornecque démontre qu’aucune des lettres à Atticus n’est métrique, et que, en revanche, plus le destinataire est éloigné de Cicéron, plus les lettres deviennent métriques. Ce type d’étude à propos de Muret est l’objet d’un travail en cours. 23 On relève même la présence de trois lettres (1, 86 ; 1, 87 et 1, 88) dont Muret n’est ni l’auteur ni le destinataire, mais qu’il a tenu à faire figurer dans son recueil de 1580. Laurence Bernard-Pradelle 100 que les lettres à sujet familier et privé. Dans le corpus de 1580, ce sont les correspondants qui envoient les lettres érudites ou portant sur des questions générales, mais pas Muret. Sauf erreur de notre part, seules font exception les lettres à Cardaneti (1, 30-37). 24 Cela posé, il est temps d’observer brièvement quelques aspects du style de Muret dans sa correspondance. Ce travail s’appuie sur deux articles déjà anciens de R. Monsuez à propos du style des lettres de Cicéron. 25 Dans le premier, l’auteur y démontrait que le style épistolaire de Cicéron est la « fidèle reproduction du langage parlé et la lettre intime ou très familière est une véritable conversation par écrit ». 26 Pour ce faire, il chercha à mettre en évidence les caractéristiques de ce style, en établissant une typologie précise et exhaustive : il dégagea notamment, en premier lieu, l’emploi fréquent de tournures concrètes, d’expressions imagées et colorées ; en second lieu, une certaine tendance à l’exagération et le goût prononcé de l’expression intense ; enfin, le recours aux expressions affectives. Comme on lui avait sans doute fait remarquer que cette tendance se retrouvait dans toute l’œuvre de Cicéron, R. Monsuez écrivit un second article dans lequel il précisait les choses : Cicéron ne se sert donc pas d’une langue pour sa correspondance et d’une autre pour ses discours et ses ouvrages littéraires. La langue de Cicéron est une - il n’est pas inutile de le répéter après Lebreton - et la tendance à l’expression concrète, intense, affective appartient au fonds commun de cette langue. C’est l’action de la réflexion sur ce fonds commun qu’il est intéressant d’étudier, car, si dans les œuvres signées nous remarquons chez l’écrivain la préoccupation constante de faire un choix, une attitude que l’on pourrait qualifier de positive, au contraire, dans la correspondance intime ou très familière, l’épistolier laisse passer un terme, une expression, une tournure, parfois 24 Ce petit ensemble de huit lettres s’ouvre sur une lettre de Cardaneti (1, 30) dans laquelle ce dernier loue Muret pour sa réussite dans tous les genres littéraires et également dans le genre épistolaire. Muret lui répond qu’il n’est pas aussi savant que son ami veut le croire, qu’il n’a ni eloquentia , ni eruditio , et qu’il devra le prendre comme il est : hominem et honestis studiis deditum et ingenuum, apertum, simplicem rectum, minime fucatum, minime tectum, inprimis philophilon (1, 31, p. 53). Muret semble s’acheminer vers le portrait moral, mais dans la troisième lettre (1, 32), il lui propose un pacte épistolaire : chacun devra faire connaître à l’autre tout ce qu’il aura lu d’obscur ou d’ambigu chez un auteur ancien ; chacun devra tout faire, au besoin en s’aidant de l’avis d’autres amis, pour résoudre l’énigme ainsi posée (p. 56). Arrive la lettre à contenu purement grammatical qui porte sur l’anacoluthe (1, 33, p. 56-59), suivie de deux autres lettres semblant plus anodines, servant d’intermèdes. Muret termine par deux lettres très importantes (1, 36 et 37) sur la latinitas : chez quels auteurs faut-il puiser? Chez tous les bons auteurs, y compris Apulée. La plupart de ceux qui ne jurent que par Cicéron ne savent pas parler latin. Il est clair que ce petit corpus a également pour but, au sein de ce recueil de 1580, de donner, malgré tout, un aperçu des positions théoriques de l’auteur sur le genre épistolaire. 25 Monsuez 1952 et Monsuez 1953. 26 Monsuez 1952, 120. Le latin de correspondance de Marc Antoine Muret 101 même une forme ou une construction qu’il se refuserait à employer ailleurs. Dans une certaine manière ce laisser-aller peut être qualifié d’attitude négative. 27 Si, comme on l’a fait remarquer au tout début de cette étude, l’on ne peut pas ne pas percevoir la différence profonde entre le style épistolaire de Bruni et celui de Muret, mais aussi, et peut-être surtout, si l’on ne peut qu’être frappé par une assez grande similitude entre les lettres de Muret et celles de Cicéron (beaucoup plus évidente, par exemple, qu’entre celles de Bruni et de Cicéron, même si le premier revendiquait l’imitation du second), il est alors tentant de se livrer au même genre d’exercice que celui auquel s’est livré R. Monsuez. Or, quand on reprend ses catégories, on s’aperçoit vite qu’on les retrouve toutes chez Muret. Il faudrait sans aucun doute ici établir un relevé exhaustif de ces catégories afin de vérifier pleinement la validité de la démonstration. Là encore, le travail est en cours d’élaboration, mais il est déjà possible de donner quelques exemples que l’on espère probants. On rencontre nombre de tournures concrètes ou pittoresques, d’expressions imagées et colorées, comme les quelques mots qui commencent la lettre 1, 6 : Si Pegasi sint isti tui operarii . Mais il suffit de dire que la lettre 1, 3 donne à elle seule le ton concret de cette correspondance en s’ouvrant, sans préambule, sur cette phrase : Heri redeuntem me a Balneis Aponi, quo me partim animi, partim valetudinis causa contuleram, exceperunt litterae tuae (« Hier, revenant des bains d’Apone, où j’étais allé en partie pour mon esprit, en partie pour ma santé, j’ai été accueilli par ta lettre ») ; elle continue sur une description des malaises physiques de l’épistolier, sur ses discussions avec les médecins, le régime qu’il est décidé à suivre pour aller mieux... et pour que Manuce ne fasse pas une grosse perte (financière) en perdant son ami ! 28 On ne peut pas être plus concret, ni plus terre à terre pour la première lettre d’un recueil qui, après les deux lettres-préface, ouvre la correspondance pour ainsi dire in medias res . Même Pasquier ne fait pas cela quelques années plus tard ! Le deuxième procédé propre à la conversation est la tendance à l’exagération par le recours à tous les moyens susceptibles d’intensifier l’expression. R. Monsuez identifie scrupuleusement tous les cas possibles d’hyperbole : il s’agit de la propension à remplacer des termes, des expressions, des verbes à sens intellectuel ou plat par des équivalents concrets. 29 Nous en avons un bel exemple chez Muret, en 1, 27, quand il écrit 27 Monsuez 1953, 45-46. À propos du style cicéronien en général, voir Laurand 4 1965. 28 Ep. 1, 3 : Non enim levem neque contemnendam iacturam faceres, si quid mihi contingeret . 29 Dans les termes et expressions relevant du langage enfantin, ou ayant trait au corps, aux astres, à la souffrance, au dépit ; dans une moindre utilisation des verbes « intellectuels », très souvent remplacés par des verbes « concrets » tels que : frangere se au lieu de se ipsum vincere , ou bien encore : valde me memorderunt epistulae tuae ; dans la présence d’adverbes (ou d’expressions adverbiales) tels que bene , mirum in modum , fu- Laurence Bernard-Pradelle 102 à son ami médecin Canano : je t’écris quicquid in buccam venerit (au lieu de in mentem ). 30 R. Monsuez note également une présence renforcée des pronoms personnels, très facile à montrer chez Muret. Et l’on pourrait ajouter, dans la veine hyperbolique, ce plagiat de Cicéron, en 1, 28 : Tibi enim quae scribas, plurima quotidie suppetunt : mihi quod scribam fere nihil est, nisi hoc ipsum, nihil esse quod scribam (« En effet, toi, chaque jour, tu as sous la main énormément de choses à écrire ; moi, je n’ai presque rien à écrire, si ce n’est que je n’ai rien à écrire »). Le troisième procédé concerne tout ce qui peut avoir trait à l’affectif et dont on n’aurait jamais fini de faire la liste chez Muret. Par exemple, dans la phraséologie, ce sont les superlatifs sincères, les diminutifs (l’adorable De Hieronymo, pusione mellitissimo , « Au sujet de Jérôme, ton petit bambin tout miel », lorsqu’il parle du très jeune fils de son ami Paul Manuce), 31 une sollicitation permanente du destinataire : mihi crede , noli quaerere , ego, mi Manuti ; dans la syntaxe : la multiplication des exclamatives et des interrogatives, la dislocation des phrases, mimant la pensée qui s’improvise : dans la lettre 1, 3, on trouve, par exemple : de quo, etsi mihi nunquam, ut dubitarem, contigit, tamen fit, nescio quomodo, ut omnis illius expressio quasique professio pergrata mihi perque jucunda sit (« à ce sujet, même si jamais il ne m’est arrivé d’en douter, il se trouve cependant que, je ne sais comment, toute expression de celle-ci et toute démonstration pour ainsi dire me font très plaisir et me sont très agréables » : avec en plus les procédés d’exagération que l’on citait plus haut) ; 32 l’ordre des mots, également, qui a tendance à placer souvent en fin de phrase non pas le verbe mais les mots les plus importants ( antea enim solebam statim a prandio calamum in manum sumere ou en 1, 7 : Nam, vere ut dicam, summus amor erga te meus interdum renter , etc., qui ne reviennent pas avec la même fréquence (voire pas du tout) dans le reste de l’œuvre cicéronienne. 30 Ce procédé, à lui seul, n’est pas typiquement cicéronien, puisqu’on le retrouve souvent chez Sénèque. La démonstration de Monsuez repose sur la réunion et la convergence de caractéristiques qui se trouvent habituellement à l’état disparate et non systématique chez d’autres auteurs, ou même dans le reste de l’œuvre de Cicéron. 31 Dans la lettre 3, 5, qui ne fut pas retenue pour la publication en 1580. 32 Voir également la lettre 1, 9, qui, dans ce registre, est une parfaite illustration de ce style de la conversation, en concentrant tous les procédés que nous venons d’évoquer, et qui donne, en plus, une idée de Muret sur sa vision des lettres : sur le plan formel, on trouve un vocabulaire imagé et concret (avec les verbes cudas , interpoles , mais emprunté au vocabulaire de la comédie, ce qui est l’une des différences avec Cicéron qui, selon Monsuez, se refusait à laisser entrer ce vocabulaire dans sa correspondance) ; on trouve, également, les divers registres de l’affectif ( mihi crede ) ; de l’intensité ou du laisser-aller avec une phrase un peu disloquée ( accipio tamen, quod das, fore, ut tui isti Pegasi minus incitate volent ) ; l’utilisation du grec, de l’ellipse au sein d’une courte phrase nominale ; et pour le fond, Muret y défend l’idée que le style d’une lettre peut être travaillé par l’un ou par l’autre des correspondants. Le latin de correspondance de Marc Antoine Muret 103 vereri me cogit de firmitate valetudinis tuae ) ; 33 enfin, la pratique du style elliptique, comme en 1, 9 : Nam in hoc quid e m genere τὰ τῶν φίλων (phrase nominale en latin et ellipse en grec, puisque l’expression complète est κοινὰ τὰ τῶν φίλων, dans le contexte). Sans multiplier les exemples, on peut s’arrêter sur cette idée d’attitude positive et d’attitude négative. Pour résumer succinctement, ce que R. Monsuez appelle l’ « attitude négative », c’est une sorte de laisser-aller : dans le choix des mots, notamment l’usage un peu excessif de termes ou d’expressions de la langue banale, comme, par exemple, in pretio esse que l’on rencontre, d’emblée, dans la lettre 1, 1 ; dare horam, bene apud eum beneficium collocabis (« tu feras un bon placement avec lui », 1, 5) ; des termes de la réalité quotidienne : vascula, lucerna, baculum, cinere carbonibus , gravidae mulieres (toujours dans la lettre-préface), des mots du style simple, exclus du vocabulaire de la langue littéraire : comme vicem dolere (« plaindre le sort de... ») que l’on retrouve en 1, 5 ; 34 la tendance à l’expression populaire par le biais des proverbes (en grec, φίλου γὰρ οὐδὲν κτῆµα τιµιώτερον, « il n’est pas de trésor plus précieux qu’un ami », 1, 3) et des homéotéleutes (1, 1 : leguntur, negliguntur ; 1, 3 : professio, expressio et pergrata perque iucunda ) ; l’emploi fréquent du grec, avec exactement les mêmes intentions que Cicéron (aussi bien la tendance à la facilité parce que l’épistolier ne prend pas le temps de trouver les mots latins qui exprimeront exactement l’idée voulue et qu’il trouve le terme tout prêt en grec ; mais aussi le plaisir de faire plaisir à l’ami helléniste, et enfin le moyen de crypter le message) ; la répétition d’un mot à quelques lignes de distance qui montre que l’auteur ne s’est pas forcément relu (1, 3 : contigit, contigerat, contingeret ). Là encore, les exemples sont innombrables. Muret revendique ce laisser-aller, comme l’atteste une lettre à Manuce (3, 1), qui ne fait pas partie de la première édition, dans laquelle il écrit : Nae tu, mi Manuti, […] qui cum ad me eas epistolas quotidie mittas, quales post Ciceronem nemo fecit praeter te, tamen delicias facis et perinde loqueris, ac si meae, quas ego popularibus verbis quasi crassiore filo contextas, ne relegere quidem quae mea pigritia est, soleo, cum tuis ullo modo conferri debeant. Ah toi, mon cher Manuce, tu es terrible […], toi qui, alors que tu m’envoies tous les jours des lettres comme personne à part toi n’en a fait depuis Cicéron, te moques bien 33 Ep . 3, 4, d’où est tirée la citation, mais qu’il n’a pas retenue pour la publication. À ce sujet, il faut être très prudent : Muret reste un latiniste « classique », au sens où, même dans le style épistolaire, il ne préfère jamais la séquence progressive de l’ ordo grammaticalis (latin roman et ordre « naturel » français) à la séquence régressive de l’ ordo oratorius (latin classique). Sur ces catégories, voir Lecointe 1993, 597 et suivantes, ainsi que Molinié 1986. 34 Muret utilise la forme vicem accompagnant doleo , comme accusatif adverbial construit avec un génitif, exactement comme l’avait fait Cicéron, et lui seul dans la langue classique, avant lui (voir Monsuez 1953, 45). Laurence Bernard-Pradelle 104 de moi cependant et t’exprimes comme si les miennes, qui sont tissées avec les mots du peuple comme avec un fil plutôt grossier mais que, pour ma part, avec la paresse qui me caractérise, je n’ai pas l’habitude même de relire, devaient être à tout prix comparées aux tiennes. Les fautes ne lui font pas peur, comme il l’admet dans la lettre suivante 35 et dans la lettre 1, 9, à Manuce à qui il fait parvenir une lettre pour Bembo qu’il lui demande de corriger auparavant. Est-ce à dire qu’il faut prendre Muret au mot, quand il dit écrire des lettres dépourvues d’élégance, voire fautives ? Il suffirait de comparer avec la lettre de Jean Nicot dont le latin n’a rien à voir avec celui de Muret et qui n’est pas maîtrisé avec le même brio pour répondre évidemment par la négative. Cet apparent laisser-aller va de pair, chez Muret, avec une telle maîtrise, que, tout comme chez Cicéron, on n’y rencontre pas la moindre trace de vulgarisme ou d’erreur, l’attitude négative étant fortement contrebalancée par « l’attitude positive », définie, d’après R. Monsuez, par la réflexion et le choix qui 35 Ep . 3, 2 : Quod te a curis omnibus acquiescere in mearum epistolarum elegantia ac suavitate dicis, agnosco humanitatem tuam : neque tamen ita me ignoro ut in meis quicquam posse reperiri elegantiae putem. Scribo enim ad te sine ulla cura, quicquid in solum, ut dicitur et dum tibi animi mei sensus aperiam, quibus id verbis faciam non laboro . (« Quand tu dis que tu te délasses de tous tes soucis dans l’élégance et la douceur de mes lettres, je reconnais ta gentillesse : et toutefois je ne me méconnais pas au point de penser que l’on puisse trouver dans mes écrits la moindre trace d’élégance. Je t’écris en effet sans le moindre soin, tout ce qui se présente sur le sol, comme on dit, et du moment que je t’ouvre les sens de mon esprit, je ne me soucie pas des mots avec lesquels je le fais ».) Ici, Muret fait également référence à Sénèque, Luc. 115, 1 : Quaere quid scribas, non quemadmodum ; et hoc ipsum non ut scribas sed ut sentias, ut illa quae senseris magis adplices tibi et velut signes . La présente étude ne cherche pas à nier d’autres influences possibles sur le style épistolaire de Muret, bien au contraire, mais plutôt à montrer que ce qui fait la spécificité du style épistolaire cicéronien a été parfaitement et totalement assimilé et mis en œuvre par notre auteur. D’ailleurs, il faut toujours en revenir à l’édition de 1580, et vérifier si l’on trouve justement certaines influences autres que cicéroniennes dans les lettres retenues par Muret pour la publication. Enfin, un peu plus loin, toujours dans la même lettre, à propos des fautes possibles, on citera ce dernier extrait : Nam ego quidem, nihil unquam (ita tu me ames) memini ad te scribere quod non dicam editione sed lectione magnopere dignum putarem. Sic enim scribo ad te, non quasi ad unum aetatis nostrae hominem doctissimum et linguae Latinae intelligentissimum, sed tamquam ad amicum arctissima mihi necessitudine et familiaritate conjunctum, apud quem in loquendo non modo peccare impune liceat, verum etiam, si quis magnam diligentiam in eo ponat, ut ne peccet, is eo ipso peccare videatur . (« Car pour ma part, à dire vrai, dans mon souvenir, je ne t’ai jamais rien écrit (tu dois m’aimer ainsi) que j’aie jugé digne, je ne dirais pas d’être édité, mais même d’être lu. Je t’écris non pas comme au plus savant homme de notre époque et à celui qui s’y entend le mieux en latin, mais comme à un ami lié à moi par l’amitié et la familiarité la plus étroites, auprès duquel non seulement il est permis de faire des fautes impunément mais même auprès duquel celui qui mettrait toute son énergie à ne pas commettre de faute passerait pour commettre précisément une faute en cela. Aussi n’aije même pas l’habitude de relire ce que je t’envoie ».) Le latin de correspondance de Marc Antoine Muret 105 excluent tout vulgarisme et même le langage propre à la comédie. 36 C’est d’ailleurs ici que se manifeste une certaine différence entre Cicéron et Muret qui n’hésite pas, pour sa part, à utiliser la langue des comiques dans ses lettres. Si l’on analyse le style de l’epitre d’ouverture, qui donne le ton de cette correspondance, on peut très facilement montrer que, à côté d’un style conversationnel déjà présent, Muret, tout en se refusant au style périodique, livre une prose rythmiquement très structurée qui contraste avec celle de Jean Nicot qui la suit et lui sert de faire-valoir. 37 On pourrait aisément montrer la simplicité et la clarté du style d’un côté, un style plus contourné et plus confus de l’autre. 38 Notre hypothèse est donc que Muret a poussé si loin le simpliciter et dilucide scribere qu’il est celui qui s’est approché le plus de la fameuse diligentia neglegens prônée par Cicéron dans l’ Orator 39 et illustrée à chaque page de sa correspondance. Pour confirmer cette hypothèse, il faudrait se livrer au même travail sur les lettres des prédécesseurs, et notamment de Manuce, pour lesquelles J.-E. Girot écrit : […] le style des lettres de Manuce à Muret rappelle davantage celui des lettres familières en italien que le ton un peu compassé de la plupart des correspondances en latin. Les recueils publiés par Manuce en sont une bonne illustration, et il suffit de lire ses lettres latines ou italiennes écrites, pour la plupart, en un style soutenu, pour s’en rendre compte. Précisons enfin que le caractère familier de ces échanges n’empêche pas Manuce de se livrer à un travail stylistique sur le texte comme en témoignent les corrections introduites dans les éditions successives de son recueil. 40 Il semble qu’une étude stylistique comparative poussée doive être menée à bien, dans l’optique des travaux de J. Lecointe, pour tenter de définir la 36 Sur cette idée de réflexion et de choix, nous renvoyons aux pages extrêmement éclairantes de J. Lecointe sur la notion fondamentale d’ elegantia aux XVe et XVIe siècles (Lecointe 1993, 594 et suivantes). 37 Les deux lettres sont trop longues pour être mises en regard et analysées dans le cadre de la présente étude. On peut se contenter de noter simplement une différence qui saute aux yeux à première lecture : chez Muret, l’architecture des phrases alterne très harmonieusement entre rythmes binaires et rythmes ternaires qui renforcent le sentiment de « naturel », moins perceptible chez son correspondant. 38 Monsuez s’est évidemment livré à une analyse du style épistolaire des correspondants qui, à ses yeux, révèle des impropriétés ou négligences (termes populaires, parlers spéciaux), des termes à valeur poétique, des mots classiques employés dans un sens qui ne l’est pas (avec quelques survivances comme civitas pour urbs ), des significations nouvelles et rares, des expressions négligées ou impropres, une langue banale trahissant l’indigence du vocabulaire ou au contraire la recherche de l’artifice chez Pollion, Caelius, Curion et surtout Brutus (Monsuez 1953, 75). 39 Cic. Or . 78. L’adverbe dilucide , accompagné de plane , apparaît quelques lignes plus bas (79). Il semble bien que l’alliance des adverbes simpliciter (refus de tout style compassé) et dilucide (recherche attentive de la nuance et de la précision) soit un exact équivalent de la diligentia neglegens de Cicéron. 40 Girot, 177. Laurence Bernard-Pradelle 106 spécificité de l’acte d’écriture propre à Muret dans sa correspondance, mais une lecture superficielle de quelques unes des lettres de Manuce induit déjà à penser que tout en usant d’un latin cicéronien parfait, différent de celui de Nicot, il n’atteint pas le même degré de familiarité expressive et personnelle que Muret. Pour finir, on peut maintenant revenir sur le passage d’Étienne Pasquier, cité au début. Ce dernier, rappelons-le, se disait « hardy entrepreneur », dans le genre épistolaire en français, omettant totalement la contribution d’Étienne du Tronchet. Sans les lettres de Muret, cette attitude pouvait paraître étonnante ; avec les lettres de Muret, elle semble l’être un peu moins. Dans sa préface, du Tronchet explique son projet : regrettant que les Français aient peu produit de lettres, à la différence des Grecs, des Latins, et même des Italiens, il y remédie en publiant les siennes qui, pour bon nombre d’entre elles, sont des adaptations ou des traductions de lettres italiennes. 41 Il y a chez du Tronchet un grand dessein, résumé en ces termes par L. Vaillancourt : En se conformant à la justice, aux devoirs et à la dignité, l’homme civilisé participe à l’édification d’un État solide et durable, car ce sont ces vertus qui cimentent la société, distinguent les grands des petits et apportent à la gloire véritable. 42 Il ne s’agit pas de lettres familières et, comme il l’explique lui-même, il n’a pas eu recours au « style simple de la fable antique ou [au] comique du théâtre public », non plus qu’à « un foisonnement de figures et d’ornements », mais il a écrit dans « un moyen terme constitué de quelques lustres et faveurs, qui enjolivent sans les masquer les propos de l’auteur ». Avec Pasquier, rien de tel. Comme l’écrit L. Vaillancourt, pour ce qui est du latin, « de Pétrarque à Juste Lipse, en passant par Érasme et Vivès, la lettre se “déformalise” jusqu’à se détacher complètement des registres préconisés par les artes dictaminis » ; et le même processus va se produire en vulgaire, pour aboutir à Pasquier. Or, ici, nous semble-t-il, le maillon essentiel qui permet le basculement définitif vers la lettre « déformalisée », c’est Marc Antoine Muret : il retrouve comme personne avant lui, en latin, la totale liberté de ton du style épistolaire cicéronien, qui ose ne publier que ce qui relève de l’ homo privatus , qui ose rompre radicalement avec les artifices de la langue oratoire dans la correspondance, en retrouvant un style épistolaire qui soit celui de la conversation, comme seul l’avait fait avant lui Cicéron, peut-être aussi en assumant complètement l’écriture personnelle, à travers une « réconciliation 41 Vaillancourt 2003, 238 : « Il revendique son droit au pillage au nom de l’enrichissement du vulgaire et destine son œuvre à l’utilité publique », c’est-à-dire au profit de la jeunesse notamment, « tant sur le plan du vocabulaire que de l’édification morale ». 42 Ibid. Le latin de correspondance de Marc Antoine Muret 107 sereine [...] avec le singulier ». 43 L’exploit de Muret est de retrouver précisément en latin ce que Pasquier dit qu’il n’est plus possible de trouver : le fameux « naturel », ce qui s’apprend parce que c’est la langue maternelle, et qu’il veut être le premier à revendiquer dans son œuvre épistolaire en langue vulgaire. Il n’est donc pas étonnant qu’il ne cite pas Muret, puisque ce dernier a réussi à le faire en latin, mieux qu’Érasme, Budé et Politien avant lui : ils s’y étaient essayés, mais sans arriver à la perfection, selon Pasquier. C’est Muret qui, en définitive, lui permet d’être un « hardy entrepreneur» et permet aussi à Juste Lipse de publier son Epistolica institutio en 1591. 44 Celui qui a fait « de la lettre familière, le genre épistolaire par excellence, propre à contenir toutes les autres espèces et tous les sujets possibles», 45 c’est peut-être Muret, quelques années avant Juste Lipse. 46 43 L’expression est de Lecointe 1993, 712 et concerne le Montaigne de 1588 qui n’est plus tout à fait le même que celui de 1580... Peut-on parler de coïncidence des dates? 44 Sur Juste Lipse et la Epistolica Institutio , voir notamment Vaillancourt 2003, 165-168. Rappelons quelques principes défendus par Juste Lipse, ancien disciple de Marc Antoine Muret : « Epistolas debere interdum hallucinari » ( E. I., p. 22, renvoyant à Cic. Q . 2, 9, 1 : epistolae nostrae debent hallucinari : « nos lettres doivent divaguer » et aussi Att. 15, 29, 2). Selon, Lipse, il est inutile de s’attarder trop longtemps sur l’ inventio et l’ ordo , puisque par définition, la lettre est spontanée et se développe au fil de l’écriture ; en revanche, il défend l’importance du style conversationnel qui comporte cinq qualités : brevitatem, perspicuitatem, simplicitatem, venustatem, decentiam . Le chapitre VII traite de la brièveté (soulignant l’importance de la concision, qui oblige l’épistolier à tenir compte du sujet, du destinataire et de ses capacités ; il ne doit y avoir ni superflu, ni répétition, ni période longue, ni ornementation trop élaborée) ; les chapitres VIII à X traitent des quatre autres vertus du style : « il est clair si les mots sont appropriés, s’ils sont d’usage courant et s’ils sont cohérents ; il est simple s’il est sans étude et s’il s’apparente à la conversation de tous les jours ; il est élégant s’il est enjoué, vif, élevé, gracieux et charmant ; il est décent s’il convient au sujet et au destinataire » (Vaillancourt 2003, 167). Pour Juste Lipse, le style doit mimer la parole, en faisant l’économie du style périodique et des artifices oratoires, comme le recommandait Érasme, et en se référant explicitement aux dialogues dramatiques de Plaute et de Térence comme des modèles d’élégance conversationnelle (que, semble-t-il, Muret ne renie pas non plus, nous l’avons vu) ; il doit faire place à la libre improvisation, tout en tenant compte qu’il s’agit d’une communication écrite (voir Fumaroli 1978, 896). Sans vouloir minimiser l’influence des auteurs antiques ou celle d’Érasme sur Juste Lipse, il semble difficile de penser que l’élaboration théorique de l’ Epistolica Institutio ne doive rien à Marc Antoine Muret. 45 Vaillancourt 2003, 168. 46 Ibid. : « Après avoir renoncé à la tripertita varietas , au profit d’un atticisme capable de tous les sujets, les humanistes ont débattu du niveau le plus approprié au genre. Le conflit entre le style bas de l’éloquence oratoire et une forme plus élégante que la conversation spontanée se résorbe enfin dans le primat du sermo humilis qui s’impose avec Lipse ». Laurence Bernard-Pradelle 108 Bibliographie Basso, Jeannine : Le genre épistolaire en langue italienne (1538-1662). Répertoire chronologique et analytique, Roma 1990. Bornecque, Henri : La prose métrique dans la correspondance de Cicéron, Paris 1898. Bruni, Leonardo : Leonardo Bruni Arretini Epistolarum libri VIII , éd. Lorenzo Mehus, Firenze 1741. Bruni, Leonardo : Studi su l’epistolario di Leonardo Bruni, di Francesco Paolo Luiso e a cura di Lucia Gualdo Rosa, Roma 1980 (Studi storici, vol. 122-124). Bruni, Leonardi : Lettres familières, édition, traduction et notes de Laurence Bernard-Pradelle, Montpellier 2014 (Histoire et sociétés). Buzon, Christine de / Martin, Pierre (éd.) : Ronsard & Muret : Les Amours, leurs Commentaires. Texte de 1553, Paris 1999. Fumaroli, Marc : La genèse de l’épistolographie classique : rhétorique humaniste de la lettre, de Pétrarque à Juste Lipse, Revue d’histoire littéraire de la France 78, 1978, 886-900. Girot, Jean-Eudes : Marc-Antoine Muret. Des Isles fortunées au rivage romain, Genève 2012. Laurand, Louis : Études sur le style des discours de Cicéron, Amsterdam 4 1965. Lecointe, Jean : L’Idéal et la Différence, Genève 1993. Molinié, Georges : Éléments de stylistique, Paris 1986. Monsuez, Robert : Le style épistolaire de Cicéron et la langue de la conversation, Pallas 1, 1952, 98-120. Monsuez, Robert : Le style épistolaire de Cicéron : la réflexion et le choix, Pallas 2, 1953, 45-46. Muret, Marc Antoine : Opera omnia, ex mss aucta et emendata, cum brevi annotatione Davidis Ruhnkenii, studiose ab se recognita, emendata et aucta, selectisque aliorum et suis adnotationibus instructa accurate edidit Carolus Henricus Frotscher, 3 vol., Leipzig, 1834-1841 = Genève 1971. Pasquier, Étienne : Les œuvres d’Estienne Pasquier, tome II, Amsterdam 1723. Vaillancourt, Luc : La lettre familière au XVIe siècle : Rhétorique humaniste de l’épistolaire, Paris 2003. Die Geburtsbeschreibung in Jean Dorats Ode 1 Christian Orth (Freiburg im Breisgau) Unter den Mitgliedern der Pléiade ist Jean Dorat bzw. Johannes Auratus (1508-1588) der einzige, der fast ausschließlich in lateinischer Sprache dichtete. Eine zentrale Rolle in seinem Werk spielen die Oden, die nicht nur teilweise ein lateinisches Gegenstück zu den französischen Oden von Dorats Schüler Ronsard darstellen, sondern auch eine schon längere neulateinische Tradition der Odendichtung fortsetzen, die zu Beginn des 15. Jh. in Italien beginnt und in Frankreich dann besonders von Jean Salmon Macrin (1490- 1557) geprägt wurde. 1 Hier soll die wohl früheste Ode Dorats näher betrachtet werden, ein an Henri de Mesmes gerichtetes Genethliacum, das aufgrund der ungewöhnlich genauen Beschreibung der Geburt einer Tochter Dorats und des insgesamt besonders zu Beginn sehr persönlichen Tonfalls besonderes Interesse beanspruchen kann. Das zu Lebzeiten Dorats ungedruckt gebliebene Gedicht wurde erst 1979 von Geneviève Demerson erstmals herausgegeben. 2 Dass es in der Forschung noch weitgehend unbeachtet geblieben wäre, lässt sich allerdings inzwischen nicht mehr behaupten: Schon Demersons Edition enthält eine französische Übersetzung und einen Kommentar, der historisch-biographische Hintergründe klärt und auch einzelne Reminiszenzen aus klassischen lateinischen Autoren nennt. 3 Demerson bezieht das Gedicht plausibel auf die Geburt von Dorats erster Tochter Madeleine, die 1548 noch vor der Heirat Dorats mit Marguerite zur Welt kam. 4 Zuletzt hat Perrine Galand-Hallyn die Geburtsbeschreibung zu Beginn des Gedichts genauer diskutiert und in eine Traditionslinie gestellt, die von Sta- 1 Zu einem Überblick über die neulateinische Odendichtung vor Dorat vgl. Galand-Hallyn 2007, 293-297. 2 Demerson in Dorat 1979, 32-37. 3 Demerson in Dorat 1979, 267-270. 4 Demerson in Dorat 1979, 268; vgl. jetzt auch Galand-Hallyn 2007, 315. Christian Orth 110 tius’ Silven (5, 5, 69-72) über Pontanos Exsultatio de filio nato ( De amore coniugali 10) bis hin zu einer Geburtsschilderung mit Anrufung der Lucina in Macrins Livre des épithalames von 1531 reicht. Direkte wörtliche Reminiszenzen bestehen dabei vor allem zu Statius ( Silv. 5, 5, 69-72 tellure cadentem / aspexi atque unctum genitali carmine fovi / poscentemque novas tremulis ululatibus auras / inserui vitae , vgl. bei Dorat 25-28, besonders 26 cadentem und 27f. et in vitale lumen / auspicio insereres secundo , wobei auspicio [...] secundo möglicherweise einen bewussten Kontrast zu Statius bildet, bei dem die Schilderung der Geburt in einem Trauergedicht auf ein frühverstorbenes Kind steht). 5 Pontano und Macrin spielen dagegen vor allem auf einer allgemeineren Ebene als Vorbilder für die Schilderung der Geburt eines eigenen Kindes in einer Ode eine Rolle (vgl. bei Macrin aber auch ex quo alvus tumuit tenta Gelonidis mit 2 tumentem und 6 tendebat alvum Margaris bei Dorat). Die Geburtsbeschreibung am Anfang des Gedichts enthält jedoch noch eine Reihe weiterer präziser Bezüge zu antiken Texten, die größtenteils bisher unerkannt geblieben sind. Diese sollen im Folgenden vorgestellt und diskutiert werden. Hier zunächst der Text der ersten sieben Strophen (1-28) nach der Edition von Demerson, 6 gefolgt von einer eigenen Übersetzung: Non albus udis visceribus furens languor tumentem rupit acerbius ventrem, cavis non Dindymene tympana sic ovibus tetendit, ut nostra nuper vix oneri parem 5 tendebat alvum Margaris, improbo turbata costarum tumultu, et voce vocans paritura divos, sed praeter omnis nomine comparem te, Margaris, te congeminat, suam 10 clamatque Lucinam, graveis quae leniter excuteres labores. 5 Dorat greift die Stelle bei Statius im selben Gedicht noch einmal auf in 45-46 (nun über Henri de Mesmes und dessen Paten, den späteren König Henri II): nam te novae dum sceptriger inserit / amplexus aurae (vgl. bei Statius neben inserui auch novas auras ). Durch diesen doppelten Bezug auf Statius wird innerhalb von Dorats Gedicht zugleich auch die Parallele in der Rolle von Henri de Mesmes als Pate von Dorats Tochter und Henri II als Pate von de Mesmes unterstrichen, die in 29-30 explizit thematisiert wird: et cui fores tu quod puero fuit / quondam tibi Rex ille Navarrius . 6 Dorat 1979, 32-37. Der Text umfasst insgesamt 92 Verse in 23 Strophen. Die Geburtsbeschreibung in Jean Dorat Ode 1 111 nec tarda voces audierat dea, vagitus aureis cum pepulit meas iam patris, auras et salutat 15 aethereas lachrimosus angor. an fallor, inquam, et me ludit amabilis 7 error, mihi dum credulus auguror stulte quod exopto? secundum sit precor, accipio sed omen. 20 vix haec, et a me conspicitur rubens elapsus arcto lubricus e sinu partus, mihi quo res domusque aucta mea, incolumi parente, Henrice, quem tu, Mesmiadum decus, 25 molli cadentem susciperes manu, si fas, et in vitale lumen auspicio insereres secundo. Nicht hat fahles, in feuchten Eingeweiden wütendes Siechtum schmerzhafter gebrochen den aufgeblähten Bauch, nicht hat Dindymene mit gewölbten Schafsfellen so die Tamburine bespannt, wie neulich den der Last kaum gewachsenen 5 Bauch unsere Margaris gespannt hat, von schlimmer Unruhe der Rippen aufgewühlt, und dabei laut zur Geburt die Götter anrief, am meisten aber dich, Gefährtin ihres Namens, Margaris; deinen Namen ruft sie erneut, und nennt dich 10 ihre Lucina, auf dass du die schweren Schmerzen lindernd vertreiben mögest. Und ohne Verzug hatte das Rufen die Göttin gehört, da traf Geschrei auf meine Ohren, die Ohren eines Vaters schon, und es grüßte 15 tränenvolle Furcht die Lüfte des Äthers. Oder ist’s Täuschung (sprach ich), und es treibt sein Spiel willkommener Irrtum, während ich in törichtem Glauben mir vorstelle, was ich ersehne? Günstig sei, bitte, das Omen, ich nehme es an. 20 7 Der Vers ist in der abgedruckten Form unmetrisch; da sich durch Tilgung entweder von inquam oder et das Metrum leicht wiederherstellen lässt (wohl besser an fallor, et me ludit amabilis als an fallor, inquam, et ludit amabilis ), dürfte es sich um ein Versehen handeln - es sei denn, inquam ist hier ein außerhalb des Metrums hinzugesetzter Hinweis (allerdings wird später auch aus vix haec in V. 21 deutlich, dass hier Worte oder Gedanken Dorats bei der Geburt selbst referiert werden). Christian Orth 112 So sprach ich, und schon sehe ich rot schimmernd, schlüpfrig gefallen aus dem straffen 8 Gewandbausch, das Kind, durch das mir mein Besitz und Haus vermehrt wird - und die Mutter ist wohlauf; dieses mögest du, Henricus, Zierde der Mesmiaden, 9 25 in seinem Fall mit sanfter Hand aufheben, wenn es gestattet ist, und in des Lebens Licht unter glücklichem Vorzeichen einreihen. Zum Anruf der heiligen Margarita als Lucina (9-12) bemerkt Perrine Galand- Hallyn, dass sich der Anruf der Lucina bei der Geburt nicht nur im entsprechenden Gedicht Macrins findet, sondern auch schon in der antiken Literatur weit verbreitet ist (sie nennt als Belege Horaz, Oden 3, 22; Ovid, Heroides 9, 52 und 57, Amores 2, 14, 19-21). Bisher ist jedoch nicht gesehen worden, dass Dorat hier nicht nur allgemein einen antiken Topos aufgreift, sondern ganz gezielt auf die Schilderung der Geburt des Adonis in den Metamorphosen Bezug nimmt (Ov. Met. 10, 503-507): at male conceptus sub robore creverat infans quaerebatque viam, qua se genetrice relicta exsereret; media gravidus tumet arbore venter, tendit onus matrem, neque habent sua verba dolores, nec Lucina potest parientis voce vocari. Aber das in Schande empfangene Kind wuchs unter der Holzmasse und suchte einen Weg, auf dem es die Mutter verlassen und herauskommen konnte; mitten im Baum bläht sich der schwangere Bauch, die Last spannt den Körper der Mutter an, und die Schmerzen [können sich nicht durch Worte ausdrücken, und Lucina kann nicht von der Stimme der Gebärenden angerufen werden. Wörtliche Übereinstimmungen bestehen in 2-3 tumentem [...] ventrem ~ Ov. Met. 10, 505 tumet [...] venter , 5-6 vix oneri parem / tendebat alvum Marga- 8 arcto ist eine orthographische Variante für arto . Die Verbindung arto [...] sinu ist hier wohl eine Umkehrung von Wendungen wie Horaz, Oden 2, 3, 172 sinu laxo und Ovid , Ars amatoria 1, 680 laxo [...] sinu ; daraus geht hervor, dass sich sinu hier auf das Gewand der Margaris beziehen muss, nicht auf ihren Busen (Demerson 1979, 32 übersetzt: „glissant hors du sein maternel“); vgl. zum Gegensatz laxus - artus in Bezug auf Kleidung auch Tibull 1, 6, 40 et fluit effuso cui toga laxa sinu und 2, 3, 78 laxam [...] togam sowie Horaz, Epistulae 1, 18, 30 arta decet sanum comitem toga . Zu der für Dorats Intertextualität offenbar insgesamt charakteristischen Technik der Umkehrung von Vorbildern s.u. (mit weiteren Beispielen). 9 Eine Anspielung auf Lukrez, De rerum natura 1, 26 Memmiadae nostro . Zu der von Dorat und seinen Zeitgenossen gezogenen Verbindung zwischen Henri de Mesmes und Lukrez’ Gönner Memmius vgl. Demerson 1979, 267. Die Geburtsbeschreibung in Jean Dorat Ode 1 113 ris ~ Ov. Met. 10, 506 tendit onus matrem , 10 8 voce vocans paritura divos und 10-11 suam / clamatque Lucinam ~ Ov. Met. 10, 507 nec Lucina potest parientis voce vocari (vgl. besonders voce vocans bei Dorat ~ voce vocari bei Ovid 11 ). In beiden Texten wird zudem der Augenblick der Geburt durch das Geschrei des neugeborenen Kindes dargestellt (14 vagitus ~ Ov. Met. 10, 513 vagitque puer ) . Nun handelt es sich aber bei Ovid keineswegs um eine normale Geburtsschilderung: Adonis’ Mutter ist zum diesem Zeitpunkt bereits in einen Baum verwandelt, und sie hat daher auch keine Stimme mehr, mit der sie Lucina anrufen könnte. Wie so oft in der Imitatio-Technik neulateinischer Autoren wird hier also ein Vorbild zumindest teilweise ins Gegenteil verkehrt, 12 und gerade diese Technik der Umkehrung macht es Dorat auch möglich, für die Schilderung der Geburt seiner Tochter ausgerechnet die auf ein inzestuöses Verhältnis zwischen Myrrha und ihrem Vater Cinyras zurückgehende Geburt des Adonis heranzuziehen. 13 Vermutlich dient eine solche Technik - die dem Dichter bei aller Bezugnahme auf ein Vorbild auch immer eine eigene originelle Wendung des Motivs ermöglicht - in solchen Fällen nicht zuletzt der Anpassung der oft unglücklichen und außergewöhnlichen Situationen in der antiken Dichtung an die in der Regel erfreulicheren Alltagsereignisse, die in der neulateinischen Literatur gefeiert wurden - wobei bei Kenntnis der Vorbilder durch den Leser gerade der Kontrast die Wirkung verstärkt. Dieselbe Technik einer Umkehrung antiker Vorbilder lässt sich wahrscheinlich noch in zwei weiteren Details der Geburtsschilderung beobachten: Wenn Lucina ( nec tarda ) die Bitten der Margaris erhört (13 nec tarda voces audierat dea ), dann verhält sie sich genau umgekehrt wie Amor ( tardus ) im ersten Gedicht des Properz (1, 1 ,17 in me tardus Amor non ullas cogitat ar- 10 Hinzu kommt hier möglicherweise noch Ovid, Amores 2, 13, 20 quarum tarda latens corpora tendit onus, das von Galand-Hallyn 2007, 319 Anm. 86 angeführt wird; aber aufgrund der Vielzahl weiterer Übereinstimmungen mit der Stelle der Metamorphosen ist diese als Vorbild auch für diese Einzelheit wahrscheinlicher. 11 Das bei Ovid durch die Verbindung mit parientis und die Tatsache, dass die schon halb in einen Baum verwandelte Myrrha keine Stimme mehr hat, besonders motivierte voce steht nun allein (zu voce vocans ohne Attribut vgl. in ähnlichem Kontext - Anrufung von Göttern - z.B. Vergil, Aeneis 4, 680f. patriosque vocavi / voce deos und 6, 247 voce vocans Hecaten caeloque Ereboque potentem; die auch in anderen Kontexten auftauchende Formel hat feierlich-sakralen Charakter, vgl. Pease 1967, 521f. ad Verg. Aen. 4, 680). 12 Da schon Ovids Beschreibung teilweise eine Umkehrung einer normalen Geburtsbeschreibung ist, könnte man auch sagen, dass Dorat hier diese Umkehrung in seinem Gedicht wieder rückgängig macht. 13 Und das, obwohl auch die Umstände der Geburt seiner ersten Tochter (wenn das Gedicht auf diese zu beziehen ist) durchaus diskutabel waren; vgl. Demerson 1979, 268: „Dorat a dû épouser Marguerite par sentence de l’official; il aurait été poursuivi pour séduction, et sa fille Madeleine est née avant le mariage [...] qui fut célébré le 21 décembre 1548“. Christian Orth 114 tes ; vgl. in demselben Properzgedicht auch 37 quod si quis monitis tardas adverterit aures ). 14 Und ähnlich ist wohl auch iam patris in 15 eine direkte Umkehrung von nec iam pater in der ovidischen Beschreibung vom Tod des Icarus (Ovid, Metamorphosen 8, 231 at pater infelix, nec iam pater, „Icare“ dixit ). Gerade iam patris wirkt übrigens besonders pointiert, wenn Dorat in diesem Moment zum ersten Mal Vater wurde. Während die bisher genannten Reminiszenzen aus Ovids Metamorphosen vor allem die inhaltliche Ebene betreffen, orientiert sich die formale Gestaltung der ersten acht Verse deutlich an zwei ebenfalls in alkäischen Strophen stehende Passagen aus Horaz’ Oden : Aus 1, 16, 5-9 non Dindymene, non adytis quatit / mentem sacerdotum incola Pythiis, / non Liber aeque, non acuta / sic geminant Corybantes aera, / tristes ut irae [...] („Nicht schüttelt Dindymene 15 , nicht der Einwohner im Pythischen Heiligtum 16 den Sinn der Priester, nicht Liber 17 so sehr, nicht schlagen die Korybanten 18 das scharf klingende Erz so zusammen, wie der traurige Zorn [...]“) ist nicht nur (aber charakteristischerweise an anderer Stelle im Vers) non Dindymene übernommen (1), sondern vor allem die gesamte Struktur des Vergleichs mit einer Serie vorausgehender verneinter Glieder, durch die der beschriebene Sachverhalt in effektvoller Übertreibung verdeutlicht wird ( non [...] , non [...] , non [...] aeque, non [...] , [...] ut bei Horaz; non [...] acerbius, non [...] sic [...] , ut bei Dorat). 19 Dorat überträgt nun den bei Horaz auf der psychologischen Ebene liegenden Vergleich (es handelt sich um eine Beschreibung des Zorns) auf einen körperlichen Vorgang (die Beschreibung des gespannten Bauchs zur Zeit der Geburtswehen), und entsprechend sind die horazischen Beispiele durch neue Bilder ersetzt: 1-2 albus udis visceribus furens / languor beruht, wie schon Demerson gesehen hat, 20 auf Horaz, Oden 2, 2, 14-16 nisi causa morbi / fugerit venis et aquosus albo / corpore languor („wasserreiche Mattigkeit am blassen Körper“, über die Wassersucht 21 ), mit interessantem Tausch der 14 Vgl. aber auch Properz 1, 8 ,41 neque amanti tardus Apollo. 15 Die kleinasiatische Göttin Kybele, hier benannt nach dem Berg Dindymos (vgl. Nisbet / Hubbard 1970, 206 ad Hor. Od. 1, 16, 5). 16 D.h. Apoll als Bewohner des Tempels in Delphi (Nisbet / Hubbard 1970, 206 ad Hor. Od. 1, 16, 6). 17 Bacchus. 18 Vgl. Nisbet / Hubbard 1970, 206f. ad Hor. Od . 1, 16, 7. 19 Demerson 1979, 268 bemerkt in ihrem Kommentar zu V.3 Dindymene lediglich: „Cybèle, la déesse du Dindyme; la forme grecque est attestée chez Horace (Carm. 1, 16, 5). La comparaison est inattendue“ (vgl. auch Galand-Hallyn 2007, 315, die das Bild allgemein mit Dorats mythologischen Kenntnissen erklärt). Gerade ein genauerer Vergleich mit dieser Horazstelle zeigt, wie Dorat auf den „unerwarteten“ Vergleich vom Bauch der Schwangeren mit den gespannten Trommeln der Cybele kommt. 20 Demerson 1979, 268. 21 Vgl. Nisbet / Hubbard 1978, 46 ad Hor. Od. 2, 2, 15. Die Geburtsbeschreibung in Jean Dorat Ode 1 115 Attribute: Aus aquosus languor und albo corpore bei Horaz werden bei Dorat albus languor und udis visceribus . Für das zweite Beispiel genügte es dagegen, eines der mit dem Kybelekult verbundenen Instrumente durch ein anderes zu ersetzen. An die Stelle der bei Horaz erwähnten Zimbeln ( cymbala ) treten die Tamburine ( tympana ) mit ihren gespannten Fellen. Beide Instrumente werden zusammen in Catulls Attis-Gedicht erwähnt, das direkt den Kybele-Kult zum Thema hat (Catull 63, 21 ubi cymbalum sonat vox, ubi tympana reboant und 29 leve tympanum remugit, cava cymbala recrepant ), und im selben Gedicht findet sich auch eine genauere Beschreibung der Trommeln (Catull 63, 8-10 niveis citata cepit manibus leve typanum, / typanum tuum, Cybebe, tua, mater, initia, / quatiensque terga tauri teneris cava digitis ), eine Stelle, die Dorat wohl zu seinem kühnen Ausdruck cavis [...] ovibus in 3-4 angeregt hat (vgl. bei Catull terga tauri [...] cava ). 22 Allerdings wurden in der Antike für Tamburine üblicherweise nur Stier- oder Hirschhäute, aber keine Schafshäute verwendet. 23 Die zweite Strophe (5-8) ist wiederum nach Horaz, Oden 4, 4 ,45-48 modelliert: post hoc secundis usque laboribus / Romana pubes crevit et inpio / vastata Poenorum tumultu / fana deos habuere rectos . Das einzige direkt übernommene Wort ist tumultu (an derselben Position im Vers); aber nicht nur die Wortenden stehen fast alle in derselben Position, auch die syntaktische Struktur wird bei Dorat besonders in 6-7 improbo / turbata costarum tumultu, et (vgl. Horaz, Oden 4, 4, 46-47 inpio / vastata Poenorum tumultu ) mit jeweils prosodisch äquivalenten (und z.T. klanglich ähnlichen) Wörtern exakt wiedergegeben. Durch eine detaillierte Untersuchung der Bezüge zu antiken Vorbildern - wie sie hier exemplarisch für den Anfang von Dorats erster Ode versucht wurde - können Fragen des einfachen Textverständnisses beantwortet, Probleme bei der Beurteilung von auf den ersten Blick überraschenden Bildern gelöst und die Wahl bestimmter formaler und syntaktischer Strukturen erklärt werden. Viele für die Interpretation wichtige Nuancen werden erst durch den Kontrast zu konkreten antiken Vorbildern nachvollziehbar. Daneben lässt sich gerade in der neulateinischen Literatur oft ein faszinierender, beinahe voyeuristischer Blick in die Werkstatt eines Dichters werfen, der zugleich 22 Bei Catull bezeichnet terga tauri [...] cava („gewölbte Stierrücken“) allerdings das ganze mit Stierhäuten bespannte Instrument mit seinem gewölbten Klangkörper ( terga tauri ist Pars pro toto); Dorats cavis [...] ovibus in Verbindung mit tympana [...] tetendit („bespannte er die Trommel mit gewölbten Schafen, d.h. Schafshäuten“) grenzt dagegen ans Absurde. Offenbar verbindet hier Dorat in nicht ganz passender Form die Catullstelle mit Euripides, Helena 1347 τύπανά τ’ ἔλαβε βυρσοτενῆ „nahm sie die mit Ochsenhäuten bespannten Trommeln“ (in einem Chorlied über die dort mit Kybele identifizierte Demeter), wobei er das Adjektiv βυρσοτενῆ in eine Verbalphrase ( ovibus tetendit ) umwandelt. 23 Vgl. Reuther 1948, 1749, 39-42. Christian Orth 116 auch einen Eindruck vom Rezeptionsverhalten der klassisch gebildeten zeitgenössischen Leser vermitteln kann. Entstehung und Rezeption eines Textes hängen hier eng zusammen, da der Leser eines Gedichts auch dessen Inspirationsquellen zumindest teilweise nachvollziehen kann. Aufschluss gibt eine Untersuchung der antiken Vorbilder nicht zuletzt auch über das Verhältnis von Lebenswirklichkeit und literarischer Stilisierung in den so oft reale Ereignisse ihrer Zeit schildernden Gedichten neulateinischer Autoren. Somit hilft die Ermittlung antiker Vorbilder auch bei der Frage, inwieweit solche Gedichte als historische Quellen verwendet werden können. Vor allem aber ist in diesen Gedichten der ästhetische Lesegenuss nicht unwesentlich von der Qualität und Quantität der Assoziationen abhängig, die sich für den Leser aufgrund seiner Kenntnis der antiken Literatur ergeben. Dass Dorats erste Ode - trotz aller Bezugnahme auf antike Vorbilder - den Eindruck lebendigen Erlebens vermittelt, steht dabei außer Frage. Perrine Galand-Hallyn bemerkt zu der Geburtsbeschreibung: „On ne peut qu’être frappé par l’authenticité des détails, depuis la respiration haletante, caractéristique des parturientes, les litanies apotropaïques, le premier cri, à la fois étouffé et sanglotant, du nouveau-né ( lachrimosus angor ), encore tout ensanglanté et congestionné ( rubens ), et gluant ( lubricus ). L’émotion paternelle est également peinte de manière très convaincante. Cette fois, le je poétique ne s’efface pas : la naissance est vécue comme un mystère effrayant, mais exaltant, par le père qui, sans doute placé au chevet de sa femme, dont il rapporte, impuissant, les efforts et les supplications, entend l’enfant crier avant de le voir sortir du corps maternel.“ 24 Nach Geneviève Demerson liegt die Faszination von Dorat als Intellektuellem gerade darin, dass „l’expérience qu’il doit à la vie est aussi riche que celle qu’il a cherchée dans les livres“. 25 Beides, die eigene Lebenserfahrung wie die Kenntnis der antiken Literatur, sind für Jean Dorat lebendige Inspirationsquellen, die sich in der Geburtsbeschreibung der ersten Ode zu einer überzeugenden Einheit verbinden. Literaturverzeichnis Dorat, Jean: Les Odes Latines, Texte présenté, établi, traduit, annoté par Geneviève Demerson, Clermont-Ferrand 1979 (Publications de la Faculté des Lettres de Clermont II, Bd. 5). Demerson, Geneviève: Dorat en son temps. 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Einige Gedanken zur neulateinischen Mittlerrolle zwischen antiker und neuzeitlicher Dichtung * Eckard Lefèvre (Freiburg im Breisgau) Ad Lectorem Cum tot natorum casto sociata cubili Musa sit ex nobis Gallica facta parens, Miraris Latiam sic nos ardere puellam Et ueteris, Lector, rumpere iura tori. Gallica Musa mihi est, fateor, quod nupta marito: Pro Domina colitur Musa Latina mihi. Sic igitur (dices) praefertur adultera nuptae? Illa quidem bella est, sed magis ista placet. 1 Die Bedeutung der Neulateinischen Dichtung liegt nicht nur - selbstverständlich - in ihrem Eigenwert, sondern darüber hinaus auch darin, daß sie nationalsprachlichen Dichtern verschiedener Länder in vielfältiger Weise den Mund geöffnet hat. Diese verdanken ihr Strukturen, Bilder, Motive. Ein sol- * Diese Ausführungen gehen auf den unveröffentlichten Vortrag Catulle et Du Bellay zurück, der vom Verfasser am 28. April 2000 an der Université Marc Bloch in Strasbourg anläßlich der Verleihung der Ehrendoktorwürde gehalten wurde. 1 „An den Leser. / Obwohl ich die französische Muse, die mir auf dem reinen Lager verbunden ist, / zur Mutter so vieler Kinder gemacht habe, / wunderst du, Leser, dich, daß ich so sehr für das lateinische Mädchen glühe / und das Recht des alten Lagers breche. / Die französische Muse ist mir, ich gestehe es, was die Gattin dem Gatten ist: / Als Herrin verehre ich (aber) die lateinische Muse. / So wird (wirst du sagen) die Buhlerin der Gattin vorgezogen? / Diese ist zwar schön, aber jene gefällt mir noch mehr“ (Du Bellay 1984, 79). In Vers 9 ist illa die nupta , ista die adultera , nicht umgekehrt, wie man manchmal liest. In einem Motto zu einer Sammlung neulateinischer Gedichte wäre das Bekenntnis, dem Autor gefalle seine Muttersprache viel besser, fehl am Platz. Zu dem Epigramm IJsewijn 1990, 47: „The comparison of French and Latin to a wife and a mistress may be a witty French adaptation of a passage in Marcus Aurelius’ Meditations (6, 12) where the Roman emperor compares the court and philosophy to a stepmother and a mother. It gives in any case a good image of the situation“. Zu dem Thema ist die erste Elegie Cur intermissis Gallicis Latine scribat zu vergleichen (Du Bellay 1984, 35-45). Eckard Lefèvre 120 cher Fall soll hier vorgeführt werden, bei dem sich beobachten läßt, wie ein antiker Dichter zunächst zu einer neulateinischen Nachfolge gelangt und sodann den Weg in ein nationalsprachliches Kleid findet. Im besonderen läßt sich dieser Prozeß bei den Dichtern der Pléiade beobachten. „One may […] see the interaction of specific texts: Bèze and Muret leave traces in the works of many vernacular poets, Buchanan affected Du Bellay and, in some measure, the dramatists; and in Du Bellay we can see a theme being worked out in both Latin and French. Later, during the religious wars, we shall also notice texts being translated from one language into another, and occasionally as a bilingual work. In other words, Neo-latin verse is in an extremely healthy position, and is being written by poets some of whom will enjoy high posthumous fame on that account. Latin goes hand in hand with French for a while, and on occasion it is capable of giving the lead“. 2 Als antiker Ausgangspunkt wird Catull gewählt, weil sich bei seiner Rezeption in der Neuzeit ein zweiter interessanter Vorgang beobachten läßt. Während er die Formen und Motive der überwiegend von einem rationalen Duktus bestimmten alexandrinischen Dichtung oft mit subjektivem Erleben füllt, werden seine Gedichte schon in der Antike - etwa bei Ovid, Statius, Martial oder Ausonius - gefühlsfernem Spiel dienstbar gemacht. 3 Eben dieser Vorgang ist in vielfältiger Weise bei der ungewöhnlich intensiven Rezeption seines Werks in der frühen Neuzeit zu beobachten. Ihre Dichter stehen gewissermaßen in der nachcatullischen antiken Tradition. Du Bellay Zu den führenden Dichtern der Pléiade gehört Joachim Du Bellay (1522- 1560). Er verfaßt 1549 das Manifest der Pléiade Deffence et illustration de la langue françoise , in dem das Französische gleichwertig neben die antiken Sprachen und das Italienische, wenn nicht gar über sie gestellt wird. 4 In demselben Jahr tritt er durch die Gedichtsammlung L’Olive hervor, deren Titel in anagrammatisch verschlüsselter Form den Namen der Geliebten Viole umschreibt. Die Freunde der italienischen Kapitale schätzen besonders seine beiden 1558 erschienenen Rom-Dichtungen Antiquitez de Rome und Regrets (Heimwehsonette). 5 Auch sie sind in dem Rahmen der translatio imperii et 2 McFarlane 1974, 263. 3 Lefèvre 1999, 225-239. 4 Hausmann 1989, 112. 5 „While Joachim Du Bellay was in Rome from 1553 to 1557, the influence and prestige of Latin poets such as Zanchi, Laurentius Gambara, and the Capilupi brothers was still so decisive that the author of the Défense […] de la langue française began to write Latin verses and became an excellent Neo-Latin poet“ (IJsewijn 2 1990, 61). Den Einfluß römischer, italienischer und neulateinischer Ruinenpoesie auf die Antiquitez beto- Von Catull zu Du Bellay 121 studii zu sehen, nach der Herrschaft und Bildung von einem Volk auf das andere, in diesem Fall auf Frankreich, übergehen. 6 Ebenfalls in das Jahr 1558 gehören die Divers Jeux rustiques , 7 aus denen im folgenden zwei Gedichte genauer betrachtet werden. Wenn Du Bellay dafür eintritt, daß die französische Dichtung durch planvolle Nachahmung der antiken und der italienischen Leitbilder auf dieselbe Ebene der Vollkommenheit wie diese gehoben werden soll, 8 steht er in einer Tradition, in der sich zuvor die deutschen Humanisten sahen, die die antike und italienische Dichtung zum Vorbild für ihre neulateinischen Versuche nahmen. Die Ode 4, 5 von Konrad Celtis (1459-1508) Ad Apollinem repertorem poetices, ut ab Italis cum lyra ad Germanos veniat , die bereits 1486 erschien, 9 ist ein bezeichnendes Beispiel. Sie bildet den Schluß der Schrift Ars versificandi et carminum , der ersten deutschen Poetik. „Als Manifest […] von bedeutendem Signalcharakter“ ist sie „repräsentativ für den Beginn der neulateinischen Literatur“. 10 Bei Celtis geht es um die Translatio poetices et Musarum von Italien nach Deutschland - wie früher von Griechenland nach Italien. 11 Die Überschrift der Ode ist ein Programm . 12 Die Ausweitung schreitet fort. Etwa anderthalb Jahrhunderte später wird Jakob Balde (1604-1668) in dem dem „polnischen Horaz“ Kazimierz Sarbiewski (1595-1640) gewidmeten Gedicht Sylv . 5, 19 rühmen, daß die Dichtkunst nach Belgien, in die Niederlande, nach Deutschland und nach Polen gewandert sei. 13 Während Celtis und Balde die neulateinische Dichtung meinen, hat Du Bellay die französische im Auge. Das zyklische Denken ist das nämliche. Während seines Romaufenthalts 1553-1557 wird Du Bellay dazu angeregt, in lateinischer Sprache produktiv zu werden. 1558 erscheinen die vier nen Hausmann in Du Bellay 1980, 5 (Horaz, Vergil, Properz, Ovid, Petrarca, Buchanan. Janus Vitalis, Baldassare Castiglione, „deren Motive er fast wörtlich übernimmt. Dies ist jedoch kein Plagiat, sondern Imitatio, Aneignung von Vorgefundenem, getreu der eigenen Forderung ‚convertir les anciens en sang et nourriture‘“) und Rommel 1999, 351-352. 6 Hausmann in Du Bellay 1980, 7; Hausmann 1989, 114. 7 Sie „schöpfen aus der neulateinischen Dichtung der Italiener, die 1548 und 1549 durch zwei Anthologien weite Verbreitung fand“ (Elwert 1972, 106): Carmina quinque illustrium poetarum , Venedig 1548 (Bembo, Navagero, Castiglione, Cotta, Flaminio); Doctissimorum nostrae aetatis Italorum epigrammata , Paris 1548 (Flaminio, Molza, Navagero, Cotta, Lampridio, Sadoletto) (zitiert nach Elwert 1972, 127 Anm. 3). 8 Elwert 1972, 105. 9 Schäfer 1982, 83. 10 Schäfer 1982, 83. 11 Lefèvre 2006, 238. 12 Schäfer 1982, 84, der fortfährt: „Die Deutschen sollen die klassische Dichtkunst von den Italienern übernehmen. Unter den Italienern sind zunächst die Renaissance-Humanisten zu verstehen, deren größte neulateinische Dichter - Politianus, Sannazarius, Pontanus, Marullus - nach der Mitte des 15. Jahrhunderts hervorgetreten waren“. 13 Lefèvre 2006, 238. Eckard Lefèvre 122 Bücher Poemata in Paris. Ein berühmtes Beispiel dafür, daß einer Aussage zunächst ein (neu)lateinisches Gewand verliehen und sie sodann in die Muttersprache hinübergeführt wird, 14 sind Du Bellays Passus 45-56 der Elegie Patriæ Desiderium 15 und das Sonett 31 der Regrets , 16 in denen er die Sehnsucht aus Rom nach der Heimat gestaltet: Fœlix qui mores multorum vidit et urbes, 45 Sedibus & potuit consenuisse suis. Ortus quæque suos cupiunt, externa placentque Pauca diu, repetunt & sua lustra feræ. Quando erit ut notæ fumantia culmina villæ, Et videam regni jugera parva mei? 50 Non septemgemini tangunt mea pectora Colles, Nec retinet sensus Tybridis unda meos. Non mihi sunt cordi veterum monumenta Quiritûm, Nec statuæ, nec me picta tabella juvat. Non mihi Laurentes Nymphæ sylvæque virentes, 55 Nec mihi, quæ quondam, florida rura placent. Die französische Version lautet: 17 Heureux qui, comme Ulysse, a fait un beau voyage, Ou comme cestuy là qui conquit la toison, Et puis est retourné, plein d’usage & raison, Vivre entre ses parents le reste de son aage! Quand revoiray-je, hélas, de mon petit village 5 Fumer la cheminee, & en quelle saison Revoiray-je le clos de ma pauvre maison, Qui m’est une province, & beaucoup davantage? Plus me plaist le sejour qu’ont basty mes ayeux, Que des palais Romains le front audacieux: 10 Plus que le marbre dur me plaist l’ardoise fine, Plus mon Loyre Gaulois que le Tybre Latin, Plus mon petit Lyré que le mont Palatin, Et plus que l’air marin la doulceur Angevine. 14 Zu den „poetischen Differenzen“ in Du Bellays lateinischer und französischer Rom- Dichtung sei auf die Abhandlung von Jürgen Blänsdorf in diesem Band verwiesen. 15 Du Bellay 1910, 76-77; vgl. Du Bellay 1984, 67. 16 „Jeder Franzose kennt das Sonett, das Du Bellay zuerst auf lateinisch gedichtet hatte und das in der französischen Fassung mit einer Anspielung auf Odysseus beginnt, der nach seinen langen Irrfahrten doch endlich glücklich in sein heimisches Ithaka zurückkehren konnte. Es endet mit dem Bekenntnis, besser als der Marmor der römischen Paläste gefielen dem Dichter die Schieferdächer seiner Heimat und besser als die rauhe Luft des Meeres das milde Klima des Anjou“ (von Stackelberg 1990, 34). 17 Eine Interpretation gibt McFarlane 1974, 272-273. Von Catull zu Du Bellay 123 Im Gegensatz zu Du Bellays meisten von Catull inspirierten Gedichten spricht sowohl aus der lateinischen 18 als auch aus der französischen Fassung eigenes Erleben. Die hier behandelte Spur aus der Antike über das Neulatein in das französische Ambiente am Beispiel von Catull und Du Bellay ist dem Geist der Pléiade angemessen, die „für einen elitären Kreis von Höflingen und humanistisch gebildeten Absolventen der Collèges dichtet“. 19 Eine Schlüsselfunktion, die der Du Bellays vergleichbar ist, verkörpert im deutschen Sprachraum Paulus Melissus (1539-1602) - „im Übergang zwischen Romania und Deutschland, Latein und Muttersprache“. 20 Catull Wenn also die neulateinischen Dichter eine Linie der Dichtung von Griechenland nach Rom, von dort nach Italien und sodann zu ihren eigenen poetischen Bestrebungen ziehen, ist es angebracht zuzusehen, wie der in diesem Zusammenhang interessierende Catull die griechische Dichtung aufgenommen und zu einer eigenen Aussageform umgeformt hat. Im Vergleich wird leichter deutlich werden, in welcher Weise Du Bellay das Vorbild nachgestaltet. Translatio ist immer Transscriptio - zum Besseren wie zum Schlechteren. Catulls Dichtung, die nicht lange vor der Mitte des ersten Jahrhunderts vor Christi Geburt entsteht, bedeutet zusammen mit der seiner Freunde etwas vollkommen Neues in Rom. Deswegen heißen diese Dichter „Neoteriker“. Mit ihnen wird die alexandrinische Dichtung in Rom bekannt. Sowohl ihre Motive als auch ihre Strukturen nehmen die römischen Autoren zum Vorbild. Damit gehen sie über die Palliaten-Dichter weit hinaus. Diese lehnen sich an die Handlungen der hellenistischen Neuen Komödie an, ja ohne sie wären ihre eigenen Stücke gar nicht möglich. Aber die Strukturen der Vorbilder werden dabei zerstört - nicht aus Unvermögen der römischen Dichter, sondern aufgrund ihrer ganz anderen Zielsetzung. Sie versuchen, die strengen griechischen Formen mit Aktionen des italischen Volkstheaters (wie Atellane, Feszenninen, Mimus) zu durchsetzen und eine eigene literarische Gattung zu schaffen. In vollständigem Gegensatz dazu bemühen sich die Neoteriker auch um eine Nachgestaltung der alexandrinischen Strukturen. Form wird in Rom zum erstenmal ein Selbstwert. 18 In 49 klingt die Klage des vergilischen Meliboeus über die verlorene Heimat nach. Deren Wendung culmina fumant ( Ecl . 1, 82) wird direkt zitiert. 19 Hausmann 1989, 112. 20 Schäfer 1982, 114. Eckard Lefèvre 124 Catulls Buch wird mit 60 kleinen Gedichten in verschiedenen Metren und mit verschiedener Thematik eröffnet. Auch sie gehen vielfach auf alexandrinische Formen zurück. 21 In ihnen dominiert die private Welt des Dichters und seines Freundeskreises: Liebe, Eifersucht, Freundschaft, Spott, Reisen, Dichtung. Politik erscheint nur in der Form der Satire. Programmatisch stellt Catull solche nugae („Kleinigkeiten“) an den Anfang, die alexandrinische Epigrammtypen aufnehmen. Die neoterische Dichtung ist der subjektive Ausdruck einer Generation, die sich in dem von den Wirren der Bürgerkriege geprägten Rom nicht mehr heimisch fühlt. Das Widmungsgedicht (1) verweist direkt auf das Widmungsgedicht des Stephanos von Meleagros aus Gadara, der etwa um 70 in Rom bekannt wird. Während der dort angesprochene Diokles von Magnesia nicht weiter von Gewicht ist (daß er der Verfasser einer Philosophiegeschichte, Ἐπιδροµὴ τῶν φιλοσόφων, ist, erfährt man nicht), bezieht Catull seinen Freund Cornelius Nepos in das Gedicht mit ein: Beide sind scriptores docti , die ihre Werke seit langem gegenseitig schätzen. Catull umschreibt sogar Nepos’ drei Bücher Chronica . Die beiden Gedichte auf den passer (2 und 3) haben alexandrinische Epigramme über das Singen bzw. den Tod von Heuschrecken und Zikaden zum Vorbild, unterscheiden sich von ihnen aber dadurch, daß sie jeweils das innere Empfinden der Geliebten sowie die Reaktion des sie beobachtenden Sprechers hineinweben. Die Jamben auf den phaselus (4) stehen in der Tradition alexandrinischer Epigramme über besondere Schiffe, befassen sich aber vor allem mit der großen Reise des Dichters nach Bithynien. In allen diesen Fällen füllt Catull artistische griechische Formen, die mit dem Denken und Fühlen ihrer Verfasser wenig zu tun haben, mit eigenem Erleben. Die unmittelbare Art der catullischen Dichtung findet schon in der Antike großen Anklang. Horaz, Vergil, die Elegiker Tibull, Properz und Ovid, der Epigrammatiker Martial oder der gallische Dichter Ausonius werden von ihr inspiriert. In der Dichtung der frühen Neuzeit, besonders in Italien und Frankreich, ist Catull einer der beliebtesten römischen Autoren, mit dem man auf verschiedenartige Weise in die Schranken tritt. „Belebt“ Catull seine Vorbilder, ist nunmehr zu beobachten, daß er gern in Gelegenheitsgedichten geistreich parodiert wird. Das ist keineswegs ungewöhnlich, „parodiert“ doch Catull selbst seine Muster, indem er etwas Neues aus ihnen macht. In der Neuzeit gibt es zwei Arten der Catull-Rezeption: die reine Parodie auf intellektuellem Grund und die spielerisch-leichte Nachgestaltung eigenen Empfindens - wenn es im Einzelfall auch schwierig ist, die Gedichte der einen oder der anderen Kategorie zuzuordnen. Wichtig ist die Erkenntnis, daß den neueren Dichtern durch das Studium Catulls der Mund geöffnet wird. In diesem Zusammenhang sind auch die beiden Kußgedichte 5 und 7 zu sehen. Ihre Thematik ist in dem Werk eines Sohns aus gutem Haus, gemessen 21 Zum folgenden ausführlich Lefèvre 1999, 225-239. Von Catull zu Du Bellay 125 an den Maßstäben der Zeit, gewiß ungewöhnlich. Das erste Gedicht lautet (5): vivamus, mea Lesbia, atque amemus, rumoresque senum severiorum omnes unius aestimemus assis! soles occidere et redire possunt: nobis cum semel occidit brevis lux, 5 nox est perpetua una dormienda. da mi basia mille, deinde centum, dein mille altera, dein secunda centum, deinde usque altera mille, deinde centum. dein, cum milia multa fecerimus, 10 conturbabimus illa, ne sciamus, aut ne quis malus invidere possit, cum tantum sciat esse basiorum. Vergänglichkeit des Lebens und Aufforderung zum Lebensgenuß ist ein altes und oft behandeltes Thema. Bei Mimnermos und den griechischen Epigrammatikern finden sich zahlreiche Beispiele. Eines ist Asklepiades’ Vierzeiler ( AP 5, 85): 22 φείδῃ παρθενίης. καὶ τί πλέον; οὐ γὰρ ἐς Ἅιδην ἐλθοῦσ’ εὑρήσεις τὸν φιλέοντα, κόρη. ἐν ζωοῖσι τὰ τερπνὰ τὰ Κύπριδος· ἐν δ’ Ἀχέροντι ὀστέα καὶ σποδιή, παρθένε, κεισόµεθα. Willst du dein Magdtum bewahren? Weswegen? Kommst du zum Hades, Mädchen, dann findest du dort nie mehr ein liebendes Herz. Nur bei den Lebenden lachen die Freuden der Kypris; im Tode liegen wir alle, mein Kind, nur noch als Staub und Gebein. Etwa zeitgleich dichtet Varro in den Menippeae : properate / vivere puerae quas sinit aetatula ludere esse a- / mare (87 B.). Das ist von dem großen Grammatiker hübsch gesagt. 23 Auch das Deminutivum ist gefällig. Und doch macht Catull etwas ganz Eigenes aus den bekannten Motiven. Seine Originalität liegt, soweit wir das sehen können, in der Verbindung der Vergänglichkeitsklage mit der plötzlich hereinbrechenden Kußthematik. 24 (Der Umbruch kommt großartig in der Vertonung von Carl Orff zum Ausdruck.) lux und nox stehen in Iuxtaposition (5 / 6). Das Elementare wird für römische Ohren durch das vor Catull nicht belegte Wort basium verstärkt. Üblich sind savium oder osculum . Vielleicht handelt es sich um einen Import aus Catulls oberita- 22 Hier und im folgenden wird die Übersetzung von Hermann Beckby zitiert. 23 vivere steht ebenso pointiert wie bei Catull. 24 Kroll 1929, 12 beschreibt den Übergang etwas äußerlich: „Die nähere Ausführung des amemus besteht im basiare “. Aber er hat recht. Eckard Lefèvre 126 lischer Heimat. Das Wort der Volkssprache überlebt übrigens als „bacio“ oder „baiser“. Catull schildert eine unerlaubte Liebe (Lesbia ist, wie es scheint, verheiratet). Deswegen reden die Alten darüber ( rumores senum severiorum , 2). Catull schert sich nicht darum. Das ist natürlich eine Provokation, die noch dadurch verstärkt wird, daß unius aestimemus assis eine banale Finanzmetapher ist. Zwei weitere Bilder aus dieser Sphäre sind facere („eine Summe aufbringen“, 10) und conturbare („Rechnungen durcheinanderbringen“, „betrügerisch Bankerott vortäuschen“, 11). Hält man das wunderbare Bild der untergehenden und wiederkehrenden Sonnen dagegen, erkennt man die Wirkung der catullischen nugae , die „Hohes“ und „Niedriges“ so wirkungsvoll mischen. Warum wird die Zahl der Küsse zunächst genannt und dann verschleiert? 25 Catull argumentiert nicht so äußerlich wie Martial 6, 34, 8: pauca petit qui numerare potest , sondern sagt selbst, daß auf diese Weise die Neider kein Wissen und damit keine Macht über die Liebenden haben. 26 Damit schließt sich der Kreis: Der Neider am Schluß und die Alten am Anfang halten die beiden Teile des Gedichts inhaltlich zusammen, denn natürlich sind die senes severiores auch neidisch. Strukturell haben die Finanzmetaphern am Anfang und am Ende dieselbe Funktion. Lesbia wird aufgefordert. Es ist aber nicht gesagt, daß sie ebenso wie der Sprecher denkt. Sie wird an dieser Stelle zum erstenmal in dem Buch genannt. Vielleicht deutet Catull damit auf Sappho zurück, die Sängerin der unerfüllten, der unerfüllbaren Liebe. An Lesbia ist auch das zweite Kußgedicht (7) gerichtet: quaeris, quot mihi basiationes tuae, Lesbia, sint satis superque. quam magnus numerus Libyssae harenae lasarpiciferis iacet Cyrenis oraclum Iovis inter aestuosi 5 et Batti veteris sacrum sepulcrum; aut quam sidera multa, cum tacet nox, furtivos hominum vident amores: tam te basia multa basiare vesano satis et super Catullo est, 10 quae nec pernumerare curiosi possint nec mala fascinare lingua. 25 Abermals kommentiert Kroll 1929, 12 ein wenig nüchtern: „Gemeint ist, daß sie wieder von vorne anfangen“. Vgl. aber die folgende Anmerkung. 26 „Zählen und Messen ist gefährlich, weil es dem Schadenzauber Macht über den Gegenstand gibt (eine Vorstellung, die sich hier nicht ernsthaft durchführen ließe)“ (Kroll 1929, 12). Vgl. Fordyce 1961, 108: „to count one’s blessings is to invite Nemesis and the evil eye“. Invidia ist „companion of Nemesis“ (Wiseman 1985, 140). Von Catull zu Du Bellay 127 7 steigert 5. Können in 5 die gewünschten Küsse genau gezählt werden, sind sie in 7 unendlich (Sandkörner, Sterne). Ist in 5 nur von Neid ( invidere ) die Rede, handelt es sich in 7 um Behexen ( fascinare ). basiatio steigert basia , mala lingua steigert malus . Gibt sich Catull in 5 liebend, ist er in 7 wahnsinnig ( vesanus ). Sind in 5 Catull und Lesbia „wir“, sind sie in 7 „du“ und „ich“. 