eBooks

Medienwissenschaft und Mediendidaktik

2019
978-3-8233-9211-8
Gunter Narr Verlag 
Jörg Roche

Digitale Medien besitzen zahlreiche, oft ungeahnte Möglichkeiten, das Lernen und Lehren von Sprachen zu erleichtern und zu verbessern. In der aktuellen Praxis digitaler Lehrangebote wird davon kaum etwas sichtbar. Dieser Band gibt einen umfassenden Überblick über aktuelle Tendenzen der Mediendidaktik und ihre wissenschaftlichen Grundlagen. Er eröffnet Einblicke in moderne (multimediale) Lerntheorien und die neuesten Forschungsergebnisse der kognitiven Linguistik, kognitiven Didaktik, Handlungs- und Szenariendidaktik und des interkulturellen Lernens im Kontext digitaler Lehrangebote. Dabei werden die theoretischen Grundlagen immer mit Blick auf ihre Tauglichkeit in einer reflektierten Praxis dargestellt. Der Band enthält daher auch ausführliche Informationen zu diversen digitalen Arbeits- und Lernwerkzeugen, Ressourcen, Lernplattformen sowie Aufgaben- und Übungstypen. Ein umfangreiches Literaturverzeichnis rundet den Band ab.

Medienwissenschaft und Mediendidaktik Kompendium DaF / DaZ Herausgegeben von Jörg Roche (München) Band 9 Jörg Roche (Hg.) unter Mitarbeit von Katsiaryna EL-Bouz Medienwissenschaft und Mediendidaktik Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. © 2019 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de Satz: pagina GmbH, Tübingen CPI books GmbH, Leck ISSN 2512-8043 ISBN 978-3-8233-8211-9 5 Inhalt Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Einleitung: Die Reihe Kompendium DaF / DaZ (Jörg Roche) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1. Grundlagen des multimedialen Lernens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 1.1 Multimediales Lerndesign (Ferran Suñer Muñoz & Jörg Roche) . . . . . . . . . . . 18 1.2 Animationen in der Grammatikvermittlung (Jörg Roche & Ferran Suñer Muñoz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 1.3 Multimedialität und Multimodalität (Anja Wildemann) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 2. Didaktische Konzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 2.1 Lernformen (Ferran Suñer Muñoz & Dessislava Todorova) . . . . . . . . . . . . . . . 56 2.2 Theorie und Didaktik kollaborativen Lernens (Clément Compaoré) . . . . . . . 69 2.3 Tandem-Lernen (Agnieszka Pawłowska-Balcerska unter Mitarbeit von Jörg Roche) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 3. Mediendidaktik im Curriculum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 3.1 Curriculare Rahmenbedingungen (Jörg Roche) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 3.2 Sprachlernsoftware (Jörg Roche & Ferran Suñer Muñoz) . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 3.3 Nachhaltigkeit (Jörg Roche) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 4. Interkulturelle Didaktik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 4.1 Visuelle Medien im Kulturtransfer (Waltraud Timmermann) . . . . . . . . . . . . . 134 4.2 Interkulturelles Lernen mit fiktionalen Filmen (Christine Arendt) . . . . . . . . . 147 4.3 Kommunikation im Cyber-Unterricht (Kenneth Reeder, Leah P. Macfadyen, Jörg Roche & Mackie Chase) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 5. Mediengestützte Handlungsdidaktik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 5.1 Didaktik und Methodik (Jörg Roche) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 5.2 Handlungskompetenzen (Dessislava Todorova) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 5.3 Innovativer berufsorientierter DaF-Unterricht (Alexander Kruckenfellner) . . 212 6. Lernplattformen (Jörg Roche) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 6.1 Situierung und Aufbau einer Lernplattform (Beispiel DUO ) . . . . . . . . . . . . . . 228 6.2 Kommunikationsfunktionen und Übungstypologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 6.3 Klassen-, Lerner-, Aufgabenverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 6 Inhalt 7. Digitale Werkzeuge, automatische Spracherkennung, Evaluation . . . . . . . . . . . . . . . 295 7.1 Arbeits-, Lern- und Kommunikationswerkzeuge (Jörg Roche & Ferran Suñer Muñoz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 7.2 Intelligente elektronische Tutoren (Jörg Roche) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 7.3 Evaluation (Jörg Roche) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 8. Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 9. Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 10. Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 7 Vorwort Trotz vieler neuerer Bemühungen um Kompetenz-, Aufgaben- und Handlungsorientierung kommen in der Praxis der Sprachvermittlung weiterhin verbreitet traditionelle Verfahren zur Anwendung, beispielsweise bei der Festlegung der Lehrprogression, den Niveaustufen, der Fehlerkorrektur und der Leistungsmessung. Mit der Weiterentwicklung der kognitiven Linguistik, die ihre Wurzeln lange vor der Einführung dieses Namens hat und viele (bisher implizite) Beziehungen zur modernen Sprachdidaktik aufweist, und weiterer kognitiv ausgerichteter Nachbardisziplinen setzt sich auch in der Sprachvermittlung in vieler Hinsicht der Paradigmenwechsel fort. Die kognitionslinguistischen Grundlagen dieses Paradigmenwechsels werden in dieser Reihe systematisiert und anhand zahlreicher Materialien und weiterführender Aufgaben für den Transfer in die Praxis aufbereitet. Die Reihe Kompendium DaF / DaZ verfolgt das Ziel einer Vertiefung, Aktualisierung und Professionalisierung der Fremdsprachenlehrerausbildung. Der Fokus der Reihe liegt daher auf der Vermittlung von Erkenntnissen aus der Spracherwerbs-, Sprachlehr- und Sprachlernforschung sowie auf deren Anwendung auf die Sprach- und Kulturvermittlungspraxis. Die weiteren Bände behandeln die Themen Sprachenlernen und Kognition, Kognitive Linguistik, Berufs- und Fachsprachen, Sprachenlehren und Sprachenlernen, Kultur- und Literaturwissenschaften, Mehrsprachigkeitsforschung, Unterrichtsmanagement, Propädeutik, Angewandte Kulturwissenschaften. Durch die thematisch klar abgegrenzten Einzelbände bietet die Reihe ein umfangreiches, strukturiertes Angebot an Inhalten der aktuellen DaF / DaZ-Ausbildung, die über die Reichweite eines Handbuchs weit hinausgehen und daher sowohl in der akademischen Lehre als auch im Rahmen von Weiter- und Fortbildungsmaßnahmen behandelt werden können. Die Reihe wird daher von (fakultativen) flexibel einsetzbaren Online-Modulen für eine moderne Aus- und Weiterbildung begleitet. Diese Online-Module ergänzen den Stoff der Bücher und enthalten Zusatzlektüre und Zusatzaufgaben (www.multilingua-akademie.de). Das Digitale Lexikon Fremdsprachendidaktik (www.lexikon-mla.de) bietet darüber hinaus Erklärungen der wichtigsten Fachbegriffe und damit einen leichten Zugang zu allen aktuellen Themen der Fremdsprachendidaktik und der Sprachlehr- und -lernforschung. Möglich gemacht wurde die Entwicklung der Inhalte und der Online-Module durch die Förderung des EU Tempus-Projektes Consortium for Modern Language Teacher Education und des Projektes Dhoch3 des Deutschen Akademischen Austauschdienstes ( DAAD ). Neben den hier verzeichneten Autorinnen und Autoren haben eine Reihe von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an der editorischen Fertigstellung des Manuskriptes dieses Buches mitgewirkt: Tamara Schabka, Telse Sundermann und Kathrin Heyng sowie Katharina Wituschek (Gunter Narr Verlag). Ihnen allen gebührt großer Dank für die geduldige und professionelle Mitarbeit. Die Struktur des vorliegenden Bandes kann folgenderweise zusammengefasst werden: 1. Lernpsychologische Aspekte (Kapitel 1) 2. Didaktische Aspekte (Kapitel 2 bis 5) 3. Technologische Aspekte (Kapitel 6 und 7) 8 Vorwort Der Band orientiert sich in großen Teilen an Elementen des Bandes »Sprachenlernen und Kognition« (Lerneinheiten 1.1, 1.2) und des Bandes »Kultur- und Literaturwissenschaften« (Lerneinheit 2.3) der Kompendium DaF / DaZ-Reihe sowie am „Handbuch Mediendidaktik“ (2008) von Jörg Roche (Kapitel 3,6 und 7). BMW Group (© 2012 und Herausgeber) hat aus dem Projekt LIFE . Ideen und Materialien für interkulturelles Lernen. Fünfte Ergänzungslieferung: Interkulturelles Lernen mit Medien (Projektleitung: Roche, Jörg. Koordination und Redaktion: Roche, Jörg; Suñer Muñoz, Ferran & Reher, Janina. München: BMW Group) die Grundlagen für einzelne Lerneinheiten zur Verfügung gestellt. Dafür sei ihnen und den Autorinnen und Autoren gedankt. 9 Warum Aus-, Weiter- und Fortbildung heute so wichtig ist Einleitung: Die Reihe Kompendium DaF / DaZ Jörg Roche Der Bedarf an solider Aus-, Fort- und Weiterbildung im Bereich der Sprachvermittlung nimmt ständig zu. Immer stärker treten dabei spezialisierte Anforderungen zum Beispiel in Bezug auf Fach- und Berufssprachen, Kompetenzen oder Zielgruppen in den Vordergrund. Theoretisch fundiert sollten die entsprechenden Angebote sein, aber gleichzeitig praxistauglich und praxiserprobt. Genau diese Ziele verfolgen die Buchreihe Kompendium DaF / DaZ und die begleitenden Online-Module. In mehreren Modulen und Bänden soll hiermit eine umfassende Einführung in die Wissenschaft und in die Kunst des Sprachenlernens und Sprachenlehrens gegeben werden, weit weg von fernen Theorie- oder Praxiskonstruktionen und Lehr-Dogmen. Im Mittelpunkt des hier verfolgten Ansatzes steht das, was in den Köpfen der Lerner geschieht oder geschehen sollte. Sachlich, nüchtern, effizient und nachhaltig. Buchreihe und Online-Module sind eine Einladung zur Professionalität eines Bereichs, der die natürlichste Sache der Welt behandelt: den Sprachenerwerb. In diesen Materialien und Kursen werden daher Forschungsergebnisse aus verschiedenen Forschungsrichtungen zusammengetragen und der Nutzen ihrer Synthese für die Optimierung des Sprachenerwerbs und Sprachunterrichts aufgezeigt. Warum Aus-, Weiter- und Fortbildung heute so wichtig ist Wer sich etwas eingehender darum bemüht zu verstehen, welche Rolle die Sprache im weiten Feld des Kontaktes von Kulturen spielt-- oder spielen könnte--, muss von den Gegensätzen, Widersprüchen und Pauschalisierungen, die die Diskussion in Gesellschaft, Politik und Fach bestimmen, vollkommen irritiert sein. Vielleicht lässt sich aus dieser Irritation auch erklären, warum dieser Bereich von so vielen resistenten Mythen, Dogmen und Praktiken dominiert wird, dass das eigentlich notwendige Bemühen um theoretisch fundierte Innovationen kaum zur Geltung kommt. Mangelndes Sprach- und Sprachenbewusstsein besonders in Öffentlichkeit und Politik führen ihrerseits zu einem ganzen Spektrum gegensätzlicher Positionen, die sich schließlich auch bis in die lehrpraktische Ebene massiv auswirken. Dieses Spektrum ist gekennzeichnet durch eine Verkennung der Bedeutung von Sprache im Umgang der Kulturen auf der einen und durch reduktionistische Rezepte für ihre Vermittlung auf der anderen Seite: Die Vorstellung etwa, die Wissenschaften, die Wirtschaft oder der Alltag kämen mit einer Universalsprache wie dem Englischen aus, verkennt die- - übrigens auch empirisch über jeden Zweifel erhabenen- - Realitäten genauso wie die Annahme, durch strukturbasierten Sprachunterricht ließen sich kulturpragmatische Kompetenzen (wie sie etwa für die Integration in eine fremde Gesellschaft nötig w¯ aren) einfach vermitteln. Als ineffizient haben sich inzwischen auch solche Verfahren erwiesen, die Mehrsprachigkeit als Sonderfall-- und nicht als Regelfall-- betrachten und daher Methoden empfehlen, die den Spracherwerb vom restlichen Wissen und Leben zu trennen versuchen, also abstrakt und formbasiert zu vermitteln. Der schulische Fremdsprachenunterricht und der Förderunterricht überall auf der Welt tendieren (trotz rühmlicher unterrichtspraktischer, didaktischer, 10 Einleitung: Die Reihe Kompendium DaF / DaZ struktureller, konzeptueller und bildungspolitischer Ausnahmen und Initiativen) nach wie vor stark zu einer solchen Absonderung: Weder werden bisher die natürliche Mehrsprachigkeit des Menschen, die Sprachenökologie, Sprachenorganik und Sprachendynamik noch die Handlungs- und Aufgabenorientierung des Lernens systematisch im Fremdsprachenunterricht genutzt. Stattdessen wird Fremdsprachenunterricht in vielen Gesellschaften auf eine (internationale) Fremdsprache reduziert, zeitlich stark limitiert und nach unterschiedlich kompetenten Standards kanalisiert. Interkulturelle Kommunikation im Zeitalter der Globalisierung In unserer zunehmend globalisierten Welt gehört die Kommunikation zwischen verschiedenen Kulturen zu einem der wichtigsten sozialen, politischen und wirtschaftlichen Aufgabenbereiche. Die Globalisierung findet dabei auf verschiedenen Ebenen statt: lokal innerhalb multikultureller oder multikulturell werdender Gesellschaften, regional in multinationalen Institutionen und international in transkontinentalen Verbunden, Weltorganisationen (unter anderem für Wirtschaft, Gesundheit, Bildung, Sport, Banken) und im Cyberspace. Dabei sind all diese Globalisierungsbestrebungen gleichzeitig Teil einer wachsenden Paradoxie. Der Notwendigkeit, die großen sozialen und wirtschaftlichen Probleme wegen der globalen Vernetzung der Ursachen auch global zu lösen, stehen andererseits geradezu reaktionäre Bestrebungen entgegen, der Gefahr des Verlustes der „kulturellen Identität“ vorzubauen. Einerseits verlangt oder erzwingt also eine Reduktion wirklicher und relativer Entfernungen und ein Überschreiten von Grenzen ein Zusammenleben und Kommunizieren von Menschen verschiedener Herkunft in bisher nicht gekannter Intensität, andererseits stehen dem Ideal einer multikulturellen Gesellschaft die gleichen Widerstände entgegen, die mit der Schaffung solcher Gesellschaften als überkommen geglaubt galten (Huntington 1997). Erzwungene, oft mit großer militärischer Anstrengung zusammengehaltene multikulturelle Gesellschaften haben ohne Druck keinen Bestand und neigen als Folge des Drucks vielmehr dazu, verschärfte kulturelle Spannungen zu generieren. Auch demokratisch geschaffene multikulturelle Gesellschaften benötigen meist viel Zeit und Energie, um sich aus der Phase der multi-kulturellen Duldung zu inter-kultureller Toleranz und interkulturellem Miteinander zu entwickeln. Die rechtspopulistischen Bewegungen in Europa und die ethnischen Auseinandersetzungen in Afrika und Asien zeigen, dass es zuweilen gewaltig unter der Oberfläche gesellschaftlicher Toleranz- und Internationalisierungspostulate rumort. Ethnozentrismus, Ausländer- und Fremdenfeindlichkeit, Rechtspopulismus, Rassismus, Diskriminierung, Terrorismus, Bürgerkrieg, Massen- und Völkermord sind durch politisch und wirtschaftlich bewirkten Multikulturalismus nicht verschwunden. Das verbreitete Scheitern von Multikulturalismus-Modellen zeigt, dass ein verordnetes oder aufgezwungenes Nebeneinander von Kulturen ohne Mediationsbemühungen eher Spannungen verstärkt, als nachhaltig Toleranz zu bewirken. Es mangelt an effizienten Verfahren der Vermittlung (Mediation) zwischen Kulturen. Den Sprachen kommt in dem Prozess der Mediation deswegen eine besondere Rolle zu, weil er mit der Kommunikation über kulturelle Grenzen hinweg anfängt und auch nur durch diese am Laufen gehalten wird. Die Sprache kann nicht alle Probleme lösen, aber 11 Interkultureller Fremdsprachenunterricht sie hat eine Schlüsselposition beim Zustandekommen interkulturellen Austauschs, die weit über die Beherrschung von Strukturen sprachlicher Systeme hinausgeht. Diese Funktion hat mehr mit Kulturvermittlung als mit strukturellen Eigenschaften sprachlicher Systeme zu tun und sie kann kaum durch eine einzige Lingua Franca erfüllt werden. Das Lernen und Lehren von Sprachen ist in Wirklichkeit eines der wichtigsten politischen Instrumente im Zeitalter der Globalisierung und Internationalisierung. Sprachunterricht und Sprachenlernen werden aber von Lehrkräften und Lernern gleichermaßen oft noch als die Domäne des Grammatikerwerbs und nicht als Zugangsvermittler zu anderen Kulturen behandelt. Wenn kulturelle Aspekte im Fremdsprachenerwerb aber auf die Faktenvermittlung reduziert werden und ansonsten vor allem strukturelle Aspekte der Sprachen in den Vordergrund treten, bleiben wichtige Lern- und Kommunikationspotenziale ungenutzt. Dabei bleibt nicht nur der Bereich des landeskundlichen Wissens unterentwickelt, sondern es wird in erster Linie der Erwerb semantischer, pragmatischer und semiotischer Kompetenzen erheblich eingeschränkt, die für die interkulturelle Kommunikation essenziell sind. Wenn in der heutigen Zeit vordringlich interkulturelle Kompetenzen verlangt werden, dann müssen in Sprachunterricht und Spracherwerb im weiteren Sinne also bevorzugt kulturelle Aspekte der Sprachen und Kommunikation berücksichtigt werden. Dazu bedarf es aber einer größeren Bewusstheit für die kulturelle Bedingtheit von Sprachen und die sprachliche Bedingtheit von Kulturen. Diese müssen sich schließlich in kultursensitiven Lern- und Lehrverfahren manifestieren, die Mehrsprachigkeit nicht nur künstlich rekonstruieren und archivieren wollen, sondern die in Fülle vorhandenen natürlichen Ressourcen der Mehrsprachigkeit und Mehrkulturalität organisch, dynamisch und effizient zu nutzen wissen. Das Augenmerk der künftigen Lern- und Lehrforschung ist daher verstärkt auf Aspekte der Ökologie und Ökonomie des Sprachenerwerbs und Sprachenmanagements zu richten. Das bedeutet aber, dass die Spracherwerbs- und die Mehrsprachigkeitsforschung sich nicht nur eklektisch wie bisher, sondern systematisch an kognitiven und kultursensitiven Aspekten des Sprachenerwerbs und Sprachenmanagements ausrichten müssen. Diesen Aufgabenbereich zu skizzieren, indem wichtige, dafür geleistete Vorarbeiten vorgestellt werden, ist Ziel dieser Reihe. Interkultureller Fremdsprachenunterricht Als die Forschung begann, sich mit interkulturellen Aspekten in Spracherwerb und Sprachunterricht zu beschäftigen, geschah dies auf der Grundlage bildungspolitischer Zielsetzungen und hermeneutischer Überlegungen. Literarische Gattungen sollten den kommunikativen Trend zur Alltagssprache ausgleichen helfen und damit gleichzeitig frische, auf rezeptionsästhetischen Theorien basierende Impulse für das Fremdverstehen und die Fremdsprachendidaktik liefern (vergleiche Hunfeld 1997; Wierlacher 1987; Krusche & Krechel 1984; Weinrich 1971). Die anfängliche Affinität zu lyrischen Texten weitete sich auf andere Gattungen aus und verjüngte mit dieser Wiederentdeckung der Literatur im Fremdsprachenunterricht gleichzeitig das in den 1980er Jahren bereits zum Establishment gerinnende kommunikative Didaktikparadigma. Man vergleiche die Forderung nach einem expliziten interkulturellen Ansatz von Wylie, Bégué & Bégué (1970) und die bereits frühe Formulierung der konfrontativen 12 Einleitung: Die Reihe Kompendium DaF / DaZ Semantik durch Müller-Jacquier (1981). Für die auf Zyklen sozialisierte Zunft der Sprachlehre stand fest: Das ist eine neue, die vierte Generation der Fremdsprachendidaktik, die interkulturelle, oder zumindest die Version 3.5, die kommunikativ-interkulturelle. Allerdings hat diese Euphorie nicht überall zu einer intensiveren, systematischen Reflexion interkultureller Aspekte in Bezug auf ein besseres Verstehen des Sprachenlernens und eine effizientere Ausrichtung des Sprachenlehrens geführt. Selbst in der Lehrwerksproduktion, deren Halbwertzeitzyklen seitdem immer kürzer werden, ist die Anfangseuphorie vergleichsweise schnell verflogen. Infolge des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen ( GER )-- und bereits seines Vorgängers, des Schwellen-Projektes (threshold level project) des Europarates-- scheinen sich aufgrund der (oft falsch verstandenen) Standardisierungen die starken Vereinheitlichungstendenzen zu einer Didaktik der Generation 3 oder gar 2.5 zurück zu verdichten. Die Aufnahme der Fremdperspektive in Lehrwerken beschränkte und beschränkt sich oft auf oberflächlich vergleichende Beschreibungen fremder kultureller Artefakte, und die Behandlung der Landeskunde unterliegt nach wie vor dem Stigma der vermeintlich mangelnden Unterrichtszeit. Ein kleiner historischer Rückblick auf die Entwicklung des Fremdsprachenunterrichts Der Fremdsprachenunterricht ist traditionellerweise vor allem von den bildungspolitischen, pädagogischen, psychologischen und soziologischen Vorstellungen der entsprechenden Epoche und ihren gesellschaftlichen Trends beeinflusst worden. Diese Aspekte überschreiben im Endeffekt auch alle sporadischen Versuche, den Fremdsprachenunterricht an sprachwissenschaftlichen oder erwerbslinguistischen Erkenntnissen auszurichten. So verdankt die Grammatik-Übersetzungsmethode ihre Langlebigkeit den verbreiteten, aber empirisch nicht begründeten Vorstellungen von der Steuerbarkeit des Lerners, der Autorität des Inputs und der Bedeutung elitärer Bildungsziele. Mit den audiolingualen und audiovisuellen Methoden setzt eine Ent-Elitarisierung und Veralltäglichung des Sprachenlernens ein. Die vorwiegend mit Alltagssprache operierenden Methoden sind direkte, wenn auch reduzierte Abbildungen behaviouristischer Lernmodelle und militärischer Bedürfnisse ihrer Zeit. Der kommunikative Ansatz schließlich ist von den Demokratisierungsbestrebungen der Gesellschaften bestimmt. Sein wichtigstes Lernziel, die kommunikative Kompetenz, ist dem soziologischen Ansatz der Frankfurter Schule entlehnt (Habermas 1981). Der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen für Sprachen stellt zwar keinen neuen didaktischen Ansatz dar, bildet aber über seine Ausrichtung auf den pragmatischen und utilitaristischen Bedarf eines zusammenwachsenden und mobilen europäischen Arbeitsmarktes den Zeitgeist des politisch und wirtschaftlich gewollten Einigungsprozesses in Europa ab und wirkt daher paradigmenbildend und auf den Unterricht stärker standardsetzend als alle didaktischen Ansätze zuvor. Er weist deutliche Parallelen zu den Proficiency-Guidelines des American Council of Teachers of Foreign Languages ( ACTFL ) auf, die ihrerseits-- wie bereits die audiolinguale Methode-- stark von den Bedürfnissen der Sprachschulen des US -Militärs beeinflusst wurden. Eine erwerbslinguistische oder stringente sprachwissenschaftliche Basis weist er nicht auf. Typisch 13 Ein kleiner historischer Rückblick auf die Entwicklung des Fremdsprachenunterrichts für die zeitlichen Strömungen sind konsequenterweise auch all die Methoden, die in der Beliebigkeit des Mainstreams keine oder nur geringe Berücksichtigung finden können. Diese alternativen Methoden oder Randmethoden wie die Suggestopädie, Total Physical Response, Silent Way oder Community (Language Learning) Approach reflektieren die Suche des Sprachunterrichts nach zeitgemäßen Verfahren, die vor allem die vernachlässigte Innerlichkeit der Gesellschaft ansprechen oder die Kritik an ihrem Fortschrittsglauben ausdrücken sollen. Die gefühlte Wahrheit der Methoden bei gleichzeitigem Mangel an wissenschaftlich-kritischer Überprüfung der Annahmen ergibt ein inkohärentes Bild der Fremdsprachendidaktik und -methodik, das zwangsläufig zu vielen Widersprüchen, Rückschritten und Frustrationen führen muss. Die rasante Abkehr von der Sprachlerntechnologie der 60er und 70er Jahre, das Austrocknen der alternativen Methoden, die Rückentwicklung der kommunikativen Didaktik oder die neo-behaviouristischen Erscheinungen der kommerziellen Sprachsoftware gehören zu den Symptomen dieses Dilemmas. Die anhaltende unreflektierte Verbreitung eklektischer Übungsformen der Grammatik-Übersetzungsmethode oder des Pattern Drills in Unterricht und Lehrmaterial illustriert, wie wenig nachhaltig offenbar die Bemühungen um eine theoretisch fundierte und empirisch abgesicherte kommunikative Didaktik waren. Mit dem Auftauchen der interkulturellen Sprachdidaktik und der „vierten Generation von Lehrwerken“ (Neuner & Hunfeld 1993) schien sich eine Veränderung gegenüber den Referenzdisziplinen anzubahnen. Zunehmende Migration und Globalisierungstendenzen machten eine entsprechende Öffnung nötig. Aber auch diese anfänglichen Bestrebungen haben sich in der Breite des Lehrmaterials und des Sprachunterrichts genauso wenig durchgesetzt wie wissenschaftlich fundierte Modelle von Grammatik und Sprache. Stattdessen beschäftigt sich die Unterrichtsmethodik geradezu aktionistisch mit temporären Neuerungen (wie den neuen Medien, dem Referenzrahmen, der farbigen Darstellung grammatischer Phänomene) oder Wiedererfindungen bekannter Aspekte (wie dem Inhaltsbezug oder der Diskussion der Bedeutung mündlicher Texte), ohne sich ernsthaft mit den wissenschaftlichen Grundlagen der Didaktik zu beschäftigen. Ein kurzer Rückblick auf die Vorschläge von Comenius zum inhaltsbezogenen Lernen aus dem 17. Jahrhundert etwa oder der Sprachreformer früherer Jahrhunderte sowie die Modelle aus den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts würde der neueren Diskussion des Content and Language Integrated Learning ( CLIL ) eine erhellende Perspektive bieten. Comenius hält unter Bezug auf einen christlichen Gelehrten bereits 1623 fest: Die Kenntnis einer Sprache mache noch keinen Weisen, sie diene lediglich dazu, uns mit den anderen Bewohnern der Erdoberfläche, lebenden und toten, zu verständigen; und darum sei auch derjenige, welcher viele Sprachen spreche, noch kein Gelehrter, wenn er nicht zugleich auch andere nützliche Dinge erlernt habe. (Comenius 1970: 269) Dabei verbindet Comenius bereits die Prozesse des Spracherwerbs und der allgemeinen Maturation (der Vision und des Intellekts des Kindes) und nimmt damit Jean Piagets Modell der kognitiven Entwicklung sowie die in der Spracherwerbsforschung etablierten, kognitive Entwicklungsphasen repräsentierenden Konzepte der Erwerbssequenzen vorweg. Darüber hinaus produzierte er bereits ein Lehrbuch (Orbis sensualium pictus), in dem er systematisch die Verwendung visueller Materialien beim Sprachenlernen und -lehren bedachte (Comenius 14 Einleitung: Die Reihe Kompendium DaF / DaZ 1981). Auch die Mitte des 19. Jahrhunderts im Kontext der industriellen und sozialen Umwälzungen entstandene, bildungspolitisch und methodisch motivierte Reformbewegung des Fremdsprachenunterrichts bildet zwar eine didaktische Brücke zwischen den Arbeiten von Comenius und den Elementen des inhaltsbezogenen und handlungsorientierten Lernens moderner didaktischer Ansätze, verfolgt jedoch keine wissenschaftlichen Ziele. Ihr geht es vielmehr darum: Fremdsprachen jedem zugänglich zu machen, anstatt sie einer exklusiven Elite vorzubehalten, den Fremdsprachenunterricht weit über den Unterricht klassischer Literatur hinaus zu erweitern, indem Inhalte des Alltags- und Berufslebens sowie schulischer Fächer in den Fremdsprachenunterricht aufgenommen werden sollten, zum Beispiel in verschiedenen Verfahren des immersiven Lernens. Mitbegründer oder Anhänger dieser Bewegung wie Jesperson (1922), Passy (1899), Sweet (1899), Gouin (1892), Berlitz (1887), Viëtor (1882) prägten die Reformbewegung mit unterschiedlichen auf die Praxis ausgerichteten Ideen, Modellen und Unterrichtsverfahren. In seiner einflussreichen Einführung benennt Stern (1983) diese Phase wie folgt: The last decades of the nineteenth century witnessed a determined effort in many countries of the Western world (a) to bring modern foreign languages into the school and university curriculum on their own terms, (b) to emancipate modern languages more and more from the comparison with the classics, and (c) to reform the methods of language teaching in a decisive way. (Stern 1983: 98) Verschiedene Methoden sind in den 20er Jahren (bis in die 40er Jahre) des 20. Jahrhunderts als „praktische Antworten“ auf die vorangehende Diskussion entwickelt worden: darunter die vermittelnde Methode (England), die Lesemethode (England) und BASIC English (British/ American / Scientific / International / Commercial), ein Versuch, das Sprachenlernen zu vereinfachen und zu rationalisieren. Mit diesen Methoden beginnen die ersten Ansätze, das Unterrichtsgeschehen, die sprachliche Basis, das Testen von Fertigkeiten und das Lern- und Lehrverhalten mittels verschiedener Pilotstudien systematisch zu untersuchen (unter anderem die Modern Foreign Language Study der American and Canadian Committees on Modern Languages 1924-1928, siehe Bagster-Collins, Werner & Woody 1930). Dieser Trend wurde in den 40er und 50er Jahren mit der Profilierung der Linguistik noch intensiviert. Hierzu gehören Schlüsselereignisse wie die Veröffentlichung von Psycholinguistics: A Survey of Theory and Research Problems, herausgegeben von Osgood, Sebeok, Gardner, Carroll, Newmark, Ervin, Saporta, Greenberg, Walker, Jenkins, Wilson & Lounsbury (1954), Verbal Behavior von Skinner (1957) und Lados erste systematische Erfassung der kontrastiven Linguistik Linguistics across Cultures: Applied Linguistics for Language Teachers (1957). The American Army Method, deren Errungenschaften später heiß umstritten waren, versuchte nachzuweisen, dass Sprachunterricht auch ohne die traditionellen schulartigen Methoden und mit wesentlich größeren Gruppen und in kürzerer Zeit effizient durchgeführt werden kann. Als Folge der behaviouristischen Ideologie wurden besonders in den USA die audiolingualen und in Frankreich die audiovisuellen Lehrverfahren entwickelt, die lange Zeit den Sprachunterricht dominierten und unter anderem auch dem Vormarsch der Sprachlabortechnologie Vorschub leisteten und-- trotz gegenteiliger empirischer Evidenz-- bis heute dem konditionierenden Einsatz elektronischer Medien zugrunde liegen (zum Beispiel in Programmen wie Rosetta Stone oder Tell me more). 15 Ein kleiner historischer Rückblick auf die Entwicklung des Fremdsprachenunterrichts Die stetige Zunahme von linguistischen Studien und die Begründung der Psycholinguistik als ein interdisziplinäres Forschungsgebiet leisteten später einen wesentlichen Beitrag zur Identifizierung der aus den Methoden der behaviouristischen Verhaltensformung entstehenden Probleme des Spracherwerbs (zum Beispiel Rivers einflussreiches Buch The Psychologist and the Foreign Language Teacher 1964). Als Folge der zunehmenden Kritik an den intuitiven Methoden gewann schließlich das kognitive Lernen-- bis heute weitgehend als das regelgeleitete, systematische Lernen missverstanden-- in der Diskussion um angemessene Ansätze an Gewicht. Chomskys nativistische Theorie auf der einen Seite und soziolinguistische und pragmalinguistische Strömungen auf der anderen haben im Anschluss daran vor allem die Erwerbsforschung und die Entwicklung neuer methodischer Verfahren geprägt. Chomskys Ausgangshypothese zufolge haben Kinder eine angeborene Fähigkeit der Sprachbildung (in der Muttersprache, L1). Wenn Kinder zum ersten Mal die Sprache hören, setzten allgemeine Prinzipien der Spracherkennung und Sprachproduktion ein, die zusammen das ergäben, was Chomsky den Language Acquisition Device ( LAD ) nennt. Der LAD steuere die Wahrnehmung der gehörten Sprache und stelle sicher, dass das Kind die entsprechenden Regeln ableite, die die Grammatik der gehörten Sprache bildeten. Dabei bestimmten Verallgemeinerungen, wie die Sätze in der entsprechenden Sprache zu bilden seien. Im Zweitsprachenerwerb werde die Reichweite des LAD einfach auf die neue Sprache ausgedehnt. Nativistische Theorien des Spracherwerbs haben jedoch wenig Einfluss auf die Entwicklung von Erwerbs- und Unterrichtskonzepten für Fremdsprachen gehabt. Den stärksten Einfluss haben sie in der Erforschung und Formulierung von Erwerbssequenzen ausgeübt. In deutlichem Kontrast dazu haben sich seit den 1970er Jahren parallel verschiedene Forschungsrichtungen ausgebildet, die sich an die Valenzgrammatik, die Pragmalinguistik (Sprechakttheorie, Diskursanalyse), die funktionale Linguistik, die Textlinguistik und die Psycholinguistik und andere Kognitionswissenschaften anlehnen. Mit wenigen Ausnahmen ist es aber auch dieser Forschung nicht gelungen, nachhaltig auf die Lehr- und Lernpraxis einzuwirken. Unter den Versuchen einer systematischen Nutzung wissenschaftlicher Ergebnisse für die Entwicklung von Lehrmaterial und Lehrverfahren sind die folgenden zu nennen: ▶ ein kurzlebiger Versuch, die Valenzgrammatik als Grundlage einer didaktischen Grammatik einzuführen (zum Beispiel das DaF-Lehrwerk Deutsch Aktiv) ▶ die eklektische Nutzung von Elementen der pragmatischen Erwerbsforschung in der Lehrwerksproduktion (siehe die DaF-Lehrwerke Tangram, Schritte international) ▶ die Berücksichtigung von Aspekten der Interkomprehensionsdidaktik in Lehransätzen (EuroCom) ▶ die Gestaltung des Sprachunterrichts nach handlungstheoretischen und konstruktivistischen Prinzipien (Szenariendidaktik, fallbasiertes Lernen, Fachsprachenunterricht). Fremdsprachenunterricht wird verbreitet noch als Domäne des Einzelerwerbs betrachtet. Die systematische Nutzung von Kenntnissen der Vorsprachen beim Erwerb weiterer Sprachen wird bisher nur ansatzweise bedacht und bearbeitet. In Begriffen wie Mehrsprachigkeitsdidaktik, Deutsch nach Englisch oder Interkomprehensionsdidaktik zeigen sich die Vorboten einer neuen Generation der Fremdsprachendidaktik, deren Grundlagen jedoch noch zu erarbeiten sind, wenn sie nicht bei kontrastiven Vergleichen verharren will. 16 Einleitung: Die Reihe Kompendium DaF / DaZ Zur kognitiven Ausrichtung Um zu verstehen, wie die Sprache überhaupt in den Köpfen der Lerner entsteht und sich weiter verändert-- und darum geht es in dieser Buchreihe-- sind Erkenntnisse aus verschiedenen Nachbardisziplinen der Sprachlehrforschung erforderlich. Die Neurolinguistik kann zum Beispiel darüber Aufschluss geben, welche Gehirnareale wahrend der Sprachverarbeitung aktiviert werden und inwiefern sich die Gehirnaktivität von L1-Sprechern und L2-Sprechern voneinander unterscheidet. Durch die Nutzung bildgebender Verfahren lässt sich die sprachrelevante neuronale Aktivität sichtbar und damit auch greifbarer machen. Was können wir aber daraus für die Praxis lernen? Sollen Lehrer ab jetzt die Gehirnaktivität der Lerner im Klassenraum regelmäßig überprüfen und auf dieser Basis die Unterrichtsinteraktion und die Lernprogression optimieren? Dabei wird schnell klar, dass eine ganze Sprachdidaktik sich nicht allein auf der Basis solcher Erkenntnisse formulieren lässt. Dennoch können die Daten über die neuronale Aktivität bei sprachrelevanten Prozessen unter anderem die Modelle der Sprachverarbeitung und des mehrsprachigen mentalen Lexikons besser begründen, die sonst nur auf der Basis von behavioralen Daten überprüft werden. Ähnlich wie die Neurolinguistik stellt die kognitive Linguistik eine Referenzdisziplin dar, deren Erkenntnisse zwar für die Unterrichtspraxis sehr relevant und wertvoll sind, sich aber unter anderem aufgrund des introspektiven Charakters ihrer Methoden nicht direkt übertragen lassen. Die kognitive Linguistik erklärt nämlich die Sprache und den Spracherwerb so, dass sie mit den Erkenntnissen aus anderen kognitiv ausgerichteten Disziplinen vereinbar sind. So dienen kognitive Prinzipien wie die Metaphorisierung oder die Prototypeneffekte der Beschreibung bestimmter Sprachphänomene. Der Spracherwerb wird seinerseits durch allgemeine Lernmechanismen wie die Analogiebildung oder die Schematisierung erklärt. Die kognitive Linguistik, die Psycholinguistik, die Neurolinguistik, die kognitiv ausgerichteten Kulturwissenschaften sind also Bezugsdisziplinen, die als Grundlage einer kognitiv ausgerichteten Sprachdidaktik fungieren. Sie sollen in den Bänden dieser Reihe soweit zum Tragen kommen, wie das nur möglich ist. Bei jedem Band stehen daher die Prozesse in den Köpfen der Lerner im Mittelpunkt der Betrachtung. 17 Zur kognitiven Ausrichtung 1. Grundlagen des multimedialen Lernens Die menschliche Kommunikation läuft in den seltensten Fällen rein sprachlich ab. Vielmehr kann man davon ausgehen, dass Kommunikation neben dem Sprachsystem mindestens ein weiteres Kodierungssystem miteinbezieht. In der mündlichen Kommunikation erfüllen Gestik und Mimik eine essenzielle kohärenzstiftende Funktion, indem zum Beispiel räumliche Aspekte mit den Händen verdeutlicht werden. Dabei kommt es auch vor, dass die Gestik aufgrund kulturbedingter Interpretation zu Missverständnissen führt, wie zum Beispiel das Kopfschütteln, das in manchen Kulturen als Zeichen der Zustimmung gilt. Auch in der schriftlichen Kommunikation spielt vor allem die Verwendung von Bildern (Fotos, Graphiken, Symbolen, Smileys etc.) eine besonders wichtige Rolle, wie sich unter anderem in den Bereichen der Werbung, der Presse oder der virtuellen Kommunikation beobachten lässt. Im Kontext der Sprach- und Kulturvermittlung erscheint es daher sinnvoll, neben dem Sprachgebrauch auch den adäquaten Umgang mit Bildern und anderen Elementen nonverbaler Kommunikation zu fördern. In diesem Kapitel wollen wir der Frage nachgehen, welche Besonderheiten die Text- und Bildverarbeitung in der Fremdsprache aufweist. Im Mittelpunkt dieses Kapitels stehen daher die L2-spezifischen Aspekte der Text- und Bildverarbeitung im Kontext der allgemeinen Kommunikation sowie die Gelingensbedingungen für den Einsatz von Text und Bild in Lernmaterialien. Zur Beantwortung dieser Fragen werden zunächst die Theorien des multimedialen Lernens behandelt und daraus wichtige Prinzipien für das Design multimedialer Materialien abgeleitet. Danach wird die Umsetzung dieser Designprinzipien in Lernmaterialien am Beispiel der Grammatikanimationen gezeigt. Anschließend wird Sprachenlernen aus der Perspektive der Multimedialität und der Multimodalität betrachtet. 18 1. Grundlagen des multimedialen Lernens 1.1 Multimediales Lerndesign Ferran Suñer Muñoz & Jörg Roche In dieser Lerneinheit wollen wir uns mit den wichtigsten Prinzipien zur Gestaltung multimedialer Materialien beschäftigen. Diese Prinzipien bieten Lehrkräften einen theoretisch fundierten und empirisch gestützten Orientierungsrahmen bei der Erstellung von Materialien, die Bilder und Text miteinander kombinieren. Dabei kann es sich um graphische Übersichten über landeskundliche Sachverhalte, Aufgabensequenzen zu einem Video oder einfach um die eigene PowerPoint-Präsentation für den Unterricht handeln. Diese Lerneinheit geht den Fragen nach, welche Prinzipien sich aus den Theorien des multimedialen Lernens ableiten und wie sie sich auf multimediale Lernmaterialien für das Fremdsprachenlernen anwenden lassen. Zur Beantwortung dieser Fragen soll die Theorie von Mayer (2005a, 2009) vorgestellt werden, die die wichtigsten Erkenntnisse der Vorgängermodelle zu einem integrierten Modell zusammenführt. Danach sollen aus Mayers Modell die wichtigsten Designprinzipien abgeleitet und vor dem Hintergrund der bisherigen empirischen Forschung präsentiert werden. Die Lerneinheit schließt mit der Diskussion einiger Beispiele für eine gelungene Umsetzung der Designprinzipien in Lernmaterialien ab. Lernziele In dieser Lerneinheit möchten wir erreichen, dass Sie ▶ erklären können, wie sich die verschiedenen Designprinzipien anhand der Theorien des multimedialen Lernens begründen lassen; ▶ anhand der Designprinzipien multimediale Lernmaterialien im Kontext des Fremdsprachenlernens evaluieren und optimieren können. 1.1.1 Theoretische Grundlagen von Designprinzipien Viele Designprinzipien wie das Multimediaprinzip, nach dem die Darbietung von Bild und Text zu besseren Lernergebnissen führen soll als die Darbietung von Text alleine, oder das signaling-Prinzip, nach dem wichtige Aspekte des Lernmaterials hervorgehoben werden sollen, klingen fast wie selbstverständlich, sind jedoch aus komplexen Theorien entstanden und in zahlreichen empirischen Studien erforscht worden. In diesem Abschnitt soll zunächst das Modell von Mayer (2005a, 2009) präsentiert werden, das als Grundlage für die Formulierung der Designprinzipien genommen wird. Unter Rückgriff auf die Vorgängermodelle von Baddeley (1986) und Paivio (1990) sowie auf die cognitive load theory von Sweller & Chandler (1991), versucht das Modell von Mayer auf folgende drei Fragen zu antworten: 1. Wie interagieren die verschiedenen Verarbeitungskanäle des Arbeitsgedächtnisses miteinander beim multimedialen Lernen? 2. Welche Rolle spielt die begrenzte Verarbeitungskapazität des Arbeitsgedächtnisses beim multimedialen Lernen? 3. Welche Prozesse sind für sinnvolles und nachhaltiges multimediales Lernen notwendig? 19 1.1 Multimediales Lerndesign Zu Frage 1: Mit der sogenannten dual channel assumption geht Mayer (2005a) davon aus, dass beim multimedialen Lernen hauptsächlich zwei separate, aber miteinander verknüpfte Verarbeitungskanäle involviert sind. Er differenziert zwischen einem visuell-piktorialen und einem auditiv-sprachlichen Kanal, die jeweils Aspekte der sensorischen Modalität (visuell versus auditiv) und des Präsentationsmodus (piktorial versus sprachlich) miteinander kombinieren. Das heißt also, dass jeder dieser beiden Kanäle auf eine bestimmte sensorische Modalität und Kodierungsart spezialisiert ist. Zu Frage 2: Ähnlich wie bei der cognitive load theory (Sweller & Chandler 1991) geht Mayer auch von einer limitierten Verarbeitungskapazität des Arbeitsgedächtnisses aus, die allerdings für beide Kanäle unterschiedlich ist (vergleiche limited capacity assumption, Mayer 2005a, 2009). Das heißt also, dass der visuell-piktoriale und der auditiv-sprachliche Kanal jeweils eine eigene Verarbeitungskapazität haben, die unabhängig voneinander zu betrachten sind. Daraus ergibt sich also, dass die Verarbeitung von Bild und Text die beiden Kanäle optimal nutzen sollte, um jeweils Überbelastungen zu vermeiden. Weiterhin merkt Mayer an, dass die limitierte Verarbeitungskapazität der beiden Kanäle sich nicht in Form von einer konkreten Anzahl von Items ausdrückt, da dies stark von Faktoren wie dem Chunking, den individuellen Lernvoraussetzungen, den Übungseffekten sowie der Nutzung bestimmter metakognitiver Strategien abhängt (vergleiche Mayer 2005a: 35f). Letzteres wird nach Mayer als die Kernfunktion der von Baddeley postulierten zentralen Exekutive angesehen. Zu Frage 3: Schließlich beschäftigt sich Mayer auch mit den Voraussetzungen für sinnvolles Lernen. Im Rahmen der sogenannten active processing assumption postuliert Mayer (2005a, 2009), dass sinnvolles Lernen vor allem durch die Konstruktion einer mentalen Repräsentation ermöglicht wird, die den neuen Input mit dem bereits vorhandenen Vorwissen auf eine subjektiv plausible Weise vereinbar macht. Die Prozesse, die hierfür erforderlich sind, wurden bereits in einem der früheren Modelle von Mayer, dem sogenannten Selektion-Organisation- Integration-Modell (kurz SOI -Modell), festgelegt: Zunächst werden Informationen aus dem Input wahrgenommen und selektiert; danach werden die verschiedenen Informationen im Arbeitsgedächtnis aufeinander bezogen und zu einer kohärenten mentalen Repräsentation organisiert; schließlich wird diese mentale Repräsentation in die bereits vorhandenen Wissensstrukturen integriert. Diese Prozesse können durch die Strukturierung des Lernmaterials begünstigt oder gehemmt werden. So kann zum Beispiel die Darstellung der Hauptidee eines Textes und der ihr untergeordneten Spezifikationen in Form einer hierarchischen Baumstruktur den Lernern helfen, die darin enthaltenen Informationen besser aufeinander zu beziehen und zu einer kohärenten mentalen Repräsentation zu organisieren (Mayer 2005a). Vor dem Hintergrund dieser drei Grundthesen formuliert Mayer die sogenannte kognitive Theorie des multimedialen Lernens, die in Abbildung 1.1 dargestellt ist. Mayer geht von drei Komponenten des menschlichen Gedächtnisses aus: In einem ersten Schritt werden im sensorischen Gedächtnis die visuellen (Bilder, geschriebene Wörter) und auditiven Reize (gesprochene Wörter beziehungsweise Töne) durch die entsprechenden Sinnesorgane wahrgenommen und zum Arbeitsgedächtnis weitergeleitet. Dort werden die Informationen je nach Kodierung (piktorial oder verbal) durch kognitive Organisationsprozesse jeweils zu verbalen oder piktorialen Modellen weiterverarbeitet. Durch die Pfeile zwischen den Lauten und den Bildern macht Mayer deutlich, dass Wörter beispielsweise durch referenzielle Prozesse auch 20 1. Grundlagen des multimedialen Lernens die entsprechenden mentalen Bilder aktivieren können. Schließlich werden die verbalen und piktorialen Modelle durch Integrationsprozesse und die Aktivierung von relevantem Vorwissen zu einem ganzheitlichen mentalen Modell zusammengefügt. Abbildung 1.1: Kognitive Theorie des multimedialen Lernens (nach Mayer 2005b: 37) Wie Sie vermutlich bemerkt haben, werden im Modell von Mayer nicht alle Wege der Worterkennung berücksichtigt, die beispielsweise im Modell von Coltheart, Rastle, Perry, Langdon & Ziegler (2001) beschrieben werden. Demnach führt der sogenannte lexikalische Weg über eine orthographische Dekodierung des visuellen Schriftbildes zum entsprechenden Eintrag im mentalen Lexikon. Durch referenzielle Prozesse aktiviert das visuelle Schriftbild direkt das repräsentierte Wort, ohne dass zunächst die entsprechenden Laute durch Graphem-Phonem-Korrespondenz generiert werden. Um diesen Weg in der Sprachverarbeitung zu berücksichtigen, sollte das Modell von Mayer durch einen weiteren Pfeil ergänzt werden, der von den Bildern direkt zum verbalen Modell führt. Der prälexikalische Weg, demzufolge die Lautform des Wortes buchstabenweise durch Graphem-Phonem-Korrespondenzen mental rekonstruiert wird, wird in dem Modell durch die Verbindung zwischen den Bildern und den Lauten dargestellt. 21 1.1 Multimediales Lerndesign Abbildung 1.2: Integriertes Modell der Text- und Bildverarbeitung (Schnotz 2005: 57) In einem ähnlichen Modell, das in vielen Punkten an das Modell von Mayer erinnert, behebt Schnotz (2005, siehe Abbildung 1.2) das Problem der verschiedenen Verarbeitungswege, indem keine strengen auditiv-verbalen und visuell-piktorialen Kanäle angenommen werden (vergleiche auch Gyselinck, Jamet & Dubois 2008: 359). So muss der geschriebene Text zum Beispiel nicht unbedingt zunächst den Weg vom visuellen bis zum auditiven Arbeitsgedächtnis durchlaufen, um ein verbales Modell zu bilden (vergleiche Suñer 2011: 105). Im Vergleich zu Mayers Modell nimmt Schnotz (2005: 59) eine weitere wichtige Änderung vor, und zwar differenziert er nicht mehr zwischen verbalem und piktorialem Modell als Vorstufe zu einem ganzheitlichen mentalen Modell. Vielmehr wird im Modell suggeriert, dass Bilder durch den piktorialen Kanal einen viel schnelleren Zugang zu den mentalen Modellen haben, während der sprachliche Input zunächst zur Bildung einer propositionalen Repräsentation führt und erst dann zu einem mentalen Modell weiterverarbeitet wird. Damit wird das Modell Forschungsergebnissen gerecht, nach denen mentale Modelle mit der Verarbeitung visuell-räumlicher Information eng zusammenhängen (vergleiche Friedman & Miyake 2000; Sims & Hegarty 1997) und für entsprechende mentale Simulationen von Sachverhalten eine wichtige Rolle spielen (vergleiche Seel, Darabi & Nelson 2006; Seel 2008). Durch die Trennung zwischen der bildlichen Repräsentation und dem mentalen Modell im Arbeitsgedächtnis wird jedoch auch deutlich gemacht, dass beide mentalen Repräsentationen nicht gleichzusetzen sind (vergleiche Knauff & Schlieder 2005). So wurde in mehreren Experimenten festgestellt, 22 1. Grundlagen des multimedialen Lernens dass die oft irrelevanten Details von mentalen Bildern unter bestimmten Bedingungen die Denkprozesse hemmen und damit die Bildung von mentalen Modellen behindern können (Knauff & Johnson-Laird 2002; Knauff & May 2006). 1.1.2 Anwendung der Designprinzipien Aus diesen ersten Ausführungen ergeben sich schon wichtige Konsequenzen für die Praxis. Multimediale Lernmaterialien sollen sorgfältig aufbereitet werden, damit zum Beispiel nicht unnötige Details von Bildern die Bildung mentaler Modelle und damit nachhaltiges Lernen verhindern. Das heißt also, dass wir nicht von einem allgemeinen Vorteil durch die Verwendung von Materialien bestehend aus Bildern und Texten (vergleiche Multimediaprinzip, Mayer 2009) ausgehen dürfen. Vielmehr sollen Prinzipien wie das Relevanzprinzip (Darbietung von lernrelevanten Informationen), das Redundanzprinzip (Vermeidung von doppelter Darbietung von Information) oder das signaling-Prinzip (Hervorhebung wichtiger Elemente im Lernmaterial) sicherstellen, dass die dargebotenen multimedialen Materialien vor allem relevante Lernprozesse initiieren und nicht unnötigerweise kognitive Ressourcen verbrauchen (Mayer 2009). Weiterhin kann die Überlastung der einzelnen Verarbeitungskanäle im Arbeitsgedächtnis dadurch vermieden werden, dass die Bild- und Textanteile des Lernmaterials in verschiedenen Sinnesmodalitäten dargeboten werden und die Kapazität der Kanäle damit optimal genutzt wird (vergleiche Modalitätsprinzip). Die Effizienz dieser und anderer Designprinzipien hängt jedoch stark vom Vorwissen der Lerner ab, und zwar kann ihr Einsatz bei Lernern mit hohem Vorwissen im Sinne des sogenannten expert reversal effect kontraproduktiv sein (vergleiche Kalyuga et al. 2003; Sweller 2004; Plass et al. 2010). Schließlich soll bei der Anwendung der Designprinzipien berücksichtigt werden, dass sie meistens nicht direkt auf den Fremdsprachenkontext übertragbar sind. Es ist also hier auch mit veränderten Bedingungen zu rechnen. Vor diesem Hintergrund werden in den folgenden Abschnitten einzelne Designprinzipien vorgestellt. Dabei werden die Prinzipien in Anlehnung an Mayer (2009) zunächst anhand von Beispielen beschrieben und anschließend wird die zugehörige empirische Befundlage vorgestellt. Schließlich werden- - soweit vorhanden- - weiterführende Ergebnisse aus dem Bereich des Fremdsprachenlernens vorgestellt, die von den Ergebnissen aus Studien mit muttersprachlichen Probanden abweichen. Da bisher insgesamt circa 30 Designprinzipien formuliert und erforscht wurden (vergleiche van Merriënboer & Kester 2014), beschränken wir uns im Folgenden lediglich auf die drei folgenden Prinzipien: das Modalitätsprinzip, das Kontiguitätsprinzip und das Redundanzprinzip. Das Modalitätsprinzip Nach van Merriënboer & Sweller (2010: 89) wird das Modalitätsprinzip wie folgt definiert: „Replace a written explanatory text and another source of visual information (unimodal) with a spoken explanatory text and the visual source of information (multimodal)“. Dabei wird davon ausgegangen, dass die simultane Darbietung von Text und Bild am besten unterschiedliche 23 1.1 Multimediales Lerndesign Sinnesmodalitäten kombinieren sollte, um jeweils die Kapazität der beiden Verarbeitungskanäle optimal zu nutzen und eine eventuelle kognitive Überlastung zu vermeiden (vergleiche Low & Sweller 2005; Brünken, Plass & Leutner 2004). Nehmen wir ein konkretes Beispiel: Ein Kollege oder eine Kollegin von Ihnen möchte ein Tutorial zu einem Tool zur Erstellung von Quizzen für das Lehrerkollegium in der Sprachschule vorbereiten. Dabei möchte er oder sie die verschiedenen Schritte zur Erstellung eines Quiz erklären, indem die entsprechenden Bildschirmaktionen gezeigt und kommentiert werden. Sie werden nun gefragt, ob es besser wäre, die Kommentare zu den jeweiligen Bildschirmaktionen schriftlich oder mündlich darzubieten. In diesem Fall würde sich eine auditive Darbietung der Kommentare anbieten, damit der Sprachanteil der Information ausschließlich über den sprachlich-auditiven Kanal und die Bildschirmaufnahmen über den visuell-piktorialen Kanal verarbeitet werden. Bei der simultanen Darbietung von geschriebenem Text und den Bildschirmaufnahmen besteht hingegen die Gefahr, dass es zu einer Teilung der Aufmerksamkeit bei der Wahrnehmung kommt (beides kann nur visuell wahrgenommen werden) und die entsprechenden verbalen und piktorialen Modelle bei der Verarbeitung nicht erfolgreich aufeinander bezogen und integriert werden können. Die bisherige empirische Forschung hat die Effizienz des Modalitätsprinzips mehrfach belegt (vergleiche zum Beispiel Mousavi, Low & Sweller 1995; Tindall-Ford, Chandler & Sweller 1997; Jeung, Chandler & Sweller 1997; Mayer & Moreno 1998; Moreno & Mayer 1999; Moreno, Mayer, Spires & Lester 2001; Moreno & Mayer 2002; Craig, Gholson & Driscoll 2002). So wurde in der Studie von Mousavi et al. (1995) beobachtet, dass die Kombination eines Diagramms und eines gesprochenen Textes beim Lösen von Geometrieproblemen effizienter war als die Kombination eines Diagramms und eines geschriebenen Textes (vergleiche Mayer & Moreno 1998). Weiterhin wies Mayer (2005b: 177) in einer Metastudie auf der Basis von insgesamt 21 Experimenten zum Modalitätsprinzip eine durchschnittliche Effektstärke von 0.97 (starker Effekt) nach. Daraus ergibt sich also, dass das Modalitätsprinzip auf einer relativ soliden empirischen Basis steht. Andere Experimente haben jedoch gezeigt, dass das Modalitätsprinzip nicht bedingungslos zu einem Mehrwert führt. So hat Sweller (2004, 2005; vergleiche auch Rummer, Furstenberg & Schweppe 2008) festgestellt, dass das Prinzip nur dann auftritt, wenn die Bild- und Textverarbeitung simultan erfolgen soll und die Lerner zu einer Aufsplitterung der Aufmerksamkeit verleitet werden (vergleiche split-attention-Effekt). Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn in einem Buch eine Graphik zu den steigenden Zahlen der Deutschlerner weltweit auf einer Seite steht und die dazugehörenden Erklärungen auf der darauffolgenden Seite stehen. In diesem Zusammenhang trägt also das Modalitätsprinzip zur Reduzierung der extrinsischen kognitiven Belastung durch die unterschiedlichen Seiten bei. Leahy, Chandler & Sweller (2003) konnten diesen Mehrwert auch in ihrer Studie nachweisen: Lerner mit einem Lernmaterial bestehend aus einer Graphik und auditiv dargebotenen Erklärungen, die nicht isoliert voneinander verstanden werden konnten, schnitten besser ab als Lerner mit einer Graphik und visuell dargebotenen Erklärungen. Die Autoren weisen jedoch auch darauf hin, dass sich der Vorteil einer solchen multimodalen Darbietung der Lernmaterialien nur dann beobachten lässt, wenn die Lernmaterialien eine erhebliche intrinsische kognitive Belastung 24 1. Grundlagen des multimedialen Lernens mit sich bringen, zum Beispiel, wenn die verschiedenen Elemente des Lernmaterials einen hohen Interaktivitätsgrad aufweisen und daher inhaltlich anspruchsvoll sind (vergleiche auch Tindall-Ford et al. 1997). In einem weiteren Experiment stellen Leahy et al. (2003) auch fest, dass das Modalitätsprinzip keine Lernvorteile mit sich bringt, wenn neben einer selbsterklärenden Graphik zusätzliche auditive Erklärungen angeboten werden. Da die auditiv dargebotenen Erklärungen in dem Fall als überflüssig anzusehen sind, kann eine solche doppelte Darbietung der Information zu Leistungseinbußen führen. So war in dem Experiment die Gruppe ohne Erklärungen der Gruppe mit auditiv dargebotenen Erklärungen überlegen. Den negativen Effekt einer doppelten Darbietung von Information fasst Mayer unter dem sogenannten Redundanzprinzip zusammen (Mayer 2009; vergleiche auch Sweller & Chandler 1991). Weiterhin stellt Ginns (2005) in seiner Metaanalyse von insgesamt 43 empirischen Studien unter anderem fest, dass die multimodale Darbietung der Lernmaterialien keinen Lernmehrwert darstellt, wenn die Lerner die Wiedergabe des gesprochenen Textanteils durch entsprechende Funktionen steuern können (zum Beispiel durch einen Abspielregler, vergleiche auch Betrancourt 2005). Bisher wurden wenige empirische Untersuchungen zur Relevanz des Modalitäts-Prinzips im Kontext des Fremdsprachenlernens durchgeführt. Eine Ausnahme bildet jedoch die Studie von Suñer (2011), in der drei unterschiedliche Aufbereitungen eines Hypertextes miteinander verglichen wurden: ▶ Gruppe 1: rein textueller Hypertext bestehend aus einer hierarchischen Navigationsleiste und den schriftlich dargebotenen Hypertextknoten (nur Text); ▶ Gruppe 2: multimedialer Hypertext bestehend aus einer graphischen Übersicht als Navigationsoberfläche und den schriftlich dargebotenen Hypertextknoten (Bild und Text); ▶ Gruppe 3: multimodaler Hypertext bestehend aus einer graphischen Übersicht als Navigationsoberfläche und den auditiv dargebotenen Hypertextknoten (Bild und Audio). Die Ergebnisse der Tests zum Textverstehen zeigen eindeutig, dass nur die Experimentalgruppe 2 (Bild und Text) der Experimentalgruppe 1 (nur Text) signifikant überlegen war. Die Experimentalgruppe 3 (Bild und Audio) schnitt zwar besser als Gruppe 1 (nur Text) ab, der Unterschied war jedoch nicht signifikant. Der Autor schließt daraus, dass das Multimediaprinzip (die Darbietung von Bild und Text ist lernförderlicher als nur Text) für den L2-Spracherwerb relevanter zu sein scheint als das Modalitätsprinzip. Die bedingte Effizienz des Modalitätsprinzips erklärt der Autor in Anlehnung an das control-of-processing principle von Schnotz (2005), nach dem die visuelle Darbietung von Texten bei statischen Bildern, bei schwierigen Texten und bei begrenzter Lernzeit günstiger ist als die auditive Darbietung. So spielt die unterschiedliche Natur der jeweiligen Reizinformationen bei der Überlegenheit der visuellen Darbietung des Textes gegenüber der auditiven Darbietung eine wichtige Rolle. Während das Verarbeitungstempo bei gesprochener Sprache aufgrund der Kurzlebigkeit und Flüchtigkeit der auditiven Reize kaum beeinflussbar ist, kann der Lerner bei geschriebener Sprache aufgrund der Stabilität der visuellen Reize die Verarbeitungsgeschwindigkeit an die eigenen Bedürfnisse anpassen (zum Beispiel langsamer lesen bei thematisch schwierigen Texten). Hier hilft selbst die Nutzung einer Abspielsteuerung bei Audio-Texten nicht, denn 25 1.1 Multimediales Lerndesign die Geschwindigkeit der Aufnahmen bleibt auch nach fünf oder zehn Wiederholungen unverändert. Auch die Flüchtigkeit animierter Bilder kann dazu führen, dass der Lerner insgesamt weniger Kontrolle über die Geschwindigkeit der simultanen Verarbeitung von Text und Bild hat und sich daher zum schnellen Wechseln zwischen animierten Bildern und geschriebenem Text gezwungen sieht. Die damit verbundene kognitive Überlastung (split-attention) kann in diesem Fall jedoch durch die Nutzung eines Abspielreglers vermieden werden, anhand dessen der Lerner die Animation nach Bedarf stoppen kann. Der Einsatz solcher instruktionalen Designmaßnahmen wurde bereits in einigen Studien zur Grammatikvermittlung erfolgreich umgesetzt. Das Kontiguitätsprinzip Das Kontiguitätsprinzip, das van Merriënboer & Sweller (2010: 89) unter dem split-attention effect zusammenfassen, definieren die Autoren folgendermaßen: „Replace multiple sources of information, distributed either in space (spatial split attention) or time (temporal split attention), with one integrated source of information“. Das Prinzip lässt sich vor dem Hintergrund der zuvor präsentierten Theorien zum multimedialen Lernen (Mayer 2005a, 2009; Schnotz 2005) begründen, und zwar soll damit die kognitive Überlastung vermieden werden, die sich aus der zeitlich oder räumlich separaten Darbietung von Text und Bild ergeben kann. Der Versuch, Text- und Bildinformation im Arbeitsgedächtnis aufeinander zu beziehen, die zeitlich oder räumlich nicht gemeinsam vorhanden sind, verursacht einen erhöhten Verbrauch an kognitiven Ressourcen, der oft mit Leistungseinbußen einhergeht (vergleiche Sweller 2004). Durch die Integration von Bildern und Wörtern in der Lernumgebung kann also der split-attention-Effekt reduziert und somit die simultane Verarbeitung beider Informationsarten im Arbeitsgedächtnis unterstützt werden (vergleiche Schnotz 2005: 61). Dies betrifft nach Clark & Mayer (2016: 91ff) aber nicht nur die Präsentation von Bildern und Texten im Allgemeinen, sondern auch eine Reihe von weiteren Aspekten, die sowohl für allgemeine Lernmaterialien als auch für Sprachlernplattformen relevant sind. In folgenden Kontexten kann die Aufmersamkeitsteilung nach Clark & Mayer (2016: 5) einen lernhemmenden Effekt haben: ▶ die separate Darbietung von Graphiken und Texten auf scrollenden Websites; ▶ die separate Darbietung von Fragen und den entsprechenden Antworten beziehungsweise des Feedbacks; ▶ die separate Darbietung von Inhalten in verschiedenen Browserfenstern; ▶ die simultane Darbietung von geschriebenem Text und Animationen; ▶ die Nutzung einer Legende zur Erklärung einzelner Teile einer Graphik. Im Zusammenhang mit dem Kontiguitätsprinzip wird oft zwischen zeitlicher und räumlicher Kontiguität unterschieden (vergleiche Mayer 2009; Clark & Mayer 2016). Wir werden hier im Sinne von van Merriënboer & Sweller (2010) jedoch beide Aspekte gemeinsam behandeln, da sie auf denselben kognitiven Effekt zurückzuführen sind, nämlich den split-attention-Effekt. Das Vorkommen einer Aufsplittung der Aufmerksamkeit wird in der Literatur mit der extrinsischen kognitiven Belastung in Zusammenhang gebracht und daher eher mit der 26 1. Grundlagen des multimedialen Lernens Präsentationsart des Lernstoffs als mit seiner Schwierigkeit. Zur Untersuchung dieser Quelle der extrinsischen kognitiven Belastung wurden mehrere Studien durchgeführt, in denen nichtintegrierte Lernmaterialien und physikalisch integrierte Lernmaterialien miteinander verglichen wurden (vergleiche Mwangi & Sweller 1998; Chandler & Sweller 1996; Cerpa, Chandler & Sweller 1996; Sweller & Chandler 1994; Mayer & Sims 1994; Ward & Sweller 1990; Kester, Kirschner & van Merriënboer 2005). So verglichen Kester et al. (2005) zwei Gruppen von Lernern, die sich mit den Funktionsweisen eines Stromkreises anhand von unterschiedlich aufbereiteten Lernmaterialien beschäftigten: Eine Gruppe lernte mit einem Diagramm zum besagten Thema, wobei einige prozedurale Informationen nicht räumlich integriert waren; eine andere Gruppe lernte mit demselben Diagramm, in dem die prozeduralen Informationen integriert waren. Die Ergebnisse der Leistungstests zeigen, dass die Gruppe mit den integrierten Lernmaterialien nur beim Lösen von Stromkreisproblemen, die deutlich von den Praxisbeispielen aus der Lernphase differieren, der anderen Gruppe überlegen war. Beim Lösen ähnlicher Probleme wie der aus der Lernphase wurden keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen festgestellt. Ein solches unsystematisches Auftreten beziehungsweise ein nicht flächendeckender Effekt des Kontiguitätsprinzips lässt sich auch in weiteren Studien beobachten (vergleiche zum Beispiel Kester, Kirschner & van Merriënboer 2004a, 2004b). Dies kontrastiert mit den Ergebnissen der zwei Metastudien von Mayer (2009), in denen er für das räumliche und das zeitliche Kontiguitätsprinzip jeweils eine große durchschnittliche Effektstärke nachwies (d=1,09 und d=1,31, vergleiche Mayer 2009: 135 und 153). Das Gesamtbild lässt also zu Recht vermuten, dass das Auftreten des Kontiguitätsprinzips an gewisse Einschränkungen gebunden ist. Ähnlich wie beim Modalitätsprinzip, stellt das Vorhandensein einer hohen intrinsischen kognitiven Belastung nach Sweller & Chandler (1994: 122) eine der wichtigsten Einschränkungen dar. Weiterhin bewirkt das räumliche Integrieren von Text und Bild nach Ayres & Sweller (2014) keine Steigerung der Lernleistungen, wenn der Text das Bild inhaltlich zwar umschreibt, aber an sich keine neuen, ergänzenden Informationen anbietet (vergleiche auch Mayer 2009: 135). Eine Steigerung der Lernleistung kann in diesem Fall eher durch das Weglassen redundanter Information erreicht werden (vergleiche Ayres & Sweller 2014, vergleiche Redundanzprinzip weiter unten). Schließlich konnten Cierniak, Scheiter & Gerjets (2009) zeigen, dass anhand des Kontiguitätsprinzips nicht nur die extrinsische kognitive Belastung verringert, sondern auch die lernbezogene kognitive Belastung erhöht werden konnte. Diesen Befund bestätigen auch Ergebnisse anderer Studien (vergleiche Kester, Kirschner & van Merriënboer 2005; Tabbers, Martens & van Merriënboer 2000), in denen trotz der signifikant besseren Lernleistungen in den Gruppen mit integrierten Lernmaterialien die gesamte kognitive Belastung gleich groß war. Daraus lässt sich schließen, dass durch den Einsatz des Kontiguitätsprinzips kognitive Ressourcen für Schematisierungsprozesse freigemacht wurden, so dass die drei Arten kognitiver Belastung insgesamt besser ausbalanciert werden konnten. 27 1.1 Multimediales Lerndesign Das Redundanzprinzip In diesem letzten Abschnitt beschäftigen wir uns mit einem weiteren Designprinzip, das zwar etwas selbstverständlich klingt, jedoch gewissen Einschränkungen unterliegt, vor allem in Bezug auf das Fremdsprachenlernen: Das Redundanzprinzip. Van Merriënboer & Sweller (2010: 89) formulieren das Prinzip wie folgt: „Replace multiple sources of information that are self-contained (i.e. they can be understood on their own) with one source of information“. Mayer (2009: 124), der sich bei der Definition des Redundanzprinzips im Gegensatz zu van Merriënboer & Sweller (2010) lediglich auf die simultane Darbietung von Bildern, gesprochenem Text und geschriebenem Text bezieht, beschreibt die damit verbundene Überlastung des Verarbeitungssystems wie folgt: Sowohl die simultane Wahrnehmung von Bildern und geschriebenem Text durch die Augen als auch die Versuche, die sprachlichen Informationen aus dem gesprochenem und dem geschriebenen Text aufeinander zu beziehen, führen zu einer erhöhten extrinsischen kognitiven Überlastung. Folgerichtig rät Mayer (2009: 124) von einer doppelten Darbietung von verbaler Information (auditiv und visuell) ab und empfiehlt die Darbietung von Bild und Text nach dem zuvor besprochenen Modalitätsprinzip. Diese Definition kontrastiert mit der etwas breiter gefassten Definition des Redundanzprinzips nach Sweller (2005), die sich sowohl auf die doppelte Darbietung von Text und / oder Bild in jeglicher Form, als auch auf die Darbietung unnötiger Erläuterungen zum Lernstoff bezieht. Das zeigt wiederum, dass es fließende Übergänge zwischen vielen Designprinzipien gibt, denn hier kommt unter anderem der Aspekt der Kohärenz der verschiedenen Materialien zum Tragen, den Mayer (2009) unter dem Kohärenzprinzip zusammenfasst: Lässt sich für den Lerner kein kohärenter Zusammenhang zwischen den verschiedenen Elementen des Lernmaterials erkennen, so führt dies zu einer Erhöhung der extrinsischen kognitiven Belastung. Mayer (2009: 126) legt insgesamt fünf eigene Experimente vor (zum Beispiel Moreno & Mayer 2002), die die Überlegenheit der Gruppen mit nicht redundanten Lernmaterialien gegenüber den Gruppen mit redundanten Lernmaterialien nachweisen konnten. Die positiven Effekte führt Mayer auf die Vermeidung einer Überlastung des auditiv-sprachlichen Kanals zurück. Obwohl die durchschnittliche Effektgröße der fünf Studien mittelstark bis stark war (d=0.72), merkt Mayer an, dass das Vorkommen eines solchen Effektes an viele Bedingungen gekoppelt ist. Demnach profitieren Lerner nicht vom Redundanzprinzip vor allem bei kurzen Texten und bei der Darbietung von verkürzten Untertiteln zu gesprochenen Texten. Außerdem zeigen neuere Studien, dass sich das Prinzip im Fremdsprachenkontext etwas anders verhält. In einer sehr umfangreichen Metastudie mit mehr als 57 unabhängigen Studien untersuchten Adesope & Nesbit (2012), unter welchen Bedingungen die doppelte Darbietung von sprachlicher Information der einfachen Darbietung überlegen war. Diese Überlegenheit wurde vor allem bei Lernern mit niedrigem Vorwissen sowie bei der Nutzung von systemgesteuerten und rein sprachlichen Lernmaterialien festgestellt. Ein positiver Effekt von redundanten Lernmaterialien wurde ebenfalls von Mayer & Johnson (2008) beobachtet, nämlich bei der Ergänzung von kurzen Überschriften in verschiedenen Graphiken, die durch auditiv dargebotene Erklärungen zusätzlich beschrieben wurden. In diesem Fall verhalfen 28 1. Grundlagen des multimedialen Lernens die Überschriften zu einer besseren Zuordnung der Begriffe aus dem gesprochenen Text zu den jeweiligen Teilen der Graphik. Redundante Lernmaterialien scheinen jedoch auch im Fremdsprachenkontext hilfreich zu sein. So konnten Mayer, Lee & Peebles (2014) in einem ersten Experiment zeigen, dass die Darbietung von redundanten Bildern zu Inhalten aus einem gesprochenen Text nicht-muttersprachlichen Studenten zu besseren Lernerfolgen verhalf als die reine Darbietung des gesprochenen Textes. In einem zweiten Experiment hat sich die Darbietung von Untertiteln in einem Video jedoch nicht als lernförderlich erwiesen. Die Ergebnisse aus diesem zweiten Experiment kontrastieren jedoch mit den Ergebnissen aus der Studie von Mitterer & McQueen (2009), in der Fremdsprachenlerner einen dialektal gefärbten Film mit Untertiteln signifikant besser verstehen konnten als ohne Untertitel. In manchen Fällen kann also die Darbietung sprachlicher Information in visueller Modalität zu einer besseren Segmentierung gesprochener Texte verhelfen. 1.1.3 Zusammenfassung ▶ Die kognitive Theorie des multimedialen Lernens von Mayer erweist sich als ein fruchtbarer theoretischer Rahmen zur Formulierung von Designprinzipien. ▶ Die kognitive Theorie des multimedialen Lernens geht von drei zentralen Annahmen aus: 1. Beim multimedialen Lernen sind hauptsächlich zwei separate, aber miteinander verknüpfte Verarbeitungskanäle involviert. 2. Das Arbeitsgedächtnis verfügt über eine limitierte Verarbeitungskapazität, die allerdings für beide Kanäle unterschiedlich ist. 3. Sinnvolles multimediales Lernen basiert auf Prozessen der Selektion von Information sowie deren Organisation und Integration in das bereits vorhandene Vorwissen. ▶ Um einen Mehrwert durch die Kombination von Text und Bild zu erzielen, müssen gewisse Prinzipien beachtet werden (zum Beispiel das Relevanzprinzip, das Redundanzprinzip und das signaling-Prinzip), wobei deren Effizienz stets vom Vorwissen der Lerner abhängt. ▶ Es muss auch zwischen dem Kontext innerhalb der L1 und des L2-Erwerbs unterschieden werden, denn für den L2-Spracherwerb hat das Multimediaprinzip eine höhere Relevanz als das Modalitätsprinzip, da die visuelle Darbietung von Texten den L2-Lernern aufgrund der Stabilität der Reize mehr Kontrolle über die Verarbeitungsgeschwindigkeit erlaubt als die flüchtigen auditiven Reize bei der gesprochenen Sprache. 1.1.4 Aufgaben zur Wissenskontrolle 1. Welche sind die größten Unterschiede zwischen den Theorien zum multimedialen Lernen von Mayer und Schnotz? 2. Unter welchen Bedingungen stellt das Modalitätsprinzip keinen Lernmehrwert dar? 29 1.1 Multimediales Lerndesign 3. Wie lässt sich das Kontiguitätsprinzip vor dem Hintergrund der Theorien zum multimedialen Lernen erklären? 4. Unter welchen Umständen sind redundante Lernmaterialien lernförderlich? 5. In welchen Kontexten kann die Aufmersamkeitsteilung nach Clark & Mayer (2016: 5) einen lernhemmenden Effekt haben? 30 1. Grundlagen des multimedialen Lernens 1.2 Animationen in der Grammatikvermittlung Jörg Roche & Ferran Suñer Muñoz In diesem Kapitel haben Sie bereits gelernt, wie die verschiedenen Designprinzipien aus den Theorien abgeleitet wurden und wie sie auf konkrete Materialien angewandt werden können. Nun müssen wir uns fragen, wie sich die verschiedenen Designprinzipien miteinander kombinieren lassen und unter welchen Bedingungen solche komplexen multimedialen Lernmaterialien zu einem funktionalen Mehrwert führen. Die Fragen sollen in dieser Lerneinheit am Beispiel des Einsatzes von Grammatikanimationen beantwortet werden. Dabei soll veranschaulicht werden, wie Erklärungsansätze zu den Wechselpräpositionen, den Modalverben und dem Genus Verbi mithilfe von Animationen vermittelt werden können. Dafür lernen Sie zu Beginn dieser Lerneinheit zunächst einige Grundkonzepte kennen, bevor wir auf animierte grammatische Metaphern eingehen und ihre Effizienz anhand der Ergebnisse dreier empirischer Studien besprechen. Lernziele In dieser Lerneinheit möchten wir erreichen, dass Sie ▶ verstehen und erklären können, welcher Mehrwert durch den Einsatz von animierten grammatischen Metaphern erreicht werden kann; ▶ die wichtigsten Aspekte einer Unterrichtssequenz zum Einsatz animierter grammatischer Metaphern ausarbeiten können. 1.2.1 Grammatische Metaphern und Animationen Bei der Konzipierung und Implementierung multimedialer Lernmaterialien reicht die alleinige Berücksichtigung der Designprinzipien nicht aus, um den gewünschten Lernmehrwert zu erreichen. Vielmehr müssen auch Fragen geklärt werden, wie zum Beispiel Welche Sprach- und Kulturauffassung lege ich zugrunde? oder Wie erkläre ich meinen Lernern die Sprache und die Kultur? Bezüglich der ersten Frage haben wir in der Lerneinheit 1.1. (siehe auch den Band »Sprachenlernen und Kognition«) gesehen, dass die kognitionslinguistischen Ansätze ein großes Potenzial zur Beschreibung der konzeptuellen Motiviertheit von Sprache und Grammatik besitzen. Nach dem kognitionslinguistischen Sprachverständnis stellt Sprache ein bedeutungsvolles System dar, welches dem Sprecher erlaubt, die eigenen Erfahrungen über die Welt über unterschiedliche Wege zu konzeptualisieren. Das heißt also, dass der Sprecher beziehungsweise die Sprecherin als Konzeptualisierer im Mittelpunkt sprachlicher Kommunikationsprozesse steht. Die Darstellungsformen in der kognitiven Linguistik lassen sich jedoch nicht direkt auf den Unterrichtskontext übertragen, da sie oft zu abstrakt sind und daher den Lernern keinen besonders leichten Zugang zur Sprache bieten. Lernern kann es zum Beispiel schwerfallen, Kreise und Pfeile jeweils den Partizipanten und Handlungen konkreter Szenen zuzuordnen. Die zweite Frage bezieht sich folgerichtig auf die lerngerechte Darstellung von Sprache und Kultur. Dabei spielen die so- 31 1.2 Animationen in der Grammatikvermittlung genannten grammatischen Metaphern als didaktische Brücken eine wichtige Rolle, und zwar nutzen sie als innovative konzeptuelle Metaphern Alltagserfahrungen der Lerner (zum Beispiel Hobbies, Verkehr etc.) zur Transparentmachung grammatischer Prinzipien (vergleiche Roche & Suñer 2014). Nach dieser Definition besitzen grammatische Metaphern einen rein didaktischen Charakter und sind daher nicht zu verwechseln mit den grammatischen Metaphern nach Goatly (2007), die er zur Bezeichnung der Substitution einer grammatischen Struktur durch eine weniger übliche Struktur nutzt (zum Beispiel die Verwendung eines Nomens statt eines Verbs zur Versprachlichung von Prozessen). Den Mehrwert grammatischer Metaphern für die Grammatikvermittlung beschreiben Roche & Suñer (2014) folgendermaßen: Mit grammatischen Metaphern lassen sich-[…] lernrelevante Aspekte der konzeptuellen Motiviertheit der Grammatik (Grenzüberschreitung, Kraft-Dynamik, Energietransfer etc.) erfahrbar machen, ohne auf abstraktere Darstellungsweisen zurückgreifen zu müssen. Die kognitive Verankerung von grammatischen Metaphern ist eine wichtige Voraussetzung für die Erzielung des gewünschten Mehrwerts, da sonst die verwendete Metapher eine reine Unterhaltungsfunktion ohne erkennbaren Bezug zum Lernprozess erfüllen würde. (Roche & Suñer 2014: 133) Nachdem wir geklärt haben, welches Sprachverständnis wir unserem Sprachunterricht zugrunde legen und wie wir die wichtigsten Prinzipien der Sprache beziehungsweise Grammatik für Lernzwecke transparent machen, widmen wir uns nun der methodischen Umsetzung. Wie bereits gesehen, spielen Dynamik und Bewegung eine wichtige Rolle bei der Beschreibung der konzeptuellen Motiviertheit bestimmter Grammatikbereiche. In diesen Fällen wäre eine Präsentation der entsprechenden grammatischen Metaphern durch statische Bilder eher ungünstig, da mehrere Bilder nötig wären, um die vollständige Sequenz abzubilden. Die Lerner müssten dann in einem weiteren Schritt alle Bilder zusammenfügen und die eigentliche Bewegung erst mental simulieren. Eventuelle split-attention-Effekte (vergleiche Lerneinheit 1.1) durch die zeitlich und räumlich getrennte Darbietung der einzelnen Bilder der Serie können zudem lernhemmende Effekte auslösen. Daher empfiehlt es sich in diesen Fällen, animierte Darstellungen zu verwenden, die die relevanten sensomotorischen Aspekte adäquat darstellen können. Die Animationen werden in der Forschungsliteratur wie folgt definiert: We define animations as constructed pictorial display that changes its structure or other properties over time and so triggers the perception of a continuous change. Animation is distinct from video in that it is not the result of merely capturing images of the external world-- rather, it is the product of deliberate construction processes such as drawing. (Lowe & Schnotz 2014: 515) Für die Nutzung animierter grammatischer Metaphern sprechen einige Erkenntnisse aus der Metaphernforschung, nach denen das Verständnis metaphorischer Ausdrücke erleichtert werden kann, wenn die konkrete Bedeutung mental simuliert wird (vergleiche Wilson & Gibbs 2007; Johansson, Falck & Gibbs 2012). Auch f RMI -Studien (siehe Kapitel 1 im Band »Sprachenlernen und Kognition«) zeigen, dass an der Erschließung der Bedeutung abstrakter Ausdrücke wie idiomatische Redewendungen viele sensumotorische Aspekte beteiligt sind (Boulenger, Hauk & Pulvermüller 2009). Wie sich solche animierten grammatischen Metaphern konkret auf Bereiche wie die Wechselpräpositionen, das Genus Verbi oder die Modalverben anwenden 32 1. Grundlagen des multimedialen Lernens lassen und inwiefern ihre Umsetzung in Form von animierten Darstellungen einen funktionalen Mehrwert generiert, soll in den folgenden Abschnitten diskutiert werden. Zu diesem Zweck wird zu jedem der gewählten Grammatikthemen zunächst kurz der Erklärungsansatz erläutert und anschließend werden die dazugehörenden empirischen Studien zur Evaluation der Effizienz des Ansatzes vorgestellt. Jeder Abschnitt schließt mit praktischen Tipps beziehungsweise Überlegungen zum Einsatz der Animationen im Unterricht. 1.2.2 Wechselpräpositionen Wie Sie bereits gesehen haben, können Wechselpräpositionen je nach Satzkontext den Akkusativ oder den Dativ regieren. Der klassische Erklärungsansatz zur Kasuswahl bei den Wechselpräpositionen argumentiert mit der Bewegung des Verbs als Kriterium für die Verwendung des Akkusativs und mit der Statik für die Verwendung des Dativs. Trotz scheinbarer Plausibilität stößt dieser Ansatz an die Grenzen der Semantik selbst, und zwar können damit Fälle wie zum Beispiel ich fahre auf der Straße oder ich gehe im Flugzeug nicht zufriedenstellend erklärt werden. Mit dieser Problematik beschäftigte sich Scheller (2009; vergleiche auch Roche & Scheller 2008) und entwickelte auf der Basis kognitionslinguistischer Erkenntnisse einen Erklärungsansatz, der einerseits die Kategorien Figur-Grund nutzte, und andererseits mit dem Konzept des Suchbereichs (der aktivierte Teil der Zieldomäne, zum Beispiel der untere Teil des Betts bei der Präpositionalphrase unter dem Bett) bei lokativen Ausdrücken operiert (vergleiche Langacker 2008). Vor diesem Hintergrund begründete Scheller (2009) die Kasuswahl mit der Überschreitung beziehungsweise Nichtüberschreitung der imaginären Grenze des Suchbereichs (Grund) durch die Figur. Im ersten Fall wird Akkusativ verwendet und beim Nichtüberschreiten der imaginären Grenze, der landmark, wird hingegen der Dativ verwendet. Zur Überprüfung des Mehrwerts dieses Erklärungsansatzes für den Spracherwerb wurde dieses Prinzip in Form einer Animation umgesetzt und in einem Experiment mit Versuchsteilnehmern empirisch evaluiert. Die folgende Abbildung zeigt einen Screenshot von den Animationen: Abbildung 1.3: Grammatikanimationen zu Wechselpräpositionen (Scheller 2012: 7f) 33 1.2 Animationen in der Grammatikvermittlung Dabei bietet die Nutzung von animierten Bildsequenzen aus der Sicht der Text- und Bildverarbeitung viel mehr Vorteile als die Darbietung statischer Bilder (vergleiche Roche 2008a; Mayer 2009; Lowe & Schnotz 2014). Während statische Bilder erst in den Köpfen der Lerner durch Prozesse der mentalen Integration zusammengestellt werden, können die Lerner durch Animationen die räumlichen und dynamischen Aspekte der Grenzüberschreitung auf eine viel direktere Weise erfahren (vergleiche Scheller 2009). Außerdem lassen sich durch animierte Bildsequenzen die grammatischen Konzepte viel leichter mental simulieren und überhaupt die Unterschiede in der Form auf konkrete Bedeutungsnuancen zurückführen (vergleiche Roche & Suñer 2014). Bei der Erstellung wurden verschiedene Designprinzipien berücksichtigt, die im Rahmen der Theorien des multimedialen Lernens formuliert wurden und die die kognitionspsychologischen Verarbeitungsprozesse von Text und Bildern optimal unterstützen. Diese werden im Folgenden kurz skizziert: ▶ Die Verwendung von Bildern und animierten Objekten dient hier nicht Unterhaltungszwecken, sondern sie ist als integraler Bestandteil des Konzeptualisierungsprozesses begründet (vergleiche Multimediaprinzip nach Mayer 2009 in Lerneinheit 1.1). ▶ Bild und Text sind in der Animation kohärent aufeinander abgestimmt und fördern Prozesse der Organisation und Integration multimedialer Information (vergleiche Kohärenzprinzip nach Mayer 2009 in Lerneinheit 1.1). ▶ Der Lerner kann anhand der Abspielfunktionen der Animation über die Verarbeitungsgeschwindigkeit entscheiden (self-pacing-Prinzip nach Mayer & Moreno 2003). ▶ Die wichtigsten Aspekte des präsentierten Materials werden auch als solche hervorgehoben, wie zum Beispiel durch die farbliche Markierung der imaginären Grenze als kognitives Prinzip für die Kasuswahl (vergleiche signaling-Prinzip nach Mayer 2009 in Lerneinheit 1.1). Darüber hinaus ist anzumerken, dass die Animationen von Scheller (2009) das Modalitätsprinzip bewusst nicht anwenden. Das heißt, die verbale Information wird hier genauso wie die piktoriale Information visuell dargeboten. Durch die Abspielfunktion der Animation werden aber eventuelle split-attention-Effekte und damit die unnötige Erhöhung der extrinsischen kognitiven Belastung vermieden. Zur Überprüfung des Mehrwerts der Animationen zu den Wechselpräpositionen führte Scheller (2009) eine Interventionsstudie durch, in der die zwei Variablen Erklärungsansatz (traditionell versus kognitionslinguistisch) und Präsentationsmodus (statisch versus dynamisch) getestet wurden (siehe Tabelle 1.1). Insgesamt wurden also vier unterschiedliche Gruppen gebildet: Eine erste Gruppe ( WS ) lernte mit einer Standbildversion der Wo-wohin- Erklärung, in der die Dynamik durch Pfeile symbolisiert wurde; eine zweite Gruppe ( WA ) nutzte eine animierte Version der Wo-wohin-Erklärung; eine dritte Gruppe ( GS ) lernte mit einer Standbildversion des Erklärungsansatzes der Grenzüberschreitung, in der die Dynamik durch Pfeile symbolisiert wurde und sowohl die Grenze als auch der Zielbereich explizit markiert wurden; eine vierte Gruppe ( GA ) nutzte eine animierte Darstellung des Erklärungsansatzes der Grenzüberschreitung. 34 1. Grundlagen des multimedialen Lernens Präsentationsmodus/ Erklärungsansatz wo / wohin Grenzüberschreitung statisch WS GS animiert WA GA Tabelle 1.1: Untersuchungsdesign der Studie von Scheller (2009) Insgesamt nahmen 89 weißrussische Deutschlerner am Experiment teil. Zuerst wurde ein Pre-Test durchgeführt, um das Vorwissen der Versuchsteilnehmer in Bezug auf die Wechselpräpositionen zu erheben. Danach lernten die Versuchsteilnehmer mit den Animationen und bearbeiteten Aufgaben (circa 45 Minuten). Unmittelbar nach der Lernphase wurde ein Nachtest durchgeführt (circa 20 Minuten) und zur Sicherstellung langfristiger Lerneffekte wurde eine Woche später ein weiterer Nachtest eingesetzt (circa sieben Minuten). Die Auswertung der Nachtests zeigt, dass die Gruppe GA am besten abschnitt und dass sie sich von allen anderen Gruppen signifikant unterschied. Zwischen den drei anderen Gruppen bestanden keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf die Lernleistung. Insgesamt zeigen diese Ergebnisse, dass erst durch die Kombination von kognitionslinguistischen Erklärungsansätzen mit einer medial adäquaten Präsentation nachhaltige Lerneffekte im Grammatikerwerb erreicht werden können. Das heißt also, dass weder das reine Animieren traditioneller Regelerklärungen noch die Darbietung des kognitionslinguistischen Erklärungsansatzes in Form von Standbildern zum gewünschten Lernmehrwert führen. 1.2.3 Modalverben Wie bereits gesehen, lassen sich die Modalverben in Anlehnung an Tyler (2008; vergleiche auch Sweetser 1990; Talmy 2000) als unterschiedliche Konstellationen von Kraft-Dynamik- Verhältnissen beschreiben. So kann der sogenannte Agonist entweder eine Tendenz zum Ruhezustand oder zur Fortbewegung haben. Der Antagonist versucht seinerseits, den Agonisten durch einen Druck von hinten oder durch eine Gegenkraft von vorne zur Fortbewegung zu zwingen. Das Ergebnis hängt davon ab, wie das Kräfteverhältnis zwischen beiden Entitäten ausgefallen ist. Zur Illustration dieser kraft-dynamischen Verhältnisse sind sowohl die Darstellungsformen nach Talmy (2000) als auch die Zeichnungen nach Tyler (2008) nicht besonders geeignet, da sie von Lernern unterschiedlich interpretiert werden und daher verwirrend wirken können. Im Gegensatz dazu bieten grammatische Metaphern einen viel direkteren Zugang zur konzeptuellen Struktur der Modalverben, da sie Alltagserfahrungen der Lerner als Grundlage nehmen. So schlagen Roche & Suñer (2014) für das Modalverb dürfen in deontischer Lesart die folgende grammatische Metapher vor: [Dürfen] lässt sich anhand eines Rennwagens (Agonist) darstellen, der dank der Aufhebung einer Schranke (Antagonist) durch eine externe Autorität (zum Beispiel eine Ampel) fortfahren kann. Wird das Hindernis (Antagonist) nicht durch eine externe Autorität aufgehoben, ist kein Fortfahren mehr möglich. (Roche & Suñer 2014: 134) Die folgenden Abbildungen zeigen die Umsetzung dieser grammatischen Metapher: 35 1.2 Animationen in der Grammatikvermittlung Abbildung 1.4: Screenshot aus den Grammatikanimationen zum Modalverb dürfen in deontischer Lesart (Roche & Suñer 2014: 134) Andere Modalverben wie müssen und sollen in deontischer Lesart nutzen nach Roche & Suñer (2014) völlig unterschiedliche kraft-dynamische Elemente: Bei müssen erfährt der Autofahrer (Agonist) einen kaum widerstehlichen Druck von hinten durch das Geschrei der Fans, der ihn zum Fortfahren zwingt; bei sollen ist der Druck zwar vorhanden, das Fortfahren ist weniger zwingend als bei müssen, was-[…] durch abgesoftete Kraftwellen und durch eine fast leere Tribüne dargestellt wird. (Roche & Suñer 2014: 135) Abbildung 1.5: Screenshots aus den Grammatikanimationen zu den Modalverben müssen und sollen in deontischer Lesart (Roche & Suñer 2014: 135) Bei der Verwendung dieser Animationen zur Vermittlung der Modalverben können sich Lerner oder gar Kollegen zu Recht fragen, warum sich Vettel überhaupt bewegen soll. Es kann ja sein, dass er zwar fortfahren muss, aber trotzdem nicht will. An dieser Stelle darf nicht vergessen werden, dass die Modalverben in deontischer Lesart lediglich die Notwendigkeit und Möglichkeit des Zustandekommens von Sachverhalten beziehungsweise Handlungen ausdrücken. Darüber, ob Vettel sich am Ende aufgrund des starken Drucks der Fans wirklich bewegt oder lieber Kaffee trinken geht, werden also keine Aussagen gemacht. In einer umfangreichen Interventionsstudie mit insgesamt 127 Versuchsteilnehmern untersuchte Kanaplianik (2016) den Lernmehrwert von animierten Darstellungen zu den deutschen Modalverben auf der Basis des Kraft-Dynamik-Ansatzes (vergleiche Talmy 2000; Tyler 2008). Ähnlich wie in der Studie von Scheller (2009), wurden durch ein zweifaktorielles Untersuchungsdesign die Variablen Erklärungsansatz (kognitionslinguistisch versus traditionell) und Darstellungsform (animiert versus statisch) getestet, so dass sich daraus insgesamt vier 36 1. Grundlagen des multimedialen Lernens unterschiedliche Experimentalgruppen ergaben. Das Untersuchungsdesign sah einen Vortest, ein 40-minütiges Treatment und einen Nachtest direkt nach dem Treatment vor sowie einen Nachhaltigkeitstest eine Woche später. Weitere Daten zur Lernbiografie der Versuchsteilnehmer sowie zur Arbeit mit den Animationen wurden ebenfalls elizitiert. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass nur diejenigen Versuchsteilnehmer vom kognitionslinguistischen Ansatz nachhaltig profitieren, die die dort vermittelten grammatischen Metaphern als Lernerstrategie übernehmen und bei der Bearbeitung der Aufgaben verwenden: Sie zeigen nicht nur direkt nach dem Treatment einen signifikanten Lernzuwachs zwischen Vor- und Nachtest, sondern sie verbessern sich deutlich im Nachhaltigkeitstest und zeigen somit eine positive Lernentwicklung. Im Gegensatz dazu erzielen die Lerner, die den traditionellen Ansatz anwenden, zwar auch einen Lernzuwachs zwischen Vor- und Nachtest, dieser verringert sich jedoch bereits im Nachhaltigkeitstest, so dass von kurzfristigen Lerneffekten auszugehen ist. Insgesamt zeigt sich also, dass der Einsatz kognitionslinguistischer Animationen nur dann zu einem nachhaltigen Lernmehrwert führt, wenn die dort vermittelten grammatischen Metaphern auch als Lernerstrategie übernommen und auf weitere Kontexte angewandt werden. Für die Praxis bedeutet das, dass die Arbeit mit den Animationen unbedingt Aufgaben vorsehen sollte, die eine aktive und tiefer gehende Auseinandersetzung mit den jeweils relevanten Grammatikprinzipien fördert und damit die entsprechenden Prozesse mentaler Organisation und Integration initiiert, ganz im Sinne der active processing assumption von Mayer (2009; vergleiche Lerneinheit 1.1). Dieser Befund geht konform mit anderen Studien zum Einsatz grammatischer Metaphern im Kontext der Sprachvermittlung (Suñer & Arnett eingereicht; Bielak & Pawlak 2011), in denen die Integration der vermittelten grammatischen Metaphern in die mentalen Lernermodelle als eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg kognitionslinguistischer Ansätze beschrieben wird. Außerdem zeigt die Studie von Kanaplianik (2016), dass die positive Wirkung des kognitionslinguistischen Ansatzes zusätzlich durch die animierte Darstellungsform verstärkt werden kann. Schließlich lässt sich aus den Ergebnissen der Studie ableiten, dass vor allem diejenigen Versuchsteilnehmer am meisten vom kognitionslinguistischen Ansatz profitieren (höhere und nachhaltigere Lernleistungen), die keine Vorkenntnisse zu den deutschen Modalverben hatten. Das heißt also, dass der sogenannte expert reversal effect (vergleiche Kalyuga, Ayres, Chandler & Sweller 2003; Sweller 2004; Plass, Kalyuga & Leutner 2010 und Lerneinheit 1.1) ebenfalls beim Einsatz kognitionslinguistischer Animationen eine wichtige Rolle spielt und eventuell eine nach Vorwissen differenzierte Darbietung der Animationen zu erwägen wäre. 1.2.4 Passiv und Aktiv Die kognitionslinguistische Darstellung des Genus Verbi (vergleiche Arnett 2004; Langacker 2004) nutzt zwar körperliche Erfahrungen (Energietransfer, Bewegung etc.) und allgemeine kognitive Prinzipien (Profil-Basis, Figur-Grund) zur Erklärung seiner konzeptuellen Motiviertheit, die verwendeten Darstellungsmittel (Kreise und Pfeile) besitzen jedoch einen hohen Abstraktionsgrad, der den konzeptuellen Zugang der Lerner zur Grammatik nicht gerade erleichtert. Im Falle des Passivs lassen sich die Profilierung der konzeptuellen Basis und die Salienz der profilierten Elemente (Figur-Grund) jeweils anhand des Billard-Modells (Lang- 37 1.2 Animationen in der Grammatikvermittlung acker 2004, Arnett 2004) und des Scheinwerfer-Modells (vergleiche spotlight of primary focal prominence bei Langacker 2004: 80) als grammatische Metaphern etwas lernerfreundlicher darstellen (vergleiche Suñer 2013, 2015; vergleiche auch Roche & Suñer 2014). Das Billard- Modell erlaubt es nämlich, die Aktionskette als konzeptuelle Basis für transitive Szenen anhand einer dem Lerner bekannten Situation erfahrbar zu machen. Der Spieler (Agens) löst durch seine Aktion Energie aus, die über den Queue (Instrument) auf die Kugel (Patiens) übertragen wird. Die physische Bewegung der Kugel im Billardspiel stellt damit die Zustandsveränderung dar. Andere Sportarten wie Golf eignen sich aber genauso gut für die Darstellung transitiver Szenen. Durch den Scheinwerfer wird zusätzlich die unterschiedliche Salienz der Partizipanten der Szene nach dem Figur-Grund-Prinzip veranschaulicht. Beim Aktiv wird der Scheinwerfer auf das Agens gerichtet, beim Vorgangspassiv auf den Prozess der Zustandsveränderung und beim Zustandspassiv auf den Endbeziehungsweise Nachzustand. Auf diese Weise kann sich der Lerner die konzeptuelle Basis und die unterschiedliche Fokussierung der Interaktion zwischen den Partizipanten vor Augen führen, ohne dass er sich mit grammatischer Terminologie beschäftigen muss. Die folgenden Abbildungen zeigen die Umsetzung der grammatischen Metaphern als Animationen (Entwicklungsskizzen von granima.de): Abbildung 1.6: Screenshots aus den Grammatikanimationen zum Thema Genus Verbi (Roche & Suñer 2014: 134) Im ersten Screenshot (Abbildung 1.6 oben links) wird die Fokussierung auf das Agens im Aktiv durch den Scheinwerfer dargestellt. Im zweiten Screenshot (siehe Abbildung 1.6 oben rechts) findet eine Verlagerung des Scheinwerfers vom Agens auf die Zustandsveränderung 38 1. Grundlagen des multimedialen Lernens des Patiens, die durch die Energieübertragung bewirkt wird. Der dritte Screenshot (siehe Abbildung 1.6 unten links) stellt die Fokussierung auf den Nachzustand des Patiens dar, wobei hier weder das Agens noch das Instrument profiliert werden und beide daher abgeschwächt dargestellt sind. Der letzte Screenshot (siehe Abbildung 1.6 unten rechts) präsentiert Aktiv, Vorgangspassiv und Zustandspassiv als unterschiedliche Momente derselben Szene. Das hat zum Ziel, dass der Lerner eine integrierte mentale Repräsentation der drei Formen bildet (vergleiche Suñer 2015). Die fakultative Nennung einiger Partizipanten, sowohl im Aktiv als auch im Passiv, wird durch ein zusätzliches Darstellungsmittel veranschaulicht: In jedem Screenshot sind zwar alle Partizipanten (Agens, Patiens, Instrument) als integrale Bestandteile der konzeptuellen Basis sichtbar, die jeweils nicht profilierten Partizipanten unterscheiden sich jedoch von den Profilierten durch ihre abgeschwächte Darstellung. So stellt zum Beispiel der letzte Screenshot eine absolute Deagentivisierung durch das Passiv (vergleiche Shibatani 1985) dar, ohne dass die mentale Repräsentation der Szene mit dem entsprechenden Energietransfer an Kohärenz verliert. Bei diesem Beispielsatz erfolgt die Zustandsveränderung in Form einer physischen Bewegung (caused motion, vergleiche Langacker 2004), die grammatische Metapher lässt sich aber gleichwohl auf abstraktere Domänen und damit auf die anderen Kategorien der Zustandsveränderung nach Langacker übertragen (caused change of state und caused experience, vergleiche Langacker 2004: 68), wie die folgenden Screenshots zeigen: Abbildung 1.7: Screenshots aus den Grammatikanimationen zum Thema Genus Verbi als Beispiel für caused experience (Suñer & Arnett eingereicht) 39 1.2 Animationen in der Grammatikvermittlung Ähnlich wie beim Billard-Beispiel wird im ersten Screenshot (siehe Abbildung 1.7 oben links) im Aktiv anhand des Scheinwerfers auf das Agens fokussiert (hier der Hund). Im zweiten Screenshot (siehe Abbildung 1.7 oben rechts) wird der Scheinwerfer vom Agens auf die Zustandsveränderung des Patiens (hier das Aufwachen des Jungen) verlagert, der durch das Bellen bewirkt wird. Der dritte Screenshot (siehe Abbildung 1.7 unten links) zeigt, wie der Scheinwerfer auf den Nachzustand des Patiens fokussiert, wobei hier weder das Agens noch das Instrument (das Bellen) profiliert werden und beide daher wieder abgeschwächt dargestellt sind. Der letzte Screenshot (siehe Abbildung 1.7 unten rechts) stellt die drei Momente der transitiven Szene (Aktiv, Vorgangspassiv und Zustandspassiv) auf eine integrierte Weise dar. In einer Pilotstudie beschäftigten sich Suñer & Arnett (2017) mit den Fragen, inwiefern die Nutzung von animierten grammatischen Metaphern den Erwerb des Genus Verbi unterstützen und als Lernerstrategie zur Erklärung der Unterschiede zwischen Passiv und Aktiv verwendet werden können. Die Pilotstudie wurde an der staatlichen Universität Brest (Weißrussland) durchgeführt. Die Stichprobe bestand aus einer Experimentalgruppe von insgesamt 13 Studentinnen und Studenten, die Germanistik im dritten Semester studierten und sich auf dem Niveau B1 / 1 nach dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen ( GER ) befanden. Da die Studentinnen und Studenten zwar bereits grundlegende Kenntnisse über das Passiv, aber dennoch sehr viele Schwierigkeiten mit seiner Anwendung hatten, zielte die geplante Intervention darauf ab, die herrschende Konfusion bezüglich des Genus Verbi (und vor allem bezüglich des Vorgangs- und Zustandspassivs) aufzulösen (vergleiche Scheller 2009). Die Stichprobe bestand aus einem Vortest (50 Minuten), einer Lernphase (circa fünf Unterrichtsstunden) und einem Nachtest (90 Minuten) unmittelbar nach der Lernphase. Im Vortest wurde neben dem Leistungstest zur Messung der Sprachkompetenz bezüglich des Genus Verbi ein Fragebogen zur Erfassung lernbiografischer Daten eingesetzt. In der Lernphase arbeiteten die Lerner mit den Animationen sowie mit weiteren Lernmaterialien zur Einübung des Genus Verbi. Im Nachtest wurde derselbe Leistungstest zur Messung der Sprachkompetenz in Bezug auf das Genus Verbi wie im Vortest eingesetzt sowie ein Fragebogen zur Arbeit mit den Animationen. Die Auswertung der Ergebnisse in allen Aufgaben des Vor- und Nachtests zeigt, dass die durchgeführte Intervention einen deutlichen Lernzuwachs bewirkte, der auch statistisch signifikant war. Ein näherer Blick auf die verschiedenen Aufgaben des Tests verrät jedoch, dass diese deutlichen Unterschiede sich zwar in Aufgaben zu formellen Aspekten (Identifizieren von Fehlern in einem Text, Erklären der Fehler und Korrigieren der Sätze) und semantischen Aspekten (Erklären von Unterschieden zwischen Sätzen im Aktiv, Vorgangspassiv und Zustandspassiv) beobachten ließen, in einer Aufgabe zu den pragmatischen Aspekten des Genus Verbi (Verfassen eines Kurztextes zu einem industriellen Herstellungsprozess) war der Lernzuwachs weniger bedeutend. Die Autoren schließen daraus, dass das Zusammenspiel zwischen semantischen und pragmatischen Aspekten in der Intervention stärker fokussiert werden sollte, da sonst kein automatischer Transfer von einem Bereich in den anderen geschieht. Weiterhin zeigte sich, dass eine große Mehrheit der Versuchsteilnehmer (circa 72 %) die grammatischen Metaphern bei der Erklärung der Unterschiede zwischen Aktiv- und Passiv-Sätzen verwendeten, was vor allem den großen Lernzuwachs in Bezug auf die 40 1. Grundlagen des multimedialen Lernens semantischen Aspekte des Genus Verbi erklärt. Dies erfolgte oft auch in Kombination mit schriftlichen Erklärungen, in denen zum Teil auch der Scheinwerfer verbalisiert wurde (siehe Abbildung 1.8). Die abgeschwächte Darstellung der nicht genannten Partizipanten in der Szene wurde jedoch von keinem Versuchsteilnehmer verwendet. Abbildung 1.8: Anwendung der grammatischen Metapher des Scheinwerfers durch Lerner und Lernerinnen zur Erklärung semantischer Unterschiede zwischen Aktiv und Passiv (Suñer & Arnett 2017) Insgesamt konnten Lernvorteile durch die Nutzung animierter grammatischer Metaphern festgestellt werden, die sich vor allem in Bezug auf formelle und semantische Aspekte sowie auf die Verwendung der grammatischen Metaphern als Lernerstrategie zeigten. Dennoch lassen unter anderem die geringe Probandenzahl sowie das Fehlen einer Kontrollgruppe in der Pilotstudie keine Rückschlüsse auf einen allgemeinen Lernmehrwert der grammatischen Metaphern zu. 1.2.5 Zusammenfassung ▶ Kognitionslinguistische Ansätze bieten ein großes Potenzial, weil sie die Sprache auf eine Weise beschreiben, die den Lernern einen konzeptuell leichteren Zugang ermöglicht. ▶ Durch grammatische Metaphern können die kognitionslinguistischen Prinzipien so angepasst werden, dass sich die Lerner die wichtigsten Elemente ohne weitere Erklärungen selbst erschließen können. ▶ Die Präsentationsform der Animationen eignet sich vor allem bei der Darstellung dynamischer Elemente der Grammatik. ▶ Allerdings führt die reine Darbietung animierter grammatischer Metaphern nicht automatisch zu besseren Lernergebnissen. Vielmehr sollten sich die Lerner aktiv mit den vermittelten grammatischen Metaphern auseinandersetzen und diese als Lernerstrategie zur Anwendung auf andere Satzkontexte übernehmen. ▶ Eine erfolgreiche multimediale Grammatikvermittlung hängt von vielen Faktoren ab, die selbst in den empirischen Studien nicht vollständig kontrolliert werden können. ▶ Neben dem Erklärungsansatz, der Wahl der grammatischen Metapher und der Präsentationsform spielen Aspekte wie die Lernerdimensionen (Lernertypen, Interessen, Lerntraditionen, Vorwissen etc.) eine wichtige Rolle. 