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Heterogenität im Fremdsprachenunterricht

2016
978-3-8233-7909-6
Gunter Narr Verlag 
Sabine Doff

Die in einem Klassenzimmer versammelten Schülerinnen und Schüler bringen zunehmend unterschiedliche Lern- und Leistungsvoraussetzungen mit. Die steigende sprachliche, kulturelle und individuelle Heterogenität der Lernenden muss bei der Gestaltung von Schule und Fachunterricht berücksichtigt werden. Dieses Studienbuch illustriert am Beispiel des Fachs Englisch (mit Übertragungsmöglichkeiten auf andere Schulfremdsprachen), wie dies im Hinblick auf fachdidaktische Kernfragen gelingen kann. Dabei werden Kontexte und Rahmenbedingungen berücksichtigt sowie Impulse aus den Erziehungswissenschaften und internationale Perspektiven einbezogen.

Heterogenität im Fremdsprachenunterricht Sabine Doff (Hg.) Impulse - Rahmenbedingungen - Kernfragen - Perspekti ven Sabine Doff (Hg.) Heterogenität im Fremdsprachenunterricht Impulse - Rahmenbedingungen - Kernfragen - Perspektiven Prof. Dr. Sabine Doff ist Professorin für Fremdsprachendidaktik Englisch und Direktorin des Zentrums für Lehrerbildung an der Universität Bremen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Werkdruckpapier. © 2016 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Internet: www.narr-studienbuecher.de E-Mail: info@narr.de Printed in the EU ISSN 0941-8105 ISBN 978-3-8233-6909-7 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. Inhaltsverzeichnis Sabine Doff Heterogenität im Fremdsprachenunterricht: Kontext - Aufbau und Inhalt - Ausgangs- und Kristallisationspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 I Erziehungswissenschaftliche Impulse für den Umgang mit Heterogenität Till-Sebastian Idel & Kerstin Rabenstein Leistung als soziale Konstruktion: Was müssen Schüler/ -innen wissen und können, um im heterogenitätssensiblen individualisierenden Unterricht Anerkennung zu finden? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Matthias Trautmann Ability Grouping in (Language) Education - Wie soll Schule mit unterschiedlichen Leistungsvoraussetzungen und -fähigkeiten umgehen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Yasemin Karakas ¸ og ˘ lu Welche Impulse kann Interkulturelle Bildung für den angemessenen Umgang mit sprachlich-kultureller Heterogenität im Fremdsprachenunterricht geben? . . . . . . 33 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive II.1 Kontextualisierung und Rahmenbedingungen Liesel Hermes Gab ’ s das nicht schon mal? - Zur Diskussion des „ Englischunterrichts für alle “ in den 1960er und 1970er Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Tim Giesler, Lena Schuett & Fatou Julia Wolter Wie können Lernziele und Rahmenbedingungen im differenzierenden Englischunterricht (besser) aufeinander abgestimmt werden? . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 Tobias Ruberg & Monika Rothweiler Mehrsprachigkeit und Fremdsprachenlernen: Eine unüberwindliche Hürde für Kinder mit einer genuinen Sprachentwicklungsstörung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 II.2 Fachdidaktische Kernfragen Larena Schäfer Wie kann kulturelles Lernen im Englischunterricht der Sekundarstufe I in heterogenen Lerngruppen angebahnt werden? Erste Ergebnisse einer Design-Based Research-Studie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 Katharina Verriere Wie können fremdsprachliche Sprechanlässe differenziert und individualisiert in den Unterricht integriert werden? Erkenntnisse aus einer Befragung und unterrichtspraktische Ideen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 Ur š ka Grum Wie lassen sich mündliche Leistungen im Englischunterricht in leistungsheterogenen Lerngruppen erfassen, messen und beurteilen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 Wolfgang Biederstädt Welche Möglichkeiten der summativen Leistungsmessung im differenzierenden Englischunterricht der Sekundarstufe I gibt es? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 III Internationale Perspektiven auf den Umgang mit Heterogenität Barbara Hinger Welche Heterogenitätsaspekte kann eine sprachenübergreifende Didaktikausbildung für künftige Fremdsprachenlehrkräfte aufgreifen und nutzen? Einblicke in das Innsbrucker Modell der Fremdsprachendidaktik . . . . . . . . . . . . . . 155 Lena Schuett Systematische Förderung von Lernenden in der dominanten Schulsprache in Kanada - ein Modell für Deutschland? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 Catherina Schreiber Multilinguale Bürger: Welche Geschichte, Bedeutung und Organisationsformen hat(-te) Fremdsprachenunterricht in einer traditionell mehrsprachigen Gesellschaft (am Beispiel Luxemburg)? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 Autorinnen und Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 VI Inhaltsverzeichnis Heterogenität im Fremdsprachenunterricht: Kontext - Aufbau und Inhalt - Ausgangs- und Kristallisationspunkte Sabine Doff Kontext Bundesweit einheitliche, wenn auch in unterschiedlichen Maßen und Formen realisierte Reformen im Bildungsbereich beinhalten die Ablösung des dreigliedrigen durch ein zweigliedriges Sekundarschulwesen, die Entkoppelung von Schulabschluss und Schulform sowie Inklusion. Diese Entwicklungen führen zu einer gemeinsamen Beschulung von im Vergleich zu früher sehr heterogenen Lernendengruppen, die beispielsweise im Hinblick auf ihre sprachlichen und kulturellen Hintergründe bzw. Leistungsvoraussetzungen in hohem Maße unterschiedlich sind. Während die Erziehungswissenschaften sich mit diesen Fragestellungen schon seit längerem beschäftigen, gibt es in den Fachdidaktiken insbesondere der geistes- und sozialwissenschaftlichen Fächer dazu bislang nur erste Ansätze einer grundlegenden konzeptuellen, d. h. auch theoretisch fundierten Diskussion, die Impulse aus der Praxis aufnimmt und Implikationen für die praktische Umsetzung initiiert, begleitet und kritisch reflektiert. Die aktuellen, aus den bildungspolitischen Reformen erwachsenden Forderungen nach Differenzierung, Individualisierung und Lernerautonomie stellen jedoch insbesondere die Kernfächer (d. h. auch die Schulfremdsprachenfächer, hier insbesondere den Englischunterricht) vor neue Herausforderungen. Möglichst viele Lernertypen sollen unabhängig von ihren kognitiven, emotionalen und motivationalen Strukturen entsprechend ihren Voraussetzungen optimal gefördert und gefordert werden. Lehrkräfte sollen die Heterogenität bzw. Diversität der Schülerschaft anerkennen und eine geeignete Differenzierung der Lernwege und -aufgaben anbieten. Dabei sollen andere Kernaufgaben der Schule, Leistungsmessung und damit auch Selektion jedoch nicht vernachlässigt werden. Dass dies ein komplexes Aufgabenfeld darstellt, liegt auf der Hand ebenso wie die Tatsache, dass es zu den aktuellen Aufgaben der Fremdsprachendidaktik gehört, hierzu einen substantiellen Beitrag zu leisten. Aufbau und Inhalt Dies ist das Anliegen des Studienbuchs, das sich an Lehrende an der Hochschule, Studierende, Referendare/ -innen und Lehrerausbildner/ -innen der zweiten Phase wendet. In dessen Mittelpunkt steht das Ziel, die Heterogenität und Diversität der Lernenden aus fachdidaktischer Perspektive als Ressource kritisch zu reflektieren und nach Möglichkeit produktiv nutzbar zu machen. Darüber hinaus werden sowohl interdisziplinäre Impulse aus den Erziehungswissenschaften (Teil I) als auch internationale Perspektiven (Teil III) einbezogen, um bisherige Erfahrungen zum professionellen Umgang mit Heterogenität im Fremdsprachenunterricht nutzbar machen zu können. Im Mittelpunkt stehen fachdidaktische Kernfragen des professionellen Umgangs mit Heterogenität im Fremdsprachenunterricht sowie deren Kontextualisierung und Rahmenbedingungen (Teil II). Impulse für den professionellen Umgang mit Heterogenität aus den Erziehungswissenschaften, die seit längerem einen Diskurs zum professionellen Umgang mit Heterogenität im Unterricht führen, sind im ersten Teil des Studienbuchs versammelt. Solche Impulse können u. a. im Fremdsprachenunterricht helfen, Antworten darauf zu finden, was Schüler/ -innen wissen und können müssen, um im heterogenitätssensiblen Unterricht Anerkennung zu finden. Mit dieser Frage (und damit mit einer Analyse des Umgangs mit Leistung im individualisierenden Unterricht) beschäftigt sich aus schultheoretischer Perspektive der Beitrag von Till-Sebastian Idel und Kerstin Rabenstein. Auch der zweite Beitrag, der an der interdisziplinären Schnittstelle von Schulpädagogik und Fremdsprachendidaktik angesiedelt ist, illustriert, dass es sich bei Fragen der Leistungsgruppierung, d. h. danach, wie Schule (in diesem Fall: der Fremdsprachenunterricht) mit unterschiedlichen Leistungsvoraussetzungen und -fähigkeiten umgehen soll, um einen Dauerbrenner der Schulpraxis wie auch der Schul- und Unterrichtsforschung handelt. Matthias Trautmann gibt darin einen Überblick über die allgemeine, schulpädagogische, und die fremdsprachendidaktische Diskussion zu ability grouping seit den 1960er Jahren. Aber nicht nur Leistung, sondern auch Sprache und Kultur sind zentrale Differenzkategorien im Fremdsprachenunterricht. Das zeigt Yasemin Karakas ¸ og ˘ lu in ihrem Beitrag vor dem Hintergrund aktueller (selbst-)kritischer Diskurse im erziehungswissenschaftlichen Feld. Darin wird diskutiert, welche Impulse die Interkulturelle Bildung für den adäquaten Umgang mit der sprachlich-kulturellen Heterogenität der Schülerschaft im Fremdsprachenunterricht geben kann. Möglichkeiten des professionellen Umgangs mit Heterogenität werden in Teil II des Studienbuchs mit fachdidaktischem Fokus, d. h. aus der Perspektive der Schulfremdsprachenfächer (mit einem Schwerpunkt auf dem Kernfach Englisch) erörtert. In Teil II.1 sind Beiträge versammelt, die zur Kontextualisierung und zur Klärung der Rahmenbedingungen eines heterogenitätssensiblen Fremdsprachenunterrichts beitragen. So wirft einleitend Liesel Hermes einen genauen Blick in die neuere Geschichte des Englischunterrichts, in dem die Frage „ Gab ’ s das [d. h. die Diskussion um den professionellen Umgang mit einer heterogenen Schülerschaft im Englischunterricht] nicht schon mal? “ eindeutig mit „ ja, und zwar vor gar nicht allzu langer Zeit “ positiv beantwortet wird. Gezeigt wird darin, dass und wie in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre Fragen des (hauptschulgemäßen) Englischunterrichts diskutiert wurden, der in der Folge des Hamburger Abkommens von 1964 Pflichtfach für alle und damit für eine plötzlich sehr heterogene Schülerschaft wurde. Mit der Abkehr vom dreigliedrigen hin zu einem zweigliedrigen Schulsystem steht der Englischunterricht heute vor durchaus vergleichbaren, wenn auch in wichtigen Teilaspekten anders gelagerten Herausforderungen. Was die veränderten Rahmenbedingungen für Englischlehrkräfte heute bedeuten, wie das die Konzeption ihres Fachunterrichts und dessen Durchführung beeinflusst und wie sich diese Ergebnisse zu aktuellen fachdidaktischen Diskursen verhalten erläutern Tim Giesler, Lena Schuett und Fatou Julia Wolter in ihrem Beitrag zum differenzierenden Englischunterricht am Beispiel der Bremer Oberschulen. Zum heterogenen Klassenzimmer in Bremen gehören u. a. mehrsprachige Kinder und solche mit 2 Heterogenität im Fremdsprachenunterricht Sprachentwicklungsstörungen. Für letztere stellt der Fremdsprachenunterricht sicher eine besondere Herausforderung dar, möglicherweise bietet er aber auch besondere Chancen. Diesen Fragen gehen Monika Rothweiler und Tobias Ruberg in ihrem Beitrag nach, der anschaulich verdeutlicht, wie Rahmenbedingungen, die - vorausgesetzt, das Anliegen der inneren Differenzierung wird ernsthaft verfolgt - in vielen Klassenzimmern längst Alltag sind, die Konzeption von Fachunterricht beeinflussen (müssen). Analog zu den erziehungswissenschaftlichen Impulsen werden auch anhand der fachdidaktischen Kernfragen in Teil II.2 Spezifika des Fremdsprachenunterrichts fokussiert: fachdidaktisch fundierte Möglichkeiten des professionellen Umgangs mit der kulturellen und sprachlichen Heterogenität der Lernenden (in den Beiträgen von Larena Schäfer und Katharina Verriere) sowie das in allen Unterrichtsfächern relevante Querschnittsthema der Leistungsheterogenität. Letzteres wird mit dem Fokus auf die Erfassung, Messung und Beurteilung mündlicher Leistungen von Ur š ka Grum erörtert sowie im Hinblick auf Möglichkeiten der summativen Leistungsmessung im differenzierenden Englischunterricht in der Sekundarstufe I im Beitrag von Wolfgang Biederstädt. Im dritten Teil wird Expertise zur Verfügung gestellt aus anderen Ländern im Hinblick auf den Umgang mit sprachlicher Heterogenität. Unter den internationalen Perspektiven (Teil III) wird zunächst von Barbara Hinger ein sprachenübergreifenden und mehrsprachigkeitsdidaktischen Ansätzen verpflichtetes Modell der Fremdsprachenlehrerausbildung an der Universität Innsbruck vorgestellt (IMoF) und Bereiche des Modells betrachtet, die der Vorbereitung für den Umgang mit Heterogenität im fremdsprachlichen Klassenzimmer dienen können. Ein Blick, den Lena Schuett auf das inklusive Schulmodell in Kanada richtet, eröffnet Ansatzpunkte für die Schärfung und Intensivierung von Zweitsprachenfördermaßnahmen in Deutschland. Als Standardbeispiel eines mehrsprachigen Schulsystems in Europa gilt Luxemburg, anhand dessen Catherina Schreiber in ihrem abschließenden Beispiel zeigt, welche Bedeutung der Fremdsprachenunterricht in der speziellen Konstellation der schulisch erworbenen Mehrsprachigkeit, besonders im Umgang mit Unterschieden innerhalb der Schülerschaft, hat(te) und wie dies sich noch heute auf den Sprachenunterricht in Luxemburg auswirkt. Ihre historische Untersuchung zeigt, wie Sprachenunterricht innerhalb eines nationalstaatlichen Schulsystems je nach Kontext zur Überbrückung, aber auch zur Konstruktion von Heterogenität und Diversität eingesetzt wurde/ wird. Ausgangs- und Kristallisationspunkte Die Beschäftigung mit dem Thema dieses Studienbuchs geht auf ein mehrjähriges Projekt zum Umgang mit Heterogenität im Englischunterricht an der Universität Bremen zurück, das im Beitrag von Giesler, Schuett und Wolter in diesem Band näher beschrieben wird. An dieser Stelle gilt mein Dank den beteiligten Kollegen/ -innen und Lehrkräften für ihre Mitwirkung im Projekt, der Universität Bremen für dessen Förderung im Programm „ Forschend studieren von Anfang an “ sowie der Alfred Töpfer Stiftung e. V. für die Anschlussförderung im Netzwerk Lehre hoch n. Einige Beiträge in diesem Band gehen zurück auf eine Ringvorlesung im akademischen Jahr 2014/ 15, die im Anschluss an dieses Projekt weiterführende Perspektiven auf den Umgang mit Heterogenität im Fremdsprachenunterricht eröffnete. Herzlichen Dank an die Beiträ- Heterogenität im Fremdsprachenunterricht 3 ger/ -innen zur Ringvorlesung sowie an die Kollegen/ -innen, die durch ihre Unterstützung zum Gelingen dieser Veranstaltung beigetragen haben! Last but not least haben sich vertiefte Möglichkeiten zur forschungsbasierten Beschäftigung mit diesem gerade in Bremen drängenden Themenkomplex des (fachspezifischen) Umgangs mit der wachsenden Heterogenität der Lernenden im Kontext der Creative Unit „ Fachbezogene Bildungsprozesse in Transformation “ ergeben. Die Arbeit in diesem interdisziplinären, aus Mitteln der Exzellenzinitiative geförderten fachdidaktischen Forschungsverbundes an der Universität Bremen werden beispielhaft im Beitrag von Larena Schäfer in diesem Band vorgestellt. Bei der Beschäftigung mit dem Thema Heterogenität im Fremdsprachenunterricht in diesen verschiedenen Kontexten haben sich für mich in den vergangenen Jahren die folgenden fünf Kristallisationspunkte entwickelt: (1) Die Lernausgangslagen der in einem Klassenzimmer versammelten Schüler/ -innen sind geprägt von einer wachsenden Heterogenität, die sich auf die unterschiedlichsten Differenzkategorien bezieht. Davon sind sprachliche und kulturelle Heterogenität diejenigen, die die Konzeption des Fremdsprachenunterrichts (oder fachdidaktische Kernfragen) am stärksten berühren. Der Englischunterricht hat in diesem Bereich speziell was die Sekundarstufe I betrifft noch erheblichen Nachholbedarf (vgl. aber den Beitrag von Schäfer in diesem Band). (2) Noch immer ist die Leistungsheterogenität jedoch diejenige Kategorie, die von vielen an der Konzeption, Durchführung und Evaluation von Unterricht Beteiligten als zentral für das Alltagsgeschäft eben dieses Unterrichts angesehen wird (vgl. u. a. die Beiträge von Idel & Rabenstein, Trautmann, Biederstädt und Grum in diesem Band). Das heißt einerseits, dass weiteren Differenzkategorien bislang eher wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde; dazu tragen alle anderen Beiträge in diesem Band bei. Andererseits heißt das auch, dass die Thematisierung von sozialen Differenzen im anerkennenden Umgang mit Heterogenität - wie Idel und Rabenstein es in ihrem Beitrag fordern - von allen Beteiligten nach wie vor immer auch auf der Folie der Hervorbringung von Leistung als bedeutsamster Differenzkategorie im Unterricht gesehen werden muss. (3) Deutlich wird schon allein auf diesem Hintergrund, dass Unterricht in heterogenen (mixed ability) bzw. inklusiven Lerngruppen u. a. im Bereich der Leistungsmessung, aber auch im Hinblick auf andere zentrale fachdidaktische Entscheidungsfelder hohe Anforderungen an die Lehrkräfte stellt. Diese sind teils fachübergreifender und teils fachspezifischer Natur, wie die Beiträge in diesem Studienbuch facettenreich zeigen. Die an der Lehrerbildung beteiligten Disziplinen tun gut daran, an einem Strang zu ziehen, um in der Lehrerfort- und -weiterbildung bei der Bewältigung dieser Anforderungen zielführend unterstützen zu können (Plädoyer für Interdisziplinarität). Dabei ist es sinnvoll, in einem viel stärker als bisher verbreiteten Umfang Expertise aus Ländern, in denen an der Bewältigung dieser Herausforderungen bereits seit längerem gearbeitet wird, kritisch zu reflektieren, diese einzubeziehen und produktiv in neuen Kontexten nutzbar zu machen (Plädoyer für Internationalität). (4) Lippenbekenntnisse zur Anerkennung von Heterogenität als positive Ressource im Bildungswesen sind alles andere als zeitgemäß und angemessen. Vielmehr bedarf es - und hier steht wieder die Lehrerbildung, aber insbesondere auch die Bildungspolitik in der Pflicht - konkreter überfachlicher und fachspezifischer Methoden und Maßnahmen, die aktiv dazu beitragen, lebensweltliche Mehrsprachigkeit und -kulturalität als 4 Heterogenität im Fremdsprachenunterricht Normalfall der Schule der Migrationsgesellschaft zum Nutzen aller weiterzuentwickeln, wie es auch Yasemin Karakas ¸ og ˘ lu in ihrem Beitrag fordert. Das ist nicht immer einfach und es bindet mittel- und langfristig Zeit und Geld, also Ressourcen. (5) Angesichts dieser begrenzten Ressourcen (und nicht nur deswegen) lohnt ein Blick nicht nur über den nationalen, sondern auch über den zeitlichen Tellerrand. Es ist gerade mal 50 Jahre her, dass Fragen im Hinblick auf den und konkreten Maßnahmen zum adäquaten Umgang mit heterogenen Lerngruppen in Deutschland angesichts der Einführung des „ Englischunterrichts für alle “ (Hamburger Abkommen 1964) kritisch diskutiert, empirisch erforscht und evaluiert wurden (vgl. den Beitrag von Hermes in diesem Band). Selbstverständlich finden wir heute andere Kontexte vor, die bei einem Vergleich von damaliger und heutiger Situation kritisch reflektiert werden müssen. Das gilt auch für den Umgang mit sprachlich-kultureller Heterogenität in der Geschichte Kanadas und Luxemburgs (vgl. die Beiträge von Schuett und Schreiber in diesem Band). Beide Beiträge illustrieren beispielhaft, dass der Blick in die Geschichte auch im Bereich des Umgangs mit Heterogenität im Fremdsprachenunterricht viel versprechende Hilfestellungen für heutige Herausforderungen zu bieten hat. Bremen, Oktober 2015 Sabine Doff Heterogenität im Fremdsprachenunterricht 5 I Erziehungswissenschaftliche Impulse für den Umgang mit Heterogenität Leistung als soziale Konstruktion: Was müssen Schüler/ -innen wissen und können, um im heterogenitätssensiblen individualisierenden Unterricht Anerkennung zu finden? Till-Sebastian Idel & Kerstin Rabenstein Im Mittelpunkt des vorliegenden Beitrags steht eine schultheoretische Analyse des Umgangs mit Leistung im individualisierenden Unterricht. Auf der empirischen Grundlage ethnographischer Beobachtungen von reformdidaktisch modernisiertem Unterricht in acht Lerngruppen aus vier Sekundarschulen (zwei Oberschulen in Bremen, zwei Gemeinschaftsschulen in Berlin) wird rekonstruiert, wie Leistung als soziale Konstruktion im Unterricht interaktiv hervorgebracht wird. Aus schultheoretischer Sicht ist dabei die Frage zentral, was man als Lernende/ -r in der Leistungsordnung des individualisierenden Unterrichts wissen und können muss, um als leistungserfolgreiche/ -r Schüler/ -in Anerkennung zu finden. Grundlegend ist die Annahme, dass Leistung jene zentrale Differenz markiert, entlang der die Feldlogik von Unterricht organisiert ist. Das heißt auch, dass die Thematisierung von sozialen Differenzen im anerkennenden Umgang mit Heterogenität immer auch auf der Folie der Hervorbringung von Leistung als bedeutsamster Differenzkategorie im Unterricht gesehen werden muss. Anhand der ethnographischen Daten werden Verschiebungen von Leistung im individualisierenden Unterricht beschrieben, und es wird die kritische These formuliert, dass dieses Unterrichtsarrangement durch eine gesteigerte Performanzkultur charakterisiert ist, in der hierarchisch angeordnete Subjektpositionen nicht nur selbständiger, sondern auch unselbstständiger Schüler/ -innen produziert werden. Um leistungserfolgreich zu sein, müssen Schüler/ -innen in der Lage sein, den Subjektivierungsmodus der Führung durch Selbstführung zu inkorporieren. Aus professionstheoretischer Sicht scheint es geboten, sich jenseits eines affirmativen Verständnisses von individualisierendem Unterricht auch für die Schattenseiten und ambivalenten Effekte dieser neuen Unterrichtsform zu sensibilisieren. Dazu bedarf es Formen der Kultivierung einer reflexiven Professionalisierung, die auch Raum gibt zu einer theoriegeleiteten Kasuistik, in der man sich auf der Basis von Fallbeispielen mit den Strukturproblemen individualisierenden Unterrichts auseinandersetzen kann. Aktivierung von Vorwissen 1. Was meinen Sie: Wie kommen Leistung und Schulerfolg im Allgemeinen zustande, auf was kann schulische Leistung zurückgeführt werden und auf welcher Grundlage wird jeweils auch in der Schule allgemein Leistung bewertet? 2. Beziehen Sie diese Frage nach dem Zustandekommen von Leistung nun auf den Englischunterricht: Was ist zentral für die spezifischen Leistungsanforderungen im Unterricht, so wie Sie ihn kennengelernt haben? Was ist das Besondere im Fach Englisch, über das Schüler/ -innen verfügen können müssen? 3. Haben Sie in Ihrem Studium, in Ihrer Ausbildung oder sonstigen Schulerfahrung und Tätigkeit in der Schule individualisierende, heterogenitätssensible didaktische Arrangements im Englischunterricht kennengelernt? Wenn ja, welche spezifischen Anforderungen werden dort an die Schüler/ -innen gestellt? 4. Welche Schüler/ -innen kommen Ihrer Meinung mit solchen geöffneten Settings im Englischunterricht besser zurecht, welche haben damit Probleme? Warum, meinen Sie, ist das so? 1 Problemaufriss Im Kontext des pädagogisch-psychologischen Kompetenzparadigmas, das sich in der letzten Dekade der Nach-PISA-Phase in den Bildungswissenschaften als Leitkonzept etabliert hat, wird Leistung in der Regel als individuelle Disposition der Lernenden aufgefasst. Von einem beobachteten Leistungsverhalten - der sog. Performanz - wird auf eine Kompetenz geschlossen, die als innere Fähigkeitsdisposition die Leistung der Schüler/ -innen im Rahmen der individuellen Nutzung einer im Unterricht bereitgestellten Angebotsstruktur verursacht hat. Leistung ist so gesehen eine zwar veränderliche, aber auch relativ stabile Disposition, die im Unterricht unter bestimmten Rahmenbedingungen eines Lehr-Lernarrangements realisiert, gemessen und bewertet wird. Der individualisierende heterogenitätssensible Unterricht wird vor diesem Hintergrund als ein spezifisch an die individuellen Leistungskapazitäten adaptiertes Unterrichtssetting angesehen, das in besonderer Weise die Leistungspotenziale aller Schüler/ -innen auszuschöpfen und damit den Output von Schule sowohl leistungsmäßig zu optimieren wie auch gerechtigkeitstheoretisch zu legitimieren vermag. Von einem solchen Verständnis von Leistung wird im Folgenden Abstand genommen. In Anschlag gebracht wird demgegenüber eine schultheoretische Perspektive, die sich auf ethnographische Beobachtungen von individualisierendem Sekundarstufenunterricht stützt. Diese schultheoretische Sichtweise bedeutet in dreifacher Weise einen Perspektivenwechsel: Zuallererst heißt dies, die sichtbaren sozialen Prozesse der Hervorbringung von Leistung im Unterricht in den Fokus zu rücken. So verstanden ist Leistung nicht einfach als Vermögen der jeweiligen Schüler/ -innen vorhanden, das „ abgerufen “ werden kann, sondern sie wird aus sozialkonstruktivistischer Perspektive im Vollzug des Unterrichtsgeschehens interaktiv im Zusammenwirken aller Beteiligten in sozialen Praktiken hervorgebracht und als ein solches teilnehmend beobachtet (Gellert & Sertl 2012; Kalthoff 2000; Zaborowski et al. 2011). Damit wird in einer konsequent schultheoretischen Beobachtung Leistung als soziales Produkt des Systems bzw. der Institution Schule aufgefasst, nicht als etwas Individuelles, von den Schüler/ -innen in die Schule Mitgebrachtes, das dann dort nur noch zur Entfaltung gebracht würde. Zweitens distanziert sich ein solcher schultheoretischer Zugang von einer normativen Gelingensperspektive, wie sie allgemein- und fachdidaktische Thematisierungen von Unterricht in der Regel auszeichnet. Vielmehr wird im Folgenden individualisierender Unterricht formanalytisch und deskriptiv als eine - im Vergleich zum lehrergelenkten Unterricht als Klassengespräch (Lüders 2003) - dezentrierte Unterrichtsordnung verstanden (Reh, Rabenstein & Idel 2011). In dieser werden - etwa durch eine mehr oder weniger weitreichende Umsetzung von Planunterricht mit differenzierten 10 I Erziehungswissenschaftliche Impulse für den Umgang mit Heterogenität Aufgaben, eine Ablösung von der Fächerstruktur und dem Jahrgangsprinzip in der Lerngruppenorganisation, durch kooperative Arbeits- und Sozialformen, neue Formen der Lernberatung und eine auf Ziffernnoten verzichtende individualisierende Leistungsbewertung - Lernzeiten flexibilisiert, Lernräume geöffnet, Aktivitätszentren vervielfältigt und eher einzelne Lernende oder Teilgruppen anstelle des Kollektivsubjekts der Klasse adressiert. Ein solcher Unterricht folgt konstitutionslogisch dem Prinzip der Heterogenisierung, denn statt alle Schüler/ -innen gleich zu behandeln (um dann auf dieser Grundlage individuell zuschreibbare Unterschiede zu erzeugen), sollen und werden durch die beschriebenen Formen des individualisierenden Unterrichts die Schüler/ -innen als Verschiedene angesprochen. Drittens interessiert sich die folgende schultheoretische Beobachtung dafür, wie im Eigenleben des Unterrichts Lernende durch die Art und Weise, wie sie im Geschehen mit Aufgaben, Anforderungen und Aktivitäten in Berührung gebracht werden, allererst als lern- und leistungsfähige Personen subjektiviert werden. Schulunterricht ist aus dieser Sicht ein „ Humanlaboratorium “ (Kalthoff 2014), dem die Subjekte nicht vorausgesetzt sind, sondern in dem - im Anschluss an einen anerkennungstheoretischen Begriff der Subjektivierung (Butler 2002; Ricken 2009) - die Lernenden in einem wechselseitigen ambivalenten, weil zugleich unterwerfenden und ermächtigenden Adressierungs- und Positionierungsgeschehen erst zu Subjekten gemacht werden. Dem folgenden Beitrag liegt damit die Auffassung zu Grunde, dass jedes Unterrichtsarrangement - so auch der individualisierende Unterricht - als spezifische schulische Praxisformation eine Leistungsordnung generiert, die zu wesentlichen Momenten eben auch auf die besonderen Formen des jeweiligen Lehr-Lern-Arrangements zurückgeführt werden kann. In dieser Leistungsordnung wird ein jeweils spezifisches praktisches Wissen dessen erzeugt, was als gute oder schlechte Leistung gilt und was man tun muss, um als Lernende/ -r in anerkennungsfähige Positionen leistungserfolgreicher Schüler/ -innen gelangen zu können. Leistung umfasst dabei mehr als domänenspezifisches Fachwissen; was als Leistung gilt, ist in der Regel immer schon ein Bündel von auch anderen, nicht unmittelbar abprüfbaren Fähigkeiten, die sich auf soziale, moralische und selbstbezogene Dispositionen der Lernenden beziehen. Insofern wird hier die Fachkultur bzw. die Domäne nicht berücksichtigt, sondern es geht aus übergreifender Sicht um die Bedeutung einer bestimmten Form des Unterrichts. Domänenspezifische Analysen würden die folgenden Befunde möglicherweise differenzieren und detaillieren, wohl aber nicht zu gänzlich anderen Beobachtungen führen. In einem ersten Schritt wird das methodologische Konzept skizziert, wie die Herstellung von Leistung im Unterricht beobachtet werden kann. Im Anschluss daran werden die ethnographischen Befunde, die im Rahmen des BMBF-geförderten Projekts „ Gemse “ (Gemeinschaft und soziale Heterogenität in Eingangsklassen reformorientierter Sekundarschulen) gewonnen wurden, fallübergreifend dargestellt und zu Tendenzen generalisiert. Insgesamt argumentieren wir auf der Grundlage der Befunde am Schluss für die These, dass der individualisierende Unterricht als in sich ambivalente, gesteigerte Performanzkultur beschrieben werden kann. So gesehen hebt auch ein - reformpädagogisch mit hohen Wirkungserwartungen aufgeladener - individualisierender Unterricht die Verwerfungen und Widersprüche schulisch organisierter Lernprozesse nicht auf. Welche Schlüsse aus dieser kritischen schultheoretischen Einsicht im Leistung als soziale Konstruktion 11 Hinblick auf eine reflexive pädagogische Professionalität und Professionalisierung zu ziehen sind, werden wir am Ende des Beitrags andeuten. 2 Sozialkonstruktivistisches Beobachtungskonzept: Leistungsordnungen In einem kontinuierlichen Prozess der Objektivierung und Subjektivierung von Leistung wird die Leistungsordnung des Unterrichts etabliert und reproduziert: Fortlaufend müssen im Unterricht Leistungen klassenöffentlich gemessen, dokumentiert, legitimiert und kommuniziert und den Schüler/ -innen gegenüber als objektivierte Leistung so zugeschrieben werden, dass sie diese nicht nur als objektiv gültige, sondern auch als ihre je eigene, subjektiv bedeutsame, folgerichtige und gerechtfertigte Leistung annehmen. Ethnographisch richtet sich der Blick also auf Praktiken und Situationen; nach dem Diktum von Erving Goffman geht es hier „ nicht um Menschen und ihre Situationen, sondern eher um Situationen und ihre Menschen “ (Goffman 1996: 8). Analytisch lässt sich dieses rekursive Geschehen in drei Praktiken bzw. Situationen unterscheiden (ausführlich Rabenstein & Reh 2013): (a) Praktiken der Aufgabenstellung lassen sich unter der Frage beobachten, welche Aufgaben mit welchen Anforderungen an wen gestellt und welche Gelegenheiten, Formen und Situationen damit wem eröffnet werden, eine Aufgabe als Aufgabe wahrzunehmen. (b) Praktiken der Aufführung von Leistung werden unter der Frage analysiert, welche Gelegenheiten, Orte und Formen angeboten, gefunden und wahrgenommen werden, um Leistung (auch abseits von Tests, Klassenarbeiten etc.) zu zeigen: Was kann ein/ -e Schüler/ -in tun, um sich als leistungsbereit und leistungsstark darzustellen? (c) Schließlich kreist die Analyse von Praktiken der Bewertung von Leistung um die Frage, in welcher Weise Lehrkräfte wertend auf Schülerverhalten und die Produkte von Schüler/ -innen reagieren: Wie werden Bewertungen bei der Rückgabe von Klassenarbeiten, dem Austeilen von Zeugnissen, der Bekanntgabe mündlicher Prüfungen, aber auch in Feedbacks zu Präsentationen, in Einzelgesprächen zwischen Lehrkräften und Schüler/ -innen vorgenommen? Welche Bedeutung kommt dabei dem Leistungsvergleich zu? Und wie werden Schüler/ -innen in diesen Situationen auch aufgefordert, andere sowie sich selbst zu bewerten? Ein besonderes Augenmerk gilt in diesem Zusammenspiel von Situationen und Praktiken dem jeweiligen normativen Horizont, in Bezug auf den Leistungen als gut bzw. schlecht taxiert und Schüler/ -innen in ein räumlich und symbolisch zu verstehendes Gefüge von Leistungspositionen eingeordnet werden. Leistungspositionen sind die geronnenen Formen von beständigen Leistungspositionierungen, wobei in längerfristigen Ethnographien von Lerngruppen von Interesse ist, welche konkreten Positionen in einer Lerngruppe eingerichtet werden, ob und wie diese sich verändern und wie sie personell besetzt werden, ob es also Festsetzungen von bestimmten Schüler/ -innen auf bestimmten Positionen gibt oder ob Personen über Positionen rotieren können. Als positionale Anordnungen eröffnen Leistungsordnungen somit je spezifische Möglichkeitsräume, Leistung zu zeigen und zu bewerten. 12 I Erziehungswissenschaftliche Impulse für den Umgang mit Heterogenität Mit der vorgeschlagenen analytischen Differenzierung sollte deutlich werden, dass Leistung erst in einem Konglomerat pädagogischer Praktiken sozial konstituiert wird und dass Leistung nicht vor dem Hintergrund bestimmter sozialer, kriterialer und individueller Bezugsnormen „ einfach “ zu ermitteln und dann „ unverzerrt “ zu beurteilen ist. Die drei unterschiedenen Praktiken spielen rekursiv ineinander und bilden soziale Figurationen: Erst in der Retroperspektive werden häufig Beobachtungen und Begründungen hervorgebracht, mit denen etwas als Leistung dem Einzelnen zurechenbar und vor Dritten als eine bestimmte Leistung legitimierbar wird. 3 Ethnographische Befunde zum Umgang mit Leistung im individualisierenden Unterricht Im Folgenden stellen wir eigene ethnographische Beobachtungen vor (siehe auch Rabenstein, Idel & Ricken 2015; Rabenstein & Reh 2013; Reh et al. 2015). Die fallübergreifende Darstellung und anschließende Generalisierung bezieht sich auf Beobachtungen aus insgesamt acht über zwei Schuljahre hinweg immer wieder ethnographierten Lerngruppen in vier Sekundarschulen (zwei Oberschulen in Bremen, zwei Gemeinschaftsschulen in Berlin). Unsere Ethnographien der Lerngruppen lassen sich in Bezug auf die Frage, was Schüler/ -innen wissen und können müssen, um im individualisierenden Unterricht Anerkennung zu finden, in fünf Aspekten verdichten. (1) Selbststeuerung: Die Schüler/ -innen müssen über die Fähigkeit verfügen, sich in geöffneten, dezentralisierten Unterrichtsarrangements selbst zu organisieren und sich dabei zeitlich, räumlich und sachlich orientieren und platzieren zu können. Da Aufgaben und Materialien an verschiedenen Orten abgelegt werden und Personen sich auf unterschiedliche Räume verteilen (können), Schüler/ -innen zu unterschiedlichen Zeiten speziellen Angeboten nachkommen, ist es für die Organisation des eigenen Arbeitsprozesses notwendig zu wissen, wie man wo was und wen findet, das heißt also auch zu wissen, welches Material wo bereitliegt, wann die Lehrkraft um Hilfe gefragt werden kann, welche Mitschüler/ -innen als beratende Hilfslehrkräfte angesprochen werden können und dürfen, aber auch u. a.: welcher Platz der ihnen angemessene ist, wann sie einen Baustein abschließen müssen, um eine Überprüfung zu schreiben. (2) Beteiligung: Gleichermaßen müssen die Schüler/ -innen wissen, wie sie sich in den im individualisierenden Unterricht selteneren, aber deswegen nicht weniger bedeutsameren klassenöffentlichen Gesprächsrunden, in denen es meist um Fragen der Tagesorganisation, der Zuteilung zu Gruppen, der Verteilung von Zuständigkeiten und Aufgaben geht, in angemessener Form beteiligen bzw. sich als beteiligt zeigen können. (3) Präsentation: In Situationen der Darbietung und Darstellung von Produkten ihres Tuns - z. B. als Abschluss von Projektarbeiten - müssen Schüler/ -innen in der Position des Zeigenden Lehrkräfte und Mitschüler/ -innen von sich, ihren Fähigkeiten und ihrem Produkt überzeugen (Idel & Rabenstein 2013). Dem Zweck von Präsentationen ist es dabei durchaus dienlich, sich beim Präsentieren als authentisch und interessiert, zugleich „ cool “ und engagiert darzustellen. In Präsentationen lassen sich auch vermehrt neue Elemente von Leistung beobachten, wie z. B. das Leistung als soziale Konstruktion 13 Auftreten beim Präsentieren, der Adressatenbezug via Blickkontakt, die Körpersprache, der Umgang mit Medien und Objekten. (4) (Selbst-)Evaluation: In den verschiedenen Rückmeldeformaten (etwa Feedbacks zu Präsentationen, Lernentwicklungsgespräche) müssen Schüler/ -innen wissen, wie sie sich öffentlich - bewertend - auf die eigene Leistung bzw. die Leistung anderer beziehen. Die Schüler/ -innen werden zu öffentlichen Selbsteinschätzungen ihrer Leistung aufgefordert, in denen sie sich bzw. ihr Tun in ein Verhältnis setzen müssen zu Erwartungen und Einschätzungen ihrer Lehrkräfte und/ oder Mitschüler/ -innen. Sie müssen Kritik und Anregungen von anderen für die eigene Entwicklung - „ bei der permanenten Arbeit an sich selbst “ (Rabenstein 2012: 120) - zu nutzen wissen, sie müssen zeigen können, wie man also selbst Verantwortung für das eigene Tun und die eigene Leistung übernimmt und sich dabei als entwicklungsbereit darstellt. (5) Normierung: Die Bezugsnormen zur Klassifizierung von selbstständigem Arbeiten und Lernen sind unseren Beobachtungen zufolge vielfältig: Die Lernenden müssen sich als effektiv arbeitend, motiviert, interessiert und engagiert, schnell, aufmerksam, ordentlich, sich anstrengend, in Verbünden miteinander kooperierend ebenso wie in vereinzelter Konzentration zeigen, um als Lern- und Leistungssubjekte anerkannt zu werden. Die skizzierten Veränderungen dessen, was als Leistung im individualisierenden Unterricht gilt, haben wir in unserem Projekt mit der These der Verschiebung von Leistung zusammenzufassen versucht. Diese Verschiebung von Leistung lässt sich in fünf Punkten darlegen, die sowohl ineinander übergehen als auch sich wechselseitig in ihren Wirkungen verstärken können. Ausdifferenzierung von Leistung: Die Kriterien der Leistungsbewertung werden erheblich feiner als bislang unterschieden. Dies zeigt sich etwa in dem Einsatz von Kompetenzrastern in der Planarbeit und den Lernbüros, die immer genauer aufzeigen, was jemand schon oder noch nicht in der Lage sein soll oder ist zu tun. Umcodierung von Leistung: In erheblich umfangreicherer Weise als bislang gehen Erwartungen hinsichtlich der selbstständigen Organisation des Lernprozesses, einschließlich der Regulation des Selbst beim Lernen, in Praktiken der Leistungserbringung, des Zeigens von Leistung und der Leistungsbewertung ein. Dies zeigt sich nicht nur in der alltäglichen Organisation der eigenständigen Arbeit an Aufgaben, sondern z. B. auch in Lernentwicklungsgesprächen, in denen nicht nur „ abgerechnet “ wird, welche Aufgaben bzw. Bausteine erledigt und welche noch nicht fertiggestellt sind, sondern in denen auch die Organisation, die Motivation und somit die selbststätige Herstellung von Arbeitsfähigkeit durch den einzelnen Lernenden immer wieder Thema sind. Formalisierung und Entfachlichung von Leistung: In dem Moment, in dem auf Selbstorganisation der Schüler/ -innen setzende Arrangements das von der Lehrkraft zentral strukturierte Gespräch über ein Unterrichtsthema und die damit zusammenhängenden Praktiken des Zeigens von Leistung in Form richtiger Antworten mehr und mehr ersetzen, steht zunehmend weniger das Urteil über sachlich richtige und tiefreichende Antworten im Vordergrund, vielmehr wird die Qualität von Leistung an der Menge der bearbeiteten Aufgaben bzw. dem Bearbeitungstempo festgemacht. Anders formuliert: Leistung wird nicht mehr material, sondern zunehmend formal 14 I Erziehungswissenschaftliche Impulse für den Umgang mit Heterogenität bewertet. Damit einher geht eine Tendenz der Entfachlichung der Leistung bzw. Leistungserwartungen, da nicht mehr die fachliche Begutachtung im Mittelpunkt steht bzw. es für die fachliche Auseinandersetzung auch keinen gemeinsamen Ort mehr gibt. Individualisierung von Leistung: Je ausdifferenzierter die Kriterien der Leistungserwartungen und Leistungsbewertung ausfallen, desto genauer - und zugleich objektiver - scheint für den Einzelnen gesagt werden zu können, was er schon und noch nicht kann. Je genauer man dies sagen kann, desto mehr erscheint es auch die Leistung des Einzelnen - individualisiert - zu bezeichnen. Zunehmender Anspruch auf Transparenz von Leistungsbewertungen: Insgesamt gibt es mehr Gelegenheiten als im frontal organisierten Unterricht, in denen Leistungen Einzelner öffentlich bewertet werden. Ein Anspruch auf Transparenz besteht dabei nicht nur darin, offenzulegen, an welchen Kriterien gemessen wer welche Leistung erzielt, sondern auch darin, von wem - aus welcher Perspektive - eine Leistung wie bewertet wird. Auch die Praktiken, in denen Leistung objektiviert und subjektiviert wird, verschieben sich: Durch die Relationierung von Selbst- und Fremdeinschätzungen wird eine Art kommunikativer Validierung geschaffen, die die Objektivität der Leistungsmessung noch zusätzlich zu belegen scheint. In dieser standardisierten und mehrperspektivischen Variante von Leistungsbewertung liegt zudem auch ein subjektivierender Effekt: Je mehr sich der/ die Einzelne dabei in dem klassenöffentlich geführten Diskurs über Leistung bzw. Leistungsbewertungen zu seinem/ ihrem so entstehenden Fähigkeitsprofil positionieren muss, desto mehr werden die entstehenden Fähigkeits- und Kompetenzprofile als Abbilder des Selbst vom Lernenden angenommen, akzeptiert und mit subjektiver Bedeutung versehen: sich zu seinem Können und Nicht-Können bekennen und dazu verhalten zu müssen, bringt es mit sich bzw. setzt voraus, die Bewertung als die eigene Leistung kategorisierend annehmen und sich mit ihr als solcher auseinandersetzen zu müssen. 4 Individualisierender Unterricht als „ gesteigerte Performanzkultur “ Insgesamt lassen sich unsere Befunde zur These zuspitzen, dass sich der individualisierende Unterricht als eine gesteigerte Performanzkultur charakterisieren lässt, in der die Leistungsfunktion von Schule nochmals aufgewertet wird und die Ambivalenzen von Schule und Unterricht keineswegs stillgestellt werden. Im individualisierenden Unterricht müssen sich die Schüler/ -innen als an sich und der eigenen Leistung(-sfähigkeit) arbeitende, dabei und darin sich beobachtende und sich auf einer erweiterten normativkriterialen Matrix der Leistungsbewertung selbst beurteilende Leistungssubjekte vor Dritten - den Lehrkräften und Mitschüler/ -innen - darstellen können. In dieser auf Optimierung angelegten Performanzkultur erhält das Subjekt beständig Rückmeldungen, die Formen eines institutionalisierten „ demokratisierten Panoptikums “ (Bröckling 2003) im Stil eines 360 Grad-Feedbacks annehmen, Rückmeldungen, an denen es sich bzw. seine Entwicklung auszurichten hat. Kurz: Die Schüler/ -innen müssen also lernen, „ gemäß den Regeln der Darstellung das optimale Selbst zu generieren “ (Legnaro 2004: 205). In unseren Ethnographien der verschiedenen Lerngruppen deutet sich Leistung als soziale Konstruktion 15 darüber hinaus an, dass in diesen Praktiken neue Formen von Öffentlichkeit bzw. eines kollektiven Wissens in den Lerngruppen hergestellt werden (Reh 2011). Aus der ständigen Veröffentlichung von Arbeitsständen resultieren Möglichkeiten eines für die Selbstbeobachtung erforderlichen permanenten Vergleichs und auch Defizitzuschreibungen durch Lehrkräfte. Denn während es im gelenkten Unterrichtsgespräch möglich erscheint, sich aus dem Fortschreiten des Kollektivs zurückzuziehen, ohne als Einzelne/ -r darin in Erscheinung zu treten, erfordert der individualisierende Unterricht kontrollierende Beobachtungen durch Dritte, in denen die in der jeweiligen individuellen Auseinandersetzung mit der Sache erzielten Leistungsstände offengelegt und beurteilt werden, was notwendigerweise auch zur Markierung von Defiziten des/ der Einzelnen führt. Während im Unterrichtsgespräch entlang eines kollektiven Adressierungsmusters kommuniziert wird, Einzelne vorwiegend als Repräsentanten des Kollektivs angesprochen werden, werden die Individuen im individualisierenden Unterricht individuell und entlang der Norm der Selbstständigkeit adressiert. Diese Zuschreibungen von Selbstständigkeit produzieren also auch systematisch Positionierungen von Schüler/ -innen als Unselbstständige, Orientierungslose, Vergessliche, Langsame, Unengagierte (vgl. auch Rabenstein & Reh 2013). Mit Bezug auf gesellschaftstheoretische und zeitdiagnostische Diskurse zur neoliberalen Ökonomisierung vieler gesellschaftlicher Bereiche lässt sich die Veränderung von Unterricht in Richtung reformdidaktischer Modernisierung auch als Variante einer solchen Ökonomisierung lesen. Vor diesem Hintergrund könnte man die Individualisierung von Unterricht kritisch als eine Ausweitung von Selbstökonomisierungsprozessen verstehen. Im Kontext einer pädagogisierten Selbstständigkeitsideologie (nach dem Motto: „ Der Schlüssel des Erfolgs liegt Dir! “ ) würden die Schüler/ -innen darauf verpflichtet, sich zu Unternehmer/ -innen ihrer selbst zu machen. Dies würde auf eine Veränderung des Subjektivierungsmodus im reformierten Schulunterricht hinauslaufen, nämlich - im Anschluss an die zeitdiagnostischen Arbeiten von Ulrich Bröckling (2007) - auf die Etablierung von Führung als Selbstführung. Mit der hier entfalteten schultheoretischen Sichtweise auf Subjektivierungsprozesse in der Leistungsordnung des individualisierenden Unterrichts werden in einer Fokussierung gewissermaßen die Schattenseiten dieser Form von Unterricht in den Vordergrund gerückt. Missverstanden wäre ein solcher Zugang, wenn er ideologiekritisch als Ablehnung der Individualisierung von Unterricht verstanden würde. Ziel einer solchen Perspektive ist es vielmehr, darauf aufmerksam zu machen, dass auch ein solcher Unterricht nicht nur die wohlgemeinten pädagogischen Absichten erfüllt und eben nicht nur positive Effekte für alle erzielt. Die kritische schultheoretische Analyse richtet sich also gegen eine rein affirmative Positionierung zum individualisierenden Unterricht, wie sie häufig im pädagogischen Diskurs kommuniziert wird. Es geht darum, den Fallstricken eines solchen affirmativen Verständnisses eines heterogenitätssensiblen Unterrichtsarrangements zu entgehen bzw. sich dieser gewahr zu werden. In der programmatischen Rede des pädagogischen Diskurses wird Heterogenität sozialontologisch im Außen der Schule lokalisiert und bezogen auf Unterricht nur als qualitative Differenz, nicht als Ungleichheit beobachtet. Zudem wird gerade der individualisierende, reformdidaktisch erneuerte Unterricht selbst nur als gut gemeinte kompensatorische Förderung, nicht als Selektion gefasst. Weil nicht nur die Eingangsheterogenität der Schüler/ -innen, sondern ebenso die Ergebnisheterogenität, die Leis- 16 I Erziehungswissenschaftliche Impulse für den Umgang mit Heterogenität tungsresultate von Unterricht als „ natürlich “ betrachtet werden, kann das Problem der Bildungsungleichheit externalisiert werden (Emmerich & Hormel 2013: 180). Versteht man demgegenüber umgekehrt Leistung als in Praktiken hervorgebrachte spezifische normative Ordnung, aus der ein hierarchisches Gefüge von auch sozial differenzierten Leistungspositionen resultiert, dann wird die sich in Praktiken vollziehende Produktion von Bildungsungleichheit beschreibbar. In der einseitigen Akzentuierung des reformierten Unterrichts als Praxis zur Kompensation sozialer Bildungsungleichheit bleibt aber im programmatischen Heterogenitätsdiskurs genau jene interaktive Herstellung von Leistung unbesprochen (Emmerich & Hormel 2013). Stattdessen werden vorab bestimmte soziale Gruppenmerkmale (u. a. Geschlecht, Herkunft, Ethnizität, Sprache, Religion, Behinderung, Milieu) als gegebene Differenzen des Unterrichts betrachtet und in ein kausales Ursache-Folgeverhältnis zu Leistungsdifferenzen gesetzt (Prengel 2011). Damit wird ausgeblendet, dass in der unterrichtlichen Praxis über die immer wieder genannten „ einschlägigen “ Differenzkategorien hinaus eine Vielzahl von Differenzlinien zu beobachten ist, die miteinander verknüpft und überdies auch nicht einfach gegeben sind, sondern sich als Differenzierungen ereignen (Budde 2012; Rabenstein & Reh 2013). Aus unserer praxistheoretisch-ethnographischen Perspektive, die die Frage voranstellt, wie Leistung entlang welcher normativen Kriterien und Hintergründe als jeweilige Ordnung von Leistungspositionen allererst installiert wird und wie darin soziale Differenzierungen in Verschränkungen mit Differenzierungen nach Leistung verstärkt und legitimiert werden, können wir hingegen zeigen, wie sich im individualisierenden Unterricht im Unterschied zum lehrergelenkten Unterrichtsgespräch das Verständnis schulischer Leistung - was als Leistung erwartet, gezeigt und bewertet wird - verschiebt und damit auch modifizierte Positionen „ guter/ schlechter “ , „ schulisch erfolgreicher/ nicht erfolgreicher “ , „ leistungsbereiter/ versagender “ Schüler/ -innen entstehen. Aus professionstheoretischer Sicht wäre damit ein Plädoyer für eine reflexive Professionalisierung verbunden, d. h. eine Sensibilisierung von angehenden Lehrkräften für die Ambivalenzen auch eines individualisierenden Unterrichts. In Formen nüchterner rekonstruktiver Analysen von Unterrichtsbeobachtungen und -aufzeichnungen sollten in Lehrveranstaltungen mit Studierenden am Fall selbst die Strukturprobleme eines konstruktiv gemeinten, aber darüber hinaus strukturell dennoch immer ambivalenten Umgangs mit Heterogenität zur Diskussion gebracht werden (Idel & Schütz 2015). Eine solche Kasuistik in der Lehre wäre auch gerade gewinnbringend, wenn man differente Perspektiven kontrastieren und am Material prüfend durchspielen würde. Nicht nur die subjektiv unterschiedlichen Perspektiven von Studierenden, sondern ebenso theoriegeleitet - und damit jenseits simpler Nützlichkeitserwägungen ( „ What works? “ ) - die verschiedenen Perspektiven der Fachdidaktik, Allgemeinen Didaktik und Erziehungswissenschaft (Pieper et al. 2014). Anschlussfragen 1. Stimmen Sie zu, dass es im individualisierenden Unterricht zu einer „ Verschiebung von Leistung “ im oben erläuterten Sinne kommt? Teilen Sie insbesondere die Hypothese einer Formalisierung und Entfachlichung von Leistung in diesem Kontext? Warum (nicht)? Was bedeutet das ggf. für den Fachunterricht Englisch? Leistung als soziale Konstruktion 17 2. Rekonstruktion des Fallbeispiels (siehe unten): Versuchen Sie, eine sequenzielle Feinanalyse des unten angeführten Fallbeispiels durchzuspielen und orientieren Sie sich dabei an der in Abschnitt 2 umrissenen methodologischen Beobachtungsheuristik. Für eine sequenzielle Interpretation ist es erforderlich, die Situation in ihrer Genese - turn by turn - und in ihrer Rekursivität nachzubilden. Dabei sollten immer auch potenziell denkbare, aber nicht gewählte Aktions- und Reaktionsformen der Lehrkraft, aber auch der beteiligten Schüler/ -innen im Hinblick auf ihre Implikationen für den Fortgang der Situation diskutiert werden. Das schärft die Fähigkeit, pädagogische Situationen und Fälle zu verstehen (zu einer schultheoretischen Interpretation des Falles vgl. Rabenstein, Idel & Ricken 2015). 3. Wählen Sie zwei bis drei programmatisch-konzeptionelle fremdsprachendidaktische Veröffentlichungen zu individualisierendem Unterricht und zu alternativen Formen der Leistungsbeurteilung aus. Analysen Sie die darin vorhandenen Konstruktionen des pädagogischen Leistungsbegriffs und dessen Implikationen für den Schattenriss des erfolgreichen selbstständigen Schülers und diskutieren Sie diese kritisch. Fokussieren Sie dabei insbesondere eine Analyse der blinden Flecke und Auslassungen einer solchen pädagogischen Rhetorik und Semantik im Hinblick auf die widersprüchlichen Funktionen von Schule und Unterricht (insbesondere im Hinblick auf Selektion und individuelle Förderung): Inwiefern werden hier pädagogische Allmachtsphantasien bzw. Idealisierungen befördert und die Ambivalenzen und Grenzen schulischer Vermittlungsarbeit ausgeblendet? Ein Fallbeispiel für kasuistisches Arbeiten in Ausbildungssituationen Das folgende Fallbeispiel entstammt einer altersgemischten Lerngruppe einer Berliner Sekundarschule, die über einen längeren Zeitraum teilnehmend beobachtet wurde. Dabei wurden sowohl in klassischer ethnographischer Manier - also mit Stift und Papier - Feldnotizen aufgezeichnet und zu dichten Beschreibungen weiterverarbeitet. Diese Szene wurde zudem videographiert, d. h. hier liegt ein Film vor, der dann von den Ethnographinnen analysiert wurde. In diesem Auswertungsprozess wurde eine szenische Beschreibung angefertigt. Diese wird in Auseinandersetzung mit dem Film sowie mit den Eindrücken und der verstehenden Wahrnehmung des Beobachters im Feld verfasst, also nicht als ein detailliertes Protokoll der Situation „ transkribiert “ . Grundlage der thematischen Verdichtungen, zeitlichen Raffungen und Aufmerksamkeitsschwerpunkte, die in die Konstruktion der Beschreibung eingehen, ist das Interesse an der Frage, wie Schüler/ -innen auf Leistungspositionen gelangen und wie im alltäglichen „ Unterrichtsspiel “ diese Positionen interaktiv mit Bezug auf Aufgabenstellungen, Leistungserbringungen und Leistungsbeurteilungen befestigt oder auch wieder verflüssigt werden. Es geht also darum, mit der szenischen Beschreibung etwas zu zeigen; sie transportiert eine Interpretation und ist gerade keine neutrale Aufzeichnung. Rainer wird von der Lehrerin während des Planunterrichts eingefangen und zu seinem Sitzplatz geführt. Dieser befindet sich an einem allein stehenden Tisch, der zwischen Ausruhecke und Tür an die Wand geschoben ist. Sitzt er hier mit Blick zur Wand, befinden sich seine Mitschüler/ -innen, die größtenteils an Gruppentischen sitzen, in seinem Rücken; rechts von ihm verhindert die meist zum anliegenden zweiten Raum der Klasse offenstehende Tür, einen Blick aus dem Fenster werfen zu können. Einerseits ist Rainer „ für sich “ platziert - fern der möglicherweise störenden Kommunikation 18 I Erziehungswissenschaftliche Impulse für den Umgang mit Heterogenität anderer, was zugleich bedeutet, isoliert zu sein, also ohne niedrigschwellige Möglichkeiten der Kontaktaufnahme. Andererseits ist er der Unruhe des „ Durchgangsverkehrs “ ausgeliefert, da hinter seinem Rücken auf der „ Hauptverkehrsachse “ zwischen den beiden Türen immer wieder Mitschüler/ -innen hin und hergehen, die zudem - ohne dass er sie kommen sieht - von hinten einen Blick auf seine Arbeiten werfen können. Als Rainer bei seinem Platz angekommen ist, sagt er, er komme mit der Aufgabe, an der er gesessen hatte, nicht weiter. Rainer bekommt daraufhin in einem Setting, in dem Lernplaner als Instrument zur eigenständigen Planung der eigenen Arbeit eingesetzt werden, nicht nur eine Aufgabe - das sog. „ Brüchelabor “ (eine Aufgabe mit Selbstkontrollfunktion) - einfach zugewiesen, sondern auch noch einen Aufräumauftrag, der - da er sich auf alle Materialkästen bezieht - erhebliche Zeit in Anspruch nimmt. Letzteren korrekt und selbständig zu erfüllen, wird ihm von der Lehrkraft nicht zugetraut; so weist sie ihn daraufhin, dabei nicht so „ durcheinander “ , sondern „ systematisch “ vorzugehen; später nimmt sie ihm nicht ab, dass bei einem Kasten alle 24stel Teile fehlen. Seine fortgesetzten Sortierarbeiten kontrollierend bleibt sie neben ihm stehen, weist ihn auf ein 24stel Teil hin, das neben ihm liegt, welches er aber durchaus schon bemerkt hatte, bevor sie wieder geht. Zurück an Rainers Tisch beugt die Lehrkraft sich halb über ihn, eine Hand auf seinem Tisch abstützend, erkundigt sie sich kurz nochmal nach den fehlenden Teilen und stellt ihm dann - trotz seiner mehrmaligen Versuche, sie davon zu überzeugen, dass er die Selbstkontrollfunktion des Brüchelabors richtig zu handhaben wisse - Anna, eine Mitschülerin, als Kontrolleurin zur Seite. Während er noch protestiert ( „ Aber ich habs doch eigentlich kapiert “ ), schaut die Lehrerin freundlich Anna an, die sich Rainer zuwendet ( „ Hast dus . . . “ ), und sagt dann zu ihr: „ Nun setzt du dich mal dazu und guck ob er das richtig macht “ . Die Mitschülerin versucht die Peinlichkeit der Situation für Rainer nicht noch zu steigern, da sie - dem Gespräch zwischen ihm und der Lehrerin ja beiwohnend - sieht, dass er sich gegen diese Kontrolle wehrt. Jedoch entzieht sie sich der ihr zugewiesenen Aufgabe auch nicht, sondern nimmt - einen Stuhl heran holend - den Platz neben/ hinter ihm, wenn auch stumm beobachtend, ein, während die Lehrerin Rainer noch einige Anweisungen gibt, die Dinge auf seinem Tisch aufzuräumen. Den Schluss der Geschichte wollen wir stark abkürzen. Nachdem Rainer weitgehend stumm unter den Augen seiner ebenfalls schweigsamen Mitschülerin die Aufgabe richtig gelöst hat, sich dabei einmal bei ihr vergewissert, lächeln zwar beide erleichtert ob des Endes der erzwungenen Situation, doch verabschiedet sich Anna mit einer Rainer erteilten Erlaubnis, eine andere Aufgabe zu bearbeiten, was u. a. zeigt, dass sie in die Position derer, die ihm sagen kann, was und wie er arbeiten soll, mittlerweile durchaus eingerückt zu sein scheint. Doch damit nicht genug: Trotz seiner wiederholten Beteuerungen der herankommenden Lehrkraft gegenüber, es sei alles richtig gewesen, auch Anna habe das gesagt, verpflichtet diese ihn darauf, vor ihren Augen die Bearbeitung der gesamten Aufgabe nochmal vorzuführen. Leistung als soziale Konstruktion 19 Ability Grouping in (Language) Education - Wie soll Schule mit unterschiedlichen Leistungsvoraussetzungen und -fähigkeiten umgehen? Matthias Trautmann Fragen der Leistungsgruppierung gelten als Dauerbrenner der Schulpraxis wie auch der Schul- und Unterrichtsforschung. Der vorliegende Beitrag gibt einen Überblick über die allgemeine, schulpädagogische, und die fremdsprachendidaktische Diskussion zu ability grouping seit den 1960er Jahren. Zu diesem Zweck werden zunächst Probleme des Leistungsbegriffs und Varianten der Gruppierung von Schüler/ -innen nach Leistung skizziert. Den Hauptteil des Beitrags bildet eine Darstellung der schulpädagogischen Kontroversen um Leistungsgruppierung, ergänzt durch fachspezifisch-fremdsprachendidaktische Beiträge. Es wird deutlich, dass die Bildung von leistungsgemischten Lerngruppen (mixed-ability groups) zwar von der wissenschaftlichen Community seit Jahren überwiegend empfohlen wird, dass aber die schulische Praxis davon weit entfernt ist und dass das Unterrichten dieser Gruppen hohe Anforderungen an Lehrpersonen stellt. Aktivierung von Vorwissen 1. Was verstehen Sie unter Leistung bzw. Schulleistung(-en)? 2. Welche Rolle spielen schulische Leistungen für die Bildungsbeteiligung und den Bildungserfolg von Heranwachsenden? 3. Wodurch lassen sich unterschiedliche Leistungsvoraussetzungen bzw. -fähigkeiten von Schüler/ -innen erklären? 4. Welche schulischen Umgangsweisen mit differenten Leistungsvoraussetzungen sind Ihnen bekannt? 1 Problemaufriss Seit Bildung und Erziehung im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts als staatliche Massenbeschulung für zunehmend mehr Kinder und Jugendliche organisiert wurde, stellt sich für die verantwortlichen Akteure in Bildungspolitik, -verwaltung und in Schulen das Problem, nach welchen Kriterien Lerngruppen gebildet werden sollen und wie Übergänge und Abschlüsse zu regeln sind. Lehrpersonen wiederum sehen sich mit der Frage konfrontiert, wie innerhalb des Unterrichts mit Unterschieden zwischen Schüler/ -innen - der Schülerheterogenität - umgegangen werden soll und kann. Als Grundlage für diesbezügliche sog. Differenzierungsmaßnahmen können im Prinzip viele Unterscheidungsmerkmale dienen, z. B. Interesse, Begabung, Geschlecht, angestrebter Abschluss. Grundsätzlich haben sich aber im schulischen Kontext die Kriterien Alter und Leistung als besonders bedeutsam (oder praktikabel) erwiesen. Sowohl die Jahrgangsklasse als auch die verschiedenen Formen der Differenzierung nach Leistung, wie sie weltweit zu finden sind, sehen sich dabei allerdings immer wieder pädagogischer Kritik ausgesetzt (vgl. z. B. Ingenkamp 1972). Der folgende Beitrag konzentriert sich auf diejenige Dimension von Heterogenität, die in Bezug auf Schule oft als die zentrale angesehen wird: die Leistung bzw. Leistungsfähigkeit von Schüler/ -innen. Sie ist deshalb so bedeutsam, weil die Tiefenstruktur der modernen Schule - ganz unabhängig von organisatorischen Details wie beispielsweise Ganztag/ Halbtag, jahrgangsübergreifendes Lernen/ Jahrgangsklassen, zentrale/ dezentrale Standards, direkte/ indirekte Unterrichtsmethoden - an Schulleistungen ausgerichtet ist: Es sind letztlich immer individuelle Leistungen in Auseinandersetzung mit fachlichen Gegenständen zu erbringen, wobei höhere Leistungen idealerweise zu höheren Abschlüssen/ Berechtigungen führen, die wiederum bessere berufliche und persönliche Chancen gewähren sollen. Aus dieser zentralen Position der Leistung und verbunden mit der Erkenntnis, dass Schüler/ -innen zwar in Gruppen unterrichtet werden, aber durchaus unterschiedliche Voraussetzungen und Fähigkeiten zum „ Leisten “ mitbringen und entwickeln, ergeben sich die Fragen, wie Schule und (Fremdsprachen-)Unterricht mit derartigen Unterschieden umgehen soll und wie tatsächlich damit umgegangen wird. Dass die Leistungen bzw. Leistungsunterschiede von Schüler/ -innen und die darauf bezogene Organisation von Schule und Unterricht in den letzten Jahren erneut zum aktuellen Thema geworden sind, hat eine ganze Reihe von Ursachen, u. a.: Verschiebungen in den bisherigen Schülerpopulationen durch Demografie sowie Elternwahlverhalten: Veränderungen des Schulangebots vor Ort, einhergehend mit Bestrebungen nach höheren Schulabschlüssen bei Schüler/ -innen und Eltern; Tendenz zur Zweigliedrigkeit des Schulsystems auf der Sekundarstufe I, einhergehend mit Organisationsregeln, die die Leistungsunterschiede der Schüler/ -innen nicht mehr wie bisher reduzieren, wie Aufheben von Versetzungsentscheidungen, Verbot von Abschulungen, auch Einbezug von Schüler/ -innen mit besonderem Förderbedarf in den Regelunterricht; Forderungen nach verstärkter „ individueller Förderung “ angesichts der lange Zeit ernüchternden Ergebnisse der internationalen Leistungsvergleichsstudien, bezogen auf Risikogruppen wie auch auf Hochbegabte. Im Folgenden wird zunächst der Begriff der Leistung bzw. genauer Schulleistung kurz erörtert (Abschnitt 2), um anschließend die seit Jahrzehnten andauernde schulpädagogische - fachübergreifende - Kontroverse um Leistungsgruppierung näher vorzustellen (Abschnitt 3). In einem weiteren Abschnitt sollen fach-/ fremdsprachenspezifische Befunde und Diskussionen zur Leistungsgruppierung dargestellt werden. Es soll insgesamt deutlich werden, dass die Bildung von leistungsgemischten Lerngruppen (mixed-ability grouping) zwar von der wissenschaftlichen Community seit Jahren überwiegend empfohlen wird, dass aber die schulische Praxis davon weit entfernt ist und dass das Unterrichten dieser Gruppen deutlich höhere Anforderungen an Lehrpersonen stellt (Abschnitt 4). 22 I Erziehungswissenschaftliche Impulse für den Umgang mit Heterogenität 2 Leistung und Leistungsgruppierung Ganz allgemein kann unter „ Leistung “ bzw. „ Schulleistung “ zunächst „ das Ergebnis von Lernprozessen, die durch Unterrichtsmaßnahmen initiiert und/ oder gesteuert werden “ (Krapp 1976: 91), verstanden werden. Aber bereits dieser einfache, an die schulische Alltagspraxis gut anschließbare Bestimmungsversuch führt zu kritischen Rückfragen: Leistungen der Schüler/ -innen, der Lehrkräfte, der Schule? - Die Definition legt nahe, dass es sich um individuelle Leistungen der Schüler/ -innen handelt. Schulleistungen sind jedoch in ihrem Zustandekommen auch abhängig von weiteren Faktoren, wie z. B. Lehrkräften/ Unterricht, familiären Voraussetzungen, Schulkultur und Schulsystem. Kompetenz oder Performanz? - Vom Leistungspotenzial (ability) lässt sich die tatsächlich in einer Prüfungssituation abrufbare Leistung bzw. das tatsächlich erzielte Ergebnis (attainment, performance) unterscheiden. Was zählt als Leistung? - Es ist häufig strittig, was als Leistung gelten soll (vgl. z. B. die „ Kopfnoten “ , mit denen das Arbeits- und Sozialverhalten bewertet wird); ebenso wird häufig gefordert, dass auch die Lernprozesse selbst und nicht nur Lernergebnisse als Leistungen einzubeziehen sind (vgl. z. B. Grunder, Bohl & Broszat 2001). Wie werden Leistungen gemessen/ beurteilt? - Ein beträchtlicher Teil der Literatur zur Leistungsbeurteilung befasst sich mit Alternativen zu Zensuren, z. B. in Form von Portfolios, Lernentwicklungsberichten, Kompetenzrastern, und diskutiert die Frage der Bezugsnormen - individuell (bezogen auf den einzelnen Lernfortschritt), sozial (im Vergleich zu einer Referenzgruppe) und/ oder kriterial (bezogen auf eine festgesetzte Norm). Trotz aller Probleme: In der Literatur dominiert letztlich ein Leistungsbegriff, der darunter in Anknüpfung an den schulischen Alltag das Ergebnis der Auseinandersetzung mit vorgegebenen Normen in der Schule bzw. im Unterricht fasst: Gemeint sind mittels Testverfahren, mündlicher Beurteilungen und/ oder Noten gewonnene generalisierte Lernergebnisse im Fach, gemessen oder beurteilt anhand des (gestuften) Erreichens von vorgegebenen Lernzielen. Diese Lernziele finden sich in Lehrplänen und Bildungsstandards und werden über Klassenarbeiten, Tests und mündliche Prüfungen von Lehrpersonen konkretisiert. Unter Leistungsgruppierung - oder auch Leistungsdifferenzierung - soll nachfolgend das Zusammenstellen von Lerngruppen nach zuvor ermittelten Leistungsunterschieden verstanden werden. Sie kann auf mehreren Ebenen vorgenommen werden und weist eine große Bandbreite an Möglichkeiten auf: Auf der Ebene des Schulsystems (sog. Makroebene) z. B. durch verschiedene Schulformen der horizontal gegliederten Sekundarstufe I in Deutschland, aber auch durch Privatschulen oder Spezialschulen, die z. B. besonders leistungsfähige Schüler/ -innen abschöpfen, Auf der Ebene der Einzelschule (sog. Mesoebene) durch nach Leistung selektierte Spezialklassen oder - wie an Gesamtschulen üblich - durch Kurse verschiedener Niveaus, und zwar in unterschiedlich vielen Fächern, auf unterschiedlich vielen Niveaus, zugewiesen durch Lehrkräfte und/ oder Eltern oder Schüler/ -innen selbst, Ability Grouping in (Language) Education 23 mit unterschiedlichen Auf- und Abstiegsoptionen sowie unterschiedlich langer Dauer usw.; hier lassen sich noch einmal unterscheiden: Streaming (tracking): Schüler/ -innen werden nach ihren „ allgemeinen “ Leistungen in Klassen gruppiert und verbleiben in der Regel auch in diesen Klassen. Setting: Schüler/ -innen werden fächerspezifisch gruppiert; sie können in einem Fach in einem höheren und einem anderen Fach in einem niedrigeren Kursniveau sein. Schließlich im Unterricht (sog. Mikroebene) durch verschiedene Varianten innerer Differenzierung und Individualisierung, wobei auch hier wieder unterschieden werden kann: Within-class grouping: Innerhalb der leistungsgemischten Lerngruppe werden phasenweise erneut leistungshomogene Subgruppen gebildet, z. B. bei Gruppenarbeiten. Mixed-ability grouping: Es gibt keine Versuche, Schüler/ -innen nach Leistung zu gruppieren (bzw. es werden gezielt leistungsgemischte Gruppen gebildet), aber jede einzelne Person soll entsprechend ihren Leistungsvoraussetzungen und -fähigkeiten ein passendes Lernangebot erhalten. International verbreitet sind meist Mischformen mit einer bestimmten Tendenz: So bevorzugen deutschsprachige Länder eine frühzeitig einsetzende Schulformdifferenzierung auf Makroebene; in englischsprachigen Ländern existiert eine Mischung aus Privatschulsystemen und Formen des (innerschulischen) tracking oder setting, und in skandinavischen Ländern setzt die Differenzierung erst spät - am Ende der Sekundarstufe I - ein; zuvor werden meist gemischte Gruppen unterrichtet. Die damit eng zusammenhängende Frage von Einheitlichkeit und Differenzierung in der Schule - von Integration und Separation - ist seit jeher Gegenstand kontroverser pädagogischer, aber auch gesamtgesellschaftlicher Debatten. Was als Leistung zählt, welche Form der Leistungsgruppierung die richtige ist und wie die Platzierung der Schüler/ -innen vorgenommen werden soll, ist heiß umkämpft. Ebenso ist Gegenstand vielfältiger Kontroversen, ob und welche inter- und intraindividuellen Leistungsvoraussetzungen und -unterschiede reduziert, ausgeglichen oder verstärkt werden sollen und können. Letzten Endes handelt es sich bei der Gruppierung nach Leistung aber immer um den Versuch, „ leistungsstärkere “ von „ weniger leistungsstarken “ Schüler/ -innen zu trennen, unter der zentralen Prämisse, dass Lernen und Lehren auf diese Weise leichter und besser möglich werden: Stärkere würden so nicht gebremst, Schwächere nicht überfordert und zugleich sei eine passgenaue Förderung besser umzusetzen (zu den Argumenten pro und contra Leistungsgruppierung vgl. Scharenberg 2012, Trautmann & Wischer 2011). 