27 In 7 ist Catull weiter von seinem Ziel entfernt als in 5. Er ist nicht wegen erfüllter, sondern wegen unerfüllter Liebe wahnsinnig. Daher sind in 1-2 Catulls, nicht Lesbias Küsse gemeint. 28 Das ist auch in 9 der Fall. 29 Wieder ist die Spannung zwischen hohem und niederem Stil zu beobachten. Neben den gewählten Geographica und der Vergegenwärtigung der Sterne ist die Wendung satis superque bzw. satis et super in der Frage (2) und in der Antwort (10) umgangssprachlich. pernumerare (11) ist wieder eine Finanzmetapher. Sie steht in diesem Gedicht als einzige: Catull wahrt das Maß. Auch daß die Antwort (3-12) auf die Frage (1-2) mit quam - quam - tam streng gegliedert ist, mutet eher prosaisch an. Dieses Gedicht nimmt mit den beiden Vergleichen ebenfalls Motive aus der alexandrinischen Epigrammatik auf. So werden in AP 12, 145, 1-6 die Mühen des Liebenden mit den Sandkörnern in der libyschen Wüste verglichen: παύετε, παιδοφίλαι, κενεὸν πόνον· ἴσχετε µόχθων, δύσφρονες· ἀπρήκτοις ἐλπίσι µαινόµεθα. ἶσον ἐπὶ ψαφαρὴν ἀντλεῖν ἅλα κἀπὸ Λιβύσσης ψάµµου ἀριθµητὴν ἀρτιάσαι ψεκάδα, ἶσον καὶ παίδων στέργειν πόθον, ὧν τὸ κεναυχὲς κάλλος ἐνὶ χθονίοις ἡδύ τʼ ἐν ἀθανάτοις. Die einen Knaben ihr liebt, o laßt euer Sorgen und eitles Mühen, ihr Toren! Umsonst, daß uns die Hoffnung berückt! Gleich ist’s, aufs Festland zu schöpfen den Ozean und in der Wüste Libyens zu zählen die Zahl sämtlicher Körnchen von Sand, gleich, im Herzen die Liebe für Knaben zu tragen, zu deren hohl sich blähendem Reiz Götter und Menschen es zieht. Daß der Mond und die Sterne den Liebenden auf ihrem Weg oder auf ihrem Lager zuschauen, gehört in die alexandrinische Epigrammatik. 30 Aber Catull gibt dem Motiv eine neue Wendung, indem er die Zahl der Sterne neben die 27 „The two are no longer ‚we‘, but ‚you‘ and ‚I‘; the open defiance of the world’s opinion has become a sense of stolen love, observed by the stars; and for the first time Catullus comments on his own state - it’s madness“ (Wiseman 1985, 141). 28 Zu großzügig Kroll 1929, 15: „Ob Lesbia oder C. küßt oder wer von beiden mehr küßt, ist eine verfehlte Frage“. Gewiß ist Catull für eine aktive Lesbia dankbar, aber es kommt darauf an, daß die Initiative von ihm ausgeht. 29 basia ist inneres, te äußeres Objekt, als Subjekt wäre te „an awkward and unlikely construction“ (Fordyce 1961, 110). 30 AP 5, 123; 5, 191. Eckard Lefèvre 128 Zahl der Sandkörner stellt. Dadurch gewinnt er zudem den beabsichtigten Kontrast von Hitze (Tag) und Kühle (Nacht). Wiederum nimmt er die überkommenen Motive in die eigene Welt hinein - die Welt seiner Liebe. Zugleich deutet er aber auf einen weiteren Bereich hin. Kallimachos nennt sich selbst im 35. Epigramm Βαττιάδης, einen Bürger aus der Stadt Kyrene in Libyen, die von Battos gegründet wurde (= AP 7, 415): Βαττιάδεω παρὰ σῆµα φέρεις πόδας, εὖ µὲν ἀοιδήν εἰδότος, εὖ δʼ οἴνῳ καίρια συγγελάσαι. Gehst an dem Male des Sohnes von Battos vorüber; vortrefflich sang er, und trefflich beim Wein hat er mit Freunden gelacht. Catull dürfte das Battiades-Grab mit dem Battos-Grab assoziieren und auf Kallimachos anspielen, 31 den größten der alexandrinischen Dichter, zu dem er ein besonderes Verhältnis hat. Zweimal nennt er ihn Battiades . 32 So verschmelzen auch in diesem Gedicht Catulls literarische und persönliche Welt. Schließlich ist zu erwähnen, daß die beiden Gedichte 5 und 7 den alexandrinischen Typ des Rechnungs-Epigramms widerspiegeln. Die hellenistischen Dichter gefallen sich darin, komplizierte Zahlenaufstellungen poetisch einzukleiden. Das 14. Buch der Anthologia Palatina überliefert zahlreiche Beispiele. Man erkennt schnell, daß die meisten von ihnen frostig-artifizielle Gebilde sind, die vor allem den Verstand der Leser ansprechen. Demgegenüber verbindet Catull beidemal die Rechnerei mit der Welt der tiefsten Gefühle. Damit hängt es zusammen, daß er zu keinem festen Ergebnis gelangt, während die Alexandriner mit genauen Summen operieren. 33 Catull setzt der rationalen, d.h. konstruierten Welt der Vorbilder seine irrationale, d.h. persönliche Welt entgegen. Er ist der Vertreter eines „gelebten“ Alexandrinismus. Du Bellay und Catull Catull ist den Dichtern der Pléiade wohl vertraut. Sie werden durch den zugleich spielerischen und ernsten Ton in besonderem Maß angesprochen. Zwei Gedichte aus Du Bellays Jeux rustiques mögen die eingangs dargelegten Zusammenhänge verdeutlichen. Beide sind Catulls Kußgedichten verpflich- 31 Cairns 1973, 19. 32 65, 16; 116, 2. 33 „Catullus 5, 7 and 48 […] differ from almost all the arithmetic epigrams in that the latter have solutions whereas the former do not. It is this difference which explains Catullus’ choice of the genre. By composing insoluble examples of a genre where solutions are normal, he further underlines the paradox behind the three basia poems, i. e. that the computation can arrive at no solution“ (Cairns 1973, 17). Von Catull zu Du Bellay 129 tet. Die Rezeption geht nicht immer direkt vor sich. Vielmehr gibt es neulateinische Vorstufen - etwa die Basia von Ioannes Secundus (Lyon 1539), die Mittler für die nationalsprachigen Fassungen sind. Bayser 34 Sus ma petite Columbelle, Ma petite belle rebelle, Qu’on me paye ce qu’on me doit: Qu’autant de baysers on me donne, Que le poëte de Véronne 5 A sa Lesbie en demandoit. Mais pourquoy te fay-je demande De si peu de bayser, friande, Si Catulle en demande peu? Peu vrayment Catulle en désire, 10 Et peu se peuvent-ilz bien dire, Puis que compter il les a peu. De mille fleurs la belle Flore Les verdes rives ne colore, Ceres de mille espicz nouveaux 15 Ne rend la campagne fertile, Et de mille raisins, et mille Bacchus n’emplit pas ses tonneaux. Autant donc que de fleurs fleurissent, D’espicz et de raysins meurissent, 20 Autant de baysers donne-moy: Autant je t’en rendray sur l’heure, Afin qu’ingrat je ne demeure De tant de baysers envers toy. Mais sçais-tu quelz baysers, mignonne? 25 Je ne veulx pas qu’on les me donne A la Françoise, et ne les veulx Tels que la Vierge chasseresse Venant de la chasse les laisse Prendre à son frère aux blonds cheveux: 30 Je les veulx à l’italienne, Et telz que l’Acidalienne Les donne à Mars son amoureux: Lors sera contente ma vie, Et n’auray sur les Dieux envie, 35 Ny sur leur nectar savoureux. 34 Du Bellay 1993, 2, 203-204. Eckard Lefèvre 130 1553-1557 lebt Du Bellay in Rom. Hier entstehen die Jeux rustiques . Anfang 1557 liebt er Faustina, 35 der er auch den Namen Columba ( Columbelle ) gibt. Damit spielt er einerseits auf Amores 1, 5 von Gioviano Pontano (1426- 1503) an, 36 andererseits wird ihm wie Pontano bewußt sein, daß Martial die Hendekasyllaben 1, 7 auf die Columba seines Gönners L. Arruntius Stella aus Patavium dichtet, in der dieser eine Taube - wohl die seiner Gemahlin Violentilla - besingt. 37 Damit ist der römisch-italienische Hintergrund des Bayser vorgegeben. Der Dichter bittet die Geliebte um Küsse - zunächst um ebensoviele wie Catull von Lesbia forderte, der in c . 5 3300 basia sowie milia multa ersehnte. Doch dann sind ihm das zu wenig. In der dritten Strophe werden im Vergleich zunächst nur je 1000 Blumen, Ähren und Weintrauben aufgezählt, aber die vierte Strophe meint wohl ein Vielfaches davon. Damit ist Catull übertroffen. Du Bellays mille könnte ein Signal dafür sein, daß er sich auf Catull beruft. Von der Quantität der Küsse geht Du Bellay in der fünften und sechsten Strophe zu ihrer Qualität über. Nicht sollen es solche sein, wie sie die keusche Diana ihrem Geliebten Endymion, sondern solche, wie sie Venus ihrem Geliebten Mars gab. Wenn das Columbelle tue, fühle sich der Dichter den Göttern gleich. Soweit argumentiert er mythologisch. Doch scheint neben der catullischen eine weitere literarische Ebene in dem Gedicht versteckt zu sein. Dianas Küsse werden à la Françoise , Venus’ Küsse à l’italienne genannt. Was bedeutet das? Mit den Italienerinnen verbindet man in Du Bellays Zeit vielfach den Begriff der Courtisane. 38 Dann heißt à l’italienne „sinnlich“, à la Françoise wohl „übersinnlich“, „platonisch“. Mit der zweiten Vorstellung dürfte Du Bellay auf die Lyoner Dichterschule um Maurice Scève (~ 1500- 1560) anspielen, deren Mitglieder das Ideal der höfischen Liebe mit den Ideen des Neuplatonismus und den Elementen petrarkistischer Liebeslyrik verbinden. 39 Berücksichtigt man, daß Scèves Hauptwerk den Titel Délie, objet de plus haute vertu (1544) trägt und Delia und Diana identisch sind, sieht man, daß sich Du Bellay gegen Scève und seine Auffassung der Liebe wen- 35 Aris / Joukovsky in Du Bellay 1993, 2, 381. Der Name Faustina erscheint nur in den Poemata . Dickinson 1960, 7 charakterisiert das Verhältnis: „Faustina was married to a jealous husband ( De Vulcano et marito Faustinae ). The poet waits in the cold and the rain outside her door and begs her to take pity on him ( Ad januam Faustinae ). We are told: venit in amplexus terque quaterque meos . Faustina was shut up in a convent by her jealous husband and the poet describes his efforts to reach her“. Das klingt wie eine Stilisierung nach dem Muster von Tibull und Delia. Der Name von Goethes Faustine in den Römischen Elegien (18, 9) gilt als erdichtet (so Erich Trunz in Goethe 16 1996, 576). Könnte es um so eher einen literarischen Faden von Du Bellays Faustina her geben? 36 Ludwig 1989, 192 Anm. 109. 37 Lefèvre 1999, 234-235. 38 Faustina (Columbelle) ist wohl der Typ der „cortigiana onesta“ im Gegensatz zur einfachen Dirne (Dickinson 1960, 73). 39 Hausmann 1989, 110. Von Catull zu Du Bellay 131 det. Délie könnte anagrammatisch „l’Idée“ bedeuten und damit die neuplatonische Grundstimmung widerspiegeln. 40 Der (neu)platonischen Auffassung der Liebe setzt somit Du Bellay italienische Sinnlichkeit entgegen. Hiermit könnte er zugleich auf die italienische Catull-Nachfolge anspielen, die seit Pontano eine reiche Blüte erlebt hat. In der Tat läßt sich Du Bellay durch ein neulateinisches Gedicht aus den Epigrammata des neapoletanischen Dichters Iacopo Sannazaro (1456-1504), der 1501-1504 in Frankreich lebte, inspirieren. 41 Ad amicam Da mihi tu mea lux tot basia rapta petenti, Quot dederat vati Lesbia blanda suo. Sed quid pauca peto, petijt si pauca Catullus Basia? pauca quidem, si numerentur, erunt. Da mihi, quot cœlum stellas, quot littus arenas, 5 Siluaque quot frondeis, gramina campus habet. Aëre quot volucres, quot sunt & in æquore pisces, Quot noua Cecropiæ mella tuentur apes. Hæc mihi si dederis, spernam mensasque Deorum, Et Ganymedea pocula sumpta manu. 10 Sannazaro steht Catull näher als Du Bellay. da mihi […] basia ist als Zitat von dessen da mi basia mille (5, 7) ein Signal. Doch dann versucht er, den römischen Dichter zu übertreffen. Catull erbitte nur pauca basia , was Du Bellay in der zweiten Strophe übernimmt. Sannazaro zitiert Martials Epigramm 6, 34, dem er zu Catulls Sternen und Sandkörnern hinzu die Fische (statt Muscheln) und attischen Bienen verdankt. Sannazaro wie Du Bellay schwebt Martials Schlußdistichon vor, in dem Catull überboten werden soll und zählbare Küsse als zu wenig abgelehnt werden. Martial 6, 34 lautet: basia da nobis, Diadumene, pressa. „quot“ inquis? Oceani fluctus me numerare iubes et maris Aegei sparsas per litora conchas et quae Cecropio monte vagantur apes, quaeque sonant pleno vocesque manusque theatro, 5 cum populus subiti Caesaris ora videt. nolo quot arguto dedit exorata Catullo Lesbia: pauca cupit qui numerare potest. 40 Hausmann 1989, 110. 41 Epigr . 1, 61 (Sannzaro 1587, 162, Ganymedaa in Ganymedea geändert). Der Text wird in der Ausgabe von Aris und Joukovsky bezeichnenderweise im Anschluß an Du Bellays Gedicht abgedruckt. Aufschlußreich ist die Anmerkung 2, 381: „Pièce inspirée d’un poème latin de Sannazar, qui développait lui-même un modèle catullien (voir Catull, pièce 7 […]). Même thème dans un des Baisers (publiés en 1539) du poète néo-latin Jean Second (pièce 7). Le genre du baiser figure également dans les Gayetez de Magny (éd. A. Mac Kay, Genève, 1968, p. 21, A sa dame )“. Eckard Lefèvre 132 Mit der Aufnahme des Sannazaro-Gedichts bewegt sich Du Bellay - im Sinn der dargelegten Forderung - ganz im antik-italienischen Ambiente, das er dem Petrarkismus, den er selbst lange gepflegt hat, entgegenstellt. 1553 erscheint sein Recueil de Poesie in zweiter Auflage, der das dafür bezeichnende Gedicht A une dame enthält. Es wird in leicht veränderter Form unter dem Titel Contre les Pétrarquistes in die Jeux rustiques übernommen. 42 Der Anfang ist ein Programm: Es gilt nicht der künstliche art de Petrarquizer , sondern die natürliche Darstellung, nämlich d’Amour franchement deviser , ohne Verstellung ( sans me deguizer ), als Ausdruck wahrer Freundschaft ( vraye amitié ): 43 A une dame J’ay oublié l’art de Petrarquizer. Je veulx d’Amour franchement deviser, sans vous flatter, et sans me deguizer: Ceulx qui font tant de plaintes, N’ont pas le quart d’une vraye amitié, 5 Et n’ont pas tant de peine la moitié, Comme leurs yeux, pour vous faire pitié, Jettent de larmes feintes. Diese Verse bilden, könnte man sagen, den theoretischen Hintergrund für den Baiser . Du Bellay sagt sich in dem betrachteten Gedicht also einerseits von der Lyoner Dichterschule um Scève und dem Petrarquizer los; andererseits handelt es sich um einen Beitrag im Sinn der Deffence , nach der den mittelalterlichen Gattungen, die die Lyoner pflegen, antike und italienische Formen entgegenzustellen sind. In den Jeux rustiques folgt auf den Bayser ein weiteres Kußpoem: 44 Autre Bayser Quand ton col de couleur de rose Se donne à mon embrassement, Et ton œil languist doulcement D’une paupière à demy close, Mon ame se fond du desir 5 Dont elle est ardentement pleine, Et ne peult souffrir à grand peine La force d’un si grand plaisir. 42 Aris / Joukovsky in Du Bellay 1993, 1, 353-354. Die beiden Fassungen untersucht Weinberg 1972, 159-177. 43 Zitiert in der zweiten Fassung (Du Bellay 1993, 1, 190-196). 44 Du Bellay 1993, 2, 205. Von Catull zu Du Bellay 133 Puis quand j’approche de la tienne Ma levre, et que si près je suis, 10 Que la fleur recuillir je puis De ton haleine ambrosienne: Quand le souspir de ces odeurs, Où noz deux langues qui se jouënt Moitement folastrent et nouënt, 15 Evente mes doulces ardeurs, Il me semble estre assis à table Avec les Dieux, tant suis heureux, Et boire à longs traicts savoureux Leur doulx breuvage délectable. 20 Si le bien qui au plus grand bien Est plus prochain, prendre on me laisse, Pourquoy ne permets-tu, maistresse, Qu’encores le plus grand soit mien? As-tu peur que la jouissance 25 D’un si grand heur me face Dieu, Et que sans toy je vole au lieu D’eternelle resjouissance? Belle, n’aye peur de cela, Par tout où sera ta demeure, 30 Mon ciel jusqu’à tant que je meure, Et mon paradis sera là. Das Gedicht steht in einer längeren Tradition, 45 die sich von Catull über Gellius, Pontano und besonders Ioannes Secundus (1511-1536) zu Du Bellay erstreckt. In geschickter Weise wird die Kußthematik mit Catulls berühmter Sappho-Ode 51 verwoben. 46 In diesem Zusammenhang soll nur auf den bezeichnenden Vorgang aufmerksam gemacht werden, daß Du Bellay zunächst eine lateinische Fassung geschrieben hat: 47 Basia Faustinae Cum tu ad basia nostra sic reflectis Ceruicem niueam, Columba, pæti 45 Sie wird kenntnisreich von Ludwig 1989, 190-192 herausgestellt. 46 Die Beschreibung der Wirkung der Liebe auf den Liebhaber in der zweiten Strophe erinnert an Cat. 51, 9-12; der Vergleich des Liebhabers mit einem Teilnehmer am Mahl der Götter in der fünften Strophe erinnert an den Vergleich des (rivalisierenden) Liebhabers mit einem Gott bei Cat. 51, 1-2. Doch wird es literarische Zwischenstufen geben. 47 Aris / Joukovsky in Du Bellay 1993, 2, 381. Der Text wird nach dieser Ausgabe zitiert (2, 206). Eckard Lefèvre 134 Molle ut nescio quid natent ocelli, Præ desiderio mihi liquescit Ipsa pene anima, in tuumque sensim 5 Prorsus exanimis sinum relabor. Admotis sed ubi hinc et hinc labellis, Udo tramite mutuum recursant Linguæ, et ambrosios anhelo ab ore Flores carpere mi licet beato, 10 Tunc mi, tunc uideor Iouis tonantis Assidere epulis, sacrumque nectar Haurire intrepide, Deum sodalis. Si summis bona proxima, o Columba, Præbes tam facilis beato amanti, 15 Cur tu summa negas misello, et una Misellum facis, et facis beatum? Num forsan metuis Deus fruendo Ipse ne efficiar, uelimque solus Te sine Elysios uidere campos? 20 Hunc, hunc pone metum, uenusta, bella, Vitæ dimidium meæ Columba: Nam quæcunque oculos tuos tenebit Sedes, illa mihi domos Deorum Et campos referet beatiores. 25 In der Sprache und im Versmaß Catulls ist Du Bellay dem römischen Dichter besonders nahe. 48 Es verdient Beachtung, daß die wunderbar fließenden Verse der französischen Version den Umweg über die neulateinische Fassung nehmen und somit ein Beispiel für den so oft zu beobachtenden Vorgang darstellen, daß die neueren Dichter sich in den verschiedensten Gattungen vielfach über die Zwischenstufe neulateinischer Gestaltungen - eigener oder fremder - zu ihren muttersprachlichen Werken anregen lassen. Du Bellay kommt immer wieder auf Catull zurück. Er verdankt ihm Formen und Inhalte. Darüber hinaus folgt er ihm darin nach, daß er die Vorbilder in gelehrter Weise weiterdenkt und eigenen Aussagen fruchtbar macht. 49 Die Kunst bleibt gleich - nach Ansicht mancher Rezipienten wird sie größer -, aber die für Catull charakteristische Empfindung geht vielfach verloren. 50 Doch ist dieses Schicksal dem neoterischen Poeten immer wieder zuteil geworden. 48 reflectis im ersten Vers ist wohl ein bewußtes Signal: So neigt Acme bei Catull ihren Kopf zurück: ac Acme leviter caput reflectens (45, 10). 49 Das entspricht seiner Theorie in der Deffence : „Dem Dichter stehe es frei, Motive aus verschiedenen Vorlagen miteinander zu verbinden, um etwas Neues zu schaffen“ (Elwert 1972, 105). Catull hätte dieser Absicht zugestimmt. 50 Hierzu ist zu vergleichen, daß nach Rommel 1999, 351 Du Bellays „Romdichtung Schreibrollen erprobt“. Von Catull zu Du Bellay 135 Literaturverzeichnis Beckby, Hermann (Hg.): Anthologia Graeca, griechisch und deutsch, 4 Bde., München 1957-1958. 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Vom französischen zum lateinischen Dichter Joachim Du Bellay, geb. 1522, gewann 1549 mit 27 Jahren den ersten dichterischen Erfolg mit seiner ersten Sammlung französischer Sonette L’Olive . 1 Da in dieser Epoche die französische Dichtung noch mit der lateinischen konkurrieren mußte, ließ sich Du Bellay von Sperone Speronis gerade sieben Jahre zuvor erschienener Programmschrift zur Förderung des Italienischen als Literatursprache 2 zu einem eigenen Manifest anregen und veröffentlichte noch im gleichen Jahr 1549 die Deffence et Illustration de la langue Françoise , eine für die französische Literatur folgenreiche Programmschrift, in der er der neulateinischen Dichtung eine entschiedene Absage erteilte und statt dessen den französischen Dichtern empfahl, die noch nicht zur künstlerischen Vollendung gediehene Muttersprache zu pflegen, aber auch durch intensives Studium und schöpferische Nachahmung der lateinischen Sprache und Dichtung zu bereichern (Buch II). 3 Er hielt jedoch die Fortführung lateinischen Dichtens für eine nutzlose und wenig erfolgreiche Mühe. Ironisch fragte er in dem Kapitel Qu’il est impossible d’egaler les anciens en leurs langues (147ff.) die naiven Nachahmer der griechischen und lateinischen Sprache: Pensent ilz, je ne dy egaler, mais aprocher seulement de ces auteurs en leurs langues [...] comme si en la façon qu’on rebastit un vieil édifice, ilz s’attendoint rendre par ces 1 Du Bellay 1549 ( 2 1552). 2 Pozzi in Speroni 1978, 16f. 3 Dieser Programmschrift ging das Edikt des Königs François I. von Villiers-Cotteret, das das Französische zur ausschließlichen Amtssprache erklärte, um immerhin 10 Jahre voraus. Jürgen Blänsdorf 138 pierres ramassées à la ruinée fabrique de ces langues sa première grandeur et excellence. 4 Er greift sogar die scharf an, die es wagen, die antiken Werke zu übersetzen: O Apolon! O Muses! prophaner ainsi les sacrées reliques de l’Antiquité! 5 Im Einklang mit dieser Anschauung äußerte er auch im Vorwort zur zweiten Auflage der L’Olive (1552), daß für ihn eine Rivalität mit den antiken Autoren in ihrer eigenen Sprache schwer und nutzlos sein würde: Considerant que si je vouloy’ gaingner quelque nom entre les Grecz et Latins, il y fauldroit employer le reste de ma vie et (peult estre) en vain, etant ja coulé de mon aage le temps le plus apte à l`étude: et me trouvant chargé d’affaires domestiques […] 6 So kommt er zu dem Ergebnis, daß allein die französische Sprache das Medium seiner Dichtung sein kann. 7 Aber in der nach 1552 eingetretenen Krise seines eigenen Schaffens 8 ergriff er 1553 gern die Möglichkeit, nach Rom zu übersiedeln und in die Dienste seines Oheims, des Kardinals Jean Du Bellay, zu treten. Dort begann er im Widerspruch zu seinen so energisch vorgetragenen Grundsätzen doch lateinisch zu dichten. 9 Zwar war er seit seiner Studienzeit bereits intensiv mit der lateinischen Dichtung der Antike und der der eigenen Zeit und der Aufgabe, sie in französische bzw. moderne poetische Gattungen umzuformen, vertraut, hatte er doch 1552 eine Übersetzung des IV. Buches der Vergilischen Aeneis in gereimten 10-Silblern veröffentlicht und lateinische Epigramme von Navagero zu französischen Liedern in gereimten 5- und 6-silbigen Versen umgeformt. Aber ab 1553 begann er selbst lateinisch zu dichten und veröffentlichte innerhalb des einen Jahres 1558 mit wenigen Wochen Abstand, also fast gleichzeitig, die zwei großen Sammlungen von Sonetten: 4 Du Bellay 1904, 152f.: „Glauben sie, ich will nicht sagen, diesen Autoren in ihren Sprachen gleichzukommen, sondern sich ihnen nur zu nähern, [...] wie wenn sie nach der Art, wie man ein altes Gebäude wieder erbaut, hofften, durch diese aufgehäuften Steine dem ruinierten Bau dieser Sprachen ihre Größe und Qualität zurückzugeben“. - Weitere Stellen und bes. der Verweis auf das Vorwort von Jacques Peletier du Mans zu seiner Übersetzung der Ars poetica des Horaz von 1541 bei Galand-Hallyn 1995, 28ff. 5 Du Bellay 1904, 214: „O Apollon! O Musen! Die geheiligten Reliquien der Antike so zu schänden! “ 6 Du Bellay 2 1552, Preface: „Da ich überlege, daß ich, wenn ich irgendeinen Ruf unter den Griechen und Lateinern gewinnen wollte, den Rest meines Leben darauf verwenden müßte, und vielleicht vergeblich, da die für die Studien geeignetste Zeit meines Lebens schon verflossen ist und da ich mich mit häuslichen Angelegenheiten belastet sehe [...]“. 7 Zum Thema vgl. Galand-Hallyn 1995, 25ff. 8 Dies ist das Hauptthema der Abhandlung von Galand-Hallyn 1995, bes. 57ff. 9 Galand-Hallyn untersucht die poetologische Begründung für diesen Wechsel. Poetische Differenzen in Du Bellays Rom-Dichtung 139 Regrets und Les Antiquitez de Rome und die lateinischen Poemata , die sich aus vier Gattungen, den Elegiae , den Epigrammata , den Amores 10 und den Tumuli , zusammensetzten. Die Erklärungen, die er in beiden Sprachen für diesen Wortbruch gab, können höchstens als geistreiche Aperçus gelten. Als Antwort auf ein sarkastisches Sonett Pierre Ronsards in dessen Continuation des Amours 11 verwahrt er sich in den Regrets 10 gegen die Vermutung, einfach dem römischen Ambiente erlegen zu sein, sondern führt als Grund an, in Rom werde die französische Sprache nicht verstanden, und beruft sich auf Ovid, der in der Verbannung in einer „barbarischen Sprache“ zu dichten begonnen hatte: Ce n’est le fleuve Thusque au superbe rivage, Ce n’est l’air des Latins, ny le mont Palatin, Qui ores, mon Ronsard, me fait parler latin, Changeant à l’estranger mon naturel langage. C’est l’ennui de me voir trois ans et davantage, 5 Ainsi qu’un Prométhée, cloué sur l’Aventin, Où l’espoir misérable et mon cruel destin, Non le joug amoureux, me détient en servage. Eh quoy, Ronsard, eh quoy, si au bord estranger Ovide osa sa langue en barbare changer 10 Afin d’estre entendu, qui me pourra reprendre D’un change plus heureux? nul, puisque le François, Quoy qu’au Grec et Romain égalé tu te sois, Au rivage latin ne se peult faire entendre. 12 Im Nachwort zu seinem lateinischen Elegienbuch bezeichnet er sein lateinisches Dichten als vorübergehenden Zeitvertreib und formuliert nicht schmerzvoll wie in den Regrets , sondern geradezu frivol, warum es ihm nun gefalle, lateinisch zu dichten: 10 Ley 1975, 168ff. über das in den Amores gewagte Experiment der Verbindung der römischen Liebeselegie mit dem Petrarkismus und der neulateinischen Poesie. 11 Zitiert bei Galand-Hallyn 1995, 11. 12 „Es ist nicht der etruskische Fluß mit stolzem Ufer, es ist nicht die Atmosphäre der Lateiner noch der Palatin, die jetzt, mein Ronsard, machen, daß ich Latein rede und meine angeborene Sprache mit der fremden vertausche. Es ist der Verdruß, mich drei Jahre und mehr wie einen Prometheus an den Aventin genagelt zu sehen, wo eine erbärmliche Hoffnung und mein grausames Schicksal, nicht ein Liebesjoch, mich in Sklaverei festhalten. Und was, Ronsard, und was, wenn am fremden Ufer Ovid es wagte, seine Sprache in eine fremde zu vertauschen, um verstanden zu werden, wer könnte mich wegen eines glücklicheren Tauschs tadeln? Niemand, denn der Franzose, auch wenn du einem Griechen oder Römer gleichkommst, kann sich am lateinischen Ufer nicht verständlich machen“. Jürgen Blänsdorf 140 Cum tot natorum casto sociata cubili Musa sit ex nobis Gallica facta parens, Miraris Latiam sic nos ardere puellam, Et ueteris, Lector, rumpere iura tori. Gallica Musa mihi est, fateor, quod nupta marito: 5 Pro Domina colitur Musa Latina mihi. Sic igitur (dices) praefertur adultera nuptae? Illa quidem bella est, sed magis ista placet. 13 Die lateinische Dichtung also als Ehebruch des französischen Dichters? An einer anderen Stelle desselben Elegienbuches führt er das Dichten in lateinischer Sprache auf das Leben in der Fremde zurück, die ihn zur kulturellen und sprachlichen Integration zwingt. Hier ist es nun doch der g enius loci , der verlange, daß er sich des Lateinischen bediene. Wie in den Regrets beruft er sich auf Ovids fremdsprachliche Exildichtung. Annua ter rapidi circum acta est orbita Solis, Ex quo tam longas cogor inire uias, Ignotisque procul peregrinus degere tectis, 15 Et Lyrii tantum uix meminisse mei, Atque alios ritus, aliosque ediscere mores, Fingere et insolito verba aliena solo. [...] Nunc miseri ignotis caeci iactamur in undis, Credimus et Latio lintea nostra freto. Hoc Latium poscit, Romanae haec debita linguae Est opera, huc Genius compulit ipse loci. Sic teneri quondam vates praeceptor amoris 75 Dum procul a patriis finibus exul agit, Barbara (nec puduit) Latiis praelata Camoenis Carmina non propriam condidit ad citharam. 14 13 „Da im keuschen Ehebett vereint die gallische Muse von uns Mutter so vieler Kinder geworden ist, wunderst du dich, Leser, daß ich so leidenschaftlich in das lateinische Mädchen verliebt bin und das Recht des alten Ehelagers verletze. Die gallische Muse ist für mich, ich gestehe es, was die Ehefrau für den Gatten ist, (aber) die lateinische Muse wird von mir als geliebte Herrin verehrt. So wird also, wirst du sagen, die Ehebrecherin der Gattin vorgezogen? Jene (nämlich die lateinische), ist zwar schön, aber diese (nämlich die französische), gefällt mir mehr“. - Illa (V. 8) bezieht sich ganz regulär auf das im Satz fernerstehende adultera . Bezöge man es wie Galand-Hallyn 1995, 21 Anm. 2 auf die räumlich entferntere nupta , liefe das auf eine harsche Geringschätzung der französischen Dichtung hinaus. 14 Du Bellay, Elegiae 7: „Der Jahreskreis der eiligen Sonne ist dreimal vollendet, seitdem ich gezwungen wurde, eine weite Reise zu unternehmen und in der Ferne als Fremder in unbekannten Häusern zu wohnen, mich kaum an mein heimatliches Liré (die latinisierte Form des Ortsnamens Lyrium soll sicher auch an seine Lyra, d.h. seine Dichtung, anklingen), zu erinnern, andere Bräuche, andere Sitten zu lernen und im ungewohnten Land fremde Worte zu bilden. […] Jetzt werden wir Elenden blind in unbekannten Wogen umhergeworfen und vertrauen unsere Segel dem römischen Meer an. Das fordert Latium, das ist die Mühe, die wir der römischen Zunge schulden, hierzu hat uns der Poetische Differenzen in Du Bellays Rom-Dichtung 141 Es muß in der Tat das Erlebnis der Stadt Rom gewesen sein, das ihn veranlaßte, seine früheren Anschauungen über das Fortleben der antiken Kultur zu ändern. In seiner Programmschrift von 1549 hatte er noch geurteilt, Rom lebe nur in seiner Sprache fort: Car la plus haute excellence de leur republique, voir du tens d’Auguste, n’étoit assez forte pour se deffendre contre l’injure du tens, par le moyen de son Capitole, de ses thermes et magnifiques palais, sans le benefice de leur Langue, pour la quele seulement nous les louons, nous les admirons, nous les adorons. 15 Nicht ohne Grund hatte daher Chamard Du Bellays Romdichtung und das Dichten in lateinischer Sprache auf die Begegnung mit dem historischen Rom zurückgeführt. 16 Galand-Hallyn dagegen faßt die Ursache nicht in der Erlebnisqualität der Rombegegnung, sondern in dem Bestreben, mit einer ironischen Grundeinstellung, die die Aussagen über sein Erleben und sein Leiden in den verschiedenen Gedichten, Gattungen und Sprachen relativiert, durch Rückgriff auf Ovid, Statius und die Dichter der italienischen Renaissance einen eigenen poetischen Stil zu entwickeln, um seine poetische Krise zu überwinden. 17 Du Bellay veröffentlichte die Poemata nicht in Rom, mochte er sie dort auch schon partienweise bekannt gemacht haben, sondern erst nach der Rückkehr nach Frankreich. Saulnier erkennt daher wohl mit Recht Du Bellays Anspruch auf den Ruhm, nach dem Tod Salmon Macrins im Jahr zuvor (1557) der größte lateinische Dichter Frankreichs seiner Zeit zu sein. 18 Als Ansporn mag auch noch der Schotte Georges Buchanan hinzugekommen sein, ein außerordentlich fruchtbarer lateinischer Dichter, der 1552 nach Paris gekommen war und mit Du Bellay in freundschaftlicher Verbindung stand. Das Sonett Regrets 187 lobt ihn überschwenglich. Die tiefste Begründung hat Du Bellay am Ende seiner Romae Descriptio ( El. 2) gegeben: Er, der französische Dichter, wünscht sich, die Quellen der römischen Dichtung erschließen und zusätzlich zu seiner französischen Dichtung, mit der er der erste französische Romdichter zu sein beansprucht ( Antiqu. 32), ein neuartiges poetisches Werk beginnen zu können, um damit Genius loci selbst gezwungen. So dichtete einst der Dichter zarter Liebe, während er fern des Vaterlandes als Verbannter lebte, barbarische Gedichte, die er den heimatlichen Musen vorzog - und schämte sich nicht! - zu einer Leier, die nicht die eigene war“. 15 Du Bellay 1904, 320: „Denn die allergrößte Pracht ihrer (der Römer) Republik, d.h. zur Zeit des Augustus, war ohne die Wohltaten ihrer Sprache, für die allein wir sie loben, bewundern und verehren, nicht stark genug (gewesen), sich mit Hilfe ihres Kapitols, ihrer Thermen und großartigen Paläste gegen die Unbill der Zeit zu wehren“. 16 Chamard 1900, 285-290. 17 Galand-Hallyn 1995, 57ff. 18 Saulnier 1951, 100-103. Jürgen Blänsdorf 142 dauerhaften Ruhm zu gewinnen. 19 Das Motiv, lateinisch zu dichten, ist hier nicht der Zwang, sich im fremden Land verständlich zu machen, sondern die Chance, die ihm die größere geistige Freiheit in der jetzigen Heimat schenkt. Sit mihi fas, Gallo, uestros recludere fonteis, Dum caeli Genio liberiore fruor, 140 Hactenus et nostris incognita carmina Musis Dicere et insolito plectra mouere sono. Hoc mihi cum patriis Latiae indulgete Camoenae, Alteraque ingenii sit seges ista mei. Forte etiam uiuent nostri monumenta laboris, 145 Caetera cum domino sunt peritura suo. Sola uirum uirtus caeli super ardua tollit, Virtutem caelo solaque Musa beat. 20 Diese Motivation ist jedoch nur der Abschluß einer längeren Argumentationskette, die es später zu erläutern gilt. Daß in der Tat Du Bellay 1558 die lateinische Dichtung nicht mehr als Seitensprung oder Pflichtübung seiner römischen Jahre auffaßte, sondern stolz auf sein neues Werk war, geht aus einer Strophe seines Gedichts Sur les perfections de sa dame hervor, das er in diesem Jahr in seiner einzigen heiteren Gedichtsammlung, den Divers jeux rustiques , veröffentlichte, wo er Rückblick auf sein poetisches Schaffen hielt: Si est-ce pourtant que je puis 105 me vanter qu’en France je suis des premiers qui ont osé dire leurs amours sur la Thusque lyre. 21 Anders als Rieu 22 nehme ich nicht an, daß sich die Thusque lyre auf die Olive beziehen, die er nämlich erst im nächsten Vers mit et anführt: Et mon Olive (soit ce nom d’Olive veritable ou non) 19 Galand-Hallyn 1995, 44ff. verfolgt das Motiv der translatio imperii et studiorum im Rahmen der Geistesgeschichte und bei Du Bellay. 20 „Möge es mir, einem Franzosen, erlaubt sein, eure Quellen zu erschließen, während ich den freieren Geist dieses Landes (‚Himmels‘ steht für das Land unter ihm) genieße, und Lieder, die unsere Muse bisher nicht kannte, zu singen und das Plektrum mit ungewohntem Ton anzuschlagen. Ihr lateinischen Musen, gestattet mir dies zusammen mit den heimatlichen Musen, und das soll die zweite Ernte meines Geistes sein. Vielleicht werden die Denkmäler unserer Mühe sogar noch leben, wenn das übrige zusammen mit seinem Herrn dem Untergang geweiht ist. Nur die Tugend hebt den Mann über die Höhen des Himmels empor, und nur die Muse beglückt die Tugend mit dem Himmel“. 21 „Jedoch kann ich mich rühmen, daß ich in Frankreich einer der ersten bin, die gewagt haben, ihre Liebesabenteuer auf der etruskischen Leier zu sagen“. 22 Rieu 1995, 251. Poetische Differenzen in Du Bellays Rom-Dichtung 143 se peult vanter d’avoir première 110 salué la doulce lumière, 23 sondern auf die Amores genannte Sammlung seiner römischen Liebeselegien auf die schöne Faustina, und daß Thusque lyre nicht den Petrarkismus, sondern die lateinische Sprache meint. Auch in seinem poetischen Testament, das er 1559 seinem Freund Jean Morel widmete 24 - seinem mit 330 Versen längsten lateinischen Gedicht - drückt er trotz der Anfeindungen ( invidia ) sogar aus der eigenen Verwandtschaft eine tiefe Zufriedenheit über sein geglücktes Leben aus. Er habe zwar keine Reichtümer erworben, aber seine poetischen Werke, die auch Leser in allen Schichten der Gesellschaft finden, seien reich und vielfältig. Die lateinische Dichtung nennt er dabei gleichberechtigt mit der französischen; zwischen den zwei Sprachen wechselt er mühelos hin und her: Carmina sunt nobis facili manantia vena, Et nos turba legit, nos legit aula frequens. 50 Scribimus indoctis, doctis quoque scribimus iidem, Tractamus lepidis seria mista locis. Et nunc his numeris, numeris nunc ludimus illis, Gallica sive placent, sive Latina placent. 25 Diesem Stolz auf die lateinische Dichtung scheint - freilich nur auf den ersten Blick - eine Verspoetik zu widersprechen, die er im Jahre 1559, ein Jahr vor seinem Tode, unter dem Titel Le poète courtisan veröffentlichte. Hier rät er den jungen Dichtern seiner Zeit dringend davon ab, ihre Zeit und Kraft mit dem Studium der griechischen und lateinischen Autoren zu vergeuden: Je ne veulx que long temps à l’estude il pallisse, je ne veulx que resveur sur le livre il vieillisse, fueilletant studieux tous les soirs et matins les exemplaires et les autheurs Latins. Ces exercices la font l’homme peu habile, 25 le rendent catareux, maladif et debile, solitaire, facheux, taciturne et songeard, mais notre courtisan est beaucoup plus gaillard [...] 23 „Und meine Olive (mag dieser Name ‚Olive‘ wirklich sein oder nicht) kann sich rühmen, als erste das süße Licht begrüßt zu haben“. 24 Elegia: Neminem aliena iniuria miserum esse. Ad Ianum Morellum Ebredunensem Pyladem suum ; Zitate nach Du Bellay 1931. 25 „Uns gehören Gedichte, die aus leichter Ader fließen, und uns liest die Menge, uns lesen die vielen Menschen des Königshofs. Wir schreiben für die Ungelehrten, und ebenso schreiben wir für die Gelehrten und behandeln Ernstes vermischt mit heiteren Themen. Und bald spielen wir in diesen, bald in jenen Versmaßen, mag uns Französisches oder mag uns Lateinisches gefallen“. Jürgen Blänsdorf 144 Laisse moy donques là ces Latins et Gregeoys 55 qui ne servent de rien au poëte François. 26 Aber die Ratschläge, die er mit ironischer Polemik gegen Horazens Rat: vos exemplaria Graeca / nocturna versate manu, versate diurna 27 den jungen Poeten erteilt, sind in Wirklichkeit eine Anti-Poetik: Der junge Hofdichter, der keinerlei fundierte Bildung braucht, um ein paar witzige Couplets über den jüngsten Hofklatsch zu schreiben, ist das Gegenbild des echten Dichters, der für seinen Nachruhm schwer arbeitet und darum früh stirbt, wie es am Schluß heißt. Es bleibt also dabei, daß Du Bellay in seinen vier römischen Jahren von 1553 bis 1557 intensiv an einer Ausweitung seiner poetischen Fähigkeiten gearbeitet hat. II. Du Bellays Begriff der lateinischen Dichtung Da Du Bellay in den drei großen Gedichtcorpora des Jahres 1558 im wesentlichen seine Romerfahrungen verarbeitet, sind Themenwiederholungen unvermeidlich, sie scheinen darüber hinaus direkt gewollt, so daß der Leser sich im Sinne des Dichters zum Vergleich aufgefordert fühlt. Die Unterschiede der poetischen Konzeptionen, die zwischen den beiden französischen Gedichtsammlungen, den Regrets und den Antiquitez de Rome , bestehen, sind von der romanistischen Philologie intensiv erforscht. 28 Die Unterschiede zwischen den französischen und den lateinischen Gedichten wurden jedoch nur am Rande bzw. eher pauschal behandelt. Gehen wir zunächst von Du Bellays Begriff des Stils der lateinischen Sprache und Dichtung aus. Die Qualitäten, die er in der Deffence et Illustration de la langue Françoise dem Griechischen und Lateinischen zuerkennt, sind generell Fülle, Reichtum und Würde, im besonderen die Verwendung der rhetorischen Stilfiguren wie Metaphern usw., 29 dann noch konkreter die divinité d’invention, [...] grandeur de style, magnificence de motz, gravité de 26 „Ich will nicht, daß er lange beim Studium bleich wird, ich will nicht, daß er als Träumer über dem Buch alt wird, wenn er eifrig jeden Abend und Morgen die lateinischen Vorbilder und Autoren durchblättert. Diese Übungen da machen den Menschen wenig fähig, sie machen ihn verschnupft, kränklich und schwach, einsam, verdrießlich, schweigsam und grüblerisch. Aber unser Höfling ist viel munterer [...] Laß mir also die Lateiner und Griechen da, die dem französischen Dichter zu nichts nützen“. 27 Horaz, Ars poetica 268f.: „Ihr blättert die griechischen Vorbilder bei Tag und bei Nacht durch“. 28 Ausführliche Interpretationen bei Ley 1975, 310ff. und Galand-Hallyn 1995, passim . 29 Du Bellay 1904 , 86f.: métaphores, alégories, comparaisons, similitudes, energies (d.h. vermutlich sowohl ἐνέργεια‚ „Lebendigkeit“ wie ἐνάργεια‚ „Anschaulichkeit“) u.a. ornemens (d.h. rhetorische Figuren). Poetische Differenzen in Du Bellays Rom-Dichtung 145 sentences, audace et variété de figures et mil’ autres lumières de poësie . 30 1551, also wenige Jahre später, äußerte er sich im Vorwort zu den Oeuvres de l’invention de l’autheur zum Problem der Übersetzung, die wegen der Eigenheiten der Struktur der Sprachen immer nur eine Annäherung erlaube. Il me semble, veu la contraincte de la ryme, et la difference de la proprieté et structure d’une langue à l’autre, que le translateur n’a point malfaict son devoir, qui sans corrompre le sens de son aucteur ce qu’il n’a peu rendre d’assez bonne grace en ung endroict s’efforce de le recompenser en l’autre. 31 Welche Stileigentümlichkeiten er dem Lateinischen zuspricht, drückt er auch in Regrets 148 aus, das er auf seinen Freund Louis des Masures (Ludovicus Mazurius, geb. 1515 in Tournay) vermutlich anläßlich der Veröffentlichung von dessen Carmina, u.a. Eklogen im vergilischen Stil, und der Übersetzung der Vergilischen Aeneis 1-8 32 im Jahr 1557 verfaßte: Autant comme l’on peult en un autre langage, Une langue exprimer, autant que la nature, Par l’art se peult monstrer, et que par la peinture On peult tirer au vif un naturel visage: Autant exprimes-tu, et encor d’avantage 5 Avecques le pinceau de ta docte escripture La grâce, la façon, le port et la stature De celuy qui d’Enée a descript le voyage. Cette mesme candeur, cette grâce divine, Cette mesme doulceur et majesté latine 10 Qu’en ton Virgile on voit, c’est celle mesme encore Qui Françoise se rend par ta céleste veine. Des Masures sans plus, à faute d’un Mécène Et d’un autre César, qui ses vertus honore. 33 30 Du Bellay 1904, 40: „Göttlichkeit der Erfindung […], Erhabenheit des Stils, Großartigkeit der Worte, Würde der Sentenzen, Kühnheit und Abwechslungsreichtum der rhetorischen Figuren, und tausend andere Glanzlichter der Poesie“. 31 „In Anbetracht des Reimzwangs und des Unterschieds der Eigentümlichkeit und Struktur einer Sprache zu der anderen scheint es mir, daß der Übersetzer seine Pflicht nicht versäumt hat, der, ohne den Sinn seines Autors zu verderben, das, was er an der einen Stelle nicht mit ausreichender Schönheit wiedergeben konnte, an einer anderen Stelle auszugleichen sich bemüht“. 32 Im Jahre 1547 hatte Des Masures seine Übersetzung der ersten zwei Gesänge der Aeneis veröffentlicht; erst zehn Jahre später war sie bis zum 8. Buch gediehen. 33 „Soweit man in einer Sprache eine andere ausdrücken kann, soweit die Natur sich durch die Kunst zeigen kann und man durch die Malerei ein natürliches Antlitz lebendig zeichnen kann, soweit und noch mehr drückst du mit dem Pinsel deines gelehrten Stiles die Anmut, die Art, die Haltung und Statur dessen aus, der die lange Reise des Aeneas beschrieben hat. Diese selbe Unbefangenheit ( candeur ), diese göttliche Anmut, Jürgen Blänsdorf 146 Es liegt nahe, daß Du Bellay versucht hat, diese Mischung aus Anmut und Majestät, die er in Vergils Dichtung erkannt hatte, in seiner eigenen lateinischen Dichtung wiederzuerwecken. III. Rom in den Sonetten der Antiquitez de Rome und der Regrets Um die Unterschiede der poetischen Konzeption zwischen französischer und lateinischer Dichtung herauszuarbeiten, scheint zunächst der Vergleich der Antiquitez de Rome mit den Elegiae naheliegend, doch dann sind auch die Regrets mit heranzuziehen. 34 Die konzeptionellen Unterschiede ergeben sich zu allererst zwingend aus der knappen Form des Sonetts, das in der Regel nur einem einzigen Hauptgedanken Raum gibt, der meistens in einer Antithese oder in einer die Paradoxie ausmalenden und durch Klangspiele unterstützten Reihe von Antithesen entfaltet wird, während die Elegie mit ihrer größeren Länge mehrere Themen und beschreibende und erzählende Elemente erlaubt. Das Sonett ist der Ort für Reflexionen und Emotionen, bei Du Bellay für bittere Klagen, Satire und Spott. 35 Jedoch die Wirklichkeit Roms, seine antiken und seine zeitgenössischen Bauten werden nur vage angedeutet. In den lateinischen Gedichten dagegen benennt Du Bellay immer wieder konkret Bauten, Kunstwerke und Orte des antiken Rom, deren Anschauung und Geschichte ihm zum Erlebnis wurde. 36 Die vom Titel des Gedichtcorpus Les Antiquitez de Rome eigentlich zu erwartenden Gestalten, Daten und Realitäten der antiken Welt werden mehr in den Anspielungen auf die Heroen des griechischen Mythos und der römischen Geschichte als in realen Gegenständen evoziert. Wie diese dienen auch Vergleiche mit der Natur und dem diese selbe Süße und lateinische Majestät, die man in deinem Vergil sieht, diese selbe ist es, die durch deine himmlische Begabung französisch wird. Des Masures - nichts weiter (d.h. einfach nur Des Masures), mangels eines Mäzens oder eines anderen Augustus, der sein Genie ehrt“. 34 Tucker 2000, 19 skizziert kurz das Verhältnis der zwei Gattungen: „On constate que les productions françaises et latines du poète à Rome sont étroitement liées, se chevauchant et se complétant, pour constituer les deux pôles d’un dialogue artistique. Négatif du côté français [...] par ce que marqué par la crise et par le pessimisme. Mais positif du côté latin parce que caractérisé, en fin de compte, par une tonalité et une progression plus optimistes (dans le livre initial des Elegiae ), et par une manière plus plaisante (dans le livre suivant des Epigr .)“. 35 Galand-Hallyn 1995, 65. 36 MacClelland 1990, 192: „Connotés plutôt que dénotés par un lexique vague, les édifices romains, anciens ou actuels, ne sont guère présents dans les sonnets“. Galand- Hallyn 1995, 12: „Du Bellay a procuré une version bilingue d’un assez grand nombre de ses poèmes: s’il est souvent difficile de distinguer la composition initiale de sa réécriture, on ne peut nier que la tonalité des pièces latines se révèle souvent plus libre, plus détaillée, plus intime que celle des oeuvres françaises“. Poetische Differenzen in Du Bellays Rom-Dichtung 147 Schiffswesen der Veranschaulichung des Hauptthemas, der Vergänglichkeit der Welt. Das beste Beispiel für das Spiel mit rastlos gehäuften Antithesen, Paradoxien und Wortklängen ist das vielzitierte 3. Sonett der Antiquitez de Rome : Nouveau venu, qui cherches Rome en Rome Et rien de Rome en Rome n’aperçois, Ces vieux palais, ces vieux arcs que tu vois, Et ces vieux murs, c’est ce que Rome on nomme. Vois quel orgueil, quelle ruine : et comme 5 Celle qui mit le monde sous ses lois, Pour dompter tout, se dompta quelquefois, Et devint proie au temps, qui tout consomme. Rome de Rome est le seul monument, Et Rome Rome a vaincu seulement. 10 Le Tibre seul, qui vers la mer s’enfuit, Reste de Rome. Ô mondaine inconstance ! Ce qui est ferme, est par le temps détruit, Et ce qui fuit, au temps fait résistance. 37 Diese Unterschiede werden durch die Zahl der Gedichte verstärkt: die 32 Sonette der Antiquitez können nicht anderes als eine vielfache Variation weniger Hauptthemen enthalten: den Gegensatz zwischen Rom in Erwartung und Wirklichkeit, zwischen Sein und Vergänglichkeit, zwischen einstiger Größe und Macht Roms und seinem jetzigen Verfall, seinem machtvollen Aufstieg aus kleinsten Anfängen und dem selbstverschuldeten Untergang und schließlich seine neue Geburt als Hauptstadt der Christenheit. Diese Sonette bilden deshalb eine Sammlung, aber nicht eigentlich einen Zyklus, weil sie ohne Schaden für die Bedeutung des Ganzen weitgehend auch anders angeordnet sein könnten. Beobachtet wurden in den Antiquitez de Rome nur kleinere Gruppen zusammengehöriger Sonette und der regelmäßige Wechsel zwischen enthusiastisch-lyrischer Stimmung in den 10-silbigen und christlichmeditativer Stimmung in den 12-silbigen, den alexandrinischen Sonetten. 38 Auch in den Regrets lassen sich allenfalls thematisch zusammengehörige 37 „Neuankömmling, der du Rom in Rom suchst und nichts von Rom in Rom wahrnimmst: diese alten Paläste, diese alten Bögen, die du siehst, und diese alten Mauern: das ist es, was man Rom nennt. Sieh, welcher Stolz, welcher Ruin! Und so wie die (Stadt Rom), die die Welt ihren Gesetzen unterwarf, bezwang sie sich einige Male, um alles zu bezwingen, und wurde der Zeit, die alles verzehrt, zur Beute. Rom ist das einzige Denkmal Roms, und Rom allein hat Rom besiegt. Allein der Tiber, der zum Meer hin entflieht, bleibt von Rom übrig. O Unbeständigkeit der Welt! Das, was fest ist, wird von der Zeit zerstört, und das, was entflieht, leistet der Zeit Widerstand“. 38 Rieu 1995, 104 über die structure binaire der Sonette. Jürgen Blänsdorf 148 Gruppen von Sonetten entdecken, aber kein Fortschreiten von Stimmungen oder Gedanken, das dem einzelnen Sonett seinen unverwechselbaren Platz in der Sammlung zuwiese. Oft beginnen die Sonette mit einem packenden Ausruf, einer Klage, einer pointierten Sentenz, um dann den Gedanken in Paradoxien zu entwickeln, die sich bei der Wende von den Quartetten zu den Terzetten noch einmal steigern. Die Wende kann jedoch auch auf die Erhaltung oder Erneuerung des gestürzten Imperiums durch neue Bauten oder durch die Verherrlichung in der eigenen Dichtung zielen. Hierfür diene das 25. Sonett als Beispiel. Que n’ay-je encor la harpe Thracienne, pour réveiller de l’enfer paresseux Ces vieux Cesars, et les Umbres de Ceux Qui ont basty ceste ville ancienne? Ou que n’ay celle Amphionienne, 5 Pour animer d’un accord plus heureux De ces vieux murs les ossemens pierreux, Et restaurer la gloire Ausonienne? Peussé-je aumoins d’un pinceau plus agile, Sur le patron de quelque grand Virgile, 10 De ces palais les portraits façonner : J’entreprendrois, veu l’ardeur qui m’allume, De rebastir auc compas de la plume Ce que les mains ne peuvent maçonner. 39 Die im gleichen Jahr veröffentlichte zweite Sammlung von Sonetten, die Regrets , unterliegen mit ihren 191 Stücken noch stärker der Notwendigkeit poetischer Variation des Hauptthemas, das hier mit dem Mißvergnügen am römischen Leben etwas mehr Realität verlangt als die Antiquitez . So zählt er in Regrets 107 das Kapitol, die Caracalla- und die Diocletiansthermen auf und überblickt in gedrängter Aufzählung die Ruinen Roms vom Süden bis zum Norden, um über die Vernichtung der einstigen Pracht zu klagen. Aber nicht das historische Rom und seine Zerstörung sind sein Thema, sondern die Erkenntnis, daß die Klage über die Vergänglichkeit töricht ist, weil diese ein 39 „Warum habe ich nicht noch die thrakische Harfe, um aus der untätigen Unterwelt diese alten Kaiser zu wecken und die Schatten derer, die diese alte Stadt gebaut haben. Oder warum habe ich nicht jene Harfe Amphions, um mit glücklicherer Harmonie die steinigen Gebeine dieser alten Mauern zu beleben und den Ruhm Ausoniens wieder herzustellen? Könnte ich wenigstens mit beweglicherem Pinsel für (? ) den Schutzherrn eines großen Vergil die Bilder dieser Paläste erschaffen! Da ich die Glut erblicke, die mich erleuchtet, würde ich mich daran wagen, soweit es meine Feder vermag, das wieder zu errichten, was Hände nicht erbauen können“. Poetische Differenzen in Du Bellays Rom-Dichtung 149 immer weiter fortschreitender Prozeß ist, der auch die Errungenschaften der eigenen Zeit ereilen wird. Où que je tourne l’œil, soit vers le Capitole, Vers les bains d’Antonin ou Dioclétien. Et si quelque œuvre encor dure plus ancien De la porte Saint-Pol jusques à Ponte-mole: Je déteste à part moi ce vieux faucheur, qui vole, 5 Et le ciel, qui ce tout a réduit en un rien: Puis songeant que chacun peult répéter le sien, Je me blâme, et connais que ma complainte est folle. Aussi serait celui par trop audacieux, Qui voudrait accuser ou le temps ou les cieux, 10 Pour voir une médaille ou colonne brisée. Et qui sait si les cieux referont point leur tour, Puisque tant de seigneurs nous voyons chacun jour Bâtir sur la Rotonde et sur le Colisée? 40 Noch ausführlicher zählt er die Bauten des antiken Rom in Regrets 181 auf, doch diesmal nicht, um ihre Zerstörung zu beklagen, sondern um sie als argumentum a minore panegyrisch mit der Schönheit Marguerites, der Schwester des französischen Königs, zu vergleichen. Ronsard, j’ai vu l’orgueil des colosses antiques, Les théâtres en rond ouverts de tous côtés, Les colonnes, les arcs, les hauts temples voûtés, Et les sommets pointus des carrés obélisques. J’ai vu des empereurs les grands thermes publiques, 5 J’ai vu leurs monuments que le temps a domptés, J’ai vu leurs beaux palais que l’herbe a surmontés, Et des vieux murs Romains les poudreuses reliques. Bref, j’ai vu tout cela que Rome a de nouveau, De rare, d’excellent, de superbe et de beau: 10 Mais je n’y ai point vu encore si grand chose 40 „Wohin ich das Auge wende, sei es zum Kapitol, zu den Bädern des Antoninus (Caracalla) oder Diokletian, und wenn ein älteres Gebäude noch überdauert von der Porta S. Paolo bis zum Ponte Molle (Pons Milvius): Ich meinerseits verabscheue diesen alten Schnitter, der stiehlt, und den Himmel, der das alles in ein Nichts verwandelt hat. Dann, wenn ich denke, daß ein jeder das Seine wiederholen kann, tadele ich mich und erkenne, daß meine Klage töricht ist. Auch der wäre allzu dreist, der die Zeit oder die Himmel anklagen wollte, um eine Medaille oder eine zerbrochene Säule zu sehen. Und wer weiß, ob die Himmel nicht ihre Runde wiederholen werden, da wir sehen, daß jeden Tag so viele Herren auf der Rotunde und auf dem Kolosseum bauen“. Jürgen Blänsdorf 150 Que cette Marguerite, où semble que les cieux, Pour effacer l’honneur de tous les siècles vieux, De leurs plus beaux présents ont l’excellence enclose. 41 So wie viele der Sonette bezieht auch dieses seine Wirkung aus den Häufungsfiguren, die sich über die zwei Quartette bis in das erste Terzett ausdehnen, deren einzelne Glieder jedoch so unwichtig sind, daß sie kaum ein qualifizierendes Attribut erhalten. Hier werden nur Namen ohne Anschauung gereiht. Andererseits werden auch rhetorische Figuren nur sparsam angewandt. Der Stil ist trotz des oft pathetischen Tons doch nur von prosaischer Schlichtheit, von der nur die für den französischen Vers typische Voranstellung des Genitivattributs abweicht. IV. Das Bild Roms in den Elegiae Ganz anders als die Sammlung der Sonette sind die neun lateinischen Elegien - mit dem Nachwort Ad lectorem sind es 10 - als ein durchkomponierter Zyklus angelegt, der sich logisch oder mindestens assoziativ, jedenfalls aber mit poetischer Stringenz entwickelt. 42 Die 1. Elegie beschreibt die Reise des Dichters in ein ihm verhaßtes Land, das mehr Ovids eisigem Verbannungsort am Schwarzen Meer gleicht als dem wahren Italien. Die vom Autor selbst vorangestellte Überschrift Cur intermissis Gallicis Latine scribat soll den Leser über die zweite, allegorische Bedeutungsebene aufklären: Du Bellay hat sich unfreiwillig aus dem vertrauten Medium der französischen Welt, Dichtung und Sprache, in eine fremde, feindliche, kalte Welt begeben. 43 Doch die 2., mit Romae descriptio überti- 41 „Ronsard, ich habe den Stolz der antiken Kolosse gesehen und die runden Theater, die nach allen Seiten offen sind, die Säulen, die Bögen, die hohen überwölbten Tempel und die emporragenden Spitzen der vierkantigen Obelisken. Ich habe die großen öffentlichen Thermen der Kaiser gesehen, ich habe ihre Denkmäler gesehen, die die Zeit bezwungen hat, ich habe ihre schönen Paläste gesehen, die das Unkraut überwuchert hat, und die staubigen Überreste der alten römischen Mauern. Kurz, ich habe alles das gesehen, was Rom an Neuem besitzt, an Seltenem, Hervorragenden, Stolzem und Schönem, aber ich habe nichts so Großes gesehen, wie diese Marguerite, in der, so scheint es, die Himmel, um die Ehre all der alten Jahrhunderte auszulöschen, die Pracht ihrer schönsten Geschenke eingeschlossen haben“. 42 Galand-Hallyn 1995, 73: „[...] puis la suite des Elegiae retrace une quête progressive des vraies valeurs intérieures, la sérénitié, l’amitié, l’otium poétique. Cette sagesse, qui seule permettra le retour d’une inspiration authentique et durable, conduit, bien entendu, en France, et le recueil s’achève sur l’esquisse légère des paysages bucoliques de la Loire, qui s’oppose aux ekphraseis surchargées de la Cité, dans les premières élégies“. 43 Galand-Hallyn entschlüsselt die Schilderung des Seesturms als Metapher seiner poetischen Krise und der daraus führenden Inspirationstheorie. Poetische Differenzen in Du Bellays Rom-Dichtung 151 telte Elegie leitet von der Begegnung mit dem durchweg als sehenswert, ja als angenehm empfundenen Rom über zum Bekenntnis seiner Berufung als lateinischer Dichter, der den Auftrag verspürt, in seinem poetischen Werk die Größe Roms zu verkünden. Die in der 1. Elegie geschilderten Schrecken der Reise treten hier hinter der Begegnung mit der schönen Landschaft Italiens und der Stadt Rom, ihrer Geschichte, ihren antiken Bauten und den Mächten der Gegenwart zurück. Als ersten Eindruck schildert er den Tiber und die zerstörten antiken Stadtmauern. Sie alle erhalten ihre beschreibenden Attribute, doch das Bild der Zerstörung wird sofort von dem Eindruck imperialer Größe aufgefangen, die mit den Mächten des neuen Rom verbunden sind und ihrerseits in antiker Verbrämung gezeigt werden. Anders als in Du Bellays französischen Gedichten ist in seinen lateinischen Gedichten die Klage über die Zerstörung Roms immer nur eine Durchgangsphase. Vidimus et flaui contortas Tybridis undas, Sparsaque per campos moenia Romulidum : Moenia quae uastis passim conuulsa ruinis Antiquas spirant imperiosa minas. 20 Vidimus excelsi claueis qui gestat Olympi, Augustum mitra, purpureosque Patres. Quid referam magni pendentia culmina Petri ? Quo nullum Ausonia pulchrius extat opus. Aurea quid memorem pictis laquearia tectis / […] 44 25 Aber die Großbauten des antiken Rom, denen er beim ersten Besuch der Stadt ebenfalls begegnet sein müßte, läßt er hier noch unerwähnt. Erst gegen Ende der Elegie zeigt sich die Absicht dieser Disposition. Stattdessen schildert er einen Besuch beim Papst, den Dom Sankt Peter und den Vatikan, sodann das Grabmal Hadrians, die Tiberbrücken, das Pantheon, die Aqua Vergine und die anderen Wunder des antiken Roms, die hier nicht als zerfallende Ruinen, sondern als imposante neue Ausgrabungen angesprochen werden (37f.). Alle diese Themen, Einrichtungen und Ereignisse, die in den Regrets seine Empörung erregen, werden hier mit Bewunderung beschrieben: Kunst, Sport, Politik und selbst der Luxus, die Feste und die zweifelhaften Vergnügungen, bei denen die Kurtisanen die Hauptrolle spielen, werden mit zustimmender Bewunderung geschildert. Das ebenso in den Antiquitez wie vor allem in den Regrets häufige Motiv, Rom habe einst alle Schätze der Welt vereinigt, aber durch eigene Schuld nun 44 „Wir sahen auch den gewundenen Strom des gelben Tiber und die Mauern der Romulus-Nachkommen, die über die Felder zerstreut sind, Mauern, die zu riesigen Ruinen weithin zerschlagen (sind und doch) herrscherlich die alten Drohungen atmen. Wir sahen den, der die Schlüssel des erhabenen Olymps trägt, einen Augustus durch seine Mitra, und die purpurgekleideten Väter. Was soll ich die schwebenden Gewölbe des großen Petrus erwähnen, das schönste Werk Ausoniens (Italiens), was soll ich von den Palastdecken mit ihren gemalten Dächern erzählen [...]“. Jürgen Blänsdorf 152 alles verloren, erscheint hier nur im hellen Glanz der Bewunderung für den Reichtum, die landschaftlichen Schönheiten Roms und besonders die antiken Kunstwerke, die im Vatikan zur allgemeinen Bewunderung aufgestellt sind. Auch als er zur Beschreibung der historischen Schauplätze und Großbauwerke übergeht, überwiegt zunächst die Bewunderung für die Zeugen einstiger Größe die Erwähnung der Zerstörung. Aspice ut has moleis, quondamque minantia Diuis Moenia luxurians herba situsque tegant. Hic, ubi praeruptis nutantia culmina saxis Descendunt caelo, maxima Roma fuit. Nunc iuuat exesas passim spectare columnas, 115 Et passim ueterum templa sepulta Deûm. Nunc Martis campum, Thermas, Circumque Forumque, Nunc septem Colleis et monumenta uirum. 45 Erst am Schluß dieses Rundganges durch das antike Rom bricht sich die Klage über den Untergang der einstigen Weltmacht Bahn. Rom ist sein eigenes Grab und zum Symbol der Hinfälligkeit alles Menschlichen geworden. Dies ist die Stelle, an der sich die 2. Elegie am engsten mit Antiquitez 5 berührt und sogar für kurze Zeit den Paradoxienstil - der übrigens schon von der Vorlage dieses Sonetts, der lateinischen Elegie des Janus Vitalis, vorgeprägt ist 46 - übernimmt: 45 „Schau, wie diese Baumassen und die einst (selbst) den Göttern drohenden Mauern das üppige Unkraut und der Verfall zudecken. Hier, wo die schwankenden Gewölbe auf steilen Felsen vom Himmel herabsteigen, war das große Rom. Jetzt macht es Freude, die weithin zerstörten Säulen und weithin die begrabenen Tempel der Götter, jetzt auch das Marsfeld, die Thermen, den Circus (Maximus) und das Forum, jetzt die sieben Hügel und die Denkmäler großer Männer zu betrachten“. 46 Janus Vitalis (Panormitanus, 1489-1559), Sacro-sanctae Romanae Ecclesiae Elogia (Tucker 2000, 108 ff. hat entdeckt, daß Du Bellay nur die zweite Auflage dieser Elegie kannte, während die erste Auflage abgesehen von kleineren Abweichungen v.a. eine zweite Elegie enthielt, in der wie bei Hildebert von Lavardin das neue Rom verherrlicht wurde.) <in Klammern die Versionen der 1. Auflage>: De Roma <Roma Prisca> (1552-1554) Qui Romam in media quaeris novus advena Roma, Et Romae in Roma nil reperis media, <Romam> <vix reperis> Aspice murorum moles praeruptaque saxa Obrutaque horrenti vasta theatra situ. Haec sunt Roma: viden’ velut ipsa cadavera tantae Urbis adhuc spirent imperiosa minas? Vicit ut haec mundum, visa est se vincere: vicit, <nisas est> A se non victum ne quid in orbe foret. Nunc victa in Roma victrix Roma illa sepulta est, <Roma illa inuicta> Atque eadem victrix, victaque Roma fuit. Poetische Differenzen in Du Bellays Rom-Dichtung 153 Qui voudra voir tout ce qu’ont peu nature, L’art et le ciel, Rome, te vienne voir: J’entens s’il peut ta grandeur concevoir Par ce qui n’est que ta morte peinture. Rome n’est plus: et si l’architecture 5 Quelque umbre encor de Rome fait revoir, C’est comme un corps par magique sçavoir Tiré de nuict hors de sa sepulture. Le corps de Rome en cendre est devallé, Et son esprit rejoindre s’est allé 10 Au grand esprit de ceste masse ronde. Mais ses escripts, qui son loz le plus beau Malgré le temps arrachent du tumbeau, Font son idole errer parmy le monde. 47 Aber während das Sonett von dem Gedanken beherrscht wird, daß das antike Rom unwiderruflich zerstört ist, und mit dem Gedanken schließt, daß Roms Geist nur in seinen literarischen Werken die Zeiten überdauert, wird in der Elegie die Klage durch die Gewißheit aufgefangen, daß Roms Größe in den Werken der Kunst und der Literatur weiterlebt. Daran schließt sich ein Gedanke, der dem Sonett vollständig fehlt: In einer emphatischen Wendung grüßt der französische Dichter seine römischen Vorbilder und spricht die Hoffnung aus, als erster der französischen Dichter mit seiner neuartigen Poesie in lateinischer Sprache diese römische Kultur lebendig zu erhalten. Die poetische Verklärung Roms in seinem eigenen künstlerischen Medium ist die kulturelle Mission der lateinischen Dichtung Du Bellays. 48 Damit hat sich die 2. Elegie aus der größten Nähe zu dem Sonett denkbar weit von dessen Rom- Albula Romani restat nunc nominis index, Qui quoque nunc rapidis fertur in aequor aquis <quin fugit ille citis non Disce hinc quid possit fortuna: immota labascunt, rediturus> Et quae perpetuo sunt agitata manent. 47 „Wer alles sehen möchte, was Natur, Kunst und Himmel vermag, soll kommen, um dich, Rom, zu sehen - ich meine, wenn er deine Größe durch das begreifen kann, was nur noch dein totes Bild ist. Rom ist nicht mehr. Und wenn die Architektur nur noch irgendeinen Schatten von Rom wieder erblicken läßt, so ist es wie ein Leichnam, den man mit magischen Beschwörungen bei Nacht aus dem Grab gezogen hat. Roms Leichnam ist zu Asche geworden, und sein Geist ist dahingegangen, um sich mit dem großen Geist dieser runden Masse (des Erdballs) zu vereinigen. Aber seine Schriften, die seinen schönsten Ruhm trotz der Zeit dem Grab entreißen, bewirken, daß sein Bild durch die Welt dahineilt“. 48 Vgl. Galand-Hallyn 1995, 40-44. Jürgen Blänsdorf 154 Klage entfernt, um der einstigen Weltmacht eine neue Heimat in der französischen Kultur zu verleihen. Diese Elegie, deren poetische Gestaltungsmittel hier einmal exemplarisch für das ganze Elegien-Buch skizziert werden sollen, zeigt eine klare Disposition, die der Begegnung mit Rom erzählerisch folgt. Die Stimmung hellt sich dabei immer mehr auf, die lange aufgeschobene und erst beim Anblick der Ruinen ausbrechende Klage über die Vergänglichkeit wird von dem triumphalen Gedanken des geistigen Fortlebens Roms und der eigenen poetischen Mission aufgefangen. Im einzelnen bedient sich Du Bellay der antiken poetischen Rhetorik, der er das Instrumentarium sowohl für das Erhabene wie das Anmutige entnehmen konnte. Den Eingang bildet das in Negation und Position entfaltete Motiv der Lebenswahl. Der Katalog der mit steigender Bewunderung betrachteten Antiquitäten wird mit allen Kunstmitteln der Variatio und Anschaulichkeit entfaltet: „wir sahen“ (2x), „was soll ich erzählen“, „füge hinzu“ (2x), „ich übergehe“ (2x), „ich lasse beiseite“, „wer wünscht“, „wem gefällt es“ usw. Am längsten halten sich das deiktische hic und nunc , die das bewundernde Entdecken des Besuchers nachvollziehen. Dann folgt ohne solche Einleitungsfloskeln eine behagliche Schilderung aller denkbaren Annehmlichkeiten des römischen Lebens. Jedes Element des Besichtigungskatalogs erhält treffende Charakterisierungen in stets wechselnder grammatischer Form. Bisweilen sind die Menschen die Akteure, dann wieder die Dinge; besonders die Statuen werden als handelnde Personen vorgestellt. Am Ende folgt auf die emphatische allocutio der wiedererweckten antiken Dichter der Wunsch Du Bellays, ihr Werk fortsetzen zu können, die Hoffnung auf zukünftigen Ruhm und die Abschlußsentenz über die alleinige Kraft der Tugend. Du Bellay, der schon hier meisterhaft über alle Mittel der rhetorischen Poetik verfügt, verwirklicht sein Programm der Fortführung der klassischen Tradition im eigenen Werk mit der 3. Elegie, die sich so ausschließlich der antiken Ausdrucksmittel bedient wie keine der darauf folgenden Elegien, aber gerade nicht bei der bloßen Nachahmung augusteischer Dichtung stehen bleibt, sondern sie für ein eigenes Ziel einsetzt. 49 Die Schilderung des Tibergottes, der in einer Grotte im Kreise seiner mit vielfältigen Tätigkeiten beschäftigten Nymphen thront, die Angabe der Tageszeit und selbst die Ankündigung der Ankunft des neuen französischen Gesandten und der erste Teil der Mahnrede des Tibergottes könnten für antik gelten. Da dieser um die Sympathie des neuen Rombesuchers wirbt, entwirft er ein detailliertes Bild alles dessen, was Rom von der Antike bis zur Gegenwart an Wertvollem besitzt (61-88). Aus der Absicht der Elegie, den französischen Gesandten für seine Friedensmission zu motivieren, erklärt sich, daß anders als in den Regrets , die nur den persönlichen Gefühlen Ausdruck verleihen, auf nichts, was Rom 49 Ausführliche Interpretation der intertextuellen Struktur der Tiber-Szene dieser Elegie bei Galand-Hallyn 1995, 87. Poetische Differenzen in Du Bellays Rom-Dichtung 155 ist, ein Schatten fällt. Selbst die antiken Ruinen werden in den Zusammenhang des neu erwachenden politischen und kulturellen Lebens gestellt. Erst mit den Worten über die Hoffnung, die Rom auf ihn setzt (99ff.), verläßt er die antike Gedankenwelt: Frankreich soll durch diplomatische Verhandlungen und militärische Siege den Frieden bringen und damit die weitere Existenz Roms sichern. Der Gedanke der translatio imperii , in der 2. Elegie auf die Dichtung bezogen, kehrt hier zu seiner ursprünglich machtpolitischen Bedeutung zurück. 50 Die einzelnen Wendungen nutzen jedoch weiterhin die antiken Topoi und Bilder für Krieg und Frieden (115ff.), bis hin zur abschließenden Vision der Erneuerung der Saturnia regna . Die hier herausgearbeitete weiträumige Disposition der 3. Elegie könnte dem entsprechen, was Du Bellay unter dem Erhabenen der antiken Dichtung verstand. Aus dieser Friedenshoffnung der 3. Elegie entwickelt sich konsequent das Thema der 4. Elegie, in der trotz des in der Überschrift verkündeten aktuellen Zieles De pace inter principes Christianos ineunda die antike Draperie weiterhin verwendet wird. Das Elend der Kriegszeit ist das Gegenbild des erhofften und mit antiken Farben ausgemalten Friedens. Die positiven und negativen Topoi zur Beschreibung der Saturni aurea saecula , gewonnen aus Vergil und Tibull, könnten wieder einem augusteischen Gedicht entstammen, aber der zweite Teil der Elegie verkündet klar die aktuelle Zielsetzung: einen Frieden in ganz Europa unter der Führung Frankreichs, zugleich als Chance der Bewahrung Roms. Diese Hoffnung war nach der Rückeroberung Sienas im Jahre 1552 nicht aussichtslos. Doch obwohl durch den Fall Sienas im Jahre 1555 die Friedenshoffnung zunichte wurde, hat Du Bellay das Gedicht dennoch nicht gelöscht oder widerlegt, da es seinen Platz in der Gesamtkonzeption des Elegienbuches gefunden hatte. Dieser Gesamtkomposition gilt weiterhin unsere Untersuchung. Aus dem Friedensprogramm der 4. Elegie entwickelt sich wiederum folgerichtig in der 5. Elegie die Mahnung zum friedlichen Leben. Auch hier ist die poetische Figuration mit der Seligpreisung des bescheidenen und von Philosophie und Musenkunst erfüllten und daher angstfreien Lebens, das Jean Morel führt, deutlich an Vergil ( Georg . 2), Tibull (1,1 und 10) und Horaz ( Epod . 2) angelehnt. Der Schluß, in dem die Freiheit eines solchen Lebens von Gefahren und Anfeindungen gepriesen wird (37-40), bereitet schon den Bezug auf Du Bellay selbst vor, von dem hier zunächst nur im Schlußdistichon geklagt wird, daß er sein Leben als Verbannter fern der Heimat verbringt (41f.). In der 6. Elegie wird der Dichterfreund Pierre Ronsard gerade deshalb gepriesen, weil er - anders als Du Bellay selbst - dank eines einflußreichen Gönners, des Bischofs Carlus, alle Anfeindungen überwunden hat und deshalb seine ganze Kraft der Dichtung widmen kann. Ihr Wesen wird wiederum 50 Wie schon Ley 1975 betont Hausmann in Du Bellay 1980 den politischen Aspekt der Romdichtung des Dichters. Jürgen Blänsdorf 156 mit den Symbolfiguren und -orten der antiken Poetik gepriesen. Dieses Lebensglück dient als Folie für das unglückliche Leben Du Bellays in Verbannung und Armut und der Lähmung seiner poetischen Inspiration. Der Leser soll spüren, daß Du Bellay nach anfänglicher Begeisterung für Rom das dortige Leben zu hassen beginnt. Hierin wird die weitere Tendenz des Elegienbuches erkennbar, dessen Stimmung sich allmählich dem der Regrets nähert. In diese aufkeimende Rom-Feindlichkeit paßt auch, daß er Ronsard auffordert, in Konkurrenz zu den griechischen und lateinischen Dichtern in französischer Sprache zu dichten. Was sich in der 6. Elegie vorbereitete, tritt in der in Frankreich wohl bekanntesten, der 7. Elegie in den Vordergrund, die sich mit dem 31. Sonett der Regrets berührt, die ihrerseits zum Grundbestand der Anthologien der französischen Dichtung gehört. Was dort in einer Kette von Antithesen zwischen dem prachtvollen, aber verhaßten Rom und der schlichten, geliebten Heimat pointiert zusammengefaßt ist, wird in der 7. Elegie in ausführlicher Schilderung im Für und Wider diskutiert. 