41 1.2 Animationen in der Grammatikvermittlung 1.2.6 Aufgaben zur Wissenskontrolle 1. Was sind grammatische Metaphern im Kontext der Sprachvermittlung? 2. Welche Designprinzipien sollten bei der Erstellung von Grammatikanimationen berücksichtigt werden? 3. Welche Erkenntnisse ergeben sich aus der Studie zu den Wechselpräpositionen (Scheller 2009)? 4. Welche Aspekte des Genus Verbi (Aktiv und Passiv) lassen sich durch die grammatische Metapher des Billards (vergleiche Entwicklungsskizzen für granima.de) erklären? 5. Wieso sind die grammatischen Metaphern besonders gut für die Vermittlung von Modalverben geeignet? 42 1. Grundlagen des multimedialen Lernens 1.3 Multimedialität und Multimodalität Anja Wildemann In den Lerneinheiten 1 und 2 haben Sie die Theorien des multimedialen Lernens und wichtige Prinzipien für das Design multimedialer Materialien sowie Animationen in der Grammatikvermittlung kennengelernt. In dieser Lerneinheit möchten wir nun das Sprachenlernen aus der Perspektive der Multimedialität und der Multimodalität betrachten und anhand einiger angewandter Beispiele zeigen, wie man mediales und sprachliches Handeln in interkulturellen Zusammenhängen im Unterricht fördern kann. In der Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen sind Medien, insbesondere digitale Medien, ein wesentlicher Bestandteil ihres Alltags. Sie wachsen mit einer Vielfalt von Medien auf und sind im Umgang mit diesen bereits frühzeitig vertraut. Die Nutzung von Medien im Kontext von Bildung und Lernen ist daher eng mit der gesellschaftlichen Entwicklung verbunden. Auf dieser Grundlage beruht die multiliteracies pedagogy, die die Entwicklung sprachlich-funktionaler, visueller, digitaler und multimodaler Literalität vor dem Hintergrund von Globalisierung, Mehrsprachigkeit und Medialisierung anstrebt. Wie sprachliches Lernen in einem solchen Feld multimedial und multimodal gestaltet werden kann, wird in diesem Beitrag theoretisch eingebettet und für die Unterrichtspraxis anhand ausgewählter Beispiele aufgezeigt. Lernziele In dieser Lerneinheit möchten wir erreichen, dass Sie ▶ die Begriffe Mehrsprachigkeit, Mediatisierung und Multiliteralität verstehen und erklären können; ▶ die Rolle der Medien im Alltag und in den Lernprozessen erläutern können; ▶ erfahren, wie Medienkompetenzen im Unterricht gefördert werden können; ▶ Unterrichtspläne mit Rücksicht auf Mediennutzung und Medienkompetenzen gestalten können. Die vorliegende Lerneinheit basiert auf Wildemann, Anja (2012), Sprachliches Lernen-- multimedial und multimodal. BMW LIFE -- Ideen und Materialien für interkulturelles Lernen (Zusammenfassung am Ende der Lerneinheit von Katsiaryna EL -Bouz). 1.3.1 Mehrsprachigkeit und Spracherwerb Mehrsprachigkeit (Multilingualität) ist ebenso wie Multikulturalität in unserer heutigen, sich stetig weiter entwickelnden Gesellschaft der Normalfall. Dies hat sowohl Einfluss auf das Erziehungsals auch auf das Bildungswesen und somit auf den Unterricht (vergleiche Wildemann 2011). Darüber hinaus wird die Mehrsprachigkeit der europäischen Bürger und Bürgerinnen nach dem Europäischen Referenzrahmen ( GER ) für Sprachen nicht nur unterstützt, sondern ausdrücklich gefordert, schließlich „modifizieren die linguistischen und 43 1.3 Multimedialität und Multimodalität kulturellen Kompetenzen in der einen Sprache die in einer anderen, und sie fördern interkulturelles Bewusstsein, Fertigkeiten und prozedurales Wissen“ (Europarat 2001: 51). Laut der EU ist sicherzustellen, dass alle Bevölkerungsgruppen zu wirkungsvollen Mitteln und Wegen Zugang haben, Kenntnisse der Sprachen anderer Mitgliedstaaten (oder anderer Sprachgemeinschaften innerhalb des eigenen Landes) ebenso zu erwerben wie die Fertigkeiten im Gebrauch jener Sprachen, die sie befähigen, ihre kommunikativen Bedürfnisse zu befriedigen. (Goethe-Institut 2001) Besonders von den heutigen Europäern wird in einer globalisierten und medialisierten Welt zunehmend erwartet, sich auf unterschiedlichen Wissens-, Fertigkeits- und Kommunikationsebenen sicher zu bewegen und somit ein Kompetenzprofil von Literalität zu erwerben, das als notwendige Voraussetzung-[…] in allen Lebenszusammenhängen angesehen wird. (Bach 2007: 32) Aus der Perspektive der Fremdsprachendidaktik wird Mehrsprachigkeit somit nicht nur als Ressource, sondern als notweniges Erfordernis angesehen, um in einer multilingualen Welt erfolgreich zu bestehen (vergleiche Elsner, Küster & Viebrock 2007). Eine andere Perspektive findet sich in der Deutschdidaktik, in der die Förderung von Mehrsprachigkeit zwar formal gewünscht ist, sich in der unterrichtlichen Praxis jedoch kaum wiederfindet, obwohl inzwischen erwiesen ist, dass die erfolgreiche Integration der Erstsprache ein Indikator für einen erfolgreichen Zweitsprachenerwerb darstellen kann (vergleiche unter anderem Brizić 2009; Caprez-Krompàk 2007; Gogolin 1988; Videsott 2011; Wildemann et al. 2018 a,b). Eine solche Diskrepanz hat Folgen für das sprachliche Lernen mehrsprachiger Schüler und Schülerinnen, da nach wie vor „de facto von einer impliziten Hierarchie der Sprachen“ (Allemann-Ghionda 2010: 1) ausgegangen wird, nach der den modernen Fremdsprachen der Vorzug gegenüber den kleinen Migrantensprachen gewährt wird. Die Folgen zeigen sich unter anderem in den großen Leistungsstudien, in denen Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund durchschnittlich schlechter abschneiden als ihre einsprachig deutschen Altersgenossen. Tatsache ist jedoch, dass die Sprachen der Schüler und Schülerinnen im Unterricht thematisiert werden müssen, um diese auch für das Lernen der Zweit- oder Fremdsprache Deutsch aktiv nutzen zu können. Umsetzungen lassen sich in alle Kompetenzbereiche des Faches integrieren, beispielsweise durch die Lektüre mehrsprachiger Bilderbücher in der Grundschule oder durch biografische Auseinandersetzungsformen mit Sprache, Kultur und Identität. Unterrichtsanregungen dazu finden sich in diesem Beitrag 1.3.2 Medialität und Spracherwerb Nicht nur Mehrsprachigkeit hat, wie bereits eingangs thematisiert, unsere Gesellschaft verändert, sondern auch deren Mediatisierung. Unter dem Terminus Mediatisierung beziehungsweise mediatization wird in Anlehnung an den Begriff der Globalisierung die zunehmende Prägung von Gesellschaft und Kultur durch digitale Medien verstanden (vergleiche Lundby 2009; Hjarvard 2008). Inwieweit digitale Medien zum Alltag von Kindern und Jugendlichen 44 1. Grundlagen des multimedialen Lernens gehören, zeigen hierzulande die Ergebnisse der KIM -Studie (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 2010a) und der JIM -Studie, die alle zwei Jahre erscheinen (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 2010b). So belegt bereits die KIM -Studie 2010, dass über 50 % der Kinder zwischen dem sechsten und siebten Lebensjahr über Erfahrungen mit dem Computer verfügen (vergleiche Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 2010a: 25). Tatsache ist auch, dass der Anteil der Nichtleser der KIM -Studie zufolge gestiegen ist, denn ein Fünftel der befragten Kinder haben angegeben, nicht zu lesen (vergleiche Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 2010a: 23). Neuere Daten bestätigen, dass bereits 6bis 13-Jährige über ein breites Medienrepertoire verfügen (vergleiche KIM-Studie 2016). Die ausgeprägte Mediennutzung setzt sich bei den 12bis 19-Jährigen fort beziehungsweise verstärkt sich in dieser Lebensphase noch einmal, denn „etwa neun von zehn Jugendlichen nutzen regelmäßig (zumindest mehrmals pro Woche) ein Handy (91 %), das Internet (90 %) und den Fernseher (88 %)“ (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 2010b: 11). Auch hier bestätigen neuere Daten den Zuwachs an digitalen Medien mit zunehmenden Alter (vergleiche JIM-Studie 2018). Hinzu kommt, dass Printmedien nicht in jedem Kulturkreis eine exponierte Rolle einnehmen, sondern ein zum Teil stark audio-visuell geprägtes Medienverhalten vorherrscht (vergleiche unter anderem Kuyumcu 2006, 2008; Worbs 2010). Vor dem Hintergrund einer allmählichen Angleichung des Mediennutzungsverhaltens von Migranten und Migrantinnen an die Gesamtbevölkerung und die damit einhergehende integrative Funktion von Medien resümiert schließlich die ARD / ZDF -Studie Migranten und Medien 2011: Die Medien können ihre integrative Funktion nur dann erfüllen, wenn sie auch genutzt werden und somit Informationen über verschiedene soziale und kulturelle Gruppen kommunizieren können. ( ARD / ZDF -Medienkommission 2011) Auf der Folie von Mediatisierung und Globalisierung ist es mehr denn je erforderlich, dass Kinder und Jugendliche systematisch an die verschiedenen (Kommunikations-)Medien herangeführt werden und den Umgang mit diesen erlernen, ansonsten laufen sie Gefahr, eine weitestgehend passive Rolle in Gesellschaft und Arbeitswelt einzunehmen (vergleiche Rosenberg 2010). Besonders Heranwachsende aus ökonomisch und bildungsbezogen weniger bevorzugten Familien müssen gefördert werden, denn „sie stehen in der Gefahr, mit der wachsenden Medienpalette nicht adäquat umgehen zu können“ (Aufenanger & Six 2001: 95). Den Versuch Kausalitäten zwischen dem Mediennutzungsverhalten und beispielsweise der Leseentwicklung auszumachen, hat bereits 1993 die Bertelsmann-Studie zum Leseklima in der Familie unternommen und ist dabei zu einem interessanten Ergebnis gelangt: Nicht nur in Familien, in denen das Buchlesen im Vergleich zum übrigen Mediengebrauch dominiert, finden wir Kinder, die gern lesen, sondern auch in Familien, in denen man sich einer Vielzahl von Medien intensiv zuwendet. (Hurrelmann, Hammer & Nieß 1993: 38) Die Autorengruppe um Hurrelmann stellt fest, dass neben den familiär geprägten Sozialisationsbedingungen vor allem die Mediennutzungsmuster ausschlaggebend dafür sind, ob ein Kind zum Leser oder Nichtleser wird. Zu einem ähnlichen Resultat kommen Rupp, Heyer 45 1.3 Multimedialität und Multimodalität & Bonholt (2004), die in ihrer Studie zu Lesen und Medienkonsum zunächst verschiedene Mediennutzungstypen herauskristallisieren, jedoch darüber hinaus feststellen, dass „der nachhaltige und dramatische Medienwandel der letzten zwanzig Jahre eine außerordentlich vielgestaltige Bandbreite an Nutzungsarten und Nutzungsorientierungen ergeben kann“ (Rupp et al. 2004: 208). Eine Korrelation zwischen Mediengebrauch und Sprachentwicklung bleibt, gerade wenn man das Lesen und Schreiben nicht eng auf Printmedien und manuelles Tun reduziert, weiterhin problematisch. Im Gegenteil, gilt es doch an mancher Stelle seine Vorurteile zu revidieren, wenn laut der Studie Lesen in Deutschland jeder zweite Intensivnutzer digitaler Medien sich selbst zugleich als Intensivleser einstuft (Schulz 2009: 70). 1.3.3 Multiliteralität und Spracherwerb Im Jahre 1994 wurde der Terminus der multiliteracies pedagogy von der New London Group erstmalig definiert. Eine Gruppe aus Wissenschaftlern aus den USA , Australien und Großbritannien erarbeitete zusammen ein Konzept, „mit dem sich die monolithische Struktur des tradierten Literalitätsbegriffs aufbrechen lässt“ (Bach 2007: 24). Folgt man der New London Group (vergleiche NLG 1996), so umfasst Multiliteralität ein äußerst komplexes Spektrum von Teilkompetenzen, das in seiner Vielfalt das Ziel hat, das Individuum für ein zunehmend vernetztes Europa zu stärken (vergleiche Elsner, Küster & Viebrock 2007; Küster 2007). In diesem Sinne gestaltet sich sprachliches Lernen im Rahmen einer Multiliteralitätsdidaktik multimedial sowie multimodal. Es setzt am vorhandenen sprachlichen, medialen und interkulturellen Erfahrungswissen an und zielt darauf ab, zur Kompetenzerweiterung beizutragen, indem die verschiedenen Dimensionen von multiliteracy einbezogen werden (siehe dazu Abbildung 1.9), um die Lerner zu befähigen, in komplexen und sich verändernden mehrsprachigen, interkulturellen und multimedialen Kontexten zu interagieren. Multiliteralität beinhaltet demnach sowohl „mündliche als auch schriftliche Fähigkeiten in mehreren Sprachen“ (Wildemann 2011: 279). Es ist allerdings ein Irrtum anzunehmen, dass sich multiliteracies ausschließlich über das Lesen und das Schreiben bestimmen lassen, vielmehr fokussiert es auch „social practices and relationships, about knowledge, language and culture“ ( UNESCO 2010). Das Konzept der multiliteracies pedagogy stützt sich somit „auf zwei gesellschaftliche Veränderungen [ab], zum einen die sprachlich-kulturelle Diversität und zum anderen die fortschreitende Entwicklung der Kommunikationstechnologien“ (Wildemann 2011: 278). Folglich zielt eine Multiliteralitätsdidaktik darauf ab, die vorhandene sprachliche Vielfalt aufzugreifen und im schulischen Kontext durch arrangierte Lernsettings, in denen Sprachenlerner interaktiv und autonom ihre mehrsprachigen Kompetenzen entwickeln und ausbauen können, zu erweitern. Hierbei sind die vorhandenen und zu erlernenden Sprachen Ausgangs- und Zielperspektive zugleich. 46 1. Grundlagen des multimedialen Lernens Abbildung 1.9: Dimensionen einer Multiliteralitätsdidaktik (Erweiterung von Wildemann 2011: 280) Multilinguale und monolinguale Lerner begeben sich auf diese Weise in einen Begegnungsraum, der sowohl sprachliche als auch interkulturelle Dimensionen des Lernens beinhaltet. Interkulturalität beinhaltet dabei in Anlehnung an Welschs Transkulturalitätsbegriff ein Verständnis von Kulturen, die „hochgradig miteinander verflochten [sind]“ (Welsch 1995), und daher individuell, flexibel und quer verlaufend sind (vergleiche Wildemann 2008, 2010; Wildemann & Hoodgarzadeh 2008). 1.3.4 Medienhandeln in der interkulturellen Unterrichtspraxis Medienkompetenz ist ein zentrales Leitziel des medienintegrativen beziehungsweise intermedialen Deutschunterrichts (vergleiche dazu Barth 1999; Bönnighausen 2010; Vach 2005). Sie lässt sich wiederum unterteilen in die beiden Zieldimensionen Wahrnehmungs- und 47 1.3 Multimedialität und Multimodalität Handlungskompetenz und somit in rezeptive und produktive Fähigkeiten im Umgang mit verschiedenen Medien. Beide Teilaspekte finden sich in der Definition von Bartsch wieder: Medienkompetenz (als Gegenstand und Ziel von (Medien-)Bildung) beschreibt (ganz im Sinne des Kompetenzbegriffs nach Weinert) die Summe der anwendungsbereiten Kenntnisse, der motivationalen und volitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten eines Menschen als Qualität, auf die vielfältigen Herausforderungen der Medienwelt angemessen zu reagieren, Medien für die eigene Lebensgestaltung selbstbestimmt zu nutzen sowie auf diese Welt aktiv handelnd Einfluss zu nehmen (also es nicht nur zu können, sondern es auch zu tun). (Bartsch 2010) Eine Ausdifferenzierung der Teilkompetenzen auf der Grundlage von Rezeption und Produktion hat Barth bereits 1999 vorgenommen. Ich halte diese Unterteilung nach wie vor für hilfreich, da sie sowohl mediales Wissen als auch Handeln in den Blick nimmt (siehe auch Barsch 2014). Sie berücksichtigt dabei zudem reflexive und ästhetische Verarbeitungsprozesse im Umgang mit Medien (vergleiche Barth 1999: 15f): Nutzungskompetenz ▶ zum Beispiel Schreiben und Lesen am Computer ▶ Kommunikation mithilfe der Informationstechnik ▶ Informationsbeschaffung im Netz (Lektüre von Hypertexten, Auswahl von Informationsangeboten) Kritikkompetenz ▶ Einsichten in die Prozesse der digitalen Kommunikation ▶ Aufmerksamkeit für den Wandel kommunikativer Strukturen ▶ Wahrnehmung von Medienentwicklungen ▶ Reflexion über eigene Medienerfahrungen Ästhetische Kompetenz ▶ Sensibilisierung gegenüber den vielfältigen kommunikativen Qualitäten auditiver, audiovisueller, multimedial-interaktiver Medien ▶ Leichteres Durchschauen und Entschlüsseln dieser kommunikativen Qualitäten (in Verbindung mit der Kritikkompetenz) ▶ Intensiveres Erleben der Medien Gestaltungskompetenz ▶ Verfassen von Medientexten mit Kassettenrekorder, Videokamera, Schreib-, Editoren-, Layout- und Präsentationsprogrammen etc. ▶ Produktionsorientierte Verfahren beziehungsweise Projekte Tatsache ist, dass sich Kinder und Jugendliche heutzutage in den drei Feldern Medialität, Mehrsprachigkeit und Interkulturalität mehr oder weniger intensiv bewegen. Dabei handelt es sich nicht immer um bewusst gestaltete Alltagshandlungen, sondern vielmehr um all- 48 1. Grundlagen des multimedialen Lernens tagsimmanente Erscheinungsformen. Für Menschen mit Migrationshintergrund gilt dabei, dass sie die verschiedenen technischen Medien in zunehmendem Maße nutzen, wobei insbesondere bei den Jüngeren, so die Prognose der aktuellen ARD / ZDF -Studie Migranten und Medien 2011 mit einer Angleichung der Mediennutzung an die Gesamtbevölkerung zu rechnen ist (vergleiche ARD / ZDF -Medienkommission 2011). Aufgabe von Schule ist es, an vorhandene Kompetenzen anzuknüpfen, dies gilt für sprachliche, mediale und interkulturelle Kompetenzen. Der theoretische Ansatz einer Multiliteralitätspädagogik beziehungsweise -didaktik wurde bereits skizziert. An dieser Stelle sollen nun mögliche Umsetzungsformen für mediales und sprachliches Handeln in interkulturellen Zusammenhängen vorgestellt werden. 1.3.5 Umsetzungsformen Zweisprachige Bilderbücher lesen, hören, klicken (Klasse 2 / 3) Das Buch Kleiner Eisbär, kennst du den Weg? von Hans de Beer gibt es nicht nur in deutscher, sondern auch in englischer und türkischer Sprache. Die Geschichte liegt in drei verschiedenen Formaten vor, als Printversion (Buch), als Hörbuch sowie als Spiel für den Computer. Die Schüler und Schülerinnen können sich somit auf unterschiedlichen Wegen der Geschichte nähern, durch eigenständiges Lesen im Buch oder durch das Anhören des Hörbuchtextes. Auf diese Weise werden nicht nur unterschiedliche Sinne für die Textrezeption aktiviert, sondern darüber hinaus unterschiedliche Lerntypen angesprochen. Das Computerspiel eignet sich hingegen eher für die Anschlusskommunikation, da hier die Geschichte nicht linear wiedergegeben wird, sondern die Kinder durch verschiedene Spielaktivitäten aufgefordert werden, sich interaktiv mit ihr auseinanderzusetzen. Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über die Inhalte, die verwendeten Medien und die anvisierten Kompetenzen bei der Texterschließung mithilfe unterschiedlicher Medien (Tabelle 1.2). Inhalte Medien Kompetenzen Lesen im Buch, Hören literarischer Texte Buch, Hörbuch oder Hörspiel Sprachliche Kompetenzen Literarisches Lernen durch eigenständiges Lesen und Hören Aufmerksamkeit für andere Sprachstrukturen entwickeln Über eigene Spracherfahrungen sprechen (Metakommunikation) Sprachen miteinander vergleichen-- Ähnlichkeiten und Unterschiede erkennen Interkulturelle Kompetenzen Gedanken, Gefühle anderer nachvollziehen Hören, Lesen und Sehen am Bildschirm Computer, CD - ROM Sprachliche Kompetenzen Lesen am Bildschirm Aufgabenverständnis entwickeln Mediale Kompetenzen Handhabung des Computers Umgang mit interaktiven Geschichtentools Tabelle 1.2: Zweisprachige Bilderbücher lesen, hören, klicken 49 1.3 Multimedialität und Multimodalität Sprachbetrachtung via Internet (Klasse 4-6) Wenn Schülerinnen und Schüler etwas über Sprachverwandtschaften herausfinden sollen, dann bietet sich dazu die Recherche im Internet an. Ausgangspunkt der Recherche können zum einen die eigenen Sprachen sein-- hier bietet sich eine Verbindung mit sprachbiografischem Lernen an (siehe unten)-- oder aber auch die in der Schule gelernten Fremdsprachen. Folgende Aufgaben sind möglich: ▶ Welche Sprache beziehungsweise Sprachen sprichst Du? Finde heraus, woher die Sprache beziehungsweise die Sprachen stammt oder stammen und ob es verwandte Sprachen gibt. ▶ In der Schule lernst du Englisch. Weißt du, ob Deutsch und Englisch verwandte Sprachen sind? Finde es heraus. ▶ Russisch gehört zu den slawischen Sprachen. Welche Sprachen zählt man noch zu dieser Sprachfamilie? ▶ Es gibt eine Wissenschaft, die sich mit der slawischen Sprache beschäftigt. Was kannst du alles darüber herausfinden? ▶ Welche Sprachen gehören der indogermanischen Sprachfamilie an? Finde es heraus. ▶ Über welche Sprache oder Sprachen möchtest du mehr wissen? Mach dich auf die Suche und präsentiere deinen Mitschülern und Mitschülerinnen, was du herausgefunden hast. Auch hier werden die Inhalte, Medien und die vorgesehenen Kompetenzen tabellarisch aufgeführt und bieten damit eine Orientierung für den Unterricht (Tabelle 1.3). Inhalte Medien Kompetenzen Recherche, Auswertung und Präsentation Internet Sprachliche Kompetenzen Wissen über Sprachverwandtschaften; Sprachen und ihre Herkunft kennen Interkulturelle Kompetenzen Sprachverwandtschaften aus kultureller Perspektive betrachten Mediale Kompetenzen Recherchieren im Internet, Stichwortsuche und Nutzen von Suchmaschinen Tabelle 1.3: Sprachbetrachtung via Internet Sprachbiografisches Lernen durch Interviews (Klasse 6-8) Ausgangspunkt sind die Sprachbiografien der Schülerinnen und Schüler. Die Auseinandersetzung bietet die Möglichkeit, den alltäglichen Sprachgebrauch sowie die individuellen sprachlichen Vorlieben im Unterricht zu thematisieren. Indem die Schülerinnen und Schüler sich gegenseitig über ihre Sprachbiografie befragen, können Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten zu anderen Biografien entdeckt und nachvollzogen werden. Erfahrungsgemäß werden die Schüler und Schülerinnen im Unterrichtsalltag nicht häufig ermutigt über ihre Sprachen zu sprechen, auch untereinander ist es oft kein großes Thema, so dass Spracheninterviews 50 1. Grundlagen des multimedialen Lernens ihnen einen vertiefenden Einblick in die Lebenswelt ihrer unmittelbaren Mitmenschen geben und so auch zu einem gegenseitigen Verständnis beitragen können (vergleiche dazu auch Wildemann & Hoodgarzadeh 2010). Im Vordergrund stehen hierbei die Entwicklung, Durchführung und Reflexion der Interviews auf sprachlicher und interkultureller Ebene, während das mediale Lernen integrativ erfolgt. Leitfragen für die Interviews können zum Beispiel sein: ▶ Welche Sprache ist deine Heimatsprache? (In diesem Zusammenhang ist ein Unterrichtsgespräch über den Begriff Heimat voranzustellen.) ▶ Welche Sprache beziehungsweise Sprachen sprichst du mit deinen Eltern, Freunden etc.? ▶ Welche Sprache beziehungsweise Sprachen sprichst du in der Schule? ▶ Welche Sprache ist deine Wunschsprache? Welche Sprache beziehungsweise Sprachen möchtest du gerne noch lernen? ▶ Stell dir vor, du wärst ein Sprachenforscher. Erzähle anderen von deiner Arbeit und deinen Interessen. Mache dir dafür Stichpunkte. Die nachstehende Tabelle 1.4 gibt wieder eine Übersicht über die assoziierten Kompetenzen sowie die verwendeten Medien Inhalte Medien Kompetenzen Interviews Videokamera, Computer, Schnittprogramm Sprachliche Kompetenzen Diskursives Verständnis von Begriffen wie Heimat, Muttersprache, Erstsprache, Zweitsprache etc. Wissen über die Struktur eines Interviewleitfadens Analyse und Reflexion von Sprache im Interview Interkulturelle Kompetenzen Wahrnehmung von und Interesse an den Sprachbiografien Anderer Interkulturelles Verständis im Hinblick auf (Sprach-)Biografien Anderer Empathiefähigkeit Mediale Kompetenzen Handhabung der Videokamera Umgang mit Videoschnittprogrammen (zum Beispiel pinnacle studio plus 12) Analyse und Reflexion von Sprache im Interview Tabelle 1.4: Sprachbiografisches Lernen durch Interviews Digitale Lyrik (ab Klasse 9) Im Sinne eines handlungs- und produktionsorientierten Unterrichts wird mit einem mehrsprachigen lyrischen Text umgegangen. In dem Gedicht von Gert Podszun (siehe unten) lassen sich gleich auf den ersten Blick verschiedene Sprachen entdecken. Da es auf semantischer und strukturaler Ebene jedoch recht einfach ausfällt, ist es trotz anfänglicher Sprachhürden verstehbar. Die Schülerinnen und Schüler erhalten nach einer Analyse des Gedichtes die Möglichkeit, Analogietexte, in die sie ebenfalls verschiedene Sprachen integrieren, zu verfassen. Hier bieten gerade die Arbeit am Computer und das Einstellen der Eigenproduktionen ins Web weitere Möglichkeiten, mit den Texten interaktiv zu verfahren, zum Beispiel indem diese 51 1.3 Multimedialität und Multimodalität wiederum als Vorlage für weitere Analogiegedichte genommen werden oder indem Gegenentwürfe dazu verfasst werden. Auch das grafische Gestalten am Computer bietet die Chance, das Gesagte in besonderer Weise hervorzuheben und dadurch Sinnverständnis herzustellen. Darüber hinaus erhalten die Schüler und Schülerinnen den Auftrag, weitere Dichter und Dichterinnen zu suchen, die ihre Gedichte in zwei oder mehr Sprachen verfassen. Auf diese Weise wird Mehrsprachigkeit und Interkulturalität sichtbar gemacht. Die hier vorgestellten Unterrichtsideen können sowohl in einem integrativen als auch in einem projektorientierten Sprachenunterricht umgesetzt werden. Erforderlich ist es, dass der Lehrer beziehungsweise die Lehrerin entweder die in der Klasse gesprochenen Sprachen kennt oder die Frage nach den Sprachen der Schülerinnen und Schüler zum Ausgangspunkt seines beziehungsweise ihres Unterrichts macht. Die einzelnen Unterrichtsanregungen können dabei einen ersten Schritt darstellen, um die Sprachen der Schülerinnen und Schüler in den Sprachunterricht hineinzuholen und für das sprachliche und interkulturelle Lernen zu nutzen. alles gute be happy and lucky tanta fortuna y mucha suerte glück für alle wo licht ist ist schatten wo oben ist ist unten wo links ist ist rechts where luck is dove fortuna wo gleich ist ist ungleich wer ist wo all the best is the best (Gert Podszun) alles schlechte be worry and unhappily si malheureux e molto mal pech für alle wo schatten ist ist licht wo unten ist ist oben wo rechts ist ist links dove è malato is luck wo ungleich ist ist gleich wer ist wo all the different is the difference (Schülertext) Tabelle 1.5: Gedicht von Gert Podszun und Schülertext im Vergleich 52 1. Grundlagen des multimedialen Lernens Inhalte Medien Kompetenzen Lyrische Texte lesen, untersuchen, gestalten und verfassen Computer Sprachliche Kompetenzen Lesen und verstehen lyrischer Sprache Textanalyse auf strukturaler und semantischer Ebene Aktiver Umgang mit verschiedenen Sprachen in der Textproduktion Interkulturelle Kompetenzen Wahrnehmung und Verständnis eigener und fremder Sprachen Kenntnisse bezüglich der Schnittmenge zwischen Sprachen und Kulturen Mediale Kompetenzen Gestalten am Computer (hier: Zusammenhang von Textgestaltung und Textaussage) Interaktiver, digitaler Umgang mit Texten im Web Internetrecherche Tabelle 1.6: Digitale Lyrik 1.3.6 Zusammenfassung ▶ Mehrsprachigkeit (Multilingualität) und Multikulturalität sind in unserer heutigen, sich stetig weiter entwickelnden Gesellschaft der Normalfall. Aus der Perspektive der Fremdsprachendidaktik wird Mehrsprachigkeit somit nicht nur als Ressource, sondern als notwenige Erfordernis angesehen, um in einer multilingualen Welt erfolgreich zu bestehen. ▶ Digitale Medien gehören fest zum Alltag von Kindern und Jugendlichen. Dabei ist es auf der Welle von Mediatisierung und Globalisierung mehr denn je erforderlich, dass Kinder und Jugendliche systematisch an die verschiedenen (Kommunikations-)Medien herangeführt werden und den Umgang mit diesen erlernen, ansonsten laufen sie Gefahr, eine weitestgehend passive Rolle in Gesellschaft und Arbeitswelt einzunehmen. ▶ Im Rahmen einer Multiliteralitätsdidaktik gestaltet sich sprachliches Lernen multimedial sowie multimodal. Es setzt am vorhandenen sprachlichen, medialen und interkulturellen Erfahrungswissen an und zielt darauf ab, zur Kompetenzerweiterung beizutragen. Dies geschieht, indem die verschiedenen Dimensionen von multiliteracy einbezogen werden, um die Lerner zu befähigen, in komplexen und sich verändernden mehrsprachigen, interkulturellen und multimedialen Kontexten zu interagieren. ▶ Medienkompetenz ist ein zentrales Leitziel eines medienintegrativen beziehungsweise intermedialen Deutschunterrichts. Sie lässt sich unterteilen in die beiden Zieldimensionen Wahrnehmungs- und Handlungskompetenz und somit in rezeptive und produktive Fähigkeiten im Umgang mit verschiedenen Medien. 1.3.7 Aufgaben zur Wissenskontrolle 1. Wie wird mit der Mehrsprachigkeit in der EU umgegangen? 2. Was bedeutet Multiliteralität? Welche Kompetenzen umfasst sie? 53 1.3 Multimedialität und Multimodalität 3. Was ist die Medienkompetenz? Welche Teilkompetenzen beinhaltet sie? 4. Welche Folgen hat die Tatsache, dass in der Deutschdidaktik, die Förderung von Mehrsprachigkeit zwar formal gewünscht ist, sich in der unterrichtlichen Praxis jedoch kaum wiederfindet? 5. Welche Möglichkeiten bieten Sprachbiografien für Schülerinnen und Schüler? 55 1.3 Multimedialität und Multimodalität 2. Didaktische Konzepte Das vorangehende Kapitel hat die wichtigsten lerntheoretischen Grundlagen des multimedialen Lernens vorgestellt. Dabei wurde gezeigt, wie visuelle und auditive Informationen verarbeitet und abgespeichert werden, welche Rolle Bilder in der Sprache und bei der Sprachvermittlung spielen und welche Präsentationsformen für unterschiedliche Arten des Lernstoffs besser geeignet sind als andere. Dieses Kapitel baut auf dieser Darstellung auf und zeigt, wie die lerntheoretischen Erkenntnisse für das Lehren und Lernen von Sprachen umgesetzt werden können. Digitale Medien werden zunehmend in der Fremdsprachenvermittlung verwendet, von der Verwendung digital verfügbarer Lehr- und Lernmaterialien inner- und außerhalb des Unterrichts bis zur Ansiedlung des gesamten Lehr- und Lernhandlungsorts in Computernetzwerken beziehungsweise im Internet. Die erste Lerneinheit zeigt daher, wie digitale Medien gezielt zur Unterstützung bestimmter Lernformen eingesetzt werden können, um funktionale Mehrwerte der Medien zu ermitteln. In dieser Lerneinheit werden Sie mit unterschiedlichen Lernformen vertraut gemacht, die durch den Einsatz von digitalen Medien gezielt unterstützt werden können. Zudem wird gezeigt, wie verschiedene Kommunikations- und Kooperationswerkzeuge sinnvoll auch im Unterricht eingesetzt werden können. Die zweite Lerneinheit behandelt Szenarien für kollaboratives Lernen, mit deren Hilfe das oft passive, nur rezeptive Verhalten von Lernern verändert und die Zielsprache zunehmend selbstgesteuert durch Zusammenarbeit und aktiven Sprachgebrauch erworben werden kann. Die Lerneinheit präsentiert dazu Gestaltungsprinzipien für lerneffektive kollaborative Lernszenarien in Anlehnung an Erkenntnisse aus der kognitiven Linguistik, der Lernpsychologie und dem computergestützten kollaborativen Wissenserwerb. Die dritte Lerneinheit befasst sich mit dem medienbasierten Tandem-Lernen und nimmt dazu eine betont interkulturelle Perspektive ein, weil diese ein integraler Bestandteil der Zusammenarbeit von Menschen mit unterschiedlichen sprachlichen und kulturellen Hintergründen ist. Hier erfahren Sie, wie sich Tandem-Konstellationen als Ort für interkulturelles Lernen nutzen lassen, welche Rollen die digitalen Medien dabei spielen können, wie Sie diese effizient einsetzen und wie Tandem-Lerner für Stärken und Schwächen des Sprachenlernens im Tandem sensibilisiert werden können. 56 2. Didaktische Konzepte 2.1 Lernformen Ferran Suñer Muñoz & Dessislava Todorova Im ersten Kapitel haben Sie die wichtigsten kognitionswissenschaftlichen Grundlagen für das multimediale Lernen kennengelernt. Sie wissen nun, wie visuelle und auditive Informationen verarbeitet und abgespeichert werden, welche Rolle das Phänomen der Bildhaftigkeit in der Sprache und bei der Sprachvermittlung spielt und welche Präsentationsformen für unterschiedliche Arten des Lernstoffs besser geeignet sind. Die vorliegende Lerneinheit geht nun einen Schritt weiter: Sie geht darauf ein, wie die digitalen Medien gezielt zur Unterstützung bestimmter Lernformen eingesetzt werden können. So kann schließlich der funktionale Mehrwert der digitalen Medien ermittelt werden. Die Leitfragen dieser Lerneinheit sind daher: (1) Welche Lernformen können überhaupt mit digitalen Medien gefördert werden? (2) Welches Medium beziehungsweise welche Lernumgebung eignet sich für welche Lernform? Lernziele In dieser Lerneinheit möchten wir erreichen, dass Sie ▶ mit unterschiedlichen Lernformen vertraut werden und diese durch den Einsatz von digitalen Medien gezielt unterstützen können; ▶ verschiedene Kommunikations- und Kooperationswerkzeuge und ihre Funktionen im Unterricht kennenlernen. Die vorliegende Lerneinheit basiert auf Suñer, Ferran & Todorova, Dessislava (2015), Mediendidaktik. Anwendungsbaustein 4. In: Roche, Jörg (Hrsg.), Grundlagen und Konzepte des DaF-Unterrichts. München: Goethe-Institut. 2.1.1 Lernformen im handlungsorientierten Unterricht Wenn man von der Handlungsorientierung als übergeordnetem Prinzip der modernen Fremdsprachendidaktik ausgeht (detaillierter siehe Kapitel 5), dann gibt es eine Reihe von Anforderungen, die nach Schulz-Zander & Tulodziecki (2009; vergleiche Roche 2013; Roche, Reher & Simic 2012) beim Einsatz der digitalen Medien erfüllt werden sollten. Handlungsorientiertes Lernen bedarf einer komplexen und bedeutenden Aufgabe als Ausgangspunkt, die klar situiert ist und sich an den Bedürfnissen und Interessen der Lerner orientiert. Dabei sollten stets die Erfahrungswelt und der vorhandene Kenntnisstand der Lerner berücksichtigt werden, denn nur so sind sie imstande, ihre eigenen Erfahrungen in den Lernprozess zu integrieren und damit einen individuellen Zugang zum Lernstoff zu finden. Erst dadurch kann handelndes Lernen motivierend und effizient für den Spracherwerb sein (vergleiche Roche et al. 2012: 33). 57 2.1 Lernformen Nicht zu vergessen ist jedoch auch die sozial-interaktionistische Dimension des Lernens: Durch kooperative und kollaborative Prozesse sollte die Ko-Konstruktion von Wissen und die Bedeutungsaushandlung durch Handlungsinteraktionen initiiert werden. Übertragen auf den Spracherwerb bedeutet dies: Nicht Subjekt, Objekt oder Akkusativ sind das Thema, sondern der funktionale Gebrauch der Grammatik in der praktischen Sprachanwendung. Die für das Sprachwachstum so wichtige Erprobung und Anwendung, und damit auch die Rückmeldung der Umgebung, stehen im Mittelpunkt. (Roche et al. 2012: 33) Schließlich sollten digitale Medien auch den Entwicklungsprozess jedes Lerners unterstützen, indem differenzierte Lernmöglichkeiten und individualisiertes Feedback angeboten werden. All diese Aspekte können nach Schulz-Zander & Tulodziecki (2009) durch die Umsetzung folgender Lernformen erfüllt werden: ▶ individualisiertes Lernen ▶ forschendes Lernen ▶ kollaboratives Lernen ▶ produktorientiertes Lernen 2.1.2 Individualisiertes Lernen Die Bewältigung komplexer Aufgaben erfordert oft die Kombination verschiedener Wissensbereiche und Kompetenzen. Da aber jeder Lerner ein unterschiedliches Vorwissen mitbringt, besteht in der Regel eine starke Heterogenität im Unterricht, die aber vor allem durch digitale Medien angemessen angesprochen und produktiv genutzt werden kann. Das Angebot differenzierter Lernmöglichkeiten kann den individuellen Entwicklungsprozess unterstützen und somit auch zu einem größeren Erfolg bei der Bewältigung kollaborativer, produktorientierter Aufgaben führen (vergleiche Schulz-Zander & Tulodziecki 2009: 41). Komplexe Lernplattformen bieten deswegen vielfältige Ressourcen, die je nach Bedarf von den Lernern in Anspruch genommen werden können (eventuell nach Abstimmung mit dem Tutor). Diese sind: Aufgabensequenzen, Online-Wörterbücher, Online-Grammatiken, Spracherkennungssysteme, Linksammlungen, Tipps, Lernstrategien und Ähnliches. Was die Grammatik angeht, so können zum Beispiel Animationen die für bestimmte Grammatikbereiche relevanten Prinzipien veranschaulichen (vergleiche auch Lerneinheit 1.2). Das zeigt die folgende Abbildung zum Thema Wechselpräpositionen (vergleiche Scheller 2012). Die Kasuswahl Akkusativ beziehungsweise Dativ wird durch das Prinzip der Grenzüberschreitung erklärt. 58 2. Didaktische Konzepte Abbildung 2.1: Screenshot aus der Animation zum Thema Wechselpräpositionen (granima.de; nach Scheller 2012: 7) So ein Grammatikthema kann nach Scheller (2012) folgendermaßen präsentiert werden. In einem ersten Schritt (Aktivierungsphase) schauen sich die Lerner die Animation an, in der die Kasuswahl bei den Präpositionen durch das Prinzip der Überschreitung einer imaginären Grenze erklärt wird (siehe Abbildung 2.1). Dabei versuchen sie das Prinzip der Grenzüberschreitung selbst zu entdecken, das die Kasuswahl des Akkusativs (Grenzüberschreitung: 59 2.1 Lernformen Das Auto fährt auf die Straße.) und des Dativs (keine Grenzüberschreitung: Das Auto fährt auf der Straße.) bestimmt. In einem zweiten Schritt (Systematisierungsphase) wird die Entscheidungsstrategie durch besondere Hervorhebung des Prinzips der Grenzüberschreitung sichtbar gemacht. Während der dritten Phase (Exploration) können die Lerner dazu aufgefordert werden, Sätze zu den präsentierten Animationen beziehungsweise Animationen den präsentierten Sätzen zuzuordnen. Das lässt sich medial beispielsweise anhand von drag and drop-Übungen realisieren. Schließlich können die Lerner je nach Bedarf weitere Beispiele zu den Wechselpräpositionen mit ergänzenden Erklärungen kennenlernen (Festigungsphase). Individualisiertes Lernen kann im Bereich des Wortschatzerwerbs durch Lexika unterstützt werden, die zum Beispiel in Form von Mindmaps den zunehmenden Wortschatz der Lerner darstellen. Auch vorgefertigte Lexika in Form von dynamischen Wörternetzen können als Werkzeuge zur Visualisierung semantischer Relationen genutzt werden, wie zum Beispiel beim VisualThesaurus (siehe Abbildung 2.2). Abbildung 2.2: Dynamisches Wörternetz am Beispiel des englischen Verbs go (Thinkmap VisualThesaurus; zitiert nach Roche 2008a: 34) Der Lerner kann sich durch das gesamte Lexikon klicken und verschiedene Konstellationen durchspielen lassen. Auch kann eine weitere Sprache hinzugefügt werden, so dass eine Art bilinguales Lexikon simuliert wird. Mit all diesen Ressourcen beziehungsweise Komponenten können komplexe Lernplattformen eine Individualisierung des Lernprozesses gewährleisten, 60 2. Didaktische Konzepte indem Inhalte, Tempo, Menge und Ähnliches flexibel an die Bedürfnisse der Lerner angepasst werden können (vergleiche Todorova 2009). 2.1.3 Forschendes Lernen Im Rahmen des handlungsorientierten Unterrichts wird dem forschenden Lernen (auch: fallbasiertes Lernen) eine wichtige Rolle zugeschrieben, und zwar werden dabei komplexe, realitätsnahe Aufgaben bearbeitet und zugleich ein individueller Zugang seitens des Lerners durch Ausprobieren eigener Lösungsansätze ermöglicht (vergleiche problembasiertes Lernen nach Issing 2009 und Zumbach 2003; vergleiche auch Edelmann 2000). Da dieses Ausprobieren und Experimentieren durch sprachliches Handeln stattfindet, können Lerner ihre Lernfortschritte im Spracherwerb am Erfolg ihrer Handlungen testen (Roche et al. 2012). Die digitalen Medien bieten in Bezug auf forschendes Lernen ein großes Potenzial, da sich dadurch höchst komplexe Zusammenhänge und Situationen ohne viel Aufwand (für die Lehrkraft) simulieren lassen. So ist der direkte Zugang zu zahlreichen Datenquellen (Internet oder Datensammlungen) ein hervorragendes Werkzeug für die Recherche und Entwicklung eigener Lösungen (vergleiche Schulz-Zander & Tulodziecki 2009: 42). Virtuelle Szenarien können die Umsetzung der Lösungsansätze visualisieren. Ein Beispiel dafür findet sich auf der digitalen Sprachlernplattform Deutsch-Uni Online ( DUO ) (ausführlich dazu siehe Kapitel 6 und 7 in diesem Band) im Modul fachdeutsch medizin. In einem virtuellen Szenario wird eine ärztliche Operation simuliert, in der die Lerner dazu angehalten werden, konkrete medizinische Fälle zu lösen, so dass die Sprache zu einem handlungsrelevanten Werkzeug wird. Zuerst werden vier verschiedene Fälle präsentiert, zu denen der Lerner die richtige Diagnose stellen muss. Danach werden die Vorbereitungen für die Operation getroffen, indem zum Beispiel die Anästhesie verabreicht wird. Im nächsten Schritt wird die Operation durchgeführt (siehe Abbildung 2.3). Die Lerner werden aufgefordert, dem Chefarzt die Instrumente zu geben. Die Aufforderungen werden in auditiver Form dargeboten, so wie in einem echten Operationssaal. Sie können aber durch Anklicken des entsprechenden Buttons beliebig oft wiederholt werden. Die verschiedenen Instrumente werden bildlich am unteren Ende des Bildschirms dargestellt und können per drag and drop (‚Ziehen und Ablegen‘) in das Bild des Operationssaals geschoben werden. In diesem konkreten Fall spielt auch die Zeit eine wichtige Rolle, denn wenn der Chefarzt zu lange auf die Instrumente warten muss, ist mit Komplikationen bei der Operation zu rechnen. Dies wird mit dem Zeitanzeiger am oberen linken Ende des Bildschirms simuliert. 61 2.1 Lernformen Abbildung 2.3: Operationssaal in fachdeutsch medizin (Deutsch-Uni Online) 2.1.4 Forschendes Lernen am Beispiel der Sprachlernspiele In den letzten Jahren wurden verstärkt Sprachlernspiele entwickelt, mit denen das spielerische, forschende Lernen von Sprachen gefördert werden kann. Bei solchen Sprachlernangeboten steht jedoch nicht der Unterhaltungsfaktor des Spiels im Vordergrund, sondern dessen Bildungsziel, das heißt die Lernprozesse, die durch das Spiel angeregt werden können. Daher werden diese Lernspiele serious games genannt (Englisch für ‚ernste Spiele‘). Nach Marr (2010) handelt es sich bei serious games um Spiele oder spielähnliche Anwendungen- […], die mit Technologien und Designs aus dem Unterhaltungssoftwarebereich entwickelt werden und nicht primär bzw. ausschließlich der Unterhaltung dienen. Der Nutzer soll in einem Spielszenario etwas lernen, das er im wirklichen Leben gebrauchen oder anwenden kann. (Marr 2010: 16) Dabei wirkt nicht das Lernziel an sich als wichtigster Motivationsaspekt, sondern die Neugier der Nutzerinnen und Nutzer darauf, die regelbasierte Interaktion im Spielszenario zu erschließen, wie es aus den herkömmlichen (Computer-)Spielen bekannt ist (vergleiche Wagner 2009: 299). 62 2. Didaktische Konzepte Für das Sprachenlernen bieten (Computer-)Spiele zahlreiche Vorteile: Sie stellen reichhaltige Szenarien mit zahlreichen Interaktions- und Simulationsmöglichkeiten bereit, die im Präsenzunterricht sonst nur mit erhöhtem Aufwand realisierbar sind; sie ermöglichen multiple Wege zum Erreichen der Ziele im Spielszenario und damit unterschiedliche Möglichkeiten sprachlichen Handelns; sie verbinden das Erreichen der Ziele im Spiel mit dem Erwerb bildungsrelevanter Kompetenzen auf eine motivierende Weise. Zur optimalen Unterstützung von Lernprozessen anhand der Phantasiewelt von serious games nennen Asgari & Kaufmann (2010) folgende Bedingungen: ▶ Die Phantasiewelt im Spiel sollte die Lernziele ergänzen, nicht ersetzen. ▶ In der Phantasiewelt sollten angemessene didaktische Metaphern und Analogien verwendet werden. ▶ Die Lerner sollten mit den Charakteren der Phantasiewelt vertraut sein. ▶ Die Phantasiewelt sollte genderspezifische Aspekte berücksichtigen. ▶ Die Phantasiewelt sollte einen nachvollziehbaren Bezug zum Lerninhalt haben. Neben der Phantasie müssen serious games nach Malone & Lepper (1987: 230ff) weitere Voraussetzungen erfüllen, um die Nutzerinnen und Nutzer zur Teilnahme am Spiel zu motivieren, wie zum Beispiel das Vorhandensein einer anregenden Herausforderung, die Aktivierung der kognitiven und sensorischen Neugier, die Transparenz bezüglich der Kontrolle über das Spiel, die Anerkennung bei der Erreichung von Zielen etc. Wie aber werden all diese wichtigen Aspekte in echten Sprachlernspielen umgesetzt? Das soll am Beispiel von Lernabenteuer Deutsch-- Ein rätselhafter Auftrag, ein Abenteuerspiel des Goethe-Instituts für Deutschlerner ab Niveau B1, gezeigt werden. Die Herausforderung des Spiels besteht in der Lösung eines rätselhaften Kriminalfalls: Der mysteriöse Brief ihres Onkels bringt die Journalistin Jayden McIntyre nach Deutschland. Dort angekommen trifft sie statt auf den Onkel nur auf eine Spur von rätselhaften Paketen. Ihnen folgt Jayden durch die Welt eines deutschen Unternehmens auf der Suche nach dem Onkel und der Lösung für ihren rätselhaften Auftrag. (Goethe-Institut 2013) Die sensorische Neugier wird durch die Bereitstellung von Spielszenarien angeregt, in denen bewegte Bilder, Dialoge, Musik und Ähnliches miteinander kombiniert werden. Die kognitive Neugier der Nutzerin beziehungsweise des Nutzers wird dabei durch die Präsentation einer unvollständigen Erkenntnis angeregt, die durch die Handlungen und den zunehmenden Kompetenzerwerb der Nutzerin oder des Nutzers rekonstruiert und vervollständigt werden kann. Zu diesem Zweck müssen verschiedene Probleme gelöst und Situationen bewältigt werden (zum Beispiel ein Bewerbungsgespräch erfolgreich absolvieren oder Terminabsprachen treffen), die den Erwerb verschiedener sprachlicher Kompetenzen erfordern. Erst durch das Erreichen der Teilziele ist die Lösung des Rätsels möglich. Durch diese Kleinschrittigkeit im Spiel wird die Motivation der Nutzerinnen und Nutzer gesteigert, da sie regelmäßig Feedback zum Erfolg beziehungsweise Nichterfolg ihrer Handlungen erhalten und sich Herausforderungen stellen können, die sich an ihren zunehmenden Kompetenzen orientieren. Dabei erkennen die Nutzerinnen und Nutzer auch die Kontrolle 63 2.1 Lernformen des Spiels durch ihre Handlungen: Ihnen stehen verschiedene Handlungsmöglichkeiten zur Auswahl und sie können durch ihre Entscheidungen das Spielgeschehen manipulieren. Schließlich werden im Spiel Situationen präsentiert, in denen Nutzerinnen und Nutzer eine Analogie zur Realität wiedererkennen können (zum Beispiel durch gesellschaftliche Elemente) und sich mit den Personen und den verschiedenen Rollen (zum Beispiel der Rolle als Arbeitssuchender) identifizieren. So greifen sie zur Bewältigung der phantasievollen Spielsituationen auf die Interaktionsregeln zurück, die sie in der realen Welt auch anwenden, und stellen damit eine Analogie zur Realität her. Abbildung 2.4: Spiel Lernabenteuer Deutsch-- Ein rätselhafter Auftrag (Goethe-Institut 2013) 2.1.5 Kollaboratives Lernen Lernen findet nicht nur durch mentale Operationen im Kopf des Lerners statt, sondern entsteht auch durch die Interaktionen mit der Umwelt und den Individuen eines konkreten sozio-kulturellen Raums (Wygotski 1986). Wie geschieht aber diese Bedeutungsaushandlung genau und welche Folgen hat das für den Wissenserwerb? Mit dieser Frage haben sich Moskaliuk, Kimmerle & Cress (2012) in ihrem co-evolution model beschäftigt. Sie haben diesen Prozess in Bezug auf die sogenannten Wikis beschrieben (kooperative Werkzeuge, die die gemeinsame Erarbeitung von Texten ermöglichen; zum Beispiel www.writeboard.com. 5. März 2018). Die Autoren unterscheiden zwischen zwei Systemen, dem Informationsraum (Wiki) und dem Wissensraum (Lerner), die durch Prozesse der Internalisierung (Informationsraum → Wissensraum) und Externalisierung (Wissensraum → Informationsraum) miteinander interagieren. Kombiniert man diese zwei Prozesse mit den Prozessen der Assimilation und Akkomodation, so ergeben sich folgende vier mögliche Kombinationen: ▶ internale Assimilation ▶ internale Akkomodation ▶ externale Assimilation ▶ externale Akkomodation. 64 2. Didaktische Konzepte Der Informationsraum wird durch die Beiträge der Lerner gemeinsam konstruiert. Bei diesem Prozess können Wissensbestände der Lerner direkt vom Informationsraum aufgenommen werden (externale Assimilation) oder zu großen Anpassungen der Struktur des Informationsraums führen (externale Akkomodation). Die Informationen aus dem Informationsraum können ebenfalls durch Prozesse der internalen Assimilation oder Akkomodation in den Wissensraum gelangen. Diese Prozesse bildet die folgende Grafik ab: Abbildung 2.5: Das Co-evolution Model (Moskaliuk, Kimmerle & Cress 2012: 1051) Medientechnisch können kooperative Lernprozesse durch Chat, Forum, Wikis und Whiteboard unterstützt werden. Während der Chat eher für Abstimmungsprozesse durch synchrone und konzeptionell mündliche Beiträge der Lerner geeignet ist, wird das Forum für längere und konzeptionell schriftliche Beiträge verwendet. Die Wikis sind ihrerseits darauf ausgerichtet, einen echten gemeinsamen Informationsraum im Sinne von Moskaliuk et al. (2012) zu schaffen, auf den jeder Lerner zugreifen und zugleich jede Änderung nachverfolgen kann. Darüber hinaus bieten Anwendungen zur gemeinsamen Erstellung von Concept-Maps wie CM aps Tool (Online unter http: / / cmap.ihmc.us/ . 5. März 2018) auch die Möglichkeit, multimediale Materialien kooperativ zu gestalten. Mit dem CM aps Tool, das kostenlos von der Website des Institute for Human and Machine Cognition ( IHMC ) heruntergeladen werden kann, können die Concept-Maps nicht nur von mehreren Lernern auf dem Server des IHMC gleichzeitig bearbeitet werden, sondern sie können auch mit allerlei Dateien versehen werden (Videos, Audios, Text, Bilder, Aufgabensequenzen und vieles mehr). 65 2.1 Lernformen Kollaborative Lernprozesse werden aber nicht durch den Einsatz der Medien selbst ausgelöst, sondern durch die Aufgabenstellung und die dadurch entstandene Notwendigkeit, miteinander zu kommunizieren, sich abzustimmen und gemeinsame Lösungen zu finden. Ein Beispiel dafür, wie dies in der Praxis umgesetzt werden kann, bietet das Projekt Cultura der MIT (Furstenberg 2012). Ziel von Cultura ist es, mithilfe von Forumsdiskussionen interkulturelles Lernen zu fördern. An den Forumsdiskussionen beteiligen sich zwei Gruppen von Fremdsprachenlernern aus zwei unterschiedlichen Kulturräumen, die jeweils die Erstsprache der anderen Gruppe lernen. Vor der Forumsdiskussion beantworten die Lerner Fragebögen (unter anderem Assoziationstests) zu allgemeinen und zentralen Bereichen der Kultur wie Familie, Gesellschaft, Arbeit und Ähnlichem. In einem zweiten Schritt werden sie mit verschiedenen Informationen über die zu vermittelnde Kultur konfrontiert, wie zum Beispiel mit Filmen, Texten, Statistiken, Bildern etc. Auslöser für die Forumsdiskussionen sind einerseits die Ergebnisse der Fragebögen und andererseits die zur Verfügung gestellten Materialien. Die Lerner teilen nämlich ihre Entdeckungen und Behauptungen beziehungsweise Hypothesen im Forum mit und stellen gegebenenfalls Fragen an die Mitglieder der anderen Gruppe. Dabei werden die Hypothesen anhand von konkreten Beispielen und mithilfe der Partner immer weiter verfeinert. Diesen Prozess beschreibt Furstenberg (2012) folgendermaßen: Die Erfahrung hat gezeigt, dass der Erfolg von interkulturellen Dialogen davon abhängt, dass Teilnehmer gleichermaßen ihre Beobachtungen und Reaktionen miteinander teilen, sich auf die Beobachtungen von anderen beziehen, Hypothesen aufstellen und Erklärungen anbieten, die Beiträge der anderen würdigen, Fragen stellen, Dinge anhand von konkreten Beispielen aus dem Alltag darstellen, die Initiative ergreifen-[…] und natürlich auf die Fragen ihrer Partner reagieren. (Furstenberg 2012: 6) Die Vorteile des kollaborativen Lernens können nach Bodemer, Gaiser & Hesse (2009: 152; vergleiche auch Issing 2009: 32) folgendermaßen zusammengefasst werden: ▶ Förderung der sozialen Interaktion und Bedeutungsaushandlung ▶ durch Kleingruppenaktivitäten Förderung des Denkvermögens im Sinne der Verwendung von Wissen ▶ Erweiterung des Reflexionsvermögens und der Kritikfähigkeit ▶ Ausbildung sozialer Kompetenzen und Teamfähigkeit durch Aushandeln von Konsenslösungen ▶ Möglichkeit der Interaktion Lerner-Lerner in den digitalen Medien wird genutzt (Foren, Chats, Wikis, MUVE s und Ähnliches) ▶ weitere Vorteile: additive Kompetenzen, Multiperspektivität, gegenseitige Hilfe bei Lernschwierigkeiten. 66 2. Didaktische Konzepte 2.1.6 Produktorientiertes Lernen Wie bereits erwähnt, kann der Erfolg des Sprachenlernens an den Handlungen selbst beobachtet werden (vergleiche Roche et al. 2012). Damit das gelingt, muss der Lerner die Handlung ausführen und die Ergebnisse kontrollieren und bewerten können. Das produktorientierte Lernen betont folgerichtig diesen Aspekt und fördert die Orientierung des Lernprozesses an der Erstellung und Veröffentlichung eines konkreten, greifbaren Produktes. Das Lernprodukt kann die Form eines Posters, eines Interviews, eines Textes oder einer Präsentation haben und wird entweder einer begrenzten Öffentlichkeit (Klasse) oder einer unbegrenzten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt, wodurch der Lern- und Arbeitsprozess an Ernsthaftigkeit gewinnt (Schulz-Zander & Tulodziecki 2009). Die soziale Relevanz des Lernproduktes schlägt sich in der Regel in einer erhöhten Motivation und einer stärker ausgeprägten Bemühung um sprachliche und inhaltliche Richtigkeit und somit in besseren Lernergebnissen nieder. Die digitalen Medien bieten ein enormes Potenzial zur Unterstützung der Präsentation und Veröffentlichung von Ergebnissen. So lassen sich Interviews für Unterrichtszwecke beispielsweise mit dem Programm Xtranormal relativ leicht realisieren (siehe Abbildung 2.6). Die Lerner entscheiden dabei nicht nur über den Text, sondern sie gestalten die Bühne, bestimmen die Kameraperspektive, legen die Rollen fest und stellen die persönlichen Merkmale der Schauspieler beziehungsweise Figuren nach Wunsch ein. Der Text wird in das entsprechende Feld eingegeben und wird automatisch von den Figuren ausgesprochen. Dabei können sogar Akzente festgelegt werden (zum Beispiel Deutsch mit bairischer oder hochdeutscher Aussprache). Abbildung 2.6: Programm Xtranormal (How To Make a 3D Cartoon: With Xtranormal.com; [Online unter https: / / www.youtube.com/ watch? v=42c8Gf_0_RE. 7. Februar 2019]) 67 2.1 Lernformen Lernen unter solchen Bedingungen ist also nicht mehr vergleichbar mit dem Verfassen eines Aufsatzes über ein bestimmtes Thema, der von der Lehrkraft einfach korrigiert und zurückgegeben wird. Vielmehr sind die Lerner durch die Greifbarkeit und soziale Relevanz des zu erstellenden Lernproduktes hochmotiviert und bekommen zu spüren, dass nicht Sprache alleine im Mittelpunkt des Lernprozesses steht, sondern eher das Handeln mit Sprache. Dies wirkt sich wiederum positiv auf den Lernprozess der Lerner aus, und zwar bemühen sie sich umso mehr um sprachliche Richtigkeit sowie um textsortenspezifische Angemessenheit (vergleiche Roche et al. 2012). Zu diesem Zweck recherchieren sie in Online-Wörterbüchern und anderen Ressourcen und lernen, den Arbeitsprozess selbst zu steuern und zu reflektieren. Dabei fragen die Lerner die Lehrkraft nach Verbesserungen und nicht umgekehrt. Für die Lehrkraft ist die Möglichkeit der Kontrolle des Lernproduktes ebenfalls gegeben, denn die Texte in Xtranormal können sowohl in gesprochener Form als auch in schriftlicher Form eingesehen und kommentiert werden, so dass ein Feedback jederzeit möglich ist. Neben den Blogs und Websites finden sich weitere, sehr verbreitete internetbasierte Formen der Präsentation und Veröffentlichung von Lernprodukten: ▶ Glogster (Online unter http: / / edu.glogster.com/ ? ref=com. 5. März 2018) ▶ ZUM -Wiki (Online unter https: / / wiki.zum.de/ wiki/ Hauptseite. 5. März 2018) ▶ Prezi (Online unter https: / / prezi.com/ . 5. März 2018) ▶ StepMap (Online unter https: / / www.stepmap.de/ . 5. März 2018) ▶ Graffiti Creator (Online unter http: / / www.graffiticreator.net/ . 5. März 2018) ▶ wordle (Online unter http: / / www.wordle.net/ . 5. März 2018) ▶ Onlinespiele zu bestimmten Themen, zum Beispiel Kochen (Online unter http: / / www. spielen.com/ spiele/ kochen/ kochen.html. 5. März 2018) ▶ Audio Lingua (Online unter https: / / www.audio-lingua.eu/ ? lang=de. 5. März 2018) beziehungsweise Digital Dialects (Online unter http: / / www.digitaldialects.com/ . 5. März 2018) 68 2. Didaktische Konzepte 2.1.7 Zusammenfassung ▶ Eine starke Heterogenität im Unterricht kann durch digitale Medien angemessen angesprochen und produktiv genutzt werden. Das Angebot differenzierter Lernmöglichkeiten kann den individuellen Entwicklungsprozess unterstützen und somit auch zu einem größeren Erfolg bei der Bewältigung unterschiedlicher Aufgaben führen. ▶ Im Rahmen des handlungsorientierten Unterrichts wird dem forschenden beziehungsweise fallbasierten Lernen eine wichtige Rolle zugeschrieben. Dabei werden komplexe, realitätsnahe Aufgaben bearbeitet und ein individueller Zugang seitens des Lerners wird durch Ausprobieren eigener Lösungsansätze ermöglicht. Die digitalen Medien bieten in Bezug auf forschendes Lernen ein großes Potenzial, da sich dadurch höchst komplexe Zusammenhänge und Situationen ohne viel Aufwand (für die Lehrkraft) simulieren lassen. ▶ Lernen findet nicht nur durch mentale Operationen im Kopf des Lerners statt, sondern entsteht auch durch die Interaktionen mit der Umwelt und den Individuen eines konkreten sozio-kulturellen Raums. Medientechnisch können kooperative Lernprozesse durch Chat, Forum, Wikis und Whiteboard unterstützt werden. ▶ Das produktorientierte Lernen fördert die Orientierung des Lernprozesses an der Erstellung und Veröffentlichung eines konkreten, greifbaren Produktes. Die digitalen Medien bieten dabei ein enormes Potenzial zur Unterstützung der Präsentation und Veröffentlichung von Ergebnissen. 2.1.8 Aufgaben zur Wissenskontrolle 1. Welche Rolle kommt den Medien bei einer starken Heterogenität im Unterricht zu? 2. Erklären Sie die Rolle der Medien beim forschenden Lernen am Beispiel der Sprachlernspiele. 3. Wie können kooperative Lernprozesse durch Medien unterstützt werden? 4. Worin bestehen die Vorteile des produktorientierten Lernens mit Medien? 5. Was sind Vorteile des kollaborativen Lernens? 69 2.2 Theorie und Didaktik kollaborativen Lernens 2.2 Theorie und Didaktik kollaborativen Lernens Clément Compaoré Digitale Medien werden zunehmend in verschiedenen Graden in der Fremdsprachenvermittlung verwendet. Dies reicht von der Verwendung digital verfügbarer Lehr- und Lernmaterialien inner- und außerhalb des Unterrichts bis zur Ansiedlung des gesamten Lehr- und Lernhandlungsorts in Computernetzwerken beziehungsweise im Internet. Neben vorkonzipierten Kursinhalten profitieren Lerner insgesamt von alltagstauglichen Angeboten aus online Social-Media-Diensten wie Facebook, YouTube, Instagram, Snapchat. Offene Medien ermöglichen es, die Qualität der Lehr- und Lerninhalte selbst zu steuern und zu sichern sowie die Lernwege an den spezifischen Bedürfnissen der Lerner zu orientieren. Dies bedeutet, dass Fremdsprachenlerner durch die Nutzung von Medien das passive, nur rezeptive Verhalten verlassen und die Zielsprache selbstgesteuert durch Zusammenarbeit und aktiven Sprachgebrauch erwerben (Roche 2009: 391). Die Gestaltung und Bereitstellung lernfördernder kooperativer beziehungsweise kollaborativer Lernumgebungen, in denen Lerner miteinander interagieren, hat deshalb eine besondere Bedeutung. Allerdings wird computergestütztes kollaboratives Lernen im heutigen Diskurs der Sprachenvermittlung mit digitalen Medien mitunter als Aushängeschild für jede Form von Gruppenarbeit gebraucht. Sein wirklicher Mehrwert für die Lernprozesse wird jedoch nicht berücksichtigt. Die vorliegende Lerneinheit verfolgt aus diesem Grund das allgemeine Lehrziel, die Gestaltungsprinzipien lerneffektiver kollaborativer Lernszenarien in Anlehnung an Erkenntnisse aus der kognitiven Linguistik, der Lernpsychologie und dem computergestützten kollaborativen Wissenserwerb zu entwerfen. Um das angesetzte Lernziel zu verfolgen, ist die Lerneinheit in zwei Teile gegliedert. Der erste Teil widmet sich der Darstellung der theoretischen Modelle, auf denen kollaboratives Lernen basiert. Er bildet den aktuellen Forschungsstand ab. Im zweiten Teil wird ein integratives Rahmenmodell präsentiert, das der Konzeption computerbasierter kollaborativer Lernszenarien zur Fremdsprachenvermittlung dient. Lernziele In dieser Lerneinheit möchten wir erreichen, dass Sie ▶ den theoretisch fundierten Mehrwert eines computergestützten kollaborativen Lernkonzepts für den Spracherwerb verstehen; ▶ kollaborative Lernsettings als theoretisch fundiertes Ergänzungs- oder auch Alternativkonzept zum computergestützten individuellen Lernen entwerfen und in verschiedenen medialen Formaten (Foren, Chats, virtuelle Klassen, side-by-side learning) umsetzen können; ▶ kollaborative Arbeitsformate innerhalb dieser Lernplattform selbst nutzen. 70 2. Didaktische Konzepte 2.2.1 Theoretische Grundlagen und didaktische Umsetzung kollaborativen Lernens Begriffliche Eingrenzung kollaborativen Lernens Über die digitalen Medien werden Lernern technologiebedingt die Lehr- und Lerninhalte unabhängig von Ort und- - je nach Kommunikationswerkzeug- - auch Zeit zugänglich gemacht. Dazu können die Lerner mit dem Lernsystem interagieren, beispielsweise durch das unmittelbare Erhalten eines Feedbacks. Trotz hoher Flexibilität wird dabei oft auf die „soziale Isolation“ als Schwachstelle des Online-Lernens im Vergleich zu herkömmlichen face-to-face-Seminaren hingewiesen, die durch sogenannte kollaborative Online-Lernformate aufgehoben werden soll (vergleiche Hinze 2004: 14f). Die Zusammenarbeit in Kleingruppen wird in der technologiegestützten Wissensvermittlung zur Förderung sozialer Eingebundenheit allgemein unter der Abkürzung CSCL zusammengefasst, die auf interdisziplinäre Forschungszugänge hinweist. Als Überbegriff scheint CSCL einstimmig verwendet zu werden (vergleiche Johansson & Gärdenfors 2005: 17; Hinze 2004: 24). Im Gegensatz dazu klaffen die Meinungen in der Forschung auseinander, sobald die Abkürzung zerlegt wird, um herauszufinden, wofür sie eigentlich steht: Ausgerechnet das zweite C bereitet aufgrund der vielfältigen Interpretationsmöglichkeiten Schwierigkeiten. So steht die Abkürzung CSCL bei Haake, Schwabe & Wessner (2004) für Computer Supported Collaborative beziehungsweise Cooperative beziehungsweise Collective beziehungsweise Competitive beziehungsweise Conversational Learning. In diesem Abschnitt widmen wir uns ausschließlich der in der Forschung häufig wiederkehrenden und diskussionsstiftenden Gegenüberstellung der Begriffe kooperativ und kollaborativ. In der Tat besteht nicht überall Konsens darüber, ob-- und gegebenenfalls ab wann-- mit Kooperation auch Kollaboration oder umgekehrt gemeint ist. Die Grenzen zwischen kooperativem und kollaborativem Lernen verschwimmen. Nach Jones, Cook, Jones & De Laat (2007) ist, was das begriffliche Verständnis angeht, oft eine Überlappung zwischen beiden feststellbar (174). Reinmann-Rothmeier & Mandl (1999: 9f) warnen sogar grundsätzlich vor einer strikten Unterscheidung der beiden Begriffe. Folgt man ihrem Ansatz, erscheint kollaboratives Lernen eine Art Fortentwicklung des kooperativen Lernens zu sein, die lediglich durch zwei Merkmale gekennzeichnet ist: zum einen durch ein ausschließlich spontanes und geringes „Ausmaß der Arbeitsteilung“ zwischen den Gruppenmitgliedern, zum anderen durch eine Zurückhaltung von Instruktionen bei der Zusammenarbeit. Alles in allem zeichnet sich das kollaborative Lernen durch eine engere Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Gruppenmitgliedern und eine höhere Selbständigkeit der Lerner aus. Kooperatives Lernen dagegen ist durch eine Verteilung der Aufgaben zwischen den beteiligten Lernern gekennzeichnet. Das daraus resultierende Ergebnis sollte aus den addierten strukturierten individuellen Leistungen der einzelnen Lerner bestehen (vergleiche Stahl, Koschmann & Suthers 2006: 410). Aus diesen Gründen wird kollaboratives Lernen in der vorliegenden Lerneinheit erstens ausdrücklich mit CSCL gleichgesetzt, im Sinne des Medieneinsatzes beziehungsweise Computereinsatzes zur Unterstützung kollaborativen Lernens (vergleiche Haake, Schwabe & Wessner 2004: 2). Zweitens werden kollaboratives Lernen und kooperatives Lernen als 71 2.2 Theorie und Didaktik kollaborativen Lernens Synonyme verstanden und gehandhabt. Das Lernen und der Lernprozess finden in einem Rahmen statt, in dem mehr als ein Lernindividuum involviert ist. Das Lernindividuum und die geformte Lerngruppe stehen in einer Abhängigkeitsrelation zueinander. Davon ausgehend, dass kollaboratives Lernen einen gruppenbasierten lernerzentrierten und medienbasierten Lernansatz verfolgt, wird das Lernindividuum als das kleinste Element in einem kollaborativen Lernkontext betrachtet. Theoretische Grundlagen kollaborativen Lernens Das Verständnis kollaborativen Lernens in der vorliegenden Lerneinheit beruht auf drei zentralen Ansätzen, die Lernen als kognitions-interaktionischen Prozess verstehen. Es handelt sich dabei um die These von der Gebrauchsbasiertheit von Sprache, den soziokulturellen Ansatz und die Theorie der situierten Kognition. Die These von der Gebrauchsbasierheit betont neben dem pragmatischen Bezug zugleich die Wechselwirkung zwischen dem Sprachgebrauch an sich und der gesamten Kognition des Sprechers. Kognitionslinguistische Herangehensweisen im Allgemeinen beschreiben Sprache in engem Zusammenhang mit dem Menschen als einem Wahrnehmungssystem. Es handelt sich dabei um einen Ansatz zur Analyse natürlicher Sprache, welcher die Sprache als Instrument zur Informationsorganisation, -verarbeitung und -konzeption versteht (vergleiche Geeraerts 1995: 111). Im Gegensatz zur weitverbreiteten Tendenz, Sprache auf ein Ausdrucksmittel der menschlichen Kognition zu reduzieren, wird in der kognitiven Linguistik verstärkt davon ausgegangen, dass Sprache ein integraler Bestandteil der menschlichen Kognition an sich ist. Sprache ist somit eine kognitive Angelegenheit des Menschen, „eine spezifische Leistung des menschlichen Geistes“, „ein in das gesamte Kognitionssystem integriertes mentales Kenntnissystem“, so Schwarz (2008: 41). Die zentrale Annahme der These von der Gebrauchsbasiertheit besagt, dass sprachliche Strukturen als dynamische Einheiten zu verstehen sind, die sich aus der Sprachverwendung durch den Sprecher oder die Sprecherin beziehungsweise den Hörer oder die Hörerin herausbilden (vergleiche Tomasello 2003: 5; Langacker 1987: 46). Daraus wird ersichtlich, dass Sprachgebrauch sowohl die eigentliche Sprachproduktion als auch die Sprachrezeption umfasst. Pointierter formuliert, postuliert die These, dass symbolische Einheiten aus Äußerungen innerhalb einer Sprechergemeinschaft abstrahiert werden (vergleiche Evans & Green 2006: 108). Die Besonderheiten derartiger Äußerungen, die als Synonym zu usage event, dem spezifischen tatsächlichen Gebrauchsereignis, verwendet werden, liegen nach Evans & Green (2006) darin, dass sie kulturell und kontextuell eingebettet sind (110). Dem soziokulturellen Ansatz von Vygotsky (1978) zufolge, wird aus entwicklungspsychologischer Sicht-- anders als in der sprachwissenschaftlichen These von der Gebrauchsbasiertheit-- argumentiert, dass der Lerner zum Vollzug des Lernprozesses Unterstützung durch eine dritte Person, durch sein soziales Umfeld, braucht. Vygotsky zufolge spielt die Interaktion des Lernindividuums mit seiner menschlichen Umgebung eine essenzielle Rolle für seine eigene geistige Entwicklung, welche erst durch das Lernen in die Wege geleitet wird. Dabei unterscheidet er zwischen zwei Niveaus in der Entwicklung der Lerner. Das erste Niveau 72 2. Didaktische Konzepte umfasst das, was ein Lernindividuum zu einem bestimmten Zeitpunkt ohne die Hilfe Dritter geistig selbst leisten kann („the actual developmental level“; Vygotsky 1978: 86). Das zweite Niveau bezieht sich jedoch auf das, was es nicht selbständig, sondern mit Unterstützung von Mitmenschen erreichen oder tun könnte („the level of potential developement“; Vygotsky 1978: 86). Zwischen beiden Niveaus befindet sich die Zone der proximalen oder nächsten Entwicklung („zone of proximal development“), welche Vygotsky (1978) folgendermaßen definiert: It [zone of proximal development] is the distance between the actual developmental level as determined by independent problem solving and the level of potential development as determined through problem under adult guidance or in collaboration with more capable peers. (Vygotsky 1978: 86) Interaktion zwischen dem Lerner und Mitmenschen ist wesentlich für das Lernen. Erst wenn das Lernindividuum die unter Mithilfe von Mitmenschen initiierten geistigen Prozesse internalisiert hat, kann es Probleme selbständig lösen, wozu es vorher alleine nicht im Stande war (vergleiche Vygotsky 1978: 89f). Im Vergleich zu den vorangehenden Ansätzen beantwortet die Theorie der situierten Kognition in erster Linie die Frage nach der Bedeutung von Lernsituation oder -kontext zugunsten des Wissenserwerbs in kollaborativen Lernsettings. Es wird angenommen, dass Wissen nicht losgelöst von einem bestimmten Kontext oder einer gegebenen Situation in den Kopf einer Lernperson transferiert werden kann (vergleiche Renkl, Gruber & Mandl 1996; Vera & Simon 1993). Der darauf basierende Ansatz des situierten Lernens wird hauptsächlich in zwei Richtungen theoretisch interpretiert und angewandt, nämlich aus der Perspektive der Cognitive Apprenticeship und der Situativity Theory. Die erste Perspektive (Cognitive Apprenticeship) fasst den Lernprozess als Enkulturationsprozess auf, der durch die Interaktion zwischen den Beteiligten als Praktiker und Praktikerinnen innerhalb bereichsspezifischer Aktivitäten stattfindet (vergleiche Sawyer & Greeno 2009: 352). Die zweite Perspektive (Situativity Theory) versteht das Lernen grundsätzlich als situationsbezogenes Phänomen. Das Lernindividuum als Novize oder Novizin in einer bestimmten Fachdomäne entwickelt sich zum Mitglied dieser Experten- oder Expertinnengemeinschaft und kann sich auf diesem Weg voll an ihr beteiligen. Insgesamt eignet sich das Lernindividuum im Lernprozess die Kompetenz an, sich an fachlich- und sozial-situierten Aktivitäten zu beteiligen (vergleiche Lave & Wenger 1991: 51). Gestaltung kollaborativer computergestützter Lernszenarien Beim computerunterstützten kollaborativen Lernen von Sprachen müssen, wie bisher deutlich geworden ist, zusätzlich zu den Erkenntnissen zum Sprachkonzept, zur Kognition, zur Hilfestellung und zum praxis- oder realitätsnahen Lernkontext, Besonderheiten berücksichtigt werden, die durch die Medienbasiertheit und die kollaborative Lernform an sich gegeben sind. Ziel des vorliegenden Abschnitts ist es, in Anlehnung an das in Abbildung 2.7 dargestellte Instruktionsdesign-Modell nach Wessner (2001), theoretisch fundiert und kohärent aufeinander abgestimmte Gestaltungsprinzipien und Kriterien herauszuarbeiten, 73 2.2 Theorie und Didaktik kollaborativen Lernens die ein sinnvolles Gesamtkonzept zur Gestaltung kollaborativer Lernszenarien in virtuellen Klassen bilden. Nach dem Modell von Wessner (2001) kann kollaboratives Lernen in unterschiedlichen Varianten stattfinden. Sinnvolle Kollaboration über und in Medien zum Lernzweck, das heißt in computerunterstützten Lernumgebungen, ergibt sich nicht allein aus der bloßen Zusammenstellung einer Gruppe. Die nachfolgend genannten Faktoren können dabei, je nach gewünschter Lernumgebung, unterschiedlich stark betont beziehungsweise gezoomt werden. Wessner zufolge können Wissensziel, Direktivität, Symmetrie, Gruppengröße, Dauer, Ort und Zeit als beeinflussende Größen für das „Design einer CSCL -Umgebung“ festgehalten werden (Wessner 2001: 203f). Abbildung 2.7 stellt eine Gesamtübersicht über die einzelnen Faktoren dar, die in der vorliegenden Lerneinheit zur Gestaltung der kollaborativen Lernumgebung herangezogen werden. Sie lässt sich als das Rahmenmodell für die Gestaltung kollaborativer Lernumgebungen in virtuellen Klassen festhalten. Abbildung 2.7: Faktoren zur Gestaltung kollaborativer Lernszenarien in virtuellen Klassen (vergleiche Compaoré 2018: 126). Im Folgenden wird die Bedeutung der einzelnen Dimensionen erläutert. 1. Wissensziel: Effektive Kollaboration erfordert die Durchführung sinnvoller Interaktionen und lässt sich mit dem verfolgten Arbeitsziel der gemeinsamen Aushandlung von Bedeutungen, eines Shared meaning construction (Grounding) anstreben. Konkret 74 2. Didaktische Konzepte formuliert handeln die Lerner innerhalb von Gruppen ein gemeinsames Verständnis aus, das als Produkt im Sinne des gemeinsam ausgehandelten Konsenses oder Dissenses oder eines individuellen Lernprodukts innerhalb der Gruppe gezeigt werden kann. Der Interaktionsweg zur Aushandlung von Handlungsbedeutungen beziehungsweise von einem gemeinsamen Verständnis beinhaltet vier Turns: die Initiierung einer Handlung, die Reaktion auf die vorangegangene Handlung, die Reaktion auf die erste Reaktion und die Zusammenfassung der Diskussion. Dieser Ablauf lässt sich als minimaler Interaktionszyklus bezeichnen, der zur Aushandlung einer Handlungsbedeutung erforderlich ist. 2. Direktivität: Die Anleitung der Lerngruppe durch eine fortgeschrittene Person (zum Beispiel eine Lehrperson, einen Tutor oder eine Tutorin) beziehungsweise ein Kooperationsskript gehören zu den Unterstützungsmaßnahmen kollaborativer Arbeitsprozesse. Dies lässt sich mithilfe eines lernerzentrierten, dynamischen und flexiblen interaktionsbezogenen externalen Kollaborationsskripts realisieren, welches den Mehrwert eines glass-boxstatt black-box-scaffoldings gewährleistet. Erwähnenswert ist dabei, dass das Skript-Konzept in diesem Kontext ein kognitionswissenschaftliches ist und auf folgende Art und Weise definiert wird: A script is a structure that describes appropriate sequences of events in a particular context. A script is made up of slots and requirements about what can fill those slots.-[…] a script is a predetermined, stereotyped sequence of actions that defines a well-known situation. (Schank & Abelson 1977: 41) 3. Kooperationsskripts sind also auf Kollaboration ausgerichtete Handlungsschemata. Sie nehmen die Rolle instruktionaler Mechanismen ein und können von außen oder von den Lernern selbst generiert worden sein (vergleiche O’Donnell & Dansereau 1992: 128). Kooperationsskripts fungieren als eingebettetes antizipatives Unterstützungsangebot für die Teilnehmer und Teilnehmerinnen in kollaborativen Lernumgebungen. Formulierungen in Form von inhaltsspezifisch offenen Fragen, instruierenden Aussagen und sogenannten Prompts werden beispielsweise dafür eingesetzt (vergleiche Linn & Slotta 2006: 73). Prompts sind im Allgemeinen „Abruf- und Ausführungshilfen, die von generellen Fragen (Was ist dein Plan? ) bis hin zu direkten Ausführungsvorschriften (Addiere erst 2+2) variieren können“ (Bannert & Reinmann 2009: 72f). Prompts helfen dem Lernindividuum, die Art der Diskussion oder der Argumentation selbst herauszufinden und zu verstehen und ermutigen die Lerner, sich auf meta-kognitive Aktivitäten einzulassen, indem sie ihre Arbeitsprozesse selbst überwachen (vergleiche Linn & Slotta 2006: 73). Als weitere Designmaßnahme dient die bildliche oder grafische schematische Repräsentation der erwartbaren kollaborativen Arbeitsprozesse in sukzessiven Sequenzen und Zyklen (vergleiche Niegemann, Domagk, Hessel, Hein, Hupfer & Zobel 2008: 347). Ein Beispiel dafür findet sich in Abbildung 2.8. 75 2.2 Theorie und Didaktik kollaborativen Lernens Abbildung 2.8: Bildliches Kooperationsskript (vergleiche Compaoré 2018) 4. Von Bedeutungsaushandlung als Wissensziel und Grundlage effektiver Kollaboration ausgehend leitet sich das folgende schematische Skript ab (siehe Abbildung 2.9), das zum Instruieren der Interaktionsprozesse den Lernern zur Verfügung gestellt wird. Das Skript bezieht sich an dieser Stelle auf einen Lernkontext, in dem zwei Personen die Lerngruppe bilden. 76 2. Didaktische Konzepte Abbildung 2.9: Grafisches Skript zur Strukturierung von Bedeutungsaushandlungsprozessen 5. Symmetrie: Heterogene Lernervariablen innerhalb einer Gruppe werden als Chance für die kollaborative Arbeit zum Zweck des Fremdsprachenerwerbs wahrgenommen. Die Heterogenität ergibt sich beispielsweise aus dem Wissensgefälle, gesammelten Erfahrungen der Teilnehmer und Teilnehmerinnen oder aus den Meinungs- und Einstellungsunterschieden zwischen ihnen. Essenziell ist dabei, dass die Gruppenmitglieder das gemeinsame Ziel des Lernens verfolgen und somit als Peers betrachtet werden können. Leichte Asymmetrie zwischen den Lernern trägt zum Lernerfolg aller bei. 6. Gruppengröße: Zweierbis Dreiergruppen gelten als die günstigste Größe für das kognitive Engagement der Mitglieder in der Gruppe und werden bevorzugt. 7. Ort und Zeit: Die Fremdsprachenlerner arbeiten räumlich verteilt miteinander. Die Nutzung elektronischer Kommunikationswerkzeuge ist an dieser Stelle unverzichtbar. Als Kommunikations- und Arbeitswerkzeuge werden Tools bevorzugt, die dem Lerner die Durchführung mündlicher Kommunikationshandlungen und dabei das schnelle Erhalten von Rückmeldungen ermöglichen. Dafür eignet sich zum Beispiel der Einsatz virtueller Klassen. 8. Dauer: Bei den Lernszenarien innerhalb der Zweierbis Dreiergruppen wird darauf Wert gelegt, dass ihre Mitglieder bereits vor der Bearbeitung der eigentlichen Gruppenaufgabe Kontaktmöglichkeit zueinander hatten. Ziel dabei ist, das Gruppenzugehörigkeitsgefühl (Wir-Gefühl) unter den Beteiligten angemessen zu fördern. 77 2.2 Theorie und Didaktik kollaborativen Lernens Experiment An dieser Stelle führen wir ein Experiment durch, das auch als Gruppenprojekt gilt. Stellen Sie sich die Situation vor, dass Ihre Online-Deutschlerner nächste Woche ihre letzte Sprachprüfung im Fach Deutsch haben. Deshalb üben sie gerade fleißig. Trotzdem haben sie noch nicht genau verstanden, wann man nach den Präpositionen an, auf, hinter, in, neben, über, unter, vor und zwischen den Akkusativ oder den Dativ verwendet. Deshalb bitten Ihre Lerner Sie dringend darum, dass Sie dieses grammatische Thema in der nächsten Unterrichtsstunde behandeln. Sie haben beschlossen, mithilfe von Grammatikanimationen als Lernmaterial zu erklären, wann man nach den Wechselpräpositionen den Akkusativ oder den Dativ verwendet. Der Unterricht soll online in einem virtuellen Klassenzimmer stattfinden. Wie werden Sie als Lehrperson die Grammatikstunde moderieren? Gestalten Sie dafür ein Kollaborationsskript, das Sie den Lernern zur Strukturierung und Durchführung der Zusammenarbeit bereitstellen werden. Benutzen Sie bitte das grafische Interaktionsskript in Abbildung 2.9 als Vorlage. Nachfolgend finden Sie wichtige Informationen über die Grammatikanimation als Input-Quelle und das virtuelle Klassenzimmer. Zur Grammatikanimation Grammatikanimationen sind bewegte Bilder, die zur multimedialen Vermittlung grammatischer Strukturen entwickelt wurden. Sie basieren vor allem auf Erkenntnissen der kognitiven Linguistik und des multimedialen Lernens (siehe dazu Lerneinheit 1.2 in diesem Band). Die Spezifik der Konzeption der beiden ausgewählten Grammatikanimationen liegt darin, dass im Mittelpunkt des animiert dargestellten Arrangements die grammatische Metapher Grenzüberschreitung über die „Hinweisreize (Bereich vs. Grenze)“ steht (Scheller 2009: 130). Konkret wurde die Animation mit den Satzbeispielen Die Katze spielt auf der Straße und Die Katze läuft auf die Straße ausgewählt (vergleiche Abbildung unten). Diese Sätze beziehen sich auf eine Szene, die den Lernern aus ihrer Alltagsrealität sehr wahrscheinlich bekannt ist. Auch Ihnen dürften das Thema und die Animation bekannt sein. Abbildung zum Experiment: Animation zu Wechselpräpositionen (Scheller 2009: 7) 78 2. Didaktische Konzepte Zum virtuellen Klassenzimmer Die Lernsitzung ist so geplant, dass die Teilnehmer und Teilnehmerinnen mit dieser Grammatikanimation zum Thema Kasuswahl nach Wechselpräpositionen im Deutschen kollaborativ arbeiten. Die Animation wird im virtuellen Klassenzimmer vitero (virtual team room) für alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen gezeigt. Die Sitzung wird dann durch eine Lehrperson moderiert. Im Folgenden wird die Software vitero angesichts der relevanten Funktionen und der technischen Besonderheiten beschrieben, die zur Durchführung der virtuellen Sitzung der Studie von Nutzen sind. Die Software vitero ist browserbasiert (und somit als offenes Programm zu bezeichnen im Vergleich zu den Animationen, die interaktiv geschlossen sind) und wird von den Betriebssystemen Windows, Mac OS , Linux sowie von den Betriebssystemen mobiler Geräte unterstützt. Der Zugang zum virtuellen Klassenzimmer ist passwortgeschützt und erfolgt über den Aufruf des Startlinks http: / / vitero.de/ start (6. März 2018). Die Nutzer gelangen nach Eingabe der Zugangsdaten in den virtuellen Seminarraum. Abbildung zum Experiment: Interface der eingesetzten Lernumgebung vitero 79 2.2 Theorie und Didaktik kollaborativen Lernens 2.2.2 Zusammenfassung Folgende Kernerkenntnisse lassen sich festhalten: ▶ Das kollaborative Sprachlernkonzept in der vorliegenden Lerneinheit fußt darauf, dass der Sprach- und Wissenserwerb ein kognitions-interaktionistischer Konstruktionsprozess ist. ▶ Computerbasierte Kollaboration per se ist nicht effektiv. ▶ Die Dimensionen Wissensziel, Direktivität, Symmetrie, Gruppengröße, Dauer, Ort und Zeit sind beim Design einer kollaborativen Sprachlernumgebung je nach didaktischen und medialen Rahmenbedingungen unterschiedlich stark betont. 2.2.3 Aufgaben zur Wissenskontrolle 1. Nach welchen Kriterien unterscheidet sich streng genommen kollaboratives Lernen von kooperativem Lernen? 2. Warum sind nach dem soziokulturellen Lernansatz Hilfestellungen, zum Beispiel durch eine fortgeschrittene Person, sehr wichtig für die Förderung des Lernprozesses? 3. Ihr Ziel als Lehrperson ist, dass sich Ihre Lerner von einer Fremdzu einer Selbstregulation entwickeln. Soll man den Lernern in diesem Kontext eine black-box- oder eine glass-box-scaffolding-Maßnahme bereitstellen? Warum? 4. Welches sind nach Wessner die beeinflussenden Größen für das Design einer CSCL - Umgebung? 5. Fassen Sie (nochmals) die zentrale Aussage der Theorie von der Gebrauchtbasiertheit zusammen. 80 2. Didaktische Konzepte 2.3 Tandem-Lernen Agnieszka Pawłowska-Balcerska unter Mitarbeit von Jörg Roche In diesem Kapitel haben Sie bereits gängige Lehr- und Lernformen mit digitalen Medien kennengelernt und sich detailliert mit dem kollaborativen Lernen auseinandergesetzt. Diese Lerneinheit wird Sie nun mit dem medienbasierten Tandem-Lernen bekannt machen, und zwar aus der interkulturellen Perspektive, weil sie ein integraler Bestandteil der Zusammenarbeit von Menschen mit unterschiedlichen sprachlichen und kulturellen Hintergründen ist (siehe dazu auch Kapitel 4 Interkulturelle Didaktik in diesem Band). Wie kann interkulturelles Lernen beim Tandem-Lernen zum Tragen kommen und in welchem Verhältnis stehen dabei Sprache und Kultur? Wie kann Tandem-Lernen mit digitalen Medien optimal organisiert und unterstützt werden? Welche Rolle kommt dabei dem Lehrer zu? Dies sind Fragestellungen, mit denen sich die vorliegende Lerneinheit auseinandersetzt. Wir gehen zunächst auf das interkulturelle Lernen und dessen Spezifikum im Tandem-Lernen ein und stellen anschließend das webbasierte Projekt zum interkulturellen Tandem-Lernen Cultura vor. Lernziele In dieser Lerneinheit möchten wir erreichen, dass Sie ▶ Tandem als Ort für interkulturelles Lernen charakterisieren können; ▶ die Rolle der digitalen Medien im Tandem-Lernen verstehen und diese selbst effizient einsetzen können; ▶ Tandem-Lerner für Stärken und Schwächen des Sprachenlernens im Tandem sensibilisieren können. 2.3.1 Sprache oder Kultur? Oder vielleicht doch Sprache und Kultur? Immer noch ist unter Lernern die Vorstellung verbreitet, dass Fremdsprachenlernen ausschließlich dem Beherrschen von Aussprache, Grammatik und Lexik gleichzusetzen ist. Dabei übersehen sie allerdings leicht, dass jene nur teilweise Garanten für einen erfolgreichen Umgang mit Vertretern anderer Sprach- und Kulturgemeinschaften darstellen. Denn eine effiziente Kommunikation erfordert weit mehr als prozedurales und deklaratives Wissen im Bereich sprachlicher Subsysteme oder gut entwickelte Sprachfertigkeiten. Der Erwerb von Mehrsprachigkeit lässt sich keinesfalls als „[…] grammatikbasierte Sequenz von kontextlosen Fertigkeiten darstellen-[…]“ (Roche 2012: 18). Als zukünftige DaF-Lehrerinnen und -Lehrer müssen Sie sich zwangsläufig Gedanken darüber machen, was einer effizienten Kommunikation mit Zielsprachesprechern zugrunde liegt. Es sind eine gewisse Sensibilität und Offenheit für das Andere, Fremde, Neue, Unbekannte und somit nicht Vertraute genauso wie eine gewisse „Distanzierung“ von dem, was schon bekannt erscheint, auf die unter anderem im fremdsprachlichen Unterricht großer 81 2.3 Tandem-Lernen Wert gelegt werden soll. Die Untrennbarkeit von Kultur und Sprache beziehungsweise deren Bezogenheit aufeinander, Gebundenheit aneinander, Abhängigkeit voneinander oder schlicht Verankerung ineinander sind Charakteristika des Wechselverhältnisses zwischen den beiden, dem Sie sicher auch schon oft im Alltag begegnet sind (zur theoretischen Auseinandersetzung siehe die Lerneinheiten 1.1 und 1.2 im Band »Kultur- und Literaturwissenschaften«). In diesem Sinne warnt auch Bechtel (2003: 140) als einer der Vertreter der deutsch-französischen Tandem-Methode nachdrücklich davor, Sprache bloß als eine durch grammatische Regeln strukturierte Ansammlung von Begriffen zu verstehen, zumal sie von Menschen gebraucht wird und daher nicht isoliert von ihnen erlernt werden darf. Dies ist umso wichtiger, da Sprache gerade zum Handeln benutzt wird und nicht unabhängig von ihren geschichtlichen, sozialen und kulturellen Zusammenhängen zu betrachten ist. Auch beim Tandem- Lernen werden diese Bezüge deutlich sichtbar und zwar immer dann, wenn Tandempartner in ihrer Diskussion verschiedene Themen aufgreifen, deren Aspekte oft bereits bei oberflächlicher Betrachtung zahlreiche kulturbedingte Differenzen oder Spannungspotential aufweisen oder diese auch verdecken. Nach Roche (2005: 221f) erwächst die Sprache aus kulturellen Gegebenheiten und ist zugleich daran beteiligt, sie zu schaffen. So benennt der Mensch die für ihn wichtigen Elemente der Welt und erzeugt auf diese Weise mentale Bilder. Der Verfasser veranschaulicht dabei den engen Zusammenhang von Sprache und Kultur am Beispiel der Metapher (zum Beispiel die Rolle des Herzens beziehungsweise des Magens als Bildspender im Deutschen im Vergleich zur Bedeutung der Leber im Türkischen): Ähnliche sprachliche Mittel werden also in Sprachen unterschiedlich genutzt. In vielen Fällen fehlen auch Äquivalente. Sprachliche und außersprachliche Mittel werden stets vor dem Hintergrund der eigenen Sprach- und Konzeptwelt interpretiert. (Roche 2005: 221f) So verweist Roche zugleich darauf, dass die genannte Verbindung nicht ausschließlich auf Metaphern, sondern auf alle Wörter beziehungsweise sprachlichen Mittel zutrifft. Dieses Thema wird in verschiedenen Lerneinheiten in Band »Sprachenlernen und Kognition« aufgegriffen. Vermutlich können Sie zahlreiche traditionelle Mittel auflisten, mit denen interkulturell ausgerichtete Ziele erreicht werden können. Adamczak-Krysztofowicz (2005: 9) stellt folgende zusammen: ▶ Fernsehsendungen und Filme; ▶ Projektarbeit mit jeweils landes- und kulturkundlichen sowie soziokulturellen Themen; ▶ literarische Texte sowie authentische Sach- und Gebrauchstexte aller Art, mit deren Hilfe Fremderfahrungen auf der Wort-Satz-Textebene ausgedrückt werden (fremde Bedeutungen, fremder Satzbau, fremde Wissenssysteme und Diskursstrukturen, fremdes sprachliches Verhalten); ▶ und schließlich auch direkte Kontakte mit den Angehörigen anderer Sprachen und Kulturen (zum Beispiel durch Schüleraustausch, Studienfahrten, Tandem-Lernen). Wie Sie bereits gesehen haben, stehen vielfältige, vor allem im Fremdsprachenunterricht zu beschreitende und zur interkulturellen kommunikativen Kompetenz führende Wege offen. 82 2. Didaktische Konzepte Allerdings ist eines mit Nachdruck zu betonen: Interkulturelle Kompetenzen sind schwer zu erfassen und zu evaluieren. Das liegt daran, dass sie oft nicht eindeutig quantifizierbar sind (hierzu allerdings Juch 2012; Kriegel-Schmidt 2012). Im Folgenden werden wir auf das Tandem eingehen, um an diesem Beispiel das Wesen interkulturellen Lehrens und Lernens noch besser beschreiben zu können. 