3 Leistungsgruppierung in der erziehungswissenschaftlichen Diskussion 3.1 Strukturen, Formen und Effekte In der bereits viele Jahrzehnte andauernden wissenschaftlichen Debatte um leistungshomogene oder -heterogene Lerngruppen geht es ganz grundlegend um die Frage, ob nach ähnlichen Leistungen zusammengestellte Schülergruppen zu besseren Lernergeb- 24 I Erziehungswissenschaftliche Impulse für den Umgang mit Heterogenität nissen führen. Die Diskussion konzentriert sich in der Regel auf die Sekundarstufe I und auf die Frage, ob überhaupt, ab wann, durch wen und welche Formen der Differenzierung von Lerngruppen, im Blick auf sich entwickelnde unterschiedliche Interessen, Stärken und Schwächen sowie Abschlussaspirationen, vorgenommen werden sollen. In Deutschland dominierte bisher auf der Makro- oder Schulsystemebene der sog. separative Strukturtyp, der im Ergebnis zu einer Homogenisierung der Schülerschaft nach Leistung führt bzw. führen soll: Mit dem Übergang zu den weiterführenden Schulen nach der Grundschule (nach der 4./ 6. Klasse) werden die Schüler/ -innen entsprechend ihrer Leistungen auf Förderschulen, Haupt- und Realschulen bis hin zum Gymnasium verteilt. Wechsel der Schulformen sind formal möglich, werden aber vor allem nach unten in Anspruch genommen. Der aktuell zu beobachtende Trend zur Zweigliedrigkeit ist ein Versuch, an stärker integrative Schulsysteme - wie sie in vielen Teilen Europas zu finden sind - anzuschließen: Die eher schwächeren Schüler/ -innen werden zumindest der Idee nach in der Oberschule/ Stadtteilschule - die Bezeichnungen variieren - versammelt, die eher leistungsstärkeren im Gymnasium, wobei in der Realität natürlich auf allen Schulformen die Leistungen eine beträchtliche Bandbreite aufweisen, es also immer nur um eine relative Homogenisierung gehen kann. Hervorzuheben sind für die Diskussion auf der Mesoebene die Gesamtschulen, die Schüler/ -innen aller Leistungsfähigkeiten aufnehmen und über ein Kern-Kurs-System differenziert beschulen. Hier, wie auch in einigen neugegründeten Schulformen wie z. B. der Sekundarschule (NRW) oder der Oberschule (Bremen), werden Schüler/ -innen je nach Kernfach - Deutsch, Mathematik und Englisch - beginnend ab Klasse 7, 8 oder 9 in leistungs- und abschlussbezogene Gruppen eingeteilt (setting) und dort innerhalb der Schule getrennt, in einigen Fächern wie Kunst, Musik oder Geschichte aber weiter integrativ unterrichtet. Was wissen wir über die Effekte verschiedener Formen der Leistungsgruppierung? In der empirischen Forschung werden typischerweise Lernergebnisse oder Lernzuwächse in Abhängigkeit von verschiedenen (leistungsbezogenen) Gruppierungspraktiken gemessen. Die Befundlage ist dabei zunächst uneinheitlich, da es „ weltweit eine große Anzahl von Untersuchungen [gibt], aber kein einheitliches Befundmuster, weil die Effektivität der Fähigkeits- und Leistungsgruppierungen von zu vielen Bedingungsfaktoren beeinflusst wird “ (Helmke & Weinert 1997: 93). Das ist erwartbar, da es eben sehr viele Varianten leistungsbezogener Gruppierungen gibt und die Gruppierung mit weiteren Variablen in Zusammenhang steht oder stehen kann, z. B. Curriculum, Fach, Unterrichtspraktiken, Qualifikation und Einstellungen der Lehrkräfte oder Ausmaß an Homogenisierung der Schüler/ -innen. Hinsichtlich differenzieller Effekte, also bezogen auf unterschiedliche Schülergruppen, zeigt sich in vielen Untersuchungen allerdings eine Tendenz, die Ireson und Hallam mit folgenden Worten beschreiben: „ Ability grouping can raise the attainment of those in higher groups, but this is often at the expense of those in lower groups, who did better in a mixed ability environment “ (Ireson & Hallam 2001: 13). Schulleistungsstarke Lernende können demnach von einer Leistungshomogenisierung durchaus profitieren; für schulleistungsschwache Lernende ist dagegen oft eher eine heterogene Lerngruppe vorteilhaft. Dieses Ergebnis lässt sich im Prinzip über alle Varianten der Differenzierung auf Makro-, Meso- und Mikroebene hinweg reproduzieren. Die empirischen Befunde zeigen immer wieder, dass sich die Qualität der Lernmöglichkeiten in den Schulen/ Kursen/ Subgruppen der leistungsschwächeren Schüler/ -innen in der Regel als geringer erweist als in denen der Ability Grouping in (Language) Education 25 leistungsstärkeren Schüler/ -innen, und dass die Chancen, zu dieser oder jener Gruppe zu gehören, zudem schichtspezifisch ungleich verteilt sind (Oakes 2005). Ähnliche Ergebnisse werden in einer neueren deutschen Studie von Scharenberg berichtet, welche mit Daten der Hamburger KESS-Studie (Klassen 4 bis 6, vgl. Scharenberg 2012) zu Lesen und Mathematik untersucht hat, ob mit ansteigender Streuung der kognitiven Grundfähigkeit höhere oder niedrigere Lernstände auf Klassenebene einhergehen: „ Zu betonen ist dabei, dass die Vorteile für leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler in leistungsheterogenen Lerngruppen unter ansonsten gleichen Voraussetzungen höher ausfallen als die vergleichsweise geringen Nachteile in diesen Lerngruppen für die Leistungsstärkeren “ (Scharenberg 2012: 257). Hier werden ebenfalls Vorteile für leistungsschwächere Schüler in leistungsgemischten Lerngruppen berichtet, aber auch - wenngleich vergleichsweise geringe - Nachteile für leistungsstärkere Schüler. Auch wenn die Befunde für leistungsstärkere Schüler/ -innen (und das Mittelfeld) in der Literatur uneinheitlich sind: Festzuhalten ist, dass das in der Debatte immer wieder verwendete Argument, Leistungsgruppierung käme auch den Schwächeren zugute, indem besser auf deren Bedürfnisse und Voraussetzungen eingegangen werden kann, durch die Forschung nicht unterstützt wird. Zurückgeführt wird die geringere Förderung der schwächeren Schüler/ -innen in leistungshomogenisierten settings auf geringere Selbst- und Fremderwartungen, reduzierte Curricula und oft auch auf weniger professionelle (geringer qualifizierte, fachfremd unterrichtende) Lehrkräfte. Es ist jedoch noch einmal zu betonen, dass individuelle und unterrichtsbezogene Merkmale derartige Effekte vermitteln, sprich: Die Klassenzusammensetzung und das Lehrerhandeln bzw. die Unterrichtsqualität beeinflussen die Ergebnisse. Weder ist bisher hinreichend klar, welches Ausmaß an Leistungsheterogenität optimal ist, d. h. ob es eine Grenze gibt, ab der Leistungsunterschiede zwischen Schüler/ -innen einer Lerngruppe nicht mehr aufgefangen werden oder positiv genutzt werden können. Noch ist damit das letzte Wort über Leistungshomogenisierung an sich nicht gesprochen, da es eben immer auf die besonderen Formen der Gruppierung (Ab wann? Durch wen vorgenommen? Anhand welcher Kriterien genau? Wie lange? Wie flexibel? usw.) in Zusammenhang mit der Unterrichtsqualität, der Schülerzusammensetzung und den Kompetenzen der Lehrpersonen ankommt. Tendenziell wird aber heutzutage die Differenzierungsfrage in den Unterricht und in die Verantwortung der Lehrkräfte gelegt/ verschoben: Es soll nach wie vor differenziert, d. h. es sollen Unterschiede zwischen Schüler/ -innen gemacht und berücksichtigt werden, jetzt aber durch die Lehrkräfte und weniger durch das Schulsystem oder die Einzelschule. Teaching mixedability groups heißt die neue alte Devise (vgl. z. B. Klafki & Stöcker 1976; Tomlinson 2004). 3.2 Teaching mixed-ability groups: Aktueller Diskurs und (inter-)nationale Kontextualisierung des Konzepts Zur Einordnung dieser Idee ist voranzustellen, dass Plädoyers für derartige Unterrichtsreformen keineswegs neu, sondern ein traditioneller Topos von Schulkritik und -programmatik sind. Vorschläge findet man nicht nur in der deutschsprachigen Literatur, sondern auch in zahlreichen angloamerikanischen Veröffentlichungen - hier unter den Stichworten differentiation, adaptive teaching, teaching mixed-ability groups 26 I Erziehungswissenschaftliche Impulse für den Umgang mit Heterogenität (z. B. Cooper 2011; Oakes et al. 2006; Tomlinson 2004). Autoren wie Westwood (2002: 18) sprechen angesichts der weltweit ähnlichen Empfehlungen sogar von einer „‚ new orthodoxy ‘ in published pedagogy “ . Im Gegensatz und Abgrenzung zur äußeren, d. h. dauerhafteren Differenzierung, soll innerhalb der bestehenden Lerngruppe in Teilgruppen (= Differenzierung) oder gar für jedes Individuum (= Individualisierung) flexibel an die jeweiligen Ausgangslagen der Lernenden angeknüpft werden. Zur Realisierung gibt es ein breites, kaum überschaubares Spektrum von Methoden, Differenzierungskriterien und -strategien: Die Möglichkeiten reichen vom Einsatz einzelner methodischer Verfahren bis hin zu komplexen Programmen zur Gestaltung der gesamten schulischen Lernumwelt. Grundbausteine, die man sehr oft antrifft, sind: Lerndiagnosen, die aktuelle Stärken oder Defizite in spezifischen Teilbereichen eruieren, sowie Lernaufgaben und -angebote, die eine Passung zwischen Lernvoraussetzungen und Lernzielen ermöglichen. Unterschiedliche Ziele und Unterrichtsinhalte: Diese können sich von Schüler/ -in zu Schüler/ -in unterscheiden, mit dem Effekt eines differenzierten/ differenzierenden Curriculums. Die Rede ist auch von „ zielgleichem “ und „ zieldifferentem “ Lernen. Oder es können im „ Fundamentum “ jene Lernziele festgehalten werden, die für alle Schüler/ -innen in gleicher Weise relevant sind; im „ Additum “ finden sich Zusatzaufgaben, interessante Anwendungen, Vertiefungen und Übertragungen für diejenigen, die von einer Erarbeitung im Durchschnittstempo unter- oder überfordert sind oder denen spezielle Übungsmöglichkeiten angeboten werden sollen (vgl. dazu den Beitrag von Biederstädt in diesem Band). Dies alles ist eingebettet in flexible und selbständigkeitsorientierte Unterrichtsformen, die das Lernen an unterschiedlichen Aufgaben zulassen. Hier werden oft reformpädagogische Konzepte wie Frei- und Planarbeit oder Projekte genannt. Daneben verbinden sich auch hohe Erwartungen mit verschiedenen Formen des kooperativen Lernens. Formen der Leistungsbeurteilung, die differenzierten und individualisierten Lernwegen nicht widersprechen, sowie ein ökonomisches System der Leistungsdokumentation, das es erlaubt, Lernstand, Fördermaßnahmen und Diagnosen festzuhalten (z. B. in Form eines Förderplans). Eine Zusammenstellung verschiedener allgemeindidaktische Unterrichtskonzepte zum Umgang mit heterogenen Lerngruppen hat zuletzt Bohl (2013) vorgelegt. Bei den jeweiligen Konzepten lassen sich zwei Grundvorstellungen identifizieren: An reformpädagogischen Leitbildern orientierte Empfehlungen tendieren eher zu schülerzentrierten und offenen Varianten. Passung und Differenzierung werden im Prinzip von den Lernenden selbst vorgenommen, Lehrpersonen fungieren v. a. als Lernbegleiter/ -in oder Moderator/ -in, und Unterrichten heißt Bereitstellung anregender Lernumgebungen für weitgehend selbstgesteuerte Lernprozesse. Andere, eher an der Lehr- Lern-Forschung orientierte Konzepte setzen dagegen deutlich stärker auf die Lehrperson, welche die Auswahl und Zuweisung von Aufgaben vornimmt und Differenzierung in einem weitgehend lehrerzentrierten Unterricht herstellen soll. Hier nimmt die minutiöse Vorausplanung und Lehrerdiagnose der individuellen Schülerkompetenzen einen ungleich größeren Stellenwert ein. Etwas im Schatten der Aufmerksamkeit stehen Trainings- und Zusatzangebote (vgl. Klieme & Warwas 2011). Ability Grouping in (Language) Education 27 Für einen differenzierenden und individualisierenden Unterricht gibt es also nicht erst seit heute ein reichhaltiges Angebot an Vorschlägen. Eine intensive wissenschaftliche Befassung damit setzte bereits in den 1960/ 70er Jahren ein (dazu Rauin 1987; Trautmann & Wischer 2008), wobei sich bis heute zwei Arbeitsfelder und Diskurse unterscheiden lassen: In der Allgemeinen Didaktik wurden und werden Varianten von Unterrichtsdifferenzierung in Abgrenzung zur äußeren Differenzierung diskutiert und als Strategie favorisiert, um der Verschiedenheit der Lerner besser gerecht werden und Schüler/ -innen optimal fördern zu können (z. B. Klafki & Stöcker 1976). Entwickelt wurden schon damals vielfältige Dimensionen- und Kriterienraster für Binnendifferenzierung, die in erster Linie als Orientierungshilfe, nicht als gebrauchsfertige Konzepte gedacht waren. In der psychologischen, zunächst vorrangig US-amerikanischen Lehr-Lern-Forschung, setzt(e) man bei der empirischen Frage nach Wechselwirkungen zwischen Schülermerkmalen und Unterrichtsmethoden an (im Überblick z. B. Corno & Snow 1986), um von dort aus Modelle für adaptiven Unterricht zu entwickeln. Stärker als die Allgemeine Didaktik orientiert(e) man sich am instruktionspsychologischen Paradigma und auch an der Idee einer planbaren Unterrichtstechnologie. Ein damals prominentes Modell war das zielerreichende Lernen bzw. mastery-learning (vgl. Bloom 1973). Fragt man, wie verbreitet solche Lernarrangements - national wie international - sind, stößt man nach wie vor eher auf ernüchternde Befunde (im Überblick Altrichter et al. 2009). Für Deutschland können neuere Studien zwar aufzeigen, dass die noch für die 1980er Jahre festgestellte Dominanz des Frontalunterrichts zugunsten von selbstständigkeitsorientierten Lernformen zurückgegangen ist. Viele Lehrkräfte bemühen sich um einen methodisch abwechslungsreichen und schüleraktivierenden Unterricht. Innere Differenzierung ist - mit Ausnahme einiger Reforminseln - in der Schulpraxis aber (noch? ) kaum verbreitet; die konzeptionell angelegten Möglichkeiten werden lediglich in bescheidenen Grenzen genutzt. Wenn differenziert wird, geschieht dies meist „ nur “ über zusätzliche Aufgaben bzw. Zur-Verfügung-Stellen von mehr Zeit. Ein besonderes Problem ist die Passung: Simpson und Ure (1993) berichten von zwei größeren Studien für den Primar- und Sekundarbereich, die in den 1990er Jahren in Schottland durchgeführt wurden. Untersucht wurde, ob die von Lehrkräften, die als „ gute Differenzierer “ galten, zugewiesenen individuellen Aufgaben eine Passung (matching) zum Verstehen und der Kompetenz der Schüler/ -innen aufwiesen. Als Ergebnis wird festgehalten, dass dies entgegen den Lehrerintentionen oft nicht der Fall war: Die Aufgaben waren oft zu leicht oder zu schwer. Auch zur Frage der Effekte binnendifferenzierender Unterrichtsarrangements ist das Bild nicht ungetrübt: Für differenzierende und offenere Unterrichtsformen werden im Vergleich zu traditionellem Unterricht in der Regel leichte Vorteile für das soziale Lernen, aber eher Nachteile für das fachliche Lernen berichtet (z. B. Lüders & Rauin 2004: 709 ff.). Einen solchen negativen Zusammenhang zwischen fachlichem Lernen und dem von Schüler/ -innen berichteten Ausmaß binnendifferenzierender Maßnahmen fand z. B. Gruehn (2000). Sie vermutet, dass solche Maßnahmen „ aufgrund ihres erhöhten Organisationsbedarfs und ihrer durch individuelle Lerntempi bedingten 28 I Erziehungswissenschaftliche Impulse für den Umgang mit Heterogenität potenziellen Leerlaufphasen für einzelne Schüler(-gruppen) mehr Unterrichtszeit benötigen als nicht differenzierende Unterrichtsangebote “ (ebd.: 206). Als Fazit kann festgehalten werden: Die fachübergreifende Forschung zur Leistungsgruppierung ist national wie international gut ausgebaut und liefert vielfältige Erkenntnisse, die die Diskussion weiter am Laufen halten. Zentrale Fragen, wie fächerspezifische Besonderheiten oder Vor- und Nachteile des Einsatzes von Differenzierung in bestimmten Phasen des Unterrichts, müssen aber nach wie vor als ungeklärt gelten. Offen bleibt auch, inwiefern sich die Ergebnisse für den Englischunterricht reproduzieren lassen - könnte es doch sein, dass die Spezifik des Gegenstandes „ Lernen einer anderen Sprache “ eher für eine zeitweise oder gar dauerhafte Leistungshomogenisierung spricht. 4 Leistungsgruppierung im Englischunterricht Mit dem Aufkommen des Fremdsprachenunterrichts für alle (vgl. dazu den Beitrag von Hermes in diesem Band) - in den 1960er Jahren - wurde Leistungsheterogenität auch zum Thema innerhalb der Fremdsprachendidaktik bzw. der fremdsprachenbezogenen Unterrichtsforschung. Die (auch) leistungsbezogene Unterschiedlichkeit beim Lernen von Fremdsprachen hat die Fachdidaktik zunächst v. a. in Gestalt der Hauptschüler/ -innen sowie bei der internen Organisation der neugegründeten Gesamtschule beschäftigt. Neben schulformspezifischen Lösungsversuchen wie dem von Gutschow (1964), der eine „ hauptschulgemäße Arbeitsweise für den Fremdsprachenunterricht “ entwickeln wollte, wurden v. a. in der Fachleistungsdifferenzierung Chancen gesehen, den verschiedenen Fähigkeiten und Begabungen der Schüler/ -innen Rechnung zu tragen. Es sei, so Gutschow, „ das Ziel des leistungsdifferenzierten Unterrichts, den individuellen Unterschieden der Lernenden besser gerecht zu werden, indem man sie in homogener zusammengestellten Gruppen unterrichtet “ (Gutschow 1964: 21 f.). Als Begründung wurde angeführt, dass Lehrkräfte in nichtdifferenzierten Lerngruppen ihren Unterricht zwangsläufig an einer mittleren Leistungsfähigkeit orientierten, so dass es zu Unterbzw. Überforderung kommen würde, die auch nicht durch binnendifferenzierende Maßnahmen ausgeglichen werden könne (vgl. Gutschow 1977). Inwiefern die Fachleistungsdifferenzierung in den neu errichteten Gesamtschulen eine sinnvolle Maßnahme zur Förderung aller Schüler/ -innen darstellt, wurde gerade für das Fach Englisch sehr intensiv debattiert und auch erforscht (vgl. Berg 1976; Edelhoff 1975; Nuhn 1977; allgemein Fend 1980; vgl. dazu ausführlich den Beitrag von Hermes in diesem Band). Als grundsätzliches Problem wurde bereits in den 1970er/ 80er Jahren in den Untersuchungen zum Fach Englisch erkennbar, daß nämlich trotz einer mit großem organisatorischen Aufwand vorgenommenen Zuweisung nach durchschnittlicher Fachleistung die Zusammensetzung der einzelnen Kurse [. . .] so heterogen bleibt, daß systematische [lies: kursspezifische, M. T.] Differenzierungsmaßnahmen kaum möglich erscheinen. Vielmehr wird auch bei den Fachleistungskursen eine Binnendifferenzierung notwendig (Sattler 1981: 148). Auch Berg kam in seiner Untersuchung zu einem skeptischen Ergebnis: „ Insgesamt gesehen bekräftigen die Untersuchungsergebnisse die vielfach geäußerten Zweifel an der Angemessenheit der Fachleistungsdifferenzierung für den Englischanfangsunterricht “ [= 5./ 6. Klasse, M. T.] (Berg 1976: 227). Wiederholt wurde zudem auf ein Ability Grouping in (Language) Education 29 Dilemma der „ unteren “ Kurse aufmerksam gemacht, die einerseits fundamentale Lernziele durch Üben und Festigen sicherstellen sollten, in denen aber andererseits auch aus Zeitgründen komplexere Fähigkeiten wie Transferaufgaben und Sprechen vernachlässigt wurden. Die Forschungsergebnisse sprachen also insgesamt eher nicht für Vorteile der Leistungsdifferenzierung. In Spannung zu diesen Ergebnissen stehen bis heute (subjektive) Theorien, die die Notwendigkeit leistungshomogener Gruppen für das Lernen von anderen Sprachen betonen (vgl. etwa Hallam & Ireson 2008; Redondo 2000), sowie Befunde geringer ausfallender Englischleistungen in Gesamtschulen der 1970er Jahre bei den leistungsstärkeren Schüler/ -innen sowie auch in den neuen Berliner Gemeinschaftsschulen, ohne dass die Ursachen geklärt sind (vgl. Haenisch et al. 1979; Maaz et al. 2013). Zu beachten sind jedoch in jedem Fall deutliche Unterschiede zwischen einzelnen Schulen (derselben Schulform) sowie die generell stark unterdurchschnittlichen Leistungen an Hauptschulen (vgl. Köller et al. 2010). Die Diskussion zu den Effekten organisatorischer Gruppierungen auf Schülerleistungen versandete Anfang der 1980er Jahre im Gewirr unterschiedlicher Organisationsmodelle und der ungelösten Konkretisierung von Additum und Fundamentum (vgl. zum Überblick über die zahlreichen Differenzierungsmodelle und ihre praktischen Probleme im Englischunterricht insbesondere Mottok 1983). Eine angemessene Bearbeitung des Problems der Leistungsheterogenität, insbesondere der leistungsschwachen Schüler/ -innen, wurde auch in der Fremdsprachendidaktik immer stärker in einem veränderten - binnendifferenzierenden - Unterricht gesehen und den Lehrkräften als Aufgabe angetragen - wobei in der Praxis allerdings Formen der Differenzierung (z.B über Schulformen und Kursniveaus) bis heute fortbestehen und teilweise durch bilinguale Zweige gegenwärtig sogar in neuer Form hinzukommen. Als Gegentendenz sind aktuelle Bestrebungen einiger Gesamtschulen zu nennen, die Fachleistungsdifferenzierung Englisch aufzuschieben oder gar ganz auszusetzen (vgl. Trautmann & Scherer 2011). Vorgeschlagen wird allgemein eine konsequente Binnendifferenzierung und Individualisierung des Unterrichts (vgl. weiterführend mit Literaturangaben Trautmann 2010). Was wissen wir über den Umgang der Lehrkräfte mit Leistungsunterschieden im Englischunterricht? Im Vergleich zu den umfangreichen Praxisempfehlungen lässt sich zu dieser Frage zunächst feststellen, dass die Umsetzung von differenzierendem und individualisierendem Fremdsprachenunterricht zwar seit langem propagiert, aber kaum empirisch untersucht wurde. Wendet man sich Daten aus der DESI-Studie zu, dann fällt auf, dass von den befragten Sekundarstufenlehrkräften v. a. kleine Schülergruppen und Diskussionsrunden eingesetzt wurden. Reformpädagogische Formate wie Projektlernen, Lernzirkel oder Wochenpläne wurden vergleichsweise selten genutzt. Etwa 10 % der Lehrkräfte gaben an, Freiarbeit ein paar Mal pro Monat einzusetzen (vgl. DESI- Konsortium 2008: 371). Zur Leistungsbewertung wurden überwiegend traditionelle Vokabelabfragen, Tests und Klassenarbeiten verwendet. Überwiegend wurde klassengemeinsamer Unterricht erteilt. Wenn überhaupt differenziert wurde, dann für die Stärkeren durch „ zusätzliche Aufgaben, eine schnellere Taktung und ein höheres Erwartungsniveau “ (ebd.: 374). Die Daten sind aus verschiedenen Gründen nicht unproblematisch; dennoch vermögen sie Anhaltspunkte für die Vermutung zu liefern, dass eine nicht unbeträchtliche Diskrepanz zwischen den Empfehlungen der Fremdsprachendidaktik und der Praxis des Fremdsprachenunterrichtens besteht: Es scheint 30 I Erziehungswissenschaftliche Impulse für den Umgang mit Heterogenität auch Fremdsprachenlehrkräften schwerzufallen, komplexe Formen der inneren Differenzierung und Individualisierung systematisch einzusetzen, was vermutlich nicht nur mit deren Einstellungen und Ausbildung zusammenhängt, sondern mit deutlich höheren Anforderungen dieses Unterrichts (z. B. hinsichtlich Einzeldiagnosen, Aufgabenerstellung, Klassenmanagement) in Zusammenhang zu bringen ist. 5 Fazit und Ausblick Der Umgang mit Leistungsunterschieden als Facette von Schülerheterogenität ist und bleibt eine zentrale Forschungs- und Gestaltungsaufgabe aller schulbezogenen wissenschaftlichen Disziplinen. Die schulpädagogische Forschung hat insbesondere Nachteile der Leistungshomogenisierung für leistungsschwächere Schüler/ -innen herausgearbeitet. Der Diskurs favorisiert seit längerer Zeit leistungsgemischte Schülergruppen, während in der schulischen Praxis nach wie vor überwiegend eine (relative) Leistungshomogenisierung vorgenommen wird. Fragen der Leistungsdifferenzierung wurden in den 1970er/ 80er Jahren auch von der fremdsprachendidaktischen Forschung bearbeitet, mit überwiegend kritischen Befunden zur Fachleistungsgruppierung Englisch. Zwar gab und gibt es seitdem vielfältige fachdidaktische und allgemeine Empfehlungen für das Unterrichten leistungsheterogener Gruppen. Die jüngere Fremdsprachenforschung hat sich zudem stark mit individuellen Lernerdifferenzen beschäftigt (Stichworte u. a.: awareness, Lernstrategien, good language learner, Gedächtnisleistungen). Allerdings fehlen Untersuchungen, die Zusammenhänge zwischen sozialen und schulischen Umwelten von Schülergruppen und Fremdsprachenkompetenz(-en) herstellen oder die Interaktionsprozesse im Unterricht im Blick auf die Entstehung und Prozessierung von Leistungsdifferenzen untersuchen. Ebenso fehlen wissenschaftlich begleitete Entwicklungsprojekte, die Lehrpersonen beim Unterrichten verstärkt leistungsheterogener Gruppen unterstützen. Hier liegt ein Forschungs-und Entwicklungsfeld, in dem die Fremdsprachendidaktik mit der schulbezogenen Bildungsforschung hervorragend kooperieren könnte. Anschlussfragen 1. Welche Formen der Leistungsdifferenzierung werden im Text angesprochen? 2. Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse liegen in Bezug auf Effekte spezifischer Formen der Leistungsgruppierung vor - und wie verhalten sich diese Erkenntnisse zu Ihren persönlichen Erfahrungen? 3. Wie müsste ein Englischunterricht aussehen, der die Leistungsvoraussetzungen aller Schüler/ -innen angemessen berücksichtigt? 4. Diskutieren Sie Möglichkeiten und Grenzen des Unterrichtens leistungsheterogener Gruppen im Englischunterricht. Ability Grouping in (Language) Education 31 Welche Impulse kann Interkulturelle Bildung für den angemessenen Umgang mit sprachlich-kultureller Heterogenität im Fremdsprachenunterricht geben? Yasemin Karakas¸ og ˘ lu Der vorliegende Beitrag stellt vor dem Hintergrund aktueller (selbst-)kritischer Diskurse im erziehungswissenschaftlichen Feld der Interkulturellen Bildung Überlegungen zu adäquaten Umgangsweisen des Fremdsprachenunterrichts mit der sprachlich-kulturellen Heterogenität der Schüler/ -innenschaft an. Eine besondere Bedeutung kommt dabei der zunehmenden Kritik und Reflexion des Kulturbegriffs zu, der in der Vermittlung Interkultureller Kompetenz im Fremdsprachenunterricht als Vermittlung von Kenntnissen und Kompetenzen im Umgang mit der „ fremden Kultur “ konstruiert und umgesetzt wird. Sprache als manifeste Ausdrucksform von Kultur muss, so die wachsende diskriminierungstheoretische Erkenntnis, in ihrer Einbettung in gesellschaftliche und institutionelle Machtstrukturen wahrgenommen werden. Lehrende sind angehalten, sich ihrer Rolle bei der Vermittlung von Sprachen mit einem spezifischen gesellschaftlichen „ Prestige “ bewusst zu sein und das Verhältnis zwischen schulisch legitimen Fremdsprachen und lebensweltlich relevanten aber schulisch nicht legitimen Migrantensprachen kritisch zu reflektieren. Ein einfaches Einfordern der Akzeptanz und Förderung von Mehrsprachigkeit als Ausdruck migrationsgesellschaftlicher Pluralität wird dieser Perspektive nicht gerecht. Vielmehr müssen konkrete Methoden und Maßnahmen entwickelt werden, die aktiv dazu beitragen können, lebensweltliche Mehrsprachigkeit als Normalfall der Schule der Migrationsgesellschaft zum Nutzen aller Schüler/ -innen in allen Fächern, so auch im Fremdsprachenunterricht, produktiv aufzugreifen und fachlich weiterzuentwickeln, ohne Fallstricken eines naiven Interkulturalitätspostulats zum Opfer zu fallen. Aktivierung von Vorwissen 1. Was verstehen Sie unter Interkultureller Bildung? 2. Welche Rolle spielt ein sensibler Umgang mit Mehrsprachigkeit für die Umsetzung Interkultureller Bildung? 3. Was könnte Language Awareness als Bildungsziel in der Migrationsgesellschaft bedeuten? Welche Bedeutung kommt dabei der „ Macht der Sprachen “ zu? 4. Auf welche Weise könnte migrationsgesellschaftliche Mehrsprachigkeit im Fremdsprachenunterricht berücksichtigt werden? 1 Interkulturelle Bildung als Subdisziplin der Erziehungswissenschaft zwischen kritischer Selbstreflexion und konzeptionellen Neufassungen Die Einsicht in eine migrationsgesellschaftlich bedingte, im Zeitverlauf der vergangenen 50 Jahre zunehmende sprachliche, ethnische und kulturelle Heterogenität der Lernenden war konstitutiv für die Entwicklung der erziehungswissenschaftlichen Subdisziplin Interkulturelle Bildung. Freilich hat das Selbstverständnis Interkultureller Bildung im Laufe der vergangenen 40 Jahre immer wieder Neujustierungen erfahren bis hin zur Infragestellung der verengenden pädagogischen Deutungsperspektive auf „ Kultur “ als Heterogenitätsdimension und zentrale Differenzkategorie in der Migrationsgesellschaft. Die entsprechenden Diskurse sollen hier in aller Kürze nachgezeichnet werden, um anschließend zu verdeutlichen, wie sich die Befassung mit Sprache und Mehrsprachigkeit aus erziehungswissenschaftlicher Perspektive einfügt. Exemplarisch kann zunächst die inzwischen als klassisch zu betrachtende Definition von Auernheimer aus den 1990er Jahren herangezogen werden: Die theoretischen und praktischen Bemühungen Interkultureller Pädagogik kreisen um vier Fragenkomplexe und Motive, denen implizit und explizit die Annahme kultureller Differenz voraus liegt: a.) das Motiv der Fremdheit oder die Verstehensproblematik, b.) das Motiv der Anerkennung, das auf die Identitätsproblematik verweist, c.) das Engagement für Gleichheit, gegen Diskriminierung und Ausgrenzung auf Grund von Ethnisierung und Rassen-Konstrukten, d.) das Motiv interkultureller Verständigung in globaler Verantwortung (Auernheimer 1998: 20). Die „ Annahme kultureller Differenz “ ist in viele Definitionen eingeflossen, die eher von einem statischen und in sich geschlossenem, ethnisch-nationalstaatlichem Verständnis von „ Kultur “ ausgehend, diese „ Differenz “ als objektiv gegeben zugrunde legten und das Verständnis dieser Differenz zum Kern Interkultureller Bildung erklärten (vgl. dazu kritisch Karakas ¸ og ˘ lu 2009). Hier sei die Definition von Grosch und Leenen (1998: 356) angeführt, die die Gestaltung des Raumes „ zwischen “ den Kulturen bzw. Personen, die diesen anzugehören scheinen, durch „ Austauschprozesse “ als Gegenstand Interkultureller Bildung definieren: „ Der Begriff bezeichnet Austauschprozesse zwischen Kulturen, genauer gesagt: zwischen Personen oder Gruppen mit unterschiedlichem Kulturhintergrund “ . Als Weiterentwicklung entsprechender Definitionen können solche gelten, die weniger auf diese Differenz zwischen Kulturen verweisen, als vielmehr auf (welt-)gesellschaftliche Rahmenbedingungen abstellen und die ein angemessenes Verständnis von Bildung in und für die Migrationsgesellschaft erfordern. In ihnen wird Interkulturelle Bildung als eine der möglichen Antworten von Bildung und des Erziehungs- und Bildungssystems auf die Veränderung der Gesellschaft durch Migration, Europäische Einigung und Globalisierung bezeichnet (exemplarisch hierfür vgl. Holzbrecher 2004). Im Zuge einer weiter gehenden Auseinandersetzung mit der Kritik an der Absolutsetzung von Kultur als Kerndimension von Differenz in der Migrationsgesellschaft sowie der durch Schulleistungsstudien wie PISA wiederholt nachgewiesenen eklatanten Bildungsbenachteiligung durch eine Verbindung von sozialer Schicht und nichtdeutschsprachiger Sozialisation, wurde dem Begriff Interkulturelle Bildung (bzw. Pädagogik als dazugehörige anwendungsbezogene Disziplin) ein Attribut voran gestellt, das Reflexivität als Kerndimension in den Mittelpunkt stellt: Eine reflektierte interkulturelle Pädagogik weist darauf hin, dass kulturelle Differenzen weder notwendig Ursache von Problemen und Konflikten noch allein als ein Effekt sozialer Ungleichheiten verständlich sind. Sie bricht mit der Prämisse eines naiven Kulturalismus, der zufolge Individuen Angehörige einer Kultur und durch diese geprägt sind. Sie fordert zur Auseinandersetzung mit den Bedingungen, Formen und Folgen von ethnischen, kulturellen 34 I Erziehungswissenschaftliche Impulse für den Umgang mit Heterogenität und religiösen Zuschreibungen und Identifikationen sowie ihrer gesellschaftspolitischen, sozialen und individuellen Bedeutung auf (Hormel & Scherr 2013: 15, Kursivsetzung im Original). Eine solche Abgrenzung wie sie hier von Hormel und Scherr vorgenommen wird, schien angesichts eines seit Mitte der 1980er Jahre weit verbreiteten „ Kulturalismus “ im gesellschaftlichen wie pädagogisch praktischen Diskurs notwendig geworden zu sein. In diesem Diskurs erschienen und erscheinen vielfach Kulturen als klar voneinander abzugrenzende Einheiten, quasi genetisch vererbbar, mit unveränderlichen Charaktereigenschaften, die alle Mitglieder der Kultur miteinander teilen (verdichtet in sog. „ Mentalitäten “ ; zur Kritik am verengten Kulturbegriff vgl. auch Doff & Schulze-Engler 2011). Aus dieser Perspektive ist es dann möglich vom „ Kampf der Kulturen “ (im Original spricht Huntington von civilizations, Huntington 1998) zu sprechen oder gar davon, dass bei fehlender eindeutiger kultureller Selbstpositionierung der Mehrheitsgesellschaft die Aussage „ Deutschland schafft sich ab “ Berechtigung habe (Sarrazin 2010). Solche Formulierungen beruhen auf der Vorstellung einer engen Verbindung zwischen Kultur und Nation (z. B. repräsentiert im Bild der als kohärent zu beschreibenden deutschen oder französischen Kulturnation), einer ebenfalls angenommenen engen Verbindung zwischen Kultur und Religion (z. B. verdichtet in der Formulierung einer christlich-abendländischen versus islamischen Kultur), einer engen Verbindung zwischen Kultur und Sprache (z. B. ausgedrückt in Begriffen wie „ Hochsprache “ , „ richtiges, sauberes Deutsch “ beeinflusst durch die deutsche Romantik (Herder) sowie in Traditionen, aus denen sich die Forderung von Deutsch als Staatssprache bzw. Deutsch auf dem Schulhof ableiten) und einer Abgrenzung von Kultur gegenüber Natur (z. B. versinnbildlicht in einer Hierarchisierung zwischen sog. (Hoch-)Kultur- und Naturvölkern, Abgrenzungen zwischen den Zivilisierten und „ Wilden “ zugunsten der „ Zivilisierten “ oder „ Kulturvölker “ ). Unter Einfluss der Cultural Studies wurde der Kulturbegriff in der Postmoderne einer Revision unterzogen, der Eingang in Diskurse der Interkulturellen Bildung und das Verständnis von Kultur gefunden hat. Kulturelle Identität oder Prägung der Gegenwart ist demnach nur zu verstehen als Zusammenspiel postkolonialer, globaler und transnationaler Einflüsse auf die Sozialisation aller Menschen, nicht nur derjenigen mit einem sog. „ Migrationshintergrund “ . Resultat ist eine Hybridisierung von Kulturen, das erneute Verschwimmen der häufig unter der Kolonialherrschaft willkürlich auf dem Reißbrett gezogenen Grenzen inmitten von und zwischen als „ Nationen “ definierten Bevölkerungsgruppen, zwischen Sprachen, Religionen und anderen Ausdrucksformen von symbolischen Orientierungssystemen (Bhabha 2007), in die Vorstellungen einer Nationenbildung nach europäischer Tradition einflossen. In der reflektierten Interkulturellen Bildung erfolgt eben eine Kritik an gesellschaftlich verinnerlichten Mechanismen von „ Kulturalisierung “ und der damit verbundenen Kollektivierung von individuellen Verhaltensweisen und Merkmalen durch Konstruktionen und Zuschreibungen. Sie stellt diesen eine reflexive Auffassung von „ Kultur “ und ihren Funktionen im pädagogischen Kontext - hergestellt in Interaktion - gegenüber. Betont wird in diesem Ansatz die Wandelbarkeit von kollektiven und individuellen kulturellen Ausdrucksformen in Zeit und Raum (dazu gehört insbesondere auch die kulturelle Ausdrucksform Sprache), der die Betonung des Konstruktionscharakters von Kultur zugrunde liegt. In der Interkulturellen Bildungsforschung steht Interkulturelle Bildung und sprachlich-kulturelle Heterogenität 35 die Frage nach den Funktionen von kulturellen Praktiken und deren Bewertung bei der Verteilung von Teilhabechancen in der Gesellschaft durch die im pädagogischen Kontext machtvollen Handelnden im Mittelpunkt (z. B. Gogolin 1994). Ziel ist die Entkoppelung der „ quasi-genetischen “ Verbindung von Kultur und Nation; Kultur und Sprache; Kultur und Religion und die Betonung von kultureller Hybridität als Normalität. In der Folge bleibt Kultur als Orientierungssystem von Menschen zwar im Aufmerksamkeitsfokus der Interkulturellen Bildung, doch wird der Begriff kritisch sowohl in seinem (Re-)Konstruktionscharakter wahrgenommen, wie auch als „ erweitert “ definiert, etwa bei Roth (2002: 91): Interkulturelle Pädagogik denkt von einem erweiterten Kulturbegriff aus, der Kultur theoretisch als Konstrukt und pragmatisch als gemeinsam geteiltes „ System von symbolischen Bedeutungen “ versteht, das in allen Lebensbereichen und Lebensvollzügen stets mitreproduziert wird; sie ist „ Orientierungssystem “ , „ unabgeschlossen, prozesshaft “ mit den Funktionen der „ Sinnkonstitution und Identitätsbildung “ . Diese Richtung Interkultureller Pädagog/ -innen beschränkt „ Kultur “ nicht auf eine ethnische oder nationale „ Kultur “ sondern umfasst alle Formen von „ Systemen symbolischer Bedeutung “ als Orientierungssysteme, die für Menschen bedeutsam sind, bzw. - und das ist wichtig für die weitere Betrachtung - die ihnen als bedeutsam von signifikanten und machtvollen Anderen zugeschrieben werden (Hall 1997). Im gesellschaftlichen und pädagogisch praktischen Alltagsdiskurs wird Interkulturelle Bildung dem gegenüber jedoch häufig immer noch auf Fördermaßnahme für Migrantenkinder und -jugendliche sowie auf Elternarbeit mit Eltern mit Migrationshintergrund reduziert, bei der es um eine Vermittlung (National-)Kulturen vergleichender Sicht- und Handlungsweisen (z. B. Erziehung in Deutschland und in der Türkei) geht, die das gegenseitige Verständnis auf Basis der Kenntnis der so benannten nationalen „ Kulturen “ befördern soll. Die Aneignung interkultureller Kompetenz gilt in diesem Zusammenhang als Aneignung spezieller Kulturkenntnisse zu anderen Ländern/ Völkern etc. (z. B. Kenntnis von Begrüßungsformeln in „ asiatischen Kulturen “ oder Blickkontakt-Konventionen in westlichen und „ orientalisch-asiatischen Kulturen “ ). In diesem Sinne wäre Interkulturelle Bildung eine Aufforderung an die „ einheimische Bevölkerung “ , sich entsprechende Kenntnisse anzueignen, um sich auf den Umgang mit anderen „ Kulturen “ in der multikulturellen Gesellschaft „ vorzubereiten “ und sie wäre die Vermittlung von Grundkenntnissen über das Funktionieren der „ deutschen Gesellschaft “ und der Sprache als Voraussetzung für die Integration der Zugewanderten in dieselbe. Im Fachdiskurs hingegen wird Interkulturelle Bildung - trotz auch unterschiedlicher Zugänge - als Teil allgemeiner Bildung verstanden, die eine Entwicklungsaufgabe für alle Lehrenden und Lernenden darstellt (Gogolin & Krüger-Potratz 2010: 106 f.). Sie zielt auf Veränderung von Deutungsmustern, Einstellungen, Haltungen der an pädagogischen Prozessen Beteiligten aber sie zielt auch auf Veränderungen diskriminierender Strukturen im Bildungswesen, die sich an sprachlicher, kultureller, ethnischer und nationaler Homogenität als Normalfall orientieren (Institutionelle Diskriminierung, vgl. Gomolla & Radtke 2002) und hat somit auch eine dezidiert bildungspolitische Perspektive. Das Leistungsspektrum Interkultureller Bildung umfasst auch förderpädagogische Angebote z. B. für Kinder und Jugendliche und Neuzuwanderer (z. B. in Form von Deutsch- 36 I Erziehungswissenschaftliche Impulse für den Umgang mit Heterogenität Sprachförderung für Neuankömmlinge wie Deutsch als Zweitsprache-Lernende). Hier geht es um die Befähigung zur Partizipation an der Gesellschaft, um die Vermittlung von Grundkompetenzen, die diese Partizipation ermöglichen. Grundsätzlich aber versteht sich Interkulturelle Bildung als Schlüsselqualifikation und Querschnittaufgabe in der Erziehungswissenschaft und in pädagogischen Tätigkeitsfeldern. Als Teil der allgemeinen Pädagogik unterstützt sie mit ihren Gegenständen und Methoden im Rahmen schulischer Bildung die Orientierung aller in der globalisierten Welt. Fundamentale Kritik erhält Interkulturelle Bildung auch noch bezogen auf ihre hier skizzierte Weiterentwicklung aus zwei Richtungen, der Transkulturellen Pädagogik und der Migrationspädagogik. Als Ausweg aus dem Dilemma, mit der Selbstbezeichnung „ interkulturell “ kulturelle Zuschreibungen festzulegen, schlägt Wolfgang Welsch (1992) das Konzept der „ Transkulturellen Pädagogik “ vor. Als wesentliches Kennzeichen von Transkulturalität benennt Welsch auf der Makroebene die externe Vernetzung der Kulturen und die Hybridisierung, auf der Mikroebene die transkulturelle Prägung der Individuen durch verschiedenartige, je individuelle kulturelle Herkünfte und Bindungen. Transkulturelle Gesellschaften seien nicht mehr einheitlich und monokulturell bestimmt, sondern umfassten eine Vielfalt unterschiedlicher (Teil-)Kulturen. Die erworbene Kultiviertheit der Individuen sei nicht mehr durch eine einheitliche, homogene Kultur geprägt, sondern durch die verschiedenen Kulturen, die Einfluss auf den je individuellen Sozialisationsprozess hätten. Voraussetzung dafür sei die Betrachtung des einzelnen Subjekts als eines, das an verschiedenen Wissens- und Symbolsystemen oder gesellschaftlichen Praxen partizipiert. Multikulturalität sei dann nicht mehr die Anwesenheit verschiedener Kulturen in einer Gesellschaft sondern eine Konstellation, in der die einzelnen Gesellschaftsmitglieder gleichzeitig an verschiedenen Kulturen teilhaben oder sie als Orientierung nutzen können (vgl. hierzu auch Bhabha 2007). Als Bezeichnung hat sich im pädagogischen Kontext jedoch „ Transkulturelle Pädagogik “ bislang nicht gegenüber „ Interkultureller Pädagogik “ durchsetzen können. Paul Mecheril et al. (2010: 64) kritisieren an der Interkulturellen Pädagogik, dass sie „ keine Pädagogik ist, die sich mit der kulturellen Pluralität hoch differenzierter Gesellschaften in allgemeiner Einstellung beschäftigt, und im Wesentlichen Pädagogik ist, die sich mit Pluralisierung und Diversifizierung als Resultat von „ Migration “ auseinandersetzt “ . Solange diese Perspektive verfolgt werde, [. . .] bleibt „ Interkulturelle Pädagogik “ als Bezeichnung einer erziehungswissenschaftlichen Fachrichtung unklar. Denn als Bezeichnung suggeriert sie, dass sie die mit Migrationsphänomenen verbundene Tatsache der Diversifizierung und Pluralisierung von Problemlagen, Bildungsanliegen und -voraussetzungen sowie die Vielfalt der Bildungsverläufe in einer Migrationsgesellschaft unter der Kategorie „ Kultur “ beschreibt und behandelt und auch ihre eigenen Reaktionen unter der Kategorie „ Kultur “ zum Thema macht (Mecheril et al. 2010: 64). Als Reaktion auf die Gefahren einer Essentialisierung von Kultur(en), in der in „ Interkultureller Pädagogik “ Kulturdifferenz per se als gegeben betrachtet und durch das Vorwort „ Inter- “ sich scheinbar darauf beschränkt, eine Beziehung „ zwischen “ Kultur(en) stiften zu wollen, hat Paul Mecheril den Begriff der „ Migrationspädagogik “ geprägt. In dieser Perspektive interessiert ihn die [. . .] Frage der natio-ethno-kulturellen Zugehörigkeitsordnung, in der Menschen unterschieden und so positioniert werden, dass ihnen unterschiedliche Werte der Anerkennung und Interkulturelle Bildung und sprachlich-kulturelle Heterogenität 37 Möglichkeiten des Handelns zugewiesen werden. Zweitens ist die Frage bedeutsam, wie Pädagogik einen Beitrag zur (Re-)Produktion dieser Ordnung leistet und welche Möglichkeiten der Veränderung und Schwächung dieser Ordnung gegeben sind und entwickelt werden können (Mecheril er al. 2010: 15). Auch dieses Angebot an eine grundlegende Infragestellung der Konzeption Interkultureller Pädagogik führte bislang jedoch noch nicht zu einer grundlegenden Abkehr von dieser etablierten Begrifflichkeit in der entsprechenden Fachdisziplin. Interkulturelle Pädagogik sollte eben nicht auf einen affirmativen Kulturbegriff reduziert sondern als erziehungswissenschaftliche Disziplin verstanden werden, die sich schwerpunktmäßig mit dem Topos der kulturellen Differenz (selbst-)kritisch reflektierend und somit analytisch dekonstruierend auseinandersetzt, und die Kategorie Kultur in ein Verhältnis zu weitergehenden migrationsgesellschaftlichen Differenzverhältnissen und Zugehörigkeitsordnungen stellt. Die Autorin dieses Beitrags sieht sich einer solchen Sichtweise verbunden. 2 Sprache und Mehrsprachigkeit als Gegenstand Interkultureller Pädagogik Spätestens seit Gogolins paradigmatischer Feststellung und Rekonstruktion des monolingualen Habitus der multikulturellen Schule (1994) steht der fehlende wertschätzende und adäquate Umgang von Schule mit lebensweltlicher und in Deutschland häufig im Migrationskontext relevanter Mehrsprachigkeit für viele Interkulturelle Bildungsforscher/ -innen im Mittelpunkt der Betrachtung (vgl. Gogolin & Krüger- Potratz 2010: 173 ff.). Eine andere Wendung erhielt die linguistische Betrachtung von migrationsbedingter Vielfalt und die daraus abzuleitenden Handlungserfordernisse für eine Schule der Migrationsgesellschaft durch die Erkenntnisse der Schulleistungsvergleichsstudie PISA, in der deutlich wurde, dass Schüler/ -innen, deren Familiensprache nicht Deutsch ist, in Kombination mit einem geringeren sozio-ökonomischem Status grundlegende Benachteiligungen im hochgradig sozial-selektiven Bildungssystem Deutschlands erfahren (vgl. Dirim & Mecheril 2010: 99). Aus der Fokussierung auf eine fehlende Passung zwischen dem Bildungssystem, das von einer quasi naturgegebenen Deutschsprachigkeit in Form der Bildungssprache Deutsch ausgeht, zu einem wachsenden Anteil an Schüler/ -innen, die ohne Deutsch als Familiensprache aufwachsen, hat sich ein Zweig der Erziehungswissenschaft herausgebildet, der viele wichtige Impulse für die schulische Praxis ebenso wie für bildungspolitische und administrative Entscheidungen gegeben hat. Zentral war etwa die aus Studien zum Spracherwerb von Schüler/ -innen in der Migrationsgesellschaft erwachsene Erkenntnis in die lebensweltliche Bedeutung von Mehrsprachigkeit für Kinder und Jugendliche, deren Familien eine Migrationsgeschichte aufweisen und die Befunde zu Prozessen des Erwerbs von Deutsch als Zweitsprache in Gesellschaft und Schule. Daraus erwuchs die Einsicht in ein verkürztes Verständnis bisheriger Sprachförderung, das sich auf zielgruppenspezifische Interventionen in Deutsch als Zweitbzw. Fremdsprache zu Beginn der Schullaufbahn in Deutschland beschränkt. Stattdessen wurde die Notwendigkeit einer die Bildungsbiographie begleitenden durchgängigen Sprachbildung in Deutsch offenbar. Sie ist in der Schule umzusetzen als Unterrichtsprinzip aller Schulstufen und -fächer und hat mittlerweile auch Eingang in Empfehlungen der Kultusministerkonferenz (vgl. KMK 2013) gefunden. 38 I Erziehungswissenschaftliche Impulse für den Umgang mit Heterogenität Ansätze der Language Awareness, Förderung von Sprachbewusstsein durch Einbeziehung der Migrantensprachen in den (Fach-)Unterricht und der Erziehung in und zur Mehrsprachigkeit wurden als Forderungen der Erziehungswissenschaft im bildungspolitischen Diskurs nicht weiter aufgegriffen. Vielmehr kam es, unterstützt durch die Time-on-Task-Hypothese, zu einer eindimensionalen Interpretation von migrationsbedingter Zwei- und Mehrsprachigkeit als zwar den Erwerb der deutschen Sprache nicht störend aber auch nicht fördernd, woraus von einer Reihe von quantitativen Sozialforscher/ -innen (Esser 2006; vgl. dazu Gogolin & Neumann 2009) ebenso wie von der Bildungspolitik überwiegend die Schlussfolgerung gezogen wurde, dass zeitliche und finanzielle Ressourcen zur Sprachförderung verstärkt in die Deutsch-Sprachförderung fließen müssten. Aus dem Selbstverständnis der Interkulturellen Bildung heraus stellt eine einseitige Konzentration auf die deutsche Sprache als Bildungsvoraussetzung bzw. fehlende Kenntnisse in Deutsch als Einschränkung von Bildungsmöglichkeiten in doppeltem Sinne eine Verengung des Blicks auf Bildung in der Migrationsgesellschaft dar. Zum einen ist Sprache nur ein Aspekt von natio-ethno-kultureller (vgl. Mecheril 2004) Diversität, und eine Beobachtungsperspektive, die - zumal wenn sie sich auf die Kompetenzen in der deutschen Sprache beschränkt - sowohl für das Selbstverständnis des Individuums wie auch für die Gesellschaft bedeutsame mehrsprachige Kompetenzen und entsprechende Ressourcen ausblendet. Zum anderen bedeutet eine einseitige Konzentration auf Deutsch als Bildungsvoraussetzung auch, der Illusion anzuhängen, dass Bildungsbenachteiligung allein von der funktionalen Ausprägung von Sprachkenntnissen in Deutsch abhängig wäre. Eine solche Sichtweise orientiert sich affirmativ an einem Postulat der Lösung aller Bildungsprobleme bei Personen mit Migrationshintergrund durch die Vermittlung bildungssprachlicher Kenntnisse in Deutsch. Dies blendet strukturelle wie individuelle Diskriminierung in Gesellschaft und Bildungssystem aufgrund natio-ethno-kultureller Zugehörigkeit zu „ den Anderen “ ebenso aus, wie das Versäumnis des Bildungssystems, sich auf den Normalfall sprachlich-plurale Voraussetzungen der Schüler/ -innen in den Regelroutinen einzustellen. Es reduziert die Forderung an Schule der Migrationsgesellschaft auf die Vermittlung von Deutsch als Zweit-/ bzw. Fremdsprache. Ein solcher, auf die Beherrschung der deutschen Sprache reduzierter Bildungsbegriff, vernachlässigt auch systematisch die Herkunftssprachen als für die Schüler/ -innen mindestens gleichwertige Symbolsysteme und Kommunikationsmittel (Dirim 2015). Aus einem umfassenden Verständnis der Migration als Normalität von Schule, das der interkulturellen ebenso eigen ist wie der Migrationspädagogik sind jedoch für eine interkulturelle oder migrationsgesellschaftliche Öffnung des Bildungssystems weitaus grundlegendere Überlegungen anzustellen. Als Querschnittsdimension, deren umfassende Berücksichtigung die Herstellung von Chancengleichheit zum Ziel hat, erfordert Interkulturelle Bildung, den Blick auf alle Ebenen von Schule zu richten und diese einer umfassenden Evaluation zu unterziehen im Hinblick darauf, ob die Räume, die Leitideen, die Regeln, die Routinen, die Führungsstile, die Ressourcenverteilung sowie die Kommunikation nach außen und die Einstellungen der Akteure im Hinblick auf die Vielfalt gerecht und effektiv sind (vgl. Terkessidis 2010: 130). Dementsprechend ist Interkulturelle Öffnung von Schulen nicht auf additive, zielgruppenspezifische Fördermaßnahmen zum Erwerb des Deutschen als Zweit-/ oder Interkulturelle Bildung und sprachlich-kulturelle Heterogenität 39 Fremdsprache zu reduzieren, sondern bedeutet einen radikalen Umbau der Institution Schule mit Umorientierung auf den Normalfall der ethnisch-kulturellen und eben auch sprachlichen Pluralität der Lebenswelten von Schüler/ -innen in allen Fächern. Eine solche Perspektive ernsthaft weiter zu verfolgen würde für die Berücksichtigung der lebensweltlichen Mehrsprachigkeit im Unterricht aller Fächer mehr bedeuten als derzeitige Modelle von Begegnungssprachen, Language Awareness und additiver Herkunftssprachenunterricht für einzelne Sprachen erfüllen können. Die genannten Modelle laufen Gefahr, die Migrationssprachen (Dirim 2015) auf die Vermittlung von Freude an Sprachen und Sprechen, auf Wertschätzung von Sprachen der Schüler/ -innen, Identitätsstärkung der Schüler/ -innen mit Migrationshintergrund und Beitrag zum „ Interkulturellen Lernen “ und damit „ unbeabsichtigt “ , wie Dirim betont, auf einen „ folkloristisch-untergeordneten “ Wert in der Schule, der für den Schulerfolg unwichtig ist, zu reduzieren (Dirim 2015: 43). Während Fremdsprachen ebenso wie Migrantensprachen unter der Perspektive der Steigerung „ Interkultureller Kompetenz “ firmieren, wird dieser Aspekt für das Deutsche nicht bemüht. Ihrer Schlussfolgerung, die unter den gegebenen Umständen von Schulrecht und Schulpraxis radikal anmutet, ist vor diesem Hintergrund grundlegend zu folgen: Eine Gleichstellung der Sprachen und ihrer Sprecherinnen und Sprecher kann nur dann erreicht werden, wenn das Deutsche und die Migrationssprachen gleichermaßen in Bezug auf ihr „ identitätsstiftendes “ Potential, ihre Rolle als Träger von „ Kultur “ und als Instrumente der Vermittlung von fachlicher Bildung diskutiert, bearbeitet und angewandt werden (ebd.: 44 f.). Sie fordert so eine konsequente Entwicklung und Umsetzung von Migrantensprachen als Unterrichtssprachen im Fachunterricht, ihre Weiterentwicklung zur Sachfachunterrichtssprache. Davon allerdings ist die Regelschule der multilingualen Migrationsgesellschaft bislang weit entfernt. 3 Mehrsprachigkeit und Fremdsprachenunterricht aus interkulturellpädagogischer Perspektive Mehrsprachigkeit erhält im schulischen Alltag nicht nur durch das Aufeinandertreffen von mehrsprachigen oder nicht-deutschsprachigen Voraussetzungen eines großen Teils der Schüler/ -innen Bedeutung. Aktuelle Zahlen z. B. aus Bremen veranschaulichen eindrücklich, was nicht-Deutschsprachigkeit und lebensweltliche Sprachenvielfalt an Schulen in westdeutschen Großstädten aktuell bedeutet. Der Bremer Bildungsbericht „ Migration und Bildung “ aus dem Jahr 2012 erfasst „ Migrationshinweis “ als ein Merkmal, das auf familiäre unmittelbare Migrationserfahrungen sowie Mehrsprachigkeit in der Familie hinweist (Senatorin 2012: 19). Aktuell ist bereits für mehr als die Hälfte aller Schulanfänger/ -innen in Bremen ein solcher „ Migrationshinweis “ festzustellen (ebd.: 21). Ausschließlich bezogen auf Mehrsprachigkeit zeigt sich, dass lediglich an acht Schulen in Bremen die Anzahl der Muttersprachen, die die Schüler/ -innen sprechen, fünf und weniger beträgt. In 43 Schulen sind es zwischen sechs und zehn Sprachen. An 56 Schulen sind es 11 bis 15 Sprachen und an 36 auch mehr als 15 Muttersprachen. Zwar stellen in Bremen Türkisch (36,6 %), Russisch (14,8 %), Arabisch (7,2 %) und Polnisch (5,2 %) die größten unter den Muttersprachen der durch Schüler/ -innen repräsentierten Sprachen dar, doch wird anhand des Anteils von einem Fünftel der 40 I Erziehungswissenschaftliche Impulse für den Umgang mit Heterogenität Kategorie „ Sonstige “ , in die all diejenigen Sprachen eingeflossen sind, die von unter 3 % der Schüler/ -innen gesprochen werden, auch die darüber hinausgehende Pluralität sprachlicher Repräsentationen an Bremer Schulen deutlich (ebd.: 178). Die Zahlen zeigen, dass die sprachliche Heterogenität als eine Ausdrucksform kultureller Heterogenität eine Realität von Schule in Deutschland darstellt, die es nicht nur zu akzeptieren sondern auch zum Besten aller zu nutzen und zu fördern gilt. Das ist die Perspektive der Interkulturellen Bildung auf dieses Themenfeld. Die sich hier abbildende Komplexität mehrsprachiger Settings an Schulen wird gesteigert durch die damit verbundenen, veränderten Anforderungen an einen Fremdsprachenunterricht in Klassen mit pluralen mehrsprachigen Voraussetzungen. Dies bedeutet nicht automatisch, dass migrationsbedingt mehrsprachige Schüler/ -innen besondere Bedarfe der Unterstützung aufweisen, sondern kann ebenso bedeuten, dass sie hier spezifische Ressourcen einbringen können, die sich allerdings bislang dem Aufmerksamkeitsfokus der Pädagog/ -innen eher entziehen, da ein Postulat der mit „ Migrationshintergrund “ verbundenen schulischen Probleme den Diskurs über Bildungsprobleme und -chancen dieser Gruppe von Schüler/ -innen dominiert. Krafft (2009: 85) stellt als Schlussfolgerung aus einer Synopse einschlägiger Untersuchungsergebnisse zu Mehrsprachigkeit im internationalen Kontext fest: Neben dem klar ersichtlichen Vorzug, in mehreren Sprachen kommunizieren zu können, führt Mehrsprachigkeit offensichtlich zu Vorteilen im kognitiven, in diesem Falle im metasprachlichen Bereich. Notwendig ist daher besonders im Bildungsbereich eine Wertschätzung der Mehrsprachigkeit, die Kindern und Eltern gegenüber auch deutlich artikuliert werden muss. Göbel, Rauch und Vieluf (2011) konnten unter Bezugnahme auf Daten der DESI-Studie zu Englischkompetenzen unter Bedingungen migrationsbedingter Mehrsprachigkeit Befunde ermitteln, die vermuten lassen, dass eine sprachliche Primärsozialisation in einer anderen als der deutschen Sprache sich positiv auf den Erwerb der schulischen Fremdsprache Englisch auswirken kann: Im Hinblick auf die Deutschkompetenzen zeichnen sich die deutsch erstsprachig aufgewachsenen Lernenden durch einen besonderen Vorsprung gegenüber den Lernenden mit Zuwanderungshintergrund aus, wobei Lernende mit türkischem Zuwanderungshintergrund besonders benachteiligt zu sein scheinen. Im Hinblick auf die Englischtests schneiden die Lernenden der drei Migrantengruppen [Türkisch, Russisch, Polnisch; Y. K.] etwas besser ab als die Deutscherstsprachigen Lernenden, die mehrsprachig aufgewachsenen Lernenden haben gegenüber den monolingual Deutscherstsprachigen sogar einen deutlichen Vorteil (Göbel, Rauch & Vieluf 2011: 50). Gegebenenfalls kam der Gruppe der „ Lernenden mit Zuwanderungshintergrund “ hier ihr durch das zweisprachige Aufwachsen stärker ausgebildetes metasprachliches Wissen, das ein stärkeres Sprachbewusstsein und eine größere Sprachreflexion als bei einsprachig aufwachsenden Kindern vermuten lässt, zugute. Auf Basis der Daten stellen die Autorinnen der DESI-Auswertung fest, „ dass Mehrsprachigkeit eine Ressource im Bildungsprozess darstellt, die positiv bewertet und gerade im Hinblick auf das weitere Fremdsprachenlernen auch im Klassenverband genutzt werden könnte “ (Göbel et al. 2011: 62). Ganz so euphorisch will Elsner die Effekte des mehrsprachigen Aufwachsens auf das weitere Fremdsprachenlernen nicht beurteilen. Sie stellt in Rechnung, dass sich dieses nur „ unter ganz bestimmten Voraussetzungen vorteilhaft für das weitere Fremdsprachenlernen darstellen “ würde (Elsner 2010: 102), wobei es hier - wie auch bei Interkulturelle Bildung und sprachlich-kulturelle Heterogenität 41 Krafft betont wird - v. a. auf die Einstellung zur Mehrsprachigkeit und die Wertschätzung der vorhandenen Sprache(n) durch die Familie und die umgebende Gesellschaft ankomme (ebd.; auch S. 113): „ Eine positive Einstellung zur eigenen Mehrsprachigkeit können die Schüler/ -innen offensichtlich nur dann gewinnen, wenn ihr tägliches Umfeld diese würdigt und ihnen zeigt, wie sie diese insbesondere beim Lernen weiterer fremder Sprachen konstruktiv nutzen können “ (ebd.: 114). Dies verweist auf die wichtige Rolle von Fremdsprachenlehrer/ -innen, die an vorhandenem Sprachwissen ihrer multilingualen Schulklasse umfassend anknüpfen und ein für Mehrsprachige anregungsreiches Milieu des Sprachbewusstseins auf der Basis von Sprachvergleich schaffen müssten (vgl. hierzu die „ Handlungsfelder multiliteraler Lernprozesse im Fremdsprachenunterricht “ nach Elsner 2010: 118). Hier verbinden sich auch über multi- und transkulturelle Autor/ -innen Inhalte von Texten im Fremdsprachenunterricht mit interkulturellen Impulsen. Nicht von ungefähr gilt der Fremdsprachenunterricht traditionell als Unterricht, der sich in besonderer Weise für die Förderung interkultureller Lernprozesse bei allen Schüler/ -innen eignet. Wobei sich die Definition, wie oben gezeigt werden konnte, von „ Interkulturalität “ im Zeitverlauf stark verändert hat. Dies ist auch in die aktuellen KMK-Empfehlungen zur „ Interkulturelle Bildung und Erziehung in der Schule “ (KMK 2013) eingeflossen. Hier heißt es: Das gemeinsame Lernen in allen Fächern ist eine zentrale Voraussetzung für interkulturelle Lernprozesse. Diese können insbesondere durch die Beschäftigung mit Sprache und Mehrsprachigkeit im Fremd- oder Herkunftssprachenunterricht und internationale Schulpartnerschaften unterstützt werden. Hierzu wird auf die Ausführungen in den ‚ Empfehlungen der Kultusministerkonferenz zur Stärkung der Fremdsprachenkompetenz ‘ (Beschluss der KMK vom 08. 12. 2011) verwiesen. Ganz explizit heißt es weiter in den KMK-Empfehlungen (2013: 3), Schule nimmt „ die sprachlich-kulturelle Vielfalt ihrer Schüler- und Elternschaft als Chance für interkulturelles Lernen bewusst wahr und berücksichtigt diese in der schulprogrammatischen Arbeit. Hierzu gehören auch die Würdigung und Förderung der sprachlichen Kompetenzen mehrsprachig aufwachsender Schülerinnen und Schüler. “ In den hier zitierten KMK-Empfehlungen zur Stärkung der Fremdsprachenkompetenz (KMK 2011a: 3) heißt es: „ Der Fremdsprachenunterricht im Primarbereich greift Spracherfahrungen aus dem vorschulischen Bereich auf und knüpft auch an Sprachlernerfahrungen und Kenntnisse von Schülerinnen und Schülern in nicht-deutschen Erstsprachen an “ . Auch Blell und Doff (2014: 2) verweisen darauf, es sei basierend auf Erkenntnissen der Mehrsprachigkeitsdidaktik „ inzwischen üblich, das übergeordnete Ziel des Fremdsprachenunterrichts im Ausbau einer interkulturellen und sprachhandlungsorientierten kommunikativen Kompetenz zu sehen “ . Sie warnen gleichzeitig vor einer klassischen Herangehensweise des Fremdsprachenunterrichts an die Vermittlung von „ interkulturellen Kompetenzen “ , die im Sinne der Vermittlung von authentischen Kenntnissen über „ andere Kulturen “ erfolgen und damit das „ Fremdverstehen “ fördern solle. Ein solches Verständnis setzte Sprachen mit (nationalen) Kulturen gleich und fördere eher Stereotypen als die Auseinandersetzung mit hybriden gelebten kulturellen Ausdrucksformen, die sich auch in den Sprachen des Fremdsprachenunterrichts niederschlagen (vgl. hierzu auch Doff & Schulze-Engler 2011: 2; Gogolin & Krüger-Potratz 2010: 187). Aus Perspektive der reflektierten Interkulturellen Pädagogik bietet der Fremdsprachenunterricht eine Möglichkeit, sich mit kultureller Hybridität, der Fluidität von 42 I Erziehungswissenschaftliche Impulse für den Umgang mit Heterogenität Kulturen und gesellschaftlichen Dominanzverhältnissen in unterschiedlichen (nationalen) Kontexten, die auch sprachlich deutlich werden, auseinanderzusetzen. Hier lassen sich zwischen den Erfahrungskontexten der Fremdsprachen und den Schüler/ -innen in der deutschen Migrationsgesellschaft Gemeinsamkeiten hinsichtlich der Prägung von Alltagserfahrungen durch Migration ausmachen, die in literarischen Texten der verschiedenen Sprachen ihren Ausdruck finden und als gemeinsamer Erfahrungsraum sichtbar gemacht werden sollten. Aus der Perspektive der Migrationspädagogik ist grundsätzlich eine „ Pädagogik der sprachlichen Sensibilität “ einzufordern, „ weil sie, anders als einseitig sprachassimilative Ansätze, die gesellschaftliche Wirklichkeit faktischer Viel- und Mehrsprachigkeit erfasst “ (Mecheril & Quehl 2009: 372). Eine solche „ realistische Pädagogik “ „ erkennt und benennt die strukturellen Voraussetzungen, auf die eine „ Pädagogik des Spracherwerbs “ unter Bedingungen migrationsgesellschaftlicher Differenz und Dominanz angewiesen ist “ (ebd.). Ziel wäre ein aktives Eintreten von Schule für „ Ermöglichungsstrukturen sprachlicher Befähigung in migrationsgesellschaftlicher Mehr- und Vielsprachigkeit [. . .] die das Maß an Mißachtung und Herabsetzung ihrer vielsprachigen Schülerschaft zu minimieren “ beitragen würde (ebd.: 380). Eine Sensibilisierung für die Macht der Sprache(n) und Sprache als Ausdruck von gesellschaftlicher Vielfalt kann bereits im Elementar- und Primarbereich angebahnt werden. Der Ansatz der Language Awareness als Bestandteil Interkultureller Bildung bietet nach Luchtenberg (2002) Chancen einer umfassenden Auseinandersetzung mit der in der Klasse und umgebenden Gesellschaft präsenten Mehrsprachigkeit: Alle Sprachen, die im Umfeld eine Rolle spielen, werden berücksichtigt, was unter Umständen auch eine einzige Sprache sein kann. Sprache wird ganzheitlich einbezogen, d. h. also alle ihre Phänomene von Lauten bis zu Texten. Kognitive, soziale und emotionale Zugänge zu Sprache (n) spielen eine Rolle. Die Frage der mit Sprache verbundenen Macht ist vor allem im Bereich von Critical Language Awareness relevant (Bewusstsein von Sprache als „ Waffe “ ) (ebd.: 30). Luchtenberg erkennt in Language Awareness die Chance, Elemente Interkulturellen Lernens für den Fremdsprachenunterricht nutzen (Empathie; Aufzeigen von Mehrperspektivität; Perspektivenwechsel): Das Aufzeigen von Mehrperspektivität entspricht im Sprachunterricht dem Sprachvergleich, durch den sich ergibt, dass Sprachen unterschiedliche Konzepte im semantischen, syntaktischen, pragmatischen oder textuellen Bereich entwickeln können, aber dennoch in allen Sprachen alles ausgedrückt werden kann. Perspektivenwechsel in der interkulturellen Pädagogik meint den Versuch, ein Thema oder ein Problem aus einer anderen Sichtweise heraus zu betrachten wie beispielsweise die napoleonischen Kriege aus Sicht Frankreichs und aus Sicht der eroberten Länder. Im sprachlichen Bereich ist dies wesentlich leichter zu leisten und von daher auch ein guter Beitrag zum interkulturellen Lernen insgesamt. Im sprachlichen Bereich meint es die probeweise Übernahme von sprachlichen Konzepten in einer anderen Sprache, was vor allem im Bereich der Semantik und Kommunikation wichtig sein kann (Luchtenberg 2002: 31). Ziel einer - nach Luchtenberg - so benannten interkulturellen sprachlichen Bildung ist es, eine Sensibilität für sprachliche Vielfalt zu entwickeln, für komplexe kulturelle und sprachliche Zugehörigkeiten, die keine Zuschreibungen zulassen; über gemeinsame Themen der Vielfalt, Migration, der Globalisierung deutlich zu machen, dass migrationsbedingte Heterogenität kein auf einzelne Staaten begrenztes Phänomen ist und Sprache Mittel und Ausdruck der in diesem Sinne gemachten Erfahrungen darstellt: Interkulturelle Bildung und sprachlich-kulturelle Heterogenität 43 Eine interkulturelle sprachliche Bildung ist daher im Wesentlichen durch Offenheit gegenüber Vielfalt gekennzeichnet. In Verbindung mit Language Awareness bedeutet dies also nicht mehr, aber auch nicht weniger als die Berücksichtigung der zwei- und mehrsprachigen Situation und Lebenserfahrungen in allen Bereichen, in denen sprachliche Aspekte von Relevanz sind (Luchtenberg 2002: 31). Mecheril und Quehl (2009) verweisen auf weitergehende Erfordernisse an eine Schule, die fähig ist mit migrationsgesellschaftlicher Mehrsprachigkeit angemessen umzugehen. Sie fordern eine kritische Reflexion der Unterscheidung zwischen legitimen und illegitimen Sprachweisen bei Pädagog/ -innen ebenso wie die Hinterfragung einer Unterscheidung zwischen vorrangigen und nachrangigen Sprachen in Schule und Unterricht (ebd.: 380). Aus dem bisher Geschilderten ergeben sich einige Fallstricke im Hinblick auf die angemessene Berücksichtigung migrationsbedingter lebensweltlicher Mehrsprachigkeit im Fremdsprachenunterricht, auf die hier hingewiesen werden soll. Auch wenn es mittlerweile zur Kernkompetenz von Pädagog/ -innen gehören sollte, Kenntnisse über Migrationsbewegungen, Gründe für Migration und Bedingungen der Aufnahme und Partizipation in Migrationsgesellschaften zu erwerben und damit Migration als Normalfall anzuerkennen, so ist Vorsicht geboten bei allen Versuchen, Migration zum Aufmerksamkeitsfokus des Unterrichts zu machen. Vielmehr sind Räume und Anlässe zu einer selbstbestimmten sprachlich, ethnisch, kulturellen Verortung der Schüler/ -innen zu schaffen. Kontraproduktiv für eine solche Selbstbestimmung und reflexive Auseinandersetzung mit der eigenen (pluralen) Sprachpraxis und Familiengeschichte wäre es, Einzelne zu „ Expert/ -innen für regionale/ nationale Kulturen “ qua Herkunft zu erklären, wie es - in gut gemeinter Einbeziehung der „ Familienkulturen “ - nicht selten im Unterricht geschieht. Dementsprechend ist interkulturelles sprachliches Lernen eben nicht auf das Lernen des „ Typischen “ einer Kultur reduzieren, wie es der klassische Ansatz in der Fremdsprachendidaktik vorsieht (zur Kritik daran vgl. auch Doff & Schulze-Engler 2011). Ebenso wären „ Migrantensprachen “ oder „ Ethnolekte “ nicht als dysfunktionale Ausdrucksformen fehlender sprachlicher Kompetenz oder schlicht als Angelegenheit der Migranten zu definieren sondern als sprachlich-kulturelle, kreative und hybride kulturelle Ausdrucksformen in der Migrationsgesellschaft, die es in allen Migrationsländern gibt. Vorsicht ist geboten vor unreflektierten Annahmen über sprachlich-kulturelle Verortungen in Familien mit sog. Migrationshintergrund in der Interaktion mit Schüler/ -innen aus Migrationsfamilien. Anschlussfragen 1. Welche Bedeutung hat die im Beitrag wiedergegebene Diskussion zum Kulturbegriff in der Interkulturellen Bildung für ihre fachdidaktische Professionalisierung als Fremdsprachenlehrer/ -in in einer migrationsbedingt pluralen Klasse? 2. Bitte überlegen Sie, wie lebensweltliche Mehrsprachigkeit in Unterrichtskonzeptionen im Fach Englisch einbezogen werden könnte unter Berücksichtigung der im Artikel genannten Fallstricke. 3. Bezogen auf Praktika/ 2. Phase der Lehrerausbildung: Wie kann der Diversitätsaspekt „ sprachlich-kulturelle Heterogenität “ in der Beschreibung von Lerngruppen so berücksichtigt werden, dass dabei keine Kulturalisierungen entstehen? 44 I Erziehungswissenschaftliche Impulse für den Umgang mit Heterogenität II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive II.1 Kontextualisierung und Rahmenbedingungen Gab ’ s das nicht schon mal? - Zur Diskussion des „ Englischunterrichts für alle “ in den 1960er und 1970er Jahren Liesel Hermes „ Es gehört zum Sinn des Fremdsprachenunterrichts, Menschen zu befähigen, innere und äußere Grenzen zu überschreiten “ (Sauer 1968: 10). „ Allein auf sich gestellt, lernt keiner sprechen “ (W. & J. Butzkamm 2008: 182). Der Beitrag befasst sich mit der historischen Entwicklung des Englischunterrichts nach dem 2. Weltkrieg, insbesondere mit dem Hamburger Abkommen von 1964, als Englischunterricht Pflichtfach für alle Schüler/ -innen wurde. Damit war die Fremdsprache kein Selektionsinstrument mehr, und entsprechend wurden in der Fülle der Publikationen zur Didaktik eines Englischunterrichts für alle realistische Ziele und „ hauptschulgemäße “ Unterrichtsmethoden entwickelt und propagiert. Angesichts der Heterogenität der Schülerpopulation in Hauptschulen war seitens der Bildungspolitik in etlichen Bundesländern allerdings die Möglichkeit der Abwahl vorgesehen. Obwohl etliche empirische Untersuchungen die Defizite schwächerer Schüler/ -innen beim Erlernen einer Fremdsprache nachwiesen, blieb es das dezidierte Ziel, allen Kindern und Jugendlichen einen ihnen angemessenen Fremdsprachenunterricht zu ermöglichen, allerdings mit verschiedenen Formen der inneren und äußeren Differenzierung und der Individualisierung (im Sinne individueller Unterstützung und Förderung). Angesichts immer heterogenerer Klassen erscheint aktuell eine Rückbesinnung auf ältere Konzeptionen von Individualisierung und Differenzierung bedenkenswert, um gerade auch schwächeren Schüler/ -innen adäquate Lernchancen zu geben, wie ja auch für hochbegabte Kinder Förderprogramme durchgeführt werden. Aktivierung von Vorwissen 1. Schlagen Sie in fachdidaktischen Lexika die Begriffe „ Differenzierung “ und „ Individualisierung “ nach und vergleichen Sie sie auf mögliche Bedeutungsunterschiede hin. 2. Welche konkreten Umsetzungsmöglichkeiten von „ Differenzierung “ und „ Individualisierung “ im Englischunterricht der Sekundarstufe I kennen Sie? 3. Welche besonderen Möglichkeiten und Grenzen der „ Differenzierung “ und „ Individualisierung “ bietet Ihrer Meinung nach das Fach Englisch? 1 Problemaufriss „ Englischunterricht für alle “ war das programmatische politische Ziel des sog. Hamburger Abkommens im Jahr 1964. „ Englischunterricht für alle “ wurde dann auch zum Slogan und zur Forderung in zahlreichen fachdidaktischen Publikationen. Eine Möglichkeit wäre gewesen, mit dem Hamburger Abkommen zu beginnen, das bildungspolitisch einen Meilenstein in der westdeutschen Bildungslandschaft darstellte. Aber was war vorher? 1 Unmittelbar nach dem Ende des 2. Weltkrieges gewann der Gedanke des Fremdsprachenunterrichts für alle an Boden, nicht zuletzt aufgrund der Besetzung Deutschlands durch die vier Siegermächte USA, Russland, England und Frankreich. In Berlin, das hier exemplarisch stehen soll, herrschte die Maxime: Cuius regio, eius lingua ( „ Wessen Herrschaft, dessen Sprache wird gelernt “ ). Unter der Viermächtekontrolle sollten Kinder ab der 5. Klasse eine der Fremdsprachen Englisch, Französisch oder Russisch lernen. Es versteht sich von selbst, dass es anfangs weder Lehrpläne noch ausgebildete Fremdsprachenlehrkräfte noch Schulbücher gab, aber die „ Erweiterung der Volksschullehrpläne in Berlin kann als Schritt zur Demokratisierung der Schule betrachtet werden “ (Harks-Hanke & Zydatiß 1986: 36). Als sich die Kultusminister 1948 trafen, „ war der fremdsprachliche Unterricht ab Klasse 5 in Berlin bereits per Schulgesetz obligatorisch “ (ebd.: 34). Kahl berichtet über einen Schulversuch in Hamburg, der ab 1962 eruierte, ob Englischunterricht auch an Volksschulen stattfinden sollte. Der auf fünf Jahre angelegte Versuch (Kahl 1986: 58) wurde durch das Hamburger Abkommen 1964 praktisch überholt, führte aber zu der im vorliegenden Zusammenhang interessanten Entwicklung, dass die Kinder in A-Kurse und B-Förderkurse eingeteilt wurden, um zum einen allen Kindern die Möglichkeit des Fremdsprachenunterrichts zu eröffnen, zum anderen schwächere Kinder aber nicht zu entmutigen. Kahl stellt die bescheidenen Ergebnisse sehr ehrlich dar (ebd.: 59) und betont v. a., dass gerade schwächere Kinder individuell und ohne „ stoffliche Vorgaben “ (ebd.: 62) gefördert werden müssen. 2 Hamburger Abkommen (1964) Ein Meilenstein in der Geschichte der Bildungspolitik der Bundesrepublik Deutschland war das Hamburger Abkommen zwischen den Bundesländern, das eine Vereinheitli- 1 Historische Abrisse der Geschichte des Englischunterrichts finden sich in zahlreichen Fachdidaktiken (z. B. Doff 2008: 96 - 99; Hüllen 1987: 27 - 44; Lorenzen 1974: 17 - 24) sowie in fachdidaktischen Lexika und Handbüchern (z. B. Bausch et al. 2003: 614 - 621; Surkamp 2010: 87 - 91). Bei Helmut Sauer, Fremdsprachen in der Volksschule (1968) handelt es sich explizit um eine historische Darstellung mit dem Untertitel Untersuchungen zur Begründung des Englischunterrichts für alle, und die von Appel (2004) herausgegebene Tagungsdokumentation Aufschwung im Rückblick hat die Fremdsprachendidaktik der sechziger Jahre zum Inhalt mit einem breiten historischen Überblick aus der Perspektive führender Fachdidaktiker/ -innen. Um eine teilweise historisch orientierte Publikation handelt es sich bei der Festschrift für Harald Gutschow zu seinem 60. Geburtstag, die mit dem Titel 1945 - 1985. Vierzig Jahre Englischunterricht für alle (Harks-Hanke & Zydatiß 1986) ebenfalls das programmatische „ für alle “ im Titel trägt, aber auf 20 Jahre Fremdsprachenunterricht bereits vor dem Hamburger Abkommen verweist. 48 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive chung des Schulwesens herbeiführte und u. a. einheitliche Bezeichnungen für die weiterführenden Schularten vorsah. So wurde aus der Volksschule die Hauptschule. In dem Abkommen der Ministerpräsidenten vom 28. 10. 