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Die Stimme als Zeitzeugin – Werberhetorik im Hörfunk

2021
978-3-8233-9269-9
Gunter Narr Verlag 
Ulrike A. Kaunzner

Der Stimme kommt im Hörfunk eine bedeutende Rolle zu - sie prägt bis heute die Verkaufsstrategien dieses Werbeträgers und hat sich seit Beginn des Rundfunks stark verändert. Stimmen legen Zeugnis ab über gesellschaftliche Desiderate, soziale und wirtschaftspolitische Umstände; sie drücken die Gestimmtheit der Sprechenden aus und charakterisieren Rollenverhältnisse und Klischees. Dabei sind die deutlichsten Veränderungen bei weiblichen Stimmen zu verzeichnen. Die Autorin untersucht Werbespots unterschiedlicher Produktgruppen ab den 1950er Jahren, wobei neben der sprechwissenschaftlich-phonetischen Charakterisierung der Sprechstimmen die Frage nach der Rolle der Stimme als Zeitzeugin in der Verkaufsrhetorik gestellt wird. Der Band richtet sich an Studierende und Lehrende der Fächer Sprech- und Sprachwissenschaft.

Der Stimme kommt im Hörfunk eine bedeutende Rolle zu - sie prägt bis heute die Verkaufsstrategien dieses Werbeträgers und hat sich seit Beginn des Rundfunks stark verändert. Stimmen legen Zeugnis ab über gesellschaftliche Desiderate, soziale und wirtschaftspolitische Umstände; sie drücken die Gestimmtheit der Sprechenden aus und charakterisieren Rollenverhältnisse und Klischees. Dabei sind die deutlichsten Veränderungen bei weiblichen Stimmen zu verzeichnen. Die Autorin untersucht Werbespots unterschiedlicher Produktgruppen ab den 1950er Jahren, wobei neben der sprechwissenschaftlich-phonetischen Charakterisierung der Sprechstimmen die Frage nach der Rolle der Stimme als Zeitzeugin in der Verkaufsrhetorik gestellt wird. Der Band richtet sich an Studierende und Lehrende der Fächer Sprech- und Sprachwissenschaft. Ulrike A. Kaunzner Die Stimme als Zeitzeugin Werberhetorik im Hörfunk ISBN 978-3-8233-8269-0 Kaunzner Die Stimme als Zeitzeugin Die Stimme als Zeitzeugin - Werberhetorik im Hörfunk Ulrike A. Kaunzner Die Stimme als Zeitzeugin - Werberhetorik im Hörfunk © 2021 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de Satz: pagina GmbH, Tübingen CPI books GmbH ISBN 978-3-8233-8269-0 (Print) ISBN 978-3-8233-9269-9 (ePDF) ISBN 978-3-8233-0326-8 (ePub) www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® Umschlagabbildung: Retro old microphones for press conference or interview on the desk. BrAt83 © Adobe Stock Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. 11 1 13 1.1 14 2 23 2.1 25 2.1.1 26 2.1.2 27 2.2 31 2.3 34 2.3.1 36 2.3.2 40 2.3.3 44 2.4 45 2.4.1 46 3 51 3.1 51 3.2 55 3.2.1 55 3.2.2 59 3.3 62 3.4 68 4 73 4.1 73 4.1.1 74 4.1.2 76 4.1.3 78 4.2 81 Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einführung: Reflexionen über Stimme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Untersuchungsgegenstand und Begriffsdefinitionen . . . . . . . Radio und Rundfunkwerbung gestern und heute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Medium Hörfunk in der Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Wandel der Technik im Hörfunk . . . . . . . . . . . . . . Radiohörgewohnheiten im Spiegel der Zeit . . . . . . . . . Medienrhetorik als Form von Wirtschaftsrhetorik . . . . . . . . . Radiorhetorik und Radiowerbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Musik und Geräusche als Werbemittel . . . . . . . . . . . . . Die Sprechstimme als Werbemittel . . . . . . . . . . . . . . . . Formate der Radiowerbung des 20. Jahrhunderts . . . . Persuasionsstrategien in der Hörfunkwerbung . . . . . . . . . . . . Exkurs: Von der antiken Rhetorik zur Werberhetorik . Stimme und Sprechstil als Vertreter ihrer Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vortragsformate und Sprechkunst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fragen der Stimm- und Sprechästhetik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sprechprofile im Hörfunk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stimm- und Sprechmoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Ästhetik der Frauenstimme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Moden und Normierungen der Aussprache . . . . . . . . . . . . . . . Gesellschaftliche Normen und Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Nachkriegsjahrzehnte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die 1950er Jahre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die 1960er Jahre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die 1970er Jahre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Themen, Topoi und Zusatznutzen in der Produktwerbung . . 5 85 5.1 86 5.2 86 5.2.1 87 5.2.2 88 5.2.3 88 5.2.4 89 5.2.5 90 5.3 91 5.4 92 5.4.1 93 5.4.2 96 5.5 125 5.5.1 127 5.5.2 128 5.5.3 132 5.5.4 133 5.6 158 5.6.1 160 6 167 6.1 167 6.1.1 167 6.1.2 170 6.1.3 173 6.2 174 177 189 189 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots (die 1950er, 1960er und 1970er Jahre) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Forschungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Korpus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Regensburger Archiv für Werbeforschung . . . . . . Auswahl der Produktgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hörfunk-Werbespots für die diachrone Analyse . . . . . Vergleichsspots für die synchrone Analyse . . . . . . . . . Referenz-Spots aus den 1980er und 2010er Jahren . . . Trianguläres Untersuchungsdesign . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Methodischer Zugang 1: Auditive Beschreibung und Transkription der Werbespots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . EXMARaLDA vs. FOLKER . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Deskriptive Analyse: Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . Methodischer Zugang 2: Auditive Wahrnehmung von stimmlich-artikulatorischen Merkmalen . . . . . . . . . . . . . . . . . Probandenauswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ablauf der Online-Befragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auswertung der Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnisse des Perzeptionstests . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Methodischer Zugang 3: Experimentalphonetische Analyse der mittleren Grundfrequenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnisse der Praat-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung und Ergebnisinterpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Untersuchungsergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auditive Beschreibung und Transkription der Werbespots: Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auditive Wahrnehmung (Online-Experiment): Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Experimentalphonetische Analyse: Zusammenfassung Ausblick und Forschungsdesiderata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diachron . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Inhalt 212 221 230 239 241 247 Synchron: Kaffee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Synchron: Hygiene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Synchron: Waschmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Referenz-Werbespots 1980er - TV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Referenz-Werbespots 2010er - TV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Inhalt „Sprich, damit ich dich sehe.“ (Sokrates) Vorwort Seit etlichen Jahren ist es mir ein Anliegen, das Thema Stimme und Sprechweise historisch zu beleuchten. Schon zu Studienzeiten - vor allem im Rahmen meines Zusatz-Studiums der Sprechwissenschaft und -erziehung - faszinierte mich die Thematik. Als Mitglied des Regensburger Verbands für Werbeforschung er‐ kannte ich den potenziellen Reichtum des Historischen Werbefunkarchivs der Regensburger Universitätsbibliothek, das die Quelle für meine Untersuchung darstellt. Die diachrone Analyse von drei Produktgruppen wurde schließlich zum Ausgangspunkt für eine umfassendere Studie, die das Genre Werbespot als historischen Beleg und gesellschaftliches Stimmungsbarometer, und speziell die Stimme als Zeitzeugin betrachtet. Ein großes Dankeschön gilt Dr. Christoph Draxler für die Online-Umfrage, Prof. Dr. Sandra Reimann und Dr. Christian Gegner für konstruktive Gespräche. Eine wertvolle Bereicherung war der Austausch mit Prof. Dr. Antonie Hornung, Prof. Dr. Bernhard Schwetzler und Dr. Valentino Sani. Ich möchte weiter allen danken, die bei der Transkription, der Analyse, der Interpretation der Werbe‐ spots und der Korrektur geholfen haben: Eva Maier, Christiane Portele, Livia Seeber, Hannes Philipp, Kristina Scherzer, Martina Sauer, Dr. Marcus Sauer und nicht zuletzt meinem Mann für seine Unterstützung. Immer mehr interessante Aspekte taten sich im Laufe der Untersuchung auf, so dass eine Eingrenzung der Fragestellungen von Nöten war. Die vorliegenden Ergebnisse sind folglich zugleich als Ausgangspunkt für weitere Untersu‐ chungen zu verstehen, was nicht zuletzt durch den regen Anklang bei öffentli‐ chen Medien deutlich wurde. Regensburg im Mai 2021 Ulrike A. Kaunzner 1 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit und auch, weil es manchmal schlichtweg nicht möglich ist, das, was ausgedrückt werden soll, durchgehend genderneutral zu formu‐ lieren. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung selbstverständlich für alle Geschlechter, außer dies wird explizit anders dargestellt. 2 DWDS - Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache, https: / / www.dwds.de/ wb/ Stim me [26. 05. 2021]. 1 Einführung: Reflexionen über Stimme Die Stimme sagt vieles über die Sprecherin bzw. den Sprecher 1 aus, der Stimm‐ klang und das Gesagte beeinflussen die Hörenden, sind Moden und Gemüts‐ schwankungen unterworfen; man spricht von „stimmig“, wenn die Stimme zu dem, was man sagt, passt. Stimme kann Indikator für Wahrheit sein (dann „stimmt“ das, was man sagt), bietet schließlich die Möglichkeit der Meinungs‐ äußerung (man will eine „Stimme abgeben“). Das Wortfeld Stimme hat immense Ausmaße und Bedeutungsebenen, von denen im Digitalen Wörterbuch der deut‐ schen Sprache ( DWDS ) vier Bedeutungsgruppen herausgefiltert werden: 2 1. Stimme physiologisch als „durch Schwingungen der Stimmbänder im Zusammenwirken mit Resonanzerscheinungen erzeugte Laute und Töne“, sei es in Bezug auf die Sprechstimme als auch auf die Singstimme, auf die Stimme bei Menschen und Tieren; 2. Stimme in der „Musik“, wenn in der Vokalmusik die Stimmen in einem Lied (z. B. Sopran oder Bass) oder in der Instrumentalmusik die unter‐ schiedlichen Musikinstrumente einer Partitur und die diesen zugeteilte Melodie gemeint sind; 3. Stimme als „Meinungsäußerung, Willensbekundung“, die eine qualitative Bedeutung hat und für die Meinung einer Person steht, die beispielsweise kritisch, zweifelnd, wohlgesonnen oder neutral eingestellt sein kann; man spricht auch von der Stimme des Herzens, der Vernunft, des Gewissens etc.; 4. Stimme als „Willensäußerung des einzelnen bei einer Abstimmung, Wäh‐ lerstimme“, wobei hier die Quantität im Vordergrund steht. Der Stimme wurde schon in der antiken Rhetorik im Schritt der pronunciacio gebührende Bedeutung beigemessen; sie rufe im Hörer Gefühle und Stim‐ mungen hervor, die für die Wirkung auf andere ausschlaggebend seien. Diese schon von Quintilian und anderen griechischen und römischen Rhetorikern be‐ schriebenen Eigenschaften galt es bereits in der Antike in Rede und Schauspiel zu entfalten. Sie seien, so Meyer-Kalkus (2008, S. 681), bis heute von unvermin‐ derter Aktualität, auch bei audiovisuellen Medien. Die Vorstellungen, die über Stimme, Sprechstil und Sprache transportiert werden, setzen Werbefachleute gezielt bei ihren Verkaufsstrategien ein, um ihre potenziellen Kunden und Käufer anzusprechen. Werbespots aus früheren Jahren sind somit nicht zuletzt historische Zeugnisse gesellschaftlicher, sozialpoliti‐ scher und wirtschaftspolitischer Umstände und Desiderate; sie drücken die Stimmung der Sprechenden aus und charakterisieren Rollenverhältnisse und Klischees. Beim Hörfunk, der von einer doppelten Kommunikationssituation, nämlich der mündlichen und zugleich medialen, geprägt ist, steht das Gehörte, also die Stimme, der Stimmklang und die Sprechweise, im Mittelpunkt jeglicher Kom‐ munikation; man spricht sogar von „Stimmästhetik“ als Teil der „Ästhetik der Rundfunkwerbung“. Werberhetorik als Form von Wirtschaftsrhetorik beschäf‐ tigt sich mit Medien, wobei der Hörfunk das wohl bedeutendste der audiovisu‐ ellen Medien in den Jahren der Nachkriegszeit bis zum Aufkommen des Fern‐ sehens und dem Anbruch des darauf folgenden digitalen Zeitalters darstellt. Mehrmedialität in der Werbung ist ein in jüngerer Zeit in den Fokus gerücktes Phänomen und hat die Werbeindustrie revolutioniert (vgl. Reimann, 2008). Nach und nach hat sich die Werbung von audioauf videogestützte Werbeträger ver‐ lagert, und das, was früher mit Hilfe des Tons kreiert wurde, übernimmt heute das Bild direkt. Dass aber gerade die Stimmen von Frauen zurzeit im besonderen Interesse der Forschung stehen, ist kein Zufall. Hat doch Stimme viel mit Selbstdarstellung und Selbstoffenbarung zu tun. Vor allem die Stimmlage, in der sich die Stimme den Hörenden offenbart, lässt auf die dahinter stehende Person schließen; und nicht nur das, sie enthüllt auch Trends, Moden und Konventionen, deren Zeugin sie ist. Erst seit der Erfindung des Phonographen 1877 durch Thomas Alva Edison kann die Stimme als Zeitzeugin auftreten, war sie vorher nicht spei‐ cherbar gewesen. 1.1 Untersuchungsgegenstand und Begriffsdefinitionen Die vorwiegend sprechwissenschaftlich verortete Arbeit lässt sich thematisch an einer interdisziplinären Schnittstelle zwischen Rhetorik, Phonetik, Werbung und Medien positionieren. In ihr geht es, bis auf wenige Vergleiche und Exkurse in einzelnen Passagen, ausschließlich um Hörfunkwerbung und um ihre Be‐ 14 1 Einführung: Reflexionen über Stimme 3 Regensburger Archiv für Werbeforschung (https: / / raw.uni-regensburg.de/ , 12. 01. 2021). Das Deutsche Rundfunkarchiv verfügt auch über ältere Spots, z. B. auch über Spots der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft (1929-1933). (Deutsches Rundfunkarchiv, http: / / www.dra.de/ , 10. 02. 2021). Zur Geschichte und die Hintergründe des Archivs siehe Gerber (2006). 4 In diesem Zusammenhang sei auf das Online-Magazin des RVW verwiesen: Mitteilungen des Regensburger Verbunds für Werbeforschung - RVW, http: / / epub.uni-regensburg.de/ rvw.html/ [15. 02. 2021] deutung in der Sprechwissenschaft und Medienwissenschaft. In der gegenwär‐ tigen Werbeforschung gibt es wenige Untersuchungen zur Stimme in der Hör‐ funkwerbung (siehe hierzu Stöckl, 2007). Die linguistische Forschung stellt sprachwissenschaftliche, aber kaum sprechwissenschaftliche Untersuchungen in den Fokus, so dass die Untersuchung von Stimme und Sprechweise in der Hörfunkwerbung als Desiderat angesehen werden kann. Nur wenige Bibliotheken verfügen über nach Schwerpunkten archivierte Werbe- und TV -Spots (Zurstiege, 2016, S. 78-79). Eine Fundgrube stellt daher das Historische Werbefunkarchiv als Teil des Regensburger Archivs für Wer‐ beforschung ( RAW ) dar, welches Hintergrund dieser Ausführungen ist und das mit über 50 000 Hörfunk-Werbespots eine wertvolle Quelle für Zeitzeugnisse darstellt, die bis in die Zeit vor 1950 zurückreichen (siehe Kap. 5.2.1). 3 Was die sprachwissenschaftlichen Untersuchungen von Hörfunkwerbung betrifft, so sei auf eine Reihe an jüngeren Werken (Herausgaben und einzelne Aufsätze) verwiesen, die zum Großteil im Zusammenhang mit dem RAW ent‐ standen sind: Reimann, 2006; 2007; Greule & Reimann, 2007; Stöckl, 2007; Rei‐ mann, 2008a,b; Reimann & Sauerland, 2010; Reimann & Šichová, 2011; Falk, 2019. 4 Das Anhören und die Analyse der historischen Spots lässt die Zeit in der BRD ab den 1950er Jahren wach werden und den gesellschaftlichen Wandel nach‐ vollziehen, wenn man den Medien und dem Werbefunk einen Platz im „kulturellen Gedächtnis“ einräumt (Marßolek & Saldern, 1999, S. 11). Die Werbespots zeigen die Gesellschaft der damaligen Zeit: die Menschen mit ihren Träumen und Bedürfnissen in ihrem gesellschaftspolitischen Kontext. Die Stimmen der Sprechenden dokumentieren die Entwicklung von Sprache und Gesellschaft und damit einen Teil der Geschichte der Bundesrepublik. Obwohl [die Werbung] sich grundsätzlich der vorhandenen Werte, Normen, morali‐ schen Vorstellungen und des spezifischen Alltagswissens der Rezipienten bedient, spielt sie zum Zweck der werblichen Inszenierung auch mit diesen und kann sie so sowohl reproduzieren als auch aufweichen. (Siegert & Brecheis, 2017, S. 72) 15 1.1 Untersuchungsgegenstand und Begriffsdefinitionen 5 Zur geschichtlichen Entwicklung der Werbung und Werbestrategien sei auf den Sam‐ melband von Heinemann (2019) verwiesen. Ein Überblick über Längsschnitt-Untersu‐ chungen ist bei Greule (2012, S. 343-346) zu finden. 6 Originaltitel The Hidden Persuaders, 1957. Über die gegenseitige Beeinflussung von Werbung und gesellschaftlichen Trends, über Werbung als Ausdruck des soziokulturellen, wirtschaftlichen, po‐ litischen, kunst- und kulturgeschichtlichen Profils einer Epoche gibt es aus‐ führliche Abhandlungen (Bau, 1994; Bolten, 1996; Cölfen, 1999; Fährmann, 2006; Jia, 2002; Klüver, 2009; Kriegeskorte, 1995; Schmidt & Spieß, 1996; Siegert & Brecheis, 2017; Zurstiege, 2016). 5 So orientiert sich Werbung nicht nur am Zeitgeist, Moden und Trends, sie fungiert auch als Trendsetter. Zurstiege (2016, S. 80) bringt es auf den Punkt: Werbung orientiert sich am Zeitgeist, an den Moden und Vorlieben der Menschen, an allem, was in ist. Sie folgt Trends, in manchen Fällen setzt sie sie sogar. Die Werbung ist ein einflussreicher und aussagekräftiger Kulturfaktor moderner Gesellschaften, daran besteht weder bei Praktikern noch bei Forschern Zweifel. Jeder Werbespot hat das Ziel, die Verbraucher zu erreichen; umgekehrt be‐ stimmen die Gewohnheiten der Menschen die Werbeindustrie der jeweiligen Epoche. Das, womit man sich verführen lässt, ändert sich im Laufe der Zeit: die Formen der Persuasion, verbale Mittel (die gesprochene Sprache) und paraver‐ bale Mittel (Stimme und Sprechweise). Dabei geht es zum einen die Frage nach der Art und Weise, wie Aufmerksamkeit geweckt wird (es muss auffallen), wie Persuasion erfolgt (das wiederum muss gefallen) und schließlich, was die Be‐ einflussung auslöst (wie man es verkaufen kann). In den 1950er Jahren erschien das jahrzehntelange Referenzwerk des Ame‐ rikaners Vance Packards Die geheimen Verführer  6 und trug dazu bei, Werbung als unterschwellige Beeinflussung in ein negatives Licht zu stellen. Es war die Zeit des Kalten Kriegs, in der die Angst vor Manipulation und Verschwörung die Gesellschaft zeichnete, und Packard machte auf die Manipulationsmöglich‐ keiten über das Unterbewusstsein aufmerksam. Diese Werbe- und Konsumkritik hat laut Zurstiege (2015, S. 21) in den 1960er / 1970er Jahren ihren Höhepunkt erreicht. Die sodann verstärkt einsetzende Internationalisierung wirkte sich auch auf Produktion und Vertrieb und somit auf die Werbung aus. Der Schritt zur Globalisierung der Wirtschaft wird mit Beginn der 1980er Jahre angesetzt (Zohlnhöfer, 2009), und seit dieser Zeit verfolgen Werbetreibende dementspre‐ chend neue Kommunikationsstrategien, die sich durch eine weltweite Vernet‐ zung auszeichnen. 16 1 Einführung: Reflexionen über Stimme Es gibt immer wieder Stimmen, die im Rahmen der kulturwissenschaftlichen Diskussion um Globalisierungstendenzen die Werbung als Datenquelle ab‐ lehnen, die hierin eine Verzerrung von Nationalkulturen sehen und die Domi‐ nanz des Englischen kritisieren. Diese Kritik fasst Montiel Alafont (2012, S. 402-403) zusammen: Das Englische, heißt es etwa, beeinflusse oder dominiere in manchen Fällen sogar weltweit die Werbekommunikation, wobei Werbekommunikate, so wie sie von nord‐ amerikanischen internationalen Werbeagenturen gestaltet würden, sich nicht nur der Sprache, sondern besonders des Lebensstils der Vereinigten Staaten bedienten. [Auch] sei Werbung als Datenquelle ungeeignet, da sie schlicht und einfach nicht authentisch sei, sondern zugunsten wirtschaftlicher Interessen der (überwiegend US-amerikani‐ schen) Industrie verfälscht werde. In verallgemeinerter Form läuft diese These auf den Vorwurf hinaus, dass nicht nur eine Art nordamerikanischer Kulturimperialismus, sondern der gesamte Globalisierungsprozess die Authentizität oder gar den Fortbe‐ stand der Kulturen bedrohe […] Nationalkulturen lägen demzufolge im Sterben: Sie würden mithilfe der Werbung allmählich durch die globale Kultur ersetzt. Zu erwähnen ist auch, dass die kommerzielle Marktforschung seit den 1950er Jahren an Bedeutung zugenommen hat, was sich auf die Argumentationspraxis von Werbetreibern auswirkt. Naab & Schlütz (2016, S. 224) sprechen von einem „Paradigmenwechsel“, der in der Mitte des 20. Jahrhunderts zu erkennen sei: Das aktive Publikum rückte in den Vordergrund der Betrachtung. Die Nutzerinnen und Nutzer wurden nicht mehr ausschließlich als Objekte kommunikativer Bemü‐ hungen, sondern als intentional nach ihren Bedürfnissen handelnde Subjekte ver‐ standen, die sich Kommunikationsinhalten absichtsvoll zuwenden - oder, wie gele‐ gentlich im Fall von Werbung, auch bewusst davon abwenden. […] Ihre Auswahl wird von Wissen und Absichten geleitet (Intentionalität) und führt sie zu Angeboten, von denen sie die Befriedigung von Bedürfnissen erwarten (Nützlichkeit). Werbung heute zeichnet sich durch ein zum Teil völlig anderes Vorgehen aus, das zum einen auf Unterhaltung, Dienstleistung und Information ausgerichtet ist, aber auch gezielt den Spaßfaktor befriedigt und mit Übertreibung und Täu‐ schung offen umgeht; die Erwartungen und Gewohnheiten der Konsumenten haben sich gewandelt und wir erkennen eine immer härtere Konkurrenz der Marken, wobei Kopieren und Nachahmen bewährte Mittel des Erfolgs dar‐ stellen. Für die Zielgruppenansprache vor allem von Kindern und Jugendlichen werden heute die Neuen Medien mit TikTok, Twitter, Facebook, YouTube, Google+ gewählt. 17 1.1 Untersuchungsgegenstand und Begriffsdefinitionen 7 Siehe Janich (2012) für ausführliche Darstellungen interdisziplinärer Zugänge und di‐ verser sprachwissenschaftlicher Ansätze, bei denen jedoch der sprechwissenschaftliche Ansatz nicht aufgegriffen wird, der in der hier vorliegenden Arbeit im Mittelpunkt steht. Im Kontext der neuen Medien entstehen heute neben den klassischen Werbeformen im raschen Wandel viele neue: In-game-Advertising und Advergames (Werbespiele), Branded Entertainment (Werbung in Unterhaltungsangeboten), Viral Marketing (Konsumenten verbreiten die Werbebotschaft weiter), Word of Mouth (»Mundpropa‐ ganda«) und Mobile Marketing (Werbung über mobile Endgeräte) lauten nur einige der Etiketten, die diesen neuen Werbeformen angeheftet werden. (Zurstiege, 2015, S. 18) Ziel der vorliegenden Arbeit kann es nicht sein, die vielfältigen Problematiken der Werbung umfassend darzustellen, da eine Vielzahl an theoretischen und angewandten Wissenschaftsdisziplinen einbezogen werden müsste. So wird zwar immer wieder ein Blick auf interdisziplinäre Zugänge 7 (z. B. die Medien‐ wissenschaft, die Medienlinguistik, die Medienpädagogik, die Werbepsycho‐ logie, Marketing oder Kulturgeschichte) geworfen. Diese Passagen sollen als Ergänzungen zur sprechwissenschaftlichen Analyse betrachtet werden, die im Mittelpunkt des Interesses steht. Diese Arbeit will den gesellschaftlichen Wandel anhand der Stimme und des Sprechstils beim Werbeträger Hörfunk in Westdeutschland über drei Jahrzehnte rekonstruieren, wobei das RAW als Quelle für das Korpus dient (Untersu‐ chungsobjekte sind digitalisierte Rundfunk-Werbespots). Ein breit angelegtes Online-Experiment mit Ausschnitten dieser Spots soll ihre Stimm- und Sprech‐ wirkung heute erfassen. Beim Vorgehen stehen als Forschungsziele folgende zwei Fragenkomplexe im Mittelpunkt der Analysen: 1. Welche Persuasionsstrategien, Themen und Topoi werden seit den 1950er Jahren in der Hörfunkwerbung eingesetzt, und wie werden sie von Stimme und Sprechweise aufgenommen? 2. Wie nehmen heutige Hörerinnen und Hörer Stimme und Sprechweise in der Hörfunkwerbung seit den 1950er Jahren wahr? Nachdem zunächst in diesem ersten Kapitel der Untersuchungsgegenstand um‐ rissen wurde, widmet sich das zweite Kapitel einem Überblick über die Ge‐ schichte des Radios und der Rundfunkwerbung bis zu den 1950er Jahren. In einem Exkurs über das Medium Hörfunk in der Werbung (2.1) geht es sowohl um den Wandel der Technik als auch um den Wandel der Hörgewohnheiten. Dem folgen grundlegende Gedanken zum Thema Medienrhetorik als Form von Wirtschaftsrhetorik (2.2) und Radiorhetorik (2.3). Ein Blick auf Persuasions- 18 1 Einführung: Reflexionen über Stimme 8 Dresing & Pehl, 2018. strategien in der Hörfunkwerbung (2.4) schließt das zweite Kapitel mit einem Exkurs in die antike Rhetorik ab. Im dritten Kapitel stehen Stimme und Sprechstil im Fokus. Nach allgemeinen Reflexionen über Vortragsformate und Sprechkunst (3.1) geht es um die ästhe‐ tische Dimension von Stimme und Sprechstil (3.2), wobei der Ästhetik der Frau‐ enstimme ein eigener Abschnitt gewidmet ist (3.3). Die Aussprache selbst ist ebenfalls Moden und Normierungen unterworfen, was in Abschnitt 3.4 zur Sprache kommt. Ein historischer Rückblick auf die Zeit ab den 1950er Jahren hat im vierten Kapitel nicht nur zum Ziel, markante politische und gesellschaftliche Ereignisse wachzurufen, sondern auch die jeweiligen Moden und Trends aufzuzeigen, von denen sich die Konsumenten der jeweiligen Zeiträume angesprochen fühlten (4.1). Das so skizzierte Gesellschaftsbild gibt Zeugnis ab über den Bedürfnis‐ wandel der Zeit, der sich in den Themen (und damit auch in den mit dem Produkt angebotenen Zusatznutzen) bei Produktwerbungen niederschlägt (4.2). Im fünften Kapitel werden exemplarisch Hörfunk-Werbespots der 1950er, 1960er und 1970er Jahre für eine Analyse im Rahmen eines triangulären Unter‐ suchungsdesigns herangezogen und einigen Spots aus den 1980er und den 2010er Jahren gegenübergestellt. Es handelt sich um Produktwerbungen aus drei Bereichen: Haushaltshygiene (Waschmittel), Körperhygiene (Zahnpasta) und Genuss (Kaffee). Die Ergebnisse eines Online-Experiments mit einer Expertenumfrage sollen, zusammen mit einer hörphonetischen Deskription und Inter‐ pretation und der akustischen Berechnung des Parameters mean pitch mit Hilfe der Software Praat Aussagen zu den oben genannten Forschungszielen zulassen. So kann der gesellschaftliche Wandel in der Stimme, im Sprechstil und in der Werberhetorik exemplarisch aufgezeigt werden. Durch die sprechwissenschaft‐ lich-phonetische Charakterisierung der männlichen und weiblichen Sprech‐ stimmen kann auf die Frage nach der Stimme als Zeitzeugin in der Verkaufs‐ rhetorik geantwortet werden. Im Anhang befinden sich die analysierten Werbespots in Form von ortho‐ graphischen Transkriptionen 8 mit jeweiliger GAT 2-Transkription (mit Hilfe des Editors FOLKER ). Das garantiert zum einen die Transparenz der Untersu‐ chung und ermöglicht einen Nachvollzug ihrer Aussagen. Zum anderen sollen die Interpretation und Schlussfolgerungen als Einladung zu weiteren Analysen verstanden werden. 19 1.1 Untersuchungsgegenstand und Begriffsdefinitionen 9 Es geht in dieser Arbeit also nicht um eine sprachwissenschaftliche Diskussion zur Definition „Thema“. 10 Zu Topoi und konventionalisierten Schlussregeln in der Werbung siehe Janich (2013, S. 136-139). Schließlich soll im Rahmen einer Begriffsdefinition auf die Verwendung der zentralen Termini „Thema“, „Topos“, „Zusatznutzen“ und „ USP “ hingewiesen werden: Thema wird hier auch im Zusammenhang mit Grundnutzen und Zusatz‐ nutzen verwendet (siehe unten), außer die Begriffe werden differenziert ge‐ braucht. 9 Statt Thema könnte in vielen Fällen der Terminus „Werbebotschaft“, „Inhalt“, „Gegenstand“ oder „Motiv“ stehen. In der Alltagskommunikation verhaftet ist der Topos: „Da der T.[opos] auf alltagslogischen Denkmustern oder konventionellem Erfahrungswissen beruht, hat er auch bei routinemäßigem Gebrauch Überzeugungskraft“ (Bußmann, 2008, S. 745). Auf Topoi entwickelt sich Argumentation, beispielsweise in Form von Kausalschlüssen (z. B. Persil 1973: mit der roten Schleife; ein Paket mit Schleife erinnert an ein Geschenk, an etwas Besonderes) oder bei dem in der Werbung beliebten Topos der Autorität, der sog. Testimonialwerbung (bei‐ spielsweise die zufriedene Kundin in Lenor 2018: Ich fühle mich wohl in Lenor). 10 Der Zusatznutzen wird ergänzend zum Grundnutzen (dem jeweiligen Ge‐ brauchswert, dem rationalen Grund) eines Produktes verkauft; hiermit bezwe‐ cken die Anbieter, weitere Bedürfnisse der Verbraucher zu befriedigen (z. B. emotionale Bedürfnisse in Form eines Glücksgefühls, soziale Bedürfnisse in Form von Anerkennung, Schönheit, Selbstbestätigung). Spang (1987, S. 75) nennt es auch die „produktfremden scheinbaren Sekundärleistungen“. Mit Hilfe des Zusatznutzens kann ein Alleinstellungsmerkmal bzw. ein herausragendes Leistungsmerkmal erzeugt werden, das das Produkt gegenüber an‐ deren differenziert, unter der Konkurrenz heraushebt und einen veritablen Kun‐ denvorteil darstellt. Man spricht dann auch von USP (unique selling point oder unique selling proposition. Zusatznutzen und USP sind sehr eng miteinander verwoben und werden häufig gleich gesetzt: [der produktspezifische Zusatznutzen] wird von Werbefachleuten USP (unique selling proposition - „einzigartige Verkaufsaussage“) genannt. Über die USP / den Zusatz‐ nutzen versucht die Werbung das Problem der zunehmenden Produktähnlichkeit zu umgehen und auf irgendeine Weise das beworbene Produkt gegen Konkurrenzpro‐ dukte abzugrenzen, auch wenn kaum mehr tatsächliche Unterschiede vorhanden sind. ( Janich, 2013, S. 56) 20 1 Einführung: Reflexionen über Stimme Ein Alleinstellungsmerkmal wird regelmäßig einen Zusatznutzen auslösen, also eine Art Befriedigung eines Bedürfnisses (z. B. bei THOMY Senf, der in einem ansprechenden Glas verkauft wird, das als Trinkglas benutzt werden kann, was ihn wiederum von anderen Senf-Produkten abhebt). Aber der Zusatznutzen muss nicht zwingend zu einem USP führen, vor allem, wenn das Merkmal keine Alleinstellung hat. Für die Verkaufsstrategien in der Werbung handelt es sich zwar um zwei Argumentationskonzepte, die aber so eng miteinander verwandt sind, dass die Unterschiede der beiden Begriffe auch in der vorliegenden Un‐ tersuchung vernachlässigt werden können. Daher sollen die beiden Begriffe im weiteren Verlauf der Arbeit gleichrangig nebeneinander verwendet werden. 21 1.1 Untersuchungsgegenstand und Begriffsdefinitionen 1 Für eine ausführliche Begriffsbestimmung sei auf Kleinsteuber (2011, S. 20-22) ver‐ wiesen. 2 Zur Geschichte des Rundfunks seien Dussel (2010) und Dammann (2005) genannt. Gorse & Schneider (2018) geben auch einen kurzen Überblick. 2 Radio und Rundfunkwerbung gestern und heute Wenn von Radio, Rundfunk und Hörfunk die Rede ist, so werden diese Begriffe oft synonym verwendet, bisweilen jedoch auch differenziert verstanden: Radio als Empfangsgerät, Hörfunk als das gesendete Programm. Vor der Zeit des Fern‐ sehens, waren wiederum Rundfunk und Hörfunk als das gleiche verstanden worden, heute umfasst Rundfunk strenggenommen sowohl Hörfunk als auch Fernsehen, wird aber dennoch meist synonym für den Hörfunk verwendet. 1 Werbung fand schon einen Platz im Hörfunk, als dieser noch in Kinder‐ schuhen steckte, also kurz nach 1900. Vorreiter der Rundfunk-Unterhaltungs‐ industrie waren die USA und die Niederlande, bald konnte man nach ersten vorbereitenden Schritten und dem Aufbau von Telefunkengroßstationen in den Jahren zwischen 1910 und 1920 auch in Deutschland die erste Rundfunküber‐ tragung hören (am 29. Oktober 1923). Ein kurzer Abriss über die rasante Ent‐ wicklung der Radionutzung in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts soll den Rahmen stecken für die spätere Analyse der Werbespots. 2 „Der Rundfunk war in den zwanziger Jahren das Massenmedium, das alles und alle in den Bann schlug, und wurde so fast zu einem Urmodell unbegrenzter Expansion und beständiger Perfektionierung“ (Prümm, 1998, S. 32). Von knapp 10 000 angemeldeten Empfangsgeräten im April 1924 hatte im Februar 1932 jeder vierte deutsche Haushalt ein Radiogerät, was 12 Millionen Hörern entsprach. „So wird der Rundfunk das Leit- und Symbolmedium der Weimarer Zeit“ (Dam‐ mann, 2005, S. 8). Der Nutzen des Rundfunks erweiterte sich schnell vom an‐ fänglichen Unterhaltungs- und Informationsmedium zu kommerziellen und mi‐ litärischen Zwecken und war bald so etwas wie ein Inbegriff modernen Lebens. Bei der Frage nach dem Profil der Hörergruppen, wurden schon in der Zeit der Weimarer Republik Frauen als primäre Zielgruppe genannt. Über Radioangebote konnten Frauen im besonderen Maße angesprochen und gebildet werden. Damit sollten sie gegenüber etwaigen Verführungen durch die Massenkultur gefeit sein. […] Exzessives Radiohören wurde insbesondere Frauen zugeschrieben. […] 3 Im Herbst 1932 waren die Privataktionäre ausgeschaltet worden und der Rundfunk war eine staatliche Institution geworden, die während des Regimes der Nationalsozialisten fast ausschließlich im Dienste der Propaganda stand (Dammann, 2005, S. 17). 4 Vgl. Dammann (2005, S. 11). 5 Zu Zeitungsanzeigen aus dieser Zeit siehe Kriegeskorte (1992). Das Radio diente als Begleitmedium, während die Hausfrau ihren häuslichen Routi‐ neaufgaben nachkam. (Marßolek & Saldern, 1999, S. 26). In den 1920er und 1930er Jahren kam es nicht nur zu einer Blüte für Werbe‐ schlager, auch die ersten Ausstrahlungen von Werbespots wurden 1924 ver‐ traglich geregelt. Nach anfänglicher Skepsis der Politiker dem Radio gegenüber, begannen diese, den Rundfunk nicht nur zu Unterhaltungssondern auch zu Bildungs‐ zwecken einzusetzen. So erkannten die Nationalsozialisten auch bald die Mög‐ lichkeiten, die in diesem neuen Medium steckten und nutzten es unter Propa‐ gandaminister Joseph Goebbels für ihre ideologischen Zwecke. Mit dem in großen Mengen produzierten Volksempfänger war das Radio endgültig zum Massenmedium geworden. Nach dem Krieg änderte sich die Situation in Deutschland drastisch, denn die Siegermächte unterbanden die während des Nazi-Regimes missbrauchte Funk‐ tion des Rundfunks als zentrales Instrument der Informationsvermittlung. 3 Sie setzten den Rundfunk im Rahmen der Demokratisierung und Aufklärungsarbeit über den Nationalsozialismus, der sogenannten re-education, als vom Staat, den Parteien und wirtschaftlichen Interessen unabhängiges Medium ein. Bald wurden Hörerbeteiligung und Diskussionen eingeführt, Bildung und Unterhal‐ tung spielten wieder eine größere Rolle. 4 Seit 1949 sind die Sender wieder unter deutscher Leitung; dies fällt zeitlich mit den Anfängen der Wirtschaftswerbung nach der Währungsreform in West‐ deutschland zusammen. 5 So ist der appellative Charakter der Werbetexte zu Be‐ ginn der westdeutschen Hörfunkwerbung darauf zurückzuführen, dass sie zu‐ nächst nur als Information zu verstehen war, dass bestimmte Produkte nach dem Krieg wieder verfügbar waren (Greule, 2012, S. 343). Am 25. Dezember 1952 strahlte der erste Fernsehsender im Deutschland der Nachkriegszeit sein Programm aus, und damit war die zukünftige Konkurrenz des Hörfunks geboren. Die 1950er Jahre zeigten laut Dammann (2005, S. 9) ein doppeltes Gesicht: Auf der einen Seite [ist es] der Beginn eines parlamentarisch-de‐ mokratischen Systems, eine Phase rasanter wirtschaftlicher und sozialer Verände‐ rungen. Auf der anderen Seite ist diese Dynamik geprägt von personellen und kul‐ turellen Kontinuitäten (unter anderem in Industrie, Justiz und an den Universitäten). 24 2 Radio und Rundfunkwerbung gestern und heute 6 Die von Albrecht Greule aufgestellte panchronische Formel für Werbekommunikation mit den Lettern V, W, K, kann folglich auch auf die Hörfunkwerbung angewandt werden: V (Verkäufer / Produzent / Firma = Sender), W (Ware / Sache / Produkt), K (po‐ tenzieller/ -e Käufer = Adressat) (siehe Greule, 2012, S. 340). 2.1 Das Medium Hörfunk in der Werbung Das Radio als ältestes elektronisches Massenmedium wurde nach den Jahren des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs, einer Zeit, die durch Miss‐ brauch ideologischer Propaganda geprägt war, für Werbetreibende neben der Printwerbung das bedeutendste und am meisten eingesetzte Medium für Un‐ terhaltung, Information und Werbung. Was dieses neue Medium von Zeitung und Zeitschrift unterschied, waren der Rezeptionsmodus und vor allem das Rezeptionstempo: Bei Printmedien ist die Rezeption flexibel, und ein Text kann immer wieder und mit unterschiedlicher Geschwindigkeit gelesen werden; das ist beim Radiohören nicht der Fall, denn die Rezeption erfolgt nur einmal und zur vorgegebenen Geschwindigkeit; erst die digitale Technik heute hat dies geändert. Weiter ist Werbung im Hörfunk ein Beispiel für unilaterale Kommunikation, bei der jemand (der Verkäufer) dem Konsumenten (Käufer / Adressaten) etwas (ein Produkt, eine Ware) verkaufen möchte. Was bei der schriftlichen Kommunikation der geschriebene Text und das Bild übermitteln, übernehmen in der Hörfunkwerbung Stimme, Sprech‐ weise, Musik und Geräusche. 6 Das Medium Radio ist, anders als die Printwerbung (Zeitung, Zeitschrift, Plakat etc.) eine Form der elektronischen Werbung, zu der auch das Fernsehen und heute alle digitalen Medien zählen. In den 1950er, 1960er und 1970er Jahren äußerst verbreitet, büßte der Hörfunk ab den 1970er Jahren mit der zunehmenden Verbreitung des Fernsehens seine Stellung als Werbemedium immer mehr ein. Viele Produkte verschwanden ganz aus dem Radio und fanden ihre neue „Heimat“ in dem nun populäreren Medium Fernsehen. Nicht selten aber wurden und werden Produkte von mehreren Medien beworben. Der Begriff Mehrmedialität wird von Reimann (2008a, S. 53) wie folgt definiert: „ MEHR‐ MEDIALITÄT (in der Werbung) ist die Umsetzung einer Werbestrategie in mehreren Medien, denen in der Regel unterschiedliche Darstellungsmittel zur Verfügung stehen und die medienspezifische Differenzen aufweisen.“ Die Medienspezifik des Hörfunks ist die Stimme. Sie ist Informationsträgerin und muss, wenn sie auch in der TV -Werbung vorhanden ist, im Vergleich zu ihr den visuellen Part sozusagen „übernehmen“. Die Bilder, der Film, entstehen in den Köpfen der Hörer und Hörerinnen. Die Stimme muss demnach auch die Eigenschaften des Produkts transportieren, die sonst das Bild und der Film 25 2.1 Das Medium Hörfunk in der Werbung 7 In seiner Masterarbeit gibt Maximilian J. Falk einen Überblick über den Wandel der Technik in Rundfunk- und Tontechnikgeschichte (Falk, 2019, S. 38-44). 8 „Koaxialkabel bestehen aus zwei konzentrischen Leitern - einem Innenleiter und einem röhrenförmigen Außenleiter. […] Koaxialkabel werden hauptsächlich in der Hochfre‐ quenztechnik verwendet.“ http: / / www.kabelwissen.de [19. 05. 2021]. übermitteln. Musik und Geräusche werden zusätzlich u. a. für atmosphärische Elemente eingesetzt und erfüllen Ersatzfunktionen für visuelle und akustische Ort-Zeit-Geschehnisse. 2.1.1 Der Wandel der Technik im Hörfunk Bei Fragen um die Radiotechnik kann zwischen Aufnahmetechnik, Übertra‐ gungsbzw. Wiedergabetechnik und Studiotechnik im engeren Sinn unter‐ schieden werden. Was die Aufnahmetechnik von Hörfunkspots betrifft, so haben die Tonstudios im vorigen Jahrhundert eine Reihe an Entwicklungen durch‐ laufen; als signifikanteste in diesem Zusammenhang ist die Weiterentwicklung des Mikrofons in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu nennen. In den 1950er Jahren war die Mikrofontechnik in Deutschland daher schon auf einem mit heute zu vergleichendem Niveau angekommen. 7 Ein weiteres technisches Detail ist der Tonträger. In den 1960er Jahren wurde das einspurige Magnettonband in den Tonstudios vom Mehrspurtonband abge‐ löst, das eine Stereophonie erlaubte, die die Sendungen bis in die 1980er Jahre prägte. Danach erst kam es zur revolutionierenden Neuerung in Form der Di‐ gitalisierung der Aufnahmegeräte, die nun eine wesentlich diffizilere Aussteu‐ erung aller akustischen Parameter erlaubte. Ab Ende der 1980er Jahre stiegen immer mehr Tonstudios auf diese Neuerung um. Die Digitalisierung in den Studios ging schließlich einher mit einer weiteren einschneidenden Entwicklung ab den 1980er Jahren: der Koaxialverkabelung 8 , wodurch auch Radioprogramme übertragen werden konnten, was die Radio‐ hörgewohnheiten der Menschen stark beeinflussen sollte. So kann man die Geschichte der Übertragungstechnik des Radios als Massen‐ medium nach Kleinsteuber (2011, S. 86) in drei Phasen einteilen: • 1. Phase: Aussendung einzelner Programme über Amplitudenmodulation ( AM ) auf Lang-, Mittel- und Kurzwelle, die nach dem 1. Weltkrieg begann. • 2. Phase: Übergang zur Frequenzmodulation ( FM ) und Nutzung der Ultrakurzwelle ( UKW ), später Einbeziehung von Kabel und Satellit. Beginn nach dem 2. Weltkrieg heute noch dominant. 26 2 Radio und Rundfunkwerbung gestern und heute 9 DRM = Digital Radio Mondiale; DAB = Digital Audio Broadcasting. • 3. Phase: Digitalisierung des Signals und Übertragung terrestrisch ( DAB , DRM ) 9 , via Internet oder über Mobilnetze, Anfänge in den 80er Jahren, erste Anwendungen im Regeldienst ab ca. 2000. Die im vorliegenden Band untersuchte Zeitspanne liegt also noch weit vor der Digitalisierung und umfasst die Zeit des Aufkommens und allmählichen Aus‐ breitens des Konkurrenten Fernsehen. Im Hörfunk sind die oben skizzierten technischen Entwicklungsschritte für die Hörer zwar wahrnehmbar, inwieweit sie einen Einfluss auf die Wiedergabe und Wahrnehmung der Stimmqualität und hier in erster Linie auf die Sprechstimmlage haben, ist jedoch schwer zu sagen. In seiner Studie zur Veränderung von Artikulation und Sprechweise kommt Falk (2019, S. 40) in Bezug auf den Wandel der Mikrofontechnik zu folgender Einsicht: „Konkrete Hinweise bezüglich der Auswirkungen der Mikro‐ fontechnik auf die zeitspezifische Sprechweise konnten […] nicht festgestellt werden. Die Technikgeschichte des Mikrofons scheint für Erklärungen zur sich verändernden Stimme also insgesamt auszuscheiden.“ Anders zeigt sich jedoch das Bild, wenn man die Studiotechnik betrachtet. Es macht einen Unterschied, ob das Studio, wie zu Beginn der Radiogeschichte und bis zur stereophonen Aufnahmetechnik in den 1960er Jahren, als von Umwelt‐ geräuschen abgeschotteter, fast „steriler“ Raum verstanden wurde, oder ob der Eindruck von Alltagsszenen und alltagsnahem natürlich wirkendem Ge‐ sprächston die Richtschnur bei Studioaufnahmen ist. Letzteres wurde mit der Digitaltechnik immer ausgefeilter, da jetzt Nachbesserungen und Modifizie‐ rungen stimmlicher Parameter möglich wurden. Dass sich das alles auf den Sprechstil im Radio und die jeweils geltenden Richtlinien zum Mediensprechen auswirkte, wird noch näher betrachtet werden (siehe Kap. 3). 2.1.2 Radiohörgewohnheiten im Spiegel der Zeit Die Popularität des elektronischen Massenmediums Radio wuchs sprungartig an, was an einer Reihe an Faktoren festzumachen ist: zum einen an technischen Entwicklungen, zum anderen an gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verän‐ derungen, welche alle die Hörgewohnheiten beeinflussten. Am Beispiel des Rundfunks kann in historischer Perspektive gezeigt werden, wie sich das Hören vom angestrengten Lauschen mit Kopfhörern vor den Detektorgeräten zum feierlichen, gemeinschaftlichen Zuhören von Konzerten im Familienkreis, bis zum Nebenbei-Hören bei anderen Tätigkeiten zu Hause, als nahezu ubiquitäre Berieselung 27 2.1 Das Medium Hörfunk in der Werbung 10 Zu den Hintergründen der diversen Wellenkonferenzen siehe Fickers (1998, S. 4-16). 11 Solch ein Zusatz konnte anstelle einer Mischröhre in den Apparat eingesteckt werden, was den Empfang von UKW ermöglichte. und seit den Transistorgeräten und dem ‚walk-man‘ zum individuellen Überall-Hören wandelte. (Marßolek & Saldern, 1999, S. 13-14) Nach dem Zweiten Weltkrieg änderte sich also die Situation rund um den Rund‐ funk und die Sendeanstalten drastisch, was neue Hörgewohnheiten von Seiten der Bevölkerung nach sich zog und nicht zuletzt eine Veränderung im Standard des Mediensprechens und des Sprechgestus von Seiten der Mediensprecher be‐ wirkte (Kap. 3). Die Umstellung auf den UKW -Rundfunk in Deutschland war ein Produkt langwieriger politisch und technisch motivierter Wellenkonfe‐ renzen nicht nur in Deutschland, sondern europaweit. 