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Definitheit im Deutschen und im Chinesischen

2017
978-3-8233-9092-3
Gunter Narr Verlag 
Tingxiao Lei

Definitheit ist ein Begriff, der in der Sprachwissenschaft eng mit der Verwendung des Artikels verbunden ist. Es ist jedoch umstritten, welche Rolle Definitheit in Sprachen ohne Artikel spielt. In ihrem Band geht die Autorin von dem semantisch-pragmatischen Konzept der Identifizierbarkeit aus, das in Sprachen mit Artikel als Definitheit grammatisch realisiert wird, aber auch in artikellosen Sprachen zum Ausdruck kommt. Vor diesem Hintergrund untersucht sie für das Chinesische, wie tragfähig die bisherigen Annahmen zur Markierung von Definitheit überhaupt sind und wie Sprecher die Identifikation des gemeinten Referenten durch den Hörer sicherstellen bzw. wie Hörer den intendierten Referenten identifizieren, wenn Identifizierbarkeit nicht eindeutig markiert wird.

www.narr.de TBL Tübinger Beiträge zur Linguistik Definitheit ist ein Begriff, der in der Sprachwissenschaft eng mit der Verwendung des Artikels verbunden ist. Es ist jedoch umstritten, welche Rolle Definitheit in Sprachen ohne Artikel spielt. In ihrem Band geht die Autorin von dem semantisch-pragmatischen Konzept der Identifizierbarkeit aus, das in Sprachen mit Artikel als Definitheit grammatisch realisiert wird, aber auch in artikellosen Sprachen zum Ausdruck kommt. Vor diesem Hintergrund untersucht sie für das Chinesische, wie tragfähig die bisherigen Annahmen zur Markierung von Definitheit überhaupt sind und wie Sprecher die Identifikation des gemeinten Referenten durch den Hörer sicherstellen bzw. wie Hörer den intendierten Referenten identifizieren, wenn Identifizierbarkeit nicht eindeutig markiert wird. 559 Lei Definitheit im Deutschen und im Chinesischen Definitheit im Deutschen und im Chinesischen Tingxiao Lei www.narr.de TBL Tübinger Beiträge zur Linguistik Definitheit ist ein Begriff, der in der Sprachwissenschaft eng mit der Verwendung des Artikels verbunden ist. Es ist jedoch umstritten, welche Rolle Definitheit in Sprachen ohne Artikel spielt. In ihrem Band geht die Autorin von dem semantisch-pragmatischen Konzept der Identifizierbarkeit aus, das in Sprachen mit Artikel als Definitheit grammatisch realisiert wird, aber auch in artikellosen Sprachen zum Ausdruck kommt. Vor diesem Hintergrund untersucht sie für das Chinesische, wie tragfähig die bisherigen Annahmen zur Markierung von Definitheit überhaupt sind und wie Sprecher die Identifikation des gemeinten Referenten durch den Hörer sicherstellen bzw. wie Hörer den intendierten Referenten identifizieren, wenn Identifizierbarkeit nicht eindeutig markiert wird. 559 Lei Definitheit im Deutschen und im Chinesischen Definitheit im Deutschen und im Chinesischen Tingxiao Lei Definitheit im Deutschen und im Chinesischen TBL 559 Tübinger Beiträge zur Linguistik herausgegeben von Gunter Narr 559 Tingxiao Lei Definitheit im Deutschen und im Chinesischen Tübinger Beiträge zur Linguistik herausgegeben von Gunter Narr 559 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb. dnb.de abrufbar. Die Arbeit wurde unter dem Titel „Definitheit im Deutschen und im Chinesischen“ im Jahr 2016 von der Philologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum angenommen. Gedruckt mit Unterstützung des Förderungsfonds Wissenschaft der VG WORT . © 2017 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Werkdruckpapier. Internet: www.narr.de E-Mail: info@narr.de Printed in Germany ISSN 0564-7959 ISBN 978-3-8233-9092-3 5 Inhaltsverzeichnis Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 1.1 Gegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 1.2 Aufbau der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 1.3 Quellen der Beispiele sowie Angaben zum Transkriptionssystem . . 14 2 Definitheit und verwandte Konzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 2.1 Referenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 2.1.1 Referentielle und nicht-referentielle NP n . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 2.1.2 Nicht-referentielle NP n im Deutschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 2.1.3 Nicht-referentielle NP n im Chinesischen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 2.2 Spezifizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2.3 Generizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 2.3.1 Generische NP n und generische Sätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 2.3.2 Generische NP n im Deutschen und im Chinesischen . . . . . . . . . . 40 2.4 Definitheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 2.4.1 Verwendungsweisen des definiten Artikels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 2.4.2 Was ist Definitheit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 2.5 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 3 Definitheit im Deutschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 3.1 Definiter Artikel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 3.2 Demonstrativdeterminativ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 3.2.1 Gebrauchskontexte von Demonstrativa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 3.2.2 Unterscheidung zwischen definitem Artikel und Demonstrativdeterminativ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 3.3 Possessivdeterminativ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 3.4 Quantifizierende Determinative all- und jed- . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 3.5 Exkurs: Der indefinite Artikel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 3.5.1 Der kategoriale Status von ein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 3.5.2 Ein auf dem Weg der Grammatikalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 3.6 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 6 Inhaltsverzeichnis 4 Definitheit im Chinesischen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 4.1 Der aktuelle Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 4.1.1 Li & Thompson (1975, 1978, 1981) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 4.1.2 Y.-Z. Shi (2002) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 4.1.3 LaPolla (1990, 1995) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 4.1.4 Chen (2004) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 4.2 Wortstellung und Definitheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 4.2.1 Informationsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 4.2.2 Positionen, die definite / indefinite NP n präferieren . . . . . . . . . . . 99 4.3 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 5 NP-Formen im Chinesischen und Definitheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 5.1 NP n mit Demonstrativa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 5.1.1 Gebrauchsweisen von Demonstrativa im Chinesischen . . . . . . 121 5.1.2 Artikelähnliche Verwendungen von Demonstrativa . . . . . . . . . . 123 5.2 NP n mit Pers+ de . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 5.3 Allquantifizierte NP n . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 5.4 Yi +Kl+N . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 5.4.1 Verwendungsweisen von yi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 5.4.2 yi +Kl+N, das als definit interpretiert wird . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 5.5 Indeterminierte NP n . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 5.5.1 Bloße NP n . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 5.5.2 Num+Kl+N . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 5.6 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 6 Empirische Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 6.1 Pers+ de +N und Poss+N . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 6.1.1 Gebrauchskontexte von Pers+ de . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 6.1.2 Belege für possessive NP n im Ausgangstext . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 6.1.3 Belege für Poss+N in der Übersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 6.2 Dem+Kl+N und Dem+N . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 6.2.1 Belege für Dem+Kl+N im Ausgangstext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 6.2.2 Belege für Dem+N im Zieltext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 6.3 yi +Kl+N und ein +N . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 6.3.1 yi +Kl+N, das auf identifizierbare Entitäten referiert . . . . . . . . . . 189 6.3.2 Belege für ein+N und ihre Entsprechungen im Ausgangstext 194 6.4 Num+Kl+N . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 6.5 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 Inhaltsverzeichnis 7 7 Schlusswort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 Tabellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 Angaben zu Autor, Titel und Übersetzung der einzelnen Korpustexte . . . . 213 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 Danksagung Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2016 von der Fakultät für Philologie der Ruhr-Universität Bochum als Dissertation angenommen. Für die Publikation wurde die Arbeit geringfügig überarbeitet. An dieser Stelle möchte ich mich herzlich bei allen Personen und Institutionen bedanken, die mich im Forschungsprozess begleitet und gefördert haben: Mein Dank gilt an erster Stelle meiner Doktormutter Frau Prof. Dr. Karin Pittner für die freundliche Überlassung des Themas, für die hervorragende und stets engagierte wissenschaftliche Betreuung und den immerwährenden und inspirierenden Optimismus auch in schwierigen Phasen dieser Arbeit. Zudem danke ich Herrn Prof. Dr. Dr. h. c. Heinz H. Menge für die hilfsbereite und wissenschaftliche Betreuung als Zweitgutachter. Seine Anmerkungen und kritischen Kommentare haben zum guten Gelingen dieser Arbeit beigetragen. Herrn Thomas Beckmann danke ich für das sorgfältige Korrekturlesen und für vielfältige Anmerkungen und Hinweise. Mein besonderer Dank gebührt Herrn Tillmann Bub für die ausgezeichnete redaktionelle Betreuung des Publikationsprozesses. Bei dem China Scholarship Council bedanke ich mich herzlich für die finanzielle Förderung über die gesamte Entstehungszeit der Dissertation. Weitere Unterstützung lieferte die VG Wort, indem sie einen großzügigen Druckkostenzuschuss für die Publikation des vorliegenden Buches gewährte. Schließlich und nicht zuletzt möchte ich meinem Mann Yingbin ganz herzlich danken - dieser Dank gilt nicht nur seinen wertvollen Hinweisen und Ratschlägen für die Bearbeitung meines Themas, sondern auch seiner unermüdlichen Unterstützung während der gesamten Promotionszeit. 1.1 Gegenstand 11 1 Einleitung 1.1 Gegenstand Definitheit ist ein Begriff, der in den Sprachwissenschaften eng mit der Verwendung des Artikels verbunden ist. In Artikelsprachen werden Nominalphrasen (im Folgenden abgekürzt als NP ) mit definitem oder indefinitem Artikel als prototypische Beispiele für definite und indefinite NP n angesehen. Es ist jedoch umstritten, welche Rolle Definitheit in Sprachen ohne Artikel spielt bzw. wie sie ausgedrückt wird. Es ist zu bemerken, dass im Chinesischen eine starke Tendenz besteht, dass das Subjekt definit und das Objekt indefinit ist (Chao 1968). Diese Beobachtung hat zu der Annahme geführt, dass das Fehlen des Artikels im Chinesischen durch Variation in der Wortstellung kompensiert wird, und zwar wird Wortstellung zum Ausdruck von Definitheit verwendet (Li & Thompson 1975, 1978, 1981, im Folgenden als L&T abgekürzt, Shi 2002). Diese Auffassung ist heute allgemein verbreitet, obwohl LaPolla in seiner Dissertation im Jahr 1995 bereits darauf hingewiesen hat, dass die von Chao (1968) beschriebene Tendenz ein Nebeneffekt der Informationsstrukturierung ist. Ein weiteres Mittel, das beim Ausdruck von Definitheit eine wichtige Rolle spielt, sind „Determinative“. Es ist oft zu lesen, dass Demonstrativa, Pers+ de sowie yi (+Kl) im Chinesischen Determinativen im Englischen ähneln und eine definite / indefinite Interpretation bewirken. Es wird vielfach versucht, den Zusammenhang zwischen Wortstellung, Determinativen und Definitheit zu beschreiben und daraus Gesetzmäßigkeiten abzuleiten. Der Ausgangspunkt dieser Arbeit ist zunächst: Definitheit ist als grammatische Kategorie in Sprachen ohne Artikel nicht vorhanden. Dagegen kann Identifizierbarkeit, die ein semantisch-pragmatisches Konzept darstellt und in Sprachen mit Artikel als Definitheit grammatisch realisiert wird, in allen Sprachen zum Ausdruck kommen. Vor diesem Hintergrund ist es von besonderem Interesse, wie Identifizierbarkeit im Chinesischen ausgedrückt wird. Es ist jedoch unmöglich, diese Frage im Rahmen einer einzelnen Arbeit zu beantworten. In der vorliegenden Arbeit rücken folgende Punkte in den Fokus der Untersuchung: • In der Literatur wird vertreten, dass bestimmte syntaktische Positionen eine Präferenz für definite oder indefinite NP n aufweisen. Es lässt sich jedoch fragen, ob diese Präferenz auf Definitheit zurückzuführen ist. 12 1 Einleitung • Auch wird behauptet, dass Demonstrativa und Pers+ de im Chinesischen Definitheit induzieren, während yi (+Kl) eine indefinite Interpretation bewirkt, genau wie die entsprechenden Formen im Deutschen. In der vorliegenden Arbeit wird untersucht, inwiefern diese Aussage zutrifft oder nicht zutrifft. • Bekommt der Hörer im Chinesischen Hinweise, um aus der Menge möglicher Referenten einer NP den in der jeweiligen Situation gemeinten Referenten auszuwählen? Wenn ja, welche Hinweise sind das? Ziel der Arbeit soll sein, die in der Literatur vertretenen Meinungen zu überprüfen und sie um neue Erkenntnisse zu erweitern. Definitheit wird hier aus einer sprachvergleichenden Perspektive untersucht, und zwar aus folgenden Überlegungen heraus: Zuerst ist Definitheit im Deutschen relativ gut erforscht und die dabei gewonnenen Erkenntnisse können wesentlich zum Verständnis von Definitheit im Chinesischen beitragen. Außerdem werden durch den Vergleich mit der deutschen Sprache die Besonderheiten der chinesischen Sprache sichtbar. Ferner wird stets nach Erklärungen gesucht, die nicht nur einzelsprachlich, sondern sprachübergreifend gelten. 1.2 Aufbau der Arbeit Der Aufbau dieser Arbeit gliedert sich in 7 Kapitel, die zunächst zusammenfassend dargestellt werden: In Kapitel 2 werden der Begriff Definitheit sowie die mit ihm verwandten Konzepte Referenz, Spezifizität und Generizität erläutert, um terminologische Verwirrungen zu vermeiden und eine theoretische Basis sicherzustellen. In Abschnitten 2.1 bis 2.3 werden zuerst die zugrundeliegenden Theorien kurz dargelegt, dann wird versucht, präzise Kriterien für die Analyse und Interpretation von NPn im Deutschen und Chinesischen aufzustellen, damit die Analyse strukturiert und effektiv durchgeführt wird. In Abschnitt 2.4 wird der zentrale Begriff Definitheit abgegrenzt. Es wird zunächst auf die Verwendungsweisen des definiten Artikels eingegangen, die die Basis von Definitheitstheorien bilden. Dann werden einige Theorien zur Definitheit vorgestellt, die unterschiedliche Gebrauchsweisen des definiten Artikels als Ausgangspunkt wählen. Kapitel 3 bietet einen Überblick über unterschiedliche Formen von definiten und indefiniten NP n im Deutschen. Im Deutschen wird Definitheit bei NP n mit nominalem Kern (engl. full noun phrases ) immer durch definite Determinative markiert, während Indefinitheit einfach durch die Abwesenheit dieser Determinative zum Ausdruck kommt. In diesem Kapitel stehen die Gebrauchsweisen von Determinativen (definiter Artikel, Demonstrativa, Possessiva, Allquanto- 1.2 Aufbau der Arbeit 13 ren, indefiniter Artikel) im Mittelpunkt. Es soll die Frage beantwortet werden, wie sie mit Definitheit bzw. Indefinitheit verknüpft sind. In Kapitel 4 werden bisherige Forschungsergebnisse zur Untersuchung von Definitheit im Chinesischen kritisch dargestellt und somit Probleme der Diskussion offen gelegt. Es wird oft die These vertreten, dass Definitheit im Chinesischen durch Wortstellung markiert wird. Als Argument wird angeführt, dass einige syntaktische Positionen eine Präferenz für definite oder indefinite NP n aufweisen. In diesem Kapitel soll gezeigt werden, dass diese Präferenz nicht auf Definitheit zurückzuführen ist, sondern auf das Zusammenwirken von mehreren Faktoren wie z. B. Informationsstruktur, Aspekt, Verbalcharakter usw. In Kapitel 5 wird ermittelt, wie NP n unterschiedlicher Formen im Chinesischen bezüglich des Merkmals identifizierbar / nicht-identifizierbar interpretiert werden. Dabei erfolgt eine kritische Betrachtung der bisherigen Forschungsergebnisse und sie werden um eigene Ideen ergänzt. Die hier vorgestellten Zwischenergebnisse sollen anhand eines Übersetzungskorpus überprüft und um neue Erkenntnisse ergänzt werden. Im 6. Kapitel wird eine sprachvergleichende Analyse mit Blick auf die obengenannten Fragen durchgeführt. Die Analyse stützt sich auf ein selbst erstelltes Korpus von 40 Artikeln der Online-Zeitschrift des Goetheinstituts, die ursprünglich auf Chinesisch verfasst und dann ins Deutsche übersetzt wurden. 1 Die Untersuchung geht so vor, dass zuerst nach Pers+ de +N, Dem+Kl+N, yi +Kl+N im chinesischen Ausgangstext und nach den entsprechenden Formen im deutschen Zieltext (nämlich Poss+N, Dem+N, ein +N sowie ihren verschiedenen Kasusformen) gesucht wird. Dann werden die Ergebnisse miteinander verglichen, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Sprachen bezüglich des Merkmals „Definitheitsinduktion“ zu bestimmen. Zum Schluss wird versucht, mögliche Ursachen für die Unterschiede zu bestimmen. In Kapitel 7 sind einige persönliche Bemerkungen und Anregungen für weitere Untersuchungen enthalten. 1 https: / / www.goethe.de/ ins/ cn/ zh/ kul/ mag.html (zuletzt abgerufen am 22. 12. 2015). 14 1 Einleitung 1.3 Quellen der Beispiele sowie Angaben zum Transkriptionssystem Die vorliegende Arbeit basiert auf Materialien aus verschiedenen Quellen: • Beispiele aus Korpora, zu denen - das selbst erstellte Korpus - das Deutsche Referenzkorpus (DeReKo) des Mannheimer Instituts für Deutsche Sprache sowie - das Korpus des Centers for Chinese Linguistics, Peking University (im Folgenden als CCL -Korpus bezeichnet) gehören; • Beispiele, die aus anderen Arbeiten übernommen werden; • selbst konstruierte Beispiele. Chinesische Sätze werden in Pinyin-Umschrift angeboten, wobei die Bezeichnung der Töne einfachheitshalber weggelassen wird. 2 Als nächstes kommt die Wort-für-Wort Übersetzung und anschließend die Übertragung ins Deutsche. Um dem Leser dieser Arbeit das Erkennen des Zusammenhangs des einzelnen Zeichens zu erleichtern, werden die jeweils fraglichen chinesischen NP n sowie ihre deutsche Entsprechung durch Unterstreichung gekennzeichnet. 1. Ta shuo deyu. er sprechen Deutsch ‚Er spricht Deutsch.‘ Beispiele aus englischer Literatur werden in ihrer Originalform zitiert (Lautschrift, englische Wort-für-Wort Übersetzung, Übertragung ins Englische). Beispiele aus meinem chinesisch-deutschen Übersetzungskorpus werden von mir in die Pinyin-Umschrift übertragen. Beispiele aus chinesischer Literatur oder aus dem CCL -Korpus werden von mir in die Pinyin-Umschrift transkribiert und ins Deutsche übersetzt. 2 Zur Schreibung des Hochchinesischen werden chinesische Schriftzeichen verwendet. Ihre Aussprache kann durch die Pinyin-Umschrift angegeben werden. 2.1 Referenz 15 2 Definitheit und verwandte Konzepte Vorab ist zu bemerken, dass der Begriff Definitheit sowie die verwandten Konzepte Referenz, Spezifizität und Generizität in der Literatur nicht immer eindeutig geklärt und auch extrem uneinheitlich verwendet werden. Das führt dazu, dass die Ergebnisse einzelner Studien schwer vergleichbar sind. In diesem Kapitel werden die genannten Begriffe erläutert, um terminologische Verwirrungen zu vermeiden und eine theoretische Basis sicherzustellen. Außerdem wird versucht, präzise Kriterien für die Analyse und Interpretation von NP n im Deutschen und Chinesischen aufzustellen, damit die Analyse strukturiert und effektiv durchgeführt werden kann. 2.1 Referenz Unter Referenz verstehe ich in Anlehnung an Lehmann (2015: 2) die Operation, die eine Entität, Referent genannt, im Redeuniversum durch einen Ausdruck in einem Text evoziert. Ein sprachlicher Ausdruck referiert nicht auf einen Gegenstand in der physikalischen Welt (Denotat), sondern auf mentale Objekte im Redeuniversum (Referent). Das Redeuniversum ist ein mentaler Raum, den die Gesprächspartner in einer bestimmten Sprechsituation schaffen und entwickeln. Grob gesagt ist es die Schnittmenge des Bewusstseinsinhalts der Gesprächspartner (2015: 7). Ob Referenten realexistente Objekte (Denotat) repräsentieren, ist für die Struktur und Bedeutung sprachlicher Äußerungen und Systeme irrelevant. In dieser Arbeit wird der Begriff der Referenz nur auf NP n eingeschränkt gebraucht. Das Kapitel 2.1 gliedert sich wie folgt: Abschnitt 2.1.1 befasst sich mit der Unterscheidung zwischen referentiellen und nicht-referentiellen NP n, die für die vorliegende Arbeit besonders relevant ist, weil das Merkmal [+/ -definit] dem Merkmal [+referentiell] untergeordnet ist. Dabei werden die übrigen in der Literatur entwickelten Kriterien zur Unterscheidung der beiden Typen von NPn in Betracht gezogen und auf ihre Gültigkeit überprüft. In 2.1.2 und 2.1.3 werden die Haupttypen von nicht-referentiellen NP n im Deutschen und Chinesischen kurz vorgestellt. 16 2 Definitheit und verwandte Konzepte 2.1.1 Referentielle und nicht-referentielle NPn Unter dem Begriff „referentiell“ wird oft sehr Unterschiedliches verstanden. 1 In der sprachphilosophischen Literatur werden referentielle NP n in Opposition zu den sogenannten attributiven NP n gesetzt: 2. Smith’s murderer is insane . (Donnellan 1966: 285) Nach Donnellan (1966) hat der Satz zwei Lesarten: Eine referentielle (engl. referential), wenn der Sprecher genau weiß, wer der Mörder ist und mit der NP Smith’s murderer auf diese Person referiert; eine nicht-referentielle (engl. attributiv), wenn der Sprecher nicht weiß, wer Smith getötet hat. In der attributiven Lesart referieren die NP n nicht, sondern beschreiben nur, was für ein Individuum unter die Beschreibung der NP fällt. Ob eine definite NP referentiell oder nicht-referentiell verwendet wird, ist nach Donnellan (1966: 297) „a function of the speaker’s intentions in a particular case“. Die Gegenüberstellung referentiell / attributiv entspricht ungefähr der Unterscheidung in spezifisch / nicht-spezifisch und wird oft unter dem Begriff der Spezifizität behandelt. Nach Vater (2005: 101) ist der Terminus „(nicht) referentiell“ für die von Donnellan beschriebene Opposition nicht zutreffend, weil „auch beim ,attributiven‘ Gebrauch einer NP Existenz präsupponiert wird, nur nicht in der realen (zur Zeit der Äußerung gegenwärtigen) Welt, sondern in einer möglichen (bzw. zukünftigen) Welt.“ Nach ihm ist die prädikative NP ein prototypisches Beispiel für nicht-referentielle NP n (von ihm als „nicht-referierend“ bezeichnet). Die prädikative NP denotiert eine Eigenschaft (Qualität) und trägt vor allem zur Beschreibung des Referenten der Subjekt- NP bei, weshalb sie auch als qualitative NP bezeichnet wird. Diese Ansicht wird in der sprachwissenschaftlichen Literatur (z. B. Kuno 1970; Leys 1973; Vater 1979, 2005; Du Bois 1980) auf breiter Ebene geteilt. In dieser Arbeit wird der Begriff „(nicht) referentiell“ im Sinne von Vater verwendet, während die Opposition referentiell / attributiv im Sinne von 1 Die Begriffe „referentiell“ (engl. referential) und „referierend“ (engl. referring) werden in der Literatur oft synonym verwendet. Aber gelegentlich wird eine Unterscheidung zwischen den beiden Begriffen vorgenommen, wie z. B. von Thrane (1980[2009]). Nach Thrane ist ein Ausdruck referentiell, wenn der Ausdruck zum Referieren benutzt werden kann. Dagegen wird ein Ausdruck als referierend bezeichnet, wenn er tatsächlich dazu verwendet wird. Das heißt, dass es sich bei Referentialität um eine Eigenschaft von linguistischen Entitäten handelt, nämlich das referentielle Potential, bei Referenz hingegen um die Verwendung der Eigenschaft durch den Sprecher. In der vorliegenden Arbeit schließe ich mich dieser Unterscheidung nicht an und verwende die beiden Begriffe synonym. 2.1 Referenz 17 Donnellan mit der Unterscheidung in (epistemisch) spezifisch / nicht-spezifisch gleichgesetzt wird. Für die Forschung über Definitheit ist eine klare Unterscheidung zwischen referentiell und nicht-referentiell besonders wichtig, weil die Opposition definit / indefinit bei nicht-referentiellen NP n neutralisiert wird: 3. a. Hast du die Katze gesehen? b. Haben Sie eine Katze gesehen? (Bisle-Müller 1991: 33 f.) Bei referentiellen NP n erfüllen Artikel bestimmte pragmatische Funktionen: Wenn die Katze des Sprechers davongelaufen ist, wird er zu seiner Frau 3a sagen, bei Fremden auf der Straße 3b benutzen. Durch Verwendung unterschiedlicher Artikel wird signalisiert, dass der Sprecher unterschiedliche Erwartungen über das Hörerwissen hat. Wenn er annimmt, dass der Hörer den intendierten Referenten identifizieren kann, verwendet er den definiten Artikel, anderenfalls würde er auf den indefiniten Artikel zurückgreifen. Dagegen sind Artikel bei nicht-referentiellen NPn außer Markierung der morphologischen Eigenschaften „funktionslos“. In der Literatur werden verschiedene Kriterien zur Identifizierung von nichtreferentiellen NP n entwickelt, die teilweise zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen führen und deswegen einer näheren Betrachtung bedürfen. Kriterium 1: Nicht-referentielle NP n können nicht anaphorisch aufgegriffen werden (Kuno 1970, Leys 1973, Bausewein 1990, Bosch 2010): 4. a. Ein Arzt kam herein. Er sah müde aus. b. Sein Vater ist ein Arzt i . *Er i / *Der Arzt […] Dieses Kriterium geht davon aus, dass qualitative NP n keine Existenz von Referenten präsupponieren. Deswegen kann zu ihnen keine anaphorische Verbindung hergestellt werden. Die NP ein Arzt in 4b dient nicht dazu, einen neuen Referenten in den Diskurs einzuführen, sondern dazu, einen schon in den Diskurs eingeführten Referenten ( sein Vater ) näher zu bestimmen. Bei der Anwendung dieses Kriteriums sind zwei Aspekte besonders zu beachten: Erstens soll festgestellt werden, ob zwischen zwei NP n tatsächlich Koreferenz besteht: 5. - Ist er Arzt? - Arzt ist er nicht. (Lambrecht 1994: 76) 18 2 Definitheit und verwandte Konzepte Lambrecht (1994) betrachtet die NP Arzt im Antwortsatz als referentiell, wofür er zwei Argumente anführt: Zum einen ist die NP „an anaphoric topic expression“, zum anderen kann die NP durch das Demonstrativpronomen das ersetzt werden. Dagegen ist kritisch einzuwenden, dass direkte Anaphorik nicht auf Formidentität, sondern auf Referenzidentität beruht. Bei 5 geht es darum, ob „er“ die Eigenschaft „als Arzt tätig sein“ besitzt. Mit der NP Arzt wird kein neuer Referent in den Diskurs eingeführt. Außerdem werden referentielle NP n im Deutschen je nach Genus pronominalisiert. Um auf eine maskuline NP im Singular Bezug zu nehmen, sollte das Pronomen der verwendet werden, nicht aber das neutrale das . Im Gegensatz dazu können artikelose NP n und Adjektive, die als Prädikativ fungieren, nur durch neutrale Pronomen (es / das / dies) ersetzt werden. Zweitens stellt die anaphorische Zugänglichkeit eine hinreichende, jedoch keine notwendige Bedingung für Referenzidentität dar: NP n, die anaphorisch aufgreifbar sind, sind referentiell. Umgekehrt gilt aber nicht: NP n, die referentiell sind, sind nicht immer anaphorisch zugänglich. Beispielsweise kann eine nicht-spezifische NP nicht mit einem Pronomen wieder aufgenommen werden, außer wenn das Pronomen in einem modalen Kontext steht (s. Abschnitt 2.2). Kriterium 2: Belebte, nicht-referentielle NPn lassen sich nur mit was erfragen, belebte referentielle NP n dagegen mit wer / wen (Kuno 1971, Leys 1973): 6. a. Sein Vater ist ein Arzt aus Köln. - Was ist sein Vater? b. Sein Vater ist der Arzt, der meine Mutter heilte. - Wer ist sein Vater? Dieses Kriterium kann nur dann herangezogen werden, wenn die betreffende NP erfragbar ist. Viele nicht-referentielle NP n sind aber nicht allein erfragbar, weil sie Teil eines komplexen Prädikats ist. Kriterium 3: Nicht-referentielle NP n können keine Attribute zu sich nehmen (Leys 1973, Bausewein 1990, Bosch 2010): 7. a. Maria ging zu dem Supermarkt, der direkt um die Ecke ist. b. *Maria ging zum Supermarkt, der direkt um die Ecke ist. (Bosch 2010) Aber es scheint doch Ausnahmen zu geben, etwa NP n, die als Prädikativ fungieren: 2.1 Referenz 19 8. a. Sein Vater war ein Arzt. b. Sein Vater war ein guter Arzt. c. Sein Vater war ein Arzt, von dem ich noch nie gehört hatte. (Leys 1973: 1) Obwohl die NP ein Arzt in 8a keinen Referenten hat, kann sie durch Adjektive und Relativsätze erweitert werden. Dann denotiert die gesamte NP eine komplexe Eigenschaft. Kriterium 4: Der Numerus von qualitativen NPn kann nicht verändert werden (Du Bois 1980, Bausewein 1990: 63): 9. a. Die Kinder spielen Fußball. - *Die Kinder spielen Fußbälle. b. I only wear one in my left when I’m wearing my lenses. (Du Bois 1980: 211) c. Er ist Student. - Wir sind Studenten. Qualitative NP n denotieren Eigenschaften und können deswegen nicht gezählt werden (9a, b). Aber wenn sie als Prädikativ fungieren, müssen sie in der Regel in Numerus mit zusammenhängenden NP n kongruieren (9c). Kriterium 5: Nicht-referentielle NPn sind nicht sensibel gegenüber Vorerwähnung (von Du Bois als „nonresponsiveness to prior mention“ bezeichnet). 10. a. Mary’s a forester. She’s been a forester for three years now. b. Can you swim a mile? When you can swim a mile you’ll be ready for the trip. Damit wird implizit unterstellt, dass referentielle NP n bei der zweiten Erwähnung als definit markiert werden sollten: „ The forester and the mile , which would ordinarily be expected after prior mentions, are not appropriate in these examples.“ (Du Bois 1980: 211). Diese Aussage hilft jedoch nicht bei der Unterscheidung, weil referentielle NP n gegenüber Vorerwähnung auch nicht sensibel sein können: 11. a. Ein Auto ist heute so eine Art von Statussymbol. b. Ja, Karl hat sich, obwohl er doch noch kaum Geld verdient, auch schon ein Auto gekauft. (Harweg 1986: 30) Die NP ein Auto ist zweimal vorgekommen und beim zweiten Vorkommen nicht als definit markiert. Der Grund besteht darin, dass die beiden NP n nicht refe- 20 2 Definitheit und verwandte Konzepte renzidentisch sind. Ob eine NP als definit markiert wird, hängt nicht davon ab, ob die NP (die Form) schon vorgekommen ist, sondern davon, ob der betreffende Referent vorerwähnt ist. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es kein brauchbares Kriterium gibt, um nicht-referentielle NP n von referentiellen eindeutig zu unterscheiden. Aber je mehr Kriterien eine NP erfüllt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie qualitätsbezogen ist. Mit einer referentiellen NP wird entweder ein neuer Referent in den Diskurs eingeführt oder auf einen bereits eingeführten Referenten Bezug genommen. Dagegen denotieren qualitative NP n Eigenschaften und dienen dazu, einen anderen Referenten näher zu bestimmen. 2.1.2 Nicht-referentielle NPn im Deutschen In diesem Abschnitt werden NP n im Deutschen, die in der Literatur als nichtreferentiell bezeichnet werden, anhand der oben angeführten Kriterien überprüft. Nach näherer Betrachtung ist festzustellen, dass prädikative NP n (in Form von bloßen NP n und NP n mit indefinitem Artikel), inkorporierte Objekte, NP n in Funktionsverbgefügen und in idiomatischen Wendungen sowie die sogenannten schwachen Definita die Haupttypen von nicht-referentiellen NPn im Deutschen darstellen. 2 2.1.2.1 Prädikative NPn Prädikative NP n treten in Kombination mit Kopula- oder kopulaähnlichen Verben auf. Prädikative, die mit Verben wie sein , werden , heißen, bleiben , gelten als usw. zusammen vorkommen, beziehen sich auf die entsprechenden Subjekte und werden als Subjektsprädikative bezeichnet. Demgegenüber beziehen sich Prädikative, die bei Verben des Benennens, Bezeichnens und Einschätzens auftreten ( nennen, heißen, schimpfen, taufen ; halten, erklären für; bezeichnen, betrachten, einschätzen, bewerten als usw.), auf die jeweiligen Akkusativobjekte und werden Objektsprädikative genannt (Bausewein 1990: 250). 2 Auch Maßakkusative sind nicht-referentielle NPn. Maßakkusative treten nach wiegen , kosten , messen , betragen als obligatorische Ergänzung auf. Sie sind nicht pronominalisierbar und können auch nicht mit einer definiten NP aufgenommen werden. Oft werden sie zu den Adverbialen gerechnet. (Bausewein 1990: 60 f.) a. Der Sack wiegt einen Zentner. b. Das kostet 100 Mark. 2.1 Referenz 21 12. Subjektsprädikative a. Hans wird Lehrer. b. Marion bleibt die Stellvertreterin. c. Er ist ein begnadeter Pianist. 13. Objektsprädikative a. Sie nannte ihn einen Idioten. b. Man hält ihn allgemein für den besten Tennisspieler. c. Er bezeichnete sie als seine Frau. Auch NPn nach als oder wie , die nicht valenzabhängig sind und frei hinzutreten, werden in dieser Arbeit als Prädikative angesehen: 3 14. a. Sie brauchen mich nicht als Dame zu behandeln, Herr Ober - behandeln sie mich einfach als Gast. (Objektsprädikativ) b. Er benahm sich wie eine nasse Semmel. (Subjektsprädikativ) Es ist darauf hinzuweisen, dass nicht alle prädikativen NP n qualitätsbezogen sind, z. B. Eigennamen sowie NP n mit definiten Determinativen: 15. a. Dieser Mann ist Arnold Schwarzenegger. b. auf ein Bild zeigend: Der hier bin ich. (Blühdorn 2008: 298) Sätze wie 15a und b werden oft als äquative Kopulasätze bezeichnet. Äquative Kopulasätze charakterisieren sich dadurch, dass die Subjekt- und die Prädikativ- NP gegenseitig austauschbar sind. Die Funktion solcher Sätze besteht darin, die Referenten der beiden NP n miteinander zu identifizieren ( J. Lyons 1977: 185). Wie Prädikative können Appositionen referentiell oder qualitativ sein. Während Appositionen in 16a und b eine Eigenschaft des Bezugsnomens repräsentieren, sind die in 16c und d referenzidentisch mit dem Bezugsnomen. 3 Solche NPn werden in der Literatur auch als Rollen-/ Funktionsadverbialen sowie Modaladverbial bezeichnet, s. Bausewein 1990: 252. 22 2 Definitheit und verwandte Konzepte 16. a. Herr Morgenstern, stellvertretender Direktor nicht-referentiell b. der Hund, ein riesiger Pitbull nichtreferentiell c. Julian, der Bruder von Christian referentiell d. die Stadt Bochum referentiell 2.1.2.2 Inkorporierte Objekte Mit Inkorporation wird ein Wortbildungsprozess bezeichnet, bei dem Akkusativobjekts- NP n oder NP n mit instrumentaler und lokaler Bedeutung zusammen mit dem Verb ein neues Verb bilden (Bausewein 1990: 65). 4 17. a. Objekt: Rad schlagen, Staub saugen / wischen, Klavier / Geige / Saxophon / Karten / Billard / Schach spielen b. Lokalangabe: Eis laufen, Schlange stehen, Kopf rechnen c. Instrument: Auto / Zug / Omnibus fahren, Ski / Rollschuh/ Schlittschuh laufen (Bausewein 1990: 63 f.) Bei einer Inkorporation liegt ein Verlust an Referenzfähigkeit gegenüber einer parallelen syntaktischen Struktur vor. Das zeigt sich darin, dass inkorporierte NP n anaphorisch nicht zugänglich sind. Außerdem können sie nicht in den Plural gesetzt werden sowie keine Attribute zu sich nehmen. Inkorporierte NP n verhalten sich mit den entsprechenden Verben in phonologischer und morphologischer Hinsicht wie ein Wort. Sie sind keine Ergänzung mehr, sondern ein Teil des Prädikats. 2.1.2.3 NPn in Funktionsverbgefügen und in idiomatische Wendungen NP n in Funktionsverbgefügen können Objektfunktion erfüllen oder Teil von PPn sein. Sie werden nicht als selbständiges Satzglied betrachtet, weil sie mit anderen Bestandteilen eine semantische Einheit bilden. Das zeigt sich darin, dass sie in der Regel nicht pronominalisierbar und nicht erfragbar sind, außerdem kann ihr Numerus nicht verändert werden (Bausewein 1990: 65). 4 Häufig ist eine eindeutige Zuordnung nicht möglich (s. Bausewein 1990: 64). 2.1 Referenz 23 18. Sorge tragen, Bezug halten, Hilfe leisten, zur Verfügung stehen, außer Kraft setzen Eine idiomatische Wendung ist eine feste Verbindung mehrerer Wörter zu einer Einheit, deren Gesamtbedeutung sich nicht oder nur teilweise aus der Bedeutung der einzelnen Komponenten ergibt (Bußmann 2008: 277). 19. das große Los gezogen haben, den Nagel auf den Kopf treffen, die Nase in alles stecken 2.1.2.4 Schwache Definita 5 Es wird zuerst im Englischen beobachtet, dass manche definite NP n zwei Lesarten zulassen, nämlich eine normale und eine „schwache“. Im Gegensatz zu normalen definiten NP n (engl. regular definites) tragen die schwachen Definita (engl. weak definite s ) keine Existenz- und Einzigkeitspräsupposition, sie verlangen auch keine Referenzidentifikation. Außerdem ist bei ihnen eine semantische Anreicherung zu beobachten (Carlson & Sussman 2005, Bosch 2013: 31): 20. a. John went to the cinema . b. John went to the building. Die NP the building in 20b hat nur eine normale Lesart, und zwar wird mit dieser NP auf ein für den Empfänger identifizierbares Gebäude referiert. Dagegen hat 20a zwei Lesarten: Entweder geht John in ein bestimmtes Kino, oder der Satz ist mit der Annahme angereichert, dass John sich einen Film anschaut. Das Deutsche erlaubt für definite NP n sowohl normale als auch schwache Lesarten, was sich zuerst bei NP n in PP n beobachten lässt (Bosch 2013). Im Deutschen können Präpositionen und definite Artikel zu einem Portmanteau- Morphem verschmelzen, im geschriebenen Hochdeutsch sind am, beim, im, vom, zum, zur, ins, ans, aufs verfügbar. Die PP n, die von Verschmelzungsformen eingeleitet sind, werden als kontrahierte PP n (im Folgenden abgekürzt als k PP ) bezeichnet, während diejenigen, die von vollen Formen eingeleitet sind, reguläre PP n (im Folgenden abgekürzt als r PP ) genannt werden. Die Interpretationsmöglichkeiten der definiten NP n in PP n werden von Bosch (2013: 15-34) wie folgt zusammengefasst: 5 Es ist umstritten, ob schwache Definita als Inkorporation betrachtet werden sollen (s. Carlson & Sussman 2005, Bosch 2010, 2013). 24 2 Definitheit und verwandte Konzepte Erstens, wenn keine Verschmelzungsform verfügbar ist, sind r PP n ambig zwischen normaler und schwacher Lesart: 21. a. Berta saß auf dem Fahrrad. b. Berta saß auf dem Fahrrad und Inka auch. Bei 21b ist diese Ambiguität deutlich zu erkennen: Wenn die definite NP dem Fahrrad eine normale Lesart hat, müssen Berta und Inka auf demselben Fahrrad sitzen; wenn sie eine schwache Lesart hat, können sie auf unterschiedlichen Fahrrädern sitzen. Zweitens, wenn eine Verschmelzungsform vorhanden ist, können r PP n nur eine normale Lesart haben: 22. a. John geht ins Kino. b. John geht in das Kino. Drittens, im Deutschen können k PP n gründsätzlich nur eine schwache Lesart haben. 6 NP n mit einer schwachen Lesart werden von Cieschinger (2011: 15 ff.) als nicht-referentiell angesehen, dafür sprechen folgende Beobachtungen: Schwache Definita kennzeichnen sich dadurch, dass sie keine Diskursreferenten präsupponieren: 23. a. Anna wollte zum Supermarkt, aber es gab keinen. b. *Anna wollte zu dem Supermarkt, aber es gab keinen. Außerdem kann mit schwachen Definita nicht auf einen zuvor explizit eingeführten Diskursreferenten Bezug genommen werden: 24. Am Ulmenweg ist ein neuer Supermarkt. Und in dem / *im Supermarkt gibt’s einen herrlichen Käsestand. Ferner verlangen schwache Definita keine Identifizierbarkeit des Referenzobjekts: 6 Für eine ausführliche Diskussion siehe Bosch 2013: 47-49. 2.1 Referenz 25 25. a. A: Ich wollte zu dem Supermarkt. B: Zu welchem? A: *Keine Ahnung. Ich brauche Papiertaschentücher. b. A: Ich wollte zum Supermarkt. B: Zu welchem? A: Keine Ahnung. Überdies können schwache Definita nicht anaphorisch aufgenommen werden: 26. a. Ich wollte noch zu dem Supermarkt. Der / Er ist nur bis 7 geöffnet. b. Ich wollte noch zum Supermarkt. Der/ *Er ist nur bis 7 geöffnet. Es ist zu betonen, dass das Demonstrativum der und die NP (zu)m Supermarkt in 26b nicht referenzidentisch sind. Der erste Satz in 26b drückt ein Konzept aus, nämlich „einkaufen gehen“. Die NP (zu)m Supermarkt ist kein selbständiges Satzglied, sondern bildet mit anderen Elementen eine semantische Einheit. Das Demonstrativum der sollte im Rahmen dieses Konzepts interpretiert werden, und zwar wird damit auf einen Supermarkt Bezug genommen, der im gemeinsamen Wissen von Sprecher und Hörer existiert. 7 Eine weitere Eigenschaft, die schwache Definita mit anderen nicht-referentiellen NP n teilen, ist, dass sie keine Attribute zu sich nehmen können: 27. a. Warst du zu dem Supermarkt, den ich empfohlen habe? b. ? ? Warst du zum Supermarkt, den ich empfohlen habe? Nach Bosch (2011: 34 ff.) denotieren schwache definite NP n Eigenschaften oder Typen von (abstrakten) Situationen, in denen die physische Identität des Objekts nicht relevant ist. Diese Situationen abstrahieren von allen Unterschieden der konkreten Objekte und heben nur ihre allgemeinste Eigenschaft heraus, die ihnen allen gemeinsam ist. 2.1.2.5 Exkurs: Negative Pronomen sowie indefinite NPn im Skopus von negativen Quantoren Negative Pronomen sowie indefinite NP n im Skopus von negativen Quantoren werden in der Literatur (z. B. Du Bois 1980) häufig als nicht-referentiell betrachtet, weil sie nicht anaphorisch aufgenommen werden können: 7 In dieser Arbeit werden die Teilnehmer einer Kommunikation als Sprecher und Hörer bezeichnet. 26 2 Definitheit und verwandte Konzepte 28. a. Kein Student raucht. b. Niemand liebt Maria . In dieser Arbeit werde ich solche NP n aber als referentiell werten. In der Prädikatenlogik sind negative Quantoren eine Kombination aus einem Negationsoperator (-) und einem Existenzquantor (∃). Ein Satz wie 28a lässt sich paraphrasieren in: ‘Es ist nicht der Fall, dass es ein x gibt, für das gilt: x ist ein Student und x raucht‘. Auch negative Pronomen können paraphrasiert werden, 28b z. B. in: ‚Es ist nicht der Fall, dass es ein x gibt, für das gilt: x liebt Maria.‘ Es wird doch ein Referent im Diskursuniversum etabliert und anschließend wird seine Existenz negiert. Nach dieser Auffassung handelt es sich bei negativen Pronomen sowie indefiniten NP n im Skopus von negativen Quantoren eher um nicht-spezifische NP n, weil der Sprecher keinen bestimmten Referenten im Sinn hat. 2.1.3 Nicht-referentielle NPn im Chinesischen Im Chinesischen sind Personalpronomen, Eigennamen und NP n mit Demonstrativa immer referentiell, während bloße NP n sowie ( yi )+Kl+N nicht-referentiell verwendet werden können. Im Folgenden wird versucht, Gebrauchskontexte von nicht-referentiellen NP n zu beschreiben. 2.1.3.1 Prädikative NPn In der chinesischen Grammatik existiert der Begriff „Prädikativ“ nicht. NP n, die die Funktion des Prädikativs erfüllen, werden als Objekt bezeichnet. Sie treten typischerweise mit folgenden Verben zusammen auf (vgl. Chen 1987): 2.1 Referenz 27 Chinesisch Deutsch a. shi sein b. cheng (wei), bian cheng… werden c. jiao … heißen d. dang, gan, zuo, ren … als … tätig sein e. jiao, cheng … nennen f. dang zuo / cheng, kan zuo / cheng … als … betrachten g. zuo wei … als h. xiang … wie Tabelle 1: Kopulaverben im Chinesischen Im Chinesischen wird die prädikative Funktion meistens durch bloße NP n oder yi +Kl+N ‚ ein +Klassifikator+N‘ erfüllt: 29. a. Ta xiang dang yanyuan. Er möchten als … tätig sein Schauspieler ‚Er möchte Schauspieler werden.‘ b. Ta shi (yi) ge gongren. Er sein ein Kl Arbeiter ‚Er ist Arbeiter.‘ Eigennamen oder NP n mit Demonstrativa können auch als Prädikative fungieren, sie sind immer referentiell: 30. a. Zhe pian wenzhang de zuozhe shi Wang Zhong. dies- Kl Artikel DE Autor sein Wang Zhong ‚Der Autor des Artikels ist Wang Zhong.‘ b. Ta jiu shi ni yao zhao de na ge ren. er eben sein du wollen suchen DE jen- Kl Person ‚Er ist derjenige, nach dem du suchst.‘ 28 2 Definitheit und verwandte Konzepte 2.1.3.2 Objekt-NPn in zweisilbigen Verb-Objekt-Konstruktionen Unter zweisilbigen Verb-Objekt-Konstruktionen werden solche Konstruktionen verstanden, die aus einem einsilbigen Verb und einem einsilbigen Objekt bestehen: 31. a. xi zao waschen Bad ‚duschen, baden‘ b. tui piao stornieren Ticket ‚Ticket stornieren‘ c. zuo fan machen Essen ‚kochen‘ d. chang ge singen Lieder ‚singen‘ Diese Konstruktion charakterisiert sich dadurch, dass das Verb und sein Objekt sowohl direkt nebeneinander als auch getrennt voneinander auftreten können. Deswegen werden sie in der chinesischen Grammatik als liheci (wörtlich ‚trennbare zusammengesetzte Wörter‘) bezeichnet. In der Literatur ist umstritten, ob solche Konstruktionen als Komposita oder als Verbalphrasen behandelt werden sollen. Da ihre Abgrenzung zu Verbalphrasen unscharf ist, lässt sich ihr Bestand nicht genau angeben. 8 Verb-Objekt-Konstruktionen können in der Regel durch Aspektartikeln (32), Komplemente (chin. buyu ) (33a, b), Attribute (35a, b) oder Num+Kl (36a, b) erweitert werden (Q.-H. Yang et al. 1995), außerdem ist es bei meinen Konstruktionen sogar möglich, die Objekt- NP in eine präverbale Position zu verschieben (34). Aspektpartikeln drücken Aspekte der Handlung aus, z. B. ob sie vollendet ist (die aktuelle Aspektpartikel le ) oder in der Vergangenheit schon einmal stattgefunden hat (die experimentale Aspektpartikel guo ) oder andauert (die durative Aspektpartikel zhe ): 8 Als grobe Einschätzung kann das „Modern Chinese Dictionary“ dienen, in dem 3400 zweisilbige Verb-Objekt-Konstruktionen aufgelistet werden. 2.1 Referenz 29 32. Wo xi le zao le. ich waschen Asp perf Bad SP ‚Ich habe mich geduscht.‘ Mit dem Begriff Komplement (chin. buyu ) werden im Chinesischen Prädikatergänzungen gemeint. Sie kennzeichnen bei Verben das Resultat, die Richtung, den Grad etc. einer Handlung. Dazu zählen z. B. das Komplement des Resultats wie wan ‚fertig‘ in 33a und das Komplement der Häufigkeit wie z. B. liang ci in 33b: 33. a. Wo xi wan zao le. ich waschen fertig Bad SP ‚Ich habe fertig geduscht.‘ b. Wo xi le liang ci zao. ich waschen Asp perf zwei Mal Bad ‚Ich habe zweimal geduscht.‘ Wie bereits erwähnt ist es bei manchen Verb-Objekt-Konstruktionen möglich, die Objekt- NP in eine präverbale Position zu verschieben: 34. Wo zao hai mei xi. ich Bad noch nicht waschen ‚Geduscht habe ich noch nicht.‘ Zudem kann die Objekt- NP in bestimmten Konstruktionen durch NP n oder Adjektive modifiziert werden, z. B. yi ge xiaoshi ‚eine Stunde‘ in 35a, da ‚groß‘ in 35b: 30 2 Definitheit und verwandte Konzepte 35. a. Wo xi le yi ge xiaoshi (de) zao. ich waschen Asp perf ein Kl Stunde DE Bad ‚Ich habe eine Stunde lang geduscht.‘ b. Zhe ge haizi re le (da) huo le. dies- Kl Kind hervorrufen Asp perf groß Unheil SP ‚Das Kind ist in große Schwierigkeiten geraten.‘ Die Objekt-NPn in 35a und b sind nicht erfragbar, obwohl sie durch Attribute erweitert werden können. Man kann nur nach dem gesamten Sachverhalt fragen, nicht aber nach dem scheinbaren Objekt. Das heißt, dass diese NP n mit dem Verb eine Einheit bilden. Darüber hinaus gibt es Verb-Objekt-Konstruktionen, die sich durch Num+Kl erweitern lassen: 36. a. Wo xi le (yi) ge zao. ich waschen Asp perf ein Kl Bad ‚Ich habe einmal geduscht.‘ b. Ta tui le yi zhang piao. er stornieren Asp perf ein Kl Ticket ‚Er hat ein Ticket storniert.‘ Wenn das Verb und die Objekt- NP direkt nebeneinander stehen, bilden sie zusammen ein Prädikat und die NP ist nicht referentiell. Wenn sie durch die obengenannten Elemente getrennt werden, ist aber eine referentielle Interpretation möglich. Zum Beispiel scheinen 36a und b dieselbe Struktur zu haben, aber die Objekt- NP in 36b ist erfragbar, die in 36a dagegen nicht, wie Beispiele 37a und b zeigen: 2.2 Spezifizität 31 37. a. A: *Ni xi le shenme? du waschen Asp perf was B: *Yi ge zao. ein Kl Bad b. A: Ta tui le shenme? er stornieren Asp perf was B: Yi zhang piao. ein Kl Ticket ‚Was hat er storniert? - Ein Ticket.‘ Yi ge in 36a erfüllt genauer gesagt die Funktion, das komplexe Prädikat xi zao ‚baden, duschen‘ zu modifizieren. Das lässt sich auch an der deutschen Übersetzung erkennen: Während yi ge ‚ein+Kl‘ in 36a mit dem Adverb einmal übersetzt wird, ist yi zhang ‚ein+Kl‘ in 36b mit dem indefiniten Artikel ein wiedergegeben. 2.1.3.3 Sonstiges Genau wie im Deutschen sind NP n in idiomatischen Wendungen (s. Beispiel 204a und b, Seite 158) sowie NPn, die eine Quantitätsbestimmung enthalten (38a und b) im Chinesischen qualitative Ausdrücke: 38. a. Yi jin pingguo wu kuai qian. ein Pfund Apfel fünf Yuan Geld ‚Ein Pfund Äpfel kostet 5 Yuan.‘ b. Zhe xie pingguo you liu jin zhong. dies- Kl Apfel haben sechs Pfund schwer ‚Diese Äpfel wiegen sechs Pfund.‘ 2.2 Spezifizität Das Konzept der Spezifizität wird zur Unterscheidung verschiedener Verwendungen oder Lesarten der indefiniten NP n verwendet. In der Literatur wird Spezifizität mit verschiedenen Faktoren in Verbindung gesetzt, z. B. Skopus, Sprecherintention, Diskurskohärenz, Partitivität, Präsuppositionalität, dem 32 2 Definitheit und verwandte Konzepte Kontrast zwischen schwachen und starken Quantoren, Topikalität oder Diskurseigenschaften wie Topikkontinuität und referentielle Persistenz oder noteworthiness (von Heusinger 2011: 996). Von Heusinger (2011) unterscheidet z. B. zwischen 7 Subtypen von Spezifizität, während andere Sprachwissenschaftler nur einige davon unter diesem Begriff subsumieren. Es ist außerdem sehr schwierig, alle Verwendungen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. In dieser Arbeit konzentriere ich mich auf zwei Grundtypen von Spezifizität, denen in der linguistischen Literatur am meisten Aufmerksamkeit geschenkt wird, nämlich die skopale und die epistemische Spezifizität. 9 Im Folgenden werden die zwei Arten von Spezifizität anhand von Beispielen vorgestellt, zum Schluss wird das ihr zugrunde liegende Konzept erläutert. Skopale Spezifizität geht auf die formale Logik zurück und betrifft indefinite NPn in opaken Kontexten und indefinite NPn im Skopus von Quantoren (Farkas 2006). 10 Indefinite NP n können weiten oder engen Skopus gegenüber einem Operator annehmen und dementsprechend eine spezifische oder eine nichtspezifische Lesart bekommen. 39. John wants to marry a Norwegian. a. He met her last year. b. He will move to Norway to try to achieve this goal. (von Heusinger 2007: 276) 40. Every student in this class speaks a foreign language. (Farkas 2006: 633) 41. Bill didn’t see a misprint. a. There is a misprint which Bill didn’t see. b. Bill saw no misprints. (von Heusinger 2007: 276) Im Falle einer spezifischen Interpretation hat die NP a Norwegian in 39 einen weiten Skopus bezüglich des intensionalen Verbs want , und zwar wird sie unabhängig vom Skopus des Verbs interpretiert. Mit dieser NP referiert der Sprecher auf eine bestimmte Norwegerin, deren Identität dem Sprecher möglicherweise bekannt ist (39a). Die NP a Norwegian kann aber auch im Skopus von want interpretiert werden, das heißt, dass sie einen engen Skopus hat und nicht-spezifisch ist. Dabei meint der Sprecher kein bestimmtes Individuum, 9 In den meisten Arbeiten über Definitheit wird mit dem Begriff „Spezifizität“ lediglich die epistemische Spezifizität gemeint. 10 Als „opaker Kontext“ werden sprachliche Kontexte bezeichnet, die intensionale Verben, Verben der propositionalen Einstellung (glauben, wissen, meinen, hoffen usw.), Modalverben, Futur, Konditionalsätze usw. enthalten (Quine 1960). 