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Das Verb 'machen' im gesprochenen Deutsch

2017
978-3-8233-9153-1
Gunter Narr Verlag 
Karoline Kreß

Die Arbeit untersucht unter anderem sowohl die semantischen Interpretationen von machen als auch seine pragmatischen Funktionen in der Interaktion, diskutiert die Behandlung von machen in der Lexikographie und liefert dazu einen Vergleich mit der Bedeutung und Funktion des Verbs tun in der gesprochenen Sprache. Außerdem wird die Konstitution von Bedeutung am Beispiel von machen anhand eines eigens entwickelten Ebenenmodells dargestellt, durch welches sich die einzelnen (außer-)sprachlichen Ebenen jeweils abgrenzen und einzeln beschreiben lassen. Die Analysen basieren dabei auf der Grundlage aktueller und spontansprachlicher Interaktionen unterschiedlicher Gesprächstypen.

Karoline Kreß Das Verb machen im gesprochenen Deutsch Bedeutungskonstitution und interaktionale Funktionen Kreß Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 78 STUDIEN ZUR DEUTSCHEN SPRACHE FORSCHUNGEN DES INSTITUTS FÜR DEUTSCHE SPRACHE Die Arbeit untersucht unter anderem sowohl die semantischen Interpretationen von machen als auch seine pragmatischen Funktionen in der Interaktion, diskutiert die Behandlung von machen in der Lexikographie und liefert dazu einen Vergleich mit der Bedeutung und Funktion des Verbs tun in der gesprochenen Sprache. Außerdem wird die Konstitution von Bedeutung am Beispiel von machen anhand eines eigens entwickelten Ebenenmodells dargestellt, durch welches sich die einzelnen (außer-)sprachlichen Ebenen jeweils abgrenzen und einzeln beschreiben lassen. Die Analysen basieren dabei auf der Grundlage aktueller und spontansprachlicher Interaktionen unterschiedlicher Gesprächstypen. STUDIEN ZUR DEUTSCHEN SPRACHE 78 027317 SDS 78 - Kreß.qxp_027317 T_SDS 78 - Kreß 10.11.17 15: 52 Seite 1 Herausgegeben von Arnulf Deppermann, Stefan Engelberg und Angelika Wöllstein Band 78 STUDIEN ZUR DEUTSCHEN SPRACHE FORSCHUNGEN DES INSTITUTS FÜR DEUTSCHE SPRACHE 027317 SDS 78 - Kreß.qxp_027317 T_SDS 78 - Kreß 10.11.17 15: 52 Seite 2 Karoline Kreß Das Verb machen im gesprochenen Deutsch Bedeutungskonstitution und interaktionale Funktionen 027317 SDS 78 - Kreß.qxp_027317 T_SDS 78 - Kreß 10.11.17 15: 52 Seite 3 Redaktion: Melanie Steinle Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. Zugleich Dissertation der Universität Mannheim. © 2017 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Werkdruckpapier. Internet: www.narr.de E-Mail: info@narr.de Satz: Annett Patzschewitz Druck und Bindung: Laupp & Göbel, Gomaringen Printed in Germany ISSN 0949-409X ISBN 978-3-8233-8153-2 027317 SDS 78 - Kreß.qxp_027317 T_SDS 78 - Kreß 10.11.17 15: 52 Seite 4 DANKSAGUNG Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um eine überarbeitete Fassung meiner Dissertation, welche im Juni 2016 an der Philosophischen Fakultät der Universität Mannheim eingereicht und im Oktober 2016 verteidigt wurde. Mein erster Dank gilt meinem Erstgutachter und Doktorvater Arnulf Deppermann für seine umfassende Betreuung, die vielen hilfreichen Korrekturen und Gespräche und nicht zuletzt dafür, mich für dieses Projekt eingestellt zu haben. Des Weiteren danke ich herzlich meinem Zweitgutachter Stefan Engelberg für sein Interesse an meiner Arbeit und die hilfreichen Kommentare zu bestimmten Kapiteln. Ganz besonders möchte ich mich bei den Kolleginnen und Kollegen aus dem Projekt „Verbkomplemente im gesprochenen Deutsch“ bedanken, allen voran bei Nadine Proske, die mir sowohl menschlich als auch fachlich unendlich viel Unterstützung gegeben und dabei sehr viel Zeit und Geduld investiert hat. Außerdem danke ich Julia Kaiser - meiner Büromitbewohnerin und Doktorschwester - für ihre Hilfsbereitschaft und die vielen fachlich wie privat anregenden Gespräche. Arne Zeschel danke ich für seinen fachlichen Rat und die Unterstützung bei meiner Kodierungstabelle und Henrike Helmer für ihre Kollegialität und die vielen sehr guten Tipps. Ich danke auch den Mitarbeitern des IDS, besonders aus der Abteilung Pragmatik, für ihre generelle Hilfsbereitschaft, den sehr guten Input bei Datensitzungen und darüber hinaus für die kurzweiligen und interessanten Gespräche in der Dienstags- und Freitags-Mittagsrunde. Zusätzlich: Danke, Dominic Schnejdar, für Deinen unermüdlichen und weit über das erwartbare Maß hinausgehenden technischen Einsatz! Ich möchte mich außerdem bei Monika Pohlschmidt und dem gesamten Bibliotheksteam bedanken, die stets, aber besonders während der Zeit, in der ich dort meinen Arbeitsplatz hatte, unheimlich freundlich und zuvorkommend waren. Außerdem danke ich den Projekt-Hilfskräften Isabell Neise, Martina Seidler, Elena De Angelis, Annika Knöpfle, Roxana Müller, Johanna Oswald, Lukas Deuschel, Sara Alotto und Juliane Elter für die Hilfe bei der Aufbereitung und Kodierung meiner Daten. Ich danke sehr herzlich Jakob Steensig von der Aarhus Universitet, der mein Interesse für Konversationsanalyse geweckt und meine Magisterarbeit in diesem Bereich erstklassig betreut hat. 6 Danksagung Außerhalb des Instituts und der Sprachwissenschaft möchte ich besonders Solveig Grebe danken, für unsere mehr als 10 Jahre bestehende Freundschaft und dafür, dass sie es immer schafft, auch über die Distanz hinweg für mich da zu sein, mir den Rücken zu stärken und gegen meine Zweifel anzureden. Außerdem danke ich herzlich Nikolina Hartmann-Pusticki, die mir zunächst innerhalb und später auch außerhalb des IDS eine sehr gute Freundin war - und ist. Besonderer Dank auch an Magi, Kristina, Laura, Sabrina und Katrin für die immer wieder nützliche Ablenkung und das Ermöglichen meiner ersten eigenen Studie. Und schließlich möchte ich von ganzem Herzen meinen Eltern und Schwestern für ihre bedingungslose Unterstützung in allen Belangen und Bereichen danken. Inhalt 7 INHALT 1. Einleitung ..................................................................................................... 11 1.1 Ziele der Arbeit ............................................................................................ 11 1.2 Aufbau der Arbeit ........................................................................................ 13 2. Methodische Vorgehensweise ................................................................. 19 2.1 Generelle methodische Vorgehensweise ................................................. 19 2.2 Quantitative Untersuchungen mit lexpan .............................................. 22 3. Theoretische und methodische Rahmung ............................................. 25 3.1 Interaktionale Linguistik ........................................................................... 25 3.1.1 Generelles zur Interaktionalen Linguistik................................... 25 3.1.2 Bedeutungskonstitution in der Interaktionalen Linguistik ......................................................................................... 28 3.2 Konstruktionsgrammatik ........................................................................... 31 3.2.1 Generelles zur Konstruktionsgrammatik .................................... 31 3.2.2 Konstruktionsgrammatik und Gesprochene-Sprache- Forschung ........................................................................................ 32 3.3 (Kognitive) semantische Ansätze ............................................................. 34 3.3.1 Bedeutungskonstitution in der kognitiven Semantik ................ 35 3.3.2 Bedeutungskonstitution in der Merkmalssemantik und Prototypentheorie ........................................................................... 38 3.3.3 Bedeutungskonstitution in der Framesemantik ......................... 42 3.3.4 Zusammenfassung zu den semantischen Ansätzen .................. 44 3.4 Exkurs: Polysemie, Vagheit und der Bezug zu semantisch unterspezifizierten Verben ........................................................................ 45 3.4.1 Polysemie und Vagheit .................................................................. 45 3.4.2 Polysemie und der Bezug zu machen ........................................... 47 4. Ebenenmodell zur Beschreibung von Bedeutungskonstitution in gesprochener Sprache .............................. 51 4.1 Basisebene - Der Beitrag des Lexems ....................................................... 52 4.2 (Teil-)Satzinterne Ebene .............................................................................. 54 4.2.1 Grammatische Schemata ................................................................ 55 4.2.2 (Teil-)Satzinterner sprachlicher Kontext ...................................... 57 4.2.3 Wortverbindungsmuster................................................................ 61 8 Inhalt 4.3 (Teil-)Satzexterne und außersprachliche Ebene ...................................... 69 4.3.1 Hintergrundwissen ......................................................................... 71 4.3.2 (Teil-)satzexterner Gesprächskontext .......................................... 72 4.3.3 Außersprachlicher, situativer Kontext ......................................... 75 4.3.4 Sequenz ............................................................................................ 75 5. Annäherung an den Forschungsgegenstand ........................................ 77 5.1 machen in den unterschiedlichen Verbkategorien ................................... 77 5.1.1 Proverben ......................................................................................... 77 5.1.2 Passepartout-Verben ....................................................................... 79 5.1.3 Light Verbs ....................................................................................... 79 5.1.4 Funktionsverben.............................................................................. 80 5.1.5 Zur Sinnhaftigkeit der Anwendung dieser Begriffe auf machen ........................................................................................ 81 5.2 Die Bedeutungsbeschreibung des Verbs machen im gegenwärtigen Sprachgebrauch anhand von Wörterbüchern ......................................... 84 5.2.1 Zur Auswahl bestimmter Wörterbücher zur Bedeutungsbeschreibung .................................................................................... 84 5.2.2 Zum Quellenmaterial der berücksichtigten Wörterbücher ..... 85 5.2.3 Zum Vorgehen der Wörterbücher bei der Beschreibung von Wortbedeutungen am Beispiel von machen ......................... 89 5.2.4 Gründe für das uneinheitliche Erscheinungsbild der Wörterbucheinträge zu machen ................................................... 112 6. Empirische Untersuchung ...................................................................... 117 6.1 Datengrundlage: FOLK und weitere Quellen ....................................... 119 6.1.1 Beschreibung des Korpus ............................................................ 122 6.1.2 Aufbereitung und Kodierung der Vorkommen von machen in FOLK .................................................................... 123 6.1.3 Verteilung der machen-Verwendungen im zugrunde liegenden Korpus FOLK .............................................................. 124 6.2 Probleme bei der Anwendung einer lexembasierten semantischen Bedeutungserfassung an authentischen Sprachdaten ......................... 128 6.2.1 Die Problematik der lexikosemantischen Bedeutungsklassifikation .................................................................................. 129 6.2.2 Die Problematik einer konkreten Bedeutungszuschreibung für eine machen-Kombination ...................................................... 135 6.3 (Teil-)Satzexterne Mittel ........................................................................... 141 6.3.1 Hintergrundwissen ....................................................................... 143 6.3.2 (Teil-)satzexterner Gesprächskontext ......................................... 148 Inhalt 9 6.3.3 Außersprachlicher Kontext .......................................................... 153 6.3.4 Sequenz .......................................................................................... 154 6.3.5 Zusammenfassung zur Bedeutungsspezifikation durch (teil-)satzexterne Mittel ................................................................ 159 6.4 (Teil-)Satzinterne Mittel I: Grammatische Schemata ............................ 161 6.4.1 Transitive und ditransitive Konstruktionen ............................. 161 6.4.2 Resultativkonstruktionen ............................................................ 164 6.4.3 Transferkonstruktion: etwas irgendwohin V-en........................... 190 6.4.4 Zusammenfassung zur Bedeutungsspezifikation durch Konstruktionen ............................................................................. 198 6.5 (Teil-)Satzinterne Mittel II: Die Semantik und Referenz der Argumente ........................................................................................... 199 6.5.1 Die Semantik und Referenz der Objekte ................................... 200 6.5.2 Die Semantik und Referenz des Subjekts .................................. 214 6.5.3 Zusammenfassung zur Bedeutungsspezifikation durch die Semantik und Referenz der Argumente ............................. 219 6.6 Funktionale Ebene: Was machen aus pragmatischer Sicht leistet .................................................................................................. 220 6.6.1 Referieren auf vorerwähnte Handlungen und Sachverhalte ................................................................................... 220 6.6.2 Entzerren von Inhalten................................................................. 263 6.6.3 Durchführungsrahmung ............................................................. 278 6.6.4 Onlineplanung von Gesprächsbeiträgen: Vom Verb aus formuliert ................................................................................ 283 6.6.5 Ausfüllen der Verbposition: Vom Nomen (in Objektposition) aus formuliert ............................................................... 312 6.6.6 Zusammenfassung zur pragmatischen Leistung von machen ..................................................................................... 319 6.7 Exkurs: Zur stilistischen Markiertheit des Verbs machen..................... 322 7. machen und tun: Ein Vergleich der Verwendungen und Funktionen beider Verben ..................................................................... 327 7.1 Die Verwendungen von tun im Korpus ................................................. 328 7.2 Zu den Unterschieden in den Verwendungen und der Funktionalität von machen und tun ........................................................ 338 7.2.1 Generelles zu den unterschiedlichen Verwendungsweisen ............................................................................................ 338 7.2.2 Exemplarisch: Handlung vs. Bewegung. machen und tun in Transferkonstruktionen .................................................... 346 10 Inhalt 7.3 Zusammenfassung der Gemeinsamkeiten und Unterschiede von machen und tun ................................................................................... 358 8. Theoretische Schlussfolgerungen ......................................................... 363 8.1 Zur Bedeutungskonstitution (generell) .................................................. 363 8.2 Zu machen speziell ..................................................................................... 364 8.3 Zum grammatischen Ansatz .................................................................... 366 8.4 Zum semantischen Ansatz ...................................................................... 368 8.5 Zum lexikografischen Ansatz .................................................................. 370 8.6 Zum phraseologischen Ansatz ................................................................ 372 8.7 Zum interaktionalen Ansatz ................................................................... 373 9. Ausblick...................................................................................................... 377 Literatur ................................................................................................................ 379 Anhang.................................................................................................................. 393 Einleitung 11 1. EINLEITUNG 1.1 Ziele der Arbeit Die vorliegende Arbeit verortet sich im IDS-Projekt Verbkomplemente im gesprochenen Deutsch, in dessen Rahmen die Argumentrealisierung in der gesprochenen Sprache beschrieben und in Hinblick auf ihre funktionalen Motivationen analysiert wird. Konkret befasst sich diese Untersuchung mit dem Verb machen, dessen Funktion und Gebrauch in der gesprochenen Sprache sowie den vielen unterschiedlichen Handlungsbedeutungen, die es versprachlichen kann bzw. die dem Verb zugeschrieben werden können. machen ist ein im geschriebenen wie gesprochenen Deutsch sehr häufig verwendetes Verb, 1 dem aufgrund seiner multiplen Verwendungsweise allgemein ein hoher Grad an Polysemie - also eine Vielzahl distinkter, aber untereinander verwandter Bedeutungen - zugeschrieben wird (bspw. in der Lexikografie). In dieser Arbeit wird angestrebt, diese Erscheinung der Bedeutungsvielfalt unter anderem mit der Komplementierung des Verbs in einen Zusammenhang zu bringen. Diese Arbeit will zeigen, dass die empfundene Bedeutungsvielfalt von machen durch eine extreme Unterspezifiziertheit des Verbs zustande kommt und wie dabei das jeweilige sprachliche sowie außersprachliche Umfeld eine teilweise recht spezifische (Be-)Deutung für machen generiert. Dazu wird untersucht, wie und auf welche Weise lexikalische Kookkurrenzen, Syntax, Sequenz und kontextuelle Einflüsse auf die lokale Bedeutung einzelner machen-Verwendungen einwirken und auf welchen sprachlichen und außersprachlichen Ebenen die Spezifikation des Verbs im Endeffekt geschieht. Diese Arbeit strebt also an, das gesamte Verwendungsspektrum eines Verbs im spontansprachlichen Gebrauch zu erfassen und zu beschreiben und dabei sowohl bedeutungskonstitutiven als auch funktionalen Aspekten der Verwendung von machen Rechnung zu tragen. 1 In FOLK (Forschungs- und Lehrkorpus gesprochenes Deutsch, vgl. Abschn. 6.1) ist es das am fünfthäufigsten gebrauchte Verb (das kein Hilfsverb ist) nach haben, sagen und den Kopulaverben sein und werden (vgl. dazu die Lemmaliste, Anhang 2). Bei dieser Auflistung wird allerdings bei sein, haben und werden nicht zwischen Kopula- und Hilfsverbfunktion unterschieden, anders als in den Daten von Proskes Untersuchung zum Informationsmanagement (2013, S. 96). In ihren Daten kommt machen sogar an dritter Stelle unter den nicht auxiliaren Verben, nach sein und haben. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 12 Dieses Ziel soll durch das Anwenden eines für diese Arbeit eigens erstellten Analysemodells erreicht werden, welches die verschiedenen Ebenen, auf denen Bedeutung konstituiert werden kann, aufzeigt und beschreibt. Damit soll die Auffassung von machen als unterspezifiziertes Verb untermauert und die Art und Weise der Bedeutungskonstitution nachvollziehbar dargestellt werden. Es wird sich dabei besonders auf die Frage danach konzentriert, wie ein Ausdruck, der eine sehr vage Bedeutung hat, je nach Verwendung zu einer anderen (mehr oder weniger) spezifischen Lesart kommt und auf welcher Ebene sich die spezifischen Bedeutungen konstituieren. Im Zuge dessen wird außerdem auch die lexikografische Beschreibung von machen diskutiert sowie deren Vorgehensweise und Ergebnisse kritisch hinterfragt werden. Es soll damit erörtert werden, was (lexikalische) Bedeutungskonstitution genau ausmacht, wo sie stattfindet und wie sie beschaffen ist. Außerdem werden die pragmatischen Funktionen hervorgehoben, die machen aufgrund seiner semantischen Leere ausführen kann. Es wird dabei nicht nur eine zu spezifizierende Handlung durch machen bezeichnet, sondern vor allem auch eine Sprachhandlung mit Hilfe von machen ausgeführt. Die Grundlage für die Analysen und den daraus resultierenden Erkenntnissen bieten authentische Daten gesprochener Sprache aus dem Forschungs- und Lehrkorpus (FOLK) des Instituts für Deutsche Sprache (siehe Abschn. 6.1). Bei der Beschreibung der Verwendung und Funktion von machen werden vor allem folgende Gesichtspunkte beachtet: der semantische Beitrag des Verbs und wie eine spezifischere Bedeutung durch die lexikosemantischen Eigenschaften seiner Argumente inferiert werden kann; die Konstruktionen, in denen das Verb vorkommt und der sequenzielle Kontext, in welchem das Verb verwendet wird, sowie der Einfluss von außersprachlichen Ressourcen wie Hintergrundwissen, außersprachlichem Kontext und dem (teil-)satzexternen Gesprächskontext auf die Interpretation von Äußerungsbedeutungen und sprachlichen Handlungen, die mit machen formuliert werden. Von großem Interesse ist dabei vor allem die Rolle, die machen in der Interaktion einnimmt, und die pragmatischen Funktionen, die dieses Verb ausführen kann, bzw. die mit seiner Hilfe ausgeführt werden. Um diese angemessen zu beschreiben und damit die neueren und interessanten Aspekte der Verwendung dieses Verbs herausgearbeitet werden können, ist allerdings eine sinnvolle semantische Beschreibung die Vorraussetzung, weswegen diese auch hier vorgenommen wird. Für die gewählte Perspektive sind dagegen eine Analyse der Stilebene und von Gattung und Genre bezüglich einer etwaigen (Dis-)Präferenz für machen nicht zentral, auch wenn es dazu einige betrachtenswerte und eventuell widerlegbare (vorläufig nur mit Intuition zu begründende) Wertungen bezüglich der Verwendung von machen gibt. Eine derartige Fokussierung gestaltet Einleitung 13 sich unter anderem deswegen schwierig, weil die Stilebene innerhalb einer Interaktion oft nicht konstant ist (wenn bspw. in institutionellen Umgebungen sehr informell gesprochen wird) oder weil zumindest in einigen Interaktionen viele der gewählten Ausdrücke stilistisch nicht dem Interaktionstypen entsprechen, die zu erwarten wären. So ist methodisch nicht eindeutig abzugrenzen, welche Interaktion welcher Gattung entspricht, welche Kriterien genau welchen (Sprach-)Stil ausmachen und ob bestimmte sprachliche Merkmale (wie bspw. die Vermeidung oder häufige Verwendung eines bestimmten Verbs oder Verbtyps) dem Stil, der Gattung oder anderen handlungsbezogenen Merkmalen zuzuordnen sind. Eine kurze Beschreibung der durch die Untersuchung gewonnenen Erkenntnisse zur stilistischen Markiertheit von machen wird dennoch am Ende der empirischen Untersuchung in Abschnitt 6.7 vorgenommen. 1.2 Aufbau der Arbeit Die Arbeit gliedert sich wie folgt: Im zweiten Kapitel wird auf die methodische Vorgehensweise der Untersuchung eingegangen (Abschn. 2.1) und eine Beschreibung der Verwendung des Analysetools lexpan für eine quantitative Auswertung der Slotbesetzungen in machen-Äußerungen vorgenommen (Abschn. 2.2). Im dritten Kapitel wird der theoretische und methodische Rahmen der Arbeit abgesteckt. Dafür werden die für die Untersuchung relevanten theoretischen Ansätze vorgestellt, dies beginnt mit der Interaktionalen Linguistik (Abschn. 3.1) und einer Beschreibung des für die empirische Untersuchung ebenfalls sehr wichtigen Begriffs der Bedeutungskonstitution im Rahmen der Interaktionalen Liguistik (Abschn. 3.1.2). Daraufhin wird die Konstruktionsgrammatik vorgestellt (Abschn. 3.2.1) und ihr Bezug zur Interaktionalen Linguistik skizziert (Abschn. 3.2.2). Weiterhin wird der Begriff der Bedeutungskonstitution in anderen semantischen Ansätzen beleuchtet (Abschn. 3.3), dabei wird der Nutzen einiger kognitivsemantischer Ansichten herausgestellt (Abschn. 3.3.1) und in Abgrenzung dazu die für diese Untersuchung ungünstigen Methoden der Merkmals- und Prototypensemantik beschrieben (Abschn. 3.3.2), bevor kurz der framsemantische Ansatz angeschnitten wird (Abschn. 3.3.3). Am Ende des Kapitels wird noch auf die Konzepte Polysemie und Vagheit eingegangen (Abschn. 3.4.1) und deren Bezug zum Untersuchungsgegenstand beschrieben (Abschn. 3.4.2). Im vierten Kapitel wird das Ebenenmodell zur Analyse von Bedeutungskonstitution vorgestellt. Die Ebenen sind zunächst grob unterteilt in Basisebene (Abschn. 4.1), welche sich auf das Lexem selbst bezieht und in welcher auch das hier angesetzte weite Konzept der Agentivität erläutert wird, (teil-)satzinterne (Abschn. 4.2) sowie (teil-)satzexterne Ebene (Abschn. 4.3). Diese und Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 14 auch die weiteren feingranulareren Abgrenzungen der jeweiligen Bedeutungskonstitutionsmittel dienen in erster Linie einer geordneten und nachvollziehbaren Darstellung und sollen nicht suggerieren, dass die dort beschriebenen Mechanismen unabhängig und getrennt voneinander ablaufen. Des Weiteren werden die jeweiligen Ebenen, auf denen Bedeutung konstituiert wird, im Einzelnen skizziert und wichtige Begriffe (wie bspw. metonymische und metaphorische Extension (Abschn. 4.2.2.2) oder Social Action Formats (Abschn. 4.2.3.3)) für die vorliegende Arbeit definiert und genauer erläutert. Innerhalb der (teil-)satzinternen und -externen Ebenen werden dann jeweils die einzelnen Mittel der Bedeutungskonstitution benannt und erläutert. Auf der internen Ebene sind dies grammatische Schemata wie etwas irgendwie V-en (Abschn. 4.2.1) und semantische Kookkurrenzen wie Essen/ Urlaub/ Spaß machen (Abschn. 4.2.2) sowie (teil- und vollspezifizierte) Wortverbindungsmuster wie (sich) ein(en) X/ Spaß (aus etwas) machen (Abschn. 4.2.3). In den entsprechenden Abschnitten wird jeweils beschrieben, auf welche Weise die Bedeutungskonstitution der jeweiligen Ebene stattfindet und wie durch diese die ausgedrückte Handlung spezifiziert wird (bzw. werden kann). Im Zuge der Beschreibung der Rolle der Wortverbindungsmuster wird auch auf usuelle Wortverbindungen (Abschn. 4.2.3.1), deren Behandlung in der Untersuchung (Abschn. 4.2.3.2) und das Phänomen der Social Action Formats (Abschn. 4.2.3.3) spezifischer eingegangen. Auch die einzelnen Ebenen, die (teil-)satzextern arbeiten, werden im Einzelnen dargestellt (Abschn. 4.3). Die gesamte Ebene wird grob mit dem Begriff Kontext umschrieben, welcher sich auf unterschiedliche Bereiche verteilt. Hierbei spielt das Hintergrundwissen der Gesprächsteilnehmer eine Rolle (Abschn. 4.3.1), ebenso wie der weitere, außerhalb des relevanten (Teil-)Satzes stattfindende Gesprächskontext (Abschn. 4.3.2) sowie der außersprachliche Kontext (Abschn. 4.3.3) und die sequenzielle Position der machen-Äußerung in der jeweiligen Interaktion (Abschn. 4.3.4). Das fünfte Kapitel beschäftigt sich mit dem zentralen Gegenstand der Untersuchung: dem Verb machen. Hier werden zunächst die Verbkategorien erfasst und beschrieben, zu denen machen in der Literatur als Vertreter gezählt wird (Abschn. 5.1.1-5.1.4), und es wird eine erste Einschätzung gegeben, wie sinnvoll diese Kategorienzuschreibung ist (Abschn. 5.1.5). Danach wird die Bedeutungsbeschreibung von machen in vier ausgewählten Wörterbüchern beschrieben und kritisch diskutiert (Abschn. 5.2). Es wurden Wörterbücher von unterschiedlicher Aktualität (bspw. die aktuellste Ausgabe des Duden Universalwörterbuchs und das Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache von 1981) und mit unterschiedlichen Perspektiven auf die lexikografische Erfassung von Lexemen gewählt (wie das Valenzwörterbuch, dessen Schwer- Einleitung 15 punkt bei Verben und deren Ergänzungen liegt, sowie Wahrigs Deutsches Wörterbuch, welches nach eigenen Angaben eine völlig neue Herangehensweise an Bedeutungsbeschreibung vornimmt). Dies geschieht zum einen, um einen Eindruck davon zu bekommen, welche Bedeutungen machen im deutschen Sprachgebrauch zugeschrieben werden. Zum anderen soll verdeutlicht werden, auf welche - teils sehr unterschiedlichen - Weisen Lexika vorgehen, um Bedeutungskonstitution zu beschreiben, bzw. wodurch in der Lexikografie die Bedeutung von Ausdrücken erfasst wird. Dabei wird sichtbar werden, dass es spezifische Gründe dafür gibt, warum es in Wörterbüchern (den konsultierten speziell, aber auch im Allgemeinen) kein einheitliches Bild zur Bedeutung eines semantisch so unspezifischen Lexems geben kann und worin diese Uneinheitlichkeit begründet liegt (Abschn. 5.2.4). Im sechsten Kapitel wird zunächst die Korpusgrundlage der empirischen Untersuchung vorgestellt (Abschn. 6.1) und die Hauptgrundlage - FOLK - näher beschrieben (Abschn. 6.1.1) sowie auf die Aufbereitung und Kodierung der Daten eingegangen (Abschn. 6.1.2) und schließlich ein Überblick über die Verteilung der machen-Verwendungen im Korpus gegeben (Abschn. 6.1.3), um darzustellen, welche Verwendungen überwiegen und welche eher selten auftreten. Die Art der Verwendungen ist dabei hauptsächlich formal bestimmt, meint also wie oft machen mit lexikalischem Objekt, pronominalem Objekt, adjektivischem Objekteprädikativ oder bestimmten Präpositionalphrasen (PPn) etc. auftritt. Daraufhin wird zunächst die lexembasierte semantische Bedeutungserfassung, wie sie in den kritisch diskutierten Wörterbüchern vorgenommen wird, an den Daten aus dem Korpus angewandt, um zu illustrieren, warum ein solches Vorgehen bei authentischen und kontextuell eingebetteten Sprachdaten nicht praktikabel ist und außerdem nicht zu befriedigenden Ergebnissen einer Bedeutungserfassung führen kann (Abschn. 6.2). Danach wird dann das in Kapitel 4 vorgestellte Modell ebenfalls auf die Korpusdaten angewandt und die jeweiligen Ressourcen zur Bedeutungskonstitution werden anhand von gesprächsanalytischen Beschreibungen konkreter Verwendungen erläutert. Die Ebenen werden dabei zwar dem Modell entsprechend jeweils einzeln aufgeführt und besprochen, die darin dargestellten Mittel arbeiten aber - wie bereits erwähnt - nicht unabhängig voneinander. An den relevanten Stellen wird immer auf weitere, Einfluss nehmende Ebenen hingewiesen. Es wird dabei (anders als in Kap. 4, wo diese aus systematischen Gründen zuletzt aufgeführt wurde) zunächst die (teil-)satzexterne Ebene dargestellt (Abschn. 6.3). Dies geschieht deshalb zuerst, weil sich die (teil-)satzexternen Zusammenhänge als Größe herausstellen werden, die die Deutungen der (teil-)satzinternen Verwendungen (besonders die semantischen) und auch der funktionalen maßgeblich beeinflussen. Die Wichtigkeit der Ebene von Hintergrundwissen, Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 16 Gesprächskontext und außersprachlichem Kontext sowie Sequenz, welche in einer lexikosemantischen Bedeutungsbeschreibung oft nur marginal mit einbezogen wird, soll so noch einmal verdeutlicht werden. In Abschnitt 6.4 wird die Bedeutungskonstitution durch grammatische Schemata näher erläutert. Dabei wird zunächst auf vollschematische Konstruktionen wie die transitive und ditransitive Konstruktion (Abschn. 6.4.1) sowie die Resultativkonstruktionen (Abschn. 6.4.2) eingegangen. Die transitiven und ditransitiven Konstruktionen werden dabei nur kurz angerissen, da sich in diesem Falle die Bedeutung nicht durch die Konstruktion konstituiert, weil diese selbst unterspezifiziert sind und nicht viel an Bedeutung beitragen können. Transitive Verwendungen von machen werden dann in Abschnitt 6.5 näher behandelt (siehe unten), dort wird die Bedeutungskonstitution durch die Semantik der Argumente erläutert. Als produktive Konstruktionen für machen werden in Abschnitt 6.4.2 die Resultativkonstruktion mit adjektivischem Objektsprädikativ (Abschn. 6.4.2.1) und mit Präpositionalphrasen (Abschn. 6.4.2.2) angeführt sowie die Transferkonstruktion mit direktionalem Adverbial (Abschn. 6.4.3). Abschnitt 6.4 beschreibt die Bedeutungsspezifikation durch die Semantik der Argumente; 2 hier wird die grobe Unterteilung in die Spezifikation durch die Semantik (und Referenz) des Objekts (Abschn. 6.5.1), des Subjekts (Abschn. 6.5.2) vorgenommen. Die Semantik (und Referenz) der Objekte wird am detailliertesten beschrieben, da die Kombination aus machen + Objekt in transitiven Konstruktionen die Prädikation der gesamten Äußerung ausmacht. Es geht - speziell bei den Objekten - allem voran um die Deutung der jeweiligen Argumente in der Situation der Interaktion; also darum, auf was der Ausdruck in Objektfunktion jeweils referiert, und darum, welche Spezifikationen sich auf dieser semantischen Ebene erreichen lassen. Der bereits vorher behandelte Kontext wird dabei immer wieder eine wichtige Rolle spielen, da er mitverantwortlich dafür ist, wie das jeweilige Argument und somit auch die Handlung, die machen ausdrücken soll, gedeutet wird. Dabei stellen sich drei Deutungsweisen als distinkt benennbar heraus: die Deutung als Handlung oder Prozess (Abschn. 6.5.1.1), die Deutung als Produkt oder Ergebnis (Abschn. 6.5.1.2) und die Deutung als Zustand oder Wirkung (Abschn. 6.5.1.4). Dabei wird auch auf das vordergründig vorhandene Problem der Akt-Objekt- Ambiguität von Ausdrücken eingegangen (Abschn. 6.5.1.3). Es folgen die Beschreibungen der Spezifizierungsweise der Subjekte (Abschn. 6.5.2): Die Deutung des Subjekts kann eine Prädikation weiter vereindeutigen, indem (nicht) 2 In dieser Arbeit wird der Begriff Argument gegenüber Komplement bevorzugt. Komplement wird in zitierter Literatur (bspw. im Abschn. 5.2.3.3 über die Bedeutungsbeschreibung von machen in E-VALBU) aber beibehalten. Einleitung 17 vorhandene Merkmale beim Subjektreferenten bestimmte Handlungen (weniger) wahrscheinlich als Interpretation für machen erscheinen lassen. Schließlich wird in Abschnitt 6.6 die pragmatische Leistung von machen beschrieben. Die funktionalen Verwendungsweisen und die sprachlichen Handlungen, die mit machen ausgeführt werden können, erschöpfen sich sicherlich nicht in der Auflistung in dieser Arbeit, diese bietet jedoch einen Überblick über viele der im Korpus gefundenen Verwendungen und Funktionen. Zunächst wird auf die Funktion des Aufgreifens und Relevantmachens vorerwähnter Sachverhalte generell (Abschn. 6.6.1) und zusätzlich speziell durch die (das) machen-Fügung eingegangen (Abschn. 6.6.1.1) und im Zuge dessen das Social Action Format wir machen das so in seiner anaphorischen und kataphorischen Verwendung beschrieben (Abschn. 6.6.1.2). Des Weiteren wird die Funktion des Entzerrens von semantisch schweren Inhalten (Abschn. 6.6.2) - exemplarisch am Beispiel von Objektrelativsätzen (Abschn. 6.6.2.2) - sowie der Rahmung von Referenten als (durchführbare) Handlungen aufgeführt (Abschn. 5.6.3). Die letzten beiden Abschnitte gehen näher darauf ein, wie machen zum einen bei der Planung von Gesprächsbeiträgen eingesetzt wird (Abschn. 6.6.4) - bis hin zu der Verwendung von machen ähnlich einer Häsitationspartikel - und dabei konkret zum Auffordern zu und Ankündigen von Handlungen (Abschn. 6.6.4.1) und sogar beim Einleiten direkter Rede (Abschn. 6.6.4.2); zum anderen wird darauf eingegangen, wie es als Füllverb bei Äußerungen dienen kann, in denen es dem Sprecher mehr auf die vom Objektreferenten ausgedrückte Semantik bei der Formulierung seiner Aussage ankommt, als auf die Denotation eines semantisch spezifischen Verbs (Abschn. 6.6.5). Am Ende des Kapitels wird ein kurzer Exkurs zu den Erkentnissen zur stilistischen Markiertheit des Verbs angeführt, die auf den Beobachtungen bei der Arbeit mit den Daten basieren (Abschn. 6.7). In Kapitel 7 wird ein Vergleich der Verwendungsweisen der Verben machen und tun auf der Grundlage der Korpusbasis vorgenommen (Abschn. 7.1) und es werden ihre unterschiedlichen Funktionsweisen im gesprochenen Deutsch verglichen (Abschn. 7.2), um abschließend erörtern zu können, wo die Ähnlichkeiten und Unterschiede liegen, worin sie begründet sein könnten und ob diese beiden Verben als ihre gegenseitigen Entsprechungen aufgefasst werden können, wie es mitunter in der Literatur (durch die oftmals parallele Erwähnung und dadurch implizierte Gleichsetzung) suggeriert wird (Abschn. 7.3). Schließlich werden in Kapitel 8 noch einmal mit Rückblick auf die gewonnenen Erkenntnisse theoretische Schlussfolgerungen zu den einzelnen, für diese Arbeit als konstitutiv angesehenen Aspekten formuliert, dabei wären zu nennen die Bedeutungskonstitution generell (Abschn. 8.1), das Verb machen im Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 18 Speziellen (Abschn. 8.2), die für das Modell verwendeten grammatischen (Abschn. 8.3), semantischen (Abschn. 8.4), phraseologischen (Abschn. 8.6) und interaktionalen (Abschn. 8.7) Ansätze sowie der kritisch diskutierte lexikografische Ansatz (Abschn. 8.5), bevor ein Ausblick auf weitere, an dieser Arbeit anknüpfende Forschungsperspektiven gegeben wird (Kap. 9). Methodische Vorgehensweise 19 2. METHODISCHE VORGEHENSWEISE 2.1 Generelle methodische Vorgehensweise Da sich die Fragestellung auf die Konstitution von Bedeutung in der gesprochenen Sprache richtet, wird sie für die Aspekte, in denen es angemessen ist, empirisch anhand von Daten natürlicher gesprochener Sprache untersucht. Die Untersuchung orientiert sich dabei an den Methoden der Konversationsanalyse und der Interaktionalen Linguistik (Selting/ Couper-Kuhlen 2000). Dieser methodische Ansatz ermöglicht nicht nur eine genaue Betrachtung und Beschreibung davon, inwieweit und auf welche Weise der Gesprächs- und der außersprachliche Kontext bedeutungskonstituierend sind und bei welchen Verwendungen diese Art der Bedeutungskonstitution als solche erkennbar ist. Es kann außerdem anhand des generellen Kontexts der Äußerung und der Rezipientenreaktionen genau erfasst werden, wie die auf Turnbzw. (Teil-)Satzebene vorgenommene Bedeutungsspezifikation gemeint wurde, welche Handlung oder welcher Vorgang (mit dem gesamten Ausdruck) ausgedrückt werden sollte. Da die Untersuchung aber - anders als bisherige Arbeiten auf der Basis gesprochener Sprache - das gesamte Verwendungsspektrum eines Ausdrucks zum Thema hat und nicht nur dessen funktionale Eigenschaften und da in diesem Zuge die Bedeutungserfassung jenes Ausdrucks von recht großer Relevanz ist, reichen die methodischen Ansätze der Interaktionalen Linguistik allein nicht aus, um ein umfassendes Bild der Funktion und Verwendung von machen liefern zu können. Bedeutungskonstitution in der Gesprächsforschung wurde bisher (größtenteils) auf der Ebene der Sequenz und hinsichtlich der Bedeutung bestimmter Ausdrücke im Gespräch betrachtet und es wurde darauf fokussiert, wie die Bedeutung bestimmter Ausdrücke im Gespräch von den Interaktionsteilnehmern ausgehandelt wird und wie sich diese im Laufe einer Interaktion auch verändern kann (vgl. die Beiträge in Deppermann/ Spranz-Fogasy (Hg.) 2002). Dies wird größtenteils mittels eingehender Sequenzanalysen der entsprechenden Vorkommen eines Ausdrucks in einzelnen fortlaufenden Interaktionen (bspw. Birkner 2002; Deppermann 2002b, 2015) oder auch Kollektionen von Phänomenen untersucht (bspw. Deppermann 2008 zu verstehen). Sequenzanalyse spielt zwar auch in der vorliegenden Arbeit eine wichtige Rolle, jedoch liegt wie erwähnt der zentrale Fokus auf der systematischen Untersuchung des gesamten Verwendungsspektrums eines einzelnen Verbs, dessen semantische Bedeutung - da es als Verb Relationen ausdrückt - auch Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 20 immer im Satzkontext liegt. Dabei wird angestrebt, genau zu beschreiben, in welchen Fällen und wodurch sich die mehr oder weniger spezifischen Deutungen dieses Ausdrucks insgesamt generieren und in welchen Fällen eine spezifische Verbbedeutung überhaupt nicht erreicht werden soll, da vornehmlich eine pragmatische oder diskursorganisierende Funktion durch das Verb erfüllt wird. So ist für die Untersuchung von wiederkehrenden, funktional verwendeten Mustern eine genaue und weitreichende sequenzielle Analyse unabdingbar, denn nur dadurch kann die Funktionalität und Sequenzgebundenheit herausgearbeitet werden und derartige Muster zum Beispiel als Social Action Format erkannt und exhaustiv beschrieben werden. 3 Bei dieser Art der Verwendung von machen zeigt sich die Relevanz von interaktionallinguistischen Analysemethoden wie Sequenzanalyse für die Erschließung des Bedeutungs- und Verwendungspotenzials des fokussierten Ausdrucks am deutlichsten. Die Funktions- und Verwendungsweisen von machen im Einzelnen können jedoch nicht nur durch Sequenzanalysen erschlossen werden, denn derartige Untersuchungen müssen auch auf die Syntax der entsprechenden Äußerungen Bezug nehmen, wozu als theoretischer Ansatz teilweise die Konstruktionsgrammatik herangezogen und zur Erklärung auf den entsprechenden Bedeutungskonstitutionsebenen mit einbezogen wird (vgl. Abschn. 3.2). Die Konstruktionsgrammatik wird gerade in der aktuelleren Literatur in der Gesprächsforschung immer wieder mit der Erforschung gesprochensprachlicher Phänomene in Verbindung gebracht (bspw. bei Auer 2006; Imo 2007; Deppermann 2011a). Auch wenn die Konstruktionsgrammatik als grammatische Grundlage für die gesprochene Sprache - auch und gerade im Bereich der Bedeutungskonstitution in der Interaktion - einige Schwächen aufweist (vgl. dazu Abschn. 3.2.2), so liefert sie dennoch nützliche Erkenntnisse und Erklärungen in einigen Verwendungsbereichen des in dieser Arbeit fokussierten Verbs und kann so zur Erklärung einiger Bedeutungsinterpretationen beitragen. Dies zeigt sich in diesem Rahmen besonders auf der Ebene der schematischen (teil-)satzinternen Mittel (Abschn. 6.4), die einen Einfluss auf die Bedeutungskonstitution der Gesamtäußerung haben und somit als Konstruktion angesehen werden können, die für sich genommen eine Bedeutung haben und in welche das untersuchte Verb - oder auch ein anderes - eintreten kann, um die entsprechende Bedeutung zu generieren. Dies geschieht zum Beispiel 3 Als Social Action Format wird in dieser Arbeit eine lexikalisch voll spezifizierte Struktur angesehen, die in Interaktionen häufig für die Ausführung bestimmter sprachlicher Handlungen verwendet wird, wobei es sowohl auf der Formals auch auf der Bedeutungsseite leichte Variationen geben kann. Siehe Abschnitt 4.2.3.3. für genauere Ausführungen zu Social Action Formats und deren Definition für diese Arbeit und Abschnitt 6.6.1.2 für die Analyse des Social Action Formats wir machen das so. Methodische Vorgehensweise 21 im Falle von machen bei Argumentstrukturen mit obligatorischem adjektivischen Objektsprädikativ (etwas irgendwie machen), welches eine produktive Struktur ist (vgl. Abschn. 6.4.2.1). In der empirischen Untersuchung werden die Verwendungsweisen des Verbs insgesamt auf der Basis der Betrachtung des gesamten Korpus 4 ergründet und dort, wo es angebracht ist, spezifisch anhand von detaillierten Analysen an Einzelbeispielen dargestellt. Die einzelnen Beispiele wurden danach ausgewählt, wie anschaulich sie den im entsprechenden Abschnitt behandelten Aspekt der Bedeutungskonstitution repräsentieren können. Die Ausschnitte wurden daraufhin mit einem als angemessen für den jeweiligen Gesichtspunkt aufgefassten Kontext nach den GAT 2 folgenden Transkriptionskonventionen (Selting et al. 2009) transkribiert (siehe Anhang 1). Die bereits erwähnten Aspekte der Bedeutungskonstitution beinhalten unter anderem die sequenzielle Position der machen-Äußerung, die lexikalischen Kookkurrenzen des Verbs, Konstruktionen auf Äußerungs- und Turnebenen sowie Social Action Formats. Die Beschaffenheit des zu veranschaulichenden Aspekts hat wiederum einen Einfluss auf die Form, Granularität und auch Ausweitung der Belegbeispiele der jeweiligen Einzelanalysen. So ist etwa eine detaillierte Sequenzanalyse, die viel Gesprächskontext mit einbezieht, bei der Beschreibung der Bedeutungskonstitution durch die Semantik der Argumente oft nicht notwendig (vgl. Abschn. 6.4). Hier reicht die Darstellung des außersprachlichen und/ oder Gesprächskontexts als Beschreibung, wenn dieser für die Deutung der Argumente relevant ist. Anders ist es zum Beispiel bei den Beschreibungen der Distinktion der anaphorischen und kataphorischen Verwendung des Social Action Formats wir machen das so (vgl. Abschn. 6.6.1.2), bei denen mitunter sehr viel Vor- und Nachlauf der Interaktion in die Analyse mit einbezogen wird. Dort, wo es zum Verständnis des Ausschnitts notwendig ist, werden die spezifischen Hintergrundinformationen der analysierten Gesprächsausschnitte im Zuge der Beschreibung erläutert, um zum Beispiel bestimmte Deutungen von Ausdrücken oder Interpretationen bezüglich untersuchter Funktionen zu erklären oder generelles Verständnis für die zumeist recht kurzen Beispiele herzustellen. Dies ist besonders oft bei Privatgesprächen zwischen sehr vertrauten Personen der Fall, bei dem viele Aspekte des Hintergrundwissens (wie bspw. viele der Spielregeln in Spieleinteraktionen oder auch die Vorge- 4 Die Gesamtanzahl aller machen-Vorfälle im Korpus FOLK (zum Zeitpunkt der Datenerhebung im Mai 2014) beträgt insgesamt 4.437 Fälle, von denen aber nicht alle für die Untersuchung berücksichtigt wurden. So wurden zum einen zwei Gesprächstypen nicht mit einbezogen, ohne die die machen-Belege sich auf 4.071 reduzieren; und zum anderen wurden Partikelverben aussortiert, so dass die Anzahl der für die Untersuchung relevanten Fälle im Endeffekt 3.872 beträgt. Die Auswahl wird ausführlich in Abschnitt 6.1 erläutert. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 22 hensweise bei Map Task, Beziehungen zu nicht anwesenden, erwähnten Personen, Beziehungskonstellationen der Interaktionsteilnehmer, Themen und/ oder Argumentationen des vorherigen Gesprächsverlaufs etc.) nicht explizit versprachlicht, sondern als gegeben vorausgesetzt werden, jedoch für das Verständnis bestimmter Ausdrücke oder Gesprächsabschnitte notwendig sind. Für einige dieser kontextuellen Bezüge sind die Metadaten, die in FOLK zur Verfügung gestellt werden, sehr hilfreich. 5 2.2 Quantitative Untersuchungen mit lexpan Für diese Arbeit wurde außerdem mit dem Analysetool lexpan (ehemals UWV-Tool) gearbeitet, welches im Rahmen des Projekts Usuelle Wortverbindungen unter der Leitung von Katrin Steyer von Annelen Brunner entwickelt wurde (vgl. dazu Steyer 2013). Mit diesem Tool können KWIC-Listen aus Korpora strukturiert und systematisiert werden (für diese Arbeit war die Basis die aus FOLK extrahierten, normalisierten Kontexte aller machen-Vorkommen des zum Erhebungszeitpunkt aktuellen Releases). In den eingelesenen Daten kann also nach bestimmten Lexemen (oder Formen von Lexemen) mit Hilfe regulärer Ausdrücke gesucht werden. Wichtig ist hier: „Mögliche Elemente [bei einer Suchanfrage, K.K.] sind zum einen konkrete Zeichenketten, zum anderen Lückenelemente, d.h. Platzhalter für nicht fest spezifizierte (Folgen von) Zeichenketten.“ (ebd., S. 112). Die Inhalte dieser Platzhalterslots (in der Suchanfrage durch eine Raute (#) symbolisiert) lassen sich mit dem Tool nach Häufigkeit sortieren. Die Platzhalter wurden für die Untersuchung mit den zugrunde liegenden Daten dafür verwendet, herauszufinden, welche Wörter und Wortfolgen am häufigsten vor und nach machen verwendet werden und auch welche Form von machen die am häufigsten verwendete ist (für letzteres wurde nach #mach# gesucht). Die wichtigsten Ergebnisse werden in den entsprechenden Abschnitten beschrieben (vgl. dafür Abschn. 6.6.1.2 und 6.6.4.1). Das für schriftsprachliche Korpora entwickelte Analysetool, welches die Oberflächenstrukturen von eingelesenen Daten systematisch und nach Häufigkeit geordnet darstellen kann, konnte hier die durch Beobachtung und Beschäftigung mit dem Material gewonnenen Eindrücke untermauern. 6 Dies zeigt, dass es auch für transkribierte (und normalisierte) Daten gesprochener Sprache anwendbar ist. Da die Datengrundlage allerdings im Gegensatz zu 5 Zu einer ausführlichen Beschreibung der Beschaffenheit und Funktionen von FOLK und der DGD siehe Schmidt (2014). 6 Der Fokus auf die Oberflächenstruktur von Wortverbindungen entspricht auch der Sichtweise von Interaktionaler Linguistik (Abschn. 3.1) und Konstruktionsgrammatik (Abschn. 3.2.2) und lässt sich daher gut in den hier verfolgten Ansatz integrieren. Methodische Vorgehensweise 23 dem bei Steyer verwendeten Korpus DeReKo vom Umfang her wesentlich kleiner ist und auch die Ausgabe der Kontexte aus FOLK ein anderes Format hat, können die Ergebnisse der Analyse in dieser Arbeit nur als Tendenzen berücksichtigt und keine genauen Zahlen zur Veranschaulichung der Ergebnisse geliefert werden. Theoretische und methodische Rahmung 25 3. THEORETISCHE UND METHODISCHE RAHMUNG In diesem Kapitel werden diejenigen theoretischen Ansätze vorgestellt, die für die Beschreibung der Verwendung und Funktion und vor allem auch für die Bedeutungskonstitution von machen herangezogen werden. Dafür wird hauptsächlich auf die Ansichten und Terminologien der Interaktionalen Linguistik, der Konstruktionsgrammatik und auch der kognitiven Semantik zurückgegriffen. Die Interaktionale Linguistik wird als methodischer Ansatz vor allem in Hinsicht darauf verwendet, dass die Grundlage dieser empirischen Untersuchung aus Daten gesprochener Sprache besteht, so dass in dieser Arbeit auf die Methodik und teilweise die Begrifflichkeiten der Interaktionalen Linguistik zurückgegriffen wird. Die Ansätze der Konstruktionsgrammatik sind besonders - da es sich beim Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit um ein Verb handelt - bezüglich der Rolle des Verbs relevant und werden in der Untersuchung dann zum Tragen kommen, wenn es um die Bedeutungsspezifikationsebene von grammatischen Schemata geht. Des Weiteren erweisen sich die Ansichten zur Bedeutungskonstitution der kognitiven Semantik als wichtig für die Untersuchung, da die auf mentale Vorgänge gerichteten Erklärungen zusätzlich zu den interaktionalen Analysen zur Bewältigung von Interaktionsaufgaben und kommunikativen Handlungen und Problemen Grundlagen für die Benennung der kognitiven Prozesse liefern können, die bei Sprechern und Rezipienten ablaufen. Dies wird zum Beispiel der Rekonstruktion von Inferenzen oder Konversationsstrategien dienlich sein (vgl. Deppermann 2002a, S. 26). 3.1 Interaktionale Linguistik 3.1.1 Generelles zur Interaktionalen Linguistik Die Interaktionale Linguistik (IL) nimmt den „Überlappungsbereich zwischen Linguistik und Konversationsanalyse“ ein (Selting/ Couper-Kuhlen 2000, S. 77) und hat als Gegenstandsbereich die Beschreibung sprachlicher Strukturen in natürlichen Interaktionen (ebd.). Hier verbinden sich die Ansätze der Sprachforschung mit denen der der Soziologie entstammenden Konversationsanalyse mit dem Ziel, zu beschreiben, „wie Sprache in der sozialen Interaktion strukturell und funktional organisiert ist und gehandhabt wird“ (ebd., S. 79). Grundlage für die Bearbeitung von Forschungsfragen liefert hierbei immer eine empirische Untersuchung authentischer Sprachdaten. Dies hat zur Folge, dass Eigenschaften gesprochener Sprache in die Analyse mit eingehen, wie etwa die Eigenschaften der Interaktivität, raumzeitlichen Kopräsenz Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 26 der Sprecher, Multimodalität und Zeitlichkeit (Deppermann 2011a, S. 208ff.) sowie der Flüchtigkeit, Irreversibilität und Synchronisierung (Auer 2000, S. 44ff.). Dadurch wird außerdem die Beschaffenheit der Grammatik funktional erklärt und die daraus geformten Strukturen nicht lediglich als ein Produkt der Anwendung formaler Regeln gesehen. Gesprochene Sprache manifestiert sich in Echtzeit in einem bestimmten Kontext, weswegen nicht nur eine in Frage stehende Äußerung - oder abstrakter: eine Struktur - für sich betrachtet werden kann, sondern auch was davor und danach passiert (sprachlich und außersprachlich) und wie sich die Äußerung oder Struktur selbst entfaltet (Auer 2000, 2007 spricht hier von On-line-Syntax). Sprachliche Strukturen sind interaktionale Strukturen, sie sind von den (sprachlichen) Handlungen der anderen Gesprächsteilnehmer beeinflusst und haben selbst Einfluss auf den weiteren Verlauf einer Konversation (Selting/ Couper-Kuhlen 2000, S. 81). Das bedeutet, dass selbst während ihrer Entstehung eine Struktur den situativen Bedingungen angepasst werden kann, zum Beispiel durch Expansionen oder in Apokoinu-Konstruktionen (vgl. Auer 2000). 7 Die Grammatik einer Sprache wird so als Ressource oder sprachlicher Common Ground angesehen, auf den sich die Sprecher verlassen können und welcher zum einen folgende Handlungen zu einem gewissen Grad vorhersagbar macht (Selting/ Couper-Kuhlen 2000, S. 90), durch welchen zum anderen (spezifische) Handlungen als Handlungen erkennbar werden (Deppermann 2011a, S. 211). Diese Eigenschaften gesprochener Sprache sollten Konsequenzen für die Darstellung und Analyse sprachlicher Strukturen haben und genau hier setzt die Interaktionale Linguistik (IL) an. Der Interaktivität und Kontextgebundenheit wird durch die methodologische Anlehnung an die Konversationsanalyse (KA) und Ethnomethodologie Rechnung getragen, die eine möglichst umfassende sequenzielle Analyse von Gesprächen anstrebt. Sprachliche Strukturen werden so „im Zusammenhang mit Praktiken der Bildung von Turnkonstruk- 7 Bei (regressiven) Expansionen wie Nachträgen und Ausklammerungen können die (fehlenden) Signale der Rezipienten dafür sorgen, dass Sprecher ihre Äußerung auch nach einem möglichen Abschlusspunkt noch fortführen, bspw. um zu elaborieren oder eine Äußerung zu reparieren, weil das Gegenüber Unverständnis signalisiert (Auer 1991, S. 152f.). Diese Strategie ist auch dem Umstand der Irreversibilität von gesprochener Sprache geschuldet, denn Gesagtes kann nicht ungesagt gemacht werden, es kann nur rückwirkend durch weitere Aussagen der Inhalt elaboriert oder repariert werden. Bei Apokoinu-Konstruktionen wiederum wird eine erwartbare Projektion nicht eingelöst und stattdessen auf eine andere Struktur zurückgegriffen (Auer 2000, S. 52), auch dies kann mehrere Gründe haben, bspw. Anzeige von Kohärenz, Fokussierung oder die Änderung der sprachlichen Strategie (Scheutz 1992, S. 256ff.). Theoretische und methodische Rahmung 27 tionseinheiten (oder redebeitragsbildenden Einheiten), 8 Turns (Redebeiträgen) und Sequenzen, sowie der Konstitution von Sprechhandlungen und anderen Aktivitäten untersucht“ (Selting/ Couper-Kuhlen 2000, S. 80). Anders als bei der KA steht bei der IL der Zugang zu den sprachlichen Strukturen und die Erfassung grammatischer Phänomene als Ressource für kommunikative Praktiken im Vordergrund, während bei der KA hauptsächlich die Organisation der Handlungen an sich von Interesse ist und Sprache als ein Mittel (von vielen) gesehen wird, mit welchem diese im Fokus stehenden Handlungen ausgeführt werden (ebd., S. 92). Mittels der IL soll also gezeigt werden, dass die Interpretationen der Funktionen, die sprachliche Strukturen haben (können), nur im Zusammenhang des (sequenziellen) Kontexts, in dem sie eingesetzt werden, überhaupt entstehen können (ebd., S. 90). Da dieser Kontext natürlich nie exakt derselbe ist, sind die Strukturen, in denen sich die Routinen manifestieren, flexibel und situationsabhängig und sollten dementsprechend nicht als feste und statische Einheiten betrachtet werden, die nach dem Baukastenprinzip zusammengesetzt werden (vgl. Deppermann 2011a, S. 221f.). Dem entspricht auch der Aspekt der Wechselseitigkeit von Interaktionsorganisation und sprachlicher Struktur (Selting/ Couper-Kuhlen 2000, S. 82 und 90; auch Deppermann 2006b, S. 239). Sprachliche Strukturen sind „interaktionale Leistungen“ (Selting/ Couper- Kuhlen 2000, S. 81), sie entstehen aus der Interaktion heraus als emergente Strukturen (ebd., S. 90), sind aber gleichzeitig den syntaktischen Vorgaben der jeweiligen Sprache unterworfen, welche wiederum das geteilte Wissen einer Sprachgemeinschaft um die immer wiederkehrenden Routinen widerspiegeln, die zur Bearbeitung sozialer Aufgaben gebraucht werden (Deppermann 2011a, S. 213). Dieses geteilte Wissen zeigt sich in den projizierbaren Gestalten (Auer 2007) oder Konstruktionen (Deppermann 2011a), die sowohl für die Produktion als auch für die Perzeption von Sprache von Bedeutung sind, denn (mehr oder weniger) detailliert festgelegte und den Sprachteilnehmern bekannte Konstruktionen erleichtern das Prozessieren von Äußerungen ebenso wie das Produzieren derselben. Dieser Musterhaftigkeit von Sprache und den Prinzipien der inkrementellen Produktion sprachlicher Strukturen wird durch den Konstruktionsbegriff der Konstruktionsgrammatik Rechnung getragen (Auer 2007, S. 122). Die Konstruktionsgrammatik als Theorie und der Zusammenhang zur gesprochenen Sprache-Forschung und dem 8 Zu den Problemen bei der Bestimmung der Einheitenbildung und Segmentierung in gesprochener Sprache siehe Deppermann/ Proske (2015) und Auer (2010). In dieser Arbeit wird die Intonationsphrase als Segmentierungseinheit für Transkripte angenommen, wie sie als Gliederungseinheit in GAT2 angesetzt wird (vgl. Selting et al. 2009, S. 370). Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 28 Thema dieser Arbeit wird weiter hinten in Abschnitt 3.2.2 und Unterkapitel erörtert werden. 3.1.2 Bedeutungskonstitution in der Interaktionalen Linguistik Der Begriff Bedeutungskonstitution wird für die vorliegende Untersuchung im Sinne von Deppermann (2002a, 2007) verwendet und bezeichnet keine abgrenzbare und abzugrenzende Theorie, sondern ein Phänomen, welches aus der Perpektive der Interaktionalen Liguistik betrachtet wird. Hierbei wird Bedeutung als etwas aufgefasst, das durch die Interaktionsteilnehmer in Bezug zu einem aktuellen sprachlichen oder außersprachlichen Kontext inkrementell durch die Verwendung unterschiedlicher (auch sprachlicher) Ressourcen hergestellt wird (Deppermann 2007). Diese Begriffsauffassung richtet sich gegen die in Linguistik, Logik und Sprachphilosophie gängigen, technisch verengten Definitionen von semantischer ‘Bedeutung’, die diese zumeist auf wahrheitsfunktional relevante oder lexikalisch-paradigmatische Aspekte der Interpretation von Ausdrücken einengen, die dabei in der Regel als kontextfrei gültig gedacht werden. (ebd., S. 211) Die Bedeutung eines Ausdrucks wird in diesem Ansatz also nicht als lexikalische Eigenschaft desselben angesehen, welche durch ein Sprachsystem vorgegeben ist, sondern als durch sprachliche Prozesse und Ressourcen in der Interaktion hergestellt (Deppermann 2002a, S. 12). Ein zentraler Begriff dabei ist derjenige der Indexikalität, welcher die unbedingte Kontextgebundenheit von Bedeutung bezeichnet (ebd., S. 19). Sowohl die Vagheit als auch die Indexikalität sprachlicher Ausdrücke sind Bedingungen dafür, dass Sprache in einem situativen Kontext flexibel und ökonomisch einsetzbar ist (ebd.). Wortbedeutungen stellen innerhalb dieser Auffassung Bedeutungspotenziale dar, welche innerhalb eines Kontexts entsprechend spezifiziert werden können, die aber auch die Inferenzen beinhalten, die bei der Interpretation eines Ausdrucks gezogen werden (ebd., S. 19f.). Einzelwörter - insbesondere Verben - sind dabei eher selten der fokussierte Gegenstand einer interaktionslinguistischen Analyse, sie werden eher im Zuge weiterer Untersuchungsgegenstände genauer betrachtet. Wenn es um die Konstitution einzelner Ausdrücke geht - wie bei Deppermann (2002b) (assi), Birkner (2002) (Nutzen/ nutzen), Kern (2002) (Verantwortung) -, dann eher anhand der Aushandlung von Bedeutung in der Interaktion (vgl. Kindt 2002), also auf sequenzieller Ebene. Dafür wird methodisch auf die Sequenzanalyse zurückgegriffen und die Aushandlung bestimmter Bedeutungen sehr exakt an den Verwendungen und Bewertungen des fokussierten Ausdrucks durch die Gesprächsteilnehmer nachvollzogen. Ähnliches passiert bei machen nur im Zusammenhang von nachträglicher Spezifizierung einer machen-Verwendung durch denselben Sprecher (bspw. wenn nachträglich ein präziseres Verb verwendet wird oder durch Spezifika- Theoretische und methodische Rahmung 29 tionen der Handlung in Nachträgen und Expansionen). Dies fällt zwar nicht unter den Begriff Aushandlung, da hier die entsprechende Bedeutung der gesamten Verwendung (und nicht nur von machen) nicht ausgehandelt, sondern nachträglich expliziert wird; eine solche Bedeutungsfestlegung im Verlauf der Turnkonstruktion spielt aber in den oben genannten Arbeiten auch eine erhebliche Rolle. Eine detaillierte Sequenzanalyse ist zwar für die vorliegende Fragestellung nicht immer vornehmlich relevant, da sich die Bedeutung eines Verbs, besonders eines unterspezifizierten, im Sprachgebrauch zumeist hauptsächlich auf der Ebene des Turns (bzw. des verbabhängigen (Teil-)Satzes) konstituiert und nicht sequenziell ausgehandelt werden muss. Es gibt aber auch Verwendungen, in denen eine Analyse auf Sequenzebene notwendig ist, da der weitere sprachliche sowie der außersprachliche Kontext für eine Deutung unabdingbar sind. 9 Dies sind dann aber keine Fälle von Aushandlungen der Bedeutung, sondern von Einbezug des bereits benannten Kontexts. Es lassen sich daher einige Aspekte der Auffassung der Interaktionalen Linguistik verwenden, wie etwa die Inkrementalität von gesprochener Sprache, die sich in der Onlineplanung von Gesprächsbeiträgen zeigt (Auer 2000), und die Tatsache, dass Menschen Wissen und Informationen nur auf bestimmte Weise verarbeiten können und deswegen auch auf bestimmte Weise vermitteln, was durch die Argumentrealisierungen in der gesprochenen Sprache sichtbar wird. Es beschäftigen sich nämlich auch einige Forschungsansätze mit der Informationsverteilung in der gesprochenen Sprache, zum Beispiel Du Bois (2003), Chafe (1994) und auch Proske (2013), die Informationsmanagement im gesprochenen Deutsch untersucht. Diese Ansätze beziehen sich unter anderem auf die Realisierungsformen von Argumenten in bestimmten Einheiten gesprochener Sprache. Du Bois (2003, S. 55ff.) bezieht sich bei der Formulierung seiner Preferred Argument Structure (PAS) auf Teilsätze (Clauses), ebenso wie Proske (2013, S. 59ff.) in ihrer Untersuchung, also auf eine syntaktische Einheit; Chafe (1994, S. 53ff.) bezieht sich auf Intonationseinheiten (intonation units), welche prosodisch definierte Einheiten sind. Die einzelnen Ansätze sollen hier nicht ausgeführt oder verglichen werden, eine Gemeinsamkeit der Ergebnisse der Untersuchungen soll jedoch angesprochen werden: In allen Untersuchungen zeigt sich (unter anderem) die Tendenz, nicht mehr als ein neues Argument pro Teilsatz bzw. pro Intonationseinheit zu realisieren ebenso wie die Tendenz, nicht mehr als ein Argument pro Teilsatz bzw. pro Intonationseinheit in lexikalischer Form zu realisieren. Sie zeigen also die Tendenz in der gesprochenen Sprache auf, Informationen (besonders neue und 9 Zu diesen Verwendungen gehören bspw. das Aufgreifen und Relevantmachen von vorerwähnten Sachverhalten oder auch das Ankündigen von und Auffordern zu Handlungen, welche in den Abschnitten 6.6.1 und 6.6.4.1 beschrieben werden. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 30 semantisch „schwere“ Informationen) auf mehrere sprachliche Einheiten zu verteilen. Diese Erkenntnis wird für machen auf der funktionalen Ebene relevant (vgl. Abschn. 6.6), und zwar besonders im Hinblick auf die Verwendung von machen zum Entzerren von semantisch schweren Inhalten (Abschn. 6.6.2). Auf dieser Ebene soll für machen gar keine semantische Deutung formuliert werden, auch wenn diese vorhanden ist, denn die Verwendung liegt in solchen Fällen hauptsächlich in der Informationsverteilung begründet. Hinsichtlich der Konstitution von lexikalischer Semantik oder Wortsemantik liefert die Interaktionale Linguistik oder der Gesprächsforschungsansatz zwar keine eindeutigen Lösungsansätze, da der Fokus hier eher auf interaktionsrelevanten Fragen und der Bearbeitung von Interaktionsaufgaben liegt (Deppermann 2002a, S. 24). Jedoch kann sich durchaus auch auf interaktionaler Ebene mit Fragen der Bedeutung von einzelnen Ausdrücken beschäftigt werden, wenn genau das fokussiert wird, was situativ durch eine Verwendung beschrieben (und verstanden) wird, ohne Semantik und Pragmatik voneinander zu trennen - was für empirische Untersuchungen ohnehin keine Option ist (ebd., S. 27). Es gilt dabei - für eine an einem einzelnen sprachlichen Ausdruck ausgerichteten Untersuchung - die sprachlichen Prozesse und Ressourcen zu erkennen und zu beschreiben, durch welche ein lexikalischer Ausdruck in der Interaktion spezifiziert werden kann. Dabei geht es also auch um die kognitiven Prozesse, die sowohl an Sprachproduktion als auch -rezeption beteiligt sind (Deppermann 2007, S. 213), weswegen der kognitiv-semantische Ansatz der Bedeutungskonstitution für diese Untersuchung auch eine Rolle spielt (vgl. Abschn. 3.3.1). Auf diese Weise kann verdeutlicht werden, wie die Bedeutung eines Wortes im interaktionalen Kontext hergestellt wird und welche syntaktischen, semantischen und funktionalen Einflüsse dabei wann und in welchem Ausmaß eine Rolle spielen. Deppermann (2008) schlägt basierend auf seiner Untersuchung zu Konstruktionen mit verstehen ein Modell der Bedeutungskonstitution vor, welches sich aus vier Quellen speist (ebd., S. 127), bei welchem die Semantik des Ausdrucks selbst (lexikalische Basisbedeutung, ebd.) also nur einen Teil ausmacht. Ebenfalls sind für die Konstitution von Bedeutung die grammatische Struktur (grammatische Konstruktionsbedeutung, ebd.), die sequenzielle Platzierung (interaktive Bedeutungskonstitution, ebd., S. 128) und das Hintergrundwissen der Sprecher (diese entsprechen Frames, ebd.) notwendig sowie der Einbezug der aktuellen außersprachlichen Handlungen 10 (ebd., S. 129). Dieses Modell dient als Grundlage für die Erstellung des hier verwendeten Ebenenmodells zur Bedeutungskonstitution (vgl. Kap. 4). 10 Diese Quelle wird als zusätzlicher Beitrag zum Hintergrundwissen der Sprecher veranschlagt. Theoretische und methodische Rahmung 31 3.2 Konstruktionsgrammatik 3.2.1 Generelles zur Konstruktionsgrammatik Die Konstruktionsgrammatik ist keine homogene Grammatiktheorie, sie umfasst unterschiedliche Strömungen, die aber in einigen elementaren Punkten miteinander übereinstimmen, weswegen sie sich unter diesem Begriff zusammenfassen lassen (bzw. dies selbst tun). 11 Hier wird vornehmlich auf die Gemeinsamkeiten eingegangen werden, die eine Relevanz für die vorliegende Arbeit haben. Namengebend ist die Annahme von Konstruktionen als Grundeinheiten zur Beschreibung von Sprache und dem Wissen der Sprecher darüber. Konstruktionen werden als Form-Bedeutungs-Paare gesehen, die Zeichencharakter haben und deren Bedeutungsseite sowohl Semantik als auch (diskursive) Funktion umfasst (Goldberg 2006, S. 5). Konstruktionen finden sich auf allen Ebenen der Sprache (bspw. Phonem, Morphem, Wort, Phrase), der Begriff wird aber je nach Strömung innerhalb der Konstruktionsgrammatik unterschiedlich weit gefasst; es beziehen zum Beispiel nicht alle Strömungen die Phonem- oder die Diskursebene in den Konstruktionsbegriff mit ein, da deren Status als Form-Bedeutungs-Paar umstritten ist (Deppermann 2011a, S. 214). Konstruktionen gelten als durch Input gelernt und auch durch die Anwendung genereller kognitiver Verfahren (Goldberg 2006, S. 4f.; auch Günthner/ Imo 2006, S. 4), dies steht im Gegensatz zum generativen Modell des Spracherwerbs, welches von einem angeborenen sprachlichen Wissen ausgeht („Universal Grammar“, Chomsky 2006, S. 106ff.). Bei Goldberg (1995, S. 24ff.; 2006, S. 38ff.) wird die Rolle des Verbs in Zusammenhang mit Konstruktionen hervorgehoben. Die unterschiedlichen Bedeutungen eines (polysemen) Verbs rühren ihr zufolge daher, dass ein Verb in unterschiedliche schematische Konstruktionen eintritt und so die Verbbedeutung im Zusammenhang mit dem Schema interpretiert wird (Goldberg 2006, S. 38f.). Das bekannte Beispiel für Goldbergs Annahme ist die Caused Motion- Konstruktion mit dem Schema [Subj V Obj Obl] (He put the glass on the table). Die Interpretation einer verursachten Bewegung kann demnach nicht nur durch ein entsprechendes Verb (hier put), sondern auch durch das Schema selbst hervorgerufen werden, so dass auch für dieses Schema untypische wie zum Beispiel Nicht-Bewegungsverben und/ oder intransitive Verben in dieses eintreten können, um so eine verursachte Bewegung zu beschreiben, wie beispielsweise in He sneezed the foam off the beer (vgl. Goldberg 1995, S. 9). Dies 11 Siehe bspw. Fischer/ Stefanowitsch (2008) für einen Überblick der unterschiedlichen Strömungen. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 32 funktioniert im Deutschen ebenso, auch mit demselben Schema, 12 vgl.: Er stellte das Glas auf den Tisch und Er nieste den Schaum vom Bier. Als Gegenstand der Konstruktionsgrammatik dienen also nicht abstrakte Regelwerke, die auf ein abgetrenntes mentales Lexikon einwirken, um bestimmte Formen von Äußerungen zu generieren, sondern Ausgangspunkt für die Theorie ist die Oberflächenstruktur der Sprache („‘What you see is what you get’-approach to syntactic form“, Goldberg 2006, S. 10). Abstraktere Schemata (wie Schemata, die gar nicht oder lexikalisch nur teilgefüllt sind) werden durch Induktion auf der Basis jener Strukturen hergeleitet (Deppermann 2011a, S. 212). Die Fokussierung auf die Oberflächenstruktur und die Postulierung von Konstruktionen als Beschreibungseinheiten hat zur Folge, dass in der Konstruktionsgrammatik keine Trennung von Syntax und Lexikon angenommen wird, da diese Ebenen in der Beschreibung der Sprache nicht zu trennen sind, es wird daher von einem Kontinuum zwischen beiden Extremen (schematisch und komplex vs. lexikalisch spezifiziert und atomarisch) ausgegangen („the syntax-lexicon continuum“, Croft/ Cruse 2004, S. 255f., Hervorhebung im Original). 3.2.2 Konstruktionsgrammatik und Gesprochene - Sprache - Forschung Dass die Konstruktionsgrammatik als theoretischer Rahmen für Gesprochene-Sprache-Forschung naheliegend und auch durchaus geeignet ist, haben bereits Günthner/ Imo (2006) und auch Deppermann (2011a) dargestellt und begründet. Als Argument dient zum Beispiel die Fokussierung der Konstruktionsgrammatik auf die Oberflächenstruktur, die sich sehr gut mit der Beschreibung sprachlicher Routinen zur Bearbeitung interaktionaler Handlungen verträgt (ebd., S. 212f.), sowie die Tatsache, dass Vertreter einiger Strömungen der Konstruktionsgrammatik einen gebrauchsbasierten Ansatz verfolgen (bspw. Bybee 2010) und ihre Annahmen über die kognitive Verarbeitung von Sprache entweder korpusgestützt oder anhand von authentischen Sprachdaten belegen wollen (ebd., S. 213f.). Auer (2006) sieht den Schnittpunkt zwischen dem eher statischen Konstruktionskonzept und dem Fokus auf die „Emergenz syntaktischer Strukturen im Dialog und in der Echtzeit“ (ebd., S. 293) der Gesprochenen-Sprache-Forschung darin, dass Hörern durch das Wissen um die Form bestimmter Konstruktionen oder auch „syntaktischer Gestalten“ der Verstehensprozess erleichtert wird, da sie den weiteren Verlauf einer Äußerung ebenso wie mögliche Endpunkte von Äußerungen so projizieren können (ebd.). Hörer wissen also, wie eine Äußerung weitergeht, wenn sie diese als bestimmte 12 Vgl. dazu ausführlich Abschnitt 6.4.2.1. Theoretische und methodische Rahmung 33 Konstruktion identifiziert haben. Dazu müssen diese Konstruktionen, bzw. Gestalten aber als Wissen abgespeichert sein, und zwar nicht nur die formalen Eigenschaften der Konstruktion, sondern auch die pragmatischen und konversationellen Funktionen, also das Wissen über die Verwendungsweise in bestimmten Kontexten (ebd., S. 312). Dieses Wissen beinhaltet unter anderem „Wissen über sequenzielle Ablaufschemata“, „kommunikatives Gattungswissen“ und „Wissen über die institutionellen Formen sprachlichen Verhaltens“ (ebd., S. 294). Es gibt aber nicht nur Gemeinsamkeiten von konstruktionsgrammatischen Ansätzen und der Forschung zur gesprochenen Sprache, sondern auch deutliche Defizite der Konstruktionsgrammatik in Bezug auf zentrale Eigenschaften gesprochener Sprache, wie bspw. Deppermann (2011a) aufzeigt: Es arbeiten zum Beispiel die meisten konstruktionsgrammatischen Forscher überhaupt nicht mit gesprochener Sprache und diejenigen, die es tun (wie Imo 2011), sehen die Merkmale gesprochener Sprache (wie Kontextabhängigkeit) teilweise als inhärente Qualitäten der Konstruktionen selbst an und nicht als externe Faktoren. Allen voran wird die Diskrepanz zwischen Konstruktionen als festen und somit statischen Einheiten („Bausteine“) und der emergenten Dynamik der online-Produktion von Sprache in Interaktion genannt (Deppermann 2011a, S. 221f.). Daraus ergibt sich für die Konstruktionsgrammatik dann die Problematik, die reale Flexibilität sprachlicher Zeichen zu begründen, die sich im Gespräch und in der jeweiligen Situation den Begebenheiten und Anforderungen anpassen und so (mitunter minimal) andere formale und/ oder funktionale Varianten eines Ausdrucks hervorbringen. Wenn die Annahme der Form-Bedeutungs-Beziehung als absolute Eins-zu-eins-Entsprechung festgelegt wäre, so würde jedes minimal veränderte Muster eine neue Konstruktion, bzw. ein neues Token instanziieren (ebd., S. 220). Auch Auer (2006) zeigt in seiner Untersuchung - am Beispiel von Konstruktionen mit so -, dass manche Konstruktionen unspezifischer sind als andere (ebd., S. 312f.) und nimmt damit (indirekt) ebenso wie Deppermann (2011a) an, dass nicht jede einzelne Veränderung auf der Form- oder Funktionsseite zur Entstehung einer neuen Konstruktion führt. Der mangelnde Einbezug der Situiertheit als externe Größe erweist sich so als problematisch, wenn man Konstruktionsgrammatik auf authentische Sprachdaten anwenden möchte. Konstruktionen als kontextfreien Einheiten die gesamten Bedeutungsmöglichkeiten aller Ausdrücke zuzuschreiben, bzw. Kontext und Parasprachliches wie Prosodie oder auch multimodale Aspekte auf die Form- oder Bedeutungsseite der Konstruktionen zu stellen, würde die oben genannte Instanziierung unendlich vieler Konstruktionen zur Folge haben und des Weiteren würde „die Leistungsfähigkeit einer Grammatik sehr überschätzt“ und so der Beitrag der konstruktionsexternen Bedingungen wie Sequenz, (soziokulturel- Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 34 ler) Kontext und Kognition als Einfluss auf die Bedeutung ignoriert (ebd., S. 229). Aufgrund dieser an authentischen Daten gewonnenen Erkenntnisse schlägt Deppermann (2011a, S. 231) vor, Konstruktionen nicht als statische Formen mit festen Bedeutungen zu sehen, sondern als unterspezifizierte Einheiten, die mit den äußeren Bedingungen in einer Interaktion zusammenspielen und einen Beitrag zu einer situierten Bedeutung leisten. Konstruktionen sollten also immer innerhalb der oben genannten Einflüsse und Prozesse analysiert werden und nicht isoliert davon, denn sie kodieren aus sich heraus nicht die gesamte Bedeutung, sondern brauchen einen Kontext, durch den die unterspezifizierte Substanz eine spezifischere Bedeutung interpretierbar macht (ebd.). Diese Einflüsse vom unterspezifizierten Beitrag eines sprachlichen Ausdrucks zu trennen ist auch Anliegen des Analysemodells, das dieser Arbeit und den empirischen Untersuchungen zugrunde liegt. Dieses arbeitet deshalb mit mehreren Ebenen, die sich auf jeweils andere bedeutungskonstituierende Einflüsse beziehen (bspw. grammatische Struktur, Semantik der Argumente, Sequenz). Diese Ebenen sind zwar nicht immer genau voneinander zu trennen, aber dennoch wenn möglich im Einzelnen zu benennen und werden deswegen in den Analysen auch entsprechend des im folgenden Kapitel 4 vorgestellten Modells als diskrete Faktoren behandelt. 3.3 (Kognitive) semantische Ansätze Wie schon Deppermann (2002a) ausführlich beschrieben hat, können für die Bedeutungskonstitution die Ansätze der Gesprächsforschung und die der kognitiven Semantik einander durchaus komplementieren, da sie zumindest in der grundlegenden Auffassung, dass die Bedeutung eines Ausdrucks keine kontextfreie, an Merkmalen festmachbare Qualität ist, übereinstimmen und auch darin, dass das, was ein lexikalischer Ausdruck an Bedeutung innehat, über rein semantisch definierbare Merkmale hinausgeht. Beide Ansätze sind für das in dieser Arbeit vorzustellende Modell konstitutiv, da sie Methoden (Interaktionale Linguistik) und Erklärungsansätze (Interaktionale Linguistik und kognitive Semantik) anbieten, die für eine empirisch fundierte Untersuchung der Bedeutungskonstitution eines lexikalischen Ausdrucks in der gesprochenen Sprache notwendig sind. Zusätzlich zur Bedeutungskonstitution, wie sie in der Interaktionalen Linguistik bzw. in der Gesprächsforschung aufgefasst wird (vgl. Abschn. 3.1.2), wird also hier der diesbezügliche Ansatz der kognitiven Semantik erläutert und außerdem in Abgrenzung dazu, die Auffassungen zu Bedeutung und Bedeutungskonstitution in anderen linguisti- Theoretische und methodische Rahmung 35 schen Ansätzen, mit einer Begründung, warum diese für die vorliegende Untersuchung nicht geeignet sind. 3.3.1 Bedeutungskonstitution in der kognitiven Semantik Die kognitive Semantik als Teil der kognitiven Grammatik entstand als Gegenentwurf zur Generativen Grammatik und logischen Semantik (Croft/ Cruse 2004, S. 1). Bedeutung wird in der kognitiven Semantik als Konzeptualisierung 13 aufgefasst, womit grob gesagt sämtliche Aspekte geistiger Erfahrungen gemeint sind, neue wie auch etablierte; und auch generell das, was der Mensch wahrnimmt, verarbeitet und fühlt („any facet of mental experience. […] sensory, motor and emotive experience as well“, Langacker 2008, S. 30). 14 In der Hinsicht, welche Art der Bedeutung ein sprachliches Zeichen beinhaltet, vertritt die kognitive Semantik die enzyklopädische Ansicht, die davon ausgeht, dass die Bedeutung eines Zeichens auch das gesamte Wissen beinhaltet, welches die Entität betrifft, die mit dem entsprechenden Zeichen beschrieben wird (ebd., S. 39). Es werden also nicht nur basale semantische Merkmale mit lexikalischen Einheiten assoziiert, die diesem Zeichen als lexikalische Bedeutung inhärent sein sollen. Ziel der kognitiven Semantik ist die Beschreibung von Bedeutungen, die im Einklang mit generellen kognitiven (und konzeptuellen) Strukturen stehen, die es Menschen ermöglichen, zum Beispiel visuelle Reize einzuordnen, Bewegungen auszuführen, logisch zu denken oder Sprache zu produzieren und zu prozessieren (Croft/ Cruse 2004, S. 2). Sprache wird hier also nicht als autonome kognitive Leistung angesehen, sondern als eine kognitive Fähigkeit von vielen, die auf dieselbe Weise organisiert wird wie alle anderen. Diese beinhalten generelle kognitive Prozesse wie Kategorisierung, Analogiebildung oder auch Schematisierung (Langacker 2007, S. 433). Die Auffassungen von Bedeutungskonstitution sind nicht einheitlich in der kognitiven Semantik, aber von einer kontextfreien Bedeutung von Wörtern und von einer kompo- 13 Dieser Begriff steht im Gegensatz zu dem Begriff Konzept, dem von Kritikern der kognitiven Semantik nachgesagt wird, er würde sich nur auf Statisches beziehen, weswegen die kognitive Semantik der Dynamik von Sprache nicht Rechnung tragen könne. Konzeptualisierung soll „precisely highlight its dynamic nature“ (Langacker 2008, S. 30), also die dynamische Natur von Bedeutungen hervorheben. 14 Langacker (2008) selbst merkt an, dass es derzeit keine exakten Antworten auf die Fragen gäbe, was Konzeptualisierung ganz genau sei, wie man es beschreiben könne oder wie es zu untersuchen wäre (ebd., S. 31). Kognitive Semantik könne durch die Ergebnisse kognitiver Forschung generell aber einige Facetten sprachlicher Strukturen dadurch beschreiben, wie Konzeptualisierung im Allgemeinen funktioniert, also wie Menschen ihre Umwelt generell mental verarbeiten (ebd.). Dies geht einher mit der Ansicht in der kognitiven Semantik, dass Sprache nur eine kognitive Leistung von vielen ist. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 36 sitionalen Semantik geht man im Allgemeinen nicht aus, diese Ansicht - ebenso wie eine modulare Sicht auf Sprache, welche die Lexik von der Syntax und die Semantik von der Pragmatik abtrennt - wird explizit abgelehnt (Langacker 2008, S. 30). Was dagegen mit deren Bedeutungsauffassung gut korrespondiert, ist die „interaktive“ Sichtweise, 15 dass Bedeutung in der Interaktion von den Gesprächsteilnehmern ausgehandelt wird, solange hierbei von der Interaktionalen Linguistik/ Konversationsanalyse keine extreme antimentalistische Auffassung vertreten wird, die besagt, dass „anything inside the head is irrelevant“ (ebd., S. 28). Eine derartig extreme Sicht hält Langacker für unrealistisch („silly“) und schreibt sie den Interaktionisten - wie er sie nennt - auch nicht explizit zu, merkt aber an, dass deren Formulierungen diese Ansicht durchaus suggerieren können (ebd.). Der ebenfalls angenommene notwendige Einbezug des Kontexts in die Bedeutungskonstitution lexikalischer Semantik (Langacker 2008, S. 29) entspricht dem, was im alltäglichen Sprachgebrauch zu beobachten ist, nämlich dass derselbe Ausdruck Unterschiedliches bedeuten kann, je nachdem, in welcher Situation er gebraucht wird. Eine eindeutige Grenze zwischen sprachlichem Wissen und außersprachlichen Assoziationen - also dem, was einem sprachlichen Ausdruck inhärent ist, und dem, was kontextuell an der Bedeutungskonstitution beteiligt ist - vermag die kognitive Semantik aber nicht zu ziehen (ebd., S. 39). In der vertretenen Auffassung von Bedeutung, die mit enzyklopädischem Wissen gekoppelt ist, wird das sprachliche Wissen als graduelle Angelegenheit gesehen: Das, was ein Ausdruck an Bedeutung hervorruft, ist weder gänzlich frei, noch gänzlich festgelegt und auch eine zentrale Assoziation, die sehr stark mit einem Ausdruck verbunden ist, kann von kontextuellen Einflüssen überschrieben werden (ebd.). Es wird also hier generell davon ausgegangen, dass enzyklopädisches Wissen Teil des sprachlichen Wissens sein kann. Dieser Teil wird - wie alle Ebenen der Sprache - durch die Wahrnehmung verschiedener Äußerungen in spezifischen Verwendungen im Sprachgebrauch aufgebaut, was Croft und Cruse (2004) als „induktiven Prozess der Abstraktion und Schematisierung“ bezeichnen („inductive process of abstraction and schematization“, ebd., S. 3f.). Üblicherweise wird ein selegierender Kontext angesetzt, in welchem sich die aktuelle Bedeutung aus einer Basisbedeutung ergibt (Langacker 2007, S. 435). Eine monoseme Auffassung von Bedeutung bei frequent auftretenden Ausdrücken wird aber nicht angenommen, sondern mehrere, (durch metonymische oder metaphorische Beziehungen) verwandte Bedeutungen, die alle bis zu einem gewissen Grad konventionalisiert sind (Langacker 2008, S. 37). Die Kritik - 15 Langacker (2008) nennt hier keine spezifische Theorie, wie bspw. CA, er spricht lediglich von der „interactive alternative“ und Interaktionismus („interactionism“) (ebd., S. 28). Theoretische und methodische Rahmung 37 welche in dieser Arbeit und in Bezug auf die Bedeutungszuschreibungen für das Verb machen durchaus geteilt wird -, dass es dabei zu einer Ausuferung an Lesarten kommen würde, weist Langacker (2008) mit dem Argument zurück, dass aufgrund der Bedingung, dass eine Verwendung konventionell und etabliert sein müsse, um als Lesart zu zählen, viele Verwendungen von vornherein gar nicht als Lesarten qualifiziert wären, sondern nur eine begrenzte Anzahl (ebd., S. 38). Je nach Frequenz der Verwendung eines Ausdrucks - das wird in Abschnitt 5.2.3 deutlich - kann aber auch diese begrenzte Anzahl eine sehr hohe sein und da es sich bei Usualität und Konventionalisierung um graduelle Angelegenheiten handelt (ebd.), ist der Status einer Lesart bei polysem interpretierten Verben auch kein eindeutig bestimmbarer. Die Begründung gegen eine monoseme Auffassung für Ausdrücke, die „with any frequency“ (also nicht nur mit extrem hoher) verwendet werden (Langacker 2007, S. 432), liegt in der kognitiven Semantik hauptsächlich darin, dass eine einzige, abstrakte Bedeutung nicht die volle Bedeutungsausprägung eines Ausdrucks erfassen könne und außerdem keinerlei Aussagen über die ganze Bandbreite an Verwendungen oder die unterschiedlichen Arten der Deutung machen könne oder auch über die Restriktionen in der Verwendung (Langacker 2008, S. 38). Dies ist allerdings eine sehr theoriegeleitete Kritik und wird von Langacker im Zusammenhang mit nominalen Ausdrücken hervorgebracht, ist also auf NPn bezogen, die auf unterschiedliche Konzepte beziehbar sind, wie etwa das Nomen Ring (ebd., S. 37f.). Dessen polyseme Bedeutungen würden in der kognitiven Semantik als in einem Netzwerk organisiert betrachtet werden, welche durch kategorisierende Beziehungen miteinander verbunden sind (ebd.). Auf hochfrequent gebrauchte Verben kann man dies aber nicht so leicht übertragen, denn hier kommt es, mehr noch als bei Nomen, auf den jeweiligen sprachlichen Kontext an, genauer auf die Semantik der Argumente (bzw. deren situativer Deutung), die vom Verb abhängen und somit auf die Art der Relationen, die das Verb herstellen kann und nicht auf die Arten der Konzepte, die es denotiert. Eine einzige, abstrakte Bedeutungszuschreibung zu einem hochfrequenten Verb würde also nie „by itself“ betrachtet werden und würde auch nicht auf eine Entität (abstrakter oder konkreter Natur) zu beziehen sein, sondern auf eine bestimmte Art der Verbindung. Somit wird mit der Auffassung zu frequent gebrauchten Ausdrücken in der kognitiven Semantik nicht konform gegangen, da sich an dem hier verwendeten Modell der Bedeutungskonstitution zeigen lassen wird, dass und wie eine angenommene Unterspezifikation der Bedeutung den vielen unterschiedlichen Verwendungs- und Deutungsarten im tatsächlichen Gebrauch Rechnung tragen kann. Dennoch sind die Aussagen über die kognitiven Prozesse und Ressourcen für die Ansichten der Bedeutungskonstitution, wie sie in die- Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 38 ser Arbeit vertreten werden, nützlich und werden durchaus in die Analysen mit einbezogen. 3.3.2 Bedeutungskonstitution in der Merkmalssemantik und Prototypentheorie Die traditionellen semantischen Ansätze von bspw. Merkmalssemantik und Prototypentheorie eignen sich zum einen aufgrund ihrer Auffassung von Wortbedeutung als kontextfrei definierbare Größe nicht als theoretische Grundlage für die Erfassung von Bedeutung von sprachlichen Ausdrücken im Gebrauch. Zum anderen sind diese Ansätze und Theorien zumeist zwar ausgiebig an Substantiven erprobt (unabhängig davon, ob man sie generell sinnvoll findet), funktionieren aber nicht in gleicher Weise (oder überhaupt nicht) bei Verben. In der Merkmalssemantik geht man davon aus, dass sich die Bedeutung von Ausdrücken durch einzelne Merkmale beschreiben lässt, diese Merkmale machen dann in Kombination die Bedeutung eines Wortes aus. Merkmale sind nach dieser Ansicht binär, lassen sich also durch [+ Merkmal] oder [- Merkmal] zuordnen (Busse 2009, S. 43f). Diese Art der Zuordnung von Bedeutungsmerkmalen funktioniert wie gesagt am besten und wurde auch meist durchgeführt mit Substantiven. Sie ist für die Beschreibung von Verben aber kaum anwendbar, da die Zuordnung von binären Merkmalen für Verben schlecht funktioniert, denn Verben stellen Relationen her. Binäre Merkmale in Form von Adjektiven oder Substantiven erfassen den Inhalt eines Verbs nicht adäquat und paraphrasierende Verben stellen eigene Propositionen inklusive Leerstellen, also eigene (und mitunter andere) Relationen dar. 16 Außerdem werden Ausdrücke (und dabei überwiegend Nomen) in der Merkmalssemantik als Einzelstücke verglichen und kontrastiert und die Merkmale herausgestellt (implizit passiert dies auch bei der Prototypentheorie, auch wenn diese sich eigentlich von der Komponententheorie und Merkmalssemantik abgrenzen möchte), es geht also unterschwellig dabei auch (wie in der logischen Semantik) um Wahrheitsbedingungen für kontextfrei interpretierte Ausdrücke (vgl. Croft/ Cruse 2004, S. 7). Ein solches „klassisches Modell“ von Bedeutungszuschreibung entwirft sehr starre Grenzen für eine Kategorie und durch die binären Merkmale auch Verbindungen zu anderen Kategorien, denn es bezieht sich auf die Bedeutungen eines theoretischen - und damit statischen - Sprachsystems. Es wurde also weder für die semantische Beschreibung des tatsächlichen Sprachgebrauchs konzipiert, noch daran erprobt. Die Merk- 16 Auch zur Einteiung von Verbklassen werden zwar binäre Merkmale wie bspw. [+telisch] und [-telisch] verwendet, diese ermöglichen allerdings keine semantische Bestimmung von Einzelverben, sie teilen die Verben in gleiche (Verb-)Klassen ein, die durch die Kategoriebezeichnung beschrieben wird. Theoretische und methodische Rahmung 39 malssemantik bezieht sich zudem hauptsächlich auf die Merkmale einzelner Ausdrücke, bezieht aber weder Welt- oder enzyklopädisches Wissen noch Konnotationen von Ausdrücken oder kontextuelle (Re-)Interpretation von Ausdrücken mit ein und kann seine semantischen Kategorien nicht hinreichend explizit unterscheiden, d.h. die Merkmale selbst sind nicht eindeutig bestimmt. Denn ein Merkmal wie [+/ - erwachsen] kann auf unterschiedliche Weise interpretiert werden, je nachdem, worauf es sich bezieht (bei Menschen z.B. als legale Mündigkeit, Reife, Selbstständigkeit und/ oder ein bestimmtes Alter). In der Prototypentheorie (Rosch 1977; auch Putnam 1979) 17 werden die Ausdrücke nicht durch Merkmale definiert, sondern durch ihren Bezug zu Protobzw. Stereotypen (Busse 2009, S. 49f.). Die Prototypentheorie wendet sich explizit ab von der Merkmalssemantik, indem sie nicht von der Möglichkeit einer exhaustiven Bestimmung von Wortbedeutung durch notwendige und hinreichende Merkmale ausgeht, sondern von Kategorien, die mehr oder weniger prototypische Mitglieder haben. Allerdings wird durchaus implizit auch dort teilweise mit binären Merkmalen gearbeitet, um die Prototypen überhaupt beschreiben zu können (bspw. gibt es beim prototypischen Vogel die Merkmale „kann fliegen“ oder „hat Federn“, welche auch als [+/ - flugfähig] und [+/ - gefiedert] dargestellt werden könnten); die Ränder einer Kategorie werden hier aber als unscharf (fuzzy boundaries) angesehen, es gilt also nicht ein striktes „entweder oder“, sondern ein „mehr oder weniger“. Dabei gibt es die zentralen Prototypen (den typischen Vertreter) und weniger zentrale Vertreter, die dann keine prototypischen Repräsentationen einer Kategorie darstellen, aber immer noch als Mitglieder der Kategorie - mehr oder weniger eindeutig - erkennbar sind, je nachdem, wie viele der Merkmale ein Vertreter aufweist. Dieses Modell stellt den Prototypen als Schnittmenge möglichst vieler Merkmale dar (ebd., S. 55). Ein weiteres vertretenes Modell der Beziehungen von Vertretern einer Klasse beruht auf Wittgensteins Konzept der Familienähnlichkeit (Croft/ Cruse 2004, S. 81f.). Bei Wittgenstein ist die Bedingung für Familienähnlichkeit, dass jeder Vertreter einer Kategorie mindestens ein Merkmal aufweist, das auch bei einem anderen Vertreter derselben Kategorie vorhanden ist (Busse 2009, S. 55), wobei es sich nicht bei allen Vertretern der Kategorie um dasselbe Merkmal handeln muss. Sowohl die Prototypenals auch die Stereotypentheorie wurden an konkreten Entitäten 17 Putnam entwickelte fast zeitgleich die Stereotypentheorie. Beide Theorien weisen große Ähnlichkeiten auf, da sie von der Annahme von „typischen“ Vertretern einer Kategorie ausgehen und sich so von der zu dem Zeitpunkt vorherrschenden Ansicht der Merkmalssemantik abwandten. Sie werden oft zusammen genannt und beschrieben. Stellvertretend wird hier die Prototypentheorie angeführt, weil in der Linguistik hauptsächlich Prototypen herangezogen werden und auch, weil eine genaue Ausdifferenzierung beider Theorien für diese Darstellung nicht notwendig ist. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 40 oder Eigenschaften (sprachlich darstellbar durch Nomen oder Adjektive) entwickelt, die physisch wahrnehmbar sind (Tiere, Gegenstände, Farben) (ebd., S. 51f.), denn sämtliche Experimente, an denen die jeweiligen Theorien untersucht wurden, sind Kognitionsexperimente und beziehen sich auf das Erkennen und Einordnen von Konkreta (bei Rosch geht es um „konkrete Bilder“ (Rosch 1977, S. 30, zitiert in Busse 2009, S. 52), bei Putnam darum „wie ein X aussehe oder was es tue oder sei“ (Putnam 1979, S. 67, zitiert in Busse 2009, S. 51)). Sie sind also für abstrakte Konzepte, Sachverhalte oder auch Relationen eigentlich nicht vorgesehen. Dennoch wurde auch die Prototypensemantik in unterschiedlichen Untersuchungen auf abstrakte Konzepte wie etwa Lüge (Coleman/ Kay 1981 zum englischen Wort lie) 18 oder auf Verben angewendet (Pulman 1983), 19 bzw. wurde dafür argumentiert, dass Verbbedeutung anhand prototypischer Merkmale zu erfassen ist (Meinhard 1990). 20 In all diesen Fällen stehen aber wieder aus- 18 Bei Coleman/ Kay (1981) beziehen sich die prototypischen Merkmale auf die Beschaffenheit und Charakteristiken des abstrakten (nominalen) Ausdrucks lie. Dieser Ausdruck bezeichnet zwar eine Sprachhandlung und lässt sich somit theoretisch auch auf den Akt des Lügens, also auf die Handlung und somit das Verb lügen beziehen (so wird es auch in den meisten Referenzen auf diese Untersuchung interpretiert (bspw. Le Clerc 1996, S. 105)); in der von den Autoren durchgeführten Befragung wird aber immer auf das nominale Konzept verwiesen: „It was {a lie/ not a lie/ I can’t say}.“ (Coleman/ Kay 1981, S. 30). Coleman und Kay verwenden für ihre Argumentation - in Anlehnung an die Kognitionsexperimente von Rosch - die Ergebnisse von Befragungen mit Versuchspersonen, die angeben sollten, ob die ihnen vorgelegten, erdachten Situationen die Äußerungen der darin erwähnten Personen als Lügen oder nicht qualifizieren, oder ob sie dies nicht entscheiden könnten (ebd., S. 30ff.). Damit argumentieren Coleman und Kay dafür, dass sich das Prinzip der Prototypen auch auf Abstrakta anwenden lässt (ebd., S. 28). Ein semantischer Prototyp stellt für sie etwas dar, das „associates a word or phrase with a prelinguistic, cognitive schema or image; and that speakers are equipped with an ability to judge the degree to which an object (or, if you prefer, the internal representation thereof) matches this prototype schema or image“ (ebd.). Für die Sprachhandlung Lüge hat sich das Verfälschen einer Tatsache, die man für wahr hält, als die wichtigste Eigenschaft für das Konzept Lüge herausgestellt, die absichtliche Täuschung als zweitwichtigstes und die tatsächliche Falschheit einer Aussage als am wenigsten wichtig (ebd., S. 43). 19 Pulman (1983) hat in seiner Untersuchung - angelehnt an die Experimente von Rosch (1977; zitiert in Pulman 1983, S. 110) - Befragungen mit Probanden durchgeführt, die bestimmte Verben (kontextfrei) nach ihrer Zugehörigkeit zu einer benannten Oberkategorie bewerten sollten. Die Kategorien (in Form von „Basisverben“ wie kill, look, walk und speak und jeweils 6 Hyponymen, Pulman 1983, S. 110) wurden von Pulman „ad hoc, with no guiding principles“ (ebd., Hervorhebung im Original) erdacht. Er kommt zu dem Schluss, dass - in Bezug auf Verben - Prototypen lediglich Mitglieder einer Kategorie sind, die dieser Kategorie von der Bedeutung her am nächsten sind und zwar derart, dass die Mitglieder der Kategorie umso prototypischer sind, je näher die eigene Bedeutung an der Kategoriebedeutung liegt (ebd., S. 133). Wie diese Kategorien allerdings erlernt werden, ist - sowohl für Verben als auch für Nomen - bisher unklar (ebd.). 20 Meinhard (1990) geht davon aus, dass Verben einerseits prototypische Bedeutungsmerkmale haben und andererseits prototypische Valenzmerkmale. Diese sollen für ihn in die Beschrei- Theoretische und methodische Rahmung 41 gedachte Beispiele bzw. introspektiv erdachte Merkmale im Zentrum der Argumentation. Coleman/ Kay (1981) haben dabei noch am ehesten einen Bezug zu einem außersprachlichen Kontext, denn sie liefern jeweils Szenarien, in denen ein bestimmter Ausdruck als (un)passend für die Situation empfunden wird und geben auch zu, dass manche ihrer erdachten Szenarien den Probanden ihrer Befragungen Schwierigkeiten bereiteten, da diese Szenarien mit deren reellen Erfahrungen nicht zu vereinbaren waren (ebd., S. 40). Dennoch bieten prototypische Merkmale nur ein vorgefertigtes Raster an, in welches konkrete (reale oder erdachte) Verwendungen von Ausdrücken eingeordnet werden, bzw. benennt sie Eigenschaften und Charakteristiken, mit denen Verben abgeglichen werden, welche sie mehr oder weniger einer bestimmten Kategorie oder dem Prototyp einer Kategorie zuordnet. In diesem Sinne ähneln sich Merkmalssemantik und Prototypentheorie und wenden eine Methodik an, die auf reale Sprachdaten nur schwer übertragbar ist, denn sie geben bestimmte Eigenschaften (notwendige und hinreichende Merkmale oder mehr oder weniger stark zutreffende Charakteristiken) vor, welche induktiv und introspektiv vom Analysierenden erdacht wurden und den entsprechenden Ausdrücken zugeschrieben werden (bspw. dass „überreichen“ nicht mit „lässig“ zu vereinbaren ist, vgl. Fußnote 20). So liefern sie auch keine Begründungen oder Motivationen für die Verwendungen und Deutungen der Ausdrücke, da Bedeutung als den Wörtern inhärente und auch statische Qualitäten angesehen werden, welche durch die zugeschriebenen Merkmale bzw. Eigenschaften benennbar werden. Außerdem berücksichtigen diese Theorien nicht systematisch die Tatsache, dass der Kontext einen (mitunter erheblichen) Einfluss auf die Bedeutung eines Ausdrucks haben kann und bieten keinerlei theoretische Handhabe für eine Beschreibung, wie bung von Verben eingehen, wobei sie das eigentlich schon tun, denn als einen Beleg für die Korrektheit seiner Annahme verweist er auf die lexikografische Behandlung von Verben, die jene prototypischen Merkmale bereits in ihre Beschreibungen (allerdings seiner Meinung nach unsystematisch) mit einbeziehen. Diese Merkmale werden durch Paraphrasen ausgedrückt oder manifestieren sich darin, dass manche Verben in bestimmten Sätzen bzw. mit bestimmten Adverbialen (wie lässig im Zusammenhang mit überreichen) intuitiv weniger typisch oder gar untypisch erscheinen (Meinhard 1990, S. 588); dasselbe gilt auch für die Semantik typischer Argumente (Streichholz wäre demnach ein untypisches Objektargument für überreichen, ebd., S. 589). Es wird also viel mit intuitivem Empfinden über die Angemessenheit von Ausdrücken und ihren (außer-)sprachlichen Zusammenhängen argumentiert und dabei Prototypikalität anscheinend mit Usualität gleichgesetzt. Das, was Meinhard als „prototypische Merkmale“ bezeichnet, sind eigentlich die Denotationen und Konnotationen von verbalen Ausdrücken, die durch Paraphrasen benennbar gemacht werden. Er überträgt die Grundfrage der Prototypikalität „Wie ist ein X beschaffen? “ bzw. „Wie sieht ein X aus? “ in dem Sinne auf Verben, indem er sprachlich beschreibt: „Für welche Handlung/ welchen Sachverhalt trifft die Bezeichnung X (in welchem Kontext) zu? “. Diese Bewertung beruht ausschließlich auf der intuitiven Bewertung ausgedachter (kontextfreier) Beispiele. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 42 dies passiert. Ein vom Ausdruck und von den zugeschriebenen Defaultbedeutungen unabhängiger Faktor Kontext ist also in diesen Ansätzen gar nicht vorgesehen, was für eine Beschreibung von Bedeutung im alltäglichen Gebrauch (also bei der Verwendung und Deutung von Ausdrücken in unterschiedlichen Kontexten) ungünstig ist. Außerdem geht es besonders bei der Prototypentheorie vornehmlich darum, Ausdrücke in Kategorien einzuordnen, also die Bedeutung von Worten auf gemeinsame Merkmale hin zu untersuchen und sie bezüglich dieser Merkmale idealerweise um einen Prototypen herum zu gruppieren. Dies ist für die vorliegende angestrebte Untersuchung nicht relevant, da hier das gesamte Verwendungsspektrum eines einzigen Verbs untersucht und beschrieben werden soll, um so die Bedeutung, die dieses Verb im Gebrauch repräsentieren kann, in seiner Gänze erfassen zu können. Es geht dabei also nicht darum, eine prototypische machen-Bedeutung zu finden oder dieses Verb mit anderen zu vergleichen, um es so in eine bestimmte (semantische) Verbklasse einzuordnen. 3.3.3 Bedeutungskonstitution in der Framesemantik Eine semantische Theorie, die sich explizit mit der Bedeutungserfassung von Verben beschäftigt, ist die Framesemantik. Diese ist in ihrer grundsätzlichen Sichtweise nicht weit von der kognitiven Semantik entfernt, denn der bedeutungskonstituierende Kontext wird in der kognitiven Semantik in Form von „Frames, Schemata oder idealisierte[r] kognitive[r] Modelle“ veranschlagt (Deppermann 2002a, S. 17, Hervorhebungen im Original), welche in sich strukturiert sind auch untereinander miteinander verbunden sein können. Frames im Sinne von Fillmores Framesemantik (1982) stellen zum Beispiel ein System von relationalen (Wissens-)Kategorien dar, welches durch einen „motivierenden Kontext“ („motivating context“, ebd., S. 119) strukturiert ist. Mit „motivierenden Kontext“ meint Fillmore soziale und kulturelle Übereinstimmungen und Praktiken oder auch die Traditionen sozialer Institutionen (ebd.); 21 also die Umstände in einer Sprachgemeinschaft, die eine spezifische (mitunter restringierte) Verwendung eines Ausdrucks rahmen und notwendig für das Verständnis der schematischen Struktur eines Verbs ist (ebd., S. 111). Die Framesemantik hat empirische Wurzeln und entstammt nicht der formalen Semantik, sie legt den Fokus (unter anderem) wie auch die kognitive Grammatik auf den Zusammenhang zwischen Sprache und Erleben (ebd.); 21 Als ein Beispiel führt Fillmore den Ausdruck Wochenende an, welcher nur deswegen in seiner Bedeutung zustande gekommen ist und verwendet wird, weil es den kalendarischen 7-Tage- Zyklus gibt, innerhalb dessen für gewöhnlich fünf Tage der Arbeit und zwei der Freizeit gewidmet werden (Fillmore 1982, S. 119f.). Theoretische und methodische Rahmung 43 sie möchte also erklären, warum eine Sprachgemeinschaft einen bestimmten Ausdruck für das dadurch bezeichnete Konzept oder die Kategorie entwickelt hat, also welcher motivierende Kontext dahinter steht (ebd., S. 112). Frames dienen demnach nicht dazu, diese Konzepte zu kategorisieren, sondern als Theoriemodell der „Semantik des Verstehens“ (Croft/ Cruse 2004, S. 8). Dies ergibt sich aus der Nähe zu den kognitivsemantischen Ansätzen, aber nicht im Sinne von Wahrheitsbedingungen, sondern in Bezug auf der Fähigkeit von Interaktionsteilnehmern, etwas verständlich auszudrücken oder Gesagtes angemessen zu interpretieren (ebd.). „Frames strukturieren Wortbedeutungen, Wörter evozieren Frames. Wörter fungieren als Verweise, als ‘Indexe’ auf kognitive Kategorien, die in Frames organisiert sind.“ (Busse 2012, S. 117). Der bereits erwähnte motivierende Kontext eines Ausdrucks und eines Satzes (oder einer Äußerung) wird also auch hier als für die Interpretation und auch Produktion von Ausdrücken substanziell angesehen und nicht als externe Größe bei der Bedeutungsbeschreibung. Die Framesemantik funktioniert allerdings am besten mit Verben, die sich mit bestimmten Frames assoziieren lassen (wie bspw. riskieren, urteilen, verlieren, bezahlen etc.), die also semantisch spezifisch sind. Verben mit sehr wenig eigener semantischer Spezifikation sind mit diesem Konzept zwar theoretisch vereinbar, in konkreten framesemantischen Analysen aber nicht vertreten. Es gibt zwar Frames - zu finden in der framesemantischen Datenbank FrameNet zum Englischen -, die machen (bzw. do und make) evozieren kann (können), doch eine Liste aller Frames, die durch machen evozierbar sind, würde ähnliche Ausmaße annehmen wie eine Liste aller möglicher Verwendungen, wie sie in Wörterbüchern zu finden ist (vgl. Abschn. 5.2.3). 22 Die Frames sollen dabei hauptsächlich dem Verb selbst zugewiesen werden und beziehen syntaktische Einbettung, Sequenzen oder auch Kookkurrenzen mit anderen Aus- 22 do und make haben bei FrameNet zum einen jeweils mehrere Einträge, die teilweise sehr spezifische Frames hervorrufen, welche aber nur im Zusammenhang mit semantisch sehr spezifischen Objekten bzw. Frameelementen diese evozieren (bspw. do im Touring-Frame mit touristischen Attraktionen als ein Kern-Frameelement oder make im Cooking_creation-Frame, mit Produced_food als ein Kern-Frameelement). Zum anderen werden manche Frames nur zusammen mit bestimmten lexikalischen Objekten evoziert, sind also als eigene Frames aufgeführt (bspw. make sure, make love, make histotry; do duty, do it, do time, do the trick), sie gelten demnach als lexikalische Einheiten. Frameevozierend sind hier also eher die Substantive oder Adjektive (bzw. deren Semantik), was aber zu der in dieser Arbeit angestrebten Modellierung passt. Nur die mehr allgemein gehaltenen Frames wie Intentionally_act, Intentionally_affect (für do) oder Causation, Intentionally_create (für make) werden nicht durch semantisch sehr eingeschränkte Frameelemente bezeichnet. FrameNet zeigt hier also ähnliche Inkonsistenzen wie traditionelle Wörterbücher (vgl. Abschn. 5.2.3 und 5.2.4), wenn es darum geht, zu bestimmen, wann ein semantisch sehr leeres und häufig kollokational auftretendes Verb allein eine Bedeutung innehat und wann es zusammen mit einem anderen Ausdruck ein eigenständiges lexikalisches Element darstellt. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 44 drücken nicht systematisch ein. Es ist also auch in diesem Ansatz der Fall, dass es bei Verben, die zum einen hochfrequent vorkommen und zum anderen nicht viel semantischen Inhalt liefern, schwierig ist, zu bestimmen, welchen Bedeutungsanteil dem Verb selbst zuzuschreiben ist und woraus sich die konkreten Lesarten von bestimmten Verwendungen ergeben. 3.3.4 Zusammenfassung zu den semantischen Ansätzen Für diese Arbeit erweist sich von den oben erwähnten Ansätzen nur die kognitive Semantik, wie sie in diesem Abschnitt hauptsächlich nach Croft/ Cruse (2004) und Langacker (2008) dargestellt wurde, als nützlich für die Beschreibung der Bedeutungserfassung des Untersuchungsgegenstands, denn dieser Ansatz bezieht einerseits den Kontext als relevante Größe in die Bedeutungsbeschreibung mit ein; andererseits stellt er in den Bedeutungsbeschreibungen einen Zusammenhang zu den generellen kognitiven Fähigkeiten des Menschen her, kann also dadruch Begründungen für bestimmte Verwendungen und Interpretationen des Verbs machen liefern. Die grundsätzlich polyseme Interpretation frequent auftretender Ausdrücke wird dagegen in dieser Arbeit nicht angenommen, da sich durch die Anwendung des Ebenenmodells bei der Bedeutungsbeschreibung sehr gut für die Unterspezifikation - und somit monoseme Interpretation - des fokusierten Verbs argumentieren lässt. Die anderen erwähnten Ansätze sind dagegen als theoretischer Hintergrund nicht geeignet, denn diese sind zum einen alle größtenteils auf Ausdrücke ausgerichtet, welche mehr oder weniger spezifische semantische Bedeutungen haben, welche sich also in einer kontextfreien Umgebung durch (usuelle und denotative) Defaultbedeutungen definieren lassen, die durch Paraphrasen oder Synonyme benennbar sind bzw. die bestimmte benennbare Szenarien eröffnen. Semantisch unterspezifizierte Ausdrücke kommen in der entsprechenden Literatur äußerst selten vor und wenn, dann werden diesen auch jeweils eine angenommene Grundbedeutung als „prototypische Bedeutung“ zugeschrieben und eine Paraphrase dieser angenommenen Bedeutung dargestellt (bspw. dem Verb geben bei Meinhard 1990, S. 588). Zum anderen wird zumindest bei Merkmals- und Prototypentheorie dem Kontext kein bedeutungskonstituierender Einfluss eingeräumt; und auch wenn der Kontext in der Framesemantik als externe Größe berücksichtigt ist, so stellt es sich in dieser Theorie immer noch so dar, dass ein Wort einen Frame evoziert und nicht, dass der situative oder sprachlich erzeugte Kontext auf die Deutung eines Ausdrucks Einfluss nehmen kann. Zwar könnte man versuchen, die genannten Theorien mit einem ebenfalls bedeutungskonstituierenden Kontext in Einklang zu bringen, jedoch erweisen sich die Ansätze aus der Interaktionalen Linguistik zusammen mit kognitiv- Theoretische und methodische Rahmung 45 semantischen und konstruktionsgrammatischen Ansichten als passender Hintergrund für eine empirische Untersuchung auf der Basis gesprochensprachlicher Daten, bei denen der Kontext für die Bedeutungskonstitution eine wichtige und zentrale Rolle einnimmt. Schlussendlich soll hier auch keine semantische Theorie neu entworfen oder modifiziert werden, sondern es geht darum, die Verwendung eines Verbs in der gesprochenen Sprache möglichst exhaustiv zu beschreiben. 3.4 Exkurs: Polysemie, Vagheit und der Bezug zu semantisch unterspezifizierten Verben machen wird die Eigenschaft zugeschrieben, ein polysemes Verb zu sein. Um dem Ergebnis der folgenden Diskussion vorauszugreifen: Dem wird in dieser Arbeit widersprochen; stattdessen wird von einer extremen Unterspezifikation des Verbs ausgegangen. Im Folgenden werden die Konzepte Polysemie und Vagheit und der Zusammenhang zum Untersuchungsgegenstand kurz skizziert, um diese Position zu untermauern. 3.4.1 Polysemie und Vagheit Polysemie beschreibt Wörter, die jeweils mehrere Lesarten haben, die untereinander in einer metaphorischen oder metonymischen Verwandtschaftsbeziehung stehen (können), die also semantische Merkmale teilen. Systematische metonymische Beziehungen werden bei bestimmten polysemen Interpretationen relevant, die Pustejovsky (1995, S. 31f.) als „Complementary Polysemy“ bezeichnet. Dies beschreibt systematische Bedeutungsalternationen, wie beispielsweise Container/ Inhalt, 23 Produkt/ Produzent 24 oder Prozess/ Produkt. 25 Ambiguität bezeichnet generell den Oberbegriff von Polysemie und Homonymie (Pinkal 1991, S. 263). 26 Ganz grob kann man sich bei der Unterscheidung 23 Die Tasse ist zerbrochen. vs. Ich hätte gern noch eine Tasse [Kaffee]. 24 Ich habe den Fisch in die Times gewickelt. vs. Die Times hat die halbe Belegschaft entlassen. 25 Diese Analyse hat drei Stunden gedauert. vs. Die Analyse ist nicht stichhaltig. 26 Die Unterscheidung von Ambiguität, Polysemie, Homonymie und Vagheit wird in der Literatur nicht einheitlich vorgenommen. Es gibt unterschiedliche Definitionen für die jeweiligen Begriffe und unterschiedliche Abgrenzungen zwischen denselben. Exemplarisch seien einige Forschungsansätze zitiert: Lyons (1977) nimmt eine ähnliche Einteilung wie Pinkal vor und bezeichnet der Homonymie und Polysemie als „lexical ambiguity“, welche er abgrenzt von „transformational“ („with respect to a given transformational grammar“ (ebd., S. 403)) und „grammatical ambiguity“ (ebd., S. 402f.), er setzt also auch ein übergeordnetes Konzept Ambiguität an, welches auf verschiedenen Ebenen angesiedelt sein kann. Ebenfalls dieser Meinung ist Heringer (1981, S. 94). Tuggy (2007) wiederum setzt Ambiguität mit Homonymie gleich und beschreibt diese als zwei getrennte, nicht zusammenhängende Bedeutungen im Gegen- Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 46 von Homonymie und Polysemie fragen, ob es sich bei formgleichen Ausdrücken um ein Lexem (Polysemie) oder um zwei handelt (Homonymie) (vgl. auch Kilgarriff 1992, S. 47). 27 In Wörterbüchern zeigt sich diese Unterscheidung durch die Anzahl der Einträge, also darin, ob ein Wort wirklich zweimal vertreten ist mit je eigenen (Unter-)Bedeutungen, oder ob dort für das Wort nur ein Eintrag mit mehreren (Unter-)Bedeutungen steht. Letzteres ist bei machen der Fall und auch generell bei Verben, die semantisch unterspezifiziert sind. machen wird also in der Lexikografie als ein polysemes Verb mit einer hohen Anzahl von Lesarten betrachtet und zwar derart, dass alle Bedeutungen miteinander in einer semantischen Beziehung stehen. 28 Ebenfalls wichtig für diese Arbeit ist das Konzept der Vagheit, welches von der Ambiguität abzugrenzen ist. Beide stellen Konzepte der semantischen Unbestimmtheit dar (Pinkal 1980, S. 23). Während mehrdeutige oder ambige Ausdrücke eine Vielzahl von - oftmals nicht eindeutig abgrenzbaren, aber satz zu den zwei getrennten, aber zusammenhängenden Bedeutungen bei polysemen Ausdrücken (ebd., S. 99). Agirre/ Edmonds (2006) sehen Ambiguität als Eigenschaft des Textes, während Polysemie eine Eigenschaft des Wortes ist (ebd., S. 8), Polysemie deutet dort also eine potenzielle Ambiguität an und ist keine spezielle Form von ihr. Apresjan (1974) unterteilt in (syntaktische) Homonymie (gleich syntaktische Ambiguität) (ebd., S. 5) und (lexikalische) Polysemie (gleich lexikalische Ambiguität) (ebd., S. 6). Deane (1988) bietet mehrere Unterteilungen von Polysemie an und erklärt diese an einem vorher genau ausgeführten Kognitionsmodell. Ambiguitätstests werden in manchen Texten zudem auch als Polysemietests bezeichnet, wobei es sich jeweils um dieselben Verfahren handelt (bspw. bei Dobrovol’skij 2006, S. 48ff. und Lewandowska-Tomaszczyk 2007, S. 141ff.). Während Ambiguitätstests Ambiguität von Vagheit abgrenzen sollen, sind Polysemietests für die Unterscheidung von Polysemie und Homonymie gedacht. 27 Kilgarriff grenzt so das Begriffspaar Homonymie/ Polysemie von Ambiguität/ Vagheit ab, bei dem es um die Frage nach der Anzahl der Bedeutungen (nicht der Anzahl der Lexeme) geht. Indirekt beschreibt er also dieselbe Hierarchie wie Pinkal, nur dass er Ambiguität nicht als Oberbegriff darstellt. Für Kilgarriff bedeutet Ambiguität das Vorhandensein von zwei Bedeutungen (bei Vagheit ist es eine) und die Unterscheidung Homonymie/ Polysemie bezeichnet, ob sich diese zwei Bedeutungen auf ein oder zwei Ausdrücke verteilen. 28 Jegliche Definitionen für Polyseme und Homonyme gelten aber nur für die prototypischen und eindeutigen Vertreter der jeweiligen Gruppen. Eine universelle und auf alle Fälle anwendbare Definition, um diese beiden Gruppen lexikalischer Ambiguität voneinander abzugrenzen, gibt es nicht bzw. wurde noch kein Kriterium gefunden, für das es nicht auch Gegenbeispiele gibt (vgl. bspw. Zwicky/ Sadock 1975; Lyons 1977, S. 404f.; Kilgarriff 1992, S. 47ff.). Häufig - besonders in Wörterbüchern zur Begründung der Bedeutungsunterteilung - werden Homonyme von Polysemen durch entweder etymologische Kriterien oder generelle bzw. sinngemäße Verwandtschaft der Bedeutungen unterschieden, also dadurch, ob die beiden Ausdrücke einen gemeinsamen Ursprung haben (diachrones Kriterium) bzw. ob die Bedeutungen zueinander in einer sinngemäßen Beziehung stehen (synchrones Kriterium). Diese Kriterien sind aber nicht unumstritten (vgl. Lyons 1977, S. 551ff. oder Kilgarriff 1992, S. 45f.) und stellen wie erwähnt keine universellen und auf alle - gerade uneindeutigen - Beispiele zutreffenden Bedingungen für oder gegen Polysemie dar. Theoretische und methodische Rahmung 47 dennoch unterscheidbaren - Bedeutungen innehaben, ist es bei vagen Ausdrücken der Fall, dass die Bedeutung ein einziges „unbestimmtes Denotat“ (Pinkal 1991, S. 264) ist. Pinkal (1980) unterscheidet die unterschiedlichen Typen von Vagheit anhand der Möglichkeiten, wie sie sich präzisieren lassen (ebd., S. 14), die aber für diese Untersuchung nicht weiter von Bedeutung sind, da er im Vorhinein genau die Art semantischer Vagheit ausschließt, die hier von Relevanz ist und die ich dem Verb machen zuschreiben würde aus dem Grund, dass die genaue Handlung, die dieses Verb ausdrücken soll, ohne Kontext nicht zu bestimmen ist. Pinkal bezeichnet solche Wörter als „vage Ausdrücke par excellence, da man ja nicht einmal weiß, welcher Art das ist, was sie bezeichnen“ (ebd., S. 13). Dazu gehören für ihn (und Moravcsik (1974), auf den er sich in seiner Einteilung bezieht) zum Beispiel „neben Abstrakta wie Erfahrung und Vernunft […] auch Prädikate […], die sich auf psychisch-emotionale Phänomene beziehen, sowie Begrifflichkeiten, denen komplexe soziale Institutionen und Normen zugrundliegen (Standardbeispiele sind befreien und Demokratie)“ (Pinkal 1980, S. 13). 3.4.2 Polysemie und der Bezug zu machen Für die Arbeit relevant ist das Konzept von Polysemie und auch die Schwierigkeiten der Abgrenzung dahingehend, dass speziell für machen bei der Beschreibung der Bedeutung - also vornehmlich bei der lexikografischen Behandlung dieses Verbs - eine Unmenge an unterschiedlichen Bedeutungen angesetzt wird, die teilweise nach fragwürdigen Kriterien ausgewählt und auch paraphrasiert werden. 29 Diese zugeschriebenen Lesarten werden als miteinander verwandt, aber nicht miteinander vereinbar eingestuft; machen wird also als polysemes Verb interpretiert, was hinsichtlich der Paraphrasen der zugeschriebenen Bedeutungen einleuchtend ist, denn diese lassen sich nicht unter einer Basisbedeutung zusammenfassen. Die Zuschreibung sehr vieler unterschiedlicher und doch zusammenhängender Lesarten ist also angesichts der sehr hohen Frequenz des Verbs in den Quellgrundlagen der Wörterbücher - und im Sprachgebrauch generell - durchaus nachvollziehbar und zeigt die Flexibilität und das große Einsatzgebiet von machen; es wird jedoch ein ungenaues Bild dadurch geliefert, dass die Unterschiede in den Bedeutungen der Handlungen, die mit Hilfe von machen versprachlicht werden können, als dem Verb inhärente Qualität dargestellt werden und nicht den verschiedenen Argumenten und Kontexten angerechnet werden, mit bzw. in denen sie auftreten. 29 Für eine genaue Beschreibung und Diskussion des Vorgehens ausgewählter Wörterbücher bei der Beschreibung von machen siehe Abschnitt 5.2.3. Dieser Beschreibung wird in diesem Abschnitt ein wenig vorausgegriffen. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 48 Dass die Zuschreibung von Polysemie bei machen nicht sinnvoll ist, zeigt sich am deutlichsten in der Unstrukturiertheit der bereits erwähnten Wörterbuchartikel der Bedeutungsbeschreibungen (vgl. Abschn. 5.2.3), da die unterschiedlichen Quellen, auf denen die Zuschreibung der unterschiedlichen Bedeutungen basieren, nicht als solche gekennzeichnet werden, es also zu einer Vermischung von einerseits kontextuell und syntaktisch sehr restringierten und andererseits eher generell interpretierbaren Lesarten kommt. Einige Bedeutungen, die dem Verb zugeschrieben werden, sind beispielsweise nur dann relevant, wenn das Verb mit bestimmten Objekten auftritt (Zimmer machen - aufräumen) oder wenn es in bestimmten festen Wendungen vorkommt (Mach schon! - sich beeilen), während andere sehr allgemein angelegt sind (bspw. handeln oder herstellen) und in unterschiedlichen sprachlichen Umgebungen angesetzt werden, d.h. mit unterschiedlichen Objekten. Dann sind auch wiederum Verwendungen aufgeführt, in welchen nicht dem Verb, sondern der Äußerung im Ganzen eine sehr konkrete Bedeutung zugeschrieben wird, was eine pragmatische Restriktion des gesamten Ausdrucks bedeuten kann (Mach dir nichts draus! - Ärgere dich nicht! ). Die Bedeutung des Verbs wird also hier - in der Lexikografie - oft auch mit der Bedeutung bzw. der situativen Deutung der gesamten Phrase oder der VP gleichgesetzt, in welcher das Verb vorkommt. Die Frage, die in dieser Arbeit bearbeitet werden soll, ist die, wie von den (situativ zu deutenden) Interpretationen der konkreten machen-Verwendungen auf eine generalisierte Bedeutung des Verbs geschlossen werden kann, bzw. wo die Grenzen für eine eigene Lesart angenommen werden können. Die Problematik besteht hierbei darin, dass die meisten Deutungen von machen-Verwendungen situativ und somit kontextabhängig sind und dass eine definite Trennlinie bezüglich dessen, wann eine spezifische Lesart anzusetzen ist und wann nicht mehr, ohne einen entsprechenden Kontext schwer zu ziehen ist. 30 Für machen wird daher in dieser Arbeit nicht von einer inhärenten lexikalischen Polysemie ausgegangen, sondern es wird vielmehr das Verb als vage angesehen. In der Forschung führt diese semantische Unbestimmtheit von machen zu einer polysemen Interpretation des Verbs, da dieses als generelles Handlungsverb praktisch jede Handlung in einem entsprechenden Kontext ausdrücken kann. Die Vagheit liegt bei machen also nicht darin, dass die Grenzen der Handlungen, die es ausdrücken kann, unscharf sind - wie bei der Vagheit von Blacks chair, Wittgenssteins Spiel und Lakoffs bird (Pinkal (1980, S. 20), spricht dabei von „Randbereichsunschärfe“) -, sondern ist darin begründet, dass der Bedeutungskern der Agentivität (vgl. Abschn. 4.1) ohne weitere semantische Spezifikationen zu einem sehr hohen Grad an Produkti- 30 Diese Problematik wird ausführlicher in Abschnitt 6.2 diskutiert. Theoretische und methodische Rahmung 49 vität führt, was das Ausdrücken von Handlungen betrifft. Polysemie kann deswegen bei machen nur im Gebrauch auftreten, also in einem bestimmten Kontext. Sie kann dadurch hervorgerufen werden, dass das Akkusativobjekt zu machen im jeweiligen Kontext auf unterschiedliche Weise interpretiert werden kann, so dass mehrere spezifischere Handlungen interpretierbar sind. 31 Da bei machen die Art der Handlung, die ausgedrückt werden soll, keine semantische Eigenschaft des Verbs ist, also außer der Information „agentiv“ in dem Verb selbst keine Semantik enthalten ist und eine genauere Bestimmung dieser Handlung immer erst durch den Kontext erzielt wird, würde ich es zu den „prototypisch“ vagen Ausdrücken zählen („vage Ausdrücke par excellence“, wie Pinkal 1980, S. 13 sie nennt) und bezeichne diese Art der Vagheit im Folgenden als Unterspezifiziertheit, da eine konkrete Handlungsbedeutung für machen sich durch Spezifikation auf unterschiedlichen Ebenen erreichen lassen kann - wohlgemerkt aber nicht muss. Es sollte also keine von einem Kontext unabhängig betrachtete Semantik der einzelnen Verwendungsweisen dieses Verbs so sehr im Vordergrund einer Bedeutungserfassung stehen, sondern die Frage danach gestellt werden, welche Art von Kriterien für eine Bedeutungserfassung angesetzt werden und wie feingranular diese beschaffen sein sollten. Denn eine vom Kontext unabhängige, konkrete Semantik lässt sich für sämtliche machen-Vorkommen nicht ansetzen, da eine zu generell gehaltene Bedeutung für alle Verwendungen zwar für eine einheitliche lexikalische Repräsentation geeignet ist, für viele kontextgebundene Interpretationen ist sie allerdings ungenügend. Das gilt nicht nur für den tatsächlichen Sprachgebrauch, sondern auch für sämtliche, aus ihren Quellbelegen herausgegriffenen und kontextfrei betrachteten Kollokationen und Wortverbindungen, die mit machen vorkommen. Diesen Aspekten soll das hier dargestellte, auf das Verb machen zugeschnittene Ebenenmodell der Bedeutungskonstitution Rechnung tragen. Da von einer polysemen Interpretation des Verbs abgesehen wird und eine unterspezifizierte Bedeutung angenommen wird, soll wie bereits erwähnt als Basisebene des Lexems keine semantische Bedeutung des Verbs, sondern viel mehr ein semantischer Beitrag angesetzt werden. Im Folgenden werden die Ebenen im Einzelnen dargestellt, auf denen die schlussendliche Deutung konstituiert wird, die machen in einer Äußerung darstellen kann. Diese Ebenen werden auf der Basis des Beitrags von Agentivität, den machen leistet, und unter Einbezug der entsprechenden theoretischen Konzepte beschrieben. 31 Vgl. Beispiel (10) in Abschnitt 6.2.2 zu Party machen, hier ist der Bezug zum Objekt Party nicht eindeutig spezifiziert, es kann sowohl die Organisation als auch auf die Teilnahme an der Veranstaltung gemeint sein. Dies ist auch ein Fall von komplementärer Polysemie, wie sie Pustejovsky (1995, S. 31ff.) beschreibt. Ebenenmodell zur Beschreibung von Bedeutungskonstitution in gesprochener Sprache 51 4. EBENENMODELL ZUR BESCHREIBUNG VON BEDEUTUNGSKONSTITUTION IN GESPROCHENER SPRACHE In diesem Abschnitt werden die Ebenen, auf denen sich die Bedeutungskonstitution von machen abspielt, unterschieden und vorgestellt. Dabei wird zum einen im Sinne der Konstruktionsgrammatik nicht von einem von der Grammatik abgrenzbaren mentalen Lexikon, in dem die Bedeutungen einzelner Ausdrücke abgespeichert sind, ausgegangen; zum anderen wird die Ansicht der Interaktionalen Linguistik der Kontextrelevanz von Bedeutung vertreten. Bedeutung fasse ich wie die Kognitive Semantik (Abschn. 3.3.1) oder die Frame Semantik (Abschn. 3.3.3) als etwas auf, das vom Wort evoziert wird und nicht, was ein Wort innehat; oder wie Schumacher (1997, S. 100) es ausdrückt als „die Funktion der Wortkörper, Inhalte herbeizurufen; bedeuten ist eine Wirkfunktion, ein Appell“. Deswegen sollen und werden Wörter - bzw. das im Fokus stehende Verb machen - nicht isoliert betrachtet (werden), sondern immer in ihrer Verwendung; denn mit Schumacher gehe ich außerdem davon aus, dass „[e]in wirklich einzelnes Wort, ‘a completely isolated word’ - ein solches Wort […] nicht Element eines Sprachsystems“ wäre (ebd.). Das, was machen im Sprachgebrauch an interpretierbaren Handlungen hervorruft, ist aufgrund seiner Unterspezifiziertheit sehr abhängig von der Spezifikation auf unterschiedlichen Ebenen, so dass syntaktische Einflüsse ebenso eine Rolle spielen wie lexikalische Kookkurrenzen und der sprachlich realisierte Kontext ebenso Einfluss auf den Gebrauch und die Deutung von machen hat wie der außersprachliche. Das Modell orientiert sich dabei an dem Modell der Bedeutungskonstitution von Deppermann (2008) (vgl. Abschn. 3.1.1). Deppermann setzt bei seiner Untersuchung zu verstehen vier Ebenen 32 an (ebd., S. 127), auf deren Grundlage das vorliegende Modell durch den Einfluss der zugrunde liegenden Daten an das untersuchte Verb angepasst wurde. 33 Für die vorliegende Untersuchung 32 Für die Analyse der Konstruktionen mit verstehen wurden konkret die „lexikalische Basisbedeutung“ (Deppermann 2008, S. 127), „grammatische Konstruktionsbedeutung“ (ebd.), „interaktive Bedeutungskonstitution“ (ebd., S. 128) sowie Hintergrundwissen und die aktuellen außersprachlichen Handlungen (ebd., S. 129) angesetzt. 