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Japanische Sprachwissenschaft

2015
978-3-8233-7884-6
Gunter Narr Verlag 
Martina Ebi
Viktoria Eschbach-Szabo

Diese Einführung in die japanische Sprache und Sprachwissenschaft verbindet schulgrammatisches Wissen und neue Beschreibungsmodelle in anschaulicher und verständlicher Weise - vom Laut als der kleinsten sprachlichen Einheit bis hin zu der situativen Verwendung wie der Höflichkeit. Insbesondere Studierende der Japanologie können sich damit die grundlegenden Kenntnisse und Kompetenzen in der schriftlichen und der mündlichen Kommunikation aneignen, die sie für Studium und künftigen Beruf brauchen. Aufgrund der Themen, des Umfangs und der anschaulichen Erklärungen eignet sich die Einführung bestens für den Unterricht in einem Semester. Lernende und Lehrende des Japanischen bekommen wichtige Impulse für das Selbststudium und den Unterricht. Aber auch japanologische Laien können ihre Kenntnisse über die Sprache und Schrift erweitern.

Japanische Sprachwissen- Schrein in Kamakura - Ort der körperlichen und spirituellen Reinigung vor dem Betreten des Schreins Martina Ebi / Viktoria Eschbach-Szabo Japanische Sprachwissenschaft Eine Einführung für Japanologen und Linguisten Dr. Martina Ebi ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Seminar für Japanologie der Eberhard-Karls- Universität Tübingen und lehrt u.a. Didaktik des Japanischen. Prof. Dr. Viktoria Eschbach-Szabo ist Professorin für Japanologie mit dem Schwerpunkt japanische Sprachwissenschaft an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Rechtsnachweis: Die Fotografien auf der Umschlaginnenseite sowie den Seiten 12, 28, 44, 56, 68, 84, 106, 124, 138, 148, 158, 176 und 186 des Bandes stammen von Aliona Frankl und sind urheberrechtlich geschützt (Aliona Frankl © 2015). Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. © 2015 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem und säurefreiem Werkdruckpapier. Internet: www.narr-studienbuecher.de E-Mail: info@narr.de Printed in the EU ISSN 0941-8105 ISBN 978-3-8233-6884-7 Inhaltsverzeichnis Vorwort........................................................................................................... 9 1 Die japanische Sprache...........................................................................13 1.1 Die Verbreitung des Japanischen .................................................... 13 1.2 Japanisch außerhalb Japans ............................................................ 14 1.2.1 Japanische Immigranten in Brasilien ................................ 14 1.2.2 Japanische Immigranten in Hawaii ................................... 16 1.3 Gibt es eine japanische Sprache? .................................................... 16 1.4 Bezeichnungen für Japan und Japanisch ......................................... 17 1.5 Die Herkunft des Japanischen ......................................................... 18 1.6 Minderheitensprachen in Japan ...................................................... 19 1.6.1 Ainu................................................................................... 19 1.6.2 Ryūkyū-Sprachen .............................................................. 22 1.7 Die Sprachen der Migranten ........................................................... 23 1.7.1 Koreanische Migranten..................................................... 24 1.7.2 Chinesische Migranten ..................................................... 25 1.7.3 Brasilianische Migranten .................................................. 25 2 Die Entwicklung der Schrift bis 1945.......................................................29 2.1 Schriftsysteme ................................................................................. 29 2.2 Die chinesischen Schriftzeichen - Kanji........................................... 30 2.3 Die Einführung der chinesischen Schriftzeichen in Japan ............... 33 2.4 Die Lesungen der Kanji im Japanischen........................................... 35 2.5 Die Weiterentwicklung der Kanji..................................................... 37 2.6 Die Lateinschrift - Rōmaji............................................................... 40 2.7 Schriftreformbewegungen .............................................................. 41 3 Die japanische Schrift nach 1945 ............................................................45 3.1 Kanji nach 1945 ............................................................................... 45 3.2 Die Silbenschrift Hiragana ............................................................... 47 3.3 Die Silbenschrift Katakana ............................................................... 48 3.4 Die Lateinschrift - Rōmaji................................................................ 49 3.5 Weitere Zeichen .............................................................................. 50 6 Inhaltsverzeichnis 3.6 Schreibrichtung ................................................................................ 51 3.7 Das Zusammenspiel der Schriften ................................................... 51 3.8 Transkriptionssysteme ..................................................................... 53 3.9 Literalität.......................................................................................... 54 4 Sprachgeschichte................................................................................... 57 4.1 Periodisierung .................................................................................. 57 4.2 Historische Sprachvarianten und Schreibstile ................................. 63 4.2.1 Klassischer chinesischer Stil .............................................. 63 4.2.2 Japanischer Stil .................................................................. 64 4.2.3 Mischstile .......................................................................... 65 4.2.4 Klassisches Japanisch ........................................................ 65 4.2.5 Weitere Sprachstile ........................................................... 65 4.3 Sprachwandel aktuell....................................................................... 66 5 Phonetik und Phonologie ...................................................................... 69 5.1 Die Laute des Japanischen ............................................................... 69 5.2 Klassifikation der Sprachlaute.......................................................... 71 5.2.1 Klassifikation der Konsonanten ......................................... 72 5.2.2 Klassifikation der Vokale ................................................... 73 5.3 Das Lautsystem des Japanischen ..................................................... 74 5.3.1 Die verschiedenen Realisierungen eines Phonems ........... 75 5.3.2 Spezielle Phoneme ............................................................ 76 5.4 Die kleinste suprasegmentale Einheit.............................................. 77 5.5 Phonologische Prozesse................................................................... 79 5.6 Der Akzent ....................................................................................... 80 5.7 Intonation ........................................................................................ 82 6 Wortschatz ............................................................................................ 85 6.1 Was ist ein Wort? ............................................................................. 85 6.2 Wortschatzuntersuchungen ............................................................ 87 6.3 Strata ............................................................................................... 89 6.3.1 Das japanische Stratum..................................................... 90 6.3.2 Entlehnungen aus dem Chinesischen................................ 91 6.3.3 Entlehnungen aus westlichen Sprachen ........................... 92 6.3.4 Vermischung der Strata..................................................... 97 6.3.5 Lautmalerische Wörter ..................................................... 98 7 Inhaltsverzeichnis 6.4 Diskriminierende Wörter............................................................... 101 7 Morphologie ........................................................................................107 7.1 Die kleinste bedeutungstragende Einheit ..................................... 107 7.2 Wortbildung .................................................................................. 107 7.2.1 Komposition .................................................................... 108 7.2.2 Ableitungen..................................................................... 109 7.2.3 Weitere Wortbildungsmuster ......................................... 111 7.3 Wortarten...................................................................................... 111 7.3.1 Verben ............................................................................ 113 7.3.2 Adjektive ......................................................................... 115 7.3.3 Nomina ........................................................................... 116 7.3.4 Weitere selbständige Wörter ......................................... 117 7.3.5 Verbalsuffixe ................................................................... 118 7.3.6 Partikeln .......................................................................... 119 7.4 Numeralklassifikatoren ................................................................. 120 8 Syntax ..................................................................................................125 8.1 Was ist ein Satz? ............................................................................ 125 8.2 Die Funktionen der Phrasen .......................................................... 126 8.3 Einteilung der Sätze ....................................................................... 128 8.4 Syntaktische Theorien ................................................................... 129 8.5 Wie sieht ein wohlgeformter japanischer Satz aus? ..................... 133 8.6 Immer wiederkehrende syntaktische Fragen ................................ 134 8.7 Korpora.......................................................................................... 136 9 Semantik ..............................................................................................139 9.1 Bedeutungslehre ........................................................................... 139 9.2 Wortsemantik................................................................................ 140 9.2.1 Semantische Relationen ................................................. 141 9.2.2 Semantische Beschreibungen ......................................... 144 9.3 Phraseologismen ........................................................................... 145 9.4 Satzsemantik ................................................................................. 146 10 Namen .................................................................................................149 10.1 Eigenart der japanischen Namen .................................................. 149 10.2 Namen und Schrift......................................................................... 150 10.3 Kanji in japanischen Namen .......................................................... 151 8 Inhaltsverzeichnis 10.4 Eigennamen ................................................................................... 153 10.5 Die Globalisierung japanischer Namen .......................................... 154 10.6 Praxis der Namensvergabe - japanische Namensmagie ............... 156 11 Pragmatik .............................................................................................159 11.1 Gegenstand der Pragmatik ............................................................ 159 11.2 Wo ist hier? .................................................................................... 159 11.3 Wären Sie so freundlich …? ........................................................... 161 11.4 Du und Sie auf Japanisch................................................................ 168 11.5 Zuhören auf Japanisch ................................................................... 170 11.6 Sprechakte ..................................................................................... 172 12 Varietäten ............................................................................................177 12.1 Standardsprache ............................................................................ 177 12.2 Regionale Varietäten ..................................................................... 178 12.3 Sprache und Geschlecht ................................................................ 181 12.4 Altersspezifische Varietäten .......................................................... 183 13 Japanisch als Fremdsprache .................................................................187 13.1 Japanisch in Deutschland............................................................... 187 13.2 Prüfungen und Standards .............................................................. 188 13.3 Hilfsmittel ...................................................................................... 190 13.3.1 Allgemeine Lexika............................................................ 190 13.3.2 Zeichenlexika................................................................... 192 13.3.3 Lehrbücher und Lernhilfen .............................................. 193 13.3.4 Linguistische Bibliographien und Wörterbücher............. 196 Literatur .......................................................................................................197 Abkürzungsverzeichnis .................................................................................211 Glossar japanischer Termini..........................................................................212 Index ............................................................................................................221 Vorwort Japanisch ist zwar eine genealogisch gesehen distante Sprache, in unserem Alltagsleben hat sie jedoch mittlerweile verschiedene Lebensräume - Sport, Lifestyle und Freizeitkultur - erobert. Man schläft auf Futons, kann im Supermarkt Sushi kaufen und sich von J-Pop berieseln lassen, während man auf dem Nintendo ein Spielchen spielt oder im neuesten Manga blättert. Die Zahl der Japanischlerner ist in Deutschland seit 1980 kontinuierlich gestiegen. Japanisch kann an Gymnasien als AG oder dritte Fremdsprache gewählt werden, an 17 deutschen Universitäten kann Japanologie studiert werden, ein Japanischkurs für Hörer aller Fakultäten ist an dem meisten deutschen Hochschulen eingerichtet. Zahlreiche Grammatiken führen in die japanische Sprache ein. Das vorliegende Buch schließt eine Lücke auf dem deutschsprachigen Markt, insofern als keine neuere, zeitgemäße Beschreibung des Japanischen vorliegt, die über die grammatikalische Darstellung hinausgeht und die nicht nur die Schriftsprache, sondern auch die gesprochene Sprache in ihrer Varietätenvielfalt darstellt. Es soll helfen, existierende Vorurteile von Japanisch als einer „komplett anderen“, „exotischen“ Sprache zu revidieren. Die Einführung in das sprachwissenschaftliche Studium des Japanischen richtet sich in erster Linie an B.A.-Studierende der Japanologie. Sie soll das im Sprachunterricht vermittelte praktische Sprachwissen ergänzen und die philologischen und linguistischen Grundlagen zu einer reflektierten und differenzierten Auseinandersetzung mit der japanischen Sprache in schriftlicher und mündlicher Form legen, wie sie auch für Quellenarbeit oder soziologische Feldforschung erforderlich sind. Durch die Umstellung der Studiengänge im Bologna-Prozess sowie eine regionalwissenschaftliche Neuorientierung der Japanologie hin zu sozialwissenschaftlichen Fragestellungen bleibt für eine philologische Einführung in den Forschungsgegenstand oftmals wenig Platz. Philologisches Wissen vermag jedoch unter Umständen deutlich machen, ob eine Fragestellung für den Rahmen des anvisierten Forschungsgegenstands geeignet ist. Eine zweite Zielgruppe stellen Studierende der Linguistik und Menschen mit einem akademischen Interesse an der japanischen Sprache dar, die angesichts einer zunehmenden Professionalisierung der Transferleistungen vom Japanischen ins Deutsche eine sprachliche Japankompetenz erwerben möchten. Deshalb ist die Einführung so gestaltet, dass sie auch für Nicht-Japanologen verständlich ist. Japanisch ist eine der wenigen außereuropäischen Sprachen, die sowohl auf Japanisch als auch auf Englisch gut dokumentiert sind. Die vorliegenden Ausführungen sind aufgrund mehrjähriger Unterrichtserfahrung auf die wesentlichen Punkte reduziert. Die Seitenbegrenzung lieferte einen weiteren Maßstab zur Auswahl der behandelten Themen. Aus diesen Gründen mussten die Ausführungen zu den stark spezialisierten Bereichen der diachronen und synchronen Beschreibungen des Japanischen auf wenige Hinweise beschränkt bleiben. Bei der Auswahl der Quellen und Sekundärliteratur wurde 10 Vorwort die Tatsache berücksichtigt, dass Studienanfänger noch auf Publikationen in westlichen Sprachen angewiesen sind. Der Aufbau des Buchs folgt der klassischen Einteilung in die linguistischen Teildisziplinen: Phonetik/ Phonologie, Morphologie, Syntax und Semantik. Darüber hinaus werden auch pragmatische und soziolinguistische Fragestellungen berücksichtigt. Jedes Kapitel beginnt mit einem Katalog von Fragen, die das Kapitel zu beantworten versucht. Die am Ende eines jeden Kapitels aufgelisteten Literaturempfehlungen sind dazu gedacht, neben einer möglichst breiten Basis Ansatzpunkte für weitergehende Studien zu liefern. Das Buch hat zum Ziel, die Leser an die philologische und terminologische Tradition heranzuführen. Ein Glossar japanischer sprachwissenschaftlicher Termini am Ende des Buches trägt diesem Ziel Rechnung. Für die redaktionelle und technische Unterstützung bei der Erstellung des Buches sei Dr. Iris Vogel, Akemi Hamada, Jacqueline Musialski und Stanislav Reichert gedankt. Unser Dank gilt auch den Tübinger Studierenden, die durch ihre zahlreichen Fragen Anregungen zur inhaltlichen Ausgestaltung des Buchs gaben. Für die zur Verfügung gestellten, anthropologisch interessanten Fotografien danken wir Aliona Frankl in Budapest. Ferner möchten wir uns bei den Stiftungen Shoyu Club und Kasumi Kaikan bedanken, durch deren großzügige Unterstützung in den vergangenen Jahren die sprachwissenschaftlichen Bibliothekbestände der Tübinger Japanologie ausgebaut werden konnten. Die Deutsche Encyclopädie oder Allgemeines Realwörterbuch aller Künste und Wissenschaften aus dem Jahr 1791 schreibt über das Japanische: Diejenigen, die diese Sprache kennen, sagen, daß sie sehr regelmäßig, rein, zierlich und wortreich sey […]. (Kapitza 1990: 798) Auch wenn zweihundert Jahre sprachwissenschaftlicher Forschung diese „Zierlichkeit“ entzaubert haben, wünschen wir unseren Lesern viel Freude beim Lesen und bei der Begegnung mit der japanischen Sprache. Tübingen, im April 2015 Die Autorinnen 1 Die japanische Sprache In diesem Kapitel erfahren Sie, • wie viele Menschen auf der Welt Japanisch sprechen, • wie Japanisch auf Japanisch heißt, • mit welchen Sprachen Japanisch verwandt ist und • welche anderen Sprachen noch in Japan gesprochen werden. 1.1 Die Verbreitung des Japanischen Japanisch wird auf dem japanischen Inselbogen gesprochen, von Hokkaidō im Norden bis zu der Inselgruppe Ryūkyū im Süden. Nach der internationalen Sprachstatistik der Organisation SIL International rangiert Japanisch mit 122 Mio. Sprechern auf Platz 9 der Weltsprachen. Deutsch nimmt mit 90,3 Mio. Sprechern den 10. Platz ein. 1 Abbildung 1: Japankarte (http: / / www.ginkgomaps.com/ de/ rl3c_jp_japan_ landkarte_adm0_ja_hres.jpg (28.09.2014)) 1 Stand 2013; http: / / archive.ethnologue.com/ 16/ ethno_docs/ distribution.asp? by= size (12.02.2015). Die Zahl derer, die Japanisch bzw. Deutsch als Zweit- oder Fremdsprache sprechen, ist hier nicht berücksichtigt. Sprecherzahlen 14 Die japanische Sprache Japanischsprecher findet man ferner noch unter den Migranten und ihren Nachkommen in Südamerika, an der Westküste der USA und auf Hawaii. Vereinzelt wird es auch noch von älteren Leuten in Taiwan und Korea gesprochen, den japanischen Kolonien vor und während des 2. Weltkriegs, in denen Japan eine Politik der sprachlichen Assimilation verfolgt hatte und Japanisch Amts- und Unterrichtssprache gewesen war (Carroll 2001b: 57f). Hinzu kommen noch diejenigen, die Japanisch als Fremdsprache lernen und sprechen. Ihre Zahl betrug 2012 weltweit 3,99 Mio. 2 Die meisten Lerner (82,5 %) kommen aus Ost- und Südostasien. In Deutschland lernten 2012 insgesamt 14.393 Menschen Japanisch (Japan Foundation 2013). Aufgrund der Sprecherzahlen, der Verbreitung, der Internationalität und des Prestiges führt Weber (1997) Japanisch als Nummer 8 der einflussreichsten Sprachen der Welt auf. 3 Eine neuere Untersuchung, welche die Sprachen der Welt hinsichtlich ihres Anteils in der globalen Informationsproduktion - also hinsichtlich der Zahl der Buch-, Zeitungs- und Zeitschriftenpublikationen, der Filmproduktionen und der Webpages - vergleicht, klassifiziert Japanisch hinter Englisch, Deutsch, Spanisch, Chinesisch und Französisch auf Platz 6 (Lobachev 2008). 1.2 Japanisch außerhalb Japans Als 1871 das Ausreiseverbot, das während der Edo-Zeit (1603-1868) gegolten hatte, von der japanischen Regierung aufgehoben wurde, wanderten viele Japaner vor allen Dingen aus überbevölkerten und ärmlichen Gebieten in die USA, nach Hawaii und Südamerika aus. Sie hofften, ihre wirtschaftlich schlechte Situation zu verbessern, in der Fremde zu Reichtum zu gelangen, um später wieder nach Japan zurückzukehren. Die Auswanderungen wurden größtenteils staatlich organisiert und gefördert. Die Auswanderer waren als Vertragsarbeiter meist in der Landwirtschaft oder im Baugewerbe tätig. Während die erste Generation ( 一世 issei) der Auswanderer ihre Muttersprache pflegte, ist ab der zweiten Generation ( 二世 nisei) bereits eine zweisprachige Kompetenz festzustellen. Ab der dritten Generation ist in allen Immigrantensiedlungen ein Wechsel hin zur Sprache des Gastlandes beinahe vollständig vollzogen: Japanisch wird nur noch im privaten Bereich verwendet, in der Kommunikation mit Eltern oder Großeltern, und ist in religiösen oder anderen kulturellen Praktiken erhalten. 1.2.1 Japanische Immigranten in Brasilien Brasilien hat mit 1,4 Mio. Immigranten und ihren Nachkommen im Jahr 2000 die größte japanische Immigrantengruppe zu verzeichnen, die allerdings nur 0,8 % der Gesamtbevölkerung ausmacht (Sakurai & Coelho 2008: 59). Die ersten japanischen Immigranten kamen 1908 nach Brasilien, die 2 Im Vergleich dazu betrug die Zahl der Deutschlernenden 2010 weltweit 14,45 Mio. (Netzwerk Deutsch 2011). 3 Allerdings beruht das Ranking auf Erhebungen in den 80er und 90er Jahren des 20. Jh. und ist somit nicht ganz aktuell. Stellung in der Welt Auswanderungen erste Generation 15 Japanisch außerhalb Japans meisten ließen sich in dem Bundesstaat S-o Paulo nieder. Bis 1941 stieg ihre Zahl auf 150.000 Personen. Landverlust aufgrund der japanischen Landreform und hohe Arbeitslosigkeit hatte sie zur Auswanderung bewogen, die vom brasilianischen Staat gefördert wurde. Sie arbeiteten vor allem auf Kaffeeplantagen. Da diese erste Generation japanischer Immigranten den Traum hegte, später nach Japan zurückzukehren, war ihnen der Erhalt der Sprache 4 als Ausdrucksmittel kultureller Identität wichtig, was an der Zahl japanischer Schulen, die gegründet wurden, ersichtlich ist. 5 Der Wunsch, die eigene Sprache und Kultur an die Kinder weiterzugeben, war da, wurde jedoch durch die brasilianische Migrationspolitik ab 1930 erschwert: Aufgrund der großen Zunahme an Immigranten verbot die brasilianische Regierung den Fremdsprachenunterricht für Kinder unter 10 Jahren, die nicht des Schreibens kundig waren (Miyazaki 2002). Zwischen 1942 und 1951 war Japanern die Einwanderung nach Brasilien untersagt. Nachdem das Einwanderungsverbot aufgehoben war, folgten bis 1970 weitere 60.000 Immigranten, viele aufgrund von Kontakten mit bereits in Brasilien ansässigen Japanern. Auch bei dieser Personengruppe waren wirtschaftliche Beweggründe ausschlaggebend. Die Einwanderungen nehmen ab 1960 ab und hören mit der wirtschaftlichen Erstarkung Japans ab 1973 gänzlich auf. In dieser zweiten Immigrationsphase wird die japanische Sprache weiterhin gepflegt und an die Kinder weitergegeben. Die zweite Generation der Immigranten ist jedoch bereits bilingual japanisch-portugiesisch. Die japanische Niederlage im 2. Weltkrieg führte zu einem Umschwung in der Selbstwahrnehmung der Immigranten. Der Traum, nach Japan zurückzukehren, wurde angesichts der dortigen unsicheren Lage aufgegeben. Eine größere Bereitschaft, sich zu assimilieren, sowie Veränderungen hin zu urbanen Siedlungsstrukturen führten dazu, dass Japanisch als Sprache der Kommunikation aus dem Alltag verschwand (Miyazaki 2002). Ab ca. 1980 wurde die Muttersprache nicht mehr an die Kinder weitergegeben. Die dritte Generation der Immigranten sind daher monolinguale Sprecher des Portugiesischen. Japanisch wird höchstens noch im privaten Bereich, im Gespräch mit Eltern oder Großeltern, verwendet (Kudō et al. 2012). Der Trend zu der Aufgabe des Japanischen und zu der Hinwendung zum Portugiesischen setzte sich in den weiteren Generationen fort. Heute gibt es noch viele japanische Sprachschulen, viele davon sind von Migrantengesellschaften getragen. In ihnen wird jedoch nicht mehr Japanisch als Muttersprache vermittelt, sondern Japanisch als Fremdsprache. 2012 lernten 19.913 Personen in 325 Einrichtungen in Brasilien Japanisch. 6 Ende der 1980er Jahre führte das wirtschaftliche Erstarken Japans dazu, dass Brasilianer japanischer Herkunft ( 日系人 nikkeijin) nach Japan rückauswanderten (siehe S. 25). 4 Da es in jener Zeit in Japan noch keine Standardsprache gab, muss man eher von Dialekten sprechen. Das in den Siedlungen gesprochene Japanisch ist stark von den regionalen Varietäten der Sprecher geprägt und enthält auch heute noch etliche Archaismen. 5 1926 gab es bereits 61 kleine Schulen, die Zahl stieg auf 486 im Jahr 1939 (Miyazaki 2002: 117). 6 http: / / www.jpf.go.jp/ j/ japanese/ survey/ country/ 2013/ brazil.html (18.09.2014). Sprachwechsel aktuelle Situation n 16 Die japanische Sprache 1.2.2 Japanische Immigranten in Hawaii Die Zahl der japanischstämmigen Einwohner in Hawaii wird 2010 auf 185.502 beziffert 7 , was 13,6 % der Bevölkerung entspricht. Die ersten japanischen Immigranten kamen Ende des 19. Jh. nach Hawaii und verdingten sich als Vertragsarbeiter auf Zuckerrohrplantagen, in der Hoffnung, viel Geld zu verdienen und später wieder nach Japan zurückzukehren. Dieser Traum von einer Rückkehr führte dazu, dass die erste Generation der Japaner ihre Muttersprache pflegte. Schon 1893 wurde die erste japanische Sprachschule gegründet, es folgten 162 weitere, die in Form von privaten Nachmittagsschulen den staatlichen Unterricht ergänzten (United States Bureau of Education 1920). Auch wurden viele japanische Zeitungen gegründet 8 , welche Neuigkeiten aus der Heimat und Informationen zum Leben der japanischen Bevölkerung in Hawaii verbreiteten (Kawamoto 1993). Das Japanisch der Immigranten in Hawaii war stark von dem Dialekt der Region um Hiroshima geprägt, aus welcher der Großteil der Immigranten stammte (Kimura 1988: 30ff). In den 1920er Jahren ist ein erster Sprachwechsel von Japanisch hin zum Hawaiischen Pidgin English, das auf den Zuckerrohrplantagen gesprochen wurde, zu verzeichnen. Die zweite Generation der Immigranten kann somit als bilinguale Sprecher des Japanischen und der lokalen Pidginsprache gesehen werden. Die beiden Weltkriege und damit verbundene innenpolitische Maßnahmen zur Amerikanisierung der Bevölkerung - Hawaii war 1889 von den USA annektiert worden - einerseits sowie die Angst vor Repressalien andererseits führten dazu, dass Japanisch aus dem Sprachgebrauch des öffentlichen Lebens verschwand. Ab der dritten Generation war der Sprachwechsel hin zum Englischen fast vollständig vollzogen. 9 In jüngster Zeit ist eine Wiederbelebung der japanischen Sprache zu beobachten. Viele Nachkommen japanischer Einwanderer besuchen heute Japanischkurse zum einen aus Gründen der Identitätsfindung, zum anderen aus sozio-ökonomischen Gründen. Zwei japanische Rundfunkstationen senden japanisches Radioprogramm und auch im Fernsehen werden japanische Sendungen angeboten (Kawamoto 1993: 204). Zusätzliche Belebung erhält die japanische Sprache zudem durch neue japanische Zuwanderer. 1.3 Gibt es eine japanische Sprache? Die Zeit von 1603-1868, die Edo-Zeit, war eine relativ friedliche, stabile Periode der japanischen Geschichte. Die Stabilität unter den Tokugawa-Shogunen wurde durch eine straffe, feudalistische Organisationsstruktur erreicht. Eine Abschließungspolitik gegenüber dem Ausland ( 鎖国 sakoku) sowie zahlreiche Regeln verhinderten rebellische Machenschaften. Eine solche Regel besagte, dass außer dem Shogun und den Feudalherren ( 大名 7 United States Census Bureau. April 2000; http: / / factfinder2.census.gov/ faces/ tab leservices/ jsf/ pages/ productview.xhtml? pid=DEC_10_DP_DPDP1 (12.02.2014). Die Zahl enthält jedoch nicht die Personen mit gemischter Abstammung. 8 1920 werden 35 Zeitungen gezählt. 9 Eine detaillierte Beschreibung des Sprachwechsels gibt Yamashita (2012). Geschichte Sprachwechsel aktuelle Situation 17 Bezeichnungen für Japan und Japanisch daimyō) nur wenige Leute durch das Land reisen durften. Die Folge war, dass in diesen 250 Jahren nur wenig Sprachaustausch stattfand und Japan nach der Öffnung des Landes 1854 vor dem Problem stand, dass es keine gemeinsame Schrift- und Umgangssprache gab, die in ganz Japan unabhängig des Bildungsgrades der Sprecher 10 verstanden wurde. Die Dialekte waren manchmal sogar untereinander unverständlich. Um den Westen wirtschaftlich einzuholen, das erkannten die Reformer der nachfolgenden Meiji-Zeit (1868-1912), war Bildung für alle ein wichtiger Faktor. Dies setzte jedoch eine gemeinsame Sprache voraus. 1902 wurde daher ein Ausschuss zur Erforschung der Landessprache 11 ins Leben gerufen, der zwischen 1906 und 1907 landesweit eine Bestandsaufnahme der Dialekte durchführte, um eine Standardsprache ( 標準語 hyōjungo) herauszuarbeiten bzw. zu bestimmen. Während bislang die Sprache der Hauptstadt Kyōto, in welcher der Kaiser residierte, die prestigeträchtigste war, wurde 1916 die Sprache des Yamanote-Bezirks in Edo, dem heutigen Tōkyō, als Standardsprache gewählt. Sie wurde fortan in Schulbüchern verwendet und dadurch verbreitet (Gottlieb 2005: 7ff). Durch die Massenmedien - 1874 wurden die ersten Zeitungsverlage gegründet, seit 1925 gibt es in Japan Radio - setzte sich diese Standardsprache immer mehr durch. Daneben gibt es jedoch - wie in jeder anderen Sprache auch - eine große Bandbreite an Varietäten (vgl. Kap. 12). Je nach regionaler und sozialer Herkunft, nach Alter, Geschlecht und Situation spricht ein Sprecher eine andere Varietät des Japanischen. 1.4 Bezeichnungen für Japan und Japanisch Der japanische Name Japans, 日本 nihon, geht auf die chinesische Bezeichnung für das Inselreich 日本(国) zi pen(guo) „Sonnenursprung(sland)“ zurück und wird seit dem 7. Jh. benutzt. Ab der Heian-Zeit (794-1185) verbreitete sich die lautliche Variante nippon. Die Lesevarianten für 日本 , nihon und nippon, alleinstehend sind heutzutage austauschbar. Eine vom Fernsehsender Asahi veröffentlichte Umfrage ergab folgende Lesepräferenzen. 12 Nippon wurde tendenziell von älteren Befragten bevorzugt: Wortzusammensetzung Lesung: nihon Lesung: nippon 日本 nihon/ nippon „Japan“ 69 % 31 % 日本人 nihon/ nippon-jin „Japaner“ 90 % 10 % 日本語 nihon/ nippon-go „Japanisch“ 97 % 3 % 日本一 nihon/ nippon-ichi „Nummer 1 in Japan“ 51 % 49 % Tabelle 1: Bevorzugte Lesungen von 日本 nihon/ nippon 10 Die Lingua Franca der gebildeten Schicht war klassisches Chinesisch. 11 国語調査委員会 kokugo chōsa iinkai; der Initiator dieser Kommission Ueda Kazutoshi (1876-1937) hatte die linguistischen Methoden der Sprachplanung einer Standardsprache aus Deutschland mitgebracht. 12 http: / / www.tv-asahi.co.jp/ announcer/ nihongo/ labo/ lab_013/ body.html (19.02.2015) Standardsprache Nihon und Nippon 18 Die japanische Sprache In Wortverbindungen wie z.B. 日本海 nihonkai „Japanmeer“ oder 日本銀行 nippon ginkō „Bank of Japan“ ist die Aussprache dagegen festgelegt (Kluge 1990, Miller 1993: 10f). Die europäischen Bezeichnungen für Japan gehen ebenfalls auf das chinesische zi pen(guo) zurück (Kluge 1990). Schon Marco Polo sprach in seinen Reiseberichten aus dem 13. Jh. von dem Land Zipangu. Jetzt gehen wir zur Beschreibung der Teile Indiens über, und wir beginnen mit der Insel Cipangu (Cympagu), (…) die von der Küste von Mangy [Südchina] etwa eintausendvierhundert Meilen entfernt liegt und sehr weitläufig ist. (Münkler 1998: 102) Die allgemeine japanische Bezeichnung für Japanisch ist 日本語 nihongo. Des Weiteren existiert der Begriff 国語 kokugo „Landessprache“. Vielfach hat nihongo die Bedeutungsnuance „Japanisch als Fremdsprache“, während mit kokugo die Beschäftigung mit der Muttersprache gemeint ist. Das Schulfach Japanisch heißt beispielsweise kokugo, viele Japanischlexika tragen den Namen 国語辞典 kokugo jiten „Lexikon der Landessprache“ (Ramsey 2004, Gottlieb 2005: 15; Suzuki 1990: 110). 1.5 Die Herkunft des Japanischen Die genealogische Stellung des Japanischen unter den Sprachen der Welt beschäftigt seit langem die Forschung (vgl. Lewin 1989a: 98). Eine eindeutige Zuordnung zu einer Sprachfamilie ( 語族 gozoku) ist schwierig. Eine unmittelbare Verwandtschaft des Japanischen wird nur mit den Sprachen Ryūkyūs, nicht aber mit anderen Nachbarsprachen wie Ainu angenommen. Auch mit dem Chinesischen ist Japanisch nicht verwandt: Denn während Chinesisch 13 eine monosyllabische Sprache ist - ein Wort also nur aus einer Silbe besteht - ist Japanisch eine polysyllabische Sprache. Ferner werden die grammatischen Funktionen eines Wortes im Satz im Chinesischen, einer isolierenden Sprache, durch die Wortstellung angezeigt. Das Japanische dagegen ist eine agglutinierende Sprache, die Funktion der Wörter und Phrasen im Satz wird durch Postpositionen und Suffixe markiert. Lediglich die Schriftzeichen und Teile des Wortschatzes wurden von China übernommen. In der grammatischen Struktur steht das Japanische dem Koreanischen sehr nahe, weswegen man eine Verbindung zu den altaischen Sprachen, also den Turksprachen und den mongolischen Sprachen, annimmt (Rickmeyer 1989a). Folgende Punkte wurden als Belege für diese Verbindung gesehen (Okimori et al. 2006: 11): • kein / l/ oder / r/ im Anlaut • keine Konsonantencluster im Anlaut • Vokalharmonie im Altjapanischen • kein grammatisches Geschlecht • keine Kasusflexion der Nomina • Postpositionen 13 Eine Einführung in die chinesische Sprache findet sich in Kramer (2013). Nihongo und Kokugo altaische Sprachen 19 Minderheitensprachen in Japan Einige Studien versuchten auch, das Japanische in der Lautstruktur und im Wortschatz mit austronesischen und austroasiatischen Sprachen zu vergleichen (vgl. Lewin 1959). Die verwandtschaftliche Zuordnung des Japanischen ist unter anderem deswegen so schwierig, weil die schriftlichen Zeugnisse der Nachbarsprachen wie der Turksprachen im 7. Jh. oder der tungusischen Sprachen im 16. Jh. erst relativ spät einsetzen (Lewin 1989a: 105). So gesehen könnten strukturelle Ähnlichkeiten, die als Beleg für einen altaischen Sprachtyp gesehen werden, auch einfach durch gegenseitigen Kontakt geprägt worden sein (Robbeets 2005). Typologisch 14 wird das Japanische den agglutinierenden Sprachen zugerechnet, obwohl auch flektierende Merkmale 15 vorhanden sind. Agglutinierend sind Sprachen, in denen eine syntaktische Funktion durch das Hinzufügen von Suffixen angezeigt wird. In (1) werden die Suffixe させ -sase, られ -rare, まし -mashi und た -ta zum Ausdruck der Funktionen des Kausativs, Passivs, Honorativs und der Vergangenheit an den Verbstamm, 食べ tabe- „essen“, bzw. an ein bereits angefügtes Suffix angehängt. (1) 食べさせられました tabe-sase-rare-mashi-ta essen CAUSE PASSIV HONORATIV PAST „veranlasst worden sein, zu essen“ 1.6 Minderheitensprachen in Japan Auch wenn in Japan zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Zuge der Nationalstaatenbildung und auch in der Folgezeit die Homogenität des japanischen Volkes und die Monolingualität Japans betont wurden, gab und gibt es ethnische Minoritäten und Minderheitensprachen. Der ideologische und sprachpolitische Trend der Zeit führte jedoch dazu, dass ihre Existenz als eigenständige Sprachen geleugnet und ihre Sprecher mitunter diskriminiert wurden. Der Arbeitskräftemangel in Japan ab den 1980er Jahren führte dazu, dass neue ethnische Minderheiten durch Zuwanderung hinzukamen. 1.6.1 Ainu Das Wort Ainu, das eigentlich „Mensch“ bedeutet, bezeichnet zum einen den Volksstamm, der auf der nördlichen japanischen Insel Hokkaidō, auf Sachalin und auf den Kurilen beheimatet war, zum anderen seine Sprache oder Sprachen. Ainu ist eine isolierte Sprache, d.h. eine Verwandtschaft zu einer anderen Sprache ist nicht nachgewiesen. Die drei regionalen „Varietäten“ des Ainu weisen so geringe Gemeinsamkeiten auf, dass man weniger von 14 Die Typologie klassifiziert Sprachen aufgrund allgemeiner linguistischer Kategorien nach Typen unabhängig von ihrer historischen Entstehung. Eine ausführliche typologische Beschreibung des Japanischen findet sich in Ono (2002). 15 Die japanischen Verben und Adjektive weisen Flexionsmerkmale auf. agglutinierender Sprachtyp Verwandtschaft 20 Die japanische Sprache einer gemeinsamen Sprache als vielmehr von Abstandsprachen 16 sprechen sollte (Heinrich 2012: 94). Die Ainu-Sprachen - vor allem in der klassischen Form - haben einen polysynthetischen Sprachbau: Viele lexikalische und grammatikalische Morpheme werden zu einem einzelnen Wort kombiniert (Shibatani 1990: 56): (2) a-e-kore ich-dir-geben „ich gebe dir“ a-echi-kore ich-euch-geben „ich gebe euch“ Da die Sprache ursprünglich über keine Form der Verschriftlichung verfügte und kein hohes Prestige genoss, ist sie wenig dokumentiert. 17 Heutzutage wird Ainu mit einer modifizierten Katakanaversion notiert. Die Ureinwohner Nordjapans wurden in den vergangenen 400 Jahren, seit die Japaner in der Edo-Zeit (1603-1868) in die nördlichen Gebiete der Hauptinsel Honshū und nach Hokkaidō vordrangen, um Handel zu treiben, verschiedenen Repressalien und Diskriminierung unterworfen. Während in der Edo-Zeit eine Politik der Isolation verfolgt wurde, in der es den Ainu untersagt war, sich wie Japaner zu kleiden oder gar Japanisch zu sprechen, änderte sich diese Haltung mit der Öffnung des Landes und der Meiji- Restauration 1868. Die nördliche Grenze Japans zu Russland gewann an Wichtigkeit, so dass die Ainu gerne als Japaner gezählt wurden. Mit dem „Gesetz zum Schutz der ehemaligen Ureinwohner Hokkaidōs“ 18 im Jahr 1899 begann eine Assimilierungspolitik, die den Ainu die Pflege ihrer Traditionen und auch den Gebrauch ihrer eigenen Sprache untersagte. Dieses Gesetz, die Einführung der Schulpflicht in einer japanischsprachigen Schule 19 und die schulische und berufliche Diskriminierung der Ainu führten dazu, dass sie ihre Sprache und ihre ethnische Identität weitgehend aufgaben (Heinrich 2012). Refsing (1986) geht davon aus, dass 1940 der Sprachwechsel hin zum Japanischen vollzogen war. Da es keine schriftliche Form der Sprache gab und sie im Alltag nicht mehr verwendet wird, ist sie heute fast ausgestorben und nur noch in mündlich tradierten Erzählungen und Liedern erhalten. Die Zahl der Ainu-Sprecher zu bestimmen, ist sehr schwierig, ist es doch schon schwierig, überhaupt die Zahl der Ainu zu erfassen. 20 In einer Erhebung im Jahr 2006 gaben 23.782 Menschen in 72 Gemeinden Hokkaidōs an, 16 Abstandsprachen sind sprachliche Varietäten, die so wenig Ähnlichkeit miteinander aufweisen, dass man sie nicht (mehr) als Dialekte bezeichnen kann. 17 Die Ainu-Grammatik von Dettmer (1989, 1997) liefert eine ausführliche Beschreibung der grammatikalischen Strukturen und der Forschungsgeschichte auf Deutsch. 18 北海道旧土人保護法 hokkaidō kyūdojin hogohō 19 Ab 1907 war es verboten, in der Schule eine andere Sprache als die japanische zu sprechen (Gottlieb 2005: 23ff). 20 Die Nationalität Ainu als solches ist nicht anerkannt und wird somit in Volkszählungen auch nicht abgefragt. Geschichte Sprecherzahlen 21 Minderheitensprachen in Japan Ainu zu sein. 21 Die tatsächliche Zahl dürfte höher liegen, da auch heute noch viele ihre Identität aus Furcht vor Diskriminierung leugnen. Ob und in welchem Maß diese Personen noch Ainu sprechen oder verstehen, ist statistisch nicht belegt. Die Sprecher des Ainu werden nach DeChicchis (1995) in 4 Gruppen eingeteilt: 1. Archivarische Ainu-Sprecher: Ainu- Muttersprachler, die schon verstorben sind, deren Sprachgebrauch jedoch aufgezeichnet wurde 2. Bilinguale Sprecher der Ainu-Sprache und des Japanischen 3. Japanische Muttersprachler, die vereinzelt Ainu-Vokabular verwenden 4. Lerner von Ainu als Fremdsprache 1997 trat das „Gesetz zur Förderung der Ainu Kultur“ 22 in Kraft, welches das „Schutzgesetz“ von 1899 ablöste. Es unterstützt Versuche zur Wiederbelebung der Sprache und der traditionellen Kultur. Im gleichen Jahr wurde die „Stiftung zur Forschung und Förderung der Ainu-Kultur“ 23 gegründet, die seither Projekte zur Wiederbelebung der Traditionen fördert. 2008 schließlich wurden die Ainu erstmals von der japanischen Regierung als eingeborenes Volk anerkannt (Okada 2012). Zur Wiederbelebung der Ainu-Sprache werden die Ausbildung von Sprachlehrern, die Erstellung von Lehrmaterialien, allgemeine Sprachkurse sowie Eltern-Kind-Sprachkurse gefördert. 2010 konnte man Ainu in Form von wöchentlich stattfindenden Kursen an 14 Standorten in Hokkaidō lernen. Es gibt ferner einen wöchentlichen Rundfunk-Sprachkurs. Einige wenige japanische Hochschulen bieten Kurse in Ainu an (Martin 2011). Bei der Sprachvermittlung gibt es jedoch verschiedene Probleme. Zum einen gibt es keine Ainu-Standardsprache, sondern verschiedene Varietäten. Es stellt sich somit die Frage, welche Form der Sprache überhaupt vermittelt werden soll. Da es keine Sprecher mehr gibt, die Ainu als Erst- und Muttersprache sprechen, beherrschen die Lehrer selbst die Sprache nicht fließend. Die Akzeptanz der Sprachkurse unter der Ainu-Bevölkerung ist eher verhalten, da man sich von dem Besuch der Sprachkurse keinen sozio-ökonomischen Vorteil verspricht, vielmehr Diskriminierung fürchtet (Sato 2005: 128). Ob die Versuche zur Wiederbelebung fruchten, bleibt abzuwarten. • Einführender Überblick: http: / / www.endangeredlanguages.com/ lang/ ain (11.02.2015) • Radiokurs Ainu: http: / / www.stv.ne.jp/ radio/ ainugo/ index.html (11.02.2015) • A talking dictionary of Ainu: http: / / lah.soas.ac.uk/ projects/ ainu/ index.html (11.02.2015) 21 http: / / www.ainu-assn.or.jp/ about03.html (11.02.2015) 22 アイヌ文化振興法 ainu bunka shinkōhō 23 http: / / www.frpac.or.jp/ english/ index.html (11.02.2015) Wiederbelebung 22 Die japanische Sprache 1.6.2 Ryūkyū-Sprachen Die Ryūkyū-Sprachfamilie umfasst die Sprachen, die im Süden Japans auf den Ryūkyū-Inseln Amami, Okinawa, Miyako, Yaeyama und Yonaguni beheimatet sind. Heutzutage geht man davon aus, dass die Ryūkyū-Sprachen und Japanisch verwandt sind, es aber bereits vor dem 7. Jh. zu einer Trennung der Sprachen kam. Aufgrund der Insellage bildeten sich sechs Ryūkyū-Sprachen heraus, die untereinander nicht verständlich sind. Die Gemeinsamkeiten zwischen der nördlichsten Ryūkyū-Sprache und dem Japanischen werden auf 59-69 % beziffert (Hattori 1954, nach Bairon et al. 2009). Die beiden Sprachen weisen somit weniger Ähnlichkeit auf als Englisch und Deutsch. Ryūkyū war ursprünglich ein eigenständiges Königreich. 1609 fielen Truppen des benachbarten japanischen Feudalherrn ein, und Ryūkyū - zumindest die nördlichen Inseln - war unter der Kontrolle des Daimyos von Satsuma. Nach der Meiji-Restauration wurde es im Zuge der nationalstaatlichen Konsolidierung und der Abgrenzung gegenüber China 1872 von Japan annektiert und 1879 verwaltungstechnisch als Präfektur Okinawa in den japanischen Staat integriert. Ähnlich wie bei den Ainu verfolgte man auch auf Okinawa eine Assimilierungspolitik. Der Unterricht in den Schulen erfolgte auf Japanisch, ab 1907 war es verboten, Dialekt und somit auch Ryūkyū in der Schule zu sprechen (Gottlieb 2005: 23ff; Heinrich 2012: 84ff). Nach dem 2. Weltkrieg war Okinawa bis 1972 offiziell von den USA besetzt. Diese verfolgten anfänglich eine Politik, welche die Andersartigkeit der Bewohner Okinawas gegenüber den Japanern betonte, dies führte jedoch nicht zu einer Belebung der Ryūkyū-Sprachen. Der Wechsel im Sprachgebrauch der Bewohner hin zum Standardjapanischen wird auf 1950 datiert. Ab da wurde die lokale Sprache nicht mehr an die Kinder weitergegeben. Mit diesem Schritt ist eine Sprache vom Aussterben bedroht. Der Sprachwechsel ist auf den einzelnen Inseln und somit in den einzelnen Sprachen jedoch unterschiedlich stark ausgeprägt. Generell gibt es heutzutage nur noch wenige Sprecher, die eine der Ryūkyū-Sprachen fließend sprechen und in allen Bereichen des täglichen Lebens verwenden. Die Verwendung der Ryūkyū-Sprachen ist auf die Künste, Festivals, Gebete und religiöse Riten - auf folkloristische Bereiche - beschränkt (Bairon et al. 2009). Sie sind mittlerweile eher als Soziolekte einzuordnen. In der jüngeren Generation ist eine Sprachmischung auf der lexikalischen Ebene zu beobachten, d.h. Sätze im japanischen Sprachbau werden ab und an mit lexikalischen Elementen der Ryūkyū-Sprachen gefüllt. In den 1990er Jahren kam es in Japan ausgehend von der Musikbranche zu einem Okinawa-Boom (Gottlieb 2005: 26). Es ist derzeit jedoch nicht belegt, dass dieser Boom auf die Wiederbelebung der Sprachen einen positiven Einfluss ausübte. 2009 wurden die Ryūkyū-Sprachen erstmals im Atlas of the World’s Languages in Danger 24 als eigenständige Sprachen aufgelistet. Es ist zu hoffen, dass dadurch Maßnahmen zur Dokumentation und Wiederbelebung der Sprachen folgen. In Japan selbst wurden sie lange Zeit und werden sie 24 http: / / www.unesco.org/ culture/ languages-atlas/ (18.08.2014) Verwandtschaft Geschichte Sprachwechsel internationale Anerkennung 23 Die Sprachen der Migranten teilweise heute noch aus sprachpolitischen und ideologischen Gründen als Dialekte ( 方言 hōgen) bezeichnet (Bairon et al. 2009). • Einführender Überblick: http: / / www.endangeredlanguages.com/ lang/ ryu (18.08.2014) • Audio-Datenbank: http: / / ryukyu-lang.lib.u-ryukyu.ac.jp/ (18.08.2014) 1.7 Die Sprachen der Migranten Schon vor und während des 2. Weltkriegs kamen die ersten koreanischen und chinesischen Immigranten teils freiwillig, teils unter Zwang nach Japan. Eine große Zunahme an Einwanderungen - vor allen Dingen aus Brasilien, den Philippinen und China - ist ab den 1990er Jahren festzustellen. Der Anteil der ausländischen Bevölkerung lag 2010 bei 1,3 % der Gesamtbevölkerung und ist somit relativ gering. 25 Tabelle 2 veranschaulicht die Entwicklung der vier größten Migrantengruppen seit 1920. In den Zahlen nicht enthalten sind die Personen, welche die japanische Staatsbürgerschaft angenommen haben. Gesamt Korea China Philippinen Brasilien 1920 78.061 40.755 24.130 - 1930 477.980 419.009 44.051 - - 1940 1.304.286 1.241.315 45.825 - - 1950 528.923 464.306 39.965 - - 1960 578.519 516.211 40.505 - - 1970 604.253 519.997 44.765 - - 1980 668.675 557.672 43.748 - - 1990 886.397 567.598 109.229 36.079 42.276 2000 1.310.545 529.408 253.096 93.662 188.355 2010 1.648.037 423.273 460.459 145.950 153.166 Tabelle 2: Ausländische Bevölkerung in Japan 26 Den vier größeren Migrantengruppen ist gemein, dass sie tendenziell in schlechter bezahlten und schlecht angesehenen Berufen tätig sind. Ferner sind sie zum größten Teil in den urbanen Zentren um Tōkyō und Ōsaka angesiedelt. Die Gruppen unterscheiden sich teilweise in der Geschlechterverteilung, in der Altersstruktur und im Bildungsniveau. Während die ersten 25 Zum Vergleich beträgt in Deutschland der Anteil der ausländischen Bevölkerung 8,8 %. 26 Die Daten bis 2000 stammen aus http: / / www.stat.go.jp/ english/ data/ kokusei/ 2005/ poj/ pdf/ 2005ch11.pdf (17.02.2015). Die Daten von 2010 sind aus http: / / www.stat.go.jp/ english/ data/ kokusei/ 2010/ poj/ pdf/ 2010ch11.pdf (17.02. 2015) entnommen. Migrantengruppen 24 Die japanische Sprache Immigranten sich in größeren Vereinigungen organisierten, die auch Schulen unterhalten, ist dies bei den „neuen“ Migranten (noch) nicht der Fall. Verschiedene Studien belegen, dass das Erlernen der lokalen Sprache die sozio-ökonomische Integration der Immigranten fördert. Umfragen unter Immigranten in Japan haben ergeben, dass eine mangelhafte schriftliche Kompetenz das Alltagsleben erschwert. Eine nationale Sprachpolitik, welche die Integration der Immigranten fördert, wurde 2007 mit der Einrichtung einer Kommission für japanischen Sprachunterricht innerhalb des Amts für kulturelle Angelegenheiten in Angriff genommen. Die Maßnahmen zielen auf die Einrichtung und Standardisierung lokaler Unterrichtsangebote für Japanisch als Fremdsprache. 27 Auch eine stärkere Kooperation unter den je nach Zielgruppe zuständigen, verschiedenen Ministerien 28 wird angestrebt (Bunkachō 2013). In Städten mit hohem Immigrantenanteil wurden schon früher Maßnahmen ergriffen, um die sprachlichen Barrieren zu verringern. Zum einen wurde Informationsmaterial zum Leben in der Gemeinde und zu verwaltungstechnischen Abläufen in verschiedenen Sprachen erstellt, zum anderen wurden japanische Sprachkurse eingerichtet. Ab Mitte der 1990er Jahre fällt eine zunehmende Ausschilderung in den Großstädten auf Koreanisch und Chinesisch neben dem bereits vorhandenen Englisch auf. Dies lässt auf ein wachsendes Bewusstsein der multilingualen Realität schließen (Backhaus 2011a). 