10 Rundfunksender, die ihre Programme vorher ausschließlich über Amplitudenmodulation ( AM ) aus‐ gestrahlt hatten, stiegen in den Jahren nach dem Krieg nach und nach auf UKW um, und die Entwickler der Radiogeräte zogen nach, in dem die Geräte für den UKW -Empfang ausgestattet wurden. Die Menschen in der Zeit des Wirtschaftswunders konnten sich nun UKW -Empfangsgeräte leisten, zunächst in Form einer Nachrüstung mit UKW -Zusatzgeräten 11 , die man in die herkömmlichen Radioapparate einbauen konnte. Die Hördauer stieg infolgedessen auf 2-3 Stunden am Tag (Krug, 2010, S. 22) und erlangte eine solche Popularität, dass laut Seegers (1999, S. 167) über die Hälfte der Rundfunkteilnehmer im Jahre 1955 ein solches Gerät besaßen. Einschneidend für die Hörgewohnheiten der Menschen war schließlich vor allem die Entwicklung des Transistorradios, eines Empfangsgeräts, das mit Transistoren, kleinen Halbleiterelementen, ausgestattet war. Es löste das her‐ kömmliche Röhrenradio mit seinen schweren Elektronenröhren ab. Die Um‐ stellung in Westdeutschland erfolgte nach Fickers (1998) in zwei großen Wellen, die man grob so skizzieren kann, dass in einer ersten Welle (1950-1955) die Röhrenradios zusätzlich mit Transistoren ausgestattet wurden, in einer zweiten Welle (1960-1965) die Röhren in den Empfängern durch Transistoren ersetzt wurden. Transistorradios waren tragbare Kofferradios, die das Radiohören vor allem flexibler machten. Mitte der 1950er Jahre waren die ersten Modelle als Mittel‐ wellenempfänger schon im Handel erhältlich, aber erst nach der Weiterent‐ wicklung zum UKW -Empfänger war der enorme Markterfolg des neuen Geräts unbestritten. Die Folge war eine Revolution der Hörgewohnheiten in den 1960er Jahren. Man konnte nun fast überall Radio hören und das eigene Koffer- oder Taschenradio mitnehmen, denn es war nicht mehr wie ein Möbelstück 28 2 Radio und Rundfunkwerbung gestern und heute einem Zimmer in der Wohnung zugewiesen. Jetzt wurden auch die ersten Au‐ toradios mit Transistoren vertrieben, was in den früheren Jahrzehnten abge‐ sehen von der unhandlichen Größe der ersten Geräte unerschwinglich war. Auch diese neue Hörsituation während des Autofahrens erweiterte das Pro‐ gramm-Angebot der Rundfunksender. Die späten 1950er und die Jahre danach waren von Seiten der Konsumenten folglich dadurch gekennzeichnet, dass sich die Hörer nicht mehr wie vorher zum Radioapparat begeben mussten, jetzt war er zu ihrem „Begleiter“ geworden, der sie gezielt und überall ihre Lieblingssendungen anhören ließ. Für die Radio‐ sender bedeutete das, dass sie mehr Abwechslung bieten mussten, zumal das Fernsehen, der große Konkurrent des Radios, ab den 1960er Jahren die Wohn‐ zimmer zu erobern begann und die Gewohnheiten des Medienkonsums erneut veränderte. Laut Krug (2010, S. 23) sank daher die abendliche Einschaltquote der Mittelwellensender von 50 % zu Beginn der 1950er Jahre auf unter 20 % zehn Jahre später. Neue Sender, das sogenannte Pop- und Serviceradio, modifizierten ab den 1970er Jahren als Antwort auf die räumliche Unabhängigkeit der Radiohörer durch ihre diversifizierten Angebote und Begleitprogramme wiederum die Hör‐ gewohnheiten. Sie richteten sich jetzt an den Individualhörer mit eigenem Gerät, nicht mehr nur an häusliche Hörer, die ihr Radio bewusst einschalteten. Ab den 1980er Jahren schließlich revolutionierte der Privatfunk die Sender‐ landschaft nochmals, jetzt machte sich das duale System auch im Hörfunk breit und ließ die regionalen Sender erstarken. Eine Sender- und Programmfülle war und ist die Folge, die Öffentlich-Rechtlichen sahen und sehen sich heute vor der Herausforderung, sich zum einen abzugrenzen und zum anderen ihre Attrakti‐ vität zu erhöhen, was einen starken Konkurrenzkampf gegenüber den privaten Sendern hervorruft. Trotz der räumlichen Mobilität beim Radiohören, die sich in den skizzierten Jahrzehnten immer mehr durchsetzte, lag der nächste Schritt noch in der Zu‐ kunft: die zeitliche Flexibilität. Es wurde also bis in die 1980er Jahre zu be‐ stimmten Zeiten gehört, da es noch kein Programm „on demand“ gab; das sollte erst mit der nun aufkommenden Digitalisierung möglich werden. Auf die beschriebenen Veränderungen der Hörgewohnheiten seit Mitte des 20. Jahrhunderts reagierten die Sendeverantwortlichen und Werbetreibenden, indem sie ihre Sendezeiten im Laufe der Jahrzehnte der Technik und den Hör‐ gewohnheiten anpassten: In den 1950er Jahren waren Werbesendungen zu festen Terminen in bis zu 20 Minuten langen Blöcken gruppiert, in den 1960er Jahren wurden die Blöcke immer kürzer und schließlich immer mehr auf den Tag verteilt (siehe Kap. 2.3.3). 29 2.1 Das Medium Hörfunk in der Werbung 12 Naab und Schlütz (2016, S. 226-227) nennen in diesem Zusammenhang drei Nutzungs‐ motive: zum einen das reine Informationsmotiv, weiter soziale Motive (die beispiels‐ weise zur Identitätsbildung beitragen oder dem Bedürfnis mitreden zu können nach‐ kommen) und schließlich das Unterhaltungsmotiv (wobei die Fantasie angeregt werden soll, was durch einen kreativen Input geschehen kann). Die Hörgewohnheiten haben sich folglich in wenigen Jahrzehnten umge‐ kehrt: Früher passten sich die Hörer dem Rundfunk an, heute ist es der Hörfunk, der sich nach den Hörgewohnheiten richtet und längere Werbepassagen zu ver‐ meiden versucht, um die Gefahr des Ab- oder Umschaltens zu minimieren. Das aktive Publikum rückte in den Vordergrund der Betrachtung. Die Nutzerinnen und Nutzer wurden nicht mehr ausschließlich als Objekte kommunikativer Bemü‐ hungen, sondern als intentional nach ihren Bedürfnissen handelnde Subjekte ver‐ standen, die sich Kommunikationsinhalten absichtsvoll zuwenden - oder, wie gele‐ gentlich im Fall von Werbung, auch bewusst davon abwenden. (Naab & Schlütz, 2016, S. 224) 12 Werfen wir als Vergleich zu den skizzierten Jahrzehnten einen Blick auf die aktuelle Situation der Hörfunk-Konsumenten: Die junge Generation heute hat wieder andere Radiohörgewohnheiten. Das Internet hat das Radio - zumindest für die um die Jahrtausendwende Geborenen - bereits überholt. Ständige Prä‐ senz internationaler Radioprogramme, Livestreaming, Podcasting und Hören auf Abruf prägen heute die Hörgewohnheiten der Menschen. Kleinsteuber (2011, S. 15) spricht von einem „Ausfransen des ehemals so eindeutig definiert scheinenden Phänomens Radio“, wenn man die heutigen digitalen Formen wie Cyberradio, Radio via Handy, Radio-Podcasts oder Pay-Radio betrachtet. Ein paar Daten und Fakten der Online-Ausgabe Media Perspektiven 3 / 2020 sollen das Radiohören heute beschreiben: Mediatheken werden von mehr als einem Drittel mindestens einmal pro Monat ge‐ nutzt. Mit Abstand am beliebtesten sind die Angebote von ARD und ZDF mit 25, bzw. 26 Prozent, dabei weisen die 30bis 49-Jährigen die stärkste Nutzung auf. Video-on-Demand-Angebote hingegen werden am stärksten von 14bis 29-Jährigen genutzt. Auch bei der Audionutzung im Internet zeigt sich, dass Jüngere stärker auf Streamingangebote setzen, Ältere eher auf das Livehören von Radio über das Internet. Podcasts werden konstant von jedem Fünften mindestens monatlich genutzt […] Im Bereich Social Media sind nach wie vor WhatsApp, Facebook und Instagram am relevantesten. Drei Viertel der Bevölkerung (76 Prozent) kommunizieren täglich über WhatsApp, 21 Prozent nutzen Facebook und 13 Prozent Instagram. Dabei weist In‐ stagram unter allen Social-Media-Angeboten die höchste Nutzungssteigerung auf und 30 2 Radio und Rundfunkwerbung gestern und heute wird vor allem von unter 30-Jährigen genutzt. Snapchat, Twitch, Xing, LinkedIn und Twitter folgen mit großem Abstand. TikTok erreicht täglich 5 Prozent der 14bis 29-Jährigen. (ARD-Werbung SALES & SERVICES, 2020) In einer Standortbestimmung anhand einer Studienreihe zu Trends in der Mas‐ senkommunikation zeichnen Mai, Meinzer und Schröter (2019) ein detailliertes Bild der heutigen Audio- und Radionutzung. Interessant in dieser Diskussion in „Zeiten des digitalen Medienwandels und der immer stärker konvergierenden Medienwelten“ ist, dass das Radio nach wie vor den ersten Platz in der Audiowelt einnimmt, obwohl digitale Plattformen ihre Audioangebote und -formate ständig erweitern und Tonträger durch Streaming immer mehr ersetzt werden. Dennoch heißt es: „On-Demand-Angebote und Sprachassistenten verfügen über Entwicklungspotenzial“ (Mai et al., 2019, S. 406). 2.2 Medienrhetorik als Form von Wirtschaftsrhetorik „Wirtschaftsrhetorik ist die sektorale Rhetorik von Industrie-, Finanz und Dienstleistungsunternehmen und deren Verbänden in Gespräch und Rede ihrer Repräsentanten“ (Wachtel, 2004, S. 338). Man versteht darunter das Praxisfeld aller rhetorischen Kommunikationssituationen im Unternehmen, inclusive Cor‐ porate Speaking, in denen sprechwissenschaftliche Rhetorik im wirtschaftlichen Kontext und als Führungsinstrument zum Einsatz kommt, bei internen und ex‐ ternen Situationen. In der Wirtschaftsrhetorik manifestieren sich unterschiedliche sprechwissen‐ schaftlich-sprecherzieherisches Arbeitsgebiete, z. B. diverse Formen der Rede und der Gesprächsführung (z. B. Konferenz und Besprechung, Mitarbeiterge‐ spräch, Motivationsgespräch, Kritikgespräch, Coaching und Beratung, Inter‐ viewtechnik, Besprechung im Team, Feedback-Gespräch, Auswahl- und Ein‐ stellungsgespräch, Informations- und Überzeugungsrede, Storytelling, Präsentation, Radio-/ Fernsehbeitrag, interkulturelle Kommunikation, Arzt-Pa‐ tient-Kommunikation, sei es in einer realen oder in einer virtuellen Kommuni‐ kationssituation (Eckert, 2013; Gutenberg, 1999; Bazil & Wöller, 2008). 31 2.2 Medienrhetorik als Form von Wirtschaftsrhetorik 13 Medienrhetorik soll hier in diesem engeren Sinne verstanden werden, wenn auch Scheuermann und Vidal davon ausgehen, dass es Rhetorik ohne Medium im Grunde nicht gebe und sich rhetorisches Handeln damit immer erst in Medien realisiere. Das gelte auch für die Stimme, deren charakteristische Unmittelbarkeit im elektronischen Medium Radio durch eigene Rhetorizität geprägt ist. „Der Begriff der Rhetorizität ver‐ weist […] auf die Bedingungen, die durch die Wahl eines bestimmten Mediums her‐ vorgerufen werden“ (Scheuermann & Vidal, 2017, S. 1). Abb. 1: Thematische Verortung: Werberhetorik im Hörfunk Sobald sich rhetorisches Handeln in oder mit Hilfe von elektronischen Medien vollzieht, spricht man heute von Medienrhetorik, die je nach Medium und Kom‐ munikationssituation mit unterschiedlichem Fokus, als Theorie und Praxis von Rede- und Gesprächssituationen in Rundfunk und Fernsehen, verstanden werden kann. 13 [So] setzt sich kommunikativ orientierte Medienrhetorik mit Gesetzmäßigkeiten so‐ wohl der Gestaltung wie der Rezeption von medialer Kommunikation auseinander. Darüber hinaus muss sich eine umfassende Medienrhetorik nicht nur mit sprech‐ sprachlichen, sondern auch mit bild- und tonsprachlichen Kompetenzen befassen, die Menschen intentional einsetzen. Einerseits, um sich in der besonderen Kommunika‐ tionssituation Rundfunk anderen Menschen sinnhaft mitzuteilen, und andererseits, um diese multimedial vermittelten Sinnangebote verstehend zu rezipieren. (Dorn, 2004, S. 152) Die zwei medialen Kommunikationssituationen von Radio und Fernsehen un‐ terscheiden sich in erster Linie darin, dass das Fernsehen zwei Kommunikati‐ onskanäle (Subsysteme der gesprochenen Sprache) einsetzt, die Bildsprache (vi‐ 32 2 Radio und Rundfunkwerbung gestern und heute 14 Für einen Überblick über diverse Fragen der Medienrhetorik siehe Knape (2005). sueller Kanal) und die Tonsprache (auditiver Kanal), während das Radio allein über den auditiven Übertragungskanal kommuniziert. In der Medienrhetorik wird analysiert, wie in einem Medium Kommunikatoren (z. B. Redakteure, Moderatoren), Kommunikationspartner (z. B. Pressesprecher, Politiker) und Rezipienten (z. B. Radiohörer, Fernsehzuschauer) in Interaktion treten, wie sie miteinander die Bedingungen ihrer Kommunikation aushandeln, wie sie über verbale, paraverbale und nonverbale Mittel ihr Verhältnis zueinander darstellen. (Bose, 2016, S. 156) Ein weiteres Kennzeichen und Gegenstand von Medienrhetorik ist ein technisch (elektronisch) vermitteltes Sprechen unter Vermischung der Elemente Nähe und Distanz. 14 Die mangelnde Anwesenheit der Gesprächspartner bzw. Adressaten, also die örtliche Distanz zueinander, wird mit Hilfe von Ersatzelementen und -techniken ausgeglichen. Das kann auf sprachlich-verbaler Ebene das direkte Ansprechen der Hörer sein, die Wortwahl und stimmlich-sprecherische Aus‐ drucksweise (beispielsweise der Gebrauch von Umgangssprache oder dialekt‐ aler Ausdrücke), weiter der Einsatz von Geräuschen und von atmosphärischen akustischen Elementen. Im Hörfunk fehlt zudem alles, was in den Bereich der nonverbalen Kommunikation fällt und muss von den anderen Elementen über‐ nommen werden, verbal und / oder paraverbal. Im Gegensatz zu radiotypischen Genres wie Nachrichten, Interview, Feature, Dokumentation, wird im Hör‐ funk-Werbespot meist - ähnlich wie im Hörspiel - eine Szene arrangiert, die die Hörer zu observierenden Außenstehenden macht, die im Kaufappell schließlich direkt oder indirekt angesprochen werden. Die Rednerin vor Mikrofon und Kamera und ihre Zuhörer am Lautsprecher sind ei‐ nerseits in scheinbarer Nähe: Die sprachliche Gestaltung (von Lautstärke und Rhythmus über die Wortwahl bis zur Wahl der Gattung) muß deshalb von herkömm‐ lichen Formen öffentlicher Rede abweichen. Andererseits sind Redner und Publikum dennoch getrennt, die Rede kann also nicht wie im unmittelbaren Publikumskontakt durch Zuhörerreaktionen reguliert werden […]. (Häusermann, 1995, S. 30) Bei der Medienkommunikation muss weiter bemerkt werden, dass ein einsei‐ tiges Abschalten möglich ist. Ist die Kommunikation (im Fall der Hörfunkwer‐ bung das Wecken des Interesses mit Bereitschaft zum Zuhören und schließlich die Überzeugung zum Produktkauf) nicht gelungen, schalten die Zuhörer das Radiogerät aus. Ein verständlicher, attraktiver Sprach- und Sprechstil, eine sym‐ 33 2.2 Medienrhetorik als Form von Wirtschaftsrhetorik 15 Zum Wandel der Rezeption von Stimme und Sprechweise in der Hörfunkwerbung siehe die Ergebnisse der Untersuchung im Online-Experiment, Kap. 5.5.4. pathische Stimme und argumentativ wirkungsvolle und ansprechend insze‐ nierte Kommunikation sind daher vonnöten. 15 Von den drei in der Tradition der klassischen Rhetorik stehenden Wirkungs‐ arten rhetorischer Kommunikation steht, je nach Situation und Kommunikati‐ onsabsicht, immer eine im Vordergrund: das Informieren (docere), das Unter‐ halten (delectare) oder das Überzeugen (movere). „Handlungsauslösung […] - sei es Mitdenken oder reales Mittun - ist das Ziel jeglicher rhetorischer Kommu‐ nikation“ (Geißner, 1986, S. 120). Je nach Medium und - im vorliegenden Fall - Art der Sendung kommen all diese rhetorischen Ziele in der Medienrhetorik zum Einsatz, wobei das Wirkungsziel der Persuasion im Werbesektor überwiegt. Wird das Publikum (die potenziellen Kunden oder Käufer) überzeugt, erfolgt die Handlungsauslösung, meist in Form des Produkterwerbs. Medienrhetorik im Hörfunk, wie sie im vorliegenden Band behandelt wird (mit Fokus auf dem Phänomen Stimme), untersucht folglich die intentionalen Mitteilungshandlungen des Sprechens im Kontext Werbung und zielt demnach auf die entsprechende Beeinflussung der Hörer. Die im Persuasionskonzept ein‐ gesetzten Ausdrucksmittel umfassen neben der Stimme auch Musik und Ge‐ räusche. 2.3 Radiorhetorik und Radiowerbung In der Radiorhetorik werden Kommunikationsbedingungen und Wirkungsmöglich‐ keiten des Massenmediums Hörfunk aus rhetorischer Sicht beschrieben und analy‐ siert. Konkret geht es um die medienspezifische Wirksamkeit sprecherischer, sprach‐ licher und klanglicher Einheiten in ihrem Zusammenwirken beim Programmgeschehen. (Bose, 2016, S. 157-158). Das von Ines Bose hiermit umrissene Fachgebiet der Radiorhetorik deklariert sie zugleich als Desiderat für weiterführende Forschungen und weist auf Nachbar‐ disziplinen wie Kommunikationsforschung, Medienwissenschaft, Publizistik und Sprachwissenschaft hin, die sich mit den für die Rhetorik des Radios cha‐ rakteristischen Profilen der Mündlichkeit, der Öffentlichkeit und der Gleichzei‐ tigkeit von Performanz und Rezeption auseinandersetzen. Der oben erwähnte Doppelcharakter von Nähe und Distanz kommt hier, wie beim Fernsehen, deutlich zum Tragen. Das Publikum ist einerseits als direkte Hörergruppe anwesend, aber nicht körperlich, so dass eine räumliche und bei 34 2 Radio und Rundfunkwerbung gestern und heute 16 In diesem Zusammenhang sind die Forschungsarbeiten von Ines Bose und ihrem Team an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg hervorzuheben. https: / / www.sprech wiss.uni-halle.de/ [20. 05. 2021]. Siehe auch Bose & Neuber (2014). 17 Theodor Siebs’ Standardwerk war unter dem Titel Deutsche Bühnenaussprache in einer ersten Auflage 1898 erschienen und hatte diesen Titel bis zur 19. Auflage 1969 beibe‐ halten (Siebs, 1969). aufgezeichneten Sendungen auch eine zeitliche Distanz vorliegt, denn „die Ra‐ diohörer […] sind sich sowohl näher als auch ferner als Redner und Hörer in einer nicht medial vermittelten Veranstaltung“ (Bose, 2016, S. 155). Im Rahmen der Radiorhetorik wird aus sprechwissenschaftlicher Sicht eine Reihe an Fragen diskutiert, die unter anderem folgende Punkte betreffen: 16 • Die rundfunkspezifische Sprechtechnik am Mikrofon; • Die Verwendung einer normgerechten Standardaussprache nach Krite‐ rien allgemeiner Richtlinien, wobei z. B. bis gegen Ende des 20. Jahrhun‐ derts Theodor Siebs Deutsche Aussprache als Standardwerk galt; 17 • Stimme, Sprechstile und Hörerwirkung unterschiedlicher Sendeformen; • Hörverständlichkeit und die damit verbundenen Kriterien sinnvermit‐ telnden Sprechens (siehe auch Gutenberg, 2005); • Allgemein die Frage nach Radio-Ästhetik und ihres Wandels in der Zeit; • Profil und Aufgaben der Radio-Moderation; • Fragen der Kompetenz-Vermittlung in der radiorhetorischen Aus- und Fortbildung: Techniken zum Scheiben fürs Sprechen, Sprechen fürs Hören (Geißner & Wachtel, 2003; Wachtel, 2013; 2009). Der mündliche Text im Radio, das durch die menschliche Stimme Vermittelte, kann in den meisten Sendungen als „sekundäre Oralität“ bezeichnet werden, d. h. es handelt sich um gesprochene Sprache, die z. B. auch im Fall von Werbe‐ spots, konzeptionell schriftlicher Natur ist, also auf der Basis von schriftlich Vorgeformtem (und damit Vorgelesenem) beruht. Zum Erzielen der rhetorischen Wirkung und der Überbrückung der Distanz bekommen (Hintergrund-)Geräu‐ sche, Musik und andere Wirkungsmittel besondere Bedeutung und helfen, den Eindruck von unmittelbarer Teilnahme zu verstärken. Die klassische Radiowerbung, mit Persuasion (movere) und Handlungsauslö‐ sung als rhetorischen Auftrag manifestiert sich in der Regel in Form von Spots von 20 bis 30 Sekunden, wobei die Länge der Werbespots im Laufe der Zeit zurückgegangen ist. Wenn auch die Sender der Werbebotschaft (als Autoren oder Sprecher) ihr imaginäres, anonymes Publikum (ihre potenziellen Käufer) mehr oder weniger direkt anzusprechen wissen und dabei Nähe suggerieren, entscheiden diese 35 2.3 Radiorhetorik und Radiowerbung 18 Zurstiege (2015, S. 94-117) fasst bei der Frage um Zugänge zu automatisierte Wir‐ kungsprozesse die Erkenntnisse der Werbewirkungsforschung in vier Grundorientie‐ rungen in Bezug auf den Einfluss von Werbung zusammen: Hierbei geht es um (1) den Grad der Ich-Beteiligung (Involvement), um (2) die ständige Begegnung mit Werbean‐ geboten (Frequenz), um (3) subliminale Werbung unterhalb der Wahrnehmungs‐ schwelle („mere-exposure“ und „priming“) und (4) um Reize, die eine quasi automati‐ sche Zugänglichkeit für Werbeaussagen aktivieren (Aktivierungsparadigma). selbst, ob sie zuhören oder nicht. Um letzteres zu vermeiden, muss die Auf‐ merksamkeit geweckt werden. Werbung muss auffallen, um das Publikum zu erreichen. 18 „Radiowerbung ist zwangsläufig monosensuelle Werbung und daher vergleichsweise reizarm“ (Stöckl, 2007, S. 179). Im Radio, das nur akusti‐ sche Wirkung erzielen kann, geschieht eine „Reizung“ der Aufmerksamkeit und ein Erzeugen von Wirkung besonders durch die Stimme. Alles, was im Fern‐ sehen über den visuellen Kommunikationskanal übertragen wird (Gestik, Mimik, Körperhaltung, Bewegung etc.), fällt hier weg und muss auf andere Weise suggeriert werden; in erster Linie über Dialoge und Szenen. So kommt der Studiotechnik und dem Einsatz von Musik, Tönen und Geräu‐ schen eine ähnlich wichtige Rolle zu wie der Stimme. Gerade in diesem Bereich kann man eine erhebliche Entwicklung verzeichnen, wenn wir Hörfunk-Wer‐ bespots ab den 1950er Jahren analysieren. Bose (2016, S. 163) weist auf die un‐ terschiedlichen Elemente hin, die das klangliche Profil eines Senders oder Pro‐ gramms ausmachen und für Hörerentscheidungen von Bedeutung sind: Themenwahl und journalistische Aufmachung, sprachliche und stimmlich-spreche‐ rische Gestaltung, Musikfarbe und Verpackungselemente (z. B. Jingles, Tease), die mikrostrukturelle klangliche Gestaltung (sog. Broadcast Sound Design), z. B. techni‐ sche Signal-Modifikationen (Wellenkompression, technische Überformungen der Stimmen), Rhythmus, Anzahl und Relation der Sendeelemente. Nachfolgend wird ein kurzer Abstecher in die Formen und Funktionen von Musik und Geräuschen in der Radiowerbung gemacht, bevor die Rolle der Stimme näher beleuchtet wird. Dem schließt sich ein Blick auf Werbeformate im Hörfunk und auf Persuasionsstrategien an, derer sich die Werbung bedient. 2.3.1 Musik und Geräusche als Werbemittel Musik und Geräusche werden eingesetzt als Ergänzung bei der Informations‐ vermittlung und zur Optimierung der Werbewirkung. Die auf drei Zeichenmo‐ dalitäten verteilten kommunikativen Aufgaben in der Radiowerbung fasst Stöckl (2007, S. 182) zusammen: 36 2 Radio und Rundfunkwerbung gestern und heute 19 Das meiste, was hier über den Einsatz und die Wirkung von Musik gesagt wird, kann man in ähnlicher Weise auf Klänge und Geräusche übertragen, die Hofmann (2010, S. 155) unter „Werbemusik im weiteren Sinn“ zusammenfasst. Darunter versteht er üb‐ rigens auch die Prosodie und parasprachliche Stimmlaute ebenso wie Inzidenzklänge und paramusikalische Instrumentalklänge, „Klänge, Geräusche, Klangeffekte, die nicht stimmlich erzeugt oder Inzidenzklängen zuzurechnen sind.“ (2010, S. 166). - Die Aus‐ führungen dieses Abschnitts seien folglich auch ohne expliziten Verweis auf Geräusche entsprechend zu verstehen. 20 Musikstücke bzw. -fragmente können Originale sein, aber auch verändert bzw. adaptiert oder neu komponiert. 21 Hofmann (2010, S. 167) unterteilt die Funktionen der Musik in Werbespots in drei Funk‐ tionsebenen ein: als Strukturmoment (organisatorische Funktion), als Abbild (ikonische Funktion) und als Kennzeichen (symbolische Funktion). Sprache trägt - meist in dialogischer Form - die eigentliche Botschaft, Geräusche signalisieren den Kontext der Handlung und befördern die sinnliche Vergegenwärti‐ gung der Botschaft, während Musik vor allem für die emotionale Ansprache und die Strukturierung des Gesamttexts verantwortlich ist. Schon in den 1980er Jahren stellte Rösing (1981, S. 227) für Deutschland fest, dass etwa 70 % aller Radiowerbespots und rund 65 % der Werbespots im Fern‐ sehen Musik beinhalteten und dass dies ein konstanter Anteil sei. 19 Seine Un‐ tersuchungen betreffen die 1970er Jahre; der genaue Zeitraum seiner Ermitt‐ lungen ist unklar. Die Zahlen heute liegen jedenfalls noch weit höher, und empirische Forschungen über die Wirkung von Musik und Werbung sind nach Schramm und Spangardt (2016, S. 434) noch immer ein Desiderat in der Werbe‐ forschung: z. B. die Auswirkung der Musik auf die Markenerinnerung; die mit der Musik verbundenen Assoziationen und Einstellungen; der Einfluss der Musik auf die Bewertung des Produkts und die Kaufabsicht. Der kommunikative Charakter von Musik 20 hängt von einer Reihe an Fak‐ toren ab, z. B. vom Bekanntheitsgrad, dem Genre, Grad von ikonischer Verweis‐ wirkung etc. Was ihre Funktionen betrifft, so wären laut Stöckl (2007, S. 195-196) als die fünf häufigsten zu nennen: Strukturierung (rhythmische Textur des Gesamttextes durch Musik), Illustration / Vorstellung (Förderung mentaler Bilder durch Musik), Demonstration (Versinnbildlichung der Wir‐ kungsweise des Produkts), Grundstimmung, Aufmerksamkeit. Wenn von Musik in der Hörfunkwerbung gesprochen wird, so handelt es sich um sogenannte funktionale Musik, da sie zur Beeinflussung der Rezipienten eingesetzt wird (Hofmann, 2010, S. 148-151). Die Wirkung ist vielfältig, vom Wecken der Aufmerksamkeit, dem Hervorrufen von Emotionen, dem Vermitteln von Informationen, bis zur Erinnerungs- und Wiedererkennungshilfe. 21 37 2.3 Radiorhetorik und Radiowerbung 22 Zum Beispiel die Vertonung des Slogans der Milka-Werbung, „Die zarteste Versuchung, seit es Schokolade gibt.“ - der 38 Jahre lang und bis vor Kurzem jeden Milka-Werbespot begleitet hat. 23 Als Beispiele seien die Fanfarenklänge bei „20th Century Fox“ oder die Tonfolge von „Sparkasse“ genannt. Abgesehen von symbolischen oder ikonischen Leitmotiven funktioniert Musik als in‐ tersubjektiv variabler Index für Gefühlszustände. In der Wahrnehmung hat Musik unschätzbare Stärken, wir wenden uns ihr intuitiv zu, sie aktiviert und hat unmittel‐ bare emotionale Effekte; zudem suggeriert und induziert sie Bewegung. Neben einigen psychosozialen Funktionen hat Musik vor allem auch eine dienende Funktion im Ge‐ samttext: Sie evoziert Stimmungen, aktiviert und steuert Aufmerksamkeit, gliedert den Gesamttext und illustriert bzw. dramatisiert Sachverhalte und Handlungen. (Stöckl, 2012, S. 249) Rösing (1981, S. 227-228) subsumiert die Rolle der Musik unter dem Begriff „Manipulations-Modelle“: das ökonomische Modell, das Konditionierungsmo‐ dell, das psychoanalytische Modell, das sozialpsychologische Modell und das Identifikationsmodell. An drei Beispielen seien diese Rollen verdeutlicht: Wenn eine nicht befriedigende Situation angedeutet werde, für die das beworbene Produkt eine (Konflikt-)Lösung verspreche, werde dies durch den Übergang von „hässlicher“ zu „schöner“ Musik begleitet. Weiter haben Jingle und Kennmelodie in Bezug auf künftige positive Aha-Erlebnisse konditionierende Funktion, Stim‐ mungsklischees würden für emotionale Ausdrucksformen eingesetzt, Fanfaren und Marschmusik unterstützten eine Führungsperson, chorische Darbietungen bewirkten die Identifikation mit den Choristen und folglich mit der Werbeaus‐ sage. Bei Werbemusik kann man mindestens fünf Formen unterscheiden: Jingle, Audiologo, Werbelied, Klangteppich und Werbemelolog, die hier kurz be‐ schrieben werden sollen. Eine der Hauptfunktionen von Musik ist bzw. war mit Sicherheit bis in die 1970er Jahre das Erkennungssignal, meist in Form eines Jingles, 22 also der Vertonung des Slogans (eines akustischen Markenzeichens). Heute wird mehr auf Audio-Branding gesetzt, auf ein ganzheitlich abgestimmtes Klang- und Melodiemuster, das Produkt und Konsumenten gleichermaßen ver‐ körpert und oft als Hintergrundmusik den ganzen Spot begleitet. Statt Jingle wird heute häufig ein Audiologo 23 verwendet und ist „das akustische Identifika‐ tionsmerkmal, das unverwechselbare Erkennungszeichen einer Marke“ (Schramm & Spangardt, 2016, S. 435). Das Werbelied (ein bekanntes Stück oder ein extra für das zu bewerbende Produkt komponiertes Lied) ist ein vollständiges, teilweise im Hintergrund lau‐ 38 2 Radio und Rundfunkwerbung gestern und heute 24 So bedeutet steigende Melodie etwas Positives wie Freude, Tempowechsel deutet einen Szenenwechsel an, ein unharmonischer Klang ein nahendes Unglück. 25 In diesem Zusammenhang spricht man auch von „Audio Branding“ (Käppler, 2012). 26 In Bezug auf musikalische Parameter werden i. d. R. neben den Instrumenten und Mu‐ sikstücken / Musikgenres vor allem Lautstärke, Tempo, Tongeschlecht (Dur / Moll), Tonart etc. beschrieben. fendes Musikstück. Die Übernahme des Originals kann auch in abgewandelter Form als Soundalike (mit minimalen Änderungen) oder Kontrafaktur vor‐ kommen, wenn die Melodie beibehalten wird, jedoch mit einem auf das zu be‐ werbende Produkt zugeschnittenen neuen Text verbunden ist. Der Klangteppich (meist rein instrumental) ist eine Art akustische Klang- oder Geräuschkulisse, um die zu vermittelnde Stimmung zu unterstreichen. Hofmann (2010, S. 164) beschreibt weiter den Werbemelolog, eine Kombination aus Musik und gespro‐ chenem Text. Werbemelologe können je nach den jeweiligen Anteilen in hypo‐ taktische (Textpriorität), parataktische (Gleichverteilung) und hypertaktische (Musikpriorität) unterteilt werden. Ein fester Markensong, Jingle oder Slogan gelten seit Beginn der Rundfunk‐ werbung als Mittel zur Vermarktung von Produkten, um zunächst die Wahr‐ nehmung des Produkts zu ermöglichen und schließlich einen Wiedererken‐ nungswert zu erzielen, mit dessen Hilfe die Erinnerung ermöglicht und eine Markenbindung erzeugt wird. Dabei spielen zwei Faktoren eine große Rolle: das Evozieren von Emotionen und das Anliegen, so etwas wie eine musikalische Kongruenz herzustellen, d. h. Wert darauf zu legen, dass die Musik zum Produkt bzw. zu der Produktklasse, zur Werbebotschaft und zur potenziellen Verbrau‐ chergruppe „passt“ (Schramm & Spangardt, 2016, S. 437-438). So wird man Ju‐ gendliche eher mit Popmusik als mit klassischer Musik ansprechen können. Musikalische Elemente können auch die verbale Nachricht unterstützen und sozusagen paraverbale Kriterien begleiten oder ersetzen. 24 Die akustische Mar‐ kenführung 25 bedient sich aller Klangbestandteile, die neben den Musikinstru‐ menten auch die Sprecherstimme(n) miteinschließt. Was die Form und Elemente der Werbemusik betrifft, so ist generell neben der Anwesenheit und der Abwesenheit von musikalischen Elementen zu un‐ terscheiden. Weiter kann Musik unterschiedlich umgesetzt werden, z. B. ge‐ sungen, gepfiffen, gesummt, mit Instrument gespielt. 26 Es gibt ausgiebige For‐ schungen über die Wirkung auf die Erinnerung und Einstellung gegenüber dem Produkt, über den Einsatz von Stille, über die Kombination der Elemente Musik vs. gesungener und gesprochener Sprache, über die Wirkung unterschiedlicher musikalischer Stilrichtungen etc. Eine Vertiefung würde hier zu weit führen und 39 2.3 Radiorhetorik und Radiowerbung 27 Hierbei gehe es um „alle hörbaren Ereignisse, also neben der Musik auch um Geräusche, Sprache, Klangfarben, Sounds und nicht zuletzt auch um das Zusammenwirken dieser unterschiedlichen Ebenen“ (Käppler, 2012, S. 21). es sei auf einen Forschungsüberblick von Schramm und Spangardt (2016) ver‐ wiesen. Heute ermöglichen die technischen Entwicklungen Klangwirkungen, die sogar die Zeitwahrnehmung oder das Raumempfinden beeinflussen können; mit Hilfe von Wellenfeldsynthese-Systemen kann man beispielsweise auch das Temperaturempfinden modifizieren. Für die Werbung eröffnen sich hierdurch neue Sphären und Möglichkeiten, man denke nur an die Wechselwirkung der auditiven Komponente 27 mit Geruch oder Geschmack bei Hygiene- oder Ge‐ nussprodukten, wenn so etwas wie ein „Klanggedächtnis“ aufgebaut wird. Welche Bedeutung das gerade im Event-Bereich oder auch im Kontext von Konzerten, Ausstellungen und Museen haben kann, lässt sich nur erahnen. Auch wenn hier Geräusche als auditiver Bestandteil von Hörfunkwerbung nicht näher ausgeführt werden, darf man deren Werbewirkungspotential nicht vergessen. Ob einzeln oder in Kombination, Geräusche können Appellfunkti‐ onen erfüllen und sogar zum Markenzeichen werden (z. B. das „Plop“ des Fla‐ schenverschlusses in der Werbung der Flensburger Bierbrauerei). Trotz ihres beachtlichen klanglich-materiellen Reichtums werden Geräusche wenig bewusst wahrgenommen, sondern unterschwellig und automatisiert. […] Sie weisen auf Orte, Sachverhalte etc. hin, erzeugen und ersetzen (mentale) Bilder, lenken Auf‐ merksamkeit, dramatisieren Handlungen, illustrieren Produktqualitäten und struk‐ turieren den Text. (Stöckl, 2012, S. 243) 2.3.2 Die Sprechstimme als Werbemittel Der Sprechstimme im Hörfunk kommt eine besondere Bedeutung zu, bedenkt man, dass der Transport des Inhalts ausschließlich über den auditiven Kommu‐ nikationskanal erfolgt und nicht, wie z. B. beim Fernsehen, auch über den visu‐ ellen Kanal. Sie erscheint also isoliert vom Körper und allen damit verbundenen nonverbalen Phänomenen; das sonst Visuelle, Bildliche wird in der Hörfunk‐ sprache durch andere Mittel, in erster Linie durch prosodische ersetzt. Was also das Sprechen im Hörfunk auszeichnet und zugleich voraussetzt, ist das „Krite‐ rium der unmittelbaren Hörverständlichkeit“ (Dorn, 2004, S. 153); man kann nicht zweimal hören oder bei Nichtverstehen bzw. Zweifeln nachfragen. Au‐ ßerdem hat das Gesprochene (das zumeist eine schriftliche Vorlage hat und 40 2 Radio und Rundfunkwerbung gestern und heute 28 Siehe Koch & Oesterreicher (1985). 29 „Der Hörfunksprecher ist gefordert, alles, was über den Äther gesendet wird, als im‐ pliziten Dialog zu gestalten, und zwar so, als hätte er einen bestimmten Hörer als in‐ direkten Ansprechpartner vor sich“ (Kaunzner, 2008, S. 77). somit zwar ein medial mündlicher, aber konzeptionell schriftlicher Text ist 28 ) i. d. R. den Anspruch, wie spontanes Sprechen zu wirken; das muss von den Sprechern mit einer entsprechenden „Ansprechhaltung“ erfüllt werden, indem den Zuhörern das Gefühl vermittelt wird, als direkte Gesprächspartner zu fun‐ gieren. 29 Die erwähnte Ansprechhaltung ist eng mit dem gesprächslinguistischen Ter‐ minus „Adressierungsform“ verbunden. Janja Polajnar Lenarčič (2012) be‐ schreibt anhand von TV -Werbespots das Zusammenspiel unterschiedlicher Kommunikationskreise in der Mehrfachadressierung. Mehrfachadressierung kann zum einen vorliegen, wenn spotimmanent zwischen den Akteuren (und ggf. dem Off-Sprecher) ein Stellvertretungsgespräch vorgespielt wird, das sich aber natürlich nicht nur an die explizit angesprochenen Akteure oder den Off-Sprecher (Scheinadressaten), sondern auch an die Rezipienten im primären Kom‐ munikationskreis richtet (inszenierte Mehrfachadressierung). Zum anderen kann Mehrfachadressierung auch meinen, dass mit einem Werbespot (durch ein Stellver‐ tretungsgespräch oder explizit) versucht wird, quantitativ mehrere und qualitativ un‐ terschiedliche Zielgruppen anzusprechen […]. (Polajnar Lenarčič, 2012, S. 146) Je nach Adressierungsform wird sich die Ansprechhaltung in der Stimme und Sprechweise entsprechend anders gestalten: In der expliziten Adressierung werden eher standardsprachliche Lautung und schriftsprachliche Formen ver‐ wendet, im Stellvertretungsgespräch (dem Gespräche der spotimmanenten Szenen) tendenziell eher eine gemäßigte Lautung und umgangssprachliche Aus‐ drucksweise. Zudem ist zu bedenken, dass die eigene Stimme Teil des eigenen Selbst ist und man sich selbst nur hören kann, indem man spricht; dann aber hört man sich ohne Distanz zu sich selbst, in einem Sprechereignis, das erst mit einem Gesprächspartner zum Gespräch wird. Eine Aufnahme der eigenen Stimme ent‐ zieht sich der Situation und reflektiert wiederum nur Teile der komplexen Kom‐ munikationssituation. Fremd bleibt mir […], wie ein Anderer mich hört. Über Stimme lässt sich nur reden und reflektieren, wenn sie nicht isoliert betrachtet wird und das Hören eingebunden wird. […] Hören ereignet sich als Antwort auf einen Anspruch, der vom Anderen ausgeht, das auch das eigene Andere sein kann. (Westphal, 2017, S. 152) 41 2.3 Radiorhetorik und Radiowerbung Die spezielle Kommunikationssituation im Hörfunk kann weiter wie folgt be‐ schrieben werden: Es handelt sich um eine Einweg-Kommunikation ohne di‐ rektes Feedback und der anscheinende Monolog ist eigentlich ein impliziter Dialog mit bestimmten Rollenerwartungen; die Sprechsituation vor dem Mikrofon wird durch das Tonstudio bestimmt, wobei entweder live gesendet oder (im Fall von HF -Werbung) ein schriftlich fixierter Text gelesen, aufgezeichnet und an‐ schließend gesendet wird. In der wissenschaftlichen Diskussion im Rahmen der Medienrhetorik be‐ kommt der Genre-Sprechstil im Radio laut Ines Bose (2016, S. 166) einen eigenen Namen: „Für die sprechwissenschaftlichen Forschungen von ‚Radio-Ästhetik und Radio-Identität‘ wird ein empirisch nutzbarer Begriff von ‚Radiostimme‘ verwendet“; im Zusammenhang hiermit gibt es zahlreiche Formatvorschriften, Styleguides und heute nicht zuletzt auch technische Programme, um Stimmen an die von ihnen erwarteten Profile für die jeweiligen Sender und Sendungen anzupassen. Typisch für das Kommunikationsprofil einer Gesprächssituation im Werbe‐ funk ist, dass drei Ebenen aufeinandertreffen: die Auftraggeber, die Werbepro‐ duzenten bzw. Werbetechniker und die Sprecher. Die Zuhörer haben nur eine vage Vorstellung von ihrem Kommunikationspartner, da dieser verborgen bleibt, wobei ihnen die Intention der Situation aber klar ist: Im Genre Werbung überwiegt das Kommunikationsziel der Persuasion, wenn auch in fast jeder Werbesendung informative und unterhaltende Momente vorkommen. Was Bose (2016, S. 166) über die Stimme von Moderatoren sagt, kann man mit Sicherheit auch auf die Produktwerbung übertragen: „Aus Sicht der Sender soll ein Moderator für eine Welle stehen und mit Sprach- und Sprechstil den Nerv eines angezielten Publikums treffen können.“ Eine Stimme steht für das Produkt, das sie bewirbt und muss für die potenziellen Verbraucher attraktiv sein, damit sie die Werbenachricht übermitteln kann. Hierbei kommen zahlreiche Kriterien zum Tragen; sie rufen bei Radiohörern einen Gesamteindruck über die Sprecherpersönlichkeit hervor, auf‐ grund dessen sie sehr schnell z. B. auf Herkunft, Alter und Aussehen des Sprechers oder auf seine aktuelle Stimmung schließen, und zwar vor einem situativen, histori‐ schen und kulturellen Horizont von Traditionen, Praktiken, Medien, Kultur- und Kunstformen. (Bose, 2016, S. 165) Physiologisch trägt die Stimme die genannten Informationen mit sich und wird daher auch als „akustischer Personalausweis“ bezeichnet (Schrödl, 2009, S. 170); sie gibt in der Regel Auskunft über das Geschlecht, über das Lebensalter, über die Gemütsverfassung und emotionale Stimmung. Auch ästhetische Qualitäten, 42 2 Radio und Rundfunkwerbung gestern und heute 30 Theodor Siebs, dessen erste Ausgabe der Bühnenaussprache 1898 erschienen war, hat 1931 auch eine Anleitung für die „Rundfunkaussprache“ verfasst, die die „Reichsrund‐ funkgesellschaft“ in Auftrag gegeben hatte, und damit einen wesentlichen Beitrag zu einem überregionalen Standard gesprochener Sprache geliefert („Siebs, Theodor”, http s: / / kulturportal-west-ost.eu, 30. 6. 2021). 31 Eine ähnliche, wenn auch nicht in allen Aspekten gleiche Situation haben wir heute bei Online-Seminaren und Webinars. Das Kameraauge steht für die Blicke des Publikums; nur der Blick der Sprecherin / des Sprechers in die Linse wird dem Publikum den Ein‐ druck geben, angesehen zu werden. Wenn der Blickkontaktpunkt nicht deckungsgleich ist mit der Position der Augen im Bild der Gesprächspartner auf dem Bildschirm, kann sich das negativ auf die Natürlichkeit (auch der Sprechweise) auswirken. die mit Sympathie oder Antipathie einhergehen, werden über die Stimme trans‐ portiert und hängen von den Faktoren Stimmlage, Resonanz, Timbre etc. ab. Weiter verraten Sprechweise und Sprechstil die regionale Herkunft und ent‐ hüllen soziologische und psychologische Informationen. Aufgrund der speziellen Kommunikationssituation im Hörfunk werden seit Beginn des Mediums Kriterien aufgestellt, wie Hörfunksprecher sich am Mikrofon zu verhalten haben, um sinnvermittelnd zu sprechen und mit Verständ‐ lichkeit und Attraktivität eine Hörerwirkung zu erzielen. So muss eine Radio‐ stimme in einem Werbespot in der Lage sein, in den Hörern Assoziationen her‐ vorzurufen und Wünsche zu wecken, sie einzuladen, sich mit ihr und der sie verkörpernden Person zu identifizieren. Schon in den 1930er Jahren soll es An‐ weisungen für das Sprechen am Mikrofon gegeben haben (das sogenannte „Mikrophonieren“). Auch die ersten Ausgaben des Aussprachewörterbuchs von Theodor Siebs, das sich bekanntlich an der Bühnensprache orientierte, er‐ schienen in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. 30 Aus- und Weiterbildungsangebote für das Sprechen im Hörfunk beinhalten heute neben Richtlinien zum „Schreiben fürs Hören“ (Geißner & Wachtel, 2003; Wachtel, 2013) spezifische Trainings für sinnvermittelndes Vorlesen, freies Formulieren etc. Dabei kommt sprecherzieherischen Maßnahmen in Bezug auf Stimmbildung und Aussprache besondere Bedeutung zu: Atemtechnik, Stimm‐ sitz (Bruststimme, Indifferenzlage), Artikulationsschärfe, Melodieführung und Pausensetzung etc. Was das Sprechen am Mikrofon besonders herausfordert, ist das Einnehmen der bereits erwähnten Ansprechhaltung; die virtuellen Ge‐ sprächspartner vor dem inneren Auge behaltend, versucht man den Eindruck zu vermitteln, in einen Dialog einzutreten. 31 Fehlen diese Ansprechhaltung und die damit verbundenen Verständlichkeitskriterien, haben Sprecherin und Spre‐ cher keinen Erfolg und verlieren ihr Publikum, das sich durch einfaches Betä‐ tigen des Abschaltknopfes oder durch Umschalten auf einen anderen Sender verabschiedet. 43 2.3 Radiorhetorik und Radiowerbung 32 Einen Forschungsüberblick gibt Redecker (2008, S. 30-38). Der Sprechstil im Hörfunk soll für die Hörer attraktiv und verständlich sein, außerdem alltagsnah. Das gilt auch für die Hörfunkwerbung, die außerdem überzeugen will (vgl. Gutenberg, 2005). So hängt die Rhetorizität der Stimme von einer Reihe an Faktoren ab. Phonetische Parameter im Hinblick auf Ver‐ ständlichkeit und Überzeugungskraft sind neben der Artikulationsschärfe eine Reihe prosodischer Phänomene (Sprechgeschwindigkeit, Sprechstimmlage bzw. Grundfrequenz, Lautstärke, Stimmfülle, Klangfarbe, Akzentuierung, Rhythmik und Pausierung). Was speziell die Persuasionswirkung der Sprechstimme betrifft, so findet man, basierend auf Forschungen der letzten Jahrzehnte, eine Reihe an zum Teil widersprüchlichen Aussagen, beispielsweise in Bezug auf die Sprechgeschwin‐ digkeit. 32 Über das Zusammenwirken von Persuasion und Prosodie hat Beate Redecker für den deutschsprachigen Raum einen wichtigen Forschungsbeitrag geleistet und diverse sprecherische Ausdrucksformen diskutiert. In ihrer Un‐ tersuchung zur Perzeption prosodischer Stimuli in der Werbung hat sie u. a. die ideale Sprechweise bei Männerstimmen in Bezug auf die Persuasion beschrieben und kommt zu der Erkenntnis, dass diese „[… ] sich durch eine ruhige Sprech‐ weise, durch eine tiefe und sonore Bassstimme, durch eine hohe Stimmhaftigkeit ohne Hauch und Knarren und durch dezente Melodiebewegungen aus‐ zeichnet […]” (Redecker, 2008, S. 157). Die Ergebnisse der Untersuchung bei Hörfunk-Werbespots (Kap. 5) können die von ihr genannten stimmlich-spre‐ cherischen Eigenschaften in diesem Punkt bestätigen. 2.3.3 Formate der Radiowerbung des 20. Jahrhunderts Wie haben sich Werbeprofile (Sendeform und -dauer) im 20. Jahrhundert ver‐ ändert? Während Werbung in den 1920er und zu Beginn der 1930er Jahre in erster Linie in Form von kurzen Sendungen (Werbevorträgen oder -konzerten) übertragen worden war, kam es 1935 zur gänzlichen Einstellung der Rundfunk‐ werbung. Diese wurde in Westdeutschland erst 1948 wieder aufgenommen, und zwar zu festen Zeitfenstern und in eigenen Werbesendungen, die sich allerdings geringer Beliebtheit erfreuten: „Die Hörer aber blieben reserviert: 1951 schal‐ teten 10 Prozent den Werbefunk ab, 1953 schon 20 Prozent“ (Krug, 2010, S. 92). Die Form der kompakten Werbesendungen blieb bis in die 1960er Jahre erhalten, bis sie von der sogenannten Streuwerbung abgelöst wurde, die kurze Werbe‐ spots über den Tag verteilte und damit mehr Hörer erreichte. 44 2 Radio und Rundfunkwerbung gestern und heute 33 In den Privatsendern in den USA war das schon längst der Fall. Ab den 1970er Jahren schließlich wurden die neuen Service- und Popsender mehr oder weniger durch Werbung finanziert. 33 Diese regionalen Servicewellen gaben dem Hörfunk ein neues Profil, die Werbespots gliederten sich besser in die Sendungen ein, bekamen ein „Alltags-Profil“ und einen umgangssprachli‐ chen Ton. Vor allem in den Privatsendern der 1980er Jahre wurde das zum Er‐ kennungszeichen. Werbung will jetzt die Hörer abholen, will sie direkt anspre‐ chen; das geht am besten, wenn sie sich nahtlos ins Programm einfügt und wenn die Sprache des Publikums verwendet wird. Werbesendungen im Hörfunk sind bis auf wenige Ausnahmen bis heute Teil des nichtregionalen Programmbereichs, werden i. d. R. überregional produzieren und vermarktet. Wenn auch die übliche Dauer der klassischen Hörfunkspots von 20 bis 30 Sekunden beibehalten wurde, findet man jetzt innovativere Spot-Pro‐ file. Krug (2010) skizziert die aktuelle Werbelandschaft im Hörfunk wie folgt: Die normale Werbeform ist der 20bis 30-sekündige, alleinstehende „klassische Spot“. Daneben ist der „Tandemspot“ aus zwei - durch eine andere Werbung unterbro‐ chenen - Spots populär. Der erste ist der „Hauptspot“, der durch einen „Reminder“ ergänzt wird. Dazu gibt es zweiteilige „Contentspots“; hier wird ein redaktioneller Teil von zwei Werbebotschaften umrahmt. Populär wird in der Werbung zunehmend der „Mediamix“: Werbekampagnen werden hier auf verschiedene Medien wie Zeitung, Radio, Fernsehen oder Internet verteilt […] Der Radioanteil am Werbekuchen liegt bei unter zehn Prozent. (Krug, 2010, S. 94) 2.4 Persuasionsstrategien in der Hörfunkwerbung Bei jedem zu bewerbendem Produkt wird die Frage aufgeworfen, wie die Kunden angesprochen werden sollen, um ihre Aufmerksamkeit zu erlangen, um sie zu überzeugen, um sie zu binden. Dieser persuasive Akt legt die Frage nach rhetorischen Kategorien nahe, die auf eine lange Tradition zurückblicken. Spang (1987, S. 63) definiert Werbung vom informationswissenschaftlichen Stand‐ punkt als „eine persuasive Information, die zum Erwerb einer Ware oder einer Dienstleistung verleiten soll“ und grenzt die informative Persuasion in der Wer‐ bung von der Propaganda ab. Die eingesetzen persuasiven Strategien im Fall von akustischer Werbung (Hörfunkwerbung) bieten ein breites Spektrum an Analysekriterien an, so auch Argumentationsstrukturen und -figuren, die Themenwahl (lexikalische Beson‐ derheiten, außersprachliche Merkmale und Musikeinsatz) und stimmlich-spre‐ 45 2.4 Persuasionsstrategien in der Hörfunkwerbung 34 Siehe die Ausführungen von Kurt Spang (1987) oder in jüngerer Zeit die von Dominic Schüler (2012), der die Theorien von Aristoteles und Cicero im Rahmen von schriftli‐ chen Werbeanzeigen aufzeigt. cherische (paraverbale) Mittel. In ihrer Summe machen diverse Elemente das Alleinstellungsmerkmal aus und kommunizieren damit den jeweiligen USP (unique selling proposition). Man könnte die Werbespots im Hörfunk ebenso in einem semantischen An‐ satz nach Bühlers drei Funktionen der Sprache untersuchen: der Ausdrucks‐ funktion (Sprecher: Was wird über die Stimme und Sprechweise ausgesagt? ), der Darstellungsfunktion (Thema: Wie wird das Produkt präsentiert? ) und der Appellfunktion (Radiohörer, Konsument: Welche Emotionen und USP werden angesprochen? ) (Spang, 1987, S. 64-68; Sowinski, 1998, S. 23-29). Es ist die Form der Darstellung, die uns hier fragen lässt: Mit welchen Themen, Topoi, Personen (z. B. Testimonials) werden die Verbraucher in den unterschiedlichen Dekaden angesprochen, um auf das Produkt aufmerksam zu werden? Welchen Stellenwert haben harte Informationen (z. B. die chemische Zusammensetzung eines Waschmittels) im Gegensatz zu suggestiven Zusatz‐ nutzen (z. B. das Glück der Hausfrau, wenn ihr Mann sie lobt; ein typisches Bild aus den 1950er Jahren)? Mit welchen Szenen, Situationen und Emotionen wird an geheime Wünsche appelliert und der Kauf des Produkts ausgelöst? Ohne tiefer in die Werbepsychologie einzusteigen, werden diese Fragen im vierten Abschnitt in Bezug auf das hier im Mittelpunkt stehende Thema nach der Stimme als Zeitzeugin noch weiterverfolgt: Welche Themen und Wünsche sind für die untersuchten Jahrzehnte kennzeichnend? Welche gesellschaftlichen Normen liegen ihnen zugrunde? Wird das durch die Stimme und Sprechweise reflek‐ tiert? Wenn ja, wie? 2.4.1 Exkurs: Von der antiken Rhetorik zur Werberhetorik Die Lehrmeister der antiken Rhetorik haben bis heute an Aktualität nichts ein‐ gebüßt und man kann gerade im Zusammenhang mit der Werberhetorik interessante Parallelen aufzeigen. 