33 Der Ansatz, die Bedeutung von Ausdrücken oder Äußerungen auf unterschiedlichen Ebenen anzusiedeln, wurde auch für die logische Semantik von Dölling (2005) vorgenommen, der die Strukturen der Äußerungsinterpretation in „semantische Form“, „parameter-fixierte Struktur“ und „propositionale[n] Gehalt“ einteilt (ebd., S. 168) und damit verdeutlichen möchte, dass die Interpretation einer „radikal unterspezifiziert[en]“ Bedeutung einer Form (ebd., Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 52 wurde eine feingranularere Unterteilung vorgenommen und außerdem auf die semantischen Eigenschaften der lexikalischen Kookkurrenzen eingegangen, so dass in diesem Modell die generelle Verwendung des Verbs im mündlichen Sprachgebrauch abgebildet werden kann. 4.1 Basisebene - Der Beitrag des Lexems Im Gegensatz zu Nomen referieren Verben nicht auf Entitäten (konkreter oder abstrakter Natur), sondern sie denotieren im Allgemeinen Handlungen, Zustände und Vorgänge, also Sachverhalte in einem weiten Sinn. Bei semantisch sehr spezifischen Verben ist eine semantische Substanz leichter zu fassen und in lexikografischer Tradition durch Paraphrasen oder Synonyme zu umschreiben als bei einem Verb, welches einen sehr geringen, unterspezifizierten semantischen Gehalt aufweist. Deswegen soll für diese Untersuchung nicht von einer Ausdrucksbedeutung 34 des Verbs gesprochen werden, sondern von einem (semantischen) Beitrag. Dieser Beitrag lässt sich für das hier behandelte Verb am besten durch den Begriff Agentivität beschreiben. machen gilt gemeinhin als prototypisches Handlungsverb, welches eine nicht genau spezifizierte Handlung denotiert. Im Sprachgebrauch - das wird in der empirischen Untersuchung deutlich - wird machen aber nicht nur für die Bezeichnung von (unspezifischen) Handlungen verwendet, sondern auch, um ein Verursachen oder einen Einfluss auf irgendeine Weise auszudrücken. Daher wird für den Beitrag dieses Verbs eine weite Auffassung von Agentivität angenommen. machen als agentives Verb zu bezeichnen, beschreibt die Eigenschaft des Verbs, seinem Subjekt die Rolle des Agens bezüglich der Handlung zuzuweisen, die es im Zusammenhang mit seinen Argumenten (und im gegebenen Kontext) bezeichnet. Der Begriff Agens selbst ist schwer greifbar und in der S. 165) durch die Ebene der semantischen Komposition und pragmatischen Inferenzen (ebd., S. 167) erst zur intendierten Sprecherbedeutung führen kann und dass diese beiden Prozesse ineinandergreifen (ebd.). Er geht also wie die vorliegende Arbeit von einem unterspezifizierten Ausdruck aus, der durch semantische und pragmatische Einflüsse zu einer konkreten (Be-)Deutung kommt. 34 Als Ausdrucksbedeutung wird die kontextfreie Bedeutung von Wörtern, Phrasen und Sätzen bezeichnet (Löbner 2015, S. 4). Zur Bestimmung dieser Bedeutung muss von der Verwendung in konkreten Kontexten abstrahiert werden. In der Realität, bei der Produktion und Perzeption von Äußerungen, wird aber immer im und durch den Kontext interpretiert, eine abstrahierte Bedeutung wird hier nicht herangezogen (und nicht benötigt, vgl. ebd.). Dennoch hat diese Ebene laut Löbner (ebd.) ihre Berechtigung, da zum Beispiel auch im Alltagsdenken von einer Grundbedeutung - also einer kontextfreien Basisbedeutung - bei Ausdrücken ausgegangen wird. Ebenenmodell zur Beschreibung von Bedeutungskonstitution in gesprochener Sprache 53 Literatur viel diskutiert (vgl. Dowty 1991, S. 553ff.; Van Valin/ Wilkins 1996, S. 290ff. für Zusammenfassungen der unterschiedlichen Auffassungen). Agentivität wird außerdem in der Literatur unterschiedlich eng bzw. weit gefasst. In dieser Arbeit wird wie erwähnt eine weite Auffassung von Agentivität angenommen. Diese orientiert sich an den Dimensionen des Proto- Agens, wie sie Dowty (1991, S. 572) vorgeschlagen hat. Dowty (ebd.) charakterisiert die Rolle des Agens anhand von verschiedenen Eigenschaften. Diese Eigenschaften sind: a willentliche/ absichtliche Beteiligung an einem Ereignis oder Zustand, b Empfindungsvermögen (und/ oder Perzeption), c Verursachung eines Ereignisses oder Veränderung des Zustands eines anderen Partizipanten, d Bewegung (relativ zu der Position eines anderen Partizipanten), (e existiert unabhängig von dem Ereignis, das vom Verb denotiert wird). Diese Eigenschaften bezeichnet Dowty als Implikatur (entailments), die das Verb in Bezug auf die Argumente (in diesem Fall bezüglich des Subjekts) auslöst. Er führt an unterschiedlichen Verben vor, dass und wie diese Eigenschaften auch einzeln vorkommen können, dass Agentivität also nicht zwangsläufig bedeutet, dass ein Argument willentlich handeln muss oder einen Zustand verursachen/ verändern muss. Im Sinne der Prototypentheorie wird eine semantische Rolle hier nicht als eindimensionale, diskrete Einheit betrachtet, sondern als eine Ansammlung von Eigenschaften, die nicht alle präsent sein müssen, um ein Argument zum Beispiel als Mitglied der Kategorie Agens auszuweisen (ebd., S. 571), aber je mehr dieser Eigenschaften vorhanden sind, desto agentiver ist das Verb, bzw. desto prototypischer agentiv ist das Subjekt des Verbs. Ein Argument kann demnach mehr oder weniger agentivisch sein, was bedeutet, ein Verb kann einem Argument auch weniger agentivische Eigenschaften zuschreiben und trotzdem noch als agentives Verb bezeichnet werden. Bezüglich der hier angenommenen Auffassung von Agentivität ist herauszuheben, dass sowohl absichtliche Beteiligung an einem Ereignis (also willentliches Handeln), als auch das (unbewusste) Verursachen und Verändern oder auch nur Verantworten von Zuständen oder Sachverhalten Komponenten dieses Konzepts sind. Diese sind also keine notwendigen und hinreichenden Bestandteile von Agentivität, es ist jedoch notwendig (im konkreten Einzelfall), dass mindestens eine Eigenschaft gegeben ist. Das bedeutet, dass die Willentlichkeit und Absicht (und dadurch implizierte Kontrolle) nicht als integrale Bestandteile von Handlung generell angesehen werden, sondern auch sie lediglich Komponenten des Gesamtkonzepts darstellen. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 54 Sämtliche Dimensionen der Agentivität sind im Verb machen also als Implikatur vorhanden (vgl. Primus 2012, S. 13), nicht als Default. Das heißt, sie können durch sprachliche Zusätze (oder den Kontext) hervorgerufen (Sie hat aus Wut mit voller Absicht Lärm gemacht.) oder annulliert werden (Sie hat beim Reinkommen aus Versehen Lärm gemacht.) und sind kein inhärenter Teil der Verbbedeutung. machen kann also eine absichtliche Handlung ebenso wie ein versehentliches Verursachen bezeichnen, denn dem in der jeweiligen Äußerung vorhandenen Subjekt wird in allen Fällen ein gewisser Grad an Agentivität oder ein generelles Verantworten zugeschrieben. machen ist daher vage in Bezug auf die prototypischen agentiven Eigenschaften, wodurch es für alle mehr oder weniger agentiven Verben als Proform verwendet werden kann, weswegen es auch als Test („Proverbtest“ nach Helbig/ Buscha 1999, S. 69) für die Zugehörigkeit zu der Gruppe der Handlungsverben verwendet wird (vgl. auch Bredel/ Töpler 2007, S. 884). Eine derartige Auffassung von Agentivität trägt der Benutzung von machen im Sprachgebrauch Rechnung, bei dem nicht nur menschliche oder überhaupt belebte Subjekte zu machen möglich sind, denn auch Zustände oder Tatsachen können eine Wirkung haben, also etwas verursachen, was sich mit machen versprachlichen lässt (etwas macht Angst/ Spaß/ Lärm; der Sturm hat ganz schön Unordnung gemacht). Agens steht hier und im Folgenden dann eher als Gegensatz zu Patiens, Experiencer und Rezipient und nicht für eine Entität, der sämtliche agentiven Eigenschaften gleichzeitig zugeschrieben werden. Deswegen werden im Laufe der Arbeit auch Verursachungen und Auswirkungen als Handlungen bezeichnet, da diese im hier angesetzten weiten Konzept der Agentivität als agentive Handlungen inbegriffen sind. 4.2 (Teil - )Satzinterne Ebene Die Interpretation der Handlung, die das Verb machen in einer konkreten Äußerung versprachlicht, konstituiert sich unter anderem auf der Ebene des (Teil-)Satzes, welches das Verb enthält, selbst, 35 also aus deren syntaktischer Struktur und der semantischen Beschaffenheit 36 der Argumente zum Verb. 35 Zur Verteilung der machen-Verwendungen im zugrunde liegenden Korpus siehe Abschnitt 6.1.3. Zu den pragmatischen Funktionen von machen, die über die äußerungsinterne Ebene hinausgehen, wie bspw. aufgreifen und relevant machen von vorerwähnten Sachverhalten, siehe Abschnitt 6.6. 36 Die semantische Beschaffenheit der Argumente kann natürlich nicht außerhalb eines Kontexts begriffen werden; dieser spielt bei der Interpretation der Argumente und somit für die Deutung von machen sehr oft eine entscheidende Rolle. Der außersprachliche Kontext des Ebenenmodells wird in Abschnitt 4.3 aufgegriffen und in Abschnitt 6.3 empirisch beschrieben. Hier zeigt sich deutlich, dass die einzelnen Ebenen zwar unabhängig voneinander beschrieben werden können, jedoch im Sprachgebrauch nicht unabhängig voneinander auftreten. Ebenenmodell zur Beschreibung von Bedeutungskonstitution in gesprochener Sprache 55 Der sprachliche Kontext wird vor allem in Form der Semantik der Objektreferenten bei der Bedeutungsbeschreibung von unterspezifizierten Verben in der Lexikografie herangezogen, um die unterschiedlichen Lesarten zu kategorisieren. Den syntaktischen Schemata wird dort durch die Erwähnung von Strukturmustern Rechnung getragen, welche aber nicht so ausführlich kategorisiert und auch nur unvollständig aufgeführt werden. 4.2.1 Grammatische Schemata Eine auf unterschiedliche Bedeutungskonstitutionsebenen aufgebaute Beschreibung eines Verbs kann bezüglich der schematischen Ebene in einigen Aspekten von der Auffassung der Rolle des Verbs in der Konstruktionsgrammatik profitieren, wie sie Goldberg (1995, 2006) postuliert. Diese besagt, dass das unterspezifizierte Verb in ein Schema eintritt (wie das Ditransitivschema oder die caused-motion-Konstruktion) und sich im Zusammenspiel von Verb- und Konstruktionsbedeutung die Bedeutung einer Äußerung manifestiert. Es gibt dabei rein strukturelle Schemata sowie solche, die feste verbale Elemente beinhalten. Beiden Arten (auch den rein strukturellen) 37 wird dabei eine Inhaltsseite zugeschrieben. Die Strukturen auf dieser Ebene sollen höchstens lexikalisch teilspezifiziert sein oder voll schematisiert (vgl. Deppermann 2006a, S. 48f.), teilweise haben sie also feste lexikalische Bestandteile und ähneln somit Argumentstrukturmustern, wie sie Engelberg et al. (2011) definieren. Argumentstrukturmuster werden von Engelberg et al. (2011, S. 81) als „Kombinationen von überzufällig stark kookkurrierenden sprachlichen Einheiten“ angesehen, wenn diese „aus einem verbalen Element und seinen Argumenten bestehen“. Hier ist also mindestens eine lexikalische Komponente in Form eines Verbs als Bedingung angegeben, die zwar nicht von vornherein feststehen muss, die aber die Argumente des Strukturmusters regiert. Es zählen also auch Muster dazu, bei denen kein fixiertes lexikalisches Element vorhanden ist, wie zum Beispiel etwas irgendwohin V-en (X NPnom V Y NPakk Z DIR ) und etwas irgendwie V-en 37 Verhagen (2009) hat sich mit dem Begriff „Formseite“ in Bezug auf rein strukturelle Konstruktionen beschäftigt, welche genau genommen gar keine wahrnehmbare Form aufweisen, weil sie rein schematisch sind. Er bietet dafür folgende Betrachtungsweise als Lösung an: Im Wissen über Konstruktionen ist neben der Bedeutung auch abgespeichert, welche sprachlichen Elemente (im Sinne von grammatischen Kategorien) in die jeweils offenen Slots gehören (ebd., S. 140); und das Wissen darum, welche Arten von sprachlichen Elementen in eine Konstruktion gehören, kann als ein Aspekt der Formseite von Konstruktionen angesehen werden, auch wenn es keine wahrnehmbare (im Sinne von sichtbare/ hörbare) Formseite gibt (ebd.), wie bspw. bei vollschematisierten Konstruktionen. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 56 (X NPnom V Y NPakk Z O-ADJ ), 38 da hierbei die Strukturen der Argumente zu einem nicht festgelegten Verb dargestellt werden. Diese vollschematisierten Argumentstrukturmuster werden bei Goldberg (1995, 2006) als Argumentstrukturkonstruktionen bezeichnet und entsprechen den weiter unten näher beschriebenen Transfer- und Resultativkonstruktionen (siehe Abschn. 6.4.2 und 6.4.3). machen ist kein fixiertes Element dieser Strukturen, sondern kann in diese eintreten. Unterschiedlich schematisch oder lexikalisch restringierte Strukturen von Argumenten liefern also unterschiedlich hohe Grade an Spezifikation: Die reine Transitivkonstruktion beschreibt zum Beispiel eine unspezifische Beziehung zwischen Subjekt- und Objektreferent, sie liefert aber auch mit der Füllung des Verbslots durch machen keinen spezifischen Hinweis auf eine potenzielle Handlung des Subjektreferenten bezüglich des Objektreferenten und keine Information über die Art der Affiziertheit des Objektreferenten, die in dieser Struktur ausgedrückt wird. 39 Die einzige semantische Aussage bei der rein transitiven Konstruktion mit machen ist die, dass das Subjekt als agentivisch und das Objekt als vom Subjekt in irgendeiner Weise affiziert markiert wird. Zum Ausdruck einer spezifischeren Handlungsbeziehung bräuchte es ein semantisch spezifischeres Verb wie sehen, werfen oder verklagen. Bei machen speist sich die spezifische Bedeutung transitiver Strukturen dann aus der Ebene der Semantik der Argumente (siehe Abschn. 4.2.2) oder auch aus den außersprachlichen Ebenen (siehe Abschn. 4.3). Grammatische Schemata mit weiteren obligatorischen Argumenten wie die bereits erwähnten Transfer- und Resultativkonstruktionen, liefern dagegen mitunter selbst einen großen Anteil der Gesamtbedeutung der Äußerung. Diese werden in den empirischen Abschnitten 6.4.2 und 6.4.3 näher beschrieben. Hierbei wird die Hauptbedeutung der gesamten Prädikation - nämlich transferieren oder modifizieren - von der Konstruktion geliefert. Der Beitrag des Verbs besteht im Falle von machen in Agentivität und Dynamik und auch in der Unterspezifiziertheit selbst, denn die Art des Transfers oder der Modifi- 38 O-ADJ steht für eine AP, die sich auf das Objekt bezieht, also ein adjektivisches Objektsprädikativ. 39 In der kognitiven Semantik wird angenommen, dass die „archetypische Konzeption“ bei transitiven Sätzen diejenige ist, dass die Partizipanten, die durch Subjekt und Objekt kodiert sind, miteinander interagieren, also wirklich Partizipanten darstellen und nicht zum Beispiel Orte oder Situationen (locations bzw. settings) (Langacker 2008, S. 387f.). Wenn also in einem formal transitiven (Teil-)Satz (S V O) mindestens ein Argument bspw. eine Ortsangabe darstellt, ist dies nicht mehr die Konzeptualisierung von interagierenden Partizipanten, sondern von Elementen, die sich irgendwo befinden (ebd., S. 388). Transitivität hängt in der kognitiven Semantik auch an der Deutung der jeweiligen Sätze (ebd., S. 388, Fußnote 32), bzw. daran, als was die Argumente eines Satzes zu verstehen sind. Hier wird Transitivität jedoch formal definiert. Ebenenmodell zur Beschreibung von Bedeutungskonstitution in gesprochener Sprache 57 kation bleibt so höchst vage - wenn sie nicht durch die lexikalischen Ergänzungen inferierbar ist -, da eigentlich lediglich ausgesagt wird, dass sie agentiv und der Subjektreferent somit im weitesten Sinne verantwortlich ist. Dies hat auch eine nützliche Funktion in der gesprochenen Sprache, denn so richtet sich der Fokus auf diejenigen Argumente der Äußerung, die lexikalisch realisiert werden, und es wird keine zusätzliche kognitive Arbeit beim Prozessieren eines spezifischen Verbs benötigt (vgl. Abschn. 3.1.2). Bei Transfer- und Resultativkonstruktionen liegt dieser Fokus dann meist besonders auf dem WOHIN bzw. dem WIE. 40 4.2.2 (Teil - )Satzinterner sprachlicher Kontext 4.2.2.1 Semantik der Argumente Auf der (teil-)satzinternen Ebene steht auch der nähere sprachliche Kontext: die Argumente zum in Frage stehenden Verb. Der sprachliche Kontext bezieht sich für diese Untersuchung größtenteils auf die Semantik der Argumente zum Verb, da sich speziell für machen die Deutung des Verbs bzw. genauer die Interpretation der Handlung, auf die das Verb sich beziehen soll, aus der Deutung des Objekts speist. Denn als transitives Verb stellt machen in erster Linie eine Verbindung zwischen Subjekt und Objekt her, beschreibt also eine Handlung oder generelle agentive Verbindung, die vom Subjekt ausgehend in Bezug auf das jeweilige Objekt sinnvoll ist. 41 So werden dann in folgenden Äußerungen entsprechend ganz unterschiedliche Handlungen ausgedrückt: Ich mache jetzt mal Essen (zubereiten/ herstellen); der Wind macht ganz schön Lärm (verursachen); die Schauspieltruppe hat eine großartige Aufführung gemacht (aufführen/ durchführen); bei der Gala hat mein Mann die Tombola gemacht, das war sehr viel Arbeit (organisieren/ durchführen). Speziell in transitiven Verwendungen kann machen also nur gedeutet werden, wenn die Entitäten oder Sachverhalte, die es aufeinander beziehen soll, situativ angemessen interpretiert werden können. In den genannten Beispielen sind die jeweiligen Objekte 40 „Wie“ ist in diesem Fall gemeint in Bezug auf das Ergebnis der Modifikation, nicht auf die Art und Weise, wie diese vorgenommen wurde. 41 Pustejovsky (1995) bezeichnet dies als Co-Composition (ebd., S. 122ff.), welche mehrere Operationen umschließt, die dazu führen, dass ein Verb mehrere Bedeutungen haben kann; unter anderem ist dies abhängig von der Semantik der Argumente („The complement co-specifies the verb“, ebd., S. 124). Er bezieht Co-Composition aber nicht nur auf das, was hier als semantische Spezifikation bezeichnet wird, sondern auch auf die hier einzeln angesetzte strukturelle Ebene, wie bspw. das Vorhandensein eines adjektivischen Objektsprädikativs, bzw. „resultative adjectival“ (ebd., S. 122). Pustejovsky geht also davon aus, dass die jeweiligen Bedeutungen, die das Verb innerhalb verschiedener Äußerungen in unterschiedlichen Strukturen und mit unterschiedlichen Argumenten haben kann, nicht dem Verb inhärent sind; dass es also in den Fällen nicht als polysem angesehen werden kann (ebd., S. 124). Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 58 (und auch Subjekte) wörtlich zu interpretieren, die agentiven Bezüge lassen sich daher auch ohne spezifischen weiteren Kontext deuten und denotieren defaultmäßig nachvollziehbar die in Klammern angegebene Handlung. Teilweise ist für die Spezifikation auf (teil-)satzinterner Ebene der Bezug zum außersprachlichen Kontext aber auch bedeutungskonstituierend, da für die Interpretation einer machen-Verwendung die Deutung der jeweiligen Ausdrücke im entsprechenden Kontext wichtiger sein kann als die kontextfreie denotative Bedeutung eines Subjekts oder Objekts; denn „zur Bedeutungsbeschreibung eines Ausdrucks gehört auch die Angabe der Objektsorte, für die seine Verwendung vorgesehen ist“ (Pinkal 1985, S. 58), also die Identifikation des jeweiligen Referenten. Die Deutung der Handlung oder des Bezugs, den machen beschreibt, hängt also auch davon ab, wie das jeweilige Objekt (und mitunter auch das Subjekt) in der gegebenen Situation interpretiert werden muss, worauf sie im gegebenen Kontext referieren. Bei pronominal realisierten Subjekten und Objekten ist dies offensichtlicher als bei lexikalisch realisierten, denn erstere sind ganz ohne (sprachlichen oder außersprachlichen) Kontext nicht interpretierbar. Aber auch eine lexikalische NP kann - anders als in den obigen Beispielen - nicht wörtlich gemeint sein, sondern als Metonymie oder Metapher. Dabei handelt es sich um die metonymische oder metaphorische Extension der entsprechenden Ausdrücke. 4.2.2.2 Metonymische und metaphorische Extension Metonymie und Metaphern bezeichnen in der Literatur nicht eindeutig bestimmte und voneinander abgegrenzte Begriffe. 42 Für das vorliegende Modell ist aber eine grobe Abgrenzung der genannten Begriffe ausreichend, da es vornehmlich um die Beschreibung der kognitiven Vorgänge geht, die für die Erklärung von sinnvollen und situativ angemessenen Interpretationen bestimmter Äußerungen erforderlich sind, die also dazu dienen zu erklären, wie Interaktanten erkennen, was durch einen bestimmten Ausdruck - im konkreten Falle dieser Untersuchung gilt dies hauptsächlich für lexikalische NPn - gemeint ist. Metonymien und Metaphern werden in der kognitiven Semantik als kognitive Prozesse angesehen, die dazu dienen, Bedeutungen herzustellen oder zu konstruieren (Croft/ Cruse 2004, S. 194, speziell zur Metapher). Bei Metaphern 42 Dazu Busse (2009, S. 101): „Die genaue Klärung dessen, was eigentlich eine Metapher ist, zählt zu den schwierigsten Fragen der Sprechtheorie.“ Er schreibt kurz vor dieser Aussage zum Abgrenzungsproblem von Metaphern und Metonymien, so dass sich diese Problematik wohl auf die Metonymie übertragen lässt. Auch Croft/ Cruse (2004) beschreiben die Schwierigkeit der Abgrenzung und Eingrenzung von Metaphern und Metonymien (ebd., S. 216ff.) und die Probleme bei einer konzeptuellen Auffassung von Metaphern (ebd., S. 198ff.). Ebenenmodell zur Beschreibung von Bedeutungskonstitution in gesprochener Sprache 59 verhält es sich so, dass die denotative Bedeutung eines Ausdrucks und das Konzept, das es versprachlichen soll (die übertragene Bedeutung), aus unterschiedlichen Domänen 43 stammen, der Quelldomäne (Denotation) und der Zieldomäne (auf die der Ausdruck referiert) (ebd., S. 195). Die metaphorische Verbindung wird dann so hergestellt, dass die Zieldomäne als Quelldomäne angesehen wird, so dass ganze konzeptuelle Systeme entstehen können, wie sie Lakoff/ Johnson (1980) in Metaphors we live by beschreiben; bspw. Zustände sind Behälter oder Liebe ist eine Reise (Croft/ Cruse 2004, S. 196). Metaphern werden also nicht als rein sprachliche Phänomene angesehen, sondern als „konzeptuelle Strukturen“ (conceptual structures, ebd., S. 197), die sich normalerweise sprachlich manifestieren (ebd.). Bei Metonymen dagegen stammt die wörtliche, denotative Bedeutung eines Ausdrucks aus derselben konzeptuellen Domäne wie das, was der Ausdruck bezeichnen soll (ebd., S. 216). Dazu gehören zum Beispiel (intrinsische) Teil-Ganzes-Beziehungen oder Entität- Attribut-Beziehungen, 44 oder auch extrinsische Assoziationen wie bei Ich stehe da hinten (gemeint ist das Auto des Sprechers) oder Das Schnitzel an Tisch drei möchte zahlen 45 (ebd., S. 217). Der Übergang zwischen Metaphern und Metonymien ist fließend bzw. viele Metaphern haben ihren Ursprung in der Metonymie (ebd., S. 218). Schumacher (1997) formuliert den Einfluss des (situativen) Kontexts auf (Wort-)Bedeutung so: Ein weiterer Hinweis auf die relative Unabhängigkeit von Inhalten (und die dominante Rolle des Kontexts) ist die Tatsache, dass Wörter, denen gemeinhin bestimmte Inhalte zugesprochen werden, in manchen Zusammenhängen dazu gebracht werden können, auch ganz andere Inhalte herbeizurufen […]. Die Aussagesituation und der Kontext im engeren Sinn sind oft hinreichend eindeutig, um zu wissen, was gemeint sein muss, so dass eigentlich unpassende Einzelworte keine Rolle mehr spielen. (ebd., S. 102) Für die Bedeutungskonstitution auf der Ebene der Semantik der Argumente bedeutet dies, dass mit Semantik nicht nur die Denotation der entsprechenden Lexeme gemeint ist, sondern auch ihre eventuelle situative metaphorische (und metonymische) Extension (bspw.: Kannst du mir nicht auch eine Tasse 43 Croft/ Cruse (2004) verwenden den Begriff Domäne (domain) im Sinne von Langacker (und Lakoff) (ebd., S. 15). Dieser entspricht dem Konzept von Fillmores Frame (ebd.). Domänen bezeichnen semantische Strukturen, die mindestens als Basis für ein Konzeptprofil dienen (ebd.), wie bspw. die Domäne KREIS als Basis für Konzepte wie Radius, Bogen, Durchmesser etc. dient (ebd., S. 16). 44 Dies wird bei Pustejovsky (1995) als komplemetäre Polysemie bezeichnet (ebd., S. 31ff.), bei welcher die NP mehrere systematisch verwandte Bedeutungen hat (ebd., S. 31). 45 Diese Art der Verwendung wird auch als referenzielle Polysemie bezeichnet (bspw. bei Deane 1988). Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 60 machen? meint nicht das Herstellen einer Tasse, wenn die Sprecherin metonymisch Tasse als Ausdruck für den (zuzubereitenden) Inhalt derselben verwendet, wie Tee oder Kaffee). Unter metaphorischer Extension versteht Pinkal (1985) einen Übertragungsmechanismus, der es ermöglicht, „überall, wo die sinnvolle Interpretation einer Äußerung nicht direkt möglich ist“, dieser einen der Situation angemessenen Sinn zuzuweisen (wie in dem oben erwähnten Beispiel die metonymische Beziehung Behälter für Inhalt), den er als „uneigentlich“ und „übertragen“ bezeichnet, und der dann dafür sorgt, dass „ein Teil der konventionellen Bedeutung aufgegeben“ wird und „unter Verwendung von semantischem, stereotypischem und Faktenwissen versucht wird, den vom Sprecher gemeinten Sinn zu rekonstruieren“ 46 (ebd., S. 58). Diese „spontane Metaphorik“ bezeichnet er außerdem als „pragmatische Angelegenheit“ (ebd.), welche lexikografisch dahingehend interessant ist, dass sich bestimmte Extensionen verfestigen können und so „neben der wörtlichen Bedeutung 47 Bestandteil des Lexikons“ werden (ebd.). Eine metonymische oder metaphorische Deutung kann sich aus dem situativen oder auch aus dem Gesprächskontext einer Äußerung speisen. So kann in einem Café-Kontext Tasse für den Inhalt derselben stehen (Machen Sie mir bitte noch eine Tasse. - Ja, kommt sofort.), im Kontext einer Geschirrbestellung in einer Töpferei wiederum für das Gefäß selbst (Können Sie mir noch so eine Tasse machen? - Ja, das dauert aber drei Tage.). Im ersten Falle würde machen als zubereiten oder kochen bzw. aufbrühen zu interpretieren sein, im zweiten als töpfern oder anfertigen. Eine sinnvolle Interpretation einiger spezifischer Handlungen, die machen in bestimmten konkreten Verwendungen ausdrückt, ist daher ohne den Einbezug der kontextgebundenen Referenz der (in den aller meisten Fällen hauptsächlich) Objekte in manchen Fällen nicht zu leisten, weswegen auf der Spezifikationsebene der Semantik der Argumente der weitere sprachliche und außersprachliche Kontext oftmals eine Rolle spielt, bzw. spielen muss. 48 46 Pustejovsky (1995) spricht bei diesem Prozess von (Sub-)Type Coercion (ebd., S. 111ff.). 47 Eine Unterscheidung von wörtlicher und übertragener Bedeutung ist jedoch zum einen nicht exakt vorzunehmen und zum anderen sind die beiden Konzepte „wörtlich“ und „übertragen“ nicht eindeutig definiert (vgl. Donalies 2005, S. 345f.). Eine Unterscheidung nach diesen Kriterien geht von einer inhärenten Bedeutung von Ausdrücken aus, die im Ansatz dieser Arbeit nicht vertreten wird. Zu der dieser Arbeit zugrunde liegenden Auffassung von Bedeutung siehe die Einleitung zu Kapitel 4. 48 Die metaphorische Extension wird im Zusammenhang mit machen auch funktional eingesetzt, um Ausdrücke als durchführbar zu rahmen, die aber bspw. Entitäten oder Personen bezeichnen (siehe Abschn. 6.6.3 zur näheren Beschreibung). Ebenenmodell zur Beschreibung von Bedeutungskonstitution in gesprochener Sprache 61 4.2.3 Wortverbindungsmuster Der Begriff Wortverbindungsmuster (WVM) wird zum Beispiel von Stein (2004) und Steyer (2013) 49 verwendet, um die ganz freien, ad hoc gebildeten Ausdrücke von jenen abzugrenzen, die irgendeinen Grad an Festigkeit und wiederholtem Auftreten aufweisen. Dieser Begriff entstammt dem Fachgebiet der Phraseologie, die mit der Konstruktionsgrammatik die Auffassung über die Relevanz von festen Wortverbindungen für das Verständnis von Sprache und Grammatik teilt. 50 WVM entsprechen laut Steyer (2013, S. 237) 51 einer „sehr weiten, gebrauchsbasierten Definition“ von Konstruktionen, wie sie Goldberg ansetzt, die besagt, dass sprachliche Muster als Konstruktionen gespeichert sind, wenn Aspekte ihrer Form und Funktion nicht aus ihren Komponenten oder anderen existierenden Konstruktionen herleitbar sind oder wenn sie sehr häufig vorkommen. Wortverbindungsmuster unterscheiden sich von Argumentstrukturmustern (siehe Abschn. 4.2.1) in der Hinsicht, dass ihre lexikalische Spezifikation genauer ist, bzw. dass die Slots, die sie innehaben, semantisch restringierter sind. Bezüglich Konstruktionen im Sinne der Konstruktionsgrammatik beschreiben WVM also mehr als nur das strukturelle Argumentmuster auf der Formseite, sie beziehen sowohl Synsemantika als auch Autosemantika als fixierte lexikalische Elemente mit ein und sind auf restringierte Weise produktiv, da die Slots mit unterschiedlichen Lexemen besetzt werden können, die aber innerhalb eines semantischen (oder konzeptuellen) Feldes liegen müssen. Das heißt, sie müssen „gemeinsame semantische und/ oder funktionale Merkmale“ besitzen (Steyer 2013, S. 27). WVM sind so als sprachliche Einheiten bzw. Schemata erkennbar, welche je nach morphosyntaktischer Beschaffenheit der Slotbesetzungen in unterschiedlichen Strukturmustern resultieren können (ebd., S. 25f.). 52 Für die Bedeutungskonstitutionsebenen ist von Be- 49 Steyer gibt an, dass sie damit das meint, was Feilke (1996) als „geprägte komplexe Ausdruckmuster“ bezeichnet (ebd., S. 187). 50 Diese Verbindung erklärt sich daraus, dass die Konstruktionsgrammatik daraus entstanden ist, dass Phraseologismen nicht mehr als Randphänomene der Sprache, sondern als Forschungsgegenstand an sich betrachtet wurden, vgl. Croft/ Cruse (2004): „It is not an exaggeration to say that construction grammar grew out of concern to find a place for idiomatic expressions in the speaker’s knowledge of a grammar of their language.“ (ebd., S. 225). 51 Steyer bezieht dies konkret auf usuelle Wortverbindungen (UWV), welche lexikalisch gefüllte WVM sind, „die durch massenhaften Gebrauch zu festen Einheiten geronnen“ sind (2013, S. 28). Vgl. dazu Abschnitt 4.2.3.1. 52 Die gesamte Einheit wird also als Schema bezeichnet, jede einzelne morphosyntaktische Struktur als Strukturmuster (Steyer 2013, S. 25f.). Ein WVM (Schema) kann dabei auch aus unterschiedlichen Strukturmustern konstituiert sein, zum Beispiel: X davonkommen = billig davonkommen (AP davonkommen), gerade noch davonkommen (AdvP davonkommen), mit einem Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 62 lang, dass machen hier als Teil des Wortverbindungsmusters angesehen wird, es sich beim WVM also anders als beim Argumentstrukturmuster nicht um eine Struktur handelt, in welche das Verb eintritt. Dabei sind aber manche Autosemantika nicht innerhalb eines semantischen Feldes austauschbar, und zwar dann, wenn diese für die Bedeutung des Musters konstitutiv sind. Ein Beispiel wären die Muster sich ein(en) X aus Y machen, welches in den Ausdrücken sich einen Spaß/ Jux/ Scherz aus etwas machen, resultieren kann, oder ein(en) X aus Y machen, welches in den Ausdrücken einen Kult/ ein Ereignis/ ein Drama aus etwas machen resultieren kann. Die Wortverbindungmuster können beide mehrere Wortverbindungen generieren (siehe folgender Abschn. 4.2.3.1), welche untereinander semantische Ähnlichkeiten aufweisen, die aber in unterschiedlichen Kontexten vorkommen und verschiedene Konzepte versprachlichen (können). Dabei kann jedes für sich auch kreativ durch metonymische oder metaphorische Veränderungen neue Wortverbindungen hervorbringen (ein Ereignis/ eine Sensation/ ein Highlight aus etwas machen), welche wiederum leicht veränderte Konzepte versprachlichen, die aber im weitesten Sinne semantisch mit einem bekannten Muster in Verbindung gebracht werden und deswegen entsprechend gedeutet werden können. 53 Die Struktur bei einem Argumentstrukturmuster (vgl. Abschn. 4.2.1) wäre etwas aus etwas V-en bzw. X aus Y V-en. Die daraus formulierbaren Äußerungen sind weniger restringiert, die Semantik, die dieses Muster versprachlicht, ist weniger auf bestimmte Umgebungen und Konzepte beschränkt und die Struktur kann (theoretisch) 54 so weitreichender eingesetzt werden: Sie machte aus Wolle einen Schal; Er macht bestimmt etwas Schönes aus der Idee. Auf der Bedeutungsseite liegt lediglich das eher generelle Konzept einer Veränderung oder Modifikation im weitesten Sinne, hervorgerufen durch die obligatorische Nennung des Ausgangszustandes in der aus-PP. Der übersummative Aspekt des Übertreibens, den die Variante mit semantisch restringierter, unbestimmter NP für X und dem Verb machen hat (ein(en) X aus Y machen), ist dabei jedoch nicht aus dem Argumentstrukturmuster ableitbar; diese Variante stellt also eine eigene Konstruktion dar. Der übersummative Bedeutungsaspekt ist somit das, was es als WVM kennzeichnet, so dass das Muster als Einheit sowohl für Produktion als auch für Perzeption abrufbar ist, während ein Argumentstrukturmuster nicht als unabhängiges sprachliches Schema erkennbar ist, das „auch ohne weitere sprachliche Einheiten als komplexer sprachlicher blauen Auge davonkommen (PP davonkommen) (ebd., S. 27, sie verwendet dabei andere wortklassenbezogene Platzhalter). 53 Die angebrachten Beispiele unterscheiden sich nicht nur darin, dass die Objekte verschiedenen semantischen Klassen angehören, auch das erste erwähnte Schema enthält obligatorisch das Reflexivpronomen sich. 54 Vgl. dazu Abschnitt 6.4.2.2. Ebenenmodell zur Beschreibung von Bedeutungskonstitution in gesprochener Sprache 63 Ausdruck versteh- und einsetzbar ist“ (Steyer 2013, S. 24), da es wesentich schematischer und somit abhängiger von seinen lexikalischen Füllungen ist und dadurch auch situativ flexibler einsetzbar. 4.2.3.1 (Usuelle) Wortverbindungen Wortverbindungen, die eine übersummative Qualität haben und als sprachliche Einheiten betrachtet werden können, werden mit Steyer (2013) als usuelle Wortverbindungen bezeichnet. Usuelle Wortverbindungen (UWV) als Modell wurde vor dem Hintergrund der Phraseologieforschung entwickelt (ebd., S. 32) und setzt somit einen besonderen Fokus auf die lexikalischen Elemente in wiederholt auftretenden Wortverbindungen (ebd., S. 37). Anders als die Konstruktionsgrammatik geht Steyer bei der Untersuchung von UWV nicht von abstrakten Konstruktionen aus, die sie dann mit den Daten zu belegen versucht, sie nimmt vielmehr „den umgekehrten Weg: erst eine große Menge realer Sprachdaten, dann die Generalisierungen“ (ebd., S. 238). Steyer macht am konkreten Beispiel der Wortverbindungen mit Grund bzw. der Chunks 55 in der Umgebung dieses Wortes deutlich, dass Musterhaftigkeit nicht so einfach vorhersagbar ist und sich auch (funktional) restringierende Schemata in Wortverbindungen verstecken, bei denen man dies aufgrund ihrer Unauffälligkeit und scheinbar universellen Einsatzfähigkeit nicht vermutet hätte (Steyer 2013, S. 286f.). Darüber hinaus stellt sie fest, „dass es keine absolute Festigkeit eines Musters gibt, sondern dass die Grenzen fließend sind“ (ebd., S. 287, Hervorhebung im Original). Sie geht also davon aus, dass die meisten Wortverbindungen in der Sprache zwischen den ganz freien und den ganz fixierten Verbindungen liegen (ebd., S. 22). Ihre Gemeinsamkeit, also das, was sie zu einem Muster macht, ist die Beschaffenheit der lexikalischen Füllungen sowie der Kontext, in dem sie auftreten. So gesehen steht der UWV-Ansatz der Arbeit mit authentischen Sprachdaten näher als die bereits von Deppermann (2011a, S. 221f.) kritisierte Annahme der statischen Konstruktionen, wobei bei Steyers Untersuchung die Flexibilität der Strukturen nicht in ihrer inkrementellen Entstehungsweise zu finden ist, da diese auf der Basis schriftsprachlicher Korpora vorgenommen wurde. 55 „Funktionale Chunks: verfestigte Syntagmen, die zwar keine holistische semantische Bedeutung im strengen Sinne aufweisen, aber systematisch funktional restringierte Ausdrücke selegieren und auch als Bausteine in der Kommunikation eingesetzt werden“ (Steyer 2013, S. 378, Hervorhebung im Original). Dies beschreibt in gewisser Weise den lexikalischen (im Gegensatz zum rein strukturellen) „Schablonen-Anteil“ in dem Konzept der Phraseoschablonen (vgl. Fleischer 1997, S. 130ff.) oder auch die synsemantischen Ausdrücke in Argumentstrukturmustern wie bspw. je X desto Y. Für Grund wurden die Chunks der Muster allen [Grund], [aus welchem Grund] auch immer, mit ein [Grund], ohne [Grund] von, nicht zuletzt [aus X Gründen] und und das [aus X Grund] untersucht. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 64 UWV stellen lexikalisch gefüllte WVM dar, die einen gewissen Grad an Lexikalisierung erreicht haben. Feilke (1996) definiert Lexikalisierung als einen Prozess, der „geprägte Einheiten in die ‘Bestände’ des Sprachwissens“ überführt (ebd., S. 181). Dabei handelt es sich vornehmlich um „Ausdrücke, die eben im Gebrauch bewährt und durch den Gebrauch konventionalisiert worden sind“ (ebd., Hervorhebung im Original). (Usuelle) Wortverbindungen erfüllen als Ganzes eine (oder mehrere) kommunikative Funktion(en) und/ oder haben als Ganzes eine lexikalische Bedeutung und machen ist als fester Bestandteil der Verbindung anzusehen. Als Konstruktionen stellen sie also lexikalisch (teil-)fixierte Verbindungen von Form-Bedeutungs-Paaren dar und kommen in unterschiedlichen Ausdehnungen vor, womit diese Bezeichnung die in der Phraseologieforschung verwendeten Begriffe Kollokationen, Idiome, grammatische Phraseme, Funktions- und Nominalverbgefüge, Redewendungen oder Sprichwörter zusammenfasst. Da die Definitionen der eben genannten Begriffe nicht einheitlich in der Forschung sind und die Übergänge - wie bei den meisten Kategorien - fließend, verwende ich hauptsächlich auch den Begriff (feste) Wortverbindung für lexikalisch (aber nicht notwendigerweise morphosyntaktisch) fixierte Mehrworteinheiten. Denn es kommt nicht vornehmlich darauf an, darzustellen, ob ein bestimmter Ausdruck etwa ein Funktionsverbgefüge 56 oder eine Kollokation ist, sondern dass es sich dabei um eine feste Wortverbindung mit einer bestimmten (semantischen oder funktionalen) Bedeutung handelt. Dennoch soll der Begriff Kollokation bzw. kollokativ im Weiteren zusätzlich zu (fester) Wortverbindung verwendet werden, da dieser - im Sinne Hausmanns (2004, 2008) hier gebraucht - vornehmlich Zweierkombinationen (mitunter auch Dreierkombinationen) von usuell zusammen gebrauchten Ausdrücken bezeichnet, die „eine interne semantische Determiniertheit“ (Steyer 2008, S. 187) aufweisen, nämlich die von der autonomen Basis und dem von der Basis abhängigen Kollokator. Im Falle von machen wäre das Verb also der Kollokator, der häufig mit unterschiedlichen - nominalen und auch adjektivischen - Basen auftritt und in diesem Zusammenhang eine ganz eigene Interpretation erhält, da machen als Kollokator semantisch abhängig von seiner jeweiligen Basis ist (Hausmann 2008, S. 3). Kollokationen bezeichnen häufig Konzepte, die theoretisch auch - im Falle dieser Untersuchung - durch (die Kombination mit) andere(n) Wörter(n) ausgedrückt werden könnten, aber in der Sprachgemeinschaft der jeweiligen Sprache derart und nicht anders ausgedrückt werden (bspw. werden Betten im Deutschen gemacht und nicht ge- 56 Zur Kritik an diesem Begriff siehe Abschnitt 5.1.5. Ebenenmodell zur Beschreibung von Bedeutungskonstitution in gesprochener Sprache 65 legt, geordnet oder gebaut, wenn man das Aufschütteln und ordentliche Drapieren von Bettdecke und Kopfkissen versprachlichen möchte). 57 Diesem Umstand tragen die Wörterbücher nicht Rechnung, sie benutzen vielmehr fast schon traditionell die Kollokationen als Beispiele für bestimmte Bedeutungen von machen bzw. von Ausdrücken generell (vgl. Hausmann 2008, S. 4; oder auch Burger 1998, S. 169 für Phraseologismen) und schreiben dann teilweise dem Verb innerhalb der Kollokation eine generelle Bedeutung zu, anstatt die Zweiwortkombination (oder Mehrwortkombination) als Ganzes zu sehen. Viele transitive Verwendungen, die üblicherweise als Belegbeispiele für eine bestimmte Lesart des Verbs machen herangezogen werden, können also als lexikalisierte Einheiten, die an sich und als Ganzes als Konstruktionen zu analysieren sind, aufgefasst werden, was im Endeffekt eine Verringerung der Lesarten, die für machen allein angesetzt sind, bedeuten würde. Die Bezeichnung Kollokation soll hier genau diese Art von Zusammenhalt von Wörtern noch einmal deutlich ausdrücken, da besonders bei Verwendungen mit lexikalischen Objekten zum einen viele Kombinationen vorkommen, die kollokativ einen Prädikatsausdruck formen, zum anderen aber auch Kombinationen, bei denen - ebenfalls kollokativ - zumindest schriftsprachlich ein anderes Verb erwartbar gewesen wäre. Eine Kollokation stellt also hier eine konventionalisierte Verbindung von zwei Wörtern dar. Eine potenzielle Austauschbarkeit ist dabei nicht bei jeder Kollokation gleichermaßen gegeben, manche Kollokationen sind fester (Betten machen/ *legen/ *bauen) als andere (Kaffee machen/ kochen/ ? aufbrühen). 58 machen zeigt sich also - zum einen anhand der betrachteten Sprachdaten, aber auch in Anbetracht der vorhandenen Literatur - als Verb mit „hohe[r] Phrasematisierungsaffinität“ (Frühneuhochdeutsches Wörterbuch (FNWB), S. 1529). Ein Grund dafür liegt gewiss in der relativen semantischen Leere des Verbs, das - wie bereits festgestellt - auf seiner abstraktesten Ebene lediglich das Konzept der Agentivität ausdrückt. 57 Dies gilt natürlich nicht nur für Verb-Nomen-Kombinationen, sondern beispielweise auch für Verb-Adjektiv-Verbindungen (fertig machen) oder für Adjektiv-Nomen-Kombinationen, wie das gerne und oft in der Kollokationsliteratur zitierte Beispiel des „eingefleischten Junggesellen“ zeigt. 58 Dass eine potenzielle Austauschbarkeit dennoch bei manchen Analysen als Argument mit einbezogen wird, liegt daran, dass sie zumindest einen Hinweis geben bzw. eine Tendenz aufzeigen kann, wann bestimmte (auch identische) Kombinationen eher kompositional zu deuten sind und wann als lexikalische Einheiten. Sie wird aber nicht als eindeutiges und unwiderlegbares Argument angenommen. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 66 4.2.3.2 Der Umgang mit UWV in der vorliegenden Untersuchung Eine genaue Unterscheidung zwischen freien und usuellen Wortverbindungen ist für die vorliegende Untersuchung weder von großer Bedeutung, noch ist es ihr Ziel, eine solche vorzunehmen. Auch bei der Beschreibung der Bedeutungsspezifizierung auf den Ebenen von Argumentstrukturmustern (oder Konstruktionen) und Semantik lassen sich anhand von konventionalisierten festen Wortverbindungen die Spezifizierungsweisen dieser Ebenen aufzeigen, denn viele auch konventionalisierte Verwendungen mit machen sind in erster Linie usuell, haben aber weder ihre innere Struktur verloren, noch werden sie gänzlich idiomatisch (also nicht-kompositionell) gebraucht, auch wenn es solche natürlich ebenfalls gibt (bspw. Kaffee machen, Betten machen vs. jemandem Beine machen, den Garaus machen). Dies bedeutet für die Bedeutungskonstitution von machen, dass zumindest bei kollokativen Kombinationen eine Spezifikation auf der semantischen Ebene stattfindet, das Verb aber bei idiomatischen Wortverbindungen ein Teil der als lexikalische Einheit gebrauchten Verbindung ist. Bei einem konkreten Einbezug dieser Tatsache in die vorliegende Untersuchung zeigt sich, dass die kollokativen und satzwertigen festen Verbindungen nicht immer eindeutig als solche zu bestimmen sind, denn wie bereits angemerkt, sind die Übergänge zu freien Wortverbindungen fließend und die Kriterien weder eindeutig noch unumstritten (vgl. dazu Donalies 2005 und auch Lüger 2004). Es kann daher nicht immer eindeutig dafür argumentiert werden, warum eine spezielle Kombination einen Status als Einheit zugesprochen bekommen soll und eine andere nicht, denn diese Entscheidung würde zu einem großen Teil auf Introspektion beruhen. 59 Usualität soll auch nicht mit Häufigkeit gleichgesetzt werden, denn Ausdrücke bzw. Wortverbindungen müssen nicht so häufig sein, dass sie zum Beispiel statistisch erfassbar sind, um als usuell zu gelten (vgl. Steyer 2013, S. 31). 60 Es wird deswegen diesbezüglich in dieser Arbeit mit Steyer (ebd.) und 59 Es existieren zwar Kollokationswörterbücher, doch deren Einträge beruhen auf der Auswertung von Schriftdaten und außerdem ist eine hohe Frequenz allein kein eindeutiges Kriterium für, bzw. der Mangel an hoher Frequenz kein eindeutiges Argument gegen den Status als Kollokation (Donalies 2005, S. 348f.). Es kann von daher durchaus davon ausgegangen werden, dass in der gesprochenen Sprache mehr Nomen und auch Adjektive mit machen eine usuelle Verbindung eingehen, als schriftsprachlich als guter Stil angesehen wäre oder auch nur häufig vorkommen. Zum Beispiel findet sich im Kollokationswörterbuch von Häcki Buhofer (2014) nicht das Verb machen als Kollokator zu Arbeit (ebd., S. 36f.), weder im Sinne von erledigen, noch von verursachen. In dem von Quasthoff (2011) dagegen steht machen als Kollokator für Arbeit aufgeführt, aber nur im Sinne von erledigen (ebd., S. 36). Für mich wäre dies introspektiv eine eindeutige Kollokation, und zwar für beide Bedeutungen (seine Arbeit machen und (jemandem) Arbeit machen), doch belegen kann ich diese Intuition nicht. 60 Usualität ist in Bezug auf Wortverbindungen und in der Phraseologieforschung generell kein unumstrittenes Kriterium für die Identifikation von Wortverbindungen und wird auch unter- Ebenenmodell zur Beschreibung von Bedeutungskonstitution in gesprochener Sprache 67 Feilke (2004, S. 52f.) konform gegangen. Feilke sieht die Häufigkeit des Auftretens eines Ausdrucks nicht als entscheidenden Faktor für den Status als usuell, sondern „die Kenntnis des Gebrauchszusammenhangs“ (ebd., S. 53), also dass Sprecher generell den Ausdruck als Ganzes als Bezeichnung für etwas Bestimmtes benutzen. Wichtiger als Frequenz für die Definition eines Ausdrucks oder einer Wortverbindung als usuell - ähnlich wie es sich bei den Kollokationen verhält - ist also der „Grad an idiomatischer Prägung“ 61 (Steyer 2013, S. 27, sie nutzt den Begriff Idiomatische Prägung von Feilke 1998, 2004), was bedeutet, dass einer Verbindung als holistischer Einheit eine bestimmte Bedeutung zugewiesen wird und häufig auch, dass diese Einheiten in bestimmten Kontexten bestimmte Aufgaben erfüllen. Da also eine strikte Trennung nicht vorgenommen werden kann, werden auch als feste Verbindungen interpretierbare Ausdrücke in den Beschreibungen der Bedeutungsspezifikationen zu finden sein, es wird dabei aber immer auf den jeweiligen Gebrauch im Kontext fokussiert und auf einen eventuellen Einheitenstatus hingewiesen werden. 4.2.3.3 Social Action Formats Manche Wortverbindungen haben eher eine Funktion in der Interaktion, als dass sie eine bestimmte Bedeutung konzeptualisieren; sie treten also an bestimmten sequenziell determinierten Stellen in der Interaktion auf und dienen der Durchführung bestimmter sprachlicher Handlungen. Diese Wortverbindungen werden als Social Action Formats (SAF) bezeichnet (Fox 2007, S. 304; Deppermann 2011b, S. 436ff.) und als Beleg dafür herangezogen, wie sprachliche Form von sequenziellen und funktionalen Begebenheiten beeinflusst werden kann (Fox 2007, S. 304). Es wird also auch die sequenzielle Organisation einer Struktur, wenn sie rekurrent ist, als möglicherweise zum SAF gehörig angesehen und demnach dann in der Beschreibung solcher Formate mit einbezogen. SAFs können von zweierlei Perspektiven aus betrachtet/ definiert schiedlich bei den Bedingungen für die Identifikation von Phrasemen eingeordnet: So ist „Gebräuchlichkeit“ bei Burger (1998) ein Unterpunkt von „Festigkeit“ (ebd., S. 16f.), da „[d]ie Manifestation von Gebräuchlichkeit […] als ‘Festigkeit’ der Wortverbindung bezeichnet [wird]“ (ebd., S. 17). Bei Donalies (2005) ist Gebräuchlichkeit dagegen ein eigenes Kriterium, welches sie „sprachgemeinschaftliche Üblichkeit“ nennt (ebd., S. 348f.) und auch generell in Frage stellt. Ebenso stellt sie den Zusammenhang zwischen Üblichkeit und Frequenz in Frage (ebd., S. 348). 61 „Grad an idiomatischer Prägung“ ist bei Steyer nicht gleichzusetzen mit dem klassischen Idiomatizitätsbegriff der Phraseologie, bei dem die Bedeutung eines mehrgliedrigen Ausdrucks nicht aus der Bedeutung seiner Teile abgeleitet werden kann (Steyer 2013, S. 27). Hier ist es als „Konventionalisierung im Sprachgebrauch“ (ebd., S. 28) gemeint, von Strukturen, die wiederholt zusammen auftreten, und das über eine Anzahl vieler Texte (oder Konversationen) verteilt, so dass sie sich verfestigen. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 68 werden: sowohl als Formen, die häufig bestimmte Handlungen ausführen, als auch als Handlungen, die überproportional oft durch bestimmte Formen instanziiert werden. Dies birgt ein Problem für die Einordnung von SAFs als Konstruktionen in sich, da in der Konstruktionsgrammatik jede Veränderung auf der Form- oder Bedeutungsseite zur Konstitution einer neuen Konstruktion führt, in auf natürlicher Interaktion basierenden Untersuchungen aber statische und strikte Form-Funktions-Paare nur sehr selten vorkommen, weil kontextbedingt immer Variation vorliegt (vgl. Deppermann 2011b, S. 438), und zwar sowohl auf der Formals auch auf der Inhaltsseite. Dies wirft außerdem die Frage auf, auf welchem Granularitätslevel die Handlungen angesetzt werden sollen und was genau eine eigene Handlung ausmacht und wie signifikant die Veränderung einer Handlung sein muss, damit diese in einer neuen, eigenen Handlung resultiert. 62 Ein weiteres Problem liegt in der Haltung der Konstruktionsgrammatik zur Polysemie (Goldberg 1995, S. 33ff.), die dort nicht vorgesehen ist, bzw. werden dort polyseme Konstruktionen widersprüchlich erklärt und behandelt (kritisiert in Engelberg et al. 2011, S. 75ff.) und die Beziehungen zwischen den unterschiedlichen Varianten eines Form-Bedeutungs-Paares nicht eindeutig beschrieben werden. Demnach sind SAFs entweder gar nicht als Konstruktionen anzusehen, sondern sie bezeichnen Formate, die zur Ausführung bestimmter (sehr ähnlicher) Handlungen so häufig verwendet werden, dass man von einer konventionellen Form sprechen kann. Oder sie sind Konstruktionen, die auf der Inhaltsseite überproportional häufig (aber nicht immer) die damit ausgeführte Handlung enthalten, was allerdings in der Form zum Beispiel bei Goldberg nicht für den Konstruktionsbegriff vorgesehen ist. In der vorliegenden Untersuchung wird Social Action Format als eine lexikalisch gefüllte Struktur angesehen, welche - in leichten Variationen sowohl auf der Formals auch auf der Verwendungsseite - für die Ausführung bestimmter Handlungen in Interaktionen verwendet wird. Dies stellt eine Betrachtung des Social Action Formats von der Formatseite aus gesehen dar. Exemplarisch 62 Vgl. dazu Imo (2011). Er schlägt vor, die Granularitätstheorie nach Bittner/ Smith (2001) auf den Konstruktionsbegriff anzuwenden, da auch seiner Meinung nach die starre Ansicht von Konstruktionen als feste Paare von Form und Bedeutung/ Funktion „der Realität nicht standhält“ (Imo 2011, S. 114), da manche Ausdrücke bei gleicher Form mehrere unterschiedliche Bedeutungen innehaben können und auch manche Bedeutungen gleichzeitig aktiviert sein können (ebd.). Das würde bedeuten, dass eine Konstruktion nicht als eine konkret definierte Einheit konzeptualisiert wird, die klare Abgrenzungen hat, sondern dass Konstruktionen je nach Kontext unterschiedlich feinkörnig betrachtet und beschrieben würden (ebd., S. 137) und somit auch die unterschiedlichen und jeweils analyserelevanten Granularitätsebenen definiert werden müssten (ebd.). Die Konstruktionen selbst müssten dann nicht eins zu eins ganz bestimmten, genau definierten Bedeutungen oder Funktionen entsprechen. Ebenenmodell zur Beschreibung von Bedeutungskonstitution in gesprochener Sprache 69 wird ein bestimmtes Format betrachtet, welches als wir machen das so (diese Bezeichnung steht stellvertretend für alle Variationen) bezeichnet wird (vgl. Abschn. 6.6.1.2) und sowohl in seiner prospektiven als auch in seiner retrospektiven Verwendung beschrieben wird; es wird also die sequenzielle Position hierbei als zum Format gehörig betrachtet. 4.3 (Teil - )Satzexterne und außersprachliche Ebene Wie bereits im Abschnitt über die Semantik der Argumente erwähnt, kann der außersprachliche Kontext äußerst relevant für die Interpretation einer Wortbedeutung sein. Besonders, wenn das entsprechende Wort selbst nicht viel an semantischer Spezifikation mit sich bringt. Auch Pinkal (1985) bezeichnet generell die „Idealvorstellung der Wortbedeutung als eines stabilen, eindeutigen, wohlumgrenzten semantischen Wertes“ als „naiv[…]“ und stellt dieser „die konstitutiven Züge natürlicher Sprachen Kontextabhängigkeit, Mehrdeutigkeit und Vagheit gegenüber[…]“ (ebd., S. 57, Hervorhebungen von K.K.). Er schließt seine Beschreibung der Phänomene von Kontextabhängigkeit (wie bspw. Deixis und Anaphorik, aber auch die Vereindeutigung mehrdeutiger (vager wie ambiger) Ausdrücke, ebd., S. 33ff.) mit der Zusammenfassung: „Kontextabhängig in irgendeiner Form ist, kurz gesagt, fast der gesamte Wortschatz.“ (ebd., S. 35). Die Formulierung „[k]ontextabhängig in irgendeiner Form“ beziehe ich darauf, dass es unterschiedliche Arten von Kontexten gibt (eine Problematik, die Pinkal auch in dem auf das Zitat folgenden Abschn. aufgreift, ebd., S. 35ff.) und auch darauf, dass „die Sinnzuweisung nicht von maximalen Kontexten [d.h. allen Kontexten, die theoretisch möglich sind (Anmerkung der Autorin)], sondern von den jeweils relevanten Kontexteigenschaften abhängig“ ist (ebd., S. 36f., Hervorhebung im Original). Kontext und Situiertheit stellen auch für die Gesprächsforschung einen integralen Bestandteil der Bedeutungskonstitution dar (Deppermann 2002a, S. 18ff.), die Bestimmung dessen, was in welcher Weise zum Kontext zu zählen ist, wird dagegen in der Literatur unterschiedlich weit gefasst: [I]t does not seem possible at the present time to give a single, precise, technical definition of context, and eventually we might have to accept that such a definition might never be possible. (vgl. Goodwin/ Duranti 1992, S. 2, Hervorhebung im Original) Goodwin und Duranti schlagen als Konzeption die Vorstellung eines fokussierten Ereignisses (focal event, ebd., S. 3) vor, welches vor dem Hintergrund eines Kontexts erst verstanden, analysiert und interpretiert werden kann. Der Kontext ist also das, was ein bestimmtes, fokussiertes Ereignis wie einen Rahmen umgibt, so dass eine angemessene Interpretation des Ereignisses über- Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 70 haupt stattfinden kann (ebd.). Diese weit gefasste Auffassung von Kontext greift Auer (2009) auf, der darauf aufbauend fünf zu unterscheidende Dimensionen von Kontext beschreibt (ebd., S. 90f.): a) Sprachliche Kontexte, b) nicht-sprachliche Sinneseindrücke in der Umgebung der Sprechhandlung, c) Eigenschaften der sozialen Situation, d) Eigenschaften des gemeinsamen Hintergrundwissens der Partizipanten (außer a-c), e) Kommunikationsmedium. In diesem Sinne - aber nicht in exakt dieselben Ebenen - wird der Kontext auch im vorliegenden Modell weiter unterteilt. Das fokussierte Ereignis ist im Falle der Untersuchung jener (Teil-)Satz, welcher das Verb machen enthält. Die im Folgenden beschriebenen vier Ebenen sind diejenigen, die für die Ebene jenseits des (Teil-)Satzes als relevant angesehen werden, da sie einen direkten Einfluss auf die Interpretation der Handlungsbedeutung des Verbs haben können. Diese sind: a) der Gesprächskontext, b) der außersprachliche Kontext, c) der sequenzielle Kontext, d) das Hintergrundwissen. Diese entsprechen in etwa den ersten beiden und dem vierten der fünf oben erwähnten, von Auer (ebd.) angesetzten Ebenen: sprachlicher Kontext, nicht-sprachliche Sinneseindrücke in der Umgebung der sprachlichen Aktivität und Hintergrundwissen. Der sprachliche Kontext wird in diesem Modell auf den Gesprächskontext (vgl. Abschn. 4.3.2 und 6.3.2) und den sequenziellen Kontext unterteilt, die bei Auer zum sprachlichen Kontext zusammengefasst werden (ebd., S. 91f.). 63 Die weiteren kontextuellen Ebenen, die Auer (ebd.) vorschlägt (soziale Situation und Kommunikationsmedium), sind für die Deutung von machen nicht von Belang, da sich auf diesen Ebenen für dieses Verb keine Bedeutung konstituiert. 64 Das bedeutet nicht, dass die hier vor- 63 Die zum sprachlichen Kontext hinzugezählte Dimension der intertextuellen Beziehungen zwischen Texten, die zu unterschiedlichen Begebenheiten produziert wurden (Auer 2009, S. 92), ist nicht relevant für die vorliegende Untersuchung und wird deswegen nicht aufgeführt. 64 machen ist ein im deutschen Sprachgebrauch sehr universell auftretendes Verb, welches nicht auf ein spezifisches Genre, spezielle Kenntnisse sozialer oder sonstiger Gepflogenheiten, Status oder Medium begrenzt ist. machen kann und wird in irgendeiner Form in jeglichen Kontexten überall verwendet (werden). Auch in institutionellen oder offiziellen Gesprächen sind zum einen Ausdrücke wie dann machen wir das so, Urlaub machen, Pause machen oder fertig ma- Ebenenmodell zur Beschreibung von Bedeutungskonstitution in gesprochener Sprache 71 genommene Bezeichnung und Einteilung der kontextuellen Ebenen als Definition oder Konzeption von Kontext generell angenommen werden, sondern nur, dass es sich bei den hier aufgeführten Ebenen um die bereits oben erwähnten „jeweils relevanten Kontexteigenschaften“ handelt, die für die Bedeutungszuweisung für machen überwiegend und auf der Grundlage der vorgenommenen Untersuchung als (mit)verantwortlich erkannt wurden. Auch diese Ebenen lassen sich bei der Analyse von konkreten Sprachdaten nicht immer unbedingt auseinanderhalten, doch es wird sich zeigen, dass sie unterschiedliche Quellen für die Konstitution von Bedeutung (zumeist in Verbindung mit den Bedeutungskonstitutionsmitteln auf der Ebene des (Teil-)Satzes) ausmachen und deswegen auch auf individuellen Ebenen verortet werden können. 4.3.1 Hintergrundwissen Als Hintergrundwissen wird hier all jenes Wissen verstanden, welches Interaktionsteilnehmer über alltägliche Szenarien, kanonische Abläufe bestimmter Prozesse oder kulturelle Begebenheiten haben. Dies wird dann relevant, wenn für die Interpretation einer Äußerung mit machen das Vorhandensein und/ oder die Reihenfolge bestimmter Handlungen in dem aktuell relevanten oder sprachlich relevant gemachten Kontext bekannt sein muss; also das, was in der kognitiven Semantik als Frames, Scenes oder Schema bezeichnet wird (Croft/ Cruse 2004, S. 8). Zum Beispiel ist es in einigen Spieleinteraktionen für die Deutung von machen unerlässlich, dass man weiß, wie ein Pokerspiel abläuft und welche Rolle dort Blinds spielen. Mit Lasst uns 300 600 machen kann ein Spieler bei einem Pokerspiel so die jeweiligen Mindesteinsätze (Blinds) für das nächste Spiel vorschlagen, machen ist in dieser Situation also als (ein)setzen zu interpretieren. Aber auch die Kenntnis alltäglicher Frames oder Schemata ist damit gemeint, wie etwa die Bekanntheit der Begebenheiten und Vorgänge, die innerhalb des Universitätskontexts von Bedeutung sind. So ist es bei der Interpretation des Ausdrucks Seminar machen relevant zu wissen, was ein Seminar ist, dass Studenten daran teilnehmen und bestimmte Anforderungen - regelmäßiges Erscheinen, Referate, Hausarbeiten - erfüllen müssen und dass Dozenten Seminare sowohl geben als auch vorbereiten und außerdem die Studenten in Seminaren bewerten können. Diese Kenntnisse schränken das Feld möglicher Handlungsbedeutungen im Vorfeld ein, so dass - wenn notwendig - weitere Spezifikationen durch den Gesprächs-, Sequenz- und außersprachlichen Kontext geleistet werden könchen zu finden; zum anderen aber auch spontane Verbindungen, die schriftsprachlich und/ oder kontextfrei markiert wirken würden (Streik machen, Regionalverkehr machen). Vgl. dazu auch Abschnitt 6.7. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 72 nen. Ein Seminar zu machen bedeutet also im Universitätskontext für Studenten oder Dozenten jeweils andere Handlungen durchzuführen und kann auch innerhalb der Gruppen variieren, so dass Seminar machen für einen Dozenten sowohl das eigentliche abhalten einer Seminarstunde (Ich mach gleich noch das Seminar in Raum 213), als auch die Vorbereitung dafür (Ich muss noch das Seminar für morgen machen) oder die gesamte Arbeit mit dem Seminar während des Semesters bedeuten kann (Sie macht dieses Semester gleich vier Seminare, sie wird ziemlich viele Hausarbeiten korrigieren müssen). Des Weiteren kann Hintergrundwissen auch für die Interpretation des Zusammenhangs eines vorerwähnten Sachverhalts und einer Aussage über diesen Sachverhalt durch eine das machen-Fügung (vgl. Abschn. 6.6.1.1) ausschlaggebend sein. Das Hintergrundwissen kann in diesen Fällen dafür sorgen, dass bestimmte Inferenzen überhaupt erst möglich sind, indem zum Beispiel die kanonischen Partizipanten und ihre entsprechenden handlungsrelevanten Rollen in einem Szenario gar nicht explizit vorerwähnt sein müssen, um auf diese durch eine Proform zu verweisen und so für das machen eine spezifische Deutung zu generieren (vgl. dazu konkret das Beispiel (13) in Abschn. 6.3.1). Hintergrundwissen und außersprachlicher oder sequenzieller sowie Gesprächskontext treten oft gemeinsam auf, bzw. bedingen sich einander oft, denn das Hintergrundwissen zu bestimmten Handlungsweisen und Vorgängen wird primär dann relevant, wenn ein bestimmter Kontext aktuell ist oder sprachlich eröffnet wurde. Es ist daher schwer, diese Spezifikationsebene isoliert darzustellen, da sie zudem auch eine kognitive Leistung der Interaktionsteilnehmer bezeichnet, die nicht anhand von objektiv ersichtlichen Daten (wie bestimmte Ausdrücke oder bestimmte akute Situationen) festzumachen ist. Dennoch sind sowohl die Verwendung als auch das Verstehen bestimmter Äußerungen mit machen nur dann zu erklären, wenn das vorhandene Hintergrundwissen der Interaktionsteilnehmer in die Analyse mit einbezogen und als bedeutungskonstitutives Mittel aufgeführt wird. 4.3.2 (Teil - )satzexterner Gesprächskontext Der (teil-)satzexterne Kontext meint den sprachlichen Kontext außerhalb der fokussierten Äußerung, die den zu deutenden Ausdruck enthält, beschreibt also sämtlichen sprachlich realisierten Kontext wie bspw. das Diskurstopik (vgl. Brown/ Yule 1983, S. 68ff.). Im Folgenden wird dies als Gesprächskontext bezeichnet (vgl. besonders Abschn. 6.3.2). Gesprächskontext wird hier also eng gefasst und auf den sprachlichen Kontext beschränkt verwendet. Er bezieht sich zum einen auf den Inhalt von Prä-Sequenzen, die für das Verstehen und die angemessene Deutung der machen-Äußerung von Relevanz sind, da sie Sachverhalte und/ oder Propositionen darstellen, bestimmte Mitspieler Ebenenmodell zur Beschreibung von Bedeutungskonstitution in gesprochener Sprache 73 einführen und/ oder Topiks eröffnen, bspw. durch frame-aktivierende Ausdrücke; diese Ebene spielt daher auch oft mit dem Hintergrundwissen zusammen. Hier wird also auf Sequenzialität im Sinne eines allgemeinen Vor- und Rückverweisens auf sprachlich explizit Erwähntes Bezug genommen. Zum anderen sind auch Explikationen gemeint, also Äußerungen mit welchen Sprecherinnen eine bereits ausgesprochene machen-Verwendung noch weiter spezifizieren, indem sie zum Beispiel Attribute oder Angaben formulieren oder doch im Nachhinein ein präziseres Verb wählen. Durch Prä- Sequenzen kann dann unter anderem eine Referenz für Proformen hergestellt werden - etwa durch eine Komplex-Anapher wie das (siehe unten und auch den empirischen Abschn. 6.6.1.1) - oder es wird sprachlich ein globaler Kontext hergestellt, der es den Rezipienten ermöglicht, die Argumente des Verbs entsprechend dem, was der Sprecher ausdrücken will, zu deuten. In einem Gespräch, welches das Verhalten von und den Umgang mit nicht-anwesenden Personen zum Thema hat (bspw. sprachlich eingeführt durch Dann besprechen wir jetzt das Verhalten der Kinder), kann die thematische Behandlung einer dieser Personen durchaus durch machen und dem Namen der Person hergestellt werden, so dass eine Äußerung wie Wir machen zuerst die Anna als Sprechen über das Verhalten von und dem Umgang mit der Anna interpretiert werden kann. Ohne das Wissen um den aktuellen Gesprächskontext (bzw. das Topik) ist die Äußerung nicht eindeutig zu interpretieren, er dient also dazu, eine metonymische Erweiterung des Objektreferenten bei den Rezipienten zu ermöglichen (vgl. Abschn. 4.2.2.2). Hier ist gut erkennbar, dass Referenzherstellung generell von Denotation zu trennen ist. Die (denotative) Bedeutung eines Ausdrucks muss in der Interaktion (oder generell) nicht mit dem übereinstimmen, worauf dieser Ausdruck referiert. Wie im letzten Abschnitt dargestellt, kann sich durch den außersprachlichen Kontext die Referenz eines Eigennamens von dem direkten Bezug zu einer bestimmten Person hin zum Bezug auf Themen, die mit einer bestimmten Person zusammenhängen, wie Verhalten von und Umgang mit dieser Person verändern. Der weitere Gesprächskontext wird unter anderem dann besonders relevant für die Referenz eines Ausdrucks und somit für die Deutung der Handlung, die machen beschreibt, wenn machen eine NP als Objektreferenten hat, die sich auf einen vorerwähnten Sachverhalt bezieht, um diesen aufzugreifen und wieder relevant zu machen (vgl. die empirische Analyse dazu in Abschn. 6.6.1.1). Eine solche NP wird als Komplex-Anapher bezeichnet (Consten/ Marx 2005, S. 375). Komplex-Anaphern stellen etwas als nominal dar, was zuvor propositional ausgedrückt wurde (Schwarz-Friesel et al. 2004, S. 68). Dabei können durch sie auch mehrere Sachverhalte zusammengefasst werden, denn das „Referenzkonzept […] beinhaltet als propositionale Struktur verschiedene thematische Rollen, Prädikationen und Relationen“ Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 74 (ebd., S. 73). Komplex-Anaphern können sowohl als lexikalische Ausdrücke auftreten, wie die Tatsache, der Umstand oder dieses Manöver, als auch als Pronomen, wie das oder es. Für die vorliegende Untersuchung wird sich auf die Pronomen fokussiert, da die Verbindung von pronominalen Komplex-Anaphern (die bereits erwähnten das und es ebenso wie die klitisierte Form _s und Ellipse) mit machen eine sehr häufig auftretende Struktur in den Daten ausmacht und somit als pragmatisch relevante Funktion des Verbs angesehen wird (vgl. dazu neben der bereits erwähnten empirischen Untersuchung in dieser Arbeit auch die Untersuchung zur das machen-Fügung von Proske 2013, S. 203ff.). Die Sachverhalte, auf die sich die Komplex-Anaphern (wie das, es, die Angelegenheit/ Sache) beziehen, können sowohl direkt erwähnt sein, als auch indirekt. Der Unterschied besteht darin, dass bei indirekten Referenten diese keine Einheit im vorerwähnten Text, bzw. der vorerwähnten Rede darstellen, sondern dass die Relation durch sogenannte „Anker“ hergestellt wird. 65 Dadurch, dass der Referent keine Einheit bildet, der Rezipient aber durch die verwendete Anapher zur Suche nach einem Referenten aufgefordert wird, sucht dieser nach einem solchen Ankerausdruck (Schwarz-Friesel et al. 2004, S. 81), durch den eine systematische Relation zur Komplex-Anapher herstellbar ist, die auf bestimmten kognitiven Prozessen beruhen kann, wie zum Beispiel Polysemie, Hyperonymie oder Kausalität (ebd., S. 71). Derart indirekt verwendete Anaphern dienen einerseits rückverweisend der Kohärenzherstellung und erstellen gleichzeitig neue Referenten, über die wieder etwas ausgesagt werden kann, bzw. auch wird, wirken also gleichzeitig progressiv (ebd., S. 81). Zusammen mit machen kann eine Komplex-Anapher also auch indirekt ausgedrückte Sachverhalte als Referenten darstellen und so etwas über ihre Durchführung oder Durchführbarkeit aussagen. Im Unterschied zur Deixis bezieht sich die Anaphorik also auf einen Referenten, der im Text bzw. in der (vorerwähnten) Rede präsent oder aus dieser inferierbar ist und nicht in der außersprachlichen, situativen Umgebung (Consten 2004, S. 6). 66 65 Als „Anker“ werden Einheiten in der vorherigen Rede (oder im vorherigen Text) bezeichnet, die keinen expliziten Antezedenzausdruck der Anapher darstellen, aber eine systematische Relation zu dieser herstellen (Schwarz-Friesel et al. 2004, S. 81). 66 Dies ist eine sehr vereinfachte Unterteilung, die auch nicht unproblematisch ist (vgl. Consten 2004), da es weitere und feinkörnigere Unterteilungen von Anaphern und Deixis gibt (Deixis ad oculus et aures, Deixis am Phantasma, anaphorisches Zeigen etc. (ebd., S. 21f.)), welche auf unterschiedlichen Grundlagen basieren (phorisch vs. diskursbasiert (ebd., S. 12ff.)). Für die vorliegende Untersuchung reicht diese Unterscheidung jedoch aus, da es beim fokussierten Phänomen, für das das Konzept der (Komplex-)Anapher wichtig ist, diese Anapher ausschließlich in der Form pronominaler Ausdrücke betrachtet wird, die sprachlich vorerwähnte Sachverhalte (und nicht Referenten) aufgreifen; und außerdem, weil außersprachliche Refe- Ebenenmodell zur Beschreibung von Bedeutungskonstitution in gesprochener Sprache 75 4.3.3 Außersprachlicher, situativer Kontext Der außersprachliche Kontext umfasst die äußeren Begebenheiten, die in der jeweiligen Äußerungssituation für die Deutung einer Äußerung relevant sind, aber nicht sprachlich realisiert werden. Er bezieht sich also auf den akuten, situierten Kontext, in welchem sich die Sprecher befinden, die Handlungen, die sie redebegleitend ausführen und dergleichen mehr. Für die Interpretation vieler deiktischer Ausdrücke ist der situative Kontext zum Beispiel unentbehrlich, besonders in den Fällen, in denen machen ohne Objekt oder mit deiktischen Ausdrücken (das, den, so) verwendet wird. Bei der Analyse reiner Audiodaten war es oftmals schwierig bis unmöglich, eine spezifische Handlungsbedeutung zuzuweisen bei Verwendungen, in denen zum Beispiel jemand zu einer Handlung aufgefordert wurde, die weder explizit benannt wurde, noch sich aus dem Gesprächskontext inferieren ließ; bei Daten mit zusätzlichen Videoaufnahmen dagegen ließen sich auch solche machen-Verwendungen oft eindeutig interpretieren. Für die jeweiligen Interaktionsteilnehmer stellt eine derartige Situation deswegen also kein Problem dar, denn sie haben visuellen Zugang zur jeweiligen Situation. Dies lässt sich bei der Analyse von reinen Audiodaten auch immer aus den angemessenen Rezipientenreaktionen schließen. Eine im akuten Kontext relevante Handlung wird unter Umständen lediglich durch eine verbale Aufforderung mit dem Wort machen im Imperativ bezeichnet und ist hauptsächlich durch die außersprachliche Situiertheit für die Anwesenden interpretierbar. Ebenso verhält es sich etwa mit Ankündigungen von Handlungen oder bei handlungsbegleitendem (erklärendem) Sprechen, die auf eine außersprachliche Situation nur durch deiktische Ausdrücke (Ich mach das jetzt mal so.) oder ganz ohne sprachliche Ausdrücke (z.B. durch Gesten, Blick) Bezug nehmen (Machst du? ). 4.3.4 Sequenz Da Sprechern als das „Wissen über sequenzielle Abschlaufschemata“ (Auer 2006, S. 294) in der Interaktion bekannt ist und die Organisation von Sequenzen als kohärent, geordnet und bedeutungsvoll angesehen werden kann (Schegloff 2009, S. 2), kann der sequenzielle Kontext bedeutungskonstituierend wirken. Zum Beispiel kann in Situationen, in denen bestimmte (sprachliche) Handlungen sequenziell (konditionell) relevant sind (conditional relerenten zumeist genau dann eine Rolle spielen, wenn auf sie gerade nicht sprachlich referiert wird. Es kann mit pronominalen Komplex-Anaphern (besonders mit das) auch vorverwiesen oder auf außersprachliche Sachverhalte referiert werden, aber dies ist nicht Teil der Untersuchung zur das machen-Fügung, weswegen eine derartige Unterscheidung von Anaphorik nicht vorgenommen wird. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 76 vance, Schegloff 1968, S. 1083ff.), diese Relevanz den Bezug zur Bedeutung der Äußerung herstellen. Diese konditionelle Relevanz manifestiert sich sprachlich in der Realisierung von ersten Paarteilen (first pair parts, Schegloff 2009, S. 13f.), welche bestimmte, teils stark restringierte zweite Paarteile konditionell relevant machen (bspw. bei Fragen, Bitten, Grüßen oder Einladungen). Dabei ist die pragmatische Bedeutung einer auf eine solche Relevanz bezugnehmenden Äußerung oftmals bedeutender als der semantische Gehalt, da in bestimmten responsiven Äußerungen bzw. zweiten Paarteilen von Paarsequenzen (adjacency pairs, ebd., S. 13f.) vornehmlich eine auf das erste Paarteil abgestimmte Handlung ausgeführt und weniger eine semantische Aussage getätigt wird. Zum Beispiel wird bei Responsiven zu Bitten oder Aufforderungen wie bei folgender Interaktion: Zieh dir die Schuhe aus! - Ja, mach ich vom zweiten Sprecher weniger die Aussage getroffen, dass dieser sich die Schuhe auszieht, sondern vielmehr die Bestätigung geäußert, dass er der Aufforderung des ersten Sprechers nachkommt. Der sequenzielle Kontext kann und wird auch im Zusammenhang mit dem außersprachlichen Kontext (vgl. Abschn. 4.3.3) und Hintergrundwissen (vgl. Abschn. 4.3.1) betrachtet (werden), da die sequenzielle Position in einem bestimmten (interaktionalen) Kontext als konstitutiv anzusehen ist und ohne das Wissen um die Situiertheit der Interaktion eine Deutung nicht immer eindeutig zu leisten ist, etwa in Spieleinteraktionen, in denen ein Spieler seinen Mitspieler durch Mach schon! zu einer in der Spielesituation relevanten nächsten Handlung auffordert, ohne dass diese explizit vorher versprachlicht werden muss. Auch der sprachliche Inhalt (Gesprächskontext, vgl. Abschn. 4.3.2) der zumeist adjazent liegenden, vorherigen Äußerung ist für eine semantische Deutung relevant, beispielsweise wenn zu einer spezifisch genannten Handlung aufgefordert wird (wie Schließ doch bitte die Tür hinter dir) und der Angesprochene mit Mach ich! dieser Aufforderung stattgibt. Dann ist zwar oftmals das Stattgeben der Aufforderung die vordergründige Aussage der machen-Äußerung, dennoch leistet der (lexikalisch-semantische) Inhalt der vorherigen Aufforderung einen bedeutungskonstituierenden Beitrag zur Deutung der Handlung, die machen ausdrücken soll. Auch dies zeigt, wie sehr sich die Ebenen der (teil-)satzexternen und außersprachlichen Kontexte teilweise überschneiden können. Annäherung an den Forschungsgegenstand 77 5. ANNÄHERUNG AN DEN FORSCHUNGSGEGENSTAND Forschungsliteratur, die sich ausschließlich mit dem Verb machen in der gesprochenen Sprache befasst, gibt es meines Wissens nach nicht (zu diesem Ergebnis kommt auch Proske (2013, S. 193), die sich im Zusammenhang mit Informationsmanagement im gesprochenen Deutsch näher mit machen beschäftigt (ebd., S. 193ff.)). Daher wird in diesem Abschnitt zum einen die Betrachtung einiger Verbkategorien vorgenommen, zu denen machen als Vertreter gezählt wird (Abschn. 5.1), und es wird erörtert, wie sinnvoll diese Zuschreibungen zu machen sind (Abschn. 5.1.5). Zum anderen wird die Bedeutungsbeschreibung des Verbs in der Lexikografie betrachtet, indem die Artikel zu machen aus unterschiedlichen Wörterbüchern analysiert und verglichen werden (Abschn. 5.2.3); im Zuge dieser Darstellungen werden einige Probleme der lexikografischen Darstellung von machen benannt (Abschn. 5.2.4). 5.1 machen in den unterschiedlichen Verbkategorien Es gibt in der Literatur Hinweise darauf, wo machen grammatisch eingeordnet wird, denn es lassen sich mehrere Stichworte finden, unter denen machen (oft im selben Atemzug mit tun) als „Vertreter“ aufgeführt wird. Zu diesen Begriffen gehören Proverb, Light Verb, Funktionsverb und Passepartout-Verb. 67 Was allen diesen Bezeichnungen gemeinsam ist, ist, dass sie auf relativ merkmalsarme Verben verweisen, denen eine grammatische Funktion zugesprochen wird. 5.1.1 Proverben machen wird unter anderem bei Schoenke (1992, S. 53f.), Auer (1993, S. 212) und Bredel/ Töpler (2007, S. 876, 884) 68 als Beispiel für ein Proverb genannt. Letztere schreiben außerdem, dass das Aufgreifen mit Verben wie machen 67 Die machen zugeschriebene Eigenschaft, „explizit kausativ“ (Fabricius-Hansen 1991, S. 708) bzw. ein „kausatives Prädikativverb“ (Duden 2005, S. 420) zu sein, wird in Abschnitt 6.4.2.1 diskutiert. 68 Bredel und Töpler scheinen Proverb aber nicht als Verbklasse mit ausschließlich aufgreifender Funktion anzusehen, denn im ersten Beispiel beschreiben sie machen mit der Bezeichnung Proverb als Teil eines komplexen Prädikatausdrucks, der dazu dienen kann, eine Lücke in einer systematischen „Trias von Kausation - Zustandswechsel - Zustand“ (Bredel/ Töpler 2007, S. 876) zu schließen, wie bspw.: tot machen - sterben - tot sein. Die generelle Fähigkeit von machen, VPn aufgreifen zu können und so als Proverb zu fungieren, scheint also als Anlass gesehen zu werden, das Verb generell so zu bezeichnen, auch wenn es in anderer Funktion auftritt. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 78 oder tun als Test für die Kategorisierung eines Verbs als Handlungsverb verwendbar sei (nach Helbig/ Buscha 1999, S. 69 69 „Proverbtest“ genannt), da sich andere Arten von Verben (bspw. Zustandsverben wie wohnen und haben) nicht derart aufgreifen ließen (ebd.). 70 In der englischsprachigen Forschung haben Halliday/ Hasan (1976, S. 125f.) diesen Begriff verwendet und Proverben als eine eigene Verbklasse postuliert, welche mit der nominalen Klasse der Pronomen korrespondiert. Am Beispiel von do - welches ihnen zufolge neben happen das einzige Mitglied dieser Verbklasse im Englischen ist und „for any unidentified or unspecified […] action[]“ (ebd., S. 125) steht - zeigen sie die Funktion als Referenz-Element (reference item, ebd.), das dadurch Kohäsion stiftet, dass es zusammen mit den (nominalen) Referenz-Elementen that und it auftritt (z.B.: I told someone to feed the cat. Has it been done? ). Die Referenzfunktion geht dabei von der gesamten VP aus, sie „constitutes a single cohesive tie, not two“ (ebd., S. 126). Sie grenzen Proverb do vom allgemeinen Verb do (general verb do) und auch vom verbal operator do (ebd., S. 127) ab, indem sie jedem eigene Wirkungsbereiche zuschreiben, welche sie aber nicht als unterschiedliche Funktionen des Verbs do ansehen, sondern als unterschiedliche Verbklassen, von denen do jeweils ein Vertreter ist. Proverben zeichnen sich also laut Definition dadurch aus, dass sie vorher erwähnte Verben oder VPn, die meist spezifischer sind als sie selbst, aufgreifen und so Textteile miteinander verknüpfen (Schoenke 1992, S. 53f.); sie sind daher nicht nur semantisch sehr leer, sie sind auch immer kontextabhängig und treten zudem auch im Deutschen „immer zusammen mit einer anderen Proform“ (ebd., S. 53) wie zum Beispiel das oder es auf. Für die gesprochene Sprache und speziell das Verb machen hat Proske (2013) dies untersucht und als das machen-Fügung genauer beschrieben (ebd., S. 203ff.). Sie geht aber nicht von einer eigenen Verbklasse Proverb aus, sondern sieht das Wiederaufgreifen als eine Funktion des Verbs innerhalb dieser Fügung; diese ermögliche es, „Handlungen, die zuvor als Möglichkeit genannt worden sind, aufzugreifen und etwas über ihre Umsetzung auszusagen oder vorerwähnte Handlungen, die stattgefunden haben, zu modifizieren“ (ebd., S. 203). Diese Ansicht teile 69 Dies wurde auch zitiert in Bredel/ Töpler (2007, S. 884). 70 Dem in Bredel/ Töpler (2007, S. 884) angeführten Beispiel Er wohnt hier - *Was tut er? könnte man aber das durchaus wohlgeformte Beispiel entgegenstellen: Er wohnt hier und das tut er schon seit zehn Jahren. machen und tun sind semantisch und funktional dennoch nicht gleichzusetzen, wie es häufig in der Literatur getan wird, indem sie als austauschbar dargestellt werden. Dies veranschaulicht auch Proske (2013, S. 218) durch das Beispiel: Ich mag Pizza. - Das tu ich auch/ *Das mach ich auch, welches deswegen nur mit tun und nicht mit machen funktioniert, weil Letzteres einen höheren Grad an Agentivität impliziert, der bei mögen nicht gegeben ist. Ausführlicher wird auf dieses Thema in Kapitel 7 eingegangen. Annäherung an den Forschungsgegenstand 79 ich und daher wird diese Funktion in Abschnitt 6.6.1.1 genauer betrachtet werden. 5.1.2 Passepartout - Verben Der Begriff Passepartout-Verb bezeichnet eine Gruppe von Verben nach ihrer Eigenschaft, sehr flexibel zu sein, da die semantischen Eigenschaften dieser Verben so unterspezifiziert sind, dass sie in vielen Verbindungen einsetzbar sind (Butt 2003, S. 18). machen wird bspw. von Butt (ebd., in Form der englischen Entsprechungen do/ make) oder Lange (2007) als Passepartout-Verb bezeichnet. Passepartout-Verben stellen hauptsächlich Relationen her und haben selbst keine spezifischere Bedeutung (Lange 2007, S. 1f.). Dies trifft in bestimmten Kontexten auch auf machen zu, wie sich in Abschnitt 6.6.5 zeigt. Es kann also durchaus als Passepartout-Verb fungieren, da die Unterspezifiziertheit des Verbs es erlaubt, dass je nach Kontext viele Deutungen möglich sind und weil das Ausschlaggebende zumeist die Elemente sind, mit denen das Verb zusammen auftritt und die es in eine bestimmte Relation zueinander und zum Kontext setzt. Passepartout-Verben werden nicht als Verbklasse mit gemeinsamen grammatischen Eigenschaften angeführt, sondern als Oberbegriff für eine Gruppe von Verben, die die oben beschriebenen semantischen Eigenschaften aufweisen. 5.1.3 Light Verbs Unter dem Begriff Light Verb (LV) werden - besonders in der englischsprachigen Literatur - viele unterschiedliche Phänomene gefasst. Einen ausführlichen und sehr guten Überblick - auch darüber, wie sich der Gegenstand dieses Begriffs immer weiter veränderte - liefert Van Pottelberge (2001, S. 68ff.). Light Verbs sollen, zumindest einigen Definitionen zufolge, eine eigene Verbklasse darstellen. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass die Mitglieder dieser Gruppe semantisch sehr leer sind, ein formgleiches Vollverb in der jeweiligen Sprache haben, nur in Verb-Substantiv-Verbindungen anzutreffen sind, die sich durch ein vom Substantiv abgeleitetes Verb paraphrasieren lassen und dass sie dem denotierten Sachverhalten darüber hinaus eine aspektuelle Bedeutung geben bzw. eine bestimmte Aktionsart darin beitragen (vgl. Brugman 2001; Butt 2003). Die Bezeichnung selbst geht auf Jespersen (1909-1949) zurück, der in vielen bekannten Arbeiten über LVs zitiert und als Urheber des Begriffs genannt wird, wobei aber dem Ausdruck „light“ in Light Verb eine kategorisierendere Rolle zugeschrieben wird, als eigentlich von Jespersen intendiert (vgl. dazu die Zusammenfassung der Geschichte des Begriffs Light Verb bei Van Pottelberge 2001, S. 68ff.). Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 80 machen wird unter anderem von Lange (2007, S. 19) in die Gruppe der Light Verbs eingeordnet (neben tun und haben). Ihrer Beschreibung zufolge aber geht sie nicht von einer syntaktischen Verbklasse, sondern von einer semantischen aus, indem sie hervorhebt, dass durch die Modifikation „light“ hier auf die semantischen Eigenschaften (wie die Merkmalsarmut) der Verben eingegangen wird (ebd.). Des Weiteren wird das Light Verb-Phänomen in der dazugehörigen englischsprachigen Forschung - die LVs als Verbklasse ansieht - als sprachübergreifende Erscheinung behandelt (vgl. Brugman 2001, S. 554; Butt 2003, S. 18) und do/ make als dieser Klasse zugehörige Verben genannt (Butt 2003, S. 18). Dass machen so oft als Light Verb oder auch einfach „leichtes Verb“ bezeichnet wird, liegt zum einen an seiner semantischen Leere und zum anderen - damit zusammenhängend - daran, dass es häufig in relativ festen Wortverbindungen zusammen mit (deverbalen) Substantiven auftritt, wie eine Aussage machen, eine Führung machen oder einen Sprung machen und diesen Verbindungen nicht viel an Semantik zufügt, da die (prädikative) Hauptbedeutung vom Substantiv geliefert wird. Zusätzlich lassen sich viele (aber nicht alle) dieser Verbindungen durch ein dem Substantiv verwandtes Verb paraphrasieren (Sprung machen - springen). Der Begriff Light Verb Construction (LVC) bezieht sich auf die genannte Verbindung von merkmalsarmen („light“) Verben mit (häufig deverbalen) Substantiven (Van Pottelberge 2001, S. 68f.). In der deutschsprachigen Forschung wird für die entsprechenden Phänomene eher der Begriff Funktionsverbgefüge (FVG) verwendet. Auch im Zusammenhang mit dieser Erscheinung wird machen erwähnt (siehe Abschn. 5.1.4). 5.1.4 Funktionsverben Von der Beschreibung her ähneln Light Verb Constructions (LVC) den deutschen Funktionsverbgefügen (FVG), denn erstere werden im Kern als Stukturen aus einem merkmalsarmen Verb mit einem (meist deverbalen) Substantiv bezeichnet (Van Pottelberge 2001, S. 68), wie bspw. to take a walk. Auch die Eigenschaft, durch ein einzelnes Verb ersetzbar zu sein, haben LVCs und FVG gemeinsam (to have a drink - to drink, to take a shower - to shower; (seine) Arbeit machen - arbeiten, eine Aussage machen - aussagen) (Van Pottelberge 2000, S. 18 für LVCs; Zifonun/ Hoffmann/ Strecker 1997, S. 1068 für FVG). Auch in der Funktionsverbgefügeforschung herrscht mitunter Uneinigkeit über die genaue Abgrenzung des Begriffs, doch zumindest ist eine einheitliche Bezeichnung und eine generelle Einigkeit über dessen grobe Definition vorhanden. Als Funktionsverben (FV) werden „stereotype Allerweltsverben“ (Van Pottelberge 2007, S. 437) betrachtet, also Verben, die häufig vorkommen und keine spezifische Semantik haben. Hierzu zählen Verben wie bringen (zur Sprache Annäherung an den Forschungsgegenstand 81 bringen), nehmen (in Angriff nehmen), finden (Gehör finden) und auch - wenn auch selten aufgeführt - machen (sich Hoffnung machen). Funktionsverben wird eher eine grammatische Funktion zugeschrieben als eine semantische Bedeutung, da sie gegenüber dem Vollverb, von dem sie stammen, „verblasst“ sind (Zifonun/ Hoffmann/ Strecker 1997, S. 1068), das heißt, es wird auch hier von einer grammatischen Verbkategorie ausgegangen, die sich gegenüber formgleichen Vollverben abgrenzt (Van Pottelberge 2007, S. 437). FVn wird, ebenso wie LVs, eine aspektuelle Komponente zugeschrieben, die sie zu den FVGn beisteuern. Dies unterscheidet dann den Gebrauch des FVGs vom Gebrauch eines entsprechenden Verbs, welches das gesamte Gefüge paraphrasieren kann (in Bewegung kommen vs. bewegen, in Gefahr bringen vs. gefährden) (Zifonun/ Hoffmann/ Strecker 1997, S. 1068). 5.1.5 Zur Sinnhaftigkeit der Anwendung dieser Begriffe auf machen Allen oben genannten Begriffen ist gemein, dass sie für Verben angewendet werden, denen zum einen semantische Leere zugeschrieben wird und die außerdem - außer bei den Passepartout- und teilweise bei Light-Verben - eine eigene Verbklasse bilden, deren Vertreter von einem formgleichen und ebenfalls verblassten Vollverb abzugrenzen sind. Der Begriff Light Verb wird in der deutschsprachigen Forschung nicht als Bezeichnung einer Verbklasse verwendet, sondern bezieht sich eher auf die semantischen Eigenschaften einer Gruppe von Verben, die als merkmalsarm und daher sehr flexibel und häufig in festen Wortverbindungen oder komplexen Prädikaten verwendbar definiert ist. Dies trifft auch auf den Begriff Passepartout-Verb zu. Als Beschreibung der Eigenschaft von machen als häufiger semantisch leerer Bestandteil von komplexen Prädikaten oder festen Wortverbindungen, ist die semantische Zuschreibung leicht bzw. light demnach durchaus geeignet, wie es auch bei der ursprünglichen und oft (falsch) zitierten Gebrauchsweise bei Jespersen (1909-1949) wohl gemeint war (vgl. Van Pottelberge 2001, S. 68f). Solange man damit nicht eine syntaktische Verbklasse postuliert und dem Verb somit syntaktische Beschränkungen zuschreibt, denen es nicht unterliegt, kann als eine semantisch einordnende Bezeichnung also sowohl „leichtes“ oder Light Verb als auch Passepartout-Verb für machen verwendet werden. Light Verb als Verbklasse, so wie es in der englischsprachigen Forschung (teilweise) verwendet wird, und der korrespondierende Begriff Funktionsverb aus der deutschen Forschung bezeichnen beide eine eigene Klasse von Verben, die nur in Verb-Substantiv- oder Verb-PP-Verbindungen auftritt und in diese Verbindungen eine Aspekt- oder Aktionsartkomponente einbringt, also eine systematische semantische Veränderung zwischen dem FVG (bzw. der LVC) Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 82 und dem entsprechenden, paraphrasierenden Einzelverb herstellen. Diesem Verb wird Merkmalsarmut zugeschrieben und dass es eher eine Funktion hat (nämlich das Einbringen von Aspekt/ Aktionsart) als eine Bedeutung. machen wird in diesen Zusammenhang unterschiedlich bewertet: Bei Zifonun/ Hoffmann/ Strecker (1997) finden sich zum Beispiel gar keine Beispiele mit machen bei den FVGn (vgl. ebd., S. 1068), bei Schumacher et al. (2004) wird im Anschluss an den Artikel über machen eine ganze Reihe von (nach deren Definition) FVGn mit machen gelistet, zu denen bspw. den Anfang machen, Eindruck machen und einen Versuch machen gehören (ebd., S. 547). 71 Von Polenz (1985) schließt machen dagegen explizit (bzw. anhand der gewählten Beispiele) aus der Klasse der Funktionsverben aus und bezeichnet es nur als Nominalverb, da es keine spezielle Funktion hat, sondern nur dazu dient, einen auch verbal möglichen Prädikatsausdruck (z.B. mitteilen) in ein Nominalprädikat aus Nominalverb und Substantiv ‘aufzuspalten’, zu ‘strecken’ (Mitteilung machen). In diesen Fällen besteht zwischen Verb und Nominalprädikat kein systematischer semantischer Unterschied, allenfalls ein stilistischer/ kontextsemantischer. (ebd., S. 113, Hervorhebung im Original) Die festen Wortverbindungen, in denen machen vorkommt, liegen also genau in dem Bereich, bei dem sich die Forschung nicht einig ist, ob sie nun zu den FVGn gehören oder nicht. Diese Unentschlossenheit mag daraus resultieren, dass machen zwar zum einen alle Anforderungen erfüllt, die an ein FV gestellt werden - relative semantische Leere, häufiges Auftreten in der Sprache generell und in Verb- Objekt-Verbindungen im Speziellen, teilweise Paraphrasierbarkeit dieser Verbindungen durch entsprechende Verben -, zum anderen aber keine wirklich semantische Modifikation im Sinne einer Aktionsart beizutragen vermag, denn das, was machen im Kern ausdrückt - Agentivität -, steckt häufig ohnehin schon in den entsprechenden Verben, die eine Verb-Substantiv-Verbindung mit machen paraphrasieren kann; besonders wenn es sich dabei um deverbale Substantive handelt, deren zugrunde liegende Verben Handlungen ausdrücken (eine Aussage machen - aussagen, sich Hoffnung machen - hoffen). Das für die Zugehörigkeit einer Verbklasse Funktionsverb wichtige Element der systematischen semantischen Modifizierung ist somit nicht gegeben, es bleiben nur feste Wortverbindungen mit einem unterspezifizierten Verb. Ob diese zu den FVGn gezählt werden, hängt von der Definition des Phänomens ab und davon, wie wichtig der Faktor der semantischen Modifizierung durch das FV genommen wird. 71 Zu der Sinnhaftigkeit dieser Auflistung und zur generellen Kritik an der Darstellungsweise von machen in Wörterbüchern siehe Abschnitt 5.2.3, speziell Abschnitt 5.2.3.3 zur Diskussion der Darstellung in E-VALBU. Annäherung an den Forschungsgegenstand 83 Ob eine eigene Verbklasse Funktionsverben oder Light Verbs wirklich angenommen werden muss und wie überzeugend dafür argumentiert werden kann angesichts der sehr groben Definitionen und Abgrenzungsschwierigkeiten, möchte ich hier nicht diskutieren - dies tut Van Pottelberge (2000, 2001, 2007) ausgiebig und überzeugend gegen derartige Verbkategorien. Selbst wenn man von einer solchen Kategorie ausgeht, erscheint es jedoch nicht sinnvoll, machen als Vertreter einer solchen zu sehen (so auch Proske 2013, S. 213ff.). Zunächst einmal, weil durch machen, wie oben bereits erwähnt, keine Aspekt- oder Aktionsartkomponente zu der jeweiligen Wortverbindung beigetragen wird. 72 Außerdem ist auch die Bedingung der Paraphrasierbarkeit nur in einzelnen Fällen gegeben, ohne dass aber bei jenen Fällen, die im Deutschen kein entsprechendes Verb haben, mehr Semantik oder ein anderer semantischer Beitrag in machen hineingedeutet werden könnte (etwas macht Freude - etwas erfreut, etwas macht Laune - *etwas launt/ *belaunt/ *erlaunt, etwas macht Sinn - *etwas sinnt/ *besinnt/ *ersinnt). Diese Abgrenzung wäre also eine, die auf dem - mehr oder weniger - zufälligen Vorhandensein eines passenden Verbs beruhte, was sie willkürlich erscheinen lässt (vgl. dazu auch Van Pottelberge 2007, S. 438f.). Auch von einer Kategorie Proverb gehe ich hier nicht aus, denn die Bezeichnung und Kategorisierung beruht eher auf der Beschreibung einer Funktion als auf gemeinsamen syntaktischen Eigenschaften. Die Verwendung von machen zum Wiederaufgreifen ist wichtig und wird genauer in Abschnitt 6.6.1 betrachtet werden, aber als eine Funktion des Vollverbs und nicht als eine dem Vollverb formgleiche Verbform, welches die Veranschlagung einer eigenen Verbkategorie rechtfertigt. Die oben dargestellten Begriffe, die dazu dienen, machen in eine semantische oder syntaktische Klasse von Verben einzuordnen, unterschlagen die Variationsfähigkeit dieses Verbs, da sie alle jeweils einzelne Aspekte von machen hervorheben, aber nicht erschöpfend beschreiben, wofür dieses Verb insgesamt verwendet werden kann und wird. Im Laufe dieser Arbeit wird sich zeigen, dass ich - wie auch Proske (2013) - nicht von mehreren grammatischen Kategorien ausgehe, denen machen angehört, sondern dafür argumentiere, dass machen in die Kategorie der Vollverben zu zählen ist, und dass es aufgrund seiner semantischen Eigenschaften - nämlich der relativen semanti- 72 Es ist zwar durchaus denkbar, dass die Kombination machen + deverbales Substantiv eine stärker agentive Interpretation der Handlung impliziert, als das entsprechende Verb bzw. dass sie agentiver zu deutende Handlungen bezeichnen soll; um dies eindeutig zu belegen, müsste aber eine groß angelegte Korpusuntersuchung durchgeführt werden, die auch schriftliche Korpora mit einbezieht. In der hier durchgeführten Untersuchung konnte diese Annahme nicht eindeutig belegt werden. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 84 schen Leere und dem weiten Konzept der Agentivität, welches es dennoch beinhaltet - einen hohen Grad an Flexibilität in der Verwendung aufweist. 5.2 Die Bedeutungsbeschreibung des Verbs machen im gegenwärtigen Sprachgebrauch anhand von Wörterbüchern Eine weitere Quelle für das Erfassen eines generellen Konsens über die Bedeutung und Funktion eines bestimmten Ausdrucks ist seine Behandlung in Wörterbüchern. 73 In diesem Abschnitt wird sich zeigen, wie schwierig es ist, eine traditionelle „Bedeutung“ für ein derart unterspezifiziertes und viel- (und unterschiedlich) gebrauchtes Verb wie machen zu finden und dass sich diese Schwierigkeit auf die Kohärenz und Übersichtlichkeit der einzelnen Wörterbuchartikel (sowohl innerhalb derselben als auch untereinander) vor allem negativ auswirkt. 5.2.1 Zur Auswahl bestimmter Wörterbücher zur Bedeutungsbeschreibung Um einen Konsens über die Bedeutung und den Gebrauch von machen im gegenwärtigen Sprachgebrauch abbilden zu können, wurden die Einträge zu diesem Verb aus mehreren deutschen Wörterbüchern rezipiert und analysiert. Die Auswahl setzt sich wie folgt zusammen: Duden Universalwörterbuch (DUW 2011) wurde gewählt aufgrund seiner hohen Verbreitung/ Bekanntheit als Nachschlagewerk und der Aktualität. Des Weiteren wird das E-VALBU 74 (2011) mit einem besonderen Fokus auf die Komplementstruktur des Verbs mit einbezogen und weil es das modernste und größte Korpus als Quellbasis benutzt (DeReKo - Deutsches Referenzkorpus). 75 Außerdem wurde das Wörterbuch der Deutschen Gegenwartssprache (WDG 1981a) als ältere Bezugsquelle herangezogen und als letztes Wahrig Deutsches Wörterbuch (Wahrig 2011) aufgrund der etwas anderen Herangehensweise an die Bedeutungsgliederung konsultiert, die davon absieht, wie alle anderen Wörterbücher innerhalb der einzelnen Bedeutungsbeschreibungen bei polysemen Wörtern Beispiele oder Belege zur Verwendung anzubringen, was sich auf die Gliederung der Bedeutungen auswirkt, bzw. deren Granularität, wie im entsprechenden Abschnitt deutlich werden wird. 73 Auf diese Vorgehensweise wurde ich durch die Arbeit von Proske (2013) aufmerksam. 74 Das E-VALBU wird unter Bezugnahme des Print-VALBUs (Schumacher et al. 2004) betrachtet, weil sich die Artikel bis hin zu den Beispielsätzen sehr ähneln, weswegen anzunehmen ist, dass die Basis des machen-Artikels im E-VALBU auf den Quellen des Print-VALBUs beruht. Außerdem verzichtet die Onlineversion auf die Auflistung der Phraseologismen, weswegen für die Betrachtung des Umgangs mit jenen auf die Printversion zurückgegriffen wird. 75 www1.ids-mannheim.de/ kl/ projekte/ korpora.html (Stand: 1.5.2017). Annäherung an den Forschungsgegenstand 85 Es wird zunächst das Quellmaterial der einzelnen konsultierten Wörterbücher aufgeführt und herausgearbeitet, wie diese selbst ihren Beitrag zur Beschreibung sprachlicher Ausdrücke einschätzen. Danach werden die Vorgehensweisen der einzelnen Wörterbücher bei der Beschreibung von konkreten Ausdrücken ausgeführt und die jeweiligen Artikel zu machen in zusammengefasster Form dargestellt, um ein Bild darüber abzugeben, wie sich die Bedeutungsbestimmung dieses doch sehr schwer zu spezifizierenden Verbs konkret in den einzelnen Wörterbüchern gestaltet. Daraufhin werden dann die Vorgehensweisen und die daraus resultierenden Einträge kritisch analysiert, denn es wird sich zeigen, dass trotz des Bemühens um Strukturiertheit und systematischer Beschreibung diese keinem der herangezogenen Wörterbücher wirklich gelingt und alle besonders mit dem Einbezug von Phraseologie in die Bedeutungsbeschreibung und der dazugehörigen Terminologie größere Probleme haben. 5.2.2 Zum Quellenmaterial der berücksichtigten Wörterbücher Jedes Wörterbuch arbeitet mit seinem eigenen Quellenmaterial, welches natürlich den Inhalt der Artikel innerhalb des Wörterbuches beeinflusst. Die genaue Zusammensetzung der Quellen oder Wörterbuchbasis wird selten aufgeschlüsselt 76 - also in welchem Verhältnis zum Beispiel literarische Texte und Zeitungstexte stehen oder wie sehr auf älteres Belegmaterial zurückgegriffen wird -, doch geben die Wörterbücher immer die ungefähre Komposition ihres Bezugsmaterials an. Das DUW (2011) möchte neben grammatischen Informationen zu Wörtern auch eine „exakte[] Begriffsbestimmung ihrer semantischen Vielfalt“ (ebd., S. 20) liefern. Als Quellengrundlage dient das als sehr aktuell beschriebene „Duden-Korpus“, welches seit 2001 besteht und „mehr als zwei Milliarden mit sprachbezogenen Informationen versehene Wortformen aus Texten der letzten zehn Jahre, die eine große Zahl unterschiedlicher Textsorten (Romane, Sachbücher, Zeitungs- und Zeitschriftenjahrgänge u.a.) repräsentieren“ (ebd., S. 13), umfasst. Des Weiteren wird auch das Internet nach Informationen durchsucht, auf welche Weise genau und welche Quellen dort zurate gezogen werden, bleibt allerdings unklar (ebd.). Ein Bezug zu mündlichen Korpora oder Quellen auf der Basis gesprochener Sprache wird nicht erwähnt. Andere Wörterbücher aus dem Dudenverlag arbeiteten noch mit der „über Jahrzehnte bewährte[n]“ Duden-Kartei (ebd.), zum Beispiel das Große Wörterbuch der Deutschen Sprache in 10 Bänden (DGWDS) von 1999, welches „seinen gegenwartssprachlichen Schwerpunkt unbeschadet der Tatsache [betonte], daß Quellen der sechziger Jahre übergewichtig repräsentiert“ waren (Schlaefer 76 Dies kritisieren auch Steyer (2008) und Schlaefer (2003). Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 86 2002, S. 105). 77 Dies sei nur erwähnt, weil sich die einzelnen Artikel zu den Wörtern - unter anderem der über machen - im Laufe der Auflagen seit 1999 nicht grundlegend verändert haben, 78 so dass anzunehmen ist, dass die Basis für die Bedeutungserklärungen und -gliederungen (sowie die Belegbeispiele) aus älteren Korpora als den jetzt verwendeten stammen. Das E-VALBU 79 arbeitet auf der Grundlage von DeReKo, dem Deutschen Referenzkorpus des Instituts für Deutsche Sprache. Dieses Korpus wird als „weltweit größte linguistisch motivierte Sammlung elektronischer Korpora mit geschriebenen deutschsprachigen Texten aus der Gegenwart und der neueren Vergangenheit“ bezeichnet (DeReKo). Es umfasste zur Zeit der Erstellung von E-VALBU über 5 Milliarden Wörter (E-VALBU: Projektbeschreibung) 80 und enthält eine breit gefächerte Auswahl an verschiedenen schriftsprachlichen Textsorten aus unterschiedlichen Genres, von Belletristik (die zeitgenössische Literatur ebenso wie die Werke aus dem 19. Jahrhundert von Goethe, Jacob Grimm und Wilhelm Grimm oder Marx) über journalistische Texte bis hin zu wissenschaftlichen Abhandlungen, politischen Reden und Fachsprachenkorpora. Das E-VALBU ist die elektronische Ausgabe des Valenzwörterbuches deutscher Verben (Schumacher et al. 2004) und basiert auf eben jenem, ohne - nach eigenen Angaben - eine bloße Kopie zu sein (E-VALBU: Projektbeschreibung). Da es sich um ein Valenzwörterbuch der Verbvalenz handelt, liegt der Fokus ausschließlich auf der Beschreibung von Verben. Die Angaben aus dem Print-VALBU zu den einzelnen Verben wurden auf der Grundlage von DeReKo „überprüft und gegebenenfalls angepasst“ 81 (E-VALBU: ebd.) und auch manche Beispiele zu den einzelnen 77 Zu einer ausführlicheren Kritik der Zusammensetzung des Quellbestandes des DGWDS (1999) siehe Schlaefer (2003). 78 Im von mir hauptsächlich konsultierten DUW (2011) sind im Gegensatz zum DGWDS in zehn Bänden (1999) die Artikel lediglich um die Quellzitate gekürzt. Das heißt, die Gliederung und die Bedeutungsangaben sind identisch, aber die Belegbeispiele, die die Verwendung veranschaulichen, sind nicht mehr als Zitate aus der Quellbasis gekennzeichnet, sondern sind verkürzt dargestellt und ohne Herkunftsangabe. Ein konkretes Beispiel: Lesart 15 in DGWDS (1999, S. 2481): „(ugs.) rufen, ausrufen […]: ‘Oh’, machte der Leutnant (Mann 1909, S. 108)“; und im DUW (2011, S. 1144): „(ugs.) [in rufender Weise] von sich geben […]: ‘Oh’, machte er.“. Außerdem sei anzumerken, dass die auffälligste Veränderung im Hinblick auf machen von DGWDS in sechs Bänden (1978, S. 1723) zum DGWDS in 10 Bänden (1999) das Hinzufügen des Punktes 20 als zusätzliche Unterbedeutung des Verbs machen ist. Es handelt sich hier um die feste Wendung „zu/ für etwas [nicht] gemacht sein“ (DGWDS 1999, S. 2481). Zur Beschreibung des Vorgehens der Bedeutungsgliederung im DUW siehe Abschnitt 5.2.3.1. 79 http: / / hypermedia.ids-mannheim.de/ evalbu/ index.html (Stand: 1.5.2017). 80 http: / / hypermedia.ids-mannheim.de/ evalbu/ projekt.html (Stand: 1.5.2017). 81 Der Artikel über machen ist von der Gliederung und den Bedeutungsangaben her direkt und ohne Veränderungen aus dem Print-VALBU übernommen worden und auch ein Großteil der Beispielsätze wurde übernommen, häufig wurden lediglich neue Beispiele als Belege für Pas- Annäherung an den Forschungsgegenstand 87 Bedeutungen entstammen aus den zugrunde liegenden Korpora. Wie der Name besagt, fokussiert das E-VALBU vor allem auf grammatische Informationen und macht Angaben zur Komplementierung der Verben, beschreibt aber auch die Semantik sowie die Stilistik und gibt konkrete Verwendungsbeispiele. Im Gegensatz zum Print-VALBU macht das E-VALBU keinerlei Angaben über die Beschaffenheit der ebenfalls vorhandenen nicht-korpus basierten Beispiele, also woher diese stammen und warum sie eingesetzt wurden. 82 Das Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache (WDG) bezeichnet sich selbst als „Bedeutungswörterbuch“ (WDG 1980a, S. 4), welches „die Sprache der bildungstragenden Schicht der Gegenwart darstellen“ (ebd.) soll und diese „in ihrer schriftlichen wie in ihrer mündlichen Form in bezug auf den Wortschatz erfaßt“ (ebd.). Die Materialgrundlage umfasst neben Werken von „großen Schriftstellern unserer Zeit“ (ebd.) auch Literatur aus älteren Epochen, bis hin zum 18. Jahrhundert. Dagegen werden Zeitungs- und Wissenschaftstexte sowie Texte anderer Genres (bspw. Briefe oder Gesetzestexte) als Quellen nicht erwähnt, es handelt sich also vorwiegend um ein belletristikbasiertes Quellkorpus. Die Hauptmenge der Belege für die älteren Ausdrücke wurde aus dem Zettelkatalog des Deutschen Wörterbuchs (DWB) von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm entnommen (ebd.). Interessant ist, dass hier die Inkorporierung gesprochener Sprache explizit berücksichtigt wird, und zwar in Form von „Hörbelege[n] der unmittelbaren Gegenwart, die - vielleicht durch Zufall - noch nicht gedruckt gefunden wurden, deren Sicherheit aber nicht zu bezweifeln ist“ (ebd., S. 5). Woher diese Hörbelege stammen und ob und wie diese in den einzelnen Artikeln gekennzeichnet sind, ist allerdings nicht erwähnt. Der letzte Punkt verdeutlicht außerdem, dass nur Belege, die sivkonstruktionen bestimmter Lesarten hinzugefügt. Die Einteilungen und Beschreibungen der Bedeutungen basieren also auf dem für das Print-VALBU genutzten Korpus. Dieses besteht aus „geschriebene[n] Texten der Gegenwart und jüngsten Vergangenheit. Der Schwerpunkt der Auswahl lag dabei auf Zeitungs- und Zeitschriftentexten. In zweiter Linie wurden Sachtexte, populärwissenschaftliche Arbeiten und belletristische Literatur herangezogen. In geringerem Umfang wurden auch Belege im Internet recherchiert und weitere nicht maschinenlesbare Texte herangezogen“ (Schumacher et al. 2004, S. 23). Zu diesen nicht maschinenlesbaren Texten gehören „Hörbelege aus Rundfunkprogrammen“ (ebd., S. 885) wie bspw. der Tagesschau (und von einer IDS-Tagung, ebd., S. 904). Dies sind die einzigen auffindbaren Hinweise auf Quellen von gesprochener Sprache. Außerdem wurden auch Packungsbeilagen von Medikamenten und Bedienungsanleitungen beachtet (ebd., S. 885). 82 Das Print-VALBU gibt an „selbst konstruierte Beispiele statt Originalbelege[] einzusetzen“ (Schumacher et al. 2004, S. 24, Hervorhebung im Original), um Alltagskommunikation besser darstellen zu können und „Aspekte der gesprochenen Sprache einzubeziehen“ (ebd., S. 24). Solche Beispiele stellen also nicht authentische gesprochene Sprache dar, sondern konstruierte Äußerungen und Dialoge. Da einige dieser Beispiele in das E-VALBU übernommen wurden, wird davon ausgegangen, dass die Motivation dort eine ähnliche ist. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 88 als standardsprachlich im Sinne der Schriftsprache angesehen wurden, in das Quellmaterial Einzug erhielten. Auch Wahrig Deutsches Wörterbuch (2011) sieht sich als „Bedeutungswörterbuch, das den Wortschatz der deutschen Standardsprache unter Berücksichtigung aller wichtigen sprachlichen und sprachwissenschaftlichen Aspekte darstellt“ (ebd., S. 5). Grundlage hierfür bietet das hauseigene Wahrig Textkorpus digital, welches nach eigenen Angaben mehrere Milliarden Wortbelege erfasst (ebd.) und unter anderem 83 auf aktuellen Jahrgängen von Zeitungen und Zeitschriften basiert, bspw. Berliner Zeitung, Für Sie, Bravo, Der Spiegel, Süddeutsche Zeitung und Spektrum der Wissenschaft (ebd., S. 4). Im Vorwort der Erstausgabe von 1966 (vgl. 2011, S. 6f.) wird außerdem angemerkt, dass nicht nur die Sprache der „Dichter und Philosophen“ mit aufgenommen wurde, sondern auch „die Umgangssprache und gedankenlos gebrauchte[n] falsche[n] Ausdrücke“, die „berücksichtigt und entsprechend gekennzeichnet worden“ (ebd., S. 6) seien. Woher diese „gedankenlos gebrauchten falschen Ausdrücke“ bezogen wurden und nach welchen Kriterien die „Falschheit“ bemessen wurde, bleibt jedoch unklar, da es keinen Hinweis auf das verwendete Quellmaterial (für die Ausgabe von 1966) gibt 84 und auch nicht erwähnt wird, ob und wie Quellen gesprochener oder zumindest informell geschriebener Sprache (wie private Briefe) miteinbezogen wurden. Diese Wörterbücher basieren also alle auf Quellen, die schriftsprachlich orientiert sind und Aspekte der gesprochenen Sprache zwar nicht explizit ausblenden, so aber augenscheinlich nicht gezielt und systematisch mit einbeziehen - auch wenn mindestens drei der Wörterbücher diesen Teil der Sprache als wichtigen Teil der Bedeutungskonstitution zu erachten scheinen. Wenn gesprochene Sprache einbezogen wurde in Gestalt von Beispielsätzen, dann entstammen diese der Intuition der Autoren oder es handelt sich um Hörbelege, die aber äußerst selektiv ausgewählt wurden. Somit wird ein großer Teil der deutschen Sprache, die ja in ihrem Wesen abgebildet werden soll, einfach ausgespart, obwohl die Wörterbuchredaktionen selbst das gesprochene Deutsch als wichtigen Teil anerkennen und dessen Einbezug theoretisch gutheißen. Jedoch operieren die genannten Wörterbücher alle in der 83 Worauf genau sich „unter anderem“ bezieht, also ob und wenn ja, welche anderen Quellen mit einbezogen wurden, wird nicht dargestellt. 84 Es gibt einen Hinweis auf die Quellen für die „Auswahl der Stichwörter“, welche „anhand damals vorliegender moderner Wörterbücher und anderer Nachschlagewerke sowie Auswertung zahlreicher literarischer, wissenschaftlicher und fachwissenschaftlicher Schriftwerke“ erfolgte (Wahrig 2011, S. 9). Ob dies gleichzeitig die Basisquelle für die gesamte Wörterbucharbeit von damals ausmachte, ist nicht beschrieben. Falls dies der Fall wäre, gäbe es hier keinerlei Hinweis auf den Einbezug von gesprochener Sprache oder informeller Sprache jeglicher Art. Annäherung an den Forschungsgegenstand 89 lexikografischen Tradition, die zum einen generell schriftsprachlich und zum anderen (größtenteils) standardsprachlich orientiert ist. 85 Dies spiegelt die angenommenen Zwecke von Wörterbüchern wider - Textproduktion und -rezeption -, bei welchen ebenfalls traditionellerweise hauptsächlich von geschriebener Sprache ausgegangen wird. 5.2.3 Zum Vorgehen der Wörterbücher bei der Beschreibung von Wortbedeutungen am Beispiel von machen Alle Wörterbücher machen Angaben zu ihren Bedeutungsbestimmungen und dem Aufbau der Gliederungen der einzelnen Artikel. Sie tun dies mehr oder weniger ausführlich und geben an, welche Art der Bedeutungen sie ansetzen (bspw. Haupt- und Nebenbedeutungen, konkrete oder übertragene Bedeutungen). Begründet werden die Entscheidungen dafür, was genau eine Haupt- und eine Nebenbedeutung ausmacht, bzw. wann eine Bedeutung konkret und wann sie übertragen ist oder was eine idiomatische Verwendung auszeichnet, oftmals mit dem Verweis auf die Häufigkeit des Vorkommens (oder überhaupt nicht). Wie welches der konsultierten Wörterbücher die Bedeutungen der darin aufgeführten Ausdrücke bestimmt, wird im Folgenden - konkret auf das Verb machen bezogen - näher erläutert. Bei der Kritik des Vorgehens werden jeweils nur einzelne Punkte herausgegriffen, die besonders für die Beschreibung dieses Verbs als relevante Kritikpunkte erachtet wurden. 5.2.3.1 DUW DUW (2011) gibt an, dass die „Bedeutungsnuancen bis ins Detail analysiert, bewertet und […] dargestellt“ werden (ebd., S. 22) und dass sowohl Kontext als auch Sprecherintentionen bei der Beschreibung gerade von mehrdeutigen Wörtern miteinbezogen wurden (ebd.) - dies geschieht zum einen durch Angaben der Stilebenen wie ugs., salopp oder auch oft abwertend, und zum anderen durch Beschreibung der pragmatischen Funktion wie „als Bekräftigung der Zusicherung einer Hilfeleistung“ für mach ich! wird gemacht! (unter Lesart 4). Bei mehrdeutigen Wörtern wird zudem zwischen eigentlichem bzw. konkretem und übertragenem Gebrauch unterschieden. Übertragener Gebrauch (gekennzeichnet durch ein davorstehendes Ü) wird nicht mit „idiomatischen Wendungen“ gleichgesetzt. Letzteres wird als „feste Verbindung[] 85 Belege aus literarischen Quellen sind in traditionellen Wörterbüchern deswegen überwiegend präsent, da diese den akzeptierten „guten“ Sprachgebrauch der gebildeten Schichten darstellten und außerdem das normative Sprachverständnis der damaligen Wörterbuchredaktionen wiederspiegeln (Engelberg/ Lemnitzer 2009, S. 236). Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 90 und Wendung[]“ (ebd., S. 11) bezeichnet 86 und ist in den Artikeln anders gekennzeichnet (durch einen Asterisk und Fettschrift). 87 Viele Verwendungen - übertragene, wie feste oder freie - werden durch Beispiele erklärt. 88 Für machen wird in dem Artikel keine übertragene Bedeutung veranschlagt, wohl aber idiomatische Ausdrücke. Bei der Gliederung der einzelnen Wortartikel, also der Darstellung der Bedeutungsebenen eines einzelnen Wortes, werden bei polysemen Ausdrücken die verschiedenen Bedeutungen auf zwei Granularitätsebenen unterteilt, die beide als „Unterbedeutung“ bezeichnet werden (ebd., S. 23). Es gibt zusätzlich zu den durch arabische Zahlen unterteilten Bedeutungen auch Unterteilungen in Kleinbuchstaben, und zwar dort, „[w]o Unterbedeutungen semantisch eng verwandt sind“ (ebd.), also in der Bedeutung zu ähnlich, als dass sie einzelne Bedeutungen darstellen können, doch zu unterschiedlich, um zu einer Bedeutung zusammengefasst werden zu können. Diese Vorgehensweise mündet dann in einem Artikel, der folgende Bedeutungsangaben zu dem Verb machen veranschlagt (zusammengefasst ohne Belegbeispiele und Kontextbedeutungen aus DUW 2011, S. 1143f.): 1 a) herstellen, fertigen anfertigen, produzieren, b) verursachen, bewirken, hervorrufen u.a. (häufig verblasst), c) ausführen, durchführen; erledigen u.a. (häufig verblasst), 2 a) in einen bestimmten [veränderten] Zustand bringen, versetzen, b) in eine bestimmte Stellung, einen bestimmten Status o.Ä. bringen, erheben; zu etw. werden lassen, 3 (durch Geschäfte o.ä.) verdienen, erzielen, 4 etw. tun, unternehmen; sich mit etwas [Bestimmten] beschäftigen, 86 Hierzu interessant die Kritik von Burger (1998) an der Darstellung phraseologischer Ausdrücke im DUW (1989, S. 170f.). 87 „Übertragen“ wird also im DUW nicht mit „idiomatisch“ gleichgesetzt, sondern „idiomatisch“ mit „fest“. 88 Zur Illustration dieses Vorgehens bei einer konkreten Bedeutung hier ein Beispiel von machen: 1c erledigen [= Unterbedeutung] „eine Beobachtung m.“ [= Belegbeispiel] (etw. beobachten) [= Kontextbedeutung]. Die Kontextbedeutungen beschreiben nicht immer die entsprechenden „offensichtlichen“ verbalen Paraphrasen zum Objekt zu machen (wie im vorherigen Beispiel das zugrunde liegende Verb des deverbalen Nomens). Die Kontextbedeutung des Belegbeispiels „sich mit etw. viele Freunde, viele Feinde machen“ (unter 1b verursachen, bewirken, hervorrufen) ist bspw. erwerben. Es haben aber nicht alle Belegbeispiele eine Kontextbedeutungsangabe: „sich einen Fleck auf die Bluse m.“ (unter 1b verursachen, bewirken, hervorrufen) hat zum Beispiel keine. Hier könnte impliziert sein, dass machen im Zusammenhang mit Flecken keine eigene Kontextbedeutung hat, sondern exakt die Bedeutung, unter der diese Kombination als Belegbeispiel aufgeführt ist und dass das Belegbeispiel hier wirklich nur den Gebrauch im Kontext zeigt. Annäherung an den Forschungsgegenstand 91 5 * sich an etw. m. (mit etw. beginnen, eine bestimmte Tätigkeit aufnehmen), 6 (ugs.) <m. + sich> sich in bestimmter, meist positiver Weise entwickeln, 7 (ugs.) jmdn. durch Protektion o.ä. in eine bestimmte Position bringen; jmdn. aufbauen, 8 (salopp) [als Schauspieler] einen bestimmten Part übernehmen, eine bestimmte Rolle spielen, 9 (ugs. oft abwertend) auf eine plumpe, aufdringliche o.ä. Weise etw. mimen, in eine bestimmte Rolle schlüpfen, 10 <in Verbindung mit Inf. + Akk.> bewirken, dass etw. Bestimmtes geschieht, zu etw. veranlassen, 11 <m. + sich> (an einer Stelle) in bestimmter Weise passen, sich einfügen, harmonisieren, 12 (ugs. verhüll.) seine Notdurft verrichten, 13 (ugs.) ein bestimmtes Geschäft o.Ä. betreiben; in einer bestimmten Branche tätig sein, 14 (ugs.) a) (in Bezug auf einen zu entrichtenden Geldbetrag) ausmachen, betragen, b) (in Bezug auf das Ergebnis einer Addition, Subtraktion od. Multiplikation) ergeben, 15 (ugs.) [in rufender Weise] von sich geben (bei Interjektionen u.Ä.), 16 (ugs.) sich beeilen, 17 * es m. (salopp; koitieren); es jmdm. m. (salopp; jmdn. geschlechtlich befriedigen), 18 (ugs.) an einen bestimmten Ort gehen, fahren, sich begeben, 19 * macht nichts! (ugs. schon gut, nicht weiter schlimm! ); mach dir, macht euch nichts weiter daraus/ draus (ugs. ärgere dich nicht/ ärgert euch nicht darüber); sich <Dativ> wenig/ nichts o.ä. aus etw. m. (ugs. etwas nicht [besonders] gern mögen, essen; kein besonderes Interesse an etw. haben); sich <Dativ> wenig/ nichts o.ä. aus jmdm. machen (wenig, nicht viel o.ä. für jmdn. übrig haben; hmdn. nicht [besonders] schätzen), 20 * zu/ für etw. [nicht] gemacht sein (zu/ für etw. nicht geschaffen sein). Nicht zu Unrecht entsteht bei der Betrachtung des zusammengefassten Artikels der Eindruck der Unstrukturiertheit. Der Grund dafür liegt in der uneinheitlichen Darstellung der Bedeutungen sowie der fehlenden Einheitlichkeit der Ebenen, 89 auf welchen die angegebenen Bedeutungen konstituiert sein 89 Zur genauen Beschreibung der in dieser Untersuchung angesetzten Bedeutungskonstitutionsebenen siehe das Analysemodell in Kapitel 4. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 92 sollen. Zum einen werden hier Bedeutungen aufgrund der semantischen Eigenschaften der Akkusativobjekte zugewiesen, wie zum Beispiel bei den Bedeutungen 1a-c und 3, zum anderen aber auch aufgrund der syntaktischen Strukturen, was sich am Hinzufügen eines Strukturbeispiels zu der Bedeutungsangabe erkennen lässt, wie bei den Bedeutungen 6 (sich machen) oder 10 („in Verbindung mit Inf. + Akk“). Diese sind aber auch nicht immer so explizit angegeben und müssen oftmals aus den Belegbeispielen erschlossen werden, wie bei den Bedeutungen 2a (machen + Objektsprädikativ), 2b (jmdn. zu etwas/ jmdm. machen) oder 12 (irgendwohin machen) oder sind als feste Wendung dargestellt, die grafisch von den anderen Beispielen abgehoben sind und dadurch den Eindruck erwecken, als hätten sie einen festeren Status als andere syntaktische Strukturen, die nicht fettgedruckt aufgeführt sind. Dabei - das wird im Folgenden deutlich - sind diese fettgedruckten Wortverbindungen jedoch willkürlich gewählt und können nicht als fester in ihrer Verwendung angesehen werden als manche anderen Verbindungen, die als (normalgedruckte) Belegbeispiele aufgeführt werden. Auch wird teilweise implizit ein (teil-)satzexterner Kontext mit einbezogen, welcher jedoch häufig nur aus der Kontextbedeutung abzuleiten ist (bspw. bei 8 „[als Schauspieler, Schauspielerin] einen bestimmten Part übernehmen, eine bestimmte Rolle spielen“). Die uneinheitliche grafische Darstellung von Strukturen und die nur teilweise vorhandenen Strukturbeispiele sorgen für eine Vermischung dieser Bedeutungskonstitutionsebenen. Im Folgenden wird etwas näher auf einzelne Beispiele eingegangen, um dies zu veranschaulichen: So werden feste Wortverbindungen nur teilweise als eigene Bedeutung aufgeführt (unter 17 und 19), teilweise erscheinen sie innerhalb einer Bedeutungsangabe als Verwendungsbeispiel: Warum es nicht unter etwas machen (was unter 1c gelistet wird) zum Beispiel keine eigene Bedeutungsangabe ausmacht (aber eine idiomatische Wendung sein soll), sich an etwas machen aber schon, obwohl beide im weitesten Sinne etwas mit Handlung ausführen zu tun haben, ist ebenso unersichtlich wie der Umstand, dass für sich machen (Bedeutung 6 und auch 11 90 ) ein Strukturbeispiel angegeben ist („<m. + sich>“) und es nicht ebenfalls als feste Wendung angesehen wird. Bei beiden Ausdrücken - sich 90 Bedeutung 11 beinhaltet aber zusätzlich ein obligatorisches (adjektivisches) Objektsprädikativ, ist also strukturell nicht gleichzusetzen mit Bedeutung 6, bei dem dieses Element optional ist. Dies wird allerdings nur aus dem Belegbeispiel klar, nicht aus dem Strukturbeispiel. Auch die Paraphrasen der beiden Bedeutungen lassen nicht rückschließen, dass die (meist positive) Art und Weise des „Entwickelns“ (bei 6) bzw. „Passens“ (bei 11) bei Bedeutung 6 inferiert werden kann, bei Lesart 11 jedoch nicht. Dies lässt sich wieder nur aus den Beispielen interpretieren. Bedeutung 11 wäre besser mit der Struktur sich irgendwie machen beschrieben, um diesen Unterschied klarer herauszustellen. Annäherung an den Forschungsgegenstand 93 machen und sich an etwas machen - konstituiert sich die Bedeutung aus der gesamten Argumentstruktur und beide sind variabel in dem Sinne, dass sich die offenen Slots, die sie vergeben, relativ frei füllen lassen. Die unterschiedliche Darstellungsweise verdeckt diese Ähnlichkeit. Strukturelle Bedeutungskonstitution zeigt sich auch bei anderen Unterbedeutungen, die in diesen Fällen aber gar nicht explizit dargestellt wird. Zum Beispiel ergibt sich die Bedeutung 9 „auf eine plumpe […] Weise mimen“ aus der gesamten Struktur in etwas machen oder auf etwas machen, was aber, anders als bei Bedeutung 11, nicht explizit in Form eines Strukturbeispiels angegeben ist, sondern sich nur aus den Beispielen erschließen lässt. Ebenso verhält es sich mit den Bedeutungen 12 („seine Notdurft verrichten“) und 13 („in einer bestimmten Branche tätig sein“), die obligatorische Argumente wie direktionales Adverbial oder eine in-PP verlangen. Die unterschiedlichen Bedeutungen, die nur innerhalb bestimmter Strukturen auftreten, werden so implizit dem Verb selbst zugeschrieben und als Lesarten bzw. Unterbedeutungen im Artikel aufgelistet. Die Auflistung der idiomatischen Wendungen zwischen den generellen Unterbedeutungen des Verbs wirkt zusätzlich unstrukturiert und gibt kein einheitliches Bild der bedeutungskonstituierenden Kriterien ab. Denn die idiomatischen Wendungen in sich sind nicht einheitlich dargestellt, manche werden als Strukturbeispiele gelistet, wie sich an etwas machen, andere wiederum als ausformulierte Äußerungen, wie „mach dir, macht euch nichts daraus/ draus“. Dies lässt den Eindruck entstehen, als seien auf der einen Seite Strukturen wie sich an etwas machen auf irgendeine Weise fester oder idiomatischer als bspw. jemandem Arbeit machen, welches einfach ein Verwendungsbeispiel zu 1b ist. Und auf der anderen Seite scheint es, als seien Ausdrücke wie macht nichts! (als idiomatische Wendung gekennzeichnet unter 19) fester und idiomatischer als Ausdrücke wie mach ich! (ein Verwendungsbeispiel unter 4) oder nun mach schon! (einziges Verwendungsbeispiel für 16). Diese Auswahl scheint willkürlich. Die unterschiedliche Darstellungsweise der idiomatischen Wendungen, nämlich einmal als Strukturbeispiel und ein anderes Mal als ausformulierte Äußerungen, zeigt außerdem, dass auch die Bedeutungskonstitution dieser eigentlich einheitlich grafisch dargestellten Bedeutungen auf unterschiedlichen Ebenen stattfindet, und zwar einerseits auf einer strukturellen und variablen und andererseits auf einer morphosyntaktisch und lexikalisch (und mitunter auch funktional) restringierten. Im Falle von Punkt 19 wurde außerdem die Unterbedeutung nicht nach semantischen, sondern nach formalen Gesichtspunkten konstituiert: Sie haben semantisch (und pragmatisch) nicht viel gemeinsam, nur formal haben alle das Indefinitpronomen nichts als direktes Objekt. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 94 Außerdem tritt eine weitere Problematik auf: die Auswahl und Darstellung der Belegbeispiele. Diese sind zum einen freie Verbindungen mit den entsprechenden (die Bedeutung konstituierenden) direkten Objekten (oder anderen Argumenten), zum anderen aber auch feste Verbindungen in Form von Kollokationen (im Sinne von Zweierverbindungen von Verb und Objekt) oder satzwertigen, eher festen Wortverbindungen. Die Bedeutung 4 „etwas tun, unternehmen; sich mit etw. [Bestimmten] beschäftigen“ weist zum Beispiel nur konkrete, ausformulierte Äußerungen als Beispiele auf, die - teilweise komplett, teilweise nur das Verb machen darin - mit einer Kontextbedeutung paraphrasiert werden. Eines der Beispiele ist mit R für Redewendung markiert, nämlich „mit mir könnt ihr es ja m.“. Was an dieser Äußerung allerdings anders in Bezug auf die Festigkeit ist als beispielsweise. an „lass mich nur m.“ oder „dagegen kannst du nichts m.“ - die genau dort als bloße Verwendungsbeispiele gelistet sind -, wird nicht deutlich. Alle drei Äußerungen wirken mehr oder weniger generisch und alle weisen Variationsfähigkeit auf, da man zum Beispiel die Person ändern kann (mit ihm kann man es ja machen, lasst sie nur machen, dagegen kann man nichts machen). Noch dringender stellt sich aber die Frage, inwiefern die Bedeutung von machen in „mit mir könnt ihr es ja m.“ - welches mit „ihr nutzt meine Gutmütigkeit aus“ paraphrasiert wird - etwas mit der Unterbedeutung („sich mit etw. [Bestimmten] beschäftigen“) zu tun hat, unter der es gelistet ist. Die Aufzählung dieser Beispiele lässt erkennen, dass hier eine ungünstige Unterbedeutung als Kategorie gewählt wurde und dass diese Fälle semantisch und funktional nicht zusammen in eine Kategorie gehören. Diese Problematik führt zu einer weiteren Auffälligkeit, die auch in einigen der anderen Wörterbücher aufzufinden ist: die Inkonsistenz und (fragwürdige) Qualität der Verwendungsbeispiele und deren Paraphrasen. Diese Belegbeispiele werden entweder gar nicht, nur teilweise (also nur das Verb machen darin, wie bei „jmdm. Sorgen, Freude machen (bereiten)“ unter Punkt 1b „verursachen, bewirken, hervorrufen“) oder als Ganzes paraphrasiert (wie bspw. „das Baby hat sich gut gemacht (es gedeiht ersichtlich)“ unter Punkt 6 „sich in bestimmter, meist positiver Weise entwickeln“). Die Art und auch die Auswahl der Paraphrasen wirkt willkürlich und auch wenn sie - als Bedeutungen der Belegbeispiele - lediglich die entsprechende Verwendung veranschaulichen sollen und selbst nicht die Unterbedeutung des Verbs beschreiben, stiften sie teilweise Verwirrung oder zeigen Inkonsistenzen bei der Einordnung der Beispiele in die unterschiedlichen Bedeutungskategorien auf. So sind zum Beispiel „das Zimmer m.