1.7.1 Koreanische Migranten 1910 annektierte Japan Korea und im Zuge der Kolonialisierung gelangte eine große Zahl Koreaner nach Japan. Kamen sie anfänglich noch freiwillig nach Japan, um den schlechten Lebensbedingungen in der Heimat zu entgehen, sind es ab 1939 zwangsrekrutierte Arbeitskräfte und Soldaten, die im Zuge des Nationalen Mobilisierungsgesetzes nach Japan gebracht wurden. 1944 sind 1,9 Mio. Koreaner in Japan registriert. Die Kolonialzeit war von einer strengen Assimilierungspolitik geprägt. Koreaner wurden als japanische Staatsbürger gezählt. Japanisch war Amtssprache, in koreanischen Schulen wurde die japanische Sprache eingeführt. Nach Kriegsende setzte eine Rückkehrbewegung nach Korea ein, 600.000 Koreaner blieben jedoch in Japan. Sie werden 在日韓国・朝鮮人 zainichi kankoku chōsenjin „Koreaner in Japan“ genannt (Chiavacci 2011, Gottlieb 2005: 26ff). 1952, nach der Unterzeichnung des Friedensvertrags von San Francisco, wurde den in Japan lebenden Koreanern die japanische Staatsbürgerschaft wieder aberkannt. Die Folgezeit ist durch einen unsicheren Aufenthaltsstatus und zahlreiche Diskriminierungen in allen Lebensbereichen gekennzeichnet. 29 1979 unterzeichnete Japan die internationalen Men- 27 Der Hauptteil der Unterrichtsangebote wird von NGOs durchgeführt. Inhalt, Qualität und Umfang variieren sehr (Kobayashi 2014). 60 % der Lehrenden (Stand 2012) sind Ehrenamtliche (http: / / www.bunka.go.jp/ kokugo_nihongo/ jittaichousa / h24/ gaikoku_3.html (22.07.2014)). 28 Je nach Aufenthaltsstatus bzw. Lebensalter sind unterschiedliche Ministerien für die in Japan lebenden Ausländer zuständig. 29 In der japanischen Nachkriegsverfassung ist die Gleichstellung des gesamten Volkes ( すべて国民 subete kokumin) ungeachtet von Ethnie, Glaube, Geschlecht und Multilingualismus Kolonialzeit Nachkriegszeit 25 Die Sprachen der Migranten schenrechtskonventionen, womit sich die rechtliche Lage von Ausländern in Japan verbesserte (Chiavacci 2011). Ab 1970 ist ein stetiger Arbeitskräftemangel zu beobachten, so dass die Zahl der koreanischen Einwanderer in den 70er und 80er Jahren nochmals stieg und 1980 83 % der ausländischen Bevölkerung ausmachte. Sie hat seit dem Jahr 2000 abgenommen. 30 Gleichzeitig stieg die Zahl der Einwanderer aus China, den Philippinen und Brasilien, so dass die koreanische Minderheit nicht mehr die größte Migrantengruppe ist. Aus heutiger Perspektive betrachtet handelt es sich bei den in Japan lebenden Koreanern um eine heterogene Gruppe: um Einwohner mit permanenter Aufenthaltserlaubnis und Neuankömmlinge, um Immigranten mit und ohne koreanische Sprachkenntnisse. Die beiden Vereinigungen südbzw. nordkoreanischer Bürger in Japan, 民団 mindan und 朝鮮総連 chōsen sōren, unterhalten seit Kriegsende koreanische Schulen. Ihr Status und ihre Anerkennung waren im Lauf ihrer Geschichte umstritten, so dass heute 90 % der koreanischen Kinder eine japanische Schule besuchen (Kim 2002). Fukuoka (2000: 27) schätzt die Zahl der jungen Koreaner in Japan, die Koreanisch als Muttersprache sprechen, auf nicht mehr als 20 %. Ein Korea- Boom 2004 in der Musik- und Filmbranche brachte eine Aufwertung der koreanischen Kultur in Japan (Maher & Yashiro 1995: 99). 1.7.2 Chinesische Migranten Wenngleich chinesische Immigranten schon Ende des 19. Jh. nach Japan kamen, war ihre Zahl vergleichsweise gering. Sie siedelten sich vor allem in den Chinatowns der großen Hafenstädte Yokohama, Kobe und Nagasaki an und waren im Handel und Restaurantgewerbe tätig. Ab 1980 nahm die Zahl der chinesischen Zuwanderer zu, seit 2010 sind sie die größte Migrantengruppe in Japan. Gerade unter den jüngeren Immigranten ist das Bildungsniveau hoch, viele blieben nach dem Ende ihres Studiums in Japan (Le Bail 2006). Die chinesischen Migranten werden gerne als „model minority“ bezeichnet, da sie ein gutes Einkommen und ein vergleichsweise hohes Bildungsniveau aufweisen (Vasishth 1997). Es gibt nur wenige chinesische Schulen in Japan, sie werden von den „alten“ Immigrantengesellschaften getragen (Gottlieb 2005: 29). 1.7.3 Brasilianische Migranten Das Erstarken Japans zu einer Wirtschaftsmacht führte auch in Brasilien und unter den dortigen japanischen Immigranten und ihren Nachkommen zu einem verstärkten Interesse an Japan. Ende der 1980er Jahre setzte die sozialem Rang zwar garantiert, 国民 kokumin wurde jedoch als „japanisches Volk“ interpretiert, was z.B. Auswirkungen auf den Zugang zu den Sozialversicherungsleistungen haben konnte (Chiavacci 2011: 69). 30 Kinder aus Mischehen können seit einer Änderung der Gesetzeslage 1985 ihre Staatsangehörigkeit frei wählen. Ein Großteil wählte die japanische Staatsbürgerschaft. Der Rückgang der Zahlen kann auch darauf zurückzuführen sein (Kim 2002: 57). Spracherhalt model minority Nikkeijin 26 Die japanische Sprache Rückwanderung nach Japan ein, da Japan angesichts eines wachsenden Arbeitskräftebedarfs die bürokratischen Hürden bei der Einwanderung für Ausländer japanischer Herkunft ( 日系人 nikkeijin) sehr niedrig hielt und sie im Gegensatz zu nicht-japanischstämmigen Immigranten auch im Niedriglohnsektor tätig werden durften. Die Sonderbehandlung der japanischstämmigen Ausländer gründete wohl in der Hoffnung, dass sich diese Gruppe problemlos assimilieren würde. 1994 zählte man 165.000 brasilianische Immigranten japanischer Herkunft. Sie konzentrieren sich auf wenige Städte, wie Hamamatsu oder Toyota. Die Hoffnungen auf eine einfache Assimilation haben sich jedoch nicht erfüllt, mangelhafte Sprachkenntnisse werden oft als Problem benannt (Miyazaki 2002). Gottlieb, Nanette (2005): Language and society in Japan. Cambridge: Cambridge University Press. Gottlieb, Nanette (2006): Linguistic stereotyping and minority groups in Japan. London: Routledge. Heinrich, Patrick (2012): The making of monolingual Japan. Language ideology and Japanese modernity. Bristol, Buffalo: Multilingual Matters. Heinrich, Patrick / Miyara, Shinsho / Shimoji, Michinori (eds.) (2015): Handbook of the Ryukyuan languages: History, structure, and use. Handbooks of Japanese language and linguistics 11. Berlin: De Gruyter. Rickmeyer, Jens (1989a): „Japanisch und der altaische Sprachtyp - eine Synopsis struktureller Entsprechungen“. In: Bochumer Jahrbuch zur Ostasienforschung 12. S. 313-332. Robbeets, Martine I. (2005): Is Japanese related to Korean, Tungusic, Mongolic and Turkic? Wiesbaden: Harrassowitz. Shibatani, Masayoshi (1990): The languages of Japan. Cambridge: Cambridge University Press. 2 Die Entwicklung der Schrift bis 1945 In diesem Kapitel erfahren Sie, • wie die chinesischen Schriftzeichen aufgebaut sind, • wie sie nach Japan kamen und dort verwendet wurden, • wie sich daraus die Silbenschriften entwickelten und • welche Schriftreformbewegungen es vor 1945 gab. 2.1 Schriftsysteme Die schriftliche Kommunikation ist eine Kommunikation mittels visueller Zeichen. Diese Zeichen können in zwei Kategorien eingeteilt werden. 1. Zeichen, die für sich eine Bedeutung haben und nicht mit einer konkreten Sprache verknüpft sind, und 2. Zeichen, die mit der Aussprache in einer konkreten Sprache verknüpft sind (Dürscheid 2012). Zu den ersteren gehören Pikto- und Ideogramme. Piktogramme sind abbildende Zeichen, die einen außersprachlichen Gegenstand relativ wirklichkeitsnah darstellen, so dass sich die Bedeutung des Zeichens durch den Abbildcharakter erschließt. (3) Piktogramme: ☏ ✄ ✉ Ideogramme dagegen sind Zeichen, die eine abstrakte Idee bildlich darstellen. Der Rückschluss vom Zeichen zur Idee ist nicht in dem Maße evident wie bei den Piktogrammen. Verkehrszeichen sind beispielsweise Ideogramme. Sowohl Piktoals auch Ideogramme sind unabhängig von einer konkreten Sprache benutzbar. (4) Ideogramme: ✔ ➔ Zu der zweiten Kategorie von Zeichen gehören die Phono- und Logogramme. Die Schriftsysteme der Welt kann man in logographische und phonographische aufteilen (Haarmann 1991). Phonogramme wie die Buchstaben des Alphabets ordnen einem Zeichen eine Aussprache, jedoch keine Bedeutung zu. Der Buchstabe A im Deutschen repräsentiert lediglich den Laut [a], er hat keine Bedeutung. Neben dem Alphabet sind die japanischen Silbenschriften, das koreanische Hangul, die kyrillische und die arabische Schrift phonographisch. (5) Phonogramme: a, b, c japanisch: か [ka], き [ki] koreanisch: 한 [han], 글 [gɯl] Logogramme dagegen stellen wie die Pikto- und Ideogramme einen Gegenstand oder eine Idee dar und haben sich häufig auch aus diesen entwickelt. Piktogramme Ideogramme Phonogramme Logogramme 30 Die Entwicklung der Schrift bis 1945 Zusätzlich ist aber das Zeichen mit einer konkreten Aussprache in einer Sprache bzw. in einem Sprachstadium verknüpft. Neben der chinesischen Schrift ist auch die sumerische logographisch. (6) Logogramme: chinesisch: 木 „Baum“, [mù] japanisch: 木 „Baum“, [ki], [mokɯ] 2.2 Die chinesischen Schriftzeichen - Kanji Die chinesischen Schriftzeichen sind Logogramme. Das Zeichen 方 steht für den Begriff „Richtung“, „Seite“ und es ist ihm im Chinesischen die Aussprache fāng zugeordnet. 1 Die chinesischen Schriftzeichen 2 blicken auf eine über 3000-jährige Entwicklungsgeschichte zurück und werden nach der von 206 v. Chr. bis 220 n. Chr. herrschenden Han-Dynastie als 漢字 chin. hànzi („Han“ + „Zeichen“) bzw. jap. kanji bezeichnet. Erste Belege über ca. 5.000 Einzelzeichen, die noch recht bildhaften Charakter hatten, finden sich als Knocheninschriften ab 1700 v. Chr. In den späteren Bronze- und Steininschriften werden die Zeichen schon in Sätzen und kürzeren Texten verwendet, eine regelmäßige Anordnung ist erkennbar. Ende der Han-Zeit hatte sich dann eine Normschrift ( 楷書 kaisho 3 ) etabliert, die als Handschrift für die offizielle Kommunikation und auch beim Druck verwendet wurde. Sie bestimmt die Gestalt der Zeichen bis heute. Abbildung 2: Das Wort 書体 shotai in der Norm-, Siegel-, Kanzlei-, Hand- und Konzeptschrift (von links nach rechts) Neben der Normschrift entwickelten sich noch weitere Schriftstile ( 書体 shotai). So entstanden die Siegelschriften ( 篆書 tensho) speziell zur Verwendung auf Siegeln, die in Japan auch heute noch die Unterschrift ersetzen, sowie die Kanzleischrift ( 隷書 reisho) zur Verwendung in offiziellen Dokumenten. Die Handschrift ( 行書 gyōsho) erlaubte ein schnelles Schreiben mit dem Pinsel und wurde für die persönliche Kommunikation benutzt. Noch schneller konnte man mit der Konzeptschrift ( 草書 sōsho), die auch Grasschrift genannt wird, schreiben. Sie zeichnet sich durch starke Verkürzungen 1 Bei den komplexeren Zeichen sind häufig sinntragende und phonetische Einheiten verknüpft. So werden die Zeichen 坊 „Bezirk“, 紡 „spinnen“, 訪 „fragen, besuchen“ und 枋 „Brett“ ebenfalls aufgrund des phonetischen Bestandteils 方 als fāng ausgesprochen (Karlgren 2001: 44). Insofern kann man die chinesischen Schriftzeichen genauer als logographisch-phonographische Schriftzeichen mit logographischer Dominanz charakterisieren (Haarmann 2002). 2 Eine gute Einführung in die chinesische Schrift bieten Karlgren (2001) und Müller-Yokota (1996a). 3 Es wird hier jeweils nur die japanische Lesung der Zeichen angegeben. Entstehungszeit Schriftstile 書 体 書 体 書 体 書 体 書 体 31 Die chinesischen Schriftzeichen - Kanji und Verschleifungen einzelner Striche aus. Heute wird die Konzeptschrift außerhalb der Kalligraphie kaum noch verwendet (Müller-Yokota 1996a). Chinesische Zeichen bestehen aus einer geordneten Menge von Einzelstrichen, die jeder für sich keine Bedeutung tragen. Es lassen sich ungefähr 25 Strichtypen unterscheiden: sechs Grundstriche sowie deren Varianten und Ableitungen mit Richtungsänderung (Foljanty 1984: 34f; Habein Mathias 1991: 14). Zusammen genommen bilden die Striche größere graphische Einheiten, die dann auch bedeutungsunterscheidend sind. Eine solche Einheit nennt man Graphem. Die Anordnung der Grapheme ( 字素 jiso) erfolgt nach bestimmten Mustern: (7) Horizontal Vertikal Einfassend Anordnung ⿱ ⿳ ⿰ ⿲ ⿴ ⿵ ⿸ ⿹ ⿺ Beispiel 二 三 林 働 囲 問 広 気 返 Der Großteil der Kanji besteht wie die Beispiele in (7) aus zwei bis drei Graphemen, es gibt aber auch komplexere Zeichen wie in (8), die aus vielen Graphemen aufgebaut sind (Okimori et al. 2011b). (8) 鬱、瓤、麗 Die Strichzahl ( 画数 kakusū) ist ein weiteres Beschreibungskriterium für Kanji. 鬱 besteht z.B. aus 29 Einzelstrichen, 瓤 aus 22 und 麗 aus19. 4 Die genaue Zahl der Striche ist ebenso wichtig wie die Beachtung der Reihenfolge. Eine andere Strichfolge würde das Gesamtbild des Zeichens verändern. Da traditionell senkrecht geschrieben wurde, werden die Striche der Kanji in der Reihenfolge von links oben nach rechts unten geschrieben. Auch die Länge der Striche kann bedeutungsunterscheidend sein (9). (9) 士 „Mann von Rang“ 土 „Erde“ Das größte Zeichenlexikon, das Dai kanwa jiten von Morohashi Tetsuji 5 , enthält 50.000 Zeichen. Wie kann man diese Vielzahl an Zeichen beschreiben? Wie können sie sinnvoll in einem Lexikon angeordnet werden? Der chinesische Philologe 許慎 Xǔ Shèn teilte die Zeichen in sechs Gruppen ( 六書 rikusho) ein, so dass bereits 100 n. Chr. der graphemische Aufbau der Zeichen die Grundlage für ihre Anordnung bildete. • 象形文字 shōkei moji sind piktographische Zeichen, welche die Dinge der Welt abbilden, z.B. 木 „Baum“ den Stamm und die Äste eines Baums. • 指示文字 shiji moji sind ideographische Zeichen, die eine abstrakte Idee mit Hilfe von Strichen darstellen, z.B. 三 „drei“. 4 Die heute gebräuchlichen 2.136 Jōyō-Kanji wurden vereinfacht und haben maximal 29 Striche. Die Kanji mit den meisten Strichen im größten Zeichenlexikon, dem Dai kanwa jiten von Morohashi, haben 64 Striche, sie sind jedoch nicht aktiv in Gebrauch. 5 Morohashi, Tetsuji (ed.) (1955-1960): Dai kanwa jiten. 13. Bd. Tōkyō: Taish ū kan shoten. Aufbau der Kanji Graphem Strichzahl Klassifikation der Kanji & 32 Die Entwicklung der Schrift bis 1945 • 会意文字 kaii moji sind komplexe Ideogramme, Zeichen, die aus zwei oder mehreren Graphemen zusammengefügt sind und so eine neue Bedeutung haben, z.B. die zweifache Anordnung des Graphems 木 für „Baum“ in 林 „Wäldchen“ oder die dreifache in 森 „Wald“. • 形声文字 keisei moji sind eine Kombination aus Ideo- und Phonogrammen, Zeichen, bei denen der eine Bestandteil für die Bedeutung, der andere für die Lautung verantwortlich ist. Beispielsweise besteht 洗 SEN 6 „waschen“ aus dem bedeutungstragenden Element 氵 „Wasser“ und dem lautangebenden Teil 先 [seɴ]. Diese Gruppe von Zeichen macht mit 89,99 % den Großteil der Zeichen aus (Stalph 1985: 24). • 転注文字 tenchū moji sind Zeichen, deren Bedeutung sich im Lauf der Zeit gewandelt hat z.B. 楽 von „Musik“ hin zu „angenehm“. • 仮借文字 kasha moji sind Zeichen, die aufgrund ihrer Lesung für die Schreibung eines Wortes verwendet werden, deren Bedeutung in diesem Zusammenhang unwichtig ist. So wird z.B. 来 rai mit der ursprünglichen Bedeutung „Roggen“ aufgrund seiner Lesung zur Schreibung von rai „kommen“ verwendet (Okimori 2006: 45). Das Radikal ( 部首 bushu) ist das Graphem, das die Kanji einer Bedeutungskategorie zuordnet. Es bildet die Grundlage für die Anordnung der Kanji im Lexikon. Heutzutage sind die Kanji in erster Ordnung nach den Radikalen und in zweiter Ordnung nach der Reststrichzahl aufgelistet. Sowohl 林 hayashi „Wäldchen“ als auch 森 mori „Wald“ sind also unter dem Radikal 木 „Baum“ eingeordnet. Die Reststrichzahl für 林 beträgt dann vier, für 森 acht Striche. Radikal Bedeutung Bezeichnung Beispiel links 亻 Mensch ninben 体 „Körper“ 氵 Wasser sanzui 洗 „waschen“ rechts 刂 Messer rittō 刈 „mähen“ 力 Kraft chikara 動 „Bewegung“ oben 艹 Gras kusakanmuri 草 „Gras“ ⺮ Bambus takekanmuri 笛 „Flöte“ unten 灬 Feuer rekka/ renga 照 „Schein“ 心 Herz kokoro 感 „Gefühl“ umgebend 門 Tor mongamae 間 „Zwischenraum“ 囗 Begrenzung kunigamae 国 „Land“ Tabelle 3: Ausgewählte Radikale, ihre Position und ihre Bedeutung Die Zahl der Radikale schwankte im Laufe der Geschichte. Standardmäßig geht man heute in Japan von 214 Radikalen aus. Sie werden nach ihrer 6 Hier ist die sinojapanische Lesung des Zeichens angegeben. Radikale 33 Die Einführung der chinesischen Schriftzeichen in Japan Position unterschieden (siehe Tabelle 3), ob sie sich im linken, rechten, oberen oder unteren Teil des Kanjis befinden, ob das Radikal den Rest umschließt etc. Ein Radikal kann innerhalb eines Zeichens auch an verschiedenen Positionen stehen und dann unterschiedliche Formen annehmen. 火 „Feuer“ kommt in dieser Form in linker Position vor, im unteren Bereich eines Kanjis hat es die Form 灬 . Enthält ein Kanji wie 蓄 CHIKU zwei oder mehr Grapheme ( 艹, 玄 und 田 ), die den Status eines Radikals haben, so kann es schwierig sein, das tatsächliche Radikal zu bestimmen. Oft entscheidet die Position darüber, welches Graphem dann das Radikal ist: Die linke Position hat Vorrang über die rechte, die obere über die untere, eine umgebende über eine eingeschlossene (Halpern 1993). Das Radikal von 蓄 CHIKU ist daher 艹 . Die Radikale selbst sind nach der Anzahl der Striche angeordnet. Zeichen mit dem Radikal 亻 , das aus zwei Strichen besteht, stehen vor Zeichen mit dem Radikal 艹 , das aus drei Strichen aufgebaut ist. 2.3 Die Einführung der chinesischen Schriftzeichen in Japan Im Unterschied zu China entwickelte sich in Japan - wie auch in Korea - keine eigene Schrift, die Schrift in diesen Ländern entfaltete sich als Teil des chinesischen Schriftkulturkreises. Zwar sind die ersten chinesischen Schriftzeichen als Inschriften eines Siegels schon im 1. Jh. n. Chr. nach Japan gekommen, als Schrift genutzt wurden die Kanji jedoch erst ab dem 5. Jh. n. Chr. Dies war die Zeit, in der sich mit dem Yamato-Reich ein erstes japanisches Reich herausgebildet hatte und Schrift auch zur Dokumentation und Demonstration der Macht Verwendung fand. Es war ferner die Zeit, in der zahlreiche Angehörige der gebildeten koreanischen Oberschicht aufgrund von Unruhen auf der koreanischen Halbinsel nach Japan kamen und in der die chinesische Kultur, der Buddhismus und damit auch die ersten Sutren aus China über Korea den Weg nach Japan fanden. Man entlehnte nicht nur das chinesische Vokabular, sondern bediente sich auch der chinesischen Schriftzeichen zur Verschriftlichung der japanischen Sprache. Die Anpassung eines voll entwickelten Schriftsystems an eine typologisch andere Sprache ist eine Herausforderung. Es waren die koreanischen Migranten ( 帰化人 kikajin), die dabei eine entscheidende Rolle spielten. Bei der Übertragung der Kanji auf die japanische Sprache konnten sie auf die Erfahrungen zurückgreifen, die sie mit der Verschriftlichung der koreanischen Sprache ebenfalls mit Kanji gesammelt hatten. Bis ins 6. Jh. n. Chr. waren die Kikajin für die offiziellen Aufzeichnungen des japanischen Hofes zuständig.Die Kanji wurden anfänglich nur aufgrund ihrer Aussprache zur Wiedergabe japanischer Wörter bzw. Silben eingesetzt. Yama „Berg“ wurde mit den Kanji der Aussprache ya und ma, also beispielsweise 夜麻 („Nacht“, „Hanf“), geschrieben. Da Chinesisch eine monosyllabische Sprache ist, Japanisch jedoch polysyllabisch, bedurfte es zur Verschriftlichung eines Wortes vieler Zeichen, deren Aussprache mit der japanischen zudem nicht immer kompatibel war. Daher wurden später die Kanji auch aufgrund ihrer Bedeutung zur Übernahme der Kanji 34 Die Entwicklung der Schrift bis 1945 Verschriftlichung japanischer Wörter verwendet und yama auch mit dem Kanji für „Berg“ 山 geschrieben (Müller-Yokota 1996b). In japanischen Texten des 8. Jahrhunderts finden sich somit Kanji, die bedeutungstragend sind, und Kanji, die nur lautwertig verwendet wurden. Der lautwertigen Verwendung konnten sowohl die chinesische als auch die japanische Aussprache zugrunde liegen. Man nennt die lautwertig verwendeten Kanji 万葉仮名 man’yōgana nach der Gedichtsammlung Man’yōshū, die Ende des 8. Jahrhunderts zusammengestellt wurde und in der sie hauptsächlich Verwendung fanden. Zur Wiedergabe ein und derselben Silbe existierten mehrere Varianten. Für die Silbe / ko/ gab es u.a. die folgenden Schreibmöglichkeiten (Majtczak 2003): (10) 古、孤、子、姑、固、兒、候、小、庫、故、枯、篭胡、高 Ein Leser musste somit bei jedem Kanji entscheiden, ob es phonographisch und dann chinesisch oder japanisch gelesen wurde, oder aber semantisch verwendet war. In dem Man’yōshū-Gedicht II-141 in (11) sind die phonographisch verwendeten Kanji unterstrichen. (11) 磐白乃 Iwashiro no 濱松之枝乎 hamamatsu ga e o 引結 hikimusubi 真幸有者 masakiku araba, 亦還見武 mata kaerimimu. „Die Zweige einer Kiefer am Strand von Iwashiro bind’ ich zusammen. Wenn das Schicksal es will, werd’ ich hierher zurückkehren, sie wieder anzuschaun.“ 7 Diese Schwierigkeiten führten dazu, dass in den kaiserlichen Erlassen der Nara-Zeit (710-794 n. Chr.) die für grammatische Endungen und Postpositionen lautwertig gebrauchten Zeichen ( 宣命書き senmyōgaki) kleiner geschrieben und somit optisch hervorgehoben wurden und trugen schlussendlich zur Entwicklung der phonographischen Silbenschriften bei (Müller- Yokota 1989: 192). Teilweise genügten die chinesischen Schriftzeichen den japanischen Bedürfnissen nicht, so dass bereits ab der Nara-Zeit in Japan auch selbst noch Zeichen geprägt wurden ( 国字 kokuji). 8 Ihre Zahl beläuft sich auf ca. 250 Zeichen (Foljanty 1984: 30). Diese Kanji bezeichnen vor allem einheimische 7 Die deutsche Übersetzung stammt aus Katō (1990: 59). 8 Dies ist kein japanspezifisches Phänomen. Auch in Korea und in Vietnam wurden einheimische Zeichen kreiert (Okimori et al. 2011b: 53). Man’yōgana Kanji - Neuprägungen 35 Die Lesungen der Kanji im Japanischen Pflanzen und Tiere wie z.B. 鰯 iwashi „Sardine“ und füllen somit semantische Lücken im Kanji-Inventar. Aber auch andere Kanji wie z.B. 働く hataraku „arbeiten“ oder 込む komu „sich füllen“ gehören zu den Kokuji. Sie sind nach denselben Prinzipien wie die chinesischen Schriftzeichen aufgebaut, vor allen Dingen 会意文字 kaii moji und 形声文字 keisei moji (siehe S. 3 ) finden sich darunter. Da sie nicht aus dem Chinesischen entlehnt wurden, haben sie meist auch keine chinesische Lesung (Müller-Yokota 1989: 210ff). 2.4 Die Lesungen der Kanji im Japanischen Die verschiedenen Anpassungsmethoden der Schrift an die japanische Sprache führten dazu, dass ein Kanji nicht nur eine an die japanische Sprache leicht angepasste chinesische, eine sogenannte sinojapanische Lesung ( 音読み on-yomi) hat, sondern auch eine rein japanische ( 訓読み kun-yomi). 9 Da die Kanji zudem mehrfach in unterschiedlichen Epochen und aus unterschiedlichen Gegenden Chinas entlehnt wurden und sich die chinesische Aussprache im Laufe der Zeit änderte, haben viele Kanji mehrere sinojapanische Lesungen. Man unterscheidet folgende On-Lesungen (Nagano 1994): Kanji On-Lesungen 呉音 Go’on (5.-6. Jh.) 漢音 Kan’on (7.-8. Jh.) 唐音 Tō’on (11.-18. Jh.) 慣用音 Kan’yōon 文 MON BUN 行 GYŌ KŌ AN 木 MOKU BOKU MO 茶 SA CHA Tabelle 4: Die verschiedenen Lesarten der Kanji Go’on ist die älteste Lesung und kommt meistens in buddhistischen Termini vor. 10 Kan’on ist die häufigste Lesart der Kanji. Sie basiert auf der Aussprache der Tang-Dynastie (618-907 n. Chr.). Tō’on ist die Aussprache der Song- Dynastie (960-1279 n. Chr.) und somit die jüngste. Sie findet sich vor allen Dingen in Begriffen aus dem Zen-Buddhismus und in Begriffen für materielle Güter des Mittelalters wie z.B. 行燈 andon „Lampenschirm“. Mit Kan’yōon werden ursprünglich irrtümliche, irreguläre Lesungen bezeichnet, die sich im Laufe der Zeit etablierten. Manche Wörter können daher auch zwei On- Lesungen haben (12): (12) 人間 NINGEN (Go’on), JINKAN (Kan’on) „Mensch“ 自然 JINEN (Go’on), SHIZEN (Kan’on) „Natur“ 9 Die On-Lesung wird in zweisprachigen Lexika mit Großbuchstaben dargestellt, die Kun-Lesung in Kleinbuchstaben. Soweit die Unterscheidung notwendig ist, wird hier ebenfalls so verfahren. In japanischsprachigen Nachschlagewerken wird die On-Lesung mit Katakana, die Kun-Lesung mit Hiragana angegeben. 10 Die Herkunft der Go’on-Lesung ist unklar, sie wird mit der Aussprache der chinesischen Wu-Dynastie in Verbindung gebracht (Miller 1993: 107f). On-Lesungen 2 36 Die Entwicklung der Schrift bis 1945 Da ein Kanji oft mehrere Bedeutungen hat, ist auch die Zahl der japanischen Kun-Lesungen nicht immer auf eine beschränkt. Das Zeichen 行 hat beispielsweise insgesamt sieben Lesungen (13). (13) GYŌ (Go’on) z.B. 行人 GYŌNIN „buddh. Asket“ On sinojap. KŌ (Kan’on) z.B. 行人 KŌJIN „Wanderer“ AN (Tō’on) z.B. 行脚 ANGYA „Pilgerreise“ 行 i(ku) „gehen“ Kun jap. okona(u) „durchführen“ yu(ku) „gehen“ kudari „Zeile“ Wie Tabelle 5 veranschaulicht, haben 40 Zeichen von 1.945 „Kanji für den allgemeinen Gebrauch“ aus dem Jahr 1981 keine On-Lesung, 737 Zeichen haben keine Kun-Lesung. 633 haben jeweils eine On- und eine Kun-Lesung. Vergleichsweise wenige Zeichen haben zwei und mehrere Kun- und On- Lesungen. On-Lesungen Gesamt 0 1 2 3 5 kun 0 664 71 2 - 737 1 32 633 91 7 - 763 2 7 228 53 5 1 294 3 1 76 15 2 - 94 4 - 31 10 1 - 42 5 - 7 - - 7 6 - 1 - - 1 7 - 3 - - 3 8 - - 1 - 1 9 - - 1 - 1 10 - - 2 - 2 Gesamt 40 1.643 244 17 1 1.945 Tabelle 5: Verteilung der On-Kun-Lesungen der 1.945 Jōyō kanji (Nomura 1981 nach Stalph 1996: 1416) Je nachdem, in welchem Wort oder Zusammenhang ein Kanji vorkommt, kann es anders gelesen werden. Darin liegt eine wesentliche Schwierigkeit des Japanischen. Wörter, die aus zwei oder mehreren Kanji zusammengesetzt sind, werden meistens in der On-Lesung gelesen (14). Es gibt aber auch Komposita mit Kun-Lesung (15) und Wörter, in denen die Lesungen gemischt werden (16). (17) sind Beispiele für Komposita mit zwei Lesungen, On- und Kun-Lesung. Welche dann jeweils die adäquate ist, hängt vom Kontext ab. (14) 学生 GAKUSEI „Student“ 大学 DAIGAKU „Universität“ (15) 足首 ashikubi „Fußgelenk“ 手袋 tebukuro „Handschuhe“ Kun-Lesungen 37 Die Weiterentwicklung der Kanji (16) 合図 aiZU „Zeichen“ 手数 teSŪ „Umstände“ (17) 赤色 akairo, SEKISHOKU „rote Farbe“ 山道 yamamichi, SANDŌ „Bergweg“ 2.5 Die Weiterentwicklung der Kanji Chinesisch ist eine isolierende Sprache 11 , Japanisch dagegen eine agglutinierende mit zahlreichen Suffixen und Partikeln, die keine eigentliche Bedeutung tragen, sondern die Funktion der Satzglieder im Satz anzeigen. Neben den oben beschriebenen Leseschwierigkeiten war es auch zeitaufwendig, diese häufig vorkommenden Wörter mit Kanji zu schreiben. Es ist also nicht weiter verwunderlich, dass die Kanji vereinfacht wurden und sich aus den Man’yōgana die heute noch verwendeten Silbenschriften entwickelten. Im 9. Jh. n. Chr. hatte sich eine Silbenschrift etabliert, die seit der Edo- Zeit 平仮名 hiragana „vollständig entlehnte Zeichen“ genannt wird. Jedes Zeichen repräsentiert eine Mora (siehe S. 78). Den Hiragana liegt die Konzeptschrift der Kanji zugrunde. Kanji Kanji in Konzeptschrift Hiragana Umschrift 安 安 あ a 以 以 い i 宇 宇 う u 衣 衣 え e Tabelle 6: Die Entwicklung zu den Hiragana Die japanische Literatur der Hofdamen wie das Kopfkissenbuch der Sei Shōnagon, das Makura no sōshi („Kopfkissenbuch“, ca. 1000 n. Chr.), ist vollständig in Hiragana geschrieben, weshalb die Schrift auch Frauenschrift ( 女手 onnade) genannt wurde. wrymhntsk- ん n わ wa ら ra や ya ま ma は ha な na た ta さ sa か ka あ a a ゐ wi り ri み mi ひ hi に ni ち chi し shi き ki い i i る ru ゆ yu む mu ふ fu ぬ nu つ tsu す su く ku う u u ゑ we れ re め me へ he ね ne て te せ se け ke え e e を o ろ ro よ yo も mo ほ ho の no と to そ so こ ko お o o Tabelle 7: 50-Laute Tafel der Hiragana 11 In isolierenden Sprachen wird die grammatische Funktion eines Wortes durch seine Stellung im Satz angezeigt. Hiragana Frauenschrift 38 Die Entwicklung der Schrift bis 1945 Anfänglich existierten für ein und dieselbe Mora mehrere Hiragana-Varianten, sogenannte 変体仮名 hentaigana. す hatte beispielsweise die in Abbildung 3 dargestellten Varianten. Erst mit den Sprachreformen nach 1945 wurden die Hiragana standardisiert. Abbildung 3: Hentaigana des Hiraganazeichens す su Zur gleichen Zeit wurde in den buddhistischen Klöstern eine weitere Silbenschrift, die 片仮名 katakana „teilweise entlehnte Zeichen“, entwickelt. Ihrer Schreibung liegt nur ein Graphem der Kanji zugrunde. Die Katakana dienten ursprünglich dazu, die Lesung der Sutrentexte eindeutig anzugeben. Bei den Katakana gab es weniger Schreibvarianten. zugrundeliegendes Kanji Katakana Umschrift 阿 ア a 伊 イ i 宇 ウ u 江 エ e Tabelle 8: Die Entwicklung der Katakana wrymhntsk- ン n ワ wa ラ ra ヤ ya マ ma ハ ha ナ na タ ta サ sa カ ka ア a a ヰ wi リ ri ミ mi ヒ hi ニ ni チ chi シ shi キ ki イ i i ル ru ユ yu ム mu フ fu ヌ nu ツ tsu ス su ク ku ウ u u ヱ we レ re メ me ヘ he ネ ne テ te セ se ケ ke エ e e ヲ o ロ ro ヨ yo モ mo ホ ho ノ no ト to ソ so コ ko オ o o Tabelle 9: 50-Laute-Tafel der Katakana In der Heian-Zeit erfolgten auch bereits die ersten Versuche, ein Ordnungsschema für die Kana zu entwickeln. Es wurden verschiedene Merkverse gedichtet, von denen sich das im Jahr 1079 verfasste いろはの歌 iroha no uta (18) durchsetzte. In diesem Gedicht kommen alle 47 Hiragana Zeichen 12 , die damals verwendet wurden, nur einmal vor. Sein buddhistischer Inhalt war überzeugend und leicht lernbar, so dass das Gedicht bis in das 20. Jh. hinein auch als Ordnungsschema für die Reihenfolge der Wörter in Lexika 12 Das ん n fehlt, da es zu dieser Zeit noch keinen Silbenschlusslaut [n] gab, der früheste Nachweis für [n] stammt aus dem Jahre 1061. Varianten Katakana Anordnung 39 Die Weiterentwicklung der Kanji diente (Müller-Yokota 1987: 40). Selbst in heutigen Textverarbeitungsprogrammen besteht noch die Option, Absätze nach dieser Reihenfolge zu nummerieren. (18) いろはにほへと ちりぬるを i ro ha ni ho he to chi ri nu ru wo わかよたれそ つねならむ wa ka yo ta re so tsu ne na ra mu うゐのおくやま けふこえて u wi no o ku ya ma ke fu ko e te あさきゆめみし ゑひもせす a sa ki yu me mi shi we hi mo se su „Obgleich die Farben (der Blüten) duften, sind sie (die Blüten) doch abgefallen; wer kann in unserer Welt beständig sein? Die äußere Grenze der vergänglichen Welt heute überschreitend, werd’ ich keinen seichten Traum mehr träumen, noch im Rausch befangen sein.“ (Ramming 1941: 245) Die 50-Laute-Tafel ( 五十音図 gojū onzu) entstand ebenfalls im 10./ 11. Jh. in Anlehnung an die Anordnung der Laute im Sanskrit - das dafür notwendige Wissen war in den buddhistischen Klöstern vorhanden - und baut auf einer phonologischen Analyse der japanischen Silben in konsonantische Anlaute und vokalische Auslaute auf. Die Konsonanten sind in Spalten angeordnet, die Vokale in Zeilen (Okimori et al. 2006: 55). Heutzutage werden die Kana - wie in Tabelle 7 und Tabelle 9 - in der sogenannten 50-Laute Tafel angeordnet. 13 Obwohl es im Japanischen um 1000 n. Chr. bereits die Unterscheidung von stimmhaften [d, g, z] und stimmlosen [t, k, s] Konsonanten gab, schlug sie sich nicht in der Kana-Schreibung nieder. Erst Anfang der Edo-Zeit (17. Jh.) werden der 濁点 dakuten, zwei schräge Striche zur Notation für stimmhafte Konsonanten, und der 半濁点 handakuten, ein kleiner Kringel zur Darstellung des Lautes [p], rechts oben neben die Kana gesetzt: 濁音 dakuon 半濁音 handakuon h- → bt- → ds- → zk- → g- h- → p- ば / バ ba だ / ダ da ざ / ザ za が / ガ ga ぱ / パ pa び / ビ bi ぢ / ヂ ji じ / ジ ji ぎ / ギ gi ぴ / ピ pi ぶ / ブ bu づ / ヅ zu ず / ズ zu ぐ / グ gu ぷ / プ pu べ / ベ be で / デ de ぜ / ゼ ze げ / ゲ ge ぺ / ペ pe ぼ / ボ bo ど / ド do ぞ / ゾ zo ご / ゴ go ぽ / ポ po Tabelle 10: Diakritika zur Markierung stimmhafter Laute und [p] 13 Im modernen Japanisch sind nur 46 Kana vorhanden, ゐ / ヰ wi und ゑ / ヱ we sind weggefallen. 50-Laute-Tafel Diakritika 40 Die Entwicklung der Schrift bis 1945 Im weiteren Verlauf der Schriftgeschichte erwies es sich als problematisch, dass sich die japanische Aussprache änderte und Laute wegfielen. So kam es dazu, dass etliche Hiragana den gleichen Laut darstellten. (19) を wo und お o für [o] ゐ wi und い i für [i] ゑ we und え e für [e] Die überflüssig gewordenen Kana wurden jedoch nicht abgeschafft, sondern die ursprüngliche, etymologisch begründete Schreibung wurde bis ins 20. Jh. hinein beibehalten. Man spricht von historischer Kana-Schreibung ( 歴史的仮 名遣い rekishiteki kanazukai). Um ein Wort richtig in Kana zu schreiben, musste man also wissen, wie es in der Heian-Zeit (794-1185) ausgesprochen worden war. Die Kluft zwischen gesprochener und geschriebener Sprache war im 19. Jh. dann so groß, dass ab 1860 unter Literaten und Intellektuellen die Rufe nach einer Vereinheitlichung von Wort und Schrift ( 言文一致 genbun itchi) laut wurden. Die erste Erzählung, die im Stil der gesprochenen Sprache ( 口語 体 kōgotai) verfasst wurde, war die Erzählung Ukigumo (1887/ 9) von Futabatei Shimei. Ab 1910 hatte sich der Stil der gesprochenen Sprache weitgehend durchgesetzt, auch die Schulbücher wurden in diesem Stil geschrieben. Offizielle Dokumente sind jedoch bis 1945 in dem klassischen schriftsprachlichen Stil verfasst. Die Reformen zu einer modernen Kana-Schreibung wurden erst 1946 offiziell wirksam (siehe Kap. 3.2). Mit der Popularisierung der Literatur, der Verbreitung des Buchdrucks und des Zeitungswesens wurden in der Meiji-Zeit (1868-1912) vermehrt kleiner geschriebene Kana-Lesehilfen ( 振り仮名 furigana) in der vertikalen Schreibweise rechts neben die Kanji geschrieben. Sie gehen auf die früheren Notationshilfen in rein chinesischen Texten zurück. Bei horizontaler Schreibrichtung stehen die Lesehilfen über den Kanji. Textbeispiel 1: Ein Satz in vertikaler bzw. horizontaler Schreibweise mit Lesehilfen neben bzw. über den Kanji 2.6 Die Lateinschrift - Rōmaji Die erste Begegnung mit der lateinischen Schrift ( ローマ字 rōmaji) machten die Japaner Mitte des 16. Jahrhunderts, als portugiesische Missionare nach Japan kamen. Als das Tokugawa-Shogunat seine Politik der Landesabschließung begann, 1612 das Christentum verbot und bis auf die Holländer auf der Insel Dejima vor Nagasaki keine Ausländer mehr in Japan duldete, wurde die Kana-Orthographie Genbun itchi Lesehilfen お 鍋 な べ に お 湯 ゆ を 沸 わ か し て 、 じ ゃ が い も を 茹 ゆ でている。 お鍋 なべ に お 湯 ゆ を 沸 わ か し て 、 じゃがいもを茹 ゆ でている。 41 Schriftreformbewegungen Lateinschrift in Japan nicht mehr benutzt. Mit der Landesöffnung 1853 kam die Alphabetschrift erneut nach Japan. 2.7 Schriftreformbewegungen Nach der Öffnung Japans stand die Schrift in Japan zur Diskussion: Um mit den industrialisierten westlichen Staaten mithalten zu können, müsse man die Schrift vereinfachen, wenn nicht sogar abschaffen. Unterstützt wurde diese Forderung vor allem von Intellektuellen, die in Europa studiert hatten oder anderweitig Kontakt mit westlichen Sprachen hatten, sowie von ehemaligen Samurai, die Bildung als Schlüssel zum Erfolg sahen (Seeley 1991: 138ff). Es gab drei Reformbewegungen: Die Anhänger der Kana-Bewegung forderten, dass Japanisch nur in Kana geschrieben werden solle. Es gab konservative Strömungen, die eine Kana- Schreibung unter Beibehalt der historischen Konventionen forderten, und reformfreudigere, die die Kana-Orthographie auch an die gesprochene Sprache anpassen wollten. Im Zuge der Bewegung wurde 1873 die Mainichi Hiragana Shinbun gegründet, eine Zeitung, deren Artikel nur in Hiragana geschrieben wurden. Die Anhänger dieser Bewegung schlossen sich 1883 zur Kana-Gesellschaft zusammen. Ein Problem der Bewegung bestand jedoch in der Definition von Wortgrenzen. Um die Lesbarkeit eines Textes nur in Hiragana zu gewährleisten, müsste man wie in den westlichen Sprachen einen Abstand zwischen den Wörtern einfügen. Voraussetzung dafür ist, dass man geklärt hat, was denn ein Wort ist - eine Frage, die auch heute noch nicht einfach zu beantworten ist (vgl. Kap. 6.1). Auch die Tatsache, dass sich die Hiragana graphisch teilweise sehr ähneln, wurde als hinderlich erachtet. Als Schrift der weniger Gebildeten und Schrift der Vulgärliteratur genossen die Kana ferner generell kein hohes Ansehen, weswegen die Kana-Bewegung trotz vieler Anhänger zum Scheitern verurteilt war. Ihr ist es jedoch zu verdanken, dass in Zeitungen vermehrt Furigana als Lesehilfen verwendet wurden, in den Lehrbüchern der unteren Schulklassen in den Kana-Texten Wortabstände eingeführt wurden und das Renommee der chinesischen Schrift erstmals in Frage gestellt wurde (Thränhardt 1978). Die Anhänger der Rōmaji-Bewegung - darunter auch etliche Ausländer - versprachen sich durch die Schreibung des Japanischen mit lateinischen Buchstaben eine höhere Anschlussfähigkeit an die westliche Welt. Auch sie schlossen sich 1883 in einer Gesellschaft zusammen. Schlussendlich hatte die Rōmaji-Bewegung jedoch wie die Kana-Bewegung mit dem Problem der Wortgrenzen zu kämpfen. Zusätzlich musste noch die Aufgabe gelöst werden, wie Japanisch in lateinische Buchstaben umzuschreiben sei. Die Bewegung spaltete sich an der Frage, welches Transkriptionssystem (vgl. Kap. 3.8) denn zu verwenden sei und verlor dadurch auch an Wirkungskraft (Thränhardt 1978: 147ff). Das Erlernen der Lateinschrift wurde erst nach dem 2. Weltkrieg in den Lehrplan aufgenommen. Die dritte Bewegung sprach sich für den Beibehalt der Kanji, aber für deren Vereinfachung und zahlenmäßige Begrenzung aus. Als Gegenargument gegen die oben genannten beiden Bewegungen wurde der Nationalcharakter Kana-Bewegung Rōmaji-Bewegung Vereinfachung der Kanji 42 Die Entwicklung der Schrift bis 1945 der Schrift hervorgehoben. Da Japanisch zahlreiche Homophone, gleichlautende Wörter mit unterschiedlicher Bedeutung habe (vgl. S. 69), sei eine Darstellung mit Kanji unverzichtbar, denn nur so könne die Bedeutung eindeutig bestimmt werden. Im Gegensatz zu einem Text, der nur in Kana geschrieben ist, sei ein Mischstil aus Kanji und Kana leichter zu lesen, da Wortgrenzen sich durch das Schriftbild von selbst ergeben. Der logographische Charakter der Kanji ermögliche ferner ein schnelleres Erfassen des Sinns. Auch wenn sich die Anhänger der Bewegung nicht organisierten, setzte sich die Idee der Begrenzung und Vereinfachung der Kanji in der Nachkriegszeit durch (Thränhardt 1978: 179ff). Gottlieb, Nanette (1995): Kanji politics. Language policy and Japanese script. London: Kegan Paul International. Haarmann, Harald (2002): Geschichte der Schrift. München: Beck. Karlgren, Bernhard (2001): Schrift und Sprache der Chinesen. Berlin, Heidelberg: Springer. Müller-Yokota, Wolfram (1989): „Schrift und Schriftgeschichte“. In: Lewin, Bruno (ed.): Sprache und Schrift Japans. Leiden: Brill. S. 185-221. Seeley, Christopher (1991): A history of writing in Japan. Leiden: Brill. Stalph, Jürgen (1989): Grundlagen einer Grammatik der sinojapanischen Schrift. Wiesbaden: Harrassowitz. Thränhardt, Anna M. (1978): Schriftreform-Diskussion in Japan zwischen 1867 und 1890. Eine Untersuchung ihrer linguistischen und politisch-soziologischen Aspekte. Hamburg: Buske. Twine, Nanette (1991): Language and the modern state. The reform of written Japanese. London: Routledge. 3 Die japanische Schrift nach 1945 In diesem Kapitel erfahren Sie, • welche Veränderungen die chinesischen Schriftzeichen nach 1945 erfuhren, • welche Veränderungen es bei den Silbenschriften gab, • wofür lateinische Buchstaben heutzutage im Japanischen verwendet werden und • wie Sie Japanisch mit lateinischen Buchstaben wiedergeben. 3.1 Kanji nach 1945 Nach der Kapitulation Japans im September 1945 waren die Entmilitarisierung und die Demokratisierung des Landes erklärtes politisches Hauptziel der amerikanischen Besatzungsmacht: Der gesamten Bevölkerung sollte der Zugang zu Informationen ermöglicht werden, ein Anliegen, das Bildung für alle voraussetzte. In diesem Zusammenhang sind alle Schriftreformen der unmittelbaren Nachkriegsjahre, so auch die Kanji-Schriftreform, zu sehen. Denn die komplexe Schrift erschwerte den Zugang zu Information und ihr Erlernen nahm nach Ansicht der Amerikaner zu viel Zeit in Anspruch, die für andere Bildungsinhalte dann nicht mehr zu Verfügung stand. Daher favorisierte man eine einfachere Schrift. Mehr oder weniger radikale Überlegungen zur Schriftreform - von der mengenmäßigen Reduzierung der Kanji bis hin zu ihrer kompletten Abschaffung - hatte es schon vor dem 2. Weltkrieg in Japan gegeben (vgl. Kap. 2.7). Sie wurden in der Nachkriegszeit wieder aufgenommen. 1946 besuchte eine amerikanische Erziehungsdelegation Japan, um das japanische Bildungssystem zu untersuchen. Die Delegation empfahl zwar die Abschaffung der Kanji und die Einführung lateinischer Buchstaben, welche Reform man jedoch tatsächlich in Angriff nahm, wollte man Japan selbst überlassen. Und die japanische Regierung entschied sich für eine zahlenmäßige Einschränkung und eine Vereinfachung der Kanji (Unger 1996). Noch im gleichen Jahr wurde eine Liste mit 1.850 „Kanji für den täglichen Gebrauch“ ( 当用漢字 tōyō kanji) herausgegeben, die vorschrieb, welche Kanji im öffentlichen Gebrauch zu verwenden seien und welche nicht. Bestand ein Wort aus einem Kanji, das nicht in der Liste vorkam, musste dieser Bestandteil mit Hiragana geschrieben werden (20). Furigana- Lesehilfen (vgl. S. 40) sollten nicht verwendet werden (Seeley 1991: 152ff). (20) 語彙 → 語い goi „Vokabel“ 偵察 → てい察 teisatsu „Erkundung“ 杉 → すぎ sugi „Zeder“ US-Sprachpolitik zahlenmäßige Beschränkung 46 Die japanische Schrift nach 1945 Eingang in die Liste der Tōyō Kanji fand zumeist die neue, vereinfachte Form der Kanji ( 新字体 shinjitai). 1 Altes Zeichen Vereinfachte neue Form Bedeutung 國 国 „Land“ 學 学 „Lernen“ 醫 医 „Medizin“ Tabelle 11: Alte Zeichen und ihre vereinfachten neuen Formen In der Folge wurden 1947 ferner die Zahl der möglichen Lesungen der Kanji reduziert und 1949 die existierenden Unterschiede zwischen gedruckten und handschriftlichen Zeichen bzw. die existierenden Schreibvarianten für ein und dasselbe Wort weiter vereinheitlicht. Abbildung 4 veranschaulicht den Wandel der Druckversion der Kanji am Beispiel des Zeichens für „Yen“ ab der Meiji-Zeit bis 1946. Abbildung 4: Die Entwicklung der Druckversion des Kanjis für „Yen“ (Bunkachō kokugoka 1999: 82) So erleichternd eine Kanji-Liste aus Lernerperspektive sein mochte, so einschränkend wirkte sie vor allem in den Bereichen der Wissenschaft, Technik und der Namensgebung, in denen es an Schriftzeichen fehlte. Schon 1951 wurden daher 92 Kanji speziell zur Namensgebung zugelassen, ihre aktuelle Zahl beträgt 862 Zeichen 2 . Ab den 1970er Jahren befasste man sich mit einer Anpassung der Kanji-Liste, 1981 wurde ihre Zahl auf 1.945 „Kanji für den allgemeinen Gebrauch“ ( 常用漢字 jōyō kanji) erweitert. Sie sollen die Schreibung der alltäglichen Wörter der modernen japanischen Sprache ermöglichen. Diese neue Liste hat nur noch empfehlenden Charakter und schreibt nicht die individuelle oder fachspezifische Schreibung von Wörtern vor. Die Schriftverwendung wurde liberalisiert (Seeley 1991: 165ff). Zuletzt wurde die Liste 2010 revidiert. Es kamen 196 weitere Kanji hinzu, fünf wurden gestrichen. Auch die Zahl der möglichen Lesungen wurde an den aktuellen Sprachgebrauch angepasst. 3 Diese Zeichen werden in den zwölf Schuljahren bis Ende der Oberschule gelehrt. 1.006 Zeichen gehören zu den sogenannten 教育漢字 kyōiku kanji, den Kanji, die in den sechs Grundschuljahren vermittelt werden. Um einen Zeitungstext tatsächlich lesen zu können, sollte man jedoch 3.300 Zeichen kennen (Kabashima et al. 1985: 33). 1 Diese Form unterscheidet sich von den heute in China gebräuchlichen chinesischen Kurzzeichen und den in Taiwan verwendeten Langzeichen. 2 http: / / www.moj.go.jp/ content/ 001131003.pdf (02.03.2015)) 3 http: / / www.bunka.go.jp/ kokugo_nihongo/ kokujikunrei_h221130.html (25.08.2014) Vereinfachung Jōyō kanji Kyōiku kanji 47 Die Silbenschrift Hiragana Die Japanese Standard Association hat 1978 ferner 6.349 Kanji als JIS- Kanji (Japanese Industrial Standard) benannt und diese 1997 auf 6.355 Zeichen erweitert. Im Jahr 2000 kamen weitere 3.685 Kanji hinzu (Okimori et al. 2006: 63; Taylor & Taylor 2014: 276). Diese Auswahl dient als Grundlage der Informationsverarbeitung. Viele historische Kanji sind in den JIS- Kanji jedoch nicht enthalten. Das Inventar der Kanji ist insofern stabil, als keine Neuprägungen hinzukommen. Das kreative Potential wird nur bei Kanji-Wortspielen in der Werbung oder aber in speziellen Wettbewerben genutzt. Die Kanji in Abbildung 5 sind im Rahmen eines solchen Wettbewerbs kreierte, spielerische Neuprägungen. Das linke Kanji ist aus den Katakana für スマホ sumaho „Smartphone“ zusammengesetzt und soll diesen Begriff auch symbolisieren. Das mittlere ist eine dreifache Anordnung des Graphems für „stehen“ und soll „Balance“ bedeuten. Das rechte Kanji ist die waagrechte Variante von 言 „sagen“ und soll „im Schlaf reden“ bedeuten. Abbildung 5: Spielerische Kanji-Neuprägungen 4 3.2 Die Silbenschrift Hiragana Die zweite große Reform der Nachkriegszeit zielte auf die Angleichung der Kana-Schreibweise an die gesprochene Sprache. Denn während die Schreibung der Wörter seit der Heian-Zeit (794-1185) weitgehend unverändert geblieben war, hatte sich ihre Aussprache im Laufe der Jahrhunderte geändert. Um zu wissen, ob z.B. ein als [ko: ] ausgesprochenes Wort こう kō, こふ kofu, かう kau, かふ kafu oder くわう kuwau geschrieben wird, bedurfte es fundierten etymologischen Wissens. 1946 wurde daher die moderne Kana-Schreibung ( 現代仮名遣い gendai kanazukai) 5 eingeführt, die sich an der modernen Aussprache orientiert und eine Aussprache genau einer Schreibweise zuordnet. Sie regelt unter anderem die Schreibung der Langvokale, die Kleinschreibung der Kana ゃ ya, ゅ yu bzw. ょ yo zur Darstellung der gebrochenen Laute wie in きょ kyo sowie die Kleinschreibung von っ tsu zur Konsonantengemination. Die schon lange obsoleten Kana ゐ wi und ゑ we wurden dabei auch offiziell abgeschafft. 6 Nicht angepasst an die moderne Aussprache wurden die Schreibungen der Partikeln は wa zur Angabe des Satztopiks, を o zur Angabe des direkten Objekts und へ e zur Richtungsangabe. 7 4 http: / / www.sankeisquare.com/ event/ kanjicontest_3rd/ (01.07.2014) 5 http: / / www.mext.go.jp/ b_menu/ hakusho/ nc/ k19860701001/ k19860701001. html (01.07.2014) 6 Die Reformen gelten entsprechend auch für die Schreibung in Katakana. 7 は wird eigentlich ha ausgesprochen, を wo und へ he. JIS-Kanji Neuprägungen moderne Kana-Schreibung 48 Die japanische Schrift nach 1945 1959 wurde ferner die Verwendung der „begleitenden Kana“ ( 送り仮名 okurigana) vereinheitlicht. Bei Verben und Adjektiven soll der sich ändernde, flektierende Teil mit Okurigana geschrieben werden. Bei dem Verb 書く kaku „schreiben“ in (21) wird der Stamm ka mit dem Kanji 書 , die Flexionsendungen in begleitenden Hiragana geschrieben. (21) 書か ka-ka 書き ka-ki 書く ka-ku 書け ka-ke 書こ ka-ko Existieren für ein Kanji mehrere Lesungen, so sollen die Okurigana eine Disambiguierung der Lesung ermöglichen. 留る , das früher tomaru „anhalten“ bzw. tomeru „etwas anhalten“ gelesen werden konnte, wird heute wie in (22) geschrieben. (22) 留める 留まる tomeru tomaru „etwas anhalten“ „anhalten“ 3.3 Die Silbenschrift Katakana Auch die Verwendung der Katakana wurde 1946 geregelt: Im Gegensatz zu den Hiragana sind Katakana als Auszeichnungsschrift zu verstehen und dienen heute zur Schreibweise von lautmalerischen Wörtern, Interjektionen, biologischen Fachtermini und Fremdwörtern. Sie heben die so notierten Wörter vom restlichen Text hervor. Die rapide Zunahme von Fremdwörtern in der Nachkriegszeit erforderte Richtlinien zur Umschrift ins Japanische, die in Form einer Empfehlung 1954 publiziert wurden: Die Fremdwörter sollten möglichst nah an der japanischen Aussprache notiert werden. Im Japanischen nicht existente Laute wie z.B. [v] sollten durch den ähnlichsten japanischen, in dem Fall durch [b], wiedergegeben werden. Eine Untersuchung des Nationalen Instituts für japanische Sprache 8 (1984) zeigte, dass diese Empfehlungen in der Realität nicht immer eingehalten wurden (Akita 2009: 177). 1991 wurden diese Richtlinien daher revidiert. 9 Seitdem wird bei der Transliteration ein liberaler Ansatz verfolgt. Neue Katakana-Kombinationen wurden zugelassen, die eine dem fremden Laut nahe Verschriftlichung ermöglichen. Schon etablierte Schreibungen sollen jedoch beibehalten werden. Es werden keine verbindlichen Regeln erstellt, wie bei Schreibvariationen zu verfahren ist, welche die öffentlich zu bevorzugende ist. Die revidier- 8 国立国語研究所 kokuritsu kokugo kenky ū jo auf Englisch National Institute for Japanese Language and Linguistics oder NINJAL; s.a. http: / / www.ninjal.ac.jp (12. 02.2015). 9 http: / / www.mext.go.jp/ b_menu/ hakusho/ nc/ k19910628002/ k19910628002. html (12. 02.2015) begleitende Zeichen Fremdwortschreibung Schreibvariationen 49 Die Lateinschrift - Rōmaji ten Empfehlungen regeln lediglich die Schreibung von Fremdwörtern und Fremdnamen im öffentlichen Gebrauch. Die Schreibung in wissenschaftlichen oder künstlerischen Texten oder für den privaten Gebrauch ist nicht davon betroffen. Daher gibt es für Fremdwörter teilweise mehrere Schreibvarianten (23). (23) violin: バイオリン baiorin → ヴァイオリン vaiorin In jüngerer Zeit wird beklagt, dass Katakana oft auch für Wörter verwendet werden, die eigentlich in Kanji oder Hiragana geschrieben werden. (24) おっそーい。15分以上チコクしたらオゴらせちゃおっ. Ossōi. Jūgofun ijō chikoku shitara ogorasechao’. „Er ist spääät! Wenn Du Dich mehr als 15 Minuten verSPÄTEST, musst Du mich EINLADen.“ 10 Vor allen Dingen Inhaltswörter wie Nomina, Adjektive und Verben, aber natürlich auch Interjektionen werden zur emphatischen Hervorhebung in Katakana notiert. Akizuki (2005) führt die Hinwendung zu den Katakana vor allen Dingen von jüngeren Schreibern auf die Konnotationen der verschiedenen Schriften zurück: Kanji gelten als schwierig, männlich oder als Schrift der Erwachsenen, während Hiragana als einfach, weiblich oder auch kindlich angesehen werden. Katakana dagegen wirken modern und neu und aufgrund ihrer kantigen Formen auch markant. Daher sind sie zur optischen Hervorhebung besonders geeignet. Zusätzliches kreatives Potential bieten Wortspiele, bei denen westliche Fremdwörter oder Fremdwortmorpheme mit einem gleichlautenden Kanji geschrieben werden wie コン kon in dem Namen der japanischen Manga- Serie ラブコン rabu kon (25). (25) ラブコン rabu kon Name einer Manga-Serie von engl. lovely complex ラブ魂 コン rabu kon „Liebe“ + „Seele“ 3.4 Die Lateinschrift - Rōmaji Neben den Kanji und den beiden Kana-Silbenschriften hat eine weitere Schrift in die japanische Printwelt Einzug gehalten, die Lateinschrift ( ローマ 字 rōmaji). Viele japanische Popgruppen schreiben ihren Namen in Rōmaji und ein Großteil der Songs enthält ebenfalls lateinische Buchstaben 11 zur Darstellung sowohl englischer als auch japanischer Wörter und Phrasen. Wenngleich viele Firmennamen wie z.B. Toyota oder Toshiba in Rōmaji geschrieben werden, ist der Eintrag eines Personennamens ins Familienregister in Rōmaji nicht erlaubt (Eschbach-Szabo 2009: 176). Auch die Werbung macht regen Gebrauch von Rōmaji, wobei die Buchstaben nicht Träger von Informationen sind, sondern vielmehr die Aufmerk- 10 Ribon Januarausgabe 2001, zitiert nach Akizuki (2005: 255). 