51 Die thematische Nähe zum Sonett findet auch wieder in der Figur des Paradoxons seinen Ausdruck: obwohl dem Dichter in Rom nichts fehlt, fehlt ihm alles, solange er nicht seine ihm vertraute Welt genießen kann (35f.): Utque nihil desit, nobis tamen omnia desunt, Dum miseris noto non licet orbe frui. 52 Die Elegie endet mit dem Vergleich zwischen dem früheren reichen Schaffen in der Muttersprache und dem gegenwärtigen Zwang, sich in einer fremden Sprache auszudrücken, um in Rom überhaupt verstanden zu werden. In der 8. Elegie ist das Ende des unglücklichen Exils schon erreicht. Du Bellay, der im Herbst 1557 nach Frankreich zurückkehrte, besingt nun die Quelle Veronis, die auf dem Grundstück eines ihm befreundeten französischen Adligen entspringt. Du Bellay erzählt im Stil einer ovidischen Metamorphose die Flucht der Quellnymphe vor dem mächtigen Wassergott Benacus. Wie die Ovidische Arethusa ( Met. 5, 572ff.) flüchtet sie unterirdisch, um in einem anderen Land als Quelle wieder zu erscheinen. Diese Flucht aus Italien nach Frankreich ist recht offenkundig die symbolische Parallele zu Du Bellays eigener Flucht und gleichzeitig das poetische Pendant zu der in der 1. Elegie geschilderten Reise nach Rom. Aber noch ist die antikisierende Figuration bis hin zu der typisch ovidischen „Rede in der Rede“ beibehalten. Das 9. Gedicht des Elegienbuches, das - ebenso wie die Divers jeux rustiques - von Navageros Vorbild angeregte Votum rusticum , ist zwar nicht mehr im elegischen Distichon gehalten, sondern in Anlehnung an Vergils Eklogen und Theophrasts Eidyllia im daktylischen Hexameter, fügt sich aber 51 Coleman 1980, 80ff. 52 „Mag uns auch nichts fehlen, so fehlt uns dennoch alles, solange uns Elenden nicht verstattet ist, die (uns) bekannte Welt zu genießen“. Poetische Differenzen in Du Bellays Rom-Dichtung 157 dennoch sehr genau in die Bewegung des ganzen Elegien-Zyklus ein, der mit einer schmerzlichen Trennung von der französischen Heimat begonnen hatte, sodann die Begegnung mit dem antiken und zeitgenössischen Rom schilderte und schließlich in einer Distanzierung von dem verhaßt gewordenen Exil und der Rückkehr in die französische Heimat endete. 53 Im 9. Stück nun kommt diese Bewegung zur Ruhe. Ein ländliches Idyll an der Loire und ein Erntefest werden besungen. Von Vers 23 an wird die Erzählung wie das Lied der Parzen in Catulls c. 64 (323ff.) durch Refrainverse in vierversige Strophen gegliedert und damit dem lyrischen Lied angenähert. Antikisierend bleibt auch hier die poetische Struktur. In der von antiken Topoi gespeisten Anrufung der ländlichen Götter Pales, Ceres und Bacchus wird die Landwirtschaft als Geschenk der Götter gefeiert und in vielen Einzelzügen geschildert und wie in einem Lehrgedicht gelehrt. Du Bellays Dichten hat am Ende dieses Zyklus den Weg aus der historischen Welt Roms zu der geschichtsfernen, aber friedlichen Existenz des der Heimat verbundenen Bauern gefunden. Der Wechsel vom elegischen Distichon, das nach antiker Theorie besonders für den Ausdruck der Klage geeignet ist, zum ruhig schildernden Hexameter ist kein Gattungsbruch, sondern absichtliches Ziel dieser das ganze Buch durchziehenden Bewegung. 54 Antike Gedichtbücher wie Catulls drei große Buchteile, Vergils Bucolica und die Bücher der augusteischen Elegiker als durchkomponierte Zyklen zu erweisen führt immer nur zu teilweise überzeugenden Ergebnissen. Du Bellay jedoch hat mit diesem Kompositionsprinzip ernstgemacht und in lateinischer Sprache eine künstlerische Einheit geschaffen, die in den an Sonetten zahlreicheren Büchern seiner französischen Dichtung nicht einmal beabsichtigt sein konnte. Ich sehe freilich nicht, daß Du Bellay auch selbst diese weiträumige Buchkomposition als eine poetische Qualität seiner lateinischen Elegien begrifflich gefaßt hätte. Literaturverzeichnis Chamard, Henri: Joachim Du Bellay, 1522-1560, Lille 1900, Ndr. Genf 1978. Coleman, Dorothy G.: The Gallo-Roman Muse, Cambridge 1979. Coleman, Dorothy G.: The Chaste Muse. A Study of Du Bellay’s Poetry, Leiden 1980. Du Bellay, Joachim: Cinquante sonnetz a la louange de l’Olive, Paris 1549, 2. Aufl. 1552. 53 Galand-Hallyn 1995, 70f. 54 Nach Galand-Hallyn 1995, 81 spiegeln die vier lateinischen Gedichtbücher den Prozeß der Lösung der poetischen Krise Du Bellays bis hin zur Verinnerlichung des Erlebens im Gedicht. Jürgen Blänsdorf 158 Du Bellay, Joachim: La deffence et illustration de la langue françoise, hg. von Henri Chamard, Paris 1904 . Du Bellay, Joachim: Oeuvres poétiques, Bd. 6.1-2: Discours et traductions, hg. von Henri Chamard, Paris 1931. Du Bellay, Joachim: Die Ruinen Roms. Les Antiquitez de Rome. Übertragen von Helmut Knufmann. Mit einem Vorwort von Frank-Rutger Hausmann, Freiburg i. Br. 1980 (Schriften der Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., Bd. 3). Du Bellay, Joachim: Oeuvres poétiques, Bd. 7: Œuvres latines, hg. von Geneviève Demerson, Paris 1984 (Société des Textes Français Modernes, Bd. 179). Du Bellay, Joachim: Oeuvres poétiques, Bd. 8: Autres œuvres latines, hg. von Geneviève Demerson, Paris 1985 (Société des Textes Français Modernes, Bd. 180). Galand-Hallyn, Perrine: Le génie latin de Joachim Du Bellay, La Rochelle 1995 (Himeros, Bd. 11). Gray, Floyd: La poétique de Du Bellay, Paris 1978. Hall, Kathleen M. / Wells, Margaret B.: Du Bellay, Poems, London 1983 (Critical Guides to French Texts, Bd. 45). Ley, Klaus: Neuplatonische Poetik und nationale Wirklichkeit: die Überwindung des Petrarkismus im Werk Du Bellays, Heidelberg 1975 (Beiträge zur neueren Literaturgeschichte, Bd. 22). McClelland, John: Les Antiquitez de Rome: discours rhétorique, discours historique, discours personnel, in: Cesbron, Georges (Hg.): Du Bellay. Actes du Colloque international d’Angers du 26 au 29 mai 1989, Angers 1990, 191-200. Rieu, Josiane: L’esthétique de Du Bellay, Paris 1995. Saulnier, Verdun L.: Du Bellay. L’homme et l’oeuvre, Paris 1951. Speroni, Sperone: Dialogo delle lingue, hg. von Mario Pozzi, Mailand 1978. Sutherland, George: Étude littéraire comparée de la poésie latine et française de Joachim Du Bellay, Thèse dact., Sorbonne 1952 [erwähnt von Galand-Hallyn 1995, 8, Anm. 1, konnte nicht eingesehen werden, da im Leihverkehr unerreichbar]. Tucker, George H.: Les regrets et autres oeuvres poétiques, Paris 2000 (Foliothèque, Bd. 84). Joachim Du Bellay et la « divine campagne » : le rôle du Votum rusticum à la fin du livre des Elegiae dans les Poemata James Hirstein (Strasbourg) L’inspiration principale chez Joachim Du Bellay pour l’écriture de « vœux » à l’antique en français ou en latin était le poète italien Andrea Navagero (1483-1529), diplomate de Venise et éditeur de Lucrèce, mort à Blois. 1 Le livre néo-latin des Lusus (« Divertissements ») du Vénitien fut d’abord publié dans sa ville natale en 1530, ensuite, sous des formes diverses, à Paris vers 1548 et puis à Florence en 1549 et en 1552. 2 Ronsard imita l’Italien en 1554 dans son Bocage . 3 Du Bellay, quant à lui, traduisit onze poèmes de Navagero dans les Divers jeux rustiques (poèmes 4-15), cela à la fois fidèlement et 1 Saulnier dans Du Bellay 1965, XXVIII-XXIX. Pour Navagero, voir Navagero 1973, 7-9 et McFarlane 1980, 223 ; l’Italien procura une édition de Lucrèce, entre autres, à Venise, chez Aldo Manuzio, en 1515. Dans la contribution qui suit, sauf indication contraire, les traductions sont de l’auteur. 2 Alice E. Wilson (cf. Navagero 1973, 17-18 et 21) fonde son texte sur la 1 re éd. de 1530. Elle l’a confrontée aux édd. de 1555 (éd. Girolamo Fracastoro, Opera ) et de 1718 (éd. G. Antonio Volpi, Padoue). Il aurait été utile de la confronter à d’autres sources, comme, par ex., l’éd. de Paris, env. 1548, utilisée par Saulnier (voir infra ) pour citer 11 des poèmes de Navagero. Pour ces pièces chez Wilson (son numérotation), trois lectures de l’éd. de Paris s’imposent : 1, 14 lire non pas at , mais et ; 4, 1 lire non pas multae mais multa (abl.) et 14, 9 lire non pas nomine mais numine . Nous n’avons pu consulter l’éd. critique du Allan M. Wilson dont font état IJsewijn / Sacré 1998, 85. Wilson dans Navagero 1973, 17 note que les titres latins que l’on trouve dans certaines éditions (dont celle de Paris) n’existent pas dans la 1 re éd. de 1530. Cela veut dire que les titres comportant le mot Vota dans les poèmes cités par Saulnier y sont absents. 3 Saulnier dans Du Bellay 1965, XXVIII-XXIX. James Hirstein 160 avec amplification. 4 Il dut entreprendre ce travail durant son séjour romain de 1553 à 1557. En effet, les Divers jeux rustiques ainsi que les Antiquitez de Rome , les Regrets et les Poemata parurent en 1558 après son retour en France. Outre les similitudes que l’on constate entre les pièces originales de Navagero et les traductions ou les créations de Du Bellay, il y a aussi une liberté d’écriture qui se révèle. Parmi les 47 poèmes de Navagero - regroupés il est vrai sous le titre plus général de Lusus - il y a une variété de mètres : élégiaque, bucolique et lyrique. 5 Chez Du Bellay, sous l’intitulé certes plus restreint d’ Elegiae , nous rencontrons le distique élégiaque et puis les hexamètres dactyliques du poème qui nous intéresse. Mais sous la rubrique de Vota , il y a aussi des différences entre Navagero et Du Bellay. 6 Les denses poèmes votifs de l’Italien, composés dans un style archaïsant qui rappelle Lucrèce, 7 se lisent en distiques élégiaques plutôt qu’en hexamètres dactyliques et l’influence de Virgile, forte par ailleurs, 8 est moins présente. 9 En effet, l’éditeur récent des Poemata de Du Bellay, Geneviève Demerson, souligne la discordance métrique entre les pièces des deux poètes et dans son commentaire attire notamment l’attention sur certains emprunts faits par Du Bellay à l’auteur des Bucoliques et des Géorgiques . 10 Comme le poème de Du Bellay se termine par une lustratio , la purification rituelle, il y a également de forts échos des vers élégiaques de Tibulle 2, 1, qui, tout comme nos poètes néo-latins, ne présente pas une prière votive entière, mais en reprend certains éléments à sa guise. 11 De nouveaux emprunts se sont aussi 4 Pour ces traductions, voir passim et la fin de notre étude. Le titre de Jeux fait penser naturellement aux Lusus de Navagero, cf. Saulnier dans Du Bellay 1965, XIX-XX. 5 D’après notre analyse (numérotation de Wilson) : distique élégiaque (1-19, 21-26, 28, 33, 38-40 et 42) ; hexamètre dactylique (20, 27, 44, 47) ; iambes (29, 45 : sénaires, 46 : sénaires) ; glyconéens et phérécratéens (34) ; hendécasyllabes (30-32, 43) ; odes alcaïque (35) et sapphiques (36, 37, 41). 6 Nous avons lu les Vota de Navagero dans Saulnier 1965, 194-199 ( Doctissimorum […] Italorum Epigrammata , Paris vers 1548) et l’ensemble des Lusus chez Alice E. Wilson. 7 Comme archaïsme chez Navagero, on note par ex. sur le plan grammatical face pour fac , Doctissimorum […] Italorum Epigrammata , f. 40 r°, Vota Cereri 194, 3 Saulnier = 1, 3 Wilson et f. 40 v°, Vota Damidis 196, 5 Saulnier = 4, 5 Wilson, pour cette forme de l’impératif, cf. Kühner / Holzweissig 1912, 667. Sur le plan lexical, cf. les adjectifs composés soit attestés chez Lucrèce montiuagus, a, um , f. 40 v°, Vota Iolae 196, 1 Saulnier = Wilson 3, 1 et f. 42 v°, Vota Niconoes 197, 2 Saulnier = 14, 2 Wilson soit fondés sur cette pratique, ibidem 3 syluipotens . 8 Cf. Wilson dans Navagero 1973, 10-12. Cf., par ex., le poème 27 Iolas , voir plus loin. 9 Il semblerait que Navagero ait composé ses Vota en distiques élégiaques sous l’influence de l’ Anthologie planudéenne , cf. Wilson dans Navagero 1973, 17 et 84. Wilson a tendance à surestimer l’influence de Virgile dans les premiers petits morceaux élégiaques de Navagero (1-18), cela aux dépens de Lucrèce, cf. la note n° 7. 10 Demerson dans Du Bellay 1984, 251, sous Iolas . 11 Un modèle existait aussi chez Virgile, G. 1, 338-350, mais les échos de Tibulle sont bien plus forts, voir plus loin. Joachim Du Bellay et la « divine campagne » 161 manifestés, 12 mais notre but premier est de voir comment Du Bellay se sert de ses sources afin de communiquer ses propres idées. Quoiqu’il maîtrise ses prédécesseurs sans difficulté, leur présence peut nous aider à comprendre ses intentions. Des quatre livres qui constituent les Poemata , le premier porte le titre d’ Elegiae . On sait combien en règle générale il est malaisé de parler d’un genre élégiaque du point de vue du contenu des vers. Il en va de même chez Du Bellay, car les neuf pièces que présente le premier livre ont des thèmes principaux souvent différents. En revanche, s’il y a une caractéristique qui permet de parler d’élégie, c’est bien entendu le mètre, le distique élégiaque. Pourtant, le poème qui nous intéresse ici, le dernier des neuf, se distingue des autres par ses vers en hexamètre dactylique. C’est-à-dire que le seul élément formel qui le reliait clairement à l’ensemble fait défaut. Du Bellay a dû avoir de bonnes raisons pour clore le livre des Elégies au moyen d’un poème non élégiaque. Demerson donne l’impression de douter du bien-fondé de ce choix. Le regretté Jozef IJsewijn, qui lit les neuf pièces comme un ensemble artistique, ouvre la voie à une explication plus satisfaisante. 13 Nous voudrions en effet chercher plus précisément à savoir comment l’Angevin assure l’unité du premier livre par un tel poème de clôture et pourquoi il a procédé comme il l’a fait. Considérons d’abord le poème Votum rusticum, Iolas en soi. Les vœux rustiques, qui font partie d’une lustratio et sont exprimés non pas par un prêtre mais par un homme du nom de Iolas, comprennent 75 vers. La pièce peut se diviser en trois parties. La première est constituée d’une longue période narrative de 22 vers ; la deuxième comprend douze strophes, dont onze sont des quatrains et la dernière une unité de six, si bien qu’elle comporte 50 vers, tandis que la troisième partie, très brève, n’en compte que 3. Dans la première division Du Bellay se plaît à situer le lieu du poème non pas à Rome comme c’est le cas de presque la moitié des autres morceaux élégiaques, mais chez lui, en Anjou, au pays de la Loire. Il commence en 12 Les emprunts sont assez nombreux. Demerson semble avoir voulu fournir des exemples représentatifs des influences textuelles. 13 Demerson dans Du Bellay 1984, 251 : « Bien que ce poème ait été rangé par D. B. dans le recueil des Elegiae , il est composé d’une suite d’hexamètres dactyliques ». Est-ce que ses doutes quant à l’appartenance du Votum rusticum à l’ensemble des Elegiae expliquent le fait qu’elle ne lui attribue pas l’intitulé « Eleg. 9 » (voir 72 et 251) ou est-ce un simple problème de typographie ? IJsewijn 1991, 248 : « Das erste der vier Bücher Poemata ist ein in sich geschlossenes Kunstwerk, nämlich ein Zyklus von neun Gedichten: acht Elegien und eine hexametrische Ekloge », cf. aussi 253. IJsewijn est arrivé à cette conclusion en lisant le livre des Elegiae afin de comprendre la 7 è pièce Patriae desiderium ; nous avons obtenu des conclusions similaires en cherchant à situer la 9 è pièce dans l’économie de l’ensemble. Monsieur Jürgen Blänsdorf, qui a participé aussi à notre colloque en parlant de Du Bellay, fait une lecture similaire, voir dans ce volume. IJsewijn dans son article n’entreprend pas d’expliquer pourquoi Du Bellay a eu recours à une « églogue » qui comporte un refrain. James Hirstein 162 effet par un élément naturel, le grand fleuve vert qui domine les première et troisième parties du poème. On le retrouve dans les quatre premiers vers, dans le 10 è , le 14 è (qui nous apprend que les jeux rustiques en question ont lieu sur la rive du fleuve) et dans le dernier vers du poème, car Iolas y effectue la lustration en aspergeant les paysans d’eau de Loire. La période de la première partie commence ainsi par une proposition relative de lieu ( Qua Ligeris , 1, « Là où [le fleuve de] la Loire »), qui illustre l’importance du cours d’eau et aussi des domaines de culture et d’élevage qui dépendent de lui. La Loire traverse des « champs joyeusement et richement fertiles » ( laeta arua , 1) et, rejointe par la Maine, coule calmement et joliment « parmi des collines couvertes de vignes et de vertes forêts » ( pampineos inter colles syluasque uirentes , 2) pour aller jusqu’à la mer bleu ciel, où il agite les sables jaunes. A travers la topographie, Du Bellay met déjà en place la répartition tripartite de la société rurale qui à ses yeux prime : les agriculteurs ( arua ), les viticulteurs ( pampineos [ … ] colles ) et les bergers ( syluasque uirentes , « vertes forêts », dans le sens de nemora et saltus , des bois disposant de pâturages). 14 Cette division de travail tripartite se rencontre chez Navagero en la personne des dieux à qui les paysans rendent un culte, à savoir Palès, Cérès et Bacchus, concept que Du Bellay a aussi traduit en français et amplifié, comme nous l’avons noté ; le Jeu rustique 7 notamment rappelle (ou annonce) le Votum du même poète. 15 Ensuite, la conjonction temporelle dum (5) ouvre une proposition qui restera sans verbe en attendant la reprise de la conjonction au vers 11 et les verbes eux-mêmes aux vers 15 et 16. A travers les deux occurrences de dum , Du Bellay décrit les individus qui peuplent les bords de Loire : vers 5 Pastorum dum laeta cohors, durique coloni , « Pendant que la joyeuse cohorte des bergers et les durs paysans », et vers 11 Hic dum lecta manus Pastorum et rustica turba , « Pendant qu’en ce lieu la bande choisie des bergers et la foule rustique ». Le groupe de mots rustica turba se trouve en distique déjà chez Du Bellay dans l’ Eleg . 2, 70 et chez Navagero, chaque fois à la même place dans le pentamètre dactylique. 16 Les sujets de la première conjonction dum sont subordonnés par le relatif qui (6), lequel répété régit quatre verbes tenent , colunt , tenent et seruant . Ceux-ci servent, d’une part, à fournir des noms de lieux précis connus de Du Bellay sur la rive gauche de la Loire, d’autre part, à expliciter les fonctions des sujets, c’est-à-dire qu’à un point situé presque à mi-chemin entre Angers 14 Pour nemora et saltus , cf. l’ Eleg . 2, 70 : Quid nemora et saltus, rustica turba, tuos ? 15 Navagero, Doctissimorum […] Italorum Epigrammata , f. 42 r°, Vota Telesonis Cereri, Baccho et Pali Deae 195 Saulnier = 11 Wilson et Du Bellay, Divers jeux rustiques 7, 1-4 : « De fleurs, d’espics, de pampre je couronne / Palès, Cérès, Bacchus : à fin qu’icy / Le pré, le champ, et le terroy aussy / En fein, en grain, en vandange foisonne ». 16 Pour l’ Eleg . 2, 70, voir la note n° 14. Navagero écrit Ducimus agrestes, rustica turba, choros , « Nous menons, foule rustique, des chœurs champêtres » (f. 40 r° Vota Cereri pro terrae frugibus 194, 2 Saulnier = 1, 2 Wilson). Joachim Du Bellay et la « divine campagne » 163 et Nantes, les uns tiennent des vignobles ( tenent uineta , 6), les autres cultivent des champs ( arua colunt , 7) et d’autres encore tiennent des rochers ( saxa tenent , 8) et gardent des endroits escarpés ( ardua seruant , 8) et des prés élevés ( et […] rura […] spectantia , 9-10) qui donnent sur la Loire au-dessus des vertes vallées, des lieux où ils peuvent faire paître leurs troupeaux. Bien que les sujets Pastorum dum laeta cohors, durique coloni (5) soient deux, les verbes qui explicitent leurs tâches permettent de retrouver les trois divisions de travail. La deuxième conjonction dum annonce comme les même sujets, mais des ablatifs absolus précisent les préparatifs de la cérémonie : les troupeaux des animaux qui bêlent ont été enfermés ( inclusis , 12) et les taureaux (qui, pour les poètes, tirent la charrue : les bœufs) ont été dirigés en masse dans leurs étables vers les mangeoires qui leur sont familières ( effusis nota ad praesepia tauris , 13). Chez Tibulle (2, 1, 7-8), où il s’agit plus clairement d’injonctions rituelles, les bœufs ainsi mis au repos ont la tête couronnée. Du Bellay luimême reprend en partie ces injonctions à la strophe 10, voir plus loin. Il faut penser que l’endroit où les hommes se rencontrent « sous la vallée ombragée et sur le bord verdoyant de la rive » ( Valle sub umbrosa uiridique in margine ripae , 14) peut être un lieu soit planté de vignes, soit sis non loin d’elles. Nous retrouvons ensuite les verbes régis par les conjonctions dum , qui révèlent ce que font à ce moment-là les hommes de la campagne. Ils s’adonnent à des jeux ( Indulgent ludis , 15), et, nombreux à un jour de fête ( festa luce , 15), ils se rassemblent et célèbrent la journée par des autels élevés habituellement à cette époque ( solennibus aris , 16). Nous rencontrons maintenant la proposition principale, dont le sujet est Iolas, qualifié de « bien-aimé de Pan » ( Pani dilectus Iolas , 17), ce qui devrait faire de lui un berger. 17 Il était autrefois largement « connu » ( quondam late memoratus in oris , 18) sur les rivages, dans le pays angevin. Nous devons alors penser qu’il est âgé. Or, Navagero évoque pour le moins deux Iolas : le premier, en distiques, est un chasseur (3 Wilson), qui, maintenant âgé, fait des vœux à Pan montiuagus (qui « parcourt les montagnes ») 18 par des offrandes qui diffèrent de celles qu’il lui faisait en tant que jeune homme, le second (27 Wilson), en hexamètre dactylique, un berger enamouré bien virgilien. Chez Virgile lui-même, c’est le nom d’un maître de bergers. 19 Il serait plus approprié ici de penser qu’il s’agit du berger. Etant donné ces antécédents, nous ne pouvons pas aller jusqu’à dire, comme le fait IJsewijn, que Iolas « est » Du Bellay, bien que nous comprenions cette interprétation. 20 17 Navagero qualifie ailleurs, dans la même position métrique, une nymphe de montagne (Echo) de Pani dilecta Lyceo (19, 1 Wilson). 18 Voir la note n° 7. 19 Cf. Clausen 1994, 82 et 110-111 ad Virgil, B. 2, 57 et 3, 76 et 79. 20 IJsewijn 1991, 253 : « Wir dürfen dann auch ohne weiteres Du Bellay erkennen in dem glücklichen Hirten Iolas, der im Schlussgedicht sein Votum rusticum den Göttern dar- James Hirstein 164 Iolas a donc des guirlandes à la main ( serta gerens , 19) et porte lui-même une couronne d’olivier (19, arbuste rare en Anjou sans doute ! ). Il s’apprête à faire des vœux et prépare un autel (20-21). Le berger se présente en tant que suppliant, priant les dieux selon les rites ( Deos sic rite precatus , 21). 21 Selon la narration du poète, il les appelle à voix haute (22) : Voce Palem, Cereremque uocat Bromiumque potentem : Palès, Cérès et Bacchus, ce dernier désigné sous le nom de « Bromius potens » (le « puissant dieu qui frémit »), dieux à qui les trois corporations rendent un culte, invocation empruntée à Navagero, comme nous l’avons vu. Ces appellations attirent fortement l’attention. Certes, Caton l’Ancien, lorsqu’il décrit la cérémonie de la lustration, indique que la prière est adressée à trois dieux, Janus, Jupiter et Mars. 22 Mais Navagero n’en fait pas mention. Virgile et Tibulle nomment bien Cérès et Bacchus ensemble et cela dans des contextes votifs, 23 mais il n’est pas fait allusion en même temps à une troisième divinité, Palès, la déesse des bergers et des pâturages, quoique ces auteurs l’évoquent par ailleurs. 24 Navagero (ou un modèle que nous n’avons pas identifié), conscient de la nécessité de s’adresser à trois dieux 25 et s’inspirant de Tibulle, aurait-il ajouté le nom de Palès, que Tibulle nomme dans 1, 1, 36, poème similaire à son 2, 1 ou, de manière plus « systématique », pensé aux dieux qui représentent les trois premiers chants des Géorgiques ? 26 En tout état de cause, l’usage d’épithètes variées pour Bacchus se rencontre aussi chez Navagero. 27 On attribue généralement trois parties à une prière : l’invocation, qui nomme et appelle la divinité ; l’argument ou la pars epica (en raison de la description étendue des attributs divins), qui indique les raisons pour les- bringt am Ufer der Loire […] ». Nous verrions le fait que Iolas soit quondam late memoratus in oris (18) plutôt comme un signe fait à Navagero par le biais de son berger romain idéalisé, un « Komplimentzitat ». Si Du Bellay avait voulu se représenter en la personne de Iolas, il aurait sans doute choisi un nom moins marqué. 21 Nous attribuons une valeur présente au participe parfait precatus , cf. Kühner / Stegmann 5 1976, vol. 1, 759. 22 Caton l’Ancien, Agr . 141, voir plus particulièrement Chapot / Laurot 2001, 252-254. 23 Virgile, B. 5, 79-80 et G . 1, 7 et 338-350 et Tibulle 2, 1, 3-4. Virgile, B. 5, 79-80 est surtout parlant, puisqu’il est question des vœux des paysans : Vt Baccho Cererique, tibi sic uota quotannis / agricolae facient : damnabis tu quoque uotis, « Comme à Bacchus et à Cérès, à toi [Daphnis], chaque année, les cultivateurs adresseront leurs vœux ; et toi, tu les condamneras à s’en acquitter », trad. Saint-Denis. Les vers de G . 1, 338-350 présentent une lustratio . 24 Virgile, B. 5, 35 et G. 3, 1-2 et 294 et Tibulle 1, 1, 26 et 2, 5, 28. 25 Chapot / Laurot 2001, 317-318 suggère que Tibulle a laissé de côté le nom de Mars dans 2, 1 de propos délibéré. 26 Cf. Thomas dans Virgile, 1988, vol. 1, 70 et vol. 2, 37. 27 Navagero, Doctissimorum […] Italorum Epigrammata , f. 42 r°, 195 Saulnier Lyaeus et Iacchus . On trouve les deux chez Du Bellay dans notre Eleg . 23 ( Pater Lyaeus ) et 72 ( Iaccho ). Joachim Du Bellay et la « divine campagne » 165 quelles on s’adresse à tel dieu et mérite d’obtenir une réponse favorable et la demande proprement dite (les preces ). 28 Pourtant - comme c’est le cas chez Tibulle 2, 1 - nous sommes devant une ébauche de prière et il y a des préparatifs de cérémonie et des descriptions d’activité qui dépassent ce cadre. La structure est donc souple et l’on peut se demander si, au sens strict du terme, le titre de Votum utilisé par nos poètes néo-latins est juste. 29 Il n’en reste pas moins que la structure générale d’une prière peut nous aider à comprendre le procédé de Du Bellay. Le dernier vers de la première partie (22, voir plus haut), par exemple, contient une invocation dans le style indirect. La première strophe (23-26) de la deuxième partie contient encore une invocation, mais au style direct (23-24) : Has tibi, magna Pales, Cererique patrique Lyaeo / Nectimus […] corollas , « Pour toi, grande Palès, pour Cérès et pour le Père Lyaeus [qui délivre des soucis] nous tressons […] ces couronnes ». Ensuite, l’argument d’une prière s’esquisse, car Iolas, au présent de l’indicatif ( nectimus , « nous tressons »), offre aux dieux des présents ( corollas ; il doit s’agir des serta du vers 19) de manière à souligner leurs attributs. En effet, selon l’organisation tripartite du poème, les couronnes se composent de trois matières différentes : de fleurs, d’épis et de vigne. Puis, les représentants des corporations sont nommés dans le même ordre : le falcifer , le porter de faux, qui coupe l’herbe pour certains animaux du bétail ; le messor , le moissonneur, et le « vigneron du raisin mur » (le maturae uinitor uuae ), hémistiche pris dans la 10e églogue de Virgile (36). Du Bellay procède de la même manière dans sa traduction française amplifiée de Navagero : « Faucheurs, coupeurs, vendangeurs ». 30 Enfin, les représentants paysans sont les sujets de l’impératif du dernier vers (26), où se lit le refrain qui fermera à douze reprises 31 chaque strophe : Vota Pali et Cereri iam soluite, soluite Baccho , « Vos vœux, pour Palès et pour Cérès acquittez-les maintenant, acquittez-les pour Bacchus ». La forte diérèse bucolique et le quatrième pied homodyne font ressortir la répétition de soluite . Les domaines d’intervention des dieux ont été explicités. Un parallélisme de construction caractérise les trois vers qui précèdent le refrain dans la deuxième strophe (27-30). Là, où dans une pars epica traditionnelle on se serait attendu au Du-Stil qui fournit les attributs des dieux, nous avons plutôt une esquisse du Primus-Motiv (il nous manque seulement prima, prima et primus ). 32 Mais, dans un sens, le pronom d’intensité ipse remplace le tu qui souligne le sujet. Quant au parallélisme, il y a chaque fois 28 Cf. Chapot / Laurot 2001, 12-13 et Graf 1991. 29 Les vota romains peuvent présenter la structure suivante : invocation - demande - promesse, cf. Chapot / Laurot 2001, 12-13, 296 et 302-303. 30 Du Bellay, Divers jeux rustiques 7, 11, voir la note n° 15. 31 Dans la dernière strophe il est suivi de deux vers supplémentaires. 32 Pour le Primus-Motiv , cf. Virgile, G. 1, 147-148 : Prima Ceres ferro mortalis uertere terram / instituit , « La première, Cérès apprit aux mortels à retourner la terre avec le fer », trad. Saint-Denis. James Hirstein 166 le nominatif et l’ ipse adjectif au début, le verbe ensuite, au milieu si possible (on va dans le sens d’un vers « d’or »), et puis les compléments. On remarque le parfait de l’indicatif des verbes ; bien que le docuit du vers 27 (« Palès elle-même a appris [aux éleveurs] à irriguer »), soit absent aux deux suivants, l’idée d’instruction est sous-entendue. L’argument fournit non seulement les attributs des dieux, mais aussi, pour l’assistance, la raison de leur invocation. Tibulle utilise un procédé similaire dans le poème 2, 1, 37-46, où le verbe doceo se retrouve deux fois (39 et 41). Dans la troisième strophe Du Bellay passe en revue au présent de l’indicatif le déroulement normal des saisons, comme pour souhaiter la continuité en soulignant ce qui se passe habituellement. Avec le retour du printemps Vere nouo (ouverture virgilienne, G . 1, 43) les champs, bien que cultivés ( arua ), sont en fleur (avant que le laboureur ne les retourne), ce qui peut néanmoins nous rappeler les pâturages. A l’été ( sole sub ardenti , 32 ; Virg., B . 2, 13) le champ devient jaune grâce aux épis. Le verbe flauesco, qui, dans la quatrième églogue de Virgile (4, 28), est un futur prophétique ( flauescet ) du retour de l’âge d’or, nous montre ici par le présent ( flauescit , 32) que cette situation habituelle fait partie des attributs des dieux : c’est le moment où ils interviennent, intervention que les hommes souhaitent revoir 33 . Du Bellay passe sur les moissons des champs à la fin de l’été pour évoquer les vendanges d’automne. A la 4 è strophe (35-38) nous arrivons à la demande, exprimée à travers le subjonctif. L’adverbe conclusif igitur , qui se réfère aux attributs des dieux précédemment évoqués, retient l’attention. Les dieux ont appris aux hommes comment intervenir dans leurs domaines respectifs lorsque les bonnes conditions sont réunies, « par conséquent », Iolas fait ces demandes. Par le biais d’un souhait « protreptique » (ou propitiatoire) au vers 35 se rencontre la structure tripartite fondée sur le résultat du travail des trois corporations : pabula sint igitur, segetes uinetaque laeta , « par conséquent, que les pâturages, les plantes sur pied et les vignes soient riches et riantes », ordre de mots qui ensuite est repris de manière apotropaïque à travers l’utilisation de nec (plutôt que neu/ neue ). 34 En effet, il est question des dégâts que des animaux soit non surveillés soit ennemis peuvent faire : que ne soient pas endommagés : pascua, semina, gemmas , « les pacages, les semences, les bour- 33 Demerson dans Du Bellay 1984, 252 en pensant à B . 4, 28, dit à propos de ce vers « ici cette blondeur est une réalité », mais une telle remarque cadre mal avec le contexte de supplication (voir le vers 21 : supplexque Deos sic rite precatus ) et d’une expression de vœux. 34 Tibulle 2, 1, 19-20 et Navagero, Doctissimorum […] Italorum Epigrammata , f. 40 r°, 1, 3-9 Wilson par ex.) préfèrent ces dernières conjonctions plus usitées. Cf. pour le contenu Du Bellay, Divers jeux rustiques 7, 5-6 : « De chault, de gresle, et de froid qui estonne / L’herbe, l’espic, le sep, n’ayons soucy ». Joachim Du Bellay et la « divine campagne » 167 geons ». 35 On est seulement frappé par la discordance entre le résultat du travail des corporations du vers 35 et l’allusion au début du processus de production, du moins pour semina et gemma au vers 37. La mention de la lasciua capella prise dans les Bucoliques de Virgile (2, 64) rappelle le contexte pastoral, mais de manière inappropriée à notre avis, car à la différence des approches de Virgile, de Tibulle et de Navagero en général, Du Bellay évacue ici le lien établi entre la vie rustique et l’amour. Le caractère apotropaïque de la demande se maintient dans la 5 è strophe (39-42) par l’utilisation du subjonctif de défense ( nulla au lieu de ne ulla ). Pour reprendre les trois domaines, Du Bellay nomme trois éléments nuisibles : l’aconit ( aconita , 39) dans les prés ; la folle avoine ( sterilis […] auena , cf. Virg., B . 5, 37 et G . 1, 154) parmi les plantes sur pied et la vigne sauvage ( labrusca , Virg. B . 5, 7) entre les grappes. Que faut-il faire : Vota Pali et Cereri iam soluite, soluite Baccho ! La 6 è strophe (43-46) rappelle les énumérations comparatives que l’on rencontre dans les Bucoliques de Virgile, où l’élément final de la comparaison est l’amour, comme cet exemple du chant amébée de Damoetas et de Menalcas dans la 3 e églogue (80-83) : D. Triste lupus stabulis, maturis frugibus imbres, 80 Arboribus uenti, nobis Amaryllidis irae. M. Dulce satis umor, depulsis arbutus haedis, Lenta salix feto pecori, mihi solus Amyntas. 36 Mais Du Bellay refuse cet aspect pastoral afin de traiter de ses domaines d’intervention de manière apotropaïque d’abord, puis protreptique (43-46) : Graminibus Boreas, maturis frugibus imber, Vitibus hostis hyems, pratis ast aura Fauoni, Messibus et soles, Autumnus uitibus adsit. 37 45 Vota Pali et Cereri iam soluite, soluite Baccho ! L’amour est remplacé, pour ainsi dire, par une demande propitiatoire en faveur des domaines d’élevage et de culture : adsit . La 7 è strophe (47-50) surprend en ce sens qu’il s’agit d’impératifs lancés à l’assemblée plutôt que de demandes faites aux dieux. Nous quittons le cadre 35 Cf. Du Bellay, Divers jeux rustiques 7, 9-10 : « Le bœuf, l’oyseau, la chèvre ne dévore / L’herbe, le blé, ny le bourgeon encore ». 36 D. « Funeste est le loup aux étables, aux moissons mûres, les averses ; aux arbres, les vents ; à nous, les colères d’Amaryllis. » M. « Douce est aux guérets la pluie ; aux chevreaux sevrés, l’arbousier ; le saule flexible à la brebis pleine ; à moi le seul Amyntas », trad. Saint-Denis. 37 « Borée est l’ennemi des foins, la pluie celui des moissons dans leur maturité, le froid celui des vignes, mais que le souffle du Favonius apporte son aide aux prés, les soleils aux céréales, l’Automne aux vignes », trad. Demerson. James Hirstein 168 étroit, ou du moins l’ordre étroit, d’une prière, car de telles injonctions se trouvent plutôt au début, cf. Tibulle, 2, 1, 1. L’adverbe interea (comme igitur , 35 auparavant) attire l’attention en soulignant le procédé. Pendant que les saisons passent et que l’on fait des demandes dans les trois domaines, les trois corps de métier doivent agir : immittite […] Vertite […] abscondite […] compescite , « envoyez l’eau dans les prés […] Retournez le sol […] recouvrez les graines [Cérès] […] refrénez les vignes ». On remarque que deux des impératifs portent sur le domaine de Cérès. La 8 è strophe (51-54) s’adresse de nouveau à l’assemblée. Un adverbe structure les mots de Iolas : grâce au travail accompli par la réalisation des impératifs précédents ( Inde , « De là ») et lorsque ce sera le bon moment, viennent encore des injonctions à travailler, mais cette fois-ci au moment des récoltes dans les trois domaines : attollite […] densate […] calcate , « élevez […] entassez […] écrasez »). Dans la 9 è strophe (55-58), des adverbes ( Hinc ergo , « Ensuite donc ») orientent encore la cérémonie. Nous retrouvons un subjonctif dans le verbe incipiant , « que les faux [...] commencent à briller » : là où Virgile dans les Géorgiques (1, 45-46) demandait que le soc de la charrue commence à briller, ici ce sont les instruments des moissons, les faux, qui doivent s’user. Comme résultat ( Iam , « Maintenant », 56), il y a des verbes au futur de l’indicatif : les magasins appropriés à chaque domaine d’intervention viendront à s’écrouler sous le poids de l’abondance. 38 Les trois dernières strophes reviennent plus directement à la cérémonie en cours. La 10 è (59-62) est curieuse en ce sens qu’il s’agit d’interdictions de conduite lors du jour de fête en question. Elle suscite l’embarras parce qu’on s’attendrait à voir l’expression de telles interdictions plus tôt, avant la cérémonie, comme c’est le cas chez Tibulle (2, 1, 5), que Du Bellay rappelle ici en reprenant son Luce sacra . Pourtant, à la différence de Tibulle, qui demande seulement que les agriculteurs prennent du repos, le poète angevin nomme de nouveau les représentants des corps de métier : pastor, arator et uinitor , mais en évitant le verbe requiesco répété par le Romain. 39 Après les interdictions de la 10 è strophe, dans la 11 è (63-66) il y a des impératifs pour exprimer la conduite à tenir devant les dieux. La 12 è strophe (67-72) nous décrit le point culminant de la cérémonie de vœux, les sacrifices en l’honneur des divinités. Il y a le verbe technique operor : Omnia sint operata Pali Cererique Patrique / Vitifero , « Que tous les 38 Cf. Du Bellay, Divers jeux rustiques 7, 13-14 : « Granges, greniers, celiers on ne vid onques / Si pleins de fein, de froument, et de vin ». 39 On lit chez Tibulle 2, 1, 5-8 : Luce sacra requiescat humus, requiescat arator / et graue suspenso uomere cesset opus. Soluite uincla iugis : nunc ad praesepia debent / plena coronato stare boues capite , « En ce jour sacré, que se repose la terre, que se repose le laboureur, que le soc suspendu fasse trêve à son pénible travail. Détachez le lien des jougs : aujourd’hui devant leurs crèches pleines les bœufs doivent rester inactifs, la tête couronnée », trad. Ponchont ; pour ad praesepia plena , cf. Virgile, G . 3, 495. Joachim Du Bellay et la « divine campagne » 169 préparatifs aient été effectués en l’honneur de Palès, de Cérès et du Père porteur de vignes ! ». Du Bellay montre de nouveau qu’il inverse l’ordre de présentation du poème de Tibulle en reprenant un hémistiche de son début, avec le même sens passif du verbe : Omnia sint operata deo (2, 1, 67). Et l’effet tripartite se poursuit : qu’il y ait cette seule occupation : Prata, arua et uites sacris lustrare choreis , « Purifier en les parcourant les prés, les champs, les vignobles grâce aux danses sacrées ». Dans les deux vers finaux de cette dernière strophe ont lieu les sacrifices. On répand deux coupes de lait en l’honneur de Palès et on immole une agnelle en l’honneur de Cérès et un bouc en l’honneur de Bacchus (Iacchus). Pour le vers 71 Fundite bina Pali niuei carchesia lactis , « Répandez en l’honneur de Palès deux coupes de lait blanc comme neige », trad. Demerson, Du Bellay s’inspire fortement de deux poèmes élégiaques de Navagero qui écrit : Interea niuei carchesia lactis / Fundite , « Entretemps répandez (en l’honneur de Cérès) des coupes de lait blanc comme neige » et Dat […] Teleson […] / haec niuei lactis pocula bina Pali , « Teleson offre […] ces deux coupes de lait blanc comme neige en l’honneur de Palès ». 40 En faisant sacrifier des animaux, Du Bellay, comme Tibulle (qui sacrifie un agneau, 2, 1, 15), va dans le sens des suouetaurilia , le sacrifice d’un verrat, d’un bélier et d’un taureau, décrits par Caton l’Ancien. S’il faut comparer la lustration de Du Bellay à une fête romaine, on peut penser à celle du mois de mai, les ambarualia , l’occasion de la lustration décrite par Caton. 41 La troisième partie, redevenue narrative, est très brève. Iolas termine ses paroles, les sacrifices des dieux ayant été accomplis selon les formes. Il offrit de l’encens et ayant vénéré les autels « d’une boîte à encens pleine » opéra enfin la lustration d’eau de Loire en faveur des paysans et de leurs productions. On revient au thème du début du poème par la mention du fleuve vert. En examinant les sources principales de Du Bellay, un poète néo-latin et deux poètes romains, nous avons pu constater ce qu’il leur doit et sa manière de les concevoir, cela en trois domaines. D’abord, le poète angevin a fortement accentué la division tripartite des vœux proposée par Navagero ; ensuite, il a tenu à créer une structure strophique à refrain pour son Votum et, enfin, au lieu d’utiliser le distique élégiaque de Navagero et de Tibulle, il a préféré l’hexamètre dactylique de Virgile. Avant d’examiner le pourquoi de ces différences, nous voudrions situer le Votum rusticum dans le cadre du livre des Elegiae en le mettant en avant. En 40 1, 13-14 et 11, 2 Wilson. Virgile, G . 4, 380 et En . 5, 77 utilise carchesium aussi dans le cadre de libations. 41 Caton l’Ancien, Agr . 141, voir aussi Chapot / Laurot 2001, 252-254. Mais notons que Du Bellay, vers 63, mentionne les Palilia ou les Parilia , les fêtes en l’honneur de Palès. Il avait un modèle en distiques élégiaques chez Ovide, Fastes 4, 747-776 (cf. Chapot / Laurot 2001, 321-323), mais on ne constate pas de parallèle frappant entre Du Bellay et Ovide ici. James Hirstein 170 effet, à la lecture de l’ensemble du livre, sa présence surprend moins. Plusieurs thèmes y renvoient. Dans la première pièce en distiques élégiaques, où Du Bellay nous apprend que les vents qui ont conduit son vaisseau en Italie l’ont amené à adopter le souffle, le parler, latin, il précise néanmoins à la fin (27-28) qu’une fois rentré chez lui, il s’acquittera du vœu fait à sa protectrice, Marguerite, la sœur d’Henri II. La nature du vœu n’est pas précisée, mais il doit s’agir d’une promesse à respecter s’il revient sain et sauf en France ; peut-être va-t-il célébrer Marguerite en français. 42 Pour IJsewijn, le lien entre le premier poème et le dernier poème du livre est si fort que c’est Iolas qui dans la 9 è pièce s’acquitte du vœu fait à Marguerite dans la première. Sans pouvoir suivre l’érudit louvaniste jusqu’à ce point, 43 la mention d’un vœu dans la première pièce peut bien faire écho au titre et au sujet de la dernière. 44 Du Bellay commence sa description de Rome, Eleg . 2, en souhaitant pour lui-même un succès en tant que poète. Il décrit ensuite les domaines où il lui est agréable d’exercer ses talents (5-14). L’un de ceux-ci lui permet de rester étendu à loisir dans l’ombre des grottes et de chanter une « longue mélodie » ( longum […] melos , trad. Demerson). C’est-à-dire que dans Rome une rêverie bucolique est possible. Plus loin (69-70), il note que l’on peut voir, même dans Rome, des domaines de culture et d’élevage : Quid referam laetas segetes ac dona Lyaei ? / Quid nemora et saltus, rustica turba, tuos ? , « Pourquoi rappeler les cultures riantes et les dons de Lyaeus ? Pourquoi rappeler les bois et les pâturages boisés qui, foule rustique, sont à vous ? ». A travers ces souvenirs des Géorgiques de Virgile, 45 nous voyons la division tripartite du Votum rusticum . A la fin (133-136), en rappelant que les écrits des poètes l’emportent sur les monuments en pierre, Du Bellay observe que si l’immense Rome antique a péri, vivent encore Virgile, Ovide, Tibulle et Catulle. Le contexte élégiaque n’entraîne pas l’exclusion de Virgile qui utilise le seul hexamètre dactylique. La troisième pièce souhaite la bienvenue à l’ambassadeur français Jean d’Avanson qui est arrivé à Rome ; sa matière est donc principalement politique et patriotique. 46 En la personne du dieu fluvial Tibre (qui inspire à cer- 42 Du Bellay écrit : Votaque, seruatus, sacra suspensa tabella / Persoluam templis, Margari Diua, tuis , « Sauvé, je m’acquitterais de ce que j’ai promis, suspendant l’ex-voto consacré dans ton temple, divine Marguerite », trad. Demerson ; cf. Horace, Odes 1, 5, 13-15 et Virgile, En . 12, 769. 43 IJsewijn 1991, 253 : « So erfüllt sich mit Iolas die Vorhersage Joachims aus der ersten Elegie ». Il faut reconnaître que la conclusion d’IJsewijn est logique si on accepte que Iolas représente Du Bellay. Pourtant, les cadres des deux poèmes sont trop différents pour autoriser un rapprochement aussi précis. 44 Blänsdorf (voir la note n° 13) a souligné de la même manière ce rapport entre la première pièce et la dernière du livre des Elegiae . 45 Cf. G . 1, 1 et 2, 454 Baccheia dona et 3, 526-527 Massica Bacchi / munera . 46 Cf. Hirstein 1986. Joachim Du Bellay et la « divine campagne » 171 tains membres de la cour des chants bucoliques ou champêtres, 29-30), Du Bellay évoque une renaissance de la Rome antique à travers des images de végétation, notamment celles d’un vieux chêne qui fait de nouveaux rejets (71-72). Comme dans le poème précédent, il est question des richesses agricoles de Rome (83-84) : Sunt hic praeterea diuini munera ruris / siue tua, o Liber, siue, Priape, tua , « Il y a de plus ici les dons de la divine campagne, que ce soient les tiens ô Liber, ou les tiens ô Priape ». Du Bellay nomme Priape en même temps que Bacchus sans doute parce que ses statues protégeaient les jardins. 47 La campagne est divine à au moins trois titres. D’abord, à l’âge d’or, les hommes avaient commerce avec les dieux. Lorsque la dégénérescence de la société humaine eut commencé, les êtres divins prirent progressivement la fuite, mais ce fut à la campagne qu’ils restèrent le plus longtemps (voir ci-dessous). Ensuite, les arts et les métiers de la campagne dépendent tellement des conditions naturelles qu’il faut prier les dieux pour obtenir leur intervention bienveillante. 48 Enfin, les éléments de base que la nature nous procure pour vivre sont considérés comme divins. 49 La renaissance romaine aura donc bien lieu grâce aux interventions françaises (110-116) et ici, c’est Henri II qui s’acquittera de ses vœux sur les bords d’un fleuve, le Tibre (118). Il y aura des jours de fête en l’honneur du roi (135-144) et l’âge de Saturne reviendra (145-146). L’allusion au Tibre, lieu où des vœux seront acquittés, rappelle celui de la Loire dans le Votum rusticum . Un rapport s’établit entre la vie rustique heureuse et l’âge d’or qu’elle rappelle. Lorsque Virgile ( G. 2, 458-540) loue la vie des paysans, il fait savoir que c’est la déesse Justice qui en quittant la terre a laissé les dernières traces divines chez les agriculteurs (473-474). En relatant le bonheur des hommes de la campagne (513-540), qui ont su maintenir certaines des conditions de l’âge d’or, de l’âge de Saturne (532-540), le poète romain décrit des jours de fête chez le paysan : Ipse dies agitat festos , « Lui-même observe des jours de fête », 527-531. Le sujet du quatrième poème est plus ouvertement politique. Il y va de l’établissement de la paix parmi les princes chrétiens dans les mêmes conditions politiques mentionnées ci-dessus, mais cette fois-ci grâce aux bons offices de Jean Du Bellay, l’oncle du poète. Le neveu appelle de ses vœux le retour du siècle de Saturne, l’époque de l’ aurea simplicitas où la terre d’ellemême offrait à profusion ses productions en faveur des hommes (3-14). 47 Cf. Tibulle 1, 1, 18. 48 Voir Virgile, G . 1, 168 pour la diuini gloria ruris (en fin de vers aussi) avec le commentaire de Thomas sur G . 1, 338-350. 49 Cf. l’exemple du sel. Blümner 1920, 2089, dans son article consacré à cet élément, évoque Homère, Il. 9, 214, où le sel est appelé « divin ». Il cite les commentateurs anciens, notamment Plutarque, Quaest. conv. 5, 10, qui fait savoir que tout comme l’eau et la lumière, le sel a été appelé ainsi parce que les hommes adoraient comme divins les éléments absolument essentiels à la vie qu’ils tenaient en commun. James Hirstein 172 Avec la cinquième pièce, le ton devient plus personnel et les lieux moins romains. Du Bellay loue un ami, Jean de Morel, un protecteur engagé qui sait allier ses responsabilités civiques à une vie paisible. Cette vie est associée à une existence à la campagne. Etant donné le ton philosophique du poème, 50 Demerson a raison d’associer le premier vers Foelix qui patrio uiuit contentus agello , « Heureux celui qui vit satisfait du petit champ paternel » à Virgile, G. 2, 490 Felix qui potuit rerum cognoscere causas , « Heureux celui qui a pu connaître les causes de l’univers », mais le patrio […] agello rappelle aussi Horace, Epod . 2, 1-3 Beatus ille qui procul negotiis, / ut prisca gens mortalium, / paterna rura bobus exercet suis , « Bienheureux celui qui, loin des tracas, tout comme la première race des mortels, travaille les champs paternels avec ses propres bœufs ». 51 Si Du Bellay souligne (19-20) que Morel ne se soustrait pas aux tracas de son rang, l’atmosphère générale est celle du monde rural idéalisé. La maison de Morel est ouverte aux Muses ; on y trouve Dorat et Ronsard (31-36). Pourtant, loin de sa patrie, Du Bellay ne peut connaître une telle vie. Ce n’est pas le cas de Ronsard, le dédicataire du sixième poème, car il connaît le locus amoenus qu’offre le cadre bucolique de la France. De manière nostalgique, Du Bellay rappelle comment, dans la campagne de son pays à lui, la Muse Calliope le favorisait (49-50): Fortunati olim, patrio dum rure beatos / nos fouit molli Calliope in gremio , « Nous étions heureux, autrefois, au temps où Calliope, dans la campagne de mon pays, nous caressait doucement, comblé, serré contre elle », trad. Demerson. Les thèmes lyriques se poursuivent plus fortement dans la septième pièce, Patriae desiderium , qui rappelle certains sonnets des Regrets . 52 Exilé, Du Bellay ne peut jouir de son monde familier (37-40): Nec Ligeris ripas, saltus, syluasque comantes Cernere et Andini pinguia culta soli, Quae lacte et Baccho flauentis et ubere campi Antiquae certant laudibus Italiae. 53 40 Le jardin de la France rivalise avec l’Italie chantée par Virgile ( G . 2, 136- 176), à laquelle pourtant aucun pays ne pouvait se mesurer en matière d’éloges ( laudibus Italiae certent , G . 2, 138). Mais, soupire Du Bellay, même l’homme d’Ithaque a pu rentrer chez lui et la terre de Laërte était démunie des présents de Bacchus et de Cérès (41-43). 50 Voir IJsewijn 1991, 249 à propos des sources de ce poème. 51 Cf. aussi IJsewijn 1991, 249. 52 Voir IJsewijn 1991, 254-258, qui évoque les sonnets 30 et 31 et situe finement la pièce dans l’économie du livre des Elegiae . 53 « Je ne peux voir les rives de la Loire, les pacages, les forêts chevelues, les grasses cultures du sol d’Anjou, qui pour le lait, pour Bacchus et pour la fécondité de la plaine blonde, rivalisent de gloire avec l’Italie antique », trad. Demerson. Joachim Du Bellay et la « divine campagne » 173 La huitième élégie, la dernière avant le Votum rusticum , se distingue très fortement des autres : elle révèle un monde qui connaît la magie et le merveilleux. 54 Du Bellay relate l’histoire d’une source qui porte le nom de Veronis. C’était autrefois une Nymphe qui fréquentait les forêts près du lac de Garde. Mais cette jeune femme, la plus belle parmi les Hamadryades italiennes, fut désirée par le dieu du lac. Elle prit la fuite. Alors que le dieu allait la saisir, elle fit une prière à Diane, déesse qu’elle avait fidèlement honorée. La divinité chasseresse exauça son vœu et la transforma en eau. Pourtant, le dieu cherchait encore à la posséder. Elle devint un ruisseau et prit refuge dans les profondeurs de la terre. Poursuivie encore, elle ne connut le répit qu’en France, où elle a élu domicile. Autour d’elle viennent maintenant Nymphes et Satyres. L’idée qu’un cours d’eau peut participer à un changement de lieu rappelle la Loire de notre poème, qui semble transférer en Anjou une cérémonie de la Rome antique. C’est ainsi que les autres « Elégies » évoquent le thème du vœu, le contexte bucolique, le rapport entre ce contexte et l’âge d’or, la possibilité de rendre un culte et d’obtenir l’exaucement de ses vœux et le lien, pour Du Bellay, entre le locus amoenus et sa patrie, l’Anjou. On y trouve enfin l’intérêt pour les cours d’eau, les forces telluriques, les sources souterraines comme magiques que l’on rencontre ailleurs chez Du Bellay, dans les Antiquitez de Rome par exemple. Considéré dans l’économie du livre des Elegiae , le Votum rusticum représente le point culminant d’un mouvement qui commence à Rome pour s’achever en Anjou. Le lieu de la première élégie est Rome, mais Du Bellay a la pensée tournée vers sa patrie. Si les Elégies 2 à 4 se situent encore dans la ville éternelle, les suivantes ont comme lieu principal de réalisation la France. C’est-à-dire que les Elégies incarnent l’inspiration néo-latine romaine de Du Bellay qui se déploie de plus en plus dans un espace français. C’est une union physiquement impossible au moment où il écrit. Pourtant, la sur le plan 54 Demerson dans Du Bellay 1984, 248-251 établit des parallèles avec Ovide et la notion de métamorphose, remarques qui sont justes. Elle souligne le changement de mètre opéré par Du Bellay, qui utilise le distique élégiaque plutôt que l’hexamètre des Metamorphoses . Mais une autre source peut expliquer ce procédé. C’est le poème de Navagero (14 Wilson) que Du Bellay traduit dans les Divers jeux rustiques , parmi les « vœuz rustiques » : « D’une nymphe, à Diane » (12 Saulnier). Une nymphe fidèle à Diane est obligée par sa mère à quitter son état de chasteté et à se marier. Elle abandonne les forêts à contrecœur et en appelle à Diane. Du Bellay a pu prendre la matière de base dans Navagero pour rivaliser avec les amis qui avaient aussi écrit en faveur d’une source (Demerson dans Du Bellay 1984, 248). Mais il faut reconnaître que les échos verbaux entre Navagero et Du Bellay sont ici rares, alors qu’ils sont plus fréquents dans le Votum rusticum . James Hirstein 174 poétique, elle se réalise pleinement dans le Votum rusticum : un sacrifice votif et un jour de fête romains ont lieu en Anjou. 55 Or, la présence de l’Anjou est certainement un des éléments les plus frappants dans les traductions et amplifications que Du Bellay a faites des pièces de Navagero dans les Divers jeux rustiques . Tout en rendant le latin de Navagero de manière très fidèle, Du Bellay introduit dans ses versions non seulement des noms de lieu - à l’encontre de la pratique de Navagero - mais des lieux qui se trouvent chez lui. Dans cinq des poèmes que Du Bellay a traduits, nous avons repéré quatre mentions d’Anjou ou l’adjectif « angevin », deux de la Loire et une de la Maine. 56 Si on peut, à la limite, comprendre ces ajouts comme un effort de la part du traducteur pour « acclimater » la matière latine de Navagero au contexte français, le procédé inverse : l’écriture d’un poème néo-latin qui s’inspire de l’Italien mais qui a lieu en Anjou est doublement paradoxal. Cette entreprise exigeait un cadre particulier. Nous avons rappelé la dette de Du Bellay vis-à-vis de sa source d’inspiration principale. Il a trouvé chez Navagero l’idée d’une répartition tripartite, qu’il a fortement développée. Deux des pièces de Navagero ( Vota Cereri = 1 Wilson et Vota Telesonis Cereri 11 Wilson) fournissent cet aspect du Votum rusticum . En revanche, c’est Du Bellay qui a introduit un agencement strophique rythmé par un refrain. Il a également changé de mètre. D’un point de vue presque mécanique, nous pouvons dire que ces deux innovations vont de pair. Il est difficile d’imaginer l’utilisation convaincante d’un refrain en poésie élégiaque, car l’alternance entre l’hexamètre et le pentamètre dactyliques enlèverait la force de la répétition, tandis qu’un refrain dans chaque pentamètre serait trop répétitif. C’est le désir d’obtenir un effet de litanie qui a amené Du Bellay à préférer l’hexamètre dactylique. En matière de refrain, deux modèles viennent à l’esprit : Catulle et Virgile. L’exemple le plus parlant en hexamètres chez Catulle est le poème 64, 327- 381, où on rencontre Currite ducentes subtegmina, currite, fusi , « Courez, menant les fils [des Parques], courez, fuseaux », douze fois, après l’ « épyllion », lorsque le poète en est revenu au mariage de Pélée avec Thé- 55 La célébration d’une fête païenne dans un Anjou chrétien ne semble pas créer de difficulté. 56 Nous citons aussi les pièces de Navagero d’après Du Bellay, Divers jeux rustiques 7, 13 : « Le pré, le champ, le vignoble angevin » (Navagero, Doctissimorum […] Italorum Epigrammata f. 42 r° = 195 Saulnier) ; 8, 14 : « Du vin d’Anjou mainte couppe » (Navagero, Doctissimorum […] Italorum Epigrammata f. 41 r° = 195-196 Saulnier) ; 10, 11 : « Et que mon Anjou foisonne » (Navagero, Doctissimorum […] Italorum Epigrammata f. 40 v° = 196 Saulnier) ; 13, 4 : « Sur les doulces rives d’Anjou » et 10 : « Où Meine à Loyre s’accompaigne » (Navagero, Doctissimorum […] Italorum Epigrammata f. 41 v° = 198 Saulnier) et 14, 22 : « Dessus les rives de Loyre » (Navagero, Doctissimorum […] Italorum Epigrammata f. 41 r° = 198 Saulnier). Joachim Du Bellay et la « divine campagne » 175 tis. 57 Mais Virgile produit un exemple qui cadre mieux avec les préoccupations de Du Bellay. Nous pensons au refrain magique de la 8 è églogue dans le chant d’Alphésibée (68-104) : Ducite ab urbe domum, mea carmina, ducite Daphnim , « Ramenez de la ville chez moi, ô mes incantations, ramenez Daphnis », trad. Saint-Denis, que l’on entend neuf fois. Certes, il y a chez les deux auteurs antiques la même répétition de l’impératif (formes que le Français place cote-à-cote : Vota Pali et Cereri iam soluite, soluite Baccho de manière chiasmatique), mais l’influence de Virgile semble plus appropriée en raison de l’atmosphère bucolique et magique. Qui plus est, l’accent mis par Alphésibée sur l’importance du chiffre trois (73-75) auprès de la divinité n’est pas à négliger. Du Bellay avait besoin de ces dispositifs particuliers afin de recréer la divine campagne de Virgile en Anjou. 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Jean-Antoine de Baïf als Übersetzer und neulateinischer Dichter Thomas Baier (Würzburg) Neulateinische Dichtung im Kreis der Pléiade Die Pléiade, das „Siebengestirn“, bezieht sich durch ihre Selbstbenennung auf eine Gruppe von Tragödiendichtern in Alexandria zur Zeit des Ptolemaios Philadelphos. Sie ist gewissermaßen der Zusammenschluß von Dichtern, die unter der Anleitung der Gräzisten Dorat und Muret studiert hatten. Letzterem wird die Prägung des Namens zugeschrieben. Die Konstituierung des Literatenzirkels erfolgte aus Anlaß der Aufführung von Jodelles Tragödie Cléopâtre captive vor König Heinrich II. im Hôtel de Reims in Paris. Die mitunter wechselnden Mitglieder des Dichterkreises bekennen sich zu einer Bildungsdichtung auf der Grundlage antiker, neulateinischer und italienischer Vorbilder. In Ablehnung der mittelalterlichen Dichtung bevorzugen sie antike Bauformen. Alle eint das Bestreben, das Französische gegenüber den klassischen Sprachen aufzuwerten. Das Manifest der Pléiade, die von Du Bellay verfaßte Deffence, et Illustration de la Langue Francoyse von 1549, verteidigt im ersten Teil ausdrücklich die französische Sprache gegen die lateinische und die griechische und bestreitet den Vorrang der neulateinischen vor der volkssprachlichen Dichtung; im zweiten Teil werden die antiken und italienischen Formen und Gattungen gegenüber der mittelalterlichen Tradition propagiert. 1 Antikes sollte in französischem Gewand vorgestellt werden. 2 1 Vgl. Hausmann 1991, 111f. 2 Bei dieser gleichsam antilateinischen Haltung ist allerdings IJsewijns Monitum zu beachten: „[…] almost every major French author from Rabelais to Racine was able to write fluent Latin verse and prose, and in some occasion did so“ und „several members of the Pléiade were excellent Latin poets too, first of all Joachim Du Bellay, whose Roman elegies are simply splendid […]“, IJsewijn 1990, 136. Thomas Baier 178 Diese Erneuerung der Dichtung aus dem Geist der griechisch-römischen Poesie hatte Du Bellay in der Deffence eindringlich und mit wörtlichem Anklang an ein horazisches Postulat aus der Ars poetica 3 gefordert: Ly donques & rely premièrement (ò Poëte futur), feuillete de main nocturne & journelle les exemplaires Grecz & Latins [...]. Chante moy ces odes incognues encor’ de la Muse Francoyse, d’un luc, bien accordé au son de la lyre Greque & Romaine. 4 Baïf hat diesen Auftrag so buchstabengetreu erfüllt wie sonst kein Dichter der Pléiade. Er hatte versucht, was im Deutschland des 17. Jahrhunderts von einigen Barockdichtern unternommen und sehr viel später etwa von Friedrich Rückert in Aristophanes-Übersetzungen zur Vollendung geführt wurde, nämlich griechische Versmaße in der lingua vernacula nachzuahmen. Von dieser originellen Leistung legen die Etrénes de poézie fransoêze an vers mezurés (1574) und die Chansonettes Zeugnis ab. 5 Die musikalische Imitation der antiken Prosodie, also die Aufgabe der Betonungsdichtung zugunsten einer quantitierenden Metrik, erforderte ein genaues linguistisches Studium des Französischen und den Entwurf einer neuen phonetischen Orthographie. Baïf hat damit „ein zwar kurioses, aber grundlegendes Novum innerhalb der Lyrik der Pléiade “ 6 vorgelegt. Er suchte die Wiederbelebung der Antike in der vollkommenen Vereinigung von Lyrik und Musik. Baïfs Weg zum Neulatein Sieht man die Pléiade als eine Bewegung weg von den Alten Sprachen hin zur Volkssprache, so hat Baïf gewissermaßen den umgekehrten Weg beschritten. Seine ersten Dichtungen liegen getreu der Zielsetzung des Dichterkreises auf französisch vor, erst in den letzten Lebensjahren 7 erschien bei Robert Étienne (Stephanus) in Paris eine Sammlung von carmina , die verschiedene Formen antiker Lyrik nachahmen. 8 Die Sammlung ist Heinrich III. 3 268f.: Vos exemplaria Graeca / nocturna versate manu, versate diurna. 4 Zit. nach Wittschier 1971, 3. 5 Steht Baïfs französische Liebesdichtung in petrarkistischer Tradition - es handelt sich einerseits um die Amours de Méline (1552), andererseits um die Quatre livres de l’amour de Francine (1555); letztere ist eine Anthologie der schönsten Petrarca-Gedichte in französischer Übersetzung, durchmischt mit eigenen Kompositionen -, so geben sich die hier genannten Werke ganz antik. Wittschier 1971, 122, sieht in ihnen Baïfs „selbständigste Leistungen“ und „seine originellsten Beiträge zur Lyrik der Pléiade “. 6 Wittschier 1971, 122. 7 Ausgenommen sind lateinische und griechische Widmungen und Gelegenheitsverse, die Baïf sehr großzügig verteilte, aber wohl nie zu einer Sammlung vereinigte. 8 Baïf 1577. Jean-Antoine de Baïf als Übersetzer und neulateinischer Dichter 179 gewidmet und enthält ganz unterschiedliche Versuche, überwiegend Liebesgedichte, sodann einige poetologische Gedichte und Höflichkeitsadressen an Zeitgenossen. Der Grund für diese „crise néo-latine“ des Jahres 1577, wie Augé-Chiquet sie nennt, liegt darin, daß Baïfs Euvres en rime nur eine unterkühlte Aufnahme beim Publikum fanden. Die verschrobenen Vers mezurés und das Lyrik-Musik-Projekt der Académie de poésie et de musique hatten nur vorübergehend Aufsehen erregt. 9 Mit dem Tod Karls IX. schien nicht zuletzt sein Ansehen bei Hof zu schwinden. Folglich faßte er den Entschluß, für das humanistische Europa und also auf Latein zu schreiben. 10 Während die meisten Dichterkollegen Baïfs wohl zu allen Zeiten in lateinischer und französischer Dichtung zu Hause waren und gleichzeitig in beiden Sprachen publizierten, beginnt für Baïf mit dem Carminum liber sowie mit der verlorenen Psalmenübersetzung und den Epigrammen tatsächlich ein neuer Karriereabschnitt. Paulus Melissus Schede bewundert den „Senkrechtstart“ des Carminum liber und stellt in einem Epigramm die erstaunte rhetorische Frage: Fieri potuitne, Baïfi, Primum ter denas ut mihi post hiemes Ausonios cantare modos, linguaque Latina Inciperes doctis notior esse viris? 11 Baïf selbst läßt in seiner Wendung zum Neulatein einerseits ein gewisses Maß an Resignation über seine literarischen Zeitgenossen erkennen, indem er ihnen Scheelsucht unterstellt, und er sieht sich somit in die Rolle des Überläufers gedrängt; andererseits deutet er an, daß sein Projekt der formalen Übertragung der antiken Prosodie auf das Französische in den Vers mezurés wohl doch so ambitioniert war, daß sich ihm „die Kräfte verweigern“: Sed hoc malignum flens et accusans simul Aevum, relictis Gallicis jam transfuga Ad has latinas me Camoenas conferam Dedamque posthac, nec laboriosius Opus minabor ferre quod vires negant. 12 9 Augé-Chiquet, 1909, 30. 10 Darin fand er durchaus auch Verteidiger. Édouard du Monin bemängelte, quod Galli omnia paene Gallice scribant ( Manipulus Poeticus , p. 116): Vestra peregrino turgescunt viscera lacte, / Nulla peregrinis hinc fluit esca viris , zit. nach Augé-Chiquet 1909, 471. 11 Schede 1586, epigr . 1, 4, p. 122, zit. nach Augé-Chiquet 1909, 467, Anm 1. 12 carm . 1, 17v. Thomas Baier 180 Les Météores und Prognostica à Terrae motibus Zehn Jahre vor dem Carminum liber hatte Baïf gewissermaßen eine neulateinische Probe abgelegt, indem er in sein Lehrgedicht über die Himmelskörper die lateinische Übersetzung eines griechischen Gedichtes einlegte. Les Météores (1567) sind hauptsächlich von Pontanos Urania inspiriert, stehen aber auch in der Nachfolge von Vergil und Lukrez. 13 Wie Vergils Georgica sind sie ein Weltgedicht. Am Ende hat der Dichter ein Orpheus oder Hermes Trismegistos zugeschriebenes 14 katalogartiges Gedicht über Erdbeben angefügt. 15 Baïf hat ihm eine lateinische Übersetzung: Orphei seu Mercurii ter maximi prognostica à Terrae motibus beigegeben sowie eine Nachdichtung in französischen Versen. Das griechische Gedicht wurde erstmals von Aldus Manutius in der Anthologia Graeca (Venedig 1503) in einem Anhang mit dem Titel Florilegium cui nonulla nuper inventa epigrammata in fine adiecta sunt (287v) gedruckt. 16 Bekannt und zugänglich waren die Orphischen Hymnen jedoch schon früher. 17 Man deutete die Orphischen und Hermetischen Schriften in der Renaissance als älteste, noch vorpythagoreische Weisheit und berief sich dabei etwa auf Platon ( Phaedr . 274c5-275b2; Phlb . 18b6-7). Dort wird der ägyptische Gott Theuth für grundlegende Kulturtechniken, darunter die Einführung von Zahlzeichen, sowie für Rechnen, Geometrie, Astronomie und schließlich für die Erfindung der Schrift verantwortlich gemacht. Der vorchristlichen prisca theologia wird unterstellt, sie weise in absichtlich verrätselter Form auf die Offenbarung voraus. 18 In dem orphischen Gedicht eines nicht zu identifizierenden griechischen Autors werden Erdbeben als Vorboten unterschiedlichen Unheils interpretiert, je nachdem in welchem Monat sie auftreten. Somit ergeben sich neben einer lehrhaften, drei Verse langen Einleitung zwölf Strophen. Baïfs Biograph Mathieu Augé-Chiquet moniert an der französischen Übersetzung: „Baïf a répété cette insipide énumération avec une exactitude superstitieuse. C’est l’un des rares endroits où il ait fait abus des composés grecs; il dit, copiant servilement le texte, Neptune hocheterre [„Erderschütterer“ für 13 Zu den Quellen vgl. die Arbeit von Simpson 1932. 14 Vgl. Hornik 1962, 81-83 und 1985, 111-114. 15 Ὀρφέως Περὶ σεισµῶν, in: Abel 1865, 141-143. Der von Baïf verwendete Text ist abgedruckt bei Demerson 1975, 137-139. 16 Hornik 1962, 82f. und 1985, 112f. 17 Ficino zitiert daraus bereits 1462, vgl. Walker 1954, 208; zur Wertschätzung der Schriften unter französischen Humanisten um 1500 vgl. ebd. 207-210. 18 Vgl. Philippe de Mornay, De la vérité de la Religion Chrestienne, Paris 1581, 104 (nach Platon, epist. 2, 312d): „De la nature du Premier, il en faut parler par enigmes, afin que s’il avenoit inconvenient de la lettre par mer ou par terre, on la lise comme ne la lisant pas“, zit. nach Walker 1954, 221. Vgl. auch Walker 1953, 103-107, zum obscuritas -Problem in der Renaissance („The veiling of the truth“). Jean-Antoine de Baïf als Übersetzer und neulateinischer Dichter 181 σεισίχθων], Apollon persecrinière [„mit dunklem Scheitel“ für κυανο χαίτης“] et parle du chevre-corne frilleux [„Steinbock“ für αἰγοκέρως]“. Was jedoch als „exactitude superstitieuse“ abgetan wird und gedankenlos wirken mag, ist der Versuch, bei der Übersetzung die eigentümliche Epitheta- Bildung der Ausgangssprache zur Geltung zu bringen. Darüber hinaus vermochte es Baïf, sowohl im Lateinischen wie im Französischen die Verszahl genau dem griechischen Original entsprechen zu lassen. Im Lateinischen wählt er zudem wie im Griechischen den Hexameter, entscheidet sich also für die mimetische Form der Wiedergabe. Wie in den Vers mezurés versucht er eine genaue inhaltliche, stilistische und formale Version in einer anderen Sprache. Will man die Leistung Baïfs ermessen, so gilt es zu bedenken, daß das Übertragen von griechischen Hexametern in lateinische erst im 16. Jahrhundert, also zu Baïfs Lebenszeit, in Übung kam. Im Zentrum des Übersetzungsinteresses stand naturgemäß der Dichtervater Homer. Die erste vollständige Übertragung der Ilias stammt von Eoban Hesse (Basel 1540), 19 die der Odyssee von Simon Lemnius Emporicus (Basel 1549). Das metrische Übersetzen aus dem Griechischen ins Lateinische kam nach vorbereitenden Versuchen in der Mitte des 15. Jahrhunderts, die zwar bisweilen zu stilistisch glänzenden Proben führten, aber Fragment blieben, erst im 16. Jahrhundert richtig in Gang. Aus der Zeit davor kennt man vor allem Prosaübertragungen; zu nennen sind Leonardo Brunis Reden von Odysseus, Phoinix und Achilles aus dem 9. Gesang der Ilias . 20 Lorenzo Valla legte eine Prosanacherzählung von 16 Ilias -Büchern vor, von hoher stilistischer Qualität, aber eben keine wirkliche Übersetzung. 21 Erst allmählich folgten gelungene Versübertragungen von - bisweilen nur ganz kurzen - Teilen der Ilias , so durch Carlo Marsuppini, Orazio Romano, Niccolò della Valle, Janus Pannonius, Angelo Poliziano, 22 Francesco Filelfo. 23 In die Tradition der Vorstudien und Versuche der genannten Italiener reiht sich Baïf ein, und zwar mit dem Anspruch, das griechische Original so exakt wie möglich im Lateinischen nachzubilden. 24 19 Hesse gab in zahlreichen Fällen Homerstellen durch deren „vergilische Übersetzung“ wieder und trug damit zur Entdeckung Homers in Vergil bei, vgl. Knauer 1964, 74-75. 20 Vgl. Voigt 3 1893, Bd. 2, 191f. 21 Voigt 3 1893, Bd. 2, 192; Vahlen 1869, 373. 22 Poliziano setzte im Anschluß an Marsuppini mit dem zweiten Buch ein; zur Charakteristik vgl. Voigt 3 1893, Bd. 2, 197. 23 Vgl. Voigt 3 1893, Bd. 2, 194-197. Text bei Calderini 1913, 331; dort weitere Homerzitate aus Filelfos Schriften. 24 Offenbar hatte Baïf das Übersetzen aus dem Griechischen in das Lateinische bereits als Schüler bei Dorat am Beispiel des Prologs der Euripideischen Hecuba geübt. Jedenfalls berichtet sein Vater Lazare de Baïf im Vorwort zu seiner französischen Hecuba -Übersetzung von 1550: „Mes enfants [sc. Ronsard et Jean-Antoine] [...] m’apportoyent chascun jour la lecture qui leur estoit faicte par leur precepteur [sc. Dorat] de la tragedie d’Euripide, denommee Hecuba: me la rendant mot a mot de grec en latin“, zit. nach Augé-Chiquet 1909, 169, Anm. 6; vgl. auch Vinestock 2006, 109. Thomas Baier 182 Das Verfahren, das Baïf anwendet, hatte Erasmus von Rotterdam bei der Übertragung des Euripides entwickelt und ausführlich begründet. 25 Der holländische Humanist darf als ein Pionier des modernen Übersetzens aus dem Griechischen gelten - und hat sich auch selbst so eingeschätzt. 26 Er sieht sich nicht als Schöpfer von etwas Originellem, sondern als Diener des Alten. Erasmus legt Wert darauf, der Vorlage so eng wie möglich gefolgt zu sein. Die Lizenzen, die sich Cicero beim Übersetzen gestattet habe, gehen ihm zu weit: mihi non perinde probatur illa in vertendis authoribus libertas, quam Marcus Tullius ut aliis permittit, ita ipse (pene dixerim immodice) usurpavit . 27 Gleichzeitig bekennt er jedoch, daß das ängstliche Kleben an der Vorlage auch zu einem gewissen Teil der Vorsicht des noch unerfahrenen Übersetzers zu schulden sei: Novus interpres in hanc malui peccare partem, ut superstitiosior viderer alicui potius quam licentior, id est ut littoralibus in harenis nonnumquam haerere viderer potius quam fracta nave mediis natare fluctibus; maluique committere ut eruditi candorem et concinnitatem carminis in me forsitan desyderarent quam fidem. 