“, „die Betten m.“ und „jmdm., sich die Haare m.“ unter 1a „herstellen, fertigen, anfertigen, produzieren“ aufgeführt und zeigen deutlich in ihren Paraphrasierungen, dass die Kombination dieser Nomen mit machen nicht bedeutet, dass diese Objekte in irgendeiner Weise Annäherung an den Forschungsgegenstand 95 hergestellt werden, sondern dass ganz andere Handlungen konzeptualisiert werden (nämlich in gewisser Weise ein „in Ordnung bringen“). Ein Grund für die dargestellten Problematiken könnte sein, dass hier versucht wurde, möglichst viele der im Quellkorpus gefundenen Vorkommen von machen aufzulisten, was zur Folge hatte, dass diese einer der bestehenden Kategorien zugeordnet werden mussten. Dabei wurde sich dann auf unterschiedliche Aspekte konzentriert, da sich in den vielen unterschiedlichen Verwendungen von machen die Bedeutung des Verbs oder auch der gesamten Verbindung auf unterschiedlichen Konstitutionsebenen abspielt. Dies wurde weder explizit verdeutlicht noch anscheinend bei der Zuordnung berücksichtigt. Das DUW zeigt also Inkonsistenzen in der Darstellung und Benennung der Ebenen, die es für die Bedeutungskonstitution ansetzt, und zeigt auch keinen angemessenen Umgang mit festen Wortverbindungen und den Paraphrasierungen der Verbbedeutung in den bestimmten, als Beispiele angesetzten Kontexten. Dies schlägt sich in einer sehr hohen Anzahl von Unterbedeutungen auf sehr unterschiedlichen Abstraktionsgraden nieder (von dem sehr allgemeinen tun bis zu dem eher konkreten sich beeilen), die aber größtenteils keine auf den ersten Blick erkennbaren Unterscheidungsmarkierungen aufweisen, also - bis auf eventuell durch die Reihenfolge, in der sie aufgeführt sind - sich durch nichts voneinander abheben und dadurch auch nicht anzeigen, wie spezifisch oder generell die Unterbedeutung ist. Auch die Darstellung von strukturellen, lexikalischen oder funktionalen Restriktionen ist weder eindeutig noch einheitlich, so dass sich größtenteils nicht erkennen lässt, wann machen in welcher Umgebung exklusiv eine bestimmte Handlung konzeptualisiert und wann sich dies verallgemeinern lässt. Diese Probleme des DUWs zeigen sich in ähnlicher oder anderer Form auch in den anderen Wörterbüchern. 5.2.3.2 WDG Das WDG (1980a) beschreibt seine Artikel als „systematisch aufgebaut und nach Bedeutungen gegliedert“ (ebd., S. 5), wobei die Grammatik durchaus beachtet wird, jedoch nicht vordergründig bei der Gliederung in Erscheinung treten soll, zum Beispiel durch eine Gliederung nach Argumentstruktur bei Verben (ebd.). Bei Bedeutungen wird nach zwei Kriterien unterschieden, zum einen gebräuchlich vs. ungebräuchlich und zum anderen konkret vs. übertragen, erstere Unterscheidung ist nicht speziell gekennzeichnet, letztere durch „/ übertr./ “ angekündigt (ebd., S. 10). Die konkreten und gebräuchlichen stehen meistens 91 vor den übertragenen und seltenen Bedeutungen (ebd., S. 5). 91 Es gibt Ausnahmen, zum Beispiel, wenn sich die beiden Kriterien gebräuchlich und konkret widersprechen, dann wird dem Kriterium konkret bei der Reihenfolge der Vorzug gelassen Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 96 Das heißt also, dass die Bedeutungen, die als erstes angeführt sind, als die gebräuchlichsten und konkretesten angesehen werden. In der Praxis, beim genauen Betrachten eines Artikels im WDG, zeigt sich, dass diese nicht ganz so systematisch aufgebaut sind, wie noch im Vorwort beschrieben. Schon die Zusammenfassung des Artikels, bei der nur die Bedeutungsangaben 92 (auf allen Granularitätsebenen: arabische Ziffern, Kleinbuchstaben und die durch Semikolon abgetrennten) erfasst werden sollten, erweist sich als schwierig durchzuführen. Es ergibt sich außerdem ein recht fragwürdiger Eindruck von der Auffassung von „Bedeutungen“ und den Quellen der Bedeutungskonstitution des WDG (zusammengefasst aus WDG 1981a, S. 2413ff.): 1 etw. (aus etw.) herstellen; etw. zubereiten; etw. anfertigen; / übertr./ jmdn. aus jmdm. m. jmdn. zu etw. umbilden, erziehen, 2 etw. durch-, ausführen, in die Tat umsetzen a) [nur illustrierende Beispiele, u.a.: Probe, Versuch, Analyse, Angriff, Rückzug m.] b) umg. etw. zustande bringen, fertigbringen, c) umg. etw. tun, mit etw. beschäftigt sein, 3 umg. etw. abfassen, niederschreiben, 4 Geräusche hervorbringen; einen Spaß sagen, äußern, 5 eine Miene, Geste, Bewegung zeigen a) eine erstaunte Miene zeigen, erstaunt aussehen; etw. beabsichtigen wollen b) springen, 6 umg. verhüll. (seine Notdurft verrichten), 7 etw. bewirken, herbeiführen a) veranlassen, dass bei jmdm., einer Sache ein neuer Zustand, eine Veränderung eintritt, b) etwas verursachen; jmd. etw. verursacht Schwierigkeiten, 8 umg. etw. (wieder) in Ordnung bringen, (WDG 1980a, S. 5), so dass seltenere vor häufigeren Bedeutungen stehen können, wenn erstere als konkreter eingestuft werden. Der Konkretheit eines Ausdrucks wird also ein recht hoher Stellenwert eingeräumt. 92 Als Bedeutungsangaben des Ausdrucks generell werden alle kursiv geschriebenen Paraphrasen oder Synonyme interpretiert, die nicht in Klammern stehen (die in Klammern stehenden stellen Bedeutungsangaben zu bestimmten Beispielen dar, wie im Vorwort beschrieben wird (WDG 1980a, S. 10)). Auch wenn dies nirgendwo expliziert wird, lässt die Betrachtung mehrerer Artikel darauf schließen, dass Bedeutungsangaben derart (also kursiv und nicht in Klammern) dargestellt werden. Ab Bedeutungsangabe 11 werden die Strukturbeispiele in der Zusammenfassung mitaufgeführt, da die Bedeutungsangabe sich auf machen in eben dieser Struktur bezieht. Sie stehen im Artikel noch vor der Bedeutungsangabe. Wenn im Artikel keine Bedeutungsangabe ohne Klammern aufgeführt wird, wird hier das aufgeführt, was die Bedeutung stattdessen beschreibt. Annäherung an den Forschungsgegenstand 97 9 / dient in abgeblaßter Bedeutung mit Subst. häufig zur Umschreibung eines Verbalbegriffs/ , 10 umg. sich bemühen, etw. schnell zu beenden, sich in Eile bewegen, sich beeilen; salopp sich (eilig) irgendwohin begeben, 11 umg. etw. macht etw. etw. hat ein Ergebnis, ergibt etw., 12 umg. jmd. macht jmdn. jmd. stellt jmdn. dar, spielt jmds. Rolle, 13 umg. etw., jmd. macht sich (gut) / drückt Lob, Zustimmung aus/ , 14 umg. sich / Dat./ nichts, wenig, nicht viel aus etw., jmdm. m etw., jmdn. nicht mögen, 15 umg. sich an etw. m. eine Arbeit beginnen, 16 umg. a) etwas aus sich m. zu wirken verstehen b) wissen, was man aus jmdm., etw. m. (wie man jmdn., etw. beurteilen) soll, 17 salopp jmd. macht in etw. jmd. handelt mit etw.; salopp abwertend jmd. beschäftigt sich mit etw.; jmd. zeigt etw. betont, kehrt etw. hervor, 18 umg. jmd. zu etw. m. jmdn. zu etw. ernennen, jmdm. eine Stellung, ein Amt übertragen. Auch dieser Artikel erscheint auf den ersten Blick nicht sehr systematisch und in der Tat zeigen sich hier ähnliche Probleme wie beim Artikel des DUWs. Dies liegt gewiss auch an dem Umstand, dass beide Wörterbücher eine ähnliche - man könnte auch sagen „klassische“ - Vorgehensweise bei der Wörterbucharbeit an den Tag legen und außerdem ein möglichst umfassendes Bild der Bedeutung und Verwendung eines Ausdrucks abgeben möchten. Dies hat allerdings, wie man erkennen kann, eine unstrukturiert wirkende Aufzählung von Bedeutungsangaben zur Folge. Im WDG wird - wie im DUW - durch arabische Ziffern und Kleinbuchstaben unterteilt (WDG 1980a, S. 7) und zusätzlich können einzelne Bedeutungen einer Unterteilung durch ein Semikolon getrennt werden, wenn „ein geringer Bedeutungsunterschied zwischen den beiden Angaben besteht, der jedoch die Aufteilung in zwei Punkte nicht rechtfertigt“ (ebd., S. 9). 93 Den arabischen Ziffern folgt jeweils eine Bedeutungsangabe, entweder als Paraphrase, Synonym oder Metakommentar (bspw. „/ Schiffsanruf/ “ zur Erklärung von ahoi, gekennzeichnet durch Kursivschrift und Schrägstriche) (ebd., S. 8f.). Die Bedeu- 93 Das Semikolon wird auch im DUW zur Unterteilung von Bedeutungsangaben verwendet, zum Beispiel bei machen 1c ausführen, durchführen; erledigen, jedoch wird diese Praktik nirgendwo erwähnt, geschweige denn erklärt. Es ist jedoch vorstellbar, dass die Motivation eine ähnliche wie im WDG ist. Was wiederum die Frage danach aufwirft, was eine Bedeutung „unterschiedlich genug“ für welche Art der Unterteilung macht. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 98 tungsangaben werden auch in diesem Wörterbuch durch Belegbeispiele, die als „Verwendungsarten“ (ebd., S. 6), „Anwendungsmöglichkeiten“ und „illustrierende Beispiele“ (ebd., S. 7) bezeichnet werden, veranschaulicht. Definitionen scheinen Synonymen gegenüber als Bedeutungsangaben bevorzugt, denn die Definitionen werden als obligatorisch angegeben, die Synonyme als optional. Alle Bedeutungsangaben zusammen sollen als umfassendes Bild der Bedeutung des Stichwortes angesehen werden (ebd., S. 8). Das WDG grenzt außerdem feste Verbindungen vom „freien Gebrauch“ (ebd., S. 6) eines Ausdrucks ab und erklärt, im Gegensatz zum DUW, wann feste Verbindungen eine eigene Bedeutungsangabe ausmachen: „Besteht kein direkter Zusammenhang mit dem Bedeutungspunkt des Stichwortes, so erhält die feste Verbindung einen eigenen Punkt […]“ (ebd.), was dahingehend interpretiert werden kann, dass es sich dann um idiomatische Ausdrücke handelt und nicht nur um verfestigte, da die Bedeutung der so erfassten Verbindungen als distinkt genug von der Bedeutung des Stichwortes, das darin enthalten ist, empfunden wird, dass sich eine eigene Aufführung rechtfertigt. Derartige, unter eigenen Bedeutungen aufgeführte Wortverbindungen werden also nicht als häufig verwendete (verfestigte) Belege für das Stichwort betrachtet, sondern als eigene Ausdrücke, die eine eigene Bedeutungsbeschreibung erhalten. Die Bedeutungskategorien, die das WDG aufstellt, befinden sich - wie schon beim DUW - auf unterschiedlichen Bedeutungskonstitutionsebenen und zeigen dies bereits in der Darstellung der Bedeutungsangaben. Nicht alle sind durch Paraphrasierungen bzw. Synonyme dargestellt, sie weisen nicht einmal dasselbe grafische Darstellungsbild auf: So wird 2a nur durch illustrierende Beispiele dargestellt, 6 und 16b durch jeweils eine Bedeutungsangabe, die aber die Bedeutungsangabe eines konkreten Beispiels ist (entsprechend einer Kontextbedeutung des DUW) und auch als solche gekennzeichnet ist, dadurch dass sie in Klammern steht. Bedeutung 9 ist lediglich eine Metabeschreibung, die genau betrachtet eigentlich überhaupt keine informative Aussage über die Bedeutung enthält. 94 Bei 5 sind die Unterbedeutungen zu der Angabe „eine Miene, Geste, Bewegung zeigen“ wiederum ausgesprochen präzise, was man nur damit erklären kann, dass bei den Bedeutungsangaben „erstaunt aussehen“ (5a) und „springen“ (5b) die Klammern vergessen wur- 94 Die Beschreibung „dient in abgeblaßter Bedeutung mit einem Subst. häufig zur Umschreibung eines Verbalbegriffs“ ist so vage, dass sie auf die meisten der in anderen Bedeutungspunkten angeführten Angaben passt, zumal in allen jeweiligen Bedeutungsangaben selbst diese „Verbalbegriffe“, die machen laut WDG dort beschreibt, mitgeliefert werden. Dieser Punkt 9 wirkt generell sehr unstrukturiert und eher wie eine Kategorie, in der alle im Basiskorpus gefundenen machen-Belege eingeordnet wurden, die der Autor in anderen Kategorien nicht unterbringen konnte. Annäherung an den Forschungsgegenstand 99 den und dass es sich eigentlich um die Interpretationen des Verbs machen im Kontext des jeweiligen vorherigen Beispiels handelt, nicht um die generelle Unterbedeutung, wie die Markierung suggeriert. Ebenso verhält es sich mit den Bedeutungen in 4, die durch ein Semikolon getrennt sind und deren sehr präzise (und semantisch seltsam anmutende) zweite Umschreibung „einen Spaß sagen“ auch eher wie die Bedeutung von machen in einem ganz bestimmten Kontext klingt (nämlich nur in Kombination mit Spaß als Objekt). Gegen Ende des Artikels wird nicht mehr nach rein semantischen Gesichtspunkten unterteilt - wie im Vorwort noch angekündigt -, sondern es werden grammatische Kriterien einbezogen. Es wird also der Tatsache Rechnung getragen, dass machen bei bestimmten Bedeutungen Präpositionalobjekte, bzw. eine bestimmte Satzstruktur verlangt. So steht ab Punkt 11 die Bedeutungsangabe nicht mehr direkt hinter der arabischen Zahl, sondern es steht zunächst ein Strukturbeispiel dort, welches das Verb mit allen Argumenten für diese Bedeutung als Standardformen (z.B.: jmd., etw.) angibt. Dies führt allerdings dazu, dass unter 16a und b zwei Bedeutungen zusammengefasst sind, die - zumindest nach ihren Bedeutungsangaben zu urteilen - semantisch eigentlich nicht viel gemeinsam haben, nämlich „zu wirken verstehen“ und „jmdn. beurteilen“, die beide in der Struktur die Präposition aus enthalten, jedoch darüber hinaus unterschiedliche Satzstrukturen und semantische Restriktionen der Argumente aufweisen. Ebenso verhält es sich bei Punkt 17, unter dem alle Bedeutungen der Struktur in etwas machen aufgeführt sind. Hier ist also eine Einteilung, die auf der Bedeutung des Verbs beruht, nicht mehr gegeben. Schließlich zeigt auch das WDG denselben inkonsistenten Umgang mit festen und freien Wortverbindungen als Beispiele, wie schon das DUW, und unterscheidet nicht offenkundig zwischen Anwendungsbeispielen wie „der Junge muss erst seine Aufgaben m.“ (für Bedeutung 3 „niederschreiben“) und eher festen Wortverbindungen wie „lass mich nur m.! “ (für Bedeutung 2 „etw. ausführen“; hier ist für machen außerdem die konkrete Kontextbedeutung handeln angegeben). Die Beispiele entsprechen außerdem nicht immer dem, was sie veranschaulichen sollen: So sind für 7b „etwas verursachen“ nach der Bedeutungsangabe noch Strukturangaben aufgeführt, die ein (obligatorisches) Dativobjekt nahelegen: „etw. [bzw. jmd.] macht jmdm. etw.“. Dieses Dativobjekt ist allerdings nicht vorhanden in den Belegbeispielen „Hering macht Durst“, „das macht das Wetter“ oder „etwas macht Effekt/ Epoche/ böses Blut/ Schule“. Dies kann natürlich bedeuten, dass die Struktur mit Dativobjekt nicht obligatorisch und somit nicht bedeutungsrelevant ist, sondern nur eine Variationsmöglichkeit und deswegen auch das Strukturbeispiel erst nach der Bedeutungsangabe steht und nicht davor (wie bei den Bedeutungen 11-18). Dieses Verfahren wird allerdings nirgendwo beschrieben. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 100 Dass die Belegbeispiele und die (angenommenen) festen Wendungen manchmal fehl am Platz in ihren Kategorien bzw. Bedeutungen wirken, ist eine Folge davon, dass hier - wie auch im DUW - anscheinend versucht wurde, möglichst viele der im Quellkorpus vorkommenden Verwendungen mit machen unter einer der vorhandenen Bedeutungskategorien einzuteilen. Beispielhaft dafür ist die Unterbedeutung 3 „etwas niederschreiben“ des WDG, die als Verwendungsbeispiele unter anderem „einen Vertrag, den Entwurf m.“ und „m. Sie mir die Rechnung“ anbringt. Diese Objektreferenten haben natürlich alle gemeinsam, dass sie niedergeschrieben werden können, aber das ist nicht der Punkt, um den es geht, wenn über Vertrag oder Rechnung machen geredet wird, bzw. es wird hier nicht vordergründig und in allen Kontexten das Abfassen von Rechnungen und Verträgen konzeptualisiert, so dass dies als die generelle Bedeutung dieser Kombinationen deklariert werden könnte. Gerade bei der ausformulierten Äußerung Machen Sie mir die Rechnung geht es nicht vordergründig um die Aufforderung, dass etwas aufgeschrieben wird, sondern um die Ankündigung, die ausstehende Rechnung zahlen zu wollen und einer entsprechenden Aufforderung an die Servicekraft, diese Handlung zu ermöglichen. Und auch bei Verträgen geht es um mehr als niedergeschriebene Worte, es geht um gültige Vereinbarungen mit Implikationen für alle Beteiligten (Einverständnis mit den Konditionen, Konsequenzen bei Nicht- Einhaltung etc.), die auch nicht unbedingt niedergeschrieben werden müssen, da es auch mündliche Verträge gibt und auch diese können „gemacht“ werden. So gesehen ist der Aspekt der Verschriftlichung nur einer von mehreren, dem aber auf diese Weise eine sehr prominente Rolle in der Bedeutungskonstitution zugeschrieben wird, da er als Bedeutungsangabe für die Verwendungen von machen ausgewählt wurde. Auch die Kategorie 5 „Miene, Geste, Bewegung zeigen“ hat einen - scheinbar gemeinsamen - Aspekt aus mehreren Verwendungen herausgegriffen, in diesem Falle werden jedoch zusätzlich konkrete und übertragene Bedeutungen zusammen aufgeführt, wobei die übertragenen Bedeutungen in ihrem eigentlichen Sinn nichts mit der Bedeutungsangabe selbst zu tun haben (bspw. „gute Miene zum bösen Spiel machen“ oder „lange Ohren machen“). Einzig die Tatsache, dass die denotativen semantischen Bedeutungen der Objektreferenten etwas mit Gesicht zu tun haben, hat sie scheinbar dafür qualifiziert, in dieser Kategorie eingeordnet zu werden. Das WDG ist also auch nicht konsistent bei der Beschreibung der Bedeutungen auf der semantischen Ebene, da es ab Lesart 11 der grammatischen Struktur den Vorzug bei der Einteilung gibt, so dass verschiedene Bedeutungen mit gleicher Struktur unter denselben Punkten zusammengefasst werden. Außerdem wird nicht klar, auf welcher Ebene genau eine Bedeutungsangabe erfasst wird, da die derart grafisch markierten Angaben mal für das Verb ge- Annäherung an den Forschungsgegenstand 101 nerell, mal für das Verb nur in einem ganz bestimmten Kontext gelten und zuweilen überhaupt keine synonyme oder paraphrasierende Bedeutungsangabe angegeben wird, sondern nur eine Metabeschreibung oder nur Beispiele angeführt werden. Dies erschwert es sehr, einen einheitlichen Eindruck davon zu bekommen, wonach sich das WDG bei der Konstitution der Bedeutungen eines (laut WDG) polysemen Verbs wie machen eigentlich richtet und wann dem Verb selbst eine bestimmte Bedeutung zugeschrieben wird und wann diese nur für den gesamten Kontext gelten soll, in dem es vorkommt, bzw. welcher Kontext dann gemeint ist: der semantisch-lexikalische oder der strukturelle. Außerdem wird nicht klar, welche der als illustrierende Beispiele aufgeführten Phrasen als feste Wendungen angesehen werden (und was eine feste Wendung überhaupt ausmacht) und welche lediglich die Verwendung des Verbs demonstrieren. Auch werden hier eventuelle lexikalische, strukturelle oder funktionale Restriktionen nicht explizit angegeben, sondern lassen sich höchstens aus den Paraphrasen oder aus Symptomwertangaben ableiten, was aber nicht deutlich macht, ob dies obligatorische Faktoren sind - zumindest nicht bei den Paraphrasen. 5.2.3.3 E - VALBU Anders als die beiden bisher behandelten Wörterbücher richtet sich das E-VALBU bei seiner Beschreibung von Verben nach der Struktur der Komplemente, gliedert also die Bedeutungen (hier: Lesarten) eines Verbs nach der Form und Anzahl der Komplemente, die es für die jeweilige Lesart verlangt. Kriterien für die Reihenfolge werden nicht erwähnt, so dass nicht erschlossen werden kann, ob Bedeutungen, die an den Anfang der Aufzählung gestellt wurden, als gebräuchlicher oder grundlegender angesehen werden, als jene, die dahinter aufgeführt werden. Die Artikel zu den einzelnen Verben sind sehr strukturiert aufgebaut und die einzelnen Informationen sind genau benannt und tabellarisch angeordnet, so dass hier nicht interpretiert werden muss, auf welcher Beschreibungsebene man sich befindet. Für diese Betrachtung interessant sind die Kategorien „Strukturbeispiel“, „Im Sinne von“, „Beispiele“ und „Anmerkungen“. Folgende Lesarten setzt das E-VALBU für das Verb machen an (zusammengefasst aus E-VALBU): 1 etwas herstellen, 2 etwas unternehmen, 3 bewirken, dass etwas so wird, 4 einen Preis von irgendwieviel haben, 5 jemanden spielen, 6 einer Person dazu verhelfen, jemand zu werden, Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 102 7 etwas in den richtigen Zustand bringen, 8 etwas ausführen, 9 etwas absolvieren, 10 etwas äußern, 11 bewirken, dass etwas entsteht, 12 etwas vollführen, 13 bewirken, dass aus etwas etwas wird, 14 bewirken, dass etwas zu etwas wird, 15 den Eindruck erwecken, man wäre etwas, 16 mit etwas Geschäfte machen, 17 etwas demonstrativ zeigen, 18 eine Geschwindigkeit von irgendwieviel erreichen, 19 den Darm oder die Blase erleichtern, 20 bewirken, dass etwas geschieht. Dieser Artikel wirkt bereits in der Zusammenfassung sehr geordnet, da die Darstellungsweise einheitlich gestaltet ist. Alle Bedeutungsangaben sind als Strukturbeispiele mit Synonymen oder paraphrasierenden Ausdrücken formuliert und die jeweils dazugehörigen Belegbeispiele liefern die entsprechende Veranschaulichung der Verwendung. Das VALBU nutzt zur Veranschaulichung „prototypische Beispiele“, welche Sätze darstellen, die „einfach, klar und gängig“ sein sollen (Schumacher et al. 2004, S. 80), die also in der Alltagssprache so vorkommen können. Die Verben sind nicht nur formal nach ihren Komplementen gegliedert, sondern auch nach semantischer Hinsicht. Alle Komplemente einer Lesart sollten also zu bestimmten semantischen Kategorien gehören, damit eine Phrase/ ein Satz mit machen zu jener Lesart gezählt werden kann. Bei den semantischen Kategorien des E-VALBU handelt es sich nicht um semantische Rollen (bspw. nach Dowty 1991 oder Primus 2012), sondern um „Kategorien von Dingen“ (E-VALBU: Benutzerhinweise, Lesartenabhängige Artikel), 95 die hinsichtlich ihrer Abgrenzungskriterien voneinander nicht näher erläutert werden. Diese Kategorien unterscheiden „Dinge“ wie: Person, Tier, Veranstaltung, Handlung, konkretes Objekt, abstraktes Objekt, Prüfung, Ware, Gefühl, Substanz, Artefakt und andere. Die Aufzählung zeigt schon, dass einige Kategorien sehr weit gefasst sind (z.B.: abstraktes Objekt), während andere sehr spezifisch sind (z.B.: Prüfung), die Kategorien befinden sich also auf unterschiedlichen semantischen Abstraktionsebenen. Für manche Lesarten haben einige oder 95 http: / / hypermedia.ids-mannheim.de/ evalbu/ hinweise.html (Stand: 1.5.2017). Annäherung an den Forschungsgegenstand 103 alle Komplemente keine angegebenen Restriktionen, so dass die Lesart hier rein aus der Komplementstruktur zu kommen scheint. Ein Beispiel hierfür ist Lesart 14 „bewirken, dass etwas zu etwas wird“ mit der Komplementstruktur jemand/ etwas macht jemanden/ etwas zu jemandem/ etwas, bei dem keines der drei aufgeführten Komplemente semantische Restriktionen zugewiesen bekommt. Insofern ist das E-VALBU sehr viel transparenter, was die Einteilungen der Bedeutungen und die Gründe für die am Ende gewählte Gliederung angeht. Dennoch ist auch diese Einteilung nicht ganz unproblematisch, bzw. sind nicht alle Kategorisierungen nachvollziehbar. Dies liegt auch an den gewählten semantischen Kategorien, die nirgendwo genau definiert werden und deren Inhalte teilweise willkürlich gewählt oder nur aufgrund einer im Vorhinein bereits (aus nicht nachvollziehbaren Kriterien) festgelegten Lesart entstanden scheinen. Die semantischen Kategorien sind für manche Lesarten ziemlich eng gefasst, so dass zum Beispiel für die Lesarten 8 („ausführen, erledigen“) und 9 („absolvieren“) nur Personen als Subjekte vorgesehen sind. Die Tatsache, dass auch Tiere etwas ausführen oder Prüfungen absolvieren können, scheint also nicht mitberücksichtigt (wie bspw. Rex macht seine Blindenhundprüfung) oder ist eventuell in den Daten nicht zu finden gewesen. 96 Auch ist fragwürdig, warum „eine Prüfung absolvieren“ eine spezielle, eigene Lesart erhält und dazu eine so spezifische semantische Kategorie als Objekt wie Prüfung und weshalb dies nicht zu Lesart 8 als Handlung dazugenommen wird. Dies lässt den Eindruck entstehen, als wären die semantischen Kategorien im Nachhinein - nach dem Einteilen der Kategorien und dem Einteilen der Belege in die vorhandenen Kategorien - als zusammenfassende Kategorien für die Komplemente erdacht worden, die in den jeweiligen Belegen zu finden waren. Bei der Lesart 7 („in Ordnung/ in den richtigen Zustand bringen“) ergibt sich die Problematik, dass die Kategorie für das Objekt zu weit gefasst ist und nicht der Tatsache Rechnung trägt, dass diese Lesart nur mit ganz bestimmten Nomen auftritt, die aber nicht durch eine allgemeine Kategorisierung zu erfassen ist, wie bspw. Betten, Haare, Zimmer oder Küche. Nicht jedes „konkrete Objekt“, welches die hier angesetzte semantische Kategorie ist, wird „in Ordnung gebracht“, wenn es mit machen auftritt, auch wenn alle Objektkomplemente, die mit machen in dieser Lesart auftreten, konkrete Objekte beschreiben. 96 Die Tiere sind jedoch bei Lesart 12 „etwas vollführen“ aufgeführt. Hier könnte eine Unterscheidung hinsichtlich des Agentivitätslevels bzw. der Absichtlichkeit der Handlung vorliegen, die durchführen im Gegensatz zu vollführen zugesprochen wird. Es könnte aber auch sein, dass sich vollführen (gemäß der Beschreibung der Objektkategorie und der Beispielsätze) nur auf Bewegungen bezieht. Das wird aus der Darstellung nicht deutlich. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 104 Ebenfalls verdeckt die Fokussierung auf die grammatische Struktur der Komplemente, wo ähnliche oder gleiche Lesarten auftreten. Bei den Lesarten 13 und 14 etwa hat das Verb (wenn man von den Beispielsätzen der beiden Lesarten ausgeht) dieselbe Semantik, nur aus unterschiedlichen Blickwinkeln, und genau diese Blickwinkel werden durch die Komplementierung deutlich. 13 bezeichnet etwas aus etwas machen und 14 etwas zu etwas machen. In beiden Fällen wird eine Zustandsveränderung beschrieben, nur einmal beschreibt das Akkusativobjekt das Resultat der Veränderung („aus Schloss Schönthal Eigentumswohnungen machen“) und beim anderen Mal beschreibt es das, was verändert wird („Christus machte Wasser zu Wein“). Das PP-Komplement beschreibt dann jeweils das Veränderte („aus Schloss Schönthal“) oder das Endergebnis („zu Wein“). Dies wird durch die jeweilige Präposition verdeutlicht, wodurch diese PP im Grunde genommen dafür verantwortlich ist, zu zeigen, in welche Richtung die Veränderung von statten geht. Denn es ist ein Unterschied, ob Christus Wasser zu Wein oder Wasser aus Wein gemacht hat. An der Bedeutung von machen in beiden Fällen verändert es jedoch nichts, was auch in den Paraphrasen der jeweiligen Lesarten deutlich wird, die sich bis auf die entsprechende Präposition gleichen: jemand/ etwas bewirkt, dass jemand/ etwas [zu/ aus] jemandem/ etwas wird. 97 Von Vorteil ist bei der Arbeitsweise des VALBU, dass die Beispielsätze größtenteils aus dem Quellkorpus übernommene Sätze beinhalten und nur teilweise ausgedachte Phrasen, die aber sehr an ihrer Alltagstauglichkeit orientiert sind. Die Sätze, die zur Veranschaulichung dienen, sind alle ausformuliert und bezeichnen nicht in ihrer Form restringierte feste Verbindungen, sondern freie Verwendungen des Verbs machen in der jeweils veranschlagten Bedeutung. Das VALBU - allerdings nur die Printversion - trennt nämlich die festen Wortverbindungen vom Rest des Artikels ab und bezeichnet sie als Phraseologismen. Diese werden - unterteilt in Funktionsverbgefüge (FVG) und Idiome - am Ende des Artikels aufgeführt (Schumacher et al. 2004, S. 547). Diese Vorgehensweise hat gegenüber den anderen beiden erwähnten Wörterbuchartikeln den Vorteil, dass feste Wortverbindungen als solche gekennzeichnet sind und nicht mehr unter die anderen Bedeutungskonstitutionsebenen gemischt werden. Die Abgrenzung dient dazu, zu zeigen, „dass lexikalisierte Konstruktionen nicht unter den offenen SBP-Strukturen [= Satzbauplanstrukturen; Anmerkung der Autorin K.K.] abgebildet werden können und somit 97 Diese beiden Verwendungen sind aber nur scheinbar semantisch ähnlich, was wiederum eine getrennte Aufführung rechtfertigt. Der Unterschied in der Verwendung wird aus den Bedeutungszuschreibungen allerdings nicht deutlich, da die semantischen Kategorien für die jeweiligen Argumente nicht entsprechend definiert werden. Zu der Verwendung dieser beiden Wortverbindungsmuster im zugrunde liegenden Korpus vgl. Abschnitt 6.4.2.2. Annäherung an den Forschungsgegenstand 105 nicht unter einen Subartikel fallen“ (ebd., S. 110). Die dort aufgeführten Wortverbindungen mit machen sieht das VALBU also als lexikalisierte Einheiten, denen nur im Ganzen eine Bedeutung zugewiesen werden kann. Unter den FVGn führt das VALBU nur diejenigen an, „deren Status in der germanistischen Sprachwissenschaft weitgehend unstrittig 98 ist“ (ebd., S. 110). Damit sind konkret Wortverbindungen gemeint, die aus einem semantisch armen, hier als Funktionsverb bezeichneten Verb, und einem Bedeutungsträger in Form einer NP oder AP bestehen (ebd., S. 54). Zu den Idiomen grenzen sich FVG in der Form ab, dass sie ein „einfaches Verb“ ausdrücken, „dessen Bedeutung mit der des Nomens korrespondiert“ (ebd., S. 55), 99 die also das Verb zum deverbalen Nomen darstellen (Spiel machen drückt dem zufolge spielen aus). Idiome sind demgegenüber „lexikalisierte Ausdrücke […], deren Bedeutung sich nicht aus der Bedeutung der einzelnen Wörter ergibt“ und die deshalb eine Einheit darstellen (ebd., S. 111). Die Annahme, dass es zu den FVGn ein korrespondierendes Verb gibt, scheint ausschlaggebend für die Einordnung in jene Kategorie zu sein, denn es werden unter den FVGn nur Verbindungen angeführt, die ein deverbales Objekt oder deverbales adjektivisches Objektsprädikativ haben und diese Verbindungen werden mit dem dazugehörigen Verb paraphrasiert. Anders ist nicht zu erklären, weshalb Ausdrücke wie „den Anfang machen: anfangen“, „etwas macht Spaß/ Freude: etwas erfreut“ 100 oder „mobil machen: mobilisieren“ hier aufgeführt sind, aber nicht „jemandem Arbeit machen“, „Sinn machen“ oder „zugänglich machen“. Die letzten drei Verbindungen sind ebenso gängig und die Bedeutungen sind aus den Bedeutungen der einzelnen Wörter herzuleiten, nur gibt es keine entsprechenden Verben. 101 „etwas macht (keinen) Sinn“ ist dagegen unter den Idiomen aufgeführt mit der Paraphrase „etwas ist sinnlos/ sinnvoll“, die au-  98 Van Pottelberge (2000, 2007) hat allerdings mindestens ein ganzes Buch und einen Handbuchartikel darüber geschrieben, wie strittig die gesamte Kategorie der FVG ist. Und auch Proske (2013, S. 213ff.) schließt machen (und haben) von der Gruppe der FVn aus (die sie selbst ebenfalls für eine überflüssige Kategorie hält).  99 Zifonun/ Hoffmann/ Strecker (1997) sprechen in solchen Fällen von „Nominalisierungsverbgefügen“ (NVG) (ebd., S. 702f.), die die Obergruppe zu FVGn darstellen (ebd., S. 703f.). Den FVn wird ein systematischer Bedeutungsbeitrag und nicht ein bloßer Beitrag zur Nominalisierung von Verben zugeschrieben. Beides stellen komplexe Prädikatsausdrücke dar, die semantisch einfache Prädikate ausdrücken können (ebd., S. 701ff.). 100 Hierzu gibt es allerdings nur für eines der beiden Objekte das entsprechende Verb, *etwas spaßt ist nicht möglich. etwas macht Spaß scheint also nur aufgrund der angenommenen Synonymie von Spaß und Freude für das VALBU ein FVG zu sein. 101 Laut Zifonun/ Hoffmann/ Strecker (1997) können FVG sowohl mit dem der NP zugrunde liegenden Verb, als auch mit dem entsprechenden Adjektiv (+ Kopula) paraphrasiert werden (ebd., S. 1068). Für das VALBU zählt aber nur die Möglichkeit der Paraphrasierung durch Verben. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 106 genscheinlich kein entsprechendes Verb, sondern nur ein entsprechendes Adjektiv enthält. Die Idiome, die aufgeführt sind, befinden sich außerdem auf unterschiedlichen Restriktionsebenen; das bedeutet, sie weisen unterschiedliche Arten der Restriktionen und somit unterschiedliche Grade an Festigkeit auf. Bei manchen sind es Kontextrestriktionen, angegeben durch eine funktionale Charakterisierung in eckigen Klammern, wie z.B.: „[als Ermahnung]“ oder durch Angabe der Stilebene, wie „[ugs.]“. Bei anderen gibt es morphosyntaktische Restriktionen; sie scheinen zum Beispiel nur im Imperativ vorzukommen („Nun, mach schon! “). Auch ist das angegebene Objekt teilweise komplett fixiert (wie bei „jemandem Beine machen: jemanden antreiben, hetzen“), teilweise gibt es semantisch limitierte Alternativen (wie bei „jemand/ etwas macht Probleme/ Schwierigkeiten: jemand/ etwas ist problematisch/ schwierig“) oder auch relativ unrestringierte Variationen, die aber nicht komplett offen zu sein scheinen, angedeutet durch die drei Punkte in „Was macht das Geschäft/ die Arbeit/ …? : Wie steht es mit dem Geschäft/ der Arbeit“. Die Kategorie Idiom ist also relativ weit gefasst und die Angrenzung zu FVGn basiert auf dem Vorhandensein eines einzelnen Verbs, welches die Kombination von machen + Objekt paraphrasieren kann. Die Eigenschaft der übertragenen Bedeutung ist nicht bei allen aufgeführten Ausdrücken vorhanden (vgl. jemandem Beine machen in Gegensatz zu jemand/ etwas macht Probleme/ Schwierigkeiten). Auch wenn der Umgang mit festen Verbindungen also in diesem Wörterbuch besser gelöst wurde als in den vorherigen, so ergibt sich hier die Problematik, dass die Kriterien für die veranschlagten Kategorien FVG und Idiom nicht ausreichend definiert sind, bzw. dass die Definitionen ungenügend sind und nicht die Tatsache wiederspiegeln, dass es innerhalb der Kategorie erhebliche Unterschiede bezüglich des Festigkeitsgrades, der Idiomatizität und eventuellen Verwendungsrestriktionen gibt. „Idiomatisch“ und „verfestigt“ werden gleichgesetzt, aber der Status von festen Wortverbindungen wird nicht deutlich, da sie manchmal als eigene Bedeutung und manchmal als Bedeutungsnuance einer Bedeutung aufgeführt sind. Es scheint auch hier der Versuch unternommen worden zu sein, jegliche oder die meisten der Vorkommen von machen in irgendeiner Weise aufzuführen und einer Kategorie zuzuordnen, nur dass die Kategorien in diesem Falle dann FVG und Idiome heißen und nicht - wie bspw. im DUW - eine Unterbedeutung des Verbs ausmachen, die mit etwas tun praphrasiert wird. So ist auch im VALBU trotz der Transparenz der semantischen Kategorien, die die Bedeutungen begründen sollen, die Gliederung in die unterschiedlichen Bedeutungsangaben nicht ganz schlüssig, da nicht klar wird, worauf diese beruht. Rückschließend von den semantischen Kategorien aus, die auf Annäherung an den Forschungsgegenstand 107 sehr unterschiedlichen Abstraktionsebenen liegen, könnte man fast annehmen, dass die Einteilung vor den semantischen Kategorien vorhanden war und die Benennung dieser Kategorien nur noch Zusammenfassungen der Entitäten sind, die in den dazugehörigen, in die jeweiligen Lesarten passenden Belege vorkommen. Die Fokussierung auf die Komplementstruktur verdeutlicht, dass sich die Bedeutung von machen zuweilen aus dem Vorhandensein obligatorischer Elemente ergibt, verdeckt aber teilweise, wo Lesarten mit unterschiedlich realisierten Komplementen eigentlich identisch sind. Auch der Umgang mit festen Wendungen, wenn auch besser gelöst als in den zuvor betrachteten Wörterbüchern, da deutlich von den anderen Bedeutungen abgegrenzt und von vornherein als holistische Einheiten angesehen, ist nicht differenziert genug und beachtet nicht, dass auch feste Wendungen keine homogene Gruppe sind, dass es unterschiedliche Grade an Festigkeit und Idiomatizität gibt und dass sich auch dort die Bedeutung des Gesamtausdrucks aus unterschiedlichen Quellen speist. 5.2.3.4 WAHRIG Wahrig Deutsches Wörterbuch (2011) verfolgt wiederum nach eigenen Angaben eine ganz eigene Strategie, was die Darstellung und Gliederung der Ausdrucksbedeutungen anbelangt. Mit einem System, welches nach Angaben Gerhard Wahrigs von ihm selbst „völlig neu erarbeitet“ (ebd., S. 6) wurde und bei welchem die einzelnen Artikel „streng nach einheitlichen Gesichtspunkten“ (ebd.) gegliedert wurden, möchte er der Tatsache Rechnung tragen, dass Wörter nicht generell unabhängig von ihrem Kontext zu verstehen sind. Er verzichtet also auf die Reihenfolge der einzelnen Wortbedeutung von „zentraler“, „allgemeiner“ oder „ursprünglicher“ (historisch betrachtet) Verwendung zu den „peripheren“, „besonderen“ oder „übertragenen“ (ebd.), sondern strebt die Vorgehensweise an, „die Wortartikel vom Satzzusammenhang ausgehend nach rein formalen Gesichtspunkten aufzubauen“, wobei „an erster Stelle alle diejenigen Bedeutungen eines Wortes angeführt [werden], die es haben kann, wenn das Wort für sich allein betrachtet wird“ (ebd.). Daraufhin erst sollen dann „Redewendungen“ aufgelistet werden, also die Wörter, um die es geht, im Satzzusammenhang. In der Praxis sieht das Ganze so aus, dass - im Gegensatz zu den anderen Wörterbüchern - Wahrig zu den einzelnen Bedeutungsangaben keine Verwendungsbeispiele präsentiert, also aus dem Basismaterial nicht diejenigen Phrasen oder Sätze aufführt, die - nach Meinung der Autoren des machen-Artikels - zu der jeweiligen Bedeutung gehören, bzw. diese ausmachen. Als Bedeutungen für machen setzt Wahrig folgende an, die formal nach transitiv und reflexiv getrennt werden (zusammengefasst aus Wahrig 2011, S. 966): Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 108 I <V. t.> etwas ~ 102 1 etwas tun, mit etwas beschäftigt sein, 2 fertigbringen, zustande bringen, 3 schaffen, erzeugen, hervorbringen, 4 ausführen, bilden, gestalten, 5 verursachen, erwecken, erregen, 6 bewirken, dass etwas wird od. geschieht, 7 in Ordnung bringen, aufräumen (Zimmer, Bett), 8 <Math.> als Ergebnis haben; II <V. refl.; umg.> sich ~ 1 Fortschritte machen, vorwärts kommen (Person), 2 besser werden, sich verbessern (Sache, Zustand), 3 aussehen, passen. Die reduzierte Darstellungsweise im Artikel lässt die Bedeutungsangaben leicht erkennen und führt zu einer sehr übersichtlichen Anzahl von Unterbedeutungen. Anders als die vorher erwähnten Wörterbücher macht Wahrig es explizit deutlich, dass „die am häufigsten verwendete Bedeutung des Wortes - das ist in der Regel die allgemeine Grundbedeutung - an den Anfang gestellt“ wurde (Wahrig 2011, S. 14, Hervorhebung von K.K.). 103 Somit wird hier dem Verb machen eine Grundbedeutung zugewiesen, die mit tun bzw. sich beschäftigen mit paraphrasiert wird. Ob die nachfolgenden Bedeutungen absteigend nach ihrer Häufigkeit oder einem anderen Kriterium angeordnet wurden, ist nirgendwo beschrieben, somit wäre es spekulativ dies anzunehmen. Wie genau diese Häufigkeit ermittelt wurde, bleibt ebenso offen wie die Frage danach, welche Verwendungen von machen die Autoren des Wörterbuchs zu dieser Bedeutung zählen, da für die Bedeutung selbst keine Beispiele angegeben werden. Das heißt, die Kriterien, die für diese - oder jede der gelisteten - Bedeutung angenommen werden, sind nicht einmal rückschlüs- 102 Die Nummerierung der einzelnen Bedeutungen findet erst ab der 8. Auflage von 2006 statt. Davor sind sämtliche der oben angegebenen Bedeutungen - und einige mehr, wie „die Notdurft befriedigen“, „mach doch“ oder „mach, dass du fortkommst“ - unter 1. zusammengefasst und durch Semikolons getrennt. Unter Punkt 2 bis Punkt 7 stehen die Verwendungen mit den unterschiedlichen Leitwörtern (wobei Punkt 7 keine Leitwörter zu haben scheint und auch sonst keine auffällige Gemeinsamkeit), unter „II <refl.; umg.> 8.“ stehen die reflexiven Bedeutungen und unter 9. die entsprechenden Verwendungen (bspw. in Wahrig 1968, S. 2331f.). 103 Was eine „am häufigsten verwendete“ und „allgemeine Grundbedeutung“ von einer „zentralen“ oder „allgemeinen“ Wortbedeutung - die Wahrig ja eigentlich vermeiden will - unterscheidet, bleibt allerdings ungewiss. Annäherung an den Forschungsgegenstand 109 sig aus den Anwendungsbeispielen zu der entsprechenden Bedeutung zu schließen, weil keine zur Verfügung stehen. 104 Jeweils nach allen transitiven Bedeutungen und nach allen reflexiven werden Phrasen (und teilweise Sätze), die machen enthalten, aufgelistet, teilweise mit kursiv geschriebenen Erklärungen (wie die Kontextbedeutung des DUW) für die Bedeutung des Gesamtausdrucks. Es gibt eine sehr grobe Gliederung dieser Phrasen danach, ob sie ein prominentes Wort (ein sogenanntes „Leitwort“ (ebd., S. 10)) enthalten und welche Wortart dieses Leitwort hat. 105 Alle Phrasen, die ein als „Leitwort“ angesehenes Wort enthalten, sind alphabethisch nach diesem angeordnet, dies entspricht den im Vorwort erwähnten „rein formalen Gesichtspunkten“ (ebd., S. 6) der Artikel. Dies sieht konkret für die ersten Beispiele der nominalen Leitwörter mit A so aus: „den Anfang ~ der erste sein; den Anfang mit etwas ~ anfangen; jmdm. Angst, Hoffnung, Mut ~; das macht viel Arbeit, viel Mühe; […]“ (Hervorhebungen im Original). Es sind nicht alle Verwendungen paraphrasiert, außerdem sind manche Verwendungen ausformuliert und manche als Strukturbeispiele angegeben. Unter dem fettgedruckten Leitwort werden teilweise andere Ausdrücke, die einen anderen Anfangsbuchstaben haben, mitaufgeführt, aber dies nicht einheitlich. Es handelt sich hierbei manchmal um eine - angenommene - semantische Gruppierung („Arbeit“, „Mühe“) und manchmal scheinbar nur um eine strukturelle („jmdm. Angst, Hoffnung, Mut m.“). Wer das Wörterbuch so nutzt, wie Wahrig es sich vorstellt und nach jemandem Mut machen sucht, findet diesen Ausdruck also nicht in der Mitte der alphabethischen Redewendungsauflistung, sondern am Anfang und ohne Paraphrasierung. Die Gruppierungen von Leitwörtern folgen hierbei keinem einheitlichen Schema. Diese aufgelisteten Verwendungen stellen also den Gebrauch des Verbs im Kontext dar und die Paraphrasen geben Auskunft über die kontextuelle Bedeutung. Was es allerdings über die Bedeutung des Verbs oder der gesamten Phrase aussagt, wenn es keine Erklärung in Kursivschrift gibt, ist nicht nachvollziehbar. Man könnte daraus schließen, dass unerklärte Phrasen als selbsterklärend eingestuft werden und Phrasen mit Erklärung einer Über- 104 Der Grundidee der kontextfreien Bedeutungsangabe widerspricht allerdings auch die Aufzählung selbst, zumindest bei den Bedeutungen 7 und 8, die einmal einen sprachlichen Kontext (die Wörter „Zimmer, Bett“) und einmal einen außersprachlichen Kontext (mit der Angabe <Math.>) angeben, sowie bei den reflexiven Bedeutungen 1 und 2, die einmal auf Personen, einmal auf Gegenstände und Sachverhalte bezogen sind. 105 Zuerst sind alle Phrasen aufgelistet, die kein Leitwort haben, so wie „machen wir! “ oder „mach doch! “. Darauf folgen Phrasen mit Nomen („das macht Appetit“), dann mit Verben („ich kann ~, was ich will, ich bringe es nicht fertig“), Adjektive („jmdm. etwas leicht ~“) und zuletzt mit Präpositionen („ins Bett, in die Hose ~“) als Leitwort. Die Auswahl der hier gezeigten Beispielsätze deutet bereits auf die weitgefasste Definition von „Wendung“ bzw. „Redewendung“ hin. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 110 setzung bedürfen. Vielleicht soll auch lediglich dargestellt werden, dass machen mit bestimmten anderen Wörtern oft zusammen auftritt. Wie die Auswahl der aufgeführten Ausdrücke zu rechtfertigen ist, bliebe dann aber unklar und hinterlässt erneut den Eindruck der Willkürlichkeit, da machen mit weitaus mehr Ausdrücken und in weitaus mehr Satzstrukturen häufig auftritt. In der Erklärung zu den verwendeten Schriftarten im Wörterbuch ist zu erfahren, dass Fettdruck „für Leitwörter bei Redewendungen“ verwendet wird, woraus rückzuschließen wäre, dass all jene Phrasen, die ein fettgedrucktes Wort enthalten, als Redewendungen angesehen werden. Was genau unter „Redewendung“ verstanden wird, wird nirgendwo explizit gemacht, aber es ist anzunehmen - wenn man sich die Beispiele mit Leitwörtern ansieht -, dass darunter auch Wortverbindungen aller Festigkeitsgrade (vgl. Dobrovol’skij 2011) gefasst werden - oder salopp gesagt, alle Kombinationen, die auf eine nicht definierte Art öfter im Basiskorpus zu finden waren oder die sprachintuitiv „gängig“ wirken. Diese nicht ganz eindeutige Definition von „Redewendung“ führt zu dem altbekannten Problem, welches auch schon im DUW und beim WDG zu beobachten war: das Vermischen von festen Wendungen mit freien Anwendungsbeispielen, bzw. die fehlende Kennzeichnung von festen Wortverbindungen und deren eventuellen Anwendungsrestriktionen. Auch wenn Wahrig von Redewendungen spricht und dies einen gewissen Grad an Festigkeit suggeriert, lässt die genaue Betrachtung der aufgeführten Beispiele daran zweifeln. Auch die Tatsache, dass manche der aufgeführten „Wendungen“ als ausformulierte Sätze dargestellt sind und manche als Strukturbeispiel, lässt den - unzutreffenden - Rückschluss zu, bei den ausformulierten Ausdrücken handle es sich um Verbindungen mit geringer bis gar keiner Variationsfähigkeit. So ist zum Beispiel nicht ersichtlich, warum der Ausdruck „ich mache mir nicht viel, nichts aus ihm, ihr“ als ausformulierter (morphosyntaktisch restringierter) Satz dort steht und nicht als Strukturbeispiel „sich nicht viel aus jmdn., etw. ~“ wie es auch der Fall bei „ins Bett, in die Hose ~“ ist. Dies setzt nämlich „ich mache mir nicht viel, nichts aus ihm, ihr“ auf eine Stufe mit dem ebenfalls ausformuliert aufgeführten Ausdruck „mach dir nichts daraus! “. Letzterer ist wirklich eine grundsätzlich in dieser Form gebrauchte Phrase mit einer bestimmten kommunikativen Funktion, welche aus dem Schema sich nichts aus etwas machen hervorgeht. Dies wird aber aus der Darstellung des Artikels nicht deutlich. Wahrig ignoriert zudem, dass manche Bedeutungen des Verbs weitere obligatorische Argumente verlangen, wie bspw. präpositionale Ergänzungen. Verwendungen wie etwas aus etwas machen oder in etwas machen (im Sinne von handeln mit etwas) werden als allgemein mögliche und vor allem bedeutungskonstituierende Strukturen gar nicht aufgeführt. Solche Strukturen werden - Annäherung an den Forschungsgegenstand 111 und dies auch nur teilweise - als Einzelfälle behandelt und unter den „Redewendungen“ aufgeführt, die eine Präposition als Leitwort haben, und auch hier werden größtenteils konkrete Verwendungen in Form von ausformulierten Sätzen („ich weiß nicht, was ich daraus ~ soll“) oder lexikalisch restringierten Strukturen („ins Bett, in die Hose ~“) aufgeführt. Dies unterschlägt den Status von irgendwohin machen oder etwas aus etwas machen als produktive Schemata, welche in der Auflistung der Lexembedeutungen - die ja aus dem Verb selbst heraus entstammen sollen - dann natürlich nicht vorkommen. So aber kommen sie in dem Artikel überhaupt nicht vor. Ebenso fragwürdig wie die Tatsache, dass manche der Wendungen paraphrasiert werden und andere nicht, ist auch die Qualität der Paraphrasen in manchen Fällen. So wird zum Beispiel für „die Wohnung, ein Zimmer ~ lassen“ die sehr konkrete Bedeutung „tünchen bzw. tapezieren lassen“ veranschlagt und „was macht es? “ wird mit „wie viel muss ich zahlen? “ gleichgesetzt. Die Paraphrasierungen wirken zu eng gefasst, es fehlt ein konkreter Kontext, um eine derart genaue Angabe festzulegen. Dies wiederum ist ein Anzeichen dafür, dass auch hier die unterschiedlichen Restriktionen, die die Wendungen zweifelsohne haben, nicht adäquat und vor allem nicht explizit oder konsistent aufgeführt werden. Die Grundidee, dass ein Wort nicht unabhängig von seinem Kontext zu begreifen ist - mit der ich grundsätzlich übereinstimme -, wird in diesem Wörterbuch nicht konsequent durchgesetzt, bzw. es wird nicht transparent dargestellt, wie die ausgewählten Bedeutungsangaben zustande gekommen sind. Denn nach der allgemeinen Auffassung Wahrigs nach zu urteilen, dürften die am Anfang jedes Artikels stehenden angenommenen Bedeutungen eines Ausdrucks auch nicht außerhalb eines Kontextes zu betrachten sein, werden aber gänzlich ohne Kontext - und damit ohne Möglichkeit, die Einteilung und Paraphrasierung der Bedeutungen nachzuvollziehen - präsentiert. Auch diese Bedeutungen müssen auf einer bestimmten Grundlage basieren, die höchstwahrscheinlich einer Mischung aus Arbeiten mit älteren Wörterbüchern und Analyse des Quellkorpus entspricht. 106 Die Aussage aus dem Vorwort, dass am Anfang des Artikels die Bedeutungen stehen, die ein Wort „für sich allein betrachtet“ haben kann (Wahrig 2011, S. 6), widerspricht zusätzlich der Grundidee, dass der Kontext entscheidend für die Bedeutung eines Wortes ist. Woran sich die Bedeutung eines - gerade so unterspezifizierten - Wortes wie machen in Isolation festmachen lassen soll, wird nicht deutlich. Außerdem 106 Über das Entstehen der Bedeutungsgliederungen der (als polysem behandelten) Ausdrücke wird nichts angegeben, nur über die Auswahl der Stichworte allgemein, die auf eben solcher Arbeit beruht (Wahrig 2011, S. 7). Es ist daher wahrscheinlich, dass sich die Autoren bei einer Erstgliederung von Unterbedeutungen eines Ausdrucks ebenfalls an diesem Material orientiert haben. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 112 zeigt sich auch hier ein problematischer Umgang mit festen Wortverbindungen und der (fehlenden) Darstellung von kontextuellen, strukturellen und lexikalischen Restriktionen sowie eine komplette Unterschlagung von erweiterten Argumentstrukturen, die obligatorische und bedeutungskonstituierende Elemente wie präpositionale Ergänzungen oder Objektsprädikative enthalten. 5.2.4 Gründe für das uneinheitliche Erscheinungsbild der Wörterbucheinträge zu machen Die oben herausgearbeitete Uneinheitlichkeit der Wörterbucheinträge scheint insbesondere auf drei Aspekte zurückzuführen zu sein: 1) den Versuch, möglichst viele der im Quellmaterial gefundenen Belege aufzuführen, zu klassifizieren und ihnen eine Bedeutung zuzuschreiben, 2) fehlende Konsistenz der Kategorie Lesart, 3) eine mangelnde Kennzeichnung bzw. fehlende Erwähnung der Restriktionen der unterschiedlichen Verwendungen. Diese Punkte werden im Folgenden kurz näher ausgeführt. 5.2.4.1 Der Versuch, möglichst viele Belege einzuordnen Es wird versucht, zumindest im DUW und im WDG sehr offenkundig, möglichst viele der vorkommenden Verwendungen mit machen unter einer der Bedeutungsangaben einzuordnen. Das hat zur Folge, dass zum Beispiel mehrere machen-Verwendungen unter einer Bedeutungsangabe gelistet werden, die nur oberflächlich etwas miteinander oder mit der Bedeutungsangabe zu tun haben, weil ein einzelner (häufig semantischer) Aspekt des Objekts in den Vordergrund gestellt wird (wahrscheinlich um eine Gemeinsamkeit vorzeigen zu können). Am deutlichsten zeigt sich dieses Vorgehen bei der Veranschlagung einer Kategorie, die derart vage ist, dass sämtliche Verwendungen, die zu keiner der anderen Bedeutungsabgaben zu passen scheinen, dort untergebracht werden können und zwar unabhängig von der Anzahl und Art der Argumente, die in der Verwendung vorkommen und vom Grad der Festigkeit oder eventueller lexikalischer Restriktionen. Eine derartige Kategorie findet sich im WDG unter Punkt 9 „/ dient in abgeblaßter Bedeutung mit Subst. häufig zur Umschreibung eines Verbalbegriffs/ “ und etwas weniger auffällig unter Punkt 4 „etw. tun, unternehmen; sich mit etw. [Bestimmten] beschäftigen“ im DUW. 107 107 Eine solche Kategorie gibt es für das Verb machen auch bereits im DWB von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, deren Bedeutung 6 (machen, I transitiv, 6) folgendermaßen betitelt wird: „weiter in höchst mannigfacher art von menschlicher thätigkeit, die mit überlegung ergriffen Annäherung an den Forschungsgegenstand 113 Aber auch in den Wörterbüchern, die davon absehen, Strukturbeispiele und feste Wortverbindungen als Belegbeispiele für Bedeutungen anzugeben - wie VALBU und Wahrig - werden zahlreiche unterschiedliche Vorkommen von machen unter einer Kategorie zusammengefasst, in jenen Fällen den Kategorien der „Redewendungen“ bzw. „FVG“ und „Idiomen“. Dort werden unterschiedliche Belege hintereinander aufgelistet, ohne auf eventuelle grammatische, semantische oder pragmatische Restriktionen zu achten, so dass der Eindruck entsteht, es handle sich um homogene Gruppen, was aber nicht der Fall ist. Während bei Engelberg/ Lemnitzer (2009) eine große Menge an Belegen als Erleichterung für die Lesartenkategorisierung angesehen wird (ebd., S. 239), wirkt sich die große Menge an machen-Vorkommen meiner Ansicht nach nicht positiv auf die Lesarteneinteilung und -definition des Verbs aus. Es kommt dann - aufgrund der hohen Anzahl und ihrer Verschiedenheit - zu den dargestellten Ansammlungen von Kategorien, die sowohl bezüglich der Einteilungskriterien als auch ihrer Inhalte keinem einheitlichen Schema folgen. 5.2.4.2 Uneinheitliche Beschaffenheit der Kategorie Bedeutung bzw. Lesart Bis auf das VALBU mit den semantischen Kategorien und dem Fokus auf der Komplementstruktur begründet keines der Wörterbücher die Auswahl der einzelnen Bedeutungen (also warum sie als eigene Bedeutung zählt oder warum nur als Unterbedeutung) oder die Einteilung der Belegbeispiele - wenn welche vorhanden sind - in die jeweiligen Bedeutungskategorien. Die Unterteilung scheint zuweilen eine rein intuitive zu sein. Da sich laut Schlaefer die traditionelle Wörterbucharbeit, die die Prinzipien der Korpusgestütztheit (noch) nicht berücksichtigt, derart gestaltet - und auch Wahrig im Vorwort zu Ausgabe von 1966 dies andeutet (vgl. Wahrig 2011, S. 7) -, dass „die verschiedenen historischen Bedeutungen und Verwendungsweisen des Stichwortes“ (Schlaefer 2002, S. 140f.) ermittelt werden, indem „eine vorbereitende Rezeption der bisherigen lexikographischen Buchungstraditionen und eine Anfertigung einer darauf gestützten Skizze eines vorläufigen Gliederungsplans“ (ebd., S. 141) vorgenommen werden, lässt sich annehmen, dass sich die Wörterbücher im Allgemeinen bei der Einteilung und Auswahl von Haupt- und Nebenbedeutungen immer wieder auf einander beziehen und diese aus unterschiedlichen Quellen zusammengetragenen Vorannahmen mithilfe der Quellbasis aus Belegen unterfüttern oder auflösen (zum Beispiel, wenn es um und zum abschlusz gebracht wird; hier steht machen als farblosester verbaler ausdruck statt lebendigerer.“ (Hervorhebung von K.K.). Somit scheint es hier eine gewisse Tradition zu geben. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 114 sehr veraltete Verwendungen geht). 108 Die Lesarten existieren also anscheinend bereits vor der empirischen Arbeit mit den (schriftlichen) Sprachdaten und entstehen nicht aus ihr heraus. Die einzelnen Bedeutungen werden außerdem uneinheitlich dargestellt, auch in VALBU (wegen inkonsistenter semantischer Kategorien) und Wahrig (denn der Kontext ist bei mindestens 4 Punkten doch lesartenkonstituierend). Es wird nicht unterschieden, ob der lexikalische Kontext, die grammatische Struktur, der außersprachliche Kontext oder eventuell ganz andere Komponenten bei der Konstitution der Bedeutung des Verbs eine Rolle spielen und ob dem Verb generell in dieser Verwendung eine eigene Bedeutung zugewiesen werden kann, oder ob es nur einen Beitrag dazu leistet, die Bedeutung der gesamten Wortverbindung zu konstituieren. Die Bedeutungskonstitutionsebene müsste im Vorhinein abgesteckt werden und auch konsequent als Quelle aller aufgeführten Bedeutungen dienen. Engelberg/ Lemnitzer (2009) beschreiben Lesarten in Wörterbüchern als vom Lexikografen zusammengefasste Verwendungsweisen oder Verwendungskontexte, die untereinander hinreichend ähnlich und zu anderen Kategorien hinreichend unterschiedlich sind (ebd., S. 239). „Hinreichend“ ist dabei kein konkret und allgemein definiertes Kriterium, so dass Lesarteneinteilungen ein höchst subjektives Verfahren sind und es dabei selten Übereinstimmungen zwischen Wörterbüchern gibt (ebd.). Dies kann im Falle von machen bestätigt werden und lässt sich zurückführen auf die sehr hohe Anzahl von unterschiedlichen machen-Verwendungen, die in jeder Wörterbuchbasis zweifelsohne zu finden sind und aufgrund derer eine einheitliche Bedeutungskategorisierung, die von unterschiedlichen Personen zusammengefasst wurde, nicht zu erwarten ist. Hier zeigt sich, dass dieser Aspekt eine unmittelbare Folge des oben beschriebenen Versuchs ist, möglichst viele der vorhandenen Verwendungsweisen dieses Verbs zu klassifizieren und mit einer spezifischen Bedeutung zu versehen. 5.2.4.3 Mangelnde Kennzeichnung von Verwendungen und deren Restriktionen Feste Verwendungen und Restriktionen in struktureller, lexikalischer oder funktionaler Hinsicht werden in Wörterbüchern nicht konsistent explizit gekennzeichnet. Dies hängt mit den zuvor genannten beiden Kritikpunkten zusammen und zwar in folgender Weise: Durch die fehlende Unterscheidung der Ebenen, die die Bedeutung konstituieren, wird nicht zwischen den unter- 108 Dass Wörterbücher bei der Wörterbucherstellung durchaus als Sekundärquelle genutzt werden, beschreiben auch Engelberg/ Lemnitzer (2009). Dies geschieht zur Vorsicht, damit nicht versehentlich wichtige Lesarten in der Darstellung vergessen werden (ebd., S. 237). Dieses Vorgehen wird ebenfalls bei Zöfgen (1994, S. 66f.) beschrieben. Annäherung an den Forschungsgegenstand 115 schiedlichen Quellen unterschieden, aus denen sich die Bedeutung einer Äußerung ergibt, also ob sie größtenteils aus der Lexembedeutung selbst kommt, ob die syntaktische Struktur dazu beiträgt, ob es die lexikalische Realisierung der Argumente ist oder ob es sich um eine feste und restringierte Wortverbindung handelt, die nur in einer ganz bestimmten Form eine bestimmte Bedeutung trägt, die sich nicht aus den einzelnen Elementen ableiten lässt. Dies hat zur Folge, dass versucht wird, sämtliche Vorkommen des Verbs machen - unabhängig von ihrer Einbettung - in festgelegte Kategorien einzuordnen oder Kategorien aus ihrem Vorhandensein zu erschließen. 109 Die Auflistung von Kollokationen, Routineformeln und übertragenen Ausdrücken geschieht also sehr oft unreflektiert, 110 was die bereits mehrfach erwähnte Problematik der nicht dargestellten Einschränkungen der Verwendung betrifft. Generell sind manche Beispiele in lexikalisch konkreter, morphosyntaktischer Form aufgeführt (bspw.: „sie hatte sich für den Abend besonders hübsch gemacht“, DUW 2011, S. 1144 unter 2a)), andere - auch unter derselben Bedeutungsangabe - als Strukturbeispiel („etw. neu, größer m.“, ebd. unter 2a)), 111 unabhängig davon, ob es feste Verbindungen im Sinne von Phrasemen jeglicher Art oder einfach Beispiele für eine freie Verwendung sind. Diese Praktik zieht sich durch sämtliche Wörterbücher - bis auf das VALBU, bei welchem immer konkrete Beispielsätze den jeweiligen Strukturbeispielen zugeordnet sind und feste Verbindungen unter „Idiome“ am Ende des Artikels aufgeführt werden -, die alle Strukturbeispiele und konkrete Sätze teilweise auch unmarkiert mit Routineformeln und Redewendungen 109 Zum Beispiel: Wenn zwischen mehreren Verwendungen eine scheinbare gemeinsame Basis erkannt wird - bspw.: „hat im entferntesten etwas mit dem Gesicht zu tun“ - werden alle Vorkommnisse unter einem Schlagwort, das diese Basis repräsentiert, zusammengefast - wie bei „Mimik zeigen“ aus dem WDG (1981a, S. 2414, Punkt 5). Das heißt dann auch, dass freie Verbindungen, lexikalisch feste Verbindungen und ganze syntaktisch und lexikalisch restringierte Wendungen zusammen unter diesem Punkt erfasst sind, auch wenn die (teilweise mitgelieferten) Paraphrasen der Verbindungen im Endeffekt zeigen, dass 1) es nicht bei allen diesen Verwendungen wirklich um Mimiken geht und dass 2) sich die „Bedeutung“ des Verbs im Einzelnen gar nicht herauslösen lässt, da sich die gesamte Wendung nur als Einheit paraphrasieren lässt (bzw. sich nur die Einheit paraphrasieren lassen kann) und somit als Ganzes analysiert werden sollte. Sie sagt also nichts über eine Lesart von machen an sich aus, sondern nur über die Konzeptualisierungen bzw. die Beiträge zu Konzepten, die dieses Verb ermöglichen kann (vgl. auch Zöfgens (1994, S. 157f.) Kritik zur Verwendung von Kollokationen als Belegbeispiele). 110 Dies wird auch kritisiert von Zöfgen (1994, S. 164) und Burger (1989, S. 594), der einen eigenen Abschnitt über Phraseologie und eine genaue Definition des Gegenstandsbereichs der Phraseologismen in jedem Wörterbuch fordert. 111 Die häufige Darstellung von Verwendungen durch Strukturbeispiele und/ oder Kollokationen anstelle ausformulierter Sätze ist laut Zöfgen (1994, S. 185) meist Platzmangel geschuldet (er bezeichnet Strukturbeispiele als „(infinitivische) Kontextualisierungen“). Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 116 hintereinander aufführen. Dies führt dazu, dass nicht ersichtlich ist, wann machen mit bestimmten Argumenten jedweder Art vorwiegend in der dargestellten Form gebraucht wird und wann diese dargestellte Form einfach nur ein mögliches Beispiel von vielen ist. Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass die Vorgehensweise der Bedeutungszuweisung und -klassifikation innerhalb der konsultierten Wörterbücher unklar bleibt. Es ist nicht ersichtlich, worauf die Anzahl der Bedeutungen und deren semantische Beschaffenheit beruhen, denn semantische und strukturelle Kriterien werden teilweise vermischt, ebenso wie kontextuelle Verwendungsrestriktionen. Auch sind die Bedeutungsebenen nicht deutlich getrennt und der Übergang zu festen Wendungen, bzw. wo diese in der Bedeutungshierarchie stehen, ist uneinheitlich dargestellt. Besonders im WDG und im DUW sind die Bedeutungsangaben verwirrend, weil sie so offensichtlich auf unterschiedlichen Ebenen stattfinden. Wie schon in der „ausgedünnten“ Zusammenfassung der beiden Artikel ersichtlich, ist oftmals nicht klar, warum manche Bedeutungen zusammengefasst werden (als a und b einer Unterbedeutung) oder was genau die Kriterien für die Erstellung einer Unterbedeutung sind. VALBU und Wahrig erscheinen zwar auf den ersten Blick übersichtlicher, aber auch hier werden die Quellen der Bedeutungskonstitution nicht einheitlich gekennzeichnet und (strukturelle wie funktionale) Restriktionen teilweise unterschlagen. Empirische Untersuchung 117 6. EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG Es wird im Folgenden dafür argumentiert, dass die Annahme einer Vielzahl von Bedeutungen, so wie es überwiegend in der Literatur gehandhabt wird - das heißt eine polyseme Interpretation -, bei machen nicht sinnvoll ist und dass stattdessen eine Unterspezifikation des Verbs angenommen werden sollte. Es wird hier davon ausgegangen, dass machen weniger eine konkrete Bedeutung hat, sondern dass es viel mehr agentives Handeln (vgl. Abschn. 4.1) konzeptualisiert, dem Verb selbst also keinerlei spezifische Handlungsbedeutung zugeschrieben werden kann (und sollte). Die spezifischen Bedeutungen der Äußerungen, in denen machen verwendet wird, ergeben sich aus einer Kombination des semantischen Beitrags von machen und den Bedeutungen der Struktur, in der es auftritt, der anderen sprachlichen Elemente, der sequenziellen Position der Äußerungen in der Interaktion und dem Gesprächssowie dem situativen Kontext, in dem sie geäußert werden. Für eine umfassende, aber auch konsistente Beschreibung ist es also notwendig, den unterschiedlichen Ebenen, auf denen Bedeutungsspezifikation stattfindet, Rechnung zu tragen. Zu diesem Zweck wird bei der folgenden Untersuchung auf die unterschiedlichen Ebenen im Einzelnen fokussiert, damit besser dargestellt werden kann, welche Art der Spezifizierung auf welcher Ebene operiert und wie auf diese Weise eine recht präzise Deutung der Handlung, die machen darstellen soll, von den Rezipienten einer Äußerung geleistet werden kann. Eine vollständige Trennung der Ebenen ist dabei nicht möglich, denn es besteht eine Wechselwirkung zwischen ihnen. Das bedeutet, dass der Kontext immer Einfluss darauf hat, worauf zum Beispiel bei einer transitiven Verwendung von machen der Subjekt- und Objektreferent referieren (siehe Abschn. 4.2.2.2 zur metaphorischen und metonymischen Extension und Abschn. 4.3 zu den außersprachlichen Ebenen) und/ oder auch, dass die sequenzielle Position einen Bezug zu vorherigen oder folgenden sprachlich ausgedrückten Handlungen herstellt, welche eine Deutung von machen erst ermöglichen. Deswegen wird auch in den Kapiteln, die sich mit der Bedeutungsspezifikation auf den Ebenen der Konstruktionen oder der Semantik befassen, auf den Einfluss von (teil-)satzexternen Ebenen eingegangen werden, um die Relevanz, die jene Einflüsse auf die Bedeutungsinterpretationen von machen-Ausdrücken haben können, herauszustellen. Dies wird an jenen Stellen entsprechend verdeutlicht werden und dient immer der Abgrenzung der unterschiedlichen Spezifikationsebenen voneinander. Der kontextuelle Einfluss wird im Abschnitt 6.3 aber zunächst gesondert fokussiert, um eine Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 118 Unterscheidung zwischen den Einflüssen des Hintergrundwissens, des Gesprächskontextes, des außersprachlichen Kontextes und der Sequenz in der Interaktion zu verdeutlichen. Im Folgenden soll zunächst in Abschnitt 6.1 die Datengrundlage für die und die Vorgehensweise bei der empirische(n) Untersuchung beschrieben werden. Dazu wird in Abschnitt 6.1 dargelegt, welche der im Korpus vorhandenen Belege in die Untersuchung mit eingehen und welche nicht und es werden entsprechende Begründungen für die Auswahl geliefert. In Abschnitt 6.1.1 wird das dieser Untersuchung zugrunde liegende Korpus FOLK beschrieben und im darauf folgenden Abschnitt 6.1.2 die Aufbereitung desselben. In Abschnitt 6.1.3 folgt eine Beschreibung der Verteilung der machen-Verwendungen im zugrunde liegenden Korpus, um einen Eindruck davon zu vermitteln, in welcher Weise machen in der gesprochenen Sprache überhaupt und/ oder überwiegend benutzt wird. In Abschnitt 6.2 wird die lexikosematische Vorgehensweise der Bedeutungsbestimmung, wie sie in Wörterbüchern angewandt wird, an den zugrunde liegenden Daten angewandt, um zu zeigen, warum dieses Vorgehen für gesprochensprachliche und kontextuell eingebettete Verwendungen nicht sinnvoll ist. Die in den Abschnitten 6.3 bis 6.5 folgende empirische Untersuchung soll das in Kapitel 4 vorgestellte Ebenenmodell nun basierend auf der zuvor beschriebenen Datengrundlage und mit Hilfe von Einzelfallanalysen praktisch anwenden. Angelehnt an die dort vorgenommene Unterteilung werden in Abschnitt 6.3 zunächst die entsprechenden (teil-)satzexternen Mittel (Hintergrundwissen, Gesprächskontext, außersprachlicher Kontext, Sequenz) zur Bedeutungsspezifikation in den jeweiligen Abschnitten gesondert fokussiert, in Abschnitt 6.4 folgt dann die Betrachtung der grammatischen Schemata, die als Konstruktionen die Bedeutung der Handlung (mit)konstituieren, während machen lediglich den semantischen Beitrag der Agentivität beisteuert. Danach wird in Abschnitt 6.5 auf die Semantik und Referenz der Argumente eingegangen und darauf, wie die Deutung besonders des Objekts die Interpretation der Handlungsbedeutung generiert. Der Abschnitt 6.6 beschäftigt sich dann mit der funktionalen Leistung von machen. Es wird sich zeigen, dass nicht immer die semantische Spezifikation des Verbs im Vordergrund steht, sondern dass das Verb auch vorrangig unterschiedliche pragmatische Funktionen erfüllen kann und so etwa zur Diskursstrukturierung oder Strategie zur Referenteneinführung verwendet werden kann, um nur zwei zu nennen. Im letzten Abschnitt 6.7 folgt dann ein kurzer Exkurs zu der stilistischen Markiertheit des Verbs. Empirische Untersuchung 119 6.1 Datengrundlage: FOLK und weitere Quellen Als Grundlage dieser empirischen Untersuchung dient zum überwiegenden Teil das Forschungs- und Lehrkorpus gesprochenes Deutsch (FOLK), welches eines von 23 Korpora der Datenbank für gesprochenes Deutsch (DGD) ist. Dieses Korpus wurde aufgrund seiner Aktualität und modernen Aufbereitung gewählt und weil es durch Stratifikation nach Regionalität und Gesprächstypen eine gute Grundlage für die Untersuchung einer Form im gesamtdeutschen Sprachgebrauch aufweist (vgl. detaillierter Abschn. 6.1.1). Die für diese Arbeit genutzte Datengrundlage umfasst den Stand der FOLK-Erweiterung vom 1.3.2014 (Release 2.2) und basiert somit auf 101 Stunden gesprochenen Sprachdaten. Die quantitativen Aussagen, die zur Verwendung des fokussierten Verbs getroffen werden, basieren auf den Auswertungen (siehe Abschn. 6.1.3) der Verwendungen dieses Verbs in diesem Korpus. Von der Untersuchung ausgenommen sind lediglich die Gesprächstypen Vorlesen für Kinder und Polizeigespräche. Ersteres wurde ausgeschlossen, da dort sehr viele machen-Verwendungen vorkommen, die aus dem vorgelesenen Buch entstammen, die also nicht spontansprachlich so gebildet und verwendet wurden (eine überproportional häufige Verwendung von Quatsch machen bspw.). Die Polizeigespräche wurden ausgeschlossen, da dort zu einem sehr großen Teil die machen-Verwendungen von Nicht-Muttersprachlern produziert werden, somit kann in diesen Fällen nicht für einen muttersprachlichen Gebrauch des Verbs argumentiert werden, da es sich um einen Gebrauch bei L2-Lernern handelt. 112 Um nicht einzeln in den entsprechenden Aufnahmen die nicht erwünschten Verwendungen aussortieren zu müssen, wurden die beiden Gesprächstypen gänzlich bei der Zählung der machen- Verwendungen ausgeschlossen. Hierdurch entfallen 366 machen-Verwendungen, so dass die Anzahl aller machen-Fälle in den verwendeten Gesprächstypen 4.071 beträgt. 112 Es treten auch im restlichen, verwendeten Korpus sehr vereinzelt Verwendungen von Nicht- Muttersprachlern auf, die aber nicht extra herausgefiltert wurden. Der Gesprächstyp Polizeigespräch weist eine überproportional hohe Anzahl derartiger Verwendungen auf, weswegen er insgesamt nicht berücksichtigt wurde. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 120 Ebenfalls von der Zählung und der Untersuchung ausgeschlossen wurde jene Art von zusammengesetzten Verben, die ich als Partikelverben 113 bezeichnen möchte. Gemeint sind die Verben nachmachen, wegmachen, 114 mitmachen, festmachen, rummachen, aufmachen, zumachen, weitermachen, vormachen, durchmachen, anmachen, ausmachen 115 und abmachen, deren erste Komponente eine Partikel darstellt und die dadurch bereits eine spezifische, von dem hier betrachteten machen abzugrenzende Bedeutung innehaben. Diese sehe ich als eigene Lexeme 116 an, die - anders als machen - keiner weiteren Bedeutungsspezifikationsmaßnahmen mehr bedürfen, bzw. deren Bedeutung sich nicht in gleicher Weise wie die von machen auf den in Kapitel 4 vorgestellten Ebenen konstituiert, weil sie jeweils eine konkretere Handlungsbedeutung haben. Dagegen bleiben aus rein semantischen Gründen die Verben reinmachen, rausmachen, runtermachen, dranmachen und druntermachen für die Zählungen und Analysen erhalten, da diese den Transferkonstruktionen etwas irgendwohin V-en entsprechen. Die direktionalen Adverbien rein, raus, etc. sind gegen direktionale Präpositionen austauschbar. Zwischen mach das jetzt rein und mach das jetzt in den Ofen besteht semantisch also kein Unterschied, in beiden Fällen hat machen die Bedeutung eines Transferverbs. Die Grenzen sind dabei fließend, weswegen sie hier spezifisch bei der direktionalen Semantik gesetzt wurden. 117 113 Vgl. Donalies (1999) für eine Diskussion darüber, wie derartige zusammengesetzte Verben außerdem in der Literatur bezeichnet werden, wie sie (formal) unterschieden werden (bspw. Abgrenzung von Präfix- und Partikelverben oder Derivation und Komposition) und warum diese (formalen) Unterscheidungen zu (semantisch basierten) Inkonsistenzen führen. Sie selbst würde die Verben des Typs aufmachen und weitermachen als unfeste Verbverbindungen bezeichnen (ebd., S. 139) und den Phrasemen (oder festen Wortverbindungen) zuordnen. Da es in der vorliegenden Arbeit nicht um eine genaue Ausdiffezenzieung im Bereich der Wortbildungsprozesse geht, wird dennoch der Begriff Partikelverb verwendet, als Sammelbezeichnung für jene Verben, die aus der Untersuchung ausgeschlossen werden. 114 Dieses Verb könnte noch als direktionales gewertet werden (vgl. im Absatz weiter unten), welche in die Zählung einbezogen wurden. Dies wurde es nicht, weil weg nicht eindeutig eine Richtungsangabe ist (wie rein oder runter) und die Grenze irgendwo gezogen werden musste. 115 Darunter fallen etwas ausmachen (vs. etwas anmachen), etwas mit jemandem ausmachen (bspw. einen Termin) und etwas macht jemandem etwas/ nichts aus. 116 Der Begriff Lexem steht in dieser Arbeit mit Gallmann (1991) für lexikalische Ausdrücke und alle ihre Flexionsformen, in der gesprochenen wie in der geschriebenen Sprache und auch wenn von mentalen Prozessen die Rede ist. Lemma wird nur in Bezug auf die Wortsuche oder Wortlisten in FOLK verwendet, da dies auch der dort verwendete Begriff ist. Die psycholinguistische Definition von Lemma als „eine Größe […], die sozusagen als ‘Interface’ ein lexikalisches Konzept mit seiner Wortform verbindet, darüber hinaus aber mit den notwendigen einzelsprachlich-grammatischen Informationen verknüpft ist“ (Dittmann 2002), also als Einheit des mentalen Lexikons, wird hier nicht verwendet. 117 Vgl. dazu ebenfalls Abschnitt 6.4.2.1 zu den fließenden Übergängen zwischen machen + adjektivischen Objektsprädikativen (etwas kaputt machen) und Adjektiv-Verb-Komposita (sauberma- Empirische Untersuchung 121 Durch das Ausschließen der Partikelverben entfallen weitere knapp 200 machen-Verwendungen, die weder kodiert wurden, noch in den Einzelanalysen fokussiert werden. Es dienen somit insgesamt also 3.872 machen-Verwendungen als Grundlage für die in Kapitel 6 durchgeführte Untersuchung. 118 Zur Veranschaulichung einzelner Phänomene werden in Einzelfällen andere Belegquellen als FOLK herangezogen, welche aber nicht bei quantitativen Aussagen mit einbezogen werden. Für die Beschreibung und Analyse des Social Action Formats wir machen das so (vgl. Abschn. 6.6.1.2) werden zum Beispiel einige (ausgewählte) Beratungs- und Schlichtungsgespräche aus den IDS-Projekten „Beratungsgespräche - Analyse asymmetrischer Dialoge“ und „Schlichtung - Gesprächs- und Interaktionsanalyse eines Verfahrens zur Lösung sozialer Konflikte“ herangezogen, da dieses Phänomen im Umfeld dieser Gesprächstypen gehäuft vorkommt und die dort aufgefundenen Fälle die Beschaffenheit und Funktion des Formats deutlicher illustrieren können. Auch wenn (oder gerade weil) FOLK ein stratifiziertes und viele unterschiedliche Gesprächstypen umspannendes Korpus ist, machen diese Gesprächstypen keinen überwiegend großen Anteil des Gesamtkorpus aus, bzw. befanden sich zur Zeit der Datenerhebung zwar einige institutionelle Gesprächstypen im Korpus (wie Schichtübergabe in einem Krankenhaus oder Prüfungsgespräche an einer Hochschule), darunter aber nicht die spezifischen verwendeten und sich als sehr nützlich erwiesenen vorgerichtlichen Schlichtungsgespräche und medizinischen Beratungsgespräche. Die Erweiterung der dieser spezifischen Analyse zugrunde liegenden Einzelbelege um die Verwendungen aus den erwähnten Projektdaten bringt in diesem Falle bessere und detailliertere Einsichten über die Funktion und die unterschiedlichen Anwendungsbereiche des Formats mit sich. Des Weiteren wird in einem Einzelfall - zur Veranschaulichung der generellen Existenz einer Verwendung und zur Abgrenzung zum eigentlich fokussierten Phänomen - eine private Aufnahme herangezogen, welche aber in Ausschnitten für eine der chen) und generell Abschnitt 4.2.3.2 zu derartig festen Verbindungen und den Umgang damit. 118 In dieser Grundlage sind nicht restlos alle Verwendungen von machen aus der zugrunde liegenden FOLK-Version enthalten, denn es gibt Fehlerquellen, die teilweise aus inkonsistenten Transkriptionen resultieren. So wurden alle Belege des Lemmas machen extrahiert, nicht aber die Fälle, in denen usuelle machen + Adjektiv-Verbindungen (wie fertig machen) oder machen + Adverbien-Verbindungen (rein machen) zusammengeschrieben wurden. Ebenso wurden manche Fälle von machen in der Normalisierung nicht erkannt, wenn sie zum Beispiel nur als ma transkribiert wurden. Diese ließen sich nicht ohne Umstände nachträglich in die Tabelle integrieren, weswegen sie nicht mit in die Zählung eingegangen sind. Eine übergreifende Suchabfrage ergab außerdem, dass die zuammengeschriebenen Verben mit machen keine große Menge an zusätzlichen Belegen der entsprechenden Verwendungen ausmachen. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 122 nächsten Erweiterungen von FOLK vorgesehen ist (Beispiel (57), Abschn. 6.6.1.2.1). 6.1.1 Beschreibung des Korpus FOLK (Forschungs- und Lehrkorpus gesprochenes Deutsch) verkörpert das größte und umfangreichste Korpus für gesprochenes Deutsch, welches ständig aktualisiert und erweitert wird und welches über die Datenbank für gesprochenes Deutsch (DGD) 119 nach Anmeldung verfügbar ist. Dabei handelt es sich um ein synchrones Korpus, welches Daten enthält, die allesamt aus den Jahren 2005 bis (seit dem aktuellsten Release) 2015 stammen. Die aktuellste Version vor Fertigstellung dieser Arbeit (Version 2.6, Release vom 13.4.2016) umfasst 219 Gesprächsereignisse mit insgesamt 169 Stunden 12 Minuten Gesprächsdauer. 120 Zum Zeitpunkt der Datenerhebung (Mai 2014, Version 2.2) umfasste das Korpus 101 Stunden aus insgesamt 137 Gesprächsereignissen. Es befinden sich ausschließlich mündliche Konversationen im Korpus, die auf Audio- oder Videomaterial festgehalten wurden, und die in einem weitestgehend natürlichen Umfeld stattgefunden haben, die also nicht inszeniert oder vorgeplant wurden (Deppermann/ Hartung 2012, S. 421), was für eine Untersuchung des tatsächlichen Gebrauchs eines Verbs in der gesprochenen Sprache eine unabdingbare Voraussetzung ist. Es handelt sich dabei außerdem ausnahmslos um Interaktionen mit zwei oder mehr Sprechern und keine monologischen Gesprächstypen wie Nachrichtenbeiträge, Vorträge o.ä. (ebd.), wobei es in einzelnen Aufnahmen zu längeren monologischen Abschnitten kommen kann (bspw. in den Stuttgart-21-Schlichtungen). FOLK ist außerdem weitreichend stratifiziert, sowohl in Bezug auf Sprechsituationen, als auch was das Alter und die Herkunft (innerhalb des deutschen Sprachraums) 121 der Interaktionsbeteiligten angeht. So gibt es zum Beispiel Interaktionen beim Spielen mit Kindern oder zwischen Erwachsenen sowie Gespräche unter Studenten und/ oder Freunden (Privatgespräche), Prüfungs-, Unterrichts- und Besprechungssituationen (institutionelle Gespräche) und Schlichtungen (öffentliche Gespräche), um nur einige zu nennen. Auch wenn 119 http: / / dgd.ids-mannheim.de. 120 Vgl. http: / / dgd.ids-mannheim.de, Browsing - Korpusbeschreibungen - FOLK. 121 Das Korpus hat von der Anzahl der Sprecher und Sprechereignisse zwar einen leichten Schwerpunkt im süddeutschen Raum, zumindest zum Zeitpunkt der Datenerhebung für diese Arbeit. Dies schlägt sich aber nicht sichtbar in den Erkenntnissen der Untersuchung nieder, da dialektal gefärbte Verwendungen bei der Verwendung und Bedeutungskonstitution von machen keine große Rolle zu spielen scheinen. Empirische Untersuchung 123 Sprecher traditioneller Mundarten und Ortsdialekte nicht vertreten sind, so gibt es dennoch „gemäßigte dialektale Varianten“ neben dem standardnahen Deutsch (ebd.). Dies ermöglicht eine möglichst umfassende Betrachtung des deutschen Sprachgebrauchs, welche nicht auf einen bestimmten Gesprächstyp oder auf einen bestimmten Dialekt beschränkt ist. 6.1.2 Aufbereitung und Kodierung der Vorkommen von machen in FOLK Für eine bessere Übersicht und um grammatische Kodierungen zu ermöglichen, wurden alle machen-Verwendungen aus dem Korpus in einer Exceltabelle ausgegeben. In der dieser Untersuchung zugrunde liegenden Version von FOLK (Version 2.2) waren insgesamt 4.437 Fälle von machen zu finden und nachdem zwei der Gesprächstypen (Vorlesen mit Kindern und Polizeigespräche) und die Partikelverben herausgefiltert wurden (vgl. Abschn. 6.1), blieben noch 3.872 Fälle, die die Grundlage der quantitativen Aussagen und auch der meisten qualitativen Analysen bilden. Die Kodierung soll zum einen dabei helfen, quantitative Aussagen über das formale Umfeld des Verbs machen zu können; zum Beispiel mit welcher Art Subjekt und Objekt es am häufigsten vorkommt, ob Objektsprädikative häufig auftreten, welcher Art Adverbiale überwiegend zusammen mit machen verwendet werden oder welcher Art formal erfassbare Tendenzen sich generell im Gebrauch feststellen lassen. Zum anderen kann mit Hilfe der Tabelle auch nach bestimmten Schemata gesucht werden, um zu überprüfen, ob die formalen Ähnlichkeiten auch mit Ähnlichkeiten bei der Funktion einhergehen. Kodiert wurde die gesamte Tabelle dann nach folgenden Aspekten: Bezüglich des Verbs: − Part of Speech (finites oder infinites Verb, Imperativ, Infinitiv, Infinitiv mit zu) − Person und Numerus − Tempus − Modus − Genus − Vorhandensein eines Modalverbs − Vorhandensein einer Negation − Position des Verbs machen (Verberst-, Verbzweit- oder Verbletztstellung) Bezüglich des Subjekts: − Belebtheit (menschlich, belebt, unbelebt, Sachverhalt) − Phrasenkategorie (Nominalphrase oder Satz) Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 124 − Part of Speech (Eigenname, Nomen, Personalpronomen, Relativpronomen etc.) − Lexem − Position (Vorfeld, Mittelfeld, Nachfeld) Bezüglich der Adjektivphrase: − Lexem − Bezug (auf Verb oder Objekt) Bezüglich der Objekte (Dativ und Akkusativ): − Part of Speech (wie beim Subjekt) − Lexem − Position (Vorfeld, Mittelfeld, Nachfeld) Des Weiteren wurden gegebenenfalls vorhandene Adverbiale (lokal, temporal, modal, direktional und weitere) in der Tabelle erfasst und ebenfalls kodiert, nach folgenden Kriterien: − Präposition − Kopf der PP − Position (Vorfeld, Mittelfeld, Nachfeld) oder − Adverb − Position (Vorfeld, Mittelfeld, Nachfeld) Zum Schluss wurden auch die Satzart (Hauptsatz, Nebensatz) und die Position des finiten Verbs (welches bei Sätzen mit Modal- oder Hilfsverben nicht mit machen übereinstimmt) erfasst. 6.1.3 Verteilung der machen - Verwendungen im zugrunde liegenden Korpus FOLK In diesem Abschnitt werden die größten und/ oder als relevant eingestuften Gruppen an Verwendungen der machen-Vorkommen des zugrunde liegenden Korpus angeführt, es werden also nicht für sämtliche Vorkommen Verwendungsgruppen angeführt. Sämtliche Aussagen über Häufigkeiten von Verwendungen basieren auf den Anzahlen im zugrunde liegenden Korpus, sie sind daher als Tendenzen anzusehen und sind nicht als absolute oder unbedingte Behauptungen über die Verhältnisse der Verwendungen im gesamtdeutschen Sprachraum gemeint. Aufgrund der recht hohen berücksichtigten Gesamtanzahl können jedoch solide Aussagen gemacht werden. Empirische Untersuchung 125 Die gesamte Anzahl der machen-Vorkommen beläuft sich nach Auslassung zweier Gesprächstypen (Vorlesen für Kinder und Polizeigespräche, vgl. Abschn. 6.1) und der Partikelverben (vgl. ebd.) auf 3.872. Davon entfällt die größte Gruppe auf transitive Verwendungen mit lexikalischen NPn als Akkusativobjekt, diese Anzahl beträgt 1.268. 122 Es werden also fast ein Drittel der machen-Belege im Korpus derart verwendet. Die nächstgrößere Verwendungsgruppe ist die Verwendung in der das machen-Fügung (vgl. Abschn. 6.6.1.1) mit 1.181 Belegen. 123 Mit fast zwei Dritteln der Belege (2.449 von 3.872, entspricht 63,2%) ergeben diese beiden Verwendungen also zusammen den Hauptanteil der (berücksichtigten) Verwendungen von machen im Korpus. Bezüglich der Verwendungen mit lexikalischen NPn ist es schwierig zu bestimmen, welche davon verfestigte, als usuell einzustufende Wortverbindungen bzw. Kollokationen ausmachen und welche nicht, da die Übergänge zwischen festen und Ad-hoc-Verwendungen fließend sind (vgl. dazu Abschn. 4.2.3.1 und 4.2.3.2). So gibt es neben eindeutig als usuell einzustufenden Verbindungen (Sinn machen, (sich einen) Spaß machen, (sich) Sorgen/ Gedanken machen, Betten machen) auch eindeutig ad hoc einzustufende (Biergruppe machen, Kreissäge machen, Kipper machen) und darüber hinaus eine sehr große Grauzone aus uneindeutigen Kombinationen und auch die Grade an Verfestigung können sich sehr unterscheiden, so dass eine eindeutige Grenzziehung schwerfallen kann. Wollte man aber eine grobe Einschätzung dazu geben, wie viele der machen + lexikalische NP-Verwendungen eher usuell und wie viele ad hoc sind, so würden bei einer sehr großzügigen Auslegung von usuell und verfestigt je nach Auslegung schätzungsweise zwischen 450 und 500 kolloka- 122 Ausgenommen sind diejenigen, die als resultative oder Transferkonstruktionen erkannt wurden, bei denen also entweder eine Adjektivphrase oder ein direktionales Adverbial zusammen mit machen eine Prädikation bilden (die Arbeit schnell machen vs. den Mauszeiger größer machen; eine Reise nach Paris machen vs. die Form in den Ofen machen); und außerdem Verwendungen mit obligatorischen Präpositionalphrasen und/ oder weiteren festen lexikalischen Elementen, wie von etwas Gebrauch machen, sich etwas zu Nutze machen etc. Mit einbezogen wurden dagegen Eigennamen und Kardinalzahlen, da diese (in den zugrunde liegenden Daten in den entsprechenden Verwendungen) immer metonymisch für bestimmte Themen oder Sachverhalte stehen (vgl. dazu bspw. Abschn. 6.6.3 zur Durchführungsrahmung). Ditransitive Verwendungen wurden ebenfalls nicht herausgerechnet. Diese Struktur wird nicht als bedeutungskonstituierende Konstruktion angenommen (vgl. dazu Abschn. 6.4.1). 123 Hierbei wurden alle Verwendungen mit Objektsprädikativen und direktionalen Adverbialen herausgenommen. Einbezogen wurden die Fälle, in denen das Objekt das (n = 631), es bzw. _s (n = 248) oder eine Ellipse ist, in welche das ohne größere semantische Veränderung einsetzbar wäre (n = 302). (Eine Unterscheidung zwischen es und _s ist aus der Tabelle nicht zu entnehmen, da die Daten normalisiert wurden und viele _s dann als es dargestellt sind. Einige von diesen dürften klitisierte S-Laute sein.) Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 126 tiver Verwendungen gefunden werden, 124 was nicht einmal die Hälfte der machen + lexikalischer NP-Verwendungen ausmacht. machen tritt also nicht überwiegend in verfestigten Verbindungen auf bzw. der Hauptanteil der machen + NP-Verwendungen sind nicht Kollokationen, sondern machen tritt sehr häufig mit Ausdrücken auf, die auf eine spontane und/ oder situativ relevante Verwendung des Verbs hindeuten. 125 Weitere größere (transitive) Verwendungsgruppen sind diejenigen mit Interrogativpronomen als Objekt (n = 348), 126 diejenigen mit Indefinitpronomen als Objekt (n = 309) 127 und diejenigen mit einem Relativpronomen als Objekt (n = 96). 128 Bei 255 Verwendungen (6,6%) tritt ein adjektivisches Objektsprädikativ (bzw. ein Mal ein Subjektsprädikativ) auf, diese Fälle sind als Resultativkonstruktionen einzustufen, welche die Bedeutungskonstitution des Verbs maßgeblich bestimmt. 129 Ebenfalls nicht sehr häufig, aber dennoch relevant, weil auch dies eine bedeutungskonstituierende Konstruktion darstellt, ist die Verwendung mit direktionalem Adverbial, also als Transferkonstruktion, welche 93-mal (2,4%) vertreten ist. 130 Im Korpus treten dagegen eher selten Verwendungen in Wortverbindungen mit obligatorischen PPn und/ oder weiteren festen lexikalischen Elementen auf, wie bspw. etwas aus/ zu etwas machen, für etwas (nicht) gemacht sein, sich 124 Für diese Einschätzung wurden aus den Daten alle jene NPn gezählt, welche denotativ Speisen, Getränke, prüfende Verfahren (Abitur, Examen etc.), Bewegungen, Geräusche und bestimmte Gefühlsregungen (Angst, Stress) bezeichnen. Darüber hinaus auch diejenigen Kombinationen, die sehr häufig in Wörterbüchern als Belegbeispiele auftreten sowie die als eindeutig usuell einstufbaren Fälle (Sinn machen, Spaß machen, Sorgen machen, Urlaub machen). Die Auswahl der Belege, die Grundlage für diese Schätzung sind (bzw. auch die Abwahl jener, die nicht mitgezählt wurden), beruht außerdem teilweise auf Intuition. 125 Die Aussagen der letzten beiden Absätze stimmen auch überein mit den Ergebnissen von Proske (2013) zur Verwendung von machen (und haben) in ihrem eigenen, deutlich kleineren Korpus (ebd., S. 210f.). Sie stellt fest, dass die beiden deutlichsten Verwendungsweisen von machen zum einen die transitive („die „normale“ Verwendung mit zwei offenen Leerstellen“, S. 210) und zum anderen die in der das machen-Fügung ist. Des Weiteren weist sie ebenfalls darauf hin, dass machen (und haben) „in vielen lexikalisierten Verb-Objekt-Verbindungen wie Spaß machen und Spaß haben vor[kommen]“, dass dies aber nicht so häufig der Fall ist wie die Verwendung mit offener Objektleerstelle (ebd., S. 211). 126 Dazu zählen direkte und indirekte Fragen. 127 Dazu zählen nichts, alles, (irgend(so))etwas, viel, mehr, wenig(er); aber auch das meiste/ andere/ selbe/ gleiche, auch wenn diese (teilweise) formal NPn sind, werden sie aus semantischen Gründen hier dazu gezählt. 128 Dazu zählen alle Objektrelativsätze sowie freie Relativsätze und Pseudoclefts. Zu Objektrelativsätzen im Speziellen vgl. Abschnitt 6.6.2.2. 129 Zu den Resultativkonstruktionen vgl. Abschnitt 6.4.2.1. 130 Zu den Transferkonstruktionen mit direktionalem Adverbial vgl. Abschnitt 6.4.3. Empirische Untersuchung 127 etwas zu Nutze/ zu eigen machen, von etwas Gebrauch machen, in/ auf etwas machen etc. Diese belaufen sich auf insgesamt 57 Vorkommen, also knappe 1,5%. Alle machen-Verwendungen 3.872 transitive Verwendungen insgesamt 3.202 (82,7%) mit lexikalischer NP als Objekt 1.268 (32,7%) das machen-Fügung 1.181 (30,5%) mit Interrogativpronomen als Objekt   348 (9%) mit Indefinitpronomen als Objekt   309 (8%) mit Relativpronomen als Objekt    96 (2,5%) Verwendungen mit Objektsprädikativ   255 (6,6%) mit direktivem Adverbial    93 (2,4%) mit anderen obligatorischen PPn oder Elementen    57 (1,5%) Tab. 1: zur Verteilung der unterschiedlichen Arten von Objekten bei transitiven Verwendungen und Verwendungen mit weiteren obligatorischen Elementen Bezüglich der Subjekte in machen-Verwendungen ist deutlich erkennbar, dass überwiegend menschliche Subjektreferenten als Agens einer machen-Handlung vorkommen (n = 3.375 131 von 3.872, also in 87,2% der Fälle), wesentlich seltener sind dagegen folglich Subjektreferenten, die lediglich belebt (bspw. Schafe, Katzen, Niere (11 Belege, also 0,2%)) oder ganz unbelebt sind (bspw. Sollwert, Motor oder Roggenbrot (59 Belege, also 1,5%)) bzw. Sachverhalte (bspw. es, das, Fädenziehen, Essengehen (195 Belege, also 5%)) 132 darstellen. 133 In der Mehrzahl der Fälle, in denen ein Subjekt realisiert wird (in 3.458 Belegen, also 89,3% der Fälle), werden die Subjekte durch ein Personal- (ich, du, er, sie, es, wir etc.) oder Demonstrativprononen (der, die, das) realisiert (n = 2.788, 134 also bei 80,6% der 3.458 realisierten Subjekte). Sehr selten dagegen ist im Ver- 131 Hierzu wurden auch metonymische Ausdrücke gezählt, wie der Bund, die Bahn oder das Cello und auch an Personen gerichtete Imperative ohne realisiertes Subjekt. 132 Hier zählen bspw. auch alle Verwendungen von Sinn machen, Spaß machen und (das) macht nichts hinein. 133 Die Diskrepanz zu 100% ergibt sich aus dem Vorhandensein von Passivsätzen und Infinitivsätzen. 134 Hierzu und auch bei den folgenden subjektbezogenen Werten wurden auch die Subjektreferenten gezählt, die in Koordination ausgedrückt wurden, also nicht in der machen-Äußerung direkt zu finden, aber dennoch eindeutig aus der gesamten Äußerung erschließbar sind, weil sie zuvor realisiert wurden. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 128 gleich die Realisierung des Subjekts durch ein lexikalisches Nomen oder einen Eigennamen (n = 277, also bei 8%). 135 Alle machen-Verwendungen 3.872 menschliches Subjekt 3.375 (87,2%) Sachverhalt als Subjekt   195 (5%) unbelebtes Subjekt    57 (1,5%) belebtes aber nicht menschliches Subjekt    11 (0,2%) Realisierte Subjekte 3.458 (89,2%) davon Personal- oder Demonstrativpronomen 2.788 (80,6% von den 3.458) davon lexikalische NPn   277 (8% von den 3.458) Tab. 2: zur Verteilung der Subjekte Aus den Verteilungen von machen in den Daten kann also geschlossen werden, dass dieses Verb am häufigsten dazu verwendet wird, um etwas über die Handlungen von menschlichen Subjektreferenten auszusagen, und dass diese Handlungen am ehesten durch lexikalische NPn oder durch verweisende Pronomen (wie Komplex-Anaphern) spezifiziert werden, welche bereits versprachlichte (oder implizierte) Sachverhalte wieder aufgreifen. Wesentlich seltener werden die Handlungen durch grammatische Schemata, in die das Verb eintritt, spezifiziert, die in Form von obligatorischen sprachlichen Elementen auftreten. 6.2 Probleme bei der Anwendung einer lexembasierten semantischen Bedeutungserfassung an authentischen Sprachdaten Bevor das in Abschnitt 3 beschriebene Ebenenmodell an den Daten angewendet wird, soll in diesem Abschnitt einmal demonstriert werden, warum sich eine Kategorisierung der Lesarten durch die lexikosemantische Kategorisierung der Akkusativobjekte - wie es in der Lexikografie geschieht (vgl. Abschn. 5.2) - bei gesprochensprachlichen Daten nicht funktioniert. In Wörterbüchern werden machen + Objekt-Verbindungen mit semantisch ähnlichen Objekt-NPn als Belege für die Existenz einer spezifischen Verbbedeutung aufgeführt, welche oft als Strukturbeispiel angegeben werden, wie bspw. Bewegung/ Sprung/ Knicks machen oder (jemandem/ sich) Arbeit/ Mühe/ Umstände machen. Eine Kategorienerstellung und -unterscheidung, die auf rein lexikosemantischen Merkmalen des Akkusativobjekts zum Verb basiert, ist aber 135 Andere Arten, das Subjekt auszudrücken, sind Indefinitpronomen (man, jeder, einer, alle, keiner etc.; n = 340, also 9,8%), Interrogativpronomen (n = 38, also 1,1%) und Relativpronomen (n = 32, also 0,9%). Empirische Untersuchung 129 zum einen unvollständig und zum anderen nicht immer korrekt. Der tatsächliche Sprachgebrauch eines Ausdrucks in einem spezifischen Kontext kann aufgrund einer rein lexembasierten Betrachtung nicht vorhergesagt werden, somit kann auch der semantische Bezug, den machen zwischen einem bestimmten Objekt und einem Subjekt in einem angenommenen Kontext herstellt, nicht als generelle Bedeutungsangabe für alle Verwendungen mit diesem Objekt angesehen werden. Es handelt sich also im Grunde genommen bei derart „belegten“ Bedeutungsangaben um semantisch konstruierte Bedeutungen, für die ein spezifischer Kontext implizit vorausgesetzt wird und die nicht zwangsläufig etwas mit dem tatsächlichen Gebrauch zu tun haben. Wie sich die lexikografische Vorgehensweise einer Bedeutungsklassifikation auswirkt, wenn sie an Beispielen aus authentischen Daten gesprochener Sprache angewendet wird, bei denen der sprachliche und situative Kontext mit einbezogen wird, möchte ich im Folgenden sowohl bezüglich der Lesartenbestimmung eines einzelnen semantischen Merkmals zeigen - wie im vorherigen Abschnitt kritisiert -, als auch bezüglich der eindeutigen Einordnung einer bestimmten machen + Akkusativobjekt-Verbindung in eine konkrete Bedeutungskategorie. 6.2.1 Die Problematik der lexikosemantischen Bedeutungsklassifikation Eine feinkörnigere Klassifikation der Lesarten bietet sich bei manchen Verwendungen, die sich scheinbar eindeutig bestimmten semantischen Gruppen zuordnen lassen, geradezu an. Wenn man dies allerdings konsequent durchzuführen versucht, so stellen sich einige Probleme dar, die bereits ansatzweise in den Abschnitten der Wörterbuchdiskussion (unter Abschn. 5.2.3) besprochen wurden. Der Grund dafür besteht darin, dass der Kontext oftmals Einfluss auf die Deutung der Handlung hat, die mit machen + Objekt versprachlicht wird. Deswegen ist eine klare Grenze, wann eine machen + Objekt- Kombination nicht mehr eine spezifische (feingranularig festgelegte) Lesart denotiert, schwer zu ziehen, denn die Übergänge sind hier fließend und der Kontext wird in Wörterbüchern nicht konsequent mit einbezogen. Dies sei an einem konkreten Beispiel demonstriert: In fast allen Wörterbüchern wird die Bedeutung oder Unterbedeutung etwas versprachlichen aufgeführt. Hierunter werden Belegbeispiele mit Objekten gelistet, die etwas bezeichnen, das im weiteren Sinne (zumeist durch eine Person) sprachlich ausgedrückt werden kann. Drei der vier in dieser Arbeit konsultierten Wörterbücher haben dieses Merkmal als eine Bedeutung von machen interpretiert und als eigene Lesart aufgeführt: Das DUW 2011 führt es unter 15 „[in rufender Weise] von sich geben (bei Interjektionen o.Ä.)“ (ebd., S. 1144) und hat damit noch die engste Auffassung dieser Lesart, da sie sich laut Definition nur Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 130 auf Laute bezieht, die Menschen (rufend) von sich geben, die aber keinen lexikalischen Inhalt haben, sondern nur Interjektionen wie oh und ach umfassen. Das VALBU hat eine etwas weiter gefasste Auffassung dieser Verwendung und paraphrasiert sie mit „jemand äußert etwas oder jemand/ etwas gibt etwas von sich“ (Lesart 10, Hervorhebung von der Autorin K.K.). Somit sind hier theoretisch nicht-menschliche und unbelebte Subjekte eingeschlossen, wie sich auch in den Belegbeispielen zeigt. Das WDG (1981a) hat die weiteste Auffassung dieser Lesart und listet diese unter Punkt 4 „Geräusche hervorbringen“ (ebd., S. 2414); hier werden unter den Beispielen alle Arten von Objektreferenten aufgeführt, die etwas denotieren, was akustisch wahrgenommen werden kann, also nicht nur - aber auch - Geräusche, die durch menschliche oder generell belebte Entitäten hervorgebracht werden können. Die Ausweitung der semantischen Merkmale, die für eine derartige Bedeutungszuschreibung relevant sind, lässt sich anhand der tatsächlichen Verwendung von machen + [lautliche Äußerungen] nachvollziehen, ebenso wie die Tatsache, dass sich eine Eingrenzung nur aufgrund der Semantik des Objekts, ohne jegliche Einbezugnahme des Kontexts, nur unzureichend durchführen lässt. Als prototypische Verwendung und Ausgangspunkt soll hier die Verwendungsbeschreibung des DUW dienen, da diese semantisch am engsten gefasst ist. machen wird also verwendet, um die Verlautlichung von Interjektionen wie oh oder ach durch menschliche Subjekte auszudrücken, wie in Ausschnitt (1): (1) FOLK_E_00119_SE_01_T_02_DF_01, Segment 265 136 [27: 44-27: 54] 01 KS ich immer halt_n jörg beschimpft die ganze [zeit (über)], 02 RW [((lacht)) ] 136 Die Transkripte wurden nach GAT 2 transkribiert (vgl. Anhang 1 und Selting et al. 2009). In jeder Intonationsphrase ist mindestens ein Fokusakzent markiert, mitunter ein Fokus- und ein Nebenakzent. Wenn in einer Intonationsphrase kein (Fokus-)Akzent markiert wurde, liegt dies daran, dass Teile der Einheit oder auch die gesamte Einheit aus Datenschutzgründen verrauscht wurden. Dies ist auch der Grund, wenn keine Angabe zur Tonhöhenbewegung gemacht wurde. In Intonationsphrasen mit verrauschten Anteilen ist es daher nicht immer möglich, einen Fokusakzent zu bestimmen, da dieser sich auf der verrauschten Stelle befinden kann. Es wurden in den Daten immer Namen, Orte und andere Angaben, die auf die Identität der Sprecher hinweisen könnten, verrauscht. Mitunter wurden auch Passagen verrauscht, die parallele Nebensequenzen der fokussierten Einheit darstellen, so dass auch in Äußerungen ohne potenziell identifizierende Angaben verrauschte Teile auftreten können. Die Segmentangabe bezieht sich auf dasjenige Segment, in welchem das Wort machen (oder das jeweils fokussierte Verb) vorkommt. Bei mehreren machen-Verwendungen in einem Ausschnitt bezieht sich diese Angabe auf die erste Verwendung. Die Zeitangabe in den eckigen Klammern bezieht sich auf die Angabe von Anfangs- und Endzeitpunkt des gesamten Ausschnitts. Empirische Untersuchung 131 03 KS [weil er] halt] IMmer-=°h (.) 04 BK [((lacht)) ] 05 KS bei jeder au nOch so kleinsten tOAr (.) TOR chance,=°h 06 hat er immer so °h OU: : H [gemacht; ] 07 RW [((lacht))] Neben Interjektionen, die ähnlich Wörtern auch bestimmte Bedeutungen haben (können), kann machen auch mit einfachen, von Menschen geäußerten Lauten kombiniert werden (bspw.: was wÄrn noch charAkterzüge die das nit so ANgenehm machen, AUßer jemand macht ((imitiert ein Anblaffen)) 137 ). Derartige Laute können nicht nur Menschen, sondern auch Tiere von sich geben und da machen auch derart im Korpus gebraucht wird, kann man diese Verwendung theoretisch in dieselbe Kategorie einordnen. Wenn von Tieren und den Lauten, die sie von sich geben, gesprochen wird, werden diese Laute nicht immer imitiert, sie werden teilweise auch durch ein onomatopoetisches Substantiv bezeichnet, wie in folgendem Beispiel, in dem von Hauskatzen die Rede ist: (2) FOLK_E_00055_SE_01_T_09_DF_01, Segment 149 [1: 51: 09-1: 51: 34] 01 AM °h ich hab auch mal gelesen dass KATzen-=ähm=°h 02 also HAUSkatzen dieses miAUen, 03 AM °h dass des eigentlich ERST- 04 (0.4) 05 AM genutzt wird seit de katze mit dem MENSCH zusammen- 06 (0.29) 07 NH oKAY, 08 (0.4) 09 AM WOHNT sozusagen-= 10 =(also) der versucht mit dem zu kommuniZIEren da[durch]; =°h 11 NH [hm_hm] 12 AM weil äh gemeint äh angeblich f zu ANderen katzen ,=°h 13 würden sie halt NUR - 14 (0.54) 15 AM ä: : h FAUchen ; 16 oder halt ANdere laute produzieren ; = 17 aber nich dieses typische miAU (.) ma[chen; ] 18 NH [ja die] kommunizieren ja auch viel über geRUCHSstoffe [und so; ] 19 AM [ja; ] Die Geräusche, die Tiere von sich geben, können aber nicht nur durch von den entsprechenden Lauten abgeleitete Ausdrücke versprachlicht werden, sondern sie werden noch weiter abstrahiert, wie in Beispiel (3), welches aus 137 FOLK_E_00004_SE_01_T_01_DF_01, Segment 1002 [00: 29: 35-00: 29: 39]; dieser Ausschnitt stammt aus einer Berufsschulinteraktion. Es geht um die Eigenschaften unangenehmer Kollegen. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 132 derselben Konversation stammt wie das obige Beispiel (2) und nur wenige Sekunden später stattfindet: (3) FOLK_E_00055_SE_01_T_09_DF_01, Segment 162 [1: 51: 47-1: 51: 57] 01 NH wenn die nAchts (0.31) sich da STREIten, 02 das hört sich An wie schreiende KINder. 03 AM ja also gell die miAUen nich; =ne? 04 die machen ANdere laut[e; =ne? ] 05 NH [a d]es (.) 06 aber ich dEnk jedes mal da wird grad_n KIND erstoch[en oder so; ] 07 AM [((lacht)) °h h°] °h Das Äußern von Lauten durch belebte Subjekte wird somit auch dann noch mit machen versprachlicht, wenn diese Laute nicht imitiert werden (in Form von Interjektionen oder onomatopoetischen Bezeichnungen), sondern durch einen abstrahierenden Ausdruck beschrieben werden. Von diesen zusammenfassenden Ausdrücken gibt es sehr viele, die durch machen mit einem menschlichen (oder tierischen) Subjekt verbunden werden, um auszudrücken, dass die betreffende Person etwas Bestimmtes von sich gegeben hat oder allgemein von sich gibt. Viele dieser Ausdrücke haben - anders als Miau - kein entsprechendes Aktivitätsverb, so dass die Kombination mit machen eine Strategie darstellt, aus diesem Nomen ein entsprechendes Prädikat herzustellen. Diese reichen von Bezeichnungen für einzelne Laute, wie bspw. Ton im folgenden Sprachbiografischen Interview, bis hin zu Sätzen und Aussagen in den darauffolgenden Beispielen: (4) FOLK_E_00183_SE_01_T_02_DF_01, Segment 709 [28: 21-28: 35] 01 MF °h MUSS man dann- 02 (1.17) 03 MF ähm 04 (0.42) 05 MF daher auch SELber einen tOn produzieren, 06 (0.21) 07 MF beim didgeriDOO, 08 (0.24) 09 MF also des NICHT; 10 (0.33) 11 MF ma bläst nur REIN und l und und sch [lässt- ] 12 STP4 [nee die LI]Ppen mache ihn dann; 13 (0.53) 14 MF die lIppen- 15 NUR die lippen machen di[esen] tOn; 16 STP4 [ja ; ] Empirische Untersuchung 133 In diesem Ausschnitt wird geklärt, wie die Töne beim Didgeridoospielen zustande kommen. In Zeile 12 klärt der Interviewte darüber auf, dass die Lippen diesen Ton produzieren, also einen Laut verursachen, und dieser nicht etwa durch aktives stimmliches Zutun des Instrumentenspielers entstehen würde. Die Lippen werden also als Urheber des Lautes markiert und dies wird mit machen ausgedrückt. Lippen bezeichnen hier zwar keine Person oder belebte Entität an sich, sondern ein Mittel oder Instrument, durch das ein Mensch besagten Ton zustande bringt. Dennoch ist die Gemeinsamkeit mit den vorher genannten Verwendungen vorhanden, denn auch hier wird - wie bei ouh und Miau - mündlich etwas hervorgebracht, daher ließe sich auch diese Verwendung unter einer angenommenen Lesart etwas versprachlichen oder äußern einordnen. Ebenso lässt sich der folgende Beitrag deuten, in welchem das Versprachlichen kantiche[r] sätze bestimmten Dialektsprechern zugeschrieben wird: (5) FOLK_E_00179_SE_01_T_01_DF_01, Segment 328 [07: 34-07: 42] 01 ZIT4 hm (.) die dialektsprecher_a die machen mehr so kantiche sätze ; 02 °h im schwäbischen da is jedes jeder satz n bissl n kleenes LIED; =also; =°hh Da in dieser Äußerung eine Aussage über die klangliche Beschaffenheit der Sätze bestimmter Dialektsprecher getroffen wird, ist es gerechtfertigt anzunehmen, dass hier auf die lautliche Art der Versprachlichung Bezug genommen wird. Während die Sätze der Dialektsprecher A eher kantig klingen, klingen jene der Schwaben eher wie n kleenes LIED (Z. 02), wenn es nach der Auffassung des Sprechers geht. Und auch in dem folgenden Beispiel aus einer Berufsschulstunde wird ein Akt des Versprachlichens mit machen ausgedrückt: (6) FOLK_E_00009_SE_01_T_01_DF_01, Segment 1180 [26: 33-27: 05] 01 LB was muss des teil in SPERRrischtung anzeigen; 02 (1.46) 03 SK null, 04 (0.23) 05 LB NULL volt; 06 (0.4) 07 LB ja, 08 ((macht Tafelanschrieb, 17.7 Sekunden)) 09 wenn DES beides zutrifft, 10 was könn_mer dann SAgen ; 11 welche AUssage können wir MAchen ; 12 (2.75) Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 134 13 XM ((hustet)) 14 (1.19) 15 LB ja, 16 US die diOde is in ORDnung; In diesem Beispiel wird allerdings deutlich, dass mit Aussage machen nicht immer ein reines Versprachlichen einer Aussage gemeint sein muss, sondern es kann auch sein - wie im obigen Beispiel -, dass ein logischer Schluss aus bestimmten Tatsachen gezogen wird (wenn DES beides zutrifft, Z. 09), welcher eine bestimmte Konsequenz hat. Diese Konsequenz (die diOde ist in ORDnung; Z. 16) wird als Lösung der Aufgabe, die der Lehrer (LB) seinen Schülern gestellt hat, von selbigem erfragt. Die Äußerung mit machen (welche AUssage können wir MAchen; Z. 11) ist eine Reformulierung der Äußerung direkt davor (was könn_mer dann SAgen; Z. 10), die durch das dann als eine Konsequenz, den zweiten Teil der wenn-dann-Äußerung, markiert wird. Aussage ist in diesem Zusammenhang nicht bloß etwas, das ausgesagt wird, sondern etwas, das konsequenterweise zutrifft, weil bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Und nur weil diese Bedingungen erfüllt sind, ist das zu Sagende zutreffend und kann überhaupt gesagt werden, so dass Aussage in diesem Beispiel „Schlussfolgerung“ als Bedeutungskomponente erhält. Zwar impliziert der Ausdruck Aussage an sich bereits einen Inhalt - anders als andere Lexeme, die Lautliches ausdrücken (wie bspw. Satz 138 oder Ton) -, jedoch kommt die Schlussfolgerungslesart in diesem Beispiel durch den Kontext hinzu und ist keine Implikation des Worts Aussage selbst. Es kann also nicht behauptet werden - aufgrund dieses Beispiels -, dass Aussage machen gleichzusetzen wäre mit schlussfolgern. Diese Interpretation erschließt sich aus dem sequenziellen Kontext der wenn-dann-Schlussfolgerung sowie der Handlungssituation einer Aufgabenstellung im außersprachlichen Rahmen einer Unterrichtsstunde. Sätze und Aussagen sind mündlich hervorgebrachte Produkte, deren Versprachlichung augenscheinlich mit machen beschrieben wird. Dies ist aber nur die Gemeinsamkeit eines semantischen Aspekts von mehreren, die diese Wörter beinhalten, denn tatsächlich bezeichnen die Äußerungen in den beiden Beispielen (5) und (6) unterschiedliche Handlungen, bzw. stellen unterschiedliche Arten von Verbindungen zwischen Subjekt- und Objektreferenten her. Die Art der Verbindung erschließt sich dabei sowohl aus den versprachlichten Elementen, als auch aus der außersprachlichen Situation, die einen Einfluss darauf hat, welcher Aspekt der Ausdrücke für die Bedeutung der gesamten Äußerung relevant ist. Es zeigt sich also, dass sowohl die Implika- 138 Satz drückt natürlich nicht generell etwas lautlich Hervorgebrachtes aus, sondern nur in dem hier gezeigten Beispiel, anders als Ton. Empirische Untersuchung 135 tionen der Objekte selbst, als auch die Sequenz und der situative Kontext, in welchem sie geäußert wurden, dazu beitragen, dass im obigen Fall mehr ausgedrückt wird, als dass eine bestimmte Person etwas Bestimmtes gesagt hat oder sagen soll bzw. möchte. Basierend auf der kontextfreien Semantik des Objekts lässt sich daher die Verwendung im Sprachgebrauch nicht vorhersagen, denn es kommt in einer gegebenen Ausdruckssituation immer darauf an, worauf das Objekt referiert. Daraus folgt, dass eine auf der (denotativen) Semantik des Objekts basierende Bedeutungszuschreibung nicht für alle möglichen Verwendungen gelten kann. Dies lässt wiederum die Frage zu, ob eine solche Bedeutungszuschreibung überhaupt sinnvoll ist, denn sie lässt sich nur auf der Basis einer kontextfreien Semantik rechtfertigen. Und eine reine Fokussierung auf den sprachlichen Aspekt bei einem Ausdruck wie Aussage rechtfertigt theoretisch eine gleiche Fokussierung auch bei anderen, ähnlichen Ausdrücken, die in Kombination mit machen verwendet werden, wenn sie am Rande etwas mit sich äußern zu tun haben, obwohl diese aber eigentlich ganz andere Aspekte bezeichnen sollen. Dazu wären Ausdrücke wie bspw. Aussage, Versprechen, Angebot, Kompliment oder Vorschlag zu zählen. Die Tatsache, dass solche Objekte mit machen kombinierbar sind und in manchen Fällen auch das sprachliche Hervorbringen mitbeschreiben können, qualifiziert sie theoretisch dafür, unter derselben Kategorie wie ouh eingeordnet zu werden, wenn man dieses semantische Kriterium als gemeinsamen Nenner für die Etablierung einer Lesart „sich äußern“ annimmt, wie es bei einigen Wörterbüchern der Fall ist (bspw. im WDG 1981a, S. 2414; hier werden unter Bedeutung 4 „Geräusche hervorbringen“ Ausdrücke wie Ausflüchte, Einwände, Kompliment, Vorschriften oder auch einen Antrag machen aufgeführt). Nur ist bei diesen Ausdrücken im wirklichen Sprachgebrauch - ebenso wie bei Aussagen machen im obigen Beispiel - der lautliche Aspekt nebensächlich und es sind die weiteren Implikationen dieser Ausdrücke, die im gegebenen Kontext die eigentliche Handlung von bspw. Aussage machen spezifizieren. 6.2.2 Die Problematik einer konkreten Bedeutungszuschreibung für eine machen - Kombination Ebenso, wie es schwierig ist, eine bestimmte Kategorie von Verwendungen semantisch genau einzugrenzen, so kann es schwierig sein, eine bestimmte Kombination in eine einzige Bedeutungskategorie einzuordnen. Diese Schwierigkeit tritt besonders dann auf, wenn es von einer Verwendung sehr viele Vorkommnisse gibt, wenn es also eine Verwendung ist, die sehr frequent im Sprachgebrauch auftritt und bei der man in Folge dessen vielleicht auch Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 136 von einem gewissen Grad an Konventionalität sprechen kann. Zusätzlich kann eine eindeutige Interpretation dadurch erschwert werden, dass die Akkusativobjekt-NP auch kontextfrei polysem interpretierbar ist und so systematische Handungsalternativen als Deutungen zulassen kann (vgl. „Complementary Polysemy“, Pustejovsky 1995, S. 31ff.). Dabei kommen systematische Deutungsalternationen zum Tragen, wie beispielsweise Produkt vs. Prozess (vgl. auch Abschn. 6.5.1.3) oder Ort vs. Einwohner. Die Interpretation der Objekt-NP hat wiederum Einfluss auf die Deutung der Handlung, die machen ausdrücken soll (vergl ausführlicher Abschn. 6.5.1). Dies wird im Folgenden anhand der Verbindung (eine) Party machen demonstriert. Die Verbindung (eine) Party machen konzeptualisiert zunächst einmal jeweils Verschiedenes je nachdem, ob sie mit oder ohne Artikel gebraucht wird. Das folgende Beispiel aus einem Gespräch unter Freunden zeigt die Verwendung mit indefinitem Artikel: (7) FOLK_E_00066_SE_01_T_01_DF_01, Segment 49 [00: 01: 03-00: 01: 16] 01 JO °h ha ja gut des is heut immer SCHWIEriger; 02 (.) sozuSAgen; 03 mit DIEsem-=äh=°h 04 sagst des zu FRÜH dass de ne parties machst- 05 ham_s die leute schon wieder verGESsen, 06 (0.96) 07 JO BIS de se dann mAchst , 08 (1.37) 09 JO oder es is irgendwas ANderes, 10 was- Das geplante Veranstalten eines Festes wird mit eine Party machen versprachlicht, Party ist das Produkt oder Ergebnis eines Organisationsprozesses und der Bezug des Subjektreferenten zu Party ist der eines Verantwortlichen für das Zustandekommen, nicht (nur) der eines Teilnehmers; es steht die Veranstaltung Party im Vordergrund, nicht das Feiern als solches, denn Party machen wird im Zusammenhang mit der Ankündigung der Feierlichkeit und der Gefahr, dass diese vergessen wird, erwähnt. Das, was potenziell vergessen werden kann, ist das Datum der Veranstaltung, bzw. die Tatsache, dass diese überhaupt stattfindet. Party wird als konkrete Veranstaltung eingeführt, auf die in Zeile 07 mit dem Demonstrativpronomen sie (die Party) - und zusätzlich ebenfalls mit machen - zurückverwiesen wird. machen liefert hier also einen bestimmten Bezug zwischen dem Subjekt du, welches auf einen potenzielle Gastgeber referiert, und dem Objekt die Party, mit welchem auf eine potenzielle Feier verwiesen wid. Dieser Bezug könnte mit veranstalten oder geben paraphrasiert werden. Spezifische „Partyhandlungen“ von Besuchern einer Feier sind in diesem Gesprächsausschnitt nicht von Belang. Empirische Untersuchung 137 Der indefinite Artikel ist dabei, wie erwähnt, auch bedeutungskonstituierend - ebenso wie der Kontext, in welchem die Handlung erwähnt wird -, denn ohne ihn wäre die Handung, die eine Äußerung mit Party machen beschreibt, eine andere. Party machen wird nämlich auch konventionell synonym für das Verb feiern gebraucht, also dann, wenn es um das Teilnehmen an einer Party geht oder besser gesagt um das Durchführen „partytypischer“ Handlungen generell, wie in Beispiel (8): (8) FOLK_E_00047_SE_01_T_02_DF_01, Segment 391 [00: 42: 06-00: 42: 21] 01 AM °h da hatt aber meine schwester dann auch erZÄHLT dass der samuel=°h 02 DANN a_am- 03 (0.38) 04 AM a: n EIM tag, 05 PB h° 06 (0.57) 07 AM da war sie KRANK, 08 (.) und da wollte er NICH zu ihr kommen; 09 weil er lieber (0.28) am wochenende (.) in stadt_j bleiben wollte; 10 weil er mit seinen frEUnden PARty machen wollte; 11 (0.86) 12 AM also sO was find ich geht GAR nich; Anita (AM) berichtet in diesem Paargespräch ihrem Freund Patrick (PB) von den Problemen, die ihre Schwester mit ihrem Freund Samuel hat. Sie erzählt von einer konkreten Situation, in welcher der Freund lieber mit seinen frEUnden PARty machen wollte (Z. 10), anstatt bei seiner kranken Freundin zu sein. In diesem Beispiel geht es nicht darum, wie im vorherigen, dass der Freund lieber eine Veranstaltung organisieren wollte, sondern darum, dass er lieber zusammen mit seinen Freunden eine Party besuchen, bzw. generell feiern wollte. Hier stehen wirklich die spezifischen Handlungen beim Besuchen einer Party, eines Clubs oder einer Diskothek als Gast im Vordergrund und nicht die Handlungen als Veranstalter, die eine Party als „Produkt“ nach sich ziehen. Somit hat sich der Bezug zwischen Subjekt und Objekt leicht verändert, was aber nicht dem Verb zuzuschreiben ist, sondern dem Erzählkontext der Äußerung ebenso wie dem verfestigten Gebrauch von Party machen - ohne Artikel - im Sinne von feiern. Dieser steht nicht im Bezug zu einer konkreten Party, sondern bezeichnet die Art von Handlungen, die man für gewöhnlich während einer Party durchführt, wie zum Beispiel tanzen, Alkohol trinken oder neue und alte Freunde treffen. Party machen ist auch ohne spezifische Party möglich, die einzelnen Bestandteile dieser Verbindung sind nicht kompositional zusammengesetzt, sie stellen eine Einheit dar, die im Ganzen produziert und auch so analysiert wird. Dies kann man in folgendem Fall sehr Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 138 gut daran erkennen, dass die Verbindung substantiviert als NP mit definitem Artikel als Ganzes in der Bedeutung von feiern gebraucht wird: Der Artikel bezieht sich hierbei nicht auf den Bestandteil Party allein, sondern auf die kollokative Verbindung aus Verb und Akkusativobjekt. Dies zeigt sich deutlich am Genus, vgl. [die Party] machen vs. das [Partymachen]: (9) FOLK_E_00042_SE_01_T_03_DF_01, Segment 108 [01: 02: 21-01: 02: 34] 01 LK was se dann KEIN geld dafür- 02 was sie- 03 wofür sie KEIN geld hatte, 04 (0.55) 05 LK war dann des PARty machen; 06 (2.92) 07 LK un jetzt wills_de der_s PARty machen verbIEten ; =°hh 08 LS hm_hm 09 LK nur weil se weil se (.) kein GELD hat? In diesem Beispiel kann die ganze Verbindung Partymachen durch Feiern ersetzt werden, ohne dass syntaktisch oder semantisch eine merkliche Veränderung eintritt: wofür sie KEIN geld hatte, war dann das FEIern; un jetzt willst_de der_s FEIern verbIEten; nur weil se […] kein GELD hat? 139 Leo (LK) referiert hier auf keine andere Handlung als das generelle Feiern und bezieht sich dabei nicht auf eine bestimmte Party. Der Gebrauch des indefiniten Artikels wie im ersten Party-Beispiel (7) bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass es nur um die Veranstaltung einer Party geht, es kann trotzdem das Feiern an sich gemeint sein. Dies ist jeweils im Kontext erschließbar, wie das Beispiel aus einem Meeting in einer sozialen Einrichtung zeigt. Hier ist gerade die Rede vom Verhalten eines der Kinder der sozialen Einrichtung, welches die Aufgabe bekommen hatte, sich für eine Weile allein zu beschäftigen. Dieses Beispiel verdeutlicht die (systematische) metonymische Extension des Nomens Party als etwas, was sowohl organisiert als auch (durch Teilnahme) durchgeführt werden kann (Produkt vs. Prozess): (10) FOLK_E_00022_SE_01_T_02_DF_01, Segment 689 [00: 42: 40-00: 42: 58] 01 SZ °h ich hab gedacht so ne kleine <<lachend> herAUsforderung KANN man ihr ma zUmuten,>=°h 02 [und dann] äh hat se aber hier dann geSCHMÜCKT,= 139 Dies funktioniert auch beim vorherigen Beispiel (8): weil er lieber mit seinen frEUnden FEIern wollte. Es ist aber nicht möglich bei dem davor besprochenen Beispiel (7) und dem jetzt folgenden Beispiel (10), ohne die Aussage der Äußerung grundlegend zu verändern. Denn beide haben einen indefiniten Artikel vor Party und beziehen sich somit eindeutig auf eine Kombination aus eine Party und machen, was bedeutet, dass sich die spezifische Handlung aus den Bezügen, die Subjekt und Objekt im jeweiligen Kontext erlauben, interpretieren lässt. Empirische Untersuchung 139 03 BS [mh ] 04 SZ =und- 05 (0.45) 06 HM hm_hm; 07 SZ (.) ((schmatzt)) ja wollt am liebschten noch abends lÄnger bleiben und ne PARty machen; 08 (0.88) 09 AW ja KLAR; 10 (0.8) 11 AW ((Lachansatz)) 12 SZ hm_hm 13 BS h° 14 (0.33) 15 AW ((lacht)) 16 (0.26) 17 BS ((schlürft)) 18 HM ja- 19 (0.73) 20 SZ ((räuspert sich)) 21 (0.46) 22 AW ja LOgo; 23 sie hat ja eine verPASST , In diesem Falle lässt sich machen nicht so einfach als veranstalten deuten wie in Beispiel (7) und das Vorhandensein des indirekten Artikels schließt die prädikative Verwendung von Party machen als Einheit aus. Dennoch zeigt die Reaktion von Annabelle (AW) in Zeile 23, dass hier durchaus das Teilnehmen an einer Party, also das Feiern an sich im Vordergrund bei der Formulierung steht bzw. derart interpretiert werden kann, da Annabelle die Äußerung ihrer Kollegin (SZ) so deutet, dass Hannah die verpasste Teilnahme an einer anderen Party kompensieren wollte, indem sie selbst eine Party feiert. Eine Unterscheidung zwischen Veranstalten und Teilnehmen ist hier nicht notwendig und dient auch nicht einer Spezifizierung der Äußerung von Sandra (SZ), da es hier nur darum geht, Hannah (HM) und den ihr unterstellten Wunsch, eine verpasste Party nachzuholen, in einen agentiven Bezug zu setzen. Die Interpretation von Annabelle bezieht den indefiniten Artikel aus Sandras Formulierung dann auch auf eine konkrete Feier - denn Hannah wollte nicht nur Party machen, sie wollte eine Party machen, weil sie eine andere Party verpasst hatte. Die Äußerung, dass Hannah ne PARty machen möchte und nicht nur Party machen, erhält so einen konkreten Zusammenhang zu äußeren Umständen, ändert aber nichts an der generellen Interpretation der Aussage, dass Hannah am liebsten länger dageblieben wäre, um zu feiern. Der Vergleich zwischen den aufgeführten Verwendungen der Verbindung Party machen zeigt, dass nur weil ein Objekt in eine bestimmte semantische Kategorie zu passen scheint, es nicht möglich ist, der Verbindung des Objekts Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 140 mit dem Verb machen eine spezifische Bedeutung zuzuschreiben oder gar dem Verb selbst. Nur weil machen auch mit Substantiven in Objektrelation verwendet wird, die eine ähnliche Semantik haben - in diesem Falle, die man dem Konzept von Veranstaltung zuordnen könnte - bedeutet dies nicht, dass der Bezug, den dieses Verb zwischen den jeweiligen Argumenten herstellt, immer derselbe ist, denn er ist nicht einmal für alle Verwendungen mit exakt demselben Objektreferenten deckungsgleich. Hier sind sowohl der außersprachliche sowie (teil-)satzexterne Kontext der Äußerung als auch syntaktische Begebenheiten mitentscheidend für die entsprechende Deutung des Handlungszusammenhangs. Des Weiteren spielt die Tatsache eine Rolle, dass Ausdrücke, die Veranstaltungen denotieren, eben auch kontextfrei bereits sowohl durchführende als auch organisierende Handlungen implizieren können (Prozess vs. Produkt-Polysemie), zusätzlich zu allen Inferenzen, die das entsprechende Objekt selbst zulässt: Die Handlungen, die Party impliziert, unterscheiden sich von denen, die bspw. Konzert, Demonstration oder Aufführung implizieren, die alle in Verbindung mit machen im Korpus vorkommen und alle eine Art von Veranstaltung denotieren. Die Arten der Handlungen, die ein Individuum in Bezug auf bestimmte Veranstaltungen ausführen kann, sind zwar begrenzt, aber dennoch distinkt, sowohl innerhalb einer Veranstaltung, als auch zwischen den unterschiedlichen Arten von Veranstaltungen. So kann man, wie beschrieben, eine Party organisieren oder daran teilnehmen oder auch sie veranstalten, um selbst feiern zu können. Die kollokative Verbindung Party machen ohne Artikel, im Sinne von feiern, liefert hierbei als einzige eine kontextübergreifende Bedeutung, die aber für die Verbindung im Ganzen gilt und nicht für die Interpretation des Bezugs, der mit machen ausgedrückt werden soll. Hieran lässt sich auch erkennen, dass nicht nur die Verbindung von Objekt und Verb Einfluss auf die Deutung der Gesamtäußerung hat, sondern dass das Subjekt ebenso bestimmt, wie eine Äußerung mit machen zu interpretieren ist. 140 Dies trifft bei einem derart unterspezifizierten Verb nicht nur auf die grobe semantische Bestimmung zu (Ist das Subjekt menschlich oder nichtmenschlich? Ist es belebt, unbelebt oder ein Sachverhalt? ), sondern entscheidend kann für manche Äußerungen sogar sein, welcher Berufsgruppe ein Subjektreferent angehört: Die haben die Häuser da hinten gemacht hat jeweils unterschiedliche Deutungsmöglichkeiten, je nach dem ob die auf ein Architektenteam, ein Bauunternehmen, ein Einrichtungsbüro, ein Maklerteam oder eine Putzfirma referiert. 141 Die spezifische Handlung, die machen darstellt, ist 140 Wie der Objektreferent ist auch der Subjektreferent im tatsächlichen Gebrauch mitunter erst durch den situativen Kontext eindeutig interpretierbar. 141 Die jeweils anderen Deutungen entstehen teilweise auch deswegen, weil je nach Subjektreferent die Interpretation des Objektreferenten wechseln kann. In dem gewählten Beispiel wür- Empirische Untersuchung 141 sowohl davon anhängig, welche Handlungen in Bezug auf den Objektreferenten generell möglich sind, als auch davon, welche ein bestimmter Subjektreferent in Bezug auf das genannte Objekt generell ausführen kann oder in einer konkreten Situation sinnvollerweise ausführen würde. Dies hängt zum einen, wie gesagt, von der Situation ab, in welcher die Äußerung getätigt wurde; und zum anderen davon, worauf Subjekt und Objekt genau referieren, also ob sie vielleicht metaphorisch oder metonymisch zu deuten sind. All diesen Bedingungen kann in einer auf ein semantisches Merkmal eines kontextfrei betrachteten Objekts beschränkten Klassifikation von machen-Verwendungen nicht Rechnung getragen werden, weswegen eine solche Klassifikation niemals ein annähernd vollständiges Bild der Ausdruckmöglichkeiten und Funktionen dieses Verbs abgeben kann. Diese Analysen in Bezug auf die möglichen Deutungen, die Objekten zugeschrieben werden können, sollten einmal mehr verdeutlichen, dass es ungünstig ist, aufgrund einer scheinbar semantisch bestimmbaren Gruppe von Objekten, die mit machen verwendet werden, eine übergreifende Handlungsbedeutung für das Verb in diesem Zusammenhang festlegen zu wollen. Die Möglichkeiten der Bezüge, die machen herstellen kann, sind so vielfältig wie die Äußerungen und Umstände, in denen es gebraucht wird. Dennoch bzw. deswegen wird hier nicht davon ausgegangen, dass machen mehrere Lesarten hat, sondern davon, dass die Argumente unterschiedliche Inferenzen zulassen, die nur eine begrenze Anzahl von möglichen spezifischen Handlungen als Interpretationen ermöglichen, und dass zudem der (außersprachliche sowie der Gesprächs-)Kontext weiter einschränkt, welche dieser Interpretationen die situativ entsprechende ist. 6.3 (Teil - )Satzexterne Mittel Wie die Auswertung der zugrunde liegenden Daten (vgl. Abschn. 