11 Ab den 1960er Jahren hat die Zahl der Songtitel mit Rōmaji zugenommen. 2004 enthielten 40 % der hundert beliebtesten Songtitel lateinische Buchstaben (Jinnouchi 2007). unkonventionelle Schreibung 50 Die japanische Schrift nach 1945 samkeit der Leser wecken sollen. Rōmaji als Ausdruck eines modernen, westlichen Lifestyles sind nach wie vor cool. Daneben begegnen Rōmaji auch in zahlreichen internationalen, englischen und japanischen Akronymen: (26) EU European Union NGO Non-Governmental Organization NHK Nippon Hōsō Kyōkai „Japanischer Rundfunk“ 2008 erregte eine Publikation mit dem Namen KY-shiki Nihongo 12 Aufsehen, die eine Vielzahl von Akronymen japanischer Phrasen mit lateinischen Buchstaben auflistet (27). Ob dieses aus der Jugendsprache kommende Sprachphänomen nur ein vorübergehender Trend ist, bleibt abzuwarten. (27) KY kē wai für 空気読めない kūki yomenai „merkbefreit“ AM ē emu für 後でまたね ato de mata ne „bis später“ 3.5 Weitere Zeichen Ist der Text waagrecht von links nach rechts geschrieben, werden für Zahlenangaben größtenteils die arabischen Ziffern verwendet. Kommt die Zahlenangabe in einer festen Redewendung vor und hat ihren Zahlencharakter verloren, wird sie mit Kanji geschrieben (28). (28) 一言 hitokoto „eins“ + „Wort“ „ein Wort“, „wenige Worte“ In der traditionellen vertikalen Schreibweise findet man ebenfalls noch häufiger in Kanji geschriebene Zahlen. Schon lange werden das Komma 、 ( 点 ten) als optisches Trennzeichen im Satz und der Punkt 。 ( 句点 kuten oder 丸 maru) als Satzendzeichen verwendet. Die direkte Rede oder Zitate werden in eckige Klammern 「」 gesetzt. Die Ausrichtung der Klammern ändert sich bei vertikaler Schreibrichtung. Da der Fragebzw. Ausrufcharakter eines Satzes im Japanischen durch die Satzendpartikeln か ka bzw. よ yo oder einer Variante davon realisiert wird, braucht und kennt Japanisch eigentlich keine Frage- und Ausrufezeichen. Sie finden sich jedoch heute in Texten mit umgangssprachlichen Dialogen, in denen diese Partikeln weggefallen sind - und dies unabhängig der Schreibrichtung. Gefühl Emoticon Variante Freude (^_^) (^ ○ ^) Trauer, Tränen ( ; _ ; ) (T_T) Entschuldigung m(_ _)m Zweifel (@_@) Überraschung \ ( ◎ o ◎ ) / Tabelle 12: Emoticons nach Satake (2002: 125) 12 Kitahara (2008) Akronyme Ziffern Satzzeichen 51 Das Zusammenspiel der Schriften Die digitale Kommunikation hat in Japan spezielle Emoticons ( 絵文字 emoji 13 oder 顔文字 kaomoji) hervorgebracht, Strichzeichenfolgen, mit denen der Schreiber seinen Gefühlszustand ausdrücken kann (vgl. Tabelle 12). (29) 着うた無料は本当? (@_@) Chakuuta muryō wa hontō? (@_@) „Stimmt es, dass die Lieder als Klingelton kostenlos sind? (Zweifel)“ 誰か知ってる方教えてください <(_ _)> Dare ka shitteru kata oshiete kudasai <(_ _)> „Kann jemand, der das weiß, es mir sagen (Verbeugung)“ 14 3.6 Schreibrichtung Während in Zeitungen und literarischen Werken die senkrechte Schreibrichtung nach wie vor praktiziert wird, hat in der Geschäftswelt die waagrechte Schreibweise Einzug gehalten (Stalph 1996: 1423f). Gestärkt wird diese Tendenz auch durch die waagrechte Schreibung im Internet. So scheint die vertikale Schreibweise auch auf dem Rückzug: In einer Online-Umfrage von 2012 gaben nur 2 % der Befragten 15 an, dass sie per Hand noch vertikal schreiben. Allerdings präferierten die Befragten nach wie vor die vertikale Schreibrichtung bei der Lektüre. 16 3.7 Das Zusammenspiel der Schriften Aus den bisherigen Ausführungen geht hervor, dass Sie in einem gegenwärtigen japanischen Text normalerweise allen Schriftsystemen begegnen können, wie das folgende Textbeispiel illustriert: Textbeispiel 2: Anfang des Romans Noruwei no mori (1987) von Murakami Haruki (Kanji sind zur Veranschaulichung hellgrau, Katakana dunkelgrau hinterlegt, Hiragana und Rōmaji sind nicht gefärbt.) 13 Der Begriff Emoji hat sich auch in der westlichen Forschung etabliert. 14 http: / / detail.chiebukuro.yahoo.co.jp/ qa/ question_detail/ q1261874917(26.03.14) 15 Bei den Befragten handelt es sich jedoch um Leser eines Online-Magazins bzw. Nutzer der Internet-Plattform goo, also um eine computeraffine Gruppe. 16 http: / / www.impressrd.jp/ news/ 120104/ Ondeck (26.02.2015) Emoticons vertikal versus horizontal 僕 は 三 十 七 歳 で 、 そ の と き ボ ー イ ン グ 7 4 7 の シ ー ト に 座 っ て い た 。 そ の 巨 大 な 飛 行 機 は ぶ 熱 い 雨 雲 を く ぐ り 抜 け て 降 下 し 、 ハ ン ブ ル ク 空 港 に 着 陸 し よ う と し て い る と こ ろ だ っ た 。 十 一 月 の 冷 や や か な 雨 が 大 地 を 暗 く 染 め 、 雨 合 羽 を 着 た 整 備 工 た ち や 、 の っ ぺ り と し た 空 港 ビ ル の 上 に 立 っ た 旗 や B M W 広 告 板 や そ ん な 何 も か も を フラン ドル 派 の 陰 う つ な 絵 の 背 景 の よ う に 見 せ て い た 。 や れ や れ 、 ま た ドイツ か 、 と 僕 は 思 っ た 。 52 Die japanische Schrift nach 1945 Normalerweise werden Inhaltswörter mit Kanji geschrieben. Für grammatische Endungen und Wörter, die eigentlich mit seltenen Kanji geschrieben werden würden, verwendet man Hiragana. Katakana ist der Notation von Fremdwörtern vorbehalten. Tatsächlich besteht jedoch eine große Flexibilität in der Schriftverwendung: Je nach Textgenre und Leserschaft können mehr oder weniger viele Kanji verwendet oder mit Lesehilfen versehen werden. Für einige Wörter wie z.B. toru in (30) gibt es neben einem einfacheren, gebräuchlichen Kanji auch komplexere, andere Bedeutungsnuancen transportierende Varianten (Tranter 2008: 135). (30) 取る toru „nehmen“ gebräuchliches Kanji 撮る toru „Foto machen“ 採る toru „sammeln“ spezielle Kanji 獲る toru „fangen“ Die Verteilung der verschiedenen Schriften nach Types bzw. Token 17 in Zeitungen sieht wie folgt aus (Okimori et al. 2006: 50 nach Miyajima 1982): Abbildung 6: Schriftverteilung in Zeitungstexten nach Type- und Tokenzahl Neben der konventionellen Verteilung werden die Schriften, wie bereits erwähnt, ausgehend von der Jugendsprache aber auch aufgrund des Einflusses der Medien zunehmend unkonventionell verwendet. So findet sich beispielsweise der Katakana Längungsstrich ( ー ) zur Darstellung von Langvokalen in Hiraganawörtern und viele native, japanische Wörter werden zur emphatischen Hervorhebung in Katakana notiert. 17 Die Zahl der Token gibt das absolute Vorkommen der Wörter im jeweiligen Schriftsystem im Text an. Bei den Types dagegen ist die Verwendungshäufigkeit bei der Zählung nicht mit berücksichtigt. Die Zahl veranschaulicht, wie viel Prozent des Wortschatzes in welcher Schrift geschrieben wird. Schriftverteilung 0% 20% 40% 60% 80% 100% Types Token - 53 Transkriptionssysteme 3.8 Transkriptionssysteme Schon die portugiesischen Missionare versuchten im 16. Jahrhundert, die japanische Sprache mit lateinischen Buchstaben wiederzugeben. Nach der Landesöffnung 1853 gab es, wie bereits erwähnt, eine Bewegung, welche die Aufgabe der japanischen Schriften zugunsten der Lateinschrift propagierte. Auch wenn die Bewegung zersplitterte und an sich scheiterte, so war daraus doch das Bewusstsein für die Notwendigkeit einer Umschrift entstanden. 1885 entwickelte der Physiker Tanakadate Aikitsu (1856-1952) das japanische Transkriptionssystem 日本式 nippon-shiki. Es orientiert sich komplett an der japanischen Hiragana-Schreibweise und ist insofern ein phonemisches System, das nicht die tatsächliche Aussprache eines Lautes angibt (z.B. tu steht für [tsɯ]), jedoch den Rückschluss auf die Schreibung erlaubt. Ungefähr zur gleichen Zeit entwickelte der amerikanische Missionar James Curtis Hepburn (1815-1911) ein größtenteils an die englische Orthographie und Aussprachekonventionen angelehntes System: ヘボン式 hebonshiki, das Hepburn-System. Es ist ein phonetisches System, das die Aussprache im Konzept der lateinischen Buchstabenschrift angibt, aber keinen Rückschluss auf die Kana-Schreibung ermöglicht. In seiner revidierten Form konkurrierte das Hepburnmit dem Nippon- System, bis 1937 in Japan das Kunrei-System ( 訓令式 kunrei-shiki) als offizielles Transkriptionssystem anerkannt wurde. Es ist ein Kompromiss aus beiden existierenden Systemen. 1954 wurde das Kunrei-System als präferiertes System bestätigt. Es bildet ferner die Grundlage des ISO Standards 3602. Die drei Systeme unterscheiden sich hauptsächlich in der Transkription der Langvokale und der folgenden Kana: Kana 18 Nippon-shiki Kunrei-shiki 19 modifiziertes Hepburn し si shi じ zi ji しゃ / しゅ / しょ sya/ syu/ syo sha/ shu/ sho じゃ / じゅ / じょ zya/ zyu/ zyo ja/ ju/ jo ち ti chi ぢ di zi ji ちゃ / ちゅ / ちょ tya/ tyu/ tyo cha/ chu/ cho ぢゃ / ぢゅ / ぢょ dya/ dyu/ dyo zya/ zyu/ zyo ja/ ju/ jo つ tu tsu づ du zu ふ hu fu を wo o Tabelle 13: Hauptunterschiede der drei Transkriptionssysteme 18 Hier sind der Übersicht halber nur die Hiragana aufgeführt, die Umschrift gilt selbstverständlich auch für Katakana. 19 Für die Umschrift von し oder しゃ etc. wird auch shi bzw. sha zugelassen. Nippon-System Hepburn-System Kunrei-System 54 Die japanische Schrift nach 1945 Für den Familiennamen 佐藤 satō existieren daher die folgenden Umschrift- und Layoutvarianten: (31) Hepburn: Satô, Satō Kunrei: Satou frei: Satoh Auch die Markierung von Morphemgrenzen mit bzw. ohne Bindestrich ist unterschiedlich geregelt und insofern uneinheitlich: (32) 日本語 nihon-go, nihongo „Japanisch“ 読みにくい yomi-niku-i, yomi-nikui, yominikui „schwer lesbar“ Tatsächlich wird in der westlichen Welt vor allem die Hepburn-Umschrift benutzt, während in Japan die Kunrei-Umschrift Verwendung findet, allerdings mit einigen Ausnahmen: Straßenschilder und Eigennamen in Reisepässen sind auch in Japan nach der Hepburn-Umschrift transkribiert. 2012 wurde eine DIN-Norm zur Umschrift des Japanischen im Deutschen erarbeitet (DIN 32708). Sie baut weitgehend auf dem modifizierten Hepburn-System auf und regelt auch Getrennt- und Zusammenschreibung. Da sich das Hepburn-System an der englischen Aussprache der Konsonanten und der italienischen Aussprache der Vokale orientiert, sollten deutsche Muttersprachler besonders auf die Aussprache der folgenden Vokale und Konsonanten achten: Hepburn IPA Erklärung y [j] wird wie das y in Englisch New York ausgesprochen, oder wie das j in Deutsch Japan z [z] wird stimmhaft ausgesprochen wie z in Englisch zoom s [s] wird stimmlos ausgesprochen j [ʑ] wird stimmhaft ausgesprochen wie j in Englisch jungle ch [ʨ] wird ähnlich wie tsch in klatschen ausgesprochen ei [e: ] wird als langes [e: ] ausgesprochen wie in mehr ai [ai] wird wie ai in Deutsch Waise ausgesprochen hi [ҫi] wird leicht angehaucht gesprochen wie das chi in brüchig Tabelle 14: Tücken der Hepburn-Umschrift für deutsche Muttersprachler Egal welches System Sie bei der Umschrift verwenden, Sie sollten darauf achten, dass Sie einheitlich, konsequent nach einem System transkribieren. 3.9 Literalität Angesichts der Komplexität des Schriftsystems drängt sich die Frage auf, wie groß die Lese- und Schreibfähigkeit der Japaner heutzutage ist. Bereits 1948 wurde eine erste, größere Umfrage unter 1.700 Befragten zwischen 15 und 64 Jahren dazu durchgeführt. Abgefragt wurde die Fähigkeit, Hiragana und Katakana zu schreiben und zu lesen, Zahlen zu lesen und zu schreiben, die Lesung, Schreibung und Bedeutung von Kanji, sowie das Satzbzw. Textver- DIN 32708 Lese- und Schreibfähigkeit 55 Literalität ständnis. Die Studie ergab, dass nur 1,8 % der Befragten als komplett illiterat einzustufen waren: Sie konnten Kana weder lesen noch schreiben. 2,1 % der Befragten meisterten zwar die Silbenschriften, scheiterten jedoch bei den Kanji. Daher wurde von einer Literalität von 98 % ausgegangen. Als komplett literat konnten allerdings nur 4,8 % der Befragten eingestuft werden. Leider weist die Studie einige Schwachpunkte auf. So musste man, um an der Studie überhaupt teilzunehmen, in der Lage sein, die Kanji auf der Einladungskarte zu lesen. Unausgefüllte Fragebogen flossen in die Bewertung ebenfalls nicht mit ein. Insofern sind die Zahlen mit Vorsicht zu genießen (Yamashita 2011). Ab 1960 wurde das dennoch existierende Problem der Illiteralität gerade in sozial benachteiligten Schichten erkannt. Dennoch wird nach wie vor von einer Literalität von 99 % ausgegangen, da 99 % der japanischen Schüler ihre Pflichtschulzeit absolvieren. 20 Es liegen daher keine neueren Untersuchungen dazu vor . . In den vergangenen Jahren wird vielerorts ein Rückgang in der Verwendung von Kanji beklagt. 21 In einer 2011 durchgeführten Umfrage des Amts für kulturelle Angelegenheiten 22 gaben 66 % der Befragten an, dass durch die neuen Medien ihre Kanji-Schreibkompetenz abgenommen habe. 42 % empfanden es als lästig, Kanji mit der Hand zu schreiben. 23 Andererseits wird auch beobachtet, dass durch die Computerisierung des Schreibens und die Handykommunikation vermehrt Kanji und auch seltenere, komplexere Zeichen, die nicht zu den Jōyō-Kanji gehören, in Gebrauch sind (Gottlieb 2011: 142). Die Kanji abzuschaffen oder die Zahl der Zeichen einzuschränken, ist aktuell nicht im Gespräch. In einer Umfrage sprachen sich nur 3,7 % der befragten Japaner für eine Abschaffung aus. 61,7 % der Befragten sahen einen Vorteil der Kanji darin, dass sich die Bedeutung der Wörter leicht erschließen lässt, 72,8 % der Befragten betrachteten die Schriftzeichen als integralen Bestandteil der japanischen Kultur (Gottlieb 2012: 13). Gottlieb, Nanette (1995): Kanji politics. Language policy and Japanese script. London: Kegan Paul International. Seeley, Christopher (1991): A history of writing in Japan. Leiden: Brill. Stalph, Jürgen (1996): „Das japanische Schriftsystem“. In: Günther, H. / Baurmann, J. / Ludwig, O. (eds.): Schrift und Schriftlichkeit. Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft 10/ 2. Berlin: De Gruyter. S. 1413-1427. Tranter, Nicolas (2008): “Nonconventional script choice in Japan”. In: Unseth, Peter (ed.): The sociolinguistics of script choice. Berlin: De Gruyter. S. 133-151. Tranter, Nicolas (2012): The languages of Japan and Korea. New York: Routledge. 20 http: / / www.unesco.org/ uil/ litbase/ ? menu=14&programme=131 (16.09.2014) 21 Z.B. http: / / www.yomiuri.co.jp/ dy/ editorial/ T120930002519.htm (30.03.2013) 22 文化庁 bunkachō 23 http: / / www.bunka.go.jp/ kokugo_nihongo/ yoronchousa/ index.html (25.02.2015) Kanji- Schreibkompetenz 4 Sprachgeschichte In diesem Kapitel erfahren Sie, • welche Perioden es in der japanischen Sprachgeschichte gibt, • wie die Quellenlage aussieht, • in welchen literarischen Stilen vormoderne Dokumente verfasst sind und • wie sich die japanische Sprache aktuell verändert. 4.1 Periodisierung Die historische Linguistik ( 歴史言語学 rekishi gengogaku) beschäftigt sich mit der diachronen Betrachtung von Sprache ( 通時言語学 tsūji gengogaku), einer Sprachbetrachtung und -beschreibung im Längsschnitt der Veränderung. Die Wandlungsprozesse der japanischen Sprache seit den ersten schriftlichen Quellen können an dieser Stelle nicht im Einzelnen wiedergegeben werden. Die Sprachgeschichte ist in westlichen Sprachen gut dokumentiert. Umfassende Beschreibungen finden sich in Lewins Einführung in das Studium der historischen Sprachformen (Lewin 1990a), in Martin (1987) oder in Miller (1993). Speziell mit dem Altjapanischen beschäftigt sich Osterkamp (2011). Die neueste, ausführliche Darstellung auf Englisch liefert Frellesvig (2010). Die sprachgeschichtliche Einteilung des Japanischen in Perioden stimmt größtenteils mit den historischen Epochen überein. Sprachgeschichtliche Periode Historische Epoche Altjapanisch 700-800 Nara-Zeit 710-794 Frühes Mitteljapanisch 800-1200 Heian-Zeit 794-1185 Spätes Mitteljapanisch 1200-1600 Kamakura-Zeit Muromachi-Zeit 1185-1333 1333-1573 Frühes Neujapanisch 1600-1868 Edo-Zeit 1603-1868 Spätes Neujapanisch 1868-1912 Meiji-Zeit 1868-1912 Modernes Japanisch 1912- Taishō-Zeit 1912-1926 Shōwa-Zeit 1926-1989 Heisei-Zeit 1989- Tabelle 15: Sprachliche und historische Periodisierung Altjapanisch ( 上代日本語 jōdai nihongo oder auch 上古日本語 jōko nihongo) ist die Sprache Yamatos, wie sie in der Nara-Zeit (710-794) in Zentraljapan und teilweise auch in den östlichen Gebieten benutzt wurde. Die frühesten altjapanischen Quellen sind Inschriften auf Steinen, Schwertern oder Spiegeln und reichen bis ins 5. Jh. zurück. Es handelt sich hauptsächlich um japanische Namen. Der Hauptteil der Quellen für das Altjapanische sind Texte aus dem 8. Jh. Da die Schrift in diesen Texten teils semantisch, teils phonographisch verwendet wurde und der rein chinesische historische Linguistik Altjapanisch 58 Sprachgeschichte Schreibstil vorherrschte, geben sie nur bedingt und zudem schwer analysierbare Informationen zu Aussprache, Morphologie und Syntax des Japanischen. Altjapanisch weist mit acht Vokalen und 13 Konsonanten, die insgesamt 88 Silben bildeten, ein reicheres Lautinventar auf als das heutige Japanisch. Auch unter morpho-syntaktischen Gesichtspunkten war Altjapanisch mit acht Verbklassen, einer Vielzahl an Verbalsuffixen und Partikeln weitaus diversifizierter. Der Großteil des Wissens über das Altjapanische stammt aus den Reichsannalen, dem Kojiki („Aufzeichnungen alter Begebenheiten“, 712) und dem Nihon shoki („Chronik Japans in einzelnen Schriften“, 720). Beide wurden nach chinesischem Muster verfasst und sollten zur Legitimation der kaiserlichen Macht dienen. Sie beginnen mit der Schöpfungsgeschichte Japans und untermauern die Abstammung des ersten japanischen Kaisers von der Sonnengöttin. Beide Texte bestehen aus einem Nebeneinander von semantisch und phonographisch verwendeten Zeichen. Daneben ist die Gedichtsammlung Man’yōshū („Sammlung aus zehntausend Generationen“, vor 759), die 4.500 Gedichte von verschiedenen Dichtern umfasst, eine wichtige Quelle, da die chinesischen Schriftzeichen dort häufig phonographisch verwendet wurden (vgl. Man’yōgana S. 34). Zu den Prosaquellen zählen ferner Gebetstexte wie die Norito-Liturgien und die kaiserlichen Edikte. Weiterhin existieren noch einige topographische Beschreibungen ( 風土記 fudoki) der altjapanischen Landesteile (Frellesvig 2010: 20- 25). Die philologisch linguistische Erschließung der ersten altjapanischen Quellen ist die große Leistung der Edo-zeitlichen Sprachwissenschaft ( 国学 kokugaku), darunter besonders des Vertreters Motoori Norinaga (1730- 1801) (siehe auch Eschbach-Szabo 2000b). Als Beispiel für das Altjapanische sei hier ein Auszug aus dem Kojiki näher betrachtet. Textbeispiel 3: Kojiki (712) nach der Interpretation von Lewin (1965b: 3) und (1965a: 24f). altjapanische Quellen Kojiki 爾 天 照 大 御 神 、 高 木 神 之 命 以 、 詔 二 太 子 正 勝 吾 勝 勝 速 日 天 忍 穗 耳 命 一 、 今 平 二 訖 葦 原 中 國 一 之 白 。 故 、 隨 二 言 依 賜 一 降 坐 而 知者 。 Koko-ni Ama-terasu-ōmikami, Takagi-no-kami-no mikoto mochite, hitsugi-no-miko Masaka-a-katsukachi-hayabi-ame-no-oshi-ho-mimino mikoto-ni nori-tamaishiku: „Ima, Ashihara-no-naka-tsu-kuni-wo koto-muke-oenu-to ōseri. Kare kotoyosashi-tamaishi mani-mani, kudarimashite shirashimese“, -to nori-tamaiki. 59 Periodisierung 爾に 1 天照大御神 a 、高木神 b の命 2 以 3 ちて、太子 4 正勝吾勝勝 速日天忍耳命 c に語 5 りたまひしく、「今、葦原中国 d を平 6 け 訖へぬと白 7 せり。故 8 、言 9 依さし賜ひし隨に、降り坐 10 して 知 11 らしめせ。」とのりたまひき。 Hierauf befahlen Ama-terasu Oho-mi-kami und Taka-gi no Kami und sprachen zu dem Thronfolger Masaka-a-katsu Kachi-hayabi Ame-no Oshiho-mimi no Mikoto: „(Take-mika-dzuchi) berichtet, dass er das Mittelland des Schilfgefildes nun schon vollständig unterworfen hat. Unserem gnädigen Auftrag gemäß steige denn nun hinab, wohne dort und übe die Herrschaft aus! “ (Florenz 1919: 69) Nun befahlen Ama-terasu-oho-mi-kamí und Taka-ki-nó-kamí dem erlauchten Thronfolger Masa-katsu-a-katsu-kachi-haya-hi-amé-nó-oshi-homimi-nómikótó mit den Worten: „Uns wurde berichtet, daß das Mittelland des Schilfgefildes jetzt endgültig befriedet ist. Deshalb sollst du, unserem gnädigen Auftrag folgend, nun hinabsteigen, dort deine Wohnung nehmen und herrschen! “ (Antoni 2012: 77) 1 Textbeispiel 4: Umsetzung des Kojiki in chinesisch-japanischem Mischstil ( 漢字 仮名交じり文 kanji-kana-majiribun) und die deutschen Übersetzungen von Florenz (1919) und Antoni (2012). Sprachliche Kommentare nach Lewin (1965b: 24): 1. koko-ni Konjunktion zur Weiterleitung des Themas: „nunmehr“, „hierauf“ 2. mikoto Ehrentitel für Gottheiten und Adlige: „Hoheit“ 3. mochite (te-Form von motsu „nehmen“) hier in postpositionaler Funktion zur Bezeichnung des Satzsubjektes 4. taishi, hier: hitsugi-no-miko „Prinz der Sonnen-(Erb)folge“, „Thronfolger“; tsugu „nachfolgen“, „erben“; miko „erlauchtes Kind“ 5. nori-tamaishiku nominalisiertes Präteritum von nori-tamau; nori „verkünden“ + tamau Hilfsverb honorativ-respektvoll: „das, was sie verkündeten“. Das im Altjapanischen produktive Suffix -ku zur Nominalisierung von Verben (Präteritum -ki in der Attributivform -shiku). Semantisch dem modernen postpositionalen koto vergleichbar, steht es häufig nach den Verben des Sagens unmittelbar vor der direkten Rede 6. kotomuke-oenu „er hat sich endgültig untertan gemacht“; kotomuku für „sich gewinnen“, ou „vollenden“: hier Hilfsverb zur terminativen Aktionsart; -nu perfektiver Aspekt 7. ōsu „sagen“ honorativ, respektvoll 8. kare Konjunktion zur kausalen Überleitung: „deshalb“ 9. kotoyosashi-tamaishi mani-mani „entsprechend, wie wir (dich) beauftragt haben“; kotoyosasu Faktitiv von kotoyosu beauftragen, in honorativer Funktion -tamaishi: mani-mani (< mama-ni, redupliziert; mama „Sosein“) „gemäß“ 1 In der Übersetzung von Antoni sind die rekonstruierten Vorstufen des alten Vokalsystems von acht Vokalen speziell markiert. 60 Sprachgeschichte 10. masu honoratives Verb der Befindlichkeit, hier: „residieren“ 11. shirashimese (shiroshimese) „übe die Regierung aus! “ Imperativform des Honorativs zu shiru hier: „regieren“ Kommentare zur Mythologie nach Lewin (1965b: 24f): a. Ama-terasu-ōmikami „die am Himmel scheinende große erlauchte Gottheit, die Sonnengöttin“ b. Takagi-no-kami „Gottheit des hohen Erzeugers“, identisch mit Takami-musubi-no-kami „Gottheit des hohen, erlauchten Erzeugers“; eine der drei shintoistischen Urgottheiten, die zusammen mit der Sonnengöttin als Weltregierer dargestellt wird c. Masa-a-katsu-kachi-hayabi-ame-no-oshi-ho-mimi „Wahrlich-ich-siege-(so)-siegend-heftig-sich-gebärende-himmlische-große-erscheinendhehre-Person“ eine von Susano’o, dem ungebärdigen Bruder von Amaterasu gezeugte Gottheit d. Ashihara-no-naka-tsu-no-kuni „Mittelland des Schilfgefildes“ Bezeichnung für Japan in der Mythologie Das Sprachstadium der Heian-Zeit mit dem Zentrum in Kyōto, bezeichnet man als frühes Mitteljapanisch ( 中古日本語 chūko nihongo). Dies ist die Übergangszeit vom Altjapanischen zum Mitteljapanischen. Das späte Mitteljapanische ( 中世日本語 chūsei nihongo) entsteht in der Kamakura- und Muromachi-Zeit, in der die Sprache Kyōtos zwar die Hochsprache bleibt, doch als Folge der politischen Machtverschiebung in den Osten der Einfluss von Elementen aus dem Ostjapanischen spürbar wird. Generell ist Mitteljapanisch die Sprachstufe, die den größten Wandlungsprozessen unterworfen war. Es kam zu großen phonologischen Veränderungen: Die Zahl der Vokale reduzierte sich zum einen auf fünf, so dass sich die Zahl der Silben auf 66 verkleinerte. Zum anderen treten im Mitteljapanischen auch die als 音便 onbin bekannten Lautveränderungen auf (33). Sie führen zu einer Erweiterung der Silbenstruktur von CV hin zu CVV, CVN und CVQ (Frellesvig 2010: 191ff). (33) kikite → kiite „hörend“ omohite → omoute „denkend“ mochite → motte „haltend“ yobite → yonde „rufend“ Das frühe Mitteljapanisch ist die „Blütezeit“ der verbalen Suffixe. Im späten Mitteljapanisch kommt es zu wichtigen morphologischen Veränderungen wie der Verminderung der Verbflexionsklassen auf sechs. Ferner tritt die Attributivform des Verbs (vgl. Tabelle 31) an die Stelle der prädikativen Finalform (Frellesvig 2010: 2-3). Verben, Personennomina und Personalpronomina erreichen in der Muromachi-Zeit eine große Vielfalt an sozial differenzierten Formen. Die Quellenlage für das Mitteljapanische ist sehr viel besser und vielfältiger als für das Altjapanische. Die ausschließlich in Kana geschriebenen Prosatexte geben einen guten Einblick in die Sprache der damaligen Zeit. Der erste Prosatext in Hiragana ist das Vorwort zu der Gedichtsammlung Kokin Mitteljapanisch Onbin mitteljapanische Quellen 61 Periodisierung wakashū („Sammlung alter und moderner Gedichte“, 914) 2 . Die Heian-Zeit brachte eine Reihe fiktionaler Erzählungen mit Romancharakter hervor, die bekannteste davon ist das Genji monogatari („Die Geschichte vom Prinzen Genji“, ca. 1010) von Murasaki Shikibu. Weitere literarische Genres sind die Tagebücher wie das Makura no sōshi („Kopfkissenbuch“, ca. 1000) der Sei Shōnagon. Die Kriegserzählungen wie das Heike monogatari („Erzählungen von den Heike“, 1371) bieten einen Einblick in die sprachliche Gestalt des Mitteljapanischen ebenso wie die volkstümlichen Erzählungen ( 説話 setsuwa), die wie das Konjaku monogatari („Geschichtensammlung von Jetzt und Einst“, ca. 1100) im späten Mittelalter besonders populär waren (Frellesvig 2010: 297-298). Exemplarisch sei hier auf das Kokin wakashū näher eingegangen. Von dem chinesischen zweiten Vorwort abgesehen sind Dichtungen und Prosazusätze des Kokinshū in japanischer Sprache abgefasst. Es ist die Sprache des frühen Mitteljapanischen, mit einigen Rückgriffen auf das Altjapanische durchsetzt. Als einem der ersten Denkmäler des zur Literatursprache erhobenen Japanischen - dialektale Eigentümlichkeiten fehlen fast völlig - kommt dem Werk größte Bedeutung zu. Die zu Beginn der Heian-Zeit entwickelte Silbenschrift Hiragana findet bei der Niederschrift schon breite Anwendung und überwiegt den Gebrauch der Kanji bei weitem. Die Gedichte erscheinen als Kurzgedichte ( 短歌 tanka) mit der Morenzahl 5-7-5-7-7. „Seit ich im Schlafe Den Mann gesehen, den ich Von Herzen minne, Seit dieser Zeit erst lieb’ ich Der Träume bunten Falter.“ (Kurth 1943: 34) Textbeispiel 5: „Der Schmetterling der Träume“ von Ono no Komachi 3 ; aus der Sammlung Kokin wakashū nach Lewin (1965b: 18) und (1965a: 59). 2 Es ist eine repräsentative Anthologie japanischer Dichtung aus der frühen Heian- Zeit, zugleich die erste der 21 offiziellen Gedichtsammlungen, kompiliert in den Jahren 905 bis etwa 914 unter Leitung des Ki no Tsurayuki († 946). Zu dem Werk wurde sowohl ein japanisches als auch ein chinesisches Vorwort verfasst. 3 Ono no Komachi († ca. 870) ist eine Hofdame, eine berühmte Schönheit und Dichterin der Heian-Zeit. Kokin wakashū 思ひつつ 1 Omoitsutsu ぬれば 2 や人の Nureba-ya hito-no みえつらん 3 Mietsuran 夢としりせば Yume-to shiriseba さめざらましを 4 Samezaramashi-wo Übersetzung in Modernes Japanisch あの人を心の中で思いなが ら寝たので、夢にふとい見 えたのだろうよ。 それが夢と知ったならば、 私は目を覚ますのではなか っただろうに。 62 Sprachgeschichte Sprachliche Kommentare nach Lewin (1965a: 59): 1. omoitsutsu „in Liebe mich sehnend“; tsutsu hier zur Bezeichnung der Gleichzeitigkeit 2. nureba-ya vielleicht „da ich schlief“; -ya nach dem kausalen Prädikat bezeichnet die Unsicherheit der Begründung 3. hito no mietsuran „ist er (der Geliebte) (mir) wohl erschienen“ Dubitativ perfecti, korreliert mit -ya, das die attributive Form auslöst 4. yume to shiriseba samezaramashi-wo „hätte ich gewußt, (dass es) ein Traum (ist), hätte ich nicht aufwachen wollen“; -seba indikative Form der Präteritumform von -ki.; -mashi-wo bezeichnet den exklamatorischen Desiderativ Das frühe Neujapanische (近世語 kinseigo ) der Edo-Zeit wird als Periode der sprachlichen Teilung charakterisiert. Neben dem westjapanischen Zentrum, dem Kaiserhof in Kyōto, bildete sich ein zweites, ostjapanisches in Edo (dem heutigen Tōkyō), dem Sitz der Shogunatsverwaltung der Tokugawa-Familie, heraus. Aus der Stadtsprache in Edo entstand langsam auf der Grundlage des Kantō-Dialekts und als Verschmelzung mit Sprachvarianten von den zugewanderten Einwohnern aus vielen Provinzen die neue Umgangssprache. In dieser Zeit ist durch die Verbreitung der Schreibfähigkeit und der damit einhergehenden Verbreitung der konfuzianischen chinesischen Klassiker ein großer Einfluss des Chinesischen zu beobachten. Ferner beeinflusste der Kontakt mit den westlichen, indoeuropäischen Sprachen das Japanische hauptsächlich in Wortschatz und Phonologie (vgl. S. 92), weniger in der Syntax. Die klassische Schriftsprache der Heian-Zeit und verschiedene Mischungen des Chinesischen und des Japanischen werden zwar weiter benutzt, die Trennung zu der damaligen Umgangssprache wird jedoch langsam durchbrochen, da ein gewisser Teil der urbanen Unterhaltungsliteratur bereits in der damaligen Umgangssprache abgefasst wurde (Lewin 1990a: 13). Spätes Neujapanisch (近代語 kindaigo ) wird die Sprachstufe während und nach der Meiji-Restauration (1868) genannt, in der Japan einen historischen Wandel von der konfuzianischen Tokugawa-Regierung zu der Moderne mit westlicher Prägung vollzog. Durch die Adaptation der technischen und zivilisatorischen Errungenschaften des Westens und durch die zahlreichen Übersetzungen von wissenschaftlichen und literarischen Werken aus westlichen Sprachen ist das hauptsächliche Charakteristikum der Sprache jener Zeit im Wortschatz, in den vielen Lehnwörtern und sinojapanischen Neuprägungen für westliche Objekte und Begriffe zu finden. Mit der kulturellen Neuorientierung wurde der bestehende Abstand zwischen der Schrift- und der Umgangssprache als ein Hemmnis empfunden. Die auf dem Frühen Mitteljapanischen basierende Schriftsprache ( 文語 bungo) wurde zunehmend verdrängt. Ab der Mitte des 16. Jahrhunderts kommen westliche Sprachbeschreibungen, Grammatiken und Lexika des Japanischen, welche die portugiesischen Missionare erstellten, als Quellen hinzu, so die Grammatik des Jesuitenpaters Jo-o Rodrigues, die Arte da lingoa de Iapam und das Vocabulario da lingoa de Iapam, die zwischen 1603 und 1608 in Nagasaki publiziert wurden. Neujapanisch neujapanische Quellen 63 Historische Sprachvarianten und Schreibstile Da sie mit lateinischen Buchstaben geschrieben sind, stellen sie wertvolle Quellen für die lautliche Beschaffenheit des Japanischen dar. Die Quellenlage zum Späten Neujapanisch ab der Meiji-Zeit (1868-1912) ist sehr reichhaltig. Es gibt eine Vielzahl an japanischen, in unterschiedlichen Schreibstilen verfassten Quellen, welche die damalige Sprache allerdings nur sehr indirekt abbilden. Daneben gibt es auch Beschreibungen in westlichen Sprachen, so die Japansche Spraakleer von Hoffmann aus dem Jahr 1867. Die Sprachform ab der Taishō-Zeit (1912-1926) wird Modernes Japanisch ( 現代語 gendaigo) genannt. Klassische japanische Literatur ist online zugänglich: • Waseda University Library’s collection of Japanese and Chinese classics: http: / / www.wul.waseda.ac.jp/ kotenseki/ index_en.html (20.01.2015) • Japanische Textinitiative: http: / / etext.virginia.edu/ japanese/ (20.01.2015) • Sammlung der japanischen Nationalbibliothek: http: / / dl.ndl.go.jp/ (20.01.2015) • Sammlung Meiji-zeitlicher Texte der japanischen Nationalbibliothek: http: / / kindai.ndl.go.jp (20.01.2015) 4.2 Historische Sprachvarianten und Schreibstile Der Reichtum an historischen Sprachvarianten ist auf verschiedene Faktoren zurückzuführen, zum einen auf den Einfluss des klassischen Chinesischen, der mit dem Einfluss des Lateinischen in Europa vergleichbar ist, zum anderen auf das Gefälle zwischen den Soziolekten des Hochadels und des Volkes sowie auf den Unterschied zwischen gesprochener und geschriebener Sprache. Das Erbe der historischen Varietät baute sich nach der Meiji-Zeit (1868- 1912) im Modernen Japanischen rasch ab. Dennoch musste und muss ein Gebildeter zahlreiche Varianten beherrschen, um die volle Sprachkompetenz zu erreichen. Die Skala reicht von einer Diglossie, der Beherrschung sowohl des klassischen Chinesischen als auch des Japanischen, bis zu der Vermischung beider Sprachen. 4.2.1 Klassischer chinesischer Stil Mit 漢文 kanbun werden die in klassischer chinesischer Schriftsprache abgefassten Schriften Japans bezeichnet. Sie sind nur mit Kanji geschrieben und die Abfolge der Wörter erfolgt weitgehend nach der klassischen chinesischen Syntax. Der grundlegende syntaktische Unterschied besteht in der Reihenfolge SVO (Subjekt, Verb, Objekt) im Chinesischen, während es sich im Japanischen um eine SOV Reihenfolge handelt (Miyajima 1996). Gelesen wurde der Text jedoch häufig in japanischer Aussprache und für ein besseres Verständnis wurden auch die Satzglieder beim Lesen nach den Regeln der japanischen Grammatik markiert und umgestellt. Im 8. Jh. hat sich eine abgewandelte Form des Kanbun ( 変体漢文 hentai kanbun) entwickelt, bei dem Kanbun 64 Sprachgeschichte Wortfolge, Lexik und Morphologie an die japanische Sprache angepasst waren. Beide Formen des Kanbun existierten parallel nebeneinander. Die Reichsannalen Nihon shoki sind beispielsweise in reinem Kanbun verfasst, das Kojiki in einer japanisierten Form (Brochlos 2004: 18ff). Aufgrund der sprachlichen Unterschiede zwischen dem Chinesischen und Japanischen war es sehr schwierig, einen Kanbun-Text zu lesen. Ab dem 8. Jh. fügte man daher Lesehilfen ( 訓点 kunten) in Form von Markierungen ein. Sie geben die Reihenfolge an, in der die Satzglieder gelesen werden sollen, und ergänzen japanische Partikeln und Flexionsendungen. Es gab verschiedene Systeme von Lesehilfen: 4 Zahlen gaben die Reihenfolge der Satzglieder an, kleiner geschriebene Man’yōgana bzw. später Katakana die Lesung der Schriftzeichen und ein System von diakritischen Zeichen, von Punkten, Strichen und Kreisen an festgelegten Positionen relativ zum Schriftzeichen, markierte, welche Partikeln an der jeweiligen Stelle eingefügt werden sollten. Von Gelehrten, buddhistischen Tempeln und Schulen wurden verschiedene Lesehilfen entwickelt, die teilweise normativen Charakter hatten und geheim tradiert wurden. Im Kanbun-Unterricht an japanischen Schulen wird heute ein einfaches System das hauptsächlich auf Umdrehungspunkten ( 返り点 kaeriten) aufbaut, gelehrt (Frellesvig 2010: 259-260). „Das Reich in drei Teile teilen.“ Textbeispiel 6: Ein Kanbun-Satz ohne (links) und mit Lesehilfen (Mitte) sowie in der japanischen Lesung (rechts) nach Brochlos (2004: 19) Amtliche, politische, rechtliche, wissenschaftliche oder sakrale Schriften wurden in Kanbun verfasst. Religiöse und amtliche Texte wurden bis ins 20. Jh. in Kanbun geschrieben (Brochlos 2004: 9ff). Da Chinesisch in Japan seit der Heian-Zeit immer weniger und dann überhaupt nicht mehr gesprochen wurde, stellte sich eine distante Diglossie, eine funktionale Zweisprachigkeit, ein. Es wurde immer mehr versucht, chinesische Texte auf Japanisch zu lesen ( 訓読 kundoku). 4.2.2 Japanischer Stil Kanbun steht im Gegensatz zu rein japanischen Texten ( 和文 wabun), in denen kaum oder nur geringe Mengen chinesischer Elemente enthalten sind. 4 Ein Überblick über die verschiedenen Lesehilfen findet sich bei Brochlos (2004: 33-64). Kanbun-Lesehilfen Wabun 天 下 を 三分 す 。 三 分 ス 天下 ヲ 。 二 一 三分天下。 65 Historische Sprachvarianten und Schreibstile Diese sind ausschließlich in Man’yōgana bzw. in späterer Zeit in einer der Silbenschriften verfasst. Man findet Wabun in Erzählungen, Tagebüchern und Briefen. 4.2.3 Mischstile Ab Mitte der Heian-Zeit kam ein Mischstil von Kanji und Kana - zumeist Katakana - in Gebrauch. Kanji wurden semantisch und Kana phonographisch für funktionale Wörter und Endungen benutzt (Frellesvig 2010: 157). Der Kanji-Kana-Mischstil ( 漢字仮名交じり文 kanji-kana-majiribun) und später der japanisch-chinesische Mischstil ( 和漢混構文 wakan konkōbun) wurden ab dem späten Mitteljapanisch weit verwendet und lösten ausschließlich in Hiragana geschriebene Prosatexte ab. Vor allem volkstümliche Erzählungen des Mittelalters wie das Konjaku monogatari („Geschichtensammlung von Jetzt und Einst“, ca. 1100) wurden in diesem Mischstil geschrieben. Die Art, wie heute Japanisch geschrieben wird, geht auf den Mischstil zurück, mit dem Unterschied, dass grammatikalische Elemente heutzutage in Hiragana geschrieben werden, nicht in Katakana. 4.2.4 Klassisches Japanisch Wenn man sich mit dem vormodernen Japan beschäftigt, sind Kenntnisse der klassischen, vormodernen japanischen Sprache ( 文語 bungo) unerlässlich. Bungo ist die schriftsprachliche Tradition des klassischen Japanischen, das im 12. Jh. entstand und in dieser „erstarrten“ Form bis zu Beginn der Shōwa- Zeit weitergepflegt wurde (Frellesvig 2010: 2), als es von dem Stil der gesprochenen Sprache ( 口語 kōgo) abgelöst wurde. 5 In Wabun oder in Mischstil verfasste vormoderne Texte folgen der Syntax des klassischen Japanischen. Die im Bungo vorgenommene Standardisierung lässt allerdings außer Acht, dass sich Lexik und Grammatik in den verschiedenen Epochen sehr wohl unterschieden. 4.2.5 Weitere Sprachstile Die größte Vielfalt der Stilarten hatte man in der Edo-Zeit erreicht, in der unter den Tokugawa-Shogunen sowohl die Sinologie und damit die klassische chinesische Schriftsprache, Kanbun, als auch die Sprache des Stadtbürgertums und des Volkes in der Schriftlichkeit, der Kanji-Kana-Mischstil, benutzt wurden. Die Gelehrten der nationalen Schule Kokugaku versuchten zusätzlich, verschiedene alte Stile wie den höfischen wiederzubeleben. Die wichtigsten Stilarten seien hier aufgezählt (vgl. Lewin 1990c), Anschauungsbeispiele finden sich bei Lewin (1965a, 1965b) und Twine (1991): • 記録文 kirokubun japanisiertes klassisches Chinesisch • 書簡文 shokanbun Briefstil in sinojapanischer Mischform • 擬古文 gikobun nachahmender, klassizierender Stil und weitgehend frei von Sinismen 5 Eine gute Einführung in das Klassische Japanisch bietet Rickmeyer (2004). Kanji-Kana- Mischstil Bungo 66 Sprachgeschichte • 俳文 haibun Literatursprache der Haikai-Dichter mit höfischen Elementen • 候文 sōrōbun formeller Briefstil mit dem Honorativverb 候 sōrō • 狂文 kyōbun Schriftsprache mit umgangssprachlichen, bürgerlichen Elementen • 雅俗折衷文 gazoku setchūbun eklektischer Stil, Konglomerat klassischer Schriftsprache und moderner Sprache • 俗文 zokubun umgangssprachlicher Stil In der Meiji-Zeit (1868-1912) beherrschten die Gebildeten mehrere dieser Varianten, wobei man den Briefstil je nach Verwendungsbereich differenziert. Für juristische oder administrative Texte etwa verwendete man vermehrt Kanbun, Sōrōbun, Wabun und Wakan konkōbun. Gegen Ende der Taishō-Zeit (1912-1926) wurde die moderne Standardsprache bereits in der Erziehung, in der Presse und in der Literatur allgemein benutzt. Bei der Betrachtung der modernen Sprachstile zeigt sich jedoch besonders im schriftlichen Ausdruck, in der Sprache der Bürokratie und im höflicheren Briefstil ein deutliches Fortwirken der alten Sprachstile. Ebenfalls werden Zitate aus älteren Sprachstufen gerne in historischen Filmen benutzt. 4.3 Sprachwandel aktuell Eine Sprache ist ein dynamisches System und zu jeder Zeit Veränderungen unterworfen. Hier seien einige aktuell diskutierte Veränderungen aufgeführt: • Durch die Entlehnung zahlreicher Fremdwörter vor allem aus dem Englischen sind neue Laute wie [β] / bzw. Lautkombinationen wie [ti] in das Japanische gekommen. • Unter den jüngeren Leuten geht der Trend zur Nicht-Akzentuierung der Wörter (vgl. Heibanshiki, S. 80). • Die Silbe ら -ra des Suffixes られる -rareru „können“ zum Ausdruck des Potentialis verschwindet bei den einstufigen Verben und dem Verb 来る kuru „kommen“. (34) 食べられる tabe-rareru → 食べれる tabe-reru „essen können“ 見られる mi-rareru → 見れる mi-reru „sehen können“ Das Suffix られる -rareru ist bei diesen Verben mehrdeutig. Es kann neben dem Potentialis sowohl Passiv als auch Höflichkeit ausdrücken. Die Verkürzung zu れる -reru disambiguiert folglich die Bedeutung (Shioda & Takishima 2013). • In Konstruktionen mit dem Suffix せる -seru, das Kausativ ausdrückt, wird bei den fünfstufigen Verben die Silbe さ sa eingefügt. Durch die Einfügung wird das Suffix zu させる -saseru, der Form, in der es bereits mit den einstufigen Verben verwendet wird. Es handelt sich also um eine morphologische Vereinheitlichung. Phonetik Morphologie und Grammatik 67 Sprachwandel aktuell (35) 行かせる → 行かさせる ika-seru → ika-saseru gehen -CAUSE → gehen - CAUSE „gehen lassen“ • Die Kasuspartikel を o, die das direkte Objekt markiert, verdrängt die Partikel が ga bei Ausdrücken des Wünschens und Könnens, um das direkte Objekt zu markieren. (36) お金がほしい。 → お金をほしい。 o-kane ga hoshii. → o-kane o hoshii. Geld SUBJ wünschen → Geld DIROBJ wünschen „Ich wünsche mir Geld.“ • ないです -nai desu ist eine neue Variante zur Markierung der höflichen Verneinung, die anstatt des Verbalsuffixes ません -masen derzeit vor allem in der gesprochenen Sprache verwendet wird (Uehara & Fukushima 2008). (37) 行きません → 行かないです iki-masen → ika-nai desu gehen NEG-POL → gehen NEG KOPULA „nicht gehen“ • Der Anteil der Anglizismen am Gesamtwortschatz ist in vielen Bereichen gestiegen. • Der Unterschied zwischen Frauen- und Männersprache verringert sich. • Es wird allenthalben beklagt, dass die jüngere Generation die Höflichkeitssprache nicht zur Genüge beherrscht (Carroll 2001b: 89ff). Brochlos, Astrid (2004): Kanbun. Grundlagen der klassischen sino-japanischen Schriftsprache. Wiesbaden: Harrassowitz. Frellesvig, Bjarke (2010): A history of the Japanese language. Cambridge: Cambridge University Press. Kluge, Inge-Lore (1997): Kanbun. Ein Lehr- und Übungsbuch. Frankfurt a. M.: Lang. Komai, Akira / Rohlich, Thomas (1993): An introduction to Japanese kanbun. Nagoya: University of Nagoya Press. Lewin, Bruno (1990a): Abriss der japanischen Grammatik. Auf der Grundlage der klassischen Schriftsprache. Wiesbaden: Harrassowitz. Rickmeyer, Jens (2004): Einführung in das klassische Japanisch anhand der Gedichtanthologie Hyakunin isshu. München: iudicium. Shirane, Haruo (2005): Classical Japanese. A grammar. New York, NY: Columbia University Press. Wortschatz Pragmatik 5 Phonetik und Phonologie In diesem Kapitel erfahren Sie, • über welche Sprachlaute das Japanische verfügt, • welche Laute bedeutungsunterscheidend sind, • welche Lautkombinationen es gibt, • was eine Mora ist, • wie die Worte akzentuiert werden und • welche Intonationsmuster es gibt. 5.1 Die Laute des Japanischen Innerhalb der Sprachwissenschaft beschäftigt sich die Phonetik ( 音声学 onseigaku) damit, welche physikalischen Eigenschaften Sprachlaute haben, wie sie produziert und wie sie wahrgenommen werden. Ein Sprachlaut, ein sogenanntes Phon ( 単音 tan’on), kommt dann zustande, wenn ein Luftstrom aus der Lunge die Stimmbänder passiert und aus dem Vokaltrakt, dem Mund- oder Nasenraum, austritt. Hierbei können sich die Sprechwerkzeuge - der Kehlkopf, der Gaumen, die Zunge, die Zähne oder die Lippen - bewegen und somit die Form und Größe des Vokaltrakts verändern. Dadurch entstehen die unterschiedlichen Sprachlaute. Die Laute der Sprachen der Welt werden mithilfe des Internationalen Phonetischen Alphabets (IPA) dargestellt (siehe Abbildung 7). Phone werden in eckigen Klammern [] notiert. Jede Sprache hat ein spezielles Inventar an Sprachlauten, in denen sie sich von anderen Sprachen unterscheidet. Das japanische Lautinventar ist mit 28 Sprachlauten - 23 Konsonanten 1 und 5 Vokalen - relativ klein (Yamaguchi 2007: 1). 2 Bedingt durch das kleine Lautinventar sowie durch die vielen Entlehnungen aus dem Chinesischen ( 漢語 kango), die in ihrer Lautgestalt vereinfacht wurden und sich dadurch lautlich anglichen, gibt es im Japanischen viele Homophone ( 同音語 dōongo), gleichlautende Wörter. 36,4 % der Kango sind homophon (Mochizuki 1974 nach Miyajima 1982: 132 3 ). Die digitale Version des umfangreichen Japanischlexikons Daijisen listet beispielsweise für die Aussprache [ko: sho: ] 50 Einträge 4 auf (38), die sich jedoch teilweise im Akzentmuster unterscheiden. 1 Die Zahl 23 bezieht sich auf die traditionellen Konsonanten. Durch Fremdwörter aus dem Englischen sind auch neue Laute wie z.B. [β] in das Japanische gekommen. 2 Deutsch hat zum Vergleich 29 Konsonanten, 16 Vokale und 3 Diphthonge (Ernst 2011). 3 Die Daten basieren auf einer Analyse der Lexikoneinträge des Shinmeikai kokugo jiten (1972). 4 Historische Personen- und Ortsnamen sowie Titel sind bei der folgenden Auflistung weggelassen (http: / / dictionary.goo.ne.jp/ (23.04.2014)). Phonetik Lautinventar Homophone 70 Phonetik und Phonologie Abbildung 7: Internationales Phonetisches Alphabet 5 5 IPA Chart, http: / / www.internationalphoneticassociation.org/ content/ ipa-chart, available under a Creative Commons Attribution-Sharealike 3.0 Unported License. Copyright © 2005 International Phonetic Association. 71 Klassifikation der Sprachlaute (38) Homophone mit der Aussprache [ko: sho: ] 哄笑 „laut lachen“ 巧笑 „einnehmendes Lächeln“ 翺翔 „hohes Fliegen eines Vogels“ 後証 „später verwendeter Verweis“ 鴻鐘 „große Tempelglocke“ 後章 „folgendes Kapitel“ 交渉 „Verhandlung“ 校章 „Schulabzeichen“ 公傷 „Arbeitsunfall“ 甲匠 „Waffenschmied“ 公娼 „lizenzierte Prostituierte“ 紅晶 „roter Kristall“ 公称 „öffentl. Bekanntwerden“ 考証 „Quellenforschung“ 公証 „notarielle Beglaubigung“ 行賞 „Preisverleihung“ 厚相 „Minister für Soziales“ 鉱床 „Erzlager“ 口承 „mündl. Überlieferung“ 香粧 „Duftstoffe“ 口証 „mündl. Zeugenaussage“ 降将 „Shogun, der kapitulierte“ 口誦 „lautes Lesen“ 高唱 „lautes Rezitieren“ 好尚 „Geschmack“ 高声 „hohe Stimme“ 工匠 „Handwerker“ 高小 „weiterführende Schule des gleichen Trägers“ 工商 „Industrie und Handel“ 高尚 „Eleganz“ 工廠 „Waffenfabrik“ 高承 „Einwilligung“ 巧匠 „begabter Handwerker“ 高翔 „Fliegen in großer Höhe“ 5.2 Klassifikation der Sprachlaute Sprachlaute werden danach unterschieden, ob der Luftstrom den Vokaltrakt ungehindert passiert, oder ob er durch die Sprechwerkzeuge behindert wird. Ersteres trifft auf die Vokale ( 母音 boin) zu, letzteres auf die Konsonanten ( 子音 shion oder shiin). Ferner kann man die Laute danach klassifizieren, ob die Stimmbänder bei der Lautproduktion geöffnet sind oder nicht. Sind die Stimmbänder geschlossen, geraten sie durch die vorbeiströmende Luft in Schwingung und ein stimmhafter Laut ( 有声音 yūseion) wird produziert. Wenn man die Hand leicht an die Kehle legt, spürt man die Vibration, die bei der Produktion von stimmhaften Lauten wie z.B. [m] entsteht. Sind die Stimmbänder dagegen geöffnet, kann der Luftstrom ungehindert hindurch, die Stimmbänder geraten nicht in Schwingung und ein stimmloser Laut ( 無声音 museion) wird produziert. Vokale sind immer stimmhaft, bei den Konsonanten gibt es stimmlose und stimmhafte. Im Japanischen gibt es - wie in vielen anderen Sprachen auch - Konsonantenpaare, die sich nur im Hinblick auf ihre Stimmhaftigkeit unterscheiden. Ort und Art der Artikulation sind ansonsten gleich: Vokale Konsonanten Stimmhaftigkeit 72 Phonetik und Phonologie stimmlos stimmhaft [p] [b] [t] [d] [s] [z] [ɕ] [ʑ] [k] [g] Tabelle 16: Stimmlose und stimmhafte Konsonantenpaare im Japanischen 5.2.1 Klassifikation der Konsonanten Die Konsonanten werden zum einen dahingehend klassifiziert, welches Sprechwerkzeug bzw. welcher Ort der Artikulation bei der Lautproduktion beteiligt ist. Bei vielen Lauten ist es so, dass die unten angesiedelten Artikulatoren, also Unterlippe und Zunge, sich in gewisser Weise zu den oberen Artikulatoren - Oberlippe, Gaumen etc. - hinbewegen (Yamaguchi 2007: 3). Abbildung 8: Artikulationsorte der Konsonanten Tabelle 17 gibt einen Überblick über die Artikulationsorte der japanischen Konsonanten und die linguistischen Klassifikationstermini. Klassifikation Artikulationsort Laute bilabial Ober- und Unterlippe [b], [p], [ɸ], [m] alveolar Zahndamm [d], [t], [z], [s], [ts], [dz], [n], [ɾ] alveo-palatal hinter dem Zahndamm [ɕ], [ʑ], [ʨ], [dʑ] palatal vorderer, harter Gaumen [j], [ҫ], velar hinterer, weicher Gaumen [g], [k], [ŋ], [w] uvular Gaumenzäpfchen [ɴ] glottal Stimmritze [h] Tabelle 17: Bezeichnung der Laute nach Artikulationsort Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist die Artikulationsart. Sie beschreibt, wie der Luftstrom durch die Artikulationsorgane verändert wird. Man unterscheidet die folgenden Arten: Artikulationsort Artikulationsart 73 Klassifikation der Sprachlaute • Verschluss- oder Plosivlaute wie [p], [b], [t], [d], [k] und [g] entstehen dadurch, dass der Luftstrom kurzzeitig komplett blockiert wird, sich die Blockade plötzlich löst und der Laut explosionsartig produziert wird. • Die Reibelaute oder Frikative [ɸ], [s], [z], [ɕ], [ʑ], [ҫ] und [h] werden gebildet, indem zwei Artikulatoren eine Engstelle im Mundraum bilden, wodurch der rauschende Laut erzeugt wird. • Bei Affrikaten wie [ts] und [ʨ] wird der Luftstrom zuerst komplett behindert, nach der Öffnung des Verschlusses bleibt jedoch eine Engstelle im Mund. • Nasallaute wie [m], [n], [ŋ] und [ɴ] werden dadurch gebildet, dass der Mundraum durch Artikulatoren gesperrt wird und der Luftstrom durch die Nasenhöhle austritt. • Der Liquid [ɾ] wird durch einen kurzen Zungenschlag an den Zahndamm gebildet, wobei die Luft weiterhin ungehindert rechts und links an der Zunge vorbeiströmen kann. • Die Gleitlaute [j] und [w] werden durch die Bewegung eines Sprechorgans auf eine Zielposition hin gebildet. Sie teilen mit den Vokalen die Eigenschaft, dass der Luftstrom bei ihrer Produktion ungehindert den Mundraum passiert. Daher nennt man sie auch Halbvokale. Im Unterschied zu den Vokalen kommen sie jedoch nie alleine vor, sondern immer in Begleitung eines nachfolgenden Vokals. Ort Art bilabial alveolar alveopalatal palatal velar uvular glottal Plosiva stimmlos stimmhaft pb td kg Frikativa stimmlos stimmhaft ɸ sz ɕʑ ҫ h Affrikata stimmlos stimmhaft ts ʣ ʨʥ Nasale m n ŋ Liquide ɾ Gleitlaute j w Tabelle 18: Japanische Konsonanten nach Artikulationsort und -art 5.2.2 Klassifikation der Vokale Das Japanische kennt fünf Vokale, [a], [i], [ɯ], [e] und [o]. Die Vokale können dahingehend unterschieden werden, • ob die Lippenstellung bei der Lautproduktion gerundet ist oder nicht, • ob der Zungenrücken vorn oder hinten im Mundraum liegt und • ob der Zungenrücken oben oder unten im Mundraum liegt. Artikulationsart ŋ ( ( ) ) ɴ 74 Phonetik und Phonologie Im Japanischen ist nur [o] gerundet. Bei allen anderen Vokalen sind die Lippen ungerundet. Gerade beim [ɯ] besteht hierin ein Unterschied zum deutschen [u]. Das Vokaltrapez in Abbildung 9 veranschaulicht die verschiedenen Artikulationsorte im Mundraum. Abbildung 9: Die japanischen Vokale und ihr Artikulationsort Die Vokale [i] und [e] werden im vorderen Mundraum gebildet, [a], [ɯ] und [o] im hinteren. Bei [i] und [ɯ] ist die Stellung des Zungenrückens hoch, bei [e] und [o] in mittlerer Position und bei [a] tief. 5.3 Das Lautsystem des Japanischen Während die Phonetik sich naturwissenschaftlicher Methoden bedient und den konkreten Prozess der Lautproduktion und -perzeption sowie den Laut beschreibt, ist die Phonologie ( 音韻論 on’inron) eine linguistische Teildisziplin, die sich mit der Systemhaftigkeit der Laute einer Sprache beschäftigt. Sie untersucht, welche Sprachlaute und welche anderen lautlichen Merkmale für die Verständigung in der jeweiligen Sprache relevant sind. Sie fragt, nach welchen Prinzipien die Laute angeordnet sind und wie sich diese Strukturen systematisch verändern können. Die Phonologie ist - wie auch die Morphologie und die Syntax - dem Strukturalismus stark verbunden, indem sie nach den beschreibbaren Basiseinheiten sucht und diese in einen systematischen, strukturellen Zusammenhang zum Ganzen setzt. Die Phonologie bestimmt die Laute, die in einer Sprache bedeutungsunterscheidend sind. Diese werden Phoneme ( 音素 onso) genannt. Was ist nun der Unterschied zwischen einem Phon und einem Phonem? Dies lässt sich gut an den je nach Region unterschiedlichen drei Realisierungen des Buchstabens r im Deutschen erklären: • der uvulare Frikativ [ʁ], • der gerollte, alveolare Vibrant [r] • sowie der gerollte, uvulare Vibrant [ʀ] Artikulationsort Phonologie Phonem 75 Das Lautsystem des Japanischen Wie man r in Rabe ausspricht, führt jedoch nicht zu Bedeutungsunterschieden. D.h. [ʀ], [ʁ] und [r] sind zwar Phone des Deutschen, aber keine Phoneme. Es sind regionalspezifische Realisierungen des abstrakten Phonems / r/ . Phoneme werden im Unterschied zu den Phonen in Schrägstrichen / / notiert. Man identifiziert die Phoneme einer Sprache, indem man die Laute in sogenannten Minimalpaaren kontrastiert. (39) 鍵 [kagi] „Schlüssel“ 柿 [kaki] „Kaki“ [kaki] und [kagi] in (39) sind Minimalpaare. Sie unterscheiden sich nur durch die Phone [k] und [g] an dritter Stelle im Wort. Die Wörter haben zwei verschiedene Bedeutungen, woraus folgt, dass [k] und [g] im Japanischen bedeutungsunterscheidend sind. Sie haben Phonemstatus. Es gibt im Japanischen insgesamt 22 Phoneme: Lautkategorie Phoneme Vokale / a, i, u, e, o/ Gleitlaute/ Halbvokale / j, w/ Spezielle Vokale / R/ Konsonanten / p, t, k, b, d, g, s, h, z, r, m, n/ Spezielle Konsonanten / N, Q/ Tabelle 19: Traditionelle Phoneme des Japanischen (Yamaguchi 2007: 16) 5.3.1 Die verschiedenen Realisierungen eines Phonems Die je nach Umgebung unterschiedlichen Realisierungsformen eines Phonems nennt man Allophone ( 異音 ion). Die japanischen Phoneme haben die folgenden Allophone (Yamaguchi 2007, Labrune 2012). (40) / t/ → [t] vor / a, e, o/ → [ʨ] vor / i, j/ → [ts] vor / u/ / d/ → [d] vor / a, e, o/ → [ʑ] vor / i, j/ → [z] vor / u/ / s/ → [s] vor / a, u, e, o/ → [ɕ] vor / i, j/ / z/ → [z] vor / a, u, e, o/ → [ ʑ ] vor / i, j/ / h/ → [h] vor / a, e, o/ → [ҫ] vor / i, j/ → [ɸ] vor / u/ Durch den Einfluss von Fremdwörtern haben auch Phone wie [ɸ] oder [ts], die im traditionellen Japanisch nur Allophone waren, mittlerweile Phonemstatus. Dies lässt sich an den Minimalpaaren in (41) erkennen. (41) 半 „halb“ [haɴ] ファン „Fan“ [ɸaɴ] 他阿 Eigenname [ta: ] ツァー „Zar“ [tsa: ] Minimalpaare Allophone 76 Phonetik und Phonologie Die Phonotaktik untersucht, welche Lautabfolgen in einer Sprache möglich sind und ob diesen Lautfolgen Regularitäten zugrunde liegen. Im Japanischen ist beispielsweise die Abfolge *CC 6 nicht erlaubt, auch hinsichtlich der CV-Kombinationen gibt es Restriktionen. Durch den Einfluss der Fremdwörter sind jedoch mittlerweile neue phonotaktische Kombinationen möglich. Konsonant traditionelle Kombination neue Kombination [ɸ] [ɸɯ] [ɸa], [ɸi], [ɸe], [ɸo] [j] [ja], [jɯ], [jo] [je] [t] [ta], [te], [to] [ti], [tɯ] Tabelle 20: Einige traditionelle und neue Lautfolgen im Modernen Japanischen 5.3.2 Spezielle Phoneme Im Japanischen gibt es noch drei spezielle Phoneme ( 特殊音素 tokushu onso), / N/ , / Q/ und / R/ . Ihnen gemein ist die Tatsache, dass sie je nach lautlicher Umgebung unterschiedlich realisiert werden. Sie können ferner nicht allein vorkommen und auch nicht im Wortanlaut. Auch können sie nicht den Akzent tragen (Labrune 2012: 138). / N/ repräsentiert einen Nasallaut ( 撥音 hatsuon). Im Silbenalphabet wird er durch ん bzw. ン dargestellt. Je nach Umgebung wird / N/ unterschiedlich realisiert, am Wortende als [ɴ], vor bilabialen Lauten wie [b, p, m] als [m], vor [n] als [n] und vor velaren Konsonanten wie [k, g, ŋ] als [ŋ]. Die unterschiedlichen Realisierungen sind die Allophone von / N/ . (42) 本 hon „Buch“ / hoN/ [hoɴ ] 新聞 shinbun „Zeitung“ / siNbuN/ [ɕimbɯɴ] 案内 annai „Führung / aNnai/ [annai] 暗記 anki „auswendig“ / aNki/ [aŋki] Auch die Länge der Vokale ist im Japanischen bedeutungsunterscheidend, wie (43) am Beispiel der unterschiedlichen Vokallänge des [i] illustriert. (43) おじいさん „Opa“ [oʑi: saɴ ] 7 おじさん „Onkel“ [oʑisaɴ ] Diese Längung ( 引く音 hiku oto oder 長音 chōon) wird durch das Phonem / R/ dargestellt. Der vorangehende Vokal bestimmt, wie / R/ realisiert wird. (44) お母さん okāsan „Mutter“ / okaRsaN/ [oka: saɴ] 小さい chiisai „klein“ / tiRsai/ [ʨi: sai ] 空港 kūkō „Flughafen“ / kuRkoR/ [kɯ: ko: ] ケーキ kēki „Kuchen“ / keRki/ [ke: ki] お父さん otōsan „Vater“ / otoRsaN/ [oto: saɴ ] 6 Der Stern * markiert nicht wohlgeformte Kombinationen. 