34 Von den drei Grundfunktionen bzw. Zielen der Rede, docere (informieren, belehren), movere (überzeugen, bewegen) und delec‐ tare (unterhalten, erfreuen), ist in den meisten Hörfunk-Werbespots ein Mix zu finden, dessen Schwerpunkt auf movere liegt. Im Folgenden sollen die Aufgaben des Redners in Bezug auf die 5 Produkti‐ onsstadien der klassischen Rede mit denen von Hörfunk-Werbespots verglichen werden. Die eigentliche Struktur von Werbespots wird aus dem Blickwinkel antiker Dispositionsschemata (nach Aristoteles in 4 Schritten) beleuchtet. 46 2 Radio und Rundfunkwerbung gestern und heute 35 In der klassischen Rhetorik wird zwischen zwei Ordnungssystemen unterschieden: ordo naturalis (natürliche Abfolge) und ordo artificialis („künstliche“ Ordnung, z. B. ohne chronologischen Verlauf folgende). Werberhetorik bedeutet also für uns Rhetorik der Werbe sprache [sic! ] als persuasive Sprachmanipulation. Der Werbetexter wird hierzu den konventionellen Schritten der inventio, der dispositio und der elocutio folgen, wenngleich er sie anders benennt. Sogar die ist in der Tatsache der […] Fixierung der Druckvorlage der Anzeige oder in den Filmkonserven der Spots wiederzuerkennen; die actio oder pronuntiatio ist unschwer mit dem Ausdrucken oder der Sendung der Anzeige zu identifizieren; schließlich ist Werbung […] ein sermo absentis ad absentem, der von jeher eines Kommunikations‐ trägers bedurfte. (Spang, 1987, S. 71) Nach den Redelehren von Aristoteles und Cicero geht es dem Redner bei der inventio also zunächst um das Auffinden des Stoffes, der Argumente und Be‐ weise; bei der Werbung heute ist das die Aufgabe der Marktforscher. In der dispositio erfolgt die wirkungsvolle Anordnung und Gliederung des Stoffes, wie er sodann vorgetragen wird, nämlich in den Schritten exordium (Redeanfang), narratio (Erzählung bzw. Darlegung des Sachverhalts), argumentatio (Beweis‐ führung), peroratio (Redeschluss) - siehe Tab. 1. Steht die Gliederung, so folgt die elocutio, die sprachliche und stilistische Ausarbeitung (Meyer-Kalkus, 2008, S. 681; Schüler, 2012, S. 200). Selbst das antike Konzept des attentum parare (Aufmerksamkeitsweckung) und der captatio benevolentiae (dem Erhaschen des Wohlwollens) kann auf die Werbung allgemein und die Hörfunkwerbung im Speziellen übertragen werden, wenn es bei letzterer nämlich um das Auffinden eines „ear catcher“ geht, der die Aufmerksamkeit und das Interesse erwecken muss. Die 4 klassischen Redeschritte nach dem Ordnungssystems ordo naturalis  35 überträgt Schüler (2012, S. 201-204) auf Werbeanzeigen; in der tabellarischen Darstellung wird dies auf Hörfunk-Werbespots ausgeweitet. Struktur nach antiker Rhe‐ torik (ordo naturalis): Anzeigenwerbung Hörfunkwerbung Redebeginn, Anfang (exordium) Headline Aufhänger / Situation / Jingle (Vorspann) Erzählung, Darlegung des Sachverhalts (narratio) Bild / Produktreferenz Geschichte / Szene / Ansprache der Zielgruppe 47 2.4 Persuasionsstrategien in der Hörfunkwerbung 36 Die aus der amerikanischen Werbepsychologie stammende Verkaufsformel geht auf Elmo St. Lewis (1898) zurück und steht heute noch stellvertretend für Reiz-Reak‐ tions-Modelle, nach dem sich die Konsumenten stufenweise an die Entscheidung zum Kauf annähern. Daher werden diese Werbewirkungsmodelle auch als hierarchische Stufenmodelle bezeichnet (Hüsser, 2016, S. 250-251). 37 Wie sich eine typische Textstruktur für Werbetexte präsentiert, lässt sich nach Stöckl (2012, S. 255) auf 8 Teilhandlungen bzw. Schritte aufteilen: (1) Produkt / Marke nennen bzw. zeigen; (2) Produktbezogenes Alltagsproblem schildern; (3) Produkteigenschaften behaupten / beschreiben; (4) Herstellung / Technologie / Handhabung / Produktwir‐ kung / Effekte erklären; (5) Produkt positiv bewerten; (6) Produkt-/ Markenphilosophie oder -werte zusammenfassen; (7) Über Erhältlichkeit / Lieferumfang / Garantie / Recht‐ liches etc. informieren; (8) Rezipienten adressieren und zu Test / Kauf etc. auffordern. Struktur nach antiker Rhe‐ torik (ordo naturalis): Anzeigenwerbung Hörfunkwerbung Glaubhaftmachung (argumentatio) Text / Werbeaussage Erläuterung / Sprecher führt aus / Dialog Frage-Antwort (Produkteigenschaften) Redeschluss (peroratio) Slogan Slogan / Wiederholung, Bezug auf Einstieg / Jingle Tab. 1: Antikes Dispositionsschema nach Cicero im Kontext von Anzeigen- und Hör‐ funkwerbung Wenn die Struktur von Hörfunkspots auch sehr unterschiedlich sein kann, was das Verhältnis von Struktur und Inhalt betrifft, so sei in der dritten Spalte ein typischer Aufbau skizziert, der den genannten Schritten folgt. Dabei gibt es ge‐ wöhnlich einen Vorspann und eine szenische Handlung, um den räumlichen und zeitlichen Kontext abzustecken und um einen dramaturgischen Effekt zu erzielen. Das Ende des Werbespots, der sogenannte Abbinder (englisch claim) ist üblicherweise der Slogan und dient der Zusammenfassung und Aufforderung zum Kauf. Gliederungsschemata, wie die bekannte AIDA -Formel 36 (attention - interest - desire - action) und viele andere, auf deren Ausführung hier nicht eingegangen werden kann, sind ebenfalls in dem zitierten antiken Dispositi‐ onsschema wiederzuerkennen: Die Aufmerksamkeit wird geweckt, das Produkt beschrieben, der Wunsch zum Kauf geweckt und seine Erhältlichkeit oft in einem szenisch-dialogischen Passus erläutert, dem ein Off-Sprecher mit rele‐ vanten Botschaften den Auslöser zum Kauf gibt. Der Slogan beendet den Wer‐ bespot. 37 Die Persuasionsstrategien in der Werbung und die Konzeption der Argu‐ mentation können vielfältig sein und beispielsweise einem Schema folgen, z. B. 48 2 Radio und Rundfunkwerbung gestern und heute 38 Eine Redegliederung in fünf Schritten wurde schon in der Antike, beispielsweise durch Cicero, verfolgt und später für die persuasive Redewirkung von Erich Drach zum Fünf‐ satz ausgebaut. (Zu argumentativen Gliederungen und 5-Satz-Schemata siehe u. a. All‐ hoff & Allhoff, 2014, S. 87-99; Geißner, 1986, S. 55-58). Problem - Lösung, Frage - Antwort, Wunsch - Erfüllung. Was die Argumen‐ tationsstruktur, also die Reihenfolge der einzelnen Argumentationsschritte be‐ trifft, so greifen Werbetreibende auf gängige Gliederungen zurück, wie Beweis‐ führung und Zustimmung, Widerlegung und Widerspruch, Wertung und Kompromiss. Dabei sind je nach Argumentationsklasse eine, zwei oder mehrere Positionen (Argumente oder Denkschritte) involviert. 38 Nachdem persuasive Strukturen und argumentative Gliederungen ange‐ schnitten wurden, soll nun kurz auf inhaltlich-thematische Fragen der Argu‐ mentation und kommunikationspsychologische Erkenntnisse von Persuasion und Meinungswechsel eingegangen werden. Um wieder auf die antike Rhetorik zurückzugreifen, seien die drei „Säulen“ der Persuasion nach Aristoteles genannt, die wir auch in jüngeren Abhand‐ lungen über Argumentationsfiguren und -muster wiederfinden: ethos (die Über‐ zeugung, die von der Person ausgeht, ihrer Glaubwürdigkeit und ihrem Cha‐ rakter), logos (die Überzeugung durch rationale Argumentation), pathos (der Appell durch Emotionen). In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg wurden vor allem in den USA zahlreiche Experimente und Forschungsprogramme durchgeführt, bei denen es um Glaubwürdigkeit, Meinungs- und Einstellungswechsel ging. Das Yale Pro‐ gram of Research on Communication and Attitude Change und die Versuche des Psychologen Carl Hovland werden bis heute viel zitiert und haben die Werbe‐ branche beispielsweise im Hinblick auf folgende Themen stark beeinflusst: Einstellungsänderung und Vertrauenswürdigkeit von Quellen (high credibility source vs. low credibility source), Langzeitwirkung von Meinungsänderung, Assimilationseffekt und Distanz (Position), Meinungsbildung und Position bzw. Kenntnisstand des Publikums, Meinungsänderung und die Rangfolge von Ar‐ gumenten (primacy effect und recency effect), Mittel der Glaubwürdigkeitsstär‐ kung (Zitate, Augenzeugenberichte …), Beeinflussbarkeit und Persönlichkeits‐ merkmale, Meinungswechsel und Gruppenzugehörigkeit, counternorm communication und Gruppennormen … Die so gewonnenen Erkenntnisse schlagen sich in unterschiedlichen Argu‐ mentationsfiguren nieder, bei welchen man generell, und damit auch in der Hörfunkwerbung, zwischen kognitiven und affektiven Überzeugungsmitteln 49 2.4 Persuasionsstrategien in der Hörfunkwerbung 39 Siehe Teigeler (1968, S. 102-105), adaptiert bzw. erweitert von Allhoff & Allhoff (2014, S. 146-141). 40 Die Gefahr von Flucht- und Bumerang-Reaktionen bei der Erzeugung von Angstge‐ fühlen wurde bei den Experimenten der Forschergruppe um Carl Hovland erkannt und wirkte sich stark auf die Werbeindustrie aus ( Jäckel, 2011). unterscheiden muss; in der Werbung fällt die Relation i. d. R. zugunsten der af‐ fektiven Mittel aus. Die Haupttypen der Argumentation in der Werbung, zurückgehend auf eine Studie über die deutsche Anzeigen-Werbung und ihre spezifischen Wirkungs‐ grade von Otto Walter Haseloff (1966), können in fünf Gruppen unterteilt werden: faktische (oder rationale) Argumentation, Plausibilitäts-Argumenta‐ tion, emotionale Argumentation, moralische Argumentation und taktische Ar‐ gumentation. 39 Die an das aristotelische logos anknüpfende faktische Argumen‐ tation führt Zahlen, Fakten, Gesetze, statistische Beweistests, Zeugenaussagen etc. an, um die Qualität des angepriesenen Produkts zu bezeugen. Auch der Rückgriff und das Argumentieren mit plausiblen Behauptungen und Selbst‐ verständlichem kann dieser Gruppe (logos) zugerechnet werden, wenn die Mei‐ nung der Mehrheit, allgemeine Erfahrungen usw. die Konsumenten bei der Kaufentscheidung unterstützen. Der emotionale Appell des pathos spiegelt sich in der emotionalen Argumentation wider und arbeitet mit Gefühlen wie Freude und Angst 40 , Schuld und dem Erzeugen von Stimmungen. Der dritten aristote‐ lischen Säule, dem ethos, ist die moralische Argumentation zuzuweisen, wenn beispielsweise höhere Werte, bekannte Persönlichkeiten oder auch die Prämisse der moralisch-ethischen Angemessenheit von Entscheidungen oder Behaup‐ tungen hervorgehoben werden. Schließlich werden Argumentationstechniken wie Vorwegnahme von Gegenargumenten, Scheinzustimmungen, Bedrohung und persönlicher Angriff etc. der Gruppe der taktischen Argumentationsfiguren zugerechnet (vgl. Dillard & Miraldi, 2008). Die im Anhang abgedruckten Transkriptionen sämtlicher hier verwendeter Hörfunk-Werbespots mögen dazu einladen, die hier beschriebenen Persuasi‐ onsstrategien und Überzeugungsmittel nachzuvollziehen. 50 2 Radio und Rundfunkwerbung gestern und heute 1 Der Ausdruck des gesprochenen Wortes, die Manifestation in der Stimme, hat bedeu‐ tende Wissenschaftler und Gelehrte beschäftigt; in diesem Zusammenhang soll Wil‐ helm von Humboldt erwähnt werden, der im frühen 19. Jahrhundert im Rahmen seiner Betrachtungen von Sprache die Bedeutung des Tons und der Stimme im Verhältnis zur Schrift analysiert: „Die Individualität der Wörter, in deren jedem immer noch etwas andres, als bloss seine logische Definition liegt, ist insofern an den Ton geheftet, als durch diesen unmittelbar in der Seele die ihnen eigenthümliche Wirkung geweckt wird. Ein Zeichen, das den Begriff aufsucht, und den Ton vernachlässigt, kann sie mithin nur unvollkommen ausdrücken“ (Humboldt, 1906, S. 112). 3 Stimme und Sprechstil als Vertreter ihrer Zeit Die Idealvorstellung vom Sprechen ändert sich und unterliegt Moden und Trends, Vorlieben und gesellschaftlichen Ansprüchen. „Sprechstil bedeutet auch die Sprechmode einer Generation oder Epoche; Sprechstile verändern sich im Laufe eines Lebens, aber auch im Laufe der Geschichte“ (Eckstein, 2009, S. 4). Was vor 100 Jahren als Modell galt, ist es heute nicht mehr. Gibt es folglich so etwas wie eine „Medien-Stimme“, eine „Radio-Stimme“? Was sagt die Stimme im Radio über ihre Zeit aus? Ein historischer Exkurs mit einem Abriss zu diversen Vortragsformaten soll im Folgenden den Hintergrund für die Stimm- und Sprechtraditionen im Hör‐ funk erleuchten. Der Idealvorstellung der Frauenstimme wird sodann besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Neben der ästhetischen Dimension der Stimme und Sprechweise wird schließlich auch nach Normen und Moden der Aussprache gefragt, die die unterschiedlichen Zeiträume jeweils charakterisieren. 3.1 Vortragsformate und Sprechkunst Abhandlungen über die Sinne generell, über Stimme, Ton und Gehör im Spezi‐ ellen, gehen weit zurück; in seiner Geschichte der Stimme beginnt Karl-Heinz Göttert (1998) bei seinen Ausführungen über die Funktion der Stimme in der europäischen Kulturgeschichte bei der Antike und skizziert ihre Position im Theater, im Gericht, in der Liturgie und politischen Propaganda über 2000 Jahre. 1 Sowohl im Alltag als auch in diversen Berufssparten lassen sich Moden von Stimme und Sprechweise und unterschiedliche Gattungen und Formen der Vortragskunst unterscheiden, wie das Deklamieren, Rezitieren, Zitieren, Vor‐ lesen bis hin zum Singen oder dem Sprechgesang. 2 Georg W. F. Hegel, Immanuel Kant, Gotthold Ephraim Lessing, Friedrich Schiller, Jo‐ hann Wolfgang von Goethe, Friedrich Gottlieb Klopstock, Johann Gottfried Herder, Renatus Gotthilf Löbel und viele andere bedeutende Dichter und auch Theaterkritiker und Philosophen befassten sich mit dem Thema des Stimmgebrauchs und Dramaturgie. Zur Vertiefung sei auch hier auf die Ausführungen in Göttert (1998) und Meyer-Kalkus (2001und 2019) verwiesen. Vortragsformate (wie Dichterlesung, Virtuosenvortrag, Dramenvorlesung, episches Vorlesen, humoristische Abende, schulische Rezitation, Rundfunklesung, Sprechchor und Poetry-Slam) sind komplexe Typen mündlicher Darbietung, die aufgrund ihrer relativ konstanten und wiederholbaren Elemente einen Erwartungsrahmen für Ak‐ teure und Zuhörer bilden, auch wenn sie geschichtlichen Veränderungen unterliegen. (Meyer-Kalkus, 2019, S. 8) Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts galt die antike Rhetorik als Vorbild, auch im Hinblick auf den Gebrauch der Stimme, die für die rhetorischen Ziele eingesetzt wurde und das Publikum bewegen sollte. Die folgenden zwei Jahrhunderte kann man schließlich nach Meyer-Kalkus (2019, S. 22-24) in fünf Etappen stilbildender Schulen der Vortragskunst unterteilen, die an den unterschiedlichen Vortragsformaten festzumachen sind: (1) Die Zeit der Sprechkunstbewegung und eine mediengeschichtliche Veränderung dank der „Buch-Revolution“ ab 1800; (2) zeitgleich die Deklamationsveranstaltungen als parallele Programme zum Theater; (3) um 1900 die privaten Dichterlesungen mit Abkehr vom The‐ atralischen; (4) seit den 1920er Jahren die Vortragskunst vor dem Mikrofon in den Medien, v. a. dem Rundfunk; (5) ab den 1980er Jahren (seit der Verbreitung mobiler Geräte) neue Formate wie Hörbücher, Live-Veranstaltungen etc. Einige markante Vertreter und Einschnitte seien im Folgenden erwähnt. Die Diskussionen um die Ästhetik der Sprechkultur in der zweiten Hälfte des 18. und im 19. Jahrhundert betrafen sowohl das Theater als auch die Redner‐ bühne. Was sich im ausklingenden 18. Jahrhundert hauptsächlich zu ändern be‐ gann, war, dass nun das laute Deklamieren, bei dem die Stimme jeder Natür‐ lichkeit entbehrte, in Frage gestellt wurde. Diese Form des Sprechens war oft nur Geschrei gewesen, von gekünstelter Gestik begleitet. Man wandte sich jetzt einem Sprechstil zu, der sich im Theater als Ausdruck des Dichters verstand. Es ging um Sprechkunst, die mehr Natürlichkeit und Lebensnähe verkörpern sollte, und die sich von der Rhetorik als purem Mittel zur Überredung abzuwenden suchte. Es entstanden rege Diskussionen über die Techniken des Vortrags im Theater, über die Unterscheidung des Rezitierens vom Deklamieren, über den Gebrauch der Stimme beim Sprechen und Singen. 2 Der Österreicher und an bedeutenden deutschen Bühnen tätige Schauspieler Joseph Kainz (1858-1910) war wohl eine der Schlüsselfiguren für das Theater, 52 3 Stimme und Sprechstil als Vertreter ihrer Zeit 3 Jüngere Arbeiten schließen nicht aus, dass auch der Werbefunk bis in die 1970er Jahre unter dem Einfluss seiner Postulate stand, die man als „äußerst gespannte, überdeutlich artikulierte, rhythmische, getragene, schnarrende und emotional-dramatische Darbie‐ tung“ beschreiben kann (Falk, 2019, S. 56). dem eine absolut gekünstelte Vortragsstimme zu eigen war, so dass Meyer-Kalkus (2001, S. 251-263) ihn als „Sprechsänger“ bezeichnet. Generationen von Schauspielern folgten seinem Vorbild des emphatisch-hysterischen Sprechstils, der extreme Tonhöhenbewegungen und gedehnte Akzentsetzungen aufwies, sodass sein Stil gern als „singend“ beschrieben wurde bzw. wird. Weiter ist Hermann Kolb zu nennen, der vormalige Rundfunkintendant während des Nationalsozialismus und großer Bewunderer von Joseph Kainz. Er formulierte für das Hörspiel Richtlinien und Grundsätze, die auf einen Sprechausdruck zielten, der die Einbildungskräfte stärken und die Öffnung von einem „inneren Vorstellungsraum“ schaffen sollte (Meyer-Kalkus, 2001, S. 370). 3 Dem Schauspieler stellte sich die Figur des Redners gegenüber, dem Dekla‐ mieren das Rezitieren, wobei eine Reihe an Dichtern und Schriftstellern unbe‐ dingt zu nennen sind, denn sie haben einen entscheidenden Beitrag für den aufkommenden neuen Sprech- und Rezitationsstil geleistet, der bis in die Nach‐ kriegszeit den Rede- und Vortragstypus prägte: Ludwig Tieck, Wilhelm Jordan und Emil Palleske. Letzterer sei es laut Göttert (1998, S. 394) gewesen, der bei der Frage der Anwendung der Sprechkunst im Leben […] ausdrücklich auf Politik, Wissenschaft und Kirche“ verwiesen habe, also den Blick auf weitere Vortragssitua‐ tionen lenkte, weg von der Bühne. Für Palleske war „übermäßige Lautheit […] ein Greuel, weil dann die Schönheit leide, die nur bei mittlerer Stimmmlage und mäßiger Anstrengung zustandekomme. (ebd.) Die regen Diskussionen um Sprechstil, Rezitationsformen und Vortragskunst begünstigten in Deutschland die Entwicklung einer neuen wissenschaftlichen Disziplin. Um 1900 wurden an verschiedenen deutschen Universitäten die ersten Lektorate für Sprecherziehung eingerichtet, aus denen sich die späteren Insti‐ tute herausbildeten. In diesen Lektoraten wurde „Vortragskunst, Stimmbil‐ dung, Redekunst usw. auf wissenschaftlicher Grundlage kontinuierlich prak‐ tisch gelehrt“ (Pabst-Weinschenk, 2004, S. 254). Die Entwicklung der Disziplin zur eigenen Wissenschaft folgte dem Dreischritt in der Fachbezeichnung Sprecherziehung, Sprechkunde und Sprechwissenschaft; Papst-Weinschenk spricht von „Lebensaltern“ (2004, S. 254). Das Standardwerk des Begründers Erich Drach, Sprecherziehung. Die Pflege des gesprochenen Wortes in der Schule (1922) gilt bis heute als Pflichtlektüre des Studiums der Sprechwissenschaft und Sprecherziehung. 53 3.1 Vortragsformate und Sprechkunst 4 Kleinschreibung im Original. 5 Stimmliche Ausdrucksgestaltung im Dienste der Kirche: ein Werkbuch für die Wiederauf‐ bauarbeit (Schweinsberg, 1946), Deutsche Sprechkunde und Sprecherziehung (Winkler, 1954), Das Sprechlexikon: Lehrbuch der Sprechkunde und Sprecherziehung (Weller, 1957). Für eine ausführliche geschichtliche Abhandlung des Faches sei auf Ross (1994) ver‐ wiesen. 6 Die Studien- und Prüfungsordnung der Deutschen Gesellschaft für Sprechwissenschaft und Sprecherziehung (DGSS) ist online abrufbar: https: / / www.dgss.de [15. 5. 2021]. Der Nationalsozialismus setzte dem Fach Sprecherziehung in der Hinsicht zu, dass er die Sprechkunst bzw. Wortkunst in seine Dienste stellte. „Aber man kann auch deutliche Unterschiede zwischen einzelnen Fachvertretern, Distanzie‐ rungsversuche und Widersprüche erkennen“ (Pabst-Weinschenk, 2004, S. 256). Ewald Geißler postulierte etwa in den 1930er Jahren die Wortkunst als Rasse‐ pflicht, stellte sie in die Pflicht der Verherrlichung Hitlers und des Nationalso‐ zialismus. „Geißlers ‚kreuzzug‘ gegen den ‚sprachverfall‘ entwickelt im laufe der jahre immer fanatischere züge, bis schließlich aus der sprachpflege eine ras‐ senpflicht wird“ 4 (Roß, 1994, S. 37). Nach dem Krieg waren es die Fachvertreter Fritz Schweinsberg, Christian Winkler und Maximilian Weller, die die Sprecherziehung wieder belebten und an die Errungenschaften vor der dunklen Zeit des Nationalsozialismus erin‐ nerten. 5 Dem manierierten Sprechduktus während des Dritten Reichs folgte also Zurückhaltung und Rückbesinnung. Im Gegensatz zum jahrelang vertrauten emotional-pathetischen, stimmlich eher überhöhten Sprech-Habitus der NS -Zeit zeichnete sich nun eine neue Ästhetik der Stimme und Sprechweise durch ruhigen Ton und sparsame Akzente aus. Epping-Jäger (2015a, S. 86) spricht von einem „Pathos der Nüchternheit“ und davon, dass die Rede- und Stimmordnungen „nicht nur im Raum öffentlicher, sondern auch in dem semi-öffentlicher Kommunikation tief greifend irritiert waren.“ Der marktschreierische Stil der alten Vortragsformate wich einem natürlich‐ erem, gepflegtem Sprechausdruck, der von Krech (1991, S. 218) auch als „sach‐ lich unterkühlte sprecherische Wiedergabe“ beschrieben wird, wenn auch Spuren des salbungsvollen Sprechduktus noch einige Zeit nach dem Krieg zu erkennen waren. So wurde die Vortragskunst im Rahmen der Sprecherziehung neu bewertet und eine Reihe an deutschen Sprechwissenschaftlern befasste sich in den ersten Nachkriegs-Jahrzehnten des Faches mit Stilgeschichte und der Kunst des Sprechens bzw. Vortragens. Heute ist die Sprechkunst, oder Ästheti‐ sche Kommunikation, Studien- und Prüfungsfach eines Studiums in Sprechwis‐ senschaft und Sprecherziehung. 6 54 3 Stimme und Sprechstil als Vertreter ihrer Zeit 3.2 Fragen der Stimm- und Sprechästhetik 3.2.1 Sprechprofile im Hörfunk Die Studiotechnik gab und gibt bestimmte Bedingungen vor, so dass man sagen kann, die Sprechweise habe sich der Technik im Laufe der Zeit angepasst bzw. anpassen müssen. Die unter 3.1 skizzierten Vortragsformate sind in den Sprech‐ profilen im Hörfunk wiederzuerkennen. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhun‐ derts galt als Richtlinie im Aufnahmestudio, maximale Deutlichkeit bei großer Artikulationsschärfe zu erzielen. Dieses damals ungeschriebene Gesetz ruft im heutigen Hörer den Eindruck von Unnatürlichkeit und gekünsteltem, alltags‐ fernen Kommunikationsstil hervor. Trotz der schon fortschrittlichen Radio‐ technik sah die Realität in den Studios im Nachkriegsdeutschland noch immer dürftig aus; so galt in den 1950er Jahren aufgrund der einkanaligen Aufnahme‐ technik immer noch das Prinzip, bei der Aufnahme im Tonstudio sämtliche Störgeräusche abzuschotten, um die Sprecher in größtmöglicher Deutlichkeit wahrnehmen zu können. Der „hier verwendete Sprechgestus dürfte also im Streben nach maximaler Deutlichkeit von großer artikulatorischer Präzision, relativ hoher Sprechspannung und eher geringer Geschwindigkeit geprägt ge‐ wesen sein“ (Runkehl, 2012, S. 278). Im Hörfunk kann man zwei grundlegend unterschiedliche Ausdrucksarten in der ersten Hälfte und noch in der Mitte des 20. Jahrhunderts unterscheiden. Die eine hat ihre Ursprünge in der politischen Rede und Propaganda, die andere in der Literatur und im Hörspiel. Was erstere betrifft, so bezeichnet Göttert (1998, S. 448) die Rhetorik, die in der Tradition des Nationalsozialismus stand, schlichtweg als „[e]xaltierte Gestik und Geschrei“; dieser Stil charakterisierte die Redetechnik trotz des Einsatzes von Mikrofon und Lautsprecher noch über Jahre hinaus und zwar nicht nur die politische Rede, sondern den Sprechstil generell, auch im Radio und in der Radiowerbung. Der Glaube, dass „das Vertreten einer Meinung an Auftreten gebunden“ sei, habe in Deutschland nicht zuletzt dazu beigetragen, dass man die Lernprozesse und Fortschritte, „die man im Ausland mit dem neuen Medium machen konnte, in Deutschland aber dank des nationalsozialistischen Mißbrauchs verpaßt hatte“ (Göttert, 1998, S. 453). Der in dieser Tradition stehende Sprechstil zeichnete sich folglich durch weite Melodiespektren, willkürliche Pausengestaltung und extremes Artikulieren aus. Trotz der Gegenbewegungen nach dem Krieg ist die Mode von damals noch in den 1950er und bis in die 1960er Jahre spürbar: Das Sprechen unter Hochdruck, das in Schreien mündet, die dynamisch gespannten Sprechmelodien, das mit der Zungenspitze gerollte R - dieser expressive Sprechstil 55 3.2 Fragen der Stimm- und Sprechästhetik 7 Die Ergebnisse des Online-Experiments konnten zeigen, dass der Eindruck von Natür‐ lichkeit in den 1950er Jahren die niedrigsten Werte erzielte (Kap. 5.5.4.1). 8 An der Kasseler Tagung 1929 zu „Dichtung und Rundfunk“ nahmen nach Meyer-Kalkus (2001, S. 365) neben Vertretern der Behörden und Rundfunkgesellschaften eine Reihe an bedeutenden Autoren teil: Arnold Bronnen, Theodor Däubler, Alfred Döblin, Herbert Ihering, Hermann Kasack, Oskar Loerke, Ina Seidel und Arnold Zweig. „Leitmotiv war die besondere Stellung, welche die gesprochene Sprache und die Stimme im neuen Me‐ dium haben - wie auch die pädagogische Aufgabe des Rundfunks, den Hörsinn seiner klingt heute allerdings wie falsches Pathos, wie übersteigerter „Schillerton“. Vor allem wegen seines politischen Mißbrauchs durch die Nazi-Rhetorik sind wir dagegen al‐ lergisch geworden. Eine „sparsamere, verhaltenere Sprechweise“, die Züge privaten Sprechstils kultiviert, ist seit den 60er Jahren an seine Stelle getreten, im Theater wie im öffentlichen Leben. (Meyer-Kalkus, 2001, S. 261-262) Wie anhand der exemplarischen Untersuchungen der HF -Werbespots in Ka‐ pitel 5 zu sehen sein wird, ist die hier angesprochene pathetische Sprechweise noch in den 1950er Jahren anzutreffen, 7 wenngleich wir hier von einem „Tran‐ sitraum zwischen 1945 und 1952“ sprechen können, in der „die Reedukations‐ politik der Westalliierten - viel mehr, als es auf den ersten Blick den Anschein haben mag, - Medienpolitik [betraf]“ (Epping-Jäger, 2015b, S. 63). So trugen die in Ost und West eingerichteten Rundfunkschulen zur Etablierung einer neuen Stimmkultur bei; sie verfolgten das Ziel, sich möglichst deutlich von den emo‐ tional-affektiven Stimmführungen der NS -Zeit abzusetzen und „Stimmgesten zu vermeiden, die für die NS -Stimmkultur charakteristisch gewesen sind“ (Ep‐ ping-Jäger, 2015a, S. 78). Nicht nur die Abkehr des Sprechstils der NS -Vergangenheit und folglich das „Bedürfnis nach Einfachheit, Natürlichkeit und Echtheit [und die] Reaktion auf das Hohl-Pathetische der vorangegangenen Zeit“ (Krech, 1991, S. 217-218), auch die Technik im Rundfunk und Fernsehen begünstigte dank Mikrofon und Laut‐ sprecher eine Rückbesinnung auf stillere Töne, auf mehr Aufmerksamkeit auf die Stimme und eine Hinwendung zum literarischen Werk. Das kennzeichnet die zweite Ausdrucksart, die sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts als Gegenbewegung auf den pathetischen Sprechstil ausbreitete. So gab es auch im Rundfunk schon in den 1920er und frühen 1930er Jahren - beeinflusst durch die Reformpädagogik - Gegenbewegungen, die sich von der politischen Propagandarede distanzierten und sich vielmehr mit literarischen Sendungen befassten, wie beispielsweise dem Hörspiel. Damals setzten sich vor allem die Schriftsteller und Autoren selbst für einen neuen Duktus am Radio-Mikrofon ein, einer „neuen Stimmästhetik fürs Sprechen vor dem Mikrophon“ und forderten einen veränderten Gebrauch der Stimme. 8 56 3 Stimme und Sprechstil als Vertreter ihrer Zeit Zuhörer zu schulen.“ - Zur Stimme am Mikrofon und zu den Theorien der Radiokunst zu Beginn des 20. Jahrhunderts siehe Meyer-Kalkus (2001, S. 363-381). 9 Das Manuskript zum Buch Rundfunk als Hörkunst war 1933 erschienen. 10 Zeitgleich mit Arnheim gab es eine Reihe weiterer Strömungen, die hier nicht angeführt werden können. Vielleicht sollten aber Bertolt Brecht und Walter Benjamin mit ihren Vorstellungen von Hörspielkunst genannt werden, die im Rundfunk einen Kommuni‐ kationsapparat, ein Medium der Demokratisierung sahen und die Konsumenten zu ak‐ tiven Mitbeteiligten am Rundfunk machten, was bis heute aktuelle Überlegungen sind (Meyer-Kalkus, 2001, S. 379). Ein Verteidiger dieses „anderen“ Sprechstils sei beispielhaft hervorgehoben. Rudolf Arnheim gilt als Vertreter der Gestalttheorie und unterstrich in den Jahren um 1930 die Zusammengehörigkeit von Sprechkunst und Hörkunst. 9 Diese Auffassung vertrat er mit absoluter Konsequenz bis zur Auffassung, Radio müsse blind gehört werden, um die „absolute“ Hörkunst zu erleben, in der die Stimmen als reine Funktionsträger fungierten. In seinen Ausführungen der 1930er Jahre gab er klare Vorschläge für das Sprechen im Hörfunk, wobei er sich der für den Gesang üblichen Bezeichnungen bediente (Bass, Bariton, Tenor, Sopran, Alt) und auf die Begrifflichkeit der Vokalcharaktere / des Vokalcharak‐ ters von Instrumenten zurückgriff. Die Wirkungen beliebter Redner und Vor‐ tragender würden „nicht so sehr durch das, was sie sagen, als durch den zu Herzen gehenden Ton, in dem sie es sagen, zünden“ (Arnheim, 1933; publiziert in 2001, S. 50). Seine Ausführungen fanden nach dem Krieg in der Gruppe 47 eine Fortfüh‐ rung und sind bis heute bedeutend, da Arnheims Gedanken für die Werbung schon damals wesentliche Grundsätze erkannte: Im Hörfunk werde der Hörsinn angesprochen, der alle anderen Sinne aktivieren könne, wenn die mit diesem Medium zur Verfügung stehenden Mittel Stimme, Musik und Geräusche richtig eingesetzt würden. So würde eine sanfte Stimme und entsprechend ruhige Musik beim Anpreisen eines Weichspülers sozusagen den Tastsinn aktivieren, sodass man den weichen Pullover förmlich fühlen könne. „Klangäußerungen unserer Welt [sind] so mannigfaltig, daß man durchaus von einem akustischen Weltbild sprechen kann“ (Arnheim, 1933; publiziert in 2001, S. 19). Arnheim beschrieb technische Kunstgriffe der Rundfunkdramaturgie, die zwar heute durch die Stereotechnik überholt sind, die damals jedoch als fort‐ schrittlich galten und die tonästhetischen Möglichkeiten des Radios absteckten: Effekte des Raumhalls und der Raumwirkung, des Nebeneinanders und des Nacheinanders, Richtung, Abstand, Bewegung, Raum, Klangqualität oder auch der Einsatz von Geräuschmotiven zur Kennzeichnung von Menschen. 10 Chorsprechen oder der Einsatz von Reimen, also eher konzeptionell schrift‐ liche Formen von Werbetexten, waren typische „Modeerscheinungen“ der 57 3.2 Fragen der Stimm- und Sprechästhetik 11 Bezüglich des Einsatzes von Reimen bei Werbespots sei auf Gries, Ilgen und Schindel‐ beck (1995, S. 106 ff.), Reimann (2008a, S. 269-271; 2007), Golonka (2009, S. 225-226) und Geldmacher (2008) verwiesen. 12 Jetzt betrug die Übertragungsspanne in etwa den gesamten vom menschlichen Ohr wahrnehmbaren Frequenzbereich (20-20 000 Hz). 1950er, 1960er und teilweise auch der 1970er Jahre (vgl. Kap. 5.4.2.2) und ein beliebtes Mittel, um die Aufmerksamkeit zu wecken, den Produktnamen und die Werbebotschaft im Gedächtnis zu verankern. 11 Gereimtes ist auffällig, verleiht den so ausgedrückten Inhalten Nachdruck und bleibt tendenziell lange im Gedächtnis haften. Aus diesem Grunde haben Sprichwörter, Merkverse, volkstümliche Wetterregeln und eben auch Werbesprüche oft eine ge‐ reimte Form. […] [D]ie mit einem gereimten Werbespruch oder Werbelied ausge‐ drückte Wertebotschaft wird dank der Reimform hervorgehoben, prägt sich leicht ein und gewinnt - vor allem bei attraktiven Werbeliedern - eher die Sympathie der Re‐ zipienten. (Golonka, 2009, S. 226) Die stimmlich-sprecherische Wirkung von Reimen (vor allem Endreimen) und Chorsprechen bedeutet jedoch eine Abnahme an Natürlichkeit, die vielleicht zur Zeit der Ausstrahlung der Werbespots der 1950er bis 1970er Jahre gar nicht das primäre Ziel war. Dass es die Sympathiewirkung weniger nachteilig, vielleicht sogar positiv beeinflusst, zeigen auch die Ergebnisse der Online-Befragung (Ka‐ pitel 5.5.4.1). Ab der Digitalisierung in den Hörfunkstudios (seit den 1980er Jahren) nahm diese Form der Werbekommunikation drastisch ab. Einen großen Einfluss auf Stimm- und Sprechstile im Hörfunk in der Mitte des vorigen Jahrhunderts hatte auch die Übertragungstechnik (siehe 2.1.1). Vor und während des Zweiten Weltkriegs war über Amplitudenmodulation ( AM ) auf Mittelwelle übertragen worden, was Einschränkungen im Frequenz‐ spektrum bedeutete und die Tradition des „rufenden Sprechgestus“ mitbedingte, der in Spuren erhalten blieb, auch als ab Ende der 1940er Jahre und bis in die 1960er die UKW -Sender implementiert wurden. Es war „ein Gestus […], der auf Deutlichkeit, eher langsamem Tempo, eher hoher Stimmfrequenz und hoher Sprechspannung basiert[e]“ (Falk, 2019, S. 43). Mit der UKW -Übertragung wurden Frequenzmodulationen auch in den hö‐ heren Tonfrequenzen 12 möglich und gingen mit einer Reduzierung der Grund- und Hintergrundgeräusche einher. Allein in Bezug auf die Verständlichkeit des Gesprochenen waren überdeutliche Artikulation und Sprechspannung nicht mehr nötig. Diese Voraussetzungen erklären die Tatsache, dass Stimme und Sprechweise im Hörfunk ab den 1960er Jahren eine Art Modernisierung nicht 58 3 Stimme und Sprechstil als Vertreter ihrer Zeit 13 Die Ergebnisse des Online-Experiments zeigen, dass in den 2010er Jahren ein starker Anstieg des Natürlichkeitseindrucks zu verzeichnen ist (siehe Kap. 5.5.4.1, Abb. 15: Ein‐ druck von Natürlichkeit nach Jahrzehnten). nur technischer Art, sondern auch vom Sprechgestus her erfuhren, der in den 1980er Jahren noch deutlicher zutage trat. Auch der Wandel in den Hörgewohnheiten der Menschen (vgl. 2.1.2) wirkte sich auf den Sprechstil aus: Radiohören wurde immer mehr zum „Ne‐ benbei-Hören“ während anderer Tätigkeiten und forderte mehr Alltagsnähe in der Sprache der Moderation und der Werbung. Neue Technologien (wie Ver‐ kehrsrundfunk und Satellitenrundfunk) trugen schließlich seit den 1970er Jahren dazu bei, dass das Repertoire um weitere Sprechprofile ergänzt wurde; sie führten schließlich auch zu neuen Programmangeboten, die […] neue Texttypen in den Hörfunk brachten (z. B. Staubericht, Ratgebersendungen, Verbraucherhinweise), teilweise aber auch durch den Trend zu Aktualisierung, Typi‐ sierung, Personalisierung und Spezialisierung zu einer immer wieder kritisierten „Entwortung“ und Oberflächlichkeit des Mediums führten. (Fluck, 2002, S. 2074) Die Veränderung zum heute eher „natürlich“ anmutenden Sprechstil 13 auch im Rundfunk wird also zu einem Großteil der moderneren Studiosituation und der technischen Entwicklung zugeschrieben (z. B. der verbesserten Möglichkeiten der Klangmanipulation), die einen veränderten Gebrauch der Stimme ermög‐ licht. Das war mit Sicherheit ab der Digitaltechnik Ende der 1980er bzw. Mitte der 1990er Jahre der Fall. Ein wirklich ‚alltagsnahes‘ Sprechen mit verhältnismäßig niedriger Artikulationsprä‐ zision, höherer Sprechgeschwindigkeit und durch Nachbearbeitung größerer subjek‐ tiver Lautheit, ohne dass diese vom Sprecher durch höhere Sprechspannung hervor‐ gerufen werden muss, könnte im Radio also erst mit Etablierung der Digitaltechnik möglich geworden sein. (Gutenberg, 2005) Wie die Stimme und Sprechweise in den Spots aus den 1950er, 1960er und 1970er Jahren auf die heutigen Hörer wirkt (vor allem im Hinblick auf die wahr‐ genommene Sprechstimmlage, die Akzentuierung und Artikulationsschärfe), wird in der empirischen Studie eruiert und diskutiert (Kap. 5). 3.2.2 Stimm- und Sprechmoden Die Stimmqualität (vor allem Stimmlage und Klangfarbe) ist eine wichtige Kom‐ ponente des Sprechausdrucks, der zu einer stereotypen Hörwahrnehmung führt, die wiederum Hörmuster und stereotype Hörerwartungen mit sich bringt. 59 3.2 Fragen der Stimm- und Sprechästhetik 14 Typisch für die sonoren Bässe seien die Männerstimmen der Fernsehserien „Rauchende Colts“ (1955-1975) und „Bonanza“ (1959-1973). 15 Wie aus der Online-Studie (Kap. 5) zu entnehmen ist, trifft das nicht auf die Hörfunk‐ werbung zu. Hier lag der Sympathiefaktor deutlich über dem der Natürlichkeit und der Überzeugungswirkung (Abb. 16: Natürlichkeit und Sympathie im Laufe der Jahrzehnte). Ein Blick auf Stimmmoden in unserem Kulturkreis zeigt uns, dass die Stimmen in Filmen in den 1920er Jahren und ebenso in den Nachkriegsjahrzehnten sehr hoch waren, unabhängig von der Mikrofon- und Aufnahmetechnik; auf Hörer heute hat das eine eher neurotische oder unnatürliche Wirkung. Was die Moden der Stimmen im Rundfunk ab den 1950er Jahren betrifft, so zeichnet Gutenberg (2000) die Vielfalt von „Macken und Moden“ bis zur Jahr‐ tausendwende nach, mit dem Ergebnis, dass sich auch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts einige Modewellen deutlich erkennen lassen. Im Rundfunk bzw. Fernsehen seien das zunächst die sonoren Männerstimmen 14 (z. B. von Hans Joachim Friedrichs; Tagesthemen), die später heller wurden und im Hinblick auf die Artikulation als präzise, aber mechanisch wirkend beschrieben werden können (ein Beispiel für die „emotionsfreie Seriosität“ sei Karl-Heinz Köpcke, der mehr als zwei Jahrzehnte - von 1959 bis 1987 - die Personifizierung der Tagesschau war). In Bezug auf die Akzeptanz von Sprechweise und Aussprache hat Hollmach (2003) in einer Studie zur zeitkritischen Einschätzung von Modellsprechern im Rundfunk (in Nachrichten, Moderationen und Gesprächen) herausgefunden, dass bei der Sprechweise, dem Sprechklang und der Stimme ein Einbruch in der Akzeptanz bestünde: Bis zurück in die 1960er Jahre werde die jeweilige Sprech‐ weise von den Befragten akzeptiert, die Sprechweise in den 1950er Jahren wirke hingegen abstoßend. 15 Mustergültigkeit erlangt ein Sprecher nicht ausschließlich auf Grund seiner Aus‐ sprache, ebenso bedeutsam für die Musterbildung sind die situationskonkrete Sprech‐ weise, der Sprechklang und die Stimme […]. Nach Meinung der Akteure verändert sich der Sprechklang im Laufe der Zeit […], ältere Sprechbeispiele stoßen deshalb auf Ablehnung. (Hollmach, 2003, S. 179-180) Das singende Auf und Ab der Sprechmelodie der 1920er Jahre wird heute belä‐ chelt, Hitlers apikal rollendes R wird unweigerlich mit dem Stil der Zeit in Ver‐ bindung gebracht und heute tunlichst vermieden. Was dem eigenen Hör- und Sprechmuster nicht entspricht, wird als „fremd“, „anders“, „komisch“, „unschön“, „unnatürlich“ o. ä. wahrgenommen. 60 3 Stimme und Sprechstil als Vertreter ihrer Zeit Slembek (1995) gibt einen Überblick über Forschungsergebnisse aus den 1970er Jahren, die klare Zusammenhänge zwischen sozialer Schicht und Sprech‐ tonhöhe dokumentieren. Ein wichtiges Merkmal, die eigene soziale Gruppe zu identifizieren, ist die habituell realisierte Grundtonhöhe. Mitglieder der sozialen Oberschicht sprechen im allge‐ meinen meßbar höher als Mitglieder der sozialen Unterschicht, also sind auch die Hörmuster für „tief “, für „Autorität“ je nach Schicht verschieden […]. Kompetenz und Dominanz dürften durch einen gewohnheitsmäßig hohen Grad an Erregung oder or‐ ganischer Bereitschaft gestützt werden. Die dadurch entstehende Spannung dürfte sich in erhöhter habitueller Muskelspannung auswirken. Höhere Muskelspannung führt wiederum zu einer Grundtonhöhe, die vergleichsweise höher liegt […]. (Slembek, 1995, S. 113) Was ab den 1970er Jahren bei in der Öffentlichkeit stehenden Personen und in den Medien immer häufiger zu beobachten ist, sind Normabweichungen bis hin zu krankhaften Zügen; ob es sich hier um tatsächliche Pathologien handelt (z. B. Rhinolalie, Dysphonie, Sigmatismus, Rhotazismus oder ähnliches), oder ob diese bewusst kultiviert und quasi als Erkennungszeichen eingesetzt werden, sei da‐ hingestellt. Es zeugt von einer Form von Toleranz, die sich ab den 1970er Jahren breit macht und nicht nur die Schlagerszene, sondern auch den Rundfunk betrifft (Scherer & Giles, 1979; Eckert & Laver, 1994; Geißner, 2008). Offensichtlich hat sich ein verändertes Stimmideal etabliert. Während in früheren Jahren im Radio Sprecher mit ausgebildeten, klangvollen (eher dunklen) Stimmen und Standardaussprache bevorzugt wurden, sind jetzt vielfach (scheinbar) unausgebildete Stimmen zu hören, mehr oder weniger stark geräuschhaft bis pathologisch-ange‐ strengt (gepresst, rau), auch mit deutlichen dialektalen Anklängen. (Bose, 2016, S. 167) In Bezug auf die Sprechgeschwindigkeit kann man sagen, dass heute im Rundfunk generell eine höhere Sprechgeschwindigkeit zu verzeichnen ist, was allerdings auch daran liegt, dass mit Hilfe der Digitalisierung ein Komprimieren und Ver‐ kürzen von Pausen leicht möglich ist und dies vor allem bei Werbesendungen aus Kostengründen zum Tragen kommt. Jüngere Studien an Nachrichtenspre‐ chern zeigen, dass es so etwas wie ideale Nachrichtensprecher gibt, die unab‐ hängig von der sozialen Herkunft der Hörerinnen und Hörer als solche einge‐ stuft werden. Das untermauert die Existenz normativer Hörmuster, wobei die Sprechwirkung in erster Linie durch die drei Parameter Satzmelodie, Betonung und Sprechgeschwindigkeit bestimmt wird. Sendlmeier (2005, S. 4) beschreibt im Ergebnis dieser Studie die positiv bewerteten Nachrichtensprecher wie folgt: „tiefere Stimmen, als sie der Durchschnitt der deutschen Bevölkerung aufweist 61 3.2 Fragen der Stimm- und Sprechästhetik [und] eine nicht extrem rationale Sprechweise, in der dennoch keine stark aus‐ geprägten Tonhöhenbewegungen auftraten.“ Eine flache Satzmelodie bei Nach‐ richtensprechern wurde als positiv bezeichnet; umgekehrt riefen übermäßigen Betonungen eine negative Wirkung hervor: „Übermäßige Längungen, ausge‐ prägte melodische Akzente und zu hohe Sprechgeschwindigkeit werden negativ bewertet“ (Sendlmeier, 2005, S. 4-5). Für Nachrichten kann man also sagen, dass die eher emotionslose Sprech‐ weise, die seit Kriegsende die Nachrichtensendungen charakterisiert, auch heute noch vorherrschend ist. Zur Beantwortung der Frage, ob das auch auf Werbesendungen zutrifft, soll die Studie in Kapitel 5 einen Beitrag leisten. 3.3 Die Ästhetik der Frauenstimme In der Geschichte der literarischen Vortragskunst werden weibliche Stimmen als „blinder Fleck der Vortragskunst“ bezeichnet (Meyer-Kalkus, 2019, S. 12) und machen sich erst seit 1900 immer stärker bemerkbar bzw. bekommen mehr Auf‐ merksamkeit. Wie verhält es sich also mit der Ästhetik der Frauenstimme? Welche Entwicklung kann man erkennen? In diesem Abschnitt sollen einige Forschungsergebnisse hierzu angesprochen werden. Bekanntlich wurden die Stimmen im Zuge der Emanzipationsbewegungen tiefer, als Frauen Positionen einnahmen, die bislang den Männern vorbehalten waren. Das wurde seit den 1970er Jahren auch dadurch gefördert, dass Frauen im Management angetragen wurde, nicht nur tiefer, sondern auch lauter zu sprechen, um sich besser durchsetzen zu können. Der Status von Frauen läßt sich auch an ihrer Sprache und an ihrem Sprechen ab‐ lesen […]. Stimme erweist sich auch hier als Indikator für soziale Wahrnehmung. Stimmen sind nicht nur kulturell überformt, sondern unterliegen auch Stimm‐ oden […]. Der generelle Tonhöhenbereich in Gesprächen hat sich bereits bis Mitte der 60er Jahre bei Frauen und Männern um eine kleine Terz gesenkt. (Slembek, 1995, S. 108-109) Berg et al. (2017) konnten für den deutschsprachigen Raum in Untersuchungen mit 2.475 weiblichen und männlichen Probanden sogar zeigen, dass sich die durchschnittliche Sprechtonhöhe bei Frauen (Altersgruppe 40 bis 79 Jahre) noch weiter senkte, nämlich um weitere sechs bis sieben Halbtöne als bislang ange‐ nommen. Ein Absenken der durchschnittlichen Sprechtonhöhe war in den USA bei Frauen in gesellschaftlichen Schlüsselfunktionen schon in den 1950er Jahren 62 3 Stimme und Sprechstil als Vertreter ihrer Zeit 16 Nach den bereits zitierten jüngeren Ergebnissen der Leipziger Forschergruppe (Berg, Fuchs, Wirkner, Loeffler, Engel & Berger, 2017) über das weitere Absenken der durch‐ schnittlichen Sprechtonhöhe kann man schlussfolgern, dass es heute eine Überlappung bei den Stimmlagen der Geschlechter gibt, wenn die weibiliche Stimme nicht mehr eine ganze Oktave höher angesetzt ist. Diese Differenz betrage heute nur noch eine Quint und sei eine Entwicklung, die seit Ende der 1990er Jahre zu beobachten ist (Frisch, 2017, https: / / www.deutschlandfunknova.de/ beitrag/ frauenstimmen-emanzipation-ist-hoerb ar, 4. 05. 2021) 17 Auch wenn die Existenz in ihrer Absolutheit in jüngster Zeit differenziert gesehen wird (Nollmeyer, 2012), so versteht man in der Fachliteratur unter Indifferenzlage (oder mittlerer Sprechstimmlage; Normalstimme) i. d. R. den Bereich im Gesamtstimmum‐ fang, in dem man mühelos und entspannt spricht, um den sich die Sprechmelodie be‐ wegt und immer wieder einpendelt; sie umfasst eine große Terz und befindet sich im unteren Drittel. Verlässt man diese Stimmlage dauerhaft, kann das zu Stimmschädi‐ gungen führen und bei den Zuhörern Irritation und Ermüdung hervorrufen. Ein ge‐ schultes Ohr kann das i. d. R. leicht wahrnehmen. In der Ausbildung zu Sängern und Berufssprechern wird darauf geachtet und ggf. Stimmbildung oder logopädische Maß‐ nahmen angeboten (Vgl. Werner, 1998, S. 32). Slembek (1995, S. 111) spezifiziert den Indifferenzbereich, der bei der mittleren Alt‐ stimme in etwa as / a / b (der kleinen Oktav) liege und bei Frauen recht selten anzutreffen sei, ebenso selten wie die Tenor-Sprechstimme bei Männern, die weit in das Stimmre‐ gister von Frauen reiche und in den Medien selten vorkomme. nachzuweisen (hier spricht man von einer Senkung um eine Quint) und ist das Ergebnis einer Entwicklung, die in Deutschland erst später einsetzte (Slembek, 1995, S. 109). Es hat beispielsweise bis zum Ende der 1970er Jahre gedauert, bis die erste Nachrichtensprecherin (Wibke Bruhns) in der Tagesschau zu hören war! Eine Alt-Stimme hatte die besten Chancen bzw. wurde antrainiert und galt als Voraussetzung für den Erfolg in bestimmten Sparten. Es gab damals schon Untersuchungen, die die Zusammenhänge zwischen Sprechtonhöhe und kul‐ turellem Hintergrund und der Schicht bzw. der gesellschaftlichen Stellung der Frau beschreiben (Robinson, 1979). In diesem Zusammenhang sind Geißners (1984, S. 30-31) Ausführungen über die Stimmlagen der Geschlechter als sekundärem Geschlechtsmerkmal interes‐ sant. Die bei jedem Menschen biologisch angelegten zwei Oktaven Stimmum‐ fang sind unterschiedlich verteilt; da, wo beim Mann die unterste Oktave auf‐ hört, beginnt sie i. d. R. bei der Frau (und beim Kind). 