2.3.2 Tandem als …? Von vielen Fachvertretern wird die Realitätsferne des Fremdsprachenunterrichts beklagt. Wie ist allerdings jene Kluft zwischen Unterricht und Alltag gerade im fremdsprachlichen Lehr- und Lernprozess zu überbrücken? Wie kann für hautnahes Erleben der fremden Sprache und Kultur und somit für eine authentische Kommunikation gesorgt werden? Wie sind zwischen Theorie und Praxis-- vor allem aus der Lernerperspektive-- dauerhafte Brücken zu schlagen? Wie kann man beim Fremdsprachenlernen Bedeutungen und (Kommunikations-)Ziele aushandeln? Auf alle diese Fragen versuchen wir am Beispiel des Tandems Antworten zu geben. Tandem - Begriffserläuterung und Grundprinzipien Die Tandem-Idee reicht bis in die 1960er Jahre zurück. Zu jenem Zeitpunkt wurden Sprachprogramme für deutsch-französische Jugendbegegnungen für den außerschulischen Bereich in Zusammenarbeit mit dem Deutsch-Französischen Jugendwerk ( DFJW ) entwickelt. Auch das 1970 vom DFJW organisierte Kolloquium leistete einen nicht zu übersehenden Beitrag zur Verbreitung der Idee. Weiterentwickelt wurde das Konzept des Tandem-Lernens von Jürgen Wolff (Bechtel 2003: 20ff). In der einschlägigen Literatur wird oft gerade von dem Tandembegriff des Alltags ausgegangen (dazu siehe Pawłowska 2014a; 2014b). So betont Lainé (2000: 108), dass ein Tandem zunächst ein Fahrrad für zwei Personen ist, die ein gemeinsames Ziel haben. Daher treten sie in die Pedale und sind gezwungen, sich auf einen gemeinsamen Rhythmus zu verständigen, weil das Tandem von der Gleichrichtung beider Kraftvektoren lebt. Gelingt jene Bündelung von Einzelenergien, ergeben sich daraus synergetische Effekte. Überträgt man die Idee auf das Fremdsprachenlernen, geht es um eine Form partnerschaftlichen Lernens, bei dem Fortschritte des einen nicht unwesentlich vom Engagement und Einfühlungsvermögen des anderen abhängen. Im Hinblick auf das Fremdsprachenlernen handelt es sich um weit mehr als um die gegenseitige Abhängigkeit und Hilfe beim gemeinsamen Vorankommen. Denn zwei Lerner unterstützen sich gegenseitig beim Erlernen der Sprache des anderen, wobei die Erstsprache des einen die Zielsprache des anderen ist. So übt sich jeder in seiner Fremdsprache und hilft dem anderen in der Sprache, die für ihn Muttersprache ist. Zu den konstitutiven Elementen des Tandems zählen: ▶ Individuum 1 (je nach Rolle Fremdsprachenlerner oder Muttersprachler) ▶ Individuum 2 (je nach Rolle Fremdsprachenlerner oder Muttersprachler) ▶ Gegenstand der Kommunikation, der gleichzeitig als Lerngegenstand fungiert 83 2.3 Tandem-Lernen ▶ zwei unterschiedliche Sprachen: Kommunikationssprache 1 und / oder Sprache 2 (gleichzeitig Medium und Lerngegenstand), die je entweder Mutter- oder Fremdsprache ist ▶ zwei unterschiedliche Kulturen beziehungsweise Orientierungssysteme 1 und 2 ▶ ein Lehr-Lernkontext beziehungsweise Erwerbskontext ▶ ein bestimmter Lern- und Kommunikationsort: je nach Herkunft befinden sich die Tandempartner in einer muttersprachlichen oder fremdsprachlichen Umgebung ▶ ein beiderseitiges Sprachlerninteresse: Die Sprache des Einen ist die Zielsprache des Anderen und umgekehrt. Dagegen versteht Schmelter (2004: 104) unter Tandem „[…] eine von zwei Interaktanten bewusst für die wechselseitige Aneignung sprachlicher und kultureller Kenntnisse geschaffene, besonderen Konventionen und Regeln-[…] unterliegende Interaktionsform“. Zugleich fügt der Verfasser hinzu, dass Interaktanten über unterschiedliche Erfahrungen verfügen, die zu verschiedenen Kompetenzen geführt haben. Diese sind auf differenzierte Referenz- und Orientierungssysteme zurückzuführen und äußern sich in verschiedenen Symbolsystemen (Sprache, Gestik, Mimik) sowie in verschiedenen Wahrnehmungs- und Handlungsmustern. Demzufolge stellt das Tandem-Lernen ein stetiges Aushandeln von Bedeutungen und (Kommunikations-)Zielen in der Interaktion dar. Eine der Hauptaufgaben von Tandempartnern besteht somit darin, dem Gegenüber zu helfen, die sprachlich und kulturell bedingten Differenzen wahrzunehmen und zu überbrücken. Dabei bedient man sich als Tandemlerner oft einer Interlanguage (Selinker 1972) beziehungsweise einer Interimsprache (Raabe 1974), die Merkmale der Ausgangs- und Zielsprache aufweisen kann und zugleich auch solche Merkmale, die weder der Erstnoch der Zielsprache zuzuordnen sind. Diese ermöglichen zwar die Verständigung, entsprechen jedoch nicht der Zielsprache. Die bereits angedeutete starke Gebundenheit der Tandem-Lerner aneinander- - schließlich will jeder Partner von den Fähigkeiten und Fertigkeiten seines Gegenübers profitieren und zugleich von ihm unterstützt werden-- macht sie auch für den (Miss-)Erfolg des jeweils anderen mitverantwortlich. Hinzu kommt noch, dass der jeweilige Lerner imstande sein muss, unter anderem seine Lernwege und Lernziele selbständig zu bestimmen-- nur so kann er vom Gegenüber eine gezielte Hilfe erwarten. Dementsprechend soll der Tandemlerner auch bereit sein, für seinen eigenen Lernprozess (Vorbereitung, Durchführung und Evaluation) die Verantwortung zu übernehmen. Erst dann wird das Gegenseitigkeits- und Autonomieprinzip im Tandem befolgt. Tandemausprägungen Schmelter (2004: 148) nennt vier Tandemausprägungen: ▶ Begegnungssituationen mit Personen aus zwei unterschiedlichen Ländern, in denen das Tandem als Teil eines umfassenden pädagogisch-didaktischen Konzepts betrachtet wird, ▶ Tandemkurse, die beispielsweise von Universitäten angeboten werden, ▶ kursbegleitende Individualtandems, auf deren Ergebnisse im begleitenden Kurs mehr oder weniger stark eingegangen wird und 84 2. Didaktische Konzepte ▶ Individualtandems mit unterschiedlich stark ausgeprägtem didaktischem Umfeld. Im Rahmen des Individualtandems differenziert man zwischen Präsenztandem (Tandempartner lernen voneinander an demselben Ort) und Distanztandem (Tandem-Lerner befinden sich an unterschiedlichen Orten und kommunizieren beispielsweise via Internet). Ziele des Sprachenlernens im Tandem Neben den auf sprachliche Subsysteme und Fertigkeiten bezogenen Zielen führen Künzle & Müller (1990: 189) einige weitere an, die der Erweiterung der kulturellen und sozialen Kompetenz verpflichtet sind und im Tandem angestrebt werden können. Hierzu zählen: ▶ Abbau persönlicher Vorurteile, ▶ Vertiefung von Wissen über fremde Länder, ▶ Vergrößerung von Integrationschancen durch intensiven Kontakt mit Anderen, ▶ Erwerben der Sicherheit in der Fremdsprache im Umgang mit Muttersprachlern und ▶ Entdecken kultureller Unterschiede im alltäglichen Verhalten. Das in der Schule Gelernte kann in authentischen Kommunikationssituationen angewendet werden, wobei die Bewusstheit des Bestehens unterschiedlicher Verhaltensmuster und Konventionen, die im eigenen Land (nicht) gelten, genauso wichtig ist. Damit haben wir die eingangs gestellten Fragen allerdings nur teilweise beantwortet, denn erst jetzt, nachdem geklärt wurde, was Tandem aus fremdsprachendidaktischer Sicht (nicht) ist, können wir detailliert auf (inter-)kulturelles Lernen im Tandem eingehen. (Inter-)kulturelle Aspekte im Tandem Für das Tandem als idealen Ort für interkulturelles Lernen sprechen viele Gründe. So hebt beispielsweise Bechtel (2003) hervor: Als Anwendungs- und Erprobungsfeld für interkulturelles Lernen ist das Tandem auch insofern von Interesse, als es sich um eine Sonderform direkter, interkultureller Kommunikation handelt, bei der analog zum beiderseitigen Sprachlerninteresse von einem beiderseitigen „Kulturinteresse“ ausgegangen werden kann und ein Lehr-Lern-Kontext zugrunde liegt. (Bechtel 2003: 12) Auch Schmelter (2004: 121) gibt zu: „Letztendlich sind die Grenzen zwischen Lern- und Anwendungssituation im Tandem fließend, weil der Partner immer schon Teil derjenigen Handlungsgemeinschaft ist, in der der Lerner kompetent agieren will“. Das Sprachenlernen im Tandem ermöglicht Fremdsprachenlernern eine authentische Kommunikation mit Muttersprachlern und demzufolge die Erprobung eigener (außer-)sprachlicher Fähigkeiten und Fertigkeiten. Tandem-Lerner lassen sich dagegen folgendermaßen charakterisieren: Neben den allgemeinen Persönlichkeitsmerkmalen besitzen sie [Tandempartner] allgemeine und spezifische Wissensbestände, verfügen über Werte, Normen und Bewertungsmaßstäbe. Sie haben bestimmte Wahrnehmungs- und Handlungsmuster sowie bestimmte Meinungen über die Phänomene 85 2.3 Tandem-Lernen des eigenen Umfeldes, der politischen und sozialen Verhältnisse im eigenen Land, die in ihrer oder anderen (Sub-)Gruppen üblichen Verhaltensformen. Sie verfügen über bestimmte Vorerfahrungen mit der anderen Kultur (indirekt vermittelt durch Schule und Medien, direkt erlebt durch Aufenthalte im anderen Land), die ihre Erwartungen ihren Tandempartnern gegenüber beeinflussen. Im Tandem kommen nun zwei Individuen mit dieser eben beschriebenen kulturellen Prägung zusammen, woraus eine direkte sprachliche und kulturelle Überschneidungssituation entsteht. (Bechtel 2003: 89) Damit kommt dem Tandempartner die Rolle eines Experten für sein Land, dessen Kultur und Sprache zu, durch den etwaige Hypothesen (oder auch stereotype Vorstellungen) über das Zielsprachenland einer Verifizierung oder Falsifizierung unterzogen werden können. Dadurch kann sich der Tandem-Lerner der Zielsprache und -kultur annähern. Schließlich ist der Partner in der sprachlichen und kulturellen Umgebung aufgewachsen, die sein Gegenüber möglichst umfangreich kennenlernen und in der er (außer-)sprachlich effizient handeln möchte. In diesem Zusammenhang ist auf ein webbasiertes Projekt zur Förderung des interkulturellen Verständnisses (Cultura) hinzuweisen, dessen wichtige Voraussetzung auch für das Sprachenlernen im Tandem gelten kann und folgendermaßen formuliert wurde (siehe hierzu die ausführliche Beschreibung von Furstenberg (2012): CULTURA . Ein webbasiertes Projekt zur Entwicklung von interkulturellem Verständnis; als weiterführende Lektüre auf der Lernplattform des Online-Moduls empfohlen): Cultura basiert eindeutig auf der Prämisse, dass man eine Kultur nicht einfach verstehen lernt, indem man Fakten und Wissen sammelt, sondern dass ein dynamischer Prozess der Konstruktion und Ko-Konstruktion erforderlich ist. Hier sind die Lernenden offen engagiert in einem Prozess des Entdeckens, Erkundens und Hinterfragens, der einen konstruktivistischen Lernansatz fördert, in dem Studenten-- mit Hilfe ihrer Kommilitonen und ausländischen Partner-- Schritt für Schritt ein immer komplexeres und vielseitigeres Verständnis für die andere Kultur entwickeln. (Furstenberg 2012: 7) Da Lerner oft spontan dazu neigen, ihre Aussagen anhand von konkreten Beispielen aus ihrem direkten Erfahrungsschatz zu illustrieren, ermöglichen sie einen direkten Einblick in ihre eigene Kultur (Furstenberg 2012: 5). Bereits Bechtel (2003: 322ff) hat darauf hingewiesen, dass Tandempartner gerade in der Funktion des Vermittlers zwischen den Kulturen und als Experten für die eigene Kultur gern gesehen werden. Wenn es darum geht, sich die Annahmen über die fremde Kultur bestätigen oder korrigieren zu lassen, würden sie als solche herangezogen. Dabei gelte das Motto: Über dein Land weißt du natürlich besser Bescheid als ich. Des Öfteren berichteten die Personen jedoch nicht nur über persönliche Alltagserfahrungen, sondern machten Aussagen über ihr Land mit Anspruch auf Allgemeingültigkeit. So würden sie nicht als Experten für ihren Alltag, sondern auch als Experten für das jeweilige Land auftreten. An dieser Stelle ist allerdings ergänzend einzuräumen, dass dahinter die Gefahr steckt, allzu schnelle Schlussfolgerungen aus den Äußerungen des Tandempartners zu ziehen, die wiederum zum Entstehen eines vereinfachten, oberflächlichen Bildes vom Zielsprachenland führen können. 86 2. Didaktische Konzepte Zu berücksichtigen ist auch, dass sich im Tandem stets ein Wechsel der Perspektivierungen hin zu einem transdifferenten Verstehen vollzieht, auf den interaktiv durch die Aufeinanderfolge von Beiträgen der Tandempartner Bezug genommen wird (Bechtel 2003: 333f). In seiner dem interkulturellen Lernen im Tandem gewidmeten Dissertation verweist Bechtel (2003: 365-369) auch auf dessen Stärken und Schwächen. Zu den ersten zählt der Verfasser unter anderem die folgenden: ▶ Beide Tandempartner bringen ihre persönlichen Alltagserfahrungen mit der eigenen Kultur als authentischen und individuellen Wirklichkeitsausschnitt der Gesamtkultur in die Tandeminteraktion ein. Eine Voraussetzung ist allerdings, vom Gegenüber als „Insider“ und „Experte“ für sein Land akzeptiert zu werden. ▶ Beide Lerner haben im Tandem als Anwendungs- und Erprobungsfeld für interkulturelles Lernen die Möglichkeit, eigene Perspektiven einzubringen und fremde zu verstehen. So kann einem sein Partner mitteilen, inwiefern das Bild von der fremden Kultur mit der Wirklichkeitserfahrung des Zielsprachensprechers beziehungsweise mit dem Bild, das der Muttersprachler von der eigenen Kultur hat, übereinstimmt. In der zweiten Gruppe platziert Bechtel (2003: 365-369) dagegen Folgendes: ▶ Im Tandem gibt es prinzipiell kein Richtig und Falsch. Bei der Vermittlung landeskundlicher Informationen stellt sich allerdings die Frage, inwieweit die von den Tandempartnern gegebenen Antworten richtig, repräsentativ und vollständig sind. Hinzu kommt noch, dass die Weitergabe von jenen Informationen in den Tandemphasen vom Kursleiter nicht steuerbar ist und vom Wissen der Partner über das angesprochene Thema sowie von der Fähigkeit, dieses zu vermitteln, abhängt. ▶ Sind die Partner nicht bereit, etwas von sich zu erzählen und sich mitzuteilen, gelangen sie schnell an eine Grenze für interkulturelles Lernen. ▶ Kommen sie allzu schnell an einen Punkt, an dem sie sich einig sind, dass es in beiden Kulturen „doch das Gleiche“ sei, obgleich sie bis zu den subtilen kulturellen Differenzen gar nicht vorgedrungen sind, erreichen sie ebenfalls jene Grenze. In Anlehnung an Byrams Modell der interkulturellen Kompetenz (1997) schlägt Woodin (2005: 47ff) Entwicklungsmöglichkeiten im Tandem in den folgenden Bereichen vor: ▶ Einstellungen (Selbstrelativierung, Wertschätzung anderer-- savoir être)-- Informationen über das Alltägliche austauschen, ▶ Wissen (über sich selbst und andere, über individuelle und gesellschaftliche Interaktion-- savoirs)-- über nationale beziehungsweise regionale Symbole, über nationale Feiertage diskutieren, ▶ Fähigkeiten (zu interpretieren und zu relativieren-- savoir comprendre und zu entdecken und / oder zu interagieren-- savoir apprendre / faire)-- ein Dokument oder ein Ereignis einer anderen Kultur interpretieren, erklären und es auf Dokumente der eigenen Kultur beziehen (zum Beispiel Zeitungsnachricht, Werbeanzeige); Gestik von Menschen an öffentlichen Plätzen beobachten und deren Rolle beziehungsweise Bedeutung in den beiden Ländern vergleichen, 87 2.3 Tandem-Lernen ▶ Erziehung (politische Erziehung, kritische kulturelle Bewusstheit-- savoir s’engager)-- für die beiden Kulturen gemeinsame, historische Ereignisse diskutieren. An dem bereits Präsentierten konnten Sie sicherlich sehen, dass (inter-)kulturelles Lernen im Tandem unvorhersehbar ist, da es stark vom Individuum abhängt. Schließlich bilden zwei Tandempartner, die zwar als Vertreter der jeweiligen Sprache und Kultur sowie als Vermittler zwischen der eigenen und fremden (Sprach-)Wirklichkeit zugleich fungieren, eine in ihrer Art einmalige Konstellation. Inwiefern sich (interkulturell ausgerichtete) Lernziele im Tandem erreichen lassen, hängt demnach in großem Maße von ihnen selbst ab. Denn erst ihr beiderseitiges Engagement ermöglicht es, in die mentalen Bilder des jeweils Anderen Einblick zu gewinnen und sprachlich-kulturelle Differenzen zu überwinden. Sprachenlernen im Tandem organisieren Bisher haben wir versucht, das Sprachenlernen im Tandem aus möglichst vielen Blickwinkeln zu charakterisieren. Im Zusammenhang damit sollten wir allerdings noch auf einen anderen aus der Sicht des Fremdsprachenlehrers interessanten und zugleich sehr relevanten Aspekt eingehen: Wie organisiert man das Sprachenlernen im Tandem? Im Tandem fungieren beide Partner als Lehrer oder Lehrerin und als Lerner zugleich. Abwechselnd übernehmen sie die Rolle des Muttersprachlers und Fremdsprachenlerners. Dies bedeutet wiederum, dass sie selbst-- wie bereits betont-- besonders viel Verantwortung für die Vorbereitung, Durchführung und Evaluation des Lehr- und Lernprozesses übernehmen. Demzufolge wird ihnen auch viel Selbständigkeit abverlangt. Obschon das Autonomie-Konzept die Diskussion um Ziele der Fremdsprachendidaktik bereits seit mehreren Jahrzehnten prägt, bereitet allen Interessierten die Umsetzung der Autonomie-Idee in die Praxis nach wie vor einige Schwierigkeiten. Dies trifft auch auf das Tandem zu, da nicht jedem (Tandem-)Lerner die gleiche Autonomie gegeben ist, das heißt, der Grad ihrer Ausprägung variiert von Individuum zu Individuum. Daher müssen Tandempartnern zahlreiche Hilfsmittel zur Verfügung gestellt werden, die ihnen den Einstieg in eine (des Öfteren vollkommen neue) Situation des Tandem-Lernens erleichtern. Brammerts & Kleppin (2005: 109) plädieren hier sogar dafür, für Tandems per Internet weltweit zugängliche schriftliche Hinweise bereitzustellen, die nicht nur über bestehende Lernmöglichkeiten informieren, sondern auch die Abstimmung der Partner über gemeinsame Arbeitsmodalitäten anstoßen und erleichtern könnten. Diesem Prinzip entsprechen die Handreichungen des Deutsch-Französischen Jugendwerks, in denen auf aus der Lehrer- und Lernerperspektive relevante Fragestellungen zu Tandemsprachkursen (unter anderem auf Charakteristik und Grundsätze des Tandem-Lehrens und -Lernens, auf Vorschläge für Tandemaufgaben etc.) eingegangen wird. Fehlerkorrektur im Tandem Einen wichtigen Aspekt eines jeden Fremdsprachenlehrens und -lernens stellt die Fehlerkorrektur dar (dazu siehe Pawłowska 2014b). Auch sie bedarf im Tandem gemeinsamer 88 2. Didaktische Konzepte Überlegungen und entsprechender Entscheidungen beider Partner. Da es kaum möglich ist, alle Fehler des Anderen zu verbessern, brauchen Tandemlerner Hinweise. Little (2005: 21) stellt im Zusammenhang damit gezielte Fragen, die Tandempartner zur Diskussion stellen sollen: Wie soll man entscheiden, welche Fehler zu verbessern sind? Wie soll der Prozess der Fehlerberichtigung gehandhabt werden? Ist in face-to-face-Tandempartnerschaften das Gegenüber unaufdringlich zu korrigieren, indem seine fehlerhaften Äußerungen im Laufe der Unterhaltung neu formuliert werden? Oder soll lieber eine Liste häufiger Fehler angelegt werden, um sie am Ende der Sitzung zu besprechen? Ist es besser, in E-Mail-Tandempartnerschaften den Muttersprachler darum zu bitten, auch Grammatik- und Rechtschreibregeln zu nennen? Oder sollen Sätze schlicht neu formuliert werden? Der Verfasser weist zugleich darauf hin, es gäbe keine allgemeinverbindlichen Antworten auf die erwähnten Fragen. Brammerts (2005: 15) warnt allerdings Fremdsprachenlehrer davor, allzu viele Planungen vorzunehmen. Ist man bemüht, auch kleinste Lernschritte und Lernschrittfolgen festzulegen, verzichtet man auf das wichtigste Potenzial des Lernkontextes Tandem. In erster Linie ist damit die Möglichkeit der Kombination authentischer Kommunikation mit selbstgesteuertem (individualisiertem) Lernen gemeint. Freiwillige und selbständige Arbeit würde dagegen meist zu verbessertem Lernerfolg führen. Tandempartnern sollte demzufolge möglichst viel Freiraum gelassen werden. 2.3.3 Zusammenfassung In diesem letzten Abschnitt wollen wir die bisherigen Ausführungen über interkulturelles Lernen im Tandem zusammenfassen: ▶ Sprache und Kultur gehören zusammen, weshalb Fremdsprachenlernern deren enge Verbindung auch im Tandem stets vergegenwärtigt werden soll. ▶ Interkulturelles Lernen bedeutet unter anderem Anderes, Neues, Unbekanntes wahrzunehmen, über „Eigenes / Bekanntes“ und „Fremdes / Neues“ zu reflektieren, nicht Vertrautes zu verstehen und anzuerkennen (versuchen), länderübergreifend zu denken und zu handeln, die eigene Innen- und Außenperspektive auf einen Sachverhalt zu präsentieren und zu hinterfragen. ▶ Interkulturelles Lernen lässt sich auf mannigfache Art, unter anderem im Rahmen der Tandemarbeit fördern, mit der realitätsnahes Erleben einer fremden Sprache und Kultur und zugleich die Verbindung von Theorie und Praxis gewährleistet werden kann. ▶ Interkulturelles Lernen im Tandem ist ein interaktiver Prozess, in dem Bedeutungen und (Kommunikations-)Ziele stets ausgehandelt werden. ▶ Interkulturelles Lernen im Tandem gelingt nicht automatisch. Es setzt bereits ein Verständnis für lingua-kultur-übergreifende und ein Interesse an interkultureller Kommunikation voraus. Sind Verständnis und Interesse nicht gegeben, können die unvermeidlichen Differenzen auch zu Critical Incidents (siehe Kapitel 3 im Band »Kultur- und Literaturwissenschaften«) und größeren kommunikativen Problemen führen. 89 2.3 Tandem-Lernen 2.3.4 Aufgaben zur Wissenskontrolle 1. Warum sind Sprache und Kultur nicht separat zu behandeln? 2. Was zählt zu den Prinzipien interkulturellen Lernens? 3. Auf welche Weise kann interkulturelles Lernen gefördert werden? 4. Wie lässt sich Tandem vor dem fremdsprachendidaktischen Hintergrund definieren? 5. Was ist der Unterschied zwischen Präsenz- und Distanztandem? 6. Was zählt zu den Schwächen interkulturellen Lernens im Tandem? 7. Wo liegen die Stärken interkulturellen Lernens im Tandem? 8. Was gilt es bei der Organisation der Tandemarbeit aus der Lehrersicht zu beachten? 9. Was trifft auf Präsenztandem [P] und was auf E-Mail-Tandem [E] als Form von Distanztandem zu? (Die Aufgabe basiert auf Brammerts & Calvert 2005: 28-31). P/ E (1) Die Kommunikation verläuft vorwiegend mündlich, obgleich auch auf schriftliches Material zurückgegriffen werden kann. (2) Zu beliebiger Zeit kann der Partner unterbrochen werden, um Hinweise, Korrekturen etc. gebeten werden. (3) Die Kommunikation verläuft zeitversetzt. (4) Meist kommt eine unmittelbare Reaktion aufeinander zustande. (5) Mimik und Gestik erleichtern die Interpretation des Gesagten. (6) Anders gesagt: face-to-face-Tandem (7) Absprachen werden schnell getroffen und Missverständnisse leicht vermieden beziehungsweise geklärt. (8) Tandempartner stehen nicht unter Zeitdruck. (9) Der fremdsprachliche Input ist flüchtig und es bedarf einer großen Anzahl von Wiederholungen im Laufe von Gesprächen, damit neue sprachliche Elemente rezeptiv beziehungsweise produktiv nutzbar werden. (10) Bei der Produktion von Aussagen kann man sich Zeit nehmen und Nachschlagewerke zu Rate ziehen. (11) Bei der Formulierung und beim Verständnis kann der Partner nicht unmittelbar helfen. (12) Die Kommunikation verläuft schnell und synchron. 10. Kleiner Verstehenscheck. Was trifft hier zu? Trifft zu (1) Sprache und Kultur gehören ausschließlich im Fremdsprachenunterricht zusammen, denn im Alltag besteht dazwischen kaum eine Verbindung. (2) Bei interkulturellem Lernen kommt es darauf an, die Eigenperspektive zur Geltung zu bringen und jene des Gegenübers außer Acht zu lassen. (3) Im Tandem begegnen sich immer an demselben Ort zwei verschiedensprachige Personen, um die Sprache des jeweils anderen zu lernen. (4) Die Kommunikation im Präsenztandem verläuft zeitgleich. (5) Im Tandem fungiert der Zielsprachensprecher immer als Experte für seine Sprache und Kultur und wird auch als solcher akzeptiert, weshalb er mit seinen Behauptungen den Anspruch auf Allgemeingültigkeit erheben darf. 91 2.3 Tandem-Lernen 3. Mediendidaktik im Curriculum Dieses Kapitel behandelt die Umsetzung mediendidaktischer Grundlagen in Sprachunterricht und Spracherwerb. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, wie digitale Medien den Spracherwerb beschleunigen, erleichtern und verbessern können, jenseits von reinem Medienaktionismus. Die erste Lerneinheit zeigt dabei insbesondere Möglichkeiten der Optimierung logistisch-administrativer Aspekte, der Förderung des Wissenstransfers, der Vermittlung von Handlungskompetenzen und der Individualisierung und Intensivierung des Lernens durch digitale Medien auf. Die zweite Lerneinheit präsentiert und klassifiziert eine Reihe von digitalen Werkzeugen und Sprachlernangeboten und zeigt deren Einsatz im DaF-Unterricht aus funktionaler Sicht auf. Im Mittelpunkt steht hier ebenfalls der Aspekt der Mehrwerterzielung, das heißt, nicht der Unterhaltungswert digitaler Medien, sondern deren Potential, zu einer nachhaltigen Verbesserung sprachlicher Kompetenzen beizutragen. Die dritte Lerneinheit präsentiert zu diesem Zweck ein kriterienbasiertes Verfahren für die Auswahl und Bewertung geeigneter Sprachlernprogramme und Instrumente. 92 3. Mediendidaktik im Curriculum 3.1 Curriculare Rahmenbedingungen Jörg Roche Die Frage, ob man mit Medien beim Erwerb von fremden Sprachen bessere Ergebnisse erzielen kann, ist eigentlich ebenso unangebracht wie die Frage, ob man heute auf neue Technologien für die Bewältigung moderner Verkehrsprobleme verzichten könnte. Die Frage kann also heute gar nicht mehr lauten, ob man Medien (wie überall in sonstigen Lebens- und Arbeitsbereichen) auch zum Sprachenlernen einsetzt, sondern wie, wann und mit welchen das am besten geschieht. Dies aber hängt im Einzelnen von den Lernzielen und den Lernergruppen ab, denn Lernen ergibt sich nicht einfach dadurch, dass man die Lerner massiven Datenmengen oder eingescannten Texten aussetzt oder sie (aktionistisch) mit Medien beschäftigt. In vielen Situationen werden traditionelle Mittel ihren Zweck gut erfüllen. Wo der Medieneinsatz eher zu einer Ablenkung vom Lernen führen könnte, wären traditionelle Medien möglicherweise sogar effizienter als digitale Medien. Wenn Sie im Präsenzunterricht etwa Experimente durchführen oder anderweitig authentisch handeln können, beispielsweise szenariendidaktisch durch ein Theaterstück, dann bringt die Unmittelbarkeit der dort eingesetzten Medien vermutlich einen Vorteil vor digitalen Werkzeugen. Wenn aber die Technologie den Lernern nicht nur erlaubt, Sprache zu rezipieren, sondern sie auch befähigt, Sprache kreativ und intelligent zu produzieren, zum Beispiel indem sie linguakulturelle Aspekte in den Unterricht mit einbringt, dann wird sie leicht Mehrwerte generieren können. In medial gestützte Module für den Sprachunterricht sind daher vor allem solche Inhalte, Textsorten, Quellen, Handlungen und Aufgaben einzuschließen, die bereits in digitaler Form vorliegen. Diese Lerneinheit hat zum Ziel, aufzuzeigen, wie das geht. Es geht darum, die Möglichkeiten der digitalen Medien besser einschätzen zu können, um damit den Unterricht und den Spracherwerb zu optimieren. Lernziele In dieser Lerneinheit möchten wir erreichen, dass Sie die Möglichkeiten der Mehrwerterzielung durch die digitalen Medien kennenlernen in Bereichen wie ▶ der Optimierung logistisch-administrativer Aspekte; ▶ der Förderung des Wissenstransfers; ▶ der Vermittlung von Handlungskompetenzen; ▶ der Individualisierung und Intensivierung des Lernens. 3.1.1 Mediale Mehrwerte und Medienadäquatheit Die heutige Technologie müsste den Lernern nicht nur erlauben, Sprache zu rezipieren oder zu imitieren, sondern sie auch befähigen, Sprache kreativ und intelligent für Ausbildung und Alltag zu produzieren. Zu verwenden sind daher von den Lehrkräften vor allem solche 93 3.1 Curriculare Rahmenbedingungen Arbeitswerkzeuge, Inhalte, Textsorten und Quellen, die bereits in elektronischer Form vorliegen und für einen bestimmten Beruf einschlägig sind. Es sollte demnach nicht so sehr darum gehen, traditionelle Kommunikations- und Unterrichtsformen aus falsch verstandenem Modernitätsglauben oder Aktionismus durch elektronische zu ersetzen, sondern die zunehmend die Alltagskommunikation bestimmenden e-Medien und e-Werkzeuge auch authentisch im Unterricht abzubilden und einzusetzen. Das schließt die modernen e-Kommunikationsmedien ein. Umgekehrt sollten aber authentisch genutzte Medien nicht etwa durch eine reine Verschriftlichung in Druckform ersetzt werden, wie es viele Lehrwerke mittlerweile mit unauthentischen E-Mails tun. Gleichermaßen sollten auch die Inhalte eines modernen Deutschunterrichts eher spezifisch auf den Alltag und die zukünftigen Berufe der Schülerinnen und Schüler bezogen sein. Im Mittelpunkt der Verwendung von Medien und der Entwicklung von Applikationen sollte der Lernerfolg der Lerner stehen. Die Möglichkeiten der Technologie, durch Diversifikation auf individuelle Bedürfnisse der Lerner, zum Beispiel kulturspezifische oder fach- und berufsbezogene Lernpräferenzen, einzugehen, sollten dabei stärker als bisher ausgenutzt werden (vergleiche Todorova 2009; Roche, Macfadyen & Doff 2004). Zu den Möglichkeiten der Mehrwerterzielung durch die digitalen Medien gehören nach dem heutigen Stand der Erkenntnisse die folgenden: ▶ die Optimierung logistisch-administrativer Aspekte, ▶ die Förderung des Wissenstransfers, ▶ die Vermittlung von Handlungskompetenzen (Faktenwissen, Verfahrenswissen, Einsatzwissen, Begründungswissen), ▶ die Individualisierung und Intensivierung des Lernens durch die Modellierung natürlicher kognitiver Prozesse der Sprachverarbeitung. Wenn man sich den Mehrwert der Mediennutzung in der Sprachvermittlung aus der Perspektive des Klassen- und Stoffmanagements ansieht, dann ergeben sich gegenüber traditionellen Verfahren und Medien eine Reihe von Möglichkeiten: in Bezug auf die Überbrückung von Distanzen (die fremde Kultur kommt zum Lerner), die Portabilität durch transportable Lernprogramme und Arbeitswerkzeuge, die Diversifizierung des Lernens durch die Realisierung verschiedener Lernwege und die Berücksichtigung verschiedener Lerntypen, das Unterrichtsmanagement durch Lernerverwaltungs- und Content-Managementsysteme und die Kommunikationserleichterung und -differenzierung mittels interaktiver, schneller und zuverlässiger Medien (zum Beispiel auch über mehrsprachige Tandem-Lernprogramme, mit denen sich Lerner verschiedener Sprachen gegenseitig helfen können). 3.1.2 Logistisch-administrative Aspekte Wenn man sich den möglichen Mehrwert der Mediennutzung in der Sprachvermittlung ansieht, dann ergeben sich gegenüber traditionellen Verfahren und Medien folgende Möglichkeiten der Mehrwerterzielung: 94 3. Mediendidaktik im Curriculum 1. Distanzüberbrückung: Die Vorstellung, elektronisches Lernen sei unabhängig von Raum und Zeit, ist nicht nur naiv (denn es findet immer im Kontext bestimmter Raum- und Zeitkonzepte statt), sondern beschreibt an sich noch keinen funktionalen Lernmehrwert. Für das Lernen entscheidend ist dagegen der Aspekt der Distanzüberbrückung. Für das Sprachenlernen ist dabei vor allem interessant, dass sich durch die Überbrückung von Distanzen immersionsartige Bedingungen zu besonders günstigen Bedingungen herstellen lassen. Die Zielkultur kann mit den Medien, zumindest bedingt, in den Unterricht und das Lernumfeld des Lerners integriert werden. Mit der Fernlehre können ferne Lehrangebote zum Lerner gebracht werden, auch wenn die räumliche Distanz bestehen bleibt und sich diese auch in verschiedener Weise konzeptuell weiterhin bemerkbar macht. Die Größe der Distanz spielt dabei allerdings nur eine nachgeordnete Rolle: Auch geringe Distanzen wie zum Beispiel zwischen Klassenzimmer und dem Zuhause oder anderen ortsansässigen Ressourcen lassen sich sinnvoll überbrücken. 2. Portabilität: Die überbrückten Distanzen sind zudem variabel, weil Programme portabel und damit mobil sind. Transportable Lernprogramme sind auf Bestellung verfügbar, sofern die technischen Probleme des Zugangs (Zugang zu fremden Servern und Netzen, Verfügbarkeit von elektrischer Betriebsenergie trotz unterschiedlicher Netzspannungen, Stecker und so weiter) und die zeitlichen Probleme (Zeitzonen) gelöst sind. Die erhöhte Portabilität ermöglicht prinzipiell quantitative und qualitative Effekte, die durch die Erhaltung der Lernbereitschaft, die Schaffung von Kontinuität und eine effizientere Nutzung beschränkter Ressourcen erzielt werden können. 3. Flexibilität: Neuere Programme basieren auf flexiblen Lernplattformen, die (im Gegensatz zu medialisierten Konserven) ständige Aktualisierung und Erweiterung ermöglichen. In Hinsicht auf die Erschließung wachsender Ressourcen und die Aktualisierung landeskundlicher Kenntnisse lassen sich die Lernumgebungen erweitern. Damit kann die Anbindung an die Zielkultur verbessert werden. 4. Diversifizierung des Lernens: Es lassen sich medial Möglichkeiten verschiedener Lernwege für verschiedene Lernertypen, Interessen und Anlagen realisieren, die aus logistischen und administrativen Gründen im traditionellen Sprachunterricht so nicht zu realisieren sind, zumindest nicht in großen Klassenverbänden, weil Zeit, Materialien und Lehrerkapazitäten nicht ausreichen. Allerdings verlangt die Diversifizierung meist eine erhebliche Investition in die Ausarbeitung der Materialien. 5. Einfache Lerner- und Hausaufgabenverwaltung: Neuere Lernprogramme wie etwa die Online-Deutschkurse von DUO (Online unter http: / / www.deutsch-uni.com. 07. März 2018) bieten einfach zu steuernde Möglichkeiten der Klassenverwaltung wie die Individualisierung von Lernplänen, die Automatisierung von Korrekturen, die automatische Archivierung von Hausaufgaben und -korrekturen 95 3.1 Curriculare Rahmenbedingungen und Ähnliches und setzen dadurch Lehrkapazitäten für wirksamere Tätigkeiten der Lehrkräfte frei (siehe Abbildungen 3.1 und 3.2). Abbildung 3.1: Beispiel für Aufgabenkorrektur, -verwaltung und -archivierung in Deutsch-Uni Online (Roche 2008a: 16) Abbildung 3.2: Beispiel für Aufgabenkorrektur, -verwaltung und -archivierung in Deutsch-Uni Online (Roche 2008a: 16) 6. Kommunikationserleichterung und -differenzierung: Über E-Mail, Chats, WhatsApp, Foren, webbasierte interaktive Tagebücher ( BLOG s), Tandemprogramme und neuerdings auch interaktive Tafeln (virtuelle Klassenzimmer) lassen sich Lerner technisch leicht und kostengünstig vernetzen und im Prinzip alle Kommunikationsmöglichkeiten der Präsenzkommunikation realisieren (net-meeting, virtual classrooms). Mit virtuellen Klassenzimmern sind die technischen und administrativen Grundlagen für offene Lernplattformen geschaffen, die durch selbständiges 96 3. Mediendidaktik im Curriculum und interaktives Lernen eine höhere Nachhaltigkeit bewirken wollen. Elektronische Partnerschaften vermitteln unter anderem das e-Tandem Projekt der Ruhr-Universität Bochum (Online unter http: / / www.zfa.rub.de/ ils/ lernen/ index.html.de. 07. März 2018) (Abbildung 3.3) oder das eTwinning-Portal für europäische Schulen (Online unter http: / / www.etwinning.net/ ww/ de/ pub/ etwinning/ index.htm. 07. März 2018). Das Französisch- Programm Cultura des Massachussets Institute of Technology ( MIT ) (Online unter https: / / cultura.mit.edu/ . 07. März 2018), wendet sich zwar gezielt an französisch-amerikanische Lerngruppen, ist aber wegen seines grundsätzlichen interkulturellen Konzeptes auch für andere Lerngruppen von Interesse und bietet damit prinzipiell auch eine Plattform für andere Sprachkonstellationen. Abbildung 3.3: Eingangsseite der Tandemvermittlung an der Ruhr-Universität Bochum für Lerner aller Sprachen und Stufen (Ruhr-Universität Bochum 2018) Gegenüber Chats und Foren bieten Messenger wie beispielsweise WhatsApp den Vorteil der selektiven und privaten Kommunikation mit definierten Partnern oder Partnergruppen. Außerdem lassen sich mit diesen Programmen Dateien austauschen, Termine organisieren und einiges mehr. Bisher sind die angebotenen Programme jedoch nicht kompatibel. Ein Einsatz für Lehr- und Lernzwecke setzt also die entsprechende Abstimmung der technischen Installationen voraus. 97 3.1 Curriculare Rahmenbedingungen 3.1.3 Wissenstransfer Mittels der digitalen Medien lassen sich (bei entsprechenden Vorbereitungsarbeiten) komplexe Inhalte darstellen. So lassen sich für bestimmte Lernergruppen interessante Inhalte bereithalten, ohne dass die Lehrkraft in allen Bereichen kompetent sein muss. Für viele Lerner mit Fachwissen wird dadurch auch die Einstiegsschwelle in die Fachsprachen erheblich reduziert und der Fremdsprachenerwerb beschleunigt. Bereits vorhandenes Wissen lässt sich in jeder Form besonders produktiv für das Sprachenlernen nutzen. Die Vertrautheit mit dem Fachwissen und seiner häufig international standardisierten Terminologie hat sich grundsätzlich als lernförderlich herausgestellt (vergleiche hierzu Meißner & Burk 2001; Buhlmann & Fearns 2000). Dabei kann das Vorwissen sowohl fachlich und fachsprachlich komplex (Berufssprache, Wissenschaftssprache, Immersionsprogramme in Schulen) als auch kindgerecht und spielerisch sein (zum Beispiel in der Szenariendidaktik). Wie wissenschaftliche Forschung und ihre digitalen Werkzeuge in einem offenen Sprachlernprogramm fach- und fachsprachendidaktisch aufbereitet werden können, zeigen anschaulich die deutsch- und fremdsprachigen Fach- und Berufssprachenmodule der Deutsch-Uni Online ( DUO ) (ausführlich dazu siehe Lerneinheit 5.1 in diesem Band): Abbildung 3.4: Français des affaires (Deutsch-Uni Online 2006) 98 3. Mediendidaktik im Curriculum Abbildung 3.5: Português comercial (Roche 2008a: 19) Abbildung 3.6: Japanisch multimedial-- Für Alltag und Beruf (Roche 2008a: 19) 99 3.1 Curriculare Rahmenbedingungen Abbildung 3.7: Online-Lesetraining: Englisch Politik (Roche 2008a: 20) Abbildung 3.8: Digitales Werkzeug zur Bestimmung von Insekten von Prof. Heitland ( TU München) aus dem Modul fach-deutsch bio (Roche 2008a: 20) 100 3. Mediendidaktik im Curriculum Weitere studienbegleitende und berufsvorbereitende Module gibt es unter anderem zu den Themen Betriebswirtschaft, Jura, Medizin, Bio-Wissenschaften, Nano-Wissenschaften, Psycholinguistik und Ingenieurwissenschaften (vergleiche auch das Programm von Mehlhorn, Bausch, Claußen, Helbig-Reuter & Kleppin 2005). Wie umfangreichere Inhalte für Kinder spielerisch aufbereitet werden können, illustriert das aufwändig produzierte, allerdings geschlossene Lernprogramm grenzenlos (Informationen hierzu online unter https: / / www. bmwgroup.com/ content/ dam/ bmw-group-websites/ bmwgroup_com/ responsibility/ downloads/ de/ 2007/ 2007-BMW-Group-Zehn-Jahre-BMW-Group-Award-fuer-Interkulturelles- Lernen.pdf). Abbildung 3.9: Abbildungen aus dem Programm grenzenlos für den spielerischen Erwerb von Wortschatz und Strukturen des Deutschen. Zielgruppe: Kinder zwischen 6-13 Jahren (Roche 2008: 21) 101 3.1 Curriculare Rahmenbedingungen Abbildung 3.10: Abbildungen aus dem Programm grenzenlos für den spielerischen Erwerb von Wortschatz und Strukturen des Deutschen. Zielgruppe: Kinder zwischen 6-13 Jahren (Roche 2008a: 21) Abbildung 3.11: Abbildungen aus dem Programm grenzenlos für den spielerischen Erwerb von Wortschatz und Strukturen des Deutschen. Zielgruppe: Kinder zwischen 6-13 Jahren (Roche 2008a: 21) 3.1.4 Handlungskompetenzen und Arbeitswerkzeuge Der moderne, handlungsorientierte Sprachunterricht geht davon aus, dass nicht nur die Inhalte selbst den Spracherwerb fördern, sondern vor allem die Auseinandersetzung (Zielsetzung, Interaktion, Handeln) mit den Inhalten schnellen und nachhaltigen Spracherwerb bewirkt. Zur Vermittlung und Bearbeitung komplexer Inhalte, und gerade solcher, die einer medialen Realisierung bedürfen, also medienadäquat sind, gehören daher zunehmend auch digitale Werkzeuge. Im Sinne handlungsorientierten, konstruktivistischen Lernens eignen sich die elektronischen Medien daher besonders als Arbeitswerkzeuge und zur Erreichung 102 3. Mediendidaktik im Curriculum einer allgemeinen Medienkompetenz als einer wesentlichen Schlüsselqualifikation für Lehre und Beruf. Medienadäquate Texte sind Texte und Materialien, die an ein bestimmtes (authentisches) Medium gebunden sind beziehungsweise sich für dieses Medium besonders gut eignen. Längere Schrifttexte eignen sich zum Beispiel besser für Druckmedien als in eingescannter Form für elektronische. Die elektronische Netzliteraturgattung Hyperfiction dagegen bedarf der gestalterischen Möglichkeiten offener elektronischer Plattformen. Sie lässt sich mittels gedruckter Texte nur beschränkt realisieren. Es gibt eine Fülle elektronischer Textgattungen von der E-Mail, über elektronische Auskunfts- und Buchungssysteme, webbasierte Tagebücher und Enzyklopädien, die interaktiv gestaltet werden und sich daher ständig verändern ( BLOG s und WIKI s), bis hin zur Hyperfiction. Sie bestimmen den modernen Kommunikationsalltag und bedürfen zur angemessenen Nutzung einer grundsätzlichen Medienkompetenz. Sie können auch in möglichst authentischer Form für die Sprachvermittlung genutzt werden und die in Lehrprogrammen noch verbreiteten künstlichen Übungen in aufgesetzter E-Medialität ersetzen oder zumindest ergänzen. Den Ansatz konstruktivistischen Mediendesigns, aus dem sich der Einsatz von digitalen Arbeitswerkzeugen schlüssig begründen lässt, kann man etwa folgendermaßen beschreiben: Der Lerner befindet sich im Mittelpunkt des Lernprozesses und steuert ihn. Für die Erschließung der Lernumgebung benötigt er geeignete Werkzeuge, die er selbst zu finden und zu nutzen hat. Medienentwickler können bestimmte Werkzeuge zur Verfügung stellen. Die Lehrkräfte sind in erster Linie Mentoren, Trainer oder Lernberater (vergleiche Reinfried 1999; Wolff 1994, 1996; Wendt 1996). Eine Weiterentwicklung des Modells konstruktivistischen Lernens stellt nach Seymour Papert (1980) das konstruktionistische Lernen dar. In diesem Lernmodell kommt dem konkreten Handeln und dem Produzieren im öffentlichen Raum eine besondere Bedeutung zu. Das heißt, das Lernen ist ergebnisorientiert, wenn auch ergebnisoffen, es geschieht handelnd, seine Ergebnisse stellen sich den Reaktionen (der Rückmeldung) der Umwelt. Da all diese Prozesse auch sprachhandelnd verlaufen, entsteht eine intensive und vielfältige Beschäftigung mit authentischer Sprache. Das fallbasierte Lernen und die Szenariendidaktik bauen auf konstruktionistischen Prinzipien auf (vergleiche Hölscher, Piepho & Roche 2006; Hölscher et al. 2003, 2004, 2005; Piepho 2003; Fischhaber 2002; Beers 2001; Goldman-Segall 1998; siehe auch Lerneinheit 2.1 und Kapitel 5). An einem für Spielzwecke konzipierten Programm, das ursprünglich mit Sprachunterricht nichts zu tun haben sollte, kann man das gut illustrieren. Es handelt sich dabei um ein Programm für Teenager, mit dessen digitalen Werkzeugen man eigene Drehbücher schreiben und in Cartoons animieren kann. Die Teenager können verschiedene Szenen und Charaktere wählen und bei deren Definition auf eine Reihe von Hilfen zurückgreifen, die auch sehr gut für das Sprachenlernen nutzbar gemacht werden können: Rollenbeschreibungen, Charaktereigenschaften, Skriptvorgaben und Regieanweisungen. Die für den Spracherwerb so eminent wichtige bildliche und lautliche Parallelinformation wird gleich mitgeliefert. 103 3.1 Curriculare Rahmenbedingungen Abbildung 3.12: Verschiedene Hilfsmittel zur Erstellung eines eigenen Drehbuchs und seiner cartoonartigen Verfilmung mit lautlich synthetisierter Umsetzung in Hollywood Theatrix (Roche 2008a: 23) Abbildung 3.13: Verschiedene Hilfsmittel zur Erstellung eines eigenen Drehbuchs und seiner cartoonartigen Verfilmung mit lautlich synthetisierter Umsetzung in Hollywood Theatrix (Roche 2008a: 24) 104 3. Mediendidaktik im Curriculum Abbildung 3.14: Verschiedene Hilfsmittel zur Erstellung eines eigenen Drehbuchs und seiner cartoonartigen Verfilmung mit lautlich synthetisierter Umsetzung in Hollywood Theatrix (Roche 2008a: 24) Abbildung 3.15: Verschiedene Hilfsmittel zur Erstellung eines eigenen Drehbuchs und seiner cartoonartigen Verfilmung mit lautlich synthetisierter Umsetzung in Hollywood Theatrix (Roche 2008a: 24) 105 3.1 Curriculare Rahmenbedingungen Obwohl es sich auch hierbei um ein geschlossenes Medium ( CD ROM ) handelt, erlaubt das werkzeugartige Design des Programms vielfältige kreative Produktionen der Lerner. Für Lerner des Englischen bietet sich so eine Fülle authentischer Werkzeuge im Sinne der konstruktionistischen (schaffenden) Theorie entdeckenden Lernens. Durch die Hilfsmittel wird gleichzeitig Orientierung geboten und die Navigation erleichtert. Auch das Programm WebConstellations (Goldman-Segall 1998) verfolgte bereits eine ähnliche authentische (konstruktionistische) Produktionsorientierung, allerdings in einem offenen Programm für Wissenstransfer und Kommunikation, das für das offene Internet-Medium geschaffen wurde. Dabei sollen die Nutzer das Programm als Werkzeug nutzen, um damit bereits existierende Wissensplaneten, Satelliten oder Galaxien beliebig auf ihren eigenen Wissenshorizont auszurichten und zu modifizieren. Daraus ist ein dynamischer Wissenskosmos entstanden, der jedem weiteren Nutzer zur Weiterbearbeitung offensteht. Leider ist dieses Universum wegen technisch-administrativer Probleme heute nicht mehr zugänglich. Mit aufwändigen, teilweise kostenpflichtigen Programmen lassen sich mittlerweile auch komplette virtuelle Lebenswelten für ein ‚zweites Leben‘ (Second Life, Online unter http: / / secondlife.com/ . 07. März 2018) von Nutzern individuell und interaktiv gestalten. Hier kann man sich eine zweite Identität mit Wunscheigenschaften schaffen und entsprechend in einer zunehmenden Anzahl von Umgebungen virtuell handeln (und mit einer eigenen Währung einkaufen). Gemeinsam ist diesen Programmen das authentische, aber virtuelle Handeln, das eine Simulation der Prinzipien realen Lebens und Kommunizierens bietet. Damit eignen sie sich prinzipiell sehr gut für das Sprachenlernen. Aber Beschränkungen in der Ausstattung, hohe Betriebs- oder Anschaffungskosten und die Beschränkung der Interaktivität, der Navigationsmöglichkeiten und der Nutzbarkeit limitieren den Einsatz im realen Sprachunterricht. Abbildung 3.16: Ausschnitt aus der virtuellen Welt Second Life (Flickr o. J.) 106 3. Mediendidaktik im Curriculum Abbildung 3.17: Ausschnitt aus der virtuellen Welt Second Life (Flickr o. J.) 3.1.5 Individualisierung und Intensivierung des Lernens Unter Lernformaten versteht man die Einsatzmöglichkeiten der digitalen Medien mit unterschiedlichen Anteilen von eigener Steuerung und Gestaltung durch die Lerner und Betreuung durch Lehrer und Tutoren. Die Bandbreite reicht dabei vom reinen E-learning, das heißt dem unbetreuten Lernen mit elektronisch vermittelten Lernprogrammen, bis hin zum medienassistierten Präsenzunterricht. Dementsprechend unterscheidet man auch zwischen Formaten des Selbstlernens, Formaten des betreuten Lernens im Medienmix (Blended Learning) und der mediengestützten Präsenzlehre (etwa im Medienlabor oder in besonders ausgestatteten Räumen). In welchem Verhältnis welche Medien zu welchem Zeitpunkt für welche Zwecke gemischt werden, hängt von verschiedenen Parametern ab. Klare Definitionen gibt es hierfür nicht. Das Standardformat von Blended Learning-Programmen besteht aus einem Treffen in der Gruppe am Anfang eines Kurses, einer e-Lernphase, gegebenenfalls einem weiteren Gruppentreffen, weiteren e-Lernphasen und einem Abschlusstreffen. Zwischen den Treffen kommunizieren die Kursteilnehmer untereinander und mit ihrem Tutor über die vorhandenen Kommunikationskanäle und gegebenenfalls auch durch Einsendung schriftlicher Hausaufgaben (Abbildung 3.18). 107 3.1 Curriculare Rahmenbedingungen Abbildung 3.18: Beispiel für Aufbau eines Blended Learning Kurses (Roche 2008a: 31) Im Folgenden werden daher die wichtigsten Parameter für die Individualisierung und Intensivierung des Lernens durch die Medien dargestellt. Dafür genügen im Grunde schon ein neuerer Standardcomputer, Mikrofon, Webkamera und eine gute Internetverbindung. Mit diesen Mitteln kann man in der Regel moderne e-Kommunikationswerkzeuge und Lernplattformen installieren. Über verschiedene Kommunikationskanäle lässt sich Kommunikation dann ohne großen technischen Aufwand mehrdirektional herstellen und durchführen. So lassen sich im Grunde alle Sozialformen des kommunikativen Unterrichts elektronisch verwirklichen. Welche Unterstützung brauchen Lerner besonders beim Lernen mit elektronisch vermittelten Lernprogrammen? Im Folgenden werden die wichtigsten Faktoren aufgeführt, die den Lerner unmittelbar, das heißt, als lernendes Individuum, betreffen. 1. Einstufung: Ein wesentlicher Vorteil beim Einsatz elektronischer Medien im Spracherwerb ist die Möglichkeit der Individualisierung des Lernprozesses. Zur Umsetzung dieser Möglichkeit müssen Lerner in der Lage sein, Lernmenge, Lerntempo, Fertigkeiten und Themen selbst beziehungsweise mithilfe eines Lehrers festzulegen. Deshalb ist es wichtig, dass die Lernziele und Schwerpunkte bereits zu Beginn des Kurses bestimmt werden und die eigenen Stärken und Schwächen sowie die individuellen Interessen bestimmt werden. 108 3. Mediendidaktik im Curriculum Für Lerner ist es oft sehr schwer, alleine herauszufinden, wo ihre Stärken und Schwächen liegen. Sie brauchen die Hilfe und in den Anfangsphasen eines Kurses besonders viel Anleitung durch einen Tutor. Diese Anleitung kann später reduziert werden, sobald ein Lerner im Umgang mit dem Programm sicherer geworden ist. Verschiedene elektronische Einstufungsmöglichkeiten, wie etwa der onDaf (Online unter www.ondaf.de. 07. März 2018) oder Selbsteinschätzungsverfahren erleichtern diese Aufgabe (vergleiche auch die Programme von dialang für verschiedene europäische Sprachen, online unter www.dialang.org. 07. März 2018). 2. Festlegung der Lernwege: Je nach Unterrichtsniveau und Lernertyp sollten verschiedene Lernwege möglich sein. Sie sollten gemeinsam mit den Tutoren oder von den Lernern selbst je nach Interesse auswählbar sein. Neuere Plattformen enthalten Hilfsmittel, die die Organisation von Lernwegen technisch erleichtern. 3. Beratung: Die Erfahrung mit elektronisch vermittelten Lernprogrammen zeigt, wie wichtig die gute Information und gute und zeitnahe technische Beratung für Lerner sind. Die Frustrationstoleranz bei mangelnder Information und Beratung ist allgemein sehr gering. Technische Fragen sollten deshalb von den Tutorinnen und Tutoren immer so schnell wie möglich beantwortet werden. Verbindliche Termine für den regelmäßigen Kontakt in gemeinsamen Unterrichtstreffen, in Foren, beim Chat oder in Sprechstunden sind wesentliche Mittel für ein motivierendes Weiterlernen. Auch sollte regelmäßig überprüft werden, ob es bei den Lernern Fragen oder technische Probleme gibt. 4. Tutorielle Betreuung und verbindliche Kommunikation: Die tutorielle Betreuung im Lernprozess hat sich auch beim Lernen mit den digitalen Medien immer wieder als äußerst wichtig für den Lernerfolg herausgestellt, da dieser vor allem durch qualifiziertes Feedback gesichert wird. Auch die Kommunikation in Online-Programmen ist besonders dann effizient, wenn sie betreut wird beziehungsweise wenn die Verbindlichkeit der Nutzung gewährleistet ist. Unverbindlich vereinbarte e-Kommunikation versandet schnell. Es ist daher wichtig, dass die Kommunikationsinstrumente regelmäßig genutzt werden und dafür feste Termine vereinbart werden. Damit alle Lerner zeitgleich kommunizieren können, sollten internationale Klassen möglichst mit Lernern aus den gleichen Zeitzonen zusammengestellt werden. 5. Identifikation der Teilnehmer und Wahrung der Anonymität: In virtuellen Lernangeboten zeigt sich immer wieder, dass die Anonymität von Lerngruppen ein Hindernis für den Lernerfolg ist. Fotos von Teilnehmern einer Lerngruppe und andere visuelle und textuelle Informationen über die anderen Teilnehmer erhöhen den persönlichen Bezug untereinander und damit die Verbindlichkeit des Lernverbundes. Auf der anderen Seite kann der Öffentlichkeitsgrad in klassenöffentlichen Foren zum Problem werden, wenn die Lerner einen bestimmten Bedarf an vertraulicher Kommunikation haben und / oder ihr kulturspezifisches Verständnis von Lehrer- und Schülerrollen auf Vertraulichkeit aufbaut. Beide Aspekte sind je nach Lernergruppe ausgewogen zu berücksichtigen. 109 3.1 Curriculare Rahmenbedingungen 3.1.6 Zusammenfassung ▶ Im Mittelpunkt der Verwendung von Medien und der Entwicklung von Applikationen sollte der Lernerfolg der Lerner stehen. Die Möglichkeiten der Technologie, durch Diversifikation auf individuelle Bedürfnisse der Lerner, zum Beispiel kulturspezifische oder fach- und berufsbezogene Lernpräferenzen, einzugehen, sollten dabei besonders stark ausgenutzt werden (vergleiche Todorova 2009; Roche, MacFadyen & Doff 2004). ▶ Wenn man sich den Mehrwert der Mediennutzung in der Sprachvermittlung ansieht, dann ergeben sich gegenüber traditionellen Verfahren und Medien eine Reihe von Möglichkeiten: Durch die Überbrückung von Distanzen (die fremde Kultur kommt zum Lerner), Portabilität durch transportable Lernprogramme, Diversifizierung des Lernens durch die Realisierung verschiedener Lernwege und die Berücksichtigung verschiedener Lerntypen sowie durch die Kommunikationserleichterung und -differenzierung mittels interaktiver, schneller und zuverlässiger Medien. ▶ Denn durch verschiedene Angebote (Lernwege) kann man mit den Medien geschickter auf individuelle Interessen und Anlagen der Lerner eingehen und ihnen die Möglichkeit geben, intensiv, selbständig und wo nötig in Verbindung mit ihren Tutoren am Lernmaterial zu arbeiten und zu üben. Durch die digitalen Medien entsteht darüber hinaus auch die Möglichkeit der Interaktivitätssteigerung. 3.1.7 Aufgaben zur Wissenskontrolle 1. Erklären Sie die wichtigsten logistisch-administrativen Aspekte der Mediennutzung. 2. Erklären Sie die Rolle der digitalen Medien beim Wissenstransfer. 3. Was versteht man unter den medienadäquaten Texten? 4. Erläutern Sie kurz die wichtigsten Lernformate mit den digitalen Medien. 5. Welche Unterstützung brauchen Lerner besonders beim Lernen mit elektronisch vermittelten Lernprogrammen? Nennen Sie die wichtigsten Faktoren, die den Lerner unmittelbar, das heißt, als lernendes Individuum, betreffen. 110 3. Mediendidaktik im Curriculum 3.2 Sprachlernsoftware Jörg Roche & Ferran Suñer Muñoz In der vorherigen Lerneinheit haben Sie die wichtigsten Aspekte für die Mediennutzung im Unterricht kennengelernt. Darüber hinaus hatten Sie bereits in mehreren Lerneinheiten dieses Bandes die Gelegenheit, Werkzeuge und Sprachlernsoftware kennenzulernen, wie zum Beispiel die Sprachlernplattform Deutsch-Uni Online, die Software Xtranormal, das Werkzeug Visual Thesaurus, die Grammatikanimationen oder die Lernspiele des Goethe-Instituts. Nach welchen Kriterien kann aber die Fülle an digitalen Medien klassifiziert werden? Wie können Sie richtige Programme und Tools für Ihren Unterricht wählen? Üben die Lerner zum Beispiel mit einer App gezielt ihre Aussprache oder lernen sie, wie sie unterschiedliche kommunikative Situationen in der Fremdsprache bewältigen? Erwerben die Lerner eine spezifische sprachliche Teilkompetenz (zum Beispiel Lesetrainings) oder üben sie die Testformate einer bestimmten Prüfung ein? Diesen wichtigen Fragen wird in dieser Lerneinheit in Anlehnung an die Kriterien von Roche (2008a) nachgegangen. Lernziele In dieser Lerneinheit möchten wir erreichen, dass Sie ▶ verschiedene digitale Werkzeuge und Sprachlernangebote aus funktionaler Sicht klassifizieren können; ▶ den Einsatz verschiedener Sprachlernangebote im DaF-Unterricht aus funktionaler Sicht begründen können. 3.2.1 Prinzipien zur Klassifikation der Software Sprachlernsoftware kann nach verschiedenen Kriterien klassifiziert werden, zum Beispiel in Hinsicht auf das Medium oder das technische System, die Funktion, die Unterrichtsmethode und das didaktische Verfahren oder lerntheoretische Ansätze. Nimmt man die Klassifikation nach dem Medium oder technischen Standard vor, so ergibt sich grob eine Differenzierung nach drei Generationen: DOS -Programme, Multimedia-Programme (mit den Varianten Video-Disc, CD - ROM und Hypermedia) und Internet-Programme. Zu den Kriterienkonzepten gibt es darüber hinaus eine Reihe weiterer, in der Regel spezifischerer Vorschläge. So behandeln Plass, Chun, Mayer & Leutner (1998: 35ff) zum Beispiel Aspekte des Design-Modells für die Nutzeroberfläche von Sprachlern- und -lehrsoftware unter vier verschiedenen stärker technologisch oder lernpsychologisch ausgerichteten Perspektiven: craft approach, enhanced software engineering approach, technologist approach und cognitive approach. Über die Eignung sagen solche Einteilungen aber nichts aus (vergleiche die Ansätze von Hubbard 1992 und Doll 1987; siehe auch Roche 2003; Reeder, Heift, Roche, Tabyanian, Schlickau & Gölz 2001; Mayer 1997). 111 3.2 Sprachlernsoftware Etwas aufschlussreicher ist dagegen die Klassifikation nach Kriterien der Funktionalität: nach tutorieller, situativer oder instrumentell-explorativ-referenzieller Ausrichtung. Unter tutoriellen Programmen versteht man stark gesteuerte Lehr- oder Wiederholungsprogramme, mit denen ein Lerner meist selbständig grammatische, lexikalische oder phonetische Themen erarbeiten oder üben kann. In diesem Sinne ersetzen die elektronischen Programme traditionelle Übungsformen gedruckter Lehr- oder Übungsmaterialien (Arbeitsbücher). Dabei geben sie aber (in der Regel) einfache Rückmeldung- - meist nach einer richtig / falsch-Dichotomie-- und bieten eine statistische Fehlerauswertung. Auch situativ ausgerichtete Programme weisen in der Regel ähnliche Übungssequenzen auf. Allerdings sind diese dann meist an ein kurzes Video oder eine Audio-Aufnahme angeschlossen. Wortschatz und Strukturen sind somit situiert. Die Situationen unterscheiden sich in Art und Intention jedoch wenig von Kassetten- oder Filmaufnahmen älterer Medien. An der Oberfläche kann dabei leicht der Eindruck entstehen, es handele sich bei den Programmen um einen zu Grunde liegenden kommunikativen Ansatz. In Wirklichkeit zeigen aber die Bearbeitungsverfahren, dass es sich häufig um neu aufgelegte behaviouristische Modelle handelt. Selbst das kommunikative Prinzip der Authentizität der Materialien wird in den meisten Fällen nicht beachtet. Für die eigene Umsetzung durch die Lerner haben die situativen Programme oft wenig Nutzen. Ihre Stärke liegt im Illustrationscharakter. Die instrumentell-explorativ-referenziellen Programme betonen dagegen den authentischen, kommunikativen Nutzen elektronischer Werkzeuge bei der Umsetzung sprachhandlungsbedingter Funktionen. Zu diesen Lern- und Arbeitswerkzeugen gehören demnach Rechtschreibprüfungen, Thesauri, Webeditoren, Textverarbeitungsprogramme, Wörterbücher, e-Ressourcen, e-Fragebögen, Spiele und vieles mehr. Diese Programme erlauben den Lernern nicht nur Strukturen zu üben, sondern weit darüber hinaus kreativ und konstruktiv mit Sprache umzugehen. 3.2.2 Tutorielle Systeme Eine erste Kategorie bilden nach Roche (2008a) die sogenannten tutoriellen Systeme, die ebenfalls als Komponente von größeren Sprachlernplattformen (detaillierter siehe Kapitel 6) verwendet werden können. Die tutoriellen Systeme als eigenständige Sprachlernangebote sind vorwiegend darauf ausgerichtet, bestimmte Sprachbereiche anhand einer sehr starken Steuerung durch das Programm zu trainieren und ihre Verwendung zu automatisieren. Meistens bestehen diese Sprachlernangebote aus umfangreichen Sammlungen von Übungen, die unzählige Wiederholungsmöglichkeiten ein und derselben Struktur anbieten. Nicht viel spannender-- aber dafür äußerst funktional-- sind die Rückmeldungen, die in der Regel die Bewertung richtig / falsch anbieten. Typisch für diese Art von Sprachlernangeboten ist die statistische Fehlerauswertung. Im Bereich der tutoriellen Systeme können allerlei Sprachbereiche trainiert werden (Aussprache, Artikel, Wortschatz und Ähnliches). Ein Beispiel für ein solches Sprachlernangebot ist die Applikation für Smartphones book2. In diesem Programm wählt der Nutzer zunächst seine Erstsprache und dann die gewünschte Fremdsprache. Erst dann werden die Lektionen generiert. Insgesamt sind 100 Lektionen vorgesehen, die unterschiedlichen Themen entsprechen. Der Nutzer wählt anschließend eine Lektion aus 112 3. Mediendidaktik im Curriculum der Liste aus und beginnt mit einem strukturierten Lernprozess: (1.) anhören beziehungsweise lesen; (2.) trainieren und (3.) schlafen (ja, Sie haben es richtig gelesen). Beim ersten Lernschritt hört sich der Nutzer die vorgefertigten Wörter und Sätze so lange an, wie er will. Dabei werden die Sätze stets in der Erstsprache und in der Fremdsprache dargeboten (siehe Abbildung 3.19). Danach werden die gehörten Sätze einzeln und systematisch abgeprüft bis der Nutzer die ganze Lektion geschafft hat. Als Letztes kommt ein ganz unkonventioneller Schritt, und zwar kann sich der Nutzer alle gelernten Sätze von der Applikation in der Tiefschlafphase wiederholen lassen. Das soll angeblich helfen, die gehörten Wörter und Sätze im Gedächtnis besser zu festigen. Die Hersteller behaupten, dieses Verfahren ermöglicht „eine schnelle und unkomplizierte Aneignung der Fremdsprache“ (book2 2017). Kritisch an diesem Sprachlernangebot sind allerdings die fehlende Auseinandersetzung mit ganzheitlichen kommunikativen Situationen und die Unmöglichkeit zur Herstellung einer persönlichen Relevanz zu den Themen. Abbildung 3.19: Video-Tutorial der App book2 (Goethe-Verlag o. J.) Andere tutorielle Systeme werden für den Aufbau von Wortschatz (sogenannte Vokabeltrainer) oder für das Aussprachetraining verwendet. Die App babbel kombiniert diese beiden Funktionen: Einerseits bietet sie ein Spracherkennungssystem an, das die nachgesprochenen Wörter des Nutzers in einer Skala zwischen 0 und 100 in Bezug auf die muttersprachliche Aussprache bewertet, andererseits kann der Nutzer durch zahlreiche Übungen seinen Wortschatz perfektionieren. In ihrer Vokabeltrainer-Funktion verfährt babbel ähnlich wie book2: Es werden zunächst thematisch verwandte Vokabeln zusammen mit der dazugehörenden Übersetzung dargeboten, die dann durch Zuordnungsübungen trainiert werden. Anschließend können ganze Sätze gebildet werden, indem der Nutzer aus einer Liste verschiedener Begriffe den richtigen auswählt. Das Wiederholen und das Nachsprechen der gebildeten Sätze sollen zur Festigung des Wortschatzes beitragen. Diese App ist zwar in einem sehr an- 113 3.2 Sprachlernsoftware sprechenden Design umgesetzt worden, aber die meisten Kritikpunkte gegen book2 treffen ebenfalls auf babbel und vermutlich auch auf die meisten tutoriellen Systeme zu. Abbildung 3.20: App babbel (Babbel o. J.) 3.2.3 Situativ ausgerichtete Programme Eine weitere Kategorie von Programmen stellen nach Roche (2008a) die sogenannten situativ ausgerichteten Programme dar. Wie der Name schon sagt, besteht der größte Unterschied zwischen dieser Kategorie und der vorherigen Kategorie darin, dass hier eine situative Einbettung der Materialien erfolgt. Das heißt, die Dialoge, der Wortschatz und so weiter sind in einem konkreten Kontext authentischer Kommunikation situiert, so dass zum Beispiel ganze Texte und Gespräche behandelt werden (und nicht nur isolierte Wörter und Sätze wie bei den tutoriellen Systemen). Dies erfolgt meistens jedoch auf eine eher rudimentäre Weise, denn die Situativität wird zum Teil durch kurze Videos, Gespräche oder Dialoge mit scheinbar authentischen Illustrationen hergestellt. Außerdem entpuppen sich diese Programme meistens als behaviouristisch angehauchte Lernarrangements, die ähnlich wie die tutoriellen Systeme auf Wiederholung und vorgegebenes Feedback setzen. Hier ist also wieder kein Platz für den kreativen Umgang mit Sprache oder für die individuelle Schwerpunktsetzung, auch wenn die Nutzer die Reihenfolge der Übungen festlegen können. Beispiele für situativ ausgerichtete Programme finden wir bei Digital Publishing und Tell Me More. So nutzt Digital Publishing zum Beispiel ein Bild aus dem Museum, um vollständige Dialoge zu präsentieren. Dadurch könnte zwar der Eindruck entstehen, dass das Programm sich nach einem kommunikativ ausgerichteten Ansatz richtet. Bei näherer Betrachtung erweisen sich die präsentierten Dialoge jedoch als starre sprachliche Äußerungen, die durch Eingabe der fehlenden Wörter mechanisch wiedergegeben werden sollen. Trotz aller illus- 114 3. Mediendidaktik im Curriculum trativen Bemühungen beschränkt sich das Vermittlungsprinzip bei Digital Publishing auf das Vervollständigen und Nachsprechen vorgegebener sprachlicher Strukturen. Zudem fällt auf, dass die Progression bei Tell Me More extrem kleinschrittig vorstrukturiert ist. Die Bearbeitung der Lektionen ist also durch unzählige, vorwiegend geschlossene Übungen stark gesteuert. Die akribische Auswertung des Bearbeitungsstands erinnert außerdem an die tutoriellen Systeme. Dabei wird vorausgesetzt, dass jeder Lerner dieselbe Menge an Wortschatz und Grammatik lernen wird und dass der Lernprozess durch die erfolgreich bearbeiteten Übungen quantifizierbar ist. Werkzeuge zur Erweiterung des Wortschatzes in Abhängigkeit von den Interessen der Lerner oder von der freien Textproduktion sind hier leider nicht vorgesehen. Insgesamt ermöglichen also die beiden Programme dem Lerner kaum Freiraum zum eigenständigen Handeln. Es gibt jedoch gelungene Beispiele für Sprachlernangebote dieser Kategorie, die die Welt der Lerner trotz ihrer Geschlossenheit stärker berücksichtigen und dem Lerner etwas mehr Handlungsraum lassen. Das ist beim Wortschatzlernprogramm Grenzenlos der Fall, das Sie bereits in Lerneinheit 3.1 kennengelernt haben. Hier stehen den Nutzern (Kinder beziehungsweise Jugendliche im Alter zwischen 9-15 Jahren) auf der Einstiegsseite verschiedene Themen zur Auswahl. Ein weiteres Angebot bildet die Orientierungs- und Lern-App NAVI -D-- Deutsch für den Alltag, die das Angebot des Projekts Lernen-- Lehren-- Helfen erweitert und in der schnell zugängliche Informationen für die Orientierung im Alltag in Deutschland zu finden sind. So soll die App „geschickt und niedrigschwellig durch den Alltag [navigieren]“ (https: / / www. lernen-lehren-helfen.daf.uni-muenchen.de/ navid1/ index.html. 4. Februar 2019). Wie in Abbildung 3.21 zu sehen ist, wird hier dem Benutzer der Ticketkauf am Bahnhof erklärt und ihm werden relevante Informationen für seinen Alltag in Deutschland gegeben. Auch Abbildung 3.22 zeigt wichtige Hinweise, die dem Nutzer die Navigation durch Deutschland erleichtern sollen und gleichzeitig wichtigen Wortschatz miteinbeziehen (hier mit dem Thema Behörde). 115 3.2 Sprachlernsoftware Abbildung 3.21: Screenshot „Beim Ticketkauf“ aus der App NAVI -D 116 3. Mediendidaktik im Curriculum Abbildung 3.22: Screenshot „Welche Behörde? “ aus der App NAVI -D 117 3.2 Sprachlernsoftware 3.2.4 Instrumentell-explorativ-referenzielle Sprachlernangebote Roche (2008a) stellt eine dritte Kategorie von Sprachlernangeboten dar, die die technischen Möglichkeiten der elektronischen Medien dazu nutzen, möglichst reichhaltige und authentische Szenarien zu schaffen. Dort stehen die Sprechhandlungen und nicht die sprachlichen Strukturen im Vordergrund. Das bedeutet, dass diese Sprachlernangebote nicht mehr die richtige Wiedergabe oder das Nachsprechen von Wörtern und Sätzen als Indikatoren für den Lernfortschritt nehmen, sondern eher die Bewältigung authentischer Handlungssituationen. Zu diesem Zweck werden Arbeits- und Lernwerkzeuge zur Verfügung gestellt, die den Lernern dabei helfen sollen, den individuellen Weg zum Stoff zu finden und auszuprobieren. Erst in diesem Kontext kann ein kreativer und konstruktiver Umgang mit Sprache stattfinden, der auf die individuellen Interessen und Wissensvoraussetzungen der Lerner abgestimmt und mit ihnen vereinbar ist. Instrumentell-explorativ-referenzielle Sprachlernangebote bieten folgerichtig Werkzeuge, mit denen der Lerner sein neues Sprachwissen in die bereits vorhandenen Wissensstrukturen integrieren kann, ohne dass fertige Formen der Wissensorganisation vorgegeben werden. So eignen sich beispielsweise Tools zur Erstellung von Mind-Maps und Concept-Maps besonders gut für die Organisation und Erweiterung des gelernten Wortschatzes. Auch in Bezug auf die Aufgabentypologie finden wir große Unterschiede: Während die tutoriellen oder situativ ausgerichteten Systeme vorwiegend geschlossene Aufgabetypen mit extrem eingeschränkten Bearbeitungswegen und vorgegebenen Lösungen nutzen, verwenden instrumentell-explorativ-referenzielle Sprachlernangebote oft hypertextuelle Strukturen, bei denen verschiedene Perspektiven zugelassen sind. Das heißt, der Lerner kann bei Hypertexten selbst darüber entscheiden, wie er das Material zu einem komplexen Thema bearbeitet, damit die Aufgabe ihm subjektiv plausibel erscheint. Auf diese Weise wird die etwas rigide Darstellung der Inhalte aufgelöst, wie sie aus den tutoriellen und situativ ausgerichteten Programmen bekannt ist. Ein solches Beispiel stellt das digitale Rätsel auf der Plattform DUO dar, das in Form eines Hypertextes aufgebaut ist. Dort können sich die Nutzer in Zusammenhang mit dem Rätsel auch mit weiteren Materialien und Aufgaben beschäftigen und eigene Recherchen zu dem Thema des Rätsels unternehmen, ohne dass Reihenfolge und Umfang der zu bearbeitenden Materialien vorbestimmt sind. Dieses Beispiel hat jedoch viele Eigenschaften mit Sprachlernspielen als weitere Kategorie von Sprachlernangeboten gemeinsam, die im nächsten Abschnitt genauer erläutert werden. Andere wichtige Werkzeuge, die in den Sprachlernangeboten dieser Kategorie Anwendung finden, sind Thesauri, Wörterbücher, Text-, Audio- und Videoverarbeitungsprogramme, Portfolios, Blogs und Ähnliches. Diese Art von Sprachlernangeboten bieten zwar eine offene und flexible Lernumgebung im Sinne des Konstruktivismus, sie bergen jedoch die Gefahr, dass sich Lerner ohne das ausreichende Niveau an sprachlicher und interkultureller Kompetenz durch die Fülle an Materialien überfordert fühlen (vergleiche Roche 2008a). 118 3. Mediendidaktik im Curriculum Abbildung 3.23: Digitales Rätsel aus Deutsch-Uni Online (Roche 2008a: 44) 3.2.5 Sprachlernspiele In den letzten Jahren wurden verstärkt solche Sprachlernangebote entwickelt, die das Sprachenlernen mit Spielszenarien kombinieren. Dabei steht nicht der Unterhaltungsfaktor des Spiels im Vordergrund, sondern dessen Bildungsziel, das heißt die Lernprozesse, die durch das Spiel angeregt werden können. Daher werden diese Lernspiele serious games genannt (Englisch für ‚ernste Spiele‘). Nach Marr (2010) handelt es sich bei serious games um Spiele oder spielähnliche Anwendungen- […], die mit Technologien und Designs aus dem Unterhaltungssoftwarebereich entwickelt werden und nicht primär bzw. ausschließlich der Unterhaltung dienen. Der Nutzer soll in einem Spielszenario etwas lernen, das er im wirklichen Leben gebrauchen oder anwenden kann. (Marr 2010: 16) Dabei wirkt nicht das Lernziel an sich als wichtigster Motivationsaspekt, sondern die Neugier der Nutzer darauf, die regelbasierte Interaktion im Spielszenario zu erschließen, wie es aus den herkömmlichen (Computer)Spielen bekannt ist (vergleiche Wagner 2009: 299). Für das Sprachenlernen bieten (Computer)Spiele zahlreiche Vorteile: Sie erlauben die Bereitstellung von reichhaltigen Szenarien mit zahlreichen Interaktions- und Simulationsmöglichkeiten, die im Präsenzunterricht sonst nur mit erhöhtem Aufwand realisierbar sind; sie ermöglichen multiple Wege zur Erreichung der Ziele im Spielszenario und damit unterschiedliche Möglichkeiten sprachlichen Handelns; sie verbinden die Erreichung der Ziele im Spiel mit dem Erwerb bildungsrelevanter Kompetenzen auf eine motivierende Weise. 119 3.2 Sprachlernsoftware Malone & Lepper (1987) haben sich mit der Frage beschäftigt, welche Voraussetzungen ein Spiel erfüllen muss, um die Nutzer zur Teilnahme am Spiel zu motivieren. Aus mehreren Studien, in denen Kinder verschiedene Computerspiele unterschiedlicher Natur bewertet haben (zum Beispiel explizites Ziel vorhanden oder nicht vorhanden), formulierten die beiden Autoren insgesamt neun Kriterien, die sie den Kategorien individuelle und externe Motivationsfaktoren zuordneten (Malone & Lepper 1987: 230ff): Individuelle Motivationsfaktoren ▶ Herausforderung: Das Spiel soll dem Nutzer ein angemessenes Schwierigkeitsniveau anbieten, damit die Herausforderung anregend wirkt. Überforderung durch zu schwierige Ziele und Unterforderung durch zu einfache Ziele führen zu Demotivation. Nach Erreichung von Teilzielen soll sich das Niveau der Herausforderungen jedoch relativ zum Stand des Kompetenzerwerbs erhöhen. Motivierende Spiele haben mehrere Schwierigkeitsniveaus mit Herausforderungen unterschiedlicher Natur. Ein positives Feedback zur Erreichung beziehungsweise Nichterreichung der Teilziele soll auf eine möglichst positive Weise erfolgen. ▶ Neugier: Das Spiel soll durch verschiedene Mittel erreichen, die Aufmerksamkeit des Nutzers zu erregen und sein Interesse an neuen Sachverhalten zu wecken. So können zum Beispiel spezielle audiovisuelle Effekte die sensorische Neugier anregen und die Präsentation von unvollständigen Handlungen und ungelösten Problemen die kognitive Neugier wecken. ▶ Kontrolle: Die Motivation des Nutzers steigt, wenn das Spielszenario durch seine Handlungen kontrollierbar und manipulierbar ist. Das heißt, die Wirkungen der Eingriffe und Entscheidungen des Nutzers sollen am Spielgeschehen direkt beobachtbar und nachvollziehbar sein. ▶ Phantasie: Mit der Projektion von sozialen Zusammenhängen und Situationen, die physisch nicht präsent sind, sprechen Spiele viele emotionale Bedürfnisse der Nutzer an. Dabei spielen aber Aspekte wie Identifikation mit den Charakteren, Analogie zu realen Situationen und die Möglichkeit zur Mitgestaltung der Phantasie eine wichtige Rolle, insbesondere, wenn vor allem die phantastischen Elemente betont werden, die lernrelevant sind. Externe Motivationsfaktoren ▶ Kooperation: Die Motivation zur Teilnahme am Spiel kann dadurch gesteigert werden, dass mehrere Nutzer zur Erreichung eines Ziels miteinander kooperieren müssen. ▶ Wettbewerb: Die Motivation der Nutzer steigt, wenn sie bei der Erreichung der Ziele in Konkurrenz zu anderen Nutzern stehen. ▶ Anerkennung: Ein besonders motivierendes Moment wird erreicht, wenn die Ziele von anderen anerkannt und gelobt werden. Wie werden aber all diese wichtigen Motivationsfaktoren in echten Sprachlernspielen umgesetzt? Nehmen wir das Beispiel von Lernabenteuer Deutsch- - Ein rätselhafter Auftrag, ein 120 3. Mediendidaktik im Curriculum Abenteuerspiel des Goethe-Instituts für Deutschlerner ab dem Niveau B1. Die Herausforderung des Spiels besteht in der Lösung eines rätselhaften Kriminalfalls (ausführlich siehe Lerneinheit 2.1 in diesem Band) Ein weiteres Sprachlernspiel, das in diesem Zusammenhang zu nennen ist, ist die Stadt der Wörter (siehe Abbildung 3.24), und damit verbunden der Unicampus der Wörter (siehe Abbildung 3.25). Abbildung 3.24: Screenshot aus der App Stadt der Wörter (Goethe-Institut o. J.) Labor oder Seminar, Mensa oder Bibliothek, der Unicampus bietet Anfängern ab dem GER -Niveau A1 einen spielerischen Zugang zur deutschen Sprache und einen ersten Einblick in den deutschen Universitätsalltag. Durch interaktive und soziale Spielmöglichkeiten verbindet die App zudem Deutschlerner weltweit und motiviert zum Weiterlernen. (https: / / www.deutsch-uni.com/ gast/ duo/ info/ aktuelles/ inhalt/ newsletter/ newsduo_1702.htm. 4. Februar 2019) Abbildung 3.25: Screenshot „Unicampus der Wörter“ aus der App Stadt der Wörter (Goethe-Institut o. J.) 121 3.2 Sprachlernsoftware 3.2.6 Zusammenfassung ▶ Nach dem Kriterium der Funktionalität kann Sprachlernsoftware in tutorielle, situative und instrumentell-explorativ-referenzielle Programme klassifiziert werden. ▶ Die tutoriellen Systeme sind vorwiegend darauf ausgerichtet, bestimmte Sprachbereiche anhand einer sehr starken Steuerung durch das Programm zu trainieren und ihre Verwendung zu automatisieren. Meistens bestehen diese Sprachlernangebote in umfangreichen Sammlungen von Übungen, die unzählige Wiederholungsmöglichkeiten ein und derselben Struktur anbieten. Die Rückmeldung erfolgt dabei oft automatisch nach dem Prinzip richtig / falsch. ▶ Bei situativ ausgerichteten Lernprogrammen werden die Dialoge, der Wortschatz etc. in einem konkreten Kontext authentischer Kommunikation situiert. Dies erfolgt meistens jedoch auf eine eher rudimentäre Weise, denn die Situativität wird zum Teil durch kurze Videos, Gespräche oder Dialoge mit scheinbar authentischen Illustrationen hergestellt und behaviouristische Ansätze stehen oft im Hintergrund. ▶ Bei den instrumentell-explorativ-referenziellen Programmen stehen die Sprechhandlungen und nicht die sprachlichen Strukturen im Vordergrund. Für die Bewältigung authentischer Handlungssituationen werden Arbeits- und Lernwerkzeuge zur Verfügung gestellt, die den Lernern dabei helfen sollen, den individuellen Weg zum Stoff zu finden und auszuprobieren. ▶ Serious games kombinieren das Sprachenlernen mit Spielszenarien. Dabei steht nicht der Unterhaltungsfaktor des Spiels im Vordergrund, sondern dessen Bildungsziel, das heißt die Lernprozesse, die durch das Spiel angeregt werden können. 3.2.7 Aufgaben zur Wissenskontrolle 1. Nach welchen Kriterien kann die Sprachlernsoftware klassifiziert werden? 2. Welche Unterschiede und Ähnlichkeiten bestehen zwischen den tutoriellen und den situativ ausgerichteten Programmen? 3. Welche Werkzeuge und aus welchen Gründen werden bei instrumentell-explorativreferenziellen Sprachlernangeboten verwendet? 4. Worin bestehen die Vorteile von serious games? 5. Nennen Sie jeweils einige individuelle und externe Motivationsfaktoren für Sprachlernspiele. 122 3. Mediendidaktik im Curriculum 3.3 Nachhaltigkeit Jörg Roche In den ersten zwei Lerneinheiten haben Sie bereits einige Richtlinien für den Einsatz der digitalen Medien im Sprachunterricht kennengelernt. Jetzt ist Ihnen der Mehrwert der digitalen Medien gegenüber den traditionellen Verfahren bewusst. Außerdem kennen Sie die wichtigsten Kriterien für eine sinnvolle Nutzung von Medien und können die Fülle der medialen Angebote, die auf dem Markt vorhanden sind, aus funktionaler Sicht klassifizieren. In dieser Lerneinheit möchten wir Ihnen nun einen weiteren bedeutenden Aspekt zur Reflexion vorschlagen- - die Nachhaltigkeit der Medienentwicklung und -nutzung aus der Entwicklerperspektive. Wie konzipiert und realisiert man ein multimediales Lernangebot, damit es über mehrere Jahre hinweg aktuell bleibt? Worauf sollte man bei der Verwendung unterschiedlicher Technologien, dem Erwerb der Rechte und dem Aufbau der Infrastruktur achten? Wie verändern sich dabei die Lehrerrollen? Welches Personal braucht man und wie sollte es geschult werden? Und schließlich: Wie erkennen Sie als Nutzer ein wirklich gutes Sprachlernangebot, das Ihnen langfristig und kontinuierlich einen Mehrwert bietet? Die Antworten auf diese Fragen sowie weitere Denkimpulse finden Sie in dieser Lerneinheit. Lernziele In dieser Lerneinheit möchten wir erreichen, dass Sie ▶ verstehen, was die Nachhaltigkeit im Kontext der Entwicklung und des Einsatzes von multimedialen Lernangeboten bedeutet; ▶ unterschiedliche Sprachlernprogramme und -kurse in Bezug auf ihre Nachhaltigkeit bewerten können; ▶ Kriterien für die Nutzung von Medien in Spracherwerb und Sprachvermittlung kennen. 3.3.1 Nachhaltigkeit in der Entwicklung von Lernprogrammen Konzeptuelle Nachhaltigkeit Medienentwicklungen sind in der Regel aufwändig, langwierig und kostenintensiv und sie verlangen intensive Pflege und Weiterentwicklung, wenn sie nicht zu kurzlebigen Konserven verkümmern sollen. Arnold, Kilian, Thilosen & Zimmer (2004: 253ff) beziffern die Entwicklungskosten für ein Studienmodul der Virtuellen Fachhochschule für Technik, Informatik und Wirtschaft ( VFH ) im Umfang von 4 SWS auf circa 200 000 Euro und die Wartung und Pflege auf jährliche Kosten von etwa 50 000 Euro. Hinzu kommen noch Kosten für die Kursabwicklung, die tutorielle Betreuung und die Weiterentwicklung des Kursmaterials. Organisationen, wie etwa die Hochschulrektorenkonferenz ( HRK 2003) setzen noch größere Investitionssummen an. Allein für die Deckung der laufenden Kosten müssten demnach 123 3.3 Nachhaltigkeit 7000 bis 8000 Studentinnen und Studenten pro Studienmodul eingeschrieben sein, damit ein Kostenvorteil der virtuellen Lehre gegenüber der Präsenzlehre eintreten könne, die Entwicklungskosten und die nötigen Differenzierungen der Studieninhalte noch nicht eingeschlossen (Uhl 2003: 169; vergleiche auch Schulmeister 2001). Förderorganisationen verstehen zwar die Notwendigkeit von Investitionen, aber nicht unbedingt auch das Ausmaß an Mitteln für Wartung und Weiterentwicklung. Die Förderungspraxis bei Forschungs- und Entwicklungsprojekten will es daher meist so, dass die Entwicklungsphasen und Grundlagen von Projekten zwar detailliert zu rechtfertigen sind, aber vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit auf die Nachhaltigkeit der Entwicklungsarbeit verwendet wird. Das führt unter anderem dazu, dass aufwändige und gelegentlich auch gut konzipierte Entwicklungsprojekte entweder nicht fertig gestellt werden können, weil die Mittel doch nicht ausreichen, oder aber weil sie bei Projektende über keine Möglichkeiten der Verstetigung verfügen. Nachhaltigkeit lässt sich in zwei Dimensionen fassen: Zeit und Reichweite. Dementsprechend kann man verschiedene Arten von Verstetigungsstrategien und -interessen definieren: Sie können kurzfristig sein (dann spielt Nachhaltigkeit eigentlich keine Rolle), mittelfristig oder langfristig. Zudem haben sie lokale (unmittelbare), regionale (etwa auf zwei Partner oder einen Verbund ausgerichtete) und transregionale Reichweiten, die vielfältige Aspekte und Partner betreffen. Abbildung 3.26: Die zwei Dimensionen von Nachhaltigkeit, mit denen die Verstetigung von Softwareentwicklungen erfasst werden kann: Zeit und Reichweite. A symbolisiert ein lokales Projekt für einen spezifischen Kurs, B einen regionalen (landesweiten) Verbund, C ein international angelegtes Projekt, das gleichzeitig regionale und lokale Interessen bedienen kann (Roche 2008a: 51) 124 3. Mediendidaktik im Curriculum Manche Projekte, Projektträger und Förderer begnügen sich mit der Befriedigung unmittelbarer (lokaler und kurzfristiger) Interessen von eingeschränkten Nutzergruppen, auch wenn regionale und transregionale oder mittel- und langfristige Interessen das eigentliche Ziel (der Förderung) sind. Eine Erweiterung der Reichweite auf die Erreichung der kritischen Masse lässt sich meist nur durch eine Differenzierung des Angebots und eine Ausweitung auf andere (soziale) Nutzergruppen, etwa über die Fort- und Weiterbildung oder über die Überschreitung institutioneller Grenzen, erzielen. Meist lassen sich lokale Interessen sehr gut über regionale und transregionale Verstetigungsziele bedienen, weil diese in der Lage sind, die ausreichenden Mittel und Ressourcen (kritische Masse) zu generieren, von denen die lokale und unmittelbare Nutzung profitieren kann. Mittel- und langfristige Nachhaltigkeitsperspektiven entwickeln sich am besten, wenn die Zeit- und Reichweitendimensionen von Anfang an in die Projektkonzeption einfließen (Konzeptionsphase). Langfristigkeit in der Konzeption bedeutet: ▶ eine klare Vorstellung von der Mehrwerterzielung durch das entwickelte Programm ▶ professionelle Qualität der Entwicklung ▶ Transferierbarkeit der Ergebnisse in andere Kontexte ▶ technische, fachliche und mediendidaktische Offenheit und Lebendigkeit des Programmes (Stichwort „lebendes Programm“) ▶ Flexibilität für Einsatz und Adaptierbarkeit des Programmes ▶ Wartungsfreundlichkeit ▶ Nutzerfreundlichkeit ▶ (weitestgehende) technische Kompatibilität mit gängigen und zukünftigen Lösungen ▶ Rechtesicherung für einen dauerhaften Regelbetrieb ▶ adäquate Lehrerbildungskonzepte inklusive der Weiter- und Fortbildung ▶ Beachtung potenzieller Kunden und Geschäftsmodelle und spätere Differenzierungsmöglichkeiten nach den Interessen möglicher Nutzer ▶ Entwicklung der Infrastruktur zum Betrieb des Programms ▶ systematisches Qualitätsmanagement und Forschung ▶ Geduld, Ausdauer und Standhaftigkeit beim Argumentieren für die obigen Kriterien und gegebenenfalls beim Abwehren kurzsichtiger Perspektiven unverständiger Partner und Förderer. In einer zweiten Phase, der Entwicklungsphase, geht es darum, die Kriterien zielstrebig umzusetzen, etwa bei der Begutachtung verfügbarer technischer Lösungen, bei der Auswahl von Mitarbeitern und Partnern, bei der Strukturierung von Evaluationsphasen und der Beteiligung adäquater Versuchsgruppen, bei der Terminplanung und der Budgetierung. Daraus ergibt sich, dass bereits frühzeitig die dritte Projektphase einsetzen muss, nämlich die formative Evaluation. Hier geht es darum, bereits vor der Fertigstellung der Projekte die Nutzbarkeit durch die Zielgruppen zu überprüfen und, wo nötig, Anpassungen vorzunehmen. Hieran schließt sich eine vierte Phase an, die Ausarbeitung und Erprobung von Geschäftsmodellen mit verschiedenen Kundenkreisen und schließlich, in einer fünften Phase, der Regelbetrieb. Auch dieser Regelbetrieb setzt ein ständiges und solides Qualitätsmanagement voraus, dessen 125 3.3 Nachhaltigkeit Ergebnisse kontinuierlich in die Programmentwicklung zurückzuführen sind. In der Phase des Regelbetriebs muss sich ein Programm in Bezug auf die Nachhaltigkeit bewähren. In der heutigen Förderlandschaft ist kaum davon auszugehen, dass Geldgeber den Kursbetrieb ad infinitum fördern. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Weg in die Selbständigkeit bereits in der Konzeptionsphase mit zu berücksichtigen ist und dafür bereits frühzeitig Geschäftsmodelle vorzulegen sind. Abbildung 3.27: Der Reviewprozess bei der Produktion virtueller Studienmodule nach Hartwig et al. 2002 (Roche 2008a: 53) Mehrwerterzielung und Nachhaltigkeit Gute Medienentwicklungen sind in vieler Hinsicht aufwändig, nicht zuletzt in Bezug auf finanzielle Investitionen und die nötige Arbeitszeit. Außerdem bedarf es oft eines nicht zu unterschätzenden Aufwandes in der Lehrerfortbildung, um neue Verfahren, Materialien und Instrumente in den Unterricht einzuführen. Um derartige Investitionen zu rechtfertigen, bedarf es belastbarer Argumente. Neuigkeitseffekte und andere sekundäre Kriterien haben sich dabei bisher als kurzlebig erwiesen. Als schlagkräftiges Argument bleibt im Grunde nur die Erzielung von Mehrwerten bestehen, wobei diese unterschiedlicher Natur sein können. Wo immer der erwartete Mehrwert liegt, ohne eine klare Vorstellung von der Mehrwerterzielung durch das entwickelte Programm kann keine auf Nachhaltigkeit ausgelegte 126 3. Mediendidaktik im Curriculum Konzeption der Programminhalte, ihrer Mediendidaktik und ihrer Realisierbarkeit über die Projektförderdauer erfolgen. Die Professionalität des Produktes ist dabei von den Einsatzzielen abhängig: Selbstverständlich gibt es mehr oder weniger fertige digitale Werkzeuge, die sich mit wenig Aufwand für eine Reihe von Zwecken einsetzen oder adaptieren lassen. Auch gibt es mit viel oder wenig Aufwand hergestellte Eigenentwicklungen, die etwa als Shareware großen Nutzen erzielen können. Umgekehrt gibt es aber auch Produkte, die mit viel technischem Aufwand nur wenig Lernmehrwert bewirken können. Professionelle Qualität ist also keine rein budgetäre oder technologische Kategorie. Eine dem Zweck angemessene professionelle Qualität erhöht aber die Akzeptanz der Entwicklung und seine Verwertbarkeit. Das heißt, Entwickler von Sprachlern- oder Sprachlehrprogrammen sollten darauf achten, solche Programme zu entwickeln, die nach Möglichkeit nicht nur den eigenen Bedürfnissen entsprechen (lokale Interessen), sondern darüber hinaus eingesetzt werden können. Flexibilität, Transferierbarkeit, Erweiterbarkeit und Erneuerbarkeit sind grundsätzliche Kategorien für Softwareentwicklungen. Wo ein Entwickler nicht über die nötigen Ressourcen verfügt, können über kooperativ arbeitende Entwicklerteams Redundanz vermieden und wichtige Aufgaben angegangen werden, die alleine nicht umgesetzt werden könnten. Technologie Jeder Computernutzer kennt das Problem: Kaum hat man sich an eine neue Software, an ein neues Programm oder Betriebssystem gewöhnt, gibt es Änderungen, mit denen man zuerst nur schwer zurechtkommt. Was der Endnutzer an der Oberfläche als lästig und meist erst mit größerer Verzögerung wahrnimmt, bestimmt den IT -Alltag jedoch mit viel höherer Intensität, Frequenz und Geschwindigkeit. Die Liste der Programme, die nicht oder nicht mehr mit anderen kompatibel sind, weil sich die Systeme geändert haben (oder von Anfang an unterschiedlich waren), ist endlos. Dies bedeutet oft Nutzerfrust, Nicht-Akzeptanz eines Programms, hohen technischen Wartungs- und Betreuungsaufwand und nicht selten komplette Neuentwicklung. Rechtesicherung Wer Lern- und Lehrangebote über seinen eigenen Unterricht hinaus anderen anbieten will, ob gegen Gebühren oder nicht, benötigt die entsprechenden Nutzungsrechte von allen daran Beteiligten, seien es die Rechte von Autorinnen und Autoren oder die Rechte für Text- und Bildmaterialien. Diese Nutzungsrechte, meistens die einfachen und nicht-exklusiven, kosten Lizenzgebühren und gelten in der Regel nur für begrenzte Zeiträume. Bei der Auswahl des Materials und der Verpflichtung von Autorinnen und Autoren ist daher frühzeitig darauf zu achten, dass es bei der späteren Nutzung zu keinen Komplikationen kommen kann, weil Rechte nicht eingeräumt werden oder die finanziellen Mittel zum Erwerb nicht ausreichen. Manche Firmen, deren authentische Materialien in Lernprogrammen verwendet werden, gewähren darüber hinaus keine Rechte für ältere Materialien oder erlauben die Konservierung von Webseiten nicht, weil sie nur am Marketing der neuesten Produkte interessiert sind. Bei wieder anderen Materialien, besonders bei Bild- und Filmmaterialien, kann auch 127 3.3 Nachhaltigkeit die Qualität des Materials für die weitere Verarbeitung ungenügend sein. All dies kann später zu umfangreichen Um- oder Neubearbeitungen führen oder gar ganze Programme für die weitere Benutzung unbrauchbar machen. Größere Projekte benötigen eigenes Personal, das die Rechte einholt und verwaltet, also stets aktualisiert. Auf die komplizierte Situation der Rechte im Bereich der virtuellen Lehre geht unter anderem Veddern (2004) detailliert ein. Personalentwicklung Mittelfristige, langfristige und transregionale Verstetigungsperspektiven verlangen in der Regel nach besonders qualifiziertem Personal für differenzierte und vielfältige Aufgaben. Für die meisten Projekte bedeutet dies ▶ komplexe Teamarbeit in verschiedenen Netzen (Entwickler-, Autoren-, Anbieterteams) ▶ Kooperation mit anderen Partnern außerhalb der eigenen Institution (zum Beispiel professionelle Autorinnen und Autoren, Redakteure, IT -Personal, Verlage, Kunden) ▶ hohe Lernfähigkeit des eigenen Personals und gegenseitige Übernahme von Teamaufgaben (Komplementierung, dynamische Substitution) ▶ einen größeren Bedarf an ausreichenden Personalmitteln. Dieser Aufwand, der sich zunächst als Problem der Ressourcenbeschaffung herausstellt, lohnt sich jedoch in dreifacher Hinsicht in Bezug auf Verstetigungseffekte: Erstens lässt sich professionelle Qualität effizienter und differenzierter verwerten, zweitens entsteht ein vorteilhafter Know-How-Transfer von der entwickelnden Institution nach außen und von außen nach innen und drittens können sich daraus interessante Forschungs- und Entwicklungsperspektiven für die Zukunft ergeben. Der Know-How-Transfer von professionellen Autorinnen und Autoren, IT -Firmen sowie von Seiten verschiedener Verlage und anderer externer Partner kann zu einem nahtlosen Übergang zwischen Studium und Beruf führen. In einem solchen Nachhaltigkeitsmodell lassen sich auf vergleichsweise breiter Basis differenzierte Schlüsselqualifikationen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für eine Reihe von Berufsfeldern vermitteln, deren innovativer Charakter von der Wirtschaft sehr geschätzt und honoriert wird. Aber auch im engeren wissenschaftlichen Bereich ergeben sich aus einer auf Langfristigkeit angelegten Verstetigungsperspektive eine Fülle von wissenschaftlichen Qualifikationsmöglichkeiten, etwa im Rahmen von Master-, Diplom-, Zulassungs- und Abschlussarbeiten oder Dissertationen und Habilitationen. Im Folgenden werden die wichtigsten für eine langfristige Verstetigungsperspektive notwendigen Personalfunktionen (außerhalb der Leitungs- und Koordinationsfunktionen) etwas genauer beschrieben: Aufgabe der Autoren ist es, die Kursinhalte zu erstellen und dabei die im Kurskonzept festgelegten Grundparameter (wie zum Beispiel Niveaustufen, Umfang, Schwerpunkt auf eine bestimmte Fertigkeit oder Fachsprache, Anteile tutorieller Betreuung beziehungsweise Präsenzphasen) umzusetzen. Zu den Rahmenbedingungen, die für die Arbeit der Autoren entscheidend sind, gehören von Beginn an auch die Funktionalitäten der Lernplattform, die für die technische Umsetzung der Inhalte eingesetzt wird. Kommen eigene Softwarelösungen 128 3. Mediendidaktik im Curriculum zum Einsatz, können in enger Kooperation der Autoren mit den IT -Entwicklern technische Lösungen gefunden werden, die sich nicht in erster Linie am technisch Machbaren, sondern am didaktisch Sinnvollen orientieren. Flexible Kursstrukturen, differenzierte Übungstypen, vielfältiger und variierbarer Medieneinsatz, integrierte Ressourcen und Zusatzwerkzeuge als Komponenten einer Lernplattform bieten den Autorinnen und Autoren die Rahmenbedingungen, um einen qualitativ hochwertigen Sprachkurs mit medienadäquaten Inhalten umzusetzen. Die Herausforderung für die IT -Entwickler liegt darin, für die didaktischen Anforderungen technische Lösungen zu finden, die internationalen Standards entsprechen, leicht erweiterbar und veränderbar sind und ein hohes Maß an Kompatibilität aufweisen. Zugleich muss für die IT -Entwickler sowie Webdesigner die Nutzerfreundlichkeit und Funktionalität der Lernplattform im Vordergrund stehen. Dies gilt auch für das Autorenwerkzeug, das für die elektronische Erfassung der Lerninhalte zum Einsatz kommt. Den Prozess der Ausarbeitung und Umsetzung der Inhalte begleiten kontinuierlich Mitarbeiter, die für das verwendete Material Dritter die Anfragen für die Nutzungsrechte übernehmen und den Autoren gegebenenfalls Rückmeldung geben, wenn Rechte nicht erteilt werden, so dass Ersatzmaterial gefunden werden kann. Vor der Eingabe der Inhalte ins Autorenwerkzeug durch die Autoren selbst oder durch ein eigenes Eingeberteam erfolgt die erste Phase der redaktionellen Bearbeitung der Manuskripte, in der die erstellten Lerneinheiten unter anderem in Hinblick auf das Kurskonzept überprüft werden. Die zweite Phase der Arbeit der Redakteure erfolgt dann bereits als Online-Redaktion, sobald die Inhalte auf der Lernplattform online sind. In dieser Phase der Redaktion werden Aspekte der medialen Umsetzung mitberücksichtigt. Parallel dazu werden technische Funktionalitätstests der Beta-Version eines Kurses auf Entwicklungsplattformen durchgeführt und die Testergebnisse an die IT -Mitarbeiter zur Einarbeitung weitergeleitet. Neue Lehrerrollen Auch wenn die digitalen Medien mittlerweile zum Alltag vieler Menschen gehören, ist deren Nutzung oft auf wenige elementare Funktionen wie die Beschaffung von Informationen im Internet, auf das Verfassen eines Dokumentes oder auf Spiele beschränkt. Die Nutzung von Lernplattformen durch Lehrkräfte verlangt dagegen noch Eingewöhnungsphasen, auch wenn die essenziellen Funktionen von Lernplattformen meist nicht schwer zu bedienen sind (siehe hierzu auch Schulmeister 2005). Die Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, dass gerade Sprachlehrerinnen und -lehrer verbreitet dem Einsatz von Medien kritisch gegenüberstehen, sie aber bei kurzen Hands-On-Einführungen in die konkrete Arbeit damit schnell jegliche Angst verlieren und Vorteile für ihre Arbeit erkennen. Erforderlich sind daher adäquate Lehrerbildungskonzepte inklusive von Programmen für die Weiter- und Fortbildung. Die verfügbaren Angebote der Aus-, Weiter- und Fortbildung greifen bisher noch nicht flächendeckend. Programmentwickler sind daher bis auf weiteres darauf angewiesen, einen großen Teil der Lehrerweiter- und -fortbildung mit der Einführung der eigenen Programme zu leisten. Zum Beispiel über Präsentationen, Demofilme, interaktive Schnuppermodule, Hands- On-Workshops und Tutorenschulungen, Tutorenbetreuung, Handbücher, Muster-Lernpläne, 129 3.3 Nachhaltigkeit Übungstypologien und andere Materialien, Fort- und Weiterbildungen für Lehrkräfte im Bereich des Deutschen als Zweit- und Fremdsprache. Kundenorientierung Jedes betriebliche Marketing stellt den Kunden in den Mittelpunkt seiner Strategien, Planungen und Recherchen. Im universitären Bereich ist diese lebensnotwendige Routine jedoch bisher weniger verbreitet, weil man meist von einem bekannten und limitierten Kundenkreis ausgeht, der zudem die Anforderungen der Institution zu erfüllen hat. Doch auch bei den Studentinnen und Studenten und Beschäftigten von Hochschulen handelt es sich längst nicht mehr um eine homogene Interessensgruppe. Verlangt wird die stärkere Orientierung auf Marktprinzipien, etwa in Weiterbildungsangeboten auch an Hochschulen, sowie größere Flexibilität und Differenzierbarkeit in Hinsicht auf wechselnde und wachsende Kundengruppen und in Hinsicht auf die Rechtfertigung von Nutzungs- und Studiengebühren. Das heißt, dass bereits bei der Konzeption von neuen Angeboten auf Marketingaspekte zu achten ist und dass diese bei der Mischfinanzierung verstetigter Angebote eine tragende Rolle spielen. Infrastruktur Für die Entwicklung und den Betrieb von Sprachlernprogrammen über die lokale Nutzung eines Sprachlernzentrums hinaus bedarf es einer besonderen Infrastruktur, die den oben aufgeführten Personalfunktionen gerecht wird. Das betrifft zum einen Verwaltungs- und Betreuungsfunktionen, Arbeitsplätze für IT -Personal und Eingeber sowie Präsentations- und Schulungsmöglichkeiten. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass in einem Bereich, der mit elektronischen Medien Distanzen überbrückt, auch selbst viele der Aufgaben virtuell vermittelt werden können und zunehmend werden. Viele Aufgabenfunktionen können oder müssen dezentral wahrgenommen werden, weil Autorinnen, Redaktion oder tutorielle Betreuung besser in eigener Umgebung arbeiten können als in einem Großraumbüro oder Callcenter. Für andere Tätigkeiten, wie etwa die Eingabe oder die Supervision von Praktikantinnen und Praktikanten, Studentinnen und Studenten und neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie die Verwaltung und das Marketing ist dagegen ständiger Austausch und daher eine enge Verzahnung der Tätigkeiten notwendig. Dies gilt auch für die technische Betreuung und IT -Entwicklung in den frühen Entwicklungsphasen, nicht aber gleichermaßen für den Regelbetrieb. Für die unverzichtbare Schulung von Tutorinnen und Tutoren haben sich Präsenz- und Blended Learning-Verfahren als effizient erwiesen. Beim weltweiten Einsatz von Tutorinnen und Tutoren kann mit Online-Angeboten dezentral in verschiedenen Regionen der Welt gearbeitet werden. Wo dies möglich ist, sollen Tutorinnen und Tutoren jedoch so platziert werden, dass eine spätere Anschlussmöglichkeit an Präsenzphasen im Zielland herstellbar ist (etwa im Rahmen von Austauschprogrammen). 130 3. Mediendidaktik im Curriculum 3.3.2 Kriterien für die Nutzung von Medien in Spracherwerb und Sprachvermittlung Aus den in diesem Kapitel dargestellten Aspekten der Entwicklung und Nutzung von Sprachlernprogrammen ergibt sich eine Reihe von handlungsleitenden Kriterien: ▶ Medien tragen in vielfacher Hinsicht zur Qualitätssteigerung und Mehrwerterzielung des Fremdsprachenunterrichts bei. ▶ Es kann daher nicht die Frage sein, ob, sondern wie Medien genutzt werden. ▶ Das hängt im Einzelnen von den Lernzielen ab. Es sollte das Prinzip gelten, elektronische Medien dort einzusetzen, wo sie tatsächlich Vorteile gegenüber traditionellen Medien bringen. Das ist nicht überall der Fall und wird auch nie überall der Fall sein. Modulare Verfahren aus einem Medienmix haben oft die größte Reichweite. ▶ Mediennutzung hat es schon immer beim Fremdsprachenlernen gegeben. Mediennutzung ist aber kein Selbstzweck oder Wert an sich. Wenn es digitale Medien gibt, sollten diese auch selbstverständlich genutzt werden, soweit sie sinnvolle Aufgaben erfüllen können. ▶ Lernen ergibt sich nicht einfach dadurch, dass man die Lerner massiven Datenmengen oder verschriftlichten Vorlesungen aussetzt. Viel stärker als bisher müsste die Technologie interaktiv und nicht-linear eingesetzt werden, das heißt, die Mediennutzung soll Lernern nicht nur erlauben zu rezipieren, sondern muss sie auch befähigen, kreativ und intelligent zu produzieren. ▶ Besonders bei der Unterstützung kognitiver Verarbeitungsprozesse zeichnen sich bisher wenig genutzte Anwendungsmöglichkeiten der Medien ab. ▶ In die medialen Module des Unterrichts einzuschließen sind vor allem solche Inhalte, Textsorten und Quellen, die bereits in elektronischer Form vorliegen. Es sollte nicht so sehr darum gehen, traditionelle Kommunikations- und Unterrichtsformen elektronisch zu ersetzen, sondern die zunehmend die Alltagskommunikation bestimmenden e-Medien und e-Werkzeuge auch authentisch im Unterricht abzubilden und einzusetzen. Das schließt die modernen e-Kommunikationsformen ein. ▶ Bei der Entwicklung von neuer Software ist nicht nur auf Eleganz und leichte Bedienbarkeit zu achten (und das schließt unterhaltende und spielerische Charakteristika durchaus ein). Im Mittelpunkt der Verwendung von Medien und der Entwicklung von Applikationen muss der Lernerfolg stehen. Die Möglichkeiten der Technologie, durch Diversifikation auf individuelle Bedürfnisse der Lerner, zum Beispiel geschlechtsspezifische oder kulturspezifische Lernpräferenzen, einzugehen, sollten dabei stärker als bisher ausgenutzt werden. ▶ Darüber hinaus sollten auch die Medien selbst und die in ihnen vermittelten Inhalte nicht als universell gegeben vorausgesetzt, sondern in die interkulturelle Vermittlung miteinbezogen werden. Das könnte zum Beispiel auch dadurch geschehen, dass man Lerner die Medien und ihre Nutzungsmöglichkeiten selbst mitgestalten lässt. ▶ Ein wichtiger Faktor ist die Lehreraus- und -fortbildung. Die beste Technologie und Software nutzen im Unterricht wenig, wenn Lehrerinnen und Lehrer nicht damit umgehen können oder gar Angst davor haben. Das ist aber heute noch verbreitet der Fall. 131 3.3 Nachhaltigkeit ▶ Zu einem mediendidaktischen Konzept gehört auch die laufende technische Betreuung und Beratung der Lehrkräfte sowie der Auf- und Ausbau der nötigen Infrastruktur. Das gilt besonders für die Hochschulen, die den Auftrag haben, neue Entwicklungen vorzubereiten und zu erforschen anstatt ihnen hinterherzulaufen. Eine stärkere Gewichtung von Nachhaltigkeitsperspektiven scheint angemessen. ▶ Eine stärker medienorientierte Didaktik muss Auswirkungen haben auf die Infrastruktur von Unterrichtsräumen. Auch bei vielseitigem Einsatz der Technologie sollte sie der menschlichen Interaktion nicht im Wege stehen, wie das in vielen Computerlaboren heute noch der Regelfall ist. Sie muss, soweit das geht, transparent sein und die Lerner nicht der Maschine ausliefern, sondern ihnen Kommunikation in verschiedenen Sozialformen und Konstellationen ermöglichen. 