7 Die Längung wird in der phonetischen Transkription durch einen Doppelpunkt [: ] dargestellt. Phonotaktik Nasallaut Langvokal 77 Die kleinste suprasegmentale Einheit Ferner ist die Verdoppelung eines Konsonanten ( 促音 sokuon) bedeutungsunterscheidend (45). (45) 来て „komm“ [kite] 切手 „Briefmarke“ [kitte] / Q/ repräsentiert diese Konsonantengemination und entspricht in der Kana- Schreibung dem kleinen っ bzw. ッ . / Q/ steht immer vor einem anderen Konsonanten, einem stimmlosen Plosiv-, Affrikat- oder Frikativlaut (46). Dieser bestimmt, wie / Q/ realisiert wird. (46) 一回 ikkai „ein Mal“ / iQkai/ [ikkai] 切符 kippu „Fahrkarte“ / kiQpu/ [kippɯ] 一才 issai „ein Jahr alt“ / iQsai/ [issai] Nur in neuen Lehnwörtern können auch die stimmhaften Konsonanten / b, d, g, z, ʑ/ verdoppelt werden (47). (47) レッド reddo „rot“ / reQdo/ [reddo] バッグ baggu „Tasche“ / baQgu/ [baggɯ] Bei Interjektionen kann / Q/ auch im Auslaut stehen (48). Er wird phonetisch als Knacklaut [ʔ ] realisiert. (48) やったっ! yatta’ „geschafft! “ / jaQtaQ/ [jattaʔ] 5.4 Die kleinste suprasegmentale Einheit Die Phonologie fragt auch, welche größeren, suprasegmentalen Einheiten in der jeweiligen Sprache im Hinblick auf die Prosodie, den Sprachrhythmus oder den Akzent relevant sind. In vielen Sprachen ist die Silbe ( 音節 onsetsu) eine solche Einheit. Auch wenn der Begriff Silbe intuitiv klar ist, gibt es keine allgemein gültige, sprachenübergreifende Definition. Eine Silbe besteht aus einem oder mehreren Lauten, die eine natürliche lautliche Einheit bilden. Sie besteht aus einem Silbengipfel (Nukleus), der normalerweise ein Vokal ist, und eventuell aus einem An- oder einem Endlaut. Das Japanische kennt hauptsächlich offene Silben, die auf einen Vokal enden. Abgesehen von / N/ und / Q/ können im Japanischen keine Konsonanten im Auslaut stehen. Konsonantenkombinationen im Anlaut sind ebenfalls nicht möglich. (49) gibt die möglichen Silbenstrukturen an: 8 (49) V あ / a/ CVN かん / kan/ CV か / ka/ CVR かあ / kaR/ CSV きゃ / kja/ CVQ かっ / kaQ/ VN あん / aN/ CSVN きゃん / kjaN/ VR ああ / aR/ CSVR きゃあ / kjaR/ VQ あっ / aQ/ CSVQ きゃっ / kjaQ/ 8 C steht für Konsonant, V für Vokal, S für Semivokale, d. h. Halbvokale, N, Q und R für die speziellen Phoneme (vgl. Kap. 5.3.1). Konsonantengemination Silbe 78 Phonetik und Phonologie Für das Japanische geht man jedoch davon aus, dass nicht die Silbe, sondern die Mora ( 拍 haku oder モーラ mōra) die wichtige prosodische Einheit ist. Eine Mora ist die zeitliche Gewichtung eines Lautes bzw. einer Lautfolge. Jede Mora wird gleich lang ausgesprochen. Sie kann aus den Lauten und Kombinationen in (50) bestehen. Auch die gebrochenen Laute ( 拗音 yōon), die aus einem Konsonanten, einem Gleitlaut und einem Vokal bestehen (CSV), bilden eine Mora. Mit Ausnahme von / N/ und / Q/ kann kein Konsonant allein eine Mora bilden: (50) V wie in 絵 e „Bild“ / e/ CV wie in 目 me „Auge“ / me/ CSV wie in 今日 kyō „heute“ / kjo.R/ 9 / N/ wie in 本 hon „Buch“ / ho.N / / Q/ wie in 切符 kippu „Fahrkarte“ / ki.Q.pu/ / R/ wie in 象 zō „Elefant“ / zo.R/ Begründet wird diese Annahme damit, dass die Tonhöhe zwischen einzelnen Moren, nicht zwischen Silben wechselt. Bei 京都 in (51) z.B. fällt der Ton nach der ersten Mora / kjo/ (Labrune 2012: 146). Ferner kann man durch die Silbenzahl nicht erklären, wieso die beiden zweisilbigen Wörter in (52) ungleich lang ausgesprochen werden, wohl aber durch die Morenzahl (Yamaguchi 2007: 32). (51) 京都 kyōto „Kyōto“ / kjo.R.to/ (52) 兄 ani „älterer Bruder“ / a.ni/ 安易 an’i „leicht, einfach“ / a.n.i/ Abbildung 10 illustriert die unterschiedlichen Resultate, welche die Aufteilung eines Wortes in Silben bzw. Moren liefert. Abbildung 10: Analyse des Wortes 参加 sanka „Teilnahme“ in Moren und Silben 9 Die Punkte geben die Morengrenzen an. Mora 79 Phonologische Prozesse Die metrische Einheit in der Poesie ist ebenfalls die Mora und nicht die Silbe. Die japanischen Kurzgedichte ( 俳句 haiku) sind also nicht 5-7-5-silbig, sondern 5-7-5-morig, wie das folgende Gedicht von Matsuo Bashō illustriert. (53) 憂き我を u.ki wa.re o leidend ich DIROBJ さびしがらせよ sa.bi.shi.ga.ra.se yo einsam-sich fühlen-lassen IMP 閑古鳥 ka.n.ko.do.ri Kuckuck „Vertiefe mir die Einsamkeit, meinem kläglichen Ich, du Kuckuck, mit deinen Rufen! “ (Bashō 1994: 27; übs. Dombrady) 5.5 Phonologische Prozesse Die Laute einer Sprache können von einem Sprecher zufällig anders ausgesprochen werden, es gibt aber auch das Phänomen, dass eine Lautveränderung regelmäßig auftritt. Die Phonologie beschreibt diese regelmäßig auftretenden Prozesse. Die lautliche Umgebung kann einen Einfluss auf die Realisation eines Lautes ausüben. Passt sich ein Laut seiner Umgebung an, so spricht man von Assimilation ( 同化 dōka). Ist es der vorangehende Laut, der die Änderung hervorruft, so nennt man den Prozess re gressive Assimilation. Ist es der nachfolgende Laut, so handelt es sich um eine pro gressive Assimilation. Eine Form der Assimilation findet bei der Wortzusammensetzung aus na tiven japanischen Wörtern statt ( 連濁 rendaku). Lautet wie in (54) die zweite Konstituente der Wortbildung auf einen stimmlosen Konsonanten wie [k] oder [s] an, so wird dieser in der Wortbildung stimmhaft (La brune 2012: 112ff). (54) [kɯni] „Land“ + [kɯni] „Land“ → [kɯnigɯni] „Länder“ [ao] „blau“ + [soɾa] „Himmel“ → [aozoɾa] „blauer Himmel“ Die zweite Konstituente darf jedoch keinen stimmhaften Obstruenten, also [b, d, g, z oder ʑ], enthalten. Bei 籠 / kago/ als zweiter Konstituente erfolgt wegen des [g] daher keine Assimilation (55). (55) [take] „Bambus“ + [kago] „Korb“ → [takekago] „Bambuskorb“ Ein weiterer, regelhaft auftretender Prozess ist die Devokalisierung der hohen Vokale / i/ und / u/ . Sie werden zwischen stimmlosen Konsonanten bzw. nach stimmlosen Konsonanten im Auslaut devokalisiert (56). Die Devokalisierung ( 無声化 museika) wird mit einem kleinen Kringel unter dem Vokal notiert (Labrune 2012: 34f). Metrik Assimilation Rendaku Devokalisierung - - - 80 Phonetik und Phonologie (56) 七時 shichiji „7 Uhr“ → [ɕi ̥ ʨiʑi] 学生 gakusei „Student“ → [gakɯ̥ se: ] 5.6 Der Akzent Der lexikalische Akzent ( アクセント akusento) ist die lautliche Hervorhebung einer sprachlichen Einheit innerhalb eines Wortes. Die Hervorhebung wird in den Sprachen der Welt unterschiedlich realisiert, durch Druck, also Lautstärke und Dauer, oder durch Unterschiede im Tonhöhenverlauf. Deutsch ist eine Sprache mit Druckakzent, der auch dynamischer Akzent genannt wird. Die betonten Silben werden lauter und länger ausgesprochen, die nichtakzentuierten leiser und kürzer (Pompino-Marschall 1995: 245). Japanisch dagegen hat einen Tonhöhenakzent, man spricht auch von musikalischem Akzent ( 高低アクセント kōtei akusento). Japanisch verwendet nur zwei Töne, einen hohen (H) und einen tiefen (L). Der Akzent ist als der Wechsel von einem hohen zu einem tiefen Ton innerhalb eines Wortes definiert. Die sprachliche Einheit, welche den Akzent trägt, ist in vielen Sprachen die Silbe. Im Japanischen dagegen ist es die Mora. Der Akzent liegt auf der hohen Mora, nach welcher der Ton abfällt. Gerade im Hinblick auf den Akzent und die Akzentmuster unterscheiden sich die Dialekte stark (Iwasaki 2013, Okimori et al. 2006). Der Akzent war und ist Wandlungsprozessen unterworfen, so wird beobachtet, dass gerade im Tōkyō-Dialekt der Trend zur Nicht-Akzentuierung geht. 10 Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die Akzentmuster im Tōkyō-Dialekt, da sie der Standardsprache nahekommen. Es gibt akzentuierte und unakzentuierte Wörter ( 平板式 heibanshiki). Unakzentuierte Wörter machen 47,3 % des Lexikons aus (Labrune 2012: 186). Ob ein Wort akzentuiert ist oder nicht, und wo der Akzent sitzt, ist nicht vorhersagbar (Haraguchi 1999: 6). Japanische Nomen weisen eine größere Bandbreite an Akzentmustern auf als Verben und Adjektive. Der Akzent muss also gelernt werden. Alle Wörter erfüllen jedoch die folgenden beiden Akzentregeln (Labrune 2012: 179f): 1. Jedes akzentuierte Wort hat maximal einen Akzent. Der Ton fällt nur ein Mal. 2. Zwischen der ersten und der zweiten Mora wechselt die Tonhöhe. Da zwischen den ersten beiden Moren immer ein Wechsel in der Tonhöhe erfolgen muss, ist bei unakzentuierten Wörtern die erste Mora immer tief, die zweite Hoch. Danach bleibt die Tonhöhe erhalten. Bei akzentuierten Wörtern gibt es die folgenden Akzentmuster: 1. 頭高型 atamadaka-gata Kopfakzent: Der Akzent liegt auf der ersten Mora. 2. 中高型 nakadaka-gata Mittelakzent: Der Akzent liegt auf einer mittleren Mora. 10 http: / / www.ninjal.ac.jp/ publication/ catalogue/ kokken_mado/ 09/ 04/ (01.10.2014) musikalischer Akzent Akzentregeln 81 Der Akzent 3. 尾高型 odaka-gata Schwanzakzent: Der Akzent liegt auf der letzten Mora. Bei einer Morenzahl n ergeben sich also prinzipiell n+1 Akzentmuster. Konkret bestehen für 3-morige Nomina die in (57) aufgelisteten vier Möglichkeiten der Akzentuierung (Iwasaki 2013: 47). 11 Ob ein Wort den Akzent auf der letzten Mora trägt oder unakzentuiert ist, kann man nicht erkennen, wenn man es isoliert betrachtet. Daher ist in (57) die Subjektpartikel が ga den Nomen hinzugefügt: (57) Akzent auf 1. Mora: 命が „Leben SUBJ “ / i’noti+ga/ Akzent auf 2. Mora: 心が „Herz SUBJ “ / koko’ro+ga/ Akzent auf 3. Mora: 頭が „Kopf SUBJ “ / atama’+ga/ unakzentuiert: 都が „Hauptstadt SUBJ “ / mijako+ga/ Der Wortakzent ist in jedem Wörterbuch vermerkt. Ferner gibt es spezielle Aussprachewörterbücher 12 . Für die Darstellung des Akzents existieren neben der in (57) verwendeten Markierung mit Apostroph verschiedene andere Notationsweisen: Notationsart Kopfakzent Mittelakzent Schwanzakzent nicht akzentuiert Numerische Notation ➀ ② ③ ⓪ Gipfelmarkierung イノチ ココロ アタマ ミヤコ Linearmarkierung イノチ ココロ アタマ ミヤコ Klammernotation i ⏋ nochi ko ⎾ ko ⏋ ro a ⎾ tama ⏋ mi ⎾ yako Buchstabennotation HLL LHL LHH LHH Tabelle 21: Akzentnotationen nach Kindaichi et al. (1988: 258) Es wird oft behauptet, dass bei Homophonen wie / ame/ in (58) der Akzent für die Disambiguierung ausschlaggebend ist. Tatsächlich können jedoch nur 14 % der homophonen Wörter im Japanischen aufgrund des Akzents unterschieden werden (Okimori et al. 2006: 26-27). (58) a. / ame+ga/ LHH (unakzentuiert) „Bonbon“+ SUBJ b. / a’me+ga/ HLL (akzentuiert) „Regen“+ SUBJ Die Akzentverschiebung und Deakzentuierung in Wortbildungen sowie die Akzentuierung von Fremdwörtern sind viel diskutierte Phänomene innerhalb der japanischen Linguistik (Haraguchi 1999). 11 Tatsächlich ist die Verteilung der Akzentmuster nicht gleichmäßig. Längere Wörter werden größtenteils auf der ersten oder letzten More akzentuiert. 12 Z.B. NHK hōsō bunka kenkyūjo (2002) Akzentmuster homophone Wörter 82 Phonetik und Phonologie 5.7 Intonation Der Begriff Intonation ( イントネーション intonēshon) erfasst den Verlauf der Sprechmelodie über eine Äußerung hinweg. Bei der Beschreibung der Äußerungsintonation ist weniger die absolute Tonhöhe wichtig, als vielmehr die relative Veränderung zur Frequenzlage des jeweiligen Sprechers (Pompino-Marschall 1995: 246). Die Intonation verändert den Wortakzent nicht, sie überlagert ihn. Sie zeigt an, um was für eine Art Sprechhandlung es sich handelt, um eine Frage oder um eine Aussage. Ferner gibt der Sprecher mit der Intonation seine Einstellungen zum Gesagten - Überraschung, Zweifel oder Nachdrücklichkeit - kund. Iwasaki (2013: 49) unterscheidet für das Japanische fünf Intonationsmuster: • Setting ↘ : die natürliche fallende Intonation von Aussagen • Rising ↗ : die steigende Intonation von Fragen • Fall and rise ∨ : die Intonation von Zweifel und Unglaube • Level ,: unmarkierte Intonation bei Fortführung der Sprecherrolle • Rise and fall ∧ : die typische Intonation, mit welcher der Sprecher anzeigt, dass er die Sprecherrolle beibehalten wird. Akamatsu, Tsutomu (1997): Japanese phonetics. Theory and practice. München: LINCOM Europa. Altmann, Hans / Ziegenhain, Ute (2010): Prüfungswissen Phonetik, Phonologie und Graphemik. Stuttgart: UTB. Kubozono, Haruo (ed.) (2015). Handbook of Japanese phonetics and phonology. Handbooks of Japanese language and linguistics 2. Berlin: De Gruyter. Labrune, Laurence (2012): The phonology of Japanese. Phonology of the world’s languages. Oxford: Oxford University Press. Intonationsmuster 6 Wortschatz In diesem Kapitel erfahren Sie, • was ein Wort ist, • wie der japanische Wortschatz aufgebaut ist, • was lautmalerische Wörter sind und • welche Wörter Sie nicht mehr gebrauchen sollten, wenn Ihre Äußerung politisch korrekt sein soll. 6.1 Was ist ein Wort? Auch wenn wir im täglichen Leben häufig von „Wort“ und „Wörtern“ sprechen und intuitiv verstehen, was gemeint ist, ist es doch schwierig, ein „Wort“ zu definieren. Da bei der Schreibung des Japanischen gewöhnlich kein Abstand zwischen Wörtern gemacht wird, ist auch rein optisch nicht sofort erkennbar, wo sich die Wortgrenzen befinden. Bei einem Wort kann man zum einen seine lautliche, graphische und morpho-syntaktische Form, zum anderen seine Bedeutung betrachten. Beide Aspekte zusammengenommen sind für die Definition eines Wortes wichtig: Ein Wort ( 語 go oder 単語 tango) ist die kleinste im Satz frei vorkommende bedeutungstragende Einheit (Okimori et al. 2006: 66). Dies ist die verbreitetste Wortdefinition. So kann 目 me, wie (59) veranschaulicht, im Satz in unterschiedlichen Umgebungen frei vorkommen. Es ist nicht weiter in kleinere Einheiten zerlegbar und hat eine Bedeutung, nämlich „Auge“. 目 me ist nach der obigen Definition also ein Wort. (59) 目が大きい me ga ōkii Auge SUBJ groß „große Augen haben“ 目をつぶる me o tsuburu Auge DIROBJ zusammenkneifen „die Augen zukneifen“ 目の色 me no iro Auge GEN Farbe „die Farbe der Augen“ Schwieriger wird die Wortbestimmung bei Ausdrücken wie in (60) oder (61), welche die gleiche syntaktische Struktur aufweisen, nämlich Nomen - の no - Nomen und somit auch in drei einzelne Wörter aufgeteilt werden könnten. Definition „Wort“ 86 Wortschatz (60) 菜の花 na no hana „Rapsblüte“ (61) 庭の花 niwa no hana „Blumen des Gartens“ Während 菜の花 na no hana im heutigen Japanisch als ein Wort empfunden wird, weil es eine feste Bedeutung trägt, empfindet man 庭の花 niwa no hana eher als frei gebildetes Syntagma 1 (Akimoto 2002: 48). Tamamura (2002) schlägt daher zur Überprüfung des Wortstatus weitere Kriterien vor: 1. Ein Wort hat nur eine akzenttragende Silbe. 2. Es sind keine Diskurspartikeln o.ä. einfügbar. Wendet man das zweite Kriterium auf die Beispiele in (60) und (61) an, wird das intuitive Wortempfinden bestätigt. きれいな kirei na „schön“ ist in (61) vor 花 hana einfügbar, in (60) jedoch nicht. 菜の花 na no hana ist also ein Wort. 2 (62) * 菜のきれいな花 na no kirei na hana „schöne Blüte des Raps“ 庭のきれいな花 niwa no kirei na hana „schöne Blumen des Gartens“ Es gibt jedoch auch andere Wortdefinitionen. Je nachdem, ob man die formale Seite oder die Bedeutungsseite der Definition betont, ändert sich der Gegenstand der Betrachtung. In der traditionellen japanischen Sprachwissenschaft ( 国語学 kokugogaku) wurden auch Suffixe und Partikeln als Wörter gezählt. In anderen Ansätzen dagegen werden Suffixe und Partikeln , da sie ja nicht eigenständig vorkommen können, als integrale Bestandteile von Wörtern gesehen und daher nicht extra gezählt (vgl. Lewin 1982: 28; Furuta 1994). Andere Ansätze betonten die „eine“ Bedeutung von Wörtern und zählen daher auch Redewendungen als ein Wort. Je nach Definition enthält (63) fünf, drei (watashi wa, mimi ga, tōi) oder zwei (watashi wa, mimi ga tōi) „Wörter“. Bei Wortschatzuntersuchungen sollte man daher immer vorab klären, welche Wortdefinition der Analyse zugrunde liegt. (63) 私は耳が遠い。 Watashi wa mimi ga tōi. Ich TOP Ohr SUBJ weit „Ich bin schwerhörig.“ Innerhalb der Linguistik ist es die Lexikologie ( 語彙論 goiron), welche die Wörter und Wendungen einer Sprache als System im Hinblick auf ihre Herkunft, Verwendungshäufigkeit, Verteilung und Veränderungen untersucht. Die Elemente des Wortschatzes nennt man auch Lexeme ( 語彙素 goiso). Die Semantik ( 意味論 imiron) dagegen untersucht die Bedeutung von Wörtern, grammatischen Konstruktionen und Sätzen, geht also über die Wortebene hinaus. 1 Ein Syntagma ist eine Wortgruppe. 2 Im Nihon kokugo daijiten ist 菜の花 na no hana auch als ein Lemma eingetragen. weitere Wortdefinitionen Lexikologie 87 Wortschatzuntersuchungen 6.2 Wortschatzuntersuchungen Bei statistischen Wortschatzuntersuchungen ist zu unterscheiden, ob man die absolute Zahl an Verwendungen von Wörtern im Text, die Zahl der Token ( 述べ語数 nobe gosū), oder die Zahl der Types ( 異なり語数 kotonari gosū) betrachtet. Bei der Erfassung der Types zählt man die verschiedenen Wörter, die in dem untersuchten Text vorkommen. Wiederholungen werden dabei nicht mitberücksichtigt. In der ersten Strophe des japanischen Kinderlieds in (64) kommen 18 Wörter 3 , 18 Token, vor. Einige Wörter wiederholen sich öfter. (64) besteht daher aus insgesamt 13 Types: (64) 桜桜 Sakura sakura „Kirschblüte Kirschblüte 野山も里も noyama mo sato mo Felder Hügel auch Dorf auch 見渡す限り miwatasu kagiri überblicken soweit 霞か雲か kasumi ka kumo ka Dunst oder Wolken oder 朝日に匂う asahi ni niou Morgensonne- LOK duften 桜桜 sakura sakura Kirschblüte Kirschblüte 花ざかり hanazakari Blütenhöhepunkt“ Das Verhältnis von Token- und Typezahl erlaubt, Aussagen über den Wortschatzreichtum eines Textes zu machen. Die Tokenzahl eines Wortes im Verhältnis zur Gesamttokenzahl eines Textes gibt die relative Verwendungshäufigkeit eines Wortes im Text an. Wort Tokenzahl Relative Verwendungshäufigkeit 桜 sakura 4 22 % も mo 2 11 % か ka 2 11 % 野山 noyama 1 5 % 里 sato 1 5 % 見渡す miwatasu 1 5 % 限り kagiri 1 5 % 霞 kasumi 1 5 % 雲 kumo 1 5 % 朝日 asahi 1 5 % に ni 1 5 % 匂う niou 1 5 % 花盛り hanazakari 1 5 % Tabelle 22: Absolute und relative Verwendungshäufigkeit der Wörter in dem Kinderlied Sakura 3 Es werden hier auch die Partikeln als Wörter gezählt. Types und Token Verwendungshäufigkeit 88 Wortschatz Auf diese Weise lassen sich auch die häufigsten Wörter im Japanischen bestimmen. Das Ergebnis unterscheidet sich jedoch leicht je nach untersuchtem Textgenre und Themengebiet. Um ein repräsentatives Ergebnis zu erzielen, müssen bei einer Untersuchung daher möglichst viele verschiedene Textsorten berücksichtigt werden. Dies ist bei ausgewogenen Sprachkorpora, Sammlungen gesprochener oder geschriebener Sprachdaten, der Fall. 90 Zeitschriften Asahi Shinbun Lehrbücher/ Kinderliteratur 1 する suru „machen“ する suru „machen“ いる iru „sein“ 2 いる iru „sein“ いる iru „sein“ です desu Kopula 3 言う iu „sagen“ ある aru „sein, haben“ お o- Präfix der Höflichkeit 4 一 ichi „eins“ こと koto „Sache“ 言う iu „sagen“ 5 こと koto „Sache“ なる naru „werden“ だ da Kopula 6 なる naru „werden“ する suru „machen“ こと koto „Sache“ 7 ( ら ) れる -(ra)reru Passiv もの mono „Ding“ なる naru „werden“ 8 二 ni „zwei“ この kono „dieses hier“ その sono „dieses da“ 9 ある aru „sein, haben“ 的 -teki „-mäßig“ する suru „machen“ 10 その sono „dieses da“ ある aru „sein, haben“ ある aru „sein, haben“ Tabelle 23: Die häufigsten 10 Wörter im Japanischen in unterschiedlichen Textgenres (Akimoto 2002: 35) Die Gesamtzahl der Types einer Sprache zu einer gewissen Zeit macht ihren Wortschatz, ihr Lexikon ( 語彙 goi), aus. Der Wortschatz einer Sprache ist der Teil, der am häufigsten von Veränderungen betroffen ist. Neue Wörter, sogenannte Neologismen ( 新語 shingo), werden gebildet (65), etablierte Wörter kommen aus der Mode (66) und werden zu Archaismen ( 死語 shigo). (65) アベノミクス abenomikusu „Wirtschaftspolitik von Abe Shinzō“ ブラック企業 burakku kigyō „ausbeuterische Unternehmen“ 4 (66) アベック abekku „Geliebter“ von frz. avec 電視 denshi „Strom“ + „Blick“ „Fernseher“ (Miyajima 2008) 4 http: / / www.breaking-news-words.com/ (01.10.2014) häufigste Wörter Wortschatz 89 Strata Ferner gibt es spontan gebildete Wörter, sogenannte Okkasionalismen, die sich jedoch nicht etablieren und nur einmalige Erscheinungen sind. Insofern ist es schwierig, Angaben zur Größe eines Wortschatzes zu machen. Auch den Wortschatz eines Individuums zu bestimmen, ist schwer. Je nach den persönlichen Voraussetzungen unterscheidet sich der Wortschatz, über den ein Sprecher einer Sprache verfügt. Es muss auch zwischen dem passiven Wortschatz, den ein Sprecher zwar versteht, aber nicht benutzt, und dem aktiven Wortschatz, den er tatsächlich benutzt, unterschieden werden. Ein erwachsener Japaner verfügt über einen passiven Wortschatz von ca. 40- 50.000 Wörtern (Akimoto 2002: 34). Für das Deutsche wird eine Zahl von 12.000 (aktiv) bis 50.000 (passiv) angegeben. 5 Japanisch Englisch Deutsch 6 1-1.000 60,5 % 80,5 % 69,2 % 1-2.000 70,0 % 86,6 % 75,52 % 1-3.000 75,3 % 90,0 % 80 % 1-4.000 77,3 % 7 92,2 % - 1-5.000 81,7 % 93,5 % 83,13 % Tabelle 24: Textdeckung der häufigsten 5.000 Wörter im Japanischen, Englischen und Deutschen (Tamamura 1998) Tabelle 24 veranschaulicht den Textdeckungsgrad der häufigsten 5.000 Wörter im Japanischen, Englischen und Deutschen. Wenn man die häufigsten 5.000 Wörter im Englischen kennt, versteht man 95 % der Wörter eines Textes. Diese Zahl ist für das Japanische mit 81,7 % weitaus geringer. D.h. man muss im Allgemeinen mehr Wörter kennen, um einen japanischen Text zu verstehen. Dies wird auf die vielen soziolektalen Varietäten (vgl. Kap. 12) sowie das Nebeneinander der verschiedenen Strata (s.u.) zurückgeführt. 6.3 Strata Der japanische Wortschatz wird aufgrund der Herkunft der Wörter in drei verschiedene Schichten - sogenannte Strata ( 語種 goshu) - unterteilt. Zunächst gibt es den rein japanischen Wortschatz, der nur native, nichtentlehnte Wörter enthält. Er wird 大和言葉 yamato kotoba oder 和語 wago genannt. Ab dem 5. Jh. wurden zusammen mit dem Buddhismus und dem chinesischen Schriftsystem auch Wörter aus dem Chinesischen entlehnt. Diese Entlehnungen nennt man 漢語 kango. Als im 16. Jh. portugiesische und spanische Missionare und Kaufleute nach Japan kamen, begann der Sprachkontakt mit westlichen Sprachen. Entlehnungen aus westlichen Sprachen werden 外来語 gairaigo genannt, sie bilden das dritte und neueste Stratum. 5 http: / / www.duden.de/ sprachwissen/ sprachratgeber/ zum-umfang-des-deutschenwortschatzes (08.05.2014) 6 Die Zahlen fürs Deutsche geben den Deckungsgrad für die häufigsten 1.022, 2.017, 3.295 bzw. 4.691 Wörter an. Sie sind mit den englischen und japanischen Zahlen nicht vollkommen vergleichbar. 7 Die Zahl gibt den Deckungsgrad für die häufigsten 3.500 Wörter an. Herkunft der Wörter 90 Wortschatz Neben diesen nach der Herkunft sich unterscheidenden Strata werden oft auch die lautmalerischen Wörter aufgrund ihrer lautlichen Besonderheit einem eigenen Stratum zugerechnet. 8 6.3.1 Das japanische Stratum Mit 和語 wago wird der native japanische Wortschatz bezeichnet. 9 Die Silbenstruktur der Wago ist einfach, sie bestehen aus Vokalen oder Konsonant-Vokal-Kombinationen (67). Die Silben sind, wenn man von der Devokalisierung (vgl. S. 79) absieht, offen, sie enden nicht auf einen Konsonanten. 上 ue „oberhalb“ 雨 ame „Regen“ 手 te „Hand“ 山 yama „Berg“ Sie beginnen weder mit den stimmhaften Plosivlauten / b/ , / d/ , / g/ und / z/ noch mit / r/ oder/ p/ . Sie enthalten vergleichsweise wenige Langvokale, kaum verdoppelte Konsonanten und auch nicht den Nasal / N/ . Insgesamt sind die Wörter relativ kurz, der Großteil ist zwei oder vier Moren lang. Den Wago wird nachgesagt, dass sie nicht sehr produktiv in der Wortbildung sind. Tatsächlich gibt es jedoch auch Komposita (68) und einige wenige Derivationen . 10 (68) 山 yama „Berg“ + 道 michi „Weg“ → 山道 yamamichi „Bergweg“ 赤 aka „rot“ + さ -sa Nominalisierung → 赤さ akasa „ Röte“ 赤 aka „ rot“ + み -mi „-lich“ → 赤み akami „ rötlich“ Wago erstrecken sich über alle Wortarten. Die grammatischen Morpheme, die Partikeln und Verbalsuffixe sind ausschließlich Wago. Bis auf wenige Ausnahmen gehören die Verben diesem Stratum an. Unter den Wago findet sich vor allem das Basisvokabular - Körperteilbezeichnungen, Bezeichnungen für Naturphänomene und Farben. Abstrakta sind selten. Im Vergleich zu den Kango sind sie semantisch auch weniger spezifisch (70). Ferner haben sie die Konnotation der alltäglichen Sprache. (70) Wago: 入る hairu „betreten, eintreten“ Kango: 入場する NYŪJŌ suru „einen Versammlungsort betreten“ 入国する NYŪKOKU suru „in ein Land einreisen“ 入館する NYŪKAN suru „ein Gebäude betreten“ 8 Ferner unterscheiden manche Forscher noch 外国語 gaikokugo „fremdsprachliche Wörter“, die auch in ihrem fremden, alphabetischen Schriftbild im Japanischen Verwendung finden. 9 Die folgenden Ausführungen basieren auf Akimoto (2002: 66ff). 10 Siehe auch die Ausführungen zur Wortbildung, S. 10 ff. Lautmalerei Basisvokabular (67) (6 ) 9 (6 ) 9 7 91 Strata Wago werden mit Kanji, Hiragana oder einer Mischung aus Kanji und Hiragana geschrieben. Die Kanji werden dann in der rein japanischen Lesung ( 訓読み kun-yomi) gelesen. Tatsächlich ist die Bestimmung, ob ein Wort den Wago zuzuordnen ist, nicht immer einfach. So erfüllen 馬 uma „Pferd“ oder 寺 tera „Tempel“ alle oben aufgeführten Kriterien und werden von den meisten Muttersprachlern auch als Wago angesehen. Dennoch handelt es sich hierbei um sehr frühe Entlehnungen aus dem Chinesischen bzw. dem Koreanischen (Akimoto 2002: 66). 6.3.2 Entlehnungen aus dem Chinesischen 11 Mit 漢語 kango werden die in vormoderner Zeit aus dem Chinesischen entlehnten, mit chinesischen Schriftzeichen geschriebenen, sinojapanisch gelesenen Wörter bezeichnet. 12 Kango bestehen meist aus einer Kombination aus zwei bis vier Kanji. Im Unterschied zu den Wago kennen die Kango auch den Nasal / N/ im Silbenauslaut (71). Auch die gebrochenen Laute aus Konsonant, Gleitlaut [j] und Vokal wie kyo [kjo] finden sich bei den Kango (71). Gemination stimmloser Konsonanten und Langvokale kommen ebenfalls häufig vor (72). (71) 勉強 BENKYŌ „Studium“ (72) 学校 GAKKŌ „Schule“ Da die Kango meist aus zwei Kanji bestehen, ist die Zahl der vierbis sechsmorigen Wörter besonders groß. Da sie bei der Entlehnung lautlich vereinfacht wurden, gibt es viele Homophone ( 同音語 dōongo), Wörter, die gleich ausgesprochen werden, aber eine andere Bedeutung und Schreibung haben (vgl. S. 69). Kango sind hauptsächlich Nomen und Nominaladjektive. Mithilfe des Verbs する suru „machen“ können die Nomen, sofern sie eine verbale Bedeutung haben, syntaktisch als Verben integriert werden (73). (73) 勉強 BENKYŌ „Studium“ → 勉強する BENKYŌ suru „studieren“ 洗濯 SENTAKU „Waschen“ → 洗濯する SENTAKU suru „waschen“ Im Vergleich zu den Wago bezeichnen Kango vermehrt Abstrakta, viele Oberbegriffe gehören diesem Stratum an (74). (74) 自然 SHIZEN „Natur“ 人間 NINGEN „Mensch“ 動物 DŌBUTSU „Tier“ 家具 KAGU „Möbel“ 11 Die folgenden Ausführungen basieren auf Akimoto (2002: 68ff). 12 Es müssen nicht alle Kriterien zutreffen, damit ein Wort als Kango klassifiziert wird. Auch in Japan geprägte, mit Kanji geschriebene und sinojapanisch gelesene Wörter gehören zu den Kango. Phonologie Semantik 92 Wortschatz Teilweise sind sie auch semantisch spezifischer als die Wago (vgl. (70)). Gerade zu Beginn der Meiji-Zeit (1868-1912) nahm die Zahl der Kango stark zu. Neue Begrifflichkeiten aus dem Westen wurden nicht direkt entlehnt, sondern die Bedeutung mithilfe von Kango übersetzt (75). Teilweise wurden auch Kango-Lehnübersetzungen aus China übernommen (76). Ferner wurden wie in (77) alte existierende Kango mit neuen Bedeutungen gefüllt (Okimori Kimura 2011: 114; Yanabu 1991). (75) „Individuum“ 個人 KOJIN „Gesellschaft“ 社会 SHAKAI (76) „Elektrizität“ 電気 DENKI „Zeitung“ 新聞 SHINBUN (77) „Kultur“ 文化 BUNKA „Wirtschaft“ 経済 KEIZAI Kango werden vermehrt in der geschriebenen Sprache verwendet und haben daher schriftsprachlichen Charakter. Sie gehören dem elaborierten Stil an und haben die Konnotation von Wissenschaftlichkeit. 6.3.3 Entlehnungen aus westlichen Sprachen 外来語 gairaigo 13 sind Entlehnungen aus westlichen Sprachen, die ab dem 16. Jh. in die japanische Sprache Eingang fanden. Aber auch neuere Entlehnungen aus dem Chinesischen oder Koreanischen (78) werden dazu gezählt. (78) ラーメン rāmen „chin. Eiernudeln“ キムチ kimuchi „korean. eingelegter Kohl“ Waren es anfangs die portugiesischen und spanischen Missionare und Kaufleute, die christliches Wortgut und Handelswortschatz (79) nach Japan brachten, so kamen nach der Landesschließung 1639 lediglich noch niederländische Wörter (80) aus den Bereichen der Medizin und des Handels über die holländische Faktorei auf Dejima, einer Insel vor Nagasaki, in die japanische Sprache (Park 1985, Irwin 2010). (79) 伴天連 bateren port. padre „Vater, Pfarrer“ 歌留多 / 加留多 / 骨牌 karuta port. carta „Spielkarten“ シャボン shabon span. jabon „Seife“ (80) カルキ karuki ndl. kalk „Kalk“ 丁幾 / チンキ chinki ndl. tinctuur „Tinktur“ 珈琲 / コーヒー kōhī ndl. koffie „Kaffee“ ビール bīru ndl. bier „Bier“ Nach der Landesöffnung und der Meiji-Restauration 1868 drang viel Wortgut aus dem Westen in das Japanische, sowohl in Form von Lehnübersetzungen 13 Der Terminus setzt sich aus den Kanji für „außen“, „kommen“ und „Wort“ zusammen. Stil Fremdwörter Herkunftssprachen 93 Strata (vgl. (75)) als auch in Form direkter Entlehnungen. Die einzelnen Sprachen deckten dabei unterschiedliche semantische Felder ab, das Italienische vor allem den Bereich der Musik, das Französische die Künste und den Modebereich, das Deutsche Philosophie, Medizin und Bergsport (81). (81) テーゼ tēze „These“ ギプス gipusu „Gips“ ゲレンデ gerende „Skigelände“ ヒュッテ hyutte „Hütte“ In der Nachkriegszeit haben Entlehnungen aus dem Englischen rapide zugenommen und ältere Entlehnungen auch teilweise verdrängt (vgl. Abbildung 11). Über das Englische kamen zahlreiche Internationalismen in die japanische Sprache. Abbildung 11: Gairaigo im gegenwärtigen Japanischen nach Herkunft (Miyajima 1982: 72) Zu den Gairaigo zählen auch die Pseudo-Anglizismen ( 和製英語 wasei eigo), in Japan geprägte Wortbildungen auf der Basis von Gairaigo, die es im Englischen in Form oder Bedeutung nicht gibt. Das bekannteste dürfte die Prägung ウォークマン wōkuman „Walkman“ sein, die auch in die deutsche Sprache Eingang gefunden hat. Es handelt sich bei den Pseudo-Anglizismen hauptsächlich um Komposita (82), deren Konstituenten Gairaigo sind. Es gibt aber auch Derivationen (83) und Akronyme (84). (82) ガソリンスタンド gasorin sutando aus gasoline und stand „Tankstelle“ ペーパードライバー pēpā doraibā aus paper und driver „jemand, der den Führerschein hat, jedoch nicht aktiv fährt“ (83) スキンシップ sukinshippu aus skin und -ship „Hautkontakt“, „Familiensinn“ Pseudo- Anglizismen Englisch 82% Französisch 6% Deutsch 3% Italienisch 1% Portugiesisch 1% Spanisch 1% Russisch 1% Chinesisch 1% Sonstige Sprachen 3% Hybride 1% 94 Wortschatz ナイター naitā aus night und -er „Nachtspiel beim Baseball“ (84) OL ō eru von office lady „Büroangestellte“ CM shī emu von commercial message „Werbung“ Bei der Integration der Entlehnungen ins Japanische kommt es zu etlichen Anpassungsprozessen. Zum einen werden im Japanischen nicht vorhandene Laute wie [l] durch ähnliche ersetzt. (85) light [laɪt] → ライト raito [ɽaito] Es sind auch neue Laute und Lautkombinationen in das Japanische gekommen, so z.B. [β] zur Wiedergabe des englischen Lautes [v]. (86) violin [vaɪəˈlɪn] → ヴァイオリン vaiorin [βaioɽiɴ] vegetable [vɛdʒtəbəl] → ヴェジタブル vejitaburu [βeʑitabɯɽɯ] Zum anderen müssen im Japanischen nicht zulässige Konsonantenkombinationen wie [str] oder [ks] bzw. geschlossene Silben mit Konsonanten im Auslaut aufgelöst werden. Dies geschieht durch Einschub der Vokale [ɯ], [o] oder [i], durch Vokalepenthese (87). Welcher Vokal eingefügt wird, hängt von dem vorangehenden Laut ab. Auf [t] folgt immer [o], in den anderen Fällen wird meistens [ɯ] eingeschoben. 14 (87) strike [straɪk] → ストライキ sutoraiki [sɯ̥ toɽaiki] expert [ˈɛkspɜːt] → エキスパート ekisupāto [eki ̥ sɯ̥ pāto] Gairaigo enthalten vermehrt Langvokale und Doppelkonsonanten sowie in den anderen Strata unübliche Lautkombinationen wie z.B. [ɸe] oder[ti]. (88) パートナー pātonā von partner „Partner“ レッド reddo von red „rot“ フェスティバル fesutibaru von festival „Festival“ Durch die Anpassungsprozesse entstehen vergleichsweise lange Wörter von sechs Moren und mehr, die dann im weiteren Verlauf häufig gekürzt werden. Dies führt zu zahlreichen homophonen Wortbildungsmorphemen wie z.B. コ ン kon in (89), deren Bedeutung durch den Kürzungsprozess intransparent geworden ist. (89) エアコン ea kon von air conditioning パソコン paso kon von personal computer リモコン rimo kon von remote control マザコン maza kon von mother complex Bei den Gairaigo handelt es sich hauptsächlich um Nomen und Nominaladjektive (vgl. S. 115). Mithilfe des Verbs する suru „machen“ können die No- 14 [ɯ] und [i] werden zwischen stimmlosen Konsonanten devokalisiert, so dass die japanische Aussprache dem Konsonantencluster der Herkunftssprache nahekommt. lautliche Integration morphologische Integration 95 Strata men, sofern sie eine verbale Bedeutung haben, syntaktisch als Verben integriert werden (90). Die Integration erfolgt somit analog zu den Kango. (90) アナウンスする anaunsu suru „ankündigen“ アレンジする arenji suru „arrangieren“ Ferner gibt es noch verbale Derivationsbildung mit る -ru. Es handelt sich jedoch um ein eher marginales Wortbildungsmuster, das seinen Ursprung in der Jugendsprache hat (91). (91) サボる sabo-ru „schwänzen“ von frz. Sabotage ネゴる nego-ru „verhandeln“ von engl. negotiation メモる memo-ru „sich notieren“ von engl. memorize ミスる misu-ru „einen Fehler machen“ von engl. mistake マクる maku-ru „zu Mac Donald gehen“ von engl. Mac(Donald) カフェる kafe-ru „ins Café gehen“ von frz. Café Semantisch gesehen bezeichnen Gairaigo oft neue, in Japan bislang nicht vorhandene Gegenstände und Konzepte. Dies trifft vor allem auf die frühen Gairaigo zu (92). (92) ラジオ rajio „Radio“ トマト tomato „Tomate“ カンガルー kangarū „Känguru“ Im Gegensatz zu existierenden Entsprechungen aus den anderen Strata bezeichnen sie auch oft die westliche Ausführung eines Gegenstandes (93). (93) テーブル tēburu „westl. Tisch“ 机 tsukue „jap. Tisch“ 15 ライス raisu „westl. Reis“ ご飯 GOHAN „jap. Reis“ Generell haben sie die Konnotation der Modernität (94) und werden daher häufig in der Werbesprache verwendet (Haarmann 1989). (94) Gairaigo Kango チケット chiketto vs. 切符 KIPPU „Fahr- oder Eintrittskarte“ バッグ baggu vs. 鞄 KABAN 16 „Tasche“ Die Schreibung der Gairaigo änderte sich im Laufe der Zeit. Die ersten Entlehnungen wurden noch in Kanji geschrieben, es existierten mehrere mögliche Schreibungen (vgl. karuta in (79)). Die Kanji wurden teilweise lautwertig, teilweise semantisch verwendet (95). Die lautwertig verwendeten Kanji nennt man 当て字 ateji. Auch heute findet man diese Schreibungen noch auf Reklameschildern. 15 Ein japanischer Tisch hat eine Höhe von ca. 35 cm, man sitzt nicht mit Stühlen daran, sondern auf dem Boden. 16 Die Etymologie von 鞄 KABAN ist nicht vollständig geklärt, vermutlich kommt es aus dem Chinesischen. Semantik Schreibung 96 Wortschatz (95) 倶楽部 kurabu „zusammen“ + „Freude“ + „Abteilung“ = „Club“ 珈琲 kōhī „Haarschmuck“ + „aufreihen“ = „Kaffee“ Seit 1954 gibt es die Empfehlung, Gairaigo mit der Silbenschrift Katakana zu schreiben. Nur schon vollständig integrierte Entlehnungen wie in (96) werden noch heute mit Kanji oder aber Hiragana geschrieben. Für frühe Entlehnungen sind daher alle Schreibweisen möglich. (96) 煙草 17 、たばこ、タバコ tabako „Rauch“ + „Gras“ = „Zigaretten“ Da die Richtlinien 18 zur Umschrift keinen verbindlichen Charakter haben, sind unterschiedliche Schreibweisen gebräuchlich. Gerade bei der Vokallängung sowie bei der Darstellung nicht-vorhandener Laute gibt es häufig Schreibvarianten (97). (97) コンピューター konpyūtā コンピュータ konpyūta „Computer“ バイオリン baiorin ヴァイオリン vaiorin „Geige“ In den Medien wird oft eine Überfrachtung des Japanischen mit Fremdwörtern beklagt. Tabelle 25 veranschaulicht den Anteil der drei Strata am Gesamtwortschatz. 19 Sowohl die Zahl der Gairaigo-Types als auch die Zahl der Token hat in dem betrachteten Zeitraum erheblich zugenommen. Stratum Types 1956 Types 1994 Token 1956 Token 1994 Wago 36,7 % 25 % 53,9 % 37 % Kango 47,5 % 35 % 41,3 % 49 % Gairaigo 9,8 % 34 % 2,9 % 12 % Hybridbildungen 6 % 6 % 1,9 % 2 % Tabelle 25: Die Entwicklung der Strata nach Type und Token im Vergleich Die Akzeptanz von Gairaigo ist je nach Wort, Alter und Geschlecht der Sprecher unterschiedlich. Abbildung 12 illustriert dies an ausgewählten Wortpaaren. Bei 買い物 kaimono und ショッピング shoppingu „Einkaufen“, wird die japanische Variante unabhängig des Alters der Sprecher bevorzugt. Bei dem Wortpaar デパート depāto und 百貨店 HYAKKATEN „Kaufhaus“ hat das Fremdwort das native Pendant abgelöst. Tendenziell werden Fremdwörter eher von der jüngeren Generation verwendet, wie das Wortpaar チャンス chansu und 機会 KIKAI „Gelegenheit“ illustriert. 17 Die Kanji bedeuten „Rauch“ und „Gras“, sind also semantisch motiviert. 18 Die letzten Richtlinien zur Transliteration von Fremdwörtern 外来語の表記 gairaigo no hyōki wurden 1991 veröffentlicht und regeln die Schreibweise im öffentlichen Gebrauch. Die Schreibung in wissenschaftlichen und künstlerischen Texten oder für den privaten Gebrauch ist nicht Gegenstand der Richtlinien: http: / / www. mext.go.jp/ b_menu/ hakusho/ nc/ k19910628002/ k19910628002.html (07.05.14). 19 Die Zahlen der Untersuchung aus dem Jahr 1956 stammen aus Kokuritsu kokugo kenkyūjo (1962), die aus dem Jahr 1994 aus Kokuritsu kokugo kenkyūjo (2005). Eigen- und Ortsnamen sowie funktionale Wörter sind jeweils aus der Berechnung ausgeschlossen. Verteilung der Strata Akzeptanz 97 Strata Ein Projekt des Nationalen Spracheninstituts zur Fremdwortakzeptanz belegt, dass das Verständnis selbst häufig verwendeter Gairaigo nicht immer gegeben ist (Kokuritsu kokugo kenkyūjo 2007). Gerade die ältere Generation tut sich mit Fremdwörtern schwer. Abbildung 12: Altersspezifische Präferenzen zwischen Fremdwort und anderem Stratum (Kokuritsu kokugo kenkyūjo 1965: 139) 6.3.4 Vermischung der Strata Hybridbildungen ( 混種語 konshugo) sind Wortbildungen, deren Bestandteile unterschiedlichen Strata angehören. Alle Strata gehen untereinander Wortbildungen ein. Es handelt sich hauptsächlich um Nominalkomposita. (98) Wago-Gairaigo: 消しゴム keshi gomu „löschen“ + „Gummi“ „Radiergummi“ Gairaigo-Wago: クラス分け kurasu wake „Klasse“ + „Teilung“ „Klassenaufteilung“ Gairaigo-Kango: クーポン券 kūpon-KEN „Coupon“ + „Karte“ „ Coupon“ Kango-Gairaigo: 消費者トラブル SHŌHISHA-toraburu „Verbraucher“ + „Problem“ „ Verbraucherproblem“ Hybridbildungen 0% 50% 100% ショッピング shoppingu 買い物 kaimono デパート depāto 百貨店 HYAKKATEN チャンス chansu 機会 KIKAI Einkaufen Kaufhaus Chance ältere Generation Studierende 98 Wortschatz Wago-Kango-Gairaigo: 車修理チェーン kuruma-SHŪRI-chēn „Auto“ + „Reparatur“ + „Ladenkette“ „Autowerkstattkette“ 6.3.5 Lautmalerische Wörter Der vierte quantitativ wichtige Bestandteil des japanischen Wortschatzes ist nicht aufgrund der Herkunft der Wörter bestimmt, sondern aufgrund seiner lautlichen Qualität. Es handelt sich um lautmalerische Wörter ( オノマトペ onomatope), welche die lautliche Gestalt von menschlichen Stimmen, tierischen Lauten und Geräuschen nachahmen. Die japanische Linguistik unterscheidet folgende Unterkategorien (Iwasaki 2013: 69): • 擬声語 giseigo: Sie ahmen menschliche Stimmen und tierische Laute nach wie z.B. わんわん wanwan „Wauwau“. • 擬音語 giongo: Sie ahmen Geräusche nach wie zum Beispiel がたがた gatagata „Klappern“. • 擬態語 gitaigo: Sie geben nicht-akustische Phänomene lautmalerisch wieder wie z.B. ピカピカ pikapika „blitzblank“. • 擬情語 gijōgo: Sie ahmen einen Gefühlszustand oder dessen Veränderung nach wie z.B. いらいら iraira „gereizt“. Teilweise kann ein Wort wie ころころ korokoro auch mehr als einer Unterkategorie zugeordnet werden (99). Onomatopoetika haben mehrere Bedeutungen und sind also hochgradig polysem (Kakehi et al. 1996). (99) Giseigo: ころころと鳴く korokoro to naku „zirpen“ Giongo: ころころと転がる korokoro to korogaru „kullern“ Gitaigo: ころころと変わる korokoro to kawaru „sich ständig ändern“ Die phonologische Form der lautmalerischen Worte ist auf wenige Muster beschränkt (Kakehi et al. 1996). 1. Verdoppelungen どきどき doki-doki „nervös“ いらいら ira-ira „gereizt“ 2. CV(Q/ N)CVri 20 ぼんやり bon’yari „verträumt“ はっきり hakkiri „klar“ 3. CV(CV)Q/ N ハッ ha’ „plötzlich“ バン ban „peng“ 20 In Klammern stehen optionale Laute, der Schrägstrich trennt Alternativen. Unterkategorien lautmalerische Muster 99 Strata Es ist durchaus möglich, dass ein lautmalerischer Stamm wie z.B. コロ koro in allen phonologischen Formen in Erscheinung tritt (100). Die Grundbedeutung „rollen“ ist in allen Formen enthalten, sie unterscheiden sich minimal in der Bedeutung: (100) ころころ korokoro: für runde oder kleine Gegenstände ころり korori: plötzliches Rollen ころん koron: einmalige Umdrehung ころっと korotto: für kleine, leichte Gegenstände Im Unterschied zu dem restlichen Wortschatz wird den lautmalerischen Wörtern ein gewisser Abbildcharakter 21 zugesprochen: Zwischen Laut und Bedeutung bestehen Regularitäten: Onomatopoetika, die auf [k] anlauten, geben oft ein metallisches Geräusch wieder, solche auf [t] ein schlagendes. Auf [n] anlautende drücken wie ぬるぬる nurunuru „schleimig“ oder ねちね ち nechinechi „schmierig“ Klebrigkeit aus (Okimori et al. 2011a: 62). Ferner gibt es oft Paare mit stimmhaften bzw. stimmlosen Konsonanten am Wortanfang. Die stimmhaften Varianten bezeichnen tendenziell stärkere oder größere Phänomene (Makino & Tsutsui 1986: 51). (101) stimmlos stimmhaft とんとん tonton „klopfen“ どんどん dondon „wummern“ ころころ korokoro „kullern“ ごろごろ gorogoro „rollen“ ぽたぽた potapota „tröpfeln“ ぼたぼた botabota „platschen“ Syntaktisch gehören die Onomatopoetika keiner eigentlichen Wortart an. Sie werden meist als Adverbien mit der Partikel と to verwendet (102) oder wie in (103) in Kombination mit する suru „machen“ oder einer Variante davon (Iwasaki 2013: 71). Mit な na oder der Partikel の no können sie auch attributiv vor einem Nomen verwendet werden (104). (102) ボールはころころと転がり … Bōru wa korokoro to korogari „Der Ball kullerte …“ (103) コロコロした子犬 korokoro shita koinu „ein kugelrunder Hündchen“ (104) ピカピカの台所 pikapika no daidokoro „eine blitzblanke Küche“ Onomatopoetika werden in Kana geschrieben, für Giseigo werden auch Katakana verwendet. 21 Der Schweizer Sprachwissenschaftler Ferdinand de Saussure hat den Begriff der Arbitrarität des sprachlichen Zeichens geprägt, der besagt, dass der Zusammenhang zwischen einem Wort und dem Gegenstand, auf den es verweist, willkürlich ist. Sprachliche Zeichen bilden die Wirklichkeit nicht ab. Lautmalereien bilden eine Ausnahme, da sie zu einem gewissen Grad Laute nachahmen. Abbildcharakter 100 Wortschatz Im Unterschied zu den wenigen deutschen lautmalerischen Wörtern gehören die japanischen keineswegs der Kindersprache an und sind daher nicht nur in Comics oder Kinderbüchern zu finden, sondern auch in der schönen Literatur. 僕は頭がはりさけてしまわないように身をかがめて両手で顔を覆い、そのま まじっとしていた。やがてドイツ人のスチュ-ワデスがやってきて、気分が わるいのかと英語で聞いた。大丈夫、少し目まいがしただけだと僕は答え た。「本当に大丈夫 ? 」 「大丈夫です、ありがとう」と僕は言った。スチュ- ワデスはにっこりと笑って行ってしまい、音楽はビリー・ジョエルの曲に変 わった。 Boku wa atama ga harisakete shimawanai yō ni mi o kagamete ryōte de kao o ōi, sono mama jitto shite ita. Yagate doitsu-jin no suchūwadesu ga yatte kite, kibun ga warui no ka to eigo de kīta. Daijōbu, sukoshi memai ga shita dake da to boku wa kotaeta. „Hontō ni daijōbu? “ „Daijōbu desu, arigatō“ to boku wa itta. Suchūwadesu wa nikkori to waratte itte shimai, ongaku wa Birī Joeru no kyoku ni kawatta. Ich musste mich nach vorn beugen und meinen Kopf mit beiden Händen umfassen, damit er mir nicht zersprang. Eine deutsche Stewardeß kam heran und fragte auf Englisch, ob mir nicht gut sei. „Alles in Ordnung“, antwortetet ich, „mir sei nur ein bißchen schwindlig.“ „Sind Sie sicher? “ „Ja wirklich, vielen Dank“, sagte ich. Mit einem Lächeln verschwand sie. Inzwischen hatte die Musik gewechselt - ein Billy-Joel-Titel. Textbeispiel 7: Fortsetzung aus Murakami Haruki (1987) Noruwei no mori, die Onomatopoetika sind unterstrichen. 22 Semantisch gesehen füllen die Ideophone teilweise lexikalische Lücken im Verbalbereich. So ist das Deutsche vergleichsweise reich an Verben, welche die Art und Weise einer Bewegung oder Handlung ausdrücken. Die semantische Komponente der Art und Weise ist im Japanischen nicht in den Verben wie 歩く aruku „gehen“, sondern in den lautmalerischen Wörtern enthalten. (105) よろよろと歩く yoroyoro to aruku „torkeln“ よたよたと歩く yotayota to aruku „schwanken“ ぶらぶらと歩く burabura to aruku „schlendern“ とぼとぼと歩く tobotobo to aruku „schlurfen“ すたすたと歩く sutasuta to aruku „ hasten“ のろのろと歩く noronoro to aruku „bummeln“ ちょこちょこ歩く chokochoko aruku „trippeln“ ずんずんと歩く zunzun to aruku „mit Riesenschritten gehen“ Onomatopoetika finden sich in den semantischen Feldern des Essens, Weinens, Lachens, des Regnens, der Fortbewegung und der Gefühlsregungen. Da 22 Die deutsche Übersetzung heißt Naokos Lächeln und stammt von Ursula Gräfe. Stilistik Semantik 101 Diskriminierende Wörter sich die Wörter in ihren Bedeutungsnuancen minimal unterscheiden, stellen sie für die Lexikographie, den Zweitspracherwerb und die Übersetzung ein Problem dar. Mittlerweile gibt es etliche Speziallexika für lautmalerische Ausdrücke, welche die Bedeutung durch Beispielsätze veranschaulichen, wie z.B. Kakehi et al. (1996) oder Chang (1991). 