16 Jedoch gilt für beide Geschlechter die Einteilung in eine Informationsoktav und eine Emotionsoktav, wobei die tiefer gelegene, in der die Indifferenzlage 17 (der Normalbereich einer Stimme) zu verorten ist, vom Hörer als sachlich-informativ wahrgenommen wird. Verlässt man die Indifferenzlage nach oben und betritt die Emotionsoktav, so wirken Sprecher emotional, bis hin zu unsicher und aggressiv. Auch Guten‐ berg greift diese Begrifflichkeiten auf und weist darauf hin, dass die weibliche 63 3.3 Die Ästhetik der Frauenstimme Informations-Sprechlage häufig mit der männlichen Emotions-Sprechlage zu‐ sammenfällt. Das werde von Männern und auch Frauen wohl unbewusst „falsch“ interpretiert, da die „Messlatte“ auf dem Hintergrund des männlichen Stimm‐ registers programmiert sei (Buller, 2005, S. 317). Frauenstimmen werden da‐ durch, dass sie höher angesetzt sind, „als expressiver wahrgenommen, vermit‐ teln aber kaum Autorität und lösen Stereotype von ‚emotional‘ und ‚trivial‘ aus. Hören von weiblichen Stimmen heißt dann gleichzeitig, der Inhalt ist nicht so ernst zu nehmen“ (Slembek, 1995, S. 110). So wird im Rundfunk eine Unterscheidung zwischen Informationssendungen und Unterhaltungssendungen vorgenommen. In ersteren sind vermehrt tiefere Frauenstimmen zu hören, was darauf zurückzuführen ist, dass das männliche Vorbild übertragen und die tiefe Stimme mit dem Klischee Glaubwürdigkeit, Autorität und Sicherheit in Verbindung gebracht wird. „Tiefe Stimmen werden heute auch bei Frauen als sachlich, vertrauenswürdig und kompetent wahrge‐ nommen“ (Kotthoff, 2018, S. 56). Die Werbung ist in diesem Zusammenhang wohl als eigener Bereich anzusehen, in dem nicht unbedingt auf Norm gesetzt wird, da sie ja auffallen soll. Die Klangfarbe vermittelt ebenfalls emotionale Komponenten beim Sprechen und auch sie schwört geschlechterspezifische Wahrnehmungsstereotype herauf (z. B. werden Stimmen mit einem „dunklen“ Klang mit Gefühlstiefe, melodiöse Stimmen mit Mitgefühl in Verbindung gebracht). Tonhöhenbewegungen (auf‐ fällig bei Akzentuierung und Rhythmisierung) lassen darauf schließen, ob Spre‐ cherinnen und Sprecher objektiv oder emotional, informativ oder expressiv, sachlich oder intuitiv etc. erscheinen. Slembek (1995, S. 117) konnte herausfinden, dass Männer in Nachrichten ein geringeres Intervall an Tönen verwenden als Frauen, letztere damit beim selben Sendetyp expressiver wirkten; dieses Ergebnis erinnert wieder an die oben er‐ wähnte Informations-Oktav und die Emotions-Oktav. In Werbesendungen ver‐ hielt sich die Relation zwischen den Intervallen der Sprecherinnen und Sprecher vergleichbar, lag allerdings jeweils höher. Die Variation der Männerstimmen in der Werbung sei ähnlich der von Frauen in Nachrichten, wobei wir wieder bei der „Messlatte“ und bei der daraus resultierenden Fehlinterpretation sind, die sich an männlichen Stimmen orientiert. Die Programmierung als Basis für die stereotype Hörwahrnehmung wird in früher Kindheit entwickelt und mit Interpretation bzw. Bewertungen ver‐ bunden. Was also als angenehm oder unangenehm, als sympathisch oder un‐ sympathisch, als schön und sexy gilt, kann sich im Laufe der Zeit ändern. Völkert beschreibt in ihrer Arbeit über stimmliche Attraktivität beispielsweise, dass historisch gesehen Frauenstimmen der Musik und Männerstimmen der Sprache 64 3 Stimme und Sprechstil als Vertreter ihrer Zeit 18 Zur Vertiefung des Themas Genderlinguistik und feministischen Sprachwissenschaft sei auch auf Arbeiten aus jüngerer Zeit verwiesen (z. B. Ayaß, 2008; Günthner, Hüpper & Spieß, 2012). 19 Hierzu ausführlich Neppert (1999). 20 „Meet Q, The Gender-Neutral Voice Assistant“, 2019. zugeordnet wurden, was sich in der Sprechrollenverteilung der frühen Tonauf‐ zeichnungen und Hörfunksender zeige (Völkert, 2012, S. 77). Sowohl die Stimme (der Stimmklang und die Stimmhöhe bzw. Grundfre‐ quenz) als auch die Sprechweise (Lautstärke, Sprechtempo und Pausierung, Sprechmelodie und Sprechstimmlage, Sprechspannung und Artikulationsart und -schärfe) weisen genderspezifische Merkmale auf, die nur zu einem ge‐ ringen Teil biologischer Art sind (Bau des Kehlkopfs, Länge und Dicke der Stimmlippen etc.), sondern im Laufe des Lebens erworben und erlernt werden, wobei Modeerscheinungen, Trends und Klischees, kulturelle und epochale Fak‐ toren eine Rolle spielen (Fuchs, 2008; Heilmann, 2002, S. 35-38; Slembek, 1995). 18 Nach einer jüngsten Studie zur geschlechtslosen Stimme wurde diese zwi‐ schen 145 Hz und 175 Hz angesetzt. Mit einer mittleren Stimmlage um diesen Frequenzbereich wird der / die Sprecher / in als geschlechtsneutral empfunden (zum Vergleich: die mittlere Frauenstimme liegt um 220 Hz, die Männerstimme bei 125 Hz 19 ). Diese synthetisch generierte genderless voice mit dem Namen „Q“ soll für Ansagen (z. B. bei Siri, Alexa) eingesetzt werden. 20 Ähnlich wie die genderstereotypen Interpretationen in Bezug auf den Stimm‐ klang erfüllen auch andere Merkmale der Sprechweise Kommunikationsfunk‐ tionen und werden stereotyp interpretiert (Sprechmelodiebzw. Tonhöhenver‐ änderung, Lautstärke, Sprechspannung und Artikulationsart und -schärfe, Geschwindigkeit und Pausierung). So wird Sprechgeschwindigkeit u. a. stark mit emotionalem Ausdruck in Beziehung gebracht: For instance, faster rates are associated with more pleasant emotions and emotions linked to high arousal (e.g., anger, fear), whereas slower rates are present in unpleasant emotions and emotions associated with more placid states (e.g., disgust, sadness […]). Moderately fast tempo typically conveys higher status and dominance […]. (Buller, 2005, S. 317) Dass vom Höreindruck auf die Persönlichkeit von Sprechern und Sprecherinnen geschlossen wird und dieser Eindruck, der auf einem Bündel von Sprech- und Stimmausdrucksmerkmalen beruht, kulturell und zeitgeschichtlich geprägt und in seiner Zeit jeweils ziemlich stabil ist (d. h. von einer homogenen Hörergruppe ähnlich beurteilt wird), konnte mehrfach nachgewiesen werden. Dieselben 65 3.3 Die Ästhetik der Frauenstimme 21 Dieser Punkt wird im 5. Kapitel aufgegriffen, wenn Versuchspersonen im Jahr 2020 historische Werbespots beurteilen. 22 Weitere für diese Arbeit interessante Ergebnisse von Weirich waren beispielsweise die Wirkung von Lautstärke (mehr Stimmenergie wird mit der Eigenschaft Extraversion in Verbindung gebracht). stimmlichen Merkmale können in einer anderen Epoche etwa mit anderen Per‐ sönlichkeitszuschreibungen einhergehen. 21 Aufgrund der Übereinstimmung der Hörerurteile in Bezug auf „Kompetenz“ (intelligent, sicher etc.) und „Benevolenz“ (nett, freundlich, aufrichtig etc.), spricht Weirich von „vocal stereotypes“, wobei sie allerdings einen geschlech‐ terbedingten Unterschied in den Urteilen der Bewertenden zeigen konnte (weib‐ liche Hörer urteilten signifikant positiver als männliche Hörer). 22 Radiosender nutzen diese Tatsache aus, und man kann häufig allein an der Art, wie gespro‐ chen wird, einen Sender erkennen, weil er ein markantes Stimm-/ Sprechprofil sozusagen als Markenzeichen verwendet. In Bezug auf positiv eingeschätzte Frauenstimmen bei Nachrichtenspreche‐ rinnen, machen Wittlinger und Sendlmeier (2005) interessante Beobachtungen, was die Kombination von typisch weiblichen und typisch männlichen Attri‐ buten betrifft. Es scheint also Frauen doch möglich zu sein, mit Stimme und Sprechweise Eigen‐ schaften, die als spezifisch männlich bzw. weiblich in der Literatur eingestuft werden, miteinander zu verknüpfen. In der Sache kompetent und glaubwürdig und gleichzeitig als Frau sympathisch und angenehm zu wirken, stellt also für gute Sprecherinnen kein unauflösbares Dilemma dar (Sendlmeier, 2005, S. 6). In Bezug auf die Sprechwirkung bei Frauenstimmen in den Medien (im Intervall zwischen 160 Hz bis 220 Hz, etwas tiefer im Vergleich zum deutschen Sprach‐ raum allgemein) hat Sendlmeier jedoch dann eine negative Wirkung feststellen können, wenn die mittlere Sprechstimmlage jeweils außerhalb dieser Marge liegt. Heute wird in unserem Kulturkreis eine überhöhte Frauenstimme gemeinhin mit Unsicherheit und Unselbstständigkeit assoziiert und als „girliehaft“, infantil und unbeholfen beschrieben. Dass sich hieran etwas zu ändern scheint, wird in jüngster Zeit immer wieder vermutet und man kann von einer größeren Tole‐ ranzbreite in letzter Zeit ausgehen. „Squeaky (quietschende) weibliche Stimmen, die hochemotional oder erotisch klingen, sind derzeit extrem angesagt“ (Hecht, 2020). Selbst in den Medien (und vielleicht gerade in der Werbung) wird ein Rückgang der sich in den vergangenen Jahrzehnten eher angenäherten Stimm‐ lagen der Geschlechter vermutet, so dass man von einer parallelen Gegenten‐ 66 3 Stimme und Sprechstil als Vertreter ihrer Zeit 23 Siehe die interessanten Ergebnisse bei der Gegenüberstellung der wahrgenommenen Stimmlage im Online-Experiment und der Praat-Messung, die auf stereotype Wahr‐ nehmungen hindeuten, sowohl bei Männerstimmen als auch bei Frauenstimmen (Ka‐ pitel 5.6). 24 Einen Überblick über die Entwicklungen und Positionen bis nach der Jahrtausendwende gibt Friederike Braun (2004) und verleiht den diversen Epochen jeweils vielsagende Titel: (1) Reden Frauen überhaupt? (2) Frauen reden anders; (3) Frauen reden schlechter; (4) Frauen reden besser; (5) Frauen reden anders, aber gleich gut; (6) Wer anders redet, ist eine Frau; (7) Reden Frauen wirklich so anders? denz sprechen kann. Hecht (2020) sieht diese Tendenzen auch bei synchronisierten Filmen, im Entertain-Radio, in der Sportberichterstattung und in TV -Serien. Im frühen Kindesalter wird das Rollenverständnis in Bezug auf das Ge‐ schlecht angebahnt, und Mädchen ahmen nicht nur das soziale Verhalten, son‐ dern auch die Stimmmuster ihrer Geschlechtergruppe nach. Da ist es nicht ver‐ wunderlich, wenn sich gesellschaftliche Entwicklungen auf den Stimmgebrauch auswirken. Das haben die Emanzipationsbewegungen der Frauen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ja anhand des Absenkens der Stimmlage gezeigt (siehe oben). Nach der Theorie des doing gender, dem aktiven „In-Szene-Setzen“ ge‐ schlechtstypischer Merkmale und dem bewussten und unbewussten Code-Swit‐ ching je nach Situation und gesellschaftlichen Erwartungen, werden auch die Stimme und Sprechweise von Frauen beeinflusst. Ebenso werden sich aufgrund jüngerer Bewegungen wie der Dekonstruktion von Geschlecht oder der soge‐ nannten Relevanzgraduierung stereotype Sprech- und Sprachverhaltensmuster verändern und neue Ausprägungen zeigen, die nicht immer in ein Schema ge‐ presst werden können, so dass die Frage gestellt werden muss: Reden Männer und Frauen wirklich anders, oder werden sie nur unterschiedlich wahrge‐ nommen? 23 Inwieweit setzen Frauen und Männer gezielt überhöhte oder extrem tiefe Stimmen ein, um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen oder sie in eine bestimmte Richtung zu lenken? 24 Diverse Forscher und Forscherinnen, die sich speziell mit der Frage der Stimm- und Sprechwirkung in der Politik und in den Medien befassen, z. B. Sendlmeier (2016, 3. Aufl. 2019) oder Weirich (2010), bestätigen heute gerade bei Nachrichtensprechern und -sprecherinnen eine größere Bandbreite von Stimmen. Erwartet die Gesellschaft heute wieder mehr Weiblichkeit? Ist eine größere Toleranz zu verzeichnen? Wird mit Stimme bewusst eine Position de‐ monstriert und ein Zeichen gesetzt? Vermitteln die Social Media wieder ein an‐ deres Frauenbild? Das sind Fragen, die es noch zu beantworten gilt. 67 3.3 Die Ästhetik der Frauenstimme 25 Hier wird die Standardaussprache behandelt, die für die BRD richtungweisend ist bzw. war; auf die anderen nationalen Aussprachestandards (Österreichs und der Schweiz) wird nicht eingegangen, da sie für die nachfolgende Untersuchung geringe Relevanz haben. 26 Auf den Werbefunk übertragen ist dies gut nachvollziehbar, es sind die Stimmen der Kommentatoren, die sich an der reinen Hochlautung orientieren, die gemäßigte Lau‐ tung findet man eher in den dargestellten Szenen (siehe Kap. 5). 3.4 Moden und Normierungen der Aussprache „Das Wort-Ende nicht verschlucken, das Satz-Ende nicht verschlucken, die Kon‐ sonanten deutlich artikulieren.“ So lauten die drei Regeln zum deutlichen Spre‐ chen im 1992 in erster Auflage erschienenen Sprach-Knigge (Leisi & Leisi, 2016, S. 14). Ist das heute noch die gängige Regel? Gibt es andere Tendenzen bzw. Moden? Die Norm der Aussprache (der Artikulation und der Intonation) unter‐ liegt ebenfalls Änderungen und Trendwellen, was anhand der diversen Gene‐ rationen von Aussprachewörterbüchern gut nachzuvollziehen ist. 25 Als Autor des ersten systematischen Regelwerks für die Beschreibung der Aussprache‐ normen gilt Wilhelm Viëtor (1885). Wie schon in Kapitel 2.3 angesprochen, war kurz darauf der Siebs, wie man das Standardwerk von Theodor Siebs Deutsche Bühnenaussprache (Erstauflage 1898) nennt, bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts richtungsweisend (19. Auflage 1969). Äußerst präzise zu arti‐ kulieren und wenige Varianten der Aussprache zu verwenden, waren in den ersten Ausgaben der Bühnenaussprache Ziele, die zu einer perfekten Aus‐ sprache - vor allem bei Schauspielern - führen sollten. „Die durch Akzentuie‐ rung, Lautumgebung und Position verursachte Dynamik der Phonemrealisation mit ihren Assimilationen, Reduktionen und Elisionen blieb unberücksichtigt“ (Hirschfeld & Stock, 2007, S. 5). Siebs’ 1931 unveröffentlichtes Handbuch „Rundfunkaussprache“, das er im Auftrag der Reichs-Rundfunkgesellschaft verfasst hat (Siebs, 1969, S. 153), wies schon auf die sprachbildende Funktion und verantwortungsvolle Vorbildauf‐ gabe des Rundfunksprechers hin. In der letzten Ausgabe der Bühnenaussprache (1969) liest man schließlich konkrete Verweise auf das Sprechen im Rundfunk, das sich an der gemäßigten Hochlautung orientieren solle, allerdings müsse wegen der Reduktion auf das Hören und des Anspruchs auf überregionale Ver‐ ständlichkeit „die Notwendigkeit eines besonders klaren, deutlichen und der Norm der Hochlautung gemäßen Sprechens“ beachtet werden (Siebs, 1969, S. 154). Die unterschiedlichen Formstufen der Aussprache würden von der Art der Sendung abhängen, Nachrichten und Ansagen müssten sich an der reinen Hochlautung orientieren, andere Passagen auch an der eher gemäßigten. 26 68 3 Stimme und Sprechstil als Vertreter ihrer Zeit 27 Duden. Aussprachewörterbuch, unter Leitung von Max Mangold in Zusammenarbeit mit der Dudenredaktion (1. Aufl. 1962). 28 Wörterbuch der deutschen Aussprache (WDA), Hg. von Eva-Maria Krech et al. (1. Aufl. 1964). Überarbeitete Neuausgabe: Großes Wörterbuch der deutschen Aussprache (GWDA), Hg. von Eva-Maria Krech et al. (1. Aufl. 1982). 29 Für eine ausführliche Darstellung der Entwicklung und Gegenüberstellung der er‐ wähnten Aussprachewörterbücher (mit Ausblick auf das Werk Deutsches Aussprache‐ wörterbuch (DAWB), aber noch ohne Berücksichtigung der 7. Auflage des neuen Duden. Das Aussprachewörterbuch) soll auf Hirschfeld & Stock (2007) verwiesen sein. Nach dem Zweiten Weltkrieg lösten zwei Regelwerke, der Duden 27 für die BRD , das Wörterbuch der deutschen Aussprache (später das Große Wörterbuch der deutschen Aussprache  28 ) für die DDR , den Siebs nach und nach ab und wurden regelmäßig aktualisiert. In jüngster Zeit erschienen jeweils Neuauflagen mit tiefgreifenden Überarbeitungen, die nun auch digital zur Verfügung stehen: Duden. Das Aussprachewörterbuch (2015) und Deutsches Aussprachewörterbuch (2009), das auch die Standardvarietäten Österreichs und der Schweiz ausführlich behandelt. Die Änderungen, die man im Laufe der Zeit in den Referenzwerken verfolgen kann, zielen auf eine gemäßigtere Lautungsstufe mit immer mehr Toleranz, was auch daran zu sehen ist, dass die Modellbzw. Mustersprecher nicht nur auf der Bühne gesucht wurden, vielmehr auch Alltagssituationen und vor allem Rund‐ funksprecher einbezogen wurden. 29 Eine detaillierte Analyse der Unterschiede in der Entwicklung orthoepischer Normen würde hier zu weit führen. Generell kann man aber sagen, dass seit dem Zweiten Weltkrieg die zunächst geltende Siebssche Regel der „schönen“ und korrekten Aussprache in Form lautgetreuer und exakter Artikulation (mit wenig Assimilationen, Reduktionen und Eliminationen) eine immer größere Akzeptanzbreite in Richtung gemäßigter Standardlautung bekam. Eine der auf‐ fälligsten Veränderung ist in diesem Zusammenhang in der Realisierung des R-Lautes zu sehen, was im Folgenden beispielhaft skizziert werden soll. Der R-Laut als apikaler [r] oder als uvularer Zitterlaut [ʀ] ist seit der Ent‐ scheidung eines Beraterausschusses 1933 in beiden Formen gleichermaßen an‐ erkannt, wobei auch in der letzten Ausgabe des Siebs (1969, S. 84-86) noch zu lesen ist: „Die Zungenspitzenform des r-Lautes ist zunächst vorzuziehen, weil sie die Bildung der Vokale nach vorne verlegt. Das [r] hat im heutigen Sprech‐ tempo der durchschnittlichen Rede höchstens 2-3 Schläge, am Ende unbetonter Silben nur einen leichten Schlag. […] Auch beim [ʀ] sollten die Schläge hörbar werden.“ Das Reibe-R [ʁ] sei, so Siebs weiter, in der gemäßigten Hochlautung, aber nur in bestimmten Fällen anerkannt, sonst solle auch hier die Regel gelten: 69 3.4 Moden und Normierungen der Aussprache 30 Beispielsweise trifft man im Süden der BRD häufiger auf das Zungenspitzen-R. [r] oder [ʀ] im Anlaut vor Vokal, zwischen Vokalen und nach kurzem Vokal vor Nasal oder l. Was das vokalisierte R [ɐ] in finaler Position angeht, so sei es nach Siebs in der Alltagssprache zwar verbreitet, „in der Hochlautung jedoch nur bei den Einsilblern in pro- und enklitischer Stellung (der, mir, für, vor [dɛɐ…]) gestattet“ (1969, S. 86). Selbst in der 1. Auflage des Duden war das vokalisierte R im Auslaut als „Nichthochlautung“ (1962, S. 44) bezeichnet worden, ab der 2. Auflage 1974 gilt es als übliche Standardform, ebenfalls schon im WDA (1964) und im GWDA (1982). Die Präfixe er-, veretc. und das Suffix -er beispielsweise sind im Siebs bis zur letzten Ausgabe konsonantisch zu realisieren, während die anderen Wörterbü‐ cher bereits die vokalisierte Variante angeben. Diese recht strengen Regeln der R-Realisation im Siebs haben sich - unabhängig vom Landstrich 30 - im Laufe des 20. Jahrhunderts extrem verändert, was ein Blick in die jüngsten Ausspra‐ chewörterbücher Duden und DAWB zeigt, die das vokalisierte R in finaler Po‐ sition als Standard beschreiben. Selbst auf der Bühne ist das konsonantische R im Auslaut heute verschwunden. Im Jahr 1987 beschrieben Martens und Martens den damaligen Stand mit fol‐ genden Worten (hier ein Auszug): Ein ‚rollendes‘ / -r/ im Auslaut ([-r], [-ʀ]) gilt heute als höchst ungewöhnlich […]. Als unschön wird es im allgemeinen [sic! ] empfunden, wenn die (kurzen, hohen, weiten) Vokale [ɪ, ʊ, ʏ] vor einem Auslaut-/ -r/ gedehnt werden […]. Erst recht gilt es als un‐ akzeptabel, wenn nach den niedrigen Vokalen [-ɑ: ] und [-a] und nach dem (mittel‐ hohen, weiteren) Vokal [-ɔ] überhaupt keine Form von Auslaut-/ -r/ mehr realisiert wird, sondern stattdessen lediglich der Vokal eine ‚Ersatz-Dehnung‘ bekommt […]. (Martens & Martens, 1987, S. 67, 68) Ähnliche Entwicklungen könnten für andere Bereiche beschrieben werden, in erster Linie im Zusammenhang mit Assimilations-, Reduktions- und Eliminie‐ rungserscheinungen. Einige auffällige Veränderungen seien abschließend nur noch kurz erwähnt: Zum einen kann die Reduktion des Schwa-Lauts und seine Assimilierung mit dem Folgekonsonanten in den Endsilben / -en/ und / -el/ (z. B. „Nachrichten“ [-ən] zu [-n̩], „Nebel“ [-əl] zu [-l̩]) genannt werden; das sind Er‐ scheinungen, die die neuen Aussprachewörterbücher heute als Standardvari‐ ante benennen. Oder es ist zu beobachten, dass die Aspiration von Plosivlauten T, K, P reduziert wird, nicht nur im Rahmen der Auslautverhärtung. Weiter kann festgestellt werden, dass die Silbengrenzen, vor allem bei homorganen Lauten 70 3 Stimme und Sprechstil als Vertreter ihrer Zeit 31 Weitere Beispiele siehe u. a. Hilbert (1986). verwischt werden, auf vokalischen Neueinsatz verzichtet wird oder die Konso‐ nanten assimiliert werden oder zu einem einzigen verschmelzen („im Auftrag“, „und das“, „Abbildung“). 31 Das Postulat im frühen Siebs des äußerst präzisen Artikulierens bekommt immer mehr Spielraum, und das ist über die Jahrzehnte vor allem seit Kriegsende auch im Hörfunk und der Werbung nachvollziehbar. Was die Intonation bzw. die prosodische Komponente betrifft, so kann auch hier eine Entwicklung über die Jahrzehnte nachvollzogen werden: von Überak‐ zentuierung mit gekoppelter Hyperartikulation hin zu natürlichem Akzentu‐ ieren. Das geht einher mit der oben angesprochenen Entwicklung nach dem Krieg zu „leiseren Tönen“ und sparsamer Emotionalität in der Sprechweise, die am besten mit neutral-nüchterner Sprechweise vor allem in den Nachrichten zu beschreiben ist (vgl. Kap. 3.2.1) 71 3.4 Moden und Normierungen der Aussprache 1 Als politische Einschnitte in diesen ersten Jahrzehnten nach dem Krieg seien einige politische und wirtschaftliche Eckpfeiler genannt: 1948 Währungsreform; 1949 Grün‐ dung der Bundesrepublik Deutschland; 1955 Beitritt zur NATO und staatliche Souve‐ ränität; 1961 Bau der Berliner Mauer; Ende der 1960er Jahre Rezession und Ende des wirtschaftlichen Booms. 4 Gesellschaftliche Normen und Werbung „Die Entwicklung der Werbung ist geprägt von den strukturellen Rahmenbe‐ dingungen, vor allem von Politik, Recht, Technik, Ökonomie und Kultur“ (Siegert & Brecheis, 2017, S. 47). Was die Jahrzehnte nach dem Krieg betrifft, so ist in Westdeutschland eine steile wirtschaftliche Aufwärtsentwicklung zu ver‐ zeichnen, was sich auch daran ablesen lässt, dass sich das Volkseinkommen ab den 1950er Jahren in vier Jahrzehnten mehr als vervierfachte und Deutschland zu einem der reichsten Länder machte. Die soziale Ungleichheit ging in den 1960er- und 1970er-Jahren zurück und erst seit den 1990er-Jahren zeichnete sich eine erneute Polarisierung ab (Geissler, 2014, S. 10). Über Werbung (vor allem Printwerbung) als Spiegel der Gesellschaft und über das „Wechselverhältnis zu gesellschaftlichen Normen, Werten und Vorstel‐ lungen, die letztlich die Gestalt und die Sprache der Werbung bestimmen“ (Cölfen, 1999, S. 11) ist ausführlich recherchiert worden, ebenso über Werte‐ wandel und gesellschaftliche Entwicklungen, die sich in den Werbestrategien erkennen lassen. 1 Bau (1994) benennt die Dekaden wie folgt: Wiederaufbau‐ phase 1950-1960, Konsolidierungsphase 1960-1970, Verunsicherungsphase 1970-1980. Die 1980er Jahre seien schließlich die Phase der „politischen Wende“ 1980-1990. 4.1 Die Nachkriegsjahrzehnte Im Folgenden soll ein Blick auf einige Ereignisse und Bewegungen der hier im Fokus stehenden Jahrzehnte geworfen werden: die 1950er, 1960er und 1970er Jahre. Wie war die Stimmung im Land in diesen Jahrzehnten des Kalten Krieges? Was hat die Menschen beschäftigt? Was waren die wichtigsten politi‐ schen und gesellschaftlichen Ereignisse dieser Zeiträume? Welche Rolle hatten die Frauen? In einem zweiten Schritt wird gefragt, wie die Werbeindustrie diese Zeit reflektierte bzw. darauf reagierte. 4.1.1 Die 1950er Jahre Die 1950er Jahre werden auch als die Gründerjahre der Bundesrepublik be‐ zeichnet. Sie sind gekennzeichnet durch ein allgemeines Nachholbedürfnis und durch unglaubliche Anstrengungen, Deutschland nach dem Krieg wirtschaftlich wiederaufzubauen. 1955 brachte das deutsch-italienische Anwerbeabkommen erste Gastarbeiter ins Land, dem weitere folgen sollten. Frauenverbände setzten sich um die zivilrechtliche Umsetzung der Gleichberechtigung vor dem Gesetz ein, wobei es um grundsätzliche Rechtsfragen ging, die Ende der 1950er Jahre vehement weiterverfolgt wurden. Die Gesellschaft der 1950er Jahre wies noch das klassische Rollenverständnis zwischen Mann und Frau auf und stellte pri‐ vate und familiäre Ungestörtheit und damit die Familie in den Fokus. Heute werden die gesellschaftlichen Normen und Werte der Menschen dieser Zeit als „spießig“ empfunden. Es erschienen zahlreiche Benimmbücher, die den Men‐ schen korrektes Verhalten und den korrekten Umgang der Geschlechter in Ehe und Familie anschaulich vorschrieben. Die Rolle der Frau als biederes Heimchen am Herd war auch in der Werbung verbreitet. Auch über die damals beliebten Familienzeitschriften heißt es, sie schwärmten davon, […] die Freizeit vornehmlich im Kreis der Familie zu verbringen. Dabei knüpfte man mit unverfänglichen Themen, die Gesprächsstoff und Unterhaltung für die ganze Fa‐ milie bieten sollten, an das Genre der Familienzeitschrift des 19. Jahrhunderts an. (Seegers, 1999, S. 172) Die Frauen der 1950er Jahre konnten sich in unterschiedlichen Gruppen wie‐ derfinden. Neben der Hausfrau und Mutter gab es immer mehr Frauen, die einer Erwerbstätigkeit nachgingen, sei es bedingt durch finanzielle Schwierigkeiten oder weil sie der Gruppe der Frauen angehörten, die durch die Verluste im Krieg alleinstehend waren. Seegers (1999, S. 175) skizziert die Frau in den 1950er Jahren wie folgt: „Das Ideal war eine Joungleuse, die je nach situativer Gege‐ benheit die richtige, an den Wünschen des Ehemannes angepaßte Verhaltens‐ weise an den Tag zu legen hatte und strengen Sanktionen unterlag, wenn das Bravourstück nicht gelang.“ Mit Deutschland ging es wirtschaftlich seitdem bergauf: „Im ersten Jahrzehnt der Bundesrepublik wurde das Bruttosozialprodukt mehr als verdoppelt, in ähn‐ lichem Ausmaß stiegen die Löhne und Gehälter, gleichzeitig verschwand die Arbeitslosigkeit fast vollständig“ (Dammann, 2005, S. 9). Während 1950 noch ca. 25 % aller Erwerbstätigen in der Landwirtschaft beschäftigt waren, sank dieser Prozentsatz 1960 auf 14 %. 74 4 Gesellschaftliche Normen und Werbung 2 „Erwerbstätigenquote in Deutschland nach Geschlecht bis 2019“, https: / / de.statista.com / statistik/ daten/ studie/ 198921/ umfrage/ erwerbstaetigenquote-in-deutschland-und-eu -nach-geschlecht/ [26. 05. 2021] 3 Zum Vergleich: 1984 hatten 19 % der 15bis 17-Jährigen und 56 % der 18bis 20-Jährigen eine Erwerbstätigkeit. 4 Ludwig Erhard war der zweite Bundeskanzler der BRD, von 1963 bis 1966; er folgte Konrad Adenauer (1949-1963). Die Erwerbsstruktur mit einem hohen Anteil landwirtschaftlicher und sonstiger ma‐ nueller Arbeit, ein geringer Anteil an höherer Bildung, autoritäre Wertmuster in Ehe, Familie und Schule lassen uns diese Zeit als weit entfernte Geschichte erscheinen. Andererseits zeigen sich die fünfziger Jahre in vielem als der Beginn der heutigen modernen Gesellschaft: Aufstieg des Fernsehens, Anfänge des Automobilbooms, des Massentourismus und der Teenagerkultur mögen als Stichworte ausreichen. (Schildt, 2002) Die Erwerbstätigkeit der Frauen lag 1950 bei 35 % und 1960 bei 37 % (in vier weiteren Jahrzehnten hat sich dieser Prozentsatz verdoppelt und heute liegt sie für die Gruppe der 20-64-Jährigen bei 76,6 %) 2 . Die Erwerbsrate der Jugendlichen war im ersten Nachkriegsjahrzehnt sehr hoch, was folgender Vergleich zeigt: In der Gruppe der 15bis 17-Jährigen gingen 69 % einer Erwerbstätigkeit nach, bei den 18bis 20-Jährigen waren es 85 % 3 (Schildt, 2008). Die Arbeitszeiten nach dem Krieg waren sehr lang, und die Gewerkschaften setzten gegen Ende der 1950er Jahre eine Reduzierung der Arbeitszeit und die 5-Tages-Woche durch. Jetzt blieb für die Familie mehr Zeit. Geldmangel und spärliche Freizeitangebote manifestierten sich in Werten wie Sparsamkeit, die wie selbstverständlich zum guten Charakter gehörte. Die Hausfrau musste mit wenig Haushaltsgeld wirtschaften. Oberstes Ziel dieser Jahre war der private Wohlstand, gezeichnet durch Optimismus und Tatendrang des Wiederaufbaus (die Zeit des „Wirtschaftswunders“). Heute spricht man auch von einer „Fresswelle“, die die Zeit von Ludwig Erhard 4 begleitete und in der Konsumgüter wie Kaffee nicht mehr Luxusartikel waren. Neben Lebensmitteln gaben die Menschen wieder mehr Geld für Kosmetik, Haushalt und Kleidung aus, was an der Produktwerbung jener Zeit, also auch an der Radiowerbung, deutlich nachvollzogen werden kann. In der Werbung zu Beginn der 1950er Jahre ging es aber erst einmal weniger um die aktive Verkaufsankurbelung als darum, das Comeback der Marken nach den Kriegsjahren zu kommunizieren und Imagepflege zu betreiben. Die Zeit des Kalten Kriegs beeinflusste auch im Hörfunk die Programmge‐ staltung in den 1950er Jahren. 75 4.1 Die Nachkriegsjahrzehnte Die auf materiellem Mangel basierenden Lebensverhältnisse und die entsprechenden Erziehungseinflüsse kennzeichneten den Sozialcharakter der um 1940 Geborenen schließlich als einen, der von asketischer Arbeitsmoral und autoritätsfixiertem Kon‐ formismus geprägt war. (Marßolek & Saldern, 1999, S. 36). Das in der Werbung verbreitete Ideal der neuen nivellierten Mittelklasse war die häusliche Harmonie und das große Bedürfnis dazuzugehören. Gasteiger fasst das Verbraucherverhalten in Anlehnung an Martineau (1959) zusammen und weist auf die Ende der 1950er Jahre beginnende Differenzierung der Klassen innerhalb der Mittelschicht hin: Der Verbraucher wolle deshalb nicht einfach irgendeine Zahnpasta oder irgendeine Zigarette. Er wolle vielmehr die Marke, die seine Identität zum Ausdruck bringe: seinen Status, sein Geschlecht, seine Persönlichkeit und seine Altersgruppe. (Ga‐ steiger, 2009, S. 39) 4.1.2 Die 1960er Jahre Die ökonomische Rekonstruktion war Ende der 1950er Jahre abgeschlossen und die Menschen konnten ihre Ideale und Wünsche nach Häuslichkeit und Privat‐ heit dank Verzichts und Sparsamkeit immer mehr umsetzen. Aber die 1960er Jahre, politisch geprägt durch Mauerbau (1961), Notstandsgesetze (1968) und die Proteste der APO (Außerparlamentarische Opposition), sollten die Werte der Elterngeneration infrage stellen. [Der] Übergang von den 1950er zu den 1960er Jahren markiert den Beginn einer ent‐ scheidenden Phase tiefgreifender sozialkultureller Umbrüche, die die gesamte Gesell‐ schaft erfaßten und die ihren besonderen Ausdruck im Verhältnis der Generationen zueinander fanden sowie mit einer erhöhten Bedeutung der Massenmedien und einem Wandel des massenmedialen Systems einhergingen. (Schildt, 1999, S. 252) Reibungsfläche bot hier nicht zuletzt auch die mangelnde Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit. Der Gegensatz zwischen Jung und Alt kam immer stärker zum Ausdruck und sorgte für Spannungen und Veränderungen sozialer und kultureller Werte in der Flowerpower-Bewegung (1965). Er gipfelte 1968 schließlich in der antiautoritären politischen Studen‐ tenrevolte der sogenannten 68er Generation. Die Spannung zwischen den Werten und Normen der älteren, konservativen Generation und der sich jetzt revolutionierenden Jugend zeigte sich in allen Bereichen, von moralischen Fragen und der sexuellen Befreiung bis zum Musikstil (es war die Zeit des Auf‐ 76 4 Gesellschaftliche Normen und Werbung stiegs der Beatles) und bis zur Mode (längere Haare bei Männern und kurze Röcke bei Frauen). Diese Zeit war für die Frauenbewegung bedeutungsvoll, die, auch wenn der Artikel 3 des Grundgesetzes auch damals schon „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ lautete, noch weit entfernt von der Umsetzung dieses Postulats in der Gesellschaft war. Frauen hatten aber begonnen, sich „hinter dem Herd hervorzubewegen“. Frauen-Erwerbstätigkeit war jetzt immer mehr anzutreffen und hausfrauliche Tätigkeiten wurden zunehmend als unattraktiv empfunden (Seegers, 1999, S. 177). Der Wandel des Generationenverhältnisses brachte Konflikte und Auseinan‐ derleben mit sich, die Jugendlichen entwickelten sich zu einer konsum- und freizeitorientierten Generation, deren Alltag immer mehr durch die Verbreitung der Massenmedien geprägt wurde. Der in den 1950er Jahren vorherrschende moralische Gesellschaftscode erfuhr eine Umstrukturierung in Richtung des kommerziellen Codes, beeinflusst durch amerikanische Alltags- und Pop‐ kultur. In den Konsumhoffnungen der fünfziger Jahre war zudem schon ein generationsbe‐ zogener alltagskultureller Nonkonformismus als eine Möglichkeit angelegt, die sich dann in den sechziger Jahren materialisierte und in den Jeans ihren symbolischen Ausdruck fand. (Marßolek & Saldern, 1999, S. 37) Ein paar Zahlen sollen die 1960er Jahre skizzieren: Der Wohnraum war groß‐ zügiger geworden (1952 betrug die durchschnittliche Fläche einer Neubauwoh‐ nung 55 qm, 1962 waren es 75 qm. Ende der 1960er hatten nur noch 2 % der Haushalte keine Tageszeitung, Radio oder Fernseher und es stand in dreiviertel aller Haushalte ein Fernsehgerät. Während 1950 noch 36 % der Haushalte in Untermiete lebten, sank diese Zahl 1960 auf 13 % und der beginnende Wohl‐ standsboom zeigte sich unter anderem darin, dass in Immobilien angelegt wurde und ein Drittel der Bevölkerung Wohnungseigentum besaß (Schildt, 1999, S. 258-259). So ist es auch die Zeit, in der sich immer mehr Familien ein eigenes Auto leisten konnten (die Zahl der Haushalte mit eigenem PKW hat sich in den 1960er Jahren verdreifacht, was erste Reisewellen zur Folge hatte) und in der selbst das Radio in Form des Transistorradios mobil wurde (vgl. 2.1.2 zu Radio‐ hörgewohnheiten im Spiegel der Zeit). Anfang der 60er-Jahre besaß mehr als die Hälfte der jungen Erwachsenen im Alter zwischen 21 und 25 ein eigenes Radiogerät, und selbst die Zwölfbis 16-Jährigen ver‐ fügten häufig über ein Kofferradio oder kleines Taschentransistorgerät […]. Mitte der 60er-Jahre kamen dann auch die ersten Musik-Kassetten-Geräte auf den Markt. (Schildt, 2008) 77 4.1 Die Nachkriegsjahrzehnte Mehr Mobilität und die beginnende Internationalisierung färbten auch auf die Küche ab, wo nicht nur höherwertige, sondern auch internationale und „exoti‐ sche“ Lebensmittel gekauft wurden. Coca-Cola betrat den westdeutschen Markt und wurde Symbol für die Öffnung der Gesellschaft gegenüber US -amerikani‐ scher Lebensweise. Auf den sozialen Umbruch und die damit zusammenhän‐ gende Alltags-Wirklichkeit der 1960er Jahre reagierten die Medien und vor allem die Werbung. So leisteten die Massenmedien einen Beitrag zur „Verwestli‐ chung“, zur Amerikanisierung und waren ihrerseits prägend und richtungswei‐ send. Selbst wenn die Verhältnisse um 1960 retrospektiv noch sehr bescheiden anmuten, man stand ja erst am Beginn eines Wohlstandsbooms, begann sich doch ein neues Konsummodell zu etablieren, in das durch die Stabilität der Arbeitsverhältnisse, die sozialstaatliche Absicherung und das Niveau der Einkommen große Teile der Arbei‐ terklasse als Kern einer breiten lohnabhängigen Mittelschicht integriert werden konnten, ein Konsummodell, in dem die alten Klassengrenzen allmählich verwischt wurden. (Schildt, 1999, S. 258) Vergleichende Warentests etablierten sich und begannen, sich auf ein differenzierteres Konsumverhalten auszuwirken, was sich in den Folgejahrzehnten auf immer ausgefeiltere Weise fortsetzte (Gasteiger, 2009, S. 40-43). Einkäufe fanden immer mehr nach sozialem Ansehen und Gruppenzugehörigkeit statt und Pro‐ dukte wurden nicht mehr nur nach objektiven Kriterien, sondern nach Schein‐ werten ausgewählt, die wir heute als Zusatznutzen bezeichnen (z. B. soziale An‐ erkennung, Schönheit). Der Weg von der Bedürfnisgesellschaft in die Massenkonsumgesellschaft war eingeschlagen: Marktforschung, Marketing und Werbung schlugen seit den späten 1960er- Jahren einen Weg ein, der auf eine gezielte soziale und psychologische Differenzierung des Konsums gerichtet war - sowohl in Bezug auf die materielle Gestaltung von Pro‐ dukten als auch mit Blick auf ihre konnotativen, symbolischen Bestandteile. Theorien, die eine Nivellierung durch Konsum postulierten, konnten vor diesem Hintergrund freilich nicht mehr vertreten werden. (Gasteiger, 2009, S. 47-48) 4.1.3 Die 1970er Jahre Der Nachkriegsboom fand Mitte der 1970er Jahre ein Ende, soziale Differenzen wurden wieder deutlicher spürbar. Dieses Jahrzehnt, das man politisch mit der Ölkrise (1973), dem RAF -Terrorismus und dem „Deutschen Herbst“ (1977) ver‐ bindet, zeigt auf der anderen Seite die Früchte der Emanzipationsbewegungen: „Fräulein“ für unverheiratete Frauen wurde 1971 offiziell durch „Frau“ ersetzt, 78 4 Gesellschaftliche Normen und Werbung 5 Diese Informationen stammen aus der Online-Ausgabe des Heftes „Deutschland in den 70er 80er Jahren“ der Bundeszentrale für politische Bildung (Bührer, 2002). der Abtreibungsparagraph 218 war in aller Munde und Themen wie Mutter‐ schaft, Ehe und Sexualität wurden öffentlich diskutiert. 1975 senkte man die Volljährigkeit von 21 auf 18 Jahre, Chancengerechtigkeit in der Ausbildung äu‐ ßerte sich durch die Einführung des BA föG (1971). Erste Anti-Atomkraft-Akti‐ vitäten ließen ein verstärktes Umweltbewusstsein erkennen. Die noch in den 1960er Jahren deutlicher spürbare Klassengesellschaft verlor jetzt zunehmend Kontur und die Menschen lebten in Wohlstand mit steigenden Einkommen und niedriger Arbeitslosigkeit; der Boom ging weiter bis in die Mitte der 1970er Jahre, als die Folgen der Ölkrise die Welt erschütterten und auch in Deutschland einen jähen wirtschaftlichen Abschwung auslösten. Einige Daten sollen dies verdeutlichen: Die Arbeitslosenquote stieg von 0,7 % (1970) jäh auf 4,65 % (1975) an, und erstmals seit Kriegsende lag das Bruttosozialpro‐ dukt im Minus (mit -1,1 %). 5 Trotzdem setzte sich der allgemeine Trend des Wohlstands auch in diesem Jahrzehnt fort. 1970 waren 20 % der Haushalte, 1975 schon 50 % mit einem Telefon ausgestattet, 1978 verfügten 62 % aller Haushalte über einen eigenen PKW , so dass sich jetzt noch mehr Familien einen Urlaub leisten konnten. Es war eine Umschichtung des Konsums zu erkennen: Während den Berechnungen des Statistischen Bundesamtes zufolge 1962 / 63 im‐ merhin 58 Prozent des Einkommens unmittelbar lebensnotwendig - definitions‐ gemäß für Nahrung, Kleidung und Wohnung - verwendet wurden, waren es 1973 nur noch 44 und 1978 sogar nur 42 Prozent. (Schildt, 2002) Die schon im vorherigen Jahrzehnt begonnene Hippie-Bewegung breitete sich als konsumkritische Friedensbewegung in Europa aus. Diese und andere Ju‐ gendkulturen (z. B. Punks) prägten die Szene und setzten internationale Stan‐ dards, die in Tanzformen, Freizeitgestaltung und in der Mode zum Ausdruck kamen. Im geteilten Deutschland setzen sie symbolisch-expressiv Zeichen in Form von Verhaltensformen und konsumgeprägter Popkultur. Die Werbung in den 1970er Jahren wurden dementsprechend internationaler, schriller, bunter und sexy und stellte sich auf die Wünsche des jugendlichen Publikums ein. In der Printwerbung wurden die Anzeigen größer und die Textmenge we‐ niger, fremdsprachliche Elemente wiederum nahmen zu. In der Hörfunkwer‐ bung nahmen typische „Modeerscheinungen“ der 1950er, 1960er und 1970er Jahre wie Chorsprechen oder der Endreim immer mehr ab und fanden sich ab den 1980er Jahren kaum mehr (5.4.2.2, Abb. 3). Das neue Paradigma der Kon‐ sumgesellschaft und die Rolle der Werbung zeigten ein neues Profil. 79 4.1 Die Nachkriegsjahrzehnte 6 Diese Entwicklung ging schließlich in den 1990er Jahren in Richtung einer Explosion der „Neuen Männlichkeit“. Genderfragen rückten immer mehr in den Vordergrund und nahmen sozial- und sprachwissenschaftlich eine feste Stellung ein. 7 2018 waren es 78,1 %, was vier von fünf Frauen ausmacht, die berufstätig waren; bei Männern lag die Quote bei 87,2 % („70 Jahre Bundesrepublik“, 2019, https: / / www.desta tis.de, 23. 6. 2021). Marktforschung, Marketing und Werbung setzten mit Verbrauchertypologien, Markt‐ segmentierung und Produktpositionierungskampagnen […] auf die differenzierenden Aspekte des Konsums. Ihren Höhepunkt erreichte die Auseinandersetzung um Konsum und Gesellschaft mit der massiven akademischen, öffentlichen und politi‐ schen Konsumkritik der 1970er-Jahre. Diese Kritik betrachtete Werbung als treibende Kraft einer von kapitalistischen Interessen motivierten und einseitig implementierten sozialen Ungleichheit. (Gasteiger, 2009, S. 55-56) Die Verbraucherverbände sahen sich gestärkt und wandten sich gegen die Ma‐ nipulation und die Produktion falscher Bedürfnisse in der Werbung, sodass die Werbebranche die 1970er-Jahre als Krise erlebte. Sie reagierte mit „einer stärker auf Information zielenden Werbung, aber immer noch mit der Grundannahme, das Konsumverhalten maßgeblich steuern zu können“ (ebd.). Wie ging es nach den 1970er Jahren weiter? Die 1980er Jahre gelten als Ein‐ schnitt in der Entwicklung des Industriezeitalters zum Informationszeitalter und waren der Beginn der sich immer schneller fortsetzenden Digitalisierung in allen Lebensbereichen, bei den Massenmedien kamen erste Privatsender auf (1984) (vgl. 2.1.2). Was die Geschlechterrolle betrifft, so wurde das Frauenbild auch in den Medien immer mehr emanzipiert und verändert. 6 Laut einer Pres‐ semitteilung (Nr. 193 vom 21. Mai 2019) war 1980 jede zweite Frau zwischen 20 und 64 Jahren erwerbstätig. 7 Die Utopie der Mittelklassengesellschaft begann wieder einer Klassengesellschaft mit ungleich verteiltem Vermögen zu weichen und sollte sich in den 1990er Jahren noch deutlicher polarisieren. Es war die postmoderne Konsumgesellschaft, in der die Verbraucher nicht mehr falschen Bedürfnissen zum Opfer fallen wollten, ihre Individualität wieder zu erobern versuchten und für ihre Kaufentscheidungen selbst verantwortlich sein wollten. Das zeigte natürlich Folgen für die Werbestrategien. Das Abflauen der Auseinandersetzung über Konsum, ‚Manipulation‘ und ‚Entfrem‐ dung‘ in den Jahren um 1980 markierte damit nicht nur das Ende der Theorie einer starken, einseitigen Werbewirkung, sondern auch den endgültigen Abschied von der Utopie einer durch Massenkonsum sozial nivellierten Gesellschaft in der Bundesre‐ publik (Gasteiger, 2009, S. 56). 80 4 Gesellschaftliche Normen und Werbung 4.2 Themen, Topoi und Zusatznutzen in der Produktwerbung Was sagt die Stimme über ihre Zeit aus? Nicht nur das, was sich an ihrer Qualität ablesen (bzw. „abhören“) lässt, sondern auch das, was ihre Werbebotschaft ist, was sie also an Inhalt transportiert, soll hier näher betrachtet werden. Die Ge‐ sprächs- und Redemuster, die Topoi und Themen, die - in unserem Fall - in den Werbespots erkennbar sind bzw. angesprochen werden, charakterisieren die gesellschaftlichen Normen der Zeit. Unter Rückbezug auf die Terminologie der römischen Rhetorik wird im Fol‐ genden die Topik unter dem Blickwinkel von Gemeinplätzen (loci communis) betrachtet, also Argumenten oder Argumentationsmustern, die in der jeweiligen Gesellschaft verankert und anerkannt sind oder waren. Diese sind nicht zuletzt auf geteilte und soziokulturell verankerte Werte zurückzuführen und transpor‐ tieren in ihrem Konsens eine Meinung. Dieses Charakteristikum lässt die Topik einer Werbung zum Spiegel der geltenden soziokulturellen Werte ihrer Zielgruppe werden. Im Rahmen einer Analyse von Wer‐ bung ermöglicht deshalb die differenzierte Erfassung der verwendeten Topoi Rück‐ schlüsse auf anerkannte Wertvorstellungen und Orientierungsgrößen in der inten‐ dierten Zielgruppe. […] Mit der rhetorischen Erfassung der einzelnen Topoi von Werbung sind nicht nur Aussagen über konkrete Zielgruppenspezifika möglich, son‐ dern auch Rückschlüsse auf den allgemeinen Zeitgeist zum Zeitpunkt der Veröffent‐ lichung. (Schüler, 2012, S. 209) Ein tieferer Einstieg in Fragen der Werteforschung, die Erörterung der unter‐ schiedlichen Wertetypologien und -kategorien oder die Abgrenzung zwischen Werten, Bedürfnissen, Einstellungen, Motiven, Präferenzen, Normen und Tu‐ genden würde an dieser Stelle zu weit führen, es sei daher auf Golonka (2009) verwiesen und exemplarisch ein paar Ansätze herangezogen, die bei der Analyse der Hörfunkspots in Kapitel 5 berücksichtigt wurden. Nach umgangssprachlichem Verständnis wird als ein Wert alles angesehen, was für jemanden wertvoll ist, d. h. eine positive Bedeutung für ihn hat und seine bestimmten (materiellen oder ideellen) Bedürfnisse befriedigen kann. Es kann sich dabei um Ge‐ genstände im weitesten Sinne des Wortes handeln, vor allem jedoch um Merkmale, die den Gegenständen (oder Personen) von Menschen zugeschrieben werden. (Golonka, 2009, S. 81-82) 81 4.2 Themen, Topoi und Zusatznutzen in der Produktwerbung 8 Auf weitere Ausführungen zu Kulturstandards im Kontext von Nationalkulturen wird verzichtet, da der Fokus auf westdeutschen Hörfunk-Werbespots liegt. 