3.3.3 Zusammenfassung ▶ Nachhaltigkeit bei der Entwicklung der multimedialen Lernangebote lässt sich in zwei Dimensionen fassen: Zeit und Reichweite. Dementsprechend kann man verschiedene Arten von Verstetigungsstrategien und -interessen definieren: Sie können kurzfristig sein, mittelfristig oder langfristig. Zudem haben sie lokale (unmittelbare), regionale und transregionale Reichweiten, die vielfältige Aspekte und Partner betreffen. Mittel- und langfristige Nachhaltigkeitsperspektiven entwickeln sich am besten, wenn die Zeit- und Reichweitendimensionen von Anfang an in die Projektkonzeption einfließen (Konzeptionsphase). ▶ Entwickler von Sprachlern- oder Sprachlehrprogrammen sollten darauf achten, solche Programme zu entwickeln, die nach Möglichkeit nicht nur den eigenen Bedürfnissen entsprechen (lokale Interessen), sondern darüber hinaus eingesetzt werden können. Flexibilität, Transferierbarkeit, Erweiterbarkeit und Erneuerbarkeit sind grundsätzliche Kategorien für Softwareentwicklungen. ▶ Mittelfristige, langfristige und transregionale Verstetigungsperspektiven verlangen in der Regel nach besonders qualifiziertem Personal für differenzierte und vielfältige Aufgaben. Dieser Aufwand, der sich zunächst als Problem der Ressourcenbeschaffung darstellt, lohnt sich jedoch in dreifacher Hinsicht in Bezug auf Verstetigungseffekte. 3.3.4 Aufgaben zur Wissenskontrolle 1. Was bedeutet die Langfristigkeit in der Konzeption eines multimedialen Lernangebots? 2. Worauf sollte man bei der Rechtesicherung bei der Entwicklung der Lernangebote achten? 3. Warum lohnt sich der Aufwand der Personalbeschaffung und -schulung? 4. Welcher Infrastruktur bedarf die Entwicklung und der Betrieb von Sprachlernprogrammen? 5. In welchen Dimensionen lässt sich Nachhaltigkeit von Lernspielen fassen und was bedeutet dies für die Verstetigungsstrategien und -interessen? 133 3.3 Nachhaltigkeit 4. Interkulturelle Didaktik Dieses Kapitel vertieft das Thema interkulturelle Kommunikation in und mit digitalen Medien und im Cyberspace, und zwar in unterschiedlichen Bereichen: In Videoprojekten und Spielfilmen im Unterricht sowie in online-basierten Weiterbildungsangeboten. Dieser Thematik wird oft zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt, weil die Medien den Anschein erwecken, sie seien in Bezug auf die Technologie und deren Nutzung international genormt. In diesem Kapitel soll daher gezeigt werden, wie subtil- - und unreflektiert- - oft Seh- und Kommunikationsweisen in digitalen Kommunikations- und Lernkontexten operieren und wie der Sprachunterricht dafür sensibilisieren kann. Dabei kommen unterschiedliche Konzepte und Begriffe von Kultur, Interkultur und Landeskunde zum Vorschein. Zur besseren Einordnung in den neuesten Stand der Diskussion zur Vermittlung von fremden Sprachen und Kulturen seien daher die Kapitel 1 und 2 des Kompendium-Bandes 7 (»Kultur- und Literaturwissenschaften«) empfohlen. Die erste Lerneinheit behandelt das interkulturelle Potential produktiver Videoarbeit anhand von fünf wichtigen Projekttypen und konkreten Projektbeispielen. Es soll gezeigt werden, wie Videoarbeit an vertraute Arbeitsweisen des Sprachunterrichts anknüpfen kann und welche unterschiedlichen Dimensionen interkulturellen Lernens mit den Projekten bearbeitet werden können. In der zweiten Lerneinheit wird gezeigt, wie mithilfe audio-visueller Medien interkulturelle Aspekte gezielt vermittelt werden können. Zwei Beispiele aus der Unterrichtspraxis dienen hierfür zur Illustration: die Arbeit mit einem interkulturell ausgerichteten Lehrwerk und ein einschlägiges E-Mail- Projekt von deutschen und internationalen Studentinnen und Studenten. Die dritte Lerneinheit stellt die Ergebnisse einer interdisziplinären Studie zu einem in Kanada angebotenen online-basierten Lehrgang für Erwachsene vor. Hier werden die drei wichtigsten Ergebnisse der Studie diskutiert: Die historischen und kulturellen Grundlagen von Cyberkulturen, die kommunikations- und lernkulturellen Unterschiede zwischen den Kursteilnehmern und die möglichen Folgen für Erfolg und Misserfolg von Online-Kommunikation sowie die lernkulturspezifischen Unterschiede in der Intensität der Teilnahme. 134 4. Interkulturelle Didaktik 4.1 Visuelle Medien im Kulturtransfer Waltraud Timmermann In den vorherigen Kapiteln haben Sie die wichtigsten theoretischen Grundlagen sowie Basisprinzipien und -konzepte der Mediendidaktik kennengelernt. Nun möchten wir mit Ihnen gemeinsam eine neue Perspektive auf Medien im Unterricht erarbeiten, und zwar ihre Bedeutung beim Kulturtransfer. Sie werden erfahren, welche Rolle Medien im Kulturtransfer spielen und wie man mit diesen Kenntnissen den Unterricht produktiv und kreativ gestalten kann. Des Weiteren werden Sie den Mehrwert der Medien im interkulturell ausgerichteten Unterricht sowie Besonderheiten der Kommunikation im Cyberspace kennenlernen. Filmarbeit, die seit langem ihren Platz in der Didaktik besitzt, hat weiteren Auftrieb bekommen, seitdem die digitale Multimedia-Technologie billiger, ihre Handhabung einfacher und die eröffneten Möglichkeiten vielfältiger geworden sind. Audiovisuelle Medien in den Unterricht einzubeziehen entspricht-- neben dem Wunsch nach einer abwechslungsreichen und motivierenden Unterrichtsgestaltung-- mediendidaktischen Erfordernissen, die aus der wachsenden Bedeutung der Bildmedien in der modernen Gesellschaft entstehen. Darüber hinaus hat der Einsatz dieser Medien aber auch ein großes Potential für das interkulturelle Lernen. Dass Filme fremde Kulturen mit Augen und Ohren im Klassenzimmer erlebbar machen können und damit interkulturelle Kompetenzen vermitteln, ist offenkundig. Aber nicht nur der rezeptive Gebrauch des Mediums verspricht interkulturellen Lernzuwachs. Auch die Möglichkeiten der produktiven Videoarbeit sind vielfältig. In der Literatur finden sich zahlreiche Projektvorschläge, die aus den verschiedensten Praxisbereichen interkulturellen Lernens stammen und den schulischen und außerschulischen Unterricht vom Kindergarten bis zur Erwachsenenbildung abdecken. Ziel der Lerneinheit ist es, das interkulturelle Potential produktiver Videoarbeit anhand wichtiger Projekttypen und konkreter Projektbeispiele herauszustellen. Im Folgenden wird eine aussichtsreiche Methode der Unterrichtsgestaltung mit digitalen Medien dargestellt- - die produktive Videoarbeit. Produktive Videoarbeit eröffnet-- besonders in Verbindung mit dem Internet-- zahlreiche Möglichkeiten zum interkulturellen Lernen. Die Lerneinheit möchte diese anregende Vielfalt anhand ausgewählter Projekte aufzeigen. Dabei werden fünf grundlegende Projekt-Designs umrissen. Technische und mediendidaktische Aspekte können dabei nicht ausführlich behandelt werden. Hierzu sei verwiesen auf Bollmann (2009), Braunagel (2001), Ebner & Schön (2011) und Niesyto (2006). Einen guten Einstieg in die Projektarbeit mit Video geben unter anderem die älteren Publikationen von Schell (2003) und Otten & Treuheit (1994). Lernziele In dieser Lerneinheit möchten wir erreichen, dass Sie ▶ erfahren, wie Videoarbeit an vertraute Arbeitsweisen des Sprachunterrichts anknüpfen kann; ▶ kennenlernen, welche unterschiedlichen Dimensionen interkulturellen Lernens mit diesen Projekten bearbeitet werden können; ▶ Ihre Lerner zur interkulturellen kreativen Videoarbeit anregen können. 135 4.1 Visuelle Medien im Kulturtransfer 4.1.1 Interkulturelles Lernen Das LIFE -Konzept erfasst das interkulturelle Lernen treffend als eine ubiquitäre Erscheinung: Die moderne Gesellschaft wird von der „Gleichzeitigkeit regionaler, weltweiter Kulturäußerungen“, von „schichten- und generationsabhängigen Kulturverhältnisse(n)“ (Hunfeld 1997: 4) bestimmt. In der unvermeidlichen Begegnung mit dem Fremden entwickelt sich nicht nur Kooperation oder Auseinandersetzung, sondern es bildet sich auch die eigene kulturelle Identität erst aus, Kultur wird im Austausch weiterentwickelt. Das LIFE -Konzept legt damit ein offenes und differenziertes Kulturverständnis zugrunde und begreift interkulturelles Lernen als einen lebenslangen und integrierten Prozess. Das pädagogisch begleitete interkulturelle Lernen soll auf diese Begegnungen mit dem Fremden vorbereiten. Es soll dem Individuum die nötigen Kompetenzen vermitteln, um mit Vertretern einer anderen Kultur in einen konstruktiven Dialog einzutreten, das heißt mit den anderen zu kommunizieren, auftretende Kommunikationsprobleme zu erkennen und zu bearbeiten, Verständnis und Einfühlungsvermögen zu entwickeln sowie Kooperationsmöglichkeiten mit dem Gegenüber auszuhandeln. Dabei wird ein für die vorliegende Situation angemessenes Verhältnis von Toleranz, Empathie, Kompromissbereitschaft, aber auch Selbstbewusstsein in der Verteidigung eigener Positionen entwickelt. Gleichzeitig soll es-- im Sinne eines Kulturlernens-- in der Begegnung mit dem Fremden den Blick auf die eigene Kultur und deren Bedingtheit lenken. Geht man von der traditionellen Trias der Lernzielbereiche Wissen, Können und Einstellungen aus, so liegt der Zielpunkt der didaktischen Anstrengung damit im Bereich des Könnens und der Einstellungen. Ziel ist die kommunikativ kompetente und offene Persönlichkeit, die flexibel über ein erweitertes Repertoire an Deutungsmustern verfügt. Der traditionellen landeskundlichen Information kommt dabei, anders als im informationsorientierten Unterricht, nur mehr eine dienende Funktion zu. Insofern die Bewältigung intrakultureller Handlungssituationen und interkultureller Handlungssituationen weitgehend dieselben Handlungskompetenzen verlangt, kann interkulturelle Kompetenz nach Bolten als eine Transferkompetenz gesehen werden (Bolten 2007: 86ff). Danach stellt die interkulturelle Kompetenz keine eigenständige weitere Handlungskompetenz dar, sondern zeigt ihre Leistung darin, die allgemeinen Handlungskompetenzen auf eine fremdbeziehungsweise interkulturelle Situation zu übertragen. Interkulturelle Kompetenz wird deshalb im Zusammenhang mit dem allgemeinen Kompetenztraining und grundsätzlich durch dieselben Arbeitsmethoden entwickelt. Allerdings stellt sich die Frage, wie auf die besondere Transferaufgabe vorbereitet werden kann. In der didaktischen Literatur werden dazu wiederholt diverse Forderungen nach dem Ausbau von Wissensbeständen und methodisch-strategischen Fähigkeiten genannt, die fünf spezifische Kompetenzbereiche umfassen: Schulung von Wahrnehmungs- und Beobachtungsfähigkeit, sprachvergleichende Die vorliegende Lerneinheit basiert auf: Timmermann, Waltraud (2012a), Produktive Videoarbeit: Projekt-Designs für das interkulturelle Lernen. BMW LIFE - - Ideen und Materialien für interkulturelles Lernen (Zusammenfassung am Ende der Lerneinheit von Katsiaryna EL -Bouz). 136 4. Interkulturelle Didaktik Bedeutungserschließung, Befähigung zum Kulturvergleich, Schulung der Kommunikationsfähigkeit (einschließlich der Metakommunikationsfähigkeit) und Erwerb von kulturbezogenem Metawissen, etwa die Beschäftigung mit Konzepten wie Kultur, Stereotyp, Vorurteil, Selbstbild und Fremdbild. Diese Aspekte werden sich in den später vorgestellten Projekten auch wiederfinden. Festzuhalten bleibt dabei aber, dass diese Lern- und Übungsinhalte nur komplementäre Mosaiksteine in einer Konzeption des interkulturellen Lernens sein können. Das Lernziel der „interkulturell kompetenten Persönlichkeit“ erfordert ein umfassenderes Lernkonzept, das wenigstens zwei Prinzipien realisieren muss: 1. Die fremdkulturelle Begegnung: Interkulturelle Kompetenz erwirbt man durch Erfahrungen mit dem Fremden. Auch wenn das Fremde normal geworden ist und uns in vielfältiger Weise umgibt, ist für den Unterricht dabei jeweils ein konkretes Phänomen zu bestimmen und zu einer fremdkulturellen Lernsituation zu entfalten. Möglichkeiten ergeben sich dazu, außer in der Begegnung mit fremdkulturellen Medien, vor allem aus persönlichen Begegnungen und Meinungsaustauschen. Sie können, sofern nicht vorhanden, auch mithilfe der Medien arrangiert werden, wie später für die kreative Videoarbeit gezeigt wird. 2. Die ganzheitliche Auseinandersetzung: Interkulturelles Lernen ist nicht nur von den Unterrichtsinhalten, sondern wesentlich von den (intra- und interkulturellen) Interaktionserfahrungen im Lernprozess abhängig. Dies erfordert besondere Methoden und Unterrichtskonzeptionen. Unterricht zum kulturellen und interkulturellen Lernen muss entsprechend der Komplexität, der Flexibilität und der Unabgeschlossenheit von Kultur stets exemplarisch sein; er kann keine endgültigen Wahrheiten vermitteln, sondern wird im besten Fall den Lerner zu aktiver, neugieriger, kritischer und kontinuierlicher Auseinandersetzung ermuntern. Dazu eignen sich komplexe Arbeitsformen wie zum Beispiel Projektarbeit, bei der der Lerner offenkundig immer nur mit Ausschnitten der fremden Wirklichkeit konfrontiert ist. Die eigene Recherche vermittelt persönliche und konkrete Erfahrungen mit dem Fremden und kann das Nebeneinander verschiedener Perspektiven auf einen Gegenstand sichtbar machen. Die mediale Komponente von Video-Projekten eröffnet dabei besondere Möglichkeiten für die Intensivierung des Lernprozesses. 4.1.2 Zu Struktur und interkulturellem Potential kreativer Videoprojekte Rezeptive Filmarbeit und produktive Videoarbeit stellen zwei Arbeitsformen mit demselben Medium Film dar, sie sind aber didaktisch vom Ansatz und den Möglichkeiten her weitgehend verschieden. In der rezeptiven Filmarbeit wird in der Regel ein professionell gemachter Film analysiert und interpretiert. Die Stärken dieser Beschäftigung mit Filmen sind in zwei Bereichen zu sehen. Der erste ist die Vermittlung von Wissen und Vorstellungen. Ein Film hat eine hohe Informationsdichte und ist mehr als alle anderen Medien in der Lage, einen realistischen Ein- 137 4.1 Visuelle Medien im Kulturtransfer blick in eine andere Kultur zu geben. Dabei ermöglicht er durch gute Dokumentation oder durch narrative Gestaltung eine scheinbar direkte Begegnung mit der fremden Welt, die bis zu einem gewissen Grad das fehlende eigene Erleben ersetzen kann. Erreicht wird dabei nicht nur eine Information über alle Sinne, sondern häufig auch eine starke emotionale Ansprache (vergleiche Bauer 2010). Der zweite Bereich ist die Förderung bestimmter methodischer Kompetenzen. In der rezeptiven Filmarbeit werden vor allem die Analyse- und Interpretationsfähigkeit der Lerner trainiert. Im Unterschied dazu zielt die produktive Videoarbeit auf Aktivierung der Lerner, auf Entwicklung vielfältiger Handlungskompetenzen und gegebenenfalls auf gezielte Verhaltensschulung ab. Die Aufgabe, einen Film selbst zu konzipieren, vorzubereiten und zu realisieren erfordert das Sammeln, Ordnen, das mediale und reflexive Aufarbeiten von Material und ist stark prozessorientiert. Hinsichtlich der Darstellungsmittel greift die produktive Videoarbeit auf Arbeitsweisen zurück, die auch anderweitig im Unterricht praktiziert und nun zum Gegenstand der Aufnahme werden: Dies sind insbesondere Interview und Befragung, Beobachtung und Beschreibung beziehungsweise Dokumentation, Diskussion und Rollenspiel. Eine Variante der produktiven Videoarbeit sind Mitschnitte von Arbeits- oder Kommunikationsaktivitäten der Lerner selbst, die Material für die Analyse des eigenen Verhaltens, für Verhaltensschulung und Selbstreflexion liefern. Ein Projekt mit produktiver Videoarbeit erschöpft sich aber nicht in der Produktionsphase; die Präsentation des Videos vor einem Publikum und dessen Rückmeldung gehören dazu. Diese Reaktionsphase unterscheidet sich von der Rezeption innerhalb der Filmarbeit in zweifacher Hinsicht: Zum einen wird normalerweise auf eine genauere Werkanalyse, wie sie für die rezeptive Filmarbeit typisch ist, verzichtet. Die später vorgestellten Beispiele werden zeigen, dass die produktive Videoarbeit häufig auf Darstellungsformen zurückgreift, die leicht rezipiert werden können. Sie machen eine genauere Analyse überflüssig und erlauben ein direktes inhaltsbezogenes Reagieren. Für das Erreichen interkultureller Lernziele bei der Rezeption kann dennoch der Einsatz didaktischer Mittel nötig sein. Zum anderen ist für die produktive Videoarbeit typisch, dass die Reaktion ein Feedback für die Produzenten bildet, eine Dimension, die für den professionellen Film im Unterricht nicht relevant ist. Bei der Filmanalyse lernen die Rezipienten, nicht die Produzenten; bei der produktiven Videoarbeit sind die Erkenntnisfunktionen dagegen offener verteilt. Projekte mit produktiver Videoarbeit weisen eine Reihe von Qualitäten auf, die Chancen für interkulturelles Lernen eröffnen: Produktive Videoarbeit erfordert in der Regel Projektarbeit in kleineren Gruppen. Die Potentiale dieser Arbeitsform (Handlungsorientierung, autonomes und gemeinsames kreatives Arbeiten, soziales Lernen, selbstbestimmtes Recherchieren, Reflexion und Evaluation des eigenen und des gemeinsamen Tuns) haben vornehmlich kommunikative und kollaborative Qualität und entsprechen den Anforderungen, die auch interkulturelle Lernziele stellen. Schell (2003: 193ff) konstatiert für die Videoarbeit allgemein vier Funktionen, die für das interkulturelle Lernen genutzt werden können. Danach ist Videoarbeit: 138 4. Interkulturelle Didaktik ▶ Mittel der Exploration, da sie vorbereitende Recherchearbeit nötig macht. ▶ Mittel der Reflexion, da die Bearbeitung des Materials den kontinuierlichen Dialog in der Produktionsgruppe und die Auseinandersetzung mit den eigenen Konzepten erfordert. ▶ Mittel der Artikulation. Hierzu zählen einerseits die Kommunikation in der eigenen Gruppe, andererseits die Fähigkeit, sein Anliegen- - unter Einschluss audiovisueller Mittel-- einer Öffentlichkeit zu unterbreiten. ▶ Mittel zur Analyse und Kritik medialer Angebote. Die Projektbeispiele, die später vorgestellt werden, werden zeigen, wie diese Funktionen für die fremd- und interkulturelle Arbeit jeweils schwerpunktmäßig konkretisiert werden. Entsprechend den oben genannten Voraussetzungen interkulturellen Lernens soll die Lernsituation die Erfahrung von Fremdheit ermöglichen. Dazu sind verschiedene Konstellationen bei der Organisation der Arbeitsgruppe (kulturell homogen oder heterogen), bei der Wahl des Themas (eigen- oder fremdkulturell) sowie durch Zusammenarbeit und Medienaustausch mit Partnergruppen realisierbar (vergleiche ausführlicher Holzwarth 2007). Auch hierzu belegen die folgenden Projektbeispiele unterschiedliche Varianten. 4.1.3 Projekttypen Interkulturelle Videoprojekte sind komplex und vielgestaltig, da in ihnen grundlegende Elemente unterschiedlich ausgestaltet und kombiniert werden können. Im Folgenden wird der Weg eingeschlagen, anhand ausgewählter konkreter Projekte typische Ausprägungen von drei bestimmenden Aspekten zu zeigen. Ausgangspunkt ist die für Materialsammlung und Darstellung verwendete Arbeitsform. Hinzu tritt die Bestimmung des jeweils bearbeiteten Lernzielbeziehungsweise Kompetenzbereichs und der interkulturellen Konstellation. Interview-Projekt Interkulturelles Jugendprojekt von IKAB und Partnerorganisationen in Köln zu Migration und Rassismus (Meyer 1994): ▶ Förderung der Kommunikationsfähigkeit in der Gruppe und nach außen ▶ Kooperation von Deutschen und Migranten beziehungsweise Schaffung einer Gegenöffentlichkeit. Interviews gehören zu den beliebten Arbeitsmethoden in der handlungsorientierten Projektarbeit, insbesondere im Fremdsprachenunterricht und in den gesellschaftskundlichen Fächern (vergleiche Timmermann 2012b). Grundsätzliche Realisierungsformen sind das Experteninterview und die Passantenbefragung. Beide Formen begünstigen Ton- oder Videoaufnahmen, die dann als Material für eigene Medien verwendet werden können. Der didaktische Nutzen der Interview-Methode liegt auf der Hand: Solche Projekte führen den Lerner in eine echte Kommunikationssituation, oft auch heraus aus dem Klassenzimmer und dem eigenen Milieu und hinein in die fremde Lebenswelt des Interviewpartners. 139 4.1 Visuelle Medien im Kulturtransfer In der Natur des Interviewprojektes liegt es, dass-- neben der inhaltlichen Erarbeitung-- ein Schwerpunkt auf der Förderung der Kommunikationsfähigkeit liegen muss. Vorbereitend beziehungsweise projektbegleitend sollten Übungen zur Fragetechnik und zur Gesprächsführung einbezogen werden (gute Anregungen bei Wicke 1995: 91-108). Fremd- oder interkulturellen Charakter gewinnen Interview-Projekte in unterschiedlichen Konstellationen: Dazu gehören zunächst Recherchen im zielkulturellen Umfeld, insbesondere dann, wenn die Gesprächspartner Vertreter der Zielkultur sind. Daneben kann Fremdkulturelles in der eigenkulturellen Umwelt zum inhaltlichen Gegenstand der Recherche werden oder es können Aspekte des Zusammentreffens verschiedener Kulturen untersucht werden. Dabei ist es jeweils möglich, als Interviewpartner Vertreter der fremden Kultur im eigenen Land zu wählen oder Personen, die im recherchierten Bereich einschlägige Erfahrungen haben (etwa Sozialarbeiter in der Integrationsarbeit, Lehrer im multikulturellen Umfeld etc.). Ein komplexes Projekt mit interkultureller Fragestellung aus der interkulturellen außerschulischen Jugendarbeit beschreibt Meyer (1994). In diesem Videoprojekt recherchierten Jugendliche mit Migrationshintergrund und Deutsche, die sich in einem Tageskolleg zum Erwerb des Hauptschul-Abschlusses befanden, zum Thema Ausländerfeindlichkeit und Rassismus in Deutschland. Die Gruppe war also ethnisch multikulturell, gehörte sozial dagegen eher zu einer gemeinsamen unterprivilegierten Subkultur. Das Projekt verfolgte über die Videoarbeit vier Ziele: ▶ Integration durch gemeinsame praktische Video-Arbeit: Um zur gemeinsamen Arbeit hinzuführen, besuchte die Gruppe wechselseitig die Wohnviertel der Beteiligten und machte Foto- und Videoaufnahmen. Dabei kamen gegenseitige Vorurteile zur Sprache, die so auch diskutiert und geklärt werden konnten. ▶ Recherchen und Befragungen zu Ausländerfeindlichkeit und Rassismus und deren Hintergründen: Im folgenden Abschnitt des umfangreichen Projektes wurden Passanten und Experten zum Thema Rassismus und Ausländerfeindlichkeit befragt. Ausgewählte Mitschnitte wurden auf öffentlichen Plätzen präsentiert, diskutiert und neu überarbeitet. ▶ Verbesserung der Kommunikationsfähigkeit: Ein Kommunikationstraining mit Rollenspielen und ersten gefilmten Interviewversuchen wurde im Sinne eines Verhaltenstrainings eingesetzt. ▶ Handhabung bestimmter Medien (mediendidaktischer Ansatz): Schritte in die Öffentlichkeit waren wiederholte Befragungen von Passanten, die gefilmt wurden, die Vorführung der produzierten Videoszenen vor Passanten und die Diskussion darüber sowie eine abschließende große Präsentation des überarbeiteten Materials vor Eltern, Lehrern und anderen Interessierten. Interkulturalität wurde durch dieses Projekt auf drei Ebenen geschaffen: Durch das interkulturelle Thema, durch die Kollaboration von Deutschen und Migranten in der Videoarbeit und durch die videovermittelte Kommunikation, die sich auf zwei kulturelle Kollektive bezog, nämlich das der sozial und bildungsmäßig unterprivilegierten Jugendlichen mit ihren Hoffnungen und Ansprüchen an die Gesellschaft und das der deutschen Mehrheitsgesellschaft. 140 4. Interkulturelle Didaktik Dokumentation der eigenen Lebenswelt im Video Filmprojekt der Europaschule Kerpen und einer nicaraguanischen Partnerschule in Corinto (Vences 2000, 2007 und 2009): ▶ Entwicklung von Empathie-Fähigkeit beziehungsweise interkulturelle Semantik ▶ Austausch von Medien zwischen Gruppen verschiedener Nationalität. Die Beschreibung der eigenen Lebenswelt für eine fremdkulturelle Rezipientengruppe steht in der Tradition von Briefpartnerschaften oder von E-Mail-Projekten. Wie hierbei auch Videoaufnahmen eingesetzt werden können, zeigen die Publikationen von Vences (2000, 2007 und 2009) zu einem Austauschprojekt der Europaschule Kerpen mit einer nicaraguanischen Partnerschule in Corinto. Im Unterschied zu den E-Mail-Projekten, die Donath (1996) beschreibt, werden hier nicht einzelne Informationen ausgetauscht, sondern zwei fertige Medien. An Vences’ Darstellung kann man ablesen, dass die Rezeption des Films der Partner didaktische Betreuung braucht, damit es zu einer guten und angemessenen Auswertung kommt. Das Filmprojekt stand im Rahmen eines umfassenderen Austauschprogramms und wurde mit einer Spanischklasse der Sekundarstufe und einer Klasse unterprivilegierter Jugendlicher in Nicaragua, die einen Schulabschluss anstrebten, durchgeführt. Die Schüler aus beiden Ländern sollten dafür die Lebensverhältnisse zuhause und im städtischen Umfeld im Video dokumentieren. Anliegen des Filmprojektes war es, möglichst authentisch die Lebenswelt der Austauschpartner kennenzulernen. Die deutschen Lehrer verfolgten dabei für ihre Schüler zwei Ziele: 1. Im Hinblick auf den Fremdsprachenunterricht sollte den Schülern die Kulturgebundenheit des Wortschatzes jeder Sprache bewusst gemacht werden. Die ausgetauschten Materialien und besonders das Video zeigten, dass mit den Äquivalenten eines Wortes, die das Wörterbuch anbietet, abhängig von Kultur und Lebensumständen unterschiedliche Bedeutungen und Konnotationen verbunden sind. Diese Arbeit steht im Rahmen einer interkulturellen Semantik, wie sie zum Beispiel Müller (1994) für den Fremdsprachenunterricht beschrieben hat (vergleiche auch die Beispiele etwa bei Roche 2001: 22-34). 2. Vor allem sollten die deutschen Schüler durch den Austausch zur Empathie befähigt werden und ein Verantwortungsbewusstsein gegenüber Menschen in ärmeren Ländern entwickeln; gleichzeitig sollte aber eine rein mitleidige Haltung ebenso wie eine eurozentrische Überlegenheitshaltung vermieden werden. Die Projektbeschreibung mit der Dokumentation der Materialien und Aufgaben zeigt sehr gut, wie ein solcher Austauschfilm nicht im Sinne einer Werkinterpretation, wohl aber interkulturell aufgearbeitet werden muss. Als besonders eindrucksvoll, aber in gewisser Weise auch als problematisch, erwies sich der große Abstand in der Lebensqualität der Kölner und der nicaraguanischen Schüler. Vences beschreibt, wie sich bei der Betrachtung grundsätzlich Parallelen in der Lebenswelt der mittelamerikanischen und der deutschen Schüler herausarbeiten ließen (was für sie eine wichtige Grundlage für die Entwicklung von Empathie ist), dass die ärmlichen Lebensumstände der amerikanischen Partner die Schüler aber sehr stark 141 4.1 Visuelle Medien im Kulturtransfer beeindruckt und betroffen gemacht hätten, so dass sie zunächst zögerten, Aufnahmen ihrer eigenen viel reicheren Lebenswelt nach Nicaragua zu schicken. Mitschnitte von Diskussionen Projekte der Universität München und der Miami University Oxford (Ohio) (Schlickau 2000, 2001 und 2009): ▶ Gesprächs- und Verhaltensanalyse beziehungsweise Fremdsprachentraining ▶ Homogene Gruppen begegnen sich im Internet. Videoaufnahmen von eigenem Verhalten spielen seit langem eine wichtige Rolle im Verhaltenstraining. Vorteile dieses Einsatzes sind (nach Kittelberger & Freisleben 1994: 37-56), dass die Beteiligten sich selber aus der Außenperspektive beobachten können, dass durch die mögliche Wiederholung Situationen in ihrer Komplexität analysierbar werden und die subjektive Wahrnehmung des Geschehens überprüfbar wird. Allerdings setzt ein solcher Mitschnitt außer einigen technischen Überlegungen eine Vorbereitung der Teilnehmer und eine Anleitung bei der Auswertung voraus, wie sie in allgemeiner Form ebenfalls bei Kittelberger und Freisleben zusammengefasst beschrieben sind. Anwendung finden kann der Videomitschnitt in echten oder gespielten, in intra- oder interkulturellen Kommunikationssituationen. Eine Anwendung auf eine echte interkulturelle Kommunikationssituation findet sich im wiederholt durchgeführten deutsch-amerikanischen Beispielprojekt von Schlickau, in dem deutsche und ausländische DaF-Studentinnen und -Studenten aus München und amerikanische Studentinnen und Studenten der Miami-University im Rahmen einer Gruppen-Videokonferenz miteinander ins Gespräch kamen. Zur Vorbereitung des Gesprächs wurden zehnminütige Eigenproduktionen ausgetauscht, in denen die Teilnehmer sich vorstellten und einander Fragen (zum Beispiel zum Thema Junge Leute sehen die Zukunft) präsentierten. Diese Videos erlaubten eine Vorbereitung inhaltlicher und auch sprachlicher Art, was besonders für die Nicht-Muttersprachler hilfreich war. Dementsprechend hatte die Kommunikation in der nachfolgenden Videokonferenz teilweise vorbereiteten Charakter, teilweise war es spontane Kommunikation. Dies ist eine fremdsprachendidaktisch interessante Situation. Neben der Übung in der Fremdsprache diente die nachfolgende Auswertung dem Training von Strategien der interkulturellen Metakommunikation. Die beiden Partner diskutierten die Mitschnitte getrennt und werteten insbesondere prekäre Diskussionssituationen aus. Durch Diskursanalyse wurden unangenehme und gesichtsbedrohende Situationen transparent gemacht und Lösungen erarbeitet, wie sie gegebenenfalls metakommunikativ behandelt werden können (Schlickau 2000: 4f). So interessant die Videokonferenz unter fremdsprachendidaktischem und diskursanalytischem Aspekt auch ist, scheint die Realisierung einer Gruppenkonferenz technisch für die alltägliche Unterrichtsarbeit zu aufwändig. Leichter realisierbar ist der Mitschnitt einer direkten face-to-face-Diskussion, die für einen kulturell heterogenen Teilnehmerkreis organisiert ist (etwa anlässlich eines Schüleraustausches). Zur notwendigen Vorbereitung eines solchen Austausches kann man sich durch das beschriebene Projekt anregen lassen. 142 4. Interkulturelle Didaktik Gefilmtes Rollenspiel Talkshow-Projekt von Germanistikstudentinnen und -studenten der Zhejiang-Universität, Hangzhou (China) (von der Lühe 2009): ▶ Beobachten und Imitieren fremdkultureller Kommunikationsweisen beziehungsweise Medienkompetenz ▶ Auseinandersetzung mit fremdkulturellen Medien in der homogenen Lernergruppe. Das ausgewählte Projekt von chinesischen Germanistikstudentinnen und -studenten steht ebenfalls im Rahmen des Kommunikationstrainings, es verbindet diesen Aspekt allerdings in interessanter Weise mit fremdkultureller Medienarbeit, die wiederum auf verschiedene Sende-Formate übertragen werden kann. In diesem Projekt wurden zunächst deutsche Talk-Shows analysiert und mit chinesischen Formaten verglichen. Danach wurden die in den deutschen Talkshows gezeigten Verhaltens- und Kommunikationsstrategien spielerisch imitiert und dabei auf Themen der chinesischen öffentlichen Diskussion übertragen. Damit war einerseits ein eigenständiger Transfer auf einen neuen Themenbereich verbunden, andererseits aber auch eine inhaltliche Entlastung, die eine stärkere Konzentration auf die Art der Kommunikation erlaubt. Die Aufgabe zielt auf eine Verbesserung der sprachlichen Kommunikationsfähigkeit ab, steigert die Ansprüche aber insbesondere im Hinblick auf das Anwenden fremdkultureller Kommunikationsweisen. Ein solches Rollenspiel kann das kommunikative Repertoire der Lerner erweitern und gleichzeitig den Umgang mit eigen- und fremdkulturellen Medienprogrammen üben helfen. Letzteres entspricht der fremdsprachendidaktischen Forderung nach der Entwicklung von visual literacy, das heißt der Fähigkeit, auch Bildmedien aus dem fremden Kulturraum angemessen zu verstehen und gegebenenfalls aktiv für sich zu nutzen. Gleichzeitig beschäftigen sich die Lerner mit gesellschaftlichen Fragen der eigenen Kultur und üben ihre Fähigkeit, darüber argumentativ in der Fremdsprache zu sprechen. Beides bedeutet unter fremdsprachlichem und interkulturellem Aspekt einen Gewinn. Anfertigung von Educasts Miteinander: Educasts zu Schlüsselbegriffen und Themen interkulturellen Handelns, Fachgebiet Interkulturelle Wirtschaftskommunikation der Universität Jena (Bolten 2009; Timmermann 2012c): ▶ Beobachten und Reflektieren von Kultur ▶ Interkulturelle Kollaboration und Medienproduktion für ein fremdkulturelles Publikum. Die letzte Projektform, die sich unterschiedlicher Arbeits- und Materialformen bedienen kann, ist durch ihren Zweck gekennzeichnet: Gelerntes für andere Lerner aufzubereiten und didaktisch zu gestalten. Die Lerner zu Lehrern zu machen ist eine bewährte didaktische Strategie des handlungsorientierten Unterrichts. Die digitalen Medien eröffnen hier neue Möglichkeiten: Projektergebnisse mit didaktischer Zielsetzung können nicht nur für Kurs- oder Klassenkollegen 143 4.1 Visuelle Medien im Kulturtransfer im Unterricht angefertigt werden, sondern in Form von Podcasts oder Videocasts über das Internet einem größeren Publikum zugänglich und auf diese Weise auch wieder zum Unterrichtsmaterial gemacht werden. Für solche Medien ist der Begriff Educast geprägt worden (vergleiche ausführlich dazu Zorn, Auwärter, Krüger & Seehagen-Marx 2011). Er beschreibt einerseits die didaktische Intention, andererseits die mediale Qualität der Produkte. Beiden gerecht zu werden stellt für kreative Lerner in mehrfacher Hinsicht eine Herausforderung dar. ▶ Educasts sollten von zeitlich begrenztem Umfang sein, um als Pod- oder Videocasts für die Rezeption zwischendurch dienen und leicht aufgenommen werden zu können. Orientierung sollte die durchschnittliche Aufmerksamkeitsspanne für eine konventionelle Präsentationseinheit sein, die bei etwa 10 Minuten liegt. ▶ Die Kürze erfordert eine klare Eingrenzung der Lernaufgabe. ▶ Für die Informationsübertragung sollen verschiedene Kanäle eingesetzt und koordiniert werden. ▶ Verständnis- und Lernzielsicherung erfordern Klarheit und Strukturiertheit in der Darstellung, gegebenenfalls auch Strategien der Absicherung (etwa Wiederholungen, geeignete Visualisierungen), die ein Lernen mit dem Educast überhaupt und weitergehend ein Lernen im Sinne des Erstellers sichern. Diese Ansprüche können nur erfüllt werden, wenn die Produzenten den behandelten Gegenstand wirklich durchdrungen und in Hinblick auf den intendierten Rezipienten perspektiviert haben. Die mediale Umsetzung führt so dazu, die Verarbeitungstiefe zu verstärken und rezipientenorientiert zu arbeiten. Als praktisches Beispiel soll hier das Educast-Projekt Miteinander des Fachgebietes Interkulturelle Wirtschaftskommunikation der Universität Jena vorgestellt werden, das Videoclips zu Konzepten und Schlüsselbegriffen interkulturellen Handelns auf Youtube zur Verfügung stellt und gleichzeitig ein Angebot macht, sich in das Projekt mit ergänzenden Arbeiten und mit neuen Themen einzuklinken. Im Mittelpunkt steht dabei das Teilprojekt Beziehungen, das auch als Modell für neue Projekte dienen kann. Darin arbeiteten studentische Arbeitsgruppen parallel in Jena und in Peking, um Videoclips zum jeweils eigenkulturellen Umfeld zu machen und das Ergebnis der anderen Gruppe beziehungsweise den Internet-Usern vorzustellen. Die Gruppen vereinbarten zunächst in eigener Regie das Generalthema Beziehungen und verständigten sich auf die Teilthemen Beziehungen in der Familie, Beziehungen im Beruf und Beziehungen unter Freunden. Dazu wurden Grundsituationen gesucht, die in Deutschland, in China und in anderen Teilen der Welt vertraut sind, um sie dann in der jeweils eigenen Gruppe auszugestalten und in der Zusammenschau zu einer Gegenüberstellung zu führen. Zum Thema Beziehungen in der Familie etwa wird die Tochter gezeigt, die den Eltern eine schlechte Note beichten und ihre Unterschrift unter die Arbeit erbitten muss. Von der Darstellungsweise her gehören diese Clips zu den abgefilmten Rollenspielen. Nach Vorgabe des Szeneninhalts wurde von den Darstellern improvisiert, um einen möglichst frischen und authentischen Eindruck zu vermitteln. Interkulturelle Lerneffekte zeigten sich in diesem Projekt außer in der deutsch-chinesischen Abstimmung in der Auseinandersetzung mit der eigenen Kultur. Die Arbeitsgruppen standen 144 4. Interkulturelle Didaktik vor der Aufgabe, entsprechend dem thematischen Rahmen und dem zu behandelnden Problem eine für die eigene Gesellschaft treffende Lösung vorzustellen. Dies führte zu Diskussionen und damit zu Reflexionen darüber, was für die eigene Lebenswelt repräsentativ sein könnte und was man Rezipienten aus einem fremden Umfeld von der eigenen Kultur zeigen wolle (vergleiche dazu Timmermann 2012c). Verstärkt wurde das Problem dadurch, dass fiktive Szenen entstehen sollten, also relativierende Kommentare nicht vorgesehen waren. Die Aufgabe der Videoproduktion wurde so zu einem Katalysator für Reflexionen über die eigene Kultur und über die (Un-)Möglichkeit, dazu endgültige Auskunft geben zu können. Kennzeichnend für das Jenaer Projekt ist es, dass die Videoclips auch ein Lern- und Diskussionsangebot für einen weiteren Rezipientenkreis bieten wollen. Dies geschieht bislang durch die Veröffentlichung der Videoclips auf Youtube. Geplant ist darüber hinaus die Einrichtung einer interaktiven Lernplattform, die Lerner, Lehrer und Trainer nutzen, um sich zu den behandelten Themen auszutauschen sowie um Materialien, eigene Medienproduktionen und Unterrichtsergebnisse dazu einzustellen (Bolten 2009). Dieser angestrebte Austausch ist konstitutiv für das verfolgte interkulturelle Lernkonzept. Er erst kann die Vielfalt der Perspektiven zeigen und durch seine Kontinuität dem Prozesscharakter interkulturellen Lernens entsprechen. Eine solche Lernplattform hätte damit interkulturelles Lernen nicht nur zum Inhalt, sondern würde ihm auch eine mediale Form verschaffen. Wie kann mit den Videoclips des Projektes Beziehungen aber bereits jetzt im Unterricht gearbeitet werden? Da die Clips fiktive Szenen enthalten und deshalb nur eine Verhaltensvariante erfassen, ist einer vereinfachenden und stereotypisierenden Rezeption vorzubeugen. Auch wenn die produzierenden Arbeitsgruppen Auskunft über die eigene, ihnen vertraute Kultur geben und sich um eine authentische Lösung bemühen, zeigt das Video Rezipienten aus einem anderen Kulturkreis weder die ganze fremde Wirklichkeit noch ist das Dargestellte vor Fehlinterpretationen geschützt. Erst die Diskussion über das Gezeigte, die Infragestellung, die Ergänzung durch andere Varianten, die Erläuterung von Hintergründen etc. können zu einer adäquaten Auseinandersetzung führen. Dazu sind die Videos in einen umfassenderen Zusammenhang zu stellen. Beispielsweise die Videos Beziehungen in der Familie könnten so ein Gegenstand im Rahmen eines kulturbezogenen Unterrichtsprojekts zum Thema Erziehung sein. Die Thematik der vorliegenden Videos legt darüber hinaus eine Eingrenzung des Komplexes auf den Aspekt Verantwortung von Eltern und Kindern für die schulische Bildung beziehungsweise Ausbildung nahe. In zielkultureller Ausrichtung können die beiden Szenen insbesondere für den Chinesisch- Unterricht in Deutschland und den Deutschunterricht in China interessant sein. Für die Behandlung im Deutschunterricht eines anderen Landes kann auch nur die in Jena produzierte Szene ausgewählt werden. In einem allgemein kulturbezogenen Unterrichtsprojekt können die beiden Videos darüber hinaus primär nicht in ihrer Zuordnung zum geographischen Raum, sondern als Modelle für unterschiedliche Eltern-Kind-Konzepte verwendet werden. Der Gegensatz einer eher gleichberechtigt-partnerschaftlichen und einer eher hierarchisch-autoritären Beziehungsstruktur dürfte dabei auch für eine multikulturell zusammengesetzte Lernergruppe eine interessante Diskussionsvorlage sein. 145 4.1 Visuelle Medien im Kulturtransfer Weitgehend unabhängig von der Lernergruppe und der kulturbezogenen Ausrichtung des Unterrichtsprojekts bietet sich als didaktischer Ausgangspunkt die Sammlung eigener und eigenkultureller Erfahrungen an, etwa in Form von Partner-Interviews innerhalb der Klasse oder Interviews mit Verwandten und Bekannten. Der Interviewplan sollte sich nicht nur auf äußere Erscheinungen konzentrieren, sondern auch Fragen nach der Motivation und der Zweckhaftigkeit von Verhaltensweisen enthalten. Die Zusammenstellung der Ergebnisse wird erwartungsgemäß nicht nur Unterschiede bei Angehörigen verschiedener Ethnien, sondern auch unter Angehörigen einer Ethnie zeigen. Begründungszusammenhänge können erhellen, dass fremde Ansichten nicht willkürlich, sondern wenigstens teilweise nachvollziehbar und generell hinterfragbar sind. Damit ist eine Basis geschaffen, in den Videos Übereinstimmungen und Unterschiede zu den zuvor zusammengestellten Erfahrungen festzustellen, Erklärungen zu versuchen und Fragen zum Gesehenen zu stellen. Letztere sollten in eigene Recherchen der Lerner münden. Sie können sich auf Informationen und Zusatzmaterialien zum Sachzusammenhang und / oder zum regionalen Kontext beziehen. Das Video wird damit auch in der Rezeption nicht zum isolierten Informationsträger, sondern zum Katalysator einer sach- und kulturbezogenen Auseinandersetzung. Die Beschäftigung mit den eigenen Konzepten zum Thema kann darüber hinaus in einem produktiven Videoprojekt fortgeführt werden, der produzierte Clip kann dann im Internet oder über den Austausch mit einer Partnerklasse wie im Projekttyp Dokumentation der eigenen Lebenswelt im Video vor einem neuen Rezipientenkreis zur Diskussion gestellt werden. 4.1.4 Zusammenfassung ▶ Das interkulturelle Lernen ist ein lebenslanger und integrierter Prozess. Eine pädagogische Begleitung soll dabei auf Begegnungen mit dem Fremden vorbereiten und dem Individuum die nötigen Kompetenzen vermitteln, um mit Vertretern einer anderen Kultur in einen konstruktiven Dialog einzutreten. Der Zielpunkt der didaktischen Anstrengung liegt dabei im Bereich des Könnens und der Einstellungen. ▶ Die produktive Videoarbeit zielt auf Aktivierung der Lerner, auf Entwicklung vielfältiger Handlungskompetenzen und gegebenenfalls auf gezielte Verhaltensschulung ab. Die Aufgabe, einen Film selbst zu konzipieren, vorzubereiten und zu realisieren erfordert das Sammeln, Ordnen, das mediale und reflexive Aufarbeiten von Material und ist stark prozessorientiert. ▶ Ein Projekt mit produktiver Videoarbeit erschöpft sich aber nicht in der Produktionsphase; auch die Präsentation des Videos vor einem Publikum und dessen Rückmeldung gehören dazu. Durch das Feedback lernen die Produzenten selbst. ▶ Produktive Videoarbeit fördert Arbeit in kleineren Gruppen und somit Handlungsorientierung, autonomes und gemeinsames kreatives Arbeiten, soziales Lernen, selbstbestimmtes Recherchieren, Reflexion und Evaluation des eigenen und des gemeinsamen Tuns. 146 4. Interkulturelle Didaktik 4.1.5 Aufgaben zur Wissenskontrolle 1. Worin bestehen die Aufgaben des pädagogisch begleiteten interkulturellen Lernens? 2. Erklären Sie die Prinzipien der fremdkulturellen Begegnung und der ganzheitlichen Auseinandersetzung. 3. Erklären Sie den Unterschied zwischen der rezeptiven Filmarbeit und der produktiven Videoarbeit. 4. Welche vier Funktionen der Videoarbeit können für das interkulturelle Lernen genutzt werden? 5. In welcher Hinsicht stellen Educasts eine Herausforderung für kreative Lerner dar? 147 4.2 Interkulturelles Lernen mit fiktionalen Filmen 4.2 Interkulturelles Lernen mit fiktionalen Filmen Christine Arendt In der ersten Lerneinheit dieses Kapitels haben Sie erfahren, wie man zur interkulturellen Sensibilisierung im DaF-Unterricht produktive Videoarbeit einsetzen kann. Diese Lerneinheit bleibt auch beim Thema „Audiovisuelle Medien“, konzentriert sich aber auf die rezeptive Filmarbeit und behandelt verschiedene Möglichkeiten der Vermittlung interkultureller Kompetenz mit Filmen im DaF-Unterricht. Dafür eignen sich insbesondere Filme, in denen kontaktkulturelle Situationen, das heißt interkulturelle Begegnungen, fiktionalisiert werden und die so interkulturelle Erfahrungsquellen darstellen. Durch die Einbettung in fiktionale Kontexte werden Gestaltungsspielräume geschaffen, in denen die Lerner im Sprachspiel sprach-kulturelle Gegebenheiten unterschiedlicher Sprachkulturen kreativ verbinden und erproben können. Am Beispiel des DaF-Unterrichts an Hochschulen in Italien wird gezeigt, wie mit Filmen Berührungspunkte zwischen Deutschland und Italien produktiv thematisiert werden können. Die Darstellung von Italienern in Deutschland bietet den Studentinnen und Studenten ein hohes Identifikationspotential und lädt sie zu einem Vergleich mit eigenen Erfahrungen bei Deutschlandaufenthalten ein. Auf diese Weise kann die Wahrnehmung der Gesellschaften beider Länder problematisiert werden. Spielt die Handlung in Italien, gibt dies Anlass zu Diskussionen über das Italienbild der Deutschen. Zugleich werden so ein fremder Blick auf das eigene Land und eine Distanz zu den gewohnten Betrachtungsweisen ermöglicht. Die Arbeit mit derartigen Filmen kann dazu führen, dass die Lerner stereotype Vorstellungen und eventuell auch Vorurteile hinterfragen und stärker zu differenzieren lernen. Das allerdings ist häufig einfacher gesagt als getan. Daher versucht dieser Beitrag einen Blick in die Praxis zu werfen. Lernziele In dieser Lerneinheit möchten wir erreichen, dass Sie ▶ kontaktkulturelle Situationen vor allem in den Filmen „Bella Martha“ von Sandra Nettelbeck und „Solino“ von Fatih Akin kennenlernen und diskutieren; ▶ die Betrachtung interkultureller Aspekte durch eine Filmanalyse vertiefen; ▶ Möglichkeiten aufzeigen können, dies mit einer Diskussion über Stereotype, Vorurteile und Werte zu verbinden; ▶ die Diskussion von Werten anhand des Instrumentes Wertequadrat zur Sprachreflexion anregen können; ▶ ihren Lernern stereotype Vorstellungen durch Polaritätsprofile bewusst machen. Die vorliegende Lerneinheit basiert auf: Arendt, Christine (2012), Interkulturelles Lernen mit Filmen im DaF-Unterricht an der Universität. BMW LIFE -- Ideen und Materialien für interkulturelles Lernen. [Online unter https: / / www.bmwgroup.com/ content/ dam/ bmw-group-websites/ bmwgroup_com/ responsibility/ downloads/ de/ 2016/ Life_Edition_240816.pdf. 12. Juni 2018] 148 4. Interkulturelle Didaktik 4.2.1 Vermittlung interkultureller Kompetenzen bei der Arbeit mit Filmen In dieser Lerneinheit sollen Möglichkeiten aufzeigt werden, wie man interkulturelle Kompetenzen bei der Arbeit mit Filmen im DaF-Unterricht vermitteln kann. In den Werken zur interkulturellen Kommunikation wird oft nicht hinreichend darauf eingegangen, wo und wie interkulturelle Kompetenzen im Fremdsprachenunterricht gefördert werden können, und wenn dies geschieht, werden als wesentliche Bereiche in der Regel Sprache, Literatur und Landeskunde genannt. Dass sich Sprache und Kultur überhaupt nicht trennen oder portionieren lassen, wie es im Unterricht häufig versucht wird, ist in Band 7 »Kultur- und Literaturwissenschaften« der Kompendium-Reihe ausführlich thematisiert worden. Dort kann man sehen, dass die Prozesse interkulturellen Verstehens weit über den kognitiv gar nicht leicht herstellbaren Perspektivenwechsel hinausgehen und im Idealfall eher zu einem Verfahren führen, bei dem unterschiedliche Perspektiven gleichzeitig oszillieren können. Dieser Ansatz der Transdifferenz hat sich inzwischen als gut brauchbar in kulturkontrastiven Ansätzen und wissenschaftlichen Studien herausgestellt. Er dient auch diesem Beitrag als theoretischer Hintergrund. Dass in traditionellen „Landeskunde-Modellen“ Filme so wenig Beachtung finden, ist vermutlich auch darauf zurückzuführen, dass im Allgemeinen dem Sprach- und Literaturunterricht viel Raum eingeräumt wird, während Filme als aufwändig in der Bearbeitung oder als wenig relevant gelten (vergleiche Arendt 2007: 405). Dies überrascht, weil im Europäischen Sprachenportfolio Filme ausdrücklich erwähnt werden. So wird im Sprachenpass im Raster zur Selbstbeurteilung auf dem Niveau B2 und C1 das Verstehen von Spielfilmen verlangt. Die Sprachbiografie führt auf der Stufe C2 das Schreiben kritischer Stellungnahmen zu kulturellen Ereignissen an-- hier werden Filme an erster Stelle genannt. Deshalb möchte sich dieser Beitrag auf die Möglichkeiten der Vermittlung interkultureller Kompetenzen bei der Arbeit mit Filmen konzentrieren und interkulturelle Aspekte von Filmen vorstellen. Dabei wird nach Lüsebrink (2008: 8) von einem weiter gefassten Begriff der interkulturellen Kommunikation ausgegangen, der neben der interpersonalen Interaktion auch die Ebene der mediatisierten interkulturellen Kommunikation einbezieht, „das heißt die medialen Darstellungsformen Interkultureller Kommunikation in Film, Fernsehen, Radio, Internet und anderen Medien“. Zur Förderung interkultureller Kompetenz eignen sich insbesondere Filme, in denen kontaktkulturelle Situationen fiktionalisiert werden und die so interkulturelle Erfahrungsquellen darstellen. Hunfeld (1997: 5) weist darauf hin, dass die Gewöhnung an „die Artikulation einer anderen Kunst und Literatur, an andere Lebensstile und Weltauffassungen als in sich normale Erscheinungen- […] eine Herausforderung [bedeutet], der nicht leicht, schon gar nicht vollkommen entsprochen werden kann“. Im Rahmen des DaF-Unterrichts in Italien sind Filme, die Berührungspunkte zwischen Deutschland und Italien thematisieren, besonders geeignet. Die Darstellung von Italienern in Deutschland bietet den Studentinnen und Studenten ein hohes Identifikationspotential, mit Sicherheit lädt sie zu einem Vergleich mit eigenen Erfahrungen bei Deutschlandaufenthalten ein. Die Studentinnen und Studenten können ihre eigene zum Beispiel bei Aufenthalten in Deutschland gesammelte interkulturelle Lebenserfahrung mit den im Film gezeigten interkul- 149 4.2 Interkulturelles Lernen mit fiktionalen Filmen turellen Erfahrungen vergleichen. Es handelt sich damit um den Versuch, im Film gezeigte interkulturelle Erfahrungen aufzuarbeiten und zu reflektieren und zugleich zur Reflexion über eigene interkulturelle Erfahrungen anzuregen und diese für die pädagogische Praxis nutzbar zu machen. Spielt die Handlung in Italien, gibt dies Anlass zu Diskussionen über das Italienbild der Deutschen. So wird ein fremder Blick auf das eigene Land und eine Distanz zu den gewohnten Betrachtungsweisen ermöglicht. Auf diese Weise kann die Wahrnehmung beider Länder problematisiert werden. Entspricht die Darstellung von Deutschen beziehungsweise Italienern den eigenen Vorstellungen von ihnen? Kann sie als typisch oder stereotyp bezeichnet werden? Die Arbeit mit derartigen Filmen kann zu einer Selbstdistanzierung führen und damit helfen, eigene stereotype Vorstellungen und eventuell auch Vorurteile zu hinterfragen. Dies soll anhand der Filme „Bella Martha“ von Sandra Nettelbeck und „Solino“ von Fatih Akin geschehen. Bedeutsam ist hierbei, dass Fatih Akin als deutscher Regisseur türkischer Abstammung weder der deutschen noch der türkischen Nationalkultur eindeutig zugeordnet werden, und damit als transkultureller Regisseur betrachtet werden kann (vergleiche hierzu Iljassova-Morger 2009: 47). Zugleich sollen sprachliche Besonderheiten der interkulturellen Kommunikation in diesen Filmen aufgezeigt werden. Schließlich wird dargestellt, wie dies mit einer Diskussion über Stereotype, Vorurteile und Werte verbunden werden kann. Dafür bietet sich auch das kulturelle Wertequadrat von Schulz von Thun an. Einige von Studenten entworfene Wertequadrate werden vorgestellt und an ihren Beispielen wird veranschaulicht, wie das Nachdenken über Werte zu einer Reflexion über Sprache beitragen kann. Die Arbeit mit den Filmen erfolgte im zweiten Jahr des Aufbaustudiums (Master) mit Studentinnen und Studenten, die sprachlich in der Regel über Kompetenzen auf dem C1- Niveau nach dem europäischen Referenzrahmen verfügen. Zu beachten ist, dass das Ziel dieser Kurse in erster Linie die Erweiterung der sprachlichen Kompetenz ist, es handelt sich nicht um Kurse, in denen Linguistik gelehrt wird. Das dargestellte Projekt umfasst circa 8-9 Doppelstunden (90 Minuten), in denen die Filme angesehen werden und ihr Verständnis erarbeitet wird. Weiterhin wird auf die Geschichte der italienischen Immigration vor allem in Deutschland eingegangen und die interkulturelle Einheit durchgeführt. 4.2.2 Analyse der Filme unter interkulturellem Aspekt Zunächst soll eine kurze Analyse der Filme unter interkulturellem Aspekt vorgenommen werden. „Bella Martha“ - Handlung Charakterunterschiede versus Stereotype: Bereits der Titel des Films „Bella Martha“ deutet auf eine interkulturelle Problematik hin, das Adjektiv bella verweist auf Italien, die Schreibweise des Namens Martha jedoch auf Deutschland. Der Film spielt überwiegend in Hamburg. Martha ist eine der besten Köchinnen der Stadt, sie ist fixiert auf ihre Arbeit und kann keine echten sozialen Beziehungen aufbauen. Ihr einziger Bezugspunkt außerhalb ihrer Arbeit ist ihre Schwester, die bei einem Verkehrsunfall stirbt und ihre Tochter Lina allein zurücklässt. 150 4. Interkulturelle Didaktik Martha fällt ihre neue Aufgabe, eine Ersatzmutter für Lina zu sein, zunächst schwer. In dieser Situation kommt der italienische Koch Mario neu in die Restaurantküche, in der Martha als Chefköchin arbeitet. Sofort fällt der völlig unterschiedliche Stil zwischen beiden auf: Während Martha still, präzise und vielleicht auch ein wenig verbissen auf ihre Arbeit konzentriert ist, hört Mario italienische Musik und verströmt Heiterkeit und Fröhlichkeit. Ohne Zweifel werden die meisten Mario als eindeutig italienisch und Martha als eindeutig deutsch empfinden. Wie aber kommt es zu diesen Zuordnungen? Beruhen sie nur auf Stereotypen, die wir von den Angehörigen der verschiedenen Nationalitäten im Kopf haben? Handelt es sich etwa auch um stereotype Figuren? Die Relevanz insbesondere der letzten Frage zeigt sich auch daran, dass der Darsteller Marios, Sergio Castellitto, sie in Making Martha erörtert und verneint. Castellitto sieht in Mario das Bild eines modernen italienischen Mannes, moderner, als das ausländische und auch das italienische Kino Italiener oft sehen, die sie etwas stereotyp auf „Mama, Pizza und Mafia“ reduzieren. Castellitto meint hingegen, dass Mario auch eine naive, clevere, intelligente und geistreiche Seite hat, die ihm besonders gefällt. Am Ende des Films heiraten Martha und Mario in Italien. Die Darstellung Italiens ist durch Sonne, schöne Landschaft, gutes Essen und ein glückliches Zusammenleben gekennzeichnet. Diese Darstellung wurde von den Studenten als unrealistisch empfunden, sie erleben sie als den fremden Blick auf das eigene Land. Es drängt sich der Eindruck auf, dass es sich um eine ausgesprochen deutsche Sichtweise von Italien handelt. Das Italienbild in „Bella Martha“ knüpft damit wohl einerseits an den Topos „Italien“ in der deutschen Literatur an, andererseits aber auch an Erfahrungen aus dem Massentourismus. Der Film hat hier ähnliche didaktische Möglichkeiten wie die Literatur, und damit auch wie die deutsche Italienliteratur, die von Birk folgendermaßen beschrieben wird: „Durch die Auseinandersetzung mit den Texten der fremden Kultur erhält der Lerner in diesem spezifischen Fall nicht nur Zugang zu einer anderen, ihm unbekannten Lebensform, sondern er erfährt auch den fremden Blick auf die eigene Welt. Er sieht sich selbst verfremdet, mit deutschen Augen und begibt sich so in Distanz zu der gewohnten italienischen Innenansicht des Lebens. Gerade in der kompliziert erscheinenden, doppelten Brechung der Wahrnehmung und der damit einhergehenden Selbstdistanzierung liegt die didaktische Chance der deutschen Italienliteratur im Deutschunterricht in Italien. Dadurch, dass diese Texte das Fremde nicht nur als unterschiedlich vom Eigenen ausweisen, sondern zudem das Eigene in ein fremdes Licht stellen, kann die kulturelle Bedingtheit der wohlbekannten italienischen Welt deutlich gemacht werden.“ (Birk 2006: 143). Was Birk hier für die Literatur gesagt hat, kann ebenso für Filme gelten, und zwar sowohl für „Bella Martha“ als auch in gewisser Weise für „Solino“, worauf später eingegangen werden soll. Kommunikation in „Bella Martha“ In Bezug auf die Kommunikation im Film fällt die reiche Gestik Marios auf, während sie bei Martha nicht zu existieren scheint. Besondere Aufmerksamkeit verdient die Sprache bei diesen kontaktkulturellen Situationen. Mario und Martha sprechen Deutsch miteinander, Mario verwendet allerdings auch ständig italienische Wörter. So wendet er sich an eine andere 151 4.2 Interkulturelles Lernen mit fiktionalen Filmen Köchin mit der Aufforderung „assaggia“ (0: 28: 01). Er erklärt Martha, dass er auf die Stelle in ihrer Küche nicht angewiesen ist: „Ich kann überall arbeiten, wo ich will, capisci“ (0: 42: 40). Er möchte, dass Martha selbst entscheiden soll, ob er bleibt: „Allora, was ist dir lieber“ (0: 43: 16) und „allora“ (0: 44: 00). Als er vom Tod von Marthas Schwester erfährt, reagiert er mit „mi dispiace“ (0: 48: 42). Nach Linas Abreise zu ihrem Vater nach Italien möchte er, dass Martha mit dem Weinen aufhört und sagt „smetti“ (1: 29: 46). Als Martha Mario um Hilfe bittet, um Lina zurückzuholen, ist das einzige, was er sagt: „andiamo“ (1: 33: 29). Weitere Wörter, die er häufiger verwendet, sind „scusa“ (0: 43: 46 und 0: 44: 29) und „va bene“ (zum Beispiel 0: 36: 51). Dies überrascht, weil vermutlich weder Martha oder Lina noch die meisten Rezipienten des Films alle diese Wörter verstehen werden. Zugleich aber scheinen sie kein Verstehenshindernis zu sein. Offenbar sind diese Interaktionsformeln bereits weitgehend durch den Kontext verständlich, so dass das Erfassen der Bedeutung intuitiv auch ohne Sprachkenntnisse erfolgt. „Solino“ In „Solino“ wird das Schicksal einer italienischen Emigrantenfamilie in Deutschland dargestellt. Familie Amato kommt 1964 nach Duisburg und eröffnet dort, nachdem der Vater sich weigert, im Bergwerk zu arbeiten, die erste Pizzeria des Ruhrgebiets. Sie kommt in ein Land, das noch über wenig Erfahrungen mit Immigranten beziehungsweise Italienern verfügt und in dem der Massentourismus unter anderem nach Italien noch nicht eingesetzt hat: Pizza gilt als „Brot mit Tomate“ (0: 20: 17). Die deutsche Welt wird hier aus der Perspektive der italienischen Immigranten gezeigt: Der Bahnhof und die Wohnung wirken hässlich, das Klo ist auf dem Flur, ein Bidet gibt es nicht und die Zwiebeln sind klein. Der Film ermöglicht so den Blick auf Deutschland aus einer Außenperspektive, die mit Sicherheit Interesse weckt und möglicherweise die Studenten zur Identifikation einlädt. Die Studentinnen und Studenten setzen sich mit einem Aspekt der historischen Dimension des deutsch-italienischen Verhältnisses auseinander, der ihnen jedoch auch bewusst machen dürfte, dass die nationalen Differenzen heute geringer geworden sind. Die unterschiedlich verlaufende Integration der einzelnen Familienmitglieder wird realistisch dargestellt. Am schnellsten und wohl auch am besten fügt sich der jüngere Sohn Gigi in die neuen Lebensumstände ein. Die Freundschaft mit dem Inhaber eines Fotoladens und dem Regisseur Balbi wird ihn prägen und sich später in seinem Berufswunsch, Filme zu machen, niederschlagen. Die Integration der einzelnen Familienmitglieder spiegelt sich in ihrer Beherrschung des Deutschen wider und lässt sich in der zweisprachigen Fassung des Films gut mitverfolgen: Während Gigi die neue Sprache sehr schnell sehr gut erlernt, gelingt dies seinem Bruder erst später. Vater und Mutter bleiben in ihrer Kenntnis des Deutschen mehr oder weniger eingeschränkt, die Mutter ist auch nach vielen Jahren in Deutschland bei einem Arztbesuch auf ihren dolmetschenden Sohn angewiesen. Während der Vater es in Deutschland zu etwas bringen will, verzichtet sie letztlich dort auf ein eigenes Leben. Die Familiensprache ist zunächst noch Italienisch. Später sprechen die Söhne im Gespräch mit ihren Eltern deutsch, die Eltern italienisch. Nach zehn Jahren in Deutschland erkrankt die Mutter an Leukämie und möchte nach Solino zurückkehren. Gigi begleitet sie, obwohl sich ihm gerade jetzt in Deutschland Karriere- 152 4. Interkulturelle Didaktik chancen eröffnen, um die er jedoch von seinem zurückbleibenden Bruder betrogen wird. Beide Brüder sind nunmehr in Deutschland zu Hause und möchten nur sehr ungern nach Italien zurück, der ältere Bruder weigert sich sogar. Bei Gigis Rückkehr nach Italien werden Diskrepanzen zwischen den Ländern sichtbar: Die dicht gedrängten Menschen bei der Preisverleihung der Ruhrfilmtage stehen dem beschaulichen Leben in Solino gegenüber, das Angebot eines Reporters, einen Film zu machen, steht der Arbeit Gigis auf dem Sportplatz gegenüber, wo seine Aufgabe unter anderem darin besteht, zu überwachen, dass die Duschen nach Gebrauch auch alle zugedreht sind. Gigis Rückkehr nach Italien zeigt damit wiederum eine Veränderung der Sichtweise, und zwar den durch den Aufenthalt in der Fremde wenn nicht fremd gewordenen, so doch distanzierten Blick auf das eigene Land. Diese Distanz schwindet gegen Ende des Films allerdings wieder, wie zum Beispiel Gigis Filmproduktion zeigt: Während sein erster in Deutschland entstandener Film in Sprache und Problematik typisch deutsch ist- - es geht um die schwere Arbeit im Hochofen und den Verlust dieser Arbeit--, steht sein letzter, italienischer Film in der Tradition der italienischen Komödie. Die Brüder sind bereits in Deutschland in ihrer kulturellen Identität sowohl durch ihre italienische Herkunft als auch ihr Leben in Deutschland geprägt, das heißt sie zeichnet eine kulturelle Identität gemischter Art aus. Eine solche plurale kulturelle Identität kann nach Welsch (2005: 326) als Transkulturalität gedeutet werden, das heißt in diesem Fall als eine Vernetzung der deutschen und italienischen Kultur. Am Leben von Gigi kann nun sehr deutlich auch die Wandlung oder Transformation einer solchen transkulturellen Binnenverfassung mitverfolgt werden, seine Transkulturalität ist nach einigen Jahren in Italien sicherlich eine andere als unmittelbar vor seiner Rückkehr aus Deutschland. 4.2.3 Reflexion über die interkulturelle Thematik in den Filmen interkultureller Landeskunde Diskussion und schriftliche Aufgabe: Die Reflexion über die interkulturelle Thematik kann und sollte zunächst in der Diskussion über die Filme angeregt werden. Erfahrungsgemäß bieten sich darüber hinaus auch schriftliche Aufgaben an, wie zum Beispiel folgende von Arendt (2009a) zu „Bella Martha“: Schreiben Sie einen Text von mindestens 200 Wörtern zum Thema „Interkulturelle Aspekte in Bella Martha“. Gehen Sie dabei auf folgende Fragen ein: Wie ist die Darstellung Deutschlands beziehungsweise der Deutschen in „Bella Martha“? Wie wirkt Mario auf Sie? Wie wird Italien dargestellt? Wo werden Stereotype deutlich? Gehen Sie dabei auch auf eigene Erfahrungen ein. (Arendt 2009a: 117f) Ein durchaus beachtliches Reflexionsniveau wird in den folgenden beiden Beiträgen von einem Studenten und einer Studentin deutlich: 153 4.2 Interkulturelles Lernen mit fiktionalen Filmen Text 1 In „Bella Martha“ findet die Deutschland-Italien-Beziehung eine gute und ziemlich originelle Darstellung.-… Die Figur Marios bildet außerdem keinen gewöhnlichen italienischen Stereotyp, das z. B. mit Mafia oder Spaghetti-Fressen assoziiert wird, wirkt aber im Gegenteil als intelligenter und selbstständiger Mann, der immer die richtige Weise kennt, die Probleme zu lösen. Und dass Mario eine positive Schilderung Italiens erlaubt, ist auch der italienische Schauspieler Sergio Castellitto einverstanden, dem die Rolle sehr gut gefallen hat. Deswegen scheint mir die Deutschland-Italien-Beziehung als eine komplementäre Beziehung, wobei jeder Vertreter zu den anderen Kulturen seinen wichtigen Beitrag bringt und umgekehrt den „fremden“ Beitrag akzeptiert, um ein personelles Wachstum zu kennen, das endlich zur Lösung der Probleme führt.-… Dass Italien und Deutschland immer eine enge und oft komplementäre Beziehung gezeigt haben, ist keine Neuigkeit. Historisch gesehen, kann man nur an ihre (dramatisch) enge Militärverhältnisse während des 2. Weltkrieges erinnern. Um ein schöneres Beispiel zu nennen, denken wir an die aktuellen ständigen und gegenseitigen Handelsbeziehungen, die Deutschland und Italien zu perfekten und treuen Handelpartnern machen. Man soll auch nicht vergessen, dass die Deutschen die Pioniere unseres goldenen Tourismus waren, die durch den Alpen nach unserem schönen Land kamen und eine anhaltende Tradition begannen. So erweisen Italien und Deutschland ein altes Verhältnis, das aber nicht ohne Widersprüche ist. Einerseits schätzen sich die beide Länder für die gegenseitige Stärke, andererseits sind die beide immer bereit, das anderes Land zu kritisieren, was z. B. die chaotische Organisation für Italien oder die hässliche deutsche Mode betrifft. Es ist aber völlig normal, dass es solche Widersprüche innerhalb einer so tiefen Beziehung entstehen. In Italien sagt man, dass es keine echte Liebe gibt, wenn man nicht ständig streitet, und das kann wohl richtig für Deutschland und Italien sein. Nach persönlichen Erfahrungen, ist Deutschland mit meiner besten und schönsten Lebensperioden verbunden, nämlich einem dreiwöchigen Studiumaufenthalt in Augsburg und der Teilnahme am Erasmusprojekt für fünf Monate in Freiburg. Deswegen scheinen mir die interkulturellen Beziehungen zwischen den beiden Ländern als himmlisch, kann man aber meinem Urteil nicht vertrauen, weil es zu subjektiv ist. Man kann aber wohl zweifellos behaupten, dass die deutsch-italienische Beziehung tief, treu und produktiv ist, was die positiven bzw. die negativen Aspekte betrifft. In diesem Beitrag erscheint die Definition der Deutschland-Italien-Beziehung als komplementäre Beziehung, die sogar zu einer persönlichen Weiterentwicklung führt, sehr gelungen. Die Dichotomie von Eigenem und Fremdem erscheint so als weniger statisch und deutet auf eine Verflüssigung von Grenzen und Öffnung von Denkstrukturen hin. Der Student versucht die Deutung als komplementäre Beziehung auf das deutsch-italienische Verhältnis im Allgemeinen zu übertragen und rekurriert schließlich auf seine eigenen, sehr positiven Erfahrungen bei Deutschlandaufenthalten. Text 2 Die zwei völlig verschiedenen Persönlichkeiten von Martha und Mario bieten die Möglichkeit, Betrachtungen anzustellen zu den besonderen Stereotypen, die man mit Deutschland beziehungsweise Italien normalerweise assoziert. Das deutsche Stereotyp wird durch die Hauptfigur von Martha dargestellt. Ihre Präzision, ihr methodisches Vorgehen, ihre Leidenschaft für die Arbeit sind alles Eigen- 154 4. Interkulturelle Didaktik schaften, die man mit den Deutschen instinktiv verbindet. Die experte professionelle Chefköchin ist abhängig von einer kalten Realität, die sie selbst determiniert hat und die aber Leiden verursacht. Ihre Welt beschränkt sich auf die professionelle Perfektion und Martha ist nicht fähig sich zu anderen Ansichten und Gefühle zu öffnen. Sie betreibt die Arbeit excessiv und obsessiv. Andere Dinge haben in ihrem ausbalancierten Leben ohnehin keinen Platz. Die Figur von Martha ist vielleicht auch nicht ungewönlich in der modernen westlischen entwickelten Gesellschaft, wo jede Aktivität mit der Logik der Konkurrenz funktioniert. Sie entspricht auch Werte, für die Deutschland bekannt ist: die traditionale Effizienz und das sprichwörtliche Achten auf Details, die auch ein handwerklishes und kreatives Gewerbe eine reine technologische Aktivität machen. Es scheint, als alles immer auf Vorzüglichkeit gerichtet wäre. Diese ökonomische und produktive Effizienz zusammen mit einer steifen Technologie hat Konsequenzen für den Menschen, der sowohl seine Persönlichkeit als auch seine Kreativität und Fähigkeit mit den anderen eine Beziehung einzugehen verliert. So wirken die Deutschen als kalte Leute. In diesem Beitrag erscheint die Darstellung des Zusammenhangs von Arbeit, Konkurrenz, Ausrichtung auf Vorzüglichkeit und Auswirkungen auf die Persönlichkeit der Menschen bemerkenswert. Die Studentin hat zudem sehr verständlich erläutert, warum die Deutschen als kalt empfunden werden. 4.2.4 Filmanalyse Eine weitere Reflexion über die interkulturelle Thematik und zugleich eine Einführung in die „Filmsprache“ und Sensibilisierung für filmische Mittel kann durch die Analyse einer Filmszene im Unterricht angeregt werden. Dazu bietet sich das Ende von „Bella Martha“ an, das bezeichnenderweise mit „Bella Italia“ überschrieben ist. Es empfiehlt sich, hier mit den „Leitfragen zur Filmanalyse“ zu arbeiten (Thiele 2007). Die Studentinnen und Studenten können dabei in Gruppen eingeteilt werden, um jeweils einen Aspekt zu untersuchen (Handlung / Dramaturgie, Inszenierung / Mise en scène, Kamera, Schnitt / Montage, Musik / Geräusche). Sie sollten ihre Ergebnisse erst im Unterricht vortragen und dann nach der gemeinsamen Diskussion zu Hause aufschreiben. In der folgenden Analyse hat sich die Studentin auf die Kamera konzentriert: Text 3 In der letzten Szene des Films „Bella Martha“ klopft Martha an Marios Wohnung und bittet ihn um seine Hilfe, um nach Italien zu fahren und zu versuchen, Lina mit ihnen nach Deutschland zurückzubringen. Während sie mit dem Auto nach Italien fahren, gibt es eine lange Szene, wo nicht Martha und Mario, sondern nur das Auto auf einer Straße gefilmt wird. Hier kann man die typische italienische Landschaft bewundern und, dank dieser Art „Pause“, hat der Zuschauer Zeit, sich auf eine Veränderung von Raum vorzubereiten. In der Tat sieht man von diesem Zeitpunkt Deutschland nicht mehr, sondern nur Italien. Und man kann vor allem eine Veränderung in Bezug auf das Wetter bemerken: In Deutschland schneite es, während die Sonne jetzt in Italien scheint. Es ist die stereotype Darstellung Italiens und dieser Gegensatz ist natürlich gewollt. In der Tat, obwohl der Film im 155 4.2 Interkulturelles Lernen mit fiktionalen Filmen Allgemeinen in einer vertrauten Realität spielt, gibt es stereotype Darstellungen Italiens, wie zum Beispiel die Schönheit der Landschaft, die wie eine Postkarte aussieht, das Bild großer Familien und die Darstellung von Leuten, die alle zusammen im Freien essen. Es ist das Italienbild, das die Deutschen haben; vielleicht könnte man einen Einfluß der Literatur annehmen, seit Goethes Epoche, aber eine andere mögliche Quelle sind die Deutschen, die nach Italien kommen, um das Land zu besichtigen oder dort zu leben. Ein interessanter Aspekt, was die Einstellungen in der letzten Szene betrifft, ist die Tatsache, dass Mario und Martha, wenn sie noch in Deutschland sind, nie zusammen gefilmt werden: Sie sind immer getrennt, sowohl bei der Wohnung als auch im Auto. Dagegen, wenn sie in Italien ankommen, sind sie alle zusammen, auch mit Lina. In der Tat gibt es am Ende eine Veränderung für alle: Alle sind jetzt zufrieden und nicht mehr allein. Insbesondere, ist Martha nicht mehr gestresst, weil sie nicht mehr nur an ihre Arbeit denkt, weil sie jetzt eine Familie mit Mario und Lina hat. Auch Lina hat also eine neue Familie und ihre Fröhlichkeit nach dem Tod ihrer Mutter gefunden. Der Film endet mit einer Szene, wo Martha beim Psychologen ist. Es gibt also eine gewisse Symetrie mit dem Anfang, wo Martha noch beim Psychologen war; aber die Situation ist jetzt umgekehrt: Am Anfang kochte Martha für den Psychologen, jetzt hat der Psychologe für Martha gekocht. In der Tat sprechen sie über ein Rezept, das der Psychologe vorbereitet hat, aber Martha ist nicht ganz zufrieden: Sie probiert ein Stück Kuchen, aber sie sagt, dass etwas nicht stimmt; trotzdem erwidert der Psychologe, dass er genau das gemacht hat, was sie ihm gesagt hatte. Martha gibt ihm also einige Tipps und das beweist, dass sie sich verändert hat: Das Kochen ist für sie keine Zwangsvorstellung mehr und die Logistik und die Genauigkeit sind nicht mehr das Wichtigste; jetzt hat sie den Genuß beim Kochen entdeckt und sie kocht wie Mario, sie ist zufrieden, wenn sie kocht. Trotzdem ist der Psychologe präzis geworden, als ob er jetzt der Patient wäre. Martha hat also über den Psychologen gewonnen. In diesem Beitrag wird deutlich, wie die Filmanalyse eine eingehendere interkulturelle oder sogar transkulturelle Reflexion anregt und ermöglicht. Die Studentin legt die stereotype Darstellung Italiens überzeugend dar und bietet zugleich einen Deutungsansatz, indem sie auf literarische beziehungsweise historische Vorbilder verweist. Sie unterstreicht, wie die Überwindung der persönlichen und vielleicht auch nationalen Gegensätze zwischen Mario und Martha und das Zusammenleben mit Lina in Italien zu einer neuen, für alle positiven Gemeinsamkeit führen. Sie nimmt Bezüge zwischen Anfang und Schluss des Films wahr und liefert eine interessante Interpretation des Treffens zwischen Martha und dem Psychologen. Besonders beachtlich ist darüber hinaus das sprachliche Niveau der Studentin. Im folgenden Beitrag hat die Studentin Inszenierung und Dekor untersucht: Text 4 „Bella Martha“-- Inszenierung und Dekor der letzten Szenen Der Film spielt in einer vertrauten Realität, insbesondere in Deutschland (Hamburg) und in Italien. Trotzdem ist die Inszenierung für das, was Italien betrifft, ein bisschen stereotyp, man sieht Landschaften, als ob sie „Postkarten“ aus Italien wären (zum Beispiel die Hügel am Sonnenaufgang). Außerdem sind auch die Aktivitäten der Italiener stereotyp, zum Beispiel das Essen (Spaghetti ist die Speise) mit der ganzen Familie im Garten. Die Inszenierung ist statisch, weil es am meisten Landschaften sind. Es sind die Personen, die sich bewegen: Sie laufen im Park, spielen im Garten und 156 4. Interkulturelle Didaktik feiern. Außerdem ist es windig, und das macht die Szenen dynamischer. Das Dekor ist funktionell: Es hilft den Zuschauern sich zu erinnern, wer die Personen sind; die Personen werden von dem Dekor wiedergespiegelt. Zum Beispiel gibt es immer etwas, das mit dem Kochen zu tun hat, wenn es Martha oder Mario gibt (die Szene spielt in einer Küche oder sitzen die Personen am Tisch; man sieht Küchengeräte oder Speisen). Außerdem gibt es immer etwas, das typisch italienisch ist (zum Beispiel Spaghetti oder italienische Musik), wenn es Mario in der Szene gibt. Wie gesagt, sehen das Dekor und die Inszenierung stereotyp aus. Trotzdem ist das funktionell zur Darstellung der Personen und ihrer unterschiedlichen Welten. Marthas Welt ist traurig und einsam; es ist nicht zufällig, dass es in ihrem Heimat, Deutschland, Winter ist, mit Schnee und Wolken. Dagegen ist Marios Welt voll Licht und Natur, zufrieden und sonnig. Die inneren Dimensionen werden durch die äußeren Welten dargestellt. Auch bei dieser Analyse scheint das Zusammenspiel von Filmanalyse und Reflexion über die interkulturelle Thematik besonders gelungen. Die Studentin geht nicht nur auf die stereotype Darstellung der italienischen Landschaft, sondern auch auf die klischeehaften Aktivitäten der Italiener ein. Sie deutet überzeugend Dekor und Inszenierung sowohl als stereotyp als auch als funktionell zur Darstellung der Personen und ihrer unterschiedlichen Welten. 4.2.5 Einsatz des Wertequadrates Vertiefung des theoretischen Wissens Für ein weiteres Eingehen auf Stereotype, Vorurteile und Werte ist es sinnvoll, das theoretische Wissen der Studenten in diesem Bereich zu vertiefen. Dies kann zum Beispiel durch das gemeinsame Lesen von Texten erfolgen. So bietet sich an, mit ihnen zunächst auf die Rolle des Bekannten beim Verstehen und Denken einzugehen, um die Entstehung von Stereotypen deutlich werden zu lassen und ihre Vor- und Nachteile zu erläutern (vergleiche Arendt 2009a: 102ff). Zur Reflexion über Werte vor allem auch in Konfliktsituationen eignet sich als Instrument das Wertequadrat, das zum Beispiel von Schulz von Thun (1989: 38f) und Kaunzner (2006: 109ff) eingehend beschrieben wird. Hier wird jedem Wert ein ihm entsprechender entgegengesetzter Wert zugeordnet und diesen beiden Werten dann jeweils die entwertende negative Übertreibung. Das Standardbeispiel des Wertequadrats ist das Verhältnis zum Geld. So wird das positiv geprägte Verhältnis zum Geld sowohl durch Sparsamkeit als auch durch Großzügigkeit ausgedrückt, die entwertende negative Übertreibung beziehungsweise der Unwert sind für die Sparsamkeit der Geiz und für die Großzügigkeit die Verschwendung. Die Bewertung der einzelnen Eigenschaften hängt von der jeweiligen Situation ab. Allein das Bewusstmachen der vier Pole und der mit ihnen verbundenen Dynamik kann in Konfliktsituationen zum Einlenken und damit auch zur Einsicht führen. Dieses Instrument hat daher seinen festen Stand in der Mediation und der Konfliktklärungshilfe und kann auch im interkulturellen Kontakt weiterhelfen. 157 4.2 Interkulturelles Lernen mit fiktionalen Filmen Abbildung 4.1: Wertequadrat „Verhältnis zum Geld“ (Schulz von Thun 1989: 38f) Wertequadrate der Studenten Die Studentinnen und Studenten wurden nun vor die Aufgabe gestellt, ein eigenes Wertequadrat zum Thema Deutschland / Italien zu entwerfen. Hier entstand zum Beispiel ein Wertequadrat, bei dem als positive Werte Aufgeschlossenheit und Zurückhaltung und als negative Werte Aufdringlichkeit und Verschlossenheit genannt wurden. Abbildung 4.2: Wertequadrat Es kann wohl jeder nachvollziehen, welche vier Pole hier gemeint sind. Ist aber Aufgeschlossenheit wirklich der Gegenwert zu Zurückhaltung? Kann jemand, der zurückhaltend ist, nicht zugleich auch aufgeschlossen sein? Ist das entgegengesetzte Verhalten nicht eher Extraversion? Hier wird deutlich, dass das Wertequadrat zur Diskussion über Werte anregt, die zugleich auch in eine Reflexion über Sprache münden kann. Was ist eher mit Aufgeschlossensein gemeint: auf andere spontan zuzugehen oder Neues anzunehmen? 158 4. Interkulturelle Didaktik Direkt auf „Bella Martha“ bezogen wurde das Wertequadrat mit den positiven Werten Präzision und Gleichgewicht und den negativen Werten Perfektionismus und Gleichgültigkeit vorgeschlagen. Wieder scheint einer der beiden positiven Werte begrifflich schwer zu fassen: Es wurde diskutiert, wodurch der Begriff Gleichgewicht ersetzt werden könnte. Gibt es überhaupt einen positiven Gegenwert von Präzision? Sollte man statt Gleichgültigkeit vielleicht eher Nachlässigkeit sagen? Abbildung 4.3: Wertequadrat Die Schwierigkeiten bei dieser Aufgabe könnten eventuell auch auf unterschiedliche semantische Merkmale der Begriffe im Deutschen und Italienischen zurückzuführen sein. So ist zu vermuten, dass die italienischen Studentinnen und Studenten den einzelnen Begriff auch im Deutschen anders vernetzen, ihm ein anderes Begriffsfeld zuweisen, als dies ein Deutscher tun würde. Zugleich wird aber deutlich, wie wichtig derartige Übungen für den Spracherwerb und die interkulturelle Kommunikation sind, weil es durch sie gelingt, unterschiedliche Konnotationen bewusst zu machen. 4.2.6 Polaritätsprofil Deutsche / Italiener Zum Abschluss soll ein Polaritätsprofil vorgestellt werden, das 36 Studenten nach Abschluss der interkulturellen Einheit ausgefüllt haben. Zur Bestimmung der kulturellen Werte wurden dabei semantische Oppositionspaare verwendet (vergleiche Roche 2001: 25). Der Kreis gibt den Durchschnittswert an und die beiden Striche die Streubreite. Es scheint, dass ganz feste Vorstellungen von Deutschen und Italienern beziehungsweise von ihren kollektiven Persönlichkeitsmerkmalen existieren. Die Deutschen werden als blond, planvoll, introvertiert, leise und organisiert angesehen. Sie leben in Distanz zur Familie. Sie sind pünktlich, umweltbewusst, seriös und selbständig. Sie werden früh vom Elternhaus unabhängig und sind fleißig. Die Italiener hingegen sind dunkel, spontan, extrovertiert, laut und chaotisch. Sie sind sehr stark auf die Familie bezogen, relativ unpünktlich und freundlich. Sie sind lebensfroh, bleiben lange im Elternhaus und sind interessant. Die Studentinnen und 159 4.2 Interkulturelles Lernen mit fiktionalen Filmen Studenten waren sich aber dessen bewusst, dass hier eigentlich Stereotype gefragt waren, und als ein Ergebnis der Reflexion könnte genannt werden, dass viele Studentinnen und Studenten verstärkt die Nullposition ankreuzten, weil sie meinten, die entsprechende Eigenschaft hänge vom individuellen Charakter ab. Die Eigenschaften, bei denen über zehn Studenten die Nullposition angekreuzt haben, sind markiert. Für viele Oppositionspaare ist allerdings auch eine sehr große Streubreite kennzeichnend, was wiederum auf intrakulturelle Differenzen zwischen den Studentinnen und Studenten schließen lässt. Abbildung 4.4: Polaritätsprofil Deutsche 160 4. Interkulturelle Didaktik Abbildung 4.5: Polaritätsprofil Italiener Abbildung 4.6: Nullposition Deutsche 161 4.2 Interkulturelles Lernen mit fiktionalen Filmen Abbildung 4.7: Nullposition Italiener 4.2.7 Hinweise zur Umsetzung des didaktischen Projekts in der Praxis ▶ 3 Doppelstunden: Erarbeitung des Films Bella Martha (Assoziationen zu Titel und Filmplakat, Charakterisierung von Martha und Mario, Rolle des Psychologen, Interpretation des Schlusses), schriftliche Aufgabe zu interkulturellen Aspekten; ▶ 2 Doppelstunden: Erarbeitung des Films Solino (Beziehung zwischen Gigi und Giancarlo, Interpretation des Kurzfilms); ▶ 1 Doppelstunde: Lesen der Texte zur italienischen Immigration (Lutz-Temsch 2005); ▶ 2 Doppelstunden: Interkulturelle Einheit: Lesen eines Textes zur Rolle des Bekannten beim Verstehen und Denken (frei nach Roche 2001: 39f), Lesen eines Textes zum kulturellen Wertequadrat (frei nach Kaunzner 2006: 105-122), Entwerfen eigener Wertequadrate der Studenten, Erstellen der Polaritätsprofile von Deutschen und Italienern, die Arbeit wurde anhand des Filmbuchs von Arendt (2009a, 2009b) durchgeführt. 162 4. Interkulturelle Didaktik 4.2.8 Zusammenfassung ▶ Durch die Arbeit mit Filmen unter interkulturellem Aspekt, und zwar insbesondere durch die Arbeit mit Filmen, die das Verhältnis zwischen Deutschland und Italien thematisieren, kann eine Sensibilisierung für diese Problematik erreicht werden. ▶ Eine Hinterfragung des Selbst- und des Fremdbildes wird durch Fimarbeit angeregt. Dadurch kann eine Diskussion über Stereotype gefördert werden. Es kann so zu einer charakteristischen Zwischenstellung des Lerners kommen, die das Eigene mit fremden Augen sehen und anders als bisher erfahren lässt (vergleiche Hunfeld 1997: 6). ▶ Zugleich kann so aber auch das Gemeinsame unterstrichen werden, das heißt, es können Rezeptionsprozesse ermöglicht werden, die transkulturelle Konstanten berücksichtigen (Iljassova-Morger 2009: 52). ▶ Die Reflexion über Sprache kann die Problematik der interkulturellen Semantik verdeutlichen. Die Studentinnen und Studenten werden sensibilisiert für die Wahrnehmung und Beurteilung bestimmter Verhaltensweisen und entwickeln ein Bewusstsein für die Darstellung von Personen verschiedener Nationalitäten in den Medien und für nationalkulturell geprägte Darstellungen in Filmen im Allgemeinen. Hier kann der DaF-Unterricht auch ein Stück Medienerziehung leisten. 4.2.9 Aufgaben zur Wissenskontrolle 1. Wieso finden Filme in traditionellen „Landeskunde-Modellen“ relativ wenig Beachtung? 2. Im Film „Bella Martha“ werden italienische Wörter und Sätze verwendet, von denen man nicht annehmen kann, dass alle Gesprächsteilnehmer sie kennen. Wieso scheinen sie dennoch kein Verstehenshindernis für die Rezipienten zu sein? 3. Erklären Sie den Begriff Transkulturalität. 4. Worum handelt es sich bei einem Wertequadrat? Was sind seine Vorteile und wie kann es eingesetzt werden? 5. Inwiefern kann Reflexion über Sprache den Lernern helfen? 163 4.3 Kommunikation im Cyber-Unterricht 4.3 Kommunikation im Cyber-Unterricht Kenneth Reeder, Leah P. Macfadyen, Jörg Roche & Mackie Chase Diese Lerneinheit behandelt Aspekte interkultureller Kommunikation in der Online-Lehre. Sie stellt Ergebnisse einer interdisziplinären Studie zur Online-Partizipation von Teilnehmerinnen und Teilnehmern mit kulturell unterschiedlichem Hintergrund an einem in Kanada angebotenen Fernlehrgang für Erwachsene vor und setzt sich eingehend mit drei Ergebnissen der Studie auseinander: Erstens den historischen und kulturellen Wurzeln der Cyberkultur. Dabei greift die Studie auf das Konzept der expliziten und impliziten Umsetzung der kulturellen Prämissen zurück und zeigt, dass Cyberspace trotz internationaler Normen keine kulturlose Zone ist. Zweitens untersucht sie, wie sich die kulturellen Unterschiede zwischen den Kursteilnehmern auf Erfolg und Misserfolg von Online-Kommunikation auswirken können. Drittens analysiert diese Lerneinheit die Intensität der Beteiligung der Kursteilnehmer in Abhängigkeit vom kulturellen Hintergrund einer Lerngruppe. Die Lerneinheit zeigt schließlich auf, auf welche Aspekte der interkulturellen Kommunikation beim Design von e-Plattformen und Kommunikationsmitteln besonders zu achten ist. Lernziele In dieser Lerneinheit möchten wir erreichen, dass Sie ▶ die Fragen bei der Erforschung von interkultureller Online-Kommunikation verstehen; ▶ wissen, welche Elemente ein adäquates theoretisches Modell der interkulturellen Online-Kommunikation umfassen muss; ▶ verstehen, wie sich gängige Mittel der e-Kommunikation in traditionelle Parameter der Kommunikation fügen; ▶ erfahren, welche Faktoren den Erfolg von E-learning-Kursen oder -Programmen verstärken oder negativ beeinflussen können. Die vorliegende Lerneinheit basiert auf Reeder, Kenneth; Macfadyen, Leah P.; Roche, Jörg & Chase, Mackie (2004), Negotiating cultures in cyberspace: participation patterns and problematics. Language Learning & Technology 8: 2, 88-105 [Online unter http: / / www.lltjournal.org/ item/ 2486. 23. März 2018]. 4.3.1 Cyberkultur Die Voraussetzungen für Cyberkultur beinhalten für gewöhnlich die linguistischen und kommunikativen Normen der anglo-amerikanischen Gesellschaften, in denen das aggressive, kompetitive Individuum hohes Ansehen genießt. (Jordan, 2001: 13) Interkulturelle Kommunikation stellt stets eine Herausforderung dar, insbesondere wenn sie online, ohne bildliche und gesprochene Zeichen oder gefestigte Beziehungen, statt- 164 4. Interkulturelle Didaktik findet. In computer-vermittelten Kursen beteiligen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Einrichtung und Entwicklung von Lerngemeinschaften. Allerdings können Lerner mit kulturell unterschiedlichem Hintergrund verschiedene Erwartungen daran haben, wie Glaubwürdigkeit erzeugt und Informationen ausgetauscht werden, wie man andere motiviert, Feedback oder Kritik gibt und erhält, oder Informationen bespricht und auswertet. Es ist erstaunlich, wie wenig solche Aspekte bisher im Design von e-Lernumgebungen berücksichtigt werden. In einer der wenigen Studien zu den aufgeworfenen Fragen (Chase, Macfadyen, Reeder, & Roche 2002) haben die Autorinnen und Autoren damit begonnen, den Einfluss von kulturellen Unterschieden im Rahmen der Teilnahme an einem Online-Kurs zu untersuchen, der von der University of British Columbia für eine Gruppe von Lernern mit kulturell unterschiedlichem Hintergrund in ganz Kanada angeboten wurde. Das übergeordnete Ziel der Studie war die kritische Überprüfung der weit verbreiteten Annahme, dass die Verwendung von standardisierter Kommunikationstechnologie, die zwar auf Grundlage pädagogischen und professionellen Fachwissens eingeführt wurde, eine ausreichende Grundlage für erfolgreiche Kommunikation und erfolgreiches Lernen der Gruppe darstellt, wenn deren Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus einem jeweils unterschiedlichen kulturellen (Lern-)Umfeld stammen. Die Voraussetzungen für erfolgreiches Online-Lernen zu ermitteln, ist sowohl für die Theorie als auch für die Praxis von elektronisch vermittelter Lehre bedeutsam. Einige aktuelle Studien zum Zweitsprachenerwerb befassen sich relativ detailliert mit der Rolle interkultureller Variablen im mediengestützten Austausch von Lernern. Thorne (2003) entwickelt beispielsweise das Konzept des Mediums als eines kulturellen Artefakts und der elektronischen Nutzungskulturen. In Phase eins der Analyse von Chase et al. (2002) werden die unterschiedlichen Wege beschrieben, wie sich kulturelle Erfahrungen, Werte und Einflüsse in online verfassten Beiträgen der Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer zeigen. Die Analyse liefert außerdem Belege für abweichende Kommunikationsmuster und Fälle von Fehlkommunikation im Online- Austausch zwischen Lernern mit kulturell unterschiedlichem Hintergrund und den Online- Moderatorinnen. Zusätzlich wird eine Klassifizierung vorgenommen, die neun wesentliche Themen oder Cluster zu Kommunikationshindernissen umfasst, auf die die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Studie gestoßen sind. Insbesondere stellt sich anhand dieser Klassifizierung heraus, dass der Cyberspace selbst einen kulturellen Raum in dem Kurs bildet, so dass nicht nur zwischen den einzelnen Teilnehmern kulturelle Unterschiede bestehen, sondern auch zwischen den Einzelpersonen und der dominanten kurseigenen Cyberkultur. Phase zwei beschäftigt sich mit einer explorativen Fallstudie eines einzelnen Online-Kurses, in der drei grundlegende Beobachtungen untersucht werden. Zunächst werden sowohl die historische als auch die interkulturelle Grundlage für die Herausbildung von Cyberkulturen als soziale Konstrukte erörtert. Dazu werden die theoretischen Konzepte der expliziten und impliziten Umsetzung dieser Werte eingeführt, um mögliche, den Kommunikationsmustern zugrundeliegende Mechanismen zu beschreiben. Zweitens wird untersucht, inwiefern eine kulturelle Kluft zwischen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Kurses Auswirkungen 165 4.3 Kommunikation im Cyber-Unterricht auf den Erfolg oder Misserfolg der Online-Kommunikation hat. Dabei wird auf die Theorie von Gudykunst (1995) zur Korrelation zwischen Kommunikationsangst und den wahrgenommenen Unterschieden zwischen den Kommunikationspartnerinnen und -partnern verwiesen. Drittens werden deskriptive Statistiken vorgestellt, die zeigen, dass sich die Teilnahmehäufigkeit in Abhängigkeit von der kulturellen Zugehörigkeit der Gruppenmitglieder unterscheidet. Die Kommunikationsmuster der Teilnehmer werden unter Berücksichtigung der aktuellen Diskussionen in zahlreichen sozialwissenschaftlichen Fächern behandelt, die sich mit Fragen der Sprache, Kultur und Kommunikation auseinandersetzen. Im Anschluss wird auf einige Beschränkungen der betroffenen Fallstudie eingegangen. Sie zeigen, warum weitere Forschung zu den beschriebenen Mustern notwendig ist. Diese Forschung müsste Auswirkungen auf die zukünftige Konzeption, Theorie und Praxis von Online-Angeboten für die kulturell unterschiedlichen Zielgruppen haben, aus denen der globale Bildungsmainstream zunehmend besteht (Cummins & Cameron 1994). Die Studie nutzt eine Definition von Kultur, die über den essentialistischen Begriff von Kultur hinausgeht. Dieser essentialistische Begriff fasst Kultur als Werte, Glauben und Verhaltensmuster zusammen, wobei nicht klar ist, wie diese Werte und Muster entstehen, sich verändern können und an die nächste Generation vermittelt werden (Hofstede 1980; Hall & Hall 1990). In der hier zugrundeliegenden Studie wird dagegen eine sozialkonstruktivistische Perspektive vertreten, wie sie Scollon & Wong-Scollon (1995) einnehmen. Kultur wird darin als „gemeinsam geteilte Möglichkeiten der symbolischen Bedeutungszuschreibung bei Mitgliedern in einer sozialen Gemeinschaft“ verstanden. Sie entsteht im Diskurs. Im vorliegenden Fall bezeichnet dies die Online-Diskussionen unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern in einer neu entstehenden Online-Community. Kultur muss demzufolge in der Online-Kommunikation genauso wie in direkten Kommunikationssituationen verhandelt werden. Sie ist nicht per se gegeben. Das Ergebnis der Studie zeigt, dass die Komplexität und Dynamik solcher kulturellen Aushandlungsprozesse mit den unreflektierten kommunikativen Annahmen der Entwicklerinnen und Entwickler von Online-Kursen in Konflikt geraten können. Die kulturellen Annahmen zur effektiven Kommunikation, die Designerinnen und Designer von Online- Kursplattformen, e-Kursen und Diskussionsrunden haben, stimmen unter Umständen nicht mit denen der Lerner-Zielgruppe überein. Kanadas führende E-Learning Marketingagentur stellte so etwa eine verblüffende Naivität und Selbstgefälligkeit zur Schau, als sie behauptete: Our position as a bilingual and multicultural country, as a Pacific nation with a neighbour's view of the American experience, makes it easier for our post-secondary institutions to develop online course offerings with appeal to learners in the United States, Europe and Asia. Canada also has an excellent reputation for high-quality, culturally neutral content. (Industry Canada 2003) Es ist zu bezweifeln, dass kulturell neutrale Inhalte in Online-Kontexten überhaupt denkbar, geschweige denn realisierbar sind. 166 4. Interkulturelle Didaktik 4.3.2 Studiendesign Kontext Die hier genannte Studie basiert auf einem Einführungskurs für ein universitäres Zertifikatsprogramm zu Interkultureller Kommunikation, das als multimodales Programm angeboten wurde. Der Kurs bestand aus einem zweitägigen persönlichen Treffen, gefolgt von einer sechswöchigen Online-Phase mit Aufgaben und Diskussionen, die von mehreren Moderatorinnen betreut wurde. Als Lernplattform für die Online-Komponente wurde Web CT , ein Vorläufer von Moodle, verwendet. Die persönlichen Treffen der Gruppen des Kurses fanden parallel in Toronto und Vancouver statt. Für den Rest des Kurses, der aus Online-Einführungen, -Arbeitsaufträgen und -Diskussionen bestand, wurden die Gruppen schließlich virtuell zusammengeführt. In der Fallstudie wurde eine vollständige Gruppe untersucht. Diese ist nicht repräsentativ für eine größere Bevölkerungsgruppe kanadischer Lerner. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass die Zufallszusammensetzung dieser Gruppe keine Artefakte oder Verzerrungen produziert. Auf Basis der weitreichenden gemeinsamen Erfahrungen der Autorinnen und Autoren als Lehrerinnen und Lehrer in der Erwachsenenbildung ist die Studie davon ausgegangen, dass die Mitglieder dieses Zertifikatsprogramms in interkultureller Kommunikation recht gut ausgeprägte Kommunikationsfähigkeiten und eine grundsätzlich positive Bereitschaft gegenüber effektiver interpersonaler Kommunikation mitbringen würden. Diese Selbstauswahl ermöglichte ein gewisses Maß an Kontrolle des Niveaus der zwischenmenschlichen kommunikativen Fähigkeiten. Das hatte zum Vorteil, dass der potenziell störende Einfluss auf die Untersuchung durch die online-basierte Vermittlung und die Mischung der Gruppe reduziert werden konnte. Dies belegt eine weitere Fallstudie, in der „harte Technologie auf Soft Skills trifft“ (Macfadyen, Chase, Reeder & Roche 2003). Teilnehmerinnen und Teilnehmer Die Gruppe der 24 Personen, die an diesem Kurs beteiligt waren, umfasste 17 Lerner, fünf Koordinatorinnen und zwei Moderatorinnen. Drei Lernern gelang es am Ende nicht, alle Voraussetzungen des Kurses zu erfüllen. In der nachfolgenden Beschreibung werden sowohl die Koordinatorinnen als auch die Moderatorinnen als Moderatorinnen bezeichnet, obwohl sich ihre Rollen hinsichtlich der Leitung des Kurses ein wenig unterscheiden. Der Kurs bestand aus 17 Teilnehmerinnen und sieben Teilnehmern zwischen 25 und 55 Jahren. Die Gruppe der Teilnehmerinnen und Teilnehmer war sozial repräsentativ für die Bevölkerungsgruppe, die sich normalerweise für ein solches Zertifikatsprogramm interessiert. Darunter befanden sich Personen mit High-School-, College-, Universitäts-Abschluss und postgradualer Ausbildung. In den ursprünglichen persönlichen, online veröffentlichten Kurzprofilen verwendeten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die folgenden Kategorien, um ihre kulturelle Herkunft zu identifizieren: Kanadisch, first nations (‚Eingeborene‘) von British Columbia, orientalisch, südostasiatisch, südeuropäisch, deutsch, afrikanisch, südasiatisch, italienisch, chinesisch und britisch-süd- 167 4.3 Kommunikation im Cyber-Unterricht asiatisch. Neun der 24 Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden außerhalb Kanadas geboren und ausgebildet. Tabelle 4.1 zeigt die Zuordnung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu drei grob gefassten Gruppen, die für die deskriptive Analyse der Beteiligungsintensität gebildet wurden. Während die kulturelle Diversität dieser Gruppe es nicht zulässt, Kategorien auf leicht identifizierbaren ethnokulturellen Merkmalen zu bilden, zeigt jedoch die gemeinsame kanadische Staatsangehörigkeit der Teilnehmer, dass diese demografische Gruppierung mit den etablierten Prinzipien der nordamerikanischen Gesellschaften und dem Bildungssystem hinlänglich vertraut ist. Wie zuerst von Tannen (1984) hinsichtlich der Erforschung nordamerikanischer Bevölkerungsgruppen dargestellt, können Männer und Frauen linguistisch gesehen erheblich unterschiedlich sozialisiert sein, was sich wiederum in den kontrastierenden männlichen und weiblichen Kommunikationsmustern widerspiegelt. Eine sozialkonstruktivistische Neuanalyse dieser Beobachtung ist bei Cameron (2003) nachzulesen. Aus diesem Grund wurde auch die Partizipation von männlichen und weiblichen Teilnehmern im Online-Kurs verglichen. Da der Kurs auf Englisch gehalten wurde, konnte sichergestellt werden, dass die Gruppen gleiche sprachliche Anforderungen erfüllten (siehe Tabelle 4.1). Es wurden keine Hinweise auf systematische Probleme gefunden und innerhalb der Gruppe insgesamt nur eine durchschnittliche Anzahl von schwachen Leistungen. Diese verteilten sich gleichmäßig über alle Gruppen hinweg. Zudem ergab eine Überprüfung der Ausbildungsbiografien, dass die drei first nations Teilnehmerinnen und Teilnehmer wie erwartet englische Mittelschulen und postsekundäre Institutionen besucht und erfolgreich absolviert hatten; sie waren eindeutig englische Erstsprachensprecher und -sprecherinnen. Somit konnten abweichende Kompetenzstufen im geschriebenen Englisch als potenziell störende Variable für die nachfolgenden Diskursanalysen ausgeschlossen werden. Vorgehen Der Datensatz bestand aus den ausgedruckten Transkripten aller 453 Online-Beiträge, die im Verlauf der sechswöchigen Online-Phase im öffentlichen Web CT -Bulletin-Board verfasst wurden. Alle Nachrichten wurden nach ihrem Versanddatum sortiert und zur Erleichterung der Analyse von Beiwerk wie Bannern oder Werbung „bereinigt“. So wurden zum Beispiel auch sachfremde Kopfzeilen entfernt. Innerhalb jeder elektronischen Nachricht wurden jedoch alle ursprünglichen Formatierungen, Schreibweisen, die Verwendung alternativer Zeichen, Emoticons etc. so beibehalten, wie sie von den Kursteilnehmern verfasst wurden. Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern wurden Pseudonyme zugeordnet, um die Anonymität zu wahren und um die kulturelle Zugehörigkeit vor der Analyse der ausgedruckten Transkripte der Online-Beiträge in den bulletin-boards zu anonymisieren. Nach der Lektüre der Beiträge verwendete das Forscherteam eine Variante der Grounded-Theory-Forschungsmethode (Strauss & Corbin 1998). Damit wurden Beitragskategorien, Text, Häufigkeit, Stil, Interaktionen und Muster festgelegt. Ziel war die Identifizierung von Themen, die sich aus den Daten ergaben. Um die Partizipationsmuster pro Gruppe zu analysieren, wurden deskriptive 168 4. Interkulturelle Didaktik statistische Verfahren angewandt. Da es sich um eine Fallstudie handelt, war die Verwendung inferenzieller, Hypothesen testender Statistiken nicht angemessen. Vorläufige Beschreibungen des Korpus brachten das gesamte Kommunikationsspektrum des Kurses zutage. Tabelle 4.1 fasst die Verteilung der Beiträge pro Gruppe, die Rolle der Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Kurs und deren Geschlecht zusammen. Rolle Summe Gruppe M, SD Teilnehmer Moderatorin männlich weiblich männlich weiblich First Nations Kanadier und Kanadierinnen 12 (2)* 9 (1) 0 (0) 0 (0) 21 (3) 7.0 3.5 Erwachsene Migranten und Migrantinnen, die in Kanada leben 27 (2) 61 (3) 28 (2) 106 (3) 222 (10) 22.2 6.9 Nicht-Eingeborene Kanadier und Kanadierinnen 0 (1) 153 (8) 0 (0) 57 (2) 210 (11) 19.1 11.7 Summe 39 (5) 223 (12) 28 (2) 163 (5) 453 (24) 18.9 * Die gesamte Anzahl der Beiträge ist angegeben; die Anzahl der Einzelpersonen ist in Klammern angegeben. Tabelle 4.1: Gesamtzahl der Beiträge nach Nationalität, Rolle und Geschlecht 4.3.3 Interkultur der elektronisch vermittelten Lehre Beobachtung Nummer Eins: Das Internet hat eine Kultur Die erste Beobachtung-- und vielleicht diejenige mit den bedeutsamsten Implikationen für den Erfolg elektronisch vermittelter interkultureller Kommunikation- - ist die Erkenntnis, dass der kommunikative Raum oder die Plattform, die im Internet erstellt worden sind, keine kulturell neutralen oder wertfreien Räume sind, in denen Individuen mit kulturell unterschiedlichem Hintergrund mit gleicher Mühelosigkeit kommunizieren. Wie alle Technologien wurde und wird das Internet sozial produziert-- und in alle sozialen Produktionen fließen die kulturellen Dispositionen der Produzentinnen und Produzenten mit ein (Castells 2001). Die Erfinder des Internets waren überwiegend anglo-amerikanische Ingenieure sowie Forscherinnen und Forscher, „die den schnellen und freien Kontakt zu ihresgleichen anstrebten“ (Anderson 1995: 13). Ihre ethnischen und beruflichen Kulturen basieren oft auf aggressiven beziehungsweise kompetitiven individualistischen Verhaltensweisen. Zudem sind diese Kulturen von einer Kommunikationskultur geprägt, deren Kennzeichen Geschwindigkeit, Reichweite, Offenheit, schnelle Antworten, Fragen beziehungsweise Debatten und Formlosigkeit sind. Schein (1992) ordnet der Informationstechnologie-Gemeinschaft insgesamt ähnliche Werte zu. 169 4.3 Kommunikation im Cyber-Unterricht Es konnte beobachtet werden, dass genau diese kommunikativen kulturellen Werte auch im Aufbau der Lernplattform Web CT und ähnlichen internetbasierten Kommunikationsplattformen implizit verankert sind. Als Schicht oberhalb dieser unsichtbaren Technik-Kultur des Internets befindet sich die Betreuungs-Kultur der modular aufgebauten Online-Kurse. Sie ist in ähnlicher Weise das Produkt ihrer Konstrukteurinnen und Konstrukteure: Überwiegend westliche und englischsprachige Kanadierinnen mit Universitätsabschluss. Innerhalb der Kursumgebung werden kommunikative und kulturelle Werte sowohl explizit als auch implizit umgesetzt. Die implizite Umsetzung zeigt sich in Eigenschaften wie der technischen Infrastruktur des Kurses (ein Diskussionsportal, in dem Beiträge und Antworten öffentlich verfasst werden) und in den unausgesprochenen Annahmen und Erwartungen dazu, wie Kommunikation erfolgen soll. Gleichzeitig wird die kommunikative Kultur des Cyberspaces und dieses Online-Kurses explizit mittels offener Statements, Instruktionen und Anforderungen umgesetzt, die von den Moderatorinnen des Kurses und von einigen Lernern geäußert werden (siehe Tabelle 4.2). Cyberspace-Werte Implizite Durchsetzung Explizite Durchsetzung Schnelligkeit, unmittelbare Antworten Das Kursdesign setzt eine Mindestanzahl von Beiträgen durch Lerner pro Arbeitsauftrag voraus. Dazu gehören auch rechtzeitig verfasste Antworten zu den Arbeiten anderer. I found also that I was anxiously awaiting a facilitator reply-… I realize the facilitators have other commitments and obligations, but it would be of greater benefit to me if I were able to see a response at an earlier time. (Lerner) This online course really works when postings come in on time and allow us all to get involved in the discussion. (Ansprechperson) Debatte beziehungsweise Fragen Die Lerner müssen einander mit dem Ziel antworten, dass Debatten und Diskussionen zwischen mehreren Teilnehmerinnen und Teilnehmern gefördert werden. We continue the conversations, even when it’s difficult for us-… We accept the questions others ask us -asking questions is okay. (Ansprechperson) Formlosigkeit Die aktuelle Version von Web CT hatte keine Rechtschreibprüfung. Die Möglichkeiten sind begrenzt, spezielle Formatierungen bei Nachrichten in Beiträgen anzuwenden (die eine formale Kommunikation andeuten könnten), wenn die Teilnehmer keine weitreichenden HTML -Kenntnisse besitzen. In den Kursrichtlinien werden keine Empfehlungen zur Struktur der Beiträge ausgesprochen. Das Format, die Rechtschreibung, der Stil oder die Präsentation der Beiträge werden nicht bewertet. Das Kursdesign enthält ein Café, das dazu dienen soll, soziale und informelle Interaktion zwischen den Teilnehmern zu fördern. hey you all-… I hope you are doing well-… it seems as though you have had a wonderful time, you have gotten to know each other better-- at least you have an idea of each other’s faces-… but not mine (oh yeah, I have an “image” in “cyberspace”… check me on my website-… Anyway, my name is Michal chilion-… I look forward to learning with you in this track of the journey. take care, Michal (oh, I forgot, I am the mother of two teenagers-- a challenge) (Ansprechperson) Reichweite, Offenheit Die Plattform des Diskussionsforums macht alle Beiträge öffentlich sichtbar. feel free to share thoughts and feelings openly (Ansprechperson) Tabelle 4.2: Explizite und implizite Umsetzung von Cyberkultur-Werten 170 4. Interkulturelle Didaktik Beobachtung Nummer zwei: Je größer der kulturelle Unterschied zwischen den Online-Teilnehmerinnen und -Teilnehmern, desto größer ist die Möglichkeit der Fehlkommunikation Wenn man davon ausgeht, dass es eine real existierende und erzwungene Internetkultur gibt und dass diese Kultur kommunikative Werte verkörpert, die aus nordamerikanisch, englischsprachig und akademisch geprägten Kulturen stammen, dann könnte man erwarten, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus bestimmten Kulturen (mit formaler Bildung, westlich, englischsprachig) aufgrund ihrer Affinität zu der Online-Kursumgebung die geringsten Schwierigkeiten bei der erfolgreichen Kommunikation haben, wohingegen Personen aus Kulturen mit sehr unterschiedlichen kommunikativen Prinzipien und Strategien weniger erfolgreich nach den Cyberkultur-Standards kommunizieren. Diese Annahme wird auch tatsächlich von den Ergebnissen der Studie bestätigt. In der Studiengruppe veröffentlichten nicht-eingeborene Kanadierinnen und Kanadier (in Kanada geborene und innerhalb der überwiegend englischsprachigen, eurokanadischen Kultur ausgebildete Personen) eine deutlich höhere Anzahl an Beiträgen als beispielsweise eingeborene (First Nations) kanadische Teilnehmer (siehe Tabelle 4.1). Es scheint also, dass ein bedeutender kultureller Unterschied zwischen der kommunikativen Kultur eines Teilnehmers und der kommunikativen Kultur des Internets besteht, der als Prädiktor für die erfolgreiche Online-Kommunikation dienen könnte. Kulturelle Unterschiede können auch zwischen einzelnen Kommunikationspartnerinnen und -partnern unterschiedlicher Herkunft entstehen. Auch hierauf gibt es Hinweise auf die kulturellen Unterschiede in der Kommunikation der Teilnehmer des Online-Kurses. Zum Beispiel lassen sich in den Beiträgen der Vorstellungsrunde der Teilnehmerinnen und Teilnehmer einige größere Unterschiede in Bezug auf deren Ansatz zur Vorstellung der eigenen Person feststellen und auch in Bezug darauf, wie sie Identität vermitteln. Eine südasiatisch-kanadische Teilnehmerin schrieb beispielsweise: This is Sara Nitzan from Montréal, Quebec. I have lived here since 1971, but was born and raised in Bombay, India. My family comes from the former Portuguese colony of Goa in India. I am married with 2 children who are now young adults. Sara hat sich selbst vorranging durch die Zugehörigkeit zu einer nationalen beziehungsweise kulturellen Gruppe und in Verbindung mit ihrer Familie identifiziert. In ihrer Antwort auf dieselbe Aufforderung zur Vorstellung der eigenen Person verfasste eine nicht-eingeborene, englischsprachige, in Kanada geborene Kanadierin dagegen eine eher sehr individuelle Einleitung: My name is Batsheva Carmela-… My job is Program Coordinator of the International programs Office in the Faculty of commerce at [a Canadian University]. We run training programs for government officials, managers, administrative personnel, etc. from (mostly) China, take care of visiting scholars who come to study for shorter periods of time, help organize summer programs to other countries for undergraduate students-… On a personal side, I have a degree in History (Business minor) from-… University. 171 4.3 Kommunikation im Cyber-Unterricht Diese Lernerin identifiziert sich primär durch ihre berufliche Rolle und Berufserfahrung sowie durch ihre akademischen Qualifikationen und Erfolge. Sara hätte diese Möglichkeit ebenfalls gehabt, da auch sie Berufserfahrung und einen höheren Bildungsabschluss hat. Welche Rolle spielen also solch unterschiedliche Auffassungen von persönlicher Kultur, Rolle und Identität für die kommunikativen Anforderungen eines Online-Kontexts? Zur Beantwortung dieser Frage könnte Gudykunsts Anxiety / Uncertainty Management Theory (1995) hilfreich sein. Gudykunst nimmt an, dass alle Kommunikationspartnerinnen und -partner (darunter auch jene, die online kommunizieren) einander als Fremde begegnen-- und je größer der kulturelle Unterschied zwischen ihnen ist, desto größer ist der Grad der Unsicherheit und der Angst. Das Potenzial für Fehlkommunikation steigt im selben Maß wie die Angst. Mit der Angst muss umgegangen werden, damit erfolgreiche Kommunikation stattfinden kann. Personen mit kulturell unterschiedlichem Hintergrund wenden dabei verschiedene erfolgreiche Strategien zum Umgang mit Angst an. Im oben beschriebenen Austausch zur Vorstellung der eigenen Person geben sie zum Beispiel Informationen über sich selbst jeweils in einer Form preis, die ihre Erfahrungen sowie den Einfluss der „Programmierung“ durch ihre Ausbildung oder ihre kulturelle Herkunft widerspiegelt. Diese impliziten Informationen werden aber kaum thematisiert. Somit sind die Voraussetzungen für vorschnelle Annahmen zur Kultur des jeweils anderen auf beiden Seiten geschaffen und kommunikative Probleme vorprogrammiert. Eine zweite Perspektive zur Erklärung der äußerst unterschiedlichen Bearbeitungen der Aufgabe zur Vorstellung der eigenen Person vor dem Rest der Online-Gruppe: Sara hat sich dafür entschieden, ihre Herkunft traditionell als Mitglied einer Landes- und Familiengruppe darzustellen. Batsheva hat hingegen ihr berufliches Resümee oder ihren Lebenslauf beschrieben und es ist anzunehmen, dass dies ebenfalls eine traditionelle Art der Kommunikation ist. Die Genre-Theorie (Gee 1999; Halliday 1994; Halliday & Martin 1993) zeigt, dass Kulturen ihre Mitglieder in bevorzugten Textgattungen ausbilden, um alltägliche Kommunikationsakte auszuführen (Vorstellungen, Entschuldigungen, Witze und Ähnliches). Der Kontrast zwischen der jeweils von Sara und von Batsheva gewählten Textgattung (Genealogie und Lebenslauf) zur Vorstellung ihrer Person kann von sehr geringfügigen Irritationen bis hin zu totalen Missverständnissen bei Mitgliedern einer Gruppe alle Arten von Reaktionen erzeugen, wenn diese ihre eigene bevorzugte Textgattung für den Ausdruck wichtiger kommunikativer Akte auch vom Gesprächspartner erwarten. Als gleichermaßen problematisch könnten sich negative Evaluationen der Moderatorinnen erweisen, die auf der Basis ihrer eigenen kulturellen Erwartungen und ihrer Berufsausbildung nicht darauf vorbereitet sind, einen berufsfokussierten Lebenslauf oder eine traditionelle Genealogie als einen jeweils adäquaten Ansatz zur Vorstellung der eigenen Person zu akzeptieren. Die Textgattung scheint eine ähnliche Rolle in einem weiteren Fall eines kommunikativen Problems zu spielen, das im Online-Diskurs auftrat. In diesem Fall beschreibt eine Teilnehmerin einige eher komplexe Erfahrungen mit menschlichen Unterschieden und persönlicher Akzeptanz davon und gibt dabei in umfassender Weise ihre individuellen Vorstellungen preis: 172 4. Interkulturelle Didaktik It is not an easy thing to accept people and things that are different from us, and it is a day to day struggle to just relate in a personal, professional, and social level. It is human nature to question what you don’t know or understand, but in questioning we might be able to learn and accept what we perceive as “not normal or right”. Eine Moderatorin für den Kurs antwortet darauf mit einem Shakespeare-Zitat: “Aye and there’s the rub” (some quote left over from my schoolhood days- - roughfully [sic] translated-- yes, that's it.) It is human nature to question what we don't know or understand. The biggest challenge in building respectful and productive relationships across cultures is recognizing when we think we know and we actually don’t. Die hier dargestellten kommunikativen Diskrepanzen zeigen Parallelen zu Studien zum Zweitsprachenerwerb. Cummins (1984) zeigt so zum Beispiel, dass der (stark kontextualisierte) Kommunikationstyp Basic Interpersonal Communicative Skills ( BICS ) früher und schneller von jungen Migranten beherrscht wird als die weniger kontextgestützte Cognitive Academic Language Proficiency ( CALP ), für deren Beherrschung auf nahezu muttersprachlichem Niveau die Migranten Cummins zufolge bis zu fünf weitere Jahre benötigen. Aufgrund ihrer beruflichen und akademischen Ausbildung könnte davon ausgegangen werden, dass alle Kursteilnehmer die grundlegenden kommunikativen Fähigkeiten beherrschen. Stattdessen zeigen die Daten jedoch, dass diese Teilnehmerinnen und Teilnehmer-- egal ob sie Erst- oder Zweitsprachensprecher sind- - eher irritiert darüber waren, welches Register sie verwenden sollten. Für die Unsicherheiten verantwortlich sein könnte aber auch die mangelnde Unterscheidung zwischen gesprochener und geschriebener Sprache, so wie es die Literacy-Theorie (Olson 1994; Ong 1982; Reeder, Shapiro, Watson & Goelman 1996; Scribner & Cole 1981) darstellt. Diese Theorie leitet uns zu der fundamentalen Frage, ob die Online-Partizipation der Art, mit der wir es hier zu tun haben, eine Variante der gesprochenen oder der geschriebenen Sprache ist, oder eine neue Hybridform zwischen diesen beiden. Diese Frage hat bereits zu zahlreichen Untersuchungen und ergiebigen theoretischen Arbeiten geführt. Zum Beispiel zeigt Dudfield (1999), dass Studentinnen und Studenten immer mehr zu „hybriden Formen des Umgangs mit Schriftsprache“ neigen. Gibbs (2000) erweitert dieses Konzept und verweist darauf, dass neue Formen der Kommunikation tatsächlich „neue Formen des Denkens, des Wahrnehmens und des Aufnehmens“ (Gibbs 2000: 25) bilden. Verschiedene Beiträge in der Anthologie von Gibson & Oviedo (2000) stellen eine Bandbreite von Perspektiven dazu vor, wie literacy-- also die Lese- und Schreibkompetenz-- sich in Zusammenhang mit den neuen Technologien verändert. Thurstun (2000) untersucht „wahrnehmbare Probleme, die von den neuen Technologien aufgeworfen werden“ (Thurstun 2000: 62) und geht zusammen mit Harpold (2000) auf die besonderen Herausforderungen beim Lesen elektronischer Texte ein. Kramarae (1999) erörtert in ähnlicher Weise die neue visuelle Kompetenz, die bei der Online-Kommunikation vorausgesetzt wird, während Williams & Meredith (1996) versuchen, die Entwicklung elektronischer Kompetenz bei neuen Internetnutzerinnen und -nutzern nachzuverfolgen. Die Diskursforschung im Bereich der Online-Kommunikation, wie etwa bei Crystal (2001), bestätigt, dass Korpora wie das der hier besprochenen Studie, eine Art Zwischenstufe zwischen gesprochenem und geschriebenem Diskurs darstellen. Wir können 173 4.3 Kommunikation im Cyber-Unterricht also davon ausgehen, dass dieses Korpus und solche, die ihm ähneln, für eine neue Textgattung stehen: Hier geht es weder um reine gesprochene oder geschriebene Sprache, sondern um eine Mischform aus den Konventionen beider. Moderatoren und Moderatorinnen sowie Kursteilnehmer und -teilnehmerinnen sollten für diese Thematik zumindest sensibilisiert sein, um Probleme zu vermeiden oder besser erklären und korrigieren zu können. Beobachtung Nummer drei: Muster der Online-Partizipation unterscheiden sich innerhalb der Gruppen In der Studie wurden Unterschiede in den Kommunikationsmustern der Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus den unterschiedlichen Gruppen festgestellt. Diese verstehen wir als Hinweise auf die unterschiedlichen Muster des kommunikativen Austauschs, die kulturell unterschiedliche Gruppen anwenden. Diese Unterschiede lassen sich anhand der folgenden zwei allgemeinen Fragen zusammenführen: 1. Wer veröffentlicht Beiträge auf dem Bulletin-Board? 2. Wer antwortet wem? Die Hinweise auf Variationen in den Beiträgen in Bezug auf die kulturelle Herkunft sind in Abbildung 4.8 zusammengefasst. Es lohnt sich, diese deskriptiven Befunde mit größer angelegten Studien zu vergleichen, um festzustellen, ob die vorläufigen Ergebnisse aus diesem einzelnen Kurs zur Generalisierung taugen. Abbildung 4.8: Anteil der Teilnehmer an Online-Diskussionen nach Staatsangehörigkeit und Geschlecht (Reeder, Macfadyen, Roche & Chase 2004: 95) 1. Wer kommuniziert? Es zeigt sich deutlich, dass die durchschnittliche Anzahl der Beiträge der eingeborenen Kanadierinnen und Kanadier niedriger ist als die der Gruppe der in Kanada geborenen englischsprachigen Kanadier oder der Migranten. Im Durchschnitt haben die Untergruppen aber ungefähr dieselbe Anzahl an Antworten von ungefähr 174 4. Interkulturelle Didaktik derselben Anzahl von Personen erhalten. Das zeigt uns, dass die Interaktion (oder das Verfassen von Antworten über das angeforderte Minimum hinaus) trotz der gleich hohen Anzahl von Beiträgen einer ähnlichen Personenzahl bei bestimmten Untergruppen der Teilnehmer wahrscheinlicher ist als bei anderen. Anders betrachtet können wir feststellen, dass bei einigen Gruppen die Wahrscheinlichkeit der Fortführung einer Online-Konversation höher ist als bei anderen. 2. Ein anderer interessanter Kontrast besteht zwischen den Antworten der eingeborenen Kanadierinnen und Kanadier im Vergleich zu den Antworten auf Beiträge von allen anderen Gruppen. Nur die Gruppe der eingeborenen Kanadierinnen und Kanadier erhielt im Durchschnitt mehr Antworten als sie selbst Beiträge produzierte. Dieser Unterschied sollte aber unter Vorbehalt interpretiert werden angesichts der geringeren Anzahl von Beiträgen (durchschnittlich pro teilnehmender Person und auch in absoluten Zahlen), die diese Gruppe im Vergleich zu den beiden anderen Gruppen produzierte. 3. Es kann beobachtet werden, dass eingeborene Lerner die Moderatorinnen (die „Lehrerinnen“) niemals direkt ansprechen, wohingegen Mitglieder anderer Gruppen dies sehr wohl tun. Zudem wurde in den Daten ein erkennbarer Rückgang der Beteiligung bei den eingeborenen Lernern im Verlauf des Kurses festgestellt. Außerdem produzieren First Nations Teilnehmer kürzere Nachrichten als Mitglieder anderer Gruppen. 4. Männliche Teilnehmer verfassen deutlich weniger Nachrichten als Teilnehmerinnen. Dieser Befund deckt sich mit den Befunden einer größeren Studie zu geschlechtsbezogenen Mustern der Online-Kommunikation von Sussman & Tyson (2000) und steht im Gegensatz zu deren früherer Annahme, dass männliche Kommunikationspartner- - wie in der gesprochenen Kommunikation- - durch häufigeres Schreiben ein bestimmtes Machtverhalten zeigen würden. Weitere Analysen sind daher notwendig, um festzustellen, ob die männlichen Teilnehmer wie in dieser Studie die niedrige Beitragsfrequenz ausgleichen, indem sie längere Nachrichten verfassen als die Teilnehmerinnen, oder vielleicht solche, die Sussman & Tyson als „eher rechthaberisch“ bezeichnet haben. Das Ergebnis der unterschiedlichen Beteiligungsintensität der Gruppen dieser Fallstudie kann auch vor dem Hintergrund der Ethnografie der Kommunikation (zum Beispiel Hymes 1972) interpretiert werden. Eine Dimension der Ethnografie des Sprechens ist die Häufigkeit: Wie viele Sprechakte werden bei Mitgliedern einer bestimmten kulturellen Gruppe erwartet? Eine solche Prädisposition könnte als Ausgangspunkt für die Erklärung dienen, warum manche Gruppen, wie etwa die der eingeborenen Kanadierinnen und Kanadier und die der männlichen Gruppen in dieser Studie, in geringerem Maße ausführliche und weniger häufige Beiträge verfassen als andere Gruppen. Scollon & Wong-Scollon (1990) haben kontrastierende kommunikative Stile in zwei deutlich verschiedenen, aber benachbarten Kulturen festgestellt: Bei nordamerikanischen Englischsprecherinnen und -sprechern und bei nordamerikanischen Sprecherinnen und Sprechern der eingeborenen Sprache Athabaskisch. Einige der Aussagen, die Englischsprecherinnen und Sprecher über ihre Konversationserfahrungen mit den Athabaskischsprecherinnen und -sprechern trafen, lauten: 175 4.3 Kommunikation im Cyber-Unterricht ▶ Sie sprechen nicht. ▶ Sie vermeiden Situationen, in denen gesprochen wird. ▶ Sie möchten nur mit nahen Bekannten sprechen. ▶ Sie weigern sich zu planen. ▶ Sie vermeiden direkte Fragen. ▶ Sie beginnen niemals eine Konversation. ▶ Sie schweifen vom Thema ab. ▶ Sie ergreifen nur langsam das Wort. ▶ Sie stellen Fragen an unüblichen Stellen. ▶ Sie gehen einfach weg, ohne etwas zu sagen. Umgekehrt haben Scollon & Wong-Scollon herausgefunden, dass Athabaskischsprecherinnen und -sprecher über Englischsprecherinnen und -sprecher unter anderem die folgenden Aussagen machen: ▶ Sie reden zu viel. ▶ Sie ergreifen immer zuerst das Wort. ▶ Sie sprechen immer mit Fremden oder mit Menschen, die sie nicht kennen. ▶ Sie sprechen immer darüber, was später passieren wird. ▶ Sie stellen zu viele Fragen. ▶ Sie unterbrechen immer. ▶ Sie sprechen nur darüber, was sie interessiert. ▶ Sie geben anderen nicht die Gelegenheit zu sprechen. Solche Kommentare könnten sehr wohl auch die Ansichten eines indianisch-stämmigen Lerners gegenüber den Moderatorinnen oder den Mitlernern im Kontext von E-learning wiedergeben. Die kommunikative Kultur der Athabasker ist, wie bei vielen anderen Kulturen auch, vorrangig oral geprägt. E-learning und die Online-Kommunikation sind im Gegensatz dazu aber größtenteils schriftsprachliche Erfindungen. Sie werden auch größtenteils in öffentlichen Räumen umgesetzt, wohingegen orale Kulturen tendenziell durch private Kommunikation strukturiert sind (Roche 2001). Deshalb steht die Art der Öffentlichkeit, die beim E-learning oft explizit vorausgesetzt oder implizit erwartet wird, im Gegensatz zu den kulturellen und pädagogischen Erwartungen und Traditionen der Lerner (sie sprechen nicht mit Fremden). Dasselbe trifft vermutlich auch auf westliche Werte wie Effizienz und Zielorientiertheit zu (sie weigern sich, zu planen beziehungsweise sie sind langsam im Gegensatz zu sie sprechen immer darüber, was später passieren wird). Die Tatsache, dass eine Teilnehmerin den Kurs ohne Ankündigung abgebrochen hat, kann die Aussage sie gehen einfach weg, ohne etwas zu sagen illustrieren und damit zeigen, dass diese Teilnehmerin einem offiziell legitimierten Credit oder Zertifikat weniger Bedeutung beimisst als Kursmitglieder europäischer Herkunft. Wer antwortet wem? Unter Berücksichtigung der zweiten Frage zu den Partizipationsmustern werden ähnliche Unterschiede in der deskriptiven Analyse erkennbar. Die folgende Interaktionsmatrix erlaubt eine Identifizierung von Mustern bei den veröffentlichten Antworten und zeigt, ob einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit größerer Wahrscheinlich- 176 4. Interkulturelle Didaktik keit einen kommunikativen Austausch weiterführen als andere (Abbildung 4.9). Wenn wir die einzelnen Spalten durchgehen, sehen wir, wie viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Person geantwortet haben und wer die Antwortenden sind. An den horizontalen Reihen kann man ablesen, an wie viele unterschiedliche Personen eine Einzelperson eine Antwort verfasst hat (wenn überhaupt) und wie oft. Zusätzlich dazu lässt sich die Anzahl der von einer Einzelperson verfassten Antworten mit der Gesamtzahl der Beiträge vergleichen. Rückschlüsse auf die Länge der Beiträge sind ebenfalls möglich. 4.3.4 Beiträge der Personen Die Häufigkeit der Interaktionen zwischen zwei Teilnehmern kann ausgewertet werden, wenn man die gespiegelten Werte für Beiträge und Antworten vergleicht. So wird deutlich, dass Antworten überwiegend von Moderatorinnen an Teilnehmer verfasst wurden (grau hinterlegt). In einer früheren Studie haben Chase et al. 2002 bereits kulturelle Unterschiede in den Erwartungen und Haltungen der Lerner gegenüber den Moderatorinnen (die sie als Lehrpersonen betrachten) als einen wichtigen thematischen Bereich für Fehlkommunikation oder kommunikative Probleme in Online-Lernumgebungen identifiziert. Es zeigt sich auch in dieser Studie, dass die Moderatorinnen am häufigsten antworten, obwohl der Kurs so konzipiert und strukturiert wurde, dass die Initiierung der Kommunikation bevorzugt durch die Lerner ausgelöst werden sollte. Die nächsthäufigste Art von Antworten stammte von Lernern, die den Moderatorinnen antworten. Am seltensten erfolgten Antworten unter den Lernern selbst. Zwei Lerner haben ihren Mitlernern nicht ein einziges Mal geantwortet. Andere haben während der sechswöchigen Kursdauer weniger als fünfmal geantwortet. Auf den ersten Blick mag dieser Befund den „euphorischen“ (Kreijns, Kirschner & Jochems 2002) frühen Reaktionen von Forscherinnen oder Forschern und Lehrpersonen auf das Potenzial von computervermittelten Lernumgebungen zur Unterstützung der online-gestützten Zusammenarbeit von Studentinnen und Studenten widersprechen. Die Daten der hier zitierten Studien stimmen allerdings mit anderen Studien überein, die niedrige Partizipationsraten und „unterschiedliche Grade der enttäuschenden Kollaboration“ in online-gestützten Lernumgebungen (Hallet & Cummings 1997; Heath 1998) identifiziert haben. Obwohl Enstrom & Fedderson (1995) darlegen, dass asynchrone Diskussionsforen die Beteiligung von Studenten und Studentinnen verbessern können, weisen auch sie darauf hin, dass viele Beiträge zu Online-Diskussionen tatsächlich ignoriert werden. Sie stellen damit die verbreitete Vorstellung infrage, dass Cyberspace-Diskussionen dialogisch sind. Die reine Menge der Beiträge muss nicht unbedingt implizieren, dass effektive Interaktion zwischen Lehrpersonen und Lernern stattfindet. Wie Kreijns, Kirschner & Jochems (2002) erläutern, wird die Gruppeninteraktion in Online-Lernumgebungen häufig vorausgesetzt, aber nicht unterstützt. Eine Berücksichtigung der kommunikativen Stile in unterschiedlichen Teilnahmemustern läuft Gefahr, zusätzliche, möglicherweise relevante kulturelle Faktoren zu verdecken, die sich auf die Forschungsfrage nach dem Wer-antwortet-wem auswirken. Dies zeigt sich bereits in der Forschung der Soziolinguistin Susan Philips (1972). Sie führte einschlägige Studien zu 177 4.3 Kommunikation im Cyber-Unterricht Strukturen und Kontexten der Teilnahme von eingeborenen Studentinnen und Studenten am Unterricht in den westlich geprägten Vereinigten Staaten durch. Philips zeigt, dass das anhaltende Schweigen der eingeborenen Studentinnen und Studenten in den Seminarräumen Abbildung 4.9: Antwort- und Interaktionsmuster zwischen den Teillnehmern und den Moderatorinnen. Die Einzelpersonen sind durch ihre Initialen identifiziert; ein Punkt steht für eine veröffentlichte Antwort. Die Zahlen auf der Diagonalen bezeichnen die Anzahl der Gesamtbeiträge (ursprüngliche Nachrichten und Antworten an andere) von jeder Einzelperson. Der „Teilnahmestatus“ differenziert zwischen den Moderatorinnen (Facilitators / Moderators) und den Teilnehmern (Learners) (Reeder, Macfadyen, Roche & Chase 2004: 98) 178 4. Interkulturelle Didaktik nicht mit einem generellen Mangel an Bereitschaft zur Kommunikation erklärt werden kann. Tatsächlich entdeckte Philips, dass die eingeborenen Lerner in einigen Unterrichtsszenarien mehr und auch effizienter kommunizierten als die europäisch-amerikanischen Studentinnen und Studenten. Eingeborene amerikanische Studentinnen und Studenten zeigten in kleinen, von Studentinnen und Studenten geleiteten Gruppen und in persönlichen Gesprächen mit ihrer Lehrperson bessere Leistungen als euro-amerikanische Studentinnen und Studenten. Sie nahmen immer dann am wenigsten teil, wenn sie vor der ganzen Gruppe sprechen sollten, um etwa die Fragen der Lehrperson zu beantworten. Es ist durchaus möglich, dass die niedrigere Teilnahmefrequenz der drei eingeborenen kanadischen Teilnehmerinnen und Teilnehmer als Gruppe in der hier besprochenen Studie mit dem Kontext oder der Struktur der Online-Kommunikation erklärt werden kann, die von den Kursplanerinnen festgelegt wurde und im Wesentlichen in der Veröffentlichung persönlicher Nachrichten vor einem Publikum aus 24 verhältnismäßig unbekannten Personen bestand. Für diese Teilnehmerinnen und Teilnehmer hätte es kulturell angemessener sein können, ihre eigene Kultur und ihren eigenen Einstellungen, Werte und ihre Arbeit mit einer kleinen Gruppe (zum Beispiel in einem Chat) zu besprechen, oder privat mit einer einzelnen Lehrperson (zum Beispiel über eine private E-Mail) zu kommunizieren. Unser Befund, dass keiner der eingeborenen Teilnehmerinnen und Teilnehmer jemals eine Moderatorin online während des Kurses angesprochen hat, kann jedoch nicht nur mit dem öffentlichen Kontext der Struktur der Online-Teilnahme erklärt werden. Denn sie haben Beiträge für die anderen Kursteilnehmer verfasst. Auch das Argument des Mangels einer allgemeinen Fähigkeit oder einer kulturellen Präferenz trifft nicht den Kern des Phänomens. Philips (1972) zeigt, dass bei eingeborenen Amerikanerinnen und Amerikanern die Fähigkeit und die Bereitschaft vorhanden sind, mit Lehrpersonen im Privaten zu konferieren. Deshalb kann davon ausgegangen werden, dass das beobachtete Kommunikationsverhalten auf Status- und Machtverhältnisse in dem kanadischen Kurs zurückzuführen ist. Die eingeborenen Teilnehmer wollten aufgrund der öffentlichen Natur des Diskussionsforums insbesondere mit den Autoritätspersonen nicht online kommunizieren. Obwohl der Web CT -Kurs in der speziellen Fallstudie die private Mailfunktion oder die vorgegebenen Chaträume nicht nutzte, die in diesem Kursmanagementsystem eigentlich verfügbar waren, wäre es interessant, die privatere Struktur dieser Online- Optionen im Vergleich zu den öffentlichen zu untersuchen. 4.3.5 Zur Rolle der Kultur in Animationen In der Erforschung computer-basierter oder virtueller Kommunikation finden sich oft Referenzen zu interkulturalistischen Modellen, wie sie von Hofstede (1980), Hall (1966), Geertz (1973), (insbesondere auch) Abdelnour-Nocera (1998, 2002) und Carey (1989) vorgeschlagen wurden. Band 7 der Kompendium-Reihe setzt sich mit diesen Modellen und ihren Annahmen und Verfahren besonders kritisch auseinander. Überhaupt lässt sich feststellen, dass Kulturmodelle oft verkürzt präsentiert und angewendet werden. Diese Feststellung trifft auch auf die Anwender in der Praxis zu. Ess (1998) fragt daher: 179 4.3 Kommunikation im Cyber-Unterricht Do these various definitions, enumerations, and observations give us an understanding of culture which is adequate for examining, much less predicting-[…] the complex interactions between culture and technology? -[…] Can we have an adequate theory about "culture" and CMC without considering religiously-shaped components of culture and worldview? -[…] Do CMC technologies necessarily result in the importation of specific cultural values (the issue of technological determinism)? -[…] Does the meaning of "embodiment"-[…] need elaboration if our theories are to be more complete? -[…] Are postmodern frames of reference, informed by McLuhan, Ong, etc. in communication theory-[…] fully adequate for understanding the interplay between culture and CMC ? (Ess 1998: 12-14) Auf Grundlagen der Erkenntnisse aus den eingangs behandelten Studien lässt sich darauf mit einem Modell der interkulturellen Kommunikation antworten, das mindestens die folgenden Elemente umfassen sollte (Abbildung 4.10). Abbildung 4.10: Elemente erfolgreicher Online-Kommunikation Demnach führt Online-Kommunikation ohne die Berücksichtigung bestimmter kultureller Dispositionen nicht automatisch zum Erfolg. Die verfügbaren Instrumente der e-Kommunikation sind darüber hinaus zu wenig auf traditionelle Kommunikationsprinzipien abgestellt, die die Sprecher jedoch internalisiert haben. Der Chat trägt zum Beispiel das Etikett und viele Eigenschaften einer ausdrücklich oralen Kommunikationsform, aber ihm fehlen auch wichtige Eigenschaften der mündlichen Sprache und er basiert hauptsächlich auf Geschriebenem. Das heißt, die Kommunikationsmittel unterscheiden zu wenig zwischen konzeptioneller und medialer Mündlichkeit und Schriftlichkeit. Zu den fehlenden Elementen in der elektronisch vermittelten Kommunikation gehören unter anderem: Kontextwahrnehmung, parallele visuelle Kanäle, direkter Augenkontakt, gestische Informationen, Nebengespräche, dynamische Reparaturmechanismen in Echtzeit, Vermeidungsmechanismen und insgesamt die erwartete Flexibilität, die zwischen Gesprächspartnerinnen und -partnern normalerweise gilt oder sich entwickelt. Es bleibt demnach noch zu zeigen, ob und wie die neuen e-Plattformen und Gattungen von den verschiedenen Gruppen der Lerner genutzt werden. 180 4. Interkulturelle Didaktik Auch einige der grundlegenden Annahmen über elektronisch vermittelte Kommunikation und das elektronisch vermittelte Lernen müssen im Kontext interkultureller Begegnungen untersucht werden. Das betrifft vor allem: 1. Mikroanalysen interkultureller Kommunikation (dazu gehören Begegnungen von eng verwandten Kommunikationskulturen, Dauer des Austauschs, Tiefe, Themen und Tabuthemen, Eröffnung des Gesprächs und kommunikative Rollen, Machtverteilung). 2. Probleme generischer, lernkulturübergreifender Kurskonzepte. 4.3.6 Zusammenfassung ▶ Diese Lerneinheit hat gezeigt, dass die Prinzipien interkultureller Kommunikation auch dort wirksam sind, wo die mediale Umgebung und deren Instrumente international standardisiert sind. Sie können damit den Erfolg von E-learning-Kursen oder -Programmen erheblich beeinflussen, positiv wie negativ. ▶ Diese Faktoren sind nicht auf intertechnische Funktionen beschränkt wie etwa die unterschiedliche Stromversorgung der Geräte, abweichende Tastaturlayouts oder nicht passende Stecker. Sie betreffen den Kern dessen, wie wir unsere Welten konstruieren. ▶ Die tatsächliche Herausforderung in der Erforschung der interkulturellen Online-Kommunikation liegt nicht so sehr in der empirischen Methodik, als in der Notwendigkeit der Bereitstellung eines adäquaten theoretischen Rahmens. ▶ Ein adäquates theoretisches Modell der interkulturellen Online-Kommunikation muss mindestens die folgenden Elemente umfassen: Kommunikationsstil, Komposition der Teilnehmergruppen, Gattung, Grad des kommunikativen Erfolgs. ▶ Gängige Mittel der e-Kommunikation berücksichtigen oft noch zu wenig die sozialisierten Praktiken und Prinzipien von direkter Kommunikation. Zu den fehlenden Elementen in der elektronisch vermittelten Kommunikation gehören unter anderem: Kontextwahrnehmung, parallele visuelle Kanäle, direkter Augenkontakt, gestische Informationen, Nebengespräche, dynamische Reparaturmechanismen in Echtzeit, Vermeidungsmechanismen und Flexibilität zwischen Gesprächspartnerinnen und -partnern. ▶ Die Prinzipien interkultureller Kommunikation gelten auch für elektronisch vermittelte Kommunikation und sind daher für den Erfolg von E-learning-Kursen oder -Programmen entscheidend verantwortlich. 4.3.7 Aufgaben zur Wissenskontrolle 1. Welche Definition von Kultur nutzt die Studie von Chase et al. (2002)? 2. Warum kann man behaupten, dass Internet eine Kultur hat? Wie ist diese Kultur? 3. Welchen Einfluss hat die Kultur des Internets auf den Kommunikationserfolg von Teilnehmern der Online-Kurse? 181 4.3 Kommunikation im Cyber-Unterricht 4. Welche Unterschiede haben Scollon & Wong-Scollon (1990) in kommunikativen Stilen in den folgenden Kulturen festgestellt: Bei nordamerikanischen Englischsprecherinnen und -sprechern und bei nordamerikanischen Sprecherinnen und Sprechern der eingeborenen Sprache Athabaskisch? 5. Warum führt Online-Kommunikation ohne die Berücksichtigung bestimmter kultureller Dispositionen nicht automatisch zum Erfolg? 183 4.3 Kommunikation im Cyber-Unterricht 5. Mediengestützte Handlungsdidaktik Im 4. Kapitel haben Sie mannigfaltige Zusammenhänge zwischen den digitalen Medien und dem interkulturellen Lernen kennengelernt. In diesem Kapitel kommt noch ein wesentlicher Aspekt hinzu-- die Handlungsorientierung. Anhand vieler praktischer Beispiele werden Sie erfahren, wie man in einem interkulturellen DaF-Unterricht die Aktivitäten der Lerner in den Mittelpunkt stellt und sie dazu ermutigt, mit Sprache in authentischen Kommunikationssituationen zu handeln, so dass ein Mehrwert für das zukünftige Berufsleben erzielt werden kann. Zudem behandeln wir in diesem Kapitel die Fach- und Berufssprachen. Fach- und Berufssprachen sind wegen ihrer inhaltlichen Dichte und ihrer begrifflichen Standardisierung für Fremdsprachenlerner meist leichter verständlich und lernbar als allgemein-sprachliche Äußerungen und Texte. Die Lerner können vor allem durch einzelne, international oft ähnliche Begriffe (Transferbasen, cognates) an ihr Vorwissen anknüpfen und sich damit den Inhalt erschließen, selbst wenn sie nur einen geringen Teil der fremden Sprache vollständig verstehen. In diesem Kapitel haben Sie schließlich auch die Möglichkeit, das Gelernte in einer Übungsfirma zu erproben, die im Sinne der Handlungsorientierung und der Szenariendidaktik mediengestützt entwickelt wurde. In der ersten Lerneinheit behandeln wir die Konzepte der Handlungsorientierung und der Szenariendidaktik, die Grundlagen fachsprachlicher Kommunikation, die Praxis und Ressourcen des online-gestützten, handlungs- und inhaltsorientierten Unterrichts. Die zweite Lerneinheit behandelt die Rolle von unterschiedlichen Lernersituationen im Unterricht und zeigt auf, wie print und Online-Medien im interkulturellen DaF-Unterricht sinnvoll und zielgerichtet verknüpft werden können. Dabei werden auch neue Lehrrollen im interkulturellen DaF-Unterricht präsentiert. In der dritten Lerneinheit lernen Sie schließlich ein angewandtes handlungsorientiertes Angebot in Form der Interkulturellen DaF-Übungsfirma kennen. Sie werden es analysieren, in Bezug auf Mehrwerte reflektieren und für den Unterricht anwenden und anpassen. 184 5. Mediengestützte Handlungsdidaktik 5.1 Didaktik und Methodik Jörg Roche Im 4. Kapitel haben Sie mannigfaltige Zusammenhänge zwischen den digitalen Medien und dem interkulturellen Lernen kennengelernt. In dieser Lerneinheit kommt noch ein wesentlicher Aspekt hinzu-- die Handlungsorientierung. Anhand vieler praktischer Beispiele werden Sie erfahren, wie man in einem interkulturellen DaF-Unterricht die Aktivitäten der Lerner in den Mittelpunkt stellt und sie dazu ermutigt, mit Sprache in authentischen Kommunikationssituationen zu handeln, so dass ein Mehrwert für das zukünftige Berufsleben erzielt werden kann. In dieser Lerneinheit wenden wir uns dem ersten wichtigen Bereich zu-- den Fach- und Berufssprachen. Der durch das vorhandene Wissen beschleunigte Zugang zu einer fremden Sprache beim Erlernen einer Berufssprache wirkt motivierend: Er erlaubt die Fokussierung des Lernens auf die Inhaltsaspekte, die für die Lerner interessant und relevant sind. Formaspekte der Sprachen können durch eine geschickte, gelegentlich mutige Aufgaben- und Handlungsdidaktik darin verankert sein und mehr oder weniger inzidentell behandelt werden. Die mediale Realisierung bleibt dabei nicht-- wie so oft im Unterricht-- Selbstzweck, sondern hilft, die fremden Sprach- und Fachkulturen zum Lerner zu bringen, einen offenen, ressourcenreichen Lernkosmos zu generieren und damit nach Interessen und Kompetenzen der Lerner binnenzudifferenzieren. Wie die digitalen Medien helfen können, im Rahmen einer modernen Handlungsdidaktik Mehrwerte zu generieren, soll in dieser Lerneinheit dargestellt werden. Lernziele In dieser Lerneinheit möchten wir erreichen, dass Sie ▶ die Konzepte der Handlungsorientierung und der Szenariendidaktik kennenlernen; ▶ Grundlagen fachsprachlicher Kommunikation verstehen; ▶ einen Einblick in die Praxis und Ressourcen des online-gestützten, handlungs- und inhaltsorientierten Unterrichts (vor allem Fach- und Berufssprachenunterricht) erhalten; ▶ eine Vorstellung davon bekommen, wie erfolgreich und eigeninitiativ gelernt und gelehrt werden kann, auch wenn die Lehrkraft selbst nicht alle Tricks der Technologie beherrscht. 5.1.1 Handlungsorientierung versus Medienaktionismus Trotz der weitreichenden Bedeutung der Medien im Alltag scheinen sie in den Deutschunterricht nur zaghaft Eingang zu finden. Anders als im „richtigen Leben“ werden e-Medien im Deutschunterricht (und im Deutsch als Fremdspracheunterricht) weitgehend akommunikativ, ohne echte Sprecher, Adressaten oder Sachverhalte (Redeanlässe) eingesetzt. Dabei würde eine einfache Orientierung an den wichtigsten Prinzipien der linguistischen Pragmatik ausreichen, um die Verbindung zu authentischen Kommunikationsverfahren wiederherzustellen. 185 5.1 Didaktik und Methodik Als Folge dessen ist die moderne Sprachdidaktik nicht mehr nur kommunikativ, sondern-- wie auch die Berufsschulpädagogik (Riedl 2011)-- handlungs- und aufgabenorientiert. Der handlungsorientierte Sprachunterricht steht daher unter vier Prämissen: 1. Sprache ist essenziell für die Vermittlung von Wissen und Kompetenzen. 2. Der Unterricht enthält relevante Handlungssituationen (im Fach und fürs Leben). 3. Die Schüler bekommen hinreichenden und reichen sprachlichen Input. 4. Die Kommunikation in Schule und Ausbildung ist zweckgerichtet. Diese Orientierung manifestiert sich in didaktischen Ansätzen wie der Szenariendidaktik, dem fallbasierten Lernen und dem Unterrichtsprinzip der vollständigen Handlung. Diese Didaktik eignet sich in herausragender Form für den berufsbezogenen (fachsensiblen) Deutschunterricht und den sprachsensiblen Fachunterricht, in denen Sprache oft noch als Nebensache behandelt wird (Terrasi-Haufe et al. 2016). In verschiedenen Materialpaketen zum Themenfeld Berufssprache Deutsch findet sich diese Didaktik bereits konsequent umgesetzt. Sie hat Eingang gefunden in die Lehrerausbildung und explizit auch in Lehrpläne, wie etwa die bayerischen Basis-, Regel- und Wahlpflichtlehrpläne (Lehrplan Bayern 2016 / 2017). In einem pragmalinguistisch ausgerichteten Konzept von Sprachdidaktik spielt die Medialität nur dann eine relevante Rolle, wenn sie funktional begründet, das heißt in kommunikative und handlungsdidaktische Bezüge eingebettet ist. Medienaktionismus hat sich in Bezug auf die Erzielung von Lernmehrwerten dagegen als oft eher abträglich erwiesen. Mit den digitalen Medien lassen sich komplexe Inhalte darstellen. So lassen sich für bestimmte Lernergruppen relevante, zweckgerichtete Inhalte bereithalten, ohne dass die Deutsch-Lehrkraft in allen (fachlichen) Bereichen kompetent sein muss, die ihre Schülerinnen und Schüler abdecken. Für viele Lerner, die bereits über Fachwissen aus der Berufspraxis oder dem Unterricht verfügen, werden dadurch die Einstiegsschwellen in die Fachsprachen erheblich reduziert und der Fremdsprachenerwerb wird beschleunigt. Bereits vorhandenes Wissen lässt sich in jeder Form besonders produktiv für das Sprachenlernen nutzen. Dabei kann das Vorwissen sowohl fachlich und berufssprachlich komplex als auch spielerisch sein (zum Beispiel in szenariendidaktisch ausgerichteten serious games). Der moderne handlungsorientierte Sprachunterricht geht davon aus, dass nicht nur die Inhalte selbst den Spracherwerb befördern, sondern vor allem die möglichst aktive Auseinandersetzung mit den Inhalten in Form ansprechender und fordernder Aufgaben schnellen und nachhaltigen Spracherwerb bewirkt. Dementsprechend sollten also auch die Medien eingesetzt werden. Im Folgenden geht es daher um die Darstellung von Mehrwertpotentialen im Erwerb neuer Kompetenzen, bei dem die elektronischen Medien funktionale Rollen übernehmen können. 5.1.2 Technische Fachsprachen und ihre elektronischen Arbeitswerkzeuge Fach- und Berufssprachen greifen bekanntlich bis auf wenige Ausnahmen auf die Grammatik der Allgemeinsprache zurück. Ihre Besonderheiten sind meist in ihrem speziellen Wortschatz sowie ihren typischen Redewendungen zu finden. Diese unterscheiden sie, trotz gewisser Schnittmengen, klar von anderen Sprachformen. Fachsprachen erlauben eine möglichst eindeutige und effiziente Abbildung und Behandlung der Sachverhalte einer Fachdisziplin. 186 5. Mediengestützte Handlungsdidaktik Abbildung 5.1: Schema der Fachtexttypologie (Göpferich 1995: 124) 187 5.1 Didaktik und Methodik Gäbe es diese nicht, ließen sich technische Instrumente und Teile, regelnde Verfahren oder genaue Bezeichnungen der Gegenstände nicht herstellen (vergleiche Buhlmann & Fearns 2000). Fachsprachen werden in verschiedene Komplexitätsstufen, je nach Sprecher und Adressatengruppe, Kommunikationsfunktion oder Inhaltsdichte unterteilt. Hoffmann, Kalverkämper & Wiegand (1999) unterscheiden zum Beispiel die Sprache der theoretischen Grundlagenwissenschaften von der Sprache der experimentellen Wissenschaften, der Sprache der angewandten Wissenschaften und der Technik, der Sprache der materiellen Produktion und der Sprache der Konsumption. Die disziplintypischen Sprachen differenziert Göpferich (1995: 124) nach unterschiedlichen wissenschaftsfunktionalen (pragmatischen) Ebenen der Textsorten- und Textvarianten. Die differenzierenden Kriterien und Textmerkmale ergeben sich aus dem Zweck eines Textes (aktuelle Forschung, Referenzmaterial, Unterricht / Lehre / Vermittlung, Normierung) und damit aus einer jeweils unterschiedlichen Konstellation von Textautor und -adressatengruppen. Aus diesen Konstellationen und Zwecken resultieren unter anderem der Grad der Fachlichkeit, Formalität, Komplexität, Anschaulichkeit und Verbindlichkeit (Göpferich 1995: 124). Auch Aspekte der Arbeitssituation, der Fachpolitik, der Planung oder der logistischen Abstimmung bei Projekten, Tagungen oder Reisen sind darin wichtige Elemente. Aus der Vielschichtigkeit des Fachdiskurses entstehen daher unterschiedliche Mischformen von Allgemein- und Fachsprache. In Anlehnung an die Klassifikation von Göpferich (1995) lassen sich folgende funktionale Kategorien unterscheiden: uristisch-normativ, fortschrittsorientiert-aktualisierend, didaktisch-instruktiv und wissenszusammenstellend. Hieraus ergibt sich eine besondere Eignung für die folgenden elektronischen Arbeitsmedien: ▶ Recherchemedien ▶ Soziale Netzwerke (Chats, Foren, Blogs etc.) ▶ E-Mail, SMS , Messenger und andere Kommunikationsmedien ▶ Visualisierungsmedien. 5.1.3 Lernwerkzeuge Ganz ähnlich wie die Arbeitswerkzeuge fördern auch Lernwerkzeuge die Möglichkeiten der Lerner, sich authentische Quellen selbständig zu erschließen. Lernwerkzeuge sind Arbeitswerkzeuge, die primär dem Erlernen der Sprache dienen. Zu den bekanntesten Lernwerkzeugen, die Hilfsmittel für selbständiges (Weiter-)Lernen sein können, gehören: ▶ elektronische Wörterbücher mit Vokabeltrainern und Terminologiedatenbanken (zum Beispiel DWDS, pons, Linguee, Leo, canoo.net oder IATE ) ▶ Thesauri oder Wortnetze (online: Open Thesaurus, Visual Thesaurus; offline: in den Texteditoren integriert wie unter anderem in MS Word) ▶ Online-Übersetzungsprogramme (allerdings mit begrenzter Nutzbarkeit wie etwa Google Translator, World Lingo oder Babel Fish) 188 5. Mediengestützte Handlungsdidaktik ▶ Online-Grammatiken und grammatische Informationssysteme (zum Beispiel grammis vom Institut für Deutsche Sprache in Mannheim, die integrierte Grammatik mit Animationen in den Modulen der Deutsch-Uni Online, vergleiche auch Scheller 2008, und die Animierte Grundgrammatik der deutschen Sprache: www.granima.de) ▶ Textverarbeitungsprogramme mit diversen Rechtschreibkorrektoren (zum Beispiel in MS Word oder dem Duden Korrektor), die auch den Bedürfnissen der Sprachenlerner angepasst werden können, wie der elektronische Assistent in den Modulen der Deutsch- Uni Online mit didaktisierten Rückmeldungsoptionen. Qualität, Anspruch und Umfang der Programme variieren jedoch in höchstem Maße und sollten fachkundig evaluiert werden. 5.1.4 Hintergrund zum inhaltsbasierten Lernen und Lehren von Sprachen Lehrverfahren, die an das Vorwissen der Lerner im Unterricht gebunden und primär auf die Vermittlung von fachlichen Kompetenzen ausgerichtet sind, werden heute weitgehend unter dem Begriff Content and Language Integrated Learning ( CLIL ) behandelt. Dieser Ansatz geht eigentlich auf die Reformbewegung des ausgehenden 19. Jahrhunderts zurück und hat in diversen Immersionsverfahren seine Vor- und Parallelläufer (vergleiche Mohan 1986, Marsh 2007). Konzeptuell verwandt sind ihnen Ansätze, die den erwerbsdidaktischen Nutzen des sprachlichen Vorwissens (Transferbasen) hervorheben. Diese Ansätze sind unter verschiedenen Namen bekannt: Tertiärsprachenvermittlung (L3, wie Deutsch nach Englisch), Interkomprehensionsdidaktik, Mehrsprachigkeitsdidaktik oder Gemeinsames Sprachencurriculum. Sie finden in Materialien Anwendung, wie sie das EuroCom-Projekt erarbeitet, zum Beispiel in EuroComRom für den Erwerb romanischer Sprachen, EuroComGerm für germanische Sprachen und EuroComSlav für slawische Sprachen. 5.1.5 Handlungsorientierung Die Szenariendidaktik hat ihre Eignung für den Unterricht bewiesen, insbesondere für den Deutschunterricht mit heterogenen Lerngruppen (vergleiche Hölscher et al. 2009, Dirschedl 2012, Roche et al. 2012). Zu einem Kernthema, zum Beispiel einem Experiment, einer sportlichen Aktivität oder einem literarischen Text, werden den Lernern unterschiedliche Aufgaben angeboten, die von ihnen erarbeitet und gestaltet werden. Bei der Auswahl der Aufgaben werden sie von ihrem Vorwissen geleitet und greifen zu einer Aufgabe, die ihren Interessen, ihrer Persönlichkeit und ihren Fähigkeiten entspricht und führen sie mit unterschiedlichen Arbeits- und Lerntechniken aus. Daher finden sich die Arbeitspartner sehr oft über die Wahl der Aufgabe. In der anschließenden Optimierungsphase werden die Ergebnisse und Rückmeldungen aus der ersten Vorstellungsrunde in die Arbeitsergebnisse der Gruppe eingearbeitet und für die Präsentation in eine inhaltlich und sprachlich optimierte und optisch ansprechende Form gebracht. Dabei werden die Feinheiten und kleinen Unterschiede im differenzierten Ausdruck diskutiert und als relevant erfahren. Die Präsentation der Ergebnisse 189 5.1 Didaktik und Methodik ist der abschließende, obligatorische Teil eines jeden Lernszenarios. Die Lerner präsentieren ihre Ergebnisse in Form von Vorträgen, Thementischen, Powerpoint-Präsentationen oder mit szenischen Darstellungen. Diese Phase ist ein wesentliches Element der Szenariendidaktik, weil sie die Lerner im Sinne des konstruktionistischen Lernmodells von Papert (1980) zu mehr, zu intensiverer und zu qualifizierterer Arbeit motiviert als im herkömmlichen Unterricht. Durch die Rückmeldungsmöglichkeiten des „öffentlichen“ Raums bietet sie den Lernern zudem eine Fülle qualitativ hochwertiger Lernimpulse für den Erwerb sozialer und sprachlicher Kompetenzen. Dies alles läuft über sprachliche Prozesse ab, die zuweilen weit über die basalen Übungen formbasierter Ansätze hinausgehen. Auf diese Weise profitieren alle Lerner von der thematischen und kulturellen Vielfalt der bearbeiteten Teilaspekte zu einem Thema. Bezogen auf das in der Berufsschulpädagogik bekannte Prinzip der vollständigen Handlung (Schelten 2002) ergeben sich folgende Phasen mit ihren sprachlichen Schwerpunkten. Orientieren Das Vorwissen der Lerner wird aktiviert. Es wird versprachlicht, was schon bekannt ist und über welche Quellen zusätzliche Informationen aufgetan werden könnten. Informieren Die Schüler informieren sich anhand verschiedener Materialien bezüglich der zu bearbeitenden Aufgabe und Inhalte. Das erfordert Recherchen und entsprechendes Lesen und gegebenenfalls Anhören von Quellen. Planen und analysieren Für ein Anliegen oder Problem gibt es immer verschiedene Lösungen und verschiedene Wege, die dahin führen. Hier tauschen die Schülerinnen und Schüler ihre Erfahrungen aus und artikulieren verschiedene Lösungswege. Sie verteilen Aufgaben, legen Arbeitsabläufe fest, wählen Hilfsmittel aus und werten das Material auch gemeinsam aus. Es geht hierbei auch um sprachliche Konsensbildung und gegebenenfalls Konfliktlösung beziehungsweise eine Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Positionen. Durchführen Die Durchführung der Aufgabe / Lösung erfordert vielfältige sprachliche Abstimmungs-, Arbeits-, Optimierungs- und Entscheidungsprozesse. Präsentieren Das Arbeitsvorhaben und die erzielten Ergebnisse werden in dieser Phase sprachlich dokumentiert und anschließend präsentiert in einem angemessenen Format und mit angemessenen (unterschiedlichen) Medien. Optimierungspotentiale werden diskutiert. Bewerten Für das Bewerten ist die Entwicklung von Bewertungskriterien nötig. Das verlangt gegebenenfalls umfangreichere sprachliche Abstimmung. Im Anschluss daran sind die Kriterien auf die Ergebnisse anzuwenden, in unterschiedlichen, dem Gegenstand angemessenen Formaten. Auch die gemeinsame Entscheidungsfindung verlangt umfangreiche sprachliche Abstimmungen. Reflektieren Eine Phase der abschließenden Reflexion schließt das Szenario ab. Hierbei ist zu klären, was gelungen ist, was verbessert werden kann, welche Alternativen es gegeben hätte. Auch können kommunikative Probleme bei der Durchführung metasprachlich behandelt werden. Eine gemeinsame Abschlusserklärung könnte formuliert werden, genauso wie Schritte für die weitere Bearbeitung. In einer Tabelle der unterschiedlichen Phasen kann die Bewertungs- und Reflexionsphase etwa folgendermaßen in Bezug auf sprachliche Handlungen, Lehrerverhalten und sprachliche Beobachtungsinstrumente dargestellt werden. Tabelle 6.1: Die sieben Phasen der Umsetzung vollständiger sprachlicher Handlungen im Unterricht Aus den dargestellten Prinzipien ergibt sich folgende Struktur für die Entwicklung von Lehrmaterialien (Terrasi-Haufe et al. 2016: 174f): 190 5. Mediengestützte Handlungsdidaktik ▶ Bestimmung plausibler, beruflich relevanter Handlungssituationen als Ausgangspunkt ▶ Authentische Sprecher und Adressaten ▶ Problembasierte, produktorientierte Aufgabenstellung (sinnvoll, zweckbezogen) ▶ Progressiver Verlauf. 5.1.6 Handlungsorientiertes Lernen mit elektronischen Medien Zur Umsetzung der Phasen einer vollständigen Handlung bieten sich dementsprechend folgende Medien bevorzugt an. Orientierung: Hier bieten sich Medien an, mit denen eine Situation, eine Frage oder Aufgabe oder auch ein Problem aus dem beruflichen Umfeld dargestellt werden können. Denkbar sind etwa geeignete Clips von YouTube, mit denen assoziativ ein „Problemaufriss“ erfolgen kann, auch wenn nicht der ganze Clip gezeigt werden muss. Wichtig ist, die Schülerinnen und Schüler an der Lösung der Aufgabe zu beteiligen. Informieren: Zur Information bieten sich umfangreiche Recherchebestände an: Lektüre von einschlägigen Regelwerken, Anleitungen, Hintergrundwissen, Ausführungsbestimmungen, praktischen Tipps sowie die volle Palette der fachlichen und sprachlichen Nachschlagewerke, wie Wörterbücher, Thesauri, Fachlexika, Fremdwörterbücher etc. Wenn die Schüler auch meist mit bestimmten Ressourcen wie Wikipedia und dergleichen vertraut sind, so ist es dennoch wichtig, sie mit der Seriosität von Internetquellen und Apps und ihrer Brauchbarkeit vertraut zu machen und ihnen Strategien des Umgangs damit zu vermitteln. Das kann etwa vergleichend gemacht werden. Planen und Durchführen: Für die Planung verschiedener Lösungswege bieten sich fachspezifische Programme an, mit denen sich die in Frage stehenden Abläufe simulieren lassen. Alle authentischen elektronischen Arbeitswerkzeuge aus dem beruflichen Umfeld, gegebenenfalls Animationsprogramme und serious games, die die Bearbeitung im Sinne ernsthafter Spiele angehen, können dafür geeignet sein. Für die Planung bieten sich Excel und andere Listen an, mit denen die Ergebnisse später überprüft und die dann für die weitere Nutzung über die Aufgabe hinaus modifiziert und erweitert werden können, im Sinne eines elektronischen Portfolios. Auch Videomitschnitte der Durchführung können gegebenenfalls von Nutzen für das Portfolio und die spätere Präsentation sein. Programme, mit denen sich zeitliche Abläufe strukturieren und darstellen (auch visualisieren) lassen, sowie Programme zur Erstellung von Mind Maps sind hierfür ebenfalls angemessen. Präsentieren: Die Präsentation der Ergebnisse ist ein wichtiger Baustein der Handlungsdidaktik, weil sie ein klares Ziel vorgibt, motiviert und zum interaktiven Austausch einlädt. Sie kann mit unterschiedlichen Medien gestaltet werden, zum Beispiel gegebenenfalls auch mit den physischen Ergebnissen der Aufgabe oder mit virtuellen Darstellungen davon. Powerpoint (Roche 2008a) etwa erlaubt die einfache Darstellung von Text-, Bild-, Ton- und Animationsdateien. Eine Präsentation kann natürlich auch mit einer Tafel oder mit einem Rollenspiel und anderen nicht-elektronischen Medien auskommen. Wenn möglich, können Simulationen und andere virtuelle Ergebnisse aus berufsspezifischen Arbeitsprogrammen aus dem Internet oder einer App auf einem Beamer eingespielt und erläutert werden. Für 191 5.1 Didaktik und Methodik das Archivieren der Ergebnisse gibt es unterschiedliche Content Management Systeme, die Schulen zunehmend für das allgemeine Unterrichtsmanagement nutzen. Bewerten und Reflektieren: Für das Bewerten und die Gestaltung von Reflexionsprozessen stehen, wie für die anderen Phasen auch, immer elektronische Kommunikationsmedien von Chats, Foren bis hin zu virtuellen Klassenzimmern zur Verfügung, wo Präsenzunterricht nicht möglich ist. Kriterien- und Checklisten für die Bewertung lassen sich leicht in Textverarbeitungsprogrammen erstellen oder in Abstimmungs- und Befragungsprogrammen im Internet finden. Da es sich aber bei diesen Phasen um hoch interaktive, synchrone und persönliche sprachliche Prozesse handelt, ist im Regelfall des Deutschunterrichts an einer berufsbildenden Schule jedoch von Präsenzphasen auszugehen. Schließlich sollen die Schülerinnen und Schüler bei allem sinnvollen Nutzen elektronischer Medien auch eine angemessene physische Präsenz (auch der Stimme) entwickeln. Für die Überprüfung schriftlicher Produktionen eignen sich einfache editorische Werkzeuge wie die Grammatikprüfung, die in jedem Textverarbeitungsprogamm verfügbar sind. Der Umgang damit will jedoch gelernt sein. Anhand einiger Beispiele aus Berufsdeutsch-- Gastgewerbe (Dirschedl 2012: 82-123), Ausbildungsjahr 3, Handlungssituationen 1-3 (Die Bankettmappe erstellen und im Verkaufsgespräch nutzen, Die Hotelsituation analysieren-- Marketingkonzept entwickeln, Reklamationen beim Check-Out) lässt sich der Medieneinsatz in der berufssprachlichen Ausbildung illustrieren. Aufgaben für die Orientierungs- und Recherchephasen, aus denen gleichzeitig ihre Einbettung in komplexere Handlungssituationen deutlich wird, beinhalten zum Beispiel: „Recherchieren Sie im Kriterienkatalog der Deutschen Hotelklassifizierung (www.hotelsterne.de), über welche Ausstattung die Zimmer eines Vier-Sterne-Hotels verfügen sollten, und notieren Sie Ihre Ergebnisse für die spätere Verwendung“, „Informieren Sie sich mit Hilfe der Internetseite des Bundesverbandes DEHOGA (www.dehoga-bundesverband.de) über die ‚Allgemeinen Geschäftsbedingungen‘ und das ‚Rücktritts- und Stornorecht‘“, „Lesen Sie die Handlungssituation. Suchen Sie die Begriffe aus dem Text in Ihrem Fachbuch, in einem Wörterbuch oder im Internet“, „Recherchieren Sie mit Hilfe Ihres Fachbuchs oder im Internet den Unterschied zwischen quantitativen und qualitativen Marketingzielen“. Bei der Durchführung der Handlung und der Umsetzung der Handlungsergebnisse kommen e-Medien unter anderem bei der Erstellung und kontinuierlichen Weiterbearbeitung von Bankettmappen, bei der Erstellung von Graphiken (auch mit entsprechenden Darstellungs- und Zeicheninstrumenten), beim Verfassen und der Korrektur von Geschäftsbriefen nach DIN 5008, bei der Errechnung von Preisnachlässen und der Festlegung einer Preisminderung nach der Frankfurter Tabelle (www.rechtspraxis.de/ frankfurt.htm) zum Einsatz. Zusatzaufgaben für „Schnelle“ umfassen zudem eigene Recherchen und Lösungen mit weniger Hilfestellungen, wie zum Beispiel die Berechnung von üblichen Gebühren für No-Show-Gäste und die Erstellung weiterführender Arbeitsmaterialien, Checklisten und dergleichen, die im weiteren Berufsalltag verwendet werden können. Dabei geht es immer um exemplarisches Arbeiten bei konkretem Praxisbezug. 192 5. Mediengestützte Handlungsdidaktik 5.1.7 Lernplattformen und Infrastruktur Eine Lernplattform (ausführlich siehe Kapitel 6 in diesem Band) muss für die genannten Funktionen nicht eingerichtet werden, es sei denn als LMS oder CMS für Kursorganisation und Archivierung. Es können meist die gängigen, auf Computern oder auch Handys installierten Programme und private Internetzugänge genutzt werden. Auch ein Computerlabor ist für derlei Aufgaben nicht nötig. Am besten lässt es sich mit den eigenen Computern der Schülerinnen und Schüler arbeiten. Das erspart umständliche Administrationsaufgaben (etwa in Bezug auf die Durchlässigkeit und externe Zugangsberechtigungen auf die Firewall) und aufwendige Investitionen in die Einrichtung, Aktualisierung und Wartung von Lernplattformen. Diesem offenen modularen Lernverfahren, das über elektronische Medien gestützt ist, stehen Verfahren gegenüber, die einem stärker medialisierten Handlungskonzept folgen und sich für stärker programmierte und programmierbare Kontexte eignen, zum Beispiel für den Berufs- und Fachsprachenunterricht im Ausland. Es sind inhaltsschwere online-basierte Programme im Bereich der Wirtschaftssprache und diverser technischer Berufs- und Fachsprachen, wie sie von der Deutsch-Uni Online entwickelt wurden und angeboten werden. Diese Programme markieren das andere Ende des Medienspektrums: Im Gegensatz zu dem auf gedruckten Lehrwerken aufbauenden Berufsdeutsch, bei dem die elektronischen Medien als Ressourcen und Werkzeuge eingesetzt werden, ist es bei den Online-Programmen der DUO umgekehrt. In diesen vollständig online realisierten Programmen finden die Kommunikation, die Recherchen, die Aufgaben, die Aufgabenkorrektur und -archivierung, die Strukturvermittlung und alles, was sonst im Unterricht eine Rolle spielt, inklusive animierter Grammatikerklärungen in und durch die Lernplattform statt. Gedruckte Materialien (wie Lehr- oder Wörterbücher) fungieren hier als Zusatzressourcen. 193 5.1 Didaktik und Methodik Experiment 1: Die Lernplattform Deutsch-Uni Online Um einen Einblick in die Fachdeutsch-Programme und die weitreichenden Möglichkeiten der Online-Lernplattform Deutsch-Uni Online zu erhalten, rufen Sie die Guided-Tour unter http: / / www. deutsch-uni.com/ gast/ duo/ info/ index.do? do=guidedtour&film=fktlp (11. März 2018) auf. Informieren Sie sich dort über die wichtigsten Lernfunktionen der elektronischen Plattform Deutsch-Uni Online und vergewissern Sie sich, wie der Zugang zu DUO funktioniert, wie DUO -Aufgaben zu bearbeiten sind und wie das User-Forum der Lernplattform gestaltet ist. Um die Grundfunktionen und die Benutzeroberfläche von DUO kennenzulernen, bearbeiten Sie bitte folgende Aufgaben: 1. Sehen Sie sich die Funktionen der Konstantenleiste im oberen Teil des Bildschirmfensters an. Welche Lern- und Arbeitswerkzeuge, Kommunikationstools sowie sonstigen Ressourcen stehen den Lernern zur Verfügung? Testen Sie die zur Verfügung stehendenden Ressourcen aus. Woraus ergibt sich der Mehrwert für die Lerner? 2. Loggen Sie sich nun bitte mit ihrem Zugang bei Deutsch-Uni Online ein. Erkunden Sie die Benutzeroberfläche und die Module von Deutsch-Uni Online, indem Sie sich über die Modulleiste auf der linken Seite des Bildschirmfensters zu ihren verfügbaren Modulen mit den dazugehörigen Aufgabenstellungen navigieren. Ein Blick auf die Plattform (siehe Abbildungen im Experiment weiter unten) illustriert das Konzept. In der oberen Zeile sind viele Ressourcen versammelt, die ein Lerner ständig zum Lernen und Arbeiten benötigt: Online-Wörterbücher, interne und externe Grammatiken, Links zu vielen Organisationen und Ressourcen, Kommunikations- und Verwaltungsinstrumente. Darunter sind die Aufgaben aufgelistet, die hier als echte Aufgaben mit authentischen Handlungszielen konzipiert sind und nicht als reine Drill-Übungen verstanden werden. Automatisierungsübungen (in circa 30 unterschiedlichen Übungsformen realisiert) sind an geeigneten Stellen in diese Aufgaben integriert. In der linken Spalte sind die Inhalte zum leichten Navigieren aufgeführt. Druck- und Nachschlagefunktionen (ganz unten) runden das komplexe Werkzeugangebot ab. Mit solchen medialen Konzepten wird eine Orts-, Ressourcen- und Zeitunabhängigkeit erzielt, die vor allem in den Regionen der Welt von großem Vorteil ist, die von der Zielkultur weit entfernt sind. Voll medialisierte Programme lassen sich jedoch trotz dieser Distanz- Bedingungen auch im Präsenzunterricht und in gemischten Formaten (Blended Learning) vorteilhaft einsetzen, weil sie meist eine Fülle von Material, Links, Ressourcen, Werkzeugen und Aufgaben sowie Kommunikations- und Administrationswerkzeugen bereithalten, die das Lernen quantitativ und qualitativ verbessern und den Lehrkräften das Lehren signifikant erleichtern (zum Beispiel durch Korrekturen, vorbereitetes, fachlich anspruchsvolles Material, Grammatikanimationen und vieles mehr). Hierfür sind dann entsprechende Lern- und Lehrkonzepte erforderlich. Zur Orientierung sind im Folgenden exemplarisch die Inhalte verschiedener solcher Module aufgeführt. Daraus soll vor allem die inhaltlich-fachliche Komplexität der Themen deutlich werden, die in der Regel die Interessen, Ziele und Kompetenzen der Lerner besser abbilden als allgemeinsprachliche Inhalte, wie sie-- etwa im Bereich des Geschäftsdeutsch-- oft von fachlichen Laien ausgewählt und bearbeitet werden. 194 5. Mediengestützte Handlungsdidaktik Experiment 2 Nun bekommen Sie einen Einblick in den Aufbau sowie den Inhalt der DUO -Module mit ihren Aufgabenstellungen. Dazu müssen sie eingeloggt sein und sich über Meine Produkte > zum Kurs > businesspraxis > Aufgaben zum Kapitel Bewerbungsfragen navigieren. 1. Sehen Sie sich die Aufgabenseite an. Bearbeiten Sie alle Etappen der Aufgaben. Machen Sie sich gegebenenfalls Notizen. 2. Analysieren Sie nun die Aufgabe und beantworten Sie dabei folgende Fragen: a. Was ist das Lernziel? b. Wie ist das Lernmaterial aufgebaut? c. Wie erfolgt die Vorentlastung? d. Welche Funktionen haben die einzelnen Aufgabenetappen? e. Welche offenen und geschlossenen Aufgaben beziehungsweise Übungen gibt es? Beschreiben Sie, was mit welcher Aufgabe beziehungsweise Übung erreicht werden soll. f. Welche Arten von Rückmeldungen (Korrekturen, Vertiefungshinweise, Strategien etc.) bekommt der Lerner auf welche Art von Aufgaben (zum Beispiel auch auf Recherchen und Präsentationen)? g. Wo arbeitet der Lerner allein und wo soll der Lehrer helfen? 3. Schätzen Sie ein, wie viele Minuten Ihre Lerner für die Bearbeitung der Aufgabenseite benötigen. 4. Überlegen Sie, wie diese Aufgabenseite in Ihrem Unterricht eingesetzt werden kann, zum Beispiel als zusätzliches Selbstlernmaterial oder als unterrichttragendes Lehr- und Lernmaterial etc.? 5. Formulieren Sie 2-3 Einsatzmöglichkeiten mit Hinblick auf Ihre Zielgruppe. Die folgenden Screenshots geben einen Eindruck von der Aufmachung und Navigierbarkeit der Programme sowie von der Handlungsorientierung, Relevanz und Authentizität der Aufgaben. Abbildung zum Experiment 2: Aufgabenseite aus dem Kapitel Bewerbung in profi-deutsch businesspraxis 195 5.1 Didaktik und Methodik Abbildung zum Experiment 2: Aufgabenseite aus dem Kapitel Einführung BWL in fach-deutsch wirtschaft Abbildung zum Experiment 2: Aufgabenseite aus dem Kapitel Marketing in fach-deutsch wirtschaft 5.1.8 Forschung und Evaluation Wissenschaftliche Evaluationen und Forschungsbeiträge zeigen deutlich, dass und unter welchen Bedingungen diese Online-Programme nicht nur funktionieren, sondern Lernmehrwerte gegenüber traditionellen Kursformaten erbringen (vergleiche die Forschungsseite von DUO , online unter https: / / www.deutsch-uni.com/ gast/ duo/ info/ aktuelles.do? do=publikationen. 11. März 2018, oder Compaoré 2018; Scheller 2008; Roche 2008a; Roche & Scheller 2008; Roche 2007). Und dies, obwohl die Programme oft unter ungünstigen Bedingungen 196 5. Mediengestützte Handlungsdidaktik eingesetzt werden, zum Beispiel in Ländern mit schlechter Strom- und Netzversorgung, in Institutionen ohne Präsenzlehrkräfte oder in Krisen- und Kriegsgebieten. Das handlungsorientierte Konzept der Vermittlung von Sprachen und Kulturen, das mit inhaltsschweren, authentischen und in Aufgaben eingebetteten Materialien arbeitet, erfüllt die Erwartungen an relevante und motivierende Lernprogramme vollends. Didaktisch erweist sich ferner als Vorteil, dass die genannten Programme vorstrukturierte Materialien, Aufgaben und Übungen enthalten, aber immer wieder Ausgänge in die reale Welt des Internetkosmos aufzeigen, anregen und-- wo nötig-- durch Absicherungsmaßnahmen stützen. So werden die Grundlagen für ein Lernen und Kommunizieren auch außerhalb der Unterrichtszeit geschaffen und eine sinnvolle, eigenständige Nutzung des Materials auch im Berufs- und Lebensalltag nachhaltig gefördert. Und wofür sollte man denn sonst Sprachen lernen wollen? 5.1.9 Zusammenfassung ▶ Der differenzierte Umgang mit elektronischen Medien wird sich in dem Maße früher oder später auch im Unterricht abbilden, in dem er für den Alltag selbstverständlich wird. Das gilt besonders für die berufliche und berufssprachliche Ausbildung (sprachsensibler Fachunterricht), weil diese eher als der auf sprachliche Strukturen und Regeln ausgerichtete Sprachunterricht auch die medialen Entwicklungen in den Berufssparten abbilden muss, um glaubwürdig zu bleiben. ▶ Der traditionelle Sprachunterricht hat die Neigung, sich solchen Entwicklungen zu verwehren, meist mit Verweis auf logistische und curriculare Beschränkungen und unter Hinweis auf den Mangel an geeignetem Lehrmaterial und ausreichenden IT - und mediendidaktischen Kompetenzen der Lehrkräfte. Insofern genügt weder in der Lehrerausbildung noch in der Didaktik eine Fokussierung auf Aspekte der „digitalen Medien“. ▶ Vielmehr bedarf es moderner, handlungsorientierter und auf die Kognition der Lerner ausgerichteter Sprachlehr- und Lernkonzepte, auf deren Grundlage die Nutzung unterschiedlicher Medien überhaupt erst Sinn ergibt. 5. 1. 10 Aufgaben zur Wissenskontrolle 1. Erklären Sie das Konzept der Handlungsorientierung. 2. Worum handelt es sich bei der Szenariendidaktik und für welche Art des Unterrichts eignet sie sich besonders? 3. Nennen Sie die sieben Phasen der Umsetzung vollständiger sprachlicher Handlungen im Unterricht mit ihren sprachlichen Schwerpunkten. 4. Welche sind die wichtigsten Lernwerkzeuge für das Sprachenlernen? 5. Welches Konzept verfolgen die fachsprachlichen Module der Deutsch-Uni Online? 197 5.2 Handlungskompetenzen 5.2 Handlungskompetenzen Dessislava Todorova In Lerneinheit 5.1 haben Sie das Konzept der Handlungsorientierung kennengelernt und gesehen, wie es im Unterricht mit digitalen Medien gefördert werden kann. In dieser Lerneinheit möchten wir ein weiteres Beispiel dafür vorstellen. Als DaF-Lehrer und -Lehrerin arbeitet man mit Personen aus unterschiedlichen Kulturkreisen. Sowohl bei homogenen als auch bei heterogenen Lernergruppen hat man mit kulturellen Aspekten zu tun, wie zum Beispiel mit bestimmten Präferenzen und Abneigungen der Lerner, mit unterschiedlicher Motivation, mit bestimmten Erwartungen an die Lehrperson und an den Unterricht etc. Die interkulturelle Didaktik empfiehlt, dass man die Fremdperspektive des Lerners effektiv nutzt. Dabei sollten sprachliche Handlungskompetenzen sowie Selbständigkeit gefördert werden. Die elektronischen Medien können die Erreichung dieser Lernziele unterstützen, wenn der Einsatz sinnvoll, das heißt didaktisch begründet ist. In diesem Kontext stellen sich jedoch einige Fragen: Wie sollte man mit den unterschiedlichen Lerntraditionen umgehen? Lässt sich das neue Lernverständnis problemlos in die Praxis umsetzen? Welche Formate des Medieneinsatzes sind für welche Lerner geeignet? In dieser Lerneinheit wird aufgezeigt, wie bei einem mediengestützten DaF-Unterricht auf Anfängerniveau Handlungskompetenzen erworben werden können. Durch den regelmäßigen Einsatz von Forumsaufgaben kann eine konsequente Veränderung des Lernverständnisses in Richtung handlungsorientiertes und kreatives Lernen angeleitet werden. Durch verschiedene Aufgaben in der anschließenden Nachbereitungsphase werden außerdem interkulturelle Sensibilisierung sowie Selbstreflexion bei den Lernern gefördert. In dieser Lerneinheit werden konkrete Unterrichtsbeispiele präsentiert, die Anregungen für die Unterrichtspraxis liefern sollten. Lernziele In dieser Lerneinheit möchten wir erreichen, dass Sie ▶ das Konzept der Handlungsorientierung verstehen und anwenden können; ▶ die Rolle von unterschiedlichen Lernersituationen im Unterricht analysieren und Ihren Unterricht in Übereinstimmung damit konzipieren können; ▶ print und Online-Medien im interkulturellen DaF-Unterricht sinnvoll und zielgerichtet verknüpfen können; ▶ die Rolle des Lehrers im interkulturellen DaF-Unterricht verstehen. Die vorliegende Lerneinheit basiert auf: Todorova, Dessislava (2012), Lerntraditionen und elektronische Medien- - ein Widerspruch? Ein Beispiel aus der Praxis. BMW LIFE - - Ideen und Materialien für interkulturelles Lernen. [Online unter https: / / www.bmwgroup.com/ content/ dam/ bmw-group-websites/ bmwgroup_com/ responsibility/ downloads/ de/ 2016/ Life_Edition_240816. pdf. 12. Juni 2018]. 198 5. Mediengestützte Handlungsdidaktik 5.2.1 Interkulturalität und Medien Der moderne Fremdsprachenunterricht hat die nicht einfache Aufgabe, sprachliche und interkulturelle Kompetenzen zu vermitteln. Einerseits soll der Unterricht didaktisch und methodisch gut aufbereitet sein, andererseits sollen die Lerner genug Freiraum haben, um ihre Kreativität und Handlungsfähigkeit zu entfalten. Doch wie sieht es in der Praxis aus? Und (wie) können die elektronischen Medien den interkulturellen Fremdsprachenunterricht unterstützen? Im Sinne einer interkulturellen Fremdsprachendidaktik sollte man von der Lernerperspektive ausgehen und diese in das Unterrichtsgeschehen miteinbeziehen (vergleiche Roche 2008b: 225). Demnach sollte man zuerst die Zielgruppe mit ihren Voraussetzungen definieren. Dazu gehören sowohl individuelle als auch kulturelle Merkmale (vergleiche Todorova 2009). Dabei stellt sich folgende Frage: Sind die Lernziele, die aus westeuropäischer Sicht (zum Beispiel der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen für Sprachen ( GER )) definiert worden sind, auch auf die jeweilige Lerngruppe außerhalb Europas problemlos übertragbar? Wenn nicht, was sollte bei der Planung und Durchführung eines mediengestützten und interkulturell ausgerichteten Fremdsprachenunterrichts berücksichtigt werden? Welche Methoden und welche Einsatzformate sind für welche Lerngruppen geeignet? In dieser Lerneinheit wird ein Beispiel aus der Praxis aufgeführt, das auf diese Fragen eingeht sowie Anregungen für den Unterricht liefert. Im Rahmen des Deutschunterrichts an der Deutsch-Jordanischen Hochschule ( GJU ) in Amman wurde im Sommersemester 2010 eine Pilotklasse mit dem Lehrwerk Schritte international. A1 / 1 und mit dem Online-Modul von DUO basis deutsch. A1 / 1 unterrichtet. Im Folgenden wird exemplarisch der Einsatz von Forumsaufgaben dargestellt sowie deren Potenzial für den interkulturellen Fremdsprachenunterricht aufgezeigt. 5.2.2 Interkulturelle Lernziele im Fremdsprachenunterricht für Anfänger Die interkulturelle Fremdsprachendidaktik hat als oberstes Ziel, die fremde Perspektive des Lerners effizient zu nutzen (vergleiche Roche 2008b: 225). Dabei spielen sprachliche Handlungskompetenzen eine zentrale Rolle. Man sollte in diesem Kontext die Tatsache berücksichtigen, dass sprachliche und außersprachliche Mittel „stets vor dem Hintergrund der eigenen Sprach- und Konzeptwelt interpretiert“ werden (Roche 2008b: 226). Wie könnte man aber aus dieser Diversität ein Potenzial für den Unterricht schaffen? Der Fremdsprachenunterricht hat die Aufgabe, „eine erweiterte Perspektive, in die die ursprünglich eigene und die fremde eingehen“ (Roche 2008b: 231), zu ermöglichen. Dabei sollte man „Toleranz von Andersartigkeit“ und „Anerkennung von Vielfalt der Lebensäußerungen und Perspektiven als Möglichkeiten wechselseitiger Ergänzung und Erweiterung fassen lassen“ (Hunfeld 1997: 2). Eine Nachbereitungsphase nach jeder Lerneinheit zum Beispiel, in der die von den Lernern produzierten Forumstexte als Ausgangsbasis für die Beschäftigung mit kulturellen Aspekten dienen, könnte die Herausbildung der erweiterten Perspektive unterstützen. Denn schließlich wird interkulturelle Kompetenz angestrebt. „Auf der höchsten Stufe der interkulturellen Kompetenz sind Sprachlerner in der Lage, die Kommunikation adäquat, 199 5.2 Handlungskompetenzen mit verschiedenen Varietäten und kreativ zu gestalten“ (Roche 2008b: 233). Dies ist natürlich eine komplexe Aufgabe, die verschiedene Phasen beinhaltet und hohe Anforderungen an die Lerner stellt. Doch wie verhält es sich mit Personen, die an fremdgesteuertes Lernen gewöhnt und auf Instruktionen angewiesen sind? Das Lernen gelingt besser, wenn es kontextualisiert wird und in authentische Situationen eingebettet ist. Dabei soll eine komplexe Aufgabe gestellt werden, die in der Lerngruppe in unterschiedlichen Sozialformen bearbeitet werden kann. Ein Beispiel dafür bietet die Szenariendidaktik (vergleiche Hölscher 2007; Hölscher, Piepho & Roche 2006; Hölscher, Roche & Simic 2009). Durch die Verzahnung von Handlungsbezug, Vermittlung sprachlicher Mittel und aktiver Sprachanwendung wird bei dieser Lernform das Behalten der vermittelten Strukturen wesentlich erleichtert. Wenn man diese drei Prinzipien adäquat im Unterricht umsetzt, können sogar Anfänger komplexe Aufgaben erfolgreich bewältigen. In diesem Kontext können die elektronischen Medien die Lerner unterstützen. Insbesondere das Prinzip der Aufgabenorientierung spielt eine zentrale Rolle, denn die elektronischen Medien fungieren nicht nur als Ressource, sondern auch als Präsentationsort der Ergebnisse. Der Einsatz von Forumsaufgaben hat unter anderem folgende Vorteile: ▶ Authentizität der Inhalte und der Aufgabenstellungen, ▶ Handlungsorientierung (recherchieren, Texte schreiben und veröffentlichen), ▶ Lernwerkzeuge benutzen, ▶ Individualisierung des Lernprozesses (Vorgehensweise je nach Lernstil etc.), ▶ kooperatives Lernen, ▶ Verantwortung übernehmen, gegenseitiger Austausch und gegenseitige Hilfestellungen (vergleiche Roche 2008b: 246f; Wegele 2006: 12f). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Einsatz von Forumsaufgaben eine Reihe von Kompetenzen sowie die Motivation fördert. Dadurch können sogar Anfänger, die bisher fremdgesteuert gelernt haben, zum selbständigen und eigenverantwortlichen Lernen schrittweise angeleitet werden. 5.2.3 Modell-Lerneinheit Meine Wohnung Wie im vorhergehenden Abschnitt erläutert, ist die Förderung interkultureller Kompetenz ein wichtiges Lernziel. Das Lehrwerk Schritte international ist beispielsweise derart konzipiert, dass es den komplexen Anforderungen des modernen Fremdsprachenunterrichts gerecht wird. Eine unterhaltsame Foto-Hörgeschichte erleichtert den Einstieg in die Lektionen und vermittelt interessante Themen aus dem deutschsprachigen Alltag. Spielerische Aktivitäten helfen dabei, die Sprache aktiv und interaktiv zu benutzen. Binnendifferenzierung und selbstentdeckendes Lernen spielen dabei eine besondere Rolle. Unterrichtsbegleitend dazu sind die DUO -Module für Anfänger basis deutsch entwickelt worden. Sie ergänzen gezielt den Präsenzunterricht und bieten einen sanften Einstieg ins E-learning. Die aufeinander aufbauenden Module basis-deutsch A1 und basis-deutsch A2 sind für den Sprachunterricht der Grundstufe vorgesehen. Deutschlernern ohne Vorkennt- 200 5. Mediengestützte Handlungsdidaktik nisse wird ein innovativer Ansatz, Sprache unter Einbindung multimedialer Ressourcen zu erlernen, angeboten. In Themenwahl und Progression orientiert sich basis-deutsch an den Kompetenzbeschreibungen des GER . Die Aufgaben folgen den inhaltlichen Erfordernissen der Grundstufe: Authentische Situationen mit alltäglichen, landeskundlichen und interkulturellen Hintergründen sowie darauf bezogene Redemittel und Textsorten. Außerdem werden Regeln durch Grammatikanimationen veranschaulicht. Verschiedene Online-Ressourcen sollen das Selbstlernen fördern. Die Einsatzformate können je nach Zielgruppen und Rahmenbedingungen variieren (vergleiche Paland 2011: 7). Darüber hinaus erweitern und unterstützen die DUO -Module den Deutschunterricht. Im Folgenden werden die Lernziele der Lektion 4 Meine Wohnung exemplarisch aus dem Lehrwerk Schritte international. A1 / 1 zusammenfassend dargestellt, das an der Hochschule im Sprachprogramm verwendet wurde, aber durch andere GER -affine Lehrwerke ersetzt werden kann. Zu den Richtlernzielen gehört die Förderung: ▶ der sprachlichen Kompetenz im Bereich Wohnen, ▶ der interkulturellen Kompetenz im Bereich Wohnen und ▶ des selbständigen und konstruktiven Lernens. Zu den Groblernzielen gehören: ▶ die Erweiterung des Wortschatzes zum Thema Wohnen, ▶ das Trainieren der Lesekompetenz, des Hörverstehens, des mündlichen und schriftlichen Ausdrucks sowie ▶ die Vermittlung grammatischer Strukturen. Zu den Feinlernzielen zählen: ▶ Schritt A: Nach einem Ort fragen, ▶ Schritt B: eine Wohnung beziehungsweise ein Haus beschreiben; Gefallen oder Missfallen ausdrücken, ▶ Schritt C: Möbel und Elektrogeräte benennen; Farben benennen, ▶ Schritt D: Zahlen 100-1 000 000; Wohnungsanzeigen, ▶ Schritt E: einen Zeitungsartikel verstehen, ▶ Grammatik: definiter Artikel, lokale Adverbien (hier beziehungweise dort), prädikatives Adjektiv, Personalpronomen, Negation nicht, Verbkonjugation. Die Aufgaben in DUO zu dieser Lektion erweitern das Thema, indem visuelle Mittel und animierte Darstellungen der relevanten Inhalte eingesetzt werden. Die Lerner sollen außerdem nach bestimmten Informationen im Internet selbständig recherchieren (zum Beispiel authentische Wohnungsanzeigen im Internet bearbeiten und die Ergebnisse in eine Tabelle eintragen). Die Forumsaufgabe in DUO zum Thema Meine Wohnung lautete: „Beschreiben Sie Ihre Wohnung oder Haus (Größe, Lage, Atmosphäre)“. Im Sinne einer Aufgabenpro- 201 5.2 Handlungskompetenzen gression sollte diese Transferaufgabe am Ende der Lektion dazu dienen, das bisher Gelernte in einem neuen Kontext anzuwenden (vergleiche Roche 2008b: 213). Die Lerner hatten bisher viel über die Wohnungen in Deutschland erfahren, nun sollten sie das erworbene Sprachwissen (Wortschatz, Strukturen etc.) nutzen und über ihre eigene Wohnung oder ihr eigenes Haus schreiben. Die produzierten und im Forum publizierten Texte sollten dann als Ausgangspunkt für die Initiierung interkultureller Prozesse während der Präsenzphase fungieren sowie der Selbstreflexion dienen. Denn die Inhaltsorientierung allein reicht für einen effektiven Fremdsprachenunterricht nicht aus, sie soll „zu einer Auseinandersetzung (Interaktion, kommunikative Zielsetzung, Handeln) mit den Inhalten“ führen (Roche 2011: 391). In der Nachbereitungsphase sollen also Sprechanlässe zur Verfestigung des Wortschatzes und der grammatischen Strukturen geschaffen werden. Durch den Vergleich von eigenen und fremden Konzepten soll die interkulturelle Sensibilisierung gefördert werden. Dabei können Vor- und Nachteile beider Konzepte ausgearbeitet und reflektiert werden. Nicht zuletzt liefern die Texte ein nützliches Feedback für die Lehrkraft darüber, was die Gruppe gelernt hat und woran noch gearbeitet werden muss. 5.2.4 Forumsbeiträge als Anlass für interkulturelle Sensibilisierung Eine der Kommunikationsmöglichkeiten in DUO stellt das Forum dar. Abbildung 5.2 zeigt die Funktionen dieser asynchronen Kommunikationsform: Abbildung 5.2: DUO -Forum (Todorova 2012) 202 5. Mediengestützte Handlungsdidaktik Ein Vorteil des Forums ist, dass man längere Texte verfassen kann. Außerdem sollen nicht alle Teilnehmer gleichzeitig online sein, daher eignet sich das Forum sehr gut für die Bearbeitung der Hausaufgaben. Über die Forum-Übersicht in DUO erhält man Zugang zum Klassenforum. Die veröffentlichten Texte dort sind nur Mitgliedern der jeweiligen Klasse zugänglich. Die einzelnen Beiträge sind nach Themen sortiert und werden chronologisch angezeigt. Die meisten Forumsaufgaben dienen dem Meinungsaustausch. Die Lehrer und Lehrerinnen können im Forum beliebig viele Ordner mit Themen und Aufgaben anlegen. Die Lerner können nicht nur Texte schreiben, sondern auch Fotos hinzufügen sowie Smileys benutzen. In diesem Abschnitt wird die Nachbereitungsphase zum Thema Meine Wohnung dargestellt. Nach der Bearbeitung der Aufgaben im Lehrbuch sollten die Studentinnen und Studenten selbständig die Forumsaufgabe aus DUO bewältigen. Abbildung 5.3 zeigt die im Forum der Klasse veröffentlichten Texte: Abbildung 5.3: Beispiele aus dem Forum Meine Wohnung (Todorova 2012) 203 5.2 Handlungskompetenzen Die Abbildung zeigt den Sprachstand der Teilnehmer und Teilnehmerinnen nach etwa vier Wochen Unterricht (circa 40 Unterrichtseinheiten). Vorher wurden drei gemeinsam bearbeitete Forumsaufgaben veröffentlicht. Das war die erste selbständig ausgeführte Online-Aufgabe. Aus den Texten wird ersichtlich, was die Anfänger in so einer kurzen Zeit gelernt haben. Nun sollten die Forumsbeiträge für die letzte Phase- - die Nachbereitungsphase- - aufbereitet werden. Wie bereits erwähnt, geht es im Fremdsprachenunterricht nicht um reine Wissensvermittlung, „sondern auch um grundlegende Konzepte, Denkweisen und Lern- und Arbeitsmethoden“ (Roche 2008b: 233). Um Generalisierungen und Klischees zu vermeiden, versucht man „in der interkulturellen Sprachdidaktik, Lerner für Fremdheit allgemein zu sensibilisieren“ (Roche 2008b: 233). In diesem Kontext sollten die Forumsbeiträge (die eigene Wohnung) und die Lehrbuchinformationen (eine deutsche Wohnung) als Ausgangspunkt für die Gegenüberstellung beider Konzepte dienen. Abbildung 5.4 zeigt eine Zusammenfassung der in den Forumstexten thematisierten kulturellen Aspekte. Solche Übersichten in Form von Tabellen oder Schemata können Lehrer und Lehrerinnen ohne großen Aufwand erstellen. Das Ziel dabei ist, sich als Lehrkraft mit der Lernerperspektive auseinanderzusetzen und daraus wichtige Stichpunkte für die interkulturelle Diskussion vorzubereiten. Abbildung 5.4: Kulturelle Aspekte bei der Beschreibung der eigenen Wohnung (Todorova 2012) Die Texte liefern wichtige kulturspezifische Informationen hinsichtlich des Themas eine jordanische Wohnung. Insgesamt fällt ein sehr positives Eigenbild auf. Die Lerner präsentieren gerne ihre Wohnungen und sind stolz auf die Einrichtung. Die Wohnung scheint ein wichtiger Mittelpunkt der Großfamilie zu sein. Die aus europäischer Sicht ungewöhnliche Wohnungsgröße ist dadurch bedingt, dass die Familien viele Mitglieder haben und alle unter einem Dach wohnen. Wichtige Komponenten einer jordanischen Wohnung sind der Garten, der Balkon und die Garage. Es ist außerdem interessant, dass die Wohnung mit Freizeitaktivitäten verbunden wird-- fernsehen, Computerspiele spielen etc. 204 5. Mediengestützte Handlungsdidaktik Wie man sieht, können auch Anfänger anspruchsvolle und kreative Texte produzieren, denen man als Lehrkraft kulturspezifische Aspekte entnehmen kann. In einem weiteren Schritt sollte man sich mit dieser Kulturspezifik beschäftigen und sich geeignete Aufgaben überlegen, die einen interkulturellen Vergleich veranlassen könnten. Anschauliches Material könnte auch als Sprechanlass in der Nachbereitungsphase dienen: Zum Beispiel das Foto eines deutschen und eines jordanischen Hauses (siehe Abbildung 5.5 und 5.6); eine Wohnungsskizze anfertigen und beschriften (siehe Abbildung 5.7), Auszüge aus den Texten auf Folie präsentieren (siehe Abbildung 5.3) etc. Hier folgen die drei Aufgaben, die im Unterricht eingesetzt wurden. Abbildung 5.5: Ein jordanisches Haus (Todorova 2012) Abbildung 5.6: Ein deutsches Haus (Todorova 2012) 205 5.2 Handlungskompetenzen Erste Aufgabe: zwei Fotos vergleichen Zwei Fotos sollten die Lerner anregen, eine Diskussion durchzuführen. Zu den Fotos wurden verschiedene Fragen gestellt, wie zum Beispiel: 1. Welches Haus gefällt Ihnen besser? Warum? Beschreiben Sie es. 2. Was ist anders in Deutschland? Warum? Im Laufe der Diskussion wurden auch andere Themen angesprochen. Die Lerner äußerten zum Beispiel stereotypisierte Vorstellungen über das Wetter in Deutschland, dass es kalt sei und dass es keine Sonne gäbe. Es wurde auch bemerkt, dass die deutschen Häuser Zäune haben. Auch Baumaterialien wurden thematisiert, wie Holz (Holzbalkon) in Deutschland und Stein (Sandstein) in Jordanien. Auf die Frage der Lehrkraft, warum alle jordanischen Häuser weiß oder gelblich sind, antworteten die Lerner, dass die Sonne so stark sei, dass es sich nicht lohne, die Fassaden zu färben. Aber in Deutschland sei es kein Problem, denn die Sonne sei nicht so stark wie in Jordanien. Teilweise bedienten sich die Studentinnen und Studenten des Englischen oder des Arabischen und wollten unbedingt das entsprechende Wort auf Deutsch wissen. Manche benutzten auch ihre Wörterbücher. Sie sprachen unaufgefordert, machten sich Notizen, erweiterten dabei ihren Wortschatz, übten auch Satzbau und Negation. Zweite Aufgabe: die eigene Wohnung zeichnen und die Räume beschriften Nach dieser emotionalen Diskussion folgte eine andere Sozialform-- die Einzelarbeit. Die Studentinnen und Studenten sollten eine Skizze der eigenen Wohnung erstellen und die einzelnen Räume beschriften. Abbildung 5.7 enthält zwei Beispiele: 206 5. Mediengestützte Handlungsdidaktik Abbildung 5.7: Skizzen der eigenen Wohnung (Todorova 2012) Danach wurden die einzelnen Grafiken ausgestellt und jeder konnte sehen, was die anderen gemacht haben. Noch während des Zeichnens kamen spontane Fragen auf, die ebenso kulturspezifische Aspekte thematisierten, wie zum Beispiel: Ist ‚Herrenzimmer‘ korrekt? What’s mean ‚Saloon‘ in German? Was ist better: Saalzimmer or Frauenzimmer? Die Studentinnen und Studenten haben teilweise auf Englisch versucht, die Funktionen eines Empfangsraumes und eines Herrenzimmers zu erklären, und suchten nach analogen Bezeichnungen im Deutschen. Es hat sich herausgestellt, dass ein Gästezimmer auf Deutsch eine ganz andere Funktion hat als der Empfangsraum für die Gäste in einer jordanischen Wohnung. Der jordanische Empfangsraum ist ein Gemeinschaftsraum mit vielen Sofas, mit kleinen Beistelltischen für Getränke und Nüsse und mit einem großen Tisch in der Mitte. Dieser Raum ist prunkvoll eingerichtet, denn er soll das Haus repräsentieren. Selbst nicht so wohlhabende Familien haben so einen sehr teuer eingerichteten Raum. Dort sitzen die Gäste, trinken Kaffee und unterhalten sich bis das Essen fertig ist. Dann wird im Speisezimmer gegessen und anschließend wieder im Empfangsraum gesessen. Natürlich gibt es noch einmal Kaffee oder Tee und unbedingt Früchte. Ein deutsches Gästezimmer hingegen ist kein Gemeinschaftsraum. Es ist zum Ausruhen und Übernachten der Gäste gedacht. Die Lerner waren außerdem erstaunt, dass es in einer deutschen Wohnung kein Zimmer für die Männer gibt, wo sie sitzen, sich unterhalten, rauchen und Kaffee trinken können. So ein Herrenzimmer sei in Jordanien ein absolutes Muss. Analog gibt es in einer arabischen Wohnung ein Zimmer, wo sich die Frauen versammeln und die Ehemänner keinen Zutritt haben. Dieses Zimmer hatte eine Lernerin als Saalbeziehungsweise Frauenzimmer in ihrer Skizze bezeichnet (siehe Abbildung 5.7). Sie hat nach Wortbildungsprinzipien (Schlaf-, 207 5.2 Handlungskompetenzen Wohn-, Kinderzimmer) eine eigene Kreation gewagt und auf diese Weise mit der Sprache experimentiert. Ebenso kulturbedingt sind die Bezeichnungen Sohn- und Mädchenzimmer, das heißt die Kinder werden nach Geschlecht in den Räumen verteilt. Daraus lässt sich schließen, dass die Studentin das Wortbildungsprinzip im Deutschen begriffen und konsequent angewendet hat. Es wurde jedoch darauf hingewiesen, dass im Deutschen die Bezeichnung Kinderzimmer üblich ist. Die Raumaufteilung ist ebenfalls kulturell bedingt-- das Herrenzimmer ist gleich neben dem Eingang, damit die Männer die Ehefrau des Gastgebers nicht sehen können. Wenn sie den für Jordanien traditionellen Kaffee bringt, klopft sie an die Tür und überreicht das Tablett ihrem Mann. Manche haben jedoch bemerkt, dass das nicht in allen Häusern der Fall sei. Und diese alte Tradition existiere in vielen modernen Familien nicht mehr. Diese Äußerung fand die Zustimmung der anderen. Die Aufgabe zeigt, dass durch solche umfassenden Diskussionen nicht nur die Lerner profitieren, sondern auch die Lehrperson viel über die jeweilige Kultur lernt und den eigenen Horizont erweitert. Dritte Aufgabe: die Forumstexte auf Folie präsentieren und Fragen stellen Innerhalb der letzten Aufgabe wurden ausgewählte Beispiele aus den Forumstexten auf Folie präsentiert. Sie dienten als Grundlage für weitere Auseinandersetzungen mit beiden Kulturen. Folgende Fragen sollten diese Aufgabe unterstützen: Ich habe die Texte gelesen und viele für mich neue und interessante Sachen gefunden. Manches verstehe ich noch nicht: ▶ Warum haben Sie so viele Zimmer? ▶ Warum sind alle Möbel groß (Bett, Tisch-…)? ▶ Haben Sie genug Platz in der Wohnung? ▶ Viele schreiben, dass sie eine Garage haben. Wie viele Autos haben Sie denn? Welche Marke? Wie lange fahren Sie denn schon Auto? etc. Alle haben die Fragen als persönliches Interesse seitens der Lehrkraft empfunden. Rückfragen bezüglich Deutschlands wurden spontan gestellt: In Deutschland sind auch viele Autos, BMW und Mercedes-… Ich weiß. Eigentlich wie hier. Wie ist es in Deutschland, haben Sie nicht so viele Zimmer? Ich war schon in Deutschland, die Wohnungen sind nicht groß. Auf diese Weise verlief die Phase des kulturellen Vergleichs ganz natürlich und spontan. Dann hat jeder erzählt, wann und wie er oder sie den Führerschein gemacht hat, dass man in Amman unbedingt ein Auto braucht und dass das Benzin nicht so teuer wie in Deutschland ist etc. Die Diskussion erweiterte sich immer mehr und die Studentinnen und Studenten wollten der Lehrerin unbedingt erzählen, was die Besonderheiten in ihrer Stadt sind. Als Lehrkraft sollte man also Interesse an der Kultur der Lerner signalisieren. Wenn diese das Interesse spüren, erzählen sie unaufgefordert über ihre Kultur und ihre Erfahrungen. Nur wenn diese Botschaft-- ‚Ich interessiere mich für Ihre Welt.