6.4 Diskriminierende Wörter Sprache dient nicht nur dazu, Sachverhalte neutral darzustellen. Indem ein Sprecher einen bestimmten Ausdruck verwendet oder eben nicht verwendet, teilt er auch seine Einstellung zum Gesagten mit. Diese wertende Seite der Sprache tritt bei verbaler Diskriminierung ( 差別用語 sabetsu yōgo) deutlich zutage. Unter verbaler Diskriminierung versteht man abwertende Ausdrücke, Redewendungen und Äußerungen in Bezug auf eine Person oder eine Gruppe, die nicht der von der Mehrheit vertretenen Norm entspricht. Verbale Diskriminierung ist ein Teilaspekt von Diskriminierung an sich und fokussiert oft folgende Eigenschaften (Shibata et al. 1999: 391): • Alter • Behinderung • Geschlecht • sexuelle Orientierung • ethnische Zugehörigkeit • religiöse Zugehörigkeit • regionale Herkunft • Beruf In den vergangenen dreißig Jahren wurden in den modernen Industrienationen politische Maßnahmen gegen Diskriminierung ergriffen. Die erste Welle setzte mit der von den Vereinten Nationen ausgerufenen „Dekade der Frauen“ (1976-1985) ein, worauf die „Dekade der Menschen mit Behinderungen“ (1983-1992) und zuletzt die „Dekade der indigenen Bevölkerungsgruppen der Welt“ (1994-2004) folgten. Im Englischen entstand der Begriff der Political Correctness. Die wichtigsten politischen Wurzeln waren die amerikanische Bürgerrechtsbewegung und die Veränderungen an den Universitäten und in den Medien. Die Aktualität von Political Correctness wuchs in Amerika, da in der Öffentlichkeit immer stärker auf eine normierte Verwendungsweise der Begriffe für Alterität geachtet wurde, um bestimmte negative Merkmale nicht mit konkreten Personen in Verbindung zu bringen. In Japan ist es vor allem die Bewegung zur Befreiung der Burakumin 23 , der größten sozialen Minderheit in Japan, die seit den 1920er Jahren auf diskriminierende Sprache aufmerksam macht. Die Zahl der Burakumin beläuft sich auf circa 3 Mio. Menschen. Sie waren in vormoderner Zeit in unreinen, geächteten Berufen, in der Leder- und Fleischverarbeitung, tätig und 23 部落民 burakumin bedeutet eigentlich Bewohner eines 部落 buraku „Dorfes“ und zeigt, dass diese soziale Gruppe in der Edo-Zeit isoliert angesiedelt war. Die Befreiungsbewegung nennt sich 部落解放運動 buraku kaihō undō. verbale Diskriminierung UN-Dekaden Burakumin 102 Wortschatz waren aus dem Ständesystem 24 ausgeschlossen. Nachdem das Ständesystem mit der Meiji-Restauration aufgehoben wurde, waren sie zwar rein rechtlich gesehen gleichberechtigt, tatsächlich erfuhren und erfahren sie Diskriminierung im Berufsleben und bei der Partnerwahl (Schmidt 2003: 13). Aufgrund des Engagements der Bewegung der Burakumin sind die Begriffe in (106) aus dem öffentlichen Sprachgebrauch verbannt. (106) 穢多 eta „Schmutz“+„viel“ hist. Bezeichnung der standeslosen Gruppe der Gerber und Fleischer 非人 hinin „Unmensch“ hist. Bezeichnung der Standeslosen, die als Gaukler, Schauspieler, Henker oder Totengräber tätig waren Ab den 1970er Jahren werden andere Interessengruppen aktiv, die sich gegen eine sprachliche Diskriminierung wehren, so dass ab den 80er Jahren in Japan ein wachsendes Bewusstsein für eine „political correctness“ im öffentlichen Sprachgebrauch zu erkennen ist (Gottlieb 1998). 1981, im internationalen Jahr der Behinderten, ersetzte das japanische Ministerium für Gesundheit, Arbeit und Soziales 25 die folgenden Begriffe für Menschen mit Behinderung (Akimoto 2002: 173): Diskriminierende Bezeichnung Politisch korrekte Bezeichnung 不具 fugu 障害 shōgai „Behinderung“ 廃疾 haishitsu おし oshi 口がきけない者 kuchi ga kikenai mono „Stummer“ めくら mekura 目が見えない者 me ga mienai mono „Blinder“ つんぼ tsunbo 耳が聞こえない者 mimi ga kikoenai mono „Tauber“ Tabelle 26: Diskriminierende und politisch korrekte Bezeichnungen für Menschen mit Behinderung Japanisch ist eine genuslose Sprache. Von Verwandtschaftsbezeichnungen wie in (107) abgesehen sind die meisten Personen- und Berufsbezeichnungen geschlechtsneutral (Okamura 2012). (107) 叔母さん o-basan „Tante“ 嫁 yome „Schwiegertochter“ 尼 ama „Nonne“ Zur Hervorhebung, dass es sich um eine weibliche Person handelt, kann bei einigen Nomina 女 onna „Frau“ oder ein entsprechendes Kompositum vorangestellt werden. Ein Verfahren zur Kenntlichmachung des männlichen Pendants gibt es allerdings nicht (Okimori et al. 2011a: 133). 24 Die Gesellschaft der Edo-Zeit war in die vier Stände der Krieger, Bauern, Handwerker und Kaufleute ( 士農工商 shi-nō-kō-shō) eingeteilt. 25 厚生労働省 kōsei rōdōshō Menschen mit Behinderung Frauen 103 Diskriminierende Wörter (108) 女主人 onna shujin „Inhaberin“ 女流作家 joryū sakka „Schriftstellerin“ 女子アナ joshi ana „Nachrichtensprecherin“ Im Vergleich zum Deutschen, in dem die meisten Personenbezeichnungen durch Anfügen des Suffixes -in als feminin markiert werden können, ist Japanisch vergleichsweise geschlechtsneutral. Insofern könnte man meinen, dass es keine sprachliche Diskriminierung aufgrund des Geschlechts gibt. Dennoch existieren etliche Bezeichnungen, die von der feministischen Bewegung als diskriminierend angesehen wurden (Gottlieb 1998: 166ff). (109) 奥さん okusan „Person im hinteren, inneren Teil“, „Ehefrau“ 未亡人 mibōjin „noch nicht gestorbene Person“, „Witwe“ 1985 ratifizierte das japanische Parlament die UN-Konvention zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau von 1979. 26 Frauen diskriminierende Ausdrücke sind aus den Medien und dem öffentlichen Gebrauch weitgehend verschwunden. 2002 wurden auch die Bezeichnungen für pflegerische und andere Berufe, die ursprünglich hauptsächlich von Frauen ausgeübt wurden, in geschlechtsneutrale abgeändert. Diskriminierende Bezeichnung Politisch korrekte Bezeichnung 看護婦 kangofu „Krankenschwester“ 看護師 kangoshi „Pfleger/ in“ 助産婦 josanpu „ Hebamme“ 助産師 josanshi „ Geburtshelfer/ in“ Tabelle 27: Diskriminierende und politisch korrekte Bezeichnungen für frauentypische Berufe Weitere diskriminierende Ausdrücke, für die es mittlerweile eine politisch korrekte Bezeichnung gibt, beziehen sich auf die regionale Herkunft, die Ethnie und Berufsgruppen. Öffentliche Medienanstalten wie NHK sind bestrebt, die sprachliche Diskriminierung in ihrer Praxis zu kontrollieren. Eine ähnliche Entwicklung hin zu einer politisch korrekten Sprachverwendung hat auch im Deutschen stattgefunden. 27 Diskriminierende Bezeichnung Politisch korrekte Bezeichnung 裏日本 ura nihon „Rückseite“ + „Japan“ 日本海側の地方 nihonkai gawa no chihō „Regionen auf der Seite zum Japanmeer“ 掃除夫 sōjifu „Putzmann“ 清掃作業員 seisō sagyōin „Reinigungspersonal“ 黒んぼ kuronbo „Mohr“ 黒人 kokujin „Schwarzer“ Tabelle 28: Weitere diskriminierende und politisch korrekte Bezeichnungen 26 http: / / www.mofa.go.jp/ mofaj/ gaiko/ josi/ (01.10.2014) 27 z.B. Kindergärtner - Erzieher, Krankenschwester - Pfleger, Mohrenkuss - Schaumkuss etc. weitere Zielgruppen 104 Wortschatz Eschbach-Szabo, Viktoria (1992): „Onomatopoetika im Japanischen“. In: Müller, Klaus / Naumann, Wolfgang (eds.): Nenrin. Festgabe für Hans A. Dettmer. Wiesbaden: Harrassowitz. S. 43-56. Gottlieb, Nanette (1998): „Discriminatory language in Japan. Burakumin, the disabled and women”. In: Asian Studies Review 22 (2). S. 157-173. Hamano, Shoko (1998): The sound-symbolic system of Japanese. Stanford: CSLI Publications. Irwin, Mark (2011): Loanwords in Japanese. Amsterdam: John Benjamins. Iwasaki, Shōichi (2013): Japanese. Amsterdam: John Benjamins; Kapitel 4 Kakehi, Hisao / Tamori, Ikuhiro / Schourup, Lawrence C. (1996): Dictionary of iconic expressions in Japanese. Berlin: De Gruyter. Katsuki-Pestemer, Noriko (2012): Japanese ideophones. München: LINCOM Europe. Loveday, L. J. (1996): Language contact in Japan. A sociolinguistic history. Oxford: Oxford University Press. Yamanaka, Ō (1992): Shin sabetsu yōgo. Tōkyō: Chōbunsha. 7 Morphologie In diesem Kapitel erfahren Sie, • wie Wörter gebildet werden, • wie man auf Japanisch zählt und • welche Wortarten es im Japanischen gibt. 7.1 Die kleinste bedeutungstragende Einheit Ein Wort ( 語 go oder 単語 tango) ist die kleinste frei vorkommende bedeutungstragende Einheit (Okimori et al. 2006: 66). Es kann aus verschiedenen Bestandteilen zusammengesetzt sein, die selbst eine eigene Bedeutung haben wie パン pan „Brot“ und 屋 ya „-geschäft“ in (110). (110) パン屋 pan-ya „Bäckerei“ Diese Bestandteile nennt man Morpheme ( 形態素 keitaiso). Morpheme sind die kleinsten bedeutungstragenden Einheiten. Sie können im Satz frei vorkommen oder aber in einer Wortbildung gebunden sein. Sie können eine lexikalische Bedeutung haben oder eine funktionale, grammatikalische. Innerhalb der Linguistik ist es die Morphologie ( 形態論 keitairon), die sich mit dem Aufbau von Wörtern beschäftigt. frei gebunden lexikalisch パン pan „Brot“ 屋 -ya „-geschäft“ grammatikalisch は wa Satzthema られる -rareru Passiv Tabelle 29: Klassifizierung der Morpheme 7.2 Wortbildung Wörter wie in (111), die aus nur einem freien Morphem bestehen, nennt man Simplizia ( 単純語 tanjungo). Sie sind nicht weiter in bedeutungstragende Einheiten zerlegbar. (111) 山 yama „Berg“ 道 michi „Weg“ 帰る kaeru „heimkehren“ Bei einem Großteil der Wörter handelt es sich jedoch um Wortbildungen ( 合 成語 gōseigo oder 造語 zōgo), die aus mehreren freien oder gebundenen lexikalischen Morphemen bestehen. Im Japanischen sind die Wortbildungsmuster der Komposition, der Derivation, der Konversion und der Kürzung produktiv (Okimori et al. 2006, Akimoto 2002: 81). Die verschiedenen Strata, Wago, Kango und Gairaigo, zeigen unterschiedliches Verhalten in der Wortbildung. Morphem Simplizia Wortbildungen 108 Morphologie 7.2.1 Komposition Bei der Zusammensetzung oder Komposition sind zwei oder mehrere freie lexikalische Morpheme zu einem Wort zusammengefügt. Das neu entstandene Wort nennt man Kompositum ( 複合語 fukugōgo). Aus den Simplizia in (111) kann man die folgenden Komposita bilden (112): (112) 山道 yama-michi „Bergweg“ 帰り道 kaeri-michi „Rückweg“ Die Komposition ist vor allem bei den Nomina produktiv, aber auch Verben (113) und Adjektive (114) können so gebildet werden. 1 (113) 話し合う hanashi-au „reden“ + „treffen“ „sich besprechen“ 取り上げる tori-ageru „nehmen“ + „heben“ „aufheben“ (114) 堅苦しい kata-kurushii „hart“ + „unangenehm“ „förmlich“ きれい好き kirei-zuki „sauber“ + „lieben“ „ordnungsliebend“ Der rechte Bestandteil, Konstituente genannt, ist für die Gesamtbedeutung ausschlaggebend. Daher nennt man ihn auch den Kopf. Die linke Konstituente spezifiziert den Kopf näher: Ein 山道 yamamichi wie in (112) ist ein 道 michi „Weg“, 山 yama „Berg“ gibt genauer an, um welche Art Weg es sich handelt. In der Regel bestimmt die Wortart des Kopfes auch die Wortart der Wortbildung. Dies kann man besonders gut sehen, wenn sich die Konstituenten hinsichtlich ihrer Wortart unterscheiden (115). (115) N + ADJ = ADJ 心優しい kokoro-yasashii „Herz“ + „nett“ „herzensgut“ N + Verb = Verb 旅立つ tabi-datsu „Reise“ + „aufstehen“ „auf Reise gehen“ ADJ + N = N 長靴 naga-gutsu „lang“ + „Schuhe“ „Gummistiefel“ ADJ + Verb = Verb 近付く chika-zuku „nahe“ + „folgen“ „sich nähern“ Handelt es sich wie bei den letzten drei Beispielen in (115) bei der zweiten Konstituente um ein Wago, das auf einen stimmlosen Konsonanten anlautet, so kommt es zu einer lautlichen Assimilation (vgl. S. 79). Der Auslaut wird stimmhaft. Gerade bei den Kango sind ähnlich wie im Deutschen auch lange Komposita möglich. Sie weisen alle jedoch eine zweigliedrige, eine binäre Struktur auf. So ist auch 自転車駐輪禁止 jitensha-chūrin-kinshi „Fahrradabstellverbot“ von der Struktur her binär (vgl. Abbildung 13). 1 Eine umfassende Darstellung zu japanischen Verbalkomposita mit Lexikonanteil findet sich bei Hasselberg (1996). Wortarten Binarität 109 Wortbildung 自転車 駐輪 禁止 jitensha chūrin kinshi Fahrrad Parken Verbot Abbildung 13: Binärer Aufbau der Komposita An dieser Stelle soll auch die Morphologie der Kango (vgl. S. 91) betrachtet werden, die ja in der Regel aus zwei oder mehreren Kanji bestehen. (116) 情報 jōhō „Lage“ + „Nachricht“ = „Information“ 帰国 kikoku „heimgehen“ + „Land“ = „in die Heimat zurückkehren“ Als Logogramm hat jedes Kanji eine eigene Bedeutung und ist insofern ein lexikalisches Morphem. Kango-Wörter wie in (116), die aus zwei oder mehreren Zeichen bestehen, sind insofern letztendlich Wortbildungen. Bei vielen Kango ist die Bedeutung der einzelnen Bestandteile jedoch nicht mehr transparent oder die Gesamtbedeutung der Wortbildung nicht aus der Bedeutung der einzelnen Zeichen herleitbar (117). (117) 電信 denshin „Elektrizität“ + „Glaube“ = „Telegraphie“ Die Bestandteile können teilweise auch nicht frei vorkommen. Insofern ist es umstritten, ob man sie als Komposita oder als Simplizia betrachten sollte (Iwasaki et al. 1984: 220; Yamaguchi 2007: 99f). Im Aufbau folgen sie dem chinesischen Wortbildungsmuster und unterscheiden sich somit von den japanischen Komposita. In (118) lässt sich dies an der Stellung des Objekts 山 „Berg“ im Japanischen vor, im Chinesischen hinter dem Verb 登 „besteigen“ erkennen (Iwasaki et al. 1984: 221). (118) jap. Phrase: 山に登る yama ni noboru Berg GOAL steigen = „einen Berg besteigen“ Wago: 山登り yamanobori „Berg“ + „steigen“ = „Bergsteigen“ Kango: 登山 tozan „steigen“ + „Berg“ = „Bergsteigen“ Anders verhält es sich bei Komposita, die aus zwei Kango bestehen, sogenannten 4-Zeichen-Komposita ( 四字熟語 yoji jukugo). (119) 良妻賢母 ryōsai kenbo „gute Ehefrau und weise Mutter“ 7.2.2 Ableitungen Besteht eine Wortbildung aus mindestens einem gebundenen lexikalischen Morphem, einem Affix ( 接辞 setsuji), so spricht man von einer Ableitung Kango 4-Zeichen- Komposita Präfixe N N 110 Morphologie oder Derivation ( 発生語 hasseigo). Gebundene Morpheme, die wie 不 fu- „un-“ oder 真 ma- „völlig“ am Wortanfang stehen, nennt man Präfixe ( 接頭語 settōgo). (120) 不安定 fu-antei „Unbeständigkeit“ 不可能 fu-kanō „unmöglich“ 真中 man-naka „Mitte“ 真黒 mak-kuro „tiefschwarz“ Gebundene Morpheme, die wie 屋 -ya „-geschäft“ oder 代 -dai „-gebühren“ am Wortende stehen, heißen Suffixe ( 接尾語 setsubigo). 2 (121) パン屋 pan-ya „Bäcker(ei)“ 花屋 hana-ya „Blumengeschäft“ 電気代 denki-dai „Stromkosten“ 部屋代 heya-dai „Raummiete“ Auch bei den Ableitungen ist die Wortart der rechten Konstituente für die Wortart der gesamten Wortbildung ausschlaggebend. Es gibt Suffixe die speziell zum Wortartenwechsel dienen wie z.B. さ -sa, das Adjektive nominalisiert, oder 的 -teki, das aus einem Nomen ein Adjektiv macht und mit dem deutschen -isch vergleichbar ist. (122) ADJ + さ -sa = N 速さ haya-sa „Schnelligkeit“ 長さ naga-sa „Länge“ N + 的 -teki = ADJ 自動的 jidō-teki „automatisch“ 典型的 tenkei-teki „typisch“ Vor allen Dingen bei den Kango gibt es viele Ableitungsaffixe: Affix Bedeutung Beispiel 不 fu- Verneinung 不公平 fu-kōhei „ungerecht“ 非 hi- 非常識 hi-jōshiki „unvernünftig“ 無 mu- 無関係 mu-kankei „indifferent“ 者 -sha Person 研究者 kenkyū-sha „Forscher“ 家 -ka 政治家 seiji-ka „Politiker“ 員 -in 銀行員 ginkō-in „Bankangestellter“ 士 -shi 保育士 hoiku-shi „Erzieher“ 代 -dai Gebühr 電気代 denki-dai „Stromkosten“ 金 -kin 契約金 keiyaku-kin „Anzahlung“ 賃 -chin 乗船賃 jōsen-chin „Überfahrtkosten“ 費 -hi 生活費 seikatsu-hi „Lebenshaltungskosten“ 料 -ryō 授業料 jugyō-ryō „Unterrichtsgebühr“ Tabelle 30: Kango-Affixe nach Iori (2001: 531) Unter Nullableitung oder Konversion ( 品詞の転成 hinshi no tensei) versteht man den Wortartenwechsel, ohne dass ein Suffix angehängt wurde. Hierzu 2 In anderen Sprachen gibt es noch Infixe, die innerhalb der Wortbildung stehen, oder Zirkumfixe, die wie deutsch Ge…e in Gerede das freie Morphem umschließen. Im Japanischen finden sich jedoch keine solchen Morpheme. Suffixe Nullableitung 111 Wortarten gehört wie in (123) der Wechsel von Verben zu Nomina (nach Okimori et al. 2006: 70). (123) 回る mawaru „drehen“ → 回り mawari „Drehung“ 帰る kaeru „heimkehren“ → 帰り kaeri „Heimkehr“ 7.2.3 Weitere Wortbildungsmuster Wird ein Teil eines Morphems oder werden Teile von mehrere Morphemen gekürzt, spricht man von Kürzung ( 略語 ryakugo). Dieses Wortbildungsmuster ist vor allem bei den Gairaigo produktiv (Okimori et al. 2006: 70). Überwiegend wird das Wortende gekürzt (124), es gibt jedoch auch Beispiele dafür, dass der Anfang entfällt (125). (124) ビル biru  ビルディング birudingu „Gebäude“ スーパー sūpā  スーパーマーケット sūpāmāketto „Supermarkt“ (125) バイト baito  アルバイト arubaito „Nebenjob“ ホーム hōmu  プラットホーム puratto hōmu „Bahnsteig“ Gerade Komposita werden gerne auf die ersten beiden Moren der beiden Konstituenten gekürzt. (126) うな丼 una-don  うなぎ丼 unagi-donburi „Reistopf mit Aal“ 東大 tō-dai  東京大学 tōkyō-daigaku „Universität Tōkyō“ ビーサン bī-san  ビーチサンダル bīchi-sandaru „Flipflops“ Ein Akronym ( 頭字語 tōjigo) ist eine Wortbildung, die sich aus den Anfangsbuchstaben mehrerer Wörter zusammensetzt. Die zugrunde liegenden Wörter sind größtenteils englisch (127), es finden sich jedoch auch Kango-Beispiele (128). Für Akronyme werden lateinische Buchstaben verwendet, die in Anlehnung an das englische Alphabet ausgesprochen werden (s. auch S. 50). (127) JR jē āru von Japan Railways „Japanische Bahn“ NGO enu jī ō von Non-Governmental Organization „Nichtregierungsorganisation“ (128) NHK enu ecchi kē von 日本放送協会 Nippon Hōsō Kyōkai „Japanischer Rundfunk“ KDD kē dī dī von 国際電信電話 Kokusai Denshin Denwa „Internationale Telekommunikation“ 7.3 Wortarten Wörter sind die kleinsten frei vorkommenden bedeutungstragenden Einheiten (Okimori et al. 2006: 66). Sie sind die Bausteine, aus denen ein Satz gebaut wird. Im Satz können sie unterschiedliche grammatikalische Funktionen erfüllen. Wörter, welche die gleichen grammatikalischen Merkmale teilen, gehören der gleichen Wortart ( 品詞 hinshi) an. これ kore, あなた anata Kürzung Akronym paradigmatische Relationen 112 Morphologie und コンピューター konpyūtā in (129) stehen im Satz an der gleichen Stelle (Subjektstelle), sie stehen in einer paradigmatischen Beziehung zueinander und gehören somit der gleichen Wortart, den Nomina, an. (129) これ kore „dieses“ あなた は面白い。 anata wa omoshiroi. „Du“ TOP interessant. コンピューター konpyūtā „Computer“ Je nach Grammatiktradition sind unterschiedliche Begrifflichkeiten für die Wortarten gebräuchlich. Die japanische Schulgrammatik orientiert sich am klassischen Japanisch ( 文語 bungo). Abbildung 14: Die Wortarten der japanischen Schulgrammatik (Okimori et al. 2006: 96) Es werden in einem ersten Schritt selbständige ( 自立語 jiritsugo) und abhängige Wortarten ( 附属語 fuzokugo) unterschieden. Diese können dann weiter dahingehend unterteilt werden, ob sie Flexion ( 活用 katsuyō) aufweisen oder nicht. In den Japanologien an deutschen Universitäten, die einen philologischen Schwerpunkt vertreten, sind ebenfalls die traditionellen Termini gebräuchlich. Im Bereich Japanisch als Fremdsprache dagegen werden transparentere Termini wie „i-Adjektiv“ statt 形容詞 keiyōshi und „na-Adjektiv“ statt 形容動詞 keiyōdōshi verwendet (Iijima 2011: 57). Andere traditionelle Sprachbeschreibungen teilen die Wortarten in erster Linie in nicht-flektierende ( 体言 taigen) und flektierende Wortarten ( 用言 yōgen) ein. Man kann die Wortarten auch dahingehend klassifizieren, ob sie eine offene oder geschlossene Gruppe bilden. Offene Wortarten sind für neue Wörter, für Neologismen, zugänglich. Das Inventar geschlossener Wortarten ändert sich nur langsam und selten. Im Japanischen sind vor allem Nomina für Neologismen offen. Bei den Verben gibt es kaum Neuzugänge (vgl. S. 95). Funktionale Wortarten sind Neubildungen gegenüber noch verschlossener. Schulgrammatik 113 Wortarten Abbildung 15: Der Anteil der Wortarten am Gesamtwortschatz. Eine Analyse der Einträge des Shinsen kokugo jitens, 2011 (Kindaichi et al. 2011) Es scheint auf den ersten Blick sehr einfach, die Wortart eines Wortes zu bestimmen. Tatsächlich gibt es jedoch viele uneindeutige Fälle. Im Zuge des Sprachwandels ändern Wörter ihre Wortarten. Syntagmen erstarren zu lexikalischen Einheiten, Wörter mit lexikalischer Bedeutung übernehmen grammatikalische Funktionen. Das Nomen ところ tokoro „Ort“ beispielsweise ist in der Konstruktionen ところに tokoro ni „gerade als“ in (130) zu einer grammatikalischen Einheit erstarrt: Die Konstruktion kann man daher einerseits als Nomen ところ tokoro und Partikel に ni analysieren, andererseits aufgrund ihrer Funktion im Satz eher als eine Konjunktion. (130) 出かけようとしたところに、彼から電話があった。 Dekakeyō to shita tokoro ni, kare kara denwa ga atta. ausgehen CIT entschieden Ort LOK , er SOURCE Anruf SUBJ gab. „Als ich gerade weggehen wollte, kam ein Anruf von ihm.“ 7.3.1 Verben Verben ( 動詞 dōshi) beschreiben eine Handlung wie z.B. 読む yomu „lesen“, ein Ereignis wie 消える kieru „erlöschen“ oder einen Zustand wie z.B. 居る iru „sich befinden“. Sie können alleine das Prädikat eines Satzes bilden. Japanische Verben bestehen aus einem Verbstamm und der Flexionsendung. Je nachdem, was für ein Suffix an das Verb angehängt wird, verändert sich diese Endung lautlich. Aufgrund ihrer Flexion können die Verben in zwei Gruppen eingeteilt werden. In Anlehnung an das klassische Japanisch werden die Verbklassen in der Schulgrammatik in fünfstufige ( 五段動詞 godan dōshi) und einstufige Verben ( 一段動詞 ichidan dōshi) eingeteilt. Fünfstufig werden sie deshalb genannt, weil die Verbflexion alle fünf Stufen der 50-Laute Tafel - a, i, u, e und o - durchläuft. Die einstufigen Verben verharren dagegen auf einer Stufe. Analyse Flexion fünf- und einstufige Verben Nomina 80% Verben 9% i-Adjektive 1% na-Adjektive 2% Adverbien 3% Konstituenten 3% Sonstiges 2% Sonstiges: Pronomina 0,23% Adverbiale 0,09% Konjunktionen 0,13% Interjektionen 0,14% Verbalsuffixe 0,10% Partikeln 0, 20% Präfixe 0,11% Suffixe 0,34% Grußfloskeln 0,08% 114 Morphologie Die Verben, die auf der Endung -i verharren, werden obere einstufige Verben ( 上一段 kami ichidan) genannt, da das i in der 50-Laute Tafel oberhalb von e steht. Die Verben, die auf -e enden, werden folglich untere einstufige Verben ( 下一段 shimo ichidan) genannt. 5-stufige Verben ik-u „gehen“ Obere 1-stufige Verben oki-ru „aufstehen“ Untere 1-stufige Verben tabe-ru „essen“ Flexionsstufe a- Stufe ik-a okitabe- 未然形 mizenkei Indefinitform i- Stufe ik-i okitabe- 連用形 ren’yōkei Konjunktionalform u- Stufe ik-u oki- (ru) tabe- (ru) 連体形 rentaikei Attributivform ik-u oki- (ru) tabe- (ru) 終止形 shūshikei Finalform e- Stufe ik-e oki- (re) tabe- (re) 仮定形 kateikei Konditionalform o- Stufe ik-o oki- (ro) tabe- (ro) 命令形 meireikei Befehlsform Tabelle 31: Die Flexionsstufen der Verben Westliche Publikationen verwenden auch den Terminus konsonantische Verben für die fünfstufigen Verben, da der Verbstamm immer auf einen Konsonanten endet, wie am Beispiel von ik- „gehen“ zu sehen ist. Die einstufigen Verben werden als vokalische Verben bezeichnet, da der Verbstamm immer auf einen Vokal, nämlich -i oder -e, auslautet (vgl. Tabelle 31). Daneben gibt es noch die Klasse der unregelmäßigen Verben, zu der die beiden häufig verwendeten Verben する suru „machen“ und 来る kuru „kommen“ zählen. Durch das Anfügen von Verbalsuffixen ( 助動詞 jodōshi) an die jeweilige Flexionsstufe können Verneinung, Höflichkeit, Passiv etc. ausgedrückt werden (131). (131) ik-a-nai „nicht gehen“ ik-i-tai „gehen wollen“ ik-i-masu „gehen“ (höflich) ik-e-ba „wenn … gehen“ ik-o-u „lass(t) uns gehen“ Unter syntaktischen Gesichtspunkten kann man die Verben noch in transitive ( 他動詞 tadōshi) und intransitive Verben ( 自動詞 jidōshi) einteilen. Intransitive Verben (132) nehmen im Gegensatz zu transitiven Verben (133) keine Ergänzung, kein Objekt (vgl. S. 126), zu sich. (132) ドアが開く doa ga aku „die Tür öffnet sich“ (133) 父はドアを開ける chichi wa doa o akeru „der Vater öffnet die Tür“ konsonantische und vokalische Verben Transitivität 115 Wortarten Im Japanischen gibt es viele transitiv-intransitiv Paare, die sich minimal in der Endung unterscheiden. 3 transitiv intransitiv -eru -u 開ける akeru „et. öffnen“ 開く aku „öffnen“ 立てる tateru „et. stellen“ 立つ tatsu „stehen“ -eru -aru 閉める shimeru „et. schließen“ 閉まる shimaru „schließen“ 始める hajimeru „et. anfangen“ 始まる hajimaru „anfangen“ -su -ru 治す naosu „et. heilen“ 治る naoru „heilen“ 回す mawasu „et. drehen“ 回る mawaru „sich drehen“ Tabelle 32: Transitive und intransitive Verbpaare 7.3.2 Adjektive Adjektive beschreiben die Eigenschaft von Objekten. Sie können ein Nomen modifizieren (134) oder aber selbst das Prädikat eines Satzes bilden (135). (134) 狭い部屋 semai heya klein Zimmer „ein kleines Zimmer“ (135) 部屋は狭い。 heya wa semai. Zimmer TOP klein „Das Zimmer ist klein.“ Die traditionelle japanische Grammatik klassifiziert die Adjektive zusammen mit den Verben als 用言 yōgen, als flektierende Wörter. Aufgrund der Flexion (vgl. Tabelle 33) werden zwei Arten von Adjektiven unterschieden. • Die i-Adjektive ( 形容詞 keiyōshi) gehören hauptsächlich dem nativen japanischen Stratum an und enden alle auf い -i. Sie können alleine das Prädikat eines Satzes bilden. Darin ähneln sie den Verben. • Die na-Adjektive, auch Nominaladjektive ( 形容動詞 keiyōdōshi) genannt, gehören größtenteils dem sinojapanischen Stratum an, auch einige Fremdwörter aus den westlichen Sprachen fungieren wie na-Adjektive. Sie nehmen in attributiver Stellung die Endung な -na zu sich. Sie können nur zusammen mit einer Form der Kopula だ da „sein“ das Prädikat bilden. 3 Aus Platzgründen sind nicht alle Paare aufgelistet. Flexion der Adjektive 116 Morphologie i-Adjektive z.B. 長い nagai „lang“ na-Adjektive z.B. 静か shizuka „ruhig“ 長かろ naga-karo 静かだろ shizuka daro 未然形 mizenkei Indefinitform 長く naga-ku 静かで shizuka de 連用形 ren’yōkei Konjunktionalform 長い naga-i 静かだ shizuka da 連体形 rentaikei Attributivform 長い naga-i 静かな shizuka na 終止形 shūshikei Finalform 長けれ naga-kere 静かなら shizuka nara 仮定形 kateikei Konditionalform Tabelle 33: Die Flexionsstufen der Adjektive Die Grenzen zwischen den Adjektivarten sind teilweise unklar: Manche i-Adjektive wie 小さい chiisai „klein“ flektieren wie na-Adjektive (136). Na- Adjektive wie 特別 tokubetsu „besonders“ können in attributiver Stellung vor einem Nomen sowohl な na also auch の no 4 zu sich nehmen und nehmen somit eine Zwitterstellung zwischen Adjektiv und Nomen ein (137). (136) 小さな家 chiisa na ie „ein kleines Haus“ (137) 特別な / の才能 tokubetsu na/ no sainō „ein besonderes Talent“ 7.3.3 Nomina Nomina ( 名詞 meishi) stellen die umfangreichste Wortart im Japanischen dar. Sie sind nicht nach Numerus (Singular bzw. Plural) oder Kasus (Nominativ, Genitiv etc.) markiert. Es gibt auch kein grammatisches Geschlecht (Rickmeyer 1989b: 45; Mattissen 1995). Die Funktion der Nomina im Satz, ob sie Subjekt oder Objekt sind, wird durch nachstehende Partikeln wie が ga, を o oder に ni angezeigt. (138) 本が hon ga Buch SUBJ 本を hon o Buch DIROBJ 4 の no ist eigentlich die „Genitivpartikel“, die verwendet wird, wenn ein Nomen ein anderes modifiziert: 父の才能 chichi no sainō „das Talent meines Vaters“. syntaktische Funktion 117 Wortarten 本に hon ni Buch INDIROBJ Zu den Nomina gehören die Eigennamen ( 固有名詞 koyū meishi), allgemeine Nomina zur Bezeichnung von konkreten Objekten und abstrakten Konzepten und die Pronomina ( 代名詞 daimeishi). Auch die Zahlen und viele Zeitwörter wie あした ashita „morgen“ sind im Japanischen Nomina. Es ist in der Forschung umstritten, ob die japanischen Entsprechungen der westlichen Personalpronomina ( 人称代名詞 ninshō daimeishi) tatsächlich als Pronomina klassifiziert werden sollten. Einige scheinen sich eher wie Nomina zu verhalten: Zum einen sind sie im Gegensatz zu den westlichen Sprachen durch Attribute modifizierbar (139). Zum anderen werden sie kaum benutzt, ihre anaphorische Verwendungsweise ist ebenfalls sehr beschränkt: Das deutsche er in (140) wird im Japanischen nicht durch ein Personalpronomen wie 彼 kare „er“ wiedergegeben, ein entsprechender Ausdruck wird ausgelassen. (139) 馬鹿な私 baka na watashi „dummer ich“ (140) 弟は ø 来ると言った。 Otōto wa ø kuru to itta. kleiner Bruder TOP ø kommen CIT gesagt. „Mein kleiner Bruder sagte, dass er kommt.“ 7.3.4 Weitere selbständige Wörter Adverbien ( 副詞 fukushi) beschreiben die Art und Weise bzw. den Grad, wie eine Handlung ausgeführt wird bzw. ein Ereignis eintritt. Sie modifizieren wie ゆっくり yukkuri in (141) Verben oder wie とても totemo in (142) Adjektive. (141) ゆっくり話す yukkuri hanasu „langsam sprechen“ (142) とても簡単 totemo kantan „sehr einfach“ Die Gruppe der adnominalen Wörter ( 連体詞 rentaishi) hat nur wenige Vertreter. Es ist eine sehr heterogene Gruppe von Wörtern und Syntagmen, die ursprünglich anderen Wortarten angehörten, im Laufe der Zeit jedoch erstarrten und gegenwärtig nur attributiv, d.h. vor Nomina, verwendet werden können. (143) こういう kō iu „solch ein“ そんな sonna „ein solches“ いわゆる iwayuru „ein sogenanntes“ Personalpronomina Adverbien adnominale Wörter 118 Morphologie あらゆる arayuru „jegliche“ 主たる shutaru „Haupt-“ Konjunktionen ( 接続詞 setsuzokushi) sind selbständige Wörter, die wie およ び oyobi „und“ in (144) Wörter oder wie だらから dakara „daher“ in (145) ganze Sätze miteinander verbinden. (144) ドイツおよび日本 doitsu oyobi nihon „Japan und Deutschland“ (145) 時間がありません。だから帰ります。 Jikan ga arimasen. Dakara kaerimasu. „(Ich) habe keine Zeit. Daher gehe (ich) nach Hause.“ Im Japanischen gibt es nur wenige genuine Konjunktionen. Die meisten „Wörter“, die heutzutage als Konjunktionen verwendet werden, sind Lexikalisierungen, also in Form und Bedeutung erstarrte Syntagmen (146). (146) こうして kō shite „so“ + „machend“ „so“ すると suru to „machen“ + „wenn“ „daraufhin“ 後で ato de „hinten“ + LOK „nachdem“ Interjektionen ( 感動詞 kandōshi) sind selbständige Wörter, die keine grammatische Funktion im Satz übernehmen, sondern meistens am Satzanfang, vom Restsatz getrennt verwendet werden. Sie drücken Gruß, Anrede, Gefühle oder Reaktionen aus. (147) 今日は konnichi wa „Guten Tag“ はい hai „ja! “ ほら hora „Schau mal! Hör mal! “ ええと ēto „Ähm“ 7.3.5 Verbalsuffixe Die 助動詞 jodōshi sind nicht-selbständige Wörter, Suffixe mit grammatikalischer Bedeutung, die wie させ -sase, られ -rare, まし -mashi oder た -ta in (148) an Verben, Adjektive oder an andere Verbalsuffixe angehängt werden können. Sie gehören zu den gebundenen, den nicht-selbständigen, grammatikalischen Morphemen. (148) 食べさせられました tabe-sase-rare-mashi-ta essen CAUSE PASSIV HONORATIV PAST „veranlasst worden sein, zu essen“ Der Begriff 助動詞 jodōshi („Hilfe“ + „Verb“) ist eine Lehnübersetzung aus der westlichen Terminologie für die Beschreibung indoeuropäischer Sprachen und wird gelegentlich auch als „Hilfsverb“ ins Deutsche übersetzt. Diese Übersetzung ist jedoch syntaktisch irreführend: Die Suffixe werden zwar an Verben angehängt, können aber auch an Adjektive angehängt werden. Konjunktionen Interjektionen Hilfsverben 119 Wortarten Ferner verhalten sich nicht alle wie Verben. ない -nai und たい -tai verhalten sich wie i-Adjektive. Tabelle 34 listet die gängigsten Verbalsuffixe auf. Suffix Bedeutung Beispiel ない -nai Negation ( 否定 hitei) 食べない tabe-nai „ich esse nicht“ ます -masu Honorativ ( 丁寧語 teineigo) 食べます tabe-masu „wir essen“ たい -tai Volitativ ( 意思 ishi) 食べたい tabe-tai „ich will essen“ た -ta Vergangenheit ( 過去 kako) 食べた tabe-ta „er hat gegessen“ (ら)れる -(ra)reru Passiv ( 受身 ukemi) 食べられる tabe-rareru „er wird gegessen“ (さ)せる -(sa)seru Kausativ ( 使役 shieki) 食べさせる tabe-saseru „ich veranlasse ihn, zu essen“ (ら)れる -(ra)reru Potentialis ( 可能 kanō) 食べられる tabe-rareru „man kann essen“ Tabelle 34: Die wichtigsten Verbalsuffixe 5 7.3.6 Partikeln Die Partikeln ( 助詞 joshi) sind nicht-flektierende, unselbständige Wörter, die die Funktion des vorangehenden Wortes im Satz oder Diskurs angeben. Aufgrund ihrer Stellung hinter dem Wort, auf das sie sich beziehen, werden sie auch Postpositionen genannt (Lewin 1990a). Es werden folgende Partikeln unterschieden (Okimori et al. 2006: 109): Kasuspartikeln ( 格助詞 kakujoshi) wie を o zeigen die Funktion des vorangehenden Nomens z.B. als direktes Objekt im Satz an. (149) 魚を食べる sakana o taberu Fisch DIROBJ essen „Fisch essen“ Konjunktionale Partikeln ( 接続助詞 setsuzoku joshi) wie ば -ba „wenn“ oder ても -temo „auch wenn“ werden an Verben oder Adjektive angehängt und spezifizieren wie Konjunktionen die Bedeutungsrelation des vorangehenden Teilsatzes zum nachfolgenden Hauptsatz. (150) 見れば分かる。 Mire-ba wakaru. sehen CONDITIONAL verstehen „Du wirst es verstehen, wenn du es siehst.“ 5 Verben sind nicht auf die Person markiert. Die Übersetzungen mit ich oder er wurden - mit der Ausnahme des Suffixes たい -tai - willkürlich gewählt. Kasuspartikeln konjunktionale Partikeln 120 Morphologie Korrelative Partikeln oder Diskurspartikeln ( 係助詞 kakari joshi) wie は wa (Topik), さえ sae „sogar“ oder も mo „auch“ setzen das Nomen, auf das sie sich beziehen, in Relation zum vorangehenden Diskurs. (151) 私も行きます。 Watashi mo ikimasu. ich auch gehen „Ich werde auch gehen.“ Adverbiale Partikeln ( 副助詞 fukujoshi) wie だけ dake „nur“ oder ほど hodo „ungefähr“ bilden eine adverbiale Phrase. Teilweise werden Sie auch als Formalnomina ( 形式名詞 keishiki meishi) klassifiziert. (152) 三ヶ月ほど過ぎた。 Sankagetsu hodo sugita. 3 Monate ungefähr vergangen. „Ungefähr 3 Monate sind vergangen.“ Satzendpartikeln ( 終助詞 shūjoshi) wie か ka (Frage) oder ね ne „nicht wahr? “ stehen am Satzende und drücken die Funktion des Satzes z.B. als Frage oder die Einstellung des Sprechers zum Gesagten aus. (153) 面白いですね。 Omoshiroi desu ne. interessant sein TAG „Das ist interessant, nicht wahr? “ 7.4 Numeralklassifikatoren An dieser Stelle sollen die Zähleinheitswörter oder Numeralklassifikatoren ( 助数詞 josūshi) vorgestellt werden, eine Gruppe von Suffixen, die an Zahlen angehängt werden. Japanische Nomina sind nicht auf den Numerus, auf Singular oder Plural, markiert. Sie sind transnumeral. Zur Zählung von Dingen und zur Quantifizierung von Mengen kann man daher nicht einfach eine Zahl vor das Nomen stellen wie im Deutschen, sondern benötigt Numeralklassifikatoren. Dieses Phänomen kann man auch im Chinesischen und Koreanischen beobachten (Unterbeck 1993, Yoshida 2006). Semantische Kriterien wie Belebtheit, Größe, Form und Funktion des zu zählenden Objekts sind für die Wahl des Klassifikators ausschlaggebend (Matsumoto 1993, Iida 2004). Für Tiere gibt es die folgenden Klassifikatoren: (154) 匹 -hiki für kleine Tiere 頭 -tō für große Tiere 羽 -wa für Vögel Die Wahl des Klassifikators ist meist eindeutig. Teilweise sind jedoch je nach Kontext mehrere Klassifikatoren verwendbar. In (155) ist der Fisch mit 匹 -hiki/ -piki als lebendiges Tier konzeptualisiert, in (156) dagegen wird mit Diskurspartikeln adverbiale Partikeln Satzendpartikeln Semantik 121 Numeralklassifikatoren 本 -hon/ -pon die eindimensionale Form eines unbelebten Objekts fokussiert. Es handelt sich also um einen toten Fisch, der zum Essen gekauft wurde. (155) 魚を一匹買いました。 Sakana o ip-piki kaimashita. „Ich habe einen Fisch gekauft.“ (156) 魚を一本買いました。 Sakana o ip-pon kaimashita. „Ich habe einen Fisch gekauft.“ Es soll im Japanischen zwischen 150 und 358 Numeralklassifikatoren geben (Downing 1996, Iida 2005: 22). Je nach Fachgebiet und Epoche werden bzw. wurden andere Klassifikatoren verwendet. Heutzutage regulär in Gebrauch sind jedoch weniger als 30. Generell nimmt die Zahl der Klassifikatoren eher ab, der Klassifikator 個 -ko, der semantisch wenig spezifiziert ist, gewinnt an Terrain (Okimori et al. 2011a: 57). Klassifikator Aussprache Objektklasse Häufigkeit 人 -ri/ -NIN Personen 40 % つ -tsu unbelebte Objekte 23 % 匹 -HIKI kleine Tiere 6 % 本 -HON lange, dünne Objekte 6 % 枚 -MAI flache dünne Objekte 6 % 軒 -KEN Gebäude 2 % 個 -KO kleinere dreidimensionale Objekte 2 % 色 -SHOKU Farben 1 % 名 -MEI Personen (höflich) 1 % 滴 -TEKI Tropfen 1 % 通 -TSŪ Briefe, Dokumente 1 % 台 -DAI Möbel, Autos 1 % Tabelle 35: Die häufigsten Numeralklassifikatoren nach Downing (1996: 55) Numeralklassifikatoren sind gebundene Morpheme. Sie bilden mit der vorangehenden Zahl eine Einheit. Je nach der syntaktischen Funktion des Nomens, auf das sie sich beziehen, werden sie davor (157) oder danach (158) in den Satz eingebettet. 6 (157) 3台の車が交通事故を起こした。 San-dai no kuruma ga kōtsū jiko o okoshita. 3 NUMKLASS GEN Auto SUBJ Unfall DIROBJ verursachten „3 Autos verursachten einen Unfall.“ 6 Ist das Nomen Subjekt oder direktes Objekt, sind alle Stellungsvarianten möglich. Ist allen anderen Fällen steht die Mengenangabe davor. häufige Klassifikatoren Syntax 122 Morphologie (158) 車が3台交通事故を起こした。 Kuruma ga san-dai kōtsū jiko o okoshita. Auto SUBJ 3 NUMKLASS Unfall DIROBJ verursachten „3 Autos verursachten einen Unfall.“ 車3台が来ました。 Kuruma san-dai ga kimashita. Auto 3 NUMKLASS SUBJ kamen „3 Autos kamen.“ Neben der Auswahl des Klassifikators ist ferner noch die Lesung der Zahl zu beachten. Die Zahlen haben sowohl eine japanische Kun-Lesung als auch eine sinojapanische On-Lesung (vgl. S. 35). 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Kun hito futa mi yo(n) itsu mu nana ya kokono tō On ICHI NI SAN SHI GO ROKU SHICHI HACHI KYŪ/ KU JŪ Tabelle 36: Die Lesungen der Zahlen von 1-10 Die japanischen Zahlen werden heutzutage zusammen mit dem semantisch unspezifischen Klassifikator つ -tsu für Mengenangaben von 1 bis 10 eingesetzt. 7 Generell sind die Lesungen der Zahlenangaben sehr idiosynkratrisch. Da es sich bei dem Großteil der Klassifikatoren um Kango handelt, werden die Mengenangaben dann auch meistens sinojapanisch gelesen (159). (159) 一枚 ICHI-MAI, 二枚 NI-MAI, 三枚 SAN-MAI, 四枚 yon-MAI, … 七枚 nana-MAI Nur bei den Zahlen 4 und 7, die sinojapanisch SHI bzw. SHICHI gelesen werden, wird häufig auch bei Kango-Klassifikatoren die japanische Aussprache yo(n) bzw. nana bevorzugt. Es gibt auch neuere, aus dem Englischen entlehnte Klassifikatoren wie カ ートン kāton „Stange“ zur Quantifizierung von Zigaretten oder パック pakku „Packung“. Die davorstehende Zahl kann dann mehrere möglichen Lesungen haben (160). (160) hito-setto 1 セット ICHI-setto „ein Set“ wan-setto Iida, Asako / Machida, Ken (2004): Kazoekata no jiten. Tōkyō: Shōgakukan. Iwasaki, Eijiro / Nitta, Haruo / Sengoku, Takashi (1984): „Deutsche und japanische Wortbildung“. In: Kaneko, Tohru / Stickel, Gerhard (eds.): Japanische Schrift, Lautstrukturen, Wortbildung. Deutsch und Japanisch im Kontrast. Heidelberg: Groos. S. 108-223. 7 Im Altjapanischen ging die japanische Zählweise noch über die Zahl 10 hinaus. Zahlen Lesung der Zahlen 123 Numeralklassifikatoren Lewin, Bruno (1990a): Abriss der japanischen Grammatik. Auf der Grundlage der klassischen Schriftsprache. Wiesbaden: Harrassowitz. Makino, Seiichi / Tsutsui, Michio (1986): A dictionary of basic Japanese grammar. Tōkyō: Japan Times. Makino, Seiichi / Tsutsui, Michio (1995): A dictionary of intermediate Japanese grammar. Tōkyō: Japan Times. Makino, Seiichi / Tsutsui, Michio (2008): A dictionary of advanced Japanese grammar. Tōkyō: Japan Times. Rickmeyer, Jens (1983): Morphosyntax der japanischen Gegenwartssprache. Heidelberg: Groos. Tsujimura, Natsuko (ed.) (1999b): The handbook of Japanese linguistics. Malden, Mass.: Blackwell. Yoshida, Mitsunobu (2006): „Klassifikation im Japanischen und im Deutschen - eine kontrastive Analyse“. In: Neue Beiträge zur Germanistik 5 (3). S. 29-48. 8 Syntax In diesem Kapitel erfahren Sie, • was unter einer Phrase bzw. unter einem Satz zu verstehen ist, • welche Funktionen eine Phrase im Satz haben kann, • welche syntaktischen Theorien es gibt, • wie ein japanischer wohlgeformter Satz aufgebaut ist, • welche syntaktischen Phänomene des Japanischen die Linguistik immer wieder beschäftigen und • welche Korpora zur linguistischen Analyse zur Verfügung stehen. 8.1 Was ist ein Satz? Die Syntax ( 統語論 tōgoron) ist die linguistische Teildisziplin, die sich mit der Anordnung der Wörter im Satz beschäftigt. Sie beschreibt das, was man in der Umgangssprache allgemein unter Grammatik ( 文法 bunpō) versteht, also die Regeln, nach denen in der jeweiligen Einzelsprache ein wohlgeformter Satz gebildet wird. Jetzt stellt sich natürlich gleich die Frage, was ein Satz ( 文 bun) ist, wie man ihn definiert. Es gibt viele Satzdefinitionen 1 , sie lassen sich grob in zwei Richtungen, eine philosophische und eine formal sprachwissenschaftliche, einteilen: 1. Ein Satz ist der Ausdruck eines Gedankens. 2. Ein Satz ist eine intonatorische Einheit, die in der Regel aus mindestens einem Prädikat besteht, die eine Bedeutung trägt und zur Mitteilung dient. Ein Satz besteht nicht aus einer willkürlichen Aneinanderreihung von Wörtern, er ist vielmehr strukturiert. (161) ist wohlgeformt, während (162) den japanischen Wohlgeformtheitsregeln widerspricht. Dies wird in der Linguistik durch einen Stern * am Satzanfang angezeigt. (161) 明子は昼ご飯を作った。 Akiko wa hirugohan o tsukutta. Akiko TOP Mittagessen DIROBJ gekocht „Akiko hat das Mittagessen gekocht.“ (162) * はを昼ご飯明子作った。 *wa o hirugohan Akiko tsukutta. TOP DIROBJ Mittagessen Akiko gekocht Im Satz gibt es Wörter, die enger zusammengehören als andere, so zum Beispiel 明子は Akiko wa und 昼ご飯を hirugohan o in (161). Diese Wortgruppen nennt man Satzglieder oder Phrasen ( 句 ku oder 節 setsu). Jede 1 Vgl. Müller (1985) Syntax Satz Phrase 126 Syntax Phrase hat einen Kern oder Kopf, der den Mittelpunkt bildet. Eine Phrase wird nach der Wortart dieses Kerns benannt. Kopf Phrase Abkürzung Nomen Nominalphrase NP Verb Verbalphrase VP Adjektiv Adjektivphrase AdjP Adverb Adverbialphrase AdvP Prä- oder Postposition Präpositionalphrase Postpositionalphrase PP Tabelle 37: Syntaktische Phrasen und ihre Bezeichnungen 8.2 Die Funktionen der Phrasen Eine Phrase kann unterschiedliche syntaktische Funktionen im Satz erfüllen. In der Regel besteht ein Satz mindestens aus einem Subjekt ( 主語 shugo) und einem Prädikat ( 述語 jutsugo). Das Subjekt des Satzes ist der Satzteil, über den eine Aussage gemacht wird. Es besteht aus einer NP, die mit der Frage „wer oder was“ erfragt werden kann. In (163) erfüllt die NP 学生が gakusei ga die Funktion des Subjekts, sie ist mit der Partikel が ga markiert. (163) 学生が来ました。 Gakusei ga kimashita. Student SUBJ gekommen. „Ein Student ist/ Studenten sind gekommen.“ Das Prädikat ist die Aussage. Es besteht aus einem Verb, einem Adjektiv oder einem Nomen zusammen mit der Kopula だ da „sein“. Verben nehmen teilweise verschiedene Ergänzungen zu sich. Diese Ergänzungen nennt man Objekte ( 目的語 mokutekigo). Man unterscheidet direkte und indirekte Objekte. Das direkte Objekt denotiert die Entität, die in die Handlung unmittelbar involviert ist, z.B. 昼ご飯 hirugohan „Mittagessen“ in (161). Es wird mit „wen oder was“ erfragt. Im Japanischen dient die Partikel を o zur Markierung des direkten Objekts. Das indirekte Objekt dagegen denotiert wie 先生 sensei in (164) das Ziel der Handlung, es wird mit „wem“ erfragt und mit der Partikel に ni markiert. (164) 明子は先生にお礼を言った。 Akiko wa sensei ni o-rei o itta. Akiko TOP Lehrer INDIROBJ Dank DIROBJ gesagt „Akiko dankte dem Lehrer.“ Daneben kann ein Satz noch adverbiale Bestimmungen enthalten, die nicht vom Verb abhängig sind und Zeit, Ort oder Umstände der Situation näher bestimmen. (165) enthält die adverbiale Bestimmung 台所で daidokoro de Subjekt Prädikat Objekt adverbiale Bestimmungen 127 Die Funktionen der Phrasen „in der Küche“. Dies ist keine vom Verb geforderte Ergänzung, sondern eine fakultative Angabe. (165) 明子は台所で昼ご飯を作った。 Akiko wa daidokoro de hirugohan o tsukutta. Akiko TOP Küche LOK Mittagessen DIROBJ gekocht „Akiko hat in der Küche das Mittagessen gekocht.“ Dann gibt es noch Phrasen, die als Attribut fungieren. Attribute sind Satzglieder, die eine Nominalphrase näher bestimmen. In (166) bestimmt das Adjektiv おいしい oishii „lecker“ das Nomen 昼ご飯 hirugohan „Mittagessen“ näher. In (167) ist die Nominalphrase 子供の kodomo no „der Kinder“ das Attribut zu 昼ご飯 hirugohan, in (168) ist es der Relativsatz みんなで食 べる minna de taberu „wir/ sie essen gemeinsam“. Im Unterschied zum Deutschen stehen im Japanischen alle Attribute vor dem Nomen, das sie modifizieren. (166) 明子はおいしい昼ご飯を作った。 Akiko wa oishii hirugohan o tsukutta. Akiko TOP lecker Mittagessen DIROBJ gekocht „Akiko hat ein leckeres Mittagessen gekocht.“ (167) 明子は子供の昼ご飯を作った。 Akiko wa kodomo no hirugohan o tsukutta. Akiko TOP Kinder GEN Mittagessen DIROBJ gekocht „Akiko hat das Mittagessen der Kinder gekocht.“ (168) 明子はみんなで食べる昼ご飯を作った。 Akiko wa minna de taberu hirugohan o tsukutta. Akiko TOP alle INSTR essen Mittagessen DIROBJ gekocht „Akiko hat das Mittagessen, das wir/ sie gemeinsam essen werden, gekocht.“ Eine andere Betrachtungsweise teilt Sprachen in subjektprominente und topikprominente Sprachen ein. Deutsch gehört zum ersten, Japanisch zum zweiten Typ. Topikprominente Sprachen bevorzugen eine Topik-Comment- Struktur (Li & Thompson 1976). Das Topik ( 主題 shudai) ist das Satzglied, welches das Thema des Gesprächs oder Textes ist. Es ist aus der Situation oder dem vorangehenden Diskurs bekannt. Es wird im Japanischen mit der Partikel は wa markiert. Das Comment ist die ergänzende Aussage. Das Topik kann wie in den Sätzen (166)-(168) mit dem grammatischen Subjekt zusammenfallen, es kann aber auch ein anderes Satzglied wie z.B. das direkte Objekt sein (169). (169) 昼ご飯は台所で食べます。 Hirugohan wa daidokoro de tabemasu. Mittagessen TOP Küche LOK essen. „Das Mittagessen essen wir in der Küche.“ Attribute Topik 128 Syntax (170) ist ebenfalls ein Beispiel dafür, dass Topik und Subjekt nicht zusammenfallen und eine Analyse des japanischen Satzes allein in den Kategorien Subjekt - Prädikat nicht ausreichend ist (Kuno 1973: 37). (170) 象は鼻が長い。 Zō wa hana ga nagai. Elefant TOP Nase SUBJ lang. „Der Elefant hat eine lange Nase.“ 8.3 Einteilung der Sätze Sätze werden aufgrund ihrer Struktur in einfache und komplexe eingeteilt: 1. Einfache Sätze ( 単文 tanbun), die nur ein Prädikat haben. (171) 8 時に起きました。 Hachiji ni okimashita. 8 Uhr LOK aufgestanden „Ich stand um 8 Uhr auf.“ 2. Verbundene Sätze ( 重文 jūbun), die aus zwei oder mehreren, nebengeordneten Teilsätzen bestehen. (172) 8 時に起きて、朝ごはんを食べました。 Hachiji ni okite, asagohan o tabemashita. 8 Uhr LOK aufstehen, Frühstück DIROBJ gegessen „Ich stand um 8 Uhr auf und frühstückte.“ 3. Zusammengesetzte Sätze ( 複文 fukubun), die aus zwei oder mehreren Sätzen bestehen, wovon einer dem anderen untergeordnet ist. (173) 用事があったので、 8 時に起きました。 Yōji ga atta node, hachiji ni okimashita. Vorhaben SUBJ gehabt weil, 8 Uhr LOK aufgestanden „Da ich etwas vorhatte, stand ich um 8 Uhr auf.“ Ferner können Sätze nach ihrer grundlegenden Äußerungsfunktion in Satztypen eingeteilt werden: 1. Aussagesätze ( 平叙文 heijobun) (174) いいです。 Ii desu. gut sein „Es ist in Ordnung.“ 2. Fragesätze ( 疑問文 gimonbun) (175) いいですか。 Ii desu ka. gut sein QUEST „Ist es in Ordnung? “ Satzstruktur Satztypen 129 Syntaktische Theorien 3. Befehlssätze ( 命令文 meireibun) (176) 帰りなさい。 Kaeri-nasai. heimgehen IMP „Gehe nach Hause! “ 4. Ausrufesätze ( 感嘆文 kantanbun) (177) いいなあ。 Ii nā. gut EXCLAM „Wie schön! “ 8.4 Syntaktische Theorien Eine wissenschaftliche, systematische Auseinandersetzung mit dem Satzbau setzte in Japan in der Edo-Zeit ein. Motoori Norinaga (1730-1801) und Fujitani Nariakira (1738-1779) gehörten zu den Philologen ( 国 学 者 kokugakusha), die sich mit der japanischen Sprache auseinandersetzten. Sie beschäftigten sich mit der Einteilung der Wörter in Wortarten und dem Aufbau des Satzes. Ab der Meiji-Zeit waren es Yamada Yoshio (1873-1958), Hashimoto Shinkichi (1882-1945), Tokieda Motoki (1900-1967) und Matsushita Daizaburō (1878-1935), die sich mit der japanischen Grammatik beschäftigten und die ersten Grammatiken schrieben (Eschbach-Szabo 2000a). Diese deskriptiven Grammatiken wurden als Norm für den schulischen Unterricht und die japanische lexikographische Terminologie etabliert (Lewin et al. 1989b: 32). An dieser Stelle sollen vier westliche syntaktische Theorien kurz dargestellt werden, welche in der Linguistik in den vergangenen Jahren vorherrschten. Alle Theorien sind dem Strukturalismus verpflichtet und suchen nach den grundlegenden Einheiten des Satzes und seinen Aufbauregeln. Sie versuchen eine Antwort darauf zu geben, wie ein wohlgeformter Satz aufgebaut sein muss. Die Dependenzgrammatik ( 依存文法 izon bunpō), die von Tesnière (19 ) begründet wurde, sieht im Verb das zentrale Element des Satzes. Alle anderen Satzglieder hängen davon ab. Es gibt Verben, die nur eine, und solche, die mehrere Ergänzungen verlangen. Die notwendigen Ergänzungen werden Argumente genannt, die fakultativen Adjunkte. 2 Die Wertigkeit eines Verbs, seine Valenz, gibt an, wie viele Argumente es fordert. Einstellige Verben fordern nur ein Argument, das Subjekt. 作る tsukuru in (178) ist zweistellig und fordert ein Subjekt und ein Objekt. Die Valenzstruktur ist in der Verbbedeutung verankert. 2 Argumente umfassen Subjekte und Objekte, Adjunkte entsprechen den oben erwähnten adverbialen Bestimmungen (vgl. Kap. 8.2). japanische Grammatiker Dependenzgrammatik 9 5 130 Syntax (178) 作った tsukutta 明子は 昼ご飯を。 Akiko wa hirugohan o Die Ergänzungen können semantischen Beschränkungen, sogenannten Selektionsbestimmungen, unterliegen. So selegiert helfen im Deutschen ein indirektes Objekt mit dem semantischen Merkmal [+ BELEBT ] oder ein Präpositionalobjekt mit dem semantischen Merkmal [+ HANDLUNG ] (179). Die japanische Entsprechung 手伝う tetsudau dagegen verlangt ein direktes Objekt mit dem semantischen Merkmal [+ HANDLUNG ] (180). (179) Ich helfe ihm. Ich helfe bei der Arbeit. (180) 仕事を手伝う。 Shigoto o tetsudau. Arbeit DIROBJ helfen „Ich helfe bei der Arbeit.“ Die Valenzstruktur der japanischen Basisverben ist im Valenzlexikon von Rickmeyer (1977) nachzuschlagen. Die Konstituentenanalyse ( 構成素分析 kōseiso bunseki) ist ebenfalls eine strukturalistische Theorie. Sie untersucht, aus welchen unmittelbaren Konstituenten 3 ein Satz aufgebaut ist und im folgenden Schritt den inneren Aufbau dieser Phrasen. Zur Ermittlung der Konstituenten wird u.a. die sogenannte Umstellprobe verwendet. Nur ganze Konstituenten wie 台所で daidokoro de „in der Küche“ in (181)-(183) lassen sich im Satz an verschiedene Positionen verschieben. (181) [ 明子が ] [ 台所で ] [ 昼ご飯を ] 作った。 [Akiko ga] [daidokoro de] [hirugohan o] tsukutta. [Akiko SUBJ ] [Küche LOK ] [Mittagessen DIROBJ ] gekocht „Akiko hat in der Küche das Mittagessen gekocht.“ (182) [ 明子が ] [ 昼ご飯を ] [ 台所で ] 作った。 [Akiko ga] [hirugohan o] [daidokoro de] tsukutta. [Akiko SUBJ ] [Mittagessen DIROBJ ] [Küche LOK ] gekocht „Akiko hat das Mittagessen in der Küche gekocht.“ (183) [ 台所で ] [ 明子が ] [ 昼ご飯を ] 作った。 [Daidokoro de] [Akiko ga] [hirugohan o] tsukutta. [Küche LOK ] [Akiko SUBJ ] [Mittagessen DIROBJ ] gekocht „In der Küche hat Akiko das Mittagessen gekocht.“ Die Konstituentenanalyse geht nicht davon aus, dass das Verb das zentrale Element des Satzes ist, von dem alle anderen Phrasen abhängen. An oberster Stelle steht vielmehr der Satz S, der aus verschiedenen Phrasen besteht. 