6.1.3) gezeigt hat, wird die Handlung, die machen ausdrücken soll, zumeist durch die direkten Argumente in transitiver Verwendung spezifiziert, so dass man sagen kann, dass Spezifizierung des Verbs (vordergründig) hauptsächlich auf der (teil-)satzinternen Ebene stattfindet. Dabei ist aber zusätzlich (bzw. teilweise ausschließlich) auch der weitere, (teil-)satzexterne sowie außersprachde Häuser jeweils andere Assoziationen hervorrufen, je nachdem, welcher Subjektreferent dazu in einen Bezug gesetzt wird (Architektenteam, Bauunternehmen und Maklerteam - die Gebäude als Ganzes; Einrichtungsteam und Putzfirma - Innenräume der Gebäude). Der Subjektreferent hat also auch Einfluss auf eine eventuelle metonymische Extension bzw. Deutung des Objektreferenten, welcher dann wiederum die Interpretation der möglichen Handlung beeinflusst. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 142 liche Kontext 142 bei der Interpretation der Bedeutung des Verbs bzw. der Bedeutung der Äußerung im Ganzen sehr oft ein substanzieller Faktor. Dies gilt nicht nur für die Verwendungen, bei denen die Objekte nicht versprachlicht werden oder deiktische Ausdrücke darstellen, sondern auch dann, wenn der (teil-)satzexterne Kontext eine metaphorische oder metonymische Deutung (bzw. Extension) des Objekts bedingt, also die Referenz von der denotativen Bedeutung des Objekts abweicht, was wiederum die Interpretation des Handlungsverbs beeinflusst. Die Art der Handlung, die machen versprachlichen soll, erschließt sich nämlich für die Rezipienten aus der Deutung der Argumente und daraus, wie diese sich logischerweise im gegebenen Kontext zueinander handelnd verhalten können. In einer Umzugssituation kann sich das Wort machen im Zusammenhang mit Tisch zum Beispiel sehr wahrscheinlich auf die Handlung des Tischverschiebens beziehen, wenn ein fertig aufgebauter Tisch der einzige mögliche Referent des Ausdrucks Tisch ist. Somit wäre die Aussage Ich mache den Tisch nur auf das Verschieben des Tisches im Rahmen der Umzugssituation zu beziehen und nicht etwa auf das Herstellen eines Tisches aus vorhandenen Einzelteilen, wie eine Interpretation im Kontext des Aufbauens von Möbeln nahelegen könnte. Wenn wiederum eine Improvisationsband gerade dabei ist, mit Alltagsgegenständen Musik zu machen, könnte die Aussage Ich mache den Tisch eine ganz andere Inferenz nahelegen, nämlich die, dass der Sprecher den Tisch als Instrument benutzt und etwa den Rhythmus beisteuert. Da der oben erwähnte Kontext bei der Beschreibung natürlicher authentischer Sprachdaten sehr häufig in die Analyse der Daten mit einfließt, werden die (teil-)satzexternen Mittel der Bedeutungsspezifikation zu Beginn der empirischen Untersuchung aufgeführt. Diese werden in den Beschreibungen der (teil-)satzinternen Mittel auch immer wieder eine bedeutende Rolle spielen, denn sie können, wie erwähnt, Einfluss auf die Deutung der Argumente zum Verb haben. Der Kontext lässt sich außerdem in Bezug auf die Bedeutungskonstitution von machen in vier weitere Ebenen einteilen, die natürlich auch miteinander verwoben sein können. Das bedeutet, es wird auch in den folgenden Abschnitten erkennbar sein, dass einige Beispiele auch zur Illustration einer anderen Ebene hätten herangezogen werden können, da meist mindestens zwei, wenn nicht gar alle vier Ebenen bei der Bedeutungskonstitution eine Rolle spielen. Es wurde danach gegangen, welcher Aspekt bei der Bedeutungskonstitution im jeweiligen Beispiel der prägnante ist, wobei auf die Einflüsse anderer Ebenen aber im jeweiligen Fall hingewiesen wird. 142 Zu einer näheren Beschreibung von Kontext und den hier angesetzten Ebenen siehe Abschnitt 4.3. Empirische Untersuchung 143 Im Folgenden werden zunächst das Hintergrundwissen, dann der Gesprächskontext, der außersprachliche Kontext und zuletzt der sequenzielle Kontext in ihrem Einfluss auf die Bedeutungskonstitution von machen näher beschrieben. 6.3.1 Hintergrundwissen Hintergrundwissen ist als außersprachliche Komponente der Bedeutungskonstitution zumeist zusätzlich zu den anderen hier erwähnten Ressourcen relevant, da dieses Wissen die Voraussetzung dafür ist, dass machen als auf einen bestimmten aktuellen oder sprachlich realisierten Kontext bezogene Handlung überhaupt gedeutet werden kann. Also spielt Hintergrundwissen auch bei vielen Verwendungen, die durch einen situierten Kontext oder den sequenziellen oder auch Gesprächskontext ihre Spezifikation erfahren, zusätzlich eine Rolle. Das geteilte Wissen von Interaktionsteilnehmern um die Abläufe und Vorgänge, die mit bestimmten Szenarien oder Situationen assoziiert werden können, 143 ist ein Grund dafür, warum bestimmte Handlungen oder Handlungskomplexe durch die Kombination von machen und einem bestimmten Schlagwort ausgedrückt werden können. Es können hierdurch Konzepte hervorgerufen werden, die bestimmte Inferenzen erlauben oder mit dem betreffenden Ausdruck in metonymischer oder metaphorischer Beziehung stehen. Im folgenden Ausschnitt aus einem Meeting in einer sozialen Einrichtung wird zum Beispiel eine der geplanten Aktivitäten lediglich mit dem Ausdruck Zoo (bzw. dem vollständigen Namen des betreffenden Zoos) in Kombination mit machen bezeichnet: (11) FOLK_E_00024_SE_01_T_03_DF_01, Segment 505 [00: 57: 59-00: 58: 16] 01 AW die burg_a ka_ma ja noch ÄNdern-,=°hh 02 (0.78) 03 HM hm_hm; 04 (0.38) 05 AW äh- 06 (0.52) 07 AW des sin ja noch zwEI sachen wo wa einfach was NEUes planen, 08 un dann kö_ma de[s (.) ]in die ANdre [woche mit reinnehmen-] 09 HM [°h ] 10 [ja dann: komm]t die melanie un will WANderung dazu noch; = 143 Hintergrundwissen beschreibt somit auch das Konzept von Frame, wie es in der kognitiven Grammatik verwendet wird (vgl. Langacker 2008, S. 46f.). Damit ist das Weltwissen gemeint, welches bei bestimmten Ausdrücken ganz spezifische Assoziationen zulässt und dadurch spezifische Kontexte und Bedeutungen in Verbindung mit diesen Ausdrücken hervorrufen kann. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 144 11 =mache ma MITTwochs ((verrauscht))zoo, 12 (0.54) 13 HM °h 14 (0.66) 15 HM jetz isch [se ganz] TRAUri[g ]; 16 MS [ach SO; ] Die Planung der Aktivitäten stellt den aktuellen Kontext der Interaktion dar, in dessen Rahmen der Vorschlag mache ma MITTwochs ((verrauscht))zoo, (Z. 11) vorgebracht wird. Durch den außersprachlichen Kontext der Aktivitätsplanung kann die Handlung Zoo machen grob als „geplante Aktivität“ interpretiert werden, was jedoch nichts über den Inhalt der so bezeichneten Aktivität aussagt. Es lässt sich eventuell daraus schließen, dass dies einen Handlungskomplex aus mehreren Teilhandlungen bezeichnet, nicht aber, welcher Art diese Handlungen sind. Dafür braucht es ein Wissen über Begebenheiten, die relevant sind, wenn eine Gruppe von Menschen Handlungen bezüglich eines Zoos durchführen möchte; etwa dass sich dort Tiere befinden, welche man betrachten und einige vielleicht auch streicheln kann, dass Zoos meist recht umfangreich sind (d.h. es wird Zeit benötigt) und räumlich weitläufig sein können, dass dort Tiere hinter Gittern leben, die man sonst nicht von Nahem betrachten kann und dass dieser an einem anderen Ort liegt, zu dem man hin- und von dem man auch wieder wegfahren muss. Nicht alle der erwähnten Handlungen oder Prozesse sind relevant für die aktuelle Interpretation der Handlung, die Herbert (HM) mit Zoo machen ausdrückt; es sind generelle Aspekte, welche durch die Assoziationen mit dem Wort Zoo hervorgerufen werden (können), der Ausdruck öffnet also ein bestimmtes Szenario (oder auch einen Frame). Durch die Kombination mit machen und dem Pronomen wir als Subjekt, bezieht sich die Äußerung von Herbert speziell auf die mit Zoos assoziierten möglichen Handlungen, die von einer bestimmten, Sprecher und Rezipientinnen einschließenden Gruppe durchgeführt werden können, es werden also alle mit Zoos assoziierbaren Handungen (bspw.: Zoo gründen, verwalten, besuchen, etc.) weiter eingeschränkt. Da das wir hier auf die anwesenden Personen und auch auf die im Planungskontext relevanten Kinder referiert, bezieht sich der Handlungskomplex vor allem auf Planungsrelevantes. Das generelle Hintergrundwissen liefert also eine grobe Spezifikation der Handlungsbedeutung des Verbs, die weitere Einschränkung möglicher Interpretationen wird durch den außersprachlichen (Meeting von Sozialarbeitern in einer sozialen Einrichtung) und Gesprächskontext (Planung von Aktivitäten mit Kindern) geleistet, so dass - auch durch die (teil-)satzinterne Referenz des Subjekts wir - die Deutung von Zoo machen die lokale Organisation eines Zoobesuchs mit einer Gruppe Kindern und die damit assoziierbaren Teilhandlungen wie bspw. die Kinder gruppieren, zum Zoo fahren, die Tiere dort betrachten etc. umfasst. Empirische Untersuchung 145 Das Hintergrundwissen über alltägliche Phänomene und Handlungsabläufe ist so selbstverständlich, dass es oftmals vorausgesetzt wird und als konstitutives Mittel zur Bedeutungsspezifikation nicht unbedingt registriert wird. Auffällig ist es dann, wenn dieses Wissen fehlt und eine vom Sprecher erwünschte Assoziation vom Rezipienten nicht hergestellt werden kann, da der Ausdruck für den Rezipienten nicht gebräuchlich ist oder zumindest nicht für dasselbe Konzept wie vom Sprecher verwendet wird. Dies ist zu beobachten im folgenden Ausschnitt, in welchem der Sprecher seiner Bekannten eine für sie unvollständige Begründung dafür liefert, warum er Bierkönig geworden ist: (12) FOLK_E_00049_SE_01_T_01_DF_01, Segment 33 [00: 00: 25-00: 00: 45] 01 AM °hh ja jetzt erzähl was TREIBST du so patrick 02 was hast_n letzten woche so geMACHT, 03 (0.45) 04 PH °h hm 05 (0.43) 06 PH hm ((schmatzt)) ich bin wieder (.) BIERkönig geworden; 07 (0.83) 08 AM WAS bist du; 09 PH ((schmatzt)) BIERkönig geworden; 10 [zum ZWEIt]en mal; 11 AM [bier- ] 12 AM wo ; 13 (1.13) 14 PH ähm b also im frEUndeskreis machen wir immer so_ne BIERgruppe; 15 (0.56) 16 PH ((schmatzt)) 17 (0.69) 18 PH °h mh [((schmatzt)) ++++++ du HATtest dich-] 19 AM [ und warum hast du des ge]WONnen, 20 (0.5) 21 PH ja weil ich halt am meischten bIEr erka sorten erKANNT hab ; =(hm) Anita (AM) zeigt bereits in Zeile 08 an, dass sie mit dem Ausdruck Bierkönig kein spezielles Szenario verbinden kann, denn sie leitet eine Reparatur ein (fremdinitiierte Reparatur durch Teilwiederholung mit Fragewort, vgl. Egbert 2009, S. 100). Patrick (PH) fasst diese fremdinitiierte Reparatur im akustischen Sinne auf und wiederholt lediglich das Wort (Z. 09), anstatt auf den Ausdruck und dessen Implikationen selbst einzugehen. Daraufhin wählt Anita eine andere Strategie und fragt nach dem Umstand dieses Ereignisses (wo; Z. 12). Diese fremdinitiierte Reparatur durch Fragewort (ebd.) kann aufgrund des weiteren Gesprächsverlaufs weniger als Frage nach dem konkreten Ort interpretiert werden, sondern vielmehr als Frage nach einem speziellen Ereig- Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 146 nis, bei welchem Bierkönige gekürt werden, was durchaus durch Wo? erfragbar ist (Wo wurde sie Weinkönigin? - Beim Weinfest.). Patrick fasst auch diese Nachfrage eher wörtlich auf und beginnt seine Antwort mit der Angabe des Ortes bzw. Umfeldes: im frEUndeskreis (Z. 14), in dem das Treffen einer Biergruppe stattgefunden hat. Da er im Anschluss diese Aussage nicht weiter elaboriert, also keine weiteren Angaben zu dem Zusammenhang zwischen Biergruppen und Bierkönigen macht, scheint er davon auszugehen, dass Biergruppe machen selbsterklärend für seinen Status als Bierkönig ist und die entsprechenden Assoziationen des dazugehörigen Vorgangs bei Anita hervorruft. Dies ist allerdings nicht der Fall, denn für Anita erschließt sich dieser Zusammenhang nicht und sie kann auch keine konkreten Handlungen oder Vorgänge als mögliche Begründung ableiten, weswegen sie nun ihre Reparatur als positionierte Frage formuliert (vgl. ebd., S. 102ff.) und direkt nach dem Grund für Patricks Titel fragt (und warum hast du des geWONnen, Z. 20). Erst daraufhin erläutert Patrick den genauen Grund dafür, weshalb er den Titel des Bierkönigs erhalten hat: weil ich halt am meischten bIEr erka sorten erKANNT hab; (Z. 21). Hier ist das unterschiedliche Hintergrundwissen der beiden Gesprächsteilnehmer erkennbar: Während für Patrick klar ist, dass in einer Biergruppe der Titel des Bierkönigs durch das Erraten von Biersorten erreicht wird, ist für Anita dieser Zusammenhang nicht intuitiv erkennbar. Biergruppe eröffnet für sie kein spezifisches Szenario, mit welchem bestimmte Handlungsabfolgen und Vorgänge verknüpft sind, so dass dieser Ausdruck hier nicht als Bedeutungsspezifikation für machen dienen kann und Patricks Erklärung in Zeile 14 für Anita keine Antwort auf ihre Frage darstellt. Für Patrick dagegen ist diese Assoziation so naheliegend, dass er erst mehrfach und direkt nach dem Zusammenhang zwischen diesen Ausdrücken gefragt werden muss, bevor er eine genaue Erklärung gibt. 144 Biersorten erraten stellt im deutschen Sprachgebrauch keinen integralen Bestandteil der Bedeutung von Biergruppe oder Bierkönig her; außer, dass es etwas mit Bier zu tun haben muss (wie aber auch bspw. Bierwetttrinken, Bierkisten schleppen, Bier brauen), wird bei Biergruppe machen nicht deutlich, worin ein möglicher Handlungsablauf besteht, bzw. welche Aktivitäten in solchen Gruppen ausgeführt werden, die zum Titel eines Bierkönigs führen können. Auch für das Aufgreifen und Relevantmachen von vorerwähnten Sachverhalten - eine Funktion von machen, welche in Abschnitt 6.6.1 genauer beschrieben wird - kann das Hintergrundwissen ein entscheidender Faktor für die 144 Dies kann aber auch eine Strategie des Interaktionsteilnehmers sein, der so mit dem Nicht- Wissen seiner Gesprächspartnerin, welches er in diesem Falle voraussetzen würde, spielt und durch unvollständige Informationen - indem er mit der Pointe der Geschichte beginnt - Nachfragen ihrerseits provoziert. Empirische Untersuchung 147 semantische Deutung von machen und somit für das Verstehen der gesamten Äußerung sein. In dem folgenden Ausschnitt aus einem Meeting in einer sozialen Einrichtung ist das Wissen um das Beantragen von Kuraufenthalten relevant, um die Identität des Subjektreferenten und somit die Interpretation der Handlung, die machen in diesem Zusammenhang ausdrücken soll, erschließen zu können: (13) FOLK_E_00026_SE_01_T_02_DF_01, Segment 1454 [01: 29: 02-01: 29: 25] 01 AW abber ich fInd die nummer mit der kur ga (.) gar net SCHLECHT; 02 weil da [haste im] prinZIP=h° (.) mehrere (.) fliegen- 03 HM [hm_hm; ] 04 (0.39) 05 AW mit einer KLAPpe geschlagen; =[°h ] 06 MS [hm; ] 07 AW er KOMMT mal weg, 08 (0.7) 09 AW [er ISST] mal anders ja, 10 HM [hm ] 11 AW (.) er hat neue erLEBnisse, 12 und wenn_s mit SCHUL is- 13 find ich_s AUCH net schlecht des argumEnt; =°hh 14 und normAlerweis muss er ja da echt n paar MOnate hin; 15 des is ja net für zwEI wochen geT[AN; ] 16 MS [ja ] gUt n paar MOnate- 17 [ ich weiß net] ob sie des bei kindern AUCH machen, 18 AW [klar; ] 19 MS (.) ob des net [mAnchmal nur] so SECHS odder äh- 20 AW [hm_hm; ] In Zeile 01 sagt Annabell (AW), dass sie es gut finden würde, wenn ein Kind aus der Einrichtung, das gerade Thema der Besprechung ist, eine Kur in einer anderen speziellen Einrichtung machen würde, und erläutert daraufhin, warum sie dies für eine gute Idee hält (Z. 02-13). Sie führt außerdem an, dass ihr letztes Pro-Argument deswegen passend sei, weil Kuraufenthalte für gewöhnlich einen längeren Zeitraum in Anspruch nähmen als wenige Wochen (Z. 14/ 15). Ihre Kollegin Melanie (MS) formuliert in Zeile 17 eine Äußerung mit das machen; die greift damit den Sachverhalt des Kuraufenthalts auf und meldet Zweifel an, ob diese tatsächlich auch bei Kindern mehrere Monate dauern. Um diese Referenz zu verstehen, ist ein Hintergrundwissen bezüglich Kuraufenthalten notwendig, besonders hinsichtlich der Tatsache, dass diese genehmigt werden müssen und dass dies üblicherweise von einer dritten Instanz geschieht, wie einer Krankenkasse oder den Verantwortlichen der Einrichtung, in welcher die Kur stattfindet. Diese haben außerdem auch ein Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 148 Mitspracherecht bezüglich der Länge des Aufenthalts, welcher nicht von den Kurteilnehmern selbst oder deren Eltern oder den Teilnehmern dieses Gesprächs bestimmt werden kann. Dieses Wissen ist notwendig, um den Referenten für das Pronomen sie zu identifizieren und auch, um die Handlung, die machen bezeichnen soll, richtig zu interpretieren, denn diese Aspekte von Kuraufenthalten wurden in der bisherigen Interaktion nicht explizit erwähnt, da derartiges Wissen bei Sozialarbeitern als gegeben voraussetzbar ist. das machen bezieht sich in Melanies Äußerung also auf den Aspekt des Kuraufenthalt für einen relativ langen Zeitraum festlegen/ genehmigen und das sie bezeichnet die nicht vorerwähnte, aber durch den Anker Kur implizierte Instanz, die dazu rechtlich in der Lage ist. 6.3.2 (Teil - )satzexterner Gesprächskontext Der sprachlich hergestellte Kontext jenseits des (Teil-)Satzes, der machen enthält, kann verbal eine bestimme Situation hervorrufen bzw. einen Frame aktivieren, innerhalb derer/ dessen gewisse spezifische Handlungen relevant sind, was für eine eindeutige und angemessene Interpretation der Handlung, die machen ausdrücken soll, unverzichtbar ist (vgl. auch discourse topic und topic framework, Brown/ Yule 1983, S. 71ff. und 73ff.). Dies schließt sowohl Ausdrücke (Schlagworte) ein, die ein bestimmtes Gesprächstopik eröffnen und damit assoziierte Sachverhalte, Personen, Ereignisse, Handlungen, etc. verfügbar und relevant machen, als auch sprachlich vermitteltes Wissen, welches explizit als Kontext für die Interpretation der machen-Äußerung vor dieser geäußert wird und auf das für eine angemessene Deutung zurückgegriffen werden muss. Im Gegensatz zum Hintergrundwissen (vgl. vorheriger Abschnitt) wird hier ein spezifisches Topik oder ein bestimmter Kontext explizit sprachlich eingeführt und wird nicht implizit als bekannt und assoziierbar vorausgesetzt. Gesprächskontext und Hintergrundwissen gehören also sehr eng zusammen, sind aber nicht gleichzusetzen. Hintergrundwissen kann durch sprachliche und außersprachliche Mittel (bspw. der Situation an sich) hervorgerufen werden, Gesprächskontext bezieht sich auf explizit sprachlich geäußerte Kontexte außerhalb der machen-Äußerung. Es werden also sprachlich spezifische Kontexte hervorgerufen, die nur bestimmte Interpretationen für die mit machen versprachlichten Handlungen oder auch für die von machen abhängigen Argumente zulassen. Der Gesprächskontext spielt zudem auch bei der Funktion des Aufgreifens von vorerwähnten Sachverhalten eine große Rolle (vgl. Abschn. 6.6.1), da diese Sachverhalte oft zuvor sprachlich expliziert werden. Hier ist teilweise auch die Adjazenz sehr relevant, da durch die konditionelle Relevanz bestimmter Äußerungen der Fokus auf die Handlung, die Sprecher durch die Äußerung ausführen, gelegt wird, nicht auf die Handlung, die sie dadurch ausdrücken (vgl. Abschn. 6.3.4). Empirische Untersuchung 149 Ein Beispiel dafür, dass in spezifischen, sprachlich eingeführten Kontexten nur ganz bestimmte Handlungen logisch interpretierbar sind, ist der folgende Ausschnitt. Hier berichtet eine Sprecherin in einem Tischgespräch ihren Freundinnen von der Wohnung einer Bekannten: (14) FOLK_E_00055_SE_01_T_05_DF_01, Segment 621 [01: 01: 45-01: 02: 08] 01 US und des is WAHnsinn wie da jEder platz ausgenutzt; = 02 =da kommt ma REIN, 03 da kommt ma in en relativ schönes großes ZIMmer, 04 AM (.) hm_hm 05 (0.34) 06 US und dann äh sin da lInks und rEchts von dem gang halt nur noch die DACHschrägen ; 07 [°h als]o ma denkt da KOMMT nix; 08 NH [hm_hm ] 09 US da mach ma die LINke dachschräge, 10 da muss ma sich so RUNterbücken - 11 kommt ma in so en kleines KLO,=°h 12 [und rechts in ] so_n bad mit KÜche irgendwie (0.33) integrIErt zusammen; 13 NH [((Lachansatz))] Hier stellt Ulrike (US) gerade erzählerisch die Situation einer Wohnungsbesichtigung dar, in dessen Zusammenhang die Äußerung da mach ma die LINke dachschräge (Z. 09) nur als Bewegung an der Dachschräge vorbei interpretiert werden kann. In diesem Fall ist es keine situationsbedingte metaphorische oder metonymische Deutung des Objektreferenten (vgl. Abschn. 4.2.2.2), der die Handlungsweise generiert, denn die Sprecherin führt die Dachschrägen als gegenständlichen Bezugspunkt in Zeile 06 ein. Diese stellt sie dann durch die machen-Äußerung in einen agentiven Bezug zum indefiniten Subjektreferenten man, welcher die Wohnung besichtigt. In diesem Fall sind es also die sprachlich dargestellten Umstände einer situativen Handlung, die dafür sorgen, dass machen als so etwas wie vorbeigehen an zu deuten ist. Die Sprecherin spezifiziert die konkrete Durchführungsweise des Dachschräge machen weiter in der Folgeäußerung, in welcher sie angibt, dass man sich so RUNterbücken müsste (Z. 10), was als Konkretisierung der zuvor mit Hilfe von machen beschriebenen Handlung an der Dachschräge vorbeigehen angesehen werden kann: Sie beschreibt die genaue Art und Weise, wie diese Handlung durchzuführen ist. Es ist also keine Reformulierung einer als zu ungenau empfundenen Äußerung, sondern eine weitere Spezifikation. Die Aufteilung der beiden Informationen in zwei Intonationsphrasen dient hierbei zusätzlich der Entzerrung der Informationsdichte der Handlungsbeschreibung, welche im obigen Fall mit sich unter der linken Dachschräge durchbücken bezeichnet werden kann (vgl. auch Abschn. 6.6.2). Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 150 Die sprachlich dargestellte Situation kann auch dafür sorgen, dass das Objekt auf eine ganz bestimmte Weise interpretiert wird, was eine spezifische und auch dem erzählten Kontext angemessene Deutung der Handlung begünstigt. Im folgenden Beispiel sprechen die Studentinnen in einem privaten Gespräch darüber, dass im Ausland die Kellner ungern getrennte Rechnungen abkassieren und wundern sich darüber, da ihrer Meinung nach getrennte Rechnungen gleichbedeutend mit mehr Trinkgeld sind: (15) FOLK_E_00055_SE_01_T_02_DF_01, Segment 763 [00: 12: 56-00: 13: 20] 01 AM °h aber WIE ge[sagt; 02 US [h° ] 03 AM des] is (.) man krIEgt dann mehr TRINKgeld; =ne? 04 wenn man (.) ha[lt (.) ge]TRENNT zahlt; =ja.] 05 US [hm_hm ] 06 NH [wenn jede]r EINzeln zahlt, ] 07 ich glaube AUCH dass die mE[hr bekommen; ] 08 US [ja wenn jEd]er so_n krummen fünfundDREIßig betrag hat,=oder so, 09 [jeder rundet voll AUF, ] 10 AM [genau dann machen alle (.) FÜNFfzig; ]=oder; 11 US h[m ] 12 NH [ja oder][beSONder]s bei getrÄnken; 13 AM [schon ] 14 NH WENN man jetz- 15 was weiß ICH; 16 COCKtails trinken wAr; =oder so 17 dann rundet man ja SCHON immer- 18 (1.38) 19 NH wenn_s vier FÜNFzig is dann ho machste halt- 20 [ach kOmm ] mach mal [ FÜ]NF, 21 AM [ mach FÜNF; ] 22 [ja; ] 23 NH [und dan]n kriegt der von von fÜnf leuten fünfzig CENT, 24 US [ja; ] Das Gespräch dreht sich also um das Begleichen der Rechnung im Restaurant und um die Tatsache, dass der Kellner im Endeffekt mehr Trinkgeld bekommt, wenn Gäste einzeln zahlen, was zunächst Anita (AM) in den Zeilen 03 und 04 und dann auch Nicola (NH) in den Zeilen 06 und 07 direkt verbalisieren. Ulrike (US) bringt daraufhin das Aufrunden der krummen Rechnungsbeträge ins Gespräch (Z. 08/ 09), als Begründung für diese Annahme. In Überlappung mit Ulrike formuliert Anita dann auch die Äußerung genau dann machen alle FÜNFzig; (Z. 10) und schließt mit dem zustimmenden genau und dem dann-Anschluss an die vorherige Aussage über die krummen Beträge, die jeder in der ausgedachten Restaurantsituation hat, an. Anitas alle Empirische Untersuchung 151 bezieht sich also auf Ulrikes jeder; gemeint ist damit dieselbe imaginierte Gruppe von Menschen, die ihre Rechnungen getrennt zahlen. Durch das sprachlich aufgebaute Szenario ist auch klar, dass fünfzig hier einen Geldbetrag beschreibt, was wiederum die Deutung von machen in diesem Zusammenhang als zahlen generiert. Hier spielen sowohl der sprachlich hergestellte Kontext des Restaurantthemas als auch das im Gespräch hergestellte Topik des Rechnungenzahlens (durch Ausdrücke wie Trinkgeld, zahlt und Betrag), eine entscheidende Rolle dabei, dass machen in diesem Zusammenhang als zahlen gedeutet werden kann, denn die FÜNF bzw. FÜNFzig, um die es hier geht, stellen den Rechnungsbetrag plus Trinkgeld dar, der von den Subjektreferenten veräußert wird. Dadurch, dass die Situation des Restaurantbesuchs hier nicht zum Zeitpunkt des Sprechens stattfindet, das Begleichen einer Rechnung also keine relevante oder logisch erwartbare Handlung darstellt, sorgt primär der Gesprächskontext dafür, dass machen als spezifische Handlung gedeutet werden kann. Die Wichtigkeit des Gesprächskontexts bei der Deutung der Handlung, die machen bezeichnen soll, lässt sich an einem zum vorherigen Ausschnitt kontrastiven Beispiel veranschaulichen. Auch in folgendem Ausschnitt spricht ein Interaktionsteilnehmer im Zusammenhang mit dem Bezahlen von Dienstleistungen davon, dass er einen bestimmten Geldbetrag macht, welchen er nur durch einen Zahlenwert ausdrückt. Der weitere Gesprächszusammenhang verdeutlicht dabei, dass machen hier nicht als bezahlen zu interpretieren ist, sondern sogar als gegenteilige Handlung, etwa im Sinne von verursachen. Im Unterschied zum vorherigen Beispiel ist es nicht ein bestimmtes, bekanntes Szenario (wie ein Restaurantbesuch), welches durch ein oder mehrere Ausdrücke aktiviert wird, sondern hier sind es die speziellen Umstände, welche für die angemessene Deutung von machen und der Argumente relevant sind. Diese werden explizit sprachlich dargestellt und sind dadurch dann als Wissen für die Rezipienten vorhanden. Das Thema des Gesprächs unter Freunden ist das Geschäftsmodell eines nicht anwesenden Freundes (vgl. Beispiel (49) in Abschn. 6.5.2), der so etwas wie eine Konzert-Flatrate anbieten möchte, welche es dem Käufer erlauben würde, für einen Festbetrag so viele Veranstaltungen zu besuchen, wie dieser möchte. Die Freunde erörtern, ob dieses Geschäftsmodell sich lohnen würde, bzw. für wen: (16) FOLK_E_00066_SE_01_T_01_DF_01, Segment 837 [00: 22: 15-00: 22: 32] 01 JO klar, 02 abba mein gut wenn dann so_n (.) dEpp kommt wie ICH gleich,=odda so; 03 der dann HALT so-=°h Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 152 04 sagt oKAY, 05 für WIE viel konzErde; 06 WIE viel- ((lacht)) 07 oder so_n TYP ey (nich) so; =°h 08 [wie-=°h 09 ge wie viel] FREIbier; 10 PA [für FREIsuff-] ((lacht ca. 2 Sekunden)) 11 JO so in HOCHrechnet; 11 eh en zwAnziger geb ich EH immer aus; 12 zehn konZERde; 13 oKAY; ((Lachansatz)) 14 ich geb en hUnni und mach zweiHUNdert- 15 des isch e gSCHÄFT- Auch Johnny (JO) stellt ein imaginiertes Szenario im Erzählpräsens dar und beschreibt, wie er - nicht als er selbst, sondern als so_n TYP (Z. 07) - hochrechnen würde, ob sich das Angebot für ihn lohnen würde. Mit ich geb en hUnni und mach zweiHUNdert kommt er zu dem Schluss, dass es für ihn ein lohnendes Geschäft wäre (Z. 15). Diese Folgerung und die vorher durchgeführte Rechnung, dass er zehn Konzerte besuchen würde, bei denen er im Normalfall jeweils 20 € ausgeben würde (en zwAnziger geb ich EH immer aus; zehn konZERde; Z. 11/ 12), lassen die Interpretation zu, dass die zweihundert, die Johnny macht, die Summe ist, die er ohne Flatrate dem Konzertveranstalter zahlen müsste (weil Johnny selbst normalerweise 20 € Kosten pro Konzert hat). Diese zehn mal zwanzig Euro, die Johnny nicht bezahlt, aber dennoch die Dienste dafür in Anspruch nimmt (Konzertbesuch und Getränke), sind also Kosten, die er im Endeffekt dem Veranstalter verursacht, während er mit Flatrate nur einhundert zahlt. Dafür spricht auch seine abschließende Wertung, dass er diese Flatrate als gutes Geschäft für sich selbst empfindet (des isch e gSCHÄFT- Z. 15). Diese Deutung erschließt sich aber nur, wenn man den Vorlauf der ausgedachten Berechnung kennt und dazu das Geschäftsmodell des Freundes, welche beide sprachlich von den Interaktionsteilnehmern dargestellt wurden. Die Default-Deutung eines menschlichen Subjektreferenten, der einen bestimmten Geldbetrag macht - ohne akutes oder versprachlichtes Setting wie in den beiden vorangegangenen Beispielen - ist der, dass dieser ihn verdient, nicht dass er ihn jemandem verursacht oder bezahlt (Horst macht 15 € die Stunde bei seinem neuen Job! ), analog zur der kollokativen Verwendung (mit etwas) Geld machen (Die machen mit den Getränken das meiste Geld.). Kosten werden eher von Gegenständen oder Vorfällen verursacht, was auch in Wörterbüchern als eine Bedeutung von machen aufgeführt ist: Das macht dann 3 Euro. Für die Interaktionsteilnehmer des vorangegangenen Beispiels (16) ist eine von dieser Bedeutungszuschreibung abweichende Verwendung aber unproblematisch, denn als Gesprächsbeteiligte kennen sie den vorausgegangenen Empirische Untersuchung 153 Gesprächskontext und durch die Berechnung wird ebenfalls deutlich, was machen in dieser Äußerung bedeutet. Ungewöhnlich und schwer interpretierbar wirkt die Äußerung nur aus dem ((teil-)satzexternen) Kontext gerissen und ohne den relevanten Gesprächskontext betrachtet. 6.3.3 Außersprachlicher Kontext Der außersprachliche Kontext ist besonders in denjenigen Fällen für die Bedeutungskonstitution von machen entscheidend, in denen die Argumente zum Verb - insbesondere das Objekt - durch einen deiktischen Ausdruck auf etwas Außersprachliches referieren, was weder in der vorangegangenen noch in der folgenden Interaktion sprachlich benannt wird. Dies kann bei einer rein auf Audiodaten beschränkten Untersuchung mitunter ein Problem darstellen, wenn ohne einen visuellen Einblick in den gegebenen Kontext die Interpretation der Verbbedeutung nicht möglich ist; deswegen wurden für das folgende Beispiel die Videoaufzeichnungen, die für manche, in FOLK vorhandene Gespräche vorhanden sind, ebenfalls mit einbezogen. 145 In folgendem Ausschnitt aus einer Rettungsübung, bei der Rettungssanitäter Einsätze in Rollenspielen üben, beginnt einer der Nothelfer eine Handlung einzuleiten und fragt vor der eigentlichen Durchführung seinen Kollegen, ob er diese durchführen soll, ohne die Handlung dabei präzise zu benennen: (17) FOLK_E_00136_SE_01_T_01_DF_01, Segment 293 [00: 04: 53-00: 05: 12] 01 NH9 wir lassen jetzt noch mal unseren ARZT kommen, 02 NH9 ne, 03 dass wir sie dann (.) mit dem ARZT zusamme,=°h 04 richtig LAgern, 05 bei uns ins AUto tun; 06 und dann fahren wir so in die KLInik, 07 (.) dass des ABgeklärt wird; (=in [Ordnung,) ] 08 NH3 [oKAY alles] klAr; 09 (4.77) (( NH10 greift zu einer nahe liegenden Spritze, führt sie zum Arm des Patienten und blickt in Richtung von NH9)) 10 NH10 soll ich MAchen? 11 (.) ich MACH ma. 145 Es wird dabei auf eine detaillierte multimodale Transkription verzichtet, da es in diesem Fall lediglich darauf ankommt, die Handlungen, auf die sich die Sprecher mit den machen-Äußerungen beziehen, eindeutig benennen zu können. Eine exakte Analyse, um bspw. zu analysieren, wann genau eine Bewegung einsetzt, wann die aufhört und wohin die Blickrichtung geht, bringt für die hier behandelte Fragestellung daher keinen Mehrwert. Es werden deswegen lediglich die entsprechenden Handlungen und Bewegungen als Kommentar zu nonverbalem Verhalten in doppelten Klammern im Transkript hinzugefügt. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 154 12 NH9 jAja du KANNSCH; 13 kl[ar- ] 14 NH10 [na (gib/ gibt)] mal en PIKS, NH3 spielt in dieser Übung den Patienten, der die Treppe hinuntergefallen ist und nun nicht mehr aufstehen kann. Nachdem NH9 ihn über die nächsten Schritte aufgeklärt hat (Z. 01-07), greift NH10 in der Gesprächspause (Z. 09) zu einer in der Nähe liegenden Spritze und setzt dazu an, dem Patienten eine Infusion zu geben. Kurz bevor er die Spritze an die Haut des Patienten setzt, blickt er zu seinem Kollegen und stellt die Frage in Zeile 10: soll ich MAchen? Die Frage bezieht sich also auf die Handlung, die NH10 intendiert auszuführen und die aufgrund der unmittelbar vorherigen Handlungen des Sprechers - zur Spritze greifen und diese an den Arm des Patienten setzen - für den angesprochenen Rezipienten eindeutig als dem Patienten die Flüssigkeit in der Spritze injizieren interpretierbar ist. Nachdem NH10 seine eigene Frage positiv beantwortet (ich MACH ma. Z. 11) und somit die Durchführungsintention (ebenfalls durch machen) verbalisiert, gibt ihm auch sein Kollege NH9 eine Handlungserlaubnis (jAja du KANNSCH; Z. 12). Die genaue Beschaffenheit der Handlung, deren Sanktion der Rettungshelfer NH10 hier erfragt, ist also nur durch die außersprachlichen Ausführungen im Rahmen der Rettungsübung nachvollziehbar. Hätte der Angesprochene diese Handlung (und sämliche vorbereitenden Handlungen, die NH10 während des Gesprächs mit dem Patienten durchführt) nicht visuell wahrnehmen können, wäre es ihm nicht möglich gewesen, den Bezug der machen-Äußerung herzustellen und die gemeinte Handlung zu inferieren. Der außersprachliche Kontext kann aber auch als „kontextueller Hintergrund“ für eine eindeutige Interpretation des Verbs von Nutzen sein. Dann bezieht sich der Einfluss des Kontextes weniger auf die Referenz der deiktischen Ausdrücke, sondern darauf, einen situativen Bezug für die sprachlich vorgebrachten Handlungen zu liefern - wie zum Beispiel die Tatsache, dass sich die Interaktionsteilnehmer zu einem Pokerspiel treffen oder sich in einer inszenierten Rettungsübung befinden. 6.3.4 Sequenz Die Sequenz kann nur mit Bezugnahme auf mindestens einen der anderen Kontexte als bedeutungskonstituierende Komponente herangezogen werden. Sie wird entweder dann relevant, wenn der vorherige sprachliche Kontext inhaltlich (bei Rückbezügen auf vorerwähnte Handlungen oder generelle Sachverhalte) oder funktional (bei Reaktionen auf Sprachhandlungen wie Aufforderungen oder Bitten) für die Interpretation der machen-Äußerung relevant ist; oder in den Fällen, in denen sich die Sprecher in einer Situation Empirische Untersuchung 155 befinden, die eine mehr oder weniger geregelte Abfolge bestimmter, bekannter (und daher auch von den Interaktionsteilnehmern zu bestimmten Zeitpunkten erwartbarer) Handlungen beinhaltet, in denen der situative, außersprachliche Kontext also bei der Deutung der Handlung, die machen bezeichnen soll, ebenfalls konstituierend ist. Sequenz tritt also generell vor allem dann als bedeutungskonstituierende Komponente auf, wenn bestimmte Situationen - seien sie sprachlich konstruiert oder außersprachlich vorhanden - spezifische Handlungen an bestimmten Stellen in der Interaktion konditionell relevant machen (vgl. „Wissen über sequenzielle Abschlaufschemata“; Auer 2006, S. 294). Bei unabhängig vom situativen Kontext (wie bspw. einer Spieleinteraktion) auftretender sequenzieller Bedeutungskonstitution ist es meist der Fall, dass machen eine responsive Funktion erfüllt. Hinsichtlich der Sequenz bedeutet das, dass machen immer einen Rückbezug auf das (oft adjazente) vorherige erste Paarteil einer Paarsequenz herstellt und nur in Bezug auf dieses interpretierbar ist. In der Darstellung in Wörterbuchartikeln wird diese Funktion von machen bzw. der kontextuelle Bezug oft durch Paraphrasen und Beschreibungen verdeutlicht, die aber meist zu kurz greifen. Als einzige Kontexte für machen im Imperativ wird zum Beispiel „sich beeilen“ (DUW, WDG, Wahrig) oder „als Ermahnung“ (VALBU) angegeben, in einer Interaktion wird mach! aber durchaus als Responsiv auf eine Anfrage genutzt, um eine Handlung zu sanktionieren: (18) FOLK_E_00138_SE_01_T_01_DF_01, Segment 752 [00: 09: 30-00: 09: 37] 01 NH1 kay ich leg ihnen jetz noch eine infes (.) infuSIONSnadel wenn_s rEcht is; =ja? 02 (.) es [gibt_n STICH am] rechten handgelenk-=°h 03 NH7 [ MACH ma ; ] 04 NH1 wir gEben ihnen dann gleich eine infuSION, Das erste Beispiel stammt hier aus einer Rettungsübung von Sanitätern. Nothelfer 1 (NH1) kündigt das Legen einer Infusionsnadel an, Nothelferin 7 (NH7), die die Patientin spielt, erwidert diese Ankündigung (die eine explizite Bitte um Erlaubnis beinhaltet (wenn_s rEcht is; =ja? Z. 01), welche aber wohl eher der Höflichkeit dient, da es sich bei der Infusion um eine medizinische Notwendigkeit handelt) mit einer Handlungserlaubnis in Form von MACH ma (Z. 03). Hier ist durch den Rückbezug auf eine vorherige sprachliche Äußerung der Gesprächskontext für die Interpretation der Bedeutung des Verbs ebenso notwendig, wie die sequenzielle Platzierung als Responsiv nach einer Bitte um Erlaubnis. In diesem Fall ist die Funktion der Äußerung mach ma als Handlungserlaubnis jedoch relevanter als das Ausdrücken einer spezifischen semantischen Bedeutung durch machen, denn die Interpretation der genauen Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 156 Handlung, die machen ausdrücken soll (eine Infusion legen), ist nicht so entscheidend wie die Tatsache, dass NH7 hier eine erbetene Erlaubnis erteilt. In diesem Sinne kann durch machen eine responsive Handlung gegeben werden, also eine sprachliche Handlung, die als Resonanz auf die vorherige, jene nächste Handlung initiierende Handlung gegeben wird (vgl. responsive action, Thompson/ Fox/ Couper-Kuhlen 2015, S. 3f.); so beispielsweise eine Erlaubnis, die erteilt wird, weil dieser in der Sequenz eine entsprechende Bitte um Erlaubnis vorausgeht - sei diese explizit verbal oder implizit hervorgebracht -, die eine entsprechende Reaktion (stattgebend oder nicht) in irgendeiner Form relevant macht. In folgendem Ausschnitt aus einem Gartengespräch unter Freunden kann dagegen nicht auf den Gesprächskontext für die Bedeutungskonstitution der spezifischen Handlung, die machen ausdrücken soll, zurückgegriffen werden: (19) FOLK_E_00066_SE_01_T_03_DF_01, Segment 651 [01: 28: 17-1: 28: 26] 01 PA ja ich kam oben An kurz vorm [KOLla[ps so; 02 WAsser- 03 [(( Tütenrascheln , ca. 2,1 Sekunden)) 04 AL [((lacht)) 05 PA ((lacht)) [°h ][ja da war ich ECHT kurz vorm geäh] 06 XM [ hm? ] 07 UD [öm; ja , 08 (.) mach ; 09 mach ; ] 10 mach ; 11 (0.36) 12 PA ich hab voll den ZITter gehabt; Das Tütenrascheln in Zeile 03 und das fragende hm? in Zeile 06 kann zunächst so gedeutet werden, dass einer der Teilnehmer dieses Gesprächs den anderen etwas (aus dieser Tüte) anbieten möchte. Die Reaktion von Udo zeigt allerdings, dass der Sprecher in Zeile 06 eine implizite Bitte um die Erlaubnis einer bestimmten Handlung (eventuell das Öffnen einer Chipstüte oder Ähnlichem, die der Gefragte mit zu dem Treffen brachte) vorbringt, denn die Äußerung von Udo - das dreimalige mach; in den Zeilen 08 bis 10 - ist nur in Bezug auf eine derartige vorherige Sprachhandlung als Erlaubnis bzw. Stattgeben der Bitte zu verstehen. Ein ebenfalls mögliches Angebot durch XM in Zeile 06 hätte nicht die Reaktion einer Handlungsaufforderung relevant gemacht, sondern eine Annahme (bspw. gern, danke) oder Ablehnung des Angebots (bspw. nein, für mich nicht). Für sich allein genommen ist die Äußerung von Udo außerdem unverständlich oder es wäre zumindest ohne den sequenziellen Kontext nicht zu interpretieren, welche spezifische Handlung von Empirische Untersuchung 157 wem ausgeführt werden soll und warum Udo dies fordert. Die Form des Imperativs allein macht es nicht ersichtlich, dass Udo hier eine Erlaubnis ausspricht. Des Weiteren ist ein Bezug zu dem parallel stattfindenden Gespräch nicht erkennbar, so dass sich Udo hier auf etwas Außersprachliches beziehen muss. Hier wird der Zusammenhang von Sequenz und dem außersprachlichen Kontext (vgl. vorheriger Abschnitt) deutlich. Der sequenzielle Kontext trägt also dazu bei, zu spezifizieren, welche sprachliche Handlung durch die machen-Äußerung ausgeführt wird, nicht, welche Handlung sprachlich ausgedrückt wird. Derartige sequenziell relevante Handlungen, bei der durch die machen-Äußerung eine bestimmte, konditionell relevante sprachliche Handlung ausgeführt wird, sind formal gesehen Varianten der das machen-Fügung, 146 welche speziell zum Aufgreifen und Kommentieren oder Modifizieren vorerwähnter Handlungen gebraucht wird. Die Art des Kommentars in einer das machen-Fügung, also was genau über die aufgegriffene Handlung ausgesagt werden soll bzw. wie es zu interpretieren ist, hängt daher teilweise auch von dem Vorkommen der Äußerung in der Sequenz ab, denn die Platzierung innerhalb der Sequenz kann zusätzlich noch eine bestimmte Bedeutungskomponente hinzufügen. Dadurch, dass bei das machen das Akkusativobjekt eine Komplex-Anapher 147 darstellt (Consten/ Marx 2005) und somit selbst nicht zu einer Spezifikation der Handlung, die machen ausdrücken soll, beitragen kann, wird eine eindeutige Interpretation nur von der Referenz der beiden Ausdrücke ermöglicht. Die ausgedrückte Handlung kann je nach dem Vorkommen innerhalb einer Sequenz zusätzlich eine bestimmte Funktion übernehmen. Das gilt besonders bei das machen-Verwendungen für konditional relevante zweite Paarteile in Paarsequenzen, bei denen die Funktion der machen-Äußerung abhängig ist von der sprachlichen Handlung, die durch das erste Paarteil ausgeführt wurde. Zum Beispiel wenn Bitten um bestimmte Handlungen ausgesprochen werden, bei denen ein Stattgeben oder eine Ablehnung relevant wird (Würdest du mir das Wasser reichen? - Das mache ich doch gern! ), bei Bitten um Handlungserlaubnis, die sanktioniert oder abgelehnt werden können (Darf ich kurz dein Telefon benutzen? - Ja, mach ruhig.) oder auch bei der Annahme von Vorschlägen (Wir können ja diesmal einen anderen Weg nehmen. - Das können wir machen.). Nicht alle derart funktionalen machen-Äußerungen sind dabei sequenzgebunden, sie können durchaus auch dazu verwendet werden, retrospektiv eine vorherige Äußerung oder auch (nicht ausgeführte) Handlung als erstes Paarteil zu rahmen, indem eine entsprechende responsive Handlung durchgeführt wird, wie bspw. eine Aufforderung zu einer bestimmten Hand- 146 Siehe dazu Abschnitt 6.6.1.1 und Proske (2013, S. 203ff.). 147 Siehe Abschnitt 4.3.2 für eine ausführlichere Erläuterung zu Komplex-Anaphern. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 158 lung, die eigentlich bereits hätte initiiert worden sein sollen (wie etwa der nächste Zug bei einer Spieleinteraktion (Du bist dran. Los, mach! ) oder das Treffen einer Entscheidung (Also hier darf man eigentlich nicht parken. - Ach, ich mach das einfach trotzdem.)). In diesen Fällen ist die Funktion der kommunikativ relevantere Teil der Äußerung und nicht etwa die genaue Spezifikation derjenigen Handlung, die durch machen ausgedrückt wurde. 148 Die Notwendigkeit des Rückbezugs auf eine vorangegangene (sprachliche wie außersprachliche) Handlung gilt also für beide der oben beschriebenen Beispiele, denn ohne diesen Rückbezug ist die Bedeutung des Verbs, besonders wenn kein Akkusativobjekt (oder Präpositionalobjekt) formuliert wird, nicht zu spezifizieren (also bei der Verwendung einer Analepse, vgl. Hoffmann 1999). machen kann - zusammen mit einer pronominalen oder auch lexikalischen Anapher - einen Bezug zu einer vorher erwähnten oder im außersprachlichen Kontext verankerten Handlung herstellen; in imperativischer Form suggeriert es außerdem eine Aufforderung zu einer derartigen Handlung, kann aber durchaus auch - der vorherigen Handlung entsprechend als Responsiv - selbst andere sprachliche Handlungen ausführen. Der sequenzielle Beitrag zur Bedeutungskonstitution kann wie bereits erwähnt auch dann abhängig vom außersprachlichen Kontext sein, wenn sich die Interaktionsteilnehmer in einer Situation befinden, in welcher in einer bestimmten sequenziellen Abfolge spezifische Handlungen relevant werden, die also in irgendeiner Weise einer gewissen Regelhaftigkeit unterliegt, wie bspw. Gerichtsverhandlungen, Prüfungen oder bestimmte Spiele (vgl. Auer 2006, S. 294). Hier könnte man dann auch durchaus von Genre als Bedeutungskonstitutionskomponente sprechen, da sich die Erwartbarkeit bestimmter Handlungen auf die Routine auf der Ebene des Diskurses bezieht. Im folgenden Beispiel ist sowohl der Bezug zur gattungsspezifischen Handlung in einer Spieleinteraktion - genauer: eines Fußballmanagerspiels - relevant, als auch die Sequenz, in welcher die machen-Äußerung vorkommt. In der folgenden Fußballmanagerinteraktion werden für die Fußballspieler jeweils Geldbeträge geboten, was die Interaktanten durch Betrag X machen in Bezug auf eben diesen Spieler ausdrücken: 148 In diesem Absatz wurde nur eine Auswahl sequenzgebundener Handlungen kurz und oberflächlich dargestellt. Auf eine exhaustive handlungsbezogene Beschreibung der Funktion von das machen-Fügungen in zweiter Position als Responsive auf erste Handlungen wird im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nicht detailliert eingegangen, obwohl dabei möglicherweise systematische und erkennbare Formeln für Handlungsroutinen ersichtlich würden, weil im Rahmen der Arbeit auf andere Phänomene fokussiert wurde. Es wird jedoch die generelle Funktion des Aufgreifens und Relevantmachens näher betrachtet (Abschn. 6.6.1.1) sowie eine ganz spezifische, diskursorganisierende Funktion mit dem Social Action Format wir machen das so analysiert (Abschn. 6.6.1.2). Empirische Untersuchung 159 (20) FOLK_E_00021_SE_01_T_16_DF_01, Segment 930 [02: 02: 11-02: 02: 29] 01 MT ah stimmt; 02 dann bin ICH dran; 03 °h dann äh (0.86) mAch ich halt heimeroth gladbach tor (.) eine milLION; 04 (6.86) 05 SK heimeroth (.) gladbach=h° (.) EIne million; 06 (1.68) 07 SK (maik) Zusätzlich zu dem gebotenen Zahlenwert wird auch der Name des Spielers, auf den geboten wird, und seines Vereins sowie die Position des Spielers genannt, um zu verdeutlichen, für wen genau der genannte Betrag geboten werden soll. Die wichtigen Informationen liefern also die NPn, die die genauen Eckdaten des Transfers beinhalten, und weniger das Verb, welches für sich keine spezifische Handlungsbedeutung beinhaltet. Diese wird jedoch durch die Spielsituation eindeutig interpretierbar. Würde Maik (MT) etwas anderes tun wollen, als auf einen Fußballspieler zu bieten - welches im Spiel generell und besonders für ihn als „Nächsten“ (dann bin ICH dran; Z. 02) eine konditionell relevante Handlung darstellt -, so müsste er dies verbal anders ausdrücken, bspw. durch ein Verb, welches die abweichende Handlung denotiert. Da er aber die von ihm in der gegebenen Situation zu diesem Zeitpunkt in der Spielabfolge erwartete Handlung ausführt, kann er diese derart unterspezifiziert benennen, wie er es tut. Dazu liefert die Tatsache, dass der Mitspieler Simon (SK) nur die relevanten Informationen wörtlich aufgreift (heimeroth (.) gladbach=h° (.) EIne million; Z. 05) und Maik zuordnet (Z. 07) einen Hinweis darauf, dass eine spezifische Handlungsbedeutung für machen in diesem Kontext nicht von allzu großer Relevanz ist und das Verb hier mehr die Funktion erfüllt, die kommunikativ bedeutsamen Argumente agentivisch zu verbinden und die erwartbare Handlung des Sprechers mit den entsprechenden Details anzukündigen. 149 Diese Handlung (bieten) ist also aufgrund der sequenziellen Platzierung innerhalb des Spiels für die Rezipienten interpretierbar. 6.3.5 Zusammenfassung zur Bedeutungsspezifikation durch (teil - )satzexterne Mittel Der Kontext zeigt sich also als wichtige Komponente bei der Interpretation von machen, sowohl bezüglich nicht-versprachlichter, anaphorischer sowie deiktischer Referenzen als auch bezüglich der Deutung von lexikalischen Ar- 149 Diese Funktion - das Ankündigen einer situativ relevanten oder generell nächsten Handlung - wird in Abschnitt 6.6.4.1 näher beschrieben. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 160 gumenten zum Verb. Die unterschiedlichen Aspekte von Kontext, die hier auf unterschiedlichen Ebenen angesiedelt dargestellt wurden, dienen in natürlichen face-to-face-Interaktionen überwiegend in Kombination miteinander - und natürlich auch mit (teil-)satzinternen Mitteln - der Bedeutungskonstitution, sind aber erkennbar unterschiedlichen kontextuellen Quellen zuordenbar. Bei der Spezifikation (teil-)satzinterner Mittel, die im folgenden Abschnitt genauer beschrieben wird, hat der Kontext (auf der Ebene der Semantik und besonders der Referenz der Argumente) teilweise einen erheblichen Einfluss darauf, wie die Argumente gedeutet werden können bzw. gedeutet werden, was schlussendlich die Interpretation des Verbs machen bestimmt. Das Hintergrundwissen tritt als eine Komponente zur Bedeutungsspezifikation auf, welche hauptsächlich dann als solche erkennbar ist, wenn die Interaktanten über unterschiedliche Grade dieses Wissens verfügen, so dass eine gelungene Interpretation einer machen-Äußerung nicht problemlos (d.h. nicht ohne weitere, erklärende Beiträge) möglich ist; es ist also meist dann eher auffällig, wenn ein gemeinsames Hintergrundwissen fehlt. In den meisten Fällen im Korpus ist dies jedoch nicht der Fall und es eröffnen die mit machen zusammen genannten Argumente Handlungsinferenzen, die konkret genug sind, die entsprechende Äußerung zu deuten. Der Gesprächskontext kann sprachlich Szenarien herstellen, in deren Rahmen die Argumente zu machen auf eine spezifische Weise gedeutet werden, so dass der Handlungsbezug, den machen zwischen ihnen herstellt, sich logisch inferieren lässt; oder die nur bestimmte Handlungen zwischen den genannten Argumenten zulassen. Der außersprachliche Konetxt kann ebenso wie der Gesprächskontext durch die situative Relevanz bestimmter Handlungen oder Bezüge eine bestimmte Interpretation von machen evozieren und außerdem deiktische Ausdrücke spezifizieren, so dass ebenfalls durch die Kenntnis der akuten Situation für die Rezipienten eine eindeutige Interpretation der durch machen ausgedrückten Handlung möglich ist. Durch die sequenzielle Platzierung einer machen-Äußerung in der Interaktion kann die zu deutende Handlung entweder durch den Bezug zu einer vorherigen Äußerung vereindeutigt werden - durch das Verweisen auf eine zuvor sprachlich ausgedrückte Handlung oder als Responsiv auf eine Sprachhandlung -, oder die akute außersprachliche Situation macht eine bestimmte Handlung relevant, die durch machen (bspw. als Handlungsankündigung oder -aufforderung) versprachlicht wird. Diese Komponente der Bedeutungskonstitution ist genau diejenige, die bei einer lexikosemantisch basierten Beschreibung von lexikalischer Bedeutung nicht miteinbezogen wird, die aber - wie gezeigt - substanziell für einige Verwendungsweisen ist und Interpretationen evoziert, die ohne den Bezug zum Kontext bzw. ohne die Annahme von Kontext als bedeutungskonstituierende Empirische Untersuchung 161 Größe, fälschlicherweise der Semantik des Ausdrucks selbst zugeschrieben wird (wie bspw. die Bedeutung des „Beeilens“ für imperativisch gebrauchtes machen generell). 6.4 (Teil - )Satzinterne Mittel I: Grammatische Schemata In diesem Abschnitt wird der bedeutungskonstitutive Einfluss von Argumentstrukturmustern beschrieben, denn machen tritt auch in Strukturen auf, die zur Spezifizierung der Handlungsbedeutung, die machen ausdrücken soll, beitragen. Die Bedeutung der Konstruktion bleibt konstant durch die Struktur und kann produktiv mit unterschiedlichen lexikalischen Einheiten gefüllt werden. machen selbst liefert in diesen Strukturen wieder nur den Aspekt der Agentivität, kann also als neutraler verbaler „Slotfüller“ angesehen werden, welcher keinen zusätzlichen semantischen Aspekt zur Konstruktion beiträgt. Die aufgeführten Konstruktionen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sie wurden auf der Basis des Korpus als produktive Strukturen mit gleichbleibender, erkennbarer Bedeutung ausgemacht, in die machen als Vollverb eintritt. 150 6.4.1 Transitive und ditransitive Konstruktionen Die transitive Konstruktion ist eine rein schematische Konstruktion, die das Muster [Subj N O M V Obj AKK ] beschreibt. Dies ist die häufigste Konstruktion, in welcher das Verb machen verwendet wird. Sie stellt einen Bezug zwischen dem Subjekt als Träger der Handlung (der meist im weitesten Sinne agentiv ist, dies kann auch eine Art Verursachung oder Verantwortung darstellen) und dem Objekt her, stellt aber keine weitere Spezifikation zur Natur dieses Bezugs dar. Die transitive Konstruktion enthält selbst auch keine agentive Semantik, denn auch Experiencer-Verben, die die Rollenhierarchie umkehren, werden in transitiven Strukturen verwendet und rahmen das Objekt als verantwortlich und das Subjekt als affiziert (Die Maus fürchtet die Katze). machen in der transitiven Konstruktion liefert eine agentive Lesart, spezifiziert die Konstruktion also derart, dass diese eine Handlung im weitesten Sinne beschreibt, die vom Subjekt ausgeht. 150 Nicht mit einbezogen wurden Konstruktionen wie auf etwas machen (sich auf eine bestimmte Art geben, etwas darstellen), in etwas machen (handeln mit etwas, sich beschäftigen mit etwas), etwas um etwas machen (einen (zu) hohen Aufwand wegen etwas betreiben) und irgendwohin machen (sein Geschäft verrichten) sowie die Reflexiven Verwendungen sich (irgendwie) machen (sich auf bestimmte Weise entwickeln). Diese zähle ich nicht zu den Argumentstrukturmustern, da machen Teil dieser Konstruktionen ist und nicht in diese eintritt; sie stellen also Wortverbindungsmuster dar. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 162 Die Art der Handlung lässt sich dabei nur aus der Semantik der Argumente erschließen, wobei das Objekt hier mehr zur Bedeutungskonstitution beiträgt. Durch die Verwendung in der transitiven Konstruktion wird also nicht automatisch verdeutlicht, ob das Objekt entsteht, sich verändert, etwas erfährt oder anders vom Subjekt beeinflusst wird, was in dem weiten Konzept der Agentivität liegt, das machen beschreibt (vgl. Abschn. 4.1). Die generelle Verbindung von Subjekt und Objekt ist also die einzige „Bedeutungsspezifikation“, die eine rein transitive Konstruktion beitragen kann. Eine präzisiere Interpretation des Bezugs zwischen Subjekt und Objekt, den das Verb machen ausdrücken soll, ist abhängig von der entsprechenden Deutung der Argumente im jeweiligen Kontext, also der Referenz der jeweiligen Ausdrücke in Subjektbzw. Objektfunktion. Anders als die ditransitive Konstruktion hat die transtive selbst also keine eigene Semantik. Die ditransitiven Verwendungen generell können auf zweierlei Arten betrachtet werden. Zum einen kann das Dativobjekt als freier Dativ interpretiert werden, welcher lediglich ein Benefaktum (oder Malefaktum) hinzufügt. Dieser Zusatz ändert nichts daran, wie die ausgedrückte Handlung oder der Sachverhalt gedeutet wird und sagt von sich aus auch nichts darüber aus, in welcher Art und Weise dieser von der Handlung betroffen ist, ob dieser etwas erhält (Er macht ihr einen Kuchen) oder fühlt (Das macht mir Angst) oder eine Veränderung erfährt (Sie machte ihm lustige Frisuren). Diese Spezifizierung ist ebenfalls durch die Ebene der Semantik der lexikalischen Argumente und dadurch auch (teilweise) die kontextuellen Ressourcen inferierbar. Zum anderen beschreibt ditransitive Konstruktion in ihrer grundlegenden Bedeutung auch einen Transfer im Sinne einer Übergabe, wenn man die Dativ-NP als festen Bestandteil ansieht. 151 Bei ditransitiven Verwendungen mit machen verhält es sich allerdings größtenteils anders, als es Goldberg (2006; siehe auch Fußnote 151 in dieser Arbeit) beschreibt, so dass diese hier nicht als Instanziierungen der Transferkonstruktion eingestuft werden sollen. 152 Denn in der Mehrheit der Fälle ist die Dativ-NP Teil einer festen Wortverbindung, etwa bei abstrakten Ausdrücken wie sich/ jemandem Sorgen/ Gedanken/ Angst/ Eindruck/ Druck/ Mühe/ Probleme/ Stress/ Vorschläge/ Vorwürfe/ Vorschriften machen und auch jemandem macht etwas Spaß oder etwas macht jemandem nichts/ viel so- 151 Goldberg (2006, S. 27) bezeichnet die Konstruktionsbedeutung der ditransitiven Konstruktion als „the notion of a „giving“ in various ways, depending on the verb class involved“ und gibt ebenfalls an, dass diese „notion of a giving“ so interpretiert werden kann, dass die Struktur impliziert „that transfer will occur“ (ebd.). Die Verbklasse allein bestimmt aber nicht die Art des (Über-)Gebens, wie sich zeigen lassen wird. Es hängt ebenso von der Beschaffenheit der Subjekt- und Objektreferenten ab, welche Art Transfer logischerweise angenommen werden kann und ob überhaupt einer konzeptualisiert wird bzw. impliziert werden kann. 152 Zu den Transferkonstruktionen mit machen vgl. Abschnitt 6.4.3. Empirische Untersuchung 163 wie sich/ jemandem etwas klar/ deutlich/ verständlich/ bewusst machen. 153 Dies kann als das Auslösen diverser Meinungen oder Gefühle interpretiert werden, was wiederum eine Art Übertragung impliziert, also einen Transfer im weiteren Sinne, wenn man so möchte. Manche dieser Wortverbindungen sind aber weder als Transferkonstruktionen, noch als Konstruktionen mit Benefaktum/ Malefaktum einzuordnen. Wollte man diese festen Wortverbindungen dennoch semantisch einordnen, dann aber in dem Sinne, dass es sich bei der Dativ-NP um ein Benefaktum oder Malefaktum handelt. Diese teilspezifizierten Schemata sind teilweise reflexiv, teilweise ditransitiv, so dass die Frage, ob sie einer übergeordneten Konstruktion zugeschrieben werden sollten, ohnehin strittig ist und hier auch nicht erörtert werden soll, 154 da es sich um polylexikale Ausdrücke handelt, die im Ganzen jeweils ein bestimmtes Konzept versprachlichen. Die Dativ-NPn sind also nicht als Einzelkomponenten anzusehen, sondern sie sind Teil des Gesamtausdrucks, ebenso wie machen und das lexikalische Akkusativobjekt. In der Minderzahl der ditransitiven Verwendungen wird machen mit konkreten Akkusativobjekten verwendet, was eine Übergabesemantik denotieren kann, es jedoch auch in diesen Fällen nicht tut; konkrete Akkusativobjekte werden nur in 12 von 112 Fällen verwendet. In diesen Fällen wird jedoch nicht hauptsächlich versprachlicht, dass eine durch das Verb ausgedrückte Handlung bewirkt, dass jemand (Dativobjektreferent) etwas (Akkusativobjektreferent) bekommt, wie bspw. bei dann mach mir liMETtensprIte; 155 oder ich kAnn dir ja morgen die horstfrisur machen- 156 . Eine Frisur ist - im Gegensatz zu einem Getränk - etwas, was man an einer anderen Person und nicht für eine andere Person machen kann. Beide Ditransitivverwendungen beschreiben also unterschiedliche Arten von Handlungsbezügen zwischen den beiden Argumenten, aber beide beschreiben - aufgrund der Referenzen der jeweiligen Akkusativobjekte auf Produkte - herstellende Handlungen. Bei eindeutig als Produkt oder Ergebnis identifizierbaren Referenten (vgl. Abschn. 6.5.1.2) wie Kaffee, Wärmflasche oder Arbeitsblatt, liegt bei einem hinzugefügten Dativobjekt die Inferenz zwar nahe, dass diese Entitäten hergestellt werden, um für den Dativobjektreferenten verfügbar zu sein. Ein Transfer steht aber nie im Vordergrund der Äußerungsbedeutung, weswegen auch in diesen Fällen das 153 All diese Verbindungen machen mehr als die Hälfte der ditransitiven Verwendungen aus (92 von 161). 154 Der Test darauf, ob ein reflexives Verb vorliegt, funktioniert normalerweise so: Ich spiegle mich im Wasser. *Ich spiegele sie im Wasser. Eine Ersetzung des Reflexivpronomens durch ein Akkusativobjekt, das auf eine andere Person referiert, ist nicht möglich. Bei sich Sorgen machen ist dies rein strukturell zwar möglich, man kann aber sagen, dass Ich mache mir Sorgen und Ich mache dir Sorgen zwei unterschiedliche Prädikate sind, eines reflexiv und eines nicht. 155 FOLK_E_00049_SE_01_T_01_DF_01, Segment 514 [00: 10: 20-00: 10: 23]. 156 FOLK_E_00011_SE_01_T_05_DF_01, Segment 472 [00: 10: 09-00: 10: 12]. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 164 Dativobjekt als Benefaktum zu interpretieren ist. Bei Frisur liegt es bspw. in der Beschaffenheit des Ausgangsmaterials Haare, die sich (außer bei Perücken) bereits am betroffenen Referenten befinden, dass hier nichts transferiert wird, sondern der Dativobjektreferent wie eine Ortsangabe (im Gegensatz zu einer Richtungsangabe) gedeutet werden kann. Das Hinzufügen eines Dativobjekts kann also einen zusätzlichen Aspekt zur ausgedrückten Handlung einbringen, funktioniert dabei aber nicht unbedingt allein als so stark bedeutungskonstituierend, wie es bspw. das Objektsprädikativ bei der Resultativkonstruktion tut. 157 Die Semantik und Referenz der Objekte ist in diesen Fällen stärker an der Bedeutungskonstitution beteiligt als die Struktur. Die Aussage Goldbergs (2006), dass bei ditransitiven Konstruktionen die Art des Gebens von der Verbklasse abhängt, ist bei ditransitiven machen- Verwendungen also nicht zutreffend, denn sonst müsste bei diesen immer dieselbe Art von (über-)gebender Handlung versprachlicht werden. machen beschreibt in diesen Fällen nicht immer dieselbe Art von Handlung, weil sich die spezifische Deutung dieses Verbs sehr häufig aus der Semantik und Referenz der direkten Argumente speist (vgl. Abschitt 6.5.1 und 6.5.2), was eine (mehr oder weniger) spezifische Prädikation herstellt. In den hier gezeigten Fällen hat also die Beschaffenheit des Objektreferenten einen großen Einfluss darauf, wie die Art der Handlung interpretiert werden kann und auf welche Weise der Dativreferent situativ angemessen in diese Handlung involviert sein kann. Daher wird die ditransitive Konstruktion bei machen nicht als Transferkonstruktion angenommen, sondern es wird angenommen, dass sie gerade bei in Ad-hoc-Verwendungen ausgedrückten Sachverhalten lediglich einen weiteren Aspekt hinzufügt: den eines Benefaktums oder Malefaktums. 6.4.2 Resultativkonstruktionen Zu den Resultativkonstruktionen werden bei Goldberg/ Jackendoff (2004) zum einen Konstruktionen mit adjektivischen Objektsprädikativen und zum anderen auch Konstruktionen mit direktionalen Adverbialen in der Form von PPn oder Adverbien gezählt, da hierbei der Ortswechsel als Resultat interpretiert wird (ebd., S. 536; anhand der Beispiele erkennbar). Auch Welke (2009) geht von einer Verwandtschaft von Strukturen mit adjektivischen Objektsprädikativen und direktionalen Adverbialen aus (ebd., S. 113), merkt aber auch an: Wir verzichten trotz der Verwandtschaft der Konstruktionen auf diese Zusammenfassung. Zum einen sind nicht alle Objektsprädikativ-Konstruktionen 157 Zur Resultativkonstruktion siehe Abschnitt 6.4.2. Empirische Untersuchung 165 zweifelsfrei semantisch resultativ […]. 158 Zum anderen betrachten wir nur Objektsprädikativa, aber nicht Direktiva als Prädikate. (ebd., S. 107) Als Resutativkonstruktionen werden in diesem Abschnitt zunächst die Konstruktionen mit adjektivischem Objektsprädikativ ausführlich behandelt, bevor in Abschnitt 6.4.2.2 die resultative Lesart durch die Angabe von Präpositionalphrasen kurz erörtert wird. Der Abschnitt 6.4.3 beschäftigt sich dann mit den Transferkonstruktionen, also dreiwertigen Konstruktionen mit direktionalem Adverbial. 6.4.2.1 etwas irgendwie V en - Resultativkonstruktionen mit adjektivischem Objektsprädikativ Adjektive bezeichnen Eigenschaften von Entitäten, Sachverhalten oder Zuständen, die sowohl nominal als auch verbal beschrieben werden können (Eisenberg 2006, S. 225), das heißt, sie können sich sowohl auf das Verb als auch auf Subjekt oder Objekt einer Äußerung beziehen. Beziehen sie sich auf das Verb, so beschreiben sie die Art und Weise, wie eine Handlung ausgeführt wird, genauer (Sie macht ihre Aufgaben schnell.). Dies wird als adverbiales Adjektiv bezeichnet (ebd.). Beziehen sich Adjektive auf das Objekt eines Satzes, beschreiben sie nicht die Art und Weise einer Handlung, sondern eine Eigenschaft, die sich erst aus der Verbhandlung ergibt (Er macht die Uhr heil.) (ebd., S. 229). Hier wird dann vom Objektsprädikativ gesprochen (ebd). Eine machen-Äußerung mit Objektsprädikativ beschreibt vorwiegend eine oder mehrere unbestimmte Handlungen eines Subjektreferenten, die in einer bestimmten Eigenschaft des Objektreferenten resultieren. Diese ist in den jeweiligen Äußerungen auch immer mindestens mit einem Nebenakzent betont: (21) FOLK_E_00069_SE_01_T_02_DF_01, Segment 190 [00: 51: 00-00: 51: 25] 01 HG ja KÖnn sie denn,=äh 02 KÖnn sie- 03 (.) den maus (.) ZEIger ; 04 (0.4) 158 Die nicht eindeutig semantisch resultativen Verwendungen beziehen sich auf Verwendungen wie „Emil nennt/ findet Anton blöd“ und „Emil betrachtet das Bild als gefälscht“ (Welke 2009, S. 108), bei denen „das Hinzufügen von mutmaßlichen Objektsprädikativa mit Bedeutungsvariation des regierenden Verbs verbunden sein kann“ (ebd.). Die Fälle mit als-Konjunktionalphrase (oder Adjunktorphrase) in machen-Äußerungen entsprechen keinem einheitlichen Schema, sie können also nicht semantisch zusammengefasst werden. Es handelt sich bei diesen meist um Attribute zu den Subjekten oder Objekten, die keinen konstanten Beitrag zur Handlungsspezifikation leisten, soweit aus den vorhandenen Fällen geschlossen werden konnte. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 166 05 HG könn sie den verGRÖßern; 06 JS JA in [t- 07 theo][rEtisch können wir das MAchen; ] 08 XM2 [a (.) so ][ja des proBLEM is gerad- ] 09 HG [des hätte man aber schon ] LÄNGST mAchen können; 10 XM1 ja geNAU; 11 JS h° ja, 12 (0.61) 13 ((Stuhl rücken)) 14 HG °h des in der tAt schlecht zu SEhen; 15 XM1 BItte; 16 JS JAja; 17 XM1 (auch KÜRzer,) 18 HG kann ma den auch FARbig machen; 19 ((Hintergrundgespräche, 3.08 Sekunden)) 20 JS we_ma DEN- 21 (0.47) 22 HG °h 23 (0.62) 24 HG entweder grÖßer oder f FARbig ; =ni[cht,=h° ] 25 XM2 [des war doch eben] auch schon SCHWARZ drauf; 26 (0.61) 27 XM2 (ja) 28 JS ok[ay denn mach ich ihn SCH]WARZ , 29 XM2 [(PASST doch); ] In diesem Ausschnitt aus den Schlichtungsgesprächen zu Stuttgart 21 wird gerade der Vortrag des Referenten Jakob Sierig (JS) vorbereitet, der sich jedoch verzögert, weil noch versucht wird, für eine bessere Sichtbarkeit bei den Fernsehzuschauern, den Mauszeiger zu vergrößern. Dies erklärt Sierig kurz vor dem zitierten Ausschnitt. Die gewünschten bzw. angestrebten Handlungen bezüglich des Mauszeigers werden an zwei (wenn man Z. 24 als Verbalellipse interpretieren möchte, an drei) Stellen durch eine machen + AP-Struktur beschrieben. Sowohl im Zusammenhang der Diskussion um die Eigenschaft des Mauszeigers, nicht gut sichtbar zu sein, als auch von der Beschaffenheit der genannten Eigenschaften farbig, (größer) und schwarz ausgehend, kann semantisch nur ein Bezug von den Adjektiven zum Objekt hergestellt werden und nicht zur Handlung. Das heißt, die APn sind in den machen-Äußerungen als Objektsprädikative zu interpretieren, was zwischen Verb und AP eine prädikative Relation herstellt (vgl. Zifonun/ Hoffmann/ Strecker 1997, S. 1114). Die Ausdrücke farbig machen und schwarz machen funktionieren hier wie das Verb vergrößern in Zeile 05: Sie denotieren eine resultative Handlung, dessen Ergebnis - nicht aber die genaue Durchführung - bereits in der Prädikation enthalten ist. Das Resultat Empirische Untersuchung 167 der Handlung wird also fokussiert, denn es ist den Sprechern wichtig herauszustellen, dass jene Eigenschaft durch die Handlung erreicht werden soll und nicht, welche Vorgehensweise dazu führt. 159 Eine spezifische Handlung wäre gar nicht auszudrücken, da der Vorgang nicht eindeutig zu benennen ist und außerdem hier eine reine Nebensache darstellt. machen liefert auch in dieser Struktur genau dasselbe wie in transitiven Verwendungen: Es stellt eine agentive Beziehung zwischen allen Argumenten her und stellt so den Subjektreferenten als Handelnden dar, den Objektreferenten als von der Handlung Betroffenen und in dieser Konstruktion die AP als aus der Handlung resultierende Eigenschaft. Um zu unterscheiden, ob sich ein Adjektiv auf das Verb oder das Objekt bezieht, kann man bspw. eine Äußerung umformulieren: Sie macht ihre Aufgaben schnell. - Sie macht ihre Aufgaben, und dies geschieht schnell bzw. auf schnelle Art und Weise (vs. *Sie macht ihre Aufgaben und diese sind schnell). schnell bezieht sich hier also auf die Handlung des machens, bzw. des Aufgabenmachens. Anders wäre es bei einem Satz mit Objektsprädikativ: Er macht die Tasse kaputt. - *Er macht die Tasse und dies geschieht kaputt. 160 Dieser Test dient dazu, die Bezüge der jeweiligen AP zu verdeutlichen, da es formal keine Unterscheidung zwischen einem Objektsprädikativ und einem adverbialen Adjektiv gibt. Er funktioniert aber nicht konsequent bei allen machen-Fällen, da das Objekt zu machen häufig selbst eine Handlung denotiert, das Adjektiv sich also semantisch sowohl auf das machen als auch auf das Objekt beziehen kann. Denn das Verb machen allein kann ohne konkret identifizierbares Objekt oder ohne konkreten Kontext keine spezifische Handlung beschreiben. Nur wenn das besagte Objekt auf eine Entität oder einen Sachverhalt referiert, die sich durch Handlungen manipulieren und verändern lassen, ist die Interpretation eines vorhandenen Adjektivs als Objektsprädikativ überhaupt sinnvoll. Außerdem 159 Dass für die Erreichung der Eigenschaft größer ein eigenes Verb verwendet wird und für die der anderen Eigenschaften nicht, mag an Präferenz, Frequenz und auch semantischer Akzeptabilität der Ausdrücke farbig bzw. schwarz machen im Gegensatz zu färben bzw. schwärzen in Bezug auf nicht-dingliche Objekte liegen. 160 Eine weitere Relation zwischen AP und Subjekt bzw. Objekt wäre die des freien Prädikativs (auch depiktives Prädikativ), wie bspw. bei Sie trinkt den Kaffee schwarz in seiner Default-Interpretation (vgl. Welke 2009, S. 117). Diese sind von adverbialen Verwendungen schwer zu unterscheiden (vgl. auch Möller 2015, S. 303), besonders im Falle von machen kann die adjektivische Zuschreibung einer Eigenschaft des Subjektreferenten auch als Art und Weise der Handlungsausführung gedeutet werden (vgl. Er macht seine Hausaufgaben lustlos. Beispiel aus Möller 2015, S. 302). Da sowohl Objektals auch Subjektdepiktive aber auf die Eigenschaften von Subjektbzw. Objektreferenten während der Handlung referieren und nicht die Handlung, die machen beschreibt, selbst weiter spezifizieren, sind sie für die Bedeutungskonstitution des Verbs nicht relevant und werden deswegen auch nicht eingehender beschrieben. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 168 können sich manche Adjektive sowohl auf Handlungen oder Sachverhalte als auch auf Entitäten beziehen (bspw. schön, falsch, bewusst), so dass eine eindeutige Zuweisung besonders dann schwierig wird, wenn der entsprechende Objektreferent entweder selbst eine Handlung denotiert oder eine (Komplex-) Anapher darstellt (vgl. Abschn. 4.3.2), welche auf eine Handlung oder einen Sachverhalt referiert oder aber, wenn kein Objekt vorhanden ist. In Beispiel (22) aus einem Prüfungsgespräch an einer Hochschule kommt ein nicht eindeutiger Fall vor, bei welchem der Objektreferent selbst eine Handlung darstellt. Der Prüfling berichtet hier von den Erfahrungen einer Kollegin beim Deutsch als Fremdsprache-Unterricht als Lehrerin: (22) FOLK_E_00003_SE_01_T_01_DF_01, Segment 251 [00: 08: 49-00: 09: 11] 01 DM (.) die meinte dass äh VIEle leute- 02 wenn die im SPRACHlabor sind, 03 (.) ähm DASS die dann-=°h 04 wenn die (im)mer DIEses- 05 (.) ALso die b- 06 (0.72) 07 DM alles LEsen, 08 und dann versuchen NACHzusprechen, 09 (0.22) 10 DM dabei große proBLEme ham- 11 und immer wieder die gleichen (0.22) fEhler im prinzip MAchen, 12 oder immer wieder die gleiche aussprache doch FALSCH ma[chen; 13 (un)] 14 JS [ja; ] 15 DM und sie ihnen dann oft den TIPP gibt,=°h 16 leg das doch ma wEg und sag es einfach SO; =°h 17 und dann funktioniert_s auf einmal BESser; =[°hh] 18 JS [ja; ] Bei der Äußerung in Zeile 12 ist es semantisch kein Unterschied, ob die Eigenschaft falsch bei machen oder bei der Aussprache vorhanden ist, denn beides beschreibt im Endeffekt dieselbe Handlung: das konkrete (und falsche) Aussprechen von (in diesem Falle spanischen) Wörtern. Aussprache machen als Ganzes beschreibt also das Prädikat der Äußerung und ist semantisch gleichzusetzen mit dem Verb aussprechen. 161 161 Pragmatisch dient die Äußerung in Zeile 12 als Reformulierung und auch Spezifizierung der vorherigen: Die gleichen fEhler, die von den Sprachlernern immer wieder gemacht werden (Z. 11), beziehen sich darauf, dass sie bestimmte Wörter immer wieder falsch aussprechen. Der Anfang beider Äußerungen ist fast identisch, der Anschluss erfolgt durch ein oder, welches in diesem Fall die Korrektur, bzw. Spezifikation der vorherigen Äußerung indiziert Empirische Untersuchung 169 Auch wenn als Objekt eine Komplex-Anapher wie das steht, welche auf einen Sachverhalt oder eine Handlung verweist, ist die grammatische Zuordnung der AP nicht eindeutig. In folgendem Ausschnitt führt der Lehrer einer Berufsschule an, dass die von ihm erfragte Erklärung eines Prozesses nicht vollständig vorgebracht werden muss: (23) FOLK_E_00001_SE_01_T_01_DF_01, Segment 125 [00: 03: 13-00: 03: 30] 01 LB und wir beginnen jetzt mal (.) bei (.) zündung EIN; 02 (0.6) 03 LB wer kann erklÄren (1.16) warum (0.28) DURCHgeschaltet wird; 04 (1.0) 05 LB so- 06 (0.59) 07 LB sie müssen_s nich komPLETT machen - 08 (0.49) 09 LB sie können (0.45) ein[fach (.) en] TEIL machen; 10 XM [((hustet)) ] 11 (0.28) 12 LB so; 13 (0.29) 14 LB sie können hier vorne (0.48) auf_n BEAmer gucken, 15 ich HELF ihnen, 16 oder sie können auf ihr BLATT schauen; Auch bei dieser Verwendung in Zeile 07 könnte interpretiert werden, dass es entweder darum geht etwas Bestimmtes zu vervollständigen (damit es am Ende ganz ist) oder darum, eine bestimmte Handlung vollständig durchzuführen (und nicht vorher die Handlung abzubrechen). Da in diesem Falle aber wieder der Objektreferent selbst eine Handlung ist, kann sich das Adjektiv nur auf diese beziehen, denn das, was am Ende vollständig sein soll, ist die Handlung selbst: das Erklären des Prozesses. Das komplett bezieht sich also auf die Handlung des Erklärens, auf welche mit der gesamten Fügung das machen verwiesen wird (vgl. dazu Abschn. 6.6.1.1). Eindeutig als Objektsprädikativ wäre das Adjektiv theoretisch dann zu deuten, wenn das keine Komplex-Anapher darstellt, sondern sich auf eine konkrete Entität bezieht, wie bspw.: Siehst du das halbe Tor da hinten? Das werde ich morgen komplett machen. So verhält sich das obere Beispiel (23) sehr ähnlich wie Beispiel (22) davor, denn wieder beziehen sich Verb und Objekt auf dieselbe Handlung, weswegen unabhängig von der grammatischen Zuordnung des Adjektivs dieses nicht als Objektsprädikativ zu deuten ist, denn die Äußerungen beschreiben keine Handlungen, aus denen neue Zustände bei den genannten Objekten resultieren, sondern spezifische Handlungsweisen (aussprechen bzw. erklä- (Marillier 2005, S. 8). Die Sprecherin verdeutlicht also in der Äußerung in Zeile 12 die Art der Fehler, die gemacht werden, nämlich die Fehler bei der Aussprache der spanischen Wörter. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 170 ren) 162 und das Adjektiv modalisiert die Art und Weise, wie die Subjektreferenten vorgehen (sollen). Auch bei Verwendungen ganz ohne Objekt ist die grammatische Zuordnung einer Adjektiv- oder Adverbphrase nicht eindeutig vorzunehmen, wie in diesem Ausschnitt aus einem Paargespräch, in welchem Anita (AM) und Philipp (PB) gerade ihren Thailandurlaub planen: (24) FOLK_E_00030_SE_01_T_01_DF_01, Segment 400 [00: 09: 27-00: 09: 48] 01 PB thAIs reagieren auf zu viel FREIzügigkeit in der Öffentlichkeit; 02 (0.28) 03 PB °h (.) NIX mit; 04 (2.85) 05 PB FREIkörperkul[tur; ] 06 AM [ja ich-] 07 wenn ich nur oben OHne mach is ja nich so sch[lImm; ] 08 PB [ °h]h das STEHT doch gerade [hier; ] 09 AM [ja ] 10 wenn wir da aber an_nem einsamen STRAND sind is das nich so schlImm; 11 PB ja; 12 da GIBT_S- 13 für jeden besUcher gibt_s <<lachend> EIN [einsamen strAnd>; =°h] 14 AM [((lacht)) °hh] Die Verbindung oben ohne machen in Zeile 07 ist eindeutig als Ad-hoc-Formulierung einzustufen, die all jene Handlungen mit machen zusammenfasst, die sie oben ohne auszuführen plant, wie zum Beispiel sich sonnen, schwimmen gehen oder am Strand herumlaufen. Für einen Handlungsbezug spricht in dieser Formulierung, dass kein Reflexivpronomen als Objekt vorhanden ist (wenn ich mich nur oben ohne mach), welches eindeutig den Bezug zu Anita selbst als Objektreferenten hergestellt hätte, der durch die Handlung die Eigenschaft oben ohne erhalten würde. Andererseits besagt die Äußerung semantisch gesehen, dass Anita es nicht für schlimm hält, wenn sie sich an einem thailändischen Strand ohne Oberteil aufhält, wenn sie also den Zustand oben ohne bei sich herstellt. Es kommt ihr also nicht vorwiegend darauf an zu betonen, dass sie (ihrer Meinung nach) bestimmte Handlungen ohne Oberteil 162 Die spezifischen Handlungsbedeutungen ergeben sich in diesen Beispielen auf der semantisch/ kontextuellen und sequenziellen Ebene. Aussprache liefert die semantische Information in Beispiel (22), in welchem durch den Kontext deutlich wird, dass die Handlung des Aussprechens von Wörtern hier gemeint ist. In Beispiel (23) wird machen durch die Referenz zurück auf die Handlung erklären spezifiziert. Empirische Untersuchung 171 ausführen kann, sondern darauf, dass es weniger schlimm ist, nur das Oberteil auszuziehen, anstatt komplett ohne Kleidung in der Öffentlichkeit zu sein. Es geht also um die Gegenüberstellung des Zustands nur oben OHne (Z. 07) im Gegensatz zum durch das Freikörperkultur implizierte komplett nackt, auf die Anita fokussieren möchte, und nicht um die Unterscheidung, ob Handlungen in dem besagten Zustand ausgeführt werden oder in dem besagten Zustand resultieren. machen stellt im Gegensatz zu bspw. sein (wenn ich nur oben ohne bin ist das nicht so schlimm) hier eine dynamische Verbindung zwischen dem Subjektreferenten Anita (ich) und dem Zustand oben ohne her, welcher so interpretiert werden kann, dass sie in diesem Zustand handelt. Formulierungen ohne Objekt aber mit Adjektiv- oder Adverbphrase, die als Objektsprädikativ interpretierbar ist, sind in den Daten selten, wahrscheinlich aus dem Grund, dass durch die uneindeutige Zuordnung der AP oder AdvP eine gewünschte Spezifizierung der durch machen ausgedrückten Handlung nicht so einfach möglich ist. Wenn eine resultative Lesart wirklich intendiert ist, ist das Vorhandensein des Elements, auf das sich das Objektsprädikativ beziehen soll, substanziell dafür, dass das Objektsprädikativ als solches erkennbar ist. Ein Grund, warum das Objekt fehlen kann und trotzdem nicht die Art und Weise der Handlungsdurchführung durch die AP beschrieben wird, ist neben den weiter unten beschriebenen lexikalisierten Prädikationen aus machen und AP (wie sauber machen, siehe Beispiel (30)) in den Daten zum Beispiel das Formulieren generischer Aussagen. Bei generischen Aussagen wird sich auf keinen spezifischen Objektreferenten bezogen und so auch formal kein Objekt produziert. In diesen Äußerungen könnte das Indefinitpronomen einen (bei personenbezogenen Verursachungen) oder etwas (bei sachbezogenen Verursachungen) eingesetzt werden, auf die sich der Zustand, den die Handlung machen verursacht, beziehen würde: (25) FOLK_E_00127_SE_01_T_01_DF_01, Segment 221 [00: 07: 14-00: 07: 22] 01 PM aber ich verSPRECH euch- 02 IRgendwann, 03 (.) (ne? ) 04 noch in dieser einheit MÜSsen wir hier gemeinsam ein trauriges lIEd singen; 05 (0.86) 06 PM denn trAUrige lieder machen GLÜCKlich; Hier ist klar, dass der Lehrer (PM) in Zeile 06 ausdrücken möchte, dass traurige Lieder im Allgemeinen den Zustand des Glücklichseins verursachen und dass der Zustand glücklich sich auf diejenigen beziehen wird, die diese Lieder singen (oder hören). Er folgt hier dem Verfahren, das auch bei Allgemeinsätzen wie Liebe macht blind oder Döner macht schöner verwendet wird und das auch als Anmerkung zu Lesart 3 (bewirken, dass jemand/ etwas so wird) bei Schu- Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 172 macher et al. (2004) erwähnt wird: „In generischen Sätzen kann die AkkE weggelassen werden“ (ebd., S. 545). Formal identisch zeigen sich Äußerungen mit Objektellipse. Auch hier wird das Objekt nicht realisiert, der Gesprächskontext sorgt jedoch dafür, dass sich das Objekt, auf welches sich das entsprechende Objektsprädikativ bezieht, ohne Probleme interpretieren lässt, wie bspw. in dieser Aussage aus den Schlichtungsgesprächen zu Stuttgart 21 bezüglich Abdichtungswerken: das heißt dass die nich DICHter machen sondern wasserdUrchlässiger. 163 Was die Abdichtungswerke nach Ansicht des Sprechers wasserdurchlässiger machen (den Kalkstein), lässt sich hierbei aus dem Gesprächskontext erschließen. Weitere Gründe für die Verwendung von Objektsprädikativen ohne Objekt sind unvollständige Formulierungen und Abbrüche, usuelle Wortverbindungen ohne Objekt (halblang machen) oder Ad-hoc-Formulierungen, die auf Kollokationen basieren, bei denen das kollokative Verb durch machen ersetzt wurde, wie bspw. weh machen (weh tun), welches selbst eine prädikative Einheit darstellt. Die Interpretation einer resultativen Handlung, welche aber durch die Semantik des Verbs nicht näher bestimmt wird, hängt also auf jeden Fall auch am Vorhandensein des Objektsprädikativs. Denn das Vorhandensein eines Objektsprädikativs impliziert unabhängig von der Referenz des Subjekts oder Objekts und unabhängig vom Kontext stets generell dieselbe unterspezifizierte Handlungsart des Verursachens einer bestimmten Eigenschaft als Resultat der Handlung, weswegen dies als bedeutungskonstituierende Konstruktion aufgefasst werden kann. Diese Deutung bleibt konstant (bei der Konstruktion mit Objektsprädikativen, nicht adverbialen Adjektiven), die Semantik der Gesamtäußerung liegt also zu einem großen Teil in der Konstruktion und nicht allein im Verb, denn sie funktioniert genauso auch mit anderen Verben (Er macht/ streicht/ sprüht das Tor grün). Es gibt usuelle Vertreter dieser Struktur (Sie macht die Vase kaputt) und es gibt innovative (Sie singt das Glas kaputt), was nahelegt, dass dies eine produktive Konstruktion ist. Ob sich ein Adjektiv auf das Verb oder das Objekt bezieht, ist also nicht formal erkennbar, denn die prädikative Beziehung zwischen Verb und Akkusativobjekt besteht nur auf der semantischen Ebene (Zifonun/ Hoffmann/ Strecker 1997, S. 1114); es kann daher nur unterschieden werden, wenn die Äußerung im Ganzen betrachtet wird und nicht nur die Kombination aus machen und dem Adjektiv. 164 Laut Zifonun/ Hoffmann/ Strecker (ebd.) können 163 FOLK_E_00069_SE_01_T_03_DF_01, Segment 1003 [02: 10: 58-02: 11: 01]. 164 Wobei es hier Kombinationen gibt, die den einen oder den anderen Bezug nahelegen, denn „Adjektive bezeichnen Eigenschaften von nominal wie verbal Benennbarem, aber auf beiden Seiten gibt es Prototypen. […] Ein Ding ist eher blank als ein Vorgang, ein Vorgang seiner- Empirische Untersuchung 173 Strukturen mit Objektsprädikativ als Resultativkonstruktionen gedeutet werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass alle Äußerungen mit Objektsprädikativ auf eine abgeschlossene Handlung oder fertiges Resultat hinweisen, wie Er macht die Uhr heil demonstriert, was eine inkrementelle Aussage ist (vgl. auch Eisenberg 2006, S. 229). 165 Hier kann die Aussage auf den Vorgang heil machen bezogen werden, auch wenn das Resultat heil noch nicht erreicht wurde: Der Bezug des Subjektreferenten auf den Objektreferenten zusammen mit der Zuschreibung einer Eigenschaft, die der Objektreferent durch die Handlung des Subjektreferenten erlangen kann (aber nicht muss), tragen dazu bei, dass die unterspezifizierte Handlung machen durch diesen lexikalischen Kontext spezifiziert wird. etwas heil machen ist spezifischer als etwas machen; Uhren heil machen schränkt die interpretierbaren Handlungsvorgänge noch weiter ein, legt aber konkret den Fokus auf die durch die Handlung verursachte Eigenschaft heil, anders als es Er repariert die Uhr tut, bei dem keine aus der Handlung resultierende Eigenschaft benannt, sondern diese nur inferiert werden kann. Beide Äußerungsarten sagen jedoch nichts über die Handlungsweise im Speziellen aus, also ob nun geschraubt, gelötet oder eine andere spezifische Tätigkeit ausgeübt wird. Dadurch, dass das Auftreten eines Objektsprädikativs konstant eine Resultativsemantik nahelegt, wird mitunter machen selbst in diesem Zusammenhang die Lesart der Verursachung zugeschrieben, was sich darin äußert, dass es auch an anderen Stellen als „explizit kausativ“ (Fabricius-Hansen 1991, S. 708), „kausatives Prädikativverb“ (Duden 2005, S. 420) oder „kausative Kopula“ 166 (Steinitz 1997, S. 347) bezeichnet wird oder dass es als Beispiel für Verben mit inhärenter kausativ-resultativer Lesart angeführt wird (bspw. bei Hyvärinen 2004, S. 137f. und Möller 2015, S. 300). Außerdem zeigt sich diese Auffassung in den entsprechenden Wörterbucheinträgen, die stets eine eigene Lesart für dieses Phänomen aufführen. Hier bezeugen allerdings die Belegbeispiele, dass machen nur dann die Bedeutung „etwas bewirken“ (WDG 1981a, S. 2414, Punkt 7), „in einen bestimmten [veränderten] Zustand bringen, versetzen“ (DUW 2011, S. 1144, Punkt 2a) oder „bewirken, dass etwas so wird“ (E-VALBU, Punkt 3) zugeschrieben wird, wenn es zusammen mit Adjektiven auftritt, die sich auf das Objekt beziehen. 167 Diese Sonderstellung von seits ist eher laut als ein Ding.“ (Eisenberg 2006, S. 227). So wäre etwas blank machen (kontextfrei) eher als Verwendung mit Objeksprädikativ zu interpretieren (Er macht die Scheibe blank). 165 Trotzdem wird auch in dieser Arbeit weiterhin der Begriff Resultativkonstruktion verwendet, da sich dieser in der Literatur für dieses Phänomen durchgesetzt hat. 166 Dieser Ausdruck steht bei Steinitz in Anführungszeichen. Er ist daher anscheinend nur als Ad-hoc-Begriff gemeint und nicht als feststehende grammatische Bezeichnung. 167 Interessanterweise fehlt eine derartige Lesart in Wahrig (2011, S. 966), welches als einziges der konsultierten Wörterbücher auf Belegbeispiele zur Veranschaulichung der Lesarten verzichtet. Es werden aber „Redewendungen“ mit adjektivischen Leitwörtern aufgeführt (zu Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 174 machen bei der Diskussion um Resultativbzw. Kausativkonstruktionen 168 kommt deswegen zustande, weil es im Gegensatz zu spezifischeren Verben keine konkrete Handlung beschreibt und somit auch kein kanonisches Resultat implizieren kann (Möller 2010, S. 197), wie bspw. reparieren (heil) oder streichen (grün/ blau/ etc.). machen + Objektsprädikativ-Strukturen lassen sich auch „nicht semantisch auf eine Vollverblesart des beteiligten Verbs zurückführen“ (ebd., S. 198), wie es bei anderen Vollverben möglich ist: Sie singt das Glas kaputt, indem sie singt. Er isst sich satt, indem er isst. Aber: ? Er macht die Uhr heil, indem er macht. Dies funktioniert laut Möller deswegen nicht, weil machen aus sich heraus eine Verursachenssemantik enthält und „kein in irgendeiner Art spezifisches Geschehen aus[drückt]“ (ebd.). Dem würde ich nur teilweise zustimmen, nämlich in Bezug auf die Nicht-Spezifikation des Geschehens. Eine Verursachenssemantik würde ich machen selbst aber nicht zuschreiben, sondern der Konstruktion mit Objektsprädikativ generell, aus Gründen, die im nächsten Absatz genauer ausgeführt werden. Auch Goldberg/ Jackendoff (2004), die die Resultativkonstruktion für das Englische beschreiben, behaupten, dass bestimmte Verben eine inhärent verursachende Semantik haben und nennen als Beispiele get und make 169 (ebd., S. 538). Sie argumentieren damit, dass bei diesen Verben die „Mittel“ (means), also die Art und Weise der Handlungsdurchführung in einer Resultativkonstruktion, der Vorgehensweise der Beschreibung von machen in Wahrig siehe Abschn. 5.2.3.4). Das heißt, dass sich ohne ein konkretes Beispiel mit adjektivischem Objektsprädikativ eine Lesart verursachen nicht erklären lässt. Aus sich selbst heraus ohne entsprechende Struktur wäre die Lesart für den Leser wohl nicht nachvollziehbar, weswegen sie in Wahrig ohne veranschaulichende Belegbeispiele nicht unter den Bedeutungen aufgeführt wird. 168 Bspw. von Möller (2010, 2011, 2015), insbesondere in Kombination mit Psychadjektiven, aber auch von Welke (2009, S. 111), Handwerker (2006), Fehrmann/ Möller (2012). machen + Adjektiv scheint außerdem besonders in der DaF-Literatur diskutiert zu werden, wie auch Resultativkonstruktionen generell, da sie wohl eine Herausforderung für DaF-Lerner darstellen. 169 make ist als Übersetzung nicht absolut gleichzusetzen mit machen, da machen in mancherlei Hinsicht sowohl semantisch als auch funktional näher an do ist als an make (bspw. in der Funktion des Aufgreifens von vorher genannten Handlungen und Sachverhalten durch (das) machen - to do (that/ it), dazu Halliday/ Hasan (1976, S. 125f.) und diese Arbeit Abschn. 6.6.1.1). Diese englischsprachige Konstruktionsgrammatik-Diskussion lässt sich also nicht eins zu eins auf die deutsche übertragen, auch deswegen nicht, weil sich weder die Verwendung von make allein, noch die von do auf die von machen eins zu eins übertragen lassen. (make scheint wesentlich öfter in Resultativkonstruktion vorzukommen als do und auch als machen im Deutschen). Die Beispielsätze, die das Argument unterstützen sollen, lassen sich aber problemlos ins Deutsche mit machen übertragen, so dass anzunehmen ist, dass zumindest in Bezug auf die zugeschriebene inhärente Kausalität make und machen teilweise übersetzungsgleich oder zumindest sehr ähnlich sind. Somit soll hier zumindest eine Parallele zu der Vorgehensweise gezogen werden, die Bedeutung einer Konstruktion dem Verb zuzuschreiben, nur weil dieses semantisch relativ inhaltsleer ist. Empirische Untersuchung 175 nicht ausgedrückt werden, weil das Verb selbst verursachen bedeutet (ebd.). 170 So würde für die Äußerung They made him angry eine Paraphrase wie They caused him to be angry by making him nicht funktionieren (ebd., S. 539). Die Argumentation halte ich aber nicht für stichhaltig, da sie auf der semantischen Wohlgeformtheit von Paraphrasen beruht. machen hier mit machen zu paraphrasieren - bzw. make mit make - legt nahe, dass dieses Verb immer dieselbe Bedeutung haben müsse, und zwar die Bedeutung verursachen. Ebenso könnte angenommen werden - und dafür wird in dieser Arbeit argumentiert -, dass machen immer eine unterspezifische Handlungsbedeutung hat, auch in dieser Struktur. 171 Dass die Paraphrase so nicht funktioniert - wie auch in der Argumentation von Möller, siehe oben - liegt an der Formulierung der Paraphrase und nicht daran, dass machen aus sich heraus Resultativität oder Kausativität ausdrückt. Sinnvoller könnten dieselben Tatsachen ausgedrückt werden, indem man sie folgendermaßen formuliert: They caused him to be angry by acting in a certain unspecified way oder Er verursacht, dass die Uhr heil wird, indem er eine (oder mehrere) unspezifizierte Handlung(en) durchführt. Diese Sätze klingen zwar holprig und würden im Alltag so sicher selten bis gar nicht formuliert werden, aber sie sind semantisch gesehen sinnvoll und drücken genau jenes Konzept aus, welches durch die Konstruktion machen + Objektsprädikativ versprachlicht wird. In diesen Fällen gilt also wie in jenen mit spezifischem Handlungsverb, dass die resultative Lesart aus der Interpretation der AP als auf das Objekt bezogen entsteht und nicht aus der Verbbedeutung heraus. 170 Sie argumentieren außerdem dafür, dass resultative oder verursachende Verben wie get und make das Vorhandensein eines Objektsprädikativs als Resultat lizensieren und daraus produktive Strukturen mit spezifischeren Verben entstehen, bei denen im spezifischen Handlungsverb die Handlungsweise kodiert ist („productive constructions likely arise from speakers generalizing over verbs that lexically specify the corresponding forms and meanings“, Goldberg/ Jackendoff 2004, S. 539). Ähnlich kann man auch die Argumentation von Eichinger (2000, S. 126) und Möller (2010, S. 198) interpretieren, wobei Eichinger nicht explizit vermerkt, ob er wirklich die Kombination aus dem Verb machen + Adjektiv als zugrunde liegende Struktur für „resultative Prädikate“ (Eichinger 2000, S. 126) ansieht oder nur machen als eine Art „Platzhalter“ für ein Handlungsverb generell gebraucht. Möller ist hier expliziter, wenn er behauptet: „Allerdings bildet machen + Adjektiv das Muster für Resultativkonstruktionen“ (Möller 2010, S. 198), denn der Abschnitt, in welchem diese Aussage vorkommt, handelt ausdrücklich von der „Sonderstellung von machen“ im Zusammenhang mit Resultativkonstruktionen (ebd., S. 197f.). 171 Dass Verben in Resultativkonstruktionen keine andere Lesart haben als in allen anderen Strukturen, sagen Goldberg/ Jackendoff (2004) auch im selben Artikel, in dem sie Relativkonstruktionen beschreiben („The essential point is that the verb does not change its meaning so as to license these extra arguments“, ebd., S. 534). Dies übertragen sie allerdings nicht auf Verben, die eine derart unspezifische Bedeutung haben, dass die oft in solchen Konstruktionen (und in Konstruktionen generell) auftreten, ohne mehr Semantik zur Gesamtaussage beizutragen, als durch die Konstruktion ausgedrückt wird. Somit wird solchen Verben - wie get und make - die Konstruktionsbedeutung zugeschrieben. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 176 Folglich lässt sich die Verursachenssemantik der abstrakten Struktur ‘transitives Handlungsverb + Objektsprädikativ’ zuschreiben. Die Annahme, dass machen + Adjektiv eine Schablone oder das grundlegende Muster für Resultativkonstruktionen bildet, erscheint weniger sinnvoll, weil machen, wie jedes andere Handlungsverb, in diese Konstruktion eintreten kann, wodurch der Sprecher auf ein objektbezogenes Resultat einer unbestimmten Handlung fokussieren kann. Eine inhärente Resultatsemantik wäre auch meiner Meinung nach eher dann anzunehmen, wenn das Hinzufügen eines Objektsprädikativs zur Äußerung redundant wäre, da die Resultativität bereits im Verb verankert ist, wie beispielweise bei *Er repariert die Uhr heil oder *Sie tötet den Fisch tot. Diese Verben beinhalten in ihrer Semantik bereits ein ganz bestimmtes Resultat so stark, dass eine explizite Nennung ungrammatisch wirkt. Denkbar wäre hier die Nennung einer resultierenden Eigenschaft nur dann, wenn diese eine unerwartete wäre, man also ein untypisches Ergebnis dieser Tätigkeit betonen wollte: Er repariert die Uhr kaputt. Auch Verben, die keine bestimmte Handlung oder bestimmtes Resultat implizieren, die aber ein Objekt verlangen, welches einen resultierenden Zustand darstellt, wie verursachen oder bewirken, verlangen kein Objektsprädikativ, bzw. wäre das Hinzufügen eines Objektsprädikativs bei diesen Verben ungrammatisch, da die Bedeutung des Verursachens diesen Verben inhärent ist und nicht zusätzlich durch die Struktur geschaffen werden muss. Im Vergleich: *Er verursachte den Streit schlimm und Er verursachte den (schlimmen) Streit; mit machen sind beide Versionen möglich: Er machte den Streit schlimm und Er machte den (schlimmen) Streit. 172 Ein weiterer Hinweis auf eine inhärente Resultativsemantik wäre die obligatorische Anwesenheit der dritten Argumentstelle für eine Lesart verursachen oder in einen bestimmten Zustand bringen, wie sie für machen angenommen und auch in der Wörterbüchern vertreten wird. Dies stimmt aber für machen auch nicht, da eine Verursachens- oder Veränderungssemantik durch machen ohne Objektsprädikativ erreicht werden kann. Es kommt hierbei mehr auf den Kontext an, als auf das Vorhandensein einer resultativen Konstruktion. Die Resultativität kann auch entweder im Objektreferenten selbst stecken (Himbeersaft macht rote Flecken) 173 oder durch den Kontext impliziert werden (Ich 172 Letztere Äußerung wirkt schriftlich und kontextfrei eher markiert, ist aber dennoch eine durchaus realistische Verwendung von machen in einer spontanen Interaktion. 173 Der Ausdruck Flecken machen wird im DUW (2011, S. 1143) als Belegbeispiel für „1b verursachen, bewirken, hervorrufen“ aufgeführt, die Ausdrücke mit adjektivischem Objektsprädikativ unter „2a in einen bestimmten [veränderten] Zustand bringen, versetzen“ (ebd., S. 1144). Die Unterteilung in zwei distinkte Lesarten beruht also hauptsächlich auf den unterschiedli- Empirische Untersuchung 177 war gerade in der Werkstatt. Die machen bestimmt bis morgen das Auto). Das Hinzufügen eines Objektsprädikativs ist also nur eine formale Möglichkeit von mehreren, generell eine resultative Semantik auszudrücken; und speziell im Fall von machen, eine Deutung verursachen oder bewirken hervorzurufen. Wie auch bei vielen machen-Objekt-Kombinationen gibt es bei Konstruktionen mit adjektivischem Objektsprädikativ ebenfalls Verwendungen, die so gängig sind, dass sie als Einheit wahrgenommen werden, was sich darin manifestiert, dass in manchen Wörterbüchern die Zusammenschreibung dieser Kombinationen als Variante aufgeführt wird. So bspw. bei kaputtmachen (DUW 2011, S. 966; WDG 1981b, S. 2040), fertigmachen (DUW 2011, S. 592; WDG 1981b, S. 2040), irremachen (DUW 2011, S. 932; WDG 1981b, S. 1979) bzw. kirremachen (DUW 2011, S. 993) oder auch kaltmachen (DUW 2011, S. 957; WDG 1981b, S. 2021). Besonders Letzteres fällt hierbei natürlich dadurch auf, dass kaltmachen in der Zusammenschreibung eine eigene Bedeutung aufweist (nämlich skrupellos töten bzw. ermorden) und auch nur mit dieser Bedeutungszuschreibung in den hierzu konsultierten Wörterbüchern zusammengeschrieben aufgeführt ist. Ebenso haben fertigmachen und kaputtmachen im DUW einen zweiten Eintrag für die nur zusammengeschriebene Version, die eine übertragene Lesart aufweist. Die veränderte Semantik der zusammengeschriebenen Varianten liegt aber an einer semantischen Erweiterung/ Verschiebung der Bedeutung des Adjektivs kalt (bzw. fertig oder kaputt) und nicht an einer veränderten Semantik des Verbs machen oder einer neuartigen semantischen Beziehung des Objektprädikativs hinsichtlich des Objektreferenten. Doch selbst in den übertragenen Bedeutungen kann eine teilweise kompositionelle Deutung der Einzelteile gerechtfertigt sein, da machen eine derart unspezifische Handlung beschreibt, dass sie Resultate jedweder Art verursachen kann, egal ob nun bspw. kalt oder tot gemeint ist. Beide Zustände sind durch die Handlung machen verursacht, also bleibt der Beitrag des Verbs wie auch der Bezug des Objektprädikativs zum Objektreferenten in wörtlicher wie in übertragener Verwendung gleich. Der Unterschied besteht darin, dass aber kaltmachen und fertigmachen nur in dieser Kombination - in entsprechenden Kontexten - die nicht-kompositionelle Bedeutung haben, weder das Verb noch das Adjektiv lassen sich durch ein anderes austauschen. So gesehen ist in diesen Fällen eine Zusammenschreibung durchaus sinnvoll, da es sich um lexikalische Einheiten handelt - anders als bei fertig machen in seiner wörtlichen Bedeutung, welches je nach Kontext durch fertig stellen, fertig schreiben oder generell auch durch bereit machen, tauglich machen und Ähnlichem ausgedrückt werden könnte. chen Paraphrasen der (angenommenen) Bedeutungen bzw. auch auf dem formalen Vorhandensein des adjektivischen Objektsprädikativs. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 178 machen tritt häufig in derartig gängigen Verbindungen auf, weil die Unterspezifiziertheit des Verbs es erlaubt, zusammen mit der AP ein Prädikat zu formen und so eine Handlung zu versprachlichen, die zum einen das Verursachen eines bestimmten Zustands fokussiert und für die es zum anderen kein synonymes Einzelverb im Deutschen gibt. Dies kann in den Fällen eingesetzt werden, wenn einer bestimmten Eigenschaft keine spezifische verursachende Handlung zugeschrieben werden kann (wie bspw. bei geistigen Eigenschaften: (sich) schlau machen, (etwas) deutlich machen, (jemanden) irre machen) oder wenn der Fokus auf die verursachte Eigenschaft der eigentliche kommunikative Zweck ist und die Handlung selbst nur Nebensache. 174 Die Fokussierung auf den resultierten Zustand im Gegensatz zur verursachenden Handlung zeigt sich zum Beispiel darin, dass eine Kombination wie kaputt machen für viele Arten des Ruinierens oder Demolierens verwendet wird, seien sie gegenständlicher oder abstrakter Art. 175 Derlei Kombinationen mit machen + Adjektiv, die usuell verwendet werden, um zu beschreiben, dass eine unspezifische Handlung eine spezifische Auswirkung hat, gibt es zahlreiche im Deutschen. Ein präziseres Verb ist in diesen Fällen entweder nicht vorhanden oder verschiebt den Fokus vom Resultat auf die Handlungsweise, was für den Sprecher eventuell nicht der Kern seiner Aussage ist. Dass es für viele der machen + Adjektiv-Kombinationen kein Verb gibt, welches die Kausativität ausdrückt und dasselbe Resultat beschreibt (verrückt machen - *verrückten, plausibel machen - ? plausibilisieren) (vgl. auch Möller 2010, S. 201f.), soll laut Möller (2010, S. 202) nicht nur der Grund für die Verwendung von gängigen Verbindungen sein, sondern auch der für den produktiven und kreativen Gebrauch. Dies deckt sich auch mit den in den Daten gefundenen Kombinationen, die neben gängigen und lexikalisierten Verwendungen auch einige spontan gebildete beinhaltet, wie wasserdurchlässiger machen oder oben ohne machen. Derartige spontan gebildete Verwendungen der Konstruktion kommen also auch in den zugrunde liegenden Daten vor, sie sind jedoch in der Minderzahl. Spontane von usuellen Verwendungen scharf zu trennen ist jedoch nicht so einfach möglich, wie bereits mehrfach erwähnt wurde. Eindeutige Kriterien für die Abgrenzung von lexikalisierten zu Ad-hoc-Ausdrücken gibt es nicht, 174 Zustände wie irre oder schlau können zwar durch bestimmte, spezifische Handlungen verursacht werden (Dein Hin- und Hergerenne macht mich ganz irre! Lesen macht schlau! ), jedoch sind dies keine Handlungen oder Sachverhalte, die als Default jene Zustände bei jemandem bewirken können. jemanden irre rennen ist deswegen auch kein gängiger Ausdruck, im Gegensatz zu bspw. etwas kaputt schlagen (was einen eigenen Eintrag im DUW (2011, S. 966) hat) oder etwas grün streichen. 175 Siehe dazu einen Vergleich weiter unten in diesem Abschnitt. Empirische Untersuchung 179 ein hochfrequenter Gebrauch kann jedoch einen Hinweis auf die Usualität 176 eines Ausdrucks liefern. Die am häufigsten vorkommenden Verwendungen bei den Strukturen mit adjektivischem Objektsprädikativ im zugrunde liegenden Korpus sind fertig machen (n = 23), deutlich machen (n = 19), klar machen (n = 11) und kaputt machen (n = 8). Die Mehrzahl der Verwendungen kommt nur einmal in den Daten vor, diese sind aber nicht alle als Spontanbildungen anzusehen, darunter sind auch Fälle wie ausfindig machen, (sich) beliebt machen, (sich) bereit machen, (sich) frisch machen, möglich machen und (sich) vertraut machen. Ad hoc gebildet und situationsbezogen scheinen mir dagegen Kombinationen wie vorteilhaft machen, oben ohne machen 177 und durcheinander machen. Ein entsprechendes Verb für diese Prädikationen zu finden ist schwierig; deswegen ist die Bildung einer Resultativkonstruktion mit machen eine unmarkierte Alternative, um die entsprechenden Konzepte zu versprachlichen. Einige der machen + AP-Verbindungen werden aber auch so frequent genutzt, dass sie als Einheit interpretiert werden und nicht kompositional zu deuten sind. Das heißt, machen stellt in diesen Verbindungen keine nicht weiter spezifizierte Handlung dar, die im situativen oder sprachlichen Kontext impliziert ist, sondern machen + AP hat seine eigene Semantik, die sich - auch wenn sie kompositionell erscheinen mag - nicht so einfach auseinander dividieren lässt und über das hinaus geht, was die einzelnen Bestandteile denotieren. Der folgende Ausschnitt aus einem Studentengespräch illustriert eine derartige Verwendung: (26) FOLK_E_00046_SE_01_T_01_DF_01, Segment 609 [00: 19: 27-00: 19: 37] 01 AM (aber) [leo man MUSS sich doch irgendann drum] kÜmmern; 02 VW [nee noch schlimmer als stadt_c ] 03 AM mi mich macht des total verRÜCKT in den let[zten zwei wOchen; ] 04 LP [ich mach überHAUPT gar] keinen str[Ess,] 05 AM [ I]CH mach mich und euch verrÜckt dadurch; 06 VW [also Ich werd gr][ad hier ] durch EUch verRÜCKT, 07 LK [ja ja j[a ] 08 LP [ä ][hm ] 09 VW obwohl ICH des noch gar nich bräuch[te; = 10 LK [ja; =ne? ] 11 VW =(jetzt) ab]ber- 176 Zur Auffassung des Begriffs Usualität und dem Zusammenhang mit Häufigkeit siehe den letzten Absatz in Abschnitt 4.2.3.2. 177 oben ohne ist keine AP, sondern eine AdvP. Da sie aber als Objektsprädikativ funktioniert, wird sie hier mit einbezogen. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 180 In diesem Beispiel gibt Anita (AM) an, die gegenwärtige Situation der Prüfersuche (das (Z. 03)) mache sie selbst verrückt (Z. 03), wodurch sie ihre Kommilitonen und sich selbst in denselben Zustand versetzen würde (Z. 05). Hierbei wird dem Subjektreferenten jeweils durch die Agensrolle die Verantwortlichkeit für die Eigenschaft zugeschrieben, die der Objektreferent durch das Handeln des Subjektreferenten erst bekommt. Die Eigenschaft, die durch das Objektsprädikativ benannt wird, wird so als (mögliches) Resultat der unspezifizierten Handlung des Subjektreferenten dargestellt. Die Handlungen selbst, die die Eigenschaft beim Objektreferenten bewirken, sind letztendlich für die Aussage, die getroffen werden soll, irrelevant. In beiden Verwendungen erhält das Adjektiv eine Fokussierung, in der ersten trägt es den Hauptakzent, in der zweiten den Nebenakzent. 178 Ausgesagt werden soll, dass zum einen die bestehende ungewisse Prüfersituation (das) bei Anita den Zustand verrückt verursacht und dass sie selbst (ich) wiederum diesen Zustand bei ihren Kommilitonen (und sich selbst) auslöst. verrückt machen ist ein Beispiel dafür, dass viele der machen + Objektsprädikativ-Kombinationen lexikalisierte Einheiten bilden, auch wenn diese Kombination kompositional gedeutet werden kann. machen stellt keine unspezifizierte Handlung dar, sondern verrückt machen beschreibt den Vorgang, bei einer Person negative Gefühle auszulösen, ähnlich den Verben irritieren oder beunruhigen. Diese Prädikation hat also einen Stimulus als Subjektreferent und resultiert in einem Zustand. Diese Kombination wird oft gebraucht, wenn es darum geht, zu beschreiben, wie Situationen oder das Vorhandensein von bestimmten Stimuli Personen irritiert, nicht sie verändert. 179 Dass dieser Ausdruck trotz seines Status als lexikalische Einheit dennoch theoretisch kompositional deutbar ist, ist einer der Gründe, weswegen Resultativkonstruktionen dieser Art in der Literatur oft als problematisch angesehen werden, 180 denn es stellt sich häufig die Frage, ob Resultativkonstruktionen „[q]uasi grammati- 178 Der Grund dafür, dass hier die Sprecherin Anita (AM) den Fokusakzent auf das Pronomen ich legt, ist wahrscheinlich, dass sie gegen die Äußerung von Leo (LK) argumentieren möchte, der vor dem zitierten Ausschnitt die Sprecherin Lena (LP) der Panikmache beschuldigte. Anita möchte hier betonen, dass sie selbst es ist, die die Panik und den Stress um die Prüfungen verursacht, und nicht Lena. 179 Am häufigsten wird verrückt machen in den Daten in einer „Fake-Reflexiv“-Struktur (Möller 2012, S. 103) verwendet (sich verrückt machen) und die Subjektreferenten sind fast ausschließlich Sachverhalte und keine spezifisch benennbaren Handlungen. Allerdings werden von den 6 Verwendungen 4 von derselben Sprecherin (derselben wie im zitierten Beispiel (26)) geäußert und eine von deren Freund, aber nicht alle im selben Sprechereignis. Deshalb kann hier keine substanzielle und generelle Aussage über die Verwendung von verrückt machen basierend auf den zugrunde liegenden Daten getroffen werden. 180 Vgl. dazu Möller (2012, S. 102ff.) und seine Literaturverweise zu den Diskussionen. Empirische Untersuchung 181 kalisiert oder doch valenzbasiert, frei konstruierbar oder lexikalisch festgelegt“ sind (Möller 2012, S. 103). Dadurch, dass die Strukturen transparent erscheinen, scheinen sie frei kombinierbar zu sein, der Blick auf den Gebrauch allerdings zeigt, dass zum einen kreative Kombinationen nicht allzu häufig verwendet werden, sondern eher gängige und rekurrente, 181 und dass diese zum anderen nicht unbedingt - wie das obige Beispiel zeigt - als kompositionale Strukturen verwendet werden. Am Beispiel des Ausdrucks kaputt machen möchte ich kurz demonstrieren, dass es nicht einmal bei ein und derselben Kombination von machen + adjektivischem Objektsprädikativ möglich ist, genau zu bestimmen, ob es sich um eine kompositionale Verwendung oder eine lexikalisierte Einheit handelt, da je nach Kontext die Bezüge der einzelnen Elemente oder des gesamten Ausdrucks anders gedeutet werden können. Bei kaputt machen kann es wirklich darum gehen, die beabsichtigte Herbeiführung der Eigenschaft kaputt im Sinne von zerbrochen oder nicht mehr ganz durch eine spezifische, aber nicht spezifisch bezeichnete Handlung bei einem konkreten Gegenstand zu beschreiben: (27) FOLK_E_00039_SE_01_T_03_DF_01, Segment 111 [00: 52: 46-00: 52: 59] 01 XK1 soll ich die k (.) kaPUTT machen die tAsse ? 02 (0.72) 03 XK1 ey soll ich die tAsse hier gegen die WAND werfen ? 04 (0.52) 05 XK2 du hast ne [TASse +++; =gell, ] 06 EL [wat steht_n da für_ne TA]Sse; 07 (0.76) 08 XK1 BITte? 09 (1.06) 10 ((Tasse fliegt gegen Wand)) 11 EL (.) ((erschrickt)) 12 (0.96) 13 XK1 alter die is nich kaPUTT gegangen ; 14 was is DAS denn- Diese Interaktion passiert im Hintergrund des Paargesprächs zwischen Elena (EL) und Norbert und spielt sich vor dem Fenster des Raumes ab, in dem die Aufnahme gemacht wird. Der unbekannte Junge fragt seinen Freund, ob er eine Tasse zerstören soll (Z. 01), indem er diese gegen die Wand wirft (Z. 03). Nachdem er diese Handlung ausgeführt hat (Z. 10), wundert er sich, dass die Tasse noch heil ist (Z. 13/ 14). 181 Auf dieses Ergebnis kommt auch Möller (2010, S. 199) in seiner Korpusuntersuchung, in welcher Parlamentsreden als Basis benutzt werden. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 182 Es geht dem Jungen in Zeile 01 wirklich vornehmlich darum, zu erfragen, ob der Zustand kaputt bei der Tasse durch ihn hergestellt werden soll. Wie genau dies geschehen soll, wird in der Folgeäußerung spezifiziert. Ziel der - konkret benennbaren - Handlung und somit auch Fokus der Äußerung ist aber offenbar, dass die Tasse am Ende kaputt sein soll, denn dass dies nicht eintritt, führt zu Irritationen bei dem Jungen (Z. 13/ 14). kaputt machen denotiert hier also das absichtliche Zerstören eines Gegenstandes durch eine willentlich vorgenommene und nur diesem Zweck dienliche Handlung, wobei machen die Handlungsweise selbst (unspezifisch) bezeichnet und kaputt das erwünschte Resultat, welches der Subjektreferent herbeiführen will. Die Handlung selbst ist im Zuge der Äußerung nicht relevant, auch wenn sie in Zeile 01 sogar bereits hätte konkret benannt werden können (kaputt werfen). In diesem Fall ist eine kompositionale Interpretation also durchaus gerechtfertigt, denn eine Handlung, die das gewünschte Resultat hervorrufen soll, ist klar benennbar und eine Begründung, wieso diese in der Äußerung selbst durch machen umschrieben wird, kann aus der Analyse nachvollziehbar geliefert werden: die Fokussierung auf das Resultat der Handlung und die Entzerrung der Informationsdichte der Äußerung. Bei einem Meeting in einer sozialen Einrichtung geht es dagegen vornehmlich darum, die Verantwortlichkeit der Sprecherin für das Nichtfunktionieren von Geräten zu verdeutlichen und weniger darum, eine spezifische Handlung zu beschreiben, bzw. anzukündigen. Hierbei ist zum einen der Zustand nicht als willentlich hervorgerufen dargestellt und zum anderen eine spezifische Handlung weder benennbar noch aus dem Kontext interpretierbar: (28) FOLK_E_00026_SE_01_T_03_DF_01, Segment 318 [01: 56: 30-01: 56: 46] 01 AW jetzt nimmt er AUF; =odder,= 02 XW =ah 03 ((Atemgeräusche, 0.93 Sekunden)) 04 SZ ach lEUchtet DES nich? 05 (0.66) 06 AW des LEU[CHtet doch, ] 07 SZ [des LEUCHtet; 08 ja] DANN: nimmt_s bestimmt AUf; 09 ((Nebengeräusche, 3,21 Sekunden)) 10 AW oKAY,=°hh 11 so viel dann DAzu, 12 SZ ((lacht)) 13 AW wär nicht des ERSte gerät des ich kapUtt mach[en würde ; ] 14 MS [((l a c h][t)) ] 15 AW [so ((lacht)) WEIter; ] Empirische Untersuchung 183 In dieser Sequenz haben die Gesprächsteilnehmerinnen gerade Probleme mit dem Aufnahmegerät: Sie sind sich nicht sicher, ob es noch aufnimmt. Nachdem die Funktionsfähigkeit bestätigt wurde (Z. 07/ 08), gibt Annabelle (AW) an, dass sie bereits in der Vergangenheit technische Geräte kaputt gemacht hätte (Z. 13), ohne dabei genau zu benennen wie. Da sie diese Tatsache im Zusammenhang mit einer Situation beschreibt, in der keine für sie erkennbare und daher auch keine von ihr beabsichtigte Handlung zu einem möglichen Defekt des Aufnahmegeräts geführt haben kann, ist anzunehmen, dass sie mit ihrer Äußerung auf ähnliche Situationen verweist, in denen Geräte nicht mehr funktionierten, ohne dass sie bewusst dazu beigetragen hätte. Die Art des Defekts der Geräte und die Handlung, durch die besagte Geräte ihre Funktion eingebüßt haben, bleiben unspezifisch, denn sie sind weder benennbar, noch sind sie der Punkt. Die Äußerung dient der Begründung, warum sich Annabelle bei dem Umgang mit Geräten und deren Funktionen unsicher ist 182 und impliziert keine Absicht bei der Sprecherin, sondern lediglich die Verantwortlichkeit dafür, dass Geräte scheinbar durch (unbeabsichtigte) Handlungen, die sie ausführt, nicht mehr funktionieren. kaputt als Zustand wird auch auf Abstrakta angewendet. In diesem Zusammenhang ist eine Handlung, die diesen Zustand hervorruft, mitunter noch unbestimmbarer. Aber auch in diesen Verwendungen geht es überwiegend darum, den Subjektreferenten mit der Verursachung des Zustandes und dem Objektreferenten in Verbindung zu setzen. Es ist hierbei teilweise nicht einmal genau bestimmbar, was mit kaputt konkret gemeint ist. Im folgenden Beispiel bezichtigt der Sprecher die Rezipientin, durch ihr Verhalten negativen Einfluss auf den Objektreferenten auszuüben. Die Intention seiner Äußerung ist die Kritik an der Rezipientin und ihrem negativen Einfluss: (29) FOLK_E_00046_SE_01_T_02_DF_01, Segment 19 [00: 26: 01-00: 26: 10] 01 AM keine <<lachend> KINder kriegen s[ag ich Immer>; ] 02 VW [zwei; = 03 =ja] ZWEI; 04 n JUNge und n mÄdchen; 05 (1.0) 06 LK DU (.) mAchst unser lAnd kaPUTT. 07 (0.88) 08 AM ((lacht)) sagt meine mUtter AUCH immer zu mir; =°h 182 Es ging vor der gezeigten Sequenz darum, dass die Gruppenmitglieder eigentlich vorhatten, das Gerät auf Pause zu stellen, um eine Rauchpause einzulegen. Dabei waren sie sich anscheinend nicht sicher, welcher Knopf das Gerät auf Pause und welcher es aus stellt und im Zuge dessen wurden sie sich unsicher, ob es gerade überhaupt noch aufnimmt. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 184 Leo (LK) beschuldigt Anita (AM), dass sie Deutschland durch ihre Entscheidung gegen eigene Kinder kaputt machen würde (Z. 06). Dies meint natürlich nicht die physische Zerstörung eines Landes, sondern eher eine, die das Funktionieren eines bestimmten Systems - nämlich des Rentensystems - betrifft. Leo geht es also mit seiner Äußerung speziell darum, Anita selbst die Verantwortlichkeit für den Ruin des Rentensystems des Landes zuzuschreiben, denn er verweist mit keinem der ihm zur Verfügung stehenden Mittel auf die Umstände oder die Handlung (oder besser: Nichthandlung) hin, die diesen Zustand verursachen (bspw. durch Formulierungen wie Das macht unser Land kaputt; Damit machst du unser Land kaputt oder So machst du unser Land kaputt). Es geht also auch hier eher um Verantwortungsals um Handlungszuschreibungen und darum, dass etwas Bestimmtes nicht mehr so funktioniert, wie es sollte. In dieser Verwendung ist nicht nur das Handlungs- oder Verantwortlichkeitskonzept abstrakter als in Beispiel (27) mit der kaputten Tasse, auch das Konzept von kaputt ist in diesem Fall nicht exakt zu benennen, da es sich auf keine konkrete Entität bezieht, sondern auf eine abstrakte. kaputt kann also nicht als zerbrochen oder defekt angesehen werden, denn es bezieht sich auf die Auflösung von konstruierten Strukturen und ist somit viel weniger greifbar als ein Tonbandgerät, das nicht aufnimmt. Leos Zuschreibung der Verantwortung dient hier der generellen Kritik an Anitas gewähltem Lebensweg und weniger der Zuschreibung der Eigenschaft kaputt zum Land durch eine unbestimmte Handlung ihrerseits. kaputt machen in dieser Verwendung bekommt die Bedeutung von ruinieren oder zerstören und bezeichnet so im Ganzen eine agentive Handlung, deren scheinbar kompositionale Einzelteile nicht einzeln durch synonyme Ausdrücke ersetzt werden können, ohne dass dies den Sinn der Äußerung verändern würde. Denn eine konkrete Handlung lässt sich Anita wie beschrieben nicht zuordnen, so dass kein spezifischeres Verb als machen hier einsetzbar wäre; und auch der von Leo ausgedrückte Zustand kaputt lässt sich nur schwer durch einen anderen Ausdruck beschreiben, der eine ebenso konventionelle Verbindung mit machen ausdrückt wie kaputt machen (? Du machst unser Land defekt/ unstabil/ abgeschlagen). Leo müsste dafür eine gänzlich andere Struktur wählen. Dieser Ausdruck lässt sich also für die unterschiedlichsten Konzepte von Ruinieren oder Demolieren einsetzen, deren Gemeinsamkeit darin besteht, dass dem Subjektreferenten eine gewisse Art der Verantwortlichkeit für die dem Objektreferenten zugeschriebene Eigenschaft kaputt zugewiesen wird, und die zusätzlich erlaubt, die Handlung, die zu der Eigenschaft führt, und auch die Beschaffenheit des Kaputtseins möglichst vage zu halten. Dadurch, dass machen ein derartig weit gefasstes Konzept der Agentivität beitragen kann, welches nicht nur Handlungen, sondern Verantwortlichkeit und Einfluss umfasst, ist es möglich, derartig viele unterschiedliche Konzepte mit einem machen-Ausdruck zu beschreiben. Der Übergang von Verwendungen, Empirische Untersuchung 185 die eindeutig kompositional interpretierbar sind, zu denen, die deutlichen Einheitsstatus haben, ist also - wie ersichtlich wird - auch bei lexikalisch identischen Verbindungen fließend und nicht immer genau bestimmbar. Ein sehr eindeutiger Hinweis für den Status eines machen + Adjektiv-Ausdrucks als Einheit zeigt sich in den Fällen, in denen diese Verbindung auch ohne Objekt als intransitives Prädikat gebraucht werden kann, wie es bspw. bei sauber machen der Fall ist: (30) FOLK_E_00024_SE_01_T_06_DF_01, Segment 365 [01: 55: 18-01: 55: 23] 01 HM was machsch_n du wenn du geburtstag MACHSCH? 02 dann läsch dann die wohnung EIdrecke un machschst am nägschde tag sAUwer, 03 (ah gut) vielLEICHT; =°hh sauber machen wird hier in der Bedeutung von putzen gebraucht, welches auch als synonymes Verb in diese Äußerung eingesetzt werden kann, ohne dass sie sich strukturell oder semantisch verändert (bis auf die Tatsache, dass putzen kein trennbares Verb ist). Mit einer anderen, ebenfalls als lexikalische Einheit interpretierbaren Kombination wie bspw. kaputt machen wäre eine derartige Formulierung nicht möglich, was belegt, dass es sich hierbei nicht um eine (ohnehin sehr seltene) Objektellipse handelt: ? Dann lässt du die Tasse heute stehen und machst morgen kaputt. Diese Äußerung wirkt ungrammatisch und auch die Paraphrasen von kaputt machen lassen sich hier nicht strukturgleich einsetzen, da diese ebenfalls transitiv sind (zerstören, demolieren, zerschlagen, ruinieren, beschädigen, etc.). sauber machen hat also im Sprachgebrauch die Bedeutung von putzen oder reinigen eingenommen und kann auch entsprechend intransitiv verwendet werden. machen kann in diesen Fällen gar nicht mehr als transitives Verb in einer Struktur mit Objektsprädikativ gedeutet werden, sondern nur als Bestandteil des Prädikats sauber machen. Verwendungen mit machen wirken aufgrund seiner Funktion als generelles Handlungsverb eher selten innovativ oder kreativ, 183 sie erscheinen höchstens bei Ausdrücken, bei denen ein Objektsprädikativ kollokativ ein bestimmtes, spezifischeres Verb nahelegen würde, umgangssprachlicher als die Verwendung mit dem entsprechenden Verb (bspw. bei der Verwendung mir wollen euch net DURSCHenanner mache jetzt (do), 184 im Vergleich zu durcheinander bringen). Manche Formulierungen aus machen + Adjektiv wirken dagegen pro- 183 Ein Beispiel für eine eindeutig kreative Verwendung wäre für mich oben ohne machen (siehe Beispiel (24)), ansonsten sind auch weniger generisch wirkende Verwendungen wie plausibel machen oder durchlässig machen eher als Prädikationen von Konzepten anzusehen, für die es kein Einzelverb gibt. 184 FOLK_E_00006_SE_01_T_02_DF_01, Segment 88 [00: 31: 03-0: 31: 05]. In diesem Ausschnitt einer Berufsschulinteraktion wird aus dem Kontext deutlich, dass der Berufsschullehrer hier Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 186 visorisch im Vergleich zu einer Formulierung mit einem synonymen Verb, wie in der Verwendung aus dem Ausschnitt aus den Stuttgart-21-Schlichtungen: (31) FOLK_E_00069_SE_01_T_01_DF_01, Segment 739 [00: 38: 09-00: 38: 33] 01 WW der KARST- 02 der kAlkstein ist sehr STANDfest; 03 und kann sEhr große hohlräume überBRÜcken; 04 (0.33) 05 WW °h im Unterschied zu andern geSTEInen,=°h 06 so dass sich diese GROßen-=°h 07 HÖHlen ausbilden können; = 08 =wie lEIchinger TIEfenhöhle-=°h 09 und so WEIter; 10 meinetWEgen; =°h 11 äh DIEse höhlen- 12 und dIE stehen vorwiegend im Oberen bereich an u- 13 und diese (0.26) KARSThohlräume,=°h 14 machen die DURCHlässigkeit des karstes- 15 (.) SEHR sEhr hoch, 16 (0.38) 17 WW °h so dass wAsser drin verSCHWINden kann; =h° In diesem Ausschnitt erklärt Walter Wittke (WW) die Problematik von Kalkstein beim Tunnelbau. Denn im Kalkstein (auch Karststein genannt) können sich Tunnel bilden, sogenannte Karsthohlräume, welche die Wasserdurchlässigkeit des Gesteins erhöhen. Um dies auszudrücken verwendet Wittke eine Formulierung mit machen und dem Adjektiv hoch. Die Äußerung diese KARSThohlräume machen die DURCHlässigkeit des karstes SEHR sEhr hoch (Z. 13/ 14) wirkt im Vergleich zu Diese Karsthohlräume erhöhen die Durchlässigkeit des Karstes sehr weniger formell, denn der Ausdruck etwas hoch machen wird eher auf Gegenstände wie Rollläden oder Zugbrücken bezogen, nicht auf Werte. Die Komponenten, auf die es dem Sprecher besonders ankommt, können aber dank dieser Konstruktion besser betont werden, denn die Dopplung von sehr, von denen eines den Fokusakzent trägt und die beide betont sind, wäre bei der Verwendung des Verbs erhöhen so nicht möglich gewesen (*Diese Karsthohlräume erhöhen die Durchlässigkeit des Karstes sehr sehr.) Dies hätte durch ein weiteres Adjektiv (sehr sehr stark) oder ein anderes Adverb als Intensivierung (erhöhen die Durchlässigkeit erheblich/ dramatisch) vorgenommen werden müssen. Des Weiteren sind in dieser Äußerung viele lexikalische Argumente, die Informationsdichte ist daher sehr hoch. Ein unspezifisches Verb wie machen entzerrt hier den Informationsgehalt der doch recht komplexen Aussage, aussagt, dass er nicht für die Verwirrung - oder des Zustands des Durcheinanderseins - seiner Schüler verantwortlich sein möchte. Empirische Untersuchung 187 die sich über drei Intonationsphrasen erstreckt. Jede von diesen Intonationsphrasen enthält einen besonders wichtigen Inhalt, der den Fokusakzent trägt: Karsthohlräume (Z. 13), Durchlässigkeit (Z. 14), sehr sehr hoch (Z. 15). machen verbindet diese drei Argumente auf die bereits dargelegte Weise, was es dem Sprecher ermöglicht, darzulegen, dass Karsthohlräume verantwortlich für die (sehr sehr) hohe Durchlässigkeit des Karstes sind. Außerdem ist es durch diese Konstruktion möglich, dass sowohl die Eigenschaft der Durchlässigkeit des Karstes (SEHR sEhr hoch) extra betont werden kann, als auch, dass zusätzlich der nominale Fachausdruck Durchlässigkeit beibehalten werden kann. 185 6.4.2.2 Resultative Lesart durch Präpositionalphrasen Auch das Hinzufügen von präpositionalen Ergänzungen kann eine resultative Lesart begünstigen; hierbei werden Anfangsbzw. Endzustand einer durch eine Handlung beeinflussten Entität (und Sachverhalts) ausgedrückt, wie etwa bei den beiden Mustern etwas zu etwas V-en und etwas aus etwas V-en. Diese beiden Argumentstrukturmuster werden auch als Material-Produkt- Alternanz bezeichnet (Winkler 2015), dies bezeichnet „Satzpaare“, „bei denen einmal das Argument, das ein Material bezeichnet, und einmal das Argument, das das daraus hergestellte Produkt bezeichnet, entweder in Form einer Präpositionalphrase bzw. als direktes Objekt realisiert werden können und in diesen Positionen alternieren“ (ebd., S. 201). 186 Auch hier ist es theoretisch vor- 185 Des Weiteren zeigt sich hier auch die Funktion von machen bei der Planung von Gesprächsbeiträgen: Der Sprecher wusste anscheinend schon, dass er den Karsthohlräumen in Bezug auf die Wasserdurchlässigkeit irgendeine Art der Verantwortlichkeit bzw. Wirkung zuschreiben möchte, nur die Art, wie diese am besten ausgedrückt würde, war zum Zeitpunkt der Äußerungsformulierung noch nicht vollständig vorgeplant. Darauf deutet zum einen die Verwendung von hoch machen anstelle des entsprechenden Verbs hin, und zum anderen das kurze Zögern vor der Formulierung des Objektsprädikativs. machen kann und wird also auch als eine Art „Verzögerungstaktik“ verwendet, um eine dem geplanten Konzept angemessene Formulierung zu finden. Diese Strategie wird ausführlicher in Abschnitt 6.6.4 behandelt. 