2.2 Spezifizität 33 sondern irgendeinen Referenten, der die Eigenschaft besitzt, die durch die NP ausgedrückt wird (39b). Bei 40 kann die NP a foreign language weiten Skopus über den Allquantor every haben, und zwar sprechen alle Studenten in dieser Klasse dieselbe Fremdsprache (40a). Diese NP kann aber auch engen Skopus haben, dann besteht eine Kovariation zwischen den gesprochenen Fremdsprachen und den Studenten in dieser Klasse (40b). Wenn die NP a misprint in 41 einen weiteren Skopus als die Negation hat, referiert sie auf einen bestimmten Druckfehler (41a), anderenfalls referiert sie auf irgendeine Entität, die die Eigenschaft besitzt, einen Druckfehler zu sein (41b). Die epistemische Spezifizität betrifft indefinite NP n in Kontexten ohne Operatoren jeglicher Art und hängt mit der referentiellen Intention des Sprechers zusammen. Wenn der Sprecher einen bestimmten Referenten im Sinn hat, ist die NP spezifisch; wenn er auf irgendein Objekt referiert, auf das der deskriptive Gehalt der NP zutrifft, ist die NP nicht-spezifisch. 42. a. A student in syntax 1 cheated on the final exam. It was the guy who sits in the very back. b. A student in syntax 1 cheated on the final exam. I wonder which student it was. (Fodor & Sag 1982: 355) Im 42a hat der Sprecher einen bestimmten Referenten im Sinn und macht eine Behauptung über den Referenten. Dagegen behauptet der Sprecher in der nichtspezifischen Lesart lediglich, dass die Menge von Studenten, die geschummelt haben, nicht leer ist. Farkas (2006: 634) verweist darauf, dass der Kontrast spezifisch / nicht-spezifisch auch bei definiten NP n zu beobachten ist: 43. a. Every student invited the girl sitting to his right. b. The last person to leave the room will switch off the lights. Obwohl definite NP n überwiegend den weitesten Skopus haben und nicht skopus-sensitiv sind, können sie auch im Skopus eines Operators interpretiert werden und eine nicht-spezifische Lesart bekommen, z. B. 43a. Da befindet sich die NP the girl sitting to his right im Skopus des Operators every und kann nur als skopal nicht-spezifisch interpretiert werden, und zwar variiert der Referent der NP abhängig von dem jeweiligen Studenten. In 43b referiert der Sprecher mit der Subjekt-NP auf keine bestimmte Person, sondern auf irgendeine Person, die die Bedingung „als Letzte den Raum verlassen“ erfüllt. Deswegen ist die NP the last person epistemisch nicht-spezifisch. 34 2 Definitheit und verwandte Konzepte Über das Konzept, das allen Subtypen von Spezifizität zugrunde liegt, besteht keine Einigkeit. Yeom (1998) betrachtet zum Beispiel den kognitiven Kontakt mit dem Referenten als Grundbedeutung von Spezifizität. Nach ihm (1998: 64 ff.) hat der Sprecher ein bestimmtes Individuum im Sinn, wenn er einen kognitiven Kontakt mit ihm hat. Damit wird gemeint, dass der Sprecher persönlich das Individuum kennt (im engeren Sinne) oder dass er weiß, wer es ist (im weiteren Sinne). Der Sprecher muss das Individuum nicht mit Namen identifizieren, sondern nur durch bestimmte Eigenschaften von anderen Individuen unterscheiden. Yeom macht darauf aufmerksam, dass eine spezifische Lesart möglich ist, auch wenn der Sprecher keinen direkten kognitiven Kontakt mit dem Referenten hat: 44. John saw a certain woman, but I don’t know who she is. In diesem Satz hat John mit einer Frau einen kognitiven Kontakt, während der Sprecher nur weiß, dass das Individuum die Eigenschaft hat, eine Frau zu sein und dass John diese Frau gesehen hat. Das heißt, dass es für eine spezifische Interpretation hinreichend ist, wenn der Sprecher in direkter oder indirekter Kommunikation mit jemandem steht, der einen kognitiven Kontakt mit dem Referenten hat. Dagegen plädiert von Heusinger (2011) für den Begriff „referentielle Verankerung“ (engl. referential anchoring), und zwar ist eine spezifische indefinite NP in einem salienten Diskursteilnehmer oder in einem anderen Diskursreferenten referentiell verankert. Nicht nur der Sprecher, sondern auch ein anderer Agent im Kontext kann für die Referenz verantwortlich sein. Nach Farkas (2006) können unterschiedliche Typen von Spezifizität unter dem Begriff „referentielle Stabilität“ (engl. referential stability) subsumiert werden. Das heißt, dass die Referenz einer spezifischen NP festgelegt ist und durch den sprachlichen Kontext nicht verändert werden kann, während die Referenz einer nicht-spezifischen NP abhängig von der sprachlichen Umgebung ist. Außerdem ist zu bemerken, dass Spezifizität und Definitheit von Farkas als zwei voneinander unabhängige Kategorien betrachtet werden. Diese Ansicht wird auch in der vorliegenden Arbeit geteilt. In manchen Sprachen ist Spezifizität eine grammatische Kategorie, die mit bestimmten Ausdrucksformen gekoppelt ist. Zum Beispiel hat das Marokkanisch-Arabische zwei indefinite Artikel: den spezifischen Indefinitartikel wahed-l und den nicht-spezifischen shi . Im Türkischen werden direkte Objekte, die definit oder indefinit spezifisch sind, mit Akkusativ markiert. (von Heusinger 2011: 6 f.) Dagegen ist Spezifizität im Deutschen und Chinesischen nicht durch morphologische Mittel kodiert und diese Opposition ist eher ein semantisch- 2.2 Spezifizität 35 pragmatisches Phänomen, das in der Textanalyse schwer operationalisierbar ist. Trotzdem gibt es sprachliche Indikatoren, die auf eine bestimmte Lesart hindeuten, z. B. der deskriptive Gehalt der NP , Erweiterung durch Relativsätze, Topikalisierung und Linksversetzung, There -Konstruktion, bestimmte Determinative oder Adjektive, Numerale usw. (Fodor & Sag 1982, Haspelmath 1997, Stark 2006, von Heusinger 2011). Zur Verdeutlichung der Lesart werden am häufigsten Determinative oder Adjektive hinzugefügt, zum Beispiel bevorzugen die Adjektive certain und particular im Englischen die spezifische Lesart: 45. a. I accused a certain student of cheating. b. A (one) particular claim in this paper is false. Aber es ist anzumerken, dass a certain nicht immer eine spezifische Lesart impliziert: 46. Every true Englishman adores a certain woman - his mother. (Hintikka 1986) In 46 hat z. B. die NP a certain woman einen engen Skopus und muss als nichtspezifisch interpretiert werden. In diesem Fall verehren alle Engländer verschiedene Frauen. Im Deutschen kann die spezifische Lesart durch Ausdrücke wie ein bestimmter näher spezifiziert werden, die nicht-spezifische dagegen durch irgendein oder ein beliebiger (von Heusinger 2002). Im Chinesischen kann die nicht-spezifische Lesart durch das Hinzufügen von suibian / renyi ‚irgend, beliebig‘ verdeutlicht werden. 11 Eine weitere Eigenschaft von nicht-spezifischen NPn, die in der Literatur vielfach beschrieben ist, besteht darin, dass sie nicht mit einem anaphorischen Pronomen wieder aufgenommen werden können, außer wenn das Pronomen in einem modalen Kontext steht (Karttunen 1976: 374, von Heusinger 1997: 127): 47. Hans will einen Fisch fangen. a. *Er grillt ihn. b. Er möchte ihn dann grillen . 11 Dem Chinesischen fehlt eine Kennzeichnung für die spezifische Lesart. Das Adjektiv certain entspricht im Chinesischen dem Wort mou , aber mou ist ein mehrdeutiges Wort: Je nach dem Kontext kann es entweder ‚gewiss, bestimmt (aber nicht direkt den Namen nennend)‘ oder ‚irgendein‘ bedeuten. 36 2 Definitheit und verwandte Konzepte Durch diese Eigenschaft unterscheiden sich die nicht-spezifischen NP n von den nicht-referentiellen, die in allen Kontexten für einen anaphorischen Anschluss nicht zugänglich sind. 2.3 Generizität Der Begriff Generizität wird in der Literatur häufig nicht explizit definiert, sondern durch Beispiele charakterisiert. Die Subjekt- NP n folgender Sätze werden gewöhnlich als generisch bezeichnet (Gerstner-Link & Krifka 1993): 48. a. The lion is a ferocious beast. Singular, definit b. A lion is a ferocious beast. Singular, indefinit c. The lions are ferocious beasts. Plural, definit d. Lions are ferocious beasts. Plural, indefinit e. Gold is precious. Massennomen f. Several cats live in Africa, for example the lion and the leopard. One cat, namely the lion, is a ferocious beast. (Krifka 1987: 2) taxonomische NP Allquantifizierte NPn sollten nicht als generisch betrachtet werden, weil sie keine Ausnahme zulassen. Wenn auch nur eine Kartoffel kein Vitamin C enthält, ist 49a immer noch wahr, 49b dagegen falsch. 49. a. The potato contains vitamin C, amino acids, protein and thiamine. b. Every potato contains vitamin C, amino acids, protein and thiamine. In Krifka et al. 1995 wird zwischen zwei Phänomen von NP n unterschieden, die als generisch bezeichnet werden, nämlich generische NP n (auch artreferierende NP n) (48a, c-f) und generische Sätze (auch charakterisierende Sätze) (48b). Generische NP n referieren auf Arten und werden den NP n gegenübergestellt, die auf Objekte referieren (objektreferierenden NP n). 50. a. The lion is a ferocious beast. artreferierende NP b. The lion is roaring loudly. objektreferierende NP 2.3 Generizität 37 Generische Sätze treffen allgemeingültige Aussagen über Entitäten oder Situationen, wobei sich die Generizität aus dem Satz ergibt, nicht aber aus einer NP in ihm. Der Gegensatz von generischen Sätzen sind partikuläre Sätze, die Aussagen über spezielle Ereignisse, über Eigenschaften bestimmter Objekte usw. machen. 51. a. A lion is a ferocious beast. charakterisierender Satz b. A lion is roaring loudly. partikulärer Satz Außerdem ist zu bemerken, dass artreferierende NP n in charakterisierenden Sätzen auftreten können, z. B. 50a. Dabei drückt der Satz Regelmäßigkeiten aus, die für eine bestimmte Art gelten. Im Folgenden werden einige Tests vorgestellt, die dazu dienen, artreferierende NP n von objektreferierenden sowie charakterisierende Sätze von partikulären zu unterscheiden. 2.3.1 Generische NPn und generische Sätze 2.3.1.1 Artreferierende NPn Nach Krifka et al. (1995) charakterisieren sich artenreferierende NP n vor allem durch zwei Eigenschaften: Zum einen sind nur artreferierende NP n mit Klassenprädikaten kompatibel, zu denen folgende Verben oder Verbalkomplexe gehören: 52. a. die out , be extinct , invent , exterminate b. be a mammal, be domesticated, be protected by law usw. Argument-NPn von Prädikaten in 52a müssen auf Arten referieren, während die von Prädikaten in 52b eine artreferierende Interpretation bevorzugen. 53. a. The lion will become extinct soon. b. Lions will become extinct soon. c. Bronze is a metal / was invented as early as 3000 B. C. d. *A lion will become extinct soon. (nontaxonomic reading) e. A (certain) lion (namely the Berber lion) will become extinct soon. (taxonomic reading) 38 2 Definitheit und verwandte Konzepte Aus 53 ist ersichtlich, dass NP n mit definitem Artikel im Singular (53a), artikellose NP n im Plural und im Singular (53b und c) mit be extinct kompatibel sind, während NP n mit indefinitem Artikel im Singular nicht akzeptabel (53d) sind, außer wenn sie sich auf eine Unterart beziehen (53e). Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass artikellose Plurale ambig sind: Sie können auf Arten referieren, aber die definite Form the lion ist bevorzugt. Oft werden sie als objektreferierend analysiert. Zum anderen müssen artreferierende NPn semantisch mit einer konzeptuell bereits etablierten Gattung verbunden sein, auf die sie referieren: 54. a. The Coca Cola bottle has a narrow neck. b. ? ? The green bottle has a narrow neck. Dass die NP the green bottle in 54b nur als objektreferierend interpretiert werden kann, lässt sich dadurch erklären, dass es für Cola-Flaschen eine bereits etablierte Gattung gibt, für grüne Flaschen jedoch nicht. Außerdem lässt sich mit diesem Test zeigen, dass artikellose NP n auch eine objektreferierende Lesart haben können, auch wenn sie in charakterisierenden Sätzen stehen. In 53b, c sind sie artreferierend, in 55b, c dagegen objektreferierend: 55. a. A green bottle (usually) has a narrow neck. b. Green bottles (usually) have narrow necks. c. Gold which is hammered flat (usually) is opaque. Zusammenfassend ist festzustellen, dass NPn mit indefinitem Artikel immer auf Objekte referieren, außer wenn sie taxonomisch verwendet werden. Artikellose NP n sind ambig zwischen der generischen und der objektreferierenden Lesart. 2.3.1.2 Charakterisierende Sätze In Krifka et al. 1995 werden drei Eigenschaften genannt, die charakterisierende Sätze von partikulären abgrenzen. Erstens: Charakterisierende Sätze können mit einem Adverb wie usually oder typically kombiniert werden, ohne dass sich die Bedeutung wesentlich verändert: 56. a. A lion has a bushy tail. b. A lion usually has a bushy tail. 57. a. A lion stood in front of my tent. b. A lion usually stood in front of my tent. 2.3 Generizität 39 Während bei 56b nur eine minimale Bedeutungsveränderung auftritt, wird die Bedeutung von 57a wesentlich verändert: In 57a wird über ein spezielles Ereignis berichtet, dagegen wird in 57b behauptet, dass das Ereignis regelmäßig stattfindet. Deswegen handelt es sich bei 56a um einen charakterisierenden Satz. Es muss jedoch auf die Möglichkeit hingewiesen werden, dass ein Satz zwei Lesarten zulassen kann: 58. a. Mary handled the mail from Antarctica. b. Mary usually handled the mail from Antarctica. Wenn mit 58a gemeint wird, dass Mary generell für die Post aus der Antarktis zuständig ist, bringt die Hinzufügung des Adverbs nur eine leichte Bedeutungsveränderung mit sich. Aber 58a kann auch bedeuten, dass Mary bestimmte Briefe aus Antarktis erledigt, dann wird die Bedeutung durch das Adverb wesentlich verändert. Im ersten Fall handelt es sich um einen charakterisierenden Satz, im letzten um einen partikulären. Zweitens: Charakterisierende Sätze drücken Regelmäßigkeiten aus und berichten nicht über spezielle Ereignisse. Sie sind typisch statisch, während partikuläre Sätze oft nicht statisch sind. 59. a. The rat was (just) reaching Australia in 1770. (kind-referring reading OK ) b. Rats were (just) reaching Australia in 1770. (kind-referring reading OK ) c. Rice was being introduced into East Africa several centuries ago. (kind-referring reading OK ) d. A rat was reaching Australia in 1770. (only non-kind-referring reading or, perhaps, taxonomic reading) Drittens, charakterisierende Sätze drücken keine zufälligen, sondern essentiellen Eigenschaften aus. 40 2 Definitheit und verwandte Konzepte 60. a’. The madrigal is popular. a’’. The madrigal is polyphonic. b’. Madrigals are popular. b’’ Madrigals are polyphonic. c’. ? ? A madrigal is popular. c’’ A madrigal is polyphonic. Im Vergleich zu polyphonic bezeichnet popular eine zufällige, nicht essentielle Eigenschaft des Madrigals. Aber „populär sein“ kann für andere Typen von Objekten essentiell sein, z. B. für Fußballspieler. Dann ist der Satz A football hero is popular. akzeptabel. In Krifka et al. 1995 werden nur die NP n, die auf Arten oder Unterarten referieren, als generisch betrachtet. NP n mit indefinitem Artikel werden nicht als generisch angesehen, weil sie nur in charakterisierenden Sätzen eine scheinbar generische Interpretation bekommen. Dabei ergibt sich die Generizität nicht aus der NP , sondern aus dem Satz. NP n mit indefinitem Artikel in charakterisierenden Sätzen sind (epistemisch) nicht-spezifisch, weil sie sich auf ein prototypisches Exemplar einer Art referieren. Das heißt, dass der Sprecher keinen bestimmten Referenten im Sinn hat. Diese Ansicht wird auch in der vorliegenden Arbeit geteilt. Im Prinzip können (referentielle) NP n mit indefinitem Artikel in vier Lesarten auftreten, wobei die ersten zwei am häufigsten vorkommen: 61. a. A lion, namely Simba, stood in front of my tent. spezifisch b. A lion has a bushy tail. nicht-spezifisch c. A cat shows mutations when domesticated. generisch (taxonomisch) d. A cat, namely the lion generisch, spezifisch (taxonomisch) 2.3.2 Generische NPn im Deutschen und im Chinesischen Im Deutschen und Chinesischen gibt es kein morphologisch-syntaktisches Element, das ausschließlich Generizität kodiert. Das heißt, dass die Generizität nur eine Lesart von NP n oder Sätzen ist. Im Deutschen können nur NPn mit definitem Artikel (im Singular und Plural), bloße Plurale und Massennomen auf Arten referieren. 2.3 Generizität 41 62. a. Der Saurier ist ausgestorben. b. Die Saurier sind ausgestorben. c. Saurier sind ausgestorben. d. (Das) Gold steigt im Preis. (Krifka et al. 1995: 68) Es ist darauf hinzuweisen, dass bloße Plurale nur mit einigen Artenprädikaten kompatibel sind. NPn mit indefinitem Artikel lassen sich nur dann als artreferierend interpretieren, wenn sie taxonomisch verwendet werden (63a). Außerdem können Nomen mit dem Suffix -art oder -sorte Unterarten bezeichnen (63b). 63. a. Ein Saurier ist ausgestorben. (eine Unterart) b. Zwei Rotweinsorten werden in Württemberg angebaut: Lemberger und Trollinger. (Krifka et al. 1995: 75) Auch NP n mit Demonstrativa, die anaphorisch oder deiktisch verwendet werden, können eine taxonomische Lesart aufweisen (Gerstner-Link 1995): 64. Dieser Saurier ist vom Aussterben bedroht. Im Chinesischen haben generische NP n eine einheitliche Form: Nur bloße NP n können auf Arten referieren (außer den taxonomisch verwendeten NP n). 12 Zum Beispiel entsprechen 62a, b, c im Chinesischen 65: 65. Konglong miejue le. Saurier aussterben SP ‚Der Saurier ist ausgestorben.‘ ‚Die Saurier sind ausgestorben.‘ ‚Saurier sind ausgestorben.‘ NPn, die taxonomisch verwendet werden, treten immer in der Form Num+Kl+N auf, wobei der Klassifikator die Bedeutung ‚Art, Sorte‘ hat, z. B. zhong oder lei . NP n mit Demonstrativa, die anaphorisch oder deiktisch verwendet werden, können im Chinesischen auch eine taxonomische Lesart aufweisen, z. B. bezieht sich die NP zhe zhong konglong auf die vorangehende NP yi zhong konglong : 12 Ausnahmen s. Abschnitt 6.1.2. 42 2 Definitheit und verwandte Konzepte 66. You (yi) zhong konglong miejue le. es gibt ein Kl Art Saurier aussterben SA Zhe zhong konglong yiqian shenghuo zai beimeizhou. dies- Kl Art Saurier früher leben in Nordamerika ‚Ein Saurier ist ausgestorben. Dieser Saurier lebte in Nordamerika.‘ In der chinesischen Literatur werden NP n der nachstehenden Art auch als generisch bezeichnet. Eine solche Verwendung ist aber nur sehr eingeschränkt zugelassen: 67. a. Yi ge xuesheng jiu yinggai keku xuexi. ein Kl Schüler eben sollen fleißig lernen ‚Ein Student muss eben fleißig lernen.‘ b. Yi wei keren, zenme neng dui zhuren zheme ein Kl Gast wie können zu Gastgeber so bu limao? nicht höflich ‚Wie kann ein Gast so unhöflich zu dem Gastgeber sein? ‘ Bei 67 a und b handelt es sich um charakterisierende Sätze. Die unterstrichenen NP n stehen in der Form yi +Kl+N, wobei das Numerale yi nicht akzentuiert werden darf und der Akzent auf das Kernnomen fällt. Nach D.-Q. Liu (2002: 419) charakterisiert sich yi +Kl+N mit „generischer“ Lesart durch zwei Eigenschaften: Zum einen kann hinter yi +Kl+N, das am Satzanfang steht, ein Topikmarker wie me, a, ne usw. angefügt werden; zum anderen bleibt die Bedeutung des Satzes unverändert, wenn yi +Kl weggelassen wird. In dieser Arbeit werden NP n wie die in 67a und b nicht als an sich generisch, sondern als nicht-spezifisch betrachtet, weil sie sich auf kein bestimmtes Individuum beziehen, sondern auf ein prototypisches Exemplar einer Art referieren. 2.4 Definitheit 43 2.4 Definitheit Definitheit ist ein Begriff, der eng mit der Verwendung des Artikels verbunden ist. In Artikelsprachen werden NP n mit definitem oder indefinitem Artikel als prototypische Beispiele für definite und indefinite NP n angesehen. In der Literatur wird bereits viel und kontrovers über Definitheit diskutiert, es herrscht jedoch kein Konsens über eine einheitliche Definition. Der Grund besteht darin, dass die bisherigen Erklärungsversuche unterschiedliche Gebrauchsweisen des definiten Artikels als Ausgangspunkt wählen und versuchen, die damit verbundene Bedeutung auf die anderen Gebrauchsweisen auszudehnen (Hauenschild 1993: 988). Die bekanntesten unter ihnen sind die Unikalitäts- (Russell 1905) sowie die Familiaritätstheorie (Christopherson 1939). Während die erstere eine lange Tradition im Bereich der logischen oder formalen Semantik hat, ist die letztere vor allem in der linguistischen Pragmatik und Diskursanalyse von Bedeutung (Lyons 1999: 125 f.). Die meisten aktuellen Ansätze gehen von einem der beiden Konzepte aus und entwickeln daraus neue Perspektiven. Die folgenden Abschnitte sollen einen kurzen Überblick über ausgewählte Ansätze geben. Bevor darauf näher eingegangen wird, sollen zunächst die Verwendungsweisen des definiten Artikels vorgestellt werden, die die Basis von Definitheitstheorien bilden. 2.4.1 Verwendungsweisen des definiten Artikels Eine detaillierte Darstellung von Gebrauchstypen des definiten Artikels bietet Hawkins (1978: 106-148), der auf der Basis von Christophersen (1939) und Jespersen (1949) sechs grundlegende Verwendungsweisen unterscheidet, nämlich anaphorischer (68a, b), unmittelbar-situativer (69a, b), abstrakt-situativer (70ac), assoziativ-anaphorischer Gebrauch (71a, b), nicht-familiäre Gebrauchsweisen (72a-d) sowie NP n mit semantisch vereindeutigenden Adjektiven (76a-c). Falls nicht anders vermerkt, stammen alle Beispiele in 2.4.1 aus Hawkins 1978. Unter anaphorischer Verwendung versteht man, dass eine vorher im Diskurs oder Text genannte Entität durch eine NP mit dem definiten Artikel wieder aufgenommen wird. Die rückverweisende NP kann das gleiche Nomen (68a) oder ein referenzidentisches Nomen wie das Antezedens sein (68b): 68. a. Fred bought me a bucket, but the bucket had a hole in. b. Bill was working at a lathe the other day. All of a sudden the machine stopped turning. 44 2 Definitheit und verwandte Konzepte In der unmittelbar-situativen Gebrauchsweise ist der Referent der NP direkt in der Kommunikationssituation gegeben, wobei der intendierte Referent für den Hörer sichtbar (69a) oder nicht sichtbar (69b) sein kann: 69. a. Pass me the bucket. b. Beware of the dog. Im abstrakt-situativen Gebrauch (engl. larger situation uses) ist der intendierte Referent weder in der Äußerungssituation noch im sprachlichen Kontext gegeben, sondern ist allgemein oder zumindest einem bestimmten Personenkreis bekannt. Die Referenz ist durch das allgemeine Weltwissen oder durch das spezifische, von Sprecher und Hörer geteilte Wissen gesichert. 70. a. I read science fiction stories about people landing on the moon. b. The Prime Minister has just resigned. c. The printer doesn’t work. Es ist allgemein bekannt, dass es für die Erde nur einen Mond gibt. Deswegen kann jeder wissen, worauf sich die NP the moon bezieht. Dagegen setzt 70b Wissen voraus, das allen Mitgliedern einer Gemeinschaft zugänglich ist. Zwei Engländer, die sich vorher nie getroffen haben, können von the Prime Minister reden, ohne dass Kommunikationsprobleme auftreten. Bei 70c müssen die Sprechaktteilnehmer ganz spezifisches Wissen teilen, zum Beispiel sitzen sie im selben Büro und wissen genau, dass es da nur einen Drucker gibt. Nach Hawkins unterscheidet sich die abstrakt-situative Verwendung von der unmittelbar-situativen darin, dass im ersteren Fall immer ein gewisses Wissen über die Existenz von bestimmten Objekten in unterschiedlichen Situationen vorausgesetzt wird, im letzteren Fall dagegen nicht. 13 Zum Beispiel wusste der Hörer bei 69b vorher gar nicht, dass es in dieser Situation einen Hund gibt. Erst 13 Diese Ansicht wird von Lyons (1999: 262 f.) kritisiert. Nach Lyons ist es nicht nur in unmittelbar-situativen Verwendungen, sondern auch in allen anderen Verwendungen möglich, dass kein Wissen über die Existenz des intendierten Referenten in einer bestimmten Situation vorausgesetzt wird. Ob die Referenz gelingen kann, hängt von der Kooperation des Hörers ab, z. B. Meet me at the horse-trough tonight. (Abstrakt-situative Verwendung) Der Hörer kann die definite Referenz akzeptieren, er kann sie aber auch ablehnen, indem er fragt: The what? oder What horse-trough? oder I didn’t know there is a horse-trough . 2.4 Definitheit 45 mit der definiten NP the dog wird er über die Existenz des gefährlichen Hundes informiert. In der assoziativ-anaphorischen Verwendungsweise steht der intendierte Referent der NP in einem Assoziationsverhältnis zu einer vorausgehenden NP . Zwischen den beiden Ausdrücken liegt häufig eine metonymische Relation vor, wie z. B. Teil-Ganzes, Gegenstand-Material, Ort-Bewohner, Zeit-Ereignis, Gruppe-Mitglied (Winston et al. 1987). Die vorausgehende NP setzt den Rahmen, innerhalb dessen die anaphorische NP interpretiert wird. 71. a. The man drove past our house in a car. The exhaust fumes were terrible. b. The man drove past our house in a car. The dog was barking furiously. Bei 71a ist es einfach, eine assoziative Beziehung zwischen den beiden NP n herzustellen, weil es zum Allgemeinwissen gehört, dass ein Auto einen Auspuff hat. Dagegen sind car und dog in 71b nicht direkt miteinander assoziiert. Die Verwendung des definiten Artikels ist nur dann gelungen, wenn der Hörer weiß, dass es einen Hund gibt, der vorbeifahrende Autos anbellt. Das heißt, dass bei 71b spezifisches, von Sprecher und Hörer geteiltes Wissen erforderlich ist, um eine Assoziation herzustellen. Laut Hawkins besteht der Unterschied zwischen der assoziativ-anaphorischen und der abstrakt-situativen Verwendung darin, dass Assoziationen im ersteren Fall durch eine NP hervorgerufen werden, im letzteren Fall hingegen durch eine von Sprecher und Hörer geteilte Situation. Bei 70b hängt die Referenz der NP the Prime Minister zum Beispiel davon ab, welche Nationalität die beiden Gesprächsteilnehmer haben bzw. in welchem Staat der Satz geäußert wird. Der Äußerungssituation entsprechend können unterschiedliche Assoziationen geweckt werden. Unter den nicht-familiären Gebrauchsweisen (unfamiliar uses) werden vier unterschiedliche Verwendungen des definiten Artikels zusammengefasst, die nach Hawkins Gegenbeispiele für Christophersens Familiaritätstheorie darstellen und sich nicht in eine der ersten vier Verwendungsweisen einordnen lassen. Sie sind NP n mit etablierendem Relativsatz (72a), NP n mit genitivischem Attribut (engl. Associative Clauses) (73), NP n mit Komplementsatz (74) sowie NP n mit nominalem Attribut (75). 46 2 Definitheit und verwandte Konzepte 72. a. What’s wrong with Bill? Oh, the woman he went out with last night was nasty to him. b. What’s wrong with Bill? Oh, he went out with a woman last night, and she / the woman was nasty to him. 73. I remember the beginning of the war very well, because I happened to be in my garden pulling up marrows, when all of a sudden I heard a noise in the sky. 74. Bill is amazed by the fact that there is so much life on earth. 75. I don’t like the colour red. Der Relativsatz in 72a etabliert einen definiten Referenten für den Hörer, obwohl der Referent vorher nicht erwähnt ist. Etablierende Relativsätze sind vor allem durch drei Eigenschaften gekennzeichnet: Erstens lässt sich 72a in 72b umwandeln, wobei die beiden pragmatisch äquivalent sind. Zweitens verknüpfen etablierende Relativsätze neue, unbekannte Referenten entweder mit Objekten im vorangehenden Diskurs oder mit Sprechaktteilnehmern, oder sie identifizieren Objekte in der unmittelbaren Sprechsituation. In 72a wird der neue Referent z. B. mit einem bereits erwähnten Objekt, nämlich Bill , in Verbindung gesetzt. Drittens, wenn der Relativsatz weggelassen wird, ist die Referenz der NP nicht eindeutig. NP n mit genitivischem Attribut charakterisieren sich dadurch, dass zwischen dem Kopfnomen und dem nominalen Attribut ein Assoziationsverhältnis besteht. Zum Beispiel enthält die NP the beginning of the war in 73 sowohl den Auslöser als auch das Produkt der Assoziation. Für eine erfolgreiche Referenz spielt das Genitivattribut eine entscheidende Rolle, weil es den Rahmen setzt, in dem der Referent der definiten NP identifiziert werden soll. Bei NPn mit Komplementsatz oder mit Apposition erklärt der Komplementsatz oder die Apposition die NP weitgehend und ermöglicht die Identifizierung ihres Referenten. Zu den semantisch vereindeutigenden Adjektiven (engl. ‚unexplanatory‘ modifiers) gehören zum Beispiel same , identical , next , other , only usw. NP n, die solche Modifikatoren enthalten, müssen als definit markiert werden, obwohl ihre Referenten nicht vorerwähnt sind. 76. a. The fastest person to sail to America was an Icelander. b. The first person to sail to America was an Icelander. c. My wife and I share the same secrets. 2.4 Definitheit 47 Im Unterschied zu Hawkins vertreten viele Sprachwissenschaftler die Ansicht, dass die letzten zwei Gebrauchsweisen unter den ersten vier subsumiert werden können. Nach Himmelmann (1997: 38) stellen NPn mit etablierendem Relativsatz einen Spezialfall des anaphorischen Gebrauchs dar, während die anderen dem abstrakt-situativen Gebrauch zugeordnet werden sollen. Als Begründung wird folgendes angeführt: Etablierende Relativsätze stellen den Bezug zum Vortext her. Sie geben verankernde Information (vgl. Fox & Thompson 1990), erfüllen also in etwa dieselbe Rolle wie der vorangehende Kontext bei anaphorischem Gebrauch. Die anderen Attribute dagegen vereindeutigen semantisch die Referenz des Nukleus, schaffen also Ausdrücke, die abstrakt-situativ (aufgrund des Sprach- und Weltwissens) als Unika zu interpretieren sind. Es sind aber auch andere Zuordnungsmöglichkeiten denkbar. Lyons (1999: 5) hat die NP n mit etablierendem Relativsatz sowie die mit Genitivattributen dem assoziativ-anaphorischen Gebrauch zugeordnet. Nach ihm setzen Relativsatz und Genitivattribut den Rahmen, in dem die definite NP interpretiert wird. Dagegen werden NP n mit Komplementsatz zu den kataphorischen Verwendungsweisen gezählt, weil sich die NP kataphorisch auf den Komplementsatz bezieht. Eine weitere Verwendung des definiten Artikels, die von Hawkins nicht behandelt wird, findet sich in verallgemeinernden Aussagen, in denen NP n auf Arten von Gegenständen referieren. Nach Chesterman (1991: 53) und Bisle- Müller (1991: 71) soll der generische Gebrauch gesondert betrachtet werden. Demgegenüber stellt diese Verwendung für Himmelmann (1997: 37) bloß eine Variante des abstrakt-situativen Gebrauchs dar: Der Sprecher geht davon aus, dass der Hörer über Sprachwissen über Arten von Gegenständen verfügt, das als Teil des Weltwissens angesehen werden kann. Abschließend ist darauf zu verweisen, dass die obengenannten Gebrauchsweisen nicht kategorial verschieden sind. Im Diskurs können mehrere Faktoren gleichzeitig mitwirken, so dass es nicht immer möglich ist, die Gebrauchsweisen klar voneinander abzugrenzen. 2.4.2 Was ist Definitheit? 2.4.2.1 Definitheit als Unikalität / Inklusivität Die Unikalitätstheorie der Definitheit geht auf Russell (1905) zurück, der die Prädikatenlogik für die Beschreibung der Bedeutung natürlichsprachlicher Ausdrücke benutzt. In seiner Analyse von definiten Kennzeichnungen werden lediglich NP n behandelt, die im Singular stehen und einen definiten Artikel haben. Russell geht davon aus, dass die strikte Verwendung des definiten Ar- 48 2 Definitheit und verwandte Konzepte tikels Einzigkeit des bezeichneten Gegenstands impliziert, und zwar gibt es genau ein Objekt, das unter die in dem Kopfnomen ausgedrückte Eigenschaft fällt (die Existenz- und die Einzigkeitsbedingung). Nach Russells Theorie besagt ein Satz wie 77 folgendes: 77. The present king of France is bald. a. Es gibt mindestens ein X, das gegenwärtig König von Frankreich ist. die Existenzbedingung b. Es gibt höchstens ein X, das gegenwärtig König von Frankreich ist. die Einzigkeitsbedingung c. X ist kahlköpfig. Prädikation Dagegen zeigt die Verwendung des indefiniten Artikels lediglich an, dass ein Objekt existiert, auf die die Beschreibung der NP zutrifft (nur die Existenzbedingung): 78. A king of France is bald. a. Es gibt mindestens ein X, das König von Frankreich ist. die Existenzbedingung b. X ist kahlköpfig. Prädikation Nach Russell ist das deskriptive Material der definiten Kennzeichnungen allein maßgebend für die Eindeutigkeit der Referenz. Als Beispiel verwendet er ausschließlich definite NP n, deren deskriptiver Gehalt auf ein einziges Objekt zutrifft, wie z. B. the father of Charles II . , the king of France, the author of Waverley usw. Die Kontextabhängigkeit natürlicher Sprache wird aus seiner Untersuchung ausgeschlossen. Ein Hauptproblem der von Russell vertretenen Einzigkeitsbedingung ist, dass sie von sehr begrenzter Reichweite ist. 14 Sie ist nämlich nur für solche definite NP n adäquat, die genau ein Objekt bezeichnen, nämlich Unika ( Sonne , Mond ), funktionale Nomina ( Vater, König ) sowie NP n mit Attributen, die Einzigkeit implizieren ( der schnellste Läufer , der erste Mann auf dem Mond ). Für definite NP n mit sortalem oder relationalem Kopf trifft die Einzigkeitsbedingung leider nicht 14 Auf andere Probleme von Russells Analyse, z. B. das Problem der Präsupposition sowie das Problem der referentiellen Verwendung von definiten Kennzeichnungen im Sinne von Donnellan (1966) wird in dieser Arbeit nicht näher eingegangen. Für eine ausführliche Darstellung s. Abbott 2004. 2.4 Definitheit 49 zu (Strawson 1950: 178, Keller 1975: 50, Hawkins 1978: 157, Löbner 1985: 292 ff., von Heusinger 1997: 19) 15 : 79. The table is covered with books. (Strawson 1950: 332) Es ist unwahrscheinlich, dass es in der Welt nur einen Tisch gibt, trotzdem wird hier der definite Artikel verwendet. Es könnte aber sein, dass der Tisch in der aktuellen Gesprächssituation oder im sprachlichen Kontext der einzige ist. Aus diesem Beispiel ist ersichtlich, dass Einzigkeit nicht in einem absoluten Sinne zu verstehen ist, sondern immer abhängig von der Situation. Um den Kern der Einzigkeitsbedingung zu verteidigen, versuchen viele Sprachwissenschaftler, das Diskursuniversum zu beschränken, so dass der deskriptive Gehalt der definiten NP in diesem reduzierten Diskursuniversum nur auf ein Objekt zutrifft (Abbott 2004, von Heusinger 1997). Ein Versuch dieser Art ist die Untersuchung von Hawkins (1978), der behauptet, dass NP n mit definitem Artikel in einer von Sprecher und Hörer geteilten Menge unikal referieren. Der Begriff der Unikalität wird von Hawkins (1978) bezüglich einer pragmatisch festgelegten Menge von relevanten Objekten relativiert und auf Plural- und Massennomen erweitert. Nach ihm (1978: 167) nimmt der Sprecher folgende Handlungen vor, wenn er den definiten Artikel verwendet: The Speaker: a. introduces a referent to the hearer; b. instructs the hearer to locate the referent in some shared set of objects; c. refers to the totality of the objects or mass within this set which satisfy the referring expression. Ein „shared set“ ist eine Menge von Objekten, über die der Sprecher und der Hörer gemeinsames Wissen teilen. Dieses gemeinsame Wissen kann a) aus dem vorangegangenen Diskurs, b) aus der unmittelbaren Äußerungssituation, c) aus einer abstrakten, vom Sprecher und Hörer geteilten Situation sowie d) aus einem Assoziationsverhältnis stammen. Mit dem definiten Artikel instruiert der Sprecher den Hörer, zuerst die geteilte Menge zu identifizieren, dann in dieser Menge den intendierten Referenten zu lokalisierten. Auffallend ist, dass der Referent einer indefiniten NP nach ihm unter Umständen auch in einer geteilten Menge lokalisierbar sein kann: […] The objects referred to by indefinite descriptions can exist in these shared sets. For example, if someone tells me that a member of parliament has just died or some 15 Löbner (1985) unterscheidet zwischen sortalen, funktionalen und relationalen Nomina. 50 2 Definitheit und verwandte Konzepte members of parliament have just died, I could locate these referents in the same larger situation set in which I locate the member of parliament or the Prime Minister . […] (Hawkins 1978: 173, Hervorhebungen durch Unterstreichung im Original) Das heißt, dass allein die Lokalisierbarkeit des Referenten in einer geteilten Menge nicht zwischen definiten und indefiniten NP n unterscheiden kann: Der Referent einer definiten NP muss in einer geteilten Menge lokalisierbar sein, dagegen muss es der Referent einer indefiniten NP nicht, kann es aber. Der entscheidende Faktor ist nämlich Inklusivität (1978: 161), und zwar referiert eine NP mit definitem Artikel auf alle Objekte innerhalb der geteilten Menge, die unter die Beschreibung fallen. Dagegen referiert eine NP mit indefinitem Artikel nur auf eine Teilmenge der Objekte, auf die der deskriptive Gehalt der NP zutrifft, wobei andere potentielle Referenten innerhalb der geteilten Menge ausgeschlossen werden (engl. exclude). Mit dem Begriff der Inklusivität werden nicht nur singularische NP n, sondern auch Pluralsowie Massen- NP n erfasst: Wenn die definite NP im Singular steht, bedeutet Inklusivität nichts anderes als Unikalität, und zwar gibt es in der Menge genau ein Objekt, das unter die Beschreibung fällt. Falls die definite NP im Plural steht, dann wird auf alle Objekte innerhalb der Menge referiert, auf die der deskriptive Gehalt der NP zutrifft, z. B. 80. a. The man drove past our house in a car. The exhaust fumes were terrible. b. Bring the wickets in after the game of cricket. c. I must ask you to move the sand from my gateway. In 80a referiert der Sprecher auf den einzigen Auspuff des vorher erwähnten Autos. Dagegen fordert der Sprecher mit 80b und c auf, alle sechs ‚wickets‘ zu bringen bzw. den ganzen Sand wegzuräumen. Der semantische Kontrast Inklusivität / Exklusivität zwischen NP n mit definitem und indefinitem Artikel wird von Hawkins auf definite und indefinite NPn verallgemeinert. Aber dann entsteht ein Problem, und zwar gilt Inklusivität nicht für NP n mit Demonstrativa. Wenn Demonstrativa nicht akzentuiert sind, verhalten sie sich im Englischen hinsichtlich Inklusivität neutral, wenn sie den Akzent tragen, müssen sie aber exklusiv referieren. Zum Beispiel wird this in THIS dog can ride a bike . verwendet, um diesen Hund von den anderen abzugrenzen. Das heißt, dass NP n mit Demonstrativa mehr Gemeinsamkeiten mit indefiniten NP n aufweisen (Ch. Lyons 1980, 2014: 93). Obwohl die Einzigkeitsbedingung vielseitig modifiziert und erweitert wird, wird in der Literatur immer auf Fälle hingewiesen, die mit Unikalität / Inklusivität nicht erklärt werden können. In solchen Fällen sind mehrere Objekte 2.4 Definitheit 51 vorhanden, die unter die Beschreibung der definiten NP fallen, trotzdem wird der definite Artikel verwendet. Abbott (2001, 2006) fasst Beispiele zusammen, in denen die definiten NP n keine Einzigkeitspräsupposition zu tragen scheinen: 81. a. Horace took the bus to Phoenix. b. The elevator will take you to the top floor. 82. a. My uncle wrote something on the wall. b. We camped by the side of a river. c. She shot herself in the foot. 83. His brother is in the hospital. In 81 wird der definite Artikel im Singular verwendet, obwohl mehrere Busse nach Phoenix fahren und ein Hotel beliebig viele Fahrstühle haben kann. Das wird von Abbott (2001) als eine Art von Konventionalisierung erklärt: Als die unterstrichenen NPn (von ihr als traditionally unique items bezeichnet) zum ersten Mal in der oben dargestellten Verwendungsweise aufkamen, hatte zum Beispiel jedes Hotel nur einen Fahrstuhl oder zumindest einen, der für bestimmte Gruppen von Menschen salient war. Bei 82 handelt es sich um einen ähnlichen Fall: Obwohl es typisch mehrere konkurrierende Referenten vorhanden sind, die gleich salient sind, wird hier der definite Artikel verwendet. Nach Abbott liegt es vermutlich darin, dass all diesen NP n einen Ort bezeichnen. Wenn hier statt des definiten Artikels der indefinite eingesetzt wird, liegt zu viel Betonung auf den Ort, so dass der Eindruck entsteht, dass der Ort momentan im Fokus wäre. Bei Verwendungen wie 83 handelt es sich um dialektale Variationen. Während 83 im amerikanischen English gut ist, muss der definite Artikel im britischen Englisch weggelassen werden. In Abbott 2006 wird die Behauptung vertreten, dass sich die Beispiele in 81-83 weder mit der Unikalitätsnoch mit der Familiaritätstheorie vereinigen lassen. Aber es ist ihr nicht klar, ob eine neue Theorie für Definitheit entwickelt werden muss oder diese Beispiele lediglich idiomatische Ausnahmen darstellen. Lewis (1979[2004]: 348 f.) weist auch auf Fälle hin, in denen die Einzigkeitsbedingung nicht erfüllt wird, selbst wenn das Diskursuniversum beschränkt wird: 84. a. The pig is grunting, but the pig with floppy ears is not grunting. b. The dog got in a fight with another dog. (McCawley) 52 2 Definitheit und verwandte Konzepte Nach Lewis muss das auf das Notwendigste reduzierte Redeuniversum mindestens zwei Individuen enthalten, die die gleiche Eigenschaft besitzen. Aus dieser Überlegung heraus entwickelt er die These, dass das unterscheidende Merkmal zwischen definiten und indefiniten NP n nicht die Einzigkeit ist, sondern die Salienz. Nach ihm kann die definite NP the dog in 84b mit der Paraphrase the most salient dog beschrieben werden, another dog dagegen mit der Paraphrase some less salient dog . Für ihn ist Salienz keine Eigenschaft des Ausdrucks selbst, sondern eine Eigenschaft des Kontexts. Weiterhin bemerkt er, dass die Salienzhierarchie von mehreren Faktoren abhängig ist und sich im Laufe eines Diskurses verändern kann. Dabei spielen die sprachliche Struktur des Diskurses sowie die aktuelle Äußerungssituation eine wichtige Rolle. Aber auf die Frage, wie die Faktoren interagieren, wird nicht eingegangen. Von Lewis wird keine ausformulierte Theorie vorgelegt, sondern eine thesenartige Manifestation dargestellt. Das Konzept der Salienz wird in nachfolgenden Arbeiten, insbesondere durch von Heusinger (1997), aufgegriffen und um neue ergänzt. Aber von Heusinger beschränkt sich explizit auf die Formalisierung des Konzepts und geht auch nicht auf die einzelnen Faktoren ein. Er hat lediglich mit drei Phänomentypen illustriert, dass eine Salienzhierarchie aus unterschiedlichen Parametern besteht und daher eine sehr komplexe Struktur besitzt (von Heusinger 1996: 23). Lyons (1980) führt ähnliche Beispiele wie Lewis an. Der einzige Unterschied besteht darin, dass die konkurrierenden Referenten in Lyons‘ Beispielen nicht explizit genannt werden: 85. a. [In a room with three doors, one open and two closed] Close the door, please. b. [In a hallway with four doors, all closed, the speaker stands dressed for a journey, a suitcase in each hand] Open the door for me, please. (Fettdruck im Original) Nach Lyons ist es aus dem Kontext oder durch die Situation klar geworden, welches von mehreren Objekten, auf die der deskriptive Gehalt der definiten NP zutrifft, vom Sprecher gemeint wird. Bei 85a kann man aus dem Verb close erschließen, dass hier die geöffnete Tür gemeint ist; bei 85b sind zwar alle Türe geschlossen, aber die Kleidung sowie die Koffer implizieren, dass der Sprecher ausgehen möchte. Anders als Lewis plädiert Lyons (1980) für den Begriff der Identifizierbarkeit, und zwar ist der intendierte Referent nicht unikal (in einem reduzierten Redeuniversum), sondern nach der Annahme des Sprechers für den Hörer unikal identifizierbar. 2.4 Definitheit 53 2.4.2.2 Definitheit als Familiarität / Identifizierbarkeit Die Familiaritätstheorie der Definitheit geht auf Christopherson (1939) zurück. Nach ihm signalisiert der definite Artikel, dass dem Hörer der intendierte Referent der NP bekannt ist (1939: 28), dagegen ist der indefinite Artikel neutral in Bezug auf Familiarität. Unter Familiarität versteht er: The article the brings it about that to the potential meaning (the idea) of the word is attached a certain association with previously acquired knowledge, by which it can be inferred that only one definite individual is meant. (1939: 72). Mit „previously acquired knowledge“ ist gemeint, dass der Referent im Vortext schon erwähnt oder situationell direkt gegeben ist. Der Hörer kann auch indirekt mit dem Referenten der definiten NP vertraut sein: „It may be something else that one is familiar with, but between this ‘something’ and the thing denoted there must then be an unambiguous relation.“ (1939: 73). Das betrifft nämlich den assoziativ-anaphorischen Gebrauch: Wenn man über ein bestimmtes Buch redet, kann man sagen: The author is unknown . Hier wird der definite Artikel verwendet, obwohl der Hörer nur mit dem Buch, nicht aber mit dessen Autor vertraut ist. Aber es ist allgemein bekannt, dass jedes Buch einen Autor hat. Die Beziehung zwischen Buch und Autor ist so eindeutig, dass die Referentenbestimmung gesichert wird. Christophersen (1939: 73) weist darauf hin, dass die Vertrautheit mit dem relevanten Objekt nicht sehr hoch sein muss. Es würde ausreichen, wenn der Hörer weiß, dass ein bestimmtes Objekt gemeint ist. Das Problem der Familiaritätstheorie besteht darin, dass sie nur für einen Teilbereich definiter NP n adäquat ist, und zwar gilt sie nur für den anaphorischen und den situationellen Gebrauch des definiten Artikels. Sie eignet sich jedoch nicht für die NP n, die bereits bei ihrer Ersterwähnung definit sind. Aus diesem Grund behaupten einige Sprachwissenschaftler (Searle 1969, Halliday & Hasan 1976: 71, Du Bois 1980: 208, Bisle-Müller 1991: 26-34, Gundel et al. 1993, Lambrecht 1994: 77-92, Lyons 1999: 5-7), dass Definitheit nicht auf Familiarität zurückführt, sondern auf den allgemeineren Begriff der Identifizierbarkeit: The idea is that the use of the definite article directs the hearer to the referent of the noun phrase by signalling that he is in a position to identify it. This view of definiteness does not altogether reject familiarity. Rather, familiarity, where it is present, is what enables the hearer to identify the referent. (Lyons 1999: 6) Der Hörer muss mit den Referenten nicht vertraut sein, sondern kann aufgrund von Angaben aus dem sprachlichen oder dem außersprachlichen Kontext die Identität des Referenten herausfinden. Der Ansatz der Identifizierbarkeit scheint eine stärkere Erklärungsfähigkeit zu besitzen. 54 2 Definitheit und verwandte Konzepte Lyons (1999) fasst die wichtigsten Definitheitstheorien zusammen und gibt einen Rückblick auf ihre Entstehung und Entwicklung. Dabei stellt er fest, dass Identifizierbarkeit und Inklusivität die zwei wichtigsten Konzepte der Definitheitsforschung darstellen: Fast alle Ansätze gehen von einem der beiden Konzepte aus und entwickeln daraus neue Perspektiven. Aber nach ihm kann keine der beiden theoretischen Positionen allein eine adäquate Erklärung für die Verwendungen des definiten Artikels liefern. Es gibt Fälle, die nur mit einer der beiden zu erklären sind. Gleichzeitig weist er darauf hin, dass es keinen Beleg dafür gibt, dass Identifizierbarkeit und Inklusivität zwei unterschiedliche Eigenschaften sind. Es gibt nämlich keine Sprache, in der Identifizierbarkeit und Inklusivität durch unterschiedliche lexikalische Mittel kodiert sind. Deswegen ist er dafür, dass Definitheit eine einheitliche Kategorie darstellt. Aber bevor ich auf seine endgültige Lösung komme, möchte ich zuerst die Fälle besprechen, die nach Lyons nicht mit Identifizierbarkeit erklärt werden können. Lyons (1999: 9 f) verweist auf drei Verwendungsweisen des definiten Artikels, die nicht auf Identifizierbarkeit zurückführen, nämlich nicht-spezifische definite NP n (86a und b), definite NP n, die Adjektive im Superlativ enthalten, Ordinalzahlen oder semantisch vereindeutigende Adjektiven (87a-c) sowie assoziativanaphorisch gebrauchte NP n (88) (Fettdruck im Original): 86. a. The winner of this competition will get a week in the Bahamas for two. b. The man who comes with me will not regret it. 87. a. Janet is the/ (*a) cleverest child in the class. b. I’ve got the/ (*a) same problem as you. c. I offered a discount to the/ (*a) next customer. 88. I’ve just been to a wedding. The bride wore blue. Die Referenten der definiten NP n in 86a und b können zu einem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt erst festgelegt werden, sie sind deswegen zur Äußerungszeit weder für den Hörer noch für den Sprecher identifizierbar. Aber sie sind unikal, und zwar wird ein einzelner Gewinner oder ein einzelner männlicher Begleiter impliziert. Deswegen ist hier die Inklusivität zutreffend. Das deskriptive Material der NP n in 87 impliziert, dass der Referent unikal ist, deswegen kann hier nur der Artikel verwendet werden, der Unikalität kodiert. Auch die Verwendung des definiten Artikels in 88 lässt sich nicht mit Identifizierbarkeit erklären - „But is it accurate to say that the hearer identifies the referent in any real sense? He still does not know who she is or anything about her.“ (1999: 7) 2.4 Definitheit 55 Die Lösung für das Dilemma zwischen Identifizierbarkeit und Inklusivität sieht Lyons darin, Definitheit als eine grammatische Kategorie wie Genus, Tempus, Modus usw. zu betrachten (1999: 275). Dabei macht er auf die Unterscheidung zwischen grammatischen Kategorien und ihren semantischen Interpretationen aufmerksam, und zwar sind die ersteren die grammatische Repräsentation der letzteren, aber die beiden stehen nicht in einem Eins-zu-eins-Verhältnis zueinander. Eine grammatische Kategorie kann nämlich mehrere semantische Konzepte repräsentieren, wobei eins davon die prototypische Bedeutung darstellt. Dieses Phänomen ist nicht nur bei Definitheit, sondern auch bei anderen grammatischen Kategorien wie Tempus zu beobachten. Während gedankliche Konzepte invariant und universal sind, müssen grammatische Kategorien nicht in allen Sprachen gleichmäßig vorhanden sein. Zum Beispiel verfügt das Chinesische über keine morphologische Kasusmarkierung, demgegenüber besitzt Deutsch vielgliedrige Kasussysteme. Lyons nimmt an, dass Definitheit als grammatische Kategorie nur in Sprachen realisiert ist, die overte Definitheitsmarkierungen (z. B. definiten Artikel, Affixe, Klitike usw.) haben. 16 Genau aus der Betrachtung der Sprachen ohne overte Definitheitsmarkierung lässt sich festlegen, dass Identifizierbarkeit die prototypische Bedeutung von Definitheit darstellt: It appears that in these languages with no definiteness marking it is, as an element of discourse organisation, to do with whether or not a referent is familiar or already established in the discourse - thus identifiability rather than inclusiveness. (1999: 278) Obwohl Definitheit prototypisch Identifizierbarkeit ausdrückt, gibt es Verwendungen ohne Bezug zur Identifizierbarkeit. Das könnte nach Lyons darin liegen, dass die diachrone Grammatikalisierung ein graduelles Prozess ist: Während Identifizierbarkeit zur Definitheit grammatikalisiert, entwickeln sich neue, heute übliche Verwendungsweisen. Der Begriff Identifizierbarkeit ist schwer zu definieren. Es lässt sich fragen, wie viel Kenntnisse man braucht, um ein Ding zu identifizieren? Zu dieser Frage hat Lyons keine klare Antwort gegeben, sondern nur grob gesagt, dass man den Referenten einer NP identifizieren kann, wenn man weiß, wer er ist, oder etwas über ihn weiß (1999: 7). Ein weiterer Versuch einer Definition erfolgt von Du Bois (1980: 89): „A reference is counted as identifiable if it identifies an object close enough to satisfy the curiosity of the hearer.“ Lambrecht (1994: 84) macht darauf aufmerksam, dass Definitheit eine diskrete (grammatische) Kategorie ist, 16 Overte Markierung bezeichnet in der Sprachwissenschaft eine durch ein Morphem sichtbare und segmentierbare Realisierung eines grammatischen Merkmals, meistens einer morphosyntaktischen Kategorie an einem Nomen oder Verb. 56 2 Definitheit und verwandte Konzepte während Identifizierbarkeit eine nicht-diskrete (kognitive) ist. Das heißt, dass NPn entweder definit oder indefinit sein müssen, demgegenüber ist Identifizierbarkeit ein graduelles Phänomen - Referenten können mehr oder weniger identifizierbar sein. Wo die Grenze zwischen definit und indefinit liegt, ist schwer zu bestimmen. Zudem kann es je nach Sprachen unterschiedlich sein. Dadurch wird erklärt, warum ein und derselbe Referent in einer Sprache als definit, in anderen Sprachen dagegen als indefinit markiert wird (s. Abschnitt 3.1). 