‘- - bei den Lernern ankommt, kann man eine entspannte Lernatmosphäre schaffen, in der die Fremdsprache zu einem Instrument der Kommunikation wird. Als Lehrkraft im Ausland repräsentiert man Deutschland und die deutsche Kultur. Die 208 5. Mediengestützte Handlungsdidaktik Botschaft sollte daher lauten: „Genauso wie ich Ihre Kultur kennenlernen möchte, möchte ich Sie mit der deutschen Kultur und Sprache vertraut machen.“ Nur auf diese Weise kann der interkulturelle Unterricht seine Ziele erreichen, nämlich „Toleranz von Andersartigkeit“, „Anerkennung von Vielfalt der Perspektiven“, „reflektierte Erfahrung der Normalität des Fremden“ (Hunfeld 1997: 2) und dabei auch etwas Neues konstruieren, eine erweiterte Perspektive, die das Eigene und das Fremde vereint (Roche 2008b: 231). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die Studentinnen und Studenten in dieser flexiblen Lernumgebung frei äußern, ihre Erfahrungen mitteilen, aber auch über ihre eigene Kultur reflektieren konnten. Sie wurden für kulturelle Besonderheiten zwischen Deutschland und Jordanien sensibilisiert, aber auch innerhalb der eigenen Kultur wurden Unterschiede festgestellt. So lernten sie, zu argumentieren und ihre Perspektive zu relativieren. Auf diese Weise wurde außerdem die „Selbsterkenntnis des Lernenden“ (Hunfeld 1997: 3) gefördert. 5.2.5 Lerntraditionen In diesem Abschnitt soll der Hintergrund für bestimmte didaktische und methodische Entscheidungen (Einsatzformat, Vorgehensweise) näher erläutert werden. Forumsbeiträge im Anfängerunterricht zu schreiben und online zu veröffentlichen ist eine Herausforderung für Lerner, die bisher ausschließlich fremdgesteuert gelernt haben. Auch wenn die ersten Forumsaufgaben nicht besonders gute Ergebnisse liefern sollten, haben die Lerner in der Nachbereitungsphase die Möglichkeit, Schwierigkeiten zu thematisieren, ihre Texte mit Hilfe der anderen und auch der Lehrkraft zu optimieren und ihre Defizite auszugleichen. Wenn sie nach einer gewissen Zeit mit der Arbeitsform vertraut gemacht werden und wissen, was zu leisten ist, sollte man die am Anfang etwas intensivere Betreuung reduzieren und mehr Selbständigkeit bei der Aufgabenbewältigung verlangen. In Jordanien wurden die Forumsbeiträge am Anfang in Einzelbeziehungsweise Partnerarbeit im Computerraum vorbereitet und ausgeführt. Die Lehrkraft stand bei Fragen und Unklarheiten zur Verfügung. In der zweiten Semesterhälfte wurden die Forumsaufgaben selbständig von Zuhause geschrieben und hochgeladen. Die Texte im Forum waren für die ganze Klasse zugänglich. Sie wurden ausgedruckt, korrigiert und als Anlass für weitere die interkulturelle Kompetenz fördernde Aufgaben und Diskussionen im Präsenzunterricht verwendet. In dieser Nachbereitungsphase konnten die Studentinnen und Studenten im Plenum auch ihre kommunikativen Kompetenzen trainieren. Aufgrund des festen Curriculums sollte man bei der Wahl der Online-Aufgaben selektiv vorgehen. Natürlich waren alle Online-Inhalte für die Lerner jederzeit zugänglich, und sie konnten nach Interesse beziehungsweise Bedarf auch selbständig lernen. Ein Minimum an Übungen und Aufgaben sollte zur besseren Planung und Organisation jedoch festgelegt werden. Darüber hinaus sollte der institutionelle Rahmen miteinbezogen werden. Für die Studentinnen und Studenten war es zum Beispiel vorgeschrieben, jede Woche (das heißt am Ende der entsprechenden Lerneinheit) eine schriftliche Hausaufgabe zu bearbeiten, die anschließend korrigiert und bewertet wurde. Diese für die Studentinnen und Studenten etwas lästigen Schreibaufgaben wurden in der Pilotklasse durch Forumsbeiträge in DUO ersetzt, 209 5.2 Handlungskompetenzen die ausgedruckt und benotet wurden. Der Pflichtcharakter der Forumsbeiträge wurde jedoch durch die eingeführten Nachbereitungsphasen etwas aufgelockert. Die Funktion der Nachbereitung bestand darin, sich intensiv mit den produzierten Texten zu beschäftigen, dabei über die eigene und fremde Perspektive zu diskutieren und reflektieren, die Fehler zu analysieren, die Texte zu optimieren und letztendlich die Lernmotivation zu fördern. In dieser Phase sollten die Studentinnen und Studenten außerdem lernen, Verantwortung für ihre Lernprozesse zu übernehmen. Ausgehend von den Lerntraditionen der jordanischen Studentinnen und Studenten war es am Anfang nicht unproblematisch, sie mit der neuen Methodik zu konfrontieren. Einige haben am Anfang die neue kommunikative Lernform abgelehnt und wollten die Aufgaben nicht bearbeiten, andere haben sich beschwert, dass keine Grammatik vermittelt würde. Es gab auch solche, die den Kurs wegen Nichtbestehens im vorigen Semester wiederholten. Letztere konnten den alten Unterricht und das alte Lehrwerk (wie sie sie nannten) mit dem neuen Unterricht vergleichen. Diese Teilnehmer fanden die neue Methodik sehr gut, denn in kurzer Zeit stellten sie deutliche Lernfortschritte fest. Außerdem hatten sie keine Angst mehr, dass sie bei der Abschlussprüfung durchfallen. Insgesamt hat es drei bis vier Wochen gedauert, bis alle Studentinnen und Studenten in das Unterrichtsgeschehen involviert waren. Die Begeisterten hatten so viel Spaß bei der Partner- und Gruppenarbeit, dass die anderen auch neugierig wurden und sich den einzelnen Arbeitsgruppen unaufgefordert zuordneten. Im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass die meisten Studentinnen und Studenten zum einen Angst vor dem Nichtbestehen der Abschlussprüfung hatten (Einfluss externer Faktoren auf die Emotionen). Zum anderen bestand für sie der Lernprozess darin, auswendig zu lernen und Inhalte zu reproduzieren (Lerntradition und Lerngewohnheiten). Laut diesem Lernverständnis sollte die explizite Vermittlung von Grammatik eine zentrale Rolle spielen. Diese Erwartungen wurden im Deutschunterricht nicht erfüllt. Stattdessen stand die Anwendung der Sprache in kommunikativen Situationen im Mittelpunkt. Durch die Themen im Lehrwerk und die verschiedenen Sozialformen im Unterricht wurden Anlässe geschaffen, mit der Sprache zu handeln und zu experimentieren. Die Forumsaufgaben spielten dabei eine wichtige Rolle. Dieser Ansatz erwies sich als erfolgreich. Die ganze Klasse hat das Examen am Ende des Semesters bestanden und mehr als die Hälfte bekam aufgrund ihrer Leistung Stipendien für einen Sommerkurs in Deutschland. Nachdem sie überzeugt waren, dass man auch so lernen kann, und die Angst überwunden war, konnten sie über das neue Lernkonzept nachdenken und die eigene Lernweise reflektieren. Sie haben Lernstrategien und -techniken entdeckt, die das Lernen unterstützen (Förderung des Metawissens), aber vor allem Spaß am Lernen entwickelt (Motivation). Im folgenden Semester wollten sie unbedingt mit DUO weiterlernen. Doch was bedingt diesen Lernerfolg? 5.2.6 Mehrwert von Forumsaufgaben Der Mehrwert von Forumsaufgaben lag vor allem darin, dass die Lerner Verantwortung für ihre Lernprozesse übernahmen. Außerdem wurden durch die kreative Aufgabenstellung und die freie Wahl an Sozialformen das Interesse und die Motivation gefördert. Deutsch war 210 5. Mediengestützte Handlungsdidaktik nicht mehr nur ein Pflichtfach, sondern machte auch Spaß. Am wichtigsten war, dass die Sprache aktiv angewendet wurde. Dabei wurden kulturelle Aspekte berücksichtigt und daraus didaktische und methodische Konsequenzen gezogen (mehr Instruktionen am Anfang, allmähliche Übernahme von Verantwortung und selbständige Durchführung der Schreibaufgaben). Schließlich wurden die Lerner dazu ermutigt, selbständig Deutsch zu lernen sowie die Sprache aktiv anzuwenden. In diesem Sinne wurde ein konstruktiver und handlungsorientierter Fremdsprachenunterricht realisiert. Aus den von den Studentinnen und Studenten produzierten Texten (Lernerperspektive) wurden nicht nur Kontraste und Gemeinsamkeiten zwischen beiden Kulturen herausgearbeitet. Es erfolgte auch eine Phase der Integration des Gelernten (siehe Modell in Roche 2008b: 212f). Die sprachliche Arbeit (Wortschatz, Strukturen etc.) wurde darin ganz natürlich integriert, wobei die Lerner unaufgefordert Fragen bezüglich Vokabeln, Struktur etc. stellten. Der Bedarf an Korrektur entstand ganz spontan. Die Grammatik wurde damit induktiv vermittelt. Es entstand eine weitgehend authentische Lernumgebung. Der Lernerfolg basierte darauf, dass die Prinzipien der Handlungsorientierung (Aufgaben-, Lerner- und Kompetenzorientierung) mit methodischen Aspekten, die sowohl individuelle als auch kulturelle Merkmale berücksichtigten, abgestimmt waren. Dabei konnte ein Einsatzformat geschaffen werden, das den Bedürfnissen der Lerner entsprochen hat. Durch die Themenwahl, die verschiedenen Aufgaben und vor allem durch die aktive Auseinandersetzung mit den Inhalten in der Nachbereitungsphase wurde die interkulturelle Kompetenz der Lerner auf eine natürliche Art und Weise gefördert. 5.2.7 Zusammenfassung ▶ Am Beispiel der Forumsaufgaben wurde exemplarisch gezeigt, dass die Lerntraditionen und Lerngewohnheiten nichts Statisches sind. Es gibt andere Faktoren, die den Lernerfolg im handlungsbezogenen interkulturellen Fremdsprachenunterricht bedingen, wie zum Beispiel das interessante Thema und die abwechslungsreiche Methodik. Die Lerntraditionen und Lerngewohnheiten sollten insofern berücksichtigt werden, als man die Lerner mit der neuen Methodik nicht überfordert. Deshalb sind am Anfang Instruktionen und kooperative Arbeitsformen bevorzugt einzusetzen. Wenn man die Lerner schon einmal mit den neuen Anforderungen vertraut gemacht hat, dann ist es für sie kein Problem mehr, dass sie etwas selbständig organisieren und durchführen. ▶ In diesem Kontext spielt die Lehrkraft als Organisator und Begleiter eine entscheidende Rolle. Sie soll: ▷ Situationen schaffen, in denen man Kommunikationsbedarf hat, ▷ von der Perspektive der Lerner ausgehen und ihre Vorerfahrungen integrieren, geeignetes Material für die interkulturelle Arbeit aufbereiten, ▷ Empathie zeigen und die Lerner dazu ermutigen, mit der Sprache zu experimentieren. ▶ Im Fremdsprachenunterricht sollte die Chance gegeben sein, dass die Lerner ihr Potenzial entfalten können. Die Forumsbeiträge sind ein Beweis dafür, wie viel man dadurch und in so einer kurzen Zeit lernt. Die Nachbereitungsphase fördert die interkulturelle Sensibilisierung, die aktive Auseinandersetzung mit der Kultur und der Sprache, aber 211 5.2 Handlungskompetenzen 5.2.8 Aufgaben zur Wissenskontrolle 1. Wie sollte man im Unterricht vorgehen, wenn die Lerner an fremdgesteuertes Lernen gewöhnt und auf Instruktionen angewiesen sind? 2. Warum ist die Rolle einer DaF-Lehrkraft im Ausland besonders? 3. Worin besteht der Mehrwert von Forumsaufgaben? 4. Wie sollte im Sinne einer interkulturellen Fremdsprachendidaktik der Sprachunterricht aussehen und was ist ihr oberstes Ziel? 5. Welche Merkmale sind bei der Definition der Zielgruppe mit ihren Voraussetzungen zu beachten? auch die Selbstreflexion. Der Einsatz von Forumsaufgaben hat außerdem eine Reihe von sprachlichen Kompetenzen gefördert sowie die Fähigkeit, sich selbst zu organisieren und Verantwortung für den eigenen Lernprozess zu übernehmen. Durch solche Aufgaben, die medial umgesetzt werden, lernt man, die einzelnen Schritte bei der Aufgabenbewältigung zu planen, Lernwerkzeuge dafür zu nutzen und schließlich die Ergebnisse zu veröffentlichen. Dadurch, dass die Ergebnisse der ganzen Klasse sichtbar waren, bemühte man sich um Kreativität aber auch um sprachliche Korrektheit. Außerdem förderten die einzelnen Themen das Interesse an der deutschen Sprache und Kultur, was wiederum die Lernmotivation begünstigte. ▶ Das in diesem Beitrag vorgestellte Modell zum Forumseinsatz im Fremdsprachenunterricht kann in dieser beziehungsweise in leicht abgeänderter Form von jeder Lehrkraft im Fremdsprachenunterricht eingesetzt werden. Man kann mit jedem GER -kompatiblen Lehrwerk und den Basis-Modulen von DUO arbeiten, aber auch jede andere Lernplattform, die Forumsmöglichkeit hat, könnte verwendet werden. Dabei ist wichtig, dass die Online- und die Präsenzphasen abgestimmt sind und aufeinander aufbauen. Die einzelnen Schritte können mit jedem beliebigen Unterrichtsthema durchgeführt werden. Die Lehrkraft soll dabei die Lernerperspektive als Ausgangspunkt nehmen und daraus Anlass für interkulturelle Diskussionen schaffen. Wie in Abschnitt 5.2.4 aufgezeigt wurde, könnte man Bilder, Ausschnitte aus den Forumsbeiträgen, aber auch konstruktive Aufgaben verwenden, wie zum Beispiel eine Skizze erstellen und beschriften lassen. Vorformulierte Diskussionsfragen, die auf die Lernertexte eingehen, sind in diesem Kontext ebenfalls sinnvoll. Auch wenn es am Anfang nicht einfach sein kann, sollte man als Lehrkraft geduldig sein und gemeinsam mit den Lernern nach Lösungen suchen. Nur durch einen handlungsorientierten und kreativen Unterricht kann die Selbständigkeit gefördert und das Lernverständnis erweitert werden. 212 5. Mediengestützte Handlungsdidaktik 5.3 Innovativer berufsorientierter DaF-Unterricht Alexander Kruckenfellner In den vorherigen Lerneinheiten haben Sie einige praktische Beispiele kennengelernt, wie digitale Medien Handlungsorientierung und Interkulturalität im Unterricht unterstützen können. In dieser Lerneinheit möchten wir Ihnen ein Modell für den DaF-Unterricht vorstellen, das im Sinne der Handlungsorientierung und der Szenariendidaktik mediengestützt entwickelt wurde. Wie taucht man im Fremdsprachenunterricht in die Berufswelt ein? Wie lässt sich engagierten und ambitionierten Deutschlernern zeigen, welches Hintergrundwissen und welche beruflichen Schlüsselqualifikationen für einen Wettbewerbsvorteil am Arbeitsmarkt notwendig sind? Oder wie interkulturelle Kompetenzen gefördert werden können, um erfolgreich zu handeln? So entsteht eine Zielgruppe meist aus jungen Erwachsenen, die nicht nur hochqualifizierende Sprachprogramme fordern, sondern auch effiziente und handlungsorientierte Angebote, die sie realitätsnah auf die Berufswelt vorbereiten. Eine attraktive Möglichkeit ist die DaF-Übungsfirma. Von der Angebotsentwicklung über den Einkauf bis zu Marketingstrategien und Werbekonzepten gibt es viele Details zu erörtern. Über diese Feinheiten tauschen sich die Lerner mit Teilnehmern aus anderen DaF-Übungsfirmen in virtuellen Präsentationen, Verhandlungen und Besprechungen nicht nur aus, sondern perfektionieren dabei gleichzeitig ihre Sprach- und Handlungskompetenzen. Ergänzende Planspiele und Fallstudien bieten Raum für interkulturellen Austausch und schaffen dadurch wirklichkeitsnahe Sprech- und Schreibanlässe für den DaF-Lerner. Lernziele In dieser Lerneinheit möchten wir erreichen, dass Sie ▶ das angewandte handlungsorientierte Angebot Interkulturelle DaF-Übungsfirma kennenlernen und analysieren können; ▶ den Lernmehrwert des Modells Übungsfirma und die Rolle der digitalen Medien bei seiner Umsetzung reflektieren können; ▶ das Modell an Ihren Unterricht anpassen und anwenden können; ▶ nach diesem Vorbild eigene Unterrichtsmodelle konzipieren können. Die vorliegende Lerneinheit basiert auf: Kruckenfellner, Alexander (2012), Innovativer berufsorientierter DaF-Unterricht-- Sprachkompetenz und Berufs-Know-how am Modell der interkulturellen DaF-Übungsfirma. BMW LIFE - - Ideen und Materialien für interkulturelles Lernen [Online unter https: / / www.bmwgroup.com/ content/ dam/ bmw-group-websites/ bmwgroup_com/ responsibility/ downloads/ de/ 2016/ Life_Edition_240816.pdf. 12. Juni 2018] (Zusammenfassung am Ende der Lerneinheit von Katsiaryna EL -Bouz). 213 5.3 Innovativer berufsorientierter DaF-Unterricht 5.3.1 Vorüberlegung Fremdsprachen erlernt man besonders nachhaltig, wenn man sie handlungsorientiert und authentisch anwendet (vergleiche Hölscher, Roche & Simic 2009). Letzteres greift besonders das integrierte Fremdsprachen- und Sachfachlernen ( CLIL ) auf, das dem Grundprinzip des bilingualen Sachfachunterrichts folgt. Bei der Integration von Fremdsprache und Sachfach dient die Fremdsprache als Arbeitssprache und dabei als Instrument bei der Bewältigung fachspezifischer Inhalte (vergleiche dazu aufgabenbasiertes Lernen bei Müller-Hartmann & Schocker-von Ditfurth 2011; Bausch, Burwitz-Melzer, Königs & Krumm 2011). Im Simulationsmodell der interkulturellen DaF-Übungsfirma spielen Sprach- und interkulturelle Kompetenzen eine ebenso wichtige Rolle wie die Vermittlung und Erarbeitung von berufsorientierten Inhalten. Die dabei entstehenden Sprachlernszenarien mit der Kombination aus Präsenzphasen und interaktiven online-unterstützten Übungsmodulen ermöglichen den Teilnehmern, in einer kooperativen Lernumgebung komplexe Zusammenhänge zu erkennen und „berufsorientiertes Querdenken“ zuzulassen. Obgleich die DaF-Übungsfirma je nach Komplexitätsgrad unterschiedliche Ausprägungsformen verfolgen kann, indem zum Beispiel unterschiedliche Abläufe (wie etwa die Gründung einer DaF-Übungsfirma) sowie Berufsbereiche betont oder etwas vernachlässigt werden, zählen Autonomie, Medienkompetenz, Selbstbestimmung und soziales Lernen zu ihren Kerneigenschaften. Der folgende Beitrag soll neben der Klärung des methodisch-didaktischen Anpassungsbedarfs der Frage nachgehen, wie eine Umsetzung optimal erfolgen kann und welche neuen Lern- und Medienchancen sich für einen innovativen und berufsorientierten DaF-Unterricht finden lassen. Im letzten Abschnitt erfolgt die Veranschaulichung und praktische Umsetzung eines interkulturellen Planspiels als Ergänzung zur DaF-Übungsfirma. 5.3.2 Die interkulturelle DaF-Übungsfirma Leitidee und Zielgruppe Was bedeutet berufsorientiertes Deutsch für den modernen DaF-Unterricht, welcher methodisch-didaktische Anpassungsbedarf ergibt sich und wie kann eine Umsetzung optimal erfolgen? Unternehmerisches Querdenken, das Erkennen von komplexen Zusammenhängen, der Erwerb von sozialen und interkulturellen Kompetenzen sowie die Anwendung von Fremdsprachen gehören zu den pädagogischen Schwerpunkten. Dabei wird Wissen fächerübergreifend, handlungs- und problemorientiert von den Teilnehmern erarbeitet und reflektiert (vergleiche Hölscher et al. 2009). Eine besondere Bedeutung hat die interkulturelle DaF-Übungsfirma für die Vorbereitung auf die künftigen Karrieren der Kursteilnehmer, die sich damit einen deutlichen Wettbewerbsvorteil sichern können. Die interkulturelle DaF- Übungsfirma als komplexes und eigendynamisches Modell schafft die Basis für neue Lernchancen im modernen berufsorientierten Fremdsprachenunterricht. 214 5. Mediengestützte Handlungsdidaktik Die Übungsfirma und ihre Ziele Die Idee, berufsorientierte Ausbildung durch Übungsfirmen wirklichkeitsnah durchzuführen, ist keineswegs neu und nachweislich seit dem 17. Jahrhundert in der kaufmännischen Ausbildung vorhanden. Ob als „Kontorübung, Übungsfirma, Schulungs-, Simulations- oder Scheinbüro“ (Goethe-Institut, o. J.) hat das Modell im deutschsprachigen Raum eine große Bedeutung und wird sowohl für schulische Ausbildungszwecke (zum Beispiel in Berufsschulen oder Berufskollegs) als auch zur beruflichen Rehabilitation von Erwachsenen eingesetzt. Laut Europen-Pen International (European Practice Enterprises Network), einem gemeinnützigen Verein mit Sitz in Deutschland und dem größten Übungsfirmennetzwerk, gibt es weltweit 7500 Übungsfirmen in über 40 Nationen (Europen-Pen 2016a). Darüber hinaus zielt das 2009 von der EU geförderte Projekt PELLIC (Practice Enterprise for Language Learning and Intercultural Communication) darauf ab, das Anwenden von Fremdsprachen (am Beispiel von Englisch) mit Übungsfirmen erfolgreich zu verbinden. Was genau ist eine Übungsfirma und welche Ziele verfolgt sie? Europen-Pen definiert die Übungsfirma als „ein[en] Lernort für die Aus- und Weiterbildung von Kaufleuten, in der berufspraktische Kenntnisse und Fertigkeiten handlungsorientiert vermittelt, erweitert und vertieft werden“ (Europen-Pen 2016b; siehe auch Deutscher ÜbungsFirmenRing Zentralstelle 2017). Sie ist somit eine Art Laboratorium für die berufsorientierte Aus- und Weiterbildung und weist vereinfacht folgende Merkmale auf: Lernen im und am Modell eines realen Unternehmens mit ▶ fiktiven Produkt-, Dienstleistungs- und Geldströmen (virtuelles Kaufen beziehungsweise Verkaufen von Waren und / oder Dienstleistungen) und ▶ realen Außenkontakten zu anderen Übungsfirmen und Zentralstellen mit dem Einsatz von Fremdsprachen. Neben der Fachkompetenz stehen die Methoden, wie zum Beispiel Problemlösungsstrategien und Sozialkompetenz, im Vordergrund der fächerübergreifenden Ausbildungsziele einer Übungsfirma. Obgleich sie je nach Komplexitätsgrad unterschiedliche Ausprägungsformen verfolgen kann, indem unterschiedliche kaufmännische Bereiche betont oder etwas vernachlässigt werden, zählen Autonomie, Selbstbestimmung und soziales Lernen zu den Kerneigenschaften. Das hier geforderte und geförderte „Lernen durch Versuch und Irrtum“ ermöglicht den Teilnehmern durch Fehler zu lernen, andererseits erfordert es seitens der Übungsfirmenleiter sehr klare Zielsetzungen. DaF in der Übungsfirma Berufsorientierte Schlüsselqualifikationen gehören zu den Kernelementen der interkulturellen DaF-Übungsfirma und werden als solche in unterschiedlichen Lernszenarien (vergleiche Szenariendidaktik bei Hölscher et al. 2009) geübt und modular ausgebaut: zum Beispiel Präsentationen, Verhandlungen, Korrespondenz, interkulturelle Kommunikation und Besprechungen. 215 5.3 Innovativer berufsorientierter DaF-Unterricht Beispiel: Weltweit ist ein international tätiger Reiseveranstalter mit Sitz in Berlin und Vertretungsbüros in Europa, Südamerika und Afrika. Das Angebot umfasst Reisen für alle Altersstufen in verschiedenen Preiskategorien. Sie arbeiten in der Marketingabteilung und erhalten eine E-Mail der Geschäftsleitung, in der Sie aufgefordert werden, für die nächste internationale Tourismus-Messe in Frankfurt eine Firmenpräsentation (sowohl schriftlich als auch mündlich) sowie eine Vorlage für einen Elevator-Pitch (‚Fahrstuhl-Verkaufsgespräch‘) zu erstellen. Fortbildung zum DaF-Übungsfirmen-Coach Interkulturelle DaF-Übungsfirmen stellen spezifische Anforderungen an die berufliche Handlungskompetenz der Lehrperson. Um Teilnehmer zu unterrichten, beraten und unterstützen zu können, bedarf es neben besonderer Fachkenntnisse auch der Fähigkeit, Wissen und Erfahrungen in Verhalten zu übersetzen. So ist die Fortbildung zum DaF-Übungsfirmen- Coach auch ein persönlicher Veränderungsprozess. In den vom Goethe-Institut Uruguay angebotenen Workshops beschäftigen sich die Teilnehmer mit dem Modell der DaF-Übungsfirma, ihren Grundsätzen, Zielen und Abläufen und durchwandern die einzelnen Stationen der Implementierung: ▶ Modul 1: Wie gründe ich eine DaF-Übungsfirma? ▷ Konzept und Aufbau ▷ Ziele ▷ Partner ▷ Institutionelle Implementierung (Sprachinstitut, Schule, Universität) und individuelle Anpassungen ▶ Modul 2: Wie führe ich eine DaF-Übungsfirma? ▷ Zielgruppe ▷ Lehrerbild (Coach)-- Schülerbild (Mitarbeiter / Trainee) ▷ Fachkompetenz, soziale und interkulturelle Kompetenzen ▷ Die Bedeutung und die Rolle von DaF in der Übungsfirmenarbeit ▶ Modul 3: Welche weiteren Aktivitäten bestehen in einer DaF-Übungsfirma? ▷ Teambildung ▷ Kooperatives Lernen ▷ Medieneinsatz ▷ Konfliktmanagement Multimedialität in der DaF-Übungsfirma Da die Entwicklung in der Informations- und Kommunikationstechnik einen immer größer werdenden Einfluss auf die Berufswelt nimmt, ist auch die Verwendung multimedialer Hilfsmittel ein zentraler Bestandteil der DaF-Übungsfirma. Audiovisuelle Medien bringen mit aktuellen Hör- und Lesetexten Authentizität in die DaF-Übungsfirma und bieten handlungsorientierte Sprechanlässe. In elektronischen Lern- 216 5. Mediengestützte Handlungsdidaktik plattformen (zum Beispiel Moodle) können den Lernern Aufgaben, gesamte Module der DaF-Übungsfirma sowie elektronische Arbeits- und Rechercheinstrumente (zum Beispiel e-Wörterbücher, Suchmaschinen, Webseiten etc.) bereitgestellt werden, die somit auch verschiedene Kursformate von Blended Learning ermöglichen. Durch den Einsatz von Internet und interaktiven Tafeln können virtuelle DaF-Übungsfirmen-Partnerschaften entstehen, die die weltweite Interaktivität zwischen Lernern steigern. Interkulturelle Fallstudien und Planspiele als Ergänzung zur DaF-Übungsfirma Fallstudien und Planspiele sind die optimale Verbindung zwischen der klassischen Wissensvermittlung und dem handlungsorientierten Unterricht. Der Teilnehmer wird mit einem realitätsnahen Problem konfrontiert und erarbeitet in Gruppenarbeit eine Konsenslösung. In der Vorbereitungsphase werden die Teilnehmer in einer Art Aufwärmübung sensibilisiert und mit dem Problem vertraut gemacht. Vorbereitende Wortschatzübungen und Glossare dienen zur Erklärung und Festigung. Im Anschluss erarbeitet die Gruppe einen Lösungsweg und reflektiert in der Nachbearbeitungsphase Höhen und Tiefen der Gruppenarbeit, mögliche Schwachstellen und falsche Entscheidungen. Im folgenden Abschnitt erfolgt die Umsetzung eines interkulturellen Planspiels mit optionalen Zusatzaufgaben für den berufsorientierten DaF-Unterricht. 5.3.3 Planspiel - Multimedia im interkulturellen Kontext Einführung Ein Manager muss entscheiden, wie beziehungsweise ob er einen Mitarbeiter zu einer Multimedia-Fortbildung überzeugen kann. Sprachniveau nach dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen ( GER ): B2. Sie sind vor Kurzem zum Geschäftsführer von Faier Montevideo S. A. befördert worden. Faier GmbH ist ein in München ansässiger Produzent von Solaranlagen, der vor Kurzem das uruguayische Konkurrenzunternehmen gekauft hat, das früher zu einem österreichischen Konzern gehörte. Sie sind vor zwei Wochen in Montevideo angekommen und erhalten heute folgende E-Mail aus München: Betreff: Multimedia-Bestandsaufnahme und Fortbildung Lieber Kollege, leider konnte ich Sie gestern telefonisch nicht mehr erreichen. Im Rahmen der sukzessiven Einsparungsmaßnahmen unseres externen Medienberaters und des neuen Fortbildungskonzeptes verlangen wir von allen Führungskräften (=-Abteilungsleitern, Gruppenleitern) fortgeschrittene Multimedia-Kenntnisse für hochwertige Präsentationen, Messeauftritte, Publikationen und unsere neue Unternehmensplattform. 217 5.3 Innovativer berufsorientierter DaF-Unterricht Da wir schon in 3 Monaten mit den ersten Workshops beginnen möchten, bitte ich Sie um eine Bestandsaufnahme bei allen Führungskräften in Form eines Fragebogens, der auf unserer Webseite abrufbar sein wird. Jene Mitarbeiter, die die Mindestanforderungen nicht erreichen, haben 3 Monate Zeit, ihre Kenntnisse in Form von Online-Modulen und Gruppentrainern zu verbessern. Werden die Mindestanforderungen nicht erreicht, bitte ich Sie, die Stellen neu auszuschreiben. Sollten Sie noch Rückfragen haben, rufen Sie mich bitte an. BG Anton Kern Leiter Human Resources Reflektieren Sie in Gruppen den Inhalt dieser E-Mail anhand folgender Leitfragen: 1. Was verlangt die Personalabteilung von allen Führungskräften? 2. Welche Bereiche umfasst Multimedia? Wenn notwendig, führen Sie eine kurze Internetrecherche durch. 3. Welchen Stellenwert hat Multimedia in Ihrem Land und Ihrer Berufsgruppe? 4. Wann sollen die Workshops beginnen? 5. Wie lautet der konkrete Arbeitsauftrag des Leiters der Personalabteilung? 6. Was passiert mit Mitarbeitern, die die Mindestanforderungen nicht erreichen? 7. Wie sehen Sie im konkreten Fall die Maßnahme der Personalabteilung? Konsensfindung (Rollenspiel) Im Folgenden ist das Szenario des Rollenspiels dargestellt. Die dort präsentieren Aufgaben richten sich in erster Linie an die Spielteilnehmer. Selbstverständlich können Sie diese auch selbst bearbeiten. Nachdem Sie mit der Problemstellung vertraut sind, beginnen Sie mit Situation A und den Optionen a, b und c. Diskutieren Sie alle drei Optionen bis Sie in Ihrer Gruppe einen Konsens finden und folgen Sie den Anweisungen. Situation A Sie sind von der Idee der Workshops begeistert, obwohl Sie wissen, dass besonders Gruppenleiter mit dieser neuen Fortbildungsmaßnahme überfordert sein werden. Ihr Assistent informiert die Belegschaft über den bevorstehenden Fragebogen und die möglichen Online- Module. Wie befürchtet, erhalten Sie am nächsten Tag eine E-Mail von Herrn Aufellner. Herr Aufellner weigert sich, den Fragebogen auszufüllen und rechtfertigt die Entscheidung mit seinem Dienstalter und der seiner Meinung nach nicht vorhandenen Notwendigkeit, da er schon seit Jahren an keinen Messen und Firmenpräsentationen teilnehme. Er sei Gruppenleiter, 59 Jahre alt und arbeite seit über 25 Jahren für das Unternehmen. Dieser Zirkus (Zitat Aufellner) wäre für ihn reine Zeitverschwendung. Das sollen die jüngeren Mitarbeiter machen, ich kann das nicht! , so Aufellner in seiner E-Mail. 218 5. Mediengestützte Handlungsdidaktik Was machen Sie? a) Sie antworten Herrn Aufellner, dass es keine Ausnahmen gibt. Die Zentrale hat die Regeln vorgegeben, die unbedingt eingehalten werden müssen. Gehen Sie zu Situation O. b) Sie rufen Herrn Aufellner an und erklären ihm den Sachverhalt. Gehen Sie zu D. c) Sie werden mit Herrn Aufellner morgen in der Mittagspause darüber sprechen und bitten Ihren Assistenten um eine Terminvereinbarung. Gehen Sie zu L. Zusatzaufgaben: ▶ Verfassen Sie eine E-Mail an Herrn Aufellner. ▶ Stellen Sie das Telefongespräch in Form eines Rollenspieles dar. ▶ Welche interkulturellen Aspekte müssten Ihrer Meinung nach berücksichtigt werden? ▶ Welche Alternativen wären noch denkbar? Wie würde man in Ihrem Land vorgehen? Situation D Sie telefonieren seit 30 Minuten mit Aufellner. Er ist aufgebracht, wiederholt immer wieder, dass er schon seit 25 Jahren für das Unternehmen arbeite und sich unter Multimedia nichts vorstellen könne. Trotzdem würde er sich die Online-Module gerne anschauen. Den Fragebogen möchte er weiterhin nicht ausfüllen. Für ihn wäre es reine Blamage. Was machen Sie? a) Sie bestehen darauf, dass er den Fragebogen ausfüllt. Gehen Sie zu K. b) Sie sagen ihm, dass Sie mit der Zentrale in München darüber sprechen werden. Gehen Sie zu F. c) Sie lassen sich von Aufellner überzeugen, dass er den Fragebogen nicht ausfüllt und verweisen auf die Online-Module mit Gruppencoaching. Gehen Sie zu H. Zusatzaufgabe: ▶ Führen Sie das Gespräch mit der Personalabteilung in Form eines Rollenspieles durch. Wie könnte Herr Kern reagieren? Müssten auch interkulturelle Unterschiede beachtet werden? Wenn ja, inwiefern? Situation L Aufellner erzählt Ihnen, dass er vor vielen Jahren einen Computerkurs für Anfänger besucht habe. Er könne sich aber an nichts mehr erinnern. Was machen Sie? a) Sie bestehen darauf, dass er den Fragebogen ausfüllt. Gehen Sie zu K. b) Sie sagen ihm, dass Sie mit der Zentrale in München darüber sprechen werden. Gehen Sie zu F. c) Sie erklären Aufellner, welche Vorteile der Multimedia-Workshop für sein gesamtes Fortbildungsprogramm hat. Gehen Sie zu J. d) Sie lassen sich von Aufellner überzeugen, dass er den Fragebogen nicht ausfüllt und organisieren ein Gruppencoaching für ihn. Gehen Sie zu H. 219 5.3 Innovativer berufsorientierter DaF-Unterricht Zusatzaufgaben: ▶ Aufellner fragt Sie, was genau der Multimedia-Workshop beinhaltet. Was antworten Sie? Führen Sie gegebenenfalls eine Internetrecherche durch und stellen Sie geeignete Medien für eine Firmenpräsentation oder einen Messeauftritt dar. ▶ Sie planen das Telefongespräch mit Herrn Kern. Welche Argumente werden Sie anführen? Was spricht dafür, was dagegen? Situation O Sie bekommen keine Antwort von Aufellner und nehmen an, dass er sich damit abgefunden hat, den Fragebogen auszufüllen. Sie rufen ihn an und wollen sich für sein Verständnis bedanken. Aufellner ist jedoch weiterhin verärgert und versichert Ihnen, dass er auf keinen Fall den ausgefüllten Fragebogen abgeben werde. Was machen Sie? a) Sie bestehen darauf, dass er den Fragebogen ausfüllt. Gehen Sie zu K. b) Sie sagen ihm, dass Sie mit der Zentrale in München darüber sprechen werden. Gehen Sie zu F. c) Sie nehmen an, dass seine Computerkenntnisse nicht ausreichend sind und vereinbaren ein Einzelcoaching für ihn. Gehen Sie zu S. Zusatzaufgabe: ▶ Planen Sie das Einzelcoaching für Aufellner. Welche Bereiche sollten Ihrer Meinung nach abgedeckt werden? Situation K Am nächsten Tag sitzt Aufellner in Ihrem Büro. Ich fülle diesen lächerlichen Fragebogen auf keinen Fall aus! , sagt Aufellner aufgeregt. Es tut mir leid, aber Sie haben keine Alternative, erwidern Sie. Dies ist eine Anordnung der Zentrale. Alle müssen das machen. Aufellner wird immer aufgebrachter, schreit: Dann kündigen Sie mir doch! und läuft aus Ihrem Büro. Was machen Sie? a) Sie kündigen Aufellner fristlos. Als neuer Geschäftsführer müssen Sie Ihre Autorität zeigen und ein Zeichen setzen. Gehen Sie zu N. b) Nichts. Aufellner wird sich schon beruhigen und vielleicht einsehen, dass der Fragebogen ein hilfreiches Instrument für seine weitere Fortbildung ist und somit seinen weiteren Verbleib im Unternehmen garantiert. Darüber hinaus hat er wirklich weder Kontakt zu Kunden noch nimmt er an öffentlichen Präsentationen teil. Gehen Sie zu Q. Zusatzaufgabe: ▶ Wäre eine Kündigung in Ihrem Land so einfach möglich? Was spräche dafür, was dagegen? ▶ Jede Ausnahme bestätigt die Regel. Wie sehen Sie dies in diesem Fall? 220 5. Mediengestützte Handlungsdidaktik Situation J Sie erklären Aufellner die Vorteile des Fragebogens. Schließlich füllt er den Fragebogen aus und erreicht eine sehr niedrige Punkteanzahl. Er nimmt am Gruppencoaching teil, arbeitet mit den Online-Modulen, aber zeigt wenig Interesse. Nach zwei Monaten hat er nur geringe Fortschritte erzielt. Gehen Sie zu M. Zusatzaufgabe: ▶ Woran kann es liegen, dass Aufellner so wenig Interesse zeigt? Welche zusätzliche(n) Maßnahme(n) würden Sie ergreifen? Situation F Sie sprechen mit Kern über den Fall Aufellner. Kern hat jedoch kein Verständnis für Ihr Anliegen, die Regeln seien klar und eindeutig. Als Geschäftsführer müssten Sie damit fertig werden. Sofort nach dem Telefongespräch senden Sie Aufellner eine E-Mail und legen den Abgabetermin des Fragebogens fest. Gehen Sie zu O. Zusatzaufgabe: ▶ Simulieren Sie das Telefongespräch in Form eines Rollenspieles. Welche Möglichkeiten gäbe es noch, Herrn Kern von Ihrem Anliegen zu überzeugen? Situation H Aufellner beginnt mit dem Online-Coaching, zeigt jedoch wenig Interesse. Nach ein paar Wochen erhalten Sie einen Anruf von Kern. Wo sind die Ergebnisse von Herrn Aufellner? , möchte er von Ihnen wissen. Sie schieben alles auf ein Computerproblem, entschuldigen sich und versprechen ihm, den Fragebogen so schnell wie möglich zu senden. Was machen Sie? a) Sie loben Aufellner für seine Fortschritte und meinen, dass es Zeit wäre, den Fragebogen auszufüllen. Gehen Sie zu J. b) Sie sagen ihm, dass Sie von der Zentrale die Anordnung erhalten haben, dass er den Fragebogen ausfüllen muss. Gehen Sie zu K. Zusatzaufgabe: ▶ Wie können Sie Aufellner für etwas loben, was er eigentlich gar nicht leistet? Wie würde man in Ihrem Land damit umgehen? Wenn Sie schon selbst in einer ähnlichen Situation waren, berichten Sie Ihrer Gruppe von Ihren Erfahrungen. Situation S Der Multimedia-Coach ruft Sie an und fragt, warum Aufellner nicht zum Workshop gekommen sei. Was machen Sie? 221 5.3 Innovativer berufsorientierter DaF-Unterricht a) Nichts. Irgendwie scheint es hier keine Lösung zu geben. Aufellner wird sich schon zum Training zurückmelden. Außerdem haben Sie als Führungskraft auch wichtigere Dinge zu tun, als einem Mitarbeiter hinterher zu laufen. Darüber hinaus hat er weder Kontakt zu Kunden noch nimmt er an Firmenpräsentationen teil. Gehen Sie zu Q. b) Es reicht Ihnen. So kann es nicht weitergehen. Sie hinterlassen Aufellner eine Nachricht auf seinem Schreibtisch. Er muss den Fragebogen nun endgültig ausfüllen. Gehen Sie zu K. c) Sie hinterlassen Aufellner eine Nachricht auf seinem Handy. Eine halbe Stunde später kommt er zu Ihnen ins Büro. Sie bitten ihn, die Workshops zu besuchen. Gehen Sie zu H. Zusatzaufgabe: ▶ Verfassen Sie die Nachricht, die Sie Herrn Aufellner auf seinem Schreibtisch hinterlassen werden. Situation Q Nach ein paar Wochen erhalten Sie einen Anruf von Kern. Wo sind die Ergebnisse von Herrn Aufellner? möchte er von Ihnen wissen. Sie schieben alles auf ein Computerproblem, entschuldigen sich und versprechen ihm, den ausgefüllten Fragebogen so schnell wie möglich zu senden. Gehen Sie zu L. Situation M Die allgemeinen Bestimmungen sehen nun vor, dass Aufellner nicht mehr als Gruppenleiter fungieren kann. Er könnte ohne Probleme als Assistent eingesetzt werden. Was machen Sie? a) Sie schlagen Aufellner die Position des Assistenten vor. Er hätte keine Führungsaufgaben mehr und wäre von der Fortbildungsmaßnahme befreit. Gehen Sie zu G. b) Sie geben ihm weitere sechs Monate. Gehen Sie zu T. c) Sie ändern nichts und schreiben in seine Personalakte, dass er fortgeschrittene Multimedia-Kenntnisse erreicht hat. Wer wird das schon merken? Gehen Sie zu C. d) Sie sprechen mit Kern und berichten ihm vom schlechten Ergebnis. Aufellner ist einer der besten Mitarbeiter, den Sie auf keinen Fall verlieren möchten. Sie bitten Kern, eine Ausnahme zu machen. Gehen Sie zu U. Zusatzaufgaben: ▶ Sammeln Sie aussagekräftige Argumente und führen Sie ein Verhandlungsgespräch mit Herrn Kern in Form eines Rollenspiels. ▶ Diskutieren Sie in Ihren Gruppen, inwiefern Personalakten gefälscht werden können. Kennen Sie einen ähnlichen Fall? Wenn ja, berichten Sie Ihrer Gruppe. Wie würden Sie einen derartigen Fall handhaben? Situation G Aufellner lehnt das Angebot lachend ab. Er ist seit vielen Jahren Gruppenleiter und würde sich vor seinen Mitarbeitern lächerlich machen. 222 5. Mediengestützte Handlungsdidaktik Was machen Sie? a) Sie kündigen Aufellner fristlos. Als neuer Geschäftsführer müssen Sie Ihre Autorität zeigen und ein Zeichen setzen. Aufellner fehlen nur noch wenige Jahre bis zum Ruhestand. Gehen Sie zu N. b) Sie ändern Aufellners Position in seiner Personalakte, belassen aber sonst alles beim Alten. Das entspricht natürlich nicht den allgemeinen Bestimmungen, aber wer wird das schon entdecken? Immerhin sind Sie weit von der Zentrale entfernt. Gehen Sie zu P. Zusatzaufgabe: ▶ Diskutieren Sie in Ihren Gruppen, inwiefern Personalakten gefälscht werden können. Kennen Sie einen ähnlichen Fall? Wenn ja, berichten Sie Ihrer Gruppe. Wie würden Sie einen derartigen Fall handhaben? Situation T Aufellner fährt mit dem Coaching fort, seine Fortschritte werden jedoch immer geringer. Nach einigen Wochen ruft er Sie an, da er nicht mehr weitermachen möchte. Er würde niemals die Vorgaben erreichen. Was machen Sie? a) Sie kündigen Aufellner fristlos. Als neuer Geschäftsführer müssen Sie Ihre Autorität zeigen und ein Zeichen setzen. Aufellner fehlen nur noch wenige Jahre bis zum Ruhestand. Gehen Sie zu N. b) Sie schlagen Aufellner die Position des Assistenten vor. Er hätte keine Führungsaufgaben mehr und wäre von der Fortbildungsmaßnahme befreit. Gehen Sie zu I. c) Sie ändern Aufellners Position in seiner Personalakte, belassen aber sonst alles beim Alten. Das entspricht natürlich nicht den allgemeinen Bestimmungen, aber wer wird das schon entdecken? Immerhin sind Sie von der Zentrale weit entfernt. Gehen Sie zu P. d) Sie bieten ihm einen frühzeitigen Ruhestand an. Das Problem wäre gelöst und Sie haben wieder Zeit, sich endlich anderen Dingen zu widmen. Gehen Sie zu B. Situation U Kern hat jedoch kein Verständnis für Ihr Anliegen, die Regeln seien klar und eindeutig. Als Geschäftsführer müssten Sie damit fertig werden. Gehen Sie wieder zu M und wählen eine andere Option. Situation P Sie haben eine Lösung gefunden: Aufellner arbeitet weiterhin als Gruppenleiter und kann mit Ihrer Hilfe die allgemeinen Bestimmungen des Unternehmens umgehen. Die klaren und eindeutigen Regeln der Personalabteilung haben Sie ignoriert, die Personalakte enthält ein gefälschtes Ergebnis. Das nächste Audit kommt bestimmt und wenn man den Betrug entdeckt, steht Ihr Name auf der Kündigungsliste. Das ist das Ende des Planspiels. 223 5.3 Innovativer berufsorientierter DaF-Unterricht Situation B Aufellner lehnt dankend ab. Die Arbeit macht ihm Spaß und er sieht nicht ein, warum er frühzeitig in Rente gehen soll. Gehen Sie wieder zu T und wählen Sie eine andere Option. Situation C Kern schickt Ihnen folgende E-Mail: (…) Ein Kollege der Marketingabteilung wollte heute mit Aufellner eine Produktpräsentation besprechen, er hat jedoch kein einziges Wort verstanden. Laut Ihrer Mitteilung hat er doch die Vorgaben erreicht, oder? Wie kann das sein? Ich verweise zum letzten Mal auf unsere Bestimmungen und bitte Sie um genaue und konsequente Einhaltung. Als Gruppenleiter ist er somit ungeeignet.-(…) Gehen Sie zu M. Zusatzaufgabe: ▶ Rechtfertigen Sie Ihr Vorgehen in Form einer E-Mail an Herrn Kern. ▶ Wie würden Sie eine Produktpräsentation multimedial lösen? Situation N Sie kündigen Aufellner und befördern seinen Assistenten zum Gruppenleiter. Einige Wochen später erfahren Sie, dass Aufellner bei einem Rechtsanwalt war und das Unternehmen gegen ungerechtfertigte Kündigung klagen möchte. Laut Ihres Rechtsanwaltes hat er gute Chancen, den Prozess zu gewinnen, da er die Unterstützung der Gewerkschaft bekommt. Was machen Sie? a) Sie bitten Aufellner um eine außergerichtliche Einigung. Das Risiko, den Prozess zu verlieren, ist zu hoch. Außerdem sind Sie erst seit kurzer Zeit Geschäftsführer und ein Gerichtsprozess würde Ihrem Ansehen schaden. Gehen Sie zu R. b) Nichts. Sie haben bereits eine Entscheidung getroffen und daran soll jetzt auch nichts mehr geändert werden. Gehen Sie zu E. Zusatzaufgabe: ▶ Welche Chancen hätte Herr Aufellner in Ihrem Land? Wie beurteilen Sie die rechtliche Situation? Situation R Die Rechtsanwälte einigen sich auf eine Abfindungssumme und Aufellner beginnt seinen frühzeitigen Ruhestand. Alles scheint in Ordnung zu sein, als zwei Wochen später Herr Bielefeld und Frau Dr. Werger die Workshops unterbrechen möchten. Beide Mitarbeiter berufen sich auf die Entscheidung im Fall Aufellner. Auch die Gewerkschaft unterstützt ihre Forderung. Wie viele Aufellners wird es in Zukunft bei Ihnen geben? Werden Sie noch als Führungskraft angesehen? Das ist das Ende des Planspiels. 224 5. Mediengestützte Handlungsdidaktik Situation E Überraschenderweise gewinnen Sie den Prozess und freuen sich, dass man Ihnen Recht gegeben hat. Die Gerichtskosten sind sehr hoch und der neue Gruppenleiter scheint mit seiner neuen Aufgabe überfordert zu sein. Die Belegschaft erkennt Sie zwar als Führungskraft an, aber hat ihre Zweifel an der Qualität Ihrer Entscheidungen. Sind Sie als Führungskraft unabhängig oder folgen Sie einfach den Entscheidungen, die in der Zentrale getroffen werden? Das ist das Ende des Planspiels. Situation I Aufellner ist mit Ihrem Vorschlag einverstanden. Seine Leistung nimmt drastisch ab und er wirkt auf seine Mitarbeiter sehr depressiv. Nach sechs Monaten wird Aufellner krank, sein Krankenstand wird monatlich verlängert und er tritt gesundheitsbedingt in den frühzeitigen Ruhestand. Das Problem wäre somit gelöst und die Bestimmungen des Unternehmens wurden konsequent eingehalten. Andererseits haben Sie einen wertvollen und erfahrenen Mitarbeiter aufgrund eines Fragebogens verloren. Hätte man das Problem nicht anders lösen können? Das ist das Ende des Planspiels. Reflexion Am Ende des Planspiels sollen Sie nun Ihre Entscheidungen anhand folgender Leitfragen reflektieren und in Ihrer Gruppe diskutieren: 1. Was hätte man anders machen können? 2. Wo hat man falsch und wo hat man richtig entschieden? 3. Welche Alternativen gäbe es noch? 4. Wo spielen kulturelle Gegebenheiten eine Rolle? 5. Welche Anforderungen werden an eine Führungskraft gestellt? 6. Wie geht man mit Konflikten um? 7. Wie beurteilen Sie die Konsensfindung in der Gruppe? Bestand ein Gleichgewicht zwischen den einzelnen Gruppenmitgliedern? Zusatzaufgaben: ▶ Sie verfassen eine E-Mail an den Personalleiter und rechtfertigen Ihre eigene Entscheidung. ▶ Sie wählen eine oder mehrere kritische Schlüsselszenen, die Sie mit weiteren Alternativen und relevanten interkulturellen Aspekten ergänzen. 225 5.3 Innovativer berufsorientierter DaF-Unterricht 5.3.4 Hinweise für den Unterricht Ergänzung zur DaF-Übungsfirma Das vorliegende Planspiel kann als Ergänzung zur DaF-Übungsfirma eingesetzt werden. Einzelne Situationen werden zum Anlass genommen, berufliche Schlüsselqualifikationen (wie zum Beispiel Präsentieren, Verhandeln etc.) anhand der Zusatzaufgaben zu üben und auszubauen. Projekt Das Planspiel lässt sich (unabhängig vom Einsatz der DaF-Übungsfirma) als mehrwöchiges Projekt durchführen. Sowohl die Fragestellung der einzelnen Situationen sowie die anschließenden Zusatzfragen bieten den Lernern die Möglichkeit, Lernpausen einzulegen, um sich insbesondere mit den interkulturellen Problemstellungen und Sensibilisierungsprozessen auseinanderzusetzen. Ziel ist, die Lerner anhand von kritischen Situationen zur interkulturellen Rückbetrachtung und Diskussion zu veranlassen. Kursmaterialien Der Einsatz von berufsorientierten DaF-Materialien zu den Modulen der DaF-Übungsfirma (zum Beispiel Präsentieren, Verhandeln, Besprechen, interkulturelle Kompetenz etc.) unterstützt die Lernprozesse und gibt eine Fülle von Anregungen für die einzelnen Lernszenarien. 5.3.5 Zusammenfassung ▶ Neben der Verbesserung der Sprach- und Handlungskompetenzen bietet eine DaF- Übungsfirma den Lernern umfassende Möglichkeiten, in die Berufswelt einzutauchen, für den Arbeitsmarkt wichtiges Hintergrundwissen und berufliche Schlüsselqualifikationen zu reflektieren und zu üben sowie interkulturelle, kommunikative und Medien- Kompetenzen zu erwerben. ▶ Im Simulationsmodell der interkulturellen DaF-Übungsfirma spielen Sprach- und interkulturelle Kompetenzen eine ebenso wichtige Rolle wie die Vermittlung und Erarbeitung von berufsorientierten Inhalten wie zum Beispiel unternehmerisches Querdenken, Erkennen von komplexen Zusammenhängen, Erwerb von sozialen und interkulturellen Kompetenzen und Problemlösungsstrategien. ▶ Interkulturelle DaF-Übungsfirmen stellen spezifische Anforderungen an die berufliche Handlungskompetenz der Lehrperson. Um Teilnehmer zu unterrichten, beraten und unterstützen zu können, bedarf es neben besonderer Fachkenntnisse auch der Fähigkeit, Wissen und Erfahrungen in Verhalten zu übersetzen. ▶ Ein zentraler Bestandteil der DaF-Übungsfirma ist auch die Verwendung multimedialer Hilfsmittel, die Authentizität bringen, handlungsorientierte Sprechanlässe bieten sowie virtuelle Partnerschaften und somit die weltweite Interaktivität zwischen Lernern unterstützen. 226 5. Mediengestützte Handlungsdidaktik 5.3.6 Aufgaben zur Wissenskontrolle 1. Was sind die Ziele und der Lernmehrwert einer interkulturellen DaF-Übungsfirma? 2. Welche Anforderungen werden dabei an die Lehrperson gestellt? 3. Welche Rolle spielen Multimedia bei einer interkulturellen DaF-Übungsfirma? 4. In welchen Schritten erfolgt die Vorbereitung auf das Planspiel und seine Umsetzung im Unterricht? 5. Erklären Sie das Grundprinzip des bilingualen Sachfachunterrichts. 227 5.3 Innovativer berufsorientierter DaF-Unterricht 6. Lernplattformen In dem vorherigen Kapitel haben Sie die wichtigsten theoretischen Grundlagen sowie mehrere angewandte Beispiele für den Einsatz der digitalen Medien im Fremdsprachenunterricht kennengelernt. Dieses Kapitel hat nun zum Ziel, Ihnen Aufbau, Übungstypen und Funktionen von Lernplattformen inklusive diverser Lerner- und Kursverwaltungsinstrumente vorzustellen, die besonders relevant für das medial gestützte Sprachenlernen und Sprachenlehren sind. Es ist dabei nicht möglich, alle Aspekte gleichgewichtig und alle Programme, Sprachen und Plattformen im gleichen Umfang zu behandeln. Zu groß ist die Vielfalt, zu groß ist die Variationsbreite in Umfang und Qualität der Lösungen, zu schnell ändern sich technische Voraussetzungen und Einsatzmöglichkeiten. Es scheint in einer einführenden Darstellung wie dieser sinnvoller, die Funktionen und Übungstypen im Kontext einer kompletten Lernplattform zu behandeln. Dadurch wird der Gesamtzusammenhang des virtuellen Lernens und seiner Einbettungsmöglichkeiten in verschiedene Lehr- und Lernformate exemplarisch deutlich gemacht und die Orientierung bei der weiteren Evaluation von Sprachlernsoftware erleichtert. Als Illustrationsbeispiel für die Entwicklung, den Aufbau und sämtliche Lern- und Unterrichtsfunktionen einer modernen Lernplattform dient hier das umfangreichste Portal für die Vermittlung von Deutsch als Wissenschaftssprache, die Deutsch-Uni Online. Die erste Lerneinheit macht mit den Grundlagen und Entwicklungsphasen von komplexen Sprachlernplattformen vertraut, die geschlossene und offene Komponenten sinnvoll verbinden. Funktionen und Komponenten werden hier aus technisch-organisatorischer Sicht beschrieben. Die zweite Lerneinheit präsentiert vielfältige Kommunikationsinstrumente sowie Übungsmöglichkeiten einer Lernplattform. Es geht dabei darum zu verstehen, worin die Vorteile und Besonderheiten unterschiedlicher Kommunikationsfunktionen und die Unterschiede und Vorteile von Übungsformaten im Vergleich zu print-Übungen bestehen. Hier können Sie auch erfahren, wie Sie selbst Online-Aufgaben konzipieren können. Die dritte Lerneinheit präsentiert organisatorische Funktionen, die den Kursteilnehmern und den Tutoren helfen, ihre Aufgaben zu erledigen, ihre Arbeit zu strukturieren und auf diese Weise den Arbeits- und Lernprozess autonom zu gestalten. Es geht also um die Erklärung von Verwaltungsfunktionen für Teilnehmerinnen und Tutorinnen und die Erläuterung von Korrekturfunktionen für den Unterricht. 228 6. Lernplattformen 6.1 Situierung und Aufbau einer Lernplattform (Beispiel DUO ) Jörg Roche Die folgende Darstellung bezieht sich vor allem auf die deutschsprachige und fremdsprachige Lernplattform der Deutsch-Uni Online, einem großen Fremdsprachenportal mit Angeboten für Deutsch und andere Sprachen. ▶ Für die Darstellung dieser Plattform spricht nicht nur ihr Umfang mit circa 3000 Stunden Lernmaterial, sondern auch ihre ursprüngliche Sprachenvielfalt. ▶ Sie ist, wie keine andere Lernplattform für Wissenschaftssprachen, über viele Jahre in enger didaktischer und methodischer Abstimmung mit Lehrkräften und Lernern in aller Welt entwickelt und systematisch evaluiert worden. ▶ Sie ist weltweit erprobt und verfügbar, technisch und mediendidaktisch vielseitig, wird betreut, weiterentwickelt und enthält ein großes Spektrum von Funktionen, die bereits in mehreren Programmen für verschiedene Sprachen angewendet worden sind. ▶ Sie dient als Instrument für Erwerbsforschung und Sprachlehr- und -lernforschung. Die Forschungsergebnisse werden soweit möglich ständig in die Weiterentwicklung der Sprachprogramme eingepflegt. ▶ Leserinnen und Leser dieses Buches haben zudem die Möglichkeit, auf den Webseiten von DUO (www.deutsch-uni.com. 14. März 2018) verschiedene Demofilme und interaktive Schnuppermodule parallel zur Lektüre auszuprobieren. Lernziele In dieser Lerneinheit möchten wir erreichen, dass Sie ▶ mit den Phasen der Entwicklung von Sprachlernplattformen vertraut werden; ▶ die Komponenten und Funktionen von Sprachlernplattformen aus technisch-organisatorischer Sicht beschreiben können. 6.1.1 Begriff der Lernplattform Bevor die verschiedenen Phasen der Entwicklung und der Aufbau von Sprachlernplattformen präsentiert werden, soll der Begriff Lernplattform etwas genauer beschrieben werden. Nach Sander & Igelbrink (2010: 148) sind Lernplattformen Softwaresysteme, „mit deren Hilfe Inhalte bereitgestellt, Lernprozesse koordiniert und Kommunikationsprozesse von Lernern untereinander abgewickelt werden können“. Die heutigen Lernplattformen sind eine Mischung aus sogenannten Content-Management-Systemen (CMS) und Learning-Management-Systemen (LMS). Während bei den CMS die Erstellung, Verwaltung und Bearbeitung von Lerninhalten im Mittelpunkt stehen, geht es bei den LMS primär darum, die elektronisch unterstützten Lernprozesse zu fördern und zu verwalten, zum Beispiel durch das Strukturieren eines Lernplans, das Nachzeichnen von Lernaktivitäten, Erfolgskontrollen und dergleichen. Der Begriff Lernplattform wird mittlerweile weit gefasst verwendet. Über die didaktische Qualität des 229 6.1 Situierung und Aufbau einer Lernplattform (Beispiel DUO) Materials, des Programmes oder der Plattform sagt er nichts aus. Lernplattformen bieten in Bezug auf Inhalte und elektronische Kommunikationskanäle mittlerweile fast alles, was sich auch im oder für den Präsenzunterricht einsetzen lässt: Präsentationssysteme wie PowerPoint, Textverarbeitungssysteme, Autorenwerkzeuge zur Erstellung von Lehrmaterialien, Archive und Tafeln. Einige Funktionen können über e-Plattformen einfacher realisiert werden als im Präsenzunterricht: Zum Beispiel die Archivierung von Lernerarbeiten und Korrekturen, die Lernerverwaltung sowie die Inhaltsverwaltung und -aufbereitung. Nur wenige e-Plattformen bieten Autorenwerkzeuge zur Erstellung aller kommunikativen Aufgaben für den handlungsbezogenen Fremdsprachenunterricht und elektronisch vermittelte Kommunikationsmöglichkeiten für die Interaktionsanforderungen des kommunikativen Unterrichts. Da Plattformen auch in Präsenzformaten verwendet werden können, ist räumliche Distanz nur ein sekundäres Merkmal für die Nutzung solcher Plattformen. 6.1.2 Entwicklung von Sprachlernplattformen Wie weit fortgeschritten die Technik der heutigen Lernplattformen ist, lässt sich am besten durch einen kurzen Rückblick auf die Geschichte erklären. Den Anfang dieses Rückblicks setzen wir auf den Durchbruch des Internets, da die Entwicklung und die Verbreitung der digitalen Medien und der Lernplattformen erst ab diesem Zeitpunkt exponentiell gewachsen sind. Die Phasen der Entwicklung von Lernplattformen, die im Folgenden erläutert werden, nehmen das Modell von Hampel (2007) als Grundlage. In einer ersten Phase wurden die vielfältigen CD - ROMS im Internet zur Verfügung gestellt. Das heißt, die alten elektronischen Medien nutzten das Internet für eine schnellere Bereitstellung und größere Verbreitung der Materialien. Bezüglich der Interaktion zwischen dem Programm und dem Lerner hat sich aber nicht viel getan, denn letzten Endes sind die bereitgestellten Materialien in dieser Phase weder von der Lehrkraft noch von den Lernern veränder -oder erweiterbar. Daher erweist sich die sogenannte „Einwegkommunikation“ zwischen Material und Lerner nach Hampel (2007) als zentrales Merkmal der digitalen Medien in dieser Phase. Die Adaptierbarkeit der Materialien an die individuellen Bedürfnisse der Lerner (vergleiche Leutner 2009) bleibt hier also definitiv aus, so dass die Materialien als statisch und die Lerner als reine Rezipienten zu bezeichnen sind. Die zweite Phase zeichnet sich dadurch aus, dass die Materialien zwar geschlossene Systeme darstellen, aber trotzdem über (relativ begrenzte) Komponenten der Lerner- und Materialverwaltung verfügen. So können Lehrkräfte zum Beispiel die Zugangsrechte für die Plattformen über plattforminterne Datenbanken managen. Auch für Lerner besteht die Möglichkeit, sich die Inhalte nach eigenem Ermessen zu strukturieren, auch wenn das nur sehr bedingt möglich ist. Die Lernplattformen in dieser Phase können ebenfalls die bereits bearbeiteten Aufgaben auf der Plattform speichern, was eine Überwachung des Lernfortschritts ermöglicht. Die ersten Chats und Foren zur kooperativen Arbeit werden auch in dieser Phase implementiert. Insgesamt bieten also die Materialien einen gewissen Grad an Adaptierbarkeit, Individualität und Interaktivität, erweisen sich jedoch nach außen als relativ geschlossene Lernumgebungen (vergleiche Hampel 2007: 38). 230 6. Lernplattformen Ein ganz besonderes Merkmal der Lernplattformen der dritten Phase sind die ersten Schritte auf dem Weg zur sogenannten Interoperabilität (vergleiche Hampel 2007: 42). Damit ist sowohl der Import und Export von Materialien als auch die Übertragung von Lernerdaten und ganzer Klassen von einem System in das andere gemeint, was unter anderem durch die Entwicklung von Standards wie dem Sharable Content Object Reference Model ( SCORM ) ermöglicht werden sollte. Damit sollten sich die Lernplattformen gegenüber anderen Systemen öffnen und eine gewisse Kompatibilität herstellen. Trotzdem ist die Übertragung von Verwaltungsdaten und Inhalten in den seltensten Fällen gelungen. Auch die Fortschritte in Richtung Aufgabenkorrekturen, Anlegen von Lernpfaden durch die Lerner und Ähnliches sind an der mangelnden Umsetzung gescheitert. Die Lernplattformen in der vierten Phase weisen schließlich einen hohen Grad an Kompatibilität mit anderen Systemen auf, vor allem durch die Einbindung der sogenannten Web 2.0-Anwendungen wie Wikis, Blogs, Instant-Messaging und Ähnliches. Diese plattformunabhängigen Werkzeuge sind in den meisten Lernplattformen dieser Phase über offene Schnittstellen integrierbar. Die Lernplattformanbieter entwickeln also diese Anwendungen nicht, sondern sie garantieren lediglich die Kompatibilität zwischen ihnen und der Plattform. Damit decken die Lernplattformen nicht nur die Begleitung des Lernprozesses und die eher statische Darstellung von Wissen, sondern sie fördern die kooperative Wissenskonstruktion, ganz im Sinne der konstruktivistischen Lehr- und Lernverfahren. So können Lerner zum Beispiel durch interaktive Whiteboards gemeinsam verschiedene Informationen zu einem Thema in Form einer Concept-Map organisieren, diese speichern und eventuell zu einem späteren Zeitpunkt ergänzen und erweitern. Auch die Lernerverwaltung wird in dieser Phase viel weniger dezentral gehandhabt als in der dritten Phase, so dass zum Beispiel verschiedene Institutionen die Zugänge ihrer eigenen Nutzer ab einer bestimmten Ebene selbst verwalten können. Auch bestimmte Lernerdaten können von der jeweiligen Institution gezielt ausgewertet werden, zum Beispiel die Anzahl der Zugriffe auf die Textseiten oder Aufgaben. Der Transfer solcher Daten von einer Lernplattform auf eine andere bleibt trotz intensiver Bemühungen jedoch problematisch. Moderne Lernplattformen ermöglichen die (Selbst-)Organisation von Daten, Inhalten und Prozessen auf verschiedenen Ebenen. So konnte der Tutor (Lehrkraft im Online-Kurs) auf Plattformen der vierten Phase, wie zum Beispiel itslearning (https: / / itslearning.com/ de/ . 14. März 2018) oder Fronter (http: / / www.fronter.de/ . 14. März 2018) oder auf Moodle, entscheiden, welche Werkzeuge, Ressourcen und Inhalte für Lerner verfügbar sein sollen und in welcher Form sie bearbeitet werden sollen (in Gruppen, mit Abgabefrist, nach einem bestimmten Lernpfad und Ähnliches). Aber auch Lerner können ihre eigenen Werkzeuge verwalten, indem sie zum Beispiel das eigene Portfolio pflegen, ihre Aufgaben auf dem persönlichen Blog veröffentlichen oder die Einstiegsseite nach eigenen Interessen gestalten. Zusammenfassend lassen sich die verschiedenen Möglichkeiten zur Selbstorganisation sowohl für Lerner als auch für Tutorinnen und Tutoren beziehungsweise Administratorinnen und Administratoren in Anlehnung an Schulmeister (2005: 11) und Hampel (2007: 54ff) auf den Ebenen der Administration, des Lernmanagements und des Content-Managements wie folgt darstellen: 231 6.1 Situierung und Aufbau einer Lernplattform (Beispiel DUO) Ebenen der (Selbst-)Organisation Administration Lernmanagement Content-Management Tutor Lerner Tutor Lerner ✔ Benutzer ✔ Kurse ✔ Interface ✔ Kurse ✔ Kommunikation ✔ Kommunikation ✔ Lernmaterial ✔ Grunddesign ✔ Werkzeuge ✔ Werkzeuge ✔ Aufgaben ✔ Evaluationen ✔ Personalisierung ✔ Personalisierung ✔ Tests ✔ Portfolio ✔ Lernprodukte ✔ Lernerdaten Tabelle 6.1: Ebenen der (Selbst-)Organisation Diese Tabelle beschreibt die Komponenten einer voll ausgestatteten Lernplattform. Eine solche Lernplattform bietet auf der Ebene der Administration unter anderem die Verwaltung von Nutzergruppen (Rechtevergabe, Klassenbildung, Import beziehungsweise Export von Daten und Ähnliches), die Verwaltung der Zugangsdaten, das Zahlungssystem, Einstellung des Grunddesigns nach dem Corporate Design der Institution sowie das Einrichten neuer Kurse. Auf der Ebene des Lernmanagements kann der Tutor Einstellungen zum jeweiligen Kurs vornehmen (Kursrollen, Anzahl der Themen, Lernpfade und Ähnliches), die Kommunikationsräume im Kurs einrichten (Chat, Forum und Ähnliches), die zu verwendenden Werkzeuge und Funktionen festlegen (Lexika, Linksammlung, Whiteboard, Lerntipps, Blog-Funktion und Ähnliches) und die Lernerdaten verwalten (Abgabe und Korrektur von Aufgaben, Logfiles und Ähnliches). Lerner können auf dieser Ebene zwar nicht ihre eigenen Kursdaten verwalten, aber sie können ihre Lernfortschritte im Portfolio aufzeichnen, ihre eigene Kursansicht personalisieren und die Kommunikationsräume und Werkzeuge nutzen. Schließlich finden sich auf der Ebene des Content-Management vorwiegend Funktionen für den Kurstutor, wie zum Beispiel die Einstellungen des Interface (Navigation) sowie die Erstellung und Verwaltung von Lernobjekten, Aufgaben und Tests. Der Lerner kann auf dieser Ebene jedoch auch seine eigenen Lernprodukte gestalten und zur Verfügung stellen, indem er zum Beispiel ein Referat als Audiodatei aufzeichnet und es auf dem eigenen Blog veröffentlicht. Was den finanziellen Aufwand der Einrichtung von Lernplattformen angeht, so ist zwischen kostenfreien Lernplattformen (zum Beispiel Moodle, OLAT , ILIAS und Ähnliches) und kostenpflichtigen Lernplattformen (Fronter, itslearning, Blackboard) zu unterscheiden. 232 6. Lernplattformen Hierbei ist einschränkend darauf hinzuweisen, dass die Einrichtung von kostenfreien Lernplattformen an sich zwar keinen finanziellen Aufwand mit sich bringt, dass sich aber bei der Wartung, Verwaltung und Weiterentwicklung (beispielsweise Einbindung neuer Funktionen, Durchführung von Updates und Ähnliches) sogenannte versteckte Kosten ergeben (können). 6.1.3 Komponenten moderner elektronischer Lernplattformen Zu den wichtigsten Komponenten von Lernplattformen gehören (ausführlich siehe Lerneinheit 7.1): ▶ Autorenwerkzeuge zur einfachen Erstellung von Inhalten (Authoring Tools) ▶ Inhaltsverwaltungssysteme (Content-Management-System) ▶ Interaktive Tafeln mit Ton und Bild (Virtuelles Klassenzimmer, Whiteboard) ▶ Kommunikationskanäle (Mail, Chat, Foren, BLOG s, Messengers) ▶ Lernerverwaltungen (Learner-Management-System) ▶ Präsentationssysteme zur Verwaltung von virtuellen Lehrveranstaltungen wie Vorträgen, Vorlesungen (Presentations System) ▶ Textverarbeitung (Texteditoren, Text Processing) ▶ Ressourcen, Werkzeuge und Links ▶ Werkzeuge für natürliche Sprachverarbeitung (Spracherkennung, tutorielle Systeme, Natural Language Processing) ▶ Administrationswerkzeuge (Zugangsrechteverwaltung, Klasseneinrichtung). Abbildung 6.1: Frei verfügbare Autorensoftware zur Erstellung webbasierter, interaktiver Übungen (Roche 2008a: 47) 233 6.1 Situierung und Aufbau einer Lernplattform (Beispiel DUO) Abbildung 6.2: Beispiel einer interaktiven Übung der frei verfügbaren Autorensoftware Hot Potatoes (Roche 2008a: 48) Abbildung 6.3: Interaktive Tafel aus dem Programm Towards International Business English (Roche 2008a: 48) 234 6. Lernplattformen Virtuelle Klassenverbände können mit dieser interaktiven Tafel aus Towards International Business English die wesentlichen Kommunikationsformen des Präsenzunterrichts elektronisch darstellen: Teilnehmer können an die Tafel gerufen werden oder in Gruppenarbeit Aufgaben bearbeiten. Dafür stehen Bedienungsfunktionen, Chat, Archive mit abgespeicherten Materialien und Unterrichtssequenzen, Textverarbeitungsfunktionen und weitere Instrumente zur Verfügung. Bild- und Tonübertragungen sollen dieses virtuelle Klassenzimmer ergänzen. Abbildung 6.4: Abbildung einer virtuellen Vorlesung zum Thema Spracherwerb mit Vorlesungsmitschnitt, transkribiertem Text mit integrierter Suchfunktion und zusätzlichem Ressourcenfeld für Folien und Ähnliches aus Grundlagen und Konzepte des DaF-Unterrichts (Fernlehrgang des Goethe-Instituts in Zusammenarbeit mit der Ludwig-Maximilians-Universität) (Roche 2008a: 50) Wie man diese Funktionen in Programmen einsetzen und damit nutzen kann, wird weiter unten genauer dargestellt. Zu weiteren Merkmalen von Plattformen und Darstellungen verschiedener Lösungen siehe Bauer (2007). Nachdem die Entwicklungsgeschichte und die wichtigsten Komponenten der Lernplattformen vorgestellt wurden, sehen wir uns nun den Einstieg in die Arbeit mit einer Lernplattform (am Beispiel der DUO ) Schritt für Schritt an. 235 6.1 Situierung und Aufbau einer Lernplattform (Beispiel DUO) 6.1.4 Einstieg in die Plattform Erster Schritt: Kapitel wählen Nach dem Einloggen gelangt man auf die Startseite des Kurses (hier Deutschkurse). In der Mitte des Bildschirms befinden sich die Informationen zum gewählten Kurs. Auf der rechten Seite ist eine Übersicht über die Kapitel des Programmes angebracht. Um ein Kapitel zu starten, klickt man auf das dazugehörige Bild. Die Reihenfolge der Kapitel kann selbst bestimmt werden. Abbildung 6.5: Startseite eines Sprachkurses der Deutsch-Uni Online (Deutsch-Uni Online o. J.) 236 6. Lernplattformen Zweiter Schritt: Einstieg in ein Kapitel Wenn ein Kapitel geöffnet ist, erscheinen folgende Leisten: ▶ Oben die Konstantenleiste. ▶ Links das Inhaltsverzeichnis. ▶ In der Mitte das Inhaltsverzeichnis des geöffneten Kapitels. Abbildung 6.6: Kapiteleinstieg (Deutsch-Uni Online o. J.) 237 6.1 Situierung und Aufbau einer Lernplattform (Beispiel DUO) Dritter Schritt: Eine Aufgabe öffnen und Übungen dazu bearbeiten Der Aufbau der Aufgaben entspricht in den Deutschprogrammen immer diesem Beispiel (Abbildung 6.7): ▶ Oben erscheint eine Leiste mit Zahlen, die jeweils für eine Aufgabe stehen. Wenn man eine Zahl anklickt, wird die entsprechende Aufgabe geöffnet. In der Mitte sieht man den Titel und das Material zu der Aufgabe (zum Beispiel einen Lesetext). ▶ Die Arbeitsanweisungen befinden sich direkt im Aufgabenfeld. Abbildung 6.7: Materialienseite (Deutsch-Uni Online o. J.) Die Übungen öffnen sich immer in einem neuen Fenster. Es gibt viele verschiedene Übungstypen (ausführlich siehe Lerneinheit 2 in diesem Kapitel). Die untere Leiste sieht bei fast allen Übungen so aus, wie in diesem Beispiel (siehe Abbildung 6.8): 238 6. Lernplattformen Abbildung 6.8: Übungsfenster (Deutsch-Uni Online o. J.) 6.1.5 Bestandteile und Funktionen der Materialienseite Funktionen der Bausteinleiste Die linke Leiste ist die Bausteinleiste, weil man darüber zu den Aufgaben und Übungen navigieren kann. Die Symbole in dieser Leiste sind die Bausteine und zeigen die Art von Aufgaben und Übungen an. 239 6.1 Situierung und Aufbau einer Lernplattform (Beispiel DUO) Abbildung 6.9: Kapiteleinstieg mit Darstellung der zuletzt bearbeiteten Aufgabe (Roche 2008a: 87) Unten auf der Bausteinleiste befinden sich einige weitere Funktionen. Über den Button Zurück zur Übersicht kommt man von jeder Stelle im Programm zurück zur Kapitelübersicht. Wenn man auf den Button Letzte Aufgabe klickt, wird die Aufgabe angezeigt, die man zuletzt geöffnet hatte. Diese Funktion hilft, genau dort weiterzuarbeiten, wo man bei der letzten Sitzung aufgehört hat. Über den Button Shop kann man hier auch weitere Kurse oder zusätzliche Betreuung buchen. Bei einem Klick auf den Button Abmelden meldet man sich ab und beendet die Sitzung. Wenn man eine Sitzung beenden möchte, meldet man sich über diese Funktion ab und schließt erst danach das Browserfenster. So werden Einstellungen gespeichert und Fehler können vermieden werden. Nach dem Abmelden gelangt man wieder zur DUO -Startseite. Funktionen der Materialienseite Wenn man ein Kapitel geöffnet hat, kommt man zur Materialienseite. Durch Klicken auf ein Symbol auf der Bausteinleiste oder auf einen Eintrag im Inhaltsverzeichnis in der Mitte des Fensters öffnet sich die Aufgabe. Eine Aufgabe umfasst das Material (zum Beispiel einen Lesetext), also die Grundlage für die Übungen. Dort findet man Folgendes: 240 6. Lernplattformen Abbildung 6.10: Aufbau der Materialienseite (Roche 2008a: 107) a) Die Aufgabenleiste Jede Zahl in der Aufgabenleiste entspricht einer Aufgabe mit Material und Übungen zu unterschiedlichen Themen. Die fett formatierte Zahl zeigt an, welche Aufgabe geöffnet ist. Die Aufgaben können in beliebiger Reihenfolge bearbeitet werden. b) Das Aufgabenfeld Das Aufgabenfeld hat mehrere Bestandteile. Die Überschrift gibt Auskunft über das Thema der Aufgabe. Eine schwierige Aufgabe ist neben der Überschrift mit drei Sternen (***) markiert. Die Information unter der Überschrift gibt Anhaltspunkte darüber, was bei dieser Aufgabe erwartet wird. Die Arbeitsanweisungen sind innerhalb einer Aufgabe durchgehend nummeriert und am besten in der Reihenfolge zu bearbeiten. In diesem Feld befinden sich meistens das Material, das für die Bearbeitung der Übungen gebraucht wird (Lesetexte, Bilder, Fotos etc.), und Links auf weiterführendes Lernmaterial. Im Aufgabenfeld finden sich schließlich auch die Links zu den Übungen. Die Größe des Aufgabenfeldes ist hier fest vorgegeben, um die Darstellbarkeit des Inhalts auf allen Bildschirmgrößen zu gewährleisten. Über den Scrollbalken am rechten Rand des Aufgabenfeldes kann man sich durch das Material bewegen. c) Druckfunktion: Ausdrucken der Materialien im Aufgabenfeld 241 6.1 Situierung und Aufbau einer Lernplattform (Beispiel DUO) Texte und Bilder im Aufgabenfeld können durch Klicken des Druckersymbols (c.) unter dem Aufgabenfeld ausgedruckt werden. Ähnlich erfolgt auch das Ausdrucken von Übungsfenstern mit den bearbeiteten Übungen. Die Erfahrung zeigt, dass Lerner auch die physische Natur des Lernmaterials sehr schätzen. d) Lexikfunktion Zugang zu Wörterbuchressourcen gibt es in den Sprachprogrammen auf unterschiedliche Art (siehe Abschnitt Lexik). Die einfachste Form ist die Markierung eines Wortes im Text (zum Beispiel durch einen Doppelklick mit der linken Maustaste). Durch ein weiteres Klicken auf das Lexik-Symbol unter dem Aufgabenfeld erscheint die Worterklärung. Der im Text markierte Begriff ist bereits im Eingabefeld eingegeben und die Suche wird automatisch gestartet. Das Programm gibt Zugang zu drei Datenbanken: einer kurzen Erklärung, einer ausführlichen Erklärung und einer Konkordanzdatenbank mit kontextualisierten Sätzen. Hörtexte und Videos In vielen Aufgaben befinden sich Hörtexte und Videos. Dazu sind Kopfhörer oder Lautsprecher zu empfehlen. Außerdem muss der Computer mit einer Soundkarte und einer Videokarte ausgestattet sein, was für die meisten Computer mittlerweile zutrifft. Die Hörtexte und Videos erscheinen in einem kleinen Fenster rechts neben dem Aufgabenfeld. Abbildung 6.11: Materialienseite-- Audiofenster (Deutsch-Uni Online o. J.) 242 6. Lernplattformen Übungen bearbeiten Das Übungsfenster öffnet sich, wenn man im Aufgabenfeld der Materialienseite auf den Link Übung klickt. Um während des Bearbeitens einer Übung das Material zur Hand zu haben, kann man zwischen Übungsfenster und Materialienseite wechseln. Dazu klickt man unten auf der Windows-Taskleiste auf das Symbol für das gewünschte Fenster, um es in den Vordergrund zu holen. Zusätzlich kann man das Material der Materialseite ausdrucken und es während des Bearbeitens der Übung zur Hand haben. Der Aufbau des Übungsfensters Abbildung 6.12: Funktionen des Übungsfensters (Deutsch-Uni Online o. J.) Alle Übungsfenster sind nach dem gleichen Prinzip aufgebaut. Sie bestehen aus mehreren Teilen: a) Oben befindet sich das Feld mit der Aufgabe. b) Darunter liegt das Feld mit Material, das zum Lösen der Übung benötigt wird (nicht bei allen Übungstypen vorhanden). c) In der Mitte ist das Eingabefeld für die Bearbeitung (etwas markieren, schreiben etc.). d) Unten befindet sich die Steuerleiste mit den Funktionen zur Korrektur, zum Speichern etc. 243 6.1 Situierung und Aufbau einer Lernplattform (Beispiel DUO) Funktionen der Steuerleiste des Übungsfensters Die Steuerleiste am unteren Rand des Übungsfensters hat folgende Funktionen: Abbildung 6.13: Funktionsleiste des Übungsfensters (Roche 2008a: 111) a) Hilfe-- Das Symbol zeigt an, um welchen Übungstyp es sich handelt. Wenn man auf das Symbol klickt, bekommt man eine Hilfe zur Bearbeitung der Übung (Abbildung 6.14). Ein kurzer Text erklärt, wie man die Übung bearbeiten kann. Man kann auch einen Film mit der Beschreibung abspielen, wenn man unten auf Animation klickt. Wenn man ein Problem mit einer Übung hat, kann man von hier aus direkt eine E-Mail mit der Fehlermeldung an das Support-Team von DUO verschicken. Dazu muss man auf das Brief-Symbol klicken. Es öffnet sich dann automatisch ein E-Mail-Fenster, bei dem Adresse und Betreff bereits ausgefüllt sind. Abbildung 6.14: Hilfefenster (Deutsch-Uni Online o. J.) b) Status- - Hier wird der Status der Übung angezeigt. Dabei werden die folgenden Fälle unterschieden: a. unbearbeitet b. gespeichert c. an e-Assistenten / Tutor gesendet d. Antwort / Vorschlag e. meine Lösung f. neu bearbeiten 244 6. Lernplattformen c) Seitenanzeige-- Oft besteht eine Übung aus mehreren Seiten. Hier kann man erkennen, wie viele Seiten die Übung hat und auf welcher Seite man sich befindet (in diesem Beispiel auf Seite 3 von 13 Seiten). d) Vor- oder Zurückblättern-- Mit den Pfeilen bewegt man sich durch die Seiten (einzelne Seiten vorwärts und rückwärts blättern und zum Ende oder Anfang der Übungssequenz springen). e) Neustart-- Hier kann man die Übung neu starten, also noch einmal neu bearbeiten. Alte Lösungen gehen dabei verloren. f) Lösung-- Durch einen Klick auf dieses Symbol wird die Lösung oder eine Musterlösung zur Aufgabe angezeigt. Dieses Symbol erscheint erst, wenn man die Übung bearbeitet und auf den Checkhaken (j) geklickt hat. g) Meine Lösung-- Hier kann man sich seine eigene Antwort (Meine Lösung) noch einmal ansehen. Diese Funktion ist erst funktionsfähig, wenn die Übung beendet ist. Durch abwechselndes Klicken auf Lösung (f.) und Meine Lösung (g.) kann man zwischen der vorgegebenen und der eigenen Antwort hin- und herschalten, um die Unterschiede zu vergleichen. h) Senden- - Dieses Symbol erscheint nur bei Aufgaben, die von einem Tutor oder dem e-Assistenten korrigiert werden. Hier schickt man die Antwort an Tutoren oder e-Assistenten. i) Speichern-- Hier kann man die Antwort speichern. j) Check- - Mit einem Klick auf den Check-Haken überprüft man die Antwort. Für die Korrektur gibt es drei Möglichkeiten: a. Bei Übungen mit eindeutigen Lösungen wird die Antwort kontrolliert: Falsche Antworten werden rot markiert, richtige Antworten grün. Man kann die Antwort korrigieren und noch einmal mit einem Klick auf den Checkhaken überprüfen. Dieser Vorgang kann beliebig oft wiederholt werden. b. Bei Übungen mit mehreren Lösungsmöglichkeiten wird eine Musterlösung angezeigt, wenn man auf Check klickt. c. Sobald man Check geklickt hat, wird die Antwort gespeichert. Durch erneutes Klicken auf den Checkhaken wird die neue Antwort gespeichert und die alte Antwort gelöscht. Will man das Übungsfenster schließen und später wieder öffnen, wird automatisch die letzte gespeicherte Antwort angezeigt. 245 6.1 Situierung und Aufbau einer Lernplattform (Beispiel DUO) 6.1.6 Zusammenfassung ▶ Die heutigen Lernplattformen sind eine Mischung aus sogenannten Content-Management-Systemen ( CMS ) und Learning-Management-Systemen ( LMS ). Zu ihren Funktionen gehören daher Erstellung, Verwaltung und Bearbeitung von Lerninhalten sowie Förderung und Verwaltung der elektronisch unterstützten Lernprozesse (zum Beispiel durch das Strukturieren eines Lernplans, das Nachzeichnen von Lernaktivitäten, Erfolgskontrollen). ▶ Die Entwicklung und die Verbreitung der Lernplattformen sind seit dem Durchbruch des Internets exponentiell gewachsen. Momentan weisen die Lernplattformen einen hohen Grad an Kompatibilität mit anderen Systemen auf, vor allem durch die Einbindung der sogenannten Web 2.0-Anwendungen wie Wikis, Blogs, Instant-Messaging und Ähnliches. Damit decken die Lernplattformen nicht nur die Begleitung des Lernprozesses und die eher statische Darstellung von Wissen ab, sondern sie fördern die kooperative Wissenskonstruktion, ganz im Sinne der konstruktivistischen Lehr- und Lernverfahren. ▶ Die DUO -Lernplattform bietet mannigfaltige, intuitiv verständliche Funktionen und Aufgaben, dazugehöriges Audio- und Videomaterial sowie umfassende Hilfestellungen an. 6.1.7 Aufgaben zur Wissenskontrolle 1. Erklären Sie das Konzept der Lernplattformen aus der funktionalen Sicht. 2. In welchen Phasen hat die Entwicklung von Sprachlernplattformen stattgefunden? 3. Beschreiben Sie die Funktionen einer voll ausgestatteten Lernplattform. 4. Beschreiben Sie die Komponenten moderner elektronischer Lernplattformen. 5. Erklären Sie die Begriffe Content-Management-System ( CMS ) und Learning-Management-System ( LMS ). 246 6. Lernplattformen 6.2 Kommunikationsfunktionen und Übungstypologie Jörg Roche In der ersten Lerneinheit dieses Kapitels haben Sie die Entwicklungsgeschichte sowie die wichtigsten Komponenten und Funktionen einer Lernplattform kennengelernt. In dieser Lerneinheit möchten wir Ihnen nun zahlreiche Kommunikationsinstrumente sowie Übungsmöglichkeiten einer Lernplattform vorstellen. Wie verläuft die Kommunikation zwischen den Kursteilnehmern untereinander und zwischen den Tutoren und den Teilnehmern? Welche Tools eignen sich dafür je nach den Rahmenbedingungen? Welche Aufgabenformate bietet eine Lernplattform an? Wie werden sie technisch gestaltet und wodurch unterscheiden sich die digitalen Formate von den print-Formaten? Wie kann man sich damit auf die TestDaF-Prüfung vorbereiten? Die Antworten auf diese Fragen sowie mehrere Impulse für die Entwicklung Ihrer eigenen Aufgaben finden Sie in dieser Lerneinheit. Lernziele In dieser Lerneinheit möchten wir erreichen, dass Sie ▶ Kommunikationsfunktionen in Lernplattformen kennenlernen und anwenden können; ▶ verstehen, worin die Vorteile und Besonderheiten unterschiedlicher Kommunikationsfunktionen bestehen; ▶ mehrere Online-Übungsformate kennenlernen und ihren Unterschied zu den print-Übungen verstehen. 6.2.1 Kommunikationsfunktionen in Lernplattformen Kursteilnehmer haben die Möglichkeit, miteinander sowie mit ihren Tutoren auf der Lernplattform mittels E-Mail, Chat und Foren zu kommunizieren. Im Folgenden werden diese Kommunikationsmöglichkeiten genauer dargestellt. 247 6.2 Kommunikationsfunktionen und Übungstypologie Abbildung 6.15: Kommunikationsmöglichkeiten der Lernplattform (Deutsch-Uni Online o. J.) E-Mail und Kurznachrichten Mithilfe der E-Mail-Funktion lassen sich zwischen Tutorinnen beziehungsweise Tutoren und Teilnehmerinnen und Teilnehmern individuelle und kollektive E-Mails und Kurznachrichten verschicken. Dazu müssen selbstverständlich zuvor Standard-E-Mail-Programme und personalisierte Zugänge (E-Mail-Adressen) auf den Computern installiert sein (zum Beispiel Outlook, Thunderbird und andere). An öffentlichen Computern kann man diese Funktion daher oft nicht nutzen. Das DUO -System unterstützt dabei die folgenden Optionen, die für einen interaktiven Unterricht von Bedeutung sind (siehe Abbildung 6.16): 248 6. Lernplattformen Abbildung 6.16: Klassenübersicht eines DUO Sprachkurses (Roche 2008a: 92) a) In den beiden oberen Zeilen stehen die Namen der Teilnehmer und der Tutorin. b) Über die Zeile b. ergeben sich folgende Funktionen: a. Mail an Tutor: Hier öffnet sich automatisch ein E-Mail-Fenster, bei dem die E- Mail-Adresse der Tutorin bereits als Empfänger eingetragen ist. b. Mail an alle: Hier öffnet sich automatisch ein E-Mail-Fenster, bei dem die E-Mail- Adressen aller Teilnehmer einer Klasse bereits als Empfänger eingetragen sind. c. Nachrichten anzeigen: Hier kann man die zuletzt versendeten und empfangenen Kurznachrichten ansehen. c) Benutzername: Hier befinden sich die Benutzernamen aller Teilnehmer in einer Klasse. d) Nachname: Hier befinden sich die Nachnamen aller Teilnehmer in der Klasse. e) Letzter Login: Das Datum zeigt an, wann ein Teilnehmer das letzte Mal im Programm eingeloggt war. f) Land: Hier kann man sehen, aus welchen Ländern die Teilnehmer einer Klasse kommen. g) Status: Die Symbole zeigen an, ob ein Teilnehmer online oder offline ist. h) Ansprechbarkeit: Ein Lerner kann in seiner Programmverwaltung auswählen, ob er beim Lernen angesprochen werden will oder nicht. 249 6.2 Kommunikationsfunktionen und Übungstypologie i) E-Mail: Über dieses Symbol kann die Tutorin dem jeweiligen Benutzer eine E-Mail schicken. j) Kurznachricht: Mit dieser Funktion kann man dem jeweiligen Benutzer eine Kurznachricht innerhalb der Lernplattform schicken (Abbildung 6.17). Abbildung 6.17: Verschicken einer Kurznachricht (Roche 2008a: 93) Abbildung 6.18: Beispiel für eine Kurznachricht-- Mitteilung (Roche 2008a: 94) Der Teilnehmer erhält die Kurznachricht in einem kleinen Pop-up-Fenster, sobald er im Lernprogramm eingeloggt ist (Abbildung 6.18). Diese kann er ohne Aufwand rasch beantworten. Für die Tutorin öffnet sich dann wieder die Eingabe-Ansicht und sie kann eine neue Kurznachricht verfassen und abschicken. 250 6. Lernplattformen Chat Im Chat können sich Teilnehmer einer Klasse mit ihrer Tutorin zeitgleich unterhalten. Chataufgaben Chataufgaben stehen jeweils auf der Materialienseite im Aufgabenfeld. Der Tutor oder die Tutorin kann hier Termine und Aufgaben für Klassenchats vorgeben. Ansonsten kann man auch feste Zeiten mit Teilnehmern aus einer Klasse oder mit einer Tutorin verabreden, zu denen man eine bestimmte Aufgabe im Chat diskutieren und bearbeiten will. Beispiel für eine Chataufgabe (siehe Abbildung 6.19) aus dem uni-deutsch Sprachkurs (Kapitel Studienalltag, Schriftlicher Ausdruck, Aufgabe 1, Materialienseite): Abbildung 6.19: Beispiel für eine Chataufgabe (Roche 2008a: 95) Übersicht über die Funktionen des Chatfensters Chats dienen der synchronen Kommunikation zu organisatorischen, alltäglichen oder unter Umständen auch spezifischen Themen des Unterrichts. Die Chatkommunikation ist in der Regel recht flüchtig und schnell. Die Schriftform reflektiert dabei eher mündliche Kommunikation mit den üblichen Verkürzungen und Verschleifungen. Über das Symbol Chat öffnet sich ein Fenster. Hier ergeben sich folgende Nutzungsmöglichkeiten: 251 6.2 Kommunikationsfunktionen und Übungstypologie Abbildung 6.20: Chatfenster (Deutsch-Uni Online o. J.) a) Chaträume: Zwei eingerichtete Chaträume stehen hier bereits zur Verfügung: der Klassenraum und die Cafeteria. Einen Chatraum betritt man einfach durch Anklicken des entsprechenden Symbols. Chat im Klassenraum: Den Klassenraum können nur Mitglieder einer Klasse betreten. Chat in der Cafeteria: Die Cafeteria können alle Teilnehmer betreten, die weltweit über die Lernplattform angemeldet sind. b) Chat-Fenster: Hier findet die offene Unterhaltung statt, an der man rezeptiv oder aktiv teilnehmen kann. Zu Beginn jedes neuen Beitrages erscheinen Datum und Uhrzeit. Man kann aber nur etwa die letzten 10 Beiträge sehen, ältere Beiträge werden gelöscht. c) Textfeld: Hier werden die Nachrichten eingegeben und mit der Enter-Taste abgeschickt. d) Farbauswahl: Hier kann man die Farbe für seine Mail auswählen. e) Chat verlassen: Das Chat-Fenster wird geschlossen und damit verlässt man die Unterhaltung. Foren Im Gegensatz zu Chats für die synchrone und eher kurzlebige Kommunikation bieten Foren die Möglichkeit, auch längere Beiträge zu verfassen und über längere Zeit (asynchron) zu erhalten. Nicht alle Teilnehmer müssen also zu einer vereinbarten Zeit im Forum sein. 252 6. Lernplattformen Aufgaben für das Forum Auch für die Foren gibt es eine Reihe von Aufgaben. Sie stehen auf der Materialienseite im Aufgabenfeld. Klasse und Tutor können gemeinsam festlegen, welche Aufgaben sie bearbeiten oder welche Themen sie besprechen wollen. Ein Beispiel für eine Aufgabe im Forum aus dem Kapitel Studienalltag (Hörverstehen, Aufgabe 3, Materialienseite) findet sich in Abbildung 6.21: Abbildung 6.21: Beispiel für eine Forumsaufgabe aus dem Modul uni-deutsch Sprachkurs (Deutsch-Uni Online o. J.) Übersicht über die Funktionen des Forums Das Forum-Fenster ist wie folgt aufgebaut: Abbildung 6.22: Forum Übersicht (nach Roche 2008a: 97) 253 6.2 Kommunikationsfunktionen und Übungstypologie a) Mitgliederliste b) Suche c) Häufig gestellte Fragen (Anleitungen zu speziellen Funktionen in den Foren; FAQ s) d) Neue Nachrichten von oder an Forumsmitglieder e) Profil anzeigen lassen (persönliche Daten ändern, Bild eingeben etc.) f) Forum verlassen (Schließen des Forum-Fensters) g) Forum-Übersicht: Über die Forum-Übersicht erhält man Zugang zum Klassenforum und den allgemeinen Foren. Klassenforum: Das Klassenforum kann nur von Mitgliedern einer Klasse geöffnet werden. Die Aufgaben und Themen können von der Tutorin oder anderen Teilnehmern vorgegeben und gezielt für den Unterricht genutzt werden. Neue Foren einrichten kann nur der Administrator. Allgemeine Foren: Diese Foren können von allen Teilnehmern genutzt werden, die in der Lernplattform angemeldet sind. Sie eignen sich für klassen-übergreifende Diskussionen in internationalem Kontext. h) Anzahl Themen beziehungsweise Beiträge: Hier kann man ablesen, wie viele Themen es in einem Forum gibt und wie viele Beiträge dort bereits abgelegt sind. i) Letzter Beitrag: Hier kann der letzte Beitrag zu einem Forum eingesehen werden. Durch Klicken auf den Verfassernamen kann man sein Profil einsehen. Tafel, Whiteboard und virtual classroom Mit virtuellen Klassenzimmern (virtual classrooms) oder interaktiven Tafeln kann man versuchen, Präsenzaktivitäten im Unterricht so weit wie möglich über geografische Distanzen herzustellen. Die Grundvorstellung ist hierbei, einen Klassenraum zu schaffen, in dem Lerner und Tutorin oder Tutor von ganz unterschiedlichen Orten aus synchron miteinander kommunizieren können: Über Ton, über schriftlichen Chat oder angeschlossene Foren, über eine synchron nutzbare Tafel, die gleichzeitig von verschiedenen Teilnehmern beschrieben werden kann, über vorbereitete Unterrichtsmaterialien und gegebenenfalls über Videoaufnahmen. Das heißt, dass ein Lehrer vorbereitete Materialien (Abbildungen, Folien, PowerPoint-Präsentationen, Texte, Animationen, Webseiten) in die Tafel einstellen und daran verschiedene Dinge illustrieren oder Aufgaben erarbeiten lassen kann. Auf die Tafel kann zudem im virtuellen Unterricht von verschiedenen Orten aus geschrieben und gezeichnet werden und alle Tafelbilder sind für die spätere Verwendung speicherbar. Gleichzeitig können Teilnehmer einer Klasse über Chat, VoiceChat oder auch Video-Konferenzen miteinander kommunizieren und interagieren. Mit einfachen Webcams lassen sie sich problemlos herstellen. Grammatik Unter dem Menüpunkt Grammatik erhält man eine Übersicht über alle Grammatikthemen, die in einem entsprechenden Modul vorkommen (Abbildung 6.23). Wenn man ein Thema aus dieser Übersicht anklickt, öffnet sich die Materialienseite des betreffenden Kapitels mit den 254 6. Lernplattformen Aufgaben und Übungen zu diesem Grammatikthema. Das heißt, auch dieser systematische Zugang zur Grammatik für Zwecke der Grammatikwiederholung führt zu einem bestimmten thematischen Kontext. Grammatikvermittlung erfolgt also nicht kontextfrei. Des Weiteren befindet sich hier eine Reihe von Verlinkungen zu qualifizierten Online-Grammatiken und Online-Tutorien, wie denen des Instituts für Deutsche Sprache. Abbildung 6.23: Grammatikübersicht (Deutsch-Uni Online o. J.) Lexik / Wörterbücher Ein Wort kann hier in drei verschiedenen Datenbanken gesucht werden: 1. im Digitalen Wörterbuch der Deutschen Sprache ( DWDS ) 2. in Beispielen aus Texten (Konkordanzen) 3. im internen Wörterbuch. ▶ Das Digitale Wörterbuch der Deutschen Sprache ( DWDS ): Bei dieser Funktion wird die Bedeutung eines Wortes im DWDS nachgeschlagen, dem größten deutsch-deutschen Online-Wörterbuch (https: / / www.dwds.de/ . 14. März 2018). Es werden grammatikalische Angaben zu dem eingegebenen Wort (wie zum Beispiel Genus bei Nomen oder Präteritum- und Perfektformen bei Verben) und Erklärungen zu 255 6.2 Kommunikationsfunktionen und Übungstypologie den verschiedenen Bedeutungen des Wortes angegeben. Außerdem gibt es Beispielsätze für die Illustration der jeweiligen Bedeutung und weiterführende Links. ▶ Beispiele aus Texten: Das gesuchte Wort im Eingabefeld wird in einer Sammlung von Texten und Beispieltexten gesucht (Konkordanzen). Alle Beispielsätze, die das Wort selbst oder eine abgeänderte Form des Wortes enthalten, werden angezeigt. Durch diese Beispielsätze wird die Verwendung eines Wortes verdeutlicht und man kann aus dem Kontext auf die Bedeutung(en) des Wortes schließen. ▶ Das interne Wörterbuch: Elektronische Wörterbücher, die als Glossare oder Ähnliches mit Lehrbüchern angeboten werden, oder auch mitlernende Wörterbücher, in die ein Lerner neue Wörter eintragen soll, mögen attraktiv aussehen, haben aber nur eine begrenzte Reichweite. Sie vereinfachen häufig so stark, dass sie über einen Kapitelkontext hinaus wenig Nutzen haben, oder sie verlangen intensive Pflege, bis daraus ein brauchbares Referenzlexikon werden kann. Hier sind also Aufwand und Nutzen gut abzuwägen. Im internen Wörterbuch verschiedener Lernprogramme von DUO gibt es daher nur Einträge für ausgewählte Wörter. Meistens handelt es sich dabei um Schlüsselwörter in Texten auf der Materialienseite, die für das Verständnis des Textes wichtig sind. Sie werden im Text auf der Materialienseite orangefarben markiert. Wenn man das entsprechende Wort mit der Maus markiert und unter dem Text auf das Lexik-Symbol klickt, erhält man einen Eintrag im internen Wörterbuch. ▶ Die Erklärung im internen Wörterbuch ist leicht verständlich und im Gegensatz zum Wörterbucheintrag bei DWDS sehr kurz. Sie erklärt das Wort im Kontext des entsprechenden Textes auf der Materialienseite. Es werden also nicht alle möglichen Bedeutungen angegeben. Tipps Unter Tipps befindet sich eine Fülle von Tipps für den effektiven Umgang mit Lernprogrammen sowie eine Fülle von Lerntechniken und -strategien (Abbildung 6.24). Diese Tipps sind nach Themen geordnet und wie die Grammatikthemen in die thematischen Kapitel integriert. Sie sind also einzeln über die Kapitel oder systematisch über die Tipps zugänglich. 256 6. Lernplattformen Abbildung 6.24: Tipps (Deutsch-Uni Online o. J.) Links Hier befindet sich eine nach Themen geordnete Linksammlung zu aktiven Webseiten im Internet. Die Themen sind allgemein für Lerner von Interesse (zum Beispiel Informationen zu Stiftungen und Fördereinrichtungen) beziehungsweise richten sich nach den Themen, die in den Kursen behandelt werden. Ein automatischer Trouble Detector sorgt dafür, dass inaktive Webadressen ( URL s) sofort an den Webmaster gemeldet und umgehend ersetzt werden können. 257 6.2 Kommunikationsfunktionen und Übungstypologie Abbildung 6.25: Linksammlung (Deutsch-Uni Online o. J.) 6.2.2 Übungstypologie Im Folgenden werden die Übungstypen nach ihrem Offenheitsgrad klassifiziert dargestellt. Viele Übungstypen haben eine eindeutige Lösung oder eine Musterlösung. Die Lerner erhalten die Korrektur oder die Lösung automatisch vom Lernprogramm. Bei anderen Übungstypen gibt es keine eindeutige Lösung (freie Übungen). Hier erfolgen die Korrektur und Rückmeldung durch den Tutor beziehungsweise die Tutorin. Übungen mit eindeutiger Lösung oder Musterlösung Die im Folgenden vorgestellten Übungen kann man im Selbststudium bearbeiten. Die Korrektur wird durch das Lernprogramm vorgenommen. Die Korrektur aller Übungen mit eindeutiger oder Musterlösung erfolgt nach dem gleichen Prinzip und wird hier für alle Übungstypen erläutert: Nach dem Lösen der Aufgabe klickt man auf den Checkhaken (Check) rechts unten. Wenn es eine eindeutige Lösung gibt, ist die Rückmeldung auch eindeutig: Wird die Antwort grün markiert, ist sie richtig. Wird sie rot markiert, ist sie falsch. 258 6. Lernplattformen Abbildung 6.26: Übungsfenster-- Selbstkorrektur (Deutsch-Uni Online o. J.) Wenn es keine eindeutige Lösung gibt oder mehrere Lösungen möglich sind, wird eine Musterlösung angeboten, mit der die eigene Antwort verglichen werden kann. Nach dem Klick auf den Checkhaken wird die Musterlösung in einem Feld unterhalb der Lösung angezeigt. Abbildung 6.27: Übungsfenster-- Musterlösung (Deutsch-Uni Online o. J.) Zu den Übungen mit eindeutiger Lösung oder Musterlösung gehören die folgenden Übungstypen: ▶ Einsetzübungen: Bei den Einsetzübungen müssen Lücken (zum Beispiel in einem Text oder in einem Formular) ausgefüllt werden. 259 6.2 Kommunikationsfunktionen und Übungstypologie ▶ Multiple Choice: Hier müssen im Eingabefeld Kästchen angekreuzt werden. Je nach Aufgabenstellung sind dabei ein oder mehrere Kästchen zu markieren (siehe Abbildung 6.28). Abbildung 6.28: Multiple-Choice-Übung (Deutsch-Uni Online o. J.) ▶ Multiple Choice mit Eingabe: Hier kreuzt man im Eingabefeld das gewünschte Feld an. Zusätzlich kann man in ein Textfeld schreiben (siehe Abbildung 6.28). ▶ Ziehübungen (drag and drop): Hier sollen Elemente aus dem mittleren Feld in Lücken im unteren Eingabefeld gezogen werden. Die Ziehelemente befinden sich im zweiten Feld von oben, die Lücken im großen Eingabefeld in der Mitte (siehe Abbildung 6.29). Abbildung 6.29: Ziehübung (Deutsch-Uni Online o. J.) 260 6. Lernplattformen ▶ Ziehübungen mit verschiedenen Elementen: Ziehelemente können neben Textelementen auch andere Elemente beinhalten, zum Beispiel Hörtexte. ▶ Ziehübungen mit Tabelle: In manchen Übungen müssen die Ziehelemente in eine Tabelle gezogen werden (siehe Abbildung 6.30). Abbildung 6.30: Ziehübung in eine Tabelle (Roche 2008a: 118) ▶ Zuordnungsübung: Linien ziehen Hier geht es darum, die Verbindungslinien zwischen zusammengehörenden Elementen zu ziehen, die sich in zwei Spalten gegenüberstehen. Die Elemente auf der linken Seite verbindet man mit den passenden Elementen auf der rechten Seite durch eine Linie (siehe Abbildung 6.31). Abbildung 6.31: Zuordnungsübung (Deutsch-Uni Online o. J.) 261 6.2 Kommunikationsfunktionen und Übungstypologie ▶ Markieren Das Markieren von Wörtern und Textpassagen funktioniert wie bei Textverarbeitungsprogrammen (zum Beispiel Word). Bei einigen Übungen sollen die Textstellen mit verschiedenen Farben markiert werden. In der Arbeitsanweisung steht, welche Farben für welche Markierungen benutzt werden sollen (siehe Abbildung 6.32). Abbildung 6.32: Übungstyp mehrfarbig markieren (Deutsch-Uni Online o. J.) ▶ Lückentext mit drop down In dieser Übung sind Lücken zu ergänzen (zum Beispiel in einem Text oder in einem Formular). Dabei kann man aus einer Liste die passende Lösung aussuchen (siehe Abbildung 6.33). Abbildung 6.33: Lückentext mit Dropdown-Elementen (Roche 2008a: 121) 262 6. Lernplattformen ▶ Kategorien bilden Hier werden Informationen vorgegebenen Kategorien in einer Tabelle zugeordnet (siehe Abbildung 6.34). Abbildung 6.34: Übungstyp Kategorien bilden (Deutsch-Uni Online o. J.) ▶ Assoziogramm Hier geht es darum, Assoziationen zu sammeln, die man spontan mit einem vorgegebenen Begriff verbindet. ▶ Paraphrase Hier formuliert man Aussagen um (siehe Abbildung 6.35). Abbildung 6.35: Paraphrase (Deutsch-Uni Online o. J.) 263 6.2 Kommunikationsfunktionen und Übungstypologie ▶ Kreuzworträtsel In dieser Übung wird ein Kreuzworträtsel gelöst (siehe Abbildung 6.36). Abbildung 6.36: Kreuzworträtsel (Roche 2008a: 123) ▶ Memory Das Ziel in dieser Übung ist es, zusammenpassende Kartenpaare zu finden. In der Mitte werden verdeckte Karten angezeigt. Mit einem Mausklick können einzelne Karten aufgedeckt werden, das heißt, ihre Vorderseite wird angezeigt. Die Felder mit den Figuren auf der Rückseite enthalten Fotos, die Felder mit dem Notizblock enthalten Schrift auf der Vorderseite. Es passen immer exakt zwei Karten zueinander, das heißt sie haben den gleichen Inhalt (in Schrift beziehungsweise Bild). Es können immer nur zwei Karten gleichzeitig aufgedeckt werden. Wenn man ein zusammenpassendes Kartenpaar gefunden hat, bleiben diese Karten aufgedeckt liegen und werden blau umrahmt. Die Übung ist beendet, wenn man alle Kartenpaare gefunden hat (siehe Abbildung 6.37). 