186 Winkler (2015) hat diese Alternanz auf die Frage hin untersucht, ob in beiden Argumentstrukturmustern in der Verwendung (basierend auf schriftsprachlichen Daten) dieselben bzw. ähnliche Verben in einer ähnlichen Verteilung vorkommen (ebd., S. 201). Sie untersucht also nicht, ob es ähnliche Arten der Verwendung der beiden Konstruktionen mit derselben Verbfüllung gibt. Aufgrund der extrem hohen Anzahl an Vorkommnissen der Präpositionen generell in ihrem Untersuchungskorpus (DeReKo) und den vergleichsweise sehr wenigen Treffern, bei denen die Präpositionen in der gesuchten Alternanz vorkamen, wurde die Suche auf Präposition + bestimmtes Nomen, das ein Material oder Produkt bezeichnet, eingeschränkt (ebd., S. 203f.). Auf diese Weise wurde also schon von vornherein den beiden Argumentstrukturmustern eine semantische Restriktion vorgegeben, die sich auf das konkrete Manipulieren von (dinglichen) Stoffen bezieht. Geistige Modifikationen oder abstrakte Veränderungen wurden nicht in der Suche miteinbezogen und kommen deswegen auch nicht als mögliche Bedeutungen des Argumentstrukturmusters in dieser Untersuchung vor, deren Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 188 stellbar, produktiv eine Veränderung und/ oder Modifikation darzustellen und machen als ein Verb anzunehmen, welches in diese Konstruktionen eintritt und in beiden Formen neutral die Veränderungen mit jeweils verändertem Fokus beschreibt: Wir machen Saft aus Orangen/ Wir machen Orangen zu Saft. Aufgrund der Ähnlichkeit der Bedeutung der beiden Konstruktionen, die sich formal jeweils nur in der Perspektive des Veränderungsprozesses unterscheiden, könnte angenommen werden, dass beide Konstruktionen zur Beschreibung derselben oder ähnlicher Handlungen und/ oder Prozesse verwendet werden. Ausgehend von der Betrachtung der Fälle in den zugrunde liegenden Daten kann allerdings gesagt werden, dass dies nicht der Fall ist. Besonders die Konstruktion etwas zu etwas machen wird nicht als eine Variation von vielen möglichen gebraucht, um Veränderung auszudrücken, sondern es wird hier eine ganz bestimmte Semantik ausgedrückt. Die Slots für Subjekt und Objekt sind dabei semantisch restringiert, so dass hiermit tendenziell eine Statusveränderung ausgedrückt wird. Bei der Verwendung dieser Struktur wird sich entweder auf Personen bezogen, die durch andere Personen erzogen, ernannt oder in bestimmte Stellungen gebracht werden, wie in oder machen halt den einen zum ZEUgen, und den anderen zum ANgeklagten; 187 . Derart ist etwas zu etwas machen auch in den konsultierten Wörterbüchern aufgeführt. 188 Oder es wird sich auf Sachverhalte bezogen, die einen bestimmten Status zugesprochen bekommen (sollen), wie in der als feste Wortverbindung einzustufenden Phrase jemanden oder etwas zum Thema machen oder in einer Äußerung wie da mach mer doch specksplein zum beispiel zu so ner akTION; 189 . Ergebnisse auch nur Tendenzen darstellen und nicht als absolute Aussagen aufgefasst werden sollen (ebd., S. 213f.). machen kommt bei beiden Alternanzen mit den konkreten Bedeutungen ein bestimmtes Produkt aus etwas herstellen bzw. einen bestimmten Stoff zu etwas verarbeiten vor (ebd., S. 210), wobei es in der aus-Alternanz häufiger vorkommt (ebd., S. 206), als in der zu-Alternanz, bei dem generell wenig Verbvariation herrscht (ebd., S. 210). 187 FOLK_E_00066_SE_01_T_02_DF_01, Segment 1257 [01: 09: 17-01: 09: 20]; in diesem Gespräch unter Freunden wird gerade über Zwillinge gesprochen, von denen einer ein Verbrechen verübt hat. Derjenige kann aber nicht eindeutig überführt werden, weil sich die DNA der beiden zu sehr ähnelt und deswegen nicht klar ist, wer von beiden der Täter ist. Die Freunde überlegen, mit welchen Mitteln der Täter dennoch überführt werden könnte. 188 DUW (2011, S. 1144, Punkt 2b): „in eine bestimmte Stellung, einen bestimmten Status o.ä. bringen“; VALBU (2004, S. 546, Punkt 14): „jemand/ etwas bewirkt, dass jemand/ etwas zu jemandem/ etwas wird“; WDG (1981a, S. 2416, Punkt 18): „jemanden zu etwas ernennen, eine Stellung, ein Amt übertragen“; Wahrig (2011, S. 966) zu als Leitwort aufgeführt: „jemanden zu etwas ernennen, erziehen, ausbilden“. 189 FOLK_E_00024_SE_01_T_05_DF_01, Segment 100 [01: 31: 32-01: 31: 34]; hier bezieht sich die Mitarbeiterin einer sozialen Einrichtung beim Planen einer Veranstaltung auf das Angebot mit Speckstein arbeiten („specksplein“) und schlägt vor, diesem den Status einer Aktion zu geben, was bedeutet, dass dies an zwei Tagen hintereinander durchgeführt wird, so dass größere Projekte gestaltet werden können. Empirische Untersuchung 189 Auch wenn machen gewiss in ein produktives Argumentstrukturmuster etwas zu etwas V-en eintreten kann und auf diese Weise unterschiedliche Arten der Veränderung oder Modifizierung mit dem Fokus auf das Endergebnis konzeptualisieren kann, weisen die (wenigen) Belege aus dem Korpus sowie die Auflistung von etwas zu etwas machen als spezifische Lesart in mehreren Wörterbüchern darauf hin, dass es zusätzlich ein Wortverbindungsmuster jemanden zu jemandem machen (auch etwas zu etwas machen) mit spezifischer Denotation der Statusveränderung bei Personen oder Sachverhalten gibt. Es wäre zu überprüfen, ob das Argumentstrukturmuster etwas zu etwas V-en tendenziell häufiger mit semantisch ähnlichen Verben im Sprachgebrauch vorkommt, die ebenfalls eine Statusveränderung beschreiben (wie etwa küren, ernennen, befördern, berufen, wählen etc.), als mit solchen, die auf eine Material-Produkt- Alternanz hinweisen, wie etwa formen oder verarbeiten; dies würde bedeuten, dass die gesamte Struktur als (tendenziell) semantisch restringiert anzusehen ist. Die Konstruktion etwas aus etwas machen zeigt sich in der Verwendung viel variabler als die zuvor erwähnte Struktur, tritt also weit weniger restringiert in den Daten auf als etwas zu etwas machen - was natürlich auch an der bloßen Anzahl liegen kann (24 zu 6 Belegen). Sie stellt in den zugrunde liegenden Daten sowohl eine Veränderung in dem Sinne dar, dass eine konkrete oder abstrakte Entität zu einer anderen wird (wenn sie aus dIEsem nebensatz jetz einen HAUPTtsatz machen; 190 ), als auch, dass etwas auf der Basis von oder als Konsequenz aus etwas anderem geschaffen wird (also müssen wir (.) auch TOberaumregeln draus machen; 191 ). Auch eine wirkliche Umformung dinglicher Entitäten wird mit dieser Konstruktion versprachlicht. Dabei wird zum einen die Version mit aus-PPn verwendet, bei denen der Referent der aus-PP in die durch das Objekt bezeichnete Kategorie überführt wird (un jetzt ma_mer da aus dem (.) SCHLIESSfachschrank, (.) n HANDtuchschrank; 192 ); zum anderen werden auch mit den Adverbformen daraus, da draus und draus derartige Veränderungen beschrieben (als wenn ich jetzt (.) über produzierende geWERbe, (0.47) irgendwie ä (.) HOLZ nehm, un dann daraus e TISCH mach; 193 ). Durch be- 190 FOLK_E_00031_SE_01_T_01_DF_01, Segment 136 [00: 03: 17-00: 03: 20]; dieser Beleg stammt aus einer mündlichen Hochschulprüfung. 191 FOLK_E_00024_SE_01_T_01_DF_01, Segment 203 [00: 05: 25-00: 05: 28]; dieser Beleg stammt aus einem Meeting in einer sozialen Einrichtung. Die Mitarbeiterin sagt damit aus, dass wegen eines Vorfalls, bei dem sich ein Kind in der Einrichtung verletzte, neue Regeln für das Benehmen im Toberaum aufgestellt werden müssen. 192 FOLK_E_00022_SE_01_T_01_DF_01, Segment 1128 [00: 22: 26-00: 22: 29]; dieser Beleg stammt aus einem Meeting in einer sozialen Einrichtung. Hier wird die Umgestaltung eines Badezimmers besprochen. 193 FOLK_E_00128_SE_01_T_02_DF_01, Segment 217 [00: 34: 51-00: 34: 57]; dieser Beleg stammt aus einer Unterrichtsstunde an einem Wirtschaftsgymnasium. Die Äußerung ist ein Teil der Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 190 sagte Adverbformen wird aber eher auf Grundlagen oder Ausgangssituationen verwiesen, aus denen Konsequenzen gezogen werden (vgl. das Beispiel mit den Toberaumregeln weiter oben), als auf Material, welches durch machen eine andere Form oder Eigenschaft erhält. 194 6.4.3 Transferkonstruktion: etwas irgendwohin V en Die Strukturen V + direktionale Adverbiale und V + adjektivische Objektsprädikative werden von Welke (2009) als verwandt aber nicht gleich angesehen (ebd., S. 107), von Goldberg/ Jackendoff (2004) beide als Resultativkonstruktionen eingestuft (ebd., S. 536). Laut Welke (2009) gehören „dreiargumentige Direktivkonstruktionen“ zu den Handlungsverben, denen eine Verursachenskomponente hinzugefügt wird (ebd., S. 104), wie auch bei V + Adjektiv. Diese Konstruktion beinhaltet zum einen transitive Verben, die eine nicht vom Verb lizensierte Direktivstelle haben, wie bspw. Sie malt ein Bild an die Wand, welches auch ohne Direktiv funktioniert: Sie malt ein Bild. Es gibt auch zum anderen dreiargumentige Direktivkonstruktionen, die sowohl ein nicht lizensiertes direktionales Adverbial als auch ein nicht lizensiertes Akkusativobjekt haben, wie bspw. Er tanzte sie aus dem Ballsaal. im Vergleich: *Er tanzte sie. 195 machen hat zwar ein lizensiertes Akkusativobjekt, aber aus sich heraus keine Bewegungs- oder Transfersemantik. Diese kommt erst zustande durch das Vorhandensein des direktionalen Adverbials. Die Verwandtschaft von Direktiv- und Resultativkonstruktionen ergibt sich daraus, dass für beide Konstruktionen das Vorhandensein des direktionalen Adverbials oder des adjektivischen Objektsprädikativs eine konstante Deu- Argumentation eines Schülers, in diesem geht es um den Vergleich zwischen Unternehmen, die fertige Produkte verkaufen und Betrieben, die Material beschaffen und dies selbst verarbeiten. 194 Hierzu zählen allerdings nicht die Wortverbindungsmuster etwas aus etwas/ draus machen (Das ist deine Chance, mach was draus! ) oder sich nichts aus etwas machen und ähnliche, die wiederum eigene, distinkte Konzepte darstellen und daher ganz eigenen Restriktionen (was die Semantik der Argumente aber auch den Verwendungskontext angeht) unterliegen. 195 tanzen ist an sich intransitiv, kann aber ein inneres Objekt lizensieren (vgl. Winkler 2009, S. 128, es gehört zu den höherfrequent auftretenden Verben mit innerem Objekt). Diese Objekte sind sehr restringiert, da sie semantisch oder etymologisch mit dem Verb verwandt sein müssen (ebd., S. 126), wie bei Sie tanzten ihren letzten Tanz oder Sie tanzt sehr gut Tango. Einen menschlichen Objektreferenten lizensiert tanzen dagegen nicht. Sie tanzten einen Tango gehört dabei zu einem Typ von Strukturen mit inneren Objekten, bei denen jenes Objekt das Handlungsmuster der Handlung bzw. das Handlungsereignisses darstellt (ebd., S. 139f.) (hier wird also die Art des Tanzens näher bestimmt), wobei mit tanzen aber auch das „klassische“ innere Objekt (einen Tanz) vorkommt (ebd., S. 140). Empirische Untersuchung 191 tung für die Verwendungen liefert, im Falle von direktionalen Adverbialen die Interpretation von machen als Transferverb. Als Transfer bezeichne ich in diesem Rahmen die Übertragung einer Entität oder eines Konzepts. Dabei muss nicht zwangsläufig eine Bewegung ausgeführt werden und es muss sich auch nicht um eine tatsächliche Beförderung von Entitäten handeln, bei denen ein Ortswechsel stattfindet, beides kann aber sehr wohl sein. Eine genauere Ausdifferenzierung wird weiter unten vorgenommen, im Zuge derer der Begriff Transfer in dem eben beschriebenen Sinne als Oberbegriff verwendet wird. Wie auch die Objektsprädikative beziehen sich die direktionalen Adverbiale auf das Objekt und bezeichnen die Richtung oder den Ort, zu dem der Objektreferent aufgrund der unspezifischen Handlung machen gelangen kann bzw. an dem er sich danach befindet. Die Art und Weise dieses Transfers ist hierbei entweder nicht relevant, ergibt sich logisch aus den semantischen Eigenschaften der Argumente und deren Verhältnis zueinander oder lässt sich nicht benennen, da es sich um einen sehr abstrakten Vorgang handelt. Was ausgedrückt werden soll, ist vornehmlich, dass der Subjektreferent die beschriebene Transferleistung erbringt oder erbringen soll und bei der Verwendung von PPn wird auch dem genauen Ort ein deutlicher Fokus eingeräumt. Die zu transferierenden Entitäten und die Orte und/ oder Richtungen sind hierbei die entscheidenden Informationen, weswegen das Vorhandensein von Objekt und direktionaler Ergänzung die Bedeutung von Transfer generieren können, ohne dass dem beteiligten Verb allein eine Transfer- oder Bewegungslesart zugeschrieben werden muss. In Verbindung mit Adverben, die eine Richtung beschreiben, wie rein (hinein), raus (heraus), (da)rüber und ähnlichen, kommt machen so frequent vor, dass diese Kombinationen mitunter als Lexem behandelt werden, was sich darin manifestiert, dass sie zusammengeschrieben werden können und dass sie in manchen Wörterbüchern (bspw. DUW) eigene Einträge haben. 196 In den Daten zeigt sich, dass neben der Verwendung mit Adverben auch Verwendungen von machen mit direktionalen Präpositionalphrasen nicht selten vorkommen, auch wenn die Fälle mit Adverben deutlich überwiegen. 197 Da diese beiden Verwendungsarten semantisch dasselbe ausdrücken, werden sie in diesem Abschnitt zusammen behandelt. 196 Bei machen ist in den zugrunde liegenden Daten das am häufigsten verwendete Adverb rein (n = 25), danach folgen dran (ebd., S. 16) und drauf (ebd., S. 10), sowie hin (ebd., S. 7). Bei den Präpositionalphrasen ist der am häufigsten verwendete Kopf auf (ebd., S. 8), gefolgt von in (ebd., S. 6) (die restlichen Präpositionen kommen drei Mal oder weniger vor). 197 In den Daten finden sich 93 Fälle mit Transferlesart, davon 68 in Verbindung mit Adverben und 25 mit PPn. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 192 Es besteht darüber hinaus ein Kontinuum in der semantischen Deutung des Adverbials in dem Sinne, dass es sich entweder auf eine Richtung oder auf einen Ort beziehen kann. Hierauf wurde bereits weiter oben, bei der Einführung des Begriffs Transfer hingedeutet. Dieses Deutungskontinuum ist unabhängig von der Form des Adverbials als Adverb oder PP, hat aber einen Einfluss auf die Deutung des Handlungsvorgangs, der versprachlicht wird. Das Direktiv sorgt im Allgemeinen dafür, einen bestimmten Ort mit der Handlung des Subjektreferenten in Bezug auf den Objektreferenten in einen Zusammenhang zu stellen. Welcher Art genau dieser Zusammenhang ist, bestimmt die Beschaffenheit der Argumente und der situative Kontext. Dabei ist anscheinend nicht unbedingt ausschlaggebend, ob der Subjektreferent eine physisch vorhandene Entität oder ein Konzept darstellt, sondern eher, welche Art von Bezug sich zwischen Objektreferent und Zielort herstellen lässt und in welcher Art Handlung dieser Bezug resultieren kann. Das Adverbial - egal ob als Adverb oder PP - ist dabei in einigen Fällen als Ortsangabe zu deuten und nicht als Richtungsangabe, was die Handlung nicht mehr als Bewegung oder Beförderung interpretierbar macht, da der Objektreferent nicht einem Ortswechsel unterzogen wird, sondern als Handlung, die an einem bestimmten Ort stattfindet. Der Unterschied wird im Verlauf dieses Abschnitts anhand der Beispielanalysen verdeutlicht werden. Zunächst wird das direktionale Adverbial als Richtungsangabe behandelt und danach als Ortsangabe. Sie stellen jedoch beide eine gemeinsame Kategorie eines abstrakten Transfers dar, der sich einmal mehr, einmal weniger konkret als tatsächliche Bewegung des Objektreferenten darstellt. Hierbei kann ein Zusammenhang hergestellt werden zwischen den von Welke (2009) beschriebenen Transferkonstruktionen, welche zum einen mit transitiven und zum anderen mit intransitiven Verben formuliert werden, denn auch hier wird einmal ein Ortswechsel im Sinne einer Bewegung in eine bestimmte Richtung beschrieben (aus dem Ballsaal tanzen) und einmal eine auf einen Ort (aus)gerichtete und dort stattfindende Handlung (an die Wand malen) (ausführlicher siehe unten). Mit Transfer ist also im Folgenden nicht explizit und nicht per se eine Bewegung oder ein Transport gemeint, sondern die Ausrichtung einer Handlung, die nur eine Bewegung bzw. Transport sein kann, wenn das Adverbial direktional zu deuten ist. Mit einem als Ortsangabe zu deutenden Adverbial beschreibt der Transfer eine erschaffende Handlung, deren Ergebnis an einem bestimmten Ort befindlich sein soll. Transfer beschreibt somit für die folgende Analyse die Oberkategorie, unter welcher das zu beschreibende Kontinuum zusammengefasst wird, welches auf der einen Seite eine transportierende und auf der anderen eine gerichtete Handlung bezeichnet. Wenn das direktionale Adverbial eindeutig als Richtung interpretiert wird, wird damit für die durch machen konzeptualisierte Handlung eine Bewegungs- oder Beförderungsinterpretation nahegelegt. Dabei wird ausgedrückt, Empirische Untersuchung 193 dass der Objektreferent an einen bestimmten Ort transferiert wird, welcher entweder in einer PP beschrieben oder durch ein Richtungsadverb inferiert wird: (32) FOLK_E_00027_SE_01_T_01_DF_01, Segment 154 [00: 03: 21-00: 03: 40] 01 PB die BROTbAck (.) [mIschung; ] 02 AM [die FERtigma]schung; 03 mi FERtigmischung heißt se; 04 PB ja ich wEIß ja net was da großartig DRIN is; 05 des SIN ha[lt-] 06 AM [pf ] 07 PB vielleicht noch[_n bisschen HEfe drin; ] 08 AM [da is MEHL drin; 09 da is HEfe] drin; 10 und geWÜRze- 11 s[alz; ] 12 PB [ja- ] 13 (0.39) 14 PB des [+++ ] 15 AM [und du mA]chst nur noch WASser rein oder was; 16 PB ja- 17 (0.76) 18 AM ja und dann mAchst du des einfach in so ne FORM,= 19 =und dann tUst du_s in_n BACKofen oder was; 20 (1.2) 21 PB ja; =hh° In diesem Paargespräch bereiten Anita (AM) und Philipp (PB) gerade ein Brot mit einer Fertigbackmischung zu. Ab Zeile 15 vergewissert sich Anita, ob sie selbst die Zubereitungsvorgänge für das Brot wirklich kennt, indem sie diese verbal durchgeht und durch oder was als Vermutungen kennzeichnet (Z. 15/ 19). In den Zeilen 15 und 18 formuliert sie machen + Direktiv-Konstruktionen, die einmal den Transfer von Wasser in die trockene Fertigmischung und einmal den von der zubereiteten Fertigmischung in eine Backform beschreiben. Es handelt sich also um die konkrete Beförderung von physischen Objekten an bestimmte, von ihr benannte Orte. Das rein in Zeile 15 bezieht sich zurück auf die Fertigmischung, die zuvor das Thema war und deren Zusammensetzung erörtert wurde. Die Handlung, die Anita erfragt, lässt sich nur aufgrund des Vorhandenseins dieses Adverbs als Transferhandlung von Wasser in etwas hinein interpretieren, ebenso wie die PP in so ne FORM in Zeile 18 die dort ausgedrückte Handlung interpretierbar macht. machen dient als verbale Vervollständigung bei der Beschreibung einer Handlung, die den Transfer des jeweiligen Objektreferenten fokussiert und stellt den Subjektreferenten als verantwortlich für diese Handlung dar. Das Verb erfüllt also auch in dieser Konstruktion dieselben Aufgaben wie in ande- Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 194 ren Konstruktionen, ohne weitere semantische Informationen zu der Äußerung hinzuzufügen. Das Verschieben von Terminen ist dagegen keine konkrete Bewegungshandlung, stellt aber dennoch eine Bewegung in einem übertragenen Sinne dar, wie die folgende Verwendung aus einem Meeting in einer sozialen Einrichtung illustrieren soll. Hier zeigt sich außerdem, dass die Referenzen der Ausdrücke relevanter für die Interpretationen der Äußerungen sind, als ihre denotativen semantischen Inhalte. Als isolierter Beispielsatz würde die Äußerung in Zeile 09 als unsemantisch eingestuft werden und könnte nicht gedeutet werden, denn die Referenzen der Argumente werden auf (teil-)satzexternen Ebenen hergestellt, also aus dem sprachlichen sowie außersprachlichen Kontext heraus. In dieser Sequenz werden gerade die Aktivitäten der Ferienspielwoche geplant. Es geht dabei vor allem um die Anfangszeiten, an denen die Aktionen des jeweiligen Tages beginnen. Vor dem gezeigten Ausschnitt wird deutlich, dass Herbert (HM) diese als zu früh empfindet und dass er möchte, dass 11 Uhr als Anfangszeit angesetzt wird: (33) FOLK_E_00024_SE_01_T_03_DF_01, Segment 741 [01: 02: 44-01: 02: 57] 01 AW pass AUF wir [hAm den- ] 02 SZ [aber des mAcht] nich [so viel SINN oder? ] 03 AW [wir ham ZEHN uhr; ] 04 für DIEN[stag; ] 05 NG [°h ] 06 AW wegen dem Abenteuerspielplatz; 07 weil wir dort um zwölf ANgemeldet sin[d; ] 08 HM [ok]ay [des muss dann so BLEIwe,] 09 AW [°hh und de]n DONnerstag könn_wa gerne auf Elf machen, 10 wei[l dann ham]_wa den HOCHseilgarten, 11 HM [ja; ] 12 AW un den gehen wa sowieSO erst nAchmittags; =risch[tisch? ] 13 HM [hm; ] Annabelle (AW) fängt in Zeile 01 an, die einzelnen Pläne der jeweiligen Wochentage durchzugehen, um feststellen zu können, ob 11 Uhr als Anfangszeit für die einzelnen Tage überhaupt möglich ist. Sie kommt zu dem Schluss, dass am Donnerstag die Anfangszeit auf 11 Uhr verschoben werden kann (Z. 09). Die Formulierung den DONnerstag könn_wa gerne auf Elf machen drückt also keinen gewünschten Transfer des Wochentags Donnerstag auf die Uhrzeit 11 Uhr aus, sondern Donnerstag wird hier metonymisch verwendet und bezieht sich auf die bisher geltende Anfangszeit der Veranstaltung für den genannten Wochentag, welche auf die Uhrzeit 11 Uhr verschoben werden Empirische Untersuchung 195 kann. Rein konzeptuell kann man hier schon von einer Beförderung sprechen, da das Vereinbaren eines neuen Termins für Ereignisse gemeinhin als verschieben, verlegen oder aufschieben bezeichnet wird. Faktisch wird hier also eine neue Uhrzeit vorgeschlagen, konzeptuell der bereits feststehende Beginn der Tagesaktivitäten auf einen späteren Zeitpunkt transferiert. In ihrer Äußerung nennt Annabelle sowohl das, was verschoben werden soll, als auch den hier als Ort konzeptualisierten Zeitpunkt, der als Zielort der Richtungsangabe auf Elf gedeutet werden kann. Dies sind die beiden wichtigen Informationen ihrer Aussage, die beide als lexikalische NPn realisiert werden und beide mit Akzentuierung versehen sind. Ein zusätzliches semantisch volleres Verb hätte die Informationsdichte dieser Äußerung noch weiter erhöht, zumal diese Informationen alle in derselben Intonationsphrase geäußert werden. 198 Durch die Formulierung mit machen lässt sich dieselbe Information versprachlichen wie durch ein spezifischeres Verb, denn die Transfersemantik wird durch die direktionale PP ausgedrückt. Diese ist substanziell für eine dem Vorschlag der Sprecherin entsprechende Deutung von machen in dieser Äußerung. Das Adverbial kann auch als lokale Ortsangabe fungieren, die angibt, an welchen Ort der Objektreferent nach Ausführen der Handlung vorhanden sein soll und so eine Art des Transfers konzeptualisieren, bei dem der Objektreferent selbst nicht bewegt wird, sondern an einem spezifischen Ort entsteht. Die Transfersemantik drückt also hier eine Art lokale Erschaffenshandlung aus, ein Erschaffen, das auf einen bestimmten Ort hin ausgerichtet ist. Das Adverbial kommuniziert dabei nicht nur, dass der Objektreferent nach Ausführen der Handlung an jenem benannten oder inferierten Ort vorhanden ist, es projiziert durch das Konzept des Transfers zusätzlich erst den Bezug der erzeugten Entität zu jenem Ort. Derart wird machen + Direktiv häufig angewendet, um das schriftliche Erstellen von Elementen zu beschreiben, wie in dieser Unterrichtsstunde an einem Gymnasium. Bei der Besprechung einer Kurzgeschichte im Rahmen einer bevorstehenden Prüfung hat der Gymnasiallehrer zusammen mit der Klasse ein Schema der Geschichte an der Tafel erstellt: 198 In den Daten ist erkennbar, dass zum Beispiel bei Äußerungen mit verschieben oder verlegen, wenn sie sich (was sie häufig tun) auf Termine beziehen, das Ereignis oftmals pronominal ausgedrückt wird, also durch eine Anapher wie das, oder dass keine neue Zielzeit angegeben wird. In den Schlichtungsgesprächen ist dies seltener der Fall, dort werden teilweise Ereignis, Zieltermin und semantisch volleres Verb in einem (Teil-)Satz genannt, welcher sich dann aber über mehrere Intonationsphrasen erstreckt. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 196 (34) FOLK_E_00121_SE_01_T_04_DF_01, Segment 764 [00: 34: 43-00: 34: 50] 01 SM ALso; 02 (0.79) 03 SM MACHT des schema einfach mal so ins heft und dann; 04 (.) erGÄNze mer das noch den rEst, 05 (.) und dann (.) dEnk ich ha_ma die geschichte im GRIFF; In Zeile 03 fordert er die Schüler auf, sich dieses Schema in ihre Hefte zu übertragen, dies also abzuschreiben. Das Schema direkt soll hier nicht den Ort von der Tafel in die Schulhefte wechseln, es soll vielmehr von jedem einzelnen Schüler in seinem eigenen Heft erstellt werden. Dies wird als Beförderung des Schemas an den Ort Heft versprachlicht, was auf den Transfer des Konzepts als bereits vorhandene Entität fokussiert: Zwar muss das Schema durch die Schüler händisch selbst erstellt werden (kann also als Produkt der Handlung interpretiert werden, vgl. Abschn. 6.5.1.2), was an sich keinen Transport darstellt, dennoch übertragen sie das Konzept der Aufzeichnung von der Tafel in ihre Hefte. Wie auch bei der Verwendung zuvor ist die Nennung des Ortes für die Spezifizierung der Handlung, die machen ausdrückt, und somit für das Verständnis der geforderten Handlung essenziell, denn nur im Zusammenhang mit der Ortsangabe Heft lässt sich machen eindeutig als (ab)schreiben deuten. Macht des Schema einfach mal ohne Direktiv kann im Kontext der Unterrichtsstunde zwar dennoch interpretiert werden, jedoch auf andere Art, etwa derart, das Schema an etwas anderes anzuwenden oder ein ähnliches Schema auf einer neuen Grundlage - bspw. einer anderen Geschichte - neu zu erstellen. Somit dient die Transferbedeutung der Konstruktion auch zur Spezifizierung der gemeinten Handlung, welche zwar auch ohne Direktional als spezifische Handlung zu deuten wäre, nur als eine andere, als der Sprecher hier ausdrücken will. Derartige Verwendungsweisen können auch für nicht intendierte Handlungen oder Vorgänge verwendet werden. Zielgerichtetheit bedeutet also nicht unbedingt Intention, wie die Sprecherin in folgendem Beispiel belegt, in dem sie ihre eigene Ungeschicktheit moniert: (35) FOLK_E_00046_SE_01_T_01_DF_01, Segment 380 [00: 14: 19-00: 14: 25] 01 LP schEIße jetzt hab ich n FLECK auf meinem r- 02 (.) JEdes mal wenn ich n wEIßen rock anhab, 03 (0.97) 04 LP mach ich n FLE[CK rein ; ] 05 AM [aber GANZ] ehrlich; Lena (LP) beschwert sich in diesem Ausschnitt über die Tatsache, dass sie sich speziell dann bekleckert, wenn sie einen weißen Rock trägt (Z. 02/ 04). Das Adverb rein, welches sich auf den vorerwähnten Rock bezieht, gibt also den Empirische Untersuchung 197 Ort an, an welchem sich der Fleck befindet. machen bezeichnet einen nicht weiter spezifizierten Vorgang, durch welchen der Fleck an den besagten Ort gelangt ist. In der gegebenen Situation, aufgrund des Ärgers der Sprecherin, welche gleichzeitig der Subjektreferent ist, kann dies als unbeabsichtigt gedeutet werden. Auch in diesem Fall wird der Fleck nicht als Fleck selbst bewegt oder befördert, ist aber erst durch eine Bewegung, die im weißen Rock endet, als Fleck vorhanden. Es wird also dennoch eine Art Transport einer (nicht benannten) Substanz ausgedrückt, welche den Fleck an dem vorerwähnten Ort bewirkt. Die Nennung des Ortes dient hier nicht wie im vorherigen Beispiel der Spezifikation der genauen Handlung, sondern sie ist wichtig, um den Bezug zwischen dem Fleck und dem Rock herzustellen und die verursachende Handlung als auf den Rock gerichtet darstellen zu können. Ohne das Adverbial würde Lena lediglich aussagen, dass sie immer dann Flecken verursacht, wenn sie einen weißen Rock trägt (JEdes mal wenn ich n wEIßen rock anhab, mach ich n FLECK; ). Die Äußerung in den Zeilen 02 und 04 ist außerdem eine Reformulierung der abgebrochenen Äußerung in Zeile 01; in ihrer Eingangsäußerung beschreibt die Sprecherin lediglich das Vorhandensein eines Flecks auf ihrem Rock, in der Reformulierung dieser Äußerung geht sie zum einen dazu über, dies als eine generelle und wiederkehrende Tatsache darzustellen (JEdes mal wenn ich n wEIßen rock anhab, Z. 02) und schreibt sich zum anderen die Verantwortung für das Vorhandensein des Flecks an eben diesem Ort zu (mach ich n FLECK rein; Z. 04). Die Struktur mit machen + Direktiv ermöglicht es ihr, all diese Elemente in einer Intonationsphrase zu vereinen, ohne diese lexikalisch mit zu viel Informationsgehalt zu füllen. In diesem Fall wird also nicht die Handlung selbst konkretisiert, sondern die Konsequenz daraus: in Lenas weißem Rock ist ein Fleck, den sie selbst zu verantworten hat. Hier zeigt sich der Zusammenhang mit den eingangs erwähnten Beispielen von Welke: Die beiden Handlungen in den Äußerungen Ich mache einen Fleck in meinen Rock und Ich mache eine Backform in den Ofen unterscheidet zum einen die Deutung der ersten Handung als Verursachung eines (nicht erwünschten) Zustandes im Gegensatz zu einer intendierten Beförderungshandlung, welche die zweite Aussage bezeichnet; zum anderen unterscheidet sie die Tatsache, dass in dem ersten Beispiel der Fleck nicht von einem Ort zum anderen bewegt wird, sondern erst an dem genannten Ort entsteht, im Gegensatz zur Backform im zweiten Beispiel, die als Backform vom ungenannten Ort A zum spezifisch benannten Ort B transportiert wird. Die mehr lokale Interpretation, wie in der ersten Äußerung, ist bei jenen Fällen naheliegend, die Welke (2009) als direktive Konstruktionen, die auch ohne Direktiv funktionieren, beschrieben hat. Das dort bereits erwähnte Beispiel Sie malt ein Bild an die Wand kann mit machen statt mit malen formuliert die Begründung für die unterschiedli- Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 198 chen Deutungsmöglichkeiten des Kontinuums illustrieren: Bei Sie macht ein Bild an die Wand kann an die Wand machen als Bewegung interpretiert werden, wenn die Person ein vorhandenes Bild hat und es an der Wand befestigt. an die Wand ist dann direktional zu interpretieren. Es kann aber auch als Erstellen eines Bildes an einem Ort gedeutet werden, wenn das Bild direkt an die Wand gemalt wird; dann ist an die Wand lokal gesehen der Ort, an dem das Bild entsteht. Es besteht keine konkrete Bewegung mehr der Entität Bild, sondern die Übertragung eines Konzepts, welches durch eine erschaffende Handlung an den genannten Ort transferiert wird. machen kann also zu dem Objektreferenten Bild eine semantisch sinnvolle Beziehung herstellen und eine Erschaffenssemantik generieren, allerdings ist dies nur in Situationen sinnvoll, in denen noch kein fertiges Bild vorhanden ist. Die unterschiedlichen Deutungen würden sich aus dem jeweiligen Kontext ergeben, in welchem diese Aussage getätigt würde. machen funktioniert mit beiden Versionen, da dieses Verb derart unterspezifiziert ist, dass die genaue Interpretation der Handlung durch den Einbezug des sprachlichen und situativen Kontextes erfolgen muss und es außerdem kein Default-Bewegungsverb ist. 6.4.4 Zusammenfassung zur Bedeutungsspezifikation durch Konstruktionen In diesem Kapitel wurde auf die zusätzliche Möglichkeit der Bedeutungsspezifikation des Verbs machen durch Konstruktionen eingegangen. Speziell wurden dafür Konstruktionen mit resultativer und Transferlesart betrachtet, die im Falle der Resultativkonstruktionen teilweise so häufig mit machen realisiert werden, dass dem Verb selbst in der Literatur eine resultative oder kausative Semantik zugeschrieben wird. Das liegt vor allem daran, dass machen im Unterschied zu spezifischeren und semantisch inhaltsvolleren Verben keine zusätzliche Semantik zur Konstruktion beiträgt, sondern in diesen Verwendungen dieselbe Funktion hat wie auch in den transitiven: Es stellt eine agentive Verbindung zwischen dem Subjekt und den restlichen Argumenten her, deren semantischer Inhalt sich aus dem sprachlichen und situativen Kontext ergibt. Dadurch, dass sich häufig daraus keine Default-Handlung ableiten lässt, welches die resultierende Handlung näher bestimmt, wird dann dem Verb die einzige Handlungssemantik zugeschrieben, die sich übergreifend aus Äußerungen mit dieser Konstuktion ableiten lässt: Verursachung oder Kausativität. Es wurde aber gezeigt, dass machen - wie jedes andere Handlungsverb auch - in eine Struktur wie der Resultativkonstruktion eintreten kann und dass sich der resultative Teil der Äußerungsbedeutung aus der Bedeutung der Konstruktion ergibt. Als Transferkonstruktionen wurden die mit direktionalem Adverbial gebildeten Strukturen angeführt. Hier wurde ein Kontinuum bei der Interpretation des direktionalen Adverbials herausgearbeitet, das von Richtungsangabe Empirische Untersuchung 199 zu Ortsangabe reicht, welches auch für die ditransitive Konstruktion anwendbar ist. Ob das Direktiv eine Richtung oder einen Ort beschreibt, kann wiederum daraus abgeleitet werden, welchen sinnvollen Bezug das Verb machen zwischen dem Subjektreferenten, dem (direkten) Objektreferenten und dem Adverbial im gegebenen Kontext herstellen kann. Dabei ist außerdem relevant, ob der Objektreferent als bereits vorhanden oder als durch die Handlung entstehend gedeutet werden kann. Zur Funktion der dreiwertigen Konstruktionen generell - also Resultativ- und auch Transferkonstruktion - lässt sich zusammenfassend sagen: In spontan gebildeten Verwendungen kann durch die Kombination von machen mit einem Objektsprädikativ oder einem direktionalen Adverbial die Informationsdichte einer Äußerung auf mehrere Intonationsphrasen verteilt werden, da duch die Verwendung dieses Verbs ein semanisch „schweres“ Verb vermieden wird (vgl. auch Abschn. 6.6.2); oder es können resultative Prädikate bzw. solche mit Transfersemantik kreiert werden, für die es kein synonymes Einzelverb im Deutschen gibt. Bei den resultativen Verwendungen können sehr frequente Verbindungen, die auch in den zugrunde liegenden Daten überwiegen, dagegen (teilweise mehr oder weniger eindeutig) als Prädikate mit Lexemstatus angesehen werden, die nicht kompositional zusammengesetzt wurden, sondern als Einheit ein bestimmtes Konzept ausdrücken. 6.5 (Teil - )Satzinterne Mittel II: Die Semantik und Referenz der Argumente Die transitive Struktur selbst liefert an Spezifikation lediglich die Information, dass das Subjekt als Handelnder und das (direkte) Objekt 199 als von der Handlung in irgendeiner Weise affizierter Referent zu deuten ist. Über die Beschaffenheit des Bezugs sagt die Konstruktion alleine nichts weiter aus. Diese lässt sich über die (Be-)Deutungen von Subjekt und Objekt erschließen, wobei machen + Objekt zusammen die Prädikation der Äußerung beschreiben, das Objekt also einen wesentlich größeren Anteil an der Bedeutungsspezifikation hat als das Subjekt. Die Handlung selbst wird in erster Linie also durch die Semantik des Objekts bestimmt, bzw. die semantische Deutung desselben im jeweiligen Kontext. Das Subjekt dient zusätzlich dazu, die durch machen + Objektreferent denotierte Handlung gegebenenfalls weiter zu konkretisieren, indem zum Beispiel durch bestimmte (fehlende) Eigenschaften einige mögliche Handlungsweisen ausgeschlossen werden. 199 Im Folgenden ist mit Objekt stets das direkte Objekt gemeint. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 200 In diesem Abschnitt soll beschrieben werden, welche Art Bedeutungsspezifikation sich auf rein semantischer Ebene erreichen lässt und in Abgrenzung zu dieser semantischen Spezifikation soll darauf hingedeutet werden, ab wann und in welcher Form weitere Spezifikationen durch den bereits beschriebenen äußerungsexternen Kontext hinzugezogen werden (müssen), um zu einer konkreten Handlungsinterpretation zu gelangen. 200 Zum äußerungsexternen Kontext gehören dabei die Referenzen, die von der (denotativen) Bedeutung eines Ausdrucks zu trennen sind. Die Semantik der Argumente selbst wird also zunächst vom jeweiligen Lexem bestimmt, welches als Subjekt bzw. Objekt fungiert. Durch den Einbezug des jeweiligen (sprachlichen wie außersprachlichen) Kontexts kann eine spezifische Deutung des jeweiligen Arguments hervorgerufen werden, die sich von der Denotation des Lexems sehr unterscheiden kann, aber nicht immer muss. Die Referenz des Ausdrucks ist auch besonders dann relevant, wenn es sich um pronominale Realisierung des Subjekts oder Objekts handelt. Es wird in den folgenden Abschnitten zunächst auf die semantische Deutung (und Referenz) des Objekts eingegangen, weil dieses zusammen mit machen die Prädikation der Äußerung bildet. Die Deutung des Subjekts kann dann weiter einschränken, welche der Handlungsmöglichkeiten sinnvoll sind; bspw. wenn eine Kombination wie Geldbetrag + machen beschrieben wird, ob etwas einen bestimmten Betrag kostet (Das macht drei Euro) oder ob jemand diesen verdient (Ich hab gestern 50 Euro gemacht). 6.5.1 Die Semantik und Referenz der Objekte Eine Bedeutungsklassifikation auf der Basis spezifischer Wörter oder Wortgruppen kann allein deswegen keine exhaustive Bedeutungsbeschreibung von machen liefern, weil ein kontextfreies Aufzählen von bestimmten Wortverbindungen nichts darüber aussagt, worauf ein Akkusativobjekt in einer konkreten Verwendung referiert. Ein Zahlenwert kann in einer Situation ei- 200 Die semantische Spezifikationsebene verschmilzt zum Teil mit der Ebene der konventionalisierten Ausdrücke oder UWV, denn für viele Handlungen gibt es gängige und konventionalisierte Ausdrücke mit machen + Akkusativobjekt. Manche sind usuell für bestimmte Lexeme (Betten machen), andere für bestimmte semantische Gruppen von Lexemen ([Speisen/ Getränke] + machen). Der Umgang mit diesen festen Wortverbindungen in dieser Arbeit wurde bereits in Abschnitt 4.2.3.2 erörtert. In diesem Abschnitt geht es nicht um wiederkehrende Muster oder Analogienbildung, sondern um die semantische Deutung bzw. die konkrete Referenz des Objekts, die den semantischen Beitrag des Verbs machen als ‘agentiv Handeln’ für die Rezipienten einer Äußerung weiter konkretisiert und so eine spezifische Handlungsbedeutung für das Verb generiert. Dazu werden mitunter auch Kombinationen herangezogen, die als konventionalisiert eingestuft werden können, die aber nichtsdestotrotz kompositional interpretierbar sind und auch die Handlungsspezifikation auf semantischer Ebene veranschaulichen können. Empirische Untersuchung 201 nen Geldbetrag bezeichnen, in einer anderen einen Temperaturwert. Und auch zwei Sprecher in unterschiedlichen Situationen, in denen jeweils von Geldbeträgen gesprochen wird, müssen nicht mit machen dieselbe Handlung beschreiben, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass machen + Geldbetrag oder konkreter 50 Euro machen immer die Lesart verdienen für machen generiert, sobald ein menschliches Subjekt identifiziert wird. 201 Deswegen wird auf der Ebene der Argumente die Spezifikation nicht allein von der lexikalischen Seite aus betrachtet, also von der Klassifikation bestimmter Ausdrücke in semantische Kategorien, sondern auch dahingehend, dass die Deutung des konketen Objektreferenten als Träger bestimmter semantischer Eigenschaften eine Interpretation der Handlungsbedeutung in eine spezifische Richtung nach sich zieht. Für eine die konkrete Äußerung betreffende Deutung der Argumente wird immer der entsprechende Kontext benötigt, daher erfolgt auch und gerade bei der Beschreibung der semantischen Ebene eine genaue Betrachtung der Interaktionszusammenhänge. In Bezug auf die Objekte haben sich im Laufe der Arbeit mit den Daten drei Deutungsweisen als distinkt benennbar herausgestellt, durch die sich alle machen-Vorkommen des Korpus beschreiben lassen, da sie grob genug für eine generelle Handlungszuschreibung sind und dabei dennoch bestimmte Distinktionen aufweisen. Diese Einteilung dient der Darstellung der möglichen Deutungsweisen einer transitiven Verwendung, die sich aus der (kontextuell sinnvollen Deutung der) Semantik des Objekts speist, ohne dass das Risiko einer bloßen Verwendungsauflistung bestünde. Folgende drei Deutungsweisen wurden festgestellt: Deutung als Handlung oder Prozess, Deutung als Produkt oder Ergebnis und Deutung als Zustand oder Wirkung. Diese werden in den folgenden Unterkapiteln genauer beschrieben. 6.5.1.1 Deutung des Objekts als Handlung oder Prozess Da machen als Ausdruck für Agentivität selbst Handeln im weitesten Sinne beschreibt, ist es naheliegend, mit diesem Verb eine konkrete Handlung (oder einen Prozess oder Vorgang) als Objekt in nominaler Form mit dem ausführenden Subjektreferenten zu verbinden. 202 Zum Beispiel werden viele Arten von Bewegungsausführungen durch machen + Art der Bewegung ausgedrückt: 201 Vgl. dazu die Ausführung zur äußerungsexternen Bedeutungsspezifikation, Abschnitt 6.3, besonders die unterschiedlichen Beispiele mit Zahlenwerten + machen in Abschnitt 6.3.2. 202 Dass es für viele dieser Ausdrücke auch entsprechende synonyme Verben gibt (bspw.: Aussage machen - aussagen), ist für die Beschreibung der semantischen Spezifikationsebene erst einmal nicht von Belang. Dies wird in Abschnitt 6.5.1.3 über die Akt-Objekt-Ambiguität aufgegriffen werden. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 202 (36) FOLK_E_00024_SE_01_T_05_DF_01, Segment 294 [01: 36: 36-01: 36: 46] 01 MS j[a? ] 02 SZ [zum] [BEIspiel; 03 NG [((lacht)) ] 04 SZ [o [ja wEIscht du dann] so_n bis]schen so erLEBnispädagOgik-] 05 MS [ich- ] 06 AW [ja oder so n tr halt so_n TRIMMdichpfad] runtelatsch[en; =ja- 07 SZ [ZEUG oder so-] 08 AW also ich mein so was] gibt_s doch beSTIMMT auch in stadt_a 09 wo de da KLIMMzüge machen musst; 10 un dann über ne BANK hüpfen; Der Klimmzug, den Annabelle (AW) als Teil der möglichen Anforderungen eines Trimmdich-Pfads beschreibt, ist eine Art sportlicher Betätigung. Was ein Klimmzug ist und welche Handlungsabläufe diesen konstituieren, liegt vollständig in der Semantik des Ausdrucks Klimmzug. Die Kombination mit machen stellt lediglich den entsprechenden Bezug her, der besagt, dass das generisch gebrauchte du (de, Z. 09) der Handelnde bzw. Ausführende ist und der Klimmzug als Objekt die Handlung selbst bezeichnet. Ebenso beschreiben Bewegungen wie Knicks, Drehung oder Sprung Arten von Durchführungen, spezifizieren also die Bewegungsweisen, die das Subjekt ausführt. Auch wenn Bewegungen im übertragenen Sinne gebraucht werden, also eigentlich einen (geistigen) Fortschritt oder eine Entwicklung konzeptualisieren, wie es mitunter bei Sprung der Fall sein kann, handelt es sich dabei dennoch um einen vom Subjekt durchzuführenden oder durchgeführten Prozess. Dies lässt sich in folgendem Ausschnitt am Beispiel von Schritte zeigen, in dem der Ausdruck auf den Lösungssprozess einer Aufgabe und nicht auf eine physische Bewegung der Beine referiert: (37) FOLK_E_00144_SE_01_T_01_DF_01, Segment 310 [00: 15: 54-00: 16: 13] 01 AN un ich des is glaub ich grad bei de LEISCHtungsschwache schüler,=°hh 02 gAnz wichtig dass sie erKENne-=°h 03 oh ja KLAR, 04 des is der AUFgabetyp, 05 den ha_ma ja schon so oft geÜBT, 06 also was muss ich da MAche? 07 (.) nja? 08 also gleich sich wieder erKENnen in der aufgabe- 09 sage oKAY,=°hh 10 ich muss die drei SCHRITte mache; = 11 =oder ich muss dIE un dIE SCHRITte mache; Empirische Untersuchung 203 12 un dann müsse sie_s DURCHgehen. 13 un deshalb (.) find ich genAU richtig dass ma (.) konkret mit dene prÜfungsaufgabe au ÜBT; =°h 14 LS nja des STIMMT eigentlich; 15 ja lEArning by DOing au ä bissel; =ja, In diesem Ausschnitt, der einem Feedbackgespräch nach einer Unterrichtshospitation entstammt, wird die Kombination (drei) Schritte machen (Z. 10/ 11) nicht wörtlich gebraucht. Die Handlung Schritte machen selbst aber ist sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinne in ihrer Defaultbedeutung kontextfrei zu verstehen, denn es geht im Grunde um eine sukzessive Bewegung in eine bestimmte Richtung, die das Subjekt ausführt. Jegliche konkretere Deutung, ob die Bewegung physischer oder geistiger Natur ist, in welchem Rahmen sie stattfindet und wohin sie geht, liegt im Kontext der Äußerung. Dass die Bewegung sukzessive ist und eine direktionale Komponente hat, liegt wiederum an der Semantik von Schritte und ist keine inhärente Qualität des Verbs machen. Was das Verb mit sich bringt, ist wieder die agentive Verbindung, die besagt, dass ich als Subjekt und Schritte als Objekt konzeptualisiert werden, was ausdrückt, dass die Handlung Schritte vom Subjekt ich ausgeht. In dieser konkreten Sequenz geht es darum, die geistigen Schritte bei der Lösung einer Unterrichtsaufgabe zu konzeptualisieren. Schritte machen bezieht sich auf die (geistige) Handlung, die ein Schüler (der Referent des Personalpronomens ich) durchführen soll. Dies wird aus dem situativen Kontext (Feedbackgespräch unter Lehrkräften) und dem Gesprächskontext (es geht um Schüler und wie sie Aufgaben lösen) ersichtlich. Wie diese Handlung genau aussieht, also welcher Art der geistige Denkprozess ist (Lösen einer mathematischen Aufgabe, Erstellen eines Konzepts, oder kleingliedriger: ein Buch ausleihen, eine Aufgabe durchlesen), hängt von der Beschaffenheit der Aufgabe und generell vom Unterrichtsfach ab, ist also eine Spezifizierung, die ebenfalls auf der (teil-)satzexternen Ebene stattfindet, hier aber nicht genau beschrieben wird, da es sich um eine generische Aussage handelt. Auch die Durchführung von komplexen Aktivitäten wird mit machen versprachlicht. Auf der semantischen Ebene wird hier nur das Subjekt als generell durchführend in Bezug auf die Aktivität erkennbar gemacht. Welche der möglichen Handlungen der Referent wirklich durchführt, wird auf anderen Ebenen deutlich und teilweise durch die Semantik und/ oder Referenz des Subjekts selbst spezifiziert, die sich in den folgenden Beispielen aus einem Meeting in einer sozialen Einrichtung aus dem Gesprächskontext ergibt. In beiden Ausschnitten werden kommende Aktivitäten geplant: (38) FOLK_E_00024_SE_01_T_05_DF_01, Segment 742 [01: 45: 36-00: 45: 50] 01 SZ WAS isch denn da an dem frEItag; 02 äh ham wir DA schon was geplant? Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 204 03 ihr hattet doch IRgendwas schon gesAgt was- 04 SZ °hh was ihr MAchen wollt-= 05 =DIEse woche un nÄgschde woche; =oder s[o; ] 06 AW [ D]IEse woche wollten wir eigentlich n AUsflug machen in- 07 HM zur quelle_a [+++ ] 08 AW [an die quelle]_a [mi_m herrn ] 09 HM [mi_m herr be]n> 10 (0.26) 11 SZ ah ja. (39) FOLK_E_00024_SE_01_T_03_DF_01, Segment 316 [00: 53: 55-00: 54: 04] 01 NG ((la[cht)) ] 02 AW [ wenn wir hier] ne RADtour machen , 03 dann KANNST_e f 04 die r LETzte, 05 (0.6) 06 AW war Effektiv ne drEIiviertel stunde geFAHren; 07 von DAh[er,] 08 HM [hm ]_hm 09 (0.72) Was durch die Sätze mit machen geäußert wird, sind jeweils Informationen über die Durchführung der Aktivitäten generell. Der Ausflug und die Radtour sind Aktivitäten, die im Rahmen der sozialen Einrichtung geplant und zusammen mit den Kindern, die diese Einrichtung besuchen, durchgeführt werden. Die Sprecherin Annabelle (AW) setzt in beiden Fällen das Personalpronomen wir als Subjekt ein, schließt damit also zumindest explizit sich selbst und diejenigen anwesenden Mitarbeiter mit ein, die an diesem Ausflug teilnehmen. Die genaue Referenz des wir wird nur aus der Gesprächssituation deutlich, die sich um die Planung von Aktivitäten der Einrichtungsmitarbeiter mit den besagten Kindern dreht. wir bezieht also nicht nur die Anwesenden als Organisatoren und Teilnehmer der Aktivitäten, sondern auch die Kinder als nur teilnehmende Gruppe mit ein. Somit wird deutlich, dass Annabelle hauptsächlich auf die Handlung des Durchführens bei der Teilnahme an den beschriebenen Ereignissen hinaus möchte und nicht nur auf die Organisation, Planung oder Betreuung derselben. 203 203 Dass die Teilnahme an einer Radtour in Beispiel (39) ein Stattfinden voraussetzt, was wiederum die Planung, Organisation und Betreuung miteinbezieht, ist zusätzlich logisch inferierbar. Aber der Einbezug der Kinder, der durch den Gesprächskontext sehr wahrscheinlich ist, stellt die Teilnahme als Handlungsspezifikation in den Vordergrund. Natürlich könnten mit wir auch nur die anwesende Gruppe gemeint sein und mit machen auf die Organisation referiert werden. Diese Vagheit bleibt trotz lexikalischem Objekt durch die Vagheit des Subjekts wir, welches inklusiv oder exklusiv gemeint sein kann, und natürlich des vagen Handlungsverbs - zumindest im ersten Beispiel (38) - bestehen. Im zweiten Beispiel (39) wird aufgrund Empirische Untersuchung 205 Die Sprecherin setzt also die Teilnehmer an den entsprechenden Aktivitäten jeweils in einen agentiven Bezug zu diesen Aktivitäten und setzt so den Rahmen, um etwas darüber auszusagen, wann genau (DIEse woche, (38), Z. 06) bzw. unter welchen Konditionen (drEIviertel stunde geFAHren, (39), Z. 06) die Durchführung durch die Subjektreferenten stattfinden wird. Die Spezifikationen darüber, welche Handlungsweisen die anwesenden Personen in Bezug auf die genannten Aktivitäten durchführen, werden also auch durch die Charakteristiken der Subjektreferenten deutlich, welche sich aus der Gesprächssituation ergeben. Dies zeigt, wie sehr die Ebenen ineinander greifen und wie schwierig sich nur eine Bedeutungsebene als Ressource zur Interpretation der Äußerungsbedeutung herausnehmen lässt. Handlungen und Prozesse, also alles, was durchgeführt werden kann, belegen natürlich also ein weites Feld mit allerlei semantischen Untergruppen, wie Bewegungen, Aktivitäten, Veranstaltungen und dergleichen mehr. Daher kann auch nicht jede einzelne Handlungs- oder Prozessbezeichnung eine spezifische Durchführungsart als Deutung für einen Ausdruck (wie Ausflug machen) generieren, denn Ereignisse wie Veranstaltungen oder Aktivitäten kann man nicht nur durchführen, indem man daran teilnimmt, sondern man kann diese auch organisieren, leiten oder sponsern. 204 Daran ist erkennbar, dass wirklich „kontextfrei interpretierbar“ nur dann zutrifft, wenn genau bekannt ist, welcher spezifische Aspekt eines als Objekt realisierten Substantivs durch machen in einen Bezug zum Subjekt gesetzt werden soll. Dies lässt sich meist aus dem sprachlichen oder situativen Kontext, vor allem der Referenz erschließen, wie an den vorherigen Beispielen erkennbar ist. Die semantische Ebene speist sich also auch aus den Restriktionen, die durch den Kontext gegeben werden. Die kontextfreien Beispiele, die in lexikografischen Werken zur Veranschaulichung einer Lesart verwendet werden, schaffen sich dabei teilweise selbst einen Kontext, indem sie als Beispiel unter einer spezifischen Lesart eingeordnet stehen. Dadurch ist dann ersichtlich, dass bei einem konkreten Objektreferenten wie Radtour oder Ausflug auf den Durchführungsaspekt eines Ereignisses fokussiert wird und nicht etwa auf den Aspekt der Organisation, wenn diese Beispiele unter etwas durchführen, ausführen, unternehmen geführt werden und nicht unter etwas zustande bringen, organisieren. Daher sollte von einer Deutung als Handlung oder Prozess generell ausgegangen und auf eine nähere Eingrenzung dieser Begriffe verzichtet werden, denn diese findet nicht auf der semantischen Ebene statt. des weiteren Gesprächskontexts (war Effektiv ne drEIiviertel stunde geFAHren; Z. 06) deutlich, dass es um die Teilnahme an einer Radtour geht. 204 Weitere Ausführung zu dieser Problematik siehe Abschnitt 6.2.2 am Beispiel von Party machen. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 206 6.5.1.2 Deutung des Objekts als Produkt oder Ergebnis machen wird auch verwendet, wenn ausgedrückt werden soll, dass ein (meist menschliches) Subjekt ein Objekt hervorbringt. Dies können unterschiedlich beschaffene Entitäten sein (konkrete wie abstrakte), das Subjekt handelt dabei mit der Intention, etwas zu erschaffen und das Objekt bezeichnet das Endprodukt, welches aufgrund der nicht genau benannten Handlung vorhanden ist. Die Interpretation von machen als generelles oder auch als spezifische Art von Herstellen ergibt sich in diesen Fällen daraus, dass das Objekt als Produkt oder Ergebnis identifizierbar ist, so dass die agentive Verbindung zwischen Subjekt und Objekt als Erschaffensbzw. Herstellungsprozess interpretierbar ist. Dabei kann es sich zum Beispiel um handwerklich hergestellte Artefakte handeln, wie in Beispiel (40): (40) FOLK_E_00143_SE_01_T_01_DF_01, Segment 992 [00.34: 12-00: 34: 22] 01 JI un (.) dann hot er im Erschte lehrjahr hän se so KERzeständerle gemacht da; 02 ((schnieft)) net, 03 (0.2) 04 JI des geb ich NET her; 05 des hab ich IMmer no[ch (bei)- ] 06 GI [ desch geSCHMIEd]et-= net? 07 und geFEILT und Alles- Die Sprecherin Josephine (JI) erzählt von einer nicht anwesenden Person, die im ersten Lehrjahr ihrer Ausbildung einen Kerzenständer gemacht hatte. In Zeile 05 wird deutlich, dass mit Kerzenständer das Produkt eines Herstellungsprozesses gemeint ist, da die Sprecherin angibt, dass sie ihn immer noch besitzt. Ihr Mann Gottfried (GI) bezeichnet außerdem in den Zeilen 06/ 07 den Herstellungsprozess genauer, gibt also eine nähere Beschreibung der Handlungen, die zu dem Produkt Kerzenständer geführt haben. Dadurch wird deutlich, dass mit machen die Art von Handlung beschrieben wird, die zu dem durch das Objekt bezeichneten Produkt geführt hat, die mehrere komplexe Handlungsverläufe beinhaltet, welche mit machen zu einem Handlungsprozess zusammengeführt werden können und werden, da in dieser Äußerung die genaue Art und Weise nicht so relevant ist wie das, was die Handlung im Endeffekt hervorgebracht hat. Häufig wird machen auch derart im Zusammenhang mit der Herstellung von Speisen und Getränken verwendet: (41) FOLK_E_00119_SE_01_T_01_DF_01, Segment 689 [00: 13: 32-00: 13: 40] 01 PE mein TEE is schon leer; 02 (0.66) 03 TI oh soll ich dir noch einen GEben scha[tz; ] Empirische Untersuchung 207 04 PE [bitte; ] 05 XX ((Lachansatz)) 06 TI der is LEER; 07 (.) oder? 08 PE °h ach [ du hast ne KANne] gemacht, 205 09 TI [o: : : h ] 10 (0.66) 11 PE is ja SUper- (42) FOLK_E_00047_SE_01_T_01_DF_01, Segment 859 [00: 19: 49-00: 19: 55] 01 AM man müsst viel öfter SUPpe machen ; 02 ich tri ich ess so gern SUPpe; 03 (0.62) 04 PB bei dem unternehmen_a gibt_s immer S[O tol]le suppe; 05 AM [hm_hm,] In den beiden Ausschnitten (41) und (42), die Gespräche zwischen Freunden, bzw. einem Pärchen zeigen, wird machen jeweils genutzt, um die Herstellung eines bestimmten Getränks (Tee) und einer bestimmten Speise (Suppe) zu versprachlichen, denn in beiden Beispielen ist mit der Bezeichnung von Kanne (Tee) und Suppe jeweils das fertige Produkt gemeint. In Beispiel (41) verweist PE mit der Äußerung ach du hast ne KANne gemacht im Perfekt auf die Tatsache, dass eine ganze Kanne des von ihm gewünschten Getränks vorhanden ist; es geht also nicht um das Durchführen des Teekochens, sondern um das Vorhandensein des fertigen Produkts. Ebenso bezieht sich Anita (AM) in Beispiel (42) auf das Produkt, auch wenn ihre Äußerung im Präsens gehalten ist und auf einen gewünschten zukünftigen Durchführungsprozess verweist. Dennoch macht sie in Zeile 02 deutlich, dass sich ihr Wunsch nach Suppe machen auf das Endprodukt bezieht, welches sie gerne konsumiert, sie also mit machen auf eine Handlung verweist, die das Endprodukt Suppe nach sich zieht und somit (auch) als Schaffensprozess gedeutet werden kann. Es können aber auch Ergebnisse geistiger Arbeit Produkte eines Schaffensprozesses sein, die nicht zwingend dinglich vorhanden sind, die aber dennoch zielgerichtet produziert werden, wie in Ausschnitt (43) aus einem Prüfungsgespräch beschrieben wird: (43) FOLK_E_00028_SE_01_T_01_DF_01, Segment 171 [00: 08: 44-00: 09: 08] 01 FF ziel, 02 das hat auch jacob GRIMM gesagt, 03 (.) öhm in seiner deutschen gramMAtik,=°hh 04 das ZIEL jeder öh sprachwissenschaftlichen untersUchung sollte sein; 205 Die Kanne steht hier metonymisch für den darin befindlichen Tee. Zu Metonymie und Metaphorik siehe Abschnitt 4.2.2.2. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 208 05 ähm °hh mIt den ältesten (.) sprAchstufen (.) öhm vergleiche (.) DURCHzuführ[n sozusa]gen; = °hh 06 BR [hm_hm ] 07 FF und öhm- 08 ja wie geSAGT das hat-=öhm- 09 (0.55) 10 FF ((schnalzt)) also man KANN sagen- 11 (.) ich wEIß nich mehr wer diese öh (.) diese (.) geschichtliche einordnung geMACHT hat ; 12 also den nAmen kann ich leider jetz NICH wiedergeben,=°hh Die geschichtliche Einordnung der Sprachstufen, über deren Urheber sich der Prüfling nicht sicher ist (Z. 11), ist eine abstrakte Entität, die das Produkt eines geistigen Schaffensprozesses ist. Trotz der Tatsache, dass Einordnung ein deverbales Substantiv ist, bezieht sich das Lexem nicht auf einen Prozess, der durchgeführt wurde, sondern auf etwas Vorhandenes, das erstellt wurde und auf das sich im Nachhinein bezogen werden kann, zum Beispiel um - wie der Prüfling beschreibt - ältere mit jüngeren Sprachstufen zu vergleichen (Z. 05). 206 Ausschlaggebend für die Interpretation der Handlung, auf die machen verweist, als generelles (Er-)Schaffen ist, dass das Objekt als Ergebnis einer (intendierten) Handlung für die Rezipienten zu deuten ist, denn nicht immer werden in Äußerungen mit NPn, die semantisch Gegenstände oder geistige Produkte denotieren, auch wirklich diese gemeint. Es passiert durchaus, dass damit metonymisch auf eine Handlung, ein Prozess oder auch eine Thematik verwiesen wird, so dass machen in dem Zusammenhang nicht mehr als (er)schaffende Handlung zu interpretieren ist (vgl. dazu bspw. Abschn. 6.6.3). Diese anderen Deutungen sind dann jeweils abhängig vom Kontext und funktionieren nicht bezogen auf ohne Zusammenhang analysierte einzelne Äußerungen, sondern sie finden auf einer anderen Ebene der Spezifikation statt, meist auf einer (oder mehreren) (teil-)satzexternen (vgl. Abschn. 6.3). 6.5.1.3 Einschub: Ein theoretisches Problem, das keines ist: Akt - Objekt - Ambiguität der Objekte Die Verwendung von machen mit einem handlungsbezeichnenden Objekt erlaubt einen Fokus auf die Handlung als etwas, das besonders betont werden kann oder auf das im weiteren Verlauf zurückreferiert werden kann (vgl. Proske 2013, S. 199 zu machen und der Einführung von neuen Referenten im Gespräch), was bei einer Versprachlichung der Handlung durch ein entspre- 206 Dieser Ausschnitt liefert gleichzeitig ein Beispiel für eine Akt-Objekt-Ambiguität des Objekts, welche bei der Absicht, eine eindeutige Klassifikation der Semantik der Objekte durchzuführen, ein Problem darstellen würde, da sie sowohl als Produkt als auch als Handlung zu deuten sind. Dieses Problem stellt aber kein wirkliches Problem dar, wie im folgenden Abschnitt 6.5.1.3 erläutert werden wird. Empirische Untersuchung 209 chendes spezifischeres Verb nicht auf dieselbe Weise möglich ist. In dieser Verwendungsmöglichkeit liegt auch ein (weiteres) gutes Argument gegen die Zuschreibung von Lesarten, die auf den semantischen Eigenschaften der Argumente beruhen, im Gegensatz zur Annahme einer unterspezifizierten Bedeutung, welche die Verwendung von machen bietet: Nicht immer sind die Argumente eindeutig einer semantischen Gruppe zuzuordnen, aber immer wird die Art der agentiven Beziehung, welche machen konzeptualisieren soll, im Gebrauch deutlich. Eine Polysemie in dem Sinne, dass eine potenzielle Unsicherheit entstehen kann, wie der entsprechende Ausdruck gemeint wurde, kommt mit machen so gut wie nicht vor. 207 Diese Tatsache zeigt sich auch bei Verwendungen mit Objekt, die semantisch sowohl Handlungen bzw. Prozesse als auch Produkte bzw. Ergebnisse bezeichnen, die also eine Akt-Objekt-Ambiguität aufweisen. 208 Diese könnten nach einer „klassischen“ Betrachtungsweise, die von einer Polysemie des Verbs machen ausgeht, außerhalb jeglichen Kontexts auf zweierlei Arten interpretiert werden, was eine Kategorisierung von Vorkommnissen wie etwa Analysen machen oder Beschreibungen machen erschwert. Denn Analyse und Beschreibung bezeichnen - wie viele deverbale Substantive - sowohl eine bestimmte Art von Handlung als auch deren Ergebnis. Ob machen aber einen Durchführungs- oder einen Schaffensprozess bezeichnet, ist im eigentlichen Gebrauch zum einen oftmals nicht eindeutig auseinanderzuhalten und zum anderen meist in dem Sinne auch gar nicht relevant. Ein deverbales Substantiv zusammen mit machen zur Beschreibung einer Handlung zu wählen, anstelle des dem Substantiv zugrunde liegenden Verbs, hat zur Folge, dass sowohl die Handlung selbst als Handlung ausgedrückt, als auch dessen Ergebnis fokussiert werden kann. Dies ist bei dem Gebrauch des entsprechenden Verbs nicht der Fall, da hier nur die Handlung beschrieben wird (vgl. Arbeit machen vs. arbeiten). 207 Eine Unsicherheit in dem Sinne, dass die spezifische Bedeutung von machen erfragt werden muss, kommt in den Daten überhaupt nicht vor. In einigen Fällen tragen Sprecher aber durchaus aktiv zu einer weiteren Spezifizierung der Handlungsinterpretation des Verbs bei, wenn die Nennung der Argumente und der außersprachliche Kontext der gesamten Äußerung dies allein nicht leisten können, indem sie die Handlungsbedeutung durch zusätzliche Informationen weiter spezifizieren oder nachträglich ein spezifischeres Verb einbringen. Konkrete Beispiele dafür finden sich in Abschnitt 6.5.2 (Beispiel (49)) oder auch in Abschnitt 6.6.4 (Beispiele (79)-(81)). Dies deutet an, dass Sprecher sich etwaiger Interpretationsschwierigkeiten bei der Verwendung eines derart unterspezifizierten Verbs bewusst sind. 208 Diese Ambiguität beruht auf einer systematischen metonymischen Extension (vgl. Abschn. 4.2.2.2), die unterschiedliche Alternationen bzw. systematisch miteinander verwandte Beziehungen aufweisen, wie die hier beschriebene Prozess/ Produkt-Alternation oder auch Kontainer/ Inhalt (Das Glas ist kaputt gegangen vs. Ich habe mein Glas verschüttet) oder Ort/ Bewohner (Ich fliege morgen nach London vs. London freut sich auf die Olympischen Spiele) (vgl. Pustejovsky 1995; er beschreibt dies als „Complementary Polysemy“ (ebd., S. 31ff.)). Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 210 Akt-Objekt-Ambiguität zeigt sich in einigen Nominalisierungen wie Untersuchung, Beschreibung oder Übung oder auch in anderen deverbalen Substantiven wie Analyse oder Arbeit. Diese Ausdrücke sind auch in Kontexten nicht immer eindeutig als entweder Prozess oder Ergebnis zu deuten, denn wenn ich zum Beispiel eine Beschreibung mache, führe ich zum einen die Handlung durch, die das Substantiv denotiert (beschreiben) und stelle zum anderen dabei gleichzeitig eine Beschreibung her. Im konkreten Gebrauch solcher Ausdrücke ist eine exakte Unterscheidung der beiden Deutungsweisen aber nicht weiter relevant für die Interpretation der Gesamtaussage der Äußerung: (44) FOLK_E_00039_SE_01_T_01_DF_01, Segment 736 [00: 12: 54-00: 13: 07] 01 EL °h na karin hat ja gestern nochma ANjerufen? 02 (0.2) 03 EL °hhh weil se nich mehr wUsste wer WER is; 04 nh hat se (0.34) so ne perSOnenbeschreibung gemacht , 05 wie die leute AUSsehen? 06 (0.23) 07 EL °h (.) dann mUsst ick sagen wer dit IS; 08 ob det nu deine TANte is oder dein ONkel, In diesem Ausschnitt geht es darum, dass eine Bekannte von Elena (EL) namens Karin bei ihr angerufen hat, weil sie Probleme damit hatte, auf den Hochzeitsbildern von Elena und ihrem Mann alle Personen zu identifizieren, was aber wichtig ist, da Karin eine Hochzeitszeitung für Elena und ihren Mann machen möchte. Um dieses Problem zu lösen, hat Karin Elena die Personen am Telefon beschrieben, so dass diese ihr dann die Namen und Verwandtschaftsbeziehungen nennen konnte. Diese Handlung wird von Elena mit Personenbeschreibung machen versprachlicht. Personenbeschreibung bezeichnet gleichermaßen die Handlung, Personen zu beschreiben und auch das Produkt dieser Handlung. Diese Ambiguität ist aber nicht weiter relevant für eine eindeutige Handlungsspezifizierung. Denn die Frage, ob das Objekt eine Handlung oder das Ergebnis einer spezifischen Handlung ist, ändert in den allermeisten Fällen nichts an der Gesamtaussage einer konkreten Äußerung, jedenfalls dann nicht, wenn der Prozess das intendierte Ergebnis hervorbringt. Ist dies nicht der Fall, weil zum Beispiel der Prozess des Analysemachens nicht in einer Analyse resultiert, wie bei einer Aussage wie: Ich hab gestern den ganzen Tag Analysen gemacht, aber leider ist keine fertig geworden, lässt sich aus dieser - im ausgedachten Beispiel mitkommunizierten - Tatsache schließen, dass sich durch Analysen machen nur auf die Durchführung der Handlung analysieren bezogen wird, da kein Ergebnis geschaffen wurde. Im obigen Beispiel kann aber beides gemeint sein, denn um die Personen richtig zuzuordnen, muss für Karin eine Beschreibung vorhanden sein; diese produziert Elena, indem sie Empirische Untersuchung 211 beschreibt. Die Handlung und das Produkt bedingen einander, oder anders gesagt: Beschreibung ist das Default-Ergebnis der Handlung beschreiben ebenso wie beschreiben die Default-Handlung zu Beschreibung ist. Akt-Objekt-Ambiguität wäre also nur dann ein Problem für die Deutung von machen, wenn man eine strikte, auf der Semantik von Lexemen basierende Lesarteneinteilung vornehmen möchte. Im Gebrauch erweisen sich deverbale Nomen als Objekt - oder generell Nomen, die sowohl als Prozess als auch als Produkt zu deuten sind - als nützlich für die Formulierung vager und genereller Aussagen und liefern keine Probleme bei der Interpretation der Äußerungen, in denen sie mit machen kombiniert werden. 6.5.1.4 Deutung des Objekts als Zustand oder Wirkung Mit machen werden auch Handlungen oder Prozesse versprachlicht, die einen Zustand oder eine Wirkung nach sich ziehen. Dies muss keine intentionale Handlung sein, denn bei dieser Verwendung sind die Subjektreferenten mitunter unbelebte Entitäten oder Sachverhalte. Die Deutung ergibt sich dann daraus, dass das Objekt als Zustand oder Wirkung einer bestimmten Ursache interpretiert werden kann, wie in den folgenden Beispielen: (45) FOLK_E_00055_SE_01_T_03_DF_01, Segment 585 [00: 25: 11-00: 25: 19] 01 US hab zum beispiel mal geLEsen dass; 02 chIli und scharfe gewÜrze gut für die durchBLUtung sin? 03 NH ja 04 US °h 05 AM m_ja 06 US Aber, 07 (0.62) 08 US machen auch unreine HAUT. (46) FOLK_E_00026_SE_01_T_03_DF_01, Segment 1259 [02: 21: 54-02: 22: 14] 01 SZ am mOntag werden FÄden gezogen. 02 (0.39) 03 SZ sag mal a a tut fäden ziehen WEH? 04 [nee; =ne? ] 05 MS [ nei][n] 06 SZ [d]es zIEpt s s des ZWICKT [so_n bisschen; =odder? 07 (.) so ] 08 MS [äh des is wie Z]WIcken; 09 SZ ja- 10 (1.2) 11 SZ der hat auch schon BAMmel davor, Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 212 12 (0.28) 13 MS ja (.) äh (.) KANNST ihm (.) von der- 14 (°h)(0.55) 15 MS grÖßten schisserin der WELT,=äh 16 namens melli beschEId sagen; = 17 = dass fÄden ziehen wirklich nur ANGST macht, 18 und net WEH tut. 19 (0.88) 20 SZ ja- Weder bei den Subjektreferenten chIli und scharfe GewÜrze noch bei dem Sachverhalt fäden ziehen kann von einer intentionalen Zielgerichtetheit bezüglich der jeweiligen Ergebnisse unreine HAUT und ANGST die Rede sein, weswegen ich diese als (resultative) Zustände bezeichnen möchte. machen wird hier verwendet, um weniger eng gefasste Agentivität zu konzeptualisieren (vgl. Abschn. 4.1), die nicht unbedingt einer zielgerichteten, ausgeführten Handlung entspricht, sondern eher einem Prozess. Dadurch, dass machen Agentivität auch in einem sehr weiten Sinne ausdrücken kann, ist die Konzeptualisierung eines Prozesses, der einen Zustand bewirkt, durch dieses Verb nicht nur möglich, sondern auch usuell. Die Agentivität äußert sich hier in der Verantwortlichkeit des Subjektreferenten, den durch das Objekt ausgedrückten Zustand nach sich zu ziehen. Die Usualität dieser Konzeptualisierung zeigt sich in den vielen mehr oder weniger festen Wortverbindungen - zu denen auch Angst machen gehört. Dazu zählen bspw. auch (keinen) Spaß machen und Sinn machen. Zustände können aber durchaus auch von menschlichen Subjektreferenten hervorgerufen werden, denen mitunter absichtliches Verursachen zugeschrieben wird: (47) FOLK_E_00021_SE_01_T_09_DF_01, Segment 160 [02: 36: 51-02: 37: 02] 01 PL si[mo[n ] 02 DK [+++++++++ 03 [((Nebengespräch))] 04 SK moME: NT! 05 PL hoa: : MENSCH ey; 06 (0.59) 07 CH was machst_n DU heut eigentlich so_ne hEktik? 08 (0.36) 09 MT jah- 10 (0.23) 11 CH pascal 12 MT (.) willst du Unbedingt irgendwo HIN,=(oder was; ) 13 SK [wo sind die PROfi]s, (.) 14 CH [musst du nach HAUse,] 15 SK und können sagen was der MAniche kostet, Empirische Untersuchung 213 In diesem Beispiel aus der Aufnahme einer Spieleinteraktion zwischen Erwachsenen demonstriert der Spieler Pascal (PL) seine Ungeduld (Z. 05) als Reaktion auf die Verzögerung seines Mitspielers Simon (SK, Z. 04). Daraufhin wirft der Spieler Christoph (CH) Pascal vor, er würde eine hektische Stimmung verbreiten. Diesen Vorwurf formuliert er als (rhetorische) Frage mit machen und setzt so Pascal als Verantwortlichen in eine agentive Relation zu dem Abstraktum hEktik (Z. 07). Ihm wird also vorgeworfen, durch eine Handlung (das explizite Zeigen seiner Ungeduld) einen Zustand, der als Hektik bezeichnet wird, zu verursachen. Hektik selbst stellt nicht etwas dar, das durchgeführt wird und ist auch nicht unbedingt ein intendiertes Ergebnis, sondern denotiert einen Zustand der Unruhe. In der gegebenen Situation ist es die Interpretation dessen, was Pascal durch seine Ungeduld bei den anderen auslöst, wodurch aber diese Unruhe genau entsteht und ob dieser Zustand hervorgerufen werden sollte oder nur unbeabsichtigtes Nebenprodukt ist, lässt sich durch die Kombination allein nicht erschließen. Derlei Verhalten (oder Prozesse), welche Zustände oder Stimmungen nach sich ziehen, können durch machen versprachlicht werden, mit dem Zustand oder der Stimmung als Objekt. Das genaue Verhalten muss so nicht benannt werden und trotzdem wird dem Subjekt die Verantwortung für die bezeichnete Situation (absichtlich oder nicht) zugeschrieben, denn er wird als Ursache identifiziert. Häufig sind derlei Zustände negativ konnotiert, wie etwa Drama, Probleme, Ärger und Stress, welches im Umkehrschluss auf ein negatives Handeln des Subjektreferenten schließen lässt, was derartige Zustände erst hervorruft. Dieses muss aber nicht immer - auch nicht bei menschlichen Subjektreferenten - als willentliches Handeln gemeint sein, denn jemand kann Stress oder Probleme verursachen, ohne dies wirklich zu wollen. Dies kann im weiteren sprachlichen wie situativen Kontext verdeutlicht werden, ergibt sich aber nicht aus der Kombination von machen + Zustand allein. Diese Art der Objekte kommt häufig in festen oder zumindest eher usuell gebräuchlichen Wortverbindungen vor. Die Handlung, die durch machen bezeichnet wird, ist hierbei weitestgehend eher diffus und nicht semantisch aus dem Objekt ableitbar: Es gibt keine Defaulthandlung (oder Handlungskomplex), die Probleme oder Hektik hervorruft, anders als etwa bei einem Kuchen. Häufig sind diese Handlungen - gerade bei Subjekten, die Sachverhalte darstellen - eher Prozesse (mit bestimmten Ursachen), die zu den jeweiligen Zuständen führen. Jemand kann etwas mit Absicht verursachen oder aber auch unbeabsichtigt oder im Zuge einer intendierten Handlung, die eigentlich auf etwas anderes abzielte. Außerdem können auch unbelebte Subjektreferenten oder Sachverhalte etwas verursachen, ohne dass ihnen durch die Verwendung von machen durch den Sprecher Intention oder Zielgerichtetheit zugeschrieben wird, sie werden lediglich als verantwortlich gerahmt. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 214 Dies ist möglich durch die sehr weit gefasste Agentivität, die machen konzeptualisiert. 6.5.2 Die Semantik und Referenz des Subjekts Wie bereits angedeutet, sorgt eine eindeutige Interpretation der Objektreferenz allein nicht immer für eine eindeutige Deutung der Handlung, die mit machen ausgedrückt werden soll. Denn in vielen Fällen ist es so, dass machen + Objektreferent mehrere mögliche Durchführungsweisen generieren kann, je nachdem, zu wem der agentive Bezug hergestellt werden soll. Die folgenden Beispiele demonstrieren, dass der Einbezug der Referenz beim Subjekt noch relevanter sein kann als beim Objekt, da das Subjekt in der Mehrheit der Fälle pronominal realisiert wird (vgl. Abschn. 6.1.3), also ohne den der Bezug zum Kontext gar nicht eindeutig interpretiert werden kann. Am Beispiel der Kombination Konzert(e) machen lässt sich zeigen, dass die genaue Durchführung dieser Veranstaltung dadurch spezifiziert wird, dass die Identität des Subjektreferenten bekannt ist und dass eine ganz genaue Deutung mitunter nicht notwendig ist, um den Inhalt der Äußerung zu erfassen. Im Korpus kommen vier Verwendungen von Konzert(e) machen vor, von denen drei hier zur Veranschaulichung analysiert werden. Die erste Verwendung entstammt einem Gespräch unter Freunden, sie reden über die Schwierigkeiten junger Bands: (48) FOLK_E_00066_SE_01_T_01_DF_01, Segment 698 [00: 17: 42-00: 18: 09] 01 UD so was MASCH ja auch als jUnge band ; =ne, 02 (0.22) 03 UD [hauptsach] AUFtrittschance- 04 JO [hm_hm; ] 05 (0.36) 06 JO ((schmatzt)) ah JA; 07 (0.52) 08 JO ((schmatzt)) damit_s AUSgenützt wird- 09 (0.39) 10 JO du fährst auf deine eigenen KOSten da immer; 11 (0.48) 12 JO ah ja früher mit_n JUNGS si_mer dann da mit- 13 (.) für paar kisten BIER, 14 wo du eh gSAGT hasch- 15 oah alles klar kostenlos SAUfen heute, 16 (0.9) 17 UD hm_hm, 18 JO fahr ma mach ma_s konZERT oder irgendwie- 19 un dann PLANT, 20 und im endeffekt sin die ja IMmer, 21 (0.83) Empirische Untersuchung 215 22 JO °hh has_de eigentlich immer DRAUF bezahlt; 23 hast die ganzen SPRITkosten- 24 (0.56) 25 UD des sowieSO, 26 (0.79) 27 JO den ganzen UNterhalt von deinem zEUg; 28 aber KLAR, 29 was willst am anfang MAchen, Das Thema ist gerade, dass junge Bands häufig ohne Gage spielen, weil sie als unbekannte Band erst einmal Fuß fassen müssen und sich dann etwa Freigetränke als Vergütung buchen lassen. Johnny erzählt ab Zeile 12 von seinen eigenen Erfahrungen als Mitglied einer Band. Da Johnny hier mit wir in Zeile 18 (mach ma_s konZERT) sich selbst und seine Band meint, sind die Handlungen, die mit machen versprachlicht werden, Handlungen, die von Bands in Bezug auf Konzerte ausgeführt werden, was hauptsächlich das Spielen von Musik bei Konzerten ist. Dennoch wäre eine enge Paraphrase oder Interpretation, bei der machen durch ein spezifisches Handlungsverb wie geben oder aufführen ersetzt würde, zu kurz gegriffen, denn Johnny meint hier nicht nur den Aspekt der Aufführung selbst, des eigentlichen Spielens des Konzerts, sondern die gesamte Organisation drum herum, die die Band leisten muss, um ein Konzert auf die Beine zu stellen. Dies zeigt sich in Zeile 18 durch seine Reparatur von fahr ma zu mach ma und auch in der folgenden Zeile 19 un dann PLANT sowie in der Schlussfolgerung in den Zeilen 22, 23 und 27 has_de eigentlich immer DRAUF bezahlt; hast die ganzen SPRITkosten - den ganzen Unterhalt von deinem zEUg. Konzert machen bezieht sich somit auf mehrere Teilhandlungen, die für eine Band für die Durchführung und das Zustandekommen der Veranstaltung Konzert notwendig sind: die Planung (und wahrscheinlich auch Proben), die Anfahrt, den sachgerechten Transport (und die Instandhaltung) der Instrumente zusätzlich zu der Inferenz, die in der Beziehung von Band und Konzert am deutlichsten ist: der Auftritt selbst. machen stellt hier also die handelnde Beziehung zwischen Band und Konzert her, die maßgeblich das Abhalten von Konzerten betrifft, beschränkt die Art der Handlung aber nicht nur auf den einen Aspekt, sondern erlaubt eine Interpretation (und natürlich die Darstellung) mehrerer relevanter Handlungen, die Bands ausführen können. Diese können durch weitere Ausführungen im Einzelnen noch hervorgehoben werden und werden es in diesem Beispiel auch. Die Tatsache, die hier deutlich gezeigt wird, nämlich, dass ein Konzert für eine Band mehr beinhaltet als das bloße Spielen von Musik an einem bestimmten Ort für eine begrenzte Zeit, dient auch dazu, zu verdeutlichen, dass eine Vergütung durch Freigetränke in keinem Verhältnis zu dem Aufwand steht, den eine Band im Endeffekt hat, wenn sie ein Konzert macht. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 216 Ein wenig später im selben Gespräch findet sich die Verbindung Konzerte machen erneut, diesmal in Bezug auf einen gemeinsamen Bekannten, der anscheinend einen Veranstaltungsort verwaltet und mit dem Organisieren von Veranstaltungen sein Geld verdient. Dadurch, dass der Subjektreferent also diesmal eine ganz andere Rolle hat, sind auch die Handlungsmöglichkeiten, die dieser in Bezug auf Konzerte hat, deutlich verschieden zu denen im vorherigen Beispiel: (49) FOLK_E_00066_SE_01_T_01_DF_01, Segment 737 [00: 19: 08-00: 19: 29] 01 JO erik mich da AUCH gefragt so- 02 er hätte jetz da so_n neues moDELL,=°hh 03 äh (.) er brau er sucht zehn LEUte, 04 und Alle geben davon en HUNni, 05 (0.8) 06 JO und dann macht Er konZERte; 07 (0.55) 08 JO so; 09 also er verANstaltet dann und- 10 (0.77) 11 JO äh 12 (0.82) 13 JO und dann HAM wir gfra= 14 =ja und was ham DIE leute davon die da- 15 die ham en kostenlosen EINtritt? 16 (0.61) 17 JO und frei TRINken; Auch hier verwendet Johnny in Zeile 06 die Kombination Konzerte machen (und dann macht Er konZERte; ) um den handelnden Bezug zwischen seinem Bekannten und dem Veranstaltungstyp Konzerte darzustellen. In Zeile 09 spezifiziert er jene Handlung, die als Inferenz in der Handlungsbeziehung zwischen Erik und Konzerten besteht: also er verANstaltet dann […]. Er leitet diese mit der Partikel also ein. also wird auch bei Selbstreformulierungen und vor allem Präzisierungen verwendet („Korrekturmarker“, Konerding 2004, S. 209). Erik wird nicht besonders eingeführt in die Kommunikation - er scheint allen Beteiligten bekannt zu sein -, er kommt aber als Gesprächsthema auf im Zusammenhang mit den vorher erwähnten jungen Bands (vgl. Beispiel (48)) und wie diese von Veranstaltern ausgenutzt werden. Johnny beurteilt diese Praktik nämlich als gutes geSCHÄFTSmodell für_n verAnstalter; (vor dem zitierten Ausschnitt). Durch Eriks Rolle als Veranstalter ist sein Bezug zu Konzerten eigentlich deutlich, dennoch wird die Handlung noch einmal in der Folgeäußerung von Johnny konkretisiert. Diese nachträgliche Spezifizierung der Handlung durch das Ersetzen von machen durch das präzisiere Verb veranstalten (eine Selbstreparatur, Egbert 2009, S. 53ff.) verdeutlicht zum einen das Wissen des Spre- Empirische Untersuchung 217 chers um die Vagheit von machen auch im Zusammenhang mit Argumenten, die durch ihre Defaultsemantik eine bestimmte Interpretation sehr wahrscheinlich machen. Zum anderen zeigt sich darin auch - und wahrscheinlich in diesem Fall vorwiegend - die Festigkeit der Verbindung Konzerte machen als Ausdruck für das Erzeugen von Musik bei Konzerten im Gegensatz zu anderen möglichen Handlungen, wie organisieren oder veranstalten von Konzerten. Die lokal relevante Interpretation wird so durch die nachträgliche Explikation des Sprechers als potenziell uneindeutig markiert, aufgrund der Usualität bzw. angenommenen Präferenz für eine andere Deutung dieser Verbindung. Dennoch erhält das Verb machen durch seinen Bezug zur Rolle Veranstalter im Zusammenhang mit Erik eine deutlich andere Interpretationsrichtung, als dieselbe Kombination im vorherigen Beispiel hatte. Auch veranstalten ist natürlich eine Handlung, die aus mehreren Teilhandlungen besteht, aber dies ist nicht der Fokus und die Intention der Äußerung, denn diese dient dazu, Eriks Rolle beim vorgeschlagenen Geschäftsmodell zu beschreiben: die des Organisators von Konzerten. Die Beschreibung dieser Handlung fällt durch den also- Anschluss aus der gesamten Erzählroutine heraus, die ansonsten durchgehend mit und-Anschlüssen aufgebaut ist und sie bietet auch keine neue Information, wie ansonsten jeder mit und eingeleitete Turn. Der folgende Ausschnitt zeigt, wie machen dazu genutzt wird, eine Handlung zu bezeichnen, die aufgrund der unklaren Referenz des Subjekts nicht eindeutig interpretiert werden kann, was aber der Verständlichkeit der Aussage nicht schadet, da eine genaue Spezifizierung dafür nicht unbedingt notwendig ist. In diesem Paargespräch unterhalten sich Anita (AM) und Philipp (PB) aufgrund eines parallel laufenden Fernsehbeitrags über den - zu diesem Zeitpunkt gerade erst kürzlich - verstorbenen Sänger Michael Jackson: (50) FOLK_E_00043_SE_01_T_01_DF_01, Segment 370 [00: 10: 12-00: 10: 31] 01 AM aber wie der geTANZT hat is schon_n As[si; =oder,] 02 PB [ja; ] 03 (6.67) 04 PB ich glaub die HAM nämlich- 05 WIRklich sollten f- 06 (1.58) 07 PB FÜNFzig konzErte in der o twO arena (.) machen; 08 (2.26) 09 AM und dann willst mir sAgen dass der kein GELD hätt ; Der vor dem Ausschnitt erwähnte Michael Jackson ist hier die Referenz für der in Zeile 01 (aber wie der geTANZT hat is schon_n Assi; =oder,). Die Referenz für die in Philipps nachfolgender Äußerung in den Zeilen 04-07 ist dagegen weniger klar, denn nichts in der vorhergehenden Konversation kann als expliziter Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 218 Referent hierfür interpretiert werden. Der (sprachliche) Bezug, in den diese Anapher aber gesetzt wird (sollten […] FÜNFzig konzErte in der o twO arena (.) machen; ), schränkt im Zusammenhang mit dem Hintergrundwissen, dass Micheal Jackson Sänger war, die mögliche Interpretation der Anapher deutlich ein, bzw. macht diese überhaupt erst möglich. Da das Pronomen im Plural steht, fällt Michael Jackson allein als Referent aus. Da dieser aber sowohl als Thema der Konversation generell als auch durch seine Rolle als Sänger einen deutlichen Bezug zu der Aussage an sich und zum Objekt Konzerte darstellt, kann die sehr vage und unbestimmt als (Michael Jackson und) Menschen, die mit oder für Michael Jackson im Zusammenhang mit Konzerten arbeiten gedeutet werden (dies schließt unter anderem Veranstalter, Agenten, Tänzer, Musiker und Techniker ein). Der Einbezug von Jackson selbst wird zumindest von Anita vorgenommen, die auf diese Information hin eine Aussage speziell zu der Konsequenz formuliert, die 50 gebuchte Konzerte für Michael Jackson persönlich hätten. Denn sie sagt implizit aus, dass Jackson aufgrund dessen auf keinen Fall finanzielle Nöte haben dürfte (und dann willst mir sAgen dass der kein GELD hätt; Z. 09), wie es zuvor im parallel laufenden Fernsehbeitrag berichtet wurde. Der sehr vage Subjektreferent führt in diesem Beispiel dazu, dass die Interpretation der Handlung, die machen im Zusammenhang mit Konzerte ausdrücken könnte, ebenfalls eher vage ist, was aber nichts an der Interpretierbarkeit der Aussage insgesamt ändert: Das Hauptmerk liegt auf der aktiven und agentiven Verbindung von „denen“, die ungenannt und damit unspezifiziert bleiben, aber etwas mit dem Thema Michael Jackson zu tun haben, und den geplanten 50 Konzerten in der O 2 -Arena. Dabei geht es hauptsächlich darum, dass 50 Konzerte mit Michael Jackson als Bühnenakteur in der O 2 -Arena stattfinden sollten. Die Unterspezifiziertheit des Verbs und die Vagheit des Subjektreferenten führen in dieser Äußerung nicht dazu, dass eine Interpretation erschwert wird, sie sorgen im Gegenteil dafür, dass die Aussage gleichzeitig auf viele Handlungsvorgänge bezogen werden kann, die sämtliche Aspekte der Konzertorganisation und -durchführung mit einschließt und somit auch - wie von Anita im Endeffekt gedeutet - auf Jackson selbst bzw. ausschießlich bezogen werden kann. Das kurze Zögern von Philipp vor machen kann außerdem zum einen darauf hindeuten, dass das Benennen einer konkreten Handlung gar nicht sein Anliegen ist, sondern er die Nennung des Ortes und der Anzahl der Veranstaltungen als die wesentliche Information, die sich auf das unbestimmte die bezieht, darstellen wollte. Zum anderen kann hier auch interpretiert werden, dass der Sprecher zwischen der Vervollständigung der abgebrochenen Äußerung in Zeile 04 (ich glaub die HAM nämlich-) und der Apokoinu-Weiterführung derselben (ich glaub die […] sollten f- Z. 04/ 05) schwankte und sich zwischen der Verwendung des Infinitivs oder des Partizip Perfekts entscheiden musste. Empirische Untersuchung 219 6.5.3 Zusammenfassung zur Bedeutungsspezifikation durch die Semantik und Referenz der Argumente In diesem Abschnitt wurde die Semantik und Referenz der Argumente als Bedeutungskonstitutionsmittel für die Interpretation von machen untersucht. Dabei wurde zunächst auf die Semantik von lexikalischen Objektrefenten eingegangen, da diese zusammen mit machen die Prädikation einer Äußerung beschreiben. Dabei haben sich drei distinkte Deutungsweisen erkennen lassen, die jeweils unterschiedliche, aber dennoch sehr generelle Deutungen für die agentive Verbindung, die machen ausdrücken soll, umfassen: Die Deutung von machen als durchführende Handlung, als erschaffende Handlung oder als verantwortete Verursachung. Die Deutung von machen als eine generelle oder spezifische Handlung ist dabei abhängig von der Referenz, die dem Objekt in der jeweiligen Äußerung zugeschrieben werden kann und nicht unbedingt von dessen denotativer Semantik. Die genaue Art der Handlung kann bei einem Bezug auf ein lexikalisches Objekts so eng mit dem Objektreferenten verbunden sein, dass sie in vielen Fällen eine sehr spezifisch benennbare Handlungsinterpretation beim Rezipienten hervorrufen und so den Eindruck einer kontextfrei interpretierbaren Bedeutung erzeugen kann. In anderen Fällen gibt es für die Bezeichnung der Verbindung zwischen Subjekt und Objekt kein präziseres Einzelverb, weil es sich etwa um einen komplexen Handlungsvorgang (wie bei der Erschaffung geistiger Produkte) oder sehr vage Verantwortlichkeit handelt. Die Interpretation einer (mehr oder weniger genauen) Handlung ergibt sich also aus der Beschaffenheit des Objektreferenten und durch das generelle Wissen der Rezipienten darum, welche Maßnahmen für die Durchführung eines bestimmten Prozesses, Erschaffung eines bestimmten Produktes oder Bewirkung eines bestimmten Zustandes notwendig sind, sowie ebenfalls der Situation, in welcher die Äußerung passiert. Bei all diesen Spezifizierungsmitteln auf semantischer Ebene ist es also auch immer wieder der (teil-)satzexterne und außersprachliche Kontext, welcher in Abschnitt 6.3 behandelt wurde, der einen großen Einfluss auf eine angemessene Deutung hat. Ebenso hat die Identität des Subjektreferenten einen Einfluss darauf, wie die Handlung, die machen beschreibt, gedeutet werden kann, und so trägt bei pronominaler Realisierung die Referenz viel zur Spezifizierung der Handlungsdeutung bei. Besonders bei Objekten, die eine Vielzahl an distinkten Handlungsmöglichkeiten implizieren, kann die Semantik und Referenz des Subjekts zu einer eindeutigen Interpretation der Gesamtäußerung beitragen. Dies ist aber nicht immer notwendig und vielleicht auch nicht immer gewünscht, denn die Unterspezifiziertheit des Verbs lässt stets Raum für einen gewissen Grad an Vagheit und somit für Interpretationsspielraum, welcher Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 220 nicht unbedingt durch die Argumente beseitigt werden muss. Im Vordergrund der Verwendung von machen steht demzufolge die Verbindung von Subjekt- und Objektreferenten, die der Sprecher in eine generell agentive oder spezifisch handelnde Verbindung setzen möchte, bei welcher die Hauptinformation über die Beschaffenheit jener Beziehung aus der Semantik der Argumente gezogen werden kann. 6.6 Funktionale Ebene: Was machen aus pragmatischer Sicht leistet Dass machen ein semantisch sehr leeres Verb ist, welches im Grunde lediglich Agentivität ausdrückt und welches vor allem erst in der Verwendung durch den sprachlichen wie situativen Kontext zu einer spezifischen semantischen Deutung gelangt, wurde in den vorherigen Abschnitten ausführlich dargelegt. In diesem Abschnitt soll dargestellt werden, dass machen einige pragmatische Funktionen erfüllen kann, die eine semantische Interpretation ganz in den Hintergrund treten lassen können. D.h. die Pragmatik bzw. eine diskurspragmatische Funktion steht im Vordergrund, so dass in diesen Äußerungen oft keine konkrete Handlungsbedeutung interpretiert werden kann. Dies stellt zum Beispiel auch Proske (2013, S. 262f.) fest, die ausführt, dass unterspezifizierte Verben wie machen oder haben spezifischeren Verben vorgezogen werden, wenn es in erster Linie darum geht, Referenten hervorzuheben oder einzuführen. Die folgende Auflistung der Funktionen stellt keine exhaustive Liste dar, sondern lediglich diejenigen Funktionen, die sich aus den zugrunde liegenden Daten herausarbeiten ließen. Wie auch bei den Ebenen der semantischen und (teil-)satzexternen Spezifizierungsmittel kommt es nicht selten vor, dass mehrere Funktionen gleichzeitig in derselben Äußerung auftreten, worauf an den entsprechenden Stellen hingewiesen wird. Im Folgenden werden die pragmatischen Verwendungen des Referierens auf vorerwähnte Sachverhalte (Abschn. 6.6.1) in Form der das machen-Fügung (Abschn. 6.6.1.1), des Entzerrens semantisch schwerer Inhalte (Abschn. 6.6.2), der Durchführungsrahmung (Abschn. 6.6.3), der Onlineplanung von Gesprächsbeiträgen (Abschn. 6.6.4) sowie des Ausfüllens der Verbposition (Abschn. 6.6.5) näher beschrieben. 6.6.1 Referieren auf vorerwähnte Handlungen und Sachverhalte In derselben Weise, wie machen zur Formulierung unterschiedlichster Handlungsweisen beitragen kann, kann dieses Verb auch auf Handlungsweisen und Sachverhalte unterschiedlichster Art und Komplexität zurück- (und auch Empirische Untersuchung 221 vor-)verweisen. 209 Diese Funktion ist bereits bekannt und auch dokumentiert, einerseits in der Auffassung von machen als Proverb (siehe Abschn. 5.1.1) und auch auf der Basis gesprochener Sprache Daten, hier als das machen-Fügung bezeichnet (Proske 2013, S. 203ff.). Die das machen-Fügung, wie sie im Folgenden beschrieben wird, erfüllt die Funktion des Zusammenfassens und Relevantmachens vorerwähnter Sachverhalte. Die Beobachtung, dass das (ebenso wie es, klitisiertes s und eine durch das füllbare Ellipse) auffallend häufig als Objekt zu machen auftritt, 210 deckt sich zusätzlich mit der Beobachtung, dass mit das machen eine in Gesprächen wichtige Funktion erfüllt wird. 6.6.1.1 Die das machen - Fügung: zusammenfassen und relevant machen vorerwähnter Sachverhalte Unter der Bezeichnung das machen-Fügung werden alle Verwendungen gefasst, bei denen das Objekt auf einen vorerwähnten Sachverhalt oder eine Handlung (bzw. Handlungskomplex) zurückverweist und in denen die Objektstelle von machen durch das, es, klitisiertes _s oder eine Ellipse, in die ohne semantische und funktionale Veränderung das einsetzbar wäre, besetzt ist. das ist dabei von all diesen Varianten das am häufigsten vorkommende Objekt. 211 Es ist nicht auszuschließen, dass bei einer genauen Betrachtung aller Fälle von das machen, es machen und Ellipse machen Unterschiede in der Verwendung oder in der semantischen oder pragmatischen Beschaffenheit der Referenz zu beobachten wären (vgl. Helmer 2016 zu funktionalen Unterschieden von Analepsen im Vergleich zu pronominalen Anaphern). Eine derart genaue Betrachtung ist im Rahmen dieser Arbeit aber leider nicht möglich gewesen, weswegen diese Verwendungen wie erwähnt als Varianten derselben Funktion unter dem Begriff das machen-Fügung zusammengenommen werden. machen wird wie erwähnt in der Literatur als Proverb bezeichnet (bspw. bei Auer 1993, S. 212 und Schoenke 1992, S. 53f.), welches vorerwähnte Verben aufgreifen, diese Funktion aber nur zusammen mit anderen Proformen wie das oder es ausführen kann (ebd.). Wie bereits in dem Absatz zu Komplex- Anaphern erwähnt (vgl. Abschn. 4.3.1), kann das Pronomen das nicht nur als Demonstrativpronomen fungieren, sondern auch als Komplex-Anapher, welche nicht nur auf einen Referenten im Singular Neutrum verweisen kann, „sondern auch auf Sachverhalte (also durch größere grammatische Einheiten Kodiertes, wie eine VP, einen Teilsatz, eine [sic! ] Satz oder eine ganze Äuße- 209 Auf die Funktion des Vorverweisens wird im Rahmen der Analyse der das machen-Fügung nicht weiter eingegangen, weil hierfür nicht genügend einschlägige Belege in den Daten gefunden wurden. 210 Vgl. dazu die Ausführungen zu den Verteilungen der machen-Verwendungen in Abschnitt 6.1. 211 In den Daten kommt das 660-mal in Objektfunktion vor, es 272-mal und Ellipsen 305-mal. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 222 rung oder Äußerungssequenz)“ (Proske 2013, S. 115). 212 Als Komplex-Anaphern können auch lexikalische NPn verwendet werden, wie bspw. Angelegenheit, Manöver oder Sache, diese kommen aber in den zugrunde liegenden Daten - im Gegensatz zu das - seltener vor. Komplex-Anaphern können nicht nur explizit versprachlichte Handlungen und allgemeine Sachverhalte aufgreifen, sondern auch implizite, inferierbare Sachverhalte. Durch die Verwendung der Anapher durch den Sprecher werden Rezipienten dazu angehalten, in der vorerwähnten Rede nach etwas zu suchen, das als Referenz zu dieser Anapher dient (einen „Ankerausdruck“, Schwarz-Friesel et al. 2004, S. 81), da Rezipienten von Kohäsion in Texten (oder Äußerungen) ausgehen (ebd.). Die Verwendung von das (und den genannten Varianten) als Objekt zu machen bedeutet zusätzlich, dass der Subjektreferent der Äußerung vom Sprecher als Agens konzeptualisiert wird, also dass sich das Objekt auf etwas beziehen muss, was besagter Subjektreferent agentivisch durchführen oder verursachen kann. In gleicher Weise, wie das sehr vage in Bezug auf die Art der Referenz auftritt (ob explizit versprachlicht oder durch Anker inferierbar, ob einfach oder komplex), verhält sich machen in Bezug auf die Handlung, da „machen lediglich die Agensrolle der Subjektstelle zur Verfügung stellt“ (Proske 2013, S. 203), also keine konkrete Handlung, kein Vorgehen oder keinen konkreten Bezug darstellt, sondern lediglich seinen Beitrag als agentives, transitives und unterspezifiziertes Verb leistet. Eine weitere Gemeinsamkeit besteht in der Kontextabhängigkeit beider Elemente. Sowohl eine Komplex-Anapher - besonders in der Form von das - als auch das Verb machen sind ohne den Einbezug des sprachlichen (wie auch außersprachlichen) Kontexts nicht zu deuten, die gesamte Fügung kann also nur im Zusammenhang mit dem sprachlichen Kontext und einer (mehr oder weniger eindeutigen) Referenz funktionieren. Dabei steht die Funktion des Referenzherstellens eindeutig im Vordergrund, da hier oftmals gar keine spezifische Handlung für machen interpretierbar ist (vgl. auch ebd., S. 209f.). Es geht bei dieser Verwendung darum, einen Sachverhalt zu einem Referenten zu machen (durch die Komplex-Anapher, vgl. Schwarz-Friesel et al. 2004, S. 73), damit etwas über dessen Durchführung oder Durchführbarkeit ausgesagt werden kann (durch machen und den Bezug, den das Verb zwischen den restlichen Argumenten herstellt). 212 das hat unter den Demonstrativa der, die und das im Deutschen eine Sonderrolle inne (Ahrenholz 2007, S. 117ff.), weil es mit dem Genus und Numerus des Referenten nicht übereinstimmen muss und außerdem sowohl auf Entitäten und Konzepte als auch auf Sachverhalte und dabei sowohl auf sprachlichen wie auch auf außersprachlichen Kontext verweisen kann. das (ebenso wie der und die) als Demonstrativpronomen steuert die Aufmerksamkeit der Rezipienten auf den Referenten des Pronomens, es kann daher sowohl anaphorisch als auch kataphorisch verwendet werden. Empirische Untersuchung 223 Mit der das machen-Fügung wird auf einfache wie auf komplexe Handlungen referiert; diese können explizit wie implizit versprachlicht worden sein. Die folgenden beiden Beispiele zeigen Verwendungen, die jeweils auf explizit ausgedrückte Handlungen verweisen, einmal durch die Fügung mit der Komplex-Anapher das und einmal durch die Fügung mit Ellipse: (51) FOLK_E_00021_SE_01_T_03_DF_01, Segment 1096 [00: 50: 06-00: 50: 13] 01 NI un bei REN- 02 (.) rensing un BUTT, 03 da weiß ja kEIner ob die überhaupt tatSÄCHlich spielen- 04 JZ muss man BEIde nehmen ; 05 (0.8) 06 PL [Eben. ] 07 XM1 [((Lachansatz))] 08 PL ach das MACH ich ; 09 CH (.) (DESCH ja_n) trick; In diesem Ausschnitt aus dem Fußballmanagerspiel stellen sich die Mitglieder gerade ihre Fußballmannschaften zusammen. Pascal (PL) fragt kurz vor dem gezeigten Ausschnitt, ob es noch Torhüter gäbe, worauf zuerst verneint wird, dann auf Enke und danach auf Rensing und Butt (Z. 02) verwiesen wird. Nico (NI) behauptet allerdings, dass die letztgenannten Spieler nicht sehr zuverlässig seien (Z. 03), woraus der Mitspieler Jan (JZ) zieht, dass man theoretisch beide für eine Mannschaft kaufen müsste. Auf diesen Sachverhalt (sowohl Rensing als auch Butt als Torwarte für die Mannschaft kaufen), konkret versprachlicht durch Jans muss man BEIde nehmen; (Z. 04) referiert Pascal in Zeile 08 mit das MACH ich, nachdem er zuvor der Schlussfolgerung von Jan zugestimmt hatte (Eben. Z. 06). Durch machen setzt er sich selbst in einen agentiven Bezug zum vorerwähnten Sachverhalt, auf den er mit das referiert hat, dessen Durchführung er damit ankündigt und auch gleichzeitig bekräftigt. In folgendem Ausschnitt wäre das ohne Bedeutungsveränderung an die Stelle des Objekts einzusetzen, weswegen die elliptische Verwendung hier - wie auch bei Proske (2013, S. 205) - als Variante der das machen-Fügung angenommen wird. In diesem Ausschnitt sprechen zwei Schwestern über das Geburtstagsgeschenk für eine nicht anwesende Freundin: (52) FOLK_E_00018_SE_01_T_01_DF_01, Segment 299 [00: 04: 36-00: 04: 51] 01 EM (.) ja.=°h 02 so. 03 hab ich ihr gEstern jetz mEhrere sachen beim ha un EM gekauft; =°h 04 un jetz wEIß ich halt nich ob die ihr so geFALlen; = 05 =oder ob des wieder SOwas [is- ] 06 HM [kann sie ja] UMtauschen; Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 224 07 (0.2) 08 EM [°hh hab ich AUCH gedacht; ]= 09 HM [kann se +++ +++ ] 10 EM =aber da müsst ich ja die etiKETten dranlassen; =oder nIch? 11 (0.25) 12 HM dann machst du einfach_n AUfkleber über die etiKETten; 13 (0.31) 14 EM AH ja; 15 macht se AUCH immer; ((Lachansatz)) 16 HM ja- ((lacht)) 17 EM stimmt; Eva (EM) greift in Zeile 15 den konkreten Handlungsvorschlag ihrer Schwester Helena (HM) in Zeile 12 auf. Durch macht se AUCH immer; bezieht sie die Handlung Aufkleber auf Etiketten machen auf die besagte Freundin (se) und sagt damit außerdem aus, dass diese AUCH und scheinbar auch immer, wenn sie Kleidung verschenkt, zu dieser Maßnahme greift. Ein das im leeren Vorfeld würde semantisch an der Aussage dieser Äußerung nichts ändern, sondern wäre ebenfalls auf die vorherige Handlungsbeschreibung von Helena beziehbar. Die Aussagen über die aufgegriffenen Sachverhalte können von unterschiedlicher Komplexität sein, es können also verschiedene Argumente und Angaben in einer das machen-Fügung auftreten, die den aufgegriffenen Sachverhalt modifizieren, negieren, in die Zukunft oder die Vergangenheit setzen und/ oder mit neuen Referenten in Verbindung bringen. 213 Dies kann zum Beispiel durch Adverbiale geschehen, durch Modalverben, Satzart oder auch eine zusätzliche Referenz auf vorherige Redebeiträge. 214 Das folgende längere Beispiel veranschaulicht zum einen einige Modifikationen, die bei einem Rückverweis mit das machen eingesetzt werden können. Zum anderen zeigt sich hier die Vagheit der gesamten Fügung, die von den Interaktionsteilnehmern unterschiedlich eingesetzt und gedeutet wird, so dass mit das machen bei der Besprechung eines Themenkomplexes auf unterschiedliche Teilkonzepte desselben verwiesen werden kann und die Spezifikationen dafür sorgen, dass die Referenz von den anderen Interaktionsteilnehmern interpretierbar ist, ohne dass sie explizit ausgedrückt wird. In diesem Gesprächsausschnitt aus einer Berufsschulinteraktion geht es um die Frage nach allgemeinen und verbindlichen Regelungen von Firmen bei der Vergütung von Lehrgängen und Fortbildungen. Dabei tauchen mehrere Instanzen von das machen auf, bei deren referenzieller Zuordnung ein gewisses Maß an Hintergrundwissen bezüglich derjenigen Vorgänge und Handlungsabläufe relevant ist, die bei firmenrelevanten Lehrgängen von Bedeutung sind: 213 So dient diese Fügung auch der Herstellung von Kohärenz in Texten und Äußerungen. 214 Vgl. die Analyse der zweiten und dritten Instanz von das machen im folgenden Beispiel (53). Empirische Untersuchung 225 (53) FOLK_E_00004_SE_01_T_02_DF_01, Segment 129 [00: 44: 41-00: 45: 53] 01 GS bIdde? 02 TF wie isch das eigentlich grad bEsser was geregelt mit (.) beZAHlung? 03 wenn ich jetz auf_n (.) LEHRgang geh , 04 und mich dad für (0.53) priVAT zehn stunden vOr (.) bereiten [muss; ] 05 GS [HM_m; ] 06 (0.67) 07 GS ʔm_[HM,] 08 TF [ mu]ss_sch wahrscheinlich auch was ZAHlen,= 09 =oder- 10 (0.5) 11 TF weil ich mach_s ja im grUnde net (0.4) NUR für mich -= 12 =SAG ich jetz mAl- 13 GS ʔm_HM, 14 TF (.) in DEM fall; 15 (0.39) 16 TF und wEnn_s dann au_noch irgendwie vertraglich geREgelt isch, 17 dass ich halt den LEHRgang krieg, 18 (.) dass ich dann noch fÜnf jahre in der FIRma bleiben muss,= 19 =oder SO, 20 GS (.) ja_a, 21 TF dann sollte ja schon was RAUSspringen dabei; 22 GS (.) ja, 23 (0.45) 24 GS was meinen die ANdern dazU? 25 (0.78) 26 GS er FRAGT grad-= 27 = wenn ich se RICHtig verstAnden hab - 28 fragen sie nach ner REgelung ; 29 oba [obs da] 30 TF [ja. ] 31 GS ne RE[gelung gibt-] 32 TF [ob_s da was] GIBT, 33 (0.54) 34 TF oder ob dis- 35 ALso w- 36 (0.34) 37 TF bei MIR war_s so, 38 mir ham des nur geKRIEGT, 39 (0.47) 40 TF die ZEIT- 41 (0.24) 42 TF wo wir uns vOrbereiten MUSSten, 43 (0.71) 44 TF u: nd äm- Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 226 45 (0.26) 46 TF aber ob_s da jetz Irgendwie ne allgemeine REgelung- 47 (0.45) 48 GS ʔm_HM, 49 (0.27) 50 TF s ka[nn ja jeder mAchen wie er WILL , ] 51 GS [WEIß da jemand was daz]U? 52 (1.29) 53 GS jEmand soll sich FORTbilde, 54 auf wUnsch der FIRma, 55 und GIBT_s da Irgendwas dafür dann-=oder- 56 (1.71) 57 GS ZEIT-=oder- 58 (.) sie ham_s in ihrer FREIzeit gemAcht, 59 TF nee wi- 60 (0.53) 61 TF m_ HÄTT ich mAchen könn - 62 aber ich HAB au_äm- 63 (0.46) 64 TF mir hatten die mÖglichkeit des dann im gSCHÄFT zu machen ; 65 da hatt man sich dann in in [(0.37) ] ruhiges ZIMmer ghockt, 66 GS [ʔm_HM, ] 67 TF da stand n comPUter und so, 68 und da konnt man des dann MAchen - 69 wÄhrend der ARbeitszeit ; 70 GS ʔm_HM, 71 TF und die LEHRgänge dann- 72 (0.39) 73 TF DIE hat man dann au ganz normal- 74 n TAG dafür (.) gezAhlt gekr[iegt; ] 75 GS [ʔm_HM,] Zu Beginn des Ausschnitts fragt ein Teilnehmer (TF) die Unterrichtsleiterin (GS) nach einer Regelung für die Vergütung bei der Vorbereitung für berufsrelevante Lehrgänge (Z. 02-09). Die erste Instanz von das machen tritt danach in Zeile 11 auf (weil ich mach_s ja im grUnde net (0.4) NUR für mich); hier wird der Sachverhalt, auf den sich bezogen wird, durch die PP net NUR für mich genauer eingeschränkt, denn potenziell sind hier zuvor zwei Sachverhalte vom Sprecher eröffnet worden, auf welche er sich durch die das machen-Fügung beziehen könnte: Vorbereitung auf einen Lehrgang und Lehrgänge generell. So schneidet TF in Zeile 04 noch wörtlich das Thema Vorbereitung an (und mich dad für (0.53) priVAT zehn stunden vOr (.) bereiten muss), während er in der Folgeäußerung in Zeile 08 vom Lehrgang allgemein spricht, für den er annimmt, auch was ZAHlen (Z. 07) zu müssen. Damit kann die Vorbereitung selbst nicht gemeint sein, da eigene private Vorbereitungen für Lehrgänge allgemein Empirische Untersuchung 227 nicht kostenpflichtig sind. net NUR für mich vereindeutigt die Referenz dahingehend, dass der Sprecher indirekt dadurch aussagt, dass er _s auch aus arbeitstechnischen Gründen, also für den Betrieb, macht. Die private Vorbereitung ist wie gesagt privat, sie ist als Teilkonzept von Lehrgang anzusehen, auf das der Sprecher aber nicht speziell in Zeile 11 referiert. Dieser Fall von das machen ist außerdem in eine Begründung - in Form eines weil-Satzes - eingebettet, mit der TF seine Eingangsfrage nach Vergütung rechtfertigt: Er ist nicht der einzige, der von seiner Teilnahme an einem Lehrgang profitiert, also sollte er auch nicht der einzige sein, der Kosten hat. Die zweite Instanz von das machen folgt in Zeile 50, wieder von TF: s kann ja jeder mAchen wie er WILL. Diesmal hat er nicht nur mit s und machen sehr vage Referenzen geliefert, sondern auch mit dem Indefinitpronomen jeder. Die Verwendung von jeder als Subjekt des Satzes lässt darauf schließen, dass andere Referenten gemeint sind, als bei der ersten Instanz von das machen, bei der der Sprecher von sich selbst spricht. Um interpretieren zu können, wer mit jeder gemeint ist, muss bekannt sein, worauf das machen referiert. In diesem Fall bezieht sich der Sprecher auf seinen vorher geäußerten Beitrag, in welchem er die indirekte Frage nach einer allgemeine[n] REgelung (Z. 46) stellt. Den Ausdruck Regelung greift er von GS auf, die die anfänglichen Ausführungen von TF in den Zeilen 27 und 28 zusammenfasst mit wenn ich sie RICHtig verstanden hab fragen sie nach ner REgelung, was sich wiederum auf die Fragestellung zur Vergütung von Fortbildungen (oder die Vorbereitung zu solchen) bezieht. Dies ist daraus erkennbar, dass TF dieser Zusammenfassung zustimmt (ja. Z. 30). Mit das machen ist hier also der Sachverhalt Regelungen zur Vergütung von Fortbildungen für Firmenmitarbeiter aufstellen gemeint, was darauf hindeutet, dass jeder nur solche Personen einschließt, die in der Lage sind, solche Regelungen aufzustellen, also zum Beispiel Firmenchefs oder Betriebsleiter - oder metonymisch gesehen: der Betrieb. Dies bedeutet erstens, dass die Referenz für die Äußerung in Zeile 50 sich zum einen aus dem Inhalt des vorherigen Beitrags und dessen Bezug zur Zusammenfassung von GS (Z. 27/ 28) und zum anderen aus der Benutzung des Indefinitpronomens jeder herleiten lässt; und zweitens, dass diese Referenz zuvor nicht konkret verbalisiert wurde, da sich der Inhalt der besagten Regelung (Vergütung von Fortbildungen) nur aus dem bisherigen Gesprächsverlauf inferieren lässt, weswegen auch nicht auf den oben genannten konkreten Sachverhalt zurückverwiesen werden kann. Vielmehr bedeutet das Entschlüsseln dieses Antezedens einiges an Interpretationsarbeit für die Rezipienten, sie ist aber durchaus zu leisten. Die dritte Instanz von das machen wird von GS in Zeile 58 geäußert in einer Frage, die mit Aussagesatzstellung formuliert wird: sie ham_s in ihrer FREIzeit gemAcht,. Diese ist an TF gerichtet und das machen wird durch die Präpositionalphrase in ihrer FREIzeit modifiziert. Der Bezug zu TF als Agens schließt Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 228 den Sachverhalt Regelungen zur Vergütung von Fortbildungen aufstellen aus, richtet sich stattdessen wieder auf den übergeordneten Sachverhalt Lehrgänge bzw. Fortbildungen. Das temporale Adverbial in ihrer FREIzeit kann hier auf eine Referenz auf die Durchführung der Lehrgänge direkt oder auf die Durchführung der Vorbereitung für die Vorgänge hinweisen, beides sind mögliche Referenzpunkte, da sie beide vom Angesprochenen eröffnet worden sind. Da GS selbst in ihrer der das machen-Verwendung vorangehenden Äußerung konkret auf Fortbildungen generell zu sprechen kommt (jemand soll sich FORTbilde auf wunsch der FIRma, Z. 53/ 54), liegt eine Referenz auf diesen generellen Sachverhalt nahe. Sie kann jedoch ebenso auf den Teilaspekt der Vorbereitung referieren, da sie auf TFs eigene Erfahrungen zu sprechen kommt, der zuvor angegeben hatte, in seinem Betrieb hätten sie die Zeit zur Vorbereitung geKRIEGT (Z. 37-42). Hier ist also nicht eindeutig klar, worauf genau GS sich in ihrer Frage bezieht. TF interpretiert dann die Referenz dahingehend, dass GS nach dem zeitlichen Rahmen seiner Vorbereitung auf die Fortbildung fragt, denn er beschreibt in den Zeilen 61 bis 69 die genauen Umstände dieser Vorbereitung und nicht der Fortbildung. Dies wird allerdings erst dann deutlich, als er weitere Adverbiale und auf die das machen-Fügung beziehbare Äußerungen hinzufügt (ab Z. 64), denn die abwägende Zustimmung zu der von GS zuvor geäußerten Vermutung in Zeile 61 (m_HÄTT ich mAchen könn-) vereindeutigt die vage Referenz, auf die er sich bezieht, nicht. Da sowohl hätt ich können als auch wir hatten die Möglichkeit (Z. 64) semantisch (bis auf das veränderte Agens) dasselbe ausdrücken (nämlich (etwas) liegt im Bereich des Möglichen), ist es sehr wahrscheinlich, dass diese vierte und fünfte Instanz von das machen in den Zeilen 61 und 64 auf denselben Sachverhalt verweisen: Die Vorbereitung auf einen Lehrgang, die im gSCHÄFT (Z. 64) in einem ruhige[n] ZIMmer (Z. 65) am comPUter (Z. 67) während der ARbeitszeit (Z. 69) gemacht werden konnte. Dies erschließt sich aus den Adverbialen in den das machen-Äußerungen selbst und den weiteren Beschreibungen der Umstände (da hatt man sich dann in in (0.37) ruhiges ZIMmer ghockt, Z. 65). Diese Deutung wird verstärkt durch TFs weiterführende Erklärungen, in denen er angibt, dass man für die Lehrgänge selbst dann einen Tag bezahlt bekommen hätte (Z. 71-74). Hier zeigt sich, dass gerade wenn mehre zusammenhängende Sachverhaltsbereiche als Referenzen zur Verfügung stehen, eine eindeutige Zuweisung der Referenz einer so vagen Fügung wie das machen durch unterschiedliche sprachliche Mittel notwendig ist. In dem hier vorliegenden Fall hat die Uneindeutigkeit von GS’s Äußerung nicht zu einem Missverständnis geführt, da TF die Inferenz gezogen hat, die seiner Eingangsfrage entspricht (nach Regelungen für Vorbereitungen von Lehrgängen) und GS ihn dahingehend nicht korrigiert hat. Es zeigt sich außerdem, wie mit das machen auf unterschiedliche Empirische Untersuchung 229 Aspekte eines übergeordneten Gesamtkonzepts verwiesen werden kann. In diesem Beispiel sind es zwei unterschiedliche Teilaspekte von Fortbildung, auf die mit das machen verwiesen wird: einen Lehrgang besuchen/ eine Fortbildung machen und sich auf einen Lehrgang vorbereiten. Die einzelnen Teilbereiche werden dabei (mehr oder weniger eindeutig) durch unterschiedliche Strategien voneinander abgegrenzt. Etwa durch die Verwendung von Adverbialen, die die Handlungsweise genauer spezifizieren (bspw.: net NUR für mich (Z. 11), in ihrer FREIzeit (Z. 58), im gSCHÄFT (Z. 64)). Diese helfen dabei, zu erschließen, worauf sich das machen bezieht, was darauf hindeutet, dass Sprecher um die Vagheit der Fügung das machen wissen und dazu tendieren, gerade in Situationen, in denen mehr als ein Sachverhalt oder ein ganzer Komplex an Handlungen die mögliche Referenz sein kann, eine semantisch sehr arme Fügung wie das machen näher zu bestimmen und zum Beispiel durch Adverbiale den Fokus enger zu stellen. Die Vagheit dieser Fügung kann einem Gespräch allerdings auch zuträglich sein und so absichtlich beibehalten werden, um zum Beispiel dem anderen Interaktionsteilnehmer einen größeren Interpretationsspielraum zu geben oder sich als Sprecher bei einer gewissen Unsicherheit bezüglich des besprochenen Sachverhalts nicht zu sehr festlegen zu müssen. Dies wird sehr gut im folgenden Ausschnitt aus einem Prüfungsgespräch dargestellt, in dem die Referenz zu das machen in der gesamten Interaktion nicht explizit verbalisiert wird und eine Zuordnung ein hohes Maß an thematisch spezifischem Hintergrundwissen verlangt. Hier zeigt sich also sehr deutlich die Fähigkeit der Komplex-Anapher, auf implizierte Sachverhalte verweisen zu können. Der Ausschnitt muss deswegen auch von einer gewissen Länge sein, damit die im Gespräch aufkommenden Implikationen und deren Zusammenhänge nachvollziehbar analysiert werden können. Dieser Ausschnitt stammt also aus einem Prüfungsgespräch und es geht um die akustische Analyse von Daten. Der Prüfer CH stellt der Studentin FR eine dahingehende Frage: (54) FOLK_E_00015_SE_01_T_01, Segment 394 [00: 10: 38-00: 12: 52] 01 CH il ich i- 02 °h Also (.) ich möch ich möchte (.) von der (.) anaLYse ausgehn- 03 wenn sie wenn sie: -=ä: m: ä ich sAg jetzt mal ein SOUNDfile haben, 04 °h und dAnn eben einen solch (1.44) TÖne oder grEnztöne- 05 °h ä akzEnttöne oder grEnztöne FESTlegn müssn; 06 wie kann wie kann ich das unterSCHEIden , 07 (1.19) 08 CH al_ich hab KEIN (0.25) gedAnkenstrich; 09 (0.64) Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 230 10 FR ((schmatzt)) °h wollen sie vielleicht auf BREAK indicies rA[Us? ] 11 CH [°hh] 12 BEIspielsweise? 13 dAs is [eine MÖGlichkeit-=h°] 14 FR [aha aha aha,] 15 °h ja äm genau; 16 das is die MÖGlichkeit- 17 auch bei geTObi- 18 hm (0.4) natÜrlich-=hä 19 °h äm 20 °h man teilt das EIn mi mit ZAHLen? 21 (-) von nUll bis VIER, 22 °h und BEIspielsweise- 23 also das mEsst sozusagen die grEnze die PAUse- 24 also die: die ZEIT (.) die- 25 (.) was ABgeschlossen is- 26 °h und die VIER äm bezeichnet immer intonatIOnsphrasengrenze, 27 °h die DREI immer ne inter: mediAlphrasengrenze- 28 und DANN gibt_s noch- 29 °h äm grenzen die nicht so RICHtig definIErt sind, 30 also zum beispiel zwei tE oder zwei ER- 31 °h zwei tE [wär ne] (0.78) äm toNAle (.) verÄnderung, 32 CH [((hustet))] 33 FR aber Ohne: (0.3) RHYTHmische verÄnderung, 34 °h und zwei ER zum beispiel is ne; 35 RHYTHmische (.) verzÖgerung-= 36 =aber Ohne tonalen ä (1.02) zuSAMMhang; 37 (0.76) 38 FR <<pp> geNAU >; 39 (0.36) 40 CH ham sie das mal geMACHT, 41 FR °h ek KOmischerweise (.) hab ich- 42 (0.4) bei den Analysen NIE gesehn- 43 WO diese bUchstaben stehn; 44 (0.69) 45 CH <<pp> geNAU >; 46 (0.55) 47 CH geNAU; 48 als das ha das HEISST, 49 °h also- 50 °h dIEse (.) wenn wenn wenn sie wenn sie (0.3) ä DAten (.) analysIEren, 51 is_es HÄUfig eben schwIErig zu sagen; 52 WHAS is das wIrk[lich, 53 FR [hm; ] 54 CH also] DA wo wir-=°h 55 wIrklich eine PAUse haben, Empirische Untersuchung 231 56 (.) da is es EINfach; 57 (.) ((schmatzt)) aber DA wo wir eben- 58 nur solche (.) verÄNderungen haben- 59 da komm WIR, 60 und mÜssen interpreTIERN; 61 und da wird es (.) HÄUfig immer gAnz schwierig-= 62 =also- 63 °h ä das is ein schönes sysTEM, 64 [und GLEICH]zeitich °h 65 FR [ʔhm_HM, ] 66 (0.84) 67 CH MÜssen wir- 68 wenn wir das wenn wir das wenn wir wenn wir da in die anaLYse gehn, 69 schOn eine (0.3) relativ starke interpretzatzIOnsleistung vollBRINgen; 70 FR ja- 71 CH UM vom von ä eim sOlchen intonatIOnsverlauf, 72 (.) ZU einem (.) phonologischen sysTEM zu kommen; 73 (.) wie das getObi DARstellt; 74 (1.29) 75 CH ALso- 76 °h hIEr ä diese (0.24) ä: (0.3) SCHWIErigkeit- 77 mIt dem GANzen.= 78 =das is schön beSCHRIEben,= 79 =sie haben das (0.25) DARges[tellt-] 80 FR [ʔm_HM,] 81 CH Aber diese diese UMsetzung, 82 dIE (0.53) finde ICH immer schwierig; Die Instanz von das machen tritt hier in Zeile 40 auf. Der Prüfer CH fragt die Studentin FR, ob sie eine bestimmte Handlung schon einmal vorgenommen hat (ham sie das mal geMACHT,). Die Äußerung, die dieser Frage vorausgeht, ist eine längere Gesprächseinheit der Studentin, die beschreibt, wie man Break Indices in der Transkriptionskonvention GToBI (German Tones and Break Indices) 215 einteilt (Z. 20-36). Dies ist eine recht ausführliche Darstellung, die ihrerseits als Antwort auf die Frage des Prüfers geäußert wird, die er in den Zeilen 03 bis 06 stellt, nämlich danach, wie man Grenz- und Akzenttöne festlegen und unterscheiden kann, wenn man nur ein Soundfile hat. All diese vorhergehenden Äußerungen stellen zusammengenommen mehrere Konzepte dar, die als Referenz für die Frage in Zeile 40 relevant sein können: Break Indices mit Zahlen einteilen, Grenz- und Akzenttöne festlegen, diese unterscheiden. Das sind die Antezedenzien, die verbalisiert wurden, doch sie stehen indirekt für weitere Handlungen: generell mit GToBI arbeiten und/ oder ein Transkript auf der Basis eines Soundfiles erstellen. Dies sind asso- 215 www.gtobi.uni-koeln.de/ gm_gtobi_modell.html (Stand: 1.5.2017). Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 232 ziative Antezedenzen, die nur indirekt aus dem Kontext zu erschließen sind („Anker“ bei Schwarz-Friesel et al. 2004, S. 81); um diese zu erschließen, benötigt man das entsprechende Hintergrundwissen zur Funktion von GToBI und zum generellen Verfahren und den einzelnen Bestandteilen der Transkripterstellung. Die Antwort der Studentin lässt zunächst darauf schließen, dass sie weiß - oder zu wissen meint -, worauf genau der Prüfer mit seiner Frage hinaus will, denn sie zögert nicht und fragt vor allem nicht nach der konkreten Referenz für das machen. 216 Die Antwort selbst wiederum ist nicht entsprechend der Frage formuliert, denn es handelt sich um eine Entscheidungsfrage (Ja-Nein-Frage), die eine Antwort mit einem dieser beiden Partikeln oder einer entsprechenden Formulierung (Bspw.: habe ich (nicht)) erwartbar macht (Stickel 1972, S. 13). FRs Antwort KOmischerweise (.) hab ich bei den Analysen NIE gesehen WO diese bUchstaben stehen (Z. 41-43) weist zwar auf ein Verständnis des Verfahrens hin - dass bestimmte Buchstaben einem Hinweise auf die Unterscheidung der Grenztöne geben können -, sie beantwortet jedoch nicht direkt die Frage, ob sie irgendetwas im Zusammenhang mit GToBI, Transkriptionen oder Grenztonbestimmung selbst vorgenommen hat. Sie nimmt nicht einmal Bezug auf ihre eigenen Ausführungen, die sie direkt vor der Frage von CH darlegt, welche sie mit man teilt das EIn mit ZAHlen? (Z. 20) einleitet und in der sie besagte Buchstaben (Z. 43) nicht erwähnt. 217 Dennoch scheint CH mit dieser Antwort zufrieden zu sein, denn er hakt nicht weiter nach, sondern äußert ein zustimmendes geNAU und das sogar zweimal, in Zeile 45 und Zeile 47, und leitet mit einem also eine Schlussfolgerung aus FRs Antwort ein (Z. 48/ 49), die auf dem, was sie sagte, aufzubauen scheint (vgl. Deppermann/ Helmer 2013, S. 11ff.). Diese Schlussfolgerung seitens CH geht auf die Schwierigkeiten beim Analysieren von Daten ein (Z. 48-52), was darauf schließen lässt, dass sich der Prüfer in diesem Moment genau das aus der Antwort von FR geholt hat, was er hören wollte. Und damit lässt sich rückblickend der Vorteil einer so vagen und ungenauen Frage, wie er sie in Zeile 40 gestellt hat, demonstrieren: Die Vagheit von das machen - besonders 216 Dies könnte aber an der Prüfungssituation liegen, in welcher man als Geprüfter besonders kompetent wirken möchte und eine Verstehensfrage als Gesichtsverlust angesehen werden kann. 217 In diesem Sinne scheint ihre Antwort in ihrer Vagheit der Frage angepasst zu sein, die genauso ungenau und assoziativ ist. Denn indirekt gibt sie hier zu, nicht mit den Buchstaben, die für das Arbeiten mit GToBI zentral sind, gearbeitet zu haben, da sie nicht einmal weiß, wo in der Analyse diese stehen. Dass sie dabei aber nicht vom Datum (dem Soundfile) ausgeht, zeigt zusätzlich an, dass sie nicht ganz entschlüsseln konnte, was genau der Prüfer erfragt hat, obwohl er schon mehrfach betonte, dass er gedanklich vom Soundfile ausgehen möchte und nicht von der fertigen Beschreibung (wenn sie […] ein SOUNDfile haben, Z. 03). Empirische Untersuchung 233 aufgrund der Komplex-Anapher das - beinhaltet gleichzeitig eine große Auswahl an Referenzen für den Rezipienten, da es sowohl auf einzeln Verbalisiertes, auf ganze Handlungsketten und auf damit Assoziiertes als auch auf ein alles Vorhergehende umspannendes Konzept referieren kann. Mangels einer Spezifizierung in der Frage (bspw. durch ein Adverbial) ist es der Rezipientin freigestellt, worauf sie sich beziehen will, und der Sprecher kann sich, nachdem er die Antwort gehört hat, aussuchen, ob er sich mit der Interpretation seiner Frage zufrieden gibt oder nicht, bzw. ob er auf dem, was die Rezipientin aus der machen-Frage gezogen hat, das Gespräch weiter aufbauen kann, ohne willkürlich oder kontextfern zu wirken. Gerade in einer Prüfungssituation, wie in diesem Textausschnitt dargestellt, ist eine solche Funktion sehr nützlich, um der Studentin eine sehr breite Auswahl an Möglichkeiten für eine akzeptable Antwort geben zu können. Was sich CH aus der Antwort von FR zieht, ist in seinen nächsten Äußerungen erkennbar, nämlich die Tatsache, dass die Geprüfte anscheinend Schwierigkeiten dabei hat, die für die weitere Interpretation nötigen Buchstaben aus einer Transkription mit GToBI zu erkennen. Darauf baut er dann seine weiteren Ausführungen auf und beschreibt die generellen Schwierigkeiten beim Analysieren von Daten. Er tut dies recht ausführlich, von Zeile 48 bis 73 und bringt dabei auch neue Punkte an, die so von FR - zumindest mündlich innerhalb der aufgezeichneten Prüfung - gar nicht erwähnt wurden. Er schließt seine Ausführungen mit einem Lob an FR für ihre - nicht verbal ausgeführten - Darstellungen eben dieser Schwierigkeiten ab (hier ä diese […] SCHWIErigkeitmit dem GANzen. das ist schön beSCHRIEben, sie haben das DARgestellt- Z. 76-78), was darauf hindeutet, dass die Studentin diese Ausführungen auf einem vorher eingereichten Thesenpapier oder ähnlichem dargelegt hat, auf das sich der Prüfer mit dieser Äußerung bezieht. In diesem Fall ist es also nicht eindeutig, was genau der Prüfer mit das machen meint und auch nicht, ob die Studentin die Referenz entschlüsseln konnte und somit auf dasselbe referiert, denn es gibt sowohl wörtliche Antezedenzien als auch assoziative. Wie schon in den vorherigen Beispielen gezeigt wurde, kann mit das machen sowohl auf einen Teilaspekt einer komplexen Handlungskette, als auch auf die übergeordnete Gesamthandlung mehrerer Teilhandlungen referiert werden. Diese können durch Adverbiale oder Beschreibungen in adjazenten Äußerungen differenziert und somit spezifiziert werden, was in diesem Beispiel nicht der Fall war. Alle kontextuell relevanten Äußerungen zusammengenommen ergeben hier übergreifend das Konzept Transkripterstellung, in der gesamten themenrelevanten Interaktion wird jedoch nicht einmal die Tätigkeit ein Transkript erstellen verbalisiert, sondern es werden Teilaspekte oder kognitive Operationen, die für die Transkripterstellung grundlegend sind, kommuniziert. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 234 Die Fügung wird in Interaktionen ebenfalls dafür eingesetzt, Handlungen auszuführen bzw. sequenzgebunden auf vorherige Äußerungen zu referieren und diesen Kontext zu transformieren, indem sie zum Beispiel durch das Formulieren einer Erlaubnis (mach ruhig) die entsprechende Äußerung, auf die sich bezogen wird, als Handlungsvorschlag oder auch Bitte um Handlungserlaubnis rahmen. 218 Gerade in zweiter Position bei Paarsequenzen und besonders in der Funktion, eine Handlungserlaubnis nach entsprechender expliziter oder impliziter Bitte auszudrücken (Darf ich kurz telefonieren? - Ja, mach.) oder eine Selbstverpflichtung nach impliziten oder expliziten Aufforderungen (Sie können ja dann das Protkoll schreiben. - Mach ich.) scheint machen in imperativischer Form unterschiedliche Social Action Formats (vgl. Abschn. 4.2.3.2) darzustellen. Um diesen Eindruck zu bestätigen und substanzielle Aussagen über diese eventuellen Formate treffen zu können, wäre eine eingehende Untersuchung der entsprechenden Fälle, aber auch ein Vergleich mit anderen sprachlichen Mitteln zum Ausführen dieser Funktion (bspw. Deklarative mit Modalverb können: kannst du machen/ kann ich machen, ohne Verb, sondern nur durch okay oder gern oder ja, klar oder auch Fälle mit anaphorischem das: mach das/ das mach ich) notwendig. Dies wäre ein weiterer interessanter Forschungsaspekt, welcher eine eingehende Betrachtung verdient hätte, auf den hier aber nicht detailliert eingegangen wird, da sich andere Phänomene als interessanter für den Fokus der Arbeit herausgestellt haben. Im Folgenden wird jedoch das Social Action Format wir machen das so genauer untersucht und ausführlicher beschrieben, da es sich als funktionales Format mit diskursorganisatorischen Funktionen herausgestellt hat, welches sowohl anaphorisch als auch kataphorisch in Interaktionen eingesetzt wird und dabei jeweils andere Leistungen erfüllt. 6.6.1.2 Exemplarisch: Das Social Action Format wir machen das so Dies ist eine formbasierte Betrachtung eines Social Action Formats (vgl. Abschn. 4.2.3.3), bei der eine bestimmte Struktur auf ihre überwiegend vorkommende Funktion im Sprachgebrauch hin untersucht wird. In diesem Fall bezieht sich die Form auf formal restringierte Varianten des Schemas wir machen das so, die (höchstens) in der Satzstellung, eventuellen Anschlüssen (jetzt/ dann/ also) und in der Form des Objekts (das, es, _s) variieren. Formal gegeben sind dabei das inklusive wir, die Variationen der das machen-Fügung und das diskursdeiktische Adverb so. Dieses Format fiel zum einen durch sein wiederholtes Erscheinen in den - im Zuge der Untersuchung ebenfalls betrachteten - Beratungs- und Schlichtungsgesprächen auf (vgl. Datengrundlage; Abschn. 6.1), zum anderen wur- 218 Vgl. auch Abschnitt 6.3.4 zur Bedeutungskonstitution durch sequenzielle Platzierung. Empirische Untersuchung 235 de bei der Untersuchung mit dem Analysetool lexpan (vgl. Abschn. 2.2) zunächst deutlich, dass die Wortfolge dann machen wir auffällig häufig vorkommt (vgl. dazu Abschn. 