2.5 Fazit In diesem Kapitel wurden die in der Literatur bisher erörterten Ansätze diskutiert und es wurde versucht, die Beziehung zwischen den vier verwandten Begriffen darzulegen. Die folgende Grafik vermittelt einen Überblick: Abbildung 1: Beziehungen zwischen den Begriffen Referentialität, Generizität und Spezifizität Referenz Unter Referenz verstehe ich in Anlehnung an Lehmann (2015) die Operation, die eine Entität im Redeuniversum durch einen Ausdruck in einem Text evoziert. Ein sprachlicher Ausdruck referiert nicht auf einen Gegenstand in der physikalischen Welt (Denotat), sondern auf mentale Objekte im Redeuniversum (Referent). Ob Referenten realexistente Objekte (Denotat) repräsentieren, ist für die Struktur und Bedeutung sprachlicher Äußerungen und Systeme irrelevant. NP n, die keinen Diskursreferenten etablieren, werden als nicht-referentiell bezeichnet. Dazu gehören vor allem prädikative NP n ohne definite Determinative sowie inkorporierte NP n. Nicht-referentielle NP n haben gemeinsam, dass 2.5 Fazit 57 sie nicht anaphorisch zugänglich sind. Referentielle NP n können sich entweder auf Arten oder auf partikuläre Objekte beziehen. 17 Generizität Ich schließe mich Krifka et al. (1995) an und betrachte lediglich die NP n, die auf Arten oder Unterarten referieren, als generische NP n. NP n mit indefinitem Artikel in charakterisierenden Sätzen werden dagegen als nicht-spezifisch bezeichnet, weil sie auf ein prototypisches Exemplar einer Art referieren. Anhand der Kriterien, die von Krifka et al. (1995) aufgestellt und in Abschnitt 2.3.1.1 vorgestellt wurden, kann nur ermittelt werden, welche Formen von NP n zur generischen Referenz verwendet werden kann. Ob eine NP tatsächlich generisch zu interpretieren ist, muss aus dem Kontext erschlossen werden. Auf die Lesart können viele Faktoren Einfluss nehmen, wie z. B. Prädikation, Tempus, Modus usw. Spezifizität Spezifizität ist eine Eigenschaft der partikulären NP n. Der Kontrast spezifisch / nicht-spezifisch ist vor allem bei indefiniten NP n zu beobachten, aber auch bei definiten NPn. Es wurden zwei Grundtypen von Spezifizität vorgestellt, nämlich die skopale und die epistemische Spezifizität. Bei skopaler Spezifizität geht es darum, dass NP n gegenüber einem Operator weiten oder engen Skopus annehmen können. Bei epistemischer Spezifizität kommt es darauf an, ob der Sprecher einen bestimmten Referenten im Sinn hat. Das Konzept, das den beiden Subtypen von Spezifizität zugrunde liegt, ist die referentielle Stabilität, und zwar ist die Referenz einer nicht-spezifischen NP abhängig von der sprachlichen Umgebung, die einer spezifischen NP hingegen nicht. Es gibt vor allem zwei Kriterien, die spezifische NPn von nicht-spezifischen unterscheiden: Erstens, die spezifische Lesart kann durch Ausdrücke wie ein bestimmter näher spezifiziert werden, die nicht-spezifische dagegen durch irgendein oder ein beliebiger . Zweitens können nicht-spezifische NP n nicht mit einem anaphorischen Pronomen wieder aufgenommen werden, außer wenn das Pronomen in einem modalen Kontext steht. 17 Ob Arten / Gattungen oder Eigenschaften als abstrakte Entitäten bezeichnet werden sollen, ist eine philosophische Frage, auf die im Rahmen dieser Arbeit nicht eingegangen werden kann. 58 2 Definitheit und verwandte Konzepte Definitheit Bei der Definition von Definitheit folge ich Lyons (1999), und zwar aus folgenden Überlegungen: Erstens scheint es unmöglich zu sein, alle Gebrauchsweisen des definiten Artikels auf ein einziges Konzept zurückzuführen. Das findet bei Lyons eine naheliegende Erklärung. Zweitens unterscheidet er zwischen grammatischen Kategorien und pragmatischen Konzepten, die durch grammatische Kategorien sprachlich realisiert werden. Damit wird die Frage beantwortet, ob Definitheit in Sprachen ohne Artikel vorhanden ist. Drittens unterscheidet sich die Inklusivitätstheorie von Hawkins nach meiner Ansicht nicht wesentlich von der Identifizierbarkeitstheorie. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass der Hörer nach Hawkins statt des intendierten Referenten ein „shared set“ identifizieren soll, innerhalb dessen der Referent existiert und zugleich der einzige ist, der unter die Beschreibung der NP fällt. 18 Ein „shared set“ ist nichts anderes als das von Sprecher und Hörer geteilte Wissen, das nach Hawkins vor allem aus vier Quellen stammt. Bisle-Müller (1991: 29) weist mit Recht darauf hin, „dass Hawkins den Schauplatz der Auseinandersetzung nur verschoben hat“. Nach Lyons (1999) ist Definitheit eine grammatische Kategorie. Sie repräsentiert mehrere semantische Konzepte, wobei Identifizierbarkeit die prototypische Bedeutung darstellt. Definitheit als grammatische Kategorie ist nur in Sprachen realisiert, die overte Definitheitsmarkierungen haben. Außerdem kann die Grenze zwischen definit und indefinit je nach Sprachen unterschiedlich sein, weil Identifizierbarkeit ein graduelles Phänomen ist. Obwohl in dieser Arbeit zwischen Definitheit als grammatische Kategorie und Identifizierbarkeit als semantisches Konzept unterschieden wird, verwende ich die beiden Begriffe im Folgenden als Synonyme. Wenn eine Unterscheidung erforderlich ist, mache ich darauf explizit aufmerksam. 18 Hawkins geht von einer sehr engen Auffassung des Begriffs der Identifizierbarkeit aus, nämlich der demonstrativen Identifikation. 2.5 Fazit 59 3 Definitheit im Deutschen In diesem Kapitel kommen unterschiedliche Formen von definiten und indefiniten NP n im Deutschen in den Blick. Wie in Abschnitt 2.4 erwähnt, stellen NP n mit definitem oder indefinitem Artikel in Artikelsprachen die prototypischen Beispiele für definite und indefinite NP n dar. Es ist aber gängiger, Pronomen, Eigennamen, NP n mit Demonstrativa, Possessiva sowie mit manchen Quantoren ( alle, jeder ) auch als definite NP n zu bezeichnen, während artikellose NP n (Plural- oder Massennomen) sowie manche quantifizierten NP n ( manche, einige usw.) als indefinit angesehen werden. Sie teilen mit NPn mit definitem / indefinitem Artikel die Eigenschaft, dass ihre Referenten nach Annahme des Sprechers für den Hörer identifizierbar / nicht-identifizierbar sind. 1 Personalpronomen und Eigennamen sind in der traditionellen Grammatik als inhärent definit aufgefasst, und zwar tragen sie eine Art Identifizierungsmerkmal in sich. Dagegen wird Definitheit bei NP n mit nominalem Kern im Deutschen immer durch lexikalische Mittel markiert, nämlich durch definite Determinative, die in vier Unterklassen eingeteilt werden können (Prince 1992: 299, Zifonun et al. 1997: 33, Birner & Ward 1998: 114): 1 Es wird häufig behauptet, dass definite NPn in der postverbalen Position in präsentativen Sätzen nicht zulässig sind: a. There is / are a dog / (some) dogs in the garden. b. *There is the dog / that dog / it / Fido in the garden. Während die Sätze in a korrekt sind, sind die in b nicht akzeptabel. Dieser Akzeptabilitätsunterschied wird auf den Unterschied zwischen Definitheit und Indefinitheit der betreffenden NPn zurückgeführt. Allerdings gibt es hier zahlreiche Gegenbeispiele gegen das Verbot von definiten NPn in der postverbalen Position im präsentativen Satz, so dass Zweifel daran aufkommt, ob die Definitheit oder Indefinitheit der NP für das Phänomen verantwortlich ist (Milsark 1974, Rando & Napoli 1978, Holmback 1984, Prince 1992, Abbott 1992, 1993). Nach Lambrecht (1994: 178) besteht die Diskursfunktion von präsentativen Sätzen darin, „brand-new or unused referents“ in den aktiven Zustand zu versetzen. Während brandneue Referenten durch indefinite NPn sprachlich repräsentiert werden, werden ungebrauchte Referenten durch definite lexikalische NPn realisiert, die akzentuiert werden (s. Abschnitt 4.2.1.2). Das heißt, dass die postverbale Position im präsentativen Satz nicht mit Definitheit, sondern mit dem Aktivierungsstatus des Referenten direkt korreliert. Dadurch wird erklärt, warum definite NPn gelegentlich auch in dieser Position auftreten können. 60 3 Definitheit im Deutschen • Definiter Artikel: der / das / die • Demonstrativdeterminative: dies- , jen- , und betontes dér ; derjenige , derselbe • Possessivdeterminative: mein- , dein- , sein- , unser- , euer- , ihr- • Allquantifizierende Determinative: all , jeder usw. Im Gegensatz dazu wird Indefinitheit einer NP im Deutschen nicht durch die Präsenz von bestimmten Determinativen hervorgerufen. NP n, die nicht als definit markiert werden, sind per Default indefinit. Dies gilt z. B. für Massennomen und zählbare Nomen im Plural. Daraus ist zu schließen, dass der indefinite Artikel die Eigenschaft „Indefinitheit“ nur indirekt signalisiert (Lyons 1999: 33-41, Blühdorn 2008: 308). 3.1 Definiter Artikel Für den definiten Artikel liegt schon eine systematische Klassifikation der Gebrauchskontexte vor, die von Hawkins (1978) zuerst für das Englische entwickelt wurde. Das Konzept wurde von Vater (1984: 34-38) aufs Deutsche übertragen und ist bis heute von zentraler Bedeutung. Im Gebrauch des definiten Artikels weisen verschiedene Sprachen viele Gemeinsamkeiten auf, allerdings sind auch Unterschiede erkennbar. Diese Unterschiede zeigen sich vor allem in Ausdrücken, die bereits mehr oder minder fest lexikalisiert sind: 89. a. Eve is dancing the Tango. b. Eve tanzt Tango. Die NP Tango in 89 referiert nicht auf ein bestimmtes Individuum, sondern bildet zusammen mit dem Verb ein komplexes Prädikat. Wie in Abschnitt 2.1.1 erwähnt, erfüllen Artikel bei nicht-referentiellen NP n keine semantisch-pragmatische Funktion. Ein weiterer Unterschied betrifft geographische Namen (Länder, Straßen usw.) und zeitliche Begriffe (Wochentage, Monatsname und Jahreszeit): 90. a. Mr. Ali lives in Brompton Street in the Glodwick area. b. Herr Ali wohnt in der Brompton Street im Gebiet Glodwick. Ein dritter Unterschied ist darin zu sehen, dass Abstrakta im Deutschen wahlweise mit dem definiten Artikel verbunden werden, während sie im Englischen ohne Artikel auftreten: 3.2 Demonstrativdeterminativ 61 91. a. Time flies when you’re having fun. b. Die Zeit vergeht so schnell, wenn man Spaß hat. Die Unterschiede bei der Verwendung des definiten Artikels könnten darin begründet sein, dass Identifizierbarkeit ein graduelles Phänomen ist. Die Grenze zwischen definit und indefinit ist relativ willkürlich und schwankt von Sprache zu Sprache. 3.2 Demonstrativdeterminativ Das Demonstrativdeterminativ wird als eine von mehreren Möglichkeiten zur Herstellung von Definitheit behandelt. Es teilt mit dem definiten Artikel die Eigenschaft, dass es die Identifizierbarkeit des intendierten Referenten für den Hörer signalisiert. Identifizierbarkeit ist jedoch nur ein Teil der Bedeutung des Demonstrativums. Im Deutschen werden gewöhnlich dies- , jen- und betontes der als Demonstrativa betrachtet. Der Status von betontem der ist umstritten: Einerseits ist der funktionale Unterschied zwischen der und dieser ungeklärt, andererseits zweifeln manche Sprachwissenschaftler daran, ob Betonung bei der Unterscheidung zwischen Demonstrativum und definitem Artikel eine Rolle spielt und ob es ein eigenes Demonstrativum der gibt, das sich vom definiten Artikel unterscheidet (Bisle-Müller 1991: 62-66., Himmelmann 1997: 50-55). 2 Das distale jenwird im heutigen Deutsch sehr selten gebraucht. Es wird überwiegend in der Schriftsprache benutzt, auch dort findet es nur eine sehr begrenzte Verwendung. Am häufigsten kommt jen- vor etablierenden Relativsätzen vor, außerdem kann es in direktem Kontrast zu dies- stehen, wenn auf zwei nacheinander genannte Gegenstände oder Personen Bezug genommen werden soll (Himmelmann 1997: 49 f.). Dieswird im Deutschen als Prototyp von Demonstrativa angesehen. Es wird sowohl in der Umgangssprache als auch in schriftlichen Produktionen fast nur adnominal verwendet, pronominal kommt es nur im gehobenen Stil vor (Himmelmann 1996: 206). In der vorliegenden Arbeit konzentriere ich mich nur auf das adnominale dies- , das die wesentlich häufigere Verweisform im Deutschen darstellt (Ahrenholz 2007: 25). 2 Eine ausführliche Behandlung s. Ahrenholz 2007: 21, 26-27, 33. 62 3 Definitheit im Deutschen 3.2.1 Gebrauchskontexte von Demonstrativa In Himmelmann 1996 wird die Verwendung von (hauptsächlich) adnominalem dies- in gesprochenen narrativen Texten aus fünf Sprachen (Englisch, Ik, Nunggubuzu, Tagalog und Indonesisch) untersucht. Er stellt die Hypothese auf, dass Demonstrativa in allen Sprachen mindestens vier Gebrauchsweisen erlauben, nämlich situativen, diskursdeiktischen, anaphorischen sowie anamnestischen Gebrauch. 3 Ahrenholz (2007: 179) schließt sich dieser Unterteilung für seine Untersuchung von Demonstrativa im gesprochenen Deutsch explizit an. Je nach Wissensbeständen, auf die Bezug genommen wird, unterscheidet er zwischen Verwendungen mit Bezugnahmen auf den situativen Kontext, mit Bezugnahmen auf den sprachlichen Kontext und mit Bezugnahmen auf spezifisches gemeinsames Wissen von Sprecher und Hörer. Dabei entsprechen die erste und die letzte Verwendung jeweils dem situativen und dem anamnestischen Gebrauch bei Himmelmann, die zweite dem anaphorischen und dem diskursdeiktischen Gebrauch. Im Unterschied zu Himmelmann untergliedert Ahrenholz die Verwendung mit Bezugnahmen auf den sprachlichen Kontext in drei Gebrauchsweisen, nämlich anaphorischem, anadeiktischem und diskursdeiktischem Gebrauch. Im Folgenden werden die Ausführungen von Himmelmann (1996, 1997) vorgestellt und um die Angaben bei Ahrenholz (2007) ergänzt. Es ist anzumerken, dass diese Gebrauchsweisen nicht immer eindeutig voneinander abgegrenzt werden können, dazwischen gibt es fließende Übergänge und Überlappungen. (Wenn nicht anders vermerkt, stammen alle Beispiele in 3.2.1 aus Himmelmann 1997, Fettdruck und Unterstreichung im Original.) Der situative Gebrauch ist vor allem durch zwei Merkmale charakterisiert: Zum einen ist im situativen Gebrauch ein deiktisches Zentrum (die Origo) erkennbar, das in der Regel vom Sprecher eingenommen wird. Zum anderen dient situativer Gebrauch normalerweise dazu, einen Referenten ins Redeuniversum einzuführen. Bei dem situativen Gebrauch im engeren Sinne wird auf „einen in der aktuellen Äußerungssituation konkret anwesenden, physisch wahrnehmbaren Referenten“ verwiesen (Himmelmann 1997: 82 f.). Außerdem fasst Himmelmann Textdeixis im Sinne von Ehlich (1979) und Deixis am Phantasma im Sinne von Bühler (1934: 121 ff) auch als situativ auf. 4 Zu Textdeixis gehören 3 Untersuchungsgegenstand sind Filmnacherzählungen zur „Pear story“ (Chafe 1980) und andere weitere spontane Erzählungen. Himmelmann hat (1996: 207-210) darauf hingewiesen, dass in anderen Sprechstilen bzw. Textsorten andere Gebrauchsbedingungen gelten. 4 Unter Deixis am Phantasma sind Gebrauchsweisen zu verstehen, „bei denen (zumeist im Kontext von Narrativen) so getan wird, als sei der Referent tatsächlich in der Äußerungssituation vorhanden, was in Wirklichkeit aber nicht der Fall ist.“ (1997: 83) 3.2 Demonstrativdeterminativ 63 Verweis auf Textsegmente (92b) sowie der Selbstverweis (92c). Temporaldeiktische Verwendungen, die sich auf einen den Sprechmoment umschließenden Zeitraum beziehen (92d), werden auch dem situativen Gebrauch zugeordnet. 92. a. Gib mir mal diesen Stift. [S zeigt oder blickt auf einen in der Äußerungssituation präsenten Stift] b. Die Gebrauchsweisen des Demonstrativums sind diese: … c. in diesem Buch d. diese Woche, dieses Jahr Als Diskursdeixis bezeichnet Himmelmann (1997: 83 f.) den Verweis auf Propositionen oder Sachverhalte. Ein zentrales Kennzeichen dieser Gebrauchsweise ist, dass das Diskurssegment, auf das verwiesen wird, beliebig groß ist. Mit Demonstrativa kann auf einen Ausdruck, eine Prädikation, beliebig viele Prädikationen oder einen ganzen Text verwiesen werden. Wichtig ist, dass der Verweis unmittelbar im Anschluss an das Diskurssegment erfolgen muss. Ein Verweis auf ein weiter entferntes Segment ist nur mit Zusatz weiterer Attribute möglich, wie z. B. davor erwähnt , vorhin usw. Somit sind alle dazwischenliegenden Segmente in den Verweis eingeschlossen. Auch die Zeitangaben, die sich auf ein zuvor erwähntes Geschehen beziehen, werden von Himmelmann in diese Kategorie eingeordnet. 93. okay, wait a minute. [1.05] The boy who has the pears, [.3] hat, .. is way back on the road, so when the .. boys are the--.. three boys.. are walking down the road, [.25] […] then he goes off, .. and that’s the end of that story, but then .. it goes back to the farmer. [.6] (von mir gekürzt) Außerdem weist er darauf hin, dass eine Abgrenzung zwischen Diskursdeixis und Textdeixis nicht immer so einfach ist. Der Unterschied zwischen den beiden besteht darin, dass der eigentliche Referent bei der Diskursdeixis nicht das Textsegment, sondern ein Sachverhalt oder eine Proposition ist. Das Textsegment ist nur das Demonstratum. Die anaphorische Gebrauchsweise wird in Himmelmann 1996 als Referenzverfolgung (engl. tracking use) bezeichnet: 64 3 Definitheit im Deutschen […] tracking use, which involves reference to entities (usually major participants) already established in the universe of discourse during the preceding interaction and serves to help the hearer in keeping track of what is happening to whom. (1996: 240) Der anaphorische Gebrauch ist in mündlichen narrativen Texten eher selten und wird von Himmelmann deswegen nur am Rande erforscht. Unter den Verwendungen, die von Himmelmann als anaphorischer Gebrauch bezeichnet werden, unterscheidet Ahrenholz (2007: 73) weiter zwischen anaphorischer und anadeiktischer Gebrauchsweise. Als anaphorisch bezeichnet Ahrenholz nur solche Verwendungen, in denen Bezug auf Referenten genommen wird, die in der letzten Äußerungseinheit etabliert sind. Kennzeichnend für den anaphorischen Gebrauch ist bei Ahrenholz (2007: 186) vor allem die Kontinuität der Referenz, da Referenzerhalt vorliegt; außerdem orientiert dies- den Hörer auf ein bestimmtes Objekt, das von ähnlichen, für den Kontext in Frage kommenden Objekten abgegrenzt wird. Dagegen wird der sprachbezogene Verweis auf Referenten, die in einiger Distanz im vorgängigen Diskurs etabliert sind, unter dem Label anadeiktisch zusammengefasst. Hier erfolgt eine Wiederaufnahme oder Bündelung referentieller Bezüge, die der Neufokussierung und Orientierung des Hörers dient. Auch hier erfüllt dies- die Funktion, das fragliche Objekt gegen andere, vergleichbare Objekte abzugrenzen (Ausführliches s. 2007: 40 f.). Es ist erwähnenswert, dass die anaphorische Verwendungsweise (im Sinne von Himmelmann) in den Daten von Ahrenholz (2007: 355 f) umfassend belegt wird. Besonders der anadeiktische Gebrauch scheint sehr wichtig zu sein, und zwar wird dies -+N häufig in argumentativen Diskurs verwendet, um weiter zurückliegende Aussagen wieder zu reaktivieren. Nach Himmelmann stellt der anamnestische Gebrauch von dies- eine besonders typische und häufige Verwendung in der gesprochenen Sprache dar. In dieser Verwendungsweise wird der intendierte Referent wie im situativen Gebrauch zum ersten Mal erwähnt, ist aber im Unterschied dazu nicht in der unmittelbaren Äußerungssituation wahrnehmbar. Hier signalisiert dies- , dass spezifisches, eventuell nur von den an der konkreten Kommunikationshandlung Teilnehmenden geteiltes Wissen für die Referentenidentifikation notwendig ist: […] S nimmt an, dass der Referent aufgrund zurückliegender kommunikativer Interaktionen oder eines gemeinsamen Erfahrungshorizonts im von S und H geteilten Redeuniversum ‘vorhanden’ ist. (1997: 81) Das Wissen steht zwar in Verbindung zur Kommunikationssituation, ist aber nicht wie das generelle Weltwissen oder das aktuelle Diskurswissen direkt zugreifbar, sondern muss „als eine Art Kontext zweiten Grades erst aktiviert werden“ (Ahrenholz 2007: 197). 3.2 Demonstrativdeterminativ 65 Es ist ein zentrales Merkmal des anamnestischen Gebrauchs, dass auf Seiten des Sprechers eine Unsicherheit bestehen kann. Einerseits ist der Sprecher nicht sicher, ob der Hörer wirklich in der Lage ist, das spezifische Wissen zu aktivieren und den Referenten zu identifizieren. Sprachlich schlägt sich diese Unsicherheit dann in Verzögerungsphänomenen (Pausen, Längungen, Wiederholungen usw.), Abbrüchen sowie Rückversicherungspartikeln ( ne? , nicht wahr? ) nieder. Andererseits kann sich der Sprecher auch unsicher sein, ob die gegebene Kennzeichnung hinreichend oder angemessen ist. Deswegen folgt der NP mit Demonstrativa häufig eine weitere Erläuterung des Gemeinten durch identifizierende oder aktivierende Modifikatoren (Himmelmann 1997: 72-82). 94. a. dann kommt ein Kind {0.2} ihm entgegen auch auf ’m Fahrrad {0.2} diesem Jungen {2.0} H: ja {-} äh {-} reißt ihm im Vorbeifahren den Hut vom Kopf {0.2} b. und es gefällt mir halt sehr gut {0.1} wegen eh’n {0.2} eh {0.2} warmen Farben {0.2} in der Mitte {0.2} dieses Lila {0.2} diese Lilatöne die da {0.2} eh {0.4} so inner Abstufung {0.4} drin sind {0.2} die dann halt sich etwas abgrenzen von diesem {0.1} Neon {0.1} gelb und grün {0.1} neben an {0.5} […] In 94a folgt auf der NP diesem Jungen unmittelbar eine lange Pause, und zwar wartet die Erzählerin zwei Sekunden auf eine Rückbestätigung der Hörerin. In 94b dienen Relativsätze dazu, dem Hörer beim Identifizieren bzw. Aktivieren des intendierten Referenten zu helfen. Nach der empirischen Untersuchung von Ahrenholz zählt der anamnestische Gebrauch jedoch nicht zu den häufigsten Verwendungsformen von dies- . 66 3 Definitheit im Deutschen Außerdem sind Markierungen von Unsicherheit bezüglich der Referenz beim anamnestischen Gebrauch meist nicht zu finden. 3.2.2 Unterscheidung zwischen definitem Artikel und Demonstrativdeterminativ 3.2.2.1 Gebrauchskontexte Himmelmann (1997: 38 ff.) teilt die Gebrauchskontexte für Definitartikel in Anlehnung an Löbner (1985: 311 f.) in semantisch- und pragmatisch-definite Gebrauchskontexte ein. 5 Zu den ersteren gehören der assoziativ-anaphorische Gebrauch, der abstrakt-situative Gebrauch sowie Verwendungen vor Komplementsätzen, Genitivattributen, nominalen Attributen, Superlativen, Ordinalzahlen und semantisch vereindeutigenden Adjektiven, während zu den letzteren der unmittelbar-situative, der anaphorische Gebrauch sowie der Gebrauch vor etablierenden Relativsätzen gezählt werden. 6 Demonstrativa können nur in pragmatisch-definiten Kontexten verwendet werden, während sie in semantisch-definiten Gebrauchskontexten nicht in Frage kommen (Hawkins 1978, Vater 1984, Bisle-Müller 1991). Diese Eigenschaft wird von Himmelmann (1996: 210, 1997: 41) als sprachübergreifend gültiges Mittel zur Identifizierung von „wahren“ Demonstrativa betrachtet. In Lyons 1999 wird die Frage aus einer anderen Perspektive beleuchtet. Er geht von der Beobachtung aus, dass Demonstrativa auf Entitäten verweisen, die entweder in der Gesprächssituation wahrnehmbar oder aus dem vorangehenden Diskurs bekannt sind (Hawkins 1978). Daraus zieht er den Schluß, dass Demonstrativa dem Hörer signalisieren, dass die Identität des Referenten 5 Löbner (1985: 298-311) unterscheidet zwischen zwei Arten von Definitheit, nämlich semantische und pragmatische Definitheit. Im ersten Fall ist der Referent unabhängig von Kontext und Situation nicht-ambig, während die Referenz im zweiten Fall situationsabhängig ist. Für eine nicht-ambige Referenz ist die Hinzuziehung des konkreten Äußerungskontexts nötig. Seine Definition der zwei Arten von Definitheit basiert auf seiner semantischen Klassifikation der Nomina in drei Klassen (sortale, relationale und funktionale). 6 Es ist umstritten, ob Demonstrativa im Deutschen vor etablierenden Relativsätzen stehen können. Nach Himmelmann ist es bei dem proximalen Demonstrativum jen möglich. Gunkel (2007) vertritt die Behauptung, dass die Kombinierbarkeit von Demonstrativa mit restriktiven Relativsätzen (in dieser Arbeit als etablierende Relativsätze bezeichnet) mit der deiktischen Stärke des Demonstrativums korreliert: Distanzmarkierende und in diesem Sinn deiktisch starke Demonstrativa schließen restriktive Relativsätze tendenziell aus, während distanzneutrale oder nicht deiktisch verwendbare Demonstrativa sie in der Regel zulassen. Averintseva-Klisch (2015) vertritt die Ansicht, dass nur diesals Demonstrativ im eigentlichen Sinne angesehen werden kann. Jen wird im heutigen Deutsch dazu gebraucht, kognitive Distanzierung zu markieren. 3.2 Demonstrativdeterminativ 67 direkt zugänglich und keine Inferenz erforderlich ist. Das kann nach ihm darin begründet sein, dass Demonstrativa wie sprachliche Zeigefinger funktionieren und die Aufmerksamkeit des Hörers auf den Referenten ziehen. Diese Eigenschaft wird von ihm als [+Dem] bezeichnet. 3.2.2.2 Semantische Unterschiede Im situativen und anaphorischen Kontext können sowohl der definite Artikel als auch diesverwendet werden, aber sie sind nicht ohne weiteres gegeneinander austauschbar. Das heißt, dass zwischen den beiden noch weitere Unterschiede bestehen. In vielen Grammatiken werden lokaldeiktische Qualitäten als wichtiges Merkmal von Demonstrativa benannt und manchmal sogar als Abgrenzungskriterium gegenüber anderen Wortarten angenommen (Sommerstein 1972, J. Lyons 1977, Fillmore 1982, Diessel 1999). Mit dem proximalen Demonstrativum weist der Sprecher auf Personen bzw. Objekte hin, die ihm räumlich oder zeitlich näher liegen, mit dem distalen verweist er auf etwas Ferneres. 7 Dagegen ist der definite Artikel hinsichtlich Distanz neutral. Aber diese Auffassung wird zunehmend in Frage gestellt, und zwar mit dem Hinweis darauf, dass die Distanzmerkmale nicht für alle Demonstrativa relevant sind. Lyons (1999: 19 f.) weist auf Sprachen hin, in denen Demonstrativa keine Distanzmarkierung enthalten, z. B. Ägyptisch-Arabisch und Französisch. Auch im Deutschen kann dies- mit hier / da / dort verbunden werden. Das heißt, dass dies- distanzneutral ist und die deiktische Komponente über Adverbien erfolgt. Außerdem bemerkt Himmelmann (1997: 34), dass der Ausdruck der Distanzoppositionen nur für den situationsdeiktischen Gebrauch definitorisch ist, für den anaphorischen und den anamnestischen Gebrauch spielt er dagegen keine oder nur eine sehr untergeordnete Rolle. Nach Ahrenholz (2007) treten lokaldeiktische Aspekte nur bei Gebrauch auf, in dem zwei Bezugsgrößen thematisiert werden. Solche Fälle kommen in seinem Korpus aber selten vor. Das heißt, dass Demonstrativa deiktische Qualität haben können, aber sie stellt keine invariante Eigenschaft von Demonstrativa dar. Vater (1984: 89) weist auf einen Unterschied zwischen dem definiten Artikel und Demonstrativa im unmittelbar-situativen Kontext hin, und zwar ist die situative Verwendung von dies- nur bei Sichtbarkeit des betreffenden Objekts möglich. Bisle-Müller (1991: 71 ff.) schlägt vor, eher von „Wahrnehmbarkeit“ zu sprechen, weil ein situativ gegebener Referent nicht nur gesehen, sondern auch gehört, gerochen oder körperlich gespürt werden kann: 7 Dabei kann Distanz räumlich-situativ oder auf den sprachlichen Kontext bezogen gemeint sein. 68 3 Definitheit im Deutschen 95. a. Warnung vor diesem Hund! b. Warum schreien diese Kinder so? (1991: 74) In 95 lassen sich die Demonstrativa nur dann durch den definiten Artikel ersetzen, wenn der Satz 95a z. B. auf einem Hinweisschild an einem Gartentor steht und der Hund somit nicht sichtbar ist. Aber auch wenn die Voraussetzung der Wahrnehmbarkeit erfüllt wird, kann der definite Artikel nicht immer durch diesersetzt werden: 96. a. Du sag mal, hast du den / diesen Hund schon gefüttert? b. Hast du die / diese Kaffeemaschine heute schon benutzt? (1991: 74) Bei 96a und b wird vorausgesetzt, dass man diese Sätze gegenüber einer seinen Alltag teilenden Person äußert. Wenn man vor seinem eigenen Hund bzw. der einzigen Kaffeemaschine der Familie steht und auf ihn / sie referieren möchte, kommt nur der definite Artikel in Frage. Die Verwendung von diesen Hund oder diese Kaffeemaschine würde zu Irritationen führen. Das könnte darin begründet sein, dass dies eine abgrenzende Funktion hat. Diese Funktion wird von Bisle- Müller von der Distanzopposition unterschieden und für das deutsche diesausdrücklich betont: Die Verwendung von dieser schließt irgendwie die Abgrenzung von etwas anderem mit ein. Auch wenn ‚dieser‘ alleine auftritt, denken wir uns irgendwie immer etwas mit wie „aber dieser nicht…“ (54) Geben Sie mir bitte diesen Kugelschreiber! (Nicht den anderen! Einen anderen nicht! ) Diese Abgrenzung geht über die Opposition Näherliegendes / Fernerliegendes hinaus und zielt mehr auf ein grundsätzliches ‚Nur diesen - alle anderen derselben Art können Sie vergessen! ‘ (1991: 70) Auf diese Eigenschaft haben viele Sprachwissenschaftler implizit oder explizit hingewiesen (Lichtenberk 1983, Bisle-Müller 1991, Pause 1991, Diessel 1999, Ahrenholz 2007). Es ist jedoch zu betonen, dass es sich bei der abgrenzenden Funktion von dies- um eine Abgrenzung / Kontrastierung zwischen zwei Referenten handelt, die unter die Beschreibung desselben Kopfnomens fallen (Vgl. Corblin 1983). Zum Beispiel wird der Kugelschreiber in Beispiel (54) im oben genannten Zitat gegenüber allen anderen Kugelschreibern in der Äußerungssituation her- 3.3 Possessivdeterminativ 69 vorgehoben. Dass die Abgrenzung zwischen ähnlichen Größen erfolgt, ist am folgenden Beispiel noch deutlicher zu erkennen: 97. Er hat einen Mercedes und einen VW angeschaut. Schließlich hat er den / diesen VW gekauft. (Bisle-Müller 1991: 71) Um Bezug auf den vorhergenannten VW zu nehmen, muss der definite Artikel eingesetzt werden. Durch die Verwendung von dies- in 97 wird der Referent der betreffenden NP nicht von dem Mercedes abgegrenzt, der im ersten Satz erwähnt ist, sondern von dem VW . Mit der NP diesen VW wird nämlich ein anderer VW als der vorerwähnte gemeint. Ein weiterer Beleg für die abgrenzende Funktion des Demonstrativums besteht darin, dass es nicht bei Unika und bei generischen NP n stehen kann, außer wenn man den unikalen oder den generischen Gebrauch auflöst (1991: 73). Dies bietet auch eine Erklärung dafür, warum Demonstrativa nicht in semantisch-definiten Gebrauchskontexten auftreten können: In solchen Kontexten erfolgt keine Abgrenzung zwischen ähnlichen Größen. Da wird auf eine einzige Entität (oder eine einzige Menge von Entitäten) referiert, die unter die Beschreibung des Kopfnomens fällt und zugleich im gemeinsamen Wissen von Sprecher und Hörer verankert ist. 3.3 Possessivdeterminativ In diesem Abschnitt werden NP n mit Possessivdeterminativ sowie NP n mit einem vorangestellten Genitivattribut („Sächsischer Genitiv“) behandelt, das sich im heutigen Deutsch auf artikellose Eigennamen beschränkt. Im Deutschen nehmen Possessiva (und vorangestellte Genitivattribute) dieselbe Position wie Artikel ein, somit schließen sich die beiden gegenseitig aus (Duden 2005: RZ 1228, 1273). Eine NP mit Possessivum (98a) kann in der Regel in eine NP mit dem definiten Artikel paraphrasiert werden (98b). Ihr indefinites Pendant wird normalerweise durch eine Präpositionalphrase ausgedrückt (98c). 98. a. mein Buch b. das Buch von mir c. ein Buch von mir 70 3 Definitheit im Deutschen Im Deutschen können sich Possessiva auf die Sprechsituation oder auf einen im Präbzw. Posttext vorhandenen Referenten beziehen, mit dem sie in Person, Numerus und Genus (nur in der 3. Person) kongruieren. Die Verwendung von Possessiva liegt im Bereich der assoziativ-anaphorischen (99a, b) und der abstrakt-situativen Verwendungen des Definitartikels (99c) (Bisle-Müller 1991: 90). 99. a. Ich gebe dir gern mein Fahrrad. b. Bevor sein Wagen explodierte, hatte der Testfahrer noch den Schleudersitz betätigen können. c. Unser Bundespräsident ist einigen Leuten ein Dorn im Auge. In 99a und b stehen die NP n mit einem Possessivum in einer indirekten anaphorischen Beziehung jeweils zu einem vorausgehenden und einem nachgestellten Antezedens. Bei 99a handelt es sich um eine Verfüger-Verfügtes-Relation, während bei 99b ein Besitzer-Besessenes-Verhältnis vorliegt. Bei 99c muss der Hörer wissen, dass sich unser nicht (nur) auf die Kommunikationsteilnehmer bezieht, sondern auf die gesamte Bevölkerung der Bundesrepublik. Dabei ist das gemeinsame Wissen um die Zugehörigkeit zu einer größeren Gemeinschaft der Bundesbürger erforderlich. Die Possessiva sind unverzichtbar, wenn eine Vereindeutigung der Beziehung zwischen dem Antezedens und dem tendierten Referenten für die kontextuelle Kohärenz nötig ist. Wenn es nicht der Fall ist, können sie durch Definitartikel oder Demonstrativa ersetzt werden. Aber Possessiva bewirken nicht in allen Sprachen eine definite Interpretation. Lyons (1999: 22-26) schlägt vor, zwischen DG -Sprachen (determiner-genitive) und AG -Sprachen (adjectival-genitive) zu unterscheiden: The difference between the two types is claimed to reside in the structural position occupied by the possessive; what it amounts to essentially is that in DG languages possessives appear in a position reserved for the definite article and other definite determiners, but in AG languages they are in adjectival or some other position. (1999: 24) Die DG -Sprachen charakterisieren sich dadurch, dass das Possessivum in komplementärer Verteilung zum Definitartikel steht und eine definite Interpretation bewirkt. Dagegen treten Possessiva in AG -Sprachen in der Regel mit einem Artikel zusammen auf. In Argumentposition können sie sowohl mit Artikeln als auch mit anderen Determinativen kombiniert werden. Ob eine NP definit oder indefinit interpretiert wird, hängt von dem Determinativ ab, das Possessivum sagt nichts über den Determinationsstatus der NP . Darüber hinaus stehen Possessiva in AG -Sprachen zwischen dem Determinativ und dem Kopfnomen, genau wie Adjektive in diesen Sprachen: 3.3 Possessivdeterminativ 71 100. Italienisch a. il / un / queso mio libro das / ein / dies mein Buch ‚mein Buch / ein Buch von mir / das Buch von mir‘ portugisisch b. o / um / este meu livro das / ein / dies mein Buch ‚mein Buch / ein Buch von mir / das Buch von mir‘ Lyons (1999: 133) bemerkt darüber hinaus, dass es gemischte Sprachen gibt - in vielen Sprachen werden die beiden Muster kombiniert, z. B. Spanisch hat sowohl DG - und AG -Possessiva: 101. a. mi casa mein Haus ‚mein Haus‘ ( DG ) b. la casa mía das Haus mein ‚mein Haus‘ ( AG ) c. una casa mía ein Haus mein ‚ein Haus von mir‘ ( AG ) In den beiden Mustern nehmen die Possessiva unterschiedliche Positionen ein und flektieren auch unterschiedlich. Die AG -Formen, die immer post-nominal sind, flektieren wie Adjektive in Numerus und Genus, während die meisten der DG -Formen morphologisch reduziert sind und nur im Numerus flektieren. Die DG -Form stellt die unmarkierte Form für mein Haus da, während die AG -Form, die mit dem Definitartikel in Kombination steht, emphatisch ist. 72 3 Definitheit im Deutschen 3.4 Quantifizierende Determinative all- und jed- Das Determinativ jed- erscheint nur im Singular und tritt nur bei zählbaren Nomen auf, während all- bei zählbaren Nomen im Plural, bei nicht zählbaren Nomen im Singular erscheint. Dabei hat allim Plural eine ähnliche Bedeutung wie das nachdrückliche sämtlich , im Singular hingegen wie ganz und gesamt (Duden 2009: 310): 102. a. Alle Bäume waren morsch. b. Sie hat alles Geld verloren. Sowohl jedals auch allkönnen das Konzept der Gesamtheit bezeichnen. Dabei muss die „Gesamtheit“ nicht als Gesamtheit einer Gattung verstanden werden, es kann sich auch um situativ begrenzte Gesamtheit handeln. Mit den beiden Determinativen wird aber „in unterschiedlicher Weise auf eine ganze Menge zugegriffen“ (Eisenberg 2006: 184). Jedbezieht sich auf die jeweilige Menge über ihre einzelnen Elemente und zieht somit eine distributive Interpretation nach sich. Im Gegensatz dazu verweist all- verstärkt auf die Gesamtheit, ist aber in Bezug auf Distributivität merkmallos (Vater 1984: 28). Ein Beleg dafür ist, dass die beiden Determinative bei distributiven Prädikaten stehen können und die gleiche Bedeutung aufweisen (103c und d). Demgegenüber kann jed- nicht mit Verben, die ausdrücklich eine kollektive Lesart verlangen, in Verbindung stehen (103a und b): 103. a. Alle Kinder versammelten sich auf dem Schulhof. b. *Jedes Kind versammelte sich auf dem Schulhof. c. Alle Kinder sagen ein Gedicht auf. d. Jedes Kind sagte ein Gedicht auf. In der Literatur herrscht keine Einigkeit darüber, ob jed- und all- eine definite Interpretation bewirken. In einigen Grammatiken werden sie zu den Indefinita (indefinite Artikelwörtern und Pronomen) gerechnet (Duden 2009: 309, Helbig / Buscha 2007: 251, Eisenberg 2006: 184, Engel 2005: 328 8 ), dafür wird aber meistens keine nähere Begründung gegeben. In Duden (2009: 309) wird z. B. nur erwähnt, dass man mit Indefinita angibt, „dass etwas nicht näher identifiziert ist“. Dagegen gehen viele Sprachwissenschaftler davon aus, dass De- 8 Engel (2005: 320) betrachtet nur jedals Indefinitum, alldagegen als „definites Wort“. 3.5 Exkurs: Der indefinite Artikel 73 terminative wie all , every und each definit sind, weil sie auf eine Totalität Bezug nehmen und somit das Merkmal Inklusivität tragen (Vater 1963 / 1979, Oomen 1977, Zhou 1985 Bisler-Müller 1991, Lyons 1999: 2). Alle kann zusätzlich zu den definiten Determinativen eingesetzt werden, um die Gesamtheit zu betonen. Bisler-Müller (1991: 100) weist darauf hin, dass alle verwendet wird, wenn der Sprecher annimmt, dass der Hörer nicht weiß, dass es um die Gesamtheit geht: 104. a. Wenn ich morgen zu dir komme, bringe ich alle Kinder mit. b. Hitler wollte die Juden ermorden lassen. (von mir leicht gekürzt) Der Sprecher wird 104a äußern, wenn er davon ausgeht, dass der Hörer nicht erwartet, dass er selbst alle Kinder mitbringt. Bei 104b wird alle nur dann statt des definiten Artikels eingesetzt, wenn der Hörer (nach der Annahme des Sprechers) das Wissen nicht teilt, dass die Nazis alle Juden ermorden lassen wollten. Ansonsten ist die Hervorhebung der Gesamtheit überflüssig. 3.5 Exkurs: Der indefinite Artikel 3.5.1 Der kategoriale Status von ein In der Literatur wird der Status des indefiniten Artikels stets hinterfragt. Der indefinite Artikel weist viele Gemeinsamkeiten mit dem Numerale eins auf, so dass eine klare Zuordnung schwierig ist. Insgesamt überwiegt die Zahl der Autoren, die die Andersartigkeit von Indefinitartikel und Numerale eins betonen (Harweg 1973, Grimm 1982, Weydt 1984, Bhatt 1990, Gallmann 1990, Robering 1994, Zifonun et al. 1997). Die Unterscheidung zwischen den beiden erfolgt vor allem durch Akzentuierung, und zwar ist der indefinite Artikel völlig unbetont, während das Numerale dazu tendiert, „a non-zero degree of stress“ zu tragen (Lyons 1999: 95). 9 Außerdem erlaubt das unbetonte ein im gesprochenen Deutsch die Klitisierung: 105. Ich hab’n Problem. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass durch die Verwendung des Numerale eins die Einzigkeit des Referenten hervorgehoben wird, während der indefinite Artikel eine existentielle Lesart erzeugt (Bisle-Müller 1991: 109). 9 Wie Lyons (1999: 95) anmerkt, ist das nicht universell gültig. Es gilt z. B. nicht für Sprachen, die keinen Wortakzent kennen, wie z. B. das Französisch. 74 3 Definitheit im Deutschen 106. a. Ich habe gestern EINEN Apfel gegessen. (Paraphrase: es gibt genau einen Apfel, für den gilt…) b. Ich habe gestern einen Apfel gegessen. (Paraphrase: es gibt mindestens einen Apfel, für den gilt…) Bei 106b ist die Möglichkeit nicht auszuschließen, dass der Sprecher mehr als einen Apfel gegessen hat. Wenn er gestern zwei Äpfel gegessen hat, ist 106a falsch, 106b dagegen wahr. Es gibt aber auch Sprachwissenschaftler, die die Ansicht vertreten, dass der indefinite Artikel eine unbetonte, abgeleitete Version des Numerale eins ist (Perlmutter 1970; Vater 1982, 1984, 1986; Bisle-Müller 1991). Bisle-Müller (1991) setzt sich mit den Kriterien zur Unterscheidung von Indefinitartikel und Numerale kritisch ein (Vater 1982a, 1984a, 1985a, 1986; Grimm 1982; Harweg 1973 und Hawkins 1978 u. a.) und stellt die ganze Unterscheidung in Frage, weil sich alle in der Literatur vorgeschlagenen Deutungen für ein als Indefinitartikel mit dem Numeralcharakter von ein vertragen. Nach ihm signalisiert der Indefinitartikel nicht speziell Unbestimmtheit, sondern impliziert nur, dass Sprecher-Hörer-Bestimmtheit nicht thematisiert wird. Eine mittlere Position vertritt Lyons (1999: 33-36). Er betrachtet das Wort a im Englischen immer noch als Artikel, aber als „quasi-indefinite article“ (oder „cardinal article“). Für den Artikelstatus von a spricht, dass es völlig unbetont ist und somit eine Art Standardform darstellt. Außerdem ist seine Verwendung vor zählbaren Nomen im Singular obligatorisch, wenn keine definiten Determinative vorhanden sind. Der Artikel a wird als quasi-indefinit (oder indirekt indefinit) bezeichnet, weil die indefinite Interpretation nicht von der Präsenz des indefiniten Artikels herrührt, sondern sich aufgrund der Abwesenheit eines definiten Determinativs ergibt. Nach Lyons besteht die Funktion von a nicht darin, Indefinitheit zu signalisieren, sondern darin, eine bestimmte Anzahl anzugeben. Während die Kardinalzahl one in Kontrast zu anderen Kardinalzahlen wie two , three usw. steht, steht der quasi-indefinite Artikel der Bedeutung „more than one“ gegenüber. Der quasi-indefinite Artikel kodiert nichts mehr als das Merkmal [Sg], dagegen hat one zusätzliche Bedeutung. Außerdem geht er davon aus, dass der quasi-indefinite Artikel nicht die Position des definiten Artikels einnimmt, sondern die von Numeralien. 10 Dass der definite Artikel und der quasi-indefinite Artikel nicht zusammen auftreten können, ist durch eine pho- 10 Basierend auf einer Untersuchung von 31 Sprachen wird in Heine et al. 1995 festgestellt, dass indefinite Artikel wahrscheinlich dieselbe Position im Satz wie Numeralien einnehmen. 3.5 Exkurs: Der indefinite Artikel 75 nologische Beschränkung zustande gekommen, und zwar können phonetisch schwach ausgeprägte Formen nur am Anfang einer NP auftreten. 11 3.5.2 Ein auf dem Weg der Grammatikalisierung Die enge Beziehung zwischen dem Numerale eins und dem indefiniten Artikel erklärt sich dadurch, dass sich der letztere diachronisch aus dem ersteren entwickelt hat (Givón 1981, Lehmann 1995, Heine 1997, Leiss 2000, Himmelmann 2001). Für die Grammatikalisierung des indefiniten Artikels hat Heine (1997) ein 5-Phasen-Modell erarbeitet, nämlich Numerale (107), Präsentativmarker (engl. the presentative marker) (108), Marker der Spezifizität (109), Marker der Nicht- Spezifizität (110) sowie generaliserter Artikel (engl. the generalized article). Es ist zu betonen, dass nicht jedes grammatikalisierte Zeichen alle Phasen durchlaufen muss. Die Entwicklung von Phase 1 zu 5 läuft graduell und kontinuierlich ab, zwischen ihnen gibt es fließende Übergänge und Überlappungen (1997: 74). Nach Heine ist dieses Modell in zweifacher Weise zu interpretieren: On the one hand, it may be viewed as a synchronic implicational scale. This means, for example, that an indefinite article of a given stage also has, or may have, the properties of all preceding stages, but not vice versa. On the other hand, it is claimed to reflect diachronic evolution, where the initial stage represents the oldest and the final stage the most recent situation. (1997: 71) Das heißt, dass sich diachrone Entwicklungen im Sprachsystem zu jedem Zeitpunkt als synchrone Variation manifestieren können. Im Folgenden wird die Entwicklung des indefiniten Artikels im Deutschen anhand von Heines Modell dargestellt (1997: 71-76). Am Ausgangspunkt der Grammatikalisierung steht ein (betontes) Zahlwort eins , mit dem die genaue Anzahl der Entitäten bezeichnet wird: 107. Auf dem Tisch liegt EINE Blume! Wo ist die andere? In der zweiten Phase erfüllt das Wort ein die Funktion, einen neuen Referenten in den Diskurs einzuführen, der im anschließenden Diskurs wieder aufgenommen wird. In dieser Phrase tritt die quantifizierende Bedeutung allmählich zugunsten einer textuellen Einführungsfunktion immer mehr zurück. 11 Lyons (1999: 36) weist darauf hin, dass es Ausnahmen gibt, z. B. die sogenannten „pre-determiners“ wie all und half können vor Artikel auftreten, z. B. all the way , half an hour . 76 3 Definitheit im Deutschen 108. Seine Antwort: „Es gibt ein Unternehmen aus einer Nachbargemeinde, das gerne mit circa 100 Arbeitsplätzen nach Weinheim kommen würde.“ (Mannheimer Morgen, 28. 08. 2013, S. 21) In der dritten Phase beschränkt sich die Verwendung von ein nicht mehr auf Präsentativsätze, sondern erstreckt sich auf alle Diskursreferenten, die dem Sprecher bekannt sind und als dem Hörer unbekannt angenommen werden. 109. Ich werde heute Abend eine (bestimmte) Freundin besuchen. In der vierten Phase kann ein verwendet werden, um Referenten einzuführen, die weder für Sprecher noch für Hörer identifizierbar sind. 110. Gute Nachrichten für die Automobilhändler in Deutschland: 26 Prozent der Autobesitzer wollen sich in den nächsten 18 Monaten ein Auto kaufen - neu, als Jahreswagen oder gebraucht. (Mannheimer Morgen, 15. 08. 2013, S. 8) Phase 5 wird erreicht, wenn ein z. B. in der prädikativen oder in der generischen Verwendung auftreten kann. In einigen Sprachen (z. B. Spanisch, Portugiesisch, Katalanisch usw.) wird die numerale Bedeutung des Artikels so stark abgeschwächt, dass er auch pluralisch vorkommen kann. Das heißt, dass sich die Verwendung des Artikels in solchen Sprachen nicht mehr auf Nomen im Singular beschränkt, sondern auch vor Plural- und Massennomen erlaubt ist. In den meisten Sprachen werden jedoch alternative Strategien angewendet, um den indefiniten Artikel bei Plural- oder Massen- NP n einzuführen: One such strategy is the use of some qualifying nominal that is morphologically singular and hence compatible with the use of the indefinite article, but that semantically introduces the notion of a plural or mass concept. (1997: 77) Diese Strategie wird auch im Deutschen verfolgt, z. B. kann der indefinite Artikel in Kombination mit Nomen im Singular wie Paar, Liter, Gruppe, Reihe usw. quantifizierende Funktion übernehmen. Bei der Grammatikalisierung verändert sich zuerst die Funktion, dann die Form der sprachlichen Einheit. Für diese Veränderungen sind vier Mechanismen verantwortlich (Heine & Kuteva 2002: 2, zitiert nach Szczepaniak 2011: 11 f): • Die Desemantisierung (semantische Ausbleichung „ semantic bleaching “): Verlust der ursprünglichen, konkreten Bedeutung, 3.6 Fazit 77 • Die Extension (oder Kontextgeneralisierung): Verwendung des Zeichens in neuen Kontexten, • Die Dekategorialisierung: Verlust der morphosyntaktischen Eigenschaften des Ursprungswortes, was bis zum Verlust der syntaktischen Selbstständigkeit (zur Entwicklung einer gebundenen Form) führen kann, sowie • Die Erosion: Verlust phonetischer Substanz. Diese Entwicklungen finden nicht gleichzeitig statt, sondern in unterschiedlichen, aufeinander aufbauenden Phasen der Grammatikalisierung. Je weiter eine Einheit auf der Skala fortgeschritten ist, desto mehr wird sie von diesen Mechanismen beeinflusst. Mit Heines Modell lassen sich alle beobachteten Unterschiede zwischen dem indefiniten Artikel und dem Numerale eins im Deutschen erklären. Der indefinite Artikel entwickelt sich historisch aus dem Numerale ein , im Zuge der Grammatikalisierung tritt die für das Numerale zentrale semantische Komponente der Einzahl in den Hintergrund und das Wort findet in breiteren Kontexten Verwendung (existentiell, spezifisch, nicht-spezifisch, generisch / prädikativ). Auf der formalen Seite zeichnet sich im gesprochenen Deutsch eine Formerosion ab, der indefinite Artikel wird häufig klitisiert und verliert somit seinen autonomen Status. Außerdem wird seine Lautsubstanz abgeschwächt, so dass der indefinite Artikel im heutigen Deutsch völlig unbetont ist. Aber anders als der indefinite Artikel im Spanischen hat der im Deutschen seine numerale Bedeutung nicht ganz verloren und kann nur vor Nomen im Singular auftreten. Deswegen steht der indefinite Artikel im Deutschen nicht strikt in komplementärer Verteilung zum definiten Artikel. 3.6 Fazit In diesem Abschnitt wurden Determinative im Deutschen in Betracht gezogen, um ihren Zusammenhang mit (In)Definitheit zu verdeutlichen. Das Demonstrativum teilt mit dem definiten Artikel die Eigenschaft, dass es die Identifizierbarkeit des intendierten Referenten signalisiert. Es unterscheidet sich von dem definiten Artikel vor allem darin, dass es nur in pragmatisch-definiten Kontexten verwendet werden kann, während der definite Artikel sowohl in pragmatischals auch in semantisch-definiten Kontexten zulässig ist. Auch in pragmatisch-definiten Kontexten sind sie nicht ohne weiteres gegeneinander austauschbar, weil das Demonstrativum zusätzliche lexikalische Bedeutungen haben kann: 78 3 Definitheit im Deutschen • Lokaldeiktische Funktion: die Nah-Fern-Opposition (keine invariante Eigenschaft) • Abgrenzende Funktion: zwischen zwei Referenten, die unter die Beschreibung desselben Kopfnomens fallen Die Verwendung von Possessiva liegt im Bereich der assoziativ-anaphorischen und abstrakt-situativen Verwendungen des definiten Artikels und kann deswegen Definitheit induzieren. Die Allquantoren all- und jed- werden in dieser Arbeit als definite Determinative angesehen, weil sie auf eine Totalität Bezug nehmen und somit das Merkmal Inklusivität tragen. Der Status von ein als Artikel wird angezweifelt, weil das Wort ein eine lexikalische Bedeutung hat und deswegen nicht bei Plural- NP n auftreten kann. Für die vorliegende Arbeit ist jedoch relevant, dass ein +N immer eine indefinite Interpretation hat, obwohl diese nicht durch die Präsenz des indefiniten Artikels hervorgerufen wird. 4.1 Der aktuelle Forschungsstand 79 4 Definitheit im Chinesischen 4.1 Der aktuelle Forschungsstand Bevor mit der eigentlichen Untersuchung begonnen werden kann, müssen zunächst einige grundsätzliche Eigenschaften von Nomen im Chinesischen erläutert werden. Im Chinesischen besitzt das Nomen keine Genus-, Kasus- oder Numerusmarkierung (nur mit wenigen Ausnahmen beim Genus und Numerus) und erlauben daher mehrere Interpretationen (s. Beispiel 111). Nomen sind in der Regel nicht direkt mit Zahlen kombinierbar, sondern nur mittels Klassifikatoren. Die im Chinesischen am häufigsten verwendeten Klassifikatoren sind ge (Sing.) und xie (Pl.), die sich mit einer Vielzahl von Nomen verbinden lassen. Es gibt aber auch viele Nomen, die nach einem bestimmten Klassifikator verlangen. Die chinesische Sprache verfügt über keine zum Deutschen vergleichbaren Artikel. Ein Nomen kann ohne weitere formale Markierung eine NP repräsentieren und als Argument fungieren. Diese Eigenschaft haben im Deutschen nur zählbare Nomen im Plural und Massennomen: 111. Wo qu mai shu . 1 ich gehe kaufen Buch ‚Ich gehe ein Buch / Bücher / das Buch / die Bücher kaufen.‘ Anders als im Deutschen werden NP n im Chinesischen nicht immer eindeutig als definit oder indefinit markiert. Grob gesagt, sind NP n mit Demonstrativa, Possessiva und allquantifizierenden Determinativen meistens definit zu interpretieren, während NP n mit dem Numerale yi ‚eins‘ (und einem Klassifikator) typisch indefinit sind. Bloße NP n sind hinsichtlich Definitheit neutral und können je nach dem Kontext eine definite oder eine indefinite Lesart bekommen. Das wirkliche Verhältnis zwischen NP -Formen und Identifizierbarkeit im Chinesischen ist aber viel komplizierter als hier beschrieben. Darauf gehe ich in Kapitel 5 näher ein. In der Literatur ist Definitheit im Chinesischen häufig mit Wortstellung und Determinativen verknüpft. Es wird zum ersten Mal von Mullie (1932: 160-168) 1 Unterstreichung bedeutet nicht Betonung, sondern kennzeichnet nur die jeweils fragliche Nominalphrase. 