28 Der Hinweis auf Cicero zeigt ein neues, gleichsam modernes Übersetzungsverständnis. Hatten die Alten das interpretari vor allem als eigenständige Anverwandlung oder als non verba sed vim exprimere 29 aufgefaßt, so macht sich hier das Bedürfnis nach vim et verba exprimere bemerkbar. Der Respekt vor den Schriften der Griechen ist zu groß, als daß man glaubt, sie allzu frei adaptieren zu dürfen. Getreues metrisches Übersetzen ist somit eine Kunst, die erst in der frühen Neuzeit entwickelt wurde. Zurück zu Baïf: 30 Anders als in der französischen Übersetzung, wo Wortneubildungen den Charakter des Griechischen nachahmen, hat Baïf in der lateinischen Version Wort- und Satzlehre der Zielsprache streng beachtet. Metonymien werden aufgelöst oder vereinfacht. Κυανοχαίτης wird folglich mit Neptunus übersetzt, das ebenfalls den Meergott umschreibende Γαιήοχος nicht ganz zutreffend, dafür aber leichter verständlich, mit Rector aquae . Weglassungen oder Ergänzungen, die den Sinn nicht beeinträchtigen, sind 25 Erasmus erläutert seine Prinzipien in einem Geleitbrief an William Warham, Erzbischof von Canterbury ( epist. 208 Allen). Er betont die Mühe, die er sich auferlegt hat, und den Umstand, daß er die griechischen Tragiker nicht mit den Worten der ganz anderen lateinischen Tragödie wiedergeben wolle. Vgl. Waszink 1971, 84. 26 Baier 2000, 136-138. 27 Epist. 188 Allen, 56f. 28 Epist. 188 Allen, 58ff. 29 Vgl. Cic. ac. 1, 10. 30 Baïf selbst hat keine theoretischen Schriften zum Übersetzen hinterlassen; er kannte aber mit Sicherheit Étienne Dolets La Manière de bien traduire d’une langue en aultre . Das Handbuch ist als Nachdruck zugänglich (Slatkine reprints), Genf 1972; vgl. auch die umfassende Studie zum Übersetzen in der französischen Renaissance von Worth 1988. Jean-Antoine de Baïf als Übersetzer und neulateinischer Dichter 183 ein Tribut an die strenge Wahrung von Rhythmus und Umfang. Die in dem nüchternen griechischen Lehrgedicht eher deplaciert klingenden „Werke des Krieges, der die Herrscher überzieht“ 31 , φέρει πολέµου µεγάλοιο / ἔργον ἐπερχοµένου τοῖς κρείσσοσιν (14f.), übersetzt Baïf unheroischer, prägnanter und auch eleganter mit belli discrimina magni / Principibusque urbique feret . Das abundante ἐπερχοµένου wird ohne Verlust unterschlagen, magni als Füllwort ergänzt. An manchen Stellen ist das Lateinische poetischer als das bisweilen unbeholfene Original. Ein Erdbeben bei Tage im Sternzeichen der Zwillinge kündige an: τότε κεν βασιλῆες ἄτιµοι / ἔσσονθ᾿ ἡγεµόνες τε θεῶν διὰ µήνιος ἐχθρῶν (20f.). Im Lateinischen wird dagegen „die Ehre in den Schmutz getreten durch das zornige Walten der Götter“: ducumque regumque / Tum calcatur honos irato numine divum . Vom Partizipienreichtum der griechischen Sprache macht der Verfasser des Erdbebengedichtes kaum Gebrauch. In den seltenen Fällen ihres Auftretens greift Baïf zu den üblichen Umschreibungen etwa mit einem Relativsatz: καρπῶν δηλοῖ φθόρον ἐξαναφύντων / γαίης (36f.) wird, sozusagen nach den Regeln der Schulgrammatik, wenn auch mit anderem Zeitverhältnis, zu Frugibus exitium quas tellus edidit infert . Die Wendung πῆµ᾿ αὐτοῖς καὶ ἀνάστασιν ὠλεσίοικον (26) mit dem im Lateinischen nicht nachzubildenden Kompositum „haushaltvernichtend“ wird dagegen erklärend und prägnant folgendermaßen wiedergegeben: exilium domibusque ruinam . Semantische Lücken der Zielsprache füllt Baïf nicht durch kühne Neuprägungen wie in der französischen Version, sondern behilft sich mit dem vorhandenen lexikalischen Bestand. Es gilt für das ganze Gedicht und, wie man an den zitierten Beispielen sieht, auch für diejenigen Stellen, die syntaktische Umformungen verlangen, daß Baïf Schlüsselbegriffe möglichst an derselben Versstelle oder wenigstens in demselben Halbteil positioniert wie das Original. Dasselbe Bestreben ist übrigens bei Ciceros und Germanicus’ Arat-Übersetzungen zu erkennen, wobei sich allerdings die beiden antiken Autoren das Recht zur Amplifikation nehmen, sei es aus Gründen der stilistisch-poetischen Überbietung, sei es zum Zwecke der Erläuterung. 32 Überhaupt tendieren Übersetzungen einerseits dazu, länger zu sein als das Original, andererseits erliegen sie bisweilen der Versuchung, Übersetzungslehnwörter zu kreieren, wie das erwähnte „Erderschütterer“ / „hocheterre“. Cicero benennt das erste Problem hinreichend klar in fin . 3, 15: equidem soleo etiam, quod uno Graeci, si aliter non possum, idem pluribus verbis exponere - Verbreiterung um der Klarheit willen. Für die Schöpfung von Übersetzungslehnwörtern läßt sich als bekanntes Beispiel das von dem Arpinaten geprägte adtexere heranziehen, mit dem er im Timaios (41d) προσυφαίνειν, „hinzuweben“, wiedergibt. Auf beide Notlösungen, explikative Verbreiterung und Lehnübersetzung, kann Baïf verzichten. Im Lichte der antiken Gepflogen- 31 Vgl. Il. 2, 238 u.ö. 32 Vgl. Seele 1995, 47 und 72-74. Thomas Baier 184 heiten und gemessen an der vergleichsweise kurzen Tradition metrischen Übersetzens in der Neuzeit darf Baïf als ein moderner Übersetzer gelten. Ist die disziplinierte Unterordnung unter das Original in Wahrheit eine Not oder eine Tugend? Offensichtlich wollte Baïf die ursprüngliche Form so genau wie möglich erhalten. Dafür sprechen zwei Gründe. Der erste hängt mit dem Dichtungsverständnis der Pléiade zusammen. Wie eingangs angedeutet, ging es dem „Siebengestirn“ in erster Linie um französische, nicht um lateinische Dichtung. Für Baïf scheint das Latein ein Mittel der Kommunikation zu sein, wie sie zu seiner Zeit üblich war. Brillieren wollte er auf französisch. Du Bellay hatte in der Deffence Übersetzungen ohnehin abgewertet, „Que les traductions ne sont pas suffisantes pour donner perfection à la langue francoyse“. 33 Du Bellay reklamiert für die Anverwandlung der Antike damit ein Motiv, das auch Cicero angetrieben hatte: die eigene Sprache zu erweitern und der hohen Literatur gefügig zu machen. Dieses Bestreben scheidet aber für Dichtung auf latein aus. Es ist daher nur konsequent, daß Baïf in der lateinischen Übersetzung eines griechischen Originals vor allem an der dienenden Funktion der Sprache gelegen ist. Der kontrastierende Blick auf die französische Übersetzung bekräftigt jene These. Diese ist deutlich länger als das Original und zielsprachenorientiert. Sie ahmt auch nicht den Hexameter nach, sondern verwendet elegant gereimte Alexandriner, bedient sich also einer analogen Form der Wiedergabe, indem sie auf ein vertrautes und dem Genre in der Zielsprache angemessenes Metrum zurückgreift. In Les Météores schließlich finden sich neben Übersetzungslehnwörtern auch expressive Neuprägungen wie etwa „surattendre“ 34 , die der Sprache eine eigentümliche Note verleihen. Der Neulateiner und der französische Pléiade-Dichter sind also in ihrem Stil und in ihrer Absicht zu trennen. Zweitens spricht noch ein inhaltliches Moment dafür, daß Baïf hinter den antiken Text möglichst unsichtbar zurücktreten wollte. Er läßt es im lateinischen Titel offen, ob sein Gedicht von Orpheus oder von Hermes Trismegistos stammt, Orphei seu Mercurii ter maximi , während die französische Version Orpheus den Vorzug zu geben scheint. 35 Er erachtet beide, darin ganz ein Kind seiner Zeit, als Träger tieferer Weisheit oder höherer Offenbarung. Das Corpus hermeticum , aber auch die Orphica hatten den Status von beinahe heiligen Schriften. Der hier vorliegende Text weist sich schließlich ausdrücklich als Orakel aus. Die Tatsache, daß auf ein rationalistisches Lehrgedicht über Himmelserscheinungen mit wissenschaftlichem Anspruch ein Text über Orakel folgt, vermag zu irritieren und hat zu der Vermutung geführt, Baïf habe dem unvollendeten Gedicht damit ein beliebiges Ende „an- 33 Übersetzungen galten als nützliche Übungen zur Erweiterung der Ausdrucksfähigkeit in der eigenen Sprache, vgl. Vinestock 2006, 108. Vgl. ferner Clements 1942, 261-265. 34 Vgl. Demerson 1975, 37. 35 Vgl. Demerson 1975, 102. Jean-Antoine de Baïf als Übersetzer und neulateinischer Dichter 185 geklebt“, „désireux de compléter à la hâte un ouvrage inachevé“. 36 Das greift möglicherweise zu kurz. Vielleicht wollte Baïf vielmehr sein Himmelszeichengedicht wie Vergil die Georgica mit einem Orpheus-Finale beschließen. Les Météores zeigen bei aller Abhängigkeit von Pontano neben einigen offenkundigen Lukrez-Zitaten vor allem eine große Nähe zu Vergils Lehrgedicht über den Landbau. Bei dem Mantuaner war die von Arat entlehnte Sternkunde dazu da, die Zeichen der Natur zu lesen. Ebenso ist sie bei Baïf ein „instrument de découverte“. 37 Auf den georgisch-bukolischen Charakter der Météores wird nicht zuletzt durch das dritte La vie des chams , „Landleben“, betitelte Gedicht verwiesen, das in den Premier livre des poèmes Eingang fand und dessen zweiter Teil Vergils zweitem Georgica -Buch eng folgt. 38 Die Bezüge sind offenkundig und nicht zu übersehen. Es ist somit durchaus denkbar, daß Baïf mit dem Erdbebengedicht Les tremblemens de terre , das den Météores wie ein Finale folgt bzw. dem bruchstückhaften Sternengedicht eine Art Abschluß verleiht, auf Vergil verweisen wollte. Nach dem Zeugnis des Servius wurde das Aristäus-Finale als ein Fremdkörper empfunden. 39 Ein solcher ist auch περὶ σεισµῶν. Während das Aristäus-Finale eine Deutung der condition humaine unter ethischen Gesichtspunkten gibt, verweist das Erdbebengedicht auf den Zusammenhang von Moral und Natur. In der Widmung der Météores „Au Roy“ bekennt sich Baïf zum Wandeln „par les chemins choisis des vieux Latins et Grecs“ (116). Das schließt gewiß auch diese Art der Nachahmung ein. Der Zusammenhang von Erdbeben und Sternenhimmel entspringt letztlich der Vorstellung, die dämonische Seite der Natur sowie schicksalhafte Begebenheiten mit Hilfe der Astrologie erklären zu können; in diesem Sinne hatte etwa Ronsard im Hymne des astres und im Hymne du ciel in der Astrologie eine Universalwissenschaft gesehen. 40 Baïf hat den Premier livre des poèmes mit kosmologischen Themen gefüllt. Insbesondere in sein Lehrgedicht 41 über das Landleben 42 hat er einen aufklärerischen Zug hineingebracht, indem er, eng an Vergil angelehnt bzw. diesen fast wörtlich übersetzend, 43 formuliert (125-132): 36 Demerson 1975, 37. 37 Demerson 1975, 35. 38 Zu den Quellen Baïfs, vor allem zur Georgica -Nachahmung, vgl. Quainton 1971, 375. 39 Serv. ad ecl . 10, 1 und georg . 4, 1. Eine Würdigung der Servius-Stellen mit knappem Literaturbericht bei Horsfall 1995, 86-89 und Mynors 1990, 296. Vgl. Baier 2007. 40 Vgl. Schmidt 1938, 117 und 211. 41 Zum Aspekt des docere und zu den von Baïf eingesetzten Mitteln vgl. Vinestock 2006, 202-213. 42 La vie des chams , zit. nach Demerson 1975, 105-109. 43 Verg. georg . 2, 490-493: Felix qui potuit rerum cognoscere causas / atque metus omnis et inexorabile fatum / subiecit pedibus strepitumque Acherontis avari: / fortunatus et ille deos qui novit agrestis / [...]. Thomas Baier 186 Heureux celuy qui a bien peu conoistre De chaque chose & les causes & l’être: Qui foule aux pieds toute peu effroyable, Et le destin qui n’est point exorable, Et le vain bruit d’Achéron qui sçait prendre Tout ce qui vit pour jamais ne le rendre. Heureux aussi celuy là qui révère Les dieux des chams […]. Wie Vergil verbindet auch Baïf mit der Kenntnis der Natur und der Verehrung der ländlichen Götter eine Art innerer Abgeklärtheit. Zeigte sich bei Vergil der Landmann unbeeindruckt von purpura regum (2, 495), heißt es bei Baïf entsprechend: „Les présidents d’une court ne l’étonnent“ (144). Aus diesen Versen spricht zunächst eine abgeklärte epikureische Grundhaltung, 44 doch steht der gesamte Kosmos unter der „Loy commune“ des „grand DIEU“ (2); die Natur ist mithin göttlicher Lenkung unterworfen. Auch darin läßt sich ein vergilischer Zug erkennen, insofern der antike Dichter in der Dikaiologie der Arbeit ( georg . 1, 118-146) die condicio humana göttlicher Planung entspringen läßt. 45 Das gesamte Konzept der Météores ist von der Vergilimitatio geprägt. Es wird in der Verwendung der Vergilzitate deutlich, daß Baïf den antiken Dichter, darin der mittelalterlichen Vergilrezeption nicht unähnlich, als Präfiguration des Christentums deutet. Antikes und zeitgenössisches Denken verbinden sich bei ihm zu einem „christianisme dégagé de superstition“. 46 Baïf - ein Neulateiner malgré lui Auf p. 29v findet sich ein Catull, carm . 1 imitierendes Gedicht, in dem der Verfasser seine lateinischen Dichtungen Muret anempfiehlt. Baïf führt sich selbst als einer ein, der sich „nach tausend französischen Gedichten spät den lateinischen Musen zugewandt habe“, Qui post carmina Gallicana mille / Nunc serus Latias ciet Camoenas . Hier benennt Baïf also selbst seinen „umgekehrten“ Weg, der ihn vom Französischen zum Lateinischen führte, indem er scheinbar besorgt den Adressaten fragt, ob dieser das „abgeschmackte Büchlein“, illepidum meum libellum , wohl zu lesen geneigt sei. In dem Adjektiv serus schwingt unüberhörbar die Selbstkritik mit, die Horaz den Römern im Augustusbrief mit auf den Weg gegeben hatte: Spät erst hätten die Römer ihr Interesse griechischer Literatur zugewandt und in der Ruhe nach dem ersten Punischen Krieg die Tragödie auf ihren Nutzen hin geprüft, serus 44 Vgl. Schmidt 1938, 212: „Cette apostrophe décidément épicurienne, pourrait paraître hardie, voire blasphématoire“. 45 Vgl. Baier 2006, 200-202. 46 Schmidt 1938, 213. Jean-Antoine de Baïf als Übersetzer und neulateinischer Dichter 187 enim Graecis admovit acumina chartis / et post Punica bella quietus quaerere coepit, / quid Sophocles et Thespis et Aeschylus utile ferrent ( epist . 2, 1, 161-163). Aus post Punica bella wird bei Baïf post carmina Gallicana mille , den Graecae chartae entsprechen die Latiae Camoenae . So wie Horaz für die griechische Dichtung synekdochisch ein griechisches Wort verwendet, das von der Papyrusstaude, χάρτης, abgeleitete chartae , so umschreibt Baïf die lateinische Dichtung mit den Latiae Camoenae . In seiner französischen Liebesdichtung hatte er sich den „Marschbefehl“ aus Du Bellays La Deffence, et Illustration de la Langue Francoyse zu eigen gemacht: „Marchez courageusement vers cette superbe cité romaine: et de serves dépouilles d’elle [...] ornez vos temples et autels“. Die Spolien der lateinischen und der petrarkistischen Dichtung hatte er in seinem französischen Werk hinreichend zur Geltung gebracht. Von Dorat hatte er gleichen Respekt für die Antike wie für die italienische Dichtung gelernt. 47 Nun wendet er sich der lateinischen Dichtung zu und bezeichnet sich, den Neuling in dieser provincia , mit bewußter Doppeldeutigkeit als novus Poeta . Sollte Muret das Werk für würdig erachten, avanciert es von einem abgeschmackten zu einem vere lepidum meum libellum . Endgültige Billigung erfährt es jedoch, wenn es den Segen der Kardinäle Rambouillet und Pelvé erlangt hat: O tunc aureolum meum libellum! Offenbar soll Muret als Fürsprecher bei den beiden Kirchenmännern eintreten. Das Epitheton aureolus könnte einerseits auf die Nachahmung seines Lehrers Dorat anspielen, der sich Ioannes Auratus nannte, zum anderen ist es ein schon in der Antike gut eingeführter Ausdruck der literarischen Wertschätzung. 48 In einem hochgemuten, um nicht zu sagen: hochmütigen Epigramm hatte Baïf selbst sein Dichten als „mit Gold überziehen“ umschrieben: Ipse olim Danaën compreßit Iuppiter auro: Auro ego te. Summo quis Iove plus poterit? 49 Es wird offenkundig ein Spiel mit dem Compositum von premere intendiert. Iuppiter als compressor ist eine plautinisch anmutende Frechheit. 50 Die eigene schreibende Tätigkeit bezeichnet Baïf an anderer Stelle nicht ungewöhnlich als iunctiles notas imprimere . 51 Der Vergleich der eigenen Tätigkeit 47 Petrarca haud cedet, culte Tibulle, tibi. / Nec tu Virgilio concesseris ause furorem / Orlando Ethrusca flare, Arisoste, tuba. / Aligerum certe Lucretius ipse vetusta / Nec sibi voce negat, nec gravitate parem. In Dantem Aligerum Io. Auratus poeta regius , zit. nach Augé-Chiquet 1909, 36 mit Anm. 2. 48 Cic. ac . 2, 135; nat.deor . 3, 43. 49 Carm . I, 26r. „Einst verführte Iuppiter Danae in einem goldenen Regen; mit Gold beschrieb ich dich. Wer wird mehr als der höchste Iuppiter vermögen? “ Zum Gebrauch von comprimere vgl. Stärk 1999, 168f. 50 Vgl. Plaut. Amph . 104-111 und Stärk 1999, 173. 51 Carm . I, 29v. Thomas Baier 188 mit derjenigen eines Gottes, der zuungunsten des letzteren ausfällt, ist schließlich in antiken Epigrammen durchaus belegt. Ein prominentes Beispiel findet sich in einem hellenistischer Tradition verpflichteten Distichon des Quintus Lutatius Catulus ( fr. 2 FPL, ed. Blänsdorf), in dem der Feldherr und Epigrammatiker einen Knaben namens Roscius mit der Morgenröte vergleicht und dieser vorzieht. 52 Wie hier der Angelpunkt des Vergleichs in dem Wortspiel Roscius - roscidus liegt, so bei Baïf in der wörtlichen und in der übertragenen Bedeutung von aurum . Welches dichterische Konzept läßt sich dahinter erkennen? Baïf spielt mit antiken Formen und Motiven, und zwar in der Art, daß er nicht surripiendi causa zitiert, sondern hoc animo, ut velit agnosci . 53 Er hat in seinen lateinischen Gedichten gewissermaßen ein Bekenntnis zum furtum abgelegt, wobei es von der literarischen Beschlagenheit des Lesers abhängt, ob er den „Diebstahl“ enttarnt oder nicht: „Wer glaubt, das Meine sei von mir, möge damit zufrieden sein. Wer meine Entlehnungen nicht bemerkt, bei dem zeige ich mich nicht selbst an. Ihr Leser jedoch, die ihr diese kennt, euch ist es erlaubt, davon (weiter) Gebrauch zu machen und sie zu genießen. Einen Plagiatsprozeß mögen diejenigen anstrengen, denen daran liegt“. 54 Ohnehin hätte Baïf allenfalls den Vorwurf des Selbstplagiats zu fürchten, denn ein Großteil der Carmina -Sammlung, besonders die epigrammatischen Stücke, sind Übernahmen aus seinen eigenen Passetemps . 55 Diese sind ihrerseits Bembo und Petrarca verpflichtet, fügen sich also durchaus der Mode der Zeit. 56 Die Carmina sind dort, wo sie zur Selbstbescheidung mahnen und vor Überheblichkeit warnen, in leichtem horazischem Ton gedichtet, an anderer Stelle erinnern sie an Catulls Liebesleid, ohne jedoch dessen selbstironische Pointen nachzuahmen. Baïf verarbeitet diejenigen Motive, die immer wieder in der neulateinischen Dichtung auftreten. Er ist keinem antiken Vorbild besonders verpflichtet, betrachtet vielmehr die neulateinische Dichtung als eine Dichtung sui generis : „Il n’a pas l’ambition d’égaler les anciens, Virgile, Ovide, Tibulle, Catulle; mais il espère conquérir une place honorable parmi 52 Ähnliche Motive in Anth.Pal . 12, 127: Die Sonnenstrahlen sind nichts gegen den Glanz in den Augen des Alexis; Anth.Pal . 12, 59: Myiscus überstrahlt seine Altersgenossen wie die Sonne die anderen Gestirne, vgl. Perutelli 1990, 272. 53 Sen.rhet. suas . 3, 7. 54 Carm . I, 2v: Qui nostra credunt nostra, consulant boni: / Qui furta nostra nesciunt, non me indico. / Qui nostra nostis furta, Lectores, licet / Uti fruique. Furti agant quorum interest. Vinestock 2006, 107, rechnet nach, daß rund dreißig Prozent von Baïfs erhaltenem Werk in Übersetzungen aus anderen Sprachen bestehe. Zum „larcin de Baïf“ vgl. auch Vignes 1997, 253-256. 55 Die Übereinstimmungen notiert Augé-Chiquet 1909, 474 mit Anm. 2. Er bemerkt ebd. herablassend: „la part d’originalité qui n’était pas grande dans les vers français devient à peu près nulle dans les vers latins“. 56 Beide Autoren wurden auch von Ronsard und Du Bellay nachgeahmt, vgl. Augé- Chiquet 1909, 112. Jean-Antoine de Baïf als Übersetzer und neulateinischer Dichter 189 les poètes humanistes de son temps, à côté de Sannazar, de Dorat son maître, de Navagero son compatriote“. 57 Seinen Gegnern, denen es an Gerechtigkeitssinn und an Gleichmut fehle, ruft er zu, sie mögen, wenn sein Buch beim König, also Heinrich III., Zustimmung gefunden habe, ihren Widerstand aufgeben: Ore vos animisque tunc faventes Excusate velim malum poëtam, Sed qui vos amat hunc malum poëtam .58 Diese Selbstverkleinerung erinnert trotz ihrer offenkundigen Verbissenheit an Catulls Spottgedicht an Cicero, den dissertissimus Romuli nepotum und optimus patronus , wobei die überbordenden Superlative bei dem antiken Autor ein recht eindeutiges Ironiesignal setzen ( carm . 49, bes. 5f.): gratias tibi maximas Catullus / agit pessimus omnium poeta . An solchen Versen, aber auch an der beleidigten Anrede an Ronsard, Siccine te, Ronsarde, meas impune Camoenas / Laesisse , 59 zeigt sich die Bitterkeit des „Neulateiners malgré lui“ gegenüber seinen Kollegen. 60 In den lateinischen Dichtungen kam es Baïf weniger auf Originalität des Inhalts und der Form an, sondern, wie an dem oben zitierten Danae-Vergleich deutlich wurde, auf das „Vergolden“, also das Präsentieren von Bekanntem in einer erhabeneren Form. Dieses Kunstprinzip scheint auch den weitgehend verlorenen Psalmenübertragungen Baïfs zugrunde gelegen zu haben. Zwei Beispiele sind uns durch ein Zitat aus Mersennes Quaestiones in Genesim erhalten: 61 Est Deus pastor mihi: non egebo. Me per herbosos aget ille campos: Fontis ad rivos faciet recumbam Lene fluentes. 57 Augé-Chiquet 1909, 468f. Vgl. Carm . I, 30v: Me juvat (& possum) comitem me vatibus aetas / Addere quos tulit haec, Sincero, Flaminioque, / Auratóque meo, duce quo mihi Pegasis unda / Pervia, & Aonij patuerunt avia montis: / Me Navagerio socium quae patria quondam / Una eademque tulit parili donabit honore . Vgl. auch Bizer 1995, 184: „Baïf a confiance en la posterité, qui corrigera le jugement injuste de ses contemporains“. 58 Carm . I, 29r. 59 Carm . I, 30r. 60 Vgl. Wittschier 1971, 114, über das zeitweilig gespannte Verhältnis zwischen Ronsard und Baïf. Zur Einschätzung von Baïf als bedeutendstem Dichter im Kreis der Pléiade nach Ronsard und Du Bellay vgl. die Arbeit von Terry 1966. 61 Zit. nach Augé-Chiquet 1909, 480, der urteilt: „les vers sont d’un tour aisés; la langue plus classique, le style plus souple marquent un progrès incontestable sur la forme des Carmina “. Thomas Baier 190 Die exempli gratia zitierte erste Strophe macht deutlich, mit welcher Leichtigkeit Baïf den Psalmentext in sapphische Strophen gießt. Das klangliche Spiel mit zahlreichen Flußlauten, besonders im ausklingenden Adonisvers, sowie das der Bukolik entlehnte Wortfeld geben den Gedanken des Psalms in antikisierenden Farben, jedoch völlig natürlich wieder. Die pagane Form steht unangestrengt in Einklang mit dem alttestamentarischen Inhalt. Baïf erweist sich vor allem als Stilist, der die Sprache ihrem jeweiligen Inhalt gefügig zu machen weiß. Ein originärer Dichter ist er nicht. Tatsächlich Neues hatte er in der französischen Dichtung zu bieten. Doch dort blieb ihm die erhoffte Anerkennung versagt. So gesehen ist Baïf ein Neulateiner wider Willen. Literaturverzeichnis Abel, Eugen (Hg.): Orphica. Accedunt Procli hymni, hymni magici, hymnus in Isim aliaque eiusmodi carmina, Leipzig / Prag 1865 (Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum). Allen, Percy Stafford: Opus Epistolarum Des. Erasmi Roterodami, Bd.1.: 1484-1514, Oxford 1906. 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Sol in Ariete Cum noctésque diésque secat sol aureus aequas Vere nouo, medium percurrens ariete caelum, 5 Si terrae nigra percellit nocte cauernas Rector aquae, descîsse facit non molliter urbes: Sin lucente die, clades portendit acerbas, Inque peregrinos homines molimina damni Vertit, eóque ruunt dura cum sorte labores. 10 Sol in Tauro Si Taurum Titan subijt, motúsque quietam Turbabit noctem, cessant mox dira per urbem ; Cunctáque fausta aderunt, & laeta pace fruentur: Quod si luce mouet, belli discrimina magni Principibúsque urbíque feret. Tu docte caueto. 15 Sol in Geminis Si verò Geminos repetit sol sidere fratres, Et terram nocturna ruens tremefecerit ira, Armati venient hostes: nostrósque per omnes Grassabuntur agros, & luctu cuncta replebunt: Sin commota die tellus, regúmque ducúmque 20 Tum calcatur honos irato numine Diuûm. 62 Text nach Demerson 1975, 133-135. Thomas Baier 194 Sol in Cancro Quod si iam calidos Cancri conscenderit ignes Solstitio pater aestiuo, noctúque labascens Succussata tremit tellus, miserósque labores Pauperiémque grauem mutat. Sin fortè diurnus 25 Motus erit, dabit exilium domibúsque ruinam. Sol in Leone Si vero rabidi Sol triuerit astra Leonis, Et quatitur noctu tellus, dat signa dolorum: Mox lacrymae gemitúsque urbem civésque tenebunt: Sin tremet illa die, casus designat eosdem. 30 Sol in Virgine Quod si telluris grauior sub Virgine motus Vespertinus erit, populos tum gliscet ad omneis Dira lues. Sin mota die, spes perdita frugum. Sol in Libra Quod si autumnales aequans noctésque diésque Per Libram Phoebus remeat, noctúque mouebit, 35 Frugibus exitium quas tellus edidit infert. Sin tremor ille die veniet, tum praelia dura Indicat hoc: multíque viri tellure tegentur. Sol in Scorpio Si vero Solem cùm Scorpius accipit ardens Terra tremit noctu, tunc irrita facta virorum 40 Multa cadent, quae mens properat non prouida veri. Sin labat illa die, tum tum mouet urbibus atros Moerores rigidi natos de semine belli, Irrita facta nimis. Jouis haec sententia magni est. Sol in Sagittario Quod si dum Titan sidus tenet Arcitenentis, 45 Terram Neptunus noctis concusserit hora, Perniciem multis hominum mala signa minantur. Jean-Antoine de Baïf als Übersetzer und neulateinischer Dichter 195 Sin sub luce mouet, portendit regibus urbis, Deposito sceptro cum maiestate verenda, Exilium patria profugis, alióque vagari. 50 Sol in Capricorno Si vero Phoebus Capricorno frigida figit Solstitia, inferiora petens: noctúque tremente Neptunus terram labefactat vortice venti, Bellúmque & lacrymas, civilésque auguror illis Motus: Sin de luce ruit, periere labores. 55 Sol in Aquario Quod si Trojani pueri Sol permeat undam Et nocturna labans sonitum dabit undique tellus, Urbs magna excidio dabitur direptáque praedae: Et miseri cives violabunt iúsque fidémque. Sin de luce tremit, populi mansura potestas. 60 Sol in Piscibus Si verò Pisces Hyperion lampade lustrat, Et de nocte venit terrae tremor, orta per urbes Seditio passim trepidabit: Sin sola terrae Sacra sub Auroram motu tremuëre, peribit Quadrupedum genus omne cadens per rura, per urbes: 65 Dira boum pecudúmque greges contagia laedent. Déplacements et enjeux de l’écriture macaronique chez Rémi Belleau Carole Primot (Tours) Le Dictamen metrificum de bello huguenotico et reistrorum piglamine ad sodales , publié pour la première fois en 1573, occupe une place singulière dans l’œuvre de Rémi Belleau, et plus largement, dans le paysage littéraire à l’époque de la Pléiade. C’est l’un des rares textes macaroniques du temps, mais aussi l’un des très rares textes de Belleau qui ne soit pas écrit en français. Si ce poème fut apprécié à l’époque - Tabourot parle à son propos de « gentil Macaronique », 1 et s’en inspire pour la Cagasanga , un texte de la même veine - il a longtemps été considéré par la critique comme une simple curiosité, une « petite invention » satirique et parodique, utile pour documenter l’évolution des positions religieuses de Belleau, quand ce n’était pas sa valeur de témoignage direct sur les exactions des guerres de religion qui était mise en avant. 2 De fait, ce court poème de 230 hexamètres, qui témoigne d’une prise de position de Belleau en faveur du camp catholique, traite de plusieurs épisodes des guerres de religion, en décrivant des scènes de panique et des actes de violence commis par des mercenaires allemands à la solde des chefs protestants français - mais reste à savoir précisément à quels événements l’on rattache ces descriptions, puisque deux dates de composition ont été proposées : selon Maurice Verdier, le texte daterait de 1567, et il serait alors centré sur la panique des Parisiens après la bataille de Saint-Denis ; Marie-Madeleine Fontaine, quant à elle, le date de la fin de l’année 1562 ou du début de l’année 1563, le texte évoquant alors le siège de Paris par le 1 Tabourot 1986, 17. 2 Cf. par exemple Eckhardt 1917, 62-64. Carole Primot 198 prince de Condé. 3 Ces deux dates ont été avancées avec des arguments solides de part et d’autre, et notre propos n’est pas de les discuter. Pourtant, au-delà de la valeur de curiosité ou de témoignage, le Dictamen metrificum pose des questions spécifiquement littéraires, des questions complexes en terme de genre et de rapport à l’épique qui ont été finement examinées par Guy Demerson dans la présentation qu’il fait de ce texte, dans son édition des œuvres de Belleau. 4 Il n’est donc pas surprenant que Belleau, dont Marcel Tetel a analysé la « poétique de la réflexivité », ait mis à profit ce singulier mélange de latin et de langue vulgaire pour problématiser les rapports entre les langues. 5 C’est précisément au détail de l’écriture de Belleau, à la langue macaronique et en particulier au lexique que nous nous intéresserons ici. Belleau, alors même qu’il s’inscrit nettement dans une tradition macaronique, place son texte dans une série de questionnements qui lui sont propres, et qui appartiennent aussi, de manière plus générale, à la Pléiade. Le poète déplace ainsi les enjeux de l’écriture macaronique. Le Dictamen metrificum , tout original qu’il soit dans l’œuvre de Belleau, n’est cependant pas, bien évidemment, d’une radicale nouveauté littéraire. Belleau place son texte dans une lignée macaronique, celle du Provençal Arena mais surtout celle de Folengo, le grand poète macaronique italien. Or, la dette de Belleau à l’égard du Baldus a été jusqu’ici largement sous-estimée, voire quasiment passée sous silence - du moins à notre connaissance. Eckhardt évoque la question de manière imprécise, sans jamais citer le texte de Folengo , et en mentionnant seulement le livre 14 du Baldus comme source d’inspiration pour le début et la fin du texte. 6 Pour ce qui est de l’édition moderne du Dictamen metrificum , trois notes renvoient à de possibles emprunts au Baldus , en se référant non à l’original, mais à la traduction anonyme française de 1606, l’ Histoire macaronique , traduction certes très réussie à de nombreux égards, mais qui ne permet pas de se rendre compte avec précision de ce que Belleau doit au Baldus. 7 Ce sont ces emprunts que nous avons tenté de repérer. Mais disons d’abord quelques mots des emprunts de Folengo à la Meygra Entrepriza d’Arena, repérés par Alexandre Eckhardt. 8 Il est certes possible que Belleau ait lu ce texte consacré à la campagne de Provence de Charles Quint et qui, publié en 1536, jouissait d’une certaine notoriété. 9 De fait, cer- 3 Pour les différents arguments en présence, voir l’introduction à l’édition utilisée : Belleau 1998, 86-88 et 91-101. 4 Belleau 1998, 73-83. 5 Tetel 1985. 6 Eckhardt 1917, 66. 7 Belleau 1998, 179-181, notes 4, 6 et 26. 8 Eckhardt 1917, 66-67. 9 Ainsi, dans le titre d’une petite pièce macaronique de Jean Edouard Du Monin publiée en 1578, Carmen arenaicum , le nom d’Arena sert à forger un adjectif synonyme de L’écriture macaronique chez Rémi Belleau 199 tains passages du texte d’Arena décrivant des pillages ou des tortures pourraient avoir inspiré Belleau (761-766) : Maysones furnat cercans, et cuncta rapinat, Et foygat terras pro retirare robas ; Et lardat populum, qui non secreta revelat, Quamvis pro certo nescius ipse sciat. Testiculos hominum derrabat, sive colhonos ; 765 Tantum cum cordis guerra tirare facit. Cependant, les emprunts relevés par Eckhardt sont à reconsidérer à la lumière d’une lecture de Folengo par Belleau. En effet, les reprises textuelles qu’Eckhardt pense identifier sont en réalité des reprises directes de Folengo par Belleau, et non pas des reprises d’Arena - les deux auteurs ayant puisé à la même source. 10 Ainsi de ce vers de Belleau (80) : Heu pietas ! Heu, heu sacris compassio rebus ! Eckhardt y voit un écho à un vers de la Meygra Entrepriza (786) : Heu ! Pietas nulla est, pulullat omne malum. Or, il s’agit bien plus certainement d’une reprise folenghienne directe (10, 155) : Heu pietas ! Heu heu nostris compassio claustris ! De fait, la liste des emprunts au Baldus , que nous présentons en annexe, est assez conséquente, surtout si l’on considère que le texte ne compte que 230 vers. On constate que les modes de reprise sont très divers et vont de la copie pure et simple d’un vers entier, comme dans les exemples 3, 5 et 8, à une influence thématique plus lointaine, comme dans l’exemple 1, en passant par la reprise avec légère réécriture, qui est le type d’écho le plus fréquent. Ce qui frappe surtout, c’est la grande diversité des passages convoqués : Belleau associe des vers parfois très éloignés entre eux dans l’œuvre originale, à l’exception de la fin du texte qui s’inspire exclusivement du livre 14 du Bal- « macaronique ». Sur la fortune d’Arena, voir l’introduction de Fausta Garavini et Lucia Lazzerini à ses œuvres, Arena 1984, XLVIII. 10 Arena et Belleau avaient cependant lu le texte folenghien dans des versions différentes. Arena avait vraisemblablement eu accès à la deuxième rédaction du Baldus , dite Toscolanense, de 1521, alors que Belleau avait lu la quatrième et dernière rédaction, dite Vigaso Coccaio, publiée en 1555. En atteste par exemple le vers 61 du Dictamen metrificum , repris mot pour mot du Baldus : Non guardant unquam dritto cum lumine quemquam (Folegno 2004-2007 : 4, 488). Ce vers, absent des deux premières rédactions, est présent dans la troisième - dite Cipadense - sous une forme légèrement différente : Non guardant hominem dritto cum lumine maium (Folengo 1993 : 2, 175). Carole Primot 200 dus et de la description du jardin de Vénus, pour décrire le lieu agréable où les compagnons pourraient trouver refuge (exemples 15 à 20). Belleau utilise donc le Baldus librement, en se livrant à un important travail de recomposition, et en détournant parfois le sens original de certains passages, notamment ceux qui concernent la description des violences des mercenaires. Ainsi, un certain nombre de vers du livre 4 du Baldus , tels ceux des exemples 3 et 5 évoquant vols et massacres ou décrivant des bandits, appartiennent chez Folengo à une harangue d’un tyran local, Gaioffe, qui prononce contre le héros Balde et contre ses compagnons des accusations outrancières et dont la crédibilité est nécessairement sujette à caution. Quant aux violences commises dans et contre les lieux saints, décrites au livre 10 du Baldus (exemples 2, 7 et 8) elles sont chez Folengo attribuées à des Mores. En outre, comme dans le cas des emprunts au discours du tyran, il s’agit là d’un discours de Cingar, le personnage rusé, qui invente de toutes pièces ces violences pour faire peur à la population. Belleau, donc, sélectionne et assemble des passages qui dans le Baldus étaient dépourvus d’une réelle charge de vérité, et les actualise dans un sens différent, puisque ces passages sont ici assumés par le locuteur pour décrire les exactions des mercenaires. De ce fait, dans ce jeu de recomposition, on constate que certains détails dits réalistes dans le texte de Belleau, comme la description des mercenaires au visage noirci (exemple 5), que l’on trouve par ailleurs sous la plume de ses contemporains, relèvent peut-être tout autant de la tradition littéraire que de ce que le poète aurait pu voir directement - les deux sources ne s’excluant pas d’ailleurs. On note aussi que le jeu avec l’intertexte virgilien, fréquent dans ce texte, passe parfois par le texte folenghien. C’est le cas de l’exemple 10, dans lequel une exclamation épique est reprise à travers sa version folenghienne. C’est aussi le cas, dans une moindre mesure, de l’exemple 13, qui s’inspire d’une comparaison épique virgilienne, mettant en jeu un aigle et une colombe ; 11 dans la version de Belleau, la colombe a été remplacée par un canard, et chez Folengo déjà, par des buses ( poianae ). Le Dictamen metrificum s’inscrit donc de façon marquée dans la tradition macaronique, pas seulement parce qu’il en adopte les codes (mélange des langues, des tons et des registres à l’intérieur du cadre formel haut fourni par le mètre héroïque, jeu avec l’épique, utilisation d’images triviales voire scatologiques qui voisinent avec des emprunts aux auteurs classiques), mais aussi parce qu’il décalque un nombre important de passages du Baldus, tout en recomposant le texte dans le sens de l’accusation et de la polémique. De fait, c’est de la situation très particulière de guerre civile, de déchirement national que provient un premier déplacement des enjeux de l’écriture macaronique. La différence avec le contexte d’écriture du Baldus est bien entendu flagrante. Le roman de Folengo, malgré plusieurs passages satiriques aux accents de critique religieuse, n’était pas un texte de désenchantement et 11 Cf. Belleau 1998, 183, note 42. L’écriture macaronique chez Rémi Belleau 201 d’accusation. Quant à la Meygra Entrepriza , le poème a lui aussi été écrit en contexte de guerre - la campagne de Provence de Charles Quint -, mais cette guerre était une occupation des Espagnols qui n’étaient pas sous le commandement d’une puissance française. La langue macaronique visait sans doute surtout le rabaissement de l’épopée de Charles Quint. Or, si les mercenaires du texte de Belleau sont eux aussi étrangers, allemands en l’occurrence, ils sont aux ordres des chefs protestants français. Le Dictamen metrificum est donc le reflet d’une communauté nationale divisée, qui s’achève d’ailleurs par un appel au départ des compagnons, à une séparation physique de la terre nationale. C’est un texte sombre, même si l’ailleurs envisagé est idyllique. Rappelons aussi que Belleau lui même a hésité entre les deux camps, et qu’après avoir été favorable aux protestants - ce dont témoignent les poèmes en faveur de Condé emprisonné - il a changé de camp ; il a mis en scène ce déchirement dans sa pièce La Reconnue, et même dans le Dictamen metrificum , Belleau n’est pas un propagandiste aveugle de la foi catholique, et une forme de raillerie effleure par exemple la mention de la « sacrosainte pantouffle » (41) : nec pluris faciunt Pantoufflam sacrosantam. Dans ce contexte, la langue macaronique se charge d’un sens tout particulier : elle n’est pas seulement une manière de faire rire avec le désespoir, de rabaisser l’épopée ou de dénoncer son impossibilité dans un monde en crise, elle dit surtout le déchirement, à la fois déchirement intérieur de Belleau, et déchirement d’une communauté nationale. Belleau utilise ici au maximum les potentialités contrastives du macaronique. L’enjeu n’est plus, comme il l’était parfois chez Folengo, de fusionner les diverses langues dans un ensemble harmonieux. Certes, le grand auteur italien jouait aussi, bien entendu, des contrastes entre langue savante et langues vulgaires. Mais la langue folenghienne était un système multipolaire, qui intégrait en plus du latin et du toscan différents dialectes de la péninsule. Au contraire, Belleau met face à face deux langues, et deux seulement. Le macaronique est ici tendu entre deux pôles, latin et français, exprimant ainsi dans sa morphologie même la division. Il s’agit de faire violence à la langue, afin que la langue dise en elle même le conflit. De fait, à l’époque de la Pléiade, latin et langue vulgaire sont en compétition, jusqu’à être parfois exclusifs l’un de l’autre : que l’on pense à Ronsard par exemple qui s’est toujours refusé à écrire en latin ; Belleau lui même n’a que très peu écrit dans cette langue, comme s’il fallait nécessairement, là encore, choisir son camp. Réunis ici dans une même langue artificielle, latin et français composent un mélange dont l’hétérogénéité est recherchée. Cette volonté de tendre les contrastes est d’ailleurs visible dans le lexique lui même. On a souvent dit que la langue française se prêtait moins bien que l’italien, ou que les dialectes de la péninsule italienne, à la fusion macaronique, car plus éloignée du latin - avec pour conséquence des textes Carole Primot 202 macaroniques français de moins bonne qualité que ceux produits par les auteurs italiens. C’est un lieu commun, qui repose du reste sur des caractéristiques morphologiques indéniables. Or ici, on peut peut-être faire une autre lecture de la relative pauvreté du lexique macaronique car il nous semble que Belleau joue précisément de cet écart entre le vernis latin et le cœur vulgaire, sans chercher à le combler, alors qu’il pourrait le faire par différents procédés. En effet, alors qu’il y a plusieurs manières de forger des macaronismes lexicaux, aboutissant à différents degrés de fusion des langues ainsi imbriquées - gamme brillamment explorée par Folengo -, l’immense majorité des termes macaroniques du Dictamen metrificum (à quelques exceptions près, nous y reviendrons) sont simplement superficiellement calqués sur le français : Belleau se contente d’ajouter un suffixe ( -us , -a , -um ) aux termes français pour créer des substantifs des deux premières déclinaisons, et se limite à forger des verbes de la première conjugaison. Cette néologie rudimentaire est évidemment bien loin de la néologie classique telle que la pratiquaient Cicéron ou Quintilien, ou même de la néologie humaniste des poètes néo-latins qui fabriquaient du latin à partir du latin, par dérivation. Ainsi, certains mots contenant des compositions de lettres inconnues en latin sont pourtant latinisés sans autre forme de procès. C’est par exemple le cas des mots qui contiennent la graphie OU en français, comme pourpointo (63), andouillas (87), rouilla (157), troublarunt et troublamine (198), etc. Belleau en joue très consciemment, comme dans ce vers où il place plusieurs de ces termes à la suite (170) : Soulieris poudram secouemus, abire necesse est. Or, à quelques rares occasions, Belleau donne un air plus latin à ces termes, remplaçant OU par un O (2) : Ficcarat crocho, permutaratque botilla. Il lui arrive aussi de jouer de l’alternance dans des formes très proches (164) : Donec fit jornus quo non journallior alter. Belleau aurait pu opérer cette substitution plus largement pour les autres mots. C’est donc un vrai choix d’écriture de ne pas leur donner un air plus latin. Belleau ne cherche pas à lisser les contrastes, bien au contraire : la plupart de ses néologismes n’entrent pas dans le cadre d’une latinité correcte, et cela est assumé, en accord avec le caractère polémique du texte et le sujet qu’il traite - la guerre civile et la division. Les monstres lexicaux prolifèrent, pour dire la monstruosité de la situation. Mais cette volonté de tendre les contrastes n’est pas le seul déplacement opéré par Belleau. Dans cette néologie volontairement fautive et peu élaborée, dans cette violence faite au latin, on peut voir aussi comme un miroir L’écriture macaronique chez Rémi Belleau 203 inversé de l’entreprise d’enrichissement de la langue française dans laquelle Belleau - et la Pléiade - sont engagés. Sur ce point, il peut être intéressant de comparer l’activité de Belleau en faveur du français, et les rapports de Folengo et Arena à leurs propres langues vulgaires. Pour ce qui est d’Arena, nous n’avons aucune trace d’une autre activité littéraire que ses deux écrits macaroniques. Nous ne lui connaissons pas de production en français ou en provençal. On ne peut donc pas voir en lui un défenseur de la langue vulgaire. Quant à la situation de Folengo, elle est plus complexe. Certes, dans la langue qu’il crée, cet auteur fait une grande place aux dialectes, à contre-courant de l’ordre linguistique qui est en train de se mettre en place en Italie. Mais il n’a par ailleurs lui non plus jamais écrit en dialecte (c’est à dire en vulgaire autre que le toscan), et pour ce qui est du toscan, Folengo n’a bien entendu pas participé à sa défense et à son enrichissement en tant que langue nationale. 12 Or, au temps de la Pléiade, la question de la néologie en langue vulgaire est non seulement posée dans les différents arts poétiques et traités du temps, mais elle prend un relief particulier pour Belleau qui peut-être plus que tout autre membre de la Pléiade, a participé à l’enrichissement de la langue française, en créant des nouveaux mots mais aussi en adoptant de nombreux termes techniques, dans des domaines variés. Dans l’étrange fabrique du latin du Dictamen metrificum , comment ne pas voir un reflet de la fabrique du français à laquelle œuvre Belleau ? Le Dictamen metrificum expérimente un enrichissement paradoxal du latin par le français comme si c’était désormais, ironiquement, la langue ancienne qui avait besoin du vulgaire pour s’enrichir, dans un renversement des rapports de force. Enrichissement paradoxal en effet, qui vaut plutôt appauvrissement : le latin est envahi de mots du vulgaire qui ne s’intègrent pas. Ces créations vont absolument à l’encontre des principes prudents de néologie prônés par Du Bellay dans la Deffence et illustration , à savoir la mesure, le naturel et l’euphonie - pour ne pas courir le risque de plaquer une langue sur une autre. Ne faudrait-il donc voir, dans le Dictamen metrificum , qu’un jeu de massacre dirigé contre la langue latine elle même, étouffée par le vulgaire ? De la part de Belleau, fin latiniste, l’ironie est sans doute ailleurs. Car les beaux principes de néologie française n’ont pas toujours été respectés par les membres de la Pléiade eux-mêmes. Ainsi Belleau, dans son apport néologique au français, a parfois eu recours au calque du latin - quoique dans des proportions raisonnables. Le dictionnaire de Huguet donne par exemple, en tant que première attestation dans la langue française, les mots suivants forgés par Belleau, dans lesquels le latin affleure : tradiment, spirable, sejonction, sapeur, pellucide. 13 Le Dictamen metrificum marque donc peut-être une forme d’ironie par rapport à une pro- 12 Sur ces questions, voir Curti 1993. 13 Huguet 2004, articles « tradiment », « spirable », « sejonction », « sapeur et « pellucide ». Carole Primot 204 duction de néologismes français pas toujours heureux. Le texte peut alors se lire comme un miroir réfléchissant, dans tous les sens du terme et de manière inédite, les nouveaux rapports de force en construction, et donnant à voir un envers de la création poétique en français. Ce jeu avec la création verbale se prolonge dans la mise en œuvre de néologismes plus construits ou mieux intégrés au latin, comme si Belleau se plaisait à exhiber un petit échantillon de ses capacités d’innovateur. On repère par exemple une série de substantifs de la troisième déclinaison, forgés avec le suffixe latin régulier -amen : sacagamine (75), ossamina (82), pavamen (161) . Ces termes ont une bonne tenue latine, malgré le terme français que l’on reconnaît sans peine. Dans la même veine, Belleau reprend le mot ventramen (218) à Folengo, terme qui pour un lecteur du temps, pouvait être lu comme une création propre de Belleau. De Folengo, Belleau reprend également l’adverbe gallanditer (125), qui associe base vulgaire et suffixe latin régulier. Mentionnons également, pour ce qui est des créations régulières, l’adjectif pistolifer (45) et l’adjectif au comparatif brigandior (47), le verbe clochitare (7), ou encore le substantif genitoria , qui fait contraste avec le calque doublement vulgaire coillones quelques vers plus haut (86 et 93) : Coillones sacros pretris, monachisque revellunt. Et foecunda premunt tractis genitoria cordis. Ces créations, certes peu nombreuses, permettent aussi de mesurer par contraste, une nouvelle fois, que la pauvreté du reste du lexique est parfaitement assumée. Le Dictamen metrificum , cette œuvre mineure et comme marginale, à la fois par rapport à la production de Belleau, et par rapport à la tradition macaronique italienne, contribue donc cependant à sa façon au renouvellement de l’écriture macaronique. Belleau s’empare de cette langue malléable, en perpétuelle invention, pour lui faire dire le conflit et la monstruosité, et pour cristalliser dans le même temps la complexité des rapports entre latin et français. La polémique religieuse assure d’ailleurs aux hybrides de latin et de français un terrain fertile, puisque le camp protestant a produit lui aussi des pamphlets tels le Passavant de Théodore de Bèze, l’ Antichoppinus de Jean Hotman ou encore les Jambonikas d’Agrippa d’Aubigné. Cependant, dans tous ces textes, il s’agit seulement de se moquer du mauvais latin des catholiques. Le macaronique se réduit à une fonction satirique. 14 A l’inverse, les enjeux de la langue que forge Belleau sont multiples : c’est en cela, sans doute, qu’il est un suffisant lecteur de Folengo. 14 Voir Gigante 2007. L’écriture macaronique chez Rémi Belleau 205 Bibliographie Arena, Antonius : Meygra entrepriza Catoliqui Imperatoris, in Macaronee provenzali, édition critique de Fausta Garavini et Lucia Lazzerini, Milano / Napoli 1984 (Documenti di Filologia, vol. 24), 123-242. Belleau, Rémi : Oeuvres poétiques. Édition critique sous la direction de Guy Demerson. Vol. III : Ode à Nogent. Dictamen metrificum de Bello Huguenotico. Oeuvres diverses de 1565 à 1572, Paris 1998 (Textes de la Renaissance, vol. 21). Curti, Luca : Sul macaronico, in Giorgio Bernardi Perini (éd.), Teofilo Folengo nel quinto centenario della nascita (1491-1991). Atti del convegno Mantova-Brescia-Padova 26- 19 settembre 1991, Firenze 1993 (Miscellanea. Accademia Nazionale Virgiliana di Scienze, Lettere ed Arti, vol. 1), 141-182. Eckhardt, Sándor : Remy Belleau. Sa vie - sa « Bergerie ». Étude historique et critique, Budapest 1917. Folengo, Teofilo : Baldus, édition critique de Mario Chiesa avec une traduction française de Gérard Genot et Paul Larivaille, 3 vols., Paris 2004-2007 (Bibliothèque Italienne, vols. 12, 19 et 21). Folengo, Teofilo : Opere macaroniche di Teofilo Folengo riprodotte secondo l’ed. « Cipadense » originale, Volta Mantovana 1993. Gigante, Claudio : La tradizione del macaronico nell’età della Riforma. Dagli « erasmiani » a Rabelais , in Gli irregolari in letteratura. Eterodossi, parodisti, funamboli della parola. Atti del convegno di Catania, 31 ottobre - 2 novembre 2005, Roma / Salerno 2007 (Pubblicazioni del Centro Pio Rajna, Sezione 1 : Studi e saggi, vol. 15), 93-115. Huguet, Edmond : Dictionnaire de la langue française du XVI e siècle, Paris 1925-1967. Tabourot, Étienne : Les Bigarrures du Seigneur des accords. Premier livre. Introduction et notes par Francis Goyet, Genève 1986. Tetel, Marcel : La poétique de la réflexivité chez Belleau, Studi francesi 29, 1985, 1-18. Carole Primot 206 Annexe : Liste des emprunts de Belleau au Baldus Dictamen metrificum 15 1 : 7-11 Nam Jovis interea clochitans, dum fulmen aguisat Et resonare facit patatic patatacque sonantes Enclumas, tornat candens dum forcipe ferrum Martellosque menat, celeres menat ille culatas 10 Et forgeronis forgat duo cornua fronti. « En effet tandis que le fils boiteux de Jupiter aiguise le foudre et fait résonner les enclumes, patatic et patatac, tandis qu’il tourne avec une pince le fer incandescent et manie les marteaux, le dieu procède à de rapides culées et forge deux cornes pour le front du Forgeron. » 2 : 43-48 Ah ! pereat, cito sed pereat miserabilis ille Qui menat in Françam nigra de gente diablos Heu pistolliferos Reistros, traistrosque volores 15 Qui pensant nostram in totum destrugere terram, Numquam visa fuit canailla brigandior illa, Egorgant homines, spoliant, forçantque puellas. « Ah ! que périsse, mais qu’il périsse rapidement, ce misérable qui fait envahir la France par des diables de race noire, hélas ! des réîtres pistolifères, des traîtres voleurs, qui ont dans l’idée de détruire en totalité notre pays. On ne vit jamais une canaille plus pillarde que celle-là : ils égorgent les hommes, pillent, violent les jeunes filles. » 15 La traduction présentée à la suite du texte est celle de l’édition critique moderne, dans Belleau 1998. L’écriture macaronique chez Rémi Belleau 207 Annexe : Liste des emprunts de Belleau au Baldus Baldus 16 1 : 4, 93-98 O quantas voltas plantavit cornua zoppo Ghiottoncella viro, fusosque in vertice tortos! Vulcanum siquidem Veneris patet esse maritum, 95 Sed populi siquidem Venerem patet esse marita. Dum martellabat ferrum Vulcanus in antro, Mars occulte suo vangabat semper in horto. « O combien de fois la coquine a planté des cornes et des fuseaux tordus sur la tête de son boiteux de mari ! Si en effet il est bien connu que Vulcain est le mari de Vénus, il est aussi bien connu que Vénus est la femme de tout le monde. Tandis que Vulcain martelait le fer dans son antre, Mars lui bêchait sans cesse son jardin en cachette. » 2 : 10, 142-147 et 151 Qui menat in quaium nigra de gente Mororum [...] In tuttumque istam pensat destruggere terram. Nunquam vista fuit zentaia ribaldior illa. Sassinant homines, robbant sforzantque puellas. « Qui amène par ici d’immense troupes de la noire gent des Mores [...] il projette de détruire entièrement cette ville. Jamais on ne vit engeance plus scélérate. » « Ils assassinent les hommes, enlèvent et forcent les filles. » 16 La traduction présentée à la suite du texte est celle de Gérard Genot et Paul Larivaille, dans Folengo 2004-2007. Carole Primot 208 3 : 51-53 Blasphemare deum primis didicere parollis, Arrestant homines, massacrant, inque rivieras Nudos dejiciunt mortos, pascuntque grenouillas. « Ils ont appris à blasphémer Dieu dès leurs premières paroles ; ils ligotent les hommes, les massacrent et jettent dans les rivières leurs cadavres nus, les donnant en pâture aux grenouilles. » 4 : 55 […] mala razza virum, bona salsa diabli. « […] mauvaise race d’hommes, bonne sauce du diable. » 5 : 56-63 Semper habent multo nigrantes pulvere barbas, Semper habent oculos colera, vinoque rubentes, […]. Non guardant unquam dritto cum lumine quemquam, Sed guardant in qua magazinum parte gubernet, Sive ferat bursa, pourpointo, sive bragueta. « Ils portent toujours des barbes noircies par une masse de poussière, ils ont toujours des yeux rouges de colère et de vin, [...]. Ils ne regardent jamais quelqu’un en face, mais ils regardent en quel endroit il règne sur des provisions, soit qu’il les porte dans la bourse, le pourpoint ou la poche de la braguette. » L’écriture macaronique chez Rémi Belleau 209 3 : 4, 476-481 Hinc docti iuvenes sub praeceptore perito Blasphemare Deum primis didicere parolis ; Mox sibi per boscos ladri domicilia cercant Expediuntque manus furtis stradasque traversant, Assaltantque homines, amazzant inque paludes 480 Spoiatos buttant mortos pascuntque ranocchios. « C’est de là que les jeunes gens instruits sous cet expert précepteur ont appris à blasphémer Dieu dès leurs premiers mots ; bientôt ces voleurs vont élire domicile dans les bois ; exercent leur main au vol, coupent les routes, attaquent les gens, les tuent et jettent les morts dépouillés dans les marais en pâture aux grenouilles. » 4 : 11, 48 et 4, 82 Pessima progenies hominum, mala razza virorum. Cingar scampasoga, cimarostus, salsa diabli. « Cette exécrable engeance, cette sale race d’humains. » « Boumian gibier de potence, fleur de canaille, ragoût du diable. » 5 : 4, 486-490 Semper habent multo barbazzas pulvere bruttas, Semper habent oculos scura sub fronte fogatos ; Non guardant unquam dritto cum lumine quemquam, Sed guardant in qua dinaros parte gubernes, Sive feras tascha saionis, sive braghettae. 490 « Ils ont toujours des barbes toutes souillées de poussière, ils ont toujours des yeux de braise sous un front ténébreux ; ils ne regardent jamais personne en face, mais ils regardent où vous tenez vos deniers, si vous les portez dans la poche du justaucorps ou dans celle de la braguette. » Carole Primot 210 6 : 58 Lucentes bottas multa pinguedine lardi. « des bottes luisantes, toutes graisseuses de lard. » 7 : 68 Altaros, Christum spoliant, calicesque rapinant. « Ils dépouillent les autels, ils dépouillent le Christ, ils dérobent les calices. » 8 : 70 Petra super petram vix una aut altra remansit. « C’est à peine s’il en est resté pierre sur pierre. » 9 : 73 Incagant pretris, monstrantque culamina Christo. « Ils embrènent les prêtres et montrent leurs culs au Christ. » 10 : 80 Heu pietas ! Heu, heu sacris compassio rebus ! « Hélas ! pitié, hélas ! hélas ! souffrance commune pour les choses sacrées ! » L’écriture macaronique chez Rémi Belleau 211 6 : 16, 421 Aut unxisse gulam ranzi pinguedine lardi. « [Ils avaient] oint leur gorge de graisse de lard ranci. » 7 : 10, 152 Altaros gesiae spoiant calicesque rapinant. « [Ils] dépouillent les autels des églises et font main basse sur les calices. » 8 : 10, 158 Petra super petram vix una aut altra remansit. « C’est à peine s’il est resté pierre sur pierre. » 9 : 3, 540 Incagant iuri monstrantque culamina legi. « Ils conchient le droit et montrent leur cul à la loi. » 10 : 10, 155 Heu pietas ! heu heu nostris compassio claustris ! « Hélas, quel fléau, hélas, hélas la grande pitié de nos cloîtres ! » Carole Primot 212 11 : 81-83 Omnia diripiunt, unglisque rapacibus ipsa Condita de chassis brulant ossamina ruptis Aut procaresmo canibus rodenda relinquunt. « Ils mettent tout à sac et de leurs ongles rapaces ils sortent des chasses brisées les os qui s’y trouvent et les brûlent, ou bien, pour faire carême, ils les laissent aux chiens pour qu’ils les rongent. » 12 : 103 Concagare suas nimia formidine bragas. « conchier, sous l’effet d’une insupportable terreur, leurs braies. » 13 : 107 Ut timidi fugiunt viso falcone canardi. « comme s’enfuient les canards apeurés à la vue d’un faucon. » 14 : 140 Et tabourinorum plan plan, fara ramque tubarum. « le plan plan des tambours, et le fara ram des clairons. » 15 : 151-153 Sic ita formicae vadunt redeuntque frequenter Victum portando spallis pro tempore fredo : Fervet opus, populusque niger nova grana soterrat. « Tout ainsi que les fourmis vont et viennent sans cesse, portant de la nourriture sur leurs épaules en vue de la saison froide ; c’est un bouillonnement de travail et le peuple noir enterre les grains nouveaux. » L’écriture macaronique chez Rémi Belleau 213 11 : 9, 58 Omnia consumunt, canibus vix ossa relinquunt. « Ils font tout disparaître, laissant à peine les os aux chiens. » 12 : 4, 36 Qui non sconcaghent nimia formidine bragas. « qui par excès d’effroi n’embrennent leurs braies. » 13 : 3, 511 Ut viles faciunt, visto falcone, poianae. « comme buses couardes à la vue du faucon. » 14 : 1, 235 Incipit armorum strepitus tararanque tubarum. « Éclate un fracas d’armes et taratata de trompes. » 15 : 14, 311-314 Non ita formichae vadunt redeuntque frequenter, Quando aliquem mucchium gratae catavere ceserchiae : Grandia tergoribus granorum pondera sburlant ; Fervet opus populique nigri magna horrea complent. « Les fourmis ne font pas autant d’allées et venues quand elles ont trouvé un tas de pois de senteur à leur goût : elles transportent sur leur dos l’énorme poids des grains, on travaille avec ardeur, et la noire peuplade emplit d’immenses greniers. » Carole Primot 214 16 : 211 Venticuli molles, tepidi soufflaminis aura. « par de doux zéphirs et par des brises au souffle tiède. » 17 : 212 Illic verdentes fagi, cedrique pinique. « Là les hêtres verdoyants, les cèdres et les pins. » 18 : 214 Non ibi villani socco cultroque fatigant. « Là les vilains ne fatiguent pas les champs avec le soc et le coutre. » 19 : 219 Semper ibi sed grata quies et plena voluptas. « Mais là, toujours règnent repos agréable et plaisir total. » 20 : 220 Non ibi bruslantur nimio caldore Leonis. « Là les champs ne sont pas brûlés par l’excessive chaleur du Lion. » L’écriture macaronique chez Rémi Belleau 215 16 : 14, 110-111 Venticuli molles myrthorum frondibus atque Floribus insultant [...] « Des vents légers agitent mollement les feuillages et les fleurs des myrtes […] » 17 : 14, 113 Hic fagi, pini, cedri, pomrancia, nespoi. « Là, hêtres, pins, citronniers, orangers, néfliers. » 18 : 14, 119 Non ibi villani terram vangare fadigant. « Là pas de paysans s’épuisant à bêcher la terre. » 19 : 14, 125 Hic est grata quies, hic pax, hic plena voluptas. « Là tout n’est que plaisante quiétude, paix et volupté sans mélange. » 20 14, 241 Namque brusaretur nimio scaldore Leonis. « car elle brûlerait sous la trop grande chaleur du Lion. » Fra prossimità e distanza: il latino maccheronico di Antoine Arène e Teofilo Folengo Gian Paolo Renello (Salerno) Che il maccheronico sia una lingua le cui radici affondano nella cultura giuridica, universitaria e religiosa di una certa intellighenzia europea, prima medievale e poi umanistica e rinascimentale, è assunto, credo, ampiamente accettato. 1 Lucia Lazzerini in un accurato ed importante studio ha tracciato le linee portanti della nascita della lingua che troverà un humus fertile in Italia nei cosiddetti prefolenghiani per arrivare poi, con l’autore di Baldus , ad una apoteosi che sanziona per certi aspetti anche la fine di questo grandioso esperimento. 2 Il latinus grossus usato dai predicatori fuori e dentro l’Italia a partire almeno dal secolo XIII, era stato il terreno di coltura delle parlate della terra di Dante, in un’area che potremmo grossomodo ma non esaustivamente definire padana. Di qui, in un incessante processo di contaminazione reciproca fra latino (o meglio fra i latini), volgare e dialetti, si era andato creando uno spazio verbale comune, autentico terreno di mescidanza linguistica, di cui il maccheronico si presenta al meglio come la sua intersezione più viva e dinamica. 3 1 Sulla questione rimane a tutt’oggi fondamentale Paoli 1959, in cui si possono trovare anche esempi di maccheronico polacco e tedesco (curiosamente manca il francese Arène). Di particolare interesse tutta la parte dedicata alla prosodia e metrica folenghiana. 2 Lazzerini 1971. Utile anche la lettura dell’introduzione a Garavini / Lazzerini 1984, IX-L. 3 Così Bernardi Perini 2001, 327-328: « È infatti nozione ormai acquisita che gli antecedenti del latino macaronico, creatura del tardo Quattrocento, siano da riconoscere nel cosiddetto Küchenlatein o latinus grossus , cioè in quella sorta di lingua franca - mescidata tra il latino, dominio sempre più riservato dei dotti, e il volgare della parlata quotidiana - che doveva sopperire in certi contesti a precise necessità di comunicazione. Era in particolare la lingua della burocrazia cittadina, dei giuristi, dell’omiletica, delle reportationes universitarie: pertinente cioè a quegli ambienti in cui l’ibridazione lingui- Gian Paolo Renello 218 La sua nascita in Italia, pur se culturalmente e localmente incentrata fra i punti nodali delle Università di Pavia, Padova e Bologna, e dunque in qualche modo fedele all’assunto che lo vuole fermentato in ambito universitario e goliardico, interessa, e negli stessi ambienti di produzione culturale, anche altre regioni europee, ma non con la stessa intensità e non, soprattutto, con lo stesso ricco sostrato che può venire alla terra del sì da una più stretta parentela con il ceppo madre latino, nel quale si fondevano a riprendevano vita con un’impressionante elasticità di forme, lingue e lessici, locuzioni e modi di dire anche assai distanti per luoghi e tempi. Questa differenza permise all’Italia di sviluppare una fase preliminare di incubazione: se si poté ergere la poderosa creazione maccheronica di Teofilo Folengo, ciò fu possibile perché la strada che ad esso conduceva era stata infatti ampiamente arata e spianata dall’assiduo lavoro preparatorio, in pieno Umanesimo patavino, dei sopra ricordati prefolenghiani. 4 La loro ricerca e soprattutto la loro pratica aveva varcato i confini di una lingua già ibrida ma intesa comunque come necessaria a livello funzionale, per addentrarsi nel territorio trasgressivo di una lingua tanto storpiata ed erronea, quanto straniante per la sua patente (e apparente) violazione di ogni regola di stile e di eleganza: si era avviata la creazione di un vero e proprio cosciente ludus letterario. Un lavoro di distorsione anche violenta che, sostanziato nelle opere di poeti come Tifi Odasi, Bassano Mantovano, Giovan Giorgio Alione o Evangelista Fossa, aveva già impregnato e stravolto le classiche forme dell’esametro epico sia prosodicamente, sia per i contenuti, dal lubrico allo scatologico, sulle cui base prenderà avvio, l’opera di decostruzione e ricostruzione del poeta mantovano, nel preciso intento di regolamentare quei processi che avrebbero permesso l’esistenza di un informale letterario e linguistico. Né si può dimenticare che Folengo ha la fortuna di poter accedere con facilità ad altre fonti letterarie. Penso in particolare alla produzione epico-romanzesca italiana che già nel XV secolo aveva dato frutti straordinari ma che giungeva allora a toccare vette ineguagliabili, tanto che Baldus, eroe eponimo del suo capolavoro, At mox Orlandi nasare volumina coepit ; 5 visibili e forti stica risultava strettamente funzionale alla qualità della audience, alla condizione socioculturale dell’interlocutore, in definitiva alle quotidiane esigenze del mestiere esercitato da persona più o meno dotta e intellettuale in contatto con persone di inferiore levatura culturale (si pensi, per restare a casi già ben studiati, alle prediche di padre Barletta o alle lezioni del filosofo Pomponazzi, mantovano come il Folengo: i testi che ci sono pervenuti inframmezzano a un latino per lo più di tipo colloquiale parole, espressioni o intere frasi in volgare o addirittura dialettali) ». 4 Per i quali si rimanda a Folengo 1977, 953-1015. 5 Baldus 3, 94. I venti versi che seguono il passo citato, costituiscono un vero e proprio catalogo dei poemi cavallereschi che hanno costituito la lettura prediletta dell’eroe, piccola summa bibliografica folenghiana di riferimento. Benché compaia solo nella quarta redazione, del poema, la Vigaso Cocaio (V), uscita postuma nel 1552, essi espandono Arène e Folengo 219 diventano allora oltre ai richiami ai classici, anche quelli a testi epici che nel XVI secolo avevano conosciuto più edizioni e specialmente quelli degli autori cronologicamente più vicini al Nostro, come Pulci, Boiardo e Ariosto. Con quest’ultimo Folengo condivide, oltretutto, una vicinanza letteraria e cronologica che è quasi una sovrapposizione: da un lato il 1516, anno d’esordio della prima edizione dell’ Orlando Furioso , precede di pochi mesi quello della pubblicazione dei Macaronices Libri , dall’altro il verso finale di entrambi i poemi, tradotto da Ariosto, da Folengo addirittura ripreso alla lettera, coincide con l’ultimo verso dell’Eneide. 6 La Francia non conosce, invece, questa elaborata fase preparatoria; si salterà quasi a piè pari direttamente nel XVI secolo, specialmente in Provenza, dove degno di interesse è Antoine Arène di Solliès. 7 La sua fama è legata soprattutto ad un poemetto burlesco, la Meygra Entrepriza Catoliqui Imperatoris , opera d’occasione, certamente, legata alla spedizione militare di Carlo V contro la Francia di Francesco I e soprattutto contro la terra natale dello stesso poeta. Era il 1536 e la spedizione si concluse con un nulla di fatto, così come fallimentari risultarono per Carlo V la contemporanea invasione delle Fiandre e, da parte dei Francesi, la contro spedizione in Piemonte. La prima edizione del poemetto, vero e proprio instant book ante litteram , è del 1537. 8 la variante Sed post Orlandi nasare volumina coepit presente nella prima redazione del 1517, la cosiddetta Paganini (P), a 2, 24. L’esametro resterà, con minimissime variazioni, anche nella seconda, la Toscolanense (T), del 1521 e nella terza, la Cipadense (C), databile intorno al 1535. Nel seguito di questo lavoro le citazioni tratte dalle prime tre redazioni saranno indicate con il titolo dell’opera seguito dalla sigla che contraddistingue la redazione cui ci si riferisce. 6 L’edizione ariostesca è datata 22 aprile 1516, quella folenghiana primo gennaio 1517. Entrambi gli autori hanno lavorato, nelle successive redazioni e quasi con le stesse scadenze di edizione, in direzione di una profonda revisione linguistica e di un ampliamento del poema: Ariosto passa dai 40 canti delle prime due edizioni ai 46 della terza e ultima, Folengo dai 17 libri della prima redazione ai 25 della seconda, numero che rimarrà immutato nelle due successive; diversamente dal Ferrarese, nella seconda redazione sposterà la citazione di Virgilio verso la fine del XXII libro per poi eliminarla definitivamente dalla terza. La prima, e ancor più la seconda redazione, presentano inoltre chiose dell’autore in merito alle scelte prosodiche compiute, al lessico utilizzato, ai modi di dire, alle locuzioni, o al significato dell’operazione letteraria che stava compiendo. E d’altronde questo testimoniano due fondamentali documenti: la Apologetica in sui excusationem e la Normula macaronica de sillabis , per cui cfr. Folengo 1911, vol. 2, 284-286. 7 Non è l’unico naturalmente. Cfr. Garavini / Lazzerini 1984. E si pensi poi al Dictamen mirificum de bello huguenotico del Belleau. 8 In quell’anno apparve anche un secondo poemetto maccheronico sullo stesso argomento. Si tratta della Historia bravissima Caroli quinti imperatoris , di Jean Germain, nome che Arène cita ( Megyra entrepriza 1276) e per il quale si veda quanto scrive Damase Arbaud nella prefazione al testo da lui edito nel 1866. Il poemetto si può ora rileggere in Garavini / Lazzerini 1984, 253-278. Gian Paolo Renello 220 La produzione maccheronica di Arène non è paragonabile quantitativamente, a non parlare della qualità, a quella del suo omologo italiano, per il quale il solo possibile riferimento diventerà piuttosto, pur su un differente piano linguistico, quel grande giocatore e regolatore della lingua francese, nonché suo assiduo lettore, che fu Rabelais. Giureconsulto prima che poeta, egli aveva senz’altro acquisito, dagli studi e dall’ambiente accademico frequentato, la consuetudine necessaria a trattare con una qualche dimestichezza la lingua latina, vista attraverso la sua facies meno nobile e più contaminata con il quotidiano popolaresco e dialettale della terra d’origine; nelle sue opere maccheroniche, infatti, fanno mostra di sé inserti in lingua oitanica e citazioni dotte, anche se spesso fuori contesto o non adeguatamente mescidate nel pastiche di cui sono ingredienti, con il risultato di apparire non di rado come stralunati o casuali sproloqui. Ma Arène è anche stato in Italia e non poco; come soldato ha partecipato alla difesa di Roma nel 1527, dunque aveva già avuto modo di opporsi militarmente a Carlo V; successivamente ha preso parte alla conquista di Genova e al saccheggio di Pavia per poi scendere fino a Napoli. Ha insomma percorso larghi tratti della penisola prima di tornare definitivamente in patria nel 1529. 9 Come ha mostrato in modo esemplare Lazzerini, Arène aveva certamente letto la redazione della Maccaronea del 1517 e forse, aggiungo io, anche quella del 1521, entrambe ampiamente circolate dentro e fuori la penisola. 10 È possibile che ne fosse venuto a conoscenza proprio durante le sue peregrinazioni italiane; addirittura, ma è ipotesi da verificare, avrebbe potuto avere notizie dei precedenti scrittori maccheronici. Folengo possiede una cultura vastissima unita ad una straordinaria capacità di riappropriarsene in chiave iperletteraria. Basti osservare il trattamento da lui riservato a figure classiche e mitologiche come le Muse, nell’esordio del poema, dove, dopo l’invocazione, seguono diligentemente i nomi di pancifiche divinità, nomi classici, ma lombardi, esseri di un folclore magico e misterioso. Queste sono sei: Gosa, Comina, Strega, Mafelina, Togna e Pedrala; le prime cinque presiederanno cinque libri ciascuna per assistere il poeta nell’impresa, mentre la sesta, sarà invocata alla fine dell’ultimo libro per aiutare l’eventuale continuatore della fatica intrapresa, la quale come è noto non termina con la prescritta sconfitta dei demoni nell’inferno: Balde, vale, studio alterius te denique lasso, cui mea forte dabit tantum Pedrala favorem, ut te, Luciferi ruinantem regna tyranni, dicat, et ad mundum san salvum denique tornet. 