9 In ihrer Arbeit über Werbung und Werte geht Joanna Golanka ausführlich auf Katego‐ risierungen von Werten ein und gibt einen Überblick über 11 Typologien (Golonka, 2009, S. 84-90). Die hier angeführten Wertekataloge fallen unter die Kategorie „inhalt‐ liche Wertetypologien“. „Es geht darum, den Kunden nicht primär die Produkte allein, Werte (ethische, religiöse, kulturspezifische, individuelle …) sind in Kulturstan‐ dards 8 verankert und können je nach Gruppe (Nation, Gesellschaft, Generation, Geschlecht etc.) von den Werbeschaffenden auf Werbebotschaften übertragen und mit dem beworbenen Produkt verbunden werden. In diesem Sinne wird also mit Werten, manchmal auch für Werte geworben, wobei die Grenzen zwischen Wert, Wunsch, Motiv usw. fließend sind. Einer der bekanntesten Ansätze in diesem Zusammenhang dürften die sich in der Bedürfnispyramide von Maslow (1954) widerspiegelnden Werte sein, in denen sich das Konsumverhalten der Menschen abbilden lässt. Hierbei kann eine Hierarchie, von der Erfüllung von Grundbedürfnissen bis zum Wunsch nach Selbstverwirklichung, stufenweise nachvollzogen werden. Dabei rückt das jeweils „höhere“ Bedürfnis erst nach Erfüllung des jeweils „niedrigeren“ in den Fokus. So lauten die Stufen der Pyramide von der Basis zur Spitze wie folgt: physiologische Bedürfnisse (Hunger, Durst, Gesundheit etc.) - Sicherheitsbe‐ dürfnisse (Sicherheit, Frieden etc.) - soziale Bedürfnisse (Liebe, Geborgenheit etc.) - Individualbedürfnisse (z. B. Selbstachtung) - Selbstverwirklichung (Freude an der Arbeit, kreatives Leben etc.). Die Frage, die sich im Anschluss an die Skizzierung der Nachkriegsjahrzehnte in diesem Kapitel (4.1) und den Ausführungen zur Radiorhetorik (2.3) und den Persuasionsstrategien der Hörfunkwerbung (2.4) stellt, sind die den Familien- und Gesellschaftsmodellen zugrunde liegenden Themen und Topoi, die Werbe‐ schaffende für die Konstruktion der Argumentation und der Konzeption des Appells (sprachlich und nicht sprachlich) heranziehen, um einen überzeugenden Zusatznutzen zu finden, mit dem sie dem Produkt ein Alleinstellungsmerkmal (einen USP ) zu verleihen versuchen, was bei immer wachsender Konkurrenz zunehmend wichtig wird. Auf dieser Grundlage soll schließlich in 5.4 beispiel‐ haft gezeigt werden, wie Stimme und Sprechweise diese Themen in ihrer Ver‐ kaufsrhetorik aufgreifen. Aus der Reihe an Forschungen zur Kategorisierung von Werten und Weltbil‐ dern seien zwei herausgegriffen, die für die Analysen in Kapitel 5 herangezogen wurden (siehe Tab. 2). Sie dienten als Grundlage für Gruppierungen von The‐ menbereichen bzw. Werten, die in den dort untersuchten Produktgruppen an‐ zutreffen sind. 9 Zum einen ist das Christa Wehners (1996, S. 25) Katalog von 18 82 4 Gesellschaftliche Normen und Werbung sondern vielmehr die Werte, die Erfüllung ihrer Wünsche und Sehnsüchte zu verspre‐ chen, zu verkaufen“ (Golonka, 2009, S. 138). durch Werbung „kommunizierte Werte“, die sowohl den Grundnutzen als auch den Zusatznutzen widerspiegeln und jeweils die Bedürfnisse der Zielgruppe ansprechen. Zum anderen Hermann Cölfens (1999, S. 106) 30 „Werbewelt‐ bilder“, mit denen er bei seiner Untersuchung von Werbeanzeigen über drei Dekaden (1960-1990) arbeitete. Kommunizierte Werte nach Wehner (1996) Werbeweltbilder nach Cölfen (1999) • Wirtschaftlichkeit (Preis-Leistungs-Ver‐ hältnis, Umgang mit Ressourcen), • Leistungsfähigkeit (Funktonalität, Zuver‐ lässigkeit, Wirkung), • Qualität (Hochwertigkeit, auch Premium‐ kategorie), • Technik (moderne Technologie), • Convenience (Bedienungskomfort, Er‐ sparnis von Zeit und Kraft), • Sauberkeit (Reinheit, Glanz, Hygiene), • Sicherheit (materiell und immateriell, Zu‐ kunftssicherung), • Ernährung (Geschmack und Bekömmlich‐ keit von Lebensmitteln), • Genuss (‚Zusatznutzen‘ von Nahrungs‐ mitteln und Getränken), • Gesundheit (Vorsorge, Heilung, auch ge‐ sunde Ernährung), • Physisches Wohlbefinden (Komfort, Vita‐ lität), • Schönheit (physische Attraktivität, Ge‐ pflegtsein, Jugend), • Ästhetik (schöne Dinge, gute Form, De‐ sign), • Soziale Beziehungen (Freundschaft, Liebe, Partnerschaft, Familie), • Lebensfreude (Unbeschwertheit, das Leben genießen, Hedonismus), • Lebensart (Stil, Anspruch, gehobener Konsum, Kultiviertheit), • Naturnähe / Ökologie (Abgeschiedenheit, Umweltbewusstsein), • Soziale Anerkennung (Erfolg, Status, Be‐ wunderung). • Qualität, • Geld, • Wirtschaftlichkeit, • Genuss, • Bequemlichkeit, • Gesundheit, • Fortschritt / Forschung, • Neu, • Erfolg der Firma, • Frau, • Kochen / Haushalt, • Schnelligkeit, • Sicherheit, • Kinder, • Attraktivität, • Tradition, • Haltbarkeit, • Spaß / Spiel, • Urlaub / Reise, • Mann, • Kreativität, • Selbstbewusstsein, • Familie, • Liebe, • Erfolg des Kunden, • Umweltbewusstsein, • Luxus / Anspruch, • Erfahrung, • Individualität, • Jugend. Tab. 2: Wertekommunikation in der Werbung (Wehner, 1996; Cölfen, 1999) 83 4.2 Themen, Topoi und Zusatznutzen in der Produktwerbung 10 Bräuer (2006) konnte dies in ihrer diachronen Untersuchung von Darstellungen von Hausfrauen in Hörfunk-Werbespots aus den Jahren 1959, 1973, 2004 für die jüngeren Spots nicht bestätigen und kommt zu dem Ergebnis, nur der ältere Spot (1959) reflektiere die gesellschaftliche Situation wahrheitsgetreu. Für die im nächsten Abschnitt untersuchten Hörfunk-Werbespots werden nicht alle angeführten Werte von Interesse sein, was nicht zuletzt an der Fokussierung der Untersuchung auf drei Produktgruppen liegt. Die in den Spots erkennbaren Werte spiegeln sich in der Argumentationsstrategie und nicht zuletzt in der Inszenierung der Produkte wider. Indem Werbung den Gebrauch eines Produktes in einem konkreten sozialen Kontext darstellt, bietet sie dem Konsumenten eine Möglichkeit zur Wertsteigerung des Pro‐ dukts, die weit über die Implikationen des Kaufs hinausreicht. So realisiert sich das Image des Produkts auch in der Inszenierung seines Gebrauchs. Dieses wird dann wieder Bestandteil der werblichen Argumentation, die den Konsum (mit-)begründet. (Schüler, 2012, S. 211) Von speziellem Interesse in diesem Zusammenhang ist nicht zuletzt die Rolle von Frauen in der Hörfunkwerbung der untersuchten Jahrzehnte und im all‐ mählichen Abbau des Kinder-Küche-Kirche-Klischees, wobei sich die Frage stellt, inwieweit Hörfunkspots die gesellschaftlichen Errungenschaften von Frauen auch zeitgetreu reflektieren. 10 84 4 Gesellschaftliche Normen und Werbung 1 Das phonetische Open-Source Analyse-Programm Praat wurde von Paul Boersma und David Weenink am Institute of Phonetic Sciences (University of Amsterdam) entwi‐ ckelt; siehe http: / / www.fon.hum.uva.nl/ praat/ [26. 05. 2021]. Es ist unter www.praat.o rg kostenlos erhältlich. Für eine Einführung in die Funktionen des Programms Praat siehe Boersma (2014); eine deutschsprachige Anleitung bietet Mayer (2017). 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots (die 1950er, 1960er und 1970er Jahre) Die empirische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots der aus‐ gewählten drei Jahrzehnte umfasst drei Untersuchungsbereiche (drei methodi‐ sche Ansätze): zum einen die Frage nach Zeitzeugnissen, die von den Themen und Topoi im Spot aufgenommen werden, und die sich in Stimme und Sprech‐ weise widerspiegeln. Weiter die perzeptive (auditive) Wahrnehmung und schließlich die akustische (experimentalphonetische) Analyse ausgewählter Pa‐ rameter mittels der phonetischen Analyse-Software Praat. 1 Die Untersuchung der perzeptiven Wahrnehmung ist zudem aus dem Grund interessant, dass Testpersonen im Jahr 2020 Werbespots beurteilten, deren Aus‐ strahlung z. T. fast 70 Jahre zurückliegt. Das heißt, dass diese Bewertungen durch eine aktuelle Linse betrachtet wurden, welcher sämtliche Themen, Kli‐ schees, Stereotype und Werte von heute zugrunde liegen. Man muss also davon Abstand nehmen, diese Beurteilung gleich zu setzen mit einer, die aus einem anderen Zeitraum stammt, ggf. sogar aus genau der Zeit der Entstehung des Spots. Die Komplexität geht noch weiter: Eine Person, die sich an jene Spots noch erinnern kann, die also ein gewisses Alter hat, wird ihre Erinnerungswerte bewusst oder unbewusst mit einbringen. Auch hier könnte man sich fragen, ob ihre Antworten mit jüngeren Personen, die die „alten“ Stimmen vielleicht zum ersten Mal hören, vergleichbar sind. Diesen Fragen konnten im Rahmen der vorliegenden Analyse (noch) nicht vertieft nachgegangen werden, was nicht ausschließt, in die besagte Richtung weiter zu forschen. Die Transkripte im Anhang sind nicht nur dazu bestimmt, die Ergebnisse der Untersuchung nachvollziehen zu können und Transparenz zu garantieren, son‐ dern auch, um für weiterführende Forschungsfragen zur Verfügung zu stehen. 2 Bei den Vergleichsspots der 2010er Jahre handelt es sich auch ausschließlich um Audiodateien, in diesem Falls von TV-Werbespots. 5.1 Forschungsfragen Anhand der hier beschriebenen Untersuchung sollten sprecher-, marken- und zeitspezifische Charakteristika erkannt und analysiert werden, wobei der Schwerpunkt auf der Stimme und Sprechweise lag. Dabei wurde das Medium Hörfunk herangezogen. 2 Die Untersuchung versteht sich als exemplarisch und somit auch als Anregung, das Korpus auszuweiten und interessante Ergebnisse auch anhand weiterer Untersuchungsobjekte zu verifizieren und zu vertiefen. Die zwei Fragenkomplexe der Untersuchung, die auch der inhaltlichen Struktur dieses Abschnitts zugrunde liegen, sind wie folgt zu verstehen: 1. Welche Persuasionsstrategien, Themen und Topoi werden seit den 1950er Jahren in der Hörfunkwerbung eingesetzt, und wie werden sie von Stimme und Sprechweise aufgenommen? Neben der thematischen und argumentativen Analyse wird in diesem Abschnitt sprachlichen und außersprachlichen Entwicklungen nachge‐ gangen, um schließlich zu prüfen, wie sich dies in Stimme und Sprech‐ weise manifestiert. 2. Wie nehmen heutige Hörerinnen und Hörer Stimme und Sprech‐ weise in der Hörfunkwerbung seit den 1950er Jahren wahr? Im weiteren Verlauf werden im zweiten Fragenkomplex detailliertere Teilfragen aufgegriffen und beantwortet, z. B.: Was ändert sich in Bezug auf Natürlichkeit, Sympathie und Überzeugung im Laufe der unter‐ suchten Jahrzehnte? Welche Tendenzen sind bei stimmlichen und spre‐ cherischen Parametern erkennbar und wie wirkt sich das auf die Rezep‐ tion heute aus? Besondere Beachtung findet die Frage: Wie haben sich weibliche und männliche Stimmen und Sprechweisen verändert? 5.2 Korpus Das der Untersuchung zugrunde liegende Korpus ist ausschließlich akustischer Natur. Im Gegensatz zu den bisher weit häufiger erforschten schriftlichen Wer‐ bemitteln (in erster Linie Anzeigen- und Plakatwerbung) musste das flüchtige Medium transkribiert, also schriftsprachlich transponiert werden, damit Aus‐ sagen zu Form und Inhalt möglich wurden. Diese Transkriptionen sind im An‐ hang abgedruckt und können eingesehen werden. Was sich den Lesern entzieht, 86 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots 3 Link: https: / / raw.uni-regensburg.de/ hwa.php [15. 04. 2021]. 4 In diesem Zusammenhang mit der Sammlung der rund 500 Werbeschallplatten (1950er bis 1980er Jahre) sei auf Reimann (2020) verwiesen. ist die akustische Komponente; hierfür ist für jeden Spot der entsprechende Archivierungscode des Historischen Archivs für Werbeforschung angegeben. Dass eine historische Analyse aufgrund erschwerter Zugangsbedingungen und lückenhafter Archivierung von Seiten der Werbeagenturen und Aufnah‐ mestudios eine Herausforderung darstellt, wird von Reimann (2012) anschaulich dargestellt. Die hier verwendeten historischen Spots finden sich alle im Regens‐ burger Archiv für Werbeforschung ( RAW ) und sind dort allen Interessierten nach Registrierung zugänglich. 3 5.2.1 Das Regensburger Archiv für Werbeforschung Wie bereits in Kapitel 1.1 erwähnt, ist das Regensburger Archiv für Werbefor‐ schung ( RAW ) für historische Forschungen im Bereich Werberhetorik im Hör‐ funk bestens geeignet. Die in erster Linie deutschen bzw. deutschsprachigen Spots waren von dem Wirtschaftswissenschaftler und Werbeproduzenten Erwin H. Geldmacher systematisch gesammelt worden und gingen 2003 als Schenkung an die Universität Regensburg. Dort wurden sie in einem eigenen Archiv der Universitätsbibliothek, dem Historischen Archiv für Werbeforschung ( HWA ) der Forschung zugänglich gemacht. Heute ist das HWA eine Sammlung des RAW ; seine über 50 000 Spots aus den Jahren 1948 bis 1986 wurden bzw. werden vom MultiMediaZentrum der Universitätsbibliothek Regensburg digi‐ talisiert und umfassen Spots diverser Produktgruppen (in erster Linie Nah‐ rungs-/ Genussmittel und Hygiene-/ Wasch-/ Putzmittel). Teilweise sind sie mit Transkriptionen und Regieanweisungen bzw. Anmerkungen versehen (Rei‐ mann, 2012, S. 484-585). Was vorab auch gesagt werden muss, ist, dass das Archiv trotz des Umfangs seiner zum Großteil digitalisierten Werbespots keinen Anspruch auf Vollstän‐ digkeit erheben kann. Es war für Werbeproduzenten früher keineswegs üblich, vorläufige Arbeitsversionen oder auch gesendete Rundfunkspots zu archivieren, so dass es für die vorliegende Untersuchung schwierig war, Radiospots des‐ selben Produkts aus allen untersuchten Zeiträumen zu finden. Dieser Umstand erklärt auch die Auswahl der hier untersuchten Produkte. Die Arbeit am HWA und den anderen diversen Sammlungen des RAW (es gibt eine Sammlung von rund 500 Werbeschallplatten der 1950er bis 1980er Jahre 4 , an Werbefilmen etc.) ist längst nicht abgeschlossen. Immer wieder gibt es neue Zugänge, die digitalisiert und katalogisiert werden müssen. 87 5.2 Korpus 5 Am Beispiel des Spülmittels PRIL soll dies veranschaulicht werden: Von 13 aufgeführten Markennamen (z. B. PRIL Flüssig, PRIL handmild, PRIL BLITZ) waren im HWA 2019 insgesamt 175 Spots vorhanden, die Dateien mit den Bändern von 1960 hatten keine einzige Reinaufnahme, die 14 Spots von 1969 insgesamt vier, wovon wiederum drei Sonderaktionen darstellten. 5.2.2 Auswahl der Produktgruppen Die Auswahl für die hier analysierten Werbespots ergab sich aus dem Anspruch, jeweils lückenlos über die untersuchten Jahrzehnte Werbespots desselben Pro‐ dukts in Reinaufnahme zu finden (d. h. in tatsächlich ausgestrahlten Versionen 5 ). Die jeweiligen Audiodateien im Archiv beinhalten so gut wie nie nur eine Ver‐ sion, sondern sind Zusammenstellungen unterschiedlicher Schnitte, vom Layout Funk bis zur Reinaufnahme Funk, umfassen also auch zensierte oder mangelhafte Spots, die nie ausgestrahlt worden waren. Mitunter finden sich in diesen Dateien auch Sonderaktionen oder isolierte Jingles, Musikpassagen o. ä. Manchmal handelt es sich auch um Dateien, die diverse Aufnahmen einer Wer‐ bekampagne beinhalten. In der Regel wurde für die Untersuchung hier der je‐ weils erste Werbespot in Reinaufnahme gewählt, der also auch tatsächlich aus‐ gestrahlt worden war. Die zuständigen Mitarbeiterinnen des Werbefunkarchivs stellten für die Un‐ tersuchung die Verzeichnisse mit den schon fertig digitalisierten historischen Bändern zur Verfügung, unterteilt in Marke, Jahr und Produktgruppe mit An‐ gabe der Anzahl der jeweils erfassten Spots. Diese Zusammenstellung mit knapp 11 500 Markeneinträgen waren bereits nach Produktgruppen bzw. Jahren ge‐ clustert und eine Auswahl der drei Produktgruppen konnte getroffen werden. 5.2.3 Hörfunk-Werbespots für die diachrone Analyse Das oben beschriebene Vorgehen engte die Wahl auf folgende Produktgruppen ein: Genuss (Caro Kaffee), Hygiene Körper (Durodont) und Hygiene Haushalt (Persil). Im Historischen Werbefunkarchiv werden die für die Untersuchung ausgewählten digitalisierten Bänder unter folgenden Einträgen archiviert: Genussmittel: Kaffee (1950er, 1960er, 1970er Jahre) • CARO , 1956, HWA _1_1199.mp3 • CARO , 1963, HWA _121_292.mp3 • CARO , 1973, HWA _121_481.mp3 88 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots Hygieneprodukte Körper: Zahnpasta (1950er, 1960er, 1970er Jahre) • Durodont, 1953, HWA _1_174.mp3 • Durodont und Duro 35, 1960, HWA _2_185.mp3 • Durodont, 1976, HWA _8_51.mp3 Hygieneprodukte Haushalt: Waschmittel (1950er, 1960er, 1970er Jahre) • Persil, 1953, HWA _1_1968.mp3 • Persil 59, 1963, HWA _2_489.mp3 • Persil, 1973, HWA _44_863.mp3 5.2.4 Vergleichsspots für die synchrone Analyse Nach der Auswahl der über drei Jahrzehnte vertretenen Marken pro Produkt‐ gruppe wurden für jedes Jahrzehnt weitere fünf Konkurrenzmarken gewählt, um eine Synchronanalyse durchführen zu können. Auch diese Auswahl redu‐ zierte sich von selbst, da nicht für jede Produktgruppe in jedem der drei Jahr‐ zehnte fünf Vergleichsspots mit Reinaufnahmen zu finden waren. So fiel die Auswahl im Bereich Genussmittel aus den 1950er Jahren auf fol‐ gende Kaffee-Produkte ( ALI Express-Kaffee, BOCCA , Linde’s Original, Maxwell Express Kaffee, VOX -Kaffee); im Bereich Körperhygiene aus den 1960er Jahren auf Zahnpasta-Produkte (Blendax, Blend-a-med, Dr. Best, LACALUT , Signal); im Bereich Haushaltshygiene in den 1970er Jahren auf die Waschmittel-Pro‐ dukte (Perwoll, REI in der Tube, Weißer Riese, X- TRA , Fakt). 1950er Jahre (Genussmittel): Kaffee • ALI Express-Kaffee, 1959, HWA _1_1815.mp3 • Maxwell Express Kaffee, 1957, HWA _1_1625.mp3 • Linde’s Original, 1957, HWA _1_2100.mp3 • BOCCA , 1956, HWA _1_2095.mp3 • VOX -Kaffee, 1955, HWA _1_1444.mp3 1960er Jahre (Hygieneprodukte Körper): Zahnpasta • Blendax, 1962, HWA _2_036.mp3 • Blend-a-med, 1962, HWA _2_029.mp3 • Dr. Best, 1962, HWA _430_1.mp3 • LACALUT , 1962, HWA _69_70.mp3 • Signal, 1962, HWA _2_390.mp3 1970er Jahre (Hygieneprodukte Haushalt): Waschmittel 89 5.2 Korpus 6 ARIEL Werbung 2019 Commercial Germany: https: / / www.youtube.com/ watch? v=Fnd veXqX53I [15. 01. 2021]. KAREX: Zahnpasta-Werbespot (April 2018): https: / / www.youtube.com/ watch? v=8OIJ7 zKirOg [15. 01. 2021]. Kinder-KAREX 2019: https: / / www.youtube.com/ watch? v=4mTenIX9T78 [15. 01. 2021]. Lenor - das neue Waschmittel - TV Spot 2017: https: / / www.youtube.com/ watch? v=zs rdlZy4Ml0 [15. 01. 2021]. Lenor 3 in 1 Waschmittel TV Spot Werbung 2018: https: / / www.youtube.com/ watch? v= z-Fr--7E1-U [15. 01. 2021]. Melitta Herbst 2016: https: / / www.youtube.com/ watch? v=LaHE1-LXmF0 [15. 01. 2021]. NESCAFÉ GOLD - Die Seele der Bohne TV Spot 2018 (20 sec.): https: / / www.youtube. com/ watch? v=X93BFbRmDxI [15. 01. 2021] • Perwoll, 1973, HWA _44_833.mp3 • REI , 1973, HWA _253_136.mp3 • Weißer Riese, 1973, HWA _44_832.mp3 • X- TRA , 1973, HWA _44_829.mp3 • Fakt, 1972, HWA _44_814.mp3 Diese 24 Werbespots bilden den Kern der Untersuchung; ihre Transkriptionen befinden sich im Anhang. Ihnen wurden, um einen Vergleich von bestimmten Parametern zu haben, zwei Referenzspots aus den 1980er Jahren und neun aus den 2010er Jahren gegenübergestellt. Dies war wichtig für Aussagen in Bezug auf die diachronen Veränderungen, sei es im Gesamteindruck oder einzelner sprechsprachlicher Parameter wie der Sprechstimmlage. 5.2.5 Referenz-Spots aus den 1980er und 2010er Jahren Für den Vergleich der auditiven Wahrnehmung (Methode 2) und der experi‐ mentalphonetischen Analyse mit Praat (Methode 3) wurden einige Referenz‐ spots aus den 1980er Jahren und den 2010er Jahren in die Untersuchung integriert. Das Historische Werbefunkarchiv verfügt über keine jüngeren Hör‐ funk-Werbespots, und von den 24 untersuchten Marken der 1950er, 1960er und 1970er Jahre lagen lediglich von der Marke Persil zwei Spots aus den 1980er Jahren in digitalisierter Form vor. Beide befinden sich auf einer Datei, zusammen mit Musik und Studiomitschnitten, die während der Aufnahme entstanden: • Persil, 1988, OPUS _180_002_02_Persil_1988, Text Nr. 1 und Nr. 2 Bei den Referenzspots aus den 2010er Jahren handelt es sich um je drei Produkte aus der Gruppe Genuss, Hygiene Körper (Zahnpasta) und Hygiene Haushalt (Waschmittel), die über YouTube gefunden werden: 6 90 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots Oral-B - Zahnfleisch & -schmelz Pro-Repair Werbung Juli 2019: https: / / www.youtube. com/ watch? v=W5QC5IlycO4 [15. 01. 2021]. TCHIBO 2018: https: / / www.youtube.com/ watch? v=C3XASKo6a_g [15. 01. 2021]. 7 Da es in dieser Untersuchung um die Stimme und die erkennbaren Themen geht, wird nicht weiter auf die visuellen Elemente der TV-Spots eingegangen. 8 Die drei methodischen Zugänge bzw. Verfahren werden hier auch als „Methoden“ be‐ zeichnet: „Bestandteil der Empirischen Sozialforschung sind die Methoden. Methoden stellen Systeme von Handlungsanweisungen und Regeln dar, um bestimmte Erkennt‐ nisse realisieren zu können, beziehungsweise um bestimmte Resultate zu erzielen oder um Informationen zu sammeln. Methoden dienen damit stets der Erreichung eines be‐ stimmten Ziels, wie etwa der Gewinnung von sozialen Informationen. […] Befragungen, Beobachtungen und Inhaltsanalysen stellen auch in der Empirischen Sozialforschung die drei Grundmethoden für die Datenerhebung dar […]“ (Häder, 2015, S. 13). Kaffee: • TCHIBO (2018) • NESCAFÉ GOLD - Die Seele der Bohne (2018) • Melitta (Herbst 2016) Zahnpasta: • KAREX : Zahnpasta (April 2018) • Kinder- KAREX (2019) • Oral-B - Zahnfleisch & -schmelz Pro-Repair ( Juli 2019) Waschmittel: • Lenor 3 in 1 Waschmittel TV -Spot Werbung 2018 • ARIEL Werbung 2019 Commercial Germany • Lenor - das neue Waschmittel - TV -Spot 2017 Die zusätzlichen 11 Werbespots wurden herangezogen, um die diachrone Un‐ tersuchung fortsetzen und Aussagen zu Werbespots nach der Jahrtausendwende machen zu können, im Hinblick den Gesamteindruck und auch auf Stimme und Sprechweise. Bei den TV -Spots der 2010er Jahre wurde die Audiospur extrahiert und zur Analyse herangezogen. 7 Die orthographischen Transkriptionen der Re‐ ferenzspots befindet sich auch im Anhang. 5.3 Trianguläres Untersuchungsdesign Die verwendete Forschungsstrategie ist eine Triangulation, die drei unter‐ schiedliche methodische Zugänge 8 beinhaltet, zum einen, um dieselben Frage‐ stellungen aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten und eine größere 91 5.3 Trianguläres Untersuchungsdesign 9 24 historische Werbespots, 9 Referenzspots aus den 2010er Jahren, 2 Referenzspots aus den 1980er Jahren. 10 Die Transkriptionen mit Kommentaren befinden sich im Anhang. 11 Bei dieser einfachen Form der Transkription wird die Sprache „geglättet“, wobei dia‐ lektale und umgangssprachliche Ausdrücke zum Zwecke der leichteren Verständlich‐ keit standardsprachlich wiedergegeben werden und weitgehend auf Paraverbales und Nonverbales verzichtet wird. „In einfachen Transkripten finden sich neben den ge‐ sprochenen Beiträgen meist wenig Angaben zu para- und nonverbalen Ereignissen. Man liest in der Regel dort einen in Umgangssprache und Dialekt geglätteten Text. Hier liegt der Fokus auf einer guten Lesbarkeit, leichter Erlernbarkeit und nicht zu umfang‐ reicher Umsetzungsdauer. Bei solchen Transkriptionsregeln liegt die Priorität auf dem semantischen Inhalt des Gesprächs.“ (Dresing & Pehl, 2018, S. 17). 12 Zum Transkriptionseditor FOLKER siehe Schmidt und Schütte (2010); für einen Über‐ blick auch http: / / agd.ids-mannheim.de/ folker.shtml [23. 05. 2021]. Aussagekraft zu erhalten. Zum anderen wurde das trianguläre Design gewählt, um die verschiedenartigen Forschungsdesigns zu ergänzen und um eine höhere Glaubwürdigkeit der Ergebnisse zu erzielen. Alle 35 Werbespots 9 waren Gegen‐ stand jeder der drei Untersuchungsmethoden, teilweise wurden auch die zwei Spots aus den 1980er Jahren eingebunden. 5.4 Methodischer Zugang 1: Auditive Beschreibung und Transkription der Werbespots Mit Hilfe von auditiven Beschreibungen und Transkriptionen 10 der Hörfunk‐ spots konnten die Werbespots inhaltlich untersucht und beschrieben werden, um in ihrer Interpretation den ersten Fragenkomplex aufzugreifen, bei dem es letztendlich darum ging zu erfahren, wie Stimme und Sprechweise die Themen der Zeit aufnehmen. Welche Persuasionsstrategien, Themen und Topoi werden seit den 1950er Jahren in der Hörfunkwerbung eingesetzt und wie werden sie von Stimme und Sprechweise aufgenommen? Die Transkription der Hörfunkspots erfolgte zum einen in Form eines ortho‐ graphischen Transkripts 11 mit Standardorthographie in Buchstabenschrift, was die leicht lesbare Verschriftlichung garantiert. Die historischen Werbespots wurden dann mit einer zweiten Transkription, mit dem gesprächsanalytischen Transkriptionssystem GAT 2 (Version FOLKER 12 ) ergänzt. Bei der Transkription in Buchstabenschrift wurde auf ein möglichst objek‐ tives, deskriptives Verfahren geachtet und an offensichtlichen Stellen Inter‐ punktion gesetzt. Regionalismen und Reduktionssilben wurden standard‐ sprachlich notiert, was kaum nötig war, weil die Sprecher so gut wie ausschließlich sehr deutlich und standardsprachlich artikulierten; phonetische 92 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots Abweichungen wie Tilgungen oder Klitisierungen wurden entsprechend wie‐ dergegeben, z. B. ne für „eine“, tu’s für „tu es“. Die Aufteilung in drei Spalten (in einer vierten wurden lediglich die Zeilen nummeriert) verknüpft die drei Kodes optisch, um einen ganzheitlichen Rezeptionseindruck wiedergeben zu können: Gesprochene Sprache, Musik / Geräusche und Kommentare (Beschreibung der Stimme und Sprechweise, Benennung der Sprecher, sonstige Auffälligkeiten). Diese Form der Betrachtung lässt uns die Strategien und Themen der Werbe‐ spots erkennen und Aussagen in Bezug auf den Inhalt, die Form und die Funktion treffen: WAS wird WIE und WOZU ausgesagt? 5.4.1 EXMARaLDA vs. FOLKER Der Editor FOLKER ( FOLK EditoR) ist eine Software für die Transkription von Gesprächsdaten und wurde im Rahmen des Projekts Forschungs- und Lehrkorpus Gesprochenes Deutsch ( FOLK ) am Institut für Deutsche Sprache entwickelt (Schmidt & Schütte, 2010). Im Gegensatz zu anderen Mehrzweckeditoren wie EXMAR a LDA oder Praat werden hier ausschließlich Audiodateien unterstützt und können mit Minimal- oder Basistranskripten nach GAT 2 bequem trans‐ kribiert werden. Seit 2017 wird FOLKER zusammen mit dem vielschichtigen Transkriptions- und Annotationsprogramm EXMAR a LDA angeboten und zeichnet sich durch einfachere Handhabung aus: “ FOLKER […] attempts to im‐ prove transcription efficiency by restricting and optimizing both data model and tool functionality to a single, well-defined purpose“ (Schmidt & Schütte, 2010, S. 2091). Im vorliegenden Fall wurde folglich entschieden, auf FOLKER zurückzu‐ greifen, da es sich bei den untersuchten Werbespots ausschließlich um Audio‐ dateien handelt. Weiter folgen die Gesprächsabläufe einem Skript und weisen kaum Gesprächsüberschneidungen auf. Selting et al. (2009, S. 401) fassen die Vorteile der GAT -Transkription mit FOLKER zusammen: FOLKER • unterstützt das Transkribieren nach GAT optimal, indem er die Einhal‐ tung der Konventionen des Minimaltranskripts überprüft. • gewährleistet die Erstellung von Transkripten in einem nachhaltig ar‐ chivierbaren Format, das ohne Verluste zwischen Forschern austauschbar ist und auch in neuen Programmversionen und auf anderen Plattformen unverändert genutzt werden kann. • ist deshalb für den Aufbau von großen, konsistent recherchierbaren Be‐ ständen von Gesprächsdaten in Datenbanken geeignet. 93 5.4 Auditive Beschreibung und Transkription der Werbespots 13 http: / / agd.ids-mannheim.de/ folker.shtml [26. 05. 2021]. 14 Die hier verwendeten Sprecherkürzel lauten wie folgt: Sm (Sprecher männlich), Sw (Sweiblich), Km (Kind männlich), Kw (K weiblich), K (Kind), C (Chor gesungen), Sw1 (Sweiblich 1), Sw2 (S weiblich 2), M (Musik), G (Geräusche). Mit ein paar Erklärungen soll die Funktionsweise von FOLKER beschrieben werden, um die Erstellung der Transkripte im Anhang nachvollziehen zu können. Für detaillierte Erläuterungen und Anweisungen sei auf die Internet‐ seite des IDS Mannheim verwiesen. 13 Unter FOLKER kann man zwischen unterschiedlichen Ansichten wählen: Segmentansicht (Ersttranskription, in der Segmente von 2-5 Sekunden transkribiert werden), Beitragsansicht und Partitur; die Transkripte im Anhang zeigen die Beitragsansicht (bei der mehrere Segmente eines Sprechers zu Bei‐ trägen zusammengefasst sind). In den vier Spalten sind eintragen: Zeit, Num‐ merierung der Beiträge, Sprecher, Transkriptionstext ( GAT 2). Für eine Transkription in FOLKER wird zunächst die WAV -Datei geladen, worauf sie in der Oszillogramm-Ansicht angezeigt wird. Nach Eingabe der Spre‐ cherkürzel 14 werden die manuell markierten Segmente aus dem Oszillogramm mit GAT 2 transkribiert, was nach den Kriterien Sprecherwechsel, Intonati‐ onsphrasen, Pausen und Wortgrenzen geschieht. GAT 2 garantiert im Gegensatz zur orthographischen Transkription eine bessere Sichtbarmachung akustischer Kriterien, u. a. eine Präzisierung in Bezug auf Pausenlängen, Lautstärke etc. Abb. 2: FOLKER Bildschirmfoto (Beispiel Durodont 1960, Segmentansicht) 94 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots 15 Auf eine Reihe an Konventionen wird hier verzichtet, weil sie keine Relevanz für die Transkription der untersuchten Hörfunk-Werbespots hatten, z. B. markantes Ein- und Ausatmen, unverständliche Stellen, schneller Anschluss, Glottalverschluss. 16 „Die innere spitze Klammer grenzt die Beschreibung bzw. den Kommentar vom Ge‐ sprächstext ab, die äußere spitze Klammer gibt die Reichweite bzw. Extension an“ (Sel‐ ting et al., 2009, S. 368). 17 Auch wenn in einer Intonationsphrase mehrere Akzente auszumachen sind, ist i. d. R. einer besonders wichtig und trägt den Fokusakzent. Die Akzentsilbe wird dann mit Großbuchstaben geschrieben. Es wurden die für eine GAT 2-Transkription üblichen Konventionen 15 ange‐ wandt (siehe Selting et al., 2009): • Pausen (ab 0.2 sec quantifiziert): Mikropause z. B. Pausen innerhalb von Turns (.), kurze Pause (-), mittlere Pause (--), lange Pause (---), quantifizierte Pause (0.4) • Dehnung und Längung, z. B. ah: : : , gehö: rt • Verschleifungen bei Wortgrenzen: soll_s für „soll’s“, • Buchstabierungen ausgeschrieben: Ikstra für „X-tra“ • Verzögerungssignale (gefüllte Pausen), Rezeptionssignale: äh, hm • Silbische Emotionsausdrücke, z. B. Lachen: haha • Außersprachliche und paraverbale Ereignisse: Geräusche, Musik etc., z. B. ((Trompete)), ((Großmarktgeräusch: Klingel)), ((lacht)) • Interpretierende Kommentare zu paraverbalen Ereignissen mit Reich‐ weite (in Bezug auf sprachliche Eigenarten, z. B. heiser, erstaunt, lachend, gesungen): 16 << …> … >, z. B. <<erstaunt> Ah: : >, <<gesungen> das hAt doch seinen GRUND >, <<lachend> ach> • Akzentmarkierungen (es wurden drei Differenzierungen vorgenommen): • Nebenakzente durch Markierung des Silbenträgers in Großbuchs‐ taben: natÜrlich • Fokusakzente 17 in Großbuchstaben (ganze Silbe): weil er Ihnen SCHMECKT ? • Besonders auffällige Akzente durch zusätzliche Markierung mit Aus‐ rufezeichen vor und nach der entsprechenden Silbe: duro! DONT ! • Tonhöhenbewegung am Ende von Intonationsphrasen: hochsteigend ? , steigend ʼ , gleichbleibend -, fallend ; , tief fallend . • Sequenzielle Struktur / Verlaufsstruktur; [ ] Überlappung bei Spontan‐ sprache 95 5.4 Auditive Beschreibung und Transkription der Werbespots 5.4.2 Deskriptive Analyse: Ergebnisse Im Rahmen des hier gewählten methodischen Zugangs, der auditiven Beschrei‐ bungen und Transkriptionen der untersuchten Werbespots, ist eine quali‐ tativ-interpretative Analyse möglich und lässt eine Reihe an Aussagen im Hin‐ blick auf Form und Inhalt der Spots seit den 1950er Jahren zu. Diese beziehen sich in erster Linie auf die Persuasionsstrategien, Themen und Topoi, die seit den 1950er Jahren in der Hörfunkwerbung eingesetzt wurden. Die Beschrei‐ bungen der 24 Werbespots der 1950er, 1960er und 1970er Jahre wurden immer dann um die Spots der 1980er und 2010er Jahre erweitert, wenn ein Vergleich sinnvoll erschien beziehungsweise notwendig wurde, um aus diachroner Per‐ spektive Schlüsse auf heute zu ziehen. Im Abschnitt 5.4.2.1 liegt der Fokus auf außersprachlichen Kriterien und dem Musikeinsatz, in 5.4.2.2 auf sprachlichen und sprecherischen Parametern, im Abschnitt 5.4.2.3 auf inhaltlichen Fragen (Themen bzw. Zusatznutzen und den Persuasionsstrategien) und in 5.4.2.4 auf Stimme und Sprechweise in Funktion der Verkaufsrhetorik. Es ist ein besonderes Anliegen, in diesem Untersuchungsabschnitt herauszufinden, ob und wie die im Spot angesprochenen Persuasionsstrategien, Themen und Topoi von Stimme und Sprechweise aufgenommen werden, was sodann exemplarisch an einigen Beispielen aufgezeigt wird. Im Gegensatz zu den anderen methodischen Verfahren (2 und 3), in denen Audio-Ausschnitte von jeweils 5 Sekunden untersucht werden, geht es hier je‐ weils um die Spots in ihrer Gesamtlänge. 5.4.2.1 Außersprachliche Kriterien und Musikeinsatz Zunächst werden einige außersprachliche Kriterien der Spots betrachtet, um folgende Frage zu beantworten: Welche Entwicklungen außersprachlicher Art sind im Hinblick auf die Dauer des Werbespots, die Anzahl der Sprecher und die Einbindung und Funktion von Musik im Laufe der Zeit zu erkennen? In einem Überblick (Tab. 3) sind die Jahrzehnte mit Graustufen unterlegt: dunkelgrau 1950er Jahre, mittelgrau 1960er Jahre, hellgrau 1970er Jahre, weiß die Referenz-Spots der 1980er und 2010er Jahre. Nach Angabe der Spotlänge (Dauer), der Anzahl der Sprecherstimmen und einer kurzen Beschreibung der Musikform und der Art ihres Einsatzes wird der Musik in jedem Spot in der letzten Spalte eine primäre Funktion zugewiesen. Hierbei wird auf die Funktionen nach Stöckl (2007, S. 195-196) zurückgegriffen (siehe Kap. 2.3.1): 96 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots 18 Melodie „Ein Freund, ein guter Freund“ von W. R. Heymann. • Strukturierung (rhythmische Textur des Gesamttextes durch Musik), • Illustration / Vorstellung (Förderung mentaler Bilder durch Musik), • Demonstration (Versinnbildlichung der Wirkungsweise des Produkts), • Grundstimmung, • Aufmerksamkeit. Spot Dauer (min: sec) Sprecher Musikform (Instru‐ mental / Gesang), Geräusche Funktion Musik Caro (1956) 00: 43 4 Instrumental (Me‐ lodie „Ein Freund, ein guter Freund“ 18 ), Blasmusik - Werbe‐ lied Wiedererkennung (bekannte Melodie, läuft im Hintergrund weiter): Aufmerk‐ samkeit Caro (1963) 00: 30 5 Instrumental (Neu‐ kreation); Porzel‐ lantasse, Löffel, fließendes Wasser (G) - Werbe‐ lied / Audiologo Übernahme der Rollen des Gesprächs‐ partners in einer Szene; Rhythmisie‐ rung des Werbetextes: Strukturierung Caro (1973) 00: 30 2 Instrumental, Ge‐ sang - Werbe‐ lied / Audiologo Rhythmisierung des Werbetextes: Struk‐ turierung Durodont (1953) 00: 31 3 Instrumental, Blas‐ musik - Audiologo Rhythmisierung des Werbetextes: Struk‐ turierung Durodont (1960) 00: 42 2 Instrumental ( Jazz) - Audiologo Rhythmisierung des Werbetextes: Struk‐ turierung Durodont (1976) 00: 30 3 Instrumental (Duro‐ dont Melodie) - Au‐ diologo Rhythmisierung des Werbetextes: Struk‐ turierung Persil (1953) 01: 22 2 Nein Werbevortrag, nur Sprache, ohne Musik Persil (1963) 01: 06 1 Instrumental, Blas‐ musik - Jingle Ersatz des Produktna‐ mens: Aufmerksam‐ keit Persil (1973) 00: 30 2 Instrumental (Rap), Percussion - Klang‐ teppich Rhythmisierung: Strukturierung 97 5.4 Auditive Beschreibung und Transkription der Werbespots Spot Dauer (min: sec) Sprecher Musikform (Instru‐ mental / Gesang), Geräusche Funktion Musik ALI Express (1959) 00: 30 2 Instrumental (orien‐ talische Musik), Zimbeln, Klari‐ nette - Werbeme‐ lolog Einstimmung auf tür‐ kische Kaffeekultur, Reise in den Orient: Grundstimmung Maxwell (1957) 00: 30 2 Instrumental, Pfeifen, Harfe, Kla‐ rinette, Flöte - Wer‐ belied / Audiologo Zum Einstieg und Schluss, Harfenspiel stellt Wasserauf‐ gießen dar: De‐ monstration Linde’s Original (1957 00: 40 3 Instrumental, Gi‐ tarre, Cembalo; Sprechgesang, Ge‐ sang - Werbeme‐ lolog / Audiologo Sprechgesang ist mit Musik unterlegt: Strukturierung Bocca Original (1956) 00: 51 3 Instrumental, Kla‐ vier - Klangteppich Untermalung der Sprache, edle Stim‐ mung: Strukturie‐ rung VOX-Kaffee (1955) 00: 31 3 Nein N/ A Blendax (1962) 00: 30 2 Instrumental, Orgel / Keyboard - Audiologo Rhythmisierung des Werbetextes: Struk‐ turierung Blend-amed (1962) 00: 35 1 Nein N/ A Dr. Best (1962) 00: 30 2 Nein N/ A LACALUT (1962 00: 30 3 Instrumental, Key‐ board - Audiologo Rhythmisierung (Wiederholung) des Werbetextes: Struk‐ turierung Signal (1962) 00: 30 3 Instrumental, Trompetenfanfare - Klangteppich Memorisierung und Aufmerksamkeit, be‐ gleitet den ganzen Spot: Aufmerksam‐ keit Perwoll (1973) 00: 32 3 Instrumental (Schlagermusik) mit Gesang - Jingle - Memorisierung: De‐ monstration 98 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots Spot Dauer (min: sec) Sprecher Musikform (Instru‐ mental / Gesang), Geräusche Funktion Musik Klangteppich / Au‐ diologo REI (1973) 00: 30 4 Instrumental (Kar‐ nevalsmusik), Trompete - Jingle Memorisierung: Auf‐ merksamkeit Weißer Riese (1973) 00: 30 5 Instrumental mit Gesang; Glocke (G) - Jingle / Audio‐ logo Memorisierung: Auf‐ merksamkeit X-TRA (1973) 00: 40 4 Instrumental (Me‐ lodie „Im Märzen der Bauer“), Blas‐ musik - Werbelied Memorisierung (be‐ kannte Melodie), be‐ schwingter Einstieg: Grundstimmung Fakt (1973) 00: 45 1 Instrumental, Blas‐ musik; Großmarkt‐ geräusche (G) - Werbemelolog Verstärkung, Beglei‐ tung der Werbeaus‐ sage: Demonstra‐ tion Persil/ 1 (1988) 00: 16 3 Pfeifton; Stimmen‐ gewirr, Geschirr‐ klappern (G) Fokussierung, Situationskontext: Auf‐ merksamkeit Persil/ 2 (1988) 00: 29 4 Instrumental, E-Musik, Pfeifton - Werbemelolog Begleitung, Fokussie‐ rung: Aufmerksam‐ keit Tchibo (2018) 00: 35 1 Instrumental (orien‐ talische Klänge, Trommeln) - Klang‐ teppich Instrumentale Beglei‐ tung, Einstimmung exotische Herkunft: Illustration NESCAFÉ GOLD (2018) 00: 20 1 Instrumental (Kla‐ vier) mit Gesang („So Darling, Stand by Me“) - Klangtep‐ pich Wiedererkennung (bekannte Melodie, Übers. dt. „Bleib mir treu“): Demonstra‐ tion Melitta (2016) 00: 30 2 Instrumental, Gi‐ tarre - Klangtep‐ pich Spannung: Illustra‐ tion KAREX (2019) 00: 19 5 Zahnputzgeräusche (G) Illustration Kinder KAREX (2019) 00: 18 3 Instrumental, Kla‐ vier; Zähneputzen (G) - Klangtep‐ Hintergrund, rhyth‐ misiert (nicht sprach‐ 99 5.4 Auditive Beschreibung und Transkription der Werbespots 19 Die beiden kürzesten Spots sind Persil/ 1 (1988) mit 16 Sek., Kinder KAREX (2019) mit 18 Sek. Spot Dauer (min: sec) Sprecher Musikform (Instru‐ mental / Gesang), Geräusche Funktion Musik pich / Werbeme‐ lolog begleitend): Grund‐ stimmung ORAL B (2019) 00: 20 1 Instrumental mit Gesang, zwei‐ stimmig (Frau) - Werbemelolog Hintergrund, gesun‐ gener Slogan: Grund‐ stimmung Lenor (2018) 00: 20 1 Instrumental mit Summen (Frau) - Klangteppich Hintergrund, spiegelt Stimmung: De‐ monstration Ariel (2019) 00: 30 1 Instrumental, Trommeln, Saxofon, Keyboard - Klang‐ teppich Dynamik und Schnel‐ ligkeit: Grundstim‐ mung Lenor (2017) 00: 30 1 Instrumental mit Summen (Frau) - Klangteppich Hintergrund, spiegelt Stimmung: De‐ monstration Tab. 3: Werbespots im Überblick: Dauer, Sprecherstimmen, Musikeinsatz Die durchschnittliche Dauer der untersuchten Werbespots der 1950er / 1960er / 1970er Jahre ist vergleichbar: 36: 57 Sek. (1950er), 32: 43 Sek. (1960er) und 33: 37 Sek. (1970er Jahre). Eine deutliche Verkürzung scheint erst nach den 1970er Jahren zu erfolgen. 19 Zwei Werbespots, Persil (1953) und Persil (1963), fallen nicht nur stilistisch, sondern auch zeitlich aus dem Rahmen, da sie eine andere Form haben und wesentlich länger sind: Beim ersten handelt es sich um einen Hörerbrief mit Kommentar (1 Min. 22 Sek.) und bei dem zweiten um einen kurzen Werbevortrag mit Fanfaren (1 Min. 6 Sek.). Sie wurden zur Errechnung der durchschnittlichen Dauer nicht mit einbezogen. Dennoch fällt der Rückgang in den jüngeren Spots auf zum Teil unter 20 Sekunden deutlich auf. Sicher liegt das zum einen an den veränderten Hörgewohnheiten der Konsumenten, zum anderen aber auch an den Möglichkeiten der digitalen Aufnahmetechnik, d. h. das Tonmaterial zu schneiden und zu komprimieren. Nicht zuletzt stellt das eine Form der Kostenreduzierung dar, da sich die Kosten nicht nur nach der Pro‐ duktion, sondern nach Sendezeit berechnen. Für weitere Erläuterungen sei auf die Ausführungen in Kapitel 2 verwiesen. 100 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots Was die Anzahl der Sprecherstimmen betrifft, so musste eine Entscheidung getroffen werden in Bezug auf die Unterscheidung zwischen Sprechgesang und Gesang: das skandierte, rhythmische, musikbegleitende Sprechen wurde als Sprecherstimme gezählt, die reine Gesangsstimme im begleitenden Lied wurde der Musik zugerechnet. Bei der Anzahl der Sprecherstimmen ist ein Rückgang zu verzeichnen, wenn in den 2010er Spots durchschnittlich 1,78 Sprechstimmen zu verzeichnen sind, während es in den drei untersuchten historischen Jahr‐ zehnten im Durchschnitt 2,7 Sprecherstimmen waren. Eine Erklärung hierfür könnte sein, dass heute mehr technische Mittel und Möglichkeiten zur Verfü‐ gung stehen, um in einem Spot die Aufmerksamkeit zu erregen und ihn anspre‐ chend zu gestalten. In den Transkripten im Anhang werden die Sprecherstimmen noch näher klassifiziert. Neben der Musikform ist die Funktion der Musik im Werbespot interessant, die die Spots der unterschiedlichen Jahrzehnte charakterisiert und Tendenzen erkennen lässt: In allen drei Jahrzehnten (1950er / 1960er / 1970er Jahre) über‐ wiegt die Funktion der Strukturierung, also der rhythmisierenden Begleitfunk‐ tion der Musik. Der Rhythmus der Musik fällt hier mit dem von Sprache zu‐ sammen, die sich durch skandierendes Sprechen auszeichnet. In den jüngeren Spots der 1980er Jahre und der 2010er Jahre kommt diese Funktion der Musik gar nicht mehr vor (folglich auch nicht das skandierende Sprechen). In den 2010er Jahren hat die Musik andere Funktionen übernommen. Jetzt geht es um die Förderung mentaler Bilder, also um Illustration und Vorstellung, z. B. wenn die orientalischen Klänge bei Tchibo (2018) die Hörer in den Orient versetzen oder die Zahnputzgeräusche in KAREX (2019) das Gefühl vermitteln, selbst im Badezimmer zu stehen. Hier ist der Klangteppich eine beliebte Mu‐ sikform. Oder es geht um die Funktion „Demonstration“, also die Versinnbild‐ lichung der Wirkungsweise des Produkts, z. B. wenn die Frauenstimme bei NESCAFÉ GOLD (2018) „Oh Darling, stand by me“ singt und damit wohl meint, dass man doch dem Nescafé treu bleiben solle. Die Grundstimmung wird bei‐ spielsweise bei Ariel (2019) dadurch vermittelt, dass der musikalische Rahmen von Trommeln, Saxofon und Keyboard so etwas wie Effizienz und Waschkraft symbolisiert. Tabelle 4 zeigt die Verteilung der erkennbaren Funktionen der Musik, es ist kein quantitativer Vergleich, da es sich bei den Angaben um die absolute Anzahl handelt (beispielsweise wurden nur zwei Spots der 1980er Jahre zum Vergleich herangezogen, die in dieselbe Kategorie „Aufmerksamkeit“ fallen). Deutlich zu sehen ist jedoch, dass die strukturierende Funktion der Musik in den 1950er, 1960er und 1970er Jahren sehr beliebt war. 101 5.4 Auditive Beschreibung und Transkription der Werbespots 20 Dass das nur die hier analysierte Auswahl an Spots betrifft, zeigt Reimann (2009) in ihrer Untersuchung von Dialekten in historischen Hörfunk-Werbespots. Musik: Funktion 1950er 1960er 1970er 1980er 2010er Strukturierung XXX XXX XXX Illustration X XXX Demonstration X XX XXX Grundstimmung X X XXX Aufmerksam‐ keit X X XX XX Tab. 4: Funktion der Musik nach Jahrzehnten (Vorkommensrate nach Graustufen): 1950er, 1960er, 1970er, 1980er, 2010er Jahre 5.4.2.2 Sprachliche und sprecherische Parameter (Reime, Chorsprechen, Adressierungsform) Im Rahmen der deskriptiven Analyse der gesamten Spotlängen können in Bezug auf die sprachlichen und sprecherischen Parameter eine Reihe von Beobach‐ tungen gemacht werden, die bei den Methoden 2 und 3 nicht erkennbar sind, da dort jeweils nur 5-Sekunden-Ausschnitte die Basis der Untersuchung darstellen. Einige werden herausgegriffen, um folgende Frage zu beantworten: Welche Veränderungen kann man in Bezug auf die Verwendung von Reimen, Chorsprechen und die Ansprechhaltung (Adressierungsform) verzeichnen? Kriterien, die bei der reinen Deskription keine oder kaum eine Rolle spielen, werden vernachlässigt, z. B. die Frage nach Dialekt / Regiolekt (es wird aus‐ schließlich Standardsprache gesprochen). 20 Die intuitiven Beschreibungen in den beiden letzten Spalten (Auffälligkeiten bei der Stimme und Sprechweise) basieren ebenfalls auf den perzeptiven Eindrücken und der Interpretation beim Anhören der Spots in voller Länge. Einige Beispiele hieraus werden anschlie‐ ßend (Kap. 5.4.2.4) herangezogen, um anhand der drei untersuchten Produkt‐ gruppen - Kaffee, Zahnpasta, Waschmittel - zu verdeutlichen, wie sie in der Verkaufsrhetorik zum Einsatz kommen und wie sich hier der Zeitgeist in der Produktwerbung widerspiegelt. 102 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots 21 Sm / Sw = Sprecher männlich / weiblich, K = Kind, C = Chor. Spot Reim Stimme (Interpreta‐ tion) 21 Sprechweise (Interpretation) Caro (1956) Ja großer Unterschied Sw (kindlich, hell) vs. Sm (tief) sehr starke Akzentuierung Caro (1963) Ja Sw (hoch), starker Kon‐ trast zu Sm C (Genre Musical), starke (übertrie‐ bene) Akzentuierung Caro (1973) Nein Sm (sonor) Kontrast zu hellen Sw im Chor C rhythmisch, auffällige Tonhö‐ henveränderungen Durodont (1953) Ja Sw in Kopfstimme übertriebene Akzentuierung, skan‐ diert, rhythmisiert zur Musik / C Durodont (1960) Ja Sw (hell, fröhlich, weich), Sm (fest, tief) skandierendes Sprechen zur Musik, überakzentuiert, forcierte Fröhlichkeit, Sm als Experte Durodont (1976) Nein Sw1 (hell) Sw2 (weich), Sm (tief) skandierendes Sprechen zur Musik (fröhlich), repetitiv; wohlwol‐ lend-sachliche Erklärung, Sw2 zu‐ frieden Persil (1953) Nein Sm (hoch) Sm (langsam, deutlich artikuliert, penibel mit Schnappatmung), Sw (dümmlich, gelesen) Persil (1963) Nein Sm (tief) Sm (schwunghaft, überzeugend), deutliche Stimmsenkungen und Pausen Persil (1973) Ja Sw geflüstert oder mit volltonigem Echo rhythmisch gesprochen im Takt, mit Nachdruck ALI Ex‐ press (1959) Nein Sm1 (tief) Sm1 (beschwörend), Sm2 (verfüh‐ rerisch, werbend), Eindruck Ka‐ melritt Maxwell (1957) Nein Sm (hoch) Sm und Sw (werbend, übertriebene Artikulation und Akzentuie‐ rungen) Linde’s Ori‐ ginal (1957 Ja K (sehr hoch, Frauen-Kopfstimme) fröhlicher Sprechgesang, stark rhythmisiert und abwechselnd, K (gespielt kindlich), Gesang am Ende Bocca Ori‐ ginal (1956) Ja Sw (sehr hoch, Kon‐ trast zu Sm) Sm2 (verführerisch, vertraulich), im Takt des englischen Walzers ge‐ sprochen 103 5.4 Auditive Beschreibung und Transkription der Werbespots Spot Reim Stimme (Interpretation) Sprechweise (Interpretation) VOX-Kaffee (1955) Ja Sm überhöht, Sw2 (überhöht, etwas gehaucht) Sm (Expertenstimme), Sw1 (Zun‐ genspitzen-R, wirkt selbstsicher), stark akzentuiert Blendax (1962) Nein Sw (hoch), Kontrast zu Sm Sm (Expertenstimme), Sm im C (hoch, aufdringlich), teilweise rhythmischer Sprechgesang Blend-amed (1962) Nein Sm (ruhig, tief) Sm (Expertenstimme, überzeu‐ gend, ruhig), häufige und deutliche Stimmsenkungen und Pausen Dr. Best (1962) Nein Sm1 (hoch) und Sm2 (fest, tief) Sm1 (Expertenstimme), Sm2 (typi‐ sche Zahnarztfloskeln), Über‐ schneidung mit Ausblenden, deut‐ liche Stimmsenkungen LACALUT (1962 Ja Sm1 (überhöht), Sm2 (sonor) Sm2 (sehr deutliche Artikulation und Akzentuierung), eindringlich Signal (1962) Nein Sm (hoch), Sw (über‐ höht) Sm1 (enthusiastisch, beschwingt, übertrieben), Sw kommentiert Perwoll (1973) Nein Sw (behaucht) Sw (verführerisch, „weich wie Wolle“), Sm (an Sw angepasst; am Ende nüchtern, geschäftsmäßig) REI (1973) Ja Sw1 (überhöht) „abgelesen“, Sw1 (hektisch, Schnappatmung), Sw2 (tiefer), Sm stark akzentuiert Weißer Riese (1973) Ja „Weißer Riese“ (extrem tief) Weißer Riese: Versprechen rhyth‐ misiert, Sm (anpreisend „Gewinn‐ spielstimme") X-TRA (1973) Ja Sw1 und Sw2 (über‐ höht, nasal), Sm (tief) gekünstelte Prosodie, überartiku‐ liert (Dehnung der Wörter) Fakt (1973) Nein Sm (weich, sanft; dann hart, laut) kurze Sprechphrasen, hörbares Atmen, (Schnappatmung? ), über‐ hastet, „marktschreierisch“ überar‐ tikuliert (Vokaldehnungen, markierte R-Laute), stark akzentuiert Persil/ 1 (1988) Nein Sw (hoch) vs. Sm (tief) Sw kindliche Sprechweise, naiv Persil/ 2 (1988) Nein Sw (hoch) vs. Sm (tief), K (gekünstelt) Sm im starken Kontrast zu den Sw1 und Sw2 Tchibo (2018) Nein Sm (tief) langsam, sinnlich 104 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots 22 Siehe Kap. 3.2.1. Spot Reim Stimme (Interpretation) Sprechweise (Interpretation) NESCAFÉ GOLD (2018) Nein Sm (tief, „sexy“) ruhig und sicher, selbstverständ‐ lich (Stimmsenkungen) Melitta (2016) Nein Sw (geflüstert, „eng“, hoch) verführerisch, geheimnisvoll KAREX (2019) Nein Sw, Sm, K (natürliche Stimmlagen) kurz angebunden, nüchtern und das „Praktische“ betonend Kinder KAREX (2019) Nein natürliche Stimmen di‐ verser Altersgruppen Sprechweise im Alltagston ORAL B (2019) Nein Sm (stimmlich unauf‐ fällig) Sm enthusiastisch Lenor (2017) Nein Sw (entspannt) natürlich intoniert, verführerisch - Stilwechsel im letzten Teil (Hinweis zur Verwendung des Produkts) Ariel (2019) Nein Sm (unauffällig) „moderne“ Sprechweise, „cool“, na‐ türlich Lenor (2018) Nein Sm (sanfte Stimme) natürlich intoniert, verführeri‐ scher Flüsterton, behaucht Tab. 5: Werbespots im Überblick: Reim, Auffälligkeiten bei Stimme und Sprechweise (1950er, 1960er, 1970er; Referenzspots 1980er, 2010er) Auffällig ist die Verwendung des Reims, was in allen drei Jahrzehnten (1950er, 1960er, 1970er Jahre) ein beliebtes Mittel der Werberhetorik 22 war (Abb. 3; vgl. Kap. 4.1.3). Dabei handelt es sich in erster Linie um Endreime als Paarreim (z. B. Caro 1963: Frau - schlau, Persil 1973: Preis - Beweis) oder auch kombiniert mit Kreuzreim (Linde’s 1957: natürlich - ein - willkürlich - sein). Hier wurden auch die beiden Persil-Spots der 1980er Jahre herangezogen, die keinerlei Reime auf‐ weisen, was bei Persil in den 1970er Jahren noch der Fall war. Dasselbe trifft auf die 2010er Jahre zu. Der gänzliche Rückgang der Reimform ist gegebenenfalls auch durch die Digitalisierung in den Studios zu erklären, was jetzt sehr viel aus‐ gefeiltere Signal-Modifikationen erlaubt und die Aufmerksamkeit der Hörer auf andere Weise steuern kann. Der Reim, wie auch das Chorsprechen, sind aus der Mode gekommen. 