6.6.4.1). In einer weiteren Untersuchung wurden die häufigsten Besetzungen für die zwei Slots hinter den Wortfolgen machen wir und dann machen wir abgefragt. Hier zeigte sich, dass in beiden Fällen die Wörter das und so auffallend hervortreten, so dass (dann) machen wir das so als häufig auftretende Wortverbindung bezeichnet werden kann. wir machen das so kann sowohl vorals auch rückverweisend gebraucht werden. Da es in jeder dieser Gebrauchsweisen distinkte Funktionen aufweist, werden kataphorische und anaphorische Verwendungen nacheinander analysiert. wir machen das so weist sowohl Eigenschaften auf, die sich auf ihre einzelnen Komponenten zurückführen lassen, als auch darüber hinaus gehende Eigenschaften, welche sie deutlich von der generellen, weiter oben beschriebenen Gebrauchsweise der das machen-Fügung abheben. Darüber hinaus wird sie für ganz spezifische Aufgaben in Konversationen eingesetzt: Kataphorisch funktioniert wir machen das so wie eine Projektorkonstruktion (Günthner 2008), welche Vorschläge im weitesten Sinne einleitet. Anaphorisch weist dieses Format auf vorgeschlagene Handlungs- oder Vorgehensweisen zurück und drückt eine Zustimmung im weitesten Sinne aus. Es sind Vorschläge und Zustimmungen „im weitesten Sinne“, weil es je nach Kontext und auch Sprecherstatus andere Arten von Vorschlägen und Zustimmungen sein können. Wenn zum Beispiel der Sprecher des Vorschlags eine Person mit sehr hoher Autorität ist, hat der Vorschlag mehr die Wirkung eines Auftrags oder eines Beschlusses. Es wurden insgesamt 54 Fälle betrachtet, von diesen stammt allerdings nur die Hälfte aus dem hauptsächlich dieser Arbeit zugrunde liegenden FOLK- Korpus. Die anderen 27 Fälle entstammen einigen ausgewählten Schlichtungs- und Beratungsgesprächen aus den IDS-Projekten „Beratungsgespräche - Analyse asymmetrischer Dialoge“ und „Schlichtung - Gesprächs- und Interaktionsanalyse eines Verfahrens zur Lösung sozialer Konflikte“. Das relativ häufige Auftauchen dieser Verbindung in den betrachteten Beratungs- und Schlichtungsgesprächen führte überhaupt erst dazu, dass die FOLK-Daten auf dieses Muster hin explizit durchsucht wurden. Um robustere Angaben machen zu können, wurden die Fälle aus den Schlichtungs- und Beratungsgesprächen in die Analysen zu diesem Muster miteinbezogen. Dieses Format kommt nicht ausschließlich in Beratungs- und Schlichtungsgesprächen vor, sondern auch in Alltagsgesprächen unter Freunden und Paaren, jedoch finden sich die eindeutigeren und für eine Analyse einträglicheren Fälle in eher institutionellen Settings, welche deswegen hauptsächlich zur Veranschaulichung einzelner Aspekte herangezogen werden. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 236 Einen typischen Fall kataphorischer und anaphorischer Verwendung von wir machen das so zeigt das folgende Beispiel (55) aus einem Arzt-Patienten-Gespräch, in welchem beide Gebrauchsweisen von verschiedenen Sprechern genutzt werden. Dieser Ausschnitt wird in den jeweiligen entsprechenden Abschnitten noch ausführlicher behandelt werden, hier dient er zu einer vorläufigen Veranschaulichung der Verwendungsmerkmale und -unterschiede von Vor- und Rückverweis: (55) Diskurs: 1405.01 Transkript: raetselh-krankh (Arztgespräch) [01: 13-01: 36] R1 = Patient, BR = Arzt 57 R1 °h aber könn ma_s nicht SO machen ; 58 äh sie wollen des zuSAMmenfassen; 59 (0.27) 60 BR j[a; ] 61 R1 [viellei]cht mit äh mit emPFEHlung; 62 (0.36) 63 R1 dann kann ich mich an profess profEssor oder priVATdozent; 64 WAS_is es; 65 KORten; 66 (0.47) 67 R1 die gAnze geschichte AUCH nochmal durchgehn; 68 BR ja, 69 (0.83) 70 R1 und (0.36) DANN nochmal Über ihn- 71 n_teu neuen terMIN; 72 WENN wir nochmal frAgen da; 73 (0.36) 74 BR ja, 75 (1.26) 76 BR ja das- 77 wir können_s auch SO machen; 78 (1.35) In diesem Arzt-Patienten-Gespräch leitet der Patient (R1) in Zeile 57 einen längeren Redebeitrag ein, innerhalb dessen er einen Vorschlag für das weitere Vorgehen bei der Behandlung und Terminfindung durch den angesprochenen Arzt (BR) vorbringt. Der Arzt wiederum stimmt diesem Vorschlag in Zeile 77 zu, indem er dasselbe Format verwendet, um auf dieselbe vorgetragene Handlungsweise zu referieren. 219 219 In dem oberen Beispiel werden beide Verwendungen des Formats durch können modalisiert, was dazu führt, dass in diesen Fällen die Aushandlung von Handlungsmöglichkeiten im Vordergrund steht und nicht der Beschluss. Das ist nicht immer der Fall, wenn wir machen das so verwendet wird. Doch auch dies wird in den genaueren Analysen weiter ausgeführt. Empirische Untersuchung 237 Was sich bei einer sehr oberflächlichen Betrachtung hierzu bereits sagen lässt - und was in den folgenden Analysen weiter ausgeführt werden wird -, sind folgende Merkmale, die beide Verwendungen gemeinsam haben: Durch das Adverbial so wird auf eine bestimmte Handlungsweise verwiesen, genauer gesagt auf eine Art und Weise, wie eine übergeordnete Aufgabe - hier die Organisation eines neuen Termins - bearbeitet werden kann. 220 Diese übergeordnete Aufgabe lässt sich in den meisten, besonders bei den in institutionellen Gesprächen vorkommenden Fällen, aus dem Kontext heraus benennen, ist in einigen Privatgesprächen aber nur schwer auszumachen, wenn sie nicht vorher explizit versprachlicht wird. Dadurch, dass die Art und Weise einer übergeordneten Aufgabe hier als Teil der Referenz dient, befindet sich das Format nicht auf der Ebene der Handlung selbst, auf die verwiesen wird, sondern auf der Ebene des Beschlusses über die Handlung, bzw. über die Entscheidung, auf welche Art und Weise die Handlung durchgeführt werden soll. Kataphorisch wird hierbei eine Handlungsmöglichkeit zur Debatte gestellt, anaphorisch wird ihr zugestimmt oder sie beschlossen. Dass dies sich auf einer anderen Ebene als die eigentliche Handlung abspielt, lässt sich besonders daran erkennen, dass der Subjektreferent des Formats nicht mit dem Agens der referierten Handlung übereinstimmen muss - wohl aber kann: Die Handlung, auf die mit wir machen das so verwiesen wird, muss die angesprochenen Personen mindestens betreffen, damit es als Referenz für dieses Format interpretiert werden kann, auch wenn nicht alle an der Ausführung beteiligt sind und sogar dritte Personen, die nicht angesprochen wurden, involviert sind. Im obigen Beispiel ist dies der Fall, hier wird unter anderem auf eine Besprechung mit einem nicht anwesenden Arzt verwiesen (Z. 63-67), die nicht im Beisein des anwesenden und angesprochenen Arztes durchgeführt werden soll. Das bedeutet, dass nicht alle Personen, die durch wir machen das so einbezogen werden, einen agentiven Bezug zur referierten Handlung haben müssen. Durch den Einbezug aller auf jedwede Art betroffenen Gesprächsteilnehmer in den Vorschlag oder den Beschluss einer Handlung liefert das Format einen gewissen Grad an Verbindlichkeit: Auch wer nicht 220 Diese Funktion von so für anaphorischen Gebrauch beschreiben auch Katz/ Umbach (2006). Sie bezeichnen so in anaphorischen Äußerungen als anaphorisches Element, das auf Ereignismodifizierungen zurückverweist. Ferner legen sie dar, dass das Vorhandensein von so in einer anaphorischen Äußerung darauf hinweist, dass das, worauf das so verweist, eine Elaboration davon ist, worauf ein vorhandenes das (oder ein anderes Pronomen) verweist, wie zum Beispiel bei „Maria hat das Problem mit den Studiengebühren gelöst, indem sie einen Kredit aufgenommen hat. Peter hat das auch so gemacht“ (ebd., S. 7, Hervorhebungen K.K.). Diese Analyse von so bei Verwendungen von das so machen erweist sich auch in den vorliegenden Daten als anwendbar, da in der Tat bei das machen-Fügungen mit modifizierendem so auf spezifische Durchführungsweisen verwiesen wird, die bestimmte Arten und Weisen beschreiben, wie generellere Handlungen durchgeführt werden (können) oder wurden. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 238 direkt an der Ausführung der Handlungsweise beteiligt ist, trägt die Entscheidung zur Durchführung mit. Dies jedenfalls wird durch das Format kommuniziert. Auch wenn machen ein agentives Verb ist, tritt das Subjekt zu machen nicht immer als prototypisches Agens mit allen agentiven Merkmalen auf, sondern mitunter nur mit einem, wie zum Beispiel Verursachung oder Veränderung, die dann nicht einmal willentlich und zielgerichtet geschehen muss (zu Proto- Agens und den Merkmalen siehe Abschn. 4.1). Da das Social Action Format wir machen das so auf eine Entscheidungsebene über eine Handlungsweise und nicht nur auf eine Handlung selbst verweist, ist das Subjekt außerdem das Subjekt zur Entscheidung über das machen und nicht nur das Subjekt zur Handlung selbst. In diesem Fall sind es dann drei Merkmale, die die Subjektreferenten haben können, nämlich Durchführung, Verantwortlichkeit und Betroffenheit bezüglich der Handlungsmöglichkeit, auf die mit dem Format referiert wird. Die ersten beiden Merkmale kann man noch zur enger gefassten Agentivität zählen, die Betroffenheit von einer Handlungsentscheidung oder einem möglichen Vorgang ist eher eine marginale Eigenschaft des Agens und stimmt am ehesten mit dem überein, was bei Dowty (1991) als Perzeption bezeichnet wird. Diese Betroffenheit oder Perzeption der Folgen der Handlung ist das Mindeste, was bei jedem durch das Format Einbezogenen vorhanden sein muss, damit eine Handlung oder ein Handlungskomplex als Referenz für wir machen das so interpretierbar ist. Die Angesprochenen gelten also als betroffen von der Handlung, wenn sie diese ausführen sollen oder die Folgen zu spüren bekommen können, und werden deswegen in die Entscheidung über die Handlung miteinbezogen. Dieselben und/ oder sehr ähnliche Funktionen können auch durch andere, ähnliche Schemata ausgeführt werden, wie zum Beispiel mit anderen Subjekten (man kann das auch so machen, Sie machen das jetzt so) oder mit subordinierter Satzstruktur (wir machen das so, dass …). Diese Fälle treten - in wesentlich geringeren Zahlen - auch in den Daten auf, werden für diese exemplarische Untersuchung aber nicht berücksichtigt, da diese formbasiert ist. Das bedeutet, für diese Beschreibung wird von einem bestimmten, lexikalisch und teilweise syntaktisch spezifizierten Format ausgegangen und es werden die Handlungen beschrieben, die tendenziell mit diesem Schema ausgeführt werden. Im Folgenden werden zunächst die anaphorischen und dann die kataphorischen Verwendungen von wir machen das so im Einzelnen betrachtet. Dabei werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede der jeweiligen Gebrauchsweisen aufgezeigt und auch die jeweiligen Gesprächskontexte und Sequenz miteinbezogen. Empirische Untersuchung 239 6.6.1.2.1 Kataphorische Verwendung: Projektorkonstruktion 221 und Regelungsformulierung wir machen das so wird wie erwähnt sowohl anaphorisch als auch kataphorisch verwendet und dient jeweils unterschiedlichen Zwecken. Bei kataphorischer, also vorverweisender Verwendung lassen sich anhand der vorhandenen Beispiele besonders zwei Funktionen erkennen: zum einen die Projektorfunktion und die der Regelungsformulierung. Projektorkonstruktionen generell wurden unter anderem bei Günthner (2008) beschrieben. Es handelt sich hierbei um zweiteilige 222 Strukturen, deren erster Teil (der A-Teil) „eine Projektionsspanne eröffnet und den Folgeteil (B-Teil) metapragmatisch rahmt“ (ebd., S. 91). Der A-Teil hat hierbei häufig einen formelhaften, eher verfestigten Charakter, während der B-Teil keiner bestimmten Form folgt, also in Form, Länge und Inhalt nicht vorhersagbar ist und sich aus dem Kontext der jeweiligen Interaktion ergibt (ebd., S. 92). Diese Beschreibung passt auch auf die kataphorischen wir machen das so-Fälle, wobei es doch ein paar Variationsmöglichkeiten beim A-Teil gibt, allerdings gibt es kataphorisch weniger Varianten als bei der anaphorischen Verwendung. Kataphorisch sind in den vorliegenden Daten zwei Wortstellungsvarianten zu finden: wir machen das so und (dann/ also/ jetzt) machen wir das so (wobei das in beiden Fällen durch es und Ellipse ersetzt werden kann). Ein schematisches Sequenzmuster für vorverweisendes wir machen das so sieht folgendermaßen aus: − Es wird sprachlich eine bestimmte Aufgabe bearbeitet, die entweder das globale Thema der Interaktion ist oder akut relevant wird. Es stehen eventuell bereits Handlungsmöglichkeiten im Raum, die diskutiert werden. − Ein Sprecher äußert wir machen das so und projiziert einen Redebeitrag. − Der Redebeitrag kann zum einen mehrere TCUs umfassen, die nicht nur einen konkreten Handlungsbeschluss oder -vorschlag enthalten, sondern darüber hinaus auch die Bedingungen und Umstände dieser Handlung 221 Der Begriff Projektorkonstruktion wird hier spezifisch für die vorverweisende Verwendung in Anlehnung an Günthner gebraucht. Ob es sich bei dieser Verwendung des Social Action Formats um eine Konstruktion handelt, soll hier nicht diskutiert werden, da dies eine eigene Debatte ist. Es wird in den entsprechenden, das SAF betreffenden Abschnitten generell vom Format oder eben SAF gesprochen. 222 In der Literatur werden ähnliche Strukturen als „bi-klausal“ bezeichnet, wie auch Günthner (2008, S. 90f.) anmerkt, sie merkt aber ebenso an, dass der zweite Teil dieser Strukturen in Interaktionen häufig weit mehr als eine Clause beinhalten kann (ebd., S. 91f.), was sich mit den Analysen der dieser Arbeit zugrunde liegenden Daten deckt. Die Strukturen sind also nicht formal zweiteilig, sondern inhaltlich. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 240 beinhalten können. Er impliziert auf jeden Fall eine gewisse Verbindlichkeit. (Je nach Modalität, Modifikationen und Satzart kann diese Verbindlichkeit aber auch abgeschwächt werden. Bspw.: wir können das ja so machen; sollen wir das vielleicht so machen? ) Der Handlungsbeschluss bzw. -vorschlag kann sich aus bereits diskutierten Handlungsmöglichkeiten ergeben haben, aus diesen entstanden oder durch diese beeinflusst sein. Dies muss es aber nicht zwangsweise, denn oft geht dem Beschluss oder Vorschlag keine explizite Argumentation (für oder gegen bestimmte Vorgangsweisen) voraus. − Zum anderen können auch kurze Beiträge folgen, die gültige Regelungen für eine akut relevante Situation formulieren. − Es folgt eine Ratifikation des Beschlusses durch die anderen Interaktionsteilnehmer. − Die Handlung wird, wenn möglich und akut relevant, durchgeführt, das Thema beendet und/ oder gegebenenfalls gewechselt. wir machen das so weist prosodische und auch funktionale Ähnlichkeiten zu der von Auer (2006) beschriebenen Vorlaufkonstruktion es ist so auf: Beide projizieren eine Folgeäußerung und das so ist hierbei stets betont und außerdem kann die Folgeäußerung ein aus mehreren Handlungsschritten bestehender Turn sein. Anders als es ist so (und mögliche Varianten) leitet wir machen das so Handlungsvorschläge ein und dient nicht vorwiegend der generellen Sicherung des Rederechts für einen längeren Redebeitrag und der allgemeinen Strukturierung desselben (ebd., S. 302). Pragmatisch leitet wir machen das so kataphorisch verwendet Vorschläge im weitesten Sinne ein. Das Vorhandensein von so in diesem Format deutet an, dass der folgende Vorschlag eine bestimmte Handlungsweise beinhaltet, die eine Art und Weise beschreibt, wie eine übergeordnete, situativ relevante Aufgabe angegangen werden kann oder soll. Diese ist mitunter sehr gut aus dem Gesprächskontext herleitbar, wie etwa im folgenden Ausschnitt des bereits zitierten Arzt-Patienten-Gesprächs. Hier wird außerdem ersichtlich, dass der Subjektreferent des Formats sich nicht immer in der referierten Handlung wiederfinden muss. Tatsächlich ist es bei wir machen das so als Projektorkonstruktion nicht selten der Fall, dass die Handlungsmöglichkeiten, auf die verwiesen wird, entweder nur von einem Teil der durch das wir einbezogenen Personen durchgeführt werden soll, oder durch dritte Parteien. Der folgende, bereits kurz angesprochene Ausschnitt zeigt eine kataphorische und eine anaphorische Verwendung von wir machen das so. Hier soll zunächst auf die kataphorische fokussiert werden. In diesem Beispiel beraten sich der Arzt und sein Patient über das weitere Vorgehen bei der Beratung und Behandlung des Patienten: Empirische Untersuchung 241 (56) Diskurs: 1405.01 Transkript: raetselh-krankh (Arztgespräch) [01: 05-01: 51] R1 = Patient, R2 = Frau des Patienten, BR = Arzt 57 R1 °h aber könn ma_s nicht SO machen ; 58 äh sie wollen des zuSAMmen fassen ; 59 (0.27) 60 BR j[a; ] 61 R1 [ viellei]cht mit äh mit emPFEHlung ; 62 (0.36) 63 R1 dann kann ich mich an profess profEssor oder priVATdozent ; 64 WAS_is es; 65 KORten ; 66 (0.47) 67 R1 die gAnze geschichte AUCH nochmal durchgehn ; 68 BR ja, 69 (0.83) 70 R1 und (0.36) DANN nochmal Über ihn - 71 n_teu neuen terMIN ; 72 WENN wir nochmal frAgen da ; 73 (0.36) 74 BR ja, 75 (1.26) Der Patient hat ein spezielles Leiden und hat aufgrund dessen schon mehrere Ärzte und Spezialisten aufgesucht und ist auch mit mehreren Ärzten gleichzeitig in Kontakt deswegen. Des Weiteren muss er Arzttermine bei Spezialisten und Klinikaufenthalte mit seiner Arbeitszeit koordinieren, weswegen eine Terminabsprache einiges an koordinatorischem Aufwand bedeutet. Der Ausschnitt beginnt damit, dass der Patient seine zeitliche Verfügbarkeit für einen neuen Termin erörtert und dabei zu dem Schluss kommt, dass er erst in einigen Monaten wieder Zeit haben wird. Bei dem anwesenden Arzt handelt es sich zudem um einen Spezialisten, zu welchem der Patient und seine Frau extra angereist sind; die beiden können also nicht spontan zu einem Termin bei ihm erscheinen. In Zeile 57 projiziert der Patient mit aber könn ma_s nicht SO machen; einen Vorschlag zum weiteren Vorgehen bezüglich der Terminfindung, welcher sich über mehrere TCUs erstreckt. Hier lassen sich sehr deutlich zwei Aspekte aufzeigen, einmal bezüglich des wir und einmal bezüglich des gesamten Social Action Formats: Zunächst einmal leitet das Format hier einen relativ langen Redebeitrag zur weiteren Terminvergabe ein. Der Sprecher beansprucht das Rederecht über mehrere TCUs hinweg und wird auch trotz kleinerer Pausen (Z. 59, 62, 66, 69) nicht vom Rezipienten unterbrochen. Das heißt, dieser weiß, dass der eigentliche Vorschlag für die Terminfindung noch folgt. Es haben hierbei nicht alle Äußerungen des Sprechers einen unmittelbaren Bezug zur Terminfindung: Er Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 242 beginnt seine Ausführungen damit, dass er dem Arzt vorschlägt, dieser möge die Ergebnisse der heutigen Besprechung zusammenzufassen (Z. 58/ 61), und geht dann zur Beschreibung von Handlungen über, die er mit einer dritten Person durchführen möchte (Z. 63-67), bevor er ausführt, wie genau er zu dem neuen Termin kommen möchte (Z. 70f.). Das bedeutet, der Sprecher kann hier nach der projizierenden Einleitungen des wir machen das so zunächst einmal die Nebenbedingungen und den Vorlauf zu der eigentlichen Handlung ausführen, auf die sich das so machen im Endeffekt bezieht. Dieser gesamte Komplex aus mehreren Handlungsschritten (der Arzt schreibt einen Arztbrief mit Empfehlung, der Patient bespricht sich mit einem weiteren Arzt, dieser Arzt regelt die nächste Terminvergabe) wird somit als thematische Einheit gerahmt, die einen einzigen Bezugspunkt hat, nämlich das konkrete Vorgehen hinsichtlich der gerade relevanten Terminfindung. Der Patient ist durch die Einleitung, welche den thematischen Rahmen liefert, zum einen in der Lage, diesen komplexen Beitrag ohne Unterbrechungen zu produzieren. Zum anderen sind die einzelnen Teile des Beitrags als kohärentes Ganzes verständlich, die alle dem Ziel der Terminfindung dienen. Hinsichtlich der Verwendung des wir lässt sich hier zeigen: wir bezeichnet in diesem Falle nicht die eigentlichen Akteure der Handlungen, die im Folgenden beschrieben werden. Vielmehr umschließt das Pronomen all jene Parteien, die zum einen angesprochen und zum anderen durch die im Folgenden beschriebenen Handlungen betroffen sind. Gleich die erste Handlung, die der Sprecher vorschlägt (sie wollen des zuSAMmenfassen; Z. 58), kann nur vom anwesenden Arzt allein ausgeführt werden, betrifft aber in ihrer Konsequenz auch den Sprecher, der sich durch den Arztbrief und eine eventuelle Empfehlung (für den weiteren Behandlungsablauf) eine fruchtbarere Besprechung mit einem anderen Arzt erhofft. Gleiches gilt für die potenzielle Handlung des Patienten, die er mit einer nicht anwesenden Person zusammen ausführen würde (die Besprechung mit Professor Korten), mit der der Rezipient also in der Durchführung gar nichts zu tun hätte. Dennoch betrifft die Besprechung auch indirekt den anwesenden Arzt, da sein Arztbrief und somit seine Beratung die Grundlage für dieses Gespräch bilden würden und dessen Ergebnis einen Einfluss auf die weitere Behandlung des Patienten haben kann. Hier ist also eine Verteilung der Subjektreferenten von wir auf die verschiedenen Handlungsmöglichkeiten und -schritte zu erkennen und auch die unterschiedlichen Merkmale des Subjektreferenten (führt er durch, verursacht er, ist er nur betroffen) sind bei den verschiedenen Parteien auszumachen, und das sogar in unterschiedlichen Konstellationen in den verschiedenen Handlungsteilen. Da hier auf allgemeine Handlungsmöglichkeiten verwiesen wird, ist es nachvollziehbar, dass der Sprecher den anwesenden Arzt in die Entscheidung, ob er bei einem anderen Arzt einen neuen Termin erfragen soll, mit einbezieht. Empirische Untersuchung 243 Denn der anwesende Arzt muss dieses Vorgehen mittragen, sich damit einverstanden erklären, dass er von einem anderen Arzt bezüglich des Patienten kontaktiert wird (und nicht jetzt gleich persönlich einen Termin ausmacht) und dass seine ärztliche Beratung mit dem anderen Arzt diskutiert wird, und außerdem auch, dass dieses Vorgehen dem Vorschlag vorgezogen wird, den er selbst zuvor bezüglich des weiteren Vorgehens gemacht hat (vor der gezeigten Sequenz, siehe dazu die Analyse zu Beispiel (62)). Dass es sich hier mehr um einen Vorschlag handelt, der wirklich eine Ratifikation verlangt (und bekommt), zeigt sich auch in der Verwendung des Modalverbs können, welches die projizierten Handlungsvorgänge als Möglichkeiten rahmt und nicht als einen Beschluss. Eine Verwendung ohne Modalverb könnte in diesem Falle als Festlegung verstanden werden, was auch eine Möglichkeit gewesen wäre, aber in institutionellen Gesprächen mit klarer Autoritätsverteilung, so wie hier, eher ungewöhnlich ist, wenn diese Festlegung nicht vom Arzt ausgesprochen wird. In den untersuchten Daten sind es tendenziell die Ärzte, Schlichter, Lehrer oder die für die akute Aufgabe auf irgendeine Weise Verantwortlichen, die dieses Social Action Format verwenden und damit das weitere Vorgehen beschließen. Sowohl kataphorisch als auch anaphorisch dient wir machen das so - wie sich noch zeigen wird - so als Entscheidungsmarkierung, wenn es nicht durch eine Modifizierung wie bspw. ein Modalverb als Vorschlag einer Möglichkeitsverhandlung gerahmt wird. Der Unterschied zwischen dem Bezug auf eine Handlung und dem Bezug auf die Entscheidung über eine Handlung lässt sich anhand eines Vergleichs mit einer Projektorkonstruktion in der ersten Person Singular verdeutlichen. Hier ist die Funktion des Formats sehr ähnlich der bereits beschriebenen, nur dass die Sprecherin mit das so machen auf eine konkrete, von ihr selbst durchgeführte Handlungsabfolge verweist und nicht auf die Entscheidung darüber, ob dies eine annehmbare Art und Weise ist, eine übergeordnete Aufgabe - in dem Fall das Auftragen von Make-up - auszuführen: (57) Mädels_2 „Foundation“ 223 [01: 56: 37] 01 GS hast du schon mal dein PUder- 02 mit dem fixplus 224 geMISCHt? 03 (1.24) 04 AF was? = 223 Dieses Beispiel entstammt einer privaten Aufnahme. 224 „Fix Plus“ ist ein Fixierspray einer bestimmten Kosmetikmarke, welches als ganz dünner feuchter Film auf das Gesicht gesprüht wird, nachdem die Grundierung aufgetragen wurde, um das Make-up länger haltbar zu machen. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 244 05 =wie. 06 (0.27) 07 GS so sch sch[sprÜhST- ] 08 AF [als PAMpe]oder [was.] 09 GS [du ] sprühst das aufs [geSICHT? ] 10 FB [mit_m Pinsel-=]oder? = 11 GS =und NIMmst dann_n ka-= 12 =ich mAch das immer SO; = 13 =ich sprüh das aufs geSICHT? = 14 =MACH dann mein-= 15 =n_nimm mein kaBUki? 225 16 °hh in dieses ä: m [PUder? ] 17 AF [hm_M, ] 18 GS und dann ((macht Geräusch)) DRAUF. 19 das hält AUCH gut. 20 (1.1) 21 AF ach SO. 22 (0.69) Auch hier handelt es sich um eine Projektorkonstruktion in Zeile 12, auch hier wird ein längerer Redebeitrag eingeleitet und außerdem wird auch hier ein Vorschlag vorgebracht. Die Handlungen, die in diesem Redebeitrag beschrieben werden, sind jedoch solche, die auch - und ausschließlich - von dem Subjektreferenten der Projektorkonstruktion ausgeführt werden. Gabi (GS) beschreibt ihre eigene Foundationroutine als Vorschlag oder Inspiration für Annette (AF), es sind jedoch keine Handlungen, die Annette oder irgendjemand anderes in irgendeiner Weise affizieren. Somit stellt sie hier keine Entscheidung um die Durchführung zur Debatte, sondern sie referiert auf konkrete Handlungen, die sie selbst regelmäßig durchführt. Die Projektorkonstruktion ich mAch das immer SO; leitet Gabis dritten Versuch ein, ihre Foundationroutine in einem Stück vorzutragen, nachdem sie zuvor zwei Mal von ihren Rezipientinnen durch Zwischenfragen (Z. 08 und Z. 10) unterbrochen wurde. Die vorherigen Erzählansätze sind uneingeleitet und in der zweiten Person Singular gehalten, sie beschreiben eine Möglichkeit, wie Annette (du) das Fixierspray in ihre Foundationroutine integrieren könnte. Anstatt die Zwischenfragen ihrer Freundinnen zu beantworten, ändert Gabi ihre Erzählstrategie und projiziert durch die Einleitung ich mach das immer so, dass nun ein ausführlicher Beitrag folgen wird, der ihre eigene Routine beschreibt (manifestiert durch ich und immer). Dieser wird auch von keiner der anwesenden Frauen unterbrochen. In Gabis Fall ist es die Änderung des Subjektreferenten von du zu ich, die erkennen lässt, dass es sich bei den geschilderten Handlungsschritten um einen Vorschlag handelt, den sie Annette un- 225 Ein Kabuki ist eine bestimmte Art Puderpinsel. Empirische Untersuchung 245 terbreitet, indem sie ihre eigene Routine beschreibt. Eine Einleitung mit du machst das so; du sprühst das aufs Gesicht, … wäre in diesem Falle markiert, denn so würde Gabi Annette bezüglich einer sehr persönlichen Handlungsroutine Vorschriften machen. 226 Wie die tatsächlich verwendete Äußerung ich mach das immer so würde auch die Variante du machst das so keine Entscheidung zur Debatte stellen, sondern unmittelbar auf die Handlungsabfolge selbst verweisen, die einmal als eigene Routine der Sprecherin, einmal als vorgeschriebene (oder vorgeschlagene) Routine für die Rezipientin zu interpretieren wären. Der Einbezug der Rezipienten gelingt natürlich nur dann, wenn das wir ein inklusives ist und kein exklusives. Kataphorische (wie auch anaphorische) Verwendungen des Social Action Formats mit einem exklusiven wir, die die angesprochene(n) Person(en) nicht als Subjektreferent(en) mit einbeziehen, funktionieren - ähnlich wie die oben dargestellte Version mit ich als Subjektreferent - auf der Handlungsebene und leiten eine Aussage über eine Handlung ein (oder weisen auf eine Handlung zurück), die sich auch nur auf die Subjektreferenten als Handelnde bezieht und mit welcher die Rezipienten nichts zu tun haben. Der folgende etwas längere Ausschnitt zeigt einen anaphorischen Fall 227 mit exklusivem wir, in welchem auf eine Handlungsroutine verwiesen wird. Die Studentin Nicola (NH) erzählt ihren Freundinnen, wie sie versuchte, ihren Handyanbieter zu wechseln: (58) FOLK_E_00055_SE_01_T_07_DF_01, Segment 357 [01: 23: 50-01: 24: 48] 01 NH un MU[SS dann- 02 US [((lacht)) ] 03 NH ähm IRgendwie äh-] 04 (0.46) 05 NH was unterSCHREIben , 06 dass ich dass ich auf (0.23) meine (.) tee MObile, 07 (.) also auf (0.63) den verTRAG, 08 ich hab ja eigentlich kein verTRAG mit tee mobile; 09 weil ich ne (0.2) PREpaid karte nur hatte ; 226 Wobei es natürlich möglich wäre, die Projektorkonstruktion entsprechend zu formulieren, zum Beispiel so: du kannst es vielleicht ja so machen; du sprühst das aufs Gesicht … Gabi wählt hier vielleicht deswegen eine andere Strategie, weil sie so besser verdeutlichen kann, dass dies ihre eigene Routine ist und dass sie diese deswegen auch als Empfehlung anbringen kann, weil sie aus eigener Erfahrung weiß, dass sie gut funktioniert, bzw. dass das Make-up so gut hält. 227 Ein kataphorischer Fall mit exklusivem wir war in den Daten leider nicht auffindbar, es ist jedoch stark anzunehmen, dass auch bei anaphorischen Fällen mit exklusivem wir der Bezug auf die mit dem Pronomen bezeichneten Subjektreferenten derselbe ist. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 246 10 aber man MUSS dann irgendwie-=°h 11 sagen dass ich darauf verZICHte , 12 dass tee mobile die noch WEIter benutzt , 13 diese KA- 14 unw eu IRgendwas; 15 ich weiß [AU nich; ] 16 LM [hm ] 17 NH ich hab_s unterSCHRIEben einfAch,=°hh 18 ((schmatzt)) u[nd äh]m- 19 US [((Lachansatz))] 20 (0.47) 21 NH DANN bin ich damit zu tee mObile, 22 (0.72) 23 NH der der LAden is dann- 24 (0.57) 25 NH keine AHnung; 26 (n) paar hundert meter WEIter, 27 US ((lacht)) 28 (0.2) 29 AM ((Lachansa[tz))] 30 NH [ un] DANN e- 31 ich glaub die waren EInfach- 32 die waren (0.31) verÄRgert dass ich zu nem andern Anbieter gewechselt hatte oder so,= 33 =die ham das nich so gern geSEHen,= 34 =jedenfalls MEINte die- 35 ja aSO-=°hh 36 [waren sie ] bei diesen DEPpen bei o twO; =°h 37 AM [((Lachansatz))] 38 NH [die ham ja ] KEIne Ahnung-=°h 39 AM [((Lachansatz))] 40 NH und überHAUPT da- 41 (.) de[s muss] GANZ anders laufen; 42 AM [((Lachansatz))] 43 NH sie müssen erst hier KÜNdigen; 44 und DANN können sie ers[t_n neuen ver]trag mAchen-= 45 US [((Lachansatz))] 46 NH [=und überHAUPT-=°h] 47 US [((lacht)) (.) °h] 48 NH ICH also mit dieser information wieder zurÜck [zu o twO,=h°] 49 US [((lacht)) ] 50 NH [zu dem glEIchen] beARbeiter; =°h 51 LM [((lacht)) ] 52 a die ham ja KEIne ahnung; 53 wir machen des IMmer so; 54 des l ge funktioniert IMmer; 55 ALso=°h 56 (.) könn_se den ruhig sAgen dass das ne GANZ normale prozedur is; 57 un die sollen sich nich so ANstellen. Empirische Untersuchung 247 Die Verwendung von wir machen das so tritt zwar in einer nacherzählten Kommunikation auf - zwischen der Sprecherin Nicola und einem Mitarbeiter von O 2 - funktioniert aber dennoch genauso wie in nicht-nacherzählten Fällen: Der Mitarbeiter von O 2 verweist mit wir machen des IMmer so; (Z. 53) auf die von der Sprecherin durchgeführte (und wahrscheinlich von ihm selbst vorher dargelegte) Vorgehensweise beim Telefonanbieterwechsel, bei welcher sie den Vertrag bei O 2 unabhängig davon abschließt, dass sie noch eine Prepaid- Karte von T-Mobile besitzt (Z. 05-12), also vorher nicht offiziell bei T-Mobile kündigt (Z. 43). Der Sprecher betont dabei das immer und macht so deutlich, dass es sich um eine routinemäßige Handlungsweise handelt, die von der Firma O 2 so gehandhabt wird und reagiert damit auf die Empörung und unkooperative Haltung des Konkurrenzunternehmens, welches das Verfahren von O 2 als unprofessionell ansieht (Z. 36/ 38). Die Rezipientin dieser Äußerung ist in diesem Falle in das wir nicht mit einbezogen. Der Bezug des wir auf den Telefonanbieter O 2 , dem sich der Sprecher als Mitarbeiter zugehörig fühlt, wird zum einen durch das betonte immer deutlich, was die Handlung als routinierte und bewährte Handlung rahmt - eine Tatsache, die der Sprecher zudem extra betont (Z. 54/ 56). Zum anderen ist dies aber auch aus der Situation erkennbar, in welcher Nicola gerade dabei ist, eine für sie einmalige Handlung durchzuführen. Ein Verweis auf diese Vorgehensweise mit immer als Adverbial ist in diesem Falle nicht passend. Darüber hinaus wäre ein Verweis auf Ebene der Entscheidung über die Handlung in Bezug auf eine bereits durchgeführte Handlung ebenfalls unlogisch, denn der Sprecher in der Nacherzählung referiert hier nicht auf eine Handlungsmöglichkeit, die als Vorschlag vorgebracht wird (oder wurde), sondern auf eine Handlungsweise, die die Rezipientin bereits versucht hat durchzuführen. Mit wir machen das so werden außerdem nicht immer lange Redebeiträge projiziert, was zeigt, dass dies nicht die einzige Funktion dieses Social Action Formats ist und dass die Markierung der projizierten Äußerung als Entscheidung eine von mehreren Funktionen ist. Das Format kann auch dazu verwendet werden, den Status von Äußerungen zu heben und ihnen so mehr Gewicht und Autorität zu verleihen, wie in dem folgenden Beispiel aus einem Schlichtungsgespräch: (59) Diskurs: 3001.01 Transkript: schnellredner (Schlichtungsgespräch) AA = Antragssteller (Herr Beck), B1 = Antragsgegner, B2 = Frau von Antragsgegner, CC = Schlichter 01 B1 [nachDEM dass ich des- ] 02 B2 [des war aber des ERSCHte mal] seit em jAhr- 03 dass ich überhaupt [den herrn beck ANgsch][proche hab; ] Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 248 04 XM [JA ja [ja; ] 05 CC? [jaJA; 06 [ naTÜR[lich ; ] 07 AA [ ja; ] 08 is doch gar net [WOAR ; 09 B1 [nachDEM [dass ich des- ] 10 B2 [ich hab ihn noch NIE] [angesproche; 11 B1 [(als) sei [doch RUHisch jetz; ] 12 CC [herr BECK sie kumme- 13 AA ja [(gut) 14 CC [ mir mir mache des SO-=h° 15 (.) JEder kommt zu wort bei uns.=gell, 16 B1 (.) nachdEm dass isch des dann (.) äh (.) geHÖRT hab ja, 17 (.) bin isch natürlisch (.) ziemlisch erREGT, 18 dem herrn beck nAchgSCHPRUNGen,=ja? In diesem Ausschnitt ist der Antragsgegner (B1) gerade dabei, seine Sicht der Dinge darzulegen (Z. 01), wobei er durch seine Frau (B2) unterbrochen wird (Z. 02/ 03). Der Antragssteller (AA) reagiert verärgert auf die Aussagen der Frau und widerspricht ihr (Z. 06/ 08), während zum einen der Antragsgegner versucht, mit seinen Ausführungen fortzufahren (Z. 09) und dessen Frau auf ihrer Aussage beharrt (Z. 10). Daraufhin greift der Schlichter ein, indem er den Antragssteller, Herrn Beck, dazu auffordert, die andere Partei ausreden zu lassen. Dies tut der Schlichter aber nicht direkt, er bricht viel mehr seine zunächst angefangene Äußerung herr BECK sie kumme [auch noch zu wort] (Z. 12) ab, um diese zum einen zu einer generischen Aussage umzuformulieren (Z. 15) und zum anderen mit wir machen das so einzuleiten (Z. 14). In diesem Fall wird kein längerer Redebeitrag projiziert, es folgt tatsächlich nur eine kurze Äußerung, die auch ohne die Projektorkonstruktion hätte formuliert werden können. Was hier von dem Schlichter nach der wir machen das so-Verwendung geäußert wird, kann man als verbindliche Prämisse dieses Schlichtungsgesprächs bezeichnen. 228 Die Aussage JEder kommt zu wort bei uns beschreibt nicht deskriptiv einen Handlungsvorgang, sondern legt deontisch die generellen Spielregeln der aktuellen Situation fest, denen sich alle Anwesenden verpflichten müssen; es verweist auf die Art und Weise (so), wie das Rederecht in Schlichtungsgesprächen verteilt wird: Alle dürfen reden, aber einer nach dem anderen. Durch die Projektorkonstruktion wird deutlich, dass dies keine 228 Das wir kann in diesem Falle sowohl inklusiv als auch generisch interpretiert werden, im Sinne von „wir hier bei Schlichtungsgesprächen handeln in der Regel auf folgende Weise“. Auch die generische Interpretation wäre für die Funktion des Formats als Verbindlichkeitsmarkierung angemessen, da es der Aussage des Schlichters noch mehr Autorität verleiht, denn es inferiert, dass dies nicht seine Meinung oder eine Aufforderung seinerseits als Privatperson ist, sondern eine Handlungsempfehlung in seiner Funktion als Schlichter. Empirische Untersuchung 249 beiläufige oder nur auf die akute Situation bezogene organisatorische Äußerung ist, sondern dass hier eine allgemein geltende Regel für den Gesprächsablauf formuliert wird und zwar von der dafür autorisierten Person, dem Schlichter. Es ist auch anzumerken, dass der Schlichter die Projektorkonstruktion und die folgende Handlungsregel ausspricht, nachdem der Angesprochene bereits eingelenkt hat (ja (gut), Z. 13). Die Maßregelung, die direkt an Herrn Beck gerichtet war (Z. 12), hatte dieser also trotz Abbruch rekonstruieren können; dennoch hat der Schlichter nicht nur eine Reformulierung durchgeführt, sondern zusätzlich auch das relativ aufwändige SAF davorgesetzt. Somit galt die Äußerung nicht nur lokal der Situation des Unterbrechens durch den Antragssteller, sondern die Situation wurde dafür genutzt, eine allgemein geltende, verpflichtende Regel zu formulieren und diese dann auch entsprechend als solche zu rahmen. Es sind zwar tendenziell eher die Autoritätspersonen in Gesprächen, die dieses Social Action Format verwenden (in der kataphorischen wie in der anaphorischen Verwendung), doch nicht ausschließlich. Hier zeigt sich, dass nicht nur die Autorität in einer Situation es möglich macht, derart verbindliche Vorschläge zu äußern und entsprechend zu rahmen, sondern auch, dass Sprecher durch die Rahmung ihrer Äußerungen mit einer autoritativen Projektion eine gewisse Autorität im Gespräch für sich beanspruchen können, bzw. dies zumindest versuchen (vgl. dazu auch den Begriff deontische Autorität, bspw. bei Stevanovic/ Peräkylä 2012). Dies zeigt sich im folgenden Ausschnitt, welcher ebenfalls aus einem Schlichtungsgespräch stammt. In dieser Schlichtung beschuldigt die Antragstellerin (AA) den Antragsgegner (B1) und seine Frau (B2) ihr nachzuspionieren, sie beleidigt zu haben, ihre Post heimlich zu lesen, sie (im gemeinsam bewohnten Mehrparteienhaus) schlechtzureden und ihre Freunde und Familie zu beleidigen. Der Antragsgegner ist in diesem Beispiel derjenige, der versucht, einen Vorschlag zur Einigung als Entscheidung und somit als verbindlich zu rahmen: (60) Diskurs: 3002.01; Transkript: hure (Schlichtungsgespräch) [Kennung: SG201B] AA = Antragstellerin, B1 = Antragsgegner, B2 = Frau von Antragsgegner 01 B1 isch hab mir jetz vOrjestellt mir könnten uns EInijen. 02 ISCH [hab mit de-] 03 AA [nein. ] 04 (.) isch habe [mich nIcht vor zu EInigen,] 05 B1 [mit de frau LAUer hab ich jesprOchen; ] 06 (0.85) Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 250 07 B1 zu DER, 08 (.) der HAUSbesitzerin; =ne, 09 AA ich wi[ll dass das AUFhört? ] 10 B1 [hab ich mit jeSPROchen,] 11 mir machen_(s) SO, 12 (0.42) 13 SIE gehen ihren EIgenen weg- 14 sie können mAchen jetzt was sie WOLlen , 15 das [HEISST auch für den fa-] 16 AA [was ist das ge]REde? 17 (.) was REden sie über mich; 18 (0.41) 19 AA Ü[berall; ] 20 B1 [ ni]x, 21 (.) GAR ni[x; 22 AA [ACH nein; 23 ham (.) [die andern geLOgen,] 24 B2 [sie haben ja AUCH- ] 25 AA (wo) sie sagen [((unverständlich)),] 27 B1 [wie lange SPRE]schen wir nischt mehr zusammen; 28 (0.34) 29 AA warum [soll ich mit ihnen überhaupt] REden; 30 B1 [nun sagen se DAS ma; ] Der Antragsgegner ist auf eine einvernehmliche Einigung zwischen der Antragstellerin und sich selbst aus. In den Zeilen 11-14 wird deutlich, dass er diese der Antragstellerin als verbindliche Regelung vorschreiben möchte, indem er ihr vorschlägt, sie könne von jetzt an tun was sie wolle. Diesen Vorschlag rahmt er mit der Projektorkonstruktion wir machen das so als Vorschlag für Handlungen, die zwar von der Rezipientin ausgeführt werden (SIE gehen ihren EIgenen wegsie können mAchen jetzt was sie WOLlen, Z. 13/ 14), ihn selbst aber auch in dem Sinne betreffen, dass er zum einen die Antragstellerin in Ruhe lässt; zum anderen aber auch derjenige ist, von dem der Vorschlag kommt, also der Verursacher. Durch die spezifische Rahmung versucht der Sprecher allerdings zusätzlich (und wahrscheinlich vornehmlich), seinem Vorschlag - welchen er schon als Handlungsmöglichkeit zuvor zur Sprache gebracht hatte (Z. 01) - einen verbindlichen Charakter zu geben und eine Regelung vorzugeben, an die sich alle Beteiligten - besonders die Rezipientin, die den Fall einfach ruhen lassen und ihrer Wege gehen soll - zu halten haben. Dies gelingt dem Sprecher allerdings nicht, denn die Antragstellerin geht in diesem Ausschnitt nicht auf den Einwurf des Sprechers ein, sie nimmt stattdessen vielmehr seine Aussage, er hätte auch die Hausverwalterin konsultiert (Z. 02/ 05), zum Anlass, sich darüber zu beschweren, dass weiterhin über sie geredet wird (Z. 16-19). Der Antragsgegner kommt zwar im Grunde ihrer Empirische Untersuchung 251 Forderung nach, sie in Ruhe zu lassen, geht aber auf ihre Vorwürfe in keiner Weise ein; er gibt sie weder zu, noch entschuldigt sich dafür oder weist sie auch nur als unwahr zurück. Diese Interaktionssequenz ereignet sich relativ zu Beginn der Schlichtung, fast gleich nachdem die Vorwürfe der Antragstellerin vom Schlichter verlesen wurden, also noch bevor der eigentliche Schlichtungsprozess begonnen hat. Der Antragsgegner möchte hier also den vorgesehenen Schlichtungsprozess ignorieren und ohne weitere Diskussionen aus dieser Verhandlung gehen, indem er eine Einigung einfach als Entscheidung darstellt. In diesem Falle hat sich der Sprecher also mit Hilfe der Projektorkonstruktion einen Grad an Autorität zugeschrieben, den er in der aktuellen Situation einer offiziellen Schlichtungssitzung nicht besitzt. Er wird ihm auch durch die Anwesenden nicht zugesprochen, denn nicht nur die Antragstellerin lehnt seinen als verbindliche Regelung gerahmten Vorschlag ab, auch der Schlichter selbst kommt im weiteren Verlauf der Schlichtung, nachdem sich die gegnerischen Parteien in Vorwürfen zu verlieren drohen, auf seine eigentliche Funktion zurück und leitet ein sachgemäßes Schlichtungsverfahren ein, 229 in welchem jede Seite zunächst einmal ihre Sicht darstellen und dann die Gegenseite sich äußern darf. Der Versuch des Antragsgegners, das Verfahren durch das Festlegen einer Einigung abzukürzen, scheitert also und der Konflikt wird erst gelöst, nachdem es ein ordentliches Schlichtungsverfahren gegeben hat und beide Seiten die Vorfälle aus ihrer Sicht schildern konnten. das so machen bezieht sich in diesem Fall, wie in Schlichtungen und Arztgesprächen oder organisatorisch geprägten Interaktionen generell, auf eine implizierte übergeordnete Aufgabe, die nicht unbedingt vorher explizit genannt worden sein muss. Es handelt sich dabei oft um den Grund der Interaktion generell. In Schlichtungsgesprächen wäre das die Lösung des Konflikts. In Arztgesprächen geht es oftmals um die weiterführende Behandlung, die auf eine bestimmte Weise vorgenommen und vom Arzt bestimmt wird, oder um das Festlegen der weiteren Termine. wir machen das so leitet als Projektorkonstruktion Vorschläge im weitesten Sinne ein, und zwar Vorschläge mit ganz bestimmten Eigenschaften: Sie beziehen sich auf eine lokale Situation in der Interaktion und können aus dieser heraus eine generelle Regel formulieren (wie im Schlichtungsbeispiel (59)) 229 Dies tut der Schlichter interessanterweise mit der Projektorkonstruktion nun machen wir das mal ganz anders, welche bis auf den Ersatz des so durch ganz anders identisch ist mit der hier behandelten und auf welche dann auch ein längerer Redebeitrag folgt, welcher demjenigen ähnelt, der in Beispiel (56) - dem Arztgespräch - behandelt wurde: Es werden auch hier zunächst Begleitumstände beschrieben, bevor auf die eigentliche Handlungsmöglichkeit eingegangen wird. Dies ist ein Hinweis darauf, dass es nicht nur bei der Wortstellung, der Art der Folgeäußerung und der Form des Objekts Variationen gibt, sondern auch beim Adverbial. Aufgrund der Häufigkeit von wir machen das so und den Wortstellungsvarianten, wird diese bei der hier vorliegenden formbasierten Betrachtung fokussiert. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 252 oder einen verbindlichen Vorschlag für die Regelung einer einmaligen Situation (wie im Arztbeispiel (56)), sie haben daher einen vertragsähnlichen oder zumindest verpflichtenden Charakter, dem die - durch das inklusive wir miteinbezogenen - Gesprächsteilnehmer beipflichten müssen. Sie stellen so nicht einen weiteren Vorschlag in einer Reihe von vielen dar, sondern sind als Beschluss oder Entscheidung gemeint, die eine sofortige Ratifikation erfordern (und oft auch bekommen). Durch die Verwendung der ersten Person Plural nimmt sich der Sprecher heraus, für die gesamte Gruppe der anwesenden Gesprächsteilnehmer diesen verpflichtenden Vorschlag zu formulieren und erweckt gleichzeitig den Eindruck, dass dieser Vorschlag ein Vorschlag von allen ist. Diese Verwendung von wir bei der Formulierung von Ergebnissen oder Entscheidungsfindungen in institutionellen Gesprächen aus dem Bereich „Meetings und Arbeitsbesprechungen“ haben sowohl Domke als auch Meier ausmachen können. Meier (1997) beschreibt bei seiner Analyse von Ergebnisformulierungen, dass es oft eine bestimmte Gruppe der Teilnehmer (bspw. BesprechungsleiterInnen) sei, die Ergebnisse auf bestimmte Weise - auch durch die Verwendung von wir in der Formulierung - ausdrücken, um ihren Status so zu produzieren (ebd., S. 255). Domke (2006) geht deutlicher auf das Pronomen wir ein und behandelt dies im Oberkapitel „Festlegung“ (ebd., S. 203) anhand eines spezifischen Beispiels. Sie kommt zu dem Schluss, dass das verwendete wir bei der Frage nach einer bestimmten Lösung für ein Problem an eine Einzelperson („wen könn=wir verantwortlich machen herr seifert“) auf „herausragende Befugnisse“ des Sprechers KO hinweist (ebd., S. 213), mehr noch: „vor allem jedoch wird durch diesen Plural SF [dem angesprochenen Herrn Seifert; Anmerkung K.K.] nicht die gesamte Entscheidungskompetenz zugesprochen“ (ebd., S. 213f., Hervorhebung von K.K.). Es geht also bei der Verwendung von wir bei der Formulierung von Entscheidungen, die einer trifft, aber die alle betreffen, darum, sich auch als diejenige Instanz zu produzieren, die befähigt ist, für eine Gruppe Entscheidungen zu treffen, auch wenn weder man selbst, noch irgendeiner der Anwesenden sie ausführen wird. So lange die Anwesenden, inklusive dem Sprecher, mindestens von der projizierten Handlung betroffen sind, kann eine Entscheidung, diese Handlung durchzuführen, von einem Sprecher derart getroffen und formuliert werden. Dieses Element des Entscheidungs-Treffens ist die wiedererkennbare Funktion, welche sich auch im anaphorischen Gebrauch dieses Social Action Formats finden lässt. Anaphorisch ist wir machen das so in deutlich mehr Variationen zu finden, was daran liegt, dass die kataphorische Verwendung immer eine direkt adjazent folgende Äußerung des Sprechers projiziert, was sie syntaktisch einschränkt. Es steht beispielsweise das so bei kataphorischen Ver- Empirische Untersuchung 253 wendungen - zumindest in den zugrunde liegenden Daten - niemals vorne, anders als bei der anaphorischen, denn die kataphorische Verwendung hat syntaktisch die Form eines Matrixsatzes, auch wenn formal kein abhängiger Nebensatz folgt. 230 Das anaphorische Format dagegen kann auf weit zurückliegende Äußerungen sowohl des Sprechers als auch anderer Gesprächsteilnehmer referieren. Auch trägt bei der kataphorischen Verwendung stets das so mindestens eine Akzentuierung, wenn nicht sogar den Fokusakzent, während bei der anaphorischen diese auch auf dem machen liegen kann, was zu einer leicht veränderten Fokussierung führt. 6.6.1.2.2 Anaphorische Verwendungen: Sequenzabschluss, Handlungsbeschluss und autoritativer Status Während kataphorische Verwendungen also einen Entschluss oder Vorschlag projizieren, haben anaphorische Verwendungen die Funktion, im weitesten Sinne Zustimmung zu signalisieren. Zugestimmt wird auch in diesen Fällen nicht der Durchführung einer Handlung direkt, sondern der Entscheidung eine übergeordnete Aufgabe auf eine bestimmte Art und Weise durchzuführen, also eine spezifische Handlungsweise gegenüber einer (oder mehreren) Alternative(n) auszuwählen. Wie bereits erwähnt, ist auch in dieser Verwendung das Element der Entscheidung zu finden: Mit dieser Form des Formats führen Sprecher einen Handlungsbeschluss durch, indem sie auf eine bestimmte, vorerwähnte Handlung verweisen und diese durch Zustimmung als die durchzuführende Art in Bezug auf die zu lösende Aufgabe proklamieren. In Folge dessen beenden sie auch jegliche Diskussion oder Aushandlungen um diese oder andere mögliche Handlungsweisen und leiten mitunter direkt die jeweilige Handlungsweise ein - sofern dies möglich ist. Es handelt sich also auch um eine themenbeendende und somit gesprächssteuernde Funktion. Ein schematisches Sequenzmuster für rückverweisendes wir machen das so sieht folgendermaßen aus: − Es wird sprachlich eine bestimmte Aufgabe bearbeitet, die entweder das globale Thema der Interaktion ist oder lokal relevant wird. Es wurden konkrete Handlungsmöglichkeiten bezüglich dieser Aufgabe verbalisiert. − Ein Sprecher äußert wir machen das so und referiert damit zurück auf einen eigenen oder den Handlungsvorschlag einer anderen Person. Mit dieser 230 Dies ist der Fall für die untersuchten Formate. Die Form mit abhängigem Nebensatz (wir machen das so, dass …) wurde in diese Betrachtung nicht mit einbezogen. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 254 Äußerung beschließt er die Durchführung des Handlungsvorschlags, auf den er verweist. (Je nach Modalität, Modifikationen und Satzart kann der Beschluss zur Debatte gestellt werden. Bspw.: wir können das ja so machen; machen wir das vielleicht so; sollen wir das jetzt so machen? ) − Bei der Betonung auf machen richtet sich der Beschluss auf die einzig genannte oder adjazente Möglichkeit. Bei der Betonung auf so wird die Durchführung einer bestimmten von mehreren explizit benannten oder im Raum stehenden Alternativen beschlossen. − Eventuell führt der Sprecher die Handlungsweise verbal noch einmal aus oder gibt eine Begründung für den Beschluss an. − Die Handlung wird von den anderen Interaktionsteilnehmern als beschlossen angesehen und wenn möglich/ akut relevant auch umgehend eingeleitet. Das Thema wird beendet und/ oder gegebenenfalls gewechselt. Eine zu bewältigende Aufgabe, auf deren konkrete Durchführung durch wir machen das so zurück- (oder vor-)verwiesen wird, muss wie erwähnt nicht zwangsläufig als Problematik erkennbar eingebracht worden sein. Dies zeigt das Beispiel aus einer Schlichtungsverhandlung, in welcher erst durch die Reaktion des Schlichters auf eine untypische Wortmeldung die Aufgabe Wortmeldungen organisieren als zur Debatte stehend gerahmt wird: (61) FOLK_E_00064_SE_01_T_05_DF_01, Segment 870 [00: 42: 13-00: 42: 52] TG = Tanja Gönner (Pro), BD = Brigitte Dahlbender (Kontra), HG = Heiner Geißler (Schlichter) 01 BD <<ohne Mikrofon, sehr leise> also ich HAbe jetzt noch aufgrund-> 02 aufgrun[d der äuße]rungen von herrn KEfer und frau äh miNISterin-=°h 03 HG [DAHLbender; ] 04 BD äh GÖNner ähm 05 jetzt folgende wOrtmeldung UNsererseits, 06 (.) und FRAgen? =°h 07 der herr KRETSCHmann; 08 der herr LIEB; 09 der herr BEHNsen; 10 der herr STOcker; 11 der herr HOLZhey- 12 [und ich selbst hab AUCH noch ne f[ r A ]ge,=°hh ähm 13 XX [((Unruhe, 7,72 Sekunden)) 14 HG [(also)] 15 BD (.) ich würde jetzt erst mal bitten dem herrn (.) KRETSCHmann,=°h 16 das WORT zu geben- 17 (0.38) Empirische Untersuchung 255 18 BD ähm damit wir d[amit ANf]angen können; 19 TG [herr GEIßler-] 20 HG [also ALle- ] 21 TG [herr GEIßler-] 22 HG (.) alle miteinANder praktisch , 23 TG aber herr geiß[ler dann WÜRde ich-] 24 HG [ wolln_ma- 25 wollen] [ma des so MAchen, 26 BD [nein das tun wir NICHT; ] 27 HG dass wir_]s mal HÖren; =°h 28 nich WAHR was äh (.) zum- 29 aber bitte äußern sie sich jetzt nIcht zum GÜterverkehr [sondern zur-=°h 30 BD [nein das tun wir NICHT; ] 31 HG zur] magisTRAle (.) nich,] 32 BD wir WOLlen- 33 (.) NUR] zur magistrAle uns [äußern,] 34 HG [ja- ] 35 BD und auch FRAgen noch st[ellen; ] 36 HG [ o]KAY ; ] 37 TG [aber herr GEIßler-] 38 HG BItte schön; 39 dann MACHT ihr das bitte - Das behandelte Thema in diesem Ausschnitt ist die Magistrale und deren Relevanz für das Stuttgart-21-Projekt. Heiner Geißler, der als Schlichter in dieser Debatte fungiert, hat kurz vor diesem Ausschnitt erklärt, was eine Magistrale überhaupt ist, und vor dieser Ausführung gab es eine längere Erklärung seitens der Ministerin Gönner, warum die Magistrale relevant ist. Frau Dahlbender hat nun das Wort und kündigt Redebeiträge von mehreren Personen und sich selbst an (Z. 05-12). Während sie die Namen der Personen vorträgt, kommt es zu Unruhen im Saal, da die anderen Schlichtungsbeteiligten anscheinend diese Liste für zu lang halten. Heiner Geißler versichert sich in Zeile 22 noch einmal, dass wirklich alle miteinANder in der Gruppe sich jetzt zum Thema äußern möchten (Z. 22). Er formuliert somit aus Frau Dahlbenders Aussage darüber, welche Wortmeldungen sie noch hat, einen konkreten Vorschlag: dass alle miteinANder praktisch den nächsten Redebeitrag vollziehen, dass also jetzt eine gesammelte Wortmeldung der Kontra-Seite folgen soll. In Zeile 25 stellt Geißler dann mit wollen ma des so MAchen, den Beschluss zur Durchführung vordergründig zur Debatte und referiert hier lokal auf die organisatorische Regelung der nächsten Wortmeldung. Diese Frage richtet sich an die Beteiligten der Schlichtung und schließt ihn selbst als Teilnehmer mit ein. Die darauf folgende Äußerung mit dem dass-Anschluss dient als Begrün- Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 256 dung für die Vorgehensweise (dass wir_s mal HÖren; Z. 27) und ist nicht die Referenz des das so machen, denn dass die Fragen und Kommentare der Antragsgegner zu hören sind, setzt voraus, dass die Gruppenwortmeldung - generell und auch auf die vorgeschlagene Weise - durchgeführt wird. Darüber hinaus stellt Geißler Bedingungen für die Durchführung des Handlungsvorschlags (Z. 29/ 31), die durch Frau Dahlbender auch sofort ratifiziert werden (Z. 30/ 32/ 33/ 35), so dass Geißler schließlich explizit den Beschluss verifiziert (okay, Z. 36) und die Durchführung einleitet (dann MACHT ihr das bitte-, Z. 39). Heiner Geißlers Frage nach einer Ratifikation des Durchführungsbeschlusses stellt sich so rückblickend als Scheinfrage heraus, denn den Beschluss, die Wortmeldung als kollektive durchzuführen, trifft er ganz alleine. 231 Auch wenn von der Gegenpartei eindeutig Einwände zu vernehmen sind - Frau Gönner versucht in den Zeilen 21, 23 und 37 die Aufmerksamkeit Geißlers zu erlangen und deutet mit aber an, dass sie eine gegenteilige Meinung zu dem Verfahren haben könnte -, macht Geißler keinerlei Anstalten, eine Gegenposition anzuhören oder weitere Vorschläge entgegenzunehmen. In der Tat werden auch keine konkreten Gegenvorschläge gemacht; der aus Frau Dahlbenders Äußerung zu den Wortmeldungen formulierte Vorschlag der Rederechtsverteilung wird als beschlossen durch die Autoritätsperson in diesem Schlichtungsprozess angesehen. Auch im weiteren Verlauf werden von der Gegenseite keine anderweitigen Vorschläge zur Rederechtsverteilung gemacht, sondern lediglich Bedingungen für die Durchführung des als beschlossen angesehenen Verfahrens formuliert. In dieser Sequenz ist besonders deutlich zu erkennen, dass die durch das wir inkorporierten Parteien allesamt unterschiedliche Bezüge zu der potenziellen Handlung haben, auf deren Möglichkeit referiert wird: Geißler selbst wäre als Autoritätsperson und als Sprecher des Formats der Verursacher, der verantwortlich dafür ist, dass es zur Durchführung kommt. Die Pro-Seite um Frau 231 Die Strategie, diesen Beschluss erst einmal durch die Formulierung als Frage zur Debatte zu stellen, hat eine bestimmte Auswirkung auf den Verlauf der Schlichtungsverhandlung, da Geißler so einen Anschein von Demokratie herstellt, der aber faktisch gar nicht gegeben ist, denn wie erkennbar steht die Entscheidung über das Verfahren nicht wirklich zur Debatte. Dadurch, dass er aber nicht sofort sagt dann machen wir das so lässt er den Schlichtungsteilnehmern - besonders der Gegenpartei - Raum für Einwände. Auch wenn in diesem Falle nicht wirklich Einwände kommen, so bleibt dennoch Gelegenheit und Möglichkeit für die Gegenseite zumindest Bedingungen zu formulieren und diese gestattet zu bekommen. Die Strategie, hier wir machen das so zur Formulierung der rhetorischen Frage an die beiden Parteien zu verwenden, zeigt auch, dass Geißler sich für diese Handlungsmöglichkeit einsetzt und diese kollektive Wortmeldung nicht in Frage stellt. Eine Frage wie wollen sie das so machen stellt Zweifel an der Angemessenheit dieses Verfahrens zur Schau, die Geißler offensichtlich nicht hat. Durch das wir macht er sich zum Mitvertreter dieses Vorschlags und ratifiziert ihn schon unterschwellig. Empirische Untersuchung 257 Dahlbender wäre die durchführende Partei, während die Kontra-Seite um Frau Gönner die Betroffenen von dieser Entscheidung wären, da sie als Mitglied der Gegenpartei unter Umständen sehr lange warten müsste, bis sie zu Wort käme. Hier zeigt sich wieder, dass nicht nur die eigentlich Agierenden und Verursachenden der Handlung durch das wir angesprochen werden, sondern auch diejenigen, die nur betroffen von dem Beschluss sind (wie hier die Mitglieder der Kontra-Seite) und dass die Ebene nicht die der Handlung selbst ist, sondern die Ebene der Entscheidung über die Handlung. In dem bereits gezeigten Beispiel aus dem Arztgespräch, welches im Folgenden noch einmal ausführlicher analysiert wird, wird in dem rückverweisenden Format das so betont und nicht machen wie in Beispiel (61). Dies deutet darauf hin, dass der Sprecher neben der Handlungsmöglichkeit, auf die er referiert, auch eine (oder mehrere) Alternative(n) aktiviert hat und durch den Beschluss (oder je nach Modifikation des Formats, durch den generellen Verweis) explizit diese Möglichkeit meint und die anderen ausschließt. In folgendem Ausschnitt macht der Patient einen Vorschlag zum weiteren Vorgang (Z. 57-72) und der Arzt stimmt diesem Vorschlag zu (Z. 77). Hier sind - wie bereits erwähnt - beide Instanzen der Verwendung durch können modalisiert, es wird also die Möglichkeit eines Handlungsbeschlusses diskutiert und nicht eine Handlungsmöglichkeit beschlossen: (62) Diskurs: 1405.01 Transkript: raetselh-krankh (Arztgespräch) [00: 00-01: 37] R1 = Patient, R2 = Frau des Patienten, BR = Arzt, KO = Sprechstundenhilfe 01 BR ähm (0.72) ja ich mein wir KÖNnten_s ja auch sO machen dass dass wir dirEkt versuchen ein_n terMIN festzulegen ; = 02 =weil es (0.45) sonst möglicherweise SCHWIErigkeiten gibt; 03 (0.81) 04 soll_n wer DAS- 05 KO also; 06 (s_) sollte noch_n [(.) b]eRAtungsgespräch - 07 BR [ ja ] 08 BR [dann MACH_n wa noch ] 09 KO [((unverständlich)) ] 10 (2.61) 11 BR sonst SCHIEBT sich_s- 12 (.) kann_s sein dass sich_s sehr weit hiNAUS schie[bt; ] 13 R1 [ja des] kann sich dann RUHig- 14 des kann sich rUhig bis in_n herbst RAUSschieben; ... 40 Sekunden ausgelassen, in denen es um Terminfragen geht ... 48 R1 °h Ende fängt_s bei mir in der FIRma dann An, 49 BR ((unverständlich)) 50 R1 da bin ich dann alLEIne; Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 258 51 (da) fängt die URlaubszeit an, 52 (0.36) 53 BR ja; 54 R1 dann die EIgene, 55 s wär dann erst weder im auGUST, 56 R2 hm 57 R1 °h aber könn ma_s nicht SO machen ; 58 äh sie wollen des zuSAMmen fassen ; 59 (0.27) 60 BR j[a; ] 61 R1 [ viellei]cht mit äh mit emPFEHlung ; 62 (0.36) 63 R1 dann kann ich mich an profess profEssor oder priVATdozent ; 64 WAS_is es; 65 KORten ; 66 (0.47) 67 R1 die gAnze geschichte AUCH nochmal durchgehn ; 68 BR ja, 69 (0.83) 70 R1 und (0.36) DANN nochmal Über ihn - 71 n_teu neuen terMIN ; 72 WENN wir nochmal fragen da ; 73 (0.36) 74 BR ja, 75 (1.26) 76 BR ja das- 77 wir können_s auch SO machen ; 78 (1.35) Diese bereits teilweise besprochene Sequenz zeigt also den Vorschlag des Patienten zur Terminfindung. In Zeile 77 stimmt der Arzt diesem Vorschlag zu, modalisiert seine Zustimmung jedoch durch können, weswegen diese Variation des wir machen das so-SAFs keinen Beschluss beschreibt, sondern die Möglichkeit eines Beschlusses. Dies ist für diese Veranschaulichung aber nebensächlich, da ich hier auf die Akzentuierung fokussieren möchte: Der Arzt stimmt hier vornehmlich der alternativen Vorgehensweise zu und nicht nur der Durchführung generell. In Zeile 01 macht der Arzt selbst einen Vorschlag zum weiteren Vorgehen bei der Terminfindung und möchte gleich einen Folgetermin vereinbaren, was aber auf Probleme stößt, da der Patient nicht ganz sicher ist, wie er die bereits geplanten Termine und seine Arbeits- und Urlaubszeit vereinbaren soll. Dies führt er ausführlich in den ausgelassenen Zeilen an. Weil er noch nicht absehen kann, wie er zeitlich einen Termin bei diesem Arzt einplanen kann, macht er ab Zeile 57 einen elaborierten Gegenvorschlag, der darauf hinaus läuft, dass der Termin von einem anderen Arzt vereinbart wird, wenn der Patient bei diesem zur Besprechung gewesen ist. Da diese Entscheidung auch den Empirische Untersuchung 259 anwesenden Arzt betrifft - wahrscheinlich auch als direkte Antwort auf die dem Vorschlag vorangegangene Frage des Patienten könn ma_s net SO machen; - stimmt der Arzt diesem Vorschlag in Zeile 77 mit einer Variation von wir machen das so zu und legt dabei den Fokusakzent auf das so. Die Betonung auf dem so setzt den Fokus auf die Beantwortung der Frage Wie machen wir es? , der Sprecher drückt also vordergründig aus, dass er die vorgeschlagene Möglichkeit einer alternativen vorzieht und nicht so sehr den eigentlichen Beschluss des Handelns auf die vorgeschlagene Weise. Bei Fällen mit betontem machen steht nur eine Handlungsweise wirklich im Raum und das ist dann diejenige, auf die sich bezogen und die mit dem SAF als durchzuführen beschlossen wird. Das letzte Beispiel für dieses Social Action Format zeigt, dass die Verwendung nicht immer eindeutig vor- oder rückverweisend ist, sondern durchaus auch ambig auftritt. Im folgenden Ausschnitt aus dem Meeting in einer sozialen Einrichtung wird die Möglichkeit besprochen, dass eines der Kinder eine ganz bestimmte Torte (eine Raffaello-Torte) zu seinem Geburtstag selbst herstellt: (63) FOLK_E_00022_SE_01_T_02_DF_01, Segment 1279 [00: 55: 40-00: 56: 42] 01 AW hab also WIE s- 02 also MORgen feiern wir dann jakobs gebUr[tstag; ] 03 BS [ja; ] 04 (.) wann [KOMMT der jakob denn mor]gen? 05 SZ [((atmet ca. 1.26 Sek. aus)) ] 06 (0.46) 07 SZ [((lacht)) ] 08 BS [ACH so der-] 09 HM mit MI[R, ] 10 BS [ja; ]=°h 11 ach so wegem KUchen - 12 (0.54) 13 BS ähm 14 (0.53) 15 BS wolltest du des jetzt MAchen ? 16 (0.44) 17 BS die raffaELlotorte, 18 (1.16) 19 SZ ach SO; 20 (0.23) 21 BS oder machen mer was ANderes, 22 (0.93) 23 HM geh zum bÄcker un KAAF ennen; =h° 24 SZ ((schmatzt)) ER wollt des doch mAchen; 25 er hat sich [des +++ +++ +++ ] 26 BS [ja wenn er s[pät v][on der SCHUle kommt, Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 260 27 AW [nee a][ber des GEHT net; 28 BS GEHT_S halt ][net; ] 29 AW des rEIcht ja ][hinten] [und VORne net; ] 28 SZ [ja- ] 29 [dann WIRD_S hal]t- 30 BS [ich MEIN -] 31 (0.46) 32 BS wann [soll man des MAchen; ] 33 SZ [müssen die andern so lang] was SPIElen bis er- 34 (0.88) 35 HM ach obWOHL, 36 äh isch der jakob bis um viere in de kich beS[CHÄFtigt, 37 SZ [((lacht 1,7 Sek)) 38 HM mit [seinem KU]che, 39 AW [((lacht)) ] 40 HM da [nervt er net [RUM, ((lacht]))] 41 BS [((lacht)) ] 42 SZ [ge äh geNAU; ] 43 AW °h [SEHR sch][ön]; 44 SZ [°h ] 45 BS [ja] aber die [torte muss ja auch KÜHlen] un so; =also- 46 HM [des mescht er a GERN, ] 47 BS weil d [d die TORte is_n b]isschen Un (.) p passend dafür; 48 AW [das wird zu KNAPP; ] 49 (0.32) 50 BS WENN man ma schnell was mAchen will; 51 (0.21) 52 BS also- 53 SZ ja es sEI denn man kauft halt den BOden ; 54 (1.12) 55 SZ sonscht musch ja nur zAmme rühren dr[AUf FERtich ; ] 56 BS [ja den bOden der n]och DA is den können wir auch noch verwEnden am Freitag; 57 hat die MAma gsagt; 58 das würd noch GEHen; 59 (0.22) 60 BS [wenn nEt bring_sch auch] gern n NEUen mit; =also; 61 SZ [Sicher- ] 62 BS (.) so is es NICH; 63 (0.21) 64 SZ ja Also? 65 (0.86) 66 SZ dann MAchen ma des so- 67 dann ma rÜhr ich nach_m mittagessen mit_m jakob d die MAsse an ; 68 un dann HAT er des; =[oder , ] 69 BS [ah ja o]KAY, 70 (0.25) Empirische Untersuchung 261 71 HM ah JA; 72 (0.73) 73 BS dann KUCK isch heut ma was wir morgen dann noch EInkaufen gehen müssen, 74 (0.98) 75 AW habt ihr schon des geSCHENK? 76 (0.51) 77 BS hm, (.) In diesem Planungsgespräch wird das aktuell zu besprechende Thema explizit als solches eingeführt (ach so wegem KUchen, Z. 11): Es geht um die Organisation eines Geburtstagskuchens für eines der Kinder aus der Einrichtung. Dabei stehen sich die beiden Optionen einen fertigen Kuchen kaufen und den Jungen seinen Wunschkuchen selbst machen lassen gegenüber und werden diskutiert. Sandra (SZ) liefert ab Zeile 53 die überzeugenden Argumente für die Option, den Jungen seinen Kuchen selbst machen zu lassen, was auch seinem eigenen Wunsch entspricht, und wird dabei von ihrer Kollegin Britta (BS) unterstützt (Z. 56-62). Sandra (SZ) verwendet in Zeile 66 dann MAchen ma des so- und fasst damit zum einen rückverweisend ihre eigenen und Brittas Handlungsvorschläge zusammen; zum anderen führt sie ihren Turn ohne Pause - also ohne Möglichkeit der Zustimmung oder einer anderweitigen Äußerung ihrer Kollegen - fort und beschreibt in den folgenden Turns das weitere Vorgehen bezüglich der Geburtstagstorte. Die parallele Struktur des Folgeturns zu wir machen das so deutet eine Reformulierung dieser eigenen Äußerung an, in welcher sie explizit beschreibt, was das so machen beinhaltet. Sie nutzt also beide Funktionen des Formats hier aus: Sie äußert einen Beschluss bezüglich der Handlungsoption, auf die sie zurückverweist, und formuliert gleichzeitig weitere, diese Handlungsoption betreffenden Vorgänge aus, welche teilweise in der vorherigen Diskussion schon aufgekommen ist (Z. 55). Sie hat damit ihre Position als Verantwortliche für den Kuchen (wolltest du des jetzt MAchen? Z. 15) gefestigt und eine Entscheidung getroffen, die alle Anwesenden mit beeinflusst sowie außerdem eine Zusammenfassung dieses Handlungsbeschlusses formuliert. Da beide Verwendungsweisen des Formats nicht dieselbe Funktion haben, ist diese Verwendung also pragmatisch ambig. Sie kann sowohl als themenbeendigend und beschließend als auch als einen Handlungsvorschlag projizierend angesehen werden. Britta behandelt Sandras Äußerung als Beschluss und deklariert die Durchführung der darauf aufbauenden Handlung, den Einkauf für die Torte zu erledigen (Z. 73), und formuliert diese als konkrete Selbstverpflichtung, nicht als Möglichkeit. Das Thema Geburtstagstorte organisieren ist damit abgeschlossen und es wird zu einem neuen Thema übergeleitet: das Geburtstagsgeschenk für den Jungen (Z. 75). Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 262 6.6.1.2.3 Zusammenfassung zu wir machen das so Das Format wir machen das so zeigt trotz der unterschiedlichen Funktionen bei kataphorischem und anaphorischem Gebrauch auch funktionale Gemeinsamkeiten, die in allen Verwendungen herausgearbeitet werden konnten. Zunächst ist die Handlung oder der Vorgang, auf den verwiesen wird, als spezifische Weise, wie eine übergeordnete Handlung oder Aufgabe zu bearbeiten ist, interpretierbar. Des Weiteren wird durch das inklusive wir nicht auf das Agens der verwiesenen Handlung referiert, sondern es werden diejenigen Personen mit einbezogen, die durch diese Handlung mindestens betroffen wären. Ihnen wird so eine gewisse Art der Verantwortlichkeit für den Beschluss über diese Handlungsmöglichkeit durch den Sprecher zugeschrieben. Der Sprecher schreibt sich selbst dabei die Rolle der autoritativen Instanz zu, die über Handlungsmöglichkeiten bestimmen und diese - auch im Namen anderer - beschließen kann. Oftmals ist diese Autorität durch den situativen Kontext sanktioniert, wenn der Sprecher zum Beispiel als institutionell festgelegte Autoritätsperson auftritt (wie der Schlichter in einem Schlichtungsgespräch). In anderen Fällen wird das SAF genutzt, um die Autorität über ein Thema oder einen Vorgang zu beanspruchen, indem sich der Sprecher als autoritäre Instanz inszeniert. Die Handlung, auf die verwiesen wird, erhält so einen deontischen Charakter, denn sie beschreibt die Art und Weise, wie etwas gemacht werden soll, und nicht nur die Beschaffenheit einer Handlung generell. Die Unterschiede der Funktionen des Formats kommen vor allem beim Vergleich von kataphorischen und anaphorischen Verwendungen zutage: Die kataphorischen, also prospektiven Verwendungen projizieren stets eine Äußerung desselben Sprechers, die einen Vorschlag im weitesten Sinne darstellt. Dieser Vorschlag kann je nach Modalisierung des wir machen das so-Teils und auch je nach Inhalt der projizierten Äußerung wirklich als vorgeschlagene Handlungsmöglichkeit gemeint sein oder einen vertragsähnlichen Charakter haben, also eine für alle Angesprochenen geltende Regelung beschreiben, die der Sprecher als Autoritätsperson beschließen zu können meint. Vorschläge, die durch wir machen das so eingeleitet werden, werden also nicht als unverbindliche Möglichkeiten, die zur Debatte stehen, wahrgenommen, sondern als verbindliche Vorschläge. Sie verlangen und bekommen häufig eine sofortige Ratifikation. Die Projektion gibt außerdem die Möglichkeit, einen längeren Redebeitrag zu produzieren, welcher nicht nur den Vorschlag selbst enthält, sondern auch Prämissen und Konditionen zu den Vorschlägen beinhaltet, und rahmt den gesamten Beitrag als thematisch kohärente Einheit. Anaphorisch, also retrospektiv, können Sprecher sowohl auf ihre eigenen als auch die Äußerungen anderer referieren und diese so als Vorschläge zur Handlungsmöglichkeit rahmen. Durch das SAF wird eine Zustimmung for- Empirische Untersuchung 263 muliert, die aber - ähnlich der prospektiven Verwendung - einen autoritativen Charakter hat und daher eher einem Beschluss ähnelt. Beschlossen wird somit die Bearbeitung einer generelleren Handlung oder Aufgabe auf die spezifische Handlungsweise, auf die durch das so machen zurückverwiesen wird. Durch unterschiedliche Betonungen kann der Fokus entweder darauf gelegt werden, dass hier eine Alternative im Gegensatz zu möglichen anderen beschlossen wird (durch die Betonung auf so) oder es kann der Beschluss der Handlung selbst betont werden, was zumeist der Fall ist, wenn keine weiteren Alternativen im Raum stehen oder beim Sprecher präsent sind. Die Durchführung einer so beschlossenen Handlung wird teilweise - wenn dies möglich ist und/ oder die beschlossene Handlung akut relevant ist - umgehend eingeleitet. Die übergeordnete Handlung oder zu bearbeitende Aufgabe, die durch das Vorhandensein von so suggeriert wird, ist in institutionellen Gesprächen oder solchen, die eine offizielle Ausrichtung haben, oft leichter zu interpretieren und genau zu bestimmen als in Alltags- oder Privatgesprächen, da diese Aufgabe oft mit dem Thema oder Grund der Interaktion zusammen hängt. So zumindest verhält es sich in den Fällen, die dieser Analyse zugrunde liegen. In Schlichtungsgesprächen war dies immer der Schlichtungsvorgang generell (Wie kommen wir zu einer Einigung? ) oder Regeln, die den Schlichtungsvorgang betreffen (Wie soll man sich bei einer Schlichtung verhalten? ), bei Arztgesprächen war es die weiterführende Behandlung oder die Terminfindung, bei Prüfungsgesprächen der Vorgang der Prüfhandlung (Wie ist die Reihenfolge der Themen? ). In Gesprächen mit vielen wechselnden Aufgaben oder Themen, wie den Berufsschulstunden, dem Meeting der sozialen Einrichtung oder Alltagsgesprächen unter Freunden und Paaren, wurden die übergeordneten Themen entweder explizit eingeführt (wie die Organisation des Geburtstagskuchens in Beispiel (63)) oder waren situativ relevant. 232 6.6.2 Entzerren von Inhalten 6.6.2.1 Generelle Verfahren zur Entzerrung von Inhalten Es gibt in der gesprochenen Sprache die Tendenz, Informationen Stück für Stück einzuführen und über mehrere (syntaktische oder prosodische) Einheiten verteilt auszudrücken (Chafe 1994; auch Proske 2013), da der Mensch in 232 Die Verwendung war in den Daten durchaus auch in Alltagsgesprächen zu finden und auch die aufgeführten Funktionen wurden damit ausgeführt. Alltagsgespräche sind unter den hier zur Veranschaulichung angeführten Beispielen nicht vertreten, weil die Beispiele aus den institutionellen Gesprächen die jeweiligen Funktionen deutlicher veranschaulichen und sich in den anderen Beispielen keine neuen, aufschlussreichen Aspekte herausarbeiten lassen. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 264 seinem Arbeitsgedächtnis nur begrenzt Informationen zu einem gegebenen Zeitpunkt aufnehmen kann (Chafe 1994, S. 53), und auch, weil gesprochene Sprache flüchtig ist und einmal Gesagtes keine dauerhafte wahrnehmbare Manifestation hat (Auer 2000, S. 44). Sprachliche Verfahren dieser Tendenz zeigen sich unter anderem als Pseudocleftkonstruktionen (Günthner 2006), die verschiedenen Arten von Expansionen wie Links- und Rechtsversetzung (Schwitalla 1997, S. 76 (Linksherausstellung), S. 80 (Rechtsherausstellung)), Nachtrag oder Extraposition (Auer 1991) oder auch Relativsätzen (für das gesprochene Deutsch z.B. Birkner 2008). Auch machen wird in solchen Verfahren eingesetzt und kann zum Beispiel in Form der das machen-Fügung (siehe Abschn. 6.6.1.1) durch seine semantische Leere dazu beitragen, einen hohen Informationsgehalt auf mehrere Intonationsphrasen zu verteilen. Äußerungen mit das machen können so semantisch volle, spezifische Handlungsverben aufgreifen und weitere Modifikationen, die auf diese bezogen sind, in adjazenten Intonationsphrasen auf sie beziehen. So werden den Handlungen weitere Merkmale oder Charakteristiken zugeschrieben, bspw. durch Partikeln, Adverbiale, Tempus oder Modalverben (vgl. Proske 2013, S. 252f.). Dies kann zusätzlich funktional unterschiedliche Zwecke erfüllen, wie zum Beispiel das Platzieren der erwähnten Handlung in Zeit und/ oder Raum oder auch der Unterfütterung eines Arguments oder der Initiierung eines Themenwechsels. Im Folgenden werden einige unterschiedliche Beispiele für die Entzerrung von Informationen mit Hilfe von machen kurz aufgezeigt und dann exemplarisch eine formal determinierte Strategie genauer betrachtet: Objektrelativsätze mit machen. Diese haben nicht allein die Funktion, Inhalte von Äußerungen zu entzerren, sondern sie haben je nach Gesprächskontext und auch syntaktischer Platzierung eine Vielzahl unterschiedlicher weiterer Funktionen. Sie kommen allerdings auch am häufigsten mit semantisch sehr leeren Verben vor (sein, machen, haben), so dass die Verteilung der Information zumindest als eine Nebenfunktion angenommen werden kann (vgl. Chafe 1994, S. 111ff., er bezeichnet derartige Verben als low-content verbs). Die Aufteilung von Informationen passiert in den Daten häufig im Rahmen anderer Funktionen, ist also kein reiner Selbstzweck. Diese Strategie kommt nicht nur Rezipienten bei der Verarbeitung von Redebeiträgen zugute, sondern auch Sprechern bei der Planung derselben (Auer 2000, S. 45f.). Durch die Verteilung der relevanten Informationen auf mehrere Intonationsphrasen können Sprecher auch mehrere Punkte einer Argumentation in den Fokus ihrer Aussage setzen, da sie jene wichtigen Punkte in den jeweiligen Intonationsphrasen einzeln betonen und so fokussieren können, wie bei diesem Expertenvorschlag bei der Stuttgart-21-Schlichtung. Im folgenden Bei- Empirische Untersuchung 265 spiel formuliert der Sprecher eine Pseudokoordination (oder auch Hendiadys (Hopper 2002)): 233 (64) FOLK_E_00064_SE_01_T_08_DF_01, Segment 577 [01: 08: 17-01: 08: 33] 01 GH °h und WIR sagen; =°hh 02 im interesse einer effiziEnten strategIE zum BAHNausbau; 03 (.) müssen wir das mAchen wie die SCHWEIzer; 04 und flächendeckend AUSbauen, 06 weil wir uns um die Achtzig prozent des PE ka we verkehrs; 07 (.) als konkurRENZ kümmern müssen, 08 und der ist FLÄchen- 09 (.) und der ist FLÄchendeckend; Gerd Hickmann (GH) bringt hier einen Vorschlag zum Bahnausbau an, indem er die Schweizer als Vorbild für effizienten Bahnausbau nennt. Er rahmt die Vorgehensweise der Schweizer (wie die SCHWEIzer, Z. 03) als notwendige Handlung (müssen) im Rahmen einer effiziEnten strategIE (Z. 02). Der Ausdruck, der die spezifische Handlungsweise beschreibt (flächendeckend AUSbauen, Z. 04), wird nicht wie eine nachträgliche Spezifizierung einer vagen Ausdrucksweise präsentiert, sondern steht mit der machen-Äußerung in Zeile 03 in (Pseudo-)Koordination, sagt also aus, was genau getan werden muss, damit die Angesprochenen (der Sprecher schließt sich hier durch das wir mit ein als Teil des Schlichtungsprozesses) wie die SCHWEIzer handeln. Der Sprecher verteilt nicht nur die Informationen seiner Äußerung bzw. den Inhalt seines Vorschlags auf zwei Intonationsphrasen und kann so die jeweils wichtigen Aspekte mit einem Fokusakzent betonen (SCHWEIzer, Z. 03; AUSbauen, Z. 04). Die Schweizer werden auch als neuer Referent in Form einer Konjunktionalphrase eingeführt, in der Hickmann sie als Vorbild für effizienten Streckenausbau benennt. Dadurch, dass das machen die Handlungsweise der Schweizer nicht genau bezeichnet und zur Referentensuche auffordert, welche nicht im vorangegangenen Diskurs zu finden ist, lässt sich interpretieren, dass die Koordination durch und in diesem Falle nicht bedeutet, dass zusätzlich zur Handlungsweise der Schweizer flächendeckend ausgebaut werden sollte, sondern dass dies die Handlungsweise der Schweizer ausmacht, dass hier also eine Hendiadys verwendet wird und beide Konjunkte auf denselben Sachverhalt verweisen. Durch die Nennung eines konkreten Landes, in welchem die vom Sprecher vorgeschlagene Strategie funktioniert, verleiht er seinem Argument außerdem mehr Gewicht. Die doppelte Fokus- 233 Hendiadys bezeichnet in der Rhetorik ein Verfahren, in dem zwei verschiedene, koordinierte (Satz-)Komponenten eine semantisch zusammengehörige Proposition ausdrücken (Hopper 2002, S. 146). Im Englischen sind hierbei zum Beispiel Ausdrücke wie try and VP (You should try and finish the paper) oder go and VP (And then I went and ruined everything) sehr gebräuchlich und werden in englischen Grammatiken als Pseudokoordinationen bezeichnet (ebd., S. 148). Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 266 sierung hat so eine argumentationsstützende Funktion, zusätzlich dazu, die Informationen nicht geballt in einem Teilsatz unterzubringen, obwohl dies strukturell möglich wäre (wir müssen wie die Schweizer flächendeckend ausbauen oder wir müssen flächendeckend ausbauen wie die Schweizer). Ein funktionaler Aspekt der Verteilung von Informationen auf unterschiedliche Teilsätze und/ oder Intonationsphrasen, ist also die Fokussierung von bestimmten Aspekten einer Proposition. Dies kann syntaktisch etwa auch durch Pseudocleftkonstruktionen geschehen: (65) FOLK_E_00039_SE_01_T_02_DF_01, Segment 484 [00: 33: 12-00: 33: 19] 01 EL außer wat wa m (.) nochma MAchen müssen; 02 vielleicht_ n (.) ZEItungsartikel oder so; 03 (0.2) 04 NO hm_hm, 05 (0.83) 06 EL einfach nur WERbunk; Die Sprecherin Elena (EL) verwendet hier eine Pseudocleftkonstruktion (Günthner 2006), die fast der kanonischen Form entspricht (ebd., S. 63f.), nur dass sie das Kopulaverb ausspart. Dies wäre in die obige Äußerung einsetzbar, ohne dass die Proposition verändert werden würde (Was wir nochmal machen müssen, ist vielleicht ein Zeitungsartikel, oder so). Der W-Teilsatz enthält das Verb machen, welches eine Spezifizierung der Handlung auf syntaktischer und semantischer Ebene in Form einer NP sehr wahrscheinlich und erwartbar macht. Hier wird die Erwartung dessen, was Elena als notwendige Handlung in Bezug auf das aktuelle Gesprächsthema (Elenas anstrengende Woche und dass das Geschäft gerade gut läuft) ansieht, durch eine NP erfüllt (ZEItungsartikel, Z. 02). Es wird außerdem ein Themenwechsel initiiert, von der Bewertung Elenas guter momentaner Geschäftslage zu dem, was für die Kundenanwerbung noch getan werden könnte bzw. sollte. 234 Elenas Äußerung in Zeile 01 folgt auf ihre eigene Feststellung hin, dass ihr Geschäft als selbstständige Frisörin mittlerweile ein „Selbstläufer“ ist, was sich auch darin ausdrückt, dass sie seit längerem keine Flyer (um für sich zu werben) mehr verteilt hat. In Zeile 01 formuliert sie nun eine Einschränkung, welche sich auf die implizierte Aussage, dass momentan keine Werbung für ihre Dienstleistung nötig ist, bezieht: Trotz des guten Geschäfts momentan wäre eine Werbeanzeige in der Zeitung vielleicht notwendig, um neue Kunden anzulocken. Hier wird der Fokus darauf gelegt, dass etwas Bestimmtes getan werden muss, was die Sprecherin 234 Die nach dem gezeigten Ausschnitt folgende Interaktion beschäftigt sich mit dem Erfolg von Zeitungsanzeigen bei der Kundenanwerbung am Beispiel einer anderen Frisörin und behandelt dann eine wünschenswerte Geschäftspartnerin für Elena. Empirische Untersuchung 267 durch ZEItungsartikel (Z. 02) benennt, womit sie ausdrücken möchte, dass sie Werbung für ihre Frisördienste in der Zeitung schalten will (Z. 06). Sie entzerrt die Informationen, um auf den Zeitungsartikel, den sie als notwendig rahmt (durch müssen), besonders zu fokussieren. Diese Proposition hätte auch in einer einzigen Satzstruktur ausgedrückt werden können (Wir müssen vielleicht nochmal nen Zeitungsartikel machen, oder so), dann wäre jedoch die doppelte Fokussierung, sowohl auf Elenas Auffassung, dass etwas getan werden muss, als auch darauf, was diese Handlung beinhaltet, nicht möglich gewesen. Weitere entzerrende Verfahren, in denen machen im Korpus verwendet wird, sind bspw. Rechtsversetzung (obwohl des machen se eher in de GRUNDschul; n runder TISCH mache also-=°hh 235 vs. Die machen eher in der Grundschule einen runden Tisch), Nachtrag (würdet ihr das geNAUso machen hier; (.) mit dem Oben sprühn; 236 vs. Würdet ihr genauso/ auch oben sprühen? ) und Relativsätze. Letzere werden im folgenden Abschnitt eingehender betrachtet und beschrieben. 6.6.2.2 Exemplarisch: Objektrelativsätze Relativsatzkonstruktionen wurden für das gesprochene Deutsch von Birkner (2008) unter anderem bezüglich semantischer und pragmatischer Aspekte genauer betrachtet. Sie zeigt die Funktionen auf, die unterschiedliche 237 Relativsätze im gesprochenen Deutsch aufweisen. Zu diesen Funktionen gehört zum Beispiel, dass durch Relativsätze die Bezugsreferenten - dies können auch Sachverhalte sein, wenn sich das Relativpronomen zum Beispiel auf eine Komplex-Anapher bezieht, welche auf einen vorerwähnten Sachverhalt referiert - identifiziert, charakterisiert oder im Diskurs verankert werden. 238 Rela- 235 FOLK_E_00026_SE_01_T_02_DF_01, Segment 1007 [01: 16: 35-01: 16: 38 ]. Dieser Ausschnitt stammt aus dem Meeting in einer sozialen Einrichtung. 236 FOLK_E_00005_SE_01_T_01_DF_01, Segment 772 [00: 18: 16-00: 18: 19]. Dieser Ausschnitt stammt aus einer Berufsschulinteraktion. 237 Diese sind unterschiedlich zum Beispiel in ihrer syntaktischen Einbettung und den Verhältnissen der grammatischen Bezüge von Bezugsnomen und Relativpronomen (Relativjunktor bei Birkner), bspw. ob das Relativpronomen Subjekt oder Objekt des Relativsatzes ist und ob es sich auf das Subjekt oder (Präpositional-)Objekt des Bezugssatzes bezieht. Auf diese Unterschiede soll in der vorliegenden Arbeit nicht weiter eingegangen werden, da sie nicht relevant sind für die Aussagen über die pragmatischen Leistungen von machen, die hier getroffen werden sollen. 238 Darüber hinaus beschreibt Birkner (2008) in ihrer Arbeit noch spezifischere Funktionen einzelner konkreterer Relativsatzkonstruktionen, wie zum Beispiel die Funktion der Selbst- und Fremdpositionierung der Mensch-Konstruktion (ebd., S. 411f.) und die Funktion der Themenorganisation der das-ist-das-was-Konstruktion (ebd., S. 436f.). Diese wurden exemplarisch genauer analysiert, es ist aber sehr wahrscheinlich, dass es weitere, ähnlich spezifische Konstruktionen mit Relativsätzen gibt. Anzumerken ist hier, dass sich diese Konstruktionen bei Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 268 tivsätze erfüllen also diskurspragmatisch unterschiedliche Funktionen, welche sich mehr durch die Art des Relativsatzes unterscheiden, 239 als durch die Art des Verbs, welches darin verwendet wird (hierzu Birkner 2008, S. 58ff., sie bezieht sich dabei auf Fox 1987 und Fox/ Thompson 1990, die Relativsätze im Englischen untersucht haben). 240 Allgemein dienen sie laut Fox (1987) dazu, den in einer Äußerung eingeführten Referenten in die vorhandene Konversation einzubetten und so gewissermaßen seine Erwähnung zu rechtfertigen (ebd., S. 861). Die Untersuchungen von Fox/ Thompson (1990) fokussieren hauptsächlich auf die Organisation von Informationsfluss (ebd., S. 309), welcher durch die Verwendung unterschiedlicher grammatischer Ressourcen bewerkstelligt wird (ebd.). Der Zusammenhang mit der Funktion der Entzerrung von Inhalten sowie den in Abschnitt 6.6.1.1 besprochenen das machen-Fällen entsteht durch die Pronomenverwendung der Objektrelativsätze. Derart bezeichne ich mit Birkner (2008) solche Relativkonstruktionen, deren Relativpronomen das Objekt des Relativsatzes ausmacht, unabhängig davon, welches Satzglied das Bezugsnomen darstellt. Wie auch die Komplex-Anapher das enthält das Relativpronomen zum einen eine Suchanweisung und rahmt zum anderen den Objektreferenten als den Gesprächsteilnehmern bekannt; der Rezipient soll den Referenten aus dem gemeinsamen Wissen (oder aus dem vorerwähnten Topik) identifizieren und „Relativsätze liefern als postnominale Attribute die identifizierenden Hinweise nach“ (Birkner 2008, S. 462) oder geben weitere Informationen über Charakteristiken und/ oder Merkmale zu den vorerwähnten Referenten oder Sachverhalten. Die oben genannten Funktionen des Iden- Birkner auf die Form der Matrixsätze beziehen und hier die Verwendung von machen im Relativsatz im Fokus steht. 239 Mit der Art des Relativsatzes ist bspw. der Bezug des Relativsatzes gemeint. So stellt Fox (1987) zum Beispiel fest, dass Subjektrelativsätze eher beschreibend und charakterisierend sind (und nicht identifizierend) oder Kohäsion herstellen (zusammengefasst in Birkner 2008, S. 59), während Objektrelativsätze eher eine verankernde Funktion haben (ebd.). 240 Eine weitere relevante Untersuchung, aber mit anderem Fokus, kommt von Weinert (2012). Sie beschreibt die diskurspragmatischen Funktionen von „postmodifying verb-second clauses“ im Gegensatz zu Relativsätzen (Es gibt Dozenten, die teilen immer noch sicherheitshalber einen aus vs. Ich wollt jetzt erstmal so nen Studiengang machen, der nicht so lang dauert. Beispiele abgewandelt aus Weinert 2012, S. 236f.). Ihr zufolge werden postmodifizierende Verbzweitsätze dazu verwendet, Eigenschaften der modifizierten Entitäten als besonders hervorzuheben, während Relativsätze eher Beschreibungen liefern, die als neutral angesehen werden können (ebd., S. 247ff.). Diese Tendenz ist ihr zufolge so stark, dass postmodifizierende Verbzweitsätze beim Darstellen neutraler Tatsachen - anders als Relativsätze - eher „unglücklich“ wirken („They do not appear to be felicitous in neutral contexts.“ (ebd., S. 256)). Postmodifizierende Verbzweitsätze können darüber hinaus auch zur Themenentwicklung beitragen, da sie neue Informationen über eine bestimmte Entität beinhalten und damit andeuten, dass diese Entität nun näher erläutert wird (ebd., S. 254f.). Empirische Untersuchung 269 tifizierens, Charakterisierens und Verankerns treten nicht unabhängig voneinander und einzeln auf; durch das Verankern eines Referenten an einem (anwesenden oder allgemein bekannten) Referenten, wird dieser auch identifiziert und/ oder charakterisiert. Diese beiden Hauptfunktionen (laut Fox/ Thompson 1990, S. 301f.) sind im wirklichen Gebrauch - dies stellt Birkner für haben-Relativsätze fest (2008, S. 446) - nicht immer eindeutig zu unterscheiden, da eine Charakterisierung eines bestimmten Referenten auch bei der Identifikation desselben helfen kann. Relativsätze mit semantisch leeren Verben stellen zusätzlich zu den oben dargelegten Funktionen auch ein Mittel zur Entzerrung von Inhalten dar, indem sie die zu vermittelnden Informationen auf mehrere Teilsätze/ Intonationsphrasen verteilen können und sie so leichter verarbeitbar machen. Relativsätze mit machen unterscheiden sich in ihrer Funktion nicht maßgeblich von Relativsätzen mit anderen Verben, jedoch ist machen zusammen mit sein und haben eines der Verben, die am häufigsten in Relativsätzen vorkommen (in Birkners Untersuchung (2008, S. 439) befindet sich machen auf Platz 2 hinter sein. haben steht auf Platz 4 und auf Platz 3 Verba Dicendi). 241 Diese Verben haben gemeinsam, dass sie semantisch sehr unspezifisch sind und in Äußerungen generell sowie auch in Relativsätzen außer einer vagen Semantik (wie bspw. Existenz, Identität, Possession, Agentivität) keine weitere propositionale Information liefern. Dies scheint sie besonders präferiert für die Verwendung in Relativkonstruktionen zu machen, wahrscheinlich weil sie aufgrund ihrer relativen semantischen Leere Raum dafür lassen, andere Informationen über den Bezugsreferenten zu vermitteln, die dann im Vordergrund des Relativsatzes stehen können. Des Weiteren stellen sie einen Bezug zu dem anderen Argument im Relativsatz her und verankern den Bezugsreferenten so zusätzlich im Diskurs (bpsw. durch ein vages Besitzverhältnis wie bei den haben-Relativsätzen, die Birkner (ebd., S. 439ff.) untersucht). Birkner (ebd.) kommt bei ihrer Betrachtung der haben-Relativsätze aber auch zu dem Schluss, dass die Funktion der Verankerung, welche sie Objektrelativsätzen zuschreibt (ebd., S. 478), relevanter für deren Verwendung und den Diskurs ist als die latente Possessivsemantik, die ebenfalls ausgedrückt wird. Würde man eine exhaustive Betrachtung aller Objektrelativsätze mit sein, ma- 241 Dies ist nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, dass diese Verben auch in anderen Satzarten die häufigsten sind bzw. allgemein in der gesprochenen Sprache sehr häufig verwendet werden. Dies ist zum Beispiel erkennbar anhand der Lemmaliste in FOLK, welche auch nach Frequenz geordnet abrufbar ist. (Liste siehe Anhang 2. Die Liste zeigt die Zahlen der aktuellsten FOLK-Version, diese weichen von denjenigen der zugrunde liegenden Daten ab. Die meistbenutzten Vollverben in absteigender Reihenfolge sind: sein: 54.599, haben: 35.197, werden: 9.769, sagen: 9.107, machen: 7.950.) Auch bei Proske gibt es Angaben zur Häufigkeit der Verben in ihren Daten (2013, S. 96), die dortige Reihenfolge ist: sein, haben, machen, sagen. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 270 chen, haben und anderen Verben durchführen, würden sicher verbspezifische semantische und (diskurs-)pragmatische Unterschiede gefunden werden, doch dies kann im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht geleistet werden. Was allerdings schon einmal vorweg genommen werden kann, ist, dass Objektrelativsätze mit machen eine latente Verantwortlichkeit des Subjekts des Relativsatzes für den Bezugsreferenten ausdrücken, indem sie ihm das Vor- oder Zustandekommen desselben zuschreiben. Diese Verantwortlichkeit ist wiederum der Zuordnung von (immer unbelebten) Entitäten zu (meist menschlichen) Referenten dienlich. Das kann durchaus Assoziationen mit der Possessivzuschreibung von haben-Objektrelativsätzen erwecken und dient auch im Falle von machen mitunter der Verankerung des Referenten. Die Semantik der Verantwortlichkeit kann jedoch je nach Kontext auch dazu genutzt werden, einen Vorwurf zu formulieren oder um neutraler als die possessive haben-Relation lediglich die Existenz des Bezugsreferenten aufgrund der Verbindung zum Subjekt des Relativsatzes darzustellen. Es gibt im Korpus mehr Objektrelativsätze als Subjektrelativsätze (n = 102 zu 33). In mehr als der Hälfte der Objektrelativsätze wird der Bezugsreferent an einem anwesenden Referenten verankert, auf den durch die Pronomen ich, du, wir oder Sie verwiesen wird. Zusätzlich dazu werden in diesen Fällen immer weitere Informationen im Relativsatz vermittelt; diese sind von unterschiedlicher Komplexität, was wohl den unterschiedlichen Kontexten, aber auch dem Gesprächsthema oder der Gesprächsart zuzuschreiben ist, sowie mitunter auch der individuellen Präferenz des einzelnen Sprechers. Ein einfacher Objektrelativsatz, welcher nur ein Subjekt, machen und das Relativpronomen enthält und im Präsens steht - also auch keine zeitliche Verankerung in der Vergangenheit oder Zukunft liefert -, kommt in den Daten eher selten vor (n = 11 von 102). Diese dienen dazu, einen bestimmten (immer unbelebten) Bezugsreferenten oder eine Vorgehensweise einem anderen, bekannten (meist menschlichen) Referenten zuzuordnen (dieser Referent ist das Subjekt des Relativsatzes), was dann den Bezugsreferenten in erster Linie identifiziert, zusätzlich aber weiteren Zwecken dienen kann, wie bspw. das Zusammenfassen eines komplexen Sachverhalts (vgl. dazu Beispiel (67)) oder das Formulieren eines implizierten Vorwurfs (vgl. dazu Beispiel (69)). In den Daten gibt es nur zwei Belege dafür, dass das Subjekt des Relativsatzes nicht belebt ist, sondern ein Konzept, 242 was die Präferenz dafür widerspiegelt, Agentivität eher menschlichen oder zumindest belebten Referenten zuzuschreiben. Es zeigt aber auch die Weite dieses Konzepts von Agentivität, 242 Einmal wird die Vorgehensweise der Rezipientin mit der Vorgehensweise eines Literaturverwaltungsprogramms verglichen (also machst du_s fast dasSELwas ciTAvi macht, FOLK_E_00048_SE_01_T_01_DF_01, Segment 1270 [00: 26: 47-00: 26: 49]), im anderen Beispiel wird der Einfluss des Verbstamms auf die Bedeutung von Partikelverben beschrieben (und Empirische Untersuchung 271 welches sich durchaus auch auf unbelebte und abstrakte Referenten anwenden lässt, bei denen es dann eine Zuschreibung von Verursachung oder Beeinflussung denotiert. In der Regel werden Personen (er, sie, Herr Sommer), Personengruppen (die Bayern, die Band, man) oder - einmal - Tiere (Schafe) als Subjekt des Relativsatzes, also Bezug des Bezugsreferenten, genannt. Es kommen kaum Bezugsreferenten vor, die sich auf konkrete Gegenstände beziehen, welche durch eine machen-Relation zu einer (oder mehreren) Person(en) dann identifiziert, charakterisiert oder verankert werden, dagegen beziehen sie sich aber häufig auf Sachverhalte und Konzepte. Durch Objektrelativsätze mit machen können zum Beispiel auch komplexe Handlungsrelationen ausgedrückt und bestimmten Konzepten zugeordnet werden, was im folgenden Beispiel nicht nur den Referenten charakterisiert, sondern auch der Verteilung der Informationseinheiten auf mehrere Intonationsphrasen dient sowie die Relevanz für den laufenden Diskurs markiert. Im Folgenden erläutert ein Prüfling in einem Prüfungsgespräch die Ergebnisse einer bestimmten Studie: (66) FOLK_E_00015_SE_01_T_01_DF_01, Segment 1222 [00: 42: 22-00: 42: 43] 01 FR jA es kAm im prinzip RAUS, 02 dass- (.) ähm (.) 03 eben die DIEsesähm 04 (0.6) 05 diese dieser Input der mutter sehr WICHtig is,=°h 06 un dass KINder, 07 was PIrier- (.) 08 im prinzip kInder eben auch schon sehr früh KÖNnen,= 09 =zum bEIspiel eben durch dieses °h kIndgerichtete SPREchen , 10 was die mutter mit dem kind MACHT ; 11 dieser motheREse, (.) 12 diese dieser (0.3) BAbytalk, °hh (.) 13 dAss dasähm KIND,= 14 =sozusagen im VIERten monat schon in der lAge is- 15 die ERSTtsilbenbetonung im dEUtschen zu erkennen. Bei der Studie, die der Prüfling (FR) erläutert, geht es darum, wie Mütter das kommunikative Verhalten und die sprachlichen Fähigkeiten ihrer Säuglinge beeinflussen, noch bevor diese mit dem Sprechen überhaupt anfangen können. Ein Verhalten, das die Sprecherin durch eine Präpositionalphrase einführt, ist kindgerichtetes Sprechen (Z. 09), für welches sie noch weitere Fachbegriffe anbringt (motheREse Z. 11, BAbytalk Z. 12). Der Relativsatz, welcher sich auf kIndgerichtete SPREchen bezieht, charakterisiert diesen Ausdruck zunächst in dem Sinne, dass darin ausgeführt wird, wer mit wem spricht; es das was der verbstamm MACHT, (.) is sozusagen AUSdifferenzieren […], FOLK_E_00056_ SE_01_T_01_DF_01, Segment 883 [00: 26: 45-00: 26: 47]). Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 272 werden also die Partizipanten dieser Handlung und deren Rollen darin versprachlicht. Sie vermeidet dadurch semantisch markierte und auch sehr dichte Formulierungen wie durch dieses kindgerichtete Sprechen der Mutter mit dem Kind oder dadurch dass die Mutter kindgerichtet zum Kind spricht, die dadurch semantisch markiert wirken, dass der Ausdruck kindgerichtet die PP mit dem Kind oder zum Kind semantisch bereits beinhaltet und so in diesen Formulierungen redundant gebraucht würde. Die von der Sprecherin vorgebrachte Formulierung dagegen entzerrt die Information nicht nur, sie dient vielmehr auch dazu, den Fachbegriff kindgerichtet zu explizieren, so dass dieser neu angeführte Ausdruck mit der bereits erwähnten (generisch gemeinten) Mutter und ihrer auch bereits erwähnten Handlung bezüglich ihres Kindes verbunden wird. Auf diese Weise wird der Ausdruck als fachlicher Terminus für ein bereits besprochenes Phänomen (Mütter sprechen mit Kindern auf eine bestimmte Art, noch bevor diese antworten können) eingeführt, erläutert und als relevant für den Diskurs gerahmt. Mitunter ist aber gar nicht Identifikation, Verankerung oder Entzerrung der vornehmliche Effekt einer Relativsatzkonstruktion, sondern das Zusammenfassen einer komplexen Information. Die folgende Schülerantwort auf eine sehr konkret gestellte Frage zeigt zum Beispiel, dass der Hintergrund der verhältnismäßig aufwendigen Formulierung einer Relativkonstruktion in diesem Kontext ein anderer ist als das reine Identifizieren und Spezifizieren eines Geräuschs in Abgrenzungen zu anderen, indem man dem Geräusch den Urheber zuordnet: (67) FOLK_E_00127_SE_01_T_01_DF_01, Segment 1127 [00: 36: 16-00: 36: 30] 01 YD ich hab ne FRAge; 02 (0.55) 03 PM BITte. 04 YD ((räuspert sich)) wAs heißt_n lampe BLÖKT nicht; 05 (0.68) 06 PM wer BLÖKT denn normalerweise; 07 (0.47) 08 YD ich wEIß ja nicht was des H[EIßT- ] 09 PM [ was is_n] BLÖken ; 10 (0.23) 11 PM (wer/ ja), 12 YD BLÖken; 13 (0.23) 14 PM WER blökt ; 15 DH isch des nicht des gerÄusch (das/ was) die SCHAfe mache, 16 PM RICHtig; 17 ein SCHAF blökt; Empirische Untersuchung 273 Der Hintergrund für die Frage des Schülers in Zeile 04 ist der, dass gerade ein expressionistisches Gedicht besprochen wird, in welchem die Zeile die Lampe blökt nicht vorkommt. Der Schüler Yilmaz (YD) gibt daraufhin an, dass er diesen Satz nicht versteht, was - wie sich herausstellt - daran liegt, dass er die Bedeutung des Verbs blöken nicht kennt (Z. 08). Der Lehrer richtet sich daraufhin an die Klasse und fragt nach, was diese Handlung überhaupt ausmacht (Z. 09) und wer diese normalerweise ausführt (Z. 14). Die Frage des Lehrers in Zeile 14 ist sehr direkt und wäre mit einem Wort (Schafe) oder zwei Worten (Schafe blöken) präzise beantwortet. Der antwortende Schüler Dominik (DM) verwendet aber hier die vergleichsweise aufwändige Konstruktion eines Relativsatzes (Z. 15), was vielleicht unverhältnismäßig scheint, wenn man nur die direkt vorangegangene Wer-Frage betrachtet. In Anbetracht des vorherigen Verlaufs der Konversation stellt dies aber eine äußerst nützliche Vorgehensweise dar, denn Dominik berücksichtigt hier die Tatsache, dass sein Klassenkamerad generell nicht weiß, was für eine Handlung blöken darstellt und nicht nur nicht, wer diese Handlung normalerweise durchführt. Mit seiner Formulierung beantwortet Dominik sowohl die Frage des Lehrers in Zeile 09 (was is_n BLÖken; ), als auch die in Zeile 14 (WER blökt; ) in einer einzigen Äußerung und machen stellt dabei die wahrscheinlichste Verbwahl dar, da es den Handlungsbezug zwischen den Schafen (dem Wer? ) und dem Geräusch (dem Was? ) sowohl präzise als auch ohne weiteren semantischen Gehalt herstellen kann. Hier wird also nicht der Informationsgehalt einer Äußerung entzerrt, sondern vielmehr eine komplexe Frage (Was ist blöken und wem ist es zuzuordnen? ) zusammenfassend beantwortet. 243 Durch Relativsätze können die Entitäten, die durch sie relativiert werden, näher bestimmt werden, indem sie an Personen verankert und zusätzlich parallel zum Beispiel zeitlich positioniert werden. Das folgende Beispiel (68) zeigt einen zwischengestellten Relativsatzz. Relativsätze dieser Art sind „häufig an der Topikalisierung beteiligt“ (Birkner 2008, S. 458f.) - in Abgrenzung zu finalgestellten Relativsätzen, die eher helfen, den Fokus auf die Entität zu richten (ebd.), wie im Beispiel (70) gezeigt werden wird: (68) FOLK_E_00046_SE_01_T_01_DF_01, Segment 660 [00: 20: 41-00: 20: 50] 01 LK weißt du was nur mein proBLEM is, 02 darum GEHT_S ja gar nicht; 244 243 Auf eventuelle Unterschiede zwischen prosodisch integrierten und nicht-integrierten Relativsätzen und den Einfluss der Prosodie auf die Funktion der Relativsätze wird in dieser Arbeit nicht eingegangen. Vgl. aber dazu Birkner (2008, S. 132ff.). Sie geht sowohl auf semantische (ebd., S. 139ff.) als auch auf informationsstrukturelle (ebd., S. 182ff.) Aspekte ein. 244 Diese Äußerung bezieht sich konkret auf die letzte Äußerung von Lena, in welcher sie eine Begründung für ihre momentane (erneute) Beschäftigung mit dem Prüfungsthema angibt: Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 274 03 aber lena dieses STATEment; 04 (.) was du geMACHT hast; 05 (0.67) 06 LK HAB ich jetz- 07 (0.27) 08 LK hör ich von dir JEde woche wenn wir hier zusAmmensitzen; In diesem Studentengespräch beschwert sich Leo, dass seine Kommilitonin Lena alle ihre Mitstudenten mit ihrer Panik vor den Prüfungen ebenfalls in Panik versetzt, was Lena selbst vehement verneint und angibt, dass sie keine Prüfungspanik habe, sondern sich lediglich Gedanken darum mache, wer sie prüfen könne und worin. Die Debatte wird dadurch ausgelöst, dass Leo sich bei anderen Anwesenden darüber beschwert, dass Lena wieder das Thema Prüfungen anschneidet, woraufhin sie sich dafür rechtfertigt. In Zeile 01 leitet Leo seine Begründung dafür ein, warum ihn Lenas erneutes Aufgreifen des Prüfungsthemas eigentlich stört: Weil dieses Thema jede Woche erneut angesprochen wird (Z. 03-08). Leo bezeichnet Lenas Ausführungen zu diesem Thema als Statement und ordnet es zum einen durch den Relativsatz ihr persönlich zu und positioniert es zum anderen als im Diskurs zurückliegend. Die Betonung auf dem geMACHT - im Gegensatz zum Pronomen du - legt einen Fokus auf das zeitliche Zurückliegen der Äußerungen, auf die sich Leo bezieht, und kann von der Rezipientin als jene in der Debatte weiter zurückliegende Äußerung interpretiert werden, die Leo ursprünglich dazu brachte, sich über ihr Gesprächsthema zu beschweren (die red schon WIEder von prüfungen; ich KANN es nicht mehr hÖren; knappe 3 Minuten vor dem oben gezeigten Ausschnitt, Segment 532/ 533). Anders als dein Statement, was vordergründig dasselbe aussagt wie die Formulierung des Relativsatzes, lässt sich das fragliche Statement so zum einen auf den Beginn der Prüferdiskussion zurückführen (im Gegensatz zu all den anderen Statements, die Lena in der Zwischenzeit als Erklärung für ihre Beschäftigung mit dem Thema angebracht hat); zum anderen legt die Betonung von geMACHT auch einen Fokus auf die Faktizität des besagten Statements. Leo führt das Statement hier also als Referenten ein, um sich über die Repetition der immer selben Prüferfindungsdebatte zu beschweren. Nicht Lenas Beschäftigung mit dieser Frage an sich findet er problematisch (Z. 02), sondern dass sie diese jede Woche in derselben Weise vorbringt und die anderen - durch ihre Problematisierung dieses Prozesses - in Panik versetzt. Durch machen-Objektrelativsätze kann also Possession angezeigt werden, indem die Verantwortung für das Vorhandensein des Referenten einer bestimmten Person zugeschrieben wird. Dies kann nicht nur der Identifikation Sie würde in den letzten Semestern des Studiums so viel mit Lernen zu tun haben, dass dann für die Prüfungsorganisation kein Kopf mehr bliebe. Empirische Untersuchung 275 oder Verortung als im Diskurs zurückliegend dienen, sondern auch eine subtile Weise sein, aus der Verantwortlichkeit einen Vorwurf zu konstruieren: (69) FOLK_E_00064_SE_01_T_05_DF_01, Segment 844 [00: 39: 50-00: 40: 40] 01 TG °h und jetzt will ich zu dEm kommen herr hickmann was SIE gesagt haben; 02 ich bin (.) VOLLkommen bei ihnen- 03 dass es unser geMEINsames ziel isch so vIEl als möglich-=°h 04 AUF die, 05 (.) schiene zu BRINgen; =°hh 06 jetzt isch natürlich die frAge machen wir_s FRÜher; = 07 =oder machen wir_s SPÄter? 08 (0.41) 09 TG und genau dIEse frage STELLT sich natürlich- 10 vor dEm hintergrund den SIE machen ,=°h 11 sie müssten MIR erklären; 12 wie wir damit UMgehen dass-=äh 13 (.) auf seiten des BUNdes, 14 eine bestImmte strecke einmal aufgenommen (.) WURde- 15 in einen bundesverkehrsWEgeplan- 16 gerade FÜR die frage dass man zügig vorAn kommt,=°h 17 ((ca. 10 Sekunden ausgelassen, Weiterführung der sehr detailliert gestellten Frage 245 in Bezug auf Hickmanns vorherige Äußerungen)) 18 °h und des zuGLEICH verbinden dAmit dass in zukunft ja angeblich weniger gEld vorhanden isch ; =°h 19 also ich fInde dass sie auch da AUFpassen müssen - 20 dass sie nicht bestimmte wIdersprüche in ihren EIgenen aussagen HAben , 21 hinsichtlich der ZIEle,=°h 22 und wIE gehen wir damit UM; In diesem Ausschnitt aus den Stuttgart-21-Schlichtungsgesprächen richtet sich eine Befürworterin des Projekts, Tanja Gönner (TG), direkt an einen Experten der Gegenseite, Gerd Hickmann (Z. 01), und erklärt zunächst, dass sie mit einem Teil seiner Ansichten (Streckenausbau der Bahn ist nützlich und wichtig) grundsätzlich konform geht (Z. 02-05) und sich darauf basierend nur die Frage nach dem Zeitpunkt des Ausbaus stellt (Z. 06/ 07). Diese Frage wür- 245 Frau Gönner möchte eine Erklärung von Herrn Hickmann, wie es zusammenpasst, dass einerseits bestimmte neue Strecken (für den Streckenausbau) bereits im Bundesverkehrswegeplan als Pläne aufgenommen sind, damit sie schnell verwirklicht werden, andererseits Herr Hickmann angibt, dass diese Strecken aber noch länger geplant werden müssen, weil die jetzigen Pläne noch nicht ausgereift sind, und er außerdem angibt, dass es in Zukunft immer weniger Geld für den Streckenausbau geben wird. Der Ausbau der Neubaustrecke war ein Streitpunkt bei der Schlichtung von Stuttgart 21. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 276 de sich nämlich aus den Ausführungen ergeben, die Hickmann selbst gemacht habe. Gönner bezeichnet diese Ausführungen als den hintergrund den SIE machen 246 (Z. 10), und stellt so einen Bezug zwischen der Grundlage dieser Entscheidungsfrage und dem Rezipienten Hickmann her. Diese Verbindung dient aber nicht vornehmlich dazu, den Referenten Hintergrund einzuführen und zu verankern oder ihn durch Identifikation von allen möglichen anderen Hintergründen abzugrenzen - obwohl dies natürlich parallel ein Effekt der Resultativkonstruktion ist. Vielmehr kann der Bezug einerseits als possessiv interpretiert werden, denn Frau Gönner macht so deutlich, dass es sich hier nicht um einen generellen Hintergrund handelt, sondern explizit um denjenigen, den Hickmann hergestellt hat: Es ist sein Hintergrund, denn er basiert auf seinen Ausführungen. Somit ist Hickmann als der Urheber des Hintergrunds auch verantwortlich für dessen Korrektheit, da auf dessen Basis die Entscheidung über den Streckenausbau bei Stuttgart 21 beeinflusst wird. Diese Korrektheit zweifelt Frau Gönner in Zeile 18 an, denn sie markiert die Aussage über das in Zukunft eingeschränkte Budget durch angeblich explizit als nicht-faktisch und somit implizit der Phantasie oder einer Fehlinterpretation des Angesprochenen entsprungen. Die Hickmann - auch durch die Agentivität des Verbs machen - zugeschriebene Verantwortlichkeit für seine Ausführungen (und deren Korrektheit) ist andererseits auch wichtig für Frau Gönners Argumentation, denn in ihrer sehr detaillierten, an ihn gerichteten Frage (sie müssen MIR erklären; Z. 11) greift sie genau jenen Hintergrund auf und zeigt die darin enthaltenen Widersprüche auf, wodurch sie Hickmann als schlechten Experten darstellt. Dadurch, dass sie außerdem den Hintergrund (also die Entscheidungsgrundlage) für die Frage nach dem zeitlichen Rahmen des Streckenausbaus gleich zu Beginn als Hickmanns Verantwortlichkeit rahmt und ihn danach der Widersprüchlichkeit und Inkorrektheit überführt (bzw. diese behauptet), stellt sie seinen Expertenrat zum Umgang mit dem Streckenausbau im Rahmen von Stuttgart 21 in Frage, was im Endeffekt dazu dient, ein Argument der Gegenseite zu entkräften. Dadurch, dass Relativsätze untergeordnete Strukturen sind, stehen sie nicht im Fokus der Äußerung, sondern liefern - besonders in finaler Stellung - eher eine Hintergrundinformation (vgl. Birkner 2008, S. 447), die auf subtile Weise 246 Interessant ist hierbei auch, dass sie das Präsens verwendet und nicht das Perfekt. Es kommt ihr hier also wirklich weniger darauf an, die Hintergründe, die sie meint, als diejenigen zu identifizieren, die in der vorherigen Diskussion von Herrn Hickmann dargelegt wurden (wie es bspw. im vorherigen Beispiel (68) der Fall ist), sondern mehr darauf, ihm diese Darlegung als seine persönliche Meinung zuzuschreiben, die deswegen keine allgemeingültige Tatsache darstellt. Dies verdeutlicht sie auch durch das explizite Anzweifeln der Korrektheit seiner Behauptungen (angeblich, Z. 18). Weitere Analysen im folgenden Absatz. Empirische Untersuchung 277 von Sprechern eingesetzt werden kann, um bestimmte Informationen zu fokussieren, indem sie andere in den Hintergrund (also in den Relativsatz) stellen. Dadurch können sie unterstützend dabei wirken, den Fokus auf den für den Sprecher wichtigsten Referenten seiner Äußerung zu legen: (70) FOLK_E_00090_SE_01_T_01_DF_01, Segment 565 [00: 11: 26-00: 11: 48] 01 HAN3 (.) °h so JETZT ä ziehst du einen (.) großzügen- 02 (.) grOß (.) zügigen KREIS um diesen o pE fritzen,=°h 03 also SO nach-=°h 04 links, 05 UNten,=h° 06 ja n (.) so n KREIS; =°hh 07 und du hörst (.) AUF wenn du-=°h 08 (0.79) 09 HAN3 ja die LINie ; (.) 10 die du grad von dem APfel richtung o pe (.) fritz gemacht hast ; =°h 11 wenn du dIE schneidest hörst du erst mal AUF. In diesem Ausschnitt aus einer Maptaskinteraktion soll von HAN4 ein Kreis gezeichnet werden und Sprecher HAN3 beschreibt die Art und Weise, wie dieser Kreis genau gezeichnet werden soll. Nachdem er den Verlauf des Kreises dargestellt hat (Z. 02-05), möchte er dessen Endpunkt benennen. Die Linie, die den Endpunkt des Kreises ausmacht, identifiziert er in einem Relativsatz als die du grad von dem APfel in richtung o pe (.) fritz gemacht hast (Z. 10). Die Identifikation der genannten Linie ist aber nur eine Funktion dieses Relativsatzes, denn hier verteilt HAN3 gleichzeitig mehrere semantisch schwere Informationen, die für die Erfüllung der Aufgabe wichtig sind, auf unterschiedliche Intonationsphrasen und erleichtert so der Rezipientin die Verarbeitung der Informationen. 247 Zunächst fokussiert er auf die Linie, bevor er sie genau identifiziert, indem er sie sowohl in der Zeit verankert (grad und gemacht hast) 248 als auch sie genau lokalisiert (von dem APfel richtung o pe fritz). Erst danach bezeichnet HAN3, welchen Bezug diese Linie zur weiteren Vorgehensweise hat (wenn du dIE schneidest, Z. 11), und außerdem die genaue Handlung, die seine Partnerin ausführen soll, wenn sie an der besagten Linie angekommen ist (hörst du erstmal AUF, Z. 11). 249 247 Wobei dies wahrscheinlich aber nicht vom Sprecher so geplant war, da sich die Formulierung inkrememtell in dieser Form aus der Wegbeschreibung ergibt. 248 Diese beiden Informationen geben sowohl an, dass diese Linie bereits gezeichnet wurde (gemacht hast), als auch, dass es die letzte aller Linien ist, die HAN4 bereits gezeichnet hat (grad), die also zeitlich am wenigsten weit zurückliegt. 249 Nach dem schneidest würde ich eine leichte Zäsur annehmen, die aber nicht so ausgeprägt wie die anderen ist, und deswegen nicht mit einer Endmarkierung versehen wurde. Dennoch Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 278 Die genaue Identifikation der Linie durch eine Verankerung an der Rezipientin bedeutet einen recht hohen sprachlichen Aufwand, ist in dieser Situation aber notwendig und auch eine logische Folge der Gesprächssituation, da die Beteiligten dieser Interaktion einander und die jeweiligen Karten nicht sehen können, so dass die genaue Identifikation durch Zeigegesten wegfällt. Die präzise Lagebeschreibung in einem Relativsatz vorzubringen, stellt diese Information als subordiniert dar, anders als bspw. die Linie von dem Apfel Richtung OP-Fritz es tun würde. Hier wäre zudem auch die zeitliche Verankerung nicht mehr gegeben und müsste entweder nachgestellt werden bspw. durch einen Nachtrag (Auer 1991, S. 148f.) wie die Linie von dem Apfel Richtung OP- Fritz, die letzte/ die von eben oder zusätzlich in die Äußerung integriert werden: Die letzte Linie von dem Apfel Richtung OP-Fritzen, was semantisch aber eher aussagt, dass er die letzte von mehreren Linien vom Apfel zum OP-Fritzen meint, was in dieser Situation nicht der Fall ist. Diese Verfahren erhöhen außerdem die Informationsdichte der Äußerung und lenken von dem ab, was der Sprecher eigentlich sprachlich fokussieren möchte: der Linie. Die Relativsatzformulierung lässt den Fokus also auf der Linie an sich, die der Sprecher als Endpunkt des nächsten Wegabschnitts besonders hervorheben möchte. Dies zeigt sich zum einen an der Reformulierung der Wegbeschreibung von und du hörst AUF (.) wenn du (Z. 07) zu ja die LINie (Z. 09) und zum anderen dadurch, dass der Bezugsreferent Linie nach dem Relativsatz durch ein Demonstrativpronomen erneut aufgegriffen und durch einen Nebenakzent betont wird (Z. 11). Der Fokus soll also primär auf dem Referenten Linie liegen, welche als Endpunkt der nächsten Handlung sehr relevant für die korrekte Erfüllung der Aufgabe ist. Die Beschreibung der Lage dieser Linie dient nur als Hintergrundinformation und wird dementsprechend gerahmt. Das Verb machen dient in dieser Relativsatzstruktur dazu, den Bezugsreferenten Linie nicht nur generell zeitlich und räumlich zu verankern, sondern zeitlich und räumlich in Bezug auf die Handlungen der Rezipientin. Das ist deshalb in diesem Kontext semantisch sinnvoll, weil die Rezipientin als Urheberin der Linie in einen agentiven Bezug mit dieser gestellt werden kann. 6.6.3 Durchführungsrahmung Durch seine allgemeine Handlungsbedeutung kann machen auch dazu verwendet werden, Entitäten oder Sachverhalte als durchführbar zu rahmen, die außerhalb jeglichen Kontexts nicht ohne weiteres derart interpretierbar wären, da sie zum Beispiel Personen, Orte oder Uhrzeiten bezeichnen, die in Kombination mit machen keine mögliche Handlung implizieren, wie es bei bestimmist auch hier die Präferenz merkbar, zwei semantisch volle Verben (scheiden, aufhören) jeweils in eigenen Intonationsphrasen vorzubringen. Empirische Untersuchung 279 ten Produkten und Wirkungen oder generell bei Prozessen der Fall sein kann (vgl. Abschn. 6.5.1). Die generelle Rahmung eines derartigen Objekts als durchführbar führt unter Umständen dazu, dass dieses metonymisch oder metaphorisch interpretiert wird, 250 bzw. dass es auf eine der Situation oder dem Kontext entsprechende Handlung oder Vorgehensweise bezogen wird. Im folgenden Beispiel aus einem Meeting in einer sozialen Einrichtung werden gerade Themen für die nächste Supervisionssitzung besprochen, was den entsprechenden Rahmen für die Interpretation der machen-Äußerung liefert: (71) FOLK_E_00024_SE_01_T_03_DF_01, Segment 279 [00: 53: 03-0: 53: 18] 01 AW ja ich FIND des mit der- 02 (.) nja aber ich find des mit der anna schon ganz spAnnend, 03 wobei ma kann_s auch wEglassen weil die anna net mit in URlaub fährt; 04 dann is es net GANZ so (0.28) drInglich; 05 (0.58) 06 HM mir könne die anna MAche; = hh° 07 (1.04) 08 AW aber HAM_mer schon genug was ma dazu sAgen können, 09 (0.28) 10 AW [weil außer sie is] in[triGANT, ] 11 HM [ja ich HAB- ] 12 MS [du HASCH genug,] Die Mitarbeiterin Annabelle (AW) wirft für die Themenfindung - vor dem gezeigten Ausschnitt - Schlagworte ein, nämlich Gruppenstruktur und die Kinder, gibt aber auch an, dass sie diese Themen für langweilig hält. Sie findet aber dennoch ein Thema bezüglich der Kinder interessant: des mit der anna (Z. 02). Anscheinend handelt es sich hierbei um eine dem Team bekannte Thematik, denn sie wird nicht weiter ausgeführt, sondern durch das referenzielle mit (Bücker 2012) als intersubjektiv bekanntes Topik gerahmt. Mit der Aussage mir könne die anna MAche (Z. 06) signalisiert Herbert (HM) sein Einverständnis für die Besprechung dieses Themas in der Supervisionssitzung. Durch die Kombination mit machen lässt sich die anna als etwas interpretieren, was mit dem Subjektreferenten wir in einen agentiven Zusammenhang gebracht werden kann und lässt sich so metonymisch deuten: Anna referiert nicht auf das Mädchen mit diesem Namen, sondern auf die gesamte Thematik mit der anna, welche im Gesprächskontext von Annabelle zuvor eingebracht wurde. Im Zusammenhang mit dem generellen Topik der Themenfindung für die Supervisionssitzung und durch die sequenzielle Platzierung von Herberts Äußerung als Einverständnis auf Annabelles impliziten Vor- 250 Vgl. Abschnitt 4.2.2.2; Pinkal bezeichnet dies als metonymische oder metaphorische Extension (1985, S. 58), Pustejovsky als (Sub-)Type Coercion (1995, S. 111ff.). Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 280 schlag, dieses Thema zu behandeln, lässt sich die Handlung, die machen ausdrücken soll, als reden über (das Thema Anna) oder (die Anna) als Thema für die Supervisionssitzung vorbringen interpretieren. Dies bestätigt sich in der Folgeäußerung von Annabelle, die fragt, ob schon genug dazu - also zu dem Thema Anna - zu sagen wäre (Z. 08). Eine derartige Rahmung dient in den Daten oft als ökonomischer Ausdruck für die zu benennende Handlung. Eine spezifische Handlungsdeutung wird hierbei also durch eine Wechselwirkung von sprachlichem und außersprachlichem Kontext möglich: machen rahmt zum einen das, was in Objektfunktion steht, als potenziell durchführbar und suggeriert so bei eigentlich nicht auf eine Handlung beziehbaren Ausdrücken eine metonymische oder metaphorische Lesart. Zum anderen lässt sich durch den außersprachlichen Kontext die genaue Handlungsweise des Subjektreferenten bezüglich des Objektreferenten inferieren, nämlich dadurch, dass etwa die Gesprächssituation eine bestimmte Handlung bezüglich des Themas relevant macht. Im obigen Fall ist die thematische Behandlung in der Supervisionssitzung relevant für aktuelle Themen, die die Kinder in der Einrichtung betreffen. Derart ökonomische Ausdrucksweisen für die Benennung von akut relevanten Handlungen sind in den Aufnahmen aus der sozialen Einrichtung öfter zu finden, häufig wenn es wie oben darum geht, welches Thema generell in der aktuellen Sitzung oder in bevorstehenden Besprechungen behandelt werden soll, aber auch bei der Planung von Wochenplänen und Aktivitäten, so dass dort Äußerungen zu finden sind wie mache ma MITTwochs zoo_a, 251 oder dann (.) WOLLten wir die burg_a dann nochmal mAchen, 252 . Damit Ausdrücke als durchführbare Handlungen interpretiert werden können, müssen sie aber nicht immer metonymisch gedeutet werden, sie können durchaus in ihrer denotativen Bedeutung verwendet und verstanden werden. Das folgende Beispiel aus einem Studentengespräch zeigt, wie der Gebrauch von machen zu einer Handlungsinterpretation führt, die die semantischen Facetten des Objekts mit einbezieht, welche durch eine Kompositumbildung erst zustande kommt. Hier wäre es denkbar, dass die Sprecherin machen lediglich als unpräzisen und umgangssprachlichen Ersatz für gründen in Kombination mit WG verwendet, doch in der genaueren Analyse zeigt sich, dass der Einsatz von machen ein weites Feld an Interpretationsweisen der Äußerung ermöglicht, welches erkennbar auch zur Aussage der Sprecherin und auch zur Interpretation eines Rezipienten passt: 251 FOLK_E_00024_SE_01_T_03_DF_01, Segment 505 [00: 58: 10-00: 58: 12]. Diese Äußerung wurde in Beispiel (11) ausführlich in Abschnitt 6.3.1 analysiert. Dort wird ausgeführt, wie Hintergrundwissen bei Bedeutungskonstitution eingesetzt wird. 252 FOLK_E_00024_SE_01_T_03_DF_01, Segment 887 [01: 06: 20-01: 06: 23]. Empirische Untersuchung 281 (72) FOLK_E_00042_SE_01_T_02_DF_01, Segment 102 [00: 35: 50-00: 36: 13] 01 ((LK erzählt eine Geschichte über eine Bekannte; 59,48 Sek.)) 02 AM außer[dem wir können ja] so ne roMANtiker we] ge machen; 03 LP [((lacht kurz)) ] 04 LS [((lacht)) ] 05 AM weißte lena=ne? 06 so WIE der-=ähm 07 ich HAB heute ähm im [in meinem s-=hm? ] 08 LK [du WEIßT aber- ] 09 da musst du [dein d]ein dein frEUnd dann auch mit lena teilen und UMgekehrt; =ne? 10 XW [hm? ] 11 AM ich HAB in n[em- ] 12 LP [was, ] 13 LS [((Lachansatz))] 14 LP wir müssen nur zusammen WOHnen; 15 a[ber nicht TEIlen; ] 16 LK [ah (du) so ein geSCHWÄTZ; ] 17 AM [ die haben auch die haben auch miteinan]der SEX geha[bt alle.] 18 LK [naTÜRli ][ch-] 19 LP [o ] gott nee 20 [des mach ich nie(-)] 21 LK [ freie LIEbe , 22 was] [ was stellst dU dir denn unter freier LIEbe vor lena ] 23 AM [ich hab heute in meinem referAt halt von so_n p]aar roMANtikern erzählt, 24 [die so f]ür frei[e LIEbe] sich ein[gesetzt hab]en; 25 LS [hm_hm ] 26 LK [also s] 27 LS [hm_hm ] 28 AM und dann halt in so ner we GE gewohnt ham; 29 [(und) dann Un]ternander SEX hatten. 30 LS [ja ] Hier führt Anita (AM) den Ausdruck Romantiker-WG in die Unterhaltung ein, um in diesem Zusammenhang von ihrem Seminar und dem von ihr gehaltenen Referat zu berichten. Sie setzt schon direkt nach der ersten Einführung dieser WG-Form in Zeile 02 dazu an, ihr Seminar zu erwähnen (ich hab heute ähm im in meinem s- Z. 07), wird aber von Leo (LK) und Lena (LP) unterbrochen, die sich darüber uneins sind, was genau das Leben in einer Romantiker- WG beinhaltet. Erst in Zeile 23 kann Anita den Hintergrund für die Einführung des Ausdrucks zur Sprache bringen. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 282 Für gewöhnlich werden WGs gegründet, nicht gemacht, sie entstehen - grob gesagt - dadurch, dass mehrere Menschen zusammen in derselben Wohnung wohnen, zumeist ohne miteinander verwandt zu sein. Eine WG zu machen kann dasselbe bedeuten, kann aber durch die Unterspezifikation des Verbs und in der Funktion der Durchführungsrahmung noch mehr beinhalten: So kann es sich zum Beispiel auf die Handlungen, die dieses Zusammenleben mit sich bringt, beziehen, also auf das „Durchführen“ eines WG-Lebensstils. Auf diesen gehen in dem obigen Beispiel sowohl Leo als auch Anita ein. Romantiker-WG machen bedeutet also in ihrem Verständnis, innerhalb der WG freie Liebe zu praktizieren (Z. 21/ 22). Dieser Bezug zur freien Liebe entsteht natürlich nicht durch das Verb, sondern durch den Ausdruck Romantiker-WG, doch das machen rahmt diesen als etwas, was nicht nur entstehen kann, sondern potenziell auch als etwas Durchführbares. Die Romantiker-WG unterscheidet sich von anderen WGs dementsprechend auch durch die Handlungen, die die Bewohner durchführen. Auf diese Handlungen möchte die Sprecherin Anita, die diese Art des Zusammenlebens mit machen eingeführt hat, auch im Endeffekt hinaus und auch Leo kommt, direkt nach der ersten Erwähnung des Ausdrucks, sofort auf genau diese Handlungen zu sprechen (da musst du dein dein dein frEUnd dann auch mit lena teilen und UMgekehrt; =ne? Z. 09). wir können ja so ne roMANtiker we ge machen impliziert also für Rezipienten und Sprecherin nicht nur Wir können ja eine Romantiker-WG gründen, sondern auch Wir können ja wie Romantiker zusammen leben. In diesem Fall wäre also zwar ein präziseres Verb durchaus vorhanden gewesen, welches eine kollokative Beziehung zum Ausdruck WG innehat (gründen), durch machen lässt sich aber der Ausdruck Romantiker-WG zusätzlich als durchführbar rahmen, so dass die Handlungen, die mit Romantiker-WG assoziiert werden können, in der Deutung der Aussage mit einbezogen sind. 253 253 Dieses Beispiel kann ebenfalls als Veranschaulichung der Referenteneinführung mit machen dienen, denn Anita bringt diesen neuen Referenten ins Gespräch, um einen Bezugspunkt zu einem Seminar und dann zu ihrem eigenen Referat herzustellen, von dem sie eigentlich erzählen möchte. Diese Themenüberleitung wird von der Sprecherin strategisch günstig an den vorausgehenden Diskurs angebunden. Zunächst schließt sie an eine knapp eine Minute zuvor von einer anderen anwesenden Person gemachten Aussage an, die sagte, Lena wäre eigentlich eine perfekte Romantikerin, wenn sie sich nicht an so viele Regeln halten würde. Sie stellt einen Anschluss daran mit außerdem (Z. 02) her, was eine Zugehörigkeit zum/ Erweiterung eines vorher erwähnten Sachverhalts nahelegt, den sie durch die Erwähnung von Romantiker-WG wieder aktualisiert. Des Weiteren bezieht sie durch das Pronomen wir die Rezipientin Lena mit ein, was bei einer direkten Überleitung zum Seminar, welches Lena nicht besucht hat, nicht möglich gewesen wäre. Der Umweg über die Einführung der Romantiker-WG ermöglicht so einen (mehr oder weniger) direkten und unauffälligen Themenwechsel, durch den Anita von der Geschichte über eine Bekannte (Z. 01) zu dem Inhalt ihres eigenen Referats gelangt (Z. 23ff.). Vgl. hierzu auch Proske (2013); sie schreibt ausführlich Empirische Untersuchung 283 6.6.4 Onlineplanung von Gesprächsbeiträgen: Vom Verb aus formuliert Die semantische Leere von machen bedeutet für die Füllung der Argumentstellen, dass es hierbei fast keine semantischen Einschränkungen gibt; so lange eine in irgendeiner Weise dynamische Aussage getroffen werden soll, ist dies mit machen und den entsprechenden Ergänzungen möglich. machen kann - wie bereits demonstriert - semantisch gesehen sowohl mit Prozessen als auch Gegenständen, Personen, Zeitpunkten, Gefühlen oder Sachverhalten und dergleichen mehr kombiniert werden und stellt eine dem Kontext entsprechende Handlungs-, Verursachens- oder Verantwortungsrelation vom Subjektreferenten zum entsprechenden Objektreferenten her. Dies hat zur Folge, dass syntaktisch eine große Bandbreite an Formen in der zweiten Argumentstelle eingesetzt werden, so dass dann in der gesprochenen Sprache nicht nur NPn, PPn und/ oder APn mit machen kombiniert werden, sondern bspw. auch eingeleitete wie uneingeleitete Nebensätze oder auch VPn. An einer Formulierung mit machen ist nach außen hin erkennbar, dass etwas Agentives wie eine Handlung oder ein Vorgang ausgedrückt werden sollen, ohne dass weitere Restiktionen vom Verb ausgehen. Mitunter wird im Laufe des Redebeitrags deutlich, dass zu Beginn des Beitrags noch nicht alle weiteren Satzglieder, insbesondere kein Objekt, gewählt waren, etwa wenn es zu erkennbaren Wortsuchen, Formulierungsschwierigkeiten oder Reparaturen nach der Verwendung von machen kommt. Daraus lässt sich schließen, dass machen zu Beginn einer Äußerung oder eines Satzes auch als Strategie gebraucht werden kann, um einen Turn zu improvisieren oder das Rederecht zu halten, 254 da zwar bereits angezeigt wird, dass die Proposition der Äußerung eine Handlung ist, aber noch nicht, wie diese beschaffen ist. Diese sowohl semantische als auch syntaktische Variabilität kann auch diskurspragmatisch eingesetzt werden, um zum Beispiel die Interaktion zu strukturieren und Handlungen anzukündigen oder dazu aufzufordern, um einen Themenwechsel zu initiieren oder geplante Handlungen listenförmig aufzuzählen. Hier kann durch die Verwendung von machen in diesen Funktionen auch die Inkrementalität gesprochener Sprache und die lineare Entfaltung (vgl. „On-line- Syntax“, Auer 2000) beobachtet werden. Der Einsatz von machen bei der Suche nach einem passenden Ausdruck soll an einem etwas längeren Beispiel etwas ausführlicher illustriert werden. Die Sprecherin bei dem Meeting in einer sozialen Einrichtung hat in folgendem über das Informationsmanagement im gesprochenen Deutsch und untersucht auch in diesem Zuge die Funktion und Relevanz von machen für die Referenteneinführung (ebd., S. 193ff.). 254 Das Verb tun kann ebenso eingesetzt werden, wie Schwitalla (2006, S. 135) beschreibt und wie auch in Abschnitt 7.2 dieser Arbeit beschrieben wird. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 284 Ausschnitt sichtlich Probleme dabei, die Vorgehensweise zu benennen, welche eines der Kinder bei der Lösung bestimmter Rechenaufgaben anwendet. Sie unternimmt mehrere Versuche, eine spezifische Handlung auszudrücken, was ihr aber nicht gelingen will: (73) FOLK_E_00026_SE_01_T_03_DF_01, Segment 1335 [02: 23: 40-02: 24: 47] 01 SZ °hh a plUsaufgaben des äh geht GUT,= 02 des hat se DRAUF, 03 (0.6) 04 SZ ähm dann bei mInus war_s SO- 05 (1.03) 06 SZ dass se ähm die glEIche strategie wie bei PLUS , 07 (0.43) 08 SZ ANwendet ,= 09 =also nicht plus RECHnet, 10 abber die gleiche strateGIE- 11 zum beispiel dass man dann immer die zEhner und die EIner, 12 °h [zuSAMmentut,] 13 NG [hm ] 14 SZ °h und nur bei MInus; 15 wenn man dann äh WEISCHT so-=ähm 16 (0.33) 17 SZ fünfzehn (0.27) minus (0.39) ähm SECHS zum beispiel rEchnet, 18 dann kann man NICH einfach mAchen-=ähm =°h h° 19 (0.7) 20 SZ 1 [m: : h hhh° ] 21 NG 1 [ sie macht dann SECHS minus f d ] 22 2 [ (genau) sechs minus FÜNF. ] 23 SZ 2 [ sie macht dann sechs minus FÜNF. ] 24 (0.33) 25 NG [also DIE- ] 26 SZ [also praktisch wenn du] PLUSaufgaben hascht; 27 FÜNFzehn plus sechs, 28 dann rechnest °h die sEchs zu den fünfern daZU, 29 zu den EInern, 30 und kommscht DANN- 31 überschprIngscht die nägs die zEhnerhürde und hascht dann einundZWANzig? 32 (0.49) 33 SZ und sie macht dann bei fÜnfzehn MInus sechs einfach-°h 34 (0.33) 35 SZ sie sieh sie CHECKT dass- 36 (0.54) 37 fÜnf und sEchs dass des irgendwie nicht GEHT, 38 und [macht DANN , ] 39 AW [und dann drEht] se die zahlen [so dass se_s RECHnen kann; ] Empirische Untersuchung 285 40 SZ [sie dreht des UM und macht ] (.) 41 NG [ja +++ +++ ja ] 42 SZ wendet die glEIche strategie bei[w wie bei PLUS an ; ] 43 NG [hm_hm (.) ja ] 44 SZ un sagt se ha sa un ER (.) sagt dass des darauf hIndeutet dass se halt ähm (.) 45 also dass des auf m m m intelligEnz äh hindeutet dass se des so verKNÜPFT, 46 aber kommt natürlich damit (0.46) NIE (0.2) nicht zum richtigen ergEbnis. Die Sprecherin Sandra setzt in diesem Ausschnitt mehrere Male dazu an, die genaue Handlung des Mädchens auszudrücken und geht am Ende dazu über, genau die Beschreibung dafür zu verwenden, welche sie eigentlich versuchte präziser zu bezeichnen: wendet die glEIche strategie beiw wie bei PLUS an; Zeile 42 (vgl. mit der Eingangsbeschreibung: dass se ähm die glEIche strategie wie bei PLUS, Anwendet, Z. 06/ 08). Die Formulierung dass sie die gleiche Strategie wie bei Plus anwendet (Z. 06/ 08) und die nachfolgende Beschreibung dieser Strategie (Z. 09-12) dienen zunächst als Einleitung der Beschreibung jener nicht zielführenden Strategie, die das Mädchen bei Minusaufgaben anwendet, denn Sandra strebt ab Zeile 14 (und nur bei minus) an, diese kontrastiv zur Plus-Strategie zu präzisieren. Sie möchte dazu ausdrücken, wie man generell nicht vorgehen sollte (den Negator betont sie hierbei), als Beschreibung dessen, wie das Mädchen vorgeht, und formuliert dabei einen von der Wortfolge her markierten Satz, indem sie einen Verbletztsatz mit dem Modalverb können produziert. Dabei spart sie aber das Objekt zu machen - was die unspezifische Handlung spezifizieren würde - im Mittelfeld. Es liegt nahe, dass sie dies tut, weil sie an der entsprechenden Stelle der Äußerung - nach dem einfach - noch keinen passenden lexikalischen Ausdruck für die spezifische Handlungsweise gefunden hat, dennoch aber den Turn weiterführen möchte, worauf auch die Verzögerungspartikeln ähm (Z. 18) und m: : h (Z. 20) deuten. Da sie weiß, dass sie eine Handlung bzw. eine Vorgehensweise genauer beschreiben möchte, kann sie mit machen ein unspezifisches Handlungsverb vorlegen, welches sich theoretisch mit einer großen Anzahl von Phrasentypen vervollständigen ließe, um eine spezifische Prädikation auszudrücken. Das heißt, auch wenn die Wortstellung markiert ist, ist sie dennoch verständlich und auch nicht gänzlich ungrammatisch und deswegen ein Weg, den Ausdruck, der die eigentliche Handlung beschreibt, hinauszuzögern. Im Verlauf des Ausschnitts versucht Sandra drei weitere Male zu einer präzisen Beschreibung der Handlungsweise zu gelangen, wieder indem sie machen als verbalen Teil ihres Prädikats benutzt (Z. 33, 38, 40), doch sie findet kein passendes Substantiv für die Argumentstelle des Objekts. Auch die Hilfestel- Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 286 lungen ihrer Kolleginnen übernimmt sie nur teilweise. Bei diesen werden einmal von Nina (NG) (sie macht dann sechs minus FÜNF, Z. 21/ 22) und einmal von Annabelle (AW) (und dann drEht se die zahlen so dass se_s RECHnen kann; Z. 39) alternative Beschreibungen angeboten. Sie nimmt also diese alternativen Beschreibungen teilweise in ihre eigenen Formulierungsversuche auf und versucht weiter, auf deren Basis eine noch exaktere Bezeichnung für die Handlung zu finden, wie bei sie dreht des UM und macht- (Z. 40), bevor sie auf ihre eigene eingangs vorgebrachte Handlungsbeschreibung zurückkommt. Auch wenn das Vorgehen des Mädchens noch nicht vollständig sprachlich beschrieben wurde (es fehlt die genaue Spezifizierung dessen, was nach dem Umdrehen der Zahlen passiert), ist diese anscheinend hinreichend für die Rezipienten verständlich, was aus den Kollaborationen der Kolleginnen Nina (Z. 20/ 21) und Annabelle (Z. 39) gefolgert werden kann. So kehrt Sandra in Zeile 42 zu ihrer ersten Beschreibung zurück (wendet die glEIche strategie beiw wie bei PLUS an) und resümiert damit den gesamten Handlungskomplex. Diese Äußerung beendet die Handlungsbeschreibung und Sandra beginnt stattdessen zu berichten, was dieses Verhalten laut einer dritten - bereits vorerwähnten - Instanz (ER sagt, Z. 44) über die kognitiven Fähigkeiten des Mädchens aussagt (dass des auf m m m intelligEnz äh hindeutet, Z. 45). Die Strategie, die Sandra im vorherigen Beispiel in Zeile 18 anwendet, nämlich das Aussparen des Objekts aus dem Mittelfeld, ist ein Hinweis darauf, dass Sprecher Redebeiträge beginnen, ohne zu wissen, was sie genau ausdrücken wollen (vgl. dazu „Mittelfeldentleerung“, Uhmann 1993; oder auch „Ausklammerung“, Auer 1991, S. 146f.). Dies kann als Mittel interpretiert werden, ein wenig mehr Zeit für die Formulierung der genauen Handlung zu gewinnen: (74) FOLK_E_00024_SE_01_T_03_DF_01, Segment 309 [00: 53: 49-00: 53: 55] 01 AW ich glaub mir fällt was EIN; 02 wir wollten ZWEI tage machen ähm rAdtour ; =ne, 03 (1.4) 04 AW ham mer uns überLEGT; Bei der Planung einer Ferienspielwoche in der sozialen Einrichtung fällt der Mitarbeiterin Annabell (AW) eine geplante Aktivität ein, die sie aufschreiben möchte. Diesen Einfall kündigt sie erst an (Z. 01), bevor sie ihn ihren Kollegen mitteilt (Z. 02). Der Diskursmarker ich glaub (Z. 01) lässt darauf schließen, dass der Einfall bzw. die Erinnerung an etwas bereits Geplantes (Z. 04) bei Annabell zum Zeitpunkt des Äußerungsbeginns mental noch nicht ausformuliert oder noch nicht mit dem entsprechenden Ausdruck (rAdtour) assoziiert ist, was durch die markierte Satzstellung und das Häsitationssignal ähm bestätigt wird. Empirische Untersuchung 287 Bei der Versprachlichung vager Ideen kann im Laufe des Formulierungsprozesses eine grammatisch markierte Bezeichnung entstehen. In folgendem Ausschnitt wird durch die Einleitung mit machen deutlich, dass der Sprecher auf die Vorgehensweise des Rezipienten bezüglich des aktuell relevanten Themas (die Unterhaltszahlung an seine Exfrau) hinaus möchte; die Ausformulierung der eigentlichen Frage zeigt wiederum, dass er sich ob der genauen Bezeichnung dessen, was er erfragen wollte, zu Beginn seines Beitrages nicht eindeutig sicher war: (75) FOLK_E_00066_SE_01_T_02_DF_01, Segment 764 [00: 55: 53-00: 56: 06] 01 AL ah ja sie sie weiß SCHON, 02 sie weiß auch dass es net so WEItergeht (un); 03 (2.02) 04 JO ((schmatzt)) mAchst du_s dann so RICHtich so; 05 SA_mer mal; 06 (0.47) 07 JO unterenANder einfach nur klÄren, 08 oder sozusagen so mit irgendjemand legt FEST- ((pfeift)) 09 so und so viel [KOHle ; ] 10 AL [nee (ds)] BRAUCH niemand festlegen; Im Laufe der vorherigen Konversation wurde bereits deutlich, dass die Zahlungen, die Alvins Exfrau jetzt erhält, auf Dauer von Alvin (AL) nicht aufzubringen sind und er diese kürzen wird. Johnny (JO) möchte nun wissen, wie Alvin in Bezug auf diese Kürzung weiter vorgehen wird. mAchst du_s dann so (Z. 04) projiziert grammatisch gesehen zunächst einmal einen subordinierten Nebensatz, wie etwa einen dass-Satz, einen Komparativsatz oder auch einen uneingeleiteten Nebensatz; auf jeden Fall projiziert diese Phrase aufgrund des so einen längeren Redebeitrag (vgl. Auer 2006, zu es ist so). Semantisch zeigt Johnny Interesse am weiteren Vorgehen seines Freundes, denn das Verb machen zusammen mit so projiziert außerdem die Formulierung einer bestimmten Vorgehensweise. Die durch Heckenausdrücke und Pausen ersichtlichen Formulierungsschwierigkeiten zeigen, dass die Einleitung aber auch dazu dient, eine möglichst unspezifische Einleitungsstruktur für möglichst viele Vervollständigungsarten zu liefern. Syntaktisch sind die Teilsätze, die folgen, nicht abhängig vom Matrixsatz und auch untereinander nicht gleichartig, trotz der Koordination mit oder, denn es handelt sich um eine Infinitivstruktur und einen Hauptsatz. Ohne die verzögernden Heckenausdrücke so RICHtich, SA_mer mal und sozusagen so mit würde Johnnys Frage ungrammatisch wirken: Machst du es dann so untereinander klären oder irgendjemand legt fest so und so viel Kohle? Die eigentliche Frage Klärt ihr das untereinander oder legt irgendjemand fest, wer wie viel Kohle bekommt? ist aus der gesamten Äußerung zwar vom Rezipienten ableit- Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 288 bar, aber wurde so nicht im Voraus vom Sprecher geplant, sondern während des Sprechens erst ausformuliert. Dass die Folgebeiträge bei der Formulierung der Einleitung noch nicht geplant waren, zeigt sich außerdem darin, dass in den beiden unterschiedlichen Strukturen jeweils ein unterschiedliches Agens realisiert ist, die beide nicht mit dem Agens der Einleitungsstruktur übereinstimmen. Die beiden alternativen Handlungsweisen, die Johnny in seiner Frage vorbringt, sind untereinander klären, welches ein ihr impliziert, und irgendjemand legt fest (wie es mit der Zahlung des Unterhalts weitergeht). Mit machst du es so fragt Johnny also rückblickend betrachtet nicht konkret nach der Handlung, die Alvin plant durchzuführen, sondern danach, welche möglichen generellen Handlungsalternativen er wählt, an deren konkreter Durchführung aber auch andere (mit) beteiligt sind. Dies erinnert an die Funktion des in Abschnitt 6.6.1.2 analysierten Social Action Formats wir machen das so, mit welchem auf Handlungsmöglichkeiten anstelle von konkreten Handlungen verwiesen wird und bei dem das wir auch nicht unbedingt als handelnde Instanz in den Folgeäußerungen auftreten muss. Dieses obige Beispiel lässt vermuten, dass machen in Kombination mit so also auch in anderen (Projektor-)Konstruktionen oder SAFs - die sich formal und pragmatisch von wir machen das so unterscheiden - dazu verwendet werden kann, das Agens als Instanz zu rahmen, die die Handlung(en) auf die mit (das) machen verwiesen wird, nicht direkt ausführt, sondern nur (mindestens) davon betroffen ist. Ob diese Art von Verweis auf Handlungsmöglichkeiten vorwiegend durch die Kombination von machen und so durchgeführt wird oder ob auch spezifischere Verben mit so derart verwendet werden, könnte ein interessanter Aspekt für zukünftige Untersuchungen sein. Sprecher planen also nicht immer ihre Beiträge, bevor sie das Rederecht ergreifen. Sie können machen bei der Beitragsplanung auf unterschiedliche Weise und in unterschiedlichen Strukturen einsetzen, wenn sie zumindest wissen, dass sie eine im weitesten Sinne agentive Handlung ausdrücken wollen. Auch innerhalb von Beiträgen wird machen dann beitragsplanend eingesetzt, wenn es Sprechern vorwiegend darum geht, bestimmte Handlungen und Handlungsabfolgen zu beschreiben. Die folgenden dies illustrierenden Beispiele haben gemeinsam, dass die zweite Argumentstelle von einer Verbalphrase ausgefüllt wird, was in der Argumentstruktur von machen eigentlich nicht vorgesehen ist. Dennoch wird dies in diesen Fällen nicht von den Sprechern oder Rezipienten korrigiert oder negativ kommentiert. Es tritt in den Daten insgesamt nicht oft auf (n = 8), aber wenn es erscheint, geht es oft um eine Abfolge mehrerer Handlungsvorgänge und darum, Handlungen als Konsequenz aus bestimmten Sachverhalten darzustellen, wie in dem Ausschnitt aus einer Schichtübergabe in einem Krankenhaus, in welchem über einen Patienten gesprochen wird: Empirische Untersuchung 289 (76) FOLK_E_00111_SE_01_T_01_DF_01, Segment 185 [00: 08: 03-00: 08: 13] 01 MO aber die (depression) kann AUCH sein; 02 der is tEIlweise auch so bilanZIErend,=ne, 03 wenn du mit ihm so SPRICHST dann-=°h 04 dann (.) m macht er alles immer so reVUE passieren ,=ne, 05 (.) was so WAR bis jetz, 06 und überHAUPT, 07 was noch KOMmen könnte, 08 ZUkunftsmäßig,=°hh In dieser wenn-dann-Sequenz beschreibt der Sprecher, welches Verhalten ein bestimmter Patient an den Tag legt, wenn man ihn anspricht (Z. 03/ 04). Er bringt dies als Argument dafür an, dass der Patient Anzeichen einer Depression zeigen könnte (Z. 01). alles immer so reVUE passieren (Z. 04) ist keine komplette VP, da das lassen fehlt, was dafür spricht, dass der Sprecher den Ausdruck Revue passieren lassen nicht als Beschreibung für die Verhaltensweise des Patienten geplant hatte, als er seinen Beitrag begann; und auch dann noch nicht, als er bei der dann-Konsequenz angekommen war. Das kurze Zögern sowie das Stocken vor machen zeigen weiterhin, dass eine konkrete Bezeichnung für das, was er beschreiben möchte, noch nicht präsent ist, er wohl aber weiß, dass der Patient mit einer bestimmten Handlung reagiert und nicht mit einem bestimmten Zustandswechsel oder Zustand (wie bspw. dann wird er ganz still oder dann ist er ganz traurig). Rückblickend betrachtet verwendet der Sprecher so machen als Ersatzverb für lassen und formuliert eine markierte und unvollständige Version der festen Wortverbindung etwas Revue passieren lassen. Im Fluss der Onlineproduktion verwendet er machen aber eher wie ein Häsitationsphänomen, mit welchem er bereits angibt, dass er auf eine noch nicht weiter spezifizierte Handlung hinaus möchte, die er durch Revue passieren spezifiziert. In der Strukturierung einer Handlungsabfolge kann es auch passieren, dass eine konkrete Handlung durch machen + VP ausgedrückt wird und so Einheitlichkeit bei der Handlungsformulierung erreicht wird. Bei der Beschreibung ihres Erlebnisses mit einer A-Klasse stellt die Sprecherin im folgenden Ausschnitt zum Beispiel durch eine syntaktische Parallelität eine pragmatische Zusammengehörigkeit der unterschiedlichen Handlungen als Abfolge in einer Handlungskette dar, die sie in Form einer Listenkonstruktion vorbringt (Selting 2004). 255 Sie schafft so Kohäsion durch dasselbe syntaktische Strukturformat für alle aufeinanderfolgenden Handlungen: 255 Die Listenkonstruktion wird als Drei-Komponenten-Struktur beschrieben, mit der Liste als zweiter Komponente (Selting 2004, S. 4ff.). Die erste Komponente beschreibt dabei eine „‘Projektionskomponente’, die eine Fortsetzung projiziert“ (ebd., S. 7) und die letzte eine „Gestaltschließung“ (ebd., S. 8). Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 290 (77) FOLK_E_00175_SE_01_T_02_DF_01, Segment 21 [00: 14: 15-00: 14: 36] 01 SW ich bin neulich zum ersten mal mit so_ner PARKautomatik; 02 MITgefahren aber nur; 03 nd DES war mal Unheimlich [wie des- ] 04 MW [wenn_s PI][EPST? ] 05 FW [ Oj]e; 06 SW [nee; ] 07 MW [ Od][er, 08 nee? ] 09 SW [so dass des] alleine EINparkt; 10 dass du nIcht- 11 [ also da HEIßT] es bitte lAssen s- 12 MW [ach SO, ] 13 SW nehmen sie jetz die HÄNDE vom steuer, 14 und [DANN -=°h 15 FW [hua mam mam] 16 SW mlEnkt das dich a]lLEIne -= 17 =also das z[eigt dir an so_m pfEIl] an ob der parkplatz GROß [genug is oder nIch,=°h] 18 FW [mh ] 19 [ha °h] 20 SW [ und dann gehst du] WEG , 21 FW [ha ] 22 SW und dann macht das alLEIne einparken; 23 (0.2) 24 SW das war so_ne A klas[se; ] 25 FW [AH ] hier; Die Sprecherin Sybille (SW) leitet die Beschreibung der Handlungskette ein, indem sie die Zielhandlung dieser Abfolge beschreibt, nämlich dass des [Auto] alleine EINparkt (Z. 09). Um dies zu erreichen, „bittet“ das Auto den Autofahrer vor diesem Prozess darum, die Hände vom Steuer zu nehmen (Z. 11/ 13). Die weiteren Schritte des folgenden Vorgangs werden nach dem Muster und dann V [X] strukturiert: und dann lenkt dich das alLEIne (Z. 14/ 16), und dann gehst du WEG (Z. 20), und dann macht das alLEIne einparken (Z. 22). Bei der Handlungsbeschreibung in Zeile 22 füllt die Sprecherin die zweite Argumentstelle von machen mit der VP alleine einparken, die sie bereits in Zeile 09 als Beschreibung dessen, was das Auto tut, verwendet hat. Sie stellt also zum einen durch das und dann macht die syntaktische Struktur der anderen Punkte derselben Handlungskette dar - was ein Erkennungsmerkmal von Listenkonstruktionen ist (Selting 2004, S. 3) - und schafft außerdem durch die Wiederholung der Handlungsbezeichnung alleine einparken die Verbindung zu der einleitenden Handlungsbeschreibung. Dadurch formuliert sie in Zeile 22 eine grammatisch markierte Struktur, da sie machen durch eine VP spezifi- Empirische Untersuchung 291 ziert. Die Parallelität der Struktur hätte theoretisch auch ohne den Einsatz von machen aufrechterhalten werden können (und dann parkt das alLEIne ein), so aber lässt sich eine direkte Verbindung zu der bereits erwähnten Zielhandlung ziehen. Diese Verbindung könnte eine spontane Motivation sein, hier machen zu verwenden anstatt der VP alleine einparken für sich allein. Hier stellt sich allerdings die Frage, ob machen vielleicht - zumindest im gesprochenen Deutsch - grundsätzlich auch eine Spezifizierung durch VP erlaubt. Da dieses Verb in erster Linie eine bestimmte semantische (konkret: agentive) Verbindung herstellt, wird der Fokus auf die Bedeutungen von Subjekt und Objekt gelenkt, und wenn es keine strengen syntaktischen Restriktionen für die grammatische Form der zweiten Argumentstelle gibt, kann so auch eine VP fokussiert werden. Die Tatsache, dass alleine einparken hier an der Stelle einer Objekt-NP steht, kann zwar theoretisch auch so interpretiert werden, dass die Sprecherin diesen Ausdruck als NP verwendet, ihn also nominalisiert, was im Deutschen nicht durch grammatische Markierung angezeigt werden muss (alleine einparken - das Alleine-Einparken). Anhand der nur mündlich vorliegenden Daten lässt sich diese Unterscheidung aber nicht eindeutig treffen und angesichts der großen Variationsmöglichkeiten bei der Besetzung der zweiten Argumentstelle von machen lässt sich durchaus dafür argumentieren, dass Sprecher die Konzepte, die sie als von einem bestimmten Subjektreferenten durchgeführt oder mit einem Subjektreferenten in anderweitiger agentiver Verbindung darstellen möchten, in der Form versprachlichen, in der diese für sie kongitiv am greifbarsten sind. Im obigen Beispiel wurde das Konzept der Zielhandlung bereits durch eine VP versprachlicht (Z. 09) und am Ende der Beschreibung der Handlungskette, die dorthin führt, erneut in der syntaktisch selben Form mit Verbletztstellung ausgedrückt (Z. 22). Das kann man so deuten, dass die bereits mental vorhandene Form zur Versprachlichung desselben Konzepts wieder verwendet wird. Durch die Kombination mit machen ist so etwas möglich, denn semantisch wird einer Handlungsbeschreibung nichts weiter hinzugefügt als ein agentiver Aspekt, der ohnehin bereits vorhanden ist. Dieses Verfahren wird in den Daten nicht nur zur Beschreibung einer Handlungskette eingesetzt, sondern auch bei der Planung von unterschiedlichen Handlungsvorhaben, für die durch die syntaktisch parallele Struktur einer Listenkonstruktion eine pragmatische Zusammengehörigkeit als geplante Aktivitäten demonstriert werden kann, wie in dem Ausschnitt aus einem Meeting in einer sozialen Einrichtung. Hier werden die Aktivitäten für die kommende Woche geplant, wobei berücksichtigt werden muss, dass ein neues Kind zum Hospitieren kommt: Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 292 (78) FOLK_E_00024_SE_01_T_03_DF_01, Segment 525 [00: 58: 16-00: 58: 42] 01 HM und äh mOntags: (0.48) muss uns da halt irgendwas im HAUS eifalle,= 02 =weil ich (glab) wir mÜsse den schon im HAUS sehe; 03 was: wie wie der sich hier so mit der GRUPP irgendwie-=°hhh 04 versteht wie bei irgendwelchen AUSflüg,=h° 05 (0.46) 06 HM [°h is glab i jet]z NET s[o=h° ] (.) der hI[t; =h°] 07 AW [°hhh ] 08 [okay-] 09 XW [h° ] 10 AW na alla HOPP- 11 (0.67) 12 AW dann bleib ma mOntags zuHAUS ma-=äh 13 =[dann mach] ma hIEr noma KOchen, 14 MS [hm_hm; ] 15 (0.95) 16 MS un [dann? ] 17 AW [machen dann] wEnigst_en KLEInen ausflug; = 18 =also ich find ma [kann die kInder nur weil DER] hospitieren MUSS- 19 NG [nee s ja voll LANGweilig; = ] Nachdem Herbert (HM) angeführt hat, dass es am Montag nur Aktivitäten in der Einrichtung selbst geben kann (Z. 01), macht Annabelle (AW) ab Zeile 12 konkrete Vorschläge darüber, wie genau dies gestaltet werden kann. Dabei geht sie ähnlich wie die Sprecherin im vorherigen Beispiel (77) vor und schafft eine pragmatische Zusammengehörigkeit der aufgeführten Handlungen durch eine parallele syntaktische Struktur. In diesem Fall ist es keine Abfolge von Handlungen, die einen zusammengehörigen Vorgang ergeben, sondern eine Auflistung von unterschiedlichen Handlungen, die an einem bestimmten Tag durchgeführt werden sollen. Diese gehören also dadurch zusammen, dass sie das Gesamtkonzept der Aktivitätsplanung für den kommenden Montag darstellen. Die parallele Satzstruktur mit machen ermöglicht auch hier das Erstellen einer Listenkonstruktion, in der Aktivitäten, die eigentlich anhand unterschiedlicher syntaktischer Strukturen versprachlicht werden, da sie nominal (Ausflug) und verbal (kochen) sind, syntaktisch auf die gleiche Art dargestellt werden. Auch hier könnte eingewendet werden, dass es sich bei dann mach ma hIEr noma KOchen (Z. 13) um eine Nominalisierung des Verbs handelt und nicht um die Spezifizierung der Handlung durch eine VP; das ändert an der Funktionalität von machen in diesem Falle aber nichts. Die Handlung, die Annabelle als Plan für Montag beschreiben möchte, lässt sich am direktesten mit kochen ausdrücken und kann in dieser Satzstruktur mit machen in die Listenkonstruktion integriert werden. Auch hier scheint die Funktion von ma- Empirische Untersuchung 293 chen als Verbindungselement im Vordergrund zu stehen und nicht die Umformulierung eines verbalen Ausdrucks zu einem nominalen, um einer (nicht vorhandenen) grammatischen Restriktion Rechnung zu tragen. 256 Die letzten Beispiele illustrieren zwar keine ersichtlichen Formulierungsprobleme, so wie die Beispiele davor, dennoch zeigt sich hierbei besonders, dass mitunter das Konzept von Handlung oder (weit gefasster) Agentivität das ist, was der Sprecher (zusätzlich auch) ausdrücken möchte und dass die Spezifizierung dieser Handlung durch eine syntaktisch unmarkierte Ergänzung wie eine NP nicht allein relevant ist. Diese Beiträge wurden also insofern „vom Verb aus“ formuliert, als genau diese unspezifische Handlungsbedeutung von machen das ist, was (bis zu dem Zeitpunkt der Äußerung) Sprecher auf jeden Fall vermitteln wollen; die Verwendungen dienen also einer emergenten Formulierungsweise. Die Spezifizierung der Handlung ist bis dahin entweder noch nicht präsent oder es kommt den Sprechern darauf an, den entsprechenden agentiven Inhalt zu betonen. Diese Erweiterungen der Ergänzungen von machen - zumindest in der gesprochenen Sprache - sind angesichts dessen, dass dieses Verb für sich genommen kaum eigene Semantik mit sich bringt, nur konsequent. Daher sind die Restriktionen für die Anwendung minimal und besonders in einem vorwiegend pragmatisch motivierten Gebrauch entstehen so semantische und auch syntaktische Strukturen, die im schriftsprachlichen Gebrauch markiert wirken könnten, in einer gesprochenen Konversation allerdings nicht zu Reparaturen oder sonstigen Kommentaren führen, weil sie nicht als Fehler oder ungrammatische markierte Verwendung wahrgenommen werden. 256 Ein derartiges Beispiel konnte auch in den Daten „Schlichtung - Gesprächs- und Interaktionsanalyse eines Verfahrens zur Lösung sozialer Konflikte“ gefunden werden, welche im Zuge der Untersuchung zu wir machen das so genauer durchsucht worden waren. Dies stammt aus derselben Schlichtung wie Beispiel (60) in Abschnitt 6.6.1.2.1: (i) Diskurs: 3002.0; 1 Transkript: hure (Schlichtungsgespräch) [Kennung: SG201B] 01 CC erZÄHlen sie doch mal; 02 und dann hört das ehepaar blanenhauf mal ZU, 03 (0.6) 04 und dann machen_ma ma jEden einzelnen punkt erÖRtern. 05 AA ja. Diese Gespräche stammen aus den frühen 1980er Jahren aus dem Raum Nordrhein-Westfalen und sind institutioneller Natur. Die Füllung der Objektargumentstelle mit einer VP kann also als ein, wenn auch nicht häufig auftretendes, dann doch in der gesprochenen Sprache durchaus auffindbares und auch in der Vergangenheit verwendetes Phänomen betrachtet werden. Man beachte zusätzlich, dass auch in diesem Beispiel die machen-Äußerung mit einem dann-Anschluss formuliert wird, dass es hier um eine Handlungsabfolge geht, die beschrieben wird, und dass außerdem eine Handlungsinitiation vorliegt. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 294 Der Einsatz von machen zur Beschreibung von Vorgängen oder Handlungen in Fällen, in denen Sprecher noch kein spezifisches Handlungsverb zur Verfügung haben, aber dennoch ihren Redebeitrag beginnen, ist besonders in Fällen ersichtlich, wenn sich Sprecher innerhalb ihres Beitrags zu dem spezifischen Ausdruck hin selbst reparieren. In diesen Fällen zeigt sich, dass der Planungsprozess während der Produktion des Beitrags noch nicht abgeschlossen war und die spezifische Bezeichnung der Handlung für den Sprecher erst nach der Formulierung des generellen Handlungsverbs präsent wurde. In den Fällen der Selbstreparatur entscheiden sich die Sprecher dann dafür, den präziseren Ausdruck in ihre Äußerung zu integrieren, anstatt durch machen und den entsprechenden Spezifizierungen einen semantisch äquivalenten Ausdruck zu kreieren. Eine solche Reparatur kann durchaus fließend ablaufen, indem das spezifische Verb während der Äußerung ohne sichtbare Verzögerungs- oder Reparaturprozesse nach dem generellen Verb „nachgeliefert“ wird, um es so nachträglich zu ersetzen (retrospektive Selbstreparatur (Pfeiffer 2015, S. 53ff.) mit minimaler Retraktionsspanne 257 (ebd., S. 10)); so beispielsweise in diesem Ausschnitt aus einer Unterrichtsstunde, in dem ein Schüler den Inhalt eines Kafka-Romans nacherzählt: (79) FOLK_E_00120_SE_01_T_02_DF_01, Segment 64 [00: 41: 52-00: 42: 00] 01 HY des macht eigentlich (.) KA auch, 02 er macht unternimmt [NICHTS, (.) 03 HK [eine miNUte noch-] 04 HY und WARtet; ] 05 EIgentlich. (.) 06 er unterNIMMT zwar was, 07 aber er wartet so wie ER; 08 auf_m STUHL? unternehmen suggeriert bei dieser Reparatur in Zeile 02 mehr noch als machen, dass es sich um die (Nicht-)Durchführung einer geplanten Unternehmung handelt, denn dieses Verb impliziert die Erwartung, dass etwas unternommen werden sollte, was bei machen nicht der Fall ist. Auch wenn also die Reparatur von machen zu unternehmen keine große Veränderung auf semantischer Ebene beinhaltet, stellt unternehmen das Konzept einer eng gefassten Agentivität her, die Willentlichkeit und Absicht impliziert und ist zugleich zielgerichteter. Da der Fokusakzent auf dem NICHTS liegt (Z. 02), ist erkennbar, dass es dem Schüler hier aber eher darauf ankommt, das Unterlassen von jeglichem Handeln zu betonen, als darauf, was für eine Art der Handlung (ob 257 Retraktionsspanne bezeichnet das Intervall in der Äußerung, welches der Sprecher bei einer Reparaturdurchführung wiederholt, bevor er das Reparans (der ersetzte Ausdruck) ausspricht. Wenn direkt das Reparandum (der zu reparierende Ausdruck) ersetzt wird, entspricht dies einer minimalen Retraktionsspanne (Pfeiffer 2015, S. 10). Empirische Untersuchung 295 bezüglich der Umstände oder generell) vom Buchcharakter nicht durchgeführt wird. Die Korrektur kann auch dadurch begründet sein, dass machen in dieser Unterrichtssituation als zu umgangssprachlich empfunden wird oder auch, dass eine Wortwiederholung (vgl. Z. 01) korrigiert werden sollte. Häufig setzen Sprecher auch für eine Korrektur hin zu einem spezifischeren Verb ihre Äußerung ganz neu an und wiederholen dabei die Elemente, die unproblematisch waren (Retraktion, Pfeiffer 2015, S. 9ff.). 258 Hierbei ist dann auch mitunter erkennbar, dass eine Beschreibung derselben Semantik durch einen Ausdruck mit machen vergleichsweise schwieriger gewesen wäre. Auch wenn dieses Verb universell für sehr viele Handlungsbeschreibungen einsetzbar ist, so ist doch in manchen Fällen einiges an Spezifikationsarbeit zu leisten, um eine ganz bestimmte Handlung oder Vorgehensweise mit Hilfe von machen auszudrücken; oder aber die usuellen und kollokativen Verbindungen haben nicht die angemessene Bedeutung für die Aussage, die getroffen werden soll, so dass ein spezifisches Handlungsverb als die angemessenere Alternative erscheint. Dies lässt sich an folgenden Beispielen illustrieren, in denen eine Sprecherin einmal eine Handlung und einmal einen Zustand versprachlichen möchte und in beiden Fällen den Ausdruck mit machen hin zu einem spezifischeren Ausdruck korrigiert. Beide Beispiele stammen aus demselben Meeting in einer sozialen Einrichtung: (80) FOLK_E_00022_SE_01_T_02_DF_01, Segment 975 [00: 49: 06-00: 49: 18] 01 AW find ich ja von den leuten cool geDACHT; =ja, 02 selber hartz VIER empfänger; = 03 =sisch überLEGT, 04 WIE mach isch; 05 WIE koch isch so, 06 dass die kohle auch wirklisch auch ma n monat REISCHT- 07 und NET nur-=°h 08 nach_m reZEPTbuch- 09 EInen tag gut essen und den rest verHUNgern; Annabelle (AW) initiiert eine Selbstreparatur von machen zu kochen bei der Beschreibung eines Hartz-IV-Kochbuchs, das sie verschenken möchte. Diese Reparatur ist nicht absolut essenziell für das generelle Verständnis der Aussage, doch sie zeigt, dass es der Sprecherin wichtig ist zu beschreiben, dass die Buchautoren nicht nur auf eine unbestimmte Weise versuchen zu bewirken, 258 Bei der Ersetzung von machen durch ein spezifischeres Verb liegt außerdem eine semantische Reparatur vor, speziell eine lexikalische Korrektur (Pfeiffer 2015, S. 59f.). Sprecher empfinden dabei das Reparandum im Kontext der eigenen Äußerung nicht als wahr (ebd.) bzw. in den Fällen von machen empfinden sie wahrscheinlich - wie die vorliegenden Analysen nahelegen - den Ausdruck, den sie mit Hilfe des Verbs formulieren können, nicht als passend oder sie finden keine adäquate Ergänzung und weichen auf ein präziseres Verb aus. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 296 dass die kohle auch wirklisch auch ma n monat REISCHT (Z. 06) für die Leser, sondern dass es speziell um das Geld für Essen geht. Eine derartige Deutung ergibt sich nicht allein aus dem Inhalt des Satzes in Zeile 06, könnte aber dennoch aus der Assoziation des Subjektreferenten isch mit den Autoren des Hartz-IV-Kochbuchs inferiert werden. Trotzdem scheint Annabell diese Unterspeziertheit von machen in diesem Kontext bewusst zu sein und auch, dass der konkrete Bezug, den kochen zur Finanzierung des Essens herstellt, diese Uneindeutigkeit beseitigt. Diesen konkreten Bezug hätte die Sprecherin andernfalls durch weitere sprachliche Spezifikationen herstellen müssen, indem sie zum Beispiel durch eine referenzielle mit-PP (vgl. Bücker 2012) eine Assoziation mit Essen oder Kochen schafft (wie mach ich das mit dem Essen so, dass …). Im anderen Beispiel möchte Annabelle (AW) ihre Verwirrung zum Ausdruck bringen, also einen Zustand beschreiben, in den sie durch die Handlungen der Mutter eines der Kinder, die sie betreut, versetzt wird: (81) FOLK_E_00022_SE_01_T_03_DF_01, Segment 1325 [01: 34: 38-01: 35: 24] 01 AW isch mag die frau rosenthal total, 02 und isch finde sie is [für SICH ge]nommen,=°h 03 SZ [((räuspert sich)) ] 04 AW sehr KLAR; 05 (0.25) 06 ((weitere Ausführungen über Frau Rosenthal und ihren Sohn, ca. 32 Sekunden ausgelassen)) 07 (1.54) 08 AW und kippt an_ner STELle um, 09 wo se einfach vielleisch ma hätte net (.) UMkippen sollen; 10 nur weil er mal REdet; 11 (0.86) 12 AW des macht misch [GANZ- 13 SZ [hm_hm] 14 AW des ver]wIrrt mich SEHR; 15 SZ °h ja aber ich WEIß net; Auch hier bricht die Sprecherin den Beitrag in Zeile 12 ab und setzt von vorne an, um das Verb zu ersetzen. Die Formulierung mit machen lässt schon erkennen, dass sie die Situation mit Frau Rosenthal, auf die sie mit das zurückverweist, als Grund für einen bestimmten Zustand ansieht, den sie in der ursprünglichen Struktur durch eine AP hätte bezeichnen müssen, da sie den Bezug zwischen der Situation (das) und sich selbst (misch) bereits verbalisiert hat. Sie wusste also zu Beginn der Beitragsformulierung, dass sie ausdrücken möchte, dass das, was sie soeben ihren Kolleginnen beschrieben hat, eine bestimmte Eigenschaft oder einen Zustand bei ihr hervorruft. Die Wahl dieser machen + Objektsprädikativ-Struktur lässt der Sprecherin rein semantisch vie- Empirische Untersuchung 297 le Optionen, den bei ihr verursachten Zustand auszudrücken, die kollokativen und usuell gebrauchten Verbindungen haben dabei jedoch eine eher negative Konnotation (bspw. macht mich ganz irre/ verrückt), die der Sprecherin nicht als Ausdruck angemessen erscheint. Die Reparatur hin zu des verwirrt mich sehr lässt außerdem darauf schließen, dass die Sprecherin den Zustand, den sie ausdrücken möchte, nur als verbale Formulierung präsent hat, bzw. dass dieser Ausdruck am ehesten ihren Zustand beschreibt, so dass sie die gesamte Äußerung wiederholt und das entsprechende Verb austauscht, anstatt eine adjektivische Ergänzung zu suchen oder eine ihr nicht adäquat erscheinende Konnotation auszudrücken. 259 6.6.4.1 Zur pragmatischen Verwendung der Onlineplanung: Auffordern zu und Ankündigen von Handlungen Die Analyse der Slotbesetzungen vor und nach machen mit dem Analysetool lexpan (vgl. Abschn. 2.2) hat ergeben, dass dann an dritter Stelle der häufigsten Ausdrücke direkt vor machen auftritt und wir am zweithäufigsten direkt hinter machen. 260 Dieses Ergebnis deckt sich mit den Funktionen, die für machen in diesem Abschnitt herausgearbeitet werden sollen, nämlich dem Auffordern zu und Ankündigen von Handlungen. Dies geschieht häufig - aber nicht immer - zum einen mit einem dann-Anschluss, welcher unter anderem Übergänge zu neuen Handlungen oder Handlungsaufforderungen einleitet (Deppermann/ Helmer 2013, S. 22ff.). Zum anderen werden bei diesen Aufforderungen und Ankündigungen öfters alle Beteiligten sprachlich mit einbezogen, so dass Aufforderungen eher durch einen Adhortativ oder Deklarativ ((dann) machen wir X) 261 als durch einen Imperativ (mach X! ) ausgedrückt werden und auch die Ankündigungen teilweise als Vorschläge formuliert werden. 259 Dies ist ein Beispiel für die (ebenfalls vorhandene) Tendenz, eine formal markierte Formulierung durch eine Reparatur zu vermeiden, denn hier wäre das macht mich ganz verwirrt theoretisch auch möglich und durchaus verständlich gewesen. 260 Konkret konnte Folgendes beobachtet werden: Betrachtet man die häufigsten Slotbesetzungen direkt vor und hinter machen, so ist die Kombination dann machen die dritthäufigste für die Anfrage # machen, häufiger sind das machen und was machen. Für die Anfrage machen # ist machen wir sogar die zweithäufigste Kombination, nur ein Sprecherwechsel (also machen SPK) kommt öfter vor. Betrachtet man die Slotfüller vor und hinter machen in Kombination (# machen #), ist dann machen wir sogar die häufigste Kombination. 261 Adhortativ und Deklarativ lassen sich formal nicht immer eindeutig auseinander halten, denn das dann allein schließt den Adhortativ nicht aus, da auch V1-Formate - auch Imperative - mit dem Finitum vorangestellter Konstituente auftreten können (vgl. Dann mach doch! ). Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 298 machen kann also von Sprechern zusätzlich zu der Erleichterung der Beitragsplanung auch diskursstrukturierend eingesetzt werden, wenn es darum geht, eigene Handlungen anzukündigen oder die von anderen zu initiieren. Der Zusammenhang liegt darin, dass auch hier Sprecher ihren Beitrag erkennbar daraufhin planen, generell bestimmte Sprachhandlungen ausführen zu wollen, wie zu einer Handlung aufzufordern oder eine eigene Handlung anzukündigen und dass sie dabei weniger eine bestimmte Handlung semantisch ausdrücken wollen. In den Daten wird machen hierzu in adhortativer bzw. deklarativer oder imperativischer Form verwendet. Der Imperativ gilt als ein Modus, 262 der generell zur Aufforderung 263 an Personen verwendet wird (Duden 2005, S. 547). In der lexikografischen Behandlung von machen wird die imperativische Verwendung auch aufgeführt, und zwar ohne vollständige Satzstruktur, sondern nur als Einzelverb (mach! ) oder in Kombination mit Adverben ((nun) mach schon! ). 264 Laut Bedeutungsangaben und Paraphrasen wird machen derart verwendet, um zur Eile aufzufordern. 265 Die hier analysierten Fälle demonstrieren, dass Sprecher machen auch dazu einsetzen, um entweder Handlungen bei Rezipienten oder Themenwechsel (durch Ankündigungen eigener Handlungen) zu initiieren. In der folgenden Prüfungssituation initiiert der Prüfer (CH) zum Beispiel metakommunikativ einen Themenwechsel: (82) FOLK_E_00015_SE_01_T_01_DF_01, Segment 482 [00: 13: 25-00: 13: 46] 01 CH dann äh la lassen [lassen wir das] STEhen, 02 FR [ ((lacht)) ] 03 CH °h äh EInfach, 262 Zu der Stellung des Imperativs im deutschen Modussystem siehe Donhauser (1986, S. 40ff.) und Marillier (2006, S. 150ff.). Beide bezeichnen den Begriff des Modus als „verschwommen wie sonst kaum ein anderer linguistischer Begriff“ (Marillier 2006, S. 150) bzw. als „heterogene Gruppe“ (Donhauser 1986, S. 40), weswegen die Einteilung des Imperativs im Modussystem nicht unproblematisch ist. 263 Dies ist nicht unumstritten bzw. nicht immer der Fall bei imperativischen Äußerungen, siehe bspw. Marillier (2006, S. 159f.). Diese Uneindeutigkeit bezieht sich zum Beispiel auf Imperativsätze wie Leb wohl! oder Mach’s gut! , die Donhauser (1986) als „im Imperativ formulierte[] Wünsche[]“ bezeichnet (ebd., S. 108). 264 So wird bspw. im WDG (1981a, S. 2415, Punkt 10) folgende Paraphrase aufgeführt: „sich in Eile bewegen, sich beeilen“ für mach doch! mach, mach! und mach schon! ; bei Wahrig (2011, S. 966): „beeile dich! “ für mach doch! nun mach (aber)! ; im DUW (2011, S. 1144, Punkt 16): „sich beeilen“ für nun mach schon! 265 Anhand der Daten lässt sich diese eingeschränkte Verwendungsweise nicht bestätigen: mach im Imperativ ohne jegliche Satzglieder fordert nicht exklusiv zur Eile auf, sondern wird auch eingesetzt, um bspw. eine Erlaubnis zu erteilen oder Zustimmung auszudrücken (siehe Abschnitte 6.3.3 und 6.3.4 zur Bedeutungsspezifizierung von machen auf außersprachlicher Ebene und für Beispiele zu imperativisch verwendetem machen als Handlungserlaubnis). Empirische Untersuchung 299 04 mo WOLLT ich sie auch auf diese (.) diese schwIErigkeit etwas AUf[merksam] machen; =also; = 05 FR [hm_hm, ] 06 CH =DAS ist ein-=°h 07 ein sysTEM, 08 mit einem phonologischen ANsatz; 09 (0.33) 10 CH äh zur (0.48) besSCHREIbung. 11 (1.38) 12 CH machen wir den (.) WECHsel, 13 sie ham nen ANderes,=öh- 14 systEm noch angeführt das äh GAT,=h° In diesem Prüfungsgespräch leitet der Prüfer gerade das Ende eines Topiks ein (Z. 01), erklärt aber danach noch weiter, warum er das vorherige Thema überhaupt angesprochen hat. In Zeile 12 initiiert er einen Themenwechsel. Durch die Struktur seiner Formulierung lässt sich erkennen, dass er die Onlineplanungsqualität von machen nutzt, um zunächst einmal den Turn weiterzuführen und generell eine Handlung zu initiieren. 266 Hier muss also die Art des Wechsels bei der Struktur mit machen nicht unbedingt erwähnt werden, anders als es bei dem transitiven Verb wechseln, bei dem der Objektreferent die Art des Wechsels (wechseln wir das Thema) oder das Ziel darstellen muss (wechseln wir zu GAT ), der Fall ist. 267 Durch den Beginn mit machen, also durch die Nutzung der V1- oder V2-Satzstruktur (bei einem Anschluss mit dann), kann sich der Prüfer bei der Formulierung des Turns überlegen, welche Handlung genau er initiieren möchte, und kann diese zunächst einmal etwas vage halten und gegebenenfalls in weiteren Intonationsphrasen genauer spezifizieren, indem er zum Beispiel dann angibt, welche Art von Wechsel er durchführen möchte. Dass machen hier eine Art der Durchführung versprachlichen soll, wird aus dem Bezug zu 266 Durch seine Rolle als Prüfer obliegt es dem Sprecher in dieser Situation - nach Beeidigung eines Themas -, den weiteren thematischen Verlauf der Interaktion zu bestimmen. Da er das Thema selbst durch erweiternde Erklärungen beendet hat, übernimmt er nun nicht neu den Turn, sondern führt ihn nur weiter; durch die Initiation des Themenwechsels markiert er aber hier in gewisser Weise einen neuen Abschnitt im Diskurs. 267 Zeschel/ Proske (2015) beschreiben einen bestimmten Frame zum Themenwechsel (Topic_ change, ebd., S. 132), welchen sie mit dem folgenden Muster assoziieren: (dann/ jetzt) kommen/ gehen NP.1SG|PL SUBJ (dann/ jetzt) (mal) in/ zu/ auf NPOBL (ebd., S. 135). Er wird meist im Adhortativ verwendet (ebd.). Der sequenzielle Kontext dieses Musters ist ähnlich dem der hier aufgeführten machen-Verwendungen zum Themenwechsel (häufig turninitiale Metakommunikation zur Themenprogression in eher institutionellen Interaktionen, die ein bestimmtes Ziel haben, wenn das vorherige Thema nicht weiterverfolgt werden kann, ebd., S. 136), nur dass das neue Thema - wenn machen als Verb anstelle von kommen oder gehen verwendet wird - nicht als Ziel verbalisiert werden muss (siehe Beispiel (82)), wohl aber kann (siehe Beispiel (83)). Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 300 Wechsel deutlich, welches eine Handlung beschreibt. Die Art des Wechsels - ein Themenwechsel - ergibt sich aus der Situation des Prüfungsgesprächs und dem bisherigen Kontext der Abarbeitung von prüfungsrelevanten Themen. Dadurch, dass seine initiale Themenbeendigung in Zeile 01 nicht wirklich das Thema abgeschlossen hat, weil der Prüfer noch eine Erklärung hinterher abgegeben hat, erklärt er durch seine explizite Themenwechselinitiation dem Prüfling außerdem metakommunikativ die Natur der weiteren Diskursstruktur. Er macht damit also auch deutlich, wie das Gespräch nun weiter verläuft und nutzt diese machen-Struktur zur Strukturierung des weiteren Ablaufs. Themenwechsel können auch weniger metasprachlich in Form einer Handlungsankündigung initiiert werden, indem machen mit dem konkreten anstehenden Thema kombiniert wird, wie es in einem Meeting in einer sozialen Einrichtung geschieht: (83) FOLK_E_00026_SE_01_T_02_DF_01, Segment 804 [01: 09: 39-01: 09: 54] 01 HM gut=h° soWEIT, 02 SZ ja; 03 (0.43) 04 HM (alla [HOPP); ] 05 SZ [((räusp]ert sich)) 06 (0.27) 07 HM do mAche mer mol info jakob 08 also ich glaab de jakob wird uns: - 09 (0.25) 10 HM °h zu de sOmmerferie verLASse; =h° 11 AW was, 12 wieSO; 13 (1.15) 14 HM wEIl er in der schUl h° nix LERNT; =h° Hier wurde das vorherige Thema offensichtlich von Herbert (HM) beendet (Z. 01), bevor er zu dem nächsten überleitet (Z. 08). Im Rahmen der generellen Gesprächsfunktion einer Teambesprechung, in welcher relevante Themen sprachlich behandelt werden und in Kombination mit Info Jakob, was semantisch einen Themenkomplex bezeichnet - nämlich Informationen über eines der betreuten Kinder -, kann machen als reden über (Informationen über Jakob) oder (Informationen über Jakob) thematisch behandeln interpretiert werden. Dies ist in dieser Situation und bezogen auf die benannte NP die relevante Handlung, die Herbert auch direkt im Anschluss selbst einleitet, indem er Informationen über Jakob weitergibt, damit dies im Anschluss vom Team besprochen werden kann. Empirische Untersuchung 301 Wie auch im vorherigen Beispiel (82) schließt sich der Sprecher beim Themenwechsel in die auszuführende Handlung mit ein, da sie sowohl ihn, als Initiator, als auch die Rezipienten, als diejenigen, die das Thema weiter ausführen sollen, betrifft. (dann) machen wir als Einleitung einer Äußerung kann so diskursorganisierend eingesetzt werden und die Aufmerksamkeit der Rezipienten auf ein zu behandelndes Thema lenken oder auch auf eine andere zu bewältigende Aufgabe, welche sich in der Objektposition ausdrücken lässt. Da machen semantisch keine spezifische Handlung ausdrückt, lässt sich die Art der Handlung, die der Sprecher einleitet, auf der Ebene des Gesprächskontexts im Zusammenhang mit der Bedeutung des Objektreferenten inferieren. Hier lässt sich die Funktion von machen als Durchführungsrahmung teilweise erkennen, wenn Sprecher ihre Aufforderungen durch metonymisch zu interpretierende NPn ausdrücken, wie Eigennamen oder Zeitpunkte. In der Funktion als Themenwechselinitiation wird im Zusammenhang mit Abbrüchen und Reparaturen erkennbar, dass die semantische Leere von machen dazu genutzt wird, die Handlung des Themenwechsels bereits einzuleiten, bevor eine konkrete mentale Ausformulierung der folgenden Handlung passiert ist, wie hier der Prüfer aus einem anderen Prüfungsgespräch: (84) FOLK_E_00059_SE_01_T_01_DF_01, Segment 274 [00: 12: 34-00: 12: 46] 01 GVT sie ham ja eben geSAGT er-=°h 02 er wählt AUS, 03 aus verSCHIEdenen- [°h] °h äh 04 MF [hm] 05 GVT aus aus verschIEdenen LANDschaften; =°h 06 MAchen ma jetz einfach- 07 kOnzentrieren ma uns ma auf MOnophthongierung DIPHthongierung; 08 das is_n °h sehr handfestes THEma; In diesem Ausschnitt leitet der Prüfer (GVT) in Zeile 06 einen Themenwechsel ein, indem er mit MAchen ma jetzt einfachzu einer Handlung auffordert, die ihn selbst einschließt. In diesem Fall folgt aber keine Bezeichnung des Themas, sondern der Sprecher führt eine Selbstreparatur durch und wählt nach dem Abbruch der Äußerung ein anderes Verb, um konkret zur Handlung konzentrieren aufzufordern. Anders als machen impliziert konzentrieren eher den Aspekt der Fokussierung als den der Durchführung, fordert also zu einer spezifischeren Handlung bezüglich des durch das Akkusativobjekt benannte Thema auf. Diesen Aspekt zu kommunizieren war für den Sprecher anscheinend ebenso relevant in der gegebenen Situation, wie die Aufforderung zum generellen Themenwechsel, welcher nach dieser Äußerung auch vorgenom- Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 302 men wird. 268 Die vorherige und aufgegebene Formulierung zeigt die Tendenz, das Verb machen zur Themeninitiierung zu nutzen; das Verb konzentrieren kann hier jedoch sowohl den Themenwechsel initiieren, als auch den Aspekt der Fokussierung betonen - was machen allein nicht leisten kann. Die initiierte Handlung macht natürlich nur dann einen Themenwechsel relevant, wenn dies in der jeweiligen Situation im Zusammenhang mit dem Objektreferenten eine sinnvolle akute Handlung darstellt und der Objektreferent als Thema interpretiert werden kann und nicht als Handlung selbst; wenn der Objektreferent als Handlung interpretierbar ist, stellt die Äußerung eine Handlungsinitiation dar und eröffnet eine Aktivitätssequenz. machen wir kann auch eine andere spezifische, in der aktuellen Situation relevante Handlung initiieren, die Rezipienten ebenfalls aus dem Kontext und der Semantik (oder sinnvollen metonymischen Interpretation) des Objektreferenten inferieren können (bspw. machen wir jetzt den Schrank in der Situation eines Umzugs oder beim Möbelaufbau). In adhortativer Verwendung scheint machen aber eher eingesetzt zu werden, um Themenwechsel zu initiieren. Der Adhortativ wird tendenziell dann eingesetzt, wenn Sprecher zu „bestehende[n] Obligationen“ auffordern (Zifonun/ Hoffmann/ Strecker 1997, S. 149), also zu Handlungen, die von vornherein für alle Beteiligten feststehen. In Prüfungs- und Unterrichtssituationen sowie bei generellen Lagebesprechungen, in denen von vornherein klar ist, dass unterschiedliche Themen und Themenkomplexe sprachlich abgehandelt werden, sind Themenwechsel vorprogrammiert, so dass es nicht verwunderlich ist, dass Sprecher diese Wechsel durch adhortative Formen initiieren. Anders als der Imperativ bezieht der Adhortativ - zumindest wenn mit einem inklusiven wir verwendet - sowohl Rezipienten als auch Sprecher ein, kann also derart interpretiert werden, dass der Sprecher zu einer Handlung auffordert, an der er selbst teilzunehmen gedenkt. Um zu Handlungen aufzufordern, die exklusiv vom Rezipienten ausgeführt werden sollen, verwenden Sprecher eher die imperativische Form. Hier ist das Paar Philipp (PB) und Anita (AM) gerade dabei, ihren Thailandurlaub zu planen und ihre Hotelzimmer im Internet zu buchen: 268 Auch zu beachten ist hier der erhöhte Planungs- und auch Formulierungsaufwand für die Argumentstruktur, die konzentrieren verlangt im Gegensatz zu machen. Vgl.: konzentrieren wir uns jetzt mal auf NP vs. machen wir jetzt mal NP. Der zusätzliche Fokus und auch die höhere Usualität und vermutlich auch Stilebene, die sich konzentrieren auf im Gegensatz zu machen liefert, können hier als Gründe für den Sprecher vermutet werden, diesen Mehraufwand zu betreiben. Empirische Untersuchung 303 (85) FOLK_E_00030_SE_01_T_02_DF_01, Segment 174 [0: 30: 30-00: 30: 36] 01 PB was is (.) Unterschied zwischen standard dOUble und TWIN, 02 AM mh weiß- 03 mh mach ma DOUble ; 04 (.) twIn heißt ZWEI betten; Die Handlung, zu der Anita Philipp in Zeile 03 auffordert, lässt sich wie bereits beschrieben aus dem außersprachlichen Kontext der Hotelbuchungssituation sowie dem Bezug von DOUble zu einer bestimmten Art von Hotelzimmer inferieren. Mit mach ma DOUble fordert Anita ihren Freund also dazu auf, bei der Buchung des Zimmers die Option Double auszuwählen anstatt Twin. Da Philipp derjenige ist, der direkt am Rechner sitzt und die Buchungshandlungen ausführt und es hier nicht darum geht, thematisch die Wahl zwischen einen Doppelbett- und einem Zweibettzimmer zu diskutieren, ist die Wahl des Imperativs, welcher sich nur auf den Rezipienten bezieht, hier nachvollziehbar. Ein Adhortativ wäre in dieser Situation dann sinnvoll, wenn es nur um die Wahl geht, nicht um die konkrete Buchungshandlung. Um durch einen Adhortativ die Buchungshandlung selbst zu initiieren, wäre machen wir mal Double also keine pragmatisch sinnvolle Option gewesen, sondern eher lass uns mal Double nehmen. 269 Auch bei direkten Handlungsaufforderungen wird machen mitunter bereits dann initiierend verwendet, wenn Sprecher den genauen Ausdruck für die Handlung, die jetzt folgen soll, kognitiv noch nicht vollständig geplant haben. Wie auch im weiter oben analysierten Beispiel (84) gezeigt, ist das in Situationen nützlich, in denen Sprecher sich durch ihre Position/ Rolle in der Situation in der Pflicht sehen, den Verlauf der Interaktion zu dirigieren, wie der Prüfer in einem Prüfungsgespräch, der Teamleiter in einer Teambesprechung oder, wie in folgendem Ausschnitt, ein Lehrer in einer Unterrichtssituation: 269 Ein weiterer wesentlicher Unterschied in den hier gezeigten Aufforderungshandlungen mit Adhortativ und Imperativ liegt darin, dass die adhortativischen Formulierungen zu Handlungen auffordern, welche innerhalb der laufenden globalen Situation (wie Prüfungsgespräch, Unterrichtsstunde, Teambesprechung) zwar anstehen, aber dennoch eine neue Aufgabe (wie Themenwechsel) beinhalten, also ein neues „Projekt“ für Sprecher und Rezipienten eröffnen (vgl. Zinken/ Deppermann 2017). Die imperativischen Aufforderungen beziehen sich dagegen tendenziell auf Handlungen, die der Rezipient schon im Begriff ist auszuführen, wie bspw. das Anklicken einer bestimmten Option während der laufenden Buchungshandlungen. Zinken/ Deppermann zeigen in ihrer Untersuchung, wie die Komplexität von imperativischen Strukturen zunimmt, je weniger sich die Rezipienten als zu der entsprechenden Handlung hin orientiert zeigen, bzw. je weniger sicher sich die Sprecher der Orientierung zu der fraglichen Handlung seitens der Rezipienten sind. Adhortative formulieren zwar ebenfalls Aufforderungen, sind aber strukturell per se komplexer als einfache Imperative, wie bspw. mach mal. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 304 (86) FOLK_E_00124_SE_01_T_02_DF_01, Segment 3 [00: 27: 32-0: 27: 50] 01 PM na mAch mal in EIgenen worten. 02 (0.47) 03 PM wAs dir diese strophe SAGT; 04 (3.1) 05 UR ja es KOMMT wohl- 06 (0.29) 07 UR im Ersten vers kommt wohl ne (.) FRAU irgendwie rein, 08 (0.26) 09 UR oder; 10 (0.26) 11 PM ja MACH doch - 12 verSUCH_s doch mal so wie-=°h (.) 13 so wie_s tina AUCH gemacht hat; =°h 14 mal in in in EIgenen wOrten ; 15 (0.36) 16 PM in dEInem (.) in DEInem deutsch (des/ es) zu beschreiben ; In dieser Unterrichtssituation versucht der Lehrer (PM) eine bestimmte Handlung zu initiieren, nachdem ein Schüler (UR) ein Gedicht vorgetragen hat (direkt vor dem gezeigten Ausschnitt). In dieser konkreten Situation obliegt es der Lehrperson, wenn die Schüler keine Anzeichen von Eigeninitiative zeigen, den Unterrichtsfluss zu bestimmen und generell aufrecht zu erhalten, etwa indem sie der Situation angemessene Handlungen ihrer Schüler initiiert, wie es der Lehrer hier tut, nach der Rezeption eines Gedichts, welches besprochen werden soll. Auch er verwendet dafür eine machen-Struktur, diesmal in imperativischer Form, denn er fordert eine bestimmte Handlung vom Schüler und bezieht sich in diesen Handlungsprozess nicht selbst mit ein, wie die Prüfer in den Beispielen (82) oder (84). Es ist hier ebenfalls erkennbar, dass dem Sprecher ein konkreter Ausdruck für die Handlung, die er vom Schüler verlangt, nicht sofort einfällt, dass er aber dennoch den Turn übernimmt und beginnt (und auch in der Lage ist - durch die Verwendung von machen) eine Aufforderung zu formulieren. Er verwendet also - wie die Sprecher in den gezeigten Beispielen zum Adhortativ - machen als Einstieg, um eine Aufforderung auszusprechen, deren Inhalt er noch nicht vollständig lexikalisch durchgeplant hat. Was der Schüler konkret machen soll, wird durch die PP in EIgenen worten (Z. 01) und den Nebensatz wAs dir diese strophe SAGT (Z. 03) ausgedrückt. Keiner der gewählten Ausdrücke kann jedoch die Vorgehensweise selbst konkret spezifizieren, denn sie benennen nur die Mittel (eigene Worte) und den Inhalt (was die Strophe dem Schüler sagt). 270 270 Die PP in eigenen Worten spezifiziert die Handlung, die der Schüler ausführen soll, dahingehend, dass er etwas äußern soll und zwar etwas, das von ihm selbst stammt. Er soll also Empirische Untersuchung 305 Die Selbstreparatur in den Zeilen 11 und 12, nach dem zögerlichen Versuch des Schülers, der Aufforderung des Lehrers nachzukommen, zeigt den erneuten Versuch des Lehrers, mit derselben Formulierung die Handlung des Schülers zu initiieren; doch er bricht diese ab und verwendet ein anderes Verb, nämlich versuchen, welches anders als machen semantisch die Möglichkeit ausdrückt, die verlangte Handlung nicht vollständig oder nicht korrekt ausführen zu müssen. Da versuchen ebenso wenig wie machen eine konkrete Handlung denotiert und der Lehrer diese Angabe als Anweisung für den Schüler geben muss, versucht er auch hier eine konkrete Handlung zu benennen. Der konkrete Ausdruck fällt jedoch erst in Zeile 16 (beschreiben), nachdem der Lehrer zuerst durch die Gleichsetzung mit der Handlung einer anderen Schülerin (Z. 13) und durch dieselbe adverbiale PP wie zu Beginn des Ausschnitts (in EIgenen wOrten, Z. 14) die Handlung näher zu spezifizieren versucht. Aus theoretischer Sicht lassen sich die hier vorgestellten Reparatur- und Planungsphänomene in die Nähe von Häsitationspartikeln rücken: Ähnlich wie Häsitationsphänomene so wie äh oder Pausen kann machen - besonders wenn seine Argumentstellen mit eher markiert erscheinenden Ausdrücken „gefüllt“ werden, die bspw. keine Kollokationen darstellen und schriftgrammatisch fragwürdig wirken - einen Hinweis darauf geben, wo Sprecher Schwierigkeiten haben, geeignete sprachliche Ausdrücke zu finden, um das zu verbalisieren, was sie im Sinn haben (vgl. Chafe 1985 zu Verzögerungen und deren Gründe). Anders als äh oder Pausen liefert machen allerdings schon einen Hinweis darauf, was ausgedrückt werden soll, nur noch nicht wie und ruft außerdem syntaktische Projektionen hervor, da die zweite Argumentstelle gefüllt werden muss. Diese Projektionen sind dabei - da machen vielerlei syntaktisch und semantisch variable Formen in Objektposition erlaubt - nicht besonders restringiert. Wenn, wie Chafe (1985, S. 79) es formuliert „[t]he fundamental reason for hesitating is that speech production is an act of creation“, dann gilt dies in der Folge auch für Reparaturen oder (schrift)grammatisch fragwürdige Kombinationen mit machen. Diese bezeugen, dass Sprecher, wenn ihnen bereits klar ist, dass dem Subjektreferenten irgendeine Art von Eigenleistung oder Verantwortlichkeit zugeschrieben werden kann oder soll, aber noch nicht, wie genau diese zu benennen ist, durch die Verwendung von machen in Verbzweitsätzen 271 Zeit gewinnen können, sich eine ihnen angebracht erscheinende Formulierung für die Handlung auszudenken, die sie ausdrücken wollen. Dies gelingt natürlich, wie man an Abbrüchen und Selbstreparaturen ernichts ablesen oder zitieren. wAs dir diese strophe SAGT beschreibt weiterhin das genauer, was das Gesagte beinhalten soll und bezieht sich auf das von diesem Schüler zuvor vorgelesene Gedicht. 271 Mitunter auch in Verbletztsätzen, wenn das Objekt zu machen dann ins Nachfeld verschoben wird. Siehe dazu Beispiele (73) und (74) zu Beginn des Abschnitts 6.6.4. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 306 kennen kann, nicht immer. In manchen Fällen greifen Sprecher gar nicht auf die gängigen Optionen zur Füllung der zweiten Argumentstelle zurück, wie eine NP, PP oder ein Nebensatz, sondern formulieren grammatisch markierte Phrasen, bei denen es mehr darauf ankommt, den Inhalt zu vermitteln, als einen syntaktisch unmarkierten Ausdruck zu finden. 6.6.4.2 Zwischen Durchführungsrahmung und Onlineplanung: machen als Einleitung direkter Rede Eine weitere Funktion des Gebrauchs scheint die Einleitung direkter Rede mit machen zu sein. Diese Verwendung tritt in den Daten äußerst selten auf, es wurden vier Fälle gefunden, von denen drei von derselben Sprecherin stammen. Des Weiteren lassen sich alle dieser Vorkommen auf mehrere Weisen interpretieren, die aber alle im Einklang mit zwei Funktionen von machen stehen, die in diesem und den vorherigen Abschnitten veranschaulicht wurden: Die Rahmung von Referenten als durchführbar (Abschn. 6.6.3) und die in Abschnitt 6.6.4 beschriebene Hilfe bei der Planung von Gesprächsbeiträgen. Ob die Einleitung von direkter Rede eine unabhängige Praktik ist, die auch jenseits der zusätzlichen Funktionen auftritt, die alle der gefundenen Beispiele (aber zu unterschiedlichen Anteilen) aufzeigen, lässt sich aus der zugrunde liegenden Datenlage nicht erschließen. Die vier Verwendungen weisen alle einen ähnlichen Erzählkontext auf und legen nahe, dass machen hier nicht einzig in der Funktion der Einleitung direkter Rede gebraucht wird. Es soll dabei gezeigt werden, dass durch machen auf den die Rede begleitenden Handlungsaspekt fokussiert wird. Die Fokussierung auf den Handlungsaspekt bei der Darstellung der Redewiedergabe erinnert an die redeeinleitende Konstruktion und ich/ er/ sie/ wir so (Golato 2000). Diese kommt ausschließlich in Erzählungen vor (ebd., S. 30) und leitet neben verbalen Äußerungen auch Lauteffekte, Gesten und Mimiken ein (ebd., S. 31). Außerdem werden damit meist Pointen oder besonders wichtige oder bemerkenswerte Ereignisse markiert (ebd., S. 30), welche nicht nur durch außersprachliche Elemente (wie Gestik) untermalt werden können, sondern sich ebenfalls durch Lautstärke, Tonhöhe und Sprechgeschwindigkeit oder Dialektverwendung von anderen Gesagten abheben können (ebd., S. 31). Dadurch enthält das derart Eingeleitete auch einen Performanzcharakter, was eine Einleitung durch Verben wie sagen oder meinen mitunter semantisch markiert erscheinen lassen kann (ebd.). Auch Mertzlufft (2014) hat Redeeinleitungen untersucht und bei ihrer Betrachtung von „Quotationskonstruktionen mit so in Mädchentelefonaten“ ebenfalls eine Struktur mit machen gefunden (ebd., S. 389f.), die sie als „Typ 5: (Adverbial) + machen konjugiert + Person + (Adverbial) + so + (Adverb) + x“ bezeichnet (Beispiel: „dann macht er so Empirische Untersuchung 307 x“, ebd., S. 389). Dieser Typ leitet in ihren Daten „die (Re-)Inszenierung von verbalen Gesten“ (ebd., S. 390) ein, die den Interjektionen oder auch lautlichen Elementen der hier vorgefundenen Beispiele ähneln. Dies kann als weiterer Indikator dafür gesehen werden, dass Inszenierungen von Reden, die mit bestimmten Gesten oder sprachlichen Handlungen einhergehen oder assoziiert werden (sollen von den Rezipienten), durchaus durch machen eingeleitet werden können, um auf die Art und Weise der Handlung zu fokussieren, dass dies also eine wahrscheinliche Strategie zur Redeeinleitung darstellen kann. Wie oben dargestellt, verhält es sich bei den durch machen eingeleiteten Äußerungen ähnlich wie bei den von Golato und Mertzlufft untersuchten Redewiedergaben, denn es werden auch hier mehr als nur reine Zitate damit gerahmt, es werden vielmehr Handlungen und Ereignisse durch den Gebrauch von Interjektionen, Partikeln oder Diskursmarkern, sowie einer Veränderung der Stimmqualität und Ausdrucksweise dargestellt und eventuell ebenfalls mit Gestik und Mimik untermalt. In den Daten verwendet Sprecherin Josephine gleich dreimal in einem Tischgespräch mit alten Freunden machen zur Einleitung von direkter Rede, zwei dieser Verwendungen werden im Folgenden aufgeführt. In allen Fällen kommen die Äußerungen, die sie wiedergibt, ein wenig einer Performanz gleich, denn sie enthalten nicht nur das Gesprochene an sich, sondern zeigen gleichzeitig Laute, die Haltungen oder Gefühlsregungen der Sprecher und dergleichen mehr darstellen, wie bspw. Interjektionen: (87) FOLK_E_00143_SE_01_T_03_DF_01, Segment 1373 [01: 41: 55-01: 42: 04] 01 JI ja un dann kann_s dann SOI, 02 dass er den UFFwickelt, 03 un macht (.) OH; 04 (1.26) 05 JI da ess isch mol GLEI e stIck- 06 (1.03) 07 JI wescht, 08 (un [da net) de Onner]e GUCke do- 09 HM [ha jo,] Josephine (JI) greift hier eine Geschichte von gut anderthalb Minuten zuvor wieder auf, in der sie die Situation beschrieb, die stattfindet, wenn sie einer nicht-anwesenden Person namens Ole Stollen mitbringt. Dieser würde den Stollen auspacken und dann gleich wieder wegpacken, ohne zu probieren. In Zeile 01 setzt sie ohne weitere Einleitung und nach mehreren recht langen Zwischengeschichten wieder bei dieser Situation ein und erzählt, dass es aber auch sein kann, dass er direkt ein Stück vom Stollen probiert. Diese - der zuvor berichteten Situation entgegenstehende - Handlung stellt die Sprecherin Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 308 als direkte Rede von Ole dar, der beim Anblick des Stollens zunächst in Verzückung verfällt (OH; Z. 03) und dann sofort entscheidet, davon zu essen (Z. 05). Josephine gibt hier also nicht bloß einen Wortlaut wieder, sondern sie stellt eine mögliche Handlung dar, die die beschriebene Person ankündigt durchzuführen. Diese wird aber als wörtliche Rede inszeniert. Das machen kann sich dabei sehr wohl in erster Linie auf den Laut OH beziehen, denn für die Beschreibung von lautlichen Handlungen wird machen usuell verwendet (siehe dazu Abschn. 6.2.1). Die kurze Verzögerung nach dem machen und die Pause nach dem OH könnten so gedeutet werden, dass machen hier nicht als Einleitung für eine wörtliche Wiedergabe geplant war, sondern dass die Sprecherin im Laufe der Äußerungsproduktion entschieden hat, dass diese Darstellung das Vorgehen von Ole am besten wiedergibt oder auch, dass sie nach der Imitation seines freudigen Ausrufs einfach in dem Modus geblieben ist, anstatt die Handlung aus der Außenperspektive darzustellen (un macht (.) OH; un isst dann GLEI e stIck-). Die Tatsache, dass dieselbe Sprecherin auf diese Weise zwei weitere Male ähnlich Handlungsweisen durch Sprecherzitate darstellt und mit machen einleitet, deutet darauf hin, dass dies für diese Sprecherin eine idiosynkratische Art des Erzählens ist, welche verfestigt ist und keine einmalige oder spontane Strategie darstellt. Die beiden anderen Verwendungen zeigen dann auch, dass das machen im obigen Beispiel (87) nicht nur auf das OH aufgrund seiner Funktion als Interjektion bezogen werden kann, sondern dass auch Äußerungen, die nicht bloß Interjektionen darstellen, auf diese Weise gerahmt werden: (88) FOLK_E_00143_SE_01_T_04_DF_01, Segment 305 [01: 53: 33-01: 53: 39] 01 JI da hä_ma raiber un gendarm gspielt; 02 (.) uff Ämol hat er gemAcht ; =°h 03 (GU +++ +++ +++)- 04 bin i de SCHEISSdeck gfalle ; (89) FOLK_E_00143_SE_01_T_02_DF_01, Segment 757 [00: 56: 09-00: 56: 29] 01 JI un do HOT se gsat; 02 (.) ah, 03 (1.05) 04 JI sie muss halt SCHAFfe geh- 05 (1.04) 06 JI UN na hab ich gsAt ; 07 un- 08 aber do krIEgen se doch RENte; 09 (0.76) 10 JI vom niklaus do; 11 (0.92) Empirische Untersuchung 309 12 JI macht se nee NEE, 13 (0.82) 14 JI der beZAHLT ke rEnte ; 15 (0.8) 16 JI der hot LEbensversischerunge , 17 ((JI kaut und isst etwas, 3.07 Sek.)) 18 JI do KRICH ich nix v vun. Während im ersten Beispiel (88) ein Räuber und Gendarm-Spiel nacherzählt wird, bei dem Josephines Mitspieler unbeabsichtigt im Dreck landete, und der direkt auf machen folgende Ausruf 272 noch als lautliche Untermalung des Missgeschicks gewertet werden könnte, der ähnlich einem OH weniger lexikalische Bedeutung hat als pragmatische, ist es in Beispiel (89) eine Verneinung (nee NEE), die eindeutigere lexikalische Bedeutung hat. Anders als bei den vorherigen beiden Beispielen folgt auf das dritte Beispiel (89) auch keine Äußerung, die in einem gewissen Sinne wie eine Nacherzählung der Handlung oder des Ereignisses interpretiert werden kann, die die Sprecherin der direkten Rede durchführt bzw. die ihr wiederfahren ist, sondern hier wird in drei einzelnen Intonationsphrasen der Grund ausgeführt, warum die Angesprochene keine Rente erhält und erst der letzte dieser Sätze lässt retrospektiv erkennen, dass die gesamte Äußerung von der Angesprochenen ausgeführt wird, da erst dort die erste Person Singular verwendet wird. Die beiden vorherigen Aussagen (der beZAHLT ke rEnte; Z. 14 und der hot LEbensversicherunge, Z. 16) könnten auch als Erklärungen von Josephine selbst gedeutet werden, warum die Frau in der Erzählung keine Rente bekommt und deswegen die dahingehende Frage verneint. Interessant ist beim dritten Beispiel außerdem, dass der ersten Redeeinleitung in Zeile 02 auch eine Interjektion folgt, ähnlich Beispiel (87), nämlich ein ah, diese und die nächste direkte Rede aber durch sagen eingeleitet werden (Z. 01/ 06). Die nach dem ersten sagen folgende Äußerung ist jedoch in indirekter Rede wiedergegeben (Z. 04) und nicht als direkte Äußerung, was darauf 272 Dieser ist auch nach vielmaligem Anhören nicht zu identifizieren. Es kann sich um einen stark dialektal gefärbten Ausdruck handeln oder um eine Ansammlung von Silben, die die Verwirrung und Verärgerung nach dem Fallen veranschaulichen sollen und das darstellen, was Günthner (2002, S. 72f.) im Zusammenhang mit der Stilisierung von Redewiedergabe als „nicht-lexikalische Silben“ bezeichnet. Diese werden verwendet, wenn der Inhalt von zitierten Äußerungen nicht relevant ist, sondern eher die Sprechaktivität selbst im Fokus steht (ebd., S. 73), in diesem Falle also das Ausdrücken von Verärgerung. Dies würde mit der Analyse von machen als Redeeinleitung, die den Fokus aber mehr auf die redebegleitende (sprachliche) Handlung legt, konform gehen. Der unverständliche Ausdruck ist auf jeden Fall - ebenso wie das nachfolgende Zitat bin i de SCHEISSdreck gfalle - in einer sehr viel höheren Tonlage und auch lauter gesprochen als die einleitende Äußerung in Zeile 02, so dass beide Äußerungen in den Zeilen 03 und 04 als Teile einer Inszenierung des Vorfalls interpretiert werden können. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 310 hinweisen kann, dass in dem Fall - wie auch in dem folgenden in Zeile 06ff. - die Wiedergabe von Rede auch die Absicht und der Fokus der Sprecherin sind, als sie durch sagen die Äußerung der Frau einleitet und dass dies in den Fällen, die mit machen eingeleitet werden, nicht unbedingt der Fall ist. Daraus kann man schließen, dass in den redeeinleitenden Fällen mit machen also entweder generell eine Handlungswiedergabe geplant war, deren genauer Wortlaut jedoch nicht; oder dass durch machen der Handlungsaspekt einer direkten Rede mehr in den Fokus gestellt werden soll, als der Äußerungsinhalt. 273 Josephine ist jedoch nicht die einzige Sprecherin, bei der eine derartige Verwendung von machen auftritt, weswegen dies nicht als gänzlich idiosynkratischer Gebrauch anzusehen ist, sondern durchaus als - wenn auch nur vereinzelt auftretende - Strategie. In einem Studentengespräch - also bei einer viel jüngeren Sprecherin - tritt machen als Einleitung von direkter Rede im Zusammenhang mit einer fiktiven Beispielgeschichte auf: (90) FOLK_E_00055_SE_01_T_02_DF_01, 274 Segment 768 [00: 13: 08-00: 13: 19] 01 NH wenn man JETZ- 02 was weiß ICH; 03 COCKtails trinken wAr; =oder so- 04 dann rundet man ja SCHON immer- 05 (1.38) 06 NH wenn_s vier FÜNFzig is dann ho machste halt - 07 [ ach kOmm ] mach mal [ FÜ]NF, 08 AM [mach FÜNF; ] 09 [ja; ] 10 NH [und dan]n kriegt der von von fÜnf leuten fünfzig CENT, 11 US [ja; ] 273 Eine weitere Unterscheidung zwischen den ersten beiden Beispielen und dem dritten ist die, dass die Sprecherin Josephine im dritten Fall bei der machen-Verwendung das Tempus wechselt. Das erste Beispiel ist im Erzählpräsens gehalten, weil es einen möglichen Ablauf einer jährlich vorkommenden Situation schildert (die Übergabe eines Stollens zur Weihnachtszeit), das zweite Beispiel wird im Perfekt erzählt, da es sich um ein vergangenes Ereignis handelt (früheres Räuber-und-Gendarm-Spielen), und in beiden Fällen ist das einleitende machen dem jeweiligen Tempus angepasst. Im dritten Fall jedoch schildert die Sprecherin den Beginn des stattgefundenen Gesprächs ebenfalls im Perfekt und auch beide Redeeinleitungen durch sagen (Z. 01/ 06) sind in diesem Tempus gehalten, die Redeeinleitung mit machen in Zeile 12 steht dagegen im (Erzähl-)Präsens (macht se nee NEE,). Vorstellbar ist es, dass diese Äußerung eventuell mit einer entsprechenden Geste einher geht wie einem Kopfschütteln, so dass die Sprecherin hier zusätzlich verdeutlicht, was die Angesprochene in der Geschichte zum Zeitpunkt der zitierten Äußerung tut und dass die Synchronität von Handlung und Äußerung durch das Präsens angezeigt werden soll. 274 Eine längere Version dieses Beispiels wird in Abschnitt 6.3.2 (Beispiel (15)) behandelt. Empirische Untersuchung 311 Auch dieses Beispiel ist auf mehrere Arten interpretierbar, welche jeweils hier vorgestellte Funktionen von machen darstellen. Die Freundinnen sprechen darüber, dass in manchen Ländern die Kellner ungern getrennte Rechnungen abkassieren, was sie verwundert, da sie der Meinung sind, dass getrennte Rechnungen auch mehr Trinkgeld bedeuten. Nikola (NH) veranschaulicht ihre Meinung dahingehend, indem sie einen fiktiven Barbesuch sprachlich darstellt und darlegt, wie ihrer Meinung nach Gäste beim Bezahlen einzelner Cocktails den Preis jeweils aufrunden. Diese Aufrundungshandlung stellt Nikola in einer wenn-dann-Beziehung dar (wenn_s vier FÜNFzig is dann ho machste halt- Z. 06) und die Äußerung nach dem dann machste stellt ein direktes Zitat dessen her, was ihrer Meinung nach ein Barbesucher beim Aufrunden der Cocktailrechnung sagen oder denken würde: ach kOmm mach mal FÜNF, (Z. 07). Wie auch in den anderen Beispielen wird die direkte Rede von einem eher pragmatisch zu wertenden Ausdruck angeführt, der direkt auf das einleitende machen folgt und damit die Art der Handlung rahmt, die durch die direkte Rede begleitet wird. In diesem Falle ist es die Diskurspartikel komm, welche im Vorvorfeld steht. Vorvorfeldpartikel werden häufig bei der Wiedergabe direkter Rede verwendet (vgl. auch Imo 2007, S. 187f.) in Bezug auf Hörersignale wie ja oder „Kontaktformeln“ wie pass auf), was machen ebenfalls in die Richtung einer Redewiedergabeeinleitung stellt, denn das gänzliche Fehlen einer entsprechenden Einleitung würde hier eher markiert wirken, als eine Redewiedergabeeinleitung mit machen. komm wird außerdem unter anderem in Kontexten von „Beendigung von Abwägungen zur Angemessenheit von Handlungsalternativen“ (Proske 2014, S. 142) verwendet und kann hier so interpretiert werden, dass Nikola den Abschluss eines internen Entscheidungsprozesses über das generelle Entrichten und die Höhe von Trinkgeld damit markiert, dessen Ergebnis sie im Anschluss explizit durch die Äußerung mach mal FÜNF verbalisiert. In den anderen Beispielen werden derart Interjektionen, Partikeln oder Silbenansammlungen verwendet, die jeweils im Vorvorfeld der direkten Rede platziert waren, und die im Grunde genommen bereits die Art/ den Inhalt der Handlung andeuten, die in der darauf folgenden Äußerung explizit sprachlich dargestellt wird. 275 Auch wenn dies kein eindeutiger Fall einer Einleitung von direkter Rede ist, könnte man diesen Ausschnitt also dennoch so interpretieren. Angesichts der generellen Verwendungsweise von machen und auch dem Aufbau von Niko- 275 Beispiel (89) stellt hierbei wieder eher eine Ausnahme dar, denn obwohl die Negationspartikeln schon die Verneinung der Äußerung ankündigen, ist dies das einzige Beispiel, in welchem die folgende Äußerung selbst nicht eine bestimmte Handlung oder Vorgehensweise beschreibt, sondern einen Sachverhalt, der die Umstände darlegt, weswegen die an die Angesprochene gestellte Frage verneint werden muss. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 312 las Äußerung ist es jedoch ebenfalls sehr wahrscheinlich, dass hier - ähnlich wie bei den in diesem Abschnitt vorgestellten Beispielen - die Aussage in Zeile 07 als Handlung gerahmt wird, die das Aufrunden von 4,50 € auf 5 € darstellen soll. Hier würde ebenfalls wie in den Beispielen (87) und (88) die Darstellung der die Aussage begleitenden Handlung im Vordergrund stehen und nicht, dass das Zitierte so gesagt wurde. In diesem Fall würde also die Leichtigkeit der Entscheidung, den Betrag auf fünf Euro aufzurunden, die Information sein, die die Sprecherin vermitteln möchte und nicht der genaue Wortlaut, den Barbesucher ihrer Meinung nach beim Bezahlen von Rechnungen von sich geben. Eine derartige Haltung ließe sich durch eine lediglich die Handlung beschreibende Phrase - egal in welcher Form - nur schwierig ausdrücken und ist durch eine Nachstellung der entsprechenden Situation wesentlich präziser dargestellt. 276 6.6.5 Ausfüllen der Verbposition: Vom Nomen (in Objektposition) aus formuliert Durch seine semantische Leere wird machen eingesetzt, wenn der Hauptanteil der Semantik der auszudrückenden Handlung oder des Vorgangs durch das Objekt ausgedrückt wird, wenn die Handlung also nicht mehr spezifiziert werden muss, sondern wenn machen primär dazu dient, als Verb die Satzstruktur zu vervollständigen. Dies stellt dann die Onlineproduktion von der Seite der semantischen Spezifikation aus dar, bei der die Sprecher eine bestimmte konkrete Formulierung in Bezug auf die jeweilige Situation versprachlichen wollen, welche sie in einen passenden Bezug zum Subjektreferenten setzen müssen, um ihre Proposition syntaktisch vollständig ausdrücken zu können. Das Verb trägt in diesen Fällen nicht dazu bei, dass das Objekt metonymisch gedeutet wird, sondern es liefert neben der grammatischen Vervollständigung semantisch gesehen nur eine ganz basale Handlungsbedeutung, bzw. eine dynamische Verbindung zwischen den Argumenten der Äußerung. Oftmals wird bei stehenden Fachausdrücken, die Vorgänge und Prozesse darstellen und die nicht in einem kollokativen Verhältnis zu einem anderen Verb stehen, der Bezug zu Personen oder Entitäten mit machen hergestellt, um 276 Es ist ebenfalls denkbar, dass Nikola in der eröffneten wenn-dann-Struktur den dann-Teil mit einer Handlungsbeschreibung ausfüllen wollte, da sie als Argument für die Großzügigkeit von Barbesuchern deren Vorgehensweise beim Bezahlen von krummen Eurobeträgen anbringen wollte, und dass sie diese Handlungsbeschreibung vor und während der Produktion ihrer Äußerung noch nicht vollständig kognitiv ausformuliert hatte, so dass sie nach dem machen keine gebräuchliche Formulierung etwa in Form einer NP präsent hat. Die Darstellung als direkte Rede kann hier also durchaus als emergente Struktur gewertet werden, die nicht in dieser Form geplant war, mit der die Sprecherin aber das Konzept der leichtfertigen Aufrundung von Rechnungsbeträgen am treffendsten ausdrücken kann. Empirische Untersuchung 313 die Verantwortlichkeit für oder die Durchführung von jenen Vorgängen und Prozessen zu beschreiben. Dies ist häufig in den Daten in Interaktionen mit einem hohen Vorkommen an Fachwörtern wie eben Prüfungsgesprächen sowie den Schlichtungsgesprächen zu Stuttgart 21 zu beobachten. Auch in Unterrichts- und Spieleinteraktionen tauchen oft nominale Ausdrücke auf, die nicht durch ein abgeleitetes Verb paraphrasiert werden können, so dass der Ausdruck nur in Kombination mit einem Verb eine Prädikation beschreiben kann, bzw. eine grammatisch vollständige Aussage formen kann. Die Prüferin (JS) in folgendem Ausschnitt möchte beispielsweise vom Prüfling ganz bestimmte Schlagworte bezüglich der Korrekturen von Sprachfehlern hören und fragt entsprechend danach: (91) FOLK_E_00003_SE_01_T_01_DF_01, Segment 535 [00: 17: 54-00: 18: 20] 01 JS also SPAnier ham ja im DEUtschen auch probleme glaub ich mit lAngen und kUrzen vokAlen. 02 (0.6) 03 DM die hAm zum beispiel problEme mit langen und KURzen vokalen; 04 und dass man (0.28) ähm (0.99) Überdeutlich vielleicht nochmal zEIgt, 05 also WIE man_s genau artikulIErt; = 06 =das hat MIR zum beispiel [gehOlfen- ] 07 JS [okay °h und] DAS jetzt auf diese psycholinguistischen prozesse . 08 weil wir ja wIrklich auch schön wissenschaftlich BLEI[ben wollen,]= °h 09 DM [hm_hm; ] 10 JS und im THEma bleiben,=°h 11 dass sie mal überLEgen, 12 was könnte man da für korrekTUren (.) mAchen, =°h 13 und was (.) was pasSIErt da; In Zeile 12 fragt die Prüferin also nach bestimmten Korrekturmaßnahmen beim Fremdsprachenunterricht (darauf bezieht sich das da) und lässt dem Prüfling (DM) sehr viel Freiraum bei der Antwortformulierung durch die Art der Fragestellung, die eine offene Frage darstellt und nicht etwa eine Entscheidungsfrage (wie Könnte man da Korrekturen machen? oder Würden Sie (die folgenden) Korrekturen machen? ). Korrekturen scheint hier als fachlicher Terminus eingesetzt zu werden, welcher aufgrund dessen, dass es ein stehender Begriff ist, auch in seiner nominalen Form gebraucht werden sollte und nicht durch eine Verbalisierung (korrigieren) paraphrasiert werden kann, da er sonst als der gemeinte Begriff nicht mehr erkennbar wäre. Dazu ist es ein Begriff, der gewisse Schlagworte impliziert, die bestimmte Prozesse bezeichnen, denn auf diese Prozesse möchte die Prüferin im Endeffekt hinaus (Z. 07). Die Frage nach den Korrekturen ist auch ohne machen verständlich, aber nicht gramma- Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 314 tisch vollständig. Zwar böten sich auch andere Verben an (bspw. anbringen, vornehmen), aber diese scheinen - zumindest für die Sprecherin - nicht kollokativ so sehr mit dem Nomen verbunden zu sein, dass sie (kognitiv) präsent sind. Die Sprecherin muss nach einem passenden Verb erst suchen, was die kurze Verzögerung vor machen signalisiert. Weil kein spezifischeres und für den Ausdruck Korrekturen kollokatives Verb unmittelbar greifbar ist, nimmt sie dann ein universal einsetzbares, welches eine grammatische Vervollständigung ohne zusätzliche semantische Informationen liefert. Eine Motivation für die Verwendung von machen kann also sein, dass das Nomen als semantisches Zentrum der Äußerung für den Sprecher bereits feststeht und dass deswegen die Äußerung vom Nomen aus formuliert wird und nicht vom Verb aus. Das Verb muss dann hier bezüglich der Semantik des Nomens passend gewählt sein, was die Auswahl mitunter einschränken kann. Da machen semantisch (höchstens) nur den Handlungsaspekt einbringt, gibt es kaum semantische Restriktionen für die Objektstelle, so dass dieses Verb eigentlich nur dann nicht in Frage kommt, wenn es um die Darstellung von statischen Bezügen geht, wie etwa Existenz. Weitere Hinweise darauf, dass machen manchmal die Rolle als „Dummy“- Verb ausfüllt, sind neben deutlichen Pausen auch die Verwendung von Verzögerungssignalen wie Häsitationsspartikeln (Beispiel (92)) oder Wortwiederholungen (Beispiel (93)). Beide nun folgenden Beispiele stammen ebenfalls aus mündlichen Prüfungen: (92) FOLK_E_00036_SE_01_T_01_DF_01, Segment 649 [00: 25: 04-00: 25: 18] 01 BÄ DIEse definition von ha pe el u ist mir fremd,=°h 02 wie defiNIEren sie denn ha pe el u für den literaTURunterricht. 03 (0.62) 04 KD °h ((schnalzt)) also ich würde noch die unterschEIdung zwischen HANdlungso[rientierten] unterricht; 05 BÄ [hm_hm ] 06 und produkTIONSorientierten- 07 (.) Unterricht-=öhm 08 (0.33) 09 KD MAchen, =°h Im obigen Beispiel produziert der Prüfling (KD) eine sehr lange und semantisch komplexe NP (die unterschEIdung zwischen HANdlungsorientierten unterricht; und produkTIONSorientierten- Unterricht, Z. 04/ 05), was zur Folge hat, dass deswegen zum einen bereits sehr viel Information in dieser Äußerung vorhanden ist - wenn auch auf mehrere Intonationsphrasen verteilt - und zum anderen, dass der Abstand zwischen der linken und der rechten Verb- Empirische Untersuchung 315 klammer überdurchschnittlich hoch ist. Dieser komplexe Ausdruck ist eine direkte Antwort auf die Frage der Prüferin (BÄ), die eine Definition der Unterrichtsform HPLU haben möchte (Z. 02). Hinter der Abkürzung HPLU (Handlungs- und Produktionsorientierter Literaturunterricht) verbirgt sich genau jener komplexe Ausdruck, den der Prüfling in seiner Vollform aufgreift, denn die Definition, die sie geben möchte, bezieht sich auf die Unterscheidung der beiden gegensätzlichen Komponenten dieser Unterrichtsweise (handlungs- und produktionsorientiert). Diese Tatsache - dass es um eine Unterscheidung geht - führt die Studentin dann auch mit den vollständigen Ausdrücken zusammen ein, denn das beschreibt die zentrale Information, die sie kommunizieren möchte: Die zu erfüllende Aufgabe (wie defiNIEren sie) beruht auf einer bestimmten definitorischen Unterscheidung, die im Folgenden vorgenommen wird. Der Ausdruck Unterscheidung bezeichnet dabei die Handlung, um die es ihr geht und die sie im Folgenden durchführen möchte, vollständig und die Arten der Unterscheidung, die sie durchführen möchte, stehen im Fokus. machen dient in diesem Rahmen nur noch dazu, diese Information syntaktisch vollständig zu formulieren, hat aber semantisch keinen weiteren Informationsgehalt. Es wird also die Informationsdichte der semantisch sehr komplexen Aussage nicht weiter erhöht und außerdem die Verbklammer mit dem verfügbarsten und basalsten Handlungsverb geschlossen; auch weil die Sprecherin das Verb unterscheiden hierfür nicht mehr verwenden muss, da sie die bevorstehende Handlung bereits sehr spezifisch und nominal ausgedrückt hat. Die Tendenz hier einen nominalen Ausdruck zu wählen anstelle eines entsprechenden Verbs, könnte wiederum der formellen Situation des Prüfungsgesprächs geschuldet sein. Auch im zweiten Prüfungsbeispiel wird eine Äußerung mit einer semantisch vollen NP durch machen hauptsächlich syntaktisch vervollständigt und es ist ersichtlich, dass das Verb auch von Seiten der Sprecherin keine großartige inhaltliche Rolle zugedacht bekommt, sondern lediglich die Verbklammer schließt, da die semantischen Handlungsspezifikationen bereits durch die nominalen NP ausgedrückt worden sind: (93) FOLK_E_00034_SE_01_T_01_DF_01, Segment 146 [00: 05: 37-00: 05: 53] 01 BÄ ja aber DAS ham wir bei epischen texten ja AUch. 02 aber warum SCHREIen dramen grAdezu danAch; 03 (1.87) 04 KS na weil (.) weil sie den SCHÜlern zum beispiel-=also- 05 jetz um_s auf die SCHUle (.) zu brIngen; 06 die die mÖglichkeit geben n PRObehandeln zu-=°h 07 [zu MAchen; ] Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 316 08 BÄ [das is be][i ALle]n texten so; 09 KS [dis- ] Die Formulierung der Antwort der Studentin verlangt zwar eine verbale Ergänzung, um den Infinitivsatz zu vervollständigen (Z. 04-07), dennoch hat sie die Handlung, die sie ausdrücken möchte, bereits mit dem Nomen Probehandeln sehr spezifisch beschrieben, so dass sie selbst erkennbare Schwierigkeiten hat, ein passendes Verb als syntaktische Ergänzung zu finden. Dies zeigt sich in der Wortwiederholung von zu (Z. 06/ 07), welches der Sprecherin Zeit gibt, nach einem passenden Verb zu suchen. Außerdem fällt die Prüferin ihr vorher ins Wort (Z. 08) und widerspricht ihrer Antwort. Dies verdeutlicht, dass inhaltlich die Aussage Dramen geben Schülern die Möglichkeit für ein Probehandeln der Prüferin bereits zu dem Zeitpunkt der Unterbrechung ersichtlich ist und machen nur der syntaktischen Komplettierung dient, aber keinerlei semantischen Inhalt liefert, der für die Verständlichkeit der Gesamtaussage notwendig wäre. Dass das Objekt vor machen produziert wird, dass also Verbletztsätze gebildet werden, ist ebenfalls ein Hinweis darauf, dass vom Objekt aus formuliert wird. Das bedeutet aber nicht, dass dies nicht der Fall sein kann, wenn machen vor dem Objekt auftritt, also in Verbzweitsätzen. Beispiele wie die obigen machen den Formulierungsprozess nur offensichtlicher, aber die Planung kann natürlich auch wesentlich flüssiger vonstattengehen und außerdem können, wie erwähnt, auch weitere Funktionen zeitgleich auftreten, wie bspw. das Entzerren von semantisch schweren Inhalten (Abschn. 6.6.2) oder Durchführungsrahmung (Abschn. 6.6.3). Ein Beispiel dafür, dass durchaus auch Verbzweitsätze den Fokus mehr auf die nominale Ergänzung legen als darauf, eine Handlung auszudrücken, ist der folgende Ausschnitt aus den Schlichtungsgesprächen zu Stuttgart 21. Hier erklärt Heiner Geißler (HG) Matthias Lieb (ML) vom Verkehrsclub Deutschland seine Rolle in diesem Gespräch: (94) FOLK_E_00064_SE_01_T_05_DF_01, Segment 90 [00: 05: 27-00: 05: 34] 01 HG sie machen die geSCHÄFTSordnung ; 02 herr- 03 (0.33) 04 HG [herr lieb,] 05 ML [ja; =h° ] 06 HG [ sie haben aber nIch des WORT ; ] 07 ML [°h herr doktor gEIßler nur] n VORschlag; 08 dass ma vielleicht (.) TRENNT, 09 einma perSOnenverkehr, 10 und einma GÜterverkehr; Empirische Untersuchung 317 In diesem Ausschnitt spricht Geißler Lieb an, noch bevor dieser etwas sagen kann und weist ihn auf seine Rolle in der Schlichtung hin, indem er ihm sagt, was seine Aufgabe ist und was nicht (Z. 01/ 06). Da Lieb im Begriff ist, das Wort zu ergreiften, ohne „dran“ zu sein, ist die Tatsache, dass Lieb nicht das Wort hat, für Geißler höchstwahrscheinlich die Aussage, die er primär übermitteln möchte, denn auf dieser liegt der Fokus (und die „Pointe“) der gesamten Äußerung Geißlers. Dies lässt vermuten, dass die zweite Äußerung sie haben aber nIch des WORT; (Z. 06) diejenige ist, die kognitiv geplanter war als die erste, in welcher die eigentliche Verantwortlichkeit Liebs benannt wird (sie machen die geSCHÄFTSordnung (Z. 01)). So gesehen kann die Struktur der machen-Äußerung in dem (mehr oder weniger bewussten) syntaktischen Parallelismus mit der Kernaussage liegen, denn durch diese Satzstruktur (Sie V NP) lässt sich zum einen klar der Zusammenhang der beiden Äußerungen herstellen und zum anderen kann durch machen + Akkusativobjekt der Ausdruck Geschäftsordung in seiner Gänze mit Wort kontrastiert werden, so dass sprachlich ein expliziter Gegensatz hergestellt werden kann. Der Ausdruck Geschäftsordnung ist hier also kein Behelfsausdruck und Geißlers primäre Intention ist es nicht, eine Handlung zu kommunizieren, sondern einen (agentiven) Bezug: den vom Angesprochenen zur Geschäftsordnung. Die Funktion der syntaktischen Vervollständigung kommt aber nicht nur bei Fachwörtern oder anderen komplexen Ausdrücken eines Vorgangs vor, sondern Sprecher können die semantische Leere von machen auch gezielt verwenden, um ganz allgemeines Durchführen von Handlungen zum Ausdruck zu bringen, in Verbindung mit relativ alltäglichen Referenten. So geschieht dies zum Beispiel in dem Ausschnitt aus einem Paargespräch, in welchem gerade über Arbeitsunfähigkeitsversicherungen gesprochen wird. Hier ließe sich weder die verwendete Kombination Kreissäge machen in einem der Aussage entsprechenden Verb paraphrasieren, noch wäre das Verb machen durch ein vermeintlich präziseres austauschbar. Die primäre Funktion des Verbs in diesem Beispiel ist die Herstellung eines generellen Handlungsbezugs zwischen der Rezipientin, die Subjektreferent ist, und einer Kreissäge: (95) FOLK_E_00039_SE_01_T_02_DF_01, Segment 1121 [00: 45: 20-00: 45: 37] 01 EL muss man schOn (.) ABjesichert sein; 02 (0.3) 03 NO n_ja. 04 (1.68) 05 EL ((räuspert sich)) 06 (4.51) 07 NO na des (.) bei dIr k is KRASS; 08 (0.21) 09 NO WENN dit- Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 318 10 (0.32) 11 NO wenn dA irgendwat pasS[IERT? ] 12 EL [hm ]_hm 13 (0.68) 14 NO °h jut krEIssäge MACHste ja nüscht , 15 EL nee; 16 NO ((Lachansatz)) °h 17 (0.25) Die Äußerung in Zeile 14 krEIssäge MACHSCHT ja nüscht erfüllt gleich mehrere Funktionen. Zum einen macht der Sprecher Norbert (NO) damit einen Scherz, wahrscheinlich, um das stockende Gespräch wieder in Gang zu bringen (vgl. Z. 02-06); zum anderen verknüpft er hier einige Elemente des aktuellen Gesprächs miteinander (Absicherung durch Arbeitsunfähigkeitsversicherungen und der Unfall einer gemeinsamen Freundin, die jetzt ihren Beruf nicht mehr ausüben kann) und erzeugt einen Zusammenhang zur Rezipientin Elena (EL), die Frisörmeisterin ist: Durch Kreissäge, welches ein sehr gefährliches Schneidewerkzeug beschreibt, stellt er einmal den Bezug zu Elenas Beruf als Friseurin her und außerdem die potenzielle Gefahr eines Arbeitsunfalls, bei dem vornehmlich ihre Hände in Mitleidenschaft gezogen würden - wie bei der gemeinsamen und vorerwähnten Freundin. Kreissäge dient hier nicht einer weiteren Spezifikation der durch machen beschriebenen Handlung, denn es braucht keine Handlungsspezifikation in dieser Äußerung, da die Motivation in diesem Fall nicht die Benennung einer bestimmten Tätigkeit ist. Anders als im obigen Abschnitt 6.6.3 beschrieben, soll der Referent auch nicht als durchführbar gerahmt werden, Kreissäge ist hier also nicht metonymisch zu deuten, sondern steht wirklich für das Gerät an sich. Kreissäge machen ist außerdem auch keine gängige kollokative Verbindung, die das Arbeiten mit einer Kreissäge beschreibt. Vielmehr steht in diesem Fall die Formulierung eines Scherzes im Vordergrund, bei welchem der Sprecher die Rezipientin in einen agentiven Bezug zu einem extrem übertriebenen Schneidewerkzeug setzt, um damit zu verdeutlichen, wie gering die Wahrscheinlichkeit eines besonders destruktiven Arbeitsunfalls für sie ist. Eine spezifische Handlungsbedeutung würde von der eigentlichen Aussage du führst ja keine Handlungen mit einer Kreissäge durch (sondern nur mit einer Schere) ablenken und ein Verb, welches nicht den Handlungsaspekt einbringen kann - wie bspw. haben - könnte nicht die genannte Aussage vermitteln, in der die Nicht-Ausführung von Handlungen mit Kreissägen die Pointe ist. Es wird hierbei also von der Semantik, bzw. semantischen Leere des Verbs in dem Sinne Gebrauch gemacht, dass es nicht um die Bezeichnung einer spezifischen Handlung geht, sondern nur ein ganz unspezifisches Handeln mit dem Objektreferenten beschrieben werden soll. Empirische Untersuchung 319 6.6.6 Zusammenfassung zur pragmatischen Leistung von machen Abschnitt 6.6 hat gezeigt, dass machen ein weites pragmatisches Einsatzgebiet hat und in der gesprochenen Sprache viele unterschiedliche Funktionen erfüllt, die mitunter eine mögliche semantische Deutung einer Handlungsbeschreibung überlagern. Oftmals erfüllt machen mehrere der Funktionen gleichzeitig, es ist also nicht sinnvoll, hier eine strikte Kategorisierung anzusetzen. Die semantischen Funktionen bzw. die semantische Unterspezifiziertheit ermöglicht die pragmatischen Funktionen erst, dennoch kann auch teilweise einer pragmatisch motivierten Verwendung eine semantische Bedeutung zugewiesen werden, wenn die Argumente entsprechend gedeutet werden können. Die Übergänge sind hier, wie auch innerhalb der semantischen und pragmatischen Ebenen selbst, fließend. Die das machen-Fügung zeigt sich hierbei als ein Mittel, mit welchem sowohl konkret auf explizit und/ oder adjazent geäußerte, als auch auf implizierte und/ oder sich über mehrere Interaktionsbeiträge erstreckende Sachverhalte zurückverwiesen werden kann. Dies wird sowohl durch die Vagheit der Komplex-Anapher das und des Verbs machen, als auch durch die Kontextgebundenheit beider Wörter ermöglicht. das machen wird nicht nur zum Aufgreifen komplexer oder in der Interaktion zurückliegender Sachverhalte verwendet, sondern auch in den unterschiedlichen strukturellen Mustern für das Entzerren von Inhalten eingesetzt (wie bspw. Nachträge, Linksversetzungen, Pseudoclefts und Relativsätze), da sowohl die pronominale Komplex-Anapher als auch das Verb semantisch so unterspezifiziert sind, dass in den Einheiten, in denen sie auftreten, andere Informationen fokussiert werden können und die Fügung dabei die Verbindung zu der Einheit mit der dazugehörigen Information herstellt. Syntaktische Konstruktionen wie etwa Pseudoclefts und auch Relativsätze zeigen dabei nicht nur die Funktion der Entzerrung propositionaler Inhalte, sie veranschaulichen auch, wie Sprache inkrementell und linear produziert wird (vgl. Auer 2000), wie die Sprecher also hier eine Erwartungshaltung über den weiteren Verlauf ihres Beitrags über die grammatische Struktur schaffen, nicht zuletzt auch mit Hilfe von machen (aber nicht exklusiv, da dies natürlich mit vielen Verben und Strukturen funktioniert und vorgenommen wird). Durch die Unterspezifiziertheit erfordert machen außerdem in den meisten Verwendungen eine semantische oder funktionale Ergänzung, die aber weder semantisch noch syntaktisch sehr restringiert ist. Bei Objektrelativsätzen, aufgrund ihrer syntaktischen Struktur, die das Verb zuletzt nennt, erfüllt machen mitunter auch die Funktion der verbalen Füllung und produziert selbst keine Erwartungen. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 320 Objektrelativsätze erfüllen außerdem mehrere Aufgaben parallel und machen kann in Objektrelativsätzen einmal in der Funktion eines semantisch leeren, zweistelligen Verbs wie haben und sein erfüllen. Durch machen können aber auch je nach Kontext unterschiedliche Relationen dadurch konstituiert werden, dass eine zugrunde liegende Verantwortungsrelation hergestellt wird, die Handlung und Possession einschließt. Diese geht über eine bloße Handlungsrelation hinaus, denn das sehr weite Konzept der Agentivität erlaubt es, dass nicht nur Relationen zwischen menschlichen Subjektreferenten und unbelebten Objektreferenten hergestellt werden, die eine bestimmte Art der Durchführung oder Herstellung denotieren. Vielmehr kann auch Possession durch das Konzept von Verantwortlichkeit oder Beeinflussung durch machen dargestellt werden, was wiederum auf menschliche Referenten angewendet werden kann, um zum Beispiel subtil Vorwürfe auszusprechen. Die Verwendung von machen kann auch die Interpretation von Objekt-NPn als durchführbar begünstigen und so von Sprechern dafür verwendet werden, bestimmte Handlungen durch Lexeme auszudrücken, die semantisch keine Handlungen darstellen, aber im gegebenen Kontext oder durch metonymische Deutung den Bezug zu bestimmten Handlungen oder Prozessen herstellen. Diese Fähigkeit von machen hat zur Folge, dass dieses Verb für weitere pragmatische Zwecke eingesetzt wird, zum Beispiel bei der Onlineplanung von Gesprächsbeiträgen, aber auch, um vorerwähnte Referenten im aktuellen Diskurs wieder relevant zu machen, indem man sie etwa in einen Handlungsbezug zu bestimmten anderen Referenten setzt oder auch um bestimmte Handlungsaspekte eines Ausdrucks zu fokussieren, indem die potenzielle Durchführbarkeit markiert wird. Eine Redeeinleitung mit machen ist dagegen als emergente Struktur zu bewerten, zumindest lassen die gefundenen Belege darauf schließen. machen wird demnach nicht häufig und nicht deutlich sprecherübergreifend als redeeinleitendes Verb verwendet, kann aber durchaus dafür eingesetzt werden, wenn Sprecher durch direkte Rede eine bestimmte Handlungs- oder Vorgehensweise veranschaulichen wollen. Die unterspezifizierte Semantik dieses generellen Handlungsverbs lässt die Füllung der zweiten Argumentstelle durch direkte Rede weder ungrammatisch noch semantisch markiert wirken, sondern lässt sich aufgrund seiner semantischen Beschaffenheit als Redeeinleitung interpretieren und legt gleichzeitig den Fokus auf die Handlung, die durch die folgende Äußerung ausgedrückt wird. machen tritt außerdem als universell oder generell gebrauchtes Handlungsverb auf, wenn der Bezug, den es herstellt, keine semantische Spezifikation benötigt (weil diese von den Argumenten geliefert wird, wie bei Korrekturen machen, Beispiel (91); Unterscheidung zwischen X und Y machen, Beispiel (92)), oder wenn eine solche störend wäre, da generelles und unspezifisches Han- Empirische Untersuchung 321 deln der Kern der Aussage ist (wie bei Kreissäge machen, Beispiel (95)). Daher kann machen semantisch unauffällig eine syntaktisch notwendige Verbposition ausfüllen und zum Beispiel auch in mehreren aufeinanderfolgenden Äußerungen wiederholt eingesetzt werden, ohne dass sich Sprecher oder Rezipienten daran stören. Im Grunde genommen unterscheidet sich der Gebrauch von machen in dieser letztgenannten Funktion nicht viel von usuellen Verwendungen, bei denen Prozesse oder Vorgänge mit machen kombiniert werden und die teilweise in der Literatur als FVG bezeichnet werden. 277 Also kann dies als generelle Motivation gesehen werden, dass machen sehr häufig als Kollokator zu verschiedenen nominalen und adjektivischen Basen auftritt (vgl. Hausmann 2008, S. 3), deren Verwendung aber aufgrund der Häufigkeit und der unterschiedlichen Kontexte und auch der Usualität in bestimmten Kontexten/ als bestimmte Verwendung nicht mehr kompositional interpretiert und auch nicht produziert wird. In den hier gezeigten Fällen wird machen nicht als ein „gängiger“ oder „intuitiver“ Partner (oder Kollokator) des Substantivs oder auch der Phrase empfunden, sondern als „Füllverb“ oder syntaktische Ergänzung, denn die Kompositionalität ist hier noch gegeben und mitunter - aufgrund expliziter Planungsschwierigkeiten - offensichtlich erkennbar. Das kann daran liegen, dass die Objektergänzung entweder ein anderes (spezifischeres) Handlungsverb als Kollokator hat, oder es eigentlich nicht mit einem Handlungsverb gebraucht wird, weil es selbst ein deverbales Substantiv ist (wie Korrekturen) und deswegen eher als Subjekt oder Prädikativ in Kopulasätzen erwartet werden würde. Dennoch unterscheidet sich Korrekturen machen nicht sonderlich von Fehler machen, nur dass Fehler machen eine usuelle Kombination zu sein scheint, die bereits den Einzug in (Kollokations-)Wörterbücher gefunden hat. Anders als präzisiere Verben mit spezifischerer Semantik, kann (und wird) machen eigentlich in jedem Kontext verwendet, wenn Verantwortung, Einfluss oder Handlung von Subjektreferenten beschrieben werden sollen, auch wenn das Objekt ein semantisch komplexer und/ oder auf einen fachlichen Bereich beschränkter Ausdruck ist (und nicht einmal unbedingt eine NP) und deswegen die Selektion eines (spezifischeren) Verbs restringiert ist. Den Hauptgrund für die präferierte Nutzung von machen für viele pragmatische Funktionen sehe ich den Analysen nach zu urteilen zum einen in seiner semantischen Leere und der (daraus resultierenden) weitestgehenden Restriktionsfreiheit in Bezug auf die Füllung der zweiten Argumentstelle; zum anderen in dem semantischen Beitrag, den das Verb dennoch konzeptualisiert, welches hier als „weite Agentivität“ angesetzt wurde (vgl. Abschn. 4.1). 277 Vgl. ausführlicher zu FVG im Zusammenhang mit machen Abschnitt 5.1.4. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 322 Die weite Konzeption von Agentivität, die dieses Verb innehat, lässt sich besonders in den pragmatischen Verwendungen aufzeigen. In den verschiedenen Verwendungen von machen kann nämlich sowohl eine weite als auch eine enge Konzeption von Agentivität generiert werden. Diese kann dafür genutzt werden, auf die Durchführbarkeit bestimmter Konzepte zu fokussieren oder eine metonymische Interpretation von Ausdrücken zu evozieren, um so eine im Gesprächskontext sinnvolle Handlungsweise ökonomisch auszudrücken. Dieser Abschnitt soll noch einmal deutlich die Position untermauern, dass der Grund für die hohe Frequenz von machen im (gesprochenen wie geschriebenen) Sprachgebrauch seine Unterspezifiziertheit ist und nicht ein hoher Grad an Polysemie. Die polyseme „Erscheinung“ resultiert in den usuellen Verwendungen bestimmter machen-Kombinationen für bestimmte Handlungen, die jede für sich (als lexikalische Einheit) eine bestimme Spezifikation innehaben und die sich wiederum in (mehr oder weniger kohärente) semantisch unterscheidbare Handlungsgruppen unterteilen lassen. Diese Unterscheidungen passieren jedoch immer auf Grund der Einflüsse unterschiedlicher Ebenen, werden aber häufig der Verbbedeutung zugeschrieben, obwohl der semantische Beitrag von machen durch alle Verwendungen hindurch derselbe ist, nämlich der in diesem Abschnitt noch einmal herausgestellte agentive Bezug zwischen den Argumenten der Äußerung, der zusätzlich zu den festen Wortverbindungen und Ad-hoc-Verwendungen auch systematisch funktional eingesetzt wird. 6.7 Exkurs: Zur stilistischen Markiertheit des Verbs machen Da in der empririschen Untersuchung nicht weiter auf die Fragen zum stilistischen Status von machen eingegangen wurde, sollen hier kurz die diesbezüglichen Erkenntnisse, die in dieser Hinsicht durch die intensive Beschäftigung mit den Daten gewonnen wurden, zusammengefasst werden. Die Auffassung mancher Sprecher zur Verwendung von machen zeigt sich in dem folgenden Ausschnitt aus einem sprachbiografischen Interview: (96) FOLK_E_00179_SE_01_T_01_DF_01, Segment 418 [00: 10: 38-00: 10: 50] 01 ZIT4 und na ja ansonsten noch wÖrter tun machen KRIEgen; 02 (.) °h [ soll ma ni] SAgen; (.) 03 NL [hm_hm ] 04 ZIT4 weil das SIND- (.) 05 °h wörter die NI so- 06 (0.88) 07 ZIT4 mh ich weeß ne (0.2) waRUM? 08 aber es es SIND of jeden fall keene-= °h 09 ORdentlichen wörter; ((Lachansatz)) °h Empirische Untersuchung 323 Hier beschreibt der interviewte Schüler, wie von seiner Lehrerin Einfluss auf die Sprechweise ihrer Schüler genommen wird, und es wird deutlich, dass diese das Verb machen nicht als „ordentliches“ Wort ansieht (Z. 08/ 09). Es wird dabei auch deutlich, dass es anscheinend dafür keine augenscheinliche Begründung gibt (Z. 07). In dieser Untersuchung wurde zwar kein expliziter Fokus auf die Stilebene oder präferierte Gattung bei dem Gebrauch von machen gelegt (vgl. dazu die Einleitung), dennoch lassen sich einige Beobachtungen in Bezug auf diese Punkte zusammenfassen: machen kommt in allen in FOLK vorhandenen Gesprächstypen oft vor; es ist daher nicht erkennbar, dass in offiziellen und als institutionell einzustufenden Gesprächen, wie etwa den öffentlichen Schlichtungsgesprächen zum Projekt Stuttgart 21 oder den Hochschulprüfungen, eine erkennbare Vermeidung der Benutzung von machen vorgenommen wird. Dieser Umstand kann zum einen auf den pragmatischen Nutzen von machen zurückgeführt werden, welches zum Beispiel zum Aufgreifen von vorerwähnten Sachverhalten (vgl. Abschn. 6.6.1), Ankündigen von Handlungen 278 (vgl. Abschn. 6.6.4.1) oder in bestimmten Social Action Formats 279 (vgl. Abschn. 6.6.1.2) einfach gebraucht wird und nicht durch ein anderes, (kontextfrei) als stilistisch „höherwertiger“ angesehenes Verb ersetzbar wäre. Zum anderen gibt es besonders in fachlichen Diskussionen viele Spezialausdrücke, welche syntaktisch und auch semantisch sinnvoll in die Äußerungen integriert werden müssen, die gleichzeitig semantisch sehr komplex sind und deren kognitive Verarbeitung durch eine Kombination mit machen nicht weiter erschwert wird (vgl. Abschn. 6.6.2). In den Schlichtungsgesprächen zu Stuttgart 21 finden sich dafür zum Beispiel zahlreiche Belege, sowohl für machen in seiner aufgreifenden und verweisenden Funktion, als auch als Social Action Format (vgl. Beispiel (61) Abschn. 6.6.1.2.2) sowie als Mittel zur Onlineplanung und zum Ausfüllen der Verbposition. Zur Veranschaulichung seien einige Äußerungen mit freien machen + Objekt-Verbindungen aus den Stuttgart- 21-Schlichtungen aufgeführt: die machen strategie und MANagementberatung für (.) öffentliche (.) dIEnstleistungen, 280 ; herr hOlzhey (.) möchte konkrete nAchfragen (.) ähm MAchen (.) zu_n den ausführungen von frau gÖnner; 281 ; dass wir (.) 278 Dies meint sowohl sprachliche Handlungen wie Themenwechsel (dann machen wir jetzt Info Jacob), als auch nicht-sprachliche Handlungen wie das Aufschreiben von etwas (ich mache einfach einen Vermerk). 279 Als Social Action Format bezeichne ich in dieser Arbeit eine lexikalisch voll spezifizierte Struktur, welche häufig für die Ausführung derselben oder sehr ähnlicher sprachlicher Handlungen verwendet wird. Dabei kann es sowohl auf der Formals auch auf der Bedeutungsseite leichte Variationen geben. 280 FOLK_E_00064_SE_01_T_03_DF_01, Segment 214, [01: 48: 43-01: 48: 47]. 281 FOLK_E_00064_SE_01_T_06_DF_01, Segment 51 [00: 52: 41-00: 42: 46]. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 324 AUCH regionalverkehre deutlich °h stärker (.) äh mAchen wollen, 282 ; und die bürger hätten die gelEgenheit gehabt da EInwendung zu MAchen, 283 . Schlussendlich - und mit dem letzten Punkt zusammenhängend - ist machen ein derartig unauffälliges Verb, dass Sprechern die Benutzung desselben weder bei sich selbst noch bei anderen Personen besonders aufzufallen scheint, es sei denn, sie achten akribisch darauf, wie sie etwas ausdrücken und nicht darauf, was sie inhaltlich aussagen. Dies zeigt sich besonders in Fällen, in denen machen in relativ kurzer Zeit mehrfach hintereinander gebraucht wird - was weder von Sprechern repariert, noch von Rezipienten kommentiert oder moniert wird: (97) FOLK_E_00024_SE_01_T_06_DF_01, Segment 365 [01: 55: 18-01: 55: 23] 01 HM was machsch _n du wenn du geburtstag MACHSCH ? 02 dann läsch dann die wohnung EIdrecke un machschst am nägschde tag sAUwer, 03 (ah gut) vielLEICHT; =°hh (98) FOLK_E_00048_SE_01_T_01_DF_01, Segment 1394 [00: 29: 06-00: 29: 17] 01 AM okAy und d- 02 (.) ah; 03 und des würde die lena machen ; = 04 =des kannst ja NEbenher machen ; 05 wa [ s die LEHre[rinnen machen ; ] 06 LS [<<lachend> ( ja genau) >; ]=°h=((lacht, ca. 5.7 Sekunden)) 07 LP [ja; 08 nEbenher] hab ich mir überLEGT, 09 wenn ich genug GELD gespart hab; 10 dann mache ich so_nen LAden auf- 11 dann kriegt ihr alle UNterwäsch[e von mir; =ha- ] 12 LS [<<lachend> genau; >] 13 °h und dann machen wir immer so UNterwäschetreffs - Diese beiden Beispiele zeigen, wie häufig machen innerhalb selbst sehr kurzer Gesprächsausschnitte geäußert werden kann und dass dies weder Sprechern noch Rezipientinnen aufzufallen scheint. Auch mehrmaliges, häufiges Verwenden dieses Verbs wird an keiner Stelle im Korpus von einer der anwesenden Personen kommentiert. Das kann daran liegen, dass machen in den unterschiedlichen Verwendungen teilweise unterschiedliche Funktionen ausführt 282 FOLK_E_00064_SE_01_T_09_DF_01, Segment 131 [01: 17: 08-01: 17: 13]; stärker wird hier nicht als Objektsprädikativ verwendet, sondern bezieht sich auf die Handlung machen. 283 FOLK_E_00064_SE_01_T_02_DF_01, Segment 234, [01: 14: 56-01: 15: 00]. Empirische Untersuchung 325 und somit nicht unbedingt als dasselbe Verb empfunden, sondern im ersten Beispiel (97) zum Beispiel als drei verschiedene Prädikate (machen, Geburtstag machen und sauber machen) gedeutet wird. Dass machen trotzdem mitunter als stilistisch markiert oder unschöner Stil angesehen wird, liegt vermutlich an seiner Unterspezifiziertheit und auch daran, dass es sich in vielen Fällen - besonders dann, wenn es als agentive Verbindung zwischen einem pronominalen Subjekt und lexikalischen Objekt(sprädikativ) gebraucht wird - entweder durch ein präziseres Verb ersetzen ließe (jemanden durcheinander machen - jemanden durcheinander bringen) oder machen + Objekt(sprädikativ) zusammen sich durch ein entsprechendes Verb ersetzen ließen (einen Streik machen - streiken, groß machen - vergrößern). Es wurde in dieser Arbeit und durch die jeweiligen Beispiele jedoch verdeutlicht, dass besonders Spontanbildungen mit machen + NP aber keine Eigenschaft des Kiezdeutschen sind, wie von Wiese (2006) behauptet, und dass machen hier auch nicht als Funktionsverb in neuartigen (kiezdeutschen) Funktionsverbgefügen 284 fungiert (ebd., S. 265ff.), sondern dass diese Bildungen oft eine funktionale Begründung haben und bei Sprechern aller sozialen Schichten und in jeglichen Situationen auftreten, wie bereits die oben genannten Belege aus den Stuttgart-21-Schlichtungen zeigen (vgl. auch Proske 2013, S. 199). machen an sich als informell oder stilistisch unschön zu bezeichnen, greift daher zu kurz, da viele Verwendungen mit anderen Ausdrücken auf diese Weise gar nicht ausgedrückt werden können. Dagegen ist es treffender anzumerken, dass machen bei einigen Kombinationen die weniger stilsichere Verbwahl sein kann und dass es, besonders im Falle vieler Kollokationen, ein spezifischeres Verb gibt, welches in offiziellen oder institutionellen Kontexten angemessener erscheint (bspw. Unfall verursachen/ bauen statt Unfall machen 285 oder Entscheidung treffen/ fällen statt Entscheidung machen 286 ). Im tatsächlichen mündlichen Sprachgebrauch in einer Interaktion ist dies zumeist aber nicht relevant, da sich Sprecher wie Rezipienten in spontanen Gesprächen mehr auf die semantischen Inhalte der lexikalischen Ausdrücke konzentrieren und machen dort häufig, wie in der empirischen Untersuchung verdeutlicht wurde, entweder eine Funktion übernimmt, wie etwa die im (Teil-)Satz vorhandenen 284 Die Verbkategorie Funktionsverb wird für machen - zusätzlich zu einigen anderen zugeschrieben Kategorien - in dieser Arbeit ohnehin von vornherein nicht angenommen. Vgl. dazu Abschnitt 5.1.4 und 5.1.5. 285 des is eher wenn de mal_n UNfall machst oder irgend sO was, (FOLK_E_00066_SE_01_T_01_ DF_01, Segment 225, [00: 05: 34-00: 05: 37]). 286 ich mein des kInd h° macht eine entSCHEIdung; (FOLK_E_00026_SE_01_T_03_DF_01, Segment 1980, [02: 43: 52-02: 43: 54]). Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 326 Argumente miteinander in eine Beziehung zu setzen oder eine (mitunter metonymisch oder metaphorisch ausgedrückte) Handlung anzukündigen, oder als Teil von usuell gebräuchlichen Wortverbindungen auftritt, die als lexikalische Einheiten produziert und prozessiert werden. 327 machen und tun: Ein Vergleich der Verwendungen und Funktionen beider Verben 7. MACHEN UND TUN: EIN VERGLEICH DER VERWENDUNGEN UND FUNKTIONEN BEIDER VERBEN Die Verben machen und tun werden oft im selben Atemzug genannt, denn ihnen werden einerseits zum Teil dieselben Eigenschaften zugeschrieben - wie zum Beispiel als Proverb 287 zu fungieren (bspw. bei Bredel/ Töpler 2007, S. 884) -, andererseits erscheint tun meiner eigenen und den Introspektionen vieler Linguisten nach zu urteilen teilweise als die stilistisch weniger markierte Wahl gegenüber machen angesehen zu werden. In der Tat könnte man in einigen Verwendungen machen durch tun ersetzen, denn ihnen ist eine generelle semantische Leere und eine zugrunde liegende Handlungs- oder Durchführungssemantik gemeinsam; diese Gemeinsamkeiten sind so prominent, dass mitunter das eine Verb mit dem anderen paraphrasiert wird 288 oder als dessen Entsprechung gilt. 289 Die Verteilungen der tun-Vorkommen im zugrunde liegenden Korpus zeigen jedoch, dass tun größtenteils ganz anders verwendet wird als machen. Dennoch nutzen Sprecher auch tun-Verwendungen, um bestimmte Sprachhandlungen durchzuführen, die sich teilweise mit denen decken, die für machen in Abschnitt 6.6 herausgearbeitet wurden. Im Folgenden werden zunächst die häufigsten Verwendungsweisen von tun im Korpus kurz benannt und teilweise an Beispielen dargestellt, bevor mehr über die Funktion von tun und dem Unterschied zu machen aufgeführt wird. 287 Vgl. Abschnitt 5.1.1 zu machen als Proverb. Die Proverbfunktion, bzw. Funktion des Verweisens und Relevantmachens wird für tun unter anderem im DUW (2011, S. 1788f., Punkt 1c) und im WDG (1980b, S. 3813, Punkt 2) in den jeweiligen Wörterbuchartikeln aufgeführt, jedoch nicht für machen; sie ist also eine für tun anerkannte Verwendungsweise, obwohl es mit machen in der gesprochenen Sprache wesentlich häufiger durchgeführt wird. Dies kann in der Schriftbezogenheit von Wörterbuchartikeln begründet liegen, da das tun in der Schriftsprache eher verwendet wird als das machen (vgl. auch Proske 2013, S. 218). 288 So wird in Wahrig (2011) tun mit machen paraphrasiert und umgekehrt. Wahrig gibt als erste Bedeutungsangabe (nach eigenen Angaben) die „Grundbedeutung“ des entsprechenden Wortes an (vgl. Abschn. 5.2.3.4). Die Grundbedeutung von machen ist demnach tun (ebd., S. 966) und die von tun ist machen (ebd., S. 1505). 289 Dies geschieht zum Beispiel bei Proske (2013) im Abschnitt über die das machen-Fügung: „Machen ist in diesen Fällen ebenfalls Platzhalter, es ist semantisch extrem reduziert und unspezifisch und nur durch ‘tun’ zu umschreiben bzw. ist machen hier - wenn überhaupt - nur durch tun, das selbst als Pro-Verb gilt, ersetzbar.“ (ebd., S. 203). Auch bereits im DWB ist dies erwähnt im Artikel zu machen: „mit dem sinnverwandten thun, das aber einen weiteren sinn hat, als machen, kann das letztere in manchen fällen wechseln“ (machen, Artikelanfang, vor Lesartenbeschreibung). Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 328 Dabei geht es vornehmlich darum, die unterschiedliche Verwendungsweise von tun und machen herauszuarbeiten und zu diskutieren, ob diese vielleicht in Unterschieden in der zugrunde liegenden Semantik beider Verben begründet liegt und ob sie überhaupt als ihre gegenseitigen Entsprechungen angesehen werden können. Von daher werden nicht alle Verwendungen, in denen tun auftritt, im Folgenden detailliert näher erläutert, sondern allenfalls erwähnt, wenn diese besonders häufig auftreten, um die Verteilung des Verbs darzustellen und/ oder wenn sie für den hier angestrebten Vergleich als signifikant erachtet werden. Die meisten Analysen der Verwendungsweisen von tun, die hier behandelt werden, müssen außerdem aufgrund des anderweitigen Schwerpunkts der vorliegenden Arbeit leider oberflächlich bleiben. Exemplarisch wird eine ausführliche Gegenüberstellung der Verwendungen von machen und tun in einem spezifischen, produktiven Rahmen in Abschnitt 7.2.2 mit der Analyse von machen/ tun + Direktiv durchgeführt. 7.1 Die Verwendungen von tun im Korpus tun kommt in der verwendeten Korpusgrundlage 290 780 Mal 291 vor, also ungefähr nur ein Fünftel so oft wie machen, welches (die Partikelverben ausgenommen (vgl. Abschn. 6.1)) 3.872 Mal verwendet wird. Die häufigste Verwendungsweise von tun im Korpus mit 141 Fällen ist als tun-Periphrase, wie in folgenden Beispielen, die beide aus dem süddeutschen Raum stammen, dargestellt: (99) FOLK_E_00024_SE_01_T_04_DF_01, Segment 258 [01: 12: 41-01: 12: 45] 01 SZ [+++ +++ +++ ] 02 HM [un wenn se dene da s]o FUTtertüte in die hAnd drückscht, 03 äh FÜTtere due se die A ganz gern , (100) FOLK_E_00001_SE_01_T_01_DF_01, Segment 1318 [00: 31: 51-00: 31: 56] 01 LB (.) ja, 02 jetzt kOmm_mer der sach schon NÄher, 03 (0.92) 04 LB tun se mal ihre ausführungen erGÄNzen jetzt , 290 Als Korpusgrundlage dient eine Suche nach dem Lemma tun in der DGD. Da die Suche nach tun zu einem späteren Zeitpunkt geschah als die Extraktion der Datengrundlage für machen, wurden aus den Ergebnissen händisch all diejenigen Treffer heraussortiert, die aus Sprechereignissen stammen, die nicht in der für machen verwendeten Version vorhanden waren oder die aus den machen-Untersuchungen ausgeschlossen wurden (vgl. dazu Abschn. 6.1). 291 Hier sind die Partikelverben abtun, auftun, antun und wegtun herausgerechnet (vgl. dasselbe Vorgehen bei machen, Abschn. 6.1). Diese kommen 12 Mal vor, wobei 9 Verwendungen allein auf wegtun fallen. 329 machen und tun: Ein Vergleich der Verwendungen und Funktionen beider Verben Bei der periphrastischen Verwendung wird tun eine Hilfsverbfunktion zugeschrieben (DUW 2011, S. 1789, tun hat hier zwei Einträge, einen als Vollverb (ebd., S. 1788) und einen als Hilfsverb). An den vorangegangenen Beispielen ist erkennbar, dass bei der Hilfsverbverwendung von tun das jeweilige Vollverb sowohl vor- (äh FÜTtere due se die A ganz gern, Beispiel (99), Z. 03) als auch nachgestellt (tun se mal ihre ausführungen erGÄNzen jetzt, Beispiel (100), Z. 04) sein kann. Während die Verwendung mit vorangestelltem Vollverb in Wörterbüchern und im Duden (2005) 292 als unmarkiert aufgeführt wird (ebd., S. 1789), ist die mit nachgestelltem Vollverb als „umgangssprachlich“ eingestuft (ebd.). Beiden Verwendungen wird im DUW die Funktion „dient zur Betonung des Vollverbs“ zugeschrieben (ebd.). Im WDG (1980b) ist nur die Verwendung mit vorangestelltem Vollverb aufgeführt (ebd., S. 3814, Punkt 10), die mit nachgestelltem gar nicht erwähnt. Laut DUW (2011) gilt die tun-Periphrase im Konjunktiv-II als regionale Konjunktiv-Varietät („landschaftlich“, ebd., S. 1798), wie sie im folgenden Beispiel, in dem von einem Haustier geredet wird, verwendet wird. Hier ersetzt täte das Hilfsverb würde: (101) FOLK_E_00143_SE_01_T_03_DF_01, Segment 240 [01: 16: 37-01: 16: 50] 01 GI den REST kannsch dem Oscar gewe; 02 HM ((lacht)) der Oscar däd-=°h 03 (her) +++ wann isch dem des NUNnerstel[le däd ,] 04 GI [ der däd] des E[Sse ; ] 05 JI [ der däd]_s FRESse ; 06 HM oh der däd des F[RESsen; ] 07 GI [ dann däd er_s] RAU[Skotze ; ] 08 JI [ der däd a die] WORSCH[Thaut f[resse .] 09 GI [((lacht)) ] 10 HM [ah J]O; = 11 =alles mit hAUt un HAAR, 12 GELL mein oscar,=hä? Diese Aufnahme stammt aus der rheinfränkischen Sprachregion; hier treffen sich drei Personen im Alter zwischen 70 und 75 zum Essen und sprechen dabei über verschiedene Themen. Aus dieser Aufnahme stammt die Mehrheit aller periphrastischen tun-Verwendungen aus dem verwendeten Korpus 292 Über tun in seiner periphrastischen Verwendung steht weder bei Eisenberg (2006) noch bei Zifonun/ Hoffmann/ Strecker (1997) etwas. Duden (2005) führt an, die Kombination von „Hilfsverb tun + Infinitiv dient ausschließlich als Träger der finiten Endungen (wie do im Englischen)“ und es würde schriftsprachlich „nur dann verwendet, wenn das Vollverb zum Zweck der Hervorhebung ins Vorfeld eines Verbzweitsatzes gestellt werden soll und kein anderes infinitivregierendes Verb vorhanden ist“ (ebd., S. 434). Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 330 (75 von 141) und auch der Großteil der als umgangssprachlich und regional gewerteten Verwendungen: 51 der Verwendungen aus dieser Aufnahme stehen im Konjunktiv, dies macht also in dieser Aufnahme die häufigste Verwendungsart der tun-Periphrase aus; von denen im Präsens verwendeten 24 haben 22 ein nachgestelltes Vollverb, sind also markiert, und nur 2 ein vorangestelltes. Im gesamten Korpus - inklusive dieser Aufnahme - sieht die Verteilung der Fälle der Periphrase-Arten etwas anders aus: Hier stehen 74 im Indikativ und 67 im Konjunktiv-II. Von denen im Indikativ haben 43 ein nachgestelltes Vollverb, gelten also als markiert, und 31 haben ein vorangestelltes. Die Differenz zwischen markierten und unmarkierten periphrastischen Verwendungen ist im Gesamtkorpus also nicht so auffällig. Es ist aber anzumerken, dass der Großteil der markierten indikativen Verwendungen (22 von 43) aus der einen, oben erwähnten Aufnahme stammt, ebenso wie gute drei Viertel der Verwendungen im Konjunktiv (51 von 67). Die als umgangssprachlich und regional gewerteten Formen dominieren also vor allem deswegen in dem verwendeten Korpus, weil sie in einer einzigen Aufnahme überproportional häufig von drei Sprecher(inne)n verwendet werden. Aus demselben Grund ist die periphrastische Verwendung generell auch eine der häufigsten Verwendung in den zugrunde liegenden Daten. Ohne diese eine Aufnahme würde die als standardsprachlich gewertete Verwendung wie in Beispiel (99) gezeigt (FÜTtere due se die A ganz gern,) mit 29 Fällen überwiegen, gefolgt von der markierten Verwendung mit 21 Fällen und schließlich der Konjunktivverwendung mit 16. 293 Eine derartig auffällige Häufung einer bestimmten Verwendungsweise innerhalb einer bestimmten Aufnahme ist bei den machen-Verwendungen nicht bemerkt worden. Eine nähere Betrachtung der periphrastischen tun- Verwendungen, auch und gerade auf ihre pragmatischen Funktionen hin, wird in Abschnitt 7.2.1 vorgenommen. Des Weiteren wird tun häufig im Zusammenhang mit der Wortverbindung zu tun haben verwendet (148 Mal), die in verschiedenen Konstruktionen vorkommt. 294 Am häufigsten mit 113 Verwendungen ist dabei das Muster (PN Indef ) 293 Dies würde dann auch näher an den Ergebnissen von Brinckmann und Bubenhofer (2012) sein. Diese nehmen ebenfalls Daten gesprochener Sprache als Grundlage, und zwar die Daten aus dem IDS-Projekt Deutsch heute (ebd., S. 161), die teilweise auch in FOLK enthalten sind. Bei ihrer Untersuchung wird die normativ unmarkierte tun-Periphrase am häufigsten vorgefunden. Mehr als die Hälfte der Periphrasen sind in ihrer Untersuchung von diesem Typ; die Verwendung, in der das Vollverb nicht im Vorfeld steht, kommt ein wenig häufiger vor als die Konjunktiv II-Verwendung (ebd.). Dabei ist aber das Verhältnis von Konjunktivzu Indikativ-Verwendungen noch unausgeglichener: 67 zu 260 (ebd., S. 162) im Gegensatz zu 16 zu 50 in diesem Korpus, ohne die genannte Aufnahme. 