11 9 Come lui stesso narra in Ad suos compagones , in part. 65-295. 10 Per le influenze della redazione P su Arène cfr. Lazzerini 1991, specialmente 378 sgg. 11 Baldus 25, 651-654. Arène e Folengo 221 In mezzo a questa parodica proliferazione di divinità chiamate in aiuto nel corso della narrazione con una formula che è topica da Virgilio, a Dante e oltre, spiccano altri espedienti metaletterari come ad esempio l’ incipit del libro undicesimo ‒ presente già nella Paganini dove apre il libro ottavo ‒ con la quale Folengo segnala che l’argomento ora tocca vette più alte: Altius o Musae nos tollere vela bisognat, / […] 12 Se le invocazioni alle Muse e costellano il liber folenghiano, anche il poemetto di Arène allude a presenze vagamente divine, pur senza alcuna invocazione proemiale. Ma il ruolo della Musa, unica e generica, appare quasi occasionale e con una funzione di mero riempitivo; topos ormai devitalizzato, essa si rivela spesso incapace di dire o, peggio, “ispirare” il poeta: 1. quod nunquam posset Musa referre mea. 2. et plures alios, quos non mea Musa recontat; / […] 13 Anche quando Arène chiama in causa Virgilio, nume tutelare dell’epica latina, non può che ribadire la suddetta incapacità, con atteggiamento dunque opposto al modus operandi di Folengo: 14 Tot valhentesas fecerunt Massilienses, scribere non posset Musa Maronis eas: / […] 15 Proprio la presenza delle Muse rende tuttavia interessante il distico che segue: Altius es forso nos ultra tollere vela parlando verum, si mihi Musa favet. 16 12 Il rifermento, già segnalato da Paoli, è, oltre che a Omero, a Virgilio, Aen. 7, 36-45. Mario Chiesa (Folengo 1997, 482) nella nota a Baldus 11, 1 segnala che era già uso di Boiardo, nell’ Innamorato , avvertire a più riprese nei diversi canti quando egli si accingeva ad affrontare momenti più impegnativi della vicenda. 13 Meygra Entrepriza 426, 619. Anche in Ad suos compagnones , un trattato di bassadanza scritto da Arène intorno al 1529, la Musa o non può raccontare (104), o addirittura tace (588). 14 Paoli 1959, 105: « È manifesto che il Folengo vuole collocare il suo poema in una tradizione che da un lato, come ogni poema umanistico, fa capo all’ Eneide , dall’altro alla produzione epico-romanzesca, nello sviluppo che ha avuto in Italia dal Pulci all’ Ariosto ». 15 Meygra Entrepriza 1672‒1673 (1671‒1672). Segnalo che l’edizione Garavini / Lazzerini ha un’errore di numerazione dei versi a partire dal 1294, che è diventato erroneamente 1295 e tale sfasatura si è mantenuta fino alla fine del testo. La dove è necessario verrà messo fra parentesi il verso corrispondente esatto. 16 Meygra Entrepriza 551-552. Gian Paolo Renello 222 Come non pensare, che, anche se indebolita dall’allentamento distribuzionale su due versi, ci troviamo di fronte a un’eco proprio della solenne e icastica invocazione folenghiana vista sopra, che a sua volta, tramite altius e bisognat , ritorna più volte anche in Arène. 17 Si tratta però di un altro timido e dubbioso richiamo rispetto a quello rivolto alle Muse maccheroniche invocate nel primo libro del poema di Merlin Cocai: Phantasia mihi plus quam phantastica venit historiam Baldi grassis cantare Camoenis. Altisonam cuius phamam, nomenque gaiardum terra tremat, baratrumque metu sibi cagat adossum. Sed prius altorium vestrum chiamare bisognat, 15 o macaroneam Musae quae funditis artem. 18 Influenze sulla poesia di Arène potrebbero poi venire da altri ambiti. I prefolenghiani, ad esempio, paiono riecheggiare da lontano in questo verso: Sed volo nunc vobis friscas contare novellas / […] 19 in cui si intravede, filtrata dall’opera di Folengo, la rievocazione di un incipit di Bassano Mantovano, che utilizza una clausola quasi identica: Unam volo tibi Gaspar contare novellam, / […] 20 Si possono trovare ancora altre, poche, allusioni al maccheronico di qua dalle Alpi come nel seguente: Grandes allarmas fecit, blessando polastros; / […] 21 (ir)riverente e inconscio omaggio all’autore del Baldus , 22 e indirettamente ai suoi precursori, i quali si erano avvalsi di gallinacei già con l’Anonimo Pa- 17 Meygra Entrepriza 27, 403, 1289. 1650 (1649), 2233 (2232). Quanto all’uso di bisognat , mi ritengo più possibilista, rispetto a quanto affermano Garavini / Lazzerini 1984, XXIV, circa i contatti fra Arène e i maccheronici nostrani. 18 Baldus 1, 1-16. Corsivo mio. 19 Meygra Entrepriza 29. Formule leggermente differenti ma sempre in clausola a 1009, 1796 (1795), 1990 (1989), 2254 (2253), 2354 (2353). 20 Bassano, Ad magnificus 1. Sempre in clausola, si trova rasonare novellas nell’Anonimo Padovano, Nobile Vigonze Opus 245. In Folengo si trovano locuzioni del tipo porto , scire , dire , referuntque , portantque + novellam / novellas , anche qui tutte in clausola. 21 Meygra Entrepriza 41. Sarà da notare che il termine è un hapax nell’intera produzione maccheronica di Arène. 22 Baldus 9, 284, prosodicamente pŏlastros . Il termine è però ancipite in altre opere folenghiane, e in precedenti redazioni del poema (es. pōlastrorum , in Folengo T 1, 331). L’ultima redazione fissa in maniera definitiva lo schema opponendo, come già aveva fatto in P, sillaba aperta breve a sillaba chiusa lunga (es. pŏlastro vs. pōllastro ). Il Arène e Folengo 223 dovano 23 e avevano utilizzato altri polastros , non casualmente in clausola, con Alione, che, nel giro di pochi versi, lo fa precedere da polastrino e seguire da polastrum . 24 Si tratta di similitudini e coincidenze testuali non in grado di sanare la distanza che corre fra i due scrittori. In Folengo agiscono negli anni un’attenzione e una consapevolezza costanti verso la propria opera ed è evidente un profondo e continuo labor limae dell’ opus magnum epico iniziato già dalla prima stesura, labor che non appare invece così visibile nell’Arène della Meygra Entrepriza. A testimonianza della assidua cura folenghiana valgano le quattro redazioni nate nell’arco di circa un trentennio. Il poema, giunto con la seconda redazione alla dimensione volutamente e comicamente iperepica di 25 libri, sufficiente a superare i 24 che compongono ognuno dei due grandi poemi omerici, ha praticamente raddoppiato il numero dei versi; ce n’è d’avanzo per superare, anche qui in senso maccheronico, il suo maestro, Virgilio, che da lontano, dall’alto dei suoi nobili esametri, segue e guida l’operazione. La seconda redazione si presenta certamente innovata per l’aggiunta di ulteriori episodi, ma l’innovazione ha prodotto anche un profondo rimaneggiamento del materiale già elaborato; il rifacimento ha ovviamente a che vedere soprattutto con l’alchimia maccheronica, la capacità cioè di dosare gli apporti dei mondi linguistici di base, il latino, sia esso classico o grossus , e il dialetto nelle versioni che circolavano nell’area di incontro della regione padana. Ma dietro a questo continuo rielaborare è la lingua che diventa tessuto, sfondo su cui risalta una ben più articolata mescidanza tematica e letteraria, retorica e figurativa, eroica, infernale, magica e fiabesca; è nella lingua che sono coinvolte e stravolte convenzioni e status sociali, vicende cavalleresche e borghesi, il romanzo e l’epica, attivate dalla phantasia , ovvero dalla follia, vicina nel senso più a Das Narrenschiff di Sebastian Brant che non alla Moriae Encomium di Erasmo da Rotterdam; è la lingua insomma a fornire un pastiche a più strati e a più livelli che rimescola continuamente le primo caso si verifica di norma a fine verso ( Baldus 1, 401; 4, 540; 10, 171; 17, 469; 22, 183); unica eccezione è pŏlastrones in cesura pentemimera (4, 23). Il secondo si verifica sempre in cesura: 10, 340 (pentemimera); 11, 580 (bucolica); 23, 101 (bucolica). 23 Nobile Vigonze Opus 169: multos polastros, multa nascitura fasola , in cesura pentemimera. 24 Macharonea contra macharoneam Bassani 461, 465, 468. Nei giochi verbali che legano Folengo ai suoi precursori si potrebbe intravvedere, su uno sfondo lontano, persino un altro incrocio, più azzardato, con i pilastros di Tifi Odasi (due occorrenze: Macaronea 666, dove si legge facit tremare pilastros , e 684) e di Bassano Mantovano (cfr. pilastros in Macaronea contra Savoynos 53), che utilizza inoltre pilastrum ( Ad magnificus 45) e pilastris ( Macaronea contra Savoynos 54) tutti in clausola. In riferimento al v. 666 di Odasi, suona interessante Meygra Entrepriza 40, in cui si legge faciens tremolare vilhacos , in cui è presente un verbo che poteva provenire da Folengo, ma solo a partire dalla Toscolanense ad es.1, 278: advolat atque facit cursi tremolare terenum . Degno di nota è anche il fatto che l’unica occorrenza di tremare nella redazione del 1517 venga sostituita proprio da tremolare in quella del 1521. Gian Paolo Renello 224 carte del testo: è la salsa umoristica e sapida da cui emergono i preziosi macaroni. 25 Arène ha un atteggiamento diverso, quasi dilettantesco nella stesura dei testi. Rispetto a Ad suos compagnones studiantes la Meygra Entrepriza dimostra addirittura maggior stanchezza e minore inventiva, segnalata dalla continua e trita ripetizione di moduli anche nello stretto giro di pochi versi come: Heu! Quantum raubet, bene scit Provincia nostra: 115 illam destruxit, saquegiavit eam. Deliberatus erat vestram raubare coronam et supra testam ponere deinde suam Ultracudansam saldatis dixit et unam, quam modo per testam quisque notate suam. 26 120 in cui tutto ruota intorno alla desinenza dell’accusativo femminile di prima declinazione che, nei tre distici citati, si trova in clausola in ben cinque casi; fra questi spiccano soprattutto i tre pentametri e in particolare gli ultimi due che, grazie alla rima leonina giocata addirittura sulla ripetizione da pentametro a pentametro degli stessi termini ( testam [...] suam ) fa ancor più risaltare il ritorno martellante dell’accusativo: testimonianza a suo modo dello scarso impegno e della scarsa abilità tecnica del pometto, accresciuta anche da una certa sciatteria metrica. Altri elementi vanno poi considerati. La Meygra entrepriza Catoliqui imperatoris , evento reale e “epico” di cui Arène si fa cantore, gioca su una serie di rovesciamenti di prospettiva già a partire dal titolo: l’altisonante impresa è in realtà eufemisticamente “magra” ovvero fallimentare; l’esercito e la maestà dell’imperatore, Carlo V, saranno umiliati dai contadini di una piccola e povera regione del sud della Francia; infine una guerra teoricamente priva di rischi si rivelerà una disfatta per chi l’ha voluta e un’impresa per chi l’ha subita. Per mantenere questa linea di costante inversione della storia, Arène userà sì il latino, la sola lingua degna di raccontare eventi epici, ma anche qui stravolto, maccheronico appunto, colto e sfruttato nel suo aspetto carnascialesco di momentaneo rovesciamento di ruoli e gerarchie, in cui Carlo V è ridotto a ridicola macchietta. Per Baldus le cose stanno diversamente. Sin dal suo incipit la chiave di lettura è il fantastico, e fantastica sarà dunque la fabula , ma soprattutto la lingua, necessaria a dar sostanza all’azione e costruita a questo fine. È chiaro allora perché in tutte le redazioni del poema, l’eroe di Folengo non è mai il 25 Giova ricordare la ben nota definizione che ne dà lo stesso Folengo, nella Apologetica in sui excusationem , in Folengo 1911, vol. 2, 284, segno di una approfondita riflessione sul concetto di maccheronico: Ars ista poetica nuncupatur ars macaronica a macaronibus derivata, qui macarones sunt quoddam pulmentum farina, caseo, botiro compaginatum, grossum, rude et rusticanum; ideo macaronices nil nisi grassedinem, ruditatem et vocabulazzos debet in se continere . 26 Meygra Entrepriza 115-120. Arène e Folengo 225 solo ed unico protagonista, così come il poema stesso non è mai isolato dal resto dell’ opus macaronicum ; Baldus è piuttosto uno degli elementi di un sistema più vasto che fa perno sulla natura maccheronica del mondo cui appartiene, assieme a Zanitonella, Tognazzo, Cingar e tutti gli altri; l’evidente funzione linguistica, letteraria e metaletteraria del liber macaronices è tale, che nelle prime due redazioni il suo nome non sale mai al rango di titolo; esso farà invece capolino a partire dalla terza, il Macaronicorum Poema , primo di una lista di quattro. Ma solo da quella successiva, del 1552, l’emersione identitaria sarà completa e si potrà finalmente leggere: Merlini Cocalii [sic] poetae macaronaei opus, quod inscribitur Baldus. La differenza fra le ragioni fondanti dei due testi si sostanzia poi formalmente nelle direi opposte scelte metriche: poema in esametri il Baldus , in distici elegiaci la Meygra Entrepriza . Nel caso di Folengo la cosa non può sorprendere dato il profondo legame che unisce il poema come genere sia al modello virgiliano sia alle fonti epiche letterarie più vicine all’autore mantovano. Il richiamo a Virgilio non riguarda però solo la forma metrica, ma permea in generale tutto il poema a partire dal Baldus stesso, novello Enea le cui gesta sono integrate in un sistema narrativo più ampio che comprende oltre a poemi agiografici e romanzi medievali, anche mitologemi di ben più alta datazione. Folengo, d’altronde, ha mostrato nelle sue opere un repertorio prosodico e metrico assai più vasto, destreggiandosi con diversi generi metrici anche all’interno di uno stesso testo; fra questi non può mancare ovviamente il distico elegiaco, ma accanto si trovano saffiche minori, endecasillabi saffici e falecei, senza contare che la sua inesauribile inventiva lo aveva portato a sperimentare diverse nuove invenzioni metriche quali la sonolegìa e la strambotolegìa. 27 Il metro a cui si lega invece Antoine Arène è esclusivamente il distico elegiaco, metro intenzionalmente non epico, ma neppure strettamente elegiaco, come anche Folengo aveva potuto appurare leggendo Ovidio, nella cui vasta produzione distici sono certamente quelli degli Amores e dei Tristia, ma anche quelli delle elegie di carattere dotto ed eziologico, come gli incompiuti Fasti , o quelli dei poemetti didascalici come l’ Ars amatoria , i Remedia amoris , i Medicamina faciei femineae ; soprattutto sono quelli che si trovano nelle epistole fittizie delle Heroides e in quelle più drammaticamente reali delle Epistulae ex Ponto . Dico soprattutto perché l’ incipit del poemetto di Arène ha esattamente un’andatura epistolare nel suo indirizzarsi al proprio re; con essa si accinge a cantare, in una forma cronachistica, e adeguatamente ridicolizzata, l’impresa di Carlo V, la sua Meygra Entrepriza , appunto. La forma metrica si ripercuote ovviamente su altri aspetti delle due opere. Il finale del poema folenghiano, ad esempio, è volutamente aperto; esso lascia idealmente incompiuto il Baldus e affida intenzionalmente ad altri, gui- 27 Per una rassegna delle forme metriche folenghiane si veda l’importante lavoro di Zaggia in Folengo 1987, 637-686. Gian Paolo Renello 226 dati da Pedrala, il compito di continuare l’epica impresa, che significa nel contempo anche continuare l’impresa letteraria in quanto tale. Un’apertura narrativa che sembra quasi scontrarsi con la circolarità degli eventi: quando gli eroi giungono alla phantasiae domus dove tutto deve finire, non si può non ricordare l’esordio del poema, dove proprio la phantasia plus quam phantastica aveva dato l’avvio a tutta la vicenda. Opposta invece l’impostazione di Arène: la ricercata chiusura anzi la circolarità del suo poemetto-epistola è rafforzata dal pentametro conclusivo, che risponde all’esametro d’esordio e lo riprende dalla clausola iniziale per ottenere l’ultimo nascosto distico in funzione di saluto: Rex bone de Fransa noster, Francisce triunfans rex bone de Fransa, nostre patrone, vale. 28 Non è questa certo la sola ragione che ha portato Arène alla scelta del distico elegiaco; si tratta di un metro che sempre Folengo aveva già utilizzato nella polimetrica Zanitonella , fedele in questo caso a una tradizione che vedeva il distico trionfare nella lirica amorosa; tuttavia i distici contraddistinguono soprattutto la Moschea , poemetto eroicomico o, meglio, come scrive Massimo Zaggia con bella definizione, “zooepico”. 29 La Moschea offriva in effetti una sorta di anteprima di modello pseudoepico nell’alternanza di esametri e pentametri, esattamente come è pseudoepica la spedizione di Carlo V in Provenza. Il distico di Arène contrassegna allora un’epica minore, che ben può adattarsi allo sbeffeggio dell’imperatore, ribattezzato non a caso Jean Gipon, 30 senza arrivare a svilire il verso epico maggiore. Già il titolo dell’opera areniana giustappone due termini a sottolineare l’inanità e la miseria dell’azione di Carlo V, il quale si imbarca sì in un’impresa, ma il termine ha valore ridicolmente antifrastico: non solo non produrrà alcun risultato positivo ma addirittura gli si ritorcerà contro. 31 Se un modello poetico va cercato in Arène non è, allora come per Folengo, il poema epico, ma piuttosto un genere situato nella zona di confine fra l’epistola ovidiana e un’epica minimalista di stampo basso comico. Negli anni delle campagne italiane Arène non solo avrebbe potuto leggere il Baldus , ma anche la Moschaea , la quale si sarebbe rivelata un punto di partenza più adeguato per la successiva composizione della Meygra Entrepriza . 28 Meygra Entrepriza 1 e 2393 (2392). 29 Zaggia 1987, 297. Il poemetto fu pubblicato per la prima volta nella Toscolanense. 30 In Meygra Entrepriza 1182, accanto al nomignolo Jean Gipon affibiato all’imperatore Carlo V, compare anche il denominale giponavit , hapax , nel senso di “essere ridotto a mal partito” (Garavini / Lazzerini 1984, 326). Sull’origine del nome Jean Gipon si veda ad es. Bourdelle 1779, 93. 31 Non a caso, infatti, Aréne la chiamerà anche, nel breve saluto di invio al re Francesco, Sotam entreprizam , “sciocca impresa”. Arène e Folengo 227 Prosodia e metrica. Alcuni esempi e ipotesi Se già nell’impianto strutturale del testo si rilevano consistenti differenze programmatiche fra i due autori è però nelle scelte prosodiche che andranno maggiormente ricercati i punti di contatto o di divergenza più profondi. Questo perché entrambi gli autori agiscono in ogni caso su un comune sostrato culturale e tecnico - più o meno elaborato, ma separato da divaricazioni linguistiche anche marcate; si tratta pur sempre di usare strutture metriche codificate da una lingua della quale si sentono a diverso titolo eredi. La prosodia deve rispondere da un lato all’esigenza metrica del verso scelto e dall’altro al materiale linguistico effettivamente disponibile anche attraverso un’ inventio che lo distorca quel tanto che serva a ingabbiarlo nella misura necessaria di un esametro o di un pentametro. La campionatura, parziale, riguarderà un piccolo numero di avverbi e pochi altri termini particolari, comunque sufficienti, credo, a mostrare da un lato la flessibilità e la necessità di determinate scelte prosodiche, necessità che situa i due autori sul versante della reciproca prossimità, dall’altro a sottolineare la distanza nelle scelte linguistiche e proprie dell’ inventio di cui sopra si diceva. 32 1. postĕā - postĕă Come è noto la forma corretta è postĕā . Tale avverbio corrisponde metricamente ad un cretico (- ⏑ -) e pertanto non ha alcuna possibilità di entrare a far parte di un esametro o di un pentametro, come d’altronde testimonia la sua assenza negli autori classici. Il comportamento di Folengo è interessante in particolare se confrontato con le scelte fatte in ambito prefolenghiano da un autore come Giovan Giorgio Alione, che lo ha utilizzato prima di lui, e con una frequenza insolita, nella Macharonea contra macharoneam Bassani , dove si registrano le seguenti occorrenze: 1. Trufabunt post ͡ eā Francioso sorbere broda, / […] 2. et mulam vetulam post ͡ eā quam sero menabant / […] 3. lassando post ͡ eā nos cives malmeglioratos, / […] 4. in capite et post ͡ eā sub de tavolatio vultu, / […] 5. ne post ͡ eā ad carnes habeant parere grifones / […] 6. ampurte, et post ͡ eā rostum cazare bissacam / […] 33 32 Poiché l’operetta di Arène vide la luce el 1536, si è scelto di operare un raffronto principalmente sulle redazioni del 1517 e 1521. Considerazioni o esempi da redazioni successive serviranno solo per mettere in luce ulteriori variazioni introdotte da Folengo. 33 Macharonea contra macharoneam Bassani 239, 260, 271, 281, 391, 397. Il penultimo esempio vede operante anche la sinalefe fra l’avverbio e la preposizione successiva. Gian Paolo Renello 228 La scansione di questi versi obbliga a leggere bisillabo, con sinizesi fra le due vocali finali (si usa per comodità il segno di legatura ͡ ); ne risulta uno spondeo nel quale la seconda sillaba è costantemente la prima del piede successivo, anch’esso invariabilmente spondaico. 34 Giovan Giorgio Alione è il solo dei prefolenghiani ad utilizzare postea , forse perché gli altri, consci del problema metrico che esso rappresentava, non avevano saputo trovare alcuna soluzione, come invece fa il poeta piemontese attraverso il recupero a scopi metrici di un fenomeno fonetico ampiamente praticato in epoca arcaica e classica. Rispetto ad Alione, la scelta prosodica di Folengo mostra indubbiamente, non dirò un’evoluzione, ma certo un mutamento significativo. Nel tentativo di inquadrare meglio tale aspetto converrà partire dalla redazione del 1521, dove si contano 18 occorrenze di postea ; di queste 13 si trovano ad inizio verso, e cinque costituiscono il quinto piede, di norma dattilico. 35 È immediato constatare che in esametri così costruiti è possibile leggere postea con scansione tanto spondaica quanto dattilica. Tuttavia è anche vero che in molti casi deve aver agito una prescrizione folenghiana rinvenibile nella Normula de sillabis , comparsa per la prima volta nella medesima redazione e con la quale, secondo le parole di Bernardi Perini, l’autore procede ad una vera e propria “riorganizzazione dell’esametro”. 36 Una di tali norme, autorizzava infatti l’abbreviamento delle vocali lunghe finali degli avverbi. 37 Vediamo ora la situazione di postea nella prima redazione dunque in una fase precedente la Normula . Qui troviamo esametri come: 1. Postea de calcis tres paria lassat abire / […] 2. de quo deque aliis dicemus postea, namque / […] 38 Anche in questo caso è possibile una doppia lettura prosodica dell’avverbio. Ma già da Plauto e poi con Catullo, Virgilio o Orazio si erano avuti esempi di 34 Proprio la posizione del bisillabo, a cavallo fra quarto e quinto piede, fa propendere per una pronuncia ascendente del nesso bivocalico che, come sinizesi, può essere considerato un dittongo provvisorio e occasionale. Quanto alla posizione della vocale asillabica si vedano le importanti osservazioni di Camilli 1949, 6-9, Bernardi Perini / Traina 6 1998, 259 e Timpanaro 1988, 877-883. 35 A partire dalla Cipadense, ignota ad Arène si conta un’occorrenza al quarto piede che rimarrà anche nell’ultima redazione. Cfr. Baldus 12, 339. 36 Bernardi Perini 2001, 332. In T si contano 12 occorrenze in prima sede. 37 Si cita secondo la redazione di Zaggia 1987, 643: « Quaelibet adverbia terminantia in ‘-a’, aut in ‘-e’, aut in ‘-o’, Latine sunt longa, quamvis multa in ‘-e’ excipiuntur, sed macaronice sunt ad placitum, ut ‘valde’, ‘longe’, ‘retro’, ‘ultra’, ‘erga’ et cetera ». L’uso di questa regola nei casi di vocale finale ā viene tuttavia esteso da Folengo ad altri casi. Cfr. Paoli 1959, 179. 38 Baldus P 1, 115; 7, 208. Altro il caso di un verso come postea Aristotelem quod Cingar tunc alegabat ( Baldus P 10, 18), in cui la sinalefe annulla il valore prosodico della vocale finale dell’avverbio, dando luogo senz’altro a un dattilo. Arène e Folengo 229 scansione spondaica in sinizesi di un cretico in prima o ultima sede riguardati pronomi ( eundem , eorundem , ecc.), o aggettivi indicanti materia ( aurea , cerea ), o avverbi come deinde ‒ e dunque questa poteva essere stata recuperata almeno nella prima redazione da un Folengo memore anche della lettura più o meno prosodicamente cosciente di Alione. Altrettanto non si poteva dire, invece, della scansione dattilica di postea in questi stessi autori, nei quali anzi, come già detto, risultava del tutto assente. 39 Ora si confrontino fra loro i versi seguenti: 1. postea dormitum Sinibaldus presto retornat. 2. post haec dormitum Sinibaldus presto ritornat. 40 Le modifiche qui attuate da Folengo intercorrono nel passaggio dalla prima alla seconda redazione. Nel secondo esametro uno spondeo si sostituisce a postea del primo. Si tratta di un intervento che, fra le stesse due redazioni e nella medesima direzione, si verifica anche in altri luoghi, a volte con gli stessi termini. 41 Ciò che interessa, però, è che fra la prima e la seconda redazione non si registrano operazioni di tipo inverso, ovvero passaggi da spondeo a postea . Si consideri ancora il seguente caso: 1. Sex brazzos descendit aquae, sed postea sursum / […] 2. Sex brazzos descendit aquae, mox desuper ecce / […] 42 Qui si attua nel quinto piede una sostituzione di postea fra prima e seconda redazione e tale sostituzione, di nuovo, va da spondeo maccheronico a dattilo oppure da dattilo maccaronico a dattilo classico. L’insieme di tutti questi interventi non indicherebbe allora, nel passaggio fra le due edizioni, una possibile incertezza dell’autore sull’uso trisillabico dell’avverbio ma metterebbe in discussione proprio un uso intensivo di postea esclusivamente come bisillabo; in altre parole l’innovazione introdotta con l’edizione del 1517 riguarderebbe soprattutto lo spostamento in prima o quinta sede dell’avverbio e 39 Per la sinizesi in epoca classica si veda ad es. Verg. Aen . 7, 190: aurea percussum virga versumque venenis ; Hor. Sat. 1, 8, 43: abdiderint furtim terris et imagine cerea ; Stat. Theb. 9, 225: ventum erat ad fluvium; solito tunc plenior alveo , in cui gli esempi mostrano che è proprio la posizione occupata nell’esametro a rendere il nesso bisillabico postonico un dittongo discendente. A proposito di postea Zaggia osserva che il Doctrinale di Alessandro di Villedieu, celebre testo di grammatica mediolatina noto a Folengo e da lui citato, era esplicito al riguardo: postea non brevia nisi fiat dictio bina , lo spondeo di un cretico per sinizesi era dunque ammesso. Cfr. Zaggia in Folengo 1987, Appendice alle Eglogae della redazione Paganini 41, nota a v. 438, e Appunti sulla prosodia e la metrica 647. 40 Baldus P 1, 331; T 1, 436. 41 Cfr. Baldus P 17, 62; T 20, 784 e Baldus P 17, 356; T 22, 55. Vi sono poi casi in cui l’avverbio postea permane lungo tutte le redazioni. 42 Baldus P, 11, 249; T 15, 333. Gian Paolo Renello 230 solo successivamente la stabilizzazione della sua forma prosodica. Nel frattempo si andava infatti raffinando la consapevolezza metrica dell’autore, la quale troverà espressione proprio nella famosa Normula macaronica de sillabis . La sua applicazione a partire dal 1521 ha probabilmente dato un fondamento più solido al fatto che il modulo metrico, dalla posizione interna al verso, diviso fra due piedi e in posizione cesurale di Alione, potesse occupare, stabilmente e come piede a se stante, la prima o la quinta sede dell’esametro. Di conseguenza nelle redazioni successive, appare più sensato immaginare che postea sia in generale trattato come dattilo. Ciò spiegherebbe inoltre perché fra seconda e terza redazione compaiano proprio le inversioni non riscontrate fra prima e seconda: 1. Post haec de villa se partivere Cipada, / […] 2. Postea de villa ambo partivere Cipada, / […] 43 L’alta frequenza con cui postea , con una certa ambiguità e non casualmente, si trova in prima sede garantisce in buona sostanza una doppia possibilità di scansione. 44 La norma, che, vale la pena ricordarlo, parla di alterazioni prosodiche ad placitum , non indica una direzione di lettura preferibile rispetto ad un’altra; essa offre piuttosto un ventaglio di opzioni di lettura non possibili nello schema applicato da Alione. Per concludere questa disamina, nei seguenti tre versi: 1. postea sbadagium ponentes intra ganassas / […] 2. Postea stamegnam facit haec transire per unam, / […] 3. Postea, scoperta Rubicani fraude, cachinnis / […] 45 tratti dalle prime tre redazioni del Baldus , ancora una volta la scansione di postea bisillabo non pone problemi, e così non li pone neppure la lettura di ă , benché seguita da consonante doppia. Ma nel primo caso può aver agito la sinizesi, mentre negli altri due casi, a norma operante, si potrà ritenere, con Paoli, che si tratti di dattilo e che siamo in presenza di una licenza poetica legata al sigmatismo che interviene fra incontri di parole. 46 Infine nei seguenti: 43 Baldus T 9, 73; C 5 [10], 109. Nella Cipadense la numerazione dei libri riparte ogni ciclo di cinque. Si indica pertanto fra parentesi quadre il libro corrispondente dell’ultima redazione. 44 Traccia di questa doppia possibilità di lettura potrebbe essere il fatto che nella redazione del 1521 due occorrenze di postea al quinto piede si trovano nei distici elegiaci degli Argumenta dei libri 20 e 21, ma negli esametri e non nei pentametri. nell’ultima redazione su 17 occorrenze di postea 14 saranno in prima sede due in quinta e una in quarta. 45 Baldus P 7, 152; T 14, 166; C 4 [19], 299. 46 Paoli 1959, 175, il quale richiama l’oraziano fastidire strabonem , da Sat . 1, 3, 44. Arène e Folengo 231 1. Postea presonem pariter petiere latenter. 2. Postea praecedens comites seguitare comandat. 47 nulla vieta di ritenere che il primo sia ancora un esempio di sinizesi e che la muta cum liquida che segue non autorizza a cambiare la quantità della sillaba precedente in quanto lunga; nel secondo è lecito pensare che Folengo abbia utilizzato sia la Normula de sillabis , sia, con una certa elasticità, la regola per cui una vocale seguita da muta con liquida è anceps se essa è breve per natura. 48 Come si pone Arène di fronte al medesimo problema? Sarà intanto da notare che il poeta di Solliés non usa postea nel primo dei suoi poemetti maccheronici, quasi che negli anni della composizione del trattato di bassadanza, siamo intorno al 1529, non avesse ancora elaborato uno schema di utilizzo che evitasse il cretico. Nella Meygra Entrepriza , invece, esso compare con frequenza insolitamente alta e, anche qui, su undici occorrenze dieci occupano il primo piede, esametro o pentametro. Nell’undicesima: versus Brignolam, postea versus Acquas. 49 postea è sì interno al verso, ma la sua forma dattilica è garantita dall’essere il piede iniziale del secondo colon . Arène avrebbe dunque potuto tener conto della Normula di Folengo del 1521, più che della redazione del 1517. 2 . dĕinde - d ͡ einde L’avverbio presenta la sequenza ⏑ - ⏑ e compare sei volte nei distici della Meygra Entrepriza . Nonostante lo schema prosodico consenta una certa flessibilità d’uso, Arène, in maniera apparentemente inspiegabile, impiega unicamente la sinizesi, o comunque un dittongo discendente: deinde come trocheo (- ⏑ ) serve per la formazione di dattili che compaiono esclusivamente al quinto piede, equamente divisi fra esametri (nn. 3, 4, 6), e pentametri: 1. et supra testam || ponere d ͡ einde suam. 2. vertis Taurinos, || Boysique, d ͡ einde Molam, / […] 3. et Peyronetos, Raynaudum, d ͡ einde Miquelem / […] 4. Arlerius Praetor pro villa d ͡ einde cavalcat, / […] 5. et Lengadoccum || rendere d ͡ einde suum; / […] 6. Andreas Dorias armavit d ͡ einde galeras, / […] 50 47 Baldus P 5, 293; T 17, 132. 48 Paoli 1959, 178. 49 Meygra Entrepriza 282. È da notare che questa stessa sequenza si ripresenta al v. 629, ma come apertura di un esametro. 50 Meygra Entrepriza 118, 618, 1302 (1301), 1466 (1465),1591 (1590), 2348 (2347). Gian Paolo Renello 232 Si tratta di versi scarsamente eleganti perché quasi forzati a rispondere positivamente alla gabbia metrica in cui non si riconoscono, fenomeno evidente soprattutto nei pentametri: deinde è sempre il secondo dei due dattili del secondo colon , e ciò rende a volte musicalmente debole la pronuncia del verso, come, ad esempio, nell’allitterante rendere deinde . Si confronti ora lo stesso avverbio in Baldus , dove compare nove volte: 1. Hoc mihi servitium facias, tu deinde comanda, […] 2. Hanc locat in manica, salamque deinde subintrat. 3. Gorni et Alebrandi, Tosabezzi, deinde Copini / […] 4. Vult dare dulce prius pro suppa, deinde racentum / […] 5. deinde fracassabit totos sdegnosa fiascos. 6. incantatorem Granatae? deinde Magundat / […] 7. Cingar alhora vocat laetus, cifolatque deinde. 8. Ungit utranque manum sibi stesso, deinde perungit / […] 9. has seguitat, manibusque piat, sed deinde tenendi / […] 51 L’uso è qui più variato e mosso e segue, direi, la prassi virgiliana: 52 una presenza, peraltro misurata, della sinizesi (nn. 5, 6 e 9), convive con la scansione normale tralasciata da Arène. L’apparente incongruità di quest’ultimo potrebbe però spiegarsi, di nuovo, sulla scorta di un’analoga scelta fatta dal poeta mantovano: deinde bisillabo compare infatti per la prima volta nella redazione del 1521 con due occorrenze nel poema: 1. participes facio te, Bertam, deinde Briossum 2. est Viscinellus, Libecchius, deinde Maestrus. 53 cui si deve inoltre aggiungere un pentametro che compare nell’ultimo distico dell’ Argumentum del secondo libro del poema: Falchettus, Cingar, || deinde Fracassus erat. 54 esempio cui potrebbe essersi richiamato Arène, ma musicalmente meglio impostato perché l’avverbio occupa il piede iniziale del secondo colon subito dopo la cesura strutturale con il primo. 3 . contrā - contră Anche sull’uso di contra i due autori mostrano sostanziali differenze: esso è stabile in Arène, che già in Ad suos compagnones lo usa come spondeo e tale 51 Baldus 9, 296; 11, 205; 11, 456; 11,589; 16, 8; 19, 207; 20, 103; 22, 598; 25, 508. Si noti l’uso di deinde come ultimo piede. 52 Cfr. ad es. Aen . 3, 373: atque haec deinde canit divino ex ore sacerdos . 53 Baldus T 7, 277; 11, 243. È interessante notare che nemmeno nella terza redazione l’avverbio viene utilizzato. Per Libecchius cfr. Paoli 1959, 183. 54 Baldus T 2, Arg . 18. Arène e Folengo 233 rimane anche nella Meygra Entrepriza ; 55 in Folengo la situazione, sin dalla prima redazione, è assai più dinamica, a seconda che questo si trovi in posizione iniziale, come quinto piede dell’esametro, oppure in altra posizione interna al verso. Quando contra si trova come quinto piede l’avverbio è sempre un trocheo, secondo un modulo fisso bisillabo piano + trisillabo piano, metricamente corrispondente ad un adonio (- ⏑⏑ - x ): 1. Hic cinquanta viri bellantur contra tresentos. 2. Inde vocans Baldum se firmat contra tesinos, / […] 3. Baldus certabat nudatus contra Lironem, […] 56 Quando si trova come primo piede del verso, l’avverbio può essere trocheo o più raramente, spondeo: 1. contra bombardas grossis circumdata muris / […] 2. contra Leonardum grande movere baruffam / […] 57 Quando contra si trova nel corpo del verso la forma trocaica tende a diminuire in favore di un recupero della normale scansione spondaica; l’avverbio si divide allora fra due piedi e la seconda sillaba diventa il primo tempo di un altro spondeo; in un caso è in sinalefe con la parola che segue: 1. Rex sibi contra venit magno squadrone seratus / […] 2. nam contra paucos si combattendo micabat / […] 3. En Garbinus adest, contra quem Grecus amollat / […] 4. incipit et contra cursum vogare balenae. 5. nemo contra illum praesumit prendere gattam / […] 58 Folengo trova poi ancora un altro impiego di contra, già presente nei classici, come ultimo piede dell’esametro: Iudicat hunc iudex, datur huic sententia contra. 59 Ciò che risulta chiaro è che l’avverbio è usato nelle due varianti, anticipando, sembra, quanto dice la Normula , posteriore di quattro anni. Ma va tenuto presente, oltre quanto detto sopra, che per avverbi quali contra , ultra , supra ecc., 55 Garavini / Lazzerini 1984 leggono al verso 2170 (2169) contro , dove Bonafous (Arena 1860, 93) legge contra . La lettura di Garavini / Lazzerini eliminerebbe dunque l’unico caso in cui l’avverbio non seguirebbe l’ usus solito. 56 Baldus P 8, 218; 9, 110; 15, 109. 57 Baldus P 1, 52; 12, 327. A partire dalla Cipadense lo si trova anche in sinalefe con la parola seguente, ovvero con annullamento del valore prosodico della vocale finale. 58 Baldus P 1, 248; 8, 32; 9, 272; 14, 302; 15, 363. 59 Baldus P 3, 238. Gian Paolo Renello 234 l’abbreviamento di vocale lunga finale era fenomeno già attestato in ambito tardo latino. 60 4. contrāquĕ - contrăquĕ Utilizzata una sola volta in Virgilio, 61 non compare mai in Antoine Arène. Nella redazione del 1517 del Baldus si trovano due sole occorrenze, una per ogni forma: 1. contraque naturam superavit luna maritum / […] 2. Borra prior, contraque illum sofiando Sirocus. 62 Poiché la presenza alternante di contraque va aumentando ad ogni successiva redazione è da supporre che esso sia stato introdotto nella Paganini in via del tutto sperimentale. 63 Quanto alla sua formazione è logico ritenere che Folengo sia partito da contră , preferendo al modello classico il modello più tardo che prevedeva l’abbreviamento di vocale finale in conformità alla Normula . In questo caso è la distanza fra i due Mantovani, Folengo e Virgilio, che non potrebbe essere maggiore. 5. Francĭă - Fransa È abbastanza prevedibile che in un poemetto epistolare dedicato al re di Francia sull’invasione della Provenza da parte di un nemico straniero, il termine ricorra con una certa frequenza. Si consideri che Folengo, invece, utilizza Francia una sola volta a partire dalla Toscolanense. 64 È un esempio, unico nel caso, del trattamento prosodico di Folengo per i nessi c + i + vocale, in cui la i assume valore pienamente vocalico e non è interpretata come semplice segno grafico di palatalizzazione. Questo spiegherebbe perché, sempre a partire dalla redazione del 1521 si trova Francae in luogo dell’atteso genitivo Franciae . Tuttavia tale nesso è a volte ambiguo e può essere tanto monosillabo quanto bisillabo. Altre volte è necessariamente bisillabo per esigenze metriche. 65 La stessa ambiguità non si trova in Arène. Egli sfrutta al pari di Folengo l’opposizione Fransa / Francia , inserendo quest’ultima in formule metriche preconfezionate che funzionano come zeppe del verso qualora se ne presenti 60 Su contră , cfr. Paoli 1959, 179 e Zaggia 1987, 648. 61 Cfr. Aen. 8, 699: contra Neptunum et Venerem contraque Minervam. 62 Baldus P 4, 183; 9, 271. Entrambe mantenute (la prima con variazioni) nelle successive redazioni. 63 Già nella seconda redazione le occorrenze diventano sei di cui ben cinque nella forma maccheronica. 64 Baldus, T 11, 299: Deventant, plus Roma parit quam Francia Gallos. Invariato in C, muterà nell’ultima redazione senza toccare però la clausola. Cfr. Baldus 12, 354. 65 Paoli 1959, 183 e Zaggia 1987, 670-671. Arène e Folengo 235 l’occasione. Diamo di seguito un prospetto, per un totale di una ventina di occorrenze, delle formule utilizzate da Arène, alcune delle quali, come si vede, sono riutilizzate volentieri dal poeta e sempre in posizione di clausola: 1. Francia + fecit / vivat 66 2. Francia semper + erit / amat / habet / habebit 67 3. Francia nostra + manet / tenet / malum / bene 68 4. Francia tota + simul / suum 69 Al trisillabo Francia si oppone il bisillabo Fransa , il quale conosce un uso più variato potendo essere trocheo o spondeo, con netta preferenza per quest’ultimo. Scegliamo come esempio due moduli metrici esemplari: 1. de tota Fransa || vos bene semper amans, / […] 2. de tota Fransa || reliquiasque Dei. 3. In tota Fransa nil perdonansa valeret, / […] 4. quando venit, semper || Fransa repulsat eum; / […] 5. posset ibi campum || ponere Fransa suum. 70 Le due varianti suggeriscono che in Arène il nesso palatale + i + vocale vada considerato sempre bisillabo. Le sequenze di Francia in clausola esametrica viste sopra sono dunque adonii; lo conferma il fatto che, nel secondo colon di un pentametro, lo stesso termine occupa indifferentemente il primo o il secondo piede, di necessità dattilo. Vi sono poi sequenze come faciendo malum , sempre in clausola pentametrica o gerundi come respiciendo o conficiendo , che sono pentasillabi qualsiasi sia la posizione occupata. 6. Phantăsĭa - Phantāsīa - Fantāsĭa, Biblia - Bibia In Folengo la complicità con la tradizione classica e non classica, appare sin dalla protasi e dall’invocazione alle Muse del primo canto, la quale proprio grazie a questa forma “alta” svela l’intento parodico che la sorregge; nell’esordio la prima vera divinità ad apparire non è la Musa, ma è la phantasia , la follia o ancora meglio la pazzia, presente nella forma più possente e superlativa del plus quam phantastica : Phantasia mihi plus quam phantastica venit historiam Baldi grassis cantare Camoenis. 71 66 Meygra Entrepriza 317, 409; per vivat si veda 607, 975, 1145, 1810 (1809). 67 Meygra Entrepriza 18, 186; 422; 1864 (1865); 355. 68 Meygra Entrepriza 198; 412; 700; 1491. 69 Meygra Entrepriza 1712; 1941. Anche la sequenza provincia nostra (tre occorrenze) è sempre in clausola esametrica. Cfr 112, 875, 1111. 70 Meygra Entrepriza 48, 114, 1932 (1931); 238, 440. 71 Baldus 1, 1-2. Gian Paolo Renello 236 phantasia nel primo verso del testo va letto phantāsīa , prosodicamente diverso dal grecismo latino phantăsĭa . 72 Folengo, però, nel caso di parole non latine, proprio perché prosodicamente indipendenti dalla lingua a lui più vicina, si comporta come se fossero termini maccheronici, dunque modificabili ad placitum . 73 In questo caso la parola italiana fantasia è oltretutto accentata sulla penultima vocale, cosa che consente all'autore di considerare quest’ultima lunga nel corrispondente termine maccheronico. Ecco ancora altri esempi tratti dall'ultima redazione, il terzo dei quali arricchito da un forte enjambement : 1. O poltronzones, quae phantasia guidavit / […] 2. et phantasias huc plures voltat et illuc, / […] 3. Hic Phantasiae domus est completa silenti / murmure, […] 74 Nel caso di Arène il trattamento è differente. L’unico esempio è il seguente: Non cessare potest unquam fantasia nostra, / […] 75 A parte il passaggio da sorda aspirata a fricativa, che rispecchia nella grafia la pronuncia latina scolastica e, ovviamente, francese, il termine va letto fantāsĭa e tanto si distacca dalla scansione classica e folenghiana quanto non tiene conto, al contrario dell’autore di Baldus , della pronuncia della propria lingua, del tutto simile a quella italiana. Le ragioni che spingono i due autori a modificare in senso maccheronico la parola sono chiaramente metriche: il nominativo phantăsĭa ha sequenza di tipo - ⏑⏑⏑ , di fatto inutilizzabile in un esametro o un pentametro. Diverso l'atteggiamento verso il grecismo biblia : 1. scribere miraclum || Biblia sacra jubet: / […] 2. milicias similes || Biblia nulla docet. 76 Qui Arène ottiene un dattilo ritraendo l’accento di parola, in greco trisillabo parossitono, sulla prima sillaba, rifacendosi questa volta al modello francese Bible . Biblia può così occupare il primo piede del secondo colon di un pentametro. Arène non segue in questo caso Folengo, il quale, oltre a trasformare maccheronicamente il termine in bibia nella prima edizione, per ritornare a biblia nella seconda e finalmente ristabilire la forma maccheronica a partire 72 Allo stesso modo andranno lette le altre occorrenze del termine in ogni redazione del poema. 73 Per phantāsīa / phantăsĭa cfr. Paoli 1959, 178, 182 e Zaggia 1987, 653. 74 Baldus 24, 116; 2, 348; 25, 476-477. 75 Meygra Entrepriza 127. Stessa clausola in Ad suos compagnones 1337. È evidente da quest’unica occorrenza che la fantasia gioca nel testo di Arène un ruolo del tutto marginale rispetto a quello di Folengo, certo dovuto anche alla dimensione storica, ancorché comica, dell’evento narrato. 76 Meygra Entrepriza 36, 668. Arène e Folengo 237 dalla terza, rende comunque breve la prima sillaba tralasciando questa volta il modello accentuale italiano: 1. Angelicam Glosam, Bibiam sanctumque Thomassum / […] 2. Angelicam, Glosas, Bibliam, sanctumque Thomasum / […] 77 Concludiamo osservando che, sempre in Arène, una certa negligenza metrica gli permette di confezionare velocemente il colon di un pentametro con una sola parola; in altri casi sempre una sola parola in un esametro gli consente di giungere immediatamente fino alla cesura pentemimera; altre volte essa sola costituisce l’intera clausola metrica (esempio 8): 1. Induperatori recte de jure remonstrant, / […] 2. Induperatorus, || nec sua guerra gravis; / […] 3. lansaquenetorum grossus iam campus abundat, / […] 4. Particcolerium de Bella-monte volebat, / […] 5. Abbandonarant villam tunc protinus omnes; / […] 6. Induperatorus || facta notanda facit. 7. Perdegaynabant espasas atque cotellos; / […] 8. Ex quo parlatu se mervelhat Induperator; / […] 78 In tutti questi casi si ricava un senso di monotonia dato non tanto dal fatto che un’identica sequenza si ripeta, cosa che avviene anche con Folengo, e possa occupare addirittura un colon del pentametro, quanto perché la distribuzione di questi e altri accorgimenti in un poemetto, tutto sommato decisamente breve rispetto anche solo alla prima edizione del Baldus , sembra eccessiva. Bibliografia Alione, Giovan Giorgio: Macharonea contra macharoneam Bassani ad spectabilem D. Baltasarem Lupum Asten. Studentem, in: Folengo 1977, 1002-1015. Anonimo Padovano: Nobile Vigonze Opus, in: Folengo 1977, 975-979. Arena, Antonius de: Meygra entrepriza Catholiqui imperatoris, ed. Norbert Bonafous, Aix 1860 (Bibliothèque provençale, vol. 2). Arena, Antonius de: Meygra entrepriza, in: Garavini / Lazzerini 1984, 123-241. Arena, Antonius de: Ad sos compagones studiantes, in: Garavini / Lazzerini 1984, 3-122. 77 Baldus P 6, 131; T 8, 135. 78 Meygra Entrepriza 53, 414, 1149, 1267, 1326 (1325), 1342, 1510 (1509), 1886 (1885). Induperator ricorre frequentemente nella Meygra Entrepriza e si alterna a imperelator / imperelactor ; essi infatti sono metricamente identici e quindi intercambiabili; inoltre da soli costituiscono un adonio in fine di verso e nella forma dativa (esempio 1) occupano i due piedi e mezzo necessari per ottenere una cesura pentemimera. Gian Paolo Renello 238 Bassano Mantovano: Ad Magnificus Dominus Gasparus Vescontus, in: Folengo 1977, 998- 999. Bassano Mantovano: Macaronea contra Savoynos, in: Folengo 1977, 999-1001. Belleau, Remy: Carmen mirificum de Bello Huguenotico , in: Oeuvres poétiques, ed. Charles Marty-Laveau, vol. 1, Paris 1878 (La Pléiade Françoise), 101-107. Bernardi Perini, Giorgio: Macaronica verba. Il divenire di una trasgressione linguistica nel seno dell’Umanesimo, in: Gianpaolo Urso (ed.), Integrazione, mescolanza, rifiuto. Incontri di popoli, lingue e culture in Europa dall’Antichità all’Umanesimo. Atti del convegno internazionale, Cividale del Friuli, 21-23 settembre 2000, Roma 2001, 327-336. Bernardi Perini, Giorgio / Traina, Alfonso: Propedeutica al latino universitario, Bologna 6 1998 (Testi e manuali per l’insegnamento universitario del latino, vol. 9). Bourdelle, Pierre de: Oeuvres complètes, tome cinquème, Londra 1779. Camilli, Amerindo: Trattato di prosodia e metrica latina, Firenze 1949. Folengo, Teofilo: Le maccheronee, ed. Alessandro Luzio, 2 voll., Bari 1911. Folengo, Teofilo: Opere. Appendice: I maccheronici prefolenghiani, ed. Carlo Cordié, Milano / Napoli 1977 (La letteratura italiana, vol. 26,1). Folengo, Teofilo: Macaronee minori. Zanitonella - Moscheide - Epigrammi, a cura di M. Zaggia, Torino 1987 (Nuova raccolta di classici italiani annotati, vol. 11). 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Afin de rappeler les règles et les limites d’une pratique qui conditionne sa propre écriture, mais aussi et surtout pour protester contre les plagiats dont il se croit lui-même victime, Forcadel a consacré à l’ imitatio un discret et véhément opuscule, difficile à dater, car paru seulement à titre posthume en 1578 sous le titre de Prometheus qui alias de raptu animorum dialogus est, adversus alienae solertiae praedones atque imitatores inconsultos , « Prométhée, dialogue sur le rapt des esprits, contre les voleurs du savoir-faire d’autrui et les imitateurs irréfléchis », trompeusement qualifié par l’éditeur, de festivissimus. 3 1 Forcadel 1544 / 1549a. 2 Forcadel 1549b et Forcadel 1553. 3 Le titre choisi par l’éditeur et qui figure sur le frontispice de l’unique édition, Prometheus sive de raptu animorum. Dialogus festivissimus, alienae inventionis praedones & ineptos imitatores incessens diffère de celui qu’on vient de citer en tête de l’œuvre (f°1r°), notamment par la mention trompeuse et euphémisante de dialogus festivissimus . L’ouvrage conservé à Paris, à la B.N. et à la bibliothèque Sainte-Geneviève, ainsi qu’à Toulouse et Grenoble, selon Françoise Joukovsky, est accessible sur le site Gallica de la B.N.F. On cite toujours le texte d’après son édition de 1578, en indiquant le foliotage aux changements de page, la transcription et la traduction de Gérard Freyburger qui ont servi de base à notre contribution sont données en annexe. Gérard Freyburger / Gilles Polizzi 242 Cet opuscule n’a guère suscité l’intérêt de la critique. Françoise Joukovsky, la savante éditrice de Forcadel aux temps modernes, n’en donne, dans une simple note, qu’une définition sommaire et inexacte, quoique juste sur le fond: « dialogue où Forcadel s’en prend aux plagiaires et aux imitateurs. Qu’on attache ces voleurs au rocher du Caucase, comme Prométhée ». 4 Pourtant, en un temps ou l’ imitatio , couplée à la translatio et compliquée d’ aemulatio vis à vis des auctores antiques fonde, depuis la Défense et Illustration de la langue française de Du Bellay, la théorie et la pratique d’une poétique « nouvelle », le propos de Forcadel invite presque mécaniquement à un parallèle entre son Prométhée et l’ imitatio telle que la pratiquent les Français. Mettre en scène ce parallèle est le premier objet de notre communication : retrouve-t-on dans le dialogue latin de Forcadel des éléments de la doctrine prônée par Du Bellay, ou du moins des échos à son programme ? Sans doute, mais ce n’est pas l’enjeu de notre propos qui est plus précis et plus polémique. En se plaignant des procédés indélicats des « imitateurs irréfléchis », c’està-dire des « voleurs », les protagonistes du Prométhée semblent reprendre, du point de vue exclusif de Forcadel, les accusations de plagiat que Barthélemy Aneau avait lancées contre l’auteur de la Défense et illustration dès 1550, dans son Quintil Horatian . 5 Si Forcadel ne nomme nulle part Du Bellay, ni aucun des poètes de la Pléiade - le seul contemporain mentionné étant Pibrac lequel n’est pas encore l’auteur des quatrains gnomiques qui le rendront célèbre - il est cependant légitime de se demander si l’auteur de La Défense et Illustration n’est pas la cible véritable de ce pamphlet discret - et pour cause - mais extrêmement violent et qui, pour cette raison, vise nécessairement quelqu’un. Cette conjecture sera donc notre projet de lecture du Prometheus , une hypothèse qui pour être argumentée implique un détour par d’autres œuvres de Forcadel, sa Necyomantia de 1544, amplifiée en 1549, et prolongée par le Prometheus , ainsi que quelques pièces françaises rapportées à celles de Du Bellay. On rattachera cet excursus à notre paraphrase du Prometheus , ellemême fondée sur la traduction partielle de Gérard Freyburger. La trame du Prometheus : le débat sur l’ imitatio L’œuvre n’ayant fait l’objet d’aucune édition récente et restant d’un accès difficile, on croit utile, avant de la commenter, d’en donner une paraphrase pour la partie qui nous intéresse, et pour la suite, un résumé. 4 Forcadel 1977, 39, note 123. 5 Voir Goyet 1990. Forcadel, Du Bellay et l’ imitatio 243 Dès l’incipit, le lecteur de Forcadel retrouve deux personnages familiers, car ils étaient déjà les protagonistes de la Necyiomantia : il s’agit d’Hephestion (Hephaïstos), qui est simultanément le dieu des inventeurs et des « forgeurs de vers », mais aussi l’ami et le protecteur du poète, autrement dit, comme on l’apprend plus loin, la « perle » des hommes : nisi qui sunt homines tui simillimi, quos ex gemmis potius informatos merito possimus asserere , « à moins qu’il n’y ait des hommes semblables à toi, qu’on pourrait dire à bon droit faits de pierres précieuses », f o 2v o -3r o . Le second est Callidème, le « double » de Forcadel. Le lieu, bien qu’imprécis, car le décor est très estompé, semble le même : un locus amoenus ( in his hortis amoenissimis , f°1r°) qui correspond à la fois à une retraite poétique et aux Champs Elysées, séjour des morts. Ce qui a changé, par rapport au premier dialogue, c’est le sujet - il est question de poétique plutôt que de droit - et surtout l’humeur des personnages. Callidème désabusé cherche désormais la solitude ( num, quaeso, nescis bene demum viuere eum, qui bene latuerit , « ne sais-tu pas qu’on ne vit bien que caché », f°1v°) fuyant « les morsures et les blâmes » des critiques. Hephestion le lui reproche ( solus deambules, et declames : ac si tibi te solummodo non aliis genitum arbitrere , « tu marches en parlant tout seul, comme si tu pensais être né pour toi et non pour les autres », f°1r°). Il fait valoir le sort commun : putas igitur aliquid esse usquam gentium, quod ictu reprehensoris insolentis vacet ? , « penses-tu qu’il soit un lieu sur terre qui soit à l’abri des coups du blâme insolent ? », f°1v°. Il s’enquiert des causes de son mal : cur […] frontem contrahis ? , « pourquoi plisses-tu le front ? », f°2r°. Callidème lui avoue qu’il se sent rejeté par Hephestion lui-même, « où que le vent des imitateurs l’emporte » ( nunc autem me ipsum proiicis, quocunque aemulorum me ventus rapuerit ) : entendons que son inspiration est tarie, et que plutôt que d’aller au devant des critiques « ingrats et injustes » ( ingratis et iniustis spectatoribus ) il renonce à écrire. En des termes sur lesquels nous reviendrons, car on les croit chargés de connotations allusives, Hephestion encourage son protégé. Il l’exhorte à surmonter l’envie ( nulla posteritatis cura afficit, ad quam non perueniet liuor ) pour produire « quelque chose se rapportant aux arts dits libéraux, délices suaves de l’âme » ( ad artes illas, quas liberales vocant, animi praedulces delicias , f°2v°). Ce n’est qu’un vœux pieux ( pie optas ) rétorque Callidème, ces arts n’ont de libéral que le nom ( liberalium nudum nomen istae retineant ). Ils servent en réalité les puissants ( et re ipsa seruiant potentioribus ). Même si, lorsque tout va bien, ils « récréent » celui qui les pratique et si, dans l’adversité, ils lui sont un refuge ( recreant tamen cultorem suum in secundis rebus et in aduersis multum praebent securitatis ac perfugii ) c’est par leurs innovations qu’ils valent quelque chose ( si quid noui mens humana de coelo adiuta introduxerit ) en apportant la gloire aux auteurs ( et authori decus praestare valeat ). Or c’est là précisément que le bât blesse : que peut faire un auteur, lorsque ses inven- Gérard Freyburger / Gilles Polizzi 244 tions lui sont dérobées ? Et quel lieu, se désespère Callidème, sera à l’abri des voleurs « quand Prométhée lui-même a pu dérober le feu dans la demeure céleste et le donner à une statue de boue » c’est-à-dire, à l’homme ? Sed quaeso, quis locus erit tutus a furibus, cum ignem de coelesti domo Prometheus abstulerit, eundemque statuae e luto fictae indiderit ? (f°2v°) Du coup Hephestion abonde dans son sens, « je vois où tu veux en venir » ( parum abest quin intelligam quorsum euadas , f°3r°) et comprend son souci : la crainte de ceux qui « volent de manière scandaleuse la production d’autrui » ( foeturam alienam nequissima arte inuolant ) et qu’il compare à cette Lamie, rivale de Junon et voleuse d’enfants ( sicut Doris refert de Lamia muliere Libyca Iunonis pellice, et proinde orbata liberis ). Ce renversement de perspective introduit le sujet de la première partie du dialogue, dont l’objet ou la cible restera pourtant caché ou prudemment tenu à distance. Comme le rappelle Hephestion, le phénomène est général. De manière inattendue, Callidème juge lui aussi cette obscure Lamia bien plus coupable, que le prudent Prométhée ( cautum Prometheum ) qui « ne gâta rien en allumant la torche d’autrui avec la sienne ». 6 Cet éloge de Prométhée est, sinon paradoxal, du moins surprenant : on attendrait plutôt une amplification de la critique - il aura ainsi trompé Françoise Joukovsky -. C’est le second indice qui nous conduit à notre hypothèse, car cette figure est, au temps de la Pléiade, l’ exemplum par excellence de « l’inspiration » au sens poétique du terme. Callidème l’explicite en développant une théorie du « feu sacré » qu’il réfère à Empédocle, mais qu’on pourrait globalement rapporter à Platon, dont il sera question plus loin, au folio 11 : l’âme est immortelle, son essence est ignée et céleste, et c’est ainsi que l’homme connaît Dieu ( ita fit, vt Deum intellectu concipiat, et peruideat , f°4r°) car nous percevons le même par le même : l’éther par l’éther et le feu par le feu ( aethera aethere, ignem igni perspicimus ). Nous voilà loin de la question du plagiat, mais la suite nous y ramène bientôt. Après avoir fait l’éloge d’Hercule qui délivra Prométhée de ses tourments et répandit ses propres inventions - il s’agit donc de l’Hercule « gallique », qui enchaîne les peuples par sa langue et personnifie la rhétorique depuis Lemaire de Belges et Geoffroy Tory jusqu’à La Défense et Illustration qui l’évoque dans sa conclusion - Hephestion reproche malicieusement à Callidème de s’être jadis volé lui-même lorsqu’il traitait du droit, en prêtant ses inventions à d’autres afin de leur donner plus d’autorité : si quid eximium et iurisconsulti animo consentaneum excogitasses, quo plus authoritatis accederet, solitum non Apollini acceptum referre, […] sed cuipiam celebris famae 6 In caput eiusmodi furum decuerat Iovem fulmen deiicere, non excandescere in cautum Prometheum sine coeli dispendio benemeritum de homine : quando flammam accepit […] , quid enim cuiquam deperit, si ex face sua alienam accendat ? , f°3v°-4r°. Forcadel, Du Bellay et l’ imitatio 245 scriptori (f°5v°). Le poète en convient, mais il prétend s’être corrigé de ce défaut (f°6r°). De sa réponse, il convient de retenir d’abord un élément de datation du dialogue : sans doute celui-ci est-il tardif puisqu’il vient après les œuvres de la maturité. L’assurance lui étant venue avec l’âge ( aetate et fiducia ) tandis que l’envie - la sienne ou plutôt celle de ses rivaux ? décroissait ( atque liuore decrescente ) Callidème-Forcadel a commencé à s’attribuer ses propres inventions et à les répandre dans ses écrits ( mea mihi asserere incepi, et scriptis meis passim inserere ). En bonne logique ce fait devrait aggraver le cas des plagiaires. Toutefois, en invoquant l’exemple topique de Sostratus, 7 l’architecte du phare d’Alexandrie qui grava son nom sur le monument, mais le fit recouvrir par un enduit - ou une pierre - friable où il fit inscrire celui du souverain, afin que le temps découvre l’identité du véritable auteur de la construction, Callidème semble moins se plaindre des vols dont il se dit victime, que du fait que ceux qui lui doivent quelque chose persistent à ne pas le reconnaître. Mais à son tour il se garde bien de les nommer, préférant évoquer un cas antique d’usurpation de paternité littéraire : Chrysippe ne serait qu’un plagiaire d’Epicure et d’Euripide, dont il était contraint de revendiquer la Médée , tant il l’avait imitée et « mélangée à ses propres livres » ( quam pene totum ille libris suis inseruerat , f°7r°) sans quoi il eut été passible d’une quadruple condamnation ( in quadruplum ideo condemnandus ) : d’abord, on le suppose, pour vol, ensuite pour dissimulation et pour altération de la matière dérobée, enfin pour fausse déclaration. C’est ainsi que l’accusation, presque contre la volonté de l’auteur, prend finalement tournure : de même que le vol dont elle est le corollaire, l’interpolation est condamnable et ceux qui la pratiquent s’identifient à Médée recuisant ses philtres : « comme par une teinture ajoutée, ils gâtent l’œuvre plus qu’ils ne la polissent » ( quinimo tanquam fuco adiecto inquinent, verius quam perpoliant ). A ce point, l’intervention d’Hephestion, qui croyant aller dans le sens des accusations de Callidème, dit presque le contraire, nous semble décisive, car elle oriente définitivement les soupçons du côté de la Pleiade. Il y a une grande différence, déclare Hephestion, entre la contaminatio , définie sur le modèle ronsardien de la pollinisation, et le pillage pur et simple : Tametsi multum intersit, vtrum apum more, quas vides horum omnium florum populari delicias, ex variis scriptoribus sensim libando opus aliud tibi concinnes, an vero mel ab earum alueariis subducas : vt solent Fuci inertes. (f°7v°) Produire une œuvre nouvelle en prélevant un peu de matière chez différents auteurs n’est pas la même chose que de voler, comme les font les bourdons un miel déjà fabriqué, tiré des alvéoles de la ruche ! 7 L’exemple est tiré de Vitruve, mais largement diffusé et repris par la plupart des auteurs de la première moitié du XVI e siècle lorsqu’il s’agit de revendiquer la propriété d’une « invention ». Gérard Freyburger / Gilles Polizzi 246 Notons que l’image choisie par Hephestion se déduit de la précédente par une simple homophonie : de fuco , teindre, à fucus , le frelon ou bourdon, d’après une citation de Virgile d’ailleurs inexactement référencée par Forcadel. 8 Bref la distinction est claire pour une fois et sa conséquence aussi : « il faut imiter les Anciens, mais non pas s’attribuer leurs œuvres » ( Imitari ergo decet priscos artifices, non illorum opera sibi ipsi ascribere , f°8r°) . De sorte que l’argument suivant étonne par sa vacuité ou son incongruité. C’est celui qu’Hephestion prête au peintre Parrhasius d’Ephèse - il sera à nouveau question de lui dans la deuxième partie du dialogue - pour « prouver » la paternité de son œuvre : Herculem Lyndium penicillo a se ita expressum, qualem in somnis viderat, praedicare solebat : quem si quis in tabula ostentare, et pro suo asserere auderet, procul dubio foret ridiculus. (f°8r°) Il avait coutume de dire que l’Hercule de Lindos avait été peint par lui tel qu’il l’avait vu en songe : si quelqu’un d’autre osait le montrer sur un tableau et le revendiquer pour sien, il serait ridicule. C’est là une étrange preuve, puisque n’importe qui pourrait s’en prévaloir. Aussi n’est-elle peut-être pas destinée à convaincre mais plutôt à désigner l’objet du délit : sur ce point aussi, on reviendra. Callidème reprend la parole pour s’assurer qu’Hephestion et lui sont bien d’accord : de même qu’après la moisson, la loi ancienne autorisait le glanage ( quoniam etsi lex vetus non vetet e segete aliena spicas decerpere , f°8v°), l’émulation et l’amplification sont permises (nefas non esse conflare opus grata aemulatione vetustatis ) à condition que de manière subtile (s ubtiliter ) donc allusive, les emprunts soient rendus - c’est-à-dire référés - à leurs auteurs initiaux. Hephestion approuve et s’emporte une dernière fois contre les voleurs (f°8v°-9r°). Ceux-ci sont « tellement impudents qu’il rougissent ( qui tam impudenter transcribunt, vt erubescant ) en se trouvant convaincus de manière si évidente, qu’il n’y a pas de contestation possible » ( tam euidenter arguuntur, vt non sit inficiari ): on s’attend à ce que ces « voleurs » soient enfin nommés. S’ils ne le sont pas, c’est que « certains d’entre eux sont à un si haut grade d’honneur et de fortune qu’il ne se trouve personne pour leur dire que la corneille d’Esope n’est parée, et seulement pour un temps, que des plumes d’autrui »: Sed quia aliqui eorum in conspicuo honoris et fortunae gradu sederunt, vix extat, qui eis ausit exprobrare cornicem Aesopi alienis plumis ac coloribus ad tempus insignem. (f°8v°-9r°) 8 Ignavum Fucos pecus a praesepibus arcent , Géorgiques 4, 167-168 et non pas Eneide 1. Forcadel, Du Bellay et l’ imitatio 247 Il reste alors à nos deux amis à se résigner, au nom de la philosophie, de la religion et de l’histoire. Au folio 11, Socrate et l’Evangile dispensent tour à tour leurs consolations. Matthieu n’a-t-il pas proclamé que « Dieu lui-même se réjouit que violence soit faite au ciel, permettant généreusement que ses trésors soient pillés » ( Gaudet enim deus vim coelo fieri, et aerarii sui compilationem arduis affrectoribus liberrime permittit , f°11r°) ? Il est évidemment permis de douter de la sincérité de ce détournement d’un verset bien connu de l’Evangile. 9 Par ailleurs, « Dieu ne répandant pas ses trésors d’un seul coup », « il est possible que chacun ajoute quelque chose à l’œuvre d’autrui comme cela a été fait par les Anciens puisque les arts comme l’atteste Varron ont été constitués en Grèce durant mille ans » : Caeterum cum deus munificus erogator bonorum non omnia simul sed paulatim largiri, et in dies instillare, consueuerit, est quod quisque adiicere laudabiliter possit, nedum cum venia operi alieno, vt factitatum a priscis scriptoribus certissimum est circa artes omnes, quas quidem in Graecia intra mille annos inuentas fuisse Varro tradit. (f°11r°-v°) Une fois atteint ce degré d’élévation morale autant que de platitude, la conversation semble devoir s’achever, la matière du débat étant épuisée. Elle est pourtant relancée par un nouveau développement sur l’imitation désormais recommandée, sur le modèle de la peinture, nourri des exemples de Polygnote, des fameux raisins de Zeuxis et de l’art d’Appelle. Ouvrons ici une parenthèse pour regretter l’absence de Perrine Galand-Hallyn, qui n’a pu se joindre à nous. Ses lumières nous manquent pour prendre la mesure du rôle que joue le paradigme pictural dans la définition et la perception de l’esthétique littéraire « moderne », au milieu du XVI e siècle. 10 Toutefois il est clair qu’en donnant au terme d’ imitatio un sens pictural, on change de sujet : il n’est plus question d’emprunts littéraires, mais du réalisme ou de l’illusionnisme de la mimesis . Bien sûr la littérature reste l’enjeu. Car ce changement de paradigme permet le transport du débat, à partir du folio 12 et jusqu’à la fin, au folio 23, sur la question générale - c’est-à-dire beaucoup moins anecdotique - de l’imitation de Ciceron, dont se plaignent avec véhémence les deux protagonistes. Pour ne pas nous écarter trop de notre propos, on se contentera d’esquisser les principaux traits de cette critique. Du point de vue du juriste cher à Forcadel, Ciceron ne serait pas seulement un avocat véreux et un juriste peu scrupuleux, mais aussi un traître qui, en feignant de monter la garde aux remparts de la Justice et de l’Etat, aurait livré la citadelle à l’ennemi ( hostili prodit animo , f°17v°). Et sur le plan de la rhétorique, ses trop nombreux disciples - sont-ils deux ou trois, ou bien six cents 9 Cf. Mathieu 11, 12 : « […] le Royaume de Dieu est assailli avec violence et ce sont les violents qui l’arrachent ». 10 On renvoie donc à ses travaux sur l’ekphrasis et la poésie néo-latine de la Renaissance : Galand-Hallyn 1994 et 1995. Gérard Freyburger / Gilles Polizzi 248 comme l’affirme mystérieusement Hephestion - sont comparables aux Ménades qui déchirèrent Orphée (f°18r°-v°). Le sujet est dangereux, poursuit-il, car ces cicéroniens qu’on suppose modernes forment une armée redoutable et « sous prétexte de défendre l’orateur […] ils se rueront contre nous » ( in nos irruent , f°18v°). Pour préciser des griefs qui, il faut bien l’avouer, restent nébuleux, Hephestion revient alors au paradigme pictural. Toujours à propos des cicéroniens, il évoque tour à tour le tableau de Galaton, qui peignit Homère vomissant ( Homerum vomentem pinxit , f°19r°) tandis que les poètes recueillaient ses restes ( reliquos circum poetas auide quae euomuisset haurientes ) puis celui de Parrhasius qui fit torturer un esclave pour représenter « au vif » son Prométhée au Caucase : c’est comme « noyer un homme pour peindre un naufrage » ( quasi mergeret hominem, vt propius naufragium simularet , f°21r°-v°). Comme dans sa première partie, le dialogue s’achève sur une palinodie : la proposition - ironique ? - d’offrir un sacrifice au mânes de Cicéron offensé (f°21v°-22r°) et une apparition qui relie d’un fil ténu les deux moitiés du dialogue. La vision, prise pour un signe, de trois étoiles ( tres scintillae coelestes , f°23v°) qui « brillent parmi les violettes d’un pré déjà butiné par les abeilles » ( quas illic fulgere vides in violariis, e quibus apes multum mellitae vindemiae ante coegerunt ). « Allons voir, dit Callidème méfiant, si ce sont des étoiles ou des vers luisants ». On imagine que ce pré s’orne des « fleurs » de la poésie moderne et qu’Héphestion accorde à Forcadel-Callidème le mérite de l’avoir fécondé avant les autres ; il nous reste à dire pourquoi, en remettant dans leur ordre les syntagmes sur lesquels repose notre projet de lecture. Forcadel et la Pléiade : imitatio , aemulatio , ou plagiat ? Pour revenir brièvement sur le deuxième volet du débat - car il n’est pas l’objet principal de notre étude - disons d’emblée notre sentiment. Nous supposons que les cicéroniens dont Hephestion et Callidème redoutent l’ire, car ils sont nombreux et puissants, ne sont autres que les poètes français de la Pléiade. On doit cette hypothèse à la lecture du beau livre de Kees Meerhoff 11 qui a montré l’importance, sur le terrain de la poétique, comme de la rhétorique, de la querelle entre partisans et adversaires de Cicéron, qui aura traversé tout le siècle. Commencée en 1528 entre Erasme et Longueil, elle se prolonge avec d’autres enjeux jusqu’en 1580 chez Tabourot des Accords. Elle implique directement la poétique de la Pléiade : c’est l’un des enjeux de la Défense et Illustration et, une décennie plus tard, elle s’actualise en relation avec le Ciceronianus de Ramus (1557). En prenant la chose par le petit bout de la lorgnette, c’est là un indice pour dater la composition de notre 11 Meerhoff 1986. Forcadel, Du Bellay et l’ imitatio 249 dialogue. L’appellation de « Pléiade » - si c’est bien cette constellation que désignent les trois étoiles qui scintillent dans le pré d’Héphestion - semble en usage seulement autour de 1560. Et ce repère contextuel s’accorde aux éléments de datation interne qu’on a déjà relevés. Ceux-ci, on l’a vu, situent la composition du texte après la maturité du poète, c’est-à-dire après la Necyomantia amplifiée en 1549, la Sphaera legalis parue la même année, ainsi que le Cupido jurisperitus , accompagné, en 1553, d’une réponse aux critiques qui lui reprochaient de mêler ces matières inconciliables que sont le droit et l’amour. 