1964 (vgl. Sauer 1968: 183) wurde formuliert: (1) Die Hauptschule schließt an die Grundschule an und endet mit der 9. Klasse. Eine 10. Klasse ist zulässig. (2) Es wird eine Fremdsprache, in der Regel Englisch, gelehrt. Sie beginnt mit der 5. Klasse. Eindeutigkeit [so Sauer] gewinnt der Absatz (2) erst aus dem Vergleich mit Formulierungen im folgenden Paragraphen über die Realschule. Dort heißt der entsprechende Satz: „ Es wird eine Pflichtfremdsprache, in der Regel Englisch, gelehrt “ . Daraus ist zu schließen, dass der Fremdsprachenunterricht in der Hauptschule zwar als ordentliches Lehrfach, „ nicht aber als verbindlich für alle Schüler vorzusehen ist “ (Sauer 1968: 183). Dennoch war dieses Abkommen insofern revolutionär, als nunmehr verbindlich für alle Bundesländer die Einführung einer Fremdsprache für alle Schüler/ -innen festgelegt wurde. Und wenn es schon in einigen Bundesländern vorher Fremdsprachenunterricht gab, so änderte sich durch diese Verbindlichkeit sehr viel. Damit endete die Phase, in der der Fremdsprachenunterricht als Selektionsfach diente. Vorher unterschieden sich die „ höheren Schulen “ , d. h. die Realschule und das Gymnasium, durch eben diesen Fremdsprachenunterricht von der Volksschule, deren Schüler/ -innen bis auf wenige Ausnahmen davon ausgenommen blieben und denen damit ein weiterer Bildungsaufstieg praktisch unmöglich gemacht wurde. Ein solch elitäres Bildungsverständnis wurde nun durch ein demokratisches ersetzt, das allen Kindern und Jugendlichen grundsätzlich Chancen für weitere Bildung und Bildungsteilhabe eröffnete. Die wichtigsten Argumente für dieses Vorgehen sind von Harks-Hanke und Zydatiß (1986: 13, Hervorhebung im Original) folgendermaßen zusammengefasst: Fremdsprachenkenntnisse gehören zu den elementaren Kulturtechniken in unseren Gesellschaften, in denen die Bereitschaft und Fähigkeit, sich auf ‚ Fremdes ‘ einzustellen [. . .], Grundausstattung einer schulisch vermittelten Bildung ist. Fremdsprachen (insbesondere Englisch-)Kenntnisse bilden die Grundvoraussetzung für interkulturell erweiterte Handlungserfahrungen. Die erweiterten Möglichkeiten zwischenmenschlicher Kommunikation [. . .] mindern die Gefahr einer Verabsolutierung des eigenen sprachlich-kulturellen Standpunkts [. . .]. Das Fremdsprachenlernen bereichert die individuelle Persönlichkeitsbildung in allen ihren Dimensionen: Kognition, Sozialverhalten, Emotionalität und den sprachlichkommunikativen Handlungsradius. In der demokratischen Gesellschaft darf die Schule keine sozialen Schranken aufbauen, indem sie durch das Nichtangebot oder die Abwahlmöglichkeit von Fremdsprachenunterricht bestimmte Schüler von weiterführenden und qualifizierenden Abschlüssen der schulischen Bildungseinrichtungen ausschließt [. . .]. Vorstellungen von Fremdsprachenunterricht als schulischer Ausleseinstanz oder Bildungsbarriere sind mit seinem Bildungswert unvereinbar. Gab ’ s das nicht schon mal? 49 Damit wird überzeugend die Forderung erhoben, dass das Erlernen einer Fremdsprache in einer demokratischen Gesellschaft zur schulischen Grundbildung jedes Menschen gehört, die niemandem vorenthalten werden darf. 3 Die Neuordnung des Englischunterrichts als Folge des Hamburger Abkommens Solange der Fremdsprachenunterricht eine Domäne der sog. höheren Schulen war, wurde zumeist von den modernen oder neueren Fremdsprachen gesprochen, um sie von den sog. alten Sprachen Latein und Griechisch abzugrenzen. Deren Wert bestand in der humanistischen Bildung, im Studium von Texten, die es zu übersetzen galt, soweit nicht explizit Grammatikunterricht betrieben wurde (vgl. Leisinger 1966: 92 f.). Die Grammatik-Übersetzungsmethode als Hauptcharakteristikum altsprachlicher Lehrmethoden wurde erst zum Ende des 19. Jahrhunderts durch die direkte Methode abgelöst, die die Fremdsprache quasi wie die Muttersprache direkt und ohne Umwege vermitteln wollte. Diese Entwicklung wird überzeugend von Tobias Rülcker in seinem Buch Neusprachenunterricht an höheren Schulen (1969) dargestellt. Auch die Didaktik von Fritz Leisinger (1966) ist noch mit Elemente des neusprachlichen Unterrichts betitelt. Beide sprechen von neuen Sprachen. Rülcker beschränkt sich im Gegensatz zu Leisinger auf die höheren Schulen, spart also die Hauptschulen aus, die 1969 als solche schon einige Jahre existierten. Er übt scharfsinnige und teils bissige Kritik an Lehrplänen und deren vager Terminologie sowie an Lehrwerken, die seiner historischen Untersuchung zugrunde liegen. Auch beklagt er das Fehlen von „ Analysen der täglichen Unterrichtspraxis “ (1969: 6). Er stellt die Entwicklung des Fremdsprachenunterrichts vom Beginn der direkten Methode über die Kulturkundebewegung bis in die 60er Jahre dar und analysiert, wie die direkte Methode den Fremdsprachenunterricht beeinflusste, wo aber seine Grenzen im Hinblick auf den Literaturunterricht lagen. Dabei bleibt er traditionellen Bildungsidealen verhaftet, wenn er eines der wichtigsten Ziele weiterhin im Literaturunterricht sieht, legt aber überzeugend dar, dass klassische fremdsprachliche Werke in aller Regel sprachlich über die Köpfe der Schüler/ -innen hinweggehen. Denn diese haben weder den intellektuellen Durchblick noch die sprachlichen Fähigkeiten, Literatur in der Fremdsprache zu interpretieren. Die Konsequenz ist eine Auseinandersetzung auf niedrigem Niveau, denn der Schüler „ sagt, was er kann, aber nicht, was er sagen will oder müsste “ (ebd.: 78). Da Rülcker diese Misere erkennt, fordert er v. a. für die Unterstufe auf der Basis der direkten Methode „ praktische Sprachbeherrschung “ , worunter er Verständnis- und Äußerungssowie Übersetzungsfähigkeit subsumiert (ebd.: 85). Damit glaubt er, den Grundstein für den Literaturunterricht in der Mittel- und Oberstufe legen zu können. D. h. hier bleibt der Fremdsprachenunterricht Bildungsinstrument im traditionellen Sinn. Leisinger spricht von der „ geistigen Bildung “ und „ literarische[n] Orientierung “ (1966: 94 f.), obwohl am Beginn „ die Erlernung der fremden Sprache als Sprache “ steht (ebd.: 95). Die Rülckersche Zielvorstellung einer literarischen Bildung steht aber dem Fremdsprachenunterricht für alle und besonders dem an Hauptschulen diametral entgegen. Und so erscheinen von der Mitte der 60er bis zum Ende der 70er Jahre etliche 50 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive grundlegende Fachdidaktiken Englisch, die den Hauptschulenglischunterricht im Blick und damit entsprechende Lehrkräfte als Adressaten hatten, die zunächst weitgehend fehlten. Harald Gutschows Englisch an Volksschulen erschien 1964 und wurde 1968 in Englisch an Hauptschulen umbenannt. Zehn Jahre später erschien eine Überarbeitung als Eine Methodik des elementaren Englischunterrichts. Probleme und Arbeitsformen. Das erste Kapitel ist jeweils mit „ Das Problem der Methode “ überschrieben. Damit macht er deutlich, dass für ihn Unterrichtsverfahren im Zentrum des Interesses stehen. „ Elementar “ definiert Gutschow (1978: 9) folgendermaßen: „ [Im elementaren Englischunterricht] kommt es darauf an, die Englischkenntnisse zu entwickeln, mit denen ein Mindestmaß an funktionsfähigem Sprachkönnen aufgebaut und gleichzeitig die Grundlage für eine differenziertere Leistungsfähigkeit gelegt werden kann “ . Von zentraler Bedeutung ist für Gutschow, dass, ausgehend von der „ direkten Methode “ , alle Methoden „ hauptschulgemäß “ sein müssen, ein Adjektiv, das sich programmatisch durch seine und im Gefolge durch zahlreiche andere Publikationen zieht. Dazu schreibt er: „ Der Ausbau des Englischunterrichts an der Volksschule seit dem Ende des zweiten Weltkrieges hat nach anfänglichen Versuchen, die Arbeitsweise der höheren Schule lediglich zu modifizieren, die klare Notwendigkeit erkennen lassen, eine volksbzw. hauptschulgemäße Arbeitsweise für den Fremdsprachenunterricht zu entwickeln “ (Gutschow 1971: 16). Die direkte Methode verzichtet „ weitgehend auf den vermittelnden Gebrauch der Muttersprache “ , was er später kritisch sah, und weist dem „ Grammatikunterricht [. . .] eine untergeordnete Hilfsfunktion “ zu (ebd.: 8). 2 Hier wird ein erstaunlicher, aber sicherlich notwendiger Schwenk der Perspektive deutlich: Beim Englischunterricht für alle geht es nicht mehr um einen spezifischen Bildungswert, der bislang zum Selektionsinstrument wurde, wenn es um klassische fremdsprachliche Literatur ging. Sondern es geht v. a. darum, wie denn erfolgreich gelehrt und v. a. gelernt werden kann, wenn man eine spezielle, dazu noch heterogene Schülerschaft vor Augen hat. Natürlich geht es weiterhin um Unterrichtsinhalte, aber auch darum, wie sie so vermittelt werden können, dass sie sich Kindern und Jugendlichen erschließen, deren Zugang zur Fremdsprache weniger einfach ist und wie sie dazu führen können, dass sich diese in der Fremdsprache bewegen können. D. h. es geht weniger um den Bildungswert des Faches als um Schülerorientierung und um realistische pragmatische Ziele, die er so zusammenfasst: „ Das Hauptziel muss der Erwerb sicherer Sprechgewohnheiten in einem sehr eng umschriebenen Bereich sein, der formal die grundlegenden Satzbaumuster und die zu ihrer Anwendung notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten umfasst, material die häufigsten Situationen des täglichen Lebens deckt “ (ebd.: 168). Im Jahre 1978 formuliert Gutschow (1978: 13) selbstbewusst in seinem Einleitungskapitel: Die direkte Methode erschien [. . .] nun im Kleid der „ hauptschulgemäßen Arbeitsweise “ . In der Folgezeit hat sie um sich gegriffen. Sie blieb nicht auf die Hauptschule beschränkt; die Gesamtschule machte sie sich zu eigen; und weil sie methodisch-sachlich so vernünftig [. . .] angelegt war, drang sie auch in die anderen Schulformen ein. Manches, was heute in Realschule und Gymnasium getan wird, ist nichts anderes als die modifizierte Anwendung der hauptschulgemäßen Arbeitsweise. 2 Tatsächlich machte auch Leisinger (1966: 98) die „ dienende Stellung “ der Grammatik geltend. Gab ’ s das nicht schon mal? 51 Aus heutiger Sicht erscheint wichtig, dass Gutschow „ innere Differenzierung “ sowie „ individualisierende Maßnahmen in heterogen zusammengesetzten Klassen “ (1971: 171) vorsah, Begriffe, die nichts an Aktualität verloren haben. So befasst er sich 1978 ausführlich mit Differenzierungsformen (Gutschow 1978: 23 f.) und ihren Problemen und prophezeit, dass die „ Individualisierung des Unterrichts “ , die seinerzeit aus der „ amerikanischen Szenerie “ kam, wegen ihrer „ pädagogischen Attraktivität bei uns aufgegriffen wird “ (ebd.: 24). Anders als bei Gutschow geht in der 1968 erschienenen, nur mit Englisch betitelten, Didaktik von Eleonore Cladder der Hauptschulbezug erst aus dem Einleitungskapitel hervor: „ Ganz allgemein ist unsere Erfahrung mit dem Englischunterricht [EU] des Hauptschulkindes noch gering “ (1972: 9). Entsprechend legt sie v. a. methodische Vorschläge vor, die Lehrkräften, die nunmehr Englischunterricht in der Hauptschule erteilten, in ihrer Arbeit unterstützen sollten. Genau wie Gutschow formuliert sie Unterrichtsziele realistisch, nämlich „ allen Kindern ein Mindestmaß an Englischkenntnissen mitzugeben, zugleich aber nicht die gesamte Klasse an dieses Mindestmaß zu binden, sondern dem Einzelschüler den ihm nötigen Spielraum an Leistungsmöglichkeit zu öffnen “ (ebd.: 9). Auch sie hat also die Individualisierung des Englischunterrichts im Blick: „ Es handelt sich darum, dass man sich zu möglichst individuellem Lehren entscheidet, das vielleicht im EU leichter einzuführen ist als in anderen Fächern, die durch lange Tradition festgelegt sind “ (ebd.: 9 f.). Die unsichere Stellung des immer noch verhältnismäßig jungen Faches an der Hauptschule ist ihr bewusst, wenn sie fordert, „ dass die Hauptschule nicht einige Schüler, die sie für sprachlich minderbegabt hält, vom Sprachunterricht ausschließen darf; denn sie übersieht ja nicht, ob sie damit für diesen oder jenen Schüler nicht die Weichen verkehrt stellt “ (ebd.: 21 f.). Diese Forderung, dass der Englischunterricht nicht wieder zu einem Selektionsinstrument werden darf, wird in den nächsten Jahren immer wieder erhoben, wohingegen die Möglichkeit einer Abwahl des Fremdsprachenunterrichts in der Realschule oder erst recht im Gymnasium natürlich nie diskutiert wurde. Um Englisch aber allen Kindern zugänglich zu machen, sieht sie genauso wie Gutschow die Chance in realistischen überschaubaren Zielen und in Methoden, die sich der „ Anschaulichkeit, Ganzheitlichkeit und lebendigem, tätigem Vollzug “ verpflichtet fühlen und die Kinder in „ kleine[n] überschaubare[n] Situationen “ handelnd tätig werden lassen (ebd.: 57). Im selben Jahr erschien die historische Untersuchung von Helmut Sauer, deren Zentrum die „ erstmals dargestellte Geschichte des Fremdsprachenunterrichts an Volksschulen “ bildet. Damit - so Sauer - „ erfahren alle gegenwärtigen Bemühungen um Ausweitung und Intensivierung des Fremdsprachenunterrichts eine Deutung aus dem Ablauf der historischen Entwicklung “ (Sauer 1968: 9). Sauer hatte für den Titel seines Werkes bewusst den Begriff „ Volksschule “ gewählt, um zu dokumentieren, dass sie die Mitte eines demokratisch verstandenen Zugangs zu Fremdsprachen bildet. Er formuliert am Ende seiner Untersuchung: „ Fremdsprachlicher Unterricht als Möglichkeit für alle erhöht die Gleichheit der Chancen und vermindert soziale Schranken. Die Entscheidung, welchen Bildungsweg ein Kind einschlagen soll, kann hinausgeschoben werden, wenn das Angebot überall verwirklicht ist “ (ebd.: 208, Hervorhebung im Original). Käte Lorenzens Englischunterricht (1974) ist wiederum neutral betitelt und versteht sich als Fachdidaktik für die Hauptschule (1974: 17). Es handelte sich um ein Lehr- 52 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive gangsmodell für angehende Englischlehrkräfte an Hauptschulen mit einem entsprechenden Kapitel, das mit „ Unterrichtsmodell “ überschrieben ist und ein breites Fundament mit Darstellung der Teilhaberwissenschaften legt und neun verschiedene Unterrichtseinheiten mit insgesamt über 50 „ Musterstunden “ umfasst (ebd.: 296 - 420). Ein vorangehendes umfangreiches Kapitel ist „ hauptschulgemäßen “ Unterrichtsverfahren und den vier Fertigkeiten gewidmet (ebd.: 212 ff.). Gertrud Walter betitelt ihr Werk wiederum mit klarem Bezug Englisch für Hauptschüler. Im Erscheinungsjahr 1979 konstatiert sie, dass Englisch im Fächerkanon „ bis heute nicht so recht heimisch “ geworden ist (1979: 19). Aber der Englischunterricht konnte für alle bereits auf ca. 15 Jahre zurückblicken, und Walter konnte somit entsprechende Erfahrungen aller daran Beteiligten einbeziehen, nämlich mit den Spezifika der Schülerschaft, mit den Lehrkräften und Lehramtsstudierenden wie auch mit Methoden und der Diskrepanz von Anspruch und Realität. Auch sie begründet den Englischunterricht für die Hauptschule mit dem Erwerb allgemeiner Fähigkeiten und Fertigkeiten (ebd.: 6). Probleme sieht sie am Ende der 70er Jahre in der Kompetenz von Englisch-Fachlehrkräften, die sich gegen den gewohnten „ Allround-Lehrer “ (ebd.: 13) behaupten müssen, der in der Hauptschule möglichst viele Fächer unterrichten soll und als Lehrkraft für Englisch eine Sonderstellung einzunehmen droht. Weitere Probleme sieht sie im mangelnden Interesse der Elternhäuser sowie in der Notwendigkeit, Hauptschüler/ -innen sprachlich zu fördern, ohne dass die Eltern helfen können. Daher plädiert sie offen für eine Differenzierung in verschiedene Kurse und nimmt Stellung gegen eine falsch verstandene Durchlässigkeit (vgl. ebd.: 35). Gefahren spezifisch für den Englischunterricht an Hauptschulen sieht sie in der „ Überbetonung der Einsprachigkeit “ , 3 in der „ Überbetonung des imitativ-reaktiven Lernens “ (ebd.: 43), das auf die notwendigen kognitiven Stützen verzichtet, und im permanenten Spiel (cf. ebd.: 47). Ihr Fazit lautet: Gerade weil der Hauptschüler von sich aus nicht in der Lage und nicht bereit ist, über sprachliche Gesetzmäßigkeiten zu reflektieren, braucht er [entsprechend] seinem Abstraktionsvermögen angemessene Hilfen. Mit Rücksicht auf den Hauptschüler sollte das Prinzip der Einsprachigkeit bei der Sprachbetrachtung durchbrochen werden. . . Die sogenannte Signalgrammatik allein bietet keine hinreichende kognitive Stütze; das Signal muss zuerst einmal bewusst und durchschaut werden. Auf diesem Hintergrund sind dann Drill-Übungen sinnvoll, und zwar [. . .] unter wiederholter Bewusstmachung der gerade geübten sprachlichen Gesetzmäßigkeit (ebd.: 47). Mit anderen Worten: das Prinzip der Einsprachigkeit wurde nie dogmatisch verfochten und im Laufe der Jahre immer kritischer gesehen. Auch Walter fordert das Umdenken von der Stoffzur Schülerorientierung, was sich mit den hauptschulgemäßen Methoden deckt. Und sie fordert Individualisierung (ebd.: 65), obwohl die Lehrpläne dem entgegenzustehen scheinen. Als „ Lernziel für alle Hauptschüler “ formuliert sie: a) „ Minimale Kommunikationsfähigkeit (survival level) im produktiven mündlichen Bereich; b) gut ausgebaute Kenntnisse im rezeptiven Bereich “ (ebd.: 68). 3 Ebd.: 40. Diese war auch schon von Gutschow (1978: 64) kritisch gesehen worden, obwohl sie allgemein für den Englischunterricht propagiert wurde. Gab ’ s das nicht schon mal? 53 Dieser Überblick mag skizzenhaft sein, aber er dokumentiert die Neuorientierung des Englischunterrichts als Folge des Hamburger Abkommens: Die Verfechter/ -innen des Englischunterrichts für alle machten insbesondere geltend, dass erst mit der Einführung einer Pflichtfremdsprache an Hauptschulen dieser Schultyp zu einer weiterführenden Schule wurde, der eine Demokratisierung der schulischen Bildung bedeutete. Denn nun wurden Kinder nicht aufgrund eines Schultyps vom Fremdsprachenunterricht ausgeschlossen. Damit gingen Bestrebungen einher, pragmatische und realistische Lernziele zu etablieren, die nicht mehr viel mit dem bildungsorientierten fremdsprachlichen Literaturunterricht des Gymnasiums zu tun hatten (vgl. Leisinger 1966: 92). Die Heterogenität der Schülerschaft wurde deutlich angesprochen, was vorher beim Englischunterricht an höheren Schulen kein Problem gewesen zu sein schien. Von daher gerieten Begriffe wie Differenzierung und Individualisierung in den Fokus. Realistisch waren die Forderungen nach Differenzierung im Hinblick darauf, dass niemand ganz vom Fremdsprachenunterricht ausgeschlossen werden sollte, obwohl diese Tendenz bald einsetzte. Differenzierung sollte die realistischen Möglichkeiten einer heterogenen Schülerschaft bewältigen helfen, ohne dass dadurch die Durchlässigkeit aufgehoben werden sollte. Aber Schülerorientierung und Individualisierung bzw. „ individuelle Förderung “ (Kahl 1986: 62) bedeuteten auch, dass es nicht mehr um einen zu vermittelnden „ Stoff “ gehen sollte, sondern darum, den einzelnen bestmöglich zu fördern. So forderte auch Reisener (1977: 179) die „ Befreiung von Pensendruck und damit eine Vermeidung überhöhter Lernzielanforderungen “ . 4 Empirische Untersuchungen Empirische Untersuchungen der 70er und 80er Jahre trugen dazu bei, die Chancen und Risiken des Englischunterrichts für alle immer wieder zu beleuchten. Interessant sind dabei bereits die Titel der Untersuchungen. Inge Christine Schwerdtfeger geißelt in Fremdsprache: mangelhaft. Zum Verhältnis von Persönlichkeitsvariablen und Leistung im Englischunterricht (1976) die „ Konzeptionslosigkeit des Englischunterrichts mit Lernschwachen “ (1976: 15) und versucht, auf der Basis von „ Persönlichkeitsvariablen “ (1976: 19) einen Neuansatz zu finden. Ihre individuumsbezogenen Begründungsmotive für den Fremdsprachenlernprozess sind „ die Schulung der Wahrnehmungsflexibilität und -bereitschaft; der Abbau von Vorurteilen; der Abbau sprachmagischer Konzepte “ (ebd.: 37). Ihr Ansatz läuft auf ein hohes Maß an Individualisierung hinaus, das auf den „ Persönlichkeitsvariablen “ der Schüler/ -innen beruht (ebd.: 54). Auf der Basis eines umfassenden Fragenkatalogs, mit dem sich Lehrkräfte selbst auf ihre Bereitschaft zum Umgang mit schwachen Schüler/ -innen kontrollieren sollen, stellt sie im Unterricht erprobte „ Unterrichtskapseln “ vor. Unter diesem Konzept versteht sie Mikrostrategien, bei denen „ der niedrigen Konzentrationsspanne einer Vielzahl von Schülern Rechnung getragen wird “ und die auf verschiedene Weise miteinander verknüpft werden können (ebd.: 75). Konkret geht es dabei um die Schulung der visuellen Wahrnehmung, Englischunterricht mit Musik und Englischunterricht mit Handpuppen. Alle Vorschläge beruhen darauf, dass ohne Zeit- oder Pensendruck unterrichtet wird und dass das alleinige Kriterium ist, durch den variablen Einsatz der Mikrostrategien allen Schüler/ -innen eine Lernchance zu geben. 54 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive Ähnlich deutlich formuliert Heike Rautenhaus 1978: Der lernschwache Englischschüler. Die Ergebnisse eines Forschungsvorhabens. Dieses gründete sich darauf, dass die „ didaktischmethodische Grundlagenforschung für den Englischunterricht mit lernschwachen Schülergruppen “ noch in den Anfängen steckte (Rautenhaus 1978: 6). Mit äußerer Differenzierung wollte die Bildungspolitik der Heterogenität der Schülerschaft gerecht werden. Das Forschungsumfeld für diese Untersuchung waren Schulen in Bremen, in denen damals drei Niveaus für den Englischunterricht existierten. Rautenhaus kritisierte die Kriterien für die Niveaus ebenso wie die Tatsache, dass die Lehrkräfte allein gelassen wurden: „ Die Aufforderung an die Lehrerkollegen zur Zusammenarbeit beim Erstellen von differenzierten Unterrichtseinheiten, die die Durchlässigkeit gewährleisten sollten, bedeutet die Delegation kompliziertester curricularer Aufgaben an Lehrer, die dafür weder speziell ausgebildet sind noch entsprechende Koordinationsstunden erhalten “ (ebd.: 17). Sie stellte fest, dass sich Gruppenzugehörigkeit verfestigte und dass eine „ Förderung aller Schüler, wie sie von den Richtlinien verlangt wird, nicht erfolgt “ (ebd.: 20, Hervorhebung im Original). Ihre Untersuchung verfolgte das Ziel der Bewältigung der anstehenden Aufgaben. Mit einer Vielzahl an Befragungen und Tests überprüfte sie insgesamt neun Hypothesen zu Herkunft und Elternhaus, Sprachbegabung, Position in der Klasse und anderen Faktoren von Schüler/ -innen in C-Kursen, d. h. der untersten Leistungsgruppe im Rahmen äußerer Differenzierung. Die Erwartung war, dass sich das Bild „ eines vielseitig sozio-kulturell benachteiligten Schülers ergibt “ (ebd.: 30). Insgesamt waren ca. 300 Kinder aus 5. und 6. Klassen in die Tests und Befragungen einbezogen. Das wichtigste Ergebnis der detaillierten Studie lautet: „ Die lernschwachen Englischschüler weisen Mängel in ihrer allgemeinen Intelligenz, vor allem in ihrer verbalen Intelligenz und der Rechtschreibfähigkeit sowie in ihrer Fremdspracheneignung auf “ (ebd.: 120; vgl. Helfrich, Herrgen & Müller 1983 sowie Macht 1991). Daraus zieht sie die Konsequenz, „ die lernschwachen Englischschüler rechtzeitig aus der Konkurrenz mit den weniger behinderten Schülern zu entlassen, damit sie in Fördergruppen nach dem Prinzip der optimalen Passung unterrichtet werden können “ . 4 Rautenhaus weist darauf hin, dass gerade diese Schülergruppe Hilfen „ in der Schule “ braucht (ebd.: 122, Hervorhebung im Original), da die Elternhäuser nicht helfen können. Und sie stellt provokativ die Frage, „ ob diese Schüler überhaupt mit dem Erlernen einer Fremdsprache belastet werden sollten “ . Ihr Fazit ist: „ Englischkenntnisse dürfen [. . .] auch den lernschwachen Schülern nicht vorenthalten werden “ (ebd.: 123). Dieter Krohn befasste sich in seiner breit angelegten Untersuchung Lernervariablen und Versagen im Englischunterricht (1981) in einer Längsschnittuntersuchung v. a. mit den Leistungen von Schüler/ -innen der Klassen 5 und 6 „ in Orientierungsstufen “ in Niedersachsen (1024 Kinder in 38 Klassen; Krohn 1981: 122 f.), also mit dem „ Versagen “ im englischen Anfangsunterricht. Mit dem Begriff verweist er weniger auf die Kinder als vielmehr auf diejenigen, „ die über institutionelle und personelle Bedingungen des Englischunterrichts zu beschließen haben, die Ziele, Inhalte und Methoden festlegen und Medien auswählen, somit Normen setzen und Lernchancen zuteilen “ 4 Ebd.: 120; vgl. Helfrich, Herrgen & Müller 1983: 122. Eine solche Forderung steht in eklatantem Gegensatz zur heutigen Politik des Rufs nach möglichst heterogenen Klassen, die sich gegenseitig stützen und bereichern sollen. Gab ’ s das nicht schon mal? 55 (ebd.: 74). Gründe für das Versagen können nach seiner Darstellung auf fünf Faktoren zurückgeführt werden: „ Begabung; Fähigkeit Lehrangebote aufzunehmen; Qualität des Unterrichts; Ausdauer des Lernenden; zugestandene Lernzeit “ (ebd.: 80). Das Fazit seiner außerordentlich gründlichen Datenerhebung und Analyse ist: „ Lerndefizite müssen so gering wie möglich gehalten werden, und zwar vom Anfang des Englischunterrichts an “ (ebd.: 283). Helfrichs, Herrgens und Müllers Fördermodell Englisch in der Hauptschule beruht auf einem auf drei Jahre angelegten Projekt in Rheinland-Pfalz, das sich ab 1977/ 78 dem besonderen Förderbedarf für schwache Schüler/ -innen (slow learners) widmete und 1983 veröffentlicht wurde. Ausgangspunkt war, dass man Überlegungen zur Entpflichtung mit einem Förderprogramm begegnen wollte, das eine solche „ Befreiung “ überflüssig machen sollte. Das Programm diente also der Bewahrung der Chancengleichheit aller Kinder in Hauptschulen. Die Teilnahme an dieser äußeren Differenzierung basierte auf einer Vielzahl an Tests und beschränkte sich auf solche Schüler/ -innen, die ohne Aussicht waren, die „ in den bestehenden Lehrplänen festgelegten Ziele des Englischunterrichts zu erreichen “ , zu 75 % Jungen und zu 25 % Mädchen (ebd.: 16). Schließlich sei auf Gisela Schmid-Schönbeins Studie von 1988 Für Englisch unbegabt? Förderstrategien bei versagenden Englischlernern. Ergebnisse empirischer Untersuchungen verwiesen. Anders als der Titel es zunächst vielleicht vermuten lässt, geht es um remediales „ Lehren für Gymnasiasten der ersten beiden Lernjahre, die im Englischunterricht Lernschwierigkeiten hatten “ (Schmid-Schönbein 1988: 5). Schmid-Schönbein konstatierte, dass ein Versagen in der Fremdsprache im Bereich des Gymnasiums gar nicht problematisiert wurde, „ da aus traditioneller Sicht mangelnde Intelligenz/ Begabung und/ oder Arbeitshaltung der Schüler für das Versagen verantwortlich gemacht wurde “ (ebd.: 5). Ihre Untersuchung nimmt daher ihren Ausgang von einem Paradigmenwechsel, den sie in der Erziehungswissenschaft konstatierte, wo es nicht mehr um den „ gestörten Schüler “ , sondern um den „ gestörten Lernprozess “ ging (ebd.: 5). Diesen sah sie in der „ Beziehung zur impliziten Grammatikvermittlung im monolingualen Unterricht, zur fehlergenerierenden Anordnung von Lernitems im Lehrwerk und zu mangelnder binnendifferenzierender Arbeit “ (ebd.: 6). Das remediale Lernen bestand in 90 Minuten Nachmittagsunterricht einmal pro Woche, zum Teil in betreuten Kleingruppen. Die Notwendigkeit für das remediale Lernen ergibt sich aus der Sequentialität des Fremdsprachenunterrichts, dass nämlich vorangegangene Lernerfolge eine Bedingung für neue Lernerfolge darstellen - und umgekehrt (ebd.: 36). Entsprechend wird remediales Lehren und Lernen „ daher oft auch synonym für ‚ lückenschließendes Lehren und Lernen ‘ gebraucht, sofern sich dieses auf strukturelle Lücken bezieht “ (ebd.: 34). Ihre wichtigsten Ergebnisse betreffen Lernstile und Lernzeit: Schüler/ -innen brauchen sehr unterschiedlich viel Lernzeit. Wird ihnen die vorenthalten, wachsen die Lernlücken (vgl. Brockhaus 1979: 10). Und gerade schwächere Schüler/ -innen mit geringerer verbaler Intelligenz brauchen die Bewusstmachung: „ Bei Verzicht auf bewusste Grammatikvermittlung und dem induktiven Erschließen von Regelmäßigkeiten durch die Schüler selbst werden gerade schwächere Schüler benachteiligt “ (ebd.: 49). Schmid-Schönbein (1988.: 193) tritt für flexible Differenzierungsverfahren ein: 56 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive Notwendig ist, dass [. . .] sowohl leistungsheterogene als auch -homogene Gruppierungen zeitlich begrenzt zustande kommen, damit für leistungsschwächere Schüler kein Stigmatisierungseffekt durch langfristige Zuweisung zu einer ‚ Fördergruppe ‘ eintritt. Der Wechsel zwischen leistungshomogenen und leistungsheterogenen Gruppen bietet überdies den leistungsstärkeren Schülern die Gelegenheit, sich in ihrer sozialen Kompetenz gefordert zu fühlen und diese durch die Notwendigkeit von Erklärungen und helfenden Handlungen auszubilden. Damit plädiert sie sowohl aus lernpsychologischen als auch aus sozialen Gründen für flexible Formen der Differenzierung. 5 Einsatz der Fachdidaktik für einen Englischunterricht für alle Bis zur Einführung des Englischunterrichts an Hauptschulen war der Fremdsprachenunterricht Pflichtfach in den höheren Schulen, und niemand fragte, ob sich wirklich alle Schüler/ -innen dafür eigneten. Solche Zweifel kamen erst mit der Einführung des Englischunterrichts für alle auf. Und daran schloss sich die Frage, was man gegen Probleme im Englischunterricht tun könnte und ob man nicht schwache Schüler/ -innen „ befreien “ sollte. So stellte Schmid-Schönbein für Mitte der 80er Jahre fest, in der Hauptschule seien lernschwache Schüler/ -innen „ institutionalisiert “ , und es gab Entpflichtungsregelungen (d. h. Möglichkeiten der Befreiung vom Englischunterricht) für fast alle Bundesländer (Schmid-Schönbein 1988: 28). Während aber die Bildungspolitik in zahlreichen Bundesländern in der „ Entpflichtung “ einen Weg aus der Misere sah, sich mit langsamen oder schwachen Schüler/ -innen „ herumzuschlagen “ , suchte die Fachdidaktik auch jenseits empirischer Studien nach neuen Wegen, um dauerhaft allen Kindern und Jugendlichen zumindest Basiskenntnisse zu vermitteln und ihnen nicht spätere Chancen zu nehmen. So behauptet Heuer in Brennpunkte im Englischunterricht für die unteren Leistungsgruppen der Hauptschule, dass im Fremdsprachenunterricht „ die Arbeit in homogenen Gruppen effektiver ist als in heterogenen Gruppen “ (Heuer 1970: 30) und dass der Leistungsabstand zwischen den stärkeren und den schwächeren Schüler/ -innen immer größer werde. Entsprechend schlägt er die zeitweilige äußere Differenzierung vor (setting) (ebd.: 31). Innerhalb dieser Gruppe wiederum „ ergibt sich die Forderung nach einer möglichst umfangreichen Binnendifferenzierung, die bei kleinen Gruppen auf eine weitgehende Individualisierung hinauslaufen wird “ (ebd.: 32). Und wie Walter ein knappes Jahrzehnt später stellt er fest: „ Imitation ohne Kognition ist für leistungsschwache Schüler nicht nur schwieriger, sondern auch unökonomischer als für leistungsstarke Schüler, die aufgrund ihrer kognitiven Fähigkeiten sehr schnell den Kern einer drillmäßigen Sprachübungen entdecken und interiorisieren “ (ebd.: 37). Hans Bebermeier betitelt seine 1980 herausgegebene Sammlung von acht Beiträgen mit Probleme eines lerngruppenspezifischen Englischunterrichts in der Sekundarstufe I. Die Formulierung lohnt sich zu analysieren: Er konstatiert Probleme, und die liegen in der Sekundarstufe I und sind „ lerngruppenspezifische[r] “ Natur. Das ist die hohe Kunst des sprachlichen Verschleierns, denn die Beiträge befassen sich allesamt mit der Hauptschule. Bebermeier stellt völlig zu Recht heraus, dass diese sich in den Bundesländern deutlich voneinander unterscheiden. Was sie aber vereint, ist die Enttäuschung besonders der Fachlehrkräfte über die Möglichkeiten, mit schwachen Kindern fremdsprachlich zu arbeiten. (vgl. Helfrich, Herrgen & Müller 1983: 123 f.) Dennoch schließt Gab ’ s das nicht schon mal? 57 er daraus nicht auf eine Abwahl, sondern fordert ein Programm zur „ Weiterentwicklung des Englischunterrichts “ (Bebermeier 1980: 19 f.) und plädiert v. a. für eine „ realistischere Einschätzung der Unterrichtsmöglichkeiten durch Ministerien “ und für „ Vereinfachungsmöglichkeiten “ (ebd.: 21) bereits in den Lehrplänen. D. h. er sieht ein besonderes Problem in der Diskrepanz zwischen den zu hohen theoretischen Ansprüchen, die sich auch in Lehrplänen spiegeln, und den realistischen Möglichkeiten im Unterrichtsalltag. Karlheinz Hellwig und Helmut Sauer gaben 1984 einen Sammelband heraus: Englischunterricht für alle. Beiträge zur Didaktik und Methodik des Englischunterrichts in Lerngruppen mit schwierigen Voraussetzungen, ähnlich vorsichtig formuliert wie bei Bebermeier. Dieser enthält zahlreiche wegweisende Beiträge mit Bezug auf Haupt-, Gesamt- und Sonderschule und das Berufsgrundbildungsjahr. Der Band basierte auf einer Tagung einer gleichnamigen Arbeitsgemeinschaft, die der Überzeugung war, - dass die Fremdsprachendidaktik in dieser Situation [Relativierung der Verbindlichkeit] besonders gefordert ist; - dass weder allgemeine gesellschaftliche Veränderungen noch die konkreten, nicht immer ermutigenden Erfahrungen in den Schulen ein Aufgeben des Prinzips „ Fremdsprachenunterricht für alle “ notwendig machen und - dass eine Verbesserung der unterrichtlichen Bedingungen für einen erfolgreichen Englischunterricht durchaus möglich ist (Hellwig & Sauer 1984: 9). Die Krise des Englischunterrichts für alle spiegelt sich auch in dem von der Bundesarbeitsgemeinschaft Englisch an Gesamtschulen herausgegebenen Band Problemfach Englisch. Beiträge zur Überwindung von Leistungsversagen (Bundesarbeitsgemeinschaft 1986) wider. Der Tenor auch dieser Publikation ist „ Englischunterricht für alle “ (ebd.: 9), der nicht aus dem Pflichtkanon verdrängt werden darf. Allerdings werden Lernstörungen identifiziert und beschrieben: Lernschwierigkeiten, Leistungsschwäche und Leistungsversagen, die im Fremdsprachenunterricht besonders intensiv registriert werden, sind im weitesten Sinne symptomatisch für Lernstörungen. [. . .] Lernstörungen bei Schulkindern sind ein Sammelbegriff, in dem Symptome und vermutete Ursachen zusammengefasst werden. Sie werden immer dann festgestellt, wenn zwischen gesetzten allgemein oder fachspezifischen (Teil)Lernzielen und dem tatsächlich Erreichten (Lernerfolg) mehr oder minder große Diskrepanzen klaffen (ebd.: 25, Hervorhebungen im Original). Den größten Teil des Buches nehmen „ Gegenstrategien “ gegen Lernschwäche ein (ebd.: 43ff.). Die Bundesarbeitsgemeinschaft analysierte schonungslos die Probleme v. a. für lernschwache Schüler/ -innen und erarbeitete Grundrisse einer Typologie von Erscheinungsformen von Lernschwäche (ebd.: 57ff.). Auch führte sie eine lange Liste „ kognitive[r] Hilfestellungen “ auf (ebd.: 54) und schlug konkrete Unterrichtsverfahren vor. Das Credo war, dass niemandem die Fremdsprache Englisch vorenthalten bleiben sollte. Abschließend für diese Phase sei auf Bebermeiers engagiertes Plädoyer „ Englisch muss Pflichtfach an Hauptschulen bleiben “ von 1983 hingewiesen. Er stellt in Frage, dass durch eine „ Entpflichtung “ sog. lernschwacher Schülerinnen und Schüler eine „ pädagogische Weiterentwicklung der Hauptschule “ erreicht werden kann (Bebermeier 1983: 129), und führt aus: „ Durch die Einführung des Faches Englisch in den Pflichtkanon des Hauptschulbildungsangebotes konnte eine Horizontalisierung des traditio- 58 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive nellen dreigliedrigen Schulsystems erreicht und somit die Durchlässigkeit zwischen den Schulformen ermöglicht werden “ (ebd.; vgl. Brockhaus 1979: 23). Nach seiner Überzeugung hat die Didaktik des Englischunterrichts an Hauptschulen Eigenleben und Dynamik entwickelt, so dass sie imstande ist, „ (1) methodische Impulse schulformübergreifend zu setzen, (2) unangemessene fachliche und bildungspolitische Ansprüche im Interesse der Schüler abzuwehren und (3) für veränderte Lehr- und Lernbedingungen angemessene Methoden zu entwickeln “ (ebd.: 130). Pointiert formuliert er: Lernlangsame, lernschwächere und wenig motivierte Schüler sitzen in der Hauptschule nicht nur im Englischunterricht. - „ Lernschwäche “ ist ein individuelles und gruppenspezifisches Problem, das nicht nur in anderen Fächern, sondern auch in anderen Schulformen registrierbar ist. Den an sich lernschwachen Englischschüler gibt es nicht (ebd.: 130; vgl. Haß & Kieweg 2012: 15 sowie Helfrich, Herrgen & Müller 1983: 70, 133). Und da tatsächliche Chancengleichheit nur in einem „ Angebot für alle “ (Sauer 1968: 220) Bestand hat, hätte es eine Krise eigentlich gar nicht geben dürfen, wäre man bereits 1968 Sauers Plädoyer gefolgt: „ [. . .] es ist keine echte Frage mehr, ob man eine moderne Fremdsprache in das reale Lehrangebot für alle Schüler aufnehmen sollte oder nicht. Das ist heute einfach notwendig. Dafür steht die Formel Englisch ist ordentliches Lehrfach der Hauptschule “ (Sauer 1968: 218, Hervorhebung im Original). 6 Ausblick: Neuere buzz-words Aus heutiger Sicht ist es interessant, dass zwar der Englischunterricht für alle etabliert zu sein scheint und niemand mehr eine Abwahlmöglichkeit für schwächere Schüler/ -innen in Erwägung zieht, dass aber hauptschulspezifische Fragen und Probleme von langsam lernenden Jugendlichen ab den 90er Jahren insgesamt in den Hintergrund rückten (vgl. Haß & Kieweg, 2012: 11). Neue buzz-words waren Handlungsorientierung, Konstruktivismus, die Forderung nach Authentizität im Englischunterricht, ohne dass klar wurde, was denn genau damit gemeint war (Hermes 2008: 274 f.) und Individualisierung, nun aber nicht mehr im Sinne von individueller Förderung. Auch die Differenzierung, die für die Hauptschule jahrelang eine zentrale Rolle gespielt hatte, entschwand aus dem Blickfeld. Ein Indiz dafür mag sein, dass es in der 3. Auflage des Handbuches Fremdsprachenunterricht noch einen von Rautenhaus verfassten Artikel zu „ Differenzierung und Individualisierung “ gab (Bausch et al. 1995: 211 - 213), dass dieser aber in der 4. Auflage von 2003 nicht mehr erschien. Der Begriff „ Lehrerin/ Lehrer “ kam aus der Mode und wurde durch Lern(prozess) begleiter, facilitator, coach ersetzt. Frontalunterricht verkam zum „ Schimpfwort “ . Es wurde u. a. abgelöst durch Individualisierung im Sinne von Lernerautonomie, einem Prozess der self-regulation, in dem jedes Kind für sich bestimmt, was und wie und mit welchem Tempo es lernt. Nach jeweiligen „ Inputphasen “ folgt eine weitgehende Individualisierung mit Hilfe von „ Lernjobs “ in Lernateliers, evtl. mit Überprüfung in „ checks “ , die früher Klassenarbeiten hießen. Die Heterogenität der Einsichten und Forderungen heutzutage lässt sich unschwer daran erkennen, dass einerseits Begriffe wie „ Lernschwierigkeiten “ und „ Lernschwäche “ gerade erst wieder entdeckt worden sind (z. B. Haß & Kieweg, 2012; Themenheft Gab ’ s das nicht schon mal? 59 Praxis Fremdsprachenunterricht 2013), dass andererseits Begabungs- und Hochbegabtenforschung inzwischen einen breiten Raum in den Erziehungswissenschaften einnehmen und die Komplexität von Fragen von Heterogenität und Diversität erhöhen. Denn genau so wie schwache Schüler/ -innen keine homogene Gruppe darstellen, sind es auch hochbegabte Kinder und Jugendliche nicht, die gleichermaßen Anspruch auf Förderung haben (vgl. Weigand 2014; Wirthwein 2013). Eines scheint mir sicher: Da im Fremdsprachenunterricht die Unterrichtsinhalte - anders als in allen anderen Fächern, wenn es nicht gerade um CLIL geht - in der fremden Sprache vermittelt werden, muss der Fremdsprachenunterricht mit Heterogenität und Individualisierung anders umgehen als andere Fächer, und das v. a. in den ersten Lernjahren. Damit verbunden sollte eine zeitweise äußere Differenzierung sein (vgl. Helfrich, Herrgen & Müller 1983: 123 sowie Hamm 2011), zumindest aber ein Förder- oder Verstärkungsunterricht. Englischunterricht für alle ist nicht mehr wegzudenken, aber Fremdsprachenunterricht erfordert einerseits mehr und intellektuell herausfordernde Lerngelegenheiten und schnelleren Lernfortschritt für begabte und hochbegabte Schüler/ -innen (enrichment, acceleration) und andererseits eine stärkere Zuwendung zu langsamen Schüler/ -innen, deren Ziele differenziert gesehen werden müssen und denen mehr Zeit für das ihnen eigene Lerntempo entsprechend ihrem Auffassungsvermögen gegeben werden muss. Nur so lässt sich Bildungsgerechtigkeit anstreben. Anschlussfragen 1. Lesen Sie eine der älteren, im Text genannten Fachdidaktiken und erläutern Sie die Ziele eines „ Englischunterrichts für alle “ . 2. Lesen Sie eine der im Text genannten empirischen Untersuchungen und fassen Sie die Ziele und Maßnahmen zusammen, die für einen erfolgreichen Englischunterricht auch für schwache Schüler/ -innen geschildert werden. 3. Analysieren Sie den Bildungsplan Englisch Ihres Bundeslandes im Hinblick auf sprachlichen Anspruch, Kompetenzen, Differenzierung und Individualisierung. 60 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive Wie können Lernziele und Rahmenbedingungen im differenzierenden Englischunterricht (besser) aufeinander abgestimmt werden? Tim Giesler, Lena Schuett & Fatou Julia Wolter Die Abkehr vom dreigliedrigen Schulsystem stellt das Fach Englisch vor eine Vielzahl neuer Herausforderungen, für die bislang nur wenig überzeugende Lösungsansätze existieren. Der vorliegende Artikel widmet sich insbesondere dem Umgang mit Heterogenität und Differenzierung im Englischunterricht. Die veränderten Rahmenbedingungen im Kontext des zweigliedrigen Schulsystems führen dazu, dass Englischlehrkräfte sich häufiger mit offenen Lernarrangements wie dem „ Lernbüro “ konfrontiert sehen, die nicht unmittelbar mit fremdsprachendidaktischen Zielsetzungen für das Fach Englisch vereinbar sind. Da das Bundesland Bremen bereits 2009 flächendeckend integrative und inklusive Oberschulen als Regelschulen in einem zweigliedrigen Schulsystem eingeführt hat, wird in diesem Artikel anhand der Bremer Oberschule exemplarisch veranschaulicht, wie Lernziele und Rahmenbedingungen zukünftig (besser) aufeinander abgestimmt werden können. Ausgehend von den aktuellen Rahmenbedingungen an Bremer Oberschulen für das Fach Englisch, werden Ergebnisse einer Fragebogenerhebung unter Bremer Englischlehrkräften vorgestellt und diskutiert. In einem weiteren Schritt wird gezeigt, wie das Bremer Projekt „ Professionalisierung im Umgang mit Heterogenität und Differenzierung im Englischunterricht “ bereits in der ersten Phase der Lehrerausbildung Studierende für aktuelle Herausforderungen in der Schulpraxis sensibilisiert und darüber hinaus eine Theorie-Praxis-Rückkopplung nutzt, um binnendifferenzierende Materialien zu erstellen. Aktivierung von Vorwissen 1. Welche Auswirkungen hat die Einführung eines zweigliedrigen Schulsystems auf die institutionellen Rahmenbedingungen des Englischunterrichts in Ihrem Bundesland? Wie wird dadurch der Englischunterricht selbst beeinflusst? 2. Welche Heterogenitätsmerkmale gibt es bei Schüler/ -innen? Welche davon haben wesentlichen Einfluss auf den Englischunterricht? 3. Welche Erfahrungen und Kenntnisse haben Sie hinsichtlich des Umgangs mit Heterogenität und Differenzierung im Rahmen von Englischunterricht? 1 Einleitung Der vorliegende Artikel beschäftigt sich mit der Frage, wie Lernziele und Rahmenbedingungen im differenzierenden Englischunterricht (besser) aufeinander abgestimmt werden können. Um sich einer Antwort auf so eine weitreichende Fragestellung annähern zu können, muss im ersten Schritt definiert werden, unter welchen institutionellen Rahmenbedingungen Englischunterricht stattfindet (Abschnitt 2). Dabei steht das Bremer Beispiel stellvertretend für einen bundesweiten Trend, der das herkömmliche dreigliedrige Schulsystem durch ein zweigliedriges ablöst - im konkreten Fall durch die Einführung einer „ Oberschule “ neben dem Gymnasium. Die Abkehr von der Dreigliedrigkeit im Schulsystem ist darüber hinaus eine Abkehr von dem Versuch, möglichst leistungshomogene Schüler/ -innen auf nach akademischem Leistungsvermögen äußerlich differenzierte Schulformen zu verteilen. Die so stärker in den Vordergrund tretende vielfältige Unterschiedlichkeit der Schüler/ -innen wird in der Regel unter dem Begriff „ Heterogenität “ diskutiert. Eine möglichst wertneutrale Definition von Heterogenität unter Berücksichtigung derjenigen Unterschiede unter Schüler/ -innen, die für den Englischunterricht relevant erscheinen, findet sich im folgenden Abschnitt (Abschnitt 3). Der Überzeugung folgend, dass nachhaltige Reform von Schule und Unterricht nur aus einer Zusammenarbeit von Lehrkräften, Eltern und Schuladministration entstehen kann und top-down Reformprozesse selten von Erfolg gekrönt sind (vgl. dazu u. a. Cuban 2013: 178 ff.), geht vorliegender Artikel von einer Befragung von Bremer (Oberschul-) Englischlehrkräften aus, die erste Einblicke in die Unterrichtspraxis in der neuen zweigliedrigen Schulstruktur ermöglichen. Die Ergebnisse dieser hier vorgestellten Befragung (Abschnitt 4) und einer Vorgängeruntersuchung (Doff & Giesler 2014a) fließen laufend in die Englischlehrerausbildung an der Universität Bremen ein. Beginnend mit dem Projekt „ Englischunterricht an der Oberschule: Realisierungen, Desiderata, Potentiale “ im Jahr 2011 bildet die Professionalisierung im Umgang mit Heterogenität dort einen wichtigen Schwerpunkt der Englischlehrerausbildung. Wie so aus empirischer Analyse didaktische Konzeptionen entstehen können, zeigt der letzte Abschnitt 5. 2 Eine Schule für (fast) alle Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs setzte sich in den westdeutschen Bundesländern flächendeckend ein horizontal dreifach gegliedertes Schulsystem aus Volksschule (später Hauptschule), Realschule und Gymnasium durch. In den 1970ern kamen Gesamtschulen hinzu, mit denen die horizontale Gliederung und damit einhergehende soziale Sortierung durch eine Schule für alle Schüler/ -innen überwunden werden sollte. Letztendlich zeigte das westdeutsche Schulsystem jedoch eine starke Persistenz gegenüber Veränderungen. Erst in den letzten Jahren ist in die Schulstrukturdebatte wieder Bewegung geraten und derzeit lässt sich ein bundesweiter Trend zu zweigliedrigen Schulsystemen ausmachen, in denen sich zusätzlich zum Gymnasium eine stärker integrierte zweite Schulform etabliert. Diese neue Schulform heißt je nach Bundesland unterschiedlich, z. B. Gemeinschaftsschule in Baden-Württemberg, Stadtteilschule in Hamburg oder Oberschule in Niedersachsen und Bremen; ihre Funktion ist zudem jeweils etwas unterschiedlich, da sie teils neben dem Gymnasium alle Schulabschlüsse anbieten soll, also eine echte „ Gesamtschule “ bildet, teils nur die Sekundarstufe I bedient und faktisch die alten Haupt- und Realschulen integriert. Der vorliegende Artikel basiert auf einem Bremer Projekt. Dementsprechend soll hier kurz das bremische Schulsystem vorgestellt werden, in dessen Kontext der unten beschriebene differenzierende Englischunterricht stattfindet. Es ist davon auszugehen, 62 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive dass ein Großteil der vorgestellten Analysen und Ideen übertragbar ist und an jeweils andere Schulsysteme angepasst werden kann. 1 Bei der aktuellen strukturellen Umwandlung des Bremer Schulsystems handelt es sich streng genommen um den dritten Anlauf seit 1945, die horizontale Gliederung des Schulsystems durch ein stärker integriertes Schulsystem zu ersetzen (vgl. Wissmann 2008 a; Wissmann 2008 b und Nitsch 2008). 2 Anlass war v. a. der „ PISA-Schock “ (nach dem schlechten Abschneiden der bundesdeutschen Schulsysteme im ersten PISA- Schulleistungstest der OECD 2000, vgl. Stanat et al. 2003) - dramatisch insbesondere für Bremen, das im Ländervergleich das Schlusslicht bildete. Vor allem die starke Selektion nach sozialer Herkunft (vgl. Ehmke & Baumert 2007) wurde in PISA kritisiert. Hinzu kam die europäische Forderung nach inklusiver - also gemeinsamer - Beschulung von Schüler/ -innen mit und ohne speziellem Förderbedarf. Aus diesen Forderungen entstand 2009 die jüngste Schulstrukturreform und Einführung der Bremer Oberschule. Nach einem Schulkompromiss zwischen allen Parteien der Bremer Bürgerschaft, bei der die bürgerlichen Parteien den Erhalt von acht städtischen Gymnasien durchsetzten, wurden mit dem Schulgesetz von 2009 flächendeckend 33 Oberschulen als Regelschulen in der Sekundarstufe I eingeführt (vgl. zu den folgenden Angaben: Die Senatorin für Bildung und Wissenschaft 2014a). Einige dieser Oberschulen umfassen neben der Sekundarstufe I (Klassen 5 bis 10) auch eine gymnasiale Oberstufe, so dass alle Schulabschlüsse bis zum Abitur an einer Schulform angeboten werden, welche als Zielsetzung eine gemeinsame Beschulung aller Kinder vorsieht. Hinzu kommt die flächendeckend eingeführte Inklusion, bei der die meisten ehemaligen Förderschulen durch dezentrale „ Zentren für Unterstützende Pädagogik “ (ZuP) an allen Schulen ersetzt werden. Weiterhin gibt es Regionale Beratungs- und Unterstützungszentren (ReBUZ) sowie wenige spezielle Schulen für die Bereiche Sehen, Hören sowie körperliche und motorische Entwicklung. Gemeinsames Merkmal aller Bremer Oberschulen sind eine maximale Anzahl von 25 Schüler/ -innen pro Klasse, Englisch als erste Fremdsprache sowie der Unterricht auf zwei Anforderungsniveaus in den Kernfächern Deutsch, Englisch und Mathematik, der in beiden letztgenannten mit der 7. Jahrgangstufe beginnt. „ Sitzenbleiben “ und „ Abschulen “ sind nicht vorgesehen, jede/ -r Lernende soll nach seinen bzw. ihren Möglichkeiten gefordert und gefördert werden. Darüber hinaus verfügen die Schulen über ein 1 Hamburgs Stadtteilschulen integrieren seit 2010 die ehemaligen Haupt-, Real- und Gesamtschulen und führen - ähnlich wie die Bremer Oberschule - neben den dortigen Gymnasien zum Abitur. Auch das Flächenland Baden-Württemberg führt seit 2012 Gemeinschaftsschulen ein, die in Teilen ein Angebot von der 5. bis zur 13. Klasse haben. Die niedersächsischen Oberschulen dagegen bilden eher einen Zusammenschluss von Haupt- und Realschulen und führen nur bis zur 10. Klasse und dem Mittleren Bildungsabschluss. Dort gibt es neben den Oberschulen und Gymnasien noch Gesamtschulen, die im Prinzip den bremischen Oberschulen entsprechen. Eine Gesamtschau der föderalen bundesdeutschen Schulsysteme würde den Rahmen dieses Artikels deutlich sprengen. 2 Zur Geschichte dieser Frage vgl. u. a. Hermes in diesem Band. Herauszufinden, inwieweit die hier mehrmals wiederkehrende Abfolge von ähnlichen Problemlagen, Schulstrukturreformen als (vermeintlicher) Lösung und anschließender schleichender Wiederherstellung des status quo ante einen Ausdruck der schwer zu verändernden grammar of schooling (Tyack & Tobin 1994) darstellt, bleibt sicherlich ein Forschungsdesiderat. Lernziele und Rahmenbedingungen im differenzierenden Englischunterricht 63 großes Maß an Autonomie, etwa in der Umsetzung des individualisierenden und Projektunterrichts oder im Hinblick auf die Möglichkeit, das Abitur bereits nach 12 Jahren abzulegen. Viele Oberschulen haben einen Teil des Unterrichts in den Kernfächern in „ Lernbüros “ oder „ Projektzeiten “ ausgegliedert, in denen anstelle von Klassenraumunterricht individuelle und geöffnete Lernformate Raum finden - ein Konzept, welches für den Fremdsprachenunterricht durchaus kritisch gesehen werden muss (vgl. Doff & Giesler 2014 a). Zusammenfassend lässt sich also feststellen, dass mit der Oberschule eine Schulform als Regelschule in Bremen geschaffen wurde, die ein Angebot für alle Schüler/ -innen macht und welche sich damit endgültig von dem Anspruch der äußeren Differenzierung verabschiedet. Unterschiedlichkeit - Heterogenität - soll also der schulische Regelfall sein, der produktive Umgang damit ist dementsprechend ein zentrales Desiderat für die Unterrichtsfächer und ihre Didaktik. 3 Heterogene Lerngruppen als Herausforderung für das Fach Englisch Immer noch weitverbreitet ist die Annahme der vermeintlichen Homogenität von Jahrgangsklassen und der damit verbundene Mythos, dass alle Lernenden auf die gleiche Weise zum gleichen Ziel geführt werden können (vgl. Eisenmann 2011: 1). Die Heterogenität der Schüler/ -innen nimmt laut Trautmann (2010: 7) sogar zu und die Heterogenitätsdebatte betont daher, dass sich die Schülerschaft an deutschen Schulen hinsichtlich zahlreicher Merkmale unterscheidet. Zu diesen Merkmalen gehören u. a. Migrationserfahrungen, Vorwissen, Geschlecht, Behinderungen, Interessen, Alter, sozioökonomischer Hintergrund, Lerntempo und Motivation. Der aktuelle Heterogenitätsdiskurs fordert einen neuen Umgang mit diesen unterschiedlichen Lernbedürfnissen und -voraussetzungen der Schüler/ -innen. Von der heutigen Lehrergeneration wird erwartet, sich von der „ Illusion der homogenen Lerngruppe zu verabschieden und Heterogenität als Normalität, als Bereicherung und als Chance “ (Eisenmann 2011: 2) zu begreifen. Der Begriff der inneren Differenzierung oder auch Binnendifferenzierung ist bereits seit den 1960er- und 1970er-Jahren Bestandteil der Gesamtschul- und Bildungsreformdebatte. Innere Differenzierung steht im Gegensatz zur äußeren Differenzierung und zielt auf die individuelle Förderung Lernender innerhalb einer bestehenden Lerngruppe ab (vgl. Bathe et al. 2010: 19). Differenzierung in der Schule und im Unterricht begreift Individualität als konstitutive Basis und verfolgt nur ein einziges Ziel: Jeder einzelne Schüler soll individuell maximal gefordert werden und damit optimal gefördert werden. Das individuelle Leistungsvermögen und das Lernverhalten sind Grundlage für differenzierende Maßnahmen auf der inhaltlichen, didaktischen, methodischen, sozialen und organisatorischen Ebene (Paradies & Linser 2007: 9). Umgesetzt wird innere Differenzierung u. a. durch offene Unterrichtsformen, Wahlmöglichkeiten und ein breitgefächertes Materialangebot (vgl. Bathe et al. 2010: 19). Paradies und Linser (2007: 36 f.) zufolge kann sich innere Differenzierung sowohl auf im Unterricht verwendete Methoden, Medien und Materialien beziehen, als auch auf die Qualität oder die Quantität der Lernaufgaben. Ziel der inneren Differenzierung ist es, alle Schüler/ -innen entsprechend ihrer Voraussetzungen optimal zu fördern (vgl. Haß 64 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive 2006: 250). Schüler/ -innen einer Lerngruppe sollen durch Differenzierung „ dort abgeholt werden “ , wo sie sich in ihrem Lernprozess gerade befinden. Gleichzeitig wird versucht, immer mehr Schüler/ -innen die Lernwege zu ermöglichen, die für sie persönlich am ehesten angebracht erscheinen (vgl. ebd.). Vor dem Hintergrund, dass auch hinsichtlich des Sprachenlernens eine große Heterogenität vorherrscht, hat die Forderung nach Individualisierung, Differenzierung und Lernerautonomie im Fremdsprachenunterricht in den letzten Jahren stark zugenommen. Die Heterogenität der Schüler/ -innen im Englischunterricht soll durch differenzierte Ziele, Inhalte und Formen des Aneignens und Festigens sowie durch Differenzierung nach Umfang und Schwierigkeitsgrad der Aufgaben und nach Lerntempo Berücksichtigung finden (vgl. z. B. Hallet & Königs 2010: 16). Differenzierung „ von oben “ betrachtet Passung zwischen Unterricht und Lerner als Aufgabe der Lehrperson (vgl. Trautmann 2010: 10). Lehrpersonen stellen hier unterschiedliche Materialien auf unterschiedlichen Leistungsniveaus zur Verfügung. Binnendifferenzierung setzt demnach eine hohe diagnostische Kompetenz von Seiten der Lehrkraft voraus, um die individuellen Profile der Schüler/ -innen einschätzen zu können. Gleichzeitig wird aber auch ein großes Repertoire an differenzierten Unterrichtsstrategien und -materialien benötigt (vgl. ebd.: 10). Im Gegensatz zu dieser lehrerseitigen Differenzierung steht die Differenzierung „ von unten “ , welche durch die Schüler/ -innen erfolgt. Diese wählen dabei selber passende Materialien, Aufgaben, Themen, Methoden etc. und bearbeiten diese selbstständig (vgl. ebd.). Unterricht im Klassenverband tritt hier - zugunsten der individuellen oder kooperativen Lernvorhaben der Schüler/ -innen - weiter zurück. Reformpädagogische Methodenkonzepte wie Wochenplanarbeit und Freiarbeit finden bei diesem Ansatz häufig Verwendung. Die Lehrkraft fungiert hier lediglich als Unterstützung für einzelne Schüler/ -innen und greift nur noch bei Bedarf ein (vgl. ebd.: 10). Ob diese Konzepte, denen an Bremer Oberschulen im Rahmen der „ Lernbüros “ und „ Projektzeiten “ Raum gegeben wird, für alle Fächer in gleichem Maße geeignet sind, war bisher selten Gegenstand der Betrachtung. Es ist jedoch davon auszugehen, dass das Globallernziel der Kommunikativen Kompetenz in diesen offenen Unterrichtsarrangements nur schwer zu erreichen sein dürfte (vgl. Doff & Giesler 2014 a). Eine fundierte Theoriebildung oder konkrete Konzepte, wie der Heterogenität der Schülerschaft im Englischunterricht begegnet werden soll, gibt es im Bereich der Fremdsprachendidaktik jedoch (noch) nicht. Dennoch wird auch für den Fremdsprachunterricht Differenzierung und Individualisierung mittlerweile als Notwendigkeit angesehen (vgl. Eisenmann 2011). Insbesondere die drei Teilbereiche Fremdsprachenerwerb (Wortschatz, Grammatik, Fertigkeiten), Umgang mit Texten und Medien, sowie Landeskunde und Inter-/ Transkulturelles Lernen stehen im Mittelpunkt der Überlegungen zu Differenzierung und Individualisierung im Englischunterricht (vgl. ebd.). Es wird versucht, durch Aufgaben mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad oder unterschiedlichen methodischen und inhaltlichen Akzentuierungen eine Individualisierung zu erreichen, die sich sowohl auf Lernerautonomie, Lernermotivation, Anspruchsniveau als auch auf die kreative Entfaltung der Schüler/ -innen positiv auswirkt (vgl. ebd.). Lernziele und Rahmenbedingungen im differenzierenden Englischunterricht 65 4 Einblicke in die aktuelle Unterrichtspraxis an Bremer Oberschulen Ausgehend von den didaktischen Vorüberlegungen soll in diesem Abschnitt eine Bestandsaufnahme der aktuellen konzeptionellen Umsetzung differenzierenden Englischunterrichts in Bremen folgen. Ein Überblick über Bremens Umgang mit Heterogenität im Rahmen des Englischunterrichts ist nicht nur aufgrund der föderalen deutschen Schulsysteme notwendig (s. o.); darüber hinaus führt die vergrößerte Schulautonomie auch innerhalb der Bundesländer zu einer Vielzahl an schulorganisatorischen Konzepten, Benennungen und Modellen. Die im Folgenden vorgestellten ausgewählten Ergebnisse einer Fragebogenstudie in Bremen fokussieren demnach zuerst die schulorganisatorische Konzeption des Englischunterrichts an der Bremer Oberschule. Im Anschluss daran wird die fachdidaktische Fragestellung nach der Verwendung der Zielsprache und der Berücksichtigung der unterschiedlichen Kompetenzbereiche in den jeweiligen Organisationsformen beleuchtet. Wie bereits erwähnt, wird häufig ein Teil des Unterrichts in den Kernfächern in sog. Lernbüros oder Arbeitsplanstunden ausgelagert, um individualisierte Lernzeiten zu erhöhen. Diesen Weg wählen auch viele der Bremer Oberschulen. 3 Schüler/ -innen können während dieser Zeit selbstständig und in ihrem eigenen Tempo an Aufgabenformaten, die meist nach Anforderungsniveau oder Leistung differenziert sind, sowie an Projekten arbeiten. Wie oben bereits angedeutet, stellen Lernbüros aus Sicht der Englischdidaktik allerdings ein problematisches Konzept dar, denn bisher gibt es für das Fach Englisch nur vereinzelt sinnvolle Materialien für derart offene Unterrichtsarrangements. Darüber hinaus sind bis dato nur erste Ansätze in den aktuellen Lehrwerken zu finden, differenzierendes Selbstlernmaterial anzubieten. Zudem ist ein deutlicher einseitiger Trend in Richtung Leistungsdifferenzierung zu beobachten. Differenzierungsangebote, die darüber hinausgehen und Lernertypen, Interessen, sprachliche Hintergründe etc. in den Blick nehmen, sind bisher deutlich weniger verbreitet. So besteht die Gefahr, dass die Förderung kommunikativer Kompetenz, welche als primäres Ziel des Englischunterrichts gilt, im Rahmen der Lernbüro-Stunden nur unzureichend gewährleistet werden kann. Es erscheint daher nicht nur lohnenswert, sondern geradezu notwendig, die aktuelle Unterrichtspraxis an Bremer Oberschulen genauer in den Blick zu nehmen. 4.1 Ein Blick auf die aktuelle Unterrichtspraxis an Bremer Oberschulen Um die Herausforderungen, die offene Lernarrangements wie das Lernbüro für das Fach Englisch mit sich bringen, näher zu beleuchten und um einen Einblick in die aktuelle Unterrichtspraxis an Bremer Oberschulen hinsichtlich Differenzierung und Individualisierung im Englischunterricht zu erhalten, wurden 44 Bremer Englischlehrkräfte zum aktuellen Umgang mit Heterogenität im Englischunterricht befragt. Diese Befragung fand im Rahmen einer von der Arbeitsgruppe Fremdsprachendidaktik Englisch an der Universität Bremen im Mai 2014 veranstalteten Arbeitstagung mit dem Titel 3 Im Rahmen weitgehender Schulautonomie können die einzelnen Bremer Oberschulen Teile ihrer Unterrichtsorganisation selbst gestalten. Demnach kann hier keine allgemeine Aussage für alle Oberschulen getroffen werden. Gleiches gilt auch für die Verteilung der Anzahl der Lernbüro- oder Arbeitsplanstunden (s. u.). 66 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive „ Materialflut im Lernbüro = kommunikative Ebbe in der Klasse? “ statt. Die teilnehmenden Lehrkräfte unterrichteten vornehmlich an Bremer Oberschulen (32), 4 einige aber auch an Gymnasien (6), Gesamtschulen 5 (5) oder an berufsbildenden Schulen (1). Das Format der Arbeitstagung ist fester Bestandteil des Projekts „ Professionalisierung im Umgang mit Heterogenität und Differenzierung im Englischunterricht “ und findet jährlich statt. Lehrkräfte, Studierende und Vertreter/ -innen der universitären Englischdidaktik diskutieren im Rahmen der Tagung über aktuelle didaktische Herausforderungen für das Fach Englisch. Um bei der Vielzahl der bundesdeutschen Modelle zumindest ansatzweise einen Überblick behalten zu können, beschränken sich die Daten auf das Bundesland Bremen. Wie unter Abschnitt 2 aufgezeigt, handelt es sich bei den schulorganisatorischen Konzepten - trotz unterschiedlicher Benennung - häufig um sehr ähnliche Modelle. Aus diesem Grund ist eine Übertragbarkeit der grundsätzlichen Aussagen auf andere Bundesländer zu erwarten. Hinzu kommt, dass Bremen relativ früh und flächendeckend sein Oberschulmodell eingeführt hat (s. o.) - die Erfahrungen hiermit also schon vergleichsweise fundiert sind. 4.2 Darstellung und Interpretation der Lehrerbefragung Im Rahmen der Arbeitstagung für Bremer Lehrkräfte (s. o.) wurden Fragebögen ausgeteilt und von insgesamt 44 Lehrkräften ausgefüllt. Im Mittelpunkt der Befragung stand die Problematik des hohen Bedarfs an sprachlichem Input im Anfangsstadium des Fremdsprachenlernens einerseits und der erhöhte Differenzierungs- und Individualisierungsbedarf andererseits. Mithilfe des Fragebogens sollte daher untersucht werden, wie Bremer Englischlehrkräfte mit diesen komplexen Herausforderungen umgehen und welchen Entwicklungsbedarf sie für die Zukunft des Englischunterrichts sehen. Der Fragebogen besteht aus drei Teilbereichen. Im ersten Teilbereich „ Informationen zur Person “ wurden für die Untersuchung relevante Merkmale der Lehrkräfte erhoben wie beispielsweise Unterrichtserfahrung und Schulform. Der zweite Teilbereich fokussiert den „ schulischen Gestaltungsrahmen “ und umfasst u. a. Fragen hinsichtlich der Zusatzangebote und der Betreuung während offener Lernarrangements. Im dritten Teil des Fragebogens werden die Lehrkräfte zu der konkreten Umsetzung von Differenzierung und Individualisierung im Rahmen ihres eigenen Englischunterrichts befragt. Im Folgenden werden einzelne Daten der Befragung dargestellt und interpretiert. 4.3 Umsetzung und Gestaltung von offenen Lernarrangements Die Mehrheit der befragten Lehrkräfte gab an, dass es an ihrer Schule in den Klassen 5 und 6 Lernbüro/ Arbeitsplan-Stunden (26) und/ oder Förderunterricht (26) gibt. Nur wenige Lehrkräfte (6) gaben an, dass es an ihrer Schule überhaupt keine Zusatzangebote 4 Bei den Zahlen in Klammern handelt es sich um die absoluten Zahlen der Fragebogenuntersuchung. 5 Wie oben beschrieben gibt es in Bremen kein klares definitorisches Merkmal mehr, welches Gesamtschulen und Oberschulen voneinander abgrenzt. Bei den Gesamtschulen ist daher davon auszugehen, dass eine traditionelle Benennung beibehalten wurde, es sich aber faktisch um Oberschulen handelt. Lernziele und Rahmenbedingungen im differenzierenden Englischunterricht 67 gibt. Ab der 7. Klasse nimmt das Angebot an Förderunterricht (12) deutlich ab. Das Lernbüro (21) hingegen bleibt auch in der 7. Klasse größtenteils als Zusatzangebot bestehen. Dabei finden die Lernbüro-Stunden meist in einem Verhältnis von drei zu eins (10) statt, also drei Stunden regulärer Englischunterricht und eine Stunde Lernbüro pro Woche. Darüber hinaus gab mehr als ein Drittel (17) der befragten Lehrkräfte an, dass die Schüler/ -innen während der Lernbüro-Zeiten von einer anderen Fachlehrkraft oder durch Betreuungspersonal betreut werden. Die Befragung lässt erkennen, dass Zusatzangebote in Form von Förderunterricht und Lernbüros mittlerweile ein fester Bestandteil an vielen Bremer Schulen sind. Mit der Einführung des Lernbüros geht jedoch häufig auch eine Kürzung des regulären Englischunterrichts einher. Die Befragung zeigt zudem, dass es bereits Schulen in Bremen gibt, an denen Englischunterricht ausschließlich im Lernbüro stattfindet (2). Hinzu kommt, dass während der Lernbüro-Stunden nicht zwingend eine Englischlehrkraft anwesend ist. Für das Fach Englisch ist dies insofern problematisch, da mündliche Interaktion sowie Aufgaben- und Übungsformate, die über gap-filling exercises hinausgehen, in den Lernbüro-Stunden, in denen keine Englischlehrkraft anwesend ist, eher unwahrscheinlich sind und zudem nur schwer umsetzbar erscheinen. Die Schüler/ -innen sind dann auf sich allein gestellt, korrigierendes Eingreifen durch eine Lehrkraft findet nicht statt. Auch Lösungszettel zur Selbstkorrektur, die nach unseren Beobachtungen in Lernbüros durchaus verbreitet sind, scheiden für komplexere sprachliche Handlungen aus. 4.4 Verwendung der Zielsprache Die teilnehmenden Lehrkräfte wurden außerdem gefragt, ob im Rahmen ihres regulären Englischunterrichts überwiegend in der Zielsprache Englisch kommuniziert wird. Vergleichend dazu wurde auch gefragt, wie die Verwendung der Zielsprache Englisch während der Lernbürostunden eingeschätzt wird. Abbildung 1 zeigt, dass 34 % der befragten Lehrkräfte angibt, dass es eher zutrifft, dass während ihres Englischunterrichts hauptsächlich auf Englisch kommuniziert wird. 23 % stimmen dieser Aussage sogar voll Abb. 1: Verwendung der Zielsprache im regulären Englischunterricht Abb. 2: Verwendung der Zielsprache im Lernbüro 68 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive und ganz zu. Lediglich 2 % der Lehrkräfte geben an, dass Englisch nicht die Hauptkommunikationssprache in ihrem Englischunterricht darstellt. Für das Lernbüro (vgl. Abb. 2) ergibt sich ein anderes Bild. Die Mehrheit der Lehrkräfte gibt an, dass es gar nicht oder eher nicht zutrifft, dass während der Lernbürozeiten hauptsächlich die Zielsprache Englisch verwendet wird. Nur 4 % der Lehrkräfte stimmen der Aussage, dass während der Lernbürozeiten hauptsächlich auf Englisch kommuniziert wird, voll zu. Die Daten lassen erkennen, dass die Verwendung der Zielsprache Englisch während der Lernbüro-Stunden generell eine eher untergeordnete Rolle spielt. Während der reguläre Englischunterricht, den befragten Lehrkräften zufolge, überwiegend in der Zielsprache Englisch stattfindet, wird während des Lernbüros kaum in der Zielsprache kommuniziert. Die Vermutung, dass die Verwendung der Zielsprache Englisch und somit die Förderung kommunikativer Teilkompetenzen während der Lernbüro-Stunden nur unzureichend gewährleistet ist, wird durch die befragten Lehrkräfte bestätigt. 4.5 Kompetenzbereiche und Aufgabenformate Die befragten Lehrkräfte gaben an, dass im Rahmen ihres Englischunterrichts überwiegend die beiden kommunikativen Fertigkeiten 6 Listening und Speaking gefördert werden. Hinzu kommt ein Schwerpunkt im Bereich Grammatik (vgl. Abb. 3). Während des Lernbüros werden, den Einschätzungen der Lehrkräfte zufolge, insbesondere die beiden kommunikativen Fertigkeiten Writing und Reading sowie Lexis gefördert (vgl. Abb. 4). Abb. 3: Fertigkeiten/ sprachliche Mittel, die überwiegend im Englischunterricht gefördert werden 6 Der vorliegende Artikel bezieht sich an dieser Stelle auf das Kompetenzstrukturmodell der Kultusministerkonferenz. Dieses umfasst den Bereich der Funktionalen Kommunikativen Fertigkeiten (aufgeteilt in Kommunikative Fertigkeiten und das Verfügen über die sprachlichen Mittel), den Bereich der interkulturellen Kompetenz und den der Methodenkompetenz (vgl. hierzu KMK 2004). Lernziele und Rahmenbedingungen im differenzierenden Englischunterricht 69 Abb. 4: Fertigkeiten/ sprachliche Mittel, die während der Lernbürostunden gefördert werden Darüber hinaus werden den Lehrkräften zufolge überwiegend geschlossene Aufgabenformate, formale Schreibaufgaben und Tasks von Schüler/ -innen während der Lernbürostunden bearbeitet (vgl. Abb. 5). Kreative Schreibaufgaben und Projektarbeit werden, nach den Angaben der Lehrkräfte, deutlich seltener während des Lernbüros bearbeitet (vgl. ebd.). Abb. 5: Aufgabenformate, die während der Lernbürostunden überwiegend bearbeitet werden 70 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive Die Einschätzungen der befragten Lehrkräfte zeigen, dass im regulären Englischunterricht vornehmlich die beiden kommunikativen Fertigkeiten Speaking und Listening sowie Grammatik gefördert werden. Writing, Lexis, Reading und Sprachmittlung werden während der regulären Unterrichtsstunden eher nicht gefördert. Dies ist auf den ersten Blick wenig verwunderlich, da die zuletzt genannten Kompetenzen traditionell vermutlich eher im Rahmen von Hausaufgaben oder Wochenplänen gefördert wurden bzw. werden, die individuelle Arbeitszeit während der Lernbürostunden also im Zuge der Ganztagsbeschulung die Hausaufgaben ersetzt. Problematisch erscheint jedoch, dass im Lernbüro die kommunikativen Teilkompetenzen Listening und Speaking fast überhaupt nicht gefördert werden. Hier dominieren die Kompetenzbereiche Lexis, Grammatik und Writing. Darüber hinaus werden im Rahmen des Lernbüros überwiegend Lernaufgaben/ Tasks, geschlossene Übungsformate und formale Schreibaufgaben angeboten. Projektarbeit oder kreative Schreibaufgaben dagegen werden kaum angeboten. Da Lernbüro-Stunden zudem in der Regel einen Teil des regulären Englischunterrichts ersetzen - also keine zusätzlichen Stunden zur Verfügung stehen - , legen die Daten auch hier nahe, dass dies zu Lasten der individuellen Sprechzeit und somit der kommunikativen Teilkompetenzen geschieht. Es lässt sich also feststellen, dass die Kürzung des regulären Englischunterrichts zugunsten von Lernbüro-Stunden oder ähnlich offenen Lernarrangements mit einem Rückgang der Förderung zentraler kommunikativer - insbesondere mündlicher - Teilkompetenzen einhergeht. Offene Lernarrangements wie das Lernbüro können den regulären Englischunterricht aus der Sicht der Autor/ -innen also auch nicht teilweise ersetzen, sondern sollten lediglich eine Ergänzung darstellen. 4.6 Relevanz der Daten Die vorliegenden Daten haben drei zentrale Problemlagen zum Vorschein gebracht, denen sich Englischlehrkräfte und die Fremdsprachendidaktik Englisch stellen müssen: 1. Zusatzangebote wie das Lernbüro haben eine faktische Kürzung des regulären Englischunterrichts zur Folge. 2. Diese Kürzung des regulären Englischunterrichts geht mit einer Reduzierung der individuellen Sprechzeit einher und somit mit einem Verlust an mündlicher Kommunikation in der Zielsprache Englisch. 3. Materialien und Aufgabenformate für das Lernbüro, die über geschlossene Übungsformate hinausgehen und die kommunikativen Teilkompetenzen einschließen, sind wünschenswert. Diese neuen Herausforderungen für das Fach Englisch sind über den Bremer Kontext hinaus verallgemeinerbar, da die Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems in anderen Bundesländern ähnliche Umstrukturierungen und Lernarrangements hervorbringt (s. o.). Vor diesem Hintergrund erscheint es umso wichtiger, dass zukünftig auf schulischer sowie auf wissenschaftlicher Ebene verstärkt darüber diskutiert wird, wie didaktische Zielbestimmungen zwischen formalen und funktionalen Aspekten des Englischlernens in welchen Organisationsformen erreicht werden sollen. Zudem sollte geklärt werden, welche Rolle offene Lernarrangements bei der Umsetzung von Differenzierung und Individualisierung für das Fach Englisch spielen können und sollen. In Lernziele und Rahmenbedingungen im differenzierenden Englischunterricht 71 diesem Zusammenhang muss zuerst die Frage der didaktischen Zielrichtung klar festgelegt und daraus Konzeptionen abgeleitet werden. Eine schulorganisatorische Setzung wie das Lernbüro allein führt offensichtlich nicht zu sinnvoller Unterrichtsgestaltung. Wie aus der vorangegangenen empirischen Analyse didaktische Zielsetzungen abgeleitet werden können, wird im folgenden Abschnitt gezeigt. 