3 Konstituente entspricht dem oben erwähnten Begriff „Satzglied“ oder „Phrase“. Valenz Konstituentengrammatik 131 Syntaktische Theorien Abbildung 16: Konstituentenanalyse des Satzes in (161) Der Aufbau von Sätzen wird in einer Baumstruktur wie in Abbildung 16 oder in sogenannten Phrasenstrukturregeln (184) dargestellt. Dahinter steht die Idee, dass man die unendliche Anzahl an möglichen Sätzen in einer Sprache mit einer begrenzten Zahl an Strukturregeln beschreiben kann. Die Konstituentenanalyse beschreibt nur die oberflächliche Struktur von Sätzen. (184) S → PP, VP VP → PP, V PP → NP, P NP → N Auf der Konstituentenanalyse bauen die Generative Grammatik ( 生成文法 seisei bunpō) von Noam Chomsky und deren Weiterentwicklungen auf. An dieser Stelle können die Theorien nicht im Detail dargestellt werden, es soll lediglich ein Einblick in die dahinterstehende Grundidee gegeben werden. Die generativen Theorien gehen davon aus, dass dem Menschen eine allgemeine Fähigkeit zum Spracherwerb angeboren ist. Wie sonst könnte er in so kurzer Zeit die Muttersprache erwerben, wohlgeformte Sätze äußern und Sätze hinsichtlich ihrer Wohlgeformtheit korrekt beurteilen, die er zuvor noch nie gehört hat? Diese Sprachkompetenz wurde oft mit einem Schaltbrett oder mentalen „Programm“ verglichen, das für die verschiedenen syntaktischen Phänomene wie z.B. „Realisierung des Subjekts“ Schalter enthält. Der sprachliche Input, dem ein Kind ausgesetzt ist, veranlasst es, den Schalter dann in die jeweilige Richtung [+obligatorisch] oder [- obligatorisch] umzulegen. Sind die Schalter einmal durch den Spracherwerb richtig eingestellt, verfügt der Sprecher über das Gesamtinventar an Regeln und muss die Strukturen nur noch mit lexikalischer und phonetischer Information füllen. Im Unterschied zur oben beschriebenen Konstituentenanalyse geht die Generative Grammatik also weiter, sie beschreibt nicht nur, sondern hat den Anspruch, auch die Generierung von Sätzen erklären zu können. Für ähnliche Sätze wie (181)-(183) wird eine einheitliche Struktur angenommen. Man geht davon aus, dass sie die gleiche Tiefenstruktur aufweisen. Verschiedene Transformationsprozesse wie die syntaktische Bewegung von Konsti- Generative Grammatik S PP VP N V PP NP P NP P N Akiko kiko wa hirugohan o tsukutta 132 Syntax tuenten (z.B. Scrambling) führen jedoch dazu, dass sie an der Oberfläche unterschiedlich realisiert werden. Japanisch als eine mit den indoeuropäischen Sprachen nicht verwandte, typologisch entfernte, jedoch gut dokumentierte Sprache wurde gerne als Beweis dafür hinzugezogen, dass die hauptsächlich für das Englische postulierten syntaktischen Prozesse und Prinzipien sprachenübergreifend gelten. Ein großes Manko der Generativen Linguistik war, dass sie sich mit introspektivisch gewonnenen Sätzen beschäftigte, also Sätzen, die sich die Forscher zur Überprüfung ihrer These selbst ausgedacht hatten, die im tatsächlichen Leben jedoch nur selten geäußert werden. Sie wurde also aufgrund der Datengewinnung und -validität oft kritisiert. Die Erstellung von Sprachkorpora, Datensammlungen natürlicher, gesprochener oder geschriebener Sprache, verbesserte die Datenlage. Ein zweiter Kritikpunkt betrifft die Tatsache, dass Kommunikation nicht auf die Satzebene beschränkt ist, sondern ein Sprecher normalerweise mehrere Sätze produziert. Zur adäquaten Beschreibung der Kommunikation sollte daher eigentlich die gesamte Äußerung in der jeweiligen Äußerungssituation betrachtet werden. Ein letzter Kritikpunkt betraf die Rigidität der Strukturen und Prinzipien. Die von der Generativen Grammatik postulierten Prinzipien, wie zum Beispiel zur Realisierung des Subjekts in (185), sollten eigentlich für alle Sprachen gelten, eine Verletzung sollte zu Ungrammatikalität führen: (185) In Sprachen mit obligatorischer Subjektrealisierung ist das Verb nicht oder nur schwach auf Person und Numerus markiert (z.B. Englisch I go, you go, we go, they go). Sprachen mit fakultativer Subjektrealisierung weisen eine hohe Verbflexion auf (z.B. die italienischen Entsprechungen vado, vai, andiamo, vanno). Tatsächlich führt eine Verletzung ein und desselben Prinzips jedoch nicht in jeder Sprache zu Inakzeptabilität des Satzes. So ist Japanisch eine Sprache, die eine Auslassung des Subjekts erlaubt, deren Verben jedoch keine hohe Verbflexion, keine Personenmarkierung, aufweisen. Daher war man gezwungen, zahlreiche Ausnahmen zu erklären, was die Komplexität der Theorie enorm steigerte. Eine Theorie, die diese Schwierigkeit umgeht, ist die Optimalitätstheorie. Sie geht davon aus, dass die Prinzipien in den verschiedenen Sprachen unterschiedlich gewichtet sind, ein Regelverstoß in der einen Sprache folglich weniger gravierend ist als in der anderen. Bei der Realisierung eines Satzes wird die optimale Lösung gesucht, also die Struktur, bei der wichtige Prinzipien möglichst eingehalten werden. Optimalitätstheorie 133 Wie sieht ein wohlgeformter japanischer Satz aus? 8.5 Wie sieht ein wohlgeformter japanischer Satz aus? An dieser Stelle kann keine ausführliche syntaktische Beschreibung des Japanischen gegeben werden. 4 Es werden lediglich zwei Grundprinzipien vorgestellt. 1. Die Abfolge der Satzglieder im Satz ist SOV - Subjekt, Objekt, Verb. Diese Abfolge bleibt auch im Fragesatz (187) erhalten. (186) 母は買い物をしました。 5 Haha wa kaimono o shimashita. Meine/ unsere Mutter TOP Einkäufe DIROBJ gemacht. „Die Mutter hat eingekauft.“ (187) 母は買い物をしましたか。 Haha wa kaimono o shimashita ka. Meine/ unsere Mutter TOP Einkäufe DIROBJ gemacht QUEST . „Hat unsere Mutter eingekauft? “ 2. Eine zweite Grundregel besagt, dass das bestimmende Element dem Bestimmten vorangeht. Attribute stehen also immer vor dem Nomen, auf das sie sich beziehen (188). (188) 広い部屋 hiroi heya „geräumiges Zimmer“ 弟の部屋 otōto no heya kleiner Bruder GEN Zimmer „das Zimmer meines jüngeren Bruders“ 母が片づけた部屋 haha ga katazuketa heya meine/ unsere Mutter SUBJ aufgeräumt Zimmer „das Zimmer, das meine Mutter aufgeräumt hat“ Auch untergeordnete Nebensätze, die schlussendlich einen Hauptsatz näher bestimmen, stehen vor dem Hauptsatz (189). Im Deutschen dagegen können sie davor oder danach stehen. (189) 家に帰る前に夕食の買い物をした。 Ie ni kaeru mae ni yūshoku no kaimono o shita. Haus LOK zurückkehren vor LOK Abendessen GEN Einkäufe DIROBJ gemacht. „Bevor ich nach Hause ging, kaufte ich fürs Abendessen ein.“ „Ich kaufte fürs Abendessen ein, bevor ich nach Hause ging.“ 4 Zur genauen Beschreibung siehe Ebi (2008) oder Gewehr (2009). 5 Das Subjekt fällt hier mit dem Topik zusammen und ist daher mit der Partikel は wa markiert. SOV Bestimmendes vor Bestimmtem 134 Syntax 8.6 Immer wiederkehrende syntaktische Fragen Für alle syntaktischen Theorien stellt die Ellipse ( 省略 shōryaku), die Auslassung des Subjekts oder anderer Satzglieder, ein Problem dar: Satzglieder, die aus dem Kontext, also aus der Sprechsituation oder aus dem vorangehenden Text bzw. Gespräch bekannt oder erschließbar sind, werden im Japanischen gerne weggelassen. 6 サトウ氏は布団を蹴って跳び起き、新しい下着と Satō-shi wa futon o kette tobioki, atarashii shitagi to Herr Satō TOP Futon DIROBJ stoßen aufspringen, frische Unterwäsche COORD 制服を身につけた。それから ø 電気カミソリをポケットに seifuku o mi ni tsuketa. Sorekara ø denki kamisori o poketto ni Uniform DIROBJ Körper GOAL angelegt. ø Dann Elektrorasierer DIROBJ Tasche LOK 突っ込み、車庫から車を出した。 ø ハンドルを握りながら、 tsukkomi, shako kara kuruma o dashita. ø Handoru o nigirinagara, stecken, Garage SOURCE Auto DIROBJ herausgeholt. ø Lenkrad DIROBJ haltend, 片方の手でひげを剃る。 katahō no te de hige o soru. eine GEN Hand INSTR Bart DIROBJ rasieren. „Herr Satō stieß die Decke beiseite, sprang auf und zog sich frische Unterwäsche und seine Uniform an. Dann steckte er den Elektrorasierer in die Jackentasche und holte das Auto aus der Garage. Mit einer Hand lenkend rasierte er sich mit der anderen Hand den Bart.“ Textbeispiel 8: Atōda Takashi (1982): Jikangai rōdō. Das Subjekt wird ab dem zweiten Satz ausgelassen. Alle syntaktischen Theorien haben Erklärungsprobleme, da sie sich nur auf die Satzebene beziehen. Daher wird oft behauptet, Japanisch sei eine pragmatischere Sprache als z.B. Deutsch oder Englisch. Auch die japanischen Relativsätze fordern mehr Erklärung. 7 Relativsätze sind Attribute, sie beschreiben ein Nomen näher. (190) [ 明子が ¢ 作った ] ご飯はおいしい。 [Akiko ga ¢ tsukutta] gohan wa oishii. [Akiko SUBJ ø gekocht] Essen TOP lecker. „Das Essen, das Akiko gekocht hat, ist lecker.“ In der Generativen Grammatik nimmt man an, dass in Relativsätzen an der Stelle des Arguments - in (190) wäre dies ご飯 gohan „Essen“ - eine sogenannte Leerstelle vorhanden ist. 8 Das Argument ist sozusagen aus dem Satz hinaus gewandert und hat an seinem Platz eine Leerstelle hinterlassen. Diese 6 Das Symbol ø zeigt im Text die Stelle an, an der eigentlich das Subjekt stehen müsste. 7 Vgl. Narrog (1995) zu den historischen strukturellen Veränderungen der Nebensätze in Bezug auf Neben- und Unterordnung. 8 Im Deutschen steht statt der Leerstelle das Relativpronomen. Ellipse Relativsätze 135 Immer wiederkehrende syntaktische Fragen Leerstelle wird von dem Kopfnomen regiert. Auf diese Weise lassen sich nicht-wohlgeformte Sätze erklären (191). 寝た neta „geschlafen“ ist einstellig und verlangt nur ein Subjekt, für ご飯 gohan „Essen“ ist im Relativsatz keine Argumentposition vorhanden. (191) *[ 明子が 寝た ] ご飯はおいしい。 *[Akiko ga neta] gohan wa oishii. *[Akiko SUBJ geschlafen] Essen TOP lecker. *„Das Essen, das Akiko geschlafen hat, ist lecker.“ Im Japanischen gibt es jedoch eine besondere Gruppe von Relativsätzen, die sich nicht durch die Abwanderung des Arguments aus dem Relativsatz hinaus in den Hauptsatz erklären lassen. Denn das Nomen, auf das sich der Relativsatz bezieht, ist in der Satzstruktur des Relativsatzes gar nicht enthalten. (192) [ 魚を焼く ] 匂いがします。 [Sakana o yaku] nioi ga shimasu [Fisch DIROBJ grillen] Geruch SUBJ machen. „Es riecht nach gegrilltem Fisch . “ Als letztes Phänomen, mit dem sich die syntaktischen Theorien auseinandersetzen müssen, seien die indirekten Passivkonstruktionen ( 受身 ukemi) angeführt. In der Generativen Grammatik werden für Aktiv- und Passivsätze die gleichen Tiefenstrukturen angenommen. Die Passivkonstruktion (194) ist durch Transformationen aus dem Aktivsatz (193) ableitbar. (193) 先生は明子を誉めた。 Sensei wa Akiko o hometa. Lehrer TOP Akiko DIROBJ gelobt. „Der Lehrer lobte Akiko.“ (194) 明子は先生に誉められた。 Akiko wa sensei ni homerareta. Akiko TOP Lehrer SOURCE gelobt worden. „Akiko wurde vom Lehrer gelobt.“ Nun gibt es im Japanischen Passivsätze von intransitiven Verben (195), die keinen Aktivsatz (196) als Pendant haben (Iwasaki 2013: 158f). Eine gute Grammatiktheorie muss auch dieser Tatsache gerecht werden. (195) 明子は雨に降られた。 Akiko wa ame ni furareta. Akiko TOP Regen SOURCE gefallen worden. „Akiko wurde vom Regen beregnet.“ = „Akiko kam in den Regen.“ (196) * 雨は明子を/ に降った。 * Ame wa Akiko o/ ni futta. Regen TOP Akiko DIROBJ/ GOAL gefallen. „Der Regen regnete auf Akiko.“ Passiv 136 Syntax 8.7 Korpora Es gibt mehrere Möglichkeiten, eine linguistische Hypothese zu validieren. Musste man sich früher auf die eigene Sprachintuition oder die einer befragten Sprechergruppe verlassen 9 , greift man heutzutage auf digitalisierte sprachliche Datensammlungen, sogenannte Korpora, zurück. Die von verschiedenen Sprechern bzw. Autoren erstellten, in unterschiedlichen Textgenres vorkommenden natürlichen Sprachdaten liefern ein wirklichkeitsgetreueres Bild von der natürlichen, mündlichen bzw. schriftlichen Sprachverwendung. Abbildung 17: Suchmaske Shonagon des BCCWJ 10 Die Erstellung von Korpora des gegenwärtigen Japanischen setzte vergleichsweise spät ein. Dies hat zum einen technische Gründe: Im Unterschied zu westlichen Sprachen kennt das Japanische keine Wortabstände. Dies erschwerte anfänglich eine automatisierte syntaktische Analyse. Zum anderen sind literarische Texte vergleichsweise lange urheberrechtlich geschützt, so dass sie nicht frei zur Verfügung stehen. 9 Die Sprachintuition der Sprecher einer Sprache soll mit dieser Aussage keineswegs in Frage gestellt werden. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass die Intuition sich von der realen Sprachverwendung unterscheiden kann. Ferner wird die Intuition mit zunehmender Beschäftigung mit einem Phänomen getrübt. Je mehr man über die Wohlgeformtheit eines Satzes nachdenkt, desto unsicherer wird das Urteil. 10 http: / / www.kotonoha.gr.jp/ shonagon/ search_form (02.10.2014) 137 Korpora Seit 2011 ist das erste ausgewogene Korpus, das Balanced Corpus of Contemporary Written Japanese (BCCWJ), allgemein zugänglich. Es hat eine Größe von 100 Mio. Wörtern und umfasst drei Subkorpora mit Texten aus dem Zeitraum von 1971-2008: Erstens allgemeine Publikationen wie Bücher, Zeitschriften und Zeitungstexte, zweitens Buchpublikationen und drittens spezielle Publikationen wie Weißbücher, Gedichte, Schulbücher, Gesetze, Sitzungsberichte von Parlamentssitzungen und Verwaltungsmitteilungen. Das Korpus ist auf dreierlei Weise zugänglich. Bei einer einfachen, kostenlosen webbasierten Suche Shonagon (siehe Abbildung 17), die auch keiner Registrierung bedarf, können Wörter bis zu einer Länge von 10 Zeichen gesucht werden. Es werden bis zu 500 Treffer im Kontext angezeigt. Chunagon, ebenfalls ein webbasiertes Interface zur Korpussuche, erfordert aus urheberrechtlichen Gründen eine vorherige Registrierung auf dem Postweg. Gesucht werden kann dann nicht nur nach Zeichenketten, sondern weitere Suchkriterien zur morphologischen Form können spezifiziert werden. Es werden ebenfalls bis zu 500 Treffer im Kontext angezeigt, bis zu 100.000 Treffer können jedoch heruntergeladen werden (Maekawa et al. 2014). Die vollständigen Daten des BCCWJ sind als DVD käuflich erhältlich. Das Korpus ist ferner mit dem NINJAL-LagoWordProfiler 11 zu durchsuchen. Das Tsukuba Web Corpus ist ein Korpus auf der Basis von Webseiten, die im Januar 2012 gesammelt wurden. Es umfasst 1,138 Milliarden Wörter. Die Suche erfolgt ebenso über den NINJAL-LagoWordProfiler. Das Corpus of Spontaneous Japanese enthält 661 Stunden gesprochener Sprache und umfasst 7,5 Mio. Wörter. Die Daten wurden von mehr als 1.400 Sprechern im Alter von 20 bis über 80 Jahren gesammelt. Der Zugang zum Korpus ist kostenpflichtig. 12 Dürscheid, Christa (2007): Syntax. Grundlagen und Theorien. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. Hinds, John (1988): Japanese. Descriptive grammar. London: Routledge. Kuno, Susumu (1973): The structure of the Japanese language. Cambridge, Mass.: MIT Press. Shibatani, Masayoshi (ed.) (1976): Japanese generative grammar. Syntax and semantics. Vol. 5. New York: Academic Press. Shibatani, Masayoshi (1990): The languages of Japan. Cambridge: Cambridge University Press. 11 http: / / nlb.ninjal.ac.jp/ search/ (21.10.2014) 12 http: / / www.ninjal.ac.jp/ corpus_center/ csj/ (17.09.2014) BCCWJ Tsukuba Web Corpus Korpus gesprochener Sprache 9 Semantik In diesem Kapitel erfahren Sie, • was man unter Bedeutung versteht, • welche Bedeutungsbeziehungen es zwischen Wörtern gibt, • was man unter Phraseologismen zu verstehen hat und • wie sich aus der Bedeutung der Wörter die Bedeutung des Satzes ergibt. 9.1 Bedeutungslehre Alle Zeichen - so auch sprachliche - haben eine äußere Form und einen Inhalt. Form und Inhalt eines Zeichens sind fest miteinander verbunden. Die Formseite eines sprachlichen Zeichens ist die lautliche oder graphische Ausdrucksseite. Die Inhaltsseite entspricht dem Begriff, dem mentalen Konzept, das wir von dem Objekt haben, der Bedeutung ( 意味 imi). Anders formuliert ist die Bedeutung das Potential, durch die Realisierung eines Zeichens in dem jeweiligen Kontext etwas zu verstehen zu geben. Wenn wir miteinander reden, so möchten wir mit unserer Äußerung eine Bedeutung übermitteln, einen außersprachlichen Sachverhalt darstellen. Den anderen verstehen heißt, die Bedeutung seiner Äußerung zu verstehen. Mit der Bedeutung von Zeichen im Allgemeinen beschäftigen sich die Philosophie ( 哲学 tetsugaku) und die Semiotik ( 記号論 kigōron). Innerhalb der Sprachwissenschaft ist es die Semantik ( 意味論 imiron), die sich mit der Bedeutung der sprachlichen Zeichen auseinandersetzt. Entsprechend mannigfaltig sind die Termini, die zur Bezeichnung der Form- und Inhaltsseite verwendet werden. Die Relationen zwischen Form, Inhalt und außersprachlichem Referent sind im semiotischen Dreieck dargestellt. Abbildung 18: Semiotisches Dreieck Man kann die Bedeutung von sprachlichen Zeichen auf unterschiedlichen Ebenen untersuchen, auf der Wortebene, auf der Ebene der Phrasen und auf der Satzebene. Bedeutung semiotisches Dreieck 140 Semantik 9.2 Wortsemantik Das Wort ist die kleinste frei vorkommende bedeutungstragende Einheit. Es stellt sich die Frage, wie die Bedeutung eines Wortes zu beschreiben ist. In der strukturellen Semantik geht man davon aus, dass der Wortschatz strukturiert ist und die Bedeutung eines Wortes durch semantische Komponenten oder Merkmale beschrieben werden kann. Wörter, welche die gleichen semantischen Merkmale aufweisen, gehören zum selben Wortfeld ( 意味 分野 imi bun’ya). Wort Bedeutung HUMAN MÄNNLICH 1 GENERATION DARÜBER DIREKT 男 otoko „Mann“ + + ± ± 女 onna „Frau“ + - ± ± 父 chichi „Vater“ + + + + 母 haha „Mutter“ + - + + おじ oji „Onkel“ + + + - おば oba „Tante“ + - + - Tabelle 38: Wortfeldanalyse einiger japanischer Personen- und Verwandtschaftsbezeichnungen 1 (Machida & Momiyama 1995: 96) Durch diese Merkmale kann man die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Bedeutung erfassen und auch Sinnwidrigkeiten erklären. 父 chichi und 女 onna widersprechen sich in dem semantischen Merkmal [ MÄNNLICH ], daher ist (197) inakzeptabel. (197) * 父は女です。 * Chichi wa onna desu. * „Mein Vater ist eine Frau.“ Die Merkmalsanalyse kann auch Bedeutungsunterschiede zwischen Wörtern verschiedener Sprachen gut abbilden: Merkmal Wort KALT Wasser ± 水 mizu + お湯 o-yu - Tabelle 39: Merkmalsanalyse von Wasser, 水 mizu und お湯 o-yu Ein Nachteil der semantischen Merkmalsanalyse besteht darin, dass die Zahl der semantischen Merkmale nicht wie in der Phonetik auf eine überschaubare Menge beschränkt ist, sondern man für die verschiedenen Wortfelder eine große Anzahl unterschiedlicher Merkmale benötigt. 1 Ist ein Merkmal vorhanden, wird dies durch ein Pluszeichen + dargestellt. Das Minuszeichen - zeigt an, dass das Merkmal nicht vorhanden ist, ±, dass das Wort nicht auf dieses Merkmal hin markiert ist. Merkmalsanalyse Wortfeld 141 Wortsemantik Ferner kann es sein, dass nicht alle Merkmale auf einen außersprachlichen Referenten zutreffen. Denken wir an „Stuhl“, so gehen wir im Allgemeinen von einem [+ MÖBELSTÜCK ], [+ MIT VIER B EINEN ], [+ MIT L EHNE ], [+ ZUM SITZEN ] aus. Darin unterscheidet sich „Stuhl“ von „Sessel“, „Hocker“ oder „Tisch“. Es gibt jedoch auch Stühle im modernen Design, die keine vier Beine haben. Trotzdem würde man sie als Stühle bezeichnen. Die Prototypensemantik, eine andere semantische Beschreibungstheorie, geht daher davon aus, dass wir für jede Bedeutung einen besten Vertreter im Kopf haben. Die „Amsel“ ist also ein prototypischer „Vogel“, während der „Pinguin“ zwar auch in die Bedeutungskategorie der Vögel fällt, jedoch ein eher peripherer Vertreter ist. Der Ansatz hat jedoch nicht einzelsprachliche Beschreibungen zum Ziel, sondern sucht nach sprachübergreifenden, kognitiven Konzepten (Raible 2001, Schwarz & Chur 2014). 9.2.1 Semantische Relationen Der Wortschatz einer Sprache ist strukturiert. Zwischen Wörtern des gleichen Wortfelds bestehen gewisse Relationen. Zwei Wörter sind Synonyme ( 同義語 dōgigo), wenn sie die gleiche Bedeutung haben, also die gleichen semantischen Merkmale aufweisen. Sie sind dann im Satz in den gleichen Kontexten ohne Bedeutungsverlust oder -verschiebung austauschbar. (198) あした ashita みょうにち の天気が気になってます。 MY Ō NICHI no tenki ga kininatte imasu. あす asu morgen GEN Wetter SUBJ beunruhigt sein „Ich bin wegen des morgigen Wetters beunruhigt.“ Es ist jedoch fraglich, ob es in einer Sprache tatsächlich zwei Wörter gibt, deren Bedeutungen völlig identisch sind. Die japanischen Wörter für „morgen“ in (198) unterscheiden sich beispielsweise hinsichtlich des Stils ( 文体 buntai). あした ashita ist umgangssprachlich, あす asu und みょうにち MY Ō NICHI sind formeller. Man sagt, dass die Wörter die gleiche Grundbedeutung, die gleiche Denotation, haben, sich jedoch in der Konnotation, der stilistischen oder emotionalen Nebenbedeutung, unterscheiden. Daher spricht man in der japanischen Linguistik eher von sinnverwandten Wörtern ( 類義語 ruigigo) (Machida & Momiyama 1995: 100). Wörter, die eine gegensätzliche Bedeutung haben, werden im Japanischen als 対義語 taigigo, 反対語 hantaigo oder 反義語 hangigo bezeichnet. Man kann die Oppositionen genauer unterscheiden: Komplementäre Begriffe wie in (199) teilen sich ein semantisches Feld und schließen sich in einem semantischen Merkmal gegenseitig aus. Wenn A zutrifft, dann trifft B nicht zu und umgekehrt. Prototypensemantik Synonymie Komplementarität 142 Semantik (199) 男 otoko „Mann“ 女 onna „Frau“ 出席 shusseki „Anwesenheit“ 欠席 kesseki „Abwesenheit“ Die Begriffspaare in (200) sind dagegen Antonyme. Sie sind die beiden Endpole auf einem Kontinuum. Wenn A zutrifft, trifft B nicht zu. Wenn A jedoch nicht zutrifft, heißt es nicht, dass B zutrifft. Eines der beiden Wörter ist unmarkiert und kann zur Bezeichnung des Gesamtkontinuums verwendet werden wie z.B. 大きさ ōkisa „Größe“. (200) 大きい ōkii „groß“ 小さい chiisai „klein“ 重い omoi „schwer“ 軽い karui „leicht“ Konversität besteht zwischen den Begriffspaaren in (201). Sie drücken die Umkehrung einer Handlung oder einer Relation aus, ohne dass sie in einer Negationsbeziehung stehen. (201) 売る uru „verkaufen“ 買う kau „kaufen“ 父 chichi „Vater“ 息子 musuko „Sohn“ Ausdrücke wie Farbadjektive, Zahlen, Wochentage oder Monatsnamen, die logisch inkompatibel sind, jedoch den gleichen Oberbegriff haben, stehen in einer Relation der Heteronymie zueinander. Neben diesen horizontalen Relationen ist der Wortschatz durch hierarchische Strukturen gekennzeichnet. Ein Wort A ist ein Hyperonym ( 上位語 jōigo), ein Oberbegriff, von B, wenn die Aussage „B ist eine Art A“ zutrifft. Unterbegriffe nennt man Hyponyme ( 下位語 kaigo). Sie sind um ein semantisches Merkmal reicher als ihr Oberbegriff. In Abbildung 19 sind exemplarisch Unterbegriffe von 動物 dōbutsu „Tier“ aufgelistet. Abbildung 19: Unterbegriffe von 動物 dōbutsu „Tier“ Wenn der Ausdrucksseite eines Zeichens zwei oder mehrere Bedeutungen zugeordnet sind, hat man es mit Homonymie oder Polysemie zu tun. Ein Wort ist polysem ( 多義語 tagigo), wenn zwischen den verschiedenen Bedeutungen noch eine Verbindung erkennbar ist. Bei 明るい akarui in (202) hat sich die Bedeutung von „hell“, „strahlend“ hin zu „positiv“, „fröhlich“ erweitert. Antonymie Konversität Heteronymie Hyperonymie Polysemie 143 Wortsemantik (202) 明るい部屋 akarui heya „ein helles Zimmer“ 明るい将来 akarui shōrai „eine rosige Zukunft“ 明るい性格 akarui seikaku „ein fröhlicher Charakter“ Bei Homonymen ( 同音異義語 dōon igigo) dagegen handelt es sich um Wörter, die zufällig die gleiche lautliche Seite aufweisen, deren Bedeutungen jedoch keinerlei Ähnlichkeit haben und in keinem Zusammenhang stehen. Die Beispiele in (203) haben die gleiche Lautfolge und tragen auch den gleichen Akzent auf der ersten Mora, ihre Bedeutungen und Schreibungen sind jedoch komplett verschieden. (203) 辞書 jisho „Lexikon“ 地所 jisho „Grundstück“ Im Japanischen gibt es etliche Wörter, welche die gleiche Aussprache und eine ähnliche Bedeutung haben, deren Schreibung sich jedoch unterscheiden kann. Bei Wörtern wie kiku in (204) kann die Bedeutung graphisch ausdifferenziert werden. Dies zeigt, dass die Grenze zwischen Homonymie und Polysemie nicht immer eindeutig zu ziehen ist. (204) kiku 聞く „hören“, „fragen“ 聴く „zuhören“ 訊く „fragen“ Teilweise werden Wörter auch nicht in ihrer eigentlichen Bedeutung verwendet, sondern zur Bezeichnung eines andern, ähnlichen Konzepts. Man spricht dann von der metaphorischen oder metonymischen Verwendung. Bedeutungswandel ist oft auf metaphorische Verwendung zurückzuführen. Bei der Metapher ( メタファー metafā oder 隠喩 in’yu) werden Wörter wie ぶた buta „Schwein“ nicht in ihrer tatsächlichen Bedeutung [+ BELEBT ], [- HUMAN ], [+ ZAHM ] etc. verwendet, sondern die Bedeutung oder ein Teilaspekt davon wird auf einen neuen Begriff übertragen. Im Japanischen ist dies, wie (205) illustriert, die Bedeutungskomponente [+ DICK ], im Deutschen dagegen [- SAUBER ]. (205) 休みに食べ過ぎて、ブタになってしまった。 Yasumi ni tabesugite, buta ni natte shimatta. Ferien LOK überessen, Schwein GOAL geworden „Ich habe über die Ferien zu viel gegessen und bin rund und dick geworden.“ (Seta 2009: 53) Wie aus Beispiel (205) zu sehen ist, sind Bedeutungsübertragungen sprach- oder kulturspezifisch. Es gibt jedoch auch Metaphern, die universal zu sein scheinen, so die GOOD IS UP und BAD IS DOWN Metapher (Lakoff & Johnson 1990), die auch im Japanischen in Wortbildungen mit 上 „oben“ bzw. 下 „unten“ zu finden ist. (206) 上品 jōhin „oben“ + „Produkt“ „Qualitätsprodukt“ 下品 gehin „unten“ + „Produkt“ „minderwertige Ware“ 上手 jōzu „oben“ + „Hand“ „geschickt“ 下手 heta „unten“ + „Hand“ „unbegabt“ Homonymie Metapher 144 Semantik Bei metonymischen Verwendungen ( 換喩 kan’yu) wird ein Wort, das eigentlich nur einen Teil oder einen Teilaspekt bezeichnet, zur Bezeichnung des Ganzen verwendet. In (207) wird nicht der Eisentopf gegessen, sondern das Wort 鍋 nabe „Topf“ schließt auch den Topfinhalt mit ein. Es wird metonymisch für das Essen verwendet. (207) 今夜鍋を食べましょう。 Kon’ya nabe o tabemashō. heute Abend Topf DIROBJ essen VOLITATIV „Lass uns heute Abend Eintopf essen.“ 9.2.2 Semantische Beschreibungen Semantische Beschreibungen sind zum einen die Grundlage für lexikographische Beschreibungen, zum anderen können sie auch syntaktische Inkompatibilitäten und Unterschiede zwischen Einzelsprachen aufzeigen. Dies sei hier am Beispiel der Bewegungsverben und der Aktionsart der Verben veranschaulicht. Zwischen deutschen und japanischen Bewegungsverben gibt es zwei grundsätzliche Unterschiede. Die deutschen Bewegungsverben enthalten die semantischen Komponenten MOVE und MANNER (208) torkeln: [+ MOVE ], [- GERADE ] rennen: [+ MOVE ], [+ SCHNELL ] krabbeln: [+ MOVE ], [+ AUF ALLEN VIEREN ] Hinsichtlich des Weges der Bewegung PATH sind sie nicht spezifiziert. Diese Information wird durch Präpositionen wie aus, über etc. ausgedrückt. (209) SOURCE: Er torkelt/ rennt/ krabbelt aus dem Zimmer. PATH: Er torkelt/ rennt/ krabbelt über die Schwelle. GOAL: Er torkelt/ rennt/ krabbelt in das Zimmer. Japanische Bewegungsverben dagegen weisen die Komponenten MOVE und PATH auf (Wienold 1991, Wienold 1992, Wienold & Kim 1993). Die Art der Bewegung muss im Japanischen anderweitig, z.B. durch lautmalerische Wörter, ausgedrückt werden. (210) 入る hairu [+ MOVE ], [+ GOAL ], [+ IN ] 出る deru [+ MOVE ], [+ SOUCE ], [+ OUT ] 渡る wataru [+ MOVE ], [+ PATH ], [+ ACROSS ] Auf einer abstrakteren Ebene hilft die semantische Beschreibung der Aktionsart von Verben, die (In)Kompatibilität mit dem Suffix ている te-iru „gerade am tun sein“ zu erklären. Die Aktionsart eines Verbs sagt aus, wie ein Geschehen sprachlich konzeptualisiert wird, als zeitlich andauernd oder punktuell. 2 Japanische Verben werden nach Kindaichi (1950) eingeteilt in: 2 Diese Konzeptualisierung hat nichts mit der tatsächlichen Dauer eines Geschehens zu tun, es ist ein sprachliches Erfassen der Situation. So kann das Aufblühen der Metonymie Bewegungsverben Aktionsart 145 Phraseologismen 1. statische Verben ( 状態動詞 jōtai dōshi) wie 居る iru „sich befinden“, die einen Zustand ausdrücken 2. durative Verben ( 継続動詞 keizoku dōshi) wie 書く kaku „schreiben“, die eine Handlung oder ein Ereignis beschreiben, die sich über einen gewissen Zeitraum erstrecken 3. punktuelle Verben ( 瞬間動詞 shunkan dōshi) wie 開く aku „öffnen“, die den Wechsel von einem Vorzustand in einen Nachzustand beschreiben 4. Restklasse mit Verben wie 似る niru „sich ähneln“ oder 優れる sugureru „übertreffen“ Die statischen Verben drücken per se einen Zustand aus. Sie sind daher mit ている te-iru, das den progressiven Aspekt „dass gerade eine Handlung stattfindet“ ausdrückt, inkompatibel. (211) * 明子は日本にいている。 * Akiko wa nihon ni ite-iru. * „Akiko ist gerade am sich in Japan Befinden.“ Bei den durativen Verben dagegen wird durch Anfügen von ている te-iru gerade dieser progressive Aspekt herausgestellt. (212) 明子は手紙を書いている。 Akiko wa tegami o kaite-iru. „Akiko ist gerade am Briefeschreiben.“ Punktuelle Verben, die den Wechsel von einem Vorzustand wie z.B. „geschlossen“ in einen Nachzustand „offen“ beschreiben, sind eigentlich auch mit dem progressiven Aspekt inkompatibel. Wird ている te-iru angefügt, kommt es daher zu einer Uminterpretation dahingehend, dass die Konstruktion das Andauern des Nachzustandes ausdrückt. (213) ドアが開いている。 Doa ga aite-iru. „Die Tür ist offen (=geöffnet und noch offen).“ 9.3 Phraseologismen Die Semantik betrachtet nicht nur die Bedeutung einzelner Wörter, sondern auch die kleinerer Phrasen. In vielen Fällen ist die Bedeutung der Phrase aus der Bedeutung der einzelnen Wörter herleitbar (214). (214) 本棚に本を立てる hondana ni hon o tateru Regal GOAL Buch DIROBJ aufstellen „Bücher ins Regal stellen“ Kirschblüte sich in der Realität mehrere Tage hinziehen, mit dem japanischen Verb 咲く saku und der deutschen Entsprechung erblühen wird es sprachlich jedoch als punktuelles Ereignis erfasst. 146 Semantik In anderen Fällen ist die Bedeutung einer Phrase nicht aus der Bedeutung ihrer Bestandteile herleitbar, sie ist nicht mehr transparent. In Wendungen wie in (215) hat man es mit Phraseologismen ( 慣用句 kan’yōku) zu tun. Die Konstituenten wie z.B. 腹 hara „Bauch, Magen“ sind dann nicht durch Synonyme wie durch das eher frauensprachliche お腹 / 御中 o-naka „Bauch“, „Mitte“ ersetzbar. Die Phrasen sind auch nur begrenzt grammatikalisch umform- oder modifizierbar (216). (215) 腹を立てる hara o tateru Magen DIROBJ aufstellen „sich ärgern“ (216) * お腹を立てる *o-naka o tateru HONORATIV Bauch DIROBJ aufstellen „sich ärgern“ * 腹は立てられる *hara wa tate-rareru Magen TOP aufstellen PASSIV „geärgert werden“ * 大きい腹を立てる *ōkii hara o tateru groß Magen DIROBJ aufstellen „sich sehr ärgern“ 9.4 Satzsemantik Die Bedeutung eines Satzes setzt sich aus den Bedeutungen der Wörter, aus denen er besteht, zusammen. (217) und (218) unterscheiden sich in ihrer Bedeutung, da sie zwei unterschiedliche Wörter enthalten. (217) 私は花を買った。 Watashi wa hana o katta. Ich TOP Blume DIROBJ gekauft. „Ich kaufte Blumen.“ (218) 私はケーキを買った。 Watashi wa kēki o katta. Ich TOP Kuchen DIROBJ gekauft. „Ich kaufte Kuchen.“ Auch die syntaktische Struktur ist jedoch für die Satzbedeutung wichtig. (219) und (220) enthalten die gleichen Wörter und sind auch oberflächlich gesehen gleich aufgebaut. Dennoch erlauben sie zwei verschiedene Interpretationen. Transparenz Syntax und Semantik 147 Satzsemantik (219) 私は太郎と健一を待っている。 Watashi wa Tarō to Ken’ichi o matte iru. Ich TOP Tarō COORD Ken’ichi DIROBJ matte iru. „Ich warte mit Tarō auf Ken’ichi.“ [[[Watashi wa] [Tarō to]] [[Ken’ichi o] [matte iru]]]. (220) 私は太郎と健一を待っている。 Watashi wa Tarō to Ken’ichi o matte iru. Ich TOP Tarō COORD Ken’ichi DIROBJ matte iru. „Ich warte auf Tarō und Ken’ichi.“ [[Watashi wa] [[[Tarō to][Ken’ichi o]] [matte iru]]]. Die Bedeutungskonstitution hängt somit nicht allein von der Semantik der verschiedenen Wörter ab, sondern auch von der Satzstruktur. Die Syntax bestimmt, welche Begriffe wie in Relation zueinander stehen. Schwarz, Monika / Chur, Jeannette (2014): Semantik. Ein Arbeitsbuch. Tübingen: Narr. Tsujimura, Natsuko (1999a): “Lexical semantics”. In: Tsujimura, Natsuko (ed.): The handbook of Japanese linguistics. Malden, Mass.: Blackwell. S. 349-377. Unkel, Monika (1999): Wortschatzarbeit Japanisch: Ein Modell zur Verbesserung des Lernens und Lehrens von japanischem Wortschatz. Hamburg: Buske. 10 Namen In diesem Kapitel erfahren Sie, • in welcher Reihenfolge japanische Familien- und Eigennamen verwendet werden, • wie die Schrift im offenen Namenssystem benutzt wird, • wie viele Möglichkeiten es gibt, einen japanischen Namen zu lesen, • wie sich Männer- und Frauennamen unterscheiden, • wie westliche Namen in Japan benutzt werden und • welche Ratschläge bei der Vergabe von Namen gegeben werden. 10.1 Eigenart der japanischen Namen Mit den Namen beschäftigt sich die linguistische Disziplin der Onomastik ( 名 称学 meishōgaku). Personennamen ( 人名 jinmei) bestehen aus Familien- und Eigennamen und dienen dazu, Personen innerhalb einer Vielzahl gleichartiger Menschen unverwechselbar zu identifizieren und unmittelbar zu bezeichnen. Die Klan- oder späteren Familiennamen sind Kollektivnamen. Eigennamen sind Individualnamen. Das japanische Wort für Name ( 名前 namae) impliziert vergleichbar zum deutschen Konzept „Name“ drei verschiedene Bedeutungen: • Gesamtname: 氏名 shimei oder 名前 namae • Familienname: 氏名 shimei, 家族名 kazokumei, 苗字 myōji oder 名前 namae • Eigenname (deutsch Vorname): 名 na, 名前 namae Die Namenslexik der japanischen Sprache lässt sich gut im Vergleich zu anderen Namenssystemen der Welt beschreiben (Eschbach-Szabo 2009). Ein wichtiger Innovations- und Differenzierungsprozess war die Verschriftlichung des Japanischen mit Hilfe der chinesischen Schrift in der Zeit des Altjapanischen. Ab der Edo-Zeit (1603-1868) kamen Personennamen aus anderen, vorwiegend westlichen Sprachen dazu, die zwar Lexeme aus westlichen Sprachen waren, dennoch in der chinesisch-japanischen Mischschrift transkribiert wurden. Bei der Angabe eines Personennamens geht der Familienname dem Eigennamen voraus, wie es auch in einigen anderen Sprachen wie dem Chinesischen, Koreanischen, Vietnamesischen und Ungarischen der Fall ist. Durch die andere Reihenfolge im Japanischen gibt es nicht wenig Verwechslung beim Gebrauch der Namen im Kontext der Standard Average European-Sprachen. (221) 児島 玲子 Kojima REIko „Kind“ + „Insel“ „Jade“, „Glanz“ + Namenssuffix -ko Familienname Eigenname Reihenfolge 150 Namen Japanische Eigennamen bilden heute noch im Wesentlichen ein offenes Namenssystem. Es gibt keine Restriktionen, die das Zufügen von neuen einfachen Nomina (nomina appellativa) zu den Eigennamen (nomina propria) verbieten würden. Eine offene Klasse bedeutet auch, dass Eigennamen nicht in exklusiven Listen zusammengefasst sind. Das historische chinesische Namenssystem, das auch auf Japan einen großen Einfluss ausgeübt hat, kannte nicht nur das Prinzip der Offenheit, sondern auch die Benennung von Personen nach Lebensphasen, was in Japan auch bis zur Meiji-Zeit in der Oberschicht praktiziert wurde, so dass Milchnamen, Kindernamen, mehrere Vornamen im Erwachsenenalter, Titel, Künstlernamen und postume Namen üblich waren (Plutschow 1995). Die gesetzlichen Reformen Ende des 19. Jahrhunderts beinhalteten eine bürokratische Begrenzung der Zahl der möglichen Personennamen auf einen einzigen Familiennamen und einen einzigen Eigennamen. Im Gegensatz zu China gibt es in Japan heute eine große Anzahl von Familiennamen. Der Familienname wurde wie in Europa erst allmählich allgemein eingeführt, wobei die ursprünglichen Klan-Namen und frühen Familiennamen in neuen Familienzweigen nicht beibehalten wurden, sondern innerhalb der Familie nach dem Umzug oder nach der Neugründung eines Familienzweiges leicht neue Namen entstanden sind (Plutschow 1995). Der Familienname der Frau wird nach der Heirat in den Namen des Familienoberhauptes (meistens des Mannes) geändert. Doppelnamen konnten sich nicht verbreiten. Getrennte Familiennamen von Ehepartnern ( 別姓 bessei), die heute zulässig sind, sind ein Diskussionsthema im Sinne des Genderdiskurses. 10.2 Namen und Schrift Die japanischen Personennamen werden in Kanji, in Hiragana und in Katakana geschrieben. Die Auswahl der Kanji war lange Zeit frei, so dass mehrere tausend Kanji für Namen in Gebrauch waren und jederzeit neue dazu kommen konnten. Nach dem 2. Weltkrieg wurde die Zahl der benutzbaren Kanji bürokratisch begrenzt (vgl. Kapitel 3.1). Damit war der früheren Möglichkeit, praktisch alle erdenklichen Zeichen als Name zu benutzen, ein Ende gesetzt. Diese bürokratische Begrenzung wurde jedoch ab 1951 allmählich gelockert und eine Liste mit speziellen nur in Namen benutzbaren Kanji ( 人 名用漢字 jinmeiyō kanji) wurde erstellt. Die aktuelle Liste, die mehrere hundert Kanji umfasst, findet sich im Justizministerium und wird nach Bedarf der Namensgeber ständig revidiert. Im Zusammenhang mit der Standardisierung der Schrift wurde auch versucht, sogenannte „schlechte“ Kanji von der Liste der möglichen chinesischen Schriftzeichen zu verbannen. Zu den Kanji, „die man zwar verwenden darf, jedoch nach den Namensratgebern nicht verwenden sollte“ oder aber „ganz vermeiden sollte“, gehören ca. 500 Zeichen wie die in (222). (222) 蟻 ari „Ameise“ 苺 ichigo „Erdbeere“ 陰 kage „Schatten“ Familienname schlechte Kanji 151 Kanji in japanischen Namen 串 kushi „Spieß“ 悪 AKU „schlecht, böse“ 胃 I „Magen“ 危 KI „gefährlich“ 鬼 KI „Teufel, böser Geist“. Die Namenslisten werden immer wieder revidiert und verursachen mitunter große öffentliche Debatten über ihre Political Correctness, d.h. über die Angemessenheit der Semantik der Kanji. Das lateinische Alphabet ( ロ ー マ 字 rōmaji oder ア ル フ ァ ベ ッ ト arufabetto) ist, obwohl es im praktischen Leben etwa für Firmennamen oder Markennamen verschiedener Produkte weit verbreitet angewandt wird, in Personennamen verboten. Im Familienregister werden für Japaner keine Namen in der Alphabetschrift eingetragen. Ebenso verboten sind geometrische Zeichen und Zeichen für die Interpunktion. Die alphabetische Schreibweise wird jedoch im Reisepass neben der japanischen Schrift zugelassen. Ein westlicher Name muss in der offiziellen Verwendung in Japan in eine der Silbenschriftarten oder in Kanji umgewandelt werden. Spezielle Namenslexika können helfen, bereits bestehende Transkriptionen westlicher Namen in Katakana zu finden. Namen aus anderen Sprachen werden dadurch morphologisch und phonologisch verändert (siehe auch 6.3.3). Historisch konnten daher mehrere Varianten für den Namen einer Person entstehen, wie die Möglichkeiten zur Transliteration von Goethe illustrieren (Ishino 1976: 233): (223) ギェーテ gyēte ギユーテ gyūte ギュエテ gyuete ギヨウテ giyoute ギョウテ gyoute ギヨエテ giyoete ギョエテ gyoete ギヨオテ giyoote ギヨーツ giyōttsu ギヨーテ giyōte ギョーテ gyōte ギヨーテー giyōtē ギョート gyōto ギヨテ giyote ギョテー gyotē ギヨヲテ giyowote グウイーテ guuīte グエーテ guēte ゲイテ guite ゲエテ geete ゲーテ gēte ゲエテー guetē ゲェテー gwetē ゲーテー gētē ゲォエテ gwoete ゲヨーテ geyōte ゲョーテ geyōte ゴアタ goata ゴエーテ goēte ゴエテ goete ゴエテー goetē ゴェテー gwetē ゴヱテ gowete 10.3 Kanji in japanischen Namen Um das Differenzierungspotential der sogenannten „Lesungen“ d.h. der eigentlichen Übertragungen und semantischen Übersetzungen der chinesischen Schriftzeichen im heutigen Japanischen in der Namenslexik zu veranschaulichen, seien am Beispiel des Namens 寿岳章子 die verschiedenen Varianten der sinojapanischen und japanischen Lesungen aufgelistet. Theoretisch gibt es 20 Möglichkeiten, den Namen zu lesen: 1 1 Die sinojapanischen Elemente, die Kango, werden im Folgenden groß geschrieben, um die etymologische Zweischichtigkeit des Namensschatzes zu veranschaulichen. Rōmaji Umschrift westlicher Namen Namenslesungen 152 Namen • Sinojapanische Lesevarianten des Familiennamens 寿岳 : JUGAKU „Glück“ + „Hügel“ SUGAKU • Japanische Lesevarianten des Familiennamens 寿岳 : Toshitake „Jahr“ + „Berg“ Hisatake „lang“ + „Berg“ Toshioka „Jahr“ +, „Hügel“ • Japanische Lesevarianten des Eigennamens 章子 : Akiko „klar“ + „Prinzessin/ Kind“ Ayako „Damast“ +, „Kind“ Fumiko „Schrift“ + „Kind“ • Weitere sinojapanische + japanische Varianten: JŌko „klar“ + Namenssuffix „Kind“ Daneben gibt es noch weitere Möglichkeiten zur Übersetzung aus dem Chinesischen und der Übertragung des ersten Kanjis: • Neue Lautungen desselben Kanjis und weitere Bedeutungen von 章 : SHŌ, aki „klar“, aya „Damastmuster“, fumi „Schrift“, nori „verkünden“, taka „hoch“, yuki „Schnee“, „gehen“, fusa „Saum“, toshi „Jahr“, KI „Chronik“ 2 • Andere Kanji, welche die gleiche Lautung, jedoch andere Assoziationen und Bedeutungen haben: 3 aki 秋 „Herbst“, 明 „klar, hell“, 晶 „Kristall“, „klar“, 昌 „klar“, 聡 „weise“ , 昭 „hell“, 彰 „hell“, 顕 „erscheinen“, 暁 „Abenddämmerung“, 晃 „klar“ Abbildung 20: Schreibvarianten für den Namen Akiko Anhand der obigen Varianten wurde das Potential der Zeichen- und Deutungsvarianten eines Namens aufgezeigt. Aufgrund der schriftlichen Form eines Namens weiß man also häufig noch nicht, wie eine konkrete Person 2 O’Neill (1972: 126), Nichigai Asoshiētsu (1990: 265) 3 Nichigai Asoshiētsu (1990: 544f) 153 Eigennamen heißt; man kann lediglich vermuten, wie sie heißen könnte. Pragmatisch bedeutet dies, dass das Lesen von Kanji in Namen schwierig sein kann. Dies erklärt auch die Wichtigkeit von Visitenkarten in Japan und die Existenz spezieller Namenslexika. 4 10.4 Eigennamen Die semantischen Bereiche der Namensvergabe waren und sind geschlechtsspezifisch. Bei Männern wurden vermehrt kriegerische und karrierebezogene Namen vergeben, während es bei Frauen stärker um Eigenschaften wie Schönheit und Sanftmut ging (Jugaku 1979). Auch in den Ratgebern für die Namensgebung des 21. Jahrhunderts sind die weiblichen und männlichen Tugenden eindeutig unterschiedlich verteilt. Frauennamen werden mit Konzepten wie Rücksichtnahme und Zartheit beschrieben, während Führungsstärke und weltumfassende Träume unweigerlich Männern zugeordnet werden. (224) 明 Akira „klar“ 治 Osamu „gute Regierung“ 進 Susumu „Voranschreiter“ 強 Tsuyoshi „stark, tapfer“ Die Namensgebung für Frauen bietet gewissermaßen Einblick in die Kulturgeschichte der Frau, denn die Namen erscheinen in verschiedener Hinsicht an Traditionen und Rollen orientiert. Japanische Frauennamen (225) bestanden in der Edo-Zeit meistens aus zwei Moren und wurden in Hiragana geschrieben: (225) もも Momo „Pfirsich“ うめ Ume „Pflaume“ くり Kuri „Kastanie“ あさ Asa „Hanf“ いね Ine „Reis“ なべ Nabe „Pfanne“ Ab Anfang des 20. Jahrhunderts wurden Frauennamen dreimorig und öfter mit Kanji geschrieben. Mit dem Anspruch auf chinesische Schriftzeichen in der Namensschreibung wurden Frauen zumindest in der Schrift den Männern gleichgestellt. Bis zu jener Zeit waren nur Frauennamen der Oberschicht mit Kanji geschrieben worden. Ende des 19. Jahrhunderts setzte die statusbringende Entwicklung ein, dass Frauennamen mit dem ursprünglich männlichen Namenssuffix für Prinzen -ko, geschrieben mit dem Zeichen 子 für „Kind“, auch für Frauen außerhalb der Oberschicht verwendet wurden. Während Ende des 19. Jahrhunderts der Prozentsatz der Namen, die auf das Namenssuffix -ko endeten, gerade einmal 3 % ausmachten, erreichte die Namensen- 4 Nichigai Asoshiētsu (1983), Nichigai Asoshiētsu (2007). Namenslesungen sind auch recherchierbar unter: http: / / db.g-search.or.jp/ man/ WWHO.html (22.09.14) Männernamen Frauennamen 154 Namen dung -ko in den 1940er und 50er Jahren mit etwa 80 % ihren Höhepunkt und verschwand dann allmählich wieder (O’Neill 1972): (226) 桃子 Momoko „Pfirsich“ + Namenssuffix -ko Die zentralen Semanteme als Elemente für Frauennamen konnten sich im 20. Jh. lange Zeit konstant halten, dennoch kann man von den 1970er Jahren bis heute einige neue Präferenzen in der Form und in der Semantik erkennen. Die Nachsilbe -ko wurde nach und nach abgelöst. Neue Namenssuffixe wie z.B. 美 -MI „schön“ oder 香 -KA „Duft“ kamen in Mode, die zwar weiterhin weibliche Klischees transportierten, aber dennoch eine gewisse Varianz erlaubten. Weitere populäre weibliche Namenssuffixe, die zur Ablösung von -ko führten, sind 奈 -NA „die alte Hauptstadt Nara“, 衣 -I „Kleid“, 花 -KA „Blume“, 菜 -NA „Pflanze“, 海 -MI „Meer“ und 月 -tsuki „Mond“, „Monat“. (227) 真由美 Mayumi „wahr“ + „Grund“ + Namenssuffix -mi „schön“ Bei der Verbreitung von Modenamen ist wie in allen Ländern der Einfluss der Medien zu spüren. Sängerinnen, Schauspielerinnen, Sportlerinnen und Fotomodelle können zu der Popularität eines Namens erheblich beitragen. Als letzte Kategorie von Namen seien die Blumennamen und der Aufstieg des Namens Sakura „Kirschblüte“ erwähnt. Während man nach den gängigen Japanklischees meinen könnte, dass der Name Sakura „Kirschblüte“ einer der ureigenen Frauennamen sein müsste, finden wir in Namenslisten Anfang des 20. Jahrhunderts andere Pflanzen mit großer Häufigkeit, nämlich Kiku „Chrysantheme“, Fuji „Glyzinie“, Ume „Prunus ume“, Yuri „Lilie“, Matsu „Kiefer“ und Take „Bambus“. Westliche Pflanzen wie die Rose oder das Veilchen Viola spielen keine Rolle, auch der Name Sakura wird selten benutzt (Lange 1901: 201). Erst Anfang des 21. Jahrhunderts kam es bei Namen zum Kirschblütenboom und unter den beliebtesten Namen steht er mit Hiragana geschrieben seit 2001 an vorderster Stelle, in Konkurrenz zu der klassischen Blume, zu der Malve 葵 Aoi: Name und Bedeutung Schreibung Sakura Silbenschrift Hiragana „Kirschblüte“ さくら Misaki Kanji „schön“ + „blühen“ 美咲 Aoi Kanji „Malve“ 葵 NanaMI Kanji „sieben“ + „Meer“ 七海 Tabelle 40: Aktuelle Frauennamen 10.5 Die Globalisierung japanischer Namen Fremdnamen oder Xenonyme sind Personennamen, die aus einem fremden onomastischen System in das einheimische Namenssystem entlehnt werden. Modenamen 155 Die Globalisierung japanischer Namen Was allerdings als „fremd“ zu gelten hat, ist nicht immer eindeutig. Die Gebersprachen, die wir hier als „westliche“ Sprachen charakterisieren, also die SAE-Sprachen, die Standard Average European-Sprachen, mit dem historisch ausgebildeten gemeinsamen Namensinventar stehen seit mehr als 400 Jahren in intensivem Kontakt zum Japanischen. Der Prozess der kulturellen Übernahme der Konzepte und der sprachlichen Integration der westlichen Namen vollzieht sich sowohl auf der phonematischen, als auch auf der graphematischen Ebene. Die Illusion der Modernität und der internationalen großen Welt scheint bis heute in Japan zu wirken. Das positive Bild des Westens hatte im 20. Jh. die kontinuierliche Aufnahme westlicher Namen gefördert. Im Folgenden beschäftigen wir uns mit zwei Phänomenen, nämlich mit den eindeutigen Übernahmen aus westlichen Sprachen und den Neukreationen von Nomina propria aus Nomina appellativa aus SAE-Sprachen. 5 Mit der Verbreitung der Rolle der modernen westlichen Person kamen seit Ende des 19. Jahrhunderts vermehrt westliche Namen nach Japan, die in Man’yōgana geschrieben auch eine neue semantische Komponente bekamen. Man’yōgana als Zwischenform zwischen den Kanji und den Silbenschriften ermöglichen sowohl die Aufnahme von westlichen Namen als auch das Gefühl von Verbundenheit mit den chinesischen Schriftzeichen, denn anders als die Silbenschriften Katakana und Hiragana, die sich ja auch zur Transkription eignen würden, semantisch aber gänzlich leer sind, sind Man’yōgana noch semantisch auf Logogramme beziehbar. Im Zusammenhang mit der Begegnung mit dem Westen sind mittlerweile viele europäische Namen aus dem gemeinsamen Schatz von hebräischen, griechischen, lateinischen, slawischen, germanischen und keltischen Personennamen in die japanische Namenspraxis aufgenommen worden. Westliche Namen heißen ヨウロッパの名前 yōroppa-fū no namae „europäische Namen“ oder 外国風の名前 gaikoku-fū no namae „ausländische Namen“ (Satomiya 1990). Sie strahlen für die Zukunft des Kindes Prestige, Internationalität und Modernität aus. Eine Domestizierung und schriftliche Kreolisierung ist durch die polygraphische Schrift, die Umschrift mit Katakana und Hybridisierung mit Man’yōgana, leicht möglich. (228) Ceila セイラ 聖良 seira „Weise und gut“ Emily エミリ 笑里 emiri „Lachen und Dorf“ Aus der Zweischichtigkeit der Schrift ergeben sich semantische Assoziationen, die im Falle einer rein phonetischen Repräsentation nicht entstehen würden. Da Kanji des Weiteren auch noch für die westlichen Namensentlehnungen, für die Xenonyme, verwendet werden können, wissen wir ohne genaue Angaben der Lesung nicht eindeutig, welchen Namen man in den Namensstatistiken wie gezählt hat. Zu den europäisch motivierten Namen können auch die Namen gezählt werden, die zuerst als einfache Lehnwörter Zugang zum japanischen Wortschatz gefunden haben. 5 http: / / www.meijiyasuda.co.jp/ enjoy/ ranking/ best100/ girl.html (19.09.2014) europäische Namen in Japan Namensneukreationen 156 Namen Name Schreibung Herkunft Ai 愛 von eng. I, aber geschrieben mit 愛 „Liebe“ Aiga 愛雅 von Eiger, Gebirge in den Berner Alpen, geschrieben als 愛 „Liebe“ und 雅 „Eleganz“ Aki 亜希 Amerika + Quito / Ecuadors Hauptstadt Ami 愛海 franz. ami „Freund“ geschrieben mit „Liebe Meer“ Ayu 亜優 von indonesisch „freundlich“, „exzellent“, „schön“ Nasa 奈紗 NASA geschrieben mit den Man’yōgana 奈 na + 紗 sa Noi ノイ von deutsch neu Runa 留那 von it. Luna, geschrieben mit 留 „Lapis Lazuli“ 那 „was“ Tabelle 41: Ausländische Lehnwörter für Frauen- und Männer als Eigennamen Japanische Namensratgeber stehen der Globalisierung von japanischen Namen prinzipiell positiv entgegen, ein Purismus ist nicht zu beobachten. 10.6 Praxis der Namensvergabe - japanische Namensmagie Im Zuge der Modernisierung des japanischen Namenssystems im 20. Jh. veränderten sich nicht nur der Namensschatz und die Namensstruktur selbst, sondern auch die Sitten der Namensvergabe. Dabei ist besonders bemerkenswert, dass das Wissen um die mantischen Praktiken der Namensvergabe ( 姓名判断 seimei handan), die früher als Geheimwissenschaft galten, Anfang des 20. Jahrhunderts in Form von Ratgeberliteratur popularisiert und kontinuierlich den modernen Anforderungen des Namenssystems angepasst wurden. Die japanische Namensmagie ist ein Phänomen der kulturellen Bewahrung der Praktiken der Kosmologie Chinas, in der Glaubensvorstellungen von Naturvölkern in okkultistische, konventionelle Zeichenrituale umgewandelt wurden. Die Zeichenrituale konnten und können helfen, die Unsicherheiten des Menschen in Bezug auf seine Zukunft zu kanalisieren und zu besänftigen. Die magisch-okkultischen Regeln bauen auf der Weiterentwicklung chinesischen Gedankengutes der Wahrsagerei auf und enthalten eine wahre Fundgrube von pseudowissenschaftlichen Überlegungen (Bauer 1959). Namen beeinflussen in dieser magischen Welt den Charakter und das Schicksal des Individuums, was dem europäischen Denken in dem Spruch nomen est omen durchaus bekannt ist. Die drei Hauptsäulen der Ratgeber sind: Schriftlexika, Okkultismus und praktische Lebensberatung der Namensgeber: • Zeichenlexika, die umfassende Informationen zu den polygraphischen und polyvalenten Schriftzeichen und spezielle Hinweise auf Namen enthalten, sind auch gewöhnliche Nachschlagewerke. Namensmagie Zeichenlexika 157 Praxis der Namensvergabe - japanische Namensmagie • Okkultistische Namensberatung, d.h. spezielle Namensdivination, wird professionell von Priestern und Wahrsagern an vielen Stellen angeboten. Diese Anlaufstellen sind als Teil des öffentlichen Lebens überall zu finden, sei es am Eingang oder an Beratungstischen einiger Kaufhäuser oder auch als Angebot eines Expertenbesuchs an Universitäten. Im Hinblick auf die Vielfalt an Möglichkeiten, Namen zu überprüfen, hat die Popularisierung der Namensdivination zu einer beträchtlichen Vermehrung der Informationsmöglichkeiten des Publikums geführt, was sicherlich nicht im Interesse orthodoxer Wahrsager sein kann. Wegen der Komplexität der Namensdivination sind sicherlich auch heute nur „wirkliche“ Experten dazu in der Lage, ein umfassendes Gutachten zu erstellen. Was sich jedoch wesentlich geändert hat, ist die Popularisierung und Demokratisierung des okkultistischen Wissens. Die Namensdivination wird mittlerweile nach chinesischen und nach westlichen Regeln der Divination durchgeführt: Zahlenmagie nach einem 9-er System, In’yō (Yin-Yang-Methode), Gogyō die fünf Elemente (Holz, Feuer, Erde, Metall, Wasser als Zeichenelemente und als phonetische Bewertungskategorien), die Typen nach dem Kalender des Sechzig-Jahreszyklus, psychologische Typen, Gesichtstypen, Blutgruppen und ähnliches. • Die praktische Lebensberatung gehört sowohl im psychologischen als auch im juristischen Sinne zu den Aufgaben bei der Namensgebung. Es ist nicht verwunderlich, dass sich Eltern bei einer so wichtigen Entscheidung wie über das zukünftige Image des Kindes, das der Name bewirken kann, ähnlich wie bei rechtlichen Fragen beraten lassen. Es wird mitunter von schweren psychischen Störungen berichtet, die Eltern durch diesen ungeheuren Stress erleiden. Die Lebenserfahrung der Wahrsager kann diese Situation mildern. Okkultistische und lebenspraktische Beratung sind also miteinander verknüpft, wodurch vielleicht auch die große Popularität und Stabilität dieser Serviceleistung erklärt werden kann. Eschbach-Szabo, Viktoria (2009): Personen und Namen im Japanischen. Veränderungen in der Modernisierung und in der Globalisierung. Münster: LIT. O’Neill, Patrick G. (1972): Japanese names. A comprehensive index by characters and readings. New York: Weatherhill. Plutschow, Herbert E. (1995): Japan’s name culture. The significance of names in a religious, political and social context. Folkestone: Japan Library. Namensdivination Beratung 11 Pragmatik In diesem Kapitel erfahren Sie, • worauf Sie mit ここ koko „hier“ verweisen, • wie Sie sich höflich ausdrücken, • wie Sie andere anreden, • was von Ihnen als Zuhörer erwartet wird und • wie Sie sich erfolgreich entschuldigen und bedanken. 11.1 Gegenstand der Pragmatik In den vorangegangenen Kapiteln wurden die Bereiche Phonologie, Morphologie, Semantik und Syntax betrachtet. Der Betrachtungsgegenstand hat sich von der kleinsten sprachlichen Einheit, dem Laut, über die Wortauf die Satzebene ausgedehnt. Diese sprachwissenschaftlichen Teilbereiche sind sehr strukturalistisch geprägt, man sucht nach der kleinsten Einheit und den Regeln, nach denen diese Einheiten ein Syntagma bilden. Die Pragmatik ( 語 用論 goyōron) geht noch weiter und betrachtet ganze Äußerungen ( 発話 hatsuwa), die oft länger sind als ein Satz. Sie untersucht, welche Bedeutung eine Äußerung wie (229) im jeweiligen Kontext hat bzw. wie sie im jeweiligen Kontext interpretiert wird: Ob sie eine Aussage über einen Ort ist oder aber eine indirekte Aufforderung, die Heizung einzuschalten, und worauf der Sprecher mit ここ koko verweist. (229) ここは寒いですね。 Koko wa samui desu ne. „Hier ist es kalt, nicht wahr? “ Welche Teilgebiete zur Pragmatik gehören, ist nicht immer eindeutig definiert. Im engeren Sinn gehören dazu • die Analyse sprachlicher Mittel, die nur aus der Situation heraus verstanden werden können wie z.B. die Deiktika ここ koko „hier“, • die Analyse von Sprechakten, d.h. wie mit Sprache Handlungen vollzogen werden und • die Analyse von sprachlicher Indirektheit, Präsupposition und Implikaturen. Im weiteren Sinn werden auch Textlinguistik, Konversationsanalyse und Soziolinguistik dazu gezählt. 11.2 Wo ist hier? Wörter, die nur im Kontext eindeutig bestimmbar sind, gehören zum Zeigfeld der Sprache, zu den deiktischen Mitteln ( ダ イ ク シ ス 表 現 daikushisu hyōgen oder 指示表現 shiji hyōgen). Dazu zählen die Personalpronomina Äußerung im Kontext Deixis 160 Pragmatik wie 私 watashi „ich“ oder あなた anata „du“, temporale Ausdrücke wie あし た ashita „morgen“ und lokale wie ここ koko „hier“. Nur wenn wir die Situation kennen, wissen wir, worauf sich hier bezieht und wer mit du gemeint sein könnte. Es handelt sich um Ausdrücke, mit denen ein Sprecher Objekte in Relation zu einem Ausgangspunkt, dem deiktischen Zentrum, setzt, der im Normalfall mit dem Ich, Hier und Jetzt korreliert (Bühler 1934). Zu den deiktischen Mitteln gehören auch die Demonstrativa ( 指示詞 shijishi). Das Japanische verfügt über ein intaktes, dreigliedriges System demonstrativer Ausdrücke. Sie setzen sich aus zwei Morphemen zusammen, aus こ ko-, そ sobzw. あ a-, dem demonstrativen Element, und aus einem zweiten Morphem, das die Objektklasse (Mensch, Ding, Ort etc.) denotiert. 1 Ding Ort Richtung Person Det. 2 Adj. 3 Adv. ko- これ kore ここ koko こちら / こっち kochira/ kotchi こいつ koitsu この kono こんな konna こう kō so- それ sore そこ soko そちら / そっち sochira/ sotchi そいつ soitsu その sono そんな sonna そう so a- あれ are あそこ asoko あちら / あっち achira/ atchi あいつ aitsu あの ano あんな anna ああ ā Tabelle 42: Japanische Demonstrativa Die Forschung beschäftigt sich mit der Frage, welche situativen Bedingungen erfüllt sein müssen, damit ein Sprecher z.B. mit これ kore „das hier“ auf einen Gegenstand verweisen kann, und wann er stattdessen それ sore „das da“ verwendet. Es wird angenommen, dass die Demonstrativa in der situativen Verwendung, der Demonstratio ad Oculos ( 現場指示 genba shiji), Bezug zum Standort des Sprechers bzw. des Hörers oder einer dritten Person nehmen (Sakuma 1936). Mit einem Demonstrativum auf こ koverweist der Sprecher auf einen Gegenstand in seinem Einzugsbereich (230), mit einem auf そ soanlautenden auf ein Objekt im Territorium des Hörers (231) und mit einem auf あ aanlautenden auf etwas/ jemanden außerhalb der Bereiche von Sprecher und Hörer (232). (230) ここへ来てください。 Koko e kite kudasai. „Komm her (=zu mir).“ (231) そちらはどうですか。 Sochira wa dō desu ka. „Wie ist es da (=bei Ihnen)? “ 1 Die deutschen Demonstrativa dieser und jener bilden dagegen ein zweigliedriges System und decken nur die Verwendung als Demonstrativpronomen und Demonstrativdeterminer ab. Zudem sind sie eher schriftsprachlich. 2 Det. steht für Determiner. 3 こんな konna etc. haben eine qualitative Bedeutung „so ein … wie dies“. Demonstrativa 161 Wären Sie so freundlich …? (232) あの人はだれですか。 Ano hito wa dare desu ka. „Wer ist diese Person dort? “ Dabei müssen jedoch die physische bzw. psychische Nähe von Sprecher und Hörer miteinbezogen werden (Mikami 1992). Sind Sprecher und Hörer voneinander räumlich entfernt, so trifft die obige Beschreibung von こ ko- und そ sozu. Befinden sie sich jedoch nahe beieinander oder bilden anderweitig eine psychologische Einheit, so kann der Sprecher auf einen Gegenstand, der sich in beider Einzugsbereich befindet, mit こ koverweisen (233). Auf ein Objekt außerhalb dieses Einzugsbereichs verweist er, wenn es sich in der Nähe befindet mit そ so- (234), wenn es entfernt ist, mit あ a-. (233) ここに座りましょうか。 Koko ni suwarimashō ka. „Lassen Sie uns hier Platz nehmen.“ (234) Fahrgast zum Taxifahrer: そこに止まってください。 Soko ni tomatte kudasai. „Bitte halten Sie da.“ Neben dieser situationsdeiktischen Verwendung können Demonstrativa - wie そこ soko in (235) auf バス停 basu-tei - auf im Text oder Gespräch zuvor Erwähntes verweisen. 4 Das Demonstrativum fungiert dann als Anapher ( 照応 表現 shōō hyōgen). (235) ホテルの前にバス停 1 があります。そこ 1 で待ってください。 5 Hoteru no mae ni basu-tei 1 ga arimasu. Soko 1 de matte kudasai. „Vor dem Hotel ist eine Bushaltestelle 1 . Warten Sie bitte dort 1 .“ 11.3 Wären Sie so freundlich …? Es ist eine der stereotypen Vorstellungen, die wir über Japaner haben, dass sie sehr höflich sind. Dies mag darauf zurückzuführen sein, dass das Japanische über eine Höflichkeitssprache ( 敬語 keigo oder 待遇表現 taigū hyōgen) verfügt, die sich nicht, wie z.B. im Deutschen vorwiegend in den Anredepronomina Du bzw. Sie äußert, sondern auch noch andere Bereiche des Wortschatzes und die Grammatik tangiert. Höflichkeit als ein distinguiertes Regelsystem für den sprachlichen Umgang ist ein universales Phänomen: In allen Kulturen gibt es Strategien, Höflichkeit sprachlich zu realisieren (Maynard 1997: 56). Brown & Levinson (1989) gehen davon aus, dass Höflichkeitsstrategien dem Wunsch des Sprechers gerecht werden, sein eigenes „Gesicht“ und das des Gesprächspartners zu wahren. Unter Gesicht („face“) verstehen die Autoren das Selbstbild, das 4 Mit der anaphorischen Verwendung von Demonstrativa beschäftigen sich Hayashi (1993) und Ebi (2004). 5 Die Zahlen geben an, auf welchen sprachlichen Ausdruck sich die Anapher bezieht, welche Ausdrücke koreferent sind. Anapher Höflichkeit Gesichtswahrung , 162 Pragmatik ein Sprecher von sich hat, bzw. das Bild, wie er wahrgenommen werden möchte. Das Gesicht setzt sich aus zwei Aspekten zusammen: • positives Gesicht: Der Sprecher strebt danach, von den anderen akzeptiert zu werden. • negatives Gesicht: Der Sprecher möchte sein eigenes Territorium, seine Rechte und Freiheiten, aufrechterhalten. Bei der Kommunikation kommt es verschiedentlich zu gesichtsbedrohenden Handlungen. Eine Aufforderung beispielsweise schränkt die Handlungsfreiheit des Aufgeforderten ein, sie bedroht das negative Gesicht des Gesprächspartners. Lehnt andererseits ein Gesprächspartner eine Einladung ab, so bedroht diese Ablehnung das positive Gesicht des Einladenden. Um die Gesichtsbedrohung abzumildern, formuliert der Sprecher seine Aufforderung bzw. Ablehnung höflicher. Höflichkeit ist nach Brown & Levinson somit ein Akt der Gesichtswahrung. Von japanischen Linguisten wurde dieser Zusammenhang als westliches Konzept kritisiert. Laut Ide & Yoshida (1999) ist es eher das Bestreben, sich in der jeweiligen Situation den gesellschaftlich erwarteten Normen entsprechend angemessen zu verhalten ( 弁え wakimae, mit discernment ins Englische übersetzbar), das die Verwendung von Höflichkeitssprache im Japanischen bestimmt. In formellen Situationen ist die Verwendung von Höflichkeitssprache obligatorisch und kann nicht einfach umgangen werden. Ein falscher Gebrauch kann bei zu höflicher Sprache soziale Distanz schaffen, ein zu geringes Maß an Höflichkeit lässt den Sprecher kindisch oder nicht wohlerzogen wirken (Maynard 1997: 63). In allen historischen Sprachstufen des Japanischen gab es grammatikalische Formen zum Ausdruck der Höflichkeit (Frellesvig 2010: 389). In den letzten 100 Jahren hat sich die Höflichkeitssprache jedoch stark verändert: Während der Edo-Zeit (1603-1868) spiegelte sie noch die Machtverhältnisse eines Ständestaates sprachlich wider und auch während der Meiji-Zeit (1868-1912) bildete sie soziale Hierarchien ab, auch wenn das Ständesystem offiziell abgeschafft war. In der unmittelbaren Nachkriegszeit wurde die Höflichkeitssprache zuerst als Überbleibsel feudaler Hierarchien angesehen (Kokuritsu kokugo kenkyūjo 1957 nach Miller 1971: 613): Before and during the war it was thought that since keigo is a unique feature of Japanese it must by all means be preserved. Then, following the war, it was thought that keigo was a leftover habit from the feudal period and ought properly to be liquidated (seisan) in a democratic world. Danach erfuhr die Höflichkeitssprache jedoch eine Uminterpretation dahingehend, dass sie als Ausdruck des gegenseitigen Respekts eine Grundlage der Demokratie sei. Der bisherige Höflichkeitsausdruck hat sich hauptsächlich aufgrund der Beziehungen von hoch und niedrig entwickelt. Der künftige Höflichkeitsausdruck muß auf einer gegenseitigen Achtung basieren, welche die Persönlichkeit eines jeden respektiert (Bunkachō 1952, übs. Lewin 1979: 97). Die alte, standesspezifische Höflichkeitsaussprache wurde in der Nachkriegszeit abgebaut, ebenso wie die speziellen Höflichkeitsausdrücke gegenüber historische Entwicklung 163 Wären Sie so freundlich …? dem Kaiser (236) durch allgemeine höfliche Formen ersetzt wurden (Lewin 1979: 98). (236) „kaiserlicher Körper“ 玉体 gyokutai → お体 o-karada „kaiserliches Antlitz“ 天顔 tengan → お顔 o-kao „kaiserliches Alter“ 宝算 hōsan → ご年齢 go-nenrei Die Verwendung der Höflichkeitssprache ist stark kontextabhängig. Faktoren wie Geschlecht, Alter, sozialer Status, soziale und persönliche Beziehungen sowie die Situation und das Gesprächsthema fließen bei der richtigen Verwendung mit ein. Neben der sprachlichen Realisierung müssen auch Tonlage, Körpersprache und Mimik stimmen (Maynard 1997). Prinzipiell gilt es, die sozialen Hierarchien der Gesprächspartner bzw. der Personen, die Gegenstand des Gesprächs sind, richtig einzuschätzen. Sozial höheren Personen gegenüber spricht man im höflichen Stil (Coulmas 1987). Neben dieser vertikalen Positionierung ist auch die Gruppenzugehörigkeit der Gesprächspartner bzw. des Gesprächsgegenstands mit zu berücksichtigen. Hier wird das soziologische Konzept der Ingroup ( 内 uchi) bzw. der Outgroup ( 外 soto) wichtig. Die Ingroup ist eine Gruppe, zu der sich der Sprecher in der jeweiligen Situation zugehörig fühlt, die Familie, die eigene Abteilung, Firma etc. Personen außerhalb der Ingroup gehören zur Outgroup. Je nachdem, ob Gesprächspartner und Gesprächsgegenstand zur In- oder zur Outgroup gehören, wird ein Sprecher andere sprachliche Formen wählen. 6 Die japanische Höflichkeitssprache besteht aus drei Bestandteilen: Die auf den Gesprächspartner bezogene Verbindlichkeitssprache und die auf den Gesprächsgegenstand bezogene Sprache des Respekts. Respekt kann zum einen durch die sprachliche „Erhöhung“ des Gesprächsgegenstandes ausgedrückt werden, zum anderen durch die „Erniedrigung“ des Sprechers oder seiner Ingroup (Coulmas 1987, Mizutani & Mizutani 1987). 1. Die Verbindlichkeitssprache ( 丁寧語 teineigo) ist die Sprache, mit der ein Sprecher seine Beziehung zum Gesprächspartner - distant/ nah bzw. übergeordnet/ untergeordnet - ausdrückt: Gegenüber Fremden (= distant) oder Ranghöheren (=übergeordnet) benutzt ein Sprecher die Sprache der Verbindlichkeit. Die Formen der Kopula です desu bzw. でございます de gozaimasu sowie das Verbalsuffix ます -masu zeigen diese Verbindlichkeit an. Steht dagegen die neutrale Form der Kopula だ da bzw. fehlt das Verbalsuffix ます -masu, wird die Aussage deswegen nicht unhöflich, sondern zeigt eine Stilebene an, wie sie innerhalb der Familie oder unter guten Freunden verwendet wird (= nah). Ferner können in der sozialen Hierarchie höher stehende Personen zu rangniederen in diesem Stil sprechen (= untergeordnet). Die Verwendung der partnerbezogenen Verbindlichkeitssprache ist im Japanischen nicht symmetrisch. In (237) zeigt sich diese Asymmetrie an dem Vorhandensein bzw. Fehlen von ございます gozaimasu „sein“. 6 Für ausführliche Informationen zu dem Konzept der Gruppenzugehörigkeit siehe Bachnik & Quinn (1994). soziale Beziehungen Gruppenzugehörigkeit Teineigo 164 Pragmatik (237) Angestellter: お早うございます。 O-hayō gozaimasu. Guten Morgen! Chef: お早う。 O-hayō. Guten Morgen! Zur Bezeichnung von Gegenständen oder Eigenschaften einer sozial höher stehenden Person können zudem noch die Präfixe お obzw. 御 / ご govor Nomina oder Adjektive gestellt werden. (238) お鞄 o-kaban „Ihre Tasche“ お電話 o-denwa „ein Anruf für Sie“, „Ihr Anruf“ 御本 go-hon „Ihr Buch“ 御親切 go-shinsetsu „Ihre Freundlichkeit“ Auch für die Bezeichnung der Familienmitglieder gibt es spezielle Ausdrücke je nachdem, ob man auf ein Mitglied der eigenen Ingroup oder der Outgroup referiert bzw. es direkt anspricht: (239) お父さん o-tōsan „Ihr Vater“, „Papa“ (Anrede) お母さん o-kāsan „Ihre Mutter“, „Mama“ (Anrede) ご両親 go-ryōshin „Ihre Eltern“ お子さん o-kosan „Ihr Kind“, „Ihre Kinder“ 2. Die Sprache der Ehrerbietung ( 尊敬語 sonkeigo) drückt den Respekt gegenüber dem Gesprächsgegenstand aus, gegenüber den Personen, über die das Gespräch geht. Dies kann der Hörer sein (242), das Gespräch kann aber auch andere Personen zum Thema haben (240)-(241). Der Respekt drückt sich hier an dem Verb いらっしゃる irassharu „kommen“ aus. (240) Gesprächspartner: zwei Schulfreunde: - verbindlich Gesprächsgegenstand: Lehrer: +respektvoll 木村先生もいらっしゃるの。 Kimura-sensei mo irassharu no. Kimura-Lehrer auch kommen-respekt QUEST „Kommt Herr Kimura auch? “ (241) Gesprächspartner: zwei Bekannte: +verbindlich Gesprächsgegenstand: Lehrer: +respektvoll 木村先生もいらっしゃいますか。 Kimura-sensei mo irasshaimasu ka. Kimura-Lehrer auch kommen-respekt-verbindlich QUEST „Kommt Herr Kimura auch? “ (242) Gesprächspartner: Student und Lehrer: +verbindlich Gesprächsgegenstand: Lehrer: + respektvoll 先生もいらっしゃいますか。 Sensei mo irasshaimasu ka. Lehrer auch kommen-respekt-verbindlich QUEST „Kommen Sie auch? “ Sonkeigo 165 Wären Sie so freundlich …? Wie Tabelle 43 veranschaulicht, haben die gängigsten Verben eine lexikalische Sonkeigo-Variante. Fehlen solche speziellen Lexeme, kann man mithilfe grammatikalischer, periphrastischer Konstruktionen die sprachliche Ehrerbietung ausdrücken: Ein Verb in der Renyōkei in der Konstruktion お … にな る o-… ni naru (243) drückt ebenso die Ehrerbietung aus wie ein Verb in der Passivform (244). (243) 先生はこの本をお読みになりますか。 Sensei wa kono hon o o-yomi ni narimasu ka. Lehrer TOP diese Buch DIROBJ lesen-respekt-verbindlich QUEST „Werden Sie dieses Buch lesen? “ (244) 先生はこの本を読まれますか。 Sensei wa kono hon o yomaremasu ka. Lehrer TOP diese Buch DIROBJ lesen- PASSIV -verbindlich QUEST „Werden Sie dieses Buch lesen? “ Bedeutung Verb Sonkeigo Grammat. Konstruktion/ Passiv „kommen“ 来る kuru いらっしゃる irassharu お越しになる o-koshi ni naru/ 来られる korareru „gehen“ 行く iku -/ 行かれる ikareru „sein“ 居る iru -/ いられる irareru „essen“ 食べる taberu 召し上がる meshiagaru お食べになる o-tabe ni naru/ 食べられる taberareru „sagen“ 言う iu おっしゃる ossharu -/ 言われる iwareru „machen“ する suru なさる nasaru -/ される sareru „lesen“ 読む yomu - お読みになる o-yomi ni naru/ 読まれる yomareru Tabelle 43: Spezielle Formen zum Ausdruck der Ehrerbietung (nach Iwasaki 2013: 320) 3. Die Sprache der Ergebenheit ( 謙譲語 kenjōgo) dagegen benutzt der Sprecher, um die Bescheidenheit des Gesprächsgegenstandes auszudrücken. Der Gesprächsgegenstand kann der Sprecher selbst sein (245) oder ein Mitglied seiner Ingroup, und das ungeachtet dessen hierarchischer Stellung (246). Die Bescheidenheit ist hier in dem Verb 参る mairu „kommen“ verankert. (245) Gesprächspartner: Student und Lehrer: +verbindlich Gesprächsgegenstand: Student (=Sprecher): + bescheiden あしたまた参ります。 Ashita mata mairimasu. morgen wieder kommen-bescheiden-verbindlich „Ich komme morgen wieder.“ Kenjōgo 166 Pragmatik (246) Gesprächspartner: Angestellter und Kunde: +verbindlich Gesprächsgegenstand: Chef (=Ingroup): + bescheiden 社長はあした参ります。 Shachō wa ashita mairimasu. Chef TOP morgen kommen-bescheiden-verbindlich „Unser Chef kommt morgen.“ Die gängigsten Verben haben eine spezielle lexikalische Variante zum sprachlichen Ausdruck der Ergebenheit (vgl. Tabelle 44). Die anderen Verben bilden mithilfe der Konstruktion お … する o-… suru - das Verb steht wieder in der Renyōkei - einen Ausdruck der Bescheidenheit (247). (247) 書類をすぐお送りします。 Shorui o sugu o-okuri shimasu. Dokumente DIROBJ sofort senden-bescheiden-verbindlich. „Ich schicke Ihnen die Dokumente sofort.“ Bedeutung Verb Kenjōgo-Verb Grammat. Konstruktion „kommen“ 来る kuru 参る mairu - „gehen“ 行く iku - „sein“ 居る iru おる oru - „essen“ 食べる taberu 頂く itadaku - „sagen“ 言う iu 申す mōsu - „machen“ する suru いたす itasu - „tragen“ 持つ motsu - お持ちする o-mochi suru „borgen“ 借りる kariru - お借りする o-kari suru Tabelle 44: Spezielle Lexeme und Konstruktionen zum Ausdruck der Bescheidenheit (nach Iwasaki 2013: 322) Neben diesen lexikalischen und grammatikalischen Ausdrucksmöglichkeiten stellen die Indirektheit und die Defokussierung des Geschehens weitere Höflichkeitsstrategien dar. Je verschachtelter und länger, je indirekter eine Äußerung, desto höflicher wird sie (Iwasaki 2013: 318). Eine defokussierte Darstellung wie in (248) rückt den Sprecher aus dem Geschehen und ist insofern ebenfalls als Höflichkeitsstrategie einsetzbar (Ikegami 2007). (248) 結婚することになりました。 Kekkon suru koto ni narimashita. Heirat machen NOM GOAL geworden. „Ich heirate/ Wir heiraten.“ Zusammenfassend sei hier nochmals betont, dass ein Sprecher bei der Versprachlichung von Höflichkeit die eigene Position in Bezug zum Gesprächspartner und zum Gesprächsgegenstand in der konkreten Kommunikationssituation genau einzuschätzen (können) muss. Die sozialen Nuancierungen spiegeln sich in einer Vielzahl an sprachlichen Realisierungsmöglichkeiten wider, die Tabelle 45 anhand des Sprechakts der Bitte um Erklärung illustriert. 167 Wären Sie so freundlich …? Ausdruck Partner Respekt Vertrautheit Formalität お教え願いたく存じます。 O-oshie negaitaku zonjimasu. V ご教示いただきたいんですが。 Go-kyōji itadakitai n desu ga. V お教えいただきたいんですが。 O-oshie itadakitai n desu ga. V 教えていただけませんでしょうか。 Oshiete itadakemasen deshō ka. V お教えいただければ幸いです。 O-oshie itadakereba saiwai desu. V 教えていただきたいんですが。 Oshiete itadakitai n desu ga. V/ F 教えていただければ幸いです。 Oshiete itadakereba saiwai desu. V/ F 教えていただけませんか。 Oshiete itadakemasen ka. V/ F 教えてくださいませんか。 Oshiete kudasaimasen ka. V/ F 教えてください。 Oshiete kudasai. G/ F 教えてくれないか。 Oshiete kurenai ka. U 教えて。 Oshiete. G/ U Tabelle 45: Auswahl an Realisationsformen zur Bitte um Erklärung je nach Gesprächspartner (V=Vorgesetzter, F=Fremder, G=Gleichgestellter, U=Untergebener) nach Asada (1997). In den Medien aber auch in zahlreichen Umfragen des Amts für kulturelle Angelegenheiten (u.a. Bunkachō 1952) wird immer wieder der Verfall der Höflichkeitssprache bzw. die Unsicherheit im Umgang damit beklagt. Die reiche Ratgeberliteratur zur Verwendung von Keigo zeigt, dass Japanern selbst der richtige Gebrauch schwerfällt. Beklagt werden Missbildungen wie z.B. doppelte Markierungen von Sonkeigo-Verben. So wurde in (249) das Sonkeigo-Verb おっしゃる ossharu „reden“ zusätzlich noch ins Passiv gesetzt. (249) * 先生はそうおっしゃられます。 *Sensei wa sō ossha-rare-masu. Lehrer TOP so reden-höflich- PASSIV -verbindlich „Der Lehrer sagt das so.“ Sprachverfall 168 Pragmatik Neben diesen grammatikalischen Missbildungen wird auch die falsche Anwendung angeprangert. In Beispiel (250) wird der Sonkeigo-Ausdruck い らっしゃる irassharu im Gespräch mit einem Kunden, einem Outgroup- Mitglied, fälschlicherweise für eine Person verwendet, die zwar sozial höher steht, aber ein Mitglied der Ingroup des Sprechers ist (Carroll 2001b: 93f). In der Äußerungssituation wäre (246) richtig. (250) Gesprächspartner: Angestellter und Kunde: +verbindlich Gesprächsgegenstand: Chef: + bescheiden * 社長はあしたいらっしゃいます。 *Shachō wa ashita irasshaimasu. Chef TOP morgen kommen-respekt-verbindlich „Unser Chef kommt morgen (zu Ihnen).“ Auch wenn der Verfall der Höflichkeitssprache beklagt wird, wegfallen wird sie nicht. Eine Umfrage des Amts für kulturelle Angelegenheiten im Jahr 2011 ergab, dass 76,3 % der Befragten immer oder zu einem gewissen Grad die Höflichkeitssprache benutzen. 58,1 % der Befragten gaben nach ihrer persönlichen Meinung gefragt an, dass sie die Höflichkeitssprache benutzen, weil es notwendig sei, nur 11,5 % bekundeten, sie nicht verwenden zu wollen. 7 Man kann also nicht von einem Wegfallen der Höflichkeitssprache sprechen. Fritzsche (1998: 420f) stellte eine Verschiebung weg von einer durch vertikale Strukturen (Alter, Status) motivierten hin zu einer verbindlich-pragmatischen Höflichkeitssprache fest. Ein Grund für den Fortbestand der Höflichkeitssprache ist auch in ihrer grammatikalischen Funktion zu sehen, denn sie kompensiert teilweise auch die im Japanischen häufige Ellipse, die Auslassung des Subjekts bzw. Objekts (Carroll 2001b: 90; Frellesvig 2010: 370). Durch die im Verb verankerte Bedeutung der Bescheidenheit ist das ausgelassene Subjekt in (245) auf den Sprecher oder ein Mitglied seiner Ingroup einschränkbar. (245) Gesprächspartner: Student und Lehrer: +verbindlich Gesprächsgegenstand: Student (=Sprecher): + bescheiden あしたまた参ります。 Ashita mata mairimasu. morgen wieder kommen-bescheiden-verbindlich „Ich komme morgen wieder.“ 11.4 Du und Sie auf Japanisch Wie aus Kapitel 11.3 hervorgeht verwendet man je nach sozialer Stellung des Gesprächspartners in Bezug auf die eigene Stellung ein anderes Sprachregister. Die verschiedenen Formen der Höflichkeitssprache kommen hauptsächlich am Prädikat, aber auch bei den Anredeformen zum Ausdruck. Zur Anrede steht im Japanischen eine Reihe von Möglichkeiten zur Verfügung. Neben den Personalpronomina ( 人称代名詞 ninshō daimeishi) ge- 7 http: / / www.bunka.go.jp/ kokugo_nihongo/ yoronchousa/ h23/ pdf/ h23_chosa_ kekka.pdf (10.03.2015) Umfrage zur Verwendung Anrede 169 hören Eigennamen und Berufsbezeichnungen wie 先生 sensei „Lehrer“, aber auch Verwandtschaftsbezeichnungen wie お姉さん onēsan „ältere Schwester“ dazu. 8 Abbildung 21 stellt die Kontextabhängigkeit der Selbst- und der Anredebezeichnungen am Beispiel eines 40-jährigen Lehrers dar. Abbildung 21: Varianten der Selbst- und der Anredebezeichnungen (Suzuki 1999 nach Okimori et al. 2011a: 35) Personalpronomina wie 私 watashi „ich“, あなた anata „du“ oder 彼 kare „er“ 9 verweisen auf Rollen in der Kommunikation (Sprecher, Hörer, Gesprächsgegenstand). Wie bereits erwähnt werden Personalpronomina im Japanischen tendenziell wenig verwendet. Sofern aus dem Kontext erkennbar ist, wer gemeint ist, werden sie weggelassen. Die Bezeichnungen für die erste und zweite Person zeichnen sich ferner durch eine große Vielfalt an genderspezifischen Varianten aus (vgl. S. 182), weswegen sie gerade auch in offiziellen, formellen Kontexten wenig verwendet werden. Die Anrede mit dem Personennamen (Vor- oder Nachnamen), mit honorativen Nomina und verschiedenen Anredesuffixen ist im Vergleich zum 8 Eine ausführlichere Beschreibung der Mittel der Personenreferenz findet sich in Eschbach-Szabo (2009: 106ff). 9 Die pronominale Verwendung von 彼 kare „er“ und 彼女 kanojo „sie“ zum Verweis auf die 3. Person hat sich erst in der Meiji-Zeit unter dem Einfluss der westlichen Sprachen etabliert (Yanabu 1991). Personalpronomen Namen Selbst Direktor ←watashi kōchōsensei/ sensei→ Älterer Bruder Jüngerer Bruder Schüler Nachbarskind Sohn Ehefrau Vater Kollege Du und Sie auf Japanisch 170 Pragmatik Deutschen ebenfalls variantenreicher und spiegelt neben der Vertrautheit der Gesprächspartner auch das Geschlecht und Alter des Angesprochenen wider (Loveday 1986). (251) illustriert die möglichen Verwendungen am Beispiel des Namens Yōichi Tanaka. (251) Anrede mit dem Nachnamen und Personensuffixen: 田中様 Tanaka-sama distant, ranghöher bzw. sehr höflich 田中さん Tanaka-san distant, gleichrangig bzw. höflich 田中君 Tanaka-kun distant, rangniedriger Anredemöglichkeiten mit dem Vornamen und Personensuffixen: 陽一さん Yōichi-san vertraut, höflich 陽一君 Yōichi-kun vertraut, jünger 陽一ちゃん Yōichi-chan vertraut, zu Kind 陽一 Yōichi sehr vertraut 11.5 Zuhören auf Japanisch Lange Zeit konzentrierte sich die Sprachwissenschaft nur auf die Rolle des Sprechers. Der Hörer ( 聞き手 kikite), so dachte man, musste ja nur zuhören. Ihm wurde eine passive und somit uninteressante Rolle zugeschrieben. Diese Annahme ist jedoch so nicht haltbar. Ein guter Zuhörer hat, gerade im Japanischen, mehr zu tun, als nur stumm zuzuhören. Japanische Gesprächspartner senden - wie auch deutsche - im Gespräch sogenannte back channels oder Hörerrückmeldesignale. Das sind meist kurze Wörter oder Phrasen wie はい hai „ja“ oder なるほど naruhodo „ach so“. Aber auch Wiederholungen oder Vorwegnahmen des Gesagten sowie Nachfragen 本当で すか。 hontō desu ka? „echt? “ gehören dazu (Horiguchi 1987). Mit den verschiedenen Rückmeldesignalen zeigt der Hörer, • dass er dem Gespräch folgt, • dass er das Gesagte versteht oder schon davon weiß und • welche Einstellung er zu dem Gesagten hat. Ferner dienen die Signale dazu, • den weiteren Gesprächsverlauf hinsichtlich des Sprecherwechsels zu steuern und • die zwischenmenschlichen Beziehungen zwischen den Gesprächspartnern zu gestalten (Morita 2001: 50). Der japanische Name für die Hörerrückmeldesignale lautet 相槌 aizuchi „Mithämmern“ und kommt aus dem Schmiedewesen. Der Begriff bezeichnet das abwechselnde, rhythmische Schlagen des Schmiedes und seines Gesellen auf den zu schmiedenden Gegenstand. Und damit ist schon ein wichtiges Charakteristikum der Aizuchi gesagt: Es kommt auf das richtige Timing an. Während im Deutschen ja, uhmhm die hauptsächlich verwendeten Rückmeldesignale sind (Wahmhoff & Wenzel 1979), ist das Repertoire im Japanischen größer. Die Rückmeldesignale unterscheiden sich teilweise hinsichtlich der Höflichkeitsstufe bzw. ihrer Umgangssprachlichkeit. Möglichkeiten der Anrede Hörerrückmeldesignale Funktion 171 Zuhören auf Japanisch (252) そうですか。 Sō desu ka. „Ist das so? “ そうですね。 Sō desu ne. „Ja, nicht? “ なるほど naruhodo „aha“ はい hai „ja“ ええ ē „ja“ そうなんだ。 sō nan da. „So ist das.“ そうそうそう sō sō sō „so, so“ ほう hō うん un うん、うん un un „uhmm“ ふん、ふん fun fun へえ hē ふうん fūn Vergleichende Studien zeigen, dass Japaner im Vergleich zu Deutschen doppelt so häufig ein Rückmeldesignal senden (Morita 2001). Dies liegt daran, dass ein deutscher Gesprächspartner dem Sprecher eher durch Blickkontakt 10 seine Aufmerksamkeit signalisiert. Er braucht dies nicht verbal zu tun. Aber auch bei Telefongesprächen, bei denen man den Gesprächspartner ja nicht sieht, verhalten sich Deutsche zurückhaltender: Deutsche Zuhörer gaben durchschnittlich 7,4 Hörersignale/ Minute von sich, japanische Zuhörer 13,8, also fast doppelt so viele (Sawada 1991). Ein weiterer Punkt, in dem sich Deutsch und Japanisch unterscheiden, ist die Position, an der die Signale geäußert werden. Während Deutsche Überlappungen meiden 11 und die Hörerrückmeldesignale vermehrt in Gesprächspausen äußern, kommen sie im Japanischen häufiger überlappend vor (Morita 2001: 95ff) und zwar an Positionen, die mit • dem Verbalsuffix て te, • einer Konjunktion oder • einer satzfinalen Partikel markiert sind. Häufig fallen sie auch mit einem Kopfnicken des Hörers zusammen (Maynard 1986). (253), die ersten 13 Sekunden einer Wegbeschreibung, illustriert die Häufigkeit und Position der Aizuchi, die sich im konkreten Beispiel auf うん un „ja“ und ほう hō „uhum“ beschränken. (253) S: Kyōto-eki kara na H: un S: chikatetsu ni notte … kokusai kaikan yuki ni notte chikatetsu no H: un un S: e to Marutamachi tte iu eki de orite H: un un S: e to Marutamachi no niban deguchi kara dete H: hō 10 Direkter Blickkontakt gilt in Japan als unhöflich und wird eher vermieden. 11 Es gilt als unhöflich, andere zu unterbrechen. Frequenz Position 172 Pragmatik Fehlen die Aizuchi oder sind sie nicht an der richtigen Stelle platziert, fühlt sich der japanische Sprecher unwohl und verunsichert. Er nimmt den Zuhörer bei zu früh geäußerten Aizuchi als ungeduldig, bei verspäteten als desinteressiert wahr (Miller 1991: 118). 11.6 Sprechakte Die Sprechakttheorie ist der Teilbereich der Pragmatik, der die sprachlichen Äußerungen betrachtet, mit denen ein Sprecher gleichzeitig eine Handlung vollzieht. Indem ein Sprecher beispielsweise Ich entschuldige mich! äußert, hat er sich gleichzeitig entschuldigt. 12 Die Sprechakttheorie wurde maßgeblich von Austin (1962) und Searle (1969) geprägt. Searle teilt die Sprechakte ( 言語行為 gengo kōi) aufgrund der Anpassungsausrichtung von Sprache und Welt in verschiedene Kategorien ein: • Repräsentative Sprechakte wie vermuten oder antworten: Indem ein Sprecher den Sprechakt vollzieht, verpflichtet er sich auf die Wahrheit des ausgedrückten Inhalts, der ausgedrückten Proposition. • Direktive Sprechakte wie fragen oder befehlen: Indem ein Sprecher den Sprechakt vollzieht, versucht er, den Gesprächspartner zu einer Handlung zu verpflichten. • Kommissive Sprechakte wie versprechen oder drohen: Indem ein Sprecher den Sprechakt vollzieht, verpflichtet er sich auf eine zukünftige Handlung. • Expressive Sprechakte wie danken, entschuldigen oder begrüßen: Indem ein Sprecher den Sprechakt vollzieht, drückt er seinen psychischen Zustand aus. • Deklarative Sprechakte wie taufen oder befördern: Die Ausführung des Sprechakts führt zum Wechsel eines Zustands. Searle untersuchte, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit ein Sprechakt im Allgemeinen glückt. Die interkulturelle Pragmatik geht weiter und untersucht die Sprechakte hinsichtlich ihrer kulturspezifischen Kommunikationsstrategien. 13 Begrüßungen (Coulmas et al. 1983) und Bitten- Ablehnen-Sequenzen (Hayashi 2001) sind neben den expressiven Sprechakten der Entschuldigung und des Dankes gut erforscht. Indem ein Sprecher sich entschuldigt, erkennt er an, dass eine Norm gebrochen wurde oder wird und er direkt oder indirekt daran beteiligt war (Blum-Kulka & Olshtain 1984). In allen Kulturen gibt es den Sprechakt der Entschuldigung, er ist universal. Allerdings unterscheiden sich die Kulturen 12 Wenn ein Sprecher dagegen sagt Ich flüstere Dir ein Geheimnis ins Ohr. hat er noch lange nicht geflüstert. 13 Eine schöne Übersicht über die Besonderheiten der japanischen Sprechakte mit Videobeispielen und Übungseinheiten findet sich auf: http: / / www.carla.umn. edu/ speechacts/ japanese/ introtospeechacts/ index.htm (27.07.2014). Gedruckte Einführungen in die interkulturelle Kommunikation mit Schwerpunkt auf Japan bieten Hidasi (2005) und Menge (2009). Timing Klassifikation nach Searle Entschuldigung 173 Sprechakte dahingehend, wofür man sich entschuldigt, wer sich entschuldigt und mit welchen sprachlichen Routinen man sich entschuldigt. Man kann sich direkt entschuldigen, es gibt jedoch auch etliche indirekte Strategien: Direkte Strategien: a. Bitten um Verzeihung: Entschuldige! Verzeih! b. Ausdrücke des Bedauerns: Es tut mir leid! Indirekte Strategien c. Angebot / Verpflichtung zur Entschuldigung: Ich möchte mich entschuldigen. d. Selbsttadel: Das war wirklich dumm von mir. e. Schuld übernehmen: Das ist alles meine Schuld. f. Begründung: Der Bus hatte Verspätung, daher … g. Angebot für Wiedergutmachung: Ich werde für den Schaden aufkommen. h. Versprechen für kommende Fälle: Das wird nicht wieder vorkommen. i. Herunterspielen des Vergehens: Naja, es ist ja nur ein …, das kriegen wir wieder hin. (nach Blum-Kulka et al. 1989) Interkulturelle Vergleichsstudien vor allen Dingen zwischen Japan und den USA zeigen, dass in Japan vermehrt stellvertretende Entschuldigungen geäußert werden (Nakata 1989: 193). Nicht nur die Eltern entschuldigen sich für das Verhalten der Kinder, sondern auch Kinder für die Eltern oder die Ehefrau für ihren Mann: Eine Entschuldigung für ein Mitglied der eigenen Ingroup ist nicht ungewöhnlich. Auch bei den sprachlichen Routinen gibt es Unterschiede. Zum einen weist das Japanische eine größere Bandbreite an direkten Ausdrücken der Entschuldigung auf, die sich im Grad ihrer Formalität unterscheiden (Coulmas et al. 1983): (254) すみません sumimasen wörtl. „Es gibt kein Ende.“ ごめんなさい gomen nasai „Ihre Verzeihung bitte! “ 申し訳ありません mōshiwake arimasen „Es gibt keine Begründung.“ 悪いですが warui desu ga „Es ist schlecht, aber …“ 失礼します shitsurei shimasu „Ich begehe eine Unhöflichkeit.“ 謝ります ayamarimasu „Ich entschuldige mich.“ お詫びします o-wabi shimasu „Ich bin betrübt.“ お許しください o-yurushi kudasai „Verzeihen Sie mir! “ Japanische Entschuldigungen sind tendenziell direkter und es werden „extremere Ausdrücke“ gewählt. Der Grund, warum die Norm gebrochen wurde, bleibt dagegen oft unerwähnt (Barnlund & Yoshioka 1990). Gehäufte Ausdrücke der Entschuldigung in einer zögerlichen Stimme vorgebracht begünstigen das Glücken der Entschuldigung, wie das folgende Beispiel (255) 14 14 http: / / www.carla.umn.edu/ speechacts/ japanese/ Apologies/ Ex1.html (10.02.2015) interkulturelle Unterschiede 174 Pragmatik illustriert, in dem eine Studentin ihren Vermieter spät abends aus dem Bett klingelt, weil sie ihren Schlüssel vergessen hat. (255) V: どなた ? Donata? „Wer ist da? “ S: あ、すいません。岩田です。ごめんなさい、遅くなりまして … 。 A, suimasen. Iwata desu. Gomen nasai, osoku narimashite … . „Ah, Entschuldigung. Ich bin’s, Iwata. Entschuldigen Sie die späte Störung …! “ あのー、かぎを部屋に忘れてきてしまったんです。 Anō, kagi o heya ni wasurete kite shimatta n desu. „Ähm, ich habe meinen Schlüssel im Zimmer liegen lassen.“ V: ちょっと遅かったね。 Chotto osokatta ne. „Es ist ja schon ein bisschen spät, nicht wahr? “ S: もうしわけありません。もうお休みでしたよね。 Mōshiwake arimasen. Mō o-yasumi deshita yo ne. „Entschuldigen Sie. Sie haben sicher schon geschlafen, nicht? “ V: こんどから気をつけてね。 Kondo kara ki o tsukete ne. „Passen Sie in Zukunft besser auf, ja? “ S: はい。これからは気をつけます。本当にすみませんでした。 Hai. Kore kara wa ki o tsukemasu. Hontō ni sumimasen deshita. „Ja. Ich passe ab jetzt auf. Ich bitte wirklich um Entschuldigung.“ Auffallend ist die häufige Verwendung der direkten Ausdrücke der Entschuldigung, die im Deutschen je nach Situation übereifrig wirken oder die Situation sogar ins Lächerliche ziehen können. Im Unterschied zum Deutschen ist im Japanischen „die Notwendigkeit, originelle Ausdrücke zu verwenden, […] nicht stark ausgeprägt. Wiederholungen von Routineformeln führen also nicht zu Bedeutungsverlust“ (Coulmas 1981: 88). Indem ein Sprecher die Sprechhandlung des Dankes vollzieht, erkennt er die Tatsache an, dass er eine Gunst erfährt bzw. erfahren hat, die jenseits der sozialen Norm liegt. Interessant ist, dass in der Liste der am häufigsten verwendeten Floskeln des Dankes hinter ありがとう(ございます) arigatō (gozaimasu) „Danke“ die Floskel すみません sumimasen 15 „Entschuldigung“ liegt (256). Sie ist jedoch nicht in allen Situationen anwendbar, so nicht bei geschäftsmäßigen Dankesbekundungen (257) und auch nicht als Reaktion auf Glückwünsche (258) (Kumatoridani 1999): (256) A: しょう油を取ってもらえませんか。 Shōyu o totte moraemasen ka. „Könnte ich die Sojasoße bekommen? “ 15 すみません sumimasen ist eigentlich die verbindliche Verneinung des Verbs 済む sumu „zu Ende gehen“. Danken 175 Sprechakte B: はい、どうぞ。 Hai, dōzo. „Ja, bitteschön.“ A: どうもありがとう/ すみません。 Dōmo arigatō / Sumimasen. „Danke / Entschuldigen Sie vielmals.“ (257) Busfahrer zu zahlendem Fahrgast: ありがとうございました。 Arigatō gozaimashita. „Dankeschön.“ * すみませんでした。 * Sumimasen deshita. „Entschuldigen Sie.“ (258) A: ご結婚おめでとうございます。 Go-kekkon o-medetō gozaimasu. „Herzliche Glückwünsche zur Hochzeit.“ B: ありがとうございます。 Arigatō gozaimasu. „Danke schön! “ * すみません。 * Sumimasen. „Entschuldigen Sie! “ Entschuldigung und Dank sind beides Reaktionen auf einen Normbruch, ersterer im negativen, letzterer im positiven Sinn. Daher ist すみません sumimasen auch an Positionen einsetzbar, an denen im Deutschen ein Ausdruck des Dankes käme, sofern der „Normbruch“ irgendwelche Umstände bereitete. The Japanese conception of gifts and favors focusses on the trouble they have caused the benefactor rather than the aspects which are pleasing to the recipient. (Coulmas 1981: 83) Dies ist weder bei der Inanspruchnahme des Busses noch bei dem Äußern von Glückwünschen der Fall. Daher ist in diesen Situationen すみません sumimasen unangebracht. Aoki, Haruo / Okamoto, Shigeko (1988): Rules for conversational rituals in Japanese. Jissen nihongo kaiwa. Tōkyō: Taishūkan. Loveday, Leo (1986): Explorations in Japanese sociolinguistics. Amsterdam: John Benjamins. Mizutani, Osamu / Mizutani, Nobuko (1987): How to be polite in Japanese. Nihongo no keigo. Tōkyō: Japan Times. Morita, Masumi (2001): Hörerverhalten in Zweiergesprächen von Deutschen und Japanern. Eine kontrastive Studie zu Regularitäten und Funktionen von verbalen Hörersignalen. http: / / d-nb.info/ 967458994/ 34 (25.02.2015). Wetzel, Patricia J. (2004): Keigo in modern Japan. Polite language from Meiji to the present. Honolulu, Hawaii: University of Hawaii Press. Wierzbicka, Anna (2003): Cross-cultural pragmatics. The semantics of human interaction. Berlin: De Gruyter. 12 Varietäten In diesem Kapitel erfahren Sie, • was Sie unter der japanischen Standardsprache zu verstehen haben, • welche regionalen Varietäten es gibt, • wie man bzw. frau spricht und • wie die japanische Jugend spricht. 12.1 Standardsprache Wie bereits in Kapitel 1.3 beschrieben wurde 1916 die Sprache von Edo, dem heutigen Tōkyō, als Standardsprache ( 標準語 hyōjungo) bestimmt. Dies ist das Schulbuchjapanisch, das vor allem in der geschriebenen Sprache und in den öffentlichen Medien wie Zeitungen und Nachrichtensendungen zu lesen bzw. zu hören ist. In der Standardsprache wird eine normierende Festlegung angestrebt, welche Sprachverwendung richtig und welche falsch ist. Teilweise wird auch der Begriff „Gemeinsprache“ ( 共通語 kyōtsūgo) verwendet. Darunter ist eine Sprachverwendung zu verstehen, wie sie landesweit verstanden wird, sie hat jedoch keinen normativen Anspruch (Carroll 2001b: 30f). Daneben gibt es jedoch - wie in jeder anderen Sprache auch - eine große Bandbreite an Varietäten ( バリエーション bariēshon ) . Je nach regionaler oder sozialer Herkunft, nach Alter, Geschlecht und Situation spricht ein Sprecher eine andere Varietät des Japanischen. Mit den sozialen Aspekten der Sprachverwendung beschäftigt sich die Soziolinguistik ( 社会言語学 shakai gengogaku), die ab den 1970er Jahren populär wurde. Ein neuerer Terminus, mit dem die verschiedenen Varietäten in der japanischen Linguistik bezeichnet werden, ist 役割語 yakuwarigo „Rollensprache“: Wenn man beim Hören einer bestimmten Sprachverwendung (Vokabular, Grammatik, Ausdrucksweise, Intonation etc.) die Assoziation mit einem bestimmten Menschentyp (Alter, Geschlecht, Beruf, soziale Schicht, Epoche, Figur, Persönlichkeit oder Charakter etc.) hegt, bzw. wenn mit einem bestimmten Menschentyp eine Sprachverwendung assoziiert wird, so nenne ich diese Sprachverwendung „Rollensprache“ (Kinsui 2003: 205; eigene Übersetzung) Rollensprache umfasst also alle sprachlichen Varietäten, seien sie bewusst oder unbewusst eingesetzt, auch die eigentümliche Sprache von Charakteren ( キャラ語 kyara-go) der Manga- und Animewelt, die hauptsächlich an Personalpronomina und Satzendpartikeln Ausdruck findet (Sadanobu 2011). Soziolinguistik Rollensprache 178 Varietäten 12.2 Regionale Varietäten Unter Dialekten ( 方言 hōgen) werden regional gebundene Sprachsysteme verstanden, die zu anderen Sprachsystemen ein so hohes Maß an Ähnlichkeit aufweisen, dass sie zumindest teilweise gegenseitig verständlich sind. Ferner weisen Dialekte keine normierte Orthographie oder Grammatik auf (Bußmann 1990). Ob ein Sprachsystem als Sprache oder als Dialekt bezeichnet wird, ist jedoch nicht nur rein sprachwissenschaftlich begründet, sondern oft auch politisch motiviert. Einem Dialekt wird als Subsystem oder Varietät einer Standardsprache gerne seine „Eigenständigkeit“ abgesprochen, und diese nicht vorhandene Eigenständigkeit auf die Dialektsprecher übertragen. Deshalb wurden und werden teilweise auch noch heute die Ryūkyū-Sprachen (vgl. Kapitel 1.6.2) als japanische Dialekte behandelt. Eine Beschäftigung mit Dialekten ist für die Linguistik insofern von Interesse, als sie oft konservativer sind und ältere sprachliche Strukturen erhalten sind. Dialektforschung dient somit auch der historischen Sprachwissenschaft und der Sprachwandelforschung. Durch die geographischen Besonderheiten Japans als bergreiches Inselland gibt es zahlreiche Dialekte, deren Existenz schon in den Gedichten des Man’yōshū (vor 759 n. Chr.) belegt ist (Kuhl 1995: 207). 1 Die wissenschaftliche Erforschung der Dialekte setzte in Japan - etwas später als in Europa - zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein, als man mit einer lautlichen und morphologischen Bestandsaufnahme der regionalen Varietäten begann, um einen Standard zu bestimmen. Die größten landesweiten Erhebungen wurden vom Nationalen Institut für Japanische Sprache in den Jahren 1957-65 zum Wortschatz und 1979-82 zur Grammatik durchgeführt und sind in dem mehrbändigen Linguistic atlas of Japan 2 bzw. dem Grammar atlas of Japan 3 dokumentiert. 1 In den Azuma uta und den Sakimori uta ist die Sprache Ostjapans überliefert, während die anderen 4.000 Gedichte die Sprache des westlichen Sprachraums widerspiegeln. 2 Die Daten sind als PDF abrufbar: http: / / www.ninjal.ac.jp/ publication/ catalogue / laj_map/ (30.07.2014). Dialekte Dialektforschung Abbildung 22: Japanische Dialekträume 3 Die Daten sind als PDF abrufbar: http: / / www2.ninjal.ac.jp/ hogen/ dp/ gaj-pdf/ gajpdf_index.html (30.07.2014) 179 Regionale Varietäten Grob werden heute drei große Dialektgebiete unterschieden: die ostjapanischen Dialekte, die westjapanischen Dialekte und die Dialekte der südlichen Insel Kyūshū. Sie unterscheiden sich lautlich, lexikalisch und morphosyntaktisch. Gerade der Akzent verrät den Dialektsprecher. Ostjapanisch Westjapanisch Morphologie Kopula だ da じゃ ja/ や ya Negation ない -nai ぬ -nu / ん -n/ へん -hen Imperativ ろ -ro z.B. 起きろ okiro „steh auf“ よ -yo z.B. 起きよ okiyo „steh auf“ Lexik „sein“ いる iru おる oru „salzig“ しょっぱい shoppai からい karai Phonologie Onbin-Form der Verben はらった haratta はろうた harōta Onbin-Form der Adjektive 広くなる hiroku naru 広うなる hirō naru Tabelle 46: Dialektunterschiede zwischen West- und Ostjapanisch nach Lewin (1990b) und Ueno (2005: 43-44) Der Verlauf der Dialektgrenzen ist nicht immer geradlinig, je nach betrachtetem Merkmal verlaufen die Grenzen leicht unterschiedlich. Auffallend ist, dass die Dialektgrenze auf der Seite zum Japanmeer sehr klar ist und entlang der Gebirgskette der Japanischen Alpen verläuft, die einen natürlichen grenzbildenden Einfluss hatten. Auf der Pazifikseite dagegen fehlen dergleichen Barrieren. Zudem verlief hier in vormoderner Zeit der 東海道 tōkaidō, die Hauptverkehrsstraße zwischen Kyōto und Tōkyō, was den Sprachkontakt zwischen den Dialekten untereinander begünstigte (Kuhl 1995: 216). Der Dialektraum Kyūshū ist durch die Insellage dagegen klar abgrenzbar. Aufgrund der peripheren Lage hat dieser Dialekt nicht alle Wandelprozesse durchlaufen, so werden zum Beispiel die Silben ず [zɯ] und づ [dzɯ] bzw. じ [ʑi] und ぢ [dʑi] noch artikulatorisch unterschieden, ein Unterschied der in den anderen Sprachräumen schon in der Edo-Zeit (1603-1868) verschwunden ist. Auch in der Verb- und Adjektivflexion sind noch archaische Formen erhalten. Ende der Edo-Zeit war die Sprache von Edo die Lingua Franca der oberen Schicht, die verschiedenen Dialekte waren durch das Reiseverbot, das 200 Jahre gegolten hatte, teilweise untereinander unverständlich. Um dieses Kommunikationsproblem zu beheben, wurde die Standardsprache vor allen Dingen in den Schulen als Medium der Erziehung gefördert, während Dialekte aus den Klassenzimmern verbannt wurden. Dialektsprecher waren bis Dialekträume Sprachpolitik 1960 Ziel von Spott und Diskriminierung. Japan steht damit nicht alleine da, viele wachsende Nationalstaaten strebten nach dem Motto „eine Nation - ein 180 Varietäten Volk - eine Sprache“ eine kulturelle und sprachliche Homogenität an (Coulmas 1985: 25). Durch die Abwertung der Dialekte ist die Zahl der Dialektsprecher zurückgegangen bzw. haben die Sprecher zugenommen, die einen gemäßigten Dialekt sprechen. 4 Eine durch Studium und Arbeit bedingte wachsende Mobilität innerhalb der Bevölkerung sowie die Verbreitung der Standardsprache durch die Medien wie Zeitung, Rundfunk und Fernsehen trugen ebenfalls zum Rückgang der Dialekte bei (Carroll 2001a). Erst in den späten 1980er Jahren wird in den Richtlinien zum Japanischunterricht an Schulen ein Nebeneinander von Dialekt und Gemeinsprache anerkannt: Die Schüler sollen sich der Unterschiede bewusst werden und lernen, beide Varietäten korrekt und je nach Situation angebracht zu verwenden. Von einer aktiven Förderung der Dialekte ist jedoch nicht die Rede (Carroll 2001b: 186). Während man bis in die 1980er Jahre häufig von einem Dialektsterben sprach, erkennt man in den vergangenen Jahren, dass sich durch die Verbindung von traditionellen Dialektelementen mit der Gemeinsprache neue regionale Varianten entwickeln, die in der Linguistik als Neodialekt ( ネオ方言 neo-hōgen) bezeichnet werden (Sanada 2006: 2023). Laut einer Umfrage des Nachrichtensenders NHK im Jahr 1990 wird die Standardsprache als korrekt, schön, höflich, formal und bürokratisch empfunden, während Dialekte mit Eigenschaften wie warm, weich und würzig als Sprache des gemeinen Volkes belegt sind (Carroll 2001b: 191). In den vergangenen Jahren ist in Fernsehserien vermehrt Dialekt zu hören. Unter den regionalen Varietäten nimmt der Dialekt, der in der Region um Ōsaka und Kyōto gesprochen wird ( 関西弁 kansai-ben), eine Sonderstellung ein und wird oft als Gegenpol zur Standardsprache gesehen. Da Kyōto bis 1868 Hauptstadt und Kaisersitz war, genießt der dortige Dialekt nach wie vor ein hohes Prestige. Er wird als schöner, feiner und kultivierter empfunden als die Standardsprache. Ōsaka dagegen war die Stadt der Kaufleute und der Unterhaltung. Traditionelle komische Unterhaltungsvarietés wie 漫才 manzai und die Ein-Mann-Komödie 落語 rakugo sind hier beheimatet. Da viele Stars der Unterhaltungsbranche aus Ōsaka kommen, wird der Ōsaka- Dialekt als lebendig, lustig, direkt und warm wahrgenommen (Carroll 2001b: 194). Nicht wenige Darsteller in Fernsehsoaps, Animes und Mangas sprechen Kansai-ben. Der Kansai-Dialekt ist auch auf Englisch gut dokumentiert, es gibt eigene Bücher (Tse 1993, Palter & Horiuchi 2006) und Internetseiten, die eine Einführung in seine Besonderheiten geben. • Dialektwörterbuch: http: / / dictionary.goo.ne.jp/ dialect/ (01.10.2014) • Einführung in Kansai-ben: http: / / nihongo-e-na.com/ eng/ site/ id314.html (01.10.2014) 4 Ein ähnlicher Trend ist auch im Deutschen zu beobachten. Neodialekt Image Kansai-ben 181 Sprache und Geschlecht 12.3 Sprache und Geschlecht In vielen Sprachen unterscheiden sich die Sprachstile je nach sozialem Geschlecht. Frauen wird u.a. nachgesagt, indirekter zu kommunizieren, mehr „Heckenausdrücke“ wie irgendwie, eigentlich oder vielleicht, die den Beitrag vager machen, zu verwenden und ihre Redebeiträge vergleichsweise kürzer zu gestalten (Veith 2005: 157ff). Im Japanischen gibt es nach Meinung einiger Forscher eine spezielle Frauensprache ( 女の言葉 onna no kotoba), die nicht nur die oben genannten Aspekte betrifft, sondern sich auch in der Lexik niederschlägt. Es gibt Ausdrücke, die nur von Frauen bzw. nur von Männern benutzt werden. Die Frauensprache soll sich aus der Sprache der Frauen am Hof der Kamakura-Zeit (1185-1333) bzw. aus der Sprache der Kurtisanen der Edo-Zeit (1603-1868) entwickelt und während der Edo- und der nachfolgenden Meiji- Zeit gemeinhin verbreitet haben (Endō 2006). Die These wird durch literarische Texte, gendersprachliche Episoden in Theaterstücken und Edo-zeitliche konfuzianische Lehrbücher für Frauen gestützt: „[…] if women speak like men, it will cause disorder in the family.