12 La parution des épigrammes latines 13 l’année suivante oblige à différer d’au moins un an la désillusion que reflète le Prometheus . C’est en effet entre 1554 et 1571 que la bibliographie révèle un long silence éditorial, tandis que la reprise des publications marque une réorientation du côté de l’historiographie : il semble que Forcadel, réellement désabusé, ait renoncé prématurément et définitivement à ses ambitions poétiques. Il faut alors en chercher la cause ; une cause que l’auteur lui-même n’a pu se résoudre à exposer clairement dans un texte qu’il se sera refusé à publier de son vivant, en nous demandant quelle partie de son œuvre a pu souffrir d’un « plagiat » et qui pourrait être le « coupable » ? A la deuxième question, on a répondu par avance en supposant que Joachim Du Bellay était la cible, tout en évitant de superposer à notre paraphrase l’hypothèse qu’il nous faut maintenant considérer. Chronologiquement la chose est possible : les deux poètes sont contemporains ; toutefois le décès prématuré de Du Bellay situerait la rédaction du Prometheus , assez tôt, entre 1558, date à laquelle les ressemblances apparaissent et 1560, terminus a quo après lequel toute protestation devient inutile voire indécente - on s’explique ainsi la publication tardive du dialogue -. Quant à la première question, à considérer l’ensemble du corpus forcadélien, il est peu probable que le mélange de la fiction et du droit caractéristique des œuvres longues ait suscité en son temps, une aemulatio à la fois précise, ponctuelle, et en quelque façon, meurtrière. Il est possible, mais nous n’en avons pas connaissance, que d’autres pièces latines soient en cause. Il est en tous cas certain que les œuvres poétiques françaises de Forcadel ont été, dès l’origine, il nous l’apprend lui-même, « estimées » par Ronsard ; 14 et qu’une au moins de ses pièces a été imitée de fort près. Il s’agit de l’une des Six visions sur la triste fin d’Amour imitées de la canzone Standomi un giorno a la fenestra de Pétrarque, et à leur tour reprises et amplifiées par Du Bellay dans le Songe qui fait suite aux Antiquitez de Rome . Dans l’édition de 1551 de ses Poésies (Lyon, Jean de Tournes), Forcadel avait écrit : 12 Forcadel 1553. Voir sur ces critiques l’introduction de Françoise Joukovsky, Forcadel 1977, 37. 13 Forcadel 1554. Voir la communication de Tobias Leuker dans le présent volume. 14 Cf. Forcadel 1977, introduction, 7. Gérard Freyburger / Gilles Polizzi 250 J’ay veu basti en croupe d’un haut mont Un fort chasteau tout d’Esmeraude fine, […] Cimenté d’or & parfait en son rond. En divers lieux les Diamants y sont 5 Historiez d’œuvre plus que divine. Qui pourra voir plus superbe machine ? 15 Au sonnet 2 du Songe de 1558, Du Bellay transpose à peine : Sur la croppe d’un mont je vis une Fabrique De cent brasses de hault : cent columnes d’un rond Toutes de diamant ornoient le brave front Et la façon de l’œuvre estoit à la dorique. […] Le pavé fut de jaspe et d’esmeraulde fine. 16 Et si les deux pièces diffèrent par leur référent, amoureux dans un cas, historique, dans l’autre, les deux « fabriques » connaissent un destin semblable : Après je vy mettre en abyme Mont & Chasteau, & le tout englouti Fut en un lac estrange converty Monstrant que rien n’est seur au Monde infime. 17 O vanité du monde ! un soudain tremblement Faisant crouler du mont la plus basse racine Renversa ce beau lieu depuis le fondement. 18 Quoique la critique ne s’y attarde guère, et que Françoise Joukovsky, qui a publié l’un et l’autre poète, n’en dise mot, la ressemblance est notable « sans contestation possible » comme dirait Callidème, ou comme il le dira si c’est bien de cela qu’il s’agit. Elle n’est pourtant pas honteuse. Elle nous apprend que Du Bellay, qui rivalise avec Marot, premier traducteur de la canzone, se sert du texte de Forcadel, comme d’un tremplin pour sauter plus haut: l’intertexte - non référencé il est vrai, mais dans le Songe aucune des sources ne l’est - s’intègre à une suite de séquences qui, partant de l’emblématique architecturale des ruines, épure et stylise sa matière, pour donner à sa transposition l’ampleur d’une authentique « vision » de l’histoire romaine. C’est en vain qu’on chercherait cette largeur de vue chez ses devanciers, italiens ou français. Sachant en outre que ledit Songe fera à son tour, l’objet d’un dé- 15 Forcadel, Six visions de la triste fin d’Amour , 6, v. 1-2, 4-7. 16 Du Bellay, Songe , 2, v. 1-4 et 11. 17 Forcadel, Six visions de la triste fin d’Amour , 6, v. 11-14. 18 Du Bellay, Songe , 2, v. 12-14. Forcadel, Du Bellay et l’ imitatio 251 tournement dans ses adaptations néerlandaise par Jan Vander Noot et anglaise par Spencer ; sachant enfin que, comme l’a rappelé récemment Marie Luce Demonet, la pratique de l’ imitatio se conçoit bien plus largement et plus librement au XVI e siècle qu’aux temps modernes, 19 on en vient à s’étonner de l’amertume de Callidème, si cette malheureuse pièce en est la cause. A moins que, comme cela nous semble le cas, l’ imitatio ne s’étende au delà - et en deça - du sonnet 2 du Songe . Et de fait le prototype de « l’Arbre Dodonien » du sonnet 5 du Songe , lequel est aussi le « chêne de Pompée » du sonnet 28 des Antiquitez , figure au sonnet 1 des Visions de Forcadel : « Et vey en songe un arbre qui estoit / haut ramé, verd, fleuri et qui portoit / fruit d’or, difficile à conquerre […] ». Ce n’est qu’un détail ; on pourrait en trouver d’autres ; mais pour mieux fonder et comprendre le parallèle, mieux vaut se tourner vers l’œuvre latine de Forcadel, en l’occurrence, l’incipit de la Necyomantia , traduit et commenté par Nathalie Dauvois. 20 On y trouve une intéressante théorie de l’inspiration poétique qu’on pourrait qualifier de « magique » ou de «nécromantique» : Callidemus : […] ne quid ego taceam amico non vulgari, non est, quod meam eruditionem mireris diutius : cum ad eam, non magis labore et vigiliis, quam repentino quodam numine, perductus sim. […] Iurisconsultorum potitus sum colloquio. […] vero ipsos ad me venire compuli occulta vi carminum, qua possum manes elicere, Solem extinguere, orcum illuminare, elementa committere, et, Sistere aquam fluviis & vertere sydera retro. 21 Callidème : […] afin que je ne cache rien à un ami distingué il n’y a pas lieu d’admirer mon savoir plus longtemps, car je n’y suis pas arrivé par le travail et la veille mais par une inspiration soudaine. […] j’ai eu un entretien avec les jurisconsultes. […] je les ai forcés à venir à moi par la force occulte de mes chants, par lesquels je peux évoquer les mânes, éteindre le soleil, illuminer les Enfers, faire se rencontrer les éléments et arrêter l’eau des fleuves et faire revenir les étoiles sur leurs pas . 22 Sous l’angle de la poétique, ces lignes écrites avant la Défense et Illustration 23 et publiées la même année entrent en conflit avec les préceptes exposés par Du Bellay dans son manifeste : « qu’on ne m’allègue point aussi que les poètes naissent […] qui veut voler par les mains et bouches des hommes doit longuement demeurer en sa chambre […] ». 24 Elles préfigurent pourtant la conception « magique » mise en œuvre dix ans plus tard dans les Antiquitez : « Si des humains la voix se peult estendre / Depuis icy jusqu’au fond des enfers / Soient à mon cry les abymes ouvers / Tant que d’abas vous me puissiez 19 Cf. Demonet 2008. 20 Dauvois 2006. 21 Forcadel 1549, 16-17. 22 Traduction de Nathalie Dauvois, cf. Dauvois 2006, 97, note 1. 23 Les pièces liminaires de l’édition de 1549 de la Necyomantia sont datées de 1548. 24 Du Bellay 2007. Gérard Freyburger / Gilles Polizzi 252 entendre » ; 25 ou bien, « Rome n’est plus […] / C’est comme un corps par magique sçavoir / Tiré de nuict hors de sa sépulture ». 26 Notons, si c’est plus qu’un topos , que chez Du Bellay, cette conception littéralement nécromantique réfère allusivement aux vers de Virgile ( Eneide 6, 134-135) invoqués par Hephestion dans le passage qu’on vient de citer : Dictes Esprits (ainsi les ténébreuses 5 Rives du Styx non passable au retour, […] N’enferment point vos images umbreuses) Dictes moi donc […] 27 Hephaestion : […] Mercurius te illo perduxit, aut quis deduxit ? habuisti Orphei citharam, Herculis clavam, vel Sibylla potius duce factum extitit, ut posses Bis Stygios innare lacus, bis nigra videre Tartara ? 28 Hephestion : […] Qui t’a conduit ? Mercure ? Disposais-tu de la cithare d’Orphée, de la massue d’Hercule, ou une sibylle t’a-t-elle guidé pour que tu puisses Deux fois passer le lac du Styx et deux fois contempler Le Tartare ? Il y a entre la Necyomantia et les Antiquitez de réelles affinités. La reconstitution du rituel antique de l’évocation des morts, sérieuse, naïve et appliquée chez Forcadel, fictive ou affectée chez Du Bellay, mais couplée chez l’un et l’autre à l’ ekphrasis architecturale, en est le signe. Notons enfin que ces ressemblances ne créent aucune dette. Elles s’expliquent par l’imitation, précise chez Forcadel, beaucoup plus lointaine chez Du Bellay, de l’ Hypnero tomachia Poliphili de Francesco Colonna, traduite par Jean Martin en 1546. Forcadel, dès 1544 et jusqu’en 1553, emprunte à cet ouvrage des décors « à l’antique ». 29 Quant à Du Bellay, qui en 1549 mentionne Jean Martin parmi les traducteurs qu’il estime, 30 il semble tirer parti de la vogue du Songe de Poliphile pour augmenter ses Antiquitez d’un Songe qui fait une large place à 25 Du Bellay 2002, 1, v. 5-8. 26 Du Bellay 2002, 5, v. 5, 7-8. 27 Du Bellay 2002, 15, v. 5-6, 8-9. 28 Forcadel 1549, 17. 29 L’imitation porte sur les décors « à l’antique » de la Necyomantia . Elle a été signalée par Françoise Joukovsky (Forcadel 1977, introduction, 34) et mériterait à elle seule une étude. Nathalie Dauvois à qui on doit les informations qui actualisent notre perspective - qu’elle en soit vivement remerciée - et dont on signale qu’elle a entrepris la numérisation des œuvres latines d’Etienne Forcadel sur le site de la bibliothèque municipale de Toulouse, nous apprend que la reprise des motifs colonniens se prolonge dans le Cupido jurisperitus . 30 Cf. l’ Avertissment de l’Olive de 1549. Jean Martin est par ailleurs nommé dans la Museognomachie ; Ronsard lui écrira une épitaphe à sa mort, en 1552. Forcadel, Du Bellay et l’ imitatio 253 l’emblématique architecturale. On peut dès lors comprendre le sentiment de Callidème-Forcadel, sans pour autant le partager. Ses reproches ne visent pas la réécriture ponctuelle d’un simple sonnet, mais la reprise d’un procédé que l’auteur du Prometheus considère comme sa principale « invention ». Et ce qui le blesse, c’est moins sans doute d’être imité que n’être pas nommé, ni « reconnu ». C’est bien compréhensible : en français tout au moins, sa poétique, fondée sur la paronomase et l’ingéniosité du trait, s’apparente beaucoup trop au modèle marotique que les « nouveaux » poètes s’efforcent de rejeter dans l’oubli. S’il reste un doute - avouons qu’il y en a un, mais qu’il tient surtout au silence de Françoise Joukovsky - suspendons notre jugement le temps de relire le Prometheus . On s’avise alors que le texte semble faire écho à l’œuvre de Du Bellay, comme pour désigner allusivement ( subtiliter ) sa cible. Non seulement l’étrange « preuve par le songe » prêtée à Parrhasius pourrait conduire, chez Du Bellay, à la pièce qui porte ce titre, mais d’abord et surtout, on ne peut entendre les premiers mots du dialogue qui peignent la tristesse de Callidème ( nulla posteritatis cura afficit […] ut a Fato meo rursus viverem ), sans se remémorer les vers du sonnet 6 des Regrets auxquels il font écho : Maintenant la fortune est maîtresse de moi ; […] De la postérité je n’ai plus de souci, Cette divine ardeur, je ne l’ai plus aussi, […] 31 Avouons aussi que c’est par là que nous avons commencé : est-ce une coïncidence si Forcadel en son latin retrouve les mots français de Du Bellay pour se plaindre de la perte de son inspiration ? Faut-il comprendre qu’il ironise en paraphrasant un poème qu’il tient pour un aveu ? D’autres échos pourraient s’entendre dans le Prometheus : quelques lignes plus loin, l’invocation de la poésie « refuge » rappelle les effusions du sonnet 13 des Regrets, « Maintenant je pardonne à la douce fureur », tandis qu’au milieu du dialogue, la mention de la loi sur le glanage ne manque pas d’évoquer le « champ semé » du sonnet 30 des Antiquitez , « que chacun va pillant » : […] comme on voit le glaneur Cheminant pas à pas recueillir les reliques De ce qui va tombant après le moissonneur. 32 On croit toucher ici aux limites de ce qui, en matière d’allusion, reste démontrable, aussi laisserons-nous le lecteur juger de la pertinence du rappro- 31 Du Bellay , Regrets , sonnet 6, v. 9, 12-13. 32 Du Bellay, Antiquitez, sonnet 30, v. 12-14. Gérard Freyburger / Gilles Polizzi 254 chement. Le dilemme est clair : si nous avons tort, le texte est vraiment mystérieux et il faudrait essayer de le comprendre. Si nous avons raison, le Prometheus est vraiment une pièce intéressante. Au delà du caractère anecdotique de ses plaintes, il apparaît comme un document précieux dans le contexte de la première réception de la Pléiade. Et quoi qu’il en soit, on y trouve une définition « en creux » de l’ imitatio qui vaut d’être croisée avec celles que proposent les « nouveaux » poètes. Les différences dessinent clairement et subtilement la ligne de partage entre l’ancien et le nouveau. A l’échelle la plus précise, celle du style, parce que ni Du Bellay, ni Ronsard d’ailleurs, ne jouent le jeu de la référence comme le voudrait Forcadel, leur pratique de l’ imitatio ou de la translatio passe facilement pour ce qu’elle n’est pas : un plagiat pur et simple. On a beau sympathiser avec Forcadel, force est de reconnaître qu’il ne comprend pas les effets polysémiques que Du Bellay sait tirer de la superposition d’intertextes multiples habilement conjugués dans les Antiquitez et le Songe. 33 A l’échelle intermédiaire, celle des motifs et des modèles, l’assimilation des poètes de la Pléiade aux « cicéroniens » n’est pas moins intéressante. Elle confirme les vues de Kees Merhoff ; peut-être prolonge-t-elle aussi celles de Perrine Galand-Hallyn ; car le recours systématique à l’ ekphrasis pour décrire les travaux des « cicéroniens » est ambigu. Forcadel choisit ses exemples pour leur outrance (Homère vomissant, Parrhasius torturant son modèle) ; mais peut-on qualifier cette outrance d’ enargia ? Et si oui, à quoi vise-t-elle ? On croit que notre poète retourne contre ses adversaires leurs propres armes : l’expressionnisme d’une poésie qui, autour de 1560 n’est pas encore « classique ». Enfin à l’échelle la plus générale, celle des poétiques, l’attaque contre le cicéronianisme « à la française », nous apprend - ce n’est pas le moins étonnant - que dix ans après le martial explicit de la Défense et Illustration (« La donq, Françoys, marchez courageusement vers cette superbe cité romaine : et des serves dépouilles d’elle (comme vous avez fait plus d’une fois) ornez vos temples et autels ! »), 34 la théorie de l’imitation-pillage pourtant démentie par la pratique, pouvait encore servir de support à la critique de la poésie « nouvelle ». Ce sont là, croyons-nous, les principaux enseignements, ainsi que les enjeux du Prometheus. Gilles Polizzi Bibliographie Aneau, Barthélemy : Quintil Horatian sur la Deffense et illustration de la langue française, Lyon 1550. 33 On se permet de renvoyer à notre article : Polizzi 2003. 34 Du Bellay 2007, « conclusion de tout l’œuvre ». Forcadel, Du Bellay et l’ imitatio 255 Forcadel, Etienne : Necyomantia jurisperiti, sive de occulta jurisprudentia dialogi, Lyon 1544 / 1549a. Forcadel, Etienne : Sphaera legalis, Lyon 1549b. Forcadel, Etienne : Cupido jurisperitus, Lyon 1553. Forcadel, Etienne : Epigrammata, Lyon 1554. Forcadel, Etienne : Prometheus sive de raptu animorum. Dialogus festivissimus, alienae inventionis praedones & ineptos imitatores incessens. Steph. Forcatulo Iurisconsulto autore, Paris 1578. Forcadel, Etienne : Œuvres poétiques opuscules, chants divers encomies et élégies, texte établi, annoté et commenté par Françoise Joukovsky, Genève 1977 (Textes littéraires français, vol. 237). Du Bellay, Joachim : Les Regrets suivis des Antiquitez de Rome et du Songe, édition critique par François Roudaut, Paris 2002 (Les Classiques de Poche). Du Bellay, Joachim : La deffence, et Illustration de la langue françoyse & L’Olive. Texte établi avec notes et introduction par Ernesta Caldarini, édition critique par Jean-Charles Monferran, Genève 2007 (Textes littéraires français, vol. 943). Dauvois, Nathalie : « Jura sanctissima fabulis et carminibus miscere ». La concorde de la poésie et du droit dans quelques traités d’Étienne Forcadel : la Necyomantia (1544), la Sphaera legalis (1549), le Cupido jurisperitus (1553), in Nathalie Dauvois (ed.), L’Humanisme à Toulouse (1480-1596). Actes du colloque international de Toulouse, mai 2004 , Paris 2006 (Colloques, congrès et conférences sur la Renaissance européenne, vol. 54), 91-105. Dauvois, Nathalie : Paroles de sphynx. Enigmes poetiques, enigmes juridiques dans le Cupido jurisperitus d’Etienne Forcadel (1553), in Daniel Martin / Pierre Servet / André Tournon (eds.), L’énigmatique à la Renaissance : formes, significations, esthétiques. Actes du colloque organisé par l’association Renaissance, Humanisme, Réforme (Lyon, 7-10 septembre 2005), Paris 2008 (Colloques, congrès et conférences sur la Renaissance européenne, vol. 59), 445-458. Demonet, Marie-Luce : Final Remarks : Grading Plagiarism, in Hall Bjørnstad (ed.), Borrowed Feathers, Plagiarism and the Limits of Imitation in Early Modern Europe, Oslo 2008, 229-234. Galand-Hallyn, Perrine : Le reflet des fleurs : description et métalangage poétique d’Homère à la Renaissance, Genève 1994 (Travaux d’Humanisme et Renaissance, vol. 283). Galand-Hallyn, Perrine : Les Yeux de l’éloquence : poétiques humanistes de l’évidence, Orleans / Caen 1995 (Collection l’Atelier de la Renaissance, vol. 5). Goyet, Francis (éd.) : Traités de poétique et de rhétorique de la Renaissance, Paris 1990 (Le Livre de Poche Classique). Meerhoff, Kees : Rhétorique et poétique en France au XVI e siècle Du Bellay, Ramus et les autres, Leiden 1986 (Studies in Medieval and Reformation Thought, vol. 36). Polizzi, Gilles : « La toile de Pénélope »: le Songe de Du Bellay comme anamorphose, in Nathalie Dauvois / Jean-Philippe Grosperrin (eds.), Songe et songeurs (XIII e -XVIII e siècle), Québec 2003 (Les collections de la République des Lettres). Gérard Freyburger / Gilles Polizzi 256 Annexe : Extraits du Prometheus (Traduction : Gérard Freyburger) PROMETHEUS : qui alias de raptu animorum est dialogus, aduersus alienae solertiae praedones atque imitatores inconsultos. Interlocutores. HEPHESTION, CALLIDEMUS 1) f o 1r o -2v o HEPHESTION. Ne indigneris, o bone Callideme, quod dixi te non satis consulto auditore uti, cum solus in his hortis amoenissimis, et pene tacitis, nisi riuus ipsos findens abstreperet, solus deambules, et declames : ac si tibi te solummodo non aliis genitum arbitrere. CALLIDEMUS. Num, quaeso, nescis bene demum viuere eum, qui bene latuerit, et morsus ac reprehensiones illorum effugerit, qui dum aliis mederi student, semper febriunt usque ad delirium : et e duobus tria perspicere consueuerunt ? HEPHAESTION. Quid ais ? putas igitur aliquid esse usquam gentium, quod ictu reprehensoris insolentis vacet ? [...] Cur, amabo, frontem contrahis, et e serena plane nubilam facis ? CALLIDEMUS. Quia antea te mihi non minus timentem cognoui, generose Hephaestion, quam tu nihil consueuisti metuere, nunc autem me ipsum proiicis, quocumque aemulorum me ventus rapuerit : non vtique deessem ego facultati scribendi, postquam illa mihi non deficit, nisi satius esset in otio desidere quam sedulo currere coram ingratis et iniustis spectatoribus. HEPHAESTION. Te igitur, vt quidem audio, nulla posteritatis cura afficit, ad quam non perueniet liuor, durabit industriae et diligentiae recordatio, atqui si dono dei mihi concessum esset, vt a Fato meo rursus viuerem (quo flagro editionis desiderio) nulli profecto parcerem operae, nulli studio, vel periculo : non modo si possem serium non nihil ad ius ciuile pertinens excogitare, sed etiam ad artes illas, quas liberales vocant, animi praedulces delicias. Forcadel, Du Bellay et l’ imitatio 257 « PROMETHEE, dialogue sur le rapt des esprits, contre les voleurs du savoir-faire d’autrui et les imitateurs irréfléchis ». Interlocuteurs : Hephestion, Callidème 1) f o 1r o -2v o HEPHESTION « Ne t’indigne pas, mon bon Callidème, de ce que j’aie dit que tu traitais ton interlocuteur avec trop de légèreté en te promenant seul dans ces très agréables jardins, où il n’y avait pour tout bruit que celui du ruisseau qui les traversait, et en te répandant en invectives, comme si tu pensais être né pour toi seul et non pas pour d’autres ». CALLIDÈME « Ne sais-tu donc pas, je te le demande, que ne vit bien que celui qui vit caché et fuit les morsures et les blâmes de ceux qui, en cherchant à soigner les autres, sont toujours fiévreux jusqu’au délire et ont coutume de voir trois choses là où il n’y en a que deux ? ». HEPHESTION « Que dis-tu là ? Penses-tu qu’il existe un lieu, où que ce soit sur la terre, qui soit à l’abri des coups du blâme insolent ? [...] Mais pourquoi, je te prie, contractes-tu ton front et le rends-tu, de serein qu’il était, tout crispé ? ». CALLIDÈME « Parce que, auparavant, je t’ai connu, généreux Hephestion, craignant non moins pour moi que tu ne craignais habituellement quoi que ce fût ; or, à présent, tu me rejettes moi-même, où que le vent des imitateurs m’emporte. Pour ma part, en tout cas, je ne manquerais pas d’apporter mon concours à la capacité d’écrire, depuis qu’elle ne me fait pas défaut, s’il n’était pas préférable de rester inactif plutôt que de courir avec zèle au-devant des critiques ingrats et injustes ». HEPHESTION « A ce que j’entends, aucun souci de la postérité ne te touche, alors que l’envie n’y parviendra pas mais qu’y restera le souvenir de l’activité et de la diligence : or, en ce qui me concerne, si, par un don de Dieu, il m’était concédé d’avoir le destin de revivre (brûlant du désir d’éditer), je n’épargnerais assurément aucune peine, aucune étude, aucun danger pour être en mesure de produire non seulement quelque chose de sérieux, ayant trait au droit civil, mais encore quelque chose se rapportant aux arts qu’on dit libéraux, délices suaves de l’âme ». Gérard Freyburger / Gilles Polizzi 258 2) f o 2v o -3r o CALLIDEMUS. Pie optas : nam et si liberalium nudum nomen istae retineant, et re ipsa seruiant potentioribus, recreant tamen cultorem suum in secundis rebus, et in aduersis multum praebent securitatis ac perfugii, maxime si quid noui mens humana de coelo adiuta introduxerit, quod iis qui viuunt hominibus, futuris etiam, vtilitatem cum oblectamento, et authori decus praestare valeat. Sed, quaeso, quis locus erit tutus a furibus, cum ignem de coelesti domo Prometheus abstulerit, eundemque statuae e luto fictae indiderit ? nisi si qui sunt homines tui simillimi, quos ex gemmis potius informatos merito possimus asserere. HEPHAESTION. Parum abest, quin intelligam quorsum euadas : times tibi a peruerso genere mortalium, qui inuenta aliena sibi ascribunt, et gignendi impotentes, foeturam alienam nequissima arte inuolant : sicut Doris refert de Lamia muliere Libyca Iunonis pellice, et proinde orbata liberis : ex quo alienos clam rapere et sibi vendicare non cessat, nocturnis praesertim incursionibus. 3) f o 3r o -3v o CALLIDEMUS. In caput eiusmodi furum decuerat Iouem fulmen deiicere, non excandescere in cautum Prometheum sine coeli dispendio benemeritum de homine : quando flammam accepit ἐν κοίλῳ νάρθηκι, id est, in concaua ferula, vt ait Hesiodus, quid enim cuiquam deperit, si ex face sua alienam accendat ? HEPHAESTION. Nihil omnino, et ideo nequeo non dolere vicem Promethei, si verum est, illum adhuc iecur aeternum pascendum praebere aquilae in monte Caucaso : et sanguine suo liquasse niues : vbi luctu et lamentis se conficit : […] Forcadel, Du Bellay et l’ imitatio 259 2) f o 2v o -3r o CALLIDÈME « Ton vœu est pieux, car, même si ces arts n’ont peut-être de libéral que leur nom et sont en réalité au service des puissants, ils raniment cependant dans les circonstances heureuses celui qui les pratique et lui apportent dans l’adversité beaucoup de sécurité et un grand refuge, surtout si l’esprit humain, aidé depuis le ciel, y a introduit quelque chose de neuf, qui puisse fournir aux hommes actuels et aussi futurs l’utilité avec le divertissement et à l’auteur la gloire. Mais, je te le demande, quel lieu sera à l’abri des voleurs quand Prométhée a volé le feu dans la demeure céleste et l’a donné à une statue façonnée avec de la boue, à moins qu’il n’y ait des hommes tout à fait semblables à toi, que nous pourrions dire à bon droit formés de pierres précieuses ? ». HEPHESTION « Peu s’en faut que je ne comprenne où tu veux en venir. Tu crains pour toi le genre humain pervers qui s’attribue les inventions des autres et qui, incapable de créer, vole de manière scandaleuse la production d’autrui, comme le rapporte Doris au sujet de Lamia, une rivale de Junon, privée ensuite de ses enfants : elle ne cesse depuis de voler en secret les enfants des autres et de les revendiquer comme siens, surtout par des incursions nocturnes ». 3) f o 3r o -3v o CALLIDÈME « Il aurait convenu que Jupiter lançât la foudre sur la tête des voleurs de ce genre et non pas qu’il s’enflammât contre le prudent Prométhée, qui a bien mérité du genre humain sans préjudice pour le ciel. Quand il reçut la flamme ἐν κοίλῳ νάρθηκι, c’est-à-dire dans une baguette creuse comme le dit Héliodore, que gâta-t-il pour qui que ce soit en allumant la torche d’un autre avec la sienne ? ». HEPHESTION « Absolument rien, et je ne peux de ce fait ne pas déplorer le sort de Prométhée, s’il est vrai qu’il offrit son foie, éternel, à un aigle pour être dévoré par lui sur le Caucase, et qu’il liquéfia les neiges de son sang lorsqu’il se consuma de chagrin et de lamentations, [...] ». Gérard Freyburger / Gilles Polizzi 260 4) f o 3v o -4r o CALLIDEMUS. Quid agas, cum eximia gloria saepius fortunae quam virtutis sequela sit ? Quin etiam infelix virtus et noxia felix. […] quanto pretiosius et plausibilius fuit humanae societati munus excelsum flammae nunquam extinguendae, sed tum quoque splendidos radios emissurae, cum ignis Vestae deae sacer defecerit ? quippe cum animus hominum mortis expers intelligatur. Igneus est illis vigor et coelestis origo. Ita fit, vt Deum intellectu concipiat, et peruideat. Nam Deus qui spiritus est, ut ipsemet de se attestatur, et alibi ignis consumens dicitur, haud dubie spiritu et ignito animo cognoscitur : quia, vt placet Empedocli, aethera aethere, ignem igni perspicimus. […] 5) f o 4v o -5r o HEPHAESTION. Iure igitur laudauero inuictum Herculem, quia aquilam Prometheo iugiter infestam sagittis interemerit ? CALLIDEMUS. […] HEPHAESTION. Quanto illud Herculi laudabilius est, ac cunctis magis fructuosum, quod in astrorum notitia et in coelestibus causis, minime curua in terram cogitatione, plurima atque eximia excogitarit ? [...] 6) f o 5v o -6r o HEPHAESTION. Memini tamen te in adolescentia in frequenti auditorio ius enarrantem, si quid eximium et iurisconsulti animo consentaneum excogitasses, quo plus authoritatis accederet, solitum non Apollini acceptum referre, ut Lycurgus, sed cuipiam celebris famae scriptori. CALLIDEMUS. Non diffiteor, sed paulatim accedente aetate et fiducia, atque liuore decrescente, mea mihi asserere incepi, et scriptis meis passim inserere. Scis, opinor, cuiusmodi sint, quae fecerit Sostratus industrius sane vir, cum in Pharo insula Aegypti turrim excelsam prospere aedificaret, incidit quidem nomen suum lapidi penitus, leniter creta illinens, vt Ptolemaeum tunc regnantem ad tempus appingeret : ratus fore id quod demum accidit, ut pictura paulisper euanescente, inscriptio haec palam legeretur : [...] Forcadel, Du Bellay et l’ imitatio 261 4) f o 3v o -4r o CALLIDÈME « Que faire quand la plus grande gloire est plus souvent la conséquence du hasard que de la vertu ? Bien plus, la vertu est malheureuse, le crime est heureux. […] combien plus précieux et plus digne d’approbation pour la société humaine fut le grand don de la flamme ne devant jamais s’éteindre et destinée à émettre ses rayons même quand le feu sacré de Vesta se serait éteint ? On comprend en effet que l’âme des hommes n’est pas atteinte par la mort. La vigueur de ceux-ci est ignée et leur origine est céleste. C’est ainsi que l’homme connaît Dieu par son intelligence et le perçoit. Car Dieu, qui est esprit, comme il l’atteste lui-même à son propos, et est par ailleurs appelé un feu se consumant, est reconnu sans aucun doute par un esprit et une âme ignés, car, comme le veut Empédocle, nous percevons l’éther par l’éther, le feu par le feu. [...] ». 5) f o 4v o -5r o HEPHESTION « Je louerai donc à bon droit l’invincible Hercule du fait qu’il tua incontinent de ses flèches l’aigle qui s’acharnait sur Prométhée ? ». CALLIDÈME […] HEPHESTION « Combien est plus louable ce fait d’Hercule, utile à tous, qu’il inventa en une réflexion nullement erronée sur la terre, des choses très nombreuses et remarquables dans la connaissance des astres et en matière de choses célestes ? [...] ». 6) f o 5v o -6r o HEPHESTION « Mais je me souviens de ce que, dans ta jeunesse, traitant du droit dans un auditoire fréquenté, si tu avais trouvé quelque chose de remarquable et de conforme à l’esprit d’un jurisconsulte, afin de lui donner plus d’autorité, tu avais l’habitude de dire que cela était agréé non pas par d’Apollon, comme le fait Lycurgue, mais par quelque auteur de grande réputation ». CALLIDÈME « Je ne le nie pas, mais, l’âge venant ainsi que l’assurance et la jalousie baissant, j’ai commencé à m’attribuer mes inventions et à les répandre çà et là dans mes écrits. Tu sais, je pense, comment a agi l’homme industrieux que fut Sostratus : édifiant avec succès dans l’île de Pharos en Egypte une tour très élevée, il fit graver son nom sur une pierre à l’intérieur, en en recouvrant l’inscription d’un mince enduit de craie, afin qu’on peignît par dessus le nom du Ptolémée régnant pour un temps à cette époque : il imaginait ce qui effectivement se produisit, à savoir que, l’inscription peinte disparaissant peu à peu, le texte gravé devint clairement lisible. [...] ». Gérard Freyburger / Gilles Polizzi 262 7) f o 6v o -8r o CALLIDEMUS. At e diuerso Apollodorus in collectione dogmatum, Epicuri inuenta mirifice extollens : si quis, inquit, eximat de Chrysippi scriptis quae aliena sunt, vacua charta relinquetur. Alius rogatus, quid teneret manibus : Chrysippi, inquit, Medea est. Tenebat vero elegantem Medeam Euripidis, quam pene totum ille libris suis inseruerat, et vtique acceperat, si fatebatur, si inficiaretur reum se furti manifesti fecerat, in quadruplum ideo condemnandus. CALLIDEMUS. Iure istud loqueris : nam nec Lacedaemonii, qui iuxta Lycurgi insulsam legem in furta aeduliorum impune admiserunt, iis furibus indulsere, qui in scelere ipso deprehenderentur, vt solent qui aliorum sibi assumunt vigilias, easque vtcumque interpolant, ne detegantur : et velut Medeae veneficiis recoquunt, perinde ac si alienam vestem colore nouo inficiant : quinimo tanquam fuco adiecto inquinent, verius quam perpoliant : ita dum apud imperitos docti haberi student, apud doctos iustius habentur stolidissimi et nequissimi. HEPHAESTION. Apud antiquos nihil turpius habebatur quam aliena industria gloriari, nec summo ingenio praeditis atque illustribus viris parcebatur : [...] tametsi multum intersit, vtrum apum more, quas vides horum omnium florum populari delicias, ex variis scriptoribus sensim libando opus aliud tibi concinnes, an vero mel ab earum aluerariis subducas : vt solent Fuci inertes ex insectorum genere misceri apibus, et earum frui mellificio, quoad procul exulare iubeantur, quando agmine facto illae Ignauum Fucos pecus a praesepibus arcent. Cur enim Fures non odiosi sint apibus, quae ipsae furtiuae male proueniunt ? vt Ruta fertur contra germinare fertilius, si aliunde rapta feratur : Imitari ergo decet priscos artifices, non illorum opera sibi ipsi ascribere : nam et Parrhasius Ephesinus pictor orbi terrarum celebris, Herculem Lyndium penicillo a se ita expressum, qualem in somnis viderat, praedicare solebat : quem si quis in tabula ostentare, et pro suo asserere auderet, procul dubio foret ridiculus : nam et Titiano oratori, quem Maximinus Augustus Maximino filio suo instituendo praefecit, vt Modestinum Iurisconsultum in legum disciplina, plurimum ornatus [sic] adiecit, quod scite singularium artium autores imitaretur : vnde etiam sui temporis simia appellari institit, versatilis ingenii gratia. Forcadel, Du Bellay et l’ imitatio 263 7) f o 6v o -8r o CALLIDÈME « Et, à l’inverse, Apollodore affirme dans sa collection d’opinions, glorifiant de façon extraordinaire les trouvailles d’Epicure : si quelqu’un enlève des écrits de Chrysippe ce qui provient d’ailleurs, il ne restera qu’un papier vide. Chrysippe quant à lui, interrogé sur ce qu’il tenait entre ses mains, répondit : « C’est une Médée de Chrysippe ». Il tenait en réalité un très élégant exemplaire de la Médée d’Euripide, qu’il avait presque entièrement mélangé avec ses propres livres et qu’il avait en tout cas reçu : s’il l’avouait ou s’il le niait, il se rendait coupable d’un vol manifeste, digne donc d’une quadruple condamnation ». CALLIDÈME « Tu dis vrai, car, même les Lacédémoniens qui, selon une loi stupide de Lycurgue à l’endroit des vols d’aliments, les ont admis sans qu’il y eût punition, n’ont pas eu d’indulgence pour les voleurs pris sur le fait. Ainsi ont l’habitude de faire ceux qui s’attribuent les productions des veilles d’autrui et de quelque façon les interpolent afin qu’elles ne soient pas décelées et, de la même manière que pour les philtres de Médée, ils les recuisent, comme s’ils teignaient un vêtement d’une couleur nouvelle : en fait, comme par une teinture ajoutée, ils gâtent leur œuvre plus qu’ils ne la polissent. En s’efforçant de paraître doctes aux yeux des ignorants, ils sont plus justement considérés auprès des doctes comme de grands sots et de très mauvaises gens ». HEPHESTION « Chez les Anciens, rien n’était considéré comme plus honteux que de se glorifier du travail d’autrui et ils n’épargnaient ni les hommes dotés d’un grand talent, ni les hommes illustres : […] Mais il y a une grande différence à ce que, à la manière des abeilles que l’ont voit piller les délices de toutes ces fleurs, tu te produises une nouvelle œuvre en prélevant peu à peu sur différents auteurs, et à ce que tu voles le miel de leurs ruches : comme les insectes paresseux que sont les bourdons ont l’habitude de se mêler aux abeilles et de jouir de leurs productions tant qu’elles doivent être au loin quand, « s’étant constituées en bataillons, elles écartent des ruches l’espèce paresseuse des bourdons ». 35 Pourquoi les voleurs ne seraient-ils pas odieux aux abeilles qui, elles-mêmes, apparaissent comme volées de mauvaise manière ? Mais on dit que la rue pousse plus abondamment si elle est apportée, volée ailleurs. Il convient donc d’imiter les anciens artistes, mais non pas de s’attribuer leurs œuvres à soi-même. En effet, le peintre Parrhasius d’Ephèse, célèbre dans le monde entier, avait l’habitude de dire que l’Hercule de Lindos avait été peint par lui tel qu’il l’avait vu en songe : or si quelqu’un osait le montrer sur un tableau et le revendiquer comme sien, il serait ridicule. En effet, à l’orateur Titianus que l’empereur Maximinus préposa à l’instruction de son fils Maximinus, le monarque ajouta Modestinus, jurisconsulte compétent dans la discipline des lois, abondamment distingué, 35 Virgile, Géorgiques 4, 167-168. Gérard Freyburger / Gilles Polizzi 264 8) f o 8v o -9r o CALLIDEMUS. Innuis, mecum faciens, nefas non esse conflare opus grata aemulatione vetustatis : sed ea lege, vt subtiliter inuenta suis reddantur autoribus, et inuentis legitimi autores, quoniam etsi lex vetus non vetet e segete aliena spicas decerpere, tamen demetere non permittit. HEPHAESTION. Non puto quosdam rite rem sacram fecisse lavernae furum deae, qui tam impudenter transcribunt, vt erubescant, tam euidenter arguuntur, ut non sit inficiari : Sed quia aliqui eorum in conspicuo honoris et fortunae gradu sederunt, vix extat, qui eis ausit exprobrare cornicem Aesopi alienis plumis ac coloribus ad tempus insignem. Cum Isocrates in Helenae praeconio hoc ei potissimum laudi tribuerit, quod Theseo Graecorum prudentissimo, et Troiano Paridi praedae fuisset. tacens tantisper infaustum rapinae exitum qualis, (propitio integris viris numine) inuentionis bellissimae alienos expilatores manet : [...] 9) f o 11r o -11v o HEPHAESTION. […] nequaquam oblitus Socratem ipsum, philosophiam mores hominum expolientem a solo thesauro inexhausto caelitum deduxisse, et simul famam et gratiam in aeuum sempiternam. Gaudet enim deus vim coelo fieri, et aerarii sui compilationem arduis effractoribus liberrime permittit : sed non perinde mortales, tanto diligentius inuenta sua sibi seruari studentes, quanto tenuis fortunae viri, et penuria domestica pressi, plus angi et queri solent, si quis ipsis furtum fecerit, prae ditioribus. Caeterum cum deus munificus erogator bonorum non omnia simul sed paulatim largiri, et in dies instillare, consueuerit, est quod quisque adiicere laudabiliter possit, nedum cum venia operi alieno, vt factitatum a priscis scriptoribus certissimum est circa artes omnes, quas quidem in Graecia intra mille annos inuentas fuisse Varro tradit. Forcadel, Du Bellay et l’ imitatio 265 parce que le premier n’était qu’un habile imitateur des auteurs de tous les arts : pour cela, il était souvent appelé le singe de son temps, en raison de son flexible talent ». 8) f o 8v o -9r o CALLIDÈME « Tu m’approuves, admettant avec moi qu’il n’est pas interdit d’amplifier une œuvre par une émulation agréable avec les anciens, mais à la condition que subtilement les trouvailles soient restituées à leurs auteurs et que les auteurs légitimes soient rendus à leurs trouvailles puisque, même si une loi ancienne n’interdit pas de cueillir des épis de la moisson d’autrui, elle ne permet cependant pas de moissonner ». HEPHESTION « Je ne pense pas que certains aient rendu comme il faut un culte à Laverne, déesse des voleurs, en transcrivant si impudemment qu’ils en rougissent, en se trouvant convaincus de manière si évidente qu’il n’y a pas de contestation possible. Mais comme certains d’entre eux sont à un grade élevé d’honneurs et de fortune, il se trouve à peine quelqu’un pour oser leur dire que la corneille d’Esope n’était remarquable que pour un temps par les plumes et les couleurs d’autrui. Quand Isocrate, dans son éloge d’Hélène, loue celle-ci avant tout d’avoir été la proie de Thésée, le plus prudent des Grecs, et du troyen Pâris, il tait la malheureuse issue du rapt qui (que la divinité soit favorable aux hommes intègres ! ) attend les voleurs de la plus belle invention. […] ». 9) f o 11r o -11v o HEPHESTION « [...] je n’oublie nullement Socrate lui-même, qui a introduit une philosophie purifiant les mœurs des hommes par le seul trésor inépuisable des dieux, acquérant en même temps renom et crédit pour l’éternité. Car Dieu se réjouit de ce qu’on fasse violence au ciel et il permet très volontiers qu’il y ait pillage de son trésor par des voleurs assidus. Mais ce n’est pas ainsi que font les mortels qui, désirant d’autant plus conserver pour euxmêmes leurs inventions que, étant de petite fortune et dans la pénurie domestique, ils ont l’habitude d’être plus inquiets et de plus se plaindre, si quelqu’un leur vole quelque chose, que les riches. Du reste, comme Dieu, distributeur munificent des biens, a coutume de ne pas tout répandre en même temps, mais de distribuer peu à peu, d’instiller de jour en jour, il est possible que chacun ajoute quelque chose de manière louable, même - je m’en excuse - à l’œuvre d’un autre, comme il est sûr que cela a été fait par les auteurs anciens à propos de tous les arts, qui, atteste Varron, ont été constitués en Grèce en un espace de mille ans ». Gérard Freyburger / Gilles Polizzi 266 10) f o 11v o -12r o HEPHAESTION. Oportet, inquit Theogonis, cuius singulos versus totidem leges esse autumo, Musarum famulum non inuidum esse, si quid eximii nouerit : ἄλλα τὰ µὲν µῶσθαι, τὰ δὲ δεικνῶναι [sic], ἄλλα δὲ ποιεῖν, id est, sed alia quidem inquirere, alia indicare, alia facere. Ita profecto pictores ab exilibus principiis adeo artis suae fastigium euexere, vt naturam fere aemulam victamque velut ex prouocatione redderent, rudimentum praestiterat Polygnotus simplici imaginum imitamento contentus, sine vario colorum ambitu, quo postea Zeusis et sequaces delectati, luminum umbrarumque rationem addentes, perfecere : vt cum Zeusis aliquando vuas pinxisset, ad eas deceptae aues aduolarent. Appellem Coum taceo ingenio et comitate gratissimum : qui nisi venerem e mari emergente peniculo duxisset, adhuc sub aquis salsis frustra illa delitesceret. 11) f o 12r o -12v o HEPHAESTION. Tu mihi videris in persuadendo non pictorum tantum sed etiam Rhetorum colores consumpsisse, et perfecisse eloquentiam tuam Ciceronis lima expolitam penitus : non minus vtique quam aurea illa vena. Vidi Fabri Baronis Pibracii, assiduo Regis comitatu ad omnem humanitatem exculti, Ciceronem ipsum serie vocum, et intimo sensu prouocantis. CALLIDEMUS. Si locus hic arbitris pro certo careret, vt caret quidem taedio, et scatet solatio, ingenue tibi faterer, quam parum tribuam iis, qui aestuant in imitando Cicerone verbis tenus, non sententiarum pondere : sed in illa quam cubito premis lauro audiui nescio quid strepitus. Quid scio, an sit genius quispiam, qui pro Ciceronis aemulis excubias agat ? HEPHAESTION. Age, manumitte linguam tuam, et libere dicito, quid sentias in tam festiuo et abdito secessu, nisi times auritam laurum ac loquacem, propter Philomenam, quae saepe in ea concinit, nequaquam elinguis, sicut falso poetae comminiscuntur : atque ita deinceps renunciaturam quicquid a te perceperit. Forcadel, Du Bellay et l’ imitatio 267 10) f o 11v o -12r o HEPHESTION « Il convient donc, dit Theognis, dont j’affirme que tous les vers sont autant de lois, de ne pas être un serviteur jaloux des Muses si l’on a trouvé quelque chose de remarquable : ἄλλα τὰ µὲν µῶσθαι, τὰ δὲ δεικνῶναι [sic], ἄλλα δὲ ποιεῖν, c’est-à-dire « rechercher des choses, en révéler d’autres, en réaliser d’autres encore ». C’est ainsi assurément que des peintres, à partir de débuts modestes, ont fait atteindre à leur art un tel sommet qu’ils ont rendu la nature comme une rivale, vaincue par une espèce de défi. Polygnote avait commencé, se contentant d’une simple imitation des images, sans les garnir de couleurs variées : cette dernière technique a charmé ensuite Zeuxis et ceux qui l’ont suivi, qui, en ajoutant le procédé des ombres et des lumières, l’ont achevée : ainsi, comme Zeuxis avait un jour peint des grappes de raisin, des oiseaux s’en sont approchés, s’y laissant prendre. Je ne dis rien d’Appelle de Cos, très agréable par son talent et sa douceur : s’il n’avait pas montré par son pinceau Vénus sortant de la mer, celle-ci se cacherait toujours sous les flots salés ! ». 11) f o 12r o -12v o HEPHESTION « Tu me sembles avoir utilisé, dans ton entreprise de persuasion, non seulement les couleurs des peintres, mais aussi celles des rhéteurs et avoir produit une éloquence entièrement polie à la lime de Cicéron : non moins en tout cas que ne le fut cette veine d’or. J’ai vu celle de Faber, baron de Pibrac, formé à une entière politesse des mœurs par sa présence assidue dans l’entourage du roi, le disputer à Cicéron lui-même par l’enchaînement et le sens propre des mots ». CALLIDÈME « Si ce lieu était vraiment dépourvu de témoins comme il est dépourvu d’ennui et abonde en réconfort, je dirais franchement combien j’accorde peu d’importance à ceux qui s’agitent en imitant Cicéron par ses mots seulement et non pas par le poids de ses phrases : mais j’ai entendu dans le laurier sur lequel tu appuies avec ton coude je ne sais quel bruit. Peut-être est-ce quelque génie qui monte la garde au profit des imitateurs de Cicéron ? HEPHESTION « Allons ! affranchis ta langue et dis-nous librement ce que tu penses, dans cette retraite écartée et charmante, à moins que tu ne craignes le laurier qui entend et qui bavarde, à cause du rossignol, qui souvent y chante et est faussement muet, comme le racontent faussement les poètes : c’est ainsi qu’il proclamera, disent-ils, tout ce qu’il aura entendu de toi ». Gérard Freyburger / Gilles Polizzi 268 12) f o 12v o -15r o CALLIDEMUS. Quid ni ? [...] segmenta quaedam iuris ciuilis retinuit, orationes illius vnionum instar illustrantia : et ex fonte primoribus labris gustauit : nihil solidum potuit attingere, sed vt nuper empti canes etiam dominos allatrare solent, sic ille ciuile ius, a quo alebatur despicari maluit quam solido sensu discere, adeo vt dum iurisconsultos risu eludere conatur, plane fuerit ludibrio, [...] 13) f o 17r o -17v o HEPHAESTION. Ideo Tyro Libertus eius, qui eos [sc. sales] curiose collegit, nihil adhibens in congerie iudicii, facile declarauit plura esse quae patroni sui ingenio adimi possent, quam adiungi. Quorsum enim attinebat exclamare actionem a iurisconsulto institui, at vero a militiae duce aciem, et hunc tubarum, illum gallinaceorum cantu excitari ? nec animaduertere castrensem disciplinam a iure plurimum mutuari et officium regentis exercitum non solum in ea danda, sed etiam obseruanda, consistere atque vt Imperatori Tribunus obsequens exercitationem militum augeat, claues portarum suscipiat, vigilias circumeat, et studeat annonae : nec citra capitis supplicium dimittat eum, qui primus in acie pluribus spectantibus (sicut a Demosthene paulo ante factum diximus) fugam instruxerit : sed Tullius dum plus operae ponit in congerendis quam in eligendis iis quae iurisperitis notam inurere videri possent, dum iustitiae ac Reip. muros tueri se ita suspicatur, arcem, aras, et focos, hostili prodit animo. 14) f o 18r o -18v o HEPHAESTION. Optime nobiscum agitur, quod soli de tanto oratore commentamur, alias vero si colloquium nostrum rescirent ipsius imitatores undique exculti ac pexi, discerptum nos iri formido : quemadmodum ferunt a Moenadibus Orphaeum, cum in promontorio Pangeo sedens cithara delectaretur : quia Liberi patris Orgia contempsisset. Hi haud dubie gnari sursum versum agere animos audientium, et pictis ac splendidis vebis tetra facta linere, ac loricare : aut e diuerso candida, si collibuit, infuscare, agmine facto (vel eo nomine, vt solicitudine defensionis Arpinates quoque videri queant) in nos irruent : sunt enim in magno numero. Forcadel, Du Bellay et l’ imitatio 269 12) f o 12v o -15r o CALLIDÈME « Pourquoi pas ? [...] [Cicéron] n’a retenu que certains fragments du droit civil, donnant de l’éclat à ses discours à la manière de perles, mais il n’a goûté à cette source que du bout des lèvres : il n’a rien pu atteindre de solide, mais, de même que les chiens récemment acquis aboient même contre leurs maîtres, de même il a préféré dédaigner le droit civil par lequel il était nourri plutôt que de l’apprendre solidement ; en voulant se moquer des jurisconsultes, il fut lui-même tout à fait ridicule, [...] ». 13) f o 17r o -17v o HEPHESTION « Ainsi son affranchi Tiron, qui a rassemblé avec soin ces [bons mots)], sans faire preuve de discernement dans cette accumulation, a facilement montré qu’il y a plus de choses qu’on pourrait enlever au talent de son patron qu’y ajouter. A quoi rimait en effet de s’écrier que l’action est instituée par le jurisconsulte, mais que la ligne de bataille est constituée par le chef militaire, et que ce dernier est réveillé par le son des trompettes alors que celui-là l’est par le chant des coqs ? et de ne pas remarquer que la discipline des camps était le plus souvent empruntée au droit et que le devoir de celui qui dirige l’armée consiste non seulement à l’introduire, mais encore à l’observer : ainsi, en obéissant à l’empereur, le tribun augmente l’exercice de ses troupes, se charge des clés des portes, fait le tour des postes de garde et veille au ravitaillement : et il ne donne pas son congé sans infliger la peine capitale à celui qui, placé en première ligne, a fui sous les yeux d’un grand nombre (comme nous venons de dire que Démosthène l’a fait) : mais Cicéron, en se consacrant plus à accumuler qu’à sélectionner des éléments susceptibles de fléchir les juristes, en s’imaginant protéger les murs de la justice et de l’Etat, livre en fait la citadelle, les autels et les foyers à l’esprit ennemi ». 14) f o 18r o -18v o HEPHESTION « C’est bien beau que nous méditions là, solitaires, sur un si grand orateur, mais si ses imitateurs, à tous égards bien mis et bien peignés, avaient vent de notre entretien, ils nous mettraient, je le crains, en pièces : comme on dit qu’Orphée fut mis en pièces par les Ménades alors que, assis sur le promontoire de Pangée, il était charmé du son de la cithare, sort qu’il subit pour avoir dédaigné les orgies de Liber Pater. Ils savent sans nul doute pousser en tous sens les esprits de leurs auditeurs et couvrir des faits détestables de paroles colorées et brillantes, et les cuirasser ; à l’inverse, ils savent ternir ce qui est blanc s’ils en ont le caprice. Constituant une armée (sous le prétexte que, par souci de la défense de l’orateur, ils peuvent aussi être comme des Arpinates), ils se rueront contre nous, car ils sont très nombreux ». Gérard Freyburger / Gilles Polizzi 270 CALLIDEMUS. Unus, Duo, Tres : quartus autem, o amice, vbinam est ? HEPHAESTION. Sexcentos in numerato ad manum habeo, o nequam Platonice, a quibus, si viueret Cicero, suam eloquentiam didicisse credi posset, aut saltem illam eos accurate docuisse. Sed forte non arridet tibi imitationis imitatio. 15) f o 18v o -19v o CALLIDEMUS. probe coniicis : […] Tametsi nonnullos sciam tibi non dissimiles, qui Ciceronis phrasim referant, vt filii, potius quam ut eivs imagines. Caeterum cum nihil novae inuentionis inserant tersis et comptis libris, volucri repente fama euanescunt, adeo vt lector semel vidisse contentus, instar picturae, praeteruolet. HEPHAESTION. Proinde quia nihil nouae sententiae multum disertae orationis, prae se ferant, digni sunt penicillo Galatonis, hic enim pictor tam festiuus quam industrius Homerum vomentem pinxit, reliquos circum poetas auide quae euomuisset haurientes. Nam et ii qui sibi cumprimis facundi videntur, nunquam se magis Ciceronianos putant, quam cum eadem, quae ille, dixerint, aut transcripserint. 16) f o 20r o CALLIDEMUS. [...] nec quisquam sibi placet, nisi Tullii paucissima vitia imitetur, quoad eius fieri potest, et pro eo quanti eum facit. Atqui virtutum ingentium disertissimus quisque obliuiscitur : ita vt ferme de explodenda eiusmodi sectatorum turba, magis quam de augenda a prudentioribus iam cogitetur. [...] HEPHAESTION. Nunquam fuit prospera mali exemplaris imitatio : [...] 17) f o 21r o -21v o HEPHAESTION. [...] obsecro etiam, ne vexent Tullii ipsius verba ac mentem, dum nihil volunt nisi culte et spendide [sic] dicere, sic namque incidunt in derisum, nec in citato orationis cursu reprehensionem possunt effugere, ac abscondere non quidem magis quam Parrhasius, qui vt Prometheum ad viuum pingeret, emit seruum Olymthium [sic] ; et in tantum torsit, vt miser interiret, quasi mergeret hominem, vt propius naufragium simularet, vel potius faceret, vtque acerbior esset in Prometheum suum quam iratus Iupiter, vt denique egregiam illam tabulam in Mineruae aede ponens numen offenderet, perinde ac si abstulisset eandem. Sed iam cedo, cur in manum dextram expuis ? Forcadel, Du Bellay et l’ imitatio 271 CALLIDÈME. « Un, deux, trois : le quatrième, mon ami, où est-il donc ? ». HEPHESTION « J’en ai six cents sous la main, vaurien de platonicien, desquels on pourrait croire que Cicéron, s’il était vivant, a appris son éloquence ou à propos desquels ont pourrait croire qu’il les ait enseignés. Mais peut-être que l’imitation de l’imitation ne te sourit pas ». 15) f o 18v o -19v o CALLIDÈME « Ta conjecture est bonne. [...] Cependant je sais que certains ne sont pas pour toi différents [d’Agésilas] 36 puisqu’ils reproduisent le style de Cicéron comme des fils plutôt que comme des répliques de ce dernier. Mais comme ils ne mettent rien qui relève d’une invention neuve dans leurs livres bien propres et bien ornés, leur gloire s’évanouit, leur renommée devenant soudain éphémère, à tel point que le lecteur, se contentant d’un regard unique, passe outre comme pour une peinture ». HEPHESTION « Puisqu’ils ne présentent aucune pensée neuve, mais un abondant discours éloquent, ils sont dignes du pinceau de Galaton : ce peintre, aussi spirituel qu’industrieux, a représenté Homère vomissant et les autres poètes autour de lui ingurgitant avidement sa vomissure. En effet, ceux qui surtout se jugent éloquents, ne pensent jamais être aussi cicéroniens que quand ils ont dit ou transcrit les mêmes choses que lui ». 16) f o 20r o CALLIDÈME « [...] et aucun n’est satisfait de soi s’il n’imite pas les très rares défauts de Tullius, jusqu’à pouvoir revêtir sa nature et à l’estimer à sa place. Mais ces très éloquents personnages oublient ses immenses vertus à tel point que les gens de quelque sagesse songent désormais presque plus à supprimer la foule des sectateurs de cette espèce, plutôt qu’à en augmenter le nombre. […] ». HEPHESTION « Jamais n’a été heureuse l’imitation d’un mauvais exemple. [...] ». 17) f o 21r o -21v o HEPHESTION « [...] je les prie de ne pas malmener les paroles et l’esprit de Tullius lui-même en ne voulant parler qu’avec élégance et éclat, et, même dans le cours d’un discours rapide, ils ne peuvent échapper au blâme ni le dissimuler, comme Parrhasius qui, pour peindre un Prométhée sur le vif, acheta un esclave d’Olynthe et le tortura au point que le malheureux mourut, comme s’il noyait un homme pour mieux simuler un naufrage ou plutôt comme s’il se comportait avec plus de cruauté envers son Prométhée que Jupiter en colère, pour en définitive, en plaçant ce beau tableau dans le temple de Minerve, offenser la divinité, au même titre que s’il l’y avait 36 Agésilas, invité à écouter un homme imitant un rossignol, déclina l’invitation en disant qu’il avait souvent entendu un rossignol chanter. Gérard Freyburger / Gilles Polizzi 272 CALLIDEMUS. Quoniam eminus graue vulnus inflixi Tullii sectatoribus ementitis […] 18) f o 23v o HEPHAESTION. Pie mones, ac perquam opportune, iam enim mihi in religionem versae sunt tres scintillae coelestes, quas illic fulgere vides in violariis, e quibus apes multum mellitae vindemiae ante coegerunt. CALLIDEMUS. Accedamus illo, ac visamus, quid ostenti sit, et nunquid nos ludificetur, ecce totidem Cicindetae sunt stellis similes terrestribus. HEPHAESTION. Ver et noctem hae nunciant : et receptui nos canere praecipiunt, ita vt alternos sermones nostros ipsa nox, tanquam praelium dirimat. Finis Forcadel, Du Bellay et l’ imitatio 273 dérobé. Mais dis-moi, s’il te plaît, pourquoi craches-tu dans ta main droite ? ». CALLIDÈME « Parce que j’ai infligé de loin une grave blessure aux mensongers sectateurs de Tullius [...] ». 18) f o 23v o HEPHESTION « Tu me donnes un pieux et très opportun avertissement, car j’attribue un caractère religieux aux trois scintillements célestes que tu vois luire ici dans les violettes, à partir desquelles les abeilles ont, auparavant, assemblé une grande quantité de récolte mielleuse ». CALLDÉME « Allons-y et voyons quel est ce prodige et si quelque chose nous trompe. Voilà qu’il y a autant de vers luisants, semblables à des étoiles terrestres ». HEPHESTION « Elles annoncent le printemps et la nuit, et elles nous invitent à sonner la retraite, de telle sorte que la nuit interrompe, comme une lutte, nos propos alternés ». « Fin ». Der Dichter als Täuscher - Zu einigen Epigrammen Étienne Forcadels Tobias Leuker (Münster) à Alain Deligne Étienne Forcadel (*um 1520, †1576-1577), Rechtsprofessor an der Universität Toulouse und Zeitgenosse der Pléiade-Dichter, 1 trat wie Jean Dorat (1508-1588), Joachim du Bellay (1522-1560) und Jean-Antoine de Baïf (1532-1589), die Pierre de Ronsard (1524-1585) zu seinen Mitstreitern zählte, 2 als Autor sowohl französischer als auch lateinischer Verse in Erscheinung. 3 Während etliche volkssprachliche Dichtungen des Autors seit einigen 1 Zu seinem Leben vgl. Joukovsky 1977, 9-32; zum Geburtsbzw. Sterbejahr des Autors vgl. ebd., 10-11 bzw. 31-32. 2 Dorat, Du Bellay und Baïf figurieren in der Liste der sieben Dichter, die Ronsard nach dem Zeugnis seines ersten Biographen Claude Binet als „Pléiade“ bezeichnete. Da laut Ovid, Fasti 5, 599-602, mit dem Erscheinen aller sieben Pleiadensterne am 13. Mai non dubiis auctoribus der Frühling endet und der Sommer beginnt, halte ich es für wahrscheinlich, dass Ronsard das Verdienst des poetischen Siebengestirns darin sah, nach dem „Frühling“ der französischen Literatur unter François I. († 1547) deren „Sommer“ herbeigeführt zu haben. In zwei von Ronsard selbst zusammengestellten und veröffentlichten Reihungen, in denen er jeweils sechs Dichter als seine Mitstreiter benannte, ohne die daraus resultierenden Gruppen mit dem Sternbild der Pleiaden zu assoziieren, fehlt der Name seines Lehrers Dorat. Zu den drei Listen vgl. Chamard 1939-1940, Bd. 1, 4-5. 3 Für die lateinischen Verse des Verfassers der Deffence et illustration de la langue françoyse vgl. Du Bellay 1984-1985. Der erste der beiden Bände enthält die Poemata , die der Autor 1558 in Paris erscheinen ließ, der zweite die lateinischen Gedichte aus seiner Feder, die sich außerhalb jener Sammlung erhalten haben. Der einzige lateinische Gedichtband, den Baïf veröffentlichte, trägt den Titel Carminum Iani Antonii Baifii liber I und wurde 1577 in Paris gedruckt. Im Gegensatz zu Du Bellay und Baïf trat Dorat in erster Linie als Schöpfer lateinischer Verse in Erscheinung. Für ein Verzeichnis seiner gedruckten Werke vgl. die Angaben von Charles Marty-Laveaux in: Dorat 1974, lxxi-lxxxii; für Hinweise des Philologen auf zwei Manuskripte mit Dichtungen des Autors siehe lxxiii-lxxxiv und 84. Tobias Leuker 276 Jahrzehnten in einer kritischen Ausgabe vorliegen, 4 haben seine lateinischen Werke in der Renaissanceforschung kaum Beachtung gefunden. Zu ihnen zählen die 1554 in Lyon gedruckten Epigrammata . 5 Der Band enthält 506 Gedichte, 6 die mit sieben Ausnahmen aus elegischen Distichen bestehen. 7 Damit stellt er eine der umfangreichsten humanistischen Epigrammsammlungen französischen Ursprungs aus der Zeit vor den Religionskriegen dar. 8 Autor des einzigen Präliminargedichts der Lyoner Edition ist Jacques Peletier du Mans (1517-1582). Er hatte mit Ronsard schon in den Anfängen von dessen Karriere Verse ausgetauscht 9 und sollte, nachdem er 1555 eine die ästhetischen Positionen der Neuerer zusammenfassende Poetik vorgelegt hatte, 10 von diesem zeitweise zu den sieben bedeutendsten französischen Dichtern gezählt werden. 11 Das Iacobi Peletarii Tetrastichon 12 zu Ehren Forcadels lautet: Forcatulus leges Musis, Musasque vicissim legibus exornat, gloria utrinque pari. Omne feret punctum: doctisque bonisque placebit scriptor consilio clarus et eloquio. Forcadel schmückt die Gesetze mit den Musen, die Musen mit den Gesetzen und erntet auf beiden Gebieten gleichermaßen Ruhm. Überall wird er Beifall finden: Den Gelehrten wie den Guten wird er gefallen als ein Schriftsteller, der sowohl durch Klugheit als auch durch Beredsamkeit glänzt. 4 Vgl. Forcadel 1977. Der geplante zweite Teil von Joukovskys Edition erschien nicht mehr. Er hätte die anderen Sektionen erhalten sollen, in die Forcadel sein volkssprachliches Schaffen zu Beginn der 1550er Jahre eingeteilt hatte; vgl. Forcadel 1551, 126- 238: Epigrammes (126-157), Complaintes (158-173), Epitaphes (174-186), Epistres (186-204), Eclogues (204-217), Traductions (217-238). 5 Forcadel 1554. Charles de Lorraine, dem der Druck dediziert ist (vgl. den Widmungsbrief, 3-6), lebte von 1524-1574. Das einzige ihn verherrlichende Gedicht des Bandes ist das 292. Epigramm ( Iurisprudentia. De Carolo Lotharingo Principe et Cardinali illustriss [ imo ] . Ad Phoebum , 112-113). 6 Die Gedichte sind im Lyoner Druck nicht nummeriert. 7 Die Ausnahmen bilden drei Hexameterdichtungen (26-27, Nr. 57; 38, Nr. 90; 174-176, Nr. 463) sowie vier Kompositionen in Hendecasyllabi (103-104, Nr. 268; 135-136, Nr. 357; 191, Nr. 504; 191-192, Nr. 505). 8 Wichtigster Vorläufer des Bandes in Frankreich sind die Nugae (1533, 584 Gedichte) von Nicolas Bourbon (*1503; † ca. 1551); vgl. Bourbon 2008. Siehe ferner die beiden 1539 erschienenen Epigrammbücher (mit insgesamt 105 Gedichten) des in Paris wirkenden Portugiesen António de Gouveia (ca. 1505-1566) sowie die Sektion der Epigrammata (107 Texte) in den Juvenilia (1552) von Marc-Antoine Muret (1526-1585); vgl. Gouveia 1539 und Muret 2009, 142-229. 9 Vgl. Peletier du Mans 1958, 62-66 und 258-263. 10 Vgl. Peletier du Mans 1930. 11 Vgl. Chamard 1939-1940, Bd. 1, 4. 12 Text in: Forcadel 1554, 2. Der Dichter als Täuscher 277 Peletier greift in seinem Lob Forcadels die erste Hälfte des berühmten horazischen Verses Omne tulit punctum qui miscuit utile dulci 13 auf. Er hatte den Dichter in dessen Heimat kennen gelernt, als er auf einer Reise ins Languedoc dort Station machte. 14 Sieht man vom ersten, an König Henri II. adressierten Gedicht ab, 15 scheint die Reihung von Forcadels Epigrammata keinen inhaltlichen Kriterien zu folgen. Über den Band verstreut finden sich auch die Gedichte, die Ronsard, Dorat, Du Bellay bzw. Baïf preisen. 16 Nicht sie aber sollen im Mittelpunkt der folgenden Ausführungen stehen, sondern diejenigen Texte der Sammlung, in denen vom Dichter als fictor , als Schöpfer ebenso schöner wie trügerischer Geschichten die Rede ist. Das 447. Epigramm des Bandes nimmt sich ganz ausdrücklich dieses Themas an: Figmenta poëtarum dulciter decipere Dum ludo, teneris lusus discedo poëtis, insidiae vatum sunt, puto, deliciae. Hesperidum petii, quam ditat fabula, malum: vile viret magni nominis arbor inops. Dulcisonos viso num det Maeander olores? 5 Flexa aliquid raucum per vada cantat olor. Turbidus auro an sit, quaesivi, Lydius Hermus: aurum absumpsit iter, vixque tot Hermus habet. Haec finxisse decet vates e fonte madentes, quem dedit indomitus, quando volavit, equus. 17 10 Die Erfindungen der Dichter täuschen auf liebliche Weise Während ich scherze, überlasse ich das Tändeln den jungen Poeten: Die Wonne der vates ist, wie ich meine, die List. Ich reiste zum Baum der Hesperiden, den der Mythos 13 Horaz, Ars poetica 343. 14 Das Datum der Reise ist unbekannt, sie muss aber spätestens 1551 stattgefunden haben; vgl. Joukovsky 1977, 19-20. 15 Vgl. Forcadel 1554, 7, Nr. 1, De Henrico huius nominis secundo Gallorum rege . 16 Vgl. Forcadel 1554, 33-34, Nr. 75, Ad P. Ronsardum poëtam nobiliss [ imum ]; 152, Nr. 400, Ad Io. Auratum poëtam doct [ um ]; 171, Nr. 455, Ad Ioach [ im ] Bellaium, poëtam celeberr [ imum ]; 108, Nr. 281, Ad Olivarium Maignyum de I [ oanne ] Ant [ onio ] Bayfo . Neben Olivier de Magny (* um 1529; † um 1561), der im letzten der genannten Epigramme ebenfalls gelobt wird, pries Forcadel mit Mellin de Saint-Gelais noch einen weiteren volkssprachlichen Dichter seiner Zeit, der nicht zum engsten Kreis um Ronsard gehörte, in lateinischen Versen: vgl. ebd., 86, Nr. 223-224. - Die poetischen Verdienste Marguerite de Navarres (1492-1549) werden sowohl in Forcadel 1554 , 32 (Nr. 71) als auch in Forcadel 1551, 174-175 gewürdigt. In letzterem Druck ist die Kategorie des Dichterlobs ferner mit Texten zu Ehren von Aymar de Vabres (einem Liebesdichter mit unbekannten Lebensdaten), Peletier du Mans und Clément Marot (1496- 1544) vertreten (vgl. 148, 150 und 280-281). 17 Forcadel 1554, 168-169. Die Edition bietet in v. 5 Meander statt Maeander . Tobias Leuker 278 prangen lässt. Kläglich grünt der ärmliche Baum mit dem großen Namen. Ob es wohl stimmt, dass der Mäander dem Auge lieblich singende Schwäne zeigt? Auf dem gewundenen Wasserlauf gibt ein Schwan raue Töne von sich. Ich erkundete, ob der lydische Hermus tatsächlich von Goldsand trüb ist. Die Reise zehrte mein Gold auf, der Hermus führt kaum ebenso viel. All diese Dinge erfunden zu haben, geziemt den vates , die jener Quell benetzt, den das ungezügelte Pferd hervorsprudeln ließ, als es sich zum Flug erhob. Zu Beginn des Gedichts (vv. 1-2) erklärt Forcadel, schlüpfrige Gedichte ( lusus ) jüngeren Poeten überlassen zu wollen, 18 und setzt sich damit implizit auch von der lasciva pagina 19 berühmter Epigrammdichter wie Catull, Martial und Ausonius ab. Als Hauptvergnügen der vates , zu deren Gruppe er sich zählt, bezeichnet er insidiae , listige Täuschungen. 20 In den folgenden Versen behauptet Forcadel, als Jüngling weite Reisen getätigt zu haben, um Dinge zu sehen, von denen er in den Werken der Dichter gelesen hatte - die goldenen Hesperidenäpfel, die lieblich singenden Schwäne am Mäander und den Goldsand führenden Hermus -, und hebt jeweils den in einen desengaño mündenden Ausgang jener Inspektionen hervor. Im letzten Distichon des Epigramms urteilt er dann, dass das Erfinden falscher Sachverhalte ( finxisse ) denjenigen anstehe, die von der durch Pegasus aus dem Fels geschlagenen kastalischen Quelle getrunken hätten. Die nähere Bestimmung des geflügel- 18 Forcadels Formulierung evoziert die berühmten fiktiven Grabinschriften, in denen sich Ovid als tenerorum lusor amorum bezeichnete; vgl. Ovid, Tristien 3, 3, 73 und 4, 10, 1. 19 Martial, Epigr. 1, 4, 8. 20 Die erotische Konnotation der lusus sowie der von Forcadel etablierte Gegensatz zwischen lusus und insidiae werden vor dem Hintergrund des in Anm. 19 genannten Epigramms aus der Feder Martials transparent. Darin hatte der römische Dichter nicht nur (auf den Spuren von Catull, Carm. 16, 5-6) davor gewarnt, aus der Schlüpfrigkeit vieler seiner Texte Schlüsse auf seinen Lebenswandel zu ziehen, sondern zugleich die eigenen, vielfach obszönen Epigramme als innocuos [ … ] lusus ( Epigr. 1, 4, 7) bezeichnet. „Unschuldige Scherze“ sind - notabene - das Gegenteil jener insidiae , die sich Forcadel auf die Fahnen schrieb. Die Epigrammkunst des Franzosen kommt tatsächlich ohne Anzüglichkeiten aus. Er selbst verteidigte die Anständigkeit seiner Verse im folgenden, Ad Varcum überschriebenen Gedicht: Haec quia sunt oculis tantum sacrata pudicis, / hunc rides, tanquam sit spado, Varce, liber. / Lampsacio dignum miraris numine carmen, / comica quod Thaïs, sed pudibunda legat. / Non ego molliculis famam pro versibus opto, / rideri ut longa posteritate queam. / At si obscoena tuis respondent carmina votis, / quod facias, quamvis me pudet, id referam. (Forcadel 1554, 111, Nr. 289). Idealer oder realer Adressat des Textes könnte der Florentiner Benedetto Varchi (1502-1565) sein. - Eine ähnliche Abgrenzung von lasziver Epigrammpraxis bietet bereits António de Gouveia. In einem programmatischen Gedicht seiner Epigrammata polemisiert er diesbezüglich mit Ausonius. Vgl. Gouveia 1539, 6 (= Epigr. 1, 4), Ad Ausonium : Salva tibi veterum maneat modo regula morum: / „ludat“, ais, „mixtis sobria Musa iocis.“ / At veterum pereat quamvis mihi regula morum, / sordidulos fugiet pagina nostra iocos. / Nanque satis fuerit caste vixisse tacentem: / scribenti non est vita pudica satis. Den Hinweis auf Gouveias Gedicht verdanke ich Ferdinand Stürner (Würzburg). Es zitiert Ausonius, Epigr. 1, 8, ludat permissis sobria Musa iocis . Der Dichter als Täuscher 279 ten Pferdes durch das Attribut indomitus und der ihr folgende Temporalsatz quando volavit suggerieren, dass das Wasser des Dichterquells die Phantasie derer, die es zu sich nehmen, zu ungezügelten (lies: den Boden der Tatsachen verlassenden) Höhenflügen verleitet. Zu den Ausgeburten solcher Höhenflüge gehören gewiss auch - und darin liegt der Witz des Epigramms - die Reisen zu den Orten, von denen der Mittelteil des Gedichts berichtet: Jeder mitdenkende Leser wird es sogleich für mehr als unwahrscheinlich halten, dass Forcadel sie je unternahm. Das Epigramm stützt die These von der angenehm täuschenden Wirkung der Dichtkunst mit einer evidenten Lüge, die all jenen, die sie nicht durchschauen, eine dulcis deceptio bescheren mag, denn sie können sich über die Naivität, die Forcadel vermeintlich auf Reisen gehen ließ, amüsieren. Der Dichter selbst indes grenzt die Gruppe der vates , der er sich einschreibt, just anhand dessen von der Schar der übrigen poetae ab, dass sie ihrer Kunst nicht mehr naiv gegenüber steht, sondern gemeinsam mit dem Lügenpotential der Dichtung auch dessen Reize erkannt hat. Damit variiert er das Klischee des poeta mendax , das in der griechischen Literatur seit Hesiod, 21 in der lateinischen seit Plautus greifbar ist, 22 auf originelle Weise. Die fiktionale Kraft der Dichter wird in etlichen weiteren Epigrammen Forcadels thematisiert. Im 134. Text des Drucks von 1554 etwa darf ein prominenter Herrscher den Verdacht äußern, dass Homer seine Helden erhabener dargestellt haben könnte, als sie eigentlich waren: De Achille, Homero et Alexandro Magno Pelidae invicti Sigaeo in littore bustum Rex Macedûm haud siccis fertur adisse genis. Ilico suspiciens complosis aethera palmis, iusta velut faceret manibus, haec loquitur: „O te felicem, Troûm expugnator, Achille, 5 Maeonius cecinit quod tua bella deus! Pelias hectoreum frustra latus hasta petisset, et frustra Aurorae filius ense cadat, ni canat haec vates, qui tantum prorsus Achillem, ingenio quantum praestitit ipse, facit.“ 23 10 21 Vgl. Hesiod, Theogonie 27: Dort lässt der Dichter die Musen äußern, dass sie sich auf das Verkünden wahr scheinender Lügen verstehen. 22 Vgl. Plautus, Pseudolus 411-413. Von der Vitalität des Topos unter den Humanisten, die um die Mitte des 16. Jahrhunderts in Paris wirkten, zeugt das 13. Epigramm der Juvenilia Marc-Antoine Murets, In Venerem (Muret 2009, 156). Es beginnt mit den Versen: Si Venus, u t m e n d a x d o c u e r u n t t u r b a P o ë t a e , / de mediis vere nata putata aquis, / qui fieri potis est, mediis ut fluctibus orta / assiduo nostrum torreat igne iecur? (meine Hervorhebung). 23 Forcadel 1554, 54. In v. 6 bietet die Edition Moeonius statt Maeonius . Tobias Leuker 280 Über Achill, Homer und Alexander den Grossen Der König der Makedonen soll das Grab des unbesiegten Peleussohns am Sigeischen Ufer nicht ohne Tränen aufgesucht haben. Als er dort mit gefalteten Händen gen Himmel blickte, als erwiese er den Manen die ihnen gebührende Ehre, sprach er folgende Worte: „Glücklich bist du, Eroberer Trojas, Achill, denn der mäonische Gott besang deine Kämpfe! Der thessalische Speer hätte umsonst auf Hektors Seite gezielt, und Auroras Sohn [sc. Memnon] wäre durch das Schwert vergeblich gefallen, wenn nicht ein Dichter davon gesungen hätte, der Achill genau soviel Wert gab, wie sein poetisches Talent Kraft hatte. Das letzte Distichon des Gedichts trägt wesentlich dazu bei, eine von Cicero tradierte (und von Petrarca sehr geschätzte) Anekdote interessanter zu machen, der zufolge Alexander der Große Achill bei einem Besuch am Grab des Helden um dessen Lobredner Homer beneidet haben soll, da er fürchtete, keinen adäquaten Künder seiner Taten zu finden. 24 Forcadel lässt den Makedonenkönig eine Rede halten, die sich zunächst weitgehend im Rahmen dessen bewegt, was durch die älteren Versionen der Geschichte vorgegeben war - lediglich die Divinisierung Homers geht darüber hinaus -, sich dann aber zu der in früheren Zeugnissen nicht überlieferten These aufschwingt, dass Homer Achill mit dem Höchstmaß an Kraft ausstattete, das sein poetisches ingenium darzustellen befähigt war, was letztlich nichts anderes bedeutet, als dass der griechische Krieger außerhalb der Ilias nicht so herausragend gewesen sein muss, wie es das Epos nahe legt. Eine Vermutung, die mit jener vergleichbar ist, die Alexander am Schluss des Epigramms in den Mund gelegt wird, hatte unter den antiken Autoren meines Wissens allein Pindar gehegt, und es besteht Grund zur Annahme, dass Forcadel tatsächlich die siebte Nemeische Ode im Blick hatte, als er sein Epigramm konzipierte, und zwar in der einzigen Mitte des 16. Jahrhunderts gedruckt vorliegenden lateinischen Übersetzung, die Johann Lonitzer (1499- 1569) erstellt hatte. 