294 Diese werden auch im DUW (2011) einzeln aufgeführt und als Redensarten bzw. Sprichwörter bezeichnet und im Wörterbuchartikel unter Punkt 7 in unterschiedlichen Variationen ge- 331 machen und tun: Ein Vergleich der Verwendungen und Funktionen beider Verben zu tun haben mit (konkreter: (etwas/ nichts/ (nicht) viel) zu tun haben mit), mit welchem ausgedrückt wird, dass - im weitesten Sinne - (keine) Berührungspunkte oder Zusammenhänge zwischen Entitäten, Konzepten oder Personen bestehen. Beispiele für die Verwendung im Korpus sind: und alle drei teile ham etwas mit (.) SEHen sInnlichkeit und schrIft zu tun; 295 und: wir ham jetzt priVAT nIchts miteinander zu tun; 296 . In dieser Konstruktion ist tun ein Bestandteil, der die Bedeutung mit konstituiert. tun ist in dieser Konstruktion höchstens mit dem Verb schaffen austauschbar, was im zugrunde liegenden Korpus einmal vorkommt und durchaus dialektal begründet sein kann, also nicht unbedingt als generelle Tatsache angenommen werden kann; aufgrund der geringen Datenmenge kann dies nicht bestimmt werden. Im Zusammenhang mit dieser Konstruktion ist eine zugrunde liegende Deutung von tun als handeln oder behandeln durchaus erkennbar, wobei es hier aber nicht grundsätzlich um das (nicht stattfindende) Durchführen von unspezifischen gemeinsamen Handlungen geht, da auch sehr statische Konzepte (wie ein (nicht bestehender) Zusammenhang) so versprachlicht werden. Deswegen kann schaffen nicht in allen Verwendungen als Ersatz für tun herhalten, da schaffen eine wesentlich dynamischere Semantik innehat als tun. Für das erste der oben aufgeführten Belege wirkt ein derartiger Austausch zum Beispiel markiert: ? und alle drei teile ham was mit (.) SEHen sInnlichkeit und schrIft zu schaffen; für das zweite dagegen durchaus denkbar: wir ham jetzt priVAT nIchts miteinander zu schaffen. Eine weitere Konstruktion ist (PN Indef ) zu tun haben (konkreter: (etwas/ nichts/ (nicht) viel) zu tun haben), welche 22 Mal gefunden wurde; diese drückt jedoch etwas ganz anderes aus als die zuvor beschriebene, nämlich dass bzw. ob bestimmte Arbeiten anstehen und/ oder erledigt werden müssen: du musst jetz noch Arbeiten; =°h du kAchst jetz noch was zu TUN; =°h du kAnns jetz noch nich SCHLAfen; 297 oder: meine MUTter kümmert sich um mich,=°h (.) sie sagt was ich zu TUN habe- und wann ich meine AUfgaben erLEdigen soll; 298 . Diese Konstruklistet (ebd., S. 1789). Im WDG (1980b) hat „mit jmdm., etw. nichts zu t. haben“ einen eigenen Eintrag (ebd., S. 3813, Punkt 7), andere Formulierungen wie „es mit jmdm. zu t. kriegen“ oder ganz konkrete Verwendungen wie „es mit dem Herzen zu tun haben“ stehen dagegen unter Punkt 9 „/ in besonderen Redewendungen/ “ (ebd., S. 814). 295 FOLK_E_00061_SE_01_T_01_DF_01, Segment 632 [00: 23: 00-00: 23: 05]. Dieses Beispiel stammt aus einer mündlichen Prüfung an einer Hochschule. 296 FOLK_E_00103_SE_01_T_01_DF_01, Segment 28 [00: 00: 26-00: 00: 28]. Dieser Ausschnitt stammt aus dem Anfang einer Maptask-Interaktion, hier erläutert die Sprecherin die Beziehung zwischen sich selbst und dem anderen Teilnehmer. 297 FOLK_E_00055_SE_01_T_09_DF_01, Segment 506 [01: 59: 43-01: 59: 47]. Hier stellt eine Studentin ihre eigenen Selbstgespräche dar, die sie davon abhalten, zu früh ins Bett zu gehen. 298 FOLK_E_00026_SE_01_T_02_DF_01, Segment 1683 [01: 35: 05-01: 35: 10]. Dies ist ein Zitat, das eine Mitarbeiterin bei einem Meeting in einer sozialen Einrichtung aus einem Interview Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 332 tion wird am häufigsten mit Indefinitpronomen wie nichts, viel oder auch (seltener) ohne Objekt, aber teilweise mit Adverb (ordentlich/ dick zu tun haben) formuliert. In dieser Struktur ist die Handlungssemantik wesentlich deutlicher vorhanden als bei zu tun haben mit, da es hier um das Durchführen von etwas geht, das meistens nicht spezifisch benannt wird, also um ein generelles Beschäftigtsein, wobei es aber in einigen Fällen auch aus dem Kontext ersichtlich wird, welcher Art die Beschäftigung ist. Dadurch können sich oft auch konkrete Handlungen, auf die sich durch diese Struktur bezogen wird, inferieren lassen. Als letzte gefundene Konstruktion, welche mit der genannten Wortverbindung zusammenhängt, aber eine distinkte Bedeutung ausdrückt, wurde im Korpus 12 Mal es zu tun haben mit belegt, wie es hier verwendet wird: um dAnn zu zeigen-=°h=äh (0.33) womit wir_s überhaupt zu TUN haben; 299 . Es geht generell bei der Konstruktion darum auszudrücken, dass man eine bestimmte Entität, einen Sachverhalt (oder auch eine Person) vor sich hat oder damit konfrontiert ist. Eine Handlungs- oder Durchführungssemantik ist hier nicht gegeben, es handelt sich um ein eher statisches Konzept und in diesem Fall ist tun durch kein anderes Verb ersetzbar, die Konstruktion es zu tun haben mit beschreibt nur in dieser Kombination die genannte Bedeutung. Diese drei Konstruktionen machen also mit 148 Belegen einen großen Anteil an Verwendungen für tun im Korpus aus und insgesamt die häufigste Verwendung vor der Periphrase. Dies deutet bereits die Tendenz von tun hin, eher in Wortverbindungsmustern oder festen Wortverbindungen aufzutreten, als in freier Verwendung als Vollverb. 300 Ebenfalls eine Verwendungsweise von tun ist die des Aufgreifens vorerwähnter Sachverhalte durch die Kombination mit einer Komplex-Anapher wie das, es, klitisiertem _s oder auch elliptisch. Diese Verwendung wurde für machen ausführlich in Abschnitt 6.6.1.1 beschrieben und als das machen-Fügung bezeichnet. tun tritt in dieser Verwendung 106 Mal im Korpus auf, davon wermit einem der Kinder vorliest. Darin beschreibt das besagte Kind die Situation bei sich zuhause. 299 FOLK_E_00057_SE_01_T_01_DF_01, Segment 762 [00: 33: 58-00: 34: 02], dieses Beispiel stammt aus einem Prüfungsgespräch. Der Prüfer möchte hier wissen, als welche Textsorte der Prüfling Rundfunknachrichten bestimmen würde, damit er zeigen kann, womit sie es „zu tun“ haben. 300 Der Gebrauch von tun als Hilfsverb ist zwar im Grunde genommen auch frei und nicht lexikalisch restringiert, er ist aber dennoch eingeschränkt, da er zum einen stilistisch markiert und regional begrenzt ist und zum anderen auch nicht in gleicher Weise produktiv zum Verbalisieren bestimmter Konzepte eingesetzt wird, sondern mehr pragmatische und kommunikative Funktionen hat. Auf die tun-Periphrase wird in Abschnitt 7.2.1 weiter eingegangen. 333 machen und tun: Ein Vergleich der Verwendungen und Funktionen beider Verben den 63 mit das, 32 mit es oder _s und 11 elliptisch formuliert. Dabei wird auf alle möglichen Arten von Sachverhalten und Handlungen referiert, es scheint hier nur eine Präferenz für einen bestimmten Handlungstyp zu geben, der eher mit tun als mit machen aufgegriffen wird, nämlich nicht-agentivische Sachverhalte (siehe unten). Eine weitere tendenzielle Unterscheidung wurde darin erkannt, dass in den Daten durch tun eher auf konkret benennbare Handlungsverben referiert wird und weniger implizierte Sachverhalte und dass - im Vergleich zu das machen - weniger über einen längeren Gesprächszeitraum verteilte Handlungskomplexe durch das tun zusammengefasst werden. Die Referenzen, die durch das tun hergestellt werden, sind dabei zum einen häufiger auf ein bestimmtes Verb zurückzuführen und zum anderen größtenteils recht nah an der das tun-Verwendung, so dass nicht viel Gesprächskontext benötigt wird, um die Handlung, auf die verwiesen wird, deuten zu können. Ansonsten wird das tun auch zum Ausführen unterschiedlicher kommunikativer Handlungen genutzt, wie bspw. Auffordern (TU_S; TRAU dich; TRAU dich; TRAU dich; TRAU dich; 301 ), Selbstverpflichtung (ja das will ich TUN; 302 ) oder (negativer) Ratifikation von Handlungsmöglichkeiten (ja, also Ich würd_s NICH tun; 303 ). Es wird auch hier, wie in den das machen-Verwendungen, auf einen vorerwähnten Sachverhalt referiert, um etwas über seine Durchführung zu sagen. Bei einer exhaustiven Untersuchung aller das tun-Verwendungen im Korpus würden sicher weitere, auch nur mit tun durchgeführte Sprachhandlungen oder Social Action Formats gefunden werden und es würden sicher tendenzielle funktionale oder situative Unterschiede bei ähnlichen Handlungsausführungen (zum Beispiel bei Selbstverpflichtungen in zweiter Position) mit tun oder machen erkennbar sein. Dies wäre sicher für zukünftige Forschungsarbeiten interessant. 301 FOLK_E_00021_SE_01_T_12_DF_01, Segment 808 [00: 34: 12-00: 34: 14]. Hier fordert ein Spieler beim Fußballmanagerspiel seinen Mitspieler auf, ein bestimmtes Gebot abzugeben. 302 FOLK_E_00069_SE_01_T_01_DF_01, Segment 58 [00: 28: 27-00: 28: 29]. Hier wurde der Sprecher Herr Wittke während seines Vortrags bei der Stuttgart-21-Schlichtung von Herrn Geißler gebeten, langsamer zu sprechen. Dieser Bitte möchte er nachkommen und verbalisiert dies entsprechend. 303 FOLK_E_00005_SE_01_T_02_DF_01, Segment 209 [00: 50: 01-00: 50: 03]. Dieser Ausschnitt stammt aus einer Unterrichtsstunde an einer Berufsschule. Der Sprecher, der auch der Lehrer ist, referiert mit seiner Äußerung auf den Lösungsvorschlag eines Schülers, als Vorbedingung zum eigentlichen Fehlersuchplan den Widerstand der Zündspule zu messen. Der Lehrer würde diese Handlung eher im Fehlersuchplan selbst sehen wollen. Warum er dies findet, erläutert er kurz vor der tun-Äußerung, welche durch das also die dispräferierte Handlung der negativen Bewertung des vorherigen Lösungsvorschags einleitet (vgl. Deppermann/ Helmer 2013, S. 9f.). Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 334 Darüber hinaus lässt sich mit tun wie erwähnt auch auf Sachverhalte referieren, die keine Handlungen im weitesten Sinne darstellen, da sie kein Agens 304 als Subjektreferenten enthalten und auf Verben wie bspw. kennen, liegen oder geben (im Sinne von existieren) zurückverweisen, bei denen der Subjektreferent mehr ein Experiencer oder Thema ist, oder ihm keine semantische Rolle zugeordnet werden kann, wie beim expletiven es (vgl. Beispiel (104)): (102) FOLK_E_00043_SE_01_T_01_DF_01, Segment 285 [00: 07: 18-00: 07: 30] 01 PB aber des sin noch die jackson FIVE (.) gewesen; 02 AM ach die KENNST du- 03 PB ja naTÜRlich kenn ich die jackson fI[ve; ] 04 AM [ich W]USSte nich ob du die kEnnst; 05 PB hm? 06 AM ich wUsste nich ob du die KENNST ; 07 (2.5) 08 PB doch TU ich ; (103) FOLK_E_00021_SE_01_T_11_DF_01, Segment 1106 [00: 17: 39-00: 17: 43] 01 PL fünf milLIOnen? 305 02 XM1 würd- 03 MT da [ würd er (.) mit sI ] cherheit LIEgen ; 04 NI [nee ] 05 (0.3) 06 CH ja [ TUT er auch . ] 07 XM1 [zwischen vIEr] und FÜNF; (104) FOLK_E_00069_SE_01_T_04_DF_01, Segment 05 [02: 12: 48-02: 12: 57] 01 GS (.) aber ich dAchte da GIBT_S kein wasser ; 02 (0.89) 03 WW BItte; 04 (.) °h 05 (0.52) 06 WW °h ja das TUT_S ja auch nich ; 07 nur wenn sie durchBOHren-=°h 08 d das sOllte man ja (.) tunlichst nicht MACHen; 304 Zur hier angesetzten Konzeption von Agentivität siehe Abschnitt 4.1. 305 Dieser Ausschnitt stammt aus dem Fußballmanagerspiel und die Summenangabe fünf mil- LIOnen? (Z. 01) bezieht sich auf den Kaufwert eines bestimmten Spielers, auf welchen in den Zeilen 03 und 06 mit er referiert wird. (Man kann es aber auch so deuten, dass er sich auf das implizierte Nomen der Preis bezieht, welcher sich auf die 5 Millionen bezieht). 335 machen und tun: Ein Vergleich der Verwendungen und Funktionen beider Verben In diesen Fällen ist auch keine sehr weite Konzeptualisierung von Agentivität anzunehmen, wie sie in dieser Arbeit angesetzt wurde, da den Subjektreferenten nicht einmal Einfluss oder Verantwortung zugeschrieben wird. Das Aufgreifen derartiger nicht-agentiver Sachverhalte ist aber nicht sehr oft vorhanden im zugrunde liegenden Korpus. In den allermeisten Fällen referieren die das tun-Verwendungen auf ähnliche Sachverhalte, wie es die meisten das machen-Verwendungen tun: auf Handlungen, die ein menschlicher Subjektreferent ausführt. Somit ist die einzig auffällige Tendenz in der referierenden Verwendung von tun gegenüber machen diejenige, die mit der Agentivität des aufzugreifenden Sachverhalts zusammenhängt, da für den Rückverweis auf nicht-agentive Sachverhalte (in den zugrunde liegenden Daten) ausschließlich tun verwendet wird und machen überhaupt nicht. Dass tun in diesen Fällen gegenüber machen präferiert wird, liegt an der dem Verb machen anhaftenden Semantik der Agentivität, die tun fehlt und die bei einer Referenz auf nicht-agentive Sachverhalte markiert wirkt. 306 Ebenfalls häufig mit 92 Fällen treten Verwendungen mit tun + Adjektiv auf, die aber gänzlich anders zu bewerten sind, als die machen + Adjektiv-Verwendungen. Die Verbindungen mit tun werden weit weniger produktiv eingesetzt und stellen zudem in den allermeisten Verwendungen feste Wortverbindungen dar. weh tun kommt dabei in den Daten überproportional häufig vor (66 Fälle, also mehr als 2/ 3 der Verwendungen mit Adjektiv). Der größte Teil dieser 66 Fälle stammt allerdings aus den Rettungssanitäterübungen, von denen es 9 Sprechereignisse im Korpus gibt und in welchen 40 Mal die Kombination weh tun geäußert wird. Daher kommt weh tun öfter im Korpus vor als leidtun (55 Fälle), welches bspw. im DUW (2011, S. 1109) und auch in E-VALBU nur in zusammengeschriebener Weise aufgeführt wird, die Option zur Getrenntschreibung hier also - anders als bei weh tun (DUW 2011, S. 1983f.) - gar nicht mehr gegeben wird. leidtun wird von daher nicht zu den Adjektivverwendungen gezählt, während weh tun einen Grenzfall darstellt und dazugezählt wird. Dazu muss gesagt werden, dass auch die restlichen 27 Fälle von tun + Adjektiv eher kollokative bzw. feste Wortverbindungen sind. Am häufigsten tritt dabei gut tun (17 Mal) bzw. wohl tun (1 Mal) in der Konstruktion jemandem tut etwas gut/ wohl auf, welche große semantische und strukturelle Ähnlichkeiten aufweisen und deswegen zusammengezählt werden. Außerdem wird sich schwer/ leicht(er) tun mit etwas verwendet sowie sich kundig tun. Als Verwendung mit relativ offenem und damit produktivem Adjektivslot kommt lediglich die Konstruktion jemand tut irgendwie vor, welche die Bedeutung sich auf eine bestimmte (als nicht authentisch oder nicht situationsangemessen empfundene) Art und Weise geben/ verhalten in diesen Fällen ein- 306 Vgl. dazu ausführlich Abschnitt 7.3. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 336 nimmt. Ein Beispiel aus dem Korpus wäre: ANzeichen, (.) für MANgelnde soziAle kompetenz wÄr, (0.27) dass er bEsserwischerisch TUT, 307 . tun bekommt in dieser Verwendung die Bedeutung von sich geben oder verhalten und bezieht sich im weitesten Sinne auf die Durchführung von Handlungen generell, spezifisch auf das Zeigen eines bestimmten Verhaltens mit der Konnotation, dass dieses Verhalten nicht authentisch ist. Diese Interpretation hat Ähnlichkeit mit derjenigen von tun in der Wortverbindung so tun, welche auch ein bestimmtes Verhalten bezeichnet; spezifisch bezeichnet es, einen bestimmten Anschein zu erwecken oder sich auf bestimmte (nicht der eigentlichen Situation entsprechenden) Weise zu benehmen - beinhaltet also auch das Gefühl des Unechten. irgendwie tun und so tun sind semantisch also nicht weit voneinander entfernt, was an der Funktion von so als ereignismodifizierendes Element liegt (vgl. Katz/ Umbach 2006 und auch Abschn. 6.6.1.2), welches auf die bestimmte Art und Weise von Durchführungen referieren kann, wie es auch Adjektive können. irgendwie tun kann als eigene Konstruktion interpretiert werden, in die tun nicht eintritt, sondern in welcher dies Verb einen integralen Teil ausmacht und nur die AP flexibel eingesetzt werden kann (vgl. oben genanntes Bespiel zu besserwisserisch tun; weitere Beispiele wären aristokratisch tun oder cool tun), sie beschreibt eine als nicht authentisch oder als negativ empfundene Verhaltensweise, deren Beschaffenheit durch die Semantik des Adjektivs beschrieben wird. 308 so tun kann dagegen, den (sehr wenigen) gefundenen Beispielen nach zu urteilen (n = 2), eine vom jeweiligen Sprecher negativ bewertete Verhaltensweise audrücken, dessen Beschaffenheit durch den Gesprächskontext inferierbar ist. Dies kann auf eine eigene Konstruktion von so tun hinweisen, was jedoch aufgrund der geringen Anzahl von Belegen nicht mit Sicherheit behauptet werden kann. Die so tun zugrunde liegende Konstruktion so tun als ob, welche 4 Mal im Korpus zu finden ist, hat keine inhärente negative Konnotation, sondern gegeben ist hier nur das Element des Verstellens und/ oder des nicht-situationsentsprechenden Verhaltens. 309 307 FOLK_E_00004_SE_01_T_01_DF_01, Segment 847 [00: 26: 29-00: 26: 34]; dieses Beispiel stammt aus einer Berufsschulinteraktion. Die Sprecherin beschreibt Anzeichen für mangelnde Sozialkompetenz bei Lehrlingen. 308 Diese Verwendungsweise von tun ist semantisch vergeichbar mit dem Wortverbindungsmuster (einen) auf irgendwie/ irgendetwas machen (Er macht immer (einen) auf cool (ohne es zu sein); Die Band macht dann immer (einen) auf Rock’n’Roll (dabei ist es eine Schlagerband)). 309 Diese Interpretation wiederum liegt nicht an der gesamten Konstruktion mit tun, sondern an dem Argumentstrukturmuster so V-en als ob, welches auch mit anderen Verben funktioniert und je nach Verbtyp eine Scheinhandlung bei Handlungsverben ausdrückt (könn_wa ganz normal wEIter so spielen als ob_s irgendwie alles(.) RICHtig gewesen wäre; FOLK_E_00011_ SE_01_T_05_DF_01, Segment 277 [00: 05: 29-00: 05: 32]) oder eine Scheinempfindung bei Wahr- 337 machen und tun: Ein Vergleich der Verwendungen und Funktionen beider Verben Eine andere tun + Adjektiv-Verwendung mit offenem Adjektivslot, die eine eigene Konstruktion bildet und bei welcher sich das Adjektiv außerdem nicht auf das tun, also auf die Handlung bezieht, wurde im Korpus nicht gefunden. Andere Verwendungen mit Adjektiv fallen unter die Verwendung, die ähnlich der das machen-Fügung funktioniert, welche weiter oben erwähnt wurde. Hier bezieht sich das Adjektiv auf die Handlung, auf die durch das tun referiert wird, selbst und beschreibt diese ohne Konnotation des inauthentischen Verhaltens, wie es auch in den das machen-Fällen der Fall ist. Eine resultative Deutung ist bei der oben beschriebenen Konstruktion nicht möglich, da dort kein Akkusativobjekt vorhanden ist, welches einen Referenten beschreibt, auf das sich das Adjektiv beziehen kann. Eine resultative Lesart, wie sie mit machen und adjektivischem Objektsprädikativ erreicht wird (vgl. Abschn. 6.4.2.1), wird also mit tun (in den untersuchten Daten) nicht produktiv gebildet. Auch hier zeigt sich die Tendenz des Auftretens von tun in festen Wortverbindungen (weh tun, gut tun, sich leicht/ schwer tun) und Wortverbindungsmustern (so tun (als ob)), denn die lediglich lexikalisch teilspezifizierte Konstruktion mit dem produktiven Slot für Adjektive (wie besserwisserisch tun) macht im Korpus von den 92 Fällen gerade mal 3 aus. Eine weitere Verwendungsweise, die produktiv gebraucht werden kann, ist tun + direktionales Adverbial. Davon finden sich 56 Fälle im Korpus. Am häufigsten (n = 35 Fälle) wird tun mit einem Richtungsadverb wie rein oder drauf kombiniert, in 21 Fällen mit einer PP. In den Verwendungsweisen von machen und tun mit direktionalem Adverbial bestehen merkbare Unterschiede, auf die in Abschnitt 7.2.2 als exemplarische Untersuchung der tendenziellen Verwendungsunterschiede von machen und tun detailliert eingegangen werden wird. Eine verhältnismäßig seltene Verwendungsweise mit tun im Korpus ist dagegen diejenige mit einer NP als Objekt. Dies steht in einem auffälligen Kontrast zu der sehr häufigen derartigen Verwendung von machen, weswegen dieser Unterschied im folgenden Abschnitt 7.2.1 näher betrachtet wird, da es hier signifikante Unterschiede nicht nur in der Anzahl, sondern auch in der Beschaffenheit der Verwendungen gibt. Weitere Verwendungen von tun, auf die aber nicht näher eingegangen wird, beinhalten obligatorische präpositionale Ergänzungen (etwas für/ gegen/ zu etwas tun), reflexive Verwendungen (es tut sich etwas), tun im Sinne von funktionieren (etwas tut es), Indefinitpronomen (nichts, alles, wenig tun) sowie tun in (freien) Relativsätzen und Fragen. Diese machen zusammen knapp 100 Belege aus. nehmungsverben (es sch_schmEckt SO,=°h als ob ich_n RÄUcherstäbchen essen würde; =ne? FOLK_E_00047_SE_01_T_02_DF_01, Segment 1043 [00: 56: 52-00: 56: 55]). Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 338 7.2 Zu den Unterschieden in den Verwendungen und der Funktionalität von machen und tun Im Folgenden werden bestimmte Verwendungsweisen von tun näher betrachtet und es wird (teilweise ausführlich) erörtert werden, worin sich die Verwendungen von tun und die von machen im Gebrauch unterscheiden. 7.2.1 Generelles zu den unterschiedlichen Verwendungsweisen Einer der auffälligsten Unterschiede bei den Verwendungen von tun und machen ist, dass tun wesentlich seltener mit NPn in Objektposition gebraucht wird als machen und dass diese Verwendungen zusätzlich (semantisch) sehr eingeschränkt sind. Während machen + NP im Korpus die häufigste Verwendung ist (1.268 von 3.872, also fast ein Drittel der im Endeffekt untersuchten Verwendungen), tritt dies für tun von 792 Fällen insgesamt nur 23 Mal auf (ca. 3%). Unter diesen Verwendungen sind am häufigsten feste Wortverbindungen mit NPs (wie jemandem einen Gefallen tun, jemandem Unrecht tun, seine Schuldigkeit getan haben und einen Scheißdreck tun, insgesamt 7 Mal) sowie nominalisierte Adjektive als Objekte ((was) Gutes/ Verbotenes/ Schlimmes/ Sinnvolles/ unser Bestes tun, insgesamt 8 Mal). Von den restlichen 8 Fällen 310 sind nur zwei als wirklich frei gebildete Verbindungen zu betrachten, eine 311 davon ist folgendes Beispiel: (105) FOLK_E_00143_SE_01_T_05_DF_01, Segment 858 [02: 35: 44-02: 35: 52] 01 HM [do dud sisch A nix mehr; ] 02 JI [°h jetz DEne ihren dir]igent gfAllt ma net, 03 (dann) den känn isch uff de ARSCH trete; =°h 04 der d äh dud so KERschelie[der bloß ; =wEscht? ] 05 HM [ah ja ++++++ °h ] 310 Darunter erscheinen auch die Allgemeinsätze das eine/ das andere tun sowie Dinge tun, außerdem von einer nicht-Muttersprachlerin vorgebracht ein Tätigkeits [sic! ] tun und zweimal aus einem (älteren) Text vorgelesen Schritte tun. 311 Das andere Beispiel ist schwer zu analysieren und es ist dabei nicht sicher, ob es sich wirklich um eine NP handelt, oder entweder eine VP, die dialektal so ähnlich klingt wie das Wort Ziege; oder ob es sich hier um einen Abbruch handelt und das direktionale Adverbial ausgelassen wurde. Die Äußerung lautet folgendermaßen: tu ma nich so viel ZIEge do, (FOLK_E_00143_SE_01_T_01_DF_01, Segment 545 [00: 23: 33-00: 23: 35]). Ziege könnte sich hier auf Ziegenkäse beziehen, da dies ein Tischgespräch ist und die Interaktionsteilnehmer kurz darauf essen. Der Sprecher kann ausdrücken wollen, dass die Rezipientin nicht zu viel von dem Ziegenkäse generell auftun bzw. auf den Tisch stellen soll. Hier wäre die Funktion von tun derjenigen von machen als reine verbale Verbindung der Argumente sehr ähnlich, da es hauptsächlich um die Argumente nicht so viel Ziege und do (da/ dort) sowie dem Modus des Imperativs geht und eine spezifische Handlung gar nicht von Belang ist. 339 machen und tun: Ein Vergleich der Verwendungen und Funktionen beider Verben Die Sprecherin Josephine (JI) drückt in diesem Ausschnitt ihr Missfallen über den neuen Dirigenten eines ihr bekannten Chors aus, der anscheinend so KERschelieder bloß (Z. 04) vom Chor singen lässt. Dies drückt sie mit der Verbindung Kirchenlieder tun aus. Hier werden also Kirchenlieder als Handlung mit einem Dirigenten als Subjektreferenten und somit als ausführende Instanz dargestellt; die logische Handlungsinferenz für das Verb tun ist hier, dass der Dirigent die Kirchenlieder auswählt, mit dem Chor einstudiert und bei einer Aufführung diese dirigiert. 312 Eine derartige Verwendung von tun ist der absolute Ausnahmefall in den Daten, mit machen dagegen sind derartige Äußerungen keine Seltenheit, besonders in Anbetracht der Funktion, dass machen (fast) jeden Objektreferenten als potenziell durchführbar rahmen kann (vgl. Abschn. 6.6.3). tun + NP stellt also keine annähernd so produktiv gebrauchte Verwendung wie machen + NP dar, um bestimmte Handlungen sprachlich auszudrücken, obwohl dies theoretisch möglich wäre und auch als Verwendung von tun in sämtlichen Wörterbüchern aufgeführt wird. 313 Hier wird eher ein generelles und unspezifisches Durchführen von nicht näher beschriebenen Handlungen ausgedrückt (Gutes/ sein Bestes/ was Sinnvolles tun, jemandem einen Gefallen tun). Diese Verwendungen haben semantisch Ähnlichkeit mit dem Gebrauch von tun + indefiniten Pronomen wie nichts, alles, (irgend)etwas, viel und einiges, in dem Sinne, dass sie ebenfalls unspezifisches Handeln oder generelles Beschäftigtsein ausdrücken, im Falle der nominalisierten Substantive wird dabei aber zusätzlich eine Wertung (gut, schlecht, sinnvoll) der Handlung oder Beschäftigung ausgedrückt. 312 Die Äußerung von Josephine kann allerdings auch so interpretiert werden, dass sie das Vollverb bei der Formulierung einer tun-Periphrase ausgelassen hat. Dies ist angesichts der extrem hohen Anzahl von periphrastischen Verwendungen mit tun nicht unwahrscheinlich. 313 Im WDG (1980b) ist für tun derselbe Metakommentar als Bedeutungsangabe aufgeführt wie für machen: „dient in abgeblaßter Bedeutung mit Subst. häufig zur Umschreibung eines Verbalbegriffs“ (ebd., S. 3814, Punkt 8). Die dort angegebenen Substantive sind zum Teil dieselben, wie für machen, wirken aber - vielleicht auch nur in der heutigen Zeit - markierter (bspw. einen Luftsprung t., einen Satz t., eine Äußerung t., jemandem Bescheid t.). Nominalisierte Adjektive sind hier nicht aufgeführt, wohl aber einige feste Wortverbindungen wie jmdm. einen Gefallen t., etw. tut einer Sache wenig, geringen Abbruch (Des Weiteren sind unter diesem Punkt 8 auch leidtun und weh tun aufgeführt.). Im DUW (2011) sind die Verwendungen mit NP einerseits unter Punkt 1a „eine Handlung ausführen“ (ebd., S. 1788) mit nominalisierten Adjektiven aufgeführt (Gutes, das Richtige, Falsche, Wichtigeres), andererseits unter Punkt 1d ausführen, machen (ebd., S. 1789) mit Substantiven wie im WDG: Blick, Sprung, Äußerung. Bei Wahrig (2011) stehen beide Arten von NPs unter den nominalen Leitwörtern (Böses, Gutes, Bestes, Arbeit, Schrei). Im E-VALBU stehen unter Punkt 1 („unternehmen, erledigen“) und 2 („antun“) fast nur nominalisierte Adjektive (Machbare, Erstbeste, Gutes, Böses; aber auch: Arbeit, einen Gefallen, nichts und alles), unter Punkt 4 („vollbringen“) stehen lexikalische Substantive wie Schrei, Sprung und Spatenstich. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 340 tun + NP wird also zum einen viel seltener und zum anderen semantisch sehr restringiert gebraucht. Bei vielen Verwendungen von machen + NP wird oftmals zusätzlich dazu, dass sie eine bestimmte Handlung oder Durchführung ausdrücken, auch noch eine pragmatische Funktion ausgeführt, diese wurden in Abschnitt 6.6 beschrieben. Diese Verwendungsweise wird also nicht nur und nicht hauptsächlich zum Versprachlichen bestimmter Handlungen gebraucht, sondern sie hat durchaus funktionale und diskursorganisatorische Gründe, was die hohe Anzahl dieser Art der Verwendung erklären kann. Ähnliche Funktionen (und auch teilweise dieselben) werden auch mit tun ausgeführt, allerdings nicht in Kombination mit einer NP, sondern in der periphrastischen Verwendung. Die tun-Periphrase funktioniert dabei teilweise ähnlich wie machen + NP, in der Hinsicht, dass auch hier die spezifische Handlung durch einen anderen lexikalischen Ausdruck ausgedrückt wird, nur ist dies bei der tun-Periphrase keine Objekt-NP, sondern ein im Infinitiv stehendes Vollverb. tun erfüllt dabei - wie machen in den machen + NP-Verwendungen - lediglich eine grammatische (durch das Ausdrücken der Flexion) und mitunter auch eine pragmatische Funktion. Zu diesen Funktionen gehört zum Beispiel, bei der Planung von Gesprächsbeiträgen zu helfen (vgl. auch Schwitalla 2006, S. 135f.): (106) FOLK_E_00066_SE_01_T_02_DF_01, Segment 390 [00: 46: 49-00: 47: 11] 01 JO °h na JA; 02 (.) ((räuspert sich)) 03 (0.46) 04 JO ((schmatzt)) die sAmmeln halt die (.) SPRACHaufnahmen, 05 also (.) so SPRICH- 06 wir sitzen jetz halt im GARten, 07 bla- (.) 08 QUAtschen halt, 09 AL hm 10 JO (.) dann AUFgenommen- 11 (.) und dann können halt da die (.) fOrscher dran FORschen, 12 (0.38) 13 JO ((schmatzt)) °h und tun des halt dann sozusagen äh (.) verSCHRIFTlichen , 14 weil is natürlich KLAR; = 15 =wenn die mit so AUdio (.) files ARbeiten sozusagen, 16 (0.56) 17 JO unterschiedliche FRAgestellungen an so dInger; 18 zähl die PAUsen- 19 keine AHnung; In diesem Gartengespräch erläutert der Sprecher Johnny (JO), wofür die Sprachaufnahme, die gerade von den Beteiligten gemacht wird, in der Forschung gebraucht werden kann. Die periphrastische Verwendung von tun mit 341 machen und tun: Ein Vergleich der Verwendungen und Funktionen beider Verben nachgestelltem Vollverb in Zeile 13 kann aufgrund des Heckenausdrucks sozusagen, dem verzögernden äh und der kurzen Pause vor der Formulierung des Vollverbs als Onlineplanungshilfe interpretiert werden, wie es auch für machen in Abschnitt 6.6.4 argumentiert wurde. Ebenfalls wurden Reparaturen von tun zu spezifischeren Verben im Korpus gefunden, wie es auch für machen der Fall ist (ja mir tUn- (.) wir legen ihn da so RUM, 314 ). Die tun-Periphrase kann, da sie zur Betonung des Vollverbs eingesetzt wird, auch dazu verwendet werden, dessen Semantik zu fokussieren (Schwitalla 2006, S. 130f.) und damit je nach Kontext die Betonung des Vollverbs für unterschiedliche kommunikative Zwecke einzusetzen, wie in dem folgenden Ausschnitt einer Unterrichtsstunde, in welcher gerade ein Buch besprochen wird und der Lehrer (SM) die Rolle des Studenten (er, Z. 01) am Ende der Geschichte beschreibt: (107) FOLK_E_00121_SE_01_T_03_DF_01, Segment 675 [00: 14: 50-00: 15: 09] 01 SM DA hängt er. 02 (0.53) 03 XM hm_hm. 04 SM (da/ ja) sozusage an die SCHEIbe ge (.) klAtscht-=ne, 05 (0.45) 06 SM HÄNGT er (na/ ne); = 07 =ja aber da SIEHT er auch alles; 08 (0.23) 09 SM LOgisch; 10 (0.54) 11 SM ne? 12 diese grOße (.) Offene schEIbe vom ZUG, 13 (0.49) 14 SM dA hat ma den Überblick; 15 (0.26) 16 SM WENN überhaupt,=hm,=°hh 17 äh Etwas unangenehme HALtung; 18 ZUgegeben; 19 Aber- 20 (1.53) 21 SM MITkriegen tut er jedenfalls Alles . 22 (0.7) In diesem Ausschnitt - und auch für die besprochene Geschichte - ist besonders relevant, dass der Student an seinem Platz am Fenster die Übersicht hat und mehr sieht als der Zugführer und dass er eine entscheidende Begebenheit 314 FOLK_E_00136_SE_01_T_01_DF_01, Segment 491 [00: 10: 40-00: 10: 42]. Dieser Ausschnitt stammt aus einer Rettungsübung. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 342 - dass die Wände des Tunnels immer näher kommen - eher bemerkt als alle anderen. In Zeile 21 kann der Lehrer durch die Verwendung der Periphrase die Betonung genau auf diesen Umstand legen: dass der Student alles mitkriegt. Auf diese Weise können auch Gegensätze in Äußerungen dargestellt werden, wenn der Sprecher eine der gegensätzlichen Aussagen besonders hervorheben möchte. In dem folgenden Ausschnitt aus den Stuttgart-21-Schlichtungen möchte Walter Wittke zum Beispiel ein Missverständnis beseitigen: (108) FOLK_E_00069_SE_01_T_01_DF_01, Segment 474 [00: 21: 33-00: 21: 43] 01 HG ich kann sie TRÖSten; 02 der herr (Inghofen) ist AUCH nicht damit zurEcht gek[ommen. ] 03 WW [das FREUT mich.] 04 ((lacht)) das beRUhicht mich; ((lacht)) 05 HG FREUT sie; 06 [ja ha ha ha] 07 WW ((l[acht)) ] 08 °h es beRUhicht mich ; 09 frEUen tut mich das NICH , 10 es beRUhicht mich ; 11 ((allgemeines Gelächter ca. 3,1 Sek.)) Mit der Äußerung in Zeile 09 hebt Wittke durch die tun-Periphrase deutlich das Vollverb freuen hervor und legt gleichzeitig den Fokusakzent auf das nich. Damit möchte er Geissler korrigieren, der Wittkes vorherige Reparatur von freuen zu beruhigen scheinbar (eventuell im Scherz) nicht registriert hat und ihm bei seiner Nachfrage in Zeile 05 (FREUT sie; ) die falsche Gefühlsregung unterstellt. Wittke verdeutlicht so den Kontrast zwischen dem, was er eigentlich aussagen wollte (es beRUhigt mich; Z. 08/ 10) und dem, was Geissler wiederholt, was aber nicht zutrifft. Noch deutlicher wird diese Funktion der Hervorhebung, wenn der Gegensatz zusätzlich mit einem aber markiert auftritt: (109) FOLK_E_00066_SE_01_T_02_DF_01, Segment 57 [00: 37: 02-00: 37: 16] 01 UD nAchteil is (ds)_s sehr HELLhörig is, 02 (3.14) 03 UD und- 04 (1.35) 05 UD dass es äh (1.19) SEHR äh äh- 06 ZIEhen tut_s nich; 07 aber es verliert viel enerGIE . 08 (0.43) 09 JO hm_hm. 343 machen und tun: Ein Vergleich der Verwendungen und Funktionen beider Verben (110) FOLK_E_00180_SE_01_T_01_DF_01, Segment 276 [00: 06: 35-00: 06: 46] 01 NL daVOR hast du aber auch lange in ort_a gew[Ohn ]t. 02 AAC2 [nja,] 03 NL (.) kannst du denn (0.71) dialekt_a 04 (0.29) 05 AAC2 nee. 06 (0.81) 07 AAC2 al[so] WENN, 08 NL [m-] 09 AAC2 (.) nee; 10 (.) vielleicht en PAAR- 11 (.) verSTEHN paar sÄtze oder so ; = 12 = aber SPREchen tu ich_s nich ; =nee; In diesen beiden Ausschnitten wollen die Sprecher jeweils bestimmte Tatsachen als Gegensatz zu anderen Tatsachen betonen, die sie als aus dem, was sie vorher gesagt haben, interpretierbar oder generell kontextuell inferierbar ansehen. Im ersten Beispiel (109), bei dem Udo (UD) die Nachteile seines Hauses anführt, betont er einen Nachteil, den das Haus nicht hat (ZIEhen tut_s nich; Z. 06), um danach einen zu benennen, der dem Effekt einer zugigen Behausung nahe kommt: aber es verliert viel enerGIE. (Z. 07). Beide Tatsachen haben die Auswirkung eines kalten Hauses, jedoch scheint es Udo wichtig zu sein, von vornherein darzustellen, wodurch der Effekt des kalten Hauses zustande kommt (durch Energieverlust) und wodurch nicht (durch Zug). Die Periphrase betont dabei die Bedingung, die er gerade nicht als Ursache für (vermutlich) die Kälte im Haus sieht und stellt so den Gegensatz mit dem eigentlichen Grund noch deutlicher heraus als ein bloßer Anschluss mit aber bei der Folgeäußerung (es zieht nicht, aber es verliert viel Energie). Ähnlich ist dies im zweiten Beispiel (110) aus einem sprachbiografichen Interview. Hier beantwortet der Interviewte (AAC2) die Frage nach seiner Fähigkeit, einen bestimmten Dialekt sprechen zu können. Auch er betont mit der Periphrase das, was er in Bezug auf den Dialekt nicht kann (sprechen) im Anschluss an die Aussage dazu, was er wirklich kann (verstehen). Auch hier wird der Gegensatz deutlicher herausgestellt, als es bei einem bloßen aber-Anschluss ohne Periphrase der Fall wäre. Die tun-Periphrase beschreibt bei allen im Korpus gefundenen Fällen, die derartige Gegensätze ausdrücken, jeweils die Handlung, die sich auf die vom Sprecher antizipierte Inferenz (aus dem vorher Gesagten oder aus dem generellen Kontext) bezieht, und die sie verneinen, da sie dem entgegensteht, was der Sprecher als Korrektur dieser Inferenz anbringen möchte. Der sprachlich so hergestellte Gegensatz verdeutlicht auf diese Art den Unterschied der falschen Annahme zur vom Sprecher vorgebrachten Tatsache deutlicher, als es nur eine entsprechende Korrektur tun würde. Umgekehrte Konstruktionen Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 344 wurden nicht gefunden (wie bspw.: Essen tu ich es gerne, aber ich koche es nicht.), was natürlich nicht ausschließt, dass derartige auch formuliert werden; sie scheinen jedoch weniger gebräuchlich zu sein. Bei den gefundenen Fällen betont die Periphrase also die Korrektur der (angenommenen) Inferenz der Rezipienten und beinhaltet in vielen Fällen eine Negation; die Struktur ohne Periphrase beschreibt den Umstand, den der Sprecher als korrekte Tatsache einer (angenommenen) falschen Inferenz entgegenstellen möchte. Auch hier wird der entscheidende Ausdruck mit einem Fokusakzent belegt (enerGIE in Beispiel (109), verSTEHN in Beispiel (110)). Die Betonung des Vollverbs kann in anderen sprachlichen Handlungen dazu verwendet werden, diese zu intensivieren, wie etwa bei der Aufforderung zu bzw. dem Ankündigen von Handlungen. Für die tun-Periphrase hat auch Schwitalla (2006) dies beschrieben und unter „Verstärkung der Illokution“ (ebd., S. 139ff.) bzw. als eigene Funktion (ebd., S. 143) aufgeführt. Beides wurde für machen in dieser Arbeit als pragmatische Leistung herausgearbeitet (vgl. Abschn. 6.6.4.1) und konnte für tun auch im zugrunde liegenden Korpus belegt werden: In der Unterrichtsstunde an einer Berufsschule fordert der Lehrer (LB) seinen Schüler auf, dessen zuvor angegebenen Ausführungen zu ergänzen: (111) FOLK_E_00001_SE_01_T_01_DF_01, Segment 1318 [00: 31: 45-00: 31: 56] 01 LB herr fischer 02 TF ja das kommt jetzt drauf AN ob der-=ähm 03 (0.26) 04 TF hallgeber im lUftspalt steht oder NICH, 05 XM ((hustet)) 06 LB (.) ja, 07 jetzt komm_mer der sAch schon NÄher, 08 (0.92) 09 LB tun se mal ihre AUsführungen erGÄNzen jetzt , Und in einem Tischgespräch setzt die Gastgeberin (HM) die tun-Periphrase handlungsbegleitend ein und kündigt so die genauen bevorstehenden Aufräumhandlungen an: (112) FOLK_E_00143_SE_01_T_03_DF_01, Segment 1578 [01: 45: 46-01: 45: 50] 01 HM dEs un dEs du ich em[ol WEG; 02 GI [obwohl der däd A schmecke-] 03 HM dAs tu isch in de] KÜHLschronk stelle; Die Betonung des Vollverbs durch die tun-Periphrase kann so bei vielen sprachlichen Handlungen der Intensivierung dieser Handlung dienen, bzw. dem Sprecher ermöglichen, bestimmte Handlungen verstärkt darzustellen 345 machen und tun: Ein Vergleich der Verwendungen und Funktionen beider Verben bzw. den Fokus auf das Vollverb der Äußerung zu legen. Bei Sprechern, deren regionale Herkunft ihnen auch eine tun-Periphrase mit nachgestelltem Verb eher „erlaubt“ oder denen diese nicht markiert erscheint, ist es eher anzunehmen, dass bestimmte sprachliche Handlungen in Form einer tun-Periphrase ausgedrückt werden und ihre Wirkung dadurch verstärkt wird. Dieser Effekt entsteht dadurch, dass die Periphrase dazu dient „die Semantik des Verbs hervorzuheben“ (Schwitalla 2006, S. 147), was auch für machen in Bezug auf nominale aber auch adjektivische Ergänzungen oder Ergänzungen in Form von PPn oder VPn angenommen werden kann (vgl. Abschn. 6.4.2, 6.4.3 und 6.6.4). machen und tun können also beide generell dafür verwendet werden, ihren jeweiligen Ergänzungen mehr Fokus zu verschaffen, da sie selbst durch ihre semantische Leere eher zurücktreten, aber als Verben die grammatisch relevanten Personen-, Numerus-, Tempus- und (im Falle von tun auch) Modusflexionen darstellen können. Diese Eigenschaft prädestiniert beide Verben anscheinend dafür, pragmatisch und diskursorganisierend eingesetzt zu werden, teilweise in überlappenden Funktionen, teilweise in Funktionen, die das jeweils andere Verb nicht ausführen könnte. Daraus lässt sich schließen, dass machen und tun in den oben beschriebenen Verwendungen zwar ähnliche Handlungen ausführen können, dass tun aber eingeschränkter ist. Zum einen ist es dies, weil es derart nur in der (stilistisch wie regional) markierten und eingeschränkten periphrastischen Verwendung eingesetzt werden kann; zum anderen, weil tun scheinbar nicht so produktiv mit NPn verwendet wird, hier also tendenziell eher nur eine VP eingesetzt werden kann, um die Handlung, die ausgedrückt werden soll, zu beschreiben. machen liefert also allein formal schon mehr Möglichkeiten, da hier jegliche NPn, aber auch einige Arten von PPn und mitunter auch VPn und Nebensätze verwendet werden können. In der periphrastischen Verwendung scheint bei tun am meisten Potenzial für spontane und situativ angepasste Ausdrücke zu liegen, da das Vollverb jegliche akut relevante Handlungen oder Vorgänge versprachlichen kann. Daher kann es sein, dass aufgrund dieser Flexibilität sowohl durch machen + NP (oder auch VP) als auch durch die tun-Periphrase (die ebenso durch tun + VP beschrieben werden könnte) situativ Sprachhandlungen durchgeführt, bspw. bestimmte (situativ relevante) Handlungen betont werden können, um diese zu verstärken oder auf sie zu insistieren sowie Gegensätze darzustellen. Zu spezifischen Handlungen aufzufordern, diese abzulehnen oder konkrete, situativ relevante Vorwürfe zu formulieren, ist mit festen Wortverbindungen oder Kollokationen (für die die Struktur tun + NP meist genutzt wird und die lexikalisch eingeschränkt sind) nicht immer adäquat möglich, da diese nicht auf alle möglichen situativ relevanten Handlungen Bezug nehmen können. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 346 Da die tun-Periphrase jedoch stilistisch markiert und regional beschränkt ist, kommt diese - zumindest in den Regionen, in denen sie nicht gebräuchlich ist - nicht für die Ausführung bestimmter Sprachhandlungen in Frage, was die gesamtdeutsche Dominanz von machen gegenüber tun zumindest teilweise erklären könnte. 315 Ob es in den Regionen, in denen die tun-Periphrase verwendet wird, zu einer Präferenz des Gebrauchs von tun gegenüber machen kommt, lässt sich aus den zugrunde liegenden Daten leider nicht so einfach erschließen, da eine reine Zählung der im Korpus aufkommenden Token keine substanzielle Angabe darüber machen würde. Dass die Auswertung einer bloßen regionalen Verteilung angesichts der jetzigen Größe des Korpus nicht zulässig wäre, zeigt besonders die Aufnahme der drei Sprecher aus dem rheinfränkischen Raum (siehe Beispiel (101)), denn diese drei Personen benutzen tun in der tun-Periphrase überproportional häufig, so dass die reine Anzahl der im Korpus vorhandenen Verwendungen aus diesem Raum nicht auf die generelle Verwendung in der gesamten Region schließen lässt. Es lassen sich somit durch die Betrachtungen der Verwendungen im Korpus keine Rückschlüsse auf die regionalen Verwendungspräferenzen von tun gegenüber machen ziehen, auch wenn man nicht die einzelnen Token, sondern nur die Personen, die mehr tun oder mehr machen verwenden, betrachtet. Dafür sind zum einen die (zum Zeitpunkt der Datenerhebung vorhandene) süddeutsche Gewichtung sowie die nicht ausreichende Größe des Korpus und zum anderen auch der Faktor Zufall (welche Präferenz der miteinbezogene Sprecher hat) Kriterien, die ein Ergebnis zu sehr verfälschen können. Der folgende Abschnitt soll nun eine Verwendungsweise, die sowohl mit tun als auch mit machen vergleichsweise regulär ausgeführt wird, genauer beschreiben und dabei die Unterschiede der beiden Verben deutlich hervorheben. Es handelt sich dabei um die Verwendung mit direktionalem Adverbial, welche für machen in Abschnitt 6.4.3 ausführlich analysiert wurde. 7.2.2 Exemplarisch: Handlung vs. Bewegung. machen und tun in Transferkonstruktionen Richtungsadverbiale werden für machen in der Lexikografie nirgendwo als bedeutungskonstituierende Argumente, wie Objektsprädikative oder die zu- PP, aufgeführt, wohl aber für tun. tun hat für diese Lesart auch in fast allen 315 Dies erklärt jedoch noch nicht, warum machen im Gegensatz zu tun generell präferiert wird, so dass tun in der gesprochenen Sprache - nach den vorliegenden Daten zu urteilen - in Kombination mit NPn weniger in freien Verbindungen zur Beschreibung spezifischer Handlungen, sondern überwiegend in mehr oder weniger festen Verbindungen und zur Beschreibung genereller Handlungen verwendet wird. 347 machen und tun: Ein Vergleich der Verwendungen und Funktionen beider Verben konsultierten Wörterbüchern einen entsprechenden Eintrag, welcher meist mit der Paraphrase befördern oder den Verben stellen, setzen, legen und bringen umschrieben und überwiegend als umgangssprachlich deklariert wird. 316 Für tun wird diese Struktur also als gängige Verwendungsweise angenommen und ihr eine Beförderungslesart zugeschrieben. In der Tat wird im Verhältnis zum Gesamtvorkommen tun häufiger in einer Transferkonstruktion gebraucht als machen: In den Daten sind von den 780 tun-Vorkommen 65 mit direktionalem Adverbial gebraucht (gute 8%) 317 bei machen sind es von 3.872 dagegen 93 (also 2,4%). Das könnte an der dem Verb als „ursprüngliche Bedeutung“ zugeschriebene Lesart stellen, setzen, legen geschuldet sein, welche eine Kombination mit einem Richtungsadverbial nahe legt, was anscheinend auch eine lange Tradition hat, da dies bereits im DWB so aufgeführt wird. 318 Im Gebrauch zeigen sich aber mitunter Unterschiede bei den Verwendungen von etwas irgendwohin tun und etwas irgendwohin machen und es zeigen sich Tendenzen, wann eher tun und wann eher machen verwendet wird, um welche Arten von Transferhandlungen zu beschreiben. Bei tun ist das am häufigsten beschriebene Konzept wirklich das Befördern von physisch vorhandenen Entitäten an einen entweder durch die PP bestimmten oder durch das Adverb verwiesenen Ort. Besonders oft (bei 24 der 65 tun + Direktiv-Fälle) geschieht dies während der Spieleinteraktion mit Kindern, bei welcher Spielfiguren oder Geldscheine bewegt werden (dann könntest du des äffchen HIER rein tun, 319 ). Es handelt sich dabei um physische, zielgerichtete Bewegungen, die vom Subjektreferenten ausgeführt werden (bzw. 316 Im DUW (2011, S. 1789) steht diese Verwendung unter Punkt 4, als umgangssprachlich gekennzeichnet; im WDG (1980b, S. 3813) unter Punkt 3, ebenfalls als umgangssprachlich gekennzeichnet. Im E-VALBU wird diese Verwendung mit obligatorischem direktionalen Adverbial nur mit menschlichem Objektreferenten als umgangssprachlich angesehen (aufgeführtes Beispiel ist hier „Er hat seine Mutter ins Altersheim getan“). In Wahrig ist eine derartige Verwendung nur unter den Redensarten zu finden, mit den Leitwörtern an, auf und in (zur Vorgehensweise von Wahrig bei der Bedeutungsbeschreibung von Wörtern vgl. Abschn. 5.2.3.4). Hier ist die Zuschreibung „umgangssprachlich“ nicht aufgeführt. 317 Das erscheint im ersten Augenblick vielleicht keine signifikante Prozentzahl zu sein, aber dabei sollte mit einbezogen werden, dass tun - wie beschrieben wurde - weitaus häufiger als machen in festen Wortverbindungen und daher auch weniger als produktives Vollverb verwendet wird. Und von diesen wenigen produktiven Verwendungen sind wiederum relativ viele direktionale Verwendungen. 318 Im DWB steht im Beitrag zu thun: „Bedeutung und gebrauch. die ursprüngliche bedeutung ‘setzen, legen’ (siehe I, 1) hat sich schon im sanskr. und zend. zur allgemeinern von ‘machen, schaffen, verrichten’ erweitert“ (DWB, thun, B). 319 FOLK_E_00010_SE_01_T_02_DF_01, Segment 329 [00: 36: 44-00: 36: 56]. Das „Äffchen“ bezieht sich auf ein Spielplättchen, welches im Spiel Zooloretto das entsprechende Tier darstellt. Auf die Plättchen wird während des Spiels mit den jeweiligen Tiernamen verwiesen. Ziel des Spiels ist es, sich einen möglichst ansprechenden Zoo zusammenzustellen. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 348 werden soll) und welche den Objektreferenten von einem nicht genannten Ort A zu einem sprachlich (oder gestisch) spezifizierten Ort B befördern. Diese Spieleinteraktionen sind die häufigsten Quellen für die Struktur tun + direktionales Adverbial, doch auch die Verwendungen aus anderen Interaktionen referieren hauptsächlich auf Dingliches, was generell an einen anderen Ort befördert wird oder werden soll (tu doch die ce dEs mal DA rüber, 320 ); sie werden auch bei der Beschreibung von Kochvorgängen verwendet (tusch du PAPrika drUff, 321 ) oder auch für das Befördern an einen mehr konzeptuell als physisch vorhandenen „Ort“ wie das Internet: (113) FOLK_E_00143_SE_01, Segment 776 [00: 28: 46-00: 29: 02] 01 HM und da hab ich äh (.) bei der STADT agerufe, 02 und hab mir die teleFONnummer gebe lasse,=°h 03 un na hän die gesagt NEE bücher wollen se kEIne; 04 JI SIEHSCHte [des, ] 05 HM [°h un jetz] hat die jasmin gesagt sie tut_s (.) ins INternet , 06 un un wann NET , 07 tu ich_s (.) äh (.) noch un NOCH (0.28) in de - 08 GI [MÜLLeimer; 09 (.) in ][den ]paPIER; 10 JI [in de MILLeim][er; ] 11 HM [ in- ] 12 ins paPIER; In diesem Tischgespräch erzählt Hannelore (HM) ihren Freunden gerade, wie sie versucht ihre alten Bücher loszuwerden, die weder das Hospiz noch die Kleiderkammer anscheinend haben wollen. Nach der Absage von der Kleiderkammer (Z. 03) hat ihr eine nicht anwesende Person (Jasmin) versprochen, die Bücher im Internet anzubieten (Z. 05) und sollte dies nicht passieren oder sie so die Bücher nicht loswerden, würde Hannelore die Bücher ins Altpapier werfen (Z. 07/ 12). Beide Vorgänge, sowohl das Anbieten im Internet als auch die Entsorgung im Altpapier, werden als Beförderungshandlungen mit derselben Struktur tun + in-PP dargestellt. Weder das Internet noch ein Angebot sind in dem Sinne, wie die in den bisher gezeigten Beispielen, physisch vorhandene Gegenstände oder Orte, dennoch werden sie sprachlich als solche konzeptualisiert. Das Angebot für die Bücher erscheint also sprachlich hier als konkrete Entität, die man - wie auch reale Bücher in einen Papierkontainer - in den „Raum“ Inter- 320 FOLK_E_00133_SE_01_T_01_DF_01, Segment 58 [00: 01: 04-00: 01: 06]. Dieser Beleg stammt aus einer Interaktion beim Umräumen. 321 FOLK_E_00143_SE_01_T_02_DF_01, Segment 902 [00: 59: 04-00: 59: 06]. Dieser Beleg stammt aus einem Tischgespräch. 349 machen und tun: Ein Vergleich der Verwendungen und Funktionen beider Verben net befördern kann. Das konkrete Vorgehen, wie dies geschehen soll, lässt sich leicht aus der Bedeutung der Argumente erschließen und ist auch nicht das, was Hannelore kommunizieren will. Denn es geht darum zu erläutern, wohin die Bücher gebracht werden sollen, damit sie selbst diese loswird. Durch tun lassen sich also auch solche Konzepte versprachlichen, die eine Handlung beschreiben, die keinen konkreten Transport darstellt, welche aber konzeptuell als das Befördern einer Entität in einen bestimmten Raum angesehen werden kann. Auch die Beförderung von Personen oder Tieren an bestimmte Orte wird auf diese Weise ausgedrückt und auch hier ist die versprachlichte Handlung mit legen durchaus beschreibbar, wie in der Notfallübung, bei der ein Rettungssanitäter dem „Patienten“ die nächsten Vorgehensschritte erklärt: dass wir sie dann (.) mit dem ARZT zusamme,=°h bei uns ins AUto tun; und dann fahren wir so in die KLInik, 322 ; oder in fogendem Ausschnitt aus einem Studentengespräch. Hier zeigt sich, dass die Beförderungshandlung, von welcher die Studentin erzählt, nicht nur theoretisch durch legen konzeptualisiert werden kann, sondern es auch tatsächlich wird. Die Studentin Lena (LP) erzählt ihren Kommilitoninnen gerade von den drei Welpen, die bei ihrem Großvater in Griechenland geboren wurden: (114) FOLK_E_00048_SE_01_T_01_DF_01, Segment 683 [00: 13: 50-0: 14: 12] 01 AM und mu[sst du eins (MITnehmen) ] 02 LP [darf ich des brutale jetz A]UCH sagen <<lachend> [oder nIch; ]> 03 LS [oh GOTT; ] 04 (0.41) 05 AM s[ie hat eins AUFgefre]ssen; 06 LP [((Lachansatz)) ] 07 LP nein, 08 (0.21) 09 LP zwei hat mein opa in den <<lachend> WALD getan; > [((lacht))] 10 LS [°hh ] 11 nein; 12 AM was, 13 lena 14 LP (.) oh ich DARF nich lAchen; 15 (0.36) 16 LP ja [is n]ich WITzig; 17 AM [ja; ] 18 (0.51) 19 AM ja wie der hat se in [WALD, ] 20 LP [aber in] griechenland IS_es so; 322 FOLK_E_00136_SE_01_T_01_DF_01, Segment 290 [00: 04: 53-00: 05: 04]. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 350 21 wenn die halt WERfen, 22 und die WOLLen die nicht, 23 normalerweise erTRÄNken die- 24 aber mein opa MACHT des nicht- 25 der legt die in den WALD; 26 (0.2) 27 AM was MAchen die da, 28 (0.2) 29 LP die STERben da; Lena (LP) erzählt ihren Kommilitoninnen davon, wie ihr Großvater in Griechenland mit den neugeborenen Welpen umgeht: Er bringt sie in den Wald zum Sterben, anstatt sie - wie anscheinend sonst üblich bei ungewolltem Hundenachwuchs - zu ertränken. Diese Tatsache berichtet sie zweimal, einmal in Zeile 09, fast schon als Pointe der Erzählung um die Welpen (wenn man nach der Einleitung urteilt: darf ich des brutale jetzt AUCH sagen oder nIch; Z. 02) und dann ein weiteres Mal in Zeile 25 bei der Erklärung, warum diese Art der Behandlung nicht so brutal ist, verglichen mit der Behandlung, die ungewollte Welpen sonst erfahren. Die Handlung, die Lenas Großvater durchführt, wird einmal durch in den WALD getan und einmal durch legt die in den WALD ausgedrückt, tun und legen drücken also für diese Sprecherin denselben Handlungsvorgang aus und konzeptualisieren die Beförderung der Hundewelpen an einen bestimmten Ort durch den Großvater. Eine mögliche Paraphrasierbarkeit mit setzen, legen oder stellen ist kein durchgehendes Merkmal für die Vorgänge, die mit tun + Direktiv beschrieben werden, sie zeigen nur eine starke Tendenz. Das folgende Beispiel illustriert, dass nicht nur die Beförderung von Entitäten, sondern auch die Bewegung als solche durch tun + Direktiv beschrieben werden kann. Hier fordert ein Mann (GI) während der Erzählung seiner Frau (JI) jemanden 323 dazu auf, die Position ihres Arms zu verändern: (115) FOLK_E_00143_SE_01_T_03_DF_01, Segment 934 [01: 32: 04-01: 32: 14] 01 JI des war Obends emol, 02 aber es war WINter; =°hh 03 no [hot er gSAT-] 04 GI [ tu mol dei ] ÄRM hoch , 05 (0.54) 06 JI °h no hot er [gSAT- ] 07 HM [oh gott]fried des MACH[T do nix; ] 08 JI [f h° oh ](.) kUmmt doch e bissl RIwwer; 323 Es ist aus der Aufnahme nicht ersichtlich, ob Gottfried seine Frau (JI) oder die Gastgeberin (HM) zu der Handlung auffordert. 351 machen und tun: Ein Vergleich der Verwendungen und Funktionen beider Verben Die Aufforderung in Zeile 04 konzeptualisiert nicht den Ortswechsel des Objektreferenten, sondern eher einen Stellungswechsel, bei dem die Rezipientin dazu aufgefordert wird, den Arm nach oben zu bewegen. An diesem Beispiel lässt sich gut der Unterschied zwischen Beförderung und Bewegung zeigen: Der Arm soll nicht woandershin befördert werden, er soll lediglich durch eine Bewegung nach oben die Position verändern. Eine solche Bewegung wird in der Regel nicht durch stellen, setzen oder legen ausgedrückt, sondern eher durch heben oder strecken oder wie hier durch tun (oder auch machen) + Direktional. Dieser Fall demonstriert eine der eher seltenen Verwendungen von tun + Direktiv im Korpus, wenn es nicht um die Beförderung von als relativ feste Einheiten konzeptualisierte Entitäten an bestimmte Orte geht, die sich durch einfache Beförderungsverben wie stellen, setzen oder legen paraphrasieren lassen. Dennoch geht es dabei um dingliche Entitäten und physische Bewegunen. tun konzeptualisiert also in solchen Fällen auch eine physische Handlung, die der tatsächlichen Ausführung einer bestimmen Bewegung entspricht. Noch seltener werden in den Daten auch abstraktere Konzepte derart dargestellt, im folgenden Ausschnitt aus einem Prüfungsgespräch wird die Erweiterung eines Textes derart beschrieben. In diesem Beispiel geht es um die Unterschiede von schriftlicher und mündlicher Kommunikation und auch um die Begründungen, warum sich schriftliche von mündlichen Texten strukturell unterscheiden: (116) FOLK_E_00036_SE_01_T_01_DF_01, Segment 568 [00: 21: 10-00: 21: 27] 01 BÄ und wir können auch nich NACHfragen, 02 so muss ich [ gAnz viel in] den text hiNEINpacken ; 03 KD [geNAU; ] 04 BÄ und WENN ich- 05 UND wenn ich noch nich mal weiß wer der konkrEte adressat,=°h 06 ist, 07 dann isses natürlich noch SCHLIMmer; 08 da muss ich [NOCH ] mehr in den text hineintun ; 09 KD [hm_hm] 10 voRAUSsetzungen klären-=°h 11 (0.38) 12 BÄ was ich in der mÜndlichen kommunikation NICHT tun muss; 13 und DAS is sehr sehr schwierig; =°h In Zeile 08 wird das abstrakte Konzept der Erhöhung des Informationsgehalts bei geschriebenen Texten von der Prüferin (BÄ) durch tun + direktionale PP beschrieben. Eine ähnliche Formulierung wählt sie bereits in Zeile 02, hier mit dem Verb packen. Die Bewegung ist metaphorisch in diesem Falle und geht Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 352 mit den Gesamtmetaphern Text als Behälter und Informationen als Entitäten einher. Der Ort, zu dem gAnz viel (Z. 02) und NOCH mehr (Z. 08) gelangen sollen, ist hier relevant, ebenso wie die Verantwortlichkeit der Sprecherin (ich), dass dies auch geschieht und die Texte bei schriftlicher Kommunikation so formuliert sind, dass der Adressat sie versteht. packen und auch tun kreieren dabei zusammen mit den PPn die Metapher vom Text als Behältnis, in welches die Sprecherin ein Mehr an Informationen befördern muss, da diese Verben ursprünglich und im Falle von tun auch überwiegend konkrete Beförderungen von Gegenständen bezeichnen. Diese Verwendung ist zu vergleichen mit der aus Beispiel (113), bei welchem Bücher einmal in Form von Angeboten in den abstrakten Raum Internet gestellt werden sollten und einmal als konkrete Gegenstände in den Papiercontainer. Die mit tun + Direktiv dargestellten Konzepte beziehen sich also zum allergrößten Teil wirklich auf das konkrete Bewegen von physisch vorhandenen Entitäten (oder Personen) von einem Ort zu einem anderen und in der Mehrzahl dieser Fälle ist die Handlung mit den Verben stellen, setzen oder legen paraphrasierbar. Diese Verben konzeptualisieren an sich, dass es sich um ganz basale Vorgänge des Beförderns handelt, bei denen ein Gegenstand (oder seltener eine abstrakte Entität) von einem Ort an einen anderen gebracht und dort platziert wird. Die abstrakte Verwendung ist in den vorliegenden Fällen Teil einer Metapher und bezeichnet in jenem metaphorischen Rahmen auch eine Bewegung oder Beförderung von Entitäten in ein Behältnis. machen kann in all jenen Verwendungen auftreten, die bisher für tun hier erörtert wurden, und ist auch teilweise innerhalb der Daten in den exakt selben Verwendungen zu finden. Hier sind nur zwei exemplarisch aufgeführt, zum einen das Befördern von Zucker in Kaffee: 324 (117) FOLK_E_00043_SE_01_T_01_DF_01, Segment 13 [00: 00: 17-00: 00: 23] 01 PB hier BITteschön; 02 AM oh (.) danke; 03 hst schon ZUCker rein getan , 04 PB nee aber ich hab den dir hier MITgebracht; (118) FOLK_E_00043_SE_01_T_01_DF_01, Segment 286 [00: 07: 30-00: 07: 33] 01 PB willst du KEInen zucker; 02 AM (nee) (.) ich HAB schon zucker rein ge[macht ; ] 03 PB [ach ] SO; 324 In diesem Fall handelt es sich bei beiden Verwendungen sogar um dieselbe Sprecherin im selben Sprechereignis, es ist also nicht immer eine rein idiosynkratische Vorliebe, welches der beiden Verben benutzt wird. 353 machen und tun: Ein Vergleich der Verwendungen und Funktionen beider Verben Zum anderen werden beide Verben auch bei der Verbalisierung des Transfers von Geld verwendet: (119) FOLK_E_00011_SE_01_T_04_DF_01, Segment 1571 [02: 01: 37-02: 01: 39] 01 SK hm_HM, 02 (0.21) 03 VK dann tu ich die zwEIhundert da wieder REIN; (120) FOLK_E_00021_SE_01_T_10_DF_01, Segment 25 [02: 54: 20-02: 54: 24] 01 CH dann mach_ma die hÄlfte von dem geld in_n POTT , 02 und der SIEger bekommt (0.34) hundert euro; Wenn es um die Beschreibung von Transferhandlungen (im Sinne von Bewegungen) bei konkreten Objekten geht, scheinen machen und tun also gleichwertig gebraucht zu werden, denn sie werden teilweise parallel bei solchen Beschreibungen verwendet: (121) FOLK_E_00027_SE_01_T_01_DF_01, Segment 157 325 [00: 03: 21-00: 03: 40] 01 PB die BROTbAck (.) [mIschung; ] 02 AM [die FERtigma]schung; 03 mi FERtigmischung heißt se; 04 PB ja ich wEIß ja net was da großartig DRIN is; 05 des SIN ha[lt-] 06 AM [pf ] 07 PB vielleicht noch[_n bisschen HEfe drin; ] 08 AM [da is MEHL drin; 09 da is HEfe] drin; 10 und geWÜRze- 11 s[alz; ] 12 PB [ja- ] 13 (0.39) 14 PB des [+++ ] 15 AM [und du mA]chst nur noch WASser rein oder was; 16 PB ja- 17 (0.76) 18 AM ja und dann mAchst du des einfach in so ne FORM,= 19 = und dann tUst du_s in_n BACKofen oder was; 20 (1.2) 21 PB ja; =hh° Was man hier anmerken kann, ist, dass die Handlung, die mit tun beschrieben wird, eine reine Beförderungshandlung darstellt, bei der tun mit stellen oder setzen ersetzt werden könnte, während die anderen beiden Handlungen keine reinen Beförderungen von Objekten darstellen, die von Ort A an Ort B gestellt 325 Dieses Beispiel wurde bereits in Abschnitt 6.4.3 (Beispiel (32)) analysiert und wird hier zur Illustration der parallelen Verwendungen von machen und tun + Direktiv verwendet. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 354 werden, sondern dass dort die Konsistenz der Objektreferenten eine bestimmte Beschaffenheit der Bewegungen nahelegt, was wiederum Beförderungsarten relevant macht, die in diesem Zusammenhang nicht einfach mit setzen ausgedrückt werden, sondern eher mit Ausdrücken, die dieser Beschaffenheit Rechnung tragen, wie gießen (Wasser) oder füllen (des, also die zubereitete Teigmischung). Dasselbe kann natürlich auch über den Objektreferenten Zucker gesagt werden (siehe Beispiele (117) und (118)), welcher genau genommen auch nicht im Kaffee platziert wird, sondern aufgrund seiner Beschaffenheit eher geschüttet oder - wenn er in Würfelform auftritt - geworfen wird. Deswegen soll dies nicht als Regel oder definitiver Verwendungsunterschied dargestellt werden, sondern lediglich als Beobachtung, die eine Tendenz wiederspiegelt, die sich in den weiteren Verwendungen von machen + Direktiv zeigen wird: machen wird in dieser Struktur mit viel unterschiedlicheren Arten von Objektreferenten verwendet, welche nicht nur dingliche und relativ feste Entitäten darstellen, die an einem bestimmten Ort platziert werden (sollen), sondern dass die Handlungen, die die Platzierung der meisten Objektreferenten darstellt, komplexere Vorgehensweisen als stellen, setzen oder legen beinhalten. machen + Direktiv bezeichnet also oftmals mehr als nur das Befördern von etwas von A nach B, es wird mitunter auch impliziert, dass ein Objekt an dem Bestimmungsort entsprechend angebracht wird. Dementsprechend sollte auch aufgrund dieser Fälle eher von einer Transferlesart gesprochen werden, da dies meiner Ansicht nach mehr und vor allem auch komplexere Konzepte erfasst, als reines Befördern oder Bewegen. Denn viele der Verwendungen im Korpus implizieren etwas mehr an Handlung, als das Verursachen eines Ortswechsels. Aus einer Umzugsinteraktion stammt zum Beispiel der folgende Ausschnitt, in welchem das Anbringen eines Spannbetttuchs durch machen + Direktional beschrieben wird: (122) FOLK_E_00133_SE_01_T_02_DF_01, Segment 90 [00: 15: 32-00: 15: 39] 01 CM un wenn ma des als BETT benutzt, 02 dann wacht ma DA halt- 03 (.) öh; 04 (0.3) 05 CM ja da kannsch ja dA a SPANNbetttuch (.) drüber mache; 06 GANZ norm[al-] 07 AM [du ] könnt_s au[ch SO lass]en; 08 HM [hm_hm, ] Die Gesprächsteilnehmerinnen sprechen gerade über die Nutzung des Sofas als Bett und Conny (CM) schlägt vor, dass für einen derartigen Einsatz ein Spannbetttuch über das Sofa gespannt werden könnte (Z. 05). drüber mache hat in diesem Zusammenhang also nicht nur die Bedeutung von drüber legen, 355 machen und tun: Ein Vergleich der Verwendungen und Funktionen beider Verben denn ein Spannbetttuch erfordert ein wenig mehr an operationalen Handlungen, damit es ordnungsgemäß platziert ist, da es dafür über alle vier Ecken des Untergrunds gespannt werden muss. Diese Inferenz kann aus der Beschaffenheit des Objektreferenten im Zusammenhang mit der generellen Handlungssemantik des Verbs geschlossen werden und nicht zuletzt der Richtungssemantik des Direktivs, welche die Handlung am Spannbetttuch mit dem Zielort (da, gemeint ist das Sofa) erst in Verbindung bringt. In diesem Sinne lassen sich weitere Fälle finden, bei denen das Befördern und Platzieren des Objekts zwar Teil der Handlung ausmachen, aber die Beschaffenheit des Objektreferenten und auch des Ziels weitere Handlungen implizieren, die nicht explizit genannt werden müssen, da das Zusammenspiel der Argumente die Handlung eindeutig spezifiziert. Hierbei ist neben dem Wer (führt die Handlung aus) und dem Was (wird transferiert) das Wohin entscheidend und nicht unbedingt das Wie. Dies lässt sich zumeist aus der Beschaffenheit der Referenten inferieren, denn dass ein Spannbetttuch über ein Sofa gespannt wird, ist ebenso naheliegend wie die Tatsache, dass Krampen in eine Wand gehämmert werden: (123) FOLK_E_00133_SE_01_T_02_DF_01, Segment 346 [00: 19: 54-00: 20: 12] 01 HM vielLEICHT kann der- 02 (.) GUCK ma (.) annabel 03 da gIbt_s doch solche (0.33) TEIle , 04 [ so wie so ne NÄgel , ] 05 CM [ wo ma_s an die WAND mache k]ann; 06 (.) geNAU [so; ] 07 HM [un da kannsch] des UNten entlang u- 08 u[ps entSCHULdigung; ] 09 CM [so KRAMpen ; ] 10 (0.21) 11 HM dass des Unten LANG geht- 12 also tusch_s BETT kurz; 13 die GEIge wegräum; 14 des BETT rüber schieben; 15 diese KRAMpen da dran machen; 16 CM ((schnalzt)) 17 HM von [UNten,=°h ] 18 CM [dann GEHT_S nim][mer; ] 19 HM [dann k]annsch zuRÜCK schieben- 20 un [dann weiter GAR ni]x [mehr; ] 21 CM [jetz KANNSCH de- ] 22 CM [die ] KIS[se rüber; ] 23 HM [ soll der PA]pa dir ma drAnmachen; 24 (0.28) 25 CM ja- Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 356 Der Aufbau dieser Sequenz aus einer Umzugsinteraktion ist etwas komplizierter, dennoch ist die Handlung, die Henrike (HM) und Conny (CM) gemeinsam vorschlagen, begreiflich. Bei diesem Vorschlag geht es (wahrscheinlich) um den weiteren Umgang mit einem störenden Kabel, welches im Zuge des Umzugs bereits negativ aufgefallen ist, welches aber im Verlauf der gezeigten Sequenz nicht explizit benannt wird, sondern nur einige Sekunden davor. Der Vorschlag besteht darin, dass das Kabel durch Krampen an der Wand befestigt werden kann, so dass es in Zukunft nicht mehr im Weg liegt. Dies wird im weiteren Verlauf des Beispiels mehrere Male durch an die Wand bzw. (da) dran + machen versprachlicht. Die Krampen stellen dabei einmal das Objekt dar, welches an der Wand befestigt wird (Z. 15), und einmal das Mittel dazu, etwas anderes - vermutlich das besagte Kabel - an der Wand zu befestigen (Z. 05). Da Krampen als eine Art Nagel eingeführt (Z. 03/ 04) und außerdem in einen Zusammenhang mit einem Kabel gesetzt werden, liegt auch hier wieder ein komplexeres Konzept vor als eine reine Bewegungs- oder Beförderungslesart: Die Krampen sollen nicht nur an der Wand sein, sie sollen in die Wand gehämmert werden und dabei zusätzlich ein loses Kabel befestigen. solche TEIle […] wo ma_s an die WAND mache kann (Z. 03/ 05) beschreibt eine Verwendungsmöglichkeit, die außerhalb des Kontexts nicht adäquat zu deuten wäre, doch im Zuge des Umzugs und im Zusammenhang mit dem störenden Kabel (_s) nahelegt, dass die besagten Teile der Befestigung dienen, also ein permanentes An-der-Wand-sein ermöglichen. Im Grunde genommen sind es zwei unterschiedliche Vorgänge, die in diesem Beispiel durch an die Wand oder generell an etwas dran machen konzeptualisiert werden, nämlich das Hämmern der Krampen in die Wand - welches sich durch die Beschaffenheit der Krampen als eine Art Nagel ergibt - und das Befestigen des Kabels an der Wand durch die Krampen. Dass hier eine minimale Unterscheidung in der Semantik vorliegt, zeigt sich an der Verwendung in Zeile 23, die eine Objektellipse beinhaltet, so dass nicht klar ist, ob Henrike das Kabel oder die Krampen meint, die der Vater an die Wand machen soll. Da die Befestigung des einen das Einschlagen des anderen bedingt, ist es einerseits schwer möglich und andererseits auch nicht nötig, diese beiden Vorgänge auseinanderzuhalten. Die Struktur und das unspezifische Verb erlauben eine sehr weite Interpretation des beschriebenen Vorgangs, bei dem zum einen der situative sowie der sprachliche Kontext und zum anderen die Transferlesart der Struktur machen + Direktiv erst eine adäquate Interpretation ermöglichen. Auch das Beschreiben von aufzeichnenden oder verschriftlichenden Handlungen wurde in den Daten nie mit tun, jedoch öfter mit machen + Direktiv ausgedrückt, was das hier vorgebrachte Argument, dass machen + Direktiv häufiger mehr als nur Beförderung ausdrückt, bestätigt. Hier wird bei einem Meeting in einer sozialen Einrichtung das Protokoll der letzten Sitzung durch- 357 machen und tun: Ein Vergleich der Verwendungen und Funktionen beider Verben gegangen und es wird verglichen, welche Aufgaben und Ziele daraus abgearbeitet wurden und welche nicht: (124) FOLK_E_00026_SE_01_T_01_DF_01, Segment 223 [00: 05: 15-00: 05: 37] 01 HM bad wird AUfgeräumt und AUSgemistet, 02 ((Nebengeräusche)) 03 HM des hamma noch NET gemacht; =[oder,] 04 SZ [nee ] aber die frau zehner is jetzt inforMIERT, 05 und- 06 (0.36) 07 SZ sortiert die sachen AUS die se nimmer brauch; 08 (0.28) 09 SZ [((räuspert sich))] 10 HM [ oK]AY; 11 AW ((räuspert sich)) 12 ((Nebengeräusche)) 13 HM mache mer ah DRUFF als Uffgawe ; 14 ((Nebengeräusche)) 15 HM des braucht LANG bis mer des do alles ham; In diesem Ausschnitt wird das (schriftliche) Erstellen einer neuen Aufgabe mit machen + Direktiv formuliert. Diese Handlung beinhaltet mehr als nur das Übertragen einer Aufgabe an einen bestimmten Ort. Die Verwendung in Zeile 13 gleicht der von Beispiel (34) in Abschnitt 6.4.3, bei welcher die Schüler von ihrem Lehrer gebeten werden, ein Schema in ihr Heft zu übertragen. Auch hier wird das Schema an einem bestimmten Ort - den Heften der Schüler - geschaffen und nicht von einem Ort zu einem anderen befördert. Uffgawe machen ist also auch in diesem Fall als gerichtete Handlung zu sehen und nicht als Beförderung. Das deckt sich mit der Argumentation dieses Kapitels, dass durch machen + Direktiv auch Handlungen beschrieben werden, die über die bloße Beförderung von Entitäten hinaus gehen und dass tun in solchen Fällen tendenziell nicht gebraucht wird. Ebenso wie das Spannbetttuch und der Krampen impliziert das Übertragen eines Protokollpunkts eine bestimmte zusätzliche Handlung, in diesem Falle das Niederschreiben des Protokollpunkts. Die hier beschriebenen Beobachtungen gehen einher mit der in Abschnitt 6.4.3 beschriebenen, weit zu fassenden Verwendung von machen mit sowohl direktional als auch lokal zu deutenden Richtungsadverbialen. tun deutet immer auf eine Beförderung von Entitäten hin, das Adverbial ist hier nicht lokal zu deuten, weil tun in dieser Konstruktion keine andere Handlung beschreibt, außer die Bewegung eines Objekts von A nach B als verursachte Bewegung (caused motion, vgl. Goldberg 1995). Dieses Verb wird also tendenziell nicht dazu verwendet, einen Erschaffensbezug zum entsprechenden Objektrefe- Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 358 renten herzustellen, sondern liefert, vielleicht etymologisch begründet, stets und - aus den zugrunde liegenden Daten schließend - ausschließlich eine Bewegungssemantik. machen dagegen versprachlicht zusätzlich auch Handlungen, die unabhängig von einer möglichen Bewegung ausgeführt werden (sollen) und für die das Richtungsadverbial lediglich die Ausrichtung der Handlung beschreibt und nicht unbedingt eine Bewegung oder Beförderung von Entitäten. Dadurch wird eine größere Bandbreite an Bedeutungen aus dem Spektrum der direktionalen Konstruktionen ermöglicht. 7.3 Zusammenfassung der Gemeinsamkeiten und Unterschiede von machen und tun machen und tun sind dann tendenziell austauschbar, wenn es um die Versprachlichung einer reinen Durchführung von Handlungen geht. Dies ist vor allem dann möglich, wenn die Objekt-NP kein lexikalischer Ausdruck ist, sondern ein Pronomen jeglicher Art (Personalpronomen wie das, es; Indefinitpronomen wie nichts, alles, viel, Interrogativpronomen wie was) oder wenn die Verben in eine Konstruktion eintreten, deren Bedeutung eine generelle Durchführung (keine Art des Erschaffens) denotiert, wie die (rein direktional verwendete) Transferkonstruktion. Beide Verben werden oftmals in festen Wortverbindungen und Wortverbindungsmustern verwendet, was auf ihre semantische Leere zurückzuführen ist, denn dadurch sind sie allein nicht in der Lage, konkrete Handlungen oder Handlungsweisen auszudrücken, können aber die Semantik der Durchführung in Kombination mit anderen Ausdrücken beisteuern. Dennoch werden sie selten als Funktionsverben aufgeführt, weil sie keine aspektuelle Information zu einem Ausdruck beisteuern können, was häufig als Merkmal von Funktionsverben angesehen wird. Außerdem können beide Verben den Fokus auf die jeweiligen Ergänzungen lenken, was insbesondere dann relevant sein kann, wenn diese Ergänzungen eine spezifische lexikalische Semantik innehaben. Diese Funktion erfüllen beide Verben im Sprachgebrauch jedoch formal nicht auf dieselbe Weise, denn tun wird selten mit lexikalischen NPn kombiniert. machen kann dies in Bezug auf eine Vielzahl lexikalischer NPn, aber auch PPn oder APn und sogar VPn leisten, bei tun tritt diese Fokussierung meist in der tun-Periphrase auf, wodurch das infinitivische Vollverb betont und fokussiert wird. Beide Verben sind also nicht in dem für machen typischen transitiven Schema austauschbar, in dem die lexikalische NP die Handlung spezifiziert, denn tun drückt in diesem Schema tendenziell nur generelles und unspezifisches Durchführen aus und wird durch unspezifische NPn wie etwas Sinnvolles oder etwas Gutes ergänzt, oder durch spezifischere wie Gefallen oder Schuldigkeit. Diese bilden dann aber auch Wortverbindungen, die generelle (aber mit- 359 machen und tun: Ein Vergleich der Verwendungen und Funktionen beider Verben unter durch Wertungen etwas näher bestimmte) Verhaltensweisen beschreiben. Es scheint demnach die vorwiegende Funktion von tun zu sein, Durchführungen zu beschreiben, die keine inhärente Agentivität haben, sondern auch ohne das Zutun eines Agens passieren können. Semantisch fehlt tun also die Agentivität, welche für machen den semantischen Kern bildet. Dadurch, dass dies bei machen aber eine sehr weite Konzeptualisierung von Agentivität ist, die sich nicht nur auf willentlich und absichtlich durchgeführte, affizierende und gerichtete Handlungen bezieht, kann machen gegebenenfalls ein sehr weites Feld an Handlungen und Beeinflussungen bis hin zu lediglich Zuständen (durch die entsprechenden Ergänzungen und in den entsprechenden Kontexten) versprachlichen. Das agentive Verhältnis der mit machen versprachlichten Zustände ist in diesem Falle als Verantwortung interpretierbar. Zwar fehlt tun wie auch machen die Spezifik einer bestimmten Handlungsweise, aber im Gegensatz zu machen beschreibt tun im Grunde genommen das Spektrum an Sachverhalten, das von der Durchführung durch potenzielle Agens bis hin zum bloßen Passieren alles abdecken kann. Agentivität ist dabei für tun aber wie gesagt kein semantisches Merkmal des Verbs, sondern wird erst - wie die Beschaffenheit der Handlungen, die beschrieben werden, selbst - durch sprachliche oder außersprachliche Mittel für Rezipienten interpretierbar, kann also dann inferiert werden, wenn der Subjektreferent eindeutig als agentivisch handelnd zu deuten ist. Dadurch wird zum Beispiel tun gegenüber machen präferiert dann eingesetzt, wenn auf einen eindeutig nicht agentivischen Sachverhalt verwiesen wird, wie jemanden kennen oder existieren. Durch die inhärente Agentivität von machen, die zumindest Einfluss auf oder Verantwortung für einen Sachverhalt impliziert, wirkt die Verwendung dieses Verbs in solchen Fällen markiert. Dies könnte der Grund dafür sein, dass tun tendenziell nicht in Verbindungen gebraucht wird, die spezifische Handlungen beschreiben, sondern häufig in festen Wortverbindungen und Wortverbindungsmustern auftritt, die im Allgemeinen nur generelles Handeln, Durchführen oder Beschäftigtsein denotieren. Semantisch liefert tun hierbei auch häufig bloß eine generelle, agenslose Durchführungsbedeutung, wenn denn überhaupt eine benennbare zu erkennen ist. Zusätzlich zur inhärenten Agentivität hat machen außerdem noch eine potenzielle Erschaffenssemantik inne, kann also in den entsprechenden Kontexten und/ oder mit den jeweiligen passenden Ergänzungen Herstellungs- und Produktionshandlungen beschreiben. Dies kann als weiterer Grund für die höhere Produktivität von machen-Verwendungen gegenüber tun-Verwendungen angesehen werden, da machen mit entsprechenden Ergänzungen zahlreichere und unterschiedliche Konzepte versprachlichen kann als tun. Dazu zählen die resultativen und kausativen Lesarten, die auf der grammatischen Konstruk- Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 360 tionsebene angesiedelt sind (Abschn. 4.2.1 und 6.4.2), ebenso wie die Durchführungsrahmung von Referenten, die keine Handlungen denotieren, die also kontextuell erreicht wird (Abschn. 6.6.3), sowie natürlich die lexikalischsemantisch hergestellte Herstellungs- und Verursachenssemantik bei denotativ (und situativ) entsprechend interpretierbaren Objekten (Abschn. 6.5.1.2). Als einzige gänzlich produktive Verwendung für tun sind lediglich die direktionale Verwendung in der Transferkonstruktion und die tun-Periphrase zu betrachten, wobei tun + Direktiv im Gegensatz zu machen + Direktiv weit weniger Handlungsmöglichkeiten beschreibt und die tun-Periphrase regional begrenzt und stilistisch markiert ist. Dies kann der generellen Präferenz von machen gegenüber tun im gesamtdeutschen Sprachraum geschuldet sein, oder auch der Tatsache, dass machen selbst mehr semantischen Inhalt vermittelt als tun. Der „weitere Sinn“, welcher tun gegenüber machen im DWB zugeschrieben wird („mit dem sinnverwandten thun, das aber einen weiteren sinn hat, als machen, kann das letztere in manchen fällen wechseln,“ DWB; machen; Artikelanfang, vor Lesartenbeschreibung) resultiert wahrscheinlich aus der noch leeren Semantik, die tun innehat; diese führt aber nicht zu einem weiteren Verwendungsgebiet, sondern eher zu einem restringierteren. Obwohl also tun noch weniger eigene Semantik mit sich bringt als machen, ist es nicht flexibler einsetzbar bzw. wird es nicht so produktiv eingesetzt wie machen und zum Ausdruck bestimmter Handlungs-, Vorgehens- oder Verhaltensweisen gebraucht. tun kommt in Folge dessen zum einen seltener vor und dann prozentual gesehen häufiger in festen Wortverbindungen oder Wortverbindungsmustern und selbst viele der potenziell produktiven Verwendungen sind im Endeffekt semantisch sehr restringiert (siehe tun + NP-Verwendungen). Des Weiteren kann machen eher in den Ausdrucksbereich von tun eindringen als umgekehrt, was sich diachron dadurch gezeigt hat, dass viele der in - besonders älteren wie das WDG - Wörterbüchern gezeigten Verwendungen von tun + lexikalischer NP (Sprung tun, Äußerung tun) in der gesprochenen Sprache zumindest weitestgehend mit machen gebildet werden. Eine allzu große semantische Leere kann sich also auch ungünstig auf die Produktivität eines Ausdrucks auswirken, wahrscheinlich dann, wenn zu viele sprachliche und außersprachliche Spezifikationen notwendig wären, um eine konkrete Semantik auszudrücken. Bei tun kann dies durchaus der Fall sein, wobei aber sicher eingehendere Untersuchungen, besonders für die Verwendung von tun in der gesprochenen Sprache und auch hinsichtlich der (funktionalen) Verwendungsunterschiede zu machen, notwendig wären, um genauere Auskünfte diesbezüglich geben zu können. Die angeführten Unterschiede im Gebrauch von machen und tun geben aber bereits einen Hinweis in diese Richtung. Es ist vorstellbar, dass diese Unterschiede in der zugrunde 361 machen und tun: Ein Vergleich der Verwendungen und Funktionen beider Verben liegenden Semantik der jeweiligen Verben liegen, weil der Ursprung von machen im durch manuelles Handeln gezielten Erschaffen liegt (vgl. Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache (EWDS) 1989, S. 453) und der von tun im Platzieren von Gegenständen (vgl. EWDS 1989, S. 744f.). Eventuell entleerten sich beide Bedeutungen zusehends, bis heute ein generelles Durchführen bei beiden interpretierbar ist, jedoch die ursprünglichen Bedeutungen zusätzlich eine Rolle spielen und sich bei machen als agentive Grundsemantik manifestieren, während bei tun lediglich eine generelle und agenslose Durchführung inferiert werden kann. Theoretische Schlussfolgerungen 363 8. THEORETISCHE SCHLUSSFOLGERUNGEN In dieser Arbeit wurde exemplarisch an dem Verb machen ein Modell dargestellt, mit welchem sich die unterschiedlichen Interpretationsmöglichkeiten der Verbbedeutungen von als polysem angesehenen Verben auf verschiedene (außer)sprachliche Einflüsse zurückführen lassen. Dadurch konnte gezeigt werden, dass sich unterschiedliche und auch sehr konkrete Verbbedeutungen auf ein Zusammenspiel sprachlicher und außersprachlicher Bedeutungskonstitutionsmittel zurückführen lassen, welche durch den Einbezug des entsprechenden Kontexts bzw. der entsprechenden Kontexte auch jeweils bestimm- und benennbar sind. Im Folgenden werden diejenigen (theoretischen) Ansätze rekapituliert, die sich für die hier vertretene Auffassung von Bedeutungskonstitution als relevant herausgestellt haben, wobei aber auch diejenigen Ansichten besagter Aspekte erwähnt werden, die als weniger brauchbar angesehen wurden. Um alle aufgetretenen machen-Verwendungen der zugrunde liegenden Daten erklären zu können, konnte kein einzelnes grammatisches oder semantisches Modell herangezogen werden, so dass sich verschiedener Teilaspekte unterschiedlicher Modelle bedient wurde, um ein eigenes Modell der Bedeutungskonstitution zu erstellen, welches aufzeigt, wie die verschiedenen Ebenen bei der Konstitution von Bedeutung interagieren. Durch dieses Modell ist es möglich, das gesamte Spektrum an Verwendungsmöglichkeiten eines (verbalen) Ausdrucks in der Interaktion zu erfassen und nicht nur bestimmte (funktionale) Eigenschaften zu beschreiben. Außerdem werden so die im Korpus gefundenen machen-Verwendungen nicht in ein zuvor erdachtes System eingeordnet, bei dem die (recht große) Wahrscheinlichkeit besteht, dass es immer wieder zu nicht eindeutig einzuordnenden Sonderfällen kommt, für die entweder eine neue Kategorie erstellt werden muss oder die dann „irgendwo dazwischen“ stehen. Dieses Ebenenmodell kann dabei keiner einzelnen grammatischen Theorie untergeordnet werden, es bietet vielmehr eine theorieunabhängige Möglichkeit, Bedeutungskonstitutionsmittel und -ressourcen zu erkennen und so von einer zugrunde liegenden lexikalischen Bedeutung abzugrenzen. 8.1 Zur Bedeutungskonstitution (generell) Bedeutungskonstitution wird im Zusammenhang mit der vorliegenden Arbeit als ein auf mehreren Ebenen gleichzeitig ablaufender Prozess verstanden. In der vorliegenden Untersuchung anhand spontansprachlicher Gesprächs- Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 364 daten hat sich besonders gezeigt, dass der (teil-)satzexterne sowie der außersprachliche Kontext eine sehr wichtige bedeutungskonstituierende Größe bei der angemessenen Interpretation vieler machen-Verwendungen darstellt. Die Deutung von machen lässt sich in vielen Fällen auf rein (lexiko-)semantischer Ebene gar nicht erklären, weswegen eine Beschreibung der Bedeutungen, die durch machen versprachlicht werden können, sich ohne Einbezug des Kontexts als unvollständig erweist. Diese Erkenntnis untermauert die (in dieser Arbeit vertretene) Auffassung, dass der Grad an Polysemie, der semantisch leeren Ausdrücken häufig zugeschrieben wird, nur außerhalb von konkreten Verwendungssituationen zu rechtfertigen ist und von daher nur aus einer rein theorieorientierten, nicht empirisch fundierten Sichtweise auf Sprache als abstraktes System heraus entstanden sein kann. Schumachers (1997) Auffassung zu Bedeutung kann als Erklärung dafür dienen, warum die Ansicht einer auf einen Ausdruck beziehbaren Bedeutung für viele so naheliegend wirken kann, dass es eine auch in der Forschung stark vertretene Sichtweise ist: Bedeuten kann problematisch sein, ist es aber insbesondere dann, wenn es beschrieben wird oder verstanden werden soll. In den allermeisten Fällen der Praxis funktionieren die Anpassungs- und Ausschlussverfahren des Kontexts reibungslos, selbstverständlich und unbemerkt. Sie funktionieren so gut, dass Ansichten wie die der mit dem Wortkörper fest verbundenen „Bedeutung“ entstehen konnten. (ebd., S. 107, Hervorhebungen im Original) Diese „Anpassungs- und Ausschlussverfahren des Kontexts“ sind jene kontextuellen Restriktionen (die (teil-)satzexternen Mittel der Bedeutungskonstitution, Abschn. 6.3), welche dafür sorgen, dass für die in bestimmten Situationen getroffenen Äußerungen nur eingeschränkte Deutungsmöglichkeiten bei den Rezipienten überhaupt erst erzeugt werden können, dass es also zu einer „falschen“ Interpretation aufgrund einer lexeminhärenten Mehrdeutigkeit gar nicht kommen kann; auch nicht in den Fällen, in denen von einer polysemen Bedeutungsvielfalt bei einem Ausdruck ausgegangen werden kann. 8.2 Zu machen speziell Als semantischer Kern von machen wurde in dieser Arbeit eine weite Auffassung von Agentivität festgestellt, bzw. wurde das, was machen konzeptualisiert, hier als weite Agentivität bezeichnet. Diese wurde - angelehnt an das Konzept von Dowtys (1991, S. 572) Proto-Agens (vgl. Abschn. 4.1) - derart definiert, dass darunter nicht nur absichtliche und kontrolliert ausgeführte Handlungen eines menschlichen oder zumindest bewusst handelnden Sub- Theoretische Schlussfolgerungen 365 jektreferenten gefasst werden, sondern auch (unbewusstes und unbeabsichtigtes) Verursachen oder Verändern sowie Verantworten von Zuständen oder Sachverhalten damit gemeint sein können. machen beschreibt also nicht nur bewusste Handlungen seitens eines Subjektreferenten, sondern kann ebenso eine bloße Verantwortlichkeit für die Existenz oder Veränderung der weiteren abhängigen Argumente beschreiben. Die grobe Beschaffenheit jener Relation - ob es sich etwa um eine Handlung, einen Vorgang oder ein Bewirken handelt - ebenso wie die spezifische Art derselben, lassen sich aus der Semantik der Argumente erschließen und daraus, welcher Bezug für diese (situativ zu deutenden) Argumente in einer bestimmten (aktuell relevanten oder sprachlich hergestellten) Situation logisch, relevant und/ oder angemessen ist. Das Verb selbst ist also semantisch höchst unterspezifiziert und denotiert keine konkrete Handlungsbedeutung. Diese Unterspezifiziertheit macht dieses Verb so geeignet für viele der pragmatischen Funktionen, für die es eingesetzt wird. Als kognitiv „leicht“ zu verarbeitender verbaler Bestandteil einer Äußerung kann machen semantisch schwere (Fach-)Termini zu Handlungen vervollständigen, in der das machen- Fügung kann es zusammen mit der verweisenden Funktion der Komplex- Anapher weitere Aspekte zu einem bereits sprachlich angeführten Sachverhalt hinzufügen, ohne dass dieser konkret benannt werden muss; die Vagheit erlaubt hier sowohl das Zusammenfassen mehrerer Handlungen oder Handlungskomplexe als auch eine gewisse Freiheit bei der Interpretation und belässt gleichzeitig den Fokus auf den weiteren sprachlichen Komponenten. Die semantische Leere hilft also außerdem auch bei der Entzerrung semantisch dichter Propositionen und kann zusätzlich bei der Planung von Gesprächseinheiten verwendet werden, da die semantischen und grammatischen Spezifikationen, die machen braucht, um eine spezifische Handlung beschreiben zu können, kaum formalen (und noch weniger semantischen) Restriktionen unterliegen. Diese Funktionen können eine semantische Deutung von machen überlagen, sie können mit ihr zusammen auftreten und es können auch mehrere der genannten (und bestimmt auch noch weitere) gleichzeitig ausgeführt werden. Die Annahme der polysemen Bedeutungsvielfalt hängt ebenfalls mit der Unterspezifiziertheit zusammen und mit der weiten Konzeption von Agentivität, die machen ausdrückt. Dadurch bietet es sich, wie oben beschrieben, als verbale Vervollständigung in Äußerungen an, bei denen die semantische Hauptaussage vom Objektreferenten ausgeht, weswegen machen häufig entweder in spontanen Verbindungen oder als Kollokator mit lexikalischen NPn oder APn verwendet wird. Viele dieser Ausdrücke werden usuell als Bezeichnung für bestimmte Handlungen gebraucht, bei denen sich eine ganz konkre- Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 366 te Interpretation als Inferenz anbietet, 326 die dann den Anschein einer kontextfreien Bedeutung hat. Dabei wird ein spezifischer Kontext oder eine bestimmte Sichtweise aber stets impliziert, so dass bspw. Prüfung machen nur deswegen als Prüfung ablegen interpretiert werden kann, weil die Sichtweise des Prüflings vorausgesetzt wird, obwohl ein Lehrer oder Dozent seine prüfende oder die Prüfung vorbereitende Tätigkeit mit derselben Wortverbindung bezeichnen kann, ohne dass es zu Interpretationsschwierigkeiten kommt. In der Literatur wird machen außerdem teilweise die Konstruktionsbedeutung derjenigen Konstruktionen, in der es häufig verwendet wird, zugeschrieben (wie bspw. eine kausative Lesart durch das Vorkommen in Resultativkonstruktionen), obwohl es selbst keine spezifische Semantik zur Konstruktion beisteuert, sondern lediglich die Argumente in einen agentiven Bezug setzt. Die aus der Unterspezifiziertheit resultierende Fähigkeit von machen, den Fokus auf die (lexikalischen) Ergänzungen der (Teil-)Sätze, in denen es vorkommt, zu legen, führt dazu, dass machen für das Beschreiben von Handlungen, Vorgängen und Zuständen in der Interaktion häufig präziseren Verben vorgezogen wird. So lässt sich die sehr hohe Frequenz im Gebrauch von machen in der gesprochenen Sprache im Gegensatz zur geschriebenen dadurch erklären, dass machen aufgrund der geringen semantischen wie syntaktischen Restriktionen zum einen eigentlich jede Handlung (und teilweise Vorgang) dadurch darstellen kann, dass es - Zusammen mit entsprechenden Argumenten - (situativ angemessene) Inferenzen evozieren kann; und zum anderen, dass es für viele pragmatische Funktionen einsetzbar ist, die besonders relevant in spontansprachlichen Interaktionen sind. 8.3 Zum grammatischen Ansatz Als grammatischer Ansatz kann die Konstruktionsgrammatik und die Rolle des Verbs, wie sie Goldberg (1995, 2006) postuliert, bei der Bedeutungskonstitution von machen in den Fällen als Erklärungsmodell dienen, in denen die grammatische Struktur zur Verwendungsbedeutung der machen-Äußerung beiträgt bzw. in den Fällen, in denen gezeigt werden konnte, dass machen in eine Konstruktion eintreten, seinen semantischen Beitrag leisten kann und die gesamte Äußerung der Konstruktionsbedeutung entsprechend gedeutet wird. Als Beispiele hierfür sind besonders die Modifikationsbzw. Resultativkonstruktion etwas irgendwie V-en und die Transferkonstruktion etwas irgend- 326 Bspw. zubereiten für jegliche Arten von Speisen und Getränken, wenn diese wirklich als Speisen und Getränke gemeint sind und nicht metonymisch für ein Ereignis oder eine andere Handlung stehen. Je nach Speise oder Getränk kann auch eine spezifische Zubereitungsart inferiert werden, die sich aus der Semantik der NP ergibt (Kuchen - backen, Cocktail - mixen, Spiegelei - braten). Theoretische Schlussfolgerungen 367 wohin V-en genauer betrachtet und beschrieben worden (vgl. Abschnitte 6.4.2.1 und 6.4.3). Für solche schematischen Konstruktionen ist die Konstruktionsgrammatik also ein äußerst sinnvolles Modell. Viele Konstruktionen sind aber teil- oder vollspezifizierte Muster, treten also beispielweise in Form von Wortverbindungsmustern und Wortverbindungen auf. Diesen Mustern wird sich ausführlich in phraseologischen Ansätzen gewidmet, welche auch in Anteilen im dieser Arbeit erstellten Modell vertreten sind (im UWV-Ansatz nach Steyer 2013). Ihnen wird von der Konstruktionsgrammatik und auch in der Phraseologie aufgrund ihrer idiosynkratischen Bedeutungen und Formen ein Einheitenstatus zugesprochen. Somit bringt die Konstruktionsgrammatik hinsichtlich Wortverbindungen und Wortverbindungsmustern zwar keinen Beschreibungsvorteil gegenüber phraseologischen Ansätzen, ist aber auch kompatibel mit dem Konzept. Bei der spezifischen Bedeutung für das Verb bzw. für die damit versprachlichte Handlung, wenn es in transitiven Konstruktionen - wo es am häufigsten auftritt - verwendet wird und in der auch am meisten unterschiedliche - mehr oder weniger spezifische - Bedeutungen mit machen konzeptualisiert werden, liefert der konstruktionsgrammatische Ansatz dagegen keine Erklärungshilfe. Die Transitivkonstruktion ist selbst unterspezifiziert und liefert keinen konkreten Anhaltspunkt zu einer genauen Deutung eines ausgedrückten Handlungskonzepts, so dass naheliegt, dass die Bedeutung eines semantisch derart unterspezifizierten Verbs wie machen nicht in allen Verwendungen auf Konstruktionsebene zustande kommen kann. Die Konstruktionsgrammatik ist in diesen Fällen zwar auch kompatibel mit den Erkenntnissen, jedoch bietet sie für diese Bedeutungskonstitutionsebene keine Erklärung, die andere Ansätze nicht bieten. Des Weiteren führt die strikte Auffassung von Form-Bedeutungs-Paaren bei Anwendung auf reale Sprachdaten zu Problemen, da es dort sowohl auf der Formals auch auf der Bedeutungsseite viel (mitunter subtile) Variation gibt, was nach Auffassung der Konstruktionsgrammatik zu einer Unmenge an unterschiedlichen Konstruktionen führen würde (Deppermann 2011a, S. 220). Diese subtilen Unterschiede werden vor allem dann sichtbar, wenn pragmatisch motivierte Konstruktionen in realen Gesprächsdaten konstruktionsgrammatisch analysiert werden und dabei die Bandbreite an subtilen Unterschieden in der Verwendung und auch im Ausdruck sichtbar werden (bspw. bei Auer 2006; Imo 2007). Diese Unterschiede lassen sich nicht überzeugend durch die Festlegung von immer neuen Einzelkonstruktionen erklären, sondern sind auf die Eigenschaften der gesprochenen Sprache zurückzuführen (siehe Abschn. 8.7). Die Konstruktionsgrammatik bezieht somit den außersprachlichen Kontext (und seine diversen Ebenen) nicht systematisch in ihre Theorie mit ein (Deppermann 2011a, S. 229). Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 368 8.4 Zum semantischen Ansatz In der vorliegenden Arbeit zeigen sich einige Ansätze der kognitiven Semantik als hilfreich für das verwendete Bedeutungskonstitutionsmodell: Wichtig für die hier vertretene Auffassung von Bedeutungskonstitution ist der Einfluss genereller kognitiver Prozesse auf die Produktion und Rezeption von Sprache, wie etwa Analogiebildung oder Schematisierung. Dies wird besonders in den Fällen ersichtlich, bei denen ohne den Einbezug solcher Prozesse die Verwendung und besonders die angemessene Deutung einer machen-Äußerung nicht zu erklären wäre, wie zum Beispiel bei metaphorischer und metonymischer Extension (vgl. Abschn. 4.2.2.2 und auch Abschn. 6.6.3 für die konkrete Anwendung bei der Rahmung von Entitäten als durchführbar). In der kognitiven Semantik geht man ebenfalls nicht von Wortbedeutung als einem Lexem inhärent aus, sondern sieht diese als etwas an, das sich durch verschiedene kognitive Mittel in der Verwendung konstituiert (Croft/ Cruse 2004, S. 97f.). Besonders deutlich wird bei dieser Ansicht, dass Semantik und Pragmatik bei der Erfassung von Wortbedeutung und der Beschreibung von Bedeutungskonstitution nicht voneinander zu trennen sind, denn der Kontext spielt bei der Deutung von vordergründing kompositional deutbaren lexikalischen Kookkurrenzen, wie in Abschnitt 6.6 demonstriert wurde, eine wichtige Rolle. Der Kontext bestimmt nämlich, welche kognitiven Prozesse für die Interpretation der Argumente von Belang sind, ob diese als ihre denotativen Entsprechungen gedeutet werden können, oder ob die Ausdrücke metonymisch oder metaphorisch zum Beispiel viel mehr für einen Prozess als für eine Entität stehen sollen. In dem vorliegenden Modell manifestiert sich dieser Ansatz dahingehend, dass gezeigt wird, dass Bedeutungskonstitution auf mehreren unterschiedlichen, aber ineinandergreifenden Ebenen stattfindet und dass der Kontext dabei eine wichtige und oftmals entscheidende Ressource für die Deutung der entsprechenden Handlung ist. Der Beitrag der kognitiven Semantik für die Erfassung des Bedeutungsspektrums von machen liegt also hauptsächlich darin, dass sie diese kognitiven Prozesse benennt und diese so in den Analysen explizit miteinbezogen werden können. Sie liefert also die Begrifflichkeiten und Konzepte für den Einbezug jener Vefahren in die Bedeutungskonstitutionsebenen, was besonders bei der Erklärung der Produktion und Interpretation einer Vielzahl an machen-Verwendungen nützlich ist, die ohne den Rückbezug auf kognitive Prozesse - auch mit Berücksichtigung der kontextuelle Einflüsse - nicht analysierbar wären (wie bspw.: den Donnerstag können wir gerne auf elf machen, vgl. Abschn. 6.4.3, Beispiel (33)). Theoretische Schlussfolgerungen 369 Andererseits geht die kognitive Semantik jedoch bei häufig bzw. mit bestimmter Frequenz gebrauchten Ausdrücken grundsätzlich von Polysemie aus, bei der die miteinander verwandten Bedeutungen einen Prototyp wie ein Netzwerk umgeben (Langacker 2007, S. 432). 327 Diese Ansicht wird bei der vorliegenden Analyse der Bedeutungskonstitution von machen nicht vertreten, es wird vielmehr für die Annahme einer extremen Unterspezifikation argumentiert und die mannigfaltigen Verwendungsmöglichkeiten - und tatsächlichen Verwendungen - lassen sich innerhalb des Modells auf den entsprechenden Ebenen deutlich erklären. Dies soll nicht bedeuten, dass Polysemie bei anderen Verben gänzlich ausgeschlossen wird; in bestimmten Fällen, wenn sich die unterschiedlichen Bedeutungen besser trennen lassen und diese nur in bestimmten Argumentstrukturmustern oder Wortverbindungsmustern auftreten, kann eine polyseme Analyse durchaus angebracht sein. Bei einer derart hohen Anzahl unterschiedlicher, aber doch zusammenhängender Deutungsmöglichkeiten, wie es bei machen der Fall ist, ist die Annahme von Polysemie aber schwer zu begründen, da sich die unterschiedlichen Bedeutungen häufig zum einen nicht genau benennen und zum anderen nicht eindeutig voneinander unterscheiden lassen. Diese Problematik zeigt sich deutlich in den Wörterbucheinträgen zu hochfrequenten Verben (vgl. Abschn. 5.2.3, besonders Abschn. 5.2.4). 328 327 Langacker (2007, S. 432f.) sieht die Insuffizienz einer monosemen Ansicht auf viel gebrauchte Ausdrücke, wie sie bspw. Ruhl (1989) vertritt, in drei Überlegungen: Erstens wird in der kognitiven Grammatik von einem Kategorienprototyp ausgegangen, welcher erweiterte und schematischere Bedeutungen hervorbringt, zweitens wäre ein einziges allumfassendes Schema zu abstrakt, um von anderen unterschieden zu werden und distinkte Merkmale aufzuweisen und drittens kann eine einzige Bedeutung nicht alles repräsentieren, was es an Verwendungsmöglichkeiten für Sprecher gibt. Diese Gegenargumente sind für das angewendete Modell jedoch nicht relevant, die Annahme eines unterspezifizierten Verbs, welches auf seiner grundlegendsten Basis die Bedeutung von Agentivität manifestiert, erwies sich als distinkt genug und als konkret genug, um machen-Verwendungen von anderen Verwendungen zu unterscheiden, besonders auf funktionaler Ebene (Punkt 2). Des Weiteren werden die zahlreichen Verwendungsmöglichkeiten auf schematischen (grammatischen), semantischen und kontextuellen Ebenen angesiedelt, so dass spezifische Deutungen auch bei der Verwendung eines als semantisch höchst vage angenommenen Ausdrucks nachweislich möglich sind (Punkt 3). Schematische sowie semantische und auch kontextuelle Verwendungsweisen werden dabei nicht als auf einen Kategorienprototyp zurückführbaren Ursprung angesehen (Punkt 1). Das heißt, es wird nicht von bspw. einem Herstellen-machen, einem Durchführen-machen und einem rein funktionalen machen ausgegangen, das jeweils die als Herstellen, Durchführen oder als pragmatische Verwendung interpretierbaren Verwendungen hervorbringt. 328 In der kognitiven Semantik würden dabei natürlich keine lexikosemantische Darstellungsweise gewählt und die einzelnen polysemen Bedeutungen nicht als distinkte Lesarten angenommen werden, da diese als unterschiedliche Perspektiven auf dieselbe Domäne konzeptu- Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 370 8.5 Zum lexikografischen Ansatz Der in der Lexikografie verwendete Ansatz zur Beschreibung von machen - also die Zuweisung spezifischer Bedeutungen und die Klassifikation der Verwendungen in unterschiedliche, aber miteinander zusammenhängende Bedeutungskategorien (Polysemie) - ergibt kein angemessenes und einheitliches Bild von der Verwendungsweise und Funktion dieses Verbs. Es wird zwar angestrebt, die Vielfalt der tatsächlichen Anwendungen zu erfassen und zu beschreiben, aber diese werden zum einen nicht systematisch dargestellt und zum anderen werden dadurch indirekt die weiteren möglichen Anwendungen unterschlagen, da durch machen wesentlich mehr Bedeutungen versprachlicht werden können, als in Wörterbuchartikeln angegeben wird. Die unsystematische Darstellung ergibt sich daher, dass machen einerseits häufig und wiederholt in vielen lexikalischen Kookkurrenzen vorkommt, (wie Urlaub machen, Pause machen, fertigmachen, jemandem den Garaus machen, jemandem Beine machen), welche sehr unterschiedliche Festigkeitsgrade haben und zu unterschiedlichen Graden kompositional zu deuten sind; andererseits wird machen auch sehr produktiv, aber dennoch systematisch zur Versprachlichung bestimmter, scheinbar einheitlich paraphrasierbarer Konzepte verwendet (wie bspw. zubereiten (von Speisen und Getränken), ausführen (von Bewegungen) oder verursachen (von Emotionen)), die sich auf einer übergeordneten Ebene zum allergrößten Teil als Sachverhalte bezeichnen lassen. Des Weiteren ist zu bedenken, dass eine Wörterbuchbasis in der Regel auf schriftsprachlichen Daten beruht, in welchen viele funktionale Verwendungen von machen gar nicht auftreten, oder wenn, nur in sehr marginaler Weise bei der Imitation gesprochener Sprache. Außerdem unterliegt eine Wörterbuchredaktion erheblichen Zeit- und auch Platzrestriktionen, so dass sich weder mit einem Verb in seiner absoluten Gänze auseinandergesetzt werden kann, noch kann ein - besonders im Falle von machen relevanter - bedeutungskonstituierender Kontext bei jedem Belegbeispiel mit einbezogen werden. Die lexikografische Darstellung führt jedoch zur Annahme vieler mehr oder weniger spezifischer Bedeutungen, die dem Verb als inhärente Qualität zugeschrieben werden. Dass machen bestimmte Bedeutungen in den entsprechenden kollokativen Kombinationen ausdrückt, liegt an dem bereits erwähnten Aspekt (vgl. Abschn. 4.2.3.1), dass seine Bedeutung als Kollokator hauptsächlich von seiner Basis abhängt (vgl. auch Lüger 2004, S. 48f.), denn Verb und Objekt zusammen drücken eine Handlung aus, die das Verb allein nicht denotieren kann. Dies ist - wie sich im Laufe der Untersuchung herausgestellt alisiert werden, die sehr schematisch sein können und sich teilweise überschneiden (Langacker 2007, S. 451f.). Theoretische Schlussfolgerungen 371 hat - aber für machen eigentlich immer der Fall, denn alleine kann machen keine spezifische Handlung ausdrücken, seine Deutung ist immer abhängig vom sprachlichen und/ oder außersprachlichen Kontext. Besonders dann, wenn das Akkusativobjekt selbst polysem ist, trägt der außersprachliche Kontext zur Vereindeutigung der ausgedrückten Handlungsbedeutung bei. In einigen dieser Fälle liegt eine Art systematischer Polysemie vor, wenn die NP eine systematisch metonyme Extensionen impliziert, wie es bei Akt-Objekt- Ambiguität der Fall ist (vgl. Abschn. 6.5.1.3) oder bei anderen NPn, die bestimmte semantische Alternationen implizieren wie beispielsweise Ortsbezeichnungen (Ich fahre nach Berlin (Ort) vs. Berlin wählt einen neuen Bürgermeister (Einwohner)). Die Bedeutung einer Verbindung von Objekt und Verb muss also auch nicht in jeder Verwendung derjenigen der (gleichförmigen) Kollokation entsprechen, kann dies in bestimmten Verwendungen aber (vgl. dazu auch die unterschiedlichen Verwendungen von kaputt machen in Abschn. 6.4.2.1). Sollte dennoch eine kontextübergreifende Bedeutung vorhanden sein, unterliegt der gesamte Ausdruck dann als lexikalische Einheit ihren eigenen Restriktionen in Bezug auf ihre Verwendung und Funktion. 329 Eine lexikosemantische Beschreibung von machen bietet also im Grunde genommen häufig nur eine Auflistung der häufigsten lexikalischen Objektreferenten (Kaffee machen, Betten machen) oder Objektsprädikative (fertig machen) bzw. satzähnlichen Verbindungen (mach dir nichts draus! ), die mit machen zusammen auftreten. Die semantische Interpretation dieser Ausdrücke entspricht dabei einer Defaultverwendung, bei welcher ein bestimmter Kontext impliziert wird, 330 weil der Kontext nicht systematisch für die Deutungen der Phrasen eingesetzt wird. Die vorgenommenen Einteilungen der aufgeführten Kookkurrenzen und anderen Verwendungen in Kategorien und Unterkategorien von Bedeutungen erklärt die Bedeutungskonstitution auf semantischer Ebene aber nicht, sondern führt zu einer polysemen Interpretation des Verbs, welche sich hinsichtlich der Anwendbarkeit auf spontansprachliche gesprochene Daten nicht rechtfertigen lässt, da eine Kategorisierung jeder einzelnen Verwendung, die sich in realen Sprachdaten finden lässt, zu einer Unmenge an Lesarten führen würde und sich auch eine Einteilung aller gefundenen 329 Ein deutliches Beispiel für unterschiedliche Verwendungsweisen einer Wortverbindung und einer kompositionalen Verwendung auch auf syntaktischer Ebene stellt die Kollokation sauber machen dar, welche sowohl kompositional gedeutet (etwas sauber/ glatt/ blank machen/ wischen/ schrubben) als auch intransitiv als Prädikat verwendet werden kann (Ich muss noch sauber machen/ putzen.). 330 Bei Betten machen wird zum Beispiel stets der Kontext des Aufräumens und Ordnens vorausgesetzt, nicht eine Umzugssituation oder der Kontext des Möbelbauens, Prüfung machen wird stets aus der Sicht der zu Prüfenden als ablegen oder absolvieren gedeutet, nicht aus der Perspektive der Prüfer als abnehmen oder vorbereiten. Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 372 spontansprachlichen Belege in die vorhandenen Lesartenraster nicht durchführen lässt. 331 8.6 Zum phraseologischen Ansatz Die Kritik, dass zur Bedeutungsbeschreibung von Wörtern - besonders in Wörterbüchern - häufig Kollokationen und Phraseme verwendet werden, ist nicht neu (vgl. Hausmann 2008, S. 4 für Kollokationen und Burger 1998, S. 169 für Phraseologismen). Usuelle Wortverbindungen spiegeln auch das Verwendungsspektrum von Ausdrücken im (überwiegend schriftlichen) Sprachgebrauch wider, bzw. stellen die lexikalischen Umgebungen dar, in denen sie häufig auftreten. Dies sagt zwar nichts über die Bedeutungen der einzelnen Komponenten aus, kann aber als Bedeutungserklärung und Verwendungsbeschreibung/ Beschreibung der Restriktionen im Gebrauch der gesamten Verbindung angesehen werden. Eine strikte Trennung von freien und usuellen oder als lexikalische Einheiten interpretierbarer Verbindungen ist dabei jedoch schwer durchführbar, auch wenn es sicherlich einige als eindeutig fest zu bezeichnende Wortverbindungen gibt (Spaß machen, (sich) Gedanken/ Sorgen machen), jedoch auch eine sehr hohe Anzahl an Übergangsfällen und natürlich Ad-hoc-Verbindungen; zudem gibt es für feste Wortverbindungen keine einheitlichen Kriterien, noch nicht einmal eine einheitliche Bezeichnung (vgl. Donalies 2005). Für das vorliegende Modell hat sich der Ansatz der usuellen Wortverbindungen (UWV) nach Steyer (2013) dennoch als hilfreich erwiesen, diese Ebene der usuell oder kollokativ verwendeten machen-Verwendungen angemessen darzustellen und auch zu benennen, denn es wurden die Begriffe (usuelle) Wortverbindungen und Wortverbindungsmuster übernommen. In diesem Ansatz wird nicht von der absoluten Festigkeit von Wortverbindungen ausgegangen und es wird außerdem mit einbezogen, dass der situative Kontext (ebd., S. 57f.) und auch die (Art der) Verwendung im Sprachgebrauch etwas damit zu tun haben, wie eine Wortverbindung zu deuten ist (ebd., S. 28). Dies ist besonders bei einer Beschreibung von lexikalisch teil- und vollspezifizierten grammatischen Schemata von Relevanz, bei denen eine statische Bedeutungs- 331 Das Erstellen eines Lesartenrasters für alle im Korpus vorgefundenen machen-Fälle wurde im Zuge dieser Arbeit auch versucht, konnte aber nicht zufriedenstellend und nachvollziehbar geleistet werden. Die Anzahl der Bedeutungen, die durch machen versprachlicht wurden, war zu hoch, die Kategorieneinteilung unübersichtlich und häufig nicht semantisch zu erklären und oft konnte für Verwendungen identischer machen-Kombinationen nicht dieselbe Lesart angesetzt werden. Von daher sehe ich mich in der Lage zu behaupten, dass eine konsistente und nachvollziehbare Einteilung in konkret benennbare Lesarten für machen in der gesprochenen Sprache nicht durchführbar ist. Theoretische Schlussfolgerungen 373 zuschreibung eines (teil-)gefüllten Musters ebenso wenig der Wirklichkeit im Gebrauch entspricht wie eine komplett kompositionale Sichtweise der Bedeutungskonstitution, denn es gibt auch bei relativ festen Wortverbindungen situationsbedingte Varianz, sowohl bezüglich des Ausdrucks, als auch der (situativ zu interpretierenden) Bedeutung. Auch wenn der UWV-Ansatz kein theoretischer Ansatz ist, sondern ein (phraseologisches) Analysemodell, bietet dieser dennoch für das hier vorgestellte Modell einige wichtige Einsichten für den (analytischen) Umgang mit festen Wortverbindungen. 8.7 Zum interaktionalen Ansatz Zu der Auffassung von machen als unterspezifiziertem Verb im Gegensatz zu einem höchst polysemen hat in der vorliegenden Untersuchung besonders die Tatsache beigetragen, dass unterschiedliche außersprachliche Kontexte und auch die Gesprächskontexte jeweils andere Lesarten derselben machen + Objekt(sprädikativ)-Kombinationen hervorbringen können (vgl. die Analysen zu Party machen (Abschn. 6.2.2) und kaputt machen (Abschn. 6.4.2.1)) und dass es außerdem usuelle Wortverbindungen bzw. generelle Verwendungen mit machen gibt, die rein pragmatisch und teilweise diskursorganisierend funktionieren, in denen machen also gar keine spezifischere semantische Bedeutung zugewiesen werden kann (vgl. die pragmatischen Leistungen (Abschn. 6.6 und speziell das Social Action Format wir machen das so (Abschn. 6.6.1.2)). Die kontextuellen Ebenen erweisen sich also als eine oft nicht miteinbezogene Größe bei der bisherigen Beschreibung von Wortbedeutungen. Die gewonnenen Erkenntnisse rühren von einer interaktionallinguistischen Sichtweise her, in welcher eine detaillierte Sequenzanalyse ebenso zur Beschreibung herangezogen wird wie die außersprachlichen Umstände der Interaktion, die sozialen Rollen der Sprecher, der globale Kontext des Gesprächs und weitere Faktoren (vgl. Auer 2009). Dadurch lassen sich diese Faktoren als bedeutungskonstituierende Ressourcen erkennen und so etwa kontextfrei ungrammatisch oder semantisch markiert wirkende Verwendungen erklären bzw. sprachliche Muster, die eine pragmatische Funktion erfüllen, als solche erkennen und einer bestimmten Funktion zuordnen. machen kann also auch in einigen (mitunter als (teil-)gefüllte Strukturmuster wiederkehrenden) Verwendungen als Teil sprachlich ausgeführter Handlungen erfasst werden, so dass sich in diesen Fällen eine semantisch motivierte Lesarten- oder Spezifizierungszuweisung als Erklärung für die Bedeutungskonstitution der gesamten Äußerung gar nicht anbietet, da sich manche Verwendungen von machen nur pragmatisch erklären lassen. Hier greifen dann weder grammatische Schemata noch semantische Kookkurrenzen als Erklärung für die Interpretation der Bedeutung und auch der phraseologische An- Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 374 satz kann musterhaften Gebrauch von mehr oder weniger lexikalisch gefüllten Strukturen zwar nachweisen und in einem bestimmten Kontext verankern (bspw. durch die technisch gestützte Suche und anschließende Analyse usueller Wortverbindungen in großen Korpora, wie sie Steyer (2013) vornimmt), aber mit den korpuslinguistisch ausgerichteten Methoden nicht die Funktion von und Motivation hinter den Mustern erklären. Einige der Motivationen für die Verwendung von machen lassen sich aus den Eigenschaften gesprochener Sprache selbst ableiten, die ohne diesen Einbezug nicht als Motivation erkennbar wären. Zum Beispiel spielt die Inkrementalität von gesprochener Sprache eine konstitutive Rolle für die Onlineplanung von Redebeiträgen (vgl. Auer 2000, 2007), bei der machen dazu verwendet werden kann, Handlungsaufforderungen und -ankündigungen zu formulieren und dadurch gleichzeitig neue Themen einzuführen und in diesem Zuge bisweilen sogar den Anschein einer Verzögerungstaktik (ähnlich in der Funktion wie Häsitationspartikel) erwecken kann (vgl. Abschn. 6.6.4). Auch die Tatsache, dass in der gesprochenen Sprache tendenziell vermieden wird, mehr als einen semantisch schweren Ausdruck pro Intonationsphrase (oder pro Teilsatz) zu verwenden (Chafe 1994, S. 53; auch Du Bois 2003 und Proske 2013), kann als Motivation für die Verwendung von machen als verbale Füllung bei nominalen Fachwörtern (Erstrezeption machen) und Fremdwörtern (Babysitting machen) aufgeführt werden, oder auch die Tatsache, dass der eigentliche semantische Inhalt in den nominalen Objekten steckt und für die Formulierung der Äußerung deswegen keine weitere Semantik notwendig ist, mitunter sogar störend wirken kann (vgl. Abschn. 6.6.5). Der interaktional-linguistische Ansatz liefert dabei vorwiegend bei der Beschreibung der Leistung von machen für die Interaktion einen nützlichen Beitrag, was sich in dieser Untersuchung besonders bei der Verwendung von machen in den in Abschnitt 6.6 beschriebenen Funktionen gezeigt hat und dabei gerade im Zusammenhang mit diskursorganisierenden Funktionen wie das Referieren auf vorerwähnte Handlungen und Sachverhalte (Abschn. 6.6.1) und die Onlineplanung von Gesprächsbeiträgen (Abschn. 6.6.4). Also vor allem in den anaphorischen und projizierenden Verwendungen erweist sich die Herangehensweise der Interaktionalen Linguistik als entscheidend für die Analyse der durch machen erbrachten kommunikativen Leistungen und trägt zu einem vollständigen Bild der Verwendungsweisen dieses Verbs im Sprachgebrauch bei. Die Interaktionale Linguistik erklärt Funktionen und Motivationen allerdings rein aus den Daten heraus. Sie ist nicht kognitivistisch eingestellt (Deppermann 2011a, S. 213), sondern untersucht, mit welchen sprachlichen Mitteln Interaktionsteilnehmer bestimmte Aufgaben erfüllen. Das Augenmerk liegt dabei also nicht auf den mentalen Prozessen und dass bzw. wie diese Prozesse bestimmte Strukturen generieren können oder durch Theoretische Schlussfolgerungen 375 welche Inferenzen bestimmte Äußerungen erst interpretierbar werden, sondern der Fokus wird auf die sichtbaren Vorkommnisse gelegt, die in detaillierten Sequenzanalysen dargestellt werden. Der interaktional-linguistische Ansatz kann nur für einen Teilbereich der hier vorgenommenen Untersuchungen einen Beitrag leisten und ist für sich allein genommen nicht dafür geeignet, das gesamte Verwendungsspektrum eines Ausdrucks in der gesprochenen Sprache zu erfassen, wie es in dieser Arbeit angestrebt wurde, denn viele der machen-Verwendungen haben keine spezifische interaktional-linguistische Funktion und sind besser durch andere linguistische Ansätze zu beschreiben. Da diese Arbeit also eine umfassende Untersuchung des Gebrauchs eines Verbs im gegenwärtigen gesprochenen Deutsch vorgenommen hat und nicht nur bestimmte funktionale Eigenschaften dieses Verbs, hat sich gezeigt, dass die Interaktionale Linguistik als ein methodischer Ansatz von mehreren dienen kann, der aber unbedingt notwendig ist, um die Bedeutungen von Ausdrücken in ihrer Gänze in gesprochener Sprache zu erfassen. Daraus lässt sich ableiten, dass die Interaktionale Linguistik in Bezug auf die Bedeutungskonstitution von Wörtern vom Einbezug anderer linguistischer Ansätze profitieren kann, mehr noch: dieser sogar unbedigt notwendig ist, wenn substanzielle und durch Analysen gestützte Aussagen über die Verwendungsweisen eines Ausdrucks in der Interaktion gemacht werden sollen. Durch den Einbezug von Ansätzen wie der Konstruktionsgrammatik in Hinblick auf den Einfluss der Syntax auf Bedeutung lässt sich die Verwendung und (oft gelungene) Deutung jeglicher Ausdrücke im Konext erklären, ebenso wie durch die Berücksichtigung kognitiver Prozesse wie Metonymie und Metapher und deren Rolle bei der Interpretation von kontextfrei unsemantisch oder ungrammatisch wirkenden Äußerungen. Ausblick 377 9. AUSBLICK Es wäre eine Möglichkeit in zukünftigen Forschungsarbeiten die hier verwendete Methode für weitere, wortbezogene Studien anzuwenden in Hinblick auf ähnlich unterspezifizierte Verben (wie bspw. haben, geben, tun oder sein) und so zu überprüfen, welche der ihnen zugeschriebenen Bedeutungsnuancen wirklich dem Verb zuzuschreiben sind und welche aufgrund lexemexterner Einflüsse wie Argumentstrukturkonstruktionen, lexikalischer Kookkurrenzen oder (außer)sprachlichem Kontext zustande kommen. Dabei zeigt sich der Einbezug der unterschiedlichen Kontextebenen als sehr relevant, da diese zum einen auf die semantische Deutung von Argumenten einen Einfluss haben und zum anderen auch die funktionalen Verwendungen erklären können (bspw. lassen sich durch den Einbezug des sequenziellen Kontexts die unterschiedlichen Verwendungen von kataphorischem und anaphorischem wir machen das so aufzeigen und begründen, vgl. Abschn. 6.6.1.2). Der generelle und systematische Einbezug der genannten (und eventuell weiterer) Kontextebenen als einzeln benennbare, aber nicht unabhängig auftretende Größen in die Beschreibung der Verwendungen von Verben (bzw. von Ausdrücken im Allgemeinen) erweist sich in vielen grammatischen Untersuchungen (außerhalb der Gesprächsforschung) als Desiderat, welchem ohne den Rückgriff auf authentische (d.h. nicht auf reiner Introspektion beruhende) und im gesamten Kontext betrachtete Sprachdaten - seien sie mündlich oder schriftlich - keine Abhilfe geschaffen werden kann. Die Erkenntnisse, die durch die Verwendung real vorkommender Sprachdaten in Bezug auf grammatische Phänomene gewonnen werden können, können für eine neue Perspektive auf bestehende Thesen und Kategorien sorgen und als Anlass dienen, diese zu hinterfragen und neu zu determinieren - basierend auf den Ergebnissen an tatsächlichen Verwendungen und deren kontextueller Einbettung. Auch in Hinblick darauf, dass die Lexikografie zunehmend korpusbasiert arbeitet, ist anzunehmen, dass gerade bei vagen und hochfrequent gebrauchten Ausdrücken noch mehr Verwendungsmöglichkeiten hervortreten, die eventuell immer neue Lesarten oder Bedeutungskategorien generieren, da sie in die bereits existierenden nicht wirklich passen. Es könnte hier besonders für sehr frequente Wörter und solche, denen bereits eine Vielzahl an Bedeutungen (mit entsprechenden Unterbedeutungen) zugeschrieben wird (wie bspw. machen, tun, haben, sein; aber auch kommen, gehen, bringen, stehen), nützlich sein, zumindest einige der Bedeutungskategorien zu hinterfragen und einen Weg zu finden, kontextuelle Einflüsse als bedeutungskonstitutive Größe kon- Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 378 sistent in die Lesartenzuschreibungen einzubringen und so vielleicht schematischere Bedeutungen zu formulieren (durchführen/ ausführen anstelle von Bewegung ausführen oder (Prüfung) absolvieren), was die Anzahl von Lesartenkategorien senken könnte. Dies könnte sich besonders für DAF-Lerner als nützlich herausstellen, da derart auch eine Übersetzung für weniger frequente und nicht so vorhersehbare Verwendungen leichter hergeleitet werden kann und der Gebrauch bestimmter Ausdrücke leichter zu begreifen ist. So kann man vielleicht auch dem Wunsch Hausmanns (2004) nachkommen und für die konkreten Bedeutungszuschreibungen die Kollokationen anführen (und unter den Basen listen, nicht den Kollokatoren), aber diese Bedeutungen nicht als Bedeutung des Verbs darstellen. Außerdem lässt sich die Arbeit bezüglich des Verbs selbst vertiefen, da hier noch nicht alle Funktionen und Verwendungsweisen aufgeführt werden konnten. Interessant wäre hier eine umfangreiche Analyse der Verwendungen von machen, welche, eigentlich nicht mit diesem Verb erwartbar wären bzw. in der Literatur diesem Verb weitestgehend abgesprochen oder nicht zugesprochen werden. Dazu zählt zum Beispiel der Einsatz von machen als Matrixverb. Diese Gebrauchsweise ließ sich zwar nicht im Korpus finden, ist jedoch zumindest in der Alltagssprache durchaus anzutreffen. 332 332 Konkrete Belege für diese Aussage können zurzeit nur aus sozialen Medien zitiert werden, da innerhalb des Korpus wie gesagt derartige Beispiele nicht zu finden waren und sonstige Alltagsgespräche für gewöhnlich nicht aufgezeichnet werden. Für eine Verwendung von machen als Matrixverb kann ich die (spontane) Äußerung einer Youtuberin anbringen, welche ein potenzielles Vorgehen bezüglich der Bearbeitung und Veröffentlichung der Videos ihrer Australienreise folgendermaßen beschreibt: man könnte auch mAchen dass jede woche EIN video kommt; (www.youtube.com/ watch? v=K1c9tb7SL8I, [1: 37], Stand: 1.5.2017). Literatur 379 LITERATUR Wörterbücher DGWDS (1978): Duden. Das Große Wörterbuch der Deutschen Sprache in 6 Bänden. Bd. 4, Kam-N. Mannheim u.a. DGWDS (1999): Duden. Das Große Wörterbuch der Deutschen Sprache in 10 Bänden. 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Anhang 393 ANHANG Anhang 1 - Transkriptionskonventionen nach GAT2 (Selting et al. 2009) . tief fallende finale Tonhöhenbewegung ; fallende finale Tonhöhenbewegung - gleichbleibende finale Tonhöhenbewegung , steigende finale Tonhöhenbewegung ? hoch steigende finale Tonhöhenbewegung Bei[trag] [Beit]rag Überlappung akZENT Fokusakzent der Intonationsphrase (nicht bei einsilbigen Beiträgen) akzEnt Nebenakzent der Intonationsphrase (optional) so_nen Unterstrich markiert klitische Elemente und häufige Kontraktionen wie mach_ma (mach mal/ machen wir) (.) Mikropause, unter 0,2 Sekunden (1.3) gemessene Pausenzeit ((lacht, 5 Sek.)) Kommentar zu (non)verbalem Verhalten, manchmal mit Zeitangabe (+++ +++) unverständliche Äußerungen, drei Zeichen markieren eine Silbe (Äußerung) vermuteter Inhalt einer schwer verständlichen Äußerung = schneller Anschluss an Beiträge desselben oder eines andern Sprechers oder Anbindung von Turnübernahmesignale (wie ja) oder Nachlaufelementen (wie ne, oder) : Dehnung °h/ °h hörbares Aus-/ Einatmen (unter 0,5 Sekunden) °°h/ h°° hörbares Aus-/ Einatmen (0,5 - 0,8 Sekunden) °°°h/ h°°° hörbares Aus-/ Einatmen (ab 0,8 Sekunden) <<lachend> Beitrag> lachend gesprochene Passage <<pp> Beitrag> pianissimo, sehr leise gesprochen Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 394 Anhang 2 - Lemmaliste aus FOLK, geordnet nach Frequenz Die ersten 45 Lemmata der Lemmaliste in FOLK, geordnet nach Frequenz. Diese Liste hat das Release 2.6 zur Grundlage, daher sind hier mehr machen- Verwendungen angeführt, als in den dieser Untersuchung zugrunde liegenden Daten. (Aufrufbar unter: http: / / dgd.ids-mannheim.de, Browsing - FOLK - Zusatzmaterialien) d 124946 sein 54599 ja 50597 ich 50350 und 37087 äh 35957 haben 35197 ein 26902 so 23966 nicht 22940 dann 19845 es 19826 du 19076 da 18449 auch 18364 & 17513 wir 17504 jetzt 14124 hmhm 13912 also 13881 aber 13317 in 12758 können 11745 % 11505 noch 11389 mal 11259 was 10336 dass 9803 werden 9769 mit 9534 oder 9184 sagen 9107 wenn 8964 man 8774 er 8692 Anhang 395 Sie 8304 nein 8267 zu 8242 wie 7955 machen 7950 sie 7947 müssen 7697 von 7246 auf 7058 dies 6992 Studien zur Deutschen Sprache Forschungen des Instituts für Deutsche Sprache herausgegeben von Arnulf Deppermann, Stefan Engelberg und Angelika Wöllstein Aktuelle Bände: Frühere Bände finden Sie unter: http: / / www.narr-shop.de/ reihen/ s/ studien-zurdeutschen-sprache.html 49 Wolf-Andreas Liebert / Horst Schwinn (Hrsg.) 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Argumentstruktur zwischen Valenz und Konstruktion 2015, 497 Seiten €[D] 128, - ISBN 978-3-8233-6960-8 69 Nofiza Vohidova Lexikalisch-semantische Graduonymie Eine empirisch basierte Arbeit zur lexikalischen Semantik 2016, ca. 340 Seiten €[D] ca. 88, - ISBN 978-3-8233-6959-2 70 Marek Konopka / Eric Fuß Genitiv im Korpus Untersuchungen zur starken Flexion des Nomens im Deutschen 2016, 283 Seiten €[D] 108, - ISBN 978-3-8233-8024-5 71 Eva-Maria Putzier Wissen - Sprache - Raum Zur Multimodalität der Interaktion im Chemieunterricht 2016, 282 Seiten €[D] 108, - ISBN 978-3-8233-8032-0 72 Heiko Hausendorf / Reinhold Schmitt / Wolfgang Kesselheim Interaktionsarchitektur, Sozialtopographie und Interaktionsraum 2016, 452 Seiten €[D] 138, - ISBN 978-3-8233-8070-2 73 Irmtraud Behr, Anja Kern, Albrecht Plewnia, Jürgen Ritte (Hrsg.) Wirtschaft erzählen Narrative Formatierungen von Ökonomie 2017, 278 Seiten €[D] 108, - ISBN 978-3-8233-8072-6 74 Arnulf Deppermann, Nadine Proske, Arne Zeschel (Hrsg.) Verben im interaktiven Kontext Bewegungsverben und mentale Verben im gesprochenen Deutsch 2017, 494 Seiten €[D] 128, - ISBN 978-3-8233-8105-1 75 Nadine Schimmel-Fijalkowytsch Diskurse zur Normierung und Reform der deutschen Rechtschreibung Eine Analyse von Diskursen zur Rechtschreibreform unter soziolinguistischer und textlinguistischer Perspektive i. Vorb., ca. 460 Seiten €[D] 128, - ISBN 978-3-8233-8106-8 76 Eric Fuß, Angelika Wöllstein (Hrsg.) Grammatiktheorie und Grammatikographie i. Vorb., ca. 200 Seiten €[D] 98, - ISBN 978-3-8233-8107-5 77 Jarochna D ą browska-Burkhardt, Ludwig M. Eichinger, Uta Itakura (Hrsg.) Deutsch: lokal - regional - global 2017, 474 Seiten €[D] 138, - ISBN 978-3-8233-8132-7 78 Karoline Kreß Das Verb machen im gesprochenen Deutsch Bedeutungskonstitution und interaktionale Funktionen 2017, 396 Seiten €[D] 128, - ISBN 978-3-8233-8153-2 Karoline Kreß Das Verb machen im gesprochenen Deutsch Bedeutungskonstitution und interaktionale Funktionen Kreß Das Verb machen im gesprochenen Deutsch 78 STUDIEN ZUR DEUTSCHEN SPRACHE FORSCHUNGEN DES INSTITUTS FÜR DEUTSCHE SPRACHE Die Arbeit untersucht unter anderem sowohl die semantischen Interpretationen von machen als auch seine pragmatischen Funktionen in der Interaktion, diskutiert die Behandlung von machen in der Lexikographie und liefert dazu einen Vergleich mit der Bedeutung und Funktion des Verbs tun in der gesprochenen Sprache. Außerdem wird die Konstitution von Bedeutung am Beispiel von machen anhand eines eigens entwickelten Ebenenmodells dargestellt, durch welches sich die einzelnen (außer-)sprachlichen Ebenen jeweils abgrenzen und einzeln beschreiben lassen. Die Analysen basieren dabei auf der Grundlage aktueller und spontansprachlicher Interaktionen unterschiedlicher Gesprächstypen.