80 4 Definitheit im Chinesischen berichtet, dass zwischen Definitheit / Indefinitheit (von Mullie als „determinate / indeterminate“ bezeichnet) und präverbaler / postverbaler Position im Chinesischen ein Zusammenhang besteht. Nach ihm hängt die Positionierung des Subjekts im intransitiven Satz von dem Determinationsstatus der Subjekt- NP ab, und zwar müssen definite Subjekte vor das Verb, indefinite dagegen hinter das Verb gestellt werden: 112. a. Ren lai le. Person kommen Asp perf / SP ‚Die Person ist gekommen./ Die Personen sind gekommen.‘ b. Lai le ren le. kommen Asp perf Person SP ‚Es ist eine Person gekommen./ Es sind Personen gekommen.‘ Chao (1968: 76 f.) bestätigt, dass im Chinesischen eine starke Tendenz besteht, dass das Subjekt definit und das Objekt indefinit ist. 2 Aber daraus darf nicht geschlossen werden, dass die Subjekt- oder Objektfunktion mit (In)Definitheit direkt korreliert. Vielmehr spielt hier die syntaktische Position von Satzgliedern die entscheidende Rolle: […] the subject is likely to represent the known while the predicate introduces something unknown… Thus there is a very strong tendency for the subject to have a definite reference and the object to have an indefinite reference. […] It is, however, not so much the subject or object function that goes with definite or indefinite reference as position in an earlier or later part of the sentence that makes the difference. (1968: 76) Aus dieser Beobachtung schließen Li und Thompson (1975, 1978, 1981, im Folgenden als L&T bezeichnet), dass die Wortstellung im Chinesischen zum Ausdruck von Definitheit verwendet wird. Diese Ansicht wird von vielen Sprachwissenschaftlern (Chen 1986, Y.-Z. Shi 2002, C.-R. Fan 2007 u. a.) geteilt und es wurde immer wieder versucht, den Zusammenhang zwischen Wortstellung und Definitheit vielseitig zu beschreiben und daraus Gesetzmäßigkeiten abzuleiten. 2 Es ist zu beachten, dass Chao (1968: 69) Subjekt lose definiert als das, was am Satzanfang steht. Er sieht die grammatische Bedeutung von Subjekt und Prädikat im Chinesischen mehr als Topik und Kommentar an, nicht aber als Handelnder und Handlung („ Actor- Action “). 4.1 Der aktuelle Forschungsstand 81 Im Gegensatz dazu verweisen einige Sprachwissenschaftler (Zubin & Li 1986, LaPolla 1995) darauf, dass die von Chao (1968) beschriebene Tendenz nicht besagt, dass zwischen Wortstellung und Definitheit ein direkter Zusammenhang besteht. Im Chinesischen wird die Wortstellung nicht über Definitheit, sondern über die Informationsstruktur gesteuert. 4.1.1 Li & Thompson (1975, 1978, 1981) L&T (1975: 169) korrelieren definite / indefinite NP n mit “known / new information”. Sie stimmen der Beobachtung von Chao (1968) nachdrücklich zu und behaupten explizit, dass das Fehlen des definiten Artikels im Chinesischen (teilweise) durch Variation in der Wortstellung kompensiert wird: „ […] Mandarin is missing a morphological system for signalling the definiteness of a noun phrase, correlated with this is the fact that word order is used for that function […]“ (1978: 234). Hinsichtlich der Interaktion zwischen Wortstellung und Definitheit im Chinesischen haben sie (1975: 170) eine Tendenz festgestellt: Tendency A: Nouns preceding the verb tend to be definite, while those following the verb tend to be indefinite. Diese Tendenz wird durch quantitative Diskursanalysen gestützt (Nichols 1988, M.-Q. Wang 1988) und von L&T (1975: 165) mit der Diskursstrategie erklärt, dass bekannte Informationen, nämlich definite NP n, meistens vor neuen Informationen, nämlich indefiniten NP n, gestellt werden. Außerdem versuchen L&T (1975: 184), diese Tendenz genauer darzulegen und die Wechselbeziehung zwischen Wortstellung und Definitheit systematisch aufzuklären. Sie haben nämlich vier Anmerkungen zu Tendenz A gemacht: Refinement 1: The noun in post-verbal position will be interpreted as indefinite unless it is morphologically or inherently or nonanaphorically definite. Refinement 2: A sentence-initial noun must be interpreted as definite, and may not be interpreted as indefinite even if it is preceded by the numeral yi - ‘one’. Refinement 3: The noun following bei , although pre-verbal, is immune to Tendency A. Refinement 4: Nouns in prepositional phrases are immune to Tendency A. 82 4 Definitheit im Chinesischen Die dritte und die vierte Anmerkung verdeutlichen, dass Tendenz A nur für NPn gelten, die nicht durch eine Präposition eingeleitet werden. 3 Die erste Anmerkung ist kompliziert formuliert und soll wohl bedeuten, dass bloße NP n in postverbaler Position keine anaphorische Funktion erfüllen können. L&T (1975: 173) gehen sogar noch einen Schritt weiter und machen die voreilige Annahme, dass die Wortstellung im Chinesischen zur Unterscheidung zwischen anaphorischen und nicht-anaphorischen definiten NP n dient: Thus, the word order in Mandarin Chinese serves to signal the subtle semantic distinction between the anaphoric definite noun whose referent is pre-established linguistically by means of an antecedent in the previous discourse and the non-anaphoric definite noun whose referent is established extra-linguistically. Diese These ist aber leicht durch Gegenbeispiele zu widerlegen (113a und b zitiert aus H. Lin 2006: 24): 113. a. Zhong Heshan ju qiang miaozhun yi zhi bai Zhong Heshan heben Pistole richten ein Kl weiß hu, keshi ta xin huang shou chan, hao wu Fuchs aber er Herz nervös Hand zittern gar kein bawo, zhihao fang xia qiang. Griff müssen legen runter Pistole ‚Zhong Heshan hebt seine Pistole und richtet sie auf einen weißen Fuchs. Aber er ist so aufgeregt, dass seine Hände zittern. Er ist unsicher und muss die Pistole runter nehmen.‘ 3 Ba und bei können jeweils als Objektmarker (Ausführliches s. Abschnitt 4.2.2.2) und Passivmarker bezeichnet werden. Ob ba oder bei Präposition ist, ist umstritten. 4.1 Der aktuelle Forschungsstand 83 b. „Liusiye, kankan wo de che! “ Xiangzi ba xin Opa Liu sehen mein DE Wagen Xiangzi BA neu che la dao Renhe-Chang qu. Liulaoye kan Wagen ziehen zu Renhe-Firma hin Herr Liu sehen le kan che yi yan, dian le dian Asp perf sehen Wagen ein Augen nicken Asp perf nicken tou, „Bu li! “ Kopf „Nicht schlecht! “ „Opa Liu, sehen Sie meine Rikscha! “ Xiangzi hat seine neue Rikscha zu der Firma Renhe gezogen. Opa Liu wirft einen Blick auf die Rikscha und nickt mit dem Kopf: „Nicht schlecht! “ 113a und b sind grammatisch korrekt und stilistisch angemessen. Dabei beziehen sich die unterstrichenen NP n in postverbaler Position eindeutig auf die vorangehenden ( qiang / wo de che ) und sind definit zu interpretieren. Ob solche Verwendungen häufig vorkommen bzw. welchen Einschränkungen sie unterliegen, muss durch weitere Untersuchungen geklärt werden. Die beiden Beispiele reichen aus, um zu zeigen, dass bloße NP n in postverbaler Position durchaus anaphorisch definit sein können, genau wie die in präverbaler Position. Auch ihre zweite Behauptung bezüglich NP n am Satzanfang ist zu stark vereinfacht und lässt sich kaum stützen. Darauf werde ich in Abschnitt 5.4.2.1 ausführlicher eingehen. In L&T 1981 wird darauf verwiesen, dass Definitheit im Chinesischen auch lexikalisch markiert werden kann. Nach ihrer Beobachtung sind NP n mit Demonstrativa im Chinesischen immer definit zu interpretieren, Num+Kl+N dagegen immer indefinit. Bloße NP n sind mit den beiden Interpretationen kompatibel: A referential noun phrase may also occur without a classifier phrase. In such cases, whether the noun phrase is understood as definite or indefinite depends on the context and on the grammar of the rest of the sentence. (1981: 131) Als Beispiele werden folgende Sätze angeführt: 84 4 Definitheit im Chinesischen 114. a. You ren gei ni dadianhua. exist person to you hit telephone ‚Someone telephoned you.‘ b. Wo maile shuiguo le. I buy PFV fruit CRS ‚I have bought the fruit / some fruit.‘ Nach L&T hängt die Interpretation der NP ren in 114a von „the grammar of the rest of the sentence“ ab, während die Interpretation von shuiguo in 114b „strictly a matter of context“ ist. Damit wird vielleicht gemeint, dass die NP ren in 114a eindeutig indefinit ist, während die NP shuiguo ohne Kontext ambig ist. Das liegt darin begründet, dass die Konstruktion you + NP +V+Sonstiges die Funktion erfüllt, einen neuen Referenten in den Diskurs einzuführen und gleichzeitig eine Aussage über den Referenten zu machen (Ausführliches s. Abschnitt 4.2.2.4). Zusammenfassend ist die Tendenz nachgewiesen, dass NP n, die nicht von Präpositionen regiert werden, vor dem Verb meistens definit, hinter dem Verb meistens indefinit zu interpretieren sind. Aber daraus lässt sich nicht der Schluss ableiten, dass die Wortstellung im Chinesischen (In)Definitheit signalisiert. Auf diese Frage werde ich in späteren Kapiteln zurückkommen. 4.1.2 Y.-Z. Shi (2002) Ein weiterer Ansatz, der die Wechselbeziehung zwischen Definitheit, lexikalischem Mittel und Wortstellung beschreibt, stammt von Y.-Z. Shi (2002). Dieser Ansatz unterscheidet sich jedoch nicht wesentlich von der Auffassung von L&T (1975, 1981). Y.-Z. Shi geht auch davon aus, dass (In)Definitheit im Chinesischen durch die Wortstellung ausgedrückt wird: […] grammatische Kategorien, die in anderen Sprachen durch phonetische (lexikalische) Mittel markiert werden, werden im Chinesischen oft durch Wortstellung ausgedrückt. Zum Beispiel äußert sich (In)Definitheit im Englischen vor allem im Gegensatz zwischen dem definiten und indefiniten Artikel, im Chinesischen dagegen oft in der Wortstellung. (2002: 25, von mir ins Deutsche übersetzt) Wie L&T (1981) unterscheidet er NPn im Chinesischen in drei Gruppen, je nachdem, ob und wie sie hinsichtlich Definitheit determiniert sind, nämlich 4.1 Der aktuelle Forschungsstand 85 • [+def]: Personalpronomen, Demonstrativa, Eigennamen, • [-def]: Num+Kl+N und • [+/ -def]: bloße NP n. NP n mit dem Merkmal [+def] oder [-def] lassen bezüglich Definitheit nur eine bestimmte Interpretation zu, unabhängig davon, welche Satzposition sie einnehmen. Anders als L&T vertritt Y.-Z. Shi die Behauptung, dass für bloße NP n ohne Attribute in transitiven Konstruktionen „eine strikte syntaktische Regel“ gilt, und zwar wird ihnen in präverbaler Position automatisch das Merkmal [+def], in postverbaler Position [-def] zugewiesen. Diese Regel steht im Mittelpunkt seines Aufsatzes und wird von ihm als jufa-jiegou fuyi guilv (wörtlich ‚Bedeutungsverleihung durch die syntaktische Struktur‘) bezeichnet. Definite NPn, die sich in postverbaler Position befinden sowie indefinite NPn, die in präverbaler Position stehen, müssen nach ihm durch eine lexikalische Markierung explizit gemacht werden. Zu den lexikalischen Markierungen gehören vor allem das Demonstrativdeterminativ zhe und das Existentialverb you , das nach ihm (2002: 28) schon zu einem Indefinitheitsmarker grammatikalisiert worden ist. Außerdem stellt er fest, dass die Distribution von NP n mit dem Merkmal [-def], nämlich Num+Kl+N, hinsichtlich der Position im Satz zusätzlichen Beschränkungen unterliegt, und zwar können sie in der Regel nicht direkt am Satzanfang stehen Die Auffassung von Y.-Z. Shi (2002) ist in mehreren Hinsichten problematisch. Zuerst ist die Behauptung bezüglich bloßen NP n ohne Attribut zu stark vereinfacht und entspricht der Realität des Sprachgebrauchs nicht (Gegenbeispiele s. z. B. 113a und b). Ferner wird nicht begründet, warum das Existentialverb you als Indefinitheitsmarker angesehen wird. Die Objektposition des Existentialverbs wird meistens von indefiniten NP n besetzt, aber das heißt noch lange nicht, dass das Verb you zu einem Indefinitheitsmarker grammatikalisiert worden ist (s. Abschnitt 4.2.2.4). 4.1.3 LaPolla (1990, 1995) LaPolla (1995: 303) unterscheidet in Anlehnung an Lyons (1999) zwischen der kognitiven Kategorie „Identifizierbarkeit“ und der grammatischen Kategorie „Definitheit“: „DEFINITENESS is the grammatical coding of an NP as to whether or not the speaker assumes the referent of the NP is identifiable to the addressee […]“. Nach ihm hat Chinesisch lediglich einige Ausdrucksmittel, die pragmatische Kategorie der Identifizierbarkeit auszudrücken. 4 In Anlehnung 4 Demonstrativa markieren nicht nur Definitheit, weil sie immer noch deiktische Kraft haben. (LaPolla 1990: 93, Fußnote 71) 86 4 Definitheit im Chinesischen an Lambrecht (1994) teilt LaPolla referentielle NP n hinsichtlich Identifizierbarkeit in zwei Gruppen, die nach dem Aktivierungszustand (engl. activation states) von Diskursreferenten jeweils in weitere Untergruppen unterteilt werden. Type of referent Possible codings Active: zero, pronoun, bare NP , with deictic pronoun Accessible: pronoun, bare NP , with deictic pronoun Inactive: bare NP , with deictic pronoun Unanchored Unidentifiable: bare NP , (numeral+)classifier Anchored Unidentifiable: genitive phrase, relative clause Non-referential: bare NP , (numeral+)classifier Tabelle 2: Das Verhältnis zwischen Aktivierungszustand und grammatischer Form (La- Polla 1995: 307) LaPolla (1995: 297) vertritt die Ansicht, dass die Wortstellung im Chinesischen nicht durch den pragmatischen Status der NP -Referenten, sondern vor allem durch pragmatische Relationen, nämlich die Fokusstruktur, bestimmt wird. Er (1995: 310) stellt eine Korrelation zwischen Topik / Fokus und präverbaler / postverbaler Position fest: [T]opical or non-focal NPs occur preverbally and focal or non-topical NPs occur postverbally. In this generalization I include non-focal NPs with topical NPs because aside from topical NPs, which will generally be sentence initial, non-focal NPs (secondary topics. non-referential NPs used adverbially, etc.) can also appear preverbally, albeit in non-initial position. I also include non-topical (including non-referential) NPs with focal NPs because in a predicate focus structure a focal NP will appear postverbally to mark it as focal, while in an event-central thetic phrase a non-topical NP will appear post-verbally to mark it as non-topical (see below for examples). Focal and non-topical NPs can both appear postverbally because they share the characteristic of NOT being an entity that an assertion is predicated of. Es ist zu betonen, dass es sich dabei nicht um eine Regel, sondern um eine allgemeine Tendenz handelt. Im Chinesischen kann die Fokusmarkierung auch durch prosodische Mittel ausgedrückt werden. Dass die Wortstellung oft fälschlich mit Definitheit direkt in Verbindung gesetzt wird, begründet er wie folgt: Das Topik ist typisch identifizierbar und tritt im Chinesischen nur in präverbaler Position auf, dann werden präverbale Positionen mit definiten NP n in 4.1 Der aktuelle Forschungsstand 87 Zusammenhang gesetzt. Dagegen treten Referenten, die neu in den Diskurs eingeführt werden, fast immer in der satzfinalen Fokusposition auf, dann werden postverbale Positionen mit indefiniten NP n verknüpft. 5 Diese Begründung ist sehr einleuchtend und nachvollziehbar. Dadurch wird auch klar, warum alle bisherigen Versuche, Gesetzmäßigkeiten zwischen Wortstellung und Definitheit abzuleiten, keine befriedigenden Ergebnisse erzielt haben - weil ihr Ausgangspunkt falsch ist. 4.1.4 Chen (2004) Chen (2004) teilt die Auffassung von Lyons (1999), dass Definitheit als grammatische Kategorie im Chinesischen nicht vorhanden ist. Aber das semantischpragmatische Konzept, das der grammatischen Kategorie Definitheit zugrunde liegt, nämlich Identifizierbarkeit, kann im Chinesischen zum Ausdruck kommen (2004: 1133). Nach Chen (2004: 1151) kann Identifizierbarkeit im Chinesischen durch bestimmte sprachliche Mittel signalisiert werden: Three major types of linguistic devices - namely lexical, morphological, and positional - are employed to indicate or suggest to the addressee whether the nominal expressions should be interpreted as being of identifiable or nonidentifiable reference. (Hervorhebung von mir) Als lexikalische Mittel werden Determinative wie Demonstrativa, Possessiva sowie die sogenannten Allquantoren bezeichnet. Chen (1987, 2004) bietet eine Übersicht über die verschiedenen Formen von NP n im Chinesischen, die als Ausgangspunkt für weitere Analysen dienen kann: Form Definitheit a. Personalpronomen definit b. Eigennamen c. zhe / na (+Kl)+N 5 LaPollas Analyse über die Informationsstruktur basiert auf dem theoretischen Ansatz von Lambrecht (1986, 1987, 1988, 1989). 88 4 Definitheit im Chinesischen Form Definitheit d. bloße NP n indeterminiert e. Num(+Kl)+N 6 f. yi (+Kl)+N indefinit g. Kl+N Tabelle 3: NP -Formen und Definitheit im Chinesischen (Chen 2004) Wie L&T (1981) untergliedert Chen NP n nach ihren Interpretationsmöglichkeiten bezüglich Definitheit in drei Gruppen. Diese Liste ist vollständiger und ausführlicher als die von L&T (1978), die nur drei Formen enthält. Trotzdem kann sie durch einige weitere ergänzt werden, nämlich NP n mit Pers+ de . Außerdem stellt sich die Frage, ob Kl+N als eine selbständige NP -Form betrachtet oder eher unter yi +Kl+N subsumiert werden soll. Darüber hinaus fällt auf, dass Num(+Kl)+N von Chen als indeterminiert bezeichnet wird, das heißt, dass es je nach dem Kontext eine definite oder eine indefinite Interpretation bekommen kann. Auf diese Fragen werde ich jeweils in Abschnitt 5.2, 5.4.1 sowie 5.5.2 zurückkommen. Mit „morphologischen Mitteln“ wird Verdopplung von einsilbigen Klassifikatoren (gelegentlich auch von einsilbigen Nomen) gemeint. Die Verdopplung führt zu einer Verallgemeinerung und bewirkt eine definite Interpretation: 115. a. Zhongzhong yinsu dou dei kaolü jinqu. CL factors all must consider in ‚Every factor has to be taken into consideration.‘ b. Renren dou shuo ta shi ge hao ren. person all say he be CL nice person ‚Everybody says he is a nice person.‘ Unter positionellen Mitteln wird verstanden, dass es Positionen gibt, die meistens (oder sogar ausschließlich) von definiten oder indefiniten NPn besetzt sind. Tabelle 4 zeigt die syntaktischen Positionen, die bezüglich (In-)Definitheit eine Präferenz zeigen: 6 Die Abkürzung „Num“ steht hier für alle Numerale außer yi ‚eins‘. 4.1 Der aktuelle Forschungsstand 89 a. Definiteness-inclined positions in Chinese: - subject - ba object - preverbal object - first object of ditransitive sentence b. Indefiniteness-inclined positions in Chinese: - object of presentative Verb you - postverbal NP in presentative sentences - postverbal NP in existential sentences - second object of ditransitive sentences Tabelle 4: (In)definiteness-inclined positions in Chinese (Chen 2004: 1166) NP n, die lexikalisch als definit markiert werden, können meistens nicht in den Positionen mit Präferenz für indefinite NP n auftreten. Umgekehrt gilt das gleiche. Dagegen unterliegen indeterminierte NP n keiner solchen Beschränkung. Sie können in beiden Typen von Positionen auftreten und bekommen jeweils eine kontextgerechte Interpretation. Aber nun stellt sich die Frage, was hinter diesem Phänomen steckt. Chen gesteht selbst ein, dass Identifizierbarkeit im Chinesischen nicht eindeutig durch syntaktische Positionen markiert wird. Weiterhin stellt er fest, dass die Hauptfunktion der Wortstellung im Chinesischen nicht in der Markierung von Identifizierbarkeit besteht: While it works in the majority of cases, it is to be stressed that, unlike the lexical and morphological encodings, position in sentences does not function as an unambiguous, watertight encoding device for marking identifiability or nonidentifiability of reference for nominal expressions in Chinese, except in one or two syntactic slots, such as the postverbal NP in presentative sentences. […] There is simply no sentential position, or word order in Chinese whose core or primary function is to mark the distinction of the constituent in terms of identifiability. (2004: 1175) Diese Aussage gerät in Widerspruch zu seiner eigenen vorangehenden Argumentation (Zitat auf Seite 80): Wenn die primäre Funktion der Wortstellung nicht in der Markierung von Identifizierbarkeit besteht und Identifizierbarkeit auch nicht eindeutig durch die Wortstellung markiert wird, ist es dann nicht korrekt, die Positionen in Tabelle 4 als positionale Mittel zum Ausdruck von Identifizierbarkeit im Chinesischen zu bezeichnen. 90 4 Definitheit im Chinesischen 4.2 Wortstellung und Definitheit Im letzten Abschnitt wird gezeigt, dass Wortstellung und Definitheit in gewissem Zusammenhang stehen. Es lässt sich jedoch fragen, ob dieser Zusammenhang kausal oder rein zufällig ist. In Chen 2004 wird nicht auf die einzelnen Konstruktionen näher eingegangen, sondern allgemein behauptet, dass alle vier Positionen, die eine Präferenz für definite NP n zeigen, von einem hohen Grad an Topikalität geprägt sind, während die Positionen, die meistens von indefiniten NP n besetzt werden, die Funktion erfüllen, nicht-identifizierbare Referenten in den Diskurs einzuführen. Obwohl es ihm bewusst ist, dass diese Präferenzen durch die pragmatische Strukturierung von sprachlicher Information bedingt sind, hat er die Positionen als Mittel zur Signalisierung von Identifizierbarkeit / Nicht-Identifizierbarkeit bezeichnet. In LaPolla 1990 und 1995 wird mit Recht darauf hingewiesen, dass die Wortstellung im Chinesischen nicht über Identifizierbarkeit, sondern vor allem über Informationsstruktur gesteuert wird. Aber seine Behauptung über die Fokusstruktur der Konstruktionen, die einen (In)Definitheitseffekt aufweisen, trifft nur teilweise zu. Außerdem sind die Definitheitseffekte nicht nur durch die Strukturierung von Informationen zustande gekommen, sondern können auch von anderen Faktoren abhängen. In der Literatur ist oft umstritten, wie eine Wortstellung pragmatisch motiviert ist. Dafür könnten einige Gründe angeführt werden: Zuerst werden die Begriffe wie Topik und Fokus sehr uneinheitlich verwendet. In Xu & Liu 2003 wird Topik z. B. als eine syntaktische Funktion wie Subjekt und Objekt definiert. Außerdem werden unterschiedliche Sprachphänomene undifferenziert unter einem Sammelbegriff thematisiert (zum Beispiel wird die lian … dou / ye- Konstruktion ‚sogar‘ in manchen Werken auch unter dem Thema „präverbales Objekt“ behandelt, s. Abschnitt 4.2.2.3). Ferner wird der Beitrag der Prosodie an der Bildung der Äußerungsbedeutung nicht genug berücksichtigt. Unterschiedliche Akzentstrukturen eines Satzes können nämlich unterschiedliche Fokusstrukturen bewirken. Darüber hinaus wird der Kontext bei der Analyse nicht einbezogen. Ohne Kontext (und Prosodie) ist die Informationsstruktur jedoch oft nicht feststellbar. Um ein neuerliches Auftreten dieser Probleme zu verhindern, werden in Abschnitt 4.2.1 zuerst einige Begriffe geklärt, die zur Beschreibung der Informationsstuktur dienen. Als Grundlage für die Darstellungen dient in erster Linie die Theorie der Informationsstuktur von Lambrecht (1987, 1994, 2000, 2001). In Abschnitt 4.2.2 wird auf die von Chen (2004) genannten Positionen detailliert eingegangen. Es soll einerseits gezeigt werden, dass die Wortstellung im Chine- 4.2 Wortstellung und Definitheit 91 sischen zum Ausdruck der Informationsstruktur dient, aber in dieser Hinsicht nicht eindeutig ist. Andererseits soll dargestellt werden, dass die von Chen beschriebenen Präferenzen durch mehrere Faktoren bedingt sind, die Informationsstruktur ist nur ein möglicher davon. Zum Schluss ist nochmal zu unterstreichen, dass Topik und Fokus in dieser Arbeit als pragmatische Funktionen angesehen werden. Daher muss der Kontext bei der Analyse der Informationsstruktur stets mitbedacht werden. 4.2.1 Informationsstruktur 4.2.1.1 Die Begriffspaare Präsupposition / Assertion und Topik / Fokus Nach Lambrecht (1994) ist die Informationsstruktur der formale Ausdruck der pragmatischen Strukturierung der Proposition im Diskurs und schließt eine Analyse von vielen unabhängigen, aber aufeinander bezogenen Kategorien ein, nämlich Präsupposition - Assertion sowie Topik - Fokus. Als pragmatische Präsupposition wird ein Set von Propositionen bezeichnet, die lexikogrammatisch in einem Satz evoziert werden und von denen der Sprecher annimmt, dass sie zum Vorwissen des Hörers gehören oder zur Äußerungszeit als im Kontext garantiert vorausgesetzt werden. Zur pragmatischen Assertion zählt dagegen eine Proposition, auf die es dem Sprecher ankommt, von der er nicht annimmt, dass sie bereits etabliert ist. „To make an assertion“ bedeutet, eine Relation zwischen einer präsupponierten Menge von Propositionen und einer nicht-präsupponierten Menge zu etablieren, wobei die letztere der ersteren hinzugefügt wird. Deswegen sollte Assertion nicht als „Äußerung minus Präsupposition“ verstanden werden, sondern als Kombination der beiden Mengen (1994: 57 f.). Mit dem Begriff Fokus wird das Element der Information gemeint, das der Präsupposition hinzugefügt wird und die Äußerung des Satzes informativ gestaltet. Er ist der Teil einer Proposition, durch den sich die Assertion von der Präsupposition unterscheidet. Der Begriff Topik wird definiert als der Referent eines Ausdrucks, von dem in einem bestimmten Äußerungskontext durch die Konstruktion eines Satzes gesprochen wird. 7 Dabei wird die Proposition so gestaltet, dass sie Informationen liefert, die für den Topik-Referenten relevant sind und die Kenntnisse des Hörers über den Referenten erweitern. Nach Lambrecht kann ein Satz mehrere Topikreferenten zulassen, dabei enthält der Satz nicht nur Informationen über die Topikreferenten, sondern auch Informationen über die Beziehung zwischen den beiden (1994: 146-150): 7 Es ist darauf aufmerksam zu machen, dass Lambrecht (1994: 127-131) mit dem Begriff Topik den Topikreferenten meint (engl. topic referents), nicht aber den Topikausdruck (engl. topic expressions), nämlich die NP, mit der der Topikreferent sprachlich kodiert wird. 92 4 Definitheit im Chinesischen 116. a. Why am I in an up mood? Mostly it’s a sense of relief of having finished a first draft of my thesis and feeling OK at least about the time I spent writing this. The product I feel less good about. b. Q: What ever became of John? A: He married Rosa, but he didn’t really love her. Im letzten Satz in 116a wird die NP the product als Topikausdruck markiert, indem sie an den Satzanfang gestellt wird. Aber das heißt nicht, dass das Subjekt I seinen Topikstatus verliert. Der Referent der Subjekt-NP ist das primäre Topik, weil es in der gesamten Passage um den Verfasser des Briefs sowie sein Gefühl geht. Der Referent der NP the product wird als sekundäres Topik gewertet, weil der letzte Satz nicht nur Informationen über den Verfasser des Briefs enthält, sondern auch Informationen über den Produkt mit Bezug auf den Verfasser. Bei 116b ist der Referent der NP her das sekundäre Topik, weil der Satz vor allem das Wissen des Lesers über John erweitert, aber implizit auch das über Rosa. 4.2.1.2 Identifizierbarkeit und Topik / Fokus Für die vorliegende Arbeit ist es notwendig, das Verhältnis zwischen Identifizierbarkeit und Topik / Fokus zu erläutern. Nach Lambrecht (1994, 2004) ist Identifizierbarkeit der kognitive Status von Diskursreferenten, während Topik und Fokus pragmatisch konstruierte Relationen zwischen Referenten und ihrer zugehörigen Proposition darstellen. 8 Lambrecht spezifiziert identifizierbare Referenten anhand des Konzepts des kognitiv orientierten Grades der Aktivierung näher, die er von Chafe (1987) übernommen hat (s. Abbildung 2): 8 In Lambrecht 1994 und Lehmann 2015 werden unterschiedliche Terminologien verwendet: Was Lehmann als Denotate bezeichnet, nennt Lambrecht Diskursreferenten; was von Lehmann als Referent bezeichnet wird, heißt bei Lambrecht „die mentale Repräsentationen von Diskursreferenten“. In dieser Arbeit folge ich der Terminologie von Lehmann. 4.2 Wortstellung und Definitheit 93 Abbildung 2: Kategorien der Identifizierbarkeit und Aktivierung von Diskursreferenten (Lambrecht 1994: 109) Der Aktivierungsgrad eines Referenten hängt von zwei psychischen Faktoren ab, nämlich Fokus des Bewusstseins sowie Kurz-/ Langzeitgedächtnis. Identifizierbare Referenten können drei Aktivierungszustände aufweisen, nämlich aktiv, zugänglich (engl. accessible / semi-activ) und unbenutzt (engl. unused / inactiv). Ein Referent ist (nach der Annahme des Sprechers im Bewusstsein des Hörers) aktiv, wenn er im Kurzzeitgedächtnis der Sprechaktteilnehmer präsent und im Moment gerade im Fokus der Aufmerksamkeit ist. Aktive Referenten werden typisch durch eine nichtakzentuierte pronominale Form kodiert, wie zum Beispiel freie oder gebundene Pronomina, Flexionsaffixe, Nullanapher usw. 9 Im Gegensatz dazu sind unbenutzte Referenten im Langzeitgedächtnis der Kommunikationsteilnehmer gespeichert. Sie sind zum Zeitpunkt der Äußerung inaktiv und werden typisch in der Form von akzentuierten lexikalischen NP n kodiert. Mit dem Begriff „zugänglich“ wird kein Aktivierungszustand bezeichnet, sondern das Potenzial für Aktivierung - ein zugänglicher Referent ist aufgrund verschiedener Faktoren leichter abrufbar als ein völlig inaktiver Referent. Als kognitiv zugänglich gilt ein Referent, wenn er aus einem früheren, aktiven Zustand deaktiviert wird (engl. textually accessible) oder sich aufgrund des Schema-Wissens inferieren lässt (engl. inferentially accessible) oder in der außersprachlichen Welt präsent ist (engl. situationally accessible). Bei nicht-identifizierbaren Diskursreferenten kann nicht von Aktivierung geredet werden, weil sie bisher im Diskursuniversum noch nicht etabliert worden sind und Aktivierung die Existenz der mentalen Repräsentation eines Referenten im Hörerbewusstsein voraussetzt. Die Aufteilung von nicht-identifizier- 9 Die Nicht-Akzentuierung wie auch die pronominale Form (außer einigen Ausnahmen wie dem Indefinitpronomen man im Deutschen) sind eine hinreichende, aber keine notwendige Bedingung dafür, dass der Referent einer NP aktiv ist (1994: 95). Das heißt, dass nicht akzentuierte oder pronominale NPn aktive Referenten haben müssen, aber nicht umgekehrt. 94 4 Definitheit im Chinesischen baren Referenten erfolgt gemäß dem Kriterium der kognitiven Verankerung (Prince 1981). Verankerte Referenten (engl. anchored brand-new) unterhalten kognitive Beziehungen zu bereits eingeführten Informationen und werden in Sprachen mit der grammatischen Kategorie Definitheit typischerweise durch eine syntaktische Kombination aus einer indefiniten und einer definiten NP kodiert (z. B. ein Mann, den ich kenne oder ein Freund von mir ). Im Gegensatz dazu werden nicht-verankerte Referenten (engl. unanchored brand-new) durch indefinite NP n kodiert. Der Topikreferent muss identifizierbar sein und einen gewissen Grad an kognitiver Zugänglichkeit aufweisen. Das liegt daran, dass Topik auf der Basis der „aboutness“-Relation definiert wird. Man kann Informationen nur über Referenten liefern, die im Diskurs bereits verfügbar sind. In Lambrecht 1994 wird eine fünfstufige Skala für die Topik-Akzeptabilität entwickelt. Je höher ein Referent auf dieser Skala steht, desto besser eignet er sich als Topik eines Satzes: Abbildung 3: The Topic Acceptability Scale (Lambrecht 1994: 165) Es ist zu betonen, dass ein Referent kognitiv zugänglich sein muss, um als Topik fungieren zu können, aber nicht alle aktiven Referenten werden als Topik kodiert. Im Gegensatz zum Topik sind Fokusreferenten hinsichtlich Identifizierbarkeit neutral. Es besteht eine starke Tendenz, dass fokussierte Konstituenten nichtidentifizierbare Referenten haben, aber zwischen Fokus und dem pragmatischen Status von Referenten (Identifizierbarkeit / Aktivierungszustand) besteht keine notwendige Korrelation (1994: 258-262). Zum Beispiel fragt mich ein Freund: 117. Was hast du heute gekauft? a. Ich habe ein Kleid gekauft. b. Ich habe das Kleid gekauft, das wir gestern im Schaufenster gesehen haben. Die Referenten der beiden Objekt-NPn in 117a und b sind im Fokus, weisen aber unterschiedlichen pragmatischen Status auf. In 117b weiß der Freund zwar, dass ich heute etwas gekauft habe und dass wir gestern ein Kleid gesehen haben, 4.2 Wortstellung und Definitheit 95 aber er hat keine Ahnung, dass ich heute dieses Kleid gekauft habe. Genau dieser Teil der Äußerung ist nicht vorhersagbar und informativ. 4.2.1.3 Typen von Fokuskonstruktionen Den Begriff „Fokuskonstruktion“ definiert Lambrecht (2000: 616) als „a grammatical object mapping a given form with a given function“. Er plädiert für eine klare Unterscheidung zwischen Fokusinterpretation und Fokuskonstruktion: A given sentence can have more than one focus reading even though it belongs to a single formal focus category. This is possible because certain focus constructions are unmarked for their pragmatic interpretation. Gemäß Lambrecht kann Fokus sprachübergreifend durch drei Typen von Konstruktionen ausgedrückt werden, die jeweils einer Art von pragmatisch strukturierten Propositionen entspricht, nämlich die Prädikat-Fokus-, die Argument- Fokus- und die Satz-Fokus-Konstruktion. Im Folgenden werden die drei Typen anhand von Beispielen aus dem Deutschen und dem Chinesischen illustriert. Die Prädikat-Fokus-Konstruktion (PF-Konstruktion) drückt eine pragmatisch strukturierte Proposition aus, in der ein Argument (typisch das Subjekt) das Topik ist und das Prädikat der Fokus ist. 10 Die kommunikative Funktion dieser Fokusstruktur besteht darin, über das Topik eine Aussage zu machen. Die PF - Struktur ist nach Lambrecht (2000: 616) prosodisch dadurch gekennzeichnet, dass der Fokusakzent auf eine Konstituente im Prädikat fällt. 11 Diese Behauptung gilt wohl für das Deutsche, jedoch nicht unbedingt für das Chinesische. In der Tat ist die prosodische Realisierung von Fokus im Chinesischen bisher noch nicht genug erforscht, um Allgemeingültiges aussagen zu können. In dieser Arbeit folge ich L.-J. Xu, der sich seit Jahren mit dem Thema Topik und Fokus im Chinesischen beschäftigt. Xu (2003) vertritt die Behauptung, dass in der PF - Konstruktion kein Element prosodisch prominenter als die anderen ist. Dafür sprechen folgende Überlegungen: Im Chinesischen ist die Basisposition einer 10 Mit dem Begriff Subjekt meint Lambrecht (2010: 615) das einzige Argument eines intransitiven Verbs oder das Agens-Argument eines transitiven Verbs. 11 In der PF-Struktur ist es möglich, dass das Subjekt auch akzentuiert wird, z. B. A: Was hat das Kind erlebt? B: KArl hat dem Kind das BUch geschenkt. (108) Der Akzent auf dem Subjekt markiert ein neu etabliertes Topik und wird in Lambrecht 1995 als topic-ratifying accent bezeichnet. Nach der Annahme des Sprechers ist die Rolle des Referenten als Topik der Proposition zur Zeit der Äußerung noch nicht etabliert worden. Der Akzent erfüllt die Funktion, eine Topikrelation zwischen den Referenten der Subjekt-NP und der Proposition herzustellen. 96 4 Definitheit im Chinesischen fokussierten Konstituenten die satzfinale Position. Konstituenten, die sich in der Basisposition befinden, sind schon durch syntaktische Mittel als Fokus gekennzeichnet. Sie können zwar den Akzent tragen, müssen aber nicht. Nur die fokussierten Konstituenten, die aus strukturellen Gründen nicht in ihrer Basisposition auftreten können, müssen durch prosodische Mittel markiert werden. Das heißt, dass der Fokus im Chinesischen vor allem durch syntaktische Mittel realisiert wird, während prosodische Mittel nur eine untergeordnete Rolle spielen. Zur Verdeutlichung der Fokusstruktur wird üblicherweise der Fragetest eingesetzt: 118. Was war denn los mit deinem Auto? a. Mein Auto / Es ist LIE gengeblieben. 12 b. Wo de qiche huai le. Die Informationsstruktur von 118a kann schematisch folgendermaßen dargestellt werden: Satz: Mein Auto / Es ist LIE gengeblieben. Präsupposition: „das Auto des Sprechers ist ein Topik für den Kommentar x“ Assertion: „x = liegengeblieben“ Fokus: „liegengeblieben“ Fokusbereich: VP Die PF -Konstruktion ist pragmatisch unmarkiert, weil sie mit anderen Fokusinterpretationen kompatibel ist und deswegen in den meisten Kontexttypen vorkommen kann (1994: 304). Zum Beispiel ist 119c als Antwort sowohl auf 119a als auch auf 119b angemessen: 119. a. Was ist denn los mit Hans? b. Wen liebt Hans? c. Hans / Er liebt MARIA . 12 Betonte Silben werden großgeschrieben. 4.2 Wortstellung und Definitheit 97 Die Funktion der Argument-Fokus-Konstruktion ( AF -Konstruktion) besteht darin, einen fehlenden Referenten in einer offenen präsupponierten Proposition zu identifizieren. 13 Bei der AF -Konstruktion trägt das fokussierte Argument im Deutschen den Satzakzent, während es im Chinesischen nur dann akzentuiert wird, wenn es sich nicht in der satzfinalen Fokusposition befindet. Zum Beispiel muss eine fokussierte Subjekt-NP in der SV(O)-Stellung einen Fokusakzent tragen, eine fokussierte Objekt- NP dagegen nicht. 120. Ich habe gehört, dass dein Motorrad liegengeblieben ist. a. Mein AU to ist liegengeblieben. b. Wo de QI che huai le. 14 Die Informationsstruktur von 120a lässt sich schematisch wie folgt darstellen: Satz: Mein AU to ist liegengeblieben. Präsupposition: „x des Sprechers ist liegengeblieben“ Assertion: „x=Auto“ Fokus: „Auto“ Fokusbereich: NP Als Satz-Fokus-Konstruktion ( SF -Konstruktion) werden Sätze bezeichnet, die im Fokus stehen, wobei keine (oder nur sehr wenige) Präsupposition förmlich evoziert ist. Diese Konstruktion dient dazu, über ein Ereignis zu berichten oder einen neuen Diskursreferenten einzuführen. 121. Was war denn los? a. Mein AU to ist liegengeblieben. b. Wo de qiche huai le. 13 Hier ist der Begriff Argument im lockeren Sinne zu verstehen, und zwar ist er ein Oberbegriff für alle nicht-prädizierenden Ausdrücke. 14 Auf Chinesisch heißt das Motorrad motuoche , das Auto dagegen qiche , wobei che Wagen oder Fahrzeug bedeutet. Deswegen trägt die Silbe qi in 120b einen kontrastiven Akzent. 98 4 Definitheit im Chinesischen Die Informationsstruktur von 121a sieht wie folgt aus: Satz: Mein AU to ist liegengeblieben. Präsupposition: - Assertion: „Das Auto des Sprechers ist liegengeblieben“ Fokus: „Das Auto des Sprechers ist liegengeblieben“ Fokusbereich: S Nach Lambrecht (1987, 1994, 2001) ist die SF -Konstruktion durch folgende Eigenschaften charakterisiert: Erstens erlauben nur manche Prädikate eine SF - Interpretation, während alle Prädikate eine PF -Interpretation zulassen. Verben, die in SF -Konstruktionen zu finden sind, sind meistens intransitive Verben, die ein nicht-agentives Subjekt fordern. 15 Zweitens muss das Subjekt eine lexikalische NP sein, das heißt, dass sie kein (Null-)Pronomen sein darf (2000: 617 f.). 16 Drittens fällt der Satzakzent auf das Subjekt und das Prädikat darf nicht akzentuiert werden. Die Behauptung über die prosodische Gestalt der SF -Konstruktion trifft auf das Deutsche zu (s. Höhle 1982: 105), jedoch nur teilweise auf das Chinesische. 17 Nach L.-J. Xu ist keine Konstituente im Satz prosodisch prominenter als die anderen im Chinesischen, falls der ganze Satz im Fokus ist. Diese Ansicht wird durch die Untersuchung von K.-N. Li bestätigt: In K.-N. Li 2009 wird festgestellt, dass der Satz mit weitem Fokus (Satz-Fokus) und der mit engem Fokus (das Prädikat oder das satzfinale Argument im Fokus) im Tonhöhenverlauf (engl. pitch contour) fast identisch sind, was zur Folge hat, dass die beiden Patterns häufig verwechselt werden und im Wahrnehmungsexperiment die höchste Fehlerhäufigkeit aufweisen. Aber zwischen den beiden sind doch Unterschiede erkennbar, vor allem in zwei Aspekten: Erstens ist der Tonhöhenumfang (engl. pitch range) des ersten Wortes im Satz mit weitem Fokus etwas größer, aber es bildet keinen Kontrast zu den anderen, deswegen wird es nicht als (allein) fokussiert empfunden. Zweitens ist der Tonhöhenumfang des letzten Wortes 15 Wenn ein Satz ein direktes Objekt (außer wenn es ein nicht-akzentuiertes Pronomen ist) hat und wenn das Subjekt eine definite NP ist, ist der Satz ambig zwischen der SF- und der unmarkierten PF-Lesart (Lambrecht 1994: 171). 16 Die Referenten von Pronomen müssen kognitiv aktiv sein, deswegen ist der Informationsstatus von pronominalen Subjekten inkompatibel mit dem „all-new“ Charakter der Proposition, die durch einen SF-Satz ausgedrückt wird (Lambrecht 2000: 618). 17 Anders als im Englischen kann die Abwesenheit einer Topik-Kommentar-Relation zwischen dem Subjekt und dem Prädikat im Deutschen und im Chinesischen nicht nur durch Prosodie, sondern auch durch Wortstellung markiert werden (s. Abschnitt 4.2.2.4). 4.2 Wortstellung und Definitheit 99 im Satz mit weitem Fokus kleiner als der im Satz mit engem Fokus, aber in den beiden Patterns ist das Wort nicht prominenter als die anderen im Satz. Die geringe Erweiterung des Tonhöhenumfangs des ersten Wortes im Satz mit weitem Fokus ist vermutlich ein Hinweis zur Unterscheidung zwischen den beiden Patterns (2009: 65). 4.2.2 Positionen, die definite / indefinite NPn präferieren Die Wortstellung im Chinesischen ist im Vergleich zur der im Deutschen weniger flexibel, weil das Chinesische nur eine geringe Markierung der morphologischen Merkmale zeigt. Ein chinesischer deklarativer Satz hat die Wortstellung SVO als Basis und kann unter bestimmten Bedingungen Wortstellungsvarianten wie SOV , OSV , VS usw. aufweisen. Während die erste Abfolge wenig Voraussetzungen an den Äußerungskontext hat, sind die anderen oft eingeschränkt. Die unmarkierte Fokusstruktur im Chinesischen ist die Topik-Kommentar-Gliederung. Das Topik steht in der Regel am Satzanfang, während der Informationsfokus meistens satzfinal platziert wird (LaPolla 1995, Zhang & Fang 1996, L.- J. Xu 2003, K.-N. Li 2009). 4.2.2.1 Die Subjektposition In der Literatur herrscht die Ansicht vor, dass Subjekte im Chinesischen meistens definit sind. Außerdem wird häufig darauf hingewiesen, dass Sätze mit initialem indefinitem Subjekt oft nicht akzeptabel sind. 18 Das könnte darauf zurückzuführen sein, dass die Topikfunktion im Chinesischen mit der Subjektrolle sowie der initialen Position stark assoziiert ist (vgl. Lambrecht 1994: 169). Dass Topik und Subjekt häufig zusammenfallen, ist jedoch kein spezifisches Phänomen der chinesischen Sprache. Wie in der Literatur festgehalten wird (Reinhart 1981: 62, Lambrecht 1994: 136), stellt das Überwiegen der in Topik und Kommentar gegliederten Sätze sowie die starke Korrelation zwischen Subjekt und Topik eine universelle Eigenschaft natürlicher Sprachen dar. Das Subjekt wird als Topik interpretiert - außer wenn der Satz morphosyntaktische, prosodische oder semantische Hinweise enthält, die das Gegenteil implizieren. Deswegen wird das Subjekt auch als unmarkiertes Topik bezeichnet. 18 Im Chinesischen stehen indefinite Subjekte häufig in einer postverbalen Position, können aber unter bestimmten Einschränkungen auch satzinitial auftreten. Darauf werde ich in Abschnitt 4.2.2.4 eingehen. 100 4 Definitheit im Chinesischen 4.2.2.2 Die post ba-Position Das Themenfeld des ba -Satzes ist sehr komplex und umfangreich, bis heute besteht kein Konsens darüber, wie diese Konstruktion am besten zu charakterisieren ist. In der Literatur wird die ba -Konstruktion z. B. als „the disposal construction“ (L. W 1954, Chao 1968, L&T 1981), „the executive construction“ (Yue-Hashimoto 1971), „the accusative construction“ (Teng 1975), sowie „a highly transitive construction“ (M.-Q. Wang 1987) bezeichnet. Eine detaillierte Auseinandersetzung mit dieser Problematik würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, daher werden im Folgenden nur die relevanten Eigenschaften dieser Konstruktion kurz skizziert. 4.2.2.2.1 Die ba-Konstruktion Die Grundstruktur des ba -Satzes ist NP 1 + ba + NP 2 +V+Sonstiges. In der ba -Konstruktion sind Zustandsverben wie Wahrnehmungsverben sowie psychologische Verben ausgeschlossen. Außerdem muss das Verb im ba -Satz von anderen Elementen begleitet werden, zu denen vor allem die perfektive Aspektpartikel le (122a, b, d), die durative Aspektpartikel zhe sowie direktionale oder resultative Adverbien (122b, d) gehören. In der Literatur wird oft behauptet, dass die NP 2 (im Folgenden als ba - NP bezeichnet) typischerweise das Objekt des Verbs ist. Aber das Begriffspaar Subjekt-Objekt ist im Chinesischen bisher nicht einheitlich definiert. Es wird auch die Ansicht vertreten, dass die ba - NP typischerweise Patiens oder Thema ist (122a und d), aber auch einen Ort (122b) oder ein Instrument (122c) bezeichnen kann. 19 Je nach der semantischen Rolle der ba - NP lassen sich die ba -Konstruktionen in vier Typen unterteilen, nämlich objektiv (122a), lokativ (122b), instrumental (122c) sowie kausativ (122d) (Lü et al. 1984; Tsao 1987, 1990): 19 In 122d nimmt die ba -NP die Themarolle ein, wenn ba … kan de lei si le als ein Verbalkomplex betrachtet wird, der zwei semantische Rollen vergibt. 4.2 Wortstellung und Definitheit 101 122. a. Wo ba wode qiche mai le. I BA 1sg- GEN car sell PFV ‚I already sold my car.‘ (L&T 1981: 483) b. Ta ba Wangfujing pao bian le. er BA Wangfujing laufen überall SP / Asp perf ‚Er ist durch die ganze Wangfujing-Straße gelaufen.‘ (Y.-H. Liu 2004: 732) c. (Ni) buyao ba qiang kou duizhe ren. (you) don’t BA gun muzzle point people ‚ (You) don’t point your gun at people.‘ (Tsao 1990: 172) d. Na chang qiu ba women kandeleithat CL ball-game BA we see- PART tiresi le. dead PART ‚That ball game, we watched it until we were tired to death.‘ (‚The ball game caused us to watch so much that we were tired to death.‘) (Tsao 1990: 171) Viele ba -Sätze (wie z. B. 122a und b) haben ein Pendant ohne ba (123a und b), das eine SVO -Stellung aufweist: 123. a. Wo mai le wo de qiche. Ich verkaufen ASP perf mein DE Auto ‚Ich habe mein Auto verkauft.‘ b. Ta pao bian le Wangfujing. er laufen überall ASP perf Wangfujing-Straße ‚Er ist durch die ganze Wangfujing-Straße gelaufen.‘ Aber die ba -Form und die SVO-Form sind nicht ohne weiteres austauschbar. Das könnte darauf zurückzuführen sein, dass sich die beiden in der Informationsstruktur unterscheiden (L.-S Zheng 2013: 14): In der ba -Konstruktion besetzt der verbale Teil die unmarkierte Fokusposition, in dem korrespondierenden SVO - Satz dagegen die Objekt- NP . Diese Annahme scheint sehr einleuchtend zu sein, hierauf soll in Abschnitt 4.2.2.2.3 näher eingegangen werden. 102 4 Definitheit im Chinesischen In der Literatur wird oft davon ausgegangen, dass der ba -Satz von der SVO - Abfolge abgeleitet wird. Diese Annahme wird jedoch dadurch abgeschwächt, dass nicht alle ba -Sätze eine entsprechende SVO -Form haben. Zum Ausdruck bestimmter Inhalte muss die ba -Form verwendet werden (Ausführliches s. Y.- H. Liu 2004: 747-751). 124. a. Diren ba ta guan jin le jianyu. Feind BA er schließen in ASP Perf Gefängnis ‚Seine Feinde haben ihn ins Gefängnis gesperrt.‘ (Y.-H. Liu 2004: 748) a’. * Diren guan ta jin le jianyu. b. Turan yi kuai shitou fei guolai, plötzlich ein Kl Stein fliegen herüber ba di za yi ge keng. BA Boden kaputtschlagen ein Kl Loch ‚Plötzlich kam ein Stück Stein geflogen und hat ein Loch in den Boden geschlagen.‘ (Y.-H. Liu 2004: 749) b’. * Turan yi kuai shitou fei guolai, za di yi ge keng. Das Verb guan in 124a bedeutet ‚schließen‘ oder ‚ausschalten‘. Um die Proposition „jemanden irgendwo einschließen“ auszudrücken, muss man die Konstruktion ba +N 1 + guan jin +N 2 verwenden. Das Verb za in 124b bedeutet eigentlich ‚zertrümmern‘ oder „zerschlagen“. Nur mit der ba -Konstruktion ist es möglich, die Proposition „etwas schlägt ein Loch in den Boden“ zum Ausdruck zu bringen. Solche Sätze sind nicht selten, werden jedoch in vielen Forschungen vernachlässigt (z. B. in LaPolla 1990, L.-S. Zheng 2013 usw.). 4.2.2.2.2 Die post-ba-Position und Definitheit In der früheren Literatur wird behauptet, dass die ba - NP n definit sein müssen (Yue-Hashimoto 1971: 65, Tiee 1986: 285). Deswegen wird die Position hinter ba häufig mit Definitheit direkt in Verbindung gesetzt. Diese Behauptung ist jedoch nicht haltbar und kann leicht durch Gegenbeispiele widerlegt werden. In den neueren Arbeiten wird die Behauptung vertreten, dass nur indefinite spezifische NP n in der Position hinter ba zulässig sind (Li 1975, L&T 1981, Shao 1987, M.- Q. Wang 1987, B. J. Zhang 2000, Y.-H. Liu 2004). Aber für diese Aussage lassen sich wieder Gegenbeispiele finden (H. Wang 1983: 20, Ma 1987, Song 1988): 4.2 Wortstellung und Definitheit 103 125. a. Wo xiang ba yiben Yingyu xiaoshuo yi-cheng I want BA one- M English novel translate-into Hanyu, ni shuo yi neiyiben hao? Chinese you say translate whichone- M good ‚I want to translate an English novel into Chinese, which one would you recommend? ‘ (H. Wang 1983: 20, zitiert aus Sybesma 1992: 130) b. Ni suibian ba yi ge dongxi fang jin hezi Du beliebig ba ein CLF Sache legen hinein Kasten li, Wo neng zhidao shi shenme. in Ich können wissen COP was‘ ‚Leg` irgendeinen Gegenstand in den Kasten! Ich kann herausfinden, was er ist.‘ (Cui 2014: 35) Die NP yi ben yingyu xiaoshuo in 125a ist skopal-spezifisch, während die NP yi ge dongxi in 125b epistemisch-spezifisch ist. Die beiden Sätze sind vollkommen akzeptabel und natürlich. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass NPn aller Arten (definit / indefinit, spezifisch / nicht-spezifisch) in der Position hinter ba auftreten können. Der Eindruck, dass ba -Sätze definite NP n als Objekt fordern, wird vielleicht durch Sätze wie 126b erweckt: 126. a. ta mǎi - le yi - liang chezi 3sg buy PFV one Cl car ‚S / He bought a car.‘ (L&T 1981: 466) b. *ta ba yi - liang chezi mǎi le. 3sg BA one CL car buy PFV Während 126a, das die SOV -Stellung aufweist, korrekt ist, ist 126b nicht akzeptabel. Dieser Unterschied wird darauf zurückgeführt, dass die postba -Position eine Topikposition sei. Indefinite NP n eignen sich nicht als Topik eines Satzes und können deswegen nicht in der postba -Position auftreten. Diese Erklärung stimmt aber nicht, weil es auch ba -Sätze gibt, die sowohl mit definiten als auch mit indefiniten Objekten kompatibel sind: 104 4 Definitheit im Chinesischen 127. a. Ta mài le yi liang chezi. er verkaufen ASP perf ein Kl Auto ‚Er hat ein Auto verkauft.‘ b. Ta ba yi liang chezi mài le. (Beispiel von mir) 127a unterscheidet sich von 126a lediglich durch das Verb ( mǎi ‚kaufen‘ - mài ‚verkaufen‘) und ist grammatisch wohlgeformt. Dass lässt vermuten, dass die unterschiedliche Akzeptabilität der Satzpaare (126a und b) auf den Verbalcharakter zurückführt. Es ist festzustellen, dass ba -Sätze mit Verben, die das semantische Element [verlieren] enthalten, auch mit indefiniten Objekten kompatibel sind, z. B. mai ‚verkaufen‘, tuo ‚ausziehen‘, diu ‚verlieren‘, huan ‚zurückgeben‘ wang ‚vergessen‘, kan ‚fällen‘, chi(diao) ‚aufessen‘ usw. Dagegen verlangen ba - Konstruktionen mit anderen Verben eine definite NP als Objekt, z. B. chuan ‚anziehen‘, zhaodao ‚finden‘, jie ‚sich etw. leihen‘, zhong ‚pflanzen‘ usw. Das heißt, dass der bei 126a beobachtete Definitheitseffekt nicht allein durch die ba - Konstruktion ausgelöst ist, sondern auch von dem Verb abhängt. Dies müsste aber Gegenstand einer eigenen Untersuchung sein und kann in dem hier abgesteckten Rahmen nicht behandelt werden. 