5 Wie können Lernziele und Rahmenbedingungen aufeinander abgestimmt werden? Eine mögliche erste Reaktion auf die aktuelle Situation an Bremer Oberschulen für das Fach Englisch könnte in der Forderung münden, die erst kürzlich eingeführten Lernbüros zugunsten eines Englischunterrichts im Klassenverband wieder abzuschaffen. Allerdings liegen Entscheidungen über die Schulstruktur außerhalb der Reichweite der Fremdsprachendidaktik. Auch hat die Grundidee des Lernbüros, differenzierende und individualisierende Lernangebote bereitzustellen, im neuen System der Oberschule durchaus ihre Berechtigung (s. o.) und wird von den Bremer Lehrkräften mehrheitlich befürwortet (vgl. Doff & Giesler 2014a: 200). Demnach zeigt der folgende Abschnitt, wie, anstelle einer Abschaffung des Lernbüros, offene Lernarrangements sinnvoll und im Einklang mit den Leitzielen eines kommunikativen Englischunterrichts genutzt werden können. Unter Berücksichtigung des unter Abschnitt 4 aufgezeigten konkreten Handlungsbedarfs für den Einsatz von sprachlichem Input für das Fremdsprachenlernen sowie eines erhöhten Differenzierungs- und Individualisierungsbedarfs ergebenen sich folgende drei Prämissen für das Lernbüro: 1. Das Potential des Lernbüros als Zusatzangebot zum regulären Englischunterricht muss genutzt werden, ohne dabei auf die Förderung zentraler mündlicher Kommunikation in der Zielsprache zu verzichten. 2. Das bedeutet, dass Materialien und Aufgabenformate für das Lernbüro, die über geschlossene Übungsformate hinausgehen und die kommunikativen Teilkompetenzen einschließen, entwickelt und den Schulen zur Verfügung gestellt werden müssen. 3. Entscheidend hierbei ist, dass die Materialien differenzierend angelegt sind, also den individuellen Bedürfnissen der Lerner gerecht werden. Zudem müssen Materialien so konzipiert sein, dass sie idealiter ohne spezifische Anweisung auch von einer fachfremden Lehrkraft (s. o.) eingesetzt und bearbeitet werden können. Um zu demonstrieren, inwiefern Lernziele und Rahmenbedingungen im zweigliedrigen System aufeinander abgestimmt werden können, werden zunächst Anforderungen an differenzierende und kommunikative Materialien formuliert, damit diese auch im Lernbüro anwendbar sind (siehe 5.1). An diese eher theoretische Beleuchtung von differenzierenden kommunikativen Materialien schließt sich die Vorstellung des Bremer Projekts zur „ Professionalisierung im Umgang mit Heterogenität und Differenzierung im Englischunterricht “ an. Hierbei wird aufgezeigt, inwiefern eine Abstimmung von Lernzielen und Rahmenbestimmungen im Projekt der Universität Bremen bereits praktisch stattfindet (siehe 5.2). Es wird erläutert, wie die Entwicklung und der Einsatz von kommunikativen Materialien praxisnah verfolgt und verschiedene Akteure in 72 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive diesen Prozess einbezogen werden. Wie oben aufgezeigt, sind die aufgelisteten Prämissen von zentraler Bedeutung für die Gestaltung von offenen Arbeitsformen im zweigliedrigen System. Das Projekt der Fremdsprachendidaktik Englisch an der Universität Bremen trägt so zu Lösungsansätzen für oben beschrieben Problematiken bei: die Lösungen könnten - an die jeweiligen Kontexte angepasst - Modellcharakter für andere Bundesländer haben. 5.1 Differenzierende kommunikative Materialien für den Englischunterricht Bei der Entwicklung von differenzierenden kommunikativen Materialien, die den oben genannten Ansprüchen gerecht werden sollen, spielen aus der Sicht der Verfasser/ -innen v. a. drei Faktoren eine entscheidende Rolle: Materialien und Aufgabenformate müssen task-based Ansätze, Scaffolding-Angebote und die Adressierung multiple intelligences berücksichtigen. Nur unter Berücksichtigung dieser Faktoren kann es gelingen, der Heterogenität der Lernenden im zweigliedrigen System ernsthaft gerecht zu werden und darüber hinaus das Potential von offenen Unterrichtsarrangements zu nutzen (vgl. hierzu u. a. Doff & Giesler 2014a). Diese drei Faktoren werden im Folgenden kurz beschrieben. Unter den task-based Ansätzen ist vor allem das von Hallet (2011: 153 ff.) entwickelte Modell der komplexen Kompetenzaufgabe zu nennen. In diesem Modell werden Lehrkräfte bei der Planung und Strukturierung von Unterricht unterstützt, in dem es gezielt vorbereitende, begleitende und nachbereitende Reflexion von aufgabeninitiierten Lern- und Arbeitsprozessen im Englischunterricht in den Blick nimmt. Dabei setzt sich das Modell aus acht verschiedenen differenzierenden Elementen zusammen, die kognitive, sprachlich-diskursive sowie interaktionale Prozesse der Schüler/ -innen beeinflussen (vgl. ebd.). So werden etwa die Kompetenzziele so definiert, dass sie je nach Leistungsfähigkeit der Schüler/ -innen in Zwischenstufen erreicht werden können. Auch das Thema und die Inhalte werden bei der komplexen Kompetenzaufgabe so gewählt, dass sie möglichst einen Lebensweltbezug haben und somit individuelle Bearbeitungsweisen und -niveaus fördern. Ähnliches gilt für die Wahl der Texte, Bilder und Materialien, die verschiedene Wahrnehmungskanäle sowie Sinne der Schüler/ -innen ansprechen und durch ihre gestuften sprachlichen und inhaltlichen Niveaus von jeder Schülerin und jedem Schüler bearbeitet werden können. Ebenfalls sind die anderen Elemente, also die Genres, sprachlichen Mittel, Übungen, Scaffolding-Angebote und schließlich Aufgabeninstruktion so angelegt, dass sie jeweils eine größtmögliche Differenzierung nach Leistungen, Skills, Fähigkeiten, Interessen und Lernertypen ermöglichen (vgl. ebd.). Wenn die Ausrichtung von task-based Ansätzen auch in offenen Lernarrangements ernsthaft verfolgt wird und die aufgezählten differenzierenden Elemente zum Einsatz kommen, besteht die Möglichkeit, die Lernenden individuell nach ihren Lernvoraussetzungen zu fördern und fordern. Dies setzt eine genaue und differenzierte Planung von Seiten der Lehrkräfte voraus, die anschließend auch ohne strikte Kontrolle durch eine Englischlehrkraft von den Schüler/ -innen eigenständig genutzt werden kann. Neben den task-based Ansätzen spielen Scaffolding-Angebote bei der Berücksichtigung der Heterogenität der Schülerschaft eine entscheidende Rolle. Scaffolding-Angebote wurden für den deutschen Raum vor allem durch Thürmann (2013: 236ff.) weiter- Lernziele und Rahmenbedingungen im differenzierenden Englischunterricht 73 entwickelt und geprägt. Obwohl es sich hierbei ursprünglich um eine Konzeption aus der Didaktik des bilingualen Sachfachunterrichts handelt, steckt in scaffolding auch ein großes Potenzial zur Unterstützung beim task-based learning. Thürmann (2013: 237) fasst zusammen, dass Scaffolding-Angebote die „ dienende Funktion für den Erwerb von selbstgesteuerter Problemlösungsfähigkeit “ aufweisen. Je nach den Bedürfnissen der Lerner bedienen sie unterschiedliche Bereiche und sind von unterschiedlicher Dauer. Dabei entwickelt Thürmann das von van Lier (1996) auf Fremdsprachenlernen übertragene Modell der „ Zone der nächsten (proximalen) Entwicklung “ weiter, welches das Scaffolding-Konzept für den Bereich des schulischen Lehren und Lernens erweitert (vgl. ebd.: 238). In diesem Modell werden Scaffolding-Angebote durch die Beziehung „ Experte zu Novize “ und „ Peer zu Peer “ betont (vgl. ebd.). Für den Bereich Schule werden also konkret Unterstützungsangebote geschaffen, die aus der Aktivierung von Vorwissen bestehen, die von der Lehrkraft und kompetenteren Peers angeboten werden oder die durch die Interaktion mit gleich- oder weniger kompetenten Peers zustande kommen. In der Konsequenz, die aus obigen Ausführungen für das Lernbüro gezogen werden kann, sollten Scaffolding-Angebote für das Lernbüro vor allem aus Unterstützungen durch die Mitschüler/ -innen bestehen. Die Interaktion mit kompetenteren, gleich kompetenten und weniger kompetenten Peers muss in der Materialentwicklung berücksichtigt werden. Wenn dies konsequent berücksichtigt wird, besteht zum einen die Möglichkeit, besonders auch kommunikative (listening und speaking) Fertigkeiten im Lernbüro zu fördern. Zum anderen kann der Fokus von der Kommunikation zwischen hauptsächlich Lehrkraft und Schüler/ -in zu einer Interaktion zwischen (kompetenten, gleich - oder weniger kompetenten) Peers verschoben werden. Schließlich sind als dritter entscheidender Faktor multiple Intelligenzen zu nennen. Den Begriff der multiple intelligences hat Gardner (2011) in Abgrenzung zu traditionellen IQ-Tests entwickelt und entscheidend geprägt. Gardner zufolge werden verschiedene Skills und Fähigkeiten von Individuen, die entscheidend in unterschiedlichen kulturellen Kontexten sind, durch die klassischen Tests nicht erkannt und dementsprechend auch nicht gefördert (vgl. Gardner 2011: 7). Er betont, dass Intelligenzen wie z. B. die sprachliche, musikalische oder logisch-mathematische (vgl. ebd. 77ff.) bei Individuen unterschiedlich stark ausgeprägt sein können. Übertragen auf differenzierenden Englischunterricht bedeutet Gardners Ansatz, dass Materialien nach verschiedenen Intelligenzen differenzieren müssen, so dass möglichst verschiedene Lernertypen, Interessensbereiche sowie Prozess- und Produktarten angesprochen werden. Indem multiple Intelligenzen ihre Berücksichtigung in offenen Lernarrangements finden, können diese ein wichtiges und sinnvolles Zusatzangebot zum regulären Englischunterricht bereitstellen. Wie im nächsten Abschnitt aufgezeigt, sind bei der Erstellung differenzierender Materialien durch Studierende im Rahmen des Projekts zum Umgang mit Heterogenität im Englischunterricht alle drei genannten Faktoren handlungsleitend. 74 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive 5.2 „ Professionalisierung im Umgang mit Heterogenität und Differenzierung im Englischunterricht “ - Ein Projekt der Fremdsprachendidaktik Englisch an der Universität Bremen Aus Sicht der Autor/ -innen ist die starke Verzahnung von Universität und Schulpraxis sowie das frühe Einbinden von Studierenden ein wichtiger Schritt, um auf aktuelle Herausforderungen für das Fach Englisch im Kontext von Differenzierung und Individualisierung adäquat und praxisorientiert zu reagieren. Nur Unterrichtsentwicklung gemeinsam mit (aktuellen und zukünftigen) Lehrkräften, orientiert an deren Bedürfnissen, kann aus Sicht der Autor/ -innen von Erfolg gekrönt sein. Aus diesem Grund ist das ForstA 7 Projekt „ Professionalisierung im Umgang mit Heterogenität im Englischunterricht “ (siehe hierzu u. a.: Doff & Prüfer 2013; N ’ Jie 2014; N ’ Jie & Schuett 2015) in der Studieneingangsphase der Fremdsprachendidaktik Englisch für Studierende im Studiengang BA English-Speaking Cultures mit Lehramtsoption verankert. Es dient der frühen Einübung eines forschenden Habitus (reflective practitioner, vgl. Schön 1984) und setzt curricular an der Stelle des ersten fachbezogenen Praxiskontakts der Lehramtsstudierenden im dritten und vierten Semester an. Die Studierenden setzen sich im Rahmen des Projekts mit dem Oberthema „ Umgang mit Heterogenität im Englischunterricht “ auseinander und werden so mit aktuellen Herausforderungen an zukünftige Englischlehrkräfte konfrontiert (siehe hierzu u. a. Doff & Giesler 2014b). Die Studierenden erforschen im Rahmen des Projekts mithilfe von selbstentwickelten, fachspezifischen Fragestellungen die Unterrichtspraxis im Fach Englisch an Bremer Oberschulen und werden dabei durch studentische Coaches unterstützt. Die Mikroforschungsprojekte, die während der Praxisphase (in der Regel im Wintersemester) entstehen, werden anschließend im Rahmen einer Arbeitstagung (in der Regel im Juni/ Juli) präsentiert, um auf dieser Grundlage einen Austausch zwischen Studierenden und Bremer Lehrkräften zu ermöglichen (siehe hierzu u. a. N ’ Jie 2014 sowie N ’ Jie & Schuett 2015). Die Arbeitstagung findet mittlerweile jährlich statt und trägt u. a. dazu bei, Daten zu erheben, die in die Weiterentwicklung des Projekts einfließen. Das Projekt fördert damit eine Theorie-Praxis-Rückkopplung sowie eine Verknüpfung der ersten Phase der (Englisch-)Lehrerausbildung an der Universität Bremen mit der schulischen Praxis. Lehramtsstudierende werden somit auf die veränderte Schulrealität und die verstärkte Forderung nach Binnendifferenzierung (s. o.) vorbereitet. Dies beinhaltet, neben dem Umgang mit Heterogenität und Differenzierung sowie der Reflexion einer veränderten Lehrerrolle, v. a. auch die Erstellung und den Einsatz von differenzierenden Materialien. Daher liegt ein weiterer Schwerpunkt des Projekts auf der Entwicklung von differenzierenden Materialien, die in enger Kooperation zwischen Lehramtsstudierenden und Lehrkräften stattfindet (siehe hierzu N ’ Jie 2014). Fortgeschrittene Studierende entwickeln in Master-Seminaren differenzierende Materialien, die sie entweder selbst in der Schule (in Praktika/ durch Praxiskontakte) ausprobieren oder von Lehrkräften einsetzen lassen. Das hierbei entstehende Feedback aus der Praxis wird wiederum in die Material(weiter-)entwicklung für die Praxis eingearbeitet. Die unter 5.1 aufgezeigten Faktoren, die nach Ansicht der Verfasser/ -innen entscheidend für den Erfolg von 7 ForstA steht für „ Forschendes Studieren von Anfang an “ und ist eine Förderlinie der Universität Bremen, mit Hilfe derer Projekte, die forschendes Studieren bereits in der Studieneingangsphase ermöglichen, unterstützt werden. Lernziele und Rahmenbedingungen im differenzierenden Englischunterricht 75 kommunikativen differenzierenden Materialien sind, finden eine starke Berücksichtigung in der Materialerstellung und -erprobung. Folglich weisen die von den Studierenden erstellten Materialien task-based und Scaffolding-Ansätze auf und sie sprechen multiple Intelligenzen der Schüler/ -innen an. Erste Erfahrungen mit der Erprobungen von differenzierenden Materialien in Zusammenarbeit mit Bremer (Oberschul-)lehrkräften zeigen Tendenzen, dass hier ein hoher Bedarf besteht, der durch eine Zusammenarbeit aller beteiligten Akteure Aussicht auf Erfolg zu versprechen scheint. Derzeitige Herausforderungen liegen neben der Weiterführung der Materialentwicklung v. a. im Zugang zu und der Verbreitung der kommunikativen und differenzierenden Materialien. 6 Fazit Die hier vorgestellte Studie zeigt, dass die bisherige Umsetzung einer fremdsprachendidaktischen Konzeption innerhalb der schulorganisatorischen Rahmung von Lernbüros/ Arbeitsplanstunden oder anderen individualisierten Lernarrangements unbefriedigend bleibt. Dies ist nach Ansicht der Verfasser/ -innen zuallererst eine fremdsprachendidaktische Herausforderung. Viele bereits vorhandene Ansätze - hier stellvertretend repräsentiert durch Lernaufgaben/ tasks und Scaffolding-Angebote - können und müssen innerhalb der offenen Lernarrangements produktiv nutzbar gemacht werden, um dem Anspruch an kommunikativen Englischunterricht gerecht zu werden. Eine erfolgversprechende Möglichkeit, diesen Herausforderungen bereits in der ersten Phase der Lehrerausbildung zu begegnen, stellt das vorgestellte Projekt „ Professionalisierung im Umgang mit Heterogenität und Differenzierung im Englischunterricht “ dar. Zukünftig sollte es jedoch Aufgabe aller an Schule beteiligten Akteure (Schulbuchverlage, Fachgruppen innerhalb von Kollegien sowie der Lehreraus- und -fortbildung) sein, konkrete Lösungsansätze zu entwickeln und diese in die Konzeption neuer Materialien und Konzepte einfließen zu lassen. Diese müssen dann in einem weiteren Zyklus wissenschaftlich begleitet ausprobiert werden - z. B. im Rahmen von Bachelor- oder Masterarbeiten. Wie in diesem Beitrag exemplarisch gezeigt werden konnte, strandet der Englischunterricht angesichts aktueller Herausforderungen im Kontext von zunehmender Individualisierung des Fachunterrichts ohne ein klares fachdidaktisches Konzept zwischen Materialflut und kommunikativer Ebbe. Anschlussfragen 1. Vergleichen Sie die institutionellen Rahmenbedingungen des Englischunterrichts in Bremen mit denen in Ihrem Bundesland/ an Ihrer Schule. Welche Ähnlichkeiten und Unterschiede gibt es? 2. Diskutieren Sie weitere Möglichkeiten, um die erste Phase der Lehrerausbildung stärker mit der Schulpraxis zu verzahnen bzw. eine Theorie-Praxis Rückkopplung zu ermöglichen. 3. Überlegen Sie, wie differenzierende und individualisierende Materialien für offene Lernarrangements wie das Lernbüro konkret aussehen könnten. Berücksichtigen Sie hierbei unterschiedliche Dimensionen von Heterogenität und unterschiedliche Formen der Differenzierung. 76 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive Mehrsprachigkeit und Fremdsprachenlernen: Eine unüberwindliche Hürde für Kinder mit einer genuinen Sprachentwicklungsstörung? Tobias Ruberg & Monika Rothweiler Die sprachlichen Lernausgangslagen von Schüler/ -innen in Deutschland sind sehr heterogen. So wächst zum Beispiel ein großer Anteil von ihnen mehrsprachig auf und erwirbt das Deutsche neben einer oder mehreren weiteren Sprache(n). Zudem wächst ein Teil der Schüler/ -innen (ein- oder mehrsprachig) in einem sprachlich anregungsarmen Umfeld auf. Ein anderer Teil ist von einer genuinen Sprachentwicklungsstörung betroffen. Der vorliegende Beitrag befasst sich mit der Frage, wie sich eine Störung der Sprachentwicklung auf den Erwerb einer Zweitbzw. Fremdsprache auswirkt und wie die betroffenen Kinder in ihrem Spracherwerb unterstützt werden können. Wir konzentrieren uns dazu auf Kinder mit einer umschriebenen Störung im Bereich der Sprachentwicklung (Spezifische Sprachentwicklungsstörung, SSES). Aktivierung von Vorwissen 1. Schlagen Sie in linguistischen und fremdsprachendidaktischen Lexika und Handbüchern den Begriff „ Mehrsprachigkeit “ nach. Vergleichen Sie Ähnlichkeiten und Unterschiede. 2. Wie beeinflusst die Sprachlernbiographie von Kindern und Jugendlichen Lernprozesse beim schulischen Fremdsprachenunterricht? Versuchen Sie, Fakten über den Ist-Zustand zu eruieren und überlegen Sie, welche Potentiale bis jetzt ungenutzt bleiben. 3. In inklusiven Regelklassen treffen Sie als Fachlehrkraft auch auf Kinder mit Sprachentwicklungsstörungen. Was wissen Sie bis jetzt darüber? 1 Einleitung Kinder mit einer genuinen Sprachentwicklungsstörung, d. h. mit einer sog. Spezifischen Sprachentwicklungsstörung (SSES), haben ein Sprachverarbeitungsproblem, das den altersgemäßen Spracherwerb erschwert, v. a. im Bereich der Grammatik, aber auch in den Bereichen Phonologie und Lexikon. Die Schwierigkeiten zeigen sich zunächst im Erstspracherwerb, durch einen verspäteten Erwerbsbeginn sowie einen deutlich verlangsamten und abweichenden Erwerbsverlauf, der bei vielen dieser Kinder zu einer dauerhaften Sprachstörung führt. Zu den sprachlichen Auffälligkeiten treten im Schulalter häufig gravierende Probleme im Schriftspracherwerb hinzu. Von einer SSES sind etwa 5 % aller Kinder betroffen, d. h. jedes zwanzigste Kind. Damit wird deutlich, dass es sich um eine für die inklusive Schule relevante Größe handelt, da in jeder Klasse durchschnittlich mindestens ein Kind betroffen ist. Die Frage liegt nahe, wie sich diese Spracherwerbsproblematik auf den Erwerb von weiteren Sprachen auswirkt. Das gilt einmal für die große Gruppe von Kindern, die als erste Sprache eine andere Sprache als Deutsch ungesteuert, d. h. ohne explizite Unterweisung im Alltag, erwerben. Im schulischen Kontext stellt sich dieselbe Frage dann für das Fremdsprachenlernen: Wie also wirkt sich eine SSES im ungesteuerten Zweit- und im gesteuerten Fremdspracherwerb aus? Wie erwerben diese Kinder Deutsch als (frühe) Zweitsprache? Wie lernen sie in der Schule eine Fremdsprache, v. a. Englisch? Ist der Erwerb einer zweiten oder gar dritten Sprache für diese Kinder eine unüberwindbare Hürde? Verstärken sich die Erwerbsprobleme mit der zusätzlichen Anforderung? Mit diesen Fragen wollen wir uns im vorliegenden Beitrag befassen. Einige dieser Fragen kann die Spracherwerbsforschung bereits beantworten, zu anderen Fragen können wir Hypothesen und konkrete Forschungsfragen sowohl für die Spracherwerbsforschung als auch für die Fremdsprachendidaktik entwickeln. Zunächst werden in Abschnitt 2 einige relevante Fakten und Ergebnisse zu kindlicher Mehrsprachigkeit zusammengestellt und wichtige Aspekte des Fremdsprachenlernens skizziert. Abschnitt 3 führt in den Forschungsstand zu Spezifischen Sprachentwicklungsstörungen ein und legt einen besonderen Schwerpunkt auf SSES bei mehrsprachigen Kindern. Im Abschnitt 4 werden diese Aspekte zusammengeführt, mögliche Konsequenzen für das Fremdsprachenlernen bei ein- und mehrsprachigen Kindern mit SSES diskutiert und abschließend durch sprachdidaktische Vorschläge ergänzt. Der Schwerpunkt der Ausführungen liegt auf Erwerbsaspekten und diese wiederum konzentrieren sich auf den Bereich der Grammatik. 2 Kindliche Mehrsprachigkeit Die Zahl der Kinder, die in Deutschland mit mehr als einer Sprache aufwachsen, steigt kontinuierlich an. Das sind v. a. Kinder mit einem Migrationshintergrund, d. h. Kinder, die selber im Ausland geboren wurden und im Laufe ihrer Kindheit nach Deutschland gekommen sind, Kinder, die als in Deutschland geborene Ausländer gelten, oder Kinder, die als Deutsche geboren sind, wobei aber mindestens ein Elternteil zugewandert oder als Ausländer in Deutschland geboren ist. Nach dieser Definition hatte im Jahr 2014 bundesweit jedes dritte Kind im Alter von 0 bis 15 Jahren einen Migrationshintergrund (Statistisches Bundesamt 2015). Die häufigsten Erstsprachen neben Deutsch sind Türkisch, Polnisch und Russisch. Es zeigt sich aber eine große Sprachenvielfalt. So waren im Jahr 2002 an Hamburger Schulen 90 verschiedene Sprachen vertreten (Fürstenau & Kutlay 2003: 47), eine Zahl, die für Großstädte in Deutschland repräsentativ sein dürfte und aktuell eher zunimmt. Mehrsprachigkeit ist somit Alltag an deutschen Schulen - und das ist gut so. Denn grundsätzlich fordert das Europäische Parlament (2015): Within the framework of education and vocational training policy [. . .] the EU ’ s objective is for every citizen to master two languages in addition to his or her mother tongue. In order to achieve this objective, children are to be taught two foreign languages at school from an early age. Eine mehrsprachige Schülerschaft kommt diesem Anspruch entgegen. Allerdings gibt es insgesamt kaum Anerkennung dafür, wenn Kinder bereits zweisprachig in die Schule 78 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive kommen, denn viele der Muttersprachen haben in Deutschland wenig Prestige und die Kompetenzen in diesen Sprachen können oft nicht gefördert werden bzw. eine Literalisierung in diesen Sprachen findet nur selten statt. Es gibt viele Szenarien für den ungesteuerten Erwerb einer zweiten oder dritten Sprache im Kindesalter. Eine wichtige Dimension wird mit den Begriffen Minderheitensprache versus Gesellschaftssprache erfasst. Bei mehrsprachig aufwachsenden Kindern mit Migrationshintergrund ist die häufigste Konstellation die, dass die Familiensprache(n) die Sprache(n) der Eltern ist/ sind, also Minderheitensprachen. Die zweite (oder dritte) Sprache ist dann die Gesellschaftssprache, in Deutschland also Deutsch, für die viele dieser Kinder erst mit Eintritt in eine Kita einen umfangreichen und qualitativ hinreichenden Input bekommen. Bis zum Eintritt in die Schule wird diese Sprache für viele Kinder zur dominanten Sprache und die Erstsprache(n) tritt/ treten in den Hintergrund. Inwiefern es Kindern gelingt, die Mehrheitssprache Deutsch vollständig zu erwerben, hängt von vielen Faktoren ab. Ein wichtiger Faktor ist das Alter, in dem der Erwerb einer Sprache beginnt. Wird eine Sprache als frühe Zweitsprache ab dem Alter von zwei bis vier Jahren erworben, gleicht der Spracherwerb, v. a. der Erwerb der Grammatik, in vielerlei Hinsicht dem Erstspracherwerb. Zahlreiche Studien zum Erwerb des Deutschen als frühe zweite Sprache belegen das. Die Kinder durchlaufen im Erwerb der Satzstruktur (Chilla 2008; Rothweiler 2006; Thoma & Tracy 2006) und im Kasus- und Genuserwerb (Kaltenbacher & Klages 2006; Ruberg 2013; Schönenberger, Sterner & Rothweiler 2013) die gleichen Stufen wie einsprachige Kinder - unabhängig von ihrer Erstsprache. Ein Einfluss der Erstsprache zeigt sich eher in der Erwerbsgeschwindigkeit. So können je nach Erstsprache bestimmte Strukturen beschleunigt oder verzögert erworben werden. Beispielsweise erwerben Kinder mit türkischer Erstsprache das Genus im Deutschen häufig langsamer als Kinder mit russischer oder polnischer Erstsprache (Kaltenbacher & Klages 2006; Ruberg 2013). Da das Türkische - anders als das Russische und Polnische - über kein Genussystem verfügt, liegt es nahe, solche Unterschiede auf einen Einfluss der jeweiligen Erstsprache zurückzuführen. Eine weitere Abweichung, die bei türkischsprachigen Kindern im Erwerb des Deutschen auffällt, ist die Auslassung von Artikeln. Diese Kinder lassen Artikel deutlich häufiger aus, als das aus dem Erstspracherwerb bekannt ist und es ist noch nicht geklärt, ob alle Kinder diese Verzögerung irgendwann aufholen oder ob es bei einigen Kindern zu einer dauerhaften Abweichung kommen kann (Schönenberger 2014). Es sind wenig Nachteile bekannt, die sich aus einer mehrsprachigen Entwicklung ergeben können, von dem langsameren Ausbau des Wortschatzes pro Sprache einmal abgesehen (vgl. Genessee, Paradis & Crago 2004). In einigen kognitiven Teilaspekten sind mehrsprachige Menschen einsprachigen überlegen, da die Mehrsprachigkeit bestimmte Fähigkeiten fördert wie z. B. die Fähigkeit, in der Informationsverarbeitung irrelevante Informationen auszublenden (Bialystok 2001). Darüber hinaus entwickeln sich metasprachliche Kompetenzen bei mehrsprachigen Kindern früher, die wiederum hilfreich für den Schriftspracherwerb sind. In der Regel erwerben Kinder, die im Kindergartenalter mit dem Erwerb des Deutschen beginnen, eine vollständige Kompetenz im Deutschen (Hyltenstam & Abrahamsson 2003; Johnson & Newport 1989). Die Voraussetzung dafür ist, dass sie ein regelmäßiges, umfangreiches und vielfältiges sprachliches Angebot erhalten (vgl. Mehrsprachigkeit und Fremdsprachenlernen bei einer genuinen Sprachentwicklungsstörung 79 Rothweiler & Ruberg 2014). Dass es immer wieder Kinder gibt, die keine ihrer Sprachen kompetent erwerben, ist nicht als Folge der Mehrsprachigkeit an sich zu erklären, sondern als Folge von ungünstigen Erwerbsbedingungen, zu denen die Quantität und Qualität des Inputs, die Motivation zum Spracherwerb und Sprachgebrauch, aber auch sozio-ökonomische Faktoren und der Bildungshintergrund des Elternhauses zählen. Mehrsprachig aufwachsende Kinder, insbesondere solche, die Deutsch als zweite Sprache erwerben, sind im Bereich der sog. Bildungssprache (cognitive academic language proficiency; vgl. Cummins 2000) durch den reduzierten Input benachteiligt, ein Aspekt, der sich auf die schulische Leistung insgesamt auswirken kann. Im Gegensatz zum simultanen Erwerb zweier Sprachen oder dem frühen Zweitspracherwerb im Vorschulalter erreichen nur wenige erwachsene Zweitsprachlerner eine native-like competence. Der Zweitspracherwerb Erwachsener bleibt meist unvollständig, die Erwerbsverläufe unterscheiden sich deutlich von denen kindlicher Lerner und damit vom Erstspracherwerb. Die Erwerbsverläufe weisen eine größere interindividuelle Variabilität auf, die u. a. durch den Einfluss der Erstsprache bedingt ist. Dieser Transfer von Eigenschaften der Erstsprache auf die Zweitsprache kann zu Fehlern führen, die im Erstspracherwerb und im frühen Zweitspracherwerb nicht oder nur sehr selten auftreten. Diese Unterschiede zwischen dem kindlichen Spracherwerb und dem Spracherwerb im Erwachsenenalter haben zu der Annahme von kritischen Perioden im Spracherwerb geführt (vgl. Meisel 2011). Es geht um Zeitfenster, in denen das Gehirn optimal auf den Spracherwerb eingestellt ist und Sprachverarbeitungsmechanismen nutzt, die später nicht mehr zur Verfügung stehen. Es gibt Belege dafür, dass es unterschiedliche kritische Perioden für verschiedene sprachliche Domänen gibt. Für die Grammatik beginnt sich dieses optimale Zeitfenster ab dem vierten Lebensjahr allmählich zu schließen. Beginnt der Erwerb einer zweiten Sprache erst im Alter von vier Jahren oder später, treten zunehmend Fehlermuster auf, die aus dem Zweitspracherwerb Erwachsener bekannt sind (Chilla 2008; Sopata 2009). Für die meisten Kinder sind das aber nur Übergangsstadien, denn auch diese Kinder können noch eine Sprachkompetenz erreichen, die mit der von einsprachigen Kindern vergleichbar ist. Erst mit einem Erwerbsbeginn nach dem achten Lebensjahr bis hin zur Pubertät nimmt auch die erreichbare Sprachkompetenz zunehmend ab, d. h. je später der Spracherwerb beginnt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Erwerb unvollständig bleibt (Hyltenstam & Abrahamsson 2003; Johnson & Newport 1989). Ein Erklärungsansatz für den geringeren Erwerbserfolg erwachsener Zweitsprachlerner ist, dass diese nicht mehr auf die impliziten Erwerbsmechanismen zurückgreifen können wie Lerner im Erst- und frühen Zweitspracherwerb, sondern auf sprachunspezifische kognitive Lernstrategien angewiesen sind (vgl. Meisel 2011). Für diese Annahme spricht beispielsweise, dass der Erwerbserfolg erwachsener Zweitsprachlerner sehr viel stärker von sprachanalytischen Fähigkeiten beeinflusst wird, als dies im frühen Zweitspracherwerb der Fall ist (DeKeyser 2000). Ein Aspekt ist hier besonders hervorzuheben: Die Annahme von kritischen Perioden bezieht sich v. a. auf strukturelle Bereiche von Sprache, zu denen die Phonologie, Morphologie, Morphosyntax und Syntax zählen. Lexikalisches Lernen verändert sich im Laufe des Lebens kaum, und die Fähigkeit dazu bleibt bis ins hohe Alter erhalten. 80 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive Für den Fremdsprachunterricht in der Schule ist die Annahme kritischer Perioden insofern relevant, als dieser meist in einem Alter beginnt, in dem sich das Zeitfenster für einen optimalen Grammatikerwerb bereits geschlossen hat. Daher setzen jugendliche und erwachsene Lerner/ -innen verstärkt kognitive Lernstrategien im Fremdsprachenerwerb ein. Dieser der kognitiven Reifung geschuldeten Veränderung der Lernstrategien kommt der Fremdsprachenunterricht entgegen. Der Erwerbsprozess wird - anders als im natürlichen Zweitspracherwerb - gesteuert. Das sprachliche Angebot wird nach didaktischen Gesichtspunkten aufbereitet, sprachliche Regeln und Strukturen werden curricular eingeführt, explizit vermittelt und geübt. Insofern ist der Zugang zu einer Fremdsprache sehr viel bewusster als im natürlichen Spracherwerb. Dies entspricht auch der Wahrnehmung der Sprachlerner selbst. So verbinden Fremdsprachenlerner/ -innen sowohl in der Grundschule als auch in der Sekundarstufe den Fremdspracherwerb v. a. mit bewussten Lernstrategien wie Nachsprechen von Wörtern, Übersetzen oder Sprachvergleichen (Elsner 2007; Portnaia 2013). Der frühe Zweitspracherwerb vollzieht sich dagegen nach Ansicht der Kinder vor allem in alltäglichen Kommunikationssituationen und wird wenig reflektiert (Portnaia 2013). 3 Spezifische Sprachentwicklungsstörung und Mehrsprachigkeit 3.1 Spezifische Sprachentwicklungsstörungen Eine spezifische Sprachentwicklungsstörung (SSES) liegt vor, wenn keine andere Primärbeeinträchtigung (z. B. im sensorischen oder kognitiven Bereich) diagnostiziert werden kann, die ausreichend wäre, das Vorhandensein, die Art und das Ausmaß der sprachlichen Auffälligkeiten zu erklären (vgl. Dannenbauer 1999). Diese Definition besagt, dass eine sprachliche Entwicklungsproblematik bei Kindern, die eine Hörbeeinträchtigung haben oder bei Kindern mit einem Syndrom, das mit kognitiven Beeinträchtigungen verbunden ist, wie das Down-Syndrom, nicht als SSES gewertet werden darf. Eine SSES gilt als genetisch bedingt - es sind z. B. deutlich mehr Jungen als Mädchen betroffen - und die Prävalenz liegt etwa bei 5 % (vgl. Choudhury & Benasich 2003; Grimm 2000; Leonard 2014; Schöler, Fromm & Kany 1998). Die Gruppe betroffener Kinder ist also so groß, dass - rein statistisch gesehen - in jeder Klasse ein Kind mit einer SSES zu finden sein sollte. Die meisten Kinder mit einer SSES zeigen deutliche Schwächen im Bereich des phonologischen Arbeitsgedächtnisses, so dass dieses Defizit als diagnostisches Kriterium genutzt werden kann (Leonard 2014). Das Spektrum der sprachlichen Auffälligkeiten ist breit und die Störungsausprägung ist unterschiedlich schwer. Bei vielen Kindern mit SSES wird die Störung im dritten oder vierten Lebensjahr erkannt und logopädisch behandelt. Die Sprachentwicklung von Kindern mit einer SSES beginnt verspätet (man spricht von late talkers) und ist grundsätzlich in allen sprachlichen Bereichen verzögert. Darüber hinaus ist der Entwicklungsverlauf meist desynchronisiert, d. h. neben der generellen Verzögerung im Erwerb sind einzelne sprachliche Bereiche besonders betroffen. Das gilt v. a. für Teilbereiche der Grammatik. Ein sog. Dysgrammatismus gilt als Leitsymptom: Auxiliare und andere grammatische Funktionswörter werden ausgelassen, die Verbstellung sowie die verbale und nominale Flexionsmorphologie und der Erwerb komplexer Sätze (z. B. W-Fragen) gelten als auffällig. Die Beispielsätze unter (1), die von Mehrsprachigkeit und Fremdsprachenlernen bei einer genuinen Sprachentwicklungsstörung 81 deutschsprachigen Kindern mit einer SSES im Alter von vier bis acht Jahren stammen, illustrieren die grammatischen Probleme. (1) Beispielsätze von 4 - 8-jährigen Kindern mit SSES die kanns viele laufen die tiere ich wills lieber zusehen da waren christoph der fahrn in gleichen schulbus dieser auch fleisch essen dann der tigern kommen ich dann nich ich auf küchentisch gucken darf ich weihnachten nich in die stube darf Im Sprachvergleich zeigt sich, dass Kinder mit einer SSES v. a. im Erwerb morphosyntaktischer Formen und syntaktischer Strukturen auffällig sind, dass diese Defizite aber sprachspezifisch ausgeprägt sind (vgl. Leonard 2014). In Sprachen wie Griechisch oder Französisch haben Kinder mit SSES große Schwierigkeiten mit Objektklitika. Im Deutschen gilt eine Problematik im Erwerb der Subjekt-Verb-Kongruenz und der Stellung finiter und infiniter Verben als ein besonderes Merkmal für eine SSES. Diese Problematik führt dazu, dass Sätze mit infiniten Verben in Endstellung dominieren und Subjekt-Verb-Kongruenzfehler auch dann noch auftreten, wenn die Kinder bereits komplexe Sätze produzieren (vgl. die Beispiele unter (1); vgl. Clahsen 1988, Clahsen, Bartke & Göllner 1997; Hamann, Penner & Lindner 1998; Rothweiler, Chilla & Clahsen 2012). Dass die Kongruenzprobleme nicht rein morphologischer Natur sind, zeigt sich daran, dass die Flexive -n und -t (die auch Teil des Subjekt-Verb-Kongruenzparadigmas sind), als Partizipflexive deutlich unproblematischer sind (Clahsen & Rothweiler 1993; Clahsen et al. 2014). Die zahlreichen Studien zum Englischen haben die Markierung von tense, aber auch von agreement als zentrale Probleme identifiziert (einen umfassenden Überblick gibt Leonard 2014; vgl. auch Clahsen, Bartke & Göllner 1997). So lassen auch englischsprachige Kinder mit einer SSES Auxiliare aus (be und do-support), und sie zeigen massive Schwierigkeiten mit den Verbflexiven, also mit 3. Person Singular -s und past tense -ed. Wie im Deutschen sind dieselben Morpheme, wenn sie als possessives -s oder als Partizipendung (-ed) verwendet werden, wie auch das progressive -ing, weniger stark betroffen als die Finitheitsmorphologie (vgl. (2)). (2) Englische Beispielsätze von Kindern mit SSES She ride the horse. She walk to my house yesterday. He like me? What he drinking? 3.2 Spezifische Sprachentwicklungsstörungen und kindliche Mehrsprachigkeit Im Kontext von Mehrsprachigkeit stellt sich die Frage, wie lange die Problematik andauert. Sind Kinder, die eine zweite Sprache erwerben, auch in dieser Sprache von der Erwerbsstörung betroffen? Macht es einen Unterschied, ob es sich um einen frühen ungesteuerten Zweitspracherwerb handelt, d. h. wenn die Mehrheitssprache Deutsch ab dem Kindergartenalter erworben wird, oder ob es sich um einen gesteuerten 82 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive Fremdsprachenerwerb im Schulalter, also in der Regel erst ab dem zehnten Lebensjahr handelt? Im Prinzip können diese Fragen vor dem bereits vorgestellten theoretischen Hintergrund beantwortet werden. Diese Antworten werden aber zunehmend auch von empirischen Forschungsergebnissen gestützt (vgl. Leonard 2014). Da eine genetische Veranlagung für eine SSES angenommen werden kann und sich diese Veranlagung als Sprachverarbeitungsschwäche im Bereich der Erwerbsmechanismen verorten lässt, die den Erstspracherwerb ermöglichen und steuern, ist davon auszugehen, dass die Problematik nie ganz überwunden wird. Mithilfe von Sprachtherapie gelingt es vielen Kindern mit SSES das Sprachsystem ihrer Muttersprache zu erwerben. Allerdings zeigen Tests im Jugend- und Erwachsenenalter, dass sowohl die Informationsverarbeitung als auch das Sprachverständnis und die Sprachproduktion weiterhin beeinträchtigt sind und grammatische Defizite fortbestehen (Leonard 2014; Schlamp-Diekmann 2007). Etwa 50 % der Kinder mit einer SSES entwickeln eine Lese- Rechtschreibproblematik, und auch Probleme im Bereich des phonologischen Arbeitsgedächtnisses bleiben bestehen (Conti-Ramsden & Durkin 2007). Zugleich zeigen Studien aber auch, dass bis weit ins Jugendalter hinein Sprachentwicklungsfortschritte beobachtet werden (Conti-Ramsden et al. 2012). Sprachtherapie bei SSES setzt bei jüngeren Kindern an den verfügbaren Erwerbsfähigkeiten an und orientiert sich am unauffälligen Erwerbsverlauf. Das bedeutet, dass die Therapie inputorientiert ist, Formen und Strukturen im Sprachangebot an das Kind besonders frequent und prägnant präsentiert werden und das Kind zum Sprechen angeregt wird (Dannenbauer 1999; Siegmüller & Kauschke 2006). Auch in der Therapie mit älteren Kindern spielt ein optimiertes Sprachangebot eine bedeutende Rolle, zugleich aber werden Übungselemente eingebaut und der metasprachliche Erwerb von Regeln wird wichtig (Motsch 2010). Sprachliche Regularitäten können explizit vermittelt und von den betroffenen Kindern mit generellen kognitiven Strategien erfasst werden - in diesen kognitiven Bereichen sind sie nicht beeinträchtigt. Nach der Definition für SSES ist das Vorliegen von Erwerbsdefiziten in allen Sprachen, die ein Kind erwirbt, zwingend. Vor diesem Hintergrund und dem Wissen über den ungestörten kindlichen Zweitspracherwerb, wie er in Abschnitt 2. vorgestellt wurde, ist erwartbar, dass der frühe kindliche ungesteuerte Zweitspracherwerb durch eine SSES in vergleichbarem Maß beeinträchtigt wird wie der Erstspracherwerb, und dass sich eine SSES im schulischen Fremdsprachenerwerb auswirkt (denn die SSES wirkt fort), dass aber zugleich das Sprachlernen mithilfe genereller kognitiver Strategien möglich ist. Zwei Einschränkungen sind wichtig zu berücksichtigen. Erstens bleibt die Erstsprache weiterhin defizitär, die ja ein wichtiger Bezugspunkt für das Fremdsprachenlernen ist. Zweitens haben viele dieser Kinder eine Rechtschreibproblematik, die sich in allen schulischen Lernbereichen negativ niederschlägt. In Bezug auf SSES bei Kindern, die im Vorschulalter Deutsch (bzw. eine Mehrheitssprache) als zweite Sprache erwerben, zeigen die vorliegenden Ergebnisse, dass in der Zweitsprache im Wesentlichen dieselben Defizite auftreten wie im Erwerb derselben Sprache als Erstsprache. Nicht belegt ist bisher, dass die Erwerbsproblematik an sich durch den Erwerb von mehr als einer Sprache verstärkt würde. Für wenige grammatische Bereiche, z. B. für das Genus im Holländischen, konnte gezeigt werden, dass sich die typischen Probleme, die zweisprachige Kinder in diesem Bereich haben, und die Mehrsprachigkeit und Fremdsprachenlernen bei einer genuinen Sprachentwicklungsstörung 83 Probleme von Kindern mit SSES in diesem Bereich aufaddieren (vgl. Orgassa & Weermann 2008). Ein Hinweis darauf, dass der Spracherwerb an sich erschwert würde, lässt sich daraus nicht ableiten und damit auch keine Empfehlung für die pädagogische Praxis, den Spracherwerb bei Kindern mit SSES möglichst auf eine Sprache zu beschränken. In den meisten vorliegenden Studien zu SSES bei mehrsprachigen Kindern zeigt sich eine große Parallelität zu SSES im Erstspracherwerb (vgl. Paradis et al. 2003). Für das Deutsche konnten Rothweiler, Chilla & Clahsen (2012) in einer Studie zu einsprachigen Kindern mit SSES und mit türkischsprachigen Kindern mit SSES, die Deutsch als frühe zweite Sprache erwarben, zeigen, dass die typischen Probleme mit dem Erwerb der Subjekt-Verb-Kongruenz beide Gruppen gleichermaßen betreffen (vgl. auch Chilla 2008). Interessanterweise wird immer wieder berichtet, dass sich die SSES bei mehrsprachigen Kindern eher weniger massiv ausprägt, da sich der Vorteil im metasprachlichen Bereich insgesamt sprachunterstützend auswirken könnte (Gutiérrez-Clellen, Simon-Cerijido & Wagner 2008; Paradis, Crago & Genesee 2005/ 2006; Rothweiler, Chilla & Clahsen 2012). Da die meisten Studien nur mit kleinen Probandenzahlen arbeiten, ist diese Aussage aber noch mit großer Vorsicht zu betrachten. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob mehrsprachige Kinder mit einer SSES möglicherweise von ihrer Mehrsprachigkeit für den Fremdsprachenunterricht profitieren. Diese Frage kann aktuell nicht beantwortet werden. Wie für einsprachige Kinder mit einer SSES kann angenommen werden, dass der Fremdsprachenerwerb durch die SSES (beeinträchtigte Sprachsysteme in der Erst- und Zweitsprache sowie Probleme im Schriftspracherwerb) beeinflusst wird, dass aber diese Kinder durchaus Zugang einer weiteren Sprache finden können, da sie zum Erwerb wie sprachunauffällige Kinder auf allgemeine kognitive Strategien zurückgreifen können. Zudem verfügen einsprachige Kinder mit SSES und auch viele zweisprachige über umfangreiche Therapieerfahrungen und die zweisprachigen Kinder mit einer SSES oft über gute metasprachliche Fähigkeiten, was beides im Fremdsprachenerwerb hilfreich sein dürfte. Der Erwerb einer Fremdsprache kann also keine unüberwindbare Hürde darstellen. Dass es allerdings zu Schwierigkeiten kommen kann, kann man aus den Ergebnissen einer Studie von Ganschow et al. (1991) ableiten. Diese Autoren testeten verschiedene Fähigkeiten bei erfolgreichen und nicht-erfolgreichen Fremdsprachenlerner/ -innen (Collegestudenten). Die Ergebnisse eines Tests in der Erstsprache legten bei den nicht erfolgreichen Lernern eine Problematik mit der Erstsprache, insbesondere in Syntax und Phonologie, nahe. Das ist ein Hinweis auf eine zugrundeliegende SSES. Grundsätzlich sind Auffälligkeiten zu erwarten, wie sie für die jeweilige Sprache bei SSES typisch sind, z. B. dass es im Erwerb des Englischen zu Fehlern im Bereich der Subjekt-Verb-Kongruenz und der Tempusmarkierungen kommt, dass der Erwerb des do-support schwierig ist usw. Dies ist alles vermischt mit Fehlern, die alle Fremdsprachenlernerinnen und -lerner auf dem Weg in die neue Sprache machen. 4 Kinder mit einer SSES im Fremdsprachenunterricht Der Fremdsprachenunterricht ist nicht erst im Zuge der Inklusion auch für Kinder mit einer SSES verpflichtend. Da der Unterricht an Sprachheilschulen den Rahmenplänen der allgemeinen Schulen unterliegt, ist auch dort der Fremdsprachenunterricht seit 84 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive längerem Teil des Curriculums. Wie der Unterricht für Kinder mit einer SSES in der Praxis umgesetzt wird, wurde allerdings bislang nur wenig untersucht. Erfahrungsberichte legen nahe, dass viele Kinder mit einer Sprachentwicklungsstörung den frühen Erwerb einer Fremdsprache positiv erleben (Fenk & Leisner 2004; Hetzel & Hartig-Gönnheimer 2007; Schlentner 2004). Sie haben Spaß am Sprechen, zeigen wenig Angst vor Fehlern und sind motiviert, da die Fremdsprache für alle neu und nicht durch negative Spracherfahrungen vorbelastet ist. Kinder mit einer SSES sind im Vergleich zu typisch entwickelten Kindern nicht in jeder Hinsicht benachteiligt, sondern bringen auch Erfahrungen und Kompetenzen mit, die den Fremdsprachenerwerb unterstützen können. Während bei typisch entwickelten Kindern der Spracherwerb weitgehend unbewusst erfolgt, ist Kindern mit einer SSES aufgrund ihrer langjährigen Therapieerfahrung die bewusste Auseinandersetzung mit Sprache als Lerngegenstand vertraut und sie verfügen bereits über entsprechende kognitive Lernstrategien. Auch haben sie Erfahrungen mit einem inszenierten Spracherwerb im Sinne einer (bei älteren Kindern auch expliziten) Fokussierung auf bestimmte sprachliche Förderziele, was dem gesteuerten Erwerb näher ist, als der natürliche, ungesteuerte Spracherwerb typisch entwickelter Kinder. Andererseits beeinträchtigen die Schwierigkeiten bei der Sprachverarbeitung auch den Fremdsprachenerwerb (Fenk & Leisner 2004). Da Kinder mit einer SSES das sprachliche Angebot nicht in der gleichen Weise für den Spracherwerb nutzen können wie typische entwickelte Kinder (z. B. wegen des Defizits im phonologischen Arbeitsgedächtnis und der beeinträchtigten Kompetenz in der Unterrichtssprache Deutsch), erfordert der Unterricht für Kinder mit einer SSES didaktische Zugänge, welche die Verarbeitungskapazität für sprachliches Material entlasten. Kormos & Smith (2012: 126f.) empfehlen nicht nur für Kinder mit einer SSES sondern auch für Kinder mit anderen spezifischen Lerndifferenzen wie Lese-Rechtschreibschwäche, Dyskalkulie oder Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörungen einen multisensorischen Zugang zu Sprache. Durch die Präsentation sprachlichen Materials zusammen mit visueller, taktiler oder kinästhetischer Information werden weitere Kanäle der Informationsverarbeitung eröffnet, um die Schwierigkeiten bei der Verarbeitung sprachlicher Information zu kompensieren. Dies erfordert einen handlungsorientierten Unterricht sowie den Einsatz visueller Hilfen wie Abbildungen oder sprachbegleitende Gebärden/ Gesten. Aus dem deutschsprachigen Raum berichten Hetzel & Hartig-Gönnheimer (2007) von positiven Erfahrungen mit diesem Ansatz. Um das Arbeitsgedächtnis zu entlasten empfehlen Kormos & Smith (2012), sprachliches Material in kleinen Einheiten zu präsentieren und den Umfang an neuer Information zu begrenzen. Entlastend wirkt auch der automatisierte Abruf sprachlicher Strukturen. Dies erfordert einerseits ein intensives Üben neuer Strukturen - auch in Form von pattern practise - und andererseits ein niedriges Unterrichtstempo, um das sprachliche Angebot nicht mit neuen Informationen zu überfrachten. So empfehlen Kormos und Smith, pro Unterrichtseinheit nicht mehr als acht neue Wörter sowie neue grammatische Strukturen erst dann einzuführen, wenn zuvor eingeführte Strukturen sicher beherrscht werden. Eine Entlastung des Arbeitgedächtnisses durch Vereinfachung des sprachlichen Angebots wird auch in einigen sprachheiltherapeutischen Unterrichtsmodellen für den deutschsprachigen Unterricht gefordert. Beispielweise folgt der Ansatz der Kon- Mehrsprachigkeit und Fremdsprachenlernen bei einer genuinen Sprachentwicklungsstörung 85 textoptimierung (Motsch 2010: 109 f.) dem Prinzip der kürzesten Zielstruktur, eine Idee, die auf die Studie von Hansen (1996) zurückgeführt werden kann. Grammatische Strukturen werden hierbei in der kürzest möglichen zielsprachlichen Form präsentiert, die ein Ableiten der intendierten grammatischen Regel erlaubt. Geht es beispielsweise um den Erwerb der Subjekt-Verb-Kongruenz, werden bevorzugt Äußerungen präsentiert, die lediglich aus einem Subjekt und einem finiten Verb bestehen, wobei unterschiedliche Subjekte bzw. Kongruenzmarkierungen kontrastiert werden (z. B. ich springe - du springst, I jump - he jumps). Da Kinder mit einer SSES das sprachliche Angebot nicht in der gleichen Weise nutzen können wie typisch entwickelte Kinder, muss das sprachliche Angebot dahingehend optimiert werden, dass die zu erwerbenden sprachlichen Strukturen häufiger auftreten, leichter wahrnehmbar sind und dass die Kinder eine Rückmeldung über ihre eigenen sprachlichen Äußerungen erhalten. Eine wichtige Rolle spielt hierbei das Sprachverhalten der Lehrkräfte. Sowohl in der Sprachtherapie als auch im sprachtherapeutischen Unterricht werden sog. Modellierungstechniken (Dannenbauer 1999) eingesetzt, wie sie im folgenden Kasten dargestellt sind. Umformung Veränderung kindlichen Äußerungen unter Einbau der Zielstruktur Extension Sachlogische Weiterführung unter Einbau der Zielstruktur Parallelsprechen Versprachlichen der kindlichen Interaktion Alternativfragen Angebot zweier Strukturen korrektives Feedback Wiedergabe kindlichen Äußerung mit berichtigter Zielstruktur modellierte Selbstkorrektur Nachahmung kindlicher Fehler bei sofortiger Korrektur Um die Wahrnehmbarkeit der Zielstruktur zu verbessern, kann eine explizite Fokussierung des Fördergegenstandes sinnvoll sein, z. B. durch farbliche Markierung grammatischer Kategorien im Text oder durch fokussierende Gespräche (vgl. Kormos & Smith 2012: 134 ff.; Motsch 2010: 106/ 113 f.). Bei Kindern mit Schwierigkeiten im Wortschatzerwerb kann die Speicherung und Vernetzung von Wortformen und Bedeutungen durch eine semantische und phonologische Elaboration erfolgen. Hierbei werden Wörter phonologisch sowie semantisch durchgliedert und ausgearbeitet, um die Vernetzung und damit die langfristige Speicherung der Wörter im mentalen Lexikon zu unterstützen (Glück 2005). Auf semantischer Ebene können beispielsweise paradigmatische und syntagmatische Relationen durch mindmaps oder Sortieraufgaben erarbeitet werden. Auf phonologischer Ebene kann die Elaboration beispielsweise durch gedehntes Sprechen, Silben segmentieren oder Reimbildung erfolgen (Rupp 2013: 239 f.). Neben einer qualitativen und quantitativen Aufwertung des sprachlichen Angebots betonen Kormos und Smith (2012: 127 f.) die Bedeutung der Förderung kognitiver Lernstrategien. Für den Wortschatzerwerb können dies beispielsweise Strategien zum Umgang mit lexikalischen Lücken wie Nachfragen und unbekannte Wörter Nachschlagen, Speicherstrategien wie bewusstes Wiederholen von Wörtern und Eselsbrücken, aber auch Kompensationsstrategien wie Umschreiben und Abrufstrategien 86 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive wie Fragen nach semantischen oder phonologischen Merkmalen (Wie fängt das Wort an? Welche Farbe/ Form hat das Objekt? Wofür braucht man das? Wo gibt es das? ) sein (vgl. Motsch, Marks & Ulrich 2015). Viele der genannten Prinzipien zur Förderung von Kindern mit einer SSES finden sich auch in fremdsprachdidaktischen Ansätzen für den Unterricht mit typisch entwickelten Kindern wieder. Kormos & Smith (2012: 130) heben hervor, dass sich der Unterricht für Kinder mit spezifischen Lerndifferenzen nicht radikal von einem Unterricht für typisch entwickelte Kinder unterscheidet. Die Unterschiede bestünden vielmehr in der Bedeutung einer expliziten Vermittlung sprachlicher Strukturen, einem verringerten Unterrichtstempo und häufigeren Wiederholungen. Zur Wirksamkeit sprachtherapeutischen Unterrichts im Fremdsprachenunterricht gibt es bislang kaum Befunde. Eine Studie (Mayer, Jaehner & Schick 2014) belegt, dass Kinder mit einer SSES in der ersten Klasse einer Sprachheilschule durch die Integration sprachtherapeutischer Elemente in den Fremdsprachenunterricht vergleichbare Wortschatzzuwächse erbringen können, wie typisch entwickelte Erstklässler in Regelklassen. Über einen Zeitraum von 4 Wochen wurde der Erwerb eines Zielwortschatzes von 30 Wörtern nach folgenden Prinzipien gefördert: - hochfrequente Präsentation der Zielwörter - hochfrequenter Abruf der Zielwörter - phonologische Elaboration. Als Vergleichsgruppen dienten Schüler/ -innen einer ersten Sprachheilklasse, in der nicht nach diesen Prinzipien unterrichtet wurde, sowie typisch entwickelte Schüler/ -innen einer ersten Regelklasse. Nach Abschluss der Intervention hatten die geförderten Sprachheilkinder produktiv mehr Wörter des Zielwortschatzes erworben als die Kinder in beiden Kontrollgruppen, während sich die Lernzuwächse in den beiden Vergleichsgruppen nicht bedeutsam unterschieden. Die Ergebnisse dieser Studie sind zwar mit Vorsicht zu interpretieren, da eine Reihe von Faktoren wie die Klassenfrequenz, das Alter der Kinder oder die Qualifizierung des Lehrpersonals nicht kontrolliert wurden. Dennoch wird deutlich, dass Kinder mit einer SSES unter sehr günstigen Bedingungen (Qualität und Quantität des Inputs, Gruppengröße) in einem umschriebenen sprachlichen Kompetenzbereich wie dem Wortschatz vergleichbare Lernzuwächse zeigen können wie typisch entwickelte Kinder der gleichen Klassenstufe ohne Förderung. Im Hinblick auf den Fremdsprachenunterricht von Kindern mit einer SSES sind noch viele Fragen offen. Welchen Einfluss hat die Störung auf den Erwerb unterschiedlicher Fremdsprachen? Können mehrsprachige Kinder mit einer SSES im Fremdspracherwerb von ihrer Mehrsprachigkeit profitieren? Können Lernzuwächse, wie sie in der Studie von Mayer; Jaehner & Schick (2014) für Schüler/ -innen einer Sprachheilklasse beschrieben werden, auch in inklusiven Klassen erzielt werden, in denen keine durchgängige sonderpädagogische Versorgung gegeben ist und die Klassenfrequenzen deutlich höher sind? Sind solche Lernzuwächse auch in anderen sprachlichen Bereichen wie der Grammatik möglich - ein Bereich, der bei einer SSES in besonderer Weise betroffen ist? Hierzu gibt es derzeit noch keine Forschung, so dass eine realistische Einschätzung des Zielhorizontes für den Unterricht von Kindern mit einer SSES schwerfällt. Zusammenfassend sollte jedoch deutlich geworden sein, dass eine SSES Mehrsprachigkeit und Fremdsprachenlernen bei einer genuinen Sprachentwicklungsstörung 87 zwar den Fremdspracherwerb beeinträchtigt und dieser daher einer besonderen Unterstützung bedarf, dass eine SSES jedoch kein Hinderungsgrund für den Erwerb einer Fremdsprache ist. Anschlussfragen 1. Es gibt Hinweise, dass Kinder mit einer SSES besondere Schwierigkeiten bei der Herstellung grammatischer Kongruenzbeziehungen haben. Diskutieren Sie, welche Phänomene in der/ den jeweiligen Fremdsprache/ -n, die Sie unterrichten, betroffen sein könnten. Recherchieren Sie, ob sich Ihre Hypothesen auf Basis der einschlägigen Literatur (z. B. Leonard 2014) für den Erstspracherwerb dieser Sprache bestätigen lassen. 2. Für Kinder mit einer SSES ist es wichtig, dass die Zielstrukturen häufig und leicht wahrnehmbar im sprachlichen Angebot vorkommen. Entwerfen Sie Unterrichtsaktivitäten, in denen die in Aufgabe 1 ermittelten grammatischen Phänomene besonders gehäuft vorkommen. Entwerfen Sie einen Musterdialog, in dem Sie durch den Einsatz von Modellierungstechniken die Zielstrukturen gehäuft präsentieren. 3. Einige Kinder mit einer SSES haben Schwierigkeiten im Wortschatzerwerb. Eine Möglichkeit die Speicherung neuer Wörter zu unterstützen, ist die semantische Elaboration. Erstellen Sie zu einem Thema Ihrer Wahl ein Wortfeld. Entwickeln Sie Unterrichtsaktivitäten, die eine semantischen Durchgliederung und Vernetzung der Begriffe ermöglichen. Achten Sie darauf, dass hierbei unterschiedliche Sinneskanäle aktiviert werden. 88 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive II.2 Fachdidaktische Kernfragen Wie kann kulturelles Lernen im Englischunterricht der Sekundarstufe I in heterogenen Lerngruppen angebahnt werden? Erste Ergebnisse einer Design- Based Research-Studie Larena Schäfer Fachdidaktische Überlegungen zum erfolgreichen Fremdsprachenlernen können sich heute nicht allein auf das schulische Klassenzimmer beschränken, ohne dabei einflussreiche, teils gesellschaftliche Faktoren zu ignorieren (vgl. Hallet 2011: 13). Viel mehr gilt es, die veränderten Lebens- und Sozialisationsbedingungen der Lernenden, ihre diversifizierten, medialen Erfahrungswelten und die Heterogenität der Schülergruppen in inklusiven Klassen zu berücksichtigen. Mit Bezug auf die Zielsetzungen des vorliegenden Studienbuches soll in diesem Beitrag ergründet werden, wie sich diese Faktoren im Englischunterricht anerkennen und produktiv nutzen lassen. Im Mittelpunkt steht dabei die theoretische Fundierung und (kultur-)didaktische Konzeption eines Unterrichtsdesigns, 1 welches auf die Anbahnung kulturellen Lernens im Englischunterricht der Sekundarstufe I abzielt und dabei Prinzipien der Individualisierung (vgl. Hallet 2011) berücksichtigt. Dazu wird zunächst auf gesellschaftliche und schulische Veränderungen eingegangen, die maßgeblich die Zugangsweise zu kulturellen Lerngegenständen und -prozessen im Englischunterricht bestimmen. Basierend auf den daraus gewonnen Schlussfolgerungen werden Zieldimensionen des kulturellen Lernens unter Rückbezug auf fachdidaktische Theorien bestimmt. Die Auswahl von soziokulturellen Lerninhalten (Street Art) sowie die Entwicklung von individualisierenden Aufgabenformaten und Unterstützungsmitteln (Scaffolding) werden in einem weiteren Schritt erläutert, um abschließend erste Ergebnisse einer Vorstudie aufzuzeigen. Diese Erkenntnisse fließen in eine „ lokale Theorie “ (Hußmann et al. 2013: 30) zum kulturellen Lernen im Englischunterricht der Sekundarstufe I ein. Aktivierung von Vorwissen 1. „ Heterogenität der Lerngruppen “ , „ veränderte Lebens- und Sozialisationsbedingungen der Lernenden “ und „ diversifizierte, mediale Erfahrungswelten “ - Sind Sie in Ihrem Studium oder Ihrer Ausbildung diesen Schlagworten bereits begegnet? Was meinen Sie, was sich hinter den Formulierungen verbirgt? Welche Herausforderungen könnten sich daraus für den Englischunterricht ergeben? 1 Die Entwicklung dieses Unterrichtsdesigns erfolgt im Rahmen einer laufenden Promotion. Es handelt sich um ein Teilprojekt der Creative Unit „ Fachbezogene Bildungsprozesse in Transformation “ der Universität Bremen (vgl. Doff et. al. 2014). Im Sinne des Forschungsprogrammes Design-Based Research (DBR) wird das Lehr-Lernarrangement in zwei aufeinanderfolgenden Zyklen von Gestaltung, Durchführung, Analyse und Re-Design in zwei Inklusionsklassen des Jahrgangs 9 einer Bremer Oberschule erprobt und evaluiert. 2. Was ist für Sie „ kulturelles Lernen “ ? Welche Zielsetzungen werden Ihrer Meinung nach damit im Englischunterricht verfolgt? 3. Beziehen Sie die oben genannten Faktoren auf den Bereich des kulturellen Lernens: Welche Herausforderungen könnten sich daraus für die Planung von Unterrichtarrangements, die das kulturelle Lernen im Englischunterricht fördern sollen, ergeben? 1 „ Heterogenität “ als Design-Kontext: Neue Anforderungen für den Englischunterricht Den Ausgangspunkt dieses Beitrags bilden Überlegungen zu Herausforderungen der Individualisierung und Inklusion an Bremer Oberschulen 2 sowie zu der Heterogenität 3 der Lernenden und ihren kulturellen und medialen Erfahrungswelten. Zunächst sollen nun diese Faktoren und sich daran anschließende Schlussfolgerungen für das geplante kulturdidaktische Lehr-Lernarrangement näher erläutert werden. 1.1 Individuelle Lernausgangslagen: Individualisierung, Differenzierung, Inklusion Im Zuge eines „ neue[n] Heterogenitätsdiskurses in der Schulpädagogik “ (Trautmann 2010: 6) wird seit einigen Jahren ein veränderter Umgang mit den vielfältigen Lernbedürfnissen und -voraussetzungen von Schüler/ -innen diskutiert. Neben der bewussten Anerkennung der Heterogenität der Lernenden, wuchs damit im bildungswissenschaftlichen Bereich die Einsicht, dass schulisches Lernen in heterogenen Klassen „ eher als Bereicherung denn als Hindernis für erfolgreiches Lernen “ (vgl. Liegmann & Bouß 2012: 211) zu verstehen ist. Das Bundesland Bremen knüpfte an dieses Argument der Bildungsforschung mit einer Novellierung des Schulgesetzes an (vgl. ebd.). Das vielgliedrige Schulsystem, welches auf möglichst homogene Klassen abzielte (vgl. Rebel 2010: 17), wurde im Bereich der Sekundarstufe I und II zu einem zweigliedrigen Schulsystem, bestehend aus Oberschulen und Gymnasien, umgestaltet. Das Schulgesetz beinhaltete außerdem eine Neuausrichtung des Bildungsauftrages Bremer Schulen, der sich an der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung orientiert (vgl. Wiltzius 2011: 51). Bremer Schulen sind nun verpflichtet, sich zu inklusiven Schulen zu entwickeln. Zum Unterrichtsprinzip wurde die „ innere Differenzierung “ (Die Senatorin für Bildung und Wissenschaft 2013: 8), die eine individuelle Förderung und damit eine Berücksichtigung unterschiedlicher Lernausgangslagen innerhalb einer Schulklasse vorsieht. 4 Mit Oberschulreform und Inklusion haben sich zahlreiche neue 2 Die Bremer Oberschule ist eine inklusive Schulform, die die Jahrgänge 5 bis 13 umfasst und auf alle allgemeinbildenden Schulabschlüsse vorbereitet. 3 Mit dem Begriff „ Heterogenität “ werden hier die unterschiedlichen Lernvoraussetzungen beschrieben, die Lernende mit in den Englischunterricht bringen. Dabei gibt es zahlreiche Heterogenitätsdimensionen wie z. B. „ Migrationserfahrungen, Vorwissen, Geschlecht, Behinderung, Interessen, Alter, sozioökonomischer Hintergrund, Lerntempo, Motivation usw. “ (Trautmann 2010: 7). 4 Eine Differenzierung nach Leistungsgruppen erfolgt in der Sekundarstufe I lediglich ab der 7. oder 8. Klasse in den Fächern Deutsch, Englisch sowie in den Naturwissenschaften auf zwei 92 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive Herausforderungen für den Bildungsbereich ergeben: Nur der Einsatz von variierenden Methoden, Materialien und Sozialformen sowie die Chance auf „ offenere[s], selbstständige[s] Lernen an selbstgewählten Inhalten und Problemen “ kann eine „ bessere Passung zwischen den vielen individuellen Lernern und dem Unterricht “ (Trautmann 2010: 7) ermöglichen. Hieraus lässt sich schlussfolgern, dass kulturdidaktische Aufgabenformate Prinzipien der Individualisierung des Lernens verpflichtet sein sollten, um der Heterogenität der Lernenden in Oberschulklassen gerecht zu werden. Dies ist besonders entscheidend in der Sekundarstufe I, da hier alle Schüler/ -innen gemeinsam lernen. Eine Leistungsselektion erfolgt erst durch die Versetzungsentscheidung in die gymnasiale Oberstufe am Ende der Klasse 10. Die Konzeption und Erprobung von individualisierenden Aufgabenformaten, die kulturelles Lernen in heterogene Klassen der Sekundarstufe I anbahnen, steht noch aus. Denn ein Blick auf empirisch erprobte Unterrichtsdesigns, die nach einem kulturwissenschaftlichen didaktischen Ansatz gestaltet sind, zeigt, dass diese primär die gymnasiale Oberstufe fokussieren (vgl. Freitag-Hild 2010). 1.2 Veränderte Lebens- und Sozialisationsbedingungen und kulturelle Heterogenität der Schülergruppen In Zeiten von Globalisierung, „ gewaltigen Reise- und Migrationsbewegungen “ und „ weltweiter Internetkommunikation “ (Hallet 2011: 14) wachsen Schüler/ -innen in sprachlich und kulturell diversifizierten Gesellschaften auf. Dies betrifft insbesondere die westlichen Staaten, die von „ tiefgreifenden kulturellen und gesellschaftlichen Veränderungen “ (ebd.) geprägt sind. Grenzen zwischen vermeintlich statischen Kulturen verschwimmen und eine territoriale Homogenität von Kulturen kann auf Grund vielfältiger Verflechtungen nicht mehr vertreten werden (vgl. Foroutan: 85ff.). Individuen können nicht länger in oder zwischen bestimmten Kulturen 5 verortet werden, sondern zeichnen sich oftmals durch ihre „ Hybridität “ 6 aus. Im Bundesland Bremen beispielsweise hat der Bildungsbericht „ Bildung - Migration - soziale Lage “ von 2012 gezeigt, dass ein Großteil der Schülerschaft mehrsprachig aufwächst, woraus auch eine große kulturelle Heterogenität 7 der Lernenden abgeleitet wird (vgl. Die Senatorin für Bildung und Wissenschaft 2012: 27f.). Der Englischunterricht greift diese Veränderun- Niveaus - „ grundlegende und erweiterte Anforderungen “ . Ergänzt wird diese Regelung durch Wahlpflichtfächer und Förderunterricht. 5 Kultur wird hier als die „ Gesamtheit mentaler Wirklichkeiten, Konstruktionen und Einstellungen definier[t], die gleichzeitig Ergebnis, Produkt und Auslöser von (diskursiven) Aushandlungsprozessen bilde[t], wobei nicht nur nationale Räume ausgehandelt werden, sondern auch ethnische, religiöse, soziale und andere Kategorien mitgedacht werden können “ (Fäcke 2006: 16). 6 Der Begriff wird hier im sozialwissenschaftlichen Sinn verstanden und beschreibt einen identitären Zustand. Es sind Einzelpersonen gemeint, die sowohl gesellschaftlich als auch im persönlichen Innenraum unterschiedliche Momente von kulturellen, religiösen, ethnischen oder sexuellen Zugehörigkeiten miteinander vereinen bzw. aushandeln (vgl. Foroutan 2013: 86). 7 Kulturelle Heterogenität meint im Folgenden die unterschiedlichen kulturellen Erfahrungen, Wahrnehmungen und Zugehörigkeiten der Lernenden. Diese können durch Migration und Mehrsprachigkeit geprägt sein, aber auch durch die Identifikation mit globalen, meist medial vermittelten kulturellen Phänomenen wie z. B. der Kultur des Hip Hops (vgl. Hallet 2002: 41). Kulturelles Lernen im Englischunterricht der Sekundarstufe I 93 gen und ein hybrides Verständnis heutiger Lebenswelten bisher nur in unzureichender Weise auf (vgl. Hallet 2011: 19). Dies zeigt sich im Bereich des kulturellen Lernens, das oft ein Lernen über „ fremde Kulturen “ , d. h. nationale Werte und Normen von zielsprachigen Ländern impliziert (vgl. Doff & Schulze-Engler 2011: 6ff.). Seit einigen Jahren wird daher in der Fremdsprachendidaktik eine transkulturelle Perspektive gefordert, welche über dieses einsprachig dimensionierte Nationenschema hinausgeht und versucht der „ Vielstimmigkeit im Klassenraum Gehör zu schenken und der gestiegenen kulturellen Komplexität einer globalisierten Welt gerecht zu werden “ (Matz et al. 2014: 7). Für den Englischunterricht ergibt sich hieraus die Notwendigkeit, sprachliche und kulturelle Kompetenzen zu fördern, die auf die veränderten Lebenswelten der Schüler/ -innen abzielen. Ferner gilt es eine „ Pluralisierung des Inputmaterials “ (Hallet 2011: 18) zu erreichen, die die gesellschaftliche Pluralisierung von kulturellen Sinn- und Deutungsangeboten abbildet und eine Auseinandersetzung damit ermöglicht. Dies soll hier über neue, „ lebensweltlich und soziokulturell bedeutsame Inhalte “ (Dausend 2014: 89) und der Konzeption und Erprobung von dazugehörigen kulturdidaktischen Lernaufgaben erfolgen. 1.3 Mediale Erfahrungswelten Die computerisierten und digitalisierten Lebenswelten der Schüler/ -innen sind durch eine zunehmende Vielfalt an Medien und Texten geprägt, die nicht als monomodale Schriften verfasst sind, sondern aus einer multimodalen Kombination von zwei oder mehr semiotischen Ebenen bestehen (vgl. Elsner et al. 2013; The New London Group 1996). Informationen verschiedenster Art werden beispielsweise aus „ Schrifttexten, Bildern, Farben und Layoutelementen “ (Hallet 2011: 15) zusammengestellt und übermittelt. Insbesondere die visuelle Kommunikation bestimmt die Lebenswelt der Schüler/ -innen und beeinflusst Prozesse der (kulturellen) Bedeutungserzeugung, des „ persönlichen Ausdrucks und sogar der Identitätsfindung “ (ebd.). Ein Englischunterricht, der auf fremdsprachige Diskursfähigkeit abzielt und die Lernenden auf lebensweltliche Anforderungen vorbereiten möchte, sollte diese Veränderungen berücksichtigen und multimodale Texte in den Unterricht einbeziehen (vgl. Bach 2007). Bisher waren kulturdidaktische Überlegungen im Englischunterricht meist mit literaturdidaktischen Konzepten verbunden. Literarische Ganzschriften, Kurzgeschichten oder Gedichte wurden als Kerninhalte und kulturelle Texte verwendet (vgl. u. a. Freitag-Hild 2010; Hallet & Nünning 2007). Diese rein sprachbasierten Texte können und sollten durch multimodale Texte im Zusammenhang des kulturellen Lernens ergänzt werden (vgl. Mayer 2013). Es ist dementsprechend erforderlich Zieldimensionen des kulturellen Lernens durch multiliterale Fähigkeiten zur Analyse und Interpretation dieser multimodalen Formen zu erweitern (vgl. Blell & Doff 2014: 86). Darüber hinaus sollte erprobt werden, wie und mit welchen Aufgabenformaten anhand von multimodalen Inhalten kulturelle Aushandlungsprozesse unter den Schüler/ -innen initiiert werden können. 94 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive 2 Übergeordnetes Bildungsziel „ kulturelles Lernen “ : Wie wird „ kulturelles Lernen “ definiert und welche Zielsetzungen werden verfolgt? Das übergeordnete Bildungsziel des Lehr-Lernarrangements ist die Anbahnung kulturellen Lernens in heterogenen Klassen im Englischunterricht der Sekundarstufe I. Das Projekt ist damit der Kulturdidaktik innerhalb der Fremdsprachendidaktik Englisch zuzuordnen. Die Kulturdidaktik setzt sich aus einer Vielzahl von Konzepten zusammen. Hierzu zählen beispielsweise allgemeinkulturelles Lernen, Landeskunde und Cultural Studies, Fremdverstehen und interkulturelles Verstehen, interkulturelle kommunikative Kompetenz und neuere Ansätze wie z. B. der des transkulturellen Lernens. Diesen Konzepten liegen in der Regel unterschiedliche Kulturbegriffe und Bildungsziele zu Grunde. Die hier verwendeten Termini sollen nun näher erläutert werden. 2.1 „ Textuelle Schlüsselkompetenzen und multiliteracies “ als Ziele des allgemeinkulturellen Lernens Unter allgemeinkulturellem Lernen wird der Erwerb von Kompetenzen gefasst, die die Lernenden im Umgang mit den Anforderungen ihrer lebensweltlichen Realität benötigen (vgl. Hallet 2010: 129). Sie sollen von allen Schulfächern gleichermaßen gefördert werden und zählen zum allgemeinen Bildungsauftrag der Institution Schule. Im Fremdsprachenunterricht gilt es, vorhandene Fähigkeiten und Fertigkeiten der Schüler/ -innen zu berücksichtigen und sie „ auch fremdsprachlich weiterzuentwickeln “ (ebd.). Textuelle und mediale Schlüsselkompetenzen bilden einen großen Bereich des allgemeinkulturellen Lernens und eine wichtige Dimension der Diskursfähigkeit (vgl. ebd.; Hallet 2011: 108). Zum erfolgreichen Rezipieren und Produzieren von Texten benötigen die Lernenden geeignete Verfahren, die systematisch im Englischunterricht aufgebaut werden können. Dazu zählen beispielsweise Methoden des Leseverstehens oder Schreibtechniken (vgl. Hallet 2010: 130). Wie gezeigt wurde, sollte die Auswahl der Texte im Englischunterricht die Multimodalität von realweltlichen Diskursen abbilden. Damit einhergehend wird auch die „ Ausbildung und Entwicklung einer entsprechenden Bandbreite von literacies (anstelle der klassischen skills) “ (Hallet 2011: 110) gefordert. Während die konventionellen, textuellen Schlüsselkompetenzen auf den Umgang mit dem „ reinen Wort “ (ebd.) vorbereiten, sollen die sogenannten multiple literacies oder multiliteracies das „ Verstehen und produktive Benutzen “ (ebd.: 111) verschiedenster (kultureller) Symbolsprachen anbahnen. Bei diesen Symbolsprachen handelt es sich beispielsweise um visuelle Texte, die es zu verstehen ( „ dekodieren “ ) und eigenständig zu gestalten ( „ enkodieren “ ) gilt. Die Multiliteracies-Didaktik geht zurück auf die New London Group (1996) und sieht die Lernenden als Bedeutung und Kultur erzeugende Subjekte, die auch im Unterricht in die Lage versetzt werden sollen, an den „ multimedialen, multimodalen und multilingualen Austauschprozessen einer Gesellschaft teilzuhaben “ (ebd.: 110). Diesem übergeordneten Ziel sind konkrete, zu initiierende Lernprozesse untergeordnet, die in der pädagogischen Theorie des „ Learning by Design “ (Kalantzis & Cope 2005) beschrieben werden. Das geplante Lehr-Lernarrangement verfolgt insbesondere die Ziele des funktionellen und kritischen Analysierens sowie des kreativen Anwendens (vgl. ebd.: 77 ff.). „ Analysieren “ ist ein Prozess, in dem ein Text auf seine funktionellen Kulturelles Lernen im Englischunterricht der Sekundarstufe I 95 Elemente ( „ Was bewirkt der Text? Was ist seine Struktur und sein Kontext? “ ) untersucht und kritisch nach den „ interests and agendas behind a text “ (ebd.: 96) gefragt wird. Am Ende steht eine plausible Interpretation des Textes (vgl. ebd.: 96). „ Kreatives Anwenden “ (vgl. ebd.: 78) ist ein Prozess, in dem Lernende ihr Wissen über den Aufbau und die Wirkung kultureller Texte in andere Zusammenhänge übertragen und eigenständig bedeutungsvolle Texte produzieren. Diese neue Bedeutungserzeugung geht über herkömmliche Ziele des kulturellen Lernens weit hinaus (vgl. Müller-Hartmann & Schocker-von-Ditfurth 2011: 185), da sie die Lernenden an kulturellen Diskursen partizipieren lässt, indem sie selbst hybride, diskursive Texte erzeugen. 