264 6. Lernplattformen Abbildung 6.37: Memory (Roche 2008a: 123) ▶ Wörter raten Hier muss man Wörter durch das Kombinieren von Buchstaben erraten. Im oberen Feld gibt es eine Aufgabenstellung. Im Eingabefeld sieht man ein Bild. Am linken und rechten Rand befinden sich Kästchen mit allen Buchstaben des deutschen Alphabets. Im unteren Bereich ist das Lösungsfeld. Jeder Strich in diesem Feld steht für einen Buchstaben des gesuchten Wortes (siehe Abbildung 6.38). Abbildung 6.38: Wörter raten (Roche 2008a: 124) 265 6.2 Kommunikationsfunktionen und Übungstypologie Abbildung 6.39: Wörter raten (Roche 2008a: 124) Indem der Lerner auf die Buchstaben an den Rändern klickt, verschwinden diese dann aus der jeweiligen Spalte. Wenn ein angeklickter Buchstabe im gesuchten Wort vorkommt, wird er unten bei den Strichen eingetragen. Wenn ein Buchstabe nicht im gesuchten Wort vorkommt, wird das Bild durch ein rosafarbenes Kästchen abgedeckt. Unten links neben dem Lösungsfeld sieht der Lerner, wie viele Versuche er bereits unternommen hat und wie viele Fehler er dabei gemacht hat. Je weniger Versuche der Lerner benötigt, desto besser. Er darf insgesamt 20 Fehler machen, danach ist das gesamte Bild zugedeckt. ▶ Textfeld- - freie Texteingabe mit Musterlösung oder mit Korrektur durch den e-Assistenten In das Eingabefeld in der Mitte kann man wie in jedem anderen Textverarbeitungsprogramm schreiben (siehe Abbildung 6.40). 266 6. Lernplattformen Abbildung 6.40: Texteingabe mit Musterlösung (Deutsch-Uni Online o. J.) Die Aufgabe des e-Assistenten ist es, dem Lerner ein erstes Feedback zu seinen Texten zu geben. Es handelt sich um ein Computerprogramm, das freie Texte nach Rechtschreibung und einfachen Grammatikfehlern untersucht. Der e-Assistent ist auf typische Fehler spezialisiert und markiert diese Fehler in Ihrem Text. Wenn der Lerner mit der Maus eine Markierung des e-Assistenten anklickt, erhält er einen Hinweis auf die Art des Fehlers. Manchmal wird dazu auch ein Korrekturvorschlag präsentiert. Abbildung 6.41: Beispiel einer Korrektur durch e-Assistenten (Roche 2008a: 127) 267 6.2 Kommunikationsfunktionen und Übungstypologie Der e-Assistent kann den Sinn eines Satzes nicht erfassen und deshalb findet er möglicherweise nicht alle Fehler in Ihrem Text. Auf der anderen Seite kennt der e-Assistent möglicherweise nicht alle Wörter, die der Lerner verwendet. Das bedeutet, dass manche Wörter im Text als Fehler markiert werden können, obwohl sie richtig sind: Beispielsweise werden unter Umständen Eigennamen (Namen von Personen, Städten etc.) als Fehler markiert. Nur der Tutor kann dem Lerner eine persönliche Rückmeldung geben und seinen Text so korrigieren, dass er wirklich fehlerfrei ist. Freie Übungen ohne eindeutige Lösung Bei freien Übungen, für die es keine eindeutige Lösung oder Musterlösung gibt, kann die Korrektur nicht automatisch ablaufen. Es handelt sich dabei um Übungen, in denen der Lerner freie Texte schreibt oder seine Stimme aufnimmt. Die Korrektur erfolgt über einen Online- Tutor. Der Lerner erhält also nur eine Antwort, wenn er einen Kurs assistiertes Lernen-- also mit tutorieller Betreuung-- gebucht hat. Nach dem Bearbeiten einer freien Übung klickt er auf das Senden-Symbol rechts unten, um seine Antwort an den Tutor zu schicken. ▶ Textfeld-- freie Texteingabe mit Korrektur durch einen Online-Tutor beziehungsweise eine Online-Tutorin. So funktioniert es (siehe Abbildung 6.42): ▷ Die Aufgabenstellung im oberen Feld durchlesen. Dort gibt es eine genaue Beschreibung, wie der Text aufgebaut sein und welche Punkte er enthalten soll. ▷ In das Eingabefeld in der Mitte den Text schreiben und falls notwendig mithilfe der Formatierungsleiste (fett, kursiv, Schriftgröße etc.) formatieren. ▷ Um den Text zu speichern, auf das Speichern-Symbol rechts unten klicken. ▷ Um den Text an die Tutorin zu schicken, auf das Senden-Symbol rechts unten klicken. ▷ Andere Aufgaben bearbeiten, falls die Korrektur des Textes etwas länger dauern sollte. 268 6. Lernplattformen Abbildung 6.42: Texteingabe mit Korrektur durch einen Online-Tutor beziehungsweise eine Online-Tutorin (Deutsch-Uni Online o. J.) Nachdem der Tutor den Text korrigiert und an Sie zurückgeschickt hat, öffnet sich bei Ihnen automatisch ein Benachrichtigungsfenster. ▶ Textfeld-- freie Texteingabe mit Korrektur durch den e-Assistenten und einen Online- Tutor beziehungsweise eine Online-Tutorin. Hier wird der Text zuerst vom e-Assistenten und dann von der Tutorin korrigiert. Auf diese Weise kann man erste Rechtschreibfehler und einfache Grammatikfehler im Text korrigieren, bevor man den Text an den Tutor oder die Tutorin schickt. Die Vorgänge Korrigieren-- Text an den e-Assistenten schicken werden so oft wiederholt, bis der e-Assistent keine Fehler mehr entdecken kann. Dann wird der Text beim nächsten Absenden automatisch an den Tutor oder die Tutorin weitergeleitet. ▶ Sprachaufnahmen: Bei diesen Übungen kann man eigene Sprachaufnahmen machen und zur Korrektur verschicken oder speichern. Dazu benötigt man ein Mikrofon und gegebenenfalls Lautsprecher oder Kopfhörer. Nach der Arbeitsanweisung im oberen Feld erscheint im mittleren Feld meistens weiteres Material zur Übung, zum Beispiel ein Hörtext. Durch Anklicken des Lautsprechersymbols kann man diesen abspielen. Darunter befindet sich für eigene Aufnahmen ein Rekorder. 269 6.2 Kommunikationsfunktionen und Übungstypologie Abbildung 6.43: Sprachaufnahmen (Deutsch-Uni Online o. J.) Nachdem der Tutor oder die Tutorin die Aufnahme erhalten hat, erfolgt eine Rückmeldung zu Inhalt, Verständlichkeit, Fehlern, Lerntipps und anderem. ▶ Freie Übungen im Klassenverbund: freie Texteingabe und Abspeichern des Textes in einen Klassenordner Bei diesem Übungstyp können Texte produziert und gelesen werden, die in einem Klassenordner für alle Mitglieder einer Klasse inklusive Tutor beziehungsweise Tutorin zugänglich sind. Unter der Aufgabenstellung im oberen Feld befindet sich in der linken Spalte eine Übersicht über Unterordner und Texte, die bereits in diesem Klassenordner liegen. Durch Klicken auf einen Eintrag in dieser Liste erscheint der entsprechende Text im mittleren Feld. In dem Feld über dem Text stehen der Benutzername des Verfassers, das Datum der letzten Bearbeitung und eine Kurzbeschreibung. Will man einen neuen Beitrag schreiben, so muss man zuerst entscheiden, wo der Text stehen soll: In welchem Ordner, als neuer Text oder als Antwort auf einen Text eines anderen Benutzers. 270 6. Lernplattformen Abbildung 6.44: Texteingabe in einen Klassenordner (Roche 2008a: 134) 6.2.3 Online-Programme im Prüfungsmodus Online-Programme eignen sich durchaus auch zur Abnahme von Tests und Prüfungen. Dabei ist selbstverständlich die Identität des Teilnehmers festzustellen und zu gewährleisten, dass die erforderlichen Rahmenbedingungen eingehalten werden (Zeit, Selbständigkeit, Hilfsmittel etc.). Programmtechnisch können Einstellungen so vorgenommen werden, dass Teilnehmer für die Prüfung keinen oder nur einen limitierten Zugang zu Ressourcen und keine oder limitierte Wiederholungsmöglichkeiten haben und unter den gleichen Zeitparametern arbeiten wie Prüflinge in anderen Situationen. Das TestDaF-Trainingsprogramm (mit Buch und CD - ROM Fit für den TestDaF) sieht eine Probeprüfung vor, in der man unter authentischen Testbedingungen diesen Hochschulzugangstest vollständig ausprobieren kann. So sieht die Eingangsseite dazu aus (siehe Abbildung 6.45). Im Modul uni-deutsch TestDaFtraining muss man auf der Bausteinleiste nur den Eintrag Testsatz anklicken. Eine genaue Beschreibung der Prüfung befindet sich im Einleitungstext, den man über einen Link erreichen kann. 271 6.2 Kommunikationsfunktionen und Übungstypologie Abbildung 6.45: Übersicht über die Eingangsseite der TestDaF-Probeprüfung (Deutsch-Uni Online o. J.) ▶ Bearbeiten und Versenden der Prüfungsteile Leseverstehen und Hörverstehen Die Aufgaben der Prüfungsteile Leseverstehen und Hörverstehen werden nicht in Übungsfenstern dargestellt. Stattdessen bestehen Links zu Word-Dokumenten, die die Aufgaben und Antwortblätter enthalten. Durch Klicken auf die Links gelangt man zu den Dokumenten (Herunterladen beziehungsweise Download). Man kann die Dokumente am Computer bearbeiten und bei Bedarf ausdrucken. Bei der Bearbeitung der Aufgaben sollte man auf die vorgegebene Zeit achten. Die Lösungen kann man in dem Dokument abspeichern und als E-Mail-Anhang an den Tutor oder die Tutorin zur Korrektur schicken. 272 6. Lernplattformen Abbildung 6.46: Leseverstehen in der TestDaF-Probeprüfung (Deutsch-Uni Online o. J.) ▶ Bearbeiten und Versenden des Prüfungsteils Schriftlicher Ausdruck und des Prüfungsteils Mündlicher Ausdruck. ▶ Beide Prüfungsteile werden durchgeführt, wie im Übungstyp Textfeld-- Freie Texteingabe mit Korrektur durch einen Online-Tutor oder eine Online-Tutorin-- beziehungsweise im Übungstyp Sprachaufnahmen beschrieben. Der Unterschied zu den anderen Sprachaufnahmen ist, dass die Aufnahme im Testmodus nicht gestoppt oder neu begonnen werden kann. Man kann die Aufnahme nur einmal bearbeiten. Abbildung 6.47: Mündlicher Ausdruck in der TestDaF-Probeprüfung (Deutsch-Uni Online o. J.) 273 6.2 Kommunikationsfunktionen und Übungstypologie 6.2.4 Zusammenfassung ▶ Zu den wichtigsten Kommunikationsfunktionen in Lernplattformen gehören E-Mail, Chat und Foren. Chats dienen der synchronen Kommunikation zu organisatorischen, alltäglichen oder unter Umständen auch spezifischen Themen des Unterrichts. Die Chatkommunikation ist in der Regel recht flüchtig und schnell. Die Schriftform reflektiert dabei eher mündliche Kommunikation mit den üblichen Verkürzungen und Verschleifungen. Im Gegensatz zu Chats für die synchrone und eher kurzlebige Kommunikation bieten Foren die Möglichkeit, auch längere Beiträge zu verfassen und über längere Zeit (asynchron) zu erhalten. ▶ Mit virtuellen Klassenzimmern oder interaktiven Tafeln kann man versuchen, Präsenzaktivitäten im Unterricht so weit wie möglich über geografische Distanzen herzustellen. Die Grundvorstellung ist hierbei, einen Klassenraum zu schaffen, in dem Lerner und Tutorin beziehungsweise Tutor von ganz unterschiedlichen Orten aus synchron miteinander kommunizieren können: Über Ton, über schriftlichen Chat oder angeschlossene Foren, über eine synchron nutzbare Tafel, die gleichzeitig von verschiedenen Teilnehmern und Teilnehmerinnen beschrieben werden kann, über vorbereitete Unterrichtsmaterialien und gegebenenfalls über Videoaufnahmen. ▶ Die Übungstypen können nach ihrem Offenheitsgrad klassifiziert werden. Viele Übungstypen haben eine eindeutige Lösung oder eine Musterlösung. Die Lerner erhalten die Korrektur oder die Lösung automatisch vom Lernprogramm. Bei anderen Übungstypen gibt es keine eindeutige Lösung (freie Übungen). Hier erfolgen die Korrektur und Rückmeldung durch den Tutor oder die Tutorin. ▶ Online-Programme eignen sich auch zur Abnahme von Tests und Prüfungen. Dabei ist selbstverständlich die Identität des Teilnehmers beziehungsweise der Teilnehmerin festzustellen und zu gewährleisten, dass die erforderlichen Rahmenbedingungen eingehalten werden (Zeit, Selbständigkeit, Hilfsmittel etc.). Programmtechnisch können Einstellungen so vorgenommen werden, dass Teilnehmer für die Prüfung keinen oder nur einen limitierten Zugang zu Ressourcen und keine oder limitierte Wiederholungsmöglichkeiten haben und unter den gleichen Zeitparametern arbeiten wie Prüflinge in anderen Situationen. 6.2.5 Aufgaben zur Wissenskontrolle 1. Erklären Sie die Unterschiede zwischen der Kommunikation im Chat und Forum. 2. Erklären Sie das Konzept eines virtuellen Klassenzimmers. 3. Erklären Sie die Klassifikation der Übungstypen nach ihrem Offenheitsgrad. 4. Worauf ist bei der Prüfungsabnahme im Online-Modus besonders zu achten? 5. Welche elektronischen Lexika gibt es? 274 6. Lernplattformen 6.3 Klassen-, Lerner-, Aufgabenverwaltung Jörg Roche In den ersten Lerneinheiten haben Sie den Aufbau sowie die Kommunikations- und Übungsmöglichkeiten einer Lernplattform kennengelernt. In dieser Lerneinheit werden einige organisatorische Funktionen präsentiert, die den Kursteilnehmern und den Tutoren helfen, ihre Aufgaben zu erledigen, ihre Arbeit zu strukturieren und auf diese Weise den Arbeits- und Lernprozess autonom zu gestalten. Wie erfolgt die Daten- und Nutzerverwaltung? Wie läuft eine Korrektur technisch ab? Kann man die Aufgaben nur online korrigieren? Die Antworten auf diese Fragen sowie einen Einblick in die Organisation und die Nutzerrollen einer Lernplattform erhalten Sie in dieser Lerneinheit. Lernziele In dieser Lerneinheit möchten wir erreichen, dass Sie ▶ Verwaltungsfunktionen für Teilnehmer und Tutorinnen kennenlernen; ▶ erfahren, wie die Korrektur einer Aufgabe vom Tutor inhaltlich und technisch abläuft. 6.3.1 Verwaltungsfunktionen für Teilnehmer Innerhalb einer Lernplattform, die auf gemeinsamen Standards aufbaut, muss es für den individuellen Nutzer Möglichkeiten geben, Einstellungen an die eigenen Bedürfnisse anzupassen. Diese individualisierbaren Einstellungen sollen es dem Nutzer erleichtern, seine Lernwege selbst zu organisieren, Hausaufgaben übersichtlich zu archivieren, die Bedingungen für bestimmte Lernmodi zu schaffen, kurzum, den Lernprozess möglichst autonom zu gestalten. In der dargestellten Lernplattform gibt es hierfür im Bereich der Administration eigens einen Bereich für Teilnehmer. Durch einen Klick auf das Werkzeug-Symbol Admin in der Konstantenleiste erscheinen die Symbole der jeweils verfügbaren Verwaltungsfunktionen in der linken Leiste. Hier ein kurzer Überblick über die Verwaltungsfunktionen: 275 6.3 Klassen-, Lerner-, Aufgabenverwaltung Abbildung 6.48: Administration Teilnehmer (Roche 2008a: 140) a) Nutzer: Die eigenen Daten sehen und ändern (zum Beispiel das Passwort, die Adresse). b) Korrektur: Verwaltung der von der Tutorin oder dem e-Assistenten erhaltenen Korrekturen. c) System: Einstellungen am Computer (Größe der Übungsfenster, Eingang von Nachrichten etc.) und gegebenenfalls Klassenwechsel vornehmen. Nutzer - Verwaltung In die Verwaltungsübersicht gelangt man durch Klicken auf den Eintrag Nutzer und dann auf den Eintrag Verwaltung in der linken Leiste. Hier erscheinen alle persönlichen Angaben (Name, E-Mail etc.), die außer dem Benutzernamen auch geändert werden können. 276 6. Lernplattformen Abbildung 6.49: Verwaltung der Nutzerdaten (Roche 2008a: 141) Korrektur - Neu Wenn der e-Assistent oder die Tutorin eine Aufgabe zurücksenden, öffnet sich automatisch ein Benachrichtigungsfenster, aus dem heraus man die Korrekturen gleich öffnen kann. Man kann zu den Korrekturen auch über die Verwaltungsübersicht gelangen. Der Text befindet sich im mittleren Feld. Die Fehler, die die Tutorin korrigiert hat, sind unterstrichen. In der linken Spalte in der Mitte stehen Kurz-Korrekturzeichen zu den Fehlern. Die Korrekturzeichen werden in der linken Spalte unten noch einmal vollständig ausgeschrieben dargestellt. Wenn man einen markierten Fehler anklickt, wird im unteren Feld die Erklärung der Tutorin beziehungsweise die Korrektur des Programms angezeigt. 277 6.3 Klassen-, Lerner-, Aufgabenverwaltung Abbildung 6.50: Korrekturfenster (Roche 2008a: 143) Korrektur - Erledigt Wenn unter Korrektur- - Neu eine Aufgabe als erledigt gespeichert werden soll, muss man nur auf das Feld neben der Korrektur klicken. Sie wird dadurch markiert. Durch Klicken auf das graue Feld über dem Kästchen wird die Korrektur in den Ordner Erledigt verschoben. System Durch Klicken auf den Eintrag System und dann auf den Eintrag Einstellung erhält man eine Auswahl an Einstellungen für die Benutzeroberfläche: Bei dieser Lernplattform betrifft das unter anderem die Größe der Aufgabenfenster, den Arbeitsmodus (ungestörtes Arbeiten, Tutorbenachrichtigungen akzeptieren, alle Benachrichtigungen akzeptieren) und die Einstellung der Systemsprache. Die Einstellungen können im Eingabefeld rechts geändert und gespeichert werden. 278 6. Lernplattformen Abbildung 6.51: System-- Einstellungen (Roche 2008a: 145) 6.3.2 Verwaltungsfunktionen für Tutorinnen Durch einen Klick auf das Werkzeug-Symbol in der oberen Funktionsleiste bekommen Tutorinnen und Tutoren Zugang zur Administratoransicht. 279 6.3 Klassen-, Lerner-, Aufgabenverwaltung Abbildung 6.52: Administration durch den Tutor beziehungsweise die Tutorin (Roche 2008a: 147) Die Einträge in der linken Funktionsleiste entsprechen folgenden Verwaltungsfunktionen: a) Nutzer: Alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen aus den Kursen, für die ein Tutor oder eine Tutorin Verwaltungsrechte bekommen hat, sind hier aufgeführt. Diesen Teilnehmern kann man E-Mails oder Kurznachrichten schicken sowie deren persönliche Daten ändern. Eine Tutorin kann über diesen Eintrag auch erkennen, welche Teilnehmer aus ihren Kursen gerade online sind. b) Klassen: Hier kann man Klassen ändern und neu anlegen, Nachrichten verschicken und Teilnehmerlisten der Klassen einsehen. c) System: Hier kann man Einstellungen am Computer (Größe der Übungsfenster, Arbeitsmodus, Sprachen etc.) ändern und die aktuelle Klasse wechseln. d) Korrektur: Hier werden die Einsendeaufgaben der Teilnehmer und die Korrekturen verwaltet. Nutzerverwaltung Unter Nutzer kann der Tutor beziehungsweise die Tutorin also die Teilnehmer und Teilnehmerinnen verwalten. Hier gibt es zwei Einträge: Verwaltung und Aktive. 280 6. Lernplattformen ▶ Nutzer-- Verwaltung ▷ In der Nutzerverwaltung stehen folgende Funktionen zur Verfügung: E-Mail an Teilnehmer schicken, Nutzerdaten der Teilnehmer einsehen und ändern sowie Kurznachrichten senden. Abbildung 6.53: Nutzerverwaltung (Roche 2008a: 148) 281 6.3 Klassen-, Lerner-, Aufgabenverwaltung ▷ Nutzerdaten ändern Hier erscheinen die Angaben des Teilnehmers (Name, E-Mail-Adresse und so weiter). Außer dem Benutzernamen kann man alle Angaben ändern (inklusive des Passwortes). Abbildung 6.54: Änderung der Nutzerdaten (Roche 2008a: 149) 282 6. Lernplattformen ▶ Nutzer-- Aktive Hier kann man alle Kursteilnehmer sehen, die im Moment bei DUO online sind und diesen Teilnehmern eine E-Mail oder eine Kurzmitteilung senden. Abbildung 6.55: Aktive Nutzer (Roche 2008a: 150) 283 6.3 Klassen-, Lerner-, Aufgabenverwaltung Klassen - Verwaltung In der Klassenverwaltung stehen folgende Funktionen zur Verfügung: Abbildung 6.56: Klassenverwaltung (Roche 2008a: 151) a) Name: Namen der Klasse oder Klassen. b) Lerner: Gesamtanzahl der Teilnehmer einer Klasse und ihr Online-Status. c) Klasse: Mit einem Klick auf das Symbol mit dem Doppelpfeil kann der Name der Klasse geändert werden. d) Kontakt: Kurznachricht an alle. Mit einem Klick auf das Chat-Symbol werden alle Teilnehmer der Klasse zum Chat aufgefordert. Es öffnet sich dann bei allen Teilnehmern der Klasse automatisch das Chatfenster. e) Benutzerlisten: Alle Benutzer: Zugang zu den Aufgaben der Lerner. Online-Benutzer: Aktive Lerner. Der Bearbeitungsstatus der Teilnehmer lässt sich einsehen unter Klassen-- Verwaltung-- Benutzerlisten. Wenn Sie in der Konstantenleiste auf das Symbol mit den Personen klicken, öffnet sich eine Liste mit allen Teilnehmern des jeweiligen Kurses. 284 6. Lernplattformen Abbildung 6.57: Benutzerlösungen einsehen (Roche 2008a: 152) Über diese Funktion kann der Tutor beziehungsweise die Tutorin zum Teilnehmer Kontakt aufnehmen oder seine Nutzerdaten verändern. Wenn man den Namen eines Teilnehmers anklickt, erscheint eine Übersicht über alle Aufgaben, die dieser Teilnehmer bereits bearbeitet hat. In der Überschriftenzeile sieht man den Benutzernamen des ausgewählten Teilnehmers. Unter Kurse kann man die Aufgaben des Teilnehmers für einen bestimmten Kurs einsehen. Nach Klicken der Auswahl erscheint folgende Übersicht: 285 6.3 Klassen-, Lerner-, Aufgabenverwaltung Abbildung 6.58: Benutzerlösungen-- einzelne Funktionen (Roche 2008a: 153) Übersicht über die Funktion Korrektur Hier laufen die Einsendeaufgaben der Teilnehmer ein. Sie werden vom Tutor beziehungsweise der Tutorin korrigiert und an den entsprechenden Teilnehmer wieder zurückgesendet. Um die Aufgaben zu korrigieren, muss man zuerst auf den Eintrag Korrektur und dann auf den Eintrag Neu klicken. Dadurch ergeben sich folgende Informationen und Funktionen: 286 6. Lernplattformen Abbildung 6.59: Korrekturverwaltung-- Übersicht (Roche 2008a: 154) a) Klasse des Teilnehmers, der die Einsendeaufgabe geschickt hat. b) Lerner: Benutzername des Teilnehmers, der die Einsendeaufgabe geschickt hat. c) Übung: Code der Einsendeaufgabe d) Datum, an dem die Einsendeaufgabe versendet wurde. e) Aktionen: Mail schreiben oder bei einer schriftlichen Einsendeaufgabe den Originaltext des Teilnehmers hier ansehen. Bei einer mündlichen Einsendeaufgabe die Sprachaufnahme des Teilnehmers hier anhören. f) Graues Feld: Markieren einer Einsendeaufgabe zum Verschieben in einen anderen Ordner und zur weiteren Bearbeitung über Online-Korrektur oder Offline-Korrektur. Mit einem Klick auf dieses Symbol verschiebt man eine markierte Einsendeaufgabe in den Ordner Offline. Dort kann die Aufgabe auf die Festplatte des Computers heruntergeladen werden. Aufgaben zum Korrigieren vorbereiten und zurücksenden: Online. Um eine Einsendeaufgabe eines Teilnehmers online korrigieren zu können, muss sie zuvor vom Ordner Korrektur-- Neu in den Ordner Korrektur-- Online verschoben werden. Um den Ordner Korrektur-- Online zu öffnen, klicken Sie links auf den Eintrag Online. Sie erhalten dann folgende Funktionen: 287 6.3 Klassen-, Lerner-, Aufgabenverwaltung Abbildung 6.60: Korrekturen-- Online (Roche 2008a: 155) Dort stehen verschiedene Informationen und Funktionen zur Verfügung: a) Klasse des Teilnehmers, der die Einsendeaufgabe geschickt hat. b) Lerner: Benutzername des Teilnehmers, der die Einsendeaufgabe geschickt hat. c) Übung: Code der Einsendeaufgabe. d) Letzte Änderung: Datum Ihrer letzten Änderung. Sie können eine Korrektur jederzeit schließen und zu einem späteren Zeitpunkt weiter bearbeiten. Ihre Korrektur bleibt dabei gespeichert. e) Aktionen: Hier haben Sie mehrere Möglichkeiten: E-Mail schreiben, Aufgabenstellung einsehen, Originaltext des Teilnehmers ansehen, Sprachaufnahme anhören (aber ohne Bearbeitungsmöglichkeit) sowie Korrektur. f) Markieren einer Einsendeaufgabe zum Verschieben in einen anderen Ordner und zur weiteren Bearbeitung: Zurücksetzen der Korrektur der markierten Aufgabe, Korrektur Offline stellen sowie Aufgabe hier an den Teilnehmer zurücksenden. Verwaltung von erledigten Korrekturen Sobald eine korrigierte Aufgabe an einen Teilnehmer zurückgeschickt worden ist, wandert sie in den Ordner Korrektur-- Erledigt. Dort stehen dann wieder ähnliche Informationen und Funktionen wie oben dargestellt zur Verfügung. Löschen oder Freigeben einer Korrektur zur Wiederbearbeitung durch den Teilnehmer Die Korrektur kann durch Klicken auf das X-Symbol (rechte Leiste) gelöscht werden. Die Aufgabe ist dadurch zur erneuten Bearbeitung durch den Teilnehmer wieder freigegeben. Dies hat keinen Einfluss auf die Ansicht, die dem Teilnehmer vorliegt. Er sieht nach wie vor die korrigierte erste Fassung, kann aber die Aufgabe neu bearbeiten und an den Tutor beziehungsweise die Tutorin zur Korrektur verschicken. Wiederherstellen Durch Klicken auf das Symbol (e) kann die markierte Aufgabe erneut korrigiert werden. 288 6. Lernplattformen Abbildung 6.61: Korrekturen-- Erledigt (nach Roche 2008a: 156) 6.3.3 Korrektur Schriftlicher Ausdruck Die Übungstypen mit freier Texteingabe sehen in den meisten Fällen eine Korrektur durch den Online-Tutor beziehungsweise die Online-Tutorin vor. Im Folgenden wird die Vorgehensweise einer Korrektur online (direkt über die Plattform) und offline (lokal auf dem Computer) beschrieben. 289 6.3 Klassen-, Lerner-, Aufgabenverwaltung Online-Korrektur: Korrektur einer Aufgabe im Online-Editor Abbildung 6.62: Korrekturen vornehmen im Online-Editor (Roche 2008a: 156) Das Editorfenster besteht aus vier Feldern: a) Feld für (abgekürzte) Korrekturzeichen (vom System vorgegeben) b) Textfeld mit dem Text des Teilnehmers oder der Teilnehmerin. Unter dem Text ist außerdem Platz für Mitteilungen oder einen längeren Kommentar von Ihnen c) Feld für (ausgeschriebene) Korrekturzeichen (vom System vorgegeben) d) Feld für die Fehlerbeschreibungen Und so wird es gemacht: ▶ Die Wörter, Satzteile oder Sätze aus dem Textfeld markieren, die korrigiert werden sollen. ▶ Mit der rechten Maustaste auf den markierten Teil klicken und Menü auswählen (Fehler korrigieren). 290 6. Lernplattformen Abbildung 6.63: Korrekturen vornehmen (Roche 2008a: 157) ▶ Im Fenster Fehlerbeschreibung ein Korrekturzeichen aus dem Menü auswählen. Wenn es kein passendes Korrekturzeichen für die Korrektur gibt, kann man den Eintrag Anmerkung auswählen. In das Textfeld dieses Fensters kann man dann eine Fehlerbeschreibung eingeben. Die Schrift kann durch den Editor beliebig formatiert werden (fett, kursiv, farbig etc.). Durch OK bestätigen. Daraufhin ist der Fehler im Text unterstrichen, links erscheint das Korrekturzeichen und unten die Fehlerbeschreibung. Abbildung 6.64: Fehlerbeschreibung (Roche 2008a: 158) 291 6.3 Klassen-, Lerner-, Aufgabenverwaltung Durch Anklicken der korrigierten Fehler im Text werden jeweils die dazu gehörenden Korrekturzeichen (Spalte links) und Fehlerbeschreibungen (Feld unten) angezeigt. Mithilfe des Editors kann man ähnlich auch direkt in das Textfeld des Teilnehmers schreiben oder dort Wörter formatieren. Danach erfolgt die Speicherung mit einer entsprechenden Rückmeldung an den Lerner. Korrektur einer Aufgabe im Offline-Editor Längere Texte und Aufgaben korrigieren viele Tutorinnen und Tutoren lieber offline statt online. Dafür sprechen technische und gelegentlich auch finanzielle Gründe (Online-Gebühren), aber auch Gewohnheitsaspekte und die Möglichkeiten der Speicherung. Die hier vorgestellte Lernplattform enthält daher einen Offline-Editor, der beim ersten Herunterladen einer Aufgabe beim Nutzer automatisch installiert wird und das folgende Symbol auf dessen Desktop erstellt: Abbildung 6.65: Desktopsymbol des Offline-Editors (Roche 2008a: 159) Mit einem Doppelklick auf dieses Symbol öffnen Sie den Offline-Editor. In diesem Fenster können Sie nun die Offline-Korrektur vornehmen: ▶ Aufgabe korrigieren: Mit der linken Maustaste auf Datei klicken und mit Öffnen die gewünschte Korrekturart auswählen. Es gibt vier Möglichkeiten: 1. Neue Korrekturen: Aufgaben, die zuvor von Korrektur-- Neu in Offline verschoben wurden. 2. Laufende Korrekturen: Aufgaben, die noch nicht vollständig korrigiert wurden. 3. Erledigte Korrekturen: Fertig korrigierte Aufgaben. Diese befinden sich in der Administrationsebene im Ordner Online. 4. Abgeschickte Korrekturen: Fertig korrigierte Aufgaben, die an den Teilnehmer zurückgeschickt worden sind. Diese befinden sich in der Administrationsebene im Ordner Erledigt. ▶ Unbearbeitete Aufgaben kann man sich zur Korrektur durch Öffnen-- neue Korrekturen vorlegen. 292 6. Lernplattformen Abbildung 6.66: Korrekturen vornehmen im Offline-Editor (nach Roche 2008a: 159) ▶ Korrektur speichern: Unter Datei und Speichern kann man die gewünschte Art der Speicherung auswählen: a) Speichern / Laufende Korrekturen: Die Korrektur wird lokal auf dem Computer der Tutorin unter Laufende Korrekturen abgelegt. Sie kann weiterhin offline auf der Festplatte bearbeitet, jedoch noch nicht an den Teilnehmer zurückgeschickt werden. b) Speichern / Erledigte Korrekturen: Die Korrektur wird in der Administrationsansicht im Ordner Online abgelegt. Sie wird also beim nächsten Einloggen wieder auf die Lernplattform ins Internet hochgeladen. Eine Weiterbearbeitung ist nun im Ordner Online möglich. c) Korrekturen abschicken und ablegen: Das Versenden der Aufgaben an den Lerner kann natürlich nur online funktionieren: Wenn die Korrektur unter Laufende Korrekturen abgespeichert ist, befindet sie sich in der Administrationsansicht im Ordner Offline. Durch Klicken auf die Onlinefreigabe werden alle Aufgaben zum Versenden online freigegeben. Durch Markierung in den Feldern rechts erfolgt die Auswahl. Durch Klicken auf das Symbol erfolgt die Ablage im Ordner Online und anschließend der weitere Versand wie oben beschrieben. Ist die Korrektur unter Erledigte Korrekturen abgespeichert, befindet sie sich in der Plattform in der Administrationsansicht im Ordner Online. Das weitere 293 6.3 Klassen-, Lerner-, Aufgabenverwaltung Vorgehen ist oben bereits beschrieben unter Aufgaben zum Korrigieren vorbereiten und zurücksenden: Online. Die Korrektur wird dadurch automatisch in die Administrationsebene in den Ordner Erledigt verschoben. Abbildung 6.67: Korrektur ablegen (Roche 2008a: 163) 6.3.4 Korrektur Mündlicher Ausdruck ▶ Öffnen und Abhören einer Sprachaufnahme: Die Übungstypen, bei denen die Teilnehmer eine Sprachaufnahme machen, sehen in den meisten Fällen eine Korrektur durch den Online-Tutor beziehungsweise die Online- Tutorin vor. Die Sprachaufnahmen der Teilnehmer befinden sich in der Administrationsansicht im Ordner Korrektur-- Neu. Zunächst sollen die Sprachaufnahmen, die korrigiert werden sollen, in den Ordner Online verschoben werden. In der unteren Leiste des Fensters finden Sie einen Recorder. Zum Abspielen der Aufnahme klicken Sie auf Start. Zum Beenden der Aufnahme klicken Sie auf Stopp. Mit den Pfeilen können Sie vor- und zurückspulen. Sie können zu diesem Zweck auch den Regler für die Laufzeit an die gewünschte Position schieben. ▶ Rückmeldung zur Sprachaufnahme verfassen und per E-Mail versenden: Die Rückmeldungen an den Teilnehmer erfolgen handschriftlich oder in einem Textverarbeitungsprogramm und werden nicht in der Administrationsansicht gespeichert. 294 6. Lernplattformen 6.3.5 Zusammenfassung ▶ Eine Lernplattform, die auf gemeinsamen Standards aufbaut, muss dem individuellen Nutzer Möglichkeiten geben, Einstellungen nach eigenem Ermessen zu definieren. Diese individualisierbaren Einstellungen sollen es dem Nutzer beziehungsweise der Nutzerin leichter machen, seine Lernwege selbst zu organisieren, Hausaufgaben übersichtlich zu archivieren, die Bedingungen für bestimmte Lernmodi zu schaffen, kurzum, den Lernprozess möglichst autonom zu gestalten. ▶ Ein Kursteilnehmer hat auf der Lernplattform die folgenden Verwaltungsmöglichkeiten: ▷ die eigenen Daten sehen und ändern (zum Beispiel das Passwort, die Adresse); ▷ die von Tutor beziehungsweise Tutorin oder e-Assistenten und -Assistentinnen erhaltenen Korrekturen verwalten; ▷ Einstellungen am Computer (Größe der Übungsfenster, Eingang von Nachrichten etc.) und gegebenenfalls Klassenwechsel vornehmen. ▶ Ein Tutor oder eine Tutorin hat auf der Lernplattform die folgenden Verwaltungsmöglichkeiten: ▷ alle Teilnehmer aus den Kursen, für die er oder sie Verwaltungsrechte bekommen hat, sehen, ihnen E-Mails oder Kurznachrichten schicken, die persönlichen Daten ändern; ▷ erkennen, welche Teilnehmer aus seinen oder ihren Kursen gerade online sind; ▷ Klassen ändern und neu anlegen, Nachrichten verschicken, Teilnehmerlisten der Klassen einsehen; ▷ Einstellungen am Computer (Größe der Übungsfenster, Arbeitsmodus, Sprachen etc.) ändern, die aktuelle Klasse wechseln. 6.3.6 Aufgaben zur Wissenskontrolle 1. Welche Einstellungen können im Bereich System von Kursteilnehmern und Tutoren vorgenommen werden? 2. Wie läuft die Korrektur einer schriftlichen Aufgabe vom Tutor im Online-Editor ab? 3. Wie läuft die Korrektur einer mündlichen Aufgabe vom Tutor im Online-Editor ab? 4. Aus welchen Gründen ist ein Offline-Editor für die Korrektur von längeren Texten und Aufgaben für Tutoren sinnvoll? 5. Aus welchem Grund sollte eine Lernplattform dem individuellen Nutzer Möglichkeiten geben, Einstellungen nach eigenem Ermessen zu definieren? 295 6.3 Klassen-, Lerner-, Aufgabenverwaltung 7. Digitale Werkzeuge, automatische Spracherkennung, Evaluation Im vorherigen Kapitel stand die Charakterisierung der Elemente und Funktionen komplexer (Sprach-)Lernplattformen im Mittelpunkt. In diesem Kapitel vertiefen wir die begonnene Erkundung und wagen einen Blick hinter die Kulissen moderner Lernplattformen. Es werden zunächst die Funktionen einzelner Arbeits-, Lern- und Kommunikationswerkzeuge präsentiert, die in Lernplattformen integriert sein oder auch als selbständige Werkzeuge genutzt werden können. Im Unterschied zur Sprachlernsoftware sind solche Werkzeuge nicht immer ohne Weiteres im Unterricht einsetzbar, sondern sie sind entweder technisch fortgeschritten oder didaktisch unterspezifiziert. Im ersten Fall bieten sich sehr gute Möglichkeiten, die Schülerinnen und Schüler mit ihrer technischen Expertise in den Unterricht einzubringen, im zweiten Fall ist vor allem das didaktische Geschick der Lehrkraft gefragt. Hinter die Kulissen blicken wir aber auch bei der Erklärung der Möglichkeiten und Verfahren der automatischen Spracherkennung und ihrer Nutzung in tutoriellen Lernprogrammen. Wenigen Sprachlehrkräften ist bekannt, wie diese Systeme eigentlich funktionieren und wie komplex eine intelligente automatische Sprachanalyse ist. Wenigen ist auch bekannt, welche automatischen e-Assistenten es überhaupt gibt und was sie leisten können. Schließlich blicken wir auch hinter die Kulissen, indem wir uns mit einem anderen bisher wenig beachteten Thema beschäftigen, nämlich der Evaluation von Sprachlernprogrammen. Auch Computerzeitschriften und Warentester gehen bei der Bewertung solcher Programme meist sehr oberflächlich vor. Sie lassen sich blenden von Farben, Bewegungen und Wortschatzmengen, verstehen aber praktisch nichts von Lernprozessen. In der ersten Lerneinheit sollen daher die wichtigsten Kategorien von digitalen Werkzeugen sowohl für Lehrkräfte als auch für Lerner behandelt werden. Die meisten der hier aufgelisteten Instrumente kommen nicht ausschließlich in Online-Lernumgebungen zum Einsatz, sondern sie können auch im Präsenzunterricht genutzt werden. In der zweiten Lerneinheit werden Systeme zur Erkennung von schriftlicher Sprache und Systeme zur Erkennung von gesprochener Sprache vorgestellt und intelligente, das heißt auf linguistischen Analysen basierende, elektronische Tutoren von weniger anspruchsvollen Programmen (big data) unterschieden. In der dritten Lerneinheit erfahren Sie schließlich viele grundsätzliche Dinge zur Evaluation von Sprachlernprogrammen und Sie lernen ein praktisches Instrument zur Evaluierung und zur kritischen Reflexion von Sprachsoftware kennen. In dieser Lerneinheit beschäftigen Sie sich mit der Frage, wie sich die einzelnen Lernkriterien und -kategorien systematisieren und in Form eines Evaluationsinstrumentes umsetzen lassen, das übersichtlich und für den Unterricht und das Lernen anwendbar ist. 296 7. Digitale Werkzeuge, automatische Spracherkennung, Evaluation 7.1 Arbeits-, Lern- und Kommunikationswerkzeuge Jörg Roche & Ferran Suñer Muñoz Im Unterschied zu fertigen Sprachlernprogrammen mit Standard-Übungstypen sind selbständige Werkzeuge nicht ohne Weiteres im Unterricht einsetzbar, sondern sie benötigen oft bestimmte Kenntnisse der Einsatz- und Bedienungsmöglichkeiten, aber auch didaktische Kenntnisse der Lehrkraft, wie damit zielführend umzugehen ist, zum Beispiel durch die Formulierung einer konkreten Aufgabenstellung oder durch die Ergänzung von Lerninhalten (Texte, Videos, Bilder etc.). Handelt es sich um Lexika oder Grammatiken, können die Lerner die Werkzeuge leicht selbständig verwenden. Das gilt auch für die gängigen Kommunikations- und Recherchemedien. Hier können Lehrkräfte oft von den Schülerinnen und Schülern lernen und sollten diese Wissensdiskrepanz im Unterricht durchaus nutzen. Gleichzeitig liegt es doch meist an den Lehrkräften, sinnvolle, interessante Aufgaben dafür zu entwickeln. Viele Lehrwerke lassen die Lehrkräfte mit dieser wichtigen Aufgabe allein. Im Folgenden sollen daher die wichtigsten Kategorien von digitalen Werkzeugen behandelt werden. Die meisten der hier aufgelisteten Instrumente kommen nicht ausschließlich in Online-Lernumgebungen zum Einsatz, sondern sie können auch im Präsenzunterricht genutzt werden. Andere Instrumente (zum Beispiel Chats oder virtuelle Klassenzimmer) sind wiederum reine Online-Werkzeuge. Sie erfahren hier einiges Grundlegendes über digitale Werkzeuge. Diese entwickeln sich schnell weiter und man kann kaum mithalten. Aber es ist wichtig, ein Grundverständnis von den prinzipiellen Möglichkeiten zu besitzen, um die Brauchbarkeit dieser Werkzeuge besser beurteilen und optimieren zu können. Lernziele In dieser Lerneinheit möchten wir erreichen, dass Sie ▶ den Unterschied zwischen den integrierten Werkzeugen einer größeren Lernplattform und plattformunabhängigen Instrumenten kennenlernen; ▶ Aufgaben für Ihren eigenen Unterricht mit plattformunabhängigen digitalen Autorenwerkzeugen erstellen können; ▶ den Unterschied zwischen konzeptionell mündlichen und konzeptionell schriftlichen Kommunikationsformen erklären können; ▶ souverän über Lernplattformen und ihre Werkzeuge urteilen können. 7.1.1 Plattformunabhängige digitale Autorenwerkzeuge Eine erste Gruppe von Werkzeugen stellen die sogenannten Autorenwerkzeuge (auch Help Authoring Tools ( HAT ) beziehungsweise Autorentools genannt; vergleiche Thiemann 2008) dar. Damit können Kursdesigner-- aber auch Lehrkräfte-- ohne viel Programmieraufwand Materialien erstellen und ganze Kursabschnitte multimedial darbieten. Die Autorenwerk- 297 7.1 Arbeits-, Lern- und Kommunikationswerkzeuge zeuge können sowohl als integrative Bestandteile einer größeren Lernplattform als auch als plattformunabhängige Tools verwendet werden. Zu den wichtigsten Funktionen eines Autorentools gehören: ▶ Textverarbeitung, ▶ Bildverarbeitung, ▶ Verarbeitung von Audio- und Videosequenzen, ▶ Erstellung von Animationen und Übungssequenzen (Multiple-Choice, Lückentexte, drag and drop, Kreuzworträtsel und Ähnliches). Diese Funktionen müssen jedoch nicht komplett im Autorenwerkzeug vorhanden sein. So nutzt zum Beispiel das plattformunabhängige Autorenwerkzeug Hotpotatoes (Online unter https: / / www.hotpotatoes.de/ . 15. März 2018) zwar Videos als Übungsmaterial (siehe Abbildung 7.1), seine Funktionalitäten umfassen aber hauptsächlich die Erstellung von webbasierten Übungen. Vergleichbare plattformunabhängige Autorenwerkzeuge sind zum Beispiel eXeLearning (Online unter https: / / exelearning.org/ . 15. März 2018), myUdutu (Online unter http: / / www.myudutu.com/ myudutu/ . 15. März 2018), JC lic (Online unter https: / / www. edugroup.at/ service/ suche/ detail/ jclic.html. 15. März 2018), Mediator-Programme für unterschiedliche Fächer (Online unter http: / / www.mediator-programme.de/ . 15. März 2018) oder LearningApps (Online unter https: / / learningapps.org/ . 15. März 2018). Abbildung 7.1: Beispiel für den Aufgabentyp Mehrfachauswahl mit Video-Datei aus Hotpotatoes (Hotpotatoes o. J.) 7.1.2 Autorenwerkzeuge Content-Management-Systeme ( CMS ) und Autorenwerkzeuge Ein Content-Management-System ( CMS ) ist eine Software, die zur gemeinschaftlichen Erstellung, Bearbeitung und Verwaltung von Inhalten (content) dient. Dabei liegt der Fokus auf der Einfachheit der Eingabe, sodass eine Bedienung des Systems auch ohne tiefere technische Kenntnis erfolgen kann. Um eine möglichst große Wiederverwendbarkeit der Inhalte 298 7. Digitale Werkzeuge, automatische Spracherkennung, Evaluation zu gewährleisten, werden diese in modernen Content-Management-Systemen unabhängig vom Ausgabemedium gespeichert. Das Speichern der Daten erfolgt oftmals in einer Datenbank. Des Weiteren unterscheidet man zwischen client- und serverseitigen Systemen: Bei den serverseitigen Systemen wird der Inhalt vollständig auf einem zentralen Server erstellt und verwaltet, wohingegen der Inhalt bei den clientseitigen Systemen mit einer lokal installierten Software erstellt und anschließend von einem Server zur Distribution bereitgestellt wird. Auch bei einem Autorenwerkzeug handelt es sich meist um lokal installierte Software. Diese dient zur Erstellung von E-learning-Inhalten sowie von E-learning-Software und ist ebenfalls auf leichte Bedienbarkeit ausgelegt. Diese Werkzeuge bieten die Möglichkeit, Kurse zu strukturieren, Medien einzubinden und Übungsaufgaben sowie Prüfungen zu erstellen. Die Eingabe der Kursinhalte der DUO -Lernplattform wird durch die Verwendung eines integrierten HTML -Editors stark vereinfacht, so dass die Kursautoren sich nicht mit technischen Details beschäftigen müssen, sondern sich auf die Autorentätigkeit konzentrieren können. Nach Fertigstellung des Kurses wird dieser auf eine Entwicklungsplattform transferiert, redaktionell sowie technisch überprüft und gegebenenfalls korrigiert. Nach Durchlaufen dieser Qualitätssicherungsstufe wird der Kurs auf der endgültigen Distributionsplattform bereitgestellt und somit den Lernern zugänglich gemacht. Im Folgenden betrachten wir kurz, wie die Struktur eines Kurses auf der DUO -Lernplattform mithilfe des Autorentools basiX-Designer geschaffen werden kann. Ordnerstruktur und Ebenen Bevor die Inhalte eines Kurses mithilfe des Autorentools basiX-Designer eingegeben werden können, ist es notwendig, sich über die hierarchische Struktur des Projektes Gedanken zu machen. Es muss eine der Kursstruktur entsprechende Verzeichnisstruktur angelegt werden, in der die einzelnen Ebenen (Kapitel, Unterkapitel, Aufgaben und Übungen) definiert werden. Aus Gründen der Übersichtlichkeit und Einheitlichkeit sollte darauf geachtet werden, die Benennung der Ebenen kurz und prägnant, aber dennoch aussagekräftig zu gestalten (zum Beispiel Kap_1 für Kapitel 1, B01 für Baustein 1, A01 für Aufgabe 1 etc.). Zur Veranschaulichung hier ein Ausschnitt aus der Ordnerstruktur des Programms Français des Affaires: 299 7.1 Arbeits-, Lern- und Kommunikationswerkzeuge Abbildung 7.2: Ordnerstruktur des Kurses Français des Affaires: Kapitel-Ebene, Baustein-Ebene, Aufgaben-Ebene, Sequenz-Ebene und Übungs-Ebene (Roche 2008a: 164) Das Erstellen einer solchen Ordnerstruktur bereitet in der Regel keine großen Schwierigkeiten, da derartige Baumstrukturen den meisten Computernutzern aus der Dateiverwaltung bekannt sind. Wie man in der Abbildung sehen kann, ist das Arbeitsfenster des Autorentools basiX-Designer zweigeteilt. Auf der linken Seite des Fensters wird die Ordnerstruktur des Projekts angezeigt, während auf der rechten Seite die jeweiligen Eingabefenster für die Inhalte zu sehen sind. Dies hat den Vorteil, dass sehr leicht zwischen den einzelnen Ebenen hin- und hergewechselt werden kann. Die Task- oder Aufgabenebene (hier: Aufgaben A01, A02, A03, etc.) ist diejenige Ebene, in der die Materialien gespeichert und eingebunden werden. Mithilfe eines integrierten HTML - Editors kann Text eingegeben und beliebig formatiert, können Bilder und Animationen eingebunden und Verlinkungen zu internen beziehungsweise externen Seiten erstellt werden (zum Beispiel HTML -Dokumente, PDF -Dateien). Auf dieser Ebene können darüber hinaus Audiodateien und Videos integriert und- - falls gewünscht- - mit Transkripten versehen werden. Je nach Art des einzubindenden Mediums (Audio, Bild, Text, Video) müssen die entsprechenden Dateien in den vom basiX-Designer automatisch angelegten Materialienordnern (mataudio, matimage, mattext, matvideo) hinterlegt werden. Die Taskebene ist zudem der Ort, von dem aus die Übungssequenzen der Aufgaben (zum Beispiel S01) erstellt und verlinkt werden. Man spricht hier von Übungssequenzen, da jeder Aufgabe nicht nur eine Übung, sondern eine aus mehreren Übungen bestehende Übungskette zugeordnet werden kann. Diese unterste Ebene wird als Übungsebene bezeichnet. Mit dem Autorentool basiX-Designer konnten vielfältige Übungen für die DUO -Plattform erstellt werden (siehe Kapitel 6). 300 7. Digitale Werkzeuge, automatische Spracherkennung, Evaluation Derartige Autorenwerkzeuge eignen sich ideal zur Erstellung von Online-Sprachkursen, da sie aus technischer Sicht die Portabilität der Inhalte durch die Standardkonformität gewährleisten und die Schnittstelle zu einem CMS bereitstellen. Der Umgang mit dem Autorenwerkzeug kann leicht erlernt werden. Dadurch können Autoren ohne tiefergehendes technisches Wissen die Kontrollmöglichkeiten des Werkzeugs ausschöpfen. Das um die CMS -Funktionalität erweiterte Autorenwerkzeug kann somit in allen Phasen der Programmentwicklung-- von der technischen Abbildung des didaktischen Konzepts bis hin zum Transfer auf den Distributionsserver- - sinnvoll genutzt werden. Die so produzierten Rohdaten können darüber hinaus in weiteren Programmen ganz oder teilweise verwertet und auch in anderen Medien weiterverarbeitet werden, zum Beispiel bei der Herstellung von CD - ROM s oder auch Printmaterialien. 7.1.3 Kommunikationswerkzeuge Die Kommunikationswerkzeuge ermöglichen die Interaktion zwischen Lernern sowie zwischen Lernern und Tutor über qualitativ unterschiedliche Wege: Synchrone Kommunikation und asynchrone Kommunikation (vergleiche Dürscheid 2012). Ausschlaggebend bei dieser Unterscheidung ist, ob die Gesprächspartner zur gleichen Zeit miteinander kommunizieren. Nehmen wir als Beispiele die Kommunikation per SMS und per Skype-Konferenz. Beim ersten gestaltet sich die Kommunikation so, dass die Gesprächspartner keine unmittelbare Reaktion auf eine Äußerung erwarten. Man kann sich also beim Antworten etwas Zeit lassen, ohne dass die Kommunikation dadurch erschwert wird. So kann es zum Beispiel der Fall sein, dass sich einer der Gesprächspartner im Seminar befindet und er deswegen erst nach dem Seminar die SMS beantworten kann (bei E-Mails läuft es ähnlich). Einen Skype-Anruf kann man zwar immer ablehnen, nach Beginn des Gesprächs wird jedoch erwartet, dass der Gesprächspartner relativ zügig auf die Äußerungen des anderen Gesprächspartners reagiert. So sind zum Beispiel in einem Skype-Gespräch vergleichsweise mehr Sprecherwechsel und in der Regel viel kürzere Äußerungen der Gesprächspartner zu beobachten als bei einer SMS - oder E-Mail-Kommunikation. Wir dürfen aber die Kurzlebigkeit und die vorwiegend dialogische Form (mit zahlreichen Sprecherwechseln) der mündlichen Kommunikation nicht ausschließlich mit Skype-Gesprächen, Videokonferenzen und dergleichen verbinden. Auch die Kommunikation in Chats zeigt zum Beispiel trotz ihrer schriftlichen Realisierung viele Eigenschaften und sprachliche Merkmale mündlicher Kommunikation. Daher unterscheidet man in der Sprachwissenschaft zwischen der medialen und der konzeptionellen Mündlichkeit (vergleiche Dürscheid 2012; Günther 1997). Mediale Mündlichkeit bezieht sich auf das Medium, also auf die gesprochenen und auditiv wahrnehmbaren Wörter; konzeptionelle Mündlichkeit ist hingegen unabhängig vom Medium und bezeichnet eher die Eigenschaften der mündlichen Kommunikation, wie zum Beispiel Dialogizität, Interaktivität, Kurzlebigkeit, Kontextgebundenheit der Äußerungen, die Bevorzugung von Koordination gegenüber Subordination und Ähnliches (vergleiche Dürscheid 2012; Günther 1997). In der konzeptionell mündlichen Kommunikation greift man unter anderem aufgrund der hohen Kontextgebundenheit auch auf nicht-verbale beziehungsweise piktoriale Ausdrucksmittel zurück wie zum 301 7.1 Arbeits-, Lern- und Kommunikationswerkzeuge Beispiel die sogenannten Emoticons, um die verbale Kommunikation zu ergänzen oder zu erweitern. In der face-to-face-Kommunikation geschieht das unter anderem durch Gestik. Eine solche Aufteilung gilt auch für die Schriftlichkeit, und zwar wird zwischen medialer und konzeptioneller Schriftlichkeit unterschieden (vergleiche auch die Lerneinheit 4.3 in diesem Band). Kombiniert man die zwei Kriterien medial beziehungsweise konzeptionell und schriftlich beziehungsweise mündlich, so ergeben sich folgende Verteilungen und Kommunikationsformen, die durch verschiedene Werkzeuge realisiert werden können: Medial schriftlich Medial mündlich Konzeptionell mündlich Chats Skype-Gespräche Konzeptionell schriftlich E-Mails Videovorlesungen Tabelle 7.1: Übersicht zu konzeptionell mündlichen und schriftlichen Kommunikationsformen Die konzeptionell mündlichen und die konzeptionell schriftlichen Kommunikationsformen sind also relativ unabhängig von ihrer medialen Realisierung und sind-- mit einem gewissen Vorbehalt- - jeweils der synchronen und asynchronen Kommunikation zuzuordnen (vergleiche kritisch dazu Dürscheid 2012). Im Folgenden sehen Sie ein Beispiel für ein Chat-Gespräch, in dem verschiedene Eigenschaften der konzeptionell mündlichen Kommunikation in medial schriftlicher Form zu beobachten sind: Abbildung 7.3: Beispiel für ein Chat-Gespräch 302 7. Digitale Werkzeuge, automatische Spracherkennung, Evaluation Zur synchronen Kommunikation auf Lernplattformen zählen unter anderem Tools wie Chat, Instant-Messaging, Videokonferenz; die asynchrone Kommunikation erfolgt hingegen durch Foren, interne Mail-Systeme, Blogs, Repositorien für Videoaufnahmen (zum Beispiel Videovorlesungen) und Ähnliches. In der Regel werden jedoch verschiedene Funktionen und Tools miteinander kombiniert. So kann man während eines Chatgesprächs auch interaktive Whiteboards zur simultanen Bearbeitung von Lernobjekten in virtuellen Videokonferenzen nutzen (siehe auch Multi-User Domains ( MUD s) und Multi User Domains Object-Oriented ( MOO s)). 7.1.4 Zusammenfassung ▶ Autorenwerkzeuge ermöglichen es, ohne viel Programmieraufwand Materialien zu erstellen und ganze Kursabschnitte multimedial darzubieten. Die Autorenwerkzeuge können sowohl als integrative Bestandteile einer größeren Lernplattform als auch als plattformunabhängige Tools verwendet werden. ▶ Kommunikationswerkzeuge ermöglichen die Interaktion zwischen Lernern sowie zwischen Lernern und Tutor über qualitativ unterschiedliche Wege: Synchrone Kommunikation (Chat, Skype, Videokonferenz etc.) und asynchrone Kommunikation (Textnachrichten, E-Mail, Foren etc.). Dabei unterscheidet man zwischen der medialen und der konzeptionellen Mündlichkeit. Mediale Mündlichkeit bezieht sich auf das Medium, also auf die gesprochenen und auditiv wahrnehmbaren Wörter; konzeptionelle Mündlichkeit ist hingegen unabhängig vom Medium und bezeichnet eher die Eigenschaften der mündlichen Kommunikation, wie zum Beispiel Dialogizität, Interaktivität, Kurzlebigkeit etc. 7.1.5 Aufgaben zur Wissenskontrolle 1. Erklären Sie das Konzept der Autorenwerkzeuge. 2. Warum eigenen sich Autorenwerkzeuge wie zum Beispiel basiX-Designer besonders gut zur Erstellung von Online-Sprachkursen? 3. Erklären Sie die Einteilung der Kommunikationswerkzeuge nach den Kriterien medial beziehungsweise konzeptionell und schriftlich beziehungsweise mündlich und führen Sie Beispiele an. 4. Was sind Lernwerkzeuge? Führen Sie einige Beispiele an. 303 7.2 Intelligente elektronische Tutoren 7.2 Intelligente elektronische Tutoren Jörg Roche In der ersten Lerneinheit dieses Kapitels haben Sie einzelne digitale Arbeits-, Lern- und Kommunikationswerkzeuge kennengelernt. In dieser Lerneinheit möchten wir Ihnen weitere multimediale Instrumente vorstellen-- intelligente elektronische Tutoren, die überwiegend im Online- und Blended Learning-Unterricht eingesetzt werden können. Diese Instrumente sollen dabei helfen, die Arbeit eines Tutors beziehungsweise einer Tutorin oder einer Lehrkraft zu unterstützen und zu optimieren. Über welche Möglichkeiten verfügen heutzutage computergestützte tutorielle Systeme? Wo liegen ihre Grenzen? In welchen Fällen können sie einen menschlichen Tutor ersetzen und wann nicht? Was zeigen empirische Studien zu ihrer Effizienz? Diese Fragen möchten wir in der vorliegenden Lerneinheit beantworten. Lernziele In dieser Lerneinheit möchten wir erreichen, dass Sie ▶ Systeme zur Erkennung von schriftlicher Sprache und Systeme zur Erkennung von gesprochener Sprache charakterisieren können; ▶ erklären können, wodurch sich intelligente elektronische Tutoren von weniger anspruchsvollen Programmen unterscheiden; ▶ Möglichkeiten und Limitierungen von intelligenten elektronischen Tutoren kennenlernen; ▶ planen können, wie intelligente elektronische Tutoren in Ihrer Arbeit eingesetzt werden können. 7.2.1 Systeme zur Erkennung von schriftlicher Sprache Die Spracherkennungssysteme werden oft als Komponenten einer Lernplattform (vergleiche Kapitel 6) eingesetzt. Roche (2008a) unterscheidet in dieser Hinsicht zwischen Systemen zur Erkennung von schriftlicher Sprache und Systemen zur Erkennung von gesprochener Sprache. Die Systeme zur Erkennung von schriftlicher Sprache geben Feedback zu Aspekten der Grammatik und Rechtschreibung in schriftlichen Lernertexten. Sie entlasten damit die Arbeit der (menschlichen) Tutoren enorm und garantieren eine zuverlässige und systematisierte Korrektur von Fehlern. Solche Systeme geben individuelles Feedback und können dadurch genauer Rückmeldungen geben als allgemeine Aufgaben und Korrekturen und sie bewahren damit einen Lerner auch vor den falschen Lösungen seiner Mitlerner, die möglicherweise fehlerhafte Strukturen verstärken könnten. Elektronische Tutoren sind jedoch nicht geeignet, um komplexere Lernabläufe zu steuern oder komplexere kommunikative Kompetenzen zu vermitteln. 304 7. Digitale Werkzeuge, automatische Spracherkennung, Evaluation Empfehlenswerte Systeme gibt es allerdings wenige. Viele der verfügbaren Programme arbeiten meist mit geschlossenen Übungen beschränkter Schwierigkeit (Einsetzübungen, Verschiebungen von Satzelementen) und gleichen zuvor eingegebene Musterlösungen mit den Lernerlösungen ab. Damit erreichen sie eine relativ hohe Treffgenauigkeit, sind aber im Umfang der Korrekturen sehr begrenzt. Nachteile dieser Systeme ergeben sich zum Beispiel aus dem Umgang mit Tippfehlern oder mit Rechtschreibfehlern wie Groß- und Kleinschreibung, indem inhaltlich und grammatisch korrekte Antworten als falsch gewertet werden können. Anspruchsvollere Programme, sogenannte intelligente tutorielle Systeme, bieten ihrerseits eine viel umfangreichere Korrektur von Lernertexten und haben einen wesentlich komplexeren Aufbau, weil sie die eingegebene Sprache, nach einem ersten Abgleich der Oberfläche, tatsächlich linguistisch verarbeiten (Natural Language Processing, NLP ). Der eingehende Text wird mithilfe einer hinterlegten Grammatik in Einzelteile zerlegt (Parsing) und anschließend einer lexikalischen Datenbank mit grammatischen Regeln (Morphemen) zugeordnet. Wo diese Zuordnung gelingt, erfolgt keine Reaktion des Programmes. Wo sie nicht gelingt, reagiert das Programm mit Rückmeldungen unterschiedlicher Spezifik. Das können farbige Unterstreichungen sein, die mögliche Fehler markieren, oder eindeutige Fehlerkorrekturen, die keinerlei Zweifel übriglassen. Haller (2007) unterscheidet hauptsächlich zwischen der Grammatik und dem Lexikon als Komponenten dieser Systeme. Die verwendeten Grammatiken sind als eine Art Sammlung häufiger Fehler von Nichtmuttersprachlern anzusehen. Dabei werden meistens syntaktische Fehler berücksichtigt, bei ausreichenden Daten lassen sich jedoch in manchen Fällen auch semantische Informationen und Valenzinformationen für die Korrektur verwenden (vergleiche Haller 2007: 75). Für die Lexika werden Lektionstexte als Grunddaten genommen, um den Wortschatz auf einer bestimmten Niveaustufe abzudecken. So werden die Lernertexte anhand des konstruierten Lexikons und der hinterlegten Grammatik des Systems auf verschiedenen Ebenen abgescannt; dabei werden Abweichungen im Text markiert, bei Übereinstimmungen erfolgt jedoch keine Reaktion des Systems (vergleiche Roche 2008a). Ziel solcher intelligenten tutoriellen Systeme ist es also, so viele Fehler wie möglich zu erkennen und dabei die Anzahl der ‚Fehlalarme‘ niedrig zu halten. Gleichzeitig wird darauf abgezielt, bei einem erkannten Fehler möglichst genau die Fehlerstelle zu markieren sowie eine möglichst zutreffende Fehlerdiagnose zu geben. (Haller 2007: 74) Der folgende Screenshot (siehe Abbildung 7.4) aus Deutsch-Uni Online ( DUO ) zeigt, in welcher Form die Lerner die Korrektur des Systems erhalten. Auf der oberen Seite des Fensters befindet sich die Aufgabenstellung. Unterhalb der Aufgabenstellung ist der Text mit den markierten Fehlern zu sehen. Links davon befindet sich eine Liste mit allen gefundenen Fehlern. Werden die aufgelisteten Fehler angeklickt, erscheint am unteren Ende des Fensters die entsprechende Beschreibung. Dies erfolgt einerseits durch Zuordnung zu verschiedenen Fehlerkategorien wie Grammatik, Orthographie und Ähnliches; andererseits werden Hinweise für die Eigenkorrektur der Fehler gegeben (zum Beispiel Partizip II mit -ieren immer -t). Nach Überarbeitung der Korrekturen kann der Lerner per Mausklick überprüfen, ob er die markierten Fehler erfolgreich beheben konnte. In einem nächsten Schritt kann der erfolgreich 305 7.2 Intelligente elektronische Tutoren korrigierte Text an den Tutor beziehungsweise die Tutorin ebenfalls per Mausklick gesendet werden. Damit kann sich der Tutor oder die Tutorin auf die Korrektur des Textes auf höheren Ebenen der Textkohärenz konzentrieren. Abbildung 7.4: Korrektur e-Assistent aus Deutsch-Uni Online Intelligente Systeme haben den Vorteil, dass sie offene Übungen verarbeiten können, das heißt, dass das Wortmaterial, die Strukturen und die Textlänge nicht begrenzt sein müssen. Sie haben damit aber den Nachteil, dass die möglichen Lösungen in bestimmten sprachlichen Kontexten richtig oder falsch sein können. Das gilt zum Beispiel bei elliptischen Konstruktionen wie Hilfe, die als Aufforderung korrekt, als Verb in einem Satz ich hilfe inkorrekt, aber als Nachfrage Der und Hilfe? (Was, Du erwartest von dem Hilfe? ) wieder korrekt wären. Außerdem kann der e-Assistent zum Beispiel aus dem Kontext heraus in der Regel nicht erkennen, ob das Genus beim Wort Verdienst richtig oder falsch ist (der Verdienst im Sinne von Gehalt; das Verdienst im Sinne von Erfolg). Es gibt zwar Methoden aus der Computerlinguistik, die die Vorkommenshäufigkeit von Kollokationen bei der Kontexterkennung produktiv nutzen (das Wort Fußball kommt zum Beispiel oft mit den Wörtern Stadion und Spieler vor), eine zuverlässige Auswertung können sie jedoch nur dann liefern, wenn sie sehr große Datenmengen 306 7. Digitale Werkzeuge, automatische Spracherkennung, Evaluation verarbeiten (big data). Dies ist bei den neuesten (rezeptiven) Verarbeitungsprogrammen von Sprache zunehmend der Fall. Ein weiterer Nachteil ist auch die Tatsache, dass Fremdwörter und Eigennamen (in der Abbildung 7.4 zum Beispiel die Stadt Tromsö) oft auch als Fehler markiert werden, da sie in das Lexikon des e-Assistenten nicht integriert wurden (vergleiche Roche 2008a). Eventuell können auch Fehler in Konstruktionen wie Funktionsverbgefügen („isch mach dich messer“) oder Verben mit einem Präpositionalobjekt unerkannt bleiben (zum Beispiel sich an etwas freuen*-- richtig: sich auf etwas freuen und sich an etwas erfreuen oder zur Verfügung setzen*-- richtig: zur Verfügung stehen). Zwar funktioniert dann die Analyse durchaus korrekt, aber die Vielfalt der Rückmeldungen kann einen Lerner überwältigen. Lässt das Programm dagegen viele Variationen des sprachlichen Systems zu, können wesentliche Fehler eines Lerners übersehen werden. Eine eingehende Kritik verschiedener Verfahren findet sich in Haller 2007. Ähnliche Probleme ergeben sich übrigens bei den Übersetzungsmaschinen aus dem Internet, die sich ähnlicher hinterlegter Lexika und Grammatiken bedienen. Wenn Sie probeweise einen Text zur Übersetzung in einem „translator“ eingeben, werden Sie sofort erkennen, wie schnell die Übersetzungsmaschinen an ihre Grenzen stoßen. Wenn man jedoch nicht immer auch völlig eindeutiges Feedback erwarten muss, so lassen sich die Systeme gewinnbringend einsetzen, so wie man auch automatische Rechtschreibprüfungen und ähnliche Programme im täglichen Umgang in Maßen verwendet. Zudem lässt sich eine höhere Trefferquote erzielen, wenn die hinterlegte Grammatik nicht nur mit den korrekten Regeln der Zielsprache gespeist wird, sondern gleichzeitig mit Datenbanken typischer Lernerfehler. So kann das Programm schneller und genauer entscheiden, ob es sich um eine möglicherweise akzeptable oder mit höherer Wahrscheinlichkeit fehlerhafte Konstruktion handelt. In dem Entwicklungsprojekt ProGram- IK der Universitäten Heidelberg und Saarbrücken ist ein modellhaftes Analyseinstrument mit einer Bewertung von Fehlerwahrscheinlichkeiten entwickelt und erfolgreich erprobt worden. Ein weiterführendes Projekt für die Sprachen Englisch, Spanisch, Katalanisch und Deutsch, das Advanced Longdistance Learning Education System ( ALLES ), wurde im Auftrag der Europäischen Union durchgeführt (vergleiche Haller 2007). Die e-Assistenten für Deutsch, Englisch, Französisch und Brasilianisch der DUO -Lernplattform haben zudem mehrere didaktische Korrekturschleifen eingebaut. In mehreren Schritten, bei denen der Lerner bestimmte Entscheidungen treffen muss und gegebenenfalls neue Versuche starten kann, wird der Lerner zur Korrektur eines möglichen Fehlers geführt. Durch die aktive Beschäftigung mit den Strukturen und verschiedenen Varianten der Sprache soll er nicht nur korrigieren, sondern Sprache lernen. Die globale Kritik verschiedener Autoren an den Möglichkeiten des intelligenten Tutorierens (vergleiche etwa die Diskussion bei Schulmeister 2002: 177ff oder Rösler 2004: 188ff) gilt für die hier dargestellten Systeme daher nicht. Die Intelligenz betrifft in diesen Systemen vor allem die hinterlegte Grammatik und die Adaptivität an den Lerner, weniger die Abbildung komplexer Lehrmodelle. 307 7.2 Intelligente elektronische Tutoren 7.2.2 Systeme zur Erkennung von gesprochener Sprache Was die Systeme zur Erkennung von gesprochener Sprache angeht, sind sie hauptsächlich als Systeme des Musterabgleichs zu charakterisieren (Möbius & Haiber 2010: 216). Das heißt, die eingehenden Sprachsignale werden mit bereits vorhandenen Referenzäußerungen abgeglichen, die als Muster für eine bestimmte Sprache festgelegt wurden. Dabei werden nach Möbius & Haiber (2010) mehrere Phasen durchlaufen: Zuerst wird das Sprachsignal aus den Schallwellen von den Störgeräuschen abgegrenzt, indem die lautspezifische Energieverteilung digitalisiert wird und anhand von Basisparametern mit bestimmten Merkmalen (sogenannte Vektorenmerkmale) verbunden; im nächsten Schritt werden die herausgefilterten physikalischen Merkmale in linguistische Einheiten wie Phoneme oder Silben umgewandelt; danach werden die Einheiten mithilfe lexikalischer Einschränkungen (also existierender Wörter einer Sprache) zu Einheitssequenzen zugeordnet, wofür das Vorhandensein eines hinterlegten Lexikons erforderlich ist; zu guter Letzt werden anhand einer syntaktischen Analyse unwahrscheinliche Einheitssequenzen herausgefiltert und anhand einer semantischen Analyse mögliche kontextwidrige Sätze bereinigt (zum Beispiel die konjugierte Verbform isst im Satz er ist Deutschlehrer). Auf Sprachlernplattformen werden solche Systeme beim Aussprachetraining verwendet, wobei vor allem einzelne Wörter ausgewertet werden (zum Beispiel im Programm IntelliSpeech). Allerdings ist die automatische Sprachanalyse (die Erkennung von gesprochener Sprache durch Computer) nach wie vor auf stark standardisierte Gesprächsroutinen beschränkt und wird dies auch auf absehbare Zeit bleiben. Die natürliche Sprache ist mit ihrem Variantenreichtum, ihrem Kontextbezug, ihrer Semantik und Pragmatik zu komplex, als dass sie leicht fassbar wäre. Die auf dem Markt verfügbaren Programme zur Analyse gesprochener Sprache erwecken durch ihre technisch und grafisch aufwändige Realisierung in der Regel den Eindruck, akkurate Einschätzungen und Bewertungen von Lerneräußerungen liefern zu können, arbeiten in Wirklichkeit aber mit unzuverlässigen Instrumenten. 7.2.3 Empirische Erprobung intelligenter elektronischer Tutoren Die oben beschriebenen intelligenten elektronischen Tutoren wurden bereits in mehrere Computerlehrwerke und Prüfungssysteme integriert und in der Praxis erprobt. Haller (2007) beschreibt in seinem Artikel einige Experimente mit solchen Tutoren. Sie untersuchen, wie die Tutoren die Antworten der Lerner evaluieren und welches Feedback sie dabei produzieren. Um Ihnen einen Überblick darüber zu verschaffen, sind unten einige Auszüge aus dem Artikel von Haller (2007: 79-84) angeführt. 4 Experimente mit TestDaF Weitere Experimente wurden mit Testmaterialien des bekannten TestDaF-Instituts durchgeführt. So wurde eine Testeinheit Hörverstehen ( HV ) mit einer größeren Menge vorgegebener und als richtig beziehungsweise falsch gekennzeichneter Antwortmöglichkeiten hinterlegt, die als linguistische Repräsentationen gespeichert waren. Dabei wurde versucht, zusätzlich die TestDaF- HV -Logik zu modellieren, die beim Hörverständnis eine große Toleranz in Bezug auf morphologische und syn- 308 7. Digitale Werkzeuge, automatische Spracherkennung, Evaluation taktische Fehler impliziert und eine Antwort schon dann als richtig gelten lässt, wenn sie das richtige Hauptelement ohne einen sinnentstellenden Fehler enthält. So wurde beispielsweise bei der Frage „Was möchte der Student kaufen? ” (Gespräch am Eingang der Mensa) die Antwort „Essensmarke“ als richtig akzeptiert, auch wenn im Hörtext der Plural „Essensmarken“ enthalten war. Die Antwort „Essensmark“ wurde dagegen als falsch bewertet, da sie (in der Zeit der Deutschen Mark) so interpretiert werden konnte, als wolle man dem Automaten Geld entnehmen, anstatt welches einzuwerfen. Die Bedingung, dass die Kernmorpheme richtig in der Antwort enthalten sein müssen, lässt sich mit linguistischen Regeln hinterlegen. Ähnliches galt für die Antwort „an der Eingang“ auf die Frage nach dem Standort des Automaten; die Antwortbewertung im Experiment war „Richtig“, allerdings wurde gleichzeitig ein Hinweis ausgegeben: „Falsche Flexion! “ Diese Möglichkeiten beim elektronischen Fremdsprachenlernen sind besonders für Übungsmodule interessant, mit denen TestDaF-Kandidaten für die HV -Prüfung trainieren und zugleich ihre generellen Sprachkenntnisse verbessern können; sie erlauben eine gezielte und flexible Bewertung der Antwort statt einer einfachen Richtig / Falsch-Reaktion. Im Bereich schriftlicher Ausdruck konnte ebenfalls ein erster Prototyp erstellt werden. Zu diesem Zweck stellte das TestDaF-Institut einige bewertete Aufsätze von TestDaF-Kandidaten (für die Niveaustufen < 3, 4 und 5) zur Verfügung sowie eine größere Zahl von Aufsätzen, bei denen diese Einstufung noch nicht erfolgt war. Die Aufgabe war relativ typisch für TestDaF: Eine Statistik zu den Wohnformen von Studenten in Deutschland sollte vertextet werden. Die-[…] Testinstrumente (Orthografie- und Grammatikkorrektur, Suche nach typischen Fehlern von Nichtmuttersprachlern sowie einige der Prüffunktionen für stilistische und terminologische Korrektheit) wurden additiv auf die Texte angewandt, und ein regelbares Raster für die Gewichtung der einzelnen Fehlertypen wurde entwickelt. So ergeben sich aus der Anzahl der Fehler, ihrer Zugehörigkeit zu den Testinstrumenten und ihrer Gewichtung Maßzahlen, die in Verbindung mit einer Auswertung von Textlänge sowie Wort- und Buchstabenzahl schließlich zu einer ersten Einstufung („Benotung“) der Texte führen kann. Von zehn Aufsätzen, die ohne Bewertung zur Verfügung gestellt wurden, konnten neun mithilfe des Prototyps zutreffend in die Test-DaF-Niveaus eingestuft werden; in einem Fall wurde das Niveau 3 statt des Niveaus 4 vergeben. In diesem Experiment wurde keinerlei inhaltliche Bewertung vorgenommen-- man hätte also einen beliebigen Text produzieren können, der nichts mit dem Thema „Statistik zur Unterbringung von Studenten in Deutschland“ zu tun hat! Natürlich ist dieser Baustein bei Bedarf problemlos auch auf andere Sprachen anwendbar. 5 ALLES : inhaltliche Prüfung für D / E / S / K Es gibt jedoch bereits die Möglichkeit, Inhalte zu überprüfen: Im EU -Projekt ALLES (Advanced Longdistance Learning Education System, entwickelt für die Sprachen Englisch, Deutsch, Spanisch und Katalanisch) wurden für komplexere schriftliche Aufgabenstellungen zusätzliche Prüfungen geschaffen, die das Vorhandensein und die Reihenfolge bestimmter Sprechakte und Schlüsselbegriffe testen. So sollen E-Mails und Briefe an unbekannte Personen mit einer Anrede und der Vorstellung der eigenen Person beginnen, es müssen bestimmte Sachverhalte in der richtigen logischen Reihenfolge im Text genannt werden, und der Text muss mit einer Grußformel schließen. Ein kleines Beispiel 309 7.2 Intelligente elektronische Tutoren soll diese inhaltliche Prüfung veranschaulichen. Hier bekommt der Lerner-- nach entsprechendem Training-- eine ausführliche Anweisung, wie er seine E-Mail abzufassen hat: Now you are ready to reply to that email from Human Resources. Don't forget to specify the course or courses you are taking, the reason and whether you have checked with your manager this training. Below you can find a short list of items you need to address in the email: Address recipient Introduce yourself and specify your department State courses you are planning to take State whether it's ok for your schedule, from whom you got authorisation, and why you are taking this training Specify other course(s) you would like to take in the future Your signature Die vom Lerner verfasste (extra kurze) E-Mail lautet: Dear Mr. Altman, I want to take the courses about web page localization. My boss gave me the permission. Sincerely Yours J. Haller Es können hier nicht alle Kommentare erläutert werden, aber einige Hinweise sollen das Prinzip der inhaltlichen Prüfung verdeutlichen: a) In Grammar and spell checking wird auf die amerikanische Schreibweise hingewiesen. b) In Content checking wird zwar die vorhandene Anrede registriert, moniert werden jedoch das Fehlen der Selbstvorstellung, die ungenaue Beschreibung des Kurses, das Fehlen einer Zeitplanung und die fehlende Begründung der Kurswahl. c) Eine korrekte Schlussformel ist vorhanden. d) Im General assessment werden der etwas linkische Stil und die Reihung bemängelt. Natürlich können diese Prüfungen auf Schlüsselbegriffe und ihre Reihenfolge nur in engen Kontexten helfen, bei denen, wie erwähnt, vorher trainierte Ausdrucksformen wiedergegeben werden sollen. Es ist jedoch durch die linguistische und syntaktische Analyse eine relativ große Freiheit und Variationsbreite gegeben-- wenn Wörter und Sätze als orthografisch und syntaktisch korrekt erkannt worden sind. (Haller 2007: 79-84) 310 7. Digitale Werkzeuge, automatische Spracherkennung, Evaluation 7.2.4 Zusammenfassung ▶ Die Spracherkennungssysteme werden oft als Komponenten einer Lernplattform eingesetzt und können in Systeme zur Erkennung von schriftlicher Sprache und Systeme zur Erkennung von gesprochener Sprache unterteilt werden. ▶ Unter den Systemen zur Erkennung von schriftlicher Sprache lässt sich mit intelligenten tutoriellen Systemen der größte Mehrwert erzielen. Sie bieten umfangreichere Korrekturen von Lernertexten und haben einen wesentlich komplexeren Aufbau, weil sie die eingegebene Sprache, nach einem ersten Abgleich der Oberfläche, tatsächlich linguistisch verarbeiten (Natural Language Processing, NLP ). ▶ Intelligente elektronische Tutoren erweisen sich als die optimale Ergänzung für menschliche Tutoren bei der Korrektur von Aufgaben, weil sie eine beträchtliche Anzahl an orthographischen und grammatischen Fehlern effektiv bereinigen können, die nachher nicht mehr von Online-Tutorinnen und -Tutoren korrigiert werden müssen. Auf diese Weise kann sich der menschliche Tutor auf Aspekte der Kohärenz, des Textaufbaus und des Stils konzentrieren. ▶ Systeme zur Erkennung von gesprochener Sprache sind hauptsächlich als Systeme des Musterabgleichs zu charakterisieren. Allerdings ist die Erkennung von gesprochener Sprache durch Computer nach wie vor auf stark standardisierte Gesprächsroutinen beschränkt, da die natürliche Sprache zu komplex ist, als dass sie leicht fassbar wäre. 7.2.5 Aufgaben zur Wissenskontrolle 1. Worin bestehen die Vorteile der intelligenten elektronischen Tutoren? 2. Wie funktioniert die Analyse der Sprache bei intelligenten elektronischen Tutoren? 3. Wie funktionieren Systeme zur Erkennung von gesprochener Sprache? 4. Wie kann eine inhaltliche Bewertung durch einen intelligenten elektronischen Tutor durchgeführt werden? 5. Wozu benötigt man Musterabgleiche? 311 7.3 Evaluation 7.3 Evaluation Jörg Roche Im Laufe des ganzen Bandes haben Sie mehrere digitale Programme, Plattformen und Werkzeuge kennengelernt. Darüber hinaus gibt es noch viel mehr Medienangebote, die frei oder gebührenpflichtig zugänglich sind. Allerdings variieren Qualität, Anspruch, wissenschaftliche Fundierung und Umfang dieser Programme in höchstem Maße und sollten daher fachkundig evaluiert werden. Daher möchten wir Ihnen in dieser abschließenden Lerneinheit notwendiges Wissen sowie ein praktisches Instrument zur Evaluierung und zur kritischen Reflexion von Sprachsoftware an die Hand geben. In dieser Lerneinheit beschäftigen Sie sich mit der Frage, wie sich die einzelnen Kriterien und Kategorien systematisieren und in Form eines Evaluationsinstrumentes umsetzen lassen, das übersichtlich und allgemein anwendbar ist. Zu diesem Zweck werden Sie sich am Beispiel des Kriterienkatalogs von Roche (2008a) mit den verschiedenen Ebenen der Evaluation von Sprachlernsoftware beschäftigen und genauer ansehen, wie sie unter anderem mit den verschiedenen lerntheoretischen Aspekten zusammenhängen. Lernziele In dieser Lerneinheit möchten wir erreichen, dass Sie ▶ notwendige Hintergründe zur Evaluation der Sprachsoftware kennenlernen; ▶ mit unterschiedlichen Evaluierungsverfahren der Software vertraut werden; ▶ ein Kriteriensystem für Softwareevaluierung kennenlernen; ▶ digitale Angebote anhand eines Kriterienkatalogs selbst evaluieren können. 7.3.1 Kriterienbasierte Evaluation Die systematische Evaluation von Lehrmaterialien gestaltet sich von jeher schwierig. Im Bereich der Lehrwerke für Deutsch als Fremdsprache und Zweitsprache gibt es so zum Beispiel eine Reihe von Versuchen, Lehrmaterialien systematisch zu erfassen und zu evaluieren, aber die Festlegung von relevanten Kriterien hat sich als ein schwieriges konzeptuelles und logistisches Unterfangen erwiesen (vergleiche etwa das Mannheimer Gutachten von 1977 und 1979 (Engel, Halm, Krum, Ortmann, Picht, Rall, Schmidt, Stickel, Vorderwülbecke & Wierlacher 1979), das Gutachten zu ausgewählten Lehrwerken, Deutsch für ausländische Arbeiter (Barkowski & Krumm 1980), den Stockholmen Kriterienkatalog von 1990 (Goethe-Institut 1990; Kast & Neuner 1994) oder das Gutachten des Sprachverbandes (Sprachverband 1994)). Andere Evaluationsverfahren sind dagegen nur als praktische Arbeitsmittel für die Hand des Lehrers konzipiert und leisten als verlässlicher und generalisierbarer Bezugsrahmen wenig. Prüfungsstandards, wie sie in Zertifikaten und Diplomen attestiert werden, international standardisierte Tests wie der TOEFL , die Cambridge Sprachtests, der TestDaF, die ALTE -Ni- 312 7. Digitale Werkzeuge, automatische Spracherkennung, Evaluation veaus der Association of Language Teachers and Translators of Europe, der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen für Sprachen ( GER ), die Proficiency Guidelines des American Council of Teachers of Foreign Languages ( ACTFL ), die Canadian Language Benchmarks oder andere internationale Definitionen von Standards oder Kompetenzniveaus, liefern zwar Kriterien für die angestrebten Leistungsniveaus, sind aber nur indirekt als Diagnoseinstumente für den Erwerbs- oder Lernprozess und als Evaluationsraster für Lehrmaterialien geeignet. Was für Lehrmaterialien allgemein gilt, gilt in besonderem Maße für Sprachlernsoftware. In seinem methodological framework for CALL courseware development schlägt Hubbard (1992) eine operationalisierbare Systematik von Kriterien vor. Diese sieht unter Bezug auf die Klassifikation von Richards & Rodgers (1986) eine Dreiteilung in die Kriterienbündel approach, design und procedure vor. Unter approach fasst er dabei linguistische, methodische und lernpsychologische Annahmen, aus denen sich unter Berücksichtigung der Eigenschaften des Computer Delivery Systems entsprechende Designkriterien ergeben. In das Design fließen schließlich vor allem die Lernervariablen und die Vorgaben der Lehrpläne ein. Zusammen mit den Verfahrensvariablen (zum Beispiel Bedienungsoptionen, Bewertung von Lernerantworten, Hilfsfunktionen und Programm-Layout) wird die Softwareproduktion schließlich realisiert. Hubbard nähert sich der Problematik dabei insgesamt von der praktischen Ebene der Lehrplanentwicklung- - des Curriculum-Designs- -, das aus den drei Komponenten Entwicklung, Implementierung und Evaluation besteht. In seinem Modell sind diese drei Module miteinander verbunden und können ausdrücklich auf Unterrichtsprinzipien bezogen werden. Leider werden in diesem Modell die Bezüge zu theoretischen Aspekten (Lerntheorien, linguistische Theorien, didaktische Ansätze und so weiter) und das Zusammenspiel der verschiedenen Variablen untereinander nicht hinreichend spezifiziert. 313 7.3 Evaluation 7.3.2 Theoriebasierte Evaluationsmodelle Ein theoriegestütztes Evaluationsmodell müsste folgende Ebenen berücksichtigen: Abbildung 7.5: Übersicht über die Lernvariablen, Lerndispositionen, Lernuniversalien und Lernziele, die bei der Evaluation von Lehr- und Lernmaterialien zu berücksichtigen sind (Roche 2008a: 66) Die Bedingungen des Lerners, also die spezifischen Lernervariablen einer Lerngruppe oder eines Lerners und die allgemeinen (kognitiven) Lernuniversalien, die die Informationsverarbeitung und den Sprach- und Wissenserwerb steuern, sind auf der obersten Ebene abgebildet. Diese Lernerdispositionen stellen Ausgangspunkt und Grundlage des gesamten Lernkontextes dar. Sie bestimmen damit auch, ob und wie die variabel definierbaren Lern- 314 7. Digitale Werkzeuge, automatische Spracherkennung, Evaluation ziele in geeigneter Weise realisiert werden können. Der Bereich der Lernziele selbst ist in Richtlernziele, Groblernziele und Feinlernziele unterteilt. Die Richtlernziele bilden allgemeine Kompetenzen ab, wie sie beispielsweise aufgrund einer bestimmten Bildungspolitik, Bildungsideologie oder Bildungstradition entstehen. Sie können als Fertigkeiten oder (zunehmend) als allgemeine Kompetenzen definiert sein. In Bildungssystemen, die von kommunikativen Lernzielen geprägt sind, sind das zum Beispiel kommunikative, soziale und interkulturelle Kompetenzen. Allerdings sind diese nicht, wie es auch die kommunikative Didaktik noch impliziert (und anhand von Niveaustufen und anderen definierten Standards expliziert und praktiziert), als gegeben hinzunehmen, sondern vielmehr mit den Lernerdispositionen (interkulturell) in Einklang zu bringen. Diese Verhandelbarkeit gilt insbesondere für kulturbedingte Lerntraditionen (Roche 2001). Aus der Bestimmung der dermaßen vermittelten Richtlernziele ergibt sich eine Präferenz für eine bestimmte Lerntheorie, die sowohl den Erwartungen der Lerner als auch den Anforderungen der Zielkultur zu entsprechen hat. Für die genannten Kompetenzen bieten sich solche lerntheoretischen Modelle an, die die Autonomie des Lerners betonen. Auf der nachgeordneten Ebene der Groblernziele werden die angestrebten didaktischen Ansätze und Verfahren festgelegt, also zum Beispiel Fertigkeitsbereiche wie die Beherrschung der Grammatik, Lese- und Schreibfertigkeiten, das Erlernen bestimmter Diskursmuster und Ähnliches. Innerhalb der dritten Lernzielebene schließlich ist zu bestimmen, welche Methoden bei der Umsetzung der Feinlernziele die am besten geeigneten sind. Zu den Feinlernzielen gehören beispielsweise die Kenntnis oder Beherrschung bestimmter sprachlicher Strukturen, ein bestimmtes Lernwissen oder die Kenntnis bestimmter grammatischer Regeln. Hieraus lassen sich schließlich adäquate didaktische Ansätze und Methoden ableiten und theoriegeleitet kombinieren. Daraus ergeben sich auch Misch-Verfahren, wie sie unter anderem bereits in Ansätzen wie der Cognitive Flexibility von Spiro, Feltovich, Jacobson, & Coulson (1991), der Cognitive Apprenticeship nach Collins, Brown & Newman (1989) und dem Minnesota Adaptive Instructional System von Tennyson & Christensen (1988) formuliert wurden. Zusammengefasst werden diese pragmatisch begründeten Mischformen, als „instruktionelles Design der zweiten Generation“ oder „moderater Konstruktivismus“ (vergleiche Roche 2003) bezeichnet. Auf der Grundlage eines mehrstufigen, theoriebasierten Gerüstes lassen sich sodann operationalisierbare, das heißt messbare Kriterien ableiten. Diese lassen sich formativ oder summativ überprüfen. Folgende Evaluierungsverfahren können dabei unter anderem zur Anwendung kommen: ▶ die (mehr oder weniger systematische) Expertenevaluierung durch einzelne Gutachter oder Gutachterteams ▶ die Abarbeitung von Kriterienlisten und Checklisten ▶ die Inhalts- und Medienanalyse ▶ die Kosten-Nutzen-Analyse ▶ die subjektive Einstellungsmessung durch verschiedene Befragungsverfahren ▶ die Verhaltensbeobachtung in Bezug auf Nutzerfreundlichkeit, Lehrbeziehungsweise Lernabläufe und so weiter 315 7.3 Evaluation ▶ Programmaufzeichnungen von Nutzerverhalten, zum Beispiel auch zu Lernwegen, Fehlerfrequenzen, Fehler- und Korrekturverhalten, Bearbeitungsverhalten und Wiederholungsfrequenzen und so weiter ▶ die Leistungsmessung, zum Beispiel durch Vergleichsuntersuchungen und Vorher- Nachher-Tests. Empirische Evaluationsverfahren haben damit nicht nur eine bewertende, sondern eine konstruktive und für die Entwicklung und Fertigstellung von Programmen konstitutive Rolle. Sie sind auch dazu gedacht, den Beweis für didaktische Effizienz anzutreten. Das heißt, Sprachlehrbeziehungsweise -lernsoftware kann ohne empirische Forschung nicht erschöpfend bewertet werden. 7.3.3 Evaluation, Qualitätsmanagement und Forschung Langfristige Nutzbarkeit von Lern- und Lehrmaterialien setzt kontinuierliche Evaluation und systematisches Qualitätsmanagement voraus. Über Verfahren der kontinuierlichen Erprobung schon während der Entwicklungsphasen kann sichergestellt werden, dass bereits im Entwicklungsprozess wichtige Qualitätsparameter eingehalten werden (formative Evaluation). Darüber hinaus ist es aber nötig, auch nach der Fertigstellung eines Programms systematisch seine Nutzbarkeit, Aktualität und Effizienz zu bewerten und wo nötig Nachbesserungen zu veranlassen (summative Evaluation). Zu einem Qualitätsmanagement und der Sicherung von Innovation gehören daher die regelmäßigen Befragungen der Nutzergruppen, vor allem der Lerner, der Betreuerinnen und Betreuer und der Anbieter beziehungsweise Lizenznehmer-Institutionen sowie der technischen Betreuung, des Marketings und des Vertriebs. Mit Forschungsprojekten kann zudem die Effizienz der Nachhaltigkeit des Lernens empirisch gemessen werden: Wie nehmen Lerner und Betreuer das Programm an, wie lernen sie mit dem Programm, wie lässt sich die Nachhaltigkeit des Lernens erhöhen, welche Fehler machen Lerner und in welchen Sequenzen verläuft der Grammatikerwerb, wie reagieren Lerner auf Korrekturen, wie nutzen sie die frei verfügbaren Lern- und Arbeitsressourcen? Es ist die Hauptaufgabe der Sprachlehr- und -lernforschung und eine dringende Notwendigkeit angesichts der vielen offenen Fragen, mehr empirische Lern- und Lehrforschung zu betreiben. Diese scheitert meist jedoch an dem enormen Aufwand und der Schwierigkeit der Beobachtung authentischen Lern- und Lehrverhaltens sowie der Komplexität der Einflussfaktoren. Die offenen Medien bieten hier neue Möglichkeiten als unauffällige, aber effiziente und sehr ergiebige Forschungswerkzeuge, weil mit ihnen ohne Einflussnahme auf den Lernprozess Forschung betrieben werden kann (siehe unter anderem die Ausführungen in Rösler 2004). Durch direkte Eingriffsmöglichkeiten in Online-Programmen lassen sich zudem regelrechte Lernexperimente auch im Regelbetrieb arrangieren und durchführen (vergleiche die empirischen Forschungen in Hof 2008; Scheller 2007; Todorova 2007; Roche & Scheller 2004). Zum kontinuierlichen Qualitätsmanagement gehört auch der ständige Kontakt der Entwickler mit Tutorinnen und Tutoren. Durch die Betreuung und Supervision der Lerner gewinnen diese unmittelbare Einsichten in den Betrieb der Programme und mögliche 316 7. Digitale Werkzeuge, automatische Spracherkennung, Evaluation Schwierigkeiten der Lerner. Diese können sie direkt an die Entwickler weitergeben. Zusätzlich besteht in einem funktionierenden Regelbetrieb ein ständiger Kontakt der Entwickler und Programmkoordination mit den Tutorinnen und Tutoren, durch den ebenfalls aktives Qualitätsmanagement ermöglicht wird. Dieser Kontakt besteht vor allem durch: ▶ regelmäßige Tutoren-Chats ▶ aktive Tutoren-Foren ▶ Tutorentreffen zu thematischen Schwerpunkten ▶ Fortbildungsveranstaltungen ▶ Stichproben bei Korrekturen und Forumsgestaltung mit Feedback ▶ Regelmäßige Informationen zu neuen Entwicklungen ▶ Nachschulungen zu neuen Angeboten und Kursformen. Während des laufenden Kursbetriebs können zudem die Lerner selbst Bearbeitungsstatus, Bearbeitungszeit und die Häufigkeit der Bearbeitung einer Übung einsehen. Tutorinnen und Tutoren haben die Möglichkeit, Benutzerlösungen der Teilnehmer einzusehen und so den Lernfortschritt zu überprüfen. Im Hintergrund zeichnet das System die Lerneraktionen auf und speichert die Lernerlösungen ab. Diese Lernerdaten geben ebenfalls Aufschluss über den ordnungsgemäßen Betrieb der Programme. Ferner kann auf diese Daten auch für langfristige Forschungszwecke zugegriffen werden. Experiment Stellen Sie sich die folgende Situation vor: Ein Deutschlerner oder eine Deutschlernerin möchte sein beziehungsweise ihr Deutsch verbessern und hat im Internet nach Sprachkursen gesucht. Er oder sie ist auf einen Bericht zum Online-Sprachlernportal dalango.de gestoßen und meint, der Bericht sei sehr ausführlich und decke alle wichtigen Aspekte ab, die man von einem Expertenbericht erwarten dürfe. Was würden Sie ihm oder ihr antworten? Welche Aspekte werden im Bericht thematisiert (zum Beispiel Übersichtlichkeit)? Welche Aspekte werden im Bericht nicht thematisiert (zum Beispiel Lernformen)? Die Abbildungen zu den dargestellten Statistiken finden Sie auf der Webseite von Feierabend AG (2018) (https: / / www.feierabend.de). Das Sprachlernangebot Auch das Sprachlernangebot überzeugte die meisten Scouts, 61 Prozent bewerteten es mit „sehr gut“ und „eher gut“. Das dalango-Konzept sieht Sprachvermittlung durch Lernvideos und dazu passende interaktive Übung vor. Jedes Video zeigt eine typische Situation im Ausland, die von muttersprachlichen Schauspielern dargestellt wird. Die Sprachschüler lernen praxisnah die täglichen Herausforderungen im Ausland zu meistern und verbessern so ihre Sprachkenntnisse. Die Übungen können jederzeit wiederholt werden. 80 Prozent der Scouts bewerteten die Bedienung der Videos und deren Inhalt mit gut, 70 Prozent den Schwierigkeitsgrad und 65 Prozent den Lernfortschritt. Dass Letzterer in der Bewertung nicht ganz so gut wegkam, dürfte damit zu tun haben, dass die Scouts das Angebot nur relativ kurze Zeit testeten. Kritische Anmerkungen zum Konzept gab es insgesamt wenige; lediglich die Sprechgeschwindigkeit in den Lernvideos war einigen Testern anfänglich zu hoch. Einige hätten sich auch eine Unterscheidung zwischen Videos für Anfänger und Fortgeschrittene gewünscht. Trotzdem waren die meisten Scouts gerade von 317 7.3 Evaluation den Videos begeistert: „Die Videos sind aus dem Leben gegriffen“ und „Die Videos sind gut gemacht“, heißt es in Kommentaren. Die Grammatikübungen wurden sowohl hinsichtlich des Lernzuwachses sowie der Verständlichkeit von 70 Prozent der Teilnehmer mit „gut“ bewertet. Allerdings beklagten einige der Tester, dass es zu wenige Übungen gebe. Andere wünschten sich ein intensiveres Vokabeltraining. Vermisst wurden auch Ausspracheübungen. Den meisten gefiel aber der Aufbau der Übungen sowie die Möglichkeit, diese jederzeit zu wiederholen. Fazit: Bei der Bewertung einzelner Aspekte des Lernkonzepts von dalango.de zeigt sich insgesamt ein positives Bild. Besonders das Angebot der Untertitel, das umfassende Wörterbuch, die Lernvideos, das gute Sprachtraining sowie die Nutzerfreundlichkeit der Seiten werden gelobt. Die meisten Tester sind der Meinung, dass die Online-Sprachschule vertrauenswürdig und innovativ ist, ein tolles Lernkonzept bietet und die Sprachkenntnisse verbessert. Auf die Frage „Hat Dich das Sprachangebot überzeugt? “ antworten 61 Prozent mit „Ja“. (Feierabend AG 2018) 7.3.4 Kriterienkataloge Wie Sie sicher gemerkt haben, wurden im Bericht über das Online-Sprachlernportal dalango.de Aspekte wie die Lernziele, die Lernformen, die Sozialformen und der Bezug auf die Lerntheorien völlig außer Acht gelassen. Das liegt zum Teil auch daran, dass der Bericht auf Aussagen und Bewertungen von Laien basiert, die möglicherweise auch nicht über dieses Fachwissen verfügen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie eine theoriebasierte Evaluation aussehen sollte und welche Kriterien dabei überhaupt zu berücksichtigen sind. Zur Beantwortung dieser Frage sollen im Folgenden die verschiedenen Ebenen des Kriterienkatalogs von Roche (2008a) präsentiert und diskutiert werden. Den Katalog selbst finden Sie im darauffolgenden Abschnitt. Die allgemeinen technischen Informationen zur Sprachlernsoftware stellen einen ersten wichtigen Bereich der Evaluierung von Sprachlernsoftware dar. Dazu gehören Aspekte wie das Medium ( DVD , App etc.) und die Programmkategorie aus funktionaler Sicht (Vokabeltrainer, Sprachlernspiel etc.). Mit diesen technischen und funktionalen Kriterien ist die Beschreibung der Zielgruppe eng verbunden. Diese lässt sich an Kriterien wie Interesse, Motivation, sprachliches Vorwissen und technische Voraussetzungen festmachen. So ist zum Beispiel eine Sprachlernsoftware, die ausschließlich Texte und Gespräche zu Alltagsthemen enthält, für afghanische Studentinnen und Studenten, die ein Semester an der Uni Bochum studieren möchten, nicht gut geeignet. Vielmehr sollte die Sprachlernsoftware Texte und Gespräche aus dem deutschen Studienalltag anbieten, die einen stärkeren Bezug auf die Realität der anvisierten Zielgruppe haben und daher ihre Interessen und Motivation stärker berücksichtigen. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die Handhabung der Sprachlernsoftware. Darunter fallen unter anderem Aspekte wie das Design beziehungsweise Layout, die Nutzerfreundlichkeit sowie die Hilfsmittel und Ressourcen zur besseren Orientierung innerhalb des Kurses. Diese Aspekte der Handhabung der Sprachlernsoftware sind zwar nicht direkt mit dem 318 7. Digitale Werkzeuge, automatische Spracherkennung, Evaluation Lernprozess verbunden, ihre inadäquate Umsetzung kann jedoch den Lernprozess erheblich erschweren. Wenn der Lerner zum Beispiel nicht bestimmen kann, wo er sich innerhalb der Programmstruktur genau befindet oder was er als Nächstes tun soll, dann werden zur Lösung dieser Orientierungsprobleme viele kognitive Ressourcen verbraucht, die später nicht mehr für das eigentliche Lernen zur Verfügung stehen. Dieses Gefühl der Desorientierung ist auch als „Lost in Hyperspace“ bekannt (Conklin 1987). Nach Roche (2008a) ist die Formulierung von Lernzielen unter Berücksichtigung der gängigen Kompetenzmodelle (zum Beispiel des GER ) ein weiteres wichtiges Kriterium bei der inhaltlichen Bewertung von Sprachlernsoftware. Durch die Lernziele kann die Transparenz der Lernprozesse erhöht werden und damit eine bessere Anerkennbarkeit der Leistungsnachweise erreicht werden (vergleiche Trim, North & Coste 2001: 14). Bei den Lernzielen wird zwischen Richtlernzielen, Groblernzielen und Feinlernzielen unterschieden. ▶ Die Richtlernziele sind vor allem mit „bildungspolitischen Zielvorgaben verbunden, die eine Gesellschaft und ihre Bildungsinstanzen für wichtig erachten“ (Roche 2013: 214). Der Europäische Referenzrahmen nennt die Richtlernziele auch Kompetenzen und führt unter anderem folgende Beispiele an: Lernfähigkeit, kommunikative Sprachkompetenzen, linguistische Kompetenzen, soziolinguistische Kompetenzen, pragmatische Kompetenzen (vergleiche Trim, North & Coste 2001: 22ff). ▶ Die Groblernziele legen fest, welche Lernziele zum Beispiel in Bezug auf die unterschiedlichen Bereiche der Sprachkompetenz erreicht werden sollen. So lautet ein mögliches Lernziel in Bezug auf das Sprechen auf B1-Niveau des GER wie folgt: „Ich kann mich in vertrauten Situationen aktiv an einer Diskussion beteiligen und meine Ansichten begründen und verteidigen“ (vergleiche Glaboniat, Müller, Rusch, Schmitz & Wertenschlag 2005). Solche Groblernziele werden im GER als Deskriptoren bezeichnet. ▶ Schließlich dienen die Feinlernziele dazu, unter Berücksichtigung der Groblernziele die Teilkompetenzen zu beschreiben, die in einer einzelnen Unterrichtseinheit beziehungsweise in einem einzelnen Unterrichtsabschnitt erworben werden sollen. Insofern haben die Feinlernziele oft einen themenspezifischen Charakter und beziehen sich auf sehr konkrete Handlungssituationen (zum Beispiel Sie können eine Rechnung reklamieren). Abbildung 7.6 zeigt Ihnen ein weiteres Beispiel für Feinlernziele aus dem Modul basisdeutsch der Deutsch-Uni Online ( DUO ): 319 7.3 Evaluation Abbildung 7.6: Beispiel für Feinlernziele aus dem Modul basis deutsch A2 / 1 der Deutsch-Uni Online ( DUO ) Die Beschreibung des Ansatzes beziehungsweise der Methode der Sprachlernsoftware stellt nach Roche (2008a) einen weiteren wichtigen Bereich theoriebasierter Kriterienkataloge dar. In diesem Bereich unterscheidet man zwischen dem lerntheoretischen Ansatz, den Lernformen und den Übungs- und Sozialformen. Die lerntheoretischen Ansätze (Behaviourismus, Konstruktivismus etc.) und die Lernformen (produktorientiertes Lernen, kollaboratives Lernen etc.) haben Sie in diesem Band bereits kennengelernt. Die Übungsformen und Sozialformen wurden zwar in diesem Band nicht explizit behandelt, aber Sie kennen sie bestimmt aus Ihrer eigenen Erfahrung als Lerner oder Lehrkraft. Zu den Übungsformen zählen zum Beispiel die Rollenspiele, das Umformulieren, das Zuordnen, das Nachsprechen, das Präsentieren etc. Beispiele für Sozialformen sind unter anderem die Partnerarbeit, die Gruppenarbeit und die Einzelarbeit. Sprachlernsoftware kann auch in Bezug auf die Tools und Ressourcen zur Unterstützung der Sprachverarbeitung analysiert werden. Innerhalb der Sprachverarbeitung unterscheidet Roche (2008a) in Anlehnung an die allgemeinen psycholinguistischen Modelle (vergleiche Levelt, Roelofs & Meyer 1999) zwischen folgenden Ebenen: ▶ Auf der Ebene der Konzeptualisierung soll unter anderem das Vorwissen der Lerner durch spezifische Tools und Ressourcen voraktiviert werden (zum Beispiel durch Assoziogramme, Bilder, Tonaufnahmen etc.). ▶ Auf der Ebene der Formulierung soll der Lerner mit spezifischen Hilfsmitteln bei der Sprachrezeption und -produktion unterstützt werden (zum Beispiel durch Grammatikdarstellungen, Wörterbücher, Linksammlungen und Produktionshilfen (automatische Selbstkorrekturen)). 320 7. Digitale Werkzeuge, automatische Spracherkennung, Evaluation ▶ Auf der Ebene der Artikulation soll der Lerner unter anderem durch Aussprachetrainings, Visualisierungen von Lauten, Schriftanimationen etc. unterstützt werden. ▶ Auf der Ebene des Monitors werden dem Lerner verschiedene Möglichkeiten der Fehlerkorrektur beziehungsweise des Feedbacks geboten (zum Beispiel intelligente tutorielle Systeme oder Rückmeldung in offenen und geschlossenen Aufgaben etc.). Auch die Portfolio-Funktion mit der Aufzeichnung des persönlichen Lernfortschritts gehört zur Ebene des Monitors. Schließlich sind im theoriebasierten Kriterienkatalog nach Roche (2008a) zwei weitere Bereiche zu berücksichtigen: Unter die allgemeindidaktischen Kriterien werden Aspekte wie die Interaktivität oder die Adaptivität der Sprachlernsoftware gefasst; unter fachdidaktischen Kriterien werden hingegen Aspekte wie die Stoffauswahl, die Eignung für den relevanten Lehrplan und die Begleitmaterialien bewertet. Der nächste Abschnitt zeigt, wie sich all diese Bereiche von Kriterien in Form eines umfassenden und dennoch übersichtlichen Evaluationsbogens darstellen lassen. Bei der Evaluation von Sprachlernsoftware anhand dieses Kriterienkatalogs ist jedoch zu berücksichtigen, dass nicht immer alle Bereiche beziehungsweise Kriterien relevant sind. Bei der Evaluierung eines Online-Lesetrainings wären zum Beispiel viele der Kriterien, die sich auf die Unterstützung der mündlichen Sprachproduktion beziehen, überflüssig. Außerdem kann der Kriterienkatalog von Roche (2008a) trotz seiner Ausführlichkeit auch nicht alle wissenschaftlichen Grundlagen erschöpfend abdecken. Daher empfiehlt es sich, eine Evaluation anhand solcher Kriterienkataloge stets durch empirische Evaluationen (zum Beispiel Leistungsmessung durch Vergleichsstudien, Programmaufzeichnungen von Nutzerverhalten, Inhalts- und Medienanalyse etc.) zu ergänzen (vergleiche Roche 2008a). Erst dann kann die didaktische Effizienz von Sprachlernsoftware zuverlässig nachgewiesen werden. 7.3.5 Instrument zur Evaluation von Sprachlernprogrammen In den folgenden Kriterienkatalog sind die wichtigsten Aspekte der relevanten Bezugsforschung aus Linguistik, Lernpsychologie, Psycholinguistik, Sprachdidaktik und Pädagogik sowie Aspekte des Designs und der Nutzerfreundlichkeit eingeflossen. Diese Kriterien decken die wissenschaftlichen Grundlagen keinesfalls erschöpfend ab. Ein solcher Versuch wäre wegen des Umfanges und der Komplexität zum Scheitern verurteilt. Die Kriterien dienen als exemplarische, aber aussagefähige Grundlage eines noch operationalisierbaren Bewertungsverfahrens für die Praxis. Damit lassen sich Nutzungsmöglichkeiten und Potenziale für die Mehrwerterzielung bestimmen. 