105 5.4 Auditive Beschreibung und Transkription der Werbespots 23 Siehe Kapitel 2.3.2, Polajnar Lenarčič (2012). Abb. 3: Verwendung von Reimformen in Prozent Schließlich wurde die Ansprechhaltung (im Zusammenhang mit den unter‐ schiedlichen Adressierungsformen 23 ) untersucht: a. explizierte Adressierungen der Hörer (z. B. durch den Einsatz von Perso‐ nalpronomen, direktes Ansprechen „Liebe Hausfrauen“, Aufforde‐ rungen), formell eher schriftsprachlich und in standardsprachlicher Lau‐ tung; b. zwischen den Akteuren innerhalb der gespielten Szene in Form von Stell‐ vertretungsgesprächen, tendenziell umgangssprachlich formuliert und in gemäßigter Lautung; c. Monologform ohne Ansprache, weder spotimmanent noch hörerge‐ richtet. Die explizite Adressierung der Hörer scheint in den Jahrzehnten der 1950er, 1960er, 1970er Jahre eine beliebte Werbestrategie gewesen zu sein; die 2010er Spots weisen auf eine eher monologisierende Haltung hin, wenn Fachleute oder überzeugte Nutzer / Konsumenten im Spot Statements abgeben über die Qualität der Produkte. Weiter fällt auf, dass die förmliche Anrede „Sie“ im Spot Ariel (2019) durch das informelle „Du“ ersetzt wurde. Es wäre interessant, weiter zu untersuchen, ob es sich hierbei um eine aktuelle Tendenz handelt. In Tabelle 6 ist für jeden Spot die Adressierungsform mit einem Kreuz mar‐ kiert. Vermutungen zu einer Verbindungen zur Natürlichkeits- und Sympathie‐ wirkung mögen sich anbieten (Kap. 5.5.4.1) und könnten durch eine Korpuser‐ weiterung klarere Aussagen zulassen. Tendenzen zum direkten Ansprechen der 106 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots 24 In drei Fällen (Caro 1956, Weißer Riese 1973, KAREX 2019) werden die Konsumenten am Ende des Spots durch den Kommentator (einen „Experten“) angesprochen. 25 Aus einer Reihe von Vorschlägen zur Klassifizierung und Differenzierung von Werbe‐ strategien (vgl. Hoffmann, 2012, S. 183-189 für einen kritischen Überblick) sei hier auf Sowinski (1998) zurückgegriffen. Er ordnet Werbeobjekte, besonders Anzeigenwer‐ bung, Rundfunk- und TV-Werbung, drei Gruppen von Werbestrategien zu (1998, S. 32-40): Produktbezogene Werbestrategien: „objektive“ Darstellung, Idealisierung der Verwen‐ dungssituation, Zuordnung positiver Wertungen zum Werbeobjekt, Einordnung der Ware in fremde Zusammenhänge (story-Strategie), Bedeutungsübertragung von Werten auf Waren (Vergleichs- und Übertragungswerbung), Erotisierung und Sexuali‐ Hörer in den 1960er und 1970er Jahren sowie zum Monolog in den 2010er Jahren scheint es zu geben. Adressierungsform 1950er 1960er 1970er 1980er 2010er Explizite Adressierung der Hörer (Sie / du) XXX XXXXX XXXXX XX Dialog / Gespräch inner‐ halb der Szene 24 (Stellver‐ tretungsgespräche) XXXX XX XXX XX XX Monolog (1 oder 2 Spre‐ cher), keine Ansprache der Hörer X X XXXXX Tab. 6: Vorherrschende Ansprechhaltung und Adressierungsformen 5.4.2.3 Themen und Persuasionsstrategien Alle untersuchten Werbespots wurden in Bezug auf erkennbare Themen bzw. kommunizierte Zusatznutzen / USP und die eingesetzten Persuasionsstrategien untersucht, aus denen sich die Werbebotschaften entwickeln. In diesem Zusam‐ menhang sollten die folgenden Fragen beantwortet werden: • Welche Entwicklungen sind in Bezug auf die Werbe- und Argu‐ mentationsstrategien zu erkennen? • Was sind die Themen bzw. Zusatznutzen / USP , die von den Pro‐ duktgruppen über die Jahrzehnte kommuniziert werden? Eine Tabelle soll einen ersten Überblick geben: Hier sind die jeweiligen Kom‐ munikationssituationen und - falls erkennbar - das Szenario, die Zielgruppe, die überwiegend wahrgenommene Werbestrategie (d. h. der Sender-, Emp‐ fänger- oder Produktbezug) 25 , die Häufigkeit der Produktnennung und die am 107 5.4 Auditive Beschreibung und Transkription der Werbespots sierung der Werbung, Erfolgs- oder Glücksverheißung, Rezeptwerbung, Aura-Wer‐ bung, scheinbare Irreführung, Wortspiele und Sprichwörter, Rätselwerbung; Senderbezogene Werbestrategien: Eigenlob des Werbers (Kommunikators), Zitatwer‐ bung (Sekundärsender); Empfängerbezogene Werbestrategien: Lob des Adressaten, Imperativ-Werbung, Fra‐ genwerbung. 26 Senderorientierung (S), Empfängerorientierung (E), Produktorientierung (P). 27 Siehe Kapitel 2.4. meisten auffallende Argumentationsstrategie vermerkt. Dabei handelt es sich um subjektive Einschätzungen, die punktuell zur Interpretation herangezogen werden, wenn die Frage nach dem Einsatz von Stimme und Sprechweise gestellt wird. Einige auffällige Tendenzen sollen weiter unten diskutiert werden. Spot Kommunikations‐ situation / Sze‐ nario Zielgruppe Primäre Werbe‐ strategie: S, E, P 26 Produkt‐ nennung Argumentati‐ onsstra‐ tegie 27 Caro (1956) Eifersuchtsszene (nicht spe‐ zifiziert) P 6 plausibel Caro (1963) Alltagssituation: Zubereitungsan‐ leitung moderne Menschen P 8 plausibel Caro (1973) Gespräch mit Freunden Caro- Freunde P 11 plausibel Durodont (1953) Qualitätsbehaup‐ tung durch 2 Per‐ sonen (nicht spe‐ zifiziert) P 8 plausibel Durodont (1960) Belehrung durch 2 Personen (nicht spe‐ zifiziert) P 4 moralisch Durodont (1976) Aufforderung durch 2 Personen (nicht spe‐ zifiziert) P 5 moralisch Persil (1953) Zeugenaussage mit Kommentar Haus‐ frauen S 5 plausibel Persil (1963) Monolog Be‐ hauptung Haus‐ frauen P 1 (indirekt: von Henkel, 5x durch Musik er‐ setzt) plausibel Persil (1973) Tipp durch 2 Per‐ sonen Haus‐ frauen P 5 plausibel 108 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots Spot Kommunikations‐ situation / Sze‐ nario Zielgruppe Primäre Werbe‐ strategie: S, E, P Produkt‐ nennung Argumentati‐ onsstrategie ALI Ex‐ press (1959) türkischer Markt Kaffee‐ kenner P 3 emotional Maxwell (1957) Behauptung durch 2 Personen Kaffee‐ kenner P 3 emotional Linde’s Original (1957 Musical / Lied: Reise durch Deutschland Jung und Alt P 5 plausibel Bocca Ori‐ ginal (1956) Angebot für eine Dame Gastgeber zuhause P 7 plausibel VOX- Kaffee (1955) Konsumentin über Produkt fleißige Hausfrau S 5 plausibel Blendax (1962) Behauptung alle, die „blenden“ wollen P 7 moralisch Blend-amed (1962) Expertenvortrag besorgte Zähne‐ putzer S 3 plausibel Dr. Best (1962) beim Zahnarzt (Experte) (nicht spe‐ zifiziert) S 4 emotional LA‐ CALUT (1962) Behauptung: Wirkmecha‐ nismen (nicht spe‐ zifiziert) P 8 plausibel Signal (1962) Analyse der Situ‐ ationen, wann Produkt wichtig Erwach‐ sene P 2 plausibel Perwoll (1973) Zeugin be‐ schreibt Wir‐ kung des Pro‐ dukts Frauen S 6 emotional REI (1973) Szene Reisevor‐ bereitung Frauen, die in Urlaub fahren P 6 plausibel Weißer Riese (1973) Unterhaltung über Wirkung des Produkts Frauen P 3 plausibel 109 5.4 Auditive Beschreibung und Transkription der Werbespots Spot Kommunikations‐ situation / Sze‐ nario Zielgruppe Primäre Werbe‐ strategie: S, E, P Produkt‐ nennung Argumentati‐ onsstrategie X-TRA (1973) Gespräch über Radiobeitrag Frauen P 3 plausibel Fakt (1973) Kommentator des öffentlichen Spektakels Frauen P 6 emotional Persil/ 1 (1988) Party, 2 Frauen im Gespräch Haus‐ frauen P 1 plausibel Persil/ 2 (1988) Alltag: Mutter, Kind, Nachbarin Haus‐ frauen / Mütter P 1 plausibel Tchibo (2018) exotisches Land - Beschrei‐ bung (nicht spe‐ zifiziert) P 2 emotional NES‐ CAFÉ GOLD (2018) Eigenlob (nicht spe‐ zifiziert) S 2 faktisch Melitta (2016) Produktlob als Geheimnis (nicht spe‐ zifiziert) P 1 emotional KAREX (2019) Familie beim Zähneputzen Familien P 3 plausibel Kinder KAREX (2019) Kinder als Prota‐ gonisten Familien, Kinder P 2 faktisch ORAL B (2019) Behauptung (nicht spe‐ zifiziert) P 3 faktisch Ariel (2019) cooler Tipp Moderne Menschen S 2 plausibel Lenor (2017) Zeugin be‐ schreibt Gefühle („ver‐ wöhnte“) Frauen S 3 emotional Lenor (2018) Zeuge beschreibt Gefühle („ver‐ wöhnte“) Frauen S 3 emotional Tab. 7: Werbespots im Überblick: Kommunikationssituation, Zielgruppe, Werbestrategie, Häufigkeit der Produktnennung, Argumentationsstrategie 110 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots Im Hinblick auf die Werbestrategie muss gesagt werden, dass die drei unter‐ suchten Aspekte der Sender-, Produkt- und Empfängerorientierung nie aus‐ schließlich vorkommen, vielmehr immer in Kombination vorliegen. Elemente der Empfängerorientierung sind in jedem Spot erkennbar, was natürlich an der persuasiven Natur von Werbung liegt: • Direktes Ansprechen der Konsumenten: Wissen Sie, dass … (Dr. Best 1963); Alle podden, und du? (Ariel 2019); • Indirektes Ansprechen der Konsumenten: für moderne Menschen (Caro 1963); • Direkte Aufforderung, Imperativ: Nimm Zahnpasta mit Alkohol! (Duro‐ dont 1960); Überzeugen Sie sich selbst! (Maxwell 1957); • Indirekte Aufforderung: Jetzt testen! (Oral-B 2019); Am besten wäre es … (Dr. Best 1963); • Anrede: Liebe Hausfrauen (Persil 1953); Kosten Sie, meine Dame! ( BOCCA 1956); • Direkte Frage: Welchen Grund haben Sie, dass Sie Caro trinken? Weil er Ihnen schmeckt? (Caro 1973). Das letzte Beispiel (Caro 1973) fällt in Bezug auf die Empfängerorientierung besonders auf. Der Sprecher wendet sich fünfmal mit Fragen direkt an die Hörer. Untersucht wurde schließlich, welche der anderen beiden Strategien in den einzelnen Spots im Vordergrund steht und wie sie sich jeweils ausprägt. Hin‐ weise auf Produktorientierung sind in jedem Jahrzehnt markant und betreffen in erster Linie positive Wertungen, Idealisierung und Erfolgsverheißungen. Ver‐ einzelt finden wir die Werbeaussage eingebettet in eine entsprechende Atmo‐ sphäre / Aura oder in eine Szene bzw. Story, die die Konsumenten dazu einlädt, sich mit den Protagonisten zu identifizieren. • Positive Wertung: Das Beste, das es je gab (Persil 1963); Der perfekte Röst‐ punkt für mehr als 800 Aromen (Melitta 2016); • Idealisierung: Weil Durodont so sparsam ist, .. so wirksam ist, … eine der besten Zahnpasten ist. (Durodont 1953); Das kann nur Linde’s sein! (Linde’s 1957); • Erfolgsverheißung: Dieser Tipp ist heiß (Persil 1973); Weiße Zähne … fri‐ scher Atem … gesunde Zähne … (Durodont 1960); • Aura / Atmosphäre: Türkei ( ALI 1959); tropisches Kaffee-Anbaugebiet (Tchibo 2018); Wohlfühloase (Lenor 2017); • Szene / Story: Eifersuchtsszene (Caro 1956); Reisevorbereitung ( REI 1973); Marktszene ( FAKT 1973); Party (Persil / 1 1988). 111 5.4 Auditive Beschreibung und Transkription der Werbespots Die Senderorientierung kommt in den älteren Spots vereinzelt vor, auch in der Form des Werbevortrags anhand von Leserbriefen (Persil 1953), wenn Konsu‐ mentinnen als Zeuginnen bzw. Sekundärsenderinnen zitiert werden. In den jüngsten Werbespots der 2010er Jahre ist eine deutliche Zunahme der Werbestra‐ tegie Senderbezug zu verzeichnen. Einige Formen der Senderorientierung sind: • Lob des Produktionsverfahrens: Wir mahlen unsere Bohnen zehnfach feiner … ( NESCAFÉ GOLD 2018); • Zitate von Konsumenten, die dadurch zu Zeugen / Testimonials werden: Ich fühle mich wohl in Lenor (Lenor 2018); • Konsumenten, die quasi als Sekundärsender auftreten und Ratschläge geben: Und erst recht nach der Hausarbeit brauch ich ihn. Den guten VOX Kaffee! ( VOX Kaffee 1955). Tabelle 8 zeigt die jeweils vorherrschenden Werbestrategien (Sender-, Produkt- und Empfängerorientierung) über die Dekaden, wobei nochmals auf den deskriptiven Charakter dieser Analyse verwiesen werden soll, der jedoch Ten‐ denzen erkennen lässt. Werbestrategien 1950er 1960er 1970er 1980er 2010er Senderorientierung XX XX X XXXX Produktorientierung XXXXXX XXXXXX XXXXXX XX XXXXX Empfängerorientierung X Tab. 8: Vorherrschende Werbestrategien (Sender-, Produkt- und Empfängerorientierung über die Dekaden) Sämtliche Waschmittelprodukte bis hin in die 1980er Jahre wenden sich explizit an die Zielgruppe (Haus)Frauen und lassen an der traditionellen Rollenvertei‐ lung keinen Zweifel. Erst die Spots aus den 2010er Jahren weisen einen anderen Tenor auf: Sie sprechen entweder zu „modernen Menschen“ allgemein, die keine Zeit mit lästigem Wäschewaschen verschwenden wollen (Ariel 2019) oder sie wählen die verwöhnte Frau als Zeugin, die das Gefühl, das ihr die duftende, weiche Wäsche vermittelt, sinnlich beschreibt. Es ist von Wohlfühloase (Lenor 2017) die Rede, was eher an ein Verwöhnen durch Wellness erinnert als an Hausarbeit. Die Häufigkeit der expliziten Produktnennung nimmt mit den Jahrzehnten ab: In den 1950er / 1960er / 1970er Jahren wird das Produkt im Durchschnitt 5,17-mal genannt (Abb. 4), in den 2010er Jahren im Schnitt 2,33-mal, was einem Rückgang 112 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots 28 Die Referenz-Spots der 1980er Jahre sind hier nicht mitgerechnet worden, weil es sich um nur zweit Spots handelt. Hier wird das Produkt auch nur jeweils einmal genannt. 29 Eine Ausnahme bei den älteren Spots bildet Persil (1963), der durch den Einsatz von Fanfarenmusik gänzlich ohne das Nennen des Produktnamens Persil auskommt und am Ende lediglich indirekt einen Hinweis gibt: von Henkel. von weit über 50 % entspricht. 28 Das liegt wohl nicht zuletzt an den technischen Möglichkeiten der akustischen (Wieder)Erkennungsmodalitäten. 29 Abb. 4: Absolute Häufigkeit der expliziten Produktnennung im Werbespot Argumentationsstrategisch ist auffallend, dass über die untersuchten drei Jahr‐ zehnte der 1950er / 1960er / 1970er Jahre die Plausibilitäts-Argumentation über‐ wiegt: Es werden Behauptungen aufgestellt und als Selbstverständlichkeiten kommuniziert, ohne Zahlen und Fakten zu nennen (Beispiele: BOCCA 1956: Es gibt Genüsse, die man nur seinen besten Freunden gönnt …; VOX -Kaffee 1955: Natürlich VOX -Kaffee! ) Bemerkenswert ist weiter, dass in den frühen Werbespots, beispielsweise bei den Zahnpasta-Spots, immer wieder mit der Emotion Angst geworben wird (z. B. Zahnarzt in Dr. Best 1963: … wissen Sie, dass Ihr Zahnfleisch blutet? ). Auf die im Rahmen der Hovland-Studien erkannte Gefahr von Flucht- und Bumerang-Re‐ aktionen bei der Erzeugung von Angstgefühlen wurde schon hingewiesen (Kap. 2.4.1). Solche Erkenntnisse scheinen sich auf die Werbesprache ausgewirkt zu haben, denn in den jüngeren Spots kommen Fakten und positive Emotionen deutlicher zum Einsatz. 113 5.4 Auditive Beschreibung und Transkription der Werbespots 30 Dieser wäre bei den untersuchten Produktgruppen: Kaffee = etwas zum Trinken; Waschmittel = Sauberkeit; Zahnpasta = Gesundheit, Körperhygiene. 31 Beispielsweise wurden Lebensfreude und Genuss (Wehner) und Genuss und Luxus / Anspruch (Cölfen) zu einem Punkt zusammengefasst: Lebensfreude. Ebenso Schönheit, Ästhetik, Attraktivität und Jugend zum Punkt Schönheit / Ästhetik. Argumentationsfiguren 1950er 1960er 1970er 1980er 2010er faktisch XXX plausibel XXXXXX XXXXX XXXXX XX XX emotional XX X XX XXXX moralisch XX X Tab. 9: Vorherrschende Argumentationsstrategien (Verteilung über die Dekaden) Bei der Bestimmung textinterner Kriterien wie den Themen bzw. Zusatz‐ nutzen / USP , mit denen die Werbeaussagen der drei untersuchten Produkt‐ gruppen in den jeweiligen Dekaden verbunden wurden, liegt folgendes Vor‐ gehen zugrunde: Für jeden einzelnen Werbespot wurden neben dem Grundnutzen 30 drei Themen (Zusatznutzen bzw. USP ) festgelegt, inspiriert von den jeweiligen Listen von Wehner (1996) und Cölfen (1999), die in Kapitel 4.2 besprochen wurden (Tab. 2). Die Einschränkung und Auswahl auf neun Zu‐ satznutzen war dadurch vorbestimmt, dass hier nur drei Produktgruppen (Kaffee, Zahnpasta, Waschmittel) untersucht wurden und viele der von Wehners kommunizierten Werte oder Cölfens Werbeweltbilder ausschieden, weil sie für die Produkte nicht zutreffend sind. Die verbleibenden wurden zu folgenden Themenbereichen bzw. kommunizierten Zusatznutzen zusammengefasst, was dann ihre jeweiligen USP ausmacht: 31 • Soziale Anerkennung, • Lebensart, • Lebensfreude, • Soziale Beziehungen, • Schönheit / Ästhetik, • Sicherheit, • Convenience, • Leistungsfähigkeit / Qualität, • Wirtschaftlichkeit. 114 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots Das Auswahlverfahren ist zum einen lexembasiert, aber auch Argumentati‐ onsstrategien und andere, nicht sprachliche Komponenten liegen dieser Eintei‐ lung zugrunde (z. B. der Einsatz von Musik und Geräuschen oder das Szenario). Natürlich haben die Auswahl der Themen und das Vorgehen ihrer Bestimmung keinen Anspruch auf allgemeine Gültigkeit. Sie dienen allein dem Zweck der hier im Fokus stehenden Analyse: die stimmlichen und sprecherischen Para‐ meter mit den Themen der Zeit in Zusammenhang zu bringen. Mit welchen Themen, Bildern und Topoi wird in den jeweiligen Pro‐ duktgruppen und Jahrzehnten als Zusatznutzen geworben? Wie ändert sich der USP im Laufe der Zeit? Hierzu soll zunächst ein Blick auf die drei im Mittelpunkt der Untersuchung stehenden Produkte in den drei Jahrzehnten 1950er, 1960er, 1970er Jahre geworfen werden: Caro, Durodont und Persil. Im Abschnitt 5.4.2.4 werden sodann die Synchronspots hinzugenommen und damit sämtliche Werbespots der drei Produktgruppen nach Jahrzehnten zusammen‐ gefasst. 5.4.2.3.1 Caro, Persil und Durodont: die 1950er, 1960er, 1970er Jahre Wie sich der Marketing-Schwerpunkt in Bezug auf den Zusatznutzen in den drei untersuchten Jahrzehnten (1950er, 1960er, 1970er Jahr) verändert, wird deutlich, wenn man die Verteilung der häufigsten Themen in den mit Graustufen hin‐ terlegten Feldern anhand desselben Produkts ansieht (dunkelgrau: am häu‐ figsten, mittelgrau: am zweithäufigsten, hellgrau: am dritthäufigsten). Ebenso wird ersichtlich, dass je nach Produktgruppe andere Schwerpunkte gesetzt sind. Alle in den Tabellen angeführten USP sind deutlich erkennbar; es soll im Fol‐ genden der am meisten zutage tretende Zusatznutzen kurz kommentiert werden. In der Caro-Werbung spiegelt sich wohl am besten wider, was die Menschen der jeweiligen Epochen angesprochen hat (vgl. Kap. 4): 1956 war es das traute Heim und der harmonische Familien-/ Freundeskreis (soziale Beziehungen, Caro als „Freund“), 1963 der soziale Umbruch und steigende Wohlstand (Lebens‐ freude, Musik und Gesang), schließlich 1973 die konsumgeprägte Zeit, bei der die Bedeutung der sozialen Anerkennung im Vordergrund stand (Millionen be‐ ginnen den Tag mit … man will dabei sein, sozial anerkannt sein). 115 5.4 Auditive Beschreibung und Transkription der Werbespots CARO Convenience Soziale Be‐ ziehungen Lebens‐ freude Lebensart Soziale Aner‐ kennung 1956 1963 1973 Tab. 10: USP Caro (Kaffee): 1950er, 1960er, 1970er (dunkelgrau: stärkster Zusatznutzen) Bei der Persil-Werbung geht es 1953 um soziale Anerkennung, für die im Le‐ serbrief deutlich argumentiert wird: … dass wir es Ihnen schuldig zu sein glauben …, … ich kann Ihnen verraten … Es werden Hausfrauengeheimnisse aus‐ getauscht, die einem das Leben erleichtern und Ärger (von Seiten des Ehegatten) ersparen. Das Produkt ist 1963 schon so bekannt, ist quasi Teil des Lebens ge‐ worden (Lebensart), dass der Name durch die Persil Fanfare substituiert werden kann, … denn dieses Waschmittel ist das beste: jeder, der etwas vom gründlichen aber schonenden Waschen versteht, [nimmt] dieses Waschmittel. Schließlich un‐ terstreicht der Spot von 1973 die Wirtschaftlichkeit, wenn ein heißer Tipp zum Geldsparen gegeben wird: Dieser Tipp ist heiß, weil es um Ihr Geld geht. PERSIL Wirtschaft‐ lichkeit Leistungs‐ fähig‐ keit / Qua‐ lität Sicherheit Sicher‐ heit Lebensart Soziale Anerken‐ nung 1953 1963 1973 Tab. 11: USP Persil (Waschmittel): 1950er, 1960er, 1970er (dunkelgrau: stärkster Zusatz‐ nutzen) Die Durodont-Werbespots stellen 1953 das Thema Convenience in den Vorder‐ grund, weil das Produkt so praktisch ist: Durodont soll’s immer sein … Jeden Morgen, jeden Abend, so sparsam und so wirksam. 1960 wird die Leistungsfähig‐ keit des Produkts mit einer neuen Formel versehen und faktisch-plausibel ar‐ gumentiert: … mit 35 % medizinischem Alkohol - 35 % Alkohol! Der Spot von 1976 schließlich macht deutlich, dass hinter Durodont der Luxus steht, wenn man aus 116 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots 32 Durodont 1953 unterstreicht das Thema „Convenience“ auch stimmlich-sprecherisch durch den sich durch den ganzen Spot ziehenden Rhythmus, der durch die Form der Anapher verstärkt wird … weil, … weil …, Für alle, für jeden, für Sie! Sprecher und Spre‐ cherin wechseln sich dabei ab und unterstürzen auch somit den Effekt. sechs Durodont-Produkten auswählen kann: … dann erst lohnt die Auswahl …, denn Durodont hat mehr als nur eine Zahncreme. 32 Durodont Leistungs‐ fähig‐ keit / Qua‐ lität Conveni‐ ence Sicherheit Schönheit Lebens‐ freude Le‐ bensart 1953 1960 1976 Tab. 12: USP Durodont (Zahnpasta): 1950er, 1960er, 1970er (dunkelgrau: stärkster Zu‐ satznutzen) 5.4.2.3.2 USP: die Prioritäten im Überblick bei allen Produkten Der Überblick über die jeweiligen Prioritäten in Bezug auf den Zusatznutzen bei den Produktgruppen insgesamt deutet darauf hin, dass die Lebensart und die sozialen Beziehungen in den 1950er Jahren tendenziell an erster Stelle standen. So wird die Hausfrau direkt angesprochen (vgl. Werbevortrag Persil 1953: Liebe Hausfrauen …). Und die Dame (Hausfrau) im Werbespot BOCCA (1956) wird mit den Worten aufgefordert: Setzen Sie Ihren liebsten Gästen BOCCA vor! (So‐ ziale Beziehungen), den Genuss dieser gute Tasse Mocca solle man zelebrieren (Lebensart). Diese USP spiegeln immer wieder das klassische Rollenverständnis und die familiäre Ungestörtheit wider, die Lebensart spielt auf den Wunsch nach privatem Wohlstand an, wozu jetzt auch - ein Jahrzehnt nach Kriegsende - der Kaffeegenuss zählt. Die Werbespots der 1960er Jahre rücken Leistung / Qualität und Schönheit bzw. Ästhetik in den Vordergrund, z. B. durch die verwendete Lexik in Persil 1963: die Sicherheit echter Wäschepflege, Blendax 1962: gepflegtes Aussehen (Qualität); Signal 1962: strahlend reine Zähne (Schönheit) oder das gewählte Szenario, z. B. Caro 1963: eine Anleitung zur Zubereitung des Kaffees, Dr. Best 1962: Gespräch beim Zahnarzt. Für die 1970er Jahre sind immer wieder Wirtschaftlichkeit und weiterhin Leistung bzw. Qualität auffallend, z. B. Perwoll 1973: jetzt besonders günstig 117 5.4 Auditive Beschreibung und Transkription der Werbespots 33 Viele Menschen besitzen jetzt ein eigenes Auto, und Reisen hat einen hohen Stellenwert in der Gesellschaft (vgl. 4.1.3). (Wirtschaftlichkeit); Persil 1973: Dieser Tipp ist heiß, weil es um Ihr Geld geht, der günstige Preis, dass man sich … verlassen kann - wie immer (Leistung). Der Zusatznutzen Lebensart in Form von Reisen wird erstmals in den untersuchten Spots der 1970er Jahre explizit angesprochen und kann auch als Zeichen der Zeit gesehen werden, z. B. REI 1973: Reisevorbereitung. 33 Abb. 5: Prioritäten in der Verwendung der Zusatznutzen 1950er, 1960er, 1970er, 2010er Jahre Ein ganz anderes Profil zeigen die Vergleichsspots der 2010er Jahre, in denen Leistungsfähigkeit / Qualität und Convenience hervorstechen; NESCAFÉ GOLD 2018: der perfekte Kaffee, Melitta 2016: auf den Punkt geröstet (Qualität); Convenience wird deutlich z. B. bei Ariel 2019: Statt Waschen - einfach alles podden. 118 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots Die exemplarisch-deskriptive Analyse wird nun anhand der drei Produkt‐ gruppen weitergeführt und soll zeigen, wie sich der Zeitgeist in der Produkt‐ werbung und der Sprechweise widerspiegelt. 5.4.2.4 Stimmliche, sprecherische und sprachliche Elemente der Verkaufsrhetorik nach Produktgruppen Welche stimmlichen und sprecherischen Parameter zog die Verkaufs‐ rhetorik in der Hörfunkwerbung der untersuchten Jahrzehnte heran? Mit welchen sprachlichen Mitteln wurden der Zeitgeist und seine gesellschaft‐ lichen Trends kommuniziert? Die folgenden Erkenntnisse stellen eine Ergän‐ zung der Ergebnisse des Online-Experiments und der Praat-Analyse dar. Die drei Produktgruppen sollen getrennt betrachtet und die Beobachtungen aus diversen Blickwinkeln interpretiert werden. Pro Dekade wurden fünf zu‐ sätzliche Werbespots herangezogen, um nach produkttypischen Besonderheiten in der Werbekommunikation zu fragen (Kaffee: 1950er Jahre, Zahnpasta: 1960er Jahre, Waschmittel: 1970er Jahre). Jeder Produktgruppe wurden Werbespots der 2010er Jahre gegenübergestellt. Nur die beiden Vergleichsspots aus den 1980er Jahren sind in diesem Überblick nicht aufgenommen, weil sie für diese Aussagen nicht relevant sind (es sind nur zwei Spots eines einzigen Produkts für ein Jahr‐ zehnt). Die prozentuale Verteilung ist jeweils in einem Tortendiagramm darge‐ stellt. Weiteren Fragen kann natürlich anhand der Transkriptionen aller zi‐ tierten Beispiele im Anhang und des Anhörens der Beispiele über die Datenbank des HWA nachgegangen werden. 5.4.2.4.1 Kaffee-Werbung Der Vergleich der Kaffee-Synchronspots der 1950er Jahre mit den Kaffee-Pro‐ dukten allgemein (und bis in die 2010er Jahre) zeigt eine Reihe an interessanten Tendenzen in der Verkaufsrhetorik und beim Zusatznutzen. Bei einigen Pro‐ dukten der 1950er Jahre steht der Grundnutzen (etwas zum Trinken) stark im Mittelpunkt, z. B. VOX -Kaffee (1955) und Maxwell Express Kaffee (1957). Am auffälligsten für die Kaffeewerbung der 1950er Jahre ist der Zusatznutzen „Soziale Beziehungen“ (26 %), ausgedrückt beispielsweise durch Familienszenen, Situationen zwischen Mann und Frau (Caro 1956), Kontaktsituationen (Linde’s Original 1957), gefolgt von Lebensart (23 %) und Leistungsfähigkeit / Qualität (19 %). Diese unterschiedlichen Zusatznutzen sind oft in einem einzigen Spot wiederzufinden: So stehen zwar bei Caro 1956 die sozialen Beziehungen an erster Stelle (das Szenario der gespielten Eifersuchtsszene), an zweiter und dritter Stelle stehen Lebensfreude (die transportierte Stimmung, die auffallende „Heiterkeit“ in der Stimme, die Melodie „Ein Freund, ein guter Freund“) und 119 5.4 Auditive Beschreibung und Transkription der Werbespots Convenience (lexikalisch ausgedrückt: patent, bereit … zu allen Stunden, Haus‐ freund in der Kaffeetasse, vertraut, schnell löslich, jederzeit bereit). Das Thema „Soziale Beziehungen“, 1956 mit typischer Rollenverteilung zwi‐ schen Mann und Frau, ist auch an den Stimmen deutlich zu erkennen: Man hört eine Frau, die neckisch-keck und mit hoher Stimme ihren Mann eifersüchtig macht, der sich auf das Spiel einlässt und theatralisch mitspielt. Die ganze Szene klingt sehr unnatürlich und inszeniert. Ebenso wird im Spot von 1963 die „Le‐ bensfreude“ in der Sprechweise durch Theatralität zum Ausdruck gebracht, die Emotionen wirken aufgesetzt und gespielt, wenn beispielsweise alle Beteiligten ausrufen: Aaaah, Caro! Ganz plausibel klingt es, wenn es in VOX -Kaffee (1955) heißt: Natürlich VOX -Kaffee! ! Hiermit antwortet die „Kaffee Fee“ der älteren Dame, die mit dünner und hoher Stimme ihr Bedürfnis nach einem Tässchen Kaffee am Morgen und später erst recht nach der Hausarbeit ausdrückt. Die Sprechweise dieser „äl‐ teren Dame“ ist gekünstelt, gespielt; das Heben der Stimmlage soll diese Kun‐ dengruppe personifizieren. Das Tortendiagramm (Abb. 6) bildet die prozentuale Verteilung der Zusatz‐ nutzen in den sechs untersuchten Kaffee-Produkten der 1950er Jahre ab. Es wurde Wert darauf gelegt, auch das zweit- oder ggf. drittwichtigste Thema ( USP ) zu berücksichtigen. Das Ergebnis ist das bei den untersuchten Spots pro‐ zentuale Vorkommen insgesamt. Das Profil ändert sich im Laufe der Zeit, was ein Blick auf die untersuchten drei Kaffee-Spots der 2010er Jahre vermuten lässt (Abb. 7). Hier ist der USP der sozialen Beziehungen völlig in den Hintergrund getreten und die Qualität, der gute Kaffeegeschmack, tritt mit 64 % an die erste Stelle: … den vollkommenen Genuss … erleben (Tchibo 2018), … 800 Aromen. Voller Genuss (Melitta 2016). Dem folgt der USP Lebensart (36 %): Der perfekte Kaffee für die Momente, die zählen ( NESCAFÉ GOLD 2018). 120 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots Abb. 6: Zusatznutzen bei Kaffeeprodukten der 1950er Jahre (n = 6) Abb. 7: Zusatznutzen bei den Kaffeeprodukten der 2010er Jahre (n = 3) Vor allem der Kaffeegeschmack wird in der Stimme und Sprechweise sehr deut‐ lich aufgenommen, sowohl vom Sprecher in NESCAFÉ GOLD 2018 (man „hört“ fast den Genuss) als auch von der Sprecherin in Melitta 2016 (das verführerische Flüstern verweist auf das besondere Aroma). Bei ALI Express 1959 hat man als Zuhörer aufgrund der Stimmführung und des Rhythmus fast das Gefühl, auf dem Rücken eines Kamels hin und her gewogen zu werden. 121 5.4 Auditive Beschreibung und Transkription der Werbespots 5.4.2.4.2 Zahnpasta-Werbung Bei den Zahnpasta-Produkten (Grundnutzen: Gesundheit und Körperhygiene) wurden Synchronspots aus den 1960er Jahren herangezogen (Abb. 8). Die un‐ tersuchten sechs Produkte zeigen tendenziell Leistungsfähigkeit / Qualität (36 %) als markantesten USP , gefolgt von Schönheit / Ästhetik (25 %). Abb. 8: Zusatznutzen bei den Zahnpasta-Produkten der 1960er Jahre (n = 6) Beispiel: Bei Durodont 1960 kommen drei Zusatznutzen zum Tragen; in erster Linie wird die Qualität des Produkts angesprochen (lexikalisch transportiert durch Begriffe wie Vorteile, ermöglicht, wirksam, richtig), aber auch die Schön‐ heit / Ästhetik (ebenfalls lexikalisch: weiße Zähne, gesunde Zähne) und die Le‐ bensfreude (durch musikalische Elemente, vor allem durch den Rhythmus aus‐ gedrückt). Weiter fällt die Sprechweise auf, die die Leistungsfähigkeit / Qualität des Produkts umsetzt, indem im Takt der Musik gesprochen wird. Der starke Rhythmus deutet die versprochene Härte der Zähne durch das Skandieren Du-ro-dont an, was dem aussagekräftigen Produktnamen ein entsprechendes Klangprofil zuteilt. Auch im Durodont-Spot von 1976 unterstreicht der repetitive Sprechgesang mit der Aufforderung zum zweimaligen täglichen Zähneputzen die Aussage, die gegen Spotende nochmals explizit genannt wird: Täglich zweimal. Dies ge‐ schieht durch die syntaktische Wiederholung Jeden Morgen Zähneputzen / jeden Abend Zähneputzen und später Jeden Morgen Durodont / jeden Abend Durodont. 122 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots Bei allen Werbespots ist es zum einen die Lexik, die den USP der Leistungs‐ fähigkeit / Qualität transportiert, z. B. Blendax 1962: guter Ruf, gepflegtes Aus‐ sehen; Dr. Best 1963: Ihre Zähne in Ordnung zu halten; aber auch die fak‐ tisch-emotionale Argumentationstechnik, z. B. Blend-a-med 1962: Jeder Dritte in Europa hat Zahnfleischbluten; Blendax 1962: Folgen Sie dem guten Ruf. In den drei Spots der 2010er Jahre (Abb. 9) verstärkt sich zum einen der USP Leistungsfähigkeit / Qualität (42 %), beispielsweise auf lexikalischer Ebene durch medizinische Fachausdrücke, faktisch argumentiert: mit Hydroxylapatit ( KAREX 2019). Stimmlich-sprecherisch auffällig, durch stark terminale Ka‐ denzen am Ende jeder syntaktisch verkürzten Aussage unterstreicht die emoti‐ onslose Sprechweise die Leistungsfähigkeit und Qualität des beworbenen Pro‐ dukts: KAREX ist einfach praktisch, effizient und modern. Es kommen die Stimmen von drei Zeugen zum Einsatz (Frau, Mann, Kind), die ein Kommentator aufruft und diese die Kunden direkt ansprechen. Schließlich ist das Thema soziale Beziehungen (33 %) ausgeprägt, wenn das Szenario beispielsweise eine Zähne putzende Familie darstellt (Kinder KAREX 2019 und KAREX 2019) oder in Oral-B 2019 der gesungene Slogan von Männer- und Frauenstimme ein glückliches Einvernehmen suggeriert: Zahnfleisch ok - Zahnschmelz ok - mit Zahncreme von Oral-B. Abb. 9: Zusatznutzen bei den Zahnpasta-Produkten der 2010er Jahre (n = 3) 5.4.2.4.3 Waschmittel-Werbung Der Grundnutzen Sauberkeit wird in den untersuchten sechs Spots der Wasch‐ mittel-Werbung der 1970er Jahre (Synchronspot-Analyse, siehe Abb. 10) am 123 5.4 Auditive Beschreibung und Transkription der Werbespots häufigsten mit dem Zusatznutzen Wirtschaftlichkeit (38 %) verbunden, gefolgt von Leistungsfähigkeit/ Qualität (28 %). So unterstreicht Perwoll 1973 den Preis des Produkts mit einer plausibel wirkenden Aussage: … bekommen Sie jetzt be‐ sonders günstig; Weißer Riese 1973 startet die nächste Gewinnrunde; … er ist mehr wert als er kostet (Wirtschaftlichkeit), und X- TRA 1973: Für sehr wenig Geld, ja es ist eine Pracht, zum günstigen Frühlingspreis. Bei Persil 1973 wird dem Thema Wirtschaftlichkeit durch Begriffe wie Preis und Geld mit Hilfe echoartiger stimmlich verstärkter Wiederholungen Brisanz verliehen, was dem ganzen Werbespot den Tenor von Spannung und Pep gibt: … weil es um Ihr Geld geht, bei dem viereinhalb Kilopaket. Abb. 10: Zusatznutzen bei Waschmittel der 1970er Jahre (n = 6) Weißer Riese (1973) schickt den Hausfrauen den Retter in der Not: Neues vom super Mann, der allen Frauen helfen kann. … Der macht die Wäsche weich und zart, auch wenn das Wasser noch so hart. (Plausibilitäts-Argumentation), und Persil 1973 spricht vom Beweis, dass man sich auf Persil verlassen kann - wie immer (faktisch-plausible Argumentation). Fakt 1972 hingegen setzt auf den Härtetest und ruft die Hausfrauen auf: Nutzen auch Sie die Vollwaschkraft … (Leistungsfähigkeit). Besonders hier wird dieser USP sprecherisch deutlich ge‐ spiegelt, wenn sich der Sprecher emotional in die Rolle des Ansagers dieses öffentlichen Events hineinsteigert, bei dem die Leistungsfähigkeit des Produkts vor großem Publikum bewiesen werden muss. Er klingt wie der Kommentator eines Sport-Ereignisses. 124 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots In der Waschmittel-Werbung der drei Spots der 2010er Jahre (Abb. 11) fällt das Thema Lebensart am meisten auf (55 %): Bei Lenor 2017 und 2018 ist es die Sinnlichkeit, die sowohl von den Stimmen als auch der Musik übermittelt wird, emotional argumentiert und durch lexikalische Elemente bestätigt: Ich fühl mich wohl …. Das Thema Convenience (27 %) ist bei Ariel 2019 bestimmend, wenn eine etwas hektisch anmutende Hintergrundmusik das schnelle Leben symbol‐ isiert und der Sprecher die einfache, plausible Handhabung des modernen Wä‐ schewaschens prosodisch mit Nüchternheit unterstreicht: einfach podden, 3 in 1 Podds, mit einem Klick verschließen. Abb. 11: Zusatznutzen bei Waschmittelprodukten der 2010er Jahre (n = 3) 5.5 Methodischer Zugang 2: Auditive Wahrnehmung von stimmlich-artikulatorischen Merkmalen Der zweite Teil der Untersuchung umfasste eine perzeptive Analyse im Rahmen eines Online-Experiments. Hier ging es um die auditive Wahrnehmung stimm‐ lich-artikulatorischer Merkmale und ihre Ausprägungen (dem Gesamteindruck sowie die Bewertung sprechsprachlicher Parameter). In Zusammenarbeit mit dem Institut für Phonetik und Sprachverarbeitung der LMU München wurde 125 5.5 Auditive Wahrnehmung von stimmlich-artikulatorischen Merkmalen 34 Ansprechpartner an der LMU war Christoph Draxler, dessen Spezialgebiet Webtools für phonetische Forschung sind. Zu Online-Experimenten mit der Percy software framework siehe Draxler, http: / / www.lrec-conf.org/ proceedings/ lrec2014/ pdf/ 564_Paper. pdf [14. 05. 2021]. 35 Untersuchungen im Rahmen der Thin-Slice-Forschung lassen eine Reihe an Tendenzen erkennen, z. B. dass Frauen intuitiv korrektere Ergebnisse erzielen als Männer oder dass der kurze Ausschnitt von 5 Sekunden bei negativen Urteilen akkurater ist als bei posi‐ tiven. Letztere benötigen i. d. R. eine längere Verifikationsphase (Carney, Colvin & Hall, 2007, S. 1068-1069). ein Online-Experiment 34 in Form einer Expertenbefragung über die Wirkung von 54 Frauen- und Männerstimmen in den diversen Zeiträumen durchgeführt. Die Ergebnisse lassen, zusammen mit der akustischen Berechnung des Para‐ meters mittlere Grundfrequenz (mean pitch) mit Hilfe des Computerprogramms Praat (Methode 3, Kap. 5.6), Aussagen zu dem oben genannten zweiten Fragen‐ komplex der Forschungsziele zu: Wie nehmen heutige Hörerinnen und Hörer Stimme und Sprechweise in der Hörfunkwerbung seit den 1950er Jahren wahr? Was den Untersuchungsgegenstand in den methodischen Zugängen 2 und 3 betrifft, so wurden aus dem Grundkorpus der 36 Spots insgesamt 54 Audio‐ proben (von je 5 Sekunden Dauer) herausgeschnitten (in manchen Spots kamen sowohl Frauenals auch Männerstimmen vor). Bei den Untersuchungsobjekten handelt es sich um Sprechproben von 21 Frauenstimmen (38,9 %) und 33 Män‐ nerstimmen (61,1 %). Die Entscheidung für die Länge von 5 Sekunden beruht auf der Tatsache, dass längere Einheiten ohne massive Überlappung von Musik und Geräuschen nicht möglich waren. Für eine intuitive Expertenmeinung geht man außerdem davon aus, dass ein kurzer Eindruck von fünf Sekunden Dauer ausreichend sei, um ein erstes Urteil abzugeben, zumal die Audioproben im Online-Experiment mehrmals angehört werden konnten. Nach Ergebnissen diverser Untersuchungen mit der Thin-Slice-Technik wird davon ausgegangen, dass die Reliabilität und Validität von Gesamteindrücken aufgrund von wenigen Sekunden gezeigt werden kann. Die aus der Persönlichkeitsforschung stammende Methode wird u. a. bei der Einschätzung von Lehrer- und Schülerpersönlichkeiten und Unterrichtsmerk‐ malen mit Video-Ausschnitten eingesetzt (Begrich, Fauth, Kunter & Klieme, 2017). 35 Bei einem ersten Eindruck vermutet man weiter, dass die Bewertenden über einzelne Hinweise (cues) Rückschlüsse auf Eigenschaften ziehen können und sie sich somit zu einer Aussage in der Lage fühlen. Im vorliegenden Fall 126 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots 36 Diese unter dem Namen Brunswiksches Linsenmodell (Brunswik Lens Model) bekannte Theorie geht auf Egon Brunswik (1952) zurück. Sie wird beispielsweise als Analyse‐ methode für nonverbale Eigenschaften im Hinblick auf Überzeugungskraft und Glaub‐ würdigkeit eingesetzt (Burgoon, Birk & Pfau, 1990). 37 BVS = Berufsvereinigung Sprechkompetenzen - Rhetorik, Sprechkunst, Sprechtherapie & Sprechwissenschaft in Bayern e. V. (www.bvs-bay.de). ging es um stimmlich-sprecherische Eigenschaften und deren Ausprägungen (Sprechstimmlage, Akzentuierung etc.). 36 Zur hier verwendeten Terminologie ein kurzer Überblick: • Untersuchungs(Objekte): Die Audioproben der Werbespots (jeweils 5 Se‐ kunden-Sequenzen) mit Frauen- und Männerstimmen, die beurteilt werden. • Eigenschaften: Anhand von 7 Fragen werden 7 Eigenschaften abgefragt, die subjektiv beurteilt werden, z. B. der Eindruck von Natürlichkeit, Sprechstimmlage (subjektive Eigenschaften). • Ausprägung: Für jede Eigenschaft wird die Einschätzung der jeweiligen Ausprägung ermittelt, z. B. Natürlichkeit: ja - eher ja - eher nein - nein. • Probanden: Die am Experiment teilnehmenden Testpersonen (Subjekte), welche alle 54 Audioproben bewerten (beurteilen). • Praat-Analyse: Messphonetische (objektive) Ermittlung einer Eigenschaft, hier des Parameters mittlere Grundfrequenz (mean pitch). 5.5.1 Probandenauswahl Zur Teilnahme am Online-Experiment wurden die Absolventen und Absolven‐ tinnen des Master-Studiengangs Speech Communication and Rhetoric der Uni‐ versität Regensburg mit der Aufforderung um Teilnahme angeschrieben (330 Personen); diese Gruppe stellte den größten Teil der Testpersonen dar. Die restlichen Probanden haben auf die Aufforderung über den E-Mail-Verteiler der BVS 37 reagiert, ebenso auf Einladungen an eine Reihe an Dozentinnen und Do‐ zenten der Germanistik. Insgesamt verzeichnete das Experiment 120 Besucher, von denen 72 Personen (54 Frauen, 18 Männer) den Test abschlossen, 48 ihn vorzeitig abbrachen. Bei 94 % der Beurteilenden war die Muttersprache Deutsch, 86 % gaben an, phonetische Vorkenntnisse zu besitzen. Was die Altersverteilung der Probanden betrifft, so ist diese wie folgt verteilt (Abb. 12): Fast die Hälfte (47,2 %) waren 127 5.5 Auditive Wahrnehmung von stimmlich-artikulatorischen Merkmalen 38 Dieser Aspekt wurde weiter verfolgt mit der Frage: Hat das Alter (d. h. die Tatsache, die Zeit der Ausstrahlung erlebt zu haben) einen Einfluss auf die Bewertung der Stimme und Sprechweise in den historischen Spots? (Siehe Tab. 14: Natürlichkeitsbewertung in Abhängigkeit vom Alter der Probanden). 39 https: / / webapp.phonetik.uni-muenchen.de/ WebExperiment/ funkwerbung.html [26. 05. 2021] zwischen 30 und 50 Jahren alt, etwa ein Viertel (26,4 %) über 50. Diese Gruppe kennt wohl die Werbespots zum Teil noch persönlich aus ihrer Jugend. 38 Abb. 12: Altersverteilung der Probanden in Prozent 5.5.2 Ablauf der Online-Befragung Die Umfrage (Dauer 30-40 Minuten) war 3 Wochen lang online freigeschaltet. Über den Link der Online-Umfrage 39 gelangte man zu einer ersten Seite, auf der man anonymisiert Angaben zur Person, sowie zur technischen Situation wäh‐ rend der Teilnahme machte, bevor man zum eigentlichen Experiment weiter‐ geleitet wurde (siehe Abb. 13): • Geschlecht: O weiblich O männlich O divers • Alter: ___ • Muttersprache: ___ • Wo sind Sie aufgewachsen? ___ (Bundesland bzw. Land, falls nicht Deutschland) 128 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots 40 Nicht alle Angaben sind für die hier untersuchten Aspekte wichtig, können aber für weiterführende Forschungen relevant werden. Daher wurden diese Fragen mit aufge‐ nommen. • Befassen Sie sich beruflich / im Studium mit Stimme und Sprache? ___ (Wenn ja, auf welche Weise? ) • Haben Sie phonetische Kenntnisse? O ja O nein • Ich befinde mich: ___ (Büro, zuhause, Studio, öffentl. Ort, unterwegs) • Audioausgabe: ___ (Ohrhörer, Kopfhörer, eingebaute Lautsprecher, Fern‐ sehgerät, externe Lautsprecher) • Eingabegerät ist: ___ (Smartphone, Tablet, Notebook, Spielkonsole, Rechner) Diesen Angaben liegen nominalskalierte Merkmale zugrunde, so dass die Ei‐ genschaften bzw. Informationen zur Auswertung numerisch codiert werden konnten und in die quantitative Auswertung zur Beschreibung der Probanden‐ gruppe eingingen. 40 Abb. 13: Online-Experiment: Persönliche Daten Vor der eigentlichen Bewertung der Audioproben konnten sich die Probanden anhand von zwei Testdurchläufen mit der Vorgehensweise bekannt machen und die Lautstärke einstellen. Die eigentliche Bewertung der Werbespots fand in 129 5.5 Auditive Wahrnehmung von stimmlich-artikulatorischen Merkmalen 41 Essen (1972, S. 19-20) unterscheidet zwischen Stimmhöhe (die sich je nach Längsspan‐ nung der Stimmlippen ändert) und Stimmlage (quasi als Sitz der Stimme im individu‐ ellen Stimmumfang); Nebert (2014, S. 230-231) diskutiert den Begriff der mittleren Sprechstimmlage, der bei auditiver Beschreibung und akustischer Messung unter‐ schiedlich verwendet werde; er bietet den Ausdruck „Mittlere Sprechtonhöhe“ an. Wenn hier von Stimmlage, Sprechtonhöhe oder Sprechstimmlage die Rede ist, so wird bei der auditiven Analyse begrifflich nicht weiter unterschieden. zwei Abschnitten statt, denen ordinalskalierte Merkmale zugrunde lagen: Als erstes ging es um den auditiven Gesamteindruck, dann um konkrete Fragen zu Stimme und Sprechweise (siehe Abb. 14). Der erste Block (Gesamteindruck) fragte nach drei Parametern, die anhand einer Likert-Skala mit verbaler Vorgabe (ja - eher ja - eher nein - nein) beantwortet wurden: • Insgesamt wirkt die Sprechweise … natürlich O ja O eher ja O eher nein O nein sympathisch O ja O eher ja O eher nein O nein überzeugend O ja O eher ja O eher nein O nein Hierbei wurde bewusst kein zentraler Wert (z. B. weder noch) vorgegeben und zweidimensional vorgegangen, um bei der Auswertung klare Tendenzen zu er‐ halten. Dem zweiten Block, den Fragen zu Stimme und Sprechweise, lag - ähnlich einem Polaritätsprofil - eine fünfstellige bipolare Skala zugrunde, deren neutraler Punkt in der Mitte angesiedelt war und die jeweils unterschiedlichen Ausprägungen mit gegensätzlichen Merkmalen wie folgt benannt waren: • Sprechtonhöhe (Stimmlage): sehr hoch O O O O O sehr tief • Sprechgeschwindigkeit: sehr schnell O O O O O sehr langsam • Akzentuierung (Rhythmisierung) im Satz: sehr stark O O O O O sehr gering • Artikulation (Deutlichkeit der Aussprache): überdeutlich O O O O O sehr undeutlich Dieser Teil hat einen zentralen Wert, als sozusagen ideale, positive Einschät‐ zung, um eine Marge als „angemessen“ vorzugeben (in der Auswertung als „un‐ auffällig“ bezeichnet). Im Fragebogen wurde der allgemein verständliche Ter‐ minus Sprechtonhöhe (Stimmlage) verwendet, in der Analyse ist i. d. R. von Sprechstimmlage die Rede. Im Rahmen der Praat-Analyse wird von mittlerer Grundfrequenz (mean pitch) gesprochen. 41 Die stimmlich-sprecherischen Para‐ 130 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots meter Tempo (Geschwindigkeit, Tempowechsel, Pausen), Melodie (Tonhöhen‐ wechsel), Dynamik (Betonung und Lautstärke), Artikulation sind in den anderen sprecherischen Eigenschaften enthalten und wurden im Fragebogen nicht weiter erläutert, auch wenn beispielsweise die Sprechgeschwindigkeit ein kom‐ plexes Phänomen darstellt und sowohl Artikulationsrate als auch Pausierung betrifft. Die Frage nach der Artikulation bezieht sich weniger die Norm der deutschen Standardsprache, als auf alle begleitenden Merkmale der Artikulationspräzision (Aspiration, Glottalisierung, Lautdauer etc.). Für die auditive Analyse wurde daher allgemein verständlich „Deutlichkeit der Aussprache“ hinzugefügt. Abb. 14: Online-Experiment: Fragenkatalog (Block 1: subjektiver Gesamteindruck und Block 2: Beurteilung der Stimme und Sprechweise) Jedes Audio-Beispiel konnte zweimal hintereinander angehört werden, und das Tempo beim Vorgehen der Bewertung wurde individuell reguliert (Weiter‐ schalten durch Tastendruck). Diese Vorgehensweise wurde für jede Sprechprobe wiederholt, bis alle 54 Spots (+ 2 vorgeschaltete Test-Spots) bewertet waren. 131 5.5 Auditive Wahrnehmung von stimmlich-artikulatorischen Merkmalen 42 7 Fragen (Eigenschaften) pro Audioprobe (54 Untersuchungsobjekte). 72 Personen haben 54 Ausschnitte bewertet = 3888 Antworten bzw. Urteile pro Eigenschaft (insge‐ samt 27 216 Antworten). 