4.2.2.2.3 Die pragmatische Funktion der ba-NP In der Literatur ist die Auffassung von Tsao (1977, 1989, 1990) weit verbreitet, dass die ba - NP sekundäres Topik ist. Aber Tsao hat den Begriff Topik nicht definiert, sondern anhand von fünf Merkmalen beschrieben (1990: 170): a. Topic invariably occupies the S-initial position of the first clause in a topic chain. b. Topic can optionally be separated from the rest of the clause in which it overtly occurs by one of the four particles: a (ya) , ne , me , and ba . c. Topic is always definite or generic. Topic is a supraclausal notion; it may, and often does, extend its semantic domain to more than one clause. d. Topic is in control of the pronominalization or deletion of all the coreferential NP s in a topic chain. e. Topic, except in clauses where it is also subject, plays no role in such processes as reflexivization, Equi- NP deletion and imperativization. NP n, die die oben genannten Eigenschaften besitzen, werden je nach ihrer syntaktischen Position als primäres, sekundäres oder tertiäres Topik bezeichnet: 4.2 Wortstellung und Definitheit 105 Während das primäre Topik immer am Anfang des ersten Satzes in einer Topikkette steht, tritt das sekundäre in der Regel direkt hinter dem primären auf. Nach Tsao erfüllt die ba -NP die meisten Kriterien und kann deswegen als sekundäres Topik analysiert werden. Diese Ansicht hat viel Zustimmung gefunden, aber auch Ablehnung. Es wird zum Beispiel eingewendet, dass der Begriff Topik von Tsao zu weit gefasst wird und somit völlig aussagelos ist: Fast alle präverbalen NPn werden als Topik gewertet (s. Paris 1994, D.-X. Shi 1998: 40 f., C.-X. Qu 2003: 10, Paul 2002: 705). Anders als Tsao sieht LaPolla die ba - NP nicht als sekundäres Topik an, weil sie eine andere syntaktische Distribution hat. Zum einen stehen die Negationswörter wie bu oder mei hinter dem Topikausdruck, jedoch vor der ba - NP . Zum anderen stehen Adverbien der Art und Weise wie zixi ‚sorgfältig‘ immer hinter der Topik- NP , aber sie können entweder vor oder nach der ba - NP auftreten. Daraus zieht er den Schluss, dass die ba - NP Teil der Assertion ist (1990: 134): […] the ba construction serves to allow an NP in the scope of the assertion to not be in the final focus position. In the ba -construction, in fact, there MUST be at least one non-focal NP affected by the action other than the sentence-initial NP, and that is the postba NP. What this creates is somewhat like a double-topic construction (cf. Tsao 1987) where the whole ba phrase, including the postba NP, is an assertion about the sentence initial topic, and within the ba phrase there is an assertion about the postba NP. (1990: 127) Diese Erklärung ist aber verwirrend: Einerseits behauptet er, dass die ba - NP kein (sekundäres) Topik ist, andererseits gibt er zu, dass der ba -Satz „irgendwie ähnlich“ wie eine Doppel-Topik-Konstruktion ist. Außerdem ist seine Erklärung, warum NP n, die eindeutig als indefinit markiert sind, in der Position hinter ba auftreten können, nicht überzeugend. 20 Er beruft sich auf die Feststellung von Chafe (1987: 27), dass inaktive Referenten durch definite NPn eingeführt werden können und ist zum folgenden Ergebnis gekommen: My view is that the speaker purposely uses this construction to make an assertion about something that he does not want to, or feels he does not need to, first introduce; he treats the referent as if it were already part of the pragmatic presupposition. (LaPolla 1990: 129) Es ist zu betonen, dass die Behauptung von Chafe inaktive Referenten, die durch definite NP n eingeführt werden, betrifft. Als Beispiel dafür wird das Personalpronomen it in … It’s funny though, … genannt (1987: 27). Aber in den von LaPol- 20 Es ist sicher ganz korrekt, yi +Kl+N als eine Form zu bezeichnen, die eindeutig als indefinit markiert ist. Aber jetzt lasse das ich einmal beiseite. 106 4 Definitheit im Chinesischen la gemeinten Fällen werden inaktive Referenten durch indefinite NPn ( yi +Kl+N) eingeführt. Deswegen sehe ich überhaupt keinen Grund für die Annahme, dass der Sprecher so tut, als ob der Referent bereits Teil der Präsupposition wäre. Die gemeinsame Schwäche der beiden Analysen besteht darin, dass sie davon ausgehen, dass die ba -Sätze nur eine Fokusinterpretation zulassen. In der Tat sind sie mit mehreren Fokusinterpretationen kompatibel. Im Folgenden nehme ich 128 als Beispiel und setze zur Verdeutlichung seiner Fokusstruktur den Frage-Antwort-Test ein: 128. Wo ba wo de che mai le. ich BA ich DE Auto verkaufen ASP perf / SP ‚Ich habe mein Auto verkauft.‘ Beispiel 129 zeigt, dass entweder der verbale Teil mai le (129a) oder das Prädikat ba wo de che mai le (129b) oder der ganze Satz (129c) im Fokus sein kann, wobei keine Konstituente prosodisch prominenter als die anderen sind. In 129a ist der Referent der ba - NP das sekundäre Topik, in 129b und c hingegen Teil des Fokus: 21 129. A fragt B: „Wo ist dein Auto? “ Dann antwortet B: a. Wo ba wo de che / ta mai le. ‚Ich habe mein Auto / es ver KAU ft.‘ a’. * Wo mai le wo de che. A fragt B: „Was hast du getan? “ Dann antwortet B: b. Wo ba wo de che mai le. ‚Ich habe mein AU to verkauft.‘ A fragt B: „Was war denn los? “ Dann antwortet B: c. Wo ba wo de che mai le. ‚Ich habe mein AU to verkauft.‘ Es fällt auf, dass 129a (die ba -Konstruktion) als Antwort auf die erste Frage angemessen ist, 129a’ (die SVO -Form) dagegen nicht (unter der Voraussetzung, 21 129c ist im Fokus, weist aber immer noch eine PF-Struktur auf (s. Fußnote 47). Der Grund besteht darin, dass die PF-Struktur die unmarkierte Fokusstruktur und deswegen kompatibel mit der SF-Interpretation ist. Wenn das Subjekt ein lexikalisches NP ist, fällt der Akzent im Deutschen auf die Subjekt-NP. 4.2 Wortstellung und Definitheit 107 dass die beiden eine identische prosodische Struktur haben). Dies erklärt sich dadurch, dass „verkauft“ der informative Teil der Äußerung sein soll, aber in 129a’ steht die Objekt- NP in der satzfinalen Fokusposition. Der Unterschied in der Fokusstruktur ist auch formal an der Form der Objekt- NP abzulesen: Während die ba -NP häufig Pronomen sind, werden Objekte in der SVO-Stellung meistens durch lexikalische NP n kodiert. Die ba - NP kann auch allein fokussiert werden, da ist sie akzentuiert. 130. A: „Was hast du verkauft? “ B: „ Wo ba wo de CHE mai le. “ ‚Ich habe mein AU to verkauft.‘ Auch das Subjekt kann durch Akzentuierung als Fokus markiert werden, dann ist die ba - NP Teil der Präsupposition: 131. A: „Wer hat dein Auto verkauft? “ B: „ WO (ba wo de che / ta mai le). “ ‚ ICH habe mein Auto / es verkauft.‘ Aus den obengenannten Beispielen wird ersichtlich, dass die Wortstellung im Chinesischen zur Informationsstruktur eingesetzt wird, aber in dieser Hinsicht nicht eindeutig ist. Die Informationsstruktur kann auch durch prosodische Mittel ausgedrückt werden, aber zwischen Akzent und Fokus besteht kein Eins- Zu-Eins-Verhältnis. In der Übersicht kann der Referent der ba- NP je nach dem Kontext folgende pragmatische Funktionen übernehmen: Pragmatische Funktionen des Referenten der ba -NP Position des Akzents a. sekundäres Topik Keine Konstituente ist prosodisch prominenter als die anderen. b. Teil des Fokus (das Prädikat oder der Satz ist der Fokus) c. Fokus auf der ba - NP d. Teil der Präsupposition (das Prädikat wird präsupponiert) auf der Subjekt- NP Tabelle 5: Pragmatische Funktionen des Referenten der ba - NP 108 4 Definitheit im Chinesischen Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Referent der ba - NP je nach dem Kontext in allen möglichen Relationen zu der Proposition stehen kann. Nur im Fall von a muss die ba - NP n definit sein, in allen anderen drei Fällen (b-d) dagegen nicht: 132. Wo ba yi ge lüse de bao sai jin ich BA ein Kl grün DE Tasche stecken rein chouti li le. Schublade in Asp perf/ SP ‚Ich habe eine grüne Tasche in die Schublade gesteckt.‘ Beispiel 132 kann die letzten 3 Fokusinterpretationen (b, c, d in Tabelle 5) zulassen: Wenn das Prädikat im Fokus ist, ist keine Konstituente im Satz prosodisch prominenter als die anderen. Wenn die ba - NP allein fokussiert wird, ist sie akzentuiert. Wenn das Subjekt allein im Fokus steht, trägt es den Akzent. Beispiel 132 verdeutlicht, dass indefinite NP n in der Präsupposition sein können, und zwar wird der Sachverhalt, dass eine grüne Tasche in die Schublade gesteckt wird, als ein Ganzes präsupponiert. Die Behauptung, dass die postba -Position eine satzinterne Topikposition ist, erweist sich als zu stark vereinfacht. Dass die Position hinter ba überwiegend von definiten NP n besetzt wird, ist durch viele Faktoren bedingt. Ein wichtiger davon ist, dass der verbale Teil in der unmarkierten Fokusposition steht. Die ba -Konstruktion wird meistens dazu verwendet, um das Resultat der im Prädikat ausgedrückten Handlung hervorzuheben. Dann ist die Möglichkeit sehr groß, dass der von der Handlung betroffene Referent dem Hörer irgendwie bekannt ist. Ein weiterer Faktor ist der Verbalcharakter des Verbs in der ba -Konstruktion. Wie im letzten Abschnitt erwähnt, löst die Kombination von ba mit bestimmten Verben einen Definitheitseffekt in ihrer nominalen Umgebung aus. 4.2.2.3 Die präverbale Objektposition In Chen 2004 wird nicht präzisiert, was mit der Bezeichnung „preverbal object“ gemeint ist. Das Chinesische hat die reguläre Wortstellung SVO , wenn ein Objekt ohne Begleitung anderer Elemente (z. B. shi ‚sein‘, lian…ye / dou ‚sogar‘ usw.) präverbal auftritt, kann es entweder vor dem Subjekt (OSV) oder zwischen dem Subjekt und dem Verb ( SOV ) stehen. 4.2 Wortstellung und Definitheit 109 133. a. Wo zuo wan zuoye le. ich machen fertig Hausaufgabe Perf / SP ‚Ich habe meine Hausaufgaben gemacht.‘ b. Zuoye wo zuo wanle. c. Wo zuoye zuo wan le. In der Literatur herrscht die Ansicht vor, dass die OSV -Form (133b) eine Topik- Kommentar-Gliederung darstellt (L.-J. Xu 2005, Huang et al. 2009: 202), obwohl es Fälle gibt, in denen die Objekt- NP eindeutig indefinit ist. Demgegenüber ist die Funktion der SOV-Abfolge (133c) umstritten: Die Objekt-NP in der SOV-Stellung wird in der Literatur entweder als sekundäres Topik (Tsao 1990: 205-209, Paul 2002, L.-J. Xu 2003: 37-43) oder als kontrastiver Fokus (Ernst & Wang 1995, Shyu 1995, 2001, Tsai 2000, Zhang 1997, Huang et al. 2009: 202) analysiert. Zuerst wird auf die SOV -Stellung eingegangen, weil sie immer wieder kontroverse Diskussionen auslöst und uns neue Erkenntnisse ermöglicht. In dieser Arbeit konzentriere ich mich ausschließlich auf die SOV-Sätze, in denen die Objekt- NP n nicht von anderen Konstituenten begleitet werden. Die lian…ye / dou - Konstruktion ‘sogar’ wird als selbständige Struktur angesehen und von der folgenden Diskussion ausgeschlossen. Es ist zu beachten, dass die SOV-Stellung im Chinesischen vielen Einschränkungen unterliegt. Sie ist für viele Arten von Verben und Nomen nicht geeignet oder sogar unanwendbar. In einigen Arbeiten (Tsao 1989, 1990; Y.-F. Qu 1994, u. a.) wird diskutiert, was für NP n vorangestellt werden können, aber es wird kaum besprochen, bei welchen Verben die SOV - Abfolge möglich ist. Die SOV -Stellung kann auch verschiedene Fokusinterpretationen zulassen. Sie dient meistens dazu, das Resultat einer Handlung darzustellen: 134. Es ist A bewusst, dass B Hausaufgaben machen muss. Dann sagt B: Wo zuoye zuo wan le. ich Hausaufgabe machen fertig SP ‚Ich habe meine HAUS aufgaben / sie schon gemacht.‘ In 134 steht das verbale Prädikat im Fokus, während der Referent der Subjekt- und der der Objekt- NP Topik sind. Dabei ist keine Konstituente im Satz prosodisch prominenter als die anderen. Aber es gibt auch Fälle, in denen der Akzent 110 4 Definitheit im Chinesischen auf die Objekt- NP fällt. Für solche Fälle kann ein angemessener Kontext wie 135 konstruiert werden: 135. Es ist A bewusst, dass B nicht nur seine Hausaufgaben, sondern auch zusätzliche Übungen machen muss. Außerdem ist bekannt, dass B eine Aufgabe davon erledigt hat. Aber A weiß nicht, welche. Dann sagt B: Wo ZUOYE zuo wan le. ich Hausaufgabe machen fertig SP ‚Ich habe meine HAUS aufgaben schon gemacht (nicht die zusätzlichen Übungen).‘ In 135 ist die Objekt- NP allein fokussiert und mit den zusätzlichen Übungen in Kontrast gesetzt. 135 kann nämlich nur dann verwendet werden, wenn das fokussierte Element das einzige aus einer begrenzten Menge von Möglichkeiten ist, das den ausgesagten Sachverhalt erfüllt. Ein weiterer Kontext, der für die SOV -Sätze mit dem Akzent auf die Objekt- NP angemessen ist, wird mit 136 illustriert: 136. Es ist A bekannt, dass B sowohl seine Hausaufgaben als auch zusätzliche Übungen machen muss. A hat aber keine Ahnung, wie weit B mit diesen Aufgaben bisher gekommen ist. Dann sagt B: Wo ZUOYE zuo wan le. ich Hausaufgabe machen fertig SP ‚Ich habe meine HAUS aufgaben schon gemacht (die zusätzlichen Übungen noch nicht).‘ Bei 136 stellt das ganze Prädikat, nämlich zuoye zuo wan le den informativen Teil des Satzes dar. 136 impliziert zugleich, dass B die zusätzlichen Übungen noch nicht gemacht hat. In der Literatur werden oft Beispiele angeführt, in denen zwei SOV -Sätze gegenübergestellt werden und die Objekt- NP n einen kontrastiven Akzent tragen. Auffällig ist, dass das Objekt eine indefinite NP sein kann (137b): 4.2 Wortstellung und Definitheit 111 137. a. Wo cai chile, fan hai mei chi 1 SG vegetables eat- PERF rice yet NEG eat ‚I have already eaten the vegetables, but not the rice.‘ (Zhu & Fan 1999: 113) b. Wo yipian lunwen keyi yingfu, 1 SG 1- CL article can assume liangpian jiu bu xing le 2- CL then NEG possible PART ‚One article, I can handle, but two is impossible.‘ (Tsai 1994: 138) Die Objekt- NP n in 137a und b werden sehr unterschiedlich interpretiert: Als kontrastiver Fokus (Tsai 1994, Ernst & Wang 1995, Zhu & Fan 1999) oder als kontrastives Topik (Tsao 1990: 205-209, Paul 2002, L.-J. Xu 2003: 37-43). Nach meiner Ansicht handelt es sich bei 137 um denselben Fall wie bei 136, der Unterschied besteht lediglich darin, dass die Alternative in 137 explizit genannt wird. Bei 137 stehen die beiden Prädikate im Fokus, die einander gegenübergestellt werden. Die Objekt- NP n befinden sich in der Fokusdomäne. Schlussfolgernd lässt sich feststellen, dass der Referent der Objekt- NP im SOV -Satz verschiedene pragmatische Rollen übernehmen kann. Die Behauptung, dass die Objekt- NP ein sekundäres Topik oder ein kontrastiver Fokus ist, trifft nur teilweise zu. Tabelle 6 beschreibt die pragmatische Funktion des Referenten der Objekt- NP in der SOV -Stellung zusammen mit der Position des Akzents: Pragmatische Funktionen des Referenten der Objekt-NP in der SOV-Stellung Position des Akzents a. (sekundäres) Topik kein eindeutiger Akzent b. Fokus auf der Objekt- NP c. Teil des Fokus (das Prädikat ist der Fokus) Tabelle 6: Pragmatische Funktionen des Referenten der Objekt- NP in der SOV -Stellung und Position des Akzents 112 4 Definitheit im Chinesischen Diese Analyse hat den Vorteil, dass sie erklären kann, warum sowohl definite als auch indefinite NP n in der Objekt-Position zwischen S und V auftreten können. Wenn die Objekt- NP der Fokus / Teil des Fokus ist, kann ihr Referent beliebig identifizierbar oder nicht-identifizierbar sein. Dass diese Position meistens mit definiten NP n besetzt wird, lässt sich vor allem dadurch erklären, dass der unter a angegebene Gebrauch die häufigste Verwendung der SOV -Sätze darstellt. Weitere mögliche Faktoren, die für den Definitheitseffekt verantwortlich sein können, sind Aspekt und Verbalcharakter, auf die in dieser Arbeit nicht weiter eingegangen werden kann. Bei der OSV -Stellung liegt ein ähnlicher Fall wie bei der SOV -Stellung vor: Im unmarkierten Fall weist der OSV -Satz eine Topik-Kommentar-Gliederung auf, wobei der Verbalkomplex der Fokus ist und die Subjekt- und die Objekt- NP n Topikausdrücke sind. Aber der Akzent kann auch auf die vorangestellte Objekt- NP fallen, dann ist entweder die Objekt- NP allein fokussiert oder das ganze Prädikat steht im Fokus. 4.2.2.4 Die postverbale Position in präsentativen Sätzen 4.2.2.4.1 Präsentative Sätze In Chen 2004 werden einige Begriffe wie presentative sentences , existential sentences sowie object of presentative verb you nicht eindeutig definiert. Diese Begriffe werden in der Literatur unterschiedlich verwendet und müssen daher konkretisiert werden. Mit den Begriffen presentative und existential sentences meint Chen vermutlich die cun xian ju (wörtlich ‚Existenz-Auftauchen-Sätze‘) im Chinesischen, deren grundlegende kommunikative Funktion darin besteht, einen neuen Referenten in den Diskurs einzuführen. Unter diesem Begriff werden zwei Typen von Sätzen subsumiert, nämlich cunzai ju (wörtlich ‚Existentialsatz‘) und yin xian ju (wörtlich ‚Verschwinden-Erscheinen-Satz‘) (s. L.-D. Li 1986: 73 ff und Y.-H. Liu 2004: 719). 22 Im Folgenden werden cun xian ju als „präsentative Sätze“, cunzai ju sowie yin xian ju jeweils als „existentielle“ sowie „deskriptive Präsentativa“ bezeichnet. 23 Im Chinesischen weisen existentielle Präsentativa die Form Ort+V+ NP auf, wobei das Verb entweder das Existentialverb you oder das Kopulaverb shi (138a), oder ein Verb, das die Lage von Menschen und Dingen bezeichnet, z. B. zuo ‚sitzen‘, gua ‚hängen‘, zhang ‚wachsen‘, oder cha ‚stecken‘, usw. ist (138b): 22 Auch diese beiden Typen können jeweils in weitere Subtypen unterteilt werden, im Folgenden können nur die wichtigsten vorgestellt werden. 23 In der englischen Literatur werden Sätze, die zur Einführung neuer Referenten in den Diskurs dienen, als präsentative Sätze bezeichnet. Unter diesem Begriff werden zwei Ty- 4.2 Wortstellung und Definitheit 113 138. a. Zhuozi shang you / shi yi ben shu. Tisch auf existieren / sein ein KL Buch ‚Auf dem Tisch gibt es / ist ein Buch.‘ b. Zhuozi shang fang zhe yiben shu. Tisch auf liegen ASP dur ein KL Buch ‚Auf dem Tisch liegt ein Buch.‘ Deskriptive Präsentativa im Chinesischen treten in der Form (Ort / Zeit)+V+ NP auf, wobei das Verb meistens ein intransitives Verb ist, das entweder die Bewegung (z. B. zou ‚verlassen‘, lai ‚kommen‘) oder das Erscheinen und Verschwinden von Personen oder Gegenständen (z. B. fasheng ‚passieren‘, chuxian ‚vorkommen‘) bezeichnet: 139. a. Qianmian lai le yigeren. vorn kommen ASP perf ein Kl Person ‚Da vorne kommt jemand.‘ b. Zuotian fasheng le yi jian da shi. gestern passieren ASP perf ein Kl groß Sache ‚Gestern ist eine große Sache passiert. (Gestern ist etwas Großartiges passiert.)‘ Mit dem Begriff object of presentative verb you meint Chen vermutlich die NP direkt hinter dem Existentialverb you , das am Anfang einer Serialverbkonstruktion steht ( you +NP+V+Sonstiges). 24 Mit dieser Konstruktion wird ein neuer pen von Sätzen zusammengefasst, nämlich existentielle sowie deskriptive Präsentativa (Birner & Ward 1998): a existentiell: Es gibt […] b deskriptiv: Dann kam ein Mann. Sätze des ersten Typs enthalten ein existentielles Prädikat und eine Beschreibung des neu einzuführenden Referenten, dagegen enthalten Sätze des zweiten Typs Situationsbeschreibungen, die die Existenz des jeweiligen Referenten implizieren und in den meisten Fällen Informationen über die ‚Art des Erscheinens‘ zur Verfügung stellen. 24 Unter Serialverbkonstruktion versteht man „a monoclausal construction consisting of multiple independent verbs with no element linking them and with no predicateargument relation between the verbs“ (Haspermath 2016: 292). 114 4 Definitheit im Chinesischen Referent eingeführt und dann innerhalb desselben Satzes eine Aussage über diesen Referenten gemacht: 140. a. You ren tou le ta de che. existieren Person stehlen ASP perf sein DE Auto. ‚Es gibt eine Person, die sein Auto gestohlen hat. (Sein Auto wurde gestohlen.)‘ b. (You) yi wei jianghu-dalao ceng gen wo shuo, […] existieren ein Kl große Bruder jemals zu ich sagen ‚Ein alter Kumpel von mir hat mir einmal gesagt, […]‘ Diese Konstruktion ermöglicht, eine einzelne Proposition über einen neuen Referenten auszudrücken und wird von LaPolla (1990) als „presentational amalgam construction“ bezeichnet. 4.2.2.4.2 Die postverbale Position in präsentativen Sätzen und Indefinitheit Die postverbalen NP n in präsentativen Sätzen sind in der Regel indefinit, aber daraus ist nicht zu folgern, dass die Wortstellung im Chinesischen zur Markierung von (In)Definitheit dient. LaPolla (1990: 109) behauptet mit Verweis auf Lambrecht (1989), dass die invertierte Wortstellung (Subjekt in postverbaler Position) dazu dient, die Subjekt- NP zu „detopikalisieren“. Wie bereits erwähnt, ist die PF -Konstruktion im Chinesischen die unmarkierte Fokusstruktur und das Subjekt unmarkiertes Topik. Präsentative Sätze sind jedoch SF - Konstruktionen, das heißt, dass zwischen dem Subjekt und der durch den Satz ausgedrückten Proposition keine Topik-Kommentar-Relation besteht. Damit das Subjekt nicht als Topik interpretiert wird, kann es mit prosodischen oder morphosyntaktischen Merkmalen markiert werden, die mit dem fokalen Objekt in einer entsprechenden PF -Konstruktion verbunden sind. Diese Strategie wird in Lambrecht 2000 als O-Markierung (engl. O-marking) bezeichnet. Lambrecht (2000: 625) nennt sieben grammatische Merkmale von fokalen Objekten, eins davon ist die „specific linear position relative to the verb“. Genau dieses Merkmal wird dem Subjekt in chinesischen präsentativen Sätzen hinzugefügt: Das Subjekt wird als nicht-topikal und der Satz als SF -Struktur markiert, indem das Subjekt in die Objektposition gesetzt wird (Subjekt-Verb-Inversion). Bei den existentiellen Präsentativa muss die Position, die eigentlich durch ein topikales Subjekt besetzt wird, mit einem Lokaladverbial gefüllt wird (Lokative Inversion), während es bei den deskriptiven Präsentativen nicht obligatorisch ist. 4.2 Wortstellung und Definitheit 115 Das Hinzufügen des Existentialverbs am Satzanfang erfüllt dieselbe Funktion wie die syntaktische Inversion. Es wurde bereits früher darauf hingewiesen, dass indefinite Subjekte ( yi +Kl+N) in der Regel nicht am Satzanfang stehen können, vor ihnen muss das Existentialverb you hinzugefügt werden. Deswegen wird die Position hinter you häufig mit Indefinitheit in direkte Verbindung gesetzt, zum Beispiel wird in Y.-Z. Shi 2002 sogar die Behauptung aufgestellt, dass das Verb you schon zum Indefinitheitsmarker grammatikalisiert worden ist. Im Gegensatz dazu erklärt LaPolla (1990: 18) die Verwendung von you unter dem Gesichtspunkt der Informationsstruktur, und zwar wird die NP als nichttopikal gekennzeichnet, indem sie in die Objektposition des Existentialverbs gesetzt wird. Während die Behauptung von LaPolla über die Funktion der invertierten Wortstellung unbestreitbar ist, trifft seine Auffassung über die SF -Konstruktionen im Chinesischen nur teilweise zu: In a language such as English, a sentence focus sentence can have the same syntactic structure as a predicate focus sentence, but the subject NP will not be topical and there will be no prosodic stress on the verb. In Chinese, a sentence focus sentence cannot have the same structure as a predicate focus sentence. A presentative structure must be used to prevent a potentially topical NP from being interpreted as a topic. (1995: 310) Im Chinesischen können SF -Sätze durch syntaktische Inversion markiert werden, müssen aber nicht. In bestimmten Fällen unterscheiden sich die SF - Konstruktionen formal (syntaktisch und prosodisch) kaum von den PF -Konstruktionen: Wenn der Referent der Subjekt- NP identifizierbar ist, wird in der Regel keine Inversion vorgenommen. So tritt z. B. eine Sekretärin ins Büro des Chefs und sagt: 141. Liu Xiansheng lai le. Herr Liu kommen SP / ASP perf ‚Herr Liu ist gekommen.‘ 141 weist eine SF -Struktur auf, obwohl der Referent der Subjekt- NP Liu Xiansheng eindeutig identifizierbar ist. Dafür sprechen zwei Argumente: Erstens, das Subjekt in 141 ist nicht Agens, sondern Patiens; zweitens, 141 ist mit dem Kontext inkompatibel, in dem eine PF -Konstruktion gefordert wird. 141 ist nämlich keine angemessene Antwort auf die Frage: „Was ist denn los mit Herrn Liu? “ (vgl. Lambrecht 2000: 620-622) Außerdem ist es möglich, dass indefinite Subjekte direkt am Satzanfang stehen: 116 4 Definitheit im Chinesischen 142. a. Yi ge xiaohai zai hen kuai de pao. ein Kl Kind gerade sehr schnell DE v laufen ‚Ein Kind läuft gerade schnell.‘ b. ? Yi ge xiaohai pao de hen kuai. ein Kl Kind laufen DE adj sehr schnell ‚Es gibt ein Kind, das schnell laufen kann.‘ (L.-J. Xu 1997) In Fan 1985 wird zum ersten Mal darauf verwiesen, dass Sätze mit initialen indefiniten Subjekten im Chinesischen nicht selten sind. Seitdem wird kontrovers diskutiert, unter welchen Bedingungen solche Sätze gerechtfertigt sind. Darüber werden viele verschiedenartige Thesen entwickelt, von dessen ich hier auf zwei hinweisen möchte: Lu & Pan 2009 nennen drei Typen von Sätzen, die indefinite satzinitiale Subjekte erlauben, nämlich thetische, generische sowie „Distributivsätze“ (chin. fenpei ju ). S.-Y. Yao (2010) vertritt die Behauptung, dass indefinite Subjekte, die die Form yi +Kl+N aufweisen und satzinitial stehen, nur mit Stage-level-Prädikaten kompatibel sind. Dagegen können indefinite Subjekte, die bloße NP n sind und am Satzanfang auftreten, auch mit Individuallevel-Prädikaten verbunden werden. Als Beispiel für den letzteren Fall wird ein charakterisierender Satz genannt, wobei die Subjekt- NP auf eine Art referiert. 25 Ich möchte aber darauf hinweisen, dass alle ihre Beobachtungen zu dem Schluss führen, dass indefinite Subjekte in thetischen Sätzen zugelassen sind. Zuerst sind sowohl generische Sätze mit quantifiziertem Subjekt (143a) als auch die sogenannten Distributivsätze (143b) thetische Sätze. Folgende Beispiele sollen zur Illustrierung genügen: 143. a. Yi ge nianqing ren yinggai you zhiqi. ein Kl jung Person sollen haben Ehrgeiz ‚Junge Leute sollen ehrgeizig sein.‘ b. Yi ge ren ban yi kun. ein Kl Person tragen ein Kl ‚Jeder trägt ein Bündel.‘ 25 In der vorliegenden Arbeit werden artreferierende bloße NPn im Chinesischen als definit angesehen. Ihre Referenten sind identifizierbar, weil der Hörer nach der Einschätzung des Sprechers über Sprachwissen über Arten von Gegenständen verfügt, das als Teil des Weltwissens angesehen werden kann. Deswegen werden generische Sätze mit artreferierenden bloßen NPn als Subjekt aus der aktuellen Diskussion ausgeschlossen. 4.3 Fazit 117 In 143a wird mit der Subjekt- NP auf ein prototypisches Exemplar der Art referiert, deswegen ist sie weder identifizierbar noch spezifisch. Die generische Bedeutung ergibt sich nicht aus der NP , sondern aus dem gesamten Satz (s. Abschnitt 2.3). Auch die Subjekt- NP yi ge ren in 143b ist indefinit und nicht spezifisch, die Bedeutung jeder ergibt sich aus der speziellen Satzstruktur (s. Abschnitt 5.4.2.1). Es ist unmöglich, über einen Referenten, der für die beiden Sprechaktteilnehmer nicht identifizierbar ist, zu prädizieren. Zwischen dem Subjekt und der durch den Satz ausgedrückten Proposition besteht keine Topik-Kommentar-Relation. Deswegen handelt es sich bei Sätzen wie 143 a und b eindeutig um thetische Sätze. Zudem verdeutlichen die Beispiele 142a und 142b, dass Sätze mit Stage-level- Prädikaten leichter als thetisch interpretiert werden können. 142a ist im Vergleich zu 142b weniger akzeptabel. Der Grund könnte darin liegen, dass Prädikate wie gerade sehr schnell laufen Ereignisse bezeichnen. Dabei wird der Referent der Subjekt- NP nicht als Topik konstruiert, sondern als Ereignisteilnehmer. Dagegen drückt das Prädikat schnell laufen kann eine Eigenschaft aus, so dass 142b leicht als Topik-Kommentar-Gliederung interpretiert wird - dem Subjekt wird eine Eigenschaft zugesprochen. Aber ein indefinites Subjekt wird als Verstoß gegen diese natürliche Präsupposition empfunden. Um die Akzeptabilität von 142b zu erhöhen, muss seine Subjekt- NP als nicht-topikal gekennzeichnet werden, indem das Existentialverb you am Satzanfang hinzugefügt wird. 4.3 Fazit In Abschnitt 4.1 wurde ein Überblick über den aktuellen Forschungsstand über Definitheit im Chinesischen gegeben. Es ist festzuhalten, dass sich die Auffassungen von L&T (1975, 1978, 1981), Y.-Z. Shi (2002) und Chen (2004) nicht wesentlich voneinander unterscheiden. Man beobachtet, dass die Verteilung von definiten und indefiniten NP n im Satz eine gewisse Tendenz aufweist. Daraus folgern L&T, dass Definitheit im Chinesischen durch Wortstellung (und Determinative) ausgedrückt wird. Demgegenüber weist LaPolla (1990, 1995) ausdrücklich darauf hin, dass Wortstellung im Chinesischen nicht direkt mit Identifizierbarkeit korreliert, sondern mit der Informationsstruktur. Der beobachtete Definitheitseffekt ist nämlich nur ein Nebeneffekt der Informationsstrukturierung. Diese Ansicht wird von Chen (2004) geteilt und er hat explizit behauptet, dass Identifizierbarkeit im Chinesischen nicht eindeutig durch syntaktische Positionen markiert wird und dass die Hauptfunktion der Wortstellung nicht in der Markierung von Identifizierbarkeit besteht. Trotzdem ist er zu dem Ergebnis gekommen, dass die Identifizierbarkeit des Referenten im Chinesischen 118 4 Definitheit im Chinesischen durch positionelle Mittel signalisiert werden kann. In der Gesamtschau konzentrieren sich die bisherigen Untersuchungen über Definitheit / Identifizierbarkeit im Chinesischen primär darauf, den Zusammenhang zwischen Wortstellung, Determinativen und Definitheit zu beschreiben und daraus Gesetzmäßigkeiten abzuleiten. In Abschnitt 4.2 wurden einige Konstruktionen beschrieben, die eine markierte Wortstellung aufweisen und in ihrer nominalen Umgebung einen (In) Definitheitseffekt auslösen. Sie wurden häufig als Beweis dafür angeführt, dass Definitheit im Chinesischen über Wortstellung zum Ausdruck kommt. Das Chinesische hat die SVO -Abfolge als Basis und erlaubt Varianten wie SOV , OSV und VS . Die Abfolge von Subjekt, Verb und Objekt wird durch verschiedene Regeln bestimmt. Neben grammatischen Faktoren spielen auch kommunikative Faktoren wie Informationsstruktur eine wichtige Rolle. Es ist zu unterstreichen, dass die Umstellung der Reihenfolge im Chinesischen nicht immer möglich ist. Die markierten Abfolgen sind für viele Arten von Verben nicht geeignet oder sogar unanwendbar. In der Literatur ist z. B. die These weit verbreitet, dass die ba - NP ein sekundäres Topik ist. Diese These wurde in der vorliegenden Arbeit entkräftet. Einerseits kann die ba -Konstruktion aus grammatischen Gründen erforderlich sein: Im Chinesischen darf in der Regel nur eine wichtige Informationseinheit postverbal erscheinen. Wenn z. B. ein Objekt und ein Komplement (chin. buyu ) zusammen vorkommen, muss das Objekt in die Position vor dem Verb verschoben werden. Andererseits können die ba -Sätze zum Ausdruck der Informationsstruktur eingesetzt werden, aber sie sind in dieser Hinsicht nicht eindeutig: Wie Tabelle 5 zeigt, kann der Referent der ba - NP je nach dem Kontext in allen möglichen Relationen zu der Proposition stehen. Dann benötigt man für die indefiniten NP n, die hinter ba auftreten, keine spezielle Rechtfertigung. Das Phänomen, dass eine Position im Satz meistens von definiten oder indefiniten NP n besetzt wird, ist nicht auf Definitheit zurückzuführen, sondern ergibt sich aus dem Zusammenspiel mehrerer Faktoren wie Informationsstruktur, Aspekt, Verbalcharakter usw. Leider wurde dieser Themenbereich bislang kaum untersucht und stellt damit eine wichtige zukünftige Forschungsaufgabe dar. Abschließend darf festgehalten werden, dass Identifizierbarkeit im Chinesischen nicht durch Wortstellung systematisch markiert wird. Das Chinesische verfügt auch über Wörter, die den Determinativen im Deutschen ähneln. Es ist jedoch unklar, ob sie hinsichtlich Identifizierbarkeit dieselbe Wirkung haben. Im folgenden Kapitel wird der Schwerpunkt auf die chinesischen „Determinative“ gelegt, nämlich Demonstrativa, Pers+ de sowie yi +Kl. Es soll überprüft werden, ob sie wie ihre deutschen Entsprechungen Identifizierbarkeit oder Nicht-Identifizierbarkeit mit bezeichnen. 4.3 Fazit 119 5 NP -Formen im Chinesischen und Definitheit In der Literatur wird oft davon ausgegangen, dass Demonstrativa und Pers+ de Definitheit induzieren, während yi +Kl Indefinitheit mit bezeichnet. Anders als ihre deutschen Entsprechungen lassen sich Demonstrativa, Pers+ de sowie Numeralien im Chinesischen miteinander kombinieren und in unterschiedlichen Reihenfolgen anordnen. Im Rahmen dieser Arbeit können lediglich die am häufigsten verwendeten Formen vorgestellt werden: a. Personalpronomina b. Eigennamen c. NP n mit Demonstrativa - Dem+Kl+N - Dem+Num+Kl+N d. NP n mit Pers+ de - Pers+ de +N - Pers+ de +Dem+Kl+N - Pers+ de + yi +Kl+N e. bloße NP n f. Num+Kl+N g. yi +Kl+N ( yi +N, Kl+N) Tabelle 7: NP -Formen im Chinesischen Bei Tabelle 7 handelt es sich um eine überarbeitete Version von Tabelle 3 auf Seite 80: Einerseits wird Tabelle 3 um NP n mit Pers+ de erweitert, andererseits wird die Konstruktion Kl+N unter yi +Kl+N eingeordnet (zur Begründung s. Abschnitt 5.4.1). Es besteht Konsens darüber, dass Demonstrativa Definitheit induzieren. Was besonders erwähnenswert ist, dass es im Chinesischen Demonstrativa gibt, die artikelähnlich wirken. Dagegen ist umstritten, ob Pers+ de im Chinesischen wie Possessiva im Deutschen eine definite Interpretation bewirkt. Ferner wird in einzelnen Studien darauf hingewiesen, dass Num+Kl+N und yi +Kl+N auch de- 120 5 NP-Formen im Chinesischen und Definitheit finite Lesart zulassen. Diese These muss jedoch überprüft, ggfs. korrigiert und verfeinert werden. Im Folgenden wird auf die Konstruktionen c bis g näher eingegangen und sie werden hinsichtlich ihrer Interpretationsmöglichkeiten überprüft. 5.1 NPn mit Demonstrativa Die chinesischen Entsprechungen zu den deutschen Demonstrativa dies- und jen- sind zhe und na . 1 Im Chinesischen ist zwischen dem Demonstrativum und dem Kopfnomen meistens ein Klassifikator erforderlich, der unter bestimmten Bedingungen auch weggelassen werden kann (144a). Demonstrativa können auch in Verbindung mit einem Numerale auftreten, und zwar in der Reihenfolge Dem+Num+Kl+N (144b und 144c): 2 144. a. zhe / na (ge) haizi dies- / jen- Kl Kind b. zhe / na yi ge haizi dies-/ jenein Kl Kind c. zhe / na san ge haizi dies-/ jendrei Kl Kind Zhe und na können in allen Gebrauchskontexten auftreten, die typisch für Demonstrativa sind, was in Abschnitt 5.1.1 anhand von Beispielen illustriert wird. In der Literatur wird aber oft darauf verwiesen, dass sich Demonstrativa im Chinesischen in manchen Kontexten wie der definite Artikel verhalten (Lü 1990[1985]; Li & Thompson 1981: 132, S.-F. Huang 1999; Tao 1999, Fang 2002, 2012 usw.). Auf die artikelähnlichen Verwendungen von Demonstrativa im Chinesischen werde ich in Abschnitt 5.1.2 näher eingehen. 1 In einigen Quellen werden Demonstrativa im Chinesischen mit zhei und nei wiedergegeben. Dabei handelt es sich eigentlich um eine Verschmelzungsform aus dem Demonstrativum zhe / na und dem Numerale yi . Jetzt werden Demonstrativa vor anderen Numeralien auch so ausgesprochen. 2 Es ist zu beachten, dass 144a nicht einfach als die Kurzform von 144b angesehen werden kann, weil sie nicht immer ohne weiteres austauschbar sind. 5.1 NPn mit Demonstrativa 121 5.1.1 Gebrauchsweisen von Demonstrativa im Chinesischen Chen (2004: 1151) stellt fest, dass zhe und na in allen 4 Gebrauchskontexten auftreten können, die in Himmelmann 1997 ausführlich beschrieben sind. • Unmittelbar-situativer Gebrauch 145. Qing ba zhe / na ben shu di gei wo. bitte BA dies-/ jen- Kl Buch reichen zu ich ‚Bitte reich mir dieses / jenes Buch.‘ • Anaphorischer Gebrauch 146. Muqian quan guo you wuqianbabaiwan momentan ganz Land es gibt 58 Millionen liushou ertong, zhe xie ertong de fumu dou nestkalte Kinder dies- Kl Kind DE Eltern all zai chengshi li dagong […] Stadt in jobben ‚Zurzeit wachsen in China 58 Millionen Kinder auf dem Land ohne ihre Eltern heran. Die Eltern dieser Kinder arbeiten in den Städten […]‘ ( KT 13) • Diskursdeiktischer Gebrauch 147. Haizi yaobu you laoren daiyang, yaobu jisu Kind entweder von alte Leute aufziehen oder wohnen zai xuexiao, zhe liang zhong xingshi dou nanyi an Schule dieszwei Kl Form all kaum manzu haizi dui qinggan de xuqiu. befriedigen Kind nach Emotion DE Bedürfnis ‚Die Kinder werden entweder von ihren Großeltern groß gezogen oder leben in Internaten. Sowohl die eine als auch die andere Lösung wird den emotionalen Bedürfnissen der Kinder nicht gerecht.‘ ( KT 13) 122 5 NP-Formen im Chinesischen und Definitheit • Anamnestischer Gebrauch Allgemein herrscht die Ansicht vor, dass der anamnestische Gebrauch im Chinesischen immer durch na markiert wird. In 148 ist der Sprecher unsicher, ob der Hörer weiß, welchen Jungen er meint. Dann zögert er und versucht, den gemeinten durch einen restriktiven Relativsatz näher zu bestimmen. 148. Ta jiu gei na …… xiaohaizi, ……, gei na ge he then give that Kid give that CL huan ta maozi de xiaohaizi san ge bale. return he cap DE Kid three CL pear ‚He then gave the …… boy, …… the boy who returned the cap to him three pears.‘ (Chen 2004: 1152 f.) In Fang 2002, 2012 wird behauptet, dass im Peking-Dialekt sowohl zhe als auch na anamnestisch gebraucht werden können. Aber es lässt sich bezweifeln, ob der von ihr angeführte Satz tatsächlich ein Beispiel für den anamnestischen Gebrauch ist: 149. Yiqian wo zai beifang de shihou, you zhe years ago 1 SG in North REL time have Prox-Dem xiaomimian bingzi. Xianzai hai you ma? millet cake now still have PRT ‚When I was in the North, there was a kind of cake made of millet. Is that still available now? ‘ (Fang 2012: 59, Fettdruck im Original) In Fang 2002 wird 149 als „situational use“ bezeichnet, in Fang 2012 dagegen als „recognitional use“, ohne dass eine Begründung hierfür geliefert wurde. Nach Fang (2012) verweist das Demonstrativum zhe auf das den Gesprächsteilnehmern gemeinsame Wissen. Aber in 149 befindet sich die fettgedruckte NP in einem Existentialsatz und wird im direkt folgenden Fragesatz in Form der Zero-Anapher kodiert. Das ist die typische Art, wie ein neuer Referent in den Diskurs eingeführt wird. Wenn es sich dabei, wie Fang annimmt, um den anamnestischen Gebrauch handelte, würde der Sprecher direkt auf den Referenten Bezug nehmen: Nach dem Sprecher ist der Referent aufgrund zurückliegender kommunikativer Interaktionen oder eines gemeinsamen Erfahrungshorizonts im von Sprecher und Hörer geteilten Redeuniversum vorhanden. Deswegen 5.1 NPn mit Demonstrativa 123 braucht der Referent nicht nochmal in den Diskurs eingeführt zu werden, sondern muss nur reaktiviert werden. Daher lässt sich daran zweifeln, ob es sich hier tatsächlich um den anamnestischen Gebrauch eines Demonstrativums handelt. 5.1.2 Artikelähnliche Verwendungen von Demonstrativa 5.1.2.1 Grammatikalisierungsprozess des Demonstrativums In der Literatur sind zwei Ansätze über die Grammatikalisierung von Demonstrativa weit verbreitet. Einen bildet das Modell von Lehmann (1982: 95), das in Anlehnung an Greenberg (1978) entwickelt wurde und in Abbildung 4 zu sehen ist: Abbildung 4: Grammatikalisierungsprozess des Demonstrativums (Lehmann 1982: 95) Nach Lehmann (2002: 33) enthalten Demonstrativa drei Komponenten, nämlich ein demonstratives Element (Definitheit und Zeigegeste), ein deiktisches (Sprecher und Hörer, sichtbar vs. unsichtbar usw.) und ein kategoriales (adnominale oder pronominale Verwendung). Im ersten Schritt der Grammatikalisierung (s. Abbildung 4) schwächt sich die deiktische Komponente ab und ein deiktisch neutrales Demonstrativum entsteht, das vor allem anaphorisch gebraucht wird. Im zweiten Schritt wird die demonstrative Komponente auf Definitheit reduziert. In der weiteren Entwicklung kann Definitheit zu Spezifizität abgeschwächt werden. Wenn diese letzte referentielle Bedeutung verloren gegangen ist, bleibt nur noch die kategoriale übrig. Zum Schluss signalisiert das „Demonstrativum“ nur, dass das Wort, dem es hinzugefügt wird, ein Nomen ist und kann deswegen als Nominalisator dienen. Himmelmann (1997: 26 ff.) findet diese Modellvorstellung problematisch. Nach ihm wird nicht nur ein isoliertes Element, das Grammen, sondern ein Ausdrucksmuster (eine Konstruktion) von Grammatikalisierung betroffen. Daher dürfe man nicht sagen, dass sich ein Demonstrativum zu einem definiten Artikel entwickelt, sondern müsse vielmehr davon ausgehen, dass sich die Konstruktion Nomen+Deiktikon zu einem Ausdrucksmuster Nomen+grammatikalisiertes D-Element entwickelt. Er versteht den Grammatikalisierungsprozess im Wesentlichen als Kontextausweitung. Die Kontextausweitung kann auf drei unterschiedlichen Ebenen stattfinden (2004: 32 f.): 124 5 NP-Formen im Chinesischen und Definitheit • Aufgabe von Kollokationsbeschränkungen (engl. Host-class expansion): Die Typen von Elementen, die mit dem sich grammatikalisierenden Element zusammen in einer Konstruktion stehen, können erweitert werden. Zum Beispiel können Demonstrativa regelmäßig mit Eigennamen oder NPn auftreten, die unikal referieren (Unika, funktionale NP n usw.). • Ausweitung der syntaktischen Gebrauchskontexte (engl. Syntactic context expansion): Artikel treten zuerst typisch in Argumentpositionen auf, aber mit der Grammatikalisierung sind sie auch obligatorisch für Nomen in PP n geworden. • Ausweitung der semantisch-pragmatischen Gebrauchskontexte (engl. Semantic-pragmatic context expansion): Demonstrativa können nicht in den Gebrauchskontexten auftreten, die typisch für Definitartikel sind, nämlich dem abstrakt-situativen sowie dem assoziativ-anaphorischen Kontext. Mit der Grammatikalisierung werden ihre Gebrauchskontexte auch auf diese beiden Kontexte erweitert. Die Aufgabe von Kollokationsbeschränkungen vollzieht sich auf der Elementebene, die Erweiterung der Kontexte dagegen auf der Ebene des Ausdrucksmusters. 5.1.2.2 Artikelähnliche Verwendungen von Demonstrativa im Chinesischen 5.1.2.2.1 Fang 2002, 2012 3 In der chinesischen Literatur wird oft darauf hingewiesen, dass Demonstrativa im Chinesischen teilweise die Funktionen des definiten Artikels erfüllen. Aber das Phänomen ist kaum systematisch erforscht und oft mit einzelnen Beispielen illustriert. In Fang 2002 und 2012 wird die Grammatikalisierung von Demonstrativa im gesprochenen Peking-Dialekt untersucht. 4 Sie vertritt die Ansicht, dass die Entwicklung der Definitheitsmarkierung im Chinesischen nach zwei Schemata erfolgt: Im Peking-Dialekt haben sich Demonstrativa zum definiten Artikel entwickelt. Solche Demonstrativa kennzeichnen sich durch drei Merkmale: Erstens können sie nicht akzentuiert werden, zweitens werden ihre deiktischen 3 Fang 2012 sollte laut der Autorin die englische Version von Fang 2002 sein. Aber es wurde gegenüber der Originalversion an vielen wichtigen Stellen verändert. 4 Das Hochchinesische basiert sich auf dem Peking-Dialekt. Die Unterschiede zwischen den beiden Sprachen befinden sich vor allem im Bereich des Lexikons. 5.1 NPn mit Demonstrativa 125 Komponenten abgeschwächt und drittens wird der Klassifikator weggelassen. 5 In den Dialekten in Südchina, z. B. in der kantonesischen Sprache sowie in den Wu-Dialekten werden Klassifikatoren zum definiten Artikel grammatikalisiert, indem Demonstrativa weggelassen werden und die Bedeutung von Klassifikatoren abgeschwächt wird. Fang (2002: 352) verweist auf zwei definitorische Merkmale der Grammatikalisierung des Demonstrativums, die von Himmelmann (1996) postuliert wurden. Demonstrativa sind schon zum definiten Artikel grammatikalisiert worden, wenn sie vor NP n auftreten können, die einen einzigen Referenten haben, z. B. Eigennamen und Unika; oder wenn sie im assoziativ-anaphorischen Kontext gebraucht werden können. Nach Fang kann im Chinesischen nur das proximale Demonstrativum zhe in der Funktion des definiten Artikels verwendet werden, das distale na noch nicht: Im gesprochenen Peking-Dialekt kann zhe in Verbindung mit Eigennamen auftreten; außerdem kann zhe +N generische Bedeutung haben. Darüber hinaus kann zhe +N in einer assoziativ-anaphorischen Beziehung zu einer vorangehenden NP stehen (2012: 71-73). Die Beispiele in diesem Abschnitt stammen alle aus Fang 2012, Fettdruck im Original: • zhe +Eigennamen: 150. Ni yiwei ne! Zhe Lei Feng ke bu shi name 2 SG think PRT DEF Lei Feng quit NEG COP so hao dang de. easy act PRT ‚What do you think? It’s not so easy to act as Lei Feng.‘ • zhe +N mit generischer Bedeutung: 151. Ni zhidao ma, jiu zhe waiguoren ne, tamen shuohua 2 SG know PRT just DEF foreigner PRT 3 PL speak dou gen ganmao le shide, mei si sheng. all as catch-cold PERF same NEG four tone ‚Do you know? The foreigners sound like they are catching a cold; they don’t use tones at all.‘ 5 Das proximale Demonstrativum im Chinesischen trägt den vierten Ton, nämlich zhè. Wenn zh è mit dem Numerale yi zu einer Einheit verschmilzt, muss sie als zhèi ausgesprochen werden. Nach Fang trägt das zum Definitartikel grammatikalisierte Demonstrativum den neutralen Ton, ausgesprochen wie zhe . 126 5 NP-Formen im Chinesischen und Definitheit • zhe im assoziativ-anaphorischen Kontext: 152. Zai zhongguo ni yao zuo zhajiangmian, in China 2 SG want make noodles-with-soybean-paste ba zhe rou ge limian, pilipala yi bao, ba BA DEF pork put in sizzle one fry BA jiang wang li yi ge, jiu xingle. soybean-paste to inside one put just OK ‚In China, if you want to make soybean paste noodles, just put the minced pork into the pan and fry quickly, then take some soybean paste and mix it with the minced pork. Done! ‘ Es ist jedoch fraglich, ob es sich dabei tatsächlich um definite Artikel handelt. In 150-152 kann das Wort zhe problemlos weggelassen werden, ohne den Inhalt des Satzes zu verändern. Es lässt sich vermuten, dass zhe in den obengenannten Beispielen dazu dient, die Distanz zwischen dem Leser und dem Erzählten zu reduzieren. Durch die Verwendung von zhe wird dem Hörer der Eindruck vermittelt, dass die beschriebene Szene ihm direkt vor Augen steht. Dies ist auf die lokaldeiktische Qualität von zhe zurückzuführen, und zwar weist der Sprecher mit dem proximalen Demonstrativum auf Personen bzw. Objekte hin, die von ihm als räumlich oder zeitlich nah betrachtet werden. Allerdings kann ich dies nur als Vermutung äußern, weil die Sätze ohne Kontext präsentiert wurden. Die Analyse von Fang (2002, 2012) bietet aufschlussreiche Aspekte zu diesem Thema an und zeigt eine Richtung für weitere Forschungen auf. Aber es sind noch weitere artikelähnliche Verwendungen von Demonstrativa zu beobachten, die in Fang 2002 / 2012 nicht behandelt werden. Zum Beispiel stammt 153 aus einem Roman, der im Peking-Dialekt verfasst ist: 153. “Ye shi,” xiaohuozi yi zhuomo […] Zhe bian Liu Shunming yijing he na wei “banye” zou qi changzi […] ‚“Okay, then,” the youngster said […] By this time, Liu Shunming and the pedicab driver were squaring off […]‘ ( CCL -Korpus) In 153 bezieht sich die NP na wei banye ‚the pedicab driver‘ auf die NP xiaohuozi ‚the youngster‘ und wird mit Def+N im Englischen wiedergegeben. Anders als die Demonstrativa in 150-152 wird das distale Demonstrativum hier wie 5.1 NPn mit Demonstrativa 127 nèi ausgesprochen, obwohl es nicht akzentuiert wird. Außerdem enthält die unterstrichene NP in 153 einen Klassifikator. Auf solche Beispiele werde ich in Abschnitt 6.2.1 ausführlich eingehen. 5.1.2.2.2 Chen 2004 Chen (2004: 1154 ff.) vertritt die Ansicht, dass Demonstrativa im Chinesischen noch nicht zum definiten Artikel grammatikalisiert worden sind. Er behauptet mit Verweis auf S.-F. Huang (1999) und Tao (1999), dass sich die artikelähnlichen Verwendungen vorwiegend im anaphorischen und situativen Kontext finden. In den Kontexten, die für den definiten Artikel charakteristisch sind, nämlich dem abstrakt-situativen und dem assoziativ-anaphorischen Kontext, werden Demonstrativa entweder verboten oder nur selten gefunden. Dafür nennt er zwei Beispiele: 154. a. Zhe tianqi zhen guai, shi‘er yue le, ke yidian this weather really strange twelve month CRS but bit bu leng. not cold ‚The weather is really strange. It is December now, but it is not cold at all.‘ b. Ta mai le yi liang jiu che, na luntai dou he buy PFV one CL old car that tire even mo ping le. wear flat CRS ‚He bought an old car. All the tires are worn out.‘ Chen weist darauf hin, dass solche Verwendungen statistisch sehr selten sind und fast ausschließlich in der Umgangssprache auftreten. Außerdem könnte es sein, dass zhe und na in 154 keine Demonstrativa sind, sondern anzeigen, dass der Sprecher seinen Satz mit einem falschem Wort angefangen hat oder dass er z. B. nach einer passenden Formulierung sucht und zögert. Außerdem behauptet Chen mit dem Verweis auf Greenberg (1978: 61), dass die Grammatikalisierung vom Demonstrativum zum definiten Artikel dann vollzogen ist, wenn dieser für die Markierung von Definitheit obligatorisch ist. Im Chinesischen sind die meisten identifizierbaren NP n bloße NP n, das heißt, dass Identifizierbarkeit nicht obligatorisch explizit markiert wird. In Fang 2002 und Chen 2004 wird nicht erwähnt, ob Demonstrativdeterminative in den sogenannten nicht-familiären Kontexten auftreten können. Nach 128 5 NP-Formen im Chinesischen und Definitheit dem ersten Eindruck scheint das möglich zu sein. Das Demonstrativum kann in Kombination mit etablierenden Relativsätzen auftreten; außerdem kann es unter bestimmten Bedingungen vor Nomen stehen, die durch ein Adjektiv im Superlativ modifiziert oder durch einen Komplementsatz erweitert werden. Im Gegensatz dazu kann vor NP n mit genitivischen Attributen (wie the beginning of the war , Beispiel 73, Seite 36) sowie NP n mit den sogenannten „unexplanatory modifiers“ in der Regel kein Demonstrativum eingesetzt werden. NP n mit nominalen Attributen wie the colour red (Beispiel 75, Seite 36) korrespondieren im Chinesischen großenteils mit N 1 +Dem+Kl+N 2 , wobei N 1 gewöhnlich Eigennamen oder Pronomen sind. Auf Demonstrativa in nicht-familiären Kontexten soll in Abschnitt 6.2 näher eingegangen werden. 5.2 NPn mit Pers+de Die chinesische Sprache kennt keinen Begriff für Possessivdeterminativ. Im Chinesischen werden Personalpronomen / NP n in Kombination mit dem Strukturpartikel de verwendet, um ein Besitzverhältnis oder eine Zugehörigkeit auszudrücken. Diese Kombination wird gewöhnlich als Attribut bezeichnet. Es ist darauf hinzuweisen, dass Attribute (Adjektive, Relativsätze usw.) im Chinesischen in der Regel links vor dem Kopfnomen stehen. 155. a. wo de shu ich DE Buch b. laoshi de shu Lehrer(in) DE Buch In dieser Arbeit konzentriere ich mich ausschließlich auf die Form Pers+ de , die oft als direkte Entsprechung von Possessiva im Deutschen angesehen wird. 6 Anders als Possessiva im Deutschen kann Pers+ de mit Demonstrativa und / oder Numeralien zusammen auftreten, und zwar in folgenden Abfolgen: 6 Die Partikel de kann weggelassen werden, wenn es sich um besitzanzeigende Zusammenhänge zwischen Menschen handelt, z. B. wo baba ‚mein Vater‘, ta pengyou ‚der Freund / Freunde von ihm / ihr‘ (L&T 1981: 115). 5.2 NPn mit Pers+ de 129 156. Pers+ de +Dem+Kl+N a. wo (de) zhe ben shu mein DE dies- Kl Buch Pers+ de +Num+Kl+N b. wo de yi / liang ben shu mein DE ein / zwei Kl Buch Pers+ de +Dem+Num+Kl+N c. wo de zhe liang ben shu mein DE dieszwei Kl Buch Pers+ de kann auch hinter Demonstrativa oder Numeralien stehen, woraus sich eine markierte Reihenfolge ergibt: 157. Per+ de +Poss+Kl+N a. zhei ben Zhang San de shu dies- Kl Zhang San DE Buch Num+Per+ de +Kl+N b. yi / liang ben Zhang San de shu ein / zwei Kl Zhang San DE Buch Konstruktionen wie 157 a und b sind aber sehr selten: In der Untersuchung von Z.-S. Wu (2009) steht Pers+ de in 96 % aller Belege vor Demonstrativa oder Numeralien. Anders als im Deutschen ist im Chinesischen umstritten, wie NP n mit Pers+ de bezüglich Definitheit interpretiert werden. Possessivkonstruktionen mit Demonstrativa sind immer definit, aber bezüglich derjenigen ohne Demonstrativa, sprich Poss+N sowie Poss+Num+Kl+N, bestehen unterschiedliche Ansichten, die sich kaum vereinbaren lassen. Im Folgenden werden die Thesen in Huang 1982 und 1987, Chen 2002, 2004 sowie Partee 2006 vorgestellt und kritisch gewürdigt. Zur Unterscheidung zwischen definiten und indefiniten NP n greift Huang (1982: 64, 1987: 237-239) auf Existentialsätze zurück, und zwar können nur indefinite NP n in existentiellen you -Sätzen auftreten (s. Abschnitt 4.2.2.4). In Huang 1982 wird die Interpretationsmöglichkeit der Konstruktionen Poss+Num+Kl+N und Num+Poss+Kl+N getestet: 130 5 NP-Formen im Chinesischen und Definitheit 158. a. *you Zhangsan de sanben shu zai zher. EXIST DE three book at here b. you sanben Zhangsan de shu zai zher. Exist three DE book at here ‚There are three books here belonging to Zhangsan.