321 7.3 Evaluation 322 7. Digitale Werkzeuge, automatische Spracherkennung, Evaluation 323 7.3 Evaluation 324 7. Digitale Werkzeuge, automatische Spracherkennung, Evaluation 325 7. Digitale Werkzeuge, automatische Spracherkennung, Evaluation Abbildung 7.7: Kriterienkatalog zur Evaluation von Sprachsoftware (Roche 2008a: 69-73) 326 7. Digitale Werkzeuge, automatische Spracherkennung, Evaluation 7.3.6 Zusammenfassung ▶ Evaluationen der Software, darunter auch empirische Verfahren, gestalten sich als eher schwierig und aufwändig. Trotzdem haben sie nicht nur eine bewertende, sondern eine konstruktive und für die Entwicklung und Fertigstellung von Programmen konstitutive Rolle. Sie sind auch dazu gedacht, den Beweis für didaktische Effizienz anzutreten. Das heißt, Sprachlehrbeziehungsweise -lernsoftware kann ohne empirische Forschung nicht erschöpfend bewertet werden. ▶ Ein theoriegestütztes Evaluationsmodell müsste folgende Ebenen berücksichtigen: ▷ Lernvariablen, Lerndispositionen, Lernuniversalia ▷ Richt-, Grob- und Feinlernziele ▶ Die Richtlernziele bilden allgemeine Kompetenzen ab, wie sie beispielsweise aufgrund einer bestimmten Bildungspolitik, Bildungsideologie oder Bildungstradition entstehen. Sie können als Fertigkeiten oder (zunehmend) als allgemeine Kompetenzen definiert sein. Auf der Ebene der Groblernziele werden die angestrebten didaktischen Ansätze und Verfahren festgelegt, also zum Beispiel Fertigkeitsbereiche wie die Beherrschung der Grammatik, Lese- und Schreibfertigkeiten, das Erlernen bestimmter Diskursmuster und Ähnliches. Innerhalb der Ebene der Feinlernziele ist schließlich zu bestimmen, welche Methoden bei der Umsetzung der Feinlernziele die am besten geeigneten sind. Dazu gehören beispielsweise die Kenntnis oder Beherrschung bestimmter sprachlicher Strukturen, ein bestimmtes Lernwissen oder die Kenntnis bestimmter grammatischer Regeln. ▶ Ein guter Kriterienkatalog für die Evaluation der Software muss die wichtigsten Aspekte der relevanten Bezugsforschung aus Linguistik, Lernpsychologie, Psycholinguistik, Sprachdidaktik und Pädagogik sowie Aspekte des Designs und der Nutzerfreundlichkeit berücksichtigen. Diese Kriterien dienen als exemplarische, aber aussagefähige Grundlage eines noch operationalisierbaren Bewertungsverfahrens für die Praxis. Damit lassen sich Nutzungsmöglichkeiten und Potenziale für die Mehrwerterzielung bestimmen. 7.3.7 Aufgaben zur Wissenskontrolle 1. Erklären Sie den Unterschied zwischen den Richt-, Grob- und Feinlernzielen. 2. Welche Verfahren werden zur Evaluation der Software verwendet? 3. Wie erfolgt ein systematisches Qualitätsmanagement der Software? 4. Welche allgemeinen Informationen zur Sprachlernsoftware werden bei der Evaluation in Betracht gezogen? 5. Was sind Ihrer Ansicht nach die wichtigsten Bewertungskriterien für Sprachlehrprogramme? 327 8. Literaturverzeichnis 8. Literaturverzeichnis Abdelnour-Nocera, José (1998), Virtual environments as spaces of symbolic construction and cultural identity: Latin American virtual communities. In: Ess, Charles & Sudweeks, Fay (Eds.), Proceedings, cultural attitudes towards communication and technology. Australia: University of Sydney, 193-195 [Online unter https: / / www.it.murdoch.edu.au/ catac/ catac98/ pdf/ 15_nocera.pdf. 25. März 2018]. Abdelnour-Nocera, José (2002), Ethnography and hermeneutics in cybercultural research. Journal of Computer-Mediated Communication 7: 2 [Online unter https: / / academic.oup.com/ jcmc/ article/ 7/ 2/ JCMC721/ 4584263. 25. März 2018]. Adamczak-Krysztofowicz, Sylwia (2005), Kooperatives Miteinander statt Nebeneinander. Zur Beziehung zwischen der interkulturellen Fremdsprachendidaktik und den Kulturwissenschaften. Glottodidactica XXX / XXXI , 5-11. Adesope, Olusola & Nesbit, John (2012), Verbal redundancy in multimedia learning environments: A meta-analysis. Journal of Educational Psychology 104: 1, 250-263. Allemann-Ghionda, Cristina (2010), Mehrsprachige Bildung in Europa. LIFE . Ideen und Materialien für interkulturelles Lernen [Online unter http: / / www.bmwgroup.com. 30. November 2011]. Anderson, Jon (1995), Cybarites, knowledge workers and new Creoles on the superhighway. Anthropology Today, 11: 4, 13-15. ARD / ZDF -Medienkommission (2011), Migranten und Medien 2011. Neue Erkenntnisse über Mediennutzung, Erwartungen und Einstellungen von Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland [Online unter https: / / www1.wdr.de/ unternehmen/ der-wdr/ migranten-und-medien100.pdf. 01. März 2018]. Arendt, Christine (2007), Einsatz von Filmen im DAF -Unterricht: Ein Filmprojekt. In: Di Meola, Claudio; Gaeta, Livio; Hornung, Antonie & Rega, Lorenza (Hrsg.) (2007), Perspektiven Zwei. Akten der 2.Tagung Deutsche Sprachwissenschaft in Italien. Rom: Istituto Italiano di Studi Germanici, 405-417. Arendt, Christine (2009a), Aktuelle deutsche Filme im Unterricht Deutsch als Fremdsprache. Ein Arbeitsbuch für Studentinnen und Studenten (2. Aufl.). Milano: I. S. U. Arendt, Christine (2009b), Sequenzprotokolle, Lösungen und Tipps, zu Aktuelle deutsche Filme im Unterricht Deutsch als Fremdsprache. Milano: I. S. U. Arnett, Carlee (2004), A Cognitive Approach to the Semantics of the German Passive. New York: Edwin Mellen Press. Arnold, Patricia; Kilian, Lars; Thilosen, Anne & Zimmer, Gerhard (2004), E-Learning. Handbuch für Hochschulen und Bildungszentren. Nürnberg: BW Bildung und Wissen. Asgari, Mahboubeh & Kaufman, David (2010), Does fantasy enhance learning in digital games? In: Kaufman, David & Sauvé, Louise (Eds.), Educational gameplay and simulation environments: Case studies and lessons learned. Hershey, PA : IGI Global, 84-95. Aufenanger, Stefan & Six, Ulrike (Hrsg.) (2001), Handbuch Medien: Medienerziehung früh beginnen. Themen, Forschungsergebnisse und Anregungen für die Medienbildung von Kindern. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung. Ayres, Paul & Sweller, John (2014), The split-attention principle in multimedia learning. In: Mayer, Richard E. (Ed.), The Cambridge Handbook of Multimedia Learning (2 nd ed.). Cambridge: Cambridge University Press, 206-226. 328 8. Literaturverzeichnis Bach, Gerhard (2007), Multiliteralität und der europäische Bildungsauftrag. In: Elsner, Daniela; Küster, Lutz & Viebrock, Britta (Hrsg.) (2007), Fremdsprachenkompetenzen für ein wachsendes Europa. Das Leitziel Multiliteralität. Frankfurt am Main: Peter Lang Verlag, 23-34. Baddeley, Alan D. (1986), Working Memory. Oxford: Oxford University Press. Bannert, Maria & Reimann, Peter (2009), Metakognitives Fördern des Lernens mit digitalen Medien durch Prompting-Maßnahmen. In: Plötzner, Rolf (Hrsg.), Lernchance Computer. Strategien für das Lernen mit digitalen Medienverbünden. Medien in der Wissenschaft 52. Münster, New York, München, Berlin: Waxmann, 67-87. Barkowski, Hans & Krumm, Hans-Jürgen (1980), Deutsch für ausländische Arbeiter. Gutachten zu ausgewählten Lehrwerken. Mainz: Manfred Werkmeister. Barsch, Achim (2014), Positionen der Medienpädagogik. In: Frederking, Volker; Krommer, Axel & Möbius, Thomas (Hrsg.), Digitale Medien im Deutschunterricht, Band 8 in der Reihe DTP, hsrg. von Winfried Ulrich. Baltmansweiler: Schneider Verlag Hohengehren, 114-133. Barth, Susanne (1999), Medien im Deutschunterricht. Praxis Deutsch 153: 11-19. Bartsch, Paul D. (2010), Medienbildung 2.0. Neue (? ) Herausforderungen für Schule und Unterricht. Überlegungen und Thesen zwischen Programmatik und Pragmatik [Online unter http: / / nline.nibis. de/ schulmedientag/ forum/ upload/ public/ moderator/ G142mode-medienbildung2-0-goettingen. ppt. 01. März 2018]. Bauer, Gerd Ulrich (2010), Lehrfilme. In: Weidemann, Arne; Straub, Jürgen & Nothnagel, Steffi (Hrsg.) (2010), Wie lehrt man interkulturelle Kompetenz? Theorien, Methoden und Praxis in der Hochschulausbildung. Ein Handbuch. Bielefeld: transcript-Verlag, 375-385. Bauer, Wolfgang (2007), Interaktivität, Flexibilität, Kompatibilität und internationale Standards in komplexen Sprachlernplattformen: Das Beispiel basiX-Lernmanagementsystem. In: Roche, Jörg (Hrsg.), Fremdsprachenlernen medial-- Entwicklungen, Forschungen, Perspektiven. Berlin: LIT Verlag, 17-31. Bausch, Karl-Richard; Burwitz-Melzer, Eva; Königs, Frank G. & Krumm, Hans-Jürgen (2011), Fremdsprachen lehren und lernen. Rück- und Ausblick (Giessener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik). Tübingen: Narr. Bechtel, Mark (2003), Interkulturelles Lernen beim Sprachenlernen im Tandem. Tübingen: Gunter Narr Verlag. Beer, Hans de (2001), Küçük beyaz ayı, yolu biliyor musun? Kleiner Eisbär, kennst du den Weg? Deutsch-türkisch. Zürich: Nord-Süd Verlag. Beers, Maggie (2001), A media-based approach to developing ethnographic skills for second language teaching and learning. In: Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht 6: 2 [Online unter http: / / tujournals.ulb.tu-darmstadt.de/ index.php/ zif/ article/ view/ 591/ 567. 11. März 2018]. Betrancourt, Mireille (2005), The animation and interactivity principles in multimedia learning. In: Mayer, Richard E. (Ed.), The Cambridge Handbook of Multimedia Learning (2 nd ed.). Cambridge: Cambridge University Press, 287-296. Bielak, Jakub & Pawlak, Miroslaw (2011), Teaching English tense and aspect with the help of cognitive grammar: An empirical study. Studies in Second Language Learning and Teaching 1: 3, 365-400. Birk, Andrea (Hrsg.) (2006), Komm ein bisschen mit nach Italien-… Interkulturelle Erfahrungen und Vermittlungsformen in Literatur, Sprache und Unterricht. Bologna: CLUEB . Bodemer, Daniel, Gaiser, Birgit & Hesse, Friedrich Wilhelm (2009), Kooperatives netzbasiertes Lernen. In: Issing, Ludwig Josef & Klimsa, Paul (Hrsg.), Online-Lernen. Handbuch für Wissenschaft und Praxis. München: Oldenbourg, 151-158. 329 8. Literaturverzeichnis Bollmann, Matthias (2009), Kreative Video-Produktionen in der Schule. Ein Handbuch für Pädagoginnen und Pädagogen. Innsbruck: Studien-Verlag. Bolten, Jürgen (2007), Interkulturelle Kompetenz. Erfurt: Landeszentrale für Politische Bildung. Bolten, Jürgen (2009), „Miteinander“-- Educasts zu Schlüsselbegriffen interkulturellen Handelns. Interculture Journal 2009: 9, 151f [Online unter http: / / www.interculture-journal.com/ index.php/ icj. 09. März 2018]. Bönnighausen, Marion (2010), Intermedialer Literaturunterricht. In: Frederking, Volker; Huneke, Hans; Krommer, Axel & Meier, Christel (Hrsg.), Taschenbuch des Deutschunterrichts (=-Literatur und Mediendidaktik Bd. 2). Baltmannsweiler: Schneider Verlag, 503-514. Boulenger, Véronique; Hauk, Olaf & Pulvermüller, Friedemann (2009), Grasping ideas with the motor system: Semantic somatotopy in idiom comprehension. Cerebral Cortex 19: 8, 1905-1914. Brammerts, Helmut & Calvert, Mike (2005), Lernen durch Kommunizieren im Tandem. In: Brammerts, Helmut & Kleppin, Karin (Hrsg.), Selbstgesteuertes Sprachenlernen im Tandem. Tübingen: Stauffenburg Verlag, 27-38. Brammerts, Helmut & Kleppin, Karin (2005), Hilfen für Internet-Tandem. In: Brammerts, Helmut & Kleppin, Karin (Hrsg.), Selbstgesteuertes Sprachenlernen im Tandem. Tübingen: Stauffenburg Verlag, 109-119. Brammerts, Helmut (2005), Autonomes Sprachenlernen im Tandem: Entwicklung eines Konzepts. In: Brammerts, Helmut & Kleppin, Karin (Hrsg.), Selbstgesteuertes Sprachenlernen im Tandem. Tübingen: Stauffenburg Verlag, 9-16. Braunagel, Madelaine (2001), Bewegte Bilder zaubern-- Video und Computer im Unterricht. ME- DIENZEIT , Ausgabe Baden-Württemberg, 3-82. [Online unter http: / / www.lmz-bw.de/ fileadmin/ user_upload/ Medienbildung_MCO/ fileadmin/ bibliothek/ braunagel_video/ braunagel_video.pdf. 09. März 2018]. Brizić, Katharina (2009), Bildungsgewinn bei Sprachverlust? Ein soziolinguistischer Versuch, Gegensätze zu überbrücken. In: Gogolin, Ingrid & Neumann, Ursula (Hrsg.) (2009), Streitfall Zweisprachigkeit-- The Bilingualism Controversy. Wiesbaden: VS Verlag, 133-143. Brünken, Roland; Plass, Jan L. & Leutner, Detlev (2004), Assessment of cognitive load in multimedia learning with dual-task methodology: Auditory load and modality effects. Instructional Science 32, 115-132. Buhlmann, Rosemarie & Fearns, Anneliese (2000), Handbuch des Fachsprachenunterrichts. Unter besonderer Berücksichtigung naturwissenschaftlich-technischer Fachsprachen (6. Aufl.). Tübingen: Narr. Byram, Michael (1997), Teaching and Assessing Intercultural Communicative Competence. Clevedon: Multilingual Matters. Cameron, Deborah (2003), Gender issues in language change. International Review of Applied Linguistics 23, 187-201. Caprez-Krompàk, Edina (2007), Die Bedeutung der Erstsprache im Integrationsprozess. terra cognita. Schweizer Zeitschrift zu Integration und Migration 10: 72-75. Carey, James W. (1989), Communication as culture: Essays on media and society. Boston ( MA ): Unwin Hyman. Castells, Manuel (2001), The Internet galaxy: Reflections on the Internet, business and society. Oxford ( UK ): Oxford University Press. Cerpa, Narciso; Chandler, Paul & Sweller, John (1996), Some conditions under which integrated computer-based training software can facilitate learning. Journal of Educational Computing Research 15: 4, 345-367. 330 8. Literaturverzeichnis Chandler, Paul & Sweller, John (1996), Cognitive load while learning to use a computer program. Applied Cognitive Psychology 10: 2, 151-170. Chase, Mackie; Macfadyen, Leah; Reeder, Kenneth & Roche, Jörg (2002), Intercultural challenges in networked learning: Hard technologies meet soft skills. First Monday 7: 8 [Online unter http: / / firstmonday.org/ ojs/ index.php/ fm/ article/ view/ 975/ 896. 25. März 2018]. Cierniak, Gabriele; Scheiter, Katharina & Gerjets, Peter (2009), Explaining the split-attention effect: Is the reduction of extraneous cognitive load accompanied by an increase in germane cognitive load? Computers in Human Behavior 25, 315-324. Clark, Ruth & Mayer, Richard E. (2016), e-Learning and the Science of Instruction. San Francisco: Pfeiffer. Collins, Allan; Brown, John Seely & Newman, Susan E. (1989), Cognitive Apprenticeship: Teaching the Crafts of Reading, Writing and Mathematics. In: Resnick, Lauren B. (Ed.), Knowing, Learning, and Instruction. Essays in Honor of Robert Glaser. Hillsdale ( NJ ): Erlbaum, 453-494. Coltheart, Max; Rastle, Kathleen; Perry, Conrad; Langdon, Robyn & Ziegler, Johannes (2001), DRC : a dual route cascaded model of visual word recognition and reading aloud. Psychological Review 108: 1, 204-256. Compaoré, Clément (2017), Einsatz kognitionsbasierter Animationen in kolloborativen Online- Lernszenarien. In: Zhu, Jianhua; Zhao, Jin & Szurawitzki, Michael (Hrsg.), Germanistik zwischen Tradition und Innovation. Akten des XIII . Kongresses der Internationalen Vereinigung für Germanistik ( IVG ), Shanghai, 23.-30. 8. 2015. Band 6: Kognition der Mehrsprachigkeit-- Das Lernen und Lehren der deutschen Sprache in einer mehrsprachigen Welt: sprachpolitische Bedingungen und Ansätze-- Die Rolle des Sprachvergleichs beim Erwerb des Deutschen. Frankfurt am Main: Peter Lang, 13-20. Compaoré, Clément (2018). Evaluation von eLernprozessen. Eine empirische Untersuchung am Beispiel des Einsatzes kognitionsbasierter Grammatikanimationen zum kollaborativen Lernen der deutschen Grammatik in virtuellen Klassen. Berlin, Münster: LIT . Conklin, Jeff (1987), Hypertext: A survey and introduction. IEEE Computer 20: 9, 17-41. Craig, Scotty D.; Gholson, Barry & Driscoll, David M. (2002), Animated pedagogical agents in multimedia educational environments: effects of agent properties, picture features, and redundancy. Journal of Educational Psychology 94: 2, 428-434. Crystal, David (2001), Language and the Internet. Port Chester ( NY ): Cambridge University Press. Cummins, Jim & Cameron, Linda (1994), The ESL student IS the mainstream: The marginalization of diversity in current Canadian educational debates. English Quarterly 26: 3, 30-33. Cummins, Jim (1984), Bilingualism and special education: Issues in assessment and pedagogy. Clevedon ( UK ): Multilingual Matters. Deutsch-Uni Online (o. J.), Online-Lernmodul basis deutsch. A1 / 1 [Online unter https: / / www. deutsch-uni.com]. Deutsch-Uni Online (2018), Deutsch-Uni Online [Online unter https: / / www.deutsch-uni.com/ gast/ duo/ info/ index.do? do=index. 11. März 2018]. Deutscher ÜbungsFirmenRing Zentralstelle (2017), Deutscher ÜbungsFirmenRing [Online unter http: / / www.die-zentralstelle.de/ . 4. Februar 2019]. Dirschedl, Carlo (Hrsg.) (2012), Berufsdeutsch. (1. Aufl.). Berlin: Cornelsen. Donath, Reinhard (1996), E-Mail-Projekte im Englischunterricht: authentische Kommunikation mit englischsprachigen Partnerklassen. Stuttgart, München, Düsseldorf, Leipzig: Klett-Verlag. Dudfield, Angela (1999), Literacy and cyberculture. Reading Online 1999: Juli [Online unter https: / / files.eric.ed.gov/ fulltext/ ED443094.pdf. 25. März 2018]. 331 8. Literaturverzeichnis Dürscheid, Christa (2012), Einführung in die Schriftlinguistik (4., überarbeitete und aktualisierte Aufl.). Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. Ebner, Martin & Schön, Sandra (Hrsg.) (2011), L3T. Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien. Berlin: epubli [Online unter http: / / l3t.eu/ homepage/ . 09. März 2018]. Edelmann, Walter (2000), Lernpsychologie. Weinheim: Beltz. Elsner, Daniela; Küster, Lutz & Viebrock, Britta (Hrsg.) (2007), Fremdsprachenkompetenzen für ein wachsendes Europa. Das Leitziel „Multiliteralität“. Fankfurt am Main: Peter Lang. Engel, Ulrich; Halm, Wolfgang; Krumm, Hans-Jürgen; Ortmann, Wolf Dieter; Picht, Robert; Rall, Dietrich; Schmidt, Walter; Stickel, Gerhard; Vorderwülbecke, Klaus & Wierlacher, Alois (1979), Mannheimer Gutachten zu ausgewählten Lehrwerken Deutsch als Fremdsprache. Heidelberg: Groos. Enstrom, Ethel & Fedderson, Kim (1995), Culture and anarchy in cyberspace. Works and Days: Essays in the Socio-Historical Dimensions of Literature and Art 13: 1-2, 91-103. Ess, Charles (1998), First looks: CAT aC '98. In: Ess, Charles & Sudweeks, Fay (Eds.), Proceedings, cultural attitudes towards communication and technology. Australia: University of Sydney, 1-17 [Online unter http: / / www.it.murdoch.edu.au/ catac/ catac98/ 01_ess.pdf. 25. März 2018]. Europarat & Rat für kulturelle Zusammenarbeit (2001), Gemeinsamer europäischer Referenzrahmen für Sprachen: lernen, lehren, beurteilen. Linz: LVDM Landesverlag-Denkmayr. Europen-Pen International (2016a), Our Network [Online unter http: / / www.penworldwide.org/ ournetwork.html. 13. März 2018]. Europen-Pen International (2016b), What ist a Practice Enterprise [Online unter http: / / www. penworldwide.org/ practiceenterprise.html. 13. März 2018]. Evans, Vyvyan & Green, Melanie (2006), Cognitive Linguistics. An Introduction. Mahwah ( NJ ): L. Erlbaum. Feierabend AG (2018), Online Sprachen lernen mit dalango.de [Online unter https: / / www.feierabend. de/ Scouts/ Scouttest-Archiv/ Erfahrungsberichte-Technik-und-Multimedia/ Online-Sprachenlernen-mit-dalango-de-40403.htm. 23. März 2018]. Fischhaber, Katrin (2002), Digitale Ethnographie: Eine Methode zum Erlernen interkultureller Kompetenz im Fremdsprachenunterricht. Zeitschrift für interkulturellen Fremdsprachenunterricht 7: 1 [Online unter http: / / tujournals.ulb.tu-darmstadt.de/ index.php/ zif/ article/ view/ 563/ 539. 11. März 2018]. Friedman, Naomi P. & Miyake, Akira (2000), Differential roles for visuospatial and verbal working memory in situation model construction. Journal of Experimental Psychology: General 129: 1, 61-83. Furstenberg, Gilberte (2012), CULTURA . Ein webbasiertes Projekt zur Entwicklung von interkulturellem Verständnis. In: Roche, Jörg (Hrsg.): Interkulturelles Lernen mit Medien. 5. Ergänzungslieferung der LIFE -Materialien. München: BMW Group. Gee, James Paul (1999), An introduction to discourse analysis: Theory and method. London: Routledge. Geeraerts, Dirk (1995), Cognitive linguistics. In: Verschueren, Jef; Östman, Jan-Ola & Blommaert, Jan (Eds.), Handbook of Pragmatics. Manual. Amsterdam: John Benjamins Publishing Company, 111-116. Geertz, Clifford (1973), The interpretation of cultures. New York: Basic Books. Gibbs, Donna (2000), Cyberlanguage: What it is and what it does. In: Gibbs, Donna & Krause Kerri- Lee (Eds.), Cyberlines. languages and cultures of the Internet. Albert Park ( AUS ): James Nicholas Publishers, 11-29. 332 8. Literaturverzeichnis Gibson, Stephanie B., & Oviedo, Ollie (Eds.) (2000), The emerging cyberculture: Literacy, paradigm and paradox. Cresskill ( NJ ): Hampton. Ginns, Paul (2005), Meta-analysis of the modality effect. Learning and Instruction 15, 313-331. Glaboniat, Manuela; Müller, Martin; Rusch, Paul; Schmitz, Helen & Wertenschlag, Lukas (2005), Profile deutsch. Gemeinsamer europäischer Referenzrahmen. Lernzielbestimmungen, Kannbeschreibungen, Kommunikative Mittel, Niveau A1-A2, B1-B2, C1-C2. Berlin, München, Wien, Zürich, New York: Langenscheidt. Goatly, Andrew (2007), Washing the Brain: Metaphor and Hidden Ideology. Amsterdam: John Benjamins. Goethe-Verlag (o. J. a), book2. Sprachen lernen kostenlos und online-- schnell und einfach mit 100 Audio-Dateien [Online unter http: / / www.50sprachen.com/ . 07. März 2018]. Goethe-Institut (o. J. b), Die interkulturelle DaF-Übungsfirma-- Ziele [http: / / www.goethe.de/ ins/ uy/ prj/ daf/ ueb/ de8451170.htm. 13. März 2018]. Goethe-Institut (Hrsg.) (1990), Lehrwerkanalyse. Handbuch für die Spracharbeit. München. Goethe-Institut (2001), Gemeinsamer europäischer Referenzrahmen für Sprachen: Lernen, lehren, beurteilen. Hrsg. vom Rat für kulturelle Zusammenarbeit und dem Bildungsausschuss Sprachenlernen für europäische Bürger [Online unter http: / / www.goethe.de/ z/ 50/ commeuro/ deindex.htm. 01. März 2018]. Goethe-Institut (2013), Lernabenteuer Deutsch-- Ein rätselhafter Auftrag [Online unter https: / / www. goethe.de/ de/ spr/ ueb/ mis.html. 11. März 2018]. Goethe-Institut (2017), Lernabenteuer Deutsch-- Ein rätselhafter Auftrag [Online unter https: / / www. goethe.de/ de/ spr/ ueb/ mis.html. 07. März 2018]. Gogolin, Ingrid (1988), Erziehungsziel Zweisprachigkeit. Konturen eines sprachpädagogischen Konzepts für die multikulturelle Schule. Hamburg: Bergmann & Helbig Verlag. Goldman-Segall, Ricky (1998), Points of Viewing Children's Thinking: A Digital Ethnographer's Journey. New Jersey: Erlbaum Publishers. Göpferich, Susanne (1995), Textsorten in Naturwissenschaften und Technik. Pragmatische Typologie, Kontrastierung, Translation (Forum für Fachsprachen-Forschung 27). Tübingen: Narr. Gudykunst, William B. (1995), Anxiety / uncertainty management theory: Current status. In: Wiseman, Richard Lee (Ed.), Intercultural communication theory. Thousand Oaks ( CA ): Sage Publications, 8-58. Günther, Hartmut (1997), Mündlichkeit und Schriftlichkeit. In: Balhorn, Heiko & Niemann, Heide (Hrsg.), Sprachen werden Schrift. Mündlichkeit-- Schriftlichkeit-- Mehrsprachigkeit. Lengwil am Bodensee: Libelle, 64-73. Gyselinck, Valérie; Jamet, Eric & Dubois, Véronique (2008), The role of working memory components in multimedia comprehension. Applied Cognitive Psychology 22, 353-374. Haake, Jörg; Schwabe, Gerhard & Wessner, Martin (2004), CSCL -Kompendium. Lehr- und Handbuch zum computerunterstützten kooperativen Lernen. München: Oldenbourg. Hall, Edward T. (1966), The hidden dimension. New York: Doubleday & Company. Hall, Edward T. & Hall, Mildred Reed (1990), Understanding cultural differences: Germans, French and Americans. Yarmouth ( ME ): Intercultural Press. Haller, Johannes (2007), Elektronischer Tutor-- Intelligente Werkzeuge für computerunterstütztes Fremdsprachen-Lernen. In: Roche, Jörg (Hrsg.), Fremdsprachen lernen medial. Entwicklungen, Forschungen, Perspektiven (Kommunikation und Kulturen / Cultures and Communication 5). Berlin: LIT -Verlag, 72-88. 333 8. Literaturverzeichnis Hallet, Karen & Cummings, Jack (1997), The virtual classroom as authentic experience. In: Competition-Connection-Collaboration. Proceedings of the Annual Conference on Distance Teaching and Learning. Madison: University of Wisconsin-Madison, 103-107. Halliday, Michael A. K. (1994), An introduction to functional grammar (2 nd ed.). London: Edward Arnold. Halliday, Michael A. K. & Martin, James R. (1993), Writing science: Literacy and discursive power. Pittsburgh ( PA ): The University of Pittsburgh Press. Hampel, Thorsten (2007), Zukunft des E-Learning und der Wissensorganisation-- Interoperabilität durch serviceorientierte Architekturen. In: Roche, Jörg (Hrsg.), Fremdsprachen lernen medial-- Entwicklungen, Forschungen, Perspektiven. Berlin: LIT Verlag, 32-60. Harpold, Terry (2000), The misfortunes of the digital text. In: Gibson, Stephanie B. & Oviedo, Ollie O. (Eds.), The emerging cyberculture: Literacy, paradigm and paradox. Cresskill ( NJ ): Hampton, 129-149. Heath, Eugene F. (1998), Two cheers and a pint of worry: An on-line course in political and social philosophy. Journal of Asynchronous Learning Networks 2: 1, 15-33. Hinze, Udo (2004), Computergestütztes kooperatives Lernen. Einführung in Technik, Pädagogik und Organisation des CSCL . Medien in der Wissenschaft 30. Münster, New York, München, Berlin: Waxmann. Hjarvard, Stig (2008), The Mediazitation of Society. Nordicom Reviews 2: 29, 105-134. Hochschulrektorenkonferenz ( HRK ) (2003), Zum Stand der neuen Medien in der Hochschullehre. Entwurf einer Entschließung. Bonn. Hof, Martina (2008), Entwicklung der kritisch-strategischen (Sprach-)Kompetenz durch Online-Lerneinheiten für den Unterricht Deutsch als Fremdsprache am Beispiel des Themas Auslandsstudium in Deutschland-- Studienvorbereitung. München: LMU . Dissertation. Hoffmann, Lothar; Kalverkämper, Hartwig & Wiegand, Herbert Ernst (1999), Fachsprachen. Ein internationales Handbuch zur Fachsprachenforschung und Terminologiewissenschaft. Berlin, New York: W. de Gruyter. Hofstede, Geert (1980), Culture's consequences: International differences in work-related values. Beverley Hills ( CA ): Sage. Hölscher, Petra (2007), Lernszenarien. Sprache kann nicht gelehrt, sondern nur gelernt werden. In: Ahrenholz, Bernt (Hrsg.), Deutsch als Zweitsprache. Voraussetzungen und Konzepte für die Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Fillibach: Freiburg, 151-167. Hölscher, Petra; Piepho, Hans-Eberhard & Roche, Jörg (2003), Lernszenarien. Ein neuer Weg, der Lust auf Schule macht. Teil 1: Vorkurs. Oberursel: Finken. Hölscher, Petra; Piepho, Hans-Eberhard & Roche, Jörg (2004), Lernszenarien. Ein neuer Weg, der Lust auf Schule macht. Teil 2: Sprachhandeln in den Klassen 1 bis 4 interkulturell-- integrativ-- interaktiv. Oberursel: Finken. Hölscher, Petra; Piepho, Hans-Eberhard & Roche, Jörg (2005), Lernszenarien. Ein neuer Weg, der Lust auf Schule macht. Teil 3: Sprachhandeln in den Klassen 5 bis 9 interkulturell-- integrativ-- interaktiv. Oberursel: Finken. Hölscher, Petra; Piepho, Hans-Eberhard & Roche, Jörg (2006), Handlungsorientierter Unterricht mit Lernszenarien. Kernfragen zum Spracherwerb. Oberursel: Finken Verlag. Hölscher, Petra; Roche, Jörg & Simic, Mirjana (2009), Szenariendidaktik als Lernraum für interkulturelle Kompetenzen im erst-, zweit- und fremdsprachigen Unterricht. Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht 14: 2, 43-54 [Online unter http: / / tujournals.ulb.tu-darmstadt.de/ index.php/ zif/ article/ view/ 219/ 211. 11. März 2018]. 334 8. Literaturverzeichnis Holzwarth, Peter (2007), Rezeptive und produktive Formen interkultureller Medienpädagogik. In: Niesyto, Horst; Holzwarth, Peter & Mauer, Björn (Hrsg.) (2007), Interkulturelle Kommunikation mit Foto und Video. München: kopaed-Verlag, 101-116. Hubbard, Philip (1992), A methodological framework for CALL courseware development. In: Carswell Pennington, Martha & Vance, Stevens (Eds.), Computers in applied linguistics: An international perspective. Clevedon: Avon, 39-65. Hunfeld, Hans (1997), Zur Normalität des Fremden: Voraussetzungen eines Lehrplanes für interkulturelles Lernen. BMW LIFE , Ideen und Materialien für interkulturelles Lernen. München: BMW Group [Online unter https: / / www.bmwgroup.com/ content/ dam/ bmw-group-websites/ bmwgroup_com/ responsibility/ downloads/ de/ 2016/ Life_Edition_240816.pdf. 21. Juni 2018]. Hurrelmann, Bettina; Hammer, Michael & Nieß, Ferdinand (1993), Lesesozialisation. Bd. 1: Leseklima in der Familie. Gütersloh: Bertelsmann Stiftung. Hymes, Dell (1972), Models of the interaction of language and social life. In: Gumperz, John & Hymes, Dell (Eds.), Directions in sociolinguistics: The ethnography of communication. New York: Holt, Rinehart & Winston, 35-71. Iljassova-Morger (2009), Transkulturalität als Herausforderung der Literaturwissenschaft. In: Bäcker, Iris (Hrsg.), Das Wort. Germanistisches Jahrbuch Russland. Bonn: DAAD 37-57. Industry Canada, Advisory Committee for Online Learning (2003), A message from the Advisory Committee for Online Learning (Chapter Two) [Online unter http: / / mlg-gam.ic.gc.ca/ sites / acolccael / en / report / chap_02_sect_01.asp. 01. April 2004]. Issing, Ludwig Josef (2002), Informationen und Lernen mit Multimedia und Internet. Lehrbuch für Unterricht und Praxis. Weinheim: Beltz. Issing, Ludwig Josef (2009), Psychologische Grundlagen des Online-Lernens. In: Issing, Ludwig Josef & Klimsa, Paul (Hrsg.), Online-Lernen. Handbuch für Wissenschaft und Praxis. München: Oldenbourg, 19-34. Jeung, Hyun-Ju; Chandler, Paul & Sweller, John (1997), The role of visual indicators in dual sensory mode instruction. Educational Psychology 17: 3, 329-345. Johansson, Petter; Falck, Marlene & Gibbs, Raymond W. (2012), Embodied motivations for metaphorical meanings. Cognitive Linguistics 23: 2, 251-272. Johansson, Petter & Gärdenfors, Peter (2005), Introduction to cognition, education, and communication technology. In: Gärdenfors, Peter & Johansson, Petter (Eds.), Cognition, Education, and Communication Technology. Mahwah: L. Erlbaum Associates, Publishers, 1-20. Johnson, Mark (1987), The Body in the Mind: The Bodily Basis of Meaning, Imagination, and Reason. Chicago: University of Chicago Press. Jones, Chris; Cook, John; Jones, Ann & De Laat, Maarten (2007), Collaboration. In: Conole, Gráinne & Oliver, Martin (Eds.), Contemporary Perspectives in E-Learning Research. Themes, Methods, and Impact on Practice. Open and Flexible Learning Series. London: Routledge, 174-189. Jordan, Tim (2001), Language and libertarianism: The politics of cyberculture and the culture of cyberpolitics. The Sociological Review 49: 1, 1-17. Juch, Susann (2012), Interkulturelle Kooperationskompetenz: Entwicklung und Gestaltung der Interaktion in interkulturellen Unternehmenskooperationen: Berlin [u. a.]: Lit. Kalyuga, Slava; Ayres, Paul; Chandler, Paul & Sweller John (2003), The expertise reversal effect. Educational Psychologist 38: 1, 23-31. Kanaplianik (EL-Bouz), Katsiaryna (2016), Kognitionslinguistische Animationen für die deutschen Modalverben. Zusammenspiel der kognitiven Linguistik und des multimedialen Lernens bei der Sprachvermittlung. Berlin, Münster: Lit. 335 8. Literaturverzeichnis Kast, Bernd & Neuner, Gerhard (Hrsg.) (1994), Zur Analyse, Begutachtung und Entwicklung von Lehrwerken für den fremdsprachlichen Deutschunterricht. Berlin, München: Langenscheidt. Kaunzner, Ulrike A. (2006), Das kulturelle Wertequadrat: Ein Modell zur Analyse interkultureller Konfliktsituationen anhand kulturgeprägten Wertedenkens. In: Birk, Andrea (Hrsg.), Komm ein bisschen mit nach Italien-… Interkulturelle Erfahrungen und Vermittlungsformen in Literatur, Sprache und Unterricht. Bologna: CLUEB , 105-122. Kester, Liesbeth; Kirschner, Paul A. & van Merriënboer, Jeroen J. G. (2005), The management of cognitive load during complex cognitive skill acquisition by means of computer-simulated problem solving. British Journal of Educational Technology 75: 1, 71-85. Kester, Liesbeth; Kirschner, Paul A. & van Merriënboer, Jeroen J. G. (2004a), Information presentation and troubleshooting in electrical circuits. International Journal of Science Education 26, 239-256. Kester, Liesbeth; Kirschner, Paul A. & van Merriënboer, Jeroen J. G. (2004b), Timing of information presentation in learning statistics. Instructional Science 32, 233-252. Kimmel, Michael (2005), Culture regained: Situated and compound image schemas. In: Hampe, Beate & Grady, Joseph E. (Eds.), From Perception to Meaning. Berlin, New York: De Gruyter, 285-311. Kittelberger, Rainer & Freisleben, Immo (1994), Lernen mit Video und Film (=-Mit den Augen lernen 5). Weinheim: Beltz-Verlag. Knauff, Markus & Johnson-Laird, P. N. (2002), Visual imagery can impede reasoning. Memory and Cognition 30: 3, 363-371. Knauff, Markus & May, Elisabeth (2006), Mental imagery, reasoning, and blindness. Quarterly Journal of Experimental Psychology 59, 161-177. Knauff, Markus & Schlieder, Christoph (2005), Spatial inference: No difference between mental images and models. Behavioural and Brain Sciences 27: 4, 589-590. Kramarae, Cheris (1999), The language and nature of the Internet: The meaning of global. New Media and Society 1: 1, 47-53 [Online unter http: / / journals.sagepub.com/ doi/ abs/ 10.1177/ 1461444899001001008? journalCode=nmsa. 26. März 2018]. Kreijns, Karel; Kirschner, Paul A. & Jochems, Wim (2002), The sociability of computer-supported collaborative learning environments. Educational Technology & Society 5: 1 [Online unter https: / / pure.tue.nl/ ws/ files/ 2910665/ Metis215639.pdf. 25. März 2018]. Kriegel-Schmidt, Katharina (2012), Interkulturelle Mediation: Plädoyer für ein Perspektiven-reflexives Modell. Münster, Berlin: Lit. Künzle, Beda & Müller, Martin (1990), Materialtips für Tandem-Organisatoren und Tandem-Lerner. In: Künzle, Beda & Müller, Martin (Hrsg.), Sprachenlernen im Tandem. Freiburg: Universitätsverlag Freiburg, 185-201. Küster, Lutz (2007), Multiliteralität und Europa-Identität. Zielsetzungen und Realisierungsperspektiven vor dem Hintergrund europäischer Sprach- und Bildungspolitik. In: Elsner, Daniela; Küster, Lutz & Viebrock, Britta (Hrsg.) (2007), Fremdsprachenkompetenzen für ein wachsendes Europa. Das Leitziel Multiliteralität. Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Brüssel, New York, Oxford, Wien: Peter Lang, 35-48. Kuyumcu, Reyhan (2006), „Jetzt male ich dir einen Brief.“ Literalitätserfahrungen von (türkischen) Migrantenkindern im Vorschulalter. In: Ahrenholz, Bernt (Hrsg.) (2006), Kinder mit Migrationshintergrund. Spracherwerb und Fördermöglichkeiten. Freiburg im Breisgau, 46-57. Kuyumcu, Reyhan (2008), Mediennutzung zweisprachig aufwachsender Kinder mit Erstsprache Türkisch im häuslichen Umfeld und im Kindergarten. In: Wieler, Petra (Hrsg.), Medien als Erzählanlass. Wie lernen Kinder im Umgang mit alten und neuen Medien? Freiburg im Breisgau, 209-231. 336 8. Literaturverzeichnis Lainé, Catherine (2000), Tandem: eine besondere Lehr- und Lernerfahrung. In: Schlemminger, Gerald; Brysch, Thomas & Schewe, Manfred L. (Hrsg.), Pädagogische Konzepte für einen ganzheitlichen DaF-Unterricht. Berlin: Cornelsen, 108-114. Langacker, Ronald W. (1987), Foundations of Cognitive Grammar. Stanford: Stanford University Press. Langacker, Ronald W. (2004), Grammar as image: The case of voice. In: Lewandowska-Tomaszczyk, Barbara & Kwiatkowska, Alina (Hrsg.), Imagery in Language: Festschrift in Honour of Professor Ronald W. Langacker. Frankfurt am Main: Lang, 63-114. Langacker, Ronald W. (2008), Cognitive Grammar. A Basic Introduction. Oxford, New York: Oxford University Press. Lave, Jean & Wenger, Etienne (1991), Situated Learning. Legitimate Peripheral Participation. Learning in Doing: Social, Cognitive and Computational Perspectives. Cambridge: Cambridge University Press. Leahy, Wayne; Chandler, Paul & Sweller, John (2003), When auditory presentations should and should not be a component of multimedia instruction. Applied Cognitive Psychology 17, 401-418. Leutner, Detlev (2009), Adaptivität und Adaptierbarkeit beim Online-Lernen. In: Issing, Ludwig Josef & Klimsa, Paul (Hrsg.), Online-Lernen. Handbuch für Wissenschaft und Praxis. München: Oldenbourg, 115-124. Levelt, Willem; Roelofs, Ardi, & Meyer, Antje (1999), A theory of lexical access in speech production. Behavioral and Brain Sciences 22, 1-75. Linn, Marcia C. & Slotta, James D. (2006), Enabling participants in online forums to learn from each other. In: O'Donnell, Angela M.; Hmelo-Silver, Cindy E. & Erkens, Gijsbert (Eds.), Collaborative Learning, Reasoning, and Technology. The Rutgers Invitational Symposium on Education Series. Mahwah: L. Erlbaum Associates, 61-97. Little, David (2005), Sprachenlernen im Tandem und Lernerautonomie. In: Brammerts, Helmut & Kleppin, Karin (Hrsg.), Selbstgesteuertes Sprachenlernen im Tandem. Tübingen: Stauffenburg Verlag, 17-23. Low, Renae & Sweller, John (2005), The modality principle in multimedia learning. In: Mayer, Richard E. (Ed.), The Cambridge Handbook of Multimedia Learning. Cambridge: Cambridge University Press, 147-158. Lowe, Richard K. & Schnotz, Wolfgang (2014), Animation principles in multimedia learning. In: Mayer, Richard E. (Ed.), The Oxford Handbook of Multimedia Learning. Oxford: Oxford University Press, 513-546. Lundby, Knut (2009), Mediatization: Concept, Changes, Consequences. New York: Peter Lang. Lutz-Temsch, Birgit (2005), Gastarbeiter-- eine Reise ins Ungewisse. Süddeutsche Zeitung, 8. 12. 2005. [Online unter: http: / / www.sueddeutsche.de/ muenchen/ historie-gastarbeiter-eine-reise-ins-ungewisse-1.671396. 31. 01. 2012]. Lüsebrink, Hans-Jürgen (2008), Interkulturelle Kommunikation. Interaktion, Fremdwahrnehmung, Kulturtransfer. Stuttgart: J. B. Metzler. Macfadyen, Leah P.; Chase, Mackie; Reeder, Kenneth, & Roche, Jörg (2003), Matches and mismatches in intercultural learning: Designing and moderating an online intercultural course. In: Proceedings, UNESCO Conference on International and Intercultural Education, 15-18 June 2003, Jyvaskyla, Finland [Online unter https: / / www.researchgate.net/ publication/ 266009781_Matches_ and_Mismatches_in_Intercultural_Learning_Designing_and_Moderating_an_Online_Intercultural_Course. 26. März 2018]. 337 8. Literaturverzeichnis Malone, Thomas & Lepper, Mark (1987), Making Learning Fun: A Taxonomy of Intrinsic Motivations for Learning. In: Snow, Richard E. & Farr, Marshall J. (Eds), Aptitude, Learning, and Instruction Volume 3: Conative and Affective Process Analyses. Hillsdale ( NJ ): Lawrence Erlbaum, 223-253. Marr, Ann Christine (2010), Serious Games für die Informations- und Wissensvermittlung. Bibliotheken auf neuen Wegen. Wiesbaden: Dinges & Frick. Marsh, David C. (2007), Diverse contexts-- converginggoals. CLIL in Europe. Frankfurt am Main: Lang. Mayer, Richard E. (1997), Multimedia learning: are we asking the right questions? Educational Psychologist 32: 2, 1-19. Mayer, Richard E. (2005a), Cognitive theory of multimedia learning. In: Mayer, Richard E. (Ed.), The Cambridge Handbook of Multimedia Learning. Cambridge: Cambridge University Press, 31-48. Mayer, Richard E. (2005b), Principles for managing essential processing in multimedia learning: segmenting, pertaining, and modality principles. In: R. E. Mayer (Ed.), The Cambridge Handbook of Multimedia Learning. Cambridge: Cambridge University Press, 169-182. Mayer, Richard E. (2009), Multimedia Learning. New York: Cambridge University Press. Mayer, Richard E. & Johnson, Cheryl I. (2008), Revising the redundancy principle in multimedia learning. Journal of Educational Psychology 100, 380-386. Mayer, Richard E. & Moreno, Roxana (1998), A split-attention effect in multimedia learning: evidence for dual processing systems in working memory. Journal of Educational Psychology 90: 2, 312-320. Mayer, Richard E. & Moreno, Roxana (2003), Nine ways to reduce cognitive load in multimedia learning. Educational Psychologist 38: 1, 43-52. Mayer, Richard E. & Sims, Valerie K. (1994), For whom is a picture worth a thousand words? Extensions of a dual-coding theory of multimedia learning. Journal of Educational Psychology 86: 3, 389-401. Mayer, Richard E.; Lee, Hyunjeong & Peebles, Alanna (2014), Multimedia learning in a second language: A cognitive load perspective. Applied Cognitive Psychology 28: 5, 653-660. Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (Hrsg.) (2010a, 2016), Kinder und Medien, Computer und Internet. KIM -Studie. Basisuntersuchung zum Medienumgang 6-13-jähriger. Stuttgart. Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (Hrsg.) (2010b; 2018), Jugend, Information, (Multi-)Media. JIM -Studie. Basisstudie zum Medienumgang 12bis 19-Jähriger in Deutschland. Stuttgart. Mehlhorn, Grit (unter Mitarbeit von Karl-Richard Bausch, Tina Claußen, Beate Helbig-Reuter, Karin Kleppin) (2005), Studienbegleitung für ausländische Studierende. Teil I: Handreichungen für Kursleiter zum Studierstrategien-Kurs. Teil II : Individuelle Lernberatung-- Ein Leitfaden für die Beratungspraxis. München: iudicium. Meißner, Franz-Joseph & Burk, Heike (2001), Hörverstehen in einer unbekannten romanischen Fremdsprache und methodische Implikationen für den Tertiärspracherwerb. Zeitschrift für Fremdsprachenforschung 12: 1, 63-102. Meyer, Sibylle (1994), Migration und Rassismus. Geschichte, aktuelle Tendenzen, Gegenöffentlichkeit-- Ein Videoprojekt mit deutschen und ausländischen Jugendlichen. In: Otten, Hendrik & Treuheit, Werden (Hrsg.) (1994), Interkulturelles Lernen in Theorie und Praxis. Ein Handbuch für Jugendarbeit und Weiterbildung (=-Schriften des Instituts für angewandte Kommunikationsforschung 5). Opladen: Verlag Leski + Budrich, 153-169. 338 8. Literaturverzeichnis Mitterer, Holger & McQueen, James M. (2009), Foreign subtitles help but native-language subtitles harm foreign speech perception. PLOS ONE 4: 11, [Online unter http: / / journals.plos.org/ plosone/ article/ file? id=10.1371/ journal.pone.0007785&type=printable. 28. März 2018]. Möbius, Bernd & Haiber, Udo (2010), Verarbeitung gesprochener Sprache. In: Carstensen, Kai- Uwe; Ebert, Christian; Ebert, Cornelia; Jekat, Susanne; Klabunde, Ralf & Langer, Hagen (Hrsg.), Computerlinguistik und Sprachtechnologie: Eine Einführung. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag, 214-235. Mohan, Bernard (1986), Language and Content. Reading, MA : Addison-Wesley. Moreno, Roxana & Mayer, Richard E. (1999), Cognitive principles of multimedia design: the role of modality and contiguity. Journal of Educational Psychology 91: 2, 358-368. Moreno, Roxana & Mayer, Richard E. (2002), Learning science in virtual reality multimedia environment: role of methods and media. Journal of Educational Psychology 94: 3, 598-610. Moreno, Roxana; Mayer, Richard E.; Spires, Hiller A. & Lester, James C. (2001), The case for social agency in computer-based teaching: do students learn more deeply when they interact with animated pedagogical agents? Cognition and Instruction 19: 2, 177-213. Moskaliuk, Johannes, Kimmerle, Joachim & Cress, Ulrike (2012), Collaborative knowledge building with wikis: The impact of redundancy and polarity. Computers and Education 58, 1049-1057. Mousavi, Seyed Y.; Low, Renae & Sweller, John (1995), Reducing cognitive load by mixing auditory and visual presentation modes. Journal of Educational Psychology 87: 2, 319-334. Müller, Bernd-Dietrich (1994), Wortschatzarbeit und Bedeutungsvermittlung (=-Fernstudieneinheit DaF 8). Berlin: Langenscheidt- Verlag. Müller-Hartmann, Andreas & Schocker-von Ditfurth, Marita (2011), Teaching English: Task-Supported Language Learning. Paderborn: Schöningh. Mwangi, Wangari & Sweller, John (1998), Learning to solve compare word problems: the effect of example format and generating self-explanations. Cognition and Instruction 16: 2, 173-199. Niegemann, Helmut M.; Domagk, Steffi; Hessel, Silvia; Hein, Alexandria; Hupfer, Matthias & Zobel, Annett (2008), Kompendium multimediales Lernen. Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag (X.media. press). Niesyto, Horst (Hrsg.) (2006), film kreativ. Aktuelle Beiträge zur Filmbildung (=-Medienpädagogik interdisziplinär 6). München: kopaed-Verlag. NLG -New London Group (1996), A Pedagogy of Multiliteracies: Designing Social Futures. Harvard Educational Review 1: 66, 60-92 [Online unter http: / / vassarliteracy.pbworks.com/ f/ Pedagogy+of+Multiliteracies_New+London+Group.pdf. 01. März 2018]. O’Donnell, Angela M. & Dansereau, Donald F. (1992), Scripted cooperation in student dyads: A method for analysing and enhancing academic learning and performance. In: Hertz-Lazarowitz, Rachel & Miller, Norman (Eds.): Interaction in Cooperative Groups. The Theoretical Anatomy of Group Learning. Cambridge: Cambridge University Press, 120-141. Olson, David R. (1994), The world on paper: The conceptual and cognitive implications of writing and reading. Cambridge ( UK ): Cambridge University Press. Ong, Walter J. (1982), Orality and literacy: The technologizing of the word. London: Methuen [Online unter http: / / dss-edit.com/ prof-anon/ sound/ library/ Ong_orality_and_literacy.pdf. 26. März 2018]. Otten, Hendrik & Treuheit, Werden (Hrsg.) (1994), Interkulturelles Lernen in Theorie und Praxis. Ein Handbuch für Jugendarbeit und Weiterbildung (=-Schriften des Instituts für angewandte Kommunikationsforschung 5). Opladen: Verlag Leski + Budrich. Paivio, Allan (1990), Mental Representations: A Dual Coding Approach (Oxford Psychology Series, Vol. 9). Oxford: Oxford University Press. 339 8. Literaturverzeichnis Paland, Ines (2011), Die Kurse der Deutsch-Uni Online. Einsatzszenarien für tutoriell betreute Online- und Blended-Learning-Kurse. In: De Matteis, Mario; Kadzadej, Brikena & Röhling, Jürgen (Hrsg.), Medien, Interkulturalität und Landeskunde im Deutschunterricht. (Albanische Universitätsstudien). Athena Verlag: Oberhausen. Papert, Seymour (1980), Mindstorms: Children, computers, and powerful ideas. New York: Basic Books (Harper Collins). Pawłowska, Agnieszka (2014a), Sprachenlernen im Tandem am Beispiel deutscher und polnischer Studierender. Colloqiua Germanica Stetinensia 23, 257-273. Pawłowska, Agnieszka (2014b), Wie soll mein Tandempartner meine Fehler korrigieren? -- Über eines der wichtigen Dilemmata im eTandem am Beispiel deutscher und polnischer Studierender. In: Weigt, Zenon; Kaczmarek, Dorota; Makowski, Jacek & Michoń, Marcin (Hrsg.), Didaktische und linguistische Implikationen der interkulturellen Kommunikation. Felder der Sprache-- Felder der Forschung. Lodzer Germanistikbeiträge. Łódź: Wydawnictwo Uniwersytetu Łódzkiego, 55-68. PELLIC (o. J.), PELLIC . Practice Enterprises for Language Learning and Intercultural Communication [Online unter http: / / www.pellic.eu/ . 13. März 2018]. Philips, Susan U. (1972), Participant structures and communicative competence: Warm springs children in community and classroom. In: Cazden, Courtney B.; John, Vera & Hymes, Dell (Eds.), Functions of language in the classroom. New York: Teachers College Press, 370-394. Piepho, Hans-Eberhard (2003), Lerneraktivierung im Fremdsprachenunterricht. "Szenarien" in Theorie und Praxis. Bad Heilbrunn, Frankfurt am Main: Klinkhardt. Plass, Jan L., Chun, Dorothy M., Mayer, Richard E., & Leutner, Detlev (1998), Supporting visual and verbal learning preferences in a second-language multimedia learning environment. Journal of Educational Psychology, 90(1), 25-36. Plass, Jan L.; Kalyuga, Slava & Leutner, Detlev (2010), Individual differences and cognitive load theory. In: Plass, Jan L.; Moreno, Roxana & Brünken, Roland (Eds.), Cognitive Load Theory. Cambridge, New York: Cambridge University Press, 65-90. Podszun, Gert (o. J.), Alles Gute [Online unter http: / / www.bonntext.de/ index.php? option=com_content&view=article&id=656: alles. 01. März 2018]. Raabe, Horst (1974), Interimsprache und Kontrastive Analyse. In: Raabe, Horst (Hrsg.), Trends in kontrastiver Linguistik I. Tübingen Mannheim: Institut für deutsche Sprache, 1-43. Reeder, Kenneth; Heift, Trude; Roche, Jörg; Tabyanian, Shahbaz; Schlickau, Stephan & Gölz, Peter (2001), E / Valuating New Media in Language Development. Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht 6: 2, 18 ff. [Online unter http: / / tujournals.ulb.tu-darmstadt.de/ index.php/ zif/ article/ view/ 590/ 566. 08. Juni 2018]. Reeder, Kenneth; Shapiro, Jon; Watson, Rita & Goelman, Hillel (Eds.). (1996), Literate apprenticeships: The emergence of language and literacy in the preschool years. Norwood ( NJ ): Ablex Publishing. Reinfried, Marcus (1999), Der Radikale Konstruktivismus. Eine sinnvolle Basistheorie für die Fremdsprachendidaktik? Fremdsprachen Lehren und Lernen 28, 162-180. Reinmann-Rothmeier, Gabi & Mandl, Heinz (1999), Teamlüge oder Individualisierungsfalle? Eine Analyse kollaborativen Lernens und deren Bedeutung für die Förderung von Lernprozessen in virtuellen Gruppen. Forschungsbericht 115. München: Ludwig-Maximilians-Universität, Lehrstuhl für Empirische Pädagogik und Pädagogische Psychologie. Renkl, Alexander; Gruber, Hans & Mandl, Heinz (1996), Situated Learning in Instructional Settings: From Euphoria to Feasibility. Forschungsbericht 74. München: Ludwig-Maximilians-Universität, Lehrstuhl für Empirische Pädagogik und Pädagogische Psychologie. 340 8. Literaturverzeichnis Richards, Jack C. & Rodgers, Theodore S. (1986), Approaches and Methods in Language Teaching. Cambridge: Cambridge University Press. Riedl, Alfred (2011), Didaktik der beruflichen Bildung. 2. komplett überarbeitete und erheblich erweiterte Auflage. Franz Steiner Verlag, Stuttgart. Roche, Jörg (2001), Interkulturelle Sprachdidaktik-- Eine Einführung. Tübingen: Gunter Narr Verlag. Roche, Jörg (2003), Plädoyer für ein theoriebasiertes Verfahren von Software-Design und Software- Evaluation. Deutsch als Fremdsprache 2, 94-103. Roche, Jörg (2005), Fremdsprachenerwerb und Fremdsprachendidaktik. Tübingen: UTB Basics. Roche, Jörg (2006), Textkompetenz als Aufgabe in Fremdsprachenerwerb und -unterricht. In: Bausch, Karl-Richard; Burwitz-Melzer, Eva; Königs, Frank & Krumm, Hans-Jürgen (Hrsg.), Aufgabenorientierung als Aufgabe. Arbeitspapiere der 26. Frühjahrskonferenz zur Erforschung des Fremdsprachenunterrichts. Tübingen: Gunter Narr Verlag, 209-218. Roche, Jörg (2007), Fremdsprachen lernen medial. Entwicklungen, Forschungen, Perspektiven. Berlin: Lit. Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Roche, Jörg (2008b), Fremdsprachenerwerb-- Fremdsprachendidaktik (2. Aufl.). Tübingen: Narr Verlag. Roche, Jörg (2009), Fremdsprachenlernen online. In: Issing, Ludwig Josef & Klimsa, Paul (Hrsg.), Online-Lernen. Handbuch für Wissenschaft und Praxis. München, Wien: Oldenbourg, 389-400. Roche, Jörg (2011), Fremdsprachenlernen online. In: Issing, Ludwig Josef & Klimsa, Paul (Hrsg.), Handbuch „Online-Lernen“ (2. verbesserte und ergänzte Aufl.). Oldenbourg: München, 389-400. Roche, Jörg (2012), Mehrsprachigkeitstheorien: Erwerb-- Kognition-- Transkulturation-- Ökologie. Tübingen: Narr Verlag. Roche, Jörg (2013), Fremdsprachenerwerb-- Fremdsprachendidaktik (3., vollständig überarbeitete Aufl.). Stuttgart, Bern: UTB GmbH, A. Francke. Roche, Jörg & Scheller, Julia (2004), Zur Effizienz von Grammatikanimationen im Spracherwerb. Zeitschrift für den Interkulturellen Fremdsprachenunterricht 9: 1 [Online unter http: / / tujournals.ulb. tu-darmstadt.de/ index.php/ zif/ article/ view/ 464/ 440. 22. März 2018]. Roche, Jörg & Scheller, Julia (2008), Grammar animations and cognitive theory of multimedia learning. In: Barber, Beth & Zhang, Felicia (Eds.), Handbook of Research on Computer Enhanced Language Acquisition and Learning. Hershey ( PA ): Information Science Reference, 205-219. Roche, Jörg & Suñer, Ferran (2014), Kognition und Grammatik: Ein kognitionswissenschaftlicher Ansatz zur Grammatikvermittlung am Beispiel der Grammatikanimationen. Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht 19: 2, 119-145 [Online unter http: / / tujournals.ulb.tu-darmstadt.de/ index.php/ zif/ article/ view/ 36/ 33. 02. April 2018]. Roche, Jörg; Macfadyen, Leah & Doff, Sabine (2004), Communicating across Cultures in Cyberspace, Vol. 2: Münster: Lit [Online unter https: / / epub.ub.uni-muenchen.de/ 13955/ 1/ 13955.pdf. 11. März 2018]. Roche, Jörg; Reher, Janina & Simic, Mirjana (2012), Focus on Handlung. Zum Konzept des handlungsorientierten Erwerbs sprachlicher, sozialer und demokratischer Kompetenzen im Rahmen einer Kinderakademie. Münster: Lit. Rosenberg, Anthony James (2010), Multiliteracies and teacher empowerment. Critical Literacy: Theories and Practices 4, 7-15. Rösler, Dietmar (2004), E-Learning Fremdsprachen-- Eine kritische Einführung. Tübingen: Stauffenburg. 341 8. Literaturverzeichnis Rummer, Ralf; Furstenberg , Anne & Schweppe, Judith (2008), Lernen mit Texten und Bildern: Der Anteil akustisch-sensorischer Information am Zustandekommen des Modalitätseffekts. Zeitschrift für pädagogische Psychologie 22: 1, 37-45. Rupp, Gerhard; Heyer, Petra & Bonholt, Helge (2004), Lesen und Medienkonsum. Wie Jugendliche den Deutschunterricht verarbeiten. Weinheim, München: Juventa. Sander, Wolfgang & Igelbrink, Christian (2010), Selbstbestimmt urteilen lernen. Schüler emotional stärken durch Metakognition und Urteilsbildung. Das Modellprojekt "Das ist gut für mich! ". Berlin, Münster: LIT -Verlag. Sawyer, R. Keith & Greeno, James G. (2009), Situativity and learning. In: Robbins, Philip und Aydede, Murat (Eds.), The Cambridge Handbook of Situated Cognition. Cambridge: Cambridge University Press, 347-367. Schank, Roger C. & Abelson, Robert P. (1977), Scripts, Plans, Goals and Understanding. An Inquiry Into Human Knowledge Structures. The Artificial Intelligence Series. Hillsdale: Erlbaum. Schein, Edgar H. (1992), Organizational culture and leadership (2 nd ed.). San Franscisco ( CA ): Jossey- Bass Inc. Schell, Fred (2003), Aktive Medienarbeit mit Jugendlichen-- Theorie und Praxis (4., unveränderte Aufl.). München: kopaed-Verlag. Scheller, Julija (2007), Grammatikanimationen und die kognitive Theorie des multimedialen Spracherwerbs am Beispiel der Wechselpräpositionen. In: Roche, Jörg (Hrsg.), Fremdsprachenlernen medial-- Entwicklungen, Forschungen, Perspektiven. Berlin: LIT Verlag, 89-98. Scheller, Julija (2008), Grammatik, Kognition und Imagination. Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht 13: 2, 1-8 [Online unter http: / / tujournals.ulb.tu-darmstadt.de/ index.php/ zif/ article/ view/ 234/ 226. 11. März 2018]. Scheller, Julija (2009), Animationen in der Grammatikvermittlung. Multimedialer Spracherwerb am Beispiel von Wechselpräpositionen (=-Kommunikation und Kulturen 7). Berlin, Münster: LIT . Scheller, Julija (2012), Digitale Grammatikvermittlung und interkulturelles Lernen. In: Roche, Jörg (Hrsg.), Interkulturelles Lernen mit Medien. 5. Ergänzungslieferung der LIFE -Materialien. München: BMW Group. Schelten, Andreas (2002), Über den Nutzen der Handlungsregulationstheorie für die Berufs- und Arbeitspädagogik. Pädagogische Rundschau 56: 6, 621-630. Schlickau, Stephan (2000), Video und Videoconferencing zur Sprach- und Kulturvermittlung Lernpotenziale und empirische Beobachtungen. Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht 5: 2 [Online unter http: / / tujournals.ulb.tu-darmstadt.de/ index.php/ zif/ article/ view/ 621/ 597. 11. März 2018]. Schlickau, Stephan (2001), Praxis und Analyse interkultureller Kommunikation durch Video und Videokonferenz: Lernpotenziale und Anforderungen. Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht 6: 2 [Online unter http: / / tujournals.ulb.tu-darmstadt.de/ index.php/ zif/ article/ view/ 592/ 568. 05. April 2018]. Schlickau, Stephan (2009), Neue Medien in der Sprach- und Kulturvermittlung. Pragmatik-- Didaktik-- Interkulturelle Kommunikation (=-Hildesheimer Schriften zur Interkulturellen Kommunikation 1). Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Brüssel, New York, Oxford, Wien: Peter Lang-Verlag. Schmelter, Lars (2004), Selbstgesteuertes oder potenziell expansives Fremdsprachenlernen im Tandem. Tübingen: Gunter Narr Verlag. Schnotz, Wofgang (2005), An integrated model of text and picture Comprehension. In: Mayer, Richard E. (Ed.), The Cambridge Handbook of Multimedia Learning. Cambridge: Cambridge University Press, 49-70. 342 8. Literaturverzeichnis Schulmeister, Rolf (2001), Virtuelle Universität-- Virtuelles Lernen. München: Oldenbourg. Schulmeister, Rolf (2002), Grundlagen hypermedialer Lernsysteme. München: Oldenbourg. Schulmeister, Rolf (2005), Lernplattformen für das virtuelle Lernen. Evaluation und Didaktik. München, Wien: Oldenbourg. Schulz von Thun, Friedemann (1989), Miteinander Reden 2. Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung.Reinbek bei Hamburg: Rowohlt. Schulz, Winfried (2009), Generation Multimedia. Leseforschung in der neuen Medienumwelt. In: Stiftung Lesen (Hrsg.) (2009), Lesen in Deutschland. Mainz: Stiftung Lesen, 64-71. Schulz-Zander, Renate & Tulodziecki, Gerhard (2009), Pädagogische Grundlagen für das Online- Lernen. In: Issing, Ludwig Josef & Klimsa, Paul (Hrsg.), Online-Lernen. Handbuch für Wissenschaft und Praxis. München: Oldenbourg, 35-45. Schwarz, Monika (2008), Einführung in die Kognitive Linguistik (3. Aufl.). Tübingen: Francke. Scollon, Ronald & Wong-Scollon, Suzanne (1990), Athabaskan-English interethnic communication. In: Carbaugh, Donal (Ed.), Cultural communication and intercultural contact. Hillsdale ( NJ ): Lawrence Erlbaum, 259-286. Scollon, Ronald & Wong-Scollon, Suzanne (1995), Intercultural communication: A discourse approach. Cambridge ( MA ): Blackwell Publishers. Scribner, Sylvia & Cole, Michael (1981), The psychology of literacy. Cambridge ( MA ): Harvard University Press. Seel, Norbert M. (2003), Psychologie des Lernens. München: Reinhardt. Seel, Norbert M. (2008), Empirical perspectives on memory and motivation. In: Spector, J. Michael; Driscoll, Marcy P.; Merrill, M. David & van Merriënboer, Jeroen J. G. (Eds.), Handbook of Research on Educational Communications and Technology (3 rd ed.). Mahwah ( NJ ): Lawrence Erlbaum, 39-54. Seel, Norbert M.; Darabi, A. Aubteen & Nelson, David W. (2006), A dynamic mental model approach to examine schema development in performing a complex troubleshooting task: Retention of mental models. Technology, Instruction, Cognition and Learning 4: 3-4, 303-329. Selinker, Larry (1972), Interlanguage. International Review of Applied Linguistics 10, 209-231. Shibatani, Masayoshi (1985), Passives and related constructions. Language 61, 821-848. Sims, Valerie K. & Hegarty, Mary (1997), Mental animation in the visuospatial sketchpad: Evidence from dual-task studies. Memory and Cognition 25: 3, 321-332. Spiro, Rand J.; Feltovich, Paul J.; Jacobson, Michael J. & Coulson, Richard L. (1991), Cognitive Flexibility, Constructivism, and Hypertext. Random Access Instruction for Advanced Knowledge Acquisition in lll-structured Domains. Educational Technology 31, 24-33. Sprachverband (1994), Beurteilung von Lehrwerken in Kursen, die für ausländische Arbeitnehmer durchgeführt werden. In: Kast, Bernd & Neuner, Gerhard (Hrsg.), Zur Analyse, Begutachtung und Entwicklung von Lehrwerken für den fremdsprachlichen Deutschunterricht. Berlin, München, 122-130. Stahl, Gerry; Koschmann, Timothy & Suthers, Daniel D. (2006), Computer-supported collaborative learning: An historical perspective. In: Sawyer, Keith R. (Ed.), The Cambridge Handbook of the Learning Sciences. Cambridge: Cambridge University Press, 409-424. Strauss, Anselm & Corbin, Juliet (1998), Basics of qualitative research: Techniques and procedures for developing grounded theory. Newbury Park ( CA ): Sage. Suñer Muñoz, Ferran (2011), Hypertexte im L2-Spracherwerb. Zur Relevanz des Multimedia- und Modalitätsprinzips im L2-Spracherwerb am Beispiel des Einsatzes graphischer Übersichten in Hypertexten. Münster: Lit Verlag. 343 8. Literaturverzeichnis Suñer Muñoz, Ferran (2013), Bildhaftigkeit und Metaphorisierung in der Grammatikvermittlung am Beispiel der Passivkonstruktion. Zeitschrift für interkulturellen Fremdsprachenunterricht 18: 1, 4-20 [Online unter http: / / tujournals.ulb.tu-darmstadt.de/ index.php/ zif/ article/ view/ 65/ 61. 02. April 2018]. Suñer Muñoz, Ferran (2015), Metaphern und Grammatikvermittlung am Beispiel der Passivkonstruktion. In: Baumann, Beate; Sohrabi, Parvaneh & Hoffmann, Sabine (Hrsg.), IDT 2013 / 2/ 1 Kognition, Sprache, Musik. Bozen: Bozen University Press, 137-156. Suñer Muñoz, Ferran & Arnett, Carlee (2017), Applying cognitive grammar and sociocultural theory to teaching the passive voice in German. (submitted) Suñer, Muñoz, Ferran & Todorova, Dessislava (2015), Mediendidaktik. Anwendungsbaustein 4. In: Roche, Jörg (Hrsg.), Grundlagen und Konzepte des DaF-Unterrichts. München: Goethe-Institut. Sussman, Nan M., & Tyson, D. H. (2000), Sex and power: Gender differences in computer-mediated interactions. Computers in Human Behaviour 16: 4, 381-394. Sweetser, Eve (1990), From Etymology to Pragmatics: Metaphorical and Cultural Aspects of Semantic Structure. Cambridge: Cambridge University Press. Sweller, John & Chandler, Paul (1991), Evidence for Cognitive Load Theory. Cognition and Instruction 8: 4, 351-362. Sweller, John & Chandler, Paul (1994), Why some material Is difficult to learn. Cognition and Instruction 12: 3, 185-233. Sweller, John (2004), Instructional design consequences of an analogy between evolution by natural selection and human cognitive architecture. Instructional Science 32, 9-31. Sweller, John (2005), Implications of cognitive load theory for multimedia learning. In: Mayer, Richard E. (Ed.), The Cambridge Handbook of Multimedia Learning. Cambridge: Cambridge University Press, 19-30. Tabbers, Huib; Martens, Rob & van Merriënboer, Jeroen J. G. (2000), Multimedia instructions and cognitive load theory: split-attention and modality effects. Paper presented at the National Convention of the Association for Educational 2000 in Long Beach, California. Talmy, Leonard (2000), Toward a cognitive semantics. Vol. 1: Concept Structuring Systems. Cambridge: MIT Press. Tannen, Deborah (1984), Gender and conversational interaction. New York: Oxford University Press. Tennyson, Robert D. & Christensen, Dean. L. (1988), MAIS : an intelligent learning system. In: Jonassen, David. H. (Ed.), Instructional Designs for Microcomputer Courseware. Hillsdale ( NJ ): Erlbaum, 247-274. Terrasi-Haufe, Elisabetta; Roche, Jörg; Gietl, Kathrin; Littwin, Sandra (2016). 33 Methoden: DaZ im Sachunterricht. Augsburg: Auer APP Lehrerfachverlage. Thiele, Anne-Kathrein (2007), Leitfragen zur Filmanalyse. [Online unter: www.bonnerkinemathek. de/ schule/ druck/ leitfragen-filmanalyse.pdf 31. 01. 2012] Thiemann, Petra (2008), Benutzerfreundliche Online-Hilfen. Grundlagen und Umsetzung mit MadCap Flare. Wiesbaden: Vieweg + Teubner. Thorne, Steve E. (2003), Artifacts and cultures-of-use in intercultural communication. Language Learning & Technology 7: 2, 38-67 [Online unter http: / / citeseerx.ist.psu.edu/ viewdoc/ download; jsessionid=21113DD1C15925BF0214428AB11770F2? doi=10.1.1.114.9395&rep=rep1&type=pdf. 25. März 2018]. Thurstun, Jennifer (2000), Screen reading: Challenges of the new literacy. In: Gibbs, Donna & Krause Kerri-Lee (Eds.), Cyberlines. languages and cultures of the Internet. Albert Park (Australia): James Nicholas Publishers, 61-77. 344 8. Literaturverzeichnis Timmermann, Waltraud (2012a), Interkulturelles Lernen durch produktive Videoarbeit: Ansätze und Ziele. Zeitschrift für interkulturellen Fremdsprachenunterricht 17: 1 [Online unter http: / / tujournals. ulb.tu-darmstadt.de/ index.php/ zif/ article/ view/ 102/ 97. 11. März 2018]. Timmermann, Waltraud (2012b), Interview- und Erkundungsprojekte im fremdsprachlichen Unterricht. Info-DaF 2012 [Online unter http: / / www.daf.de/ downloads/ . 21. Juni 2018]. Timmermann, Waltraud (2012c), Beziehungen. Ein interkulturelles Educast-Projekt und sein Lernangebot. Interculture Journal. Online Zeitschrift für interkulturelle Studien 11: 17, 49-60 [Online unter http: / / www.interculture-journal.com/ index.php/ icj/ article/ view/ 155/ 258. 11. März 2018]. Tindall-Ford, Sharon K.; Chandler, Paul & Sweller, John (1997), When two sensory modes are better than one. Journal of Experimental Psychology: Applied 3: 4, 257-287. Todorova, Dessislava (2007), Wissenschaftliche Evaluation des Einsatzes des Online-Lernprogramms www.uni-deutsch.de in Bulgarien und Litauen. In: Roche, Jörg (Hrsg.), Fremdsprachenlernen medial-- Entwicklungen, Forschungen, Perspektiven. Berlin: LIT Verlag, 201-204. Todorova, Dessislava (2009), Einsatzmöglichkeiten der elektronischen Medien im interkulturellen DaF-Unterricht. Evaluation des Sprachlernprogramms www.uni-deutsch.de seitens bulgarischer und litauischer Studierender unter Berücksichtigung ihrer Lerndispositionen. Berlin: Lit. Tomasello, Michael (2003), Constructing a Language. A Usage-Based Theory of Language Acquisition. Cambridge: Harvard University Press. Trim, John; North, Briand & Coste, Daniel (2001), Gemeinsamer Europäischer Referenzrahmen für Sprachen: lernen, lehren, beurteilen. Berlin, München: Langenscheidt [Online unter http: / / student. unifr.ch/ pluriling/ assets/ files/ Referenzrahmen2001.pdf. 22. März 2018]. Tung, Lai-Lai; Debreceny, Roger; Chan, Ying-Git; Chan, Aaron T.-L- & Le, Stephen E.-B. (2003), Interacting with hypertext: An experimental investigation of navigation tools. Electronic Commerce Research and Applications 2, 61-72. Tyler, Andrea (2008), Cognitive linguistics and second language instruction. In: Robinson, Peter & Ellis, Nick C. (Eds.), Handbook of Cognitive Linguistics and Second Language Acquisition. Mahwah ( NJ ): L. Erlbaum Associates, 456-488. Uhl, Volker (2003), Virtuelle Hochschulen auf dem Bildungsmarkt. Strategische Positionierung unter besonderer Berücksichtigung der Situation in Deutschland, Österreich und England. Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag. UNESCO (2010), Literacy, a UNESCO perspective [Online unter http: / / unesdoc.unesco.org/ images/ 0013/ 001318/ 131817eo.pdf. 01. März 2018]. Vach, Karin (2005), Medienzentrierter Deutschunterricht in der Grundschule. Konzeptualisierung, unterrichtliche Erprobung und Evaluation. Leipzig: Frank & Timme. van Merriënboer, Jeroen J. G. & Kester, Liesbeth (2014), The four-component instructional design model-- Multimedia principles in environments for complex learning. In: Mayer, Richard E. (Ed.), The Cambridge Handbook of Multimedia Learning (2 nd ed.). Cambridge: Cambridge University Press, 104-148. van Merriënboer, Jeroen J. G. & Sweller, John (2010), Cognitive load theory in health professional education: design principles and strategies. Medical Education 44: 1, 85-93. Veddern, Michael (2004), Multimediarecht für die Hochschulpraxis. Ratgeber zum Urheberrecht, Patentrecht und Onlinerecht mit Verträgen, Verwertungsmodellen und Rechtemanagement. Hagen: Centrum für eCompetence in Hochschulen NRW . Vences, Ursula (2000), Ihr in Corinto-- Wir in Köln. Interkulturelles Lernen in einer Schulpartnerschaft. In: Altmann, Werner & Vences, Ursula (Hrsg.), América Latina en la enseñanza del español (Theorie und Praxis des mod. Spanischunterrichts 2). Berlin: Verlag Walter Frey, 113-130. 345 8. Literaturverzeichnis Vences, Ursula (2007), Interkulturelles Lernen-- weit mehr als Landeskunde. Der fremdsprachliche Unterricht Spanisch 2007: 16, 4-9. Vences, Ursula (2009), Bilder sagen mehr als Worte: ein interkulturelles Filmprojekt mit Schülern aus Deutschland und Nicaragua. In: Leitzke-Ungerer, Eva (Hrsg.) (2009), Film im Fremdsprachenunterricht. Literarische Stoffe, interkulturelle Ziele, mediale Wirkung. Stuttgart: ibidem, 259-274. Vera, Alonso H. & Simon, Herbert A. (1993), Situated action: A symbolic interpretation. Cognitive Science 17, 7-48. Videsott, Gerda (2011), Mehrsprachigkeit aus neurolinguistischer Sicht. Eine empirische Untersuchung zur Sprachverarbeitung viersprachiger Probanden. Stuttgart: Ibidem Verlag. von der Lühe, Barbara (2009), Vernetzung von Medienwissenschaft und DaF-Unterricht am Beispiel der Unterrichtseinheit „Talkshow in Theorie und Praxis“. In: Fan, Jieping & Li, Yuan (Hrsg.), Deutsch als Fremdsprache aus internationaler Perspektive. Neuere Trends und Tendenzen. München: Iudicium-Verlag, 268-276. Vygotsky, Lev S. (1978), Mind in society. The development of higher psychological processes. Ed. by Michael Cole. Cambridge: Harvard University Press. Wagner, Thomas (2009), Mobile Games mit Flash. Actionspiele entwickeln für Handy und Web mit Flash Lite. München, Boston, San Francisco, Harlow (England), Don Mills (Ontario), Sydney, Mexico City, Amsterdam, Madrid: Addison-Wesley. Wildemann, Anja; Akbulut, Muhammed, & Bien-Miller, Lena (2018a), Mehrsprachige Sprachbewusstheit und deren Potenzial für den Grundschulunterricht. In: Mehlhorn, Gritt & Brehmer, Bernhard (Hrsg.), Potenziale von Herkunftssprachen: Sprachliche und außersprachliche Einflussfaktoren. Stauffenburg: Tübingen, 117-140. Wildemann, Anja; Akbulut, Muhammed, & Bien-Miller, Lena (2018b), Wenn die Erstsprache die Zweitsprache ist, oder umgekehrt? ! Sprachkompetenzen und Sprachtransfers mehrsprachiger Schüler/ innen. In: Dirim, Inci & Wegner, Anke (Hrsg.), Normative Grundlagen und reflexive Verortungen im Feld DaF_DaZ*. Opladen: Budrich Verlag, 141-162. Ward, Mark & Sweller, John (1990), Structuring effective worked examples. Cognition and Instruction 7: 1, 1-39. Wegele, Erika (2006), Tutorielle Betreuung beim Online-Sprachprogramm uni-deutsch.de. Erste Erfahrungen aus der Praxis. Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht 11: 2 [Online unter http: / / tujournals.ulb.tu-darmstadt.de/ index.php/ zif/ article/ view/ 370/ 358. 13. März 2018]. Welsch, Wolfgang (1995), Transkulturalität [Online unter www.forum-interkultur.net/ uploads/ tx_textdb/ 27.pdf. 13. Januar 2012]. Welsch, Wolfgang (2005), Auf dem Weg zu transkulturellen Gesellschaften. In: Allolio-Näcke, Lars; Kalscheuer, Britta & Manzeschke, Arne (Hrsg.), Differenzen anders denken. Bausteine zu einer Kulturtheorie der Transdifferenz. Frankfurt / Main: Campus Verlag, 314-341. Wendt, Michael (1996), Konstruktivistische Fremdsprachendidaktik. Lerner- und handlungsorientierter Fremdsprachenunterricht aus neuer Sicht. Tübingen. Wessner, Martin (2001), Software für e-Learning: Kooperative Umgebungen und Werkzeuge. In: Schulmeister, Rolf (Hrsg.), Virtuelle Universität, virtuelles Lernen. München, Wien: Oldenbourg, 195-219. Wicke, Rainer Ernst (1995), Kontakte knüpfen (Fernstudieneinheit DaF 9). Berlin: Langenscheidt. Wildemann, Anja (2008), Mehrsprachigkeit in der Ausbildung von Lehrkräften. Konzeptionelle Überlegungen für eine transkulturelle Deutschdidaktik. Fachzeitschrift Deutsch als Zweitsprache 2008: 4, 13-23. 346 8. Literaturverzeichnis Wildemann, Anja (2010), Transkulturalität und Mehrsprachigkeit in der Deutschdidaktik. Implikationen für die Lehrer(innen)ausbildung. In: ÖGG & Institut für Germanistik an der Universität Innsbruck (Hrsg.), STIMULUS : Germanistik im Spannungsfeld von Regionalität und Internationalität, 228-240. Wildemann, Anja (2011), Multiliteralität als Ausgangspunkt und Zielperspektive auf dem Weg in die Schrift. In: Hüttis-Graff, Petra & Wieler Petra (Hrsg.) (2011), Übergänge zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit im Vor- und Grundschulalter. Freiburg im Breisgau: Fillibach Verlag, 273-290. Wildemann, Anja (2012), Sprachliches Lernen-- multimedial und multimodal. BMW LIFE -- Ideen und Materialien für interkulturelles Lernen [Online unter https: / / www.bmwgroup.com/ content/ dam/ bmw-group-websites/ bmwgroup_com/ responsibility/ downloads/ de/ 2016/ Life_Edition_240816.pdf. 27. April 2018]. Wildemann, Anja & Hoodgarzadeh, Mahzad (2008), Plädoyer für eine transkulturelle Deutschdidaktik. Kompetencii meshkulturnoj kommunikacii (Kompetenzen der interkulturellen Kommunikation). Staatliche Pädagogische Universität Shuya, 35-51. Wildemann, Anja & Hoodgarzadeh, Mahzad (2010), Sprachen und Identitäten. Jugendliche Hauptschülerinnen und Hauptschüler mit Migrationshintergrund erzählen und schreiben über sich. In: Valtin, Renate & Hornberg, Sabine (Hrsg.) (2010), Mehrsprachigkeit: Chance oder Hürde beim Schriftspracherwerb? -- empirische Befunde und Beispiele guter Praxis. Berlin, 219-235. Williams, Hilda Lee & Meredith, Eunice M. (1996), On-line communication patterns of novice Internet users. Computers in the Schools 12: 3, 21-31. Wilson, Nicole & Gibbs, Raymond W. (2007), Real and imagined body movement primes metaphor comprehension. Cognitive Science 31: 4, 721-731. Wolff, Dieter (1994), Der Konstruktivismus: Ein neues Paradigma in der Fremdsprachendidaktik? Die Neueren Sprachen 93, 407-429. Wolff, Dieter (1996), Kognitionspsychologische Grundlagen neuer Ansätze in der Fremdsprachendidaktik. Info DaF 23: 5, 541-560. Woodin, Jane (2005), Die Förderung interkultureller Kompetenz beim Sprachenlernen im Tandem. In: Brammerts, Helmut & Kleppin, Karin (Hrsg.), Selbstgesteuertes Sprachenlernen im Tandem. Ein Handbuch. Tübingen: Stauffenburg Verlag, 45-49. Worbs, Susanne (2010), Mediennutzung von Migranten in Deutschland. Nürnberg: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Wygotski, Lew Semjonowitsch (1986), Denken und Sprechen. Frankfurt am Main: Fischer. Zorn, Isabel; Auwärter, Andreas; Krüger, Marc & Seehagen-Marx, Heike (2011), Educasting. Wie Podcasts in Bildungskontexten Anwendung finden. In: Ebner, Martin & Schön, Sandra (Hrsg.) (2011), L3T. Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien. Berlin: epubli [Online unter http: / / l3t.eu/ homepage/ framed/ go? url=http%3A%2F%2Fl3t.tugraz.at%2Findex.php%2FLehrbuch- Ebner10%2Fsearch. 11. März 2018]. Zumbach, Jörg (2003), Problembasiertes Lernen. Münster: Waxmann. 347 9. Abbildungsverzeichnis 9. Abbildungsverzeichnis 1.1: Kognitive Theorie des multimedialen Lernens; Mayer, Richard E. (2005b), Principles for managing essential processing in multimedia learning: segmenting, pertaining, and modality principles. In: R. E. Mayer (Ed.), The Cambridge Handbook of Multimedia Learning. Cambridge: Cambridge University Press, 37. 1.2: Integriertes Modell der Text- und Bildverarbeitung; Schnotz, Wolfgang (2005), An integrated model of text and picture Comprehension. In: Mayer, Richard E. (Ed.), The Cambridge Handbook of multimedia learning. Cambridge: Cambridge Univ. Press. 57. 1.3: Grammatikanimationen zu Wechselpräpositionen; Scheller, Julija (2012), Digitale Grammatikvermittlung und interkulturelles Lernen. In: Roche, Jörg (Hrsg.), LIFE . 5. Ergänzungslieferung der LIFE -Materialien. München BMW Group, 7 f. [Online unter https: / / www.bmwgroup.com/ de/ verantwortung/ gesellschaftliches-engagement/ soziales-engagement.html. 21. Juni 2018]. 1.4: Screenshot aus den Grammatikanimationen zum Modalverb dürfen in deontischer Lesart; Roche, Jörg & Suñer Muñoz, Ferran (2014), Kognition und Grammatik: Ein kognitionswissenschaftlicher Ansatz zu Grammatikvermittlung am Beispiel der Grammatikanimationen. Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht 19: 2, 134. 1.5: Screenshots aus den Grammatikanimationen zu den Modaverben müssen und sollen in deontischer Lesart; Roche, Jörg & Suñer Muñoz, Ferran (2014), Kognition und Grammatik: Ein kognitionswissenschaftlicher Ansatz zu Grammatikvermittlung am Beispiel der Grammatikanimationen. Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht 19: 2, 135. 1.6: Screenshots aus den Grammatikanimationen zum Thema Genus Verbi; Roche, Jörg & Suñer Muñoz, Ferran (2014), Kognition und Grammatik: Ein kognitionswissenschaftlicher Ansatz zu Grammatikvermittlung am Beispiel der Grammatikanimationen. Zeitschrift für Interkulturellen Fremdsprachenunterricht 19: 2, 134. 1.7: Screenshots aus den Grammatikanimationen zum Thema Genus Verbi als Beispiel für caused experience; Suñer Muñoz, Ferran & Arnett, Carlee (2017), Applying cognitive grammar and sociocultural theory to teaching the passive voice in German. 1.8: Anwendung der grammatischen Metapher des Scheinwerfers durch Lerner und Lernerinnen zur Erklärung semantischer Unterschiede zwischen Aktiv und Passiv; Suñer Muñoz, Ferran & Arnett, Carlee (2017), Applying cognitive grammar and sociocultural theory to teaching the passive voice in German. 1.9: Dimensionen einer Multiliteralitätsdidaktik (Erweiterung von Wildemann 2011: 280); Eigene Abbildung. 2.1: Screenshot aus der Animation zum Thema Wechselpräpositionen; granima.de; nach Scheller, Julija (2012), Digitale Grammatikvermittlung und interkulturelles Lernen. In: Roche, Jörg (Hrsg.), Interkulturelles Lernen mit Medien. 5. Ergänzungslieferung der LIFE -Materialien. München: BMW Group, 7 [Online unter https: / / www.bmwgroup.com/ de/ verantwortung/ gesellschaftliches-engagement/ soziales-engagement.html. 21. Juni 2018]. 2.2: Dynamisches Wörternetz am Beispiel des englischen Verbs go; Thinkmap VisualThesaurus (2018), go. Zitiert nach Roche, Jörg (2008a), Handbuch für Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber, 34. 2.3: Operationssaal in fachdeutsch medizin; Deutsch-Uni Online (o. J.), fachdeutsch medizin [Online unter https: / / www.deutsch-uni.com/ gast/ duo/ info/ index.do? do=index. 20. Mai 2018]. 348 9. Abbildungsverzeichnis 2.4: Spiel Lernabenteuer Deutsch-- Ein rätselhafter Auftrag; Goethe-Institut (2013), Lernabenteuer Deutsch-- Ein rätselhafter Auftrag [Online unter https: / / www.goethe.de/ de/ spr/ ueb/ mis.html. 11. März 2018]. 2.5: Das Co-evolution Model; Moskaliuk, Johannes, Kimmerle, Joachim & Cress, Ulrike (2012), Collaborative knowledge building with wikis: The impact of redundancy and polarity. Computers and Education 58, 1051. 2.6: Programm Xtranormal (How To Make a 3D Cartoon: With Xtranormal.com; [Online unter https: / / www.youtube.com/ watch? v=42c8Gf_0_RE. 7. Februar 2019]) 2.7: Faktoren zur Gestaltung kollaborativer Lernszenarien in virtuellen Klassen; Eigene Abbildung, vergleiche Compaoré, Clément (2018), Evaluation von eLernprozessen. Eine empirische Untersuchung am Beispiel des Einsatzes kognitionsbasierter Grammatikanimationen zum kollaborativen Lernen der deutschen Grammatik in virtuellen Klassen. Berlin, Münster: LIT . 2.8: Bildliches Kooperationsskript; Eigene Abbildung, vergleiche Compaoré, Clément (2018), Evaluation von eLernprozessen. Eine empirische Untersuchung am Beispiel des Einsatzes kognitionsbasierter Grammatikanimationen zum kollaborativen Lernen der deutschen Grammatik in virtuellen Klassen. Berlin, Münster: LIT . 2.9: Grafisches Skript zur Strukturierung von Bedeutungsaushandlungsprozessen; Eigene Abbildung. 3.1: Beispiel für Aufgabenkorrektur, -verwaltung und -archivierung in Deutsch-Uni Online; Roche, Jörg (2008a), Handbuch für Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber, 16. 3.2: Beispiel für Aufgabenkorrektur, -verwaltung und -archivierung in Deutsch-Uni Online; Roche, Jörg (2008a), Handbuch für Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber, 16. 3.3: Eingangsseite der Tandemvermittlung an der Ruhr-Universität Bochum für Lerner aller Sprachen und Stufen; Ruhr-Universität Bochum (2018), Zentrum für Fremdsprachenausbildung. Tandem- Vermittlung [Online unter http: / / www.zfa.ruhr-uni-bochum.de/ ils/ lernen/ tandemvermittlung. html. 08. Juni 2018]. 3.4: Français des affaires; Deutsch Uni-Online (2006), Français des affaires (Wirtschaftsfranzösisch) [Online unter www.deutsch-uni.com. 2006]. 3.5: Português commercial; Roche, Jörg (2008a), Handbuch für Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber, 19. 3.6: Japanisch multimedial-- Für Alltag und Beruf; Roche, Jörg (2008a), Handbuch für Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber, 19. 3.7: Online-Lesetraining: Englisch Politik; Roche, Jörg (2008a), Handbuch für Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber, 20. 3.8: Digitales Werkzeug zur Bestimmung von Insekten von Prof. Heitland ( TU München) aus dem Modul fach-deutsch bio; Roche, Jörg (2008a), Handbuch für Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber, 20. 3.9: Abbildungen aus der CD - ROM grenzenlos für den spielerischen Erwerb von Wortschatz und Strukturen des Deutschen. Zielgruppe: Kinder zwischen 6-13 Jahren; Roche, Jörg (2008a), Handbuch für Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber, 21. 3.10: Abbildungen aus der CD - ROM grenzenlos für den spielerischen Erwerb von Wortschatz und Strukturen des Deutschen. Zielgruppe: Kinder zwischen 6-13 Jahren; Roche, Jörg (2008a), Handbuch für Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber, 21. 3.11: Abbildungen aus der CD - ROM grenzenlos für den spielerischen Erwerb von Wortschatz und Strukturen des Deutschen. Zielgruppe: Kinder zwischen 6-13 Jahren; Roche, Jörg (2008a), Handbuch für Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber, 21. 349 9. Abbildungsverzeichnis 3.12: Verschiedene Hilfsmittel zur Erstellung eines eigenen Drehbuchs und seiner cartoonartigen Verfilmung mit lautlich synthetisierter Umsetzung in Hollywood Theatrix; Roche, Jörg (2008aa), Handbuch für Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber, 23. 3.13: Verschiedene Hilfsmittel zur Erstellung eines eigenen Drehbuchs und seiner cartoonartigen Verfilmung mit lautlich synthetisierter Umsetzung in Hollywood Theatrix; Roche, Jörg (2008a), Handbuch für Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber, 24. 3.14: Verschiedene Hilfsmittel zur Erstellung eines eigenen Drehbuchs und seiner cartoonartigen Verfilmung mit lautlich synthetisierter Umsetzung in Hollywood Theatrix; Roche, Jörg (2008a), Handbuch für Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber, 24. 3.15: Verschiedene Hilfsmittel zur Erstellung eines eigenen Drehbuchs und seiner cartoonartigen Verfilmung mit lautlich synthetisierter Umsetzung in Hollywood Theatrix; Roche, Jörg (2008a), Handbuch für Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber, 24. 3.16: Ausschnitt aus der virtuellen Welt Second Life; Flickr o. J. [Online unter https: / / www.flickr.com/ photos/ lindenlab/ 15015960999/ in/ album-72157633789899717/ 12. Februar 2019]. 3.17: Möglichkeiten der virtuellen Welt Second Life; Flickr o. J. [Online unter https: / / www.flickr.com/ photos/ lindenlab/ 14815733698/ in/ album-72157633789899717/ 12. Februar 2019]. 3.18: Beispiel für Aufbau eines Blended-Learning-Kurses; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 31. 3.19: Video-Tutorial der App book2; Goethe-Verlag (o. J.), book2. Sprachen lernen kostenlos und online-- schnell und einfach mit 100 Audio-Dateien [Online unter http: / / www.50languages.com/ tutorial/ DE/ index.htm. 11. März 2018]. 3.20: App babbel (https: / / de.babbel.com/ ); App-kostenlos (o. J.), Screenshot der App babbel [Online unter http: / / www.app-kostenlos.de/ wp-content/ uploads/ 2010/ 10/ Babbel_italienisch_Screen.jpg. 11. März 2018]. 3.21: Screenshot „Beim Ticketkauf “ aus der App NAVI -D. 3.22: Screenshot „Welche Behörde? “ aus der App NAVI -D. 3.23: Digitales Rätsel aus Deutsch-Uni Online; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 44. 3.24: Screenshot aus der App Stadt der Wörter (Goethe-Institut, o. J.) 3.25: Screenshot „Unicampus der Wörter“ aus der App Stadt der Wörter (Goethe-Institut, o. J.) 3.26: Die zwei Dimensionen von Nachhaltigkeit, mit denen die Verstetigung von Softwareentwicklungen erfasst werden kann: Zeit und Reichweite. A symbolisiert ein lokales Projekt für einen spezifischen Kurs, B einen regionalen (landesweiten) Verbund, C ein international angelegtes Projekt, das gleichzeitig regionale und lokale Interessen bedienen kann; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 51. 3.27: Der Reviewprozess bei der Produktion virtueller Studienmodule nach Hartwig et al. 2002; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 53. 4.1: Wertequadrat „Verhältnis zum Geld“ Schulz von Thun, Friedemann (1989), Miteinander Reden 2. Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt. 4.2: Wertequadrat (eigene Abbildung) 4.3: Wertequadrat (eigene Abbildung) 4.4: Polaritätsprofil Deutsche (eigene Abbildung) 4.5: Polaritätsprofil Italiener (eigene Abbildung) 4.6: Nullposition Deutsche (eigene Abbildung) 4.7: Nullposition Italiener (eigene Abbildung) 350 9. Abbildungsverzeichnis 4.8: Anteil der Partizipierenden an Online-Diskussionen nach Staatsangehörigkeit und Geschlecht; Reeder, Kenneth; Macfadyen, Leah P.; Roche, Jörg & Chase, Mackie (2004), Negotiating cultures in cyberspace: participation patterns and problematics. Language Learning & Technology 8: 2, 95 [Online unter http: / / www.lltjournal.org/ item/ 2486. 23. März 2018]. 4.9: Antwort- und Interaktionsmuster zwischen den Teillnehmern und den Moderatorinnen. Die Einzelpersonen sind durch ihre Initialen identifiziert; ein Punkt steht für eine veröffentlichte Antwort. Die Zahlen auf der Diagonalen bezeichnen die Anzahl der Gesamtbeiträge (ursprüngliche Nachrichten und Antworten an andere) von jeder Einzelperson. Der „Teilnahmestatus“ differenziert zwischen den Moderatorinnen (Facilitators / Moderators) und den Teilnehmern (Learners) (Reeder, Macfadyen, Roche & Chase 2004: 98) 4.10: Elemente erfolgreicher Online-Kommunikation 5.1: Schema der Fachtexttypologie: Göpferich, Susanne (1995), Textsorten in Naturwissenschaften und Technik. Pragmatische Typologie, Kontrastierung, Translation (Forum für Fachsprachen-Forschung 27). Tübingen: Narr. 5.2: DUO -Forum; Todorova, Dessislava (2012), Lerntraditionen und elektronische Medien-- ein Widerspruch? Ein Beispiel aus der Praxis. BMW LIFE -- Ideen und Materialien für interkulturelles Lernen [Online unter https: / / www.bmwgroup.com/ content/ dam/ bmw-group-websites/ bmwgroup_com/ responsibility/ downloads/ de/ 2016/ Life_Edition_240816.pdf. 12. Juni 2018] 5.3: Beispiele aus dem Forum Meine Wohnung; Todorova, Dessislava (2012), Lerntraditionen und elektronische Medien-- ein Widerspruch? Ein Beispiel aus der Praxis. BMW LIFE -- Ideen und Materialien für interkulturelles Lernen [Online unter https: / / www.bmwgroup.com/ content/ dam/ bmw-group-websites/ bmwgroup_com/ responsibility/ downloads/ de/ 2016/ Life_Edition_240816. pdf. 12. Juni 2018]. 5.4: Kulturelle Aspekte bei der Beschreibung der eigenen Wohnung; Todorova, Dessislava (2012), Lerntraditionen und elektronische Medien-- ein Widerspruch? Ein Beispiel aus der Praxis. BMW LIFE -- Ideen und Materialien für interkulturelles Lernen [Online unter https: / / www.bmwgroup. com/ content/ dam/ bmw-group-websites/ bmwgroup_com/ responsibility/ downloads/ de/ 2016/ Life_Edition_240816.pdf. 12. Juni 2018]. 5.5: Ein jordanisches Haus; Todorova, Dessislava (2012), Lerntraditionen und elektronische Medien-- ein Widerspruch? Ein Beispiel aus der Praxis. BMW LIFE -- Ideen und Materialien für interkulturelles Lernen [Online unter https: / / www.bmwgroup.com/ content/ dam/ bmw-group-websites/ bmwgroup_com/ responsibility/ downloads/ de/ 2016/ Life_Edition_240816.pdf. 12. Juni 2018]. 5.6: Ein deutsches Haus; Todorova, Dessislava (2012), Lerntraditionen und elektronische Medien-- ein Widerspruch? Ein Beispiel aus der Praxis. BMW LIFE -- Ideen und Materialien für interkulturelles Lernen [Online unter https: / / www.bmwgroup.com/ content/ dam/ bmw-group-websites/ bmwgroup_com/ responsibility/ downloads/ de/ 2016/ Life_Edition_240816.pdf. 12. Juni 2018]. 5.7: Skizzen der eigenen Wohnung; Todorova, Dessislava (2012), Lerntraditionen und elektronische Medien-- ein Widerspruch? Ein Beispiel aus der Praxis. BMW LIFE -- Ideen und Materialien für interkulturelles Lernen [Online unter https: / / www.bmwgroup.com/ content/ dam/ bmw-group-websites/ bmwgroup_com/ responsibility/ downloads/ de/ 2016/ Life_Edition_240816.pdf. 12. Juni 2018]. 6.1: Frei verfügbare Autorensoftware zur Erstellung webbasierter, interaktiver Übungen; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 47. 6.2: Beispiel einer interaktiven Übung der frei verfügbaren Autorensoftwaren Hot Potatoes; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 48. 6.3: Interaktive Tafel aus dem Programm Towards International Business English; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 48. 351 9. Abbildungsverzeichnis 6.4: Abbildung einer virtuellen Vorlesung zum Thema Spracherwerb mit Vorlesungsmitschnitt, transkribiertem Text mit integrierter Suchfunktion und zusätzlichem Ressourcenfeld für Folien und ähnliches aus aus Grundlagen und Konzepte des DaF-Unterrichts (Fernlehrgang des Goethe-Instituts in Zusammenarbeit mit der Ludwig-Maximilians-Universität); Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 50. 6.5: Startseite eines Sprachkurses der Deutsch-Uni Online; Deutsch-Uni Online (o. J.) 6.6: Kapiteleinstieg; Deutsch-Uni Online (o. J.) 6.7: Materialienseite; Deutsch-Uni Online (o. J.) 6.8: Übungsfenster Deutsch-Uni Online (o. J.) 6.9: Kapiteleinstieg mit Darstellung der zuletzt bearbeiteten Aufgabe; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 87. 6.10: Aufbau der Materialienseite; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 107. 6.11: Materialienseite-- Audiofenster; Deutsch-Uni Online (o. J.) 6.12: Funktionen des Übungsfensters; Deutsch-Uni Online (o. J.) 6.13: Funktionsleiste des Übungsfensters; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 111. 6.14: Hilfefenster; Deutsch-Uni Online (o. J.) 6.15: Kommunikationsmöglichkeiten der Lernplattform; Deutsch-Uni Online (o. J.) 6.16: Klassenübersicht eines DUO Sprachkurses; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 92. 6.17: Verschicken einer Kurznachricht; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 93. 6.18: Beispiel für eine Kurznachricht-- Mitteilung; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 93. 6.19: Beispiel für eine Chataufgabe; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 95. 6.20: Chatfenster; Deutsch-Uni Online (o. J.) 6.21: Beispiel für eine Forumsaufgabe aus dem Modul uni-deutsch sprachkurs; Deutsch-Uni Online (o. J.) 6.22: Forum Übersicht (nach Roche 2008a: 97); Eigene Abbildung. 6.23: Grammatikübersicht; Deutsch-Uni Online (o. J.) 6.24: Tipps; Deutsch-Uni Online (o. J.) 6.25: Linksammlung; Deutsch-Uni Online (o. J.) 6.26: Übungsfenster-- Selbstkorrektur; Deutsch-Uni Online (o. J.) 6.27: Übungsfenster-- Musterlösung; Deutsch-Uni Online (o. J.) 6.28: Multiple-Choice-Übung; Deutsch-Uni Online (o. J.) 6.29: Ziehübung; Deutsch-Uni Online (o. J.) 6.30: Ziehübung in eine Tabelle; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 118. 6.31: Zuordnungsübung; Deutsch-Uni Online (o. J.) 6.32: Übungstyp mehrfarbig markieren; Deutsch-Uni Online (o. J.) 6.33: Lückentext mit Dropdown-Elementen; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 121. 6.34: Übungstyp Kategorien bilden; Deutsch-Uni Online (o. J.) 6.35: Paraphrase; Deutsch-Uni Online (o. J.) 352 9. Abbildungsverzeichnis 6.36: Kreuzworträtsel; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 123. 6.37: Memory; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 123. 6.38: Wörter raten; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 124. 6.39: Wörter raten; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 124. 6.40: Texteingabe mit Musterlösung; Deutsch-Uni Online (o. J.) 6.41: Beispiel einer Korrektur durch e-Assistenten; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 127. 6.42: Texteingabe mit Korrektur durch einen Online-Tutor beziehungsweise eine Online-Tutorin; Deutsch-Uni Online (o. J.) 6.43: Sprachaufnahmen; Deutsch-Uni Online (o. J.) 6.44: Texteingabe in einen Klassenordner; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 134. 6.45: Übersicht über die Eingangsseite der TestDaF-Probeprüfung; Deutsch-Uni Online (o. J.) 6.46: Leseverstehen in der TestDaF-Probeprüfung; Deutsch-Uni Online (o. J.) 6.47: Mündlicher Ausdruck in der TestDaF-Probeprüfung; Deutsch-Uni Online (o. J.) 6.48: Administration Teilnehmer; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 140 6.49: Verwaltung der Nutzerdaten; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 141. 6.50: Korrekturfenster; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 141. 6.51: System-- Einstellungen; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 145. 6.52: Administration durch den Tutor beziehungsweise die Tutorin; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 147. 6.53: Nutzerverwaltung; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 148. 6.54: Änderung der Nutzerdaten; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 149. 6.55: Aktive Nutzer; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 150. 6.56: Klassenverwaltung; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 151. 6.57: Benutzerlösungen einsehen; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 152. 6.58: Benutzerlösungen-- einzelne Funktionen; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 153. 6.59: Korrekturverwaltung-- Übersicht; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 154. 6.60: Korrekturen-- Online; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 155. 6.61: Korrekturen-- Erledigt (nach Roche 2008a: 156); Eigene Abbildung. 353 9. Abbildungsverzeichnis 6.62: Korrekturen vornehmen im Online-Editor; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 156. 6.63: Korrekturen vornehmen; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 157. 6.64: Fehlerbeschreibung; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 158. 6.65: Desktopsymbol des Offline-Editors; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 159. 6.66: Korrekturen vornehmen im Offline-Editor (nach Roche 2008a: 159); Eigene Abbildung. 6.67: Korrektur ablegen; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 163. 7.1: Beispiel für den Aufgabetyp Mehrfachauswahl mit Video-Datei aus Hotpotatoes; Hotpotatoes o. J. 7.2: Ordnerstruktur des Kurses Français des Affaires: Kapitel-Ebene, Baustein-Ebene, Aufgaben-Ebene, Sequenz-Ebene und Übungs-Ebene; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 164. 7.3: Beispiel für ein Chat-Gespräch; Eigene Abbildung. 7.4: Korrektur e-Assistent aus Deutsch-Uni Online; Eigene Abbildung. 7.5: Übersicht über die Lernvariablen, Lerndispositionen, Lernuniversalien und Lernziele, die bei der Evaluation von Lehr- und Lernmaterialien zu berücksichtigen sind; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 66. 7.6: Beispiel für Feinlernziele aus dem Modul basis deutsch A2 / 1 der Deutsch-Uni Online ( DUO ); Eigene Abbildung. 7.7: Kriterienkatalog zur Evaluation von Sprachsoftware; Roche, Jörg (2008a), Handbuch Mediendidaktik. Fremdsprachen. Ismaning: Hueber Verlag, 69-73. 355 10. Register 10. Register Akkomodation 63 Arbeitsgedächtnis 19 Arbeitswerkzeuge 101 Assimilation 63 asynchrone Kommunikation 302 Autonomieprinzip 83 Autorenwerkzeuge 296 BBasic Interpersonal Communicative Skills (BICS) 172 black-box-scaffolding 74 Blended Learning 106 CChat 250 Cognitive Academic Language Proficiency (CALP) 172 computer-supported collaborative / cooperative learning (CSCL) 70 Content-Management-System 228 control-of-processing principle 24 cyberspace 164 DDistanztandem 84 EE-learning 106 expert reversal effect 22 extrinsische kognitive Belastung (extraneous cognitive load) 26 FFeinlernziele 314 formative Evaluation 315 forschendes Lernen (fallbasiertes Lernen) 60 Forum 64 GGegenseitigkeitsprinzip 83 glass-box-scaffolding 74 Grammatikanimationen 30 grammatische Metapher 31 Groblernziele 314 Grounded-Theory-Forschungsmethode 167 HHandlungsorientierung (handlungsorientierter Unterricht) 56, 185 Hypertext 117 I individualisiertes Lernen 59 Instruktionsdesign 72 instrumentell-explorativ-referenzielle Sprachlernangebote 117 intelligente tutorielle Systeme (auch intelligente elektronische Tutoren) 304 interkulturelle DaF-Übungsfirma 213 interkulturelles Lernen 135 Interoperabilität 230 intrinsische kognitive Belastung (intrinsic cognitive load) 23 KKognition 71 kognitive Theorie des multimedialen Lernens 19 kollaboratives Lernen 65 Kontiguitätsprinzip 25 konzeptionelle Mündlichkeit 300 konzeptionelle Schriftlichkeit 301 konzeptuelle Metapher 31 kooperatives Lernen 70 LLearning-Management-System 228 lernbezogene kognitive Belastung (germane cognitive load) 26 Lernformate 106 Lernplattform 228 Lernwerkzeuge 187 Mmediale Mündlichkeit 300 mediale Schriftlichkeit 301 Mediatisierung (mediatization) 43 medienadäquate Texte 102 Medienkompetenz 46 mentale Repräsentation 38 Metakommunikation 141 Modalitätsprinzip 22 Multiliteralität 45 Multimediaprinzip 22 NNachhaltigkeit 123 Natural Language Processing 304 PParsing 304 Polaritätsprofil 158 356 10. Register Präsenztandem 84 produktive Videoarbeit 134 RRedundanzprinzip 22 Relevanzprinzip 22 Richtlernziele 314 Sself-pacing-Prinzip 33 serious games 61 signaling-Prinzip 22 situativ ausgerichtete Programme 113 split-attention effect 25 Stereotyp 147 summative Evaluation 315 synchrone Kommunikation 302 Szenariendidaktik 185 TTandem 82 Transferbasen 188 Treatment 36 tutorielle Systeme 111 UUntersuchungsdesign 35 Vvirtuelles Klassenzimmer (virtual classroom) 253 WWertequadrat 156