2.2 „ Interaktive (kulturelle) Bedeutungsaushandlungen “ als Ziel des inter- und transkulturellen Lernens Angelehnt an ein bedeutungsorientiertes Kulturverständnis wird kulturelles Lernen hier als negotiation of meaning, ein interaktiver Prozess der kulturellen Bedeutungsaushandlung und -findung, verstanden. Diese Definition ist an Buttjes ’ (1996) frühen Überlegungen zur Entwicklung einer „ Kulturkompetenz “ im interkulturellen Englischunterricht orientiert. Neben der gleichberechtigten Vermittlung von Sprache und Kultur (vgl. Byram 1997), wird (inter-)kulturelles Lernen hier auch als ein Beitrag zur „ subjektiven Bedeutungsfindung “ (Freitag-Hild 2010: 22) der Schüler/ -innen verstanden. „ Kulturkompetenz “ ist weniger ein Gegenstand als ein Prozess, „ in dem neues kulturelles Wissen und neue kulturelle Deutungen in vorhandene eigenkulturelle Erfahrungen und Konzepte einbezogen werden “ (Buttjes 1996: 89). Des Weiteren stützt sich der hier vertretene Ansatz auf transkulturelle Konzepte der Fremdsprachendidaktik (vgl. Freitag-Hild 2010: 41 ff.), die von kulturwissenschaftlichen und postkolonialen Vorstellungen über Kultur und Identität beeinflusst sind. Als besonders wichtig erweist sich die Metapher des third space oder des „ dritten Ortes “ , welche den Fremdsprachenunterricht als „ diskursiven Begegnungs-, Austausch- und Handlungsraum, in dem kulturelle Bedeutungen ausgehandelt werden “ (Freitag-Hild 2010: 45) entwirft. Diese Vorstellung basiert auf der kulturwissenschaftlichen Annahme, dass Kulture(n) stets diskursiv erzeugt sind und als „ in Gruppen sozial konstruierte[r] Bedeutung “ (Fäcke 2006: 15) beschrieben werden können. Der Englischunterricht kann als ein Ort dieser sozialen Bedeutungsaushandlungen und damit als „ zusätzlicher “ kultureller Raum dienen. Es treffen „ Texte und Diskurse aus verschiedenen kulturellen Sphären “ (Hallet 2002: 54) aufeinander, die unterschiedliche Bedeutungen der zielsprachlichen Kultur(en) und transkultureller Diskurse beinhalten. Hinzu kommt, dass auch die Lernenden eigenkulturelle Deutungen in den Fremdsprachenunterricht mitbringen, die sie artikulieren und verhandeln. Die beteiligten Personen werden dadurch zu kulturellen Handlungsträgern und „ Subjekte[n] der Bedeutungskonstruktion und -aushandlung “ (ebd.: 55). Über die Auseinandersetzung mit kulturellen Texten lernen sie, „ die Welt mit anderen Augen zu sehen “ (Freitag-Hild 2010: 100) und an kulturellen Diskursen zu partizipieren. In der Sekundarstufe I gilt es die ersten Grundsteine für diese kulturelle Partizipation zu legen. Dazu benötigen die Schüler/ -innen sowohl sprachliche Fähigkeiten als auch die zuvor beschriebenen allgemeinkulturellen Kompetenzen, um sich kulturelle Texte zu erschließen. In Interaktions- und Aushandlungsphasen sollen sie ihre persönlichen Sichtweisen und Deutungen dieser Texte zur Diskussion stellen 96 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive und in ihrer Lerngruppe verhandeln. Diese Schülerzentrierung macht es möglich, die Lernenden als Individuen wahrzunehmen, die ihre eigenen kulturellen Erfahrungen in den Englischunterricht einbringen. Der kulturellen Heterogenität der Schülerschaft im Englischunterricht kann dadurch Rechnung getragen werden. 3 Ein kulturdidaktisches Lehr-Lernarrangement für heterogene Lerngruppen entwickeln - aber wie? Mit der Entwicklung des Lehr-Lernarrangements gehen konzeptionelle Überlegungen zu den Lerninhalten, den Aufgabenformaten und den Unterstützungsmitteln für heterogene Lerngruppen im Englischunterricht einher. Sie bilden die lokale Theorie und werden durch erste empirische Ergebnisse einer Vorstudie ergänzt und weiterentwickelt. Diesem Prozess widmet sich der zweite Teil des Artikels. 3.1 Lerninhalte: Street Art als zentrale, kulturelle Texte Kulturwissenschaftlichen Theorien folgend, sind Kulturen über textuelle bzw. mediale Repräsentationen les- und interpretierbar (vgl. Freitag-Hild 2010: 30). Für den Fremdsprachenunterricht wurde hieraus gefolgert, dass Lernende über „ Texte, Zeichen und Artefakte (von Architekturen bis zum Küchentuch) “ (Hallet 2007: 39) einen Zugang zu Vorstellungsweisen und Lebensformen zielsprachiger Kulturräume erlangen können. Die geplante Studie basiert auf dieser Annahme und einem erweiterten Textbegriff, welcher auch visuelle oder multimodal kodierte semiotische Systeme als kulturelle Texte betrachtet. Eine besondere, soziokulturelle Ausdrucksform stellt Street Art dar. Dabei handelt es sich um gemalte, geklebte oder gesprühte Bilder, Karikaturen, Sätze und Skizzen, die v. a. in Städten an Fassaden, Straßenpfeilern und Schildern meist illegal angebracht werden (vgl. Dausend 2014: 93). Die Street Artists bleiben in der Regel anonym und transportieren über ihre Kunst häufig provokative Botschaften, die die Grundlage für „ diskursive Aushandlungsprozesse zwischen Individuen “ (ebd.) bilden können. Street Art wird an einzelnen Orten überall auf der Welt produziert, aber auch global über das Internet verbreitet und rezipiert. Henriette Dausend (2014) spricht daher von einer „ Globalisierung kultureller Kommunikation “ und bezeichnet Street Art als „ Transcultural Art “ (ebd.: 96). Das Genre habe daher großes Potential für die Initiierung von (trans-)kulturellen Lernprozessen im Englischunterricht (vgl. ebd.). Der potentielle Mehrwert für das kulturelle Lernen lässt sich an folgenden Punkten festmachen: Street Art weist eine große Nähe zur Lebenswelt der Jugendlichen auf. Der Forderung nach authentischem Inputmaterial, welches dieser soziokulturellen Realität entstammt, kann so nachgekommen werden. Des Weiteren fördert Street Art Interaktion und Bedeutungsaushandlungen auf mehreren Ebenen (vgl. Dausend 2013: 111 f.). Die Künstler/ -innen zielen auf eine Interaktion mit Passanten im öffentlichen Raum ab: Die message eines Kunstwerks verbirgt sich jedoch hinter Symbolen, die erst durch die Betrachtenden entschlüsselt werden müssen. Obwohl Street Artists eine bestimmte Botschaft übermitteln wollen, hängt die Bedeutungszuschreibung daher von der „ cultural identity “ (ebd.: 111) der individuellen Rezipient/ -innen ab. Lernende können im Kontakt mit Street Art ihre kulturellen Erfahrungen und persönlichen Gefühle einbringen Kulturelles Lernen im Englischunterricht der Sekundarstufe I 97 und untereinander in Aushandlungsprozesse über ihre subjektiven Deutungen treten. Dadurch soll in dem geplanten Unterrichtsarrangement ihre Rolle als kulturelle Akteure bestärkt werden. Street Art mindert außerdem „ Sprachbarrieren “ durch „ visuelle Mittel “ (Dausend 2014: 93) und kann als starker Impuls zum Diskutieren in der Fremdsprache dienen. Auch wenn die meisten Street Art-Bilder wenige (fremd)sprachliche Elemente enthalten, kann dennoch durch die „ silent language “ 8 (Dausend 2013: 113) der Motive ein diskursiver Austausch im Unterricht angeregt werden, an dem sich Jugendliche beteiligen, die sonst ungern auf Englisch kommunizieren. In der didaktischen Forschung des bilingualen Kunstunterrichts finden sich Hinweise, dass Lernende bei der Beschreibung und Interpretation von Kunstwerken auf nonverbale Strategien zurückgreifen, die ihnen den Austausch in der Fremdsprache erleichtern (vgl. Rymarczyk 2010: 92). Im Mündlichen wird ihnen entgegengekommen, indem sie während des Sprechens auf Bildinhalte oder Objekte zeigen oder vereinfachte Aussagesätze als direkten Verweis nutzen können (vgl. ebd.). Auch aus diesem Grund eignet sich Street Art als Lerninhalt für den individualisierenden Englischunterricht. Über die Initiierung von (fremdsprachlicher) Interaktion und kultureller Bedeutungsaushandlung im Klassenzimmer hinaus, ist auch die Anbahnung von Kompetenzen aus dem Bereich des allgemeinkulturellen Lernens mit Street Art potentiell möglich. Da Street Art aus verschiedenen Materialien, Motiven, Techniken und Sprachcodes besteht, kann das Genre als multimodal beschrieben werden (vgl. Dausend 2013: 111). Es werden verschiedene semiotische Ebenen verwendet, um oftmals gesellschaftskritische Nachrichten zu überbringen (vgl. ebd.: 112). Die Bilder lassen sich sowohl funktionell ( „ Welche Materialien und Motive werden zu welchem Zweck verwendet? “ ) als auch kritisch ( „ Welche Standpunkte vertreten die Street Artists? “ ) analysieren. Es kann ergründet werden, inwiefern Street Art ein globales bzw. transkulturelles Phänomen darstellt und wie die Künstler/ -innen das Medium nutzen, um ihre Anliegen einer breiten Öffentlichkeit mitzuteilen. Diese Herangehensweise ist an den Bremer Bildungsplan angeschlossen, der für die neunte und zehnte Oberschulklasse im Bereich „ Kunst & Kultur “ eine „ Interpretation von Musik- und Kunstrichtungen “ (Die Senatorin für Bildung und Wissenschaft 2010a: 11) vorschlägt. Street Art ermöglicht ferner eine Inhalts- und Themenorientierung, die grundlegend für den individualisierenden Englischunterricht in der Sekundarstufe I ist (vgl. Hallet 2011: 96 ff.). Lernende können die thematisch orientierten Einstellungen der Street Artists beschreiben und analysieren sowie ihre eigenen Haltungen zu den Aussagen diskutieren. Street Art-Bilder sind häufig in einen größeren soziokulturellen Diskurs eingebettet, wie z. B. der Kritik am westlichen Überwachungsstaat 9 oder der Debatte um Fast Food-Herstellung und Konsum. 10 Dem didaktischen Prinzip der Offenheit von Text- und Materialkombinationen (vgl. Hallet 2011: 111) folgend, sollen zentrale Street Art-Bilder mit anderen Bildern des gleichen Genres, aber auch mit Sachtexten, Videoausschnitten, Interviews und autobiographischen Textelementen vereinzelter Künstler/ -innen verknüpft werden. Der 8 Dausend (2013: 113) meint mit dem Begriff „ a language one cannot grab with auditory but with visual senses “ . 9 Vgl. z. B. das Street Art-Bild „ Stop watching me “ (https: / / www.pinterest.com/ pin/ 2286991058 2365722/ ). 10 Vgl. z. B. das Street Art-Bild „ Kill fried chicken “ ( „ Kentucky fried chicken “ ) (https: / / c2.staticflickr.com/ 6/ 5219/ 5480942177_59a1d4ddd3_z.jpg). 98 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive Ausgangstext des Unterrichtsarrangements kann dadurch kontextualisiert und besser verstanden werden (vgl. ebd.). Durch die textuelle Vielfalt wird gleichzeitig die Multiperspektivität und Multitextualität entsprechender realweltlicher Diskurse im Unterricht imitiert (vgl. ebd.: 108 f.). Den Schüler/ -innen eröffnet dies eine kulturelle Teilhabe an ökonomischen, sozialen oder politischen Debatten. Gemäß der „ Wahlmöglichkeit “ (Hallet 2011: 91) als ein Prinzip der Individualisierung erhalten sie im Unterricht eine Wahl zwischen verschiedenen Street Art-Bildern und Diskursthemen. 3.2 Aufgabenformate, Sozialformen und Unterstützungsmittel Neben der Auswahl von Lerninhalten spielen Aufgabenformate, Unterrichtsmethoden und Hilfsmittel eine große Rolle bei der Konzeption des Unterrichtsarrangements. Kulturelle Lernprozesse können zwar durch Materialien und Aufgaben nicht direkt gesteuert, aber dennoch initiiert und begünstigt werden (vgl. Freitag-Hild 2010: 102 ff.). Dausend (2014) hat das prozessorientierte Modell SEE-GET-USE als Grundlage bei der Entwicklung von Lernaufgaben rund um Street Art, vorgeschlagen. Es ist an die „ stark visuell geprägte[n] Unterrichtsgegenstände “ (Dausend 2014: 95) angepasst und beinhaltet eine Progression von deskriptiven hin zu analysierenden und handelnden Aktivitäten. Als Planungsinstrument für diese Studie wurde es mit den bereits beschriebenen Zieldimensionen des allgemeinkulturellen und interbzw. transkulturellen Lernens verbunden (vgl. Abb. 1). Außerdem erfolgte eine Ergänzung jeder Phase des Modells durch den methodischen Dreischritt des kooperativen Lernens Think- Pair-Share (vgl. Hallet 2011: 119). Dies soll signalisieren, dass jeder Abschnitt des Unterrichtsarrangements individuelle Erarbeitungsphasen (Think), dialogische Interaktionen in Partnerarbeit oder Kleingruppen (Pair) sowie eine Veröffentlichung der erfolgreichen Bedeutungsaushandlungen in der gesamten Lerngruppe bzw. der schulischen Öffentlichkeit (Share) beinhaltet. Diese Prozessstruktur und die unterschiedlichen Sozial- und Interaktionsformen entsprechen den Prinzipien des individualisierenden Englischunterrichts (vgl. ebd.). Im Sinnabschnitt SEE werden die Schüler/ -innen mit dem Zentraltext der Unterrichtseinheit konfrontiert, beschreiben diesen hinsichtlich seiner Gestaltungsmerkmale und können subjektive (kulturelle) Deutungen des Inhalts artikulieren und untereinander aushandeln. In Rezeptionsgesprächen werden diese Deutungen anschließend im Plenum verglichen. GET zielt vor allem auf textanalytische und interpretative Aufgaben sowie kulturelle Aushandlungsaufgaben ab. Unter Bezug auf weitere (fremdsprachliche) Texte, die den Zentraltext ergänzen und zwischen denen die Jugendlichen wählen können, wird weiteres soziokulturelles Wissen über Street Art und die dahinterstehenden Diskursthemen erarbeitet und auf vorhandene Erfahrungen bezogen. Kleingruppen handeln anschließend Interpretationen der kulturellen Texte gemeinsam aus. Darauf folgend werden diese Interpretationsansätze im Klassenverband in verschiedenen Formaten (z. B. Poster, schriftliche Texte oder Audioaufnahmen) präsentiert. In der Phase USE stehen die Lernenden als kulturelle Akteure und ihre Partizipation an kulturellen Diskursen im Mittelpunkt. Sie gestalten gemeinschaftlich eine Ausstellung und machen ihre Ergebnisse einer größeren Öffentlichkeit, der Schulgemeinschaft, zugänglich. Die dabei entstehenden Lernertexte werden innerhalb der Studie als neue, kulturelle Texte aufgefasst. Die Jugendlichen können die Konventionen des Street Art- Kulturelles Lernen im Englischunterricht der Sekundarstufe I 99 Genres aufgreifen und eigene, kleine Kunstwerke (u. a. Zeichnungen, Aufkleber, Schablonen) zu soziokulturellen Themen erstellen oder Fotos von Street Art im eigenen Stadtteil bzw. im Internet sammeln. Die Exponate sollten dann in fremdsprachlichen Audio- oder Schriftbeiträgen kommentiert werden. Eine weitere Möglichkeit für diesen Unterrichtsabschnitt wäre auf die Produkte aus der GET-Phase zurückzugreifen und einzelne Street Art-Bilder und deren Einbettung in kulturelle, thematischorientierte Diskurse auf Englisch vorzustellen. SEE GET USE find describe order sort out analyze search interpret question negotiate present discuss link create Allgemeinkulturelles Lernen unbekannte, kulturelle Texte erschließen, beschreiben und deuten funktionelles und kritisches Analysieren/ Interpretieren von kulturellen Texten ( „ dekodieren “ ) kreatives Anwenden und Erzeugen von neuen kulturellen Texten ( „ enkodieren “ ) Inter- und transkulturelles Lernen eigene (kulturelle) Erfahrungen und Deutungen aktivieren (subjektive Bedeutungsfindung) neues Wissen über kulturelle Diskurse in vorhandene Erfahrungen einbeziehen kulturelle Deutungen in interaktiven Situationen aushandeln Partizipation an und Gestalten von kulturellen Diskursen Dreischritt des kooperativen Lernens Think Pair Share Think Pair Share Think Pair Share Abb. 1: SEE-GET-USE-Modell (angelehnt an Dausend 2014), erweitert durch Zieldimensionen der Studie Prinzipien der Individualisierung des Lernens (vgl. Hallet 2011: 91) folgend, soll den Jugendlichen eine gewisse Bandbreite von Inhalten und Aufgaben geboten werden, um individuelle Interessen und Neigungen anzusprechen. Durch Wahlmöglichkeiten bei der Erstellung von Lernertexten sollen zudem individuelle Bearbeitungs- und Lernwege eröffnet werden. Eine individualisierende Lernunterstützung auf kognitiver und sprachlicher Ebene erhalten die Schüler/ -innen in Form von Scaffolding. Dabei handelt es sich um die „ Integration lern- und arbeitsunterstützender Mittel in den Verstehens- und Erarbeitungsprozess “ (Hallet 2011: 122). Es wird zwischen verschiedenen Scaffolding-Maßnahmen unterschieden (vgl. ebd.: 126). Im geplanten Lehr-Lernarrangement werden insbesondere Process-Scaffolds, also Hilfsmittel zur Gestaltung des Arbeitsprozesses, integriert. Dazu zählt Wortschatzarbeit, die in Form von themenbezogenen Vokabellisten und Arbeitsblättern mit Redemitteln umgesetzt und gesichert wird. Außerdem sollen, entsprechend der Ziele des allgemeinkulturellen Lernens, Techniken der Texterschließung und der Informationsentnahme trainiert werden. Über kontinuierlich verfügbare Scaffolding-Lernzettel können die Lernenden auf diese Techniken bei der Arbeit mit Texten, insbesondere Bildern, eigenständig zurückgreifen. Da kulturelle Bedeutungsaushandlungen in Interaktions- und Kooperationsphasen zwischen den 100 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive Jugendlichen angebahnt werden sollen, gilt es, auch diese Phasen durch Scaffolding zu begleiten. Dies kann durch „ Anleitungen und Rollenzuweisungen für die Arbeit in der Kleingruppe “ (ebd.: 127) erfolgen sowie durch die Bereitstellung von „ Redemittel[n], die für Argumentationen und Aushandlungen in der face-to-face Interaktion benötigt werden “ (ebd.). Die Fokussierung auf diese Scaffolding-Maßnahme resultiert aus Ergebnissen der Vorstudie, wie im folgenden Artikelabschnitt gezeigt wird. 4 „ An abnormal situation “ vs. „ Cultural reality “ - Ziele, Durchführung und Ergebnisse der Vorstudie Das Ziel der Vorstudie 11 war es, individuelle Lernausgangslagen von zwei Schüler/ -innen im Hinblick auf die vorformulierten Zieldimensionen des kulturellen Lernens in Erfahrung zu bringen und Lerninhalte, Aufgabenformate und Unterstützungsmittel zu erproben und zu evaluieren. Die Rolle der Lernenden als heterogene, kulturelle Akteure sollte über Aushandlungsaufgaben gestärkt werden, in denen sie ihre kulturellen Deutungen und Standpunkte artikulieren und verhandeln können. 4.1 Ausgestaltung des Unterrichtsdesigns Als kultureller Ausgangstext diente das Street Art-Bild „ Modern Love “ des Künstlers Banksy. Es zeigt ein Paar, welches sich im Schein seiner jeweiligen smartphones umarmt (vgl. Abb. 2). Hiermit wird ironisch-kritisch Bezug auf den Umgang mit moderner Technologie genommen. Die soziokulturelle Bedeutung des smartphones ist demnach so gewachsen, dass es sogar in intimen Situationen, wie einer Verabredung eines Liebespaares, omnipräsent zu sein scheint. Thematisch lässt sich das Bild an den Oberschulen- Bildungsplan Englisch für die Sekundarstufe I anknüpfen: Sowohl das Themenfeld „ Beziehungen und Liebe “ als auch „ Die moderne Welt “ und „ Mediennutzung “ werden angesprochen (vgl. Die Senatorin für Bildung und Wissenschaft 2010a: 11). Das Aufgabendesign wurde entlang des erweiterten SEE-GET-USE-Modells entwickelt, allerdings wurde es an die zeitliche Kürze der Vorstudie angepasst. In der ersten Phase (SEE) sollten die Lernenden das ihnen unbekannte Street Art-Bild beschreiben (describe), ihre persönlichen Deutungen des Motivs aktivieren (Think- Phase) und verschriftlichen: 1) What do you see? Describe the Street Art-picture and the people and things in the picture. Take notes. Dabei wurden sie durch ein Process-Scaffolding zum Vorgang der Bildbeschreibung und ein Arbeitsblatt mit gängigen phrases 12 bei der Bildbeschreibung unterstützt. Anschlie- 11 Die Vorstudie wurde mit zwei Lernenden aus einer der Untersuchungsklassen durchgeführt. Es handelte sich um eine Laborsituation, d. h. die Forscherin unterrichtete die Jugendlichen. Der Geltungsbereich der Ergebnisse ist auf Grund der kleinen Probandenzahl nicht weitreichend, kann aber im Sinne von DBR durch weitere Zyklen im Klassensetting vergrößert werden. Die Ergebnisse dienen daher als richtungsweisend für die weitere Gestaltung und Erprobung des Designs. 12 Dazu zählen beispielsweise Formulierungen wie „ The picture shows. . . “ ; „ I can see. . .in the middle (in the background, on the right, on the left, etc.) “ oder „ The people in the picture are eating / talking / . . . “ . Kulturelles Lernen im Englischunterricht der Sekundarstufe I 101 ßend (GET) sollten sie ihre persönlichen Deutungen artikulieren und untereinander austauschen (Pair-Phase), um sich dann auf eine Interpretation des Bildes zu einigen (interpret): 2 a) What does the picture mean to you? Talk to each other and take notes. 2 b) What is the message of the picture? Interpret the picture ’ s message and take notes. Auch hier stand den Jugendlichen ein Scaffolding-Arbeitsblatt mit Satzfragmenten und Vokabelhilfen zur Verfügung. Im letzten Abschnitt der Vorstudie (USE) wurden die Lernenden mit dem Bildtitel „ Modern Love “ konfrontiert und sollten diesen gemeinsam (Pair-Phase) in Bezug zum Bild setzen. Sie wurden außerdem aufgefordert, den Titel zu diskutieren (discuss) und Stellung zu beziehen: 3) What is your opinion about the title? Do you agree that the picture shows „ modern love “ ? Discuss with each other and take notes. Dabei war es möglich zu thematisieren, ob das Bild wirklich „ moderne Liebe “ bzw. überhaupt eine Art der „ Liebe “ zeigt. Die Schüler/ -innen konnten ferner verhandeln, inwiefern sie ihre kulturellen Erfahrungen durch das Kunstwerk repräsentiert sehen oder ob ihnen diese Darstellung einer gesellschaftlichen Situation fremd ist. Die Aufgabeninstruktionen erfolgten auf Englisch und die Teilnehmenden wurden gebeten so viel wie möglich in der Fremdsprache zu kommunizieren, wobei der Rückgriff auf die deutsche Sprache „ im Notfall “ gestattet war. Abb. 2: „ Modern Love “ von Banksy 102 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive Ziel der Vorstudie in Bezug auf die Kombination aus Lerninhalt und Aufgaben war es zu ergründen, inwiefern (kulturelle) Bedeutungszuschreibungen und -aushandlungen in Schüler-Schüler-Interaktionen ausgelöst werden. Die audiographierten Unterhaltungen sowie die schriftlichen Lernendenartefakte wurden dazu diskursanalytisch nach individuellen Bedeutungszuschreibungen und interaktiven Aushandlungsprozessen untersucht. Außerdem war von Interesse, inwiefern die Teilnehmenden die Scaffolding-Angebote nutzen und wie sie diese in der anschließenden Reflexion des Unterrichtsmaterials bewerten. 4.2 Ergebnisse und Schlussfolgerungen Die Beschreibung des Street Art-Bildes gelang den Schüler/ -innen relativ ausführlich. Beide nutzten von Beginn an das Scaffolding-Angebot bei der Verschriftlichung und stützten sich im Auswertungsgespräch auf ihre Notizen. Gestalterische Mittel, Bildaufbau und die durch die Farbwahl entstehende Atmosphäre spielten in ihren Beobachtungen keine Rolle. Hier zeigt sich für die weitere Design-Entwicklung, dass Lernende im Zusammenhang mit Street Art zusätzliche Anleitung und fremdsprachliches Vokabular benötigen, um die Kunstwerke im Sinne der Multiliteracies-Didaktik auch hinsichtlich ihrer Kompositionsmerkmale zu beschreiben und ihre Wirkung zu analysieren. Das Street Art-Bild löste bei den Jugendlichen sehr individuelle, subjektive Bedeutungszuschreibungen aus. Die Schülerin interpretierte die dargestellte Situation als ungewöhnliche, „ forbidden affaire “ , in der die smartphones zur Kommunikation mit den unwissenden Ehepartnern genutzt werden. Der Schüler hingegen beschrieb das Motiv als „ part of our reality “ , da seiner Meinung nach die meisten Menschen sich lieber mit ihren smartphones beschäftigen, als miteinander zu kommunizieren. Untereinander traten sie über diese divergenten Sichtweisen nur begrenzt in einen diskursiven Austausch. In einer kurzen Gesprächsphase in deutscher Sprache übernahm die Schülerin ohne jegliche „ Überzeugungsarbeit “ die Interpretation ihres Mitschülers. Im Rahmen der späteren Metareflexion hob sie hervor, dass sie an diese Form der aushandelnden Partnerarbeit im Englischunterricht nicht gewöhnt sei und stets nach einer schnellen „ Lösung “ für die Bearbeitung einer Aufgabe suche. Hier zeigen sich zwei zu berücksichtigende Faktoren, die auch über die Vorstudie hinaus Geltung besitzen: Einerseits scheint es an fremdsprachlichen Mitteln für Aushandlungsgespräche dieser Art in der Sekundarstufe I noch zu fehlen. Andererseits kann der Englischunterricht nur zu einem diskursiven Austauschraum werden, wenn die Jugendlichen negotiation of (cultural) meaning als einen gewollten Prozess kennenlernen. Scaffolding zu den geplanten Pair-Phasen sollte daher Interaktionsstrategien enthalten, die den Lernenden eine Artikulation ihrer individuellen Standpunkte in der Fremdsprache und eine eigenverantwortliche Gestaltung ihrer Gespräche ermöglichen. Dies wurde auch durch die Bearbeitung der abschließenden Aufgaben bestätigt. Kurz tauschten sich die Lernenden über den Titel und dessen Verbindung zur abgebildeten Situation aus, anschließend arbeiteten beide aber getrennt und waren sehr konzentriert auf die Verschriftlichung ihrer Antwort. Eine interaktive Aushandlung ihrer Sichtweisen fand erst im Auswertungsgespräch mit der Forscherin statt, die darin eine aktive Moderatorenrolle einnahm. Das Urteil der Lernenden im Hinblick auf ihre Lebenswelt fiel dann sehr Kulturelles Lernen im Englischunterricht der Sekundarstufe I 103 kritisch aus: Das Bild zeige zwar ein Stück der gesellschaftlichen Realität, sie selbst und ihre Mitschüler/ -innen seien aber von diesem Phänomen (noch) nicht betroffen. In Zukunft stelle es aber sicherlich auch für sie ein Problem des menschlichen Zusammenlebens dar. Die Lernenden wurden demnach durch das Street Art-Bild dazu angeregt, den kulturellen Text in ihre vorhandenen Erfahrungen miteinzubeziehen und ihren Umgang mit modernen Technologien zu reflektieren. Im Unterrichtsdiskurs benötigten sie dafür aber die Aufforderung und Unterstützung der Forscherin als Lehrkraft. Dieses Ergebnis deckt sich mit Beobachtungen aus dem transkulturellen Literaturunterricht in der Sekundarstufe II (vgl. Freitag-Hild 2010: 339 f.). Die zentrale Rolle der Lehrkraft bei der Gestaltung von Aushandlungsprozessen gilt es daher im Englischunterricht zu berücksichtigen und auch zu fragen, wie die Lehrkraft dennoch Zurückhaltung in diesen Phasen üben kann. Im subjektiven Unterrichtserleben der Jugendlichen bildet Street Art einen höchst motivierenden Lerninhalt. So äußerten sich beide Probanden positiv über die lebensweltliche Nähe der Kunstwerke in der Metareflexion der Vorstudie: „ Es ist nicht so langweilig wie der normale Unterricht, weil wir endlich mal aktuelle Bilder haben! “ (Untersuchungsteilnehmer, 14 Jahre alt). Auch der Nutzen der Scaffolding-Arbeitsblätter wurde von den Lernenden sehr positiv bewertet. Eine Analyse der Beobachtungsnotizen und Schülerprodukte zeigt allerdings, dass die Teilnehmenden die Unterstützungsmittel nicht wie einen „ Pool “ an Möglichkeiten, sondern eher wie einen zu befolgenden „ Fahrplan “ nutzten. Sie wählten nicht bestimmte phrases und Vokabeln aus, sondern versuchten chronologisch alle Formulierungen zu verwenden. Eine bewusste Selektion und Reflexion von tatsächlich benötigten Strukturen aus dem Scaffolding-Angebot ist den Schüler/ -innen folglich noch nicht vertraut und muss im Unterricht der Untersuchungsklasse erst thematisiert und erprobt werden. In der geplanten Studie wird dies aufgegriffen und der Unterrichtseinheit vorangestellt. 5 Fazit Dieser Beitrag hat eine Reihe von gesellschaftlichen und schulischen Faktoren benannt, die bei der Entwicklung eines kulturdidaktischen Unterrichtsarrangements Berücksichtigung finden sollten. Insbesondere Prinzipien der Individualisierung und Pluralisierung spielen hinsichtlich der Lerninhalte, Aufgabenformate und Unterstützungsmittel eine entscheidende Rolle. Die kulturelle Heterogenität der Lernenden kann über die Artikulation und Aushandlung von persönlichen, kulturellen Sichtweisen und Deutungen in Interaktions- und Aushandlungsphasen in den Englischunterricht einbezogen werden. Das Potential von Street Art als multimodaler, kultureller Lerninhalt und Medium dieser Aushandlung wurde aufgezeigt und durch Ergebnisse der Vorstudie bestätigt. Eine weiterführende Bestimmung von kulturellen Diskursen, die durch Street Art repräsentiert werden und zum Unterrichtsthema werden können, steht noch aus. Daneben wird es Ziel der weiteren Design-Entwicklung sein, das kulturdidaktische Aufgabenformat und die dazugehörigen Unterstützungsmittel weiter auszugestalten. Die Vorstudie belegte, dass interaktive Aushandlungsprozesse in der Sekundarstufe I einer schrittweisen Vorbereitung hinsichtlich von Interaktionsstrategien und fremd- 104 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive sprachlichen Mitteln bedürfen. Dieses Ergebnis bildet einen ersten Teil der angestrebten lokalen Theorie. Anschlussfragen 1. Evaluieren Sie Ihr eigenes/ in Ihrer Institution verwendetes Unterrichtsmaterial zum kulturellen Lernen (z. B. anhand eines Schulbuches) in der Sekundarstufe I. Welche Zielsetzungen werden verfolgt? Inwiefern wird die kulturelle Heterogenität der Lernenden aufgegriffen und Aushandlungsprozesse im Sinne des third space gefördert? Werden multimodale, lebensweltnahe Texte in den Unterricht einbezogen? 2. Diskutieren Sie, welche lebensweltlich und soziokulturell bedeutsamen Inhalte neben Street Art zur Anbahnung kulturellen Lernens genutzt werden könnten und begründen Sie Ihre Entscheidung mit Rückgriff auf den Beitrag. Erstellen Sie eine Sammlung von möglichen Materialien (z. B. Werbeplakate und -clips, Filmausschnitte,. . .). 3. Orientieren Sie sich an der SEE-Phase des SEE-GET-USE-Modells und gestalten Sie eine Einstiegsaufgabe zu einer themenorientierten Unterrichtsequenz mit multimodalen, kulturellen Texten. Versuchen Sie dabei, Prinzipien der Individualisierung zu berücksichtigen. Online-Bildquellen „ Stop watching me “ - Street Art, Künstler unbekannt https: / / www.pinterest.com/ pin/ 22869910582365722/ (01. 10. 2015) „ Kill fried chicken “ - Street Art, Künstler unbekannt https: / / c2.staticflickr.com/ 6/ 5219/ 5480942177_59a1d4ddd3_z.jpg (01. 10. 2015) „ Modern Love “ von Banksy - Street Art https: / / www.textmarketer.co.uk/ blog/ 2014/ 04/ mobile-marketing/ banksy-modern-love-2/ (01. 10. 2015) Kulturelles Lernen im Englischunterricht der Sekundarstufe I 105 Wie können fremdsprachliche Sprechanlässe differenziert und individualisiert in den Unterricht integriert werden? Erkenntnisse aus einer Befragung und unterrichtspraktische Ideen Katharina Verriere Dieser Beitrag fokussiert Individualisierungsmöglichkeiten im Fachunterricht Englisch. Es wird die Notwendigkeit für individualisierende Maßnahmen dargelegt, die insbesondere in aktuell reformierten Schulsystemen zu finden ist. Darauf aufbauend wird ein Modell des kompetenzorientierten Individualisierens vorgestellt auf dem basierend eine empirische Studie verortet wird. Mittels dieser empirischen Erhebung wurde bei Lehrenden erfragt, welche fachspezifischen Kompetenzen vor dem Hintergrund des Auftrags der individuellen Förderung im Englischunterricht bislang überzeugend gefördert werden können und wie dies umgesetzt wird. Die Kompetenz „ Sprechen “ , die nach Angaben der Lehrkräfte noch vergleichsweise schwierig individuell geschult werden kann, wird in einem zweiten Projektschritt und in diesem Beitrag in den Mittelpunkt der Überlegungen gestellt und es werden Ansätze präsentiert, welche kompetenzorientiertes Individualisieren ermöglichen. Aktivierung von Vorwissen 1. Diskutieren Sie Vor- und Nachteile von gegliederten Schulsystemen in der Sekundarstufe 1. Berücksichtigen Sie dabei (ggf. auch exemplarisch) insbesondere die Auswirkungen auf die Gestaltung von Fachunterricht. 2. Was sind zeitgemäße Ziele von kommunikativem Englischunterricht und wie lassen diese sich anhand von (Teil-)Kompetenzen möglichst genau beschreiben? 3. Welche Möglichkeiten der gezielten Förderung der Fertigkeit „ Sprechen “ im Fremdsprachenunterricht kennen Sie? Skizzieren Sie möglichst genau Setting, Beteiligte, Aufgabenformate bzw. Verfahren. Sind diese Möglichkeiten im Kontext von individualisierendem Unterricht realisierbar? Warum (nicht)? 1 Reformierte Schulsysteme in Deutschland Schüler/ -innen in einem institutionalisierten Schulsystem zu beschulen erfordert eine Auseinandersetzung, wie mit ihren Unterschiedlichkeiten und ihren heterogenen Stärken und Schwächen umzugehen ist. Die Diskussion um die relevanten Heterogenitätsdimensionen der Schüler/ -innen wird an diversen Stellen geführt; es wird betont, dass es keine umfassende Liste mit allen Kategorien geben kann (vgl. Bohl et al. 2012: 5). Ein Beispiel stellt die Auflistung von Helmke (2007: 2) dar, der basierend auf empirischen Forschungsarbeiten folgende individuelle Faktoren der Schüler/ -innen auflistet, die für die Unterrichtsplanung und -durchführung relevant sind: Familie Lernpotential Strukturelle Merkmale (Schicht, Sprache, Kultur, Bildungsnähe) Prozessmerkmale der Erziehung und Sozialisation Vorkenntnisse Sprache(n) Intelligenz Lern- und Gedächtnisstrategien Lernmotivation Anstrengungsbereitschaft Ausdauer Selbstvertrauen In dieser Auflistung wird zwischen den familiären Hintergründen und dem Lernpotential der Lernenden unterschieden. Grundsätzlich gibt es in schulischen Settings verschiedene Möglichkeiten, mit dieser Heterogenität der Schüler/ -innen umzugehen: Diese kann ignoriert, reduziert, abgebaut oder akzeptiert bzw. es kann ein reflexiver Umgang mit ihr angebahnt oder sie kann produktiv genutzt werden (Wenning 2007: 28). Nach einer Analyse von Weinert (1997: 51 f.) können Leistungsdifferenzen ignoriert, die Schüler/ -innen an die Anforderungen des Unterrichts bzw. der Unterricht an die Schüler/ -innen angepasst oder jede/ -r Lernende durch eine adaptive Gestaltung des Unterrichts gezielt gefördert werden. Im traditionellen dreigliedrigen Schulsystem wurden die Schüler/ -innen bezüglich ihres Lernpotentials an den Unterricht angepasst; hierzu wurden selektierende Maßnahmen genutzt, wie die Zuweisung zu verschiedenen Schulformen in der Sekundarstufe 1, Versetzungen und Abschulungen (vgl. Rebel 2010: 17; Schilmöller 2011: 8; Sturm 2013: 54f.; Tillmann 2004: 8). In aktuellen schulischen Systemen gibt es eine Neuakzentuierung des Umgang mit der dargestellten Heterogenität der Schüler/ -innen: selektierende Maßnahmen werden teilweise abgeschwächt. Dies zeigt sich z. B. darin, dass in 10 von 16 Bundesländern die Schulsysteme in den letzten Jahren grundlegend reformiert und insbesondere die Hauptschulen abgeschafft wurden. 1 Demnach gibt es in der Mehrzahl der Bundesländer mittlerweile ein zweigliedriges Schulsystem, d. h. es gibt neben Gymnasien nur eine weiterführende Schule in der Sekundarstufe 1. Neben dieser strukturellen Veränderung, die weniger stark eine Aufteilung der Schüler/ -innen anhand ihres Lernpotentials anstrebt, wird durch die KMK-Empfehlungen von 2011 versucht den Unterricht verstärkt an die Schüler/ -innen anzupassen und nicht umgekehrt. Dies geschieht u. a. indem betont wird, dass innerhalb des allgemeinen Bildungssystems angemessene Vorkehrungen getroffen werden sollen, um eine erfolgreiche Bildung für alle Schüler/ -innen zu sichern, und somit u. a. adäquate Förder- und Unterstützungsmaßnahmen für alle anzubieten (KMK 2011b: 4). 2 Exemplarisch ist auf das Schulsystem im Bundesland Bremen hinzuweisen. Hier wurde eine umfassende Reform im Jahr 2009 durchgeführt (vgl. alle Informationen Die 1 Die Ausnahmen bilden bislang die Schulsysteme der Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz (Stubbe, Bos & Euen 2012: 210). 2 Die KMK-Empfehlungen beruhen auf der UN-Behindertenrechtskonvention und sollen in erster Linie die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am allgemeinbildenden Schulsystem ermöglichen (Bundesgesetzblatt 2008: 1436). Der Terminus „ Menschen mit Behinderungen “ wird hier bewusst in Anlehnung an offizielle Dokumente (vgl. Bundesgesetzblatt 2008) verwendet. 108 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive Senatorin für Bildung und Wissenschaft 2014a). Es gibt nach der vierjährigen Grundschule nur noch zwei Schulformen - Gymnasien und Oberschulen. An Gymnasien kann das Abitur nach 12 Jahren und an Oberschulen nach 12 oder 13 Jahren abgenommen werden; an beiden Schulformen können aber auch alle anderen Abschlüsse erworben werden. An Gymnasien wird prinzipiell auf einem Niveau unterrichtet und an Oberschulen wird ab Klasse 7 in ausgewählten Fächern, u. a. Englisch, auf zwei Anforderungsniveaus binnendifferenziert oder in getrennten Kursen unterrichtet. In der Mittelstufe wird in beiden Schulformen auf Versetzungen verzichtet und die Lernenden sollen nach ihren Möglichkeiten im (Förder-)Unterricht individuell gefördert werden. Die inklusive Beschulung von Kindern mit und ohne Behinderung wird umgesetzt und es gibt nur eine Förderschule für Kinder, die eine Behinderung in den Bereichen Sehen, Hören, körperliche und motorische Entwicklung haben. Insgesamt zielen die Rahmenbedingungen im Bundesland Bremen darauf ab, dass Lehrende ihren Unterricht an den Schüler/ -innen und ihren individuellen Voraussetzungen ausrichten (und nicht umgekehrt). Vor dem Hintergrund dieser Rahmenbedingungen und einem damit intendierten veränderten Umgang mit der Heterogenität der Schüler/ -innen, stellt sich die Frage, wie Lehrende am Beispiel des Fachunterrichts Englisch im Bundesland Bremen diese (neuen) Aufgaben wahrnehmen, wie sie ihren Unterricht darauf einstellen und in welchen Bereichen Entwicklungsbedarfe gesehen werden. An dieser Stelle setzt die Studie an, die auszugsweise in diesem Artikel thematisiert wird. In der Studie wird folgendermaßen vorgegangen: In einem ersten Projektabschnitt wird erhoben, wie Lehrende mit der Heterogenität der Lernenden in den Lerngruppen und der Individualisierung im Englischunterricht umgehen; hier geht es insbesondere darum, welche fachspezifische Kompetenz für das Unterrichtsfach Englisch sich vergleichsweise schwierig individuell schulen lässt und bezüglich welcher sich die Lehrenden Impulse wünschen. Basierend auf dieser Erhebung werden individualisierende Maßnahmen für die Schulung einer fachspezifischen Kompetenz im zweiten Projektabschnitt elaboriert. In einem dritten Projektabschnitt werden diese Überlegungen empirisch in der Praxis evaluiert. Durch dieses dreischrittige Vorgehen soll ein Beitrag dazu geleistet werden, individualisierenden Englischunterricht theoretisch und praktisch weiterzuentwickeln. 2 Individualisierung und Differenzierung im kommunikativen Englischunterricht 2.1 Theoretische Hintergründe Beim Erstellen von Lernangeboten im Fachunterricht, der auf eine Individualisierung von Lernwegen abzielt, soll es nicht darum gehen Aufgaben für jede Lernende bzw. jeden Lernenden individuell zu entwerfen; dies ist faktisch nicht möglich bzw. umsetzbar. Vielmehr soll es darum gehen den Schüler/ -innen ein differenziertes bzw. individualisierendes Angebot zu machen, in dem sie sich verorten und so aktiv Erkenntnisse konstruieren können. Um die Erstellung eines solchen Angebots geht es im Folgenden. Wenn Individualisierung im Fachunterricht umgesetzt wird, sind die anzubahnenden (Fach-)Kompetenzen bei der Planung zu berücksichtigen und basierend hierauf passende Individualisierungsmaßnahmen zu entwickeln (vgl. Haß & Kieweg 2012). Im Differenzierte und individualisierte Integration fremdsprachlicher Sprechanlässe in den Unterricht 109 Englischunterricht setzen sich die anzubahnenden funktionalen kommunikativen Kompetenzen aus den kommunikativen Fertigkeiten (Hören, Lesen, Sprechen, Schreiben, Sprachmittlung), den sprachlichen Mitteln (Grammatik, Wortschatz, Aussprache), der interkulturellen Kompetenz und den methodischen Kompetenzen zusammen (KMK 2004: 8). Wenn es im Unterricht darum geht den Schüler/ -innen individuelle Anknüpfungspunkte für die Kompetenzentwicklung zu geben, muss bedacht werden bezüglich welcher Kategorien bzw. Dimensionen Abstufungen bzw. Anpassungen gemacht werden können. In diversen Auflistungen bzw. Modellen werden Differenzierungs- und Individualisierungsmaßnahmen zusammengefasst (vgl. z. B. Haß & Kieweg 2012; Klafki & Stöcker 1991; Paradies & Linser 2009). Das im Folgenden thematisierte Modell orientiert sich an einzelnen dieser Aspekte, setzt aber erweiterte Schwerpunkte. Kompetenzförderung Zieldimensionen fremdsprachliche Lernstände (außer ) schulische Neigungen Planungs dimensionen Thema bzw. thematische Einbettung Material Arbeitsauftrag Unterstützung Abb. 1: Individualisierungsdimensionen In dem hier vorgestellten Ansatz wird nicht nur eine Auflistung verschiedener Möglichkeiten der Differenzierung bzw. Individualisierung angestrebt, sondern es wurde ein Modell entwickelt, welches eine Verortung unterrichtlicher Bemühungen der Lehrkraft in einem übergeordneten Schema ermöglicht. In diesem Modell werden basierend auf den zu schulenden Kompetenzen zwei Blickrichtungen auf Individualisierung unterschieden: Die von den Planungsdimensionen der didaktischen Entscheidungen der Lehrenden bezogen auf die unterschiedlichen Unterrichtselemente und die von den Zieldimensionen der didaktischen Entscheidungen der Lehrer/ -innen bezogen auf die unterschiedlichen Lernvoraussetzungen der Schüler/ -innen. Diese beiden Dimensionen werden in dem Modell integrativ betrachtet, da die Lehrperson in der Planung des Unterrichts Abstufungen bzw. Anpassungen bezüglich des behandelten Themas bzw. der thematischen Einbettung der Aufgabe bzw. Übung, des Materials, der Arbeitsaufträge und der angebotenen Unterstützung im Arbeitsprozess machen kann. Diese Anpassungen bzw. Abstufungen können das Ziel haben, den Lernständen der Schü- 110 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive ler/ -innen - d. h. ihren Vorkenntnissen bzw. Kompetenzen - oder ihren Neigungen - d. h. ihren Interessen, medialen Vorlieben und Intelligenzen - gerecht zu werden. 3 Die grobe Unterscheidung zwischen Lernständen und Neigungen wird gewählt, da Lehrende versuchen können durch individualisierende Maßnahmen im Sinne des Konstruktivismus den Schüler/ -innen Anknüpfungspunkte in einer oder beiden Kategorien anzubieten. So kann z. B. die Kompetenz Schreiben nach Lernständen individualisiert werden, indem Unterstützungsangebote mit chunks den Lernenden zur Verfügung stehen oder Aufgabenstellungen können so formuliert sein, dass Schüler/ -innen ihre eigenen Interessen und Erfahrungen in einem Schreibprodukt verarbeiten können. Abbildung 1 fasst die Dimensionen für Individualisierung mit den dazugehörigen Kategorien zusammen. Die Tabelle wird im Weiteren im Rahmen dieses Beitrags genutzt, um exemplarisch bezüglich der Schulung einer spezifischen kommunikativen Fertigkeit verschiedene Möglichkeiten von kompetenzorientiertem Individualisieren auszudifferenzieren (vgl. 2.3.) und Befragungserkenntnisse der Studie daran zu spiegeln (vgl. 2.2.). 2.2 Englischlehrende und Individualisierung Im Rahmen des ersten Projektabschnitts der übergeordneten Studie wurde ein Fragebogen an die Englischfachsprecher/ -innen - d. h. die Lehrkraft, die dem Englischfachbereich der Schule vorsteht - aller acht Bremer Gymnasien und 34 Oberschulen versendet. In dem Fragebogen wurden in offenen und geschlossenen Items die allgemeine Einstellung des Englischkollegiums zur Heterogenität der Schülerschaft, den strukturellen Rahmungen des Englischunterrichts und insbesondere die für diesen Beitrag relevanten positiven Erfahrungen und Entwicklungspotentiale bezüglich der Kompetenzförderung im Englischunterricht erfragt. Zusätzlich zu dieser Fragebogenerhebung wurden Interviews mit Englischfachsprecher/ -innen geführt, die ähnliche Schwerpunkte wie die Fragebogenerhebung aufwiesen, in denen es aber speziell um genauere Erklärungen der Fragebogenergebnisse sowie um exemplarische Darstellungen der Individualisierungsbemühungen ging, die in dem unter 2.1 dargestellten Modell verortet werden können. Die Fragebogendaten lassen sich folgendermaßen zusammenfassen. 4 Die Mediane bezüglich der positiven Erfahrungen mit Individualisierung liegen für fast alle Kompetenzen auf der verwendeten Skala relativ hoch, nur bezüglich der Kategorie „ Aussprache und Intonation “ liegt der Median im unteren Skalenbereich. Eine genauere Analyse der Quartile und der Quartilsabstände zeigt, dass die Items bezüglich der kommunikativen Fertigkeiten „ Schreiben “ bzw. „ Leseverstehen “ und des sprachlichen 3 Interessen beziehen sich auf Themen, die für Schüler/ -innen inner- und außerhalb der Schule relevant sind, die Intelligenzen verweisen auf die Intelligenzprofile nach Gardner (1999) und die medialen Vorlieben beschreiben mit welchen Medien, z. B. Blatt und Papier oder Lernsoftware, die Schüler/ -innen bevorzugt lernen. 4 Insgesamt schickten 16 Lehrende - vier Gymnasiallehrende und 12 Oberschullehrende - den Fragebogen zurück. Dies entspricht einer Rücklaufquote von 38 %; d. h., dass von etwas mehr als jeder dritten Bremer Schule Daten vorliegen. Dieser Rücklauf ist prozentual zufriedenstellend, problematisch ist allerdings, dass die Grundgesamtheit relativ klein ist und die absolute Anzahl der erhaltenden Daten gering. Differenzierte und individualisierte Integration fremdsprachlicher Sprechanlässe in den Unterricht 111 Mittels „ Wortschatz “ vergleichsweise positiv abschneiden. Eine mittlere Kategorie bilden die Items bezüglich der kommunikativen Fertigkeit „ Hörverstehen “ und des sprachlichen Mittels „ Grammatik “ . Vergleichsweise niedriger schneiden die Kategorien „ Sprechen “ , „ Sprachmittlung “ und „ Aussprache bzw. Intonation “ ab. Bezüglich der Items, welche die Entwicklungsbedarfe abbilden, mitteln alle kommunikativen Fertigkeiten und sprachlichen Mittel im oberen Skalenbereich. Das zeigt, dass es bezüglich aller Kompetenzbereiche einen Entwicklungsbedarf gibt. Besonders hoch wird der Entwicklungsbedarf für die Kategorien „ Aussprache bzw. Intonation “ , „ Sprechen “ , „ Hörverstehen “ und „ Grammatik “ eingeschätzt. Etwas darunter liegen die Einschätzungen bezüglich des sprachlichen Mittels „ Wortschatz “ und wiederum darunter die Einschätzungen bezüglich der Kategorien „ Sprachmittlung “ , „ Leseverstehen “ und „ Schreiben “ . In Abbildung 2 werden die positiven Erfahrungen und die Entwicklungsbedarfe visualisiert. Hierbei zeigt ein hoher (mittlerer bzw. niedriger) Balken einen hohen (mittleren bzw. niedrigen) Wert bei den positiven Erfahrungen bzw. den Entwicklungsbedarfen an. 0 1 2 3 Schreiben Leseverstehen Hörverstehen Sprechen Sprachmittlung Wortschatz Grammatik Aussprache positive Erfahrungen Entwicklungsbedarfe Abb. 2: Positive Erfahrungen und Entwicklungen nach Kompetenzen Die Daten und ihre grafische Darstellung zeigen insgesamt, dass die kommunikativen Fertigkeiten „ Schreiben “ und „ Leseverstehen “ vergleichsweise unproblematisch in der individualisierten Schulung sind; hier gibt es vermehrt positive Erfahrungen und einen eher niedrigen Entwicklungsbedarf. Ähnliches gilt für die Kategorie „ Wortschatz “ ; es liegen positive Erfahrungen bezüglich der Individualisierung vor und der Entwicklungsbedarf wird als mittelmäßig eingestuft. Für die Kategorien „ Hörverstehen “ und „ Grammatik “ ist die Ausgangslage nicht ganz so gut; hier sind die positiven Erfahrungen eher mittelmäßig und die Entwicklungsbedarfe hoch. Für die kommunikative Fertigkeit „ Sprachmittlung “ gibt es eher weniger positive Erfahrungen; es wird aber auch kein Entwicklungsbedarf gesehen. Am schwierigsten stellt sich die Situation bezüglich der Kategorien „ Sprechen “ und „ Aussprache und Intonation “ dar. Hier gibt es vergleichsweise wenige positive Erfahrungen und einen mittleren bis hohen Entwicklungsbedarf. 112 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive Die Daten aus den drei geführten Interviews lassen sich folgendermaßen zusammenfassen und mit den dargestellten Fragebogendaten in Beziehung setzen. Die kommunikative Fertigkeit „ Leseverstehen “ lässt sich gut individualisiert schulen. In Anlehnung an die Abbildung 1 heißt das, dass das Material bezüglich des Lernstandes angepasst oder Unterstützungen genutzt werden können. Die kommunikative Fertigkeit „ Schreiben “ ist hingegen nicht ganz unproblematisch individuell zu schulen, da es zeitintensiv ist, ein individuelles Feedback zu geben und da es nicht ausreicht, die Schreibleistung über die produzierte Textlänge und so über den Arbeitsauftrag nach den Lernständen zu individualisieren. Die kommunikative Fertigkeit „ Sprechen “ ist laut den Lehrenden schwierig individuell zu schulen, da die Schüler/ -innen bei der Sprachproduktion begleitet und in ihrer Aussprache kontrolliert werden müssen. Außerdem fehlen Sprechanlässe, die sinnvoll im Unterricht genutzt werden können. Eine Ausnahme stellen Präsentationen dar, in denen Schüler/ -innen Themen wählen können und Unterstützungen erhalten; so wird auf ihre Neigungen und Lernstände eingegangen. Die Einschätzungen bezüglich der Individualisierung der kommunikativen Fertigkeit „ Hörverstehen “ sind unterschiedlich und es wird deutlich, dass hier die verschiedenen Lernumgebungen eine Rolle spielen könnten. Während ein Lehrender es grundsätzlich nicht problematisch findet die Schüler/ -innen in einem Nebenraum mit einer CD individuell arbeiten zu lassen, hat eine andere Lehrerin mit diesem Vorgehen schlechte Erfahrungen gemacht, da die Schüler/ -innen ohne Aufsicht nicht konzentriert arbeiten. Es könnte eine Rolle spielen, dass die eine Lernendengruppe eher daran gewöhnt ist selbstständig zu arbeiten als die andere Lernendengruppe. Die Hörverstehensaufgaben werden so individualisiert, dass mit einem Hörtext und unterschiedlich komplexen Aufgabenstellungen bzw. an dem gleichen Material in unterschiedlichem Tempo gearbeitet wird. Somit werden zum einen nach Lernständen differenzierte Aufgabenformate eingesetzt und zum anderen werden die Lernstände insoweit berücksichtigt, als dass die Schüler/ -innen sich selber die Zeit zum Bearbeiten der Aufgabe einteilen können. Bezüglich der Kompetenz „ Sprachmittlung “ können die Texte angepasst werden oder die Schüler/ -innen können sich gegenseitig unterstützen. Das heißt, dass nach Lernständen anhand des Materials oder über Unterstützungen nach Neigungen individualisiert werden kann. Bezüglich der Vermittlung von „ Grammatik “ bieten die Lehrwerke zwar differenzierte Aufgaben an, es ist aber schwierig zu diagnostizieren, welche/ -r Lernende/ -r welche Herangehensweise an grammatikalische Regeln benötigt. Die Aussagen beziehen sich demnach zum einen auf nach Lernständen differenzierte Aufgabenstellungen und zum anderen auf die unterschiedlichen Neigungen der Schüler/ -innen in der Wissensaneignung bezüglich des Materials. Die individuelle Vermittlung von „ Wortschatz “ ist gut umzusetzen: Vokabeltests, in denen Schüler/ -innen nach ihren Lernständen und Neigungen Wörter notieren sollen, können geschrieben und es können Arbeitsaufträge bezüglich des Lernstandes bzw. der Neigungen angepasst werden. Die individuelle Schulung von „ Aussprache “ ist hingegen besonders schwierig, da eine Kontrolle durch die Lehrkraft notwendig ist und sich die Schüler/ -innen nicht untereinander korrigieren (können). In den Interviews wurde deutlich, dass die Lehrenden angeben, diverse individualisierende Maßnahmen in Anlehnung an die in 2.1 dargestellte Tabelle zu nutzen. Diese Maßnahmen berücksichtigen meist die Lernstände der Schüler/ -innen und es werden unterschiedliche Materialien, Arbeitsaufträge und Unterstützungen genutzt. Differenzierte und individualisierte Integration fremdsprachlicher Sprechanlässe in den Unterricht 113 Bezüglich der Kompetenzbereiche „ Sprechen “ und „ Aussprache bzw. Intonation “ bestätigen die interviewten Lehrenden, dass sie Sprechanlässe benötigten, um die Schüler/ -innen zum Englisch-Sprechen zu motivieren. Aufgrund dieser Interviewergebnisse und der vorab diskutierten Fragebogenergebnisse wird die kommunikative Fertigkeit „ Sprechen “ im folgenden Projektabschnitt 2 der Studie und in diesem Beitrag genauer in den Blick genommen. Es wird erörtert, wie bezüglich dieser Kompetenz Individualisierung umgesetzt werden kann und es werden exemplarisch konkrete Aufgabenformate vorgestellt. 2.3 Individualisierung und die Kompetenz „ Sprechen “ Um Individualisierungspotentiale der Kompetenz „ Sprechen “ erarbeiten zu können, muss zunächst eruiert werden, welche spezifischen Formen zu unterscheiden sind, um dann die Individualisierungsmöglichkeiten anhand der Tabelle in Abbildung 1 zu elaborieren. Prinzipiell beschreiben die KMK-Standards (2004: 8) für das Unterrichtsfach Englisch zwei Funktionen von Sprechen: an Gesprächen teilnehmen und zusammenhängendes Sprechen. Wenn Schüler/ -innen die Teilnahme an Gesprächen in der Fremdsprache trainieren sollen, können sie das in Partner- und Gruppenarbeiten tun, so sprechen sie individuell mehr Englisch (Schmitt-Egner 2007: 86 f.). Für diese sprachliche Auseinandersetzung werden ihnen Aufgaben angeboten; diese können auf verschiedenen Inputs - z. B. literarischen Texten (Doff & Klippel 2007: 128 f.; Nünning & Surkamp 2009: 150), Gegenständen (z. B. Kurtz 2001: 143 f.) oder Fotos, Videoclips und vielem mehr - basieren und so eine Unterhaltung bzw. Diskussion anregen. Weitere Möglichkeiten die Teilnahme an Gesprächen im Englischunterricht zu üben stellen Dialoge und Rollenspiele dar (Bürger 2011 und Schmitt-Egner 2007: 82). Hier sprechen die Schüler/ -innen nicht als sie selbst, sondern übernehmen eine vorgegebene Rolle. Das zusammenhängende Sprechen kann in Präsentationen geübt werden. Hierzu bereiten die Lernenden basierend auf einem Input einen Vortrag in der Fremdsprache vor, den sie vor der Lerngruppe halten. Im Folgenden wird dargestellt, wie bezüglich beider Funktionen Individualisierung umgesetzt werden kann. Beim dialogischen und beim zusammenhängenden Sprechen können die Lernstände in der Art Berücksichtigung finden, als dass Inhalte verschiedener Komplexitätsgrade zur Auseinandersetzung angeboten werden. Dies kann bedeuten, dass Schüler/ -innen sich über Themen unterhalten bzw. diese präsentieren, die unterschiedlich distant zu ihrer Lebenswelt und ihren Alltagserfahrungen sind oder die verschieden intensiv im Unterricht behandelt wurden. Themen können auch die Interessen der Lernenden berücksichtigen und somit auf ihre Neigungen eingehen. Wenn die Schüler/ -innen über etwas sprechen möchten, weil es sie interessiert, haben sie ein Kommunikationsbedürfnis und dialogische Unterhaltungen und zusammenhängendes Sprechen bekommen eine besondere Bedeutung. Beim dialogischen und zusammenhängenden Sprechen werden Materialien - z. B. literarische Texte, Gegenstände oder Fotos - im Großen und Ganzen genutzt, um Sprechanregungen zu liefern. Materialien können auch in Form von nach Lernständen individualisierten Dialogen und Rollenspielen zum Englisch-Sprechen genutzt werden. Hier kann insbesondere differenziert werden, wie genau die Vorlagen sind. So könnten Schüler/ -innen z. B. im Rahmen von Theaterszenen die Dialoge vorgegeben werden 114 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive oder sie können sie selber erstellen. In dem Zusammenhang können in jüngeren Jahrgängen leistungsstärkere und motiviertere Lernende mit einer Chatterbox, gefüllt mit zerschnittenen Dialogen, arbeiten, aus denen sie neue Dialoge erfinden (Bürger 2011: 69). Bürger (2011: 65) schlägt des Weiteren vor, dass den Lernenden Szenen zur Verfügung gestellt werden, die unterschiedlich schwierig sind. So können derartige Vorlagen sprachlich verschieden komplex und umfangreich sein. Bezüglich der Neigungen können Materialien dahingehend individualisiert werden, dass Schüler/ -innen beim zusammenhängenden und beim dialogischen Sprechen Wahlmöglichkeiten bezüglich der Präsentationsformen angeboten werden. So können z. B. Präsentationen entweder frei vor der Klasse gehalten oder in Form eines Podcasts vorab aufgenommen werden. Das Gleiche gilt für Rollenspiele; diese können entweder frei vor der Klasse vorgetragen oder aufgenommen und dann der Klasse gezeigt werden. Hierbei ist zu bedenken, dass eine mediale Aufzeichnung vorab nicht die Situation in der Klasse ersetzt; durch diese können aber insbesondere Lernende, die sich scheuen frei zu sprechen, Schritt für Schritt an das Präsentieren und Vortragen von Rollenspielen herangeführt werden. Auch Arbeitsaufträge können individualisiert werden; insbesondere ist hier zunächst zwischen offenen und geschlossenen Arbeitsaufträgen zu unterscheiden. Offene Arbeitsaufträge sind in sich individualisierend, da die Schüler/ -innen hier ihre Interessen einbringen und sprachliche Strukturen benutzen können, die dem Lernstand angemessen sind. Im Gegensatz dazu ermöglichen geschlossene Arbeitsaufträge diese individuelle Verortung nicht, da die Antworten durch den Arbeitsauftrag feststehen. Außerdem kann bezüglich des dialogischen und des zusammenhängenden Sprechens eine quantitative Abstufung im Arbeitsauftrag vorgenommen werden, um so leitungsschwächeren Schüler/ -innen gerecht zu werden und auch denjenigen, die nicht so gerne vor der Klasse Englisch sprechen. So kann die Länge von Präsentationen variiert werden und auch in Formaten des dialogischen Sprechens - wie bei Rollenspielen bzw. Theaterszenen - können Arbeitsaufträge dahingehend individualisiert werden, dass Lernende je nach Lernstand bzw. Neigung Charaktere verkörpern, die sich unterschiedlich intensiv und komplex in den Dialog einbringen. Bürger (2011) berichtet in dem Zusammenhang über den Einsatz von kleinen Theaterszenen in unteren Klassenstufen. Sie hält diese für ein geeignetes Mittel der inneren Differenzierung, da Rollen so ausgefüllt werden können, dass jede/ -r Lernende an die „ persönlichen Leistungsgrenzen “ geht (ebd.: 64). Somit können leistungsstärkere bzw. extrovertiertere Schüler/ -innen Rollen spielen, die viel und komplexe Sprache produzieren. Das gleiche kann auch z. B. in Videoproduktionen oder bei der Erstellung von Podcasts umgesetzt werden. Hier können Rollen so verteilt werden, dass Lernende an ihren individuellen Leistungsgrenzen arbeiten. Diese Wahlmöglichkeit kann im Arbeitsauftrag explizit festgehalten werden. Die Schüler/ -innen können insbesondere in der Vorbereitung von Sprechsituationen Unterstützungsangebote erhalten, um so die Sprechsituation bewältigen zu können. So können beim dialogischen Sprechen z. B. im Rahmen einer Improvisation „ bus stop “ genutzten Sprechimpulse, die den Lernenden vorher bekannt sind (Kurtz 2001: 140 f.), als eine Art inhaltliches Scaffolding verstanden werden. Die Schüler/ -innen wissen, was potentiell inhaltlich auf sie zukommt und können sich darauf vorbereiten. Auch in anderen Situationen, in denen sie in einen dialogischen Austausch mit ihren Mit- Differenzierte und individualisierte Integration fremdsprachlicher Sprechanlässe in den Unterricht 115 schüler/ -innen treten, ist der Grad der Unterstützung in der Vorbereitung der Situation dafür entscheidend, wie intensiv Lernende am Gespräch teilnehmen können. Sie können sich in dieser Phase vor dem Gespräch auf inhaltliche und sprachliche Scaffolding-Angebote beziehen, die ihnen helfen das Gespräch zu planen und zu antizipieren, bevor sie dieses durchführen. Ebenso bezüglich des zusammenhängenden Sprechens ermöglichen derartige Vorbereitungen eine Individualisierung durch die Unterstützung des Lernweges, da so Lernende bei Bedarf auf sprachliche und inhaltliche Strukturen zurückgreifen können. Bezüglich des zusammenhängenden Sprechens kann dahingehend individualisiert werden, dass in Präsentationen Schüler/ -innen mehr oder weniger basierend auf Notizen Vorträge halten. So kann von einigen erwartet werden, dass sie nur wenige stichpunktartige Notizen vorliegen haben, während andere ausführliche Notizen nutzen. Diese Unterschiede im Grad des freien Sprechens können über die Lernstände ebenso wie die Neigungen begründet werden, da Lernende aufgrund von sprachlichen Unsicherheiten aber auch persönlicher Disposition unterschiedlich gerne und gut frei vor der Klasse vortragen können und wollen. Darüber hinaus ist dieser Ansatz im Bereich des dialogischen Sprechens anwendbar, da Schüler/ -innen Dialoge ablesen oder frei nachspielen können (Bürger 2011: 67). Bezüglich der Neigungen ist zu erwähnen, dass es den Lernenden freigestellt werden kann, ob sie in der Vorbereitung einer Sprechsituation mit einem Partner bzw. einer Partnerin arbeiten oder nicht. So können sie ihren persönlichen Arbeitsvorlieben gerecht werden und sich gegenseitig unterstützen. 2.4 Vorstellung eines konkreten Aufgabenformats Die Darstellung zeigt, dass es Möglichkeiten gibt, insbesondere in der Vorbereitung aber auch in der Durchführung einer Sprechsituation Aufgaben zu individualisieren. Um dies zu illustrieren, wird ein Aufgabenformat vorgestellt, dessen Grundidee es ist, dass die Lernenden basierend auf einer vorgegebenen Situation und Charakteren in Kleingruppen Dialoge entwickeln. Der Arbeitsauftrag ist offen formuliert und die Lernenden sollen ihr sprachliches Können zeigen. In der Vorbereitung stehen ihnen Unterstützungskarten, die zum einen nützliche grammatikalische Strukturen und zum anderen lexikalische bzw. inhaltliche Anregungen umfassen, zur Verfügung. Diese Unterstützungen sollen auf die Lernstände der Schüler/ -innen abzielen. Neben diesen Unterstützungskarten können sich die Lernenden auch untereinander unterstützen; diese Art der Unterstützung soll auf ihre Neigungen absehen. In dem hier exemplarisch vorgestellten Rollenspiel planen die Schüler/ -innen einen Tag in New York City. Hierfür werden ihnen drei Charaktere vorgeben: ein deutsches Mädchen, das ihre Cousine und ihren Cousin in New York City besucht. Die dazugehörige Aufgabenstellung kann folgendermaßen formuliert sein: 116 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive Abb. 3: Role play task: Sightseeing in NYC Als grammatikalische Unterstützung stehen den Schüler/ -innen Unterstützungskarten zu den Themen if-clauses (siehe Abbildung 4), modals und comparisons zur Verfügung. Diese drei Schwerpunkte sind für die Aufgabenstellung relevant, da die Schüler/ -innen Bedingungen beschreiben, um etwas bitten bzw. um Erlaubnis fragen und Ideen vergleichen können sollen. Die lexikalischen und inhaltlichen Anregungen beziehen sich auf Sehenswürdigkeiten in New York City, auf das Pläne machen in der Stadt (siehe Abbildung 5) und auf das Ausdrücken von Zustimmung und Ablehnung. Diese Schwerpunkte können für die Erarbeitung des Rollenspiels relevant sein, da die Lernenden Informationen über die Sehenswürdigkeiten in New York City haben und über ihre Pläne dort sprechen. Sie sollten ferner in der Lage sein, einem Vorschlag zuzustimmen bzw. diesen abzulehnen. Exemplarisch sind in Abbildung 4 und 5 die Karten zu den if-clauses und zum Pläne machen in NYC zu sehen: Differenzierte und individualisierte Integration fremdsprachlicher Sprechanlässe in den Unterricht 117 Abb. 4: Exemplarische Karte zu if-clauses Abb. 5: Exemplarische Karte zu Pläne machen in NYC 118 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive Das Rollenspiel kann in dieser Form in Lerngruppen eingesetzt werden, die bereits Bedingungssätze behandelt haben; dies ist meist in Klasse acht der Fall. Das Rollenspiel könnte in abgeänderter Form aber auch bereits vorher eingesetzt werden, da es auch ohne Bedingungssätze in vereinfachter Form zu behandeln wäre. Die grammatikalischen Strukturen Vergleiche und Modalverben werden meist in Klasse sechs behandelt und auch lexikalische Strukturen zum Reisen und Pläne machen werden durchaus schon in diesen unteren Klassenstufen thematisiert. 3 Ausblick In dem Beitrag wurde dargestellt, dass es im aktuellen (Englisch-)Unterricht aufgrund von veränderten Schwerpunktsetzungen in Schulsystemen notwendig sein kann, die individuellen (fachlichen) Stärken und Schwächen der Schüler/ -innen verstärkt als Ausgangspunkt bei der Planung von kompetenzorientiertem Unterricht zu berücksichtigen. In diesem Rahmen wurde ein Modell entwickelt, welches eine Verortung von individualisierenden Maßnahmen ermöglicht. Dieses Modell wurde insbesondere genutzt, um einerseits Ansätze von Lehrenden darin zu verorten und (konkrete) Aufgabenformate zu Förderung der Kompetenz „ Sprechen “ zu erarbeiten. Inwieweit diese Aufgabenformate in der Praxis eine individuelle Ausgestaltung und Schwerpunktsetzung ermöglichen, muss (noch) empirisch eruiert werden, was im weiteren Verlauf des skizzierten Projekts umgesetzt wird. Das in diesem Beitrag vorgestellte Modell kann zum Entwickeln von konkreten Aufgabenstellungen für den individualisierenden und binnendifferenzierenden Englischunterricht genutzt werden; hier können die unterschiedlichen Kompetenzen in den Blick genommen und Möglichkeiten des Eingehens auf die unterschiedlichen Lernstände bzw. Neigungen der Schüler/ -innen können abgewogen werden. In dem vorliegenden Beitrag wurde deutlich, dass die in der Studie im Projektabschnitt 1 interviewten Lehrenden ein besonderes Augenmerk auf die Berücksichtigung der Lernstände der Schüler/ -innen legen. Das vorgestellte konkrete Aufgabenformat fokussiert über die Hilfekarten ebenfalls verstärkt die Lernstände der Lernenden. Diese Schwerpunktsetzung soll aber nicht zu dem Schluss führen, dass z. B. die Interessen der Schüler/ -innen weniger stark integriert werden können und sollten; dies müsste in weiteren Aufgabenformaten verstärkt in den Blick genommen werden. Anschlussfragen 1. Diskutieren Sie, inwieweit die Beschulung von Schüler/ -innen mit unterschiedlichen individuellen Lernvoraussetzungen nach Helmke (2007) in einer Lerngruppen eine Herausforderung für die (Englisch-)Lehrenden darstellt. 2. Reflektieren Sie, inwieweit die Integration von individuellen Interessen der Schüler/ -innen in den (Englisch-)Unterricht vor dem Hintergrund zu erreichender Kompetenzen und zu schulendem Wissen (z. B. Wortschatz zum Thema Pläne machen oder Wissen über Ney York City) möglich und erstrebenswert ist. 3. Entwerfen Sie kompetenzspezifische Aufgabenformate basierend auf dem Modell des kompetenzorientierten Individualisierens. Orientieren sie sich an dem kon- Differenzierte und individualisierte Integration fremdsprachlicher Sprechanlässe in den Unterricht 119 kreten Aufgabenformat in 2.4 und beachten Sie, dass nicht alle Felder des Modells bei einer Aufgabe individualisiert werden. 4. Diskutieren Sie Grenzen des Modells. 120 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive Wie lassen sich mündliche Leistungen im Englischunterricht in leistungsheterogenen Lerngruppen erfassen, messen und beurteilen? Ur š ka Grum Leistungsheterogene Schülergruppen sind kein Novum, dennoch stellt die adäquate Bewertung in diesem Kontext nach wie vor eine Herausforderung dar. Der Beitrag greift zentrale Aspekte dieses Themenkomplexes auf. Zunächst werden grundlegende Merkmale guter Sprachtestpraxis erläutert, wozu u. a. konzeptuelle Grundlagen, wie Testgegenstand, Testkonstrukt, Testfunktion, Test- und Bewertungsverfahren, gehören. Anschließend wird anhand einer empirischen Studie zur mündlichen englischen Sprachfähigkeit exemplarisch aufgezeigt, welche beachtlichen Dimensionen das Leistungsspektrum mündlicher Sprachkompetenz bei Schüler/ -innen am Ende der Sekundarstufe I annehmen kann. Die referierten Ergebnisse sollen perspektivisch dazu dienen, Leistungsheterogenität im Englischunterricht greifbar zu machen und über Konsequenzen nachzudenken, die sich für das Messen und Bewerten mündlicher Sprachleistungen aus den Befunden ergeben. Aktivierung von Vorwissen 1. Was sind Ihrer Meinung nach zentrale Kriterien für eine gerechte Beurteilung von Leistungen im schulischen Kontext? Wie definieren Sie „ gerecht “ ? Durchdenken Sie dabei verschiedene schulische Szenarien (z. B. bezogen auf den Zweck der Beurteilung, den Schultyp, die Lerngruppe, das Individuum). 2. Welche Vorgehen zum Erfassen, Messen und Beurteilen mündlicher Leistungen kennen Sie aus eigener Erfahrung? Sammeln und diskutieren Sie diese kritisch. 1 Problemaufriss Heterogenität ist Normalität. Besonders eindrücklich evident wird diese Tatsache, wenn man sich die kognitiven Entwicklungsspannen von Kindern und Jugendlichen vergegenwärtigt: Bei 6-Jährigen umfassen diese ca. drei Jahre, bei 13-Jährigen ca. sechs Jahre (vgl. Largo & Czernin 2011: 20). Erhebliche kognitive Leistungsdifferenzen innerhalb der einzelnen Klassenstufen sind somit vorprogrammiert - auch in vermeintlich homogenen Gruppen, wie etwa Gymnasialklassen. Im Kontext schulischer Leistungsmessung und -bewertung sind diesbezüglich verschiedene Fragen aufzuwerfen: Wie können schulische Leistungen vor diesem Hintergrund sinnvoll überprüft und bewertet werden? Wie kann der Leistungsstand einzelner Schüler/ -innen möglichst genau diagnostiziert werden? Wie unterscheiden sich Lernende unterschiedlicher Leistungsniveaus? Wie sind Aufgaben und Tests zu konzipieren, die diese Leistungsspanne angemessen berücksichtigen? Es gilt also, den Komplex der Heterogenität beim Messen und Beurteilen schulischer Leistungen genauer zu durchdringen. Daher wird dieser Beitrag zunächst an allgemeine Kriterien guter Testpraxis erinnern, bevor anhand empirisch gewonnener Sprachdaten dargestellt wird, welches Ausmaß das Leistungsspektrum mündlicher englischer Sprachfähigkeit von Schüler/ -innen am Ende der Sekundarstufe I annehmen kann und welche Konsequenzen sich daraus für das Messen und Bewerten mündlicher Sprachleistungen im Englischunterricht ergeben. 2 Faktoren guter Sprachtestpraxis Wie lassen sich heterogene mündliche Leistungen im schulischen Kontext messen und beurteilen? - Antwort: Genauso adäquat wie alle anderen Leistungsverteilungen idealerweise gemessen und beurteilt werden sollten! Qualitätsmerkmale guter Sprachtestpraxis sollten an Punkten, an denen die Schulnote Zertifikatscharakter bekommt und über spätere Berufschancen entscheidet, besonders gut durchdrungen werden. Als Tests gelten hier Prüfungssituationen, wie Klausuren, Klassenarbeiten, Referate, bewertete Hausaufgaben oder andere Formen der Lernstands- oder Lernzielüberprüfung. Nachfolgend werden daher zentrale Qualitätsmerkmale hochwertiger Leistungsmessung und -beurteilung zusammengefasst. Im Fokus steht hier das kommunikative mündliche Sprachtesten. Da gerade dieses stark von subjektiven Eindrücken beeinflusst wird (vgl. z. B. Grum 2012: 111ff.; Tschirner 2001: 110f.), lohnt es sich, auch in diesem Zusammenhang an Faktoren guter Testpraxis zu erinnern. Bei der Entwicklung hochwertiger Testverfahren sind vorab u. a. folgende Faktoren zu evaluieren: Testgegenstand, Testkonstrukt, Umsetzung des Testkonstrukts, Testfunktion, Qualität des Testverfahrens, Bewertungsverfahren und -kriterien. Beim Testen mündlicher Sprachkompetenz steht selbige als Testgegenstand im Fokus. Um diesen messen zu können, ist es wichtig, dessen Spezifika zu kennen. So ist mündliche Sprache u. a. geprägt von Flüchtigkeit, Spontaneität, Linearität und Planungsdruck: Einmal Gesagtes lässt sich nicht unbemerkt korrigieren. Mündliche Sprache zeigt, im Gegensatz zu Schriftsprache, ihre ganz eigenen Charakteristika, wie etwa Hesitationsphänomene (z. B. Pausen, Füllsel bzw. lautlich gefüllte Pausen, Diskursmarker), Wiederholungen, Selbstkorrekturen, elliptische Einheiten, hochfrequentes, einfaches Vokabular und fertige Versatzstücke (z. B. feststehende Wortverbände und Kommunikationseinheiten, Satzstämme), parataktische Strukturen oder paralinguistische Kommunikationsmittel (z. B. Intonation, Lautstärke, Sprechtempo, Gestik, Mimik). Daneben sind die Interaktanden einer kommunikativen mündlichen Testsituation voneinander abhängig, da sie wechselseitig aufeinander Bezug nehmen müssen. Zudem hat die inhaltliche Komplexität des Gesprächsthemas bzw. des Sprechanlasses großen Einfluss auf das abzurufende Diskursgenre und somit auf das Sprachniveau. Zudem spielen Halo-Effekte (eine Art Wahrnehmungsfehler) eine Rolle, von denen Prüfende und Bewertende unbewusst subjektiv beeinflusst werden, die aber in schriftlichen Prüfungen eine eher geringe Rolle spielen (vgl. z. B. Davies 1999: 72; Grum 2012: 117; Thorndike 1920). Nicht nur der Testgegenstand sollte vorab durchdrungen sein, sondern auch das Testkonstrukt. Nur so kann ein adäquater Test entwickelt werden. Zum Beispiel geht der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen für Fremdsprachen (GER, vgl. Goethe- 122 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive Institut Inter Nationes 2001: 103 ff.), und somit auch die Bildungsstandards und die curricularen Vorgaben der Länder, von einem mehrdimensionalen, handlungsorientierten Modell kommunikativer Sprachkompetenz aus. Die im GER beschriebene kommunikative Sprachkompetenz umfasst neben kommunikativen Strategien und interkulturellen Fähigkeiten v. a. linguistische, soziolinguistische und pragmatische Kompetenzen. Alle drei Kompetenzen untergliedern sich wiederum in weitere Teilkompetenzen. So setzt sich demnach die linguistische Kompetenz zusammen aus lexikalischen, grammatischen, semantischen, phonologischen, orthographischen und othoepischen (korrekte Aussprache geschriebener Formen, vgl. Goethe-Institut Inter Nationes 2001: 118) Teilkompetenzen. Die soziolinguistische Kompetenz betrifft Kenntnisse und Fertigkeiten wie sprachliche Kennzeichen sozialer Beziehung, Höflichkeitskonventionen, Redewendungen, Aussprache, Registerunterschiede und Varietäten. Zur pragmatischen Kompetenz werden Diskurskompetenz und funktionale Kompetenz gezählt. Wird einem Sprachtest ein mehrdimensionales Kompetenzmodell als Testkonstrukt zugrunde gelegt, so muss dieser die jeweiligen Teilkompetenzen auch abrufen, d. h. dass Schüler/ -innen in schulischen Prüfungssituationen die Möglichkeit haben müssen, diese einzelnen Teilkompetenzen zu zeigen, wenn ihre Prüfungsleistung ein Beweis für die Ausprägung übergeordneter mündlicher Sprachkompetenz sein soll. Es ließe sich demnach also kommunikative mündliche Sprachkompetenz weder allein über eine schriftliche Prüfung noch über eine monologische Bildbeschreibung testen. Idealiter müssen alle Teilkompetenzen des zugrunde gelegten Modells über vielfältige kompetenzspezifische oder integrative Aufgaben elizitiert werden. Neben dem Testkonstrukt sollte auch die Testfunktion klar definiert sein, denn diese bestimmt die Testkonstruktion. So ist z. B. ein Sprachfähigkeitstest (proficiency test) lehrplan- und lernzielunabhängig; die Leistungen werden kriterien- oder sachorientiert bewertet. Zu den Sprachfähigkeitstests gehören alle gängigen Sprachzertifikate, wie z. B. Cambridge English: Preliminary oder IELTS, die die Prüflinge anhand eines festgelegten Bewertungskriterienkatalogs einstufen und GER-Niveaus zuordnen. Hingegen sind Leistungstests (achievement tests) lehrplan- und lernzielabhängig; erbrachte Leistungen werden norm- oder individualorientiert bewertet. Die Leistungseinstufung wird hier in Relation zu einer Norm vorgenommen, die z. B. für ein Individuum, eine Klasse oder ein ganzes Land festgelegt ist. Diagnostische Tests (diagnostic tests) werden für eine individuelle differenzierte Rückmeldung zum Leistungsstand und zur Identifikation von Sprachlücken eingesetzt. Sie dienen der Verbesserung der individuellen Lernentwicklung. Einstufungstests (placement tests) hingegen testen lediglich Leistungsschwellen und entscheiden so beispielsweise über die Einstufung in einen Sprachkurs oder die Aufnahme in ein Förder- oder Exzellenzprogramm. Die Qualität eines Testverfahrens kann anhand etlicher Gütekriterien der klassischen Testtheorie gemessen werden. Auch in der Sprachtestforschung werden sie als Prüfsteine herangezogen (vgl. z. B. Bachman & Palmer 1996; Lienert & Raatz 1998; Tschirner 2001). Zu diesen gehören die drei Hauptgütekriterien Validität, Reliabilität und Objektivität; daneben gibt es eine Reihe von Nebengütekriterien, wie Normierung, Vergleichbarkeit, Ökonomie, Nützlichkeit, Trennschärfe, Rückkopplungseffekt, Transparenz, Praktikabilität, Authentizität, Interaktivität und Kandidatenzentriertheit. Eine Auseinandersetzung mit diesen Gütekriterien ist für eine qualitätsbewusste Sprachleistungsmessung unumgänglich, zumal gerade das Sprachtesten mit dem Dilemma der Mündliche Leistungen im Englischunterricht in leistungsheterogenen Lerngruppen 123 Diskrepanz zwischen Performanz und Kompetenz behaftet ist und Ungeübte oft zu sehr subjektiven Bewertungen verleitet. Nachfolgend wird daher an die für das mündliche kommunikative Sprachtesten wichtigsten Gütekriterien erinnert. Die Validität (Gültigkeit) der Testergebnisse stellt das wichtigste der drei Hauptgütekriterien dar. Sie bemisst das Ausmaß, zu dem ein Test tatsächlich das misst, was er erwartungsgemäß messen sollte. Für eine hohe Validität ist es notwendig, die zu messende Fähigkeit direkt zu testen oder über ein präzise definiertes Testkonstrukt Testaufgaben zu einzelnen Teilkompetenzen zu entwickeln. Das Gütekriterium der Reliabilität (Zuverlässigkeit) ist ein Maß der Exaktheit, die Testergebnisse unter gleichen Bedingungen reproduzierbar macht. Je genauer ein Test die zu messenden Sprachmerkmale erfasst, desto beständiger ist die Reproduzierbarkeit seiner Ergebnisse. Als drittes Hauptgütekriterium gibt die Objektivität (Generalisierbarkeit) den Grad der Unabhängigkeit eines Tests von Testadministrator/ -innen und Bewertenden an. Unterschiedliche Testleitende und Bewertende sollten mithilfe desselben Tests zu den gleichen Testergebnissen kommen. Meist ist hierfür ein testspezifisches Bewertertraining notwendig. Unter dem Nebengütekriterium der Normierung ist zu verstehen, dass für einen Test Bezugsnormen vorliegen sollten, denen individuelle Testergebnisse zugeordnet werden können, um so eine Vergleichbarkeit der Testergebnisse zu ermöglichen. In Europa nehmen Testergebnisse heutzutage meist Bezug auf die Niveaustufen des GER. Ebenfalls wichtig ist die Vergleichbarkeit eines Tests mit sich selbst oder mit einem validitätsähnlichen Test als Ausdruck seiner internen Stimmigkeit. Das Gütekriterium der Ökonomie ist gerade im schulischen Kontext von großer Bedeutung. Der beste Test ist untauglich, wenn limitierende finanzielle, zeitliche oder materielle Faktoren nicht berücksichtigt werden. Die Nützlichkeit beschreibt die Notwendigkeit, einen bestimmten Test einsetzen zu müssen, der durch keinen anderen (anhand der Gütekriterien messbar besseren) Test ersetzt werden könnte. Das Gütekriterium der Trennschärfe bemisst, in welchem Ausmaß ein Test das tatsächliche Leistungsgefälle innerhalb einer Probandengruppe wiedergibt. Beispielsweise ist anhand der Ergebnisse eines von allen Kandidat/ -innen korrekt gelösten Multiple Choice-Tests keine Aussage über die Leistungsverteilung innerhalb der Gruppe möglich (ceiling effect). Der Rückkopplungseffekt (washback effect) hat Auswirkung auf die Einflussnahme eines Tests. Beispielsweise hatte in einigen Bundesländern die Einführung einer mündlichen Prüfung als Bestandteil des Mittleren Schulabschlusses (MSA) zur Folge, dass durch diese neue Prüfungsrelevanz mündliche Sprachfähigkeit im Unterricht stärker fokussiert wurde. Ein weiteres wichtiges Testgütekriterium ist die Transparenz des Testverfahrens. Je größer die Vertrautheit mit dem Testverfahren und den Aufgabenformaten, desto stärker sinkt die subjektiv wahrgenommene Testschwierigkeit. Im schulischen Kontext ist auch die Praktikabilität eines Tests maßgebend. Gerade hier müssen materieller, personeller, finanzieller und zeitlicher Aufwand der Testentwicklung, -durchführung und -auswertung in adäquatem Verhältnis zueinander stehen. Im Kontext des Testens mündlicher Sprachfähigkeit ist die Authentizität der Testaufgaben ein Qualitätsmerkmal. Sie beschreibt den Grad an Realitätsnähe der im Test vorgegebenen zielsprachlichen Kommunikationssituation. Maßgeblich sind dabei auch die Kandidatenzentriertheit und Interaktivität, also der Grad, zu dem Proband/ -innen sprachlich-kommunikativ in die Testaufgabe involviert sind. 124 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive Ein weiteres qualitätsbeeinflussendes Merkmal ist das eingesetzte Bewertungsverfahren und dessen Bewertungskriterien. Es lassen sich u. a. folgende Bewertungsverfahren unterscheiden: analytisch versus global-holistisch, objektiv versus subjektiv, kontinuierlich versus punktuell, fremdversus selbstevaluativ. Basiert ein Sprachtest beispielsweise auf einem mehrdimensionalen Sprachfähigkeitsmodell (vgl. z. B. die theoretischen Modelle von Bachman 1990; Bachman & Palmer 1996; Canale 1983; Lado 1961; Canale & Swain 1980; Goethe-Institut Inter Nationes 2001), sollten die ihm zugrundeliegenden Teilkompetenzen auch separat (analytisch) bewertet werden. Das Gesamtergebnis des Tests ergibt sich aus der Summe der gemessenen Einzelleistungen, wobei genau zu überlegen ist, mit welcher Gewichtung einzelne Teilleistungen in das Gesamtergebnis einfließen. Dabei ist u. a. auch zu berücksichtigen, dass Sprachlernen nonlinear erfolgt und nicht auf allen Ebenen synchron verläuft, so dass sich Sprachkompetenzmerkmale oft nicht äquidistant abbilden lassen. Je mehr Bewerter/ -innen an der Leistungsmessung beteiligt sind, desto höher die Reliabilität der Testergebnisse - sofern eine angemessene Interrater-Reliabilität besteht und die Bewertenden erfolgreich geschult sind, denn es bedarf hoher Konzentration, die fokussierten Teilkompetenzen zu bewerten, ohne von anderen Faktoren oder Halo-Effekten beeinflusst zu werden. Ginge man hingegen von einem eindimensionalen Sprachkompetenzmodell aus (vgl. z. B. Oller 1974; Oller & Hinofotis 1980), ließe sich dieses global-holistisch messen und bewerten, ohne atomistische Prüfung von Teilkompetenzen. Im europäischen Kontext von schulischem Fremdsprachenlernen stellt der GER mit dem Vorschlag eines handlungsorientierten Modells kommunikativen Sprachgebrauchs die grundlegende Basis für die Bewertung von Sprachleistungen dar. Auf Grundlage dieses theoretischen Konstrukts werden in den Bildungsstandards für die erste Fremdsprache (Englisch/ Französisch) für den Mittleren Schulabschluss (vgl. KMK 2003) fremdsprachliche Kompetenzanforderungen formuliert, die letztendlich in den MSA- Bewertungskriterien der Bundesländer umgesetzt wurden. Somit basieren die in den Bundesländern mit mündlicher MSA-Prüfung angelegten Bewertungskriterien schließlich auf demselben theoretischen Modell kommunikativer Sprachkompetenz. Daher ist es nicht verwunderlich, dass im MSA sehr ähnliche Kriterien abgeprüft werden: Aussprache und Intonation, Wortschatz, grammatische Strukturen, kommunikative Strategie und Präsentationskompetenz (vgl. Nordrhein-Westfalen: MSW NRW 2014) oder Aussprache und Intonation, Wortschatz, grammatische Korrektheit, Flüssigkeit, Inhalt und Mediation (vgl. Schleswig-Holstein: MBK SH 2011). Die Materialien des niedersächsischen Kultusministeriums für die mündliche MSA-Prüfung in Englisch umfassen neben ähnlichen Bewertungskategorien (sounds stress and intonation, vocabulary, structures and coherence und communicative impact) zusätzlich ein separates, globales Bewertungsraster für eine/ n zweite/ n Prüfer/ in, der/ die das Prüfungsgespräch führt (interlocutor). Der/ die andere Bewerter/ in (assessor) wird entlastet, indem diese/ r nicht am Prüfungsgespräch teilnimmt und sich ausschließlich auf die Bewertung der gezeigten Teilkompetenzen konzentriert (vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2012). Diese kurze Abhandlung sprachtestrelevanter Qualitätsmerkmale verdeutlicht die Komplexität der Sprachtestentwicklung und weist auf Problematiken hin, die die alltägliche Testkultur an Schulen begleiten. Sie zeigt aber auch, dass bei maximal möglicher Berücksichtigung der genannten Gütekriterien, zuverlässige Leistungsmessungen und -bewertungen möglich sind, die große Leistungsspannen abbilden und so Mündliche Leistungen im Englischunterricht in leistungsheterogenen Lerngruppen 125 heterogenen Gruppen gerecht werden können. Wie im Folgenden dargelegt, sollte dabei v. a. Klarheit über das Testkonstrukt und dessen Umsetzung herrschen. 3 Mündliche Sprachkompetenz empirisch gemessen Wie manifestieren sich die eingangs dargestellten kognitiven Leistungsdisparitäten innerhalb eines Schuljahrgangs? Welchen Einfluss nehmen diese auf das Messen und Bewerten von Sprachleistungen im Englischunterricht? Um diese Phänomene genauer beschreiben zu können, werden im Folgenden exemplarisch Ergebnisse einer Studie präsentiert, die die mündliche englische Sprachfähigkeit von Schüler/ -innen am Ende der Sekundarstufe I untersucht hat. Es wurden u. a. linguistische Indikatoren mündlicher Sprachfähigkeit gemessen, anhand derer sich das Ausmaß sprachlicher Leistungsheterogenität innerhalb eines Schuljahrgangs empirisch gut beschreiben lässt. 3.1 Datenbasis Die nachfolgend referierten Daten entstammen einem abgeschlossenen Dissertationsprojekt (Grum 2012), welches in die wissenschaftliche Begleitforschung und Evaluierung des Berliner Schulversuchs zum Bilingualen Sachfachunterricht an Sekundarschulen integriert war (vgl. Zydatiß 2007). Das Hauptforschungsziel bestand darin, mithilfe quantitativer und qualitativer Analysen von mündlichen Sprachproben empirisch zu messen, welche spontan-mündliche Sprachkompetenz Berliner Schüler/ -innen am Ende der Sekundarstufe I erreichen. Auf dieser Basis wurde ein heuristisches Kompetenzmodell kommunikativer mündlicher Sprachfähigkeit entwickelt. Für die Studie nahmen 84 Gymnasial- (Gym) und Realschüler/ -innen (Real) am Ende der zehnten Jahrgangsstufe sowohl aus Regelklassen (reg) wie auch aus deutschenglischen Zügen des Berliner Schulversuchs zum Bilingualen Sachfachunterricht (bili) an einem kommunikativen mündlichen Performanztest in Form eines Simulationsspiels teil (vgl. Grum 2012: 141 ff.). Zu heuristischen Referenzzwecken wurden auch die Sprachdaten einer kleinen, vergleichbaren Gruppe von sechs Schüler/ -innen englischer Erstbzw. Muttersprache aus London mithilfe desselben Tests erhoben. Alle Simulationsspiele wurden video- und audiografiert und anschließend transkribiert. Das so gewonnene Datenkorpus von knapp 60 000 Wörtern teilt sich in die beiden Diskursgenres trialogische Interaktion und monologische Narration. Das interaktiv-trialogische Diskursgenre (int) wurde mithilfe des ersten Testteils erhoben, in dem die Schüler/ -innen innerhalb einer Dreiergruppe eine Konfliktsituation aus Sicht der von ihnen im Simulationsspiel übernommenen Rolle aushandelten. Das narrativ-monologische Diskursgenre (narr) wurde über den zweiten Testteil elizitiert, in dem die Schüler/ -innen individuell die zuvor diskutierte Handlungsfolge nacherzählten. Die Nacherzählung wurde nicht von der Gruppe der Realschüler/ -innen verlangt. Die untersuchten Schülergruppen teilen sich in folgende fünf Stichproben: sechs englische Schüler/ -innen (Eng L1), 24 Gymnasialschüler/ -innen aus deutsch-englischen Zügen (Gym bili), 24 Gymnasialschüler/ -innen aus Regelzügen (Gym reg), 18 Realschüler/ -innen aus deutschenglischen Zügen (Real bili) und 18 Realschüler/ -innen aus Regelzügen (Real reg). Da freie mündliche kommunikative Sprachfähigkeit im Sinne eines mehrdimensionalen Sprachkompetenzmodells sich aus diversen Kompetenzen, Strategien, Wissens- 126 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive feldern und individuell-persönlichkeitsbezogenen Merkmalen zusammensetzt, wurden die Sprachdaten in Hinblick auf eine Vielzahl psycholinguistischer Indikatoren mündlicher Sprachfähigkeit analysiert. Die untersuchten Indikatoren mündlicher Sprachfähigkeit ähneln den o. g. auf dem GER basierenden Bewertungskriterien und verteilen sich auf folgende Kategorien: Flüssigkeit des Ausdrucks, Spektrum des lexikalischen Ausdrucks, syntaktische und strukturelle Elaboriertheit, soziolinguistische und pragmatische Merkmale sowie narrationsspezifische Merkmale. Nachfolgend wird anhand einer kleinen Auswahl der empirisch erhobenen Daten das Leistungsspektrum der untersuchten Schülergruppen in Bezug auf die beiden Diskursgenres beschrieben und analysiert. Folgende statistische Verfahren kamen bei der Datenanalyse zur Anwendung: zweiseitiger t-Test für unabhängige Gruppen (für den Mittelwertvergleich zwischen zwei Schülergruppen), zweiseitiger t-Test für abhängige Gruppen (für den Mittelwertvergleich zwischen den beiden Diskursgenres) und Korrelation nach Spearman (rs) als Zusammenhangsmaß zwischen zwei Variablen. Die Irrtumswahrscheinlichkeit (p) und die Signifikanzniveaus werden wie folgt festgelegt: p nicht signifikant (ns) bei p > .05, p einfach signifikant (*) bei p < .05, p hoch signifikant (**) bei p < .01 und p höchst signifikant (***) bei p < .001. Als weitere Abkürzungen werden verwendet: MW = Mittelwert, SE = Standardfehler, SD = Standardabweichung, d = Effektstärke. 3.2 Flüssigkeit des mündlichen Ausdrucks Ein zentrales Performanzmerkmal mündlicher Sprachfähigkeit ist die Flüssigkeit des Ausdrucks (fluency). Dieses ist in allen gängigen Sprachkompetenzmodellen und Bewertungskriterienkatalogen zu finden, sei es in internationalen (z. B. GER) oder nationalen Vorgaben (z. B. KMK-Bildungsstandards, Vorgaben der Ministerien zum MSA) oder gängigen kommerziellen Sprachtests (z. B. Cambridge English: Preliminary, IELTS). In der o. g. Studie wurde die Flüssigkeit des mündlichen Ausdrucks anhand etlicher Indikatoren gemessen (vgl. Grum 2012: 163 ff.). Nachfolgend wird stellvertretend ein Indikator dieser Kategorie vorgestellt, nämlich der des Anteils von Füllseln an der Gesamtwortzahl, also der Prozentsatz lautlich gefüllter Pausen, wie „ eh “ , „ ehm “ , „ uhm “ . Diese Hesitationsphänomene können rhetorische Funktionen übernehmen, gleichsam können sie auch einen Bruch im Sprechfluss darstellen und ein Hinweis auf verlängerte Bedenkzeit bei der Sprachplanung sein. Die hier gemessenen Füllsel haben primär Hesitationsfunktion und werden somit als der mündlichen Sprachflüssigkeit abträglich gewertet. Das nachfolgende Diagramm gibt den Anteil von Füllseln an der Gesamtwortzahl für die fünf Schülergruppen wieder. Je höher der Quotient, desto zögerlicher und weniger automatisiert wirkt die Sprachproduktion. Anhand von Abb. 1 lässt sich innerhalb der Berliner Schüler/ -innen für das interaktive Diskursgenre ein deutlicher Trend erkennen: Vermeintlich fortgeschrittenere Englischlernende (Gym bili) produzieren deutlich weniger Füllsel als weniger fortgeschrittenere (Real reg). Für letztere scheint die interaktiv-trialogische Kommunikationssituation eine deutlich höhere Herausforderung darzustellen, für die sie mehr Planungszeit benötigen als die Gym-bili-Gruppe. Die Gruppe der regulär unterrichteten Realschüler/ -innen (Real reg) produziert mehr als doppelt so viele Hesitationen durch Füllsel wie die Gym-bili-Gruppe. Dies stellt einen statistisch signifikanten Unterschied Mündliche Leistungen im Englischunterricht in leistungsheterogenen Lerngruppen 127 dar (t(22.3) = 2.18*, p = .04; d = .71). Eine Fortsetzung dieses Trends zeigt sich im Vergleich der Gym-bili- und Eng-L1-Gruppe, welche dreieinhalb Mal weniger Füllsel einsetzt als die Gym-bili-Gruppe. Auch dieser Unterschied ist statistisch bedeutsam (t (28) = -3.17**, p = .004; d = 1.7). Die Differenz zwischen den Eng-L1-Sprechenden und den vermeintlich kompetentesten Englischlernenden ist damit erheblich geringer als die innerhalb der deutschen Schülergruppe. Abb. 1: Flüssigkeit des mündlichen Ausdrucks (Anteil von Füllseln an der Gesamtwortzahl in %) In der monologischen Nacherzählung unterscheiden sich die Gymnasialschüler/ -innen so gut wie nicht voneinander, die Gym-bili-Gruppe produziert aber zwei Drittel mehr Füllsel als die Eng-L1-Gruppe (t(28) = -3.05**, p = .005; d = 1.58). Zudem ist auffällig, dass sowohl für die englischen Schüler/ -innen als auch für die Berliner Gymnasiast/ -innen das narrative Genre eine deutliche Herausforderung zu sein scheint, das ihnen mehr Planungszeit abverlangt bzw. zu einem häufigen Gebrauch von Füllseln führt. Die narrativ-monologische Nacherzählung stellt somit für die hier untersuchte Schülerschaft (narr: MW = 7.8, SD = 4.2) eine statistisch höchst signifikant andere Herausforderung dar als die interaktiv-trialogische Diskussion (int: MW = 5.1, SD = 3.2; t(53) = -7.56***, p < .001; d = 1.1). Anders ausgedrückt: Die monologische Narration scheint ein statistisch verifizierbar separates Diskurgenre darzustellen als die trialogische Interaktion. Eine Konsequenz dieser Beobachtung wäre, für mündliche Nacherzählungen deutlich niedrigere Bewertungskriterien für die Flüssigkeit des Ausdrucks anzusetzen als für interaktive Diskursgenres. 3.3 Syntaktische Elaboriertheit Die syntaktische und strukturelle Komplexität der Schüleräußerungen wurde u. a. anhand des Grads syntaktischer Einbettung (subordination ratio) gemessen (vgl. Grum 2012: 224ff.). Dieser gibt den Anteil von Nebensätzen an der Gesamtzahl aller produzierten C-units an. Die C-unit (communication unit) ist eine von Loban (1966) für die gesprochene Sprache adaptierte Version der von Hunt (1965, 1970) als Maß schriftsprachlicher syntaktischer Komplexität entwickelten T-unit (minimal terminable unit). 128 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive Eine C-unit entspricht einer Äußerungsbzw. Kommunikationseinheit. Dies entspricht in der Schriftsprache einem Satz. Die Vorannahme ist, dass kompetentere Sprecher/ -innen auch in einer spontanen mündlichen Kommunikationssituation durch Einbettung von Nebensätzen syntaktisch komplexere Strukturen bilden können als weniger kompetente. Abb. 2: Grad syntaktischer Einbettung (Anteil von Nebensätzen an der Gesamtwortzahl aller C-units in %) Augenscheinlich wahrzunehmen ist, dass der Einbettungsgrad mit zunehmendem Sprachniveau im interaktiven Simulationsspielteil ansteigt. So zeigt sich der Unterschied zwischen der Gruppe der Gymnasialschüler/ -innen (MW = 34.6, SD = 17.9) und der der Realschüler/ -innen (MW = 15.9, SD = 14.6) als statistisch höchst signifikant (t (82) = 5.13***, p < .001; d = 1.1). Die Gym-Gruppe erreicht einen im Mittel doppelt so hohen Einbettungsgrad wie die Real-Gruppe. Dabei ist erwartungsgemäß innerhalb der Gym-Gruppe (t(34) = 1.706 ns, p = .097; d = .57) sowie innerhalb der Real-Gruppe keine statistisch relevante Differenz (t(46) = -.1 ns, p = .921; d = .03) zwischen den beiden jeweiligen Schülergruppen festzustellen. Interessanterweise gibt es keinen statistisch bedeutsamen Unterschied zwischen der Eng-L1- und der Gym-bili-Gruppe zu verzeichnen (t(28) = -.21, ns, p = .836; d = .12); der Anstieg des Einbettungsgrads von der Real-reg- und Real-biliüber die Gym-Gruppe wird von der Eng-L1-Gruppe nicht fortgesetzt. Diese Beobachtung erklärt sich bei qualitativer Analyse der Simulationsspieldaten und liegt in der Diskursstilistik begründet. Die englischen Schüler/ -innen produzieren deutlich kürzere Äußerungseinheiten bei häufigem Sprecherwechseln, was zu wesentlich kürzeren C-units führt. Dennoch verzeichnen sie einen vergleichsweise hohen Einbettungsgrad. Bemerkenswert ist allerdings auch hier die Tatsache, dass alle drei Gruppen im narrativen Testteil (narr: MW = 64.8, SD = 36.1) selbst im Mittel einen signifikant höheren Einbettungsgrad erreichen als im interaktiven Testteil (int: MW = 34.8, SD = 17.1; t(53) = -5.81, p < .001; d = .79). Zudem erreicht die Eng-L1-Gruppe einen um ein Drittel höheren Einbettungsgrad als die Gym-bili-Gruppe (t(28) = -2.01, ns, p = .054; d = .96). Es ließe sich ableiten, dass das Genre der Nacherzählung einen distinktiv Mündliche Leistungen im Englischunterricht in leistungsheterogenen Lerngruppen 129 anderen Diskursstil erfordert als die trialogische Interaktion, da sich der narrative Diskursstil u. a. in einer höheren syntaktischen Komplexität niederschlägt. Anhand dieses Indikators ist zu erkennen, dass sowohl Sprachniveau als auch Diskursgenre den Grad syntaktischer Elaboriertheit beeinflussen. Die hier festgestellte Leistungsheterogenität rührt somit nicht nur von der Sprachkompetenz der Proband/ -innen her, sondern auch vom Diskursgenre bzw. der Aufgabe des Sprachtests. 3.4 Allgemeine sprachliche Korrektheit Die allgemeine sprachliche Korrektheit ist ein psycholinguistischer Indikator mit großer Reichweite für die Einschätzung mündlicher Sprachfähigkeit, da für ihn eine ausgeprägte Überschneidung mit vielen Merkmalen interaktiv-dialogischer und narrativmonologischer Sprachfähigkeit festgestellt werden konnte (vgl. Grum 2012: 231ff. und 297ff.). Er kann quasi als Globalindikator mündlicher Sprachkompetenz eingesetzt werden. In Abb. 3 ist der Anteil akzeptabler C-units an der Gesamtzahl aller C-units für alle untersuchten Probandengruppen dargestellt. Abb. 3: Allgemeine Korrektheit C-units (Anteil korrekter C-units an der Gesamtzahl aller C-units in %) Anhand des Indikators zur allgemeinen sprachlichen Korrektheit werden die zuvor beobachteten Phänomene erneut deutlich: Die Schülergruppen zeigen sich sowohl im interaktiven (rs(88) = -.75***, p < .001) als auch im narrativen Diskursgenre (rs(52) = - .71***, p <.001) äußerst heterogen in ihren Leistungen. Die Leistungsspanne zwischen der Gym-bili- und der Real-reg-Gruppe beträgt in der trialogischen Interaktion beachtliche 44 % (t(24.7) = 8.21***, p < .001; d = 2.66). Die Gym-bili-Gruppe formuliert im Mittel fast 80 % aller Kommunikationseinheiten korrekt und liegt damit nur 21 % hinter der Eng-L1-Gruppe (t(24.8) = 11.39***, p < .001; d = 3.41). Die Gym-bili-Gruppe demonstriert damit im Gegensatz zur Real-reg-Gruppe eine ausgeprägte Sprachsicherheit. Außerdem wird erkennbar, dass verschiedene Aufgaben sprachniveauspezifisch zu unterschiedlichen Sprachprodukten führen können, die linguistisch so stark divergieren, dass sie statistisch als separates Diskursgenre betrachtet werden können (int: MW = 77.2, SD = 12.0, narr: MW = 66.2, SD = 27.4); t(53) = 3.40**, p = .001; d = .47). 130 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive Allerdings ergibt sich hier die Diskrepanz durch die Gym-reg-Gruppe, für die das narrative Genre offensichtlich eine deutliche Herausforderung darstellt und die im Vergleich zum interaktiven Genre eine deutlich niedrigere sprachliche Korrektheit zeigt. Interessanterweise stellt das narrative Genre für die Gym-bili-Gruppe sowie für die englischen Schüler/ -innen keine derart starke Belastung dar. Wie in Abb. 3 erkennbar, unterschieden sich ihre jeweiligen Werte für die beiden Genres nicht. Somit zeigt sich auch für diesen Indikator mündlicher Sprachfähigkeit, dass sowohl das Sprachniveau der Proband/ -innen als auch die Testaufgabe bzw. das Diskursgenre Einfluss auf die Sprachprodukte nehmen können. Hierzu konnten beispielsweise auch Kang & Wang (2014) anhand einer Untersuchung mündlicher Sprachdaten aus nahezu der gesamten Cambridge English Test Suite (GER-Niveaus B1-C2) feststellen, dass sowohl die Aufgabe als auch das Sprachniveau einen bedeutenden Einfluss auf die produzierte Sprache nehmen, insbesondere in Hinblick auf Flüssigkeit, Grammatik, Lexik und Aussprache. Somit sollte auch im schulischen Kontext daran erinnert werden, dass das dem Testkonstrukt zugrundeliegende Sprachkompetenzmodell letztlich für jede Aufgabenstellung zu durchdenken ist, um eine passende Erwartungshaltung bzw. einen angemessenen Bewertungsmaßstab für jede Aufgabe finden zu können. Im Zusammenhang der hier referierten Daten von Schülergruppen sollte nicht vergessen werden, dass es sich um Gruppenmittelwerte handelt, die die Streuung der Daten kaschieren und dadurch das tatsächliche Ausmaß an Heterogenität nicht unmittelbar augenfällig wird. Dieses wird jedoch deutlich sichtbar, sobald die Werte einzelner Schüler/ -innen betrachtet werden. Beispielsweise lassen die in Abb. 3 sehr homogen erscheinenden Schülergruppen nicht unbedingt die gruppeninterne Heterogenität erwarten, die anhand eines Streudiagramms zu den erreichten Einzelwerten (Abb. 4) erkennbar sind. So reicht die Spannweite innerhalb der sehr heterogenen Gymreg-Gruppe in der monologischen Narration von 0 % Korrektheit bis zu 91 % und innerhalb der Real-reg-Gruppe von 19 % bis 78 %. Ziel sollte es sein, im schulischen Kontext der Leistungsmessung und -beurteilung auch einer derartigen Diskrepanz gerecht zu werden. 100 80 60 40 20 0 Korrektheit Eng L1 Gym bili Gym reg Real bili Real reg o interaktiv o narrativ Abb. 4: Allgemeine Korrektheit C-units (Streudiagramm der Einzelwerte) Mündliche Leistungen im Englischunterricht in leistungsheterogenen Lerngruppen 131 Im Rahmen der hier vorgestellten Studie wurde außerdem der Versuch unternommen, die gemessenen Teilkompetenzen mündlicher Sprachfähigkeit auf den Niveaus des GER zu verorten, was sich aufgrund der Vagheit der GER-Deskriptoren und der nicht immer deckungsgleichen Sprachverwendungskontexte bzw. Diskursgenres als Herausforderung erwies (vgl. Grum 2010: 355ff.). Bei der Suche nach Übereinstimmungspunkten zwischen den gemessenen Referenzwerten der Berliner Schüler/ -innen zur allgemeinen sprachlichen Korrektheit und den Deskriptoren der GER-Skala zur grammatischen Korrektheit (vgl. Goethe-Institut Inter Nationes 2001: 114) konnten nur annäherungsweise rein heuristische Zuordnungen vorgenommen werden. Proband/ -innen am oberen Ende des gemessenen Leistungsspektrums sind auf einem B2+/ C1-Niveau zu vermuten, Proband/ -innen in der Spektrumsmitte können einem B1+/ B2-Niveau zugeordnet werden und die Leistungen der schwächsten Proband/ -innen korrespondieren mit dem B1- und phasenweise allerdings auch mit A2-Deskriptor (vgl. Grum 2012: 319 ff.). Zudem stuft der GER unter der Skala „ Zusammenhängendes monologisches Sprechen: Erfahrungen beschreiben “ den Deskriptor „ Kann eine Geschichte erzählen. “ auf dem B1-Niveau ein (vgl. Goethe-Institut Inter Nationes 2001: 64). Demnach könnten nicht alle der hier getesteten Gymnasiast/ -innen der zehnten Jahrgangsstufe per se auf diesem Niveau angesiedelt werden, denn es gelingt einem Großteil der Gym-reg- Gruppe kaum oder nur annähernd, der Anforderung einer Nacherzählung gerecht zu werden. Theoretisch bedeutet dies, dass sie den auf dem B1-Niveau angesiedelten MSA- Anforderungen nicht entsprächen. Allerdings ist fraglich, wie genau die jeweils zugrunde gelegten Testkonstrukte bzw. Sprachfähigkeitsmodelle des GER mit dem hier vorgestellten kommunikativen mündlichen Performanztest (Simulationsspiel) übereinstimmen. 4 Fazit Heterogenität ist Normalität. Dieses allgemeingültige Schlagwort behält auch bei der Betrachtung von mündlichen Schülerleistungen im Englischunterricht seine Relevanz. Wie anhand obiger Daten exemplarisch verdeutlicht werden konnte, besteht innerhalb der hier getesteten Probandengruppe eine eklatante Leistungsspanne. Die gemessene spontan-mündliche englische Sprachfähigkeit Berliner Schüler/ -innen aus Gymnasien und Realschulen erstreckt sich am Ende der Sekundarstufe I vermutlich vom A2bis zum C1-Niveau des GER. Dies macht eine Differenz mehrerer Lernjahre aus. Zudem konnte datenbasiert festgestellt werden, dass die Leistungsdivergenzen innerhalb der hier beschriebenen Indikatoren mündlicher englischer Sprachfähigkeit sowohl von der Testaufgabe (dem Diskursgenre) als auch vom Sprachkompetenzniveau der Proband/ -innen herzurühren scheinen (vgl. Abschnitt 3.1 - 3.4). Zwar hat die hier vorgestellte Datenbasis nur explorativ-exemplarischen Charakter, dennoch sollten bei der Erstellung von Sprachtests a priori die Spezifika des Diskursgenres aufgeklärt sowie die Besonderheiten des anvisierten Sprachniveaus durchdrungen werden. Nur wenn bekannt ist, was genau getestet werden soll (Testkonstrukt), lassen sich adäquate Aufgaben und Bewertungskriterien erstellen (Umsetzung des Testkonstrukts). Die Beachtung guter Testpraxis ist nicht nur für das Messen und Bewerten heterogener Leistungsgruppen obligatorisch. 132 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive Der Umgang mit Leistungsheterogenität innerhalb eines homogenitätsbasierten Schulwesens ist problembehaftet. Wie ist beispielsweise dem zu begegnen, dass die englische Sprachfähigkeit einiger der oben genannten Gymnasialschüler/ -innen nicht den MSAbzw. B1-Niveauanforderungen entspricht? Bleibt diesen Schüler/ -innen damit der Übergang in die Sekundarstufe II verwehrt? Sollte der MSA nach unten nivelliert werden oder ist das B1-Niveau zu hoch gegriffen? Sind die Anforderungen einer Nacherzählung zu komplex für das B1-Niveau? Welche Funktion hat dieser Prüfungsteil des MSA? Sollte die mündliche englische Sprachfähigkeit separat zertifiziert werden? Wie lassen sich diese Differenzen auf einer Notenskala abbilden? Auch die Notengebung müsste ähnlich differenziert werden wie die Testfunktion, so dass sich unterschiedliche Bewertungs- und Feedbacksituationen ergeben können. Es könnte z. B., orientiert an externen Bezugsnormen, unabhängig benotet werden oder aber lernzielabhängig, gemäß einer internen, klassenorientierten Bezugsnorm, oder auch individualorientiert, um sprachlernförderliches Feedback zu geben. Es gibt diverse Möglichkeiten, mündliche Leistungen im Englischunterricht in leistungsheterogenen Lerngruppen adäquat zu erfassen, zu messen und zu beurteilen. Es gilt, den praktikabelsten Weg zu finden. Anschlussfragen 1. Umsetzung des Testkonstrukts: Überlegen und diskutieren Sie, welche im GER genannten Teilkompetenzen kommunikativer Sprachkompetenz (z. B. lexikalische, grammatische, phonologische Kompetenz) durch folgende Testszenarien bzw. Aufgaben primär getestet werden und welche weiteren Kompetenzen mit hineinspielen könnten: a) Ein Foto beschreiben. b) Einen politischen Cartoon erklären. c) Sätze spontan laut vorlesen. d) Sätze nach einer Übungsphase laut vorlesen. e) Lückentexte mündlich vervollständigen. f) Ein Gedicht aufsagen. g) Eine kurze Geschichte nacherzählen. h) Spontan eine Alltagssituation simulieren. 2. Stellen Sie sich vor, Sie arbeiteten in der fiktiven Nationalen Kommission zur Vereinheitlichung der mündlichen MSA-Prüfungen. Diskutieren Sie in Ihrem Team, wie eine bundesweite Prüfung zur kommunikativen mündlichen Sprachfähigkeit aussehen könnte und wie Sie schulformübergreifend eine Bewertung der Leistungen vornehmen würden. 3. Suchen Sie sich eine Aufzeichnung einer mündlichen englischen Sprachprüfung (z. B. Cambridge English: Preliminary for Schools auf dem YouTube-Kanal cambridgeenglishtv). Versuchen Sie anhand der MSA-Bewertungskriterien zur Überprüfung der englischen Sprechfertigkeit Ihres Bundeslandes (oder eines der o. g. Bundesländer), die Leistungen der Prüfungskandidat/ -innen einzustufen. Diskutieren Sie, auf welche Schwierigkeiten Sie dabei gestoßen sind und wie diese zu vermeiden gewesen wären. Mündliche Leistungen im Englischunterricht in leistungsheterogenen Lerngruppen 133 Welche Möglichkeiten der summativen Leistungsmessung im differenzierenden Englischunterricht der Sekundarstufe I gibt es? Wolfgang Biederstädt Angesichts immer vielfältiger zusammengesetzter Klassen im gemeinsamen Unterricht der Sekundarstufe I reicht es nicht, den Englischunterricht zu differenzieren und zu individualisieren. Eine lernwirksame Unterrichtsgestaltung, die möglichst vielen Lernerprofilen gerecht werden soll, muss auch auf den Bereich der summativen Leistungsmessung übertragen werden. Neben zahlreichen formativen Möglichkeiten, das Lern- und Leistungsvermögen der einzelnen Schüler/ -innen im laufenden Unterrichtsprozess zu erfassen und zu bewerten, ist es darüber hinaus erforderlich, differenzierte Klassenarbeiten gruppenbezogen zu stellen. Anhand von drei leicht umsetzbaren Konzeptionsmodellen wird erörtert, wie Leistungsfeststellungen und -bewertungen im Spannungsfeld zwischen Individualisierung und Standardorientierung im gemeinsamen Englischunterricht der Klassen 5 bis 10 differenziert gestaltet und durchgeführt werden können. Klassenarbeiten sollen einerseits Auskunft über den Grad des Erreichens kompetenzorientierter Lernanforderungen (Kriterialbzw. Sachnorm) geben, andererseits aber auch Hinweise auf den individuellen Lernfortschritt und -bedarf der Schüler/ -innen (individuelle Bezugsnorm) sowie ihre Einordnung innerhalb der Lerngruppe (soziale Bezugsnorm) liefern. Klassenarbeiten werden als Teil individueller Diagnostik und Förderung betrachtet. Es wird gezeigt, wie lernförderliche Rückmeldungen nach Klassenarbeiten eine geeignete Grundlage für den weiteren Lernprozess und individuelle Fördermaßnahmen sowie Lernentwicklungsberichte bzw. -gespräche bilden können. Aktivierung von Vorwissen 1. Überlegen Sie, worin die Herausforderungen bestehen, in einer heterogenen Lerngruppe eine kompetenzorientierte Klassenarbeit zu stellen. 2. Nehmen Sie mit Blick auf individuelle Förderung Stellung zu dem Gedanken „ Nach der Klassenarbeit ist vor der Klassenarbeit! “ 3. Denken Sie darüber nach, welche Kerngedanken aus Ihrer Sicht ein Leistungsbewertungskonzept für das Fach Englisch, das im gemeinsamen Unterricht erteilt wird, aufweisen sollte. 1 Leistungsmessung und differenzierender Englischunterricht 1.1 Ausgangslage Klassenarbeiten bedeuten Anstrengung, psychische Belastung, Freude, Frustration, Mangel an Freizeit, beeinflussen Chancen und Möglichkeiten ganz unterschiedlicher Art. Klassenarbeiten gehören zum Kerngeschäft der Lehrkräfte, kosten viel Zeit sowie Kraft und führen zu Diskussionen über Inhalt und Form, über Gerechtigkeit, über Auswirkungen auf den Unterricht, manchmal zu rechtlichen Auseinandersetzungen. An die Leistungsmessung und Notengebung werden hohe und vielfältige Anforderungen gestellt. Unabhängig von Form und Inhalt soll Leistungsmessung fair und gerecht sein, sie soll transparent für alle Beteiligten sein, sie soll Leistungsstände möglichst genau messen und abbilden. Leistungsmessung soll aufschlussreiche Aussagen zum individuellen Lernstand und -bedarf machen, soll zeigen, bis zu welchem Grad bestimmte Kompetenzen erworben worden sind, wie sich die Lernenden im Gruppengefüge einer Klasse, einer Schule oder gar eines Bundeslandes einordnen und vergleichen lassen. Leistungsmessung soll selbstverständlich objektiv, reliabel und valide sein. Sie soll anregend und motivierend für die Schüler/ -innen sein und den Lehrkräften genügend kritische Rückmeldungen über die Wirksamkeit des zurückliegenden Unterrichts geben, gleichzeitig im Sinne einer Diagnose Erkenntnisse liefern, wie der Unterricht nach einer Klassenarbeit verändert werden muss, um in der Folge bessere Ergebnisse für alle Beteiligten zu erreichen. Kurzum, „ Leistungsmessungen sind dann effektiv, wenn die Aufmerksamkeit der Schüler auf den eigenen Lernfortschritt gelenkt wird “ (Maier, Hofmann & Zeitler 2012: 11). In den letzten Jahren ist dieses Bedingungsgefüge um mindestens eine zusätzliche einschneidende Herausforderung erweitert worden, die erst allmählich in das Bewusstsein aller Beteiligten dringt: Wie können in den Jahrgangsstufen 5 bis 10 auf der Grundlage der bislang geltenden Bestimmungen Klassenarbeiten aussehen und nach Möglichkeit differenziert durchgeführt werden in Klassen oder Lerngruppen, in denen Kinder und Jugendliche ganz unterschiedlicher Lernprofile im gemeinsamen Unterricht sitzen? 1.2 Gravierende Veränderungen im Unterricht und ihre Auswirkungen auf die Leistungsmessung Eine lange Reihe struktureller und inhaltlich tiefgreifender Veränderungen haben zu teilweise enormen Herausforderungen und Belastungen in allen Schulen und Schulformen geführt. Da ist zunächst kompetenzorientierter Unterricht zu nennen, der zu einer Outputorientierung geführt hat und danach fragt, ob der Unterricht die Schüler/ -innen zu bestimmten Kompetenzen befähigt hat. Zu den wesentlichen Merkmalen gehören neben klarer Strukturierung des Unterrichts, Methodenvielfalt, sinnstiftendem und kooperativem Kommunizieren, intelligentem Üben, selbstständigem und eigenverantwortlichem Arbeiten und Lernen zwangsläufig transparente und kriteriengeleitete Leistungserwartungen und -beurteilungen. Eine weitreichende, wenn auch längst überfällige Veränderung in diesem Zusammenhang hat den Englischunterricht vieler Schulen, um den es hier in erster Linie geht, im Sinne einer notwendigen Erhöhung der 136 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive Handlungskompetenz erreicht, seitdem die Förderung der Mündlichkeit mehr als eine Forderung auf dem Papier ist und durch klare Vorgaben, die sich auf mündliche Tests, Klassenarbeiten, Prüfungen oder Prüfungsteile beziehen, eingelöst werden muss. Auch in diesem Bereich müssen geeignete Verfahren gefunden und angewendet werden, wie mündliche Leistungsüberprüfungen gerecht für schwache und starke Schüler/ -innen in einer Klasse gestaltet werden können. Im Mittelpunkt aller schulischen Veränderungen steht die individuelle Förderung, die in den Schulgesetzen aller Bundesländer zum pädagogischen Grundprinzip erhoben worden ist, nach dem jedes Kind und jeder Jugendliche unabhängig von seiner Herkunft seine Potenziale und Chancen optimal nutzen und entfalten können soll. „ Für das Bewerten von Leistungen hat dies zur Konsequenz, dass nicht mehr allein die Noten im Kontext einer Lerngruppe von Interesse sind, sondern vor allen die individuelle Lern- und Leistungsentwicklung “ (Wester 2012: 21). Das fortschreitende Bemühen um Inklusion stellt immer mehr Lehrkräfte seit einiger Zeit vor bislang kaum gekannte Probleme, die sich auf erhebliche Neuerungen im Unterricht und damit auch auf die Leistungsmessung und -beurteilung beziehen. Dieser Vielzahl an Veränderungen sehen sich Lehrkräfte eigenen Aussagen zufolge zunehmend teils hilflos gegenüber. Sie müssen sich auf die sich wandelnden Lehr- und Lernbedingungen einlassen, sich häufig die notwendigen Fachkenntnisse und Werkzeuge selbst aneignen, können sich mittlerweile auf eine ständig wachsende Zahl geeigneter Methoden und Materialien stützen und sich daran orientieren. Kennzeichnend wie besorgniserregend ist v. a. die Beobachtung, dass sehr viele Lehrkräfte verunsichert sind, getrieben von einem schlechten Gewissen, es möglichst allen Schüler/ -innen recht machen zu wollen. Wie eine faire, gerechte und vor allem handhabbare Leistungsmessung und Notengebung aussehen kann, ist eines ihrer zentralen Anliegen. 1.3 Das Bedingungsfeld für differenzierende Leistungsmessung und individuelle Förderung Im Kern der hier angestellten Betrachtungen soll es um die Darstellung pädagogisch sinnvoller sowie leicht handhabbarer Möglichkeiten der Leistungsmessung und individuellen Förderung in heterogenen oder inklusiven Schulklassen gehen, die von 25 bis teilweise über 30 Mädchen und Jungen besucht werden, die im gemeinsamen Unterricht lernen. Es sind solche Schulklassen oder Lerngruppen, in denen die Schüler/ -innen keinem offiziellen Fachleistungsniveau zugeordnet sind, in denen die Lehrkräfte versuchen müssen, allen Lernenden ihrem jeweiligen Profil entsprechend möglichst gerecht zu werden, v. a., sie gerecht zu beurteilen und zu bewerten. Es ist nicht nur das vielfach erklärte politische Ziel, gemeinsames Lernen möglichst lange auszudehnen, nach Möglichkeit bis zur 8. Klasse und auch darüber hinaus für die gesamte Zeit der Sekundarstufe I, sondern häufig zwingen auch demografische Gründe dazu, dass Kinder mit unterschiedlichen Lernprofilen gemeinsam in einer Klasse lernen. Es sind Kinder und Jugendliche mit sehr breit gefächerten kognitiven Kompetenzen, mit Intelligenzquotienten, die sich beispielsweise von 70 bis 130 erstrecken. Kinder mit anerkanntem sonderpädagogischem Förderbedarf, in erster Linie mit den Förderschwerpunkten Lernen, emotionale und soziale Entwicklung sowie Sprache, sollen Summative Leistungsmessung im differenzierenden Englischunterricht 137 zusammen mit anderen gemeinsam lernen, die unterschiedlich schnell lernen, auch ein gymnasialorientiertes Profil aufweisen. Die Schüler/ -innen unterscheiden sich über das Leistungsvermögen hinaus nach Herkunft, Motivation, Vorwissen, Elternhaus, Wohnort, kulturellem Hintergrund, Geschlecht, so dass im Unterricht zwangsläufig eine breit angelegte individuelle Gestaltung von Lehr- und Lernprozessen im Vordergrund stehen muss. Die Lehrkräfte müssen in diesem Prozess vielfältige Werkzeuge zur Differenzierung, zur Diagnose, zur umfassenden Kompetenzentwicklung und zur Individualisierung gleichermaßen im Blick halten und kompetent, variabel und flexibel anwenden. Durch strukturierte und regelmäßig in den Lehr-Lernprozess eingebaute individuelle Rückmeldungen erhalten Lehrende und Lernende Informationen zur Optimierung ihres Lehr- und Lernverhaltens. Die unterschiedlichen Verfahren sog. formativer Leistungsmessung in Verbindung mit strukturiertem Feedback gelten als ein effektiver Weg zur Förderung der Leistungen und Lernmotivation von Schüler/ -innen. Hierzu gehören zum Beispiel Kompetenzraster, Checklisten, Lerntagebücher, altersangemessene Formen der Selbst- und Fremdevaluation im Sinne des europäischen Portfolios der Sprachen, Lernentwicklungsberichte und -gespräche, die „ in ein Gesamtkonzept gegossen werden “ müssen (von Saldern 2014: 5). All diese alternativen Möglichkeiten gewinnen immer mehr an Bedeutung, betrachtet man die pädagogischen Konzepte neuer Schulformen wie von Gemeinschaftsschulen in Baden-Württemberg, von Sekundarschulen in NRW, von Oberschulen in Niedersachsen und Bremen oder von Stadtteilschulen in Hamburg. Insbesondere von jüngeren Schüler/ -innen wird ein hohes Maß an Methoden- und v. a. Selbstkompetenz verlangt. Auf der anderen Seite müssen die Lehrkräfte messen und vergleichen, bis zu welchem Grad die einzelnen Lernenden bestimmte, an Standards orientierten Kompetenzen erworben haben. Es gelten Gruppennormen, es zählt das Produkt, der Vergleich, der letztlich Chancen zuteilt. Im Spannungsfeld zwischen Standardorientierung und Individualisierung werden die Lehrkräfte in der überwiegenden Zahl der Bundesländer im Moment noch weitgehend allein gelassen. Es gibt nur wenige durch Erlasse oder Empfehlungen geregelte Verfahren, nach denen sich die Lehrkräfte bei summativer Leistungsmessung mit Blick auf die Vielfalt der Lernenden richten können bzw. aus rechtlichen Gründen dürfen. Im Gegenteil, es gibt zum Teil klare ministerielle Aussagen, dass trotz der Forderung nach Individualisierung im gemeinsamen Unterricht differenzierende Klassenarbeiten untersagt sind. Dieser nicht nachzuvollziehende Widerspruch bringt die Lehrkräfte an ihre Grenzen, wird gar in eklatanter Weise den Forderungen nach individueller Förderung und pädagogisch begründeten Ansprüchen und Möglichkeiten der Lernenden nicht wirklich gerecht. Es ist unstrittig, dass kompetenzorientierte Klassenarbeiten sowie standardorientierte Überprüfungen der Schülerleistungen wie Vergleichsarbeiten und Abschlussprüfungen zu bestimmten Zeitpunkten sinnvoll und notwendig sind. Die große Herausforderung für die Lehrkräfte besteht darin, zwischen Einheitlichkeit und Vergleichbarkeit auf der einen und Individualisierung auf der anderen Seite die notwendige Ausgewogenheit herzustellen. Zu einem differenzierenden und auf Nachhaltigkeit angelegten gemeinsamen Englischunterricht gehört ein klares, verbindliches und umfassendes Konzept zur Leistungsbeurteilung. Zu den Beurteilungsbereichen gehören letztlich auch Klassenarbeiten, um die es hier hauptsächlich gehen soll. Nach Brumsack (2014: 15) basiert die Ergebnissicherung „ einerseits auf einem gemeinsamen, lehrergesteuerten Unterricht, 138 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive dessen Ergebnisse eine verbindliche Basis für alle Schüler darstellen. Sie impliziert andererseits unterschiedliche Formen und (Lern-)Wege der individuellen Aneignung (kognitiv-analytisches, soziales Lernen etc.) und der kooperativen Verarbeitung “ . Im Folgenden stehen differenzierende Klassenarbeiten im Fokus, die zu einem bestimmten Zeitpunkt Auskunft über den individuellen Entwicklungs- und Leistungsstand aller Lernenden einer Schulklasse geben sollen. Auf der Grundlage regelmäßig durchgeführter schriftlicher, mündlicher oder praktischer Klassenarbeiten bzw. Leistungsbeurteilungen sowie weiterer Leistungen, die sich auf die Mitarbeit und Mitgestaltung im Unterricht beziehen und ein hohes Gewicht haben, werden Zeugnisnoten gebildet. Klassenarbeiten stehen häufig am Ende der Erarbeitung einer Lehrbuchlektion oder einer lehrwerksunabhängigen Unterrichtsreihe, in der die Schüler/ -innen nachweisen müssen, inwieweit sie das bis zum Zeitpunkt der Überprüfung Gelernte beherrschen, wie umfangreich sie das erforderliche Wissen, die notwendigen Kenntnisse sowie Fähig- und Fertigkeiten erworben haben. Während in einigen Bundesländern wie beispielsweise an Gesamtschulen in NRW oder an Oberschulen in Niedersachsen ab Klasse 7 sowohl in Klassenarbeiten als auch Zeugnissen kenntlich gemacht werden muss, auf welcher Anforderungsebene die Leistungen erbracht worden sind, verzichten andere ausdrücklich auf solche Informationen, zumindest in den Jahrgangsstufen 5 und 6. Ab der Jahrgangsstufe 7 entscheiden sich zahlreiche Schulen für unterschiedliche Wege und Formen der Differenzierung. Während das längere gemeinsame Lernen, also der ausdrückliche Verzicht auf die Zuweisung von Schüler/ -innen zu bestimmten Fachleistungsniveaus, auf jeden Fall in den Jahrgangsstufen 7 und 8 beibehalten wird, entscheiden sich Schulen ab der Jahrgangsstufe 7, häufig erst ab der Stufe 9 zu einer äußeren Fachleistungsdifferenzierung. In diesem Beitrag werden Klassenarbeiten in diesen schulischen Kontexten vernachlässigt, weil sie in der Regel nicht mehr differenzierend angelegt werden. 2 Die Gestaltung und Durchführung differenzierter Klassenarbeiten „ Die Förderung der Kommunikationsfähigkeit ist heute das oberste Ziel des Fremdsprachenunterrichts, auf das sich Lehr- und Lernmethoden ausrichten. Auch die schriftlichen Lernzielkontrollen müssen unter diesem Vorzeichen konzipiert werden “ (Kieweg 2015: 3). Diese Zielsetzung hat auch einen veränderten Blick auf Fehler und Sprachverstöße zur Folge. Im Vordergrund steht der Spracherwerb als Prozess, so dass Verstöße gegen Sprachnormen weniger stark gewichtet werden. Die schwerpunktmäßige Betrachtung und Bewertung lexikalischer, grammatischer und orthographischer Fehler wird insbesondere bei produktiven Aufgabenstellungen der Berücksichtigung der inhaltlichen Leistung, der sprachlichen bzw. Darstellungsleistung, wozu beispielsweise die kommunikative Textgestaltung gehört, und dem Ausdrucksvermögen, wozu die Verfügbarkeit von sprachlichen Mitteln zählt, untergeordnet. Durch diese Umgewichtung der Fehlerkategorien hat seit langem der vermeintlich objektive Fehlerquotient seine Berechtigung verloren. Die Bewertung und Beurteilung von Schülerleistungen erfolgen kriteriengeleitet. In Klassenarbeiten werden nicht mehr sprachliche Fehler gezählt, sondern Punkte für Erreichtes verteilt. „ Angesichts älterer Vorstellungen von Lernen, Leistungsbeurteilung und Förderung tut sich die Schule allerdings noch schwer, einen entsprechenden Wandel zu vollziehen “ (Winter 2015: Summative Leistungsmessung im differenzierenden Englischunterricht 139 37). Die Abwendung von der lange üblichen Defizitorientierung hin zu einer kriteriellen, auf das Erreichte gerichteten Vorgehensweise ermöglicht eine zielgenauere Diagnose, die wiederum die Grundlage einer zielgerichteten individuellen Förderung bildet. 2.1 Überlegungen zur Gestaltung einer kompetenzorientierten Englischarbeit In der Regel werden in einer Klassenarbeit mehrere funktionale kommunikative Teilkompetenzen überprüft. Die Aufgaben werden häufig so konzipiert, dass sie sich thematisch und sprachlich auf die Themen und Inhalte einer bestimmten Unit eines Schülerbuches beziehen, die vorher im Unterricht bearbeitet worden sind. Sie sind altersgerecht und greifen die persönlichen Erfahrungen und Vorstellungen der Lernenden auf. Die Arbeitsanweisungen sollten präzise, knapp und klar formuliert sein. In unteren Klassen muss entschieden werden, ob die Aufgabenstellungen nur auf Englisch oder zusätzlich auch auf Deutsch formuliert werden. Es setzt sich immer mehr durch, dass in den Klassen 5 bis 7 kaum noch Testaufgaben zu sprachlichen Mitteln gestellt werden. Im Mittelpunkt stehen Aufgaben zu den verschiedenen kommunikativen Kompetenzen. In einzelnen Bundesländern ist die isolierte Überprüfung sprachlicher Mittel im Rahmen von Klassenarbeiten sogar untersagt. Lexikalische, grammatische und orthographische Kenntnisse werden funktional und integrativ überprüft sowie bewertet. Die Verfügbarkeit sprachlichen Wissens sowie methodische Kompetenzen sind unmittelbare Voraussetzungen zur Bewältigung kommunikativer Aufgaben und werden sinnvollerweise nicht isoliert getestet und bewertet. Üblicherweise gehören ein bis zwei Aufgaben zum Hörverstehen zu einer Klassenarbeit. Die Entwicklung und Kompetenzüberprüfung dieser Fertigkeit ist besonders wichtig, da unsere Alltagskommunikation zu etwa 45 % aus Hören (Feyten 1991: 174) besteht. Es wird unterschieden zwischen Aufgaben zum globalen Hörverstehen, bei dem die Kernaussage eines Hörtextes erfasst werden muss, Aufgaben zum selektiven Hörverstehen, bei dem eine begrenzte Anzahl von Einzelinformationen herausgehört werden muss sowie Aufgaben zum detaillierten Hörverstehen, die auf das Erkennen und Entnehmen wichtiger Informationen eines Textes gerichtet sind. Auch wenn es bislang bedauerlicherweise sehr selten praktiziert wird, ist es durchaus sinnvoll und nicht allzu schwer umzusetzen, Aufgaben aus dem Bereich des Hör-Sehverstehens in eine Klassenarbeit einzubauen. Die Überprüfung der Lesekompetenz, die einen sehr breiten Raum einnimmt, setzt u. a. die Kenntnis unterschiedlicher Lesestrategien und Textsorten voraus. Überprüft wird ebenfalls wie beim Hörverstehen globales, selektives und detailliertes Leseverstehen. Eine wichtige Rolle bei Klassenarbeiten spielen Aufgaben zur schriftlichen adressatenbezogenen Textproduktion, bei denen es sich um möglichst realistische Schreibanlässe, um unterschiedliche Textsorten und authentische Sachverhalte aus dem Erfahrungshorizont der Schüler/ -innen handelt. Ein wachsendes Gewicht erhalten Aufgaben zur Überprüfung der monologischen und dialogischen Sprechkompetenz sowie zu Sprachmittlungsaufgaben, auf die in diesem Beitrag nicht sonderlich eingegangen wird (vgl. dazu den Beitrag von Verriere 140 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive in diesem Band). Solche Aufgaben sind mittlerweile nicht mehr nur im Rahmen von Abschlussprüfungen wie etwa in Niedersachsen (Niedersächsisches Landesinstitut für schulische Qualitätsentwicklung 2012) vorgeschrieben, sondern werden immer häufiger im Laufe der Schulzeit verpflichtend. Da sich Aufgaben zur Mediation auf unterschiedliche Textsorten und Kompetenzen beziehen können, werden sie hier nicht weiter verfolgt. Es soll jedoch festgehalten werden, dass sich Aufgaben aus diesen beiden Kompetenzbereichen relativ leicht differenziert gestalten und durchführen lassen, indem bei Partner- und Gruppenaufgaben darauf geachtet wird, dass sich die Beteiligten in ihrem Leistungsvermögen in etwa ähneln. So lassen sich ohne allzu großen Aufwand Aufgaben unterschiedlicher Anforderungsniveaus entwickeln. Im Folgenden sollen drei unterschiedliche Konzeptionsmodelle zeigen, wie im gemeinsamen Englischunterricht Klassenarbeiten differenziert konzipiert, durchgeführt und bewertet werden können. Klassenarbeiten und Leistungsbewertungen für Schüler/ -innen mit dem sonderpädagogischem Förderschwerpunkt Lernen werden hier nur am Rande erörtert, da die Kompetenzen dieser Kinder und Jugendlichen in der Regel zieldifferent überprüft und beurteilt werden (vgl. dazu den Beitrag von Ruberg & Rothweiler in diesem Band). Darüber hinaus wird hier auch auf Hinweise für die Durchführung von Klassenarbeiten für Lernende mit Seh- oder Hörbeeinträchtigungen oder anderen körperlichen Förderbedarfen verzichtet. 2.2 Modelle zur Durchführung differenzierter Klassenarbeiten Niveaudifferenzierung durch das Angebot von Basis- und Erweiterungsteil Zunächst geht es um Klassenarbeiten, die aus zwei Teilen bestehen, einem Basis- und einem Erweiterungsteil. Als grundlegende Voraussetzung für Klassenarbeiten, die aus einem Fundamentum und einem Additum (Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg 2011; vgl. dazu auch den Beitrag von Trautmann in diesem Band) bestehen, ist selbstverständlich, dass die Schüler/ -innen im Unterricht Aufgaben auf fundamentalen und höheren Kompetenzniveaus bearbeitet haben. Darüber hinaus ist es erforderlich, dass die Lernenden im Laufe des Unterrichts neben strukturiertem und kriteriellem Feedback ausreichend Gelegenheit bekommen haben zu lernen, ihre Leistungen realistisch einzuschätzen. Hier kann es für Mädchen und Jungen, die sich leistungsmäßig im Mittelfeld befinden, sinnvoll sein, dass sie im Unterricht nach der Beschäftigung mit Aufgaben aus dem Basisbereich zunächst einen kurzen Diagnosetest erfolgreich bestanden haben müssen, bevor sie sich Aufgaben in der Erweiterung zuwenden dürfen. Die Aufteilung nach Fundamentum und Additum geht von einem Pflichtteil aus, der für alle obligatorisch ist. Der Erweiterungsteil wird anschließend von denjenigen gewählt, die sich zutrauen, die Aufgaben erfolgreich zu lösen. Diejenigen Schüler/ -innen, die beide Teile einer so differenzierten Klassenarbeit lösen, arbeiten nicht nur auf einem höheren Kompetenzniveau, sondern lösen eine größere Anzahl von Aufgaben insgesamt schneller und erfolgreicher und kommen dadurch zu besseren Notenergebnissen. Bei der Konzipierung der Aufgaben des Erweiterungsbereiches können alle Aufgaben einem höheren Niveau entsprechen. Es ist gleichwohl denkbar, dass im Erwei- Summative Leistungsmessung im differenzierenden Englischunterricht 141 terungsteil auch unterschiedlich anspruchsvolle Aufgaben angeboten werden. Auf diese Weise können schwächere Schüler/ -innen auf demselben Niveau weitere Aufgaben lösen und so mehr Bewertungseinheiten bzw. Punkte erlangen. Dieser Weg erscheint jedoch nur sinnvoll, wenn die Lernenden nachvollziehen können, warum sie für die eine Aufgabe weniger, für eine andere Aufgabe mehr Punkte bekommen, und sie ihr Leistungsvermögen gut einschätzen können. Für diese Art der Leistungsdifferenzierung eignen sich Aufgaben zum Hörverstehen, wobei aus praktischen Erwägungen einschränkend nur Hörtexte auf Basisniveau angeboten werden können. Es lässt sich nur mit einigem technischen Aufwand organisieren, dass den leistungsstärkeren Mädchen und Jungen andere oder weitere Höraufgaben präsentiert werden. Selbstverständlich eignen sich für dieses Differenzierungsmodell alle Arten von Lesetexten ebenso wie Schreibaufgaben und Aufgaben zu sprachlichen Mitteln, sofern sie Gegenstand der Überprüfung sein sollen oder dürfen. Gehören zur Schulklasse Mädchen und Jungen mit dem Förderschwerpunkt Lernen, stellt sich die Frage, wie eine Lehrkraft, die sich leider nur in Ausnahmefällen auf die Unterstützung einer Förderlehrkraft im Klassenzimmer verlassen kann, nach Möglichkeit eine zieldifferente Klassenarbeit für zwei bis drei Kinder zum selben Zeitpunkt im selben Raum durchführen kann. Als praktikabel haben sich kleine MP3-Player mit Kopfhörern erwiesen, die diese Lernenden zur Bearbeitung von Hörverstehensaufgaben nutzen. Auf diese Weise stören sie die anderen Schüler/ -innen nicht, sondern können sich auf die Lösung ihrer Aufgaben konzentrieren. Die Aufgaben des Basisteils einer so konzipierten Klassenarbeit ergeben bei richtiger Lösung eine Note zwischen ausreichend und befriedigend. Diejenigen, die die Aufgaben des Additums bewältigen, können die Noten befriedigend, gut oder sehr gut erlangen. Die Leistungsmessung ist in dieser Form möglich, wenn die Schüler/ -innen zum einen die unterschiedlichen Teile klar erkennen und selbst entscheiden können, ob sie über den Basisteil hinaus auch Aufgaben aus dem Erweiterungsteil lösen möchten. Das setzt außerdem voraus, dass die Bewertungskriterien und die erreichbaren Punkte der einzelnen Aufgaben zu erkennen sind und klar ist, wie viele Punkte für welche Noten erforderlich sind. Leistungsdifferenzierung durch das Angebot von Aufgaben auf drei Niveaus Um den individuellen Leistungsmöglichkeiten der Schüler/ -innen, die am gemeinsamen Unterricht teilnehmen, gerecht zu werden, werden im laufenden Unterricht Aufgaben auf mehreren Schwierigkeitsstufen angeboten. Zu Beginn einer Unterrichtseinheit sollte eine gemeinsame Einführungsphase für alle erfolgen, bevor die Inhalte und Themen auf drei Niveaustufen geübt, angewandt, vertieft und erweitert werden. Die Klassenarbeiten werden differenziert gestellt und auf drei Niveaustufen geschrieben. Bevor die Lernenden entscheiden, welche Aufgaben sie auf welchem Niveau bearbeiten, muss ihnen klar sein, wo ihr individueller Leistungsschwerpunkt liegt. Die hier abgebildeten Wortschatzaufgaben unterscheiden sich dadurch, dass bei der einfachen Variante (Abb. 1) Begriffe aus einem Wortspeicher (einer mehr als erforderlich) unter die richtige Illustration geschrieben werden müssen, wofür es in diesem Beispiel bei richtiger Lösung vier Punkte gibt. Die Lernenden erhalten acht Punkte für die Lösung auf dem mittleren Niveau, bei dem sie die Illustrationen ohne Hilfe beschriften müssen. 142 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive Abb. 1: Wortschatzaufgabe auf leichtem Niveau (Klasse 6) (Biederstädt & Donoghue 2013) Bei der schwierigsten Aufgabenstellung (Abb. 2) müssen die Schüler/ -innen eine Definition zunächst lesend verstehen, den passenden Begriff finden und ihn orthographisch richtig aufschreiben, wofür sie zwölf Punkte erhalten können. Werden den Lernenden in einer Klassenarbeit grundsätzlich drei unterschiedliche Schwierigkeitsgrade bei jeder Aufgabe, gleich aus welchem Kompetenzbereich sie stammt, angeboten, ist es notwendig, dass v. a. die jüngeren Mädchen und Jungen in den Klassen 5 und 6 ihre Selbsteinschätzungskompetenz mit Hilfe von Diagnose- und Feedbackbögen intensiv trainiert haben. Alle kommunikativen Kompetenzen lassen sich in niveaudifferenten Klassenarbeiten überprüfen, auch wenn es nicht immer einfach ist, für alle Aufgaben drei trennscharfe Anspruchsebenen zu formulieren. Hörverstehensaufgaben sollten so gestaltet werden, dass allen Schüler/ -innen derselbe Hörtext präsentiert wird, die Aufgaben sich aber klar unterscheiden. Dabei muss darauf geachtet werden, dass sich Multiple choice- Aufgaben nur bedingt für langsam lernende Mädchen und Jungen eignen, da sie in der Regel mit einem relativ hohen Leseaufwand verbunden sind. Für diese Zielgruppe bieten sich einfache oder bildgestützte Zuordnungsaufgaben oder True/ false-Aufgaben Summative Leistungsmessung im differenzierenden Englischunterricht 143 an, während von den stärkeren Lernenden beispielsweise verlangt werden kann, Notizen (three to five words) anzufertigen. Bei diesem Modell wird erwartet, dass grundsätzlich alle Aufgaben allen Schüler/ -innen zugänglich sind, und sie selbst bei jeder Aufgabe das Niveau wählen können. Es muss jeweils eine Aufgabe der gewählten Niveaustufe gelöst werden. Aus Gründen der Gerechtigkeit und Chancengleichheit sollte darauf geachtet werden, dass die Lernenden vor der Bearbeitung der einzelnen Aufgaben nicht alle drei Varianten zur Ansicht erhalten und sich dann entscheiden, sondern von Beginn an nach Schwierigkeitsgrad wählen. Ein Schüler, der sich im Bereich des Hörverstehens stark fühlt, wird hier die anspruchsvollere Aufgabe wählen, im Bereich des Schreibens möglicherweise die leichtere. Leistungsdifferenzierung durch das Angebot von Lösungshilfen Das dritte Modell (Bildungsserver Rheinland-Pfalz 2014) geht davon aus, dass die Schüler/ -innen während einer Klassenarbeit individuell entscheiden können, ob sie zur Lösung bestimmter Aufgaben Arbeitshilfen in Anspruch nehmen möchten. Art und Umfang der Hilfestellung sind entscheidend dafür, wie viele Bewertungseinheiten von der ursprünglich zu erreichenden Punktzahl abgezogen werden. Das sog. Joker-Modell oder Modell mit more help wird in diesem Beitrag aufgrund positiver praktischer Erfahrungen bevorzugt und anhand von Beispielen ausführlicher dargestellt. Es handelt sich bei diesem differenzierenden Verfahren ebenfalls um ein gruppenbezogenes Verfahren, das für alle Klassenarbeiten verwendet werden kann. Es erlaubt den Lehrkräften, relativ stringente Lernkontrollen zu gestalten, in denen die Aufgaben nach Kompetenzen und einer Progression vom Leichteren zum Schwierigeren folgend angeordnet werden können, um so den schwächeren Lernenden zu Beginn Mut zu machen. Das Anbieten von Arbeits- oder Lösungshilfen beinhaltet die Möglichkeit, sehr variantenreiche und zielgruppenorientierte Hilfen zu formulieren. Abb. 2: Wortschatzaufgabe auf schwerem Niveau (Biederstädt & Donoghue 2013) 144 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive Abb. 3: Anspruchsvollere Multiple choice-Aufgabe (Biederstädt & Donoghue 2014) Das Hörverstehen wird in Klassenarbeiten häufig in der Form überprüft, dass die Schüler/ -innen Multiple choice-Aufgaben (Abb. 3) mit drei oder vier Distraktoren lösen. Eine weitere verbreitete Art der Überprüfung sind sog. Write in-Aufgaben, bei denen die Lernenden Notizen anfertigen, die aus kurzen Sätzen oder drei bis fünf Wörtern bestehen. Solche Aufgabentypen sind für schwächere Mädchen und Jungen häufig schwer zu lösen, insbesondere, wenn es um note-taking geht. Um aus solchen Gründen Hörverstehensaufgaben zu vereinfachen, können Zuordnungsaufgaben oder True/ false- Aufgaben (Abb. 4) eine Hilfe bedeuten. Weitere leichtere Aufgabentypen sind Tabellen oder Gitter, die ergänzt werden müssen. Hier bietet es sich an, alle oder einige Anfangsbuchstaben vorzugeben oder die Zahl der einzusetzenden Begriffe zu reduzieren, indem bereits einige Lücken ergänzt worden sind. Es gehört zu diesem Differenzierungsmodell, dass die Lernenden für die einfacheren Aufgaben entsprechend weniger Punkte erhalten. Um eine über die Aufgabenstellung differenzierte Höraufgabe in einer Klassenarbeit praktisch durchzuführen, müssen sich die Schüler/ -innen selbstverständlich vor dem ersten Hören entscheiden, welche Aufgabenvariante sie wählen. Das Erschließen von Lesetexten kann vereinfacht werden, indem sie annotiert werden, die Aufgaben weniger Schriftliches in Form von note-taking als vielmehr Ankreuzen verlangen. Es empfiehlt sich, in höheren Klassen vereinfachte Texte als Alternative anzubieten, die weniger komplexe Satzgefüge aufweisen, nicht so viele unbekannte Vokabeln und weniger frequente grammatische Strukturen enthalten und insgesamt kürzer sind. Summative Leistungsmessung im differenzierenden Englischunterricht 145 Abb. 4: Leichtere True/ false-Aufgabe (Biederstädt & Donoghue 2014) Bei Schreibaufgaben können zusätzliche Wortspeicher als Hilfen auf der Wortebene gegeben werden. Strukturierende Leitfragen, Satzanfänge sowie Verben, evtl. sogar in der notwendigen Zeitstufe, Zeitadverbien, Konjunktionen etc. helfen, einen Text angemessen zu formulieren. Die erwartete Wörterzahl bzw. Textlänge kann variabel festgelegt werden. Abb. 5: Bildergeschichte mit Lösungshilfen (Biederstädt & Donoghue 2014) 146 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive Insbesondere bei schwächeren Schüler/ -innen zeigt sich immer wieder, dass sie in hohem Maße auf Hilfen angewiesen sind, bei denen ihnen Ideen geliefert werden. Es fehlt unter Umständen nicht immer an sprachlichen Mitteln, sondern an Ideen, um produktive Aufgaben, hier vor allem Schreibaufgaben, angemessen lösen zu können. Solche Hilfen lassen sich in Form von Illustrationen, teilweise ausgefüllten mind maps oder Kästchen mit inhaltlichen Begriffen umsetzen. Die hier abgebildete Aufgabe (Abb. 5) stellt die mit sprachlichen und inhaltlichen Hilfen versehene Variante dar, für die maximal 12 Punkte zu erreichen sind. Die anspruchsvollere Aufgabenstellung, für die es 15 Punkte gibt, beschränkt sich auf die Illustrationen ohne weitere Hilfen. Ab Klasse 7 ist es denkbar, im Sinne einer Neigungsdifferenzierung für diejenigen Schüler/ -innen mit einem gymnasialorientierten Profil anstelle der hier abgebildeten Bildergeschichte eine alternative Schreibaufgabe (Abb. 6) zu stellen, die im selben Kontext steht, wie in diesem Falle das Erzählen einer spannenden Urlaubsgeschichte. Für eine angemessene Bewältigung dieser Aufgabe können die Lernenden 18 Punkte erhalten. Bei dem hier dargestellten Differenzierungsmodell stehen drei Varianten für eine Schreibaufgabe zur Auswahl, so dass Lehrkräfte ohne allzu großen Aufwand den unterschiedlichen Lernerprofilen bei einer Klassenarbeit gerecht werden können. Abb. 6: Zwei Fotos zur Auswahl, um eine Geschichte zu erzählen (Biederstädt & Donoghue 2014) Der wichtigste pädagogische Vorteil dieses Verfahrens mit Arbeitshilfen besteht darin, dass in hohem Maße Angstblockaden der Schüler/ -innen abgebaut werden und die Klassenarbeit fortgesetzt werden kann. Die praktische Unterrichtserfahrung hat gezeigt, dass Lernende mit großen Problemen im Bereich des produktiven Schreibens durch die Nutzung von Hilfen erfolgreich in die Lage versetzt werden können, eine entsprechende Aufgabe, wie beim Beispiel das Schreiben einer Bildergeschichte, einigermaßen zufriedenstellend zu lösen. Es ist selbstverständlich, dass die Lernenden bei Inanspruchnahme Summative Leistungsmessung im differenzierenden Englischunterricht 147 einer Hilfe für eine bestimmte Aufgabe nicht die maximale Punktzahl und damit auch nicht die Note sehr gut erlangen können. Ohne Hilfen scheitern leistungsschwache Mädchen und Jungen erfahrungsgemäß häufig und werden frustriert, was sich grundlegend negativ auf ihre Motivation und Lernhaltung gegenüber bestimmten Aufgabentypen, aber auch gegenüber dem Fach Englisch oder der Schule insgesamt auswirken kann. Auch wenn in diesem Beitrag die Messung und Beurteilung von mündlich erbrachten Leistungen in Testsituationen nicht berücksichtigt wird, eignet sich dieses Joker- Modell gerade auch für Sprechaufgaben aller Art besonders gut, da die Schüler/ -innen je nach Bedarf Arbeitshilfen erhalten können, die entsprechend differenziert bewertet werden. An dieser Stelle soll noch einmal aufgezeigt werden, wie sich dieses Differenzierungsmodell in der Praxis auch als besonders gut geeignet für zieldifferente Klassenarbeiten für Kinder und Jugendliche mit dem sonderpädagogischen Förderbedarf Lernen erwiesen hat. Diese Lernenden erhalten prinzipiell die gleichen Aufgaben der Klassenarbeit, bekommen aber weitgehende Lösungshilfen zu allen Aufgaben. Zieldifferente Höraufgaben lassen sich relativ leicht mit Hilfe von MP3-Player integrieren. Auf diese Weise haben zum einen die Schüler/ -innen das Gefühl, dass sie nicht nur zum selben Zeitpunkt im selben Raum mit allen anderen eine Klassenarbeit schreiben, sondern dass auch kein äußerer Unterschied zwischen den Lernenden gemacht wird, was für die Lernenden von besonderer psychologischer Bedeutung ist und schließlich für die Lehrkräfte eine deutliche Erleichterung in der Durchführung darstellt. Solch ein Modell ist jedoch nur zulässig, weil die Klassenarbeiten aus rechtlicher Sicht gruppenbezogen sind und die Mädchen und Jungen selbst über die Nutzung der angebotenen Arbeitsbzw. Lösungshilfen entscheiden. Es versteht sich von selbst, dass die Kriterien für den Punktabzug bei Nutzung der Hilfen bekannt sein müssen. Bei diesem Joker-Modell ist es nicht erforderlich, ein anderes Bewertungsverfahren als bei undifferenzierten Klassenarbeiten anzuwenden. Diejenigen Schüler/ -innen, die sich für bestimmte Aufgaben Hilfe geholt haben, können nicht die maximale Punktzahl erhalten. Die Erfahrung hat jedoch gezeigt, dass mehr Schüler/ -innen zufriedenstellende Klassenarbeitsergebnisse erzielen als ohne Arbeitshilfen. In der schulpraktischen Erprobung dieses Modells hat sich darüber hinaus herausgestellt, dass die Schüler/ -innen sehr überlegt, sparsam und zurückhaltend mit den Lösungshilfen umgehen und nicht bei jeder Aufgabe die angebotene Hilfe in Anspruch nehmen. Mitunter zögern sie, um sich die vermeintliche Chance auf eine bessere Note in der Klassenarbeit nicht zu nehmen. In solchen Situationen macht es durchaus Sinn, dass die Lehrkräfte, wenn sie ihre Schüler/ -innen lange und gut kennen und deren Leistungspotential gut einschätzen können, einzelnen Mädchen und Jungen während der Klassenarbeit Tipps geben, auch wenn dadurch den Lernenden letztlich nicht die eigenverantwortliche Entscheidung genommen werden darf. Entscheidend ist zum einen, dass allen Beteiligten dieses Differenzierungsmodell transparent erklärt worden ist, nicht nur den Lernenden, sondern auch den Erziehungsberechtigten. Darüber hinaus ist zu empfehlen, dieses Modell nicht nur bei Klassenarbeiten im Fach Englisch zu nutzen, sondern auch in den anderen Fächern mit schriftlichen Klassenarbeiten anzuwenden. 148 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive 3 Lernförderliche Rückmeldungen als Grundlage für differenzierende Möglichkeiten individueller Förderung Als fester Bestandteil heutiger Klassenarbeiten gelten lernförderliche Rückmeldungen, die sich am Grad der Beherrschung der in der Arbeit überprüften Kompetenzen und vorher festgelegten Bewertungskriterien und -maßstäben orientieren. Auch gruppenbezogene Klassenarbeiten haben in diesen Fällen diagnostischen Charakter und liefern hinreichend brauchbare Aussagen, in welchen Kompetenzbereichen die Schüler/ -innen erfolgreich gelernt oder noch Förderbedarf haben. Um für alle Beteiligten transparentes, hilfreiches und v. a. lernförderliches Feedback zu geben, erhalten die Lernenden nach einer Klassenarbeit einen Übersichtsbogen, auf dem dargestellt wird, was sie gut gelöst haben bzw. wiederholen sollten. Solch ein Rückmeldebogen sollte Angaben über die erreichte Punktzahl für jede Aufgabe enthalten, die entsprechende (kommunikative) Kompetenz angeben, auf die zugrundeliegenden Seiten im Schulbuch und im Workbook Bezug nehmen und Hinweise enthalten, welche Art Aufgaben die Schüler/ -innen nach einer Klassenarbeit lösen sollten. Nach der Rückgabe der Klassenarbeit beginnt eine Unterrichtsphase intensiver individueller Förderung, indem Abb. 7: Beispiel für eine lernförderliche Rückmeldung (Biederstädt & Donoghue 2014) Summative Leistungsmessung im differenzierenden Englischunterricht 149 die Lernenden je nach ihrem persönlichen Leistungsprofil differenzierende Wiederholungsbzw. Übungsaufgaben auf unterschiedlichen Kompetenzniveaus bearbeiten. Solche Rückmeldebögen erfüllen mehrere Funktionen. Sie liefern den Lehrkräften notwendige Informationen über die Unterrichtsarbeit, die einer solchen Klassenarbeit vorausgegangen ist, verbunden mit Hinweisen für die Art und Weise der Weiterarbeit. Schüler/ -innen (und deren Erziehungsberechtigte) erhalten leicht verständliche Hinweise darüber, was gut geklappt hat und sie offensichtlich gut beherrschen, was noch besser werden muss und was sie unbedingt noch nachholen bzw. künftig verstärkt lernen und üben müssen. Eine kriteriengeleitete Rückmeldung führt aber auch dazu, dass die Lernenden die für sie ganz wichtige Bestätigung erhalten, dass sie fair und gerecht benotet worden sind. Darüber hinaus können Rückmeldebögen auch die Grundlage für individuelle Förderpläne, für Beratungsgespräche mit Eltern und Lernenden und für Lernentwicklungsberichte bilden, die anstelle von Notenzeugnissen erstellt werden. 4 Die Zukunft der Leistungsbewertung Es wird noch eine Weile dauern, bis die vielschichtigen Veränderungen, die das schulische Lernen mit zunehmender Heterogenität in den letzten Jahren beeinflusst haben, in der Breite im Bewusstsein aller Beteiligten angekommen sein werden. Es ist offensichtlich, dass sich diese Entwicklung auch auf neue Formen der differenzierenden Leistungsmessung und -beurteilung beziehen muss. Für die Lehrkräfte eröffnen sich „ unterschiedliche Bewertungs- und Dokumentationsformen: Note, Zensur, Punktesystem, Testate, verbale Beurteilung, Lernentwicklungsberichte, skalierter Rasterbogen/ Bewertungsbogen, Portfolio, Mischformen (z. B. Bewertungsbogen mit Noten und verbalen Bemerkungen) “ (Bohl 2013a: 4). Den Schüler/ -innen wird es im Vergleich zu herkömmlichen Klassenarbeiten erleichtert, ein positives Selbstbewusstsein in Bezug auf die eigene Leistung zu entwickeln. Eine wichtige künftige Aufgabe für Fachkonferenzen besteht darin, sich auf schlüssige und tragfähige Leistungsbewertungskonzepte zu verständigen, in die summative und formative Möglichkeiten der Leistungsdiagnostik und -bewertung einfließen müssen. Die Entwicklung in diese Richtung sieht in einzelnen Bundesländern bereits vielversprechend aus. Es bleibt zu hoffen, dass für alle Schulen in allen Bundesländern in möglichst naher Zukunft verlässliche und leicht handhabbare Regelungen für Klassenarbeiten getroffen werden, die juristisch sauber unterschiedliche Modelle für differenzierende Klassenarbeiten zulassen. In der Gemeinschaftsschule in Baden-Württemberg (Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg 2012) müssen keine Noten gegeben werden, jedoch können die Erziehungsberechtigten verlangen, dass es neben obligatorischen differenzierenden Beurteilungen über den individuellen Entwicklungs- und Leistungsstand der Schüler/ -innen auch Noten gibt. Diese Vorgaben erscheinen sinnvoll, da sie einerseits dem Bedürfnis nach klaren Notenstufen gerecht werden, andererseits aber auch die individuelle Lernentwicklung der Schüler/ -innen im Fokus haben. Die Ziele einer heutigen inklusiven Schule beziehen sich auf die prozessorientierte Kompetenzschulung sowie die individuelle Förderung aller Schüler/ -innen. Formen der differenzierenden Leistungsmessung und Notengebung, die diesen Grundsätzen gerecht werden, tragen dazu bei, dass die Lernenden ihrer individuellen Leistungs- 150 II Heterogenität im Fremdsprachenunterricht mit Fokus Fachperspektive fähigkeit und Kompetenz entsprechend fair und angemessen beurteilt werden. Winter (2015: 242f.) schlägt ein Beurteilungskonzept vor, das davon ausgeht, dass Planungsfragen für die Leistungsbeurteilung von vornherein in die Konzipierung einer Unterrichtseinheit einfließen und festgelegt wird, welche formativen und summativen Formen der Leistungsmessung und -beurteilung infrage kommen und welche nicht. Damit wird verdeutlicht, dass Leistungsbewertung und Leistungsrückmeldungen integrierter Bestandteil der jeweiligen Lernarrangements sind (vgl. Paradies, Greving & Wester 2014: 15). Lernprozesse und Lernergebnisse fließen gleichermaßen in die Gesamtbeurteilung individueller Schülerleistungen ein. Es bleibt die große Herausforderung, diese Ansprüche in einer inklusiven Englischklasse so umzusetzen, dass angestrebte Kompetenzen, gewählte Methoden und Maßnahmen allen unterschiedlichen Schülerprofilen möglichst gerecht werden und dabei die Lehrkräfte angemessen unterstützt und nicht überfordert werden. Anschlussfragen 1. Entwerfen Sie eine kompetenzorientierte Musterklassenarbeit für eine inklusive 7. Klasse entsprechend der drei vorgestellten Differenzierungsmodelle und entscheiden Sie sich begründet für eine Variante. 2. Überlegen Sie, nach Möglichkeit zusammen mit den Lehrkräften der anderen Fächer mit schriftlichen Klassenarbeiten, wie Sie Schüler/ -innen sowie deren Erziehungsberechtigten ein von Ihnen präferiertes Differenzierungsmodell für Klassenarbeiten erläutern? 3. „ Nach der Klassenarbeit ist vor der Klassenarbeit. “ - Erläutern Sie vor dem Hintergrund dieser Aussage einen Diagnose- und Förderkreislauf, indem Sie darstellen, welche Rolle die Lernausgangslage, die Lernbzw. Förderplanung, der Lernprozess sowie die Bewertung bzw. Evaluation in diesem Kreislauf spielen. 4. Wählen Sie ein Beispiel aus dem Bereich der formativen Leistungsmessung aus und erläutern Sie dessen Stellung im Prozess der Notengebung. Summative Leistungsmessung im differenzierenden Englischunterricht 151 III Internationale Perspektiven auf den Umgang mit Heterogenität Welche Heterogenitätsaspekte kann eine sprachenübergreifende Didaktikausbildung für künftige Fremdsprachenlehrkräfte aufgreifen und nutzen? Einblicke in das Innsbrucker Modell der Fremdsprachendidaktik Barbara Hinger Der folgende Beitrag stellt das Innsbrucker Modell der Fremdsprachendidaktik (IMoF) in seinen wesentlichen Zügen vor und diskutiert ausgewählte Bereiche dieses Ausbildungsmodells für Fremdsprachenlehrkräfte in der Sekundarstufe I und II in Bezug auf die folgenden, u. a. bei Klippert (2010) angeführten Heterogenitätsmerkmale: Sprache, Geschlecht, Alter, Teamarbeit und Lernrückmeldungen. Dabei werden insbesondere Potentiale, die das sprachenübergreifende und mehrsprachigkeitsdidaktischen Ansätzen verpflichtete Modell bietet, in den Blickpunkt gerückt und Bereiche des Modells betrachtet, die der Vorbereitung für den Umgang mit Heterogenität im fremdsprachlichen Klassenzimmer dienen können. Aktivierung von Vorwissen 1. Diskutieren Sie Vor- und Nachteile lebensweltlich bedingter Mehrsprachigkeit von künftigen Fremdsprachenlehrer/ -innen für ihre spätere Arbeit an Schulen. 2. Diskutieren Sie konkrete Möglichkeiten der Nutzung lebensweltlicher und bildungsbedingter Mehrsprachigkeit künftiger Fremdsprachenlehrer/ -innen in deren Fachdidaktikausbildung. 3. Welche Möglichkeiten kennen Sie, um Heterogenitätsaspekte im Entstehungsprozess schriftlicher Arbeiten zu berücksichtigen? 1 Zur Genese des Modells Das Innsbrucker Modell der Fremdsprachendidaktik fußt auf einer im Jahr 2000 informell ins Leben gerufenen Kooperation zwischen Fachdidaktikverantwortlichen an der Universität Innsbruck, die bis dahin an den Instituten für Anglistik, Romanistik und Slawistik unabhängig voneinander für die Fremdsprachendidaktikausbildung in den Lehramtsstudienfächern Englisch, Französisch, Italienisch, Russisch und Spanisch zuständig waren. Auch wenn am Institut für Romanistik die Fachdidaktikausbildung der genannten romanischen Sprachen zu jener Zeit in einer Hand lag, gab es keine inhaltlich definierte Kooperation unter den Studienfächern. Erst die Erarbeitung des - damals - neuen Studienplans für das Lehramt aus geisteswissenschaftlichen Unterrichtsfächern an der Universität Innsbruck ließ den Gedanken an eine Zusammenarbeit in der Fremdsprachendidaktiklehre keimen. Dieser konnte durch die Kooperation der Verantwortlichen an den genannten Instituten verwirklicht werden und ermöglichte so erstmals eine gemeinsam konzipierte und im Studienplan verankerte Fremdsprachendidaktikausbildung, die sowohl sprachenübergreifende als auch sprachspezifische Kurse vorsah und sich an Aspekten der Mehrsprachigkeitsdidaktik orientierte. Ausgegangen wurde davon, dass Theorien und Prinzipien des Lehrens, Lernens und Überprüfens von Sprachen nicht sprachspezifisch definiert sind sondern Gültigkeit für den Unterricht jedweder Sprache besitzen und keine theoretisch motivierbaren Differenzen für den schulischen Fremdsprachenunterricht ausgemacht werden können. Gelehrt wurde in den sprachübergreifenden Kursen von Beginn an im Team Teaching-Verfahren, in das Fachdidaktikkolleg/ -innen sowohl ihre inhaltliche als auch ihre sprachliche Expertise einbringen. Als dieses sprachenübergreifende Modell in der zuständigen Studienkommission vorgestellt wurde, traf es auf spontane Zustimmung seitens des Vertreters für die Studienfächer Latein und (Alt-)Griechisch, weshalb die Kooperation auf diese Sprachenfächer ausgedehnt und das für die modernen Fremdsprachen erarbeitete Konzept um die alten Sprachen erweitert wurde (vgl. Kofler 2006). Mit dem Studienjahr 2015/ 2016 startet nun die zweite Generation des Innsbrucker Modells der Fremdsprachendidaktik, das auf modifizierte Weise in das „ Curriculum für Bachelorstudium Lehramt Sekundarstufe (Allgemeinbildung) an der Universität Innsbruck “ (Mitteilungsblatt 2014/ 2015) eingeflossen ist. 1 Dieses Curriculum wurde im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben für die sog. „ PädagogInnenbildung Neu “ entworfen (vgl. Hinger 2014/ 15), die erstmals die Begutachtung von Lehramtscurricula durch ein externes Gremium, den sog. Qualitätssicherungsrat, vorsieht. In seinem Gutachten für das Curriculum begrüßt der Qualitätssicherungsrat ausdrücklich den „ fächer- und sprachenübergreifende[n] Ansatz in der Didaktik der modernen Fremdsprachen “ (Qualitätssicherungsrat 2015: 4). Neben dieser positiven, wenn auch knapp gehaltenen Aussage zur Einschätzung von IMoF soll an dieser Stelle auch auf den Länderbericht des Europarats zur Sprach- und Unterrichtspolitik in Österreich (BMUKK & BMWF 2008) verwiesen werden, der IMoF national gesehen als einziges Gesamtsprachenkonzept in der Ausbildung von Sprachlehrkräften hervorhebt. Aus wissenschaftlicher Perspektive wurden erste Veröffentlichungen über IMoF auf beschreibender Ebene bereits früh vorgelegt (u. a. Hinger et al. 2002, 2005). Spätere Publikationen beruhen überwiegend auf empirischen Untersuchungen und verweisen, zunächst wiederum deskriptiv, auf differenzierende Merkmale wie die gewählten Studienfächer der teilnehmenden Studierenden im Allgemeinen, die von ihnen stu- 1 Es handelt sich bei den Modifizierungen insbesondere um eine Erweiterung des Semesterstundenausmaßes zweier Lehrveranstaltungen, um die Aufnahme eines sog. Fachpraktikums, das bisher vom Bereich der allgemeinen bildungswissenschaftlichen Grundlagen durchgeführt wurde und nunmehr in die Agenden der Fremdsprachendidaktik fällt, sowie um eine realistische Berechnung des Arbeitsaufwandes für die Studierenden auf der Basis von ECTS-Arbeitspunkten (Mitteilungsblatt 2014/ 15). Inhaltlich angeregt wurden die Modifizierungen von einer umfassenden empirischen Untersuchung über IMoF (Hirzinger-Unterrainer 2013), von Diskussionen der Lehreteams sowie von für das neue Curriculum erhobenen Umfragen unter Studierenden. Damit erweist sich die Generation 2 von IMoF auf der Makroebene des Curriculums nunmehr auch als empirisch fundiertes Ausbildungsmodell, ein Umstand, der in der Curriculumforschung nach wie vor als Desiderat ausgewiesen ist (vgl. u. a. Hallet & Königs 2010). 156 III Internationale Perspektiven auf den Umgang mit Heterogenität dierten Fremdsprachen im Besonderen sowie auf Zahl und Geschlecht der Studierenden. Darüber hinaus werden schriftliche Aussagen von Studierenden über das Ausbildungsmodell vorgestellt und interpretiert sowie theoretische Einbettungen des Modells diskutiert (u. a. Hinger 2007, 2009; Hinger & Unterrainer 2008; Unterrainer & Hinger 2010). IMoF wurde zudem an zahlreichen Tagungen und Konferenzen vorgestellt, findet als Modell für eine gelungene Umsetzung mehrsprachigkeitsorientierter Fachdidaktikausbildungsgänge in facheinschlägigen Kursen an unterschiedlichen Universitäten Erwähnung und wird, in der einen oder anderen Form, als Vorbild für die Konzipierung von Kooperationen innerhalb der universitären Fremdsprachendidaktik etwa bei der Etablierung neuer Lehrstühle (z. B. an der Universität Wien) herangezogen. 2 In der aktuellen, nationalen Auseinandersetzung um mehrsprachige Ansätze im Bildungswesen betont beispielsweise Volgger (2014/ 15: 53): Als ein bereits in die Tat umgesetztes Modell für eine sprachenübergreifende, mehrsprachigkeitsorientierte Ausbildung für FremdsprachenlehrerInnen kann an dieser Stelle die Fremdsprachendidaktik-Ausbildung der Universität Innsbruck (IMoF) genannt werden. [. . .] Die Prinzipien des IMoF sind sprachenübergreifende Lehre, team teaching, Englisch als Arbeitssprache in ausgewählten Einheiten der sprachenübergreifenden Lehre, Zielsprache als Unterrichtssprache und e-learning [. . .]. Laut einer Befragung von Studierenden des Eingangsmoduls kommt der IMoF-Ausbildung große Zustimmung zuteil [. . .]. Besonders die sprachenübergreifende Lehre wird positiv angenommen und ermöglicht aus studentischer Sicht sprachliche und interkulturelle Vergleiche - eine Zielsetzung, die auch für ihr eigenes zukünftiges, mehrsprachigkeitsorientiertes Unterrichten ihre Gültigkeit hat. Unterrainer (2013) präsentiert in komprimierter Form ausgewählte Ergebnisse einer umfassenden Studie zu IMoF, die die Wahrnehmung des Ausbildungsmodells durch Studierende empirisch auf qualitativer und quantitativer Basis untersucht (Hirzinger- Unterrainer 2013). Ob die sprachenübergreifende und mehrsprachigkeitsdidaktisch ausgerichtete Ausbildung von IMoF tatsächlich den Weg in den schulischen Fremdsprachenunterricht findet und damit in der Realität fremdsprachlicher Klassenzimmer als transformatives Element Wirksamkeit zeigt, um den immer noch nicht ausreichend vollzogenen Paradigmenwechsel hin zu einem multilingualen Habitus einer multilingualen Schule voranzutreiben, lässt sich nur durch Studien im Rahmen einer Wirkungsforschung nachweisen. Eine erste Annäherung hierzu wird aktuell in einer Doktorarbeit unternommen, die die Umsetzung mehrsprachigkeitsdidaktischer Ansätze im Fremdsprachenunterricht der Sekundarstufe I und II von Lehrkräften, die IMoF durchlaufen haben, mit dem Unterricht von Lehrkräften vergleicht, die diese Aus- 2 Entstanden zur Jahrtausendwende und damit in einer Zeit beinahe durchgehend zu konstatierender Sparmaßnahmen an Universitäten, sieht sich IMoF von Beginn an mit dem Argument konfrontiert, als sog. Sparmodell missbraucht werden zu können oder gar selbst als Sparmodell konzipiert worden zu sein. Dies wurde in früheren Publikationen bereits insofern widerlegt, als die sprachenübergreifenden Fachdidaktikkurse auf einem Team Teaching-Konzept beruhen, das auf einer adäquaten Bezahlung der erforderlichen Mehrarbeit in der Lehre basiert. In der Zwischenzeit kann über die adäquate finanzielle Abgeltung des Team Teaching hinaus auch darauf verwiesen werden, dass v. a. durch die Kooperation neue Fachdidaktikstellen (pre doc, post doc und sog. Qualifizierungsstellen, die an österreichischen Universitäten als Tenure-Stellen konzipiert sind, sowie Fremdsprachendidaktikprofessuren) geschaffen wurden, von denen vor der Implementierung von IMoF keine einzige existiert hatte. Dies weist IMoF auch als Katalysator für die Professionalisierung der Fachdidaktik aus. Das Innsbrucker Modell der Fremdsprachendidaktik 157 bildung nicht absolviert haben (Lampl, in Bearbeitung). 3 Damit soll eine realistische Einschätzung der Wirkung von IMoF auf die schulische Ebene ermöglicht werden. Sowohl Generation 1 als auch Generation 2 von IMoF sind gekennzeichnet von Bemühungen um Begleitforschung und einem Bekenntnis zu einem Paradigmenwechsel in der Ausbildung von Fremdsprachenlehrpersonen, der auf Veränderungsprozesse in der Schule abzielt, indem v. a., aber nicht nur (s. u.), das Heterogenitätsmerkmal Sprache in ihrer schulisch-universitären und lebensweltlichen Ausprägung adäquate Berücksichtigung findet. 2 Zentrale inhaltliche Aspekte Strukturell wie inhaltlich gliedert sich die Ausbildung bei IMoF in drei Module: Während das sog. Eingangs- und Abschlussmodul aus je zwei Lehrveranstaltungen besteht, von denen jeweils eine sprachenübergreifend konzipiert ist, verweist das sog. Mittelmodul auf sprachspezifische Kurse. Näher beschrieben werden im Folgenden v. a. Inhalte des Eingangs- und Abschlussmoduls, Erwähnung finden in knapper Form auch ausgewählte Bereiche der Mittelmodulkurse. In der Fremdsprachendidaktikausbildung nach IMoF müssen Studierende insgesamt zehn Semesterstunden absolvieren. Von diesen sind drei im Eingangs- und weitere drei Stunden im Abschlussmodul zu belegen. Die verbleibenden vier Semesterstunden entfallen auf das Mittelmodul. 4 Belegen Studierende zwei Fremdsprachenfächer, so müssen sie ebenfalls die Gesamtanzahl von 20 Semesterwochenstunden in der Fachdidaktik absolvieren. Da im Eingangsmodul die sprachenübergreifende und theoriebasierte Lehrveranstaltung zwei Semesterstunden und deren Äquivalent im Abschlussmodul eine Semesterstunde umfasst, müssen Studierende von zwei Fremdsprachenfächern diese drei, für alle Fremdsprachen gemeinsam durchgeführten, Stunden mit anderen Kursen kompensieren. Für die drei Kompensationsstunden besteht die Möglichkeit, sie entweder aus dem sprachspezifischen Mittelmodulangebot zu wählen oder speziell konzipierte Kurse zu absolvieren. Letztere greifen insbesondere Themen der Eingangslehrveranstaltung auf und beschäftigen sich mit mehrsprachigkeitsdidaktischen Ansätzen im Fremdsprachenunterricht, mit der Auswirkung von Spracherwerbstheorien und Ergebnissen der Spracherwerbsforschung auf den Fremdsprachenunterricht, mit dem Interkulturellen Lernen im Fremdsprachenunterricht, um nur einige zu nennen. Die sprachspezifischen Mittelmodulkurse bieten überwiegend Inhalte in Bezug auf die sprachlichen Fertigkeiten und linguistischen Kompetenzen. Sie verweisen aber auch u. a. auf die Vermittlung fremdsprachiger Literatur sowie auf die steigende Bedeutung des Englischen als Lingua Franca. Methodisch hervorzuheben sind insbesondere jene 3 Diese Untersuchung sowie weitere Forschungsprojekte sollten auch eine implizite Evaluierung des sprachenübergreifenden und mehrsprachigen Ansatzes von IMoF bieten und idealerweise Teil einer formativen Evaluierung des neuen Curriculums sein. 4 Die Angaben in ECTS-Arbeitspunkten wurden, auf teils empirisch erhobener Basis, für das, 2015/ 16 in Kraft tretende, Curriculum exakt vorgenommen und werden für die hier beschriebene Generation I von IMoF nicht angeführt. Die drei angeführten Module werden im neuen Curriculum durch ein Fachpraktikum ergänzt. Die Modulbezeichnungen lauten wie folgt: Grundlagen der Fremdsprachendidaktik, Kompetenzorientierter Fremdsprachenunterricht, Evaluation von fremdsprachlichen Kompetenzen, Fachpraktikum. 158 III Internationale Perspektiven auf den Umgang mit Heterogenität Kurse des Mittelmoduls, die sich der Vermittlung des Teaching Business English widmen, da deren gesamte Kurskonzeption am Paradigma des sog. Kooperativen Lernens ausgerichtet ist, dem die Berücksichtigung der Heterogenität ja genuin zugrunde liegt. 5 Die inhaltlichen Bereiche der sprachübergreifenden Kurse des Eingangs- und Abschlussmoduls beziehen sich zum einen auf grundlegende Theorien und Prinzipien des Lernens und Lehrens von Fremdsprachen und zum anderen auf Prinzipien und Theorien des Überprüfens und Bewertens von Fremdsprachen. Lern- und lehrbezogene Themen werden dabei im Eingangsmodul in der zweistündigen sprachenübergreifenden Lehrveranstaltung bearbeitet und in den einstündigen, sprachspezifischen Begleitworkshops auf die jeweilige Fremdsprache unter Einbeziehung schulpraktischer Elemente übertragen. Der thematische Bogen spannt sich von den aktuellen schulischen Fremdsprachenlehrplänen über gegenwärtige und historische Entwicklungen von Fremdsprachenlehrplänen und deren Konzipierung auf nationaler und internationaler Ebene 6 zur Erläuterung von Makromethoden und methodischen Ansätzen im Fremdsprachenunterricht, der Vermittlung und dem Erlernen sprachlicher Fertigkeiten, spracherwerbstheoretischen Aspekten in gesteuerten und ungesteuerten Lernsituationen, motivationalen Faktoren für das Fremdsprachenlernen, der Bedeutung von Medien im Fremdsprachenunterricht sowie interkulturellen und mehrsprachigkeitsdidaktisch orientierten Ansätzen im schulischen Fremdsprachenlernen und umfasst ebenfalls europäische Instrumente in Bezug auf das Lernen und Lehren von Fremdsprachen (Stichworte sind hier v. a. der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen für Sprachen (GeR), vgl. Trim, North & Coste 2001 sowie das Europäische Sprachenportfolio (ESP), vgl. Abuja et al. 2007). Dabei werden bereits in der ersten Einheit der sprachenübergreifenden Lehrveranstaltung des Eingangsmoduls Heterogenitätskriterien insofern thematisiert, als heterogene Merkmale der Teilnehmer/ -innen selbst wie folgt sichtbar gemacht werden: Die Studierenden werden gebeten, sich in sog. Raumdiagrammen anhand vorgegebener Merkmale (wie z. B. Geschlecht, studierte Fremdsprache(n), Muttersprache(n), Herkunftsort/ -land, wesentlichstes Motiv für die Berufswahl) aufzustellen und sich darüber in den entlang dieser Kriterien entstehenden Gruppen auszutauschen sowie dies anschließend im Plenum kurz zu diskutieren. Dieser Einstieg veranschaulicht leicht nachvollzieh- und erfassbar die Heterogenität der eigenen Lerngruppe und ist u. a. mit Hinblick auf eine analoge Übertragung in den Kontext schulischer Lerngruppen gewählt. Die sprachspezifischen Begleitkurse greifen in Folge u. a. das Heterogenitätsmerkmal „ Sprache “ auf und erarbeiten auf individueller Ebene die Sprachlernbiographie der Studierenden, indem beispielsweise chronologisch-tabellarische Auflistungen oder sog. Sprachenporträts (vgl. Krumm & Jenkins 2001) genutzt werden. Diese werden im Laufe der Präsentation und der dabei entstehenden Diskussion von der individuellen auf die Gruppenebene gehoben; so wird sowohl die individuelle als auch die gruppenspezifische Mehrsprachigkeit der Studierenden für alle sichtbar. 5 Die Lehrveranstaltungsleitenden sind auch an Schulen tätig und haben eine entsprechende Ausbildung absolviert, die sie auch für die Gestaltung ihres schulischen Englischunterrichts nutzen. Der Ansatz des Kooperativen Lernens bietet ein umfassendes, zahlreiche österreichische Schulen einbeziehendes Netzwerk (vgl. www.cooltrainers.at/ ). 6 Dieser ist für die Sekundarstufe I seit 2006 sowie für die Sekundarstufe II seit 2004 sprachenübergreifend formuliert und am GeR orientiert. Das Innsbrucker Modell der Fremdsprachendidaktik 159 Das Abschlussmodul besteht, analog zum Eingangsmodul, aus einer theoriegeleiteten und sprachübergreifenden Lehrveranstaltung sowie einem sprachspezifischen Begleitworkshop. Das Gesamtstundenausmaß von drei Semesterwochenstunden ist ident mit jenem des Eingangsmoduls, allerdings umfasst hier der sprachenübergreifende Kurs eine Semesterstunde und der sprachspezifische Begleitkurs zwei. Die bearbeiteten Themen beziehen sich auf das Überprüfen und Bewerten der sprachlichen Fertigkeiten und linguistischen Kompetenzen. Dabei werden sprachtesttheoretische Gütekriterien ebenso vermittelt wie die adäquate Erstellung von unterschiedlichen Aufgabenformaten, Bewertungsskalen, Prüfrespektive Testspezifikationen sowie das Erstellen von Klassenarbeiten und mündlichen Prüfungen. Zu erwähnen ist, dass IMoF durch das explizite Aufnehmen der Thematik des Testens, Prüfens und Bewertens in die Fremdsprachenlehramtsausbildung von Beginn an Maßstäbe gesetzt hat, die in der Tatsache begründet liegen, dass Lehrpersonen während ihres gesamten Berufslebens beträchtliche Zeit für das Überprüfen sprachlicher Leistungen aufbringen müssen. Während die Themen des Eingangsmoduls also den Kanon üblicher fremdsprachendidaktischer Ausbildungen umfassen, haben die im Abschlussmodul bearbeiteten Inhalte im deutschsprachigen Raum noch kaum Eingang in Lehramtsstudien gefunden und stellen nach wie vor Ausbildungsdesiderate dar. Interessanterweise sehen Studierende jedoch gerade die Inhalte des Abschlussmoduls als besonders wesentlich für ihre spätere berufliche Tätigkeit in der Schule an (vgl. Hirzinger-Unterrainer 2013). Abschließend soll darauf hingewiesen werden, dass IMoF das Europäische Portfolio für Sprachlehrende in Ausbildung (EPOSA, vgl. Newby et al. 2007) als begleitendes Reflexionsinstrument nutzt, damit Studierende ihre individuelle Lernentwicklung im Laufe der Ausbildung dokumentieren können, was von Klippert (2010: 120) als Aufgreifen von Heterogenität in Lerngruppen betrachtet wird. In diesem Sinne ist EPOSA wie das bereits angesprochene ESP zu sehen, da es für Studierende sichtbar macht, „ über welche Kompetenzen [sie] “ (Gehler 2005: 294) verfügen und die Chance bietet, „ die Heterogenität der [Studierenden] zu berücksichtigen und ihre Individualität einerseits zu wahren und andererseits als Ausgangsbasis für ihre Weiterentwicklung zu nutzen “ (ebd.: 301). 3 Wesentliche Heterogenitätsmerkmale des Modells 3.1 Demographisches 7 Die Merkmale Geschlecht und Alter zeigen eine wohl übliche Verteilung für Populationen von Fremdsprachenlehramtsstudierenden. So setzen sich die Studierenden durchschnittlich aus 82,5 % weiblichen und 17,5 % männlichen Studierenden zusammen, wobei ein Minimum von 72 % und ein Maximum von 89 % an weiblichen Teilnehmerinnen einem Minimum von 11 % und einem Maximum von 28 % an 7 Basis der Ergebnisse zu den im Folgenden vorgestellten Daten zu Studierenden am IMoF bilden Online-Befragungen, die in den letzten fünf Semestern (vom Sommersemester 2013 bis einschließlich Sommersemester 2015) unter den Teilnehmer/ -innen der Lehrveranstaltung „ Einführung in die Didaktik des Fremdsprachenunterrichts “ zu Semesterbeginn durchgeführt wurden. Von 499 kontaktierten Studierenden beantworteten 305 die Online-Fragen, was einer durchschnittlichen Rücklaufquote von 62 Prozent entspricht. 160 III Internationale Perspektiven auf den Umgang mit Heterogenität männlichen Studierenden gegenüberstehen. Die überwiegende Mehrheit der Studierenden ist also weiblich. Auch in Bezug auf das Alter zeigt sich eine relativ homogene Zusammensetzung der Studierenden. Das Durchschnittsalter beträgt 22 Jahre. Die Spannbreite ist mit 24 Jahren relativ groß und weist ein Minimum von 18 Jahren und ein Maximum von 42 Jahren auf. Insgesamt ist die IMoF-Studierendenpopulation der letzten fünf Semester hinsichtlich der Faktoren Alter und Geschlecht als relativ homogen zu kennzeichnen. 3.2 Sprache Wie ausgeführt, ist eine wesentliche Komponente von IMoF sein sprachenübergreifender Ansatz. Es liegt folglich auf der Hand, dass das Heterogenitätsmerkmal Sprache in der Studierendenpopulation ausgeprägt ist, weil eben nicht Studierende nur einer Fremdsprache die Fachdidaktikkurse besuchen. Im Folgenden wird zunächst gezeigt, welche Fremdsprache von den Studierenden als erstes, respektive zweites, Studienfach gewählt wird und wie sich die sprachliche Zusammensetzung in den sprachenübergreifenden Ausbildungskursen gestaltet. Sprache Als erstes Studienfach Als zweites Studienfach Englisch 50 % 15 % Französisch 14,5 % 19,5 % (Alt-)Griechisch 0,75 % 4,25 % Italienisch 13,5 % 13 % Latein 3,5 % 5,25 % Russisch 4,5 % 17,8 % Spanisch 11,5 % 24,75 % Tab. 1: Fremdsprache als erstes oder als zweites Studienfach Ein Blick auf Tabelle 1 und Abbildung 1 verdeutlicht, dass es in Bezug auf das erste Studienfach einen deutlichen Überhang an Englischstudierenden gibt: Im Durchschnitt belegen 50 % der Studierenden Englisch als erstes Studienfach, gefolgt von Französisch, das durchschnittlich 14,5 % der Studierenden als erstes Studienfach belegen. Italienisch wird von 13,5 %, Spanisch von 11,5 %, Russisch von 4,5 %, Latein von 3,5 % und (Alt-)Griechisch von 0,75 % der Studierenden als erstes Studienfach gewählt. In Bezug auf das zweite Studienfach zeigt sich, dass Spanisch mit 24,75 % den ersten Platz einnimmt, Französisch mit 19,5 % wiederum den zweiten Platz belegt, Russisch von 17,80 % der Studierenden als zweites Studienfach gewählt wird, Englisch von 15 %, Italienisch von 13 %, Latein von 5,25 % und (Alt-)Griechisch von 4,25 %. Damit liegt für moderne Fremdsprachen, die als zweites Studienfach belegt werden, eine deutlich ausgeglichenere Wahl vor als für Fremdsprachen, die als erstes Studienfach gewählt werden, da bei diesen ja, wie gezeigt, das Englische dominiert. Die klassischen Sprachen Latein und (Alt-)Griechisch werden gegenüber den modernen Sprachen sowohl als erstes als auch als zweites Studienfach seltener gewählt. Das Innsbrucker Modell der Fremdsprachendidaktik 161 50,0% 14,5% 0,8% 13,5% 3,5% 4,5% 11,5% 15,0% 19,5% 4,3% 13,0% 5,3% 17,8% 24,8% 0,0% 20,0% 40,0% 60,0% Fremdsprache nach Studienfach Studienfach 1 Studienfach 2 Abb. 1: Fremdsprache als erstes oder als zweites Studienfach Insgesamt zeigt sich, dass die als Studienfächer wählbaren Fremdsprachen in unterschiedlichem Ausmaß von den Studierenden belegt werden und sich auch Differenzen hinsichtlich der Verteilung dieser Fremdsprachen auf das erste und auf das zweite Studienfach ausmachen lassen. Die durch die Studienwahl festgestellte bildungsbedingte Mehrsprachigkeit der Fremdsprachenlehramtsstudierenden wird im Folgenden um deren lebensweltliche Mehrsprachigkeit ergänzt und damit um jene Sprachen, die die Studierenden als ihre Erstsprachen bereits ins Studium mitbringen. Zunächst wird angegeben, wie viele Studierende ihre L1 als Fremdsprachenlehramtsstudium belegen (Abbildung 2). Insgesamt ist dies eine geringe Zahl, da nur 18 der befragten Studierenden ihre L1 auch als Studienfach wählen. Für die Mehrzahl der Studierenden, nämlich für zehn, ist Italienisch ihre L1, während die weiteren Sprachen (Englisch, Französisch, Russisch, Spanisch) nur für eine/ n, höchstens zwei Studierende/ n ihre/ seine L1 ist. Die für die lebensweltliche Mehrsprachigkeit ermittelten Werte, die sich auf Sprachen beziehen, die von den Studierenden nicht als Fremdsprachenlehramtsstudium belegt werden, konnten aus diversen Gründen nur für zwei Semester (Wintersemester 2014/ 15, Sommersemester 2015) erhoben werden. Hier liegt auch eine geringere Rücklaufquote (52 % für das Winter-, 62 % für das Sommersemester) vor als für die Gesamtbefragung (vgl. Fußnote 7). Die eingegangenen Antworten zeigen, dass nur wenige Studierende über eine andere L1 als Deutsch verfügen oder bilingual aufgewachsen sind. Im Durchschnitt geben 11,5 % der Studierenden an, entweder bilingual zu sein oder eine andere L1 als Deutsch zu haben. Die genannten Sprachen weisen jedoch eine gewisse Vielfalt auf und umfassen Bosnisch-Kroatisch-Serbisch (BKS), Chinesisch, Englisch, Französisch, Italienisch, Japanisch, Russisch, Spanisch und 162 III Internationale Perspektiven auf den Umgang mit Heterogenität Türkisch. Festgehalten werden kann, dass sich 88,5 % der Studierenden als einsprachig - mit Deutsch als ihre L1 - sehen. Die festgestellte bildungsbedingte Mehrsprachigkeit, die auf der Wahl von Fremdsprachen als Studienfächern beruht und sich, entsprechend dem sprachenübergreifenden Ansatz von IMoF, als vielfältig erweist, findet also in der lebensweltlichen Mehrsprachigkeit der Lehramtsstudierenden keine Entsprechung. 0 1 2 3 4 5 6 SoSe 13 WiSe 13 SoSe 14 WiSe 14 SoSe 15 Anzahl Studierender L1 als studierte Fremdsprache SoSe 13 - 15 FS 1 als L1 FS 2 als L1 Abb. 2: L1 als studierte Fremdsprache Werden nun statistische Daten des österreichischen Bildungssystems herangezogen (vgl. Statistik Austria 2012/ 13), zeigt sich zunächst, dass Sprache als Heterogenitätsmerkmal in schulischen Klassenzimmern der Sekundarstufen I und II, in denen IMoF- Studierende später unterrichten werden, stärker ausgeprägt ist als unter Studierenden von Fremdsprachenfächern: Während in den beiden genannten Semestern im Durchschnitt 11,5 % der befragten Studierenden entweder zweisprachig aufgewachsen sind oder über eine andere L1 als Deutsch verfügen, sind es in der AHS-Unterstufe (gymnasiale Sekundarstufe I) 17 % und in der AHS-Oberstufe (gymnasiale Sekundarstufe II) 16 % der Schüler/ -innen, die als ihre Umgangssprache eine andere Sprache als Deutsch angeben. 8 In den Berufsbildenden höheren Schulen (BHS) ist dieser Anteil 8 Für diese Sprachen liegen jedoch nur für das Türkische und für Bosnisch- Kroatisch-Serbisch konkrete Zahlen vor. So nutzen 2,9 % der Schüler/ -innen in der gymnasialen Unterstufe Türkisch als Umgangssprache und 5,4 % BKS. In der gymnasialen Oberstufe sind es 2,4 % der Schüler/ -innen, die Türkisch nutzen, und 3,8 % BKS. Darüber hinaus wird von 8,7 % in der Unter- und von 9 % in der Oberstufe eine weitere Sprache genutzt. Nur die berufsbildenden höheren Schulen weisen hier im Vergleich einen geringeren Anteil aus: 3,0 % nennen Türkisch als ihre Umgangssprache, 4 % Bosnisch-Kroatisch-Serbisch und 7,7 % weitere Das Innsbrucker Modell der Fremdsprachendidaktik 163 etwas geringer und liegt bei 14,7 %. In beiden Schultypen (AHS und BHS), in denen Fremdsprachenlehramtsstudierende von IMoF ihrem späteren Beruf nachgehen werden, ist also der Anteil der Schüler/ -innen, die über eine lebensweltliche Mehrsprachigkeit verfügen, höher als unter den Studierenden. Im Vergleich zu AHS und BHS werden jedoch alle anderen österreichischen Schultypen von deutlich mehr lebensweltlich mehrsprachigen Schüler/ -innen besucht (vgl. Abbildung 3 und Tabelle 2). 0% 20% 40% 60% 80% 100% Verteilung Schülerinnen und Schüler nach Schultypen und Umgangssprache, 2012/ 13 sonstige Sprachen Bosnisch, Kroatisch, Serbisch Türkisch Deutsch Abb. 3: Umgangssprache der Schüler/ -innen nach Schultypen, Schuljahr 2012/ 13 (Statistik Austria 2012/ 13) Während nun in den allgemeinen Pflichtschulen (APS: Volksschulen, Hauptschulen, Mittelschulen, Polytechnische Schulen, Sonderschulen) der Anteil des Deutschen als Umgangssprache geringer ausfällt als in den allgemein respektive berufsbildenden höheren Schulen (AHS-Unterstufe, AHS-Oberstufe, BHS) und in erstgenannten zwischen 69,6 % und 78,4 % der Schüler/ -innen Deutsch als ihre Umgangssprache angeben, oszilliert dieser Wert in letztgenannten zwischen 83 % und 85,3 %. Hervorzuheben bleibt, dass in den Lehrerbildenden höheren Schulen (gemeint sind Pädagogische Hochschulen), also in jenen Institutionen, die Lehrpersonen für die allgemeinen Pflichtschulen ausbilden, der insgesamt geringste Anteil von Studierenden anzutreffen ist, die angeben, als Umgangssprache eine andere Sprache als Deutsch zu nutzen. Anders ausgedrückt, ist hier der Anteil jener, die Deutsch als ihre L1 angeben, am höchsten und beträgt 96,4 %. Sprachen. Unerfreulicherweise werden diese weiteren Sprachen in der statistischen Auswertung nicht genannt. 164 III Internationale Perspektiven auf den Umgang mit Heterogenität Verteilung der Schüler/ -innen nach Schultypen, 2012/ 13 Umgangssprachen der Schüler/ -innen Deutsch Türkisch Bosnisch, Kroatisch, Serbisch sonstige Sprachen Volksschulen 74,4 % 7,0 % 7,3 % 11,3 % Hauptschulen 78,4 % 6,2 % 6,6 % 8,8 % Neue Mittelschulen 72,0 % 9,3 % 8,2 % 10,2 % Sonderschulen 69,9 % 10,3 % 8,1 % 11,7 % Polytechnische Schulen 72,1 % 7,6 % 9,0 % 11,3 % AHS-Unterstufe 83,0 % 2,9 % 5,4 % 8,7 % AHS-Oberstufe 84,8 % 2,4 % 3,8 % 9,0 % Berufsbildende höhere Schulen 85,3 % 3,0 % 4,0 % 7,7 % Lehrerbildende höhere Schulen 96,4 % 0,6 % 0,4 % 1,6 % Tab. 2: Umgangssprache der Schüler/ -innen nach Schultypen, Schuljahr 2012/ 13 (Statistik Austria) Festzuhalten ist, dass die Anteile von Schüler/ -innen, die im umgangssprachlichen Kontext eine andere Sprache als Deutsch nutzen, in Schultypen, die der höheren Schulbildung zugeordnet sind (AHS, BHS), deutlich geringer sind als in den allgemeinen Pflichtschulen. Darüber hinaus zeigt sich, dass diese nur in einem äußerst geringen Ausmaß den Lehrberuf ergreifen. Damit treffen in den allgemeinen Pflichtschulen überwiegend einsprachig sozialisierte Lehrpersonen auf lebensweltlich mehrsprachig sozialisierte Schülerpopulationen. Mehrsprachigkeit als gleichsam selbst er- und gelebtes Heterogenitätsmerkmal von allen am Schulleben beteiligten Gruppen ist also nach wie vor ungleich verteilt. Demgegenüber ist das Heterogenitätsmerkmal Sprache, gesehen als lebensweltliche Mehrsprachigkeit, bei Fremdsprachenlehrpersonen, die zukünftig in allgemein- und berufsbildenden höheren Schulen ihrer Tätigkeit nachgehen, in deutlich stärkerem Ausmaß anzutreffen (s. o.). 9 3.3 Teamarbeit und Lernrückmeldungen Im Folgenden wird exemplarisch gezeigt, wie in der ersten sprachenübergreifenden Lehrveranstaltung bei IMoF im Bereich der schriftlichen Arbeiten, die Studierende für die Absolvierung dieses Kurses einzureichen haben, in bestimmten Teilen des Erarbeitungsprozesses individuelle Unterschiede der Lernenden berücksichtigt werden und damit Heterogenität positiv aufgegriffen und genutzt wird. Vorauszuschicken ist, dass von den Studierenden - neben einer mündlichen Prüfung und einem klassischen paper-pencil Test - zwei schriftliche Arbeiten als Teil der Gesamtbewertung des Kurses einzubringen sind. Während eine der beiden Arbeiten individuell 9 Der hierfür angegebene Zahlenwert wurde lediglich für die Universität Innsbruck erhoben. Dabei ist davon auszugehen, dass dieser Wert von der geographischen Umgebung insofern geprägt ist, als sich Studierende aus Südtirol mit Italienisch als Mutter- oder Umgangssprache in nicht unerheblicher Anzahl für eine Ausbildung an der Universität Innsbruck entscheiden. Um national gültige Aussagen treffen zu können, wäre also eine Gesamterhebung an allen Universitäten Österreichs als korrektiver Faktor der hier genannten Zahlen wünschenswert. Das Innsbrucker Modell der Fremdsprachendidaktik 165 durchzuführen ist, wird die andere in einem sprachenübergreifenden Team von idealerweise drei Studierenden bearbeitet. 10 Der sprachenübergreifende Ansatz der schriftlichen Teamarbeiten verweist bereits, inhaltlich gesehen, in der Aufgabenstellung auf Heterogenitätsmerkmale, müssen Studierende doch entweder bestimmte Charakteristika ausgewählter Lehrwerke ihrer Fremdsprachenstudienfächer vergleichen, um ähnliche oder unterschiedliche Ansätze in diesen über Sprachgrenzen hinweg festzustellen. Die Analyseergebnisse verweisen im Idealfall wiederum auf Bereiche, die für die Vermittlung jeglicher Fremdsprachen genutzt werden können, wie z. B. Lernstrategien beim Erarbeiten von Wortschatz, Herangehensweisen an Textverständnisaufgaben, das Berücksichtigen von Aufgaben zur Integration der sprachlichen Fertigkeiten. Damit sollen Studierende in die Lage versetzt werden, nicht nur sprachenübergreifendes Denken zu lernen, sondern auch das Arbeiten in sprachenübergreifenden Teams kennen und nutzen zu lernen. Neben der Analyse von Lehrwerken kann die Aufgabenstellung für die Teams auch die gemeinsame Bearbeitung eines spezifischen Themas beinhalten. In diesem Fall sind Studierende beispielsweise aufgefordert, gemeinsam ein interkulturelles Projekt zu planen, dessen Inhalte und Zielsetzungen sie auf der Fachliteratur basierend theoretisch zu begründen haben. Oder Studierende sollen Unterrichtseinheiten planen, die die lebensweltliche und die schulische Mehrsprachigkeit der Schüler/ -innen aufgreifen und unterrichtlich nutzen. Auch hier ist eine Verknüpfung von konkreter Unterrichtsplanung mit theoretischen Begründungen der einzelnen Planungsschritte und Umsetzungsphasen sowie der Gesamtziele mehrsprachigkeitsdidaktisch orientierter Ansätze gefordert. Das sprachenübergreifende, theorie- und praxisverbindende Arbeiten in Teams als Bestandteil der Fremdsprachendidaktikausbildung soll folglich bereits im Studium eine entsprechende Professionshaltung initiieren und diese im späteren Fremdsprachenunterricht idealerweise prolongieren. Sprache und Kultur als Heterogenitätsmerkmale werden damit explizit und von Beginn an in die Fachdidaktikausbildung zukünftiger Fremdsprachenlehrkräfte eingebunden. Was die schriftlichen Einzelarbeiten der Studierenden betrifft, so bezieht sich das hier genutzte Heterogenitätsmerkmal auf die individuellen Lernrückmeldungen (Klippert 2010: 199), die die Studierenden während des Schreibprozesses erhalten. Für ihre Einzelarbeit wird den Studierenden die Möglichkeit geboten, diese als Entwurf freiwillig einzureichen. Der Entwurf wird vom Lehreteam korrigiert sowie mit schriftlichen Rückmeldungen versehen, die auf den später zur Bewertung herangezogenen und den Teilnehmer/ -innen vorliegenden Evaluierungskriterien basieren. Damit einher geht die Möglichkeit für Studierende, nach Erhalt der Rückmeldungen das persönliche Gespräch mit den Lehrenden zu suchen. In diesem werden Potentiale zur Verbesserung der Arbeiten konkret besprochen. Die schriftlichen Rückmeldungen und das Gespräch dienen als Grundlage der gegenseitigen Verständigung und einer transparenten Nach- 10 Die beiden schriftlichen Arbeiten verlangen unterschiedliche Grade der Kooperation, die analog zur Zusammenarbeit im Lehreteam des Eingangsmoduls auf einem Kooperationskontinuum angesiedelt werden können. Dieses ist als eines der grundlegenden Team Teaching- Lehreprinzipien von IMoF bereits mehrfach dargelegt worden (vgl. u. a. Unterrainer & Hinger 2010: 186f.). 166 III Internationale Perspektiven auf den Umgang mit Heterogenität vollziehbarkeit der Bewertungskriterien sowie des Grades ihrer Erfüllung. 11 Die Heterogenitätsmerkmale solider Diagnose und Beratung seitens der Lehrenden soll im Klippertschen Sinn (ebd. 201) Kompetenzdefizite der Lernenden sichtbar machen, Unterstützung für deren Abbau bereitstellen und werden „ als Orientierungs- und Verständnismittel “ (Prengel 2005: 27) genutzt. Dass die anfängliche Nutzung dieses lernbegleitenden Angebots von ungefähr 50 % der Studierenden auf mittlerweile circa 80 % gestiegen ist, verweist auf die positive Annahme der Lernrückmeldungen im Prozess des Erarbeitens der schriftlichen Aufgaben. Angeregt wurde diese Vorgangsweise durch eine empirische Untersuchung von Hirzinger-Unterrainer (2014 a, 2014 b), die die Wirkung des expliziten Sichtbarmachens von Lernprozessen aufzeigt. Die Studie verweist darauf, dass der teamorientierte und sprachenübergreifende Modellcharakter von IMoF alleine noch nicht ausreicht, um die Perzeption der Studierenden in ausreichendem Maße auf das Übertragungspotential für den späteren Unterricht zu lenken. Hirzinger-Unterrainer geht in ihrer Studie der von IMoF intendierten Wirkung des Team Teaching als Modell der sprachenübergreifenden Lehre für das Team Learning bei der sprachenübergreifenden Bearbeitung der schriftlichen Gruppenaufgaben nach und fördert zu Tage, dass sich die von IMoF postulierte Spiegelfunktion für Studierende nicht automatisch einstellt. Vielmehr scheint es so zu sein, dass Studierende, denen die Gruppenarbeit während des Semesters laufend explizit erläutert wird, diese signifikant stärker als positive Herausforderung sehen als Studierende, denen die Gruppenarbeit lediglich in der ersten Kurseinheit vorgestellt wird und die im Laufe des Semesters mit ihrer Arbeit im Team unter sich und ohne weitere Unterstützung durch die Lehrenden zurecht zu kommen haben. Ebenso sind Studierende, die bei ihrer Teamarbeit explizit begleitet werden, in signifikant größerem Ausmaß in der Lage, sich gegenseitig konstruktives Feedback zu geben. Sie geben auch an, effizienter mit den anderen Gruppenmitgliedern kooperieren zu können. Des Weiteren sagen diese Studierenden, dass sie deutlich lieber in der Gruppe arbeiten und teamorientierte Aufgabenstellungen in ihrer späteren Tätigkeit als Lehrperson als sinnvoller erachten als jene Studierende, die keine explizite Begleitung während ihrer Gruppenarbeit erhalten. Interessanterweise können sich Studierende, die explizit begleitet werden, auch eher vorstellen, in ihrem späteren Beruf Team Teaching durchzuführen. Lediglich die Bereitschaft zur Kooperation mit anderen Sprachlehrkräften im späteren Berufsumfeld weist in beiden Gruppen ähnlich hohe Werte auf. Hirzinger- Unterrainer (2014 b: 18) fasst wie folgt zusammen: [Es zeigt sich], dass es erforderlich ist, das sprachenübergreifende Team-Teaching explizit anzusprechen, damit Lernen am Modell erfolgen kann. Mit anderen Worten, es kann gefolgert werden, dass es nicht ausreicht, Lernen am Modell vorzuleben, ohne explizit darauf zu verweisen. So wurde unter anderem den Studierenden der Kontrollgruppe [. . .] das Unterrichten in einem sprachenübergreifenden Team vorgelebt, ohne während des Semesters auf dessen Relevanz [. . .] hinzuweisen. Daher blieb den Studierenden der Zusammenhang zur in einer sprachenübergreifenden Kleingruppe zu verfassenden Gruppenarbeit zumeist unklar. Quintessenz von Hirzinger-Unterrainers Studie ist, dass „ das explizite Aufgreifen des Zusammenhangs zwischen Team-Teaching und Team-Learning [. . .] für die studenti- 11 Studierenden werden in der ersten Einheit der Lehrveranstaltung sämtliche Leistungen, die sie für die Absolvierung des Kurses zu erbringen haben, erläutert und sie erhalten das Evaluierungsblatt samt Erklärungen der Bewertungskriterien und Modalitäten der Bewertung. Das Innsbrucker Modell der Fremdsprachendidaktik 167 sche Wahrnehmung zentral [ist] “ (ebd.: 19), damit die von IMoF intendierte Spiegelfunktion zwischen der kooperativen Unterrichtstätigkeit im Team der Lehrenden von den Studierenden für die Entwicklung ihrer Lernteams genutzt werden kann. Das Arbeiten in Teams und das kooperative Lernen werden wiederum u. a. von Klippert (2010: 56 f. und 133) als zentrale Bausteine von Unterrichtsansätzen betrachtet, die die Heterogenität von Lerngruppen gezielt beachten und explizit aufgreifen. 4 Fazit Anhand der Genese sowie ausgewählter Inhalte des Innsbrucker Modells der Fremdsprachendidaktik hat der vorliegende Beitrag zu zeigen versucht, dass dieses Modell in seiner Grundlegung Heterogenitätsmerkmale wie Mehrsprachigkeit, sprachenübergreifende Kooperation unter den Lehrenden und unter den Studierenden sowie die damit verbundene Entwicklung von Teamarbeit nutzt, um für die Studierenden bereits in ihrer Fremdsprachendidaktikausbildung eine Pädagogik der Vielfalt im Prengelschen Sinne konkret erfahrbar und als Spiegel für eine spätere Übertragung in den schulischen Fremdsprachenunterricht nutzbar zu machen. Als weiterer heterogenitätssensibler Bereich von IMoF wurden schriftliche und mündliche Lernrückmeldungen an die Studierenden im Laufe der ersten, von ihnen besuchten sprachenübergreifenden Lehrveranstaltung beschrieben. Als abschließender Ausblick sei angeführt, dass IMoF im Rahmen der Vermittlung grundlegender Theorien, Erkenntnisse und Ergebnisse diverser Ansätze in der Spracherwerbsforschung auf die Bedeutung eines binnendifferenzierten Grammatikunterrichts verweist (vgl. u. a. Keßler 2005). Da es hierfür jedoch noch weiterer Anstrengungen v. a. hinsichtlich longitudinal ausgerichteter wie designbasierter Unterrichtsforschung bedarf, wurde auf eine explizitere Skizzierung im Beitrag verzichtet. Zu hoffen bleibt, dass die Bemühungen des Innsbrucker Modells der Fremdsprachendidaktik um das Thema Heterogenität nachvollziehbar erklärt sind. Anschlussfragen 1. Beschreiben Sie die Grundannahmen des Innsbrucker Modells der Fremdsprachendidaktik und charakterisieren Sie dessen Struktur und Inhalte. 2. Diskutieren Sie die ausgewählten Heterogenitätsmerkmale des Innsbrucker Modells der Fremdsprachendidaktik und begründen Sie, warum diese geeignet erscheinen, auf heterogene Lerngruppen im schulischen Kontext übertragen zu werden. 3. Reflektieren Sie Ihre eigene Fremdsprachendidaktikausbildung und vergleichen Sie Vor- und Nachteile dieser mit Vor- und Nachteilen, die Sie im Innsbrucker Modell der Fremdsprachendidaktik erkennen. 168 III Internationale Perspektiven auf den Umgang mit Heterogenität Systematische Förderung von Lernenden in der dominanten Schulsprache in Kanada - ein Modell für Deutschland? Lena Schuett Ziel dieses Beitrags ist es, zur Schärfung und Intensivierung von Zweitsprachenfördermaßnahmen in Deutschland beizutragen. Die Frage, die im Zentrum des Beitrags steht, ist, inwiefern der Bereich der Zweitsprachenförderung an deutschen Schulen von zusätzlichen integrativen sowie additiven Fördermaßnahmen profitieren könnte. Hierzu wird der Blick über den Tellerrand auf ein anderes inklusives Schulmodell gerichtet, welches bereits eine (Teil-)Entwicklung von erfolgreichen Zweitsprachenfördermaßnahmen durchgeführt hat. Dabei handelt es sich um Kanada, dessen Ergebnisse in internationalen Vergleichsstudien, besonders in Bezug auf die Ergebnisse der Schülerpopulation mit Migrationshintergrund, überzeugen. Diese Schülerpopulation ist mit einem ähnlich hohen Anteil in beiden Kontexten vertreten. Zudem existiert in Kanada, wie auch in Deutschland, ein föderales System bundesstaatlicher Ordnung, weshalb der Bereich Bildung in die Zuständigkeit der einzelnen Provinzen bzw. Bundesländer fällt. Schließlich weisen viele kanadische Provinzen einige der institutionellen Schlüsselelemente auf, die in den meisten deutschen Bundesländern erst jüngst eingeführt wurden, wie beispielsweise ein inklusives Ganztagsschulmodell, integriertes und gemeinsames Lernen, keine Abschulung sowie Diagnostik-unterstützende Assessments. Anhand von einigen konkreten Beispielen aus der Schulpraxis in der kanadischen Provinz Alberta wird diskutiert, ob und inwiefern auch Deutschland, stellvertretend am Bundesland Bremen aufgezeigt, von der Integration dieser zusätzlichen Zweitsprachenfördermaßnahmen profitieren könnte. Aktivierung von Vorwissen 1. Stellen Sie Vermutungen darüber an, warum und inwiefern Kanada gemeinhin als erfolgreich in Bezug auf die Immigration und Integration von Neuankömmlingen gilt. 2. Von welchen Unterstützungsmaßnahmen können Ihrer Meinung nach Schüler/ -innen mit einer anderen Herkunftssprache als der dominanten Schulsprache besonders profitieren? 3. Definieren Sie für sich die Begriffe „ Inklusion “ und „ Integration “ in der Schule. Wo bestehen Parallelen und Unterschiede zwischen den Konzepten? 4. Inwiefern stimmen Sie (nicht) der These zu: „ Sprachförderung ist Aufgabe aller Fächer “ . Erläutern Sie Ihre Meinung. 5. Wie, wenn überhaupt, kann jeder Fachunterricht auch gleichzeitig zum Sprachunterricht werden. Zählen Sie ggf. Strategien und Hilfsmittel auf. 1 Problemaufriss: Zusätzliche (Sprach-)Förderung im inklusiven System? Angeregt durch die mittelmäßigen bis schlechten Ergebnisse Deutschlands in den großen internationalen Vergleichsstudien wurden zu Beginn der 2000er Jahre Bildungsstandards etabliert, die sich an einem vorgegebenen Output für alle Schulformen und -stufen orientierten. Im Zuge dieser Neuorientierung erfolgte in vielen Bundesländern eine Abschaffung der dreigliedrigen Schulsysteme zugunsten zweigliedriger Schulmodelle (vgl. dazu insbesondere die Beiträge von Idel & Rabenstein; Trautmann und Verriere in diesem Band). Die hiermit einhergehende verringerte äußere Differenzierung führte zwangsläufig zu einer, im Vergleich zum vorherigen System, größeren Heterogenität der Schüler/ -innen. Die heterogenen Lernenden zeichnen sich beispielsweise durch ihre vielfältigen sprachlichen und kulturellen Hintergründe sowie stark unterschiedliche Leistungsvoraussetzungen aus (vgl. Lütje-Klose 2012; UNESCO 2009). Dieses inklusive Schulmodell fokussiert gemeinsames und integratives Lernen: gemeinsamer Unterricht für alle steht auf der Tagesordnung, Ganztagsangebote tragen zur Chancengleichheit bei, Abschulung bis einschließlich der achten Klasse ist abgeschafft und alle Schulabschlüsse werden angeboten. Die Idee des gemeinsamen integrativen Lernens in einem Ganztagsmodell zielt auf den Ausbau von Bildungsmöglichkeiten für alle Lernende, ungeachtet ihres persönlichen Hintergrunds, ab (vgl. Die Senatorin für Bildung, Wissenschaft und Gesundheit 2012: 26; Erdsiek-Rave & John-Ohnesorg 2013: 11ff.). Der Grundgedanke der Inklusion richtet sich in diesem neuen Modell an alle Schüler/ -innen, unabhängig von „ race, economic status, social class, ethnicity, language, religion, gender, sexual orientation and ability “ (UNESCO 2009: 4). Anhand dieses Grundgedankens wird der Perspektivenwechsel zwischen dem traditionellen Ansatz der Integration und dem neuen Ansatz der Inklusion deutlich (vgl. Lütje-Klose 2012: 5): Der Fokus im traditionellen Ansatz richtet sich auf die Lernenden. Diagnostik-unterstützende Assessments werden typischerweise von Spezialisten durchgeführt und daran anschließend sollen die Lernenden in ein angemessenes Förderprogramm eingegliedert werden. Im inklusiven Ansatz dagegen richtet sich der Fokus auf die Gesamtklasse: Lehr- und Lernfaktoren sollen genau analysiert werden, gemeinsam wird nach Lösungsansätzen und Strategien für Lehrkräfte gesucht, die dies leisten müssen. Schließlich ist die Idee im Ansatz der Inklusion, dass der Unterricht an die Bedürfnisse aller Lernenden angepasst wird (vgl. ebd.). Was bedeutet das nun aber genau für den jeweiligen Fachunterricht? Genauer gesagt stellt sich im neuen zweigliedrigen System die Frage, ob es Ziel eines inklusiven Schulmodells sein soll und kann, alle Schüler/ -innen konsequent in allen Fächern gemeinsam zu unterrichten - ungeachtet ihrer jeweiligen Schwächen und Stärken - oder ob in bestimmten Bereichen zusätzliche Förder- und Fordermaßnahmen im Sinne des traditionellen Ansatzes der Integration (vgl. ebd.) notwendig sind. Wie viel Inklusion ist möglich - wie viel zusätzliche individuelle Förderung nötig? Dieser Frage wird im Folgenden mit einem Fokus auf dem Bereich der Zweitsprachenförderung nachgegangen. 170 III Internationale Perspektiven auf den Umgang mit Heterogenität 1.1 Der inklusive Ansatz in der Institution Schule Die in der Einleitung formulierte Frage, inwiefern der Bereich der Zweitsprachenförderung von zusätzlichen integrativen sowie additiven Fördermaßnahmen profitieren könnte, ist im Hinblick auf die anhaltende Bildungsbenachteiligung von Schüler/ -innen mit Migrationshintergrund hochrelevant (vgl. Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration 2014: 97; Stanat; Rauch & Segeritz 2010: 202). Nachfolgend wird argumentiert, dass eine Kombination aus additiven und integrativen Fördermaßnahmen zu einer ausgewogenen und erfolgreichen Zweitsprachenförderung beitragen kann. Diese Argumentation wird am Bundesland Bremen und am hier etablierten neuen Regelschulmodell, die Oberschule, exemplarisch für den deutschen Raum und die derzeitig erschaffenen Inklusionsklassen in vielen Bundesländern aufgezeigt (vgl. Tillmann 2012). Beim Stadtstaat Bremen handelt es sich um eines der Bundesländer, welches durch einen hohen Anteil an Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund geprägt ist (vgl. Die Senatorin für Bildung, Wissenschaft und Gesundheit 2012: 21). Zusätzlich zeigen Untersuchungen, dass genau diese zunehmend wachsende Schülerpopulation im Vergleich zu Mitschüler/ -innen häufig einer Bildungsbenachteiligung ausgesetzt ist (vgl. ebd.). Einer der vielfältigen Gründe für diese Bildungsbenachteiligung wird in der nicht ausreichenden Zweitsprachenförderung, besonders im Bereich der Bildungssprache, gesehen (vgl. Baumert & Schümer 2001: 379; Beese & Benholz 2013: 40; Gogolin & Lange 2010: 9 f.; Knapp 2006: 8; Leisen 2010: 46; Rösch 2013: 18; Schmölzer- Eibinger 2008: 31 ff.). Bremens Ansatz besteht zurzeit aus einer Art „ Mittelweg “ : So werden zum Beispiel Lernende mit Herausforderungen im Bereich Lernen, Sprache, Verhalten in sog. Inklusionsklassen gemeinsam mit ihren Mitschüler/ -innen unterrichtet und im Idealfall durch zusätzliche Pädagog/ -innen betreut (vgl. Die Senatorin für Bildung, Wissenschaft und Gesundheit 2012: 186). Wenn es allerdings um das Leistungsniveau der Schüler/ -innen in den Kernfächern geht, dann werden mitunter zusätzliche additive Differenzierungsformen geschaffen. So gibt es in der jetzigen Form der Oberschule zwei verschiedene Anforderungsniveaus, den G-Kurs (grundlegendes Niveau) und den E-Kurs (erweitertes Niveau) in jeweils Mathematik und Englisch ab Klasse sieben, in Deutsch ab Klasse acht, in Physik und Chemie ab Klasse neun (vgl. ebd.: 5). Wie sich deutsche Schulen, exemplarisch an Beispiel Bremen demonstriert, dadurch entstehenden neuen Herausforderungen in der Zweitsprachenförderung bis dato stellen, wird im folgenden Abschnitt erläutert. 1.2 Neue Ansätze in der Zweitsprachenförderung In den letzten Jahren fand eine beachtliche Intensivierung der Zweitsprachenförderung in vielen Bundesländern auf schulischer und universitärer Ebene statt. So wurde jüngst die universitäre Lehrerbildung im Sinne einer Vorbereitung auf einen heterogenen und vielfältigen Klassenraum in allen Fächern an vielen Universitäten durch verpflichtende Bestandteile im Lehramtsstudium erweitert und intensiviert (für eine detaillierte Übersicht vgl. Baumann & Becker-Mrotzek 2014; Baur & Scholten-Akoun 2010). Auch in Bremen ist eine derartige Entwicklung im Bereich der Zweitsprachenförderung zu Systematische Förderung von Lernenden in der dominanten Schulsprache in Kanada 171 beobachten. Hier trägt besonders die seit 2010 geschaffene Position der Sprachberater/ -innen zu einem Voranschreiten von Sprachförderkonzepten bei (vgl. Die Senatorin für Bildung und Wissenschaft 2010). In der Regel wird eine Deutschlehrkraft pro Schule als Sprachberater/ -in ernannt und enthält im Gegenzug eine Stundenentlastung. Sprachberater/ -innen haben die Aufgabe, ein Konzept zu erarbeiten, welches die Grundsätze für Maßnahmen der Sprachenförderung umfasst, unter Berücksichtigung der förderrelevanten Merkmale der Schülerschaft, wie zum Beispiel: Lese- und Rechtschreibschwäche, geringe Kenntnisse in der Zweitsprache Deutsch und soziokulturelle Benachteiligung (vgl. ebd.). Das vor kurzem entworfene Sprachbildungskonzept (vgl. die Senatorin für Bildung und Wissenschaft 2013a) oder auch der „ Entwicklungsplan Bildung und Migration “ (vgl. die Senatorin für Bildung und Wissenschaft 2014) unterstützen und konkretisieren Inhalte der Konzepte. Dabei gilt in dem Bereich der Sprachförderung bzw. -bildung die Prämisse der Inklusion: „ Vor dem Hintergrund der Ausprägung eines inklusiven Schulsystems findet Sprachbildung soweit wie möglich integriert statt “ (Die Senatorin für Bildung und Wissenschaft 2013a: 7). Zusätzliche additive Sprachförderangebote werden nur für Schüler/ -innen mit „ einem ausgeprägten oder spezifischen Sprachförderbedarf “ (ebd.) gemacht, die allerdings in einer „ zusätzlichen Lernzeit außerhalb des Unterrichts “ (ebd.) erfolgen. Wie diese „ zusätzliche Lernzeit “ aber genau aussieht, in welchem Stundenumfang diese wann stattfindet, welchen Zielvorgaben sie folgt und schließlich von wem sie erteilt wird, wird derzeit noch höchst unterschiedlich gehandhabt (vgl. Schuett 2016). Aus diesem Grund kann trotz der positiven Entwicklungen in den letzten Jahren der Bereich der Sprachförderung weiterhin als work in progress bezeichnet werden (vgl. Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration 2014: 97). Zu ungeklärt und uneinheitlich sind bis dato unter anderem die Art und Weise der Zweitsprachenförderung, die Dauer, die Finanzierung und die Verantwortlichkeit an den Schulen (vgl. ebd.; Schuett 2016). Ein Blick auf andere erfolgreichere inklusive Schulmodelle zeigt, dass diese teilweise einen zeitlichen Vorsprung bezüglich der Auseinandersetzung und Diskussion von den oben geschilderten Schwierigkeiten und deren Auswirkungen für den Bildungssektor insgesamt und die Zweitsprachenförderung im Speziellen haben. Die Expertise, die u. a. aus diesem zeitlichen Vorsprung resultiert, kann und sollte nun von der deutschen Bildungspolitik produktiv genutzt bzw. ergänzt werden, besonders in der derzeitigen kritischen Entwicklungsphase (vgl. Dirim et al. 2008; Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration 2015; Schuett 2016). Beim Blick über den Tellerrand gerät v. a. Kanada ins Visier: Die Integrations- und Fördermaßnahmen des Landes gelten aufgrund der langjährigen Expertise und der guten Ergebnisse als Vorreitermodelle (vgl. u. a. Bertelsmann Stiftung 2008; Karakas ¸ og ˘ lu, Gruhn & Wojciechowicz 2011: 66ff.; Löser 2008: 55ff; Polat 2008: 191). Besonders die Provinz Alberta schneidet in den oben erwähnten internationalen Vergleichsstudien, in Bezug auf die Ergebnisse der Schülerpopulation mit Migrationshintergrund, sehr erfolgreich ab. Ein inklusives Ganztagsschulmodell ist Teil von Albertas Bildungstradition und zeichnet sich durch integriertes und gemeinsames Lernen aus. Darüber hinaus wird in der Provinz auf spezielle, individuelle Förderprogramme zurückgegriffen. Im Folgenden wird genauer auf die Beschaffenheit der Sprachförderung in der kanadischen Provinz Alberta eingegangen, um aufzuzeigen, inwiefern dieses inklusive Schulmodell den Balanceakt 172 III Internationale Perspektiven auf den Umgang mit Heterogenität zwischen integrativen und zusätzlichen additiven Zweitsprachenfördermaßnahmen bewältigt. 2 Albertas inklusiver Ansatz in der Institution Schule Die kanadische Provinz Alberta hat in Schulleistungsvergleichsstudien der letzten fünfzehn Jahre erfolgreiche Ergebnisse erzielt - und das sowohl auf einem nationalen als auch internationalen Level. Die PISA-Studien (vgl. Bussière et al. 2001; Bussière, Cartwright & Knighton 2004; Bussière, Knighton & Pennock 2007; Knighton, Brochu & Gluszynski 2010), das Pan-Canadian Assessment Program (vgl. Alberta Education 2011) sowie Albertas Provincial Achievement Tests (vgl. Alberta Education 2012) sind Beispiele für das stete Erreichen einer Spitzenposition der Provinz. So hat die Provinz Alberta in der ersten PISA-Studie im Jahre 2000 im internationalen Vergleich den ersten Rang belegt und seitdem auch das eigene Land auf nationaler Ebene angeführt (vgl. Alberta Education 2012; Bussière et al. 2001). Trotz eines leichten downwards trends in Vergleichsstudien, den alle kanadischen Provinzen in jüngster Zeit hinnehmen mussten, zählt Albertas Förderung besonders der Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund immer noch zu den erfolgreichsten Kanadas und der Welt (vgl. Alberta Education 2011; Statistics Canada 2011). Besonders die zweite Generation schneidet in Alberta überdurchschnittlich - sowohl im Vergleich zu den anderen Provinzen als auch Generationen - erfolgreich ab (vgl. Statistics Canada 2011). Wie eingangs erwähnt, wird einer der Gründe für den Erfolg der Schülerpopulation mit Migrationshintergrund in bestehenden Zweitsprachenförderungsmaßnahmen gesehen: So stellt die OECD einen engen Bezug zwischen umfassenden Zweitfördermaßnahmen mit klaren Zielen bzw. Standards und dem Erfolg her, den Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund im Schulsystem demonstrieren (vgl. OECD 2006: 69). Das gilt ebenfalls für Alberta: Die Provinz verfolgt eine Bildungs- und Schulpolitik, die der in der Gesellschaft verankerten ethnischen Mehrsprachigkeit und Mehrkulturalität Rechnung trägt (vgl. Arbeitsgruppe Internationale Vergleichsstudie 2007). Dabei handelt es sich um umfangreiche Maßnahmen, die eine interkulturelle Öffnung des Systems bewirken und darauf abzielen, Schüler/ -innen mit Migrationshintergrund in ihren Schwächen, Stärken und Bedürfnissen zu fördern und fordern. Diese Maßnahmen äußern sich zum Beispiel in der Wertschätzung von Herkunftssprachen und -kulturen, einer deutlichen Befürwortung von Mehrsprachigkeit, einer gezielten Förderung von aktiver Elternpartizipation, der Bereitstellung von zahlreichen Lehr- und Lernunterstützungsangeboten sowie umfangreicher integrativer Ganztagsangebote (vgl. Döbert, Fuchs & Sroka 2007: 233). In Absprache mit den jeweiligen School Boards (vgl. ebd.) ist es Ziel der Schulen, ihr Bildungsangebot auf ihre spezifische Schülerschaft abzustimmen. Hierzu gehört auch die Erstellung und Fortsetzung von Individualized Program Plans (vgl. ebd.: 232ff.), in denen die genauen Förder- und Fordermaßnahmen für die Lernenden aufgeführt und verfolgt werden. Spezialisiertes Personal wie zum Beispiel career counselors, teaching assistants, (area) learning leaders, consultants und specialists unterstützen die Schüler/ -innen in ihren individuellen Bedürfnissen. Wichtige Kernkonzepte der umfassenden und kontinuierlichen Zweitsprachenförderung in Alberta sind neben den Maßnahmen für eine interkulturelle Öffnung des Systematische Förderung von Lernenden in der dominanten Schulsprache in Kanada 173 Systems (s. o.), die Durchgängigkeit der Förderung über Schulstufen und -formen hinweg, diagnostikunterstützende Assessments, Niveaukonkretisierungen und weitere sprachevaluierende Hilfsmittel sowie eine Kombination aus integrativen und zusätzlichen separaten Maßnahmen. Zudem ist die Länge der Fördermaßnahmen auf sieben Jahre festgelegt, eine Förderdauer, die auf Erkenntnissen aus der Zweitsprachenerwerbsforschung fußt (vgl. Byram 2004: 76; Cummins 2000: 54; Gogolin & Lange 2010: 17). Beispielsweise kann Cummins (2000: 54) zufolge eine cognitive academic language proficiency, d. h. ein für die Schule notwendiges bildungssprachliches Level, innerhalb von fünf bis sieben Jahren bei entsprechender Förderung erreicht werden. 2.1 Kursangebote in Alberta: sheltered content-based instruction und adjunct content-based instruction Was das Verhältnis zwischen inklusiv-integrativen und zusätzlich-additiven Maßnahmen betrifft, so wählt Alberta eine Kombination aus vielfältigen Lehr- und Lernansätzen: Zum einen ist es Aufgabe jeder einzelnen Lehrkraft, die Gesamtklasse binnendifferenziert zu unterrichten. Im Idealfall sollen Aufgaben angepasst oder modifiziert werden, d. h., diese auf individuelle Schüler/ -innen, z. B. ihre Stärken, Schwächen und Lernertypen abzustimmen. Zum anderen aber werden an vielen Schulen zusätzliche Angebote geschaffen, u. a. durch sog. sheltered content-based instruction und adjunct content-based instruction. In diesen Kursen werden Zweitsprachenlernende in den für sie alters- und stufengerechten Inhalten unterrichtet, stets mit einem durchgängigen Sprachfokus (vgl. Davies 2003; Roessingh 1999). Dieser Sprachfokus äußert sich zum Beispiel durch visuelle Unterstützungen, die Übung von Sprachstrukturen in mündlicher und schriftlicher Kommunikation, Strategien zum gezielten Hörverständnis sowie die Entwicklung von bildungssprachlichem Wortschatz und Fachjargon. Darüber hinaus werden in diesen Kursen fachübergreifende Lernstrategien geübt, so dass Lernende verschiedene Kompetenzen im Bereich Hörverständnis, Schreiben in Form von Mitschriften, skimming und scanning von Texten gezielt trainieren können (vgl. Davies 2003). Zusätzlich werden in diesen Kursen diverse Scaffolding- Angebote gemacht. Hierbei werden fachliche und (zweit-)sprachliche Kompetenzen von Schüler/ -innen kombiniert (vgl. Gibbons 2002; Kniffka 2010: 1). Ziel ist es, das individuelle bildungssprachliche Niveau der Schüler/ -innen zu erhöhen (vgl. Beese & Benholz 2013: 40f.). Dies wird anhand von Aufgabenformaten erreicht, die aufbauend auf einem den Lernenden bekannten Alltagsphänomen ein zunehmend abstraktes bildungssprachliches Konzept einführen (cf. Beese & Benholz 2013: 41). Beispiele solcher Aufgabenformate sind im deutschen Raum beispielsweise bei Hallet (2011: 153ff.) zu finden. Hallet unterstützt in seinem Modell der komplexen Kompetenzaufgabe Lehrkräfte bei der Planung und Strukturierung von Unterricht, indem er gezielt vorbereitende, begleitende und nachbereitende Reflexion von aufgabeninitiierten Lern- und Arbeitsprozessen im Englischunterricht in den Blick nimmt. Kognitive, sprachlich-diskursive sowie interaktionale Prozesse der Schüler/ -innen werden stets differenziert und kleinschrittig aufgezeigt und in mehreren Zwischenstufen festgelegt (vgl. ebd.). Zusätzlich kann in Scaffolding-Angeboten die bewusste Integration sowohl der Herkunftssprachen der Schüler/ -innen, als auch ihrer Zweitsprache verfolgt werden (vgl. ebd.: 45 ff.): Die genaue Analyse des Fachvokabulars, welches in beiden Sprachen 174 III Internationale Perspektiven auf den Umgang mit Heterogenität benutzt wird, unterstützt den Gebrauch und die Erweiterung von Bildungssprache (vgl. ebd.: 47 f.). Rösch betont (2013: 32), dass eine der entscheidenden Voraussetzungen für erfolgreiches scaffolding die enge Zusammenarbeit unter Kolleg/ -innen ist. Die Zusammenarbeit bezieht sich auf die Kollaboration zwischen Fach- und Sprachlehrer/ -innen in konkreten Unterrichtssituationen, oder auf die umfangreiche Bildung der Fachlehrkraft im Bereich des Spracherwerbs. Die beschriebenen Kollaborationsprozesse werden auch von der OECD (2010: 48) angeregt: „ If these [content and language] teachers can work together to teach content and language in a coordinated, reinforcing way, this can help improve pedagogy for immigrant students “ . Diese Art der Kollaboration beherzigende Kurse zeichnen sich in Alberta durch zusätzliche additive Fördermaßnahmen aus, allerdings - und dies ist entscheidend - werden diese nicht in einer „ zusätzlichen Lernzeit außerhalb des Unterrichts “ (Die Senatorin für Bildung und Wissenschaft 2013a: 7) angeboten, sondern sind integriert in den regulären Schulalltag. Durch ein Kurssystem, ähnlich wie es im deutschen Raum in der Oberstufe bzw. durch E- und G-Kurse (s. o.) bereits in der Mittelstufe existiert, können viele Schulen parallel zum regulär nach Leistung differenzierten Kursangebot auch Kurse anbieten, die den altersgerechten Inhalt mit einem zusätzlich Sprachfokus (wie oben beschrieben) vermitteln. Bedingt durch die Tatsache, dass die Schüler/ -innen ohnehin ihre Kurse nach individuellen Schwerpunkten wie Leistungsvermögen oder auch Interesse wählen, wird eine negative Stigmatisierung, die Zweitsprachenlerner/ -innen zum Teil in Pull-out-Ansätzen 1 oder in „ zusätzlicher Lernzeit außerhalb des Unterrichts “ (Die Senatorin für Bildung und Wissenschaft 2013a: 7) erfahren, weitgehend verhindert. Zusätzlich wird in diesem so organisierten parallelen Kursformat sichergestellt, dass Lernende ihre Sprachförderung nicht auf Kosten von regulärem Unterricht erfahren, so wie das z. B. in Bremen durchaus sein kann: „ Soll additive Förderung parallel zum Unterricht stattfinden, geschieht dies auf der Grundlage eines sorgfältigen Abwägens der Nachteile exklusiver Unterrichtung auf der einen Seite und der erwarteten Lernvorteile auf der anderen Seite “ (Die Senatorin für Bildung und Wissenschaft 2013a: 7). In sheltered content-based instruction (auch sheltered core course) genannt, werden Zweitsprachenlernende eines Jahrganges in einem oder mehreren Fächern gemeinsam unterrichtet. Dabei wird der altersgerechte Inhalt auf eine sprachsensible bzw. sprachfokussierte Art und Weise unterrichtet (vgl. Alberta Education 2013 a). Dagegen umfasst die adjunct content-based instruction, auch adjunct model genannt, lediglich ein zusätzliches Sprachunterstützungsangebot, welches parallel zum regulären Fachunterricht angeboten wird. D. h., dass in diesem Modell die Schüler/ -innen dem Regelunterricht folgen und zusätzlich den spezifischen Bildungsbzw. Fachsprachkurs zum Fach wählen. Diese zusätzlichen Kurse werden als „ Option “ von den Lernenden gewählt, die, wie auch ihre Mitschüler/ -innen aus einem Kursangebot (s. o.), den options, u. a. in Sprach- Musik-, Kunst- Ernährungs- oder Technikprogrammen, wählen können. 1 In Pull-out-Ansätzen werden Lernende für eine bestimmte Zeit aus dem regulären Unterricht „ herausgenommen “ und in separaten Unterrichtsformen in ihrer Sprachkompetenz gefördert (vgl. Alberta Education 2015a). Forschungsergebnisse zeigen, dass Pull-out-Ansätze weniger erfolgreich sind, als beispielsweise oben beschriebene Adjunctbzw. „ Zusatzangebote “ (vgl. Alberta Education 2009: 21; Roessingh 1999). Systematische Förderung von Lernenden in der dominanten Schulsprache in Kanada 175 Schließlich zeichnet sich Albertas Sprachförderung durch einen weiteren Ansatz, den in-class bzw. inclusive Ansatz aus. Hier wird im Sinne der Inklusion Sprachförderung im Regelunterricht erteilt, allerdings mit Unterstützung einer weiteren, sprachfokussierten, Lehrkraft. Während die Fachlehrkraft den (binnendifferenzierten) Fachunterricht erteilt, unterstützt die Sprachlehrkraft mit sprachsensiblen bzw. -fokussierten Impulsen, explizitem Sprachunterricht, oder zusätzlichen unterstützenden Übungs- und Lernformaten (vgl. Alberta Education 2013 a). In den beschriebenen Sprachförderungsansätzen wird deutlich: Sprachförderungsmaßnahmen sind stark abhängig von der Kollaboration unter Kolleg/ -innen, insbesondere zwischen Sprach- und Fachlehrkräften (vgl. Alberta Education 2009: 21). Sprachlehrkräfte müssen über Kenntnisse in den fachlichen Inhalten verfügen, um die spezifischen bildungssprachlichen Förderbedürfnisse der Schüler/ -innen einschätzen, unterstützen und auswerten zu können. Gleichzeitig ist es erforderlich, dass die Fachlehrkräfte Prozesse des Zweitsprachenerwerbs in den verschiedenen rezeptiven und produktiven Fertigkeiten verstehen und Progressionen in der (fachgebundenen) Bildungssprache vorbereiten, unterstützen und auswerten können. Es liegt auf der Hand, dass für eine fruchtbare Kollaboration gemeinsame Kriterien zur Sprachanalyse und -bewertung, Standards und Zielbeschreibungen unabdingbar sind. Diese Kriterien müssen umfangreich angelegt, transparent, nachvollziehbar und v. a. leicht anwendbar sein. Im Folgenden werden deshalb Albertas Niveaukonkretisierungen samt der dazugehörigen Videosequenzen und Schreibbeispielen vorgestellt. Diese tools sind inzwischen fester Bestandteil einer aktiven und erfolgreichen Zweitsprachenförderung in Alberta, fördern Teamarbeit unter Kolleg/ -innen und unterstützen Zweitsprachenlernende in ihren individuellen Bedürfnissen (vgl. Alberta Education 2013a). 2.2 Zweitsprachenassessment und -bewertungsinstrumente in Alberta Die im Folgenden beschriebenen Beispiele aus der Zweitsprachenförderung in Alberta stellen nur einen minimalen Ausschnitt aus dem umfangreichen Angebot an Fördermaßnahmen dar. Tatsächlich zeigen Untersuchungen, dass die Zweitsprachenförderung in Alberta aus vielfältigen Maßnahmen in den Bereichen comprehensive, integrative and continuous second language support, heritage languages and multilingualism und parental involvement besteht (vgl. Schuett 2016). Da aber besonders die oben angesprochenen tools in der Zweitsprachenförderung anschaulich, praxisorientiert und v. a. der Argumentation dieses Beitrags folgend Modellcharakter für Deutschland aufweisen, werden in diesem Abschnitt exemplarisch tools mit einer hohen Relevanz für schriftliche und mündliche Fertigkeiten erläutert. Hierzu gehören die Alberta K-12 ESL Proficiency Benchmarks, die videos und die writing samples. Alberta K-12 ESL Proficiency Benchmarks Um jede/ n Zweitsprachenlerner/ -in so individuell wie möglich in den verschiedenen Fertigkeiten zu fördern, muss ein umfangreiches Assessment stattfinden, worauf aufbauend diagnostikunterstützende Maßnahmen ergriffen werden können. Denn nur wenn tatsächlich alle vier Fertigkeiten, also speaking, listening, reading, writing, genau analysiert und evaluiert werden, können auch entsprechende Förderangebote 176 III Internationale Perspektiven auf den Umgang mit Heterogenität geschaffen werden, die exakt auf einzelne Lernende zugeschnitten sind und ihn/ sie auf ihrem jeweiligen Niveau „ abholen “ . Eines der wichtigsten tools im Bereich der sprachlichen Fertigkeiten stellen die Alberta K-12 ESL Proficiency Benchmarks dar (vgl. Alberta Education 2013b). Diese wurden in Anlehnung an die Canadian language benchmarks 2 entwickelt. Mit Hilfe dieser benchmarks werden Schüler/ -innen in jeder der Fertigkeiten einem von fünf Sprachniveaus zugeordnet. Die Niveaus bauen folgendermaßen progressiv aufeinander auf: beginning, developing, expanding, bridging und schließlich extending. Eine Vielfalt an Indikatoren führt zu einer genauen Bestimmung des jeweiligen Haupt-Levels und der genauen Feinabstimmung in eine der sieben Unterkategorien, die für jede Fertigkeit existieren. Beispielsweise umfasst die Fertigkeit speaking die folgenden sieben Unterkategorien: 1) Linguistic Vocabulary: Das Wissen um und die Bedeutung von (Fach-)Vokabular; 2) Linguistic Grammar: Die Fähigkeit ganze Sätze zu bilden und dabei Grammatikregeln des Englischen einzuhalten; 3) Linguistic Syntax: Das Wissen um Satzaufbau und -struktur; 4) Strategic: Die Kenntnis von Techniken, um Sprachschwierigkeiten zu überbrücken; 5) Sociolinguistic: Das Bewusstsein über soziale und kulturelle Faktoren, die Sprachgebrauch beeinflussen; 6) Discourse: Das Wissen darüber, wie Ideen organisiert und miteinander verbunden werden; und schließlich 7) Pronunciation: Die Fähigkeit verständliche Sprache zu produzieren (vgl. Alberta Education 2013b). Der Grundgedanke, der hinter den benchmarks steht, ist, dass alle Lehrkräfte unabhängig von ihrer spezifischen fachlichen Ausrichtung diese benchmarks anwenden und so ihre Zweitsprachenlernenden in das für sie angemessene Niveau platzieren können. Im Idealfall nehmen Fach- und Sprachkolleg/ -innen die Einstufung gemeinsam vor; die transparenten Kriterien und Beispiele sollen ihnen dabei behilflich sein. Als Sprachbeispiele kann hierbei auf sämtliche Produkte wie Schülerarbeiten, Tests, mündliche Prüfungen Einzelner oder ganzer Gruppen, Audio- oder Video-Material zurückgegriffen werden. Voraussetzung für einen adäquaten Einsatz der benchmarks ist eine umfangreiche Fortbildung, die jede einzelne Lehrkraft fachunabhängig durchlaufen muss. Um die benchmarks, die eine gute Übersicht über die Fertigkeiten und die jeweiligen Levels bieten, „ greifbarer “ für die Lehrkräfte zu gestalten, hat Alberta Education weitere tools geschaffen. Zwei dieser tools werden im Folgenden kurz vorgestellt. Videos und Writing Samples Die Sammlung von Videos unterstützt Lehrende von Zweitsprachenlernenden beim Verstehen von Sprachkompetenz und beim Einsatz der benchmarks. Diese Videos 2 Die Canadian language benchmarks (Kurzform: CLB) sind Niveaukonkretisierungen für Erwachsene, die für ganz Kanada gelten, und eine deskriptive Skala für Englisch als Zweitsprache darstellen. Die Skala ist eingeteilt in 12 Niveaus - vom Grundniveau bis zum fortgeschrittenen Level (vgl. Center for Canadian benchmarks 2013). Systematische Förderung von Lernenden in der dominanten Schulsprache in Kanada 177 enthalten Unterrichtsszenarien, die zeigen wie Sprache und Inhalt simultan unterrichtet werden und wie Schüler/ -innen auf allen Sprachniveaus am Unterrichtsgeschehen und an diversen Übungsformaten teilnehmen können (vgl. Alberta Education 2015b). Zusätzlich können sich hier Lehrkräfte anhand der speaking samples in Form von Videos einen Überblick über die mündliche Sprachkompetenz von Schüler/ -innen zwischen Level eins und fünf in jeder Jahrgangstufe verschaffen. Neben den videos stellen besonders die writing samples ein praxisnahes Unterstützungsangebot für die Lehrkräfte dar. Die Sammlung der writing samples weist Schreibbeispiele von Level eins bis fünf auf. Lehrkräfte können sich dieser interaktiven Beispiele bedienen, um ihr Wissen über schriftliche Sprachkompetenz aufzubauen und die benchmarks (s. o.) besser anwenden zu können (vgl. Alberta Education 2013c). Parallel zu den sieben Kategorien zur Fähigkeit speaking (s. o.) ist auch writing in sieben Kategorien unterteilt. Um Zweitsprachenlernende im Hinblick auf ihre aktuelle Sprachprogression einschätzen zu können und ihnen dementsprechend eine angemessene Förderung zukommen zu lassen, empfehlen Schulen ein Sprachassessment und eine Einstufung in Intervallen von durchschnittlich drei Monaten (vgl. Alberta Education 2013d). In für alle beteiligten Lehrkräfte einsehbare tracking sheets wird die Sprachprogression der Lernenden eingetragen. Zusätzlich gibt es Online-Material, welches den transparenten Austausch unter Kolleg/ -innen, Schüler/ -innen sowie Eltern über Assessment, Evaluation und Feedback fördert, so dass neue Lernziele gemeinsam besprochen werden können. Ob und inwiefern unter anderem diese tools auch für den Bremer Raum von Relevanz wären, wird im folgenden Abschnitt diskutiert. 3 Anregungen für die deutsche Zweitsprachenförderung Wie eingangs beschrieben, befinden sich viele deutsche Bundesländer derzeit in einer Phase des „ Aufbruchs “ bezüglich ihrer Sprachförderung. Arbeiten wie beispielsweise von Baur und Scholten-Akoun (2010) zeigen, dass verschiedene Akteur/ -innen auf einer schulischen sowie wissenschaftlichen Ebene zur steten Optimierung von bestehenden Maßnahmen beitragen. Allerdings befinden sich die Ansätze in der Regel noch in einer Anfangsphase. Bremen beispielsweise scheint derzeit trotz der Betonung von integrativen Maßnahmen einen weitgehend additiven Ansatz zu verfolgen: Zwar soll Sprachförderung so weit wie möglich integrativ stattfinden, d. h. ausgeübt durch die jeweilige Fachlehrkraft und unter Anwendung von Konzepten wie Binnendifferenzierung und sprachsensiblem Fachunterricht. 3 Allerdings findet additive Förderung nicht integriert in den Regelalltag statt (vgl. Die Senatorin für Bildung und Wissenschaft 2013a: 7). Hierbei bietet das Kurssystem in Alberta Antworten auf Fragen, inwiefern ein 3 Vgl. Die Senatorin für Bildung und Wissenschaft 2013a: 7. Leisen (2010) hat den „ sprachsensibler Fachunterricht “ im deutschen Kontext eingeführt. Demzufolge (vgl. Leisen 2010: 5) muss der bewusste Umgang mit Sprache in den Fachunterricht eingeführt werden, um die Lernenden unabhängig von ihrem persönlichen Hintergrund in ihren Lernprozessen erfolgreich fördern zu können. Sprachsensibler Fachunterricht impliziert einen „ sensiblen “ Umgang mit Fach- und Bildungssprache für alle Lernenden, die sich Inhalte erschließen sollen, ohne dass dabei sprachliche Schwierigkeiten inhaltliches Lernen behindern würden. 178 III Internationale Perspektiven auf den Umgang mit Heterogenität Balanceakt zwischen integrativer und additiver Förderung auch in Bremen bewältigt werden könnte. Das Kursangebot, welches derzeit an Bremer Oberschulen existiert, verfolgt zwar eine Differenzierung, allerdings ist diese hauptsächlich an kognitives Leistungsvermögen in Form von G- und E-Kursen gekoppelt. Das Potential, welches im neuen Schulsystem liegt, besteht darin, die im ehemaligen zweigliedrigen System existierende Leistungsdifferenzierung um weitere Differenzierungsformen zu ergänzen. Dies beinhaltet beispielsweise die Erweiterung der leistungsdifferenzierenden G- und E- Kurse um weitere Angebote, wie u. a. sprachfokussierten Fachunterricht, wie er in sheltered content-based instruction und adjunct content-based instruction stattfindet. Außerdem muss im Bremer System die Kollaboration unter Fach- und Sprachkolleg/ -innen und -kollegen intensiviert werden. Die vorgestellten tools, d. h. die benchmarks samt der sie begleitenden videos und writing samples, sind praxisnahe und leicht implementierbare Instrumente, die die Teamarbeit und gemeinsamen Evaluierungs- und Bewertungsprozesse von Lehrenden bereichern könnten. Hier wäre es Aufgabe der Bildungsbehörde in Zusammenarbeit mit dem Landesinstitut für Schule, fachkundigen Lehrkräften an Schulen und wissenschaftlichen Expert/ -innen an der Universität Instrumente in der Zweitsprachenförderung in Anlehnung an oben beschriebene tools zu kreieren und damit die Lehrkräfte in ihren ohnehin umfangreichen Förder- und Forderaufgaben professionell zu unterstützen. 4 Fazit Abschließend soll noch einmal die eingangs gestellte Fragestellung fokussiert werden. Es wurde untersucht, inwiefern der Bereich der schulischen Zweitsprachenförderung zusätzlicher integrativer sowie additiver Fördermaßnahmen bedarf, um Zweitsprachenlernende gezielt in ihrem Sprachlernprozess zu unterstützen. Anhand der Ausschnitte aus der Sprachförderung in Alberta konnte dargestellt werden, dass Alberta eine Kombination aus integrativen und additiven Kursangeboten verfolgt, die allerdings, im Gegensatz zu Deutschland, in diesem Beitrag am Beispiel von Bremen festgemacht, in den Regelunterricht eingebunden sind. Zusätzlich wurde aufgezeigt, von welchen tools die Sprachförderung konkret Gebrauch macht und wie hierdurch die Kollaboration unter Sprach- und Fachkolleg/ -innen erleichtert werden kann. Dieser Einblick in die gängige Zweitsprachenförderung in Alberta lässt erkennen, dass es in der Tat konkrete und handlungspraktische Fördermaßnahmen gibt, die auch in Deutschlands inklusiven Schulmodellen umsetzbar wären. Besonders zum jetzigen Zeitpunkt, zu dem sich Deutschlands Zweitsprachenförderung in einer kritischen Entwicklungsphase befindet, kann und muss die Möglichkeit einer Übertragbarkeit bzw. Anpassung von sinnvollen Praxisbeispielen anderer erfolgreicher inklusiver Schulmodelle genauestens überprüft werden. Zu wertvoll sind langjährige Erfahrungen und Expertisen aus anderen Kontexten für deutsche Zweitsprachenförderprogramme. Systematische Förderung von Lernenden in der dominanten Schulsprache in Kanada 179 Anschlussfragen 1. Vergleichen Sie die institutionellen Rahmenbedingungen der Zweitsprachenförderung in Alberta mit denen in Ihrem Bundesland. Welche Ähnlichkeiten und Unterschiede gibt es? 2. Evaluieren Sie die Ihnen bekannten Maßnahmen im Bereich der Zweitsprachenförderung an Schulen in Ihrem Bundesland. In welchem Gebiet sind diese überwiegend angelegt? Nennen Sie Beispiele. 3. Kreieren bzw. erweitern Sie vorhandene Instrumente in der Zweitsprachenförderung für die Praxis in Ihrem Bundesland. Wo sehen Sie besonderen Bedarf und wie lassen sich Vorschläge praktisch umsetzen? 4. Inwiefern werden Lehramtsstudierende bereits in ihrer Ausbildung auf heterogene Klassen vorbereitet und in der Erstellung von Zweitsprachenförderstrategien und -materialien unterstützt? 180 III Internationale Perspektiven auf den Umgang mit Heterogenität Multilinguale Bürger: Welche Geschichte, Bedeutung und Organisationsformen hat(-te) Fremdsprachenunterricht in einer traditionell mehrsprachigen Gesellschaft (am Beispiel Luxemburg)? Catherina Schreiber Das Luxemburger Schulsystem gilt als europäisches Standardbeispiel für ein mehrsprachiges Schulsystem. Dabei ist und war die Luxemburger Mehrsprachigkeit eine rein im Schulsystem erworbene. Der vorliegende Beitrag untersucht, welche Bedeutung der Fremdsprachenunterricht in dieser speziellen Konstellation besonders im Umgang mit Unterschieden innerhalb der Schülerschaft hatte und wie dies sich noch heute auf den Sprachenunterricht in Luxemburg auswirkt. Dabei geht er sowohl auf die curricularen Rahmenbedingungen ein als auch auf die begleitenden Diskurse. Die historische Untersuchung soll dabei zeigen, wie Sprachenunterricht innerhalb eines nationalstaatlichen Schulsystems je nach Kontext zur Überbrückung, aber auch zur Konstruktion von Heterogenität und Diversität eingesetzt wurde. Nach einem Langzeitüberblick werden die Funktionen und Organisationsformen von Sprachenunterricht in Luxemburg anhand der Reformperiode von 1960 bis 1974 genauer untersucht. Aktivierung von Vorwissen 1. Gruppendiskussion: Welche Erwartungen haben Sie, inwiefern sich die Organisationsformen von Fremdsprachenunterricht in traditionell mehrsprachigen von einsprachigen Gesellschaften unterschieden/ unterscheiden? 2. Reflektieren Sie: Welche Zusammenhänge vermuten Sie zwischen Multilingualität und Auffassungen von Staatsbürgerschaft? 1 Problemaufriss Als eines der politischen Zentren und Verwaltungssitz der Europäischen Union zwischen zwei großen monolingualen Nationalstaaten - Deutschland und Frankreich - gelegen, dient das Großherzogtum Luxemburg der internationalen Forschung als Standardbeispiel für eine traditionell multilinguale Gesellschaft, einen scheinbar kulturell ererbten linguistischen „ melting pot at the heart of the European Union “ (Hoffmann 1996: 96). Auch im öffentlichen Diskurs in Luxemburg selbst entwickelte sich dieser Multilingualismus seit der Nachkriegszeit in der Tat zu einem definitorischen Teil nationaler Identitätsbildung Luxemburgs als Zentrum, als Herz Europas (d ’ Letzeburger Land, 27. Oktober 1989). Interkulturalität müsse hier nicht eigens gelehrt werden, weil sie in Luxemburg selbstverständlich sei (d ’ Letzeburger Land, 21./ 22. Mai 1998). Das, die multilingualen Luxemburger Bürger hervorbringende, Schulsystem wurde dabei in der Forschung für seinen „ hochkomplexen und bewundernswürdigen Weg in Richtung einer wahrhaft europäischen Erziehung “ gelobt (Hoffmann 1998: 159). In einem ministeriellen Bericht wurde sogar auf die Mehrsprachigkeit als die „ wahre Muttersprache “ (Ministère de l ’ Education Nationale/ MEN 2007: 19) der Luxemburger hingewiesen. Dies macht Luxemburg insofern für eine Fallstudie besonders interessant, als dass das kleine mehrsprachige Großherzogtum bis heute als stabiler Nationalstaat gilt. Die meisten Nationalstaaten West- und Nordeuropas beruhten auf mehr oder weniger einsprachigen Konstruktionen, gerade im Kontrast zu den mehrsprachigen Anciens Régimes wie der Österreich-Ungarischen Monarchie, dem russischen Zarenreich, dem Osmanischen Reich und dem Heiligen Römischen Reich deutscher Nation. Mehrsprachige Gesellschaften, so die diskursive Legitimation, wurden als Organisationsstruktur der Ungleichheit angesehen, die nur von diesen überkommenen Gesellschaften akzeptiert werden konnte - mit der impliziten Behauptung, dass der Nationalstaat diese Ungleichheiten in der Bevölkerung auflösen könne. Sobald die Staatsangehörigen zu Mitgliedern einer nationalen Familie wurden, schien linguistische Einigung notwendig und unvermeidbar (Wright 2000: 3). Selbst Staaten, die verfassungsmäßig als mehrsprachig definiert waren, wie Belgien und die Schweiz, waren linguistisch nach dem Prinzip territorialer Einsprachigkeit organisiert. Dieses Kapitel widmet sich der Frage, welche Geschichte, Bedeutung und Organisationsformen der Fremdsprachenunterricht in einer mehrsprachigen Gesellschaft wie Luxemburg hat(-te). Hierdurch soll der schulische Umgang mit binnennationaler Diversität historisch beleuchtet werden. Die These ist, dass der Sprachenunterricht im Luxemburger Schulsystem zur Konstruktion der Nationalstaatsbürger diente, indem er im Sinn der Konstruktion einer „ imagined community “ (Anderson 1983) sowohl einigende Funktionen nationaler Integration als auch binnennationaler Differenzierung hatte. Der Beitrag möchte zeigen, wie die grundlegenden Bedingungen des Sprachenunterrichts in Luxemburg und ihr Umgang mit Heterogenität historisch gewachsen sind und welche spezifischen nationalen Funktionen trotz der Anknüpfung an internationale Reformdiskussionen bis heute im Schulsystem vorhanden sind. Nach einem ersten Teil, der die historische Entwicklung der gegenwärtigen curricularen Vorgaben im Luxemburger Schulsystem beleuchtet, soll in einem zweiten Teil eine Fallstudie zu einer speziellen Reformperiode betrachtet werden. Die gewählte Zeitspanne, 1960 - 1974 repräsentiert eine der Situationen, in denen neue Reformimpulse zum Abbau von Ungleichheit zwischen Mädchen und Jungen, Luxemburgern und „ Fremdenkindern “ , sowie zwischen Studierenden der verschiedenen sozialen Schichten die Luxemburger Traditionen des Sprachenlernens auf die Probe stellten. 2 Fremdsprachen im historischen und gegenwärtigen Schulsystem: strukturelle Rahmenbedingungen Eine Untersuchung des Fremdsprachenunterrichts in Luxemburg steht, so simpel die Frage auch formuliert scheint, zunächst vor einem definitorischen Grundproblem: Wie definiert man Fremdsprachenunterricht in einem Land, in dem mindestens zwei, großteils sogar alle drei offiziell anerkannten Sprachen nicht deckungsgleich mit der 182 III Internationale Perspektiven auf den Umgang mit Heterogenität Muttersprache der Schüler/ -innen und somit eigentlich Fremdsprachen sind? 1 Wo soll zu diesen noch altsprachlicher und moderner Fremdsprachenunterricht hinzukommen? Zwar gelten sowohl Luxemburgisch als auch Deutsch und Französisch in Luxemburg als offizielle Sprachen, jedoch hat die Luxemburger Bevölkerung historisch gesehen nicht tatsächlich einen mehrsprachigen muttersprachlichen Hintergrund. Vielmehr handelt es sich bei der Mehrsprachigkeit um eine soziale Mehrsprachigkeit, die nahezu ausschließlich im Schulsystem erlernt werden muss - und dies als hierarchisches Modell: zum Luxemburgischen, das im Kindergarten gesprochen wird, kommt in der Grundschule das Deutsche als Alphabetisierungssprache und Unterrichtssprache. Erst im Verlauf der Schulkarriere, v. a. aber in den weiterführenden allgemeinbildenden Schulen, erwerben die Schüler/ -innen Französischkenntnisse. Fremdsprachenkenntnisse werden dabei sowohl als Fachunterricht als auch durch den Einsatz als Unterrichtssprache erworben. Zum anderen muss der hohe Anteil an anderssprachigen Schüler/ -innen mit bedacht werden: Im Schuljahr 2008/ 2009 sprach zum ersten Mal eine Mehrheit aller Schüler/ -innen eine andere Sprache als Luxemburgisch als Muttersprache (51,8 %; Ministère de l ’ Education Nationale 2009) - darunter Portugiesisch, das für gut ein Viertel aller Schüler/ -innen die (erste) Muttersprache ist. Gut ein Drittel aller Kinder im Vorschulalter spricht derzeit keine der drei offiziellen Sprachen des Großherzogtums als Muttersprache. Es muss daher unterschieden werden zwischen den offiziellen Sprachen, von denen zumindest zwei, großteils sogar alle drei Fremdsprachen sind, den nicht als Nationalsprachen geführten Sprachen, die jedoch dennoch für nicht geringe Teile der unterrichteten Kinder die Muttersprache sein können und auch in Kommunikationssituationen innerhalb Luxemburgs Anwendung finden (Portugiesisch, Italienisch und teils auch Englisch) und einem Unterricht, der mit der realen Sprachsituation in Luxemburg nicht verbunden ist (Latein, Griechisch). 2.1 Fachunterricht der drei offiziellen Sprachen Wie in den meisten Europäischen Nationalsprachen stell(t)en die Sprachen auch in Luxemburg ein Schlüsselsymbol Luxemburger Nationalidentität dar und bilde(te)n gleichzeitig die zentrale Basis für die Verbreitung entsprechender nationaler Ideologien (Horner 2007: 365); die Konstruktion einer linguistischen Gemeinschaft war in Luxemburg ebenso wichtig wie in den Nachbarstaaten, bloß dass es keine einsprachige linguistische Gemeinschaft war. Sowohl Deutsch als auch Französisch werden an allen Grundschulen des Großherzogtums unterrichtet. Das Erlernen dieser beiden Sprachen ist die Priorität des Grundschulunterrichts, was sich auch in der darauf verwendeten Wochenstundenzahl zeigt: Nach der Vorschule werden im zweiten Zyklus insgesamt zehn der 28 Wochenstunden auf den Sprachenunterricht (deutsche Sprache, französische Sprache und ein nicht näher umschriebenes Unterrichtsgebiet „ ouverture aux langues “ , das generell mit 1 Im Schuljahr 2010/ 2011 bildeten Schüler/ -innen mit nichtluxemburgischer Nationalität 41,7 % der Schülerschaft. Die größte Gruppe waren mit 23,1 % Schüler/ -innen aus portugiesischen Familien. Jedoch selbst für luxemburgische Kinder wird die Beherrschung zweier Nationalsprachen vorausgesetzt, die sie nicht als Muttersprache sprechen. Fremdsprachenunterricht in einer traditionell mehrsprachigen Gesellschaft 183 dem Sprachenlernen vertraut machen soll) verwendet, im dritten und vierten Unterrichtszyklus erhöht sich diese Stundenzahl noch einmal auf 12 (vgl. Mémorial A 184/ 2009: 2688). Deutsch wird vom ersten bis zum letzten Schuljahr unterrichtet. Seit 1883 - bis zum kompetenzorientierten Lehrplan 2009 - galt Anschauungsunterricht als wichtigster Teil des Deutschunterrichts, als Basis des Unterrichts, um zwischen der häuslichen und der schulischen Erziehung eine Brücke zu schlagen, und die Sinne und Beobachtungsfähigkeiten zu schärfen (Commission d ’ Instruction 1883: 187). Er sollte aber auch zur Ausprägung moralischer Gefühle dienen (ebd.). Die in der Schule und in der Privatlektüre gelesenen Texte umfassten eine eklektische humanistisch-moralische Mischung antiker Stoffe, Sagen und Legen wie das Nibelungenlied und klassische Heldensagen, deutsche Kanonisten, moralische Texte wie Märchen, Balladen und Fabeln, historische Beschreibungen, didaktische Gedichte, Charakterzeichnungen und christliche Themen (Archives Nationales de Luxembourg/ ANLux IP-597, 1892 - 1895; ANLux IP-598, 1894), die besonders auf die religiösen Feste Luxemburgs Bezug nehmen sollten (ANLux IP-598, 1896). Französisch kommt erst im zweiten Unterrichtszyklus hinzu und steht vom zweiten Semester des zweiten Grundschuljahres bis zum letzten Schuljahr einschließlich auf dem Lehrplan. Im Wesentlichen geht diese Organisation auf das 19. Jahrhundert zurück, mit der kleinen Ausnahme, dass bis 1922 Französisch erst ab dem dritten Primärschuljahr begann (Administration cantonale [Luxembourg] 1883). Das Luxemburger Schulsystem basiert bis heute auf einer Sprachhierarchie, nach der Deutsch als Sprache der weniger gebildeten Bevölkerung gilt, Französisch hingegen als Sprache der Bildungselite: „ Man gebraucht das Französische im Rahmen des Möglichen, und man verwendet das Deutsche nach Maßgabe des Unerläßlichen, d. h. praktisch überall, wo es sich darum handelt, sich mit Sicherheit einem weniger gebildeten Publikum verständlich zu machen “ (Zimmer 1977: 155). Obwohl der Französischunterricht in der Primärschule Gegenstand vielfältiger Kritik war, drehte sich die Diskussion hauptsächlich um die Frage, wann und v. a. wie, nicht ob er Teil des Curriculums sein sollte: „ Der französische Sprachunterricht ist also [. . .] in die Hände der Methodiker zu übergeben “ ([Luxemburger Schulbote] 1882: 65). Im 19. Jahrhundert war Deutsch v. a. die Wirtschaftssprache, Französisch die Kultursprache. Mit dem Austritt Luxemburgs aus dem Zollverein und der Gründung der „ Union économique belgo-luxembourgeoise “ , einer wirtschaftlichen Kooperation zwischen Belgien und Luxemburg - änderte sich diese Konnotation zu einer zunehmend rein hierarchischen. Der Gebrauch des Französischen und somit auch seine Bedeutung innerhalb des Luxemburger Schulsystems nahm nicht zuletzt nach dem Ersten Weltkrieg signifikant zu (ANLux IP-608, 1923), daher wurde Französisch in der Primärschule - hauptsächlich aus wirtschaftlichen Gründen und gegen anfänglichen heftigen Widerstand der Schulinspektoren - nun bereits für das zweite Schuljahr eingeführt (ANLux IP-1475, 1922; ANLux IP-1475, 1927; ANLux IP-1476, 1918). Die Schulreformen der Zwischenkriegszeit versuchten die Schwierigkeiten, die durch den fehlenden muttersprachlichen Hintergrund entstanden, zu kompensieren: Unter dem Motto „ l ‘ école pour la vie “ (Schule für ’ s Leben) sollte Grammatik nicht mehr zum Selbstzweck unterrichtet werden, sondern nur als Mittel zum Sprechen einer Fremdsprache, was ebenso wie im Deutschunterricht einige Jahre zuvor einen Wechsel von der erlernten zur angewand- 184 III Internationale Perspektiven auf den Umgang mit Heterogenität ten Grammatik implizierte. Als Äquivalent zum deutschen Anschauungsunterricht wurden „ leçons des choses “ eingeführt, um ein konkreteres und anschaulicheres Sprachenlernen zu ermöglichen, auch Konversationen und Alltagsdialoge wurden integriert (ANLux IP-1476 1918bis 1989). Zudem wurde für sieben von zwölf verschiedenen Primärschulregimes (v. a. in den ein- und zweiklassigen Schulen) die Anzahl der Französischstunden erhöht, sodass sich insgesamt die Diskrepanz zwischen Primärschulen innerhalb Luxemburgs reduzierte: Die Spanne der Unterrichtsstunden reichte nun von 4.5 bis 9 Wochenstunden Französisch je nach Grad und Schulgröße. Nur in vier Primärschulregimes (für Mädchen) blieb die Stundenzahl unverändert, lediglich in einem Schultyp, der Mädchen-Mittelklasse in dreiklassigen Schulen, wurde der Unterricht um eine halbe Stunde gekürzt (ANLux IP-1475, 1920). Anders als Deutsch und Französisch ist Luxemburgisch eine im Schulsystem nahezu ausschließlich mündlich behandelte Sprache und hat die jüngste curriculare Tradition. Obwohl Luxemburgisch erst 1984 als Sprache etabliert wurde, wurde es auch zuvor in der Schule unterrichtet. In der Zwischenkriegszeit hatte sich öffentlich wahrnehmbar eine Bewegung zur Unterstützung einer Systematisierung des Luxemburgischen Dialekts formiert, und ihre Organe wie das Institut Nationalistescht Letzembuerg oder die Letzebuerger Nationalunioun plädierten wiederholt für eine Luxemburger Orthographie in den Schulen, die Verleihung von Preisen für im Dialekt abgefasste Schülerarbeiten und eine intensivere Behandlung Luxemburger Schriftsteller (ANLux IP-1475, 1920 - 1922). Seit 1964 war Luxemburgisch ein eigenständiges Fach, welches sich - anders als zuvor - ausschließlich auf die sprachlichen Eigenheiten konzentrierte (Ministère de l ’ Education Nationale 1964: 9). Zuvor war Luxemburgisch gemeinsam mit Luxemburger Geschichte oder aber im Deutschunterricht behandelt worden. Heute wird Luxemburgisch im Kindergarten, in der Grundschule (1 Stunde pro Woche) und in der siebten Klasse unterrichtet (ebenfalls 1 Stunde). Angesichts der geringen Stundenzahl und der hohen Zahl nicht-luxemburgischer Muttersprachler war (und ist) die Zielsetzung eine mehr repräsentative und politische: Die offizielle Beschreibung des Lehrplans erklärte daher auch nur unspezifisch, „ [e]is Letzebuerger Sprooch as den Ausdrock vun eiser geeschteger a kultureller Eegenaart a muss an der Schoul eng Eireplaz kréien “ (Ministère de l ’ Education Nationale 1964: 9). Die Probleme, die aus der noch fehlenden transparenten und allgemeingültigen Orthographie resultierten, wurden den Lehrkräften überlassen: Bei der Benotung schriftlicher Schularbeiten war nur eine Bewertung des Inhalts zulässig, nicht aber des Schreibens selbst (Ministère de l ’ Education Nationale 1964: 10). Während alle drei Sprachen in der Primärschule die praktische Anwendung in den Vordergrund stellen, ist der Unterricht in den Sekundarschulen hingegen anders strukturiert, was nicht zuletzt an der besonderen Ausbildungssituation liegt: Noch bis zur Gründung der Luxemburger Universität konnten Absolventen der Luxemburger Sekundarschule lediglich im Ausland studieren, etwa an deutschen, französischen, aber auch englischen Hochschulen. In den Sekundarschulen ist dies eins der Hauptziele des Unterrichts; Alltagsdeutsch oder -französisch spielt hier kaum mehr eine Rolle: „ Wir lehren Sprache über Literatur “ (d ’ Letzeburger Land, 21./ 22. Mai 1998). Fremdsprachenunterricht in einer traditionell mehrsprachigen Gesellschaft 185 2.2 Klassische und moderne Fremdsprachen in der Sekundarschule In der Sekundarschule kommen zu diesen drei Nationalsprachen noch weitere Sprachoptionen hinzu, wobei die Schüler/ -innen zwischen altsprachlichen (Latein, Griechisch) und neusprachlichen Sektionen (Englisch, Italienisch, Spanisch) wählen können. Mit der Sekundarschulreform von 1968 wurden neue Sprachensektionen für „ lebendige Sprachen “ geschaffen, sodass nun vier grundsätzliche Schulzweige des Gymnasiums unterschieden wurden: latin-langues, latin-sciences, langues modernes, langues modernes-sciences (Mémorial A 23/ 1968: 435 f.). Neben Deutsch und Französisch ist somit für alle Sektionen, auch die naturwissenschaftlichen, eine weitere dritte Sprache Pflichtfach, eine vierte Sprache möglich. Die Gesamtzahl der Sprachstunden beträgt in den sprachlichen Sektionen bis zu 21 Stunden pro Woche. Im gegenwärtigen Schulsystem wird Englisch ab der achten Klasse bzw. für Lateinschüler/ -innen ab der neunten Klasse unterrichtet. Dementsprechend wird Latein in den klassischen Abteilungen ab der achten Klasse unterrichtet; hier wird ebenfalls Griechisch als Wahlfach ab der 10. Klasse angeboten. Seit den 1970er Jahren werden in den neusprachlichen Zweigen von mehreren Schulen zusätzlich zu Englisch, Deutsch und Französisch auch Kurse in Italienisch und Spanisch als Wahlfächer in der 10. und 11. Klasse und in den beiden Abschlussklassen der rein neusprachlichen Sektionen als Pflichtfach angeboten (z. B. Ministère de l ’ Education Nationale 1975: 65 f.), seit kurzem auch Portugiesisch. Die Vorgehensweise sowohl in neuen als auch den klassischen Fremdsprachen war eine andere als in den offiziell anerkannten Sprachen: Unter anderem ist ein deutlich stärkerer Grammatikschwerpunkt zu beobachten, auch fand der Unterricht systematischer statt als in Französisch und Deutsch. Überdies waren schriftliche Reproduktionen stärker integriert als mündliche Dialogübungen. Direkte Methoden bei diktierten Übersetzungsaufgaben, die bereits im 19. Jahrhundert im Latein- und Griechischunterricht angewandt worden waren, fanden auch in Englisch und Italienisch Anwendung. Erst in der Nachkriegszeit wurde ein weniger formales und weniger systematisches Englisch unterrichtet. Dabei lag der Fokus im Sekundarunterricht bis zu der Sekundarschulreform von 1968 weniger auf den modernen Sprachen, hier dominierten Latein und Griechisch, während in den Oberprimärschulen und Fortbildungsschulen - intendiert als berufliche Vorbereitung für Schüler/ -innen, die keinen Sekundarunterricht besuchten - die klassischen Sprachen explizit aus dem Curriculum ausgeschlossen waren (Mémorial A 28/ 1878: 225). „ Renforcer le latin “ (Latein stärken) war einer der meistverwendeten Erziehungsslogans in den Sekundarschulkonferenzen seit den 1880er Jahren (z. B. ANLux IP-596, 1888), begleitet von einer Reihe an Reformen des altsprachlichen Unterrichts, die jedoch meist nach nur wenigen Jahren wieder widerrufen wurden. Ziel war v. a., die Qualität der Latein-Französisch-Direktübersetzungen zu verbessern. Addiert man die Latein- und Griechischstunden in den oberen fünf Klassen, so kommt man auf 12 Wochenstunden (aus einer Wochenstundensumme von insgesamt 27 - 30) in den klassischen Sprachen (ANLux IP-596, 1889). Zudem zeigen die Stundenpläne, dass Latein generell in den ersten Morgenstunden unterrichtet wurde (ANLux IP-595, 1879; 186 III Internationale Perspektiven auf den Umgang mit Heterogenität IP-596, 1889; IP-597, 1894). Trotz zahlreicher Reformen zur Vereinfachung blieb das Programm der alten Sprachen auch in den folgenden Jahrzehnten weitergehend unangetastet (ANLux IP-607, 1922 - 1923; ANLux IP-605, 1919). Nach wie vor zeigen die Stundenpläne die prominente Stellung des Lateinunterrichts (ANLux IP-629, 1916; IP-630, 1919 - 1923; IP-637, 1929), jedoch auch die zunehmende Positionierung von Französischstunden in den wichtigen Morgenstunden (ANLux IP-629, 1917; IP-631, 1926). Auch das Verhältnis der Unterrichtssprachen wurde zunehmend zugunsten des Französischen verschoben, mit nunmehr - addiert man die Unterrichtsstunden der verschiedenen Sekundarschulstufen, den Sprachunterricht selbst ausgeschlossen - 36 Stunden auf Deutsch und 48 Stunden auf Französisch (ANLux IP-607, 1923). Der moderne Fremdsprachenunterricht verband sich mit dem altsprachlichen historisch in einer vervollständigenden und unterstützenden Form. Die Reformen des Deutsch- und Französischunterrichts beinhalteten beispielweise Versuche, mehr klassische Autoren in die Lesebücher zu integrieren (ANLux IP-595, 1879). Seit den 1880er Jahren hatte es erste Versuche gegeben, dem altsprachlichen Unterricht einen fakultativen Englischkurs zur Seite zu stellen. Erste Versuche scheiterten jedoch am Fehlen eigener ausgebildeter Englischlehrkräfte, sowie an dem Umstand, dass die Lehrerkollegien diese Kurse nur schwer akzeptierten und den Englischkurs nicht als einen wissenschaftlich gerechtfertigten Teil des Curriculums betrachteten (Palgen 1895: 7). Auch war Englisch zunächst auf die Oberprimärschulen und v. a. die Mädchenschulen beschränkt; für Jungen, so Palgen, sei ein solcher Kurs unnötig, da ein gebildeter Mann „ in wenigen Stunden “ das Englisch erlernen könnte, das Frauen nach ihrer Schulausbildung beherrschten (ebd.: 12). Aufgrund dieser und anderer Probleme existierten fakultative Englischkurse je nur für wenige Jahre (ANLux IP-620, 1895). Zwar wurde 1909 dauerhaft ein wahlfreier Englischkurs eingeführt (mit insgesamt 18 Stunden in der Sekundarschullaufbahn). Dennoch wurde Englisch zunächst von Lehrkräften ohne spezifische Ausbildung unterrichtet, meist von bereits unterrichtenden Sprachlehrer/ -innen (Französischlehrer/ -innen); einzige Voraussetzung war bis Ende der 1960er Jahre nur eine Zusatzschulung. Ähnlich war die Vorgehensweise auch bei der Einführung des fakultativen Italienischunterrichts (Hansen-Pauly 1989). 2.3 Sprachen als langues vehiculaires Seit 1861 waren die Unterrichtssprachen Deutsch und Französisch (Mémorial A 14/ 1861: 75 - 115). Seit der offiziellen Anerkennung des Luxemburgischen im Jahr 1984 umfasst das Luxemburger Schulsystem alle drei Sprachen auch als Unterrichtssprachen. Nicht zuletzt aufgrund des Einsatzes aller drei offiziellen Sprachen auch als Unterrichtssprachen für alle anderen im Schulsystem unterrichteten Inhalte machte und macht der Sprachenunterricht einen sehr großen Teil des Curriculums aus. Heute ist das Luxemburgische die Unterrichtssprache für den ersten Zyklus (die zweijährige Vorschule). Danach wechselt die Unterrichtssprache für die restliche Zeit der Grundschule zu Deutsch. Diese war schon von Beginn des Luxemburger Staates auf Deutsch unterrichtet worden. Während im berufsbildenden und technischen Sekundarbereich das Deutsche auch weiterhin die Hauptunterrichtssprache ist, wird das Französische im allgemeinbildenden Sekundarschulbereich mit zunehmendem Alter zur Hauptunterrichtssprache. In den unteren Klassen der weiterführenden Schulen ist die Unterrichts- Fremdsprachenunterricht in einer traditionell mehrsprachigen Gesellschaft 187 sprache noch Deutsch, mit Ausnahme der Fächer Französisch und Mathematik. Seit Französisch nach dem Ersten Weltkrieg zunehmend in wirtschaftlichen Kontexten Anwendung fand, wurde es auch zur Unterrichtssprache in Mathematik und den Naturwissenschaften in den weiterführenden Schulen. Die oberen Klassen werden mittlerweile komplett auf Französisch unterrichtet, mit Ausnahme von Deutsch und Englisch, die in der jeweiligen Sprache unterrichtet werden. 3 Reformen des Sprachunterrichts 1960 - 1974 Mit dem Zweiten Weltkrieg waren die Luxemburger Schuldiskussionen der 1930er Jahre zunächst zu einem Stillstand gekommen. Auch in der unmittelbaren Nachkriegszeit kamen diese nur langsam wieder in Gang. Reformen des Sprachenunterrichts finden sich erst wieder in den 1960er Jahren und zwar zunächst in Reaktion auf öffentliche und professionelle Reformdiskurse um eine Verwissenschaftlichung, die auch die bisherige Stellung des Sprachunterrichts zur Diskussion stellten: Dem „ neuen wissenschaftlichen Geist “ (Luxemburger Wort, 6. Februar 1968) wurde das Potenzial zugeschrieben, kulturelle Vorurteile zu überwinden, mehr soziale Gerechtigkeit im Schulsystem zu verankern und innovative kohärente Wege des Denkens und Lernens zu etablieren. Ideen des programmierten Lernens galten hier als besonders vielversprechend sowohl in den Primär- und Sekundarschulen als auch in der Lehrerbildung: So nahm die Normalschule, in der bis 1983 die Luxemburger Lehrkräfte ausgebildet wurden, ab 1967 in enger Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Institutionen aus dem Ausland diverse Seminare zum programmierten Unterricht und zu Lernmaschinen in ihr Programm auf (z. B. d ’ Letzeburger Land, 19. Januar 1968: 3). Soziale Ungleichheiten im Sprachunterricht waren bereits vor dem Zweiten Weltkrieg von der Luxemburger Lehrerschaft als Problem postuliert worden, und zwar zunächst über die Schuldiskurse in Lehrerzeitschriften, geschrieben von Lehrkräften für Lehrkräfte: Im Sprachunterricht waren die Unterschiede zwischen den städtischen und den ländlichen Schulen noch 1918 beispielsweise so groß, dass Landschulen nicht einmal ein Drittel der Sprachstunden unterrichteten, die in den mehrklassigen Stadtschulen angeboten wurden (ANLux IP-1476, 1918). Ebenso hatten die Schüler/ -innen in den Schulen der Vororte von Luxemburg-Stadt, im Gegensatz zu den Schulen der Oberstadt, mehr Unterricht in Geschichte und Geographie, dafür aber signifikant weniger Stunden in der Elitesprache Französisch (Administration cantonale [Luxembourg] 1901: 26 f.) Auch in den 1911 verstaatlichten Mädchengymnasien wurden weniger Stunden in Französisch und Latein unterrichtet (Lycée de jeunes filles 1913). Während Jungen bereits zu Beginn sieben Stunden in Latein unterrichtet wurden, hatten Mädchen vier Stunden Englisch; nur in den letzten drei Jahren erhielt ein Teil der Mädchen, die die Lateinsektion besuchten, Lateinunterricht. 3.1 Konstruktion von Kohärenz Ein neuer Primarschullehrplan aus dem Jahr 1964 griff diese Diskussionen um eine Konstruktion sozialer Ungleichheit durch verschiedene Schulstufen, -formen und regionale Standorte auf. In diesem interpretierte das Ministerium explizit ein syste- 188 III Internationale Perspektiven auf den Umgang mit Heterogenität matisches Fortschreiten aller Unterrichtsinhalte - quer durch alle Schularten - als die Basis aller schulischen Aktivitäten (Ministère de l ’ Education Nationale 1964: 5). In diesem Lehrplan wird vorausgesetzt, dass sowohl hinter jedem Fach als auch hinter dem gesamten Curriculum schulzweigübergreifend ein System des Denkens stehe, was sich auch im verwendeten Vokabular zur Umschreibung des Erlernens von „ Mechanismen “ , „ Aufbau „ und „ Struktur “ niederschlägt (ebd.). Die Interpretation des Curriculums als systematisch fortschreitender Verlauf veränderte auch die Wahrnehmung von Sprache insgesamt in den Luxemburger Curriculumdebatten, welche nun als ein strukturelles Phänomen mit intelligenten und übertragbaren Prozessen wahrgenommen wurde (z. B. Schloesser 1974), womit auch die Unterschiede zwischen verschiedenen Schulformen und zwischen dem Erlernen verschiedener Sprachen verwischten. Stärker visuell orientierte Materialien schienen auch der steigenden Migration Rechnung zu tragen: Nach dem Vorbild der neuen Mathematiklehrbücher wurden auch die Arbeitsblätter für den Anschauungsunterricht zunehmend visuell - und somit sprachneutral - gestaltet, die mehr denn je semiotische Botschaften über einige wenige verdichtete nationale Symbole transportierten, die jedes Kind auf den ersten Blick erkennen sollte - sei es der Luxemburgische Widerstand während der nationalsozialistischen Besetzung, Symbole der keltischen Ursprünge oder Zeichnungen des Heiligen Saint Willibrord, geographische Silhouetten oder Anspielungen auf die Luxemburger Stahlindustrie (Fédération générale des instituteurs/ FGIL 1967). Themen, die autonomes Denken fördern sollten, wurden immer wichtiger im Sprachunterricht der Primärschule, je näher die Schüler/ -innen den Aufnahmeexamen der Sekundarschule kamen. Die Stoffe im Anschauungsunterricht sollten aus Perspektive der Kinder als handelnde Personen betrachtet werden (Ministère de l ’ Education Nationale 1964: 30 f.). Situationen wie ein Brand im Kino, oder eine Verschüttung im Erdrutsch wurden den Schüler/ -innen als Entscheidungssituationen präsentiert, welche auf die Problemlösungsfähigkeiten in spezifischen praktischen Verhaltenssituationen abzielten (z. B. Ministère de l ’ Education Nationale 1964: 128 - 141). Auch der methodische Fokus auf bestimmte Fähigkeiten spiegelte die Diskurse zu sozialer Gerechtigkeit und individuellen Chancen wider: Die diskutierten Methoden zur Förderung demokratischer, kritischer und aktiver Bürger reichen von der direkten Methode bis zur „ méthode structuro-globale “ (Luxemburger Wort, 15. Juli 1969: 3). Dem Einsatz audiovisueller Medien widmete sich ebenfalls ein separates Kapitel des Lehrplans (Ministère de l ’ Education Nationale 1964: 123 - 125). Zusätzlich sollte der Sprachunterricht die Kooperation der Schüler/ -innen innerhalb der Klasse stärken (Luxemburger Wort, 15. Oktober 1968). Methoden, die der Entwicklung der Klasse zu einer Gruppe Vorschub leisteten, die Kooperation zwischen den Schüler/ -innen unterstützen und somit eine Arbeitsgemeinschaft schaffen sollten, wurden als besonders wichtig betont - eine Funktion, die zuvor noch in keinem curricularen Dokument erwähnt worden war (Hetto 1967; Klemmer 1969). Durch die international bereits zahlreich ausgearbeiteten Konzepte für Team teaching-Methoden galt v. a. der Luxemburger Englischunterricht hier als das Musterbeispiel, von dem Methoden auf den Deutsch-und Französischunterricht übertragen wurden (z. B. Klemmer 1969). Fremdsprachenunterricht in einer traditionell mehrsprachigen Gesellschaft 189 Im Rahmen dieser scheinbar auf Diversität, den Abbau hierarchischer Strukturen und kultureller Vorurteile und soziale Gleichberechtigung zielenden Reformen wurde der Fremdsprachenunterricht jedoch auch zur nationalen Integration genutzt, etwa zur Konstruktion eines (scheinbar) kohärenten nationalen Schulwesens durch gemeinsame Methoden (3.2), zur Entkopplung der Sprachen von ihrem kulturell-historischen Kontext und zur Entwicklung nationaler Narrative (3.3), sowie zur Unsichtbarmachung binnennationaler Sprachhierarchien (3.4), die die Gymnasien von den anderen Schulen unterschieden, zwischen Französisch und Deutsch sowie zwischen klassischen und modernen Sprachen. Durch eine vermeintlich einheitliche methodische Vorgehensweise und eine Loslösung der verschiedenen Sprachen aus ihren bisherigen kulturellen Deutungskontexten entsteht so der Eindruck, das alles Sprachenlernen gleich wertig und von gleicher nationaler Bedeutung sei, während historische Sprachhierarchien aber implizit weiter existieren. 3.2 Methodische Diskussionen In diesem Kontext gewannen methodische Diskussionen an Bedeutung, durch das einigende Potenzial, das einer (scheinbar) kohärenten Unterrichtsmethode zugeschrieben wurde (z. B. Luxemburger Wort, 15. Juli 1969). Die drei offiziell anerkannten Sprachen wurden durch methodologische Diskussionen über „ globales “ Sprachenlernen (d ’ Letzeburger Land, 20. Februar 1970) und „ Ganzheitsunterricht “ , aber auch durch ein zunehmend strukturelles Verständnis von Sprachen verbunden. Zur Erfassung dieser Sprachprozesse und Strukturen schienen Sprachlabore das perfekte Mittel (Hauffels 1970; Legerin-Lambert 1974; Urth 1964). Nicht nur verwischte durch diese neuen Methoden beispielsweise die Unterscheidung zwischen Standarddeutsch und Luxemburgisch. Auch die Vorstellung einer scheinbaren Kohärenz zwischen den verschiedenen Sprachen sowie verschiedenen Arten des Sprachenlernens und verschiedenen Schulzweigen und -stufen wurde hierdurch transportiert. Die gemeinsamen Elemente des Erlernens aller Sprachen werden v. a. in innerprofessionellen Diskussionen zwischen Lehrkräften betont, wie etwa in Lehrerzeitschriften von Lehrkräften für Lehrkräfte und den pädagogischen Abschlussarbeiten der Lehramtsanwärter/ -innen; hingegen werden die Unterschiede zwischen den Sprachen und ihren historisch-kulturellen Konnotationen von den Lehrkräften nicht diskutiert. Sie propagierten stattdessen eine Auffassung von Sprache als ein Mittel um die Problemlösungsfähigkeiten der Studierenden sowie deren strukturelles und logisches Verständnis zu stärken. Die diskursive Bedeutung, die Fremdsprachenkenntnissen (besonders dem Sprechen) zugeschrieben wurde, ließ dabei genügend Interpretationsspielraum für curriculare Unterschiede, während sie einen legato Prozess eines kontinuierlichen Sprachenlernens konstruierte, d. h. ein Sprachenlernen, in dem alle Lernerfahrungen mit einander verbunden und ohne spezifische Stufen oder Unterbrechungen stattfinden. Dabei wurde ignoriert, dass das Sprachenlernen nach wie vor an spezifische strikt von einander getrennte und abrupt beginnende und endende staccato Sprachenwechsel gebunden war, die an formale schulische Bedingungen wie die Zugehörigkeit zu bestimmten Schulstufen, -arten und -sektionen gekoppelt war. Auch in der Diskussion um die Unterrichtssprachen wurden die Gemeinsamkeiten beider Sprachen anstatt ihre Unterschiede 190 III Internationale Perspektiven auf den Umgang mit Heterogenität hervorgehoben. Zwar wurden von den unterrichtenden Lehrkräften beide Unterrichtssprachen nach wie vor in einer gewissen Konkurrenz zueinander wahrgenommen (AnLux MEN-1135 1969), wobei v. a. „ Amputationen “ des Französischen als Widerspruch zur Luxemburger „ Tradition “ empfunden wurden (ANLux MEN-1135, 1969; ANLux MEN-1136, 1970), Deutsch jedoch (fälschlicherweise, angesichts der bereits hohen Migrationszahlen) als die Sprache galt, die als einzige von allen verstanden würde und als einzige Sprache, die eine Anpassung an „ Europäische Kultur “ ermögliche (ebd.). Dennoch wurde die verpflichtende Bilingualität des Unterrichts als nationale Besonderheit unterstrichen. So fanden beispielsweise die Abschlussprüfungen auch (für alle verpflichtend) bilingual statt, damit die Schüler/ -innen nicht den Kontakt zu einer der Sprachen verlieren (ANLux MEN-1136, 1971). 3.3 Sprachstrukturen und De-Historisierung Die Betonung auf orthographische Korrektheit des Deutschen nahm als kontinuierlicher Trend bereits seit dem Ersten Weltkrieg weiter ab, was Luxemburgisch als gesprochene Variante des Deutschen weiter begünstigte. Die Untergliederung des Deutschunterrichts listete nach wie vor an erster Stelle Anschauungsunterricht, an zweiter Stelle „ Schreiblesen “ (Lesen, das in Schreiben übergeht; beides wird hier als Einheit definiert), als drittes Teilgebiet nunmehr das „ Freie Unterrichtsgespräch “ (Ministère de l ’ Education Nationale 1964: 41). Anschließend waren die traditionellen Teilgebiete Vokabular und Stilistik vorgesehen, und erst an letzter Stelle folgten Orthographie und Aufsatzlehre (ebd.: 49). Auch in der Sekundarschule schlug sich eine Abstrahierung von der deutschen Literaturgeschichte nieder: Auf die ältere Literatur aus anderen Sprachperioden (Mittelhochdeutsch, Barock) wurde komplett verzichtet (Ministère de l ’ Education Nationale 1975). In geringerem Ausmaß passierte dasselbe auch im Französischunterricht: Formal wurde Französisch als Sprache der offiziellen Kommunikation und als eines der wichtigsten Schulfächer in der Primärschule verstärkt, für das die längsten Lehrplanbeschreibungen bereitgestellt wurden (Ministère de l ’ Education Nationale 1964: 11 - 29). Gleichzeitig kam es im Französischunterricht ebenso zu bestimmten Versuchen, die Sprache von ihrem historisch-kulturellen Kontext (etwa als Sprache der französischen Literatur, die seit dem 19. Jahrhundert als Vorbild für die Luxemburger Eliten gewirkt hatte) zu entkoppeln. Kenntnisse der französischen Grammatik waren nicht länger per se als eigenes Ziel definiert (Ministère de l ’ Education Nationale 1964: 11). Lediglich der Satzbau wurde noch aktiv behandelt, jedoch mittels integrativer Unterrichtsmethoden, die konkrete Gesprächssituationen begünstigten (Luxemburger Wort, 11. Oktober 1969; Ministère de l ’ Education Nationale 1975). So dienten konkrete Alltagsthemen wie Sport, oder die Straße nun zum Aufbau des Unterrichts, um die Französischkenntnisse der Schüler/ -innen auf ein „ alltägliches und konkretes Niveau “ zu bringen ( „ niveau quotidien et concret “ ; ANLux MEN-1136, 1971). Mündliche Präsentationen und Dialoge galten hierbei als didaktisch am wertvollsten (Mathieu 1968). Auch das Lehren und Lernen in der Primärschule selbst änderte sich mit der „ méthode structuro-globale “ (Luxemburger Wort, 11. Oktober 1969): Vokabeln wurden nicht mehr nach formalen Aspekten gruppiert, sondern nach ihren Anwendungsbereichen. Sätze wurden als Ganzes erlernt, Fremdsprachenunterricht in einer traditionell mehrsprachigen Gesellschaft 191 nicht als ein Konglomerat an Vokabeln. Der Satz als „ Sinngruppe “ wurde mit einer entsprechenden audiovisuellen Projektion verknüpft (ebd.; Schilling 1974). In den Sekundarschulen hingegen wurde daneben weiterhin ein gehobenes Schriftfranzösisch unterrichtet, jedoch wurden die Lesestücke und -bücher ebenso modernisiert (ANLux MEN-1135 1969): So integrierten die Programme auch zusätzliche Werke der Europäischen Philosophie des zwanzigsten Jahrhunderts, sowie Gegenwartsliteratur (ANLux MEN-1135 1969). Luxemburgische Literatur auf Französisch wurde ebenso aufgenommen (Ministère de l ’ Education Nationale 1975: 45 f.; Ministère de l ’ Education Nationale 1972). Auf diese Weise von ihren ursprünglichen kulturellen Kontexten entkoppelt bzw. als luxemburgisch und europäisch rekontextualisiert, konnten sowohl Deutsch als auch Französisch zur Konstruktion nationaler Einheit verwendet werden (ANLux MEN- 1136 1971). Wie das folgende Beispielzitat aus der Zulassungsprüfung der Sekundarschulen zeigt, wurde der Unterricht beispielsweise genutzt, um eine historische Meistererzählung von der behaupteten tausendjährigen Existenz Luxemburgs zu transportieren: Viel Schönes gab es dieses Jahr in unserer Hauptstadt zu sehen. Sie feierte ihren tausendjährigen Geburtstag. Flaggen wehten auf den öffentlichen Plätzen. [. . .] Die Festlichkeiten fanden ihren Höhepunkt an unserem Nationalfeiertag. [. . .] Auch die Jahrtausendfeier mit dem Glanz ihrer Feste wird bald vorüber sein. Aber die Liebe zu unserer Heimat wird still und stark in unsern Herzen weiterbrennen (Ministère de l ’ Education nationale 1964: 125). Eigene luxemburgische Schulbücher für den Sprachenunterricht wurden dennoch nur wenige veröffentlicht, überwiegend Lesebücher für die Primärschule - meist auf Deutsch, seltener in den vergangenen Jahrzehnten auf Luxemburgisch. Während die Länge der Texte und die Autorenauswahl in Abhängigkeit der jeweiligen kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Situation variierte, blieben die Inhalte und die Abfolge im 20. Jahrhundert relativ persistent. Charakteristisch sind v. a. die induktive Vorgehensweise, eine lokale Differenzierung bei Betonung der nationalen Gesamtheit, sowie ein christlich-moralischer Grundton (z. B. FGIL 1962; FGIL 1963). Katholische Feste und Symbole im Jahresverlauf waren hier durchweg ein fester Bestandteil (ebd.: 260 - 264), ebenso wie die „ gute und fürsorgliche “ Monarchie (ebd: 245). 3.4 Die Unsichtbarkeit hierarchischer Strukturen Die klassischen Gymnasien, welche bisher auf einem starken Fokus auf altsprachlichen Unterricht beruht hatten, wurden mit der Sekundarschulreform von 1968 und ihrem Ziel der größeren Chancengleichheit vor die komplizierte Aufgabe gestellt, ihre humanistische Schultradition mit dem in Einklang zu bringen, was die Curriculumkommissionen den neuen „ Geist des Fortschritts und Realismus “ nannten (ANLux MEN-1135 1968). Dies gelang durch eine starke, aber graduelle Spezialisierung im Verlauf der Sekundarschule, welche zudem der hohen Abbruchquote der Luxemburger/ -innen an den ausländischen Universitäten entgegenwirken sollte. Die Diskussionen hierzu betrafen zumeist Fragen der Gleichwertigkeit der altsprachlichen und der deutlich erweiterten neusprachlichen Sektionen (ANLux MEN-1135 1968). Gleichzeitig erhielten neu- 192 III Internationale Perspektiven auf den Umgang mit Heterogenität sprachliche und altsprachliche Sektionen die gleiche Studiendauer von sechs Jahren, hierarchische Unterschiede zwischen den beiden wurden formal abgebaut. Die neuen Sprachpolitiken machten diese Hierarchien jedoch nur unsichtbar, indem sie von dem Erlernen bzw. der Anwendung verschiedener Sprachen abstrahierten, ohne die Sprachhierarchien per se zu ändern, nicht nur zwischen Deutsch und Französisch, sondern auch zwischen modernen und alten Sprachen. Fremdsprachenkenntnisse jeder Art wurden in psychologischer Interpretation als Indikator für die Motivation und den Leistungswillen der Studierenden gesehen (u. a. Hierzig 1978: 99). Eine methodische Angleichung sollte etwa zu einem weiteren Abbau von Hierarchien führen: Selbst im Lateinunterricht kamen mit dem „ Assimil Latinum “ ganzheitliche Methoden zur Anwendung; Methodik und Didaktik des Lateinunterrichts wurde umfassend modernisiert (Liefgen 1968; Weins 1970). In der Zwischenzeit beschäftigten sich Lehrerdiskurse jedoch mit einer Wiederbelebung „ antiker Werte “ die den Studierenden durch formale Latein-Französisch-Übersetzungen, stilistische Finesse und eine Auswahl philosophischer Originalwerke moralische, ethische und ästhetische Orientierung bieten könnten (Kohnen 1967; Scheidweiler 1965). Auch der Französischunterricht unterschied sich nach wie vor: In der altsprachlichneusprachlichen Sektion waren stilistische Themen etwa immer noch sehr wichtig, während dieselben für alle anderen Sektionen, wenn nicht begleitet von angewandter Sprache, gar als „ gefährlich “ galten (ANLux MEN-1136 1971). Außerdem galt für die altsprachlichen Sektionen die direkte Übersetzung literarischer Texte nach wie vor als äußerst wichtig (ebd.). 4 Fazit Anders als in einsprachigen Nationalstaaten war die Luxemburger Erziehung auf eine bilinguale Grundstruktur aufgebaut. Obwohl einige Organisationsformen, wie die Sprachlabore, bereits nach Mitte der 1970er Jahre nicht von Bestand waren (Legerin-Lambert 1974), bereiten Ideen der 1960er und 1970er Jahre in Luxemburg noch immer den Boden für einen stark national aufgeladenen Diskurs um das Modell der Mehrsprachigkeit, in dessen Rahmen das vorhandene Schulsystem legitimatorisch an globale Reformpolitiken anknüpfen konnte. Dies tat es jedoch in einer Art, die ihm erlaubte, durch die Loslösung der Sprachen aus ihrem kulturellen Entstehungskontext, durch die Abwesenheit von sprachlicher Historizität und dem Abstrahieren zu sprachübergreifenden methodischen Diskussionen bestimmte Funktionen der nationalen Integration (moralische Erziehung, Konstruktion nationaler Identität, Fokus auf Anschaulichkeit und Anwendbarkeit der drei Nationalsprachen) mit binnendifferenzierenden Funktionen zu verbinden. All die herausgearbeiteten zusätzlichen Funktionen zeigten, dass die über die Zeit eingeführten Innovationen im Fremdsprachenunterricht zum Zweck der staatsbürgerlichen Erziehung angepasst wurden und mehr als flexible Container für persistente nationalstaatsbürgerliche Wege linguistischer Argumentation dienten. Historische Mentalitäten wirken implizit weiter fort: So funktioniert die Luxemburger Mehrsprachigkeit bis heute als Mittel zur sozialen Distinktion, nicht zuletzt weil sie während der vergangenen Jahrzehnte immer noch an materiellen Reichtum gekoppelt war (Hoffmann 1998: 159). Zudem hat Jean-Jacques Weber (2009) verschiedene heute noch existierende Strategien der Unsichtbarmachung dieser lin- Fremdsprachenunterricht in einer traditionell mehrsprachigen Gesellschaft 193 guistischen Ressourcen bzw. Bedürfnisse und auch der Kinder selbst konstatiert, die nicht zu dieser ideellen Mehrsprachigkeit passen (Weber 2009: 16): So wird in den Sekundarschulen beispielsweise immer noch ein sehr formelles Französisch unterrichtet, umgangssprachliche oder kontaktsprachliche Variationen der Schüler/ -innen werden nicht berücksichtigt (vgl. Weber 2009: 38). Dreisprachiger Spracherwerb findet nicht in Form eines kontinuierlichen legato Prozesses statt, sondern durch verschiedene Sprachwechsel, die je nach Schulzweig verschiedenen bestimmten Durchgangsstadien zugeordnet sind. Auch das Verständnis der Mehrsprachigkeit als Heilmittel für soziale Probleme, das angeblich gesellschaftliche Unterschiede überbrücken könne, wirkt weiter fort: In Luxemburg, das hat der vorliegende Beitrag gezeigt, hatte die Mehrsprachigkeit genau den gegenteiligen Effekt, sie differenzierte hierarchisch zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen, u. a. zwischen Mädchen und Jungen sowie nach sozialem Status. Während Französisch v. a. in den Schulen der urbanen Elite propagiert wurde, galt Deutsch lange Zeit als die praktische Sprache für die breite Bevölkerung. Auch andere Sprachfächer trugen hierzu bei, wie beispielsweise der altsprachliche Unterricht, der auf die allgemeinbildenden Sekundarschulen begrenzt war. Gleichzeitig etablierte sich ein Denkschema, das zwischen ungebildeten einsprachigen Luxemburger/ -innen oder gar mehrsprachigen Luxemburger/ -innen, die jedoch - wie etwa die portugiesischen Einwanderer - über die „ falsche “ Mehrsprachigkeit verfügten, unterschied. Anschlussfragen 1. Diskutieren Sie vor dem Hintergrund des Luxemburger Fallbeispiels, inwiefern die Luxemburger Erziehung zur Mehrsprachigkeit tatsächlich Ausdruck interkulturellen Denkens und einer Toleranz von Heterogenität ist (und inwiefern nicht). 2. Welche der im Text genannten Funktionen und Organisationsformen des Sprachenunterrichts sind Ihrer Meinung nach der Luxemburger Mehrsprachigkeit geschuldet, welche scheinen Ihnen ein nationalstaatliches Phänomen zu sein? 3. Wie reflektieren Sie gegenwärtige Sprachpolitiken vor dem Hintergrund der Reformen der 1960er/ 70er Jahre? 4. Der Text hat an mehreren Stellen gezeigt, wie diskursive Umdeutungen vorhandener Strategien des Sprachenunterrichts vor dem jeweiligen historischen Kontext stattfanden - was charakterisiert diese Umdeutungen, und wie würden Sie vor diesem Hintergrund Diskurse zum Sprachenlernen in heterogenen Lerngruppen betrachten? 194 III Internationale Perspektiven auf den Umgang mit Heterogenität Bibliographie Abuja, Günter et al. (2007), Das Europäische Sprachenportfolio für junge Erwachsene (ESP 15+). Linz: Veritas. Administration cantonale [Luxembourg] (1883), Lehrplan für [Luxembourg] die Primärschulen im Canton Luxemburg, 1883. Luxembourg: Administration cantonale. Administration cantonale [Luxembourg] (1901), Lehrplan für die Primärschulen im Canton Luxemburg, 1901. Luxembourg: Administration cantonale. Alberta Education (2009), Kindergarten to Grade 12 English as a Second Language Literature Review update. Howard Research & Management Consulting Inc. 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Sabine Doff ist Professorin für Fremdsprachendidaktik Englisch und Direktorin des Zentrums für Lehrerbildung an der Universität Bremen. Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen Kulturdidaktik, Umgang mit Heterogenität im Englischunterricht sowie Geschichte des Fremdsprachenunterrichts in Deutschland. Tim Giesler ist seit 2010 Universitätslektor im Bereich Fremdsprachendidaktik an der Universität Bremen. Unterrichtstätigkeit an unterschiedlichen Schularten und Schultypen in Hamburg und Bremen - an einer Gesamtschule, am Gymnasium und in berufsbildenden Klassen - hat dabei sein Verständnis für Heterogenität im Englischunterricht ebenso geprägt wie die Mitarbeit im Projekt „ Professionalisierung im Umgang mit Heterogenität und Differenzierung “ in der Lehramtsausbildung der Universität Bremen. Ur š ka Grum ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Arbeitsbereich der Didaktik des Englischen am Institut für Englische Philologie der Freien Universität Berlin. Ihre Arbeits- und Forschungsschwerpunkte sind: Empirische Sprach(lehr-lern)forschung, Sprachtesten, mündliche Sprachkompetenzen, schriftsprachliche Textkompetenzen, Leistungsheterogenität, fächer- und genrespezifische Ausprägungen von Sprache sowie Sprachwissenschaft. Liesel Hermes lehrte und forschte an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe und von 1992 - 2002 an der Universität Koblenz. Von 2002 bis zu ihrem Ruhestand 2011 war sie Rektorin der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe. Ihre Lehr- und Forschungsgebiete waren englische und australische Literaturwissenschaft und Literaturdidaktik, Action Research und Professionsforschung. Im Ruhestand arbeitet sie in verschiedenen Kuratorien und ehrenamtlich in Gemeinschaftsschulen in Baden-Württemberg sowie in der Lehrerfortbildung. Barbara Hinger war als Lehrerin in der Sekundarstufe I und II (AHS und BHS) tätig und hat drei Jahre als Österreichische Austauschlektorin an der Universidad de Sevilla, Spanien, gearbeitet. An der Universität Innsbruck war sie zunächst am Institut für Romanistik primär im Bereich der spanischen Sprachwissenschaft und auch der Fachdidaktik Spanisch beschäftigt. Gemeinsam mit Kollegen der Anglistik und Slawistik hat sie das Innsbrucker Modell der Fremdsprachendidaktik konzipiert. 2012 erhielt sie die Lehrbefugnis für „ Romanische Sprachwissenschaft und Sprachendidaktik “ . Sie hat am Institut für Fachdidaktik der Universität Innsbruck eine Professur für Fremdsprachendidaktik inne. Ihr Forschungsinteresse liegt im morphosyntaktischen Erwerb von Fremdsprachen und dem classroom based assessment von Sprachen im schulischen Bereich. Till-Sebastian Idel ist Professor für Schultheorie und empirische Schulforschung am Fachbereich 12: Erziehungs- und Bildungswissenschaften der Universität Bremen. Seine Arbeitsgebiete sind Transformation von Schule, Unterricht und pädagogischer Professionalität, rekonstruktive Schulentwicklungs-, Professions- und Bildungsforschung sowie Lehrerbildung. Yasemin Karakas¸ og ˘ lu promovierte 1999 in Erziehungswissenschaft an der Universität Duisburg-Essen mit einer Arbeit zu Religiosität und Erziehungsvorstellungen bei angehenden Pädagoginnen türkisch-muslimischer Herkunft. Seit 2004 ist sie Professorin für Interkulturelle Bildung an der Universität Bremen, seit 2011 Konrektorin für Internationalität und Diversität. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind: Interkulturelle Öffnung von Schulen und Hochschulen, Rassismuskritische Lehrerbildungsforschung sowie Islam im Kontext von Schule. Kerstin Rabenstein ist Professorin für Schulpädagogik/ Empirische Unterrichtsforschung und Schulentwicklung am Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Göttingen. Ihre Arbeitsgebiete sind Transformation pädagogischer Ordnungen, Unterrichtsvideographie und Lehrerbildung sowie praxistheoretische Schul- und Unterrichtsforschung. Monika Rothweiler ist Professorin für Inklusive Pädagogik/ Sprachbehindertenpädagogik an der Universität Bremen. Ihre Forschungsschwerpunkte bewegen sich im Themenbereich des kindlichen Spracherwerbs mit dem Schwerpunkt „ Spracherwerb unter besonderen Bedingungen “ , den sie in DFG-Projekten zum kindlichen Zweitspracherwerb, zu Sprachentwicklungsstörungen bei ein- und mehrsprachigen Kindern sowie zum Spracherwerb bei schwerhörigen Kindern bearbeitet (hat). Tobias Ruberg ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Arbeitsgebiet Inklusive Pädagogik - Förderschwerpunkt Sprache an der Universität Bremen. Er promovierte in der inklusiven Pädagogik zum Genuserwerb ein- und mehrsprachiger Kinder. Seine Forschungs- und Arbeitsschwerpunkte sind der kindliche (Zweit-)Spracherwerb, Spracherwerbsstörungen, Sprachbildung und -förderung. Larena Schäfer ist Promovendin in der interdisziplinären Creative Unit „ Fachbezogene Bildungsprozesse in Transformation “ (FaBiT) der Universität Bremen. Ihr Dissertationsprojekt befasst sich mit der Anbahnung kulturellen Lernens in heterogenen Klassen im Englischunterricht der Sekundarstufe I. Seit 2014 arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Bremen, Fremdsprachendidaktik Englisch. Ihre Forschungsinteressen beinhalten die fachdidaktische Entwicklungsforschung, kultur- und textdidaktische Konzepte sowie individualisierende Verfahren im Englischunterricht. Autorinnen und Autoren 217 Catherina Schreiber ist Postdoktorandin an der Universität Luxemburg, Institut für angewandte Erziehungswissenschaften. Sie arbeitet in einem Projekt, das sich mit der Entwicklung naturwissenschaftlicher Bildungspolitiken in Luxemburg im internationalen Vergleich beschäftigt. Ihre Forschungsinteressen umfassen kultur- und sozialhistorische Aspekte von Bildung und Erziehung, sowie Curriculumforschung. Lena Schuett hat 2015 ihre Dissertation in der Fremdsprachendidaktik Englisch an der Universität Bremen mit dem Schwerpunkt auf Zweitsprachenförderprogrammen in Kanada und Deutschland abgeschlossen. Unterrichtet hat sie in Deutschland, Großbritannien, Kanada und Laos. Seit September 2015 ist sie an der University of Calgary im Bereich Linguistics, Languages and Cultures tätig. Matthias Trautmann ist seit 2009 Professor für Schulpädagogik und Allgemeine Didaktik an der Universität Siegen. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Heterogenität in Schule und Unterricht, Schul- und Unterrichtsentwicklung sowie Lehrerprofessionalisierung. Katharina Verriere arbeitet als Lehrkraft für besondere Aufgaben in den Erziehungswissenschaften der Universität Bielefeld (AG 5: Schulpädagogik und Allgemeine Didaktik). Derzeit beschäftigt sie sich in ihrem Habilitationsprojekt mit dem Thema kompetenzorientiertes Individualisieren im Englischunterricht. Neben diesem Schwerpunkt in der Forschung beschäftigt sie sich mit der Implementierung von Forschendem Lernen in der Lehramtsausbildung. Fatou Julia Wolter studierte Englisch und Geschichte auf Lehramt, mit dem Schwerpunkt Sekundarstufe I an der Universität Bremen. Seit April 2014 arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Bremen, Fremdsprachendidaktik Englisch. Sie ist für das ForstA-Projekt „ Professionalisierung im Umgang mit Heterogenität im Englischunterricht “ zuständig und promoviert zeitgleich zum Thema „ Mehrsprachigkeit im Englischunterricht “ . 218 Autorinnen und Autoren Die in einem Klassenzimmer versammelten Schülerinnen und Schüler bringen zunehmend unterschiedliche Lern- und Leistungsvoraussetzungen mit. Die steigende sprachliche, kulturelle und individuelle Heterogenität der Lernenden muss bei der Gestaltung von Schule und Fachunterricht berücksichti gt werden. Dieses Studienbuch illustriert am Beispiel des Fachs Englisch (mit Übertragungsmöglichkeiten auf andere Schulfremdsprachen), wie dies im Hinblick auf fachdidakti sche Kernfragen gelingen kann. Dabei werden Kontexte und Rahmenbedingungen berücksichti gt sowie Impulse aus den Erziehungswissenschaft en und internati onale Perspekti ven einbezogen. ISBN 978-3-8233-6909-7