‘ (1982: 64) Nach ihm ist 158b akzeptabel, 158a dagegen nicht. Deswegen ist er zu dem Ergebnis gekommen, dass Poss+Num+Kl+N definit, Num+Kl+Poss+N dagegen indefinit ist. Darüber hinaus weist Huang (1982: 65) auf einen weiteren Unterschied zwischen den beiden Konstruktionen hin: Die letztere impliziert (oder präsupponiert), dass Zhang San mehr als drei Bücher hat, während die erstere diese Implikation nicht enthält. In Huang 1987 wird die Behauptung vertreten, dass sich eine possessive NP im Chinesischen je nach dem Kontext definit oder indefinit interpretieren lässt: 159. a. Ta dale wode pengyou he hit- Perf my friend ‚He hit (one / some of) my friends.‘ b. You wode pengyou zai wuzili have my friend at roomin ‚There is / are a / some friend(s) of mine in the room.‘ Nach Huang (1987) kann die possessive NP in 159a definit oder indefinit sein, während die in 159b nur als indefinit zu verstehen ist. Aber es ist unklar, warum 158b von ihm als akzeptabel bewertet wird, 159b hingegen nicht. Zusammenfassend sieht er Pers+ de +N als indeterminiert an, Pers+ de +Num+Kl+N dagegen als definit. Lyons (1999: 132) schließt sich der Ansicht in Huang 1987 an und rechnet das Chinesische zu den AG -Sprachen, weil Possessiva im Chinesischen mit Demonstrativa zusammen auftreten können und hinsichtlich Identifizierbarkeit neutral sind. Das Chinesische unterscheidet sich jedoch in zwei Punkten von den typischen AG -Sprachen: Zum einen steht Pers+ de meistens allein vor dem Kopfnomen, während Possessiva in typischen AG -Sprachen von einem Determinativ begleitet werden müssen (s. Abschnitt 3.3). Zum anderen haben Pers+ de und Adjektive unterschiedliche syntaktische Distribution. Während Pers+ de immer vor dem Demonstrativum steht, befinden sich Adjektive im unmarkierten Fall zwischen dem Demonstrativum und dem Kopfnomen. In Chen 1986 werden alle NPn mit Pers+ de als definit betrachtet. Dagegen wird in Chen 2004 der Standpunkt vertreten, dass der Referent von Pers+ de + yi +Kl+N nicht-identifizierbar ist: 160. a. wo de qianbi my pencil ‚my pencil‘ b. wo-de yi ge pengyou my one CL friend ‚a friend of mine‘ Nach ihm (2004: 1157) hängt die Interpretation der possessiven NP davon ab, ob das „indefinite Determinativ“, nämlich yi +Kl, vorhanden ist; seine Abwesenheit in der Possessivkonstruktion impliziert eine definite Interpretation. In Partee (2006) wird auf die Interpretation von Pers+ de +N sowie die von Pers+ de +Num+Kl+N hinsichtlich Definitheit ausführlich eingegangen. Nach einer sorgfältigen Überprüfung der englischen Übersetzungen von chinesischen Possessivkonstruktionen in Huang 1982 und S.-F. Yang 2004 stellt Partee (2006) fest, dass die possessiven NP n im Chinesischen mit ihren englischen Pendants semantisch nicht identisch sind. Nach ihr kodieren Possessiva im Chinesischen Familiarität und Identifizierbarkeit, aber sie enthalten keine Präsupposition der Unikalität / Exhaustivität (Für eine ausführliche Erklärung s. Partee 2006). 161. a. Zhangsan de maoxianyi Zhangsan DE sweater a’ Zhangsan’s sweater b. Zhangsan de san jian maoxianyi Zhangsan DE three CL sweater b’ Zhangsan’s three sweaters 161a’ und b’ enthalten die Präsupposition, dass Zhangsan genau einen bzw. drei Pullover hat, 161a und b dagegen nicht. Partee übersetzt 161a und b jeweils in that sweater und those three sweaters , wobei those und that nicht akzentuiert und weder deiktisch oder anaphorisch verwendet werden. Diese Verwendungsweise 5.2 NPn mit Pers+ de 131 132 5 NP-Formen im Chinesischen und Definitheit wird von Partee als „familiar that / those “ bezeichnet. Aber es ist fraglich, ob 161a’ präsupponiert, dass Zhangsan genau einen Pullover hat. Vielmehr wird auf den einzigen Pullover referiert, der Zhangsan gehört und aus irgendeinem Grund identifizierbar ist. Zum Beispiel kann es sehr wahrscheinlich um den Pullover gehen, den Zhangsan jetzt trägt oder um einen Pullover von Zhangsan, der dem Sprecher und dem Hörer bekannt ist. Die Frage, wieviele Pullover Zhangsan überhaupt hat, wird hier gar nicht thematisiert. Wie in Abschnitt 2.4.2.1 erwähnt, ist der Begriff Unikalität / Exhaustivität nicht in einem absoluten Sinne zu verstehen, sondern immer abhängig von der Situation. In der folgenden Tabelle werden die Konzepte aus verschiedenen Literaturquellen zur Interpretationen von Possessivkonstruktionen hinsichtlich Definitheit zusammengestellt. Die Tabelle zeigt, dass es sehr umstritten ist, wie NP n mit Pers+ de hinsichtlich Definitheit interpretiert werden sollen. Pers+ de + Dem+Kl+N Pers+ de +N Pers+ de + yi +Kl+N Pers+ de + Num+Kl+N Huang 1982 / 1987: / +/ definit / +definit Chen 2004: +definit +definit definit / Partee 2006: / +definit / +definit Tabelle 8: Possessivkonstruktionen im Chinesischen und Definitheit Es ist darauf hinzuweisen, dass Pers+ de + yi +Kl+N und Pers+ de +Num+Kl+N getrennt betrachtet werden müssen, weil sich sich hinsichtlich des Mermals Identifizierbarkeit unterschiedlich verhalten. In dieser Arbeit konzentriere ich mich nur auf die ersten drei Kombinationen. Hier möchte ich einen Blick auf die deutsche Sprache werfen, in der Possessivkonstruktionen hinsichtlich Definitheit und Numerus eindeutig markiert sind. Je nach Kombination der beiden Merkmale „Definitheit“ und „Numerus“ entstehen mindestens vier Konstruktionen: [+Sing] [-Sing] [+def] sein Manuskript seine Manuskripte [-def] ein Manuskript von ihm eines seiner Manuskripte Manuskripte von ihm Tabelle 9: Possessivkonstruktionen im Deutschen Es ist interessant zu fragen, mit welchen Formen im Chinesischen die Konstruktionen in Tabelle 9 korrespondieren. Zuerst wird Poss+N in den Blick genommen: 162. a. Jemand hat sein Manuskript gelesen . a' You ren du guo ta de shougao. es gibt Mensch lesen ASP perf er DE Manuskript b. Marx hat seine Manuskripte nicht veröffentlicht. b' Marx meiyou chuban ta de shougao. Marx nicht veröffentlichen sein DE Manuskript. 162a und b zeigen, dass Poss+N mit Pers+ de +N übersetzt werden muss, bei dem nicht zwischen Singular und Plural unterschieden wird. Aber bei den indefiniten possessiven NP n ist die Sache viel komplizierter: 163. a. Kürzlich fand man alte Manuskripte von ihm. a' Bujiu qian renmen zhaodao le ta de jiu shougao. kurz vor man find ASP perf er DE alt Manuskript b. Maria hat ein Manuskript von ihm gelesen. b' Maria du guo ta de (yi fen) shougao. Maria lesen ASP perf er DE ein Kl Manuskript b'' Maria du guo yi fen ta de shougao. Maria lesen ASP perf ein Kl er DE Manuskript c. Wer ein Manuskript von ihm gelesen hat […] c' Kan guo ta de shougao de ren […] lesen ASP perf er DE Manuskript DE Mensch Indefinite possessive NP n im Plural müssen auch mit Poss+N wiedergegeben werden (163a und a’), wofür sich zwei Gründe nennen lassen: Zum einen stehen Attribute im Chinesischen in der Regel links vor dem Kopfnomen, zum anderen weisen Substantive im Chinesischen normalerweise keine Numerusunterscheidung auf. Im Gegensatz dazu können indefinite possessive NP n im Singular mit mehreren Formen im Chinesischen assoziiert sein: Eine mögliche Entsprechung ist Pers+ de + yi +Kl+N, aber yi +Kl kann weggelassen werden, wenn die Infor- 5.2 NPn mit Pers+ de 133 134 5 NP-Formen im Chinesischen und Definitheit mation über die Anzahl der Manuskripte im aktuellen Kontext nicht relevant ist (163b und b’) (s. Abschnitt 6.3.2). Eine weitere mögliche Übersetzung ist yi +Kl+Pers+ de +N (163b’’), das eine markierte Abfolge aufweist. Zudem gibt es Fälle, in denen die Verwendung von yi +Kl verboten ist: Bei 163c und c’ darf ein nicht explizit übersetzt werden, sonst wird der Eindruck erweckt, dass die Anzahl zu sehr betont wird ( EIN Manuskript, nicht ZWEI ). Aus Beispielen 162 und 163 ist ersichtlich, dass Pers +de+ N nicht nur hinsichtlich des Numerus, sondern auch hinsichtlich Definitheit ambig ist. Daraus lässt sich folgern, dass Pers +de lediglich die adjektivische Bedeutung „Verankerung / Zugehörigkeit“ hat und keine determinativische Bedeutung „Definitheitsinduktion“ trägt (vgl. Zifonun 2005). Das stützt die These in Huang 1987, dass Pers+ de +N im Chinesischen je nach dem Kontext definit oder indefinit interpretiert werden kann. Auf diese Problematik werde ich in Abschnitt 5.1 zurückkommen, in dem die Gültigkeit der obengenannten Thesen empirisch überprüft wird. 5.3 Allquantifizierte NPn Allquantoren suoyou / yiqie ‚all-‘, mei / ge ‚jed-‘bewirken im Chinesischen auch eine definite Interpretation: 164. a. Tebie shi laoren jianzhi ba ziji suoyou de besonders sein alte Leute überhaupt BA sich all DE shijian he xingqu dou gei le haizi. Zeit und Hobby all geben ASP perf Kind ‚Besonders die alten Menschen verwenden all ihre Zeit und Aufmerksamkeit für die Kinder.‘ ( KT 13) b. […] mei ge ren dou ti zhe da bao jed- Kl Person all nehmen ASP dur groß Tasche xiao bao de da sheng rangrang zhe […] klein Tasche DE laut Stimme schreien ASP dur ‚Ein jeder versuchte sich, mit Tüten jeder Größe beladen, geräuschvoll Gehör zu verschaffen.‘ ( KT 9) Außerdem kann im Chinesischen mit dem Adverb dou ‚all‘, das vo n Lee (1986) als „the distributive or totalizing marker“ bezeichnet wird, auf die Gesamtheit 5.4 Yi +Kl+N 135 Bezug genommen werden. Das Adverb dou kann mit einer NP im Plural zusammen auftreten, die immer links von dou steht. Die beiden stehen in der Regel nahe beieinander, müssen aber nicht adjazent sein (Huang et al. 2009: 180). Dabei sagt dou aus, dass ein Prädikat auf alle Individuen zutrifft, die von der NP denotiert werden. 165. Jintian xuesheng dou qu canguan le. heute Studenten all gehen besichtigen SP / ASP perf ‚Heute sind alle Studenten zum Besichtigen gegangen.‘ 5.4 Yi+Kl+N Im Chinesischen wird die grammatische Kategorie Numerus lediglich bei Pronomen und Nomen angezeigt, die auf Menschen verweisen. Das heißt, dass bei den meisten Nomen keine Differenzierung von Singular und Plural ausgedrückt ist. Die Bezeichnung der genauen Anzahl von Gegenständen erfolgt im Chinesischen durch Numeralien und Klassifikatoren, wobei die letzteren die ersteren mit Nomen verbinden. Es ist wichtig hervorzuheben, dass yi +Kl+N sowohl Singularals auch Pluralbedeutung haben kann. Das hängt davon ab, ob der Klassifikator ein individuelles (166a) oder ein kollektives Zähleinheitswort (166b und c) ist: 166. a. yi ge ren ein Kl Person ‚eine Person‘ b. yi qun ren ein Kl Gruppe Person ‚eine Gruppe von Leuten‘ c. yi xie ren 7 ein Kl Person ‚einige / ein paar Leute‘ 7 Yi vor einigen Klassifikatoren kann nicht gegen andere Numeralien ausgetauscht werden, zum Beispiel bilden yi und xie eine Einheit, in der die numerale Bedeutung von yi 136 5 NP-Formen im Chinesischen und Definitheit Es ist anzumerken, dass yi in yi +Kl+N unter bestimmten Bedingungen weggelassen werden kann, worauf ich in Abschnitt 5.4.1 eingehen werde. Außerdem gibt es Nomen, die sich direkt mit Numeralien verbinden lassen. Dazu gehören vor allem Zeitnomina wie tian ‚Tag‘, nian ‚Jahr‘ sowie Bezeichnungen für Verwaltungseinheiten wie guo ‚Staat‘, sheng ‚Provinz‘ usw. Wenn nicht anders angegeben, so wird yi +Kl+N in dieser Arbeit als Oberbegriff für alle drei Formen verwendet, nämlich yi +Kl+N, Kl+N sowie yi +N. In der Literatur über Definitheit im Chinesischen liest man oft, dass sich yi (+Kl) wie der indefinite Artikel in den europäischen Sprachen verhält. Diese Auffassung ist aber nicht ganz korrekt: Yi (+Kl) kann mit Demonstrativa oder Possessiva kombiniert werden, was im Deutschen zumindest nicht üblich ist. Außerdem werden die meisten indefiniten NP n im Chinesischen nicht von yi (+Kl) begleitet. Yi (+Kl) wird wesentlich seltener gebraucht als der indefinite Artikel im Deutschen (s. Abschnitt 6.3). 5.4.1 Verwendungsweisen von yi Lyons (1999: 98) verweist mit Bezug auf L&T (1981) darauf, dass sich die Verwendung von yi +Kl im Chinesischen auf indefinite, spezifische Kontexte beschränkt. Aber das wird von L&T gar nicht behauptet: Die von Lyons zitierten Beispiele dienen in L&T 1981 dazu, referentielle sowie nicht-referentielle NP n im Chinesischen zu demonstrieren. Nach L&T (1986: 126) ist eine NP referentiell, wenn sie zum Referieren auf eine Entität verwendet wird. Dagegen denotieren nicht-referentielle NP n eine Qualität. Als Beispiel werden folgende Sätze angeführt: 167. a. men -kou zuo -zhe yi -ge nü -haizi. door -mouth sit - DUR one - CL female -child ‚In the doorway was sitting a girl.‘ (1981: 126) b. wo mei you qianbi. I not exist pencil ‚I don’t have a pencil.‘ (1981: 129) 167b soll lediglich ein Beispiel für nicht-referentielle NP n liefern. Im Chinesischen kann yi +Kl+N nicht im Skopus des Negationswortes mei auftreten, außer verloren gegangen ist (166c). wenn yi akzentuiert ist. Dennoch gibt es Fälle, in denen yi +Kl+N auch nichtspezifische Lesart haben kann (s. Beispiel 171). 8 In Chen 2004 (1159 f.) wird festgestellt, dass yi +Kl alle fünf Phasen der Grammatikalisierung durchlebt hat und alle Hauptfunktionen des indefiniten Artikels im Englischen erfüllt. Im Folgenden werden die Verwendungsweisen von yi +Kl, nämlich Numerale (168), Präsentativmarker (169), Marker der Spezifizität (170), Marker der Nicht-Spezifizität (171) sowie genealisierter Artikel (172) jeweils mit einem Beispiel aus meinem Korpus veranschaulicht: 168. Xianzai fuyang yi ge haizi yong de qian jetzt ernähren ein Kl Kind verwenden DE Geld bi guoqu liang ge haizi hua de hai duo. Vergleich früher zwei Kl Kind kosten DE noch viel ‚Heute wird für das eine Kind mehr ausgegeben als früher für zwei.‘ ( KT 26) 169. Guoqu you yi ge hen youqu de xianxiang […] früher es gibt ein Kl sehr interessant DE Erscheinung ‚In der Vergangenheit gab es ein sehr interessantes Phänomen […]‘ ( KT 26) 170. Rujin xiao fuqi lia yijing yongyou yi nun klein Ehepaar zu zweit schon besitzen ein tao wu dai zhufang […] Kl ohne Kredit Wohnung ‚Das Paar besitzt nun eine Wohnung, für die es keinen Kredit aufnehmen musste, […]‘ ( KT 2) 171. Ba bu gai you yi ge haizi chengdan de BA nicht sollen von ein Kl Kind tragen DE fudan, gai shi shei de jiu huan gei shei, […] Last sollen sein wer DE dann zurückgeben geben wer ‚Ich habe Verantwortlichkeiten, die einem Kind eigentlich nicht aufgebürdet werden sollten, denjenigen zugeordnet, denen sie gehören, […]‘ ( KT 13) 8 NPn im Skopus der Negation wird von Lyons (1999) als nicht-spezifisch angesehen. 5.4 Yi +Kl+N 137 138 5 NP-Formen im Chinesischen und Definitheit 172. Laoren dai haizi zai zhongguo sihu alte Menschen aufpassen Kind in China anscheinend shi yi ge chuantong, […] sein ein Kl Tradition ‚Dass die alten Menschen auf die Kinder aufpassen, scheint in China Tradition zu sein.‘ ( KT 13) Als Numerale ist yi immer akzentuiert, in den folgenden 4 Phasen dagegen nicht. Laut Chen (2002: 1179) besteht eine positive Korrelation zwischen dem Verlust von yi an phonologischem und morphologischem Gewicht und dem Grad der Grammatikalisierung: Je mehr yi +Kl grammatikalisiert ist, desto wahrscheinlicher ist es, yi wegzulassen. Als Numerale kann yi nicht weggelassen werden; demgegenüber ist yi in den übrigen 4 Phasen weglassbar, falls es nicht am Anfang des Satzes steht und nicht gegen die prosodischen Regeln verstößt (s. Lü 1944 / 1990). Zum Schluss ist Chen zu dem Ergebnis gekommen: „The extent of the phonological reduction of the Chinese numeral yi correlates perfectly with the order of its development“. Gegen diese Behauptung lässt sich einwenden, dass die Weglassbarkeit von yi von seiner syntaktischen Position und von der phonologischen Umgebung abhängt. Yi ist nämlich nur dann weglassbar, wenn sich yi +Kl+N in einer lexikalisch regierten Position befindet (Cheng & Sybesma 1999) und wenn sowohl das Prädikatsverb als auch der Klassifikator einsilbige Wörter sind (C.-H. Liu 2001). 9 Diese Feststellung wird auch anhand meines Korpus bestätigt: Sie trifft auf alle 22 Belege für Kl+N zu, die im Korpus zu finden sind. Unter den Belegen gibt es sowohl spezifische, als auch nichtspezifische sowie nicht-referentielle NPn. Hinsichtlich der Akzeptabilität lassen sich keine Unterschiede nachweisen. Das heißt, dass die Weglassbarkeit von yi mit seiner Gebrauchsweise bzw. dem Grad seiner Grammatikalisierung nichts zu tun hat. Obwohl yi in allen 5 Kontexten auftreten kann, stellt Chen (2004: 1162) fest, dass es sich noch nicht zum indefiniten Artikel entwickelt hat. Für seine These sprechen zwei Indizien: Zum einen lässt sich yi sowohl adnominal als auch pronominal gebrauchen, während ein indefiniter Artikel nach Heine (1997: 71) nicht als Pronomen zu verwenden ist. Zum anderen muss ein nicht-identifizier- 9 In C.-H. Liu 2001 werden nur yi +Kl+N-Konstruktionen in Objektposition untersucht, aber ihre Beobachtung gilt sehr wahrscheinlich auch für NPn, die von einer Präposition regiert werden. barer Referent im Singular im Englischen durch a begleitet werden, während das im Chinesischen nicht der Fall ist. 5.4.2 Yi+Kl+N, das als definit interpretiert wird In der Literatur wird gelegentlich anhand von Einzelbeispielen dargestellt, dass yi +Kl+N definit interpretiert werden kann (L&T 1975, Chen 2002, 2004, C.- R. Fan 2007, u. a.). Bei näherer Betrachtung lässt sich aber feststellen, dass viele Ausdrücke in diesen Beispielen irrtürmlich als definite NP n analysiert wurden. 5.4.2.1 Li & Thompson (1975) Wie in Abschnitt 4.1.1 erwähnt, vertritt L&T (1975: 177 ff.) die Behauptung, dass ein Nomen am Satzanfang definit interpretiert werden muss, auch wenn vor dem Nomen ein yi vorhanden ist. Dabei unterteilen sie die yi +Kl+N-Phasen, die satzinitial auftreten, in vier Gruppen, nämlich generic (173a), a member of a definite set (174), elliptical sentences (175a) und each (176a). Zur Veranschaulichung werden für jeden Kontext ein bis zwei Beispiele angeführt, mit denen ihre Behauptung aber nicht bekräftigt, sondern eher in Frage gestellt wird. Nach L&T hat die NP yi ge ren in 173a eine generische Bedeutung. Generische NPn enthalten bekannte Informationen und sollen als definit betrachtet werden. 173. a. Yi-ge ren shuijiao de shihou, one-class. person sleep subord.marker time changchang zuo meng. often make dream ‚When a person sleeps, he often dreams.‘ b. Ta yi ge ren shuijiao de shihou, changchang zuo meng. ‚Wenn er allein schläft, träumt er oft.‘ c. You yi ge ren shuijiao de shihou, changchang zuo meng. ‚Es gibt eine Person, die oft träumt, wenn sie schläft.‘ d. Ren shuijiao de shihou, changchang zuo meng. ‚Oft träumen die Menschen, wenn sie schlafen.‘ Aber in der Wirklichkeit handelt es sich bei 173a um einen unvollständigen Satz. Am Satzanfang muss entweder ein Subjekt (173b) oder ein Existentialverb you (173c) hinzugefügt werden. In 173b ist ta das Subjekt, während die NP yi ge 5.4 Yi +Kl+N 139 140 5 NP-Formen im Chinesischen und Definitheit ren als Adverbial fungiert und die Bedeutung ‚allein‘ hat. Bei 173c wird mit der unterstrichenen NP ein neuer Referent eingeführt und zugleich eine Aussage über ihn gemacht. Wenn man eine allgemeingültige Aussage machen möchte, muss man bloße NP n verwenden (173d). Wie in Abschnitt 1.1.1 erwähnt, ist die Verwendung von yi +Kl+N in charakterisierenden Sätzen im Chinesischen nur sehr eingeschränkt zugelassen. Die Bezeichnung „a member of a definite set“ in L&T 1975 entspricht ungefähr dem Begriff „verankert“ in Lambrecht 1994: 174. Yi-ge nongfu shuo, „wo xiang-chu yi-ge banfa le.“ one class. peasant say I think-out one-class. way asp. ‚One of the peasants said, „I’ve thought of a way.“ Von L&T (1975: 175) werden NP n, deren Referent mit einem anderen bekannten Referenten verbunden ist, als definit betrachtet: A sentence-initial noun phrase beginning with yican occur with a meaning ‚one of the N‘s‘. Again, we regard this as a type of definite noun phrase: the set referred to is known information, even though the particular member may not be. Nach der heute üblichen Definition muss der Referent der unterstrichenen NP jedoch als nicht-identifizierbar, verankert bezeichnet werden. Mit „elliptical sentences“ werden Sätze gemeint, in denen das Subjekt weggelassen wird. Nach L&T handelt es sich bei 175a um die elliptische Form von 175b. Aber sie gestehen selbst ein, dass solche Sätze nicht für alle Chinesisch- Muttersprachler akzeptabel sind. 175. a. Yi-ge ren da-po le nage chuanghu. one-class. person hit-be broken asp. that window ‚He broke that window by himself.‘ b. Ta yi ge ren da-po le na ge chuanghu. ‚Er hat das Fenster allein kaputt eingeschlagen.‘ In der Tat ist das Weglassen des Subjekts nur dann möglich, wenn 175a ein Teilsatz ist und dasselbe Subjekt wie der vorausgehende Teilsatz hat. Es ist zu beachten, dass die NP yi ge ren hier nicht das Subjekt, sondern ein Adverbial ist. Sie hat als Ganzes eine idiomatisierte Gesamtbedeutung, nämlich allein . Für Beispiel 176a führt L&T (1975: 177) eine ähnliche Begründung wie bei 174 an, die sich als nicht stichhaltig erweist: „Hence the ‘each’ noun, yi-ge ren ‘each person’, in (38) must belong to a set of people that is already known to the hearer and the speaker.“ 176. a. Yi-ge ren chi yi-kou. one-class. person gets one mouth(ful) ‚Each person gets one mouthful.‘ b. Liang ge ren chi yi-fen. zwei Kl Person essen eine Portion ‚Alle zwei Personen bekommen jeweils eine Portion.‘ (Beispiel von mir) Obwohl yi ge ren hier mit each person übersetzt wird, darf yi nicht mit each gleichgesetzt werden, weil die Bedeutung each nicht Bestandteil der lexikalischen Bedeutung von yi ist, sondern sich aus dem Satz ergibt. Ein Beweis dafür ist, dass yi in 176a durch andere Numeralien ersetzt werden kann und der neu entstandene Satz (176b) immer noch eine „distributive“ Bedeutung hat. Meiner Ansicht nach handelt es sich bei 176a um einen charakterisierenden Satz und die NP yi ge ren hat eine indefinite, nicht-spezifische Lesart. In diesem Satz ist yi Numerale und gibt die Anzahl der gemeinten Personen an. 5.4.2.2 Chen (2002) Nach Chen (2002) hat yi +Kl eine spezifische Verwendungsweise entwickelt, die in anderen Sprachen noch nicht beobachtet worden ist, und zwar kann yi +Kl mit einem definiten Ausdruck kombiniert werden, wobei yi meistens weggelassen wird. Es sind vor allem zwei Konstruktionen zu nennen, nämlich yi +Kl+Eigennamen / Verwandtschaftsbezeichnung (im Folgenden als yi +Kl+E / V bezeichnet, 177a und b) und yi +Kl+N nach dem Objektmarker ba (178): 5.4 Yi +Kl+N 141 142 5 NP-Formen im Chinesischen und Definitheit 177. a. Dangxia xia de (yi) ge Zhang San mudengkoudai. instantly scare CSC one CL Zhang San dumbstruck ‚Zhang San was instantly struck dumb with fear.‘ b. Ta qiannian si le ge die, qunian you he year: before: last die PFV CL father last: year again si le ge niang. die PFV CL mother ‚His father died the year before last, and his mother died last year.‘ 178. Ta bei pengyou ba (yi) ge taitai gei pian he BEI friend BA one CL wife PP cheat zou le. away CRS ‚He suffered from his friend cheating his wife away from him.‘ (Beispiele aus Chen 2002: 1173) Chen (2002: 1173) betrachtet (yi) ge Zhang San in 177a, ge die und ge niang in 177b sowie (yi) ge taitai in 177c als definite NP n. Diese spezielle Verwendungsweise wird von Chen dem indefiniten this im gesprochenen Englisch gegenübergestellt: Im Englischen wird this zur Einführung eines nicht-identifizierbaren Referenten verwendet, um diesen Referenten als thematisch wichtig zu markieren. Dagegen wird ein identifizierbarer Referent im Chinesischen durch (yi) +Kl als thematisch unwichtig markiert: The indefinite determiner in the special use with definite referents serves to indicate that the entity in question is of low thematic importance, thus cancelling the otherwise high expectation for the expression to recur frequently in the following discourse. (2002: 1176) Außerdem weist er darauf hin, dass yi in Beispielen wie 177 häufig weggelassen wird: […] it is still possible to have ‘yi’ in front of the classifier, it is much more common to omit it when the indefinite determiner is in its special use with definite expressions. (2002: 1177) Die Analyse von Chen bereitet allerdings einige Probleme: Einerseits sind Beispiel 177a - c nach meinem Sprachgefühl grammatisch nicht korrekt, wenn yi vorhanden ist. Dann wird der Hörer fragen: „Warum EIN Zhang San? Gibt es noch andere Menschen, die Zhang San heißen? “ oder „Warum EINE Frau? Wie viele Frauen hat er überhaupt? “ Andererseits ist aufgefallen, dass die Beispiele 177a - c grammatisch richtig sind, wenn das Wort ge weggelassen wird. Somit wird der Status von ge als Klassifikator stark in Frage gestellt. Es lässt sich annehmen, dass ge in 177a - c Partikel ist und vor allem dazu dient, eine lockere, ungezwungene Ausdrucksweise zu fördern. Die Sätze mit ge sind umgangssprachlich gebräuchlich, während die ohne ge als standardsprachlich gelten. Diese Annahme findet Unterstützung bei Y.-S. Zhang (2002, 2005), der darauf hinweist, dass das Wort ge in V+ ge +Nsowie ba + ge +N+V-Konstruktionen in zwei unterschiedlichen Funktionen auftreten kann, nämlich als Klassifikator oder als zhuci , wörtlich ‚Hilfswort‘ (179a und b). Ein wichtiges Unterscheidungskriterium ist es, ob direkt vor ge ein Numerale hinzugefügt werden kann (Beispiele zitiert aus Y.-S. Zhang 2005): 179. a. Wo mai le (yi) ge shouji. ich kaufen ASP perf ein Kl Handy ‚Ich habe ein Handy gekauft.‘ b. Youdeng guang yi shan, wo yanjiao sao jian Öllampe Licht einmal flackern ich Augenwinkel blicken ta haoxiang ba (yi) ge gugunangnang de madai er anscheinend BA ein Kl prall gefüllt DE Sack shunshou liao zai men beihou. ruhig stellen Tür hinter ‚Als die Öllampe einmal kurz flackerte, habe ich im Augenwinkel gesehen, dass er anscheinend einen prall gefüllten Sack ruhig hinter die Tür gestellt hat.‘ Die unterstrichenen NP n in 179a und b sind „echte“ yi +K+N-Phasen. Das Wort ge ist Klassifikator und dient vor allem dazu, transnumerale Nomina zu individualisieren und „zählbar“ zu machen. Im Gegensatz dazu ist ge in 177a - c zur Partikel grammatikalisiert worden und erfüllt ganz andere Funktionen. 10 10 Es ist umstritten, ob ge zum Hilfswort grammatikalisiert worden ist. Aber das ist für die aktuelle Diskussion nicht relevant. Wichtig ist, dass ge in den Beispielen, die von Chen (2002, 2004) genannt werden, kein Klassifikator ist. 5.4 Yi +Kl+N 143 144 5 NP-Formen im Chinesischen und Definitheit 5.4.2.3 C.-R. Fan (2007) C.-R. Fan (2007: 112-114) führt in ihrer Dissertation ein paar Beispiele für yi +Kl+N mit definiter Interpretation an, die sich in drei Gruppen einteilen lassen, nämlich yi +Kl+N im assoziativ-anaphorischen Kontext (180a und b), anaphorisch gebrauchtes yi +Kl+N (182) und yi mit der Lesart komplett, völlig (183). 11 Bei 180 a und b stehen die unterstrichenen NP n jeweils in einer assoziativanaphorischen Beziehung zu dem Personalpronomen ta und der NP yi ge nüren : 180. a. Ta zou de yaoyaohuanghuang, er gehen DE schwankend yi zhang xiao lian sha bai. ein Kl klein Gesicht sehr blass ‚Er taumelt hin und her, sein kleines Gesicht ist sehr blass.‘ b. You yi fu chatu hua zhe yi ge nüren, es gibt ein Kl Abbildung malen ein Kl Frau chuan yi jian tanxionglubei de lianyiqun, tragen ein Kl knapp DE Kleid yi shuang yanjing you da you aiyuan, ein Paar Augen sowohl groß als auch traurig jiemao chang de xiaren. Wimpern lang DE schrecklich ‚Auf einer Abbildung ist eine Frau, die ein knappes Kleid trägt, ihre Augen sehen groß und traurig aus, ihre Wimpern sind schrecklich lang.‘ Das Nomen lian ‚Gesicht‘ ist ein funktionales Nomen, während yanjing ‚Auge‘ ein relationaler Begriff ist. Aber die NP yi shuang yanjing , wörtlich ‚ein paar Augen‘, ist ein Funktionalbegriff, weil sie eine unzweideutige Relation zu dem Besitzer herstellt. In dem Rahmen, der von den vorausgehenden NP n gesetzt wird, kann der gemeinte Referent eindeutig identifiziert werden. Hier dient yi +Kl nicht in erster Linie zur Angabe der Anzahl, sondern zur näheren Bestimmung des Kopfnomens. Durch die Verwendung von yi +Kl wird der intendierte 11 Beispiel 180b wurde von Fan aus Liu (2000) zitiert. Der erste Teilsatz, der den Antezedens enthält, wurde von Fan weggelassen. Um den kontextuellen Zusammenhang zu verdeutlichen, habe ich den ganzen Satz aus Liu (2000) zitiert. Referent sehr anschaulich und bildlich beschrieben, so dass man sich die gesamte Szenerie gut vorstellen kann (vgl. J.-H. Yang 2000). Diese Funktion ist an folgenden Beispielen noch deutlicher zu erkennen: 181. a. yi lun ming yue ein Kl Rad hell Mond ‚ein runder, heller Mond‘ b. yi wan xin yue ein Kl krumm neu Mond ‚ein Neumond‘ Obwohl das Nomen Mond ein Unikum ist, tritt es mit yi +Kl zusammen auf. Der Klassifikator lun schreibt dem Kopfnomen in 181a die Eigenschaft „rund“ zu, während der Klassifikator wan in 181b die Eigenschaft „krumm“ darstellt. Solche Verwendungen kommen vor allem in literarischen Werken vor und sind in meinem Korpus (aus Zeitungstexten) nicht vertreten. Es wurde nicht nur von Fan, sondern auch von anderen Sprachwissenschaftlern behauptet, dass yi +Kl+N anaphorisch gebraucht werden kann. 182. Dao liu dian duo zhong, Tang xiaojie hao wu bis sechs Uhr mehr Uhr Frau Tang gar kein yinxin, ta huang qilai le, you bu gan Meldung er nervös Komp R SP aber nicht wagen da dianhua wen Su Xiaojie. Qi dian zuoyou, yi telefonieren fragen Frau Su sieben Uhr ungefähr ein ge ren yangyang de duo dao E’meichun […] Kl Mensch traurig DE schlendern zu E’meichun ‚Bis etwa 6 Uhr hat sich Frau Tang nicht gemeldet, er wurde unruhig, traute sich aber nicht, Frau Su telefonisch nach ihr zu fragen. Etwa um sieben Uhr schlendert er allein traurig zum E’meichun (ein Restaurant).‘ Nach Fan bezieht sich die NP yi ge ren ‚eine Person‘ in 182 auf die NP ta ‚er‘ im vorangehenden Satz und ist deswegen definit zu interpretieren. In der Tat handelte es sich bei 182 um den gleichen Fall wie bei 173 und 175, und zwar ist die NP yi ge ren kein Subjekt, sondern ein Adverbial. Das echte Subjekt ta , das 5.4 Yi +Kl+N 145 146 5 NP-Formen im Chinesischen und Definitheit direkt vor yi +Kl+N stehen soll, wird weggelassen oder anders gesagt, durch eine Null-Anapher realisiert. In diesem Fall ist die NP yi ge ren ein idiomatischer Ausdruck und deswegen nicht-referentiell. In 183 ist das Wort yi akzentuiert und hat die Bedeutung komplett, völlig . Im Wörterbuch wird es aber nicht als Numerale, sondern als Adjektiv aufgeführt. 183. Yi jia ren jinghuang buyi, ru mei tou ein Kl Familie Mensch panisch endlos wie kein Kopf cangying pao jin pao chu. Fliege laufen rein laufen raus. ‚Die ganze Familie ist in großer Panik, die Familienmitglieder laufen wie kopflose Hühner herum.‘ Hierzu noch zwei Beispiele aus dem CCL -Korpus: 184. a. Yi che ren dou yi hunhunyushui. ein Kl Wagen Person all schon schläfrig ‚Alle Menschen im Bus sind schon schläfrig.‘ b. […] yi wu ren wei zhe liu-xialai ein Kl Zimmer Mensch einkreisen ASP dur bleiben de Nanxi fanfu daliang. DE Nancy wiederholt jn./ etw. prüfend ansehen ‚[…], Nancy bleibt im Zimmer, alle Anwesenden scharen sich um sie und sehen sie wiederholt prüfend an.‘ 5.5 Indeterminierte NPn 5.5.1 Bloße NPn Die meisten definiten NP n im Chinesischen sind bloße NP n. In Chen 2004 wird die These vertreten, dass bloße NP n in allen Kontexten verwendet werden können, die für den definiten Artikel sowie für Demonstrativa im Englischen typisch sind: When interpreted as of identifiable reference, indeterminate expressions in Chinese are used for referents which derive identifiability from the whole range of sources 5.5 Indeterminierte NPn 147 that is covered by the English definite article and demonstratives, as illustrated in the following sentences: […] (2004: 1164) Er nennt jedoch nur Beispiele für bloße NP n im unmittelbar-situativen, abstrakt-situativen, anaphorischen sowie assoziativ-anaphorischen Kontext. Für bloße NPn im nicht-familiären Kontext wird kein Beispiel angeführt. Außerdem werden keine Beispiele für bloße NP n gegeben, die diskursdeiktisch oder anamnestisch gebraucht werden. In demselben Artikel (2004: 1153) behauptet Chen jedoch, dass der anamnestische Gebrauch im Chinesischen immer durch na markiert wird. Das heißt, dass bloße NP n keine anamnestische Funktion erfüllen können. Im Gegensatz dazu können bloße NP n dazu verwendet werden, um auf Propositionen oder Sachverhalte Bezug zu nehmen. Aber es ist schwer empirisch zu ermitteln, wie häufig diese Verwendung vorkommt. 185. Gushi de jiewei, renmen shengli le. Geschichte DE Ende Menschen gewinnen SP ‚Am Ende hat in der Geschichte der Mensch gewonnen.‘ ( CCL -Korpus) Im Vortext wird der Inhalt des Romans „Winter Flies“ von James Joyes kurz präsentiert: „ In ‚Winter Flies‘ steht, dass […] “. Die NP gushi in 185 steht unmittelbar im Anschluss an das Diskurssegment und bezieht sich auf die ganze Geschichte. Im Folgenden soll illustriert werden, dass bloße NP n im Chinesischen in den Kontexten auftreten können, die für definiten Artikel typisch sind. (Wenn nichts anderes angegeben, stammen alle Beispiele aus dem dieser Arbeit zugrundeliegenden Korpus). • unmittelbar-situativer Gebrauch 186. Xiaoxin, bie ba haizi chaoxing le. careful don’t BA baby wake CRS ‚Be careful. Don’t wake up the baby.‘ (Chen 2004: 1164) 148 5 NP-Formen im Chinesischen und Definitheit • abstrakt-situativer Gebrauch 187. Jiexialai, ta hai rang guanzhong liaojie dao, dann er noch lassen Zuschauer sich informieren pijiu zuichu bing bu shi qiyuan yu deguo […] Bier zuerst nicht sein abstammen aus Deutschland ‚Doch so erfuhr der Zuschauer, dass das Bier seinen Ursprung nicht etwa in Deutschland hat […]‘ ( KT 18) • anaphorischer Gebrauch 188. Houlai cai zhidao, shi haizi yewan shoudao yidian später erst wissen sein Kind Nacht erhalten bisschen jingxia , suoyi biaoxian chu jinzhang Schock deswegen sich zeigen nervös ‚Später habe ich erfahren, dass das Kind nachts Angst hatte und das Zwinkern eine nervöse Reaktion war.‘ ( KT 13) • assoziativ-anaphorischer Gebrauch 189. […] gongtong de haiwai shenghuo beijing gemeinsam DE Ausland leben Hintergrund rang “liudehua”men geng yuanyi tanlun lassen in Deutschland lebende Chinese eher möchten reden zai deguo zhao fangzi 、 dagong 、 tupo in Deutschland suchen Wohnung jobben überwinden yuyan zhangai de jingyan. Sprache Barriere DE Erfahrung ‚[…] veranlasste der gemeinsame Hintergrund eines Lebens im Ausland die Liudehua eher dazu, über ihre Erfahrungen bei der Wohnungssuche, im Job oder bei der Überwindung der Sprachbarriere zu reden.‘ ( KT 18) 5.5 Indeterminierte NPn 149 • unfamiläre Gebrauchsweisen 190. a. wanquan you zhengfu kongzhi de huodong völlig durch Regierung kontrollieren DE Aktivität ‚die Aktivitäten, die ganz in der Hand der Regierung liegen‘ ( KT 34) b. wenti de guanjian Problem DE Kernpunkt ‚der Kernpunkt des Problems‘ ( KT 34) c. laoren shifou jin yanglaoyuan de wenti alte Menschen ob in Altersheim DE Frage ‚die Frage, ob alte Menschen in ein Altersheim ziehen sollen‘ ( KT 14) d. shijie haiba zui gao de Welt Höhenlage über dem Meeresspiegel Sup hoch DE zhengfu bangonglou Regierung Gebäude ‚das höchstgelegene Regierungsgebäude der Welt‘ ( KT 23) In der aktuellen Äußerungssituation von 186 existiert nur ein Baby. Falls noch andere Kleinkinder vorhanden sind, muss der Sprecher Demonstrativa oder Attribute hinzufügen, um das gemeinte Kind von den anderen für den Hörer deutlich zu unterscheiden. Beispiel 187 berichtet über die beliebteste Dating- Show in China und die NP guanzhong bezieht sich auf die Zuschauer des Programms. Im Chinesischen müssen Referenten, die im von Sprecher und Hörer geteilten Wissen vorhanden sind, durch bloße NP n (oder Num+Kl+N) kodiert werden. Bei 188 wird im vorangehenden Kontext erwähnt, dass die Interviewte einmal ein Kind gesehen hat, das ständig mit den Augen zwinkerte. Die unterstrichene NP haizi ‚Kind‘ bezieht sich auf die vorangehende NP yi ge haizi ‚ein Kind‘. In diesem Kontext ist die Beziehung zwischen den beiden NP n eindeutig erkennbar. Wenn der Antezedens zu weit von der Anapher entfernt ist oder wenn es zwischen den beiden konkurrierende Referenten gibt, müssen komplexere anaphorische Ausdrücke verwendet werden, die Zusatzinformationen geben, z. B. Dem+Kl+N oder NP n mit Relativsatz. In 189 besteht zwischen der unterstrichene NP und der NP „liudehua“men ein Besitzverhältnis. Die beiden stehen in unmittelbarer Nähe, zwischen ihnen gibt es keine konkurrierenden Referenten, die als Antezedens dienen können. Zudem ist das Kopfnomen jin- 150 5 NP-Formen im Chinesischen und Definitheit gyan „Erfahrung“ ein relationales Nomen, dem der Bezugspunkt inhäriert. Des Weiteren trägt das Attribut auch zur Identifizierung des Antezedens bei. In den sogenannten nicht-familiären Kontexten werden in der Regel bloße NP n gebraucht, aber Dem+Kl+N ist unter bestimmten Bedingungen auch möglich (s. Abschnitt 5.1.1). Die Attribute in 190a bis d schränken die Extension des Nomens ein und sind zur Identifizierung des Referenten notwendig. 5.5.2 Num+Kl+N 12 In der Literatur wird Num+Kl+N oft als indefinit bezeichnet (L&T 1981, LaPolla 1990, 1995, D.-X. Shi 2002). In Chen 1986 wird zum ersten Mal explizit darauf hingewiesen, dass diese Konstruktion hinsichtlich Definitheit „indeterminiert“ ist und dass ihre Interpretation vom Kontext abhängt. Außerdem wird von Chen (1986, 2004) festgestellt, dass Num+Kl+N in allen vier Kontexten auftreten kann, die für den definiten Artikel typisch sind. Der Frage, unter welchen Bedingungen Num+Kl+N eine definite Lesart zulassen kann, wurde bisher wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Es wurden lediglich einige Möglichkeiten angedeutet, ohne jedoch eine Systematik zu erstellen (Q.-Z. Liu 2000, Chen 2004, C.-R. Fan 2007, H. Zhang 2011). Im Folgenden werden die in der Literatur angeführten Beispiele kritisch betrachtet. Dahinter steht die Absicht, einen ersten Rahmen für die definite Verwendung von Num+Kl+N zu setzen. Bei dem anaphorischen Gebrauch bezieht Num+Kl+N sich auf alle Entitäten, die unter die Beschreibung des Kopfnomens fallen und im direkt vorangehenden Kontext erwähnt werden: 191. a. Ban nian qian lai le liang ge nanfangren, halb Jahr vor kommen ASP perf zwei Kl Südchinese […]. Liang ge nanfangren bai chi bai zwei Kl Südchinese umsonst essen umsonst zhu le si ge yue. wohnen ASP perf vier Kl Monat ‚Vor einem halben Jahr haben zwei Südchinesen gesagt, […] Die beiden Südchinesen haben für vier Monate gratis gegessen und gewohnt.‘ (L. Chen 2012: 29, von mir abgekürzt) 12 In diesem Kapitel werden nur Zählkonstruktionen ohne Demonstrativa, Pers+ de sowie Allquantor behandelt. 5.5 Indeterminierte NPn 151 b. […] - zhaopian shang you Xue Renyi, Guo Yongsheng Foto auf es gibt Xue Renyi Guo Yongsheng he yi wei chuan heise wanlifu de nüren und ein Kl anhaben schwarz Abendkleid DE Frau san ge ren ju bei xiang yao, drei Kl Person heben Tasse einander einladen qianjing shi shanzhenhaiwei, Vordergrund sind Delikatessen beijing shi jiudian. Hintergrund sind Hotel ‚[…] - auf dem Foto stehen Xue Renyi, Guo Yongsheng und eine Frau im schwarzen Abendkleid; die drei Personen heben die Tassen hoch und begrüßen einander. Sie sind in einem Hotel und vor ihnen stehen erlesene Delikatessen.‘ (Fan 2007: 133, von mir abgekürzt) Während die Anapher in 191a von seinem Antezedens weit entfernt ist, stehen die beiden in 191b in unmittelbarer Nähe. Wichtig ist aber, dass es zwischen Antezedens und Anapher in den beiden Beispielen keine konkurrierenden Referenten gibt, die als Antezedens dienen können. Die Num+Kl+N-Konstruktion referiert auf alle Entitäten in der letzten Äußerungseinheit, die unter die Beschreibung des Kopfnomens fallen. Dabei gibt das Numerale die Anzahl der Entitäten explizit an. Bezieht sich Num+Kl+N auf einen Teil der vorher erwähnten Entitäten, muss es indefinit interpretiert werden. Wenn der erste Teilsatz in 191b beispielsweise mit liang ge ren ju bei xiang yao „zwei Personen heben die Tassen hoch und begrüßen einander“ fortgeführt wird, ist der Referent der NP liang ge ren für den Hörer nicht identifizierbar. Hier möchte ich auf ein Beispiel in Fan 2007 verweisen, das eine Num+Kl+N- Phrase enthält, die nach ihr eine anaphorische Funktion ausübt: 192. Wo kan jian tamen liang ge ren, xin li jiu ich sehen sie zwei Kl Person Herz in dann huang le, bu zhi zenyang cai hao. nervös SP nicht wissen wie erst gut ‚Ich habe sie beide gesehen, bin dann nervös geworden. Ich wusste nicht, was ich machen sollte.‘ 152 5 NP-Formen im Chinesischen und Definitheit Im obigen Text steht, dass Frau Sun und Herr Fang zwei Bekannte getroffen haben. Nachdem die beiden Bekannten weggegangen waren, hat Frau Sun den Satz 192 gesagt. Genau auf die beiden Bekannten bezieht sich das Personalpronomen tamen ‚sie‘. Nach Fan bezeichnet die NP liang ge ren ‚zwei Personen‘ in 192 dieselben Personen wie das Personalpronomen tamen und muss deswegen definit interpretiert werden. Das muss man aber bezweifeln: Während die NP liang ge ren problemlos weggelassen werden kann, bringt die Tilgung des Personalpronomens eine Bedeutungsveränderung mit sich. Außerdem steht die NP liang ge ren direkt hinter dem Personalpronomen tamen und kann nicht frei bewegt werden. Daraus lässt sich folgern, dass die unterstrichene NP die Apposition des Personalpronomens ist und dazu beiträgt, das Bezugswort quantitativ näher zu bestimmen. Die NP liang ge ren in 192 ist deswegen nichtreferentiell und kann mit beide oder zu zweit übersetzt werden. Für die assoziativ-anaphorische Verwendung von Num+Kl+N haben Chen (2004) und Fan (2007) jeweils ein Beispiel genannt: 193. a. Ta mai le yi liang jiu che, si zhi luntai he buy PFV one CL old car four CL tire dou mo ping le. all wear flat CRS ‚He bought a used car. The four tires are all worn out.‘ (Chen 2004: 1165) b. Dangshi wo xuexi yong de zhuozi, […] damals ich lernen verwenden DE Tisch si tiao tui hen duan […] vier KL Bein sehr kurz ‚Der Tisch, an dem ich damals lernte, […], seine vier Beine sind ganz kurz […]‘ (Fan 2007: 114, von mir abgekürzt) Bei 193a und b handelt es sich um einen ähnlichen Fall wie bei 180a und b auf Seite 136: Das Kopfnomen ist ein sortales Nomen, während die Num+Kl+N- Phrase ein funktionales Konzept denotiert. Es ist allgemein bekannt, dass ein Auto normalerweise vier Reifen hat, so dass die NP si zhi luntai die Bedeutung ‚alle Reifen des Autos‘ bekommt. Das heißt, dass die Num+Kl+N-Konstruktion auf alle Entitäten in dem durch die Antezedens-NP gesetzten Rahmen referieren, auf die der deskriptive Gehalt der NP zutrifft. Wenn sich die Zählkonstruktion nur auf eine Teilmenge bezieht, kann sie nur indefinit interpretiert werden: 5.5 Indeterminierte NPn 153 194. Ta mai le yi liang jiu che, (you) er kaufen ASP perf ein Kl alt Auto existieren liang zhi luntai mo ping le. zwei Kl Reifen schleifen glatt ASP perf / SP ‚Er hat ein gebrauchtes Auto gekauft, zwei Reifen des Autos sind schon abgenutzt.‘ Dabei steht die Zählkonstruktion immer noch in einer assoziativen Beziehung zu der vorangehenden NP, referiert aber nicht auf alle Entitäten in dem Rahmen. Deswegen ist der Referent der unterstrichenen NP in 194 verankert, aber nichtidentifizierbar. Im unmittelbar-situativen Kontext referiert Num+Kl+N auf alle Entitäten in der Sprechsituation (oder in einer Teilmenge davon), auf die der deskriptive Gehalt des Kopfnomens zutrifft: 195. Xiaoxin, bie ba liang ge haizi chaoxing le. Vorsicht nicht BA zwei KL Kind aufwecken SP ‚Sei leise, weck die beiden Kinder nicht auf.‘ Der intendierte Referent der unterstrichenen NP ist nur dann eindeutig identifizierbar, wenn in der Sprechsituation nur zwei Kinder am Schlafen sind. Wenn das nicht der Fall ist - im Kindergarten schlafen z. B. mehrere Kinder in einem Raum - muss der Sprecher auf Demonstrativa oder Attribute zurückgreifen. Unter bestimmten Bedingungen ist Num+Kl+N auch im abstrakt-situativen Kontext zulässig: 196. a. Zai nar, si ge jijie dou you gezi de tezheng. in there four CL season all have self DE character ‚Each of the four seasons there has its own character.‘ (Chen 2004: 1165) b. Ba wu shan chuangzi dou guanshang. BA fünf KL Fenster alle schließen ‚Shut all the five windows.‘ Die beiden unterstrichenen NP n haben gemeinsam, dass sie sich im Skopus des Allquantors dou ‚all‘ befinden und dadurch eine definite Interpretation be- 154 5 NP-Formen im Chinesischen und Definitheit kommen. Wenn dou weggelassen wird, bleibt die Bedeutung von 196a unverändert, während die NP wu shan chuang zi in 196b eine indefinite Interpretation bekommt, nämlich Schließe (irgend) fünf Fenster. Der Grund könnte darin liegen, dass es zum Allgemeinwissen gehört, dass ein Jahr genau vier Jahreszeiten hat. Dagegen ist meistens nicht als bekannt vorausgesetzt, wieviele Fenster ein Zimmer hat. 13 Dann weiß der Hörer im letzteren Fall nicht, dass es um die Gesamtheit geht. 5.6 Fazit In diesem Kapitel wurde eine kritische Betrachtung der Forschungsergebnisse über die Interpretationsmöglichkeiten von NP n unterschiedlicher Formen im Chinesischen vorgenommen. Die genannten Untersuchungen haben gemeinsam, dass sie nur die „Basisformen“ in Betracht gezogen haben, nämlich NP n ohne Attribut. In Sprachen ohne Artikel spielen Attribute bei der Identifizierung des Referenten jedoch eine wichtige Rolle. Außerdem ist aufgefallen, dass die Ergebnisse der Analysen oft stark voneinander abweichen. Dafür lassen sich mehrere Gründe anführen: Zuerst sind NP n im Chinesischen nicht weiter morphologisch markiert, so dass es schwierig ist, syntaktische und semantische Relationen von NPn eindeutig zu bestimmen. Ferner werden NPn häufig anhand isolierter Sätze untersucht, wobei der Kontext gar nicht in Berücksichtigung gezogen wird. Außerdem ist Identifizierbarkeit keine binäre, sondern eine graduelle Eigenschaft. Das heißt, dass Referenten mehr oder weniger identifizierbar sein können. Deswegen fällt es manchmal sehr schwer, eine eindeutige Zuordnung vorzunehmen. Im Folgenden werden die Ergebnisse einzelner Abschnitte kurz zusammengefasst: In Abschnitt 5.1 wurde dargestellt, dass Demonstrativa im Chinesischen in allen vier Gebrauchskontexten auftreten können, die in Himmelmann 1997 beschrieben wurden. Außerdem können sie nicht in abstrakt-situativen sowie assoziativ-anaphorischen Kontexten vorkommen, genau wie ihre deutschen Entsprechungen. Es wurde zwar oft behauptet, dass sich Demonstrativa im anaphorischen und situativen Kontext ähnlich wie der definite Artikel verhalten, aber darauf wurde kaum näher eingegangen. Ferner können Demonstrativa im Chinesischen in den sogenannten nicht-familiären Kontexten gebraucht werden, was bisher in der Literatur auch selten thematisiert wurde. 13 Nach Chen (2004) handelt es sich bei 196b um „shared specific knowledge“. In einem anderen Kontext kann es auch als situative Verwendung betrachtet werden. 5.6 Fazit 155 In Abschnitt 5.2 wurde das Problem angesprochen, wie possessive Konstruktionen im Chinesischen hinsichtlich Definitheit interpretiert werden. In der Literatur bestehen unterschiedliche Ansichten, die sich kaum miteinander vereinbaren lassen. In dieser Arbeit nehme ich possessive Konstruktionen im Deutschen als Ausgangspunkt, die hinsichtlich Definitheit und Numerus eindeutig markiert sind. Es soll untersucht werden, mit welchen Formen im Chinesischen die deutschen possessiven NP n korrespondieren. Dabei ist aufgefallen, dass Pers+ de +N eine beliebige Kombination von Merkmalen [+/ -def] sowie [+/ -Sing] erlaubt. Das heißt, dass Pers+ de keine determinativische Bedeutung „Definitheitsinduktion“ trägt und als Attribut betrachtet werden soll. Diese Annahme soll in Abschnitt 6.1.2 empirisch überprüft werden. In Abschnitt 5.3 wurde das Thema „Allquantoren im Chinesischen“ kurz vorgestellt. Im Rahmen dieser Arbeit kann darauf nur am Rande eingegangen werden. Abschnitt 5.4 setzte sich mit yi +Kl+N auseinander. Zuerst wurde dargelegt, dass yi +Kl noch nicht zum indefiniten Artikel grammatikalisiert worden ist, obwohl es in allen fünf Kontexten auftreten kann, die in Heine 1997 beschrieben wurden. Dann wurde überprüft, ob die yi +Kl+N-Konstruktionen, die in der Literatur als definit bezeichnet werden, tatsächlich auf identifizierbare Entitäten referieren. Es ist leider festzuhalten, dass die meisten Behauptungen nicht gestützt werden können. Außerdem sind einige spezielle Verwendungsweisen von yi +Kl aufgefallen, auf die bei der Durchführung der empirischen Untersuchung geachtet werden muss: • Yi hat die Bedeutung komplett, völlig und ist Adjektiv; • Yi ge ren wird idiomatisiert und hat die Bedeutung allein ; • Yi +Kl+N in den sogenannten Distributivsätzen ist indefinit, nicht-spezifisch. Im Zentrum von Abschnitt 5.5 standen bloße NP n und Num+Kl+N. Sie sind hinsichtlich Definitheit nicht spezifiziert. Hinsichtlich der Gebrauchsweisen von bloßen NP n ist allgemein Folgendes zu bemerken: • Nur bloße NP n (und Num+Kl+N) können im abstrakt-situativen sowie assoziativ-anaphorischen Kontext auftreten; • Im situativen sowie anaphorischen Kontext stehen sie mit Dem+Kl+N in Konkurrenz; • In den nicht-familiären Kontexten werden meistens bloße NP n gebraucht, aber unter bestimmten Bedingungen ist es möglich, ein Demonstrativdeterminativ hinzuzufügen; • Bloße NP n können diskursanaphorisch gebraucht werden; • Bloße NP n können nicht anamnestisch gebraucht werden. Im Chinesischen ist der anamnestische Gebrauch immer durch na markiert. 156 5 NP-Formen im Chinesischen und Definitheit Die Konstruktion Num+Kl+N bekommt nur dann eine definite Interpretation, wenn sie auf eine (situativ begrenzte) Gesamtheit Bezug nimmt, das heißt, alle Entitäten im direkt vorangehenden Kontext, in der aktuellen Kommunikationssituation, im Allgemeinwissen oder in dem durch die Antezedens- NP gesetzten Rahmen, die unter die Beschreibung des Kopfnomens fallen. Dabei gibt das Numerale die genaue Anzahl der Entitäten an. In der Übersicht sieht der Zusammenhang zwischen NP -Formen und ihren Interpretationsmöglichkeiten hinsichtlich Definitheit folgendermaßen aus: Formen der NP Definitheit a. Personalpronomina: [+def] b. Eigennamen: [+def] c. NP n mit Demonstrativa: Dem+Kl+N [+def] Dem+Num+Kl+N [+def] d. NP n mit Possessiva: Pers+ de +N [+/ -def] Pers+ de +Dem+Kl+N [+def] Pers+ de + yi +Kl+N [-def] e. bloße NP n: [+/ -def] f. Num+Kl+N: [+/ -def] g. yi +Kl+N: fast ausschließlich [-def] Tabelle 10: NP -Formen und Definitheit (Zwischenergebnis) In Kapitel 6 sollen die hier vorgestellten Ergebnisse anhand des Übersetzungskorpus überprüft und um neue Erkenntnisse ergänzt werden. 5.6 Fazit 157 6 Empirische Untersuchung Es wurde oft nur allgemein festgelegt, dass zhe / na , Pers+ de sowie yi (+Kl) mit Demonstrativa, Possessiva und indefinitem Artikel in den westlichen Sprachen korrespondieren und eine bestimmte Interpretation hinsichtlich Definitheit bewirken. Diese Behauptung wird inzwischen kritisch hinterfragt und ihre allgemeine Geltung relativiert. Aber es gibt noch weitere Aspekte, die bislang in der Forschung noch nicht berücksichtigt wurden. Für die vorliegende Arbeit sind zwei Fragestellungen von zentraler Bedeutung: • In wieweit ähneln zhe / na (+Kl), Pers+ de sowie yi (+Kl) ihren deutschen Entsprechungen? Bewirken zhe / na , Pers+ de sowie yi (+Kl) wie ihre deutschen Entsprechungen eine eindeutige Interpretation hinsichtlich Identifizierbarkeit? • Wie stellt der Sprecher die Identifikation des gemeinten Referenten durch den Hörer sicher bzw. wie identifiziert der Hörer den intendierten Referenten, wenn Identifizierbarkeit nicht eindeutig markiert wird? Auf diese Fragen kann im Rahmen dieser Arbeit keine endgültige Antwort geliefert werden. Vielmehr soll versucht werden, die in der Literatur vertretenen Meinungen zu überprüfen und neue Erkenntnisse zu gewinnen. In diesem Kapitel wird eine sprachvergleichende Analyse mit Blick auf die obengenannten Fragen durchgeführt. Die Analyse stützt sich auf ein selbst erstelltes Korpus von 40 Artikeln der Online-Zeitschrift des Goetheinstituts, die ursprünglich auf Chinesisch verfasst und dann von Muttersprachlern ins Deutsche übersetzt wurden. 1 Die Texte wurden aus den verschiedensten Bereichen zufällig ausgewählt und erschienen meistens zwischen 2009 und 2015. Der Umfang des Korpus beträgt 90 175 chinesische Zeichen bzw. 60 447 deutsche Textwörter. Der Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Studie sind alle NP n im Text, das heißt, dass nicht nur NP n in Argumentpositionen in Betracht gezogen werden, sondern auch NP n, die Teil einer PP oder einer NP sind. Die Untersuchung geht methodisch so vor, dass zuerst nach dem Auftreten von Pers+ de +N, Dem+Kl+N und yi +Kl+N im chinesischen Ausgangstext und nach dem Erscheinen von Poss+N, Dem+N sowie ein +N (und ihren verschiedenen Kasusformen) im deutschen Zieltext gesucht wird. Dann werden 1 Angaben zu Autor, Titel und Übersetzung der einzelnen Korpustexte (im Folgenden abgekürzt als KT) sind im Anhang zu finden. 158 6 Empirische Untersuchung die (Häufigkeits-)Ergebnisse miteinander verglichen. Durch den Vergleich fallen zuerst die NP n auf, die im Originaltext und in der Übersetzung unterschiedliche Formen aufweisen, dann muss genau ermittelt werden, worauf der Unterschied in der Form zurückzuführen ist. 6.1 Pers+de+N und Poss+N Für NP n mit Possessiva werden im Ausgangstext insgesamt 222, im Zieltext 792 Belege gefunden. Abschnitt 6.1.1 konzentriert sich auf die Frage, warum Per+ de im Chinesischen wesentlich seltener vorkommt als Possessiva im Deutschen. In Abschnitt 6.1.2 werden Belege für Pers+ de +N im Originaltext mit ihren Entsprechungen in der Übersetzung verglichen, um die These, dass Pers+ de hinsichtlich Identifizierbarkeit neutral ist, zu überprüfen. In Abschnitt 6.1.3 werden Belege für Poss+N in der Übersetzung mit ihren Entsprechungen im Originaltext verglichen. Dabei steht die Frage im Vordergrund: Wie erkennt der Hörer das Besitzverhältnis zwischen zwei Referenten bzw. wie identifiziert er den gemeinten Referenten, wenn das Besitzverhältnis nicht durch Pers+ de explizit zum Ausdruck kommt? 6.1.1 Gebrauchskontexte von Pers+de Das Phänomen, dass Pers+ de im Chinesischen viel seltener gebraucht wird als Possessiva im Deutschen, wurde bisher nicht systematisch untersucht. In der Literatur finden sich lediglich Hinweise darauf, dass Pers+ de im Chinesischen häufig weggelassen werden kann. Diese Behauptung setzt jedoch voraus, dass Pers+ de verwendet werden sollte. Dagegen spricht allerdings die Tatsache, dass Pers+ de in bestimmten Sätzen als überflüssig oder sogar als störend empfunden wird: 197. You shihou hui laojia he faxiaomen ab und zu zurückgehen Heimat mit Sandkastenfreund he jiu, […] trinken Alkohol ‚Ab und an fahre ich zurück in meine Heimatstadt und trinke mit meinen Sandkastenfreunden ein Gläschen.‘ ( KT 2) 6.1 Pers+ de +N und Poss+N 159 In Beispiel 197 erzählt der Sprecher über seine eigenen Erlebnisse, wobei das Subjekt wo ‚ich‘ durch Nullanapher kodiert wird. Während die Verwendung des Possessivums in der deutschen Übersetzung obligatorisch ist, ist Pers+ de im Originalsatz unerwünscht. 2 Betrachtet man die bloßen NP n, die mit Poss+N im Deutschen übersetzt werden (im Folgenden als Possessum- NP n bezeichnet), so ist aufgefallen, dass sie sich durch folgende Eigenschaften charakterisieren: Zuerst ist die Possessum- NP nicht weit von der Possessor- NP entfernt. Meistens befinden sich die beiden in einem Satz oder in zwei direkt aufeinander folgenden Sätzen. Wenn sie in einem Satz stehen, ist die Possessum-NP gewöhnlich das Objekt und die Possessor- NP das Subjekt (sie kann ein Nullpronomen sein). Wenn sie in zwei Sätzen vorkommen, ist die Possessum- NP meistens das Subjekt des zweiten Satzes und die Possessor- NP das Subjekt des ersten Satzes. Außerdem sind zwischen der Possessor- und der Possessum- NP meistens keine anderen NP n vorhanden, die die Etablierung einer assoziativen Beziehung verhindern. Darüber hinaus sind die Possessum- NP n meistens relationale Nomen (inkl. funktionale), wie zum Beispiel die NP laujia ‚Heimat‘ und die NP faxiao ‚Sandkastenfreund‘ in Beispiel 197. Ihre potenziellen Referenten stehen immer zu einer gegebenen anderen Entität in einer bestimmten Beziehung. 3 Unter solchen Bedingungen ist die Beziehung zwischen der Possessor- und der Possessum- NP leicht zu erkennen, deswegen ist Pers+ de nicht notwendig oder nicht erwünscht. Das heißt, dass es vor allem von vier Faktoren abhängt, ob Pers+ de eingesetzt wird: • Distanz: die Entfernung zwischen Possessor und Possessum; • Position: die syntaktische Position der Possessorsowie der Possessum- NP ; • Wettbewerb: Ob konkurrierende Kandidaten vorhanden sind, die als Possessor dienen könnten; • Nomentypen: Ob die Possessum- NP ein relationaler oder ein sortaler Begriff ist. Anschließend soll empirisch überprüft werden, inwieweit diese Faktoren bei der Verwendung von Pers+ de eine Rolle spielen. Für die Belege für Pers+ de +N im Ausgangtext sind folgende Ergebnisse festzustellen: 2 Statt einem Possessivum kann hier auch der definite Artikel eingesetzt werden. 3 Bei dem Begriff Satz folge ich der Definition von Brinker (2010: 22 f.): „Auf der Grundlage des Valenzmodells kann Satz als eine sprachliche Einheit definiert werden, die sich aus einem Verb (Prädikat) als dem strukturellen Zentrum und einer Reihe von Satzgliedpositionen (Subjekt, Objekte, Adverbialbestimmungen usw.) konstituiert, die jeweils in bestimmten Abhängigkeitsrelationen zum „tragenden“ Verb stehen. Sätze können danach als einfache Sätze oder als Teilsätze (z. B. Haupt- und Gliedsätze in sog. Satzgefügen) realisiert sein.“ 160 6 Empirische Untersuchung Der Possessor Pers+ de : weglassbar? Häufigkeit Insgesamt wird nur als Pers (in Pers+ de +N) repräsentiert (Gruppe 1) nein 156 177 (79,8 %) ja 21 wird sowohl als Pers, als auch durch eine andere NP repräsentiert (Gruppe 2) nein 18 45 (20,2 %) ja 27 Insgesamt 222 (100 %) Tabelle 11: Wesentliche Faktoren für die Verwendung von Pers+ de Bei etwa 79,8 % aller Belege wird der Possessor nur als Personalpronomen in der Possessivkonstruktion repräsentiert (198): 4 198. Wo ye dingqi de canjia tamen de juhui […] ich auch regelmäßig DE teilnehmen sie DE Treffen ‚Ich besuche regelmäßig ihre Treffen, […]‘ ( KT 13) Das Pronomen tamen bezieht sich auf die NP mama julebu ‚Müttergruppe‘im direkt vorangehenden Satz. Das Possessum juhui ‚Treffen‘ erscheint in der Objektposition des aktuellen Beispiels. Zwischen den beiden steht das Personalpronomen wo ‚ich‘, das auch als Possessor dienen kann. Darüber hinaus ist das Nomen juhui ‚Treffen‘ ein sortaler Begriff und enthält keine Beziehung zu einer anderen Entität. Deswegen muss hier tamen + de eingesetzt werden, um zu verdeutlichen, dass die Treffen von den Müttergruppen organisiert werden. Aber auch wenn der Possessor nur durch ein Personalpronomen realisiert wird, kann er weggelassen werden: In 21 Belegen der ersten Gruppe ist Pers+ de nicht obligatorisch. Dabei handelt es sich meistens um zwei direkt aufeinanderfolgende Sätze, von denen der erstere die Possessor- NP als Subjekt hat, der letztere dagegen die Possessum- NP : 4 Es kann auch sein, dass das Personalpronomen deiktisch gebraucht wird, z. B referiert das Personalpronomen der 1. Person auf den Sprecher. 199. […] ta de diyi fanying jiu shi qu er DE erst Reaktion nämlich sein gehen „pai re’nao“. (mit einer Kamera) aufnehmen Spektakel ‚[…] war deshalb sein erster Gedanke, rauszugehen und das „Spektakel zu filmen“.‘ ( KT 15) Der Satz, der 199 direkt vorausgeht, lautet: „Als jener mutige Pekinger Bürger Schreie auf der Straße hörte“ und das Personalpronomen ta in 199 steht stellvertretend für den mutigen Pekinger Bürger. Wenn ta de weggelassen wird, ist Beispiel 199 immer noch grammatisch korrekt. In diesem Fall ist es leicht, zwischen den beiden NP n eine assoziative Beziehung herzustellen. Bei etwa 20,2 % der Belege wird der Possessor nicht nur als Personalpronomen repräsentiert, sondern auch durch eine andere NP . In 57,8 % aller dieser Belege (27 / 45) kann Pers +de weggelassen werden. In 18 Beispielen ist Pers+ de notwendig, wodurch bestätigt wird, dass es andere Faktoren gibt, die die Verwendung von Pers+ de steuern: Zum Beispiel ist Pers+ de notwendig, wenn zwischen der Possessor- und der Possessum- NP andere NP n vorhanden sind ( women in 200), die die Etablierung einer assoziativen Beziehung erschweren: 201. […] ta jianchibuxie de shijian bangzhu le sie unentwegt DE Praxis helfen ASP perf bushao de muqin he tamen de haizi. viel DE Mutter und sie DE Kind ‚[Noch wichtiger aber ist] ihre unentwegte Bereitschaft, Müttern und ihren Kindern zu helfen.‘ ( KT 13) Ohne Pers+ de kann die unterstrichene NP in 201 ambig sein: Zwischen der NP muqin ‚Mutter‘ und der NP haizi ‚Kind‘ kann ein Besitzverhältnis bestehen, muss aber nicht. Die bloße NP haizi kann entweder als ‚die Kinder der Mütter‘ oder einfach als ‚Kinder‘ interpretiert werden. Zudem muss Pers+ de eingesetzt werden, wenn die Possessumlinks vor der Possessor- NP steht. In 202 wird das Possessum guanxi ‚Beziehung‘ vorangestellt und steht dann vor dem Possessor tamen ‚sie‘. 6.1 Pers+ de +N und Poss+N 161 162 6 Empirische Untersuchung 202. […] weishenme duiyu tamen de guanxi, tamen warum zu ihr DE Beziehung sie zongshi xiaoerbutan […] immer lachen-aber-nicht-reden ‚[…] weshalb die beiden nicht auch mit der Sprache herausrückten [und uns gegenüber sogar abstritten, dass sie ein Paar waren].‘ ( KT 29) Des Weiteren ist zu beachten, dass die Sprecherintension bei der Verwendung von Pers+ de auch eine wichtige Rolle spielt: Wenn der Sprecher das Besitzverhältnis explizit verdeutlichen will, greift er auf Pers+ de zurück. Dadurch wird bestätigt, dass die ersten drei Faktoren Einfluss auf die Verwendung von Pers+ de ausüben: Pers+ de wird meistens eingesetzt, wenn der Possessor nicht im selben Satz wie das Possessum steht oder / und wenn zwischen den beiden konkurrierende Kandidaten vorhanden sind. Aber die Nomentypen können auch darauf Einfluss nehmen: Wenn das Possessum ein relationales Konzept repräsentiert, ist die Möglichkeit größer, statt Pers+ de +N eine bloße NP zu verwenden. Relationale Begriffe involvieren ein Possessorargument, ihre potenziellen Referenten stehen immer zu einer gegebenen anderen Entität in einer bestimmten Beziehung. Dann ist der Hörer aufgefordert, im Kontext nach dem Possessor zu suchen, falls dieser nicht explizit angegeben ist. Demgegenüber beinhalten sortale Begriffe ein Bündel von Eigenschaften und beschreiben dadurch Kategorien von potenziellen Referenten. Durch die Wortbedeutung ist nicht festgelegt, ob der Referent in einer Beziehung zu einer anderen Entität steht. Dadurch kann die Etablierung einer assoziativen Beziehung erschwert werden. 6.1.2 Belege für possessive NPn im Ausgangstext ImKorpusfinden sich 212 Belege für Pers+ de +N, 4 Belege für Pers+ de +Dem+Kl+N, 5 Belege für Pers+ de + yi +Kl+N und ein Beleg für Num+Kl+Pers+ de +N. Tabelle 12 verschafft einen Überblick über die Entsprechungen der possessiven Konstruktionen im Zieltext und ihre Vorkommenshäufigkeit im Korpus: Ausgangstext Zieltext Häufigkeit Insgesamt Pers+de+N Poss+N 143 212 Def+N 33 Dem+N 6 bloße NP 6 nicht mit NP übersetzt 24 Pers+de+Dem+Kl+N Poss+N 4 4 Pers+de+yi+Kl+N ein- +(Poss+N) Gen 4 5 ein +N+ von +Pers 1 Num+Kl+Pers+de+N bloßer Plural 1 1 insgesamt 222 Tabelle 12: Possessive Konstruktionen und ihre Entsprechungen im Zieltext Alle drei NPn mit Demonstrativa werden im Deutschen mit Poss+N wiedergegeben. Pers+ de + yi +Kl+N werden mit ein- +(Poss+N) Gen oder ein +N+ von +Pers übersetzt , z. B. einer meiner Freunde sowie ein Freund von mir . Num+Kl+Pers+ de +N wird mit einem bloßen Plural, der durch einen Relativsatz erweitert wird, wiedergegeben, nämlich unzählige Betten, die ihr gehören . Dieses Beispiel spricht gegen die These von Huang (1982), dass Num+Kl+Pers+ de +N impliziert, dass der Besitzer mehr „Objekte“ hat als hier angegeben (s. Abschnitt 5.2). Von den 212 Belegen für Pers+ de +N werden 188 mit NP n im Zieltext wiedergegeben. Davon werden 182 Belege mit definiten NPn (Poss+N, Def+N, Dem+N) übersetzt. Nur 6 Belege korrespondieren mit indefiniten NPn (bloße NP). Davon können 5 Belege nicht als Beweis dafür dienen, dass Pers+ de +N eine indefinite Interpretation bekommen kann. Entweder handelt es sich um eine sinngemäße Übersetzung, so dass das Original und die Übersetzung nicht ohne weiteres verglichen werden können, oder es handelt sich um Sonderfälle: Im Deutschen fehlt der definite Artikel zuweilen, obwohl die entsprechenden NP n semantisch eindeutig definit zu interpretieren sind, z. B. nach Meinung der Presse , Ausgangspunkt meines Schreibens . In meinem Korpus wird in der Tat nur ein einziger Beleg für Pers+ de +N gefunden, das auf nicht-identifizierbare Entitäten referiert: 6.1 Pers+ de +N und Poss+N 163 164 6 Empirische Untersuchung 203. Women shezhizu de chengyuan zhong sanfenzhier wir Filmteam DE Mitglied in zwei Drittel shi wo de pengyou […] sein ich DE Freund ‚[…] dass zwei Drittel der Leute aus dem Filmteam Freunde von mir waren, […]‘ ( KT 15) Dafür können vor allem zwei Gründe aufgeführt werden: Zum einen wird selten auf Entitäten referiert, die jemandem gehören und zugleich nicht identifizierbar sind. Im gesamten Zieltext werden lediglich 5 Belege für ( ein +)N+ von +Pers (wie z. B ein Freund von mir ) und 9 Belege für ein- +(Poss+N) Gen (wie z. B einer meiner Freunde ) gefunden. 5 Zum anderen korrelieren indefinite possessive NPn im Deutschen meistens mit anderen Formen im Chinesischen (anstatt mit Pers+ de +N). Sie sind großenteils mit yi +Kl+N, Pers+ de + yi +Kl+N oder einem Indefinitpronomen im Ausgangstext assoziiert. Pers+ de +N wird nur dann zum Referieren auf nicht-identifizierbare Entitäten eingesetzt, wenn der Gebrauch der Numerale in bestimmten Kontexten verboten ist, wie z. B. in 162d auf Seite 125. Aufgrund der Analyse sind folgende Erkenntnisse zum Thema „Identifizierbarkeit der Referenten von possessiven NP n im Chinesischen“ gewonnen worden: Possessive NPn im Chinesischen Identifizierbarkeit des Referenten Pers+ de +N fast ausschließlich identifizierbar Pers+ de +Dem+Kl+N identifizierbar Pers+ de + yi +Kl+N nicht-identifizierbar Num+Kl+Pers+ de +N nicht-identifizierbar Tabelle 13: Identifizierbarkeit der Referenten von possessiven NP n im Chinesischen Alles in allem wird die Annahme in Chen 2004 grob bestätigt, dass Pers+ de +N definit, Pers+ de + yi +Kl+N indefinit ist. 6 Das heißt, dass Pers+ de lediglich die adjektivische Bedeutung „Verankerung / Zugehörigkeit“ hat und keine determinativische Bedeutung „Definitheitsinduktion“ trägt. 5 Von den 5 Belegen für ( ein +)N+ von +Pers stehen vier im Singular und einer im Plural. 6 Allerdings sind NPn mit Pers+ de , die auf nicht-identifizierbare Entitäten referieren, im untersuchten Korpus selten belegt. Um ein möglichst repräsentatives Ergebnis zu erlangen, braucht man eine größere Menge an sprachlichen Rohdaten. 6.1.3 Belege für Poss+N in der Übersetzung Für Poss+N werden im Zieltext 797 Belege gefunden, von denen 172 nicht mit NP n im Ausgangstext assoziiert sind. Zieltext Ausgangstext Häufigkeit Poss+N keine NP 172 (21,5 %) NP bloße NP n 426 (53,5 %) Pers / Name+ de +N 168 (21,1 %) Sonstiges 31 (3,9 %) insgesamt 797 (100 %) Tabelle 14: Entsprechungen von Poss+N im Ausgangstext Es fällt auf, dass etwa 53,5 % aller possessiven NP n mit bloßen NP n im Ausgangstext assoziiert sind. 7 Das wirft die Frage auf, wie der Hörer das Besitzverhältnis zwischen zwei Referenten erkennt, wenn es nicht durch Pers+ de zum Ausdruck kommt. Bloße NP n im Ausgangstext, die mit Poss+N im Zieltext übersetzt werden, lassen sich grob in drei Gruppen aufteilen: Bloße NPn, die mit Poss+N im Zieltext übersetzt werden Häufigkeit Keine Attribute enthalten, die zur Identifizierung des Referenten notwendig sind 322 (75,6 %) Attribute enthalten, die zur Identifizierung des Referenten notwendig sind ziji + de +N 39 87 (20,4 %) N 1 + de +N 2 28 Relativsatz+N 20 NP n als Teil des Prädikats 17 (4 %) insgesamt 426 (100 %) Tabelle 15: Bloße NP n, die mit Poss+N im Zieltext übersetzt werden 7 Bei einigen Beispielen davon (40 Belege) handelt es sich um eine sinngemäße Übersetzung, so dass das Wort im Originaltext und sein Korrespondent in der Übersetzung nicht ohne weiteres miteinander verglichen werden können. 6.1 Pers+ de +N und Poss+N 165 166 6 Empirische Untersuchung Unter allen haben die meisten NP n (75,6 %) entweder kein Attribut oder die Attribute tragen nicht wesentlich zum Vereindeutigen des Referenten bei. Wie in Abschnitt 6.1.1 erwähnt, befinden sich solche NP n meistens in unmittelbarer Nähe der Possessor- NP , so dass die Beziehung zwischen den beiden leicht zu erkennen ist. Außerdem gibt es 17 Belege, die nicht-referentiell sind (s. Abschnitt 2.1.3). 204. a. “Xiang baofu, shang xiangmu” de zhihui möchten schnell reich starten Projekt DE Weisheit jiu zheyang zai ge di kai-hua-jie-guo. dann so in all Ort treiben-Blüte-ansetzen-Frucht ‚Die Weisheit „wer schnell reich werden will, muss ein Projekt starten“ treibt so allerorts seine Blüten.‘ ( KT 6) b. Guo Meimei shijian, xuan-fu de shaonv Guo Meimei Ereignis protzen-Reichtum DE junge Frau yinwei gongyi bumen de shenfen shoudao wegen gemeinnützig Sektor DE Identität erleiden zhiyi , […] anzweifeln ‚Im Fall Guo Meimei, die in die Kritik geriet, weil sie ihren Reichtum zur Schau stellte, obwohl sie im Wohltätigkeitssektor arbeitete, […]‘ ( KT 36) Bei 204a korrespondiert die NP seine Blüten mit dem Nomen hua ‘Blüte’, das Bestandteil einer sprichwörtlichen Redensart (chin. chengyu) ist. 8 Bei 204b ist die NP ihren Reichtum mit dem Nomen fu ,Reichtum‘ assoziiert. Dieses Nomen ist nicht referentiell, weil es ein Bestandteil der zweisilbigen Verb-Objekt-Konstruktion xuanfu ‚ihren Reichtum zur Schau stellen‘ ist. In diesem Abschnitt wird der Schwerpunkt der Betrachtung auf Attribute gelegt, durch die das Besitzverhältnis / die Zugehörigkeit ausgedrückt wird. Dazu gehören vor allem Reflexivpronomen (205), NP n (206), sowie Relativsätze (207). Alle stehen links vor dem Kopfnomen und sind durch die Strukturpartikel de mit dem Nomen verbunden. 8 Es ist zu beachten, dass chengyu sowohl in der Schriftsprache als auch in der Umgangssprache im Chinesischen häufig verwendet werden, weil das als schöner Stil gilt. Einige bloße NP n, die mit Poss+N im Deutschen übersetzt werden, enthalten das Reflexivpronomen ziji . 9 Das Reflexivpronomen ziji kann entweder mit einer NP zusammen oder allein auftreten. Die Kombination ziji de ‚eigen‘ deutet ein Besitzverhältnis an, aber es ist im Kontext zu erschließen, worauf sich dieses Reflexivpronomen bezieht. Im folgenden Beispiel bezieht sich ziji auf die direkt vorangehende Objekt- NP , nämlich nianqing de fumu ‚die jungen Eltern‘: 205. Wo jingchang yaoqiu nianqing de fumu xian ich oft auffordern jung DE Eltern zuerst qu liaojie ziji de fumu. gehen sich informieren selbst DE Eltern ‚Ich fordere oft als erstes die jungen Eltern auf, mit ihren Eltern über die eigene Kindheit zu reden.‘ ( KT 13) In diesem Satz kann vor ziji das Personalpronomen tamen ‚ihr‘ eingesetzt werden. Aber ein Personalpronomen ist nicht immer notwendig und kann in bestimmten Sätzen überflüssig wirken. In 28 Beispielen korrespondieren Poss+N mit N 1 + de +N 2 im Ausgangstext. 10 Im Deutschen werden (Possessiv)Pronomen verwendet, um auf Referenten (den Possessor) Bezug zu nehmen, die im Gedächtnis noch aktiv sind, während im Chinesischen dieselbe NP wiederholt wird. 9 Im gesamten Korpus ist es 64-mal belegt. Nur 39 davon werden mit Poss+N im Deutschen wiedergegeben. 10 N 1 ist Attribut und N 2 ist das Kopfnomen. Im Chinesischen steht das Attribut immer links vom Nomen und die beiden sind meistens durch die Strukturpartikel de verbunden. 6.1 Pers+ de +N und Poss+N 167 168 6 Empirische Untersuchung 206. Youqi shi ruhe tongguo haizi de huihua besonders sein wie durch Kind DE Malerei liaojie haizi de xinli wenti. sich informieren Kind DE seelisch Problem ‚Von besonderem Interesse war für mich, wie man durch von Kindern gemalte Bilder ihre seelischen Probleme erkennen kann.‘ ( KT 13) In 206 tritt die NP haizi wiederholt auf und die beiden Vorkommen sind referenzidentisch. Es ist zu beachten, dass sich N 1 + de von dem sächsischen Genitiv dadurch unterscheidet, dass das erstere keine determinativische Bedeutung „Definitheitsinduktion“ trägt. Es gibt 20 bloße NP n, die durch Relativsätze erweitert werden, die die Beziehung zwischen zwei Entitäten verdeutlichen: 207. […] ta suo congshi de fanyi gongzuo er Partikel ausüben DE Übersetzung Arbeit juedui shi hanjinliang hen gao de naoli laodong absolut sein Goldgehalt sehr hoch DE geistig Arbeit he tili laodong […] und körperlich Arbeit ‚[…] bei seiner Übersetzertätigkeit handelt es sich zweifelsohne um wertvolle geistige und körperliche Arbeit, […]‘ ( KT 7) Die NP ta suo congshi de fanyi gongzuo in 207 heißt wörtlich ‚die Übersetzungsarbeit, die er ausübt’. Dabei etabliert der Relativsatz einen identifizierbaren Referenten für den Hörer. 6.2 Dem+Kl+N und Dem+N Für adnominal gebrauchte Demonstrativa werden im Ausgangstext 414 Belege gefunden, im Zieltext 318. 11 Dazu die Häufigkeitsverteilung im Ausgangs- und im Zieltext: 11 Im Ausgangstext finden sich nicht nur Belege für zhe und na , sondern auch Belege für ihre Synonyme. Ci ‚dies-‘ und bi ‚jen-‘ sind Demonstrativa aus dem klassischen Chinesisch in der modernen chinesischen Schriftsprache. 6.2 Dem+Kl+N und Dem+N 169 Ausgangstext Häufigkeit Zieltext Häufigkeit zhe +Kl+N 352 dies- +N 300 ci +N 8 na +Kl+N 53 jen- +N 18 bi +N 1 insgesamt 414 insgesamt 318 Tabelle 16: Die Vorkommenshäufigkeit von Demonstrativdeterminativen im Ausgang- und im Zieltext 6.2.1 Belege für Dem+Kl+N im Ausgangstext Es ist bemerkenswert, dass das Korpus zahlreiche Belege für anaphorischen und diskursdeiktischen Gebrauch enthält, während der anamnestische Gebrauch kaum vertreten ist. Das könnte daran liegen, dass der Gegenstand der empirischen Analyse Zeitschriftenartikel sind und die situative sowie die anamnestische Verwendung in erster Linie für die gesprochene Sprache charakteristisch sind. Bei den im Ausgangstext vorhandenen Demonstrativa sind folgende Gebrauchsweisen zu erkennen: Gebrauchskontexte zhe na zhe+na insgesamt pragmatisch-definit anaphorisch 12 195 16 211 (51 %) 347 (83,8 %) diskurs-deiktisch 89 9 98 (23,7 %) situativ 24 0 24 (5,8 %) NP n mit etablierendem Relativsatz 0 10 10 (2,4 %) kataphorisch 1 1 2 (0,5 %) anamnestisch 0 2 2 (0,5 %) 12 Im Sinne von Himmelmann (1997). 170 6 Empirische Untersuchung Gebrauchskontexte zhe na zhe+na insgesamt semantisch-definit mit genitivischem Attribut 0 5 5 (1,2 %) 16 (3,9 %) assoziativ-anaphorisch 2 1 3 (0,7 %) mit Superlativ 0 3 3 (0,7 %) generisch 0 3 3 (0,7 %) abstrakt-situativ 1 0 1 (0,2 %) mit Komplementsatz 0 1 1 (0,2 %) Sonstiges Apposition 30 0 30 (7,2 %) 51 (12,3 %) Demonstrativa in indirekten Anaphern 17 2 19 (4,6 %) feste Wendung 1 1 2 (0,5 %) insgesamt 360 54 414 (100 %) Tabelle 17: Gebrauchsweisen der Demonstrativdeterminative im Ausgangstext Die absolute Mehrheit der Belege für Dem+Kl+N tritt in pragmatisch-definiten Kontexten auf (83,8 %), während vereinzelte Belege in semantisch-definiten Kontexten zu finden sind (3,9 %). Außerdem gibt es Gebrauchsweisen, die sich nicht in die gewöhnlichen Kategorien einordnen lassen und unter „Sonstiges“ zusammengefasst werden. Eine davon ist Apposition, und zwar wird Dem+Kl+N als enge Apposition gebraucht, nämlich N 1 +Dem+Kl+N 2 , wobei N 1 Personalpronomen oder Eigenname ist. 208. a. wo zhe ge ren ich dies- Kl Mensch ‚ich‘ ( KT 26) b. Kitsch zhe ge ci Kitsch dies- Kl Wort ‚das Wort Kitsch‘ ( KT 3) Außerdem werden Belege für Dem+Kl+N gefunden, in denen das Demonstrativum auf den direkt vorangehenden Kontext verweist. Der Referent wird nicht ausdrücklich genannt, sondern im Vortext impliziert. Diese Gebrauchweise wird 6.2 Dem+Kl+N und Dem+N 171 in Apothéloz und Reichler-Béguelin 1999 als „demonstrative NP s in indirect anaphora“ bezeichnet. Aber nach Hawkins (1978) ist es für die assoziativanaphorische Verwendung definitorisch, dass Assoziationen dabei durch eine NP hervorgerufen werden. Es ist deswegen unklar, welcher Kategorie diese Belege zugeordnet werden können oder ob es sich dabei um eine völlig neue Gebrauchsweise handelt. Im Vergleich der beiden Sprachen lassen sich einige Unterschiede feststellen, auf die im Folgenden näher eingegangen wird: • Dem+Kl+N, das anaphorisch gebraucht wird, korrespondiert mit unterschiedlichen NP -Formen im Zieltext, z. B. mit Dem+N, Def+N, Personalpronomen usw.; • Na +Kl+N, wird häufig dazu verwendet, um auf Referenten zu referieren, die weder in der Äußerungssituation noch im sprachlichen Kontext gegeben sind; • Dem+Kl+N-Konstruktionen, die den Klassifikator zhong oder lei ‚Art, Sorte‘ enthalten, lassen unter bestimmten Bedingungen eine indefinite Interpretation zu. 6.2.1.1 Dem+Kl+N im anaphorischen Kontext Dem+Kl+N im anaphorischen Kontext ist mit unterschiedlichen NP -Formen im Zieltext wiedergegeben, zu denen vor allem Dem+N, Def+N, Demonstrativpronomen sowie Personalpronomen gehören. Ausgangstext Zieltext Häufigkeit Dem+Kl+N keine NP 18 (8,5 %) NP Dem+N 98 (46,4 %) Def+N 48 (22,7 %) Personalpronomen 15 (7,1 %)) Demonstrativpronomen 6 (2,8 %) Sonstiges 26 (12,3 %) Insgesamt 211 (100 %) Tabelle 18: Anaphorisch gebrauchte Dem+Kl+N und Entsprechungen im Zieltext Das lässt vermuten, dass Dem+Kl+N im anaphorischen Kontext eine breitere Anwendung findet als seine deutsche Entsprechung Dem+N. Nach genauer Be- 172 6 Empirische Untersuchung trachtung ist festzuhalten, dass dieser Unterschied dadurch zustande kommt, dass Demonstrativa im Deutschen eine abgrenzende Funktion haben (s. Abschnitt 3.2.2), die im Chinesischen dagegen nicht immer. Bevor ich näher darauf eingehe, möchte ich nachdrücklich betonen, dass in Abschnitt 6.2.1.1 nur die Dem+Kl+N-Phrasen behandelt werden, die anaphorisch gebraucht werden. Die Demonstrativa im Chinesischen schließen die Abgrenzung von etwas anderem nur dann mit ein, wenn sie einen Akzent tragen. Es gibt Kontexte, in denen Demonstrativa akzentuiert werden müssen: 209. Zai zhe qijian wo ye xie guo hen duo inzwischen ich auch schreiben ASP dur sehr viel qita juben, danshi zhe ge juben shi wo ander- Drehbuch aber die- Kl Drehbuch sein ich yizhi xiang pai de […] immer möchte aufnehmen DE ‚Inzwischen hatte ich ja noch viele andere Drehbücher geschrieben, aber Seven Days war der Film, den ich unbedingt machen wollte, […]‘ ( KT 15) In 209 werden die Entitäten explizit genannt, gegenüber denen der Referent der unterstrichenen NP hervorgehoben werden soll, nämlich Drehbücher, die der Regisseur inzwischen geschrieben hat. Deswegen muss hier ein emphatisches Demonstrativum eingesetzt werden. Aber solche Verwendungen kommen selten vor: In meinem Korpus sind sie lediglich 14 Mal vertreten. In den meisten Fällen kann das anaphorisch gebrauchte Demonstrativum akzentuiert werden, muss aber nicht: 210. […] ertong shangwang baodao daduo dou shi Kind Unfall Bericht meistens all sein wailai wugong jiating de haizi, xing qinhai von auswärts kommend als Arbeiter beschäftigt sein Familie DE Kind sexueller Missbrauch ye geng rongyi zai zhe ge qunti zhong fasheng. auch eher leicht in dies- Kl Gruppe passieren ‚[…] dass Berichte über Verbrechen, deren Opfer Kinder sind, größtenteils Kinder aus Migrantenfamilien betreffen. Auch sexueller Missbrauch ist häufiger in dieser Bevölkerungsgruppe anzutreffen.‘ ( KT 17) 6.2 Dem+Kl+N und Dem+N 173 Wenn das Demonstrativum zhe nicht akzentuiert wird, ist es hinsichtlich des Merkmals „Abgrenzung“ neutral. Der Sprecher setzt nur dann einen Akzent auf das Demonstrativum, wenn er die Migrantenfamilien eindeutig gegenüber anderen Bevölkerungsgruppen hervorheben möchte. Hier geht es nicht darum, ob eine Abgrenzung tatsächlich stattfindet, sondern darum, ob der Sprecher die Abgrenzung thematisieren möchte. Es gibt jedoch auch Beispiele, in denen das Demonstrativum gar nicht akzentuiert werden darf, z. B. 211. Jianyao huigu „zhongguo ban Twitter“weibo knapp zurückblicken China Version Twitter Weibo de fazhan jian shi, keyi guankui DE Entwicklung kurz Geschichte können spähen zhengfu bumen dui zhe zhong shejiao meiti Regierung Abteilung zu dies- Kl Art sozial Medien “you pa you ai” de zhenshi xintai. sowohl fürchten als auch lieben DE wahr Mentalität ‚Ein kurzer Blick auf die Entwicklungsgeschichte der chinesischen Varianten von Twitter vermittelt uns einen Eindruck von der wahren Befindlichkeit der Behörden, welche angesichts der Social Media zwischen „Furcht und Faszination“ schwanken.‘ ( KT 8) Die NP zhe zhong shejiao meiti bezieht sich auf den Ausdruck „ zhongguo ban Twitter - weibo “. Wenn zhe akzentuiert wird, impliziert der Satz, dass die Behörden nur angesichts der Variante Weibo zwischen „Furcht und Faszination“ schwanken, nicht aber angesichts der anderen sozialen Netzwerke. In diesem Satz darf keine Abgrenzung gebildet werden und die NP zhe zhong shejiao meiti ist im Deutschen mit der Social Media wiedergegeben. Das unbetonte Demonstrativum hat nicht zwingend eine abgrenzende Bedeutung und gilt im Chinesischen als unmarkiertes Verweismittel. Es kann in Kontexten auftreten, in denen das deutsche Demonstrativum in der Regel nicht zulässig ist. Im Chinesischen wird das Demonstrativum häufig verwendet, um einen neu eingeführten Referenten wieder aufzugreifen und ihn als Topik für den folgenden Satz zu etablieren: 174 6 Empirische Untersuchung 212. Congqian you yi ge guowang. Zhe ge guowang damals es gibt ein Kl König dies- Kl König you shiyi ge erzi he yi ge nü’er. haben elf Kl Sohn und ein Kl Tochter ‚Es war einmal ein König. Er / Der König hatte elf Söhne und eine Tochter.‘ In 212 kann statt Dem+Kl+N auch das Personalpronomen ta ‚er‘ als anaphorischer Ausdruck verwendet werden. 13 Nach Y.-L. Xu (2005: 130) kennzeichnet ein Demonstrativdeterminativ in der Subjekt / Topikposition die Wichtigkeit des betreffenden Referenten: Er steht im Fokus der Aufmerksamkeit und fungiert sehr wahrscheinlich im anschließenden Diskurs weiter als Topik. Im Gegensatz dazu kann in der deutschen Übersetzung Personalpronomen oder Def+N verwendet werden. Dem+N kommt in der Regel nicht in Frage, weil hier keine Abgrenzung zwischen ähnlichen Größen erfolgt. Ferner kann das Demonstrativum im Chinesischen auf bereits etablierte Topikreferenten verweisen, wobei es in der Regel keinen Akzent trägt: 213. Yi wei jianghu dalao ceng gen wo shuo, ein Kl großer Bruder schon zu mir sagen zuo shenme bu zhongyao, kaixin jiu hao. machen was nicht wichtig wohlfühlen eben gut Zhe wei dalao mei zuo yi fen gongzuo, dies- Kl Kumpel je machen ein Kl Arbeit guo bu liao duo jiu bi xian gen laoban chaofan , nicht lange dauern sicher zuerst mit Chef streiten ranhou fen er lizhi, […] dann empört und kündigen ‚Ein alter Kumpel von mir hat mir einmal gesagt, es sei völlig egal, was man mache, Hauptsache man sei glücklich. Jedes Mal, wenn er einen neuen Job anfängt, dauert es nicht lange, bis er sich mit seinem Chef zofft und dann aus Ärger kündigt. […]‘ ( KT 2) 13 Aber wenn es sich um einen Gegenstand handelt, wird Dem+Kl+N als anaphorischer Ausdruck bevorzugt oder ausschließlich verwendet, weil das Personalpronomen für nicht menschliche Wesen, nämlich ta , im Chinesischen nur sehr eingeschränkt verwendet wird. 6.2 Dem+Kl+N und Dem+N 175 Bei dem ersten (Teil)Satz in 213 handelt es sich um eine „presentational amalgam construction“, wobei das Existentialverb you am Satzanfang weggelassen wird (s. Abschnitt 4.2.2.4). Mithilfe dieser Konstruktion wird ein neuer Referent yi wei jianghu dalao ‚ein Kumpel‘ eingeführt und gleich zum Topik gemacht. Im voranstehenden Text wird der Referent insgesamt 8-mal wieder aufgenommen, wobei im Originaltext und in der Übersetzung jedoch unterschiedliche Referenzmittel verwendet werden: Chinesisch: yi +Kl+N Dem+Kl+N - Φ (Nullpronomen) - Φ - Φ - Pers - Refl Dem+Kl+N - Pers Deutsch: ein +N Pers - Pers - Φ - Pers - Pers - Pers Poss - Poss Im Deutschen wird die anaphorische Kette aus Personalpronomen sowie Nullanapher gebildet. Das ist leicht zu verstehen: Wenn sich ein Referent bereits im Zentrum der Aufmerksamkeit befindet, ist es unnötig, mit einer sehr eindeutigen Form auf ihn zurückzuverweisen. Wenn eine Anapher höhere Verarbeitungskosten als eigentlich nötig verursacht, muss sie eine zusätzliche Funktion erfüllen. Dagegen wird der betreffende Referent im Chinesischen in einem neuen Satz zuerst durch Dem+Kl+N wieder aufgegriffen, dann innerhalb des Satzes weiter durch Nullanapher oder Personalpronomen. Hier erfüllt das Demonstrativum wie das in 212 die Fokussierungsfunktion, und zwar signalisiert es, dass der Referent sehr wichtig ist und fordert die volle Aufmerksamkeit des Hörers. Aber rückverweisende Demonstrativdeterminative können auch andere Funktionen übernehmen: 176 6 Empirische Untersuchung 214. Jian guo zhihou, Mao Zedong geng yuanyi gründen Staat nach Mao Zedong lieber wollen hui pai pingpangqiu, zaiye meiyou dengchang schwingen Schläger Tischtennis niemals wieder auftreten ti guo qiu. Zhe wei meili lingxiu kicken ASP perf Fußball die- Kl charismatisch Leiter youshengzhinian zhi kan guo yi chang guoji Lebzeiten nur sehen ASP perf ein Kl international zuqiusai […] Fußballturnier ‚Nach der Gründung der Volksrepublik trat Mao nicht mehr auf einem Fußballfeld an und griff stattdessen lieber zum Tischtennisschläger. Der charismatische Staatsmann sollte zu Lebzeiten nur ein internationales Fußballturnier besuchen: 1955, als sich die chinesische Mannschaft gegen Zenit St. Petersburg zum Wettkampf stellte.‘ ( KT 31) Im betreffenden Abschnitt wird die NP Mao Zedong 4-Mal wieder aufgegriffen und die Referenzketten im Ausgang- und im Zieltext sehen wie folgt aus: Chinesisch: Eigenname - Φ Dem+Kl+N, - Pers - Φ Deutsch: Eigenname - Φ Def+N - der Nachname - Pers In Beispiel 214 ist Dem+Kl+N auch gegenüber dem Personalpronomen ta ‚er‘ austauschbar. Hier signalisiert das Demonstrativum, dass der Satz inhaltlich relativ unabhängig von dem vorangehenden Satz bzw. Kontext ist. Im Vortext wird angegeben, dass Mao ein sehr guter Fußballspieler war, aber später spielte er keinen Fußball mehr. Mit Dem+Kl+N wird ein neues Thema über Mao eröffnet, und zwar hat er nur ein einziges internationales Fußballturnier besucht. Das heißt, dass der Antezedens und die Anapher nicht in einem Frame stehen (vgl. Ariel 1990: 22 ff.). Um Bezug auf den Topikreferenten zu nehmen, wird im Chinesischen Dem+Kl+N verwendet, im Deutschen dagegen Def+N. Die Demonstrativdeterminative im Chinesischen, die anaphorisch gebraucht werden und keine abgrenzende Bedeutung haben, ähneln dem definiten Artikel im Deutschen. Aber solche Demonstrativa kommen im Chinesischen wesentlich 6.2 Dem+Kl+N und Dem+N 177 seltener vor als der definite Artikel im Deutschen: Als Mittel der anaphorischen Wiederaufnahme steht Dem+Kl+N mit Personalpronomina sowie bloßen NP n in Konkurrenz. 6.2.1.2 Na+Kl+N Im Ausgangstext ist na +Kl+N 55-mal vertreten. Davon treten 16 in der anaphorischen Verwendung auf, 9 in der diskursdeiktischen. Bei den Belegen im diskursdeiktischen Kontext handelt es sich fast ausschließlich um Zeitdeixis, und zwar bezieht sich na auf ein zuvor erwähntes Geschehen (s. Tabelle 17). In diesem Abschnitt steht na +Kl+N im Mittelpunkt, das auf Entitäten referiert, die weder in der Äußerungssituation noch im sprachlichen Kontext gegeben sind oder aufgrund zurückliegender kommunikativer Interaktionen inferiert werden können. Das betrifft vor allem na mit etablierendem Relativsatz (215); na mit Komplementsatz (216), na mit genitivischem Attribut (217) und na mit Adjektiv im Superlativ (218). 215. […] geiyu na xie huigui yingyuan de geben jen- Kl zurückkommen Kino DE guanzhong gengjia fengfu de xuanze. Zuschauer noch reichlich DE Wahl ‚[…] und den wieder in die Kinos strömenden Zuschauern ein breiteres Angebot ermöglicht werden sollte.‘ ( KT 32) 216. Wo xihuan na zhong zai dongjing shizhongxin ich mögen jen- Kl Art in Tokio Stadtzentrum lukou deng hongdeng de ganjue. Kreuzung warten rote Ampel DE Gefühl ‚Ich mag das Gefühl, an einer Kreuzung in der City von Tokio an einer roten Ampel zu stehen.‘ ( KT 1) 217. wuliushi niandai de na yi dai ren fünf- und sechzig Zeitalter DE jenein Kl Generation Leute ‚die Generation der Fünfziger- und Sechzigerjahre‘ ( KT 22) 178 6 Empirische Untersuchung 218. Youqu de shi, zhongguo zui zhuming de interessant DE sein China Sup bekannt DE na xie chuangyi chanye yuanqu huozhe shuo jen- Kl Kreativität Branche Gebiet oder sagen wenhua chanpin zuichu dou shi siren qiye 、 Kultur Produkt zuerst all sein privat Unternehmen geren zifa chuangzuo xingcheng de. Individuum spontan schaffen formen SP ‚Interessanterweise sind die bekanntesten Zentren der chinesischen Kreativindustrie anfangs allesamt durch Privatfirmen und die spontane Kreativität Einzelner entstanden.‘ ( KT 40) 219. Ni hui ganjue dao jiaorong, ni shi du werden spüren Komp R Verschmelzung du sein zhe chengshi de yi yuan ni gen dies- Stadt DE ein Mitglied du und na xie ribenren mei you qubie. jen- Kl Japaner nicht haben Unterschied ‚Du kannst die Verschmelzung spüren, du bist ein Teil dieser Stadt, du unterscheidest dich nicht von den Japanern.‘ ( KT 1) Daraus würde man vielleicht den Schluss ziehen, dass das distale na ähnliche Funktionen wie der definite Artikel erfüllt, und zwar signalisiert es Definitheit. Dagegen lassen sich zwei Einwände erheben: Zum einen kann na in allen diese Belegen weggelassen werden, ohne die Grammatikalität des Satzes zu beeinträchtigen und die Bedeutung des Satzes zu ändern. Das lässt vermuten, dass die Demonstrativa in solchen Fällen nicht in erster Linie der Verdeutlichung der Referenz dienen. Darüber hinaus drückt das distale na in den obengenannten Beispielen die Haltung des Sprechers zum betreffenden Referenten aus, und zwar wird der Referent vom Sprecher als zeitlich (216, 217), räumlich (215, 216, 217, 218, 219), emotional (219) oder modal fern präsentiert (vgl. Averintseva- Klisch 2015). Diese Distanzierung ist besonders gut erkennbar bei Beispiel 219: Im Chinesischen werden in der Regel bloße NPn verwendet, um auf die Gesamtheit zu referieren. Hier wird na eingesetzt, weil damit eine emotionale bzw. lokale Distanzierung zum Ausdruck gebracht werden kann. 6.2 Dem+Kl+N und Dem+N 179 Es ist zu erwähnen, dass na + xie +N ( xie ist der Klassifikator, der zur Bildung des Plurals dient) in einigen Sätzen mit Def+N im Plural übersetzt wird (10 Belege), in den anderen mit bloßen Pluralen (5 Belege). 14 220. a. Diaogui de shi, wo kaishi huainian qi wo de paradox DE sein ich anfangen vermissen ich DE zuguo lai le, huainian na xie wo Vaterland Komp R SP vermissen jen- Kl ich benlai chizhiyibi de dongxi. eigentlich über etwas die Nase rümpfen DE Ding ‚Das Paradoxe war, dass ich anfing, mein Vaterland zu vermissen. Ich sehnte mich nach Dingen, über die ich früher nur die Nase gerümpft hatte.‘ ( KT 1) b. Fanzheng iPhone de na xie gongneng wo ye sowieso iPhone DE jen- Kl Funktion ich auch yong bu zhao, zhibuguo shi fa duanxin verwenden nicht Komp Res lediglich sein senden SMS he da dianhua eryi. und telefonieren sonst nichts ‚Auf spezielle iPhone-Funktionen kann ich verzichten, ich brauche das Telefon nur, um SMS zu schreiben und um zu telefonieren.‘ ( KT 3) Das kann vielleicht damit erklärt werden, dass die intendierten Referenten nach der Einschätzung des Sprechers für den Hörer identifizierbar sind, von dem Übersetzer jedoch als nicht-identifizierbar angesehen werden. Wie in Abschnitt 2.4.2 erwähnt, ist Identifizierbarkeit eine nicht-diskrete (pragmatische) Kategorie, während Definitheit eine diskrete (grammatische) ist. Zwischen identifizierbar und nicht-identifizierbar gibt es keine klare Grenze, sondern eher einen fließenden Übergang. Bei den Beispielen 220a und b handelt es sich um genau solche Grenzfälle. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass na in diesen Kontexten deiktische Qualität (Distanz) hat, aber keine Verweisfunktion erfüllt. Daraus lässt sich folgern, dass es weder Demonstrativum noch definiter Artikel ist, sondern ist ein deiktischer Ausdruck. 14 Außerdem gibt es zwei Belege, die sinngemäß übersetzt werden. 180 6 Empirische Untersuchung 6.2.1.3 Dem+Kl+N, das den Klassifikator zhong / lei enthält Belege für Dem+Kl+N, die den Klassifikator zhong oder lei ‚Art, Sorte‘ enthalten, werden in bestimmten Kontexten mit indefiniten NP n im Zieltext wiedergegeben. 15 Daraus ist aber nicht zu folgern, dass Demonstrativa Indefinitheit mit bezeichnen können. Es wird beobachtet, dass das Demonstrativum immer auf eine vorangehende NP oder ein Textsegment (im Folgenden als Antezedens bezeichnet) verweist, aber zwischen Dem+ zhong / lei +N und dem Antezedens liegt nicht immer Koreferenz vor. Im Folgenden wird diskutiert, worauf dieses Phänomen zurückzuführen ist. Zuerst gehe ich auf die Belege für Dem+ zhong +N ein. Dem+ zhong +N kann sich auf eine NP (221a) oder auf ein Diskurssegment (221b) beziehen: 221. a. Tamen xianzai geng xuyao de shi, huanbao sie jetzt eher brauchen DE sein Umweltschutz zuzhi nenggou kuaisu huying tamen de baohu Organisation können schnell reagieren sie DE Schutz xuqiu, zhe zhong baohu xuqiu baokuo […] Bedürfnis dies- Kl Art Schutz Bedürfnis umfassen ‚Was die Menschen jetzt vor allem brauchen, ist, dass Umweltorganisationen schnell auf ihre ökologischen Schutzbedürfnisse eingehen können, und dieser Schutzanspruch bezieht sich […]‘ ( KT 5) b. Zhe zhong chabie chongfen shuoming: […] dies- Kl Art Unterschied in vollem Maße erläutern ‚Durch diesen Unterschied wird eines deutlich: […]‘ ( KT 36) Bei 221a bezieht sich die NP zhe zhong baohu xuqiu ‚diese Schutzbedürfnisse‘ auf die vorangehende NP tamen de baohu xuqiu ‚ihre Schutzbedürfnisse‘. Im Text vor 221b steht, dass Mikroblog und Twitter in China und in den USA eine völlig unterschiedliche gesellschaftliche Funktion erfüllen: Twitter ist ein Kommunikationsmittel unter Freunden, während die Mikroblogs vor allem dazu verwendet werden, um Informationsblockaden zu durchbrechen oder die Gesellschaft zu mobilisieren. Dieses Segment wird durch die NP zhe zhong chabie wieder aufgenommen. 15 Das Thema „Klassifikator für Art und Sorte“ ist bisher noch nicht genug erforscht. Auf die Frage, wodurch sich die beiden Klassifikatoren unterscheiden, gibt es in der Literatur keine endgültige Antwort. 6.2 Dem+Kl+N und Dem+N 181 Aber in den folgenden Beispielen weisen die Antezedens- NP und Dem+Kl+N keine Koreferenz auf. Mit Dem+ zhong +N wird auf Objekte referiert, die den Referenten der vorangehenden NP in einer bestimmten Hinsicht ähnlich sind: 222. a. Qishi, zheyang de nianqing ren […], ershi eigentlich solch DE junge Leute sondern yong zhe zhong songrentingwen de huayu biaoda mit dies- Kl Art sensationell DE Worte ausdrücken ziji dui […] yi zhong fankang eryi. selbst zu ein Kl Art Widerstand sonst nichts ‚Dabei handelt es sich bei diesen jungen Leuten […], sie greifen lediglich zu solch drastischen Worten, um ihren Widerstand gegen […] auszudrücken.‘ ( KT 24) b. Xiang „Sun Zhigang shijian“ zhe zhong nenggou wie Sun Zhigang Vorfall dies- Kl Art können zuizhong feichu shourong zhidu schließlich abschaffen jd. Vorrübergehend aufnehmen Ordnung de baodao shi ke yu bu ke qiu de. DE Bericht sein Glücksfall DE ‚Berichte wie der über den „Vorfall Sun Zhigang“, die letztlich dazu führten, dass das System der Verhaftung und Rückführung von Migranten ohne temporäre Wohnerlaubnis durch die Polizei abgeschafft wurde, sind ein seltener Glücksfall.‘ ( KT 3) Am Anfang des Artikels, aus dem 222a stammt, wird angegeben, dass es in China eine Newsgroup gibt, dessen Mitglieder Post-80er Kids sind und ihre nach 1950 geborenen Eltern als „Plage“ bezeichnen. Der Zeitungsartikel löste große Diskussionen aus, denn es ist für manche unvorstellbar, dass man Eltern als „Plage“ beschreibt. Genau auf die Bezeichnung „Plage“ verweist das Demonstrativum zhe , aber die NP zhe zhong songrentingwen de huayu ist mit dieser Bezeichnung nicht referenzidentisch, sondern denotiert Worte, die dieser Bezeichnung hinsichtlich der Eigenschaft „drastisch“ ähnlich sind. Hier bilden zhe und zhong eine Einheit, die Ähnlichkeit ausdrückt. Das lässt vermuten, dass das Wort zhong hier kein Klassifikator, sondern ein Nomen ist. In diesem Beispiel verweist das Demonstrativum zurück auf die Bezeichnung „Plage“, die 182 6 Empirische Untersuchung den Rahmen setzt, innerhalb dessen das Nomen zhong interpretiert werden soll. Die Kombination zhe + zhong bestimmt das Kopfnomen huayu ‚Worte‘ näher und entspricht funktional einem nachgestellten Genitivattribut im Deutschen, nämlich Worte dieser Art . Die Ähnlichkeit, die durch Dem+ zhong ausgedrückt wird, kann im Chinesischen explizit angegeben werden, und zwar durch das Attribut xiang +(Antezedens-) NP ‚wie+(Antezedens-) NP ‘. In 222b werden zwei Entitäten sowie ihre Ähnlichkeit in eine NP eingebettet. Die Phrase xiang +(Antezedens-) NP kann als Test dienen, ob zwischen dem Antezedens und Dem+ zhong +N Koreferenz vorliegt: Wenn Dem+ zhong +N durch xiang + NP erweitert werden kann, liegt keine Koreferenz vor. So kann vor die NP zhe zhong songrentingwen de huayu in 222a etwa das Attribut xiang huohai ‘wie Plage’ gesetzt werden. Bei Dem+ lei +N handelt es sich um einen ähnlichen Fall. Im folgenden Beispiel bezieht sich Dem+ lei +N genau auf die Antezedens-NP yu „diao“ xiangguan de ci : 223. Yu „diao“ xiangguan de ci mit Penis in Wechselbeziehung stehend DE Wort qishi shi shijie zanghua jie de tongyong eigentlich sein Welt Schimpfwort Welt DE allgemein ci, zhe lei ciyu ben bu yinggai shi Wort dies- Kl Art Wort eigentlich nicht sollen sein zhuliu wenhua de koutouchan. Mainstream Kultur DE ständig im Mund geführte Lieblingsphrase ‚Obwohl Ausdrücke, die sich auf das männliche Sexualorgan beziehen, in den Vulgärsprachen weltweit üblich sind, sollten sie doch eigentlich nicht als Modewörter der Mainstream-Kultur in aller Munde sein.‘ ( KT 21) Aber Dem+ lei +N kann auch auf Objekte referieren, die den Referenten der Antezedens- NP in einer bestimmten Hinsicht ähnlich sind: 6.2 Dem+Kl+N und Dem+N 183 224. Waiguoren zai zhe lei xiangqin - jiemu shang Ausländer in dies- Art Dating Programm auf neng qianshou zhen ai ma? können jemandes Hand nehmen wahr Liebe SP ‚Können auch Ausländer in einer Dating-Show wie Feicheng Wurao ihre wahre Liebe finden? ‛ ( KT 18) In dem Artikel, aus dem Beispiel 224 stammt, wird zuerst etwas über die populärste chinesische Dating-Show Feicheng Wurao (wörtlich: ‚Lass mich in Ruhe, wenn du es nicht ernst meinst‘) berichtet. Mit der unterstrichenen NP werden ähnliche Dating-Shows wie Feicheng Wurao gemeint. Ein Beweis dafür ist, dass vor dieser NP ein Attribut xiang Feicheng Wurao ‚wie Feicheng Wurao‘ eingesetzt werden kann. In 224 bilden zhe und lei eine Einheit, die das Kopfnomen xiangqin jiemu ‚Dating-Show‘ näher bestimmt. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Dem+Kl+N in allen Beispielen in 6.2.1.3 auf identifizierbare Entitäten referiert. Dass die Konstruktion Dem+ zhong / lei+ N in bestimmten Kontexten mit definiten NPn, in anderen Kontexten mit indefiniten NPn im Zieltext wiedergegeben ist, führt auf ihre strukturelle Ambiguität zurück. Sie hat zwei Strukturen, nämlich [Dem+[ zhong / lei+ N]] und [[Dem+ zhong / lei ] + N]. Im ersteren Fall wird das Denotat des Kopfnomens zuerst durch den Klassifikator individualisiert, dann wird mit Hilfe des Demonstrativums ein bestimmtes Objekt ausgewählt. Im letzteren Fall sind zhong und lei kein Klassifikator, sondern Nomen. Sie bilden mit dem Demonstrativum eine NP , die das Denotat des Kopfnomens näher bestimmt. Dabei verweist das Demonstrativum meistens auf den vorangehenden Kontext, aus dem der Referent von zhong / lei erschlossen werden kann. Diese Ambiguität tritt im Deutschen nicht auf, weil die beiden Bedeutungen durch unterschiedliche Konstruktionen ausgedrückt werden, nämlich dies- +N und N dieser Art (oder derartige +N usw.). 6.2.2 Belege für Dem+N im Zieltext Für Dem+N sind im Zieltext 319 Belege vertreten. In dem dieser Arbeit zugrundeliegenden Korpus werden Demonstrativa fast ausschließlich dazu verwendet, um auf den sprachlichen Kontext Bezug zu nehmen. Davon korrespondieren 265 mit NP n im Originaltext, und zwar mit folgenden Formen: 184 6 Empirische Untersuchung Ausgangstext Zieltext Häufigkeit Dem+N Dem+Kl+N 175 (66 %) bloße NP 66 (24,9 %) andere definite NP n (Pers+ de +N, Pronomen, usw.) 15 (5,7 %) yi +Kl+N 8 (3 %) Num+Kl+N 1 (0,4 %) insgesamt 265 (100 %) Tabelle 19: Dem+N und die Entsprechungen im Ausgangstext Aus der Tabelle ist ablesbar, dass 66 Belege für Dem+N mit bloßen NP n im Ausgangstext assoziiert sind. Dann stellt sich die Frage, welche Informationen der Hörer nutzen kann, um den gemeinten Referenten zu identifizieren? Nach genauer Betrachtung sind folgende Strategien zu erkennen: Erstens: Die Anapher ist in den meisten Fällen von ihrem Antezedens nicht weit entfernt. Die beiden befinden sich häufig in zwei direkt aufeinanderfolgenden (Teil)Sätzen. 225. Baodao yuanqi yu Douban de yi ge mingwei Bericht stammen aus Douban DE ein Kl heißen „fumu jie huohai“ de xiaozu. Xiaozu chengyuan de Eltern all Plage DE Gruppe Gruppe Mitglied DE fumu duo wei xiaoxue laoshi, […] Eltern viel sein Grundschule Lehrer ‚Anlass des Beitrags war eine Newsgroup, die unter dem Namen „Anti- Parents - alle Eltern eine Plage“ (seit Januar 2008, Anm.d.Red.) bei der chinesischen Online-Community Douban registriert ist. Die Eltern der Mitglieder dieser Diskussionsgruppe sind überwiegend Grundschullehrer […]‘ ( KT 24) In 225 steht die anaphorische NP xiaozu direkt hinter der Antezedens- NP Douban de yi ge mingwei „fumu jie huohai“ de xiaozu . Dann ist es leicht, die anaphorische Beziehung zwischen den beiden zu erkennen. Ein Demonstrativum ist in diesem Beispiel nicht erwünscht, weil die Subjekt- NP des zweiten (Teil) 6.2 Dem+Kl+N und Dem+N 185 Satzes sonst zu lang wird und ambig sein kann. 16 Außerdem ist zu beachten, dass Ambiguität entstehen kann, wenn bloße NP n (ohne Attribut) als Anapher verwendet werden: 226. Bansui senlin shengtai weiji er lai de zusammen mit Wald Ökologie Problem kommen DE shi daliang shengwu wuzhong mianlin miejue , sein viel Lebewesen Art gegenüberstehen aussterben danshi zhongguo hen duo ren dui ci ze aber China sehr viel Mensch zu diese aber xuanze taobi, bu yuanyi guoduo qu tanlun wählen fliehen nicht wollen zuviel Komp R besprechen wuzhong de mingyun. Art DE Schicksal ‚Die Krise des Waldökosystems hat zur Folge, dass viele Tierarten vom Aussterben bedroht sind, allerdings verdrängen viele Menschen in China diese Tatsache, denn sie sind nicht willens, sich intensiv mit dem Schicksal dieser Arten zu beschäftigen.‘ ( KT 4) Die unterstrichene NP besteht allein aus dem Kopfnomen der vorangehenden NP daliang shengwu wuzhong ‚viele Tierarten‘. Während sich die NP dieser Arten in der Übersetzung eindeutig auf die NP viele Tierarten bezieht, ist die Referenz der bloßen NP wuzhong ‚Art’ nicht eindeutig: Sie kann sich entweder auf die Antezedens- NP beziehen oder generische Bedeutung haben, und zwar wollen sich viele Menschen überhaupt nicht um das Schicksal von Tierarten kümmern, unabhängig davon, ob sie vom Aussterben bedroht sind. Um eindeutig auf die oben genannten Tierarten zu verweisen, muss ein Demonstrativum (und ein Klassifikator) hinzugefügt werden, nämlich zhe xie wuzhong . Zweitens: Die Antezedens- NP wird im Folgediskurs mit derselben NP weitergeführt. 16 Wenn man nur Dem+Kl hinzufügt, dann kann die NP zhe ge xiaozu chengyuan de fumu zwei Bedeutungen haben, nämlich ‚die Eltern der Mitglieder dieser Diskussionsgruppe‘ oder ‚die Eltern dieses Gruppenmitglieds‘. Zur Disambiguierung muss zwischen zhe ge xiaozu und chengyuan die Strukturpartikel de eingesetzt werden, wodurch die Subjekt- NP noch länger und komplizierter geworden ist. 186 6 Empirische Untersuchung 227. Kan 《 xinwen lianbo 》 jianzhi shi yi jian sehen CCTV News überhaupt sein ein Kl shangyin de shi’r, […] süchtig DE Sache ‚Man kann richtig abhängig von dieser Sendung werden, […]‘ ( KT 33) Die Sendung CCTV News wurde vor 5 (Teil)Sätzen bereits erwähnt. Um sie wieder aufzunehmen, wird im Deutschen Dem+N verwendet, während im Chinesischen die gleiche NP wiederholt wird. Drittens: Attribute vereindeutigen semantisch die Referenz des Nukleus. In 228a und b wird die Beziehung zwischen Antezedens und Anapher im Deutschen durch Demonstrativa verdeutlicht, im Chinesischen dagegen durch Attribute: 228. a. Dan Lu Xun tongshi zhichu, ta suo shuo aber Lu Xun gleichzeitig hinweisen er Partikel sagen de „ge“ 、 „ji“ bingfei lijizhuyi de „ji“, […] DE Einzelne Selbst keinesfalls Egoismus DE Selbst ‚Gleichzeitig wies er darauf hin, dass dieser „Einzelne“, das „Selbst“, nicht in egozentrischem Sinne missverstanden werden dürfe, […]‘ ( KT 22) b. […] er zhe jian de qubie jiu xiang beide Ding zwischen DE Unterschied wie pifa he lingshou yiyang mingxian. Großhandel und Einzelhandel gleich offensichtlich ‚[…] - dieser Unterschied ist so deutlich wie bei Einzelhandel und Großhandel.‘ ( KT 32) Der Gedanken von Lu Xun zum „Einzelnen“ und zum „Selbst“ wird im Vortext erläutert. Der Relativsatz ta suo shuo de ‘das er gesagt hat’ liefert hinreichende Information zur Identifizierung des Referenten. Bei 228b verweist das Demonstrativum in der Übersetzung auf das direkt vorangehende Segment, nämlich Auch wenn die Kinos rein theoretisch Filme direkt über den Verleiher beziehen könnten, werden sich beinahe alle Filmverleiher dafür entscheiden, ihre Filme an eine Kette zu verkaufen und nicht an einzelne Kinos . Im Gegensatz dazu wird das 6.2 Dem+Kl+N und Dem+N 187 Segment im Chinesischen durch die NP er zhe ,die beiden‘ wieder aufgenommen, die im Originalsatz als Attribut fungiert. Viertens: Einige Belege enthalten das Demonstrativadjektiv zheyang ,solch / so‘, das Bezug auf etwas nimmt, was im vorangegangenen oder folgenden Kontext genannt wird. 17 Für zheyang + de +N finden sich im Korpus insgesamt 49 Belege, von denen 9 mit Dem+N übersetzt werden: 229. a. Youyu you zheyang de youshi, weibo zai weil haben solch DE Vorteil Mikroblog in zhongguo bei zuowei yi zhong meiti daliang China Pass als ein Kl Art Medium viel shiyong, […] verwenden ‚Aufgrund dieses Vorteils werden die Mikroblogs in China im großen Maßstab als Medium genutzt, […]‘ ( KT 8) b. […] zhishi you zinü de nongcun laoren lediglich haben Kinder DE Dorf alter Mensch shi bu neng jin zheyang de yanglaoyuan de, […] sein nicht können ziehen solch- DE Altersheim SP ‚Allerdings können alte Menschen, die Kinder haben, nicht in diese Altersheime ziehen, […]‘ ( KT 14) c. xiang yunmenwuji zheyang de wenhua jingpin wie Cloude Gate Dance Theatre so DE Kultur Qualitätsartikel ‚so anspruchsvolle Kulturprojekte wie das Cloude Gate Dance Theatre‘ ( KT 34) Im Text vor 229a steht, dass das Chinesische in Bezug auf den Informationsgehalt pro Einheit einen Vorteil hat, und zwar kann man im journalistischen Bereich mit 140 Schriftzeichen voll und ganz einen Artikel schreiben. Genau auf dieses Textsegment bezieht sich die NP dieses Vorteils in der Übersetzung. Aber es ist zu beachten, dass im Originalsatz statt der Form Dem+Kl+N die Form zheyang+de+ N verwendet wird. Es stellt sich die Frage, ob zwischen den beiden Formen ein Unterschied besteht. Bei 229b wird vorerwähnt, dass der Autor einige Altersheime in den ländlichen Regionen besucht und den Ein- 17 Das Wort zheyang hat viele Verwendungsweisen, z. B. kann es Adjektive modifizieren. Hier konzentriere ich mich nur auf ihre adnominale Verwendung. 188 6 Empirische Untersuchung druck bekommen hat, dass die dort lebenden alten Menschen ein angenehmeres Leben führen als die alten Menschen in den Dörfern. Die NP zheyang de yanglaoyuan bezieht sich nicht auf die vorher erwähnten Altersheime, sondern auf ähnliche. Ansonsten hätte der Sprecher die Form Dem+Kl+N gebrauchen können, nämlich zhe xie yanglaoyuan . In 229c wird diese Ähnlichkeit explizit ausgedrückt, und zwar durch das Attribut xiang +N ‘ wie +N’. Der Referent der NP xiang +N 1 + zheyang+de +N 2 ist eindeutig nicht identifizierbar. Das Adjektiv zheyang teilt mit Demonstrativa die Eigenschaft, dass es dem Hörer hilft, sich im Kontext zu orientieren. Auf ihre Unterschiede wird in Abschnitt 6.3.1 näher eingegangen. Fünftens: Sowohl im Deutschen als auch im Chinesischen können Demonstrativa temporaldeiktisch gebraucht werden, wie z. B. dieses Jahr, zu dieser Zeit usw. Solche zeitlichen Angaben können im Chinesischen aber auch durch ein Kompositum ausgedrückt werden, das gewöhnlich aus zwei Zeichen besteht, wobei das erste ein deiktisches Element und das zweite ein Nomen ist, z. B. jinnian ‚dieses Jahr‘, dang-nian ‚in jenen Jahren, zu dieser Zeit‘ usw. Zum Schluss ist darauf hinzuweisen, dass generische NP n (außer der taxonomischen Verwendung) im Chinesischen nicht mit Dem+Kl+N wieder aufgenommen werden können: 230. Renhe ren dou shi xinwen de gongyingzhe, irgend Mensch all sein Nachrichten DE Anbieter renhe ren ye dou shi xinwen zhong de irgend Mensch auch all sein Nachrichten in DE jiaose. Rolle ‚So wie jeder Mensch ein Lieferant für Nachrichten ist, hat auch jeder eine Rolle innerhalb dieser Nachrichten.‘ ( KT 12) 230 ist ein charakterisierender Satz, der allgemeingültige Aussagen über Menschen und Nachrichten trifft. In diesem Satz referiert die NP xinwen auf keine konkrete Nachricht, sondern erfasst die ganze Gattung. In Abschnitt 1.1.1 wird erwähnt, dass im Chinesischen nur bloße NP n auf Art referieren können (außer bei der taxonomischen Verwendung). Zur Wiederaufnahme einer generischen NP muss deswegen eine bloße NP verwendet werden. 18 18 Auch Personalpronomen sind eingeschränkt möglich. 6.3 yi +Kl+N und ein+N 189 6.3 Yi+Kl+N und ein+N Im Originaltext finden sich 594 Belege für yi +Kl+N, yi +N sowie Kl+N (im Folgenden unter dem Begriff „ yi +Kl+N“ subsumiert). Dabei enthalten 454 Belege einen individualen Klassifikator (oder keinen Klassifikator), 88 Belege einen kollektiven und 52 Belege einen Klassifikator für Art und Sorte. Dagegen ist ein +N im Zieltext 1293-Mal vertreten. 19 Das heißt, dass das Wort ein im Zieltext doppelt so häufig erscheint wie seine chinesische Entsprechung im Ausgangstext. In diesem Abschnitt stehen zwei Fragen im Mittelpunkt, nämlich: • Kann yi +Kl+N auf einen identifizierbaren Referenten referieren? Wenn ja, in welchem Kontext? • Warum kommt yi +Kl im Chinesischen wesentlich seltener vor als seine Entsprechung ein im Deutschen? 6.3.1 Yi+Kl+N, das auf identifizierbare Entitäten referiert Betrachtet man die 594 Belege für yi +Kl+N, so fällt zunächst auf, dass die Verwendung von yi +Kl+N extrem vielfältig ist. In den bisherigen Forschungen über Definitheit im Chinesischen werden meistens nur die einfachsten Formen in Betracht gezogen, nämlich die yi +Kl+N-Phrasen, die singularische Bedeutung haben und keine Attribute enthalten. Im realen Sprachgebrauch tritt yi +Kl+N aber häufig zusammen mit Attributen auf, wobei die einzelnen Elemente nicht nur in der unmarkierten Reihenfolge yi +Kl+Attr+N auftreten, sondern auch in der markierten Abfolge Attr+ yi +Kl+N. Sie dürfen nicht einfach außer Acht gelassen werden und sind eine genaue Betrachtung wert. Im Folgenden gehe ich auf die Belege ein, die mit definiten NP n übersetzt sind und überprüfe, ob sie tatsächlich auf identifizierbare Entitäten referieren. Zuerst muss die Konstruktion „Adjektiv +yi +Kl+N“ genannt werden, für die im Korpus 9 Belege gefunden wurden. Die Konstruktion kennzeichnet sich dadurch, dass sie ein (deiktisches) Adjektiv enthalten, das unmittelbar vor yi s teht. Zwischen dem Adjektiv sowie yi kann auch eine Strukturpartikel de vorhanden sein. 20 19 In dieser Arbeit wird yi +Kl als pronominale Verwendung angesehen. 20 Es ist zu bemerken, dass das Numerale yi in einigen Beispielen nicht durch andere Numerale ersetzt werden kann, z. B. in a, b, f, g. Der Klassifikator dai kann mit anderen Zahlen kombiniert werden, z. B. liang dai ren ‘zwei Generationen’, aber das Adjektiv xin kann nur mit yi + dai +N zusammen auftreten. 190 6 Empirische Untersuchung 231. a. shang yi shiji oben ein Jahrhundert ‚das letzte Jahrhundert‘ ( KT 22) b. xia yi zhou unten ein Woche ‚die nächste Woche‘ ( KT 19) c. qian yi / liang zhou vorn ein / zwei Woche ‚die letzte Woche / die letzten zwei Wochen‘ ( KT 6) d. zuijin yi / liang nian kürzlich ein / zwei Jahr ‚das letzte Jahr / die letzten zwei Jahre‘ ( KT 21) e. guoqu de yi / liang ge shiji vorbeigehen DE ein / zwei Kl Jahrhundert ‚das letzte Jahrhundert/ die letzten zwei Jahrhunderte‘ ( KT 22) f. shangshu yi xilie (de) wenti 21 obengenannt ein Kl Reihe DE Probleme‘ ‚die obengenannte Reihe von Problemen ( KT 17) g. xin yi dai ren neu ein Kl Generation Mensch ‚die neue Generation‘ ( KT 21) Eine weitere Konstruktion, die einer näheren Betrachtung bedarf, ist zheyang + yi +Kl+N ( zheyang ,so‘). Sie ist im Korpus 6-mal vertreten, wobei 3 Belege mit Dem+N, 3 mit indefiniten NP n im Deutschen übersetzt werden. Es soll einerseits untersucht werden, wie die Konstruktion hinsichtlich Identifizierbarkeit zu interpretieren ist; andererseits ist zu erklären, wodurch sie sich von Dem+Kl+N unterscheidet. 21 Das Wort xilie ist ein Klassifikator, der nur mit dem Numerale yi kombiniert werden kann. 232. Jiushi zheyang yi ge wenti chongchong de genau so ein Kl Problem nacheinander DE xiao xiancheng que fei yao ba Sun Wukong klein Kreisstadt aber unbedingt wollen BA Affenkönig zhao lai shuo shi, […] suchen kommen sprechen Sache ‚Dass nun ausgerechnet dieses Problemstädtchen den Affenkönig für sich reklamiert, […]‘ ( KT 6) In dem Text, aus dem 232 stammt, wird erwähnt, dass der Kreis Loufan eine Stadt voller Skandale ist. Genau auf diese Stadt verweist das Adjektiv zheyang . Dann würde man vielleicht zu dem Schluss kommen, dass sich die unterstrichene NP in 232 genau auf die Stadt Loufan bezieht. Ein vergleichbarer Fall lässt sich auch im Deutschen beobachten: 233. Bürgermeister Dieter Friedmann sprach den Feuerwehrleuten seinen Dank und seine Anerkennung aus. Er sagte „[…] Wir in der Gemeinde freuen uns, dass wir so eine Feuerwehr haben! “ (Umbach 2014: 10) Mit der NP so eine Feuerwehr in 233 scheint die Feuerwehr der Gemeinde gemeint zu sein. Aber es lässt sich fragen, warum hier eine indefinite NP verwendet wird. Dafür bietet Ehlich (1986) eine Erklärung: Der Sprecher verwendet die Form so ein N , nicht um auf das Objekt selbst, sondern um auf bestimmte Aspekte des Objekts zu verweisen. Zum Beispiel werden mit der indefiniten NP in 233 bestimmte Eigenschaften der Feuerwehr wie Mut und Hilfsbereitschaft hervorgehoben. In Umbach 2014 wird so als „similarity demonstrative“ bezeichnet, diesdagegen als „identity demonstrative“. Nach Umbach drückt so Ähnlichkeit zwischen dem Ziel des Verweises (engl. the demonstration target) und dem Referenten der demonstrativen NP aus, aber es erlaubt auch, dass die beiden identisch sind. Diese Erklärung lässt sich auch auf das Chinesische übertragen, und zwar verweist das Adjektiv zheyang in 232 auf die Eigenschaft wenti chongchong ‚mit vielen Problemen‘. Die unterstrichene NP referiert nämlich auf eine Stadt, die die Eigenschaft besitzt. Diese Stadt kann Loufan sein, muss aber nicht. Es wird beobachtet, dass ling(wai) + yi +Kl+N in einigen Sätzen mit definiten NP n, in den anderen mit indefiniten NP n übersetzt wird. Das Wort ling(wai) ist ein Adjektiv und bedeutet auf Deutsch ,ander / weiter’: 6.3 yi +Kl+N und ein+N 191 192 6 Empirische Untersuchung 234. a. […] haoqixin de tianxing hui qushi suoyou Neugier DE Beschaffenheit werden treiben all ren dou renbuzhu fan kan Leute all nicht aushalten können umdrehen sehen yingbi de ling yi mian. Münze DE ander ein Seite ‚[…] wird die natürliche Neugier alle Menschen dazu reizen, einen Blick auf die andere Seite der Medaille zu werfen.‘ ( KT 33) b. Dangxia zhongguo de ling yi ge zhongyao er momentan China DE ander ein Kl wichtig und poqie de wenti, shi tuidong zhengzhi minzhu. dringend DE Problem sein fördern politisch Demokratie ‚Ein weiteres dringliches Problem im heutigen China ist die Förderung der politischen Demokratie.‘ ( KT 10) Es wird als Allgemeinwissen vorausgesetzt, dass eine Münze / Medaille zwei Seiten hat. Dagegen ist unbekannt, wie viele Probleme China momentan hat. Dieser Unterschied wird im Deutschen durch unterschiedliche Artikel zum Ausdruck gebracht, im Chinesischen dagegen nicht. Im Korpus ist ein Beleg für yi (+Kl)+N vertreten, das durch ein Adjektiv im Superlativ modifiziert wird, nämlich zui +Adj+ de + yi +Kl+N ( zui dient zur Bildung des Superlativs). Aber im Chinesischen treten Adjektive im Superlativ in der Regel vor bloßen Nomen auf. 235. a. […] zhongguo shehui zhong zui jingming de China Gesellschaft in Sup schlau DE yi qun ren, yijing kaishi zuokong ein Kl Gruppe Mensch schon beginnen verkaufen zhongguo de weilai. China DE Zukunft ‚[…], dass die cleversten Leute in der chinesischen Gesellschaft schon nicht mehr auf die Zukunft Chinas setzen.‘ ( KT 19) b. renxing zhong zui choulou de yi mian die menschliche Natur in am hässlichsten DE ein Seite ‚die hässlichste Seite der menschlichen Natur‘ ( CCL -Korpus) In meinem Korpus ist die Kombination zui +Adj+ yi +Kl+N nur einmal belegt, aber in einem größeren Korpus wie z. B. dem CCL -Korpus sind Bespiele dafür häufiger anzutreffen. Im Kontext, der 235a direkt vorausgeht, wird erwähnt, dass sich seit 2009 eine neue Auswanderungswelle der geistigen und der Geldelite Chinas ankündigt. Mit der unterstrichenen NP werden genau diese Leute gemeint. Es ist darauf hinzuweisen, dass yi +Kl in solchen Beispielen weggelassen werden kann, ohne die Bedeutung des Satzes wesentlich zu verändern. 22 Aber wenn yi +Kl getilgt wird, ist die Anzahl der Entitäten, die unter die Beschreibung des Kopfnomens fallen, unbekannt. Der Hörer kann nicht erkennen, ob es sich hier um einen klugen Menschen oder mehrere handelt. Daraus geht hervor, dass yi in der Konstruktion zui +Adj+ de + yi +Kl+N einen starken numeralen Charakter hat. Des Weiteren werden zwei Belege für yi +Kl+Eigenname gefunden. In der Literatur wurde schon darauf hingewiesen, dass yi +Kl mit Eigennamen kombiniert werden kann. Bisher werden aber hauptsächlich die Fälle untersucht, in denen yi +Kl+Eigenname in präsentativen Sätzen steht. Bei 236a und b handelt es sich um eine andere Gebrauchsweise von yi (+Kl), und zwar hat es die Bedeutung ‚allein‘. 22 Es sei denn, dass die NP aus yi und einem einsilbigem Nomen besteht, wie zum Beispiel 235b. 6.3 yi +Kl+N und ein+N 193 194 6 Empirische Untersuchung 236. a. Kongpa guang yi ge jishengwei befürchten bloß, allein ein Kl die Kommission für die Geburtenplanung hai bu gou. noch nicht ausreichen ‚Die Kommission für die Geburtenplanung allein kann dies nicht bewältigen.‘ ( KT 26) b. […] zheng ge zhongguo dianying chanye quan nian ganz Kl China Film Branche ganz Jahr de shouyi hai bi bu guo yi ge DE Gewinn noch kein Vergleich zu ein Kl tenxun zhiqian. das Internetportal QQ wertvoll ‚[…] dass der gesamte chinesische Filmsektor pro Jahr weniger Gewinne einfahre als das Internetportal QQ .‘ ( KT 32) In 236a und b kann yi +Kl weggelassen werden, ohne dass die Bedeutung des Satzes wesentlich verändert wird. Oder statt yi +Kl kann das Reflexivpronomen ziji eingesetzt werden, nämlich jishengwei ziji, tengxun ziji . Hier erfolgt die Identifikation des Referenten durch die Deskription der NP , obwohl sie mit einem indefiniten Artikel eingeleitet wird. Neben den obengenannten Beispielen sind im Korpus auch Belege für yi +Kl+N vertreten, das mit pro +N oder mit der ganze +N übersetzt wird. Diese Verwendungen wurden in Abschnitt 5.4.2.1 und 5.4.2.3 bereits besprochen und sollen hier nicht wiederholt werden. 6.3.2 Belege für ein+N und ihre Entsprechungen im Ausgangstext Im Korpus ist ein +N 1293-mal vertreten, davon korrespondieren 999 mit NPn im Ausgangstext. Es fällt auf, dass 627 Belege für ein +N mit bloßen NP n im Chinesischen assoziiert sind, während 323 Belege mit yi +Kl+N korrespondieren. 23 Das 23 Das heißt, nur 54,4 % aller Belege (323 von 594) für yi +Kl+N mit ein +N übersetzt werden. Dafür lassen sich einige Gründe angeben: - Es gibt 82 Belege, die nicht mit NPn wiedergegeben werden; - Viele Sätze werden sinngemäß übersetzt, so dass das Original und die Übersetzung nicht ohne weiteres verglichen werden können; - Belege für yi +Kl+N, die einen kollektiven Klassifikator enthalten, werden meistens mit NPn im Plural übersetzt, z. B. wird die Kombination yi xie häufig mit einig - oder ein wirft die Frage auf, warum Referenten, die im Deutschen mit ein +N eingeführt werden, im Chinesischen in zwei Formen kodiert werden. Betrachtet man die bloßen NP n, die mit ein +N übersetzt sind, fallen drei Punkte ins Auge: Erstens gibt es Nomen, die im Deutschen zählbar sind, im Chinesischen dagegen nicht. Die meisten davon sind abstrakte Nomen. Mit „zählbar“ wird hier gemeint, dass ein Nomen direkt oder mit Hilfe von Klassifikatoren mit Numeralen kombiniert werden kann. 237. Ling yi fangmian shi chuxian le yanzhong ander ein Aspekt sein entstehen ASP perf schwer de liangjifenhua, […] DE Polarisierung ‚[…] zum anderen entstand eine schwerwiegende Polarisierung, […]‘ ( KT 10) Im CCL -Korpus ist das Nomen liangjifenhua ‚Polarisierung‘ 733-mal belegt, in keinem einzigen Beleg tritt es mit Num+Kl zusammen auf. Die Anzahl solcher Nomen darf nicht unterschätzt werden: Im Wörterbuch „the Grammatical Knowledge-Base of Contemporary Chinese“ sind 27 399 Substantive aufgenommen, mehr als ein Sechstel davon können nicht durch Num+Kl modifiziert werden. Zweitens: Die meisten Nomen sind mit yi kombinierbar, trotzdem sind viele davon hinsichtlich Numerus unterspezifiziert, weil diese Information aus Sicht des Sprechers für den vorliegenden Kontext nicht relevant ist: paar wiedergegeben. - Wie Abschnitt 6.3.1 zeigt, gibt es Belege, die identifizierbare Entitäten denotieren. 6.3 yi +Kl+N und ein+N 195 196 6 Empirische Untersuchung 238. a. […] hai you yixie ren gei ta juanzeng noch es gibt einig Mensch geben er spenden le wangyuanjing he bijiben diannao, touyingyi, […] ASP perf Fernglas und Laptop Projektor ‚[…] und zudem gab es Leute, die ihm ein Fernglas, einen Laptop, und einen Projektor schenkten, […]‘ ( KT 5) b. Zhong de wenhua wang yu 2009 nian 6 yue China Deutschland Kultur Netz am 2009 Jahr Juni dui zuojia Xu Xu jinxing shumian caifang, […] zu Schriftsteller Xu Xu durchführen schriftlich Interview ‚Im Juni 2009 führte das Deutsch-Chinesische Kulturnetz mit der Autorin ein E-Mail-Interview […]‘ ( KT 38) In 238a kann man weder an den unterstrichenen NP n erkennen noch aus dem Kontext erschließen, ob es sich hier um ein Fernglas oder um mehrere handelt, trotzdem muss man es in der deutschen Übersetzung klar angeben. In 238b kann aus dem Kontext erschlossen werden, dass genau ein Interview geführt wird. Diese Information ist jedoch irrelevant und soll nicht explizit angegeben werden. Wenn hier ein yi +Kl hinzugefügt wird, entsteht der Eindruck, dass die betreffende NP sehr wichtig ist und im Folgediskurs wieder aufgenommen werden soll. Nach Y.-L. Xu (2005) dient yi +Kl+N vor allem dazu, ein wichtiges Diskursthema einzuführen. Die Wichtigkeit des Referenten zeigt sich darin, dass er im folgenden Text häufig wieder aufgegriffen wird. Xu untersucht NP n in Volksgeschichten und stellt fest, dass die Referenten, die mit yi +Kl+N eingeführt werden, im Nachfolgetext wesentlich häufiger wieder aufgenommen werden als die Referenten, die als bloße NP n kodiert werden: Das Verhältnis liegt bei knapp 6: 1 (15,8-mal gegenüber 2,8-mal). Das heißt, dass Diskursreferenten, die mit yi +Kl+N eingeführt werden, eine höhere referenzielle Persistenz aufzeigen (vgl. von Heusinger 2012). Die Hinweise von Y.-L. Xu (2005) bestätigt sich auch in meinem Korpus. In meiner Untersuchung wurden bloße NP n, die mit ein +N übersetzt sind und yi +Kl+N-Konstruktionen, die mit ein +N wiedergegeben sind, in Vergleich gesetzt. Es lässt sich feststellen, dass die letzteren häufiger wieder aufgenommen werden. Außerdem ist aufgefallen, dass die letzteren oft (im gleichen / im direkt folgenden Satz) durch ergänzende Informationen näher beschrieben werden, was auch ein Indiz für die Wichtigkeit des Referenten ist. 239. Wo yudao guo yi ge hen jiduan de lizi: ich stoßen auf ASP perf ein Kl sehr extrem DE Beispiel Yi ge zumu wei sunnü chifan wei dao ein Kl Großmutter füttern Enkelin essen füttern bis shier sui […] zwölf Lebensalter ‚Ich habe mal ein sehr extremes Beispiel erlebt: Eine Großmutter hat ihre Enkelin bis zum 12. Lebensjahr gefüttert.‘ ( KT 13) Die genauen Verhältnisse sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst: Referentieller Status der NP bloße NPn yi +Kl+N insgesamt nicht-referentiell 102 74 176 referentiell einmal vorkommend 479 150 774 Wiederaufnahme / weitere Spezifizierung 46 99 insgesamt 627 323 950 Tabelle 20: Wiederaufnahme von NP n im Nachfolgetext Aus der Tabelle ist ersichtlich, dass yi +Kl+N-Phrasen, die im Nachfolgetext wieder aufgenommen werden oder durch ergänzende Informationen näher beschrieben sind, mehr als doppelt so viel wie bloße NP n sind, die die gleiche Eigenschaft besitzen (99: 46). Außerdem werden nur 8,8 % aller referentiellen bloßen NP n (46 / 525) wieder aufgenommen, während die Prozentzahl bei yi +Kl+N 39,8 % beträgt (99 / 249). Drittens: Die Verwendung von yi +Kl unterliegt struktuellen (vielleicht auch prosodischen) Einschränkungen. Beispielsweise soll möglichst vermieden werden, dass yi +Kl und / oder Dem+Kl innerhalb einer NP zu oft vorkommen: 6.3 yi +Kl+N und ein+N 197 198 6 Empirische Untersuchung 240. a. yi ge fuqin xie de wenzhang ein Kl Vater schreiben DE Artikel ‚ein Kommentar / Kommentare, den / die ein chinesischer Vater geschrieben hat‘ ( KT 16) b. zhe ge yuzhong de fanyi dies- Kl Sprache DE Übersetzer ‚ein Übersetzer / Übersetzer der jeweiligen Arbeitssprache‘ ( KT 7) Die NP 240a weist die Struktur [[ yi ge fuqin xie de ] wenzhang ] auf, wobei das Nomen fuqin ‚Vater‘ hinsichtlich des Numerus eindeutig gekennzeichnet wird, das Kopfnomen wenzhang ‚Artikel‘ dagegen nicht. Diese NP wird im Nachfolgetext einmal wieder aufgenommen, trotzdem ist sie hinsichtlich Numerus unterspezifiziert. Wenn ein yi +Kl eingefügt wird, nämlich yi ge fuqin xie de yi pian wenzhang , wirkt die NP dann viel zu detailliert und viel zu kompliziert. Dies hat vielleicht einen phonologischen Grund, im Rahmen dieser Arbeit kann leider nicht darauf eingegangen werden. Bei 240b handelt es sich um einen ähnlichen Fall. In den vohergehenden Abschnitten wurde versucht zu erklären, warum ein +N mit bloßen NP n und yi +Kl+N im Chinesischen korrespondiert. Im Folgenden möchte ich ein weiteres Phänomen ansprechen, und zwar kann yi +Kl in vielen Belegen weggelassen werden. Mit „weglassbar“ ist hier gemeint, dass ein Satz akzeptabel bleibt und seine Bedeutung nicht wesentlich verändert wird, wenn yi +Kl getilgt wird. Das Weglassen von yi +Kl kann zu einem Verlust von Informationen führen, was aber keinen Einfluss auf die Akzeptabilität des Satzes hat. Es ist darauf hinzuweisen, dass es sowohl bei spezifischen (241a) als auch bei nicht-spezifischen NP n (241b) möglich ist, yi +Kl wegzulassen: 241. a. Beijing you ge hezui de laowai gongran Beijing es gibt Kl betrunken DE Ausländer unverkleidet zai lubian qinfan ( yi ming ) nüzi. an Straßenrand belästigen ein Kl Frau ‚Ein betrunkener Ausländer belästigt in Peking auf offener Straße eine Frau.‘ ( KT 12) b. Nenggou shishi de zhaodao ( yi ge ) banlü shi können rechtzeitig DE finden ein Kl Partner sein huode pingjing 、 xingfu de jiating shenghuo bekommen ruhig glücklich DE Familie Leben de guanjian. DE Schlüssel ‚Zur rechten Zeit einen Partner zu finden, gilt als Schlüssel für ein harmonisches und glückliches Familienleben.‘ ( KT 18) Dann stellt sich die Frage, in welchen Kontexten yi +Kl notwendig oder zumindest wünschenswert ist. Es ist zu beobachten, dass der Faktor „Wiederaufnahme / weitere Spezifizierung“ auch hier eine Rolle spielt: Im Prinzip ist yi +Kl zumindest wünschenswert, wenn die betreffende NP im anschließenden Kontext wieder aufgenommen oder näher beschrieben wird. Dagegen kann yi +Kl bei NP n, die nur einmal erwähnt werden, häufig weggelassen werden: In etwa 53 % aller Belege für yi +Kl+N, das mit ein +N übersetzt wird und im Nachfolgetext nicht wiedergenommen wird, ist yi +Kl weglassbar (80 Belege). Dies lässt sich vermutlich darauf zurückführen, dass yi +Kl den Referenten im Kontext salient macht, indem es ihn in Bezug auf Numerus spezifiziert. So ist der Referent für eine anaphorische Wiederaufnahme bzw. eine weitere Spezifizierung geeignet. Es ist zu betonen, dass „Wiederaufnahme / weitere Spezifizierung“ nicht der einzige Faktor ist, der Einfluss auf die Verwendung von yi +Kl hat: In 47 % aller Belege für yi +Kl+N, das mit ein +N übersetzt wird und im Nachfolgetext nicht wieder aufgenommen wird, ist yi +Kl obligatorisch. Hier sollen die Kontexte beschrieben werden, in denen sich diese Belege befinden: 6.3 yi +Kl+N und ein+N 199 200 6 Empirische Untersuchung • Erstens, die Anzahl der Entitäten ist wichtig und muss klar angegeben werden. Dabei kann yi akzentuiert sein, muss aber nicht. 242. […] hai shi chengshi yi ge zhengce xiangcun noch sein Stadt ein Kl Politik Land yi ge zhengce. ein Kl Politik ‚(Die mobile Bevölkerung hat sich stark vermehrt, das Einwohnermeldesystem verändert sich auch,) doch es gibt immer noch eine städtische und eine ländliche Politik.‘ ( KT 26) • In 242 ist yi nicht akzentuiert und ist nach Chen (2004) kein Numeral. Trotzdem hat es hier einen starken Numeralcharakter und ist für die Bedeutung des Satzes unentbehrlich. • Zweitens, der Klassifikator hat eine lexikalische Bedeutung und trägt zur Bedeutung der gesamten NP bei (243a). Aber wenn die Bedeutung des Klassifikators durch andere Elemente ausgedrückt wird bzw. in anderen Elementen enthalten ist, ist yi +Kl weglassbar (243b): 243. a. yi duan shijian ein Kl Abschnitt Zeit ‚eine gewisse Zeit‘ ( KT 37) b. hen chang (de) yi duan shijian sehr lang DE ein Kl Abschnitt Zeit ‚eine lange Zeitspanne‘ ( KT 34) • Drittens, yi+ Kl+N ist im Skopus des Allquantors mei ‚je, jed-’; 244. […] mei zou dao yi pai huojia qian […] jedesmal gehen bis ein Kl Reihe Regal vor ‚[Er schob einen großen Einkaufswagen vor sich her und verlud] bei jedem Regal [direkt den ganzen Regalinhalt an Schokolade, Schinken und Käse in seinen Einkaufswagen.]‘ ( KT 9) 6.4 Num+Kl+N 201 • Viertens, in yi +N kann das Wort yi nicht weggelassen werden, z. B. yi tian ‚ein Tag‘. • Fünftens, bestimmte Adjektive bilden mit yi +Kl relativ feste Wendungen, wie in Beispielen 231a-g gezeigt wurde. Hier können nur Kontexte aufgelistet werden, die im untersuchten Korpus vorkommen. Es ist nicht leicht, strikte Regeln für die Verwendung von yi +Kl aufzustellen, sie hängt mehr oder weniger von der Intension des Sprechers ab. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass - unter der Voraussetzung, dass das Kopfnomen durch yi +Kl modifiziert werden kann - yi +Kl vor allem in zwei Situationen notwendig bzw. wünschenswert ist: • Der Sprecher will die genaue Anzahl angeben. • Der Sprecher führt eine neue Entität ein, die im anschließenden Diskurs wieder aufgenommen oder weiter spezifiziert werden soll. In allen anderen Kontexten kann yi +Kl verwendet werden, muss aber nicht (z. B. 241a, b auf Seite 187), falls die Verwendung nicht zwingend durch andere Regeln eingeschränkt wird. Dadurch wird erklärlich, warum yi +Kl wesentlich seltener vorkommt als seine deutsche Entsprechung. Im Vergleich zu dem indefiniten Artikel ein hat yi einen starken Numeralcharakter und ist auf der Grammatikalisierungsskala noch nicht so weit fortgeschritten. Obwohl es in allen 5 Gebrauchskontexten des indefiniten Artikels auftreten kann, ist seine Verwendung nur in den ersten beiden Kontexten obligatorisch oder wünschenswert. Yi +Kl kann nicht als „Marker für Spezifizität bzw. Nicht-Spezifizität“ bezeichnet werden, weil es einerseits nicht in erster Linie dazu dient, Spezifizität zu kennzeichnen; andererseits werden spezifische bzw. nicht spezifische NP n nicht immer von yi +Kl begleitet. 6.4 Num+Kl+N In dieser Arbeit wird lediglich nach den Num+Kl+N-Konstruktionen gesucht, die das Numerale zwei oder drei enthalten. Sie sind mit 88 Belegen im Korpus vertreten, von denen 19 auf identifizierbare Entitäten referieren: • In 8 Beispielen bezieht sich Num+Kl+N auf eine vorangehende NP . Dabei befinden sich 7 Belegen in präverbaler, einer in postverbaler Position; • Es gibt 8 Belege, die deiktische Adjektive wie qian ‚letzt, erst‘ , jin, guoqu ‚letzt, vergangen’, kaishi ‚erst‘ enthalten; • In 2 Beispielen wird Num+Kl+N abstrakt-situativ gebraucht. 202 6 Empirische Untersuchung 245. chang’an jie liang duan Chang’an-Straße zwei Ende ‚die beiden Enden der Chang’an-Straße‘ ( KT 23) Es ist allgemein bekannt, dass jede Straße zwei Enden hat, deswegen kann der Referent von 245 eindeutig identifiziert werden. • In einem Beispiel steht der Referent in einer assoziativ-anaphorische Beziehung zu einer vorangehenden NP : 246. […] ta xie xin gei zhusu xuexiao de er schreiben Brief für Internat DE liang ge nüer, […] zwei Kl Tochter ‚[…] schrieb er seinen beiden Töchtern, die in einem Internat untergebraucht waren […]‘ ( KT 24) Für Num+Kl+N als Apposition, die in Abschnitt 5.5.2 erwähnt wird (s. Beispiel 192, Seite 143), sind im Korpus 9 Belege gefunden worden: 247. a. zhong de liang guo China Deutschland zwei Staat ‚China und Deutschland‘ ( KT 34) b. jiao you he zhenren xiu liang lei jiemu Dating und Reality-Show zwei Kl Art Programm ‚Programmformate von Dating- und Reality-Show‘ ( KT 18) 6.5 Fazit Obwohl in Kapitel 2 allgemeine Kriterien entwickelt worden sind, nach denen sprachliche Gegenstände untersucht werden sollen, stößt man bei der Analyse des Korpus auf viele Schwierigkeiten. Zwischen den verschiedenen Kategorien wie generisch / partikulär, spezifisch / nicht-spezifisch, identifizierbar / nicht- 6.5 Fazit 203 identifizierbar gibt es keine klare Grenze, so dass eine eindeutige Zuordnung oft schwierig ist. 248. Zai zhongguo, xiao haizi shifou wenhou daren in China klein Kind ob grüßen Erwachsener shi ge hen zhongda de wenti. sein Kl sehr wichtig DE Frage ‚In China ist es sehr wichtig, wie Kinder Erwachsene in der Öffentlichkeit ansprechen.‘ ( KT 13) Bei dem Subjektsatz in 248 handelt es sich um eine allgemeine Aussage. Die NP xiao haizi kann entweder als nicht-spezifisch oder als generisch interpretiert werden. Sie ist hinsichtlich des Merkmals Identifizierbarkeit ambig: Die Gattung „Kind“ ist eindeutig identifizierbar, konkrete Individuen dagegen nicht. 249. Doch so erfuhr der Zuschauer, dass das Bier seinen Ursprung nicht etwa in Deutschland hat, sondern - wer hätte es gedacht? - bei den Sumerern zwischen Euphrat und Tigris. ( KT 18) In 249 sind die Zuschauer einer Folge der Deutschlandausgabe der Dating-Show Feicheng Wurao gemeint. Aber hier wird eine definite NP im Singular verwendet. Das lässt vermuten, dass es hier um kein einzelnes Vorkommnis (token) geht, sondern um den allgemeinen Vorkommnistyp (Typ). Das Problem ist, ob die unterstrichene NP als generisch oder als nicht-spezifisch bezeichnet werden sollte. In diesem Kapitel werden zhe / na , Pers+ de sowie yi (+Kl) jeweils mit ihren deutschen Entsprechungen verglichen und jetzt können die am Kapitelanfang gestellten Fragen einigermaßen beantwortet werden: Frage 1: In wieweit ähneln zhe / na (+Kl), Pers+ de sowie yi (+Kl) ihren deutschen Entsprechungen? Bewirken zhe / na , Pers+ de sowie yi (+Kl) wie ihre deutschen Entsprechungen hinsichtlich Identifizierbarkeit eine eindeutige Interpretation? • Pers+ de und Possessiva im Deutschen Während das Besitzverhältnis im Deutschen (vor allem) durch Possessiva oder durch Genitivattribute explizit ausgedrückt wird, wird es im Chinesischen möglichst durch den Kontext verdeutlicht. Nur wenn die Referenz einer NP aus dem Kontext nicht klar wird, muss Pers / NP + de eingesetzt werden. 204 6 Empirische Untersuchung Pers+ de und Possessiva im Deutschen haben gemeinsam, dass sie ein Besitzverhältnis oder eine Zugehörigkeit ausdrücken; sie unterscheiden sich jedoch darin, dass Possessiva im Deutschen Identifizierbarkeit mit bezeichnen, Pers+ de dagegen nicht. Der Grund besteht darin, dass Attribute im Chinesischen immer links vor dem Kopfnomen stehen. Dies hat zur Folge, dass indefinite NP n mit einem nachgestellten Genitivattribut im Deutschen auch mit Pers+ de +N im Chinesischen korrespondieren. • Zhe / na und dies-/ jen- Die abgrenzende Funktion stellt eine Komponente der Semantik von dies- dar. Dagegen verhält sich das Demonstrativdeterminativ im Chinesischen, das unbetont ist und auf einen Referenten verweist, der im sprachlichen Kontext präsent ist, gegenüber dem Merkmal „Abgrenzung“ neutral. Das Demonstrativum im anaphorischen Kontext hat nur dann eine klar erkennbare abgrenzende Funktion, wenn es akzentuiert wird. Im Chinesischen gilt Dem+Kl+N, in dem das Demonstrativum unbetont ist, als unmarkiertes anaphorisches Mittel und soll im anaphorischen Kontext eine breite Anwendung finden. Aber im Korpus kommt zhe / na nicht wesentlich häufiger vor als dies-/ jen- im Deutschen. Das könnte vielleicht daran liegen, dass Dem+Kl+N als Anapher mit Personalpronomen sowie bloßen NP n in Konkurrenz steht. Unter welchen Bedingungen Dem+Kl+N oder bloße NP n als anaphorischer Ausdruck bevorzugt werden, muss in weiteren Untersuchungen geklärt werden. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass zhe + zhong / lei +N auf nicht-identifizierbare Entitäten referieren kann. In solchen Fällen ist zhong / lei kein Klassifikator, sondern ein Substantiv und bildet mit zhe eine NP , die das Kopfnomen näher bestimmt. Das Demonstrativum na kommt im Korpus drei Mal häufiger vor als seine korrespondierende Form im Deutschen (54: 18). Es tritt im anaphorischen / diskursdeiktischen Kontext auf, aber auch in Kontexten, die für Demonstrativa nicht typisch sind. Da hat na keine Verweisfunktion und dient vor allem dazu, kognitive Distanzierung des betreffenden Referenten zu signalisieren. Deswegen soll na in Kontexten, die für Demonstrativa nicht typisch sind, als deiktischer Ausdruck betrachtet werden. • yi und ein Yi (+Kl) und der indefinite Artikel ein haben gemeinsam, dass sie in allen 5 Verwendungsweisen auftreten können, die nach Heine (1997) für den indefiniten Artikel charakteristisch sind. Sie unterscheiden sich jedoch darin, dass yi+ Kl nur in den ersten beiden Gebrauchsweisen obligatorisch bzw. wünschenswert ist. Dies könnte darin begründet sein, dass yi einen starken Numeralcharakter 6.5 Fazit 205 hat. Nur wenn der Sprecher die genaue Anzahl angeben oder den intendierten Referenten durch die Numerus-Spezifizierung salient machen möchte, greift er auf yi +Kl zurück. Bei spezifischen, nicht-spezifischen sowie prädikativen NP n kann yi +Kl auftreten, aber seine Hauptfunktion besteht nicht darin, Spezifizität / Nicht-Spezifizität zu kennzeichnen, sondern darin, die Anzahl der Entitäten anzugeben. In dem dieser Arbeit zugrunde liegenden Korpus werden Belege für yi +Kl+N gefunden, die auf identifizierbare Entitäten referieren. Sie kennzeichnen sich dadurch, dass sie ein Adjektivattribut enthalten, das unmittelbar vor yi s teht (zwischen dem Adjektiv sowie yi kann auch die Strukturpartikel de vorhanden sein). Zu den Adjektiven gehören vor allem Adjektive im Superlativ sowie Adjektive, die deiktische Bedeutung haben wie z. B. shang ‚letzt‘, xia ‚nächst‘ qian ‚letzt‘ tong ‚derselb-‘‚ shangshu ‚obengenannt‘, zuijin ‚kürzlich‘, guoqu ‚vorbeigehend‘, xin ‚neu, kommend‘, ling ‚ander‘. 24 Außerdem werden Belege gefunden, in denen yi +Kl vor Eigennamen steht und die Bedeutung ‚allein‘ hat. Frage 2: Wie kann der Hörer im Chinesischen einen Referenten identifizieren, wenn nicht eindeutig markiert wird, ob der Referent identifizierbar ist? Hier kann diese Frage nur anhand der durch die Korpusanalyse gewonnenen Ergebnisse beantwortet werden. NP n können grob in zwei Gruppen unterteilt werden, nämlich NP n, deren Referent unabhängig von Kontext und Situation nicht-ambig ist und NPn, deren Referent relativ zu einem Kontext bestimmbar ist. Zu der ersten Gruppe zählen nicht nur Unika, sondern auch komplexe Funktionalbegriffe, die sich durch Attribute wie Ordinalzahlen, Superlative, restriktive Relativsätze, Genitivattribute usw. ergeben. Die Attribute spielen bei der Vereindeutigung des Referenten die entscheidende Rolle. NP n der zweiten Gruppe können Elementen enthalten, die zusätzliche Informationen liefern und die Identifizierung des Referenten erleichtern. Dazu zählen vor allem Demonstrativa und Attribute: Demonstrativa verweisen in der Regel auf Entitäten, die in der Äußerungssituation präsent oder im Text vorerwähnt sind. Mit dem distalen na kann auch auf spezifisches Wissen Bezug genommen werden, das nur von Sprecher und Hörer geteilt wird und reaktiviert werden muss. Attribute, die keine eindeutige Identifizierung des Referenten ermöglicht, können auch einen gewissen Beitrag dazu leisten. Zum Beispiel zeigen possessive Attribute die referentielle Verankerung des Referenten durch die Zugehörigkeit zu jemandem an. Außerdem verweisen deiktische Ausdrücke 24 Das Adjektiv xin kann auch zwischen yi und dem Kopfnomen stehen, dann bekommt die NP eine indefinite Lesart. Ling + yi +Kl+N hat nur dann eine definite Interpretation, wenn es als bekannt vorausgesetzt wird, dass es sich hier um zwei Referenten handelt. 206 6 Empirische Untersuchung wie zheyang ‚so, solch‘ auf etwas, das im vorangegangenen oder folgenden Kontext genannt wird. Der Referent von NP n der zweiten Gruppe muss aus dem sprachlichen und / oder aus dem außersprachlichen Kontext erschlossen werden. Das heißt, dass die Informationen, die man zur Identifizierung des Referenten benötigt, nicht allein in den Wörtern stecken. Dann kommt die Frage auf, wie der Sprecher Kontexte konstruiert, in denen Informationen verschiedenen Typs aneinanderknüpft werden und so die Referenz und die Identifizierung erleichtert wird. Das ist ein eigenständiges Thema, das im Rahmen dieser Arbeit nur am Rand abgehandelt werden konnte. In dieser Arbeit stehen der anaphorische und der assoziativ-anaphorische Gebrauch von bloßen NP n im Mittelpunkt. Aus den Betrachtungen lassen sich folgende Erkenntnisse ableiten: Im anaphorischen Kontext ist das Antezedens in der Regel nicht weit von der Anapher entfernt, wodurch verhindert wird, dass die Verarbeitung zu stark belastet wird. Außerdem werden im Chinesischen häufig die gleichen NP n (oder ein Teil davon) wiederholt, um Bezug auf denselben Referenten zu nehmen. Aber es ist zu betonen, dass zwei NP n, die die gleiche Form aufweisen, nicht referenzidentisch sein müssen. Zu einer eindeutigen Identifizierung muss das Wissen über den jeweiligen Textzusammenhang herangezogen werden. Im assoziativ-anaphorischen Kontext befinden sich die Possessor- und die Possessum- NP meistens in einem (Teil)Satz. Zwischen den beiden sind großenteils keine anderen NP n vorhanden, die die Etablierung einer assoziativen Beziehung verhindern. Außerdem sind die Possessum- NP n meistens relationale Nomen. Relationale Nomen haben ein Possessorargument und ihre potenziellen Referenten stehen immer zu einer gegebenen anderen Entität in einer bestimmten Beziehung. Dann ist der Hörer aufgefordert, im Kontext nach dem Possessor zu suchen, falls dieser nicht explizit angegeben ist. 6.5 Fazit 207 7 Schlusswort Da die Ergebnisse am Ende des jeweiligen Kapitels bereits ausführlich zusammengefasst worden sind, enthält dieses Kapitel einige persönliche Bemerkungen und Anregungen für weitere Untersuchungen. In der vorliegenden Arbeit wurde Definitheit aus einer sprachvergleichenden Perspektive untersucht. Dabei ist es wichtig, zwischen grammatischen Kategorien, ihrer sprachlichen Kodierung und den semantischen Konzepten, die der grammatischen Kategorie zugrunde liegen, zu unterscheiden: • Grammatische Kategorie: Definitheit • Sprachliche Kodierung: definiter Artikel, Affixe, Klitika usw. • Semantische Basiskonzepte: Identifizierbarkeit, Inklusivität Identifizierbarkeit als gedankliches Konzept ist in allen Sprachen vorhanden. Sie wird aber nicht immer durch eine grammatische Form regelmäßig angezeigt. Im Deutschen wird Identifizierbarkeit bei NP n mit nominalem Kern immer durch definite Determinative markiert, während Nicht-Identifizierbarkeit durch die Abwesenheit von definiten Determinativen zum Ausdruck kommt. NP n mit definitem Artikel stellen in Artikelsprachen die prototypischen Beispiele für definite NP n dar. Andere Determinative wie Demonstrativa, Possessiva sowie Allquantoren zeichnen Definitheit mit, dienen aber nicht in erster Linie dazu, Definitheit zu signalisieren. Obwohl Identifizierbarkeit im Chinesischen nicht explizit markiert wird, muss der Sprecher sicherstellen, dass der Hörer versteht, worauf der Sprecher genau referiert. Deswegen sollte der Forschungsschwerpunkt darauf gelegt werden, wie eine erfolgreiche Referenz in Sprachen ohne Artikel gewährleistet wird. Leider gehen fast alle bisherigen Studien davon aus, dass Definitheit im Chinesischen über Wortstellung (und „Determinative“) zum Ausdruck kommt und versuchen, aus den Beobachtungen Regeln herzuleiten. In dieser Arbeit wurde gezeigt, dass die scheinbare Korrelation zwischen Definitheit und Wortstellung keine Kausalität widerspiegelt. Nach Searle (1969: 129) muss der Sprecher dem Hörer hinreichende Mittel geben, mit denen dieser das gemeinte Referenzobjekt identifizieren kann. Die Frage ist nun, was zu den „hinreichenden Mitteln“ gehört bzw. ob in Sprachen ohne Artikel spezifische Strategien entwickelt worden sind, um das Fehlen des Artikels zu kompensieren. Bei näherer Betrachtung ist aufgefallen, dass verschiedene Faktoren zur Vereindeutigung des Referenten beitragen können, wie 208 7 Schlusswort z. B. Demonstrativa, Attribute, funktionale Begriffstypen von Nomen, Wiederholung derselben sprachlichen Einheiten, Kontexte usw. Es bleibt eine schwierige Aufgabe, zu erklären, wie sie miteinander agieren bzw. zusammenwirken. In der vorliegenden Arbeit wurden die deutschen Determinative und ihre chinesischen Entsprechungen in Vergleich gesetzt, um zu ermitteln, ob die letzteren Identifizierbarkeit mitbezeichnen. Außerdem wurde untersucht, wie der Hörer erkennen kann, dass zwischen zwei NP n eine direkte oder indirekte anaphorische Beziehung besteht, falls das nicht durch Determinative signalisiert wird. Die Ergebnisse wurden in Abschnitt 5.5 ausführlich zusammengefasst. Allerdings lässt diese Dissertation Fragen offen, die sich auf das Chinesische beziehen und zu weiteren Forschungen anregen mögen: • Unter welchen Bedingungen werden Personalpronomen, Dem+Kl+N oder bloße NP n als Anapher bevorzugt? • Es gibt Dem+Kl+N-Phrasen, die innerhalb des durch den Vortext gesetzten Rahmens interpretiert werden müssen. Diese Verwendungsweise sollte näher beschrieben werden. • Wodurch werden die Definitheitseffekte, die in Abschnitt 4.2.2 beschrieben werden, ausgelöst? • Wie konstruiert der Sprecher Kontexte, in denen Informationen verschiedenen Typs aneinandergeknüpft werden und so die Referenz und die Identifizierung erleichtert werden? • Braucht der Hörer des Chinesischen im Vergleich zum Hörer des Deutschen längere Zeit, um den gemeinten Referenten zu identifizieren? Abkürzungsverzeichnis Attr Attribut Asp perf Marker des perfektiven Aspekts Asp exp Marker des experientielles Aspekts Asp dur Marker des durativen Aspekts BA Objektmarker ba DE Strukturpartikel vor dem Nomen DE v Strukturpartikel vor dem Verb DE Adj Strukturpartikel vor dem Adjektiv Dem Demonstrativdeterminativ Gen Genitiv Kl (Numeral)Klassifikator (Der lexikalischer Gehalt von Klassifikatoren werden mit Index angegeben, z. B. Kl Gruppe. ) Komp Res Komplement des Resultats (chin. jieguo buyu ) Komp R Komplement der Richtung (chin. quxiang-buyu ) k PP kontrahierte Präpositionalphrase N Nomen NP Nominalphrase Num Numerale (außer eins ) O Originalsatz Pass Passivmarker bei Pers Personalpronomen Poss Possessivdeterminativ Pl Plural PP Präpositionalphrase Refl Reflexivpronomen r PP reguläre Präpositionalphrase Sing Singular SP Satzendepartikel Sup Superlativ-Marker zui 210 Abkürzungsverzeichnis T Texte im Korpus VP Verbalphrase Ü Übersetzung Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Beziehungen zwischen den Begriffen Referentialität, Generizität und Spezifizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 Abbildung 2: Kategorien der Identifizierbarkeit und Aktivierung von Diskursreferenten (Lambrecht 1994: 109) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 Abbildung 3: The Topic Acceptability Scale (Lambrecht 1994: 165) . . . . . . . . . 94 Abbildung 4: Grammatikalisierungsprozess des Demonstrativums (Lehmann 1982: 95) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Kopulaverben im Chinesischen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Tabelle 2: Das Verhältnis zwischen Aktivierungszustand und grammatischer Form (LaPolla 1995: 307) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 Tabelle 3: NP -Formen und Definitheit im Chinesischen (Chen 2004) . . . 88 Tabelle 4: (In)definiteness-inclined positions in Chinese (Chen 2004: 1166) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Tabelle 5: Pragmatische Funktionen des Referenten der ba - NP . . . . . . . . . 107 Tabelle 6: Pragmatische Funktionen des Referenten der Objekt- NP in der SOV -Stellung und Position des Akzents . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 Tabelle 7: NP -Formen im Chinesischen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 Tabelle 8: Possessivkonstruktionen im Chinesischen und Definitheit . . 132 Tabelle 9: Possessivkonstruktionen im Deutschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 Tabelle 10: NP -Formen und Definitheit (Zwischenergebnis) . . . . . . . . . . . . . 156 Tabelle 11: Wesentliche Faktoren für die Verwendung von Pers+ de . . . . . 160 Tabelle 12: Possessive Konstruktionen und ihre Entsprechungen im Zieltext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 Tabelle 13: Identifizierbarkeit der Referenten von possessiven NP n im Chinesischen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 Tabelle 14: Entsprechungen von Poss+N im Ausgangstext . . . . . . . . . . . . . . 165 Tabelle 15: Bloße NP n, die mit Poss+N im Zieltext übersetzt werden . . . . 165 Tabelle 16: Die Vorkommenshäufigkeit von Demonstrativdeterminativen im Ausgang- und im Zieltext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 Tabelle 17: Gebrauchsweisen der Demonstrativdeterminative im Ausgangstext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 Tabelle 18: Anaphorisch gebrauchte Dem+Kl+N und Entsprechungen im Zieltext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 Tabelle 19: Dem+N und die Entsprechungen im Ausgangstext . . . . . . . . . . 184 Tabelle 20: Wiederaufnahme von NP n im Nachfolgetext . . . . . . . . . . . . . . . . 197 Angaben zu Autor, Titel und Übersetzung der einzelnen Korpustexte 1. O Chen, Xi-Wo (2011): Wo weishenme huilai? Ü Buddeberg, Julia: Warum ich zurückgekommen bin. 2. O Dai, Wang-Cai (2011): Xingfu zhishu. Ü Holtz, Tabea: Der Glücksindex. 3. O Dai, Wang-Cai (2013): Kitsch zai zhongguo. Ü Buddeberg, Julia: Kitsch in China. 4. O Feng Yong-Feng (2011): Zhongguo huanjing de weilai youlü. Ü Schwedler, Andrea: Die Umweltsituation in China: viele Gründe, besorgt zu sein. 5. O Feng, Yong-Feng (2012): Minjian zuzhi yu gongzhong huanbao weiquan ruhe hudong? Ü Buddeberg, Julia: Können Zivilorganisationen der öffentlichen Umweltschutzbewegung helfen? 6. O Gong, Ying-Xin (2010): Sun Wu-Kong de laojia daodi zai na’er? Ü Buddeberg, Julia: Wo ist die Heimat des Affenkönigs? 7. O Gu, Tie-Jun (2009): Xunsheng anwen yizhe shui? Ü Buddeberg, Julia: Filmsynchronisation in China. 8. O Hu, Yong (2012): Zhongguo shi weibo de chuangxin. Ü Mayer, Jessica. Die Innovationen der chinesischen Mikroblogs. 9. O Huzi (2014): Dang tubiemen dou biancheng le tuhao. Ü Buddeberg, Julia: Tuhao - wenn Landeier zu Reichtum kommen. 10. O Jia, Ping-Wa (2014): Wo shi wei nongcun xiezuo er sheng de. Ü Lüdi-Kong, Eva: Ich wurde geboren, um über die Dörfer zu schreiben. 11. O Jiao, Jian (2015): Xiahai, zongyao qiangshui. Ü Buddeberg, Julia: Wer in das Meer der Wirtschaft abtaucht, kann sich verschlucken. 12. O Leung, Man-Tao (2012): Dazhong dou zai chuanbo. Ü Buddeberg, Julia: Das Volk ist immer auf Sendung. 214 Angaben zu Autor, Titel und Übersetzung der einzelnen Korpustexte 13. O Li, Jian-Ming (2009): Youer jiaoyu zai zhongguo - zai gaoyaoqiu he baibanhehu zhijian. Ü Schwedler, Andrea: Kindererziehung in China - zwischen hohen Ansprüchen und „allumfassender Fürsorge“. 14. O Li, Jian-Ming (2009): Zhongguo laoren de shenghuo diandi. Ü Schwedler, Andrea: Alte Menschen in China. 15. O Li, Li; Borchers, Jonas (2015): „Wo de xingge bu tai xiangxin shibai“ - Xing Jian fang.tan. Ü Buddeberg, Julia: „Der Gedanke zu scheitern, ist mir fremd“ - Interview mit Xing Jian. 16. O Linnemann, Maja (2012): Bi Shumin fangtan: mishi de xingfu. Ü Übersetzer unbekannt: „Früher bedeutete Glück, sich satt essen zu können.“ 17. O Lu, Xiao-Ya (2011): Yi ge xiaonühai he 5500wan haizi de weilai. Ü Übersetzer unbekannt: Unsichere Zukunft für 55 Millionen Kinder. 18. O Ning, Xiao-Xiao (2013): Dang „liudehua“ dengshang feichengwurao Ü Buddeberg, Julia: Chinas beliebteste Dating-Show nimmt sich Deutschland vor. 19. O Pan, Xiao-Ling (2012): Zhongguo jingying zhengzai daliang wailiu. Ü Täumer, Sarah: Chinas Elite zieht es fort. 20. O Peng, Xiao-Yun (2012): Guanfang yu minjian de honggou: zhongguo „ruan shili“ de pingjing. Ü Buddeberg, Julia: Die Kluft zwischen offizieller und inoffizieller Kultur bremst die Entwicklung von Chinas „Softpower“. 21. O Pu, Huang-Yu (2013): Diaosi yu guoren dui ziwo renzhi de xunzhao. 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Vor diesem Hintergrund untersucht sie für das Chinesische, wie tragfähig die bisherigen Annahmen zur Markierung von Definitheit überhaupt sind und wie Sprecher die Identifikation des gemeinten Referenten durch den Hörer sicherstellen bzw. wie Hörer den intendierten Referenten identifizieren, wenn Identifizierbarkeit nicht eindeutig markiert wird. 559 Lei Definitheit im Deutschen und im Chinesischen Definitheit im Deutschen und im Chinesischen Tingxiao Lei