43 Wenn also im Folgenden immer wieder von Zusammenhang die Rede ist, so ist streng genommen die Tendenz gemeint, die auf einen Zusammenhang hindeutet und die durchschnittliche Einschätzung (die Ausprägung) der abgefragten Eigenschaften be‐ trifft. Ein zentraler Punkt der Untersuchung ist, dass die Untersuchungsobjekte (die 54 Audioausschnitte der historischen Werbespots) aus der Sicht der heutigen Hörer beurteilt wurden. Intertemporäre Änderungen in der Wahrnehmung der Stimmen sind daher in Betracht zu ziehen. Um diese Tatsache zu beleuchten, wurde nach dem Einfluss des Alters der Testpersonen auf die Beurteilungen gefragt. Vor allem die Begriffe natürlich, sympathisch und überzeugend sind wegen ihres subjektiven Charakters schwer zu beschreiben und zu beurteilen (ebenso wie die unterschiedliche Erwartungshaltungen an die Werbung, die für diese Untersuchung keine weitere Rolle spielen sollte). Schließlich muss klargestellt sein, dass sich „überzeugend“ nicht auf inhaltliche Kriterien bezieht, sondern einen globalen Eindruck betrifft, der durch die Sprechweise transportiert wird. Etwas anderes kann bei 5-Sekunden-Sequenzen nicht erwartet werden. 5.5.3 Auswertung der Daten Nach Abschluss der festgelegten Versuchsdauer von drei Wochen wurden die Antworten der Probanden (in der Summe 3.888 Antworten pro Frage 42 ) bear‐ beitet und aus den Diagrammen Tendenzen herausgelesen, die auf Zusammen‐ hänge schließen lassen. Im ersten Block (Gesamteindruck) ging man wie folgt vor: Es wurden zunächst die Kombinationsmöglichkeiten untersucht, dann die Häufigkeiten der Kombinationen festgestellt. Dieses Vorgehen beschreibt nicht direkt einen Zusammenhang, aber Tendenzen, die auf Zusammenhänge schließen lassen. Zum Beispiel kann man bei Antworten, die sowohl „sympa‐ thisch“ und zusätzlich „natürlich“ lauteten, davon ausgehen, dass hier tenden‐ ziell ein Zusammenhang besteht. 43 Um die Zusammenhänge zu verfeinern, wurden sie in einem zweiten Schritt unter der Voraussetzung einzelner Vari‐ ablen geprüft, z. B. ob unter der Voraussetzung der Bewertung „sympathisch“ weitere Zusammenhänge ermittelt werden können. Beim zweiten Block (den Fragen zu Stimme und Sprechweise mit fünfstelliger Skalierung) wurden Zusammenhänge mit einem ähnlichen Vorgehen herge‐ 132 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots 44 Die zwei Spots der 1980er Jahre werden hier nicht separat berücksichtigt, weil es sich um nur zwei Spots zu einem Produkt handelte, im Fokus standen weiterhin die drei Jahrzehnte der 1950er, 1960er und1970er Jahre, denen Vergleichsspots aus den 2010ern gegenübergestellt wurden. Aus diesem Grund gibt es keine Spots aus den 1980er, 1990er, 2000er Jahren in diesem Teil der Studie. stellt. Mit Hilfe von Kreuztabellen konnte man Häufigkeiten von Kombinationen und Auffälligkeiten erkennen und diese in Abhängigkeit von einzelnen Vari‐ ablen beschreiben. Beim Kreuzen von Block 1 und Block 2 (Abb. 14) wurde darauf geachtet, dass die vorausgesetzte Variable eine aus dem 1. Block ist (Natürlich‐ keit, Sympathie oder Überzeugung). Die Ergebnisse wurden sodann weiter ver‐ feinert in Bezug auf das Geschlecht (männliche und weibliche Stimmen), die Jahrzehnte und zum Teil in Bezug auf das Alter der Testpersonen. In die Analyse der vorliegenden Untersuchung gingen für jede der 54 Audiodateien 7 Urteile von 72 Probanden ein, so dass insgesamt 27 216 Antworten (Einschätzungen) ausgewertet wurden. Die erkannten Tendenzen und An‐ nahmen können folglich die Forschungsfragen zufriedenstellend beantworten. 5.5.4 Ergebnisse des Perzeptionstests Bei den hier besprochenen Ergebnissen aus den Daten des Online-Experiments handelt es sich um eine Auswahl der für diese Arbeit zentralen Aussagen. Im Folgenden werden also die aussagekräftigsten Ergebnisse vorgestellt und dis‐ kutiert, wobei zunächst die Zusammenhänge zwischen den Eigenschaften in‐ nerhalb von Block 1 (Gesamteindruck) und danach die Fragen bezüglich Stimme und Sprechweise (Zusammenhang zwischen den Eigenschaften aus Block 1 und Block 2) im Fokus stehen. Schließlich werden die Ergebnisse in Bezug auf Gender und Stimme interpretiert. 44 5.5.4.1 Gesamteindruck (Natürlichkeit, Sympathie, Überzeugung) Folgende Fragen sollen anhand des Gesamteindrucks beantwortet werden: 1. Ändert sich bzw. wie ändert sich der Eindruck von Natürlichkeit der Sprechweise im Laufe der untersuchten Jahrzehnte (während der 1950er / 1960er / 1970er Jahre im Vergleich mit den 2010er Jahren)? 2. Auf welche Zusammenhänge zwischen Natürlichkeit, Sympathie und Überzeugung lassen die Daten schließen? 133 5.5 Auditive Wahrnehmung von stimmlich-artikulatorischen Merkmalen 45 Bei der Darstellung der Ergebnisse wird meistens auf die kategorisierte Darstellung zurückgegriffen, weil die Tendenzen auf diese Weise deutlicher sichtbar werden. 46 Siehe Kapitel 2.1.1 zum Wandel der Technik im Hörfunk und Kapitel 3.2.1 zu den Aus‐ führungen bezüglich der Sprechprofile im Hörfunk. Die kategorisierte Darstellung (bei der jeweils die Antworten „ja / eher ja“ und „nein / eher nein“ zusammengefasst werden) 45 zeigt deutliche Tendenzen, dass die Sprechweise in den neuen Werbespots (2010er) als natürlicher empfunden wird, als in den alten Werbespots. Zwischen den 1950er, 1960er und 1970er Jahren gibt es bezüglich der empfundenen Natürlichkeitimage15.png eine leicht zunehmende Tendenz, und der Unterschied zu den 2010er Jahren ist sehr deut‐ lich: 78,8 % der Befragten empfanden die Sprechweise in den Spots der 1950er Jahre im Schnitt als unnatürlich, 2010 waren es 50,9 % (siehe Detaillierung in Abb. 15). Dass der Prozentsatz der empfundenen Unnatürlichkeit auch in den jüngeren Vergleichsspots immer noch so hoch ist, liegt wohl auch daran, dass das Sprechen in der Werbung nie spontan erfolgt; so wurden die Werbestimmen der untersuchten Spots der 2010er Jahre auch heute nur von 49,1 % als „natür‐ lich“ bezeichnet. 46 Abb. 15: Eindruck von Natürlichkeit nach Jahrzehnten Beim Zusammenhang zwischen Natürlichkeit und Sympathie ist in den 1950er / 1960er / 1970er Jahren ein großer Unterschied zu erkennen (Abb. 16). 134 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots Das erstaunt vielleicht, weil man annimmt, dass Natürlichkeit und Sympathie zusammenhängen würden; die Schere geht in den 1950er Jahren am weitesten auseinander, wenn in 78,8 der Fälle die Sprechweise als unnatürlich empfunden wurde, sie aber in nur 53,1 % der Fälle auch unsympathisch wirkte. Das heißt, die Differenz liegt bei ca. 25 %. Dieser Prozentsatz empfand die Sprechweise in den Werbespots der 1950er Jahre zwar als unnatürlich, aber trotzdem sympa‐ thisch; im Laufe der Jahre ist diese Diskrepanz zwar weiter zu beobachten, aber geringer geworden (vgl. 3.2.1, Sprechprofile im Hörfunk). Abb. 16: Natürlichkeit und Sympathie im Laufe der Jahrzehnte Bei den Antworten der 2010er Jahre haben die absoluten Größen für Natürlich‐ keit und Sympathie im Vergleich zu den früheren Jahrzehnten deutlich zuge‐ nommen und sind beide um mehr als 50 % gegenüber dem durchschnittlichen Wert für die 1950er-1970er Jahre gestiegen! Für die Beziehung zwischen Natürlichkeit und Überzeugung sieht es anders aus: Beide Kriterien wurden über sämtliche Zeiträume annähernd gleich be‐ wertet; ein eklatanter Unterschied wie zwischen Natürlichkeit und Sympathie besteht also nicht. Die absoluten Größen wurden in den drei Jahrzehnten (1950er / 1960er / 1970er) als sehr niedrig beurteilt (21 % - 30 %) und wurden in den 2010er Jahren mit 49,1 % - 58,8 % deutlich höher eingestuft (siehe Abb. 17). 135 5.5 Auditive Wahrnehmung von stimmlich-artikulatorischen Merkmalen Hier scheint ein Zusammenhang erkennbar: Eine natürlich wirkende Sprech‐ weise wird tendenziell auch als überzeugend wahrgenommen, was weniger mit ihren Sympathiewerten in Verbindung zu stehen scheint, wie das oben in Bezug auf Sympathie zu sehen ist: Auch unnatürliche Sprechweise kann sympathisch wirken (Abb. 16). Abb. 17: Natürlichkeit und Überzeugung im Laufe der Jahrzehnte Untersucht man Kombinationen der drei Merkmale Natürlichkeit, Sympathie, Überzeugung über die gesamte Zeitspanne, erkennt man folgende Tendenzen: In 68,8 % der Fälle, in denen die Sprechweise als natürlich empfunden wurde, fand man sie auch überzeugend. Auf der anderen Seite zeigt sich, dass in 79,1 % der Fälle, in denen die Sprechweise als unnatürlich empfunden wurde, sie ten‐ denziell auch nicht überzeugend war, wie in Tabelle 13 verdeutlicht wird. Auch hieraus kann ein starker Zusammenhang zwischen Natürlichkeit und Überzeu‐ gung geschlussfolgert werden. 136 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots Natürlichkeit: ja/ eher ja Natürlichkeit: eher nein/ nein Überzeugung: ja/ eher ja 68,8 20,9 Überzeugung: eher nein/ nein 31,2 79,1 Tab. 13: Zusammenhang von Natürlichkeitseindruck und Überzeugungswirkung über alle Jahrzehnte zusammen Wie sich die vermuteten Zusammenhänge zwischen den drei Komponenten Sympathie, Natürlichkeit und Überzeugungswirkung prozentual im Schnitt dar‐ stellen, sieht man an einer Gegenüberstellung der kategorisierten Bewertungen positiv (ja / eher ja) vs. negativ (nein / eher nein). Natürlichkeit und Überzeugung weisen ein ähnliches Profil auf (auffallend mehr negative Einschätzungen als positive), während der Sympathieeindruck andere Kriterien mit einzubeziehen scheint und weitaus mehr positive Antworten aufweist (Abb. 18). Abb. 18: Die Wirkung von Sympathie, Natürlichkeit und Überzeugung im Vergleich (Zeiträume nicht differenziert) Abschließend wird nach einem Zusammenhang zwischen den persönlichen Daten der Bewertenden und der Wahrnehmung von Natürlichkeit anhand des Parameters Alter gefragt. Die Annahme war die, dass ältere Testpersonen (älter 137 5.5 Auditive Wahrnehmung von stimmlich-artikulatorischen Merkmalen als 50) frühere Sprechweisen natürlicher finden als jüngere (jünger als 30), weil sie ihnen vielleicht vertrauter sind oder mit Erfahrungen / Erinnerungen / Emo‐ tionen verknüpft sind. Da alle Bewertungen der historischen Werbespots im Jahr 2020 durchgeführt wurden, kann man davon ausgehen, dass die älteren Pro‐ banden einige Spots noch aus ihrer Jugend kennen. 1950er 1960er 1970er <30 >50 <30 >50 <30 >50 Natür‐ lich: (eher) ja 28,4 19,3 28,9 20,2 30,9 21,8 Natür‐ lich: (eher) nein 71,6 80,7 71,1 79,8 69,1 78,2 Tab. 14: Natürlichkeitsbewertung in Abhängigkeit vom Alter der Probanden Diese Annahme kann nicht bestätigt werden: In manchen Fällen zeigt sich eher das Gegenteil. Jüngere Teilnehmer stuften die Stimmen der historischen Wer‐ bespots aus allen drei Jahrzehnten als natürlicher ein als ältere Personen, wie in der Tabelle zu sehen ist. Woran könnte das liegen? Vielleicht sind ältere Test‐ personen kritischer? Oder sind Ältere eventuell sogar berührt, weil sie den Wandel selbst mitgemacht haben, während die Jüngeren die Sprechweise ein‐ fach hinnehmen? Vielleicht sind jüngere Menschen aber auch vorurteilsfreier und großzügiger, weil sie durch moderne Medien ein breiteres Spektrum an technisch manipuliertem Audio-Input zu bewältigen gewohnt sind? Teilergebnis: Zusammenfassend zu diesem Teil der Analyse kann folgendes gesagt werden: Es fällt ins Auge, dass die Sprechweise von den 1950er bis 1970er Jahren in der Werbung mehrheitlich als unnatürlich, unsympathisch und nicht überzeugend empfunden wurde. In den 2010er Jahren wurde von der Hälfte der Probanden die Sprechweise nach wie vor als natürlich und von der überwiegenden Zahl (65,9 %) als sympathisch empfunden. Das gleiche Ergebnis ist bezüglich des Kri‐ teriums der überzeugenden Sprechweise festzustellen: hier sind erstmals ab den 2010er Jahren mehr positive Bewertungen zu sehen. Besonders interessant ist, dass die Werte in Bezug auf die Sympathie-Ein‐ schätzungen immer höher liegen als die von Natürlichkeit, dass aber Überzeu‐ gung eng mit Natürlichkeitswirkung verbunden scheint. 138 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots 5.5.4.2 Sprechausdruck (Stimme und Sprechweise) Im Folgenden wird nach den Zusammenhängen zwischen den Eigenschaften aus Block 1 (Gesamteindruck) und Block 2 (Bewertung der Stimme und Sprech‐ weise) gefragt. Hierbei wird zunächst die Sprechstimmlage, sodann werden Ak‐ zentuierung / Rhythmisierung und Artikulation betrachtet. Dabei ist das Vor‐ gehen bei der Präsentation der Diagramme immer zuerst zeitunabhängig (über alle Jahrzehnte hinweg zusammengefasst), dann im Zeitlauf differenziert. Bei den untersuchten Komponenten in Bezug auf den Sprechausdruck soll der Zu‐ sammenhang mit Natürlichkeit, Sympathie und Überzeugung geprüft, visuali‐ siert und später diskutiert werden; der Wahrnehmung von Frauen- und Män‐ nerstimmen in Bezug auf die Sprechstimmlage und die Akzentuierung ist ein eigenes Kapitel gewidmet. Auf die Bewertung der Sprechgeschwindigkeit wird in den vorliegenden Ausführungen (noch) nicht näher eingegangen. Ob schnellere Sprecher tatsäch‐ lich kompetenter eingeschätzt werden (vgl. Radecker, 2008, S. 34), soll durch weitere Analyseschritte überprüft werden, beispielsweise durch die Zählung von Silben pro Sekunde; hierbei müssen diverse andere Faktoren beachtet werden, beispielsweise die Pausensetzung (v. a. Länge und Häufigkeit der Pausen) und außersprachliche Passagen (z. B. Musik- und Geräuscheinsatz). Dieser Untersuchungsschritt wurde zunächst zurück gestellt, sodass die Aus‐ wertung der Sprechgeschwindigkeit nicht Gegenstand der Ergebnisdiskussion ist. 5.5.4.2.1 Sprechstimmlage Hier interessieren die tendenziellen Zusammenhänge zwischen den Parametern aus dem ersten Block und der Sprechstimmlage allgemein, wobei folgenden Fragen schwerpunktmäßig nachgegangen wird: 1. Welchen Einfluss hat die wahrgenommene Sprechstimmlage auf die Wirkung von Natürlichkeit, Sympathie und Überzeugungs‐ kraft? 2. Wie ändert sich die wahrgenommene Sprechstimmlage im Laufe der untersuchten Dekaden? Die Differenzierung in Frauen- und Männerstimmen kommt in einem geson‐ derten Abschnitt zur Sprache (Kap. 5.5.4.3: Gender und Stimme). Die Vermutung, dass es einen Zusammenhang zwischen der wahrgenom‐ menen Sprechstimmlage und der empfundenen Natürlichkeit gibt, lautete da‐ hingehend, dass eine Stimme dann natürlich wirke, wenn sie weder zu tief noch zu hoch sei (d. h. als angemessen oder „unauffällig“ empfunden wird und sich 139 5.5 Auditive Wahrnehmung von stimmlich-artikulatorischen Merkmalen daher voraussichtlich in der Indifferenzlage befindet). Das kann bestätigt werden, wie das Diagramm (Abb. 19) deutlich zeigt: 92,9 % derjenigen, die eine Stimme als besonders hoch eingestuft haben, fanden sie auch eher unnatürlich. Dabei kann man davon ausgehen, dass die Sprecher(innen) ihre Indifferenzlage verlassen haben. Diese Bewertung ändert sich, je tiefer die Stimmen werden. In Bezug auf eine sehr tiefe Stimme kann demnach keine Aussage darüber ge‐ troffen werden, ob sie als eher natürlich oder unnatürlich wahrgenommen wird, hier ist keine Tendenz erkennbar. So kann davon ausgegangen werden, dass folgende Behauptung allgemein (auf weibliche und männliche Stimmen) zutrifft: Je höher die Stimme, desto un‐ natürlicher wirkt sie, je tiefer die Stimme, desto natürlicher wird sie wahrge‐ nommen. Abb. 19: Zusammenhang der wahrgenommenen Sprechstimmlage und dem Eindruck von Natürlichkeit In einem ähnlichen Zusammenhang scheint die wahrgenommene Sprechstimm‐ lage mit der empfundenen Sympathie zu stehen, wenn nämlich die sehr hohen und hohen Stimmen extrem wenige Sympathiepunkte verzeichnen und bei den tiefen und sehr tiefen Stimmen eine regelmäßige Verteilung zu erkennen ist (Abb. 20). Sobald die Stimmlage als tief und sehr beurteilt wird, erhält die Stimme mehr positive Sympathie-Wertungen als negative. 140 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots Abb. 20: Zusammenhang der wahrgenommenen Sprechstimmlage und dem Eindruck von Sympathie Der Blick auf die Sprechwirkung in Bezug auf die wahrgenommene Sprech‐ stimmlage und Überzeugung weist ebenfalls auf einen Zusammenhang hin, der tiefere Stimmen favorisiert. Tiefe und sehr tiefe Stimmen wirken überzeugender als hohe und sehr hohe und sogar überzeugender als unauffällige, also „normal“ hohe Stimmen (Abb. 21). In 79 % der Fälle, in denen die Stimmen als hoch / sehr hoch wahrgenommen wurden, bekamen sie die Bewertung „Überzeugung: nein / eher nein“. Die tiefen / sehr tiefen Stimmen wurden diesbezüglich mit 51,3 % positiv und mit 48,7 % negativ beurteilt, was insgesamt wieder zeigt, dass tiefen Stimmen die größte Überzeugungskraft zugesprochen wird. 141 5.5 Auditive Wahrnehmung von stimmlich-artikulatorischen Merkmalen Abb. 21: Zusammenhang der wahrgenommenen Sprechstimmlage und dem Eindruck von Überzeugung Besonders hervorgehoben werden muss, dass bei allen drei Parametern (Natür‐ lichkeit, Sympathie, Überzeugung) unauffällige Stimmen nicht, wie vielleicht angenommen, eine ausgeglichene Bewertung aufweisen (Abb. 19, Abb. 20, Abb. 21). Auch bei diesem „neutralen“ Wert finden wir in Bezug auf Natürlichkeit, Sympathie und Überzeugung eine deutlich zum Negativen neigende Einschät‐ zung. Am stärksten ist dies beim Natürlichkeitseindruck der Fall: Die unauffäl‐ ligen Stimmen wurden hier zu 26,7 % positiv, zu 73,3 % negativ beurteilt (Abb. 19). Selbst beim Parameter Überzeugung, bei dem dieses Ergebnis weniger au‐ genfällig ausfiel, bewerteten doppelt so viele Testpersonen die unauffällige Stimmlage negativ als positiv (Abb. 21). Fazit: Vergleicht man die Aussagen von Abb. 21 mit Abb. 19 und Abb. 20, erkennt man Ähnlichkeiten, die einige Schlussfolgerungen zulassen. Die Ten‐ denzen in Bezug auf die Sprechstimmlage generell deuten klar darauf hin, dass die Höhe der Sprechstimme (die Sprechstimmlage) die Sprechwirkung von Na‐ türlichkeit, Sympathie und auch den Eindruck der Überzeugungskraft beein‐ flusst: Hohe Stimmen, die über dem als unauffällig bzw. „normal“ empfundenen 142 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots 47 Dabei sei erwähnt, dass es sich wohl meist um funktionell hohe Stimmen handelt, die oberhalb des Hauptsprechtonbereichs angesiedelt sind, nicht um physiologisch hohe Stimmen. 48 Diese subjektiv wahrgenommene Sprechtonhöhe wird später mit Hilfe der Praat-Ana‐ lyse (Methode 3, siehe Kap. 5.6) objektiven Daten gegenübergestellt. Sprechtonbereich 47 liegen, schneiden deutlich schlechter ab als tiefe Stimmen und als unauffällig wahrgenommene Stimmen. Die hier gewonnenen Erkenntnisse werden nun in den zeitlichen Rahmen der untersuchten Werbespots gestellt: Wie ändert sich die wahrgenommene Sprechstimmlage im Laufe der untersuchten Dekaden? Die Vermutung lautete, dass sich die Sprechstimmlage auch in den Werbespots mit der Zeit verändert hat und seit den 1950er Jahren generell tiefer geworden ist (vgl. Kap. 3.2). Das kann für die hier untersuchten Spots bestätigt werden. Diese Er‐ kenntnisse beziehen sich zunächst auf beide Geschlechter. Anhand der prozentualen Verteilung der wahrgenommenen Sprechstimm‐ lagen bei den untersuchten Werbespots kann folgendes ausgesagt werden: Das Merkmal „sehr hohe Stimme“ kommt bei den alten Werbespots am häufigsten vor und trifft knapp auf die Hälfte dieser Fälle zu. 48 Mit dem Diagramm (Abb. 22) wird verdeutlicht, dass die Sprechstimmlagen (bzw. der Stimmgebrauch) generell von den Versuchspersonen - sowohl von Frauen als auch von Männern - im Laufe der Jahre als tiefer wahrgenommen werden. Das Ergebnis aus den 1950er Jahren (18,7 sehr tief / tief gegenüber 47,7 % hoch / sehr hoch) zeigt quasi eine Umkehrung des 2010er Profils: Hier liegt der Prozentsatz für tiefe / sehr tiefe Stimmen bei 62 % und der für hohe / sehr hohe Stimmen bei 11,9 %. 143 5.5 Auditive Wahrnehmung von stimmlich-artikulatorischen Merkmalen 49 Unter Überakzentuierung versteht man hier mehr als einen Fokusakzent und / oder mehrere Nebenakzente bzw. eine übertrieben deutliche Akzentsetzung. Abb. 22: Veränderung der wahrgenommenen Sprechstimmlage (Frauen und Männer) im Laufe der Jahrzehnte: 1950er / 1960er / 1970er / 2010er Jahre 5.5.4.2.2 Akzentuierung / Rhythmisierung In Bezug auf einen Zusammenhang zwischen wahrgenommener Akzentuierung bzw. Rhythmisierung der Sprechweise und den Parametern in Block 1 (Gesamt‐ eindruck) stellt sich folgende Frage: Welche Auswirkung hat die Ausprä‐ gung von Akzentuierung / Rhythmisierung der Sprechweise auf den Ein‐ druck von Natürlichkeit und die Überzeugungskraft? Hier lautete die Vermutung, dass die Sprechweise bei Überakzentuierung 49 unnatürlich wirke und damit auch an Überzeugungskraft verliere. Im Fall von 5-Sekunden-Se‐ quenzen konnte dies auch bei fehlendem Kontext gut beurteilt werden. Zunächst soll die Gesamteinschätzung der Sprechweise in den Werbespots in Bezug auf Akzentuierung / Rhythmisierung bei allen 3.888 Antworten genannt werden: 5,9 % der Befragten meinten, sie sei sehr gering oder gering, 25,4 % empfanden sie als unauffällig, der größte Teil jedoch (68,7 %) meinte, die Sprech‐ weise wirke stark oder sehr stark akzentuiert bzw. rhythmisiert (Tab. 15). 144 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots Akzentuierung / Rhythmi‐ sierung Antworten in % sehr gering / gering 5,9 unauffällig 25,4 stark / sehr stark 68,7 Tab. 15: Gesamteinschätzung in Prozent: Akzentuierung / Rhythmisierung Wie verteilen sich die Antworten (bezüglich Akzentuierung / Rhythmisierung) auf die Frage nach den Parametern der Natürlichkeitswirkung und der Über‐ zeugung? Die Kombinationen der Parameter Akzentuierung und Natürlichkeit ergibt folgendes Bild (Abb. 23): 54 % aller Fälle zeigt bei starker / sehr starker Akzen‐ tuierung eine negative Bewertung der Natürlichkeit und nur bei 14,7 % eine po‐ sitive Bewertung. Abb. 23: Häufigkeiten: Akzentuierung / Rhythmisierung und Natürlichkeitswirkung (pro‐ zentuale Verteilung) 145 5.5 Auditive Wahrnehmung von stimmlich-artikulatorischen Merkmalen 50 Gleichwohl liegt der Anteil der „überzeugenden“ Audioproben bei der Gruppe starke / sehr starke Akzentuierung vergleichsweise immer noch höher als der Anteil der „natürlich“ wirkenden Audioproben. Abb. 24: Häufigkeiten: Akzentuierung / Rhythmisierung und Überzeugung (prozentuale Verteilung) Die gleiche Frage, jetzt nach der Kombination Akzentuierung und Überzeugung zeigt in 48,2 % der Fälle eine negative Beurteilung bei starker Akzentuierung und in 20,5 % eine positive Beurteilung (Abb. 24). Fazit: Der größte Anteil der Werbespots wird stark akzentuiert und weder na‐ türlich noch überzeugend wahrgenommen. 50 Die Tatsache, dass es so wenige Fälle gab, in denen die Akzentuierung überhaupt als gering / sehr gering einge‐ stuft wurde, ist sicher der Gattung Werbesprache zuzuschreiben. Der Zusammenhang zwischen Akzentuierung / Rhythmisierung einerseits und Natürlichkeit bzw. Überzeugung andererseits ergibt sich aus Abb. 25 und Abb. 26. Hieraus lässt sich folgern, dass eine starke Akzentuierung und Rhythmisie‐ rung der Sprechweise die Natürlichkeit und die Überzeugung negativ beein‐ flussen. Im Fall aller unter dem Natürlichkeits-Parameter bewerteten Antworten war die Verteilung des Parameters Akzentuierung / Rhythmisierung wie folgt ver‐ teilt: In 75,2 % der Fälle, in denen die Sprechweise als (eher) unnatürlich emp‐ 146 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots funden wurde, wurde sie auch als besonders akzentuiert wahrgenommen (Abb. 25). Weniger klare Aussagen sind in Bezug auf die Akzentuierung / Rhythmisie‐ rung bei natürlich wahrgenommener Sprechweise zu treffen. Wenn die Sprech‐ weise als natürlich empfunden wurde, wurde sie zu 52 % als stark akzentuiert, zu ca. 38,9 % als normal akzentuiert und zu 9 % als gering akzentuiert bezeichnet. Abb. 25: Akzentuierung / Rhythmisierung unter der Voraussetzung des Parameters Na‐ türlichkeit Im Falle aller unter dem Überzeugungs-Parameter bewerteten Antworten kann man bezüglich des Parameters Akzentuierung / Rhythmisierung ablesen, dass die Testpersonen bei nicht überzeugend wirkenden Fällen zu 73,5 % auch eine starke / sehr starke Akzentuierung wahrnahmen, ein Fünftel mehr als bei Fällen, bei denen eine starke Akzentuierung und positive Überzeugung zusammen fielen (bei 59,5 %, siehe Abb. 26). 147 5.5 Auditive Wahrnehmung von stimmlich-artikulatorischen Merkmalen Abb. 26: Akzentuierung / Rhythmisierung unter der Voraussetzung des Parameters Über‐ zeugung Wie verändert sich die Sprechweise (Akzentuierung / Rhythmisierung) seit den 1950er Jahren? Das Ergebnis zeigt auch hier eine deutliche Tendenz (Abb. 27): Die schon fest‐ gestellte Überakzentuierung der 1950er Jahre nimmt über die Folgedekaden nur ganz langsam ab (von 76,4 % empfundener starker/ sehr starker Akzentuierung in den 1950er Jahren, über 73,1 % in den 1960er Jahren zu 72 % in den 1970er Jahren). Erst in den 2010er Jahren haben wir eine ähnliche Verteilung zwischen normal akzentuierter Sprechweise (40,4 %) und starker / sehr starker (47,2 %), aber auch eine knappe Verdreifachung von geringer / sehr geringer Akzentuie‐ rung (12,3 %) im Vergleich zu den drei untersuchten Dekaden vorher (4,0; 5,1 %; 4,1 %). Wann dieser Umschwung stattgefunden hat, kann aus den vorliegenden Daten nicht herausgelesen werden, weil die 2010er Jahre die Vergleichsdekade zu den untersuchten 1950er / 1960er / 1970er Jahren darstellen. Eines wird aber ganz klar: Werbung heute zeichnet sich durch wesentlich weniger auffällige Akzentuierung und Rhythmisierung aus, was auch den gestiegenen Eindruck von Natürlichkeit und Überzeugungskraft erklärt, auf den schon eingegangen wurde. So erinnert das Profil im Diagramm (Abb. 27) stark an Abb. 17, in der Natürlichkeit und Überzeugung in Abhängigkeit der Jahrzehnte dargestellt sind. 148 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots Die Zusammenhänge zwischen Überzeugung, Natürlichkeit und Akzentuie‐ rung / Rhythmisierung sind augenfällig. Abb. 27: Wahrgenommene Akzentuierung / Rhythmisierung im Laufe der Jahrzehnte (kategorisiert): 1950er / 1960er / 1970er / 2010er Jahre 5.5.4.2.3 Artikulationsschärfe (Deutlichkeit der Aussprache) Welche Zusammenhänge lassen sich zwischen der wahrgenommenen Artikulationsschärfe (Deutlichkeit der Aussprache) und der empfun‐ denen Natürlichkeit erkennen? Die Vermutung war, dass die Artikulation in den älteren Spots überdeutlich und somit stärker als in den jüngeren Spots sei, was sich in der Natürlichkeit niederschlägt. Das Diagramm mit Darstellung der Artikulationsausprägung im Zusammen‐ hang mit Natürlichkeitswahrnehmung (Abb. 28) zeigt anhand der Ergebnisse der Kreuztabelle einen hohen Wert bei der Kombination „(über)deutliche Arti‐ kulation“ und „Natürlichkeit: nein / eher nein“: Diese Kombination kam mit 45,9 % am häufigsten vor und würde die obige Vermutung bestätigen. 149 5.5 Auditive Wahrnehmung von stimmlich-artikulatorischen Merkmalen 51 Besonders auffällig ist diesbezüglich die Sprechweise des Kommentators in der Wer‐ bung von Fakt (1972), die an Wochenschau-Sendungen der 1940er Jahre erinnert: Hier Abb. 28: Häufigkeiten: Artikulationsschärfe und Natürlichkeitswirkung (prozentuale Verteilung) Noch deutlicher wird der Zusammenhang aus der Zeitperspektive (Abb. 29). Die Werbespots in den 1950er und 1960er Jahren weisen einen hohen Grad an deut‐ licher bis überdeutlicher Artikulationspräzision und manierierter Sprechweise auf, was in den 1970er Jahren nachlässt. Im Vergleich dazu wirken die Spots der 2010er Jahre weiterhin deutlich artikuliert, aber weniger auffällig. Die Artiku‐ lationspräzision ist damit im Profil mit dem der Akzentuierung / Rhythmisie‐ rung vergleichbar (Abb. 27). Mit Sicherheit liegt die hier beschriebene Entwicklung zu einem großen Teil an der Tonstudio- und Übertragungstechnik (vgl. Kap. 2.1.1), aber sicher auch an den damaligen Sprechmoden (siehe Kap. 3.2.2). Wenn Akzentuierung und Artikulation in den 1950er und 1960er Jahren noch so stark wahrgenommen wurden, liegt das wohl auch daran, dass die in der ersten Hälfte des 20. Jahr‐ hunderts geforderte maximale Deutlichkeit und Artikulationsschärfe in den Studios noch prägend war. Wie in Kapitel 3.4 ausgeführt, legte auch Siebs in der Ausgabe von 1969 noch sehr großen Wert auf besonders klare und deutliche Hochlautung. Nicht zuletzt sind gerade im Werbefunk in den Nachkriegsjahr‐ zehnten manierierte Sprechstile zu hören, die an die Zeit vor und während des Nationalsozialismus erinnern 51 und sich in überartikulierter, dramatischer 150 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots findet man deutliche Parallelen in Bezug auf manierierte Sprechweise und Überartiku‐ lation. Sprechweise manifestieren, die Hermann Kolb für das Hörspiel als Richtlinien formuliert hatte (vgl. Kap. 3.1). Abb. 29: Wahrgenommene Artikulationsschärfe im Laufe der Jahrzehnte (kategorisiert): 1950er / 1960er / 1970er Jahre Trotz der teils überdeutlichen Artikulation ist die in der Nachkriegszeit noch vermehrt anzutreffende Variante der gerollten, apikalen R-Realisation nach Kurzvokal nur in einem der untersuchten Werbespots auffällig ( VOX -Kaffee 1955: morgens, wirklich). Der Unterschied zur Rezeption in den 2010er Jahren ist aber nicht nur wegen der anderen Sprechmoden so groß, es hat auch mit der ab den 1980er Jahren einsetzenden und in den Studios nach und nach übernommen Digitalisierung zu tun, die eine natürliche Sprechweise förderte und neue Mög‐ lichkeiten der Klangmischung und Sound-Effekte mit sich brachte. Teilergebnis: Zusammenfassend kann zur auditiven Einschätzung des Sprechausdrucks (Stimme und Sprechweise) folgendes festgestellt werden: Die Untersuchung der Kriterien Sprechstimmlage, Akzentuierung / Rhythmisierung und Artikulation haben ergeben, dass alle drei Kriterien große Veränderungen zwischen den drei untersuchten Jahrzehnten und den 2010er Jahren aufweisen: Die mittlere 151 5.5 Auditive Wahrnehmung von stimmlich-artikulatorischen Merkmalen Sprechstimmlage senkt sich ab, die Akzentuierung und Artikulationsschärfe werden deutlich schwächer. All das scheint die Natürlichkeit und Sympathie positiv zu beeinflussen. 5.5.4.3 Gender und Stimme Interessantere Ergebnisse konnten bei der Frage nach dem Geschlecht der Spre‐ cher erzielt werden, daher soll diesem Punkt ein eigener Abschnitt gewidmet sein. Die hier nachgegangenen Fragen lauten: 1. Wie ändert sich die Wahrnehmung der Sprechstimmlage im Laufe der Zeit bei weiblichen Stimmen, wie bei männlichen Stimmen? 2. Welchen Zusammenhang kann man bei der Sprechwirkung von weiblichen bzw. männlichen Stimmen in Bezug auf Natürlichkeit tendenziell erkennen? Unabhängig von der biologischen Stimmlage fanden die Probanden die männ‐ lichen Stimmen über alle Jahrzehnte zusammen weniger auffällig als die weiblichen Stimmen (Abb. 30). Man kann weiter hohe Ergebniswerte bei tiefen Män‐ nerstimmen und bei hohen Frauenstimmen verzeichnen, was bedeutet, dass sie jeweils auffallend tief bzw. auffallend hoch empfunden wurden. (Zu betonen ist, dass dieser Parameter nicht absolut, sondern geschlechtsbezogen bewertet wurde, z. B. für eine Frauenstimme besonders hoch.) Von den männlichen Stimmen (2.376 Fälle) wurden 44,7 % als tief / sehr tief wahrgenommen, 23,5 % als hoch / sehr hoch, unauffällig in Bezug auf die Stimmlage waren 32 %. Bei Frauen sieht das Bild genau umgekehrt aus: Von den weiblichen Stimmen (1.512 Fälle) wurden 61,6 % als sehr / eher hoch wahrgenommen, 11,8 % als tief / sehr tief und 26,6 % als unauffällig. 152 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots Abb. 30: Zusammenhang Sprechstimmlage und Geschlecht der Sprecher / innen (alle De‐ kaden) Auf die Jahrzehnte verteilt ergibt sich ein Gesamtbild (Abb. 31), das die Unter‐ schiede der Jahrzehnte vergleichend auf einen Blick darstellt. Man sieht hier sofort, dass viele männliche Stimmen in den 2010ern als besonders tief emp‐ funden wurden, und dass die weiblichen Stimmen in den 1950ern und 1970ern als besonders hoch hervortreten. 153 5.5 Auditive Wahrnehmung von stimmlich-artikulatorischen Merkmalen Abb. 31: Häufigkeit der Kombination Geschlecht und Sprechstimmlage im Verlauf der Jahrzehnte Weiter unten sollen die Jahrzehnte getrennt betrachtet und diskutiert werden. Es handelt sich bei den Diagrammen jeweils um die Häufigkeit von Kombina‐ tionen als Ergebnis von Kreuztabellen: Geschlecht der Sprecher und wahrge‐ nommene Sprechstimmlage. Von den weiblichen Stimmen in den 1950er Jahren wurden 67 % als sehr hoch / hoch empfunden, tiefe Stimmen kommen hier fast gar nicht vor. Die Männerstimmen haben recht ausgeglichene Bewertungen erzielt, was quasi ausschließt, dass technische Umstände (Qualität der Aufnahmen etc.) ursächlich für dieses Ergebnis wären (Abb. 32). 154 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots Abb. 32: Wahrgenommene Sprechstimmlage nach Geschlecht der Sprecher / innen bei Spots der 1950er Jahre In den 1960er Jahren (Abb. 33) verstärkt sich die Tendenz der Bewertung bei den weiblichen Stimmen leicht, wenn 82 % als sehr hoch / hoch bezeichnet wurden. Die Männerstimmen wurden mit 40,9 % tendenziell etwas tiefer beurteilt als in den 1950er Jahren. Tief beurteilte weibliche Stimmen gibt es hier verschwindend wenige. 155 5.5 Auditive Wahrnehmung von stimmlich-artikulatorischen Merkmalen Abb. 33: Wahrgenommene Sprechstimmlage nach Geschlecht der Sprecher / innen bei Spots der 1960er Jahre Abb. 34: Wahrgenommene Sprechstimmlage nach Geschlecht der Sprecher / innen bei Spots der 1970er Jahre 156 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots Die Wahrnehmungen der männlichen Stimmen in den 1960er Jahren und den 1970er Jahren weisen große Ähnlichkeiten auf, in den 1970ern sind sie noch ausgeprägter, wenn mehr als doppelt so viele Männerstimmen als tief oder sehr tief beurteilt werden (Abb. 34). Die Frauenstimmen sind weiterhin hoch / sehr hoch (zu 62,9 %), wenn auch abgeschwächt im Gegensatz zu den 1960er Jahren. Das Bild der 2010er Jahre, also 4 Jahrzehnte später, ist am aussagekräftigsten, weil es die Unterschiede zu den drei früheren Dekaden deutlich hervorhebt (Abb. 35). Am meisten sticht heraus, dass 71,8 % der männlichen Stimmen als tief / sehr tief wahrgenommen wurden; zum ersten Mal wurden auch weibliche Stimmen als tief / sehr tief beurteilt (42,6 %). Ein Vergleich mit den zu Beginn des Kapitels besprochenen Ergebnissen zwingt sich auf: Die Verbindung mit der Beurteilung des Parameters Natürlich‐ keit. Es war ein klarer Zusammenhang dahingehend erkannt worden, dass die Natürlichkeit nach Sprechstimmlage kontinuierlich zunimmt und tiefe Stimmen hier am besten abschnitten (Abb. 19). Das Bild mit dem Zusammenhang von Natürlichkeitseindruck über die Jahrzehnte kann ebenfalls in Verbindung mit den hier diskutierten Ergebnissen gebracht werden (Abb. 15: Eindruck von Na‐ türlichkeit nach Jahrzehnten). Nur in den 2010er Jahren waren die positiven und negativen Bewertungen in Bezug auf Natürlichkeit in etwa gleich verteilt. Abb. 35: Wahrgenommene Sprechstimmlage nach Geschlecht der Sprecher / innen bei Spots der 2010er Jahre 157 5.5 Auditive Wahrnehmung von stimmlich-artikulatorischen Merkmalen 52 „Median und Mean pitch sind Maße, die über die mittlere Grundfrequenz des Sprechers oder der Sprecherin Auskunft geben und insofern Rückschlüsse auf die mittlere Sprech‐ stimmlage zulassen“ (Mayer, 2017, S. 119). 53 Von den zahlreichen Möglichkeiten einer Analyse mit dem Programm Praat wurde hier nur der mean pitch, also die mittlere Grundfrequenz, gemessen und für einen Vergleich mit der wahrgenommenen Sprechstimmlage herangezogen. Es wurde eine Ausweitung auf den gesamten pitch-Bereich vorerst ausgeklammert, diese könnte in einem weiter‐ führenden Untersuchungsschritt noch interessante Ergebnisse ergeben, u. a. als Ant‐ wort auf die Frage nach Akzentuierung / Rhythmisierung in der Online-Umfrage. Ebenso wäre es möglich, mit dem Programm MAUS systematisch eine Wortsegmen‐ tierung vorzunehmen und als TextGrid-Datei zu exportieren (Schiel, 1999). Dann wäre im Praat-Bild auch der Wortlaut zu erkennen und kann weiteren Untersuchungen dienen (siehe Beispiel Abb. 36). Zwei wesentliche Ergebnisse können in Bezug auf Gender und Stimme aus diesem Abschnitt gezogen werden: Von den 1950er Jahren abgesehen (in denen alle Stimmlagen annähernd gleich stark vertreten waren), gab es bei den Männerstimmen in allen Zeiträumen eine Prädominanz von normalen bzw. tiefen Stimmen, welche sich aber im Laufe der Jahre deutlich zugunsten der tiefen Stimmen verstärkt hat. Bei den Frauen‐ stimmen gab es von den 1950er bis 1970er Jahren stets eine Prädominanz von hohen bzw. normalen Stimmlagen, wohingegen sich die Verteilung in den 2010er Jahren umkehrte und nunmehr normale bis tiefe Stimmen dominieren. 5.6 Methodischer Zugang 3: Experimentalphonetische Analyse der mittleren Grundfrequenz Die Ergebnisse der Online-Umfrage im Hinblick auf die Sprechstimmlage sollten objektiv gemessenen Werten gegenübergestellt werden, um zu sehen, ob hier Parallelen feststellbar sind. 52 Das war mit der phonetischen Analyse-Software Praat in Bezug auf die mittlere Sprechstimmlage mittels Errechnung der durch‐ schnittlichen Grundfrequenz (mean pitch) möglich. 53 Es geht hier um folgende Fragen: 1. Ändert sich bzw. wie ändert sich die mittlere Grundfrequenz von Frauen- und Männerstimmen im Laufe der Zeit (die 1950er / 1960er / 1970er Jahre im Vergleich zu den 2010er Jahren)? 2. Gibt es einen tendenziellen Zusammenhang zwischen der sub‐ jektiv empfundenen Sprechstimmlage (Online-Experiment) und der mittleren Grundfrequenz (Praat)? 158 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots 54 Von 54 Audioproben hatten 18 Musikinterferenzen und mussten daher abgezogen werden = 36 Stimmen (21 Männerstimmen, 15 Frauenstimmen). Diverse Erkenntnisse und Beobachtungen zum Thema Stimmlage und der Ver‐ änderung der mittleren Sprechstimmlage im Laufe der Zeit, vor allem bei Frauen, wurden im 3. Kapitel und bei den Ausführungen zum Online-Experiment (Kap. 5.5) schon diskutiert; die Ergebnisse hier werden auch mit den dortigen Aussagen abgeglichen. Der Praat-Analyse wurden dieselben 5-Sekunden-Sequenzen aus dem On‐ line-Experiment unterzogen; die Ergebnisse konnten schließlich mit der audi‐ tiven Einschätzung im Perzeptionstest abgeglichen werden. Besonders hierfür war es wichtig gewesen, bei den 5-Sekunden-Sequenzen darauf zu achten, dass es reine Stimmproben waren, die weder durch stimmliche Überschneidungen noch Geräusche oder Hintergrundmusik verzerrt wurden. 54 Ein Analyseergebnis mit dem Computerprogramm Praat zeigt beispielsweise das Oszillogramm, den Pitch-Verlauf und den Wortlaut der Äußerung. In Abb. 36 sieht man ein Bildschirmfoto des Persil-Werbespots (1953), hier exemplarisch ein Ausschnitt von 4 Sekunden Dauer mit eingeblendetem Wortlaut, der eine durchschnittliche Grundfrequenz (mean pitch) von 284 Hz aufweist; man er‐ kennt im markierten Teil der Textzeile deutlich, wie die Sprecherin bei der Be‐ tonung des Wortes „meisten“ die Stimmlage anhebt und wie sie am Ende des Satzes („der Hosen ein“) die Stimme senkt. Abb. 36: Beispiel Praat-Analyse (Oszillogramm, Pitch-Verlauf und Wortlaut der Äuße‐ rung) 159 5.6 Experimentalphonetische Analyse der mittleren Grundfrequenz 55 Die 1980er Jahre wurden hier nicht berücksichtigt, weil es sich nur um zwei Spots eines Produkts handelte. 5.6.1 Ergebnisse der Praat-Analyse Die mittlere Grundfrequenz (mean pitch) von Frauen- und Männerstimmen der untersuchten Dekaden (die 1950er / 1960er / 1970er Jahre 55 im Vergleich zu den 2010er Jahren) zeigt eine gleichbleibende Verteilung der männlichen und auch der weiblichen Sprechstimmen während der drei Jahrzehnte, wobei die männ‐ lichen Stimmen zwischen 149,83 Hz und 165,13 Hz, die weiblichen zwischen 244,35 Hz und 264,53 Hz liegen. Zwischen den drei Jahrzehnten und den 2010er Jahren ist ein deutliches Absinken der mittleren Grundfrequenz zu verzeichnen, bei Männern im Durchschnitt auf 133,74 Hz, bei Frauen auf 151,40 Hz (Abb. 37). Abb. 37: Mittlere Grundfrequenz über die Jahrzehnte Nach Neppert (1999, S. 125) liegt der übliche Streuungsbereich der Mittelwerte in Bezug auf die Grundfrequenzlagen bei Männern zwischen 100 Hz und 150 Hz, bei Frauen zwischen 190 Hz und 250 Hz. Wie in Abschnitt 3.2.3 diskutiert wurde, befindet sich die Sprechstimme von Frauen in den Medien (Nachrichtenspre‐ cherinnen und Moderatorinnen) heute generell etwas tiefer, was durch die Praat Ergebnisse auch für die untersuchten Werbespots der 2010er Jahre bestätigt wird. Dass die weiblichen Stimmen hier ein so deutliches Absinken erkennen lassen, mag auch an den beworbenen Produkten liegen (vor allem bei Melitta 160 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots 56 Interessant wäre in diesem Zusammenhang der Vergleich mit anderen Produktgruppen oder Werbeformen (z. B. Kaufhausdurchsagen). 57 Synchronspots, jeweils 9 pro Produktgruppe. 2016 und Lenor 2017 sind die weiblichen Stimmen sehr sinnlich-gefühlsbetont und damit eher tief). 56 Bedenkt man, dass der Anteil erwerbstätiger Frauen in der Gesellschaft seit den 1970er Jahren kontinuierlich zugenommen hat, drängt sich der offensicht‐ liche Zusammenhang mit der Verteilung der mittleren Grundfrequenzen der weiblichen Stimmen in den Werbespots auf: Die weibliche Stimme als Spiegel der Emanzipationsbewegung (vgl. Kap. 3.3). Ein Blick auf die männlichen und weiblichen Stimmlagen in den Spots der un‐ tersuchten Produktgruppen 57 bestätigt die entsprechenden Ergebnisse des On‐ line-Experiments (siehe 5.5.4.3): Die folgenden zwei Diagramme zeigen jeweils die mittlere Grundfrequenz von Männerstimmen und Frauenstimmen, einmal die 1950er / 1960er / 1970er Jahre gruppiert (Abb. 38) und zum Vergleich die je‐ weiligen Produktgruppen der 2010er Jahre (Abb. 39). Abb. 38: Mittlere Grundfrequenz bei Frauen und Männern: Produktgruppen 1950er / 1960er / 1970er Jahre Während der 1950er, 1960er und 1970er Jahre ist ein etwa gleichbleibendes Profil in Bezug auf die wahrgenommene Sprechstimmlage zu verzeichnen, es ent‐ 161 5.6 Experimentalphonetische Analyse der mittleren Grundfrequenz spricht der Darstellung im Diagramm oben (Abb. 37). Bei den Produktgruppen der 2010er Jahre ist lediglich die Hygiene-Werbung (Zahnpasta) augenfällig, da hier der Unterschied zwischen Männer- und Frauenstimmen sehr deutlich ist, allerdings nicht so auffallend, dass man dem aufgrund der Korpusgröße zu große Bedeutung zukommen lassen sollte. Abb. 39: Mittlere Grundfrequenz bei Frauen und Männern: Produktgruppen 2010er Jahre Fazit: Auch mit diesen Diagrammen, die die durchschnittliche Grundfrequenz in Bezug auf Männer- und Frauenstimmen bei den Produktgruppen getrennt zeigen, wird das generelle Absenken der Stimme in den 2010er Jahren nochmals deutlich. Zumindest in den hier untersuchten Werbespots ist diese Tendenz auf‐ fällig. Abschließend soll die zweite Frage beantwortet werden: Gibt es einen ten‐ denziellen Zusammenhang zwischen der subjektiv empfundenen Sprechstimmlage (Online-Experiment) und der mittleren Grundfre‐ quenz (Praat)? Es wurde untersucht, ob Übereinstimmungen erkennbar sind zwischen den Eigenschaften aus Block 2 der Online-Befragung (den Fragen zu Stimme und Sprechweise) und den mit Praat ermittelten Werten, mean pitch). Hierfür wurde in Anlehnung an Neppert (siehe oben) folgende Einteilung angesetzt: • Stimme Frauen: <190 Hz (tief), 190-250 Hz (mittel), >250 (hoch) • Stimme Männer: <100 Hz (tief), 100-150 Hz (mittel), >150 (hoch) 162 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots 58 Sequenzen ohne Verzerrung durch Musik oder Geräusche. 59 Hier könnten sich Untersuchungen zu weiteren stimmlichen Parametern anbieten, die auf diese Wirkung einen Einfluss haben, z. B. das Timbre. Für die auswertbaren 58 Audioproben weiblicher Stimmen (n = 15) und männli‐ cher Stimmen (n = 21) wurden jeweils in einer Kreuztabelle die Zusammenhänge der gemessenen Grundfrequenz (Praat, eingeteilt in hoch - mittel - tief) und der wahrgenommenen Sprechtonhöhe (Online-Experiment) dargestellt. Zunächst werden die männlichen Stimmen betrachtet (Abb. 40). Es gibt 12 Stimmen, die zwischen 100 Hz und 150 Hz liegen (Normalbereich). Hier ist kein besonderer Zusammenhang festzustellen: Die Stimmen wurden sowohl als hoch (23,5 %), als mittel („normal“ bzw. unauffällig) (31,4 %) und als tief (54,1 %) wahrgenommen. Nur eine Stimme war unter 100 Hz, war somit sehr tief, was in 79,2 % der Fälle auch entsprechend beurteilt wurde. Weiter gab es 8 Stimmen, die für eine Männerstimme relativ hoch waren (<150 Hz). Das wurde in nur 39,6 % der Fälle so empfunden. Das heißt, dass 60,4 % der Testpersonen diese Stimme nicht als hoch bewertet haben und die subjektive Wahrnehmung somit teilweise gravierend vom Praat-Ergebnis abweicht. 59 Wir haben keine zutref‐ fende Einschätzung der Probenden! 163 5.6 Experimentalphonetische Analyse der mittleren Grundfrequenz Abb. 40: Wahrgenommene Sprechstimmlage vs. mittlere Grundfrequenz (Praat) - männ‐ liche Stimmen Das Diagramm der Frauenstimmen zeigt weitere interessante Ergebnisse: 6 Frauenstimmen waren höher als 250 Hz, also ungewöhnlich hoch. In 87,5 % der Fälle (n = 432) wurden die Stimmen auch als sehr hoch wahrgenommen. D. h. es fiel den Probanden leichter, besonders hohe Frauenstimmen zu identi‐ fizieren als das bei den Männerstimmen der Fall war. 2 Frauenstimmen waren tiefer als 190 Hz, aber nur in 32,4 % der Fälle (n = 144) wurden diese Stimmen auch als tief wahrgenommen (67,6 % haben das folglich fehl eingeschätzt). 7 Frauenstimmen waren zwischen 190 Hz und 250 Hz und somit im Normalbereich, davon jedoch wurden die Stimmen in 62,3 % der Fälle (n = 504) als hoch wahrgenommen. Im Gesamtergebnis und als Antwort auf die zweite Frage gilt: Die Praat-Analysen weisen zwar auf einen Zusammenhang mit der wahrge‐ nommenen Sprechtonhöhe im Online-Experiment hin, da sich anscheinend die Fehlinterpretationen in beide Richtungen ausgleichen. Es ist aber eine Tendenz zur Unsicherheit bei Männerstimmen im hohen Bereich und bei Frauenstimmen im tiefen Stimmbereich festzustellen. Eine Erklärung hierfür könnte sein, dass so etwas wie ein stereotypes Hören bzw. eine Hörinterpretation einsetzt, die die 164 5 Exemplarische Untersuchung von historischen Hörfunk-Werbespots Männerstimmen leicht der Kategorie „Männer = tiefe Stimme“ und die Frauen‐ stimmen der Kategorie „Frauen = hohe Stimme“ zuordnet. Das Ergebnis scheint auch mit so etwas wie einem klischeehaften Sprechen zusammenzuhängen, das die Beurteilung anhand der Sprechweise tiefer oder höher wirken lässt. Abb. 41: Wahrgenommene Sprechstimmlage vs. mittlere Grundfrequenz (Praat) - weib‐ liche Stimmen Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die These des behavioralen Er‐ wartungseffekts, was bedeutet, dass sich eine Person so verhält, wie es von ihr erwartet wird, die sogenannte selbst erfüllende Prophezeiung (Eckes, 2004, S. 172). In diesem Fall betrifft es die Sprechweise und im Speziellen die Sprech‐ stimmlage. Auf die Hörfunkwerbung übertragen könnte das bedeuten, dass sich die Rolle der Frau als „Heimchen am Herd“, die die Nachkriegszeit noch deutlich bestimmte, in der Stimmlage und Stimmführung der Frauen widerspiegelt und diese Stereotype unser Hören heute beeinflussen. Wenn Eckes (2004, S. 173) von einer anhaltenden Invarianz von Geschlechterstereotypen spricht und man davon ausgeht, dass auch die Sprechstimmlage ein Geschlechterstereotyp ist, dann könnte dies doch durchaus die Hörinterpretation beeinflussen. 