“ 5 Nakamura (2014) sieht die Sprechweise, die heute als Frauensprache bezeichnet wird, als ein in der Meiji-Zeit propagiertes Konstrukt. Der elegante, zurückhaltende Sprachstil passte gut zu dem propagierten Bild der „guten Ehefrau und Mutter“. Die Verwendung der japanischen Frauensprache ist nicht - wie zum Beispiel die Genuskongruenz von Adjektiven und Partizipien in den romanischen Sprachen - grammatikalisch zwingend. Durch ihre Verwendung bzw. auch durch ihre Nicht-Verwendung gibt eine Sprecherin vielmehr ihr Verständnis von ihrer Geschlechterrolle in der jeweiligen Situation zu verstehen. Indem eine Frau frauensprachliche Redemittel einsetzt, konstruiert sie ihr Bild, wie sie in der Situation wahrgenommen werden möchte. Mit der Frauensprache sind stilistische Merkmale wie Sanftheit, Kultiviertheit und Höflichkeit verbunden (Kruza 2012). Frauensprache ist auch durch die Verwendung geschlechtsexklusiver Lexeme vor allen Dingen im Pronominalbereich gekennzeichnet. Kango (vgl. S. 91) werden eher vermieden (Kikusawa 1936 nach Shibamoto 1985: 183). Bedeutung frauensprachlich männersprachlich „Bauch“, „Magen“ お腹 o-naka 腹 hara „lecker“ おいしい oishii うまい umai „essen“ 食べる taberu 食う kuu Tabelle 47: Geschlechtsexklusive allgemeine Lexeme Ob der Sprecher ein Mann oder eine Frau ist, erkennt man auch an den Satzendpartikeln, die die Einstellung des Sprechers zum Gesagten zum Ausdruck bringen. 5 Aus Kaibara Ekiken Joshi wo oshieru hō (1710) nach Endō (2006: 44) Frauensprache Lexik Satzendpartikeln 182 Varietäten Bedeutung Frauensprache Männersprache Nachdruck わ wa, わよ wa yo ぜ ze, ぞ so rhetorische Frage かしら kashira かな kana Frage の no か ka, かい kai, だい dai Tabelle 48: Geschlechtsspezifische Satzendpartikeln Ferner benutzen Männer und Frauen im Japanischen unterschiedliche Pronomina für die 1. und 2. Person. formell → frauensprachlich männersprachlich Pronomen der 1. Person おれ ore あたし atashi 僕 boku わたし watashi わたし watashi 私 watakushi 私 watakushi Tabelle 49: Geschlechtsspezifische Verwendung der Pronomina Diese geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Verwendung der Pronomina gibt es auch heute noch unter Jugendlichen, wie die Umfrageergebnisse in Abbildung 23 belegen. Abbildung 23: Selbsteinschätzung zur Verwendungshäufigkeit (in %) der Selbstbezeichnungen von 12-15-jährigen Mädchen und Jungen (Ueno 2005: 10 nach einer Studie des NInJal 1990). Auch eine vermehrte Verwendung von Höflichkeitsformen und Euphemismen sowie anderen Formen der Indirektheit kennzeichnet die Frauensprache (Fritzsche 1998: 405). Frauen verwenden vermehrt die Präfixe お obzw. ご go-, die ursprünglich Höflichkeit markieren, heutzutage aber auch einfach euphemistische Funktion ( 美化語 bikago) haben. Pronomina Euphemismen 0 20 40 60 80 100 boku ore atashi watashi watakushi atakushi uchi wai washi jibun Name Sonstiges Mädchen Jungen 183 Altersspezifische Varietäten Bedeutung frauensprachlich männersprachlich „Stäbchen“ お箸 o-hashi 箸 hashi „Essen“ ご飯 go-han 飯 meshi „Wasser“ お水 o-mizu 水 mizu Tabelle 50: Euphemistische Verwendungen der Präfixe お obzw. ご go- Männerbzw. frauensprachliche Elemente finden sich jedoch nur in der gesprochenen Alltagssprache, bei formellen Anlässen oder im schriftlichen Sprachgebrauch werden sie nicht verwendet (Ueno 2005). Kritisch ist anzumerken, dass als Grundlage der Beschreibungen häufig genderspezifische Verwendungen in literarischen Werken und Selbsteinschätzungen von Befragten herangezogen werden. Es handelt sich also nicht um natürliche Sprachdaten und die Gültigkeit der Aussagen wird teilweise angezweifelt. Die Frauensprache ist einem starken Wandel unterworfen. Da sich die Geschlechterrollen in Japan wie in allen industrialisierten Ländern in den vergangenen 100 Jahren geändert haben und ändern, ist zu erwarten, dass sich dies auch in der Sprachverwendung niederschlägt. Wie eine Befragung ergab, ist die Zahl der unter 30-jährigen, welche die Existenz einer Frauensprache befürworten, gering (Ueno 2005: 10). Abbildung 24: Bewertung der Abnahme zwischen geschlechtsspezifischen Unterschieden im Sprachgebrauch (Ueno 2005: 10) 12.4 Altersspezifische Varietäten Die Sprachverwendung unterscheidet sich auch je nach sozialem Lebensalter. In der Ammen- oder Kindersprache ( 幼児語 yōjigo), die auch von Erwachsenen im Gespräch mit Kindern verwendet wird, kommen vermehrt lautmalerische Wörter wie ワンワン wanwan „Wauwau“ statt 犬 inu „Hund“ oder Verdoppelungen wie お て て o-tete „Händchen“ in (259) statt 手 te „Hand“ vor (Ueno 2005: 12-17). Diese Phänomene finden sich auch in Sprachregister Sprachwandel Kindersprache 0% 50% 100% 20jährige 30jährige 40jährige 50jährige 60jährige es sollte ein Unterschied geben es ist egal, ob ein Unterschied besteht es sollte kein Unterschied bestehen ich weiß es nicht mehrfach bzw. unbeantwortet 184 Varietäten anderen Sprachen wie z.B. im Deutschen Miezmiez für „Katze“ oder im Französischen faire un dodo für „ein Nickerchen machen“. (259) おててつないで o-tete tsunaide. „Haltet Euch bei den Händchen.“ Die Sprache der älteren Generation ( 老人語 rōjingo) dagegen ist vor allem durch Besonderheiten in der Lexik gekennzeichnet. Der Wortschatz ist konservativer und durch lexikalische Archaismen geprägt. Dies zeigt sich zum Beispiel in der Wortwahl für Alltagsgegenstände. Ältere Menschen bevorzugen Wago- oder Kango-Wörter wie 贈 り 物 okurimono „Geschenk“ gegenüber neuen Entlehnungen wie プレゼント purezento. 6 Unter den altersspezifischen Varietäten erfährt die Jugendsprache besondere Aufmerksamkeit, da von ihr viele Impulse zum Sprachwandel der Standardsprache ausgehen. Unter dem Begriff Jugendsprache ( 若者言葉 wakamono kotoba) werden die sprachlichen Varietäten von Jugendlichen zusammengefasst. Es handelt sich um von Jugendlichen bevorzugte, vor allen Dingen mündlich verwendete Gruppensprachen, welche zum einen als Abgrenzung zu anderen Altersgruppen dienen, zum anderen die Identifikation des Sprechers mit der Gruppe stärken (Neuland 2000: 114). Die Jugendsprache ist nicht an biologische Altersgrenzen gebunden, sondern wird in der sozialen Phase der Jugend verwendet. Mit dem Übergang in die nächste Sozialisationsphase, mit dem Eintritt in das Berufsleben oder mit der Familiengründung, nimmt die jugendsprachliche Sprechweise ab (Kuwamoto 2010). Dadurch sind die Jugendsprachen starken Wandlungsprozessen unterworfen. Ferner dringen auch oft jugendsprachliche Elemente in die Umgangssprache ein und verlieren so ihren soziolektalen Charakter. Die japanische Jugendsprache hat neben der identitätsschaffenden noch folgende Funktionen (Yonekawa 1994). • Steigerung des Unterhaltungswertes • Beschleunigung des Gesprächs • Verschleierung des Gesagten für Außenstehende • Visuelle-akustische Anreicherung • Abschwächung des Gesagten Typische Merkmale für jugendsprachliche Sprechweisen sind u.a. Wortneubildungen, semantische Umdeutungen sowie stilistische Mittel der Übertreibung oder Intensivierung (Oberwinkler 2006, Abert 2013). • Intensivierung mit Präfixen wie めっちゃ metcha- „ober-“, 超 chō- „mega-“ oder げろ gero- „übel“ • Vagheitsausdrücke wie というか to iu ka „wie soll ich sagen“, とか to ka „oder so“ oder じゃないですか ja nai desu ka „ist es nicht so, dass …“ • Verstärkte Verwendung von Interjektionen wie やばい yabai „Mist“, まじ maji „echt“ 6 Zu dem Gebiet der political correctness im Zusammenhang mit Alter und Pflege siehe Backhaus (2011b) und Eschbach-Szabo (2015). Alterssprache Jugendsprache Charakteristika der Jugendsprache 185 Altersspezifische Varietäten • Verbneubildungen mit einem gekürzten Fremdwort und dem Suffix る -ru wie マクる maku-ru „zu Mac Donald gehen“, タクる taku-ru „mit dem Taxi fahren“ • Weglassung der Silbe り -ri bei Adverbien wie やっぱり yappari „halt“, „doch“ → やっぱ yappa • Weglassung der Silbe ら -ra bei der Bildung des Potentialis 出られる derareru → 出れる de-reru „weggehen können“ • Akzentwechsel hin zur Deakzentuierung (vgl. S. 80) • Monophtongisierung von Doppelvokalen im Auslaut wie z. B. 汚 い kitanai „schmutzig“ → きたねー / きたねえ / キタネー kitanē vor allem zum Ausdruck von Verärgerung und Kritik Backhaus, Peter (2011b): “The power of address: Age and gender in Japanese eldercare communication”. In: Coulmas, Florian / Lützeler, Ralph (eds.): Imploding populations in Japan and Germany. Leiden: Brill. S. 361-372. Dittmar, Norbert (1997): Grundlagen der Soziolinguistik. Ein Arbeitsbuch mit Aufgaben. Tübingen: Niemeyer. 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Eine soziolinguistische Untersuchung am Beispiel von Tagebuch-Mailmagazinen. https: / / publikationen.uni-tuebingen.de/ xmlui/ handle/ 10900/ 46272. (25.02. 2015). Wege 13 Japanisch als Fremdsprache In diesem Kapitel erfahren Sie, • wie viele Menschen in Deutschland Japanisch lernen, • welche Standards und Prüfungen es gibt und • welche Hilfsmittel Ihnen zur Verfügung stehen 13.1 Japanisch in Deutschland Die Japan Foundation ( 国際交流基金 kokusai kōryū kikin) ist eine japanische staatliche Institution, welche die Verbreitung der japanischen Sprache und Kultur sowie den internationalen Austausch fördert. Die Förderung erstreckt sich über die Bereiche Kunst, Kultur, Sprachvermittlung Japanisch als Fremdsprache (JaF), Japanforschung und den intellektuellen Austausch. Die Japan Foundation bietet Lehrerfortbildungen für JaF an, unterhält eine Webseite mit Lehrmaterialien für den Japanischunterricht 1 und führt regelmäßig Umfragen zur Verbreitung des Japanischen weltweit durch. Die deutsche Vertretung ist das Japanische Kulturinstitut in Köln 2 . 2012 lernten weltweit 3.985.669 Menschen Japanisch. Der Hauptteil der Lerner stammt aus Ost- und Südostasien. Abbildung 25: Verteilung der JaF-Lernerzahlen (Japan Foundation 2013) 1 http: / / minnanokyozai.jp/ kyozai/ home/ en/ render.do / (06.08.2014) 2 http: / / www.jki.de/ home.html (17.09.2014) JAF weltweit Ostasien 54,1% Südostasien 28,4% Südasien 0,7% Pazifik 8,3% Nordamerika 4,5% Mittelamerika 0,2% Südamerika 0,8% Westeuropa 1,9% Zentralasien 0,1% Osteuropa 0,6% Mittlerer Osten 0,1% Nordafrika 0,0% Afrika 0,2% 188 Japanisch als Fremdsprache In Deutschland lernten 2012 insgesamt 14.393 Menschen an 193 Einrichtungen Japanisch. 42,4 % der Lerner besuchten Sprachkurse an einer Universität, 15,2 % lernten Japanisch an der Schule und 42,3 % an einer außerschulischen Einrichtung. Als Studienfach kann man Japanologie bzw. den Schwerpunkt Japan im Rahmen eines ostasienwissenschaftlichen Studiengangs an 17 Universitäten studieren. 3 Darüber hinaus wird Japanisch für Hörer aller Fakultäten an sehr vielen Universitäten und Hochschulen angeboten. 4 Die Lehrenden sind in je nach Einrichtung unterschiedlichen Vereinen organisiert: • Japanisch an Hochschulen e.V. 5 • Verein der Japanischlehrkräfte an weiterführenden Schulen im deutschsprachigen Raum e.V. 6 • Verein zur Förderung des Japanisch-Unterrichts an VHS e.V. 7 Ihre Aktivitäten umfassen jährliche Fortbildungsseminare und Publikationen zum Thema JaF. 8 Auch in der Zahl der literarischen Übersetzungen aus dem Japanischen sowie in der Zahl der übersetzten Autoren spiegelt sich eine wachsende Präsenz japanischer Kultur in Deutschland wider (vgl. Hijiya-Kirschnereit 2014). Eine Bibliographie japanischer Literatur in deutscher Übersetzung bis 2008 findet sich in Stalph et al. (2009). 13.2 Prüfungen und Standards Eine international anerkannte Sprachstandardprüfung zum Nachweis von Japanischkenntnissen von Nicht-Muttersprachlern ist der Japanese Language Proficiency Test (JLPT), auf Japanisch 日本語能力試験 nihongo nōryoku shiken, der seit 1984 von der Japan Foundation und den Japan Educational Exchanges and Services angeboten wird. Im Prüfungsformat von Multiple- Choice-Aufgaben werden die Kanji-Lesekompetenz, Hör- und Leseverständnis sowie grammatikalisches Wissen abgefragt. Um als Nicht-Muttersprachler des Japanischen an einer japanischen Universität regulär zu studieren, muss man die höchste Teststufe, die Stufe 1, bestanden haben. Ein Paradigmenwechsel in der Didaktik hin zu auch in Europa üblichen Kann-Beschreibungen führte 2010 zu einer Überarbeitung des Prüfungskonzepts, das Multiple-Choice-Format blieb jedoch erhalten. Der Neue Japanese Language Proficiency Test (NJLPT) ist in 5 Schwierigkeitsstufen gegliedert. 3 http: / / www.jpf.go.jp/ j/ japanese/ survey/ country/ 2013/ germany.html (01.10.2014) 4 http: / / www.jpf.go.jp/ j/ japanese/ survey/ country/ 2013/ germany.html (06.08.2014) 5 http: / / www.japanisch-an-hochschulen.de/ (06.08.2014) 6 http: / / www.vjsonline.de/ (06.08.2014) 7 http: / / vhsjapanisch.jimdo.com/ (06.08.2014) 8 http: / / www.japanisch-als-fremdsprache.de/ jaf/ jaf.html (06.08.2014) JAF in Deutschland JLPT Kann- Beschreibungen 189 Prüfungen und Standards Niveau Kann-Beschreibungen Stufe 5 The ability to understand some basic Japanese. One is able to read and understand typical expressions and sentences written in hiragana, katakana, and basic kanji. One is able to listen and comprehend conversations about topics regularly encountered in daily life and classroom situations, and is able to pick up necessary information from short conversations spoken slowly. Stufe 4 The ability to understand basic Japanese. One is able to read and understand passages on familiar daily topics written in basic vocabulary and kanji. One is able to listen and comprehend conversations encountered in daily life and generally follow their contents, provided that they are spoken slowly. Stufe 3 The ability to understand Japanese used in everyday situations to a certain degree. One is able to read and understand written materials with specific contents concerning everyday topics. One is also able to grasp summary information such as newspaper headlines. In addition, one is also able to read slightly difficult writings encountered in everyday situations and understand the main points of the content if some alternative phrases are available to aid one’s understanding. One is able to listen and comprehend coherent conversations in everyday situations, spoken at near-natural speed, and is generally able to follow their contents as well as grasp the relationships among the people involved. Stufe 2 The ability to understand Japanese used in everyday situations, and in a variety of circumstances to a certain degree. One is able to read materials written clearly on a variety of topics, such as articles and commentaries in newspapers and magazines as well as simple critiques, and comprehend their contents. One is also able to read written materials on general topics and follow their narratives as well as understand the intent of the writers. One is able to comprehend orally presented materials such as coherent conversations and news reports, spoken at nearly natural speed in everyday situations as well as in a variety of settings, and is able to follow their ideas and comprehend their contents. One is also able to understand the relationships among the people involved and the essential points of the presented materials. Stufe 1 The ability to understand Japanese used in a variety of circumstances. One is able to read writings with logical complexity and/ or abstract writings on a variety of topics, such as newspaper editorials and critiques, and comprehend both their structures and contents. One is also able to read written materials with profound contents on various topics and follow their narratives as well as understand the intent of the writers comprehensively. One is able to comprehend orally presented materials such as coherent conversations, news reports, and lectures, spoken at natural speed in a broad variety of settings, and is able to follow their ideas and comprehend their contents comprehensively. One is also able to understand the details of the presented materials such as the relationships among the people involved, the logical structures, and the essential points. Tabelle 51: Kompetenzbeschreibungen des NJLPT 9 9 https: / / www.jlpt.jp/ e/ about/ levelsummary.html (17.09.2014) 190 Japanisch als Fremdsprache Der Test wird zwei Mal jährlich, im Juli und im Dezember, weltweit durchgeführt. Außerhalb Japans wird er von der Japan Foundation koordiniert. In Deutschland kann er derzeit in Berlin, Düsseldorf, Hamburg und Stuttgart abgelegt werden. An der Zuordnung der Lerninhalte des NJLPT in die Kategorien des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (CERF) wird in Kooperation mit der Association of Japanese Language Teachers in Europe e.V. 10 gearbeitet. 13.3 Hilfsmittel 13.3.1 Allgemeine Lexika Unter einem Lexikon ( 辞書 jisho) versteht man eine Sammlung von Wörtern, denen eine Erklärung hinzufügt ist. Sowohl gedruckte Werke als auch digitale Wort-Datenbanken zählen dazu. Innerhalb der Linguistik ist es die Lexikographie ( 辞書学 jishogaku), die sich mit der Schreibung und Nutzung von Wörterbüchern beschäftigt. Ein Synonym für 辞書 jisho ist じてん jiten, das in drei graphematischen Varianten geschrieben werden kann. Für Japanischlerner sind vor allen Dingen erstere von Interesse. • 辞典 für Wörterbücher, in denen die Bedeutung der Wörter erklärt wird • 事典 für Enzyklopädien, die inhaltliche Erklärungen geben • 字典 für Schriftlexika (Okimori et al. 2011a: 159) Die Wörter, die in einem Lexikon stehen, nennt man Eintrag oder Lemma ( 見 出し語 midashigo). In japanischen Lexika können die Lemmata je nach Zielgruppe in den Silbenschriften oder in Rōmaji stehen. Wenn die Lemmata in den Silbenschriften stehen, so sind sie in älteren Werken nach dem Iroha- Gedicht (vgl. S. 38) angeordnet, in heutiger Zeit jedoch nach der 50-Laute Tafel. In einem Wörterbuch werden Informationen gegeben zu • Aussprache und Akzent • Schreibung • Bedeutung • Grammatik (Wortart oder Flexion) • Sonstiges (Redensarten, Zählweise, Wortbildungen etc. ) Das größte einsprachige Japanischlexikon ist das 14-bändige Nihon kokugo daijiten ( 日本国語大辞典 ), das ca. 500.000 Einträge umfasst. Die Online- Version ist über die Website JapanKnowledgeLib 11 recherchierbar, der Zugang ist jedoch kostenpflichtig. 12 10 http: / / www.eaje.eu/ (29.07.2014) 11 http: / / japanknowledge.com/ (29.07.2014) 12 Die von der Ostasienabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin in Kooperation mit Projektpartnern aufgebaute und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziell unterstützte virtuelle Fachbibliothek Ost- und Südostasien Cross- Lemma einsprachige Wörterbücher 191 Hilfsmittel Die mittleren Lexika umfassen circa 200.000 Einträge, hierzu gehören das Kōjien ( 広辞苑 ; Shinmura 2008), das Daijisen (大辞泉 ; Matsumura 2012) und das Daijirin ( 大辞林 ; Matsumura 1999). Viele dieser Wörterbücher liegen mittlerweile in digitalisierter Form vor. Die Daten des Daijisen liegen dem Japanischwörterbuch des Webportals GOO 13 zugrunde und umfassen 262.500 Stichwörter. Die 3. Auflage des Daijirins mit 253.000 Einträgen ist unter der Suchmaschine Exite 14 zugänglich. Neben diesen allgemeinen Japanischlexika ( 国語辞典 kokugo jiten) gibt es verschiedene Spezialwörterbücher, die sich nach Zielgruppe, Sprachstufe und Inhalt unterscheiden: • Akzentlexika アクセント辞典 akusento jiten • Fremdwörterlexika 外来語辞典 gairaigo jiten oder カタカナ語辞典 katakanago jiten • Altjapanische Lexika 古語辞典 kogo jiten • Synonymlexika 類義語辞典 ruigigo jiten • Homonymenlexika 同音異義語辞典 dōon igigo jiten • Neologismenwörterbücher 新語辞典 shingo jiten • Sprichwörterlexika ことわざ辞典 kotowaza jiten • Fachwörterbücher 専門用語集 senmon yōgoshū Die bisherigen Ausführungen bezogen sich auf einsprachige Wörterbücher, die sich an Muttersprachler oder fortgeschrittene Lerner des Japanischen richten und vorwiegend bei Bedeutungsunklarheiten benutzt werden. Zweisprachige Wörterbücher dagegen dienen primär zur Produktion und Rezeption fremdsprachlicher Texte und enthalten keine Bedeutungserklärungen, sondern Übersetzungsäquivalente. Sie sind meist für bestimmte Muttersprachler konzipiert (Engelberg & Lemnitzer 2009). Ein deutsch-japanisches Wörterbuch, das für deutsche Muttersprachler konzipiert ist, enthält daher keine Informationen zu Grammatik und Aussprache des Deutschen. Diese sind für deutsche Muttersprachler überflüssig. Dagegen werden vermehrt Informationen zur Grammatik und Aussprache des Japanischen gegeben. Das erste japanisch-deutsche Wörterbuch, das Wörterbuch der japanischen Sprache, wurde 1851 von Pfizmaier herausgebracht. Es umfasst über tausend Einträge, allerdings nur Wörter, die mit i, der ersten Silbe des Iroha- Gedichtes, beginnen. 1904 folgte das Systematische Wörterbuch der Japanischen Umgangssprache von August Seidel, ein nach Sachgruppen geordnetes Wörterbuch. In der Meiji-Zeit, in der Japan aktiv den Kontakt zu westlichem Wissen suchte, entstanden mehrere deutsch-japanische Wörterbücher. Das mit 56.000 Stichworten umfangreichste gedruckte japanisch-deutsche Wörterbuch ist das Große Japanisch-Deutsche Wörterbuch von Kimura, das 1937 erschien, mittlerweile jedoch, was die Auswahl der Lemmata betrifft, veraltet ist. Die Gegenwartssprache ist in dem von Schinzinger et al. 1972 bzw. 1980 Asia ermöglicht für registrierte Nutzer den Zugriff auf Japan Knowledge: http: / / crossasia.org/ (29.07.2014). 13 http: / / dictionary.goo.ne.jp/ (17.09.2014) 14 http: / / www.excite.co.jp/ dictionary/ japanese/ (17.09.2014) Spezialwörterbücher zweisprachige Wörterbücher japanisch-deutsche Printwörterbücher 192 Japanisch als Fremdsprache publizierten Wörterbuch der deutschen und japanischen Sprache erfasst, einem mittelgroßen zweibändigen Lexikon, das beide Sprachrichtungen berücksichtigt (Stalph 1998). Neueren Datums sind das Akusesu dokuwa jiten (Zaima 2010) und das Kuraun dokuwa jiten (Hamakawa et al. 2014). Die meisten zweisprachigen Printlexika sind für den japanischen Markt gemacht. Dies wird gerade bei der Sprachrichtung Deutsch - Japanisch spürbar, denn das japanische Übersetzungsäquivalent steht in seiner gängigen Notationsweise, d.h. in Kanji, geschrieben. Eine für Nicht-Muttersprachler hilfreiche Angabe zur Lesung in Umschrift oder Kana fehlt. Und auch in der umgekehrten Sprachrichtung fehlen Grammatikangaben zum japanischen Stichwort. Das Große Japanisch-Deutsche Wörterbuch (Stalph et al. 2009), dessen erster Band, die Anfangsbuchstaben A-I abdeckt und 2009 erschienen ist, stellt eine Ausnahme dar, insofern es sich primär an deutsche Nutzer richtet. Das Gesamtwerk wird 130.000 Stichwörter umfassen. Die bisher publizierten Daten sind auch online recherchierbar, sowohl über eine Lemmaals auch über eine Volltextsuche. 15 Das größte zweisprachige Online-Lexikon ist das Wa-doku-jiten 16 , ein als kollaboratives Projekt entstandenes japanisch-deutsches Wörterbuch. Wie alle digitalen Nachschlagewerke ermöglicht es diverse Suchfunktionen, nach deutschen und nach japanischen Stichwörtern, eine Suche nach ganzen Wörtern oder nach Bestandteilen in Anfangs- oder Endposition. Da es ein kollaboratives Projekt ist, wird gelegentlich die Qualitätssicherung bemängelt. Positiv sind der Umfang - 110.000 Einträge und 270.000 Datensätze 17 - und die Aktualität der Einträge zu bewerten. 13.3.2 Zeichenlexika Eine spezielle Klasse der Lexika sind die Kanji-Lexika ( 漢和辞典 kanwa jiten). Sie listen die Kanji und ihre Lesungen auf. Die Kanji können  nach Radikalen,  der Strichzahl oder  der Aussprache des Einzelzeichens (iroha- oder 50-Laute-Tafel) angeordnet sein. Geläufig ist das Ordnungsschema nach Radikalen und in zweiter Ordnung nach Strichzahl. Die Zeichenlexika unterscheiden sich darin, wie viele Radikale sie als Grundlage ihres Ordnungsschemas annehmen. Die in Japan gängige Zahl umfasst 214 Radikale. Hadamitzky & Spahn (2002) gehen einen anderen 15 http: / / www.japan.de/ wb/ index.php (29.07.2014) 16 http: / / wadoku.de/ (29.07.2014) bzw. http: / / wadoku.eu/ (29.07.2014). Die Daten unterscheiden sich in ihrer Darbietung. Während bei wadoku.de die Daten mit dem Daijisen verlinkt sind, bietet wadoku.eu zu dem Basiswortschatz noch Audiodateien an. 17 http: / / wadoku-ev.de/ projekt (17.09.2014) Wa-doku jiten Kanji-Lexika Radikale 193 Hilfsmittel Weg. Die Zahl der Radikale ist im Japanisch-deutschen Zeichenwörterbuch auf 79 reduziert. 18 Abbildung 26: Suchmaske des Japanisch-Deutschen Online-Kanji-Lexikons Da die meisten Lexika eine Sortierung nach Radikalen verfolgen und maximal noch Indizes zur Suche über die Gesamtstrichzahl und die Aussprache der Einzelzeichen haben, bietet gerade in diesem Bereich die digitale Version Vorteile gegenüber der herkömmlichen Print-Version. Das online frei verfügbare Japanisch-Deutsche Kanji-Lexikon 19 ermöglicht eine Suche über Direkteingabe, Radikal oder Gesamtstrichzahl sowie der deutschen Bedeutung von derzeit 7.156 Kanji (siehe Abbildung 26). 13.3.3 Lehrbücher und Lernhilfen Mit der Zunahme der Lernerzahlen ab den 1980er Jahren wuchs auch der Markt an Japanischlehrbüchern. Sie unterscheiden sich je nach der intendierten Zielgruppe und dem anvisierten Niveau. An deutschen Japanologien werden in den letzten Jahren im Anfängerunterricht vermehrt die Lehrbücher Genki (Banno 1999) und Minna no Nihongo (Surī ē nettowāku 1998) verwendet. Beide Werke bieten den Vorteil zahlreicher Zusatzmaterialien, die im Falle von Genki auch online abrufbar sind. 20 Im Volkshochschulbereich werden Japanisch im Sauseschritt (Doitsu Center 1999) und Japanisch bitte! (Watanabe-Rögner 1999) verwendet. Ersteres bietet den Vorteil, dass das Lehrbuch in zwei Ausführungen, mit und ohne Kanji, erhältlich ist. Es ist allerdings nur beschränkt kommunikativ angelegt. Einen guten Überblick über die japanische Grammatik bietet die dreibändige Nachschlagegrammatik von Makino und Tsutsui (1986, 1995, 2008). In 18 Radikale, die nur schwer erkennbar sind und nicht häufig vorkommen, wurden weggelassen. Die betroffenen Zeichen sind aufgrund der Gesamtstrichzahl eingeordnet. 19 http: / / lingweb.eva.mpg.de/ kanji/ (29.07.2014) 20 http: / / genki.japantimes.co.jp/ index_en (17.09.2014) Vorteile digitaler Lexika Lehrbücher Grammatiken 194 Japanisch als Fremdsprache den vergangenen Jahren sind auch in deutscher Sprache einige umfangreiche Grammatiken erschienen (Ebi 2008, Funatsu-Böhler (2006), Gewehr 2009). Es gibt eine große Anzahl an Kana-Lernhilfen. Aufgrund der zahlenmäßigen Überschaubarkeit der Zeichen bieten sich Lernformen wie ein digitales Memory an. So können bei der Freeware KanaMemo 2.0 21 des Fachverbandes Japanisch als Fremdsprache e.V. die Lesungen der Hiragana und Katakana sowohl mit der Lateinumschrift als auch mit Audiodaten im Memoryformat trainiert werden. Die größte Hürde beim Erlernen der japanischen Sprache sind nach wie vor die chinesischen Schriftzeichen. Ulambayar (2009) untersuchte die Lernstrategien erfolgreicher Kanjilerner im Vergleich zu denen weniger erfolgreicher Lerner. Das Fazit ist: Es gibt nicht die schnelle und unaufwendige Methode zum Kanjilernen. Im Unterschied zu den erfolgreichen Lernern wandten die schlechten Lerner meistens nur eine Methode an: Sie schrieben das Kanji mehrmals ab. Die guten Lerner dagegen übten mit einem Methodenmix: Nicht nur wiederholtes Abschreiben, sondern auch Geschichtenerfinden, das Lernen der Kanji als Wörter im Satzkontext etc. gehörten dazu. Kanji-Lernhilfen umfassen neben den Kanji-Lexika Glossare, in denen die Kanji mit Angabe der Strichfolge abgebildet sind und Platz zum Abschreiben verfügbar ist wie z.B. das Basic Kanji Book von Kano et al. (1990). Abgefragt wird das Gelernte, indem man Kanji in einen Lückentext eintragen bzw. den Kanji im Text die richtige Aussprache hinzufügen muss. Viele Lernhilfen versuchen, die Assoziation zu den Kanji mittels Geschichten zu verfestigen (Heisig & Rauther 2013). Das Memorieren über die Grapheme, die einzelnen Bestandteile der Kanji, ist eine weitere beliebte Strategie. Abbildung 27: Memorierungshilfe aufgrund der zugrunde liegenden Grapheme nach Heisig & Rauther (2013: 100) Eine digitale Hilfe zum Memorieren der Kanji bietet das Programm Kanji- Kreativ 22 . Es zielt darauf ab, die Bedeutung der 280 grundlegenden Grapheme durch visuelle Assoziationen zu lernen. Das Erlernen der komplexeren Kanji erfolgt durch Analyse in die einzelnen Grapheme. Die Aussprache wird allerdings nicht vermittelt. 21 http: / / www.kanji.de/ KanaMemo.html (09.03.2015) 22 http: / / www.shop.kanjikreativ.com/ demo/ index.php (17.09.2014) Kana-Lernhilfen Kanji- Lernstrategien Kanji-Lernhilfen 195 Hilfsmittel Abbildung 28: Visualisierungshilfe für das Kanji/ Graphem „Mensch“ 23 Abbildung 29: Analyse komplexer Kanji in die einzelnen Grapheme 24 Auch das Buch Kanji ABC von Foerster & Tamura (1992) baut auf der Analyse der Kanji in Grapheme auf. Im Unterschied zu dem oben vorgestellten KanjiKreativ erlaubt die Web-Adaption 25 auch das Erstellen eigener Kanjilisten und das Anlegen von Übungstexten. Es ist insofern den individuellen Lernerbedürfnissen anpassbar. Aus den obigen Beschreibungen ist erkennbar, dass die meisten Programme und Lernhilfen die Verbesserung der passiven Kanji-Lesekompetenz 23 http: / / www.shop.kanjikreativ.com/ demo/ index.php (17.09.2014) 24 S.o. 25 http: / / www.kanjiabc.net/ (09.03.2015). Um alle Lernmöglichkeiten zu nutzen, muss man sich kostenlos registrieren. 196 Japanisch als Fremdsprache zum Ziel haben. Nur wenige Programme 26 trainieren auch die aktive Schreibkompetenz. Der Vokabeltrainer Anki 27 , ein virtueller Zettelkasten, ist eines der wenigen kostenlosen, plattformunabhängigen Programme, das eine zusätzliche Darstellung in einer anderen Schrift als der Lateinschrift erlaubt und die japanische Sprache unterstützt. Die Erstellung eigener Vokabeldateien ist möglich, es gibt aber auch zu zahlreichen Lehrwerken und Themenbereichen von Benutzern erstellte Vokabeldecks. Parallel dazu existiert eine Webversion 28 . Weniger eine Lernals vielmehr eine Lesehilfe stellt das Online-Tool Rikaicom 29 dar, das auch als Plug-in für verschiedene Browser erhältlich ist. Durch Streifen mit der Maus über den eingelesenen Text werden Lesung und Übersetzung 30 der japanischen Wörter angezeigt. 13.3.4 Linguistische Bibliographien und Wörterbücher Eine Bibliographie auf Deutsch verfasster, sprachwissenschaftlicher Arbeiten zum Japanischen findet sich in Suppanschitsch & Stalph (2001). Auf Japanisch verfasste linguistische Arbeiten sind in der bibliographischen Datenbank des Nationalen Spracheninstituts online recherchierbar. 31 Japanische sprachwissenschaftliche Termini und ihre deutsche Entsprechungen können in Sellner (1998) und Kawashima et al. (1994) nachgeschlagen werden. Allgemeine Erklärungen zur linguistischen Terminologie auf Deutsch finden sich bei Bußmann (1990). Kawashima, Atsuo / Iwasaki, Eijiro / Ikegami, Yoshihiko / Hundsnurscher, Franz (1994): Doitsu gengogaku jiten. Tōkyō: Kinokuniya shoten. Kerde, Ortrud / Otto, Silke-Susann (1995): Einführung in die Hilfsmittel der Japanologie. Marburg: Förderverein Marburger Japan-Reihe. 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Abkürzungsverzeichnis ADJ Adjektiv C Konsonant CAUSE Kausativ CIT Zitatpartikel COORD Koordination DIROBJ Direktes Objekt EXCLAM Ausruf GEN Genitiv GOAL Ziel IMP Imperativ INDIROBJ Indirektes Objekt INSTR Instrument LOK Ort N Nomen NEG Negation NOM Nominalisierer NUMKLASS Numeralklassifikator PAST Vergangenheit POL Höflichkeit QUEST Frage S Halbvokal, Gleitlaut (semivowel) SOURCE Ursprung, Quelle SUBJ Subjekt TAG Tag-Question, TOP Topik V Vokal Glossar japanischer Termini Eine ausführliche Auflistung japanischer linguistischer Termini und deren deutscher Entsprechung findet sich in Kawashima (1994) und Sellner (1998). Japanisch-Deutsch aizuchi 相槌 Hörerrückmeldesignal, back channel akusento アクセント Akzent asupekuto アスペクト Aspekt atamadaka-gata 頭高型 Kopfakzent ateji 当て字 phonetisch verwendetes chin. Schriftzeichen bariēshon バリエーション Varietät bikago 美化語 Euphemismus boin 母音 Vokal bun 文 Satz bungo 文語 klassisches Japanisch bunpō 文法 Grammatik bunshō 文章 Text, Satz buntai 文体 Stil bushu 部首 Radikal eines chin. Schriftzeichens chōon 長音 Langvokal chūko nihongo 中古日本語 Frühes Mitteljapanisch chūsei nihongo 中世日本語 Spätes Mitteljapanisch daikushisu ダイクシス Deixis daimeishi 代名詞 Pronomen dakuon 濁音 getrübter Laut dakuten 濁点 Trübungszeichen ( ゛ ), diakritisches Zeichen zur Verstimmhaftung stimmloser Obstruenten: ゛ dōgigo 同義語 Synonym dōka 同化 Assimilation dōon igigo 同音異義語 Homonym dōongo 同音語 Homophon dōshi 動詞 Verb emoji 絵文字 Emoticons fukubun 複文 Satzgefüge gleichgestellter Sätze, Parataxe fukugōgo 複合語 Kompositum fukushi 副詞 Adverb furigana 振り仮名 Kana-Lesehilfen für chin. Schriftzeichen fuzokugo 附属語 nicht-selbständiges Wort gairaigo 外来語 Lehnwörter aus westlichen Sprachen genba shiji 現場指示 Demonstratio ad oculos genbun itchi 言文一致 Vereinheitlichung von geschriebener und gesprochener Sprache gendai kanazukai 現代仮名遣い moderne Kana-Schreibung gendaigo 現代語 Modernes Japanisch gengo kōi 言語行為 Sprechakt genzaikei 現在形 Gegenwart gijōgo 擬情語 Gefühle nachahmendes Wort, Psychomim gimonbun 疑問文 Fragesatz giongo 擬音語 Laute nachahmendes Wort, Phonomim giseigo 擬声語 Stimmen nachahmendes Wort, Phonomim gitaigo 擬態語 einen Zustand nachahmendes Wort, Phänomim go 語 Wort gobi 語尾 Flexionssilbe, Endungssilbe godan dōshi 五段動詞 fünfstufiges Verb goi 語彙 Wortschatz, Lexikon goiron 語彙論 Lexikologie goiso 語彙素 Lexem 213 Glossar japanischer Termini gojū onzu 五十音図 50-Laute- Tafel gokan 語幹 Wortstamm gōseigo 合成語 Wortbildung goshu 語種 Stratum goyōron 語用論 Pragmatik gozoku 語族 Sprachfamilie gyōsho 行書 Kursivschrift, Handschrift (Schriftstil der chin. Schriftzeichen) haku 拍 Mora, More hanashite 話し手 Sprecher handakuon 半濁音 halbgetrübter Laut handakuten 半濁点 diakritisches Zeichen zur Kennzeichnung der stimmlosen Labialisierung der Silben der ha- Reihe: ゜ hangigo 反義語 Antonym hantaigo 反対語 Antonym hasseigo 発生語 Derivation, Ableitung hatsuwa 発話 Äußerung hebon-shiki ヘボン式 Hepburn- Umschrift heibanshiki 平板式 nicht akzentuiertes Wort, Deakzentuierung heijobun 平叙文 Aussagesatz hentaigana 変体仮名 Hiragana- Varianten hinshi 品詞 Wortart hinshi no tensei 品詞の転成 Konversion hiragana 平仮名 Hiragana hitei 否定 Verneinung, Negation hōgen 方言 Dialekt hyōjungo 標準語 Standardsprache ichidan dōshi 一段動詞 einstufiges Verb imi 意味 Bedeutung imi bun’ya 意味分野 Wortfeld imiron 意味論 Semantik intonēshon イントネーション Intonation in’yu 隠喩 Metapher ion 異音 Allophon iroha no uta いろはの歌 Gedicht zur Anordnung der japanischen Silben issei 一世 Aussiedler der ersten Generation izon bunpō 依存文法 Dependenzgrammatik jidōshi 自動詞 intransitives Verb jinmei 人名 Personenname jiritsugo 自立語 selbständiges Wort jisho 辞書 Lexikon jishogaku 辞書学 Lexikographie jōdai nihongo 上代日本語 Altjapanisch jodōshi 助動詞 Verbalsuffix, Hilfsverb jōigo 上位語 Hyperonym, Oberbegriff joshi 助詞 Partikel, Postposition josūshi 助数詞 Numeralklassifikator jōyō kanji 常用漢字 Kanji für den allgemeinen Gebrauch jūbun 重文 Satzgefüge nebengeordneter und übergeordneter Sätze, Hypotaxe jutsugo 述語 Prädikat kaigo 下位語 Hyponym, Unterbegriff kaii moji 会意文字 zusammengesetztes ideographisches Zeichen kaiwa 会話 Diskurs, Gespräch kakōkei 過去形 Vergangenheitsform kakujoshi 格助詞 Kasuspartikel kanbun 漢文 Text im klassischen chinesischen Stil kandōshi 感動詞 Interjektion kango 漢語 Lehnwort aus dem Chinesischen kanji 漢字 chin. Schriftzeichen, Kanji kanji-kana-majiribun 漢字仮名 交じり文 Kanji-Kana-Mischstil kanō 可能 Potentialis kansai-ben 関西弁 Kansai- Dialekt 214 Glossar japanischer Termini kantanbun 感嘆文 Ausrufesatz, Exklamativsatz kan’yōku 慣用句 Phraseologismus kan’yu 換喩 Metonymie kaomoji 顔文字 Emoticon katakana 片仮名 Katakana kateikei 仮定形 Konditionalform katsuyō 活用 Flexion keigo 敬語 Höflichkeitssprache, Honorativ keisei moji 形声文字 aus Ideo- und Phonogrammen zusammengesetztes Schriftzeichen keishō moji 象形文字 piktographisches Schriftzeichen keitairon 形態論 Morphologie keitaiso 形態素 Morphem keiyōdōshi 形容動詞 Nominaladjektiv, na-Adjektiv keiyōshi 形容詞 Verbaladjektiv, i-Adjektiv kenjōgo 謙譲語 Sprache der Ergebenheit kigōron 記号論 Semiotik kikite 聞き手 Hörer kindaigo 近代語 Spätes Neujapanisch kinseigo 近世語 Frühes Neujapanisch kōgo 口語 gesprochene Sprache kōgotai 口語体 gesprochener Stil kokugaku 国学 „nationale Schule“, japanische Philologie kokugo 国語 Landessprache kokuji 国字 japanische Kanji- Neuprägung konshugo 混種語 Hybridbildung kōseiso 構成素 Konstituente kōseiso bunseki 構成素分析 Konstituentenanalyse kōtei 肯定 Assertion kōtei akusento 高低アクセント melodischer Akzent kotonari gosū 異なり語数 Type- Zahl koyū meishi 固有名詞 Eigenname ku 句 Phrase kundoku 訓読 Lesen eines chin. Kanbun-Textes auf Japanisch kunrei-shiki 訓令式 Kunrei- Umschrift kunten 訓点 Lesehilfen im Kanbun-Text kun-yomi 訓読み japanische Lesung kuten 句点 Punkt kyōiku kanji 教育漢字 Lehrplan- Kanji kyūjitai 旧字体 Langzeichen man’yōgana 万葉仮名 phonographisch verwendete Kanji maru 丸 Punkt meireibun 命令文 Befehlssatz, Imperativsatz meireikei 命令形 Befehlsform meishi 名詞 Nomen, Substantiv meishōgaku 名称学 Onomastik metafā メタファー Metapher midashigo 見出し語 Lemma, Eintrag miraikei 未来形 Futur, Zukunft (Tempus) mizenkei 未然形 Indefinitform mokutekigo 目的語 Objekt museion 無声音 stimmloser Laut nakadaka-gata 中高型 Mittelakzent namae 名前 Name neo-hōgen ネオ方言 Neodialekt nigoriten 濁り点 Trübungspunkt ninshō daimeishi 人称代名詞 Personalpronomina nippon-shiki 日本式 Nippon- Umschrift nisei 二世 Aussiedler der zweiten Generation nobe gosū 述べ語数 Token-Zahl odaka-gata 尾高型 Endakzent, Schwanzakzent okurigana 送り仮名 begleitende Zeichen, Schriftzeichen zur Schreibung morphologischer Elemente onbin 音便 phonetische Assimilation, Lauterleichterung 215 Glossar japanischer Termini on’inron 音韻論 Phonologie onna no kotoba 女の言葉 Frauensprache onnade 女手 Frauenschrift, frühere Bezeichnung für Hiragana onomatope オノマトペ lautmalerisches Wort onseigaku 音声学 Phonetik onsetsu 音節 Silbe onso 音素 Phonem on-yomi 音読み sinojapanische Lesung reisho 隷書 Kanzleischrift (Schriftstil der chin. Schriftzeichen) rekishi gengogaku 歴史言語学 historische Sprachwissenschaft rekishiteki kanazukai 歴史的仮 名遣い historische Kana- Schreibung rendaku 連濁 Assimilation des Anlauts der zweiten Konstituen te in japanischen Komposita rentaikei 連体形 Attributivform rentaishi 連体詞 adnominales Wort ren’yōkei 連用形 Konjunktionalform rōjingo 老人語 Alterssprache rōmaji ローマ字 Lateinschrift rubi ルビ Kana-Lesehilfen für chin. Schriftzeichen ruigigo 類義語 Synonym ryakugo 略語 Kürzung, Kurzwort sabetsu yōgo 差別用語 diskriminierendes Wort seisei bunpō 生成文法 Generative Grammatik senmyōgaki 宣命書き kleiner geschriebene, phonographisch verwendete Kanji, die in den kaiserlichen Edikten verwendet wurden setsu 節 Satzglied setsubigo 接尾語 Suffix setsuji 接辞 Affix setsuwa 説話 volkstümliche Erzählung setsuzokushi 接続詞 Konjunktion settōgo 接頭語 Präfix shakai gengogaku 社会言語学 Soziolinguistik shieki 使役 Kausativ shigo 死語 Archaismus shiin 子音 Konsonant shiji hyōgen 指示表現 demonstrativer Ausdruck shiji moji 指示文字 ideographisches Zeichen shijishi 指示詞 Demonstrativum shingo 新語 Neologismus shinjitai 新字体 japanisches Kurzzeichen shion 子音 Konsonant shōō hyōgen 照応表現 Anapher, anaphorischer Ausdruck shōryaku 省略 Ellipse, Auslassung shotai 書体 Schriftstil shudai 主題 Topik, Thema shugo 主語 Subjekt shūjoshi 終助詞 Satzendpartikeln shūshikei 終止形 Finalform sō 相 Aspekt sokuon 促音 Konsonantengemination sonkeigo 尊敬語 Sprache der Ehrerbietung sōsho 草書 Konzeptschrift, Grasschrift (Schriftstil der chin. Schriftzeichen) tadōshi 他動詞 transitives Verb tagigo 多義語 polysemes Wort taigen 体言 nicht flektierendes Wort taigigo 対義語 Antonym taigū hyōgen 待遇表現 Höflichkeitssprache tanbun 単文 einfacher Satz tango 単語 Wort tanjungo 単純語 Simplex tan’on 単音 Phon - 216 Glossar japanischer Termini teineigo 丁寧語 Verbindlichkeitssprache ten 点 Komma tensho 篆書 Siegelschrift (Schriftstil der chin. Schriftzeichen) tensu テンス Tempus tōgoron 統語論 Syntax tōjigo 頭字語 Akronym tōyō kanji 当用漢字 Kanji für den täglichen Gebrauch tsūji gengogaku 通時言語学 diachrone Sprachwissenschaft wabun 和文 Texte im japanischen Stil wago 和語 natives, japanisches Stratum wakamono kotoba 若者言葉 Jugendsprache wasei eigo 和製英語 Pseudoanglizismen yakuwarigo 役割語 Rollensprache yamato kotoba 大和言葉 natives, japanisches Stratum yōgen 用言 flektierendes Wort yōjigo 幼児語 Kindersprache yoji jukugo 四字熟語 4-Zeichen- Kompositum yōon 拗音 gebrochener Laut yūseion 有声音 stimmhafter Laut zōgo 造語 Wortbildung Deutsch-Japanisch 4-Zeichen-Kompositum 四字熟語 yoji jukugo 50-Laute-Tafel 五十音図 gojū onzu Ableitung 発生語 hasseigo Adjektiv 形容動詞 keiyōdōshi, 形容詞 keiyōshi adnominales Wort 連体詞 rentaishi Adverb 副詞 fukushi Affix 接辞 setsuji Akronym 頭字語 tōjigo Akzent アクセント akusento Allophon 異音 ion Alterssprache 老人語 rōjingo Altjapanisch 上代日本語 jōdai nihongo Anapher 照応 shōō Antonym 反義語 hangigo, 反対 語 hantaigo, 対義語 taigigo Archaismus 死語 shigo Aspekt アスペクト asupekuto, 相 sō Assertion 肯定 kōtei Assimilation 同化 dōka Attributivform 連体形 rentaikei Ausrufesatz 感嘆文 kantanbun Aussagesatz 平叙文 heijobun Äußerung 発話 hatsuwa Bedeutung 意味 imi Befehlsform 命令形 meireikei Befehlssatz 命令文 meireibun begleitende Zeichen 送り仮名 okurigana chin. Schriftzeichen 漢字 kanji Deakzentuierung 平板式 heibanshiki Deixis ダイクシス daikushisu Demonstratio ad oculos 現場指示 genba shiji Demonstrativum 指示詞 shijishi Dependenzgrammatik 依存文法 izon bunpō Derivation 発生語 hasseigo diachrone Sprachwissenschaft 通 時言語学 tsūji gengogaku Dialekt 方言 hōgen diskriminierendes Wort 差別用語 sabetsu yōgo Diskurs 会話 kaiwa Eigenname 固有名詞 koyū meishi Ellipse 省略 shōryaku Emoticon 絵文字 emoji, 顔文字 kaomoji Endakzent 尾高型 odaka-gata Euphemismus 美化語 bikago Finalform 終止形 shūshikei flektierendes Wort 用言 yōgen 217 Glossar japanischer Termini Flexion 活用 katsuyō Flexionssilbe 語尾 gobi Fragesatz 疑問文 gimonbun Frauenschrift 女手 onnade Frauensprache 女の言葉 onna no kotoba Futur 未来形 miraikei gebrochener Laut 拗音 yōon Gegenwart (Tempus) 現在形 genzaikei Generative Grammatik 生成文法 seisei bunpō Gespräch 会話 kaiwa gesprochene Sprache 口語 kōgo getrübter Laut 濁音 dakuon Grammatik 文法 bunpō halbgetrübter Laut 半濁音 handakuon Hepburn-Umschrift ヘボン式 hebon-shiki Hilfsverb 助動詞 jodōshi Hiragana 平仮名 hiragana Hiragana-Varianten 変体仮名 hentaigana historische Sprachwissenschaft 歴史言語学 rekishi gengogaku Höflichkeitssprache 敬語 keigo, 待遇表現 taigū hyōgen Homonym 同音異義語 dōon igigo Homophon 同音語 dōongo Honorativ 敬語 keigo Hörer 聞き手 kikite Hörerrückmeldesignal 相槌 aizuchi Hybridbildungen 混種語 konshugo Hyperonym 上位語 jōigo Hyponym 下位語 kaigo i-Adjektiv 形容詞 keiyōshi Imperativ 命令形 meireikei Indefinitform 未然形 mizenkei Interjektion 感動詞 kandōshi Intonation イントネーション intonēshon japanische Lesung 訓読み kunyomi japanisches Stratum 和語 wago, 大和言葉 yamato kotoba Jugendsprache 若者言葉 wakamono kotoba Kana-Lesehilfen 振り仮名 furigana, ルビ rubi Kana-Schreibung, historische 歴 史的仮名遣い rekishiteki kanazukai, moderne 現代仮 名遣い gendai kanazukai Kanji-Kana-Mischstil 漢字仮名交 じり文 kanji-kana-majiribun Kanji-Neuprägungen 国字 kokuji Kansai-Dialekt 関西弁 kansaiben Kanzleischrift 隷書 reisho Kasuspartikel 格助詞 kakujoshi Katakana 片仮名 katakana Kausativ 使役 shieki Kindersprache 幼児語 yōjigo Klassisches Japanisch 文語 bungo Komma 点 ten Kompositum 複合語 fukugōgo Konditionalform 仮定形 kateikei Konjunktion 接続詞 setsuzokushi Konjunktionalform 連用形 ren’yōkei Konsonant 子音 shiin, shion Konsonantengemination 促音 sokuon Konstituentenanalyse 構成素分析 kōseiso bunseki Konversion 品詞の転成 hinshi no tensei Konzeptschrift 草書 sōsho Kopfakzent 頭高型 atamadakagata Kunrei-Umschrift 訓令式 kunreishiki Kursivschrift 行書 gyōsho Kürzung 略語 ryakugo Kurzzeichen 新字体 shinjitai Landessprache 国語 kokugo Langvokal 長音 chōon Langzeichen 旧字体 kyūjitai Lateinschrift ローマ字 rōmaji 218 Glossar japanischer Termini Lautmalerei オノマトペ onomatope Lehnwort aus dem Chinesischen 漢語 kango Lehnwort aus westlichen Sprachen 外来語 gairaigo Lehrplan-Kanji 教育漢字 kyōiku kanji Lemma 見出し語 midashigo Lesehilfen, im Kanbun-Text 訓点 kunten, über Kanji 振り仮名 furigana Lexem 語彙素 goiso Lexikographie 辞書学 jishogaku Lexikologie 語彙論 goiron Lexikon 辞書 jisho melodischer Akzent 高低アクセ ント kōtei akusento Metapher 隠喩 in’yu, メタファー metafā Metonymie 換喩 kan’yu Mittelakzent 中高型 nakadakagata Mitteljapanisch, frühes 中古日本 語 chūko nihongo, spätes 中 世日本語 chūsei nihongo Modernes Japanisch 現代語 gendaigo Mora, More 拍 haku Morphem 形態素 keitaiso Morphologie 形態論 keitairon na-Adjektiv 形容動詞 keiyōdōshi Name 名前 namae Negation 否定 hitei Neodialekt ネオ方言 neo-hōgen Neologismus 新語 shingo Neujapanisch, frühes 近世語 kinseigo, spätes 近代語 kindaigo nicht flektierendes Wort 体言 taigen nicht-selbständiges Wort 附属語 fuzokugo Nigorierungszeichen 濁点 dakuten Nippon-Umschrift 日本式 nippon-shiki Nomen 名詞 meishi Nominaladjektiv 形容動詞 keiyōdōshi Numeralklassifikator 助数詞 josūshi Oberbegriff 上位語 jōigo Objekt 目的語 mokutekigo Onomastik 名称学 meishōgaku Partikel 助詞 joshi Personalpronomen 人称代名詞 ninshō daimeishi Personenname 人名 jinmei Phänomim 擬態語 gitaigo Phon 単音 tan’on Phonem 音素 onso Phonetik 音声学 onseigaku Phonologie 音韻論 on’inron Phonomim (Laute) 擬音語 giongo, (Stimmen) 擬声語 giseigo Phrase 句 ku Phraseologismus 慣用句 kan’yōku polysemes Wort 多義語 tagigo Postposition 助詞 joshi Potentialis 可能 kanō Prädikat 述語 jutsugo Präfix 接頭語 settōgo Pragmatik 語用論 goyōron Pronomen 代名詞 daimeishi Pseudoanglizismen 和製英語 wasei eigo Psychomim 擬情語 gijōgo Punkt 句点 kuten, 丸 maru Radikal 部首 bushu Rollensprache 役割語 yakuwarigo Satz 文 bun, einfacher 単文 tanbun Satzendpartikeln 終助詞 shūjoshi Satzgefüge (Parataxe) 複文 fukubun, (Hypotaxe) 重文 jūbun Satzglied 節 setsu Schriftstil 書体 shotai selbständiges Wort 自立語 jiritsugo Semantik 意味論 imiron Semiotik 記号論 kigōron Siegelschrift 篆書 tensho 219 Silbe 音節 onsetsu Simplex 単純語 tanjungo sinojapanische Lesung 音読み on-yomi Soziolinguistik 社会言語学 shakai gengogaku Sprache der Ehrerbietung 尊敬語 sonkeigo Sprache der Ergebenheit 謙譲語 kenjōgo Sprachfamilie 語族 gozoku Sprechakt 言語行為 gengo kōi Standardsprache 標準語 hyōjungo Stil 文体 buntai stimmhafter Laut 有声音 yūseion stimmloser Laut 無声音 museion Stratum 語種 goshu Subjekt 主語 shugo Substantiv 名詞 meishi Suffix 接尾語 setsubigo Synonym 同義語 dōgigo, 類義語 ruigigo Syntax 統語論 tōgoron Tempus テンス tensu Text 文章 bunshō Thema 主題 shudai Token-Zahl 述べ語数 nobe gosū Topik 主題 shudai Type-Zahl 異なり語数 kotonari gosū Unterbegriff 下位語 kaigo Varietät バリエーション bariēshon Verb 動詞 dōshi, transitives 他動 詞 tadōshi, einstufiges 一段動 詞 ichidan dōshi, fünfstufiges 五段動詞 godan dōshi, intransitives 自動詞 jidōshi Verbaladjektiv 形容詞 keiyōshi Verbalsuffix 助動詞 jodōshi Verbindlichkeitssprache 丁寧語 teineigo Vergangenheitsform 過去形 kakōkei Verneinung 否定 hitei Vokal 母音 boin Wort 語 go, 単語 tango Wortart 品詞 hinshi Wortbildung 合成語 gōseigo, 造 語 zōgo Wortfeld 意味分野 imi bun’ya Wortschatz 語彙 goi Wortstamm 語幹 gokan Glossar japanischer Termini Index A Ableitung 109 Adjektiv 115 i-Adjektiv 112 na-Adjektiv 112 adnominales Wort 117 Adverb 117 adverbiale Bestimmung 126 agglutinierend 19 Ainu 19 Aizuchi 170 Akronym 111 Aktionsart 144 Akzent 80 Akzentmuster 80 Allophon 75 altaisch 18 Anapher 161 Antonymie 142 Archaismus 88, 184 Artikulationsart 72 Artikulationsort 72 Assimilation 79 Attribut 127, 133 Ausrufesatz 129 Aussagesatz 128 B Basisvokabular 90 Baumstruktur 131 Bedeutung 139 Befehlssatz 129 Bescheidenheit 165 Bewegungsverben 144 Bikago 182 binär 108 D Dakuten 39 Dank 174 Deixis 159 Demonstrativum 160 Dependenzgrammatik 129 Derivation 110 Devokalisierung 79 Diakritika 39 Dialekt 17, 178 Akzent 80 Doppelkonsonant 77 E Ehrerbietung 164 Eigenname 117, 149 einstufig 113 Ellipse 134 Emoticon 51 Euphemismus 182 F Familienname 149, 150 Fragesatz 128 Frauennamen 153 Frauenschrift 37 Frauensprache 181 Fremdwort 48 fünfstufig 113 Fünfzig-Laute Tafel 39 Furigana 40 G Gairaigo 89, 92 Herkunftssprachen 92 Integration 94 gebrochener Laut 78 Gemeinsprache 177 Genbun itchi 40 Generative Grammatik 131 Gesicht 161 Gleitlaut 73 Go’on 35 Gojū onzu 39 H Halbvokal 73 Handakuten 39 222 Index Handschrift 30 Hentaigana 38 Hepburn-System 53 Heteronymie 142 Hilfsverb 118 Hiragana 47 Höflichkeitssprache 161, 182 Homonym 143 Homophon 69, 81, 91 Hörerrückmeldesignal 170 Hyōjungo 17 Hyperonymie 142 I i-Adjektiv 115 Ideogramm 29 Interjektion 118 Intonation 82 Iroha no Uta 38 J Japan Landesbezeichnung 18 Japan Foundation 187 Japanese Language Proficiency Test 188 Japanisch außerhalb Japans 14 Herkunft 18 Verwandtschaft 18 Japanologie 188 JIS-Kanji 47 Jōyō kanji 46 Jugendsprache 184 K Kan’on 35 Kan’yōon 35 Kana-Bewegung 41 Kana-Schreibung historische 40 moderne 47 Kango 91 Morphologie 109 Kanji 30 "schlechte" 150 Neuprägung 34 Kanji-Lexikon 192 Kasuspartikel 119 Katakana 48 Keigo 161 Kenjōgo 165 Kindersprache 183 Kokuji 34 Komplementarität 141 Komposition 108 Konjunktion 118 Konsonant 71, 72 Konsonantengemination 77 Konstituentenanalyse 130 Konversion 110 Konzeptschrift 30 Kopf 108 Kopula 163 Kun-Lesung 36 Kürzung 111 Kyōiku kanji 46 L Langvokal 76 Lateinschrift 49 Lautmalerei 98 Lemma 190 Lesung 35 Lesungen Namen 151 Lexem 86 Lexikographie 190 Lexikologie 86 Lexikon 190 Literalität 54 Logogramm 29 M Männernamen 153 Manyōgana 34 Merkmalsanalyse 140 Metapher 143 Metonymie 144 Migranten Brasilianer 25 Chinesen 25 Koreaner 24 Minderheitensprachen 19 223 Index Minimalpaar 75 Mora 78 Morphem 107 Morphologie 107 Multilingualismus 23 N na-Adjektiv 115 Name 149 Namensmagie 156 Nasallaut 76 Neodialekt 180 Neologismus 88 Nomen 116 Normschrift 30 Nullableitung 110 Numeralklassifikator 120 O Objekt 126 Okurigana 48 On-Lesung 35 Onomatopoetika 99 P Partikel 119 Passiv 135 Personalpronomen 159, 182 Personenname 149 Reihenfolge 149 Phon 69 Phonem 74 Phonetik 69 Phonogramm 29 Phonologie 74 Phrase 125 Phrasenstrukturregel 131 Phraseologismus 146 Piktogramm 29 Polysemie 142 Postposition 119 Prädikat 126 Präfix 110 Pragmatik 159 Pronomen 117 Prototypensemantik 141 Pseudo-Anglizismus 93 R Radikal 32 Rekishiteki kanazukai 40 Relativssatz 134 Rendaku 79 Rentaishi 117 Rollensprache 177 Rōmaji 40, 50 in Namen 151 Rōmaji-Bewegung 41 Ryūkyū 21 S Satz 125 Satzendpartikel 120, 181 Satzglied 125 Satzzeichen 50 Schreibrichtung 51 Schriftreform 41, 45 Schriftzeichen 30 Selektionsbestimmung 130 Semantik 139 Semiotisches Dreieck 139 Senmyōgaki 34 Silbe 77 Silbenschrift Hiragana 37 Katakana 38 Simplex 107 sinojapanische Lesungen 35 Sokuon 77 Sonkeigo 164 SOV 133 Soziolinguistik 177 Sprachverfall 167 Sprachwandel 184 Sprechakt 172 Sprecherzahlen 13 Standardsprache 17, 177 stimmhaft 71 stimmlos 71 Stratum 89 Strukturalismus 74 Subjekt 126 Sumimasen 174 Synonym 141 Syntax 125 224 Index T Teineigo 163 Textdeckungsgrad 89 Tō’on 35 Token 87 Topik 127 Tōyō kanji 45 Transkription 53 Hepburn-System 53 Kunrei-shiki 53 Nippon-shiki 53 Type 87 U Uchi-Soto 163 Umschrift 53 V Varietät 177 Verb 113 Verbalsuffix 118 Verbindlichkeitssprache 163 Verbvalenz 130 Vokal 71, 73 W Wago 90 Wort 85 Wortart 111 Wortbildung 107 Wortbildungssuffixe 110 Wörterbuch 191 Wortfeld 140 Wortschatz 88 Y Yamato 57 Yoji jukugo 109 Z Zahlen 122 Schreibung 50 Zeichenlexikon 192 ! " # $ %% & ' % $ ( & ) $ % $ " " *+, - . + % / / % # % / %% 0 % # ' - 1 2 % 0 3% ( 3 % % - %% " .% % 3 - 1 ! + / # " - ISBN 978-3-8233-6884-7 Schrein in Kamakura - und spirituellen Reinigung vor dem Betreten des Schreins