25 Schon zu Beginn des Preislieds verherrlicht Pindar die Kraft der Dichtung, berühmten Persönlichkeiten ein bleibendes Gedächtnis zu stiften. 26 In den vv. 20-23 des Gedichts fügt er dann eine Bemerkung hinzu, die in Lonitzers Version folgendermaßen lautet: 24 Vgl. Cicero, Pro Archia 10, 24: Quam multos scriptores rerum suarum magnus Alexander secum habuisse dicitur! Atque is tamen, cum in Sigeo ad Achillis tumulum adstitisset, „O fortunate“, inquit, „adulescens, qui tuae virtutis Homerum praeconem inveneris! “ Et vere; nam, nisi illi ars illa exstitisset, idem tumulus, qui corpus eius contexerat, nomen etiam obruisset. Vgl. ferner Petrarca 1996, 812, Nr. 187; für eine Aufzählung lateinischer Werke, in denen Petrarca auf die Anekdote rekurrierte, vgl. den Kommentar von Marco Santagata in ebd., 812-813. 25 Vgl. Pindar / Lonitzer 1535, 352-367. 26 Pindar, N. 7, 11-16; vgl. Pindar / Lonitzer 1535, 354. Der Dichter als Täuscher 281 Equidem maiorem Ulyssis sapientiam propter suavisonum Homerum factam, quam re ipsa fuerit, arbitror. Quandoquidem mendaciis eius ac desiderabili arti quaedam adest gravitas. Iam et sapientia vel fabulis mentem suffuratur humanam. 27 Freilich bin ich der Meinung, dass die Weisheit des Odysseus durch den süßtönenden Homer größer dargestellt wurde, als sie tatsächlich war. Denn den Lügen des Dichters und seiner erstrebenswerten Kunstfertigkeit wohnt ein gewisser Ernst inne. Vollends reißt er den menschlichen Geist durch seine Weisheit und seine erfundenen Erzählungen mit. In den umfangreichen Anmerkungen, die der Humanist der Ode hinzufügte, kommentiert er diesen Passus wie folgt: Equidem maiorem Ulyssis sapientiam : In poëtices laude commoratur: cuius tanta virtus est, ut clariores eos efficiat, quod depraedicandos susceperit. Sic Ulyssem Homeri poëtica maiorem, quam erat, factum. […] Tanta est maiestas Homeri carminis, ut hoc potuerit. [...] Et mendaciis : Purgat fabulosam Homeri partem. Tantus est Homerus, ut et eius fabulis gravitas adsit. Iam et sapientia : Alia est gnome [...] qua ostendit, quantum effici possit sapientis hominis fabula, nempe quod humanam ea mentem permoveat. 28 Freilich bin ich der Meinung, dass die Weisheit des Odysseus etc. : Pindar verweilt beim Lob der Poesie, die soviel Kraft habe, dass sie diejenigen, von denen zu künden sie anhebe, noch berühmter mache. So sei Odysseus durch die Dichtkunst Homers bedeutender geworden, als er war. […] So groß sei die Erhabenheit von Homers Gesang, dass er dies vermocht habe. [...] Auch den Lügen etc. : Pindar verteidigt die fiktionale Dimension von Homers Werken. So bedeutend sei Homer, dass selbst den von ihm erfundenen Erzählungen Ernst innewohne. Vollends durch seine Weisheit etc. : Eine andere Sentenz Pindars, durch die er verdeutlicht, wie hoch eine erfundene Erzählung eines weisen Mannes veranschlagt werden kann: Er sagt nämlich, dass sie den menschlichen Geist ergreife. Stehen sowohl diese Ausführungen als auch die Verse, denen sie gelten, im Einklang mit der Pointe von Forcadels Epigramm, so erschließt sich das wohl deutlichste Indiz für eine Rezeption von Lonitzers Oden-Übersetzung durch den Toulouser Rechtsgelehrten aus dem Wortlaut einer Sentenz aus der zweiten Strophe von Pindars Gedicht, die auf der Wichtigkeit des Nachruhms insistiert. 29 In der lateinischen Fassung lautet sie: Enimvero illi preciosi et celebres redduntur, quorum praeclaram orationem adornat deus, adiutoribus vita defunctis („Jene aber werden angesehen und ruhmreich, deren hervorragenden Leumund ein Gott schmückt, nachdem seine Unterstützer gestorben sind“). 30 Es spricht aus meiner Sicht vieles dafür, dass diese Aussage die 27 Pindar / Lonitzer 1535, 355. 28 Pindar / Lonitzer 1535, 357. 29 Vgl. Pindar, N. 7, 31-32. 30 Pindar / Lonitzer 1535, 356. Lonitzers Kommentar zur Stelle lautet: Omnes quidem celebriores redduntur, quorum inclytam famam propagat deus: illi vero potissimum clari habentur, quos vel post adiutorum suorum, hoc est parentum, fatum seu obitum, deus evehit et praeclaris factis extollit (ebd., 357-358). Tobias Leuker 282 ungewöhnliche Bezeichnung Homers als Maeonius […] deus im sechsten Vers von Forcadels Epigramm inspiriert hat. Von der Andeutung der Möglichkeit, dass Homer die Taten der vor Troja streitenden Krieger poetisch überhöht haben könnte, bis zur Behauptung, dass er womöglich den gesamten Trojanischen Krieg und sogar Troja selbst erfand, ist es nur ein kleiner Schritt. Forcadel geht ihn im 173. seiner Epigramme: Homero deberi cladem et famam Troianorum Non Troiae Neptunus erit, non Dardanus autor. Iudice me autorem quaeris? Homerus erit. Cur? Ita descripsit quod stantia Pergama, cogat aspicere ut Priami regna beata senis. Ilion an sciret quisquam cecidisse superbum, 5 ni legat instructos Palladis arte dolos? Si Nero flagrantem cupiat spectare ruinam, quid furit? Incestis obiicit hic oculis! Nec Telamone satus Troiam Pyrrhusve cremavit, huic scribens potius subdis, Homere, facem. 31 10 Die Niederlage und der Ruhm der Trojaner sind Homer zu verdanken Nicht Neptun, nicht Dardanus dürfte der Gründer Trojas sein. Wer es nach meinem Urteil war, fragst du? Homer! Warum? Weil er die noch unzerstörte Stadt so beschrieben hat, dass er jeden dazu zwingt, das glückselige Reich des greisen Priamus zu betrachten. Wüsste denn irgendjemand, dass das stolze Ilion zugrunde ging, wenn er nicht von den Listen läse, die durch Pallas’ Kunst befördert wurden? Wenn Nero das Szenario eines flammenreichen Untergangs zu sehen wünscht, was rast er dann? Hier hätte er es seinen frevelhaften Augen zeigen können! Weder der Sohn des Telamon [sc. Ajax] noch Pyrrhus hat Troja verbrannt; vielmehr hast du, Homer, Pyrrhus schreibend die Fackel überreicht. Die beiden ersten Distichen des Gedichts negieren zwei Hypothesen über den Gründer Trojas 32 und behaupten unter Hinweis auf die Anschaulichkeit (ἐνάργεια), mit der Homer das Aussehen, das die Stadt vor ihrer Zerstörung hatte, seinen Lesern vermittle, dass der Dichter als deren Schöpfer gelten müsse. Sodann konstatiert Forcadel, dass Homer der einzige Bürge für Trojas Untergang sei. Dass die schon eingangs des Epigramms gepriesene ἐνάργεια auch für die Schilderung des Stadtbrands gelten muss, macht das vierte Distichon deutlich, indem es festhält, dass Nero sein wahnhaftes Verlangen nach dem Anblick einer brennenden Stadt durch die bloße Lektüre der Ilias hätte stillen können. Das letzte Verspaar des Gedichts streitet dem Epos den Wert 31 Forcadel 1554, 68. In der Edition lautet das letzte Wort der Überschrift fälschlich Traianorum , und statt Telamone liest man in v. 9 Thelamone . 32 Vgl. Vergil, Aeneis 3, 3 bzw. 8, 134. Der Dichter als Täuscher 283 eines historischen Zeugnisses ab: Es betont, dass Ajax und Pyrrhus nur als Figuren desselben eine wichtige Rolle bei der Zerstörung Trojas gespielt hätten. Homer, heißt es pointiert, sei es gewesen, der Pyrrhus schreibend die Fackel in die Hand gegeben habe. Das im letzten Vers verwendete Bild ist glücklich gewählt, nicht aber der Verweis auf Pyrrhus. Der einzige Sohn Achills heißt bei Homer nicht nur Neoptolemos, der Ilias zufolge spielte er bei der Eroberung Trojas keine Rolle. 33 Erst Vergil, der ihn mit Vorliebe Pyrrhus („Rotschopf“) nennt, stellt ihn als einen der entschiedensten Feinde der Trojaner dar. 34 Verherrlicht das 173. Epigramm Forcadels Homer gerade dadurch, dass es dessen Troja-Epos den Rang eines historischen Zeugnisses abspricht, so wird Vergil im 24. Epigramm der Edition von 1554 der Vorwurf gemacht, in der Aeneis gegen alle historische Evidenz von einer Liebesaffäre zwischen Dido und Aeneas gehandelt und durch den Ausgang der Episode, den Suizid der karthagischen Königin aus Verzweiflung über die Weiterfahrt des Trojaners, den Ruf der in Wahrheit keuschen und aus weitaus ehrbareren Gründen zur Selbstmörderin gewordenen Herrscherin nachhaltig beschädigt zu haben: Virgilius accusatur Virgilius reus est, ex vinclis dicere causam hunc decet, est probri conscius atque necis. Nam castam Aeneae leno subiecit Elisam, cogit et invitam Cypridos esse nurum. His addit facinus: reginae callidus ensem 5 quem Phryx praebuerat, pectore mox adigit. Crimen an hoc Minos Lethes aboleverit undis, nescio, sed coelum fraude disertus habet. 35 Vergil wird angeklagt Vergil ist angeklagt, in Fesseln soll er sich verteidigen, denn er ist verantwortlich für Schande und Mord. Wie ein Kuppler unterwirft er die keusche Elissa dem Aeneas und zwingt sie, gegen ihren Willen zur Schwiegertochter der Venus zu werden. Diesen Vergehen fügt er ein weiteres hinzu: Verschlagen stößt er das Schwert, das der Phrygier der Königin gegeben hatte, bald schon in ihre Brust. Ob Minos in den Wassern des Letheflusses ein solches Verbrechen gesühnt hätte, weiß ich nicht; der trugreich Beredsame aber hat einen Platz im Himmel erlangt. 33 Er wird in der Ilias nur ein einziges Mal erwähnt: vgl. Homer, Ilias 19, 327. 34 Vgl. Vergil, Aeneis 2, 469-478: Dort erstürmt Pyrrhus-Neoptolemus als erster Grieche den Palast des Priamus. Allerdings wird nur von seinen Gefährten explizit gesagt, dass sie brennende Fackeln ( flammas , v. 478) in die Residenz des Königs schleudern. Pyrrhus wird Priamus wenig später töten (vgl. vv. 552-553). 35 Forcadel 1554, 15. Tobias Leuker 284 Die Geschichtsfälschung Vergils, die Forcadel gleichsam in Ausübung seines juristischen Hauptberufs anprangert, war erstmals in den Saturnalia des Macrobius thematisiert worden. 36 Einer der Redner des spätantiken Dialogs hatte - ohne jeden anklagenden Unterton - konstatiert, dass die Affäre zwischen Dido und Aeneas dank der pulchritudo narrandi , die die davon handelnden Verse Vergils auszeichneten, den Rang eines historischen Faktums erlangt habe. So groß, hatte er hinzugefügt, sei die dulcedo fingentis , dass sich niemand mehr um die Diffamierung der Keuschheit Didos schere. Forcadels Epigramm trägt dieser (in einem Altersbrief Petrarcas, der Senilis 4.5, 37 aufgegriffenen und weiter gesponnenen) Einschätzung Rechnung, indem es abschließend feststellt, dass Vergil keine Strafe für seine fictio fürchten müsse, da ihm seine Beredsamkeit einen Platz im Himmel gesichert habe. 38 Der anklagende Duktus von Forcadels Epigramm, der erst durch den letzten Pentameter abgeschwächt wird, legt nahe, dass der französische Autor von einem der vier italienischen Drucke Kenntnis hatte, die ein lateinisches Epigramm verzeichnen, das der Humanist Giorgio Merula (†1494) zusammen mit anderen gattungsgleichen Gedichten in einem Kodex des Klosters Bobbio gefunden hatte. Darin bezichtigt Dido selbst Vergil bzw. die ihn anspornende Muse der Lüge und grenzt in einem finalen Rundumschlag alle vates als falsidici von den historici ab. Hier der Text des Gedichts: In Didonis imaginem ex graeco Illa ego sum Dido vultu, quam conspicis, hospes, assimulata modis pulchraque mirificis. Talis eram; sed non Maro quam mihi finxit erat mens, vita nec incestis laeta cupidinibus. Namque nec Aeneas vidit me Troius unquam 5 nec Libyam advenit classibus Iliacis, sed furia[s] fugiens atque arma procacis Ïarbae servavi, fateor, morte pudicitiam pectore transfixo castus quod perculit ensis non furor aut laeso crudus amore dolor. 10 Sic cecidisse iuvat: vixi sine vulnere famae; ulta virum, positis moenibus oppetii. Invida cur in me stimulasti, Musa, Maronem, fingeret ut nostrae damna pudicitiae? Vos magis historicis, lectores, credite de me 15 quam qui furta deum concubitusque canunt 36 Vgl. Macrobius, Saturnalia 5, 17, 4-6. 37 Vgl. Petrarca 2003, Bd. 2, 72-103 (lateinischer Text und französische Übersetzung). 38 Zum Finale des Epigramms vgl. Maximian, Eleg. 1, 11-12: Saepe poetarum mendacia dulcia finxi / et veros titulos res mihi ficta dabat. Der Dichter als Täuscher 285 falsidici vates, temerant qui carmine verum humanisque deos assimulant vitiis! 39 Auf ein Bildnis Didos. Aus dem Griechischen Ich bin jene Dido, die in dem Antlitz, das du, Fremder, vor dir siehst, auf wunderbare Weise und in voller Schönheit dargestellt ist. So sah ich aus, aber mein Sinn war nicht so, wie ihn Vergil mir andichtete, und mein Leben nicht aufgewühlt durch schmutzige Begierden. Denn der Trojaner Aeneas sah mich nie, noch kam er je mit der Flotte Ilions nach Libyen. Vielmehr entzog ich mich dem Wahn und den Waffen des dreisten Iarbas durch Freitod und wahrte meine Keuschheit, indem ich meine sittsame Brust durchbohrte. Keineswegs nämlich trieb Wahnsinn oder heftiger, durch Verschmähung verursachter Liebesschmerz mein Herz dazu, sich auszulöschen. So, wie ich starb, gestorben zu sein, erfüllt mich mit Freude: Mein Leben habe ich zu Ende gelebt, ohne dass ich meinen Ruf befleckt hätte; nachdem ich meinen Gemahl gerächt und die Mauern einer neuen Stadt errichtet hatte, ging ich in den Tod. Warum nur, Muse, hast du Vergil gegen mich aufgestachelt und dazu bewogen, meiner Keuschheit durch Lügen Tort anzutun? Ihr, Leser, glaubt, was mich betrifft, eher den Historikern als jenen, die von Diebstählen und Liebesaffären der Götter singen. Verlogene vates ! Sie entstellen durch ihr Lied die Wahrheit und sagen den Göttern menschliche Laster nach! Man wird nicht fehlgehen, wenn man vermutet, dass diese Klage über die falsidici vates und die inhaltlich gegenläufigen Einlassungen zur dulcedo fingentis , die die Dido-Episode der Aeneis in den Saturnalia des Macrobius kommentieren, maßgeblich zur Konzeption des vates -Begriffs beitrugen, den Forcadel in seinem eingangs kommentierten, Figmenta poëtarum dulciter decipere überschriebenen Gedicht entwickelt. 40 Nicht Vergil, sondern die Römer werden im 4. Epigramm des französischen Dichters 41 der Geschichtsfälschung beschuldigt. Ihnen wird vorgeworfen, Aeneas als pius bezeichnet zu haben - das Adjektiv ist epitheton ornans des Helden in der Aeneis 42 -, obwohl er seine Gattin Creusa in den Flammen Trojas zurückgelassen und seiner Heimat den Rücken gekehrt habe. Anders als das Epigramm spricht Vergils Epos davon, dass Aeneas seine Gemahlin bei der Flucht aus Ilion aus den Augen verlor und schließlich von ihrem Schattenbild, das ihm in einer Vision erschien, gebeten wurde, nicht weiter 39 Text nach Ausonius 1507, 80v, verbessert nach Kofler 2007, 235. Die in der Überschrift erwähnte griechische Vorlage ist, sofern sie je existiert haben sollte, verloren. Zur Überlieferungsgeschichte des Epigramms und zu den Inkunabeln, die es enthalten, vgl. ebd., 5-11. 40 Er mag dabei zusätzlich Lucans Ausruf Invidus [ ... ] / qui vates ad vera vocat! ( Bellum Civile 9, 359-360) beherzigt haben. 41 Forcadel 1554, 8, Quod falso Aeneas pius habitus sit : Coniugis et patriae Cythereïus immemor Heros, / vel memor uxoris proditor, et patriae, / fert humeris flamma ereptum et caede parentem, / sat dignum, fateor, quod veneremur onus; / effoetum Anchisen tenera pro coniuge mutat, / institor ut mercis callidus Argolicae. / Dissimulent tandem primordia Teucra Quirites: / bis malus est, ficta qui pietate nocet. 42 Vgl. Vergil, Aeneis 1, 220 etc. Tobias Leuker 286 nach ihr zu suchen, da Venus dies nicht wünsche. 43 Warum überging Forcadel diesen Passus? Warum schwärzte er Aeneas noch in einem weiteren Epigramm an 44 und verschonte auch Romulus nicht? 45 Zwei einander nicht ausschließende Erklärungen scheinen mir denkbar: 1. Forcadels denigratio Romae könnte im Einklang mit dem negativen Image stehen, das die Ewige Stadt während des Pontifikats von Papst Julius III. (1550-1555) in Frankreich genoss: Der Dichter manifestiert die Antipathie der französischen Eliten gegen den Oberhirten in zwei Epigrammen, deren erstes als Reaktion auf die Wahl des Geistlichen zum Oberhaupt der katholischen Kirche am 8. Februar 1550 entstand, 46 während das zweite, an König Henri II. gerichtete, ein gegen den Willen des Papstes im Februar 1551 zustande gekommenes Abkommen zwischen dem Statthalter von Parma, Ottavio Farnese, und dem französischen Monarchen feiert, das die oberitalienische Stadt und ihr Territorium faktisch vom Kirchenstaat abspaltete. 47 2. Die Herabstufung zentraler Figuren der römischen Gründungssage könnte dem Zweck gedient haben, vom Schwächeln der Wirkkraft einer seit dem Frühmittelalter bezeugten und vor allem in den Jahrzehnten um 1500 lautstark propagierten Legende abzulenken, die eine trojanische Abstammung der Franci postulierte: Ihr zufolge war ein Sohn Hektors namens Francio oder Francus der Gründer des fränkischen Volkes und somit der Stammvater der Franzosen. 48 43 Vgl. Vergil, Aeneis 2, 735-794. 44 Vgl. Forcadel 1554, 80, Nr. 206, Ad Didonem : Dic, Cytherea nurus, cur ferrum sumis, Elisa, / dum tuus Aeneas Punica regna fugit? / Nam profugus cum te reginam luserit hospes, / suffecisse neci debuit iste dolor. In diesem Gedicht akzeptiert Forcadel die vergilische Fiktion. Es wirft Aeneas vor, die königliche Würde Didos bei seiner Flucht aus Karthago missachtet zu haben. 45 Die Epigramme Ad Romulum und De Romulo beschimpfen Romulus ob seines Brudermords als grausamen Barbar: vgl. Forcadel 1554, 20, Nr. 39: Cum nova fraterna foedasti moenia caede, / Romule, te genitum nonne fatere lupo? / Gradivi cur te mentiris sanguine cretum? / Et lupa sat docuit parcere saeva Remo. , bzw. 104, Nr. 270: Non ego Dardaniae demiror praelia Romae, / sanguinis et praedae cui dedit omen avis: / horrendi soboles Martis de vulture sumpsit / auspicium, diis est victima prima Remus. / Romulus hinc dici meruit Germanicus, ut rex / qui titulos caeso victor ab hoste capit. 46 Vgl. Forcadel 1554, 79-80, Nr. 205, De Cardinali a Monte mox Iulio III pontifice Rom [ anorum ]. Zum historischen Hintergrund des Gedichts vgl. von Pastor 1928, 17, 31, 34-35 und 43. Im genannten Epigramm vergleicht Forcadel den neu gewählten Papst mit Typhon, einem der Giganten, die sich der griechischen Mythologie zufolge gegen die Götter erhoben. 47 Forcadel 1554, 70, Nr. 178, Ad Henricum Regem Gall [ orum ]: Pontificem amissa moestum, Rex maxime, Parma / ne mirere: Aiax interit ob clypeum. Der Zweizeiler bezieht seine Pointe aus der Homonymie des Stadtnamens Parma mit dem Substantiv parma („Rundschild“). Zum historischen Hintergrund des Epigramms vgl. von Pastor 1928, 70-74, bes. 71-72. 48 Zu dieser Legende vgl. Chamard 1939-1940, Bd. 3, 122-130; Joukovsky 1969, 114- 117; Linder 1978, bes. 497-500; Laigneau-Fontaine 2008, 168. Der Dichter als Täuscher 287 Schon in der Hochzeit der Konjunktur der Gründungssage war deren Wahrheitsgehalt angezweifelt worden: Robert Gaguin etwa hatte sie in seinem erstmals 1495 erschienenen und in den folgenden Jahrzehnten stark rezipierten Compendium zur französischen Geschichte klar als Mythos ausgewiesen. 49 Der vielleicht nachdrücklichste Verfechter ihrer Vertrauenswürdigkeit, Jean Lemaire de Belges, 50 hatte zwei von ihm selbst angeführte (und deshalb zu Beginn des 16. Jahrhunderts offensichtlich zirkulierende) Einwände gegen die Stichhaltigkeit der Sage nicht wirklich entkräften können: 51 erstens die Tatsache, dass keine antike Quelle von Francus berichtet; zweitens die aufgrund der Aussage Senecas, 52 dass Astyanax, der nach Ausweis der Ilias einzige Hektorspross, durch Odysseus von der Stadtmauer Trojas in den Tod gestürzt worden sei, fehlende Plausibilität der Option, Francus kurzerhand mit Astyanax zu identifizieren. Während Ronsard sich durch all dies nicht davon abhalten ließ, die Legende ab 1554 in seiner Fragment gebliebenen Franciade episch zu verarbeiten, 53 entschied sich Forcadel, die ergraute Sage durch eine eigene, noch markanter mythische, da eine Metamorphose implizierende Erzählung zu ersetzen, um auf zwar nicht glaubwürdigere, aber lieblichere Weise die Mär von einem besonderen Band zwischen dem trojanischen und dem französischen Königshaus zu perpetuieren. Gemäß seiner Fiktion flog Iris im Auftrag der Götterversammlung nach Troja, salbte den nach seinem Sturz von der Stadtmauer am Boden liegenden Astyanax mit Ambrosia - eine Prozedur, die ihm Unsterblichkeit verlieh - und verwandelte ihn in eine weiße Lilie. Aus den Blüten dieser Lilie, verkündet der Dichter, seien später durch schicksalhafte Bestimmung die fleurs de lis des französischen Königshauses geworden: Transformatio Astyanactis, qui fuit Hectoris filius, in lilium Immeritum frustra Astianacta necatis, Achivi, Hectoreum nolunt fata deesse genus; deiicitis summa puerum crudeliter arce, tam dirum haud vidit Caspia terra nefas. Dii melius, qui elisa vident ubi caelitus ora, 5 aureolam spargi perdoluere comam. 49 Vgl. Gaguin 1497, 1r; zum Erfolg des Werkes und zu dessen volkssprachlichen Adaptationen vgl. Chamard 1939-1940, Bd. 3, 123. 50 Vgl. Lemaire de Belges 1882, Bd. 1, 12-14 und Bd. 2, 267-268. 51 Vgl. Lemaire de Belges 1882-1885, Bd. 2, 269-276. 52 Vgl. Seneca, Troades 1088-1119. Auf den Mauersturz des Astyanax wird auch in anderen Texten der römischen Antike angespielt, die Lemaire nicht erwähnt: vgl. Ovid, Metamorphosen 13, 415-417, sowie Statius, Silvae 5, 3, 76-77. 53 Vgl. Ronsard 1950; zur Entstehungsgeschichte des Werkes bis zum Erstdruck der Gesänge 1-4 im Jahr 1572 vgl. Laumonier 1950, vii-xvi. Die letzten acht des auf zwölf Gesänge veranschlagten Epos wurden nie geschrieben. Tobias Leuker 288 Iussa repente volat pictis Thaumantias alis, quae puerum sacra proluit ambrosia. Flos inde enituit faciei argenteus albae concolor, et capitis pondere colla premens 10 caesaries medio flavescit lutea flore. Iliades luctum iam posuere nurus, purpureo ut gigni de sanguine candida cernunt lilia Francorum nobilitanda domo. 54 Die Verwandlung von Hektors Sohn Astyanax in eine Lilie Ihr, Griechen, tötet den Astyanax, der solches nicht verdiente, vergebens: Das Schicksal will nicht, dass Hektors Geschlecht erlischt. Grausam habt ihr den Knaben vom höchsten Punkt der Stadtmauer hinabgestürzt: Ein so schreckliches Unrecht hat selbst das kaspische Land noch nie gesehen. Die Götter handelten besser: Als sie von ihrer himmlischen Warte aus das zertrümmerte Antlitz des Astyanax sahen, ergriff sie Schmerz darüber, dass sein goldenes Haar am Boden hingebreitet lag. Einem plötzlich erteilten Befehl folgend, fliegt die buntgeflügelte Iris zur Erde und benetzt den Knaben mit heiliger Ambrosia. Da erglänzt silbern eine Blume, so hell wie das Gesicht des Hektorsohns, und das golden schimmernde Haar, das eben noch gemeinsam mit dem Gewicht des Kopfes den Hals des Jungen beschwerte, glänzt gelblich inmitten ihrer Blüte. Ilions Töchter ließen das Trauern, als sie sahen, dass aus dem purpurnen Blut weiße Lilienblüten entstanden, Lilienblüten, die durch das Königshaus der Franci geadelt werden sollten. So wenig wahrscheinlich es ist, dass irgendein Leser diesem an die Metamorphosen von Adonis, Narziss und Hyazinth 55 erinnernden Mythos Glauben schenkte, innerhalb der Sammlung Forcadels hat er doch insofern eine gewisse Relevanz, als deren an Henri II. gerichtetes Auftaktgedicht, das den König für würdig erklärt, die Weltherrschaft zu übernehmen, mit einem Vers anhebt, der die fleurs de lis im französischen Königswappen evoziert: Lilia iam nigros florescent alba per Indos . 56 Noch bemerkenswerter ist freilich die Tatsache, dass der von Forcadel geschaffene Astyanax-Mythos das für mittelalterliche und humanistische Gründungssagen charakteristische und auch für alle Texte der Francus-Legende gültige Nobilitierungsschema umkehrt: Statt zu behaupten, dass die Franci aus ihrer angeblichen trojanischen Abstammung Glanz bezögen, besagt die Erzählung des Toulouser Rechtsprofessors, dass es den aus Hektors Sohn entstandenen Lilien beschieden war, durch das fränkisch-französische Herrschergeschlecht geadelt zu werden. Zumindest eine weitere der von Forcadel erfundenen Metamorphosen verdient noch eine gesonderte Abhandlung. Es handelt sich um die tragische Geschichte eines gewissen Alpheus, mit dem hier freilich nicht der in 54 Forcadel 1554, 60, Nr. 151. 55 Vgl. Ovid, Metamorphosen 10, 503-559 und 708-739, 10, 162-279 bzw. 3, 339-510. 56 Forcadel 1554, 7, Nr. 1, v. 1. Der Dichter als Täuscher 289 Arethusa verliebte Fluss(gott), 57 sondern ein in keinem anderen Mythos erwähnter Knabe gemeint ist. Alphentis pueri casus, et transformatio in arborem In Phaëthonteo dum flumine succina quaerit, pollicita est Graiûm quae levis historia, delusus rapidis Alpheus immergitur undis, destituitque vagum lubrica ripa pedem. Nereïdes luxisse ferunt, et nectare lotum 5 margine fallacis deposuisse vadi: populum in herculeam mutatur, et undique frondens his, per quas periit, nunc quoque crescit aquis. 58 Der Sturz des Knaben Alpheus und seine Verwandlung in einen Baum Während Alpheus am Fluss des Phaethon [ sc. am Po] Bernstein sucht, den ihm eine leicht dahingesagte griechische Erzählung verheißen hat, versinkt er, getäuscht von den reißenden Wogen, im Wasser, und das schlüpfrige Ufer verliert den Kontakt zu seinem unsteten Fuß. Die Nereiden sollen getrauert, den Knaben mit Nektar benetzt und ihn am Ufer der trügerischen Furt abgesetzt haben. In eine Pappel, den Baum des Hercules, wird er verwandelt und wächst nun, an allen Seiten Blätter treibend, dank der Wasser, durch die er seinen Tod fand. Dies wäre nur ein handwerklich gut gemachtes und gewandt abgeschlossenes Epigramm, enthielte es nicht in v. 2 ein ungewöhnliches Detail. Alpheus, heißt es dort, habe sich allein deshalb am Ufer des Po auf die Suche nach Bernstein gemacht, weil ihn eine als levis , leicht dahingesagt und unsolide, geschmähte griechische historia dazu verleitet habe. Angesichts der Umschreibung des Po mit der Antonomasie Phaëthonteum flumen im ersten Vers des Epigramms darf man getrost davon ausgehen, dass es sich bei der Graiûm levis […] historia um den Mythos von Clymene und ihren Töchtern, den Heliaden, handelt, die sich in Bäume verwandelt haben sollen, als sie am Ufer des Po um Phaëthon, ihren mit dem Sonnenwagen in den Fluss gestürzten Sohn bzw. Bruder trauerten. 59 Man darf dies umso gewisser tun, als die Bäume, zu denen die Frauen wurden, gemäß dem Mythos eine Flüssigkeit in sich bergen, die sich, sobald sie nach außen dringt, zu Bernstein härtet. 60 Die Erzählung, von der - folgt man der Suggestion des Epigrammtexts - Alpheus zur Bernsteinsuche verleitet wurde, endet für vier der darin erscheinenden 57 Zum Mythos um die Nymphe Arethusa, die sich, bedrängt vom Flussgott Alpheus, in einen Fluss verwandelte und schließlich auf der Flucht vor ihrem Verfolger mit Dianas Hilfe unterirdisch nach Ortygia im östlichen Sizilien gelangte, vgl. Ovid, Metamorphosen 5, 572-641. 58 Forcadel 1554, 140, Nr. 370 (mit Phaëtonteo statt Phaëthonteo ). Zum Attribut des Substantivs populum , herculeam , vgl. Vergil, Bucolica 7, 61 und Aeneis 8, 276. 59 Vgl. Ovid, Metamorphosen 1, 751-779 und 2, 1-366. 60 Vgl. Ovid, Metamorphosen 2, 333-366. Tobias Leuker 290 Figuren ganz genauso wie Forcadels fictio für den Knaben mit einer mutatio in arborem - und wenngleich Ovid die Art der Bäume, die aus Clymene und den Heliaden entstanden sein sollen, nicht spezifiziert, so berichten doch etliche griechische und lateinische Quellen, 61 dass es Pappeln waren wie diejenige, deren Gestalt der Protagonist des neulateinischen Epigramms nach seiner Wiederbelebung annimmt. In seinem Alpheus-Gedicht, dessen Pointe einer der besten lateinischen Dichter des italienischen Manierismus, Aurelio Orsi (†1591), in einem seiner Epigramme aufgegriffen zu haben scheint, 62 bringt Forcadel das köstliche Kunststück fertig, in der Erzählung eines von ihm selbst erfundenen Mythos die fehlende Glaubwürdigkeit griechischer Mythen anzuprangern. Auf diese Weise spielt er nicht nur geschickt mit dem Topos der Graecia mendax, 63 sondern markiert zugleich den fiktionalen Charakter seiner eigenen Komposition. An einer frühen Stelle seines Epigramms, in dessen zweitem Vers, zeigt er dem aufmerksamen Leser indirekt an, dass auch er, der Dichter, im Begriff steht, ihn zu täuschen. Dieser indes wird sich, sofern er poetische Raffinesse zu goutieren versteht, nicht als Opfer des vates fühlen, sondern dulcedine captus in die an ihm verübte deceptio einwilligen. Auf den zurückliegenden Seiten haben wir gesehen, wie facettenreich Forcadel in seinen Epigrammen das Thema des täuschenden vates behandelt. Wenn seine Texte Fiktionen (wie die leves historiae der griechischen Mythologie) oder einzelne Dichter (wie Vergil) schelten, geschieht dies immer mit einem Augenzwinkern, aus dem Bewunderung spricht. Wie sehr den französischen Autor die dulcedo fingentis faszinierte, zeigt sich in seinen Lobgedichten auf die schöpferischen Fähigkeiten Homers und nicht zuletzt in den Mythen, die er selbst ins Leben rief. Literaturverzeichnis Ausonius per Hieronymum Avantium Veronensem Ar. Doc. emendatus, hg. von Girolamo Avanzi, Venedig 1507. 61 Vgl. u.a. Vergil, Aeneis 8, 189-193; Hygin, Fabulae 152 und 154; Philostrat, Imagines 1, 11. 62 Vgl. Aurelio Orsi, In Delphini fontem : Hic puer implicitus Delphino lusit in undis, / haesit et in dorso piscis amantis amans. / Sed dum consuetos iteraret in aequora cursus, / infelix! spinae concidit ictus acu. / Indoluit, voluitque mori Delphinus, et ambo / marmoreo obstricti diriguere gelu. / Nunc quoque flet puerum amplexus Delphinus in undis, / et quibus interiit, vivere gaudet aquis. Für eine Analyse dieses Gedichts und Angaben zu seiner Überlieferung vgl. Leuker 2009, 249-250. Forcadel verfasste ein Epigramm zu Ehren von Orsis langjährigem Gönner Alessandro Farnese (1520-1589): vgl. Forcadel 1554, 127, Nr. 333, Alexandro Farnesio Cardinali Rom [ ano ]. 63 Vgl. Juvenal, Sat. 10, 174. Der Dichter als Täuscher 291 Bourbon, Nicolas: Nugae (Bagatelles), hg. von Sylvie Laigneau-Fontaine, Genf 2008 (Travaux dʼHumanisme et Renaissance, Bd. 446). Chamard, Henri: Histoire de la Pléiade, 4 Bde., Paris 1939-1940. Dorat, Jean: Œuvres poetiques de Iean Dorat, Poete et Interprete du Roy, hg. von Charles Marty-Laveaux, Nachdruck der Ausgabe Paris 1875, Genf 1974. Du Bellay, Joachim: Œuvres poétiques, Bde. 7-8, hg. von Geneviève Demerson, Paris 1984- 1985 (Société des Textes Français Modernes, Bde. 179-180). Forcadel, Étienne: Poésie de Estienne Forcadel, Lyon 1551. Forcadel, Étienne: Stephani Forcatuli Iurisconsulti Epigrammata, ad Carolum Lotharingum Cardinalem, Lyon 1554. Forcadel, Étienne: Œuvres poétiques: Opuscules, Chants divers, Encomies et Élégies, hg. von Françoise Joukovsky, Genf 1977 (Textes littéraires français, Bd. 237). Gaguin, Robert: Roberti Gaguini Ordinis Sanctae Trinitatis ministri generalis De origine et gestis Francorum compendium, Paris 1497. 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Joachim Du Bellay’s Precursors and Contemporaries in Italy: Pietro Alcionio, Ortensio Landi and Diogo Pires George Hugo Tucker (Reading) This study 1 will examine the writing on, or in, ‘exile’, and beyond exile, of two humanist ‘outsiders’ - the Venetian Hellenist and Ciceronian Pietro Alcionio (Alcyonius, 1487-1528[? ]), 2 and the Milanese satirist Ortensio Landi (Lando, 1512[? ]-1555[? ]) 3 - together with the exiliar verses of an ethnic and religious exile, the Portuguese Marrano and neo-Latin poet Diogo Pires of Évora (Didacus Pyrrhus Lusitanus, alias Iacobus Flavius Eborensis, alias Isaia Kohen, 1517-1599). 4 The first was a major precursor, the second a near contemporary, and the third an exact contemporary in Italy of the famous French (and neo-Latin) ‘exile’ poet, Joachim Du Bellay (1522-1560), author of the ‘exiliar’ Roman sonnet sequence Les Regrets (Paris, 1558), and of the similarly ‘exiliar’ elegy Patriae desiderium ( Poemata , Paris, 1558), composed in Rome, during the French poet’s stay there in 1553-1557 in the service of his patron and kinsman the cardinal Jean Du Bellay. All three authors negotiate, as the poet Du Bellay did, the (re-)writing of ‘exile’ in a space of 1 Originally conceived as a paper for the panel ‘Alienation and Exclusion: Exiles and Outsiders in Italian Humanism I’, org. David Marsh & Jeroen De Keyser, at ‘The Renaissance Society of America Annual meeting’, Montreal, March 2011; cf., more generally, Tucker 2003. 2 See Rosa 1960; Tucker 1993; Gouwens 1993; Gouwens 1998, 31-72, 179-212; Tucker 2005; Gouwens / Celenza 2006. 3 See Grendler 1969, 21-38; Tucker 2003, 270-280. 4 See Tubero 1790, 35-42, 65-71; Appendini 1802-1803, vol. 1, 324-327; Chersa 1826; de S-o Boaventura 1905; Körbler 1917; Tadić 1937, 298-314 (‘Didak Pir’); Kolendić 1961; Santos Carvalho 1980-81; Costa Ramalho 1983-84; André 1988; André 1989- 90; André 1992a; André 1992b, 391-436; Tucker 1992; Tucker 1998; Tucker 2003, 195-238; Tucker 2010. George Hugo Tucker 294 ‘freedom’ (a fundamental paradox of the writing of ‘exile’, that we have also identified in our book on the subject, Homo Viator ). If Alcionio’s twin Ciceronian dialogues Medices Legatus de exsilio (1522) operated (with his Ciceronian translations of Aristotle, 1521 5 ) as a means of integrating their author socio-culturally within Italian Humanist circles as much as a vehicle for exploration of the topic of exile, Landi’s twin Latin dialogues of 1534 upon Cicero’s exile and recall from exile, Cicero relegatus & Cicero revocatus (1543) , complemented by his Paradossi and Confutatione […] de’ paradossi of 1543-1544 (expounding the advantages and disadvantages of exile, respectively), 6 took, by contrast, ironic distance from the issue of the nature and status of exile (viewed traditionally as either negative or positive), but also from the Ciceronian question in Latin style, thus parodying Alcionio’s positive stance on both. In his dialogue(s), moreover, Landi used Cicero’s exile from Rome as a metaphor for that author’s varying fortune as a stylistic model in Sixteenth Century Latinity; he also had his dialogues’ interlocutors call into question Cicero’s credentials as an exiliar authority by suggesting that his stance about exile as a positive ‘refuge and haven from punishment’ ( Pro Caecina 34, 100) - and so as a vehicle for ‘freedom’ (an example of libertas exilii ) 7 - was inconsistent the purportedly negative view of exile in Cicero’s Paradoxa Stoicorum (18, 27-32), described there as a ‘criminal penalty’ ( scelerum poena ): An non dicebat Merula, haec est inconstantia non ferenda […]? […] [in libro] Pro A. Caecinna exilium non supplicium, sed perfugium suppliciique portum vocat: in Paradoxis scelerum poenam appellat. 8 And did not [Gaudentius] Merula say, ‘this is intolerable fickleness […]’? […] [in his book] Pro Caecina , he [Cicero] calls exile ‘not a punishment, but a refuge and harbour from such punishment’; yet in the Paradoxa [ Stoicorum ], he terms it a ‘criminal penalty’. Landi’s involvement in Ferrara (from circa 1540) 9 with figures of the exiled Sephardic-Jewish community also imposes comparison with Diogo Pires, 5 The title runs as follows: Habes […] Aristotelis libros de Generatione, & interitu duos, Meteóron, hoc est sublimium quatuor, de Mundo […] , Ex opere de animalibus decem, quorum Primus est de Communi animalium gressu, […] Item eiusdem Aristotelis vitam […]. quae omnia Petrus Alcyonius de graeco in latinum à se conversa nunc primum […] curavit , Venice: Bernardinus Vitales, mense aprili 1521 [privileges of Leo X and the Venetian Senate, ‘Romae […] Die xxvii Maii M.D.XX’ and ‘mense Aprili MDXXI’]. 6 On Landi’s Paradoxes , see Saulnier 1950, 91, 93-95, 98, 100; Grendler 1969, 20-38, 222-239; [Estienne] 1998, 7-34 (‘Introduction’). 7 On the Roman juridical notion of ‘freedom of exile’, see Crifò 1961, 50-70. 8 Landi, Cicero relegatus , fol. 5 vo . On Cicero’s actual sentiments in the Paradoxa Stoicorum , where he negates the reality of exile by negating the value and status of the patria, see Doblhofer 1987, 42, 46, 156, 222, 246-247. Joachim Du Bellay’s Precursors and Contemporaries 295 who lived in Ferrara’s Jewish ghetto, circa 1545-1555. Like Pires, the expatriate Landi benefitted there from the patronage of one of the great Sephardic-Jewish families of the time, the Mendes-Nasi. 10 Pires’s later elegiac poem De exilio suo , written circa 1595 from the poet’s final refuge on the Dalmatian coast, after a journey of exile from Portugal, though the Southern Low Countries, France and Italy, would recount a personal history of Marrano (Sephardic-Jewish) exile, 11 but it would also gesture beyond exile, albeit in a way different from Landi’s oscillations between opposing views of exile, or from Alcionio’s disingenuous anti-elegiac and un-philosophical manipulation of the exile topic as a means of self-promotion. In the case of all three authors they negotiated the writing of the ‘good’ or ‘evil’ of ‘exile’ (or of their own experiences of such exile, alienation or exclusion) in a space of liberty constituted by the writing process itself and the paradoxical ‘freedom of exile’ which such writing pointed to. Pietro Alcionio (Petrus Alcyonius) Of ‘hybrid’ (partly Venetian) origins and ‘plebeian’ character (purportedly lacking social or scholarly decorum), 12 Pietro Alcionio composed his 1522 dialogues ‘on exile’ - later read by Joachim Du Bellay in Rome (1553-1557) when composing his ‘exiliar’ Regrets (Paris, 1558) 13 - as a bid to gain acceptance into Roman humanist circles. If these twin dialogues loftily exploited the Stoic topoi of indifference to the polarities of ‘exile’ and ‘home’, they also participated in a debate about their author’s social and scholarly merits or demerits, and attempted, in particular, to justify his controversial Aristotelian translations of 1521. Later, on the eve of Alcionio’s death (in 1528), at the Sack of Rome, his Latin orations on that event were to place him finally centre stage (the right orator at the right time in the right place) and earn him, unlike the fellow Ciceronian ‘outsider’ Christophe de Longueil 9 See Grendler 1968, 26, 28. 10 See Tucker 2003, 274-275; Rose 1971, 50-52, 54, 56-58. 11 On the double character, ethnic and religious, of the exile of ‘converted’ Portuguese Sephardic Jews, see Graizbord 2006. On Jewish exile in the Renaissance (in Provence, and in the rest of Europe), see Iancu-Agou 2005. 12 Such is the portrait of Alcionio in Giovio’s Elogia , fols 70 vo -71 ro ; see Tucker 2005, 165-167, 181 (and nn. 12, 16, 44). 13 See Tucker 1990, 239-240 and Tucker 1993. For an edition of the inventory (2 July 1560, made for Louise Du Bellay, heir of Cardinal Jean Du Bellay) of a library of books in a ‘travelling-chest’ which had accompanied Joachim Du Bellay to Rome, see Pétris 2007. George Hugo Tucker 296 (1488 - 11 Sept. 1522), the grudging admiration of enemies such as the historian Paolo Giovio (1483-1552) in his Elogia of 1546. 14 Our starting point, however, is 23 March 1522, when the Spaniard Juan Ginés de Sepúlveda (1490-1573) composed a poisonous, self-promotional letter about his translation of Aristotle into Latin, addressed to Alberto Pio of Carpi (1475-1531), a leading figure in Roman humanist circles, who had counted Aldo Manuzio (? 1450-1515), the Hellenist Marcus Musurus ( circa 1470 - Autumn 1517) 15 and the Aristotelian philosopher Pomponazzi (1462- 1525) amongst his teachers and friends, and had been dedicatee of the Aldine 14 Giovio, Elogia , fols 70 vo -71 ro . See Tucker 1993, 84-86; Tucker 2003, 153-160; Gouwens 1998, 31-72, 179-212. We know from MS holdings in Italian libraries and archives that Alcionio composed two orations addressed to Charles V on the Sack of Rome - one demanding the City’s restoration and the liberation of the besieged, imprisoned Clement (in late June or early July 1527), and the other, prefaced by a letter to the Ferrarese poet Antonio Tebaldeo (1436-1538), publicly attacking the Emperor’s disavowal of responsibility for the Sack (in late 1527 or early 1528). The first survives in Rome, Bibl. Apost. Vat., MS Vat. Lat. 3436, fols 23 ro -34 ro ( Petri Alconyii pro S.P.Q.R. Oratio de rep. reddenda atque e custodia liberando Clemente VII Pont. Max. ad Carolum Caesarem designatum ), analysed, dated and published in Gouwens 1997, esp. 52-56 and Gouwens 1998, 50-53, 179-197. The second, Declamatio in literas Caesaris denouncing Charles V’s self-justificatory letter to the Roman people of 26 July 1527, was delivered by Alcionio upon the Capitoline a few months later, and survives, according to Gouwens, whose dating I follow, in Rome, Bibl. Corsiniana, MS 33 E 26 (Fondo Rossi 289), together with a transcription of Charles V’s public ‘letter’ and Alcyonius’s prefatory letter to Tebaldeo (Gouwens 1997, 49 [& n. 8], 56-60; Gouwens 1998, 31-32; cf. Rosa 1960, 80). Alcionio also authored a critical oration, whilst penned up in the Castel Sant’Angelo, addressed to Clement VII, urging him to refuse to allow the burial of the connétable Charles de Bourbon (killed leading the Imperial assault on Rome), and a later eulogistic oration ( circa February 1528) to his new (pro- Imperial) patron Cardinal Pompeio Colonna on the latter’s preservation of the City from further depredations by Imperial troops in Autumn 1527. These survive in Roma, Bibl. Apost. Vat., MS Vat. Lat. 3436, fols 35 ro -40 ro (s. t. [ Alcyonius to Clement VII, on the connétable de Bourbon ]); ibid. , fols 41 vo -45 vo ( Petrus Alcyonius Uberto Strozae salutem [prefatory letter, fol. 41 vo ]; Petri Alcyonii oratio pro S.P.Q.R. ad Pompeium Columnam de urbe servata ) - see Rosa 1960, 80; Gouwens 1997, 45-51, 60-66; Gouwens 1998, 45-50, 57-62, 197-212. The cause of Giovio’s antagonism towards Alcionio, reported by their common acquaintance Girolamo Negri in a letter of 1 September 1522, was Giovio’s perception, fed by gossip, that Alcionio was turning his hand to the writing of contemporary history (and so entering into rivalry with him, under the common patronage of Giulio de’ Medici and/ or of the German prelate Nikolaus von Schönberg (1472-1537), dedicatee of Alcionio’s Medices Legatus ; see Tucker 1993, 87-88. The close parallel with Longueil is also noted by Gouwens 1993, 187; cf. Tucker 2005, 167-168; 197-198. 15 See Allen / Allen, 1906, vol 1, 462n., on Musurus, an associate of Aldo Manuzio in Venice by circa 1497, tutor to Pio in 1499, Professor of Greek in Padua July 1503- 1511, then holder of the Chair of Greek in Venice ( circa 1512-1516), before leaving for Rome in 1516 to help his former teacher John Lascaris set up Leo X’s planned Greek College. Joachim Du Bellay’s Precursors and Contemporaries 297 Greek Aristotle of 1495-1498 (in particular, the Organon of 1495). 16 Sepúlveda’s letter to Pio was intended as a preface to his new rendering of Aristotle’s De incessu animalium , together with nine other books of Aristotle De animalibus (eight of the Parva naturalia , and the De motu animalium ) published in Bologna in mid-May 1522. 17 This volume included a further prefatory epistle dedicating it to Cardinal Giulio de’ Medici (soon Clement VII in November 1523), whose attention was drawn there to the defective nature of modern Latin translations of Aristotle, and to Sepúlveda’s amplification of these criticisms in the accompanying epistle addressed to Pio. 18 It also announced to Giulio further Aristotelian translations by Sepúlveda: of the De generatione et corruptione ( De generatione et interitu ), and of the Meteorologicorum libri , undertaken at Pio’s request. If the epistle to Pio gives a more forthright account of the inadequacy of Latin versions of, or commentaries upon, the same Aristotelian works, it also alludes to the rival translations of a reputed Italian philologist, whose florid style of translation was the opposite of Sepúlveda’s simpler, more accurate manner. 19 Sepúlveda had in his sights Alcionio, who was about to take up a chair of Greek in Florence (in July 1522) thanks to Giulio de’ Medici. For, in April of 16 See Roscoe 1846, vol. 1, 59-69, 449 (n. 77); Allen / Allen 1926, vol. 6, 199-201n.; the article on Pio by Bernuzzi / Deutscher 1987. 17 Ad illustrissimum D. Albertum Pium principem Carpensem. D. et patronum suum Io. Genesii Sepulvedæ Cordubensis Præfatio in interpretationem libri Ari [ stotelis ] de incessu animalium [‘Bononiæ. xxiii. Martii. M.D.XXII.’], in: Sepúlveda, Libri Aristotelis [Oxford, Bodleian Library, Byw. A 5.14(2)], fols AA [i] ro -[ii] vo . In addition to this copy, Solana Pujalte 2000, 599, n. 17 has located eleven others, which together present eight different arrangements of paratextual / prefatory material in relation to the main body of translations, and one of which (Venice, Bibl. Marciana, 134.d.36), contains a variant, u n d a t e d version of the preface to Pio, which there accompanies a unique, interpolated copy of the related philological work Errata Petri Alcyonii in interpretatione libri Aristotelis de incessu animalium [= (with preface) fols AA-BB 6 ], bearing its own colophon (same printer): Impressum Bononiae per Hieronymum de Benedictis. Anno gratie M.D.XXII. die vero. xxviii Martii . In its two versions Sepúlveda’s preface to Pio was thus conceived as a preface both to these Errata of March 1522 and to Sepúlveda’s own rival translation of the De incessu animalium (and so to the rest of his translations as well) of May 1522. 18 Ad gravissimum praesulem principem illustrissimum Iulium Medicem cardinalem vicecancellarium etc. Io. Genesii Sepulvedae Praefatio in interpretationem librorum Aristotelis de animalibus, qui vulgo parvi naturales appellantur , in: Sepúlveda, Libri Aristotelis , fols AA ii ro -[iv] ro (fol. AA iv ro ). 19 Sepúlveda, Libri Aristotelis , fol. AA [i] ro . According to Solana Pujalte 2000, 600 the alternative, u n d a t e d version of this preface to Pio in the unique Venice Marciana copy explicitly names Sepúlveda’s rival Alcionio, because there it is a preface to the Errata Petri Alcyonii , whereas in other copies it functions differently as a (dated) j o i n t p r e f a c e (with the one addressed to Giulio de’ Medici) to Sepúlveda’s Aristotelian translation(s). George Hugo Tucker 298 the previous year 1521, to Sepúlveda’s chagrin , 20 Alcionio had published his own Ciceronian Latin version of Aristotle’s Parva naturalia , together with the De incessu animalium and De motu animalium , the De generatione et corruptione , and four books of Meteorologica , plus the attributed De mundo . The intent of Sepúlveda’s prefatory letter of March 1522 was to demolish the philological success and ambitions of this Aristotelian rival, a fellow client of Giulio de’ Medici, by setting out his poor view of Alcionio’s abilities as a translator, and expressing scorn for his arrogance, to be contrasted with his own more realistic philological modesty in the face of difficulty: Pudet dicere, quot quantaque errata in uno libro repererim. […] At non huius tantum libri conversionem, sed caeterorum etiam cum mea contuli, in quibus firmam interpretis constantiam pernotavi, […] ubique sui similis est. […] Neque enim is sum qui putem me non multa latuisse, quae oculatiores non praeteribunt, quorum censuram patiar aequo animo. modo nequis incognita, ut Cicero ait, pro cognitis habeat, et temere in alios asserat. Neque enim fero quorundam arrogantiam, qui cum aliquam utriusque linguae cognitionem nacti fuerint, nulla aut minima bonarum artium, et philosophiae notitia instructi, satis se ad interpretandum exponendumque Aristotelem paratos esse putant. 21 I am ashamed to say how many and how great the errors I found in just one book [the De incessu animalium ]. […] Indeed, it was not just the translation of this book that I compared with my own, but also that of the others; in all of these I noted the steadfast consistency of the translator […] ever true to himself. […] Nor am I one to think that not much has escaped me that will not be unknown to more enlightened people, whose critical opinion I shall accept with equanimity - provided that ‘no one’, as Cicero says [ De officiis 1, 6, 18], ‘treat the unknown as known’, and ‘rashly’ assert it against others. For I cannot bear the arrogance of certain individuals who, since they have acquired some knowledge of both Greek and Latin, but are informed by no notion, or only the barest notion, of liberal studies and philosophy, consider themselves adequately equipped to translate and expound Aristotle. Like Sepúlveda, our interest here lies in observing Alcionio’s packaging of his work in print for his dedicatees and a wider public in order to trumpet his own philological approach to restoring, interpreting and translating Aristotle - a talent for which he was sarcastically recognised in Sepúlveda’s epistle to Pio: Ipsam horum librorum praefationem percurrens, maiora etiam quam audieram de hominis doctrina expectare coepi. Tanta fiducia summos viros contemnit. Tot tamque magna loquitur, ac de se ipso tacite pollicetur. 22 On looking through the actual preface of these books [of translations of Aristotle], I began to have even larger expectations than I had had from report about this fellow's 20 Sepúlveda, Libri Aristotelis , fol. AA [i] ro 21 Sepúlveda, Libri Aristotelis , fols AA [i] vo -[ii] vo . 22 Sepúlveda, Libri Aristotelis , fol. AA [i] vo . Joachim Du Bellay’s Precursors and Contemporaries 299 [Alcionio’s] learning. Great trust makes mockery of even the greatest men. So prolific, and so grand are his pronouncements there, as are also the promises that he implicitly makes about himself. Elsewhere, we have examined in detail Alcionio’s prefaces of 1521 relating to his Aristotelian translations, composed prior to Sepúlveda’s translations and criticisms. 23 Here, we wish to place against that background the Venetian author’s subsequent self-promotion as a translator of Aristotle in his Medices Legatus published six months after Sepúlveda’s Bolognese volume as a response to Sepúlveda’s prefatory strictures, and to his systematic critique of Alcionio’s translations that also appeared in print in Bologna in March 1522 in the form of a list of Errata allegedly committed by Alcionio (accompanied by an even more virulent version of the preface to Pio); moreover, these Errata had been compiled with Pio’s knowledge, according to Sepúlveda’s more guarded version of his letter, dated 23 March. 24 The brazenness of Alcionio’s self-defence in his dialogues ‘on exile’, and the desperation of the scholarly ‘misfit’ that it bespeaks, are a measure of the the stir caused by Sepúlveda’s assassination of Alcionio’s reputation. In a letter of the same date (23 March 1522) written by Alcionio’s purported friend Longueil languishing in Padua after his Roman debacle of 1519, the disgraced Flemish-born Ciceronian makes clear to his addressee, the Venetian Ottaviano Grimaldi, that he, Longueil, had sent him Sepúlveda’s Errata P. Alcyonii in interpretatione Aristotelis (1522) in the hope that Grimaldi might encounter Alcionio in Venice and see his reaction upon learning of these Errata . 25 For the outcast from the Roman Academy Longueil, no less 23 Tucker 2005, passim. 24 Sepúlveda, Libri Aristotelis , fol. AA [ii] ro : Errata igitur in caeteris quoque an<n>otavi eo animo, ut ea cum scriptis meis emitterem, […] . Sed quia singulorum librorum errata persequi infinitum esset, […] , satis habebam, ea duntaxat, quae in hoc uno libro de incessu animalium notaveram, operi edendo premittere. et adiunctis verbis Aristotelis graecis, nostraque interpretatione […] quippe ex quibus haud foret difficilis coniectura, qualis esse posset caeterorum librorum eiusdem interpretatio. Sed quia tibi aliter visum est, satisque […] ex sola comparatione ferri posse iudicium putasti, destiti ab editione separati opusculi […] . In fact, despite Pio’s apparent advice to the contrary, Sepúlveda’s Errata P. Alcyonii had already been printed and published separately; see Tucker 2005, 167-168 (n. 16). 25 On Sepúlveda’s Errata and their dating thanks to Longueil’s testimony (providing a terminus ad quem of 23 March 1522), see Gouwens 1998, 36-38; cf. Tucker 1993, 95. Pace Gouwens 1998 and Solana Pujalte 2000 it is our contention, due to the testimony of Sepúlveda’s dated preface to Pio (23 March 1522) and to the later publication of Sepúlveda’s Bolognese volume of Aristotelian translations (15 May 1522), that the Errata were printed separately and circulated in March prior to the main body of Sepúlveda’s Aristotelian translations (in press, but not yet published at the time of the March letter to Pio), to which they were intended to serve as a companion volume or appendix / insert (as in the Venice copy of Sepúlveda’s translations). The rarity of extant copies of the Errata seems to be due to Alcionio’s buying up and burning all the George Hugo Tucker 300 than for the arriviste Sepúlveda, Alcionio’s public loss of face as a Hellenist and Latinist offered a kind of reassurance - the comfort of a common ostracism. Following the death of Leo X (Giovanni de’ Medici) on 1 December 1521, and coinciding with the papacy of Hadrian VI (9 January 1522 - 14 September 1523), Alcionio’s Medices Legatus makes explicit reference in its title to Giovanni de’ Medici’s position as papal ‘legate’ under Julius II at Bologna in 1512, as well as allusion to Giulio de’ Medici’s subsequent positions under Giovanni (when Leo X) as papal ‘legate’ to Bologna in 1513, and in the siege of Milan at the close of Leo’s reign in 1521. In it Alcionio’s Medici patrons past and present - the late Giovanni and the living Giulio - feature together with Giovanni’s late nephew Lorenzo (1492-1519) as the exiled interlocutors in their ‘library’ in Rome in 1512 on the eve of Giovanni’s papacy and the Medici’s return from exile to Florence in 1513. The note upon which the dialogue begins between Giovanni and Giulio in Bibliotheca is hardly political, however. Rather, it is a reflection upon the tragedy of the dispersal of the Medici’s library in Florence eighteen years before, at the moment of their exile, and upon Giovanni’s interest in locating and replacing in his library the lost codices in question, including, to his recent delight, that of the complete writings of Aristotle and ancient commentaries thereupon in Greek, the very one used ‘in recent days’ (according to Giulio) by ‘our Alcionio’ ( Alcyonius noster ). 26 The discussion of Alcionio’s Aristotelian translations which ensues promotes their philological worth, because based on the particularly precious Greek manuscript of the Medici. 27 Other presentations of contemporary philologists, writers or philosophers associated with study of Aristotle - or, more specifically, with Alcionio himself - then follow, promoting the impression of Alcyonius’s integration within a living scholarly, philological tradition. The most notable example is the fellow Venetian, Latin stylist and Aristotelian scholar of the previous generation, Ermolao Barbaro (1453/ 4- 1493). 28 When Giovanni comes to list modern examples of Stoic endurance of exile, 29 Barbaro heads the list. For Alcionio, Barbaro’s undeserved exile, occasioned by Innocent VIII’s bestowal upon him, when Venetian ambassador in Rome, of the Patriarchate of Aquileia, serves as a pretext, to present exile as a positive opportunity for Barbaro the scholar to achieve as much in copies that he could find, as we learn from Giovio’s barbed elogium of Alcionio of 1546. If, however, as Solana Pujalte 2000 and others have argued, we have to accept the possibility of this being a slanderous fabrication, an alternative explanation, put forward by Solana Pujalte 2000, is that Sepúlveda himself suppressed the Errata after printing, because dissuaded by Pio from publishing them as a separate volume. 26 Alcionio, Medices Legatus prior , fols a iiii vo -[v] ro . 27 Alcionio, Medices Legatus prior , fol. a [v] ro-vo . 28 On Barbaro, see Bigi 1964. 29 Alcionio, Medices Legatus prior , fol. c [i] vo . Joachim Du Bellay’s Precursors and Contemporaries 301 two years, as he had in the previous twenty, 30 but also for Alcionio to stress Barbaro’s philological and Aristotelian credentials, as well as Giovanni’s knowledge of Barbaro’s library and unpublished works ‘sixteen years before’ (1496) during his own exile in Venice. In this last respect, we can surmise that behind the voice of Giovanni de’ Medici lurks that of Alcionio, similarly interested in the nature and extent of Barbaro’s unpublished works, and self-consciously following the Aristotelian trail blazed by his Venetian predecessor. However, Giovanni’s eulogy of Barbaro comes with a sting in its tail: if he admires the ‘industry’ and Aristotelian erudition of Barbaro, he cannot approve of his elaborate manner in Latin, influenced by Poliziano. 31 By implication, Giovanni - previously envisaged by Alcionio in his 1521 translator’s preface as the intellectual and linguistic judge of his own translations of Aristotle - would, when pope, accord Alcionio’s ‘later’ efforts the approval that he had denied Barbaro’s. Just as, indeed, elsewhere in the dialogue, Giovanni does not fail to applaud the Ciceronian eloquence of Jacopo Sadoleto. 32 Moreover, the first words attributed to Giulio de’ Medici on his introducing the subject of Alcionio’s use of the Medici codex of the complete Aristotle with Greek commentaries make Alcionio the successor to Bessarion’s Greek protégé Theodorus Gaza and to the fellow Greek Argyropoulos, influential in Quattrocento Florentine humanism. Alcionio’s purpose is seen to be to complete Gaza’s translation of Aristotle De animalibus and Argyropoulos’s planned but unrealised Aristotelian translations Ex libris auscultatoriis , studied and translated by Alcionio’s predecessor Barbaro. 33 Yet Barbaro is not mentioned by Giulio, and Alcionio thus fictionally ascribes to himself alone - through his self-association with the Greek Medici manuscript and the older generation of immigrant Greek scholars, whose work he is continuing - a truly Greek pedigree in his bid to render into Latin the ‘true’ Greek Aristotle. In his reply to Giulio’s observations, Giovanni de’ Medici is then heard to add his approbation of Alcionio’s project, remarking upon his youth ( vix enim pubescit ), with which he contrasts the greater age of Gaza and Argyropoulos, their superior native knowledge of Greek (as opposed to the inferior abilities of recent native-Greek scholars), and their accomplished manipulation of Latin, surpassing that of their immediate Latin-speaking contemporaries; for Giovanni, all of this adds up to a superior understanding of, and 30 Alcionio, Medices Legatus prior , fol. c ii ro . 31 Alcionio, Medices Legatus prior , fol. c ii ro . Elsewhere (fols i, iii ro-vo ), Alcionio has Giulio de’ Medici criticise Poliziano’s eclectically fashioned, over elaborate writing in Latin, compared to the excessive make-up of ineptae mulierculae . 32 Alcionio, Medices Legatus prior , fol. d [viii] vo . 33 Alcionio, Medices Legatus prior , fol. a [v] ro . George Hugo Tucker 302 ability to translate, Aristotle. 34 The exaggeration about Alcionio’s youth (he would have been about 25 in 1512) redounds to Alcionio’s credit. Likewise, this fictional conversation of 1512 flatteringly sets the starting date for Alcionio’s scholarly study of the Medici Greek manuscript of Aristotle four years earlier than that of 1516 announced in Alcionio’s dedication of his eventual volume to Leo X in 1521. Giovanni’s conversation then turns to his own authoritative philological iudicium of Alcionio’s Aristotelian translations, based upon the ‘opening chapters’ of the latter’s translation of the De ortu, & obitu - recently read by Giovanni - until such time as Alcionio would send the rest of his Aristotelian translations for Giovanni’s perusal and judgment. 35 It is at this juncture that Giovanni contradicts his previously expressed ‘judgment’, now pronouncing Alcionio to be superior to his Greek predecessors in his concern for elegance, and for his ability to capture the ‘entire’ meaning of Aristotle in Latin, even in the obscurest passages, redolent of ancient philosophy. 36 This apparent uturn only increases the effect of the compliment paid to Alcionio. The final accolade for the ‘youthful’ Alcionio of 1512, placed in Giovanni’s mouth by Alcionio in 1522, is the prediction of the great service and legacy that the exquisite Latinist and Aristotelian translator Alcionio will give to Rome and Roman culture: LEG[ATUS]. Si igitur Alcyonius extrema cum primis contexuerit, non dubito, quin Italia exhilarabitur ob talem interpretandi laudem, quae post multa secula beneficio hominis Romani in hac Vrbe primum reviviscet. 37 LEGATE: Therefore, once Alcionio has managed to join together his initial and final translations [in a single volume], I do not doubt that Italy will be made to rejoice at such a glorious enterprise of translation, which for the first time in many centuries will happen again in this City of Rome for the benefit of Roman man. The Medices Legatus thus envisages for its author of 1522 the kind of success in the Roman Academy, that Sepúlveda’s damaging Errata of 1522 seemed already to be denying him. Here, in this dialogic fiction ‘on exile’, the Aristotelian scholar and arch-Ciceronian Alcionio was attempting to fashion for himself the image of the perfect humanist philologist and Latin stylist, in order to rescue and restore the dream picture that he had previously presented to his public and patrons in his elegant prefaces to his translations of 1521, but which had since been defaced by Sepúlveda. 34 Alcionio, Medices Legatus prior, fol. a [v] ro . 35 Alcionio, Medices Legatus prior , fol. a [v] ro . 36 Alcionio, Medices Legatus prior [cont.], fol. a [v] vo . 37 Alcionio, Medices Legatus prior , fol. a [v] vo . Joachim Du Bellay’s Precursors and Contemporaries 303 Ortensio Landi (Lando) Ortensio Landi’s life was ‘marked’ by ‘restless travel and intellectual discontent’, earning him through ironic antiphrasis the nickname ‘Tranquillus’ at his induction into Alberto Lollio’s Accademia degli Elevati at Ferrara in 1540. 38 In this respect, a parallel could be made with the restless discontent Alcionio, whose storm-becalming adoptive name, ‘Halcyon’, was similarly belied by his stormy life, and whose prowess as a Ciceronian stylist is alluded to in Landi’s Cicero relegatus & Cicero revocatus . 39 The first of these dialogues of Landi’s is set in Bellinzona amongst humanists of the time, who initially astonish the first-person narrator-protagonist of the dialogue by their indifference to his news that he has rediscovered Cicero’s lost De Gloria . Incited by the disrespectful response to the narratorprotagonist’s astonishment from one Hieremias Landus (Landi’s alter ego ), 40 the rest of the circle go on to debate Cicero’s worth in irreverent tones, and persuade themselves to decree Cicero’s banishment (in Ovidian fashion) amongst the ‘Scythians’ - an ironic ‘punishment’ for an author supposed to furnish a famous Roman exemplum of virtuous, Stoic exile (as well as Latin prose-style). The sequel-dialogue, told by the same narrator, then orchestrates the indignant reaction in Rome of pro-Ciceronian humanists, who determine to have Cicero ‘recalled’ back to Rome in triumph (as had happened historically). They are careful to protest that Cicero, true to form (unlike Ovid), has been sublimely unaffected by his exile; it is rather they themselves who are punished by it. 41 Their confidence in Cicero as both a moral and stylistic model in the face of the trials of ‘exile’ is borne out by the fact that his hosts, the ‘Scythians’, are then reported to be heartbroken at the prospect of the ‘humane’ Cicero’s departure from amongst them. 42 Finally, a recantation is extracted from the trouble-maker Landus, who lamely claims that if he had initially attacked Cicero it was as a result of the wicked influence of others. 43 Landi’s satire upon the Ciceronian debate is interwoven with a parody of the very topic of Alcionio’s Ciceronian dialogues, whose polarities (positive and negative views of exile) serve Landi’s satirical purpose indifferently (and humorously) as part of the textual evidence against Cicero (his supposedly contradictory evaluations of exile), and as the means both of punishment (exile being an appropriate ‘evil’ to inflict upon Cicero) and of exoneration (both Cicero and exile being shown in practice to be vehicles of virtue). Further- 38 Grendler 1969 , 20 and 28. 39 Landi, Cicero revocatus , fol. 22 vo . 40 Grendler 1969, 22. 41 Landi, Cicero revocatus , fol. 21 ro . 42 Landi, Cicero revocatus , fols 23 vo -24 ro . 43 Landi, Cicero revocatus , fol. 24 ro . George Hugo Tucker 304 more, if ‘exile’ is the controlling metaphor of Landi’s Ciceronian satire it also equates with the elusive author’s intellectual stance of detachment from both sides of the debates on Ciceronianism and on exile (as bad or good). The sense of an alternative, exiliar intellectual space occupied by the satirical author-‘outsider’ of Cicero relegatus & Cicero revocatus would be reinforced by the recurring pseudonymous ‘Utopian’ attributions of his subsequent works of social satire. 44 Styled an ‘exile from Italy’ in 1535 by an unsympathetic contemporary (Giovanni Angelo Odoni), when Landi was living and teaching in Lyons, 45 Landi’s subsequent introduction in 1540 into humanist circles at Ferrara would only have strengthened for Landi this exiliar identity. His presence in Ferrara would have coincided with the arrival and stay there of Diogo Pires, but also Landi even enjoyed the acquaintance and patronage of other members of the same Portuguese Marrano circle of exiles: the Mendes-Nasi family, but also their Spanish-born literary protégé Núñez de Reinoso; several of Landi’s works published in Venice in 1552 contain testimony to the mutual high regard of Landi and Reinoso, and include dedications by Landi to Reinoso’s Marrano patrons. 46 Above all, it would be in Landi’s hugely successful, comically provocative Paradoxes and their subsequent Confutation (by Landi) that this elusive, dialogic author, parodist and ironist would define and redefine the fluid, exiliar locus of his intellectual freedom against a mock-display of Stoic paradox, then counter-paradox. If the subjects chosen by Landi included the topic of exile, this afforded him the possibility of aping the Stoicizing ‘paradoxes’ (‘counter-teachings’ against common opinion) of a Cicero, a Plutarch - or an Alcionio - ‘on exile’, in the guise of paradoxical encomium . Through that ironic, serio-comic form Landi manages to discredit the low-minded realities of exile in the very act of praising its apparent benefits, so satirising the parasitism and hypocrisy of actual exiles. Thus, once again, the elusive author Landi is seen to make use of, yet take ironic distance from, the negative-positive polarities of the exile debate - just as he is seen to distance himself satirically from the posturing of so-called ‘exiles’. Ultimately, Landi’s often reprinted Paradossi and their Confutatione create between them a crisscrossing of bluff and double bluff, of ironically absurd ‘counter-teaching’ and mockserious counter-‘counter-teaching’ about exile. For example, in the Paradossi Landi’s equivocal praise of exile (in the chapter ‘Meglio è vivere mandato in esiglio, che nella patria longamente dimorare’) comically echoes and subverts Plutarch’s metaphoric description in the Moralia (599A-607F, De exilio [607D-E]) of the exiled soul as a windand wave-proof, island-dwelling ‘oyster in a shell’, by citing the Cynic philosopher Diogenes’ opposing use of the mollusc image as a rebuke to 44 See Grendler 1969, 28, 33, 222-225. 45 Grendler 1969, 25-26. 46 See Rose 1971, 50-52, 54, 56-58; Grendler 1969, 21-22 (n. 5), 226-227. Joachim Du Bellay’s Precursors and Contemporaries 305 those who find his exile shameful and are reluctant or incapable of leaving home: “donde non sapendosi mai partire paiommi in tutto simili alle conchiglie, che stanno del continuo appiccate alle pietruzze”. 47 Moreover, in Landi’s corresponding, mock-earnest Confutatione the author’s commonsensical alter ego launches his counter-argument with a reference to the same Plutarchean passage: Empedocles’ view of exile as a divine punishment (“ciò che dello sbandito, dice Empedocle. VASSENE lo sbandito vagabondo agitato dalle divine leggi, & da giustissimi decreti perseguitato”) elaborating upon the exile’s lot as a form of relegatio to a remote island. 48 The question remains as to whether exile is really and quite simply shown by Landi to be an evil - either obliquely, through ironic, encomiastic ‘paradox’, or directly, through the seemingly straightforward ‘confutation’ of a ‘paradox’ whose message has been taken too literally. Even in the former case, it might not be so much the steady value of home that is promoted (in implicit opposition to the sham-value of parasitic exile), as a nobler conception of exile itself, whose image has been tarnished by its cynical modern exponents and exploiters. Likewise, with regard to the corresponding confutatione , it might be argued that the authorial persona is seen there to labour the orthodox view of exile as an ‘evil’ absurdly and redundantly - as a kind of parody of the putative reactions of less perceptive readers to the ironic Paradossi . Ultimately, Landi’s true ‘paradoxical’ strategy, is perhaps to have it both ways, so suggesting a more modern conception of paradoxical truth than mere ‘counter-teaching’: if man is confined and limited like an oyster, it is b o t h a t h o m e a n d i n e x il e ; the modern exile’s p a r a s i t i c lif e a b r o a d is a travesty of the lif e o f o b li g a t i o n he is supposed to lead a t h o m e ; both home and exile can n e v e r t h e l e s s be sources of freedom (and so on). If Landi’s paradoxical, ironical texts suggest anything, it is perhaps that to be truly (not parasitically) in exile is to be truly f r e e and so truly a t h o m e - thus contradicting, the commonly held opposition between ‘exile’ and ‘home’. For no one could this be truer than for the author of the Paradossi and their subsequent Confutatione ; his oscillatory life of writing in the itinerant patria of an expatriate ‘exile’, between France and Italy, in the cultivation of a cosmopolitan cultural identity, mirrored existentially his authorial stance of intellectual freedom and fluid detachment from the fixed polarities of home and exile in an alternative kind of ‘paradoxical’, dialogic space, anticipated by the similarly dialogic ambivalences and ironizing detachment of his earlier Cicero relegatus & Cicero revocatus . With Landi, the impression given is one of an alternative, ever shifting vantage point of critical freedom, peculiar to the itinerant writer-thinker, enabling him to re-assess his own culture and 47 Landi, Paradossi [1563], fol. 31 ro-vo . 48 Landi, Confutatione , fol. 11 ro . George Hugo Tucker 306 to relativise the perceptions of the world and habits of thought he has inherited from it. Diogo Pires (Didacus Pyrrhus Lusitanus; Iacobus Flavius Eborensis; Isaiah Kohen) Ergo mihi exilium longum, et crudele ferendum? Nec reditus spes est ulla relicta mei? 49 Must I still endure, then, a long, cruel exile? And is there no hope left of my return? Our third example brings a Jewish(-Christian) perspective to what has been a humanist one: that of the Portuguese Marrano Diaspora in the first decades of the Sixteenth Century, following the expulsion of the Jews from Spain in 1492 and the ‘general’ forced ‘conversion’ of Spanish and Portuguese Jews in Lisbon in 1497. 50 This diaspora was marked by a search for identity on the part of these conversos , pursued in the cultural and religious sphere, but also in the linguistic-literary one. Furthermore, the hybrid, evolving, and suspect Jewish-Christian identity of Marranos (in Christian eyes) elicited uncomprehending hostility, reflected, for example, in the sentiments of Alcionio’s Medices Legatus , where the Medici lament the presence of foreigners in Italy and the influx of Sephardic Jews to Rome: Post, quàm patrum memoria in Italia constitutum est regnum Exterarum gentium, & in hanc Vrbem pulsi à suis Regibus concurrerunt ex ultima Hispania, quidam ementitum Christianorum nomen habentes, quos plebeia voce Maranos dictitant. 51 Since the establishment in Italy, in the time of our fathers, of a whole kingdom of foreign peoples, and since the influx to this City of Rome of certain people driven by their 49 Diogo Pires, [ Elegia ] De exilio suo: scripsit Novae oppido Dalmatiae hispanica clade nobilissimo [à Herceg Novi, 1583 / 1595? ], vv. 1-2; text from the partial edn of Pires’s Elegiarum libri III in Appendini 1811 [2 nd part], 204-244, based on the original MS Codex Sorgianus, and re-edited in Pires 1983, 84-89 (84); see Tucker 1986. Pires’s De exilio suo is reproduced in André 1992b, 427-436, Chersa 1826, 4-6, and an Italian edition (trad. S. de Benedetti, Pisa: T. Nistri, 1884) mentioned by André 1992b, 427 (n. 116), 462. According to André 1992b, 450, there is in the Historical Institute of Dubrovnik a (late? ) MS copy of an ‘unidentified’ MS of the Biblioteca Apostolica Vaticana. Neither MS features in Paul Oskar Kristeller’s Iter Italicum . According to André, the Dubrovnik MS bears the title DIDACI / PYRRHI LVSITANI / ELEGIARVM LIBRI TRES / AD DOMINICUM SLATARICCIUM PATA - / VINAE SCHOLAE RECTOREM ET EQUITEM SPLENDIDISSIMUM / ACCESSIT LYRICORUM LIBELLUS EODEM AVCTORE . 50 Mendes dos Remedios 1895, 284-303; Roth 1932, 55-64; Baron 2 1969, 44-46; Edwards 1991, 37-38; Pullan 1983, 201-202; Novinsky 1992, 80-83. 51 Alcionio, Medices Legatus posterior , fol. h 1 ro . Joachim Du Bellay’s Precursors and Contemporaries 307 kings from far off Spain, who falsely bear the name of Christians, but who are commonly called Marranos . Born in Évora in 1517, and ordered by his father to leave Portugal in 1535 at the age of eighteen, because of the introduction of the Inquisition into Portugal in 1531 by King John III (r. 1521-1550), 52 and as a result of the latter’s edicts of 1521, 1533, and 1535, designed to thwart the emigration of Jewish conversos , 53 Diogo Pires, pursued his humanist studies and activities as a Latin poet, Greek and Latin tutor, and physician in Louvain, Paris and Antwerp (1535- circa 1540), then Venice, Ferrara, Florence, Rome, Ancona and Pesaro ( circa 1540-1557), before settling in Ragusa (Dubrovnik) (1558- 1599), where, aged eighty, he eventually made his will and testament (dated 6 November 1597, then 17 May 1599, at his death and burial), thus leaving us the sole indication of his Jewish name, Isaiah Kohen, 54 having used throughout his life and writings various Latinised forms of his Portuguese converso name. Pires described the initial parts of his Marrano journey of exile to the historian Giovio in a letter written from Ferrara in February 1547 55 - from that space of exile and erudition shared with other Iberian poets, who enjoyed, like Pires (and Landi), the patronage of the Mendes-Nasi family, and represented allegorically in their writings the Sephardic Marrano exile. 56 Already in 1538, after a wave of emigration provoked by the Inquisition, Ercole II d’Este had invited these Sephardic-Jewish ‘New Christians’ to settle in Ferrara’s long established Jewish community, to enrich the Duchy’s economic and intellectual life, but without confining them to a ghetto , and even granting them juridic autonomy. 57 Indeed, Pires’s letter to Giovio shortly preceded the further blow to Portuguese Marranos represented by the papal bull of 16 July 1547 Meditatio cordis , issued by Paul III (1534-1549), giving free reign to the Inquisition in Portugal. 52 See Roth 1932, 71, 83; Baron 2 1969, 52, 91-92; Israel 2 1989, 16. 53 See Tucker 2003, 201-202. 54 See Tadić 1937, 302, 307; Santos Carvalho 1980-1981, 91-92; Costa Ramalho 1983- 1984, 16-17, quoting the will and testament of Pires (Isaia Kohen) (re)made in Ragusa on the day of his burial, 17 May 1599: Hoc est Testamentum quondam Doctoris Isaya’ Coem hebrei hodie sepulti […] (MS Dubrovnik, Historical Archives, Testamenta Not. LI, 27’-28’: Testamentum Doctoris Isayae Coen hebrei MDXCIX Iud. ne xii Die vero 17 Maii ragusii ). 55 Modena, Bibl. Estense MS Est. Lat. 174, fols 161 ro -162 vo : Didacus Pyrrhus Paolo Iovio S.D. […] Ferrariae, Februarii mense 1547 . 56 See Tucker 2003, 205-208, 222-226; Tucker 2010, 314-320. The Jewish presence in Ferrara dates from 13 th century, but it markedly increased with the expulsion of the Jews from Spain, and the Marrano Diaspora from Portugal after the forced conversion; see Pesaro 1878, 11-34. 57 See Balletti 1969, 76-79; Bonfil 1998, 298-300. George Hugo Tucker 308 A little later in Rome, circa 1552, Pires, now circumcised (and so, an apostate from Christianity), was to enjoy protection from the Inquisition from the new pope Julius III (1550-1555) through the mediation of that pope’s nephew Vincenzo de’ Nobili of Ancona, father of Pires’s 12-year old pupil, the future cardinal (of December 1553) Roberto de’ Nobili. 58 For, in this period, in papal Ancona, Julius tolerated, like Ferrara’s Duke, the presence of Iberian Marranos openly practicing Judaism. 59 However, that pope’s death in March 1555, and the election of Paul IV two months later (1555-1559), brought a change in fortune for these Marranos . A bull of 23 July 1555 Cum nimis absurdum introduced measures against the Jews leading to the massacre of the Ancona community in 1556, 60 after which Pires, like other circumcised Marranos , moved to Pesaro, and took refuge across the Adriatic in the maritime Republic of Ragusa, which, like Ferrara, for commercial reasons, had received Sephardic Jews since 1538. Indeed, in 1546 it had even established, like Venice, a ghetto for these exiles. 61 From 1558 Pires settled in this ghetto , together with his family, continuing his activities as a neo-Latin poet and physician, to become virtually the official Latin poet of this Catholic Republic, modeled on Venice. For, in Ragusa, Pires composed a poem of four hundred Latin hexameter verses on the Republic’s patron saint Blasius ( De Divo Blasio, rhacusanae reipublicae patrono ), addressed to the Senate of Ragusa on New Year’s Day 1582 - a text to be found at the end of Pires’s unpublished MS Elegiarum libri III (post 1579) dedicated to the Ragusan poet Dinko Zlatarić (Dominicus Slatariccius, 1558-1613) after the latter had become Rector of the University of Padua (1579-1580 onwards). 62 Towards the end of his life in Ragusa, with the publication of his pedagogical Cato Minor (1592; augm. 1596) dedicated to the schoolteachers of Lisbon, Pires was even to promote a cosmopolitan humanist Catholic identity, that of an author erudite in matters geographical and historical, whose writings had been certified by the Inquisitor of Louvain as conforming to the teachings of the Catholic Church. 63 Yet, in the section 58 See Tucker 2003, 228, 236; on Roberto de’ Nobili, see Naro 1728; Burkle-Young / Doerrer 1997, 112-118 (Ch. XI. The Saint: Roberto de’ Nobili). 59 Also like Julius’s predecessors Clement VII (1523-1534) and Paul III (1534-1549) ; see Filippini 1998, 304. 60 See Roth 1946, 247-251; Santos Carvalho 1980-1981, 89; Milano 1963, 247-251, 632. 61 See Krekić 1987, 839-840; Israel 2 1989, 34. 62 Likewise, Pires’s published verses De illustribus familiis quae hodie Rhacusae exstant celebrating the Ragusan nobility. On the Elegiarum Libri III ad Dominicum Slatarichium Patavinae Scholae Rectorem et Equitem Splendidissimum , see above, n. 49; and Tucker 1992, 198. On Zlatarić, see Golenisčev-Kutuzov 1973, vol. 1, 140-144. 63 According to the letter addressed by this Inquisitor to Diogo Pires ( F. Eusebius Carmelita haeretice prauitatis Inquisitor Generalis apud Louanienses Flaui Iacobo. S.D. ), and according to the author’s dedicatory preface ( Flauius Iacobus Eborensis Olyssipponensibus, Ludimagistris. S.D. ), printed at the beginning of the Cato Minor in both of Joachim Du Bellay’s Precursors and Contemporaries 309 of that work listing the Kings of Portugal ( XIIX. PORTVGALLIAE REGES ), 64 each graced by a eulogistic Latin distich, Pires supplies a poignant, but subtly barbed, verse gloss on the late King John III (d. 1557) ‘for whom the love of his people could not have waxed greater’ ( in quem / non potuit populi crescere maior amor ), precisely echoing, with heavy irony, the sentiments of the dispossessed Meliboeus at the opening of Virgil’s Eclogues : Sub hoc rege iussu patris, adolescens vixdum xiix. annum egressus, id quod non sine lachrymis scribo. Et patriae fines, & dulcia rura reliqui. an. 1535. 65 Under this king, at my father’s command, when a young man scarcely 18 years of age - not without tears do I write - ‘I left the confines and sweet countryside of my fatherland’, in the year 1535. Furthermore, just as in Ferrara, Pires had recounted to Giovio in 1547 the circumstances of his flight into exile resulting from the policies of Manuel I (1495-1521) and John III (1521-1557), so also, in Ragusa, in the unpublished MS of his Latin elegies, he penned a poetic account of the same in his De exilio suo , where, in contrast with his twice printed Cato Minor , Diogo the Marrano overtly parades his exiliar Sephardic Jewish identity. The elegy dates either from 1583, or, more probably, from 1595, depending on how one understands v. 24, which indicates that the wandering poet has been in exile for ‘twice six Olympiads’: i.e., either for 48 years (taking an ‘Olympiad’ as 4 years), or for 60 years ( Olympias being understood as a lustrum of 5 years). In it, the poet makes a point of writing his own verse-epitaph (as Tibullus had done in his third elegy [1, 3, 55-56], when stranded, sick, in Corfu): Didacus hic situs est Ebora procul urbe, domoque; 95 Non licuit patrio condere membra solo. At tu sive legis portum, seu littore funem Diripis, aeternum, nauta, precare vale. 66 Here lies Diogo, far from the City of Évora, far from his home; / It was not allowed that his body be buried in the soil of his fatherland. / But you, sailor, whether you keep to the port, or cast off / From the shore, bid him an eternal farewell. If, towards the end of his long exiliar life, Pires thus lent his exile poignant expression through this Tibullan elegiac gesture, he also denounced in the the original editions: Venice 1592, fols A 2r o -v o , A 3r o -4r o ; and Venice 1596, fols A 2r o -v o , A 3r o -v o . 64 Pires, Cato Minor 117-123 [1592], 71-77 [1596]. 65 Pires on Ioannes III , in Pires, Cato Minor , 123 [1592], 76 [1596]. The allusion is to Virgil, Eclogues 1, 3 (Meliboeus to Tityrus): Nos patriae finis et dulcia linquimus arva. 66 Pires, De exilio suo , vv. 95-98 (reproduced in Pires 1983, 88; André 1992b, 430; Chersa 1826, 6). George Hugo Tucker 310 same unpublished elegy the ‘Catholic Monarchs’ of Spain, Ferdinand and Isabella, of Aragon and Castille, as joint-authors of his people’s woes (the massacre of the Jews of Cordova in 1473, and the Jewish expulsion from Spain in 1492), and so as the authors of his own individual, ever worsening, ills over the previous 60 years. According to the aged poet, these two ‘Catholic Monarchs’ had themselves ended up, with their children and heirs, as the victims of a ‘just’ divine punishment, meted out through a series of misfortunes worthy of Greek tragedy: first, the premature death of the infante John, followed by that of his grief-crazed mother Isabella of Castille (d. 1504); then, the poisoning (1506) of the son-in-law Philip, after his accession to the throne of Castille (1504-1506); finally, the madness of the daughter Joan the Mad (d. 1555), widow of Philip and mother Charles V, kept from ruling Castille by her husband Philip, then by her own father Ferdinand, who took over as Regent. It was even rumoured (as suggested also in Pires’s elegy at v. 63: mala credita patri ), that the father had himself caused his daughter’s madness by giving her poison to drink, so as to keep her from power. 67 Moreover, this madness was aggravated by the grief that Joan the Mad experience at the death of her husband (whose corpse she kept by her, refusing to believe him dead). 68 For Pires, these were just so many punishments to avenge the tribulations of the Jews massacred in Cordova, and those of later generation of Jews ‘converted’ then massacred, in Lisbon in 1497 and 1506. These were also just so many sources of consolation for his own personal woes as an exiled Portuguese Marrano : Me fortuna tenax terris dum iactat, et undis, Enumerat bis sex Elis Olympiadas; Et cum temporibus crescunt mea damna ferendo: 25 Et quis erit, cui non dulcius ante mori? […] Et videt hoc Superum Rector, nec fulmina torquet? Multus ab aetheria nec cadit arce lapis? Ferdinande senex, ut te crudelis Erinnys 35 Vexet, ut infelix appetat ora canis! Nec melior sors sit periurae coniugis, opto: Degener infernos incolat umbra lacus. At male compositos cineres, atque ossa revulsa Victor in Oceani deleat Afer aqua. 40 67 See the note of Chersa 1826, 26, at this point (Pires, De exilio, v. 63): Nota est historia: Ioanna Caroli et Ferdinandi Imperatorum mater, ut a materni regni administratione admoveretur, patris poculum opera bibit, quo mente capta decessit. (‘The story is wellknown: Joan, mother of the Emperors Charles and Ferdinand, in order that she might be removed from governing her mother’s kingdom [Castille], drank, though her father’s machinations, a potion, on account of which, her mind deranged, she was dispossessed’). 68 See the commentary of André in Pires 1983, 125, on Pires, De exilio , v. 62, quoting Prescott 1856, 162. Joachim Du Bellay’s Precursors and Contemporaries 311 Non iniusta precor. Nostris ex ossibus alter Editus in nostras saeviit hostis opes; Altera (proh dirum facinus! ) Phlegetontis ab unda Extulit ardentem quarta Megaera facem. […] Ah! quoties gremio nata est abducta parentis! Ah! quoties natam est ipsa sequuta parens. […] Sera quidem, verum invenit sua poena nocentem; 55 Movit et ultores iustior ira deos. […] Ecce iacet magnus sceptri successor aviti, Tot spes, tot curas abstulit una dies. 60 It nato comes erepto maestissima mater, Et bibit accitus pocula dira gener. At nata, infelix nata, et mala credita patri Luget, et attonita mente repente cadit. Illa parens Regum nuper Regina duorum, 65 Illa potens nato Caesare mente furit; […] Pone modum lacrymis, et tandem siste querelas, Corduba: tot poenis vix satis una domus. 70 Ipse quoque indignos casus solabor, et una Forsan erit nostris haec medicina malis. 69 Whilst a stubborn fortune tosses me by land and wave, / Elis has counted twice six Olympiads. / And with the passage of time grow the wrongs I must endure: / Who would not find it sweeter first to die? / […] / And yet the King of the Gods sees this, and does not cast his thunderbolt? / No stones rain down from high heaven? / Ferdinand, / now an old man, may a cruel Erynnis / Torment you, may the dog of misfortune feed on your face! / And may your perjured spouse [Isabella] enjoy no better fate! That is my wish: / May her vile shade inhabit the lakes of Hell. / Nay! May the victorious African destroy in Ocean’s waves / Her dispersed ashes, and profaned bones. / My prayer is not unjust. The one [Ferdinand of Aragon], though descended from our race, / Raged as an enemy against our riches; / The other [Isabella of Castille] (oh! barbarous crime! ), raised from the waters of / Phlegethon a burning torch [against the Jews of Cordova in 1473], like a fourth Fury. / […] / Ah! How many times has a daughter been taken by force from her mother’s lap! Ah! How often the mother herself has followed the daughter! / […] / Late, certainly, did punishment find the wrongdoer, but it did; / An anger more just stirred the avenging gods. / […] / Behold! The great heir of the ancestral sceptre [the infant John] dies: / So many hopes, so many concerns, swept away in a single day. / The grief-stricken mother [Isabella, d. 26 Nov. 1504] accompanies the son who has been taken from her, / And, when summoned [to the throne of Castille, 1504-1506], the son-in-law [Philip, Grand Duke of Austria, d. 1506, 28 years old] drinks a poisoned draught. / And the daughter, the unfortunate daughter [Joan the Mad, widow of Philip, and mother of Charles V], entrusted, hapless one, to her father [Ferdinand, Regent of Castille], / In her grief, sinks suddenly into madness. / Though lately herself a queen and the mother of two kings [Charles V & Ferdinand 1st], / Powerful in 69 Pires, De exilio suo , vv. 23-26, 33-44, 51-52, 55-56, 59-66, 69-72 (reproduced in Pires 1983, 84-88; André 1992b, 428-429; Chersa 1826, 4-6). George Hugo Tucker 312 her son the Emperor [Charles V], she loses mind to raging madness; / […] / Check your tears, and cease at last your lamentation, / Cordova! Scarcely can a single house survive so many punishments. / I too take consolation for so many undeserved misfortunes; this medicine / Alone, perhaps, will bring remedy to my woes. Here, in this unpublished poem, one can find at last, under Pires’s Latin nom de plume ‘Didacus Pyrrhus’, and perhaps never more clearly so, the author’s other identity, his exiliar Jewish- Marrano one - blended, for all that, with a humanist one, imbued with the painful Ovidian realisation (transposed from Tristia 3, 4, 53: at longe patria est ) 70 of the huge distance separating the exiled poet from his native land, which he will never see again: At procul, et longo terrarum dissita tractu 15 Est Ebora: heu puero cognita terra mihi! Salve terra mei natalis conscia, salve Non oculis posthac terra videnda meis. 71 But far away, separated by an enormous distance, / Lies Évora: alas! The land that I knew as a boy! / Hail! Land that saw my birth! Hail! / Land that my eyes are never to see again! If, in meditating upon the woes of the royal houses of Castille and Aragon, the exiled Marrano Pires nonetheless draws for himself, and for his people, a certain comfort, it is also in mediating upon his own imminent death that the aged poet will in the end glimpse the ultimate means of freeing his spirit juridically from the attention of the Inquisitors of Lisbon and Évora, Jo-o de Melo and Pedro Álvares de Paredes, 72 and so, of freeing himself from his own lot as a Marrano exile: Quidquid erit, manes descendam liber ad imos; Stet mihi libertas morte redempta mea. Diis invise Meli, et Melio mage saeve Paredes, Nil vobis in me iam modo iuris erit. 73 80 Whatever shall be, I shall descend, free, to the Shades of the Underworld; / Let freedom be mine, bought back by my own death. / But you, Melo, hateful to the Gods, and you, Paredes, even more cruel than Melo, / Soon you will have no jurisdiction over me. 70 See André 1992b, 433. 71 Pires, De exilio suo , vv. 15-18 (reproduced in Pires 1983, 84; André 1992b, 428; Chersa 1826, 4). 72 On these two ‘most cruel’ Inquisitors (Chersa 1826, 26: saevissimi inquisitores ), see André in Pires 1983, 125 on De exilio suo , vv. 79-80, citing Kayserling 1971, 205 and Herculano 1854-59, vol. 3, 145, 148. 73 Pires, De exilio suo , vv. 77-80 (reproduced in Pires 1983, 88; André 1992b, 429; Chersa 1826, 6). Joachim Du Bellay’s Precursors and Contemporaries 313 In the end, when approaching and envisaging his death, this wandering Jew of Portugal, Ferrara, and the Dalmatian coast will conceive his exile trajectory under the sign of freedom, situated in the beckoning ‘beyond’ of the Virgilian Underworld. Bibliography Alcionio, Pietro (trad.): Habes […] Aristotelis libros de Generatione, & interitu duos, Meteóron, hoc est sublimium quatuor, de Mundo […], Ex opere de animalibus decem […], Item eiusdem Aristotelis vitam, Venice 1521. Alcionio, Pietro: Medices Legatus de exsilio, Venice 1522. Allen, Percy S. / Allen, Hellen M. (eds): Opus Epistolarum Des. Erasmi Roterodami, 12 vols, Oxford 1906-58 [1992]. Appendini, Francesco M.: Notizie istorico-critiche sulle antichità, storia e letteratura de’ Ragusei, 2 vols, Ragusa 1802-1803. Appendini, Urbano (ed.): Carmina. Accedunt selecta illustrium Ragusinorum poemata, Ragusa 1811. 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L’élégance de l’hymne : une lecture médiévale des Carmina de rebus divinis de Marcantonio Flaminio (1550) Isabelle Fabre (Montpellier) Quand, vers la fin de l’année 1549, Marcantonio Flaminio entreprend d’écrire ses Carmina de rebus divinis , sa réputation dans le domaine de la poésie lyrique et dans celui de l’écriture religieuse n’est plus à faire. Auteur de cinq livres d’odes dans le style d’Horace, 1 c’est un personnage en vue dans les cercles des humanistes réformateurs italiens. Proche de Valdès, pendant le séjour de ce dernier à Naples, Flaminio s’était attiré la méfiance de l’Inquisition, en tant que défenseur du Beneficio di Cristo , ouvrage émanant du courant évangélique, et à l’écriture duquel il avait participé, 2 avant de se distinguer par ses Paraphrases des Psaumes , pratique qu’il fut, en Italie, le premier à illustrer. 3 Recueillies à sa mort, en février 1550, par son ami Pietro Carnesecchi, 1 Indice d’un incontestable succcès, ces pièces figurent en 1549 dans le célèbre recueil des Carmina quinque illustrium poetarum , aux côtés des poèmes de Pietro Bembo, Andrea Navagero, Baldassare Castiglione et Giovanni Cotta. Les Carmina profanes de Flaminio ont fait l’objet d’une édition critique par Massimo Scorsone en 1993. Nous donnons à la suite des poèmes notre propre traduction, rédigée en vue d’une publication ultérieure, en collaboration avec Gilles Polizzi. 2 Flaminio était à l’origine censé polir stylistiquement le texte du bénédictin Benedetto da Mantova, mais ses interventions affectèrent bien plus profondément le contenu de l’ouvrage, au point de lui conférer une tournure nettement augustinienne, comme l’a mis en évidence le travail de Ginzburg / Prosperi 1975. Publié en 1543, le Beneficio di Cristo encourut les attaques de l’Inquisition dès 1544 avant d’être mis à l’Index en 1549. En réaction, Flaminio composa une Apologia del Beneficio di Cristo qui, retrouvée dans la bibliothèque de Pietro Carnesecchi, fut une des charges capitales dans le procès de ce dernier. Pour une vue d’ensemble de la carrière de Flaminio, voir les monographies de Maddison 1965 et Pastore 1981. 3 Parue à Venise en 1546, la Paraphrasis in XXX Psalmos versibus scripta connut de nombreuses rééditions et s’accrut peu à peu d’un grand nombre de pièces. Flaminio y Isabelle Fabre 320 la vingtaine de pièces qui composent ses Carmina sacra furent transmises par ce dernier à leur dédicataire, Marguerite de France, 4 sœur de Henri II, et publiées à Paris par Robert Estienne, peu de temps avant le départ de ce dernier pour Genève. Flaminio était déjà connu en France, et son ultime production y rencontra un écho d’autant plus favorable qu’elle tombait à point nommé, dans un contexte religieux dominé par la polémique, mais au sein duquel émergeaient des voix soucieuses de conciliation et d’apaisement. Quoique mis à l’Index entre 1559 et 1564, les Carmina de rebus divinis évitaient les prises de position doctrinales au profit de l’expression personnelle d’une piété apparemment sincère, nourrie de la méditation sur la Passion, celle du Christ bien sûr, mais aussi celle de l’homme de douleurs que fut l’auteur, aux prises avec la maladie tout au long de sa vie. Anne de Marquets ne s’y trompa pas : cette religieuse dominicaine, poétesse remarquée au Colloque de Poissy 5 pour ses Sonnets, Prières et Devises en forme de Pasquins , 6 entreprit, sur les instances de Marguerite de Valois, sœur de Charles IX, de traduire Flaminio. Formée aux Humanités, prompte à instruire dans l’art de bien écrire les novices dont elle avait la charge, Anne de Marquets fut louée de Dorat et de Ronsard, qui l’avaient rencontrée à l’occasion du colloque. Elle cultivait les genres récemment mis à l’honneur par la Pléiade, en se conformant aux règles de la versification en vigueur. 7 L’épître liminaire des Divines Poesies 8 expose en outre son ambition d’élever l’art poétique à un niveau conforme à l’idéal chrétien. Elle valorise l’inspiration au détriment de la forme. L’œuvre de Flaminio y acquiert une portée exemplaire : faisait suivre sa propre traduction d’un commentaire ad lineam , d’une paraphrase en prose et, pour trente-deux des psaumes, d’une paraphrase en vers. Sur la démarche de l’humaniste et sur sa poétique, analysée à partir du psaume I, voir Nassichuk 2009. 4 Sur les liens entre Pietro Carnesecchi et Marguerite de France, auprès de laquelle l’humaniste florentin avait trouvé refuge, voir Gorris 2010, 192-197. 5 Convoqué en 1561 par Charles IX et Catherine de Médicis pour tenter de réconcilier catholiques et protestants, le Colloque de Poissy se solda par un échec. À cette occasion, Anne de Marquets noua une longue amitié avec Claude d’Espence, recteur de l’université de Paris et catholique modéré, qui l’encouragea par la suite à traduire les poèmes sacrés de Flaminio. Cf. Balmas 1982, 135-154. 6 Publié en 1562 et dédié à Marguerite de Valois, le recueil fut réimprimé quatre ans plus tard. 7 Dans sa thèse consacrée à l’œuvre d’Anne de Marquets, Seiler relève un certain nombre de traits qui témoignent d’une influence de la Pléiade sur l’écriture de la religieuse dominicaine : parmi ceux-ci, la grande variété des formes poétiques cultivées (odes, anagrammes, épîtres en vers, pasquins au caractère satirique, ballades, chansons, stances, avec une prédilection pour le sonnet), la faveur accordée à l’alexandrin et au décasyllabe, la diversité des formes strophiques, l’alternance des rimes masculines et féminines, le respect de la césure à l’hémistiche dans l’alexandrin, le recours aux sentences et aux comparaisons mythologiques (Seiler 1931, chap. 8). 8 Anne de Marquets 1568. L’ouvrage fut réimprimé dès l’année suivante chez le même éditeur. Les Carmina de rebus divinis de Marcantonio Flaminio 321 Ainsi j’ause asseurer que si vous prenez garde Au subject principal, qui concerne et regarde 10 Une divine ardeur, une perfection De ferme et vive foy, une conjonction De l’ame avec son Dieu, par devote priere : Bref, une instruction utile et singuliere Pour aspirer au ciel, et suivre heureusement 15 Celuy qui peult donner le vray contentement, Vous verrez bien alors, que sous la couverture D’une assez malplaisante et indocte escripture 9 On peult facilement beaucoup de bien choisir, Avec un aggreable et merveilleux plaisir. 20 […] Là donc on peut trouver assez bon argument Pour doctement escrire et bien chrestiennement, Laissant les vers lascifs, et les chants impudiques 85 Aux Epicuriens, aux Paiens et Ethniques. Anne de Marquets eut-elle vraiment la volonté de fonder une sorte de « Pléiade sacrée », ainsi que l’affirma un critique 10 voyant dans cette épître l’esquisse d’un manifeste ? On notera en tout cas la continuité de revendication entre la traductrice et sa source ; chez Flaminio, la même attitude s’affiche dans l’épître dédicatoire à Marguerite de France, sœur de Henri II et tante de Marguerite de Valois : In his ego a meo vetere instituto discessi : Davidem ego et eius similes poetas imitari malui quam Horatium vel Catullum, propterea quod in scriptione rerum divinarum, ut munditiam Latini sermonis et elegantiam adhibendam esse non nego, sic omnem orationis pompam et fucum et calamistros removendos censeo. Dans cette œuvre, je me suis écarté de mes habitudes anciennes : en effet, j’ai préféré imiter David et les poètes qui lui sont semblables plutôt qu’Horace et Catulle ; car lorsqu’il s’agit d’écrire sur des sujets sacrés, si je ne nie pas qu’il faille préserver la pureté et l’élégance de la langue latine, je ne crois pas moins nécessaire d’en ôter tous les artifices pompeux, les ornements fallacieux et maniérés. Plus loin, Flaminio justifie son parti-pris de sobriété par la qualité des lecteurs auxquels il destine ses pièces, âmes pieuses, mais aussi soucieuses d’élégance et que l’amour du ciel ne détourne pas de l’art d’écrire : […] ego quaecunque de rebus divinis scripsero, ea solum religiosis et literarum divinarum amatoribus me scripturum profiteor, quibus sine dubio longe gratius faciam, si stylum ita temperavero, quam si orationem fuco et pigmentis illinam. […] quant à moi, tout ce que j’écrirai dans le domaine du sacré, je le destine aux âmes dévotes qui apprécient les écrits religieux et qui, je n’en doute pas, me sauront gré de modérer mon style de la sorte au lieu de le barbouiller de fard et de couleurs. 9 Anne de Marquets désigne ici sa propre traduction. 10 Read 1991, cité par Ferguson d’après de Marquets 1997, 26. Isabelle Fabre 322 On rapprochera cet idéal de ce que Jean Lecointe appelle une « philosophie de l’ elegantia ». 11 Fondée sur le principe cicéronien de la dissimulatio artis , elle valorise la recherche d’une langue pure, « relatinisée », dont le caractère finement ouvragé s’exprime dans un « style apparemment spontané et ordinaire , mais secrètement autre ». 12 En cette matière, la réussite de Flaminio est incontestable. Elle tient, comme on sait, à l ’imitatio des latins qui enrichissent son discours d’incrustations subtiles, mais aussi, comme on s’efforcera de le montrer, au choix d’un modèle privilégié, celui de l’hymnodie ambrosienne reformulée avec une concision qui lui confère une intensité et une tournure personnelle jusque-là inédites. C’est là notre propos. On le fondera sur quelques exemples, en examinant d’abord des cas de reprises formelles, structurelles et thématiques qui réfèrent directement au modèle ambrosien, puis en considérant les sources des principaux motifs (la fleur, le sang) et des thèmes (la maladie, l’amour) qui ancrent le lyrisme flaminien dans la tradition de la dévotion médiévale. On mènera l’étude à l’aide des concepts musicaux choisis pour la fécondité herméneutique d’un art qui sert en ce temps à décrire le discours, comme l’émanation directe du logos chrétien. Flaminio hymnographe : aux sources d’un lyrisme liturgique Quoique l’on ne sache rien de l’ordre initial des pièces rassemblées et publiées à titre posthume par Pietro Carnesecchi, leur disposition dans le recueil de 1550 semble obéir à une intention précise : faire valoir la prédominance d’un modèle aisément identifiable, la tradition de l’hymnodie chrétienne, rythmant le temps de la louange collective comme celui de l’oraison privée. La fonction structurante de l’hymne est manifeste : aux trois premières pièces qui forment un portique solennel répond une hymne de clôture ( Rector beate coelitum ), l’ Hymnum in Christum (11) tenant lieu de charnière entre les deux panneaux du diptyque. À l’intérieur de ce cadre liturgique fermement établi, où retentit avant tout la louange communautaire, s’entretissent, comme à un niveau plus intime, des réseaux lexicaux et thématiques : situés de part et d’autre de l’ Hymnum in Christum , ils confèrent au recueil une structure antiphonaire, 13 lui donnent sa cohérence et sa musicalité, sa « couleur modale » particulière. Des thèmes, des motifs surgissent et reviennent d’un volet à 11 Lecointe 1993, 594. 12 Lecointe 1993, 342. 13 On désigne par antiphonie un mode d’exécution de la psalmodie où deux demi-chœurs chantent alternativement les différents versets du psaume. Introduite en Occident par saint Ambroise, l’antiphonie achève de se structurer au IV e siècle par l’adjonction de l’antienne, sorte de refrain chanté par l’ensemble de la schola . Elle constitue le socle structurel des chants de l’Office et de la messe. Les Carmina de rebus divinis de Marcantonio Flaminio 323 l’autre, quand ce ne sont pas des reprises littérales de mots ou d’expressions, ce qui confère au texte un caractère formulaire, 14 telles les mélodies grégoriennes dont les différents modes se signalent par des mélismes caractéristiques ( neumata ) qui en sont la marque de fabrique. C’est d’abord le ton de la plainte et de la déploration qui marque le recueil de son empreinte : la maladie, la vieillesse et la mort constituent autant de thèmes qui alimentent la supplication du poète, souvent affligé par la souffrance physique ou morale (4 et 12) ou assombri par la vieillesse et l’approche de la mort (13 et 20). À cette voix toute de douleur répondent, sur un mode plus ambivalent, les Carmina 10 et 19 qui expriment l’ardeur douloureuse de l’âme en quête de Dieu. Dans un rapport d’opposition typique du style de la prédication, on notera aussi le lien entre les pièces 7 et 17, qui confrontent en un jugement sans appel ceux qui renoncent au monde pour le Christ (7) et ceux qui abandonnent le Christ au profit du monde (17). Les bienfaits ( beneficia ) reçus du Christ, sa protection salvatrice ( tutela ) sont également proclamés, jusque dans le titre des pièces (8, 15, 16 et 18), avec une accumulation plus marquée vers la fin du recueil, comme s’il s’agissait de rassembler en un faisceau plus serré les élans du cœur et de l’âme. Enfin, on relèvera la présence de deux pièces clés dans chaque panneau du diptyque : le carmen 6, tout d’abord, sorte de miniature délicate qui introduit un motif décisif sur le plan exégétique, celui de la fleur et, plus largement, de la terre ; le poème 14, ensuite, dont la méditation sur la Passion va diffuser son influence sur l’ensemble du recueil et constituer le point de convergence du lyrisme flaminien. Entrons à présent dans le détail de l’analyse. Le recueil s’ouvre sur trois pièces qui s’inspirent d’un modèle liturgique aisément repérable : la prière des Heures. Très répandue chez les laïcs depuis le XV e siècle, celle-ci relève d’une démarche de sanctification du temps qui invite la communauté à louer le Créateur et à implorer son secours aux moments charnières du jour. Les hymnes qui composent cette liturgie sont pour la plupart de facture très simple, celle de l’hymne dite ambrosienne. 15 Formée de strophes de quatre 14 Par référence au mode de composition du grégorien, qui utilisait des formules mélodiques stéréotypées permettant d’identifier le mode de la pièce. On les chantait sur les dernières syllabes des antiennes les jours de célébration solennelle. 15 Considéré comme le père de l’hymnodie latine, saint Ambroise introduisit dans son église de Milan l’usage syrien des hymnes et composa lui-même des pièces dont la popularité s’étendit rapidement à tout l’Occident. De forme fixe (huit strophes de quatre vers et de mètre bref) et de contenu doctrinal élaboré, ces hymnes constituèrent un modèle largement imité pendant toute la période médiévale, si bien qu’il est difficile de faire le départ entre l’œuvre personnelle d’Ambroise et les contributions - abondantes - de ses épigones. On lui attribue aujourd’hui avec certitude un corpus de quatorze pièces. Isabelle Fabre 324 vers, dans un mètre bref (le dimètre iambique acatalectique 16 ), elle se compose de trois parties : une première strophe, de caractère invocatoire, situe le temps de l’office et place l’homme sous le regard de la toute-puissance divine ; une partie centrale, plus ou moins développée, prend davantage l’allure d’une supplication et implore le secours de Dieu, seul à même de préserver de la tentation ; enfin, l’hymne se clôt par une strophe de doxologie, où s’affirme solennellement la foi trinitaire. Flaminio reprend clairement ce modèle, jusque dans certaines de ses formules-types, mais il y introduit souplesse et variété. Un simple rapprochement de deux des plus célèbres hymnes ambrosiennes, Iam lucis orto sidere et Splendor paternae gloriae , avec la Precatio matutina (n o 1) de Flaminio permet de mesurer la fidélité et l’écart dans la réécriture : Iam noctis umbras Lucifer Almae diei nuncius Terra poloque dimovet Simulque nos cubilibus Monet relictis pectore 5 Preces ab imo fundere Ad templa summa coelitum. Voici que déjà Lucifer, messager du jour faste, dissipe les ombres de la terre et du ciel et nous exhorte à délaisser nos lits et à faire monter nos prières du fond de notre cœur vers les sanctuaires des cieux. Si le schéma métrique est scrupuleusement respecté, le moule de la strophe subit une distorsion. La forme close du quatrain, qui correspond à une phrase complète dans les pièces ambrosiennes, est brisée et doublement relancée dans sa dynamique par l’adverbe coordonné simulque qui, par sa place en ouverture du v. 4, aurait dû conclure l’énoncé, tandis qu’il l’ouvre ici sur une donnée nouvelle. La syntaxe est moins rigide dans ses parallélismes et on ne trouve plus chez Flaminio la sèche succession de subjonctifs optatifs qui ponctuaient le Iam lucis orto sidere et renforçaient son caractère archaïque. À l’inverse, le poète privilégie l’art de la variatio : à l’énumération abstraite des situations où l’homme requiert l’assistance divine, Flaminio préfère les scènes ou les références concrètes (le moment du repas, les affaires publiques, l’intimité domestique) : Cibumque sive sumimus, Seu quid negotii foris 20 Tractamus, aut domi intima 16 Mètre caractéristique de l’hymne ambrosienne, léger et fluide. Il se compose de quatre pieds iambiques, avec césure après la première dipodie et possibilité d’introduire des spondées aux vers impairs, les vers pairs demeurant obligatoirement iambiques. Lorsque le vers est composé de pieds complets, on dit qu’il est acatalectique. Flaminio suit scrupuleusement ce modèle dans ses Carmina sacra . Les Carmina de rebus divinis de Marcantonio Flaminio 325 Seu mente quid revolvimus, Id omne semper gloriam Spectet beati numinis. Que nous mangions, que nous vacquions, chez nous ou en public, à nos affaires, quoi que nous agitions au fond de notre cœur, que tout soit toujours à la gloire de Dieu très saint. Sa langue se plaît à varier les parallélismes par un jeu d’enjambements et de substitutions synonymiques ( sive, seu, aut ) brouillant les pistes par leur interchangeabilité apparente. On notera enfin l’illusion de da capo associée à la doxologie finale : l’invocation trinitaire est bien en place dans la dernière strophe, mais la phrase s’ouvre sur une formule ( Rector supreme coelitum ) qui rappelle le style de l’ incipit hymnique, comme si l’élan imprimé par la voix ne pouvait s’éteindre tout à fait mais, nourri de sa propre louange, s’ouvrait in fine sur un recommencement. D’un point de vue doctrinal, on observe également une redistribution des priorités : la poétique l’emporte sur le dogme. L’hymne ambrosienne Splendor paternae gloriae est connue pour l’importance qu’y prend la théologie de la lumière : le Christ, « lumière née de la lumière » est à son tour source de la lumière de l’Esprit, de sorte que l’aube du jour figure son action dans le cœur de l’homme. Dans l’hymne qui lui correspond chez Flamino, le vers décompose les termes de cette analogie trop compacte, pour en fluidifier l’énoncé. La strophe initiale est réservée au premier volet de l’analogie : l’étoile du matin donne son impulsion au mouvement de la nature comme aux activités humaines. De ce mouvement, le poète peut alors déduire la portée spirituelle, et inviter son public à se tourner vers la source éternelle de lumière ( fontem perennem luminum ). Cette dialectique élémentaire est confortée par la réitération condensée du premier terme de la comparaison ( sicut omnes aeris / illustrat oras ), portée par la dynamique supérieure de l’Esprit Saint ( fulgore Sancti Spiritus ). Le matériau est resté le même, mais l’intention est tout autre. L’hymne peut aussi se déployer dans une forme plus ample et moins contraignante : tel est le cas du Te Deum , sorte de doxologie « grand format » dont le mouvement allant et fluide s’appuie sur cette autre matrice musicale traditionnelle qu’est la cantillation psalmodique, plus facilement adaptable aux contours inégaux des phrases. Confronté au Te Deum tel qu’il était chanté, sur un tonus simplex , dans l’ordinaire de la liturgie, 17 l’ Hymnus in Christum de Flaminio laisse apparaître à la fois ses traits traditionnels et les subtilités de son écriture. Ici et là, on reconnaît la même structure et les 17 Hymne de louange longtemps attribué à saint Ambroise, le Te Deum était traditionnellement chanté à la fin de la liturgie de la nuit, dans un style mélodique dépouillé de toute ornementation. Par la suite, on l’introduisit comme chant d’action de grâce, avec une mélodie plus mélismatique, à l’occasion d’événements importants de la vie civile et religieuse. Isabelle Fabre 326 mêmes outils : une première section qui proclame la souveraineté universelle de Dieu, suivie d’un long énoncé doctrinal, version réduite du Credo qui passe en revue les principales étapes de l’histoire du Salut, avant de se conclure sur un appel à la miséricorde divine assorti d’un renouvellement de la louange ancrée dans l’espérance. Certes, l’hymne de Flaminio revêt un caractère nettement plus christique que le Te Deum, mais là n’est pas l’essentiel. En effet, tout en reprenant à son compte les éléments formels les plus repérables de son modèle, le poète opère certains déplacements, rompant encore une fois avec la raideur solennelle du texte liturgique. Si l’on considère ainsi les deux premières strophes, il apparaît vite que Flaminio donne à l’anaphore un autre but : la triple invocation des vers d’ouverture reste en place, mais alors que le Te Deum l’utilise comme point d’appui à une variation sur le nom divin ( Deum / Dominum / aeternum Patrem ), l’hymne flaminienne détourne le procédé : Iesum, pudicae virgines, Iesum, iuventus integra, Iesum, viri, senes, anus, Cantemus : in cuius fide Laetamur esse, patrio 5 Qui nos amore diligit Fovetque. C’est Jésus, vierges chastes, c’est Jésus, jeunes gens, c’est Jésus, adultes et vieillards, que nous devons chanter ! Et nous nous réjouissons d’être ses protégés, Lui qui nous aime et nous chérit d’un amour paternel. L’apostrophe amplifiée par l’ enumeratio au vocatif s’adresse non plus à Dieu, objet de la louange, mais à ceux qui le louent. Cet appel au rassemblement des voix de la louange est un trait typique des Psaumes. On ne s’étonnera pas de le trouver sous la plume de Flaminio ; le Te Deum l’exploite aussi, mais de manière plus traditionnelle : c’est ainsi qu’il énumère les différentes catégories de saints et de puissances célestes (avec l’inclusion du Sanctus entre les deux), manifestant une intention fondamentalement didactique, alors que Flaminio s’en tient aux catégories d’âge sans distinction de rang. Plus inattendue peut-être, la manière dont le poète, par la césure forte qu’il introduit au quatrième vers, confère un élan nouveau à ce qui pouvait passer pour une invocation figée : la structure strophique de quatre vers, en apparence maintenue jusqu’au sommet de la phrase sur cantemus , reçoit une impulsion nouvelle par l’adjonction d’une proposition relative qui, en développant le lien unissant le fidèle au Christ, donne à voir le fond de cette louange, l’amour qui nourrit la joie. On appréciera enfin la finesse avec laquelle Flaminio s’approprie la partie plus doctrinale de son modèle : à l’asyndète qui, appuyée par l’anaphore ( tu ), détaille mécaniquement les Les Carmina de rebus divinis de Marcantonio Flaminio 327 étapes successives de l’histoire du Salut, favorisant une lecture plus linéaire adaptée à la proclamation communautaire, succède dans l’ Hymnus in Christum une construction par concaténation au moyen de participes passés ( misertus, suffixus, reversus ) et de l’ablatif absolu ( morte victa ) qui, en renforçant le lien syntaxique marqué par la coordination ( diraeque ), suggère le caractère inéluctable de l’accomplissement du décret divin. Tu charitate maxima 15 Nostrae misertus miseriae Mortale corpus induis Diraeque suffixus cruci Nos morte vindicas tua A sempiternis ignibus. 20 Tu, morte victa, regiam Reversus ad tuam, simul Tui colentes aurea In parte coeli collocas. Dans ton amour si grand, touché par notre misère, tu prends un corps mortel ; cloué sur la croix douloureuse, tu nous délivres par ta mort du feu éternel. En vainqueur de la mort tu regagnes ton trône et places tes fidèles au paradis. C’est là, sans nul doute, une langue plus latine et élégante qui se fait entendre, sans pour autant céder à l’artifice. Pour conclure sur ce point, on peut repérer un modèle plus discret : celui de la collecte ou oraison psalmique, prière par laquelle le célébrant récapitule le recueillement silencieux des fidèles après une lecture et, lui donnant une voix, imprime une orientation plus ferme et solennelle aux élans confus du cœur. 18 C’est un type de prière très ancien, dont la structure souvent rudimentaire se caractérise par un mouvement ternaire : elle s’ouvre sur une invocation à Dieu étoffée par l’adjonction d’attributs et de substantifs en tor placés en apposition et à leur tour fréquemment amplifiés par une relative dont l’extension déploie l’élan de la Grâce. Elle se poursuit sous forme d’une demande signalée par un impératif ou un subjonctif exhortatif, et par des verbes tels que quaesumus / quaerimus . Elle débouche enfin sur l’effet escompté de la demande, le bénéfice que le fidèle espère en retirer. De caractère oratoire plus ou moins marqué, la collecte se caractérise par la synthèse qu’elle opère de toutes les virtualités de la prière, qu’elle s’emploie à concentrer en un unique faisceau. 18 Sur l’origine et les diverses familles de ces prières, matière peu connue dont l’étude approfondie permettrait d’éclairer aussi bien l’histoire du psautier que l’évolution de la liturgie et de la spiritualité chrétiennes, voir Mohrmann 1952, 1-19, et Martimort 1961, 821, qui souligne la portée exégétique de la collecte, sorte de méditation liturgique prolongeant la lecture : « En se servant d’expressions, d’images, parfois même de mots, tirés du Psaume qui précède, elles suggèrent et, souvent même, expriment fortement des réalités chrétiennes. » Isabelle Fabre 328 À ce modèle, Flaminio imprime une orientation personnelle, voire intime. La pièce qui clôture le recueil n’affiche aucune singularité formelle, mais elle pourrait être lue comme la collecte de toutes les oraisons qui précèdent. Après avoir fait entendre la variété des voix qui émanent de l’âme, c’est dans son face à face ultime avec le Dieu de miséricorde que se joue son salut : Rector beate coelitum, Qui sic amas mortalium Salutem, ut almi filii Cruore sancto laveris Peccata eorum, suscipe 5 Servi precantis spiritum Qui fretus unica tua Benignitate languidos Artus libenter deserit, Ut alta coeli sidera 10 Petens, fruatur, optime Pater, tua praesentia Et sempiterno gaudio. Bienheureux souverain des cieux, Toi qui aimes le salut des mortels au point de laver leurs péchés dans le sang de ton Fils, reçois l’âme de ton serviteur en prière ; confiant dans ton unique miséricorde, il abandonne de plein gré ses membres affaiblis, afin que, gagnant les sommets étoilés des cieux, il jouisse, ô Père très bon, de ta présence et de la gloire éternelle. Une dernière fois, le poète exploite le lyrisme grave et ample de l’hymne, l’équilibre du souffle qui le meut : en trois moments rythmés par une triple invocation ( Rector beate coelitum / suscipe / optime Pater ), portés par la dynamique d’une versification imperturbable et souple, où rejets et enjambements impriment une urgence presque fébrile, le poème fait entendre une voix exemplaire. Si Flaminio ne joue pas, s’il parle de lui et de sa souffrance, bref, si c’est bien du sort de son âme ( animum suum ) qu’il s’agit, sa voix s’offre au fidèle qui voudra la faire sienne : il se fait le porte-parole d’une humanité réduite à son néant. Devenu le servus precans par excellence, il suggère non sans une pointe de vanité, logée dans l’élégance même de l’hymne, la portée exemplaire de son invocation. Serviteur suppliant, il est à la fois l’écrivain qui excelle et l’homme qui souffre d’une souffrance qui le rapproche du Christ. C’est là l’enjeu d’une imitatio sobre et subtile dont il nous faut à présent étudier les modalités. Les Carmina de rebus divinis de Marcantonio Flaminio 329 Benignitas et languor : les « modes » flaminiens Au cœur de la pièce précédente se dissimule un oxymore dont les implications théologiques méritent l’attention : en confrontant benignitas et languor qui se disputent la prédominance dans le vers, Flaminio met le lecteur sur la voie d’une exégèse que le Moyen Âge n’a cessé de développer. Ces deux termes que tout sépare - le premier référant à la bonté salvatrice de Dieu, le deuxième à la chair mortelle de l’homme - plutôt que des concepts, sont des impulsions qui se confortent l’une l’autre dans la tension paradoxale de leur divergence. Comme le grégorien déroule ses mélismes entre deux pôles, la finale (ou note fondamentale) et la corde de récitation, ce qui lui confère sa couleur et son ethos propres, 19 la poésie de Flaminio se déploie dans un cadre aux contours définis par ces deux termes clés : d’un côté la benignitas , autour de laquelle s’agrègent les attributs divins - bonté, bienveillance, douceur, ce que l’ancien français nommerait debonnaireté ; de l’autre la languor , cette maladie, cette faiblesse physique et morale qui afflige le pécheur, mais renvoie tout autant à l’amorce de la Grâce, à la souffrance de l’âme en quête de Dieu. La languor flaminienne s’oriente donc vers l’ ardor autant que vers la dolor . Dans l’un et l’autre cas, c’est le nom du Christ qui détermine cette double polarité et en entretient la tension dans l’écriture. Médecin du corps et de l’âme, mais aussi sponsus toujours proche et toujours refusé à l’âme qui le cherche, le Christ dans sa benignitas offre le secours de son amour aux souffrances de l’homme. Ce sont là deux aspects essentiels de la modulation de l’hymne. Un simple relevé suffit à mettre en évidence la récurrence de ces deux termes qui ponctuent les carmina et leur impriment une ferveur particulière : c’est d’abord l’invocation Iesu benigne , la plus fréquente parmi les formules d’adresse de ce genre. Elle intervient toujours en contrepoint avec l’évocation de l’état maladif du locuteur. Ainsi, la « bénignité » du Christ réchauffe les cœurs froids (1), entend la prière de l’homme souffrant (4) soulage ses douleurs (12), répond à sa plainte, lorsqu’accablé par la vieillesse, il implore son secours (13). Elle prévient le pécheur dans sa chute (18), aide sa volonté à discerner le bien (10), nourrit enfin cette langueur qui est à la fois le signe de la proximité et de l’absence de l’amour divin (19). Un réseau lexical aussi serré, confinant presque au ressassement, pourrait engendrer l’ennui auquel n’échappe que trop rarement une lyrique religieuse aussi stéréotypée. Tel n’est pas le cas chez Flaminio. Le poète déjoue ce 19 Les modes grégoriens se distinguent en particulier par la place occupée par le demi-ton au sein de l’échelle musicale. La théorie de l’ ethos , d’origine antique, repose sur la relation supposée entre les dispositions morales et affectives d’une part, et certaines caractéristiques mélodiques et rythmiques de l’autre. Cf. Platon, République 3, 398-403, repris entre autres par Boèce en ouverture de son De institutione musica , un des traités musicaux les plus lus au Moyen Âge. Isabelle Fabre 330 piège par sa maîtrise rhétorique, son art de la variatio , son recours au lexique de la nature qui, chez l’élégiaque qu’il fut aussi, émaille le discours de touches bucoliques bienvenues autant qu’inattendues. Dans tous les cas, la nature sert de comparant au poète qui se présente nu et vulnérable sous le regard de Dieu. Ainsi, le Carmen 6 constitue une confessio particulièrement émouvante dans sa simplicité : construite sur une comparaison reposant sur des realia familiers - la fleur qu’épanouit la rosée et que tarit la sécheresse -, la pièce présente une dispositio rhétorique élaborée. Le comparant terrestre, dédoublé (les deux propositions introduites par ut aux v. 1 et 9), forme l’écrin dans lequel s’enchâsse le comparé spirituel, scindé lui aussi en deux volets - l’âme que la rosée de l’Esprit fait fleurir, mais qui dépérit ( languescit ) en son absence : Ut flos tenellus in sinu Telluris almae lucidam Formosus explicat comam, Si ros et imber educat Illum, tenella mens mea 5 Sic floret, almi Spiritus Dum rore dulci pascitur ; Hoc illa si caret, statim Languescit, ut flos arida Tellure natus, eum nisi 10 Et ros et imber educat. De même que la fleur fragile dans le sein de la terre nourricière déploie, dans sa beauté, sa brillante corolle, si la rosée et la pluie la font pousser, de même notre âme fragile fleurit, quand elle se nourrit de la douce rosée de l’Esprit nourricier, mais si elle vient à en manquer, aussitôt elle dépérit, tout ainsi que la fleur née d’une terre aride, si la rosée et la pluie ne la font pousser. La subtilité de l’agencement repose sur les reprises lexicales du comparant et du comparé ( flos tenellus / tenella mens, ros / rore ) rédupliquées d’un volet à l’autre de la comparaison, avec - pour renforcer l’opposition - un effet chiasmatique ( telluris almae / arida tellure ) assorti d’un parallélisme marqué ( si ros et imber educat illum / eum nisi et ros et imber educat ) qui confère à l’image une nécessité quasi ontologique. L’imbrication du comparant et du comparé est aussi finement ouvragée ; là encore, Flaminio distend le moule strophique. Il multiplie rejets et contre-rejets (v. 5 et 9), déplace les termes logiques aux endroits stratégiques du vers (v. 6-7 : sic et dum à l’incipit ; v. 10 : nisi au dernier pied), introduit enfin l’élément négatif de l’analogie non par le biais du comparant, mais par l’exploitation des virtualités du comparé lui-même, l’âme. Inséré dans un dispositif hypothétique ( dum au v. 7 relaie si au v. 4) ce comparé, confiné dans le domaine de la nature par les verbes d’action dont il est le sujet ( floret, pascitur ) déclenche un basculement vers l’autre versant du rapport causal ( Hoc illa si caret, statim languescit ). Le ca- Les Carmina de rebus divinis de Marcantonio Flaminio 331 ractère lapidaire de l’énoncé, mimétique de la promptitude du dépérissement, se répercute alors sur le deuxième volet du comparant, que deux vers et demi suffisent à épuiser. L’analogie bucolique souligne à merveille le rapport de dépendance de l’homme vis-à-vis de Dieu et signale le véritable enjeu, le salut de l’âme. La force de l’image tient à son double ancrage, biblique et liturgique pour une part (on reconnaît l’âme assoiffée de Dieu telle que la décrit le psalmiste - sitivit in te anima mea 20 - comme l’action de l’Esprit Saint telle que l’évoque la séquence de Pentecôte Veni Sancte Spiritus ), mais aussi élégiaque, convoquant les voix de Catulle, Properce, Horace et toute la tradition de l’églogue latine, familière de telles associations. L’image n’est pas isolée. Elle rayonne dans l’ensemble de l’œuvre, réapparaissant sous la forme d’une réminiscence virgilienne dans le Carmen 4, où l’évocation d’une terre fendue par les traits du soleil ( terra solis ignibus hiulca ) est empruntée aux Géorgiques : 21 là encore, elle intervient au titre de comparant et se trouve rapprochée de l’âme dont le dépérissement ( animus meus afflictus, aeger, aridus ) ne peut être endigué que par la rosée divine à la douceur incomparable ( dulcissimum rorem ). Mais la « langueur » de l’âme-fleur privée de l’ondée salutaire est aussi celle de la sponsa du Cantique des Cantiques - masque transparent sous lequel le poète, dans le Carmen 19, exprime l’ardeur de son amour pour le Christ : Amore totus langueo, Nec ulla iam datur quies 22 (« Je meurs d’amour sans jamais trouver le repos »). L’âme inquiète y cherche la douceur ( dulcedo ) d’une présence qui toujours se refuse. Elle se laisse consumer dans sa fièvre, où l’on retrouve l’expression d’un dépérissement amoureux typiquement élégiaque : Sed tu licebit anxio Amantem amore torqueas, Non illa amare desinet. Iesu, tui tabescere 23 Amore res dulcissima est. 24 5 20 Ps . 62, 2. Cf. aussi Ps. 41, 3. 21 Virgile, Géorgiques 2, 253. 22 Cf. Cant. 2, 5 : Fulcite me floribus, stipate me malis, quia amore langueo ; et 5, 8 : […] ut nuntietis ei [ dilecto ] quia amore langueo . 23 Le terme se trouve chez les élégiaques latins et l’on serait tenté de voir là une filiation directe, Flaminio ne manquant pas, comme on l’a vu, de convoquer l’héritage de l’antiquité classique, fût-ce dans son œuvre sacrée et malgré les déclarations d’intention qu’il insère dans son prologue dédicatoire. Néanmoins, l’amalgame n’est pas de lui, loin s’en faut, pour la simple raison qu’il est déjà en place dans la version latine du Cantique due au fin lettré et rhéteur qu’était saint Jérôme. Cf. Michel 1976, 43. 24 V. 20-25. Isabelle Fabre 332 Tu laisses celle qui t’aime se tourmenter d’une amoureuse angoisse, mais elle t’aimera toujours. O Jésus, il n’est rien n’est de plus doux que de souffrir de t’aimer ! L’ Imitatio Christi selon Flaminio : une dévotion au Sang et aux Plaies Rien de surprenant de prime abord dans tout ce que l’on vient de dire : le recours au Cantique des Cantiques pour exprimer l’ardeur de la quête de Dieu est commun depuis les Pères. L’exégèse médiévale n’a cessé d’enrichir cette allégorie, dans laquelle elle trouvait une matière de méditation inépuisable. 25 Ce qui est moins attendu et plus polémique, c’est la manière dont le langage bucolique et amoureux conduit Flaminio vers ce qui semble un écho de la devotio moderna : la mimétique de la Passion, la méditation sur le sang et les plaies du Christ. Cette dévotion, relativement discrète au Moyen Âge, avait connu au XV e siècle un essor spectaculaire. L’image de la Passion, mise en exergue dans le titre du poème 14, figure déjà en filigrane dans le Carmen 4 : l’âme sauvée de la sècheresse par l’onction rafraîchissante de l’Esprit - comme la terre se nourrit de la rosée céleste - achève sa guérison par cet autre breuvage, le sang du Christ : Iesu benigne, fervidas Precationes et mea Ne quaeso vota despice. Ut terra solis ignibus Hiulca, sic animus meus 5 Afflictus, aeger, aridus, Dulcissimum rorem tuum Expectat, O salus mea. [...] Ne quaeso more iudicis, Quid egerim, quid dixerim, Quid cogitarim pondera, Peccata sed mea omnia Tuo cruore deleas. 20 Me vulnerum sanet dolor Tuorum, amara mors tua Cordi meo dulcedinem Instillet, ut meam crucem Et fortis et libens feram. 25 25 La ruminatio du Cantique , favorisée par la diffusion des commentaires patristiques, ceux d’Origène et de saint Grégoire en particulier, constituait un exercice dont les moines avaient fait leur spécialité. Ils trouvaient dans le poème biblique l’expression par excellence de l’impatience du désir, signe d’un quaerere Deum authentique. Cf. Leclercq 3 1990, 83-86. Les Carmina de rebus divinis de Marcantonio Flaminio 333 O bon Jésus, ne méprise pas, je t’en prie, mes prières ferventes et mes supplications. Comme la terre, fendue par les traits du soleil, mon âme affligée, dolente et aride, attend ta très douce rosée, ô Toi mon Salut ! […] Ne sois pas, je t’en prie, mon inflexible juge : ne pèse pas mes actes, mes paroles, mes pensées, mais efface dans ton sang tous mes péchés. Que la douleur de tes blessures me procure la guérison ; que ta mort cruelle distille en mon cœur ta douceur, afin que ferme et joyeux, je porte désormais ma croix. La « douceur » qui s’écoule des plaies du Christ comme d’une source vive est depuis le moyen âge, un symbole eucharistique. L’eau et le sang jaillis du coup de lance de Longin s’assimilèrent à l’Eucharistie, faisant du Christ la vigne mystique par excellence. 26 Sa « liqueur » induit en l’âme une ivresse lucide qui l’aide à discerner le bien suprême. Le poème 17 développe le thème d’un contemptus mundi fondé sur cette faculté : Iesu beate, si tuo Amore sancto perfrui Quam dulce sic cognoscerent Qui res inanes diligunt, O quam suae dementiae 5 Taederet ipsos ! Vulnera Acerba corporis tui Tanta fluunt dulcedine, Ut quisquis illa suxerit, Opes, honores, omnia 10 Amata iam fastidiat, Deique sola gloria Laetetur, oblitus sui. Sed caeca gens his fontibus Praefert lacunas putidas 15 Et pestilentes. Gratia Magna tibi, Iesu maxime, Qui me tuo purissimo Lavas, alisque sanguine. Bienheureux Jésus, s’ils savaient, ceux qui aiment les vanités, combien il est doux de jouir de ton amour, comme leur folie leur serait à charge ! Des plaies profondes de ton corps s’écoulent de tels flots de douceur : qui s’y abreuverait prendrait en aversion richesses, honneurs, tout ce qu’il a aimé, pour ne se réjouir qu’en la gloire de Dieu, en s’oubliant soimême. Mais l’homme aveuglé préfère puiser ailleurs, dans les bourbiers immondes et puants. Grâce te soit rendue, Jésus Tout-puissant, Toi qui me laves et m’abreuves de ton sang très pur ! Par ailleurs, les blessures du Christ blessent à leur tour l’âme, mais avec une douceur telle qu’elle manque de défaillir ; c’est alors l’épithalame de Salo- 26 Autre thème d’origine évangélique ( Jn 15) très répandu dans la spiritualité de la fin du Moyen Âge, en particulier grâce au Vitis mystica de saint Bonaventure (longtemps attribué à saint Bernard) et au développement iconographique du « pressoir mystique » qui en est directement issu. Cf. Mâle 7 1995, 117-122. Isabelle Fabre 334 mon qui fournit la teneur 27 d’où s’élève la mélodie flaminienne : vulnerasti cor meum , « tu as blessé mon cœur », s’exclamait la fiancée du Cantique 28 - à quoi répond la voix du Carmen 19 : Tu sponsus es animae meae ; Te quaerit illa lacrimis, 10 Te continenter invocat : Tu, sancte, mortis e manu Tuo redemtam sanguine, Tuique amore sauciam, 15 Odisse certe non potes. C’est Toi l’époux de mon âme ; elle te cherche dans les larmes et t’appelle sans relâche. Tu l’as tirée des griffes de la mort par ton sang rédempteur ; Tu l’as blessée de ton amour : comment pourrais-tu la haïr ? Mais si cette blessure efface les taches du péché, elle exacerbe le sentiment de la séparation, l’union mystique restant inaccessible en cette vie : Ergo misella cur tuae Dulcedinem praesentiae Non sentit ? Ah, cur supplices Venti querelas dissipant ? 20 Mais alors, pourquoi ne perçoit-elle pas, la malheureuse, la douceur de ta présence ? Pourquoi les vents dissipent-ils ses plaintes qui t’implorent ? Voilà autant d’images par lesquelles Flaminio se rapproche d’une dévotion typiquement médiévale. Exprimée dès le XIII e siècle dans des pièces telles que la séquence Iesu dulcis memoria du Pseudo-Bernard ou le Rhythmus Ad singula membra Christi patientis attribué à Arnulfe de Louvain, 29 sources possibles de Flaminio, elles ressurgiront au XVII e siècle chez des compositeurs protestants comme Schütz et Buxtehude. 30 Toutefois l’écart est mani- 27 Au sens musical du terme : dans le motet, la teneur est la voix fondamentale, le plus souvent empruntée à la liturgie, sur laquelle s’édifie la polyphonie. 28 Cant . 4, 9. 29 Par leur tonalité mystique et leur forme strophique plus développée, ces deux textes sont très représentatifs des hymnes non liturgiques des XII e -XIII e siècles émanant de milieux cisterciens. Cf. Spitzmuller, 1971, 826-841 ( Ad singula membra ) et 1344- 1355 ( Iesu dulcis memoria ). Sur ces deux textes très diffusés au Moyen Âge, voir Szövérffy 1989, 51. 30 Heinrich Schütz juxtapose un choix de strophes extraites du Iesu dulcis memoria et des passages en prose tirés de textes de dévotion latins dans l’un de ses concertos sacrés : O bone Jesu, fili Mariae (SWV 471). Les Membra Jesu Nostri de Buxtehude forment un cycle de sept cantates, chacune adressée à une partie disctincte du corps de Jésus sur la Croix, qui emprunte son texte au poème d’Arnulfe, très répandu au XVII e siècle tant parmi les catholiques que les protestants, et aussi bien dans la version latine d’origine que dans des traductions et paraphrases allemandes. Les Carmina de rebus divinis de Marcantonio Flaminio 335 feste. Le Rythmus Ad singula membra montre l’âme avide de s’abreuver du sang divin plus doux que le miel ( in quo latet mel dulcoris ), 31 voire de s’absorber toute entière dans les plaies qui mènent à son cœur : Te, dulce vulnus, aperi ! 25 Plaga rubens, aperire Fac cor meum te sentire, Sine me in te transire, Vellem totus introire, Pulsanti pande pauperi ! 32 30 Ouvre-toi, douce blessure ! Plaie sanglante, fais que mon cœur s’ouvre et te sente ! Laisse-moi passer et entrer tout entier en toi ; ouvre-toi largement au pauvre qui frappe ! Flaminio a, pour sa part, choisi la sobriété. Son latin moins orné évite l’hypotypose dans ce qu’elle pouvait avoir de grossièrement hyperbolique. Vivre en chrétien selon lui, c’est prendre la croix du Christ et le suivre : nudus nudum Christum sequi , tel est l’adage, d’origine évangélique, 33 qu’il reformule dans la pièce 13 et dont il fait son unique propos. Valorisée par la tradition franciscaine, 34 cette imitatio morale autant que rhétorique finit par rejoindre l’aspiration à l’union mystique. Elle trouve son expression la plus imagée dans le motif de la plaie assimilée à la fente d’un rocher où se réfugie la colombe : Surge, amica mea, speciosa mea et veni, columba mea, in foraminibus petrae, in caverna maceriae ; ostende mihi faciem tuam, sonet vox tua in auribus meis : vox enim tua dulcis et facies tua decora. 35 Lève-toi, mon ami, ma toute belle, et viens, ma colombe, dans les creux du rocher, dans les renfoncements de la muraille ; montre-moi ton visage, que ta voix résonne à mes oreilles, car ta voix est douce et ton visage avenant. Associée au motif de la fons dulcoris d’où s’écoule l’eau de la vie éternelle, à la rosée vivifiante, au vin fruit de la terre et au sang, la veine mystique du Cantique irrigue la poésie de Flaminio, mais avec une discrétion à laquelle les mystiques du Moyen Âge ne nous avaient pas habitués. Pourtant l’inspiration est la même. Il suffit pour s’en convaincre de comparer 31 Rythmus Ad singula membra […], 4 ( Ad Latus ), §1, v. 7 (in : Spitzmuller 1971, 834). 32 Rythmus Ad singula membra […], 4 ( Ad Latus ), §1, v. 25-30 (in : Spitzmuller 1971, 836). 33 Cf. Matth. 16, 24. 34 On se souvient de la scène inaugurale de la dénudation de saint François ( Legenda major 2, 3-4), comme de la stigmatisation qui en est le débouché en quelque sorte programmé. Les travaux relatifs à cet adage sont nombreux : parmi les approches récentes, voir Boquet 2008. 35 Cant. 2, 13-14. Isabelle Fabre 336 l’élégance et la sobriété classiques d’une formule imitée de Virgile, l’image de la terre fendue, de l’usage qu’en fit au XIV e siècle Catherine de Sienne, dans une hypotypose particulièrement appuyée : Nous avons été cette terre où l’étendard de la croix a été planté et nous avons été là, comme des coupes, pour recevoir le sang qui s’écoulait tout le long de la croix. Mais pourquoi avons-nous été cette terre ? Parce que la terre, elle, n’aurait pas pu maintenir droit cette croix, la terre se serait refusée à une pareille injustice. […] C’est donc nous qui avons été cette terre, c’est nous qui avons maintenu droit cette croix, et c’est nous qui sommes cette coupe qui reçoit le sang. Celui qui connaîtra et épousera cette vérité, celui-là trouvera dans le sang la grâce, la richesse et la vie de la grâce. Il trouvera sa nudité vêtue et s’y trouvera lui-même vêtu de ce vêtement nuptial qu’est la flamme de la divine charité ; il s’y trouvera imprégné et pétri de ce sang et de ce feu qui, par amour, a été répandu et uni à la divinité. Dans ce sang il se repaîtra et se nourrira de miséricorde, dans ce sang il déchirera les ténèbres et il goûtera la lumière, car c’est dans ce sang qu’on dissipe le nuage de l’amour-propre sensible, la crainte servile, cause de tourments, et qu’on reçoit la sainte crainte et la certitude du divin amour trouvé dans le sang. 36 Après l’emphase de ce lyrisme vernaculaire, il est permis de goûter la sobre latinité de Flaminio, qualité sur laquelle on voudrait conclure. Peu connue de la critique, laissée à l’appréciation de rares spécialistes et connaisseurs, l’œuvre sacrée de Flaminio mérite le détour. Sa contribution aux débats religieux de son temps aurait pu lui servir de faire-valoir, tout comme l’érudition et l’habileté rhétorique dont témoignent ses Paraphrases des Psaumes , que les travaux récents de John Nassichuk ont heureusement fait sortir de l’ombre, 37 mais cela ne suffit pas. Comme on s’est efforcé de le montrer, le lyrisme « tempéré » de Flaminio s’alimente à des sources liturgiques « relatinisées » avec un sens de la mesure et du goût qui, joints à l’expression d’une dévotion centrée sur le Christ, ne pouvait que lui valoir les sympathies des poètes et humanistes soucieux de concilier autour des Belles Lettres des factions religieuses opposées. C’est l’usage que semble en avoir fait Anne de Marquet dans sa traduction-paraphrase de 1568. Flaminio a su faire entendre une voix personnelle dont les accents ne répudient pas l’inspiration de la latinité classique, mais l’assument avec une simplicité ou dissimulatio artis d’autant plus efficace qu’elle s’appuie sur l’hymne ambrosienne et autorise un accès direct à une langue que chacun peut s’approprier. En cela, Flaminio marque une rupture avec les précédents hymnographes, tels que Zacharie Ferreri, évêque napolitain auquel Léon X confia dans les années 1520 la réforme du bréviaire et qui, sous prétexte de restituer une authentique saveur latine à la langue vieillie des hymnes, truffa ces dernières d’évocations mythologiques et de tournures alambiquées. 38 La parfaite concordance de la 36 Catherine de Sienne, Lettre 102 , trad. Guigues. 37 Cf. supra , note 3. 38 Cf. Battifol 1893, 214-220 , Baudot, 1914, 78-81 et Martimort, 1961, 844-845. Les Carmina de rebus divinis de Marcantonio Flaminio 337 beauté et de la vérité n’est pas un idéal aisé à atteindre. Anne de Marquets le jugeait bien ainsi, lorsqu’elle reconnut en Flaminio un « autheur inspiré d’une muse divine ». 39 Bibliographie Ambroise de Milan : Hymnes, éd. Jacques Fontaine, Paris 1992. 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Diese stellt unbestritten eine der wichtigsten literarischen Bewegungen der Renaissance dar, war bisher aber v.a. mit ihren französischsprachigen Werken Gegenstand der Forschung. Der Band, der aus dem von den Universitäten Freiburg im Breisgau und Mulhouse-Colmar gemeinsam veranstalteten 12. Freiburger Neulateinischen Symposion hervorgegangen ist, zieht eine kritische Bilanz dieses Umschwungs. Dabei stehen zwei Themenfelder im Vordergrund: der Status der neulateinischen Sprache als Medium literarischer Kommunikation und die Frage nach den antiken und zeitgenössischen (besonders auch volkssprachlichen) Vorbildern der im Frankreich des 16. Jahrhunderts produzierten neulateinischen Dichtung. Neo L atina