165 5.6 Experimentalphonetische Analyse der mittleren Grundfrequenz 1 Neun Spots aus den 2010er Jahren; hinzu kommen zwei Spots aus den 1980er Jahren, die in einigen Analysen einbezogen wurden. 6 Zusammenfassung und Ergebnisinterpretation Die wichtigsten Ergebnisse der drei methodischen Ansätze sollen zum Zwecke einiger übergreifender Aussagen abschließend zusammengefasst und zusam‐ mengeführt werden. Das Ziel war und ist eine exemplarische Analyse der his‐ torischen Hörfunk-Werbespots, wobei dem Analysekorpus von 24 historischen Werbespots eine Reihe an Referenzspots aus den 2010er Jahren hinzugefügt wurden, um eine Vergleichsbasis für Aussagen zu erhalten. 1 Es sind klare Ten‐ denzen erkennbar, die Schlussfolgerungen zulassen. Wichtig ist weiter, immer den Kontext der Testsituation vor Augen zu haben: Die Bewertungsergebnisse stammen ausschließlich aus dem Jahr 2020 von Pro‐ banden, die die historischen Spots aus der heutigen Sicht und damit aus einer Distanz von mehreren Jahrzehnten beurteilten. Manche der Testpersonen kannten die historischen Spots wohl noch aus ihrer Jugend, andere waren dafür zu jung. Mit Sicherheit gab es intertemporäre Veränderungen in der Wahrneh‐ mung und Sprechwirkung, die im Rahmen dieser Analyse nicht nachvollzogen werden können. Individuelle Erinnerungen, emotionale Kontexte, unterschied‐ liche Erwartungshaltungen an die Werbung an sich und an Werbung früher und heute spielen hier zweifellos eine Rolle (siehe Untersuchung zum Alter der Pro‐ banden unter 5.5.4.1 zur Bewertung nach Altersgruppen). 6.1 Untersuchungsergebnisse 6.1.1 Auditive Beschreibung und Transkription der Werbespots: Zusammenfassung Welche Erkenntnisse können aus dem auditiven Eindruck und den Transkrip‐ tionen gewonnen werden? Bei der qualitativen Gesamtanalyse wurden die Spots in voller Länge beschrieben: zum einen die außersprachlichen Kriterien und Musikeinsatz, zum anderen Persuasionsstrategien, Themen und Zusatznutzen seit den 1950er Jahren. Das alles wurde sodann mit Stimme und Sprechweise in den Werbespots in Verbindung gebracht. Am aussagekräftigsten sind die Ergebnisse der außersprachlichen Kriterien und Musikeinsatz (5.4.2.1) im Zusammenhang mit den sprecherischen Parame‐ tern (5.4.2.2), die die plausibelsten Erklärungen für die negativen Beurteilungen von Natürlichkeit aller drei Jahrzehnte (der 1950er, 1960er und 1970er Jahre) liefern, wobei die Bewertung diesbezüglich in den 1950er Jahren am markan‐ testen war (siehe ausführlich Kap. 5.5, in der Zusammenfassung 6.1.2). Aus dem Ergebnis dieser Gesamtanalyse können vier wesentliche Beobachtungen und Schlussfolgerungen gezogen werden: • Musikeinsatz und rhythmisiertes Sprechen: Das Skandieren mit oder zur Musik (z. B. LACALUT 1962), teilweise auch anstelle von Musik (z. B. Durodont 1953) scheint in den historischen Werbespots ein beliebtes Mittel zum Wecken und Halten der Aufmerksamkeit gewesen zu sein. Von den Probanden wurden die historischen Spots als sehr unnatürlich emp‐ funden und man kann davon ausgehen, dass die Natürlichkeit damals wohl gar nicht das Ziel war. Der beschriebene Sprechstil ist in der Wer‐ bung heute eher unüblich geworden. • Reimformen und Chorsprechen: In den historischen Spots kommt das Sprechen in Reimen (z. B. Caro 1963, Linde’s 1957) häufig vor, ist aber aus der Mode gekommen, ebenso das Chorsprechen (vgl. 4.1.3). Aus heutiger Sicht wirkt so eine Sprechweise daher zwar sympathisch, aber zugleich unnatürlich und nicht überzeugend, wobei auch hier der Werbestil der Zeit berücksichtigt werden muss. Was heute nicht überzeugend klingt oder sogar belächelt wird, mag zur Zeit der Ausstrahlung gerade das Ge‐ genteil bedeutet haben. Das legen die zahlreichen Beispiele der Verwen‐ dung von Reimformen und Chorsprechen nahe. • Starke Akzentuierungen und Tonhöhenschwankungen (manierierte Sprechweise): Der Eindruck von Unnatürlichkeit in der Sprechweise zeigt sich auch in den Ergebnissen im Online-Experiment. Hier stellt sich unter anderem die Frage, ob die Menschen früher (zur Zeit der Aussendung der Spots) dies auch so empfunden haben, oder ob die Überakzentuierung und Rhythmisierung nicht einfach dem Memorieren und die Tonhöhen‐ schwankungen der Aufmerksamkeitsweckung dienten, da man technisch noch nicht die Mittel zur Verfügung hatte wie in den digitalisierten Auf‐ nahmestudios von heute. Die manierierte Sprechweise scheint auch noch ein Erbe aus früheren Zeiten zu sein und spiegelt die damaligen Sprech‐ profile im Hörfunk wider (vgl. 3.2.1). Auch die explizite und wiederholte Produktnennung, typisch für die historischen Spots (z. B. Durodont 1960), unterstreicht den manierierten Charakter der Sprechweise. 168 6 Zusammenfassung und Ergebnisinterpretation • Stimmliche und sprecherische Mittel als Ersatz für technische Effekte: Heute gibt es ausgefeilte technische Möglichkeiten, von der digitalen Manipu‐ lation der Stimme bis zur Untermalung durch Klangteppiche und dem Zuschalten von Geräuschkulissen. Früher musste vieles durch die Stimme und Sprechweise ausgedrückt werden. Wenn beispielsweise heute eine sanfte Musik im Hintergrund eine bestimmte Emotion schafft, so war es in den historischen Spots noch mehr die Sprechweise, die die Stimmung und Emotion vermittelte. Stimmlich auffallend sind auch die fast immer männlichen „Experten“ (z. B. in Caro 1963, Durodont 1979), die sich von außerhalb der Szene mit sonorer Stimme einschalten, das Produkt erläu‐ tern und zum Kauf aufrufen oder mit männlicher Gönnerstimme Sicher‐ heit suggerieren (z. B. Persil 1963). Zur Steigerung des Natürlichkeits-Eindrucks in den Spots der 2010er Jahre noch eine Beobachtung: Selbst wenn mit Stimme und Sprechweise produktspezifische Eigenschaften versinnbildlicht werden, so doch im Rahmen einer natürlichen Sprechweise, nicht schauspielerisch gekünstelt. (Beispiel: KAREX 2019; alle Personen im Spot sprechen kurz angebunden, um zu betonen, wie praktisch, modern und effizient die Zahnpflege sein kann). Bei der Frage um die verwendeten Persuasionsstrategien, Themen und kom‐ munizierten Zusatznutzen der Zeit (5.4.2.3) stehen schwerpunktmäßig die im Folgenden genannten Beobachtungen in den jeweiligen Dekaden im Vorder‐ grund. Dieser Teil der Untersuchung beschreibt die vorherrschenden Tendenzen mit dem Ziel der Hinführung auf die im Anschluss folgenden Analysen zu Stimme und Sprechweise. In den historischen Werbespots der 1950er, 1960er und 1970er Jahre überwiegt die Plausibilitätsargumentation. Faktische Argumentationsstrategien finden sich tendenziell erst in den jüngeren Werbespots. Emotionale Persuasionsstra‐ tegien haben sich insofern geändert, als in den 2010er Spots ausschließlich po‐ sitive Emotionen eingesetzt werden, während man in den historischen Spots auch versucht, mit negativen Emotionen zu überzeugen (z. B. Dr. Best 1963, Angst vor Zahnfleischbluten). Bei der Gesamtanalyse der Themen und Zusatznutzen der drei untersuchten Produkte zusammen kann man folgende Tendenzen feststellen, was sich auch in den Synchronspots der Produktgruppen nachvollziehen lässt: • 1950er Jahre: „Soziale Beziehungen“ und „Convenience“ • 1960er Jahre: „Leistungsfähigkeit / Qualität“ und „Gesundheit“ • 1970er Jahre: „Wirtschaftlichkeit“ und „Lebensart“ • 2010er Jahre: „Leistungsfähigkeit / Qualität“ 169 6.1 Untersuchungsergebnisse 2 Diesen Berechnungen liegen immer 3.888 Antworten zugrunde. Wie die genannten Themen und Zusatznutzen von Stimme und Sprechweise aufgegriffen werden, soll jeweils eines der in der Synchronspot-Analyse 5.4.2 diskutierten Beispiele zeigen: In der Kaffee-Werbung der 1950er Jahre wird das Thema „soziale Bezie‐ hungen“ gern durch die im Mittelpunkt stehende (Haus)Frau repräsentiert, sei es als Sprecherin oder als Angesprochene, tendenziell mit sehr hoher Stimmlage (z. B. Caro 1956). Die Zahnpasta-Werbung der 1960er Jahre verspricht harte Zähne („Leis‐ tungsfähigkeit / Qualität“) nicht nur explizit verbal, sondern auch sinnbildlich durch skandiertes Sprechen, das an ein Klopfen gegen einen harten Gegenstand erinnert (Durodont 1960). Bei der Waschmittelwerbung der 1970er Jahre zeigt sich der Trend zu „Wirt‐ schaftlichkeit“ ganz klar dadurch, dass nicht nur immer wieder der Preis er‐ wähnt wird (Weißer Riese 1973, Persil 1973), sondern das auch mit entsprechenden stimmlichen Mitteln untermalt wird, z. B. durch echoartige rhythmi‐ sierte Repetitionen des Kaufversprechens, teilweise eindringlich geflüstert (Persil 1973). Die Werbespots aller Produktgruppen der 2010er Jahre repräsentieren wie‐ derholt „Leistungsfähigkeit / Qualität“, häufig gekoppelt mit „Convenience“: Der Protagonist in der ARIEL -Werbung (2019) verdeutlicht beispielsweise durch wenige Worte und sachlichen Tonfall, wie effizient und modern er ist. 6.1.2 Auditive Wahrnehmung (Online-Experiment): Zusammenfassung 6.1.2.1 Gesamteindruck der Audioproben Die Ergebnisse des Online-Experiments 2 zum Gesamteindruck (Fragebogen Block 1) lassen sich im Zeitverlauf über die untersuchten Dekaden wie folgt zusammenfassen: • Die Sprechweise von den 1950er bis 1970er Jahren in der Werbung wird von den heutigen Beurteilern mehrheitlich als unnatürlich, unsympa‐ thisch und nicht überzeugend empfunden. Diese Einschätzung ändert sich in den 2010er Jahren: Hier sind alle drei Werte um mehr als 50 % gestiegen. • Der Sympathiewert ist erstaunlicherweise nicht eng an das Kriterium Natürlichkeit gekoppelt und weist vergleichsweise immer höhere Werte 170 6 Zusammenfassung und Ergebnisinterpretation auf; das ist in den 1950er Spots am deutlichsten der Fall. Hier empfand ca. jeder vierte die Sprechweise als unnatürlich, aber trotzdem sympathisch. • Die Beurteilungen der Natürlichkeit und Überzeugungskraft fallen bei den Spots der 1950er bis 1970er Jahre sehr negativ aus (maximal 30 % positive Bewertungen) und zeigen große Ähnlichkeiten in der Bewertung: Natürlich wirkende Sprechweise wird tendenziell auch als überzeugend wahrgenommen. Welche Erklärung könnte man für diese Ergebnisse finden? Zum einen geht man als Hörer von Werbespots davon aus, dass die Sprechweise kaum natürlich sein kann, weil es sich nicht um Spontansprache handelt und i. d. R. ein Sprechstil vorherrscht, der die Persuasion der Zuhörer und den Verkauf des Produkts ver‐ folgt. Dass sich die Sympathiewerte etwas von den anderen beiden Parametern absetzen und immer positivere Einschätzungen aufweisen, ist vermutlich auch darauf zurückzuführen, dass Werbung vor allem auch gefallen will. Erst wenn sie gefällt, kann sie überzeugend sein. Weiter finden anscheinend Personen von heute die alten Werbespots nett, sympathisch und kurios, auch wenn diese alles andere als natürlich wirken. Wenn auch die Spots der 2010er Jahre an Natürlichkeit stark gewonnen haben, so liegt dieser Parameter noch immer mit ca. 50 % im negativen Bereich. Das ist wohl auch durch das Genre Werbung zu erklären und für die hier ver‐ wendete mediale Mündlichkeit bei konzeptioneller Schriftlichkeit typisch. 6.1.2.2 Wirkung von Stimme und Sprechweise Besonders im Hinblick auf die Wahrnehmung der Sprechstimmlage (bzw. des Stimmgebrauchs) ist eine generelle Tendenz festzustellen: Im Laufe der Jahre wurden die Stimmen (männliche und weibliche Stimmen zusammen) als immer tiefer beurteilt; wenn die Relation in den 1950er Jahren 18,7 % „sehr tief / tief “ gegenüber 47,7 % „sehr hoch / hoch“ war, so kam es in den 2010er Jahren zu einer Umkehrung mit 62 % „sehr tief / tief “ und 11,9 % „sehr hoch / hoch“. Insgesamt können die Beurteilungen zur Sprechwirkung (Fragebogen Block 2: Sprechstimmlage, Akzentuierung / Rhythmisierung, Artikulationsschärfe) in einer Reihe an exemplarischen Aussagen in Bezug auf die Antworten zur Na‐ türlichkeit, Sympathie und Überzeugung (Fragebogen Block 1) wie folgt zusam‐ mengefasst werden. Natürlichkeit: • Je höher die Stimme, desto unnatürlicher wird die Sprechweise wahrge‐ nommen; diese negative Bewertung in Bezug auf die Natürlichkeit gaben 92,9 % der Testpersonen bei sehr hohen Stimmen und 82 % bei hohen 171 6.1 Untersuchungsergebnisse Stimmen ab. Erst bei „Sprechtonhöhe: sehr tief “ war die Bewertung in Bezug auf Natürlichkeit quasi ausgeglichen (ja: 49,4 %, nein: 50,6 %). • Die Werbespots werden generell, also über alle Jahrzehnte, als überarti‐ kuliert und unnatürlich bewertet, in den Spots der 2010er Jahre ist diese Ausprägung wesentlich weniger deutlich. • Überakzentuierung wirkt sowohl unnatürlich als auch nicht überzeugend (in letzteren Fällen wurde zugleich zu 73,5 % eine starke / sehr starke Ak‐ zentuierung wahrgenommen, ein Fünftel mehr als bei Fällen, mit positiver Überzeugung). • In Bezug auf das Alter der Probanden ist interessant, dass die Jüngeren anscheinend liberalere Einstellungen pflegen als die Älteren, was die An‐ nahme entkräftet, Ältere würden die historischen Werbespots als natür‐ licher empfinden (siehe 5.5.4.1). Sympathie: • Tiefe Stimmen wirken sympathischer, hohe Stimmen werden tendenziell als unsympathisch empfunden; „Sprechtonhöhe: sehr hoch“ wurde zu 96,9 % und „Sprechtonhöhe: hoch“ zu 80,8 % mit „Sympathie: nein / eher nein“ beurteilt. Bei „Sprechtonhöhe tief / eher tief “ überwogen die posi‐ tiven Sympathiewerte. Überzeugung: • Hohe bzw. sehr hohe Stimmen haben weniger Überzeugungskraft als tiefe Stimmen, sowohl bei Männern als auch bei Frauen. Bei Stimmlage „hoch / sehr hoch“ wurde die Sprechweise zu 79 % als nicht oder wenig überzeugend bewertet; wenn die Stimme als „tief / sehr tief “ beurteilt wurde, dann hielten sich die Bewertungen in Bezug auf eine positive Überzeugungswirkung die Waage. 6.1.2.3 Erkenntnisse zu Gender und Stimme Die Frauenstimmen in den alten Werbespots (1950er, 1960er, 1970er Jahre) zeichnen sich alle durch starke Prädominanz hoher Sprechstimmlagen aus (am auffälligsten in den 1960er Jahren mit 82,9 % hohen / sehr hohen und 1,4 % tiefen / sehr tiefen Stimmlagen); die Verteilung in den 2010er Jahren zeigt ein umgekehrtes Bild, jetzt dominieren bei den untersuchten Werbespots sehr tiefe und tiefe Frauenstimmen (42,6 %) und Stimmen, die in Bezug auf die Stimmlage als unauffällig beurteilt wurden (39,4 %). Die Männerstimmen weisen in fast allen Zeiträumen eine Prädominanz von normalen (unauffälligen) oder tiefen Stimmen auf, was in den 2010er Jahren 172 6 Zusammenfassung und Ergebnisinterpretation noch eine deutliche Steigerung erfährt: 71,8 % der Probanden empfanden die Männerstimmen als „tief / sehr tief “, 8,8 % als „hoch / sehr hoch“. Nur in den 1950er Jahren wurden die männlichen Stimmlagen ähnlich häufig als „sehr hoch / hoch“ (34,7 %), „normal“ (unauffällig) (37,2 %) oder „sehr tief / tief “ (28,1 %) bezeichnet. Besonders auffallend bleibt also die deutliche Absenkung der Frauenstimmen in den Vergleichsspots aus den 2010er Jahren. Dass wird keine biologisch-ana‐ tomischen Gründe haben, so dass von sozialen Faktoren ausgegangen werden kann: Das Rollenbild der Frau hat sich bekanntlich seit der Ausstrahlung der historischen Werbespots der untersuchten Jahrzehnte (1950er, 1960er, 1970er Jahre) stark geändert und bildet die gesellschaftlichen Normwerte in Bezug auf eine Änderung im Selbstverständnis von Frauen und in der Erwartungshaltung gegenüber Frauen dahingehend ab, dass Kompetenz, Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft mit einer tieferen Stimmlage verbunden werden. Dies ist zumindest bei der im Experiment getroffenen Auswahl an Werbespots der Fall. Interessant sind die Diskrepanzen, die sich im Vergleich zu den durch Praat errechneten Grundfrequenzen zeigen; zur weiteren Erklärung sei hiermit auf die Zusammenfassung der Ergebnisse der Praat-Analyse im nächsten Abschnitt verwiesen. 6.1.3 Experimentalphonetische Analyse: Zusammenfassung Das Resultat der Praat-Analyse, die Errechnung der mittleren Grundfrequenz (mean pitch) und ihre Verteilung über die Jahrzehnte spiegelt auf der einen Seite die Gesamtergebnisse wider, die die wahrgenommenen Sprechstimmlagen im Online-Experiment ergaben (Abb. 37). Wenn die Bewertungen einzelner Stimm‐ lagenbereiche jedoch mit den Praat-Ergebnissen verglichen werden, stellt sich heraus, dass die Probanden häufig Urteile abgaben, die den Praat-Ergebnissen nicht entsprechen: Es gibt Abweichungen bei Männerstimmen im hohen Stimm‐ bereich und bei Frauenstimmen im tiefen Stimmbereich. Als mögliche Erklärung hierfür wurde bereits klischeehaftes Sprechen und damit verbundenes stereotypes Hören angesprochen („Männerstimmen sind tief “, „Frauenstimmen sind hoch“, vgl. Kap. 5.6.1). Die Vermutung liegt nahe, dass es bei den Rezipienten während des Hörens bestimmter Stimmen zu einer „Korrektur“ nach oben oder unten kommt. Der inhaltliche Kontext im Spot wird beim Online-Experiment eher keinen Einfluss auf die Bewertung haben, weil anhand von 5-Sekunden-Audioproben kaum erkennbar wird, um welche Pro‐ duktwerbung es sich handelt, so dass dies als Grund ausschließt. 173 6.1 Untersuchungsergebnisse Dass die Stimm- und Sprechmoden und Themen der Zeit die Sprechstimmlage beeinflussen, ist anzunehmen. Wenn etwa in der Verkaufsrhetorik der 1950er Jahre soziale Beziehungen einen großen Stellenwert hatten und mit dementsprechenden Szenen geworben wurde, dann ist auch die Stimme Teil dieses Szenarios. Um ein Beispiel zu nennen: Die Frau in der Caro-Werbung der 1950er Jahre neckt ihren Mann mit dem neuen Freund Caro und er spielt den eifersüchtigen Ehemann; sie spricht in einer überhöhten Sprechstimmlage und verkörpert die neckisch-brave Hausfrau und Gattin. Das Klischee wird auch ohne Kontext in 5 Sekunden von den Hörern erfasst und macht sich vermutlich in der Bewertung der Stimmen bemerkbar. 6.2 Ausblick und Forschungsdesiderata Im Fokus der Arbeit stand die Hörfunkwerbung als Teilbereich der Wirtschaftsrhetorik: eine sprechwissenschaftliche Untersuchung historischer Werbespots. Der interdisziplinäre Ansatz spricht diverse Aspekte der Medien- und Werbe‐ sprache an und leistet damit einen Beitrag zu einem bislang wenig untersuchten Themenbereich, der Rolle der Stimme in der Hörfunkwerbung. Sie wird zur Zeitzeugin, sei es im engeren Sinne (als Stimme und Sprechweise bei Hör‐ funk-Werbespots) als auch im weiteren als Trägerin kultureller und gesell‐ schaftlicher Trends und als Repräsentantin eines kulturellen Gedächtnisses von drei Jahrzehnten Nachkriegsgeschichte. Um den Wandel und die Veränderungen in der Stimme, der Sprechweise und der Werberhetorik nachvollziehen zu können, wurden den historischen Hörfunk-Werbesendungen aktuelle Werbe‐ spots aus den 2010er Jahren gegenübergestellt; Kapitel 2, 3 und 4 schildern die Hintergründe der Radiogeschichte und der Gesellschaft, um einen Vergleich mit heute herstellen zu können. Die Auswertung des Datenmaterials ist noch lange nicht ausgeschöpft und sollte weiter ausgebaut werden. Allein die Auswertung des Online-Experiments hat gezeigt, welch unendlich viele Fragen, von der Phonetik bis zur Zeitge‐ schichte, in dem hier untersuchten Material stecken. Die aufgeworfenen For‐ schungsfragen und Untersuchungsergebnisse laden folglich zu weiteren Studien ein, sei es im Rahmen der Linguistik, der Werbegeschichte, der Psychologie. Im Folgenden seien einige Anregungen formuliert, die zum einen eine Vertiefung, zum anderen eine thematische Ausweitung bedeuten. So bieten sich zunächst die Fragen an, die hier zwar angesprochen worden sind, aber nicht vertieft werden konnten, zum Beispiel: 174 6 Zusammenfassung und Ergebnisinterpretation 1. Lassen sich Kohärenzen in den Spots der einzelnen Produktgruppen über stimmlich-paraverbale Merkmale erkennen? 2. Welche Struktur- und Formelemente sind in den transkribierten Werbe‐ spots erkennbar, z. B. Textstruktur, Versprachlichungsstrategien und Au‐ thentizitätsgrad des gesprochenen Textes in seiner Form medialer Münd‐ lichkeit. 3. Kann die Vermutung vom klischeehaften Sprechen und stereotypen Hören erklärt und auf andere Beispiele übertragen werden? Wie nützt das die Werbebranche aus? 4. Gibt es einen Zusammenhang zwischen subjektiv empfundener Akzen‐ tuierung und der tatsächlichen Akzentsetzung (zu überprüfen am Tran‐ skript: Silbe / Wort / Betonung)? Dies würde u. a. eine erweiterte Analyse vom mean pitch auf den jeweils verwendeten gesamten pitch-Bereich an‐ bieten, was auf Intonations- und Modulationskonturen schließen ließe und auch hier Auskunft über die „Moden“ der Stimmführung geben kann. 5. Welchen Einfluss hat die Sprechgeschwindigkeit auf die Sprechwirkung allgemein und auf die Überzeugungswirkung im Besonderen? 6. Sind stimmlich-sprecherische Muster in der Verkaufsrhetorik zu er‐ kennen (z. B. bevorzugte Stimmlagen bei bestimmten Produktgruppen)? 7. Gibt es einen Zusammenhang zwischen wahrgenommener Artikulati‐ onsschärfe, empfundener Sympathie und überzeugender Wirkung? (Dieser Frage wurde hier in Bezug auf die empfundene Natürlichkeit nachgegangen, noch nicht auf die anderen Parameter.) 8. Was hat es mit der in jüngster Zeit vermuteten Rückkehr zur hohen Frau‐ enstimme - vor allem in den Medien - auf sich? Welches Frauenbild und welche gesellschaftlichen Erwartungen stecken hinter diesem Trend? Und nicht zuletzt: Welchen Einfluss haben hier Social Media? 9. Schließlich bergen die persönlichen Daten der Probanden, die im Rahmen des Online-Experiments erhoben wurden, die Möglichkeit zusätzlicher Ermittlungen. (Sie sind bislang nur teilweise in die Auswertung einge‐ gangen): • Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Sprechwirkung und a) Alter, b) Muttersprache, c) Vorkenntnissen der Testpersonen (sei es in Bezug auf den Gesamteindruck als auf die Beurteilung von Stimme und Sprechweise)? • Wie wirkt sich das Geschlecht der Testpersonen auf die Bewertung aus? Eine Korpus-Erweiterung und damit eine thematische Ausdehnung ist auf meh‐ reren Gebieten denkbar, einige Vorschläge seien abschließend genannt: 175 6.2 Ausblick und Forschungsdesiderata 1. Die Ergebnisse der hier untersuchten Jahrzehnte stellt eine Einladung dar, die zeitliche Lücke zu füllen und die Untersuchung auszuweiten, vor allem auf die 1980er, 1990er und 2000er Jahre; 2. Um medienspezifische Ergebnisse zu erhalten, sollten in die Untersu‐ chung weitere Medien (auch neue mediale Formen) einbezogen werden; 3. Ferner wäre es interessant zu sehen, ob bzw. welche der Ergebnisse auf andere Produkte und Produktgruppen zutreffen. Hierfür sollte das Korpus vergrößert werden; 4. Schließlich könnten in die Untersuchung weitere Länder und Kultur‐ kreise einbezogen werden: zum einen die Werbung in der DDR , in Ös‐ terreich und in der Schweiz, zum anderen die Werbung anderer, nicht deutschsprachiger Länder; 5. Speziell in Bezug auf die Frage nach Gender und Stimme, wäre eine Aus‐ weitung auf andere Sprachen und Kulturen interessant und äußerst ak‐ tuell. 176 6 Zusammenfassung und Ergebnisinterpretation Literatur 70 Jahre Bundesrepublik: Fakten zu Deutschland (2019). 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Melodie läuft im Hin‐ tergund weiter Sprecherin, fröhlich, vergnügt, keck 3 Was sagst du da! Sprecher 1, empört 4 Der ist patent, bereit für mich zu allen Stunden. Ohne Musik Sprecherin, selbstbe‐ wusst 5 So … Sprecher 1, erstaunt, skeptisch 6 Hm, ein Freund von dem man sich nicht trennt. Sprecherin 7 Wie heißt er? Sprecher 1, neu‐ gierig 8 Caro! Sprecherin 9 Du, das lass ich mir nicht bieten! Sprecher 1, empört, entrüstet 10 Nicht so laut, Sprecherin, be‐ schwichtigend 11 mein Hausfreund in der Kaf‐ feetasse. 12 Mein Caro ist dir bald ver‐ traut. 13 Haha, ach so … Sprecher 1, ent‐ spannt lachend ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 14 Sein Zorn ist abgeflaut. Sprecher 2 (Kom‐ mentator), erklärend 15 Caro Instant, das schnelllös‐ liche Kaffeegetränk, 16 ist der gute Freund für alle, 17 denn er schmeckt vorzüglich und ist besonders gut verträg‐ lich. 18 Ein Teelöffel voll, heißes Wasser und schon ist Caro trinkfertig. 19 Caro, jederzeit für Sie bereit! Sprecherin 2 (Kom‐ mentatorin) 20 Caro, unvergleichlich in seiner Art! FOLKER ( GAT 2): Caro 1956 {00: 01} 0001 M Musik {00: 04} 0002 Sw1 ich habe einen FREUND gefUnden. {00: 06} 0003 Sm1 wAs: : sAgst du da? {00: 07} 0004 Sw1 der ist patENT. {00: 08} 0005 (0.23) {00: 09} 0006 berEIt für mich zu Allen STUNden. {00: 10} 0007 Sm1 SO: : : ? {00: 11} 0008 Sw1 hm: : ? {00: 11} 0009 ein freund von dem man sich nIcht TRENNT {00: 13} 0010 Sm1 wIE: HEISST Er. {00: 14} 0011 Sw1 (.) CA: ro: ; {00: 15} 0012 Sm1 (.) du: : das lAss ich mir nicht BIEten. {00: 16} 0013 Sw1 <<schmunzelnd> nIcht > so: LAU: T. {00: 18} 0014 (0.22) 190 Anhang {00: 18} 0015 mein hAusfreund in: der KAFfeetasse; {00: 20} 0016 mein CA: ro ist dir bAld vertraut; {00: 23} 0017 Sm1 <<lachend> ach > SO: : . {00: 24} 0018 Sm2 sein: zOrn ist ABgeflaut. {00: 26} 0019 (0.3) {00: 26} 0020 cAro INstant. {00: 27} 0021 das schnelllÖsliche kafFEE: getränk, {00: 29} 0022 ist der gU: te freund für ALle. {00: 30} 0023 (0.42) {00: 31} 0024 denn er schmEckt vorZÜGlich, {00: 32} 0025 und ist besOnders gut verTRÄGlich. {00: 34} 0026 (0.51) {00: 34} 0027 ! EI! n TEElöffel voll. {00: 35} 0028 (0.26) {00: 36} 0029 hEIsses WASser- {00: 37} 0030 und schO: n ist caro TRINKfertig. {00: 39} 0031 Sw2 CAro: : . {00: 40} 0032 jEderzeit für sie beREIT. {00: 41} 0033 (0.25) {00: 42} 0034 CAro: ? {00: 42} 0035 UNvergleichlich in seiner Art. Caro 1963 Transkript ( CARO , 1963, HWA _121_292.mp3, Titel, Text Nr. 4, 0: 30 Min.) ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 1 Das moderne Getränk für die ganze Familie? Sprecher 1 (Kom‐ mentator) 2 Caro! 191 Anhang ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 3 Der Hausherr sagt zur seiner Frau: Chorgesang Chor, fröhlich, träl‐ lernd 4 Zum Kuchen Caro nur! musikunterlegt Sprecher 2 (Haus‐ herr), tiefe brummige Stimme 5 Der Lehrling sagt zum Meister, schlau: Chorgesang Chor 6 Ich trink Caro pur! Sprecher 3 (Lehr‐ ling), junge, elan‐ volle Stimme 7 … Caro ist in Sekundenschnelle zubereitet: Sprecherin 8 Eine Tasse Geräusch (Porzellan auf Porzellan) 9 Ein Löffel Geräusch (Metall auf Porzellan) 10 Heißes Wasser Geräusch (fließendes Wasser) 11 Aaaah, Caro! Alle 12 Caro, mit oder ohne Milch, immer ein echter Genuss! Sprecher 1 (Kom‐ mentator) 13 Ja, Caro passt in unsre Zeit, Chorgesang Chor 14 durch und durch Natur. 15 Caro Instant, Sprecher 1 (Kom‐ mentator) 16 das moderne Getränk, 17 für moderne Menschen! FOLKER ( GAT 2): Caro 1963 {00: 00} 0001 Sm1 das modErne geTRÄNK für die ganze fAmilie? {00: 03} 0002 (0.2) {00: 03} 0003 CAro: ; 192 Anhang {00: 03} 0004 C <<gesungen> der HAUSherr sagt zu seiner frAU >, {00: 05} 0005 Sm2 zum KUchen cAro nUr {00: 07} 0006 M (0.57) {00: 07} 0007 C <<gesungen> der lEhrling sagt zum MEIster schlau >, {00: 09} 0008 Sm3 ich trInke cAro PU: R- {00: 11} 0009 Sw caro ist in seKUNdenschnelle zuberEItet; {00: 13} 0010 eine TASse? {00: 14} 0011 G ((Porzellan klappert)) {00: 15} 0012 Sw ein LÖFfel? {00: 15} 0013 G ((Löffel auf Porzellan)) {00: 16} 0014 Sw hEIsses WASser, {00: 17} 0015 G ((fließendes Wasser)) {00: 18} 0016 A <<erstaunt> ! A: : : H! >- {00: 19} 0017 ! CA! ro: : : . {00: 20} 0018 Sm1 CAro; {00: 20} 0019 mIt oder ohne MILCH, {00: 22} 0020 Immer ein Echter geNUSS. {00: 23} 0021 C <<gesungen> ja caro pAsst in Unsre ZEIT >- {00: 25} 0022 M ((Trompete)) {00: 25} 0023 C <<gesungen> durch und durch naTUR >, {00: 27} 0024 Sm1 cAro INstant. {00: 28} 0025 das modErne geTRÄNK- {00: 29} 0026 für modErne MENschen. 193 Anhang Caro 1973 Transkript ( CARO , 1973, HWA _121_481.mp3, „Welchen Grund“, Text Nr. 4, 0: 30 Min.) ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 1 Hallo … Sprecher, fragend 2 Caro Freunde …? Sprecher 3 Caro Freunde, Caro Freunde, Caro Freunde, Caro Freunde, Chorgesang Chor, freundlich beschwingt 4 Fingerschnipsen (2 Sek.) 5 Das hat doch seinen Grund! 6 Dass Millionen den Tag mit Caro beginnen. musikunterlegt Sprecher 7 Das hat doch seinen Grund! Chorgesang Chor 8 Welchen Grund haben Sie, dass Sie Caro trinken? Sprecher 9 Weil er Ihnen schmeckt? 10 Weil er Ihnen so gut be‐ kommt? 11 Oder, weil Caro so schnell und einfach zuzubereiten ist? 12 Warum auch immer, Caro ist das richtige Getränk für den ganzen Tag! 13 Das ist ein guter Grund! Chorgesang Chor, etwas lang‐ samer 14 Für Caro, Sprecher 15 natürlich Caro! 194 Anhang FOLKER ( GAT 2): Caro 1973 {00: 00} 0001 Sm HALlo: : : ? {00: 02} 0002 cAro FREUNde, {00: 03} 0003 C (.) <<gesungen > CAro frEunde CAro frEunde CAro frEunde CAro frEunde: >- {00: 06} 0004 <<gesungen > das hat dOch seinen GRUND >, {00: 08} 0005 Sm dass milIIonen den tAg mit CAro beginnen. {00: 11} 0006 C <<gesungen > das hAt doch seinen GRUND >. {00: 13} 0007 Sm welchen grUnd haben SIE: - {00: 14} 0008 dass sie CAro trInken. {00: 15} 0009 (0.29) {00: 16} 0010 weil er ihnen SCHMECKT? {00: 16} 0011 (0.2) {00: 17} 0012 weil er ihnen so gUt beKOMMT? {00: 18} 0013 Oder (.) weil caro so schnEll und einfach ZUzubereiten ist; {00: 21} 0014 (0.52) {00: 22} 0015 warum auch IMmer- {00: 23} 0016 (.) caro ist das rIchtige getränk für den ! GAN! zen tAg. {00: 26} 0017 C <<gesungen> dAs Ist eIn gUter GRUND >- {00: 28} 0018 Sm fÜr CAro: ; {00: 29} 0019 (0.28) {00: 29} 0020 natÜrlich CAro. {00: 31} 0021 (0.37) 195 Anhang Durodont 1953 Transkript (Durodont, 1953, HWA _1_174.mp3, „Ja, das prägt“, Text Nr. 2, 0: 31 Min.) ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 1 4 Trompetentöne (3-mal gleich, dann einmal ein Ton höher) + 3 Paukenschläge Durodont-Melodie (Audiolog) 2 Jaaa, Sprecher, enthusi‐ astisch 3 das prägt mit Schwung sich ein 4 Durodont soll’s immer sein. 5 4 Trompetentöne (3-mal gleich, dann einmal ein Ton höher) + 3 Paukenschläge Durodont-Melodie (Audiolog) 6 Jeden Morgen, jeden Abend - Durodont. Sprecherin 7 Weil Durodont so sparsam ist, Sprecher 8 weil Durodont so wirksam ist, Sprecherin 9 weil Durodont … Sprecher 10 eine der besten Zahnpasten ist. Sprecherin 11 Für alle, für jeden, Sprecher 12 für Sie! Sprecherin 13 Jeden Morgen Durodont Gesang: Duro‐ dont-Melodie Kind (singt die Du‐ rodont-Melodie; Sw in Kopfstimme) 14 Jeden Abend Durodont! 15 Durodont ein wenig bloß, 16 putzt die Zähne tadellos. 17 Du-ro-dont! 196 Anhang FOLKER ( GAT 2): Durodont 1953 {00: 00} 0001 M ((Trompete gefolgt von drei Paukenschlägen)) {00: 03} 0002 Sm JA: , {00: 03} 0003 das prägt mit SCHWUNG sich ein; {00: 05} 0004 duro! DONT! soll_s Immer sein. {00: 06} 0005 M ((Trompete gefolgt von und drei Paukenschlägen)) {00: 09} 0006 Sw jEden MORgen: ; {00: 10} 0007 jEden Abend; {00: 11} 0008 duro! DONT! . {00: 12} 0009 Sm weil durodOnt so SPARsam ist; {00: 13} 0010 Sw weil durodOnt so WIRKsam ist. {00: 15} 0011 Sm weil duroDONT, {00: 16} 0012 Sw eine der BESten zAhnpasten ist. {00: 18} 0013 Sm für ALle für jEden. {00: 19} 0014 Sw für SIE: - {00: 20} 0015 (0.34) {00: 21} 0016 Ki <<gesungen > jEden mOrgen dUroDONT- {00: 23} 0017 jEden Abend dUroDONT- {00: 26} 0018 durodont ein wEnig BLOSS- {00: 28} 0019 pUtzt die zÄhne TAdellos; {00: 30} 0020 ! DU! - {00: 31} 0021 ! RO! - {00: 31} 0022 ! DONT! >. 197 Anhang Durodont 1960 Transkript (Durodont und Duro 35, 1960, HWA _2_185.mp3, „die jedem, ob“, Text Nr. 7, 0: 42 Min.) ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 1 Weiße Zähne Big Band (Percussion in Hintergrund) Sprecherin, helle Stimme, fröhlich im Takt der Musik ein‐ gesprochen (mecha‐ nisch) Trompete starker Rhythmus, 3 x Taktschlag (= 3 Silben Du-ro-dont) 2 frischer Atem Sprecher Trompete 3 x Taktschlag 3 gesunde Zähne Sprecherin tap-tap-tap Trompete 3 x Taktschlag 4 Zahnpasta mit Alkohol. plötzliches Abbrechen der Musik Sprecher 5 Zahnpasta mit Alkohol? Sprecherin (erstaunt) 6 Da gibt’s doch nur zwei Mög‐ lichkeiten. Entweder: 7 Durodont mit Alkohol Sprecher (enthusias‐ tisch) 8 - die Zahnpasta, die jedem - ob alt, ob jung - 9 die Vorteile moderner Zahn‐ pflege ermöglicht, 10 oder Sprecherin 11 Duro 35 - die Zahncreme, mit 35 % medizinischem Al‐ kohol - 35 % Alkohol! Sprecher 12 Durodont und Duro 35 Sprecherin 13 tun den Zähnen wirksam wohl! Sprecher 14 Wichtig ist nur, richtig wählen: Sprecherin 198 Anhang ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 15 Nimm Zahnpasta mit Al‐ kohol! Sprecher, weiche Stimme 16 Weiße Zähne ein Symbol, Musik, Gesang Frauenstimme 17 für Zahnpasta mit Alkohol. FOLKER ( GAT 2): Durodont 1960 {00: 00} 0001 Sw wEIße ZÄHne- {00: 02} 0002 M ((Jazz)) {00: 03} 0003 Sm frIscher Atem- {00: 04} 0004 M ((Jazz)) {00: 05} 0005 Sw geSUNde zÄhne; {00: 06} 0006 M ((Jazz)) {00: 07} 0007 Sm <<rhythmisch gesprochen, musikunterlegt> zAhnpasta mit Alko! HOL! >. {00: 09} 0008 Sw (.) zAhnpasta mit ALkohol, {00: 11} 0009 da gibt_s doch nur zwEI MÖGlichkeiten {00: 12} 0010 ENTweder? {00: 13} 0011 Sm [duroDONT mit Alkohol, {00: 13} 0012 [die ZAHNpasta die jEdem, {00: 16} 0013 ob Alt ob JUNG- {00: 17} 0014 die vOrteile moderner ZAHNpflege ermÖglicht? {00: 19} 0015 Sw Oder? {00: 19} 0016 Sm DUro fünfunddrEIßig, {00: 21} 0017 die zAhncreme mit fünfunddreißig prozent medizInischem ALkohol. {00: 24} 0018 (0.26) {00: 24} 0019 Sm FÜNFunddrEIßig prozEnt ! A! lkohol. {00: 27} 0020 (0.21) 199 Anhang {00: 27} 0021 Sw durodOnt und duro fünfundDREIßig; {00: 29} 0022 Sm tun den zÄhnen WIRksam wOhl. {00: 31} 0023 Sw WICHtig ist nU: r, {00: 32} 0024 rIchtig WÄHlen. {00: 33} 0025 Sm nimm ZAHNpasta mit ! A! lkohol. {00: 36} 0026 Sw <<rhythmisch gesungen musikunterlegt> weiße zÄhne ein symBOL, {00: 38} 0027 für zAhnpasta mit alko! HOL! >. {00: 40} 0028 M ((Jazz)) Durodont 1976 Transkript (Durodont, 1976, HWA _8_51.mp3, „Durodont hat mehr“, Text Nr. 1, 0: 30 Min.) ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 1 Jeden Morgen Zähneputzen, gesungen, von Musik begleitet gemeinsamer Sprechgesang (rhythmisch, repe‐ titiv) 2 jeden Abend Zähneputzen 3 Richtig, Sprecherin, helle Stimme, freundlich auffordernd 4 tuʼs zweimal, 5 deine Zähne warten drauf! 6 Die beste, klinisch getestete Zahnpasta Sprecher, tief Stimme, wohlwol‐ lende und erklärend 7 kann nicht vor schlechten Zähne schützen, 8 wenn man nicht regelmäßig Mund und Zähne reinigt 9 Jeden Morgen Durodont, gesungen, von Musik begleitet gemeinsamer Sprechgesang (rhythmisch, repe‐ titiv) 10 jeden Abend Durodont 11 Täglich zweimal, Sprecher, tief 200 Anhang ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 12 dann erst lohnt die Auswahl unter den guten sechs von Du‐ rodont, 13 denn Durodont hat mehr als nur eine Zahncreme. 14 Durodont - auf Du und Du - mit preiswerter Zahnpflege. Sprecherin FOLKER ( GAT 2): Durodont 1976 {00: 00} 0001 C <<gesungen musikunterlegt> jEden mOrgen ZÄHneputzen- {00: 04} 0002 jEden Abend ZÄHneputzen >; {00: 06} 0003 Sw rIchtig tU_s ZWEImal; {00: 07} 0004 deine zÄhne WARten drauf; {00: 09} 0005 die beste klInisch getEstete ZAHNpasta, {00: 12} 0006 Sm (.) kann NICHT vor schlEchten zähnen schÜtzen; {00: 14} 0007 wenn man nicht rEgelmäßig mUnd und zÄhne REInigt. {00: 17} 0008 C <<gesungen musikunterlegt> jEden mOrgen DUrodOnt- {00: 19} 0009 jEden Abend DUrodOnt >, {00: 21} 0010 Sm tÄglich ZWEImal, {00: 22} 0011 dann erst LO: HNT die auswahl; {00: 23} 0012 unter den gUten sEchs von duroDONT, {00: 25} 0013 denn durodOnt hat mEhr als nur EIne zAhncreme; {00: 28} 0014 Sw (.) duroDONT, {00: 29} 0015 (.) auf dU und dU mit PREISwerter zAhnpflege; 201 Anhang Persil 1953 Transkript (Persil, 1953, HWA _1_1968.mp3, „Gerda Fangk“, Text Nr. 1, 1: 22 Min.) ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 1 Liebe Hausfrauen, Sprecher, präzise ar‐ tikuliert (wirkt pe‐ nibel), Schnappat‐ mung 2 auf die Sendung, 3 in der unser Chefchemiker, Herr Dr. Lind, 4 über die Henko-Persil-Sil-Waschme‐ thode sprach, 5 habe wir ganz unerwartet, 6 und doch erfreulicherweise, 7 eine solche Menge Zuschriften bekommen, 8 dass wir es Ihnen schuldig zu sein glauben, 9 Sie mit einigen Auszügen aus diesen Briefen bekannt zu ma‐ chen. 10 Da schreibt Frau Gerda Fangk aus Leer: 11 „Am meisten leuchtet mir der Vergleich mit dem Aufbügeln der Hosen ein, Sprecherin (dümm‐ lich) 12 wo es hieß, 13 dass Wäschewaschen ohne Einweichen wäre etwa so, 14 als wenn man Herrenhosen aufbügeln wollte, 15 ohne sie vorher auszubürsten. 16 Nun, ich kann Ihnen verraten, 17 ich bürste die Hosen meines Mannes vor dem Bügeln aus. 18 Das erspart mir Ärger! 202 Anhang ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 19 Und ich weiche auch vor dem Kochen mit Persil meine Wä‐ sche mit Henko ein. 20 Das erspart mir Geld! 21 Denn Henko ist ja viel billiger als alle Waschmittel; 22 und ohne Einweichen geht es ja bei aller ‚Selbsttätigkeit‘ doch nicht! “ 23 Das also, meine verehrten Hausfrauen, Sprecher, präzise ar‐ tikuliert (wirkt pe‐ nibel), Schnappat‐ mung 24 war ein Auszug aus dem Brief einer Hörerin aus Leer, 25 die hoffentlich auch heute mit‐ gehört hat. 26 Weitere Zuschriften verlesen wir in den nächsten Sen‐ dungen. 27 Und sollte inzwischen Ihr Waschtag sein, 28 lassen sie sich durch nichts be‐ irren: 29 Henko - Persil - Sil 30 das ist die richtige Waschme‐ thode! FOLKER ( GAT 2): Persil 1953 {00: 00} 0001 Sm liebe HAUSfrauen, {00: 02} 0002 (0.3) {00: 02} 0003 auf die SENdung; {00: 03} 0004 (0.24) {00: 03} 0005 in der unser chEfchemiker herr doktor LIND; {00: 06} 0006 (0.24) 203 Anhang {00: 06} 0007 über die HENko, {00: 07} 0008 PERsil- {00: 08} 0009 SIL wAschmethode sprach; {00: 10} 0010 habe wir ganz unerwWARtete, {00: 11} 0011 und doch erFREUlicherweise, {00: 13} 0012 eine solche mEnge zuschriften bekommen; {00: 15} 0013 dass wir es ihnen SCHULdig zu sein glAuben; {00: 17} 0014 sie mit einigen: aUszügen aus diesen brIEfen beKANnt zu machen. {00: 20} 0015 (0.41) {00: 21} 0016 da schreibt frau gerda fAngk (.) aus LEER- {00: 23} 0017 (0.34) {00: 24} 0018 Sw am MEIsten leuchtet mir der verglEIch, {00: 26} 0019 mit dem AUfbügeln der HOsen ein. {00: 28} 0020 (0.4) {00: 28} 0021 wo es HIESS, {00: 29} 0022 (0.3) {00: 29} 0023 dass WÄschewaschen Ohne EInweichen; {00: 31} 0024 wÄre etwa SO: , {00: 32} 0025 (0.37) {00: 32} 0026 als wenn man HERrenhosen AUfbügeln wollte; {00: 35} 0027 ohne sie vOrher AUSzubürsten; {00: 37} 0028 (0.63) {00: 38} 0029 nun- {00: 38} 0030 (0.21) {00: 38} 0031 ich kann ihnen verRATn, {00: 40} 0032 (0.38) 204 Anhang {00: 40} 0033 Ich bÜrste die hOsen meines mannes vOr dem bÜgeln AUS. {00: 43} 0034 (0.33) {00: 43} 0035 das erspart mir ÄRger; {00: 44} 0036 (0.38) {00: 45} 0037 und ich WEIche auch vor dem kOchen mit persIl, {00: 48} 0038 (0.31) {00: 48} 0039 meine wÄsche mit (.) HENko ein. {00: 50} 0040 (0.57) {00: 51} 0041 das erspArt mir (.) GELD, {00: 52} 0042 (0.6) {00: 53} 0043 dEnn HENko, {00: 54} 0044 (0.24) {00: 54} 0045 ist ja vIE: l bIlliger als alle WASCHmittel, {00: 56} 0046 (0.4) {00: 56} 0047 und Ohne EINweichen- {00: 58} 0048 geht es ja bei Aller- {00: 59} 0049 (0.23) {00: 59} 0050 SELBSTtätigkeit (.) dOch nicht. {01: 01} 0051 Sm DAS also meine verehrten haUsfrauen, {01: 03} 0052 (0.28) {01: 03} 0053 war ein AUszug aus dem Brief, {01: 05} 0054 (0.2) {01: 05} 0055 einer hÖrerin aus LEER, {01: 07} 0056 (0.25) {01: 07} 0057 die hoffentlich auch HEUte mitgehÖrt hat. {01: 09} 0058 (0.69) {01: 09} 0059 weitere zUschriften verlesen wir in den NÄchsten sEndungen. 205 Anhang {01: 12} 0060 (0.69) {01: 13} 0061 und: sollte inzwischen IHR wAschtag sein; {01: 15} 0062 (0.47) {01: 16} 0063 lassen sie sich durch NICHTS beIrren. {01: 18} 0064 (0.56) {01: 18} 0065 ! HEN! ko, {01: 19} 0066 (0.47) {01: 19} 0067 per! SIL! , {01: 20} 0068 (0.49) {01: 21} 0069 ! SIL! . {01: 21} 0070 (0.56) {01: 22} 0071 dAs ist die rIchtige WASCHmethode. Persil 1963 Transkript (Persil 59, 1963, HWA _2_489.mp3, „Wenn sie daran denken“, Text Nr. 2, 1: 06 Min.) ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar Persil Fanfare 1 Wenn Sie daran denken, womit Sie waschen werden. Sprecher, leicht gesungen, schwunghaft, (sehr tief) 2 Heute oder morgen vielleicht - 3 dann denken Sie sicher an … 4 Persil Fanfare Fanfare als Er‐ gänzung des Satzes 5 Nun, den Namen brauch ich Ihnen nicht zu sagen - 6 Sie kennen es ja seit Jahren 206 Anhang ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 7 - Sie haben es sicher auch schon verwendet - 8 oder verwenden es gerade jetzt, 9 weil Sie die Sicherheit echter Wä‐ schepflege suchen. 10 Worum es geht - na um … 11 Persil Fanfare Fanfare als Er‐ gänzung des Satzes 12 Man muss seinen Namen einfach nicht mehr nennen, 13 weil jeder, der etwas vom gründ‐ lichen aber schonenden Waschen versteht, 14 dieses Waschmittel nimmt. 15 Sie wissen doch, wovon ich spreche 16 von … 17 Persil Fanfare Fanfare als Er‐ gänzung des Satzes 18 Na also, und das kommt ja auch nicht von ungefähr, 19 denn dieses Waschmittel wäscht mit wunderbar pflegender Waschkraft, 20 ob mit der Hand - bei der kleinen Wäsche - oder in Ihrer modernen Bottichwaschmaschine. 21 Waschen mit dem Vorzug echter Wäschepflege, waschen mit … 22 Persil Fanfare Fanfare als Er‐ gänzung des Satzes 23 Das Beste, das es je gab - von Henkel! 207 Anhang FOLKER ( GAT 2): Persil 1963 {00: 00} 0001 M ((Fanfare)) {00: 03} 0002 Sm wEnn sie: daran DENken, {00: 05} 0003 (0.22) {00: 05} 0004 womit sie WAschen werden. {00: 06} 0005 heute: oder MORgen vIelleicht, {00: 08} 0006 (0.34) {00: 08} 0007 dann dEnken sie SIcher an- {00: 10} 0008 M ((Fanfare)) {00: 13} 0009 Sm <<musikunterlegt> nUn >, {00: 13} 0010 den nAmen brauch ich ihnen nicht zu SAgen. {00: 15} 0011 (0.42) {00: 16} 0012 sie kEnnen es ja seit JAHren; {00: 17} 0013 (0.2) {00: 18} 0014 sie haben es SIcher auch schon verwEndet Oder, {00: 20} 0015 (.) verWENden es gerade jEtzt, {00: 21} 0016 (0.24) {00: 21} 0017 weil sie die ! SI! cherheit, {00: 23} 0018 ECHter wÄschepflege suchen. {00: 24} 0019 (0.49) {00: 25} 0020 worum es GEHT? {00: 26} 0021 (.) nA, {00: 26} 0022 (.) UM- {00: 26} 0023 M ((Fanfare)) {00: 29} 0024 Sm man mUss seinen namen EINfach nicht mehr nennen. {00: 32} 0025 (0.29) {00: 33} 0026 weil JEder; 208 Anhang {00: 33} 0027 d_etwas vom grÜndlichen aber SCHONenden waschen verstEht, {00: 36} 0028 (0.4) {00: 36} 0029 DIEses waschmittel nImmt. {00: 38} 0030 (0.26) {00: 38} 0031 sie wIssen doch wovon ich SPREche. {00: 39} 0032 (0.2) {00: 39} 0033 VON, {00: 40} 0034 M ((Fanfare)) {00: 43} 0035 Sm na ALso. {00: 43} 0036 (0.36) {00: 44} 0037 und das kommt ja auch nIcht von ungFÄHR, {00: 46} 0038 (0.32) {00: 46} 0039 denn dIEses wAschmittel (.) wäscht mit wUnderbar pflE: gender WASCHkraft. {00: 50} 0040 (0.33) {00: 50} 0041 ob mit der HAND, {00: 51} 0042 bei der KLEInen wÄsche- {00: 52} 0043 (0.3) {00: 52} 0044 O: der in ihrer moDERnen bOttichwaschmaschine; {00: 55} 0045 (0.61) {00: 55} 0046 ! WA! schen mit dem vO: rzug, {00: 57} 0047 Echter WÄschepflege. {00: 58} 0048 (0.44) {00: 59} 0049 WAschen mIt, {00: 60} 0050 M ((Fanfare)) {01: 02} 0051 Sm das BESte das es jE gAb. {01: 05} 0052 (0.36) {01: 05} 0053 von HENkel. 209 Anhang Persil 1973 Transkript (Persil, 1973, HWA _44_863.mp3, Wer heut/ , Text Nr. 3, 0: 30 Min.) ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 1 Schlagzeug / Per‐ cussion (mit Sticks) Percussionrhythmus beginnt, Sprecher setzen in diesen Rhythmus ein: Sprech‐ gesang; Sprecher und Sprecherin wechseln sich ab. Sprecherin wiederholt das Gesagte oder letzte Wörter des Gesagten im Rhythmus und Me‐ lodie des Sprechers. 2 Dieser Tipp ist heiß, Percussion, Snare mit Brushes Sprecher 3 dieser Tipp ist heiß, Sprecherin, geflüstert 4 weil es um Ihr Geld geht, Sprecher, nimmt ge‐ flüstertes Sprechen der Sprecherin auf 5 weil es um Ihr Geld geht, Sprecherin, unter‐ streicht laut wiederho‐ lend 6 bei dem viereinhalb Kilopaket, Sprecher 7 bei dem viereinhalb Kilopaket, Sprecherin 8 von Persil! Verstärkung des Rhythmus (Hi-Hat, Sticks) 9 Von Persil! gemeinsam mit Nach‐ druck 10 Mit der roten Schleife, Percussion, Snare mit Brushes Sprecher, freudig 11 mit der roten Schleife, Sprecherin 12 auf dem viereinhalb Kilopaket, Sprecher 13 von Persil! Verstärkung des Rhythmus (Hi-Hat, Sticks) Sprecherin 14 Von Persil! gemeinsam 15 Das hat ein einen günstgen Preis! Sprecher, Percussion setzt langsam aus 16 Und genau der günstge Preis, abruptes Stoppen der Percussion Sprecherin, fragend 210 Anhang ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 17 ist ein Beweis, dass man sich auf Persil verlassen kann - wie immer! Sprecher, tiefe Stimme FOLKER ( GAT 2): Persil 1973 {00: 00} 0001 M ((Percussion)) {00: 02} 0002 Sm <<rhythmisch gesprochen> dieser tIpp ist HEISS: . {00: 03} 0003 Sw dieser tIpp ist HEI: SS: - {00: 05} 0004 Sm weil es um ihr GELD gEht. {00: 06} 0005 Sw wEIl es um ihr GELD gEht. {00: 08} 0006 Sm bei dem vIEreinhalb KIlopaket; {00: 09} 0007 Sw bei dem vIEreinhalb KIlopaket; {00: 11} 0008 vOn per! SIL! . {00: 12} 0009 SmuSw vOn per! SIL! . {00: 14} 0010 Sm mit der rOten SCHLEife; {00: 15} 0011 Sw mit der rOtn SCHLEIfe. {00: 17} 0012 Sm auf dem vIEreinhalb KIlopaket; {00: 18} 0013 Sw vOn per! SIL! ? {00: 20} 0014 SmuSw vOn per! SIL! ? {00: 21} 0015 Sm das hat einen gÜnstgen PREIS: , {00: 23} 0016 Sw und genAu der gÜnstge PREI: S >; {00: 25} 0017 Sm2 ist ein beWEI: S, {00: 26} 0018 dass man sich auf persIl verLASsen kann. {00: 29} 0019 (0.28) {00: 29} 0020 wIE: IMmer. 211 Anhang Synchron: Kaffee ALI Express-Kaffee 1959 Transkript ( ALI Express-Kaffee, 1959, HWA _1_1815.mp3, „Tradition und“, Text Nr. 3, 0: 30 Min.) ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 1 Gong, Zimbeln, Tri‐ angel, orientalische Klarinette setzt ein 2 Tradition und erlesener Ge‐ schmack, Kennzeichen türki‐ scher Kaffeekultur. orientalische Klari‐ nette („ Schlangenbe‐ schwörung“) Sprecher 1, langsam und be‐ schwörend 3 Kennzeichen türkischer Kaf‐ feekultur. 4 Die besondere Note des türki‐ schen Kaffees ist für Kenner unübertroffen. Sprecher 2, langsam und be‐ schwörend 5 Kenner trinken deshalb ALI, 6 den Express-Kaffee aus der Türkendose. 7 Denn ALI ergibt einen Kaffee nach türkischer Art: 8 kräftig, aromatisch, bekömm‐ lich! 9 In Ruhe das Besondere ge‐ nießen. Sprecher 1, sach‐ liche Behaup‐ tung 10 ALI der Express-Kaffee aus der Türkendose! Ausblenden der Musik FOLKER ