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Spanische Lexikologie

2018
978-3-8233-9158-6
Gunter Narr Verlag 
Bernhard Pöll

Das Studienbuch informiert kompakt über die Wortschatzstrukturen des Spanischen. Es behandelt nicht nur den inneren Aufbau von Wörtern und die historische und soziale/situationsspezifische Schichtung des Wortschatzes, sondern gewährt auch traditionellen und neueren Ansätzen zur Bedeutungsbeschreibung sowie den Beziehungen zwischen Wortschatzeinheiten den ihnen gebührenden Raum. Der Band enthält eigene Kapitel zum Sprachvergleich (Fokus auf Wortschatzunterschieden zwischen Spanisch und Deutsch) und zu anwendungsorientierten Nachbardisziplinen der Lexikologie (Terminologie und (Meta-)Lexikographie). Eine repräsentative Bibliographie und ein deutsch-spanisches Glossar runden den für BA-, MA- und Lehramtsstudierende konzipierten Band ab. Er kann in Lehrveranstaltungen, aber auch zur Prüfungsvorbereitung nutzbringend eingesetzt werden.

Spanische Lexikologie Bernhard Pöll Spanische Lexikologie 2., überarbeitete und erweiterte Auflage Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. © 2018 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH-+ Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Internet: www.narr.de E-Mail: info@narr.de Satz: pagina GmbH, Tübingen Printed in Germany ISSN 0941-8105 ISBN 978-3-8233-9158-6 5 Inhalt Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 1 Lexikologie - eine Disziplin mit unscharfen Rändern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1.1 Der Gegenstandsbereich der Lexikologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1.2 Exkurs: Zum Begriff des mentalen Lexikons . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 1.3 Zusammenfassung und Vorausschau auf die folgenden Kapitel . . . . . . . . . . . . 14 2 Die Einheiten des Wortschatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 2.1 Wörter und Lexeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 2.2 Komplexe und mehrgliedrige Lexeme: Phraseologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 2.3 Satzwertige Phraseologismen und Sprichwörter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 3 Zur Formseite des Wortschatzes: Wörter und ihr innerer Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . 23 3.1 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 3.2 Grundbegriffe: Morphem, Allomorph, Basis etc. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 3.3 Verfahren der Wortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 3.4 Wortfamilien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 3.5 Zusammenfassung: Formelemente des Lexikons . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 4 Die Inhaltsseite des Lexikons . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 4.1 Semasiologie, Onomasiologie, Semantik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 4.2 Was ist eigentlich Bedeutung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 4.3 Strukturalistische Bedeutungsbeschreibung (“strukturelle Semantik”, “Lexematik”) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 4.4 Prototypensemantik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 4.5 Paradigmatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 4.6 Syntagmatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 5 Zur diasystematischen Schichtung / Struktur des spanischen Wortschatzes . . . . . . . . . 67 5.1 Historische Schichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 5.2 Diaphasische, diastratische und diamesische Variation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 5.3 Diatopische Variation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 6 Wörter und Wortschätze im Vergleich: Kontrastive Lexikologie . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 6.1 Grundlegendes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 6.2 Methodischer Ausgangspunkt: das tertium comparationis . . . . . . . . . . . . . . . . 80 6.3 Typen von Kontrasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 6.4 Gibt es “lexikalische Lücken”? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 6.5 Versteckte Kontraste: Falsche Freunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 6 Inhalt 7 Lexikologie und ihre anwendungsorientierten Nachbardisziplinen I: Terminologie . . 93 7.1 Fachsprache und Gemeinsprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 7.2 Terminus-- Wort-- Fachwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 7.3 Bildung von Termini und Fachwörtern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 8 Lexikologie und ihre anwendungsorientierten Nachbardisziplinen II: Lexikographie und Metalexikographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 8.1 Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 8.2 Zum Verhältnis von Lexikologie und Lexikographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 8.3 Marksteine der spanischen Lexikographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 8.4 Grundkonzepte der Metalexikographie: Bauteile von Wörterbüchern . . . . . 106 8.5 Arbeitsbereiche der spanischen (Meta-)Lexikographie in Auswahl . . . . . . . . 118 9 Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 9.1 Forschungsliteratur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 9.2 (Sprach-)Wörterbücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 9.3 Verzeichnis der Internetadressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 10 Deutsch-spanisches Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 Verzeichnis der Abkürzungen und Symbole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 7 Vorwort Vorwort Seit dem Erscheinen der ersten Auflage dieses Bandes im Jahre 2002 sind 16 Jahre vergangen. Dies machte für die vorliegende Neuauflage vor allem eine bibliographische Aktualisierung notwendig, die sich jedoch auch im Text selbst niederschlägt. An den grundlegenden Zielsetzungen dieses Studienbuches hat sich jedoch nichts geändert: Es richtet sich primär an Studierende, die bereits über sprachwissenschaftliche Grundkenntnisse verfügen, aber mit diesem konkreten Bereich der hispanistischen Sprachwissenschaft bislang nicht oder nur am Rande konfrontiert waren. Es ist für das Selbststudium (z. B. zur Prüfungsvorbereitung) konzipiert, eignet sich aber auch als Begleitlektüre zu einschlägigen (Pro-)Seminaren. Eine Einführung zu schreiben, ist wohl für jeden Forscher, 1 dessen Herz auch für die wissenschaftliche Lehre schlägt, eine Herausforderung, gilt es doch, gesicherte, aber dennoch komplexe Wissensbestände einer Disziplin auf gut verständliche Weise Lesern zu vermitteln, deren Vorkenntnisse nicht immer ganz leicht abzuschätzen sind. Bei jedem Kapitel, bei jedem Abschnitt muss entschieden werden, was banal ist und als bekannt vorausgesetzt werden darf und was die potentiellen Rezipienten nicht wissen (können). Ob mir dieser Spagat immer gelungen ist, mögen meine Leser und Rezensenten entscheiden. Verbesserungsvorschläge sind in jedem Fall willkommen und werden hoffentlich in eine dritte Auflage einfließen können. Viele haben auf die eine oder andere Weise zur Entstehung dieses Buches beigetragen; nachdrücklich gedankt sei an dieser Stelle Kathrin Heyng vom Gunter Narr Verlag sowie insbesondere Karoline Wurzer, die den Band mit viel Umsicht und Geschick zum Druck vorbereitet hat. Dass es dieses Buch in der vorliegenden Form überhaupt gibt, geht auf die Initiative von Franz Josef Hausmann zurück (bis 2008 Ordinarius für Angewandte Sprachwissenschaft / Romanistik an der Universität Erlangen). Ohne seine Empfehlung hätte ich wohl nicht die Gelegenheit gehabt, dieses Buch zu schreiben. Es sei ihm daher ganz herzlich gewidmet! Salzburg, im März 2018 Bernhard Pöll 1 Da das Deutsche über eine generische Nominalklasse verfügt, die aus historischen Gründen-- und per conventionem adhuc acceptam-- das Maskulinum ist, werden keine gegenderten Personenbezeichnungen verwendet. Selbstverständlich verweisen alle personenbezogenen formal maskulinen Formen auf beide Geschlechter sowie auf Menschen, die sich in ihrer geschlechtlichen Identität nicht zugeordnet wissen wollen. 9 1.1 Der Gegenstandsbereich der Lexikologie 1 Lexikologie - eine Disziplin mit unscharfen Rändern 1.1 Der Gegenstandsbereich der Lexikologie In der für die romanistische Linguistik maßgeblichen Romanischen Bibliographie (Online- Datenbank) 1 finden sich in der Rubrik “Lexikologie. Etymologie. Lexikographie“ u. a. Arbeiten mit den folgenden Titeln: 2 (1) “Apuntes sobre lexicocronología española” (2) “Características lexico-semánticas de los verbos prefijados con ‘des-’ en DRAE 1992” (3) “El léxico indígena en el español hablado en Puerto Rico: variables socioculturales.” Hier geht es- - soweit sich dies ohne die genaue Kenntnis dieser Aufsätze sagen lässt- - um Fragen der chronologischen Schichtung des spanischen Wortschatzes, um die Spezifika von Verben mit einem bestimmten Präfix wie sie im Wörterbuch der Real Academia Española ( DRAE ) beschrieben sind, und um die sozial bedingte Verwendung von indigenen Lehnwörtern im gesprochenen Spanisch von Puerto Rico. In der darauffolgenden Rubrik, die den Titel “Semantik. Pragmatik” trägt, taucht erneut der Aufsatz über die präfigierten Verben im DRAE auf, daneben erscheinen hier aber auch (4) “Apuntaciones críticas sobre el diccionario de Cuervo. A propósito de los artículos fabricar, fácil y facilitar.” (5) “Die Bedeutung von spanisch silla.” und viele andere mehr. Zu Recht darf man sich fragen, ob den Verfassern da nicht Fehler unterlaufen sind: Sollte man (4), weil es ja um ein Wörterbuch 3 geht, nicht besser unter “Lexikologie. Etymologie. Lexikographie“ eintragen? Gehört (3) nicht in eine ganz andere Kategorie, etwa Soziolinguistik? Hätte es nicht gereicht, (2) nur unter “Lexikologie. Etymologie. Lexikographie“ zu verzeichnen? Hat (5) nicht auch etwas mit Lexikologie zu tun? Der Fairness halber wird man die Autoren der Bibliographie vom Vorwurf der Schlampigkeit oder des unüberlegten Handelns freisprechen müssen, denn solche Unsicherheiten, Doppelzuordnungen oder Überschneidungen sind symptomatisch für eine sprachwissenschaftliche Subdisziplin, in deren Gegenstandsbereich- - dem Wortschatz- - letztlich alle Fäden zusammenlaufen: Die Einheiten des Wortschatzes-- nennen wir sie vorläufig einmal Wörter-- haben Bedeutungen, und diese Bedeutungen bedingen sich oft gegenseitig, sie sind aus kleineren, isolierbaren Einheiten aufgebaut und lassen sich z. B. chronologisch nach ihrem Auftreten ordnen. Darüber hinaus ist ihre Verwendung, ihr Vorkommen in der Rede von vielfältigen u. a. geographischen, sozialen und individuellen Faktoren abhängig. Schließlich 1 https: / / www.degruyter.com/ view/ db/ rom. 2 Da es sich hier nicht um eine systematische Bibliographie handelt, verzichten wir auf weitere Angaben. 3 Nämlich das Diccionario de construcción y régimen (1886 / 93 bzw. 1953-1998) des kolumbianischen Philologen Rufino José Cuervo (1844-1911). 10 1 Lexikologie - eine Disziplin mit unscharfen Rändern sammelt man sie auch mit verschiedenen Zielsetzungen und Ordnungskriterien in Inventaren-- es entstehen Wörterbücher. Mit diesen wenigen Zeilen sind nicht einmal ansatzweise die Kernbereiche der Lexikologie beschrieben, im besten Falle haben wir eine Paraphrase der Titel unserer vorhin genannten Aufsätze. Die Ränder bleiben jedenfalls unscharf. Dass der Aufgabenbereich der Lexikologie nicht ein für allemal fixiert ist, zeigt schon ein oberflächlicher Vergleich der in den letzten Jahrzehnten für verschiedene Einzelsprachen erschienenen Einführungen in die Lexikologie 4 und ihrer jeweiligen Konzeptionen: ▶ Wunderli, Peter (1989): Einführung in die französische Lexikologie. Tübingen: Niemeyer. Im Bewusstsein des interdisziplinären Charakters der Lexikologie greift der Autor in verschiedene relevante Bereiche aus: historische Schichtung, Entlehnung, Wortbildung, Translation (verstanden als syntagmatische Ausweichverfahren, um Schwächen der Wortbildung auszugleichen), Semantik (wird hier mit “struktureller Semantik” bzw. “Lexematik” [cf. Kapitel 4.3 dieses Bandes] gleichgesetzt). ▶ Schippan, Thea (1992): Lexikologie der deutschen Gegenwartssprache. Tübingen: Niemeyer. Das 306 Seiten starke Werk behandelt sehr umfassend die folgenden Aspekte: Wort als sprachliche Einheit, Wortbildung, lexikalische Bedeutung, lexisch-semantisches System der Sprache (Bedeutungsbeziehungen; unter Einbeziehung psycho- und soziolinguistischer Aspekte), soziale Gliederung des Wortschatzes (mit Terminologie), neuere Entwicklungen im deutschen Wortschatz (Bedeutungswandel, Entlehnungen usw.). Einführende Kapitel versuchen den Gegenstandsbereich der Lexikologie zu umreißen, situieren die Lexikologie gegenüber “Nachbarwissenschaften” und geben allgemeine Informationen zur Schichtung und diatopischen Verbreitung des deutschen Wortschatzes. ▶ Lutzeier, Peter Rolf (1995): Lexikologie. Ein Arbeitsbuch. Tübingen: Stauffenburg. Um Formalisierung bemüht, fußt diese hauptsächlich auf das Deutsche abgestellte Einführung ebenfalls auf den Grundgedanken des Strukturalismus. Aspekte wie die kognitive Relevanz der von der Linguistik aufgedeckten lexikalischen Strukturen werden berücksichtigt (Stichwort: mentales Lexikon). Die Perspektive ist dominant synchronisch. ▶ Halliday, M. A. K./ Yallop, Colin (2007): Lexicology. A Short Introduction. London / New York: Continuum. Der schmale Band beschäftigt sich, ausgehend von Überlegungen zum Wortbegriff, primär mit grundlegenden Fragen der Semantik (denotative Bedeutung, Zusammenhang zwischen Wörtern und der Welt etc.). Überlegungen zu Etymologie, Lexikographie (insbesondere die Geschichte englischer Wörterbücher) und zum Vergleich von Wortschätzen unterschiedlicher Sprachen werden punktuell eingeflochten. 4 Es ist hier selbstverständlich keine vollständige Bibliographie aller einführenden Werke in die Lexikologie intendiert. 11 1.1 Der Gegenstandsbereich der Lexikologie ▶ Lehmann, Alise/ Martin-Berthet, Françoise ( 4 2013): Introduction à la lexicologie. Paris: Colin. Den Autorinnen zufolge sind die “domaines constitutifs” der Lexikologie die “sémantique lexicale” (lexikalische Semantik) und die “morphologie lexicale” (Wortbildung). Dem entspricht die Zweiteilung des Buches, wie sie in der Erstauflage (1998) vorgenommen wurde. Spätere Auflagen beinhalten auch ein umfangreiches Kapitel zur Lexikographie des Französischen. Im Bereich der Semantik werden auch neuere Ansätze (Prototypen, Stereotypen) behandelt. ▶ Harm, Wolfgang (2015): Einführung in die Lexikologie. Darmstadt: WBG . Auf etwas mehr als 160 Seiten werden in diesem germanistisch ausgerichteten Band-- wie auch in anderen Werken vom Konzept Wort ausgehend-- die Form- und Inhaltsseite des Wortschatzes (Wortbildung und Modelle der Bedeutungsbeschreibung), Sinnrelationen zwischen Wörtern (paradigmatisch und syntagmatisch), die diasystematische Schichtung des Wortschatzes und der lexikalische Wandel sowie die Lexikographie behandelt. Wir haben vorläufig als Gegenstand der Lexikologie den Wortschatz und seine vielfältigen Strukturierungen genannt. Intuitiv kann sich jeder etwas darunter vorstellen, weil dieser Begriff auch zur Alltagssprache gehört: Man hat einen großen, reichen, kleinen, differenzierten Wortschatz, etwas gehört nicht zu unserem aktiven Wortschatz, manche Wörter gehören überhaupt nicht zu unserem Wortschatz-- oder zumindest behaupten das manche, um die Sprachreinheit besorgte Beobachter--, wenn es sich nämlich um Fremdwörter handelt. Mit dieser alltagssprachlichen Verwendung ist nur ein Teil, wenngleich ein sehr wichtiger, des Interesses der Lexikologie abgedeckt, nämlich der individuelle Sprachbesitz wie er sich in Form von Wörtern und dem damit verbundenen semantischen, phonetisch-phonologischen, syntaktischen und pragmatischen Anwendungswissen manifestiert. Um die damit nicht beschriebenen Bereiche zu umreißen, kommen wir nicht umhin, einen zusätzlichen, in hohem Maße mehrdeutigen (=-polysemen) Begriff einzuführen: Lexikon. Damit meinen wir 1. in Bezug auf die Sprache: den Wortschatz in Opposition zur Grammatik. Wer z. B. eine Fremdsprache lernt, eignet sich in diesem Sinne einerseits Lexikon und andererseits grammatische Regeln (=-Grammatik) an. 5 2. in Bezug auf das Individuum: lexikalische Kompetenz im Sinne der Fähigkeit zur Rezeption und Produktion. In der kognitiven Linguistik und in der Psycholinguistik spricht man vom mentalen Lexikon als dem Sitz dieser Kompetenz. 3. im Rahmen einer Sprachtheorie: eine Komponente des Sprachsystems in Form eines Inventars von Einheiten, auf das phonologische und syntaktische Regeln angewandt werden. 5 Im Hinblick auf den Spracherwerb ist jedoch eine so strikte Trennung problematisch. Zum einen sind mit den lexikalischen Einheiten grammatische Informationen verbunden (z. B. Valenz), zum anderen können grammatische Strukturen oder Schemata ähnlich wie Wortschatzeinheiten gespeichert sein. 12 1 Lexikologie - eine Disziplin mit unscharfen Rändern 4. das konkret vorliegende, aufgrund von im Vorhinein fixierten Kriterien erstellte Inventar, d. h. ein Wörterbuch. Je nach Ausrichtung handelt es sich eher um ein Sprachwörterbuch oder um ein Sachwörterbuch, das Informationen zu den von den Wörtern bezeichneten Sachen angibt (cf. Lutzeier 1999, 16). 6 In der weiter unten stehenden Tabelle versuchen wir, diese komplexe terminologische Situation wieder aufzulösen. Was darin als getrennt erscheint, wird in der Praxis jedoch häufig nicht so scharf geschieden. Lag in der strukturalistisch geprägten Lexikologie das Hauptinteresse auf dem Lexikon 3, so haben sich seit den 1970er Jahren deutliche Verlagerungen ergeben: Die zentralen Bereiche der Lexikologie hängen heute am Lexikon 2 und Lexikon 3. Mit der sog. kognitiven Wende der 1960er und 1970er Jahre trat das mentale Lexikon als Erkenntnisobjekt neben das modelllinguistische Lexikon (=-Lexikon 3). Objektbereich Lexikon 1 (auch: Wortschatz) Lexikon 2 (auch: mentales Lexikon) Lexikon 3 (auch: Lexik) Lexikon 4 (auch: Wörterbuch) Element Wort (oder größere Einheit, z. B. Redewendung) Wort (oder größere Einheit, z. B. Redewendung) Lexem (und seine Komponenten) Wörterbucheintrag (auch: Lemma) Reihenfolge bzw. Struktur der Anordnung der Elemente ? theorieabhängig abhängig von Konzeption (alphabetisch, nach Lautung etc.) Status schriftlich, mündlich mental theoretisch klassifiziert und beschrieben schriflich fixiert, definiert Rolle des Elements Bestandteil einer Zeichenkette Komponente eines (individuellen) Reservoirs Komponente eines (überindividuellen) Reservoirs Komponente eines Reservoirs wissenschaftliche Prozeduren Erforschung der Struktur, der Art des Zugriffs usw. Deskription Deskription und / oder Kodifikation Abhängigkeit des Objektbereiches nach Umfang und Struktur von Lernprozess und Sprachbeherrschung von einer bestimmten Sprachtheorie von benutzerabhängigen Zielvorgaben wissenschaftliche Disziplinen u. a. Sprachdidaktik, Lexikologie Psycho-/ Neurolinguistik, kogn. Linguistik, Spracherwerbsforschung, Lexikologie theoretische Linguistik, Semantik, Terminologie, Lexikologie Metalexikographie, Lexikographie, Terminographie 6 Gemeinsprachlich bezeichnet dt. Lexikon heute immer ein Sachwörterbuch (Konversationslexikon u. Ä.), während der Begriff Wörterbuch ausschließlich für ein über die Wörter (und ihre Bedeutung etc.) informierendes Werk steht; die Situation in den romanischen Sprachen ist komplexer, da die beiden Typen Sachwörterbuch-- Sprachwörterbuch nicht so scharf geschieden sind. (Im Spanischen kann léxico bzw. diccionario für beides oder auch für einen Mischtyp stehen.) 13 1.2 Exkurs: Zum Begriff des mentalen Lexikons 1.2 Exkurs: Zum Begriff des mentalen Lexikons Faktisch liefert das mentale Lexikon-- über den Wortschatz, der uns in geschriebenen und gesprochenen Texten entgegentritt-- das Material für linguistische Theoriebildung und den Versuch, Strukturen des Wortschatzes (=-Lexikon 3) aufzudecken. Die von der Lexikologie entdeckten Strukturen (siehe Kapitel 4) sollten sich im Idealfall mit jenen des mentalen Lexikons decken. Das Fragezeichen in der Tabelle soll andeuten, dass damit eine große Unbekannte angesprochen ist, denn es bleibt trotz unzähliger empirischer Untersuchungen weitgehend eine black box, wenngleich seit vielen Jahren hoher Forschungsaufwand dazu betrieben wird. Die relevanten Disziplinen für die Erforschung des mentalen Lexikons und damit in Zusammenhang stehender Fragen der menschlichen Sprachverarbeitung sind neben der Linguistik i. e. S. vor allem die Psychologie sowie die Psycho- und Neurolinguistik. Die folgenden Ausführungen gelten heute als einigermaßen gesicherte Erkenntnisse über das mentale Lexikon: (1) Man darf sich das mentale Lexikon als jenen “Teil unseres Langzeitgedächtnisses vorstellen, in dem das Wissen über alle Wörter einer Sprache gespeichert ist” (Schwarz 1992, 70), allerdings sind Konzepte und Wortformen wahrscheinlich getrennt gespeichert. Diese Sicht wird durch zahlreiche Erkenntnisse der Erstspracherwerbsforschung und der Psychobzw. Neurolinguistik (z. B. Priming-Experimente, cf. Rummer / Engelkamp 2005) gestützt. So erwerben z. B. Kinder Konzepte von Quantität oder räumlichen Dimensionen, bevor sie sie versprachlichen können. Alltägliche Erscheinungen wie das “tip of the tongue”-Phänomen, bei dem zwar das Konzept, aber nicht die dazugehörige Wortform präsent ist, weisen ebenfalls in diese Richtung. Auch der Umstand, dass wir mental Kategorien bilden, bevor wir sie bezeichnen (können), spricht für eine getrennte Speicherung und Verarbeitung. Daraus ergibt sich, dass die von Saussure postulierte untrennbare Verbindung von signifiant (Ausdruck, Form) und signifié (Inhalt, Bedeutung) eine Idealisierung darstellt, zu der uns die normalerweise problemlos funktionierende Sprachproduktion/ Sprachrezeption verleitet (cf. Börner / Vogel 1997, 1 f.). Schließlich dürften aber auch die phonologische und die morphologische Komponente eines Eintrags im mentalen Lexikon getrennt gespeichert sein, wie Ergebnisse der Aphasie- Forschung suggerieren. (2) Das im mentalen Lexikon gespeicherte Wissen hat deklarative und prozedurale Komponenten, m. a. W. es handelt sich einerseits um eine Art Faktenwissen, andererseits um in jedem Fall unbewusstes Handlungswissen (motorische Muster, Artikulationsprogramme usw.), das auf Basis des deklarativen Wissens funktioniert. (3) Neben mehrgliedrigen Einheiten, deren Bedeutung nicht (mehr) transparent ist, also formelhaften Ausdrücken oder idiomatischen Wendungen wie z. B. (dar) carta blanca ‘(jmd.) freie Hand (lassen)’, cada oveja con su pareja ‘gleich und gleich gesellt sich gern’, con su permiso ‘wenn Sie gestatten’ oder (no tener) ni son ni ton ‘weder Hand noch Fuß haben’, sind wahrscheinlich auch zahlreiche transparente und aktuellen syntaktischen Regeln gehorchende Ausdrücke als solche im mentalen Lexikon gespeichert, da sonst flüssiges Sprechen vermutlich nicht möglich wäre (cf. Coulmas 1985). Solche Einheiten 14 1 Lexikologie - eine Disziplin mit unscharfen Rändern dürften (bei Muttersprachlern) in Form von prozeduralem Wissen vorliegen, das konzeptuell aktiviert wird (cf. Möhle 1997, 47 f.). Aus der Annahme, dass solche Ausdrücke im mentalen Lexikon gespeichert sind, ergibt sich, dass linguistische Modelle, die eine scharfe Trennung von lexikalischer und grammatikalischer Komponente anstreben, den Prozessen der tatsächlichen Sprachverarbeitung nicht vollständig gerecht werden. 1.3 Zusammenfassung und Vorausschau auf die folgenden Kapitel Lexikologie ist die Wissenschaft vom Wortschatz und seinen Strukturen. Die Vorstellungen des Begriffs Wortschatz lassen sich im Wesentlichen auf zwei reduzieren: a) individueller Sprachbesitz, der im mentalen Lexikon gespeichert ist und bei der Sprachproduktion/ -rezeption realisiert wird, und b) kollektives Reservoir lexikalischer Einheiten, das nach verschiedenen Dimensionen gegliedert ist und dessen Strukturen sich unter verschiedenen Gesichtspunkten beschreiben lassen. Für beide Grundauffassungen wird auch der Begriff Lexik(on) verwendet. Hinsichtlich der möglichen Perspektiven bei der Betrachtung des Lexikons (als kollektivem Reservoir) halten wir für den vorliegenden Band die folgenden fest (cf. auch Lutzeier 2002, Scheppan 2002): ▶ Die Einheiten des Lexikons stehen in vielfältigen, kognitiv relevanten Beziehungen zueinander. Da diese Beziehungen z. T. mit dem inneren Aufbau der Einheiten zusammenhängen, dürfen Fragen der Morphologie und Wortbildung nicht außer Acht gelassen werden (Kapitel 3). ▶ Inhaltsmäßige Beziehungen zwischen Wortschatzeinheiten, die auf der syntagmatischen oder der paradigmatischen Ebene angesiedelt sein können, werden im Kapitel 4 behandelt. Dies setzt auch eine grundsätzliche Beschäftigung mit der Frage nach der Bedeutung und ihrer Beschreibung voraus. ▶ Lexikon als System von Systemen: Der Wortschatz einer Sprache besteht aus Teilwortschätzen, die historisch, sozial und situationsabhängig definiert werden können. Eine Betrachtung unter dem Gesichtspunkt der Diasystematizität verlangt die Behandlung der historischen Schichtung, der Register und Sprachniveaus sowie der Variation im Raum. Diesen Fragen ist das Kapitel 5 gewidmet. ▶ Einzelsprachspezifische Wortschatzstrukturen werden besonders im Sprachvergleich deutlich; der Forschungsrichtung der kontrastiven Lexikologie und ihren Ergebnissen ist deshalb ein eigenes Kapitel (6) gewidmet. 15 1.3 Zusammenfassung und Vorausschau auf die folgenden Kapitel ▶ Neben dem Alltagswortschatz gibt es auch Fachwortschätze, deren Verwendung situationell und sprechergruppenspezifisch determiniert ist. Als Sonderfall von lexikalischen Einheiten sind Termini und die Systeme, die sie bilden (Terminologien), ein praxisrelevantes Arbeitsfeld lexikologischer Forschung, das im Kapitel 7 skizziert wird. ▶ Wortschatz wird nicht nur theoretisch klassifiziert, sondern auch zu vielfältigen theoretischen und praktischen Zwecken in Inventaren beschrieben. Die Lexikologie gilt dabei als eine der theoretischen Grundlagen für die Lexikographie (Praxis der Wörterbucherstellung) und die ihr vorgelagerte Metalexikographie (Theorie der Lexikographie) (Kapitel 8). Zunächst scheint es aber unabdingbar, der Frage nachzugehen, was die Grundeinheiten des Lexikons sind. 17 2.1 Wörter und Lexeme 2 Die Einheiten des Wortschatzes 2.1 Wörter und Lexeme Das Wort als intuitiv erkannte Grundeinheit des Wortschatzes hat auch in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung seinen festen Platz, obwohl häufig nicht genau gesagt wird, was damit eigentlich gemeint ist. Wie bei ähnlichen Problemfällen, z. B. Satz, stört das in aller Regel aber nicht. Fast alle gängigen Definitionen von Wort sind in höchstem Maße problematisch; zu den im Alltag häufigsten zählt „vorne und hinten abgegrenzte Buchstabenfolge“-- eine Definition, die z. B. für den Großteil des Mittelalters nicht gehalten hätte: In der Tat sind mittelalterliche Handschriften häufig ohne jeglichen Zwischenraum geschrieben, und erst mit Änderungen im Rezeptionsverhalten-- selbst stumm lesen statt Vorgelesenes rezipieren-- geht man von der sog. scriptio continua ab. Ein noch näher liegendes Beispiel ist die „neue“ deutsche Rechtschreibung von 1996, deren Regeln für die Getrenntbzw. Zusammenschreibung ebenfalls bedeutende Auswirkungen auf die Wortdefinition haben, wenn sie auf graphischen Kriterien beruht. Die Problematik solcher Kriterien tritt besonders deutlich zutage, wenn man (a) stilistisch oder grammatisch motivierte Schreibvarianten vor sich hat, z. B. quiero decírtelo vs. te lo quiero decir bzw. lo veo vs. viéndolo, (b) zwischensprachlich vergleicht und z. B. feststellen muss, dass ein und dasselbe Konzept in der einen Sprache mit einem graphischen Wort, in der anderen aber mit mehreren graphischen Wörtern ausgedrückt wird, z. B. dt. Zuckerrohr vs. sp. caña de azúcar. Im ersten Beispiel wären te und lo einmal Teil eines Wortes, ein anderes Mal eigenständige Wörter, in (b) hätten wir im Deutschen nur ein Wort, im Spanischen gleich drei, wenn wir uns ausschließlich auf die Graphie berufen. Dem graphischen Kriterium widerspricht u. U. eine weitere, häufig ins Spiel gebrachte Definition: „Ein Wort ist eine Einheit zwischen Sprechpausen.“ Mit diesem Merkmal kämen wir im obigen Beispiel caña de azúcar wieder zu einem Wort, da in normaler Sprechweise weder zwischen caña und de, noch zwischen de und azúcar eine Pause zu erwarten ist. Wieder eine andere Definition sieht vor, dass Wörter minimale freie Formen sind, d. h. auch unabhängig vorkommen können: Leonard Bloomfield baut diese Argumentation in drei Stufen auf: 1. “forms which occur as sentences are free forms”, 2. “a free form which is not a phrase, is a word”, 3. “a word is a minimum free form” (Bloomfield 1933, 177 f.). Damit können wir z. B. quiero in der Äußerung quiero decírtelo zweifelsfrei als Wort identifizieren, und diese Sicht deckt sich auch mit unserer Intuition. In anderen Fällen aber würden Einheiten ausgegliedert, die wir intuitiv sehr wohl als Wörter ansehen: Da beispielsweise der Artikel nie allein vorkommt und auch nicht als Satz auftreten kann, wäre er kein Wort, dasselbe gilt etwa auch für Präpositionen, die nie ohne das Element vorkommen, das sie regieren. Anders gesagt, es fallen alle sog. Funktionswörter, deren Leistung darin besteht, Beziehungen zwischen Elementen eines Satzes oder Textes herzustellen, aus der Definition heraus: Artikel, Konjunktionen, (adjektivische) Pronomen. 18 2 Die Einheiten des Wortschatzes Das wesentliche und leicht mit unserer Intuition zu vereinbarende Kriterium zur Bestimmung des Wortbegriffs scheint der innere Zusammenhang von Einheiten zu sein. So können wir beispielsweise in dem Satz tienes que formatear el disco duro zwischen el und disco duro problemlos ein attributives Adjektiv, etwa nuevo, einfügen. Auf der darunterliegenden Ebene ist dies nicht mehr möglich: Bricht man Einheiten wie formatear oder disco duro auf, indem man ein Element einschiebt oder Komponenten vertauscht, ist das Ergebnis kein wohlgeformtes, d. h. den Regeln der spanischen Morphologie gehorchendes Produkt mehr. Analog gilt das auch für komplexere Einheiten: *caña azul de azúcar, *caña de mi azúcar usw. In diesen Fällen bleibt die Äußerung zwar prinzipiell interpretierbar (wie? ), man kann damit aber wohl kaum mehr auf das Sachobjekt zuckerrohr referieren. Unter Anwendung dieses Kriteriums können wir in dem Mini-Text [ajkerespetaɾlas'foɾmas 'kujðalas'foɾmasiseɾasrespe'taðo] problemlos diese elf Wörter wiedererkennen: Hay que respetar las formas; ¡cuida las formas y serás respetado! Allerdings werden manche vielleicht sagen, es handle sich nicht um elf Wörter, sondern nur um sieben. Beide Berechnungen sind auf ihre Weise richtig: Wer zum Ergebnis elf kommt, zählt einzelne Wortformen, wer nur auf sieben kommt, fasst jeweils zwei Wortformen zu einer abstrakteren Einheit zusammen, zu einem Lexem. 7 Doch auch hinter den anderen Wortformen nehmen wir sinnvollerweise abstrakte Lexeme an. Um Lexeme zu zitieren, verwendet man bei den flektierbaren Wortarten in der Regel den Infinitiv (beim Verb) bzw. die Form des Singulars 8 (Substantive, Adjektive); gelegentlich wird auch nur der Stamm zitiert (z. B. respet-), insbesondere dann, wenn sie unter dem Gesichtspunkt der Wortbildung oder Morphologie betrachtet werden. 9 Für Lexem als Basiseinheit des Lexikons verwendet man gelegentlich auch den vom französischen Semantiker Bernard Pottier geprägten Begriff Lexie. Zusammenfassend können wir festhalten, dass wir es bei Wörtern entweder mit konkreten Wortformen oder abstrakten Lexemen zu tun haben. Wie der Gegensatz zwischen (Allo-)Phon und Phonem beruht auch diese Opposition auf der Saussureschen Dichotomie langue-- parole. 7 In der Lexikonstatistik bezeichnet man die abstrakten Einheiten als types, die Wortformen als tokens. Korpuslinguisten nennen tokens auch Textwörter. 8 Dieses Vorgehen ist rein konventionell; man denke an die Zitierkonventionen des Lateinischen oder des Englischen, wo für die Verben die 1. Pers. Sg. Ind. Aktiv (laudo nicht laudare) bzw. die infinite Form des Verbs (go bzw. mit vorangestelltem to: to go) verwendet wird. 9 Lexem wird manchmal auch nur synonym mit lexikalisches Morphem oder Basismorphem (siehe Kapitel 3.2) bzw. Wort verwendet. 19 2.2 Komplexe und mehrgliedrige Lexeme: Phraseologie 2.2 Komplexe und mehrgliedrige Lexeme: Phraseologie Lexeme können aus mehreren Komponenten oder Formelementen bestehen. Einfache Beispiele dafür sind Komposita, z. B. lavavajillas, fotocopia oder altavoz. Auch abgeleitete Wörter wie bíblico (← biblia), ensayista (← ensayo) oder formalizar (← formal) gehören hierher. Neben diesen komplexen Lexemen gibt es auch Einheiten, die in ihrem Aufbau syntaktischen Regeln gehorchen, ohne allerdings wie Phrasen zu funktionieren. Beispiele wären: (1) saber (algo) a demonios ‘tener (algo) muy mal sabor’ (2) como una bala ‘velozmente’ (3) (dar) carta blanca ‘(otorgar) plenos poderes’ (4) lobo de mar ‘marinero con mucha experiencia’ (5) subírsele el pavo ‘ponérsele (a uno) la cara roja a causa de la vergüenza’ (6) ¡buenas noches! Es handelt sich um formelhafte Wendungen, die man v. a. auch als idiomatische Wendungen, Phraseologismen, Phraseolexeme oder Idiome (von engl. idiom) bezeichnet. Im Spanischen spricht man von frases hechas, modos de decir, modismos, unidades fraseológicas usw. Man fasst sie unter den Begriffen Phraseologie oder auch Idiomatik zusammen. 10 Phraseologismen sind durch drei je unterschiedlich stark ausgeprägte Grundmerkmale gekennzeichnet (cf. Ruiz 1998, Zuluaga 2012): ▶ Idiomatizität Darunter versteht man, dass die Bedeutung der Einheit nicht direkt aus der Bedeutung der Komponenten abgeleitet werden kann. In aller Regel ergibt sich gemäß dem sog. Kompositionalitätsprinzip (auch: Frege-Prinzip) die Bedeutung mehrgliedriger Äußerungen aus den Bedeutungen der Komponenten; man könnte auch sagen, sie ist eine Funktion dieser Einzelbedeutungen. Ausdrücke, in denen keine der Komponenten zur Gesamtbedeutung beiträgt, sind vollidiomatisch. Das oben zitierte Beispiel subírsele el pavo fällt in diese Kategorie. Andere Phraseologismen wie saber a demonios sind teilidiomatisch, weil nicht alle Komponenten umgedeutet sind; saber kommt hier auch in seiner wendungsexternen Bedeutung vor. Faktisch sind vollidiomatische Phraseologismen völlig unmotiviert; vor allem muttersprachliche Sprecher empfinden dies aber anders, weil der idiomatischen Bedeutung u. U. eine für sie einleuchtende und besonders treffende Metapher zugrundeliegt (cf. Burger 1989a, 26). Das kann auch für Phraseologismen gelten, die unikale Elemente enthalten, d. h. solche, die in anderen Kontexten nicht (mehr) vorkommen, z. B. de pe a pa ‘desde el principio hasta el fin’ oder en un santiamén ‘rápidamente, en muy poco tiempo’. Sie müssen ebenfalls als vollidiomatisch aufgefasst werden. Neben der Metapher sind die Metonymie und die Synekdoche die wichtigsten Formen der Bedeutungskonstitution bei Phraseologismen. Auffällig ist dabei, dass es in allen europäischen Sprachen einen Grundstock an gleichen oder zumindest sehr ähnlichen Phraseologismen gibt; in der Regel sind sie nicht polygenetisch entstanden (ver- 10 Für einen kurzen Einblick in die Probleme der spanischen Phraseologie(forschung) cf. Christl (1995) und Zuluaga (2012). 20 2 Die Einheiten des Wortschatzes schiedene Sprachgemeinschaften greifen zufällig zur selben Metapher), sondern erklären sich aus einer gemeinsamen Bildquelle (z. B. Bibel, Texte der Weltliteratur), die durch Übersetzung an verschiedene Sprachgemeinschaften vermittelt wurde. 11 Schließlich sind auch bestimmte, auf den ersten Blick völlig transparent erscheinende, feste Wendungen wie legítima defensa oder saber perder idiomatisch im Sinne von “semantisch nicht ganz regulär”: legítima defensa ist nicht das gleiche wie defensa legítima, und saber perder bedeutet nicht ‘zu wissen, was man tun muss, um zu verlieren’. ▶ Stabilität Wie eingangs erwähnt, verhalten sich Phraseologismen, egal ob vollidiomatisch, teilidiomatisch oder nur semantisch leicht irregulär, anders als freie Phrasen; sie sind fixiert. Ihre Festigkeit und Stabilität manifestiert sich in mehrerlei Form: ▶ Lexikalisch-semantische Fixierung, d. h. die Bedeutung ist an die Realisierung bestimmter Komponenten gebunden: canela fina ‘das Feinste vom Feinen’ vs. *canela delicada; no tener sangre en las venas ‘Fischblut in den Adern haben’ vs. *no tener sangre en las arterias; brillar por su ausencia ‘durch Abwesenheit glänzen’ vs. *resplandecer por su ausencia. Der Austausch von Komponenten, wie hier versuchsweise mit Lexemen ähnlicher Bedeutung, lässt nur mehr eine wörtliche Interpretation als freie Phrase zu. ▶ Fixierung der Abfolge der Komponenten, was z. B. in den folgenden Paarformeln deutlich wird: sano y salvo vs. *salvo y sano; al fin y al cabo vs. *al cabo y al fin; amigos y enemigos vs. *enemigos y amigos. ▶ Pragmatische Fixierung: Die sog. pragmatischen Idiome oder Routineformeln (Grußformeln, stereotype Entschuldigungsformeln etc.) sind nicht nur in ihren Komponenten fixiert, sondern auch an bestimmte Situationen gebunden. Ähnliches gilt auch für andere Typen von Phraseologismen, die einen bestimmten Situationskontext verlangen. ▶ “Transformationelle Defektivität”: Der Begriff, der von Vertretern der Generativen Grammatik geprägt wurde, 12 bezeichnet den Umstand, dass Phraseologismen in der Regel Transformationen wie Topikalisierung, Nominalisierung, Expansion und Passivierung nicht unterzogen werden können: pagar el pato (‘etwas ausbaden’) vs. *el pato que pagó, *el pato, no lo ha pagado, *el pago del pato, *pagar el nuevo pato. Da hier in jedem Fall semantisch nicht präsente Elemente manipuliert werden, geht die an die fixe Komponentenabfolge gebundene Bedeutung verloren, sodass die entstehenden Äußerungen nur mehr wörtlich verstanden werden können. Eine andere Form von Nominalisierung, bei der der gesamte Ausdruck manipuliert wird, ist hingegen nicht ausgeschlossen: el hecho de pagar el pato. Alle genannten Beschränkungen gelten für den normalen Gebrauch ohne spezifische Ausdrucksintentionen wie Ironie, Sprachspiel etc. Wenn eine Komponente eines Phraseologismus 11 Z. B.: dt. im Schweiße seines Angesichts-- sp. con el sudor de su frente-- frz. à la sueur de son front-- pt. com o suor do rosto- - engl. in the sweat of the brow. Die Wendung stammt aus dem Alten Testament (Genesis 3: 19). 12 Grundlegend dazu sind Chafe (1968), Fraser (1970), Weinreich (1972). 21 2.2 Komplexe und mehrgliedrige Lexeme: Phraseologie vom Sprecher aber mit der Sprechsituation konkret in Verbindung gebracht werden kann (Remotivierung), sind prinzipiell wieder alle Modifikationen möglich: Austausch von Komponenten, Expansion, Umkehr der Abfolge etc. Solche “Verletzungen” der Stabilität von Phraseologismen sind häufig in journalistischen Texten und in der Werbesprache zu beobachten, cf. die folgenden Beispiele (aus Piñel 1997): Divide y ganarás (Werbung für Grupo Santander; < divide y vencerás) Deja vivir y vive (Kampagne für Aids-Prävention; < vive y deja vivir) Las copas claras (Werbung für Marie Brizard; < las cosas claras) ▶ Lexikalisierung und Reproduzierbarkeit Unter Lexikalisierung versteht man im Allgemeinen die Aufnahme einer neuen Einheit in das Lexikon. Sie dient wie die Wortbildung und die Entlehnung aus anderen Sprachen der Erweiterung des Begriffs- und Ausdrucksvorrats einer Sprache (cf. dazu Motsch 1983). Der Prozess der Aufnahme einer neuen Einheit geht häufig mit phonologischen und morphologischen Veränderungen einher; bei neuen mehrgliedrigen Einheiten, die ins Lexikon übernommen werden, ist damit immer eine (wenn auch manchmal nur minimale) semantische Veränderung verbunden: Lexikalisierung ist oft (aber nicht immer) damit verbunden oder davon gefolgt, daß die komplexen Wörter idiosynkratische Eigenschaften annehmen, d. h. formal, semantisch oder phonologisch nicht mehr transparent sind. (Schwarze / Wunderlich 1985, 16) Im zeitlichen Ablauf kann man sich diesen Prozess etwa so vorstellen: Die semantische Veränderung (Abbildung eines neuen Begriffs) geht dem Eintreten voran, was nachfolgende Bedeutungsentwicklungen aber nicht ausschließt; durch hohe Gebrauchsfrequenz folgen eventuell morphologische und phonologische Modifikationen (Vereinfachungen)-- es kommt zu “interne[m] Strukturverlust” (Coulmas 1985, 255). Häufige Beispiele dafür wären Verschiebungen der Flexionsmarkierungen (alta voz > altavoz, pl. altavoces), Akzentverschiebungen ('rica 'dueña > rica'dueña), phonologische Assimilation (agua ardiente > aguardiente), Genuswechsel (una cara dura > un caradura) usw. Reproduzierbarkeit meint, dass ein Element im konkreten Sprechakt nicht konstruiert, sondern aus dem (mentalen) Lexikon abgerufen wird, wo es als Ganzes gespeichert ist. In der Terminologie von E. Coseriu wird deshalb der Bereich der Phraseologie auch als “wiederholte Rede” bezeichnet (cf. z. B. Thun 1978). Lexikalisierung zieht oft die Aufnahme in Wörterbücher nach sich. Für komplexe Wortschatzelemente stellt sich dabei die Frage, wie (und wo) sie in traditionell alphabetisch geordnete Wörterbücher integriert werden sollen. 13 13 Dieser Frage gehen wir im Kapitel 8.4.1 nach. 22 2 Die Einheiten des Wortschatzes 2.3 Satzwertige Phraseologismen und Sprichwörter Neben den weiter oben nur kurz angesprochenen pragmatischen Idiomen gehören zur Phraseologie i. w. S. auch satzwertige Phraseologismen. Aus traditioneller Sicht ist ihre Zugehörigkeit zum Lexikon problematisch, da sie nicht auf der Satzebene integriert werden oder in jedem Fall ihre sprachliche Anschließbarkeit geringer ist, cf. ni hablar del peluquín ‘das kommt gar nicht in Frage’ el mundo V: Stadtname o. ä. es un pañuelo ‘die Welt ist ein Dorf’ Ha pasado V: pasó un ángel. 14 Ein ähnliches Problem ergibt sich mit Sprichwörtern, Sentenzen und sprichwörtlichen Redensarten, dem Gegenstandsbereich der traditionell eng mit der Volkskunde und Literaturwissenschaft verbundenen Parömiologie. Was ihre Bedeutungsstruktur betrifft, sind natürlich auch sie als nicht kompositionell zu interpretieren. Man muss sich allerdings fragen, ob man sie zum Sprachsystem zählen soll oder ob sie eher Texte sind, die zum kulturellen und sozialen Gemeingut gehören und als solche zitiert werden. Thun (1978, 242) betrachtet sie als “fertige Texte- […], die andere kommentieren”. Neben der Funktion des Kommentars haben sie aber auch noch andere illokutionäre Funktionen (z. B. Rat, Vorschlag, etc.). A quien madruga, Dios le ayuda kann beispielsweise als Rat oder Mahnung gemeint sein; bei De la abundancia del corazón habla la boca kann in der Verwendung Ironie oder vielleicht auch Mitleid ausgedrückt werden, und bei Quien la hace la paga mag der Ausdruck der Überlegenheit oder Schadenfreude Hauptintention der Verwendung sein. 14 V: -… = Variationsmöglichkeit bei der Integration in einen Text. 23 3.1 Allgemeines 3 Zur Formseite des Wortschatzes: Wörter und ihr innerer Aufbau 3.1 Allgemeines Im vorangegangenen Kapitel wurden ausgehend von der lexikalischen Basiseinheit Wort bzw. Lexem weitere Einheiten des Lexikons beschrieben (komplexe Wörter, Phraseologismen etc.). Dabei war die Perspektive vom Kleineren zum Größeren gerichtet. In diesem Abschnitt nehmen wir eine umgekehrte Blickrichtung ein und befassen uns mit der Frage, a) wie einfache und komplexe Wörter aufgebaut sind und b) nach welchen Prinzipien aus Bauteilen unterhalb der Wortebene neue Wörter entstehen. Die beiden Fragen können nicht getrennt voneinander behandelt werden, da sich aus (a) die Prinzipien von (b) ableiten lassen. Der existierende Wortschatz gibt also vor, wie zukünftig gebildete Wörter aufgebaut sein werden. Neue Wörter werden aus zwei Gründen gebildet: Auf der einen Seite muss eine Sprechergemeinschaft dem Wandel der sie umgebenden Welt Rechnung tragen und neue Begriffe sprachlich abbilden (sog. Nomination). Wortbildung ist eine von mehreren Möglichkeiten, diese Aufgabe zu erfüllen. Sie steht neben der Entlehnung aus anderen Sprachen und der Bedeutungsveränderung bestehender Wörter, z. B. durch Metaphorisierung. Auf der anderen Seite haben manche Produkte der Wortbildung auch die Funktion von Phrasen, dann nämlich, wenn sie der individuellen, meist spontanen Beschreibung von bestimmten Situationen und Sachverhalten dienen. Beispiele dafür sind die sog. Augenblicksbildungen wie coleccionista trotagalerías ‘Sammler, der gern / häufig Galerien besucht’ (nach dem Vorbild trotamundos ‘Weltenbummler’ gebildet), teoherético (Wortkreuzung aus teórico und herético), encezannarse ‘sich in Cézanne vertiefen’, enciclomedia (Wortkreuzung aus enciclopedia und comedia). 15 In der Regel werden solche Neologismen nicht in das aktuale Lexikon übernommen und natürlich auch nicht in Wörterbüchern beschrieben. 3.2 Grundbegriffe: Morphem, Allomorph, Basis etc. 3.2.1 Konstituentenanalyse: ausgewählte Beispiele Die meisten Wörter, denen wir in Texten begegnen, lassen sich in kleinere Einheiten zerlegen; untersuchen wir die folgenden Beispiele: ilusionistas, descolgar, deseoso, por. ▶ ilusionistas: Unter der Bedingung, dass die Teile noch in irgendeiner Form eine “Bedeutung” haben sollen, ergibt die Zerlegung dieses Wortes drei Komponenten: ilusión, -ista und -s. Alle drei haben eine bestimmte Bedeutung, und nur diese Analyse des Wortes führt zu kleineren Einheiten, die die genannte Bedingung erfüllen. Eine weitergehende Analyse würde-- auf der Ebene der Lautung-- zu Phonemen, also bedeutungsunterscheidenden Einheiten führen. Die bedeutungstragenden Minimaleinheiten nennt man in 15 Beispiele aus einem Roman von Julián Ríos (Monstruario, Barcelona 1999), zitiert nach Rainer (2002). 24 3 Zur Formseite des Wortschatzes: Wörter und ihr innerer Aufbau der Regel Morpheme. 16 Welche Bedeutung oder Funktion kann man nun diesen Komponenten zuschreiben? Als das Grund- oder Basismorphem trägt ilusión die lexikalische Bedeutung; es bildet den Ausgangspunkt für die Ableitung des Substantivs ilusionista. Das Morphem -ista ist offensichtlich dafür verantwortlich, dass die komplexe Bildung jemanden bezeichnet, der das realisiert, durchführt oder betreibt, was durch die Basis ausgedrückt wird, also einen Handelnden. Beim Vergleich mit anderen Substantiven auf -ista-- z. B. violonista, fisioterapista, comentarista-- ist zu erkennen, dass diese Bedeutung durchaus systematisch ist. Neben anderen Funktionen, die dieses Suffix hat, bildet man damit also sog. Nomina agentis. Die Endung -s schließlich hat keine Bedeutung im engeren Sinn, sie drückt nur die Kategorie plural aus. Wenn man den Begriff Morphem dafür auch gelten lassen will, muss er erweitert werden: ‘kleinste bedeutungstragende oder funktionale Einheit’. ▶ descolgar: Hier ist die Morphemanalyse schon etwas komplizierter, weil nicht auf den ersten Blick klar ist, ob drei oder vier Komponenten vorliegen. Das Grundmorphem ist zweifelsohne in jedem Fall colg-. Allerdings könnte man die Frage stellen, ob die weiteren Morpheme (1) des-, -ar, d. h. Präfix mit der ungefähren Bedeutung ‘weg’ und Infinitivendung oder (2) des-, -a-, -r mit einer sog. Stammerweiterung (auch: Themavokal) und -r als Infinitivendung sind. Zwar ist bei der Stammerweitung keine Bedeutung nachweisbar, man kann ihr aber eine grammatische Funktion zuschreiben, da sie Ausgangspunkt für die Flexion (z. B. colgamos) und auch die Derivation (z. B. colgadura) ist. Andererseits kommt sie nicht in allen flektierten Formen vor, was dazu verleiten könnte, sie als Teil der Endung anzusehen (z. B. cuelgo, cuelguen). Bleiben noch zwei weitere Fragen: (a) Wie ist die Alternanz des Basismorphems zu interpretieren, die in einigen flektierten Formen von colgar und descolgar auftritt? (b) In welcher hierarchischen Beziehung stehen die einzelnen Glieder zueinander? a) In den stammbetonten Formen vieler Verben treten andere Vokale bzw. Diphthonge auf als in den nicht stammbetonten Formen. Dieses Phänomen lässt sich nur sprachhistorisch erklären, denn es hängt mit einem der charakteristischen Lautwandelprozesse des Spanischen zusammen, dem Wandel ŏ > [we], der nur in betonten Silben auftritt: cŏllŏcáre > vlat. cŏlgáre > sp. colgar vs. vlat. cŏ ́ lgo > sp. cuelgo. 17 Alternanzen von Morphemen sind häufig und betreffen auch Konsonanten, z. B. indivisible vs. imbatible vs. irregular / ilimitado. Da diese Formen die gleiche Funktion haben und bedeutungsgleich sind, werden sie als Allomorphe, d. h. verschiedene Realisierungen eines Morphems, aufgefasst. Allomorphische Variation kann frei (z. B. delinea-mento = delinea-miento), phonologisch (unser obiges Beispiel) oder lexikalisch (moned-a vs. monet-ario) bedingt sein (cf. Schpak-Dolt 2012, 8 f.). b) Spontan, dem modernen Sprecherbewusstsein folgend, würde man descolgar wohl so zerlegen: des- + colgar. Bei dieser Analyse müssten aber die Verbalformen als 16 In der Terminologie von André Martinet: Moneme (< frz. monème). 17 In dem Verb treten noch andere Lautwandelprozesse auf: 1. Reduktion von -ll-; 2. Sonorisierung von intervokalischen -k-; 3. Synkope des zweiten -ŏ- (weil unbetont). 25 3.2 Grundbegriffe: Morphem, Allomorph, Basis etc. Ableitung der jeweils flektierten Form des Verbs colgar gelten, also des- + colgasen, des- + cuelguen usw. Als Ausgangspunkt der komplexen Form geht man deshalb von colgaus, an das destritt, und diese Form wird dann flektiert. Als Klammerausdruck kann man das so darstellen [[des- [colg -a- ]] r]-- übersichtlicher ist die Visualisierung als Baumdiagramm: descolg -a- -r ▶ deseoso: Im Unterschied zum Verb descolgar lässt sich dieses Adjektiv nicht in ein Präfix und eine Basis zerlegen. Was wie ein Präfix aussieht, ist in Wirklichkeit ein unabtrennbarer Teil des Substantivs deseo, von dem unter Tilgung des Auslautvokals mit -oso ein Adjektiv abgeleitet wird. ▶ por: Auf der Ebene der Wortbildung oder der Flexion kann dieses Wort nicht weiter zergliedert werden. 3.2.2 Typen von Morphemen Aus den oben diskutierten Beispielen kann man die folgende Klassifikation von Morphemen ableiten: frei gebunden lexikalisch deseo; ilusión -oso; des-; -ista; grammatisch por -s; -a-; -r Freie lexikalische Morpheme und freie grammatische Morpheme fassen wir intuitiv als Wörter auf; erstere sind in jedem Fall Autosemantika, die eine volle kontextunabhängige Bedeutung aufweisen, letztere sind immer Synsemantika (grammatische Wörter, Funktionswörter): y, con, él, para usw. Freilich können aber auch Funktionswörter aus mehreren Morphemen bestehen. Gebundene lexikalische Morpheme dienen der Wortbildung, während gebundene grammatische Morpheme Funktionen innerhalb der Flexion (Deklination, Konjugation, Komparation) haben. Die gebundenen wie die freien grammatischen Morpheme bilden ein im Wesentlichen geschlossenes Inventar, das sich kaum verändert. Die lexikalischen Morpheme sind eine offene Klasse. 26 3 Zur Formseite des Wortschatzes: Wörter und ihr innerer Aufbau 3.3 Verfahren der Wortbildung Je nach theoretischem Standpunkt unterscheidet man verschiedene Verfahren der Wortbildung. Wir gehen im Folgenden von zwei Grundtypen aus: Derivation (Ableitung), in der wir einen Überbegriff für Suffigierung und Präfigierung sehen, und Komposition (Zusammensetzung). Daneben gibt es noch andere, quantitativ weniger bedeutende Bildungstypen, auf die wir am Schluss eingehen. 3.3.1 Derivation Bei Derivationsprozessen, deren Ergebnisse Derivate heißen, wird eine Basis mit Hilfe von Derivationsaffixen erweitert. Bei der Präfigierung geht das Affix der Basis voran; bei der Suffigierung folgt es der Basis. 3.3.1.1 Bei der Suffigierung gibt es prinzipiell zwei Möglichkeiten: (a) durch den Derivationsprozess tritt keine Änderung der Wortart ein (homogene Derivation) und (b) das Derivat gehört einer anderen Wortart an als die Basis (heterogene Derivation). (a) Homogene Derivation: Zu dieser Gruppe gehören die qualifizierend-quantifizierenden Suffixe, z. B. -ito, -iño (nur regional), -illo; -azo, -ón, -ote: caballo + -ito → caballito, blanco + -illo → blanquillo, libro + -ote → librote, fácil + -ón → facilón ‘kinderleicht’. Z. T. haben augmentative Suffixe eine abwertende Nuance (z. B. cobarde → cobardón), deutlich pejorativ sind: -aco, -acho/ a, -ucho/ a, -uco/ a, -ejo/ a, -orrio, -astro. Mit der Verkleinerung (durch Diminutivsuffixe) verbindet sich meist eine positive Wertung. Der genaue semantische Gehalt dieser Suffixe hängt jedoch stark vom jeweiligen Kontext ab. Gelegentlich tritt zwischen Stamm und Suffix ein Fugenelement (auch: Interfix): mujercita, panecillo, corazoncillo, pueblecito usw. Bei diesen Suffixen, die man auch als Evaluativsuffixe bezeichnet, fällt generell auf, dass sich die Wortbildungsbedeutung und die Wortschatzbedeutung oft nicht decken, d. h. das Derivat muss nicht die Bedeutung haben, die aufgrund der Komponenten zu erwarten wäre: Die Diminutivbildungen bolsillo und bolsito bedeuten nicht einfach ‘kleine Tasche’ (Wortbildungsbedeutung) sondern ‘Tasche (in einem Kleidungsstück)’ bzw. ‘kleine (Hand-)Tasche’ (Wortschatzbedeutung). Auch mensajito illustriert dieses Phänomen sehr gut, da es nicht generell für eine kleine Botschaft steht, sondern auf eine kurze Mitteilung referiert, die man mit Hilfe eines Handys verschickt. Ein weiteres Merkmal dieser Bildungen ist, dass das Derivat in der Regel das Genus des Basiswortes behält. 18 Homogene Suffigierung gibt es aber auch mit anderen Suffixen; im Folgenden geben wir nur einige wenige Beispiele: 18 Eine Ausnahme ist -azo, das sich nicht immer an das Genus des Basiswortes anpasst, z. B. broma n. f. → bromazo n. m. ‘schlechter Scherz’ (vs. mano n. f. → manaza n. f.). Dies gilt nicht für das gleichlautende Schlagsuffix -azo, das immer zu einer Ableitung mit maskulinem Genus führt (z. B. martillo → martillazo, pelota → pelotazo). 27 3.3 Verfahren der Wortbildung N → N: vaca + -ada (Kollektivsuffix) → vacada ‘Rinderherde’; decano + -ato → decanato; carta + -ero → cartero ‘Briefträger’; limón + -ero → limonero 19 ‘Zitronenbaum’; símbolo + -ismo → simbolismo V → V: morder + -isc(ar) → mordiscar ‘knabbern’; correr + -ete(ar) → corretear ‘herumlaufen’; nevar + -isc(ar) → ‘leicht schneien’ A → A: rojo + -izo → rojizo ‘rötlich’; mísero + -érrimo → misérrimo; feo + -ísimo → feísimo (b) Heterogene Suffigierung: Wir geben im Folgenden einige Beispiele für die häufigsten Transpositionen; je nach Basis spricht man von deverbalen, denominalen oder deadjektivischen Ableitungen: V → N: almacenar + -aje → almacenaje ‘Lagerung; Lagergebühr’; educar + -dor → educador; ayudar + -nte > ayudante; dormir + -torio → dormitorio A → N: pedante + -ería → pedantería; humano + -ismo → humanismo; agudo + -eza → agudeza V → A: agradar + -ble → agradable (aktivische Bedeutung); lavar + -ble → lavable (passivische Bedeutung); tolerar + -nte → tolerante N → A: deseo + -oso → deseoso; leche + -ero → lechero ‘Milch-…’; escuela + -ar → escolar (Stammallomorphie); 20 elemento + -al → elemental A 21 → Adv.: clara + -mente → claramente N → V: verso + -ific(ar) → versificar; boicote + -e(ar) → boicotear, carbón + -iz(ar) → carbonizar A → V: simple + -ific(ar) → simplificar; estable + -iz(ar) → estabilizar (Stammallomorphie); verde + -e(ar) → verdear 3.3.1.2 Im Unterschied zur Suffigierung tritt bei der Präfigierung nie ein Wortartenwechsel ein. Da manche Präfixe auch als Präpositionen bzw. Adverbien frei vorkommen (a, ante, con, contra, en, entre, sobre, tras) wird die Präfigierung in der Literatur manchmal zur Komposition gezählt oder als zwischen Derivation und Komposition stehend betrachtet. So 19 Im Vergleich mit cartero sieht man hier deutlich, dass ein Suffix mehrere Funktionen haben kann. 20 escuelist die erbwörtliche Form, escoldie gelehrte, latinisierte Form, cf. auch agua-- acuático, piedra-- petrificar etc. 21 Nur bei der Adverbbildung ist die Basis eine flektierte Form. 28 3 Zur Formseite des Wortschatzes: Wörter und ihr innerer Aufbau unterscheiden Berschin et al. (2012) z. B. zwischen Präpositionalkomposition (mit Beispielen wie entreacto, sobrecargar oder transnacional) und Präfigierung (im Rahmen der Derivation; Bsp.: panamericano, paramilitar, archifamoso etc.). Wir folgen hier vor allem aus beschreibungsökonomischen Gründen in der Darstellung Schpak-Dolt (2012, 106) und betrachten alle Fälle als Präfixbildungen im Rahmen der Derivation. Dies setzt die Annahme einer Homonymiebeziehung 22 zwischen (freien) Präpositionen und (gebundenen) Präfixen voraus. Die meisten Präfixe verbinden sich mit verschiedenen Wortarten. Von den gut 200 spanischen Präfixen, die Rainer (1993, 299-379) beschreibt, können wir hier nur die geläufigsten aufführen und mit Hilfe eines Beispiels grob nach ihrer semantischen Leistung klassifizieren, wobei viele der klassifizierten Präfixe natürlich auch andere Funktionen haben können: ▶ Negations-/ Privativpräfixe: a- (mit Allomorph: an-; ahistórico, anorgánico); in- (mit Allomorphen: i-, im-; indisciplina, ilegal, imposible); anti- (anticonceptivo); contra- (contradecir); des- (Allomorphe: dis-, de-; desvalorizar, discontinuo, devaluar) etc.; ▶ Richtungspräfixe: a- (acorrer); retro- (retroactivo); en- (enterrar); re- (reexportar); ▶ Temporale Präfixe: pos(t)- (posponer); pre- (precolombino); ▶ Graduierungs-/ Intensivierungspräfixe: hipo- (hipotensión); super- (superdenso); ultra- (ultraligero); sub- (subdesarrollo); archi- (archicatólico); ▶ Quantifizierende Präfixe: mono- (monocultivo); tri- (trimensual); poli- (policéntrico); pan- (panarabismo). Diese Liste enthält auch zahlreiche Präfixoide, das sind ursprünglich griechisch-lateinische Vollwörter (meist Substantive und Adjektive), die im Spanischen in aller Regel nicht frei vorkommen. Deshalb kann man sie zur Präfigierung zählen. Beispiele: geo- (gr. ‘Erde’; geofísica), hidro- (gr. ‘Wasser’; hidro-avión), auto- (gr. ‘selbst’; autocensura), video- (lat. ‘ich sehe’; videoconferencia) usw. Aufgrund des erwähnten Vollwortcharakters werden solche Bildungen manchmal auch als Komposita klassifiziert (z. B. Thiele 1992, 110 ff.). 3.3.1.3 Drei Sonderfälle im Zusammenhang mit der Derivation müssen noch erwähnt werden: (1) die regressive Derivation (oder Rückbildung), bei der aus einem morphologisch komplexen Wort durch Tilgung-- und gegebenenfalls nachfolgende Anfügung eines anderen Wortbildungselements-- ein neues Wort abgeleitet wird, z. B. legislador → legislar; teledetección → teledetectar; (2) die Konversion (oder Nullableitung), die zu einem Wortartenwechsel führt, ohne dass ein Flexionsaffix hinzutritt: deber → el deber; bueno → lo bueno; derecho → el derecho; entonces (Adv.) → entonces (A) usw. und (3) die parasynthetische Derivation, bei der gleichzeitig ein Präfix und ein Suffix an die Basis treten. Dies lässt sich daran erkennen, dass keine der Zwischenformen existiert: des- + alma- + -ado und nicht *desalma + -ado oder des- + *almado, analog enmohecer, atemorizar u. v. a. Eine parasynthetische Derivation ist allerdings nur dann anzunehmen, wenn andere (binäre) Konstituentenanalysen nicht möglich sind. Unter diesem Gesichts- 22 Homonymie: formale Identität zweier signifiants, jedoch unterschiedliche signifiés. 29 3.3 Verfahren der Wortbildung punkt ist z. B. enriquecimiento nicht als Parasynthetikon zu interpretieren, sondern als regelmäßige deverbale Ableitung von enriquecer. Dieses Verb ist freilich parasynthetisch (en + rico + ec(er), weil *enrico und *riquecer). 23 3.3.2 Komposition Bei der Komposition treten zwei freie lexikalische Morpheme oder flektierte Formen zu einer größeren Einheit zusammen: sordo + mudo → sordomudo ‘taubstumm’; guardar + barrera → guardabarrera ‘Bahnwärter’; pelo + rojo → pelirrojo ‘rothaarig’; hombre + rana → hombrerana ‘Froschmann’; por + venir → porvenir ‘Zukunft’ usw. Als Erst- und Zweitkonstituenten kommen alle Wortarten vor; besonders häufig sind Substantive, Adjektive und Verben. In einigen Fällen treten Fugenelemente auf (z. B. -iin pelirrojo). 24 Anhand der Beispiele sordomudo und hombre-rana kann man die beiden grundlegenden Beziehungen zwischen den Komponenten von Komposita beschreiben: (a) koordinativ: sordomudo bedeutet das gleichzeitige Vorhandensein der durch die Adjektive ausgedrückten Eigenschaften, (b) subordinativ: in hombre-rana ist das zweite dem ersten Nomen untergeordnet und bestimmt dieses näher. Diese Einteilung in koordinative (Kopulativ-) Komposita und subordinative (Determinativ-) Komposita ist sehr grob, wie die folgenden Beispiele zeigen, in denen das Verhältnis zwischen den Komponenten der N+N-Komposita durch eine Paraphrase verdeutlicht wird (cf. Zierer 1993, 120 f.): alumno problema: N 1 ist N 2 vestido sastre: N 2 ist der Urheber von N 1 viaje relámpago: N 1 hat ein wesentliches Merkmal von N 2 radio periódico: N 1 dient als Medium oder Instrument für N 2 papel periódico: N 1 ist für N 2 bestimmt decreto ley: N 1 hat die Wirkung von N 2 usw. Im Vergleich zum Deutschen sind echte Komposita im Spanischen relativ selten; in vielen Fällen behalten die spanischen Komposita gewisse Eigenschaften von freien Kombinationen bei, insbesondere, wenn die zugrundeliegenden Beziehungen syntaktisch interpretiert werden 23 Bildungen wie aclarar, embotellar usw. sollten nicht als Parasynthetika analyisiert werden, da man dann entweder ein (anderweitig nicht nachweisbares) Nullsuffix postulieren oder den Themavokal als Derivationssuffix ansehen muss. Damit bekäme er jedoch-- je nach Verb-- unterschiedliche Funktionen. Die genannten Beispiele können alternativ als kombiniertes Auftreten von Präfigierung und Konversion beschrieben werden: Wie bei Bildungen des Typs activo → activar, alimento → alimentar kommt dem Themavokal dabei nicht die Rolle des Derivationssuffixes zu; seine Aufgabe ist es nur sicherzustellen, dass die Bildung als Verb funktionieren kann. Zur Problematik der Parasynthese auch RAE (2009, 578 f.) und Serrano-Dolader (2016). 24 -rrojo darf hier nicht als Allomorph von rojo interpretiert werden, denn die Lautung von rojo und -rrojo ist identisch; das <rr> hat lediglich die Funktion, die mehrfach gerollte Aussprache zu sichern. Cf. z. B. auch iberorrománico u. Ä. 30 3 Zur Formseite des Wortschatzes: Wörter und ihr innerer Aufbau können. Dies gilt insbesondere für Bildungen des Typs N + N, 25 N + A und A + N. Während z. B. Komposita des Typs V + N oder A + A vollständig verschmolzen sind und die Pluralmarkierung daher am Ende der neu entstandenen lexikalischen Einheit erfolgt, zeigen die erwähnten Kompositionstypen ein sehr uneinheitliches Verhalten: contestador automático ‘Anrufbeantworter’ markiert den Plural an beiden Konstituenten, ricadueña ebenfalls, obwohl es im Unterschied zum ersten Beispiel nur eine Akzentstelle hat und auch graphisch verschmolzen ist; das nach dem gleichen Prinzip gebildete caradura wiederum bildet den Plural “regelmäßig” (caraduras), obwohl formal der gleiche Verfestigungsgrad festzustellen ist (eine Akzentstelle, graphische Amalgamierung). Diese Unterschiede korrelieren nicht mit der Bedeutungsstruktur der Komposita und betreffen gleichermaßen endozentrische wie exozentrische Komposita. Mit diesen Begriffen beschreibt man den Umstand, dass im ersten Fall die Bildung das bezeichnete Objekt auch formal ausdrückt und das Determinatum die grammatische Kategorie, das syntaktische Verhalten und die Distribution festlegt, während im zweiten Fall keine Komponente auf das Denotat hinweist, cf. hombre-rana ‘Froschmann’ vs. piel roja ‘Indianer’: Ein hombre-rana ist ein hombre, das Kompositum übernimmt von dieser Komponente die syntaktischen und kategoriellen Merkmale; piel roja bezeichnet keine spezifische Form von Haut und erhält weder das Genus noch die Distribution von piel. Ein im Spanischen-- und den romanischen Sprachen generell-- häufigerer Wortbildungstyp sind die sog. syntagmatischen Komposita des Typs N + P (+Art.) + N: viga de acero, libro de bolsillo, balanza del poder usw. Auch deren syntaktisches Verhalten variiert, was man deutlich erkennt, wenn man sie modifizieren will: libro estupendo de cocina vs. *libro estupendo de bolsillo vs. libro de bolsillo estupendo; caballo negro de carrera vs *mano cara de obra. Bei diesem Typ scheint die Semantik (transparent / kompositionell vs. nicht transparent) eine Rolle für die Modifizierbarkeit zu spielen (cf. Cartagena / Gauger 1989 II , 79). Einen Sonderfall stellen gelehrte Komposita dar, da hier ein Grundmerkmal fehlt: Die Komponenten kommen in der Regel nicht frei vor. Beispiele aus griechisch-lateinischem Material wären: geólogo (gr.-gr.), democracia (gr.-gr.), radiólogo (lat.-gr.), polivalencia (gr.-lat.) uvam. Aufgrund des reihenbildenden Charakters sowie des nur gebundenen Vorkommens der Komponenten werden Wortbildungsprodukte mit tele-, bio-, -logo etc. von vielen Morphologen im Kontext der Derivation behandelt (cf. Kapitel 3.3.1.2). 3.3.3 Andere Verfahren Neben Derivation und Komposition existieren noch verschiedene, quantitativ weniger bedeutende Verfahren der Wortbildung. Im weiteren Sinne als syntagmatisch kann man auch die Univerbierung bezeichnen, da sich dabei ebenfalls Phrasen verfestigen: nomeolvides ‘Vergissmeinnicht’, enhorabuena ‘Glückwunsch’, pagaré ‘Schuldschein’ etc. Die Wortkürzung kann am Ende (Apokopierung, Kopfformen) oder am Anfang (Aphärese, Schwanzformen) der Basiseinheit erfolgen; es kommen auch Bildungen vor, die Elemente 25 In den N+N-Komposita hat das zweite Nomen häufig dieselbe Funktion wie ein attributives Adjektiv. 31 3.3 Verfahren der Wortbildung aus dem vorderen und dem hinteren Teil der Basis bzw. der Basen kombinieren und bei denen dazwischenliegende Morpheme ausfallen (Kontraktionen, Wortkreuzungen): ▶ Apokopierungen: cine ← cinema; kilo ← kilograma; radio ← radiotelefonía etc. Manche Kurzformen sind umgangssprachlich oder gruppenspezifisch (Jugendsprache; cf. Montero 2013): profe ← profesor; mani ← manifestación; bici ← bicicleta. Bei der Kürzung kann es zu einer Bedeutungsdifferenzierung kommen; so bedeutet taxímetro, die Vollform von taxi, heute nur mehr ‘Fahrpreisanzeiger’ (cf. Thiele 1992, 128). ▶ Aphäresen sind in der Gemeinsprache relativ selten: bus ← autobus; fono ‘Hörer’ ← teléfono ▶ Kontraktionen: helipuerto ← helicóptero + aeropuerto; docudrama ← documento + drama Die Bildung von Siglen und Akronymen (Initialwörtern) ist ein Ausdruck von Sprachökonomie. Mit Rainer (1993, 705 f.) versteht man unter Siglen Einheiten, die nur aus den Anfangsbuchstaben der Komponenten bestehen: BOE (← Boletín oficial del Estado), AP (← Alianza Popular), OUA (← Organización de la Unidad Africana) etc. Akronyme bestehen aus mehr als dem Anfangsbuchstaben der Komponenten (muss nicht für alle Komponenten gelten): RENFE (← Red Nacional de Ferrocarriles Españoles), MATESA (← Material Textil S. A.). Akronyme werden immer wie Wörter gelesen, Siglen werden entweder buchstabiert (z. B. PSA , DNI ) oder-- wenn es phonotaktisch möglich ist-- ebenfalls gelesen ( OTAN , ETA , ONU etc.). 26 Vor allem aus der Kindersprache ist uns die Reduplikation gut bekannt: Wörter oder Segmente, die manchmal einen Bezug zu einer Ausgangsform erkennen lassen, werden verdoppelt, und so entsteht ein neues Wort mit oft affektiver Konnotation: nene ‘niño’ (fam.); (hacer) pipí ‘Pipi’ (fam.); (polvos de) picapica ‘Juckpulver’ usw. 3.3.4 Produktivität, Aktivität, Blockierungen Wir haben eingangs festgehalten, dass neue komplexe Wörter in Analogie zu bereits vorhandenen Wortbildungen entstehen. Der Kreativität der Sprecher sind dabei- - Wortspiel, poetische Sonderverwendung u. Ä. ausgenommen-- vielerlei Grenzen gesetzt: 1. Ein Wortbildungsmittel oder -modell hat in einem bestimmten Zeitraum ein gewisses Ausmaß an Produktivität, z. B. kann man heute neue Verben auf der Basis von Substantiven nicht (mehr) mit -er oder -ir bilden, sehr wohl aber mit -ar bzw. -ificar, -izar und -ear. Produktiv ist auch die deverbale Ableitung von Substantiven mit -ción, nicht jedoch mit -zón. Ein Beispiel aus dem Bereich der evaluativen Suffixe wäre das unproduktive -uelo, das äußerst produktiven Suffixen wie -illo und -ito gegenübersteht. Sind Bildungstypen synchron verständlich, kann man sie als aktiv bezeichnen; damit ist die “prinzipielle Verfügbarkeit und Anwendbarkeit für die Bildung neuer Wörter” (Thiele 1992, 13) gemeint, ohne dass auf diesen Bildungstyp zwingend zurückgegriffen wird (z. B. -isa für die Motion, d. h. Femininbildung). Produktivität 26 Ungeachtet des jeweiligen Bildungsprinzips wird in der einschlägigen Literatur manchmal auch die Ausspracheart (buchstabieren vs. lesen) als wesentlicher Unterschied zwischen Sigle und Akronym genannt. Manche Autoren verwenden die beiden Begriffe überhaupt unterschiedslos. 32 3 Zur Formseite des Wortschatzes: Wörter und ihr innerer Aufbau ist nichts anderes als die Intuition der Sprecher, dass ein bestimmtes Muster zur Bildung neuer Wörter verwendet werden kann. Voraussetzung dafür ist die semantische Regularität des Schemas-- d. h. Wortbildungsbedeutung und Wortschatzbedeutung dürfen nicht zu stark divergieren-- und das Fehlen von Beschränkungen (cf. Piera / Varela 1999, 4378). Beschränkungen sind z. B. semantischer bzw. pragmatischer Art: 27 So muss ein Verb *desnadar wohl als inakzeptabel abgelehnt werden, weil die Bedeutung des Präfixes nicht mit jenem der Basis verträglich ist, die einen umkehrbaren Vorgang ausdrücken müsste (z. B. descolonizar, desempaquetar etc.). Arbiträr semantisch begründet ist die Einschränkung des Adjektivsuffixes -uno (für Relationsadjektive) auf Tiere. In der Phonologie sind z. B. die Gründe für Beschränkungen bei Ableitungen von Dichternamen mit -iano (*gracianiano vs. kafkiano) zu suchen. Phonotaktische Beschränkungen liegen dann vor, wenn das entstehende Wort nicht den akzeptablen Lautkombinationen der Sprache gehorchen würde (z. B. pollo + -illo > *pollillo). Da Wortbildung zur Begriffsbildung dient, können Wörter grundsätzlich nur dann gebildet werden, wenn der entsprechende Begriff nicht bereits abgedeckt ist: Das Präfix inverbindet sich beispielsweise nicht mit der Basis guap- (*inguapo), weil dafür bereits feo existiert. Ganz ähnlich steht es mit dem Begriff dieb, der im Spanischen mit dem Wort ladrón ausgedrückt ist, deshalb ist es nicht möglich, robador zu bilden, obwohl dieses deverbale Substantiv semantisch unproblematisch wäre und sich der Bildungstyp durch hohe Produktivität auszeichnet (synonymische Blockierung, Synonymieverbot). Diese Blockierung könnte nur durchbrochen werden, wenn robador z. B. eine Spezialbedeutung bekäme. 28 Eine analoge, aber formbezogene Blockierung liegt vor, wenn das neu gebildete Wort homonym zu einem bereits existierenden Wort ist (homonymische Blockierung). 29 3.4 Wortfamilien Unter Wortfamilie versteht man eine Gruppe von Lexemen, die etymologisch betrachtet über einen gemeinsamen Stamm verfügen: viaje, viajar, viajero, viajante; historia, historiador, historial, historiar, histórico etc.; nudista, nudismo, desnudo, desnudar etc. (< lat. nudu; nicht aber nudo ‘Knoten’ < nodu). Bei all diesen Fällen handelt es sich um Ableitungen von einem Grundwort. Daneben gibt es aber zahlreiche Beispiele, bei denen der etymologische Zusammenhang nicht sofort klar ist: humo vs. fumar, fumata, fumador etc.; niebla vs. nebuloso, nebulosidad, neblina, nebulizador; dedo vs. digital, digitación ‘Fingersatz’; voz vs. vocal etc. Solche Beispiele sind zwar nicht so häufig wie etwa im Französischen, dennoch gibt es auch im spanischen Wortschatz zahlreiche Asymmetrien dieser Art. 27 Eine Unterscheidung zwischen Semantik und Pragmatik ist hier schwierig, weil die Grenze zwischen Sprachwissen und (außersprachlichem) Sach- oder Weltwissen in hohem Maße diffus ist. 28 Dies ist tatsächlich geschehen, denn robador ist u. a. in der Sprache der Informationstechnologie mit einer speziellen Bedeutung belegt, etwa in robador de datos oder robador de contraseñas. 29 Rainer (1993, 117) nennt z. B. das Ableitungsverbot golfo ‘Straßenjunge’ → golfa, weil eine Homonymie mit golfa ‘Prostituierte’ entstünde. Zum gesamten Problemkomplex cf. auch Rainer (2000). 33 3.5 Zusammenfassung: Formelemente des Lexikons Unter Beibehaltung einer streng synchronen Perspektive können solche Beispiele auch als (gelehrte) Ableitungen betrachtet werden: hijo → filial; madre → maternal; agua → acuoso, acuático; ojo → ocular; moneda → monetario. Die Variation im Stamm wäre als Allomorphie zu beschreiben. Aus diachroner Perspektive handelt es sich aber um spätere Entlehnungen aus dem Lateinischen bzw. um Neubildungen mit lateinischem Material, wodurch sich das Fehlen der zu erwartenden Lautwandelprozesse erklärt. In einigen durch Analogie regularisierten Fällen scheint auf den ersten Blick eine normale, genuin spanische Ableitung vorzuliegen (cf. Lüdtke 1998, 512), z. B.: nutrir (16. Jhdt.; < nutrire)-- nutrición (13. Jhdt.; ursprünglich: nudrición). 3.5 Zusammenfassung: Formelemente des Lexikons Die unten stehende, aus Schwarze / Wunderlich (1985, 10) entnommene und für das Spanische adaptierte Graphik verdeutlicht noch einmal die hierarchischen Strukturierungen der lexikalischen Einheiten nach formalen Gesichtspunkten. Besonders im Hinblick auf das mentale Lexikon müssen wir unsere Bestimmung von minimalen Einheiten vom einfachen Wort nicht nur-- wie im vorhergehenden Kapitel-- auf mehrgliedrige und komplexe Bildungen ausweiten, sondern auch nach unten hin zu den Morphemen öffnen: Das mentale Lexikon ist sicherlich nicht nur ein “Vollformlexikon”. Formelemente des Lexikons (a) mit syntaktischem Aufbau: ohne syntaktischen Aufbau: Phraseologismus, syntagm. Kompositum (b) mit wortinternem Aufbau: ohne internen Aufbau: Formativ Kompositum, Ableitung, flek- tiertes Wort (c) ohne Bedeutung: mit Bedeutung/ gramm. Funktion: Fugenelement Morph(em) (d) frei: (e) gebunden: Wort Stamm, Affixe Bsp.: (a) crimen de guerra; ahorcar los libros ‘abandonar los estudios’ (b) bocacalle; dentista; hablamos (c) pelirrojo (d) avión, contra (e) cant-, des-, -oso 35 4.1 Semasiologie, Onomasiologie, Semantik 4 Die Inhaltsseite des Lexikons 4.1 Semasiologie, Onomasiologie, Semantik Die Beschäftigung mit der Bedeutung kleinerer oder größerer sprachlicher Einheiten stellt für verschiedene sprachwissenschaftliche Forschungsrichtungen eine zentrale Aufgabe dar. Der Begriff der Semantik für jene Disziplin, die sich exklusiv mit sprachlichen Inhalten beschäftigt, wurde Ende des 19. Jahrhunderts eingeführt 30 und war zunächst gleichbedeutend mit Semasiologie (auch: Bedeutungslehre), die-- ausgehend von sprachlichen Formen-- nach Inhalten fragt. Traditionell beschäftigt sich die Semasiologie mit dem Wandel der Bedeutung von Lexemen bzw. mit dem Hinzutreten neuer Bedeutungen und Verschwinden alter Bedeutungen im Laufe der Zeit. Meist unterscheidet man die folgenden Typen des Bedeutungswandels: ▶ Bedeutungsverengung bzw. -spezialiserung: lat. secare ‘schneiden’ → sp. segar ‘mähen’; lat. materia ‘Baustoff ’ → sp. madera ‘(Bau-)Holz’; lat. collocare ‘setzen, stellen, legen’ → sp. colgar ‘(auf)hängen’; lat. femina ‘Frau, weibliches Tier’ → sp. hembra ‘weibliches Tier’. ▶ Bedeutungserweiterung / Generalisierung: armario ‘Waffenschrank’ → ‘Schrank’; lat. passer ‘Spatz’ → sp. pájaro ‘(kleiner) Vogel’; vlat. plicare (vela) ‘(die Segel) falten, d. h. anlegen, landen’ → sp. llegar ‘ankommen’; 31 lat. tenere ‘halten’ → sp. tener ‘haben’. ▶ Bedeutungsübertragung, z. B. durch Metonymie: paella ‘tipo de sartén’ → ‘typisch valenzianisches Gericht’; durch Metapher: pie ‘Bein’ → pie ‘(Tisch-)bein’; sp. boca ‘Mund’ → ‘Flussmündung’/ ‘Eingang’ (cf. boca de metro). ▶ Bedeutungsverschlechterung: lat. vulgaris ‘gewöhnlich, alltäglich’→ sp. vulgar ‘(auch: ) vulgär’; ar. alwazir ‘Minister, Statthalter, Beauftragter’ → sp. alguacil ‘Gerichtsdiener’. ▶ Bedeutungsverbesserung: mlat. comite ‘Begleiter (des Herrschers)’ → sp. conde ‘Graf ’; lat. casa ‘Häuschen, Baracke’ → sp. casa ‘Haus’; lat. mancipiu ‘Sklave’ → sp. mancebo ‘Gehilfe; Bursche’. Die beschriebenen Wandelprozesse darf man sich nicht als abrupten Wechsel vorstellen; vielmehr handelt es sich um länger andauernde Prozesse, die u. U. über verschiedene Zwischenstufen laufen und mit synchroner Variation verbunden sind (d. h. die betroffenen Wörter waren einmal oder sind noch heute polysem, z. B. pie). 32 Während der Begriff Semantik früher also mit diachronen Fragestellungen (z. B. der Bedeutungsgeschichte einzelner Wörter) verknüpft war, besteht diese Assoziation heute nicht mehr. Oft wird Semantik auch als Überbegriff für Semasiologie und Onomasiologie verwendet. 30 Im linguistischen Verständnis erstmals bei Michel Bréal; bekannt wurde der Begriff vor allem durch seinen Essai de sémantique (1897). 31 Dieses Beispiel illustriert gleichzeitig den sog. elliptischen Bedeutungswandel, wie er uns auch bei postal ‘(wörtlich: ) postalisch; Postkarte’ (← tarjeta postal) oder todoterreno ‘Allradauto’ (← coche todoterreno) begegnet. 32 Zu den kognitiven Prozessen (Assoziationsmustern) und individuellen Motivationen, die den verschiedenen Formen des Bedeutungswandels zugrundeliegen, cf. die übersichtliche Darstellung bei Blank (1999, 135 f.; 2001, 69 ff.) und Espinoza (2009). 36 4 Die Inhaltsseite des Lexikons Mit letzterem Begriff ist eine Perspektive gemeint, die-- im Gegensatz zum semasiologischen Herangehen-- von den Sachen ausgeht und nach den sprachlichen Einheiten fragt, die zu ihrer Bezeichnung dienen; daher auch der deutsche Begriff Bezeichnungslehre. Zur Verdeutlichung des Unterschieds zwischen semasiologischer und onomasiologischer Perspektive: Eine klassische semasiologische Thematik wäre z. B. die Frage nach den Unterschieden in der Bedeutung der Adjektive inculto, ignorante und simple; aus onomasiologischer Perspektive könnte man sich fragen, welche Adjektive im Spanischen für die Konzepte dumm und verrückt zur Verfügung stehen (cf. z. B. die Arbeit von Nagel 1972; zu Semasiologie und Onomasiologie grundlegend: Baldinger 1964). In ihrer Ausprägung als Wörter- und Sachen-Forschung, die eng mit der Sprachgeographie verbunden ist, hat die Onomasiologie vor allem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Herausragendes geleistet. 4.2 Was ist eigentlich Bedeutung? In unseren bisherigen Ausführungen haben wir stillschweigend mit einer der wesentlichsten Grundannahmen der modernen Sprachwissenschaft gearbeitet: der auf Ferdinand de Saussure zurückgehenden Annahme von der Gegliedertheit des sprachlichen Zeichens. Saussure hatte radikal mit der Ansicht gebrochen, die Wörter einer Sprache entsprächen, gleich einem Verzeichnis (er verwendete den Begriff nomenclature), den Dingen der realen Welt. Anstelle dieser Sichtweise schlägt Saussure Folgendes vor: Das sprachliche Zeichen hat zwei untrennbar miteinander verbundene Komponenten, die Lautfolge (image acoustique, signifiant) 33 und das dazugehörige Konzept (concept, signifié), d. h. das geistige Bild, das im Kopf des Sprechers / Hörers entsteht, wenn die betreffende Lautfolge geäußert wird. Die Beziehungen zwischen signifiant, signifié und Denotat (Referent) lassen sich graphisch in Form des auf Charles K. Ogden und I. A. Richards zurückgehenden semiotischen Dreiecks darstellen: 33 Man kann ohne größere Probleme auch Buchstabenfolgen annehmen. 37 4.2 Was ist eigentlich Bedeutung? signifié Konzept Inhalt signifiant Denotat Ausdruck Referent Form Mit Hilfe des in dieser Form visualisierten Saussureschen Zeichenmodells lassen sich nun sehr einfach zwei grundlegend verschiedene Bedeutungstheorien unterscheiden (cf. Lyons 1991): die Referenztheorie und die Ideationstheorie. I. Die Referenztheorie steht der vor-Saussure’schen Konzeption der Entsprechung von Wörtern und realen Dingen sehr nahe. Sie basiert auf dem Postulat, dass die Bedeutung eines Ausdrucks seine Referenz ist bzw. durch diese konstituiert wird. Mit anderen Worten: Die Bedeutung ist die Beziehung zwischen Ausdruck und Denotat. Diese Sicht lässt sich mit einfachen Argumenten aus dem Weg räumen (wir lehnen uns im Folgenden an Lyons (1991, 10) an, verwenden aber spanische Beispiele): ▶ Mit dem Wechsel des Referenten müsste sich im Rahmen der Referenztheorie auch die Bedeutung ändern; dadurch gäbe es aber für Ausdrücke wie mi padre keine konstante, übersetzbare und in gleicher Weise variierende Bedeutung. ▶ el jefe de Gobierno y de Estado und el máximo líder haben die gleiche Referenz (Fidel Castro), sind also im Rahmen der Referenztheorie synonym. Synonymie impliziert Austauschbarkeit in gleichen Kontexten, ohne dass dies Auswirkungen auf die Gesamtaussage hat. Mit den beiden Sätzen (1) Juan no sabía que el máximo líder era el jefe de Gobierno y de Estado. (2) Juan no sabía que el jefe de Gobierno y de Estado era el máximo líder. müsste folglich unterschiedslos die gleiche Aussage gemacht werden können. Zudem müssten sie auch die gleiche Aussage implizieren wie (3) Juan no sabía que el máximo líder era el máximo líder. Keine dieser Annahmen ist bei näherem Hinsehen haltbar. 38 4 Die Inhaltsseite des Lexikons ▶ Ganz offensichtlich referieren die in normalen Definitionswörterbüchern verzeichneten Wörter nicht (bzw. nur auf sich selbst), z. B. jefe als Lemma im DRAE . Referenz haben sie erst in einer Äußerung, z. B. el jefe necesita unas vacaciones. II . Aus dem zur Referenztheorie Gesagten ergibt sich schon deutlich die repräsentationistische Position: Die Bedeutung eines Ausdrucks ist nicht seine Referenz, sondern sein Konzept. So lässt sich erklären, dass mi padre übersetzbar ist (sein Konzept ist konstant) und die Sätze (1) und (2) nicht gleichbedeutend sind: Die betreffenden Ausdrücke haben zwar den gleichen Referenten, ihnen liegt aber nicht das gleiche Konzept zugrunde, sie haben das gleiche Referenzpotential (Extension, d. h. die damit bezeichenbaren Referenten), nicht aber die gleiche Intension (Sinn, Bedeutungskomponenten). Die Ideationstheorie ist der Ausgangspunkt strukturalistischer Bedeutungsbeschreibung, die trotz mancher Kritiken (s. u.) einen wesentlichen Beitrag zur semantischen Forschung geleistet hat und der wir deshalb besonderes Augenmerk schenken müssen. Die Referenztheorie darf man jedoch auch nicht einfach beiseite lassen, da Referenz sehr wohl für die Bedeutung konstitutiv sein kann: Man denke nur an die Deiktika (Personal- und Demonstrativpronomen, temporale und lokale Adverbien), die eine referentielle, d. h. nur in Bezug auf die Äußerungssituation fixierbare Bedeutung haben, oder auch an die in Kapitel 3.3.2 beschriebenen N + N-Komposita, deren Bedeutung sich u. U. auch erst durch die spezifische Referenz ergibt. Schließlich sei noch darauf hingewiesen, dass auch repräsentationistische Positionen ihre Schwächen haben. Zum einen ist der (mentale) Status des Konzepts unklar: Handelt es sich wirklich um ein Bild? Lassen sich Konzepte unabhängig nachweisen? Zum anderen ist zu vielen Wörtern einfach kein Konzept oder Bild denkbar, sodass sich etwa die Bedeutung von Funktionswörtern oder Abstrakta letztlich nur aus ihrem konventionalisierten Gebrauch ableiten lässt (zur Kritik an repräsentationistischen Bedeutungstheorien cf. Keller 1995). 4.3 Strukturalistische Bedeutungsbeschreibung (“strukturelle Semantik”, “Lexematik”) Der im Wesentlichen in den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts entstandenen “strukturellen Semantik”, die auf den Forschungen von Persönlichkeiten wie E. Coseriu, H. Geckeler, A. J. Greimas, G. Hilty, B. Pottier, P. Schifko 34 u. a. beruht, liegt das Saussure’sche Postulat zugrunde, dass in der Sprache (als langue) nichts von sich aus gegeben ist, sondern alles als Produkt von Oppositionen angesehen werden müsse. Diese Überzeugung kam erstmals in der Phonologie zum Tragen; gemäß der “Prager Schule” (insbesondere N. S. Trubetzkoy) erhält ein Phonem seinen Wert dadurch, dass es in direkter Opposition zu anderen Phonemen steht, von denen es sich in mindestens einer Eigenschaft unterscheidet: So ist beispielsweise im Spanischen das Phonem / b/ durch das 34 Grundlegende Texte sind: Pottier (1964), Greimas (1966), Hilty (1971), Geckeler (1971), Coseriu (1973), Schifko (1977). 39 4.3 Strukturalistische Bedeutungsbeschreibung (“strukturelle Semantik”, “Lexematik”) Merkmal [+ stimmhaft] vom Phonem / p/ , durch die Merkmale [--nasal] und [+ plosiv] vom Phonem / m/ geschieden. Die zitierten Beispiele unterscheiden sich natürlich noch durch andere Merkmale, die allerdings nicht distinktiv sind, also den funktionalen Wert des jeweiligen Phonems nicht mitbestimmen. Implizit ist mit diesen Beispielen ein weiteres strukturalistisches Grundprinzip angesprochen: die Zerlegbarkeit in kleinere Einheiten bzw. die Kombinierbarkeit kleinerer zu größeren Einheiten. Diese Prinzipien werden nun konsequent vom lautlichen auf den lexikalischen Bereich übertragen; so wie Phoneme durch ein Bündel von distinktiven Merkmalen bestimmt sind, wird die Bedeutung eines Lexems als die Summe seiner semantischen Merkmale (auch: Seme) verstanden. Man spricht deshalb von Merkmalssemantik (auch: Merkmalanalyse, Semanalyse). Die Idee, die Bedeutung über Merkmale oder Komponenten zu definieren, ist nicht wirklich neu, sondern letztlich nur eine Formalisierung der Prinzipien aristotelischer Logik. Die Begriffsdefinition, wie sie seit Aristoteles betrieben wird-- ein Begriff wird dadurch definiert, dass man ihn in seine nächsthöhere Klasse einreiht (genus proximum) und die Merkmale angibt, die ihn von seinen “Nachbarn” unterscheiden (differentia specifica)- -, ist uns aus Wörterbüchern vertraut, da viele Definitionen so formuliert sind. 35 Auch bei alltäglichen metasprachlichen Aktivitäten, wie dem Differenzieren von Synonymen, wird unbewusst mit semantischen Merkmalen operiert. Dieses Vorgehen wird vielfach auch als das Prinzip der hinreichenden und notwendigen Bedingungen bezeichnet: Um in eine Kategorie eingereiht zu werden, muss ein Begriff alle genannten Bedingungen erfüllen-- sie sind für diese Kategorisierung notwendig--, und der Umstand, dass ein Begriff die relevanten Bedingungen erfüllt, führt automatisch zur Eingliederung in die Kategorie-- die Bedingungen sind hinreichend. Im Unterschied zu den Merkmalen der Phonologie, die mit Mitteln der akustischen Phonetik direkt physikalisch beschreibbar sind, ist der Status der semantischen Merkmale diffuser; ob sie neben ihrer offensichtlichen kognitiven Realität auch eine neuro-physiologische haben, ist unklar (cf. Lüdi 1985, 68 u. 88 f.). Die relevanten Oppositionen für das Aufdecken der Merkmale sind paradigmatisch und syntagmatisch: Lexeme stehen in Opposition zu anderen, u. U. bedeutungsähnlichen Lexemen; analog zu Minimalpaaranalysen können aus solchen Vergleichen die distinktiven semantischen Merkmale ermittelt werden. Bei der syntagmatischen Methode erfolgt die Bestimmung der semantischen Merkmale über die Distribution, d. h. die verschiedenen Kontexte, in denen das betreffende Lexem vorkommt. Die paradigmatische Methode lässt sich anhand des schon klassischen Beispiels der “Sitzgelegenheiten” gut darstellen; ursprünglich wurde dieser Komplex von B. Pottier für das Französische analysiert. K. Baldinger (1970, 79) hat es analog für das Spanische durchexerziert. Zufällig decken sich hier die spanischen und die französischen Strukturen weitestgehend: 35 Z. B.: hablar: expresarse (=-genus proximum) mediante palabras (=-differentia specifica; zur Unterscheidung von z. B.: gesticular). 40 4 Die Inhaltsseite des Lexikons s 1 s 2 s 3 s 4 s 5 s 6 chaise / silla + + + + - + fauteuil / butaca + + + + + + tabouret / taburete - + + + - + canapé / canapé + + - + + + pouf / posón (vulg.) - + + + - - “s” steht für die verschiedenen semantischen Merkmale (Seme): s 1 = con respaldo s 2 = sobre pie (= elevado sobre el suelo) s 3 = para una persona s 4 = para sentarse s 5 = con brazos s 6 = con material rígido Die Summe der jeweiligen Seme des Lexems bezeichnet man als sein Semem. Auffallend ist, dass alle Lexeme die Seme 2 und 4 gemeinsam haben und sich jedes von den anderen in mindestens einem Sem unterscheidet. Für die Seme 2 und 4 existiert ein eigenes Lexem, das man als Archilexem bezeichnet (frz. siège, sp. asiento). Ein solches muss aber nicht existieren, wie das Deutsche beweist; man spricht dann von einem Archisemem, das man gegebenenfalls mit Hilfe eines Kompositums (Sitzgelegenheit) oder einer beschreibenden Paraphrase explizieren kann. Anhand dieses Beispiels lassen sich einige Probleme und Missverständnisse im Zusammenhang mit der Semanalyse aufzeigen: Solchen Analysen hat man gelegentlich vorgeworfen, es handle sich nicht um sprachliche, sondern um Sachfelder, die angenommenen Seme seien nichts anderes als Sacheigenschaften der Referenten. Dies kommt letztlich dem Vorwurf gleich, Bedeutung würde über die Referenz bestimmt. Richtig ist sicherlich, dass Seme teilweise Abbildfunktion für den Referenten haben, allerdings handelt es sich beim jeweiligen Bündel an semantischen Merkmalen keinesfalls um eine rein sachweltliche Strukturierung, sondern um eine sprachliche und-- daraus folgend-- häufig einzelsprachspezifische Strukturierung. E. Coseriu (1995, 118) hat dies in seiner umfassenden und wortreichen Apologie der Lexematik deutlich gemacht: el campo fr. ‘siège’ estudiado por B. Pottier no es-[…] un campo no lingüístico, de ‘cosas’; es campo léxico del francés, con distinciones propias de la lengua francesa, y en que en otras lenguas podría presentar estructuración muy diferente. Los asientos mismos, sí, son objetos propios de un determinado ámbito de cultura material; pero no es hecho de cultura material la estructuración semántica de los lexemas que los designan. Und weiter: Así, todos los tipos de objetos designados por los lexemas del campo fr. ‘siège’ se conocen en la misma forma también en Rumanía; pero el correspondiente campo léxico rumano está estructurado de otro 41 4.3 Strukturalistische Bedeutungsbeschreibung (“strukturelle Semantik”, “Lexematik”) modo que el del francés. Y claro está, tampoco importa que los rasgos diferenciadores correspondan a propriedades objetivas de las cosas designadas; lo que importa es si son o no son rasgos distintivos del significado en una lengua. Por ejemplo, ‘con respaldo’ corresponde a una propriedad objetiva de las ‘chaises’ de Pottier, pero-- aunque también las sillas rumanas tengan respaldo-- no es rasgo distintivo del significado de rum. scaun, que, por ello, corresponde también a fr. tabouret. Dennoch bleiben weitere Probleme bestehen: (1) Der Analyse der Oppositionen ist ein onomasiologisch motiviertes, d. h. von den Referenten ausgehendes Verfahren vorgeschaltet, in dem der zu untersuchende Wirklichkeitsausschnitt selbst bestimmt wird. Dabei kommt es-- wie man z. B. Pottier vorgeworfen hat-- zu einer unzulässigen Reduktion. Warum findet sich im Ensemble der Sitzgelegenheiten nicht auch sofa (sp. sofá) oder banc (sp. banco). Pottier hat seine Beschränkung mit pragmatisch-situationellen Argumenten zu retten versucht (Disponibilität der Lexeme in einer bestimmten Situation). Damit ist aber z. B. nicht geklärt, warum im Spanischen poltrona nicht mit einbezogen wurde. Die Hinzunahme anderer Lexeme könnte u. U. zu einer Erweiterung der relevanten Seme führen, da andere Distinktionen notwendig werden können. (2) Es ist nicht auszuschließen, dass Merkmale als distinktiv angenommen werden, die nur akzidentell sind und beim Referenten mit mehr oder weniger großer Konstanz beobachtet werden. Damit ist u. a. die in hohem Maße prekäre Unterscheidung zwischen sprachlichem Wissen und Sachwissen (enzyklopädisches oder Weltwissen) angesprochen. (3) Eine einmal durchgeführte Semanalyse kann nicht immerwährende Gültigkeit beanspruchen, da sich die Welt der Referenten ändern kann und die Bezeichnungen “mitziehen”. Im Lichte der Analyse von Sessel und Stuhl durch Hoinkes (1995), der die distinktiven Merkmale über die Funktion ermittelt (Stuhl: [zum Sitzen] vs. Sessel: [zum bequemen Sitzen]), wird man heute vielleicht auch die auf dem Vorhandensein oder Nicht-Vorhandensein des Merkmals [con brazos] beruhende Unterscheidung zwischen chaise / silla und fauteuil / butaca in Frage stellen dürfen. Daraus ist zu schließen, dass die Referenz nicht ausgeblendet werden kann, so wünschenswert dies auch manchen erscheinen mag. (4) Ein generelles Problem des strukturalistischen Herangehens an Bedeutung liegt im ausschließlichen Erfassen der denotativen Bedeutung, d. h. des objektiven und prinzipiell invarianten semantischen Gehalts. Konnotationen als expressive, emotionale, registerspezifische u. a. Bedeutungskomponenten meist überindividueller Natur können sich zur Denotation hinzugesellen, verändern sie aber nicht: Ob man die Ureinwohner Amerikas als indios bezeichnet oder als indígenas, verändert nicht den Wahrheitswert der Aussage, lässt aber beispielsweise auf Haltungen und Werte des Sprechers schließen. Soll man zur Beschreibung der Konnotationen zusätzlich Seme annehmen? Oder ist die Konnotation ein eigenes signifié, mit dem jeweiligen Lexem als signifiant? Im Unterschied zur paradigmatischen Methode bedarf es bei der syntagmatischen Methode keines onomasiologischen Vorspanns zur Eingrenzung. Außerdem können die Lexeme in 42 4 Die Inhaltsseite des Lexikons ihrer ganzen Bedeutungsvielfalt analysiert werden- - bei silla etc. war ja im Vorhinein nur eine Bedeutung betrachtet worden (Monosemierung). Exemplarisch lässt sich dieses Verfahren wieder unter Rückgriff auf die Sitzgelegenheiten illustrieren; Hilty (1995, 298) kommt durch eine Distributionsanalyse zu folgende Merkmalen von silla: Artefakt | zum Sitzen | für eine Person mit Rückenlehne befestigt auf Lebewesen | | Sitzfläche vom zum Rittlings-Sitzen Boden entfernt getragen von vier Beinen für kirchlichen Würdenträger | in öffentlicher Funktion Die Darstellung als Baumdiagramm ist nicht zufällig, sondern spiegelt eine Hierarchie in den Merkmalen wider, die bei der paradigmatischen Analyse nicht zutage tritt. Die verschiedenen Lesarten (Sememe) entsprechen so unterschiedlichen Kombinationen und Strukturierungen von Semen. Semantische Merkmale kann man nach dem Grad ihrer Allgemeinheit einteilen: ▶ Seme sind die kleinsten distinktiven Merkmale; von ihnen können syntaktische Beschränkungen abhängen. Beispiele wären die Seme der Lexeme für Sitzgelegenheiten. ▶ Archisememe (bzw. wenn lexikalisch realisiert: Archilexeme) sind Bündel von Semen (Semkomplexe), die sich spezifisch mit anderen sie determinierenden Lexemen verbinden. So gibt es z. B. bestimmte Adjektive, die nur mit den Vertretern einer bestimmten Gruppe von Substantiven verträglich sind (cf. Kapitel 4.6.1, mit Beispielen). ▶ Klasseme sind sehr globale Seme, die allen Vertretern einer bestimmten Klasse gemein sind und diese konstituieren. Beispiele wären [Sache], [konkret], [abstrakt], [Tier], [weiblich] usw. Klasseme unterschiedlichen Allgemeinheitsgrades können in syntaktisch relevante hierarchische Beziehungen gebracht werden. Z. B. lässt sich [Sache] vs. [Tier] vs. [Mensch] besser so darstellen (cf. Greimas 1966, 54): 43 4.4 Prototypensemantik [unbelebt] vs. [belebt] [Tier] vs. [Mensch] Zusammenfassend kann man festhalten: Die semantischen Merkmale sind “sprachspezifische Inhaltskomponenten lexikalischer Zeichen, die als Gebrauchsbedingungen interpretiert werden können und das systemhaft Relevante in den Zeichenbedeutungen, in der Paradigmatik-[…] ebenso wie in der Syntagmatik-[…] erschöpfend reflektieren” (Lüdi 1985, 84). Man muss jedoch darauf hinweisen-- und dies ist schon ein Vorgriff auf den folgenden Abschnitt--, dass die semantischen Merkmale nicht zwingend bzw. nur z. T. die Gebrauchsbedingungen selbst reflektieren. M. a. W. ist der Gebrauch nicht unbedingt auf Basis der Merkmale vorhersagbar. Auf die im Zitat angesprochenen paradigmatischen Beziehungen werden wir in Kapitel 4.5 näher eingehen; den syntagmatischen Beziehungen ist das Kapitel 4.6 gewidmet. 4.4 Prototypensemantik Ursprünglich ist die Prototypensemantik 36 keine im engeren Sinne linguistische Theorie, sondern eine Theorie der Kategorisierung, die im Rahmen psychologischer Forschungen (vor allem von E. Rosch und B. Berlin / P. Kay) in den 1970er Jahren entstanden ist. Da Kategorisierung aber eng mit der Bedeutung zusammenhängt, wurde sie rasch für die Bedeutungsbeschreibung nutzbar gemacht: Der Frage, welche Kriterien für die Zuordnung einer Erscheinung zu einer Kategorie gegeben sein müssen, entspricht letztlich jene nach den Kriterien für die Anwendung eines Wortes auf eine Sache. In der Anfangsphase galt die Prototypensemantik als die Alternative zur Merkmalssemantik, da sie in der Tat eine Reihe von Problemen zu lösen scheint, die für letztere unüberwindbare Hindernisse darstellen (cf. Kleiber 1993, 18 ff.): (1) Mit Merkmalen kann man nicht alle Bereiche des Wortschatzes beschreiben; Farbadjektive entziehen sich z. B. einer Komponentenanalyse. (2) Merkmalssemantische Analysen erlauben es nicht immer, alle Vertreter einer Kategorie zu erfassen. So scheitert die Analyse mittels semantischer Merkmale z. B. an so banalen Kategorien wie Vogel. Die Merkmale, an die man sofort denkt-- etwa [kann fliegen], [hat Federn], [singt], [hat einen Schnabel] etc.- - treffen entweder nicht auf alle Vertreter zu (z. B. können Strauße nicht fliegen) oder gehören auch zum Inventar anderer Kategorien (auch Schnabeltiere haben Schnäbel). Auch eine Kategorie wie Junggeselle 36 Wir beschränken uns im Folgenden auf die von Kleiber (1990 / 1993) so genannte “Standardversion” der Prototypensemantik. Aspekte der “erweiterten Version” werden im Zusammenhang mit Polysemie relevant werden (Kapitel 4.5.5).-- Einen guten Überblick in spanischer Sprache über die wesentlichsten Begriffe der Prototypensemantik (und der kognitiven Semantik allgemein) findet man bei Fontanals (2009) und ausführlicher in der Einführung von Cuenca und Hilferty (1999). 44 4 Die Inhaltsseite des Lexikons (sp. soltero) ist so nicht in den Griff zu bekommen, da trotz der Merkmale [erwachsen], [männlich], [unverheiratet] die Anwendung auf den Papst, ältere homosexuelle Lebenspartner etc. nur schwer denkbar ist und von kompetenten Muttersprachlern wohl nicht akzeptiert würde oder zumindest Heiterkeit hervorrufen wird. (3) Warum kategorisieren wir einen Hund spontan als Hund und nicht als Säugetier, Tier oder mit dem Begriff, der seine Rasse ausdrückt (z. B. Boxer oder Bernhardiner)? (4) Gemäß den Prämissen der Merkmalssemantik haben alle Vertreter einer Kategorie denselben Status, z. B. Apfel denselben wie Papaya oder Brombeere innerhalb der Kategorie Obst, oder Stuhl und Hocker innerhalb der Sitzgelegenheiten. Diese letzte Annahme hat sich als unhaltbar erwiesen, und darin liegt der Ausgangspunkt der Prototypensemantik: Durch verschiedene Tests konnte nachgewiesen werden, dass innerhalb einer Kategorie ein Prototyp existiert, der entweder als mental repräsentierter “bester Vertreter” bzw. hypothetisch als die Summe der hervorstechendsten Eigenschaften aufgefasst wird (wenn es sich z. B. um Abstrakta handelt). 37 Der intersubjektiv stabile, also von allen Sprechern übereinstimmend anerkannte Prototyp, z. B. Spatz (oder auch andere Arten) in der Kategorie Vogel, verfügt über typische Eigenschaften, die sowohl sprachlich relevant sind als auch rein enzyklopädisch sein können. So hat der prototypische Vogel eben Federn, er singt und kann fliegen. In Bezug auf den Prototyp werden nun die anderen (potentiellen) Vertreter der Kategorie global erfasst und eingeordnet, und zwar- - metaphorisch gesprochen- - im näheren oder weiteren Umkreis des Protoyps. So gilt etwa die Amsel als eher prototypischer, der Pinguin zweifelsohne als peripherer Vertreter der Kategorie Vogel. Die Verbindung zwischen den Mitgliedern einer Kategorie beruht nicht wie gemäß der Merkmalssemantik zwingend auf von allen Mitgliedern geteilten Merkmalen, sondern auf “Familienähnlichkeit”. 38 Die Grenzen zwischen den Kategorien erscheinen deshalb unscharf. Die Probleme, die wir mit peripheren Vertretern einer Kategorie haben, manifestieren sich sprachlich, wenn wir beispielsweise den peripheren Status mit Hilfe sogenannter Heckenausdrücke (hedges) explizit machen: (1) El gazpacho es una especie de sopa. (2) En sentido estricto, el tomate es un fruto. (3) En sentido amplio, el tomate es una verdura. Gazpacho erfüllt zwar eine der zentralen Bedingungen der Kategorie sopa, ihm fehlt aber auch eine wichtige andere: [+ warm]. Das zweite und das dritte Beispiel zeigen auch, dass 37 Prototypen werden z. B. im Erstspracherwerb früher gelernt, sie werden schneller kategorisiert als untypische Vertreter und als erste genannt, wenn man Informanten bittet, Vertreter einer bestimmten Kategorie aufzuzählen (cf. Kleiber 1993, 39; Gansel 2017, 84). Im Hinblick auf die Ökonomie unseres mentalen Lexikons sind protypische Strukturierungen ideal, da nicht alles von vorneherein kategorisiert werden muss, sondern in bestehende Strukturen eingebaut wird. 38 Man versteht unter diesem von Ludwig Wittgenstein geprägten Begriff, dass die Mitglieder einer Kategorie-- Wittgenstein hatte sich des Beispiels spiel bedient-- nicht durch mindestens ein allen Vertretern gemeinsames Merkmal zusammengehalten werden, sondern durch einzelne Merkmale untereinander verbunden sind. 45 4.4 Prototypensemantik im Alltagsverständnis (man spricht auch von sog. folk categories) die Kategorien fruto und verdura andere Grenzen haben als in der Botanik (expert categories). Allerdings ist auch die Prototypensemantik kein Allheilmittel-- problematisch ist vor allem die Gleichsetzung von sprachlichen und kognitiven Kategorien. Hierzu nur ein Beispiel, das von Kritikern der Prototypensemantik immer wieder ins Treffen geführt wird: Lüge lässt sich gemeinhin über drei notwendige und hinreichende Bedingungen definieren: [unwahre Aussage], [Bewusstsein des Sprechers darüber], [Täuschungsabsicht]. Der Umstand, dass das Wort Lüge auch in Situationen gebraucht werden kann, die diesen Bedingungen nicht genügen bzw. dass Sprecher für Situationen, die diesen Bedingungen vollständig genügen, das Wort Lüge nicht verwenden, ließe nun auf die Vagheit und Randunschärfe des Begriffs schließen. 39 Der Denkfehler liegt- - wie Hummel (1994, 162) deutlich gemacht hat- - in der Gleichsetzung von Unschärfe im Bereich der Referenten mit Unschärfe der Bedeutung: Die oben genannten Verwendungen oder Nicht-Verwendungen ändern nichts an der Tatsache, dass bei der Äußerung des Wortes in aller Regel die drei Merkmale aktualisiert werden. Die Gleichsetzung beruht darauf, dass in der Prototypensemantik das signifié ausgeblendet wird (cf. Koch 1996, 230): Zwischen signifiant und Referent (die Kategorie Lüge) gibt es keine vermittelnde Zwischenebene, sodass das Wort zwingend als vage interpretiert werden muss, wenn die Referenten vage sind. Gefördert wird diese Sicht durch die Dominantsetzung einer sprachlichen Funktion im Rahmen der Prototypensemantik, nämlich jener der Kategorisierung der Wirklichkeit. Aber: “La fonction primaire des mots est la désignation; la catégorisation en est une spécialité” (Hummel 1994, 167). Es ist kaum von der Hand zu weisen, dass man damit-- gewollt oder ungewollt-- vor Saussure zurückgegangen ist und Wörter als Nomenklatur für Dinge interpretiert. Auch die Anwendbarkeit ist nicht immer unproblematisch: Für natürliche Spezies und Artefakte, die allesamt Substantive sind, scheint die Annahme von Prototypen voll gerechtfertigt, auch Wahrnehmungsphänomene (Farbadjektive) lassen sich plausibel mittels Prototypen beschreiben. Schwieriger wird die Sache bei Verben, weil es hier nicht a priori Unterkategorien und damit bessere oder schlechtere Vertreter gibt (cf. Kleiber 1993, 94). Noch problematischer sind aber manche Adjektive, wie z. B. groß und klein, weil deren klassifikatorisches Potential minimal ist und ein Prototyp nur für die jeweiligen Typen von Referenten bestimmt werden kann (cf. Kleiber 1993, 94; auch Hummel 1994, 171 f.). Weiters muss man bei der Untersuchung der übergeordneten Kategorien (z. B. tier, obst) vom Kategorisierungsverfahren durch Vergleich mit einem Prototypen abgehen; es mag zwar einen Prototypen geben, der offensichtlich aufgrund der Vertrautheit der Sprecher mit ihm diesen Status genießt, aber “man ordnet ein Objekt nicht der Kategorie Obst zu, indem man es mit einem Apfel, einer Apfelsine oder einer Banane vergleicht” (cf. Kleiber 1993, 100). Ein weiteres Problem liegt wahrscheinlich in der a priori übereinzelsprachlichen Perspektive (cf. Schreiber 1993), die die Annahme unterschiedlicher Prototypen für verschiedene Einzelsprachen unmöglich erscheinen lässt. Wie kann man aber dann zwischensprachlichen 39 Analog dazu die Ausführungen von Taylor (1999, 31 f.) über engl. fog, mist und haze, die angeblich ebensolche Randunschärfen aufweisen. 46 4 Die Inhaltsseite des Lexikons Unterschieden, wie z. B. dt. schwimmen vs. frz. nager bzw. sp. nadar, gerecht werden? Was im Deutschen vielleicht durchaus prototypisches Schwimmen ist (Boot auf dem Wasser) fällt in den beiden romanischen Sprachen gar nicht in die Kategorie nager bzw. nadar sondern in die von flotter bzw. flotar (cf. Albrecht 1997, 24). Unbestritten bleibt, dass die Prototypensemantik wesentliche Beiträge zur Semantik geleistet hat; hervorstechend ist vielleicht weniger die bislang behandelte horizontale Ebene, als vielmehr die vertikale Ebene. Hier geht es um die weiter oben erwähnte Frage, welcher Kategorie ein Exemplar zugeordnet wird. Man unterscheidet drei Abstraktionsebenen: die übergeordnete Ebene (z. B.: Möbel, Pflanze, Fahrzeug), die Basisebene (z. B.: Stuhl, Baum, Auto) und die untergeordnete Ebene (z. B.: Klappstuhl, Erle, Sportwagen). Im Unterschied zur übergeordneten und zur untergeordneten Ebene kann man sich von den Mitgliedern der Basis eine konkrete Vorstellung machen, und es existiert ein prototypisches Bild. Darüber hinaus verbindet sie meist das gleiche motorische Programm (z. B. die Art des Hinsetzens bei Sessel, Stuhl, Sofa etc.), und sie teilen am meisten Eigenschaften mit den anderen Mitgliedern ihrer Kategorie und am wenigsten mit denen anderer Kategorien. Sie sind die natürlichste Kategorisierungsebene, und im Alltag werden Gegenstände fast immer mit dem Begriff der Basisebene benannt. Abweichungen von diesem Prinzip sind nur durch Informationsdefizite (Auf dem Dach sitzt ein Tier: akzeptabel, wenn der Sprecher das Tier nicht identifizieren kann) oder besondere Informationsbedürfnisse (Auf dem Dach sitzt ein Buchfink) gerechtfertigt; andernfalls muten sie-- wie das folgende Beispiele von Kleiber (1993, 84) illustriert-- sonderbar an: Sieh mal diese Pflanze! Das ist die älteste Eiche in dieser Gegend. Fassen wir zusammen: Die Prototypentheorie stellt keinen Ersatz für die Merkmalssemantik dar, kann diese jedoch in wesentlichen Bereichen ergänzen. Ein völliges Abgehen von einer “Checklisten”-Kategorisierung scheint ebenso unmöglich wie eine Bedeutungsbeschreibung, die nur notwendige und hinreichende Merkmale kennt. Versuche, beide Sichtweisen zu verbinden, existieren seit langem, zumal auch die kognitive Semantik Merkmale nicht leugnet, sondern sehr wohl von sog. stereotypischen, d. h. besonders prägnanten und von den Sprechern anerkannten Merkmalen ausgeht. Wesentlich dabei ist aber, dass im Unterschied zur strukturellen Semantik keine Trennung zwischen sprachlicher und enzyklopädischer Bedeutung vorgenommen wird und Wissen über die Referenz als ein Aspekt der Bedeutung verstanden werden muss (cf. dazu auch Gansel 2017, 86 ff.). In diesem Sinne ist wohl auch der Vorschlag von Hummel (1994) zu verstehen, der einerseits konzeptuelle (i. e. invariante, in der Regel durch Merkmale beschreibbare) und andererseits prototypische Bedeutungskomponenten annimmt. Da Prototypikalität aber selbst prototypisch ist, also nicht überall gleich gut funktioniert-- es gibt z. B. keinen Prototyp für klein oder groß--, ist der Anteil der beiden Typen von Komponenten von Fall zu Fall verschieden. Eine solche Verbindung der beiden Ansätze ist auch gegenüber Weiterungen offen, wie sie Hummel (1994, 176) vorschlägt: Er vermutet, dass die Kategorisierung nicht nur in Bezug auf einen Prototyp vorgenommen wird, sondern auch im Verhältnis zu anderen Vertretern der Kategorie. 47 4.5 Paradigmatik 4.5 Paradigmatik 4.5.1 Wortfeld Wortfelder zählen zu den wichtigsten makrostrukturellen Gliederungen des Wortschatzes. Sie bestehen aus bedeutungsverwandten Wörtern der gleichen Wortart, die sich ein Inhaltskontinuum teilen. Die Restriktion, der zufolge die Wörter gleiche Wortartzugehörigkeit aufweisen, hängt mit der bevorzugten Analyseebene der strukturalistischen Linguistik zusammen: In einem Satz können nur Substantive, nur Adjektive usw. zueinander in unmittelbarer paradigmatischer Opposition stehen. Auf der höheren Ebene des Textes sind Oppositionsbeziehungen natürlich auch zwischen Substantiven und Adjektiven oder Verben und Substantiven etc. möglich. Im Hinblick darauf wird von manchen Forschern diese Bedingung (gleiche Wortart) vernachlässigt. Der Begriff wurde Anfang der 30er Jahre des 20. Jahrhunderts durch eine diachrone Wortstudie des Germanisten Jost Trier popularisiert (Der deutsche Wortschatz im Sinnbezirk des Verstandes, 1931) und ist mit dem Bemühen verbunden, Bedeutung und Bedeutungswandel global zu begreifen. Ursprünglich mit mehreren streng formulierten Postulaten verbunden, wurde das Konzept im Laufe der Zeit aufgeweicht: Vor allem die scharfe Bestimmtheit und Abgrenzung der Mitglieder eines Wortfeldes haben sich als unhaltbar erwiesen bzw. treffen nur auf manche Wortfelder zu (z. B. Schulnoten). Auch der umfassende Anspruch, Bedeutung sei nur im Wortfeld möglich und der gesamte Wortschatz sei durch Felder lückenlos strukturiert, musste aufgegeben werden. Dennoch hat sich der Begriff-- wohl wegen seiner großen Suggestivkraft- - erhalten und wurde in den 1960er Jahren zu einem der zentralen Begriffe strukturalistischer Bedeutungsbeschreibung. 40 Eugenio Coseriu, der die Verbindung zwischen der älteren Wortfeldkonzeption und der strukturellen Semantik hergestellt hat, definiert Wortfeld als eine paradigmatische Struktur, die aus lexikalischen Einheiten besteht, die sich eine gemeinsame Bedeutungszone teilen und in unmittelbarer Opposition zueinander stehen.- […] Es handelt sich immer um lexikalische Einheiten, zwischen denen man an einem gewissen Punkt der chaîne parlée die Wahl hat. (Coseriu 1970, 166 f.; cf. auch Coseriu 1967, 294) und grenzt es gegenüber assoziativen Feldern ab, die durch Ähnlichkeit und Kontiguität auf der Ausdrucks- und / oder Inhaltsebene entstehen (cf. Coseriu 1970, 165), wie z. B.: coche, ir, chófer, rueda, conducir, conductor etc. Bei der Sprachverarbeitung stellen Wortfelder bzw. Teile davon instabile, situationsspezifische Vorstrukturierungen dar, die die paradigmatische Auswahl bei der Produktion oder Rezeption einengen; ob ihnen auch neuro-physiologische Realität in dem Sinne zukommt, dass sie stabilen Ordnungsprinzipien im Gehirn entsprechen, ist jedoch unsicher (cf. Lutzeier 1993, 206). Beispiele für Wortfelder wären die zuvor analysierten Sitzgelegenheiten, das System der Temperaturadjektive (congelado- … frío- … tibio - … ardiente etc.) oder die Ausdrücke für “establecimientos de hospedaje temporal pagado”: hotel, aparthotel, parador, motel, hostal, 40 Eine geraffte Darstellung der Geschichte und Verwendungsweisen des Begriffs gibt Herbermann (1995). 48 4 Die Inhaltsseite des Lexikons fonda, pensión, hospedería, albergue (cf. die modellhafte Analyse von Cartagena 1995), bei denen es ganz offensichtlich kein einfaches Archilexem gibt. Problematisch erscheint in der Coseriuschen Konzeption des Wortfeldes die Beschränkung, dass komplexe Wörter nicht als Mitglieder zugelassen werden, obwohl auch sie sehr wohl in unmittelbaren Oppositionen zu Simplizia stehen können. 41 Dass Wortfelder nicht scharf begrenzt sind, wird durch die Existenz von sog. Brückenlexemen (lexemas puente) deutlich. Es handelt sich dabei um Wörter, die nicht nur in einem Wortfeld funktionieren. So gehört calumnia ‘Verleumdung’ sowohl zum Wortfeld mentira als auch zu jenem von acusación (cf. Salvador 1985a, 49). Der Nutzen des Konzepts Wortfeld tritt besonders deutlich in diachroner Perspektive zutage, da Veränderungen innerhalb eines Wortfeldes-- z. B. das Heraustreten oder Hinzutreten eines neuen Mitgliedes-- die gesamte Struktur des Feldes betreffen. Ein schönes Beispiel ist die Entwicklung des Wortfeldes “Mauer-- Wand” vom Lateinischen zum modernen Spanisch: Im Lateinischen gab es nur paries und murus mit dem unterscheidenden Zug [innen] vs. [außen]. Auf dem Weg zum Spanischen kamen in chronologischer Reihenfolge hinzu: das Substratwort tapia ‘Lehm(ziegel)wand’ (13. Jhdt.) und die Ableitung muralla ‘Mauer, Wall’ (15. Jhdt.), die in Konkurrenz zum Fortsetzer von lat. murus traten, sowie der Arabismus tabique ‘Zwischenwand’ (1570), der lat. paries konkurrenziert. Für die Nachfolgewörter von paries und murus-- pared und muro-- ergab sich dadurch folgende Veränderung: Im Spanischen basiert die Unterscheidung auf der Dicke bzw. Festigkeit und nicht mehr auf der Opposition [innen] vs. [außen] (cf. Salvador 1985a, 47). Besonders anschaulich ist auch die Umstrukturierung des Wortfelds “Vogel” vom Lateinischen zum Spanischen, zumal hier auch Aspekte der kognitiven Semantik eine Rolle spielen dürften (cf. Blank 1997, 204 f., 1999, 140): Die lateinischen Lexeme, die Vögel denotieren, z. B. passer ‘Spatz’, merula ‘Amsel’ und aquila ‘Adler’, haben als Archilexem avis ‘Vogel’; im Spanischen sieht man nun, dass ave (< ave) sowohl Archilexem ist, als auch gemeinsam mit pájaro ‘(kleiner) Vogel’ (< passer ‘Spatz’) eine Zwischenebene bildet. Zwei Fragen muss man sich hier stellen: (1) Warum wird im Spanischen eine mittlere monolexematische Kategorisierungsebene geschaffen und (2) warum tritt gerade der Nachfolger von passer für ‘kleiner Vogel’ ein? Die erste Frage lässt sich nur mit dem zweifelsohne unbefriedigenden und erklärungsschwachen Hinweis auf veränderte Wahrnehmung der Wirklichkeit beantworten; für die zweite Frage liefert die Prototypensemantik die Antwort: passer ist ganz offensichtlich der beste Vertreter der Kategorie “kleine Vögel” und wurde wohl häufig zur Referenz auf die gesamte Kategorie verwendet. Auch im Sprachvergleich ist der Wortfeldbegriff fruchtbar, denn er ermöglicht es, einzelsprachspezifische Strukturierungen zu beschreiben und zu kontrastieren (cf. Kapitel 6). 41 Coseriu weist der nur einseitigen Implikation (maisonnette impliziert maison aber nicht umgekehrt) großes Gewicht zu (cf. Coseriu 1970, 166) und sieht in den Wortbildungsverfahren sekundäre paradigmatische Strukturen. 49 4.5 Paradigmatik 4.5.2 Hyponymie und Hyperonymie Hyponymie- - und der dazugehörige Begriff Hyperonymie- - sind seit Lyons (u. a. 1977) die Bezeichnungen für Sinnrelationen, bei denen Lexeme spezifischeren Inhalts in Lexemen globaleren Inhalts sozusagen inkludiert sind: manzana, cereza, pera usw. und bicicleta, coche, carro, moto etc. sind Hyponyme (auch: Unterbegriffe) von fruta bzw. vehículo. Wegen der größeren Zahl an semantischen Merkmalen ist die Intension des Hyponyms größer, die Extension- - wegen genau dieser Spezifizität- - hingegen kleiner als die des Hyperonyms (auch: Ober-/ Überbegriff). Hyponyme auf der gleichen Kategorisierungsebene nennt man Kohyponyme. Da es sich bei Hyponymie um einseitige Implikation handelt-- pera impliziert fruta aber nicht umgekehrt--, wirken anaphorische Wiederaufnahmen von Hyperonymen ungewöhnlich oder erzeugen einen bestimmten stilistischen Effekt: He comprado un kilo de peras. Esa fruta estaba deliciosa. ? He comprado un kilo de fruta. Las peras estaban deliciosas. Es kann vorkommen, dass die Zuordnung zu mehreren Hyperonymen möglich ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die außersprachlichen Strukturen auch in (wissenschaftlichen) Terminologien erfasst sind: perro kann alltagssprachlich eines der Hyponyme von animal doméstico sein; in der Fachsprache der Zoologie ist es aber mamífero carnicero untergeordnet. Von der Hyponymie sind Partonymiebzw. Meronymiebeziehungen (Teil-von-Beziehungen) zu unterscheiden. Sie sind außersprachlich motiviert, und es existiert keine Inklusionsbeziehung, weil das sog. Holonym (das Ganze) mit dem Partonym keine Bedeutungskomponenten teilt. Zur Veranschaulichung: Ein Dorf hat (in der Regel) eine Kirche, aber pueblo teilt mit iglesia kein semantisches Merkmal; während vimos una tulipa als Implikation vimos una flor hat, impliziert vimos una iglesia nicht vimos un pueblo. Wie erklärt man sich aber nun, dass im ersten der beiden folgenden Sätze eine Wiederaufnahme trotzdem möglich ist, im zweiten jedoch zumindest befremdlich wirkt? Llegamos a un pueblo. La iglesia estaba cerrada. ? Llegamos a un pueblo. La tienda estaba cerrada. Die Erklärung ist relativ einfach und hängt mit dem unterschiedlichen Status der Partonyme zum Holonym zusammen: [con iglesia] ist ein prototypisches Merkmal von pueblo, [con tienda] hingegen nicht (cf. Kleiber 1993, 82). 4.5.3 Synonymie Die Frage, ob es Synonymie gibt oder nicht gibt, d. h. ob in einer Sprache zwei verschiedene signifiants mit identischem signifié existieren können, zählt zu den alten Polemiken der Sprachwissenschaft. Gemeinhin wird heute die Ansicht vertreten, dass absolute Synonymie im Sinne völliger Identität der Bedeutung kaum vorkommt, weil dies dem Ökonomieprinzip widerspricht: “La eficacia de la comunicación es óptima si a cada significante le corresponde un significado y viceversa” (Fernández / Hervás / Báez 1989, 63). 50 4 Die Inhaltsseite des Lexikons Dennoch wirkt das von dem französischen Semantiker Michel Bréal aufgestellte Prinzip der Synonymendifferenzierung (“loi de répartition”) nicht immer: Diesem Prinzip zufolge müssten sich im Spanischen die Synonyme empezar und comenzar im Laufe der Zeit differenziert haben. Dem ist aber gerade nicht so, und die beiden Verben können eher als Musterbeispiel für vollständige Synonymie gelten. Im Hinblick auf die Funktion von Synonymen auf der Textebene muss das obige Zitat korrigiert werden: Was effizient wird, wenn es eine eineindeutige Beziehung zwischen signifiant und signifié gibt, ist die Sprache als System. In der realen Kommunikation sind hingegen bedeutungsgleiche oder -ähnliche Wörter sehr nützlich, da sie-- wie Pronomen-- wichtige textdeiktische Funktionen erfüllen und dazu beitragen, als störend empfundene Wiederholungen zu vermeiden. In der parole wird es überhaupt viel leichter sein, von Synonymie zu sprechen, weil hier die Referenz der Ausgangspunkt der Analyse sein kann und im Sprachsystem gegebene semantische Merkmale (und damit bedeutungsmäßige Unterschiede) nicht zum Tragen kommen müssen. Der folgende, konstruierte Beispieltext illustriert dies sehr schön (cf. Salvador 1985b, 64): Posiblemente te veré luego, porque acaso esta tarde termine mi trabajo más pronto y, como probablemente a esa hora habrá menos tráfico, tal vez me decida a ir a buscarte y quizá hasta podamos cenar juntos. Die Adverbien posiblemente, acaso, probablemente, tal vez, quizá sind in der langue zweifelsohne keine perfekten Synonyme und implizieren verschiedene Grade von Wahrscheinlichkeit oder Möglichkeit; im obigen Text ist es hingegen gar nicht so leicht, eine Graduierung festzumachen, da die Unterschiede weitestgehend neutralisiert sind. Aus semasiologischer Perspektive ist Synonymie als graduelles Phänomen aufzufassen. Der Grad der Bedeutungsnähe bzw. -identität wird durch drei Parameter bestimmt: Denotation, Konnotation und Distribution. Auf Basis dieser Kriterien kann man in Anlehnung an die von Martin (1976, 114 f.; cf. auch Wunderli 1989, 135 ff.) für das Französische aufgestellten Kategorien die folgenden Unterscheidungen treffen: ▶ Absolute und relative Synonymie Absolute Synonymie liegt vor, wenn zwei Lexeme in einer bestimmten Umgebung austauschbar sind und keine Unterschiede auf denotativer und konnotativer Ebene bestehen, z. B. Hemos arrendado / alquilado un piso en la playa. Bei relativer Synonymie bestehen entweder (a) Austauschbarkeit und denotative Äquivalenz, aber Unterschiede im Bereich der Konnotation oder Registerzugehörigkeit: profesor vs. profe (fam.), mujer vs. esposa (jur.), poeta vs. vate (geh.) morir vs. fallecer oder (b) minimale denotative Unterschiede, die die Austauschbarkeit kaum beeinträchtigen: discurso vs. arenga. 42 42 In die Kategorie der relativen Synonymie gehören auch die sog. Geosynonyme, wie z. B. nafta (Argentinien, Paraguay, Uruguay) vs. gasolina ‘Benzin’ (Spanien und andere spanischsprachige Länder) oder convertible (A) vs. descapotable (E) ‘Cabrio’. 51 4.5 Paradigmatik ▶ Totale und partielle Synonymie Synonymie ist total, wenn Austauschbarkeit der Lexeme in allen Umgebungen (Kotexten) besteht: prostituta- - puta; ahorrar- - economizar. Dies bedeutet natürlich nicht, dass nicht aufgrund unterschiedlicher Konnotationen situationelle, also kontextuelle Beschränkungen vorliegen können. Im Gegensatz dazu meint partielle Synonymie, dass die Austauschbarkeit eingeschränkt ist-- nur in manchen sprachlichen Umgebungen kann das eine für das andere Wort eintreten: la catástrofe está asumiendo / alcanzando proporciones espantosas vs. asumir (nicht: alcanzar) responsabilidades. Aus diesen Unterscheidungspaaren lässt sich ein 8-stufiges Schema ableiten: 1. + den / + kon / + dist: absolute und totale Synonymie, d. h. gleicher denotativer und konnotativer Wert in allen Umgebungen. Dieser Fall ist als äußerst selten anzusehen, da er-- wie bereits angedeutet-- der Sprachökonomie widerspricht: Warum sollte sich eine Sprachgemeinschaft den Luxus leisten, für einen Referenten zwei oder mehrere sprachliche Zeichen vorzusehen? Genauer zu analysierende Kandidaten wären neben comenzar / empezar auch alquilar / arrendar, alhucema / lavanda, puerco / cerdo uvam. Ein Blick auf die Gebrauchsfrequenz kann hier als erster Anhaltspunkt dienen: So sieht man etwa, dass sich alquilar und cerdo unter den 5.000 häufigsten Wörtern des Spanischen befinden, während dies für puerco und arrendar nicht gilt (Datenbasis: Davies 2006). Daraus kann man schließen, dass eines der drei Kriterien doch nicht zur Gänze erfüllt ist, denn von Wörtern mit identischer Denotation, Konnotation und Distribution würde man auch dieselbe Frequenz erwarten. 2. + den / + kon / - - dist: absolute, aber partielle Synonymie, d. h. nur in bestimmten Umgebungen. Bsp.: blando / suave, alimentar / nutrir. Trotz weitreichender denotativer und konnotativer Identität ist die Distribution verschieden. 43 3. + den / - kon / + dist: relative Synonymie wie bei indio / indígena, pipí / orina, declinar / rechazar etc. 4. + den / - - kon / - - dist: relative und partielle Synonymie, (u. U. starke) konnotative Unterschiede und eingeschränkte Kommutabilität, z. B. dinero / pasta, cabeza / almendra, homosexual / gay / marica. 44 5. - den / + kon / + dist: Dieser Fall ist nur theoretisch denkbar, da gleiche Distribution mit Bedeutungsunterschieden nicht vereinbar ist. 6. - den / + kon / - - dist: Bei nur teilweiser Übereinstimmung der Denotation (unterschiedliche Polysemie) ändert sich die Distribution, die Konnotationen können aber 43 Las plantas se alimentan / se nutren de minerales y agua; alimentar / nutrir la piel; alimentar / ? nutrir los celos. 44 …nuestra cantante [scil. Madonna] se rodea de bailarines homosexuales y comienza a apoyar públicamente al movimiento gay / ? homosexual / *marica, pronunciando frases del estilo de “en todos nosotros hay una tendencia bisexual” (gay ist neutral bis positiv valorisierend, homosexual könnte hier als zu technisch empfunden werden, marica ist inadäquat, weil es eine negative Einstellung des Schreibers impliziert). 52 4 Die Inhaltsseite des Lexikons durchaus identisch sein: cumbre / cima (estar en la cima / en la cumbre de su carrera; la *cima / la cumbre de Seattle), comercio/ negocio. 45 7. - den / -- kon / + dist: wie 5. nicht denkbar 8. - den / - - kon / - dist: Dieser Fall kann nicht mehr als eine Form der Synonymie angesehen werden. Dieses Schema und die Zuordnungen von Beispielen sind im Einzelfall sicher diskutabel: Wie verhält es sich z. B. mit einem Synonympaar wie mayor-- adulto? Hier liegt wahrscheinlich partielle Synonymie vor, da die beiden Adjektive durch unterschiedliche Polysemie gekennzeichnet sind. Schwieriger zu entscheiden ist jedoch, ob in Bezug auf die Lesart ‘erwachsen’ konnotative Unterschiede bestehen (und wenn ja, welche? ) und somit relative oder absolute Synonymie vorliegt. Es ist folglich denkbar, das Wortpaar entweder in die Kategorie 4 oder in die Kategorie 2 einzureihen. Ähnlich verhält es sich mit dem Beispiel puerco-- cerdo, weil das Kriterium der identischen Distribution zumindest für Spanien nicht ganz unproblematisch ist. 4.5.4 Antonymie Dieser Begriff steht gemeinhin für jegliche Gegensatzrelation auf lexikalischer Ebene; explizit ausgeschlossen werden also Oppositionen zwischen Phrasen oder Sätzen. Der Gegensatz zwischen den Bedeutungen zweier Lexeme 46 kann nach ihren logischen Relationen zueinander kategorisiert werden (zum Folgenden Lang 1995, 31-34 und Lutzeier 1995, 80-84): ▶ Komplementäre (kontradiktorische) Antonymie (auch: Komplementarität, Komplenymie) Die Bedeutungen schließen sich aus: Wenn etwas nicht a ist, folgt daraus, dass es automatisch b ist und umgekehrt; wenn etwas nicht b ist, kann es nur a sein. Beispiele: vivo-- muerto, semental-- yegua, barbudo-- imberbe. Komplementäre Adjektive können in normalen Kontexten nicht modifiziert werden (*muy muerto, *más imberbe que-…) ▶ Konträre Antonymie (Inkompatibilität, Antonymie i. e. S.) Wenn etwas a ist, ist es nicht b, und wenn etwas b ist, kann es nicht a sein. Aber aus dem Umstand, dass etwas nicht b ist, folgt nicht, dass es a ist. Beispiele: feliz-- infeliz, querer-- odiar, Norte-- Sur, bueno-- malo. Auffällig ist, dass bei polaren Lexemen ein Ende des Poles unmarkiert ist und standardmäßig für die Prädikation verwendet wird: el calor/ *frío del agua; ¿eres feliz/ *infeliz? ▶ Konverse Antonymie Wenn etwas a zu y ist, ist y dazu b, oder an einem Beispiel verdeutlicht: Wenn jemand marido von jemandem ist, ist die betreffende Person esposa und umgekehrt. Andere Beispiele: dar-- recibir, predecesor-- sucesor, comprar-- vender (a compra de b = b vende a a). 45 Se dedica al comercio / negocio de automóviles; el comercio / *negocio español es muy importante. 46 Es handelt sich nicht zwingend um Oppositionspaare, cf. casado vs. divorciado, viudo, separado oder den Gegensatz heiß-- kalt, zwischen den sich eine Reihe von Adjektiven mit “gegensätzlicher” Bedeutung schiebt (warm, lau, frisch etc.). 53 4.5 Paradigmatik ▶ Reversivität Es handelt sich um eine spezielle Form der Inkompatibilität, bei der der Endzustand der Handlung a dem Anfangszustand der Handlung b entspricht (und umgekehrt): cerrar-- abrir, vestirse-- desnudarse. 4.5.5 Polysemie und Homonymie In Darstellungen zur Semantik werden Polysemie (lexikalische Mehrdeutigkeit) 47 und Homonymie (Identität zweier sprachlicher Zeichen mit unterschiedlicher Bedeutung)- - fast immer gemeinsam behandelt, obwohl das letztere Phänomen prinzipiell keine Fragestellung für die Semantik ist, da primär ja nur die Formseite im Spiel ist. Im Hinblick auf lexikologische Interessen lässt sich diese Herangehensweise jedoch zweifach rechtfertigen: 1. ist die Abgrenzung der beiden Erscheinungen schwierig, 2. kann Homonymie Ausgangspunkt für Umstrukturierungen des Wortschatzes sein. Homonyme entstehen durch “Unfälle” der Sprachgeschichte, etwa durch konvergierende Lautwandelprozesse oder Entlehnungen. Besonders häufig sind Homonyme deshalb auch in Sprachen, die starke Veränderungen in Phonetik und Phonologie durchgemacht haben (z. B. Englisch, Französisch). Wenn das Ergebnis der Konvergenz sich auch graphisch niederschlägt, spricht man gelegentlich auch von Homographen, z. B.: reja (del arado) ‘Pflugschar’-- reja (de la ventana) ‘Gitter’, pez ‘Baumharz’-- pez ‘Fisch’. Im Spanischen häufiger sind Homonyme, die “nur” homophon sind, d. h. bei unterschiedlicher Graphie gleiche Lautung aufweisen: hojear ‘blättern’-- ojear ‘beäugen’, honda ‘Schleuder’-- onda ‘Welle’, basto ‘grob, roh’-- vasto ‘weit’. In der jüngeren Geschichte des Spanischen haben vor allem der yeísmo und der seseo zu Homonymen geführt: haya ‘Buche’-- halla (3.P. Sg. Präsens von hallar ‘finden’)-- aya ‘Kindermädchen’, casa-- caza, coser-- cocer. 48 Wenn die betreffenden Lexeme in ähnlichen Domänen auftreten, kann es zu sog. Homonymenkollisionen kommen, d. h. es besteht die Gefahr der Verwechslung. Um das zu vermeiden, scheidet eines der Wörter aus und wird durch ein anderes ersetzt. Dass lat. oleu im Altspanischen zwar noch als olio auftritt, dann aber durch den Arabismus aceite ersetzt wird, erklärt sich vielleicht aus der lautlichen Konvergenz mit dem Fortsetzer von oculu > ojo; 49 und in Hispanoamerika, wo der seseo generalisiert ist, erschien es notwendig, cocer (wegen coser) durch cocinar und caza (wegen casa) durch cacería zu ersetzen. 47 Ambige Sätze bzw. Phrasen wie se lo compró, lleva los zapatos rotos, el amor de Dios usw. werden üblicherweise nicht unter Polysemie subsumiert. 48 Die Definition der Begriffe Homonymie und Homophonie ist von Sprache zu Sprache verschieden. Ein Beispiel: Im Deutschen spricht man in Fällen wie Tenor ['xx] vs. Tenor [x'x] von Homographen (keine Homophonie), spanische Homographen sind hingegen immer auch homophon. Im Französischen wiederum wird homonymie häufig synonym mit homophonie verwendet. 49 Die Nexus -k’k- und -kikonvergieren schon im Altspanischen zu [ dʒ ] bzw. [ ʒ ]. Im Zuge der massiven Umstrukturierungen des Sibilanteninventars zwischen der Mitte des 15. und dem Beginn des 17. Jahrhunderts sind die Nachfolger von oculu und oleu schließlich homonym geworden: [oxo]. Bleibt zu fragen, ob angesichts der Zugehörigkeit dieser Wörter zu gänzlich unterschiedlichen Sachsphären tatsächlich Homonymenkollision eine plausible Erklärung darstellt (cf. auch Dworkin 2012, 95). 54 4 Die Inhaltsseite des Lexikons Der Umstand, dass Homonymie dann vorliegt, wenn die Formseite zweier (oder mehrerer) verschiedener Wörter identisch ist, bildet eines der Abgrenzungskriterien zur Polysemie. Dieses Kriterium, das auf die Etymologie abhebt, führt an sich zu klaren Abgrenzungen, die sich auch oft mit der Sprecherintuition decken: papa (< Quechua pápa) ‘Kartoffel’ / papa ‘Papst’ (< lat. papa), junco (< lat. iuncu) ‘Binse’ / junco (< Malayo) ‘Dschunke’, cola ‘Schwanz’ (< lat. cauda) / cola ‘Klebstoff ’ (< gr. kólla,ēs), carpa ‘Karpfen’ (< lat. carpa) / carpa ‘Zelt’ (in Hispanoamerika) (< Quechua), vela ‘Kerze’ (zu velar < lat. vigilare) / vela ‘Segel’ (< lat. vela) etc. In vielen Fällen widerspricht aber die Einordnung als Polysemie (aufgrund des etymologischen Kriteriums) der Auffassung der Sprecher: pupila ‘Mündel’ und pupila ‘Pupille’ gelten aufgrund der semantischen Differenziertheit gemeinhin als zwei Wörter, obwohl das gleiche Etymon zugrundeliegt und auch die Entstehung dieser Polysemie wohlbekannt ist (cf. Fernández / Hervás / Baéz 1989, 80). Umgekehrt kann man annehmen, dass die Homonyme macho 1 ‘animal de sexo masculino’ (< lat. masculu) und macho 2 ‘mulo’ (zu lat. mulu) oder vago 1 (< lat. vacuu) ‘vacío, desocupado’ und vago 2 ‘indeciso, indeterminado’ (< lat. vagu) von vielen Sprechern als zum selben Wort gehörig und damit als polysem empfunden werden. Auch die beiden Bedeutungen von sueño-- ‘Schlaf ’ und ‘Traum’-- legen es nahe, einen Fall von Polysemie anzunehmen. Im Hinblick auf die Etymologie (sueño ‘Traum’ < somniu; sueño ‘Schlaf ’ < somnu) handelt es sich aber um zwei homonyme Wörter. In solchen Fällen kann man von “sekundärer Polysemie” (Blank 2001, 112) sprechen. Das Kriterium “semantische Nähe” ist in jedem Fall problematisch, da es sich einer Operationalisierung entzieht. Außerdem lassen sich auf höheren Abstraktionsebenen auch zwischen Homonymen gemeinsame semantische Merkmale finden. Neben der Etymologie (Diachronie) und der semantischen Nähe oder Disparität (Synchronie) kommt noch ein drittes, synchrones Kriterium hinzu, auf das man sich in der Regel zur Unterscheidung von Polysemie und Homonymie stützt: die grammatische Kategorie und das morphosyntaktische Verhalten der betreffenden Ausdrücke. Insofern fallen nicht zur gleichen Wortart gehörende Ausdrücke klar in den Bereich der Homonymie: haya (Nomen) vs. halla (Verb). Auch die Zugehörigkeit zu anderen Ableitungsverbänden kann für eine Interpretation als Homonymie sprechen, obwohl-- wie im folgenden Beispiel-- die Etymologie die gleiche ist: colegio 1 ‘Schule’ → N / A: colegial ‘del colegio; que va al colegio’ colegio 2 ‘Berufsverband’ → V: colegiarse ‘organizarse los individuos formando un colegio’ → N / A: colegiado ‘que pertenece a un colegio’ 50 Schließlich können z. B. bei Verben die Subkategorisierung, d. h. ihr “Bauplan”, herangezogen werden, cf. das Beispiel tratar (dazu auch Escobedo 1994, 34 ff.). Für dieses Verb können wir zumindest neun Standardverwendungen feststellen: 51 50 Dasselbe gilt für bajo: bajo → bajura ‘Niedrigkeit’ vs. bajo → bajeza ‘Gemeinheit, Niedertracht’. 51 Die eckigen Klammern geben die semantischen Merkmale an, die für die verschiedenen die Leerstellen (Subjekts-, Objektsposition etc.) besetzenden Aktanten gefordert sind: hum- = menschlich; anim- = belebt; etc. Schrägstriche verwenden wir, wenn keine spezielle Subkategorisierung notwendig ist. 55 4.5 Paradigmatik (1) [+ hum] tratar / obj/ ‘mit etw./ jmd. umgehen, jmd./ etw. behandeln’ (saber tratar los animales) (2) [+ hum] tratar [+ cosa] ‘etwas behandeln, in einer bestimmten Art verwenden’ (tratar el coche con cuidado) (3) [+ hum] tratar [+ hum] de / attr/ ‘sich an jmd. in einer bestimmten Form wenden (z. B. duzen, siezen)’ (tratar a alg. de tú, de señoría) (4) [+ hum] tratar [+ hum] de / attr/ ‘jmd. als etwas bezeichnen, einschätzen (das Attribut drückt eine negative Einschätzung aus)’ (tratar a alg. de tonto) (5) [+ hum] tratar(se) con [+ hum] ‘mit jem. Kontakt pflegen’ (tratar con la familia) (6) [+ hum] tratar [+ cosa] ‘eine Substanz einer bestimmten Prozedur unterziehen’ (tratar los metales) (7) / Subjekt/ tratar de, sobre, en, 0 [+ cosa] ‘reden, verhandeln, behandeln (Thema)’ (este libro trata de química; trataron la paz etc.) (8) [+ hum] trata de / inf/ ‘versuchen, etw. zu tun’ (traté de resolver el problema) (9) [+ hum] tratar en [+ cosa] ‘mit etwas handeln, etwas vermarkten’ (tratar en ganado) Handelt es sich hier nun um ein Verb mit neun verschiedenen Lesarten oder um neun verschiedene, homonyme Verben? Eine plausible Einschätzung mag wohl irgendwo zwischen diesen Lösungen liegen: Aufgrund semantischer und syntaktischer Kriterien könnte man z. B. (1), (2) und (6) zusammenfassen, ebenso (3) und (4). Die Lesarten (5), (7), (8) und (9) hingegen heben sich bedeutungsmäßig deutlich davon ab. Folgt man diesem Vorschlag, würden sich sechs verschiedene homonyme Verben ergeben. In der lexikographischen Praxis fällt aber die Entscheidung bei diesem Verb durchgehend für Polysemie aus. Damit wird der Etymologie und der semantischen Nähe der Verwendungsweisen von tratar ein größeres Gewicht beigemessen-- zu Ungunsten des syntaktischen Verhaltens. 56 4 Die Inhaltsseite des Lexikons Aus den bisherigen Ausführungen ist deutlich geworden, dass die Abgrenzung selten eindeutig ist, weil die verschiedenen Kriterien häufig miteinander unvereinbar sind. Dementsprechend uneinheitlich präsentiert sich auch die Behandlung des Problems in Wörterbüchern: Sofern ihre Entscheidungen nicht von Überlegungen zu den Bedürfnissen der potentiellen Benutzer geleitet sind, spiegeln sie die theoretischen Unsicherheiten der Semantiktheorie (cf. Zöfgen 1989). So paradox dies erscheinen mag, schließlich bedarf auch die bisher als unproblematisch vorausgesetzte Abgrenzung zwischen Monosemie (eventuell mit Kontextvarianz) und Polysemie einiger Präzisionen. Von Polysemie spricht man nur dann, wenn deutlich abgrenzbare lexikalisierte Bedeutungen mit unterschiedlichen Referentenklassen vorliegen (z. B. cine ‘establecimiento público donde se proyectan películas’, cine ‘técnica, arte e industria de la producción de películas’), die gegebenenfalls einer Disambiguierung durch den Ko- oder Kontext bedürfen (las hojas revolotearon: die Blätter eines Baumes oder Blätter Papier in einem Büro? ), nicht jedoch, wenn das Konzept per se vage ist und sich dadurch unterschiedliche Bezeichnungsmöglichkeiten ergeben. Der Unterschied zwischen Polysemie und Vagheit lässt sich gut am Beispiel des Adjektivs adulto erklären. Laut DRAE (2014, s. v.) ist es polysem und hat drei Bedeutungen: (1) Dicho de un ser vivo: Que ha llegado a la plenitud de crecimiento o desarrollo. (2) Llegado a cierto grado de perfección, cultivado, experimentado. (3) Dicho de un animal: Que posee plena capacidad reproductora. Die drei Bedeutungen sind klar voneinander unterscheidbar, sodass man der RAE in ihrer Analyse sicher zustimmen kann. Bei den Bedeutungen (1) und (2) liegt jedoch auch Vagheit vor, denn das höchste Ausmaß des Wachstums oder der Entwicklung bzw. ein bestimmter Grad an Perfektion lässt einen gewissen Spielraum zu, der es z. B. erlaubt, das Adjektiv in seiner ersten Bedeutung im einen Fall schon auf eine 18-jährige, in einem anderen Fall aber vielleicht erst auf eine 21-jährige Person anzuwenden. Es liegen hier keine konstanten Lesarten vor. 52 Wer von Polysemie ausgeht, postuliert einen Zusammenhang zwischen den verschiedenen Bedeutungen. Dieser Zusammenhang sowie die zentrale Frage, wie die Bedeutung polysemer Ausdrücke kognitiv repräsentiert ist, wird in der Forschung auf unterschiedliche Weise gesehen (cf. Lutzeier 1997, 386 f.; Vicente / Falkum 2017, 18-23): ▶ Bei sog. Zwei-Ebenen-Ansätzen wird davon ausgegangen, dass es eine einheitliche Repräsentation für alle Lesarten gibt. Für die einheitliche Basisrepräsentation der Bedeutung finden sich in der Forschung drei unterschiedliche Sichtweisen (cf. Vicente / Falkum 2017, 22): (i) Es handelt sich i. e. S. um eine Kernbedeutung, die unterspezifiziert ist und jene Merkmale enthält, die alle Lesarten teilen. 52 Zur Problematik der Abgrenzung zwischen Polysemie und Vagheit sowie möglichen Tests cf. Geeraerts (2017, 3-4). 57 4.5 Paradigmatik (ii) Die Grundbedeutung umfasst alle verschiedenen Lesarten, von denen im Kontext die relevante aktualisiert wird. (iii) Jeder polyseme Ausdruck hat eine wörtliche Bedeutung, von der die verschiedenen Lesarten regelgebunden oder durch pragmatische Inferenz abgeleitet werden. Warum in solchen Ansätzen zwei Ebenen zum Tragen kommen, ist leicht nachvollziehbar, unterscheiden sie doch mehr oder weniger explizit zwischen der Bedeutung und dem Gebrauch bzw. der semantischen und der konzeptuellen Ebene. Die in (iii) genannte Auffassung erinnert an jene der strukturellen Semantik, z. B. Dietrich (1997), der zwischen der einheitlichen Systembedeutung (Postulat der Symmetrie des sprachlichen Zeichens: Einem signifiant entspricht ein signifié) und den verschiedenen Normbzw. Redebedeutungen unterscheidet, wobei Norm hier im Sinne von Coserius Trichotomie System-- Norm-- Rede zu verstehen ist: “Nicht die Vielheit der Bedeutungen, sondern die volle Ausnutzung des virtuellen Bedeutungsumfangs eines Lexems ist gegeben” (Dietrich 1997, 235). In gemäßigteren Zwei-Ebenen-Ansätzen wird nicht geleugnet, dass Polysemie auf der semantischen Ebene verankert sein kann; feiner ausdifferenzierte Lesarten werden allerdings der konzeptuellen Ebene (Erfahrung, Weltwissen) zugewiesen (z. B. Schepping / Schwarze 1995 am Beispiel des frz. Verbs arriver). Die letztere Sicht geht nicht von einer prinzipiell universellen konzeptuellen Ebene aus und wird deshalb z. B. mit zwischensprachlichen Unterschieden - Schule hat nicht dieselbe Polysemie wie escuela-- besser fertig. ▶ Unter den verschiedenen Bedeutungen gibt es eine Art prototypische Kernbedeutung 53 (“central member”), die mit allen anderen über “links defined by image-schema transformations and metaphors” verbunden ist; Grundprinzip dieser “radial structured category” (Lakoff 1987, 460) ist die Familienähnlichkeit. Polysemie wird hier auf der Inhaltsebene angesiedelt, d. h. es handelt sich um einen Ein-Ebenen-Ansatz. ▶ Für jede Form sind mehrere zentrale Lesarten zugelassen; die übrigen Lesarten sind netzartig mit allen anderen verbunden. Eine Kernbedeutung wird nicht angenommen. Auch hier bietet sich die Familienähnlichkeit als Metapher für die Verbindung der verschiedenen Lesarten an. Diesem u. a. von P. R. Lutzeier vertretenen Ansatz gemäß, der ebenfalls einen Ein-Ebenen-Ansatz darstellt, ist lexikalische Bedeutung “Struktur über Lesarten” (1995, 49). 54 53 Die Verwendung des Begriffs Prototyp entspricht hier der sog. erweiterten Version der Prototypensemantik (cf. Kleiber 1993): Es handelt sich eher um eine metaphorische Verwendung, weil es hier um Bedeutungen geht und der Prototyp keinen “besten Vertreter” darstellt. 54 Ähnlich auch die Darstellung in Blank (2001, 107): “Jede lexikalisierte Bedeutung eines Wortes kann verschiedene Relationen zu anderen Bedeutungen dieses Wortes unterhalten, ohne dass alle Bedeutungen dieses Wortes in semantischen Beziehungen zueinander stehen müssten oder einen gemeinsamen ‘Kern’ haben müssten”. 58 4 Die Inhaltsseite des Lexikons Die Schwäche von Zwei-Ebenen-Ansätzen zeigt sich z. B. bei stark ausgeprägter Polysemie (z. B. tratar) und bei polysemen Lesarten mit Gegensinn: 55 Wenn man von einer Kernbedeutung ausgeht, müssen bei extremer Polysemie entweder sehr abstrakte und gegebenenfalls nicht mehr distinktive Grundbedeutungen angenommen werden, die auf andere Lexeme auch zutreffen können, oder sehr umfassende Gesamtbedeutungen angenommen werden. Im Fall von Gegensinn erfordern Zwei-Ebenen-Ansätze ebenfalls entweder das Postulat sehr abstrakter Grundbedeutungen oder Widersprüche zulassende Gesamtbedeutungen. Ein-Ebenen- Ansätze, insbesondere wenn sie auf die Annahme einer Kernlesart verzichten, kommen mit diesen Problemen besser zurecht (cf. Egg 1994; Lutzeier 1997). In der v. a. psycholinguistischen Forschung dominieren jedoch eindeutig Zwei-Ebenen-Ansätze. Wenn es sich um Bedeutungsübertragungen handelt, werden die Beziehungen zwischen verschiedenen Lesarten traditionellerweise mit den Begriffen der antiken Rhetorik beschrieben; besonders wichtig sind: Metapher (die Beziehung beruht auf Ähnlichkeit; z. B. nacimiento ‘acto y efecto de nacer’ und ‘principio’), Metonymie (z. B. Kontiguität der Referenten, universidad ‘edificio’ und ‘institución’) und Synekdoche (Inklusion oder Teil-von-Beziehung; alma ‘parte no material del ser humano’ und ‘persona’). 56 Die Ausgliederung von verschiedenen Bedeutungen eines Lexems kann verschiedenste Ursachen haben (cf. Fernández et al. 1989, 86 ff.): Spezialisierung in Fachsprachen oder fachsprachennahen Kontexten (z. B. intereses ‘Zinsen’; ‘Interessen’), Sprachkontakt (z. B. forma ‘aspecto exterior’; ‘buenas condiciones físicas o mentales’, englischer Einfluss) oder die schon erwähnte Reinterpretation von Homonymen. 4.6 Syntagmatik Dass die Bedeutung(sstruktur) von Lexemen große Auswirkung auf ihr syntaktisches Verhalten haben muss, leuchtet intuitiv sofort ein. Der Bereich der syntagmatischen Beziehungen umfasst die lexikalischen Solidaritäten und Selektionsrestriktionen, Kollokationen sowie Funktionsverbgefüge. 4.6.1 Lexikalische Solidaritäten Lexikalische Solidaritäten sind “syntagmatische Implikationen zwischen Wörtern” (Coseriu 1967, 293), d. h. dass bestimmte lexikalische Einheiten (Lexeme, Archilexeme oder Klassen) in anderen mitenthalten sind. So impliziert ladrar automatisch perro, und morder beinhaltet [con los dientes]. Zwischen den beiden Beispielen besteht jedoch ein grundlegender Unterschied: Während perro als unterscheidender Zug von ladrar eine Opposition zu relinchar (impliziert caballo) oder rugir (impliziert z. B. león) schafft, gilt dies nicht für [con los dientes] in der Bedeutungsstruktur von morder, da Beißen eben nur mit den Zähnen möglich ist. Daraus 55 Gegensinn bezeichnet den Umstand, dass polyseme Lesarten sozusagen in antonymischer (konverser) Beziehung zueinander stehen, z. B. alquilar ‘tomar en alquiler’ vs. alquilar ‘dar en alquiler’. 56 Cf. dazu insbesondere Blank (2001, 105 f.), der sieben Formen der lexikalischen Polysemie unterscheidet. 59 4.6 Syntagmatik erklärt sich auch, dass morder con los dientes als Phrase in der Regel inakzeptabel (weil pleonastisch) erscheint, el caballo relincha hingegen nicht. Nach Coseriu (1967, 299 ff.) können drei Typen von Solidaritäten unterschieden werden: ▶ Bei der Affinität fungiert die Klasse als unterscheidender Zug, also ein sehr globales semantisches Merkmal. In der Bedeutung von guapo ist z. B. das Merkmal [von Menschen] enthalten; seine Quasi-Synonyme lindo und bonito sind diesbezüglich nicht eingeschränkt. ▶ Selektion: Hier hat das Archilexem (bzw. Archisemem) eine determinierende Rolle, z. B. pájaro in der Bezeichnung für die Mundöffnung (pico); für morro oder hocico (‘Maul’ bzw. ‘Schnauze’) existiert nur ein determinierendes Archisemem, das man tentativ mit “vierbeiniges Wirbeltier” beschreiben kann. Ein anschauliches Beispiel liefert auch die Bezeichnung für den Fuß bei verschiedenen Tieren: pata vs. casco (speziell beim Pferd) vs. pezuña (bei Paarhufern) vs. garra (bei Greifvögeln und Raubtieren). Ein engeres Feld wäre “caballo”, das Farbadjektive für seine Vertreter (rocín ‘Klepper, Gaul’, potro ‘Fohlen’, yegua ‘Stute’, semental ‘Zuchthengst’ etc.) determiniert: alazán ‘rotbraun’, bayo ‘falb’. ▶ Bei der Implikation schließlich determiniert ein einziges Lexem, was relativ selten vorkommt: blond trägt als unterscheidenden Zug [für Haar]; ähnlich verhält es sich mit sp. rubio, das nur mit pelo (bzw. cabello) verträglich ist. Die durch die Solidaritäten verursachten Einschränkungen der lexikalischen Kombinatorik werden auch als Selektionsrestriktionen bezeichnet. Werden diese Restriktionen durchbrochen, kann es zu besonderen semantischen Effekten kommen (Metapher). 57 Bei den Solidaritäten bzw. Selektionsrestriktionen kann es ausgeprägte zwischensprachliche Unterschiede geben; hierzu nur ein Beispiel: schlachten und töten haben auf einer sehr abstrakten Ebene dieselben klassematischen Restriktionen (=-Affinität), da sie nur mit einem Akkusativobjekt verträglich sind, das ein Lebewesen bezeichnet. Darüber hinaus kommt bei schlachten noch [bei Tieren] als zusätzliche klassematische Determinierung dazu. Im Spanischen gilt für matar eine identische, sehr abstrakte Affinität, die speziellere, in Bezug auf die Klassen [menschlich]-- [belebt] existiert nicht, sodass matar den Bedeutungsbereich der beiden deutschen Verben umfasst. 4.6.2 Eingeschränkte Kombinatorik: Kollokationen, lexikalische Funktionen, Funktionsverbgefüge und Verwandtes Der Begriff Kollokation zur Bezeichnung von Wortverbindungen, bei denen zwischen den Partnerwörtern eine-- wie wir sehen werden-- schwer zu definierende Affinität besteht, wurde in den 70er und 80er Jahren des 20. Jahrhunderts von Franz Josef Hausmann (1976, 1979, 1984 57 Allerdings können sich bei allen Formen der lexikalischen Solidarität im Laufe der Zeit Restriktionsabschwächungen einstellen. Aufgrund der Farbähnlichkeit verbindet sich z. B. rubio auch mit cerveza: cerveza rubia ‘helles Bier’, sein französisches Äquivalent blond, für das prinzipiell dieselbe Beschränkung gilt, z. B. auch mit tabac. 60 4 Die Inhaltsseite des Lexikons etc.) in die romanistische Diskussion eingeführt und hat sich rasch fest etabliert. Hausmann hat dabei den aus der britischen kontextualistischen Schule (J. R. Firth) stammenden Begriff collocation neu gefüllt: Er bezeichnet jetzt nicht mehr jegliche Form von lexikalischer Kookkurrenz, sondern Verbindungen, wie sie der Saussure-Schüler Charles Bally unter dem Titel “séries phraséologiques” bzw. “groupements usuels” in seinem Traité de stylistique (1909) beschreibt: désirer ardemment (sp. desear fervientemente), chaleur suffocante (sp. calor sofocante), caresser une idée (sp. acariciar una idea) etc. Wesentlich bei diesen Wendungen ist, dass sie nicht opak sind und bevorzugte Versprachlichungen der jeweiligen Sachverhalte darstellen. Für Muttersprachler sind sie in der Regel unauffällig, Fremdsprachenlerner hingegen scheitern oft an ihnen, weil es zahlreiche zwischensprachliche Unterschiede gibt. Einer anscheinend nicht auszurottenden Irrmeinung zufolge handelt es sich um besonders häufige Verbindungen. Dass viele Sachlexika der Linguistik die Frequenz als Definiens nennen, hängt wohl mit der Verwendung von collocation in quantitativ ausgerichteten lexikologischen Arbeiten vor allem anglistischer Provenienz zusammen. Mit dem von Hausmann propagierten Verständnis von Kollokation ist ein oberflächliches Auszählen von Häufigkeiten nicht vereinbar und führt auch unter lexikographischen Gesichtspunkten (Datenerhebung) zu keinen brauchbaren Ergebnissen: Er konnte etwa nachweisen (Hausmann 1985a), dass unspezifische Verbindungen, z. B. Angst machen, viel häufiger sind als spezifische, in ihrer Kombinatorik eingeschränkte (Angst einflößen). Frequenzuntersuchungen machen keinen Sinn, wenn die Kollokation die einzige übliche Versprachlichung des Sachverhaltes ist (z. B. gibt es kaum strukturell mehrgliedrige Alternativen zu asumir una responsabilidad), können jedoch interessant sein, wenn mehrere äquivalente Kollokationen für denselben Sachverhalt zur Verfügung stehen: anular, cancelar, rescindir un contrato; dar, atribuir importancia a; echar, pronunciar un discurso etc. Kollokationen als ein besonderer Typ von im mentalen Lexikon global gespeicherten Wortverbindungen müssen einerseits gegenüber freien Verbindungen abgegrenzt werden, weil sie ihnen strukturell ähneln, und andererseits auch von Phraseologismen und Wortbildungsprodukten unterschieden werden. Mit letzteren verbindet sie sowohl der Status im mentalen Lexikon als auch die formale Ähnlichkeit. Zu einer ersten Abgrenzung eignet sich das folgende, aus Hausmann (1984, 399) entnommene Schema: 61 4.6 Syntagmatik Wortverbindung fixiert nicht fixiert Wortbildung Phraseologismus libro de bolsillo; Kombination pagar el pato konter-affin affin frei hambre garrafal cometer un crimen hablar de un crimen pelar la memoria echar un discurso escribir un discurso (“Konterkreation”) (Kollokation) (“Ko-Kreation”) Komplexe Wörter, die nach syntagmatischen Prinzipien gebildet wurden, zeichnen sich wie Phraseologismen durch einen hohen Grad an innerer Kohärenz aus, Konterkreationen sind nicht lexikalisierte Verbindungen, bei denen semantische Beschränkungen verletzt werden, und Ko-Kreationen stellen weitestgehend freie Produkte der Sprecherkreativität dar, denen nur die erwartbaren semantischen Beschränkungen zugrundeliegen (schreiben kann man vieles, und sprechen kann man über fast alles-…). Die relevanten Strukturtypen für Kollokationen sind nach Hausmann (1989a, 1010): (1) N + A / A + N: argumento concluyente, carrera fulgurante, deseo imperioso, negocio pingüe, espeso silencio (2) N (Subjekt) + V: la leche se corta, el éxito dimana de-…, una polémica se desata (3) V + N (Objekt): entablar relaciones, adoptar un criterio, desempeñar una función, perseguir una estrategia (4) V + Adv.: negar terminantemente, rogar encarecidamente, restringir excesivamente (5) A + Adv.: firmemente convencido, diametralmente opuesto, estrechamente ligado (6) N + P + N: diente de ajo, enjambre de abejas, grano de arroz, pastilla de jabón Bei allen Strukturtypen wird ein Element als Basis gedacht, das zweite als Kollokator. 58 Diese Unterscheidung beruht auf der Erkenntnis, dass eine Komponente der Kollokation semantisch autonom und deshalb unproblematisch ist, die zweite hingegen Probleme bereiten 58 Nebenbei bemerkt muss eine Kollokation nicht aus zwei Wörtern bestehen; z. B. kann für die Variable V auch eine verbale Fügung eintreten: dar cumplimiento (=-V) a un compromiso (=-N). 62 4 Die Inhaltsseite des Lexikons kann, weil sie idiosynkratisch und somit nicht vorhersehbar sein kann: bei (1)- - (3) gelten die Substantive als Basen, bei (4) und (5) das Verb bzw. das Adjektiv, und bei (6) das zweite Substantiv. Wir können nun auf Basis dieser Klärungen auf das weiter oben bloß angedeutete Problem der Abgrenzung von Kollokationen eingehen. 59 4.6.2.1 Abgrenzung gegenüber Phraseologismen Da sowohl Basis als auch Kollokator übertragene Bedeutungen haben können und die Kollokation als teil- oder vollidiomatisch erscheinen kann, muss als Mindestbedingung festgelegt werden, dass eine Basis mit übertragener Bedeutung auch wendungsextern in dieser Bedeutung auftritt. So kann man z. B. romper el hielo relativ unproblematisch als Phraseologismus ausscheiden, weil hielo in dieser Wendung nicht an eine der regulären Lesarten anbindbar ist. Umgekehrt fällt perder la cabeza in die Kategorie Kollokation, weil cabeza konstant in der Bedeutung ‘Verstand’ auch in anderen Kontexten vorkommt. Wesentlich ist auch das Kriterium der Stabilität: Phraseologismen lassen zahlreiche Transformationen nicht zu (cf. Kapitel 2.2), Kollakationen hingegen können im Rahmen allgemeiner syntaktischer und semantischer Grenzen modifiziert werden: correr un peligro → correr un gran peligro / correr peligros / los peligros que corre usw. 4.6.2.2 Abgrenzung gegenüber Wortbildungsprodukten Zuordnungsprobleme können sich bei den Kollokationen des Strukturtyps (1) und (6) ergeben, da hier formale Ähnlichkeiten zu syntagmatischen Komposita i. w. S. bestehen. Wesentliche Unterschiede gibt es jedoch hinsichtlich der Funktion: Wortbildungsprodukte dienen der Begriffsbildung, Kollokationen versprachlichen komplexe Situationen und setzen verschiedene Konzepte zueinander in Beziehung. Klar ausgeschlossen sind exozentrische Komposita, da sie nicht motiviert sind, schwieriger wird die Abgrenzung von transparenten Verbindungen des Typs Nomen + Relationsadjektiv und Nomen + Präpositionalgruppe (z. B. crimen sexual vs. crimen atroz; carné de identidad vs. diente de ajo). Unter lexikographischen Vorzeichen wird man wohl für ein pragmatisches Vorgehen plädieren müssen, das von Fall zu Fall über den Status einer Verbindung entscheidet (cf. Pöll 1996, 118). 4.6.2.3 Abgrenzung gegenüber freien Verbindungen Dies ist zweifelsohne die heikelste Unterscheidung: Ab wann ist eine Verbindung eingeschränkt? Kann man den Grad der Eingeschränktheit messen? Ein auffallendes Merkmal von Kollokationen besteht darin, dass sie semantisch reguläre Verbindungen von Lexemen sind, anders formuliert: Eigentlich auffällig ist nicht ihre Kombination, sondern der Umstand, dass andere semantisch plausibel erscheinende Verbin- 59 Dazu auch der Überblick in Pöll (1996, 95-119). 63 4.6 Syntagmatik dungen ausgeschlossen sind oder eine andere Bedeutung aufweisen: diente de ajo vs. *dedo de ajo; levantar, verter, difundir, propagar calumnias vs. ? levantar, verter, difundir, propagar falsedades; acariciar una idea ≠ tocar una idea etc. Dass das Frequenzkriterium nicht zur Anwendung kommen kann, haben wir bereits gezeigt. Ein anderer Ansatz könnte darin bestehen, Eingeschränktheit über den Sprachvergleich aufzudecken. In der Tat offenbart sich die beschränkte Kombinatorik sehr gut im zwischensprachlichen Kontrast: acariciar (wörtlich: ‘liebkosen’) una idea vs. dt. mit einer Idee spielen; diente (‘Zahn’) de ajo vs. dt. Knoblauchzehe; tomar (‘nehmen’) una decisión vs. dt. eine Entscheidung treffen. Solange man nur jeweils ein Sprachenpaar heranzieht, zeitigt diese Methode intersubjektiv nachvollziehbare Ergebnisse. Bringt man allerdings mehrere Sprachen ins Spiel, löst sich eingeschränkte Kombinatorik u. U. auf: sp. tomar una decision = frz. prendre une décision; sp. diente de ajo = pt. dente de alho; acariciar una idea = frz. caresser une idée-= pt. afagar uma ideia. Ein anderer, auf den ersten Blick vielsprechender Ansatz sind die von I. A. Mel’čuk entwickelten “lexikalischen Funktionen”: 60 Man versteht darunter sehr abstrakte Bedeutungseinheiten (z. B. sehr, beginnen, fähig sein, realisieren etc.) oder eine semantisch-syntaktische Rolle, die auf ein Basiswort (mot clé oder argument) angewendet wird und in Abhängigkeit von ihm seine je unterschiedliche lexikalische Repräsentation erhält. Lexikalische Funktionen betreffen sowohl die paradigmatische als auch die syntagmatische Dimension der Basiswörter. Mit den lexikalischen Funktionen ( LF ) soll es möglich sein-- so ihr Proponent-- “de décrire d’une façon systématique un vaste ensemble de locutions plus ou moins figées qui ne sont quand même pas des expressions idiomatiques sensu stricto” (Mel’čuk 1984, 6). Eingeschränkte Kombinatorik wird dabei als arbiträr und prinzipiell nicht auf die Bedeutung oder Form der Lexeme zurückführbar verstanden (cf. Mel’čuk 1993, 85). Hier einige Beispiele für die Syntagmatik betreffende LF bzw. Kombinationen von LF (cf. Corpas 1996b, 66 ff.; auch Alonso 1994 / 95): - Func o (viento) = soplar (semantisch leeres Verb ohne Objekt, das die Handlung des Basisworts ausdrückt) - IncepFunc i (epidemia) = declararse (Incep entspricht etwa dem Verb comenzar; Func i : s. o. Func o , aber mit pronominalem Verb) - Oper 1 (atención) = prestar (inhaltsloses Verb, das das Basiswort als erstes Objekt regiert) - Epit (océano) = vasto, inmenso (inhaltsleeres, intensivierendes Epitheton) - Magn (error) = garrafal (Ausdruck des hohen Grades) - CausFunc o (dificultad) = crear Die lexikalischen Funktionen haben augenscheinlich ein großes deskriptives Potential, ob ihre erklärende Kraft für die lexikalische Kombinatorik ebenso ausgeprägt ist, sei dahingestellt. Wir wollen hier nur einige Zweifel anmelden: 1. Mit manchen LF werden Verbindungen als eingeschränkt klassifiziert, die intuitiv als frei erscheinen (z. B. océano inmenso), 2. die Kategorisierung ist zu grob und erlaubt es nicht, die Ebenen, auf denen die Beschränkungen 60 Grundlegende Literatur zu dieser Theorie ist Mel’čuk (1984, 1993, 1998). 64 4 Die Inhaltsseite des Lexikons fixiert sind, zu unterscheiden. Ein Beispiel: Die Funktion Func o wird bei viento mit soplar realisiert, bei silencio mit reinar; liegt hier wirklich eine nicht auf die Semantik der Partnerwörter zurückführbare Beschränkung vor? Offensichtlich erfassen die LF also gleichermaßen Kombinationen, die sachspezifisch und / oder systemhaft sind (cf. Selektionsrestriktionen, Solidaritäten) als auch solche, die durch die Gebrauchsnorm fixiert sind. Die konstatierte Affinität zwischen den Partnerwörtern harrt somit weiterhin einer Erklärung. Wahrscheinlich hat dieser Umstand manche Forscher dazu bewogen, im Zusammenhang mit der Beschreibung von eingeschränkter lexikalischer Kombinatorik vom Konzept Kollokation überhaupt Abstand zu nehmen. So geht etwa Bosque (2004) davon aus, dass es freie Wortverbindungen überhaupt nicht gibt: Jegliche Verbindung gehorche Beschränkungen, und die fundamentalsten sind die Selektionsrestriktionen. Kombinationsbeschränkungen zwischen bestimmten Wörtern, wie sie etwa bei intuitiv als Kollokationen erkannten Verbindungen vorkommen, würden sich daraus ergeben, dass sie nicht aus der intensionalen Definition der Kollokatoren ableitbar sind. Dass derrumbarse ‘einstürzen’ gut zu casa oder pared passt, ist angesichts der Definition dieses Verbs eine triviale Feststellung, und dies gilt wohl auch für seine Kombinierbarkeit mit sueños ‘Träume’ oder esperanzas ‘Hoffnungen’. Offenbar haben die Sprecher aufgrund bestimmter Eigenschaften bzw. semantischer Merkmale der genannten abstrakten Begriffe die Klasse der potentiellen Basen erweitert. Die Beschreibung der Kombinatorik müsse daher auf dem Bereitstellen von extensionaler Information über diese Klassen fußen. Dabei zeigt sich bisweilen eine gewisse, nicht vorhersagbare Idiosynkrasie, da z. B. ein anderes abstraktes Konzept wie dudas-- aus kaum nachvollziehbaren Gründen-- mit derrumbarse schlecht kombinierbar ist: Mit diesem Substantiv ist disiparse ‘sich auflösen’ üblich (cf. zu diesem Problemkomplex Pöll 2008). Die Suche nach einer operationalisierbaren Definition von Kollokation wird sich an den folgenden vier Aspekten orientieren müssen (cf. Irsula 1994): 1. Außersprachliches Wissen oder die Struktur der uns umgebenden Wirklichkeit, die das gemeinsame Auftreten von bestimmten Wörtern als wahrscheinlich und unwahrscheinlich erscheinen lässt; eng damit verbunden ist die Zugehörigkeit von Konzepten (bzw. ihren sprachlichen Realisierungen) zu Wissensframes. 61 2. Systemhafte Beschränkungen in der Sprache im Sinne der Selektionsrestriktionen bzw. klassematischen Restriktionen. 3. Der Einfluss der sozialen bzw. Gebrauchsnorm, wie wir ihn im Zusammenhang mit den lexikalischen Funktionen angedeutet haben. 4. Stilistische und textuell-pragmatische Abhängigkeiten, die auf die Wahl von Partnerwörtern, etwa bei semantisch äquivalenten Auswahlmöglichkeiten, einwirken und die wiederum als Produkt der sozialen Norm auf der stilistisch-pragmatischen Ebene aufzufassen sind. 61 Damit bezeichnet man globale Wissenskontexte und Handlungsabläufe, die als Standardsituationen zum menschlichen Erfahrungsschatz gehören (z. B. die Frames “den Hund Gassi führen”, “im Restaurant essen”, “eine Arztpraxis betreten” etc.). Frames bestehen aus rekurrenten, erwartbaren Handlungen und Reaktionen. In sprachlicher Hinsicht wird zu einem Frame gerechnet, was zur Versprachlichung einer solchen Standardsituation dient. Cf. dazu den informativen Überblick in Blank (2001, 54 ff.). 65 4.6 Syntagmatik Mit den oben diskutierten LF werden nicht nur Kollokationen erfasst, sondern auch die in der germanistischen Terminologie als Funktionsverbgefüge ( FVG ) bezeichneten Fügungen des Strukturtyps V + N: Se trata de casos en que el nombre complemento lleva prácticamente toda la carga semántica del predicado, mientras que el verbo apenas sirve para otra cosa que para dar a este predicado su forma canónica de sintagma verbal. (Piera / Varela 1999, 4415) Die häufigsten in Frage kommenden Verben sind estar, dar, hacer, poner und tomar: (1) estar en movimiento-- moverse dar un abrazo-- abrazar hacer una pregunta-- preguntar poner en ridícula-- ridiculizar tomar disposiciones-- disponer (2) hacer hincapié en-- subrayar hacer fuego-- disparar Meist hat die Fügung - cf. die Beispiele unter (1)-- ein entsprechendes, mit dem Substantiv des FVG stammverwandtes Einzelverb an ihrer Seite. 62 Die besondere Leistung der Funktionsverbgefüge (cf. Wotjak 1998a, 269 ff.) besteht oft in einer aspektuellen / aktionsartmodifizierenden Paraphrase des Einzelverbes, wobei Reihenbildungen vorkommen: estar / poner / entrar en funcionamiento. Die FVG werden zwar vielfach als unnötig oder überflüssig diskreditiert, 63 ihre Funktion erschöpft sich aber nicht in einer Verstärkung der Bedeutung im Vergleich zum Einzelverb, sondern sie erlauben durch die Expansionsmöglichkeiten für das Substantiv den Ausdruck vielfältiger Nuancen, die beim Einzelverb mit Hilfe von Adverbien wiedergegeben werden müssten. Absolute und totale Synonymie zwischen FVG und Einzelverb sind nicht immer gegeben (cf. Piera / Varela 1999, 4416), weil die Paraphrasen anders lexikalisiert sein können: Aquí *hacen reposo / reposan los restos mortales de X. hacer intención de algo ‘etwas planen’ vs. intentar algo ‘etwas versuchen’ hacer huelga ‘streiken’ vs. holgar ‘Urlaub machen, frei haben’ hacer un llamamiento ‘eine Aufruf machen’ vs. llamar ‘rufen’ 62 Es handelt sich in der Regel um deverbale Substantive. 63 Im Deutschen gelten sie als wesentliches Merkmal des viel geschmähten “Papierdeutsch”; für das Spanische verweisen wir auf die schon sehr frühe Bemerkung des berühmten spanischen Grammatikers Vicente Salvá in seiner Gramática de la lengua castellana según ahora se habla (1830; 8 1847): Er betrachtet es als “harto notable”, dass “muchas veces los verbos hacer o poner, unidos a algún sustantivo o adjetivo, suplen a los verbos simples, por ejemplo, hacer distinción por distinguir, hacer honor por honrar, poner en duda por dudar, poner en ridícula por ridiculizar, ponerse desesperado por desesperarse, etc.” (zit n. Casado 1995, 159). Zeitgenössische Kritiker stigmatisieren solche Strukturen als Ausdruck von “ampulosidad” (Lázaro Carreter 1977, 24) oder von Fall zu Fall als “pobreza” oder “petulancia” (Casado 1995, 159). 66 4 Die Inhaltsseite des Lexikons Nicht selten füllen V + N-Verbindungen dieses Typs auch Lücken, d. h. ihnen steht kein einfaches Verb gegenüber: dar cabida ‘fassen, Raum geben, aufnehmen’-- Ø hacer bulto ‘viel Platz benötigen’-- Ø hacer cola ‘Schlange stehen’-- Ø 67 5.1 Historische Schichtung 5 Zur diasystematischen Schichtung / Struktur des spanischen Wortschatzes 5.1 Historische Schichtung Als Summe aller individuellen Wortschätze der über 400 Mio. Spanischsprechenden in der Welt liegt der Gesamtwortschatz des Spanischen heute auf jeden Fall jenseits der 80 000er- Grenze. Diese Vermutung beruht auf der Zahl der Einträge in den großen Gebrauchswörterbüchern, die zwischen 60 000 und 80 000 Wörter verbuchen (cf. Metzeltin 1992, 440). Im Vorwort der 21. Auflage des Wörterbuchs der Real Academia Española ( DRAE 21 1992) ist von 83 500 Einträgen die Rede, die darauffolgende von 2001 verzeichnet rund 88 000 Wörter, und die 23. Auflage vereint etwa 93 000 Lemmata ( DRAE 23 2014). Dazu kommen noch die unzähligen Phraseologismen, die keine Haupteinträge haben. Der die Zeit vom 12. bis zum 20. Jahrhundert abdeckende Thesaurus von Martín Alonso (Enciclopedia del Idioma, erstmals 1958) verzeichnet 300 000 Wörter, von denen natürlich viele heute nicht mehr in Gebrauch sind. Zum Vergleich: Ein einzelner Sprecher verfügt, wenn er gebildet ist, vermutlich über nicht mehr als 30 000 bis 50 000 Wörter. Rund 10 000 lexikalische Einheiten übernimmt jede romanische Sprache direkt aus dem Wortschatz des Lateins, der sich vom Beginn der Überlieferung bis zum 6. Jahrhundert auf ungefähr 50 000 Lexeme beläuft (cf. Müller 1987, 313). Das Spanische bewahrt von den 1000 häufigsten (schriftsprachlich belegten) lateinischen Wörtern der zentralen Wortarten Substantiv, Verb und Adjektiv heute noch 633 und liegt damit zum Beispiel deutlich vor Französisch mit 488 (cf. Stefenelli 1992, 218). Interessant ist auch die im Vergleich zu anderen Sprachen (wiederum insbesondere Französisch) relativ schwache Dynamik der Wortschatzentwicklung seit dem Mittelalter: Vom Wortschatz des Nationalepos Cantar de Mio Cid (12. Jhdt.) existieren heute noch 77 % (cf. Messner 1979, 47). Für die Beschreibung der historischen Schichtung des spanischen Wortschatzes ist es sinnvoll, fünf Kategorien von Lexemen anzunehmen: Erbwörter, halbgelehrte Wörter, gelehrte Wörter, Neubildungen und Entlehnungen. (1) Erbwörter: Darunter versteht man jene Wörter, die das Spanische direkt aus dem (Vulgär-)Latein übernommen hat und die in der Folge alle typischen Lautwandelprozesse des Spanischen mitgemacht haben. Die überwiegende Zahl der 50 häufigsten Wörter des Spanischen (cf. Juilland / Chang-Rodríguez 1964, 385), die im Übrigen zu 96 % Funktionswörter (48 von 50) sind, gehören zur Gruppe der Erbwörter. Unter den 5000 häufigsten Wörtern findet sich noch immer 23,5 % erbwörtlich tradiertes Material (cf. Berschin et al. 2012, 289), und von den oben genannten 633 bewahrten Lexemen sind 341 als erbwörtlich einzustufen. Ganz deutlich als Erbwörter zu erkennen sind z. B. poder (< vlat. *potēre), hombre (< homine), boca (< bŭcca), consejo (< consiliu) oder cielo (< caelu). Neben diesen Erbwörtern lateinischen Ursprungs gibt es aber zahlreiche nicht lateinische Lexeme, die innerhalb des Lateins Lehnwörter waren, hauptsächlich Lexeme keltischen, germanischen und in der Regel 68 5 Zur diasystematischen Schichtung / Struktur des spanischen Wortschatzes nicht näher klassifizierbaren iberischen Ursprungs. Ursprünglich Keltisch sind beispielsweise carro (< carru), camisa (< camisia), camino (< camminu), legua (< leuga), pieza (< pettia), pico (< beccus), cerveza (< cervesia), cabaña (< capanna), gancho, álamo usw. (Bei den letzten beiden Wörtern ist die keltische Filiation nicht gesichert). Zu den noch immer ungeklärten Problemen gehört die Frage nach der Stellung des Baskischen, das als einzige vorindogermanische Sprache der Iberischen Halbinsel überlebt hat. Von diesen Sprachen übernimmt das peninsulare Latein eine ganze Reihe von Wörtern, deren Etymologie 64 bis heute nicht ganz geklärt ist, die aber z. T. einen Zusammenhang mit dem Baskischen vermuten lassen: izquierdo (cf. bask. ezker), vega (cf. bask. ibaiko ‘Ufer’), arroyo (< arrŭgia, präromanischen Ursprungs), conejo (< cŭnĭcŭlu, iberischen Ursprungs), cama (cf. bask. kame), bruja (< *brūxa; präromanisch), manteca (< *mantēcca, präromanisch) etc. Jahrhundertelange, teils kriegerische, teils friedliche Beziehungen zwischen den Römern und Germanen haben zur Entlehung zahlreicher germanischer Wörter durch das Latein geführt; viele davon sind aufgrund der Verbreitung durch das Vulgärlatein in mehreren romanischen Sprachen anzutreffen, z. B. blanco (cf. dt. blank), guardar (< *wardōn, cf. dt. warten ‘pflegen’), guerra (< *werra, cf. dt. Wirren), robar (< *raubōn), guisa (< wīsa, cf. dt. Weise). Zur erbwörtlichen Schicht gehören auch die Entlehnungen des Lateinischen aus dem Griechischen: cada (< vlat. cata), cesta (< cista), bodega (< apotheca), pena (< poena), espada (< spatha), cámara (< vlat. camăra) uvm. (2) Halbgelehrte Wörter / Semikultismen: Diese Schicht steht den Erbwörtern insofern sehr nahe, als sie ebenfalls durch ungebrochene Kontinuität mit dem Lateinischen gekennzeichnet ist. Allerdings machen diese Wörter nicht alle typischen Lautwandelprozesse mit; der Grund dafür ist nicht etwa in der Analogie zu suchen, sondern in ihrer Zugehörigkeit zu latein- und damit schriftnahen Domänen wie Kirche und Administration. Diese Nähe-- und das heißt nichts anderes als die Aussprache und Schreibung durch Lateinkundige-- bewirkte eine teilweise Bewahrung (bzw. Wiederherstellung) der ursprünglichen graphischen und lautlichen Gestalt. So müssten eigentlich lat. mĭssa, crŭce, epĭscopu und cŭlpa Formen wie *mesa, *croz, *obespo und *colpa ergeben haben, da die lateinischen Kurzvokale im Zuge des sog. Quantitätenkollapses geöffnet wurden. Die heute belegten spanischen Wörter lauten aber misa, cruz, obispo und culpa, bewahren also den Vokalismus des lateinischen Etymons (cf. dazu Lüdtke 1964). “Unregelmäßigkeiten” in der Lautgestalt von Wörtern, die solchen Sphären nicht angehören-- man denke z. B. an das Paar pensar / pesar (< pensare; Bewahrung bzw. Schwund von <n> vor <s>, Vokalalternanz bei pensar, nicht bei pesar)-- haben andere Ursachen. 65 64 Die wichtigste Referenz zur spanischen Etymologie ist-- trotz so mancher Vorbehalte und Detailschwächen-- das sechsbändige Wörterbuch von J. Corominas und J. A. Pascual (Diccionario crítico etimológico castellano e hispánico, DCECH ) in seiner aktualisierten Auflage (1980-1991). Nützlich auch: García de Diego ( 3 1992). Als Grundlagenwerk zu Etymologie und Geschichte des spanischen Wortschatzes empfiehlt sich Dworkin (2012). 65 Im konkreten Fall wurde die wohl seit der romanischen Frühzeit bestehende Polymorphie systematisch zur Bedeutungsdifferenzierung eingesetzt (cf. Wright 1976 und zur gesamten Problematik die Überblicksdarstellungen im Lexikon der romanistischen Linguistik: Raible 1996 und Lüdtke 1998). 69 5.1 Historische Schichtung (3) Gelehrte Wörter (Buchwörter)/ Kultismen: Dabei handelt es sich um Entlehnungen aus dem (klassischen) Latein zur Bezeichnung neuer Begriffe. Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom lateinischen Kultursuperstrat. Von gelehrten Entlehnungen bzw. Wörtern zu sprechen, macht erst ab dem Ende des 11. Jahrhunderts Sinn, da vor der Übernahme der Prinzipien der karolingischen Reform durch das Konzil von Burgos (1080) nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Volkssprache in Spanien als eigene, vom Latein zu unterscheidende Sprache aufgefasst wurde. Seit der Zeit Alfons’ des Weisen (Alfonso el Sabio, König von 1252 bis 1284) sind gelehrte Wörter leicht zu erkennen, da ab dieser Zeit die Graphie einigermaßen stabil ist und sich die nur minimal an das phonologische und graphische System angepassten Entlehnungen dadurch deutlich abheben (cf. Penny 2002, 257 f.). Epochen, in denen besonders intensiv aus dem Lateinischen entlehnt wurden, waren das 13., das 15.-17. sowie das 18. Jahrhundert. Die Beispiele der folgenden chronologisch geordneten Auswahl stammen u. a. aus Penny (2002, 258 f.) und Patterson (1982, 8)-- wir geben grundsätzlich die modernen Schreibformen an: ▶ 13. Jhdt.: argumento, condición, confortar, violencia, castidad, bendición, claridad, criatura ▶ 14. Jhdt.: adversario, ánima, cotidiano, herencia, manifestar, original ▶ 15. Jhdt.: presencia, fulgente, húmedo, epitafio, mente, nebuloso, acuático, filial ▶ 16. Jhdt.: ambición, dócil, objeto, provenir, superstición ▶ 17. Jhdt.: aplausos, cándido, digital, esplendor, fábrica, nocturno, ostentar, museo ▶ 18. Jhdt.: amputación, caries, proyección, uniforme, monetario, oculista usw. Über das Latein bzw. ab dem 18./ 19. Jahrhundert vornehmlich über andere europäische Kultursprachen (insbesondere Französisch und Englisch) wurden auch Gräzismen vermittelt: monasterio (11. Jhdt.), abismo (13. Jhdt.), bautizar (13. Jhdt.), cátedra (13. Jhdt.), profeta (13. Jhdt.), biblioteca (15. Jhdt.), cilindro (15. Jhdt.), epilepsia (15. Jhdt.), símbolo (17. Jhdt.), crisis (18. Jhdt.), sinfonía (18. Jhdt.) usw. Entlehnungen aus dem Latein führen zu Doubletten, wenn das betreffende Wort schon erbwörtlich oder als Semikultismus existiert: cosa vs. causa, recobrar vs. recuperar, hebra vs. fibra, horma vs. forma, seglar vs. secular, madera vs. materia, colgar vs. colocar, muchedumbre vs. multitud usw. Solche Wortpaare repräsentieren das gleiche Etymon, haben aber eine semantische Differenzierung erfahren. (4) Neubildungen: Sie machen den überwiegenden Teil des spanischen Wortschatzes aus. Wir können hier nur auf einige grundlegende Aspekte eingehen: Die Bildung neuer Wörter, wie sie im Kapitel 3 kurz umrissen wurde, betrifft sowohl den Bestand an lexikalischen Wörtern als auch das Reservoir der grammatischen Wörter. Alle wichtigen Verfahren der Wortbildung (Komposition, Suffigierung, Präfigierung, Parasynthese) sind seit der Frühzeit belegt und betreffen sowohl erbwörtliche als auch entlehnte Basen. Neue Funktionswörter bildet das Spanische meist durch Komposition, z. B. usted ← vuestra + merced (mit phonologische Erosion; 15. Jhdt.); desde ← des (< de + ex) + de (12. Jhdt.); hacia ← faze (< facies) + a (12. Jhdt.); vosotros ← vos + otros (14. Jhdt.). 70 5 Zur diasystematischen Schichtung / Struktur des spanischen Wortschatzes Wesentliche Veränderungen im Laufe der Zeit gibt es vor allem, was die Produktivität angeht. So war auch schon im Mittelalter die 1. Konjugation (Themavokal -a-) bei der Bildung neuer Verben am häufigsten, damals konnten aber auch noch mit -ec(er) neue Verben gebildet werden, z. B. establecer (12. Jhdt.), enriquecer (13. Jhdt., parasynthetisch) oder favorecer (15. Jhdt.). (5) Entlehnungen: Die wichtigsten Spendersprachen für das Spanische waren bzw. sind das Arabische, das Französische, das Italienische und das Englische sowie-- in der Zeit der kolonialen Expansion verschiedene amerindische Sprachen. Entlehnungen aus dem Germanischen sind quantitativ weniger bedeutend, da die Westgoten, das wichtigste germanische Superstratvolk, zur Zeit der Besitznahme der Iberischen Halbinsel (ab dem 6. Jhdt.) bereits weitgehend romanisiert waren. Deshalb verdankt ihnen das Spanische heute abgesehen von ein paar Wörtern des Gemeinwortschatzes (z. B. ataviar ‘schmücken‘ < taujan; brote ‘Knospe’ < *brut, cf. dt. Spross; espuela ‘Steigbügel’ < *spaúra; espeto ‘(Brat-)Spieß’ < *spĭtus, cf. dt. Spieß; ganso < gans; lúa ‘guante’ < *lōfa ‘Handfläche’) hauptsächlich Anthroponyme (Personennamen; z. B. González, Alfonso, Ramírez, Hernández). Mit etwa 4000 Entlehnungen stellt das Arabische 66 eine beträchtliche Bereicherung des spanischen Wortschatzes dar. Allerdings darf man sich von dieser hohen Zahl, die alle Typen von Entlehnungen, Ableitungen sowie auch die heute nicht mehr gebräuchlichen Arabismen umfasst, nicht täuschen lassen: Gemessen an den knapp 2 100 Wörtern des spanischen Grundwortschatzes machen die Arabismen nur 0,92 % aus (cf. Kiesler 1994, 70), und unter den 5000 häufigsten spanischen Wörtern (nach Patterson / Urrutibéheity 1972) finden sich gerade 36 Wörter arabischen Ursprungs. Für die Vermittlung sind im Wesentlichen zwei Wege anzunehmen: (1) Übersetzungsprozesse ohne arabophone Umgebung und (2) direkter romanisch-arabischer Sprachkontakt in den von den Mauren besetzten Gebieten (Al-Ándalus) und den rückeroberten Territorien (cf. Ineichen 1997, 12). Nach Metzeltin (1992, 449) sind die Arabismen auf das “plurisecular adstrato árabe y en particular a los miles de mozárabes que ayudaron a repoblar las ciudades cristianas del norte” zurückzuführen. Eine wichtige Rolle kommt also den Mozarabern (sp. mozárabes; Christen in Al-Ándalus, die arabische Sitten und Gebräuche angenommen hatten) zu, die in der Regel zweisprachig waren. Für den ersten Entlehnungsweg sind die Übersetzerschulen des 12. und 13. Jahrhunderts wichtig, in denen über eine volkssprachliche Zwischenstufe aus dem Arabischen ins Lateinische übersetzt wurde. Spätestens als unter Alfons dem Weisen auch die spanische Zwischenstufe aufgezeichnet wurde, war es notwendig, eine einschlägige wissenschaftliche Terminologie zu schaffen. So kam es nicht nur zur Bildung vieler gelehrter Wörter (Kultismen), sondern auch zur Übernahme von arabischen Termini. Spendersprache war hier das klassische Arabisch, während die durch die 66 Zum arabischen Einfluss cf. die informative Überblicksdarstellung im Arabismenwörterbuch von Kiesler (1994, 3-58). 71 5.1 Historische Schichtung Mozaraber vermittelten Arabismen dem gesprochenen, dialektalen Arabisch in Al-Ándalus (Hispanoarabisch) entstammen (cf. auch Corriente 1996). Die Begriffsfelder der Arabismen im Spanischen spiegeln sehr deutlich jene lebensweltlichen Bereiche, in denen die abendländische Zivilisation von der ihr weit überlegenen arabischen etwas lernen konnte: Wehrwesen (alférez ‘Leutnant’, tambor ‘Trommel’, atalaya ‘Wachturm’ etc.), Zivilverwaltung (alcalde ‘Bürgermeister’, arrabal ‘Vorort’, aldea ‘Dorf ’ etc.), Handel und Gewerbe (aduana ‘Zoll’, almacén ‘Lager’, quintal ‘Zentner’, albañil ‘Maurer’, asp. alfayate ‘Schneider’, ahorrar ‘sparen’ etc.), Bauwesen und “life-style” (adobe ‘Ziegel’, alfombra ‘Teppich’, azulejo ‘Kachel’, rincón ‘Ecke’, almohada ‘Polster’, taza ‘Tasse’, albóndiga ‘Fleischknödel’, jarabe ‘Sirup’ etc.), Fauna, Flora und Landwirtschaft (azúcar ‘Zucker’, aljibe ‘Zisterne’, noria ‘Wasserrad’, algodón ‘Baumwolle’, aceite ‘Öl’, arroz ‘Reis’, naranja ‘Orange’, alhucema ‘Lavendel’, azucena ‘weiße Lilie’, jabalí ‘Wildschwein’) sowie Wissenschaft (alambique ‘Destillierkolben’, alcohol, álgebra, alquimia, cénit, cero etc.). Einige der in der Literatur als Arabismen beschriebenen Wörter stellen selbst Entlehungen dar, d. h. das Arabische hat nicht als Spender-, sondern als Vermittlersprache fungiert: ajedrez (Sanskrit); naranja, taza (Persisch); alquimia, arroz (Griechisch); albaricoque (Latein; < [persica] praecocia), alcázar (Latein; < castru) usw. Relevant ist auch die Unterscheidung zwischen direkten und indirekten Arabismen: So wurden z. B. tarifa, álgebra und alcohol nicht durch direkten spanisch-arabischen Kontakt vermittelt, sondern ersteres ist über das Katalanische, letztere sind über das Mittellateinische ins Spanische gelangt. Alle bislang genannten Beispiele gehören zum sogenannten äußeren Lehngut, d. h. es handelt sich um Übernahmen von arabischem Wortmaterial (Lehnwörter). Wesentlich seltener sind die verschiedenen Typen von semantischen Entlehnungen (Lehnübersetzung, -prägung, -bedeutung usw.) arabischer Ausdrücke oder Phrasen, z. B. salir a alguien ‘jmd. nachschlagen’, llenar el ojo ‘jmd. sehr gefallen, jmd. erfreuen’, hidalgo (< hijo de algo) ‘Edelmann’. Die überwiegende Mehrzahl der Lexeme arabischen Ursprungs sind Substantive, meist Konkreta. In 60 % aller Fälle werden Substantive mit der agglutinierten arabischen Determination (≈ bestimmter Artikel; albzw. assimilierte Formen) übernommen (cf. zur Problematik Noll 1996 und Corriente 2008, LXV - LXXVI ). Bekanntere Beispiele für andere Wortarten sind mezquino (Adjektiv), ojalá (Interjektion), hasta (Präposition), recamar (Verb, über das Italienische entlehnt), fulano (Indefinitpronomen). 67 Übernahmen aus dem Italienischen haben ihren Höhepunkt im 16. und 17. Jahrhundert; sie betreffen vor allem drei Sachbereiche: Literatur und Kunst (z. B. novela, soneto, diseño, fachada, medalla, viola, libreto), Militär- (duelo, granada, mosquete, bastión etc.) sowie Schifffahrtswesen (u. a. piloto, fragata, corsario). Französisch (bzw. im Mittelalter auch Okzitanisch) bereichert seine iberoromanische Schwestersprache seit dem 11. Jahrhundert (cf. dazu auch Klöden 1996): Enge Kontakte zu Sprechern der galloromanischen Sprachen ergeben sich durch dynastische Verbindungen, die 67 Prägenden Einfluss übte das Arabische auch auf die Topo- und Hydronymie (Orts- und Gewässernamen) der Iberischen Halbinsel aus, z. B. Alcalá (‘Burg, Festung’), Algeciras (‘Insel’), Aljubé (cf. aljibe), Almería (‘Wachturm’), Gibraltar (‘Fels des Tarik’), Guadalquivir (‘der große Fluss’), Guadarrama (‘Fluss des Sandes’) usw. 72 5 Zur diasystematischen Schichtung / Struktur des spanischen Wortschatzes Mitwirkung von aus dem heutigen Frankreich kommenden Rittern bei der Reconquista sowie durch die Präsenz von unzähligen Mönchen und Santiago-Pilgern entlang des camino francés. Auch das kulturelle Prestige der französisch- und okzitanischsprachigen Literatur (Heldenepik und höfische Lyrik) spielt eine große Rolle. Aus mittelalterlicher Zeit stammen z. B. aliar, doncella, emplear, enojar, faisán, fraile, homenaje, linaje, maleta, mesón, refrán. Aufgrund des fränkischen Superstrats im Galloromanischen finden sich unter solchen Entlehnungn auch wieder Wörter germanischen Ursprungs, z. B.: bruñir ‘polieren’ (frz. brunir, zu fränk. brūn); dardo ‘Speer’ (cf. frz. dard < fränk. *darod); flecha (frz. flèche < fränk. *fliugika); jardín ‘Garten’ (frz. jardin < fränk. *gard). In späteren Zeiten (Siglos de Oro und 18. Jhdt.) kommen auch viele militärische Termini sowie Begriffe des savoir-vivre aus dem Französischen: batallón, calibre, tropa, brigada, fusil; hotel, pantalón, sofá, galante usw. Im 19. und 20. Jahrhundert liegt das Hauptgewicht auf dem Wirtschaftsleben und wiederum auf Begriffen, die mit der französischen Alltagskultur zu tun haben: cotizar, financiero, avión, garaje, personal ‘Personal’ (Lehnbedeutung), garantía, bidé, ducha, consomé, champán, cierre relámpago (< frz. fermeture éclair; Lehnübersetzung), acordeón, bulevar usw. Bei esquí- - das Wort ist norwegischen Ursprungs- - fungierte das Französische als Vermittlersprache. Der lexikalische Austausch innerhalb der iberoromanischen Sprachen ist weniger bedeutend; Katalanisch (cf. auch Colón 1976) steuert dennoch seit der Frühzeit recht zentrale Lexeme bei, z. B. correo, faena ‘(schwere) Arbeit’, festejar, orgullo (< fränk. *urgoli), pantalla, papel, sor, sastre, viaje. Aus dem Portugiesischen wurden u. a. traje, vera (< beira), mermelada (< pt. marmelada ‘Quittengelee’) und echar de menos (< pt. achar menos) übernommen. Englisch wird erst im 18. und 19., insbesondere aber im 20. Jahrhundert die Spendersprache nicht nur für das Spanische, sondern auch für alle anderen westlichen Sprachen. Alle Lebensbereiche sind betroffen, und es treten sowohl lexikalische als auch semantische Entlehnungen (Lehnbedeutung und verschiedene Formen der Lehnbildung) auf; im Folgenden geben wir nur einige wenige Beispiele: 68 cameraman, fading, bikini, minifalda, ténder, coma, ecología, rádar, match, computador(a), doping, manager, aire acondicionado (< air conditioned; Lehnübersetzung), superventas (< engl. best seller; Lehnübertragung), ratón (Lehnübersetzung von engl. mouse), agresivo ‘dinámico, activo’ (Lehnbedeutung von engl. aggressive), firma ‘empresa’ (Lehnbedeutung von engl. firm), sofisticado ‘refinado’ (Lehnbedeutung von engl. sophisticated). Entlehnungen aus dem Deutschen sind selten: In jüngerer Zeit wurden z. B. leitmotiv, kindergarten (auch teilassimiliert: kínder) und kaputt entlehnt. Eine Lehnübersetzung stellt cosmovisión (< dt. Weltanschauung) dar. Mit der kolonialen Expansion ab dem späten 15. Jahrhundert kommen die Spanier mit zahlreichen indigenen Sprachen in Mittel- und Südamerika in Kontakt. Auf indigene Ausdrücke 68 Für weitere Beispiele siehe Lorenzo (1996), Medina López (2004) sowie das umfangreiche Wörterbuch von Rodríguez González (2017). Zur funktionalen Wertung von Anglizismen im modernen Spanischen cf. auch Rodríguez González (1996).- - Eine Sammlung von semantischen Entlehnungen (auch aus anderen Sprachen) ist Martín Fernández (1998); zu den Anglizismen in amerikanischen Varietäten des Spanischen cf. Detjen (2017). 73 5.2 Diaphasische, diastratische und diamesische Variation griff man zur Bezeichnung neuer Realia (Fauna, Flora, Naturerscheinungen, Gerätschaften) zurück; deshalb gehören die Indigenismen auch fast ausschließlich zur Kategorie der konkreten Substantive. Quantitativ bedeutende Beiträge zum spanischen Wortschatz stammen von jenen Spendersprachen, die als lenguas generales 69 verwendet wurden. Nachstehend einige Beispiele für Entlehnungen, die in die spanische Gemeinsprache Eingang gefunden haben bzw. in der gesamten hispanophonen Welt bekannt sind (in Klammern die Spendersprache und ihr ursprüngliches Hauptverbreitungsgebiet): maíz, hamaca, canoa, cacique, tabaco (Taíno; Große Antillen); 70 huracán (Taíno oder Maya); cacahuete, chicle, chocolate, aguacate, tomate, coyote, cacao (Náhuatl; Mexiko); coca, cóndor, llama ‘Lama’, alpaca, vicuña ‘(Art) Lama’, guano, pampa, puma (Quechua; Andenraum); mandioca, tapir (Tupí-Guaraní; 71 Paraguay, Brasilien); tiburón (Ursprung ungeklärt, vielleicht aus dem Tupí-Guaraní); gaucho, poncho (Mapuche; Chile). Auf Indigenismen, die vor allem in Hispanoamerika verbreitet sind, gehen wir kurz im Kapitel 5.3 ein. 5.2 Diaphasische, diastratische und diamesische Variation Diaphasische Variation meint, dass je nach Kommunikationssituation-- relevante Parameter sind u. a. Alter und Geschlecht der Kommunikationspartner, Hierarchie, formelle / informelle Situation, Thema- - unterschiedliche sprachliche Mittel verwendet werden. Im Spanischen sind für die Beschreibung des Grades der diaphasischen Variation u. a. die Ausdrücke descuidado, familiar, coloquial, informal, formal, literario, habla esmerada üblich, wobei die letzten beiden Markierungen (so der in der Lexikographie übliche Terminus) Formen bezeichnen, die über der Norm anzusiedeln sind. Diastratische Variation ist Variation gemäß soziokultureller Zugehörigkeit der Sprecher; die relevanten Parameter sind-- ohne Anspruch auf Vollständigkeit: Alter (cf. Jugendsprache), Bildungsgrad, Beruf (Fachsprache, -jargon, z. B. argot militar), Hobby / Sport (cf. Sondersprache des Stierkampfes, sog. argot taurino; argot del deporte etc.), Herkunft / Sozialform (caló = “Zigeunersprache”, bzw. generell gleichbedeutend mit jerga de la delincuencia). Wie aus den Beispielen hervorgeht, lässt sich die diastratische Variation am besten durch Sonder- oder Gruppensprachen (jerga, argot) illustrieren. Sofern es sich nicht um wirkliche Fachsprachen oder Technolekte handelt, dominieren in Gruppen-/ Sondersprachen vor allem zwei Grundfunktionen: die ludische und die kryptische. Mit ersterer ist die ausgeprägte Dynamik und Kreativität dieser Varietäten (bzw. ihrer 69 Darunter versteht man die von den Missionaren des 16. und 17. Jahrhunderts vor allem zu Zwecken der Evangelisierung und auf Basis indigenen Sprachmaterials geschaffenen und überregional verbreiteten Verkehrssprachen (in Hispanoamerika insbesondere Nahua (mit Artikel: Náhuatl), Quechua, Mapuche und Chibcha). 70 Hierbei handelt es sich um die ältesten Indigenismen, die von den Antillen aus auf dem hispanoamerikanischen Festland und in Spanien verbreitet wurden. Sie finden sich schon in den frühesten lexikographischen Beschreibungen des Spanischen: So kommt canoa schon im Vocabulario de romance en latín (1495) von Nebrija vor.-- Bei tabaco ist arabischer Ursprung nicht auszuschließen. 71 Teilweise über das brasilianische Portugiesisch vermittelt. 74 5 Zur diasystematischen Schichtung / Struktur des spanischen Wortschatzes Sprecher) gemeint. Oft existieren für ein und dasselbe Konzept mehrere Bezeichnungen (z. B. für Körperteile, insbesondere im Sexualwortschatz), die schnell wieder aus der Mode kommen können und durch neue, expressivere ersetzt werden müssen. Kryptisch hebt auf die Verfahren ab, die zur Abgrenzung nach außen (intendierte Unverständlichkeit für Außenstehende) 72 und damit zur Stärkung der Kohärenz und Identität der eigenen Gruppe dienen. Sie sind letztlich für die geringe kommunikative Reichweite von gruppensprachlichen Wortschätzen verantwortlich (cf. Betz 1992, 337 f.). Zu den bekanntesten, geographisch lokalisierten Gruppensprachen gehören das Lunfardo, das populäre Spanisch von Buenos Aires, sowie das Cheli (wörtlich: ‘Kumpel’, ‘Typ’), die populäre Jugendsprache von Madrid. Im Lunfardo gibt es mit dem sog. vesre (< [al] revés) ein Wortbildungsverfahren, das sowohl der kryptischen als auch der ludischen Funktion dient. Dabei werden-- ähnlich wie im französischen verlan (< [à] l’envers)-- Silben umgestellt: gotán ‘tango’, zabeca ‘cabeza’, dorima ‘marido’ usw. In der Lexikographie werden z. T. leider unterschiedslos dieselben Adjektive zur Charakterisierung diaphasisch und diastratisch markierter sprachlicher Elemente verwendet (cf. Kapitel 8.4.1). Dies hängt u. a. damit zusammen, dass die beiden Variationsdimensionen (nicht nur im Spanischen) eng miteinander zusammenhängen. Diastratisch Markiertes wird häufig in der Diaphasik genützt und verliert im Laufe der Zeit oft seinen sondersprachlichen Charakter; so gehörten Ausdrücke wie empollar ‘pauken, büffeln’ oder forofo ‘Fan’ ursprünglich der Schülerbzw. Sportsprache an, heute sind sie aber nur mehr diaphasisch als familiar zu bezeichnen. Der “Aufstieg” kann sogar bis in den nahezu neutralen Bereich erfolgen (cf. Koch / Oesterreicher 2011, 260), wie bei rancho (‘Verpflegung’, ursprünglich: argot militar) oder chuleta (‘Spickzettel, Schwindelzettel’, ursprünglich: argot escolar). Zur funktionalen Struktur des spanischen Wortschatzes gehört auch die Opposition gesprochene- - geschriebene Sprache (diamesische Variation), die manche unter die diaphasische Variation subsumieren wollen. In Wirklichkeit handelt es sich dabei aber um eine eigene Variationsdimension: Zum einen würde die Integration in die diaphasische Dimension bedeuten, dass gesprochen automatisch mit Subbzw. Non-Standard gleichbedeutend wäre (was die Existenz von formeller Sprechsprache ausschließt), zum anderen ändert sich die diaphasische Markiertheit je nach Kanal (was geschrieben markiert erscheint, kann gesprochen neutral sein; cf. Oesterreicher 1995, 7). Im Spanischen ist die gesprochene Sprache zwar durch grammatisch-syntaktische Besonderheiten gekennzeichnet, weniger jedoch durch lexikalische (cf. Inhoffen 1992, 235). Sofern es sich um konzeptuelle Mündlichkeit handelt (=-mündlich konzipiert / mündlich realisiert), dringt das diaphasisch Markierte ein. Unterschiede zur konzeptuellen Schriftlichkeit (=-geschrieben konzipiert, geschrieben realisiert) 73 finden sich 72 Die relative “Unverständlichkeit” mancher Fachsprachen hängt in der Regel nicht mit einem Abgrenzungswillen zusammen, sondern resultiert aus der Notwendigkeit der begrifflichen und terminologischen Fixierung im Dienste des präzisen Ausdrucks. 73 Seit den Arbeiten von Söll (1974, 1980) zum geschriebenen und gesprochenen Französisch ist es üblich, zwischen Kanal / Medium und Konzeption zu unterscheiden. Dadurch ergibt sich eine viergliedrige Matrix: gesprochen konzipiert / schriftlich realisiert (z. B. Protokoll), gesprochen konzipiert / gesprochen realisiert (z. B. persönliches Gespräch), geschrieben konzipiert / gesprochen realisiert (z. B. Fernseh- 75 5.3 Diatopische Variation abgesehen von im weitesten Sinne lexikalischen Phänomenen wie Diskursmarkern (bueno, pues, vamos, quiero decir etc.) und Interjektionen eher auf quantitativer Ebene (und natürlich in Abhängigkeit von der Textsorte): größere Häufigkeit von Personalpronomen und Titeln, mehr Hypokoristika (Koseformen) als in der geschriebenen Sprache, Intensivierung durch Gradadverbien oder auch Reduplikation, höhere Frequenz von Diminutiv- und Augmentativbildungen, passe-partout-Wörter (cosa, hecho, chisme etc.) usw. Dabei handelt es sich aber nicht um spezifische Phänomene des gesprochenen Spanisch, sondern vielmehr um Besonderheiten gesprochener Sprache an sich. 5.3 Diatopische Variation Die Betrachtung der diatopischen, d. h. räumlichen, Variation im Spanischen setzt eine sorgsame Berücksichtigung der Sprachebenen voraus. Auf der Ebene der habla popular oder familiar zeichnet sich das Spanische durch eine so große Variation aus, dass dadurch u. U. die Verständigung zwischen Sprechern aus Spanien und Hispanoamerika beeinträchtigt sein kann. Je höher man jedoch die Leiter der qualitativen Register hinaufsteigt, desto geringer wird die Variationsbreite. Dies lässt sich am besten graphisch mit Hilfe einer (abgeschnittenen) Pyramide (s. u.) zeigen, für die wir vereinfacht drei Ebenen annehmen und mit den (eigentlich aus der Kreolistik stammenden) Begriffen Basilekt, Mesolekt und Akrolekt bezeichnen. Auf basilektaler Ebene gibt es naturgemäß die breiteste diatopische Variation. Im Vergleich zu anderen Sprachen-- etwa dem Französischen - fällt die Pyramide relativ stumpf aus, weil der Akrolekt, die habla culta (=-die Sprache der Gebildeten) im hispanophonen Raum deutlich diversifiziert ist. Dies betrifft die Phonetik (bzw. Phonologie) genauso wie die Morphosyntax und das Lexikon, geht aber nie so weit, dass die Kommunikation zwischen gebildeten Sprechern gefährdet wäre. = Akrolekt (habla culta) = Mesolekt = Basilekt (hablas populares) Das folgende, aus Oesterreicher (1995, 16) entnommene Schema 74 zeigt dies anhand gängiger alltagssprachlicher Konzepte: ansage), geschrieben konzipiert / geschrieben realisiert (z. B. wissenschaftlicher Aufsatz). Konzeptuelle Mündlichkeit und konzeptuelle Schriftlichkeit sind dabei die Extrempole. 74 Dieses Schema findet sich in ähnlicher Form ursprünglich bei Berschin et al. (2012, 292 f.) und dient dort zur Illustration “Umgangssprachlicher Varianten im Spanischen”. Bei den Beispielen handelt es sich aber nur dann um “Umgangssprache”, wenn man annimmt, dass darüber noch eine alle spanischsprachigen Länder überspannende Norm liegt, die mit der Spalte “Spanien” koinzidiert. 76 5 Zur diasystematischen Schichtung / Struktur des spanischen Wortschatzes GEBIETE KONZEPTE Spanien Karibik Mexiko Kolumbien Venezuela Peru Chile Argentinien Uruguay ( S chw e i n e - ) S chm al z manteca grasa e rdb e ere fresa frutilla a vocado aguacate palta e rdnuS S cacahuete maní a b en d e S S en cena comida cena K offer maleta velís maleta valija G eh S te i G acera banqueta acera vereda t a ble tt bandeja charola bandeja azafate bandeja K u G el - Schre i b er bolígrafo pluma atómica bolígrafo lapicero lápiz de pasta birome z ün dhol z cerilla fósforo cerilla fósforo a uto buS autobús (urbano) guagua camión bus ómnibus micro colectivo auf S teh en ponerse de pie pararse Aus dieser räumlichen Verteilung lässt sich auf drei regionale oder zonale Standards schließen (cf. Gauger 1992), die auch durch Daten aus der Morphosyntax gestützt werden: Río-dela-Plata-Staaten, Andenraum, Mexiko. Der karibische Raum steht Spanien näher. Zu einer ähnlichen Einteilung gelangt Moreno de Alba (1992b), der in den Hauptstädten der hispanoamerikanischen Länder die Bezeichnungen für 292 Alltagskonzepte abgefragt hat. Daneben gibt es aber auch zahlreiche Lexeme, die vom peninsularen Gebrauch abweichen und im größten Teil Hispanoamerikas verbreitet sind bzw. dominant verwendet werden; die Zahl solcher standardsprachlicher Lexeme wird auf ca. 200 geschätzt (cf. Scotti-Rosin 1983, 156). Zu den sehr weit verbreiteten Amerikanismen gehören z. B. alcancía ‘Sparbüchse’ (E: hucha); cachetes ‘Wangen’ (E: mejillas); luces ‘Scheinwerfer (beim Auto)’ (E: faros); convertible ‘Cabrio’ (E: descapotable); computador(a) (E: ordenador); tanque ‘Tank’ (E: depósito); durazno ‘Pfirsich’ (E: melocotón); embolador ‘Schuhputzer’ (E: limpiabotas); jugo (E: zumo); papa ‘Kartoffel’ (E: patata); parqueadero (E: aparcamiento); rayos ‘Speichen’ (E: radios) usw. In der Regel handelt es sich um Gebrauchspräferenzen bzw. frequenzielle Unterschiede, d. h. der in Spanien bzw. in Hispanoamerika dominierende Ausdruck ist auf der jeweils anderen Seite des Atlantiks keineswegs unbekannt, zumindest nicht bei Sprechern der habla culta. Die Grenzen zwischen den diatopischen Varietäten sind also nicht “dicht”. 77 5.3 Diatopische Variation In Bezug auf die peninsulare Norm- - und damit aus eurozentristischer Perspektive- - können Lexeme der hispanoamerikanischen Varietäten als Archaismen, Dialektalismen, Innovationen bzw. Indigenismen klassifiziert werden. 75 Archaismen (cf. Lerner 1974) stellen Reste älterer Sprachzustände dar- - das betreffende Lexem ist in Spanien nicht mehr oder kaum, in anderer Bedeutung oder auch nur mehr regional gebräuchlich, z. B. candela ‘fuego, incendio’, coger ‘joder’, liviano ‘ligero, fácil’, acalenturado ‘fébril’, recordar ‘despertar’, vidriera ‘escaparate’, bordo ‘orilla, borde’, botar ‘lanzar, arrojar, despedir’, demorar ‘tardar’, prieto ‘moreno’, frijol ‘judía, habichuela’, apurarse ‘darse prisa’ (E- = ‘esmerarse’), provocar ‘apetecer, gustar’ (E- = ‘incitar’), rancho ‘barraca, vivienda rústica’, sentir ‘oír’, pollera ‘falda’. 76 Dialektalismen stammen aus anderen primären Dialekten des Spanischen bzw. aus dem Galicischen oder Andalusischen. Letzteres spielt in jedem Fall eine wichtige Rolle bei der Vermittlung, weil die Hafenstädte des Südens eine wichtige Zwischenetappe auf dem Weg in die Neue Welt waren. Beispiele: amarrar ‘atar’ (Andalusien, lt. Lerner 1974, 47: Archaismus); ñoña ‘excremento’ (Andalusien); ensopar ‘mojar’ (Kanarische Inseln); carozo ‘Kern’ (León); cardumen ‘Schwarm’ (Galicien). Zu den Innovationen zählen Neubildungen (aeromoza ‘azafata’, caballada ‘Grobheit, Dummheit’, birome ‘Kugelschreiber’, das eigentlich ein Markenname ist), Bedeutungsveränderungen (vereda ‘Gehsteig’, eigentlich ‘Pfad’, quebrada für arroyo) sowie Entlehnungen aus anderen europäischen Sprachen, im 19. Jhdt. hauptsächlich Französisch (attaché, chicana, fuete [< frz. fouet ‘Peitsche’], comuna ‘ayuntamiento, municipio’, usw.), im 20. Jahrhundert primär Englisch. Davon besonders betroffen ist natürlich das Spanische in den USA bzw. in jenen Ländern, die die engsten Kontakte zu den Vereinigten Staaten haben; die folgenden Beispiele sind charakteristisch für das Spanische der Hispanics / Latinos: 77 aplicación ‘solicitud, formulario’ (< engl. application), carpeta ‘alfombra’ (< engl. carpet), chopear ‘ir de compras’ (< engl. to shop), colectar ‘coleccionar’ (< engl. to collect), parientes ‘padres’ (< engl. parents), parquear ‘estacionar’ (< engl. to park), retornar ‘devolver’ (< engl. to return) usw. Neben den “indigenismos del léxico común”, die wir in Kapitel 5.1 kurz besprochen haben, gibt es zahlreiche Indigenismen, die primär in Hispanoamerika-- u. U. nur regional-- geläufig sind; ihr Verbreitungsgebiet muss sich dabei nicht mit jenem der Spendersprache decken. Auf den Umstand, dass die Bedeutungen der folgenden Beispielwörter regional variieren können, sei hier nur global hingewiesen (cf. dazu auch Noll 2014, 76 ff., sowie Dietrich 1998 mit zahlreichen Beispielen und weiterführender Literatur): catinga ‘olor fuerte y desagradable que despiden las personas al sudar’, ñandú ‘Straußenart’ (Guaraní), malón ‘Überfall (auch 75 Grundlegende Informationen zum Thema bieten Moreno de Alba (1988, 190-213; 1992a) sowie Buesa Oliver / Enguita Utrilla (1992). 76 Zur genaueren Kenntnis der Verbreitung und Vitalität in Hispanoamerika konsultiere man Moreno de Alba (1992a) und das Amerikanismenwörterbuch der Asociación de Academias de la lengua española (López Morales 2010). Aufschlussreich hinsichtlich der Verbreitung von Amerikanismen sind auch die Daten des VARILEX -Projektes (Variación léxica del español en el Mundo; https: / / lecture.ecc.u-tokyo. ac.jp/ ~cueda/ varilex-r/ ; 5. 2. 2018) 77 Cf. dazu auch Mendieta-Lombardo (1999), z. T. mit Angaben über die Verbreitung von Anglizismen in anderen Teilen Hispanoamerikas. 78 5 Zur diasystematischen Schichtung / Struktur des spanischen Wortschatzes fig. und iron.)’ (Mapuche), maní ‘Erdnuss’, ají ‘roter Pfeffer(strauch)’ (Taíno); chacra ‘Feld, Acker’, china ‘indianische Frau’ (mit spezifischeren Bedeutungen in verschiedenen Ländern), choclo ‘Maiskolben’, palta ‘Avokado’, papa 78 ‘Kartoffel’, zapallo ‘Bezeichnung für verschiedene Kürbisarten’ (Quechua) usw. Die Abgrenzung zwischen Indigenismen der Gemeinsprache und jenen, die nur in Hispanoamerika vorkommen, ist dann problematisch, wenn es sich um exklusive Bezeichnungen für Realia handelt: Wer über einen ñandú oder über einen zapallo sprechen will, muss sich dieser Ausdrücke bedienen-- in Spanien wie in Hispanoamerika. Anders formuliert: Regional markiert ist in solchen Fällen nicht das Wort, sondern die zu bezeichnende Sache. 79 78 Teilweise auch im Süden Spaniens sowie auf den Kanarischen Inseln. 79 Deshalb ist es auch nicht erstaunlich, dass solche Wörter unmarkiert in spanischen Wörterbüchern aufscheinen. 79 6.1 Grundlegendes 6 Wörter und Wortschätze im Vergleich: Kontrastive Lexikologie 6.1 Grundlegendes Das Vergleichen von Wörtern zweier oder mehrerer Sprachen gehört zu den banalen metasprachlichen Aktivitäten jedes Fremdsprachenlerners; beim Kontakt mit einer fremden Sprache macht man wahrscheinlich am unmittelbarsten die Erfahrung der Arbitrarität des sprachlichen Zeichens und stellt fest, dass ein gegebenes Konzept in einer anderen als der eigenen Sprache auf unterschiedliche Weise ausgedrückt wird. Und man macht auch die folgende Erfahrung: Einem in zwei Sprachen ähnlich lautenden signifiant können ganz andere signifiés zugeordnet sein: dt. ['papl ̦ ] Pappel hat trotz formaler Ähnlichkeit nichts mit sp. [pa'pel] papel zu tun, und nicht einmal etymologisch verwandte Wörter wie dt. Exitus und sp. éxito haben auf den ersten Blick semantisch etwas gemein. Beobachtungen dieser Art und die wissenschaftliche Neugier, die sie genährt haben, waren vielleicht auch einmal Ausgangspunkt der verschiedenen sprachwissenschaftlichen Forschungsgebiete, in denen der Vergleich von Wörtern und Wortschatzstrukturen eine Rolle spielt und denen die kontrastive Lexikologie wesentliche Impulse verdankt. Am wichtigsten sind: ▶ die historisch-vergleichende Sprachwissenschaft, deren Ziel es u. a. war, auf der Basis von Konvergenzen im Wortschatz der indogermanischen Einzelsprachen eine gemeinsame Ursprache zu rekonstruieren. Dabei lassen sich durch wortgeschichtliche Zusammenhänge u. U. auch kultursoziologische Gemeinsamkeiten erkennen, ▶ verschiedene Strömungen des europäischen Strukturalismus und mit ihm zusammenhängende Zeichen- und Bedeutungstheorien, ▶ die Sprachtypologie und Universalienforschung, die aufgrund von Unterschieden und Ähnlichkeiten in den lexikalischen Strukturierungen Sprachfamilien zu erkennen versucht und in der Vergangenheit auch immer wieder Rückschlüsse auf durch sprachliche Strukturen repräsentierte Weltbilder gezogen hat (Stichwort: sprachlicher Determinismus), ▶ die Übersetzungswissenschaft und Äquivalenzforschung, ▶ die zweisprachige Lexikographie und ihre Theorie, ▶ die Vergleichende Stilistik, ▶ der multilinguale Sprachvergleich (Mario Wandruszka) und ▶ die Fremdsprachenerwerbsforschung/ applied linguistics, die besonders als “constrastive analysis” in den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts aufgrund von Divergenzen bzw. Übereinstimmungen zwischen Mutter- und Fremdsprache Vorhersagen über Lernschwierigkeiten angestellt hat. 80 6 Wörter und Wortschätze im Vergleich: Kontrastive Lexikologie 6.2 Methodischer Ausgangspunkt: das tertium comparationis Voraussetzung des Aufdeckens von Gemeinsamkeiten und Divergenzen-- meist interessieren uns letztere mehr als erstere-- ist die Bestimmung eines gemeinsamen Bezugspunkts: A und B können nur miteinander verglichen werden, wenn der Vergleich von einem wie immer zu definierenden tertium comparationis ausgeht. Fehlt ein gemeinsamer Bezugspunkt, erscheint der Vergleich sinnlos-- im Alltag sprechen wir dann z. B. davon, dass man “Äpfel nicht mit Birnen vergleichen kann”. Dies würde etwa für einen Vergleich von sp. mesón mit dt. Hotel gelten, der auf den ersten Blick schon als unsinnig erscheinen muss; umgekehrt könnte man sehr wohl einen Vergleich zwischen mesón und Restaurant anstellen; das tertium comparationis ( TC ) ließe sich etwa so umschreiben: ‘Dienstleistungsbetrieb, in dem vom Betreiber bzw. dessen Bevollmächtigten gegen Entgelt fertige Speisen bereitgestellt werden’. Während diese Charakteristika den spanischen und den deutschen Begriff verbinden und die Vergleichbarkeit gewährleisten, wird man feststellen, dass die beiden wesentliche Unterschiede aufweisen. Obwohl sie in zweisprachigen Wörterbüchern als Äquivalente geführt werden, sind die beiden Begriffe wahrscheinlich nicht immer die korrekte Übersetzung des jeweils anderen. Meist sind die tertia comparationis des Sprachvergleichs semantischer oder funktionaler Art, d. h. man geht von Begriffen, außersprachlichen Kontexten oder Situationen aus. Seltener liegt dem Vergleich ein formales TC zugrunde: Die eingangs zitierten Beispiele machen deutlich, dass ein solches Vorgehen speziell zu begründen ist. Im Falle der sog. falschen Freunde (cf. Kapitel 6.5) liefert uns die Fehleranfälligkeit beim Fremdsprachenlernen die Rechtfertigung. Für die Ermittlung des TC beim Wortschatzvergleich stehen prinzipiell zwei Wege offen: a) Analyse der jeweiligen Einzelsprache zur Ermittlung allgemeiner Bedeutungen als TC ; sodann Suche nach Entsprechungen in der zu vergleichenden Sprache. Dieses Verfahren kombiniert semasiologisches und onomasiologisches Herangehen (cf. Gauger 1983). b) Die Perspektive ist von vorneherein onomasiologisch, insofern ein übereinzelsprachliches TC festgesetzt wird. 6.3 Typen von Kontrasten Dass sich die kontrastive Lexikologie vor allem für Unterschiede / Kontraste interessiert, ist deshalb nicht verwunderlich, weil Übereinstimmungen zwischen den Wortschätzen quantitativ eher als Ausnahmen zu betrachten sind; Wotjak (1984, 119) meint sogar, dass im strengen Sinne schlechterdings wohl kaum von der Existenz von LE [i. e. lexikalischen Einheiten] mit totaler Kongruenz auf der Inhaltsebene gesprochen werden kann, wenn wir dieser neben der Semantik der LE auch noch deren kommunikativ-situativ-funktionale, pragmatisch-stilistischsoziolinguistische Charakteristik hinzurechnen. In der Tat müsste an eventuelle Totalentsprechungen die Bedingung geknüpft sein, dass sie sowohl denotativ völlig gleichwertig sind, als auch Registermarkierung, Frequenz, Textsortenvorkommen, Konnotationen, Grad der Fachbzw. Gemeinsprachlichkeit uvm. gleich sind. 81 6.3 Typen von Kontrasten F. J. Hausmann hat in einem bewusst polemischen Vortrag aus dem Jahre 1995 die Ansicht vertreten, dass kontrastive Lexikologie ein unmögliches Unterfangen sei: “die Suche der 1: 1-Entsprechungen” als primäre Aufgabe gelange schnell an ihre Grenzen, da ihr nur eine sehr begrenzte Zahl von zwischensprachlich äquivalenten Autosemantika übrig bleibe (cf. Hausmann 1995, 20), egal um welches Sprachenpaar es sich handelt. Die zahlreichen Divergenzen aber seien auf kontextabhängige einzelsprachspezifische Idiosynkrasien zurückzuführen, sodass der kontrastiven Lexikologie nichts anderes übrig bleibe, als das Chaos der nicht systematisierbaren Fälle von zwischensprachlicher Divergenz zu inventarisieren. Wir stehen damit vor einer der Grundfragen der Lexikologie und Semantik überhaupt: Ist die Bedeutung (ausschließlich) eine Funktion des Kontexts? Wenn das der Fall ist, kann Bedeutung nicht beschrieben werden, da ja die Kontexte unendlich sind. Dies bedeutet dann in der Folge, dass es Synonymie nicht geben kann und schon gar keine Äquivalenz, die ja nichts anderes als interlinguale Synonymie ist. Diese pessimistische Sicht resultiert aus der Ablehnung einer verblendeten, ausschließlich das sprachliche System beschreibenden Linguistik und ist als heilsame Provokation auch völlig gerechtfertigt. Man muss ihr jedoch zwei Argumente entgegenhalten: Zum einen wird die Bedeutung von Wörtern seit Jahrhunderten sehr wohl isoliert und recht erfolgreich ohne Rekurs auf den keineswegs zu leugnenden Kontexteinfluss beschrieben (z. B. Wörterbuchdefinitionen, Definition von Wörtern als Alltagsaktivität), zum anderen existieren die in den vorangehenden Kapiteln beschriebenen Strukturierungsprinzipien von Wortschätzen. Wir vergleichen demnach nicht ein Chaos mit dem anderen, sondern eine einzelsprachspezifische Strukturierung mit der anderen. Der unbestreitbaren Tendenz zur Idiomatisierung und Individualisierung der Wörter (cf. Hausmann 1995, 22) steht ihre Einbindung in größere Zusammenhänge gegenüber, die uns einen Vergleichsrahmen vorgeben. 80 Zweifellos liegt die Aufgabe der kontrastiven Lexikologie im Beschreiben zwischensprachlicher Divergenzen und im Erhellen der Gründe dafür. Sie steht dabei im Dienste unterschiedlichster Erkenntnisinteressen, womit sie an die eingangs aufgelisteten linguistischen Forschungsgebiete rückgebunden wird: Das Erkennen, Beschreiben und Erklären der Divergenzen kann unter sprachtypologischen, kulturanthropologischen, sprachdidaktischen, übersetzungswissenschaftlichen usw. Vorzeichen geschehen. Bei den nun folgenden Überlegungen stehen mehr anwendungsorientierte Erkenntnisinteressen im Vordergrund-- dies gilt auch für die Wahl der Beispiele; die Disziplinen, auf die wir uns dabei implizit beziehen, sind die Fremdsprachenerwerbsforschung, die Übersetzungswissenschaft und die Metalexikographie. 81 Mit Schepping (1985, 189) verstehen wir unter lexikalischen Kontrasten “formale oder inhaltliche Unterschiede zwischen bedeutungsähnlichen Wörtern verschiedener Sprachen”. Nützlich ist in diesem Zusammenhang auch der Begriff des “aktiven Kontrasts” im Ver- 80 Im Bereich der Syntagmatik heißt dies, dass im Widerspruch zum Wittgensteinschen Diktum (“Die Bedeutung eines Wortes ist sein Gebrauch in der Sprache.”) der Kontext nicht die Bedeutung ausmacht, sondern die Bedeutung spezifiziert; für die paradigmatische Einbettung gilt dies analog: Zwar bestimmt sie wesentliche Aspekte der Bedeutung, erschöpfend reflektieren kann sie sie jedoch nicht. 81 Zu diesem Begriff siehe Kapitel 8.1. 82 6 Wörter und Wortschätze im Vergleich: Kontrastive Lexikologie ständnis von Christoph Schwarze (1983, 200): Da es illusorisch ist, jeglichen strukturellen Unterschied zwischen lexikalischen Einheiten zweier Sprachen A und B zu untersuchen, schränkt er die strukturellen Unterschiede ein und untersucht solche, bei denen ein fortgeschrittener Lerner- - auf Basis von meist regelrechten Korrespondenzen- - im konkreten Fall (falsche) Voraussagen über die lexikalischen Einheiten der Zielsprache machen könnte. Lexikalische Kontraste der zitierten Art können auf mindestens fünf Ebenen beobachtet werden: 1. Differenzierung des Referenzbereichs und der semantischen Struktur 2. Morphologischer Aufbau und Lexikalisierungsmuster 3. Syntaktische Eigenschaften 4. Unterschiede in der Polysemie 5. Situationsabhängige Eigenschaften und konnotative Unterschiede 6.3.1 Unterschiedlicher Referenzbereich / unterschiedliche semantische Struktur Zu den häufigsten Fällen lexikalischer Kontraste gehört-- nicht nur beim Sprachenpaar Spanisch / Deutsch-- der Umstand, dass der Referenzbereich der Lexeme feiner bzw. grober aufgegliedert ist. Zu den schon klassisch zu nennenden Beispielen zählen u. a. die folgenden: 82 dt. Fisch-- sp. pez / pescado dt. Eis-- sp. hielo / helado dt. Glas-- sp. vidrio / cristal / vaso / copa dt. Holz-- sp. madera / leña dt. Straße-- sp. calle / carretera dt. Schnecke-- caracol / babosa bzw. limaza In diesen Fällen differenziert das Spanische einen bestimmten Referenzbereich stärker aus: Während im Deutschen bei Fisch und Eis keine Unterschiede zwischen Lebewesen bzw. Sache und Nahrungsmittel gemacht wird, ist diese Unterscheidung im Spanischen zwingend. Im Falle von Glas wird im Spanischen nicht nur systemhaft zwischen dem (Roh-)Material (vidrio) und dem verarbeiteten Material (cristal), sondern auch noch zwischen verschiedenen Gefäßen nach der Form und damit sekundär nach dem Bestimmungszweck unterschieden: vaso ‘Glas (ohne Stiel)’ vs. copa ‘Glas (mit Stiel)’. Ähnlich die Situation bei Holz, wo im Deutschen keine Zweckbestimmung impliziert ist, während die spanischen Teiläquivalente madera und leña diesbezüglich fixiert sind: als (Bau-)Material bzw. Brennstoff. Bei calle / carretera liegt der Unterschied in der Lokalisierung (innerhalb eines besiedelten Gebietes / außerhalb), diesbezüglich ist Straße nicht bestimmt. Gäbe es ein Äquivalent dafür, wäre es das Hyperonym zu den beiden spanischen Wörtern. Dt. Schnecke dient zur Referenz auf jegliche Art der botanisch als Gastropoden bezeichneten Weichtiere, ob mit oder ohne Haus; 83 im Spanischen ist die Unterscheidung dieser beiden Arten sprachlich vorgegeben, wenngleich zweisprachige Wörterbücher dieser Unterscheidung nicht immer Rechnung tragen. 82 Die Mehrzahl der Beispiele in diesem Abschnitt stammt aus Geckeler (1997) bzw. Wandruzka (1969). 83 Prototypisch eher für solche mit Haus, wie Zeichnungen in Kinderbüchern nahelegen. 83 6.3 Typen von Kontrasten Der umgekehrte Fall existiert natürlich auch; die stärkere Ausdifferenzierung betrifft das Deutsche: sp. escalera-- Treppe / Leiter sp. río-- Fluss / Strom sp. dormitorio-- Schlafzimmer / Schlafsaal sp. caliente-- warm / heiß sp. castillo-- Schloss / Burg Sp. escalera bedeutet vom System her betrachtet eigentlich nur ‘Vorrichtung zur stufenweisen Überwindung von Höhenunterschieden’ (Geckeler 1997, 270); im Unterschied zum Deutschen präzisiert erst der Kontext, um welchen Typ von Vorrichtung-- mit Sprossen oder mit Stufen-- es sich handelt. Fluss / Strom unterscheidet das Merkmal Mächtigkeit; um es explizit zu machen, bedarf es hingegen im Spanischen z. B. eines attributiven Adjektivs. Sp. dormitorio ist hinsichtlich der Zahl der Schläfer bzw. der Raumgröße unbestimmt, während das Deutsche hier dazu zwingt, sich festzulegen. Bei caliente können die graduellen Unterschiede nur sekundär, etwa durch Adverbien, präzisiert werden, während das Deutsche auch hier schon auf der Ebene des primären Wortschatzes-- wenn auch unscharf-- differenziert. Ein castillo schließlich kann eher ein Zweckbau der militärischen Verteidigung sein (dt. Burg) oder aber eine luxuriöse Wohnstätte ohne Befestigungscharakter (dt. Schloss). Merkmalsemantisch betrachtet, haben die eine stärkere Differenzierung bewirkenden Lexeme mehr semantische Merkmale und damit eine größere Intension; umgekehrt ist ihre Extension kleiner als die des partiellen Äquivalents in der anderen Sprache. Von besonderem Interesse sind Unterschiede in der semantischen Struktur, wenn mit ihnen syntagmatische Restriktionen verbunden sind; das gilt z. B. für dt. kurz-- corto / breve wobei das erste Äquivalent von kurz eine Extension im Raum und in der Zeit ausdrücken kann, während breve sich ausschließlich auf die zeitliche Ausdehnung bezieht: una falda corta, un discurso corto / breve, un momento corto / breve; aber nicht: *una falda breve. Ein Musterbeispiel liegt auch beim Wortfeld “alt-- jung-- neu” vor, das H. Geckeler (1971) exemplarisch für das Französische, Spanische und Italienische untersucht hat und das wir-- reduziert auf die lexikalische Zone “alt”- - in Anlehnung an seine Studie hier nur für das Sprachenpaar Spanisch / Deutsch betrachten wollen. Innerhalb dieses Wortfeldes sind im Spanischen mehrere Dimensionen bzw. Kombinationen von Dimensionen zu unterscheiden: ▶ “Eigenalter” (=-ohne deiktischen Bezug zum nunc): viejo (für Belebtes): un hombre viejo / un caballo viejo / un árbol viejo anciano (für Personen): una mujer anciana mayor (für Personen): una persona mayor (=-adulto) añejo (für Nicht-Belebtes, insb. Alkoholika): un ron añejo 84 6 Wörter und Wortschätze im Vergleich: Kontrastive Lexikologie Im Deutschen haben wir hier alt (für Belebtes und Nicht-Belebtes), betagt (für Personen)/ bejahrt (für Belebtes). ▶ “Zeitliche Einordnung” (=-auf der Zeitachse, mit Bezug zum nunc): antiguo (für Belebtes und Nicht-Belebtes): un estado antiguo, un vecino antiguo Das Deutsche bietet hier alt (für Sachen) sowie alt / langjährig (für Belebtes und manche Abstrakta), mit Einschränkungen auch antik (für Sachen). ▶ “Zustand + Eigenalter”: viejo (für Nicht-Belebtes, vor allem verderbliche Lebensmittel; in Opposition zu fresco): carne vieja viejo (für Nicht-Belebtes, in Opposition zu nuevo): cuero viejo Im Deutschen: alt. ▶ “Grad des Bekanntseins 84 bezogen auf zeitliche Einordnung”: antiguo (für Belebtes und Nicht-Belebtes): el sistema antiguo era mejor; los antiguos alumnos Mögliche Äquivalente im Deutschen: alt (für Belebtes und Nicht-Belebtes), ehemalig (für Personen), früher (für Belebtes und Nicht-Belebtes). Schematisch und ohne Berücksichtigung eventueller konnotativer Unterschiede lassen sich diese Verhältnisse so darstellen: Spanisch Deutsch viejo 1 , anciano (evtl. mayor), añejo alt 1 , betagt, bejahrt antiguo 1 alt 2 , langjährig, (evtl. antik) viejo 2 alt 3 antiguo 2 alt 4 , ehemalig, früh Divergenzen aufgrund außersprachlicher Unterschiede haben wir schon bei mesón und Restaurant beobachtet. Wie Spillner (1997, 330) in Bezug auf ein analoges Beispiel des Sprachenpaares Französisch / Deutsch zu Recht feststellt, ist ein Vergleich in solchen Fällen nur auf der Ebene des Wortfeldes, hier der ‘Bewirtungsbetriebe’, sinnvoll: Spanisch Deutsch mesón Gasthaus taberna / tasca Kneipe bar restaurante Restaurant cafetería Cafeteria café Café / Kaffeehaus … Bar … 84 Bzw.: “Gültigkeit”, “Wirksamkeit”. 85 6.3 Typen von Kontrasten Im Hinblick auf die Referenten sind wahrscheinlich nur taberna / tasca (pop.)- - Kneipe und restaurante-- Restaurant brauchbare Äquivalente, bei denen nicht auf kontextuelle Beschränkungen Rücksicht genommen werden muss. 6.3.2 Morphologischer Aufbau und Lexikalisierungsmuster Unterschiede im morphologischen Aufbau betreffen u. a. den Grad der Motiviertheit, der zwischensprachlich sehr verschieden sein kann. Zwar sind selbstverständlich auch die deutschen Wörter Straßenlaterne, Hinterkopf und Hebekran arbiträr in dem Sinne, dass es zwischen signifiant und signifié kein nachvollziehbares Verhältnis gibt, im Unterschied zu ihren spanischen Entsprechungen farola, colodrillo und cabria sind sie doch etwas weniger unmotiviert, weil man ihre Bedeutung erahnen kann, wenn man die Komponenten kennt. Motiviertheit ist also graduell; und so ist farola, als Ableitung von farol, stärker motiviert als cabria, aber weniger motiviert als das ihm entsprechende deutsche Nominalkompositum. Da es auch im Spanischen unzählige Fälle von sog. sekundärer Motivation gibt, muss man sich davor hüten, auf Basis von Einzelbeispielen allgemeine Aussagen typologischer Natur zu machen. Im Übrigen sind die Verhältnisse im Bereich der Motivation / Nicht-Motivation bei unserem Sprachenpaar oft sehr ähnlich, manchmal ist das Spanische dabei sehr systematisch, z. B.: fundir-- schmelzen refundir-- einschmelzen florecer-- erblühen reflorecer-- wieder erblühen evaluar-- bewerten reevaluar-- neu bewerten etc. Die Idee der erneuten, gleichen Verbalhandlung wird hier konstant durch das Präfix reausgedrückt, 85 während im Deutschen unterschiedliche Präfixe bzw. Partikeln zum Einsatz kommen. Wesentliche Unterschiede im morphologischen Aufbau lassen sich ferner hinsichtlich der Konstituentenabfolge feststellen. Der deutsche Reihenfolge Determinans- - Determinatum (Prädetermination) entspricht im Spanischen meist Determinatum- - Determinans (Postdetermination), wie die folgenden Beispiele aus dem Computerwortschatz bezeugen: Laserdrucker-- impresora láser USB -Stick-- llave USB Festplattenlaufwerk-- unidad de disco duro Soundkarte-- ficha de sonido 85 Das gilt natürlich nicht für alle Wörter, die mit rebeginnen, da die Vorsilbe völlig verblasst sein kann (z. B. refrigerar ‘einfrieren’, refugiado ‘Flüchtling’). 86 6 Wörter und Wortschätze im Vergleich: Kontrastive Lexikologie Aber auch hier sollte man sich vor übereilten und generalisierenden sprachtypologischen Aussagen hüten, denn das Spanische weist-- wie die anderen romanischen Sprachen auch-- das Muster der Prädetermination auf, z. B.: cortocircuito-- Kurzschluss telefilm-- Fernsehfilm autopista-- Autobahn Unterschiede in der Art des Lexikalisierungsmusters (cf. Schepping 1985, 191) beziehen sich auf die Bindung lexikalischer Inhalte an die syntaktisch relevanten Kategorien. Die grundlegende Beschreibung dieses Phänomens verdanken wir Mario Wandruszka (1969, 459 ff.): Im deutsch-romanischen Kontrast fällt z. B. auf, dass bei den Bewegungsverben im Verb selbst unterschiedliche semantische Informationen verankert sind. Im Deutschen ist nur die Fortbewegung in ihrer speziellen Art lexikalisiert, durch einen Verbzusatz in den sog. Partikelverben kann auch noch die Bewegungsrichtung zum Ausdruck gebracht werden: vorüberreiten, herunterlaufen, heranhumpeln etc. Die in Frage kommenden spanischen- - und generell romanischen- - Äquivalente leisten dies nicht: Bei montar a caballo ist der Aspekt Aktivität (d. h. Reiten als Tätigkeit) lexikalisiert, nicht aber eine Fortbewegung; bei cabalgar, das diese Eigenschaft erfüllt, wird die Bewegungsrichtung nicht ausgedrückt. Ein Übersetzer muss also den semantischen Gehalt der deutschen Verben gegebenenfalls anders “verteilen”. Die Bewegung mitsamt ihrer Richtung drückt er mit pasar aus, die Art der Fortbewegung durch eine adverbiale Bestimmung: pasar a caballo. Analog verfährt man bei herunterlaufen oder heranhumpeln: Die Bewegung bzw. Bewegungsrichtung wird durch das Verb ausgedrückt, die Art durch eine adverbiale Bestimmung, im konkreten Fall eine Gerundialkonstruktion (bajar corriendo, acercarse renqueando). 86 Ähnlich verhält es sich im Spanischen mit vielen Verben (z. B. recorrer oder atravesar), da bei ihnen die jeweiligte Fortbewegungsart offen bleibt (etwas fahrend, reitend, wandernd etc. durchqueren? ). 87 6.3.3 Syntaktische Eigenschaften Divergenzen können auf intrakategorialer Ebene bestehen, wenn etwa etymologisch verwandte Substantive ein anderes Genus oder einen anderen Numerus aufweisen: 86 Die ebenfalls lexikalisierte Betrachterperspektive bei herunterlaufen (vs. hinunterlaufen) wird allerdings nur durch den Kontext deutlich. 87 Dieser grundsätzliche Unterschied wird auch durch die auf Talmy (1985) zurückgehende Dichotomie verb-framed languages vs. satellite-framed langues erfasst: Bei Ersteren drückt das Verb die Bewegungsrichtung aus, während die Art und Weise der Bewegung adverbial realisiert wird (z. B. Subió a la casa del árbol trepando), bei Letzteren ist es umgekehrt, da das Verb nur die Bewegung an sich ausdrückt (Er kletterte ins Baumhaus hinauf). Cf. auch Cuartero (2015) mit einem Vergleich der Bewegungsverben im Spanischen und Deutschen. 87 6.3 Typen von Kontrasten sp. grupo n. m.-- dt. Gruppe n. f. sp. prácticas n. f. pl.-- dt. Praktikum n. n. sg. sp. garaje n. m.-- dt. Garage n. f. Diese Unterschiede haben nicht wie unser Beispiel alt / viejo etc. Auswirkungen auf die semantische Kompatibilität, sondern bewirken auf der syntagmatischen Ebene nur eine andere Kongruenz. Bei den Verben kann die Rektion ganz unterschiedlich sein: Einem transitiven abonnieren entsprechen je nach Kontext sp. suscribirse a algo bzw. abonarse a algo, also intransitive Verben, mit allen Konsequenzen (z. B. Verlust der Passivierbarkeit). Da syntaktische Divergenzen einen Randbereich der Lexikologie darstellen, begnügen wir uns mit diesen Beispielen. 6.3.4 Unterschiedliche Polysemie Häufig entstehen Kontraste durch unterschiedliche Lesarten von Lexemen, die in einer Lesart äquivalent sind. Der jahrhundertelange rege Kulturaustausch u. a. durch Übersetzungstätigkeit und eine gemeinsame Gelehrten- und Bildungssprache (Latein) haben dazu geführt, dass sich gerade unsere westeuropäischen Sprachen durch einen hohen Deckungsgrad bei polysemen Entwicklungen auszeichnen. So sind bei der metaphorischen oder metonymischen Herausbildung neuer Bedeutungen die Übereinstimmungen häufig. Man denke an die metaphorischen bzw. metonymischen Übertragungen wie sie bei Körperteilen-- z. B. mano / Hand-- zu beobachten sind: mano derecha-- rechte Hand (fig.) a manos llenas-- mit vollen Händen con las manos vacías-- mit leeren Händen estar en las manos de-…-- in den Händen von jmd. sein / liegen In weniger zentralen Bereichen des Wortschatzes tun sich hingegen viele Gabelungen und Verzweigungen auf; dazu nur einige Beispiele: dt. Drachen 1. ‘Fabelwesen’ - sp. dragón 2. ‘zänkische Frau’ - sp. furia 3. ‘Fluggerät (Spielzeug)’ - sp. cometa sp. dragón 1. ‘Fabelwesen’ - dt. Drache(n) 2. ‘Soldat, der als Kavallerist u. Infanterist eingesetzt ist’ - dt. Dragoner dt. Dragoner 1. ‘Soldat-…’ - sp. dragón 2 2. ‘derbe und resolut auftretende Frau’ - sp. virago, marimacho 88 6 Wörter und Wortschätze im Vergleich: Kontrastive Lexikologie dt. Melone 1. ‘Frucht’ - sp. melón 2. ‘Art Hut’ - sp. bombín dt. brav 1. ‘folgsam, wohlerzogen’ - sp. educado, amable, etc. 2. ‘bieder’ - sp. recatado, decoroso dt. Finte 1. ‘Scheinbewegung beim Fechten o. Boxen’ - sp. finta 2. ‘Trick, List’ - sp. truco, ardid 6.3.5 Situationsabhängige Eigenschaften und konnotative Unterschiede Dass denotative Äquivalente situativen Anwendungsbeschränkungen unterliegen können, kennt man auch intralingual (cf. Kapitel 4.5.3). Zwischensprachlich ist dieser Fall sehr häufig, wobei situativ wie in den folgenden Beispielen verschiedenartige Beschränkungen zusammenfasst: sp. cadáver-- dt. Kadaver dt. Fährnis-- sp. peligro sp. apendicitis-- dt. Blinddarmentzündung dt. Führer-- sp. líder, dirigente, caudillo dt. Kugelschreiber-- sp. bolígrafo, birome, pluma atómica dt. Guten Tag! -- sp. ¡Buenos días! Bei dem Wortpaar cadáver / Kadaver liegt der Unterschied in der Konnotation: Kadaver ist synonym mit Leiche, wenn es auf Tiere angewendet wird, in Bezug auf Menschen ist diese Synonymie nur relativ, da dann eine starke Abwertung mitschwingt-- diese Konnotation hat das spanische cadáver in keinem Fall. Während peligro stilistisch unmarkiert ist, gehört Fährnis eindeutig der Bildungssprache an und ist nur in bestimmten Kontexten ein brauchbares Äquivalent. Bei apendicitis ist die Polyvalenz problematisch: Im Vergleich zu Blinddarmentzündung ist es gleichzeitig medizinischer Fachterminus und gemeinsprachliches Wort, d. h. apendicitis ist immer die richtige Entsprechung des deutschen Wortes, während Blinddarmentzündung nur in gemeinsprachlichen Kontexten den spanischen Ausdruck adäquat wiedergibt. Das deutsche Führer hat vor allem in politischen Kontexten eine eindeutige Konnotation, und es wird gelegentlich ganz bewusst deswegen verwendet; die spanischen Äquivalente (ausgenommen caudillo), ebenso wie französische oder englische Entsprechungen, verfügen hingegen nicht über diese Evokationskraft; das ist wohl der Grund für die Entlehnung von Führer in verschiedene europäische Sprachen. Das deutsche Kugelschreiber hat im Spanischen nicht nur ein Äquivalent: Die regional gebräuchlichen Äquivalente sind denotativ äquivalent mit dem in Spanien und der Karibik gebräuchlichen bolígrafo. Je nachdem, ob man letzteres als panhispanisches Normwort 89 6.4 Gibt es “lexikalische Lücken”? akzeptiert oder nicht, ergibt sich nicht nur eine diatopische, sondern auch eine qualitative Divergenz. 88 Das letzte Beispiel schließlich illustriert die situative Fixierung von pragmatischen Idiomen: Bekanntlich kann Guten Tag! den ganzen Tag über als Begrüßung (und regional eingeschränkt auch als Verabschiedung) verwendet werden, wohingegen ¡Buenos días! auf die Zeit vor dem Mittagessen beschränkt ist. 6.4 Gibt es “lexikalische Lücken”? 89 Wie die Idee, die Bedeutung eines Lexems durch semantische Merkmale zu beschreiben, stellt auch das Konzept der lexikalischen Lücke eine theoretische Anleihe bei der Phonologie dar: So wie im Lautsystem einer Sprache nicht alle möglichen Kombinationen von Merkmalen als Phoneme erscheinen, kann es auch im Lexikon vorkommen, dass nicht alle denkbaren Semkombinationen als funktionale Einheiten lexikalisiert sind (cf. Peeters 1996, 261; Geckeler 2000, 67). Von diesem Befund ausgehend, ist es kein großer Schritt zur Behauptung, manche Sprachen wiesen Leerstellen oder Lücken auf, wenn eine mögliche Position innerhalb paradigmatischer Beziehungen (Wortfeld, Antonymie etc.) oder einer Ableitungsreihe nicht existiert. Lassen wir zunächst die Wortbildung beiseite und betrachten wir die Paradigmatik: (1) Das Wortfeld, das im Deutschen zum Archilexem gebären gehört, besteht-- ohne Anspruch auf Vollständigkeit-- aus den folgenden Verben: gebären, werfen, kalben, fohlen, usw. Wenn wir auf der Ebene der monolexematischen Einheiten bleiben, stehen im Spanischen dieser Vielzahl von Verben nur zwei gegenüber: parir und alumbrar. (2) Die meisten Dimensionsadjektive haben Antonyme: hoch- - tief, breit- - schmal, tief- - seicht etc.; während sich dieses System im Deutschen recht symmetrisch präsentiert (jede Einheit bzw. Lesart hat ein monolexematisches Antonym), muss im Spanischen, wie übrigens auch in anderen romanischen Sprachen, ein Element ohne Antonym auskommen: profundo. Im herkömmlichen Verständnis handelt es sich bei diesen Beispielen gleichermaßen um intralinguale und interlinguale Lücken. Aber sind das wirklich Lücken im strengen Sinne? Von Lücken zu sprechen, würde nämlich bedeuten, dass eine Sprache nicht alles auszudrücken vermag, was die Sprecher auszudrücken wünschen. Dem ist nun aber ganz offensichlich nicht so: Im ersten Fall finden Hispanophone mit den beiden Verben augenscheinlich völlig das Auslangen, zumal ja noch die komplexere Einheit dar a luz existiert; im zweiten Fall verwendet man einfach eine Periphrase: poco profundo bzw. bajo de fondo. Aus onomasiologischer und damit auch kommunikativ-pragmatischer Sicht gibt es also keine Lücken, denn sie existieren 88 Zum Problem der Normen des Spanischen in Amerika cf. auch Pöll (2018, i. Dr.). 89 Das Thema gehört zu den “Dauerbrennern” der lexikologischen Diskussion; wir verweisen nur auf einige einschlägige Arbeiten: Blank (1997, 392 f.), Ducháček (1968), Geckeler (1974, 1985), Marxgut (1991), Peeters (1996). 90 6 Wörter und Wortschätze im Vergleich: Kontrastive Lexikologie nur für den Linguisten, der die Sprache als Oppositionssystem und nicht als das, was die Menschen im Kopf haben, betrachtet. Wenn aufgrund eines bestimmten Kommunikationsbedürfnisses eine Lücke im Lexikon wirklich empfunden wird, dann wird sie auch sofort durch eine Neuprägung beseitigt-[…]. (Koch 1984, 36) Diese sehr kategorische Aussage täuscht aber über zwei Sachverhalte hinweg: 1. Nicht immer wird ein neues Wort geprägt, und wenn doch, setzt es sich nicht in jedem Fall durch, und 2. kommt dem Begriff Lücke sehr wohl psychische Realität zu: Lässt man z. B. Hispanophone die Reihe largo-- corto, ancho-- estrecho, alto-- bajo, profundo-- …-ergänzen, wird man eine überraschte Reaktion ernten: “Da fehlt etwas! ” Die Lücke entsteht gleichsam dadurch, dass sich der Sprecher ihrer bewusst wird; mit Geckeler (2000, 72) kann man in diesem Zusammenhang von “lagunas directamente perceptibles por el hablante” sprechen. Ähnlich ergeht es Fremdsprachenlernern, die feststellen, dass auf den ersten Blick so banal anmutenden Komposita wie Gastspiel, Schmerzensgeld oder Flaschenpost im Spanischen relativ aufwendige Umschreibungen gegenüberstehen; umgekehrt werden sich spanische Deutschlerner vielleicht darüber wundern, dass es für sp. veranear kein einfaches deutsches Verb gibt. Aber auch hier existiert objektiv keine Lücke: Die Konzepte sind beiden Sprach(gemeinschaft)en bekannt, werden aber anders realisiert, wobei dafür völlig lexikalisierte Ausdrücke oder eher beschreibende Phrasen vorkommen. 90 Im Bereich der Wortbildung erscheint uns der Begriff Lücke eher gerechtfertigt, da ein kommunikatives Problem vorliegen kann: 91 Prinzipiell produktive Ableitungsmuster-- etwa die Bildung von Nomina qualitatis mit -heit/ -keit sind z. B. im Deutschen bei manchen Basen blockiert. So kann man etwa von Ethnica wie jüdisch oder italienisch kein Substantiv ableiten. Sprecher neigen in solchen Fällen manchmal dazu, die Blockierung zu durchbrechen, korrigieren sich dann aber (oder geben einen metasprachlichen Kommentar ab) und weichen dann auf eine Periphrase aus 92 - - es wäre einfach aus kommunikativer Sicht sehr nützlich, Wörter wie *Jüdischkeit oder *Italienischheit bilden zu können. Im Spanischen ist die Situation auf den ersten Blick ähnlich, da eine analoge Beschränkung für die Suffixe -idad/ -ez existiert: *judidad, 93 *judiez. Allerdings findet man für das Spanische die Form judeidad. Durch Analogie mit espontaneidad, homogeneidad etc. scheint ein neues Suffix -eidad entstanden zu sein, das auch schon bei anderen Basen belegt ist. So ist durch 90 Das Pons Globalwörterbuch (1996 u. ö.) bietet folgende Äquivalente an: actuación de una compañía teatral invitada (freie Phrase), indemnización por daño personal (lexikalisiert, da juristischer Fachbegriff), botella arrojada al mar (con un mensaje) (freie Phrase). 91 Diesen Hinweis verdanke ich Franz Rainer. 92 Manchmal hört / liest man auch das Substantiv Judentum, was semantisch allerdings ebenfalls unbefriedigend ist. 93 Wer mit Google eine Suche im Internet durchführt, wird auch auf judidad stoßen. Es handelt sich aber zweifelsfrei um ein Hapax legomenon (=-ein Ausdruck, für den es nur einen einzigen Beleg gibt), das wohl auf einen Schreibfehler zurückzuführen ist. 91 6.5 Versteckte Kontraste: Falsche Freunde das Schließen der intralingualen Lücke im Spanischen eine interlinguale Lücke im Kontrast Deutsch-Spanisch entstanden. 94 6.5 Versteckte Kontraste: Falsche Freunde Mit dem metaphorischen Sammelbegriff falsche Freunde bezeichnet man eine recht heterogene Gruppe von Unterschieden zwischen Lexemen zweier Sprachen. Viele der weiter oben bereits beschriebenen Divergenzen zwischen Spanisch und Deutsch werden in der Fremdsprachendidaktik unter diesem Begriff behandelt, und für viele Sprachenpaare gibt es spezielle Wörterbücher, die sich dieses Problems annehmen. Nach Maillot (1977, 67) wurde der Begriff erstmals im Jahre 1928 auf Französisch (faux amis), und zwar im Zusammenhang mit dem Sprachenpaar Französisch / Englisch verwendet. Von da ausgehend gelangte er dann durch Übersetzung in viele andere Sprachen; im Englischen ist neben false friends auch der Begriff false oder deceptive cognates gebräuchlich, Bezeichnungen, die schon darauf hindeuten, welchen Ursprungs die betreffenden Wörter sind. Falsch sind diese Freunde-- beim Sprachpaar Deutsch / Spanisch handelt es sich fast immer um gelehrte Bildungen oder Internationalismen--, weil sie formal oft recht ähnlich sind, 95 aber in wesentlichen Aspekten divergieren. Zu den wichtigsten Fällen zählen die nachstehenden (wir folgen in der Einteilung Wotjak / Hermann 1983 bzw. 1993): ▶ Semantische falsche Freunde liegen vor, wenn Lexeme zweier Sprachen formal (phonisch und / oder graphisch) ähnlich oder fast identisch sind, aber (oft fundamentale) Bedeutungsunterschiede und folglich Gebrauchsbedingungen aufweisen, z. B.: dt. absolvieren-- sp. absolver ‘entbinden, freisprechen’, dt. Aperitif-- sp. aperitivo ‘comida y bebida que se toman para abrir el apetito antes de la principal’, sp. carta ‘Brief ’-- dt. Karte, sp. éxito- - dt. Exitus, sp. lujurioso ‘ausschweifend’- - dt. luxuriös, sp. académico ‘Mitglied einer Akademie’- - dt. Akademiker, dt. Klinik- - sp. clínica ‘(Privat-)Klinik’, dt. Moskito ‘(krankheitsübertragende) Stechmücke’ - sp. mosquito ‘Mücke (allgemein)’, dt. Promotion ‘Verleihung des Doktorgrades’-- sp. promoción ‘Förderung, Beförderung, Jahrgang’, dt. Sekret-- sp. secreto ‘Geheimnis’, dt. Tee-- sp. té ‘schwarzer Tee’ usw. Divergenzen dieser Art entstehen durch unterschiedliche Entlehnungswege, einzelsprachspezifischen Bedeutungswandel oder lautgeschichtliche Zufälle. Semantische falsche Freunde können auch nur in Teilen der Bedeutung divergieren; solche partiellen Abweichungen betreffen also die unterschiedliche Polysemie der beiden Wörter, z. B.: sp. cita-- dt. ‘Zitat’, aber auch ‘Verabredung’; sp. espectro-- dt. ‘Spektrum’, aber auch ‘Gespenst’; sp. intereses-- dt. ‘Interessen’, aber auch ‘Zinsen’, usw. 94 Einschränkend muss man natürlich sagen, dass die hohe Frequenz von Paraphrasen wie condición de judío für dasselbe signifié bzw. die Verwendung von judaísmo im Spanischen als Zeichen einer eingeschränkten Akzeptabilitität dieser Bildung gedeutet werden könnte. 95 Meist aufgrund etymologischer Verwandtschaft. Deshalb werden Wortpaare wie sp. brote ‘Spross, Sprießling’-- dt. Brote (Pl. von Brot), sp. base-- dt. Base ‘Cousine’ oder dt. Kamille-- sp. camilla ‘Krankentrage’ manchmal nicht als Falsche Freunde betrachtet, obwohl auch sie Anlass zu Problemen geben können. 92 6 Wörter und Wortschätze im Vergleich: Kontrastive Lexikologie ▶ Strukturell-formale falsche Freunde sind semantisch weitgehend identisch, weisen aber u. U. wesentliche Unterschiede in der Morphologie (sp. ateo-- dt. atheistisch, sp. autárquico-- dt. autark, dt. Alpinistik-- sp. alpinismo, dt. drakonisch-- sp. draconiano, dt. kafkaesk-- sp. kafkiano, dt. Vegetarismus-- sp. vegetarianismo, dt. Diagnose-- sp. diagnóstico, usw.), Orthographie (dt. Billard-- sp. billar; dt. Harlekin-- sp. arlequín; dt. Overall-- sp. overol, etc.), Betonung (dt. Infamie [xx'x]-- sp. infamia [x'xx]; dt. Akademie [xxx'x]-- sp. academia [xx'xx]; dt. Demagogie [xxx'x]-- sp. demagogia [xx'xx] etc.) oder im grammatischen Verhalten (dt. Studium- - sp. estudios pl.; dt. Garage n. f.- - sp. garaje n. m.; dt. Praktikum n. n. sg.- - sp. prácticas n. f. pl.) auf. Interferenzen bei der Sprachproduktion sind hier beinahe vorprogrammiert. Am Rande der Kategorie falsche Freunde stehen Wörter, die im Deutschen Entlehnungen aus alten Sprachen bzw. gelehrte Bildungen darstellen und bei denen ein Sprachlerner annehmen könnte, dass sie ebenso im Spanischen existieren: 96 Bigotterie- - *bigotería (beatería), Dezernat-- *decernado (sección, negociado), Deponie-- *deponía (basurero, vertedero), journalistisch-- *jornalístico (periodístico) usw. Schließlich kann man auch bei Unterschieden in der Gebrauchsfrequenz (bei sonst gleicher Bedeutung) von falschen Freunden sprechen: Zum Beispiel weist sp. autóctono gegenüber dt. autochthon keine wesentlichen Unterschiede in Bedeutung oder Kombinatorik auf, letzteres gehört aber eindeutig der Bildungssprache an und wird folglich in vielen Fällen nicht das ideale Äquivalent des spanischen Adjektivs sein. 96 “[…]-a special type of false friends is to be found in those cases where a foreign-sounding L1 item has NO FORMALLY SIMILAR CORRESPONDENT in a given L2” (Gabrovšek 1998, 166). 93 7.1 Fachsprache und Gemeinsprache 7 Lexikologie und ihre anwendungsorientierten Nachbardisziplinen I: Terminologie 7.1 Fachsprache und Gemeinsprache Als Folge lebens- und arbeitsweltlicher Diversifizierung gehört der Kontakt mit den verschiedensten Fachsprachen zu den alltäglichen Erfahrungen des Menschen in modernen Gesellschaften. Wer die Bedienungsanleitung seines Smartphones oder das Kleingedruckte auf dem Reparaturauftrag für die Waschmaschine liest, kommt mit einem Sprachgebrauch in Kontakt, der nicht jedem sofort zugänglich ist, obwohl die verwendete Syntax und die meisten Wörter dem Durchschnittskonsumenten vertraut sein dürften. Aus dieser Feststellung kann schon ein wesentliches Merkmal aller Fachsprachen abgeleitet werden: Sie stellen keine scharf von der Gemeinsprache-- hier verstanden als das, was alle Mitglieder einer Sprachgemeinschaft teilen-- abgegrenzten Subsysteme dar, sondern durchdringen sich gegenseitig und mit der Gemeinsprache. Die Gemeinsprache und die verschiedenen Fachsprachen sind also durch eine je verschiedene Auswahl aus im Sprachsystem zur Verfügung stehenden Ausdrucksmöglichkeiten gekennzeichnet (cf. Möhn / Pelka 1984, 14; Hoffmann 1985, 34). Was sie unterscheidet, sind die sprachlichen Ressourcen, die sie vorwiegend nutzen, sowie die kommunikativen Funktionen, die sie erfüllen müssen. Steht bei der Gemeinsprache das Vermitteln von öffentlicher oder privater Alltagserfahrung im Vordergrund, dienen die Fachsprachen idealtypisch zum Erfassen und zur Vermittlung spezialisierter Wissens- und Erkenntnisbestände. Die unscharfe Grenze zwischen Fach- und Gemeinsprache hängt auch damit zusammen, dass die Kommunikationspartner oft nicht nur Fachleute sind, obwohl es um Spezialwissen geht- - man denke nur an Wissenschaftsvulgarisierung in Radio, Fernsehen und in den Printmedien. “Fachlichkeit” ist also ein Phänomen mit Randunschärfen, was sowohl die horizontale Gliederung der Fachsprachen nach Fächern / Fachbereichen als auch die vertikale Staffelung nach dem Spezialisierungsgrad problematisch erscheinen lässt (cf. zur Problematik Fluck 1996, 16 f.; Reinart / Pöckl 2015, 43 ff.). Die Bemühungen, eine scharfe Grenze zwischen Fach- und Gemeinsprache zu etablieren, haben allerdings eine lange, bis in die Antike zurückreichende Tradition und wurzeln in der gesellschaftlichen Abwertung der Erwerbsarbeit, die im Mittelalter dann explizit in der Dichotomie artes liberales vs. artes mechanicae zum Ausdruck kommt (cf. Kalverkämper 1992). Diese ablehnende Haltung lässt sich bis in die Neuzeit herauf verfolgen, wenngleich sich seit der Aufklärung, insbesondere durch den Einfluss der Encyclopédie (1751-1780), eine Trendwende abzeichnet. Historisch gesehen war Spanien wahrscheinlich weniger fachfeindlich als etwa Frankreich, aber auch heute noch ist in den Sprachbeschreibungen die Dominanz der Bildungssprache und der Fachsprache der Kulturwissenschaften über jene der Natur- und technischen Wissenschaften zu beobachten. Zwar hat sich z. B. die RAE programmatisch den Fachsprachen geöffnet, die 21. Auflage 1992 ihres Wörterbuchs verzeichnete allerdings nur wenige Ausdrücke der damals schon allgegenwärtigen Computerterminologie. In den letzten 94 7 Lexikologie und ihre anwendungsorientierten Nachbardisziplinen I: Terminologie Jahren hat sich dies jedoch gebessert: Konsultiert man die 23. Auflage aus dem Jahr 2014, fällt auf, dass viele der gängigen Begriffe mittlerweile verzeichnet sind. 97 Ein typisches Beispiel für die angesprochene Fachsprachenfeindlichkeit findet sich in dem Sammelband El español, hoy (1995), genauer im Beitrag über El lenguaje científico y técnico von Julio Calonge; wir zitieren nur ein paar ausgewählte Passagen, auf die später bei der Charakterisierung von Fachwörtern und Termini Bezug genommen werden soll: (1) […]- los significantes ligados unívocamente a los significados de las ciencias y de las materias especializadas pueden tener la forma de los significantes de la lengua, pero su comportamiento no permite considerarlos como tales (Calonge 1995, 183). (2) […]-es muy difícil que esta expresión [scil. agujero negro ‘Schwarzes Loch’] y otras igualmente atractivas no penetren en el vocabulario general. Aunque es deseable que el léxico de la lengua no sufra alteraciones por esta vía, no se pueden rechazar sistemáticamente las incursiones, siempre individualizadas, de vocablos técnicos en el léxico general (1995, 185). (3) […]-la traducción de la terminología científica causa enorme daño al vocabulario general de la lengua y también al desarrollo normal de la ciencia en las comunidades lingüísticas en las que esto suceda. No obstante, debemos precisar que lo realmente destructor es el “calco” (1995, 185). Aus diesen Zitaten lässt sich indirekt ein wesentliches materielles Charakteristikum von Fachsprachen herauslesen: Was sie hauptsächlich kennzeichnet und ihren Kern ausmacht, ist die fachspezifische Terminologie. 98 7.2 Terminus - Wort - Fachwort Um zu definieren, was Termini und Fachwörter sind, ist es angebracht, zunächst einmal in Erinnerung zu rufen, wodurch die Wörter der Gemeinsprache charakterisiert sind: Wörter sind sprachliche Zeichen, bei denen die Beziehung zwischen Ausdruck (signifiant) und Inhalt (signifié) arbiträr und konventionell ist; es besteht kein innerer Zusammenhang zwischen dem Zeichenkörper und dem ihm zugeordneten Konzept. 99 Die Konventionalität wird in der standardsprachlichen, präskriptiven Norm explizit gemacht, ist aber grundsätzlich Wandlungen unterworfen. 97 Es fehlten im Jahre 1992 z. B. directorio (im Sinne von ‘Verzeichnis’), escáner ‘Scanner’ (in der Bedeutung ‘Eingabegerät für den Computer’) und formatear (im Sinne von ‘einen Datenträger formatieren’) etc. Diese Einträge bzw. Bedeutungen finden sich im DRAE erst seit der 22. Auflage aus 2001. 98 Die Überbetonung dieses Aspekts hat dazu geführt, dass sich die Fachsprachenforschung lange Zeit hindurch fast ausschließlich mit lexikologisch-terminologischen Fragen beschäftigt hat und Aspekte wie syntaktische Spezifik und textlinguistische Konventionalität erst in den 70er und 80er Jahren des 20. Jahrhunderts ins Blickfeld gerückt sind. 99 Auf die seit Saussure immer wieder diskutierte Frage, ob Onomatopoetika und Interjektionen Ausnahmen von diesem Grundsatz darstellen, gehen wir hier nicht ein. 95 7.2 Terminus - Wort - Fachwort Häufig sind einem Ausdruck mehrere Konzepte zugeordnet-- Wörter sind polysem--, und ein Konzept wird oft durch mehrere Zeichenkörper vertreten-- Wörter können Synonyme haben. Hinzu kommt noch, dass viele Wörter einen eher vagen Referenzbereich aufweisen. Wie wir in Kapitel 4 und 6 sehen konnten, spiegeln Wörter nur bedingt in homogenen Strukturen die Strukturen der Welt wider. Die Gegliedertheit des Wortschatzes ist ein nicht zu leugnendes Faktum, sie hängt aber- - wie insbesondere der Sprachvergleich zeigt- - nur bedingt von den außersprachlichen Strukturen ab. Was die Bedeutung von Wörtern betrifft, so stellt man fest, dass sie kontextuellen Faktoren unterliegt und konnotative Komponenten hat. Mit ihnen realisiert man die unterschiedlichsten Sprachfunktionen (im Sinne von R. Jakobson): referentiell, metasprachlich, poetisch, appellativ etc. Im Gegensatz dazu gilt für Termini idealiter Folgendes (cf. Picht / Felber 1984; Hoffmann 1985, 163; Buhlmann / Fearns 2000, 34; Reinart / Pöckl 2015, 64 ff.): ▶ Die Beziehung zwischen Begriff (Konzept) und Terminus ist konventionell und normativ fixiert. Der Terminus ist verbindlich. ▶ Ein Terminus ist selbstdeutig, d. h. ohne Kontext verständlich, weil er Teil eines Systems ist. Seine Motiviertheit kann ebenfalls dazu beitragen. ▶ Ein bestimmter Terminus steht nur für einen Begriff (Prinzip der Eindeutigkeit), d. h. Polysemie ist ausgeschlossen. ▶ Ein bestimmter Terminus steht nur für einen Begriff, und dieser Begriff wird nur von diesem Terminus vertreten (Prinzip der Eineindeutigkeit). Somit soll auch Synonymie ausgeschlossen sein. Wir erkennen hier das im ersten Zitat von Calonge (1995) genannte Charakteristikum. ▶ Die normative Fixierung bringt es mit sich, dass ein Terminus scharfe Grenzen gegenüber anderen Termini hat. Der Referenzbereich eines Terminus ist klar abgegrenzt. ▶ Termini sind konnotationsfrei, d. h. stilistisch neutral. Sie dienen zur Lösung kommunikativer Probleme innerhalb eines Faches, und die alles dominierende sprachliche Funktion ist die referentielle. ▶ Termini sind in von der außersprachlichen Welt vorgegebenen Systemen eingebunden (terminologische Systeme). Die Begriffe in terminologischen Systemen sind übereinzelsprachliche Elemente des rationalen Denkens. Diese Liste von Idealeigenschaften hängt mit der Ansicht zusammen, dass Termini nicht bzw. nur in formaler Hinsicht zur Sprache gehören (siehe das erste Zitat von Calonge). Eine ähnliche Position hat auch Coseriu (1975, 26) vertreten, der meinte, Terminologien hätten “einen anderen Status als die Wörter der Normalsprache, da sie Verwendungsmöglichkeiten der Sprache für verschiedene (und prinzipiell von der Sprache unabhängige) Klassifizierungen der Wirklichkeit bzw. gewisser Teilbereiche der Wirklichkeit darstellen.” Ferner seien die bedeutungsmäßigen Unterschiede zwischen Termini objektiv, in Folge der Abhängigkeit von den behandelten Gegenständen bzw. als Resultat der Konventionalisierung und Normierung (cf. Coseriu 1975, 26 ff.). 96 7 Lexikologie und ihre anwendungsorientierten Nachbardisziplinen I: Terminologie Es ist offensichtlich, dass zahlreiche Termini verschiedenster Fachsprachen nicht den oben aufgeführten Idealkriterien gehorchen und sich deshalb ähnlich wie “ganz normale” gemeinsprachliche Wörter verhalten. Wir geben im Folgenden ausgewählte Beispiele: 100 Eine in den 1990er Jahren häufig auch in den Schlagzeilen der Tagespresse auftauchende Tierkrankheit hat im Spanischen zumindest vier verschiedene Bezeichnungen; ob der Rinderwahnsinn als encefalopatía espongiforme bovina, EEB , síndrome de vacas locas, mal oder enfermedad de las vacas locas bezeichnet wird, hängt vielfach von kontextuellen Faktoren (Kommunikation innerhalb des Faches oder Massenkommunikation, steigende Bekanntheit des medizinischen Terminus und der Abkürzung, regionale Präferenzen etc.) ab. Weniger spektakulär sind die folgenden Beispiele: lentes multifocales / lentes progresivos ‘multifokale Gläser, Gleitsichtgläser’ (Fachsprache der Optik); aborto inducido / aborto provocado ‘Schwangerschaftsabbruch’ (Medizin); (morfema) trabado / (morfema) ligado ‘gebunden’ (Linguistik); behaviorismo / conductismo ‘Behaviorismus’ (Psychologie); bienes de equipo / de capital / de inversión ‘Anlagegüter’ (Wirtschaftswissenschaften). Besonders häufig sind Synonyme natürlich im Übergangsbereich zur Gemeinsprache: teléfono portátil / teléfono móvil; destructora de documentos / destructora de papel ‘Aktenvernichter, S(c)hredder’; fichero / archivo ‘Datei’. Angesichts der großen Ausdehnung des spanischen Sprachraumes ist es nicht verwunderlich, dass es unzählige terminologische Geosynonyme gibt, wobei es hier um Gebrauchspräferenzen geht, z. B. ordenador (E) vs. computador(a) (A), disco duro (E) vs. disco rígido (A), ratón ‘Maus’ (E) vs. mouse (Am, neben ratón). Erstaunlich ist z. B. auch, dass selbst die Terminologie des Qualitätsmanagements nach ISO 9000 nicht gänzlich vereinheitlicht werden konnte: gestión de calidad (E) vs. administración de (la) calidad (Mexiko) vs. gerenciamiento de (la) calidad (Argentinien). Dass Termini Konnotationen haben können, zeigt das Musterbeispiel monema vs. morfema aus der linguistischen Fachsprache: Wer den von André Martinet verbreiteten Terminus monema verwendet, deklariert sich u. U. als Anhänger der funktionalistischen Schule. Um beurteilen zu können, ob der Gebrauch wirklich schulgebunden ist, muss man allerdings den genauen Kontext kennen. Für (a) polyseme Termini und (b) nicht genau bestimmte Referenzbereiche kann man gleichfalls die Fachsprache der Linguistik bemühen: (a) neutro 1. ‘género gramatical’, 2. ‘no marcado’; frecuencia 1. ‘Frequenz im physikalischen Sinn’ (akustische Phonetik), 2. ‘Vorkommenshäufigkeit’ (quantitative Linguistik); (b) sociología del lenguaje ‘Sprachsoziologie’-- sociolingüística ‘Soziolinguistik’. Auch bei diesen Beispielen ist die Bedeutung kontextabhängig; das Prinzip der Selbstdeutigkeit ist somit stark eingeschränkt. Richtig ist, dass Termini prinzipiell übereinzelsprachliche Begriffe repräsentieren, deshalb sind sie auch sehr häufig Internationalismen: Der Einheitlichkeit auf der Begriffsebene folgt-- durch Entlehnung meist hybrider Wortbildungen-- die Einheitlichkeit auf der Benennungsebene. Musterbeispiele sind hier wohl die diversen Fachbezeichnungen selbst (cf. auch Kalverkämper 1992, 43 ff.): 100 Sofern sie nicht aus der Linguistik kommen, stammen viele der in den folgenden Abschnitten verwendeten Beispiele aus Arbeiten mit terminologischer Thematik, die in der Zeitschrift Lebende Sprachen erschienen sind. Aus Platzgründen müssen wir auf genaue Quellenverweise leider verzichten. 97 7.2 Terminus - Wort - Fachwort Deutsch Französisch Spanisch Italienisch Englisch Pharmakologie, Pharmazie pharmacologie, pharmacie farmacología, farmacia farmacologia, farmaceutica pharmacology, pharmaceutics, pharmacy Augenheilkunde ophthalmologie, oculistique oftalmología oftalmologia, oculistica ophthalmology Metallurgie, Hüttenwesen métallurgie metalurgia metalurgia metallurgy Sozialpsychologie psychologie sociale psicología social psicologia sociale social psychology … … … … … Hier gibt es zwischensprachlich kaum Äquivalenzprobleme, nur im Deutschen besteht des Öfteren eine Konkurrenz zwischen einer gelehrten und einer heimischen Bildung. Die Übertragbarkeit stößt jedoch manchmal auf nur schwer zu überwindende Hindernisse, wenn in einer anderen Sprache der Referent nicht oder in nicht identischer Form existiert. Dieses Problem begegnet häufig bei der Bezeichnung von Institutionen, landesspezifischen Einrichtungen oder Begriffen aus der Rechtssprache: Umweltbundesamt vs. sp. agencia / instituto federal del medio ambiente (Übersetzungen, kein spanisches Äquivalent), Habilitation vs. sp. cualificación para acceder a una cátedra (erklärende Paraphrase), Bundesstraße vs. sp. carretera federal (Übersetzung), Guardia Civil vs. Bundespolizei (nur oberflächliche Entsprechung, da unterschiedliche Rechtsnormen) usw. Der Umstand, dass die meisten Termini nur graduell den weiter oben genannten Charakteristika entsprechen, hat zu verschiedenen begrifflichen Präzisierungen Anlass gegeben; wesentlich sind die Unterscheidungen zwischen a) Terminus und Fachwort (cf. Fluck 1996, 47 f.) und zwischen b) objektbezogenen und theoriebezogenen Termini. 101 a) Erstere hebt auf den Aspekt der Normierung und Verbindlichkeit ab: Fachwörter sind usuell, wurden aber nicht normiert; Termini sind normiert und verbindlich. Auf unsere obigen Beispiele angewandt, bedeutet dies, dass etwa encefalopatía espongiforme bovina ein Terminus ist, síndrome de vacas locas aber als Fachwort angesehen werden muss. b) Objektbezogene Termini entsprechen Konzepten in terminologischen Systemen; sie sind am ehesten eineindeutig und in der Regel normiert, wodurch Polysemie und Synonymie ausgeschlossen werden sollen: Musterbeispiele hierfür sind die hochformalisierten Termini der Naturwissenschaften (z. B. chemische Formeln) oder auch viele juristische Begriffe. Theoriebezogene Termini verhalten sich hingegen tendenziell wie “normale” Wörter. Ihre Bedeutung kann kontextdeterminiert sein und hängt oft von der paradigmatischen Einbettung ab, Polysemie ist die Regel. Im Unterschied zu objektbezogenen Termini stehen sie nicht für an sich vorhandene Konzepte, sondern schaffen solche vielmehr. Die typischsten Beispiele stammen aus den Geistesbzw. Humanwissenschaften, z. B. complejo (Psychologie), existencia (Philosophie), secta (Religionswissenschaft), familia nuclear (Soziologie), continuo (Linguistik). 101 Cf. Hermans (1989): “termes techniques” vs. “termes théoriques / termes pour des concepts”. 98 7 Lexikologie und ihre anwendungsorientierten Nachbardisziplinen I: Terminologie 7.3 Bildung von Termini und Fachwörtern Zur Schaffung neuer Termini kommen im Spanischen-- wie auch in anderen Sprachen-- vor allem vier Verfahren zur Anwendung (cf. Schmitt 1992, 313 f.; Sager 1997; Arntz / Arranz 1999, 1517 ff.): ▶ Terminologisierung: Dabei wird ein bestehendes Wort bzw. ein Terminus in seiner Bedeutung erweitert, um ein neues Konzept zu repräsentieren, z. B. camino ‘Weg, Pfad’ → camino ‘Zugriffspfad’, archivo ‘Archiv’ → archivo ‘Datei’ [ EDV ]. Besonders auffällig ist dabei die metaphorische Umdeutung von Bezeichnungen für Körperteile: So wird z. B. cabeza häufig für i. w. S. runde bzw. besonders wichtige Gegenstände oder technische Komponenten verwendet (cabeza atómica ‘Atomsprengkopf ’, cabeza de lectura / escritura ‘Lese-/ Schreibkopf ’, cabeza de sondeo ‘Bohrkopf ’, columna de cabeza ‘Kopfsäule’ [Bauwesen]). In den folgenden Beispielen ist die Art der metaphorischen Übertragung auch leicht zu erkennen: diente ‘Zahn, Zacken’, ojo de barril ‘Spundloch’, brazo giratorio ‘Schwenkarm’. Eine besondere Form der Terminologisierung ist die Übernahme aus anderen Fachsprachen; dies führt dann zu Polysemie über die Fachgrenzen hinweg, z. B.: inversión 1 ‘Umkehr, Inversion’ [Technik], inversión 2 ‘Investition’ [Wirtschaft], inversión 3 ‘Umstellung’ [Linguistik], inversión 4 ‘Inversion(swetterlage)’ [Meteorologie]; émbolo 1 ‘Kolben’ [z. B. Automobiltechnik], émbolo 2 ‘Gefäßpropfen’ [Medizin]. 102 ▶ Termbildung mit Hilfe üblicher Wortbildungsverfahren: Die Bildung neuer Termini folgt prinzipiell den gültigen Wortbildungsregeln der jeweiligen Sprache. Während Deutsch und Englisch über vielfältige Kompositionsmöglichkeiten verfügen, sind im Spanischen- - wie auch in anderen romanischen Sprachen- - meist syntagmatische Fügungen zu beobachten: orden de busca y captura ‘Haftbefehl’, permiso de residencia ‘Aufenthaltsgenehmigung’, banco de datos ‘Datenbank’, impresora de chorro de tinta ‘Tintenstrahldrucker’, fórmula de Laplace [Wahrscheinlichkeitsrechnung; Eigenname] etc. Einfache Lexemreihung ist jedoch nicht ausgeschlossen: lenguaje máquina ‘Maschinensprache’ [ EDV ], impresora láser ‘Laserdrucker’, tóner impresora ‘Druckertoner’, efecto Doppler ‘Dopplereffekt’ [Physik; Eigenname]. Häufig sind Verbindungen aus Substantiv und Relationsadjektiv: fraude fiscal ‘Steuerbetrug’, programa antiviral ‘Antivirenprogramm’, ácido fosfórico ‘Phosphorsäure’ usw. Im Bereich der Derivation ist auf die große Häufigkeit von -ific(ar), -iz(ar), -e(ar) und selbstverständlich -ar zur Bildung neuer Verben hinzuweisen: autentificarse ‘sich anmelden, einloggen’ [ EDV ], solidificar ‘(sich) verfestigen’, digitalizar ‘digitalisieren’, clonear ‘klonen’. Neue substantivische Termini werden z. B. häufig mit -ción oder -eo gebildet: exfoliación ‘Abschürfung’ [Medizin], depuración ‘Reinigung, Klärung’ [Umwelttechnik], 102 Das Gegenteil der Terminologisierung ist die Entterminologisierung. Dabei gehen Termini - mit meist allgemeinerer Bedeutung-- in die Gemeinsprache ein: aséptico ‘aseptisch’ [Medizin] → ‘kalt, emotionslos’; radiografar ‘röntgenisieren’ → ‘durchleuchten, genau analysieren’; catalisador ‘Katalysator’ → ‘Person oder Sache, die verschiedene Kräfte zusammenführt oder einen gemeinschaftlichen Prozess in Gang bringt’ (cf. Fort Cañellas 2001). 99 7.3 Bildung von Termini und Fachwörtern scanneo / escaneo ‘Scannen’, muestreo ‘Sampling’ [Statistik]. Zahlreich sind auch die Bildungen mit griechischem und / oder lateinischem Material: profesiograma ‘Anforderungsprofil’ [Personalwirtschaft; gr.-lat.], craneoencefálico ‘Schädel-Hirn-…’ [Medizin; gr./ lat-gr.], pluridiscapacitado ‘mehrfach behindert’ [Medizin; lat.-sp.]. ▶ Entlehnungen: Nicht erst in Zeiten zunehmender Globalisierung stellt die Entlehnung eine ganz wesentliche Quelle für neue Termini und Fachwörter dar. Abgesehen von Entlehnungen aus klassischen Sprachen sind in diachroner Perspektive das Französische und das Englische quantitativ am wichtigsten. Dies lässt sich schön am Beispiel der spanischen Automobilterminologie zeigen (cf. dazu die Studie von Schatzmann 1999): Da Frankreich zu Beginn des Automobilzeitalters führend war, liefert das Französische z. B. so zentrale Begriffe wie llanta ‘Felge’ (< frz. jante), biela ‘Pleuel’ (< frz. bielle), chasis (< frz. châssis), volante (< frz. volant), parabrisas (< frz. parebrise, Lehnübersetzung), carrocería (< frz. carrosserie), cambio de velocidades (< frz. changement de vitesse, Lehnübersetzung) und tubo de escape (< frz. pot d’échappement). Anglizismen sind tendenziell jüngeren Datums und treten sowohl als direkte Übernahmen (z. B. airbag, aircondition) als auch in Form von Lehnübersetzungen oder -übertragungen auf (z. B. cojín de aire, aire acondicionado). Aufgrund des großen gemeinsamen lexikalischen Fundus der romanischen Sprachen und des Englischen lässt sich in vielen Fällen der genaue Ursprung kaum mehr feststellen (cf. Schatzmann 1999, 184), etwa bei amortiguador, freno, carburador. In vielen Fällen führt die Entlehnung aus unterschiedlichen Sprachen zu terminologischen (Quasi-)Synonymen, z. B. lingüística informática (< frz.)-- lingüística computacional (< engl.), ordenador (< frz.)-- computador(a) (< engl.), byte (< engl.)-- octeto (< frz.). Entlehnungen funktionieren häufig in Konkurrenz zu einheimischen Bildungen, dies gilt besonders für englische Entlehnungen in den naturwissenschaftlich-technischen Fachsprachen, z. B. in der Informatik (display / displayar vs. visualizar; windows vs. sistema de ventanas; equipo físico / equipo lógico vs. hardware / software) oder der Medizin (smoldering ‘fase subaguda o evolución crónica relativamente rápida de una enfermedad’ vs. forma subaguda; angry back syndrome vs. síndrome de piel irritada; cluster headache vs. cefalea agregada). Im Hinblick auf den von Calonge (1995; s. o.) kritisierten negativen Einfluss von Calques im Übergangsbereich von der Gemeinzur Fachsprache kann man nur festhalten, dass im Zusammenhang mit Termini und Fachwörtern funktionale vor sprachpuristischen Überlegungen Priorität haben müssen: Ist der Calque gebräuchlicher als die direkte Entlehnung? Wie steht es um die Chancen einer einheimischen Ersatzbildung, sich durchzusetzen? ▶ Kürzung: Die Tendenz zur Kürzung bei Fachtermini resultiert aus der überragenden Bedeutung der sprachlichen Ökonomie in den Fachsprachen. Sofern die Bildung nicht im Spanischen selbst erfolgt (z. B. INEM - Instituto Nacional de Empleo; IVA - - impuesto sobre el valor añadido; CCI - - Cámera de Comercio Internacional usw.), werden Siglen / Akronyme entlehnt: EURATOM (← European Atomic Energy Community vs. spanische Langform: Comunidad Europea de la Energía Atómica), CERN (< Conseil européen pour la recherche nucléaire vs. sp.: Organización Europea para Investigaciones Nucleares), ISO (← International Organization for Standardization ⨯ gr. isovs. sp. 100 7 Lexikologie und ihre anwendungsorientierten Nachbardisziplinen I: Terminologie Organización Internacional de Normalización). Dabei kann es vorkommen, dass die der Abkürzung zugrundeliegende Langform völlig in Vergessenheit gerät und pleonastische Verwendungsweisen aufkommen, z. B.: código ASCII (← American Standard Code for Information Interchange) oder sistema antibloqueo de frenos ABS (← Antiblockiersystem). 101 8.1 Vorbemerkung 8 Lexikologie und ihre anwendungsorientierten Nachbardisziplinen II : Lexikographie und Metalexikographie 8.1 Vorbemerkung Ziel der folgenden Darstellungen kann es nicht sein, ein auch nur annähernd vollständiges Bild der spanischen Lexikographie in ihrer praktischen und theoretischen Entwicklung zu geben. Dieser Thematik wäre zumindest ein eigenes Studienbuch zu widmen. Vielmehr wollen wir exemplarisch wichtige Grundlagen, Probleme und Aufgaben dieser sowohl in ihrer Geschichte als auch in ihrer praktischen Arbeit von der Lexikologie nicht zu trennenden Disziplin beleuchten. Bei unseren Ausführungen steht das einsprachige Definitionswörterbuch im Vordergrund. 8.2 Zum Verhältnis von Lexikologie und Lexikographie In einem Aufsatz aus dem Jahre 1997 hat der belgische Semantiker Dirk Geeraerts versucht, das Verhältnis zwischen Lexikographie (verstanden als Praxis des Wörterbuchmachens) und Lexikologie in historischer Perspektive zu erhellen. Er geht dabei von einer ursprünglichen Symbiose aus und bezieht sich vor allem auf die Situation in Deutschland und in England: Im 19. Jahrhundert, als Lexikologie in Form von diachroner Semantik betrieben wurde, zielten die gemeinsamen Bemühungen der Lexikologie und der Lexikographie auf die diachrone Beschreibung des Wortschatzes im Rahmen eines historischen Wörterbuchs ab. Im Bemühen um dieses Ziel konnte keine der beiden Disziplinen Autonomie beanspruchen. Für die heute zu konstatierende Auseinanderentwicklung bzw. Trennung der beiden Fächer macht Geeraerts zwei Faktoren verantwortlich: einerseits die linguistische Theoriebildung, die mit einer dominant synchronen Perspektive, stärkerer, an den Naturwissenschaften orientierter Formalisierung und ihrem Bestreben nach universell-kognitiven Erkenntnissen “einer direkten und breiten lexikographischen Anwendung nicht förderlich ist” (Geeraerts 1997, 9), andererseits die Lexikographie selbst, deren praxisorientierte Komponente zu Ungunsten der wissenschaftlichen zugenommen habe und die sich vermehrt um die Bedürfnisse des Publikums (verschiedene Wörterbücher für verschiedene Benutzergruppen) kümmere. Trotz punktueller Befruchtung-- etwa die Rezeption der strukturellen Semantik bei Lexikographen, die dann vermehrt Bedeutungsbeziehungen, onomasiologische Verwandtschaft und Wortfamilien in ihren Beschreibungen berücksichtigen-- kann man sich heute des Eindrucks nicht erwehren, dass der Lexikographie die Lexikologie als Theorie und der Lexikologie die Lexikographie als Praxis abhanden gekommen ist. Diese in groben Zügen auch auf die Situation des Spanischen zutreffende Beschreibung bedarf nur einiger Nuancierungen bzw. Ergänzungen. Zunächst muss man generell festhalten, dass vor der Phase der Symbiose eine längere Zeitspanne des Alleingangs der Lexikographie liegt- - lange bevor man sich mit dem Wortschatz im modernen Sinn wissenschaftlich beschäftigte, sind Wörterbücher entstanden. Die Symbiose ist also nur ein Zwischenspiel in der Geschichte der Lexikographie. Ferner bleibt zu fragen, ob die postulierte Symbiose den 102 8 Lexikologie und ihre anwendungsorientierten Nachbardisziplinen II: Lexikographie und Metalexikographie generellen Zustand der Lexikographie zum gegebenen Zeitpunkt widerspiegelt und ob in der Lexikographie tatsächlich eine Zurückdrängung der wissenschaftlichen Komponente bei zunehmender Betonung der Praxisorientierung zu konstatieren ist. Im Spanien der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts steht ein monumentales Projekt vom Zuschnitt des Grimm’schen Wörterbuchs oder des Oxford English Dictionary nicht zur Diskussion. Die spanische Wörterbuchproduktion dieser Zeit ist geprägt vom Wörterbuch der Real Academia Española, das in unregelmäßigen Abständen Neuauflagen erlebt und sowohl glühende Verehrer und Epigonen als auch heftige Kritiker kennt. Die Lexikographie stand damals in Spanien in der Tradition vorwissenschaftlicher Sprachbeschreibung, deren Ziel weniger die Deskription als vielmehr die Präskription war. Die selbstverständlich auch im spanischen Sprachraum rezipierten Erkenntnisse der sich gerade konstituierenden Sprachwissenschaft münden in punktuelle Projekte, sodass die erwähnte Symbiose nur an Einzelpersönlichkeiten festgemacht werden kann, man denke z. B. an den auch als Grammatiker bekannten Vicente Salvá (Novísimo diccionario manual, 1846) oder-- jenseits des Atlantiks-- an den kolumbianischen Philologen Rufino José Cuervo (Diccionario de construcción y régimen, zu Lebzeiten 2 Bde.: 1886 und 1893). Dass die beschriebene Symbiose auch in Deutschland oder in England nur ein Aspekt des Status der Lexikographie ist, braucht nicht extra erwähnt zu werden. Insofern ist zwar der Befund der zunehmenden Praxisorientierung im 20. Jahrhundert unbestritten, die Entfernung von der Theorie entpuppt sich aber als Verlust einer nur im Einzelfall beobachtbaren Nähe. In der Regel sind Wörterbücher in dieser Zeit-- und auch später noch recht häufig-- nicht das Werk von Philologen bzw. Linguisten, und so nimmt es nicht wunder, wenn der Lexikographie die Anerkennung als eigene wissenschaftliche Disziplin versagt blieb. Noch heute ist sie im allgemeinen Verständnis vielmehr eine Kunst, ein Handwerk oder im besten Falle eine durch wissenschaftliches Denken geleitete Technik. Von vielen Lexikologen wird sie zwar als in irgendeiner Form zu ihrer Disziplin gehörig betrachtet, 103 sie gilt aber-- höchst zu Unrecht-- häufig als intellektuell kaum herausforderndes Anhängsel. Dass die Lexikographie von vielen nicht als wissenschaftliche Beschäftigung angesehen wird, ist nun aber nicht (oder nicht nur) eine Folge der Entfremdung zwischen den beiden Disziplinen, sondern hat auch historische Kontinuität. Mit diesen Betrachtungen haben wir die Spezifik der spanischen Lexikographie aber bereits weit hinter uns gelassen. Wie reagieren nun die Lexikographen in Spanien und anderswo auf die Entfremdung von Lexikologie und Lexikographie im 20. Jahrhundert? Aus einem pragmatischen Selbstbild heraus, aber bar eines theoretischen Unterbaus “spürte sie [die Lexikographie] das Bedürfnis nach einer eigenen theoretischen Komponente, die auch wirklich als ‘Metalexikographie’ Gestalt bekommen hat” (Geeraerts 1997, 14). In Spanien erscheint die erste wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Problemen und Aufgaben der Lexikographie zwar schon Mitte des 20. Jahrhunderts (Casares 1950), aber wirklich konstituieren kann sich die neue Disziplin erst in den 1970er Jahren: Seit 103 Zu den verschiedenen Ansichten über den Status der Lexikographie cf. Wiegand (1998, 15 ff.) 103 8.3 Marksteine der spanischen Lexikographie damals spricht man von theoretischer Wörterbuchforschung, und wenig später beginnt sich die Bezeichnung Metalexikographie 104 einzubürgern. Diese Disziplin hat heute vier recht klar umrissene Hauptarbeitsgebiete (cf. Hausmann 1985b, 368): 1. Theorie der Lexikographie 2. wissenschaftliche Wörterbuchkritik 3. Benutzerforschung und Forschung zum gesellschaftlichen Status von Wörterbüchern 4. Geschichte der Lexikographie Mit der Entwicklung und den Fortschritten dieser neuen Forschungsrichtungen in einem eigenen disziplinären Rahmen kann die theoretische Lexikologie nur mehr partiell als die Grundlagenforschung für die Lexikographie angesehen werden, nicht nur weil sie-- wie in vorhergehenden Kapiteln z. T. schon angeklungen ist - der Lexikographie in vielen Fällen keine theoretische Hilfestellung bei der Auswahl und Beschreibung ihrer Daten zu bieten vermag, sondern auch weil sie für viele Produkte der Lexikographie überhaupt keine Grundlagen i. e. S. liefern kann (z. B. Aussprachewörterbücher, Fachwörterbücher). Die Beziehungen zwischen Lexikologie, Metalexikographie und Lexikographie sind aus der folgenden Tabelle gut zu ersehen (adaptiert nach Geeraerts 1997, 14): wissenschaftlich orientiert praktisch orientiert Grundlagenforschung theoretische Lexikologie Metalexikographie, theoretische Lexikographie großangelegte empirische Realisierung - Wörterbuchpraxis (Lexikographie) Als praktisch orientierte Grundlagenforschung stellt die Metalexikographie also das Bindeglied zwischen der wissenschaftlich orientierten Grundlagenforschung (Lexikologie) und der Praxis (Lexikographie) dar. Ihre Aufgabe ist es u. a., die wissenschaftlichen Standards für die Produktion von Wörterbüchern zu definieren und Kriterien für die Qualität lexikographischer Beschreibungen zu erarbeiten. 8.3 Marksteine der spanischen Lexikographie 105 Wie in anderen westlichen Kultursprachen sind auch im Spanischen die ersten lexikographischen Fixierungen Versuche, ein Verständigungsproblem zu beseitigen. In diesem Sinne können die mittelalterlichen Glossen (Glosas silenses, Glosas emilianenses; Anfang 11. Jhdt.), die einzelne nicht mehr verstandene lateinische Wörter oder Phrasen erklären, als Vorformen unserer Wörterbücher angesehen werden. 104 Der Begriff stammt ursprünglich wohl aus dem Französischen und ist ab Mitte der 1980er Jahre als Internationalismus in vielen Sprachen gebräuchlich geworden (cf. Wiegand 1998, 72). 105 Da eine auch nur annähernd umfassende Bibliographie zur Geschichte der spanischen Lexikographie den Rahmen dieses Bandes sprengen würde, können wir hier nur einige allgemeine Literaturhinweise geben: Ahumada (Hg.) (2000), Alvar (1995), Haensch (1990, 1997), Martínez de Sousa (1995). 104 8 Lexikologie und ihre anwendungsorientierten Nachbardisziplinen II: Lexikographie und Metalexikographie Die ersten Wörterbücher im modernen Verständnis entstehen in Spanien aber erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts; es handelt sich zunächst ausschließlich um zweisprachige Wörterbücher, die nicht das Spanische in den Vordergrund rücken, sondern das Lateinische erschließen sollen (Alonso de Palencia, Universal vocabulario en latín y en romance, 1490; Antonio de Nebrija, Diccionario latino-español, 1492). Mit Nebrijas Dictionarium ex hispaniensi in latinum sermonem (1495; auch Vocabulario de romance en latín genannt) entsteht das erste zweisprachige Wörterbuch, das die Perspektive umkehrt, denn spanische Lemmata werden auf Latein erklärt. Auf Basis der beiden Wörterbücher Nebrijas entstehen in der Folgezeit weitere zweisprachige Wörterbücher, indem der spanische bzw. der lateinische Part durch andere Sprachen ersetzt wird. Pedro de Alcalá publiziert 1505 ein Vocabulario arábigo en letra castellana, das auf dem Vocabulario von Nebrija beruht, 1507 verfasst Gabriel Busa ein lateinisch-katalanisches Wörterbuch, das die lateinischen Lemmata des Diccionario latinoespañol übernimmt. Das 16. und das 17. Jahrhundert sind nicht nur in Spanien vom Interesse an der eigenen Sprache, ihren Ursprüngen und ihrem Alter bestimmt. Im Wettstreit der Volkssprachen untereinander und mit den klassischen Sprachen steht die damals betriebene Sprachforschung (insbesondere Etymologie) und -beschreibung jedoch im Dienste der nationalen Selbstbestimmung und hängt von nicht hinterfragbaren, weil theologischen Wahrheiten ab. Die wesentlichste Abhandlung zur Etymologie stellt Del origen y principio de la lengua castellana (1606) von Bernardo de Aldrete dar, den Höhepunkt bildet aber zweifelsfrei der Tesoro de la lengua castellana o española (1611) von Sebastián de Covarrubias, denn es handelt sich um das erste umfassende einsprachige Wörterbuch des Spanischen. Der Autor will explizit an die etymologische Tradition des Isidor von Sevilla (Etymologiae, 7. Jhdt.) anknüpfen und legt ein Wörterbuch mit mehr als 11 000 Einträgen und insgesamt über 17 000 Definitionen vor. Der Tesoro ist typologisch eine Mischform aus Definitions-, etymologischem und enzyklopädischem Wörterbuch, d. h. er liefert Informationen zu den Wörtern, zu ihrem Ursprung, aber auch zu den dazugehörigen Referenten. Was die lexikographische Methodik betrifft, geht Covarrubias jedoch hinter den Stand von Nebrija zurück: Es gibt keine erkennbaren Kriterien für die Wortschatzauswahl (ein Wort wie música sucht man vergeblich), der Aufbau der einzelnen Wörterbuchartikel ist willkürlich und uneinheitlich, und der Autor enthält sich nicht persönlicher, z. T. humoristischer Kommentare. Wie nicht anders zu erwarten, sind die vorgeschlagenen Etymologien aus heutiger Sicht abstrus-- cacique z. B. soll aus dem Hebräischen stammen. Neben der einsprachigen Konzeption ist an Covarrubias innovativ, dass er den Anspruch vertritt, den spanischen Wortschatz umfassend auch in seiner diasystematischen Dimension zu beschreiben. So nimmt er auch zahlreiche dialektale Wörter und Fachwörter auf, deren Gebrauchsbeschränkungen beschrieben werden (cf. auch Azorín 2000). Seine Bedeutung verdankt dieses Wörterbuch aber auch dem Umstand, dass es eine wesentliche Datenquelle für das Wörterbuchprojekt des 18. Jahrhunderts, das der RAE , darstellte. Bei ihrem Wörterbuchprojekt inspiriert sich die Spanische Akademie (gegr. 1713) an der Arbeit der Académie française und am Vocabolario (1. Auflage 1612) der Accademia della Crusca (Florenz). In Anwendung ihres bekannten Leitspruchs “Limpia, fija y da esplendor” gibt die Akademie zwischen 1726 und 1739 die sechs Bände ihres als Diccionario de autoridades 105 8.3 Marksteine der spanischen Lexikographie bekannten Wörterbuchs heraus: Fremde, damals vor allem französische Einflüsse sollen gebannt werden (limpiar), das Wörterbuch soll den guten Gebrauch des Spanischen beschreiben und festlegen (fijar), und als Thesaurus ist es seine Aufgabe, den lexikalischen Reichtum des Spanischen zu demonstrieren (da esplendor). Der Zusatz de autoridades erklärt sich durch die Belegpraxis: Bis 1780 (Neuauflage) folgten auf die Definition und die Synonyme des Lemmas Zitate aus den kanonischen Autoren zur Illustration des Wortgebrauchs. Trotz der grundsätzlich normativen Konzeption dieses reinen Sprachwörterbuchs (keine enzyklopädischen Informationen) ist es nicht streng puristisch: Es finden sich einige Regionalismen, Amerikanismen und auch (in bescheidenem Ausmaß) Fachwortschatz. In seiner unmittelbaren und längerfristigen Bedeutung darf das Akademiewörterbuch nicht unterschätzt werden. Im 18. Jahrhundert trägt es wesentlich zur Beseitigung der seit Alfons dem Weisen herrschenden orthographischen Anarchie bei und wird in den darauffolgenden Jahrhunderten vielfach nachgeahmt bzw. von anderen Lexikographen ausgebeutet. In normativer Hinsicht gibt es-- trotz aller Kritik-- auch heute noch den Ton an. Seit 1780 wird das Akademiewörterbuch in einem Band publiziert, nur die 20. Auflage erschien in 2 Bänden. Die jüngste, 23. Auflage stammt aus dem Jahre 2014. Seit dem Jahre 1927 bringt die RAE auch ein mehr deskriptives Diccionario manual e ilustrado de la lengua española heraus, und Mitte der 2000er Jahre hat die RAE in Kooperation mit der Asociación de Academias de la lengua española ( ASALE ) das vielbeachtete und insbesondere auch für Fremdsprachenlerner des Spanischen äußerst nützliche Diccionario panhispánico de dudas ( DPD 2005) publiziert. 106 Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts hat das DRAE nur wenige ernst zu nehmende Konkurrenten; hervorzuheben sind besonders Esteban de Terreros y Pando mit seinem Diccionario castellano con las voces de ciencias y artes y sus correspondientes en las tres lenguas francesa, latina e italiana (1786-93), Melchor Manuel Núñez y Taboada mit einem Diccionario de la lengua castellana (Paris 1825) und das bereits erwähnte Wörterbuch von Vicente Salvá. 107 Das 19. Jahrhundert ist von mehreren langfristigen Tendenzen gekennzeichnet: (a) Es beginnt die Tradition der auch noch heute beliebten enzyklopädischen Wörterbücher, aus denen die großen Enzyklopädien hervorgehen, (b) die meisten Lexikographen streben eine möglichst große Anzahl von Einträgen an, was-- z. T. heute noch-- als Qualitätsmerkmal angesehen wird, (c) umfangreichere Wörterbücher werden unter kommerziellen Vorzeichen “abgespeckt”, (d) das erste Wörterbuch mit Illustrationen kommt auf den Markt (Ramón Campuzano, Novísimo Diccionario de la lengua castellana, 1857). 108 Für das 20. Jahrhundert gilt, dass sich die spanische Lexikographie vielfach vom dominanten Modell der Akademie befreien kann. Eine Öffnung gegenüber Neologismen, “voces indecentes” und amerikanischem Wortschatz, aber auch methodologische Innovationen sind zu verzeichnen, z. B. das Abgehen vom Prinzip der alphabetischen Ordnung, an dessen 106 Sowohl das DRAE in der jeweils aktuellen Auflage als auch das DPD (2005) sind online konsultierbar: http: / / dle.rae.es/ ? w=diccionario bzw. http: / / www.rae.es/ recursos/ diccionarios/ dpd. 107 Weitergehende Informationen zu den Wörterbüchern von Terreros y Pando und Salvá finden sich u. a. in Álvarez de Miranda (2011). 108 Diese Tradition wird vom (Nuevo) Pequeño Larousse (ab 1914), dessen diversen Bearbeitungen und vom Diccionario manual e ilustrado (1927) der Akademie fortgesetzt. 106 8 Lexikologie und ihre anwendungsorientierten Nachbardisziplinen II: Lexikographie und Metalexikographie Stelle eine von den Konzepten ausgehende Anordnung tritt (z. B.: Julio Casares, Diccionario ideológico, 1942). Herausragend ist das Diccionario de uso del español (1966 / 67, Neubearbeitung 1998) von María Moliner: Zum einen werden- - wie auch in anderen spanischen Wörterbüchern dieser Zeit 109 -- die Lemmata wieder durch Beispiele illustriert, zum anderen verbindet es die alphabetische mit einer die Wortfamilien berücksichtigenden Anordnung und bringt zahlreiche analogische Verweise in den Einträgen. Einen weiteren großen Schritt nach vorne stellt das zweibändige Diccionario del español actual (1999) dar, das als deskriptives Pendant zum DRAE gelten kann, weil es auf einem modernen zeitungssprachlichen und literarischen Korpus basiert und in seiner Genese nicht vom Akademiewörterbuch abhängt. Es hat rund 77 000 Einträge und bringt im Unterschied zu den meisten Wörterbüchern seit dem Diccionario de Autoridades wieder authentische Beispiele (Zitate) zur Illustration des Wortgebrauchs. Was die Präsentationsform betrifft, ist zu erwähnen, dass auch in Spanien in den 1990er Jahren begonnen wurde, CD - ROM -Versionen von Wörterbüchern herzustellen. Dabei tut sich eine Schere auf zwischen den technischen Möglichkeiten und den praktischen Realisierungen, weil offenkundig kommerzielle Überlegungen bei solchen Unternehmungen die Hauptrolle spielen. 8.4 Grundkonzepte der Metalexikographie: Bauteile von Wörterbüchern 8.4.1 Zur Struktur von Wörterbuchartikeln: die Mikrostruktur In ihrer kanonischen Form zerfallen Wörterbuchartikel von Definitionswörterbüchern in zwei Teile, einen Explikationsteil und einen Demonstrationsteil. Der Explikationsteil umfasst das Lemma, grammatische Informationen (Wortart und Genus bei Substantiven; Rektion sowie u. U. die Konjugationsklasse bei Verben), eventuell Angaben zur Silbentrennung, manchmal eine phonetische Transkription und in manchen Wörterbüchern philologische Informationen wie Etymon und Erstbeleg. Dazu kommen noch die Bedeutungserklärung, die unabhängig von ihrer Form gemeinhin als Definition bezeichnet wird, und gegebenenfalls die sog. Markierungen, d. h. standardisierte Informationen (meist in Form von Abkürzungen: coloq., vulg., fam., tecn. etc.), die Gebrauchsrestriktionen verschiedenster Art beschreiben sollen. Der Demonstrationsteil zeigt den kontextspezifischen Gebrauch des Lemmas durch vollständige und unvollständige Beispiele und / oder Zitate. Eine Verdopplung bzw. Vervielfachung dieser prinzipiell binären Struktur ergibt sich bei polysemen Lemmata. Der Vergleich des Artikels carroza in drei z. T. immer noch aufgelegten Wörterbüchern 110 aus den 1990er Jahren macht deutlich, dass es eine recht große Variationsbreite im Aufbau geben kann, sowohl was die Quantität der Informationen als auch ihre Anordnung betrifft. So 109 Z. B. das Diccionario General Ilustrado de la Lengua Española (1945 u. ö.) aus dem Wörterbuchverlag VOX , sowie dessen diverse Ableger und Neubearbeitungen. 110 Im weiteren Verlauf gehen wir auf andere Beispiele ein, die diesen Wörterbüchern entnommen wurden, ohne jedoch in jedem Fall den ganzen Wörterbuchartikel zu zitieren. 107 8.4 Grundkonzepte der Metalexikographie: Bauteile von Wörterbüchern können Komponenten, die in einem Wörterbuch zu einem kompakten Explikationsteil verarbeitet sind, in einem anderen an verschiedenen Stellen des Wörterbuchartikels erscheinen: SALA (1996) CLAVE (1997) DELE (1995) 108 8 Lexikologie und ihre anwendungsorientierten Nachbardisziplinen II: Lexikographie und Metalexikographie 8.4.1.1 Formen von Definitionen 111 Die “klassische” Form der Definition von Substantiven (und auch von vielen Adjektiven und Verben) haben wir schon im Zusammenhang mit der strukturellen Semantik kennengelernt- - ein allgemeinerer Begriff (genus proximum) wird mit Hilfe von Merkmalen (differentia specifica) eingeschränkt: 2 carroza-- carro de caballos-…, 3 carroza - vehículo muy decorado que- …, 4 carroza- - coche fúnebre ( SALA 1996). Man spricht auch von hyperonymischer, logischer bzw. analytischer Definition. Wie aus den Beispielen ersichtlich, ist es nicht immer leicht festzulegen, was das sinnvollste genus proximum bzw. Hyperonym ist. Die meisten Wörterbücher sind dabei in hohem Maße inkohärent, weil ganz verschiedene Hyperonyme in den Definitionen von als Kohyponymen interpretierbaren Lemmata bzw. Lesarten erscheinen (siehe oben, die konkreten Lesarten von carroza). Oft wird auch auf sehr generelle Hyperonyme wie objeto oder persona ausgewichen. Einen Sonderfall stellt die metonymische Definition dar, die eigentlich besser partonymisch heißen sollte, weil die Kontiguität der Referenten eine Teil-von-Beziehung ist: habitación-- parte o pieza de una casa-… ( DELE 1995). Auch andere (paradigmatische) Strukturierungen wie Serien, Ketten etc. werden zur Definition genutzt (z. B. für Wochentage, Monate), insbesondere aber Synonymie und Antonymie. Im folgenden Beispiel kommt noch ein relationales Element (Relativpronomen) hinzu: 1 carroza- - que es viejo o anticuado ( SALA 1996; synonymisch); soltero- - que no está casado ( SALA 1996; antonymisch); Mischformen zwischen den genannten Typen kommen ebenfalls häufig vor, z. B.: bruto-- que es torpe o poco inteligente; que no sabe lo que debe saber ( DELE 1995; synonymisch, antonymisch, relational). Erklärungsparaphrasen vom Typ dícese de-…, equivale a-…, entendemos por-… sind in modernen Wörterbüchern verhältnismäßig selten und werden fast nur noch bei grammatischen Wörtern und Interjektionen verwendet. Solche Paraphrasen sind in zweifacher Hinsicht problematisch: Zum einen beziehen sie sich nicht auf das signifié, sondern geben Gebrauchsbedingungen für Wörter an (was bei Funktionswörtern noch angeht), zum anderen sind sie mit dem Prinzip der Einsetzbarkeit (Ersetzbarkeit) inkompatibel, denn solche Formulierungen können in einem Text nicht an die Stelle des Lemmas treten, cf. 2 todavía-- Indica mayor intensidad en las comparaciones ( DELE 1995): Aunque sé que es malo, todavía le quiero. vs. *Aunque sé que es malo, indica mayor-… le quiero. 112 Aus der Forderung, dass die Definition “una expresión equivalente sinctáctica y semánticamente al definiendum” (Mederos 1994, 102) sein soll, resultiert die kategorielle Identität zwischen Definition und Lemma: Ein Substantiv muss mit einem Substantiv oder einer Nominalphrase, ein Verb mit einem anderen Verb oder einer Verbalphrase definiert werden usw. Im Falle der Verben steht der Einsetzbarkeit oft die Subspezifizierung in der Definition entgegen, cf. El armario está hecho a medida y encaja en el hueco que hay en la pared. vs. El armario -… mete una cosa dentro de otra ajustadamente 111 Grundlegend zum Thema sind: Ahumada (1989), Bosque (1982), Seco (1987a), Werner (1982, 1984) sowie Wiegand (1989). 112 Die Ersetzbarkeit des Lemmas durch die Definition ist kein Selbstzweck, sondern ermöglicht es, die Richtigkeit einer Definition zu überprüfen. Dass in vielen Fällen die Ersetzung keine in normaler Rede üblichen Sätze zur Folge hat, braucht nicht weiter ausgeführt zu werden. 109 8.4 Grundkonzepte der Metalexikographie: Bauteile von Wörterbüchern en el hueco-…. (cf. die Definition von encajar in DME 1950). Neuere Wörterbücher markieren deshalb die ergänzenden Informationen der Definition (sog. contorno; cf. Seco 1987b) mit diversen graphischen Mitteln, z. B.: meter <una persona> [una cosa] [en otra cosa] de forma que quede bien ajustada ( SALA 1996, s. v. encajar). Ein weiteres Grundprinzip der metalexikographischen Definitionslehre ist das Vermeiden von zirkulären Definitionen. Insbesondere bei synonymischen Definitionen kann es passieren, dass der Benutzer von einem unbekannten Wort zum nächsten verwiesen wird, welches das zunächst gesuchte Wort definiert, z. B. raer-- raspar una superficie quitando pelos, sustancias adheridas, pintura, etc., con instrumento áspero o cortante; raspar-- raer ligeramente una cosa quitándole alguna parte superficial ( DRAE 21 1992; 113 cf. auch Corrales 1997). Wir sind bisher stillschweigend davon ausgegangen, dass Definitionen immer lexikographische Definitionen sind, die den Bedeutungsinhalt (signifié) des Lemmas beschreiben. Unabhängig von der hier vernachlässigten Unterscheidung Sprachwörterbuch vs. Sachwörterbuch muss man sich auch in diesem Zusammenhang fragen, wie es um die Grenze zwischen der Beschreibung der Semantik (Sprachwissen) und der Beschreibung des Referenten (Weltwissen) steht. In der strukturellen Semantik (und in der von ihr beeinflussten Wörterbuchpraxis) war eine klare Grenze postuliert worden: In die lexikographische Definition sollen ausschließlich die semantischen Merkmale des Lemmas eingehen, enzyklopädische Informationen werden als redundant abgelehnt. Nun haben wir bereits gesehen, dass (a) die semantischen Merkmale auf Basis einer onomasiologischen Analyse gewonnen werden und Eigenschaften des Referenten widerspiegeln und (b) die durch eine Semanalyse gewonnenen Merkmale die Bedeutung und den Gebrauch des betreffenden Lexems nicht ausreichend bestimmen können. Kurzum: Die sprachliche Definition in Reinform ist eine Illusion, und sie reicht in vielen Fällen nur zum Dekodieren eines unbekannten Wortes aus. Dass heute enzyklopädische Informationen in den Wörterbuchdefinitionen wieder vermehrt zu Ehren kommen, ist somit doppelt gerechtfertigt: Die Einbeziehung des Weltwissens ist gegenstandsadäquat im Sinne der kognitiven Semantik und konsistent mit metalexikographischen, konkret an den Benutzerbedürfnissen orientierten Überlegungen. Wesentliche Perspektiven für die Integration von semantischem und Weltwissen hat die Frame-Theorie geliefert, denn lexikalische Einheiten sind in bestimmten lebensweltlichen (u. U. kulturspezifischen) Standardsituationen rekurrent und treten gemeinsam mit anderen lexikalischen Einheiten auf. Diesem Umstand kann man natürlich in einem Wörterbuchartikel nicht nur in der Definition Rechnung tragen, sondern vor allem in Beispielen (dazu unten Kapitel 8.4.1.3). 114 Von Weltwissen in diesem Verständnis sind Informationen wissenschaftlicher Art zu unterscheiden, die etwa in Form von botanischen Klassifikationen oder lateinischen Gattungsnamen (Pflanzenbzw. Tierbezeichnungen) recht häufig in Definitionen auftauchen: margarita- - Chrysantemum leucanthemum. Planta de la familia de- … ( SALA 1996). Ihre Sinnhaftigkeit in allgemeinsprachlichen Wörterbüchern darf zu Recht hinterfragt werden. 113 In der 23. Auflage 2014 findet sich dieser “circulus vitiosus” nicht mehr, da die Definition von raspar das Verb frotar verwendet. 114 Cf. dazu die grundlegende Arbeit von Konerding (1993). 110 8 Lexikologie und ihre anwendungsorientierten Nachbardisziplinen II: Lexikographie und Metalexikographie 8.4.1.2 Die Abfolge der Lesarten Bei polysemen Wörtern steht der Lexikograph vor dem Problem, eine Abfolge für die Lesarten festzulegen. Welche Lesart soll zuerst präsentiert werden? Und warum? In hohem Maße wünschenswert wäre eine Anordnung, die auf kognitiv relevanten Kernbedeutungen beruht. Die neueren Ansätze zur Beschreibung der Polysemie in der kognitiven Semantik (cf. Kapitel 4.5.5) liefern der Metalexikographie jedoch für dieses Problem leider noch keine praktikable Lösung. In der Praxis werden verschiedene Kriterien angewendet (cf. z. B. Casares 1950; Hernández 1991; Mederos 1994, 98 ff.): Historisch-genetisch kann man die Abfolge im Diccionario de uso del español (Moliner 1966 / 67) nennen, weil dort die semantisch dem Etymon näherstehenden Lesarten vor den übrigen erscheinen. Zu ähnlichen Ergebnissen wird eine historisch-chronologische Anordnung führen, bei der die ältesten belegten Lesarten als erste verzeichnet werden. Bei beiden Methoden kommen seltene oder kaum mehr übliche Bedeutungen im Artikel an vorderster und damit prominentester Stelle zu stehen, und man wird ihnen vorwerfen müssen, dass sie die prinzipiell synchrone Perspektive des Definitionswörterbuchs verzerren: “[…]-el orden cronológico constituye un sistema de ordenación establecido desde fuera que no tiene nada que ver con la disposición en que, sincrónicamente, se organiza el plano significativo de la lengua” (Hernández 1991, 139). Eine andere Möglichkeit, die z. T. die gleichen Ergebnisse zeitigt wie die Abfolge nach lexiko-chronologischen Gesichtspunkten, besteht darin, eine Grund- oder Basisbedeutung anzusetzen 115 und die weiteren Lesarten als übertragene oder speziellere folgen zu lassen. Schließlich kann man-- wie z. B. das DRAE und viele andere neuere Wörterbücher-- auf das Gebrauchskriterium zurückgreifen: Frequentes und Gebräuchliches steht vor Seltenem und Spezifischem, wobei beim heutigen Stand der lexikologischen Forschung diesbezügliche Entscheidungen auf der Intuition des / der Lexikographen beruhen. In vielen Fällen zeitigt die Intuition Ergebnisse, die jeder Frequenzuntersuchung standhalten würden, man denke z. B. an die beiden Bedeutungen von azafata im peninsularen Spanisch: ‘Stewardess’ und ‘Zofe, Kammerfrau’ (cf. Werner 1982, 320). Unser Beispiel carroza in drei Wörterbüchern, die sich allesamt auf das Gebrauchskriterium berufen, verdeutlicht aber, dass auch ganz widersprüchliche Einschätzungen vorliegen können. Eine Lösung dieses Problems wäre möglich, wenn für Frequenzwörterbücher nicht nur die Häufigkeit der Lexeme, sondern auch jene ihrer verschiedenen Lesarten erhoben würde. 8.4.1.3 Beispiele und Zitate Wenn es zu den Aufgaben des Wörterbuchs gehört, dem Benutzer ein Maximum an lexikalischem Gebrauchswissen zu vermitteln, reicht es nicht aus, die aufgenommenen Wörter zu definieren, es muss auch ihr Gebrauch dargestellt werden. Wie schon erwähnt, ist dieses Grundprinzip in der spanischen Lexikographie seit der 2. Auflage des Akademiewörterbuchs 115 Auch hier sind wieder verschiedene Kriterien denkbar: Alter, Konkretheit, Disponibilität bei den Sprechern etc. 111 8.4 Grundkonzepte der Metalexikographie: Bauteile von Wörterbüchern (1780) nur mehr selten und nicht systematisch beachtet worden. Erst mit den 1970er Jahren beginnt sich diese Situation zu ändern. Den Lexikographen stehen prinzipiell zwei Optionen offen, die auch kombiniert werden können: das korpusgestützte authentische Beispiel (Zitat) oder das erfundene Beispiel. Auch wenn man ohne Zögern dem Zitat den Vorrang einräumen möchte, hat-- wie wir noch sehen werden-- das erfundene Beispiel seine Existenzberechtigung. Als impliziter Informationsträger ergänzt das lexikographische Beispiel die expliziten Informationen wie Definition, Genus, Konstruktion (Rektion), Stilniveau usw., bzw. führt sie u. U. erst ein, wenn etwa in einem Satzbeispiel der Modusgebrauch in untergeordneten Sätzen illustriert wird. Gut gewählte Beispiele completan la definición semántica, indican colocaciones corrientes, encierran instrucciones sobre la construcción sintáctica y dan una idea sobre posibles valores ilocucionarios de la unidad léxica en cuestión, condiciones y restricciones contextuales y situacionales para su uso y su interpretación. (Haensch 1982, 509) Setzt man diese Idealcharakteristik in Bezug zur lexikographischen Praxis, ergibt sich eine Beispieltypologie, aus der sich Gütekriterien für lexikographische Beispiele ableiten lassen (cf. Zöfgen 1986, Harras 1989; spezifisch zum Spanischen: Haensch 1982, Forgas 1999): ▶ Aufgrund eines semantisch und / oder pragmatisch reichen Kontextes lassen sog. determinierende Beispielsätze das Lemma redundant erscheinen und könnten fast die Definition ersetzen. Dass solche Beispiele in natürlicher Sprache nicht häufig vorkommen, liefert die wichtigste Argumentationsbasis für erfundene Beispiele. Nicht selten wird jedoch die Dichte des Beispiels mit dem Verlust der Natürlichkeit bezahlt, genauso wie umgekehrt das Streben nach Authentizität auf Kosten des Informationsgehalts geht. Besonders schön lässt sich dieses Dilemma an den beiden folgenden Beispielsätzen zeigen: Tus primos gemelos son idénticos, soy incapaz de distinguirlos. ( SALA 1996, s. v. gemelo) ¿Y recuerdan también a sus dos hijas gemelas? ( DEA 1999, s. v. gemelo) ▶ Im Unterschied zum ersten ist der zweite Beispielsatz ein authentisches, aber neutrales Beispiel, das sich durch einen untypischen, banalen Kontext auszeichnet. In solchen Fällen hätten sich die Lexikographen mit einer sog. Kontextualisierung begnügen können: hijas gemelas. Solcherart reduzierte Beispiele, die wenig Platz benötigen, eignen sich besonders zur Angabe der Valenz / Rektion-- um beispielsweise den Gebrauch der Präpositionen nach amor zu demonstrieren, reicht eine Kontextualisierung wie el amor a la humanidad ( DEA 1999, s. v. amor) völlig aus. Dabei wäre noch eine weitere Reduktion und Verdichtung in der Form amor a alg./ a.c. denkbar. ▶ Enzyklopädische Beispiele liefern eine Beschreibung des Referenten, geben in der Regel aber wenig Aufschluss über das Funktionieren des Lemmas als sprachliches Zeichen im Kontext: El comunismo se basa en el marxismo inspirado por los filósofos alemanes Marx y Engels ( CLAVE 1997, s. v. comunismo); En las confituras, los trozos de fruta son más grandes que en las mermeladas ( CLAVE 1997, s. v. confitura). 112 8 Lexikologie und ihre anwendungsorientierten Nachbardisziplinen II: Lexikographie und Metalexikographie ▶ Definierende Beispiele sind-- wie der Name erkennen lässt-- Definitionen im Gewande und an der Stelle eines Beispiels. Ihr Wert bei der Beschreibung des kontextuellen Gebrauchs ist ebenfalls gering, und sie sind in der Regel vom Lexikographen selbst gebildet: El judo es un deporte de origen japonés. ( DELE 1995, s. v. judo). Idealiter sind Wörterbuchbeispiele also determinierend. Der angesprochene semantischpragmatische Reichtum bedeutet, dass der Beispielsatz a) gängige Kollokationen beinhaltet, insbesondere wenn die Definition zur Vorhersage der eingeschränkten Kombinatorik nicht ausreicht, b) auf semantisch-lexikalischen Isotopien / Oppositionen aufbaut und c) typische Sachverhalte darstellt, in denen das Lemma gebraucht wird, damit sein eventuelles Kolorit und übliche Konnotationen erkennbar werden. Wenn das Wörterbuchbeispiel bzw. die Kontextualisierung dazu da ist, die Syntagmatik des Lemmas zu beschreiben, dann stellt sich die Frage nach dem Ort, an dem Kollokationen aufscheinen sollen. Da es sich dabei um zweiteilige bzw. -gliedrige Einheiten handelt, ist die Berücksichtigung im Artikel des Kollokators oder der Basis denkbar. Für beide Möglichkeiten gibt es gute Argumente. Wer sich für die Behandlung im Artikel des Kollokators stark macht, argumentiert damit, dass es schwierig ist, das volle Bedeutungsspektrum und die Verwendungsweisen des Kollokators ohne die dazugehörige Basis zu beschreiben, denn wie will man beispielsweise ohne das substantivische Partnerwort error die Bedeutung des Adjektivs garrafal beschreiben bzw. illustrieren? Umgekehrt ist garrafal zur Definition von error verzichtbar. Für die Nennung der Kollokation error garrafal im Artikel der Basis sprechen die Bedürfnisse der Benutzer, insbesondere jene von Nicht-Muttersprachlern: Wer unter error nachschlägt, möchte u. U. wissen, wie das gängige intensivierende Epitheton dazu lautet. Wenn die Kollokation unter garrafal erscheint, wird diese Frage nicht beantwortet. Soweit zu den theoretischen-- im ersten Fall lexikologischen, im zweiten Fall metalexikographischen-- Überlegungen. Wie gehen nun die neueren spanischen Wörterbücher mit diesem Problem um? Für die Tabelle weiter unten haben wir einige der auch in Kapitel 4.6.2 zitierten Beispiele für Kollokationen in mehreren Wörterbüchern überprüft und geben an, in welchem Artikel sie erscheinen. Aus dieser Stichprobe lässt sich ableiten, dass die Kollokationen tendenziell im Artikel des Kollokators aufgeführt werden. Ausnahmen, Inkonsistenzen und Doppelerfassungen hängen mit dem augenscheinlichen Mangel an Problembewusstsein zusammen, d. h. offensichtlich wurde dieses Problem gar nicht als solches erkannt, was umso erstaunlicher ist, als sich die ersten drei Wörterbücher explizit auch an ein nicht muttersprachliches Publikum richten. 113 8.4 Grundkonzepte der Metalexikographie: Bauteile von Wörterbüchern Wörterbücher Kollokation DELE 1995 s. v. SALA 1996 s. v. CLAVE 1997 s. v. DEA 1999 s. v. viento - soplar soplar soplar viento / soplar soplar epidemia - declararse * declararse * * carrera - fulgurante fulgurante * fulgurante * error - garrafal * garrafal garrafal garrafal (i. d. Def.) deseo - imperioso imperioso * * * prestar - atención prestar atención atención / prestar prestar (Verweis auf atención) / atención echar - discurso echar echar * discurso / echar pronunciar - discurso pronunciar pronunciar / discurso * discurso (i. d. Def.) / pronunciar (i. d. Def.) acariciar - idea acariciar acariciar acariciar acariciar (i. d. Def.) diametralmente - opuesto * diametralmente * diametralmente pastilla de jabón jabón / pastilla jabón / pastilla pastilla pastilla diente de ajo diente ajo / diente ajo (i. d. Def.) / diente ajo / diente * = nicht verzeichnet Lexikalisch-semantische Isotopien bzw. Oppositionen machen das Beispiel ebenfalls determinierend. Wenn im Beispielsatz wesentliche semantische Merkmale des zu illustrierenden Lemmas wieder aufgenommen werden oder antonymische Relationen hergestellt werden, sind die Möglichkeiten, die Bedeutung des Lemmas zu interpretieren, stark eingeschränkt. Cf.: Termina rápido, no lo hagas todo con tanta paciencia. ( SALA 1996, s. v. paciencia; Oppositionsrelation zw. rápido und paciencia) Si tienes calor, apaga el radiador. ( CLAVE 1997, s. v. calor; Isotopie: calor-- radiador) Wenn man typische Sachverhalte im Beispielsatz fordert, muss man die traditionelle Ablehnung des enzyklopädischen Beispiels etwas relativieren, denn zur Berücksichtigung des semantischen Frames einer lexikalischen Einheit ist es unumgänglich, enzyklopädische Elemente einfließen zu lassen. Der folgende Beispielsatz bringt z. B. wesentliche nicht sprachliche Informationen um die lexikalische Einheit chuleta: El profesor le echó del examen cuando descubrió la chuleta que llevaba escrita en la mano. ( CLAVE 1997, s. v. chuleta) Die Notwendigkeit enzyklopädischer Komponenten wird besonders augenfällig, wenn Verständnis und Gebrauch eines Wortes die Kenntnis kulturspezifischer Konventionen erfordern. In sehr unterschiedlichem Ausmaß wird aus jedem der folgenden Wörterbuchaus- 114 8 Lexikologie und ihre anwendungsorientierten Nachbardisziplinen II: Lexikographie und Metalexikographie schnitte (Definition und Beispiel) klar, 116 dass sich spanische tapas in ihrer lebensweltlichen Einbettung nicht unerheblich von deutschen Häppchen (cf. z. B. die Definition im Duden Universalwörterbuch) unterscheiden: tapa-[…] 2. Alimento ligero que se sirve como acompañamiento de una bebida: nos pusieron una ~ de queso con el vino; en ese bar dan de ~ alitas de pollo. ( DELE 1995) tapa-[…] 5. Pequeñas porciones de comida que se sirven de aperitivo: unas tapas de jamón. Nos vamos de tapas. ( SALA 1996) tapa-[…] 4. Porción de alimento que se toma de aperitivo, como acompañamiento de la bebida: Tomamos unas cañas y unas tapas de boquerones. ( CLAVE 1997) tapa-[…] 6. Aperitivo, esp. de cocina, que se sirve en un bar o similar para acompañar la bebida-[…]: Se pueden eligir todas las gradaciones de aperitivos-…: tapas, pinchitos, banderillas o pinchos. ( DEA 1999) 8.4.1.4 Markierungen Markierungen sollen dem Wörterbuchbenutzer solche Gebrauchsrestriktionen anzeigen, die aus anderen Komponenten des Wörterbuchartikels (Definition, Beispiele) nicht erschließbar sind. Es handelt sich in der Regel um Abkürzungen, die sich entweder auf einen ganzen Artikel oder nur einzelne Bedeutungen beziehen. Die Typologie der Markierung beruht auf der Art der Abweichung von einem neutralen Zentrum. Für die spanische Lexikographie hat A. Fajardo (1996 / 97, 36 f.) zehn gängige Markierungsdimensionen (Mikrosysteme) erkannt: 1. Zeit: actual vs. nuevo / obsolescente (diachronische Markierung) 2. Raum general vs. regional / dialectal (diatopische M.) 3. Medium neutro vs. hablado / escrito (diamesische M.) 4. Sozialstruktur neutro vs. estrato / grupo (diastratische M.) 5. Situation neutro vs. formal / informal (diaphasische o. stilistische M.) 6. Textsorte / Domäne neutro vs. poético / literario / periodístico (diatextuelle M.) 7. Fachlichkeit lengua común vs. lengua técnica (diatechnische M.) 8. Frequenz frecuente vs. infrecuente (diafrequenzielle M.) 9. Einstellung neutro vs. connotado (diaevaluative M.) 10. Normativität correcto vs. incorrecto (dianormative M.) Diese sich deutlich an Hausmann (1989b, 651) anlehnende Übersicht muss noch um eine weitere Dimension ergänzt werden, die der Autor ganz offensichtlich übersehen hat: 11. Nationalität autóctono vs. extranjero (diaintegrative M.) 116 Die Beurteilung der Qualität dieser Definitionen bzw. Beispiele überlasse ich gerne meinen spanienkundigen Lesern. 115 8.4 Grundkonzepte der Metalexikographie: Bauteile von Wörterbüchern Die zu diesen Mikrosystemen gehörigen Markierungen sind entweder gradual, z. B. bei diaphasischen und diastratischen Markierungen (formal-- neutro-- familiar-- popular), oder diskret (hablado vs. neutro vs. escrito; correcto vs. incorrecto etc.). Bei gradualen Markierungen muss die Entscheidung getroffen werden, in welchen Ausschnitt aus dem Kontinuum eine lexikalische Einheit eingeordnet wird, was schwierig ist, da weder der Raum zwischen formal und neutro noch jener zwischen familiar und popular usw. leer ist. Für Markierungen werden normalerweise Adjektive verwendet, die auch in der Alltagssprache als metasprachliche Ausdrücke vorkommen. Selbst wenn die verwendeten Markierungen im Vorspann des Wörterbuchs definiert sind (was keine Selbstverständlichkeit ist! ), also zu Termini gemacht wurden, interferiert das gemeinsprachliche Verständnis, insbesondere wenn es sich um diaphasische und diastratische Markierungen handelt. Außer von einer etwaigen Definition und dem Laienverständnis wird der spezifische Wert einer Markierung auch maßgeblich durch die Position im jeweiligen Mikrosystem bestimmt: Wenn coloquial in einer Reihe mit vulgar und vulgar malsonante ( CLAVE 1997) steht, hat es notwendigerweise einen anderen Wert als in einer Serie mit vulgar, jergal und restringido ( SALA 1996). So ist es auch nicht verwunderlich, wenn die Markierungen in verschiedenen Wörterbüchern nicht immer identisch ausfallen. Hinzu kommt noch, dass die im obigen Schema sorgsam getrennten Dimensionen sich in der Markierungspraxis überschneiden, sodass etwa coloquial gleichzeitig eine diaphasische und diamesische Markierung darstellen kann, und restringido (in SALA 1996) gleich mehrere Dimensionen umfasst. 117 Die Tabelle unten illustriert dies anhand einiger Wörter aus dem spanischen Substandard bzw. aus Wortschatzbereichen, die oberhalb des diaphasisch Neutralen liegen. Während die meisten unserer untersuchten Wörterbücher in ihrer Beurteilung des Substandards konvergieren-- Unterschiede ergeben sich weniger in der Essenz als vielmehr in der Ausführlichkeit der Bewertung--, fällt auf, dass sich zumindest in unserer Stichprobe die Divergenzen eher im oberhalb der Norm liegenden Bereich ergeben: DELE (1995), das auch im Substandard am schwächsten markiert, und CLAVE (1997) decken sich weitgehend; SALA (1996) und DEA (1999) markieren häufiger die Abweichung nach oben. Dabei sind elevado und lit. in diesen Wörterbüchern diaphasisch-diamesische bzw. diatextuell-diamesische Markierungen. Wörterbücher Lemma DELE 1995 Markierung SALA 1996 Markierung CLAVE 1997 Markierung DEA 1999 Markierung carroza ‘viejo, anticuado’ fam. coloquial col. col. coño (Interj.) fam. vulg. coloquial, vulgar vulg. malson. vulg. estrecho ‘que tiene ideas conservadoras en relación con el sexo’ desp. fig. coloquial, peyorativo col. und graphisch markiert als nicht im DRAE 1992 verzeichnet desp. 117 SALA 1996, X: “Coloquial: Perfectamente posible entre un grupo de amigos de confianza, en muchas ocasiones en público, pero hay que tener cuidado. Por escrito no suele ser aconsejable.” Restringido kann auf diatopische, diachronische oder diastratische Beschränkungen abheben (cf. SALA 1996, IX f.). 116 8 Lexikologie und ihre anwendungsorientierten Nachbardisziplinen II: Lexikographie und Metalexikographie Wörterbücher Lemma DELE 1995 Markierung SALA 1996 Markierung CLAVE 1997 Markierung DEA 1999 Markierung joder ‘hacer el acto sexual’ vulg. vulgar vulg. malson. vulg. marica ‘homosexual’ fam. desp. coloquial, peyorativo, insulto vulg. col. pasota ‘indiferente (políticamente)’ fam. coloquial, frequentemente peyorativo (graphisch markiert als nicht im DRAE 1992 verzeichnet) col. pasta ‘dinero’ fam. coloquial col. col. copia ‘abundancia’ form. elevado, literario * lit. estío ‘verano’ form. elevado - lit. receso ‘pausa, interrupción’ - elevado (graphisch markiert als nicht im DRAE 1992 verzeichnet) lit. ulteriormente ‘después de un momento dado’ * elevado * lit. usanza ‘modo, costumbre’ - elevado - lit. * = nicht verzeichnet - = unmarkiert Neben den bisher behandelten Gebrauchsmarkierungen werden in manchen Wörterbüchern auch sog. pragmatische Markierungen verwendet. Sie sind nicht in Form einer Skala beschreibbar und verweisen auf Verwendungsbeschränkungen, die mit den Einstellungen und Ausdrucksabsichten der Sprecher zusammenhängen. 118 Von den hier betrachteten Wörterbüchern verfügt SALA (1996) über ein umfangreiches System pragmatischer Markierungen (cf. Fernández 1999), z. B.: amenaza, afectivo, eufemismo, insulto, llamada de atención, resumidor final, sorpresa uvm. Obwohl Markierungen generell eine unzureichende empirische Basis haben-- sie beruhen auf der Intuition des / der Lexikographen- -, ist ihre Validität im Allgemeinen gegeben, da sie im Großen und Ganzen die Normeinstellungen und Attitüden der Sprachgemeinschaft widerspiegeln. Einem wesentlichen Aspekt sprachlicher Variation können sie jedoch nicht Rechnung tragen: dem oft recht raschen diachronen Wandel in der Einschätzung durch die Sprecher. 118 Dieser Bereich überschneidet sich deshalb teilweise mit den diaevaluativen Markierungen. 117 8.4 Grundkonzepte der Metalexikographie: Bauteile von Wörterbüchern 8.4.2 Makrostruktur Mit dem Begriff Makrostruktur bezeichnet man die Gesamtheit der im Wörterbuch verzeichneten Lemmata oder Einträge bzw. - in einem weiteren Verständnis-- die Gesamtstruktur des Wörterbuchs an sich (inklusive grammatischer Anhänge, Vorwort etc.). Maßgebend für den Umfang spanischer Wörterbücher war lange Zeit hindurch das Akademiewörterbuch. Hinzufügungen und Ergänzungen zum teilweise veralteten DRAE tauchen aber schon im 19. Jahrhundert vermehrt auf, und nach wie vor kann man in Spanien Wörterbücher kaufen, die sich darauf spezialisieren, die Lücken des DRAE zu kompensieren (z. B. Nuevo Diccionario de voces de uso actual, Alvar 2003). In jüngerer Zeit kann das DRAE nicht mehr uneingeschränkt den Anspruch erheben, Richtschnur für die Makrostruktur spanischer Definitionswörterbücher zu sein. Das schon mehrfach erwähnte DEA (1999) z. B. hat sich völlig von der akademischen Tradition gelöst und nimmt nur Wörter auf, deren Gebrauch auch belegt werden kann. Im Sinne der Benutzer basieren die Makrostrukturen anderer Wörterbücher-- wie z. B. des DELE (1995)-- auf Frequenzerhebungen, Überlegungen zur Disponibilität und Verbreitung (cf. Alvar 2000, 53). Die Wörterbücher, die wir bisher zur Illustration herangezogen haben, liegen in ihrer Makrostruktur im Bereich zwischen 20 000 und 80 000 Lemmata: Laut Vorwort hat das DELE (1995, 3 2011) 22 000 Stichwörter; SALA (1996 u. ö.) und CLAVE (1997, 9 2012) liegen-- grob gerechnet-- bei knapp unter bzw. über 40 000 Lemmata. Wie erwähnt, reicht das DEA (1999) mit etwa 77 000 Lemmata an die Größe des DRAE heran. Wenn einmal das Korpus der zu beschreibenden Formen fixiert ist, hat die Interpretation der polysemen bzw. homonymen Lexeme noch eine nicht unbedeutende Auswirkung auf den Umfang der Makrostruktur. Je nach Wörterbuchtyp bzw. anvisiertem Benutzerkreis sind verschiedene Tendenzen zu beobachten, die allerdings für das Spanische nur sehr eingeschränkt gelten: Während die großen Definitionswörterbücher dazu tendieren, unter Anwendung des etymologischen Kriteriums polysemen Interpretationen den Vorrang einzuräumen, berücksichtigen die weniger umfangreichen Gebrauchswörterbücher mehr das Kriterium der semantischen Nähe bzw. Distanz (cf. Kap. 4.5.5). 119 Da dieses Kriterium allerdings nicht operationalisierbar ist, bedarf die Interpretation als Homonymie auch einer metalexikographischen Argumentation, die jedoch leicht zu finden ist: Die sog. Degruppierung erhöht deutlich die Konsultierbarkeit des Wörterbuchs, während die umfangreichen Mikrostrukturen, die durch polyseme Interpretationen entstehen können, den Benutzer eher abschrecken bzw. hohen Zeitaufwand beim Nachschlagen verursachen. 119 Mit wenigen Ausnahmen gilt für spanische Wörterbücher, dass sie relativ homonymie-feindlich sind, d. h. selbst aufgrund mehrerer Kriterien klar als Homonymie zu interpretierende Fälle werden häufig so präsentiert wie Lesarten polysemer Wörter. 118 8 Lexikologie und ihre anwendungsorientierten Nachbardisziplinen II: Lexikographie und Metalexikographie 8.5 Arbeitsbereiche der spanischen (Meta-)Lexikographie in Auswahl 8.5.1 Phraseologie im Wörterbuch So wie die Phraseologie eine relativ junge Disziplin ist, gehört auch die Auseinandersetzung mit Phraseologismen unter metalexikographischen Vorzeichen zu den rezenteren Forschungsgebieten. Die Bibliographie der einschlägigen Arbeiten zum Spanischen ist relativ leicht überschaubar, und das Hauptaugenmerk liegt auf der Kritik bestehender Wörterbücher und der Art, wie sie Phraseologismen präsentieren. Aufgrund ihres Mehrwortstatus entziehen sich Phraseologismen einer einfachen Lemmatisierung und Integration als Elemente der Makrostruktur, andererseits sind sie aber semantisch opake Einheiten, sodass die Behandlung in der Mikrostruktur eines ihrer Komponentenwörter ebenfalls problematisch ist. In der lexikographischen Praxis finden sie sich dennoch als mikrostrukturelle Elemente, sehr häufig graphisch von der Syntagmatik abgehoben, da sie keinesfalls als Information über die Verwendung des Lemmas interpretiert werden dürfen. Unter dem Blickwinkel ihrer semantischen Struktur ist die Komponente, in deren Eintrag sie aufscheinen, nicht das Lemma, sondern letztlich nur ein mit diesem homonymes Formativ. Oft dient die erste Komponente, die wendungsextern ein Autosemantikon ist, als Schlüsselwort, z. B. hablar por los codos ‘reden wie ein Wasserfall’ unter hablar (so in SALA 1996); in manchen Wörterbüchern wird das erste Substantiv herangezogen und dann in einer festgelegten Reihenfolge auf die anderen Wortarten zurückgegriffen. Abgesehen vom grundsätzlichen Problem des Beschreibungsortes werden im Zusammenhang mit der lexikographischen Behandlung von Phraseologismen vor allem die folgenden Problemkreise untersucht: 1. Die Zitierform von Phraseologismen: In vielen Wörterbüchern wird nicht klar unterschieden zwischen den strukturellen Komponenten eines Phraseologismus und den Angaben zur syntaktischen Integration. Fehler in diesem Bereich, z. B. Zitierformen wie estar de bote en bote ‘brechend voll sein’ oder andar con pies de plomo ‘vorsichtig agieren’, führen dazu, dass unkorrekterweise die phraseologische Wortart verändert wird. Obwohl de bote en bote und con pies de plomo häufig mit estar bzw. andar vorkommen, liegen hier in Wahrheit adverbiale und nicht verbale Phraseologismen vor (cf. Tristá Pérez 1998, 302). Auch die vor allem für nicht muttersprachliche Benutzer manchmal verwirrende Doppelnennung von Elementen des contorno war früher häufig zu beobachen, z. B. irsele a alg. la cabeza ‘schwindelig werden’ (cf. Wotjak 1998b, 311 ff.). Ein zusätzliches Problem stellen Varianten von Phraseologismen dar, die fakultative Elemente enhalten oder Komponenten haben, deren Vorhandensein den Phraseologismus diaphasisch, konnotativ oder diatopisch markiert: tener (sus) altas y (sus) bajas (fakultativ), tener la cabeza en su sitio / sobre los hombros (fakultativ); anda y vete a pasear / al carrajo / al diablo (intensivierend), ¿con qué nalgas / culo se sienta la cucaracha? (intensivierend), echar / tirar / botar (Cuba) la casa por la ventana, usw. 119 8.5 Arbeitsbereiche der spanischen (Meta-)Lexikographie in Auswahl 2. Im Hinblick auf die Registerzugehörigkeit kann man keine generalisierenden Aussagen machen. Semantische Opazität hat nicht unbedingt eine Wertung als familiär oder umgangssprachlich zur Folge, allerdings geht die Einschätzung der Sprecher, dass es sich bei vielen Phraseologismen um besonders expressive Ausdrucksmittel handelt, mit einer Präferenz für bestimmte Stilschichten einher; in Bezug auf verbale Phraseologismen meint Wotjak (1988, 542): “las expresiones idiomáticas verbales no sólo son numerosas, sino que se están utilizando también con frecuencia, preferentemente en el lenguaje coloquial diario-[…]”. Natürlich existieren aber auch zahlreiche neutrale und literarische Phraseologismen (cf. Corpas 1996b, 125 ff.). Für die lexikographische Markierungspraxis gilt im Übrigen dasselbe, was zur Markierung von einfachen Wörtern gesagt wurde. 3. Pragmatisch-kommunikative Gebrauchsrestriktionen stehen entweder mit der Subkategorisierung im Zusammenhang oder beziehen sich auf situationsspezifische Aspekte der Verwendung: “[…]-con frecuencia, las expresiones fijas tienen en la comunicación el papel de indicar las relaciones entre los interlocutores, así como sus actitudes y conductas” (Martínez Marín 1991, 125). Hierzu nur einige ausgewählte Beispiele: echar chispas ‘sich erhitzen, ärgern’ oder brillar por su ausencia ‘durch Abwesenheit glänzen’ werden normalerweise nur in der dritten Person (Sg. oder Pl.) verwendet, letztere Wendung kann-- aus germanophoner Perspektive überraschend-- auch von Dingen gesagt werden, und ser (alg.) el brazo derecho de alg. impliziert, dass das Subjekt in einer hierarchisch untergeordneten Position im Verhältnis zum Objekt steht. Solche Beschränkungen müssen entweder durch ein Beispiel oder idealiter durch die Definition und ein Beispiel illustriert werden (cf. Wotjak 1998b, 315 und die diesbezügliche, m. E. nicht ganz gerechtfertigte Kritik an DELE 1995). 4. “Breite” oder “Vagheit” der Bedeutung: Phraseologismen sind im Kontrast zu eventuellen semantisch äquivalenten Einzelwörtern meist durch einen spezifischen Mehrwert gekennzeichnet- - sie sind mit bestimmten Implikationen und Präsuppositionen verbunden: confundir (u. p.) la gimnasia con la magnesia bedeutet nicht nur ‘Begriffe miteinander verwechseln’, sondern impliziert, dass vom Agens eigentlich Gegenteiliges erwartet wird, weil das Auseinanderhalten der Begriffe vom Sprecher als nicht schwierig eingeschätzt wird. Eventuelle Registerbeschränkungen und Implikationen dieser Art machen die Verwendung von Phraseologismen für Nicht-Muttersprachler besonders schwierig, sind aber wahrscheinlich auch mit dafür verantwortlich, dass selbst kompetente Muttersprachler sich über die genauen Gebrauchsbedingungen mancher Phraseologismen nicht einig sind. So ensteht wohl der in der Literatur immer wieder beschriebene Eindruck der relativen Breite oder Vagheit der Bedeutung (cf. auch Kapitel 4.4): Ganz offensichtlich haben Phraseologismen eine prototypische Bedeutung. Anliegen der lexikographischen Beschreibung muss es folglich sein, die Standardverwendung der Phraseologismen zu beschreiben. Dass hier die Wörterbücher recht stark divergieren, ist nicht verwunderlich, wie allein der Vergleich der Definitionen und Beispielsätze zu hacer (uno) de su capa un sayo ‘(etwa: ) in seinen eigenen Sachen frei entscheiden’ in mehreren Wörterbüchern zeigt: 120 8 Lexikologie und ihre anwendungsorientierten Nachbardisziplinen II: Lexikographie und Metalexikographie DELE 1995, s. v. capa: obrar con total liberdad en los asuntos propios, normalmente cuando la acción se considera equivocada o poco razonable: Si vende la empresa está en su derecho, cada cual puede hacer de su capa un sayo. SALA 1996, s. v. capa: hacer (una persona) lo que quiere en asuntos en los que debería actuar de acuerdo con normas generales: Nadie sigue el horario establecido: cada uno hace de su capa un sayo. CLAVE 1997, s. v. capa: obrar libremente y según su voluntad en cosas o asuntos que sólo a él afectan: Cuando la empresa era sólo suya podía hacer de su capa un sayo, pero ahora tiene que contar con todos. DEA 1999, s. v. capa: obrar con autonomía en sus propios asuntos: ¡Ha sido ella sola, ella sola! -…-- Pero no es que te pongas así. Cada uno hace de su capa un sayo. Allgemein zur Problematik informiert Burger (1989b); zu spezifischen Problemen der Beschreibung von Phraseologismen in der zweisprachigen Lexikographie bietet Corpas (1996a) einen guten Überblick (anhand des Sprachenpaares Spanisch-Englisch). 8.5.2 Diatopische Variation im Wörterbuch: zur Lexikographie der Amerikanismen Die Lexikographie der Amerikanismen ist beinahe so alt wie die Geschichte der spanischen Expansion in Amerika. Vom Standpunkt der Wörterbuchtypologie aus kann man festhalten, dass Amerikanismen in zumindest vier verschiedenen Wörterbuchtypen behandelt wurden bzw. werden: (a) in Glossaren und Wortlisten, (b) in differenziellen Wörterbüchern, die sich im Laufe der Zeit zusehends von Antibarbari zu deskriptiven Werken hin entwickelt haben, (c) in Definitionswörterbüchern der spanischen Gemeinsprache und (d) in Definitionswörterbüchern einer nationalen Varietät des Spanischen. Die frühen Glossare bzw. Wortlisten waren keine Wörterbücher im modernen Sinn; als Teile von Chroniken, literarischen oder historischen Werken waren sie dazu bestimmt, den Lesern das Verständnis dieser Texte zu erleichtern. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass die dargebotenen Informationen sehr heterogen ausfielen: En cuanto a la lexicografía del español de América en sus primeras manifestaciones, que son pocos glosarios muy cortos, encontramos una mezcla de nombres propios indígenas y españoles, nombres comunes indígenas y algunos vocablos españoles que o bien se usan con un nuevo significado americano (como león ‘puma’ o lagarto ‘caimán’) o bien son derivados de palabras españolas como armadillo. (Haensch 1994, 41) Als Verfasser des ersten Amerikanismenwörterbuchs überhaupt (im Sinne eines Wörterbuchs des Spanischen in Amerika) darf Pedro Fernández Castro de Andrade mit einem Glossar von Peruanismen aus dem Jahre 1608 gelten. Eigenständige differenzielle Wörterbücher, die sprachliche Besonderheiten Hispanoamerikas beschreiben, erschienen erst im 19. Jahrhundert. Diese Zeit war geprägt von Werken, die ungeachtet der Unabhängigkeit der hispanoamerikanischen Staaten und eines weit verbreiteten Sprachnationalismus kein neues normatives Modell entwickelten und die sprachlichen Fakten in der Regel als “provincialismos” bzw. “vicios” beschrieben-- Referenzvarietät blieb somit die kastilische Norm. Den Auftakt machte Esteban Pichardo mit seinem Diccionario 121 8.5 Arbeitsbereiche der spanischen (Meta-)Lexikographie in Auswahl provincial de voces cubanas (1836; zahlreiche Neuauflagen). Ihm folgten z. B. Juan de Arona (Diccionario de peruanismos, 1883), Zorobabel Rodríguez (Diccionario de chilenismos, 1875), Carlos Gagini (Diccionario de barbarismos y provincialismos de Costa Rica, 1892), Manuel Antonio Román (Diccionario de chilenismos y de otras voces y locuciones viciosas, 1901-1918). Im 20. Jahrhundert erschienen zahlreiche allgemeine Amerikanismenwörterbücher, die sich gegenüber der Wörterbuchproduktion des 19. Jahrhunderts durch stärkere Deskriptivität abheben (cf. zum Folgenden inbesondere Pottier-Navarro 1992 und López Morales 2000): Augusto Malaret: Diccionario de americanismos, 1925 Francisco Javier Santamaría: Diccionario general de americanismos, 1942 Marcos Augusto Morínigo: Diccionario manual de americanismos, 1966 Alfredo Neves: Diccionario de americanismos, 1973 Miguel Angel Arias de la Cruz: Diccionario temático. Americanismos, 1980 Americanismos: Diccionario ilustrado Sopena. Barcelona: Sopena, 1983 120 Das Grundproblem dieser- - und auch der früheren- - differenziellen Wörterbücher ist die Inkonsistenz und die fehlende Übereinstimmung bei der Definition des Beschreibungsgegenstands; in der Tat lässt der Terminus americanismo zumindest zwei gänzlich verschiedene Interpretationen zu: Während aufgrund der historisch-genetischen Definition nur jene Wörter Amerikanismen sind, die aus Amerika stammen, primär also Indigenismen, gelten gemäß dem Kriterium des Gebrauchs solche als americanismos, die in Hispanoamerika (aber nicht in Spanien bzw. in der Referenzvarietät) verwendet werden. In allen genannten Wörterbüchern herrscht ein Kriterienmix, der dazu führt, dass Indigenismen verzeichnet werden, die in Spanien gebräuchlich sind (z. B. canoa, chocolate, tomate etc.), aber auch solche, die nur auf Hispanoamerika bzw. eine Region beschränkt sind. Daneben finden sich auch Wörter peninsularen Ursprungs, die aber Bedeutungsveränderungen erfahren haben (z. B. playa, comadreja, estancia). Archaismen und marinerismos, 121 die dem Gebrauchskriterium folgend verzeichnet werden müssten, werden von den Autoren unterschiedlich gehandhabt. Malaret nimmt sie nicht auf, Santamarina, Morínigo und Neves verzeichnen sie grundsätzlich schon. Die monierte Unschärfe bei der Definition des Gegenstandsbereichs bzw. die fehlende Reflexion darüber (bei Americanismos 1983 und Arias de la Cruz 1980) haben zur Folge, dass die genannten Wörterbücher im besten Fall für Lexikologen bzw. Metalexikographen von Interesse sind. Als Reaktion auf die unbefriedigende Situation im Bereich der lexikographischen Beschreibung von Amerikanismen wurde Mitte der 1970er Jahre an der Universität Augsburg ein diesbezügliches Großprojekt (Wörterbücher des amerikanischen Spanisch / Diccionarios del español americano) ins Leben gerufen. Unter ausschließlicher Anwendung des Gebrauchs- 120 Die Liste ist nur eine Auswahl der bekanntesten Wörterbücher, insbesondere auf zweisprachige Amerikanismenwörterbücher (z. B. Steel 1990) gehen wir hier nicht ein.-- Für eine ausführliche Kritik neuerer Amerikanismenwörterbücher cf. Werner (1996). 121 Wörter, die ursprünglich eine mit der Seefahrt zusammenhängende Spezialbedeutung hatten, in Amerika allerdings gemeinsprachlich geworden sind bzw. eine Bedeutungserweiterung erfahren haben (z. B. flete: E-= ‘Seefracht’ vs. A-= ‘Fracht’). 122 8 Lexikologie und ihre anwendungsorientierten Nachbardisziplinen II: Lexikographie und Metalexikographie kriteriums wird länderweise der Wortschatz differenziell und synchron beschrieben, und die Daten werden- - ebenfalls im Unterschied zur althergebrachten Tradition- - durch Informantenbefragungen abgesichert. Wenig verbreitete, veraltete bzw. nur lokal gebräuchliche Amerikanismen können auf diese Weise ausgesondert werden. 122 Unter der Leitung von Günther Haensch und später Reinhold Werner († 2015) sind bisher Bände zu Argentinien, Uruguay, Kolumbien und Kuba entstanden. Darin findet der Wörterbuchbenutzer-- ob Laie oder Spezialist- - präzise Antworten auf zahlreiche relevante Fragen: Ist das verzeichnete Wortschatzelement im jeweiligen Land gebräuchlich (nicht aber in Spanien)? Wie wird es verwendet (Bedeutung und Syntagmatik)? Wie lauten peninsulare Entsprechungen für dasselbe signifié? Existiert das aufgenommene Wort im jeweiligen Land und in Spanien mit Bedeutungsunterschieden? (cf. auch http: / / www.philhist.uni-augsburg.de/ lehrstuehle/ romanistik/ angewandte/ DCEA/ 1_DCEA/ ; Stand: März 2018). 123 Seit den späten 1990er Jahren sind generell deutliche Fortschritte im Bereich der differenziellen Lexikographie festzustellen, nicht zuletzt wegen des 2010 erschienenen Diccionario des americanismos, das von der Asociación de Academias de la lengua española (López Morales 2010) herausgegeben wurde. Es beschreibt kontrastiv und behutsam normativ den amerikanischen Wortschatz, der sich vom “español general” unterscheidet. Diese Vergleichsvarietät wird dabei als der gemeinsame Kern aller Varietäten des Spanischen definiert. Auch für einzelne Länder bzw. Varietäten liegen neuere Wörterbücher vor, so z. B. die mit dem Projekt des Diccionario de americanismos in losem Zusammenhang stehenden Wörterbücher Diccionario del habla de los argentinos (Academia Argentina 2003), Diccionario de mexicanismos (Academia Mexicana 2010), Diccionario de uso del español de Chile (Academia Chilena 2010) und Diccionario del español del Uruguay (Academia Nacional 2011). Eine interessante Ergänzung zum DRAE ( 21 1992) stellt auch das Diccionario de hispanoamericanismos no recogidos por la Real Academia (Renaud 1997) dar. In den Definitionswörterbüchern erscheinen Amerikanismen (gemäß den beiden oben genannten Sichtweisen) seit dem Beginn der spanischen Lexikographie (Nebrija, Covarrubias). Vor dem 19. Jahrhundert lässt ihre Aufnahme in die Wörterbücher darauf schließen, dass die betreffenden Wörter bereits zum Gemeingut gehört haben; insbesondere die Verwendung durch die autoridades verlieh ihnen die für die lexikographische Erfassung notwendige Dignität (cf. Alvar Ezquerra 1993a, 344). Dies gilt auch für das Diccionario de Autoridades (1726-39), dessen um die Zitate gekürzte Version von 1780 bzw. seine verschiedenen Neuauflagen immer mehr Amerikanismen aufgenommen haben, wobei sich die Académicos 122 Von manchen Kritikern wird u. a. als problematisch bewertet, dass die verzeichneten Wörter als länderspezifische -ismen erscheinen (z. B. Argentinismen), obwohl sie auch in anderen Teilen der hispanophonen Welt verwendet werden (wie die bisher erschienenen Bände deutlich zeigen). Dem ist entgegen zu halten, dass verlässliche Aussagen zum exklusiven oder nicht exklusiven Gebrauch in verschiedenen Ländern Hispanoamerikas erst dann erwartet werden können, wenn alle diatopischen Varietäten des Spanischen beschrieben sind. 123 Einen guten Überblick zur Konzeption und den bisherigen Leistungen dieses Projekts bieten z. B. Haensch (1994, 1997) und Werner (1994). Die zitierte Homepage bietet ferner reichlich bibliographisches Material zur Problematik der differenziellen Lexikographie des Spanischen. 123 8.5 Arbeitsbereiche der spanischen (Meta-)Lexikographie in Auswahl teilweise auch bei bestehenden differenziellen Wörterbüchern bedient haben. Zum Teil in Zusammenarbeit mit den amerikanischen Akademien hat von Auflage zu Auflage 124 vor allem die Zahl der Amerikanismen zugenommen, der Qualität der Informationen (Verbreitung, Definitionen etc.) wurde jedoch weniger Aufmerksamkeit geschenkt. Dies hatte zur Folge, dass das DRAE -- zumindest bis zur 21. Auflage 1992-- nur sehr partiell eine verlässliche Quelle für Amerikanismen darstellt. Für die 22. Auflage 2001 und insbesondere die 23. Auflage 2014 wurden jedoch umfangreichere Revisionen vorgenommen (z. B. Streichungen veralteter bzw. nicht mehr belegbarer Wörter, Hinzufügungen). 125 Zwar hatte schon im 19. Jahrhundert Vicente Salvá gefordert, dass die lexikographischen Informationen zur Diatopik aus erster Hand, i. e. von Informanten vor Ort, stammen sollen; dies ist aber in den allgemeinsprachlichen Wörterbüchern des Spanischen eher die Ausnahme, und bei den weniger umfangreichen Definitionswörterbüchern ist davon auszugehen, dass sie auch bei der Beschreibung diatopisch markierten Wortschatzes vom Akademiewörterbuch bzw. anderen großen Definitionswörterbüchern (z. B. Diccionario General Ilustrado de la Lengua Española) abhängen, sofern sie sich nicht ohnehin auf ein sog. español general beschränken. 126 Größere Fortschritte bei der Beschreibung von Amerikanismen in allgemeinen einsprachigen Wörterbüchern sind erst zu erwarten, wenn die differenzielle Lexikographie weitere Ergebnisse liefert. 127 Definitionswörterbücher für nationale Varietäten gibt es bislang für das Spanische Mexikos 128 und Argentiniens. Seit 1973 wird am Colegio de México unter der Leitung von Luis Fernando Lara am Großprojekt Diccionario del español de México gearbeitet. Ziel ist es-- ohne Rekurs auf die Varietät des ehemaligen Mutterlandes- -, ausschließlich das in Mexiko gebräuchliche Spanisch zu beschreiben. Bisher sind vier unterschiedlich große und für verschiedene Zielgruppen konzipierte Wörterbücher aus diesem Projekt hervorgegangen: das Diccionario fundamental del español de México (1982), das Diccionario básico del español de México (1986), 129 das etwa 14 000 Lemmata mit rund 60 000 Bedeutungen umfassende Diccionario del español usual de 124 Vor allem mit der 15. Auflage 1925, die auch eine Titeländerung mit sich bringt (Diccionario de la lengua española, nicht mehr: castellana), wächst die Zahl der Amerikanismen deutlich an. 125 Für die 23. Auflage 2014 wurde beschlossen, gebräuchliche Amerikanismen aus dem Diccionario de americanismos (López Morales 2010) aufzunehmen, die mindestens in drei Ländern belegt und weder diaphasisch noch diastratisch markiert sind. 126 Die Vorworte dieser Wörterbücher lassen zumindest nicht darauf schließen, dass eigene Untersuchungen angestellt wurden. Dies gilt wahrscheinlich auch für CLAVE (1997), obwohl dem Thema ein eigenes Kapitel im Vorwort gewidmet ist und eine neuartige Markierung (“en zonas del español meridional”) eingeführt wird. 127 Zur Bedeutung anderer Datenquellen für die Beschreibung der diatopischen Variation im Definitionswörterbuch-- insbesondere Sprachatlanten-- cf. den kritischen Überblick von J. L. Aliaga (1999). 128 Ein diesbezügliches Projekt zum Spanischen Chiles kam in den 1980er Jahren über das Planungsstadium nicht hinaus (cf. dazu Wagner 1985), jedoch gibt es-- wie auch in Kuba-- erneut Bemühungen, ein entsprechendes Projekt umzusetzen (cf. Rodríguez Barcia 2016, 43). 129 Die Zielgruppe dieses Wörterbüchs sind Schüler; dies ist auch beim ebenfalls mit dem genannten Projekt in Zusammenhang stehenden Diccionario inicial del español de México: DIME (Ávila 2003) der Fall. 124 8 Lexikologie und ihre anwendungsorientierten Nachbardisziplinen II: Lexikographie und Metalexikographie México (Lara 1996) und im Jahre 2010 das noch umfangreichere Diccionario del español de México in zwei Bänden. Als Datenbasis dafür diente ein diversifiziertes Korpus von 2 Mio. Textwörtern, das die Zeitspanne von 1921 bis 1974 abdeckt. Der integralen Konzeption entsprechend, werden spezifisch mexikanisch-spanische Lexeme oder Bedeutungen nicht markiert; im Unterschied zur Lexikographie der nationalen Varietäten anderer Sprachen (z. B. Quebecker Französisch, amerikanisches Englisch) wurde aber auch darauf verzichtet, das für das ehemalige Mutterland Spezifische zu markieren. Dies wäre prinzipiell denkbar gewesen, zumal auch die Real Academia mittlerweile im DRAE für einige Lexeme bzw. Bedeutungen die Markierung Esp. vorsieht. 130 In Argentinien ist im Jahre 2008 ebenfalls ein primär korpusgestütztes, umfangreiches Gesamtwörterbuch entstanden, das Diccionario integral del español de la Argentina (Tornadú / Plager 2008). Unter dem Namen Diccionario Clarín war es ab 2011 auch für einige Jahre online frei konsultierbar. Hinsichtlich seiner Markierungspraxis haben sich die Autoren für einen anderen Weg entschieden: Als diatopische Markierungen werden ES (für Spanien), MÉ (für Mexiko) und CO (für Kolumbien) verwendet. Ausgewählte Wörter aus diesen Varietäten wurden verzeichnet, weil die länderübergreifenden Kulturbeziehungen zum Kontakt dieser Varietäten mit dem argentinischen Spanisch führen (cf. Pöll 2018, i. Dr.). 8.5.3 Lernerlexikographie Unter Lernerlexikographie versteht man die Theorie und Praxis der Wörterbucherstellung unter Berücksichtigung der spezifischen Bedürfnisse von Lernern der betreffenden Sprache als Fremd- und / oder Muttersprache. Was die Produkte der Lernerlexikographie (die manchmal auch pädagogische oder didaktische Lexikographie genannt wird) betrifft, herrscht weder im Deutschen noch im Spanischen terminologische Klarheit: Lernwörterbuch, Lernerwörterbuch, L2-Wörterbuch, Schulwörterbuch, Lernwortschatz bzw. diccionario escolar, diccionario esencial, diccionario infantil, diccionario de aprendizaje, diccionario para la enseñanza und diccionario didáctico sind allesamt gängige Bezeichnungen für die Produkte, die die genannten Zielgruppen erreichen sollen. Wenn schon auf der Ebene der Bezeichnungen für die Disziplin und ihre Produkte Verwirrung herrscht, so kann man doch auf der Sachebene ein wenig Ordnung schaffen. Sinnvoll ist eine genauere Differenzierung nach anvisierten Benutzergruppen, wobei wir uns an die Unterscheidung von Hernández (1998, 51) anlehnen: 1. Jüngere Lerner der betreffenden Sprache als Muttersprache, 2. Fremdsprachenlerner, 130 Dies kommt dem Eingeständnis gleich, dass der Gebrauch in Spanien nicht zwingend eine panhispanische Exemplarität konstituiert. Cf. dazu Lebsanft (1998). In Bezug auf das DRAE schlägt Lope Blanch (2002) die Markierung als españolismo u. a. für die folgenden Wörter bzw. Bedeutungen vor, die in den hispanoamerikanischen Varietäten nicht geläufig sind: michelín ‘pliegue de gordura que se forma en alguna parte del cuerpo’; chalé ‘casa de campo’; constiparse ‘acatarrarse, resfriarse’; tapas ‘pequeña porción de algunos alimentos-…’. Keines der genannten Wörter ist in der 23. Auflage 2014 des DRAE entsprechend markiert. 125 8.5 Arbeitsbereiche der spanischen (Meta-)Lexikographie in Auswahl 3. Benutzer mit hoher Kompetenz in der betreffenden Sprache, konkret erwachsene monolinguale oder bilinguale Muttersprachler bzw. sehr weit fortgeschrittene Fremdsprachenlerner. Die spanische Wörterbuchproduktion für muttersprachliche Lerner (Gruppe 1) beginnt in den 1970er Jahren, als nämlich Wörterbuchverlage erkennen, dass mit der Klientel der Schüler viel Geld zu verdienen ist. Seither sind Schulwörterbücher sehr unterschiedlicher Qualität erschienen, die vielfach nur gekürzte Versionen größerer (exhaustiver) Definitionswörterbücher sind; 131 auch die RAE hat ein solches vorgelegt (Diccionario escolar, 1996). Diesem extrem häufigen Wörterbuchtyp-- Martínez Marín (1992, 56) spricht von “superabundancia”-- hat H. Hernández (1989) eine umfangreiche kritische Arbeit gewidmet. Obwohl der Nutzen des einsprachigen Wörterbuchs für die eigentliche Zielgruppe der Lernerlexikograhie (Fremdsprachenlerner- - Gruppe 2) unbestritten ist, 132 präferiert diese Gruppe wahrscheinlich noch immer überwiegend zweisprachige Wörterbücher (die bislang von der Lernerlexikographie eher vernachlässigt wurden). Dass Fremdsprachenlerner spezifische Anforderungen an ein Wörterbuch stellen, 133 ist zwar seit mehr als hundert Jahren offenkundig, aber erst knapp vor der Mitte des 20. Jahrhunderts erscheint das erste, speziell für Fremdsprachenlerner konzipierte Wörterbuch (Oxford Advanced Learner’s Dictionary, 1948 u. ö.). Dieses Vorbild machte ab den 1960er Jahren auch in anderen Ländern bzw. Sprachen Schule- - aus kommerziellen Überlegungen heraus wurden aber sehr häufig Wörterbücher für die Zielgruppe 1 einfach als spezifische L2-Wörterbücher ausgegeben. 134 Dies gilt teilweise auch für die in diesem Kapitel als Illustrationsmaterial herangezogenen rezenteren “Lernerwörterbücher” des Spanischen. Ihre Autoren erheben explizit den Anspruch, beiden Zielgruppen gerecht zu werden und wenden sich z. T. auch an die Gruppe der sehr weit fortgeschrittenen Lerner. Zur Beurteilung von “Lernerwörterbüchern”- - seien sie nun wirklich für den Fremdsprachen-Erwerbsprozess konzipiert oder nur als solche vermarktet-- hat sich in den letzten Jahren ein recht klar umrissener Kriterienkatalog in der metalexikographischen Kritik herausgebildet. Eine seriöse Wörterbuchkritik, die das nötige Feedback zur Weiterentwicklung dieses Wörterbuchtyps gibt, behandelt in mehr oder weniger umfangreicher Form zumindest die folgenden Punkte (cf. auch Pöll 2002): ▶ Wortschatzselektion im Bezug zur anvisierten Benutzergruppe (Neologismen, Grenzbereich zwischen Fach- und Gemeinsprache, Aktualität des Wortschatzes und Relevanz für die Zielgruppe) 131 Zur Kritik dieser frühen Generation von Wörterbüchern cf. Hausmann (1983). 132 Die Arbeit mit dem einsprachigen Wörterbuch fördert das vielbeschworene Denken in der Fremdsprache und stellt bei regelmäßigem Gebrauch eine besondere Form sprachlichen Inputs dar. 133 L2-Lerner suchen im Wörterbuch am häufigsten Bedeutungen, grammatische Informationen und lexikalische Umgebungen (in dieser Reihenfolge). Cf. dazu Bergenholtz/ Mugdan (1984). 134 Bekanntestes Beispiel ist das Dictionnaire du français commun (Dubois et al. 1966 u. ö.). Eine löbliche Ausnahme im Deutschen stellt das Langenscheidts Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache dar (Götz / Haensch / Wellmann 1993 u. ö.). 126 8 Lexikologie und ihre anwendungsorientierten Nachbardisziplinen II: Lexikographie und Metalexikographie ▶ Diasystematische Markierungen: Zahl, Kohärenz und Durchsichtigkeit der gewählten Markierungen ▶ Qualität der Definitionen und Fragen des Definitionswortschatzes ▶ Illustrationen (Funktion, Wert, Aktualität) ▶ Kriterium für die Abfolge bei polysemen Einträgen ▶ Paradigmatik: Synonymie, Antonymie, Informationen zu Wortfamilien (durch Gruppierung oder Verweise) ▶ Syntagmatik: Angaben zur Konstruktion (Rektion, Valenz) und Kollokationsdichte sowie Beschreibungsort von Kollokationen Eine in dieser Hinsicht mustergültige Analyse mehrerer spanischer Lernerwörterbücher aus der ersten Hälfte der 1990er Jahren stellt Schafroth (1997) dar. Eine explizite Empfehlung für das eine oder andere neuere Wörterbuch für Spanischlerner wollen wir hier nicht abgeben, aber die Auswahl der Wörterbücher zu Illustrationszwecken in diesem Kapitel darf durchaus als Hinweis zur besseren Orientierung interpretiert werden. 127 9 Bibliographie 9 Bibliographie 9.1 Forschungsliteratur Ahumada Lara, Ignacio (1989): Aspectos de lexicografía teórica: aplicaciones al Diccionario de la Real Academia Española. Granada: Universidad. - (Hg.) (2000): Cinco siglos de lexicografía del español. IV Seminario de Lexicografía Hispánica, Jaén, 17 al 19 de noviembre de 1999. Jaén: Universidad de Jaén. Aitchison, Jean ( 2 1995): Words in the mind: an introduction to the mental lexicon. Oxford etc.: Blackwell. Albrecht, Jörn (1970): Le français langue abstraite? Tübingen: Fotodruck Präzis. - (1997): “Fünf Thesen zur ‘kognitiven Semantik’“. In: Hoinkes, Ulrich/ Dietrich,Wolf (Hg.): Kaleidoskop der lexikalischen Semantik. Tübingen: Narr, 19-30. 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Affix-- sp. afijo m Akronym-- sp. acrónimo m Allomorph-- sp. alomorfo m Anthroponym-- sp. antropónimo m Antonymie-- sp. antonimia f komplementäre ~-- sp. complementariedad f konträre ~ - sp. incompatibilidad f ; ~ gradual Archilexem-- sp. archilexema m Augenblicksbildung-- sp. acuñación f ad hoc Ausgangssprache-- sp. lengua f de partida Autosemantikon, pl. -ka-- palabra f léxica o. llena Basis-- sp. base f Basisebene-- sp. nivel m básico Basismorphem-- sp. morfema m radical Baumdiagramm-- sp. diagrama m arbóreo, arbolito m Bedeutung-- sp. significado m o. sentido m übertragene ~-- sp. ~ translaticio Bedeutungserweiterung-- sp. extensión f semántica o. de significado Bedeutungsspezialisierung-- sp. reducción f semántica o. de significado Bedeutungsverbesserung-- sp. mejoramiento m semántico; cambio m mejorativo Bedeutungsverengung-- sp. reducción f semántica o. de significado; estrechamiento m del significado Bedeutungsverschlechterung-- sp. degradación f semántica o. de significado Bedeutungswandel-- sp. cambio m semántico o. de significado Beispiel-- sp. ejemplo m enzyklopädisches ~-- sp. ~ enciclopédico erfundenes ~-- sp. ~ inventado Korpus~-- sp. ~ textual; cita f Blockierung-- sp. bloqueo m Definition-- sp. definición f hyperonymische / logische ~ - sp. ~ hiperonímica o. lógica synonymische ~-- sp. ~ sinonímica o. ~ por sinónimos zirkuläre ~-- sp. ~ circular o. ~ en círculo vicioso Derivation-- sp. derivación f parasynthetische ~-- sp. parasíntesis f regressive ~-- sp. ~ regresiva D(o)ublette-- sp. doblete m Eineindeutigkeit-- sp. biunivocidad f Einsetzbarkeit-- sp. sustituibilidad f Elemente, unikale-- sp. elementos m o. componentes m unicales; palabras f diacríticas; palabras f idiomáticas Empfängersprache-- sp. lengua f receptora Entlehnung-- sp. préstamo m 146 10 Deutsch-spanisches Glossar Erbwort-- sp. palabra f patrimonial o. hereditaria o. popular; voz f castiza Fachsprache-- sp. lenguaje m específico / técnico; lengua f para fines específicos; tecnolecto m Fachwort-- sp. término m ; tecnicismo m falsche Freunde-- sp. falsos amigos m Familienähnlichkeit-- sp. parecido m familiar Fremdwort-- → Wort Fugenelement-- sp. elemento m o. morfema m de enlace; interfijo m Funktionsverbgefüge-- sp. construcción f con verbo soporte (o. apoyo) Funktionswort-- sp. palabra f gramatical o. útil Geosynonym-- geosinónimo m , sinónimo m territorial Gesprächswort-- sp. palabra f discursiva, muletilla f Grundmorphem-- sp. morfema m radical Hapax (legomenon), pl. Hapax (legomena)-- sp. hapaxlegómeno m bzw. hápax m Homonymenkollision-- sp. colisión f o. conflicto m homonímica/ -o Hypokoristikon, pl. -ka-- sp. hipocorístico m Initialwort-- sp. sigla f , acrónimo m Internationalismus-- sp. internacionalismo m Klassem-- sp. clasema m Kohyponym-- sp. cohipónimo m Kollokator-- sp. colocativo m , colocante m Komplementarität → Antonymie, komplementäre Komposition-- sp. composición f Kompositum-- sp. compuesto m Konversion-- sp. derivación f impropia Koseform → Hypokoristikon Lehnbedeutung-- sp. calco m semántico o. de significado Lehnprägung-- sp. calco m (formal) Lemma-- sp. palabra f -entrada, entrada f , lema m Lesart-- sp. acepción f [Wörterbuch, Semantik] bzw. semema m [Semantik] Lexem-- sp. lexema m Lexie-- sp. lexía f lexikalische Lücke-- sp. laguna léxica; casilla vacía Lexikalische Solidaritäten-- sp. solidaridades f léxicas Lexikalisierung-- sp. lexicalización f Lexikon-- sp. léxico m mentales ~-- sp. ~ mental Makrostruktur-- sp. macroestructura f ; nomenclatura f Markierung-- sp. marcación f ; marca f Merkmal-- sp. rasgo m semantisches ~-- sp. ~ semántico; sema m Morphem-- sp. morfema m Flexions~-- sp. ~ flexivo; desinencia f freies ~-- sp. ~ libre gebundenes ~-- sp. ~ trabado o. ligado lexikalisches ~-- sp. ~ lexical Neologismus-- sp. neologismo m 147 10 Deutsch-spanisches Glossar Nomen agentis, pl. nomina agentis-- sp. idem Nullableitung → Konversion Parömiologie-- sp. paremiología f Präfix-- sp. prefijo m Remotivierung-- sp. remotivación f o. reliteralización f Rückbildung → Derivation, regressive Sem-- sp. sema m Semem-- sp. semema m semiotisches Dreieck-- sp. triángulo m semiótico Sondersprache-- sp. jerga f , argot m sondersprachlich-- sp. jergal Spendersprache-- sp. lengua f donante; lengua f prestamista Sprichwort-- sp. proverbio m , refrán m Suffix-- sp. sufijo m Synonym-- sinónimo m Synonymie-- sp. sinonimia f Synsemantikon, pl. -ka-- sp. palabra f gramatical Terminologisierung-- sp. terminologización f Terminus-- sp. término m , tecnicismo m Textwort-- sp. palabra f -texto token-- → Textwort übergeordnete Ebene-- sp. nivel m superordinado untergeordnete Ebene-- sp. nivel m subordinado Wort-- sp. palabra f ; voz f ; lexema m Fremd~-- sp. préstamo m ; extranjerismo m gelehrtes ~-- sp. cultismo m o. voz f culta halbgelehrtes ~-- sp. semicultismo m o. voz f semiculta Lehn~-- sp. préstamo m (integrado) Wortarten-- sp. partes f gramaticales Wortbildung-- sp. formación f de palabras 149 Verzeichnis der Abkürzungen und Symbole Verzeichnis der Abkürzungen und Symbole ar. arabisch dt. deutsch engl. englisch fam. sp. familiar, umgangssprachlich fränk. fränkisch frz. französisch geh. gehoben jur. juristischer Sprachgebrauch lat. lateinisch mlat. mittellateinisch pt. portugiesisch sp. spanisch s. v. sub verbo vlat. vulgärlateinisch xxx (A) …………… xxx wird eher im amerikanischen Spanisch verwendet xxx (E) oder E: xxx …………… xxx wird eher im peninsularen Spanisch (kastilische Norm) verwendet E-= ‘xxx’ …………… bedeutet im peninsularen Spanisch (kastilische Norm) ‘xxx’ A-= ‘xxx’ …………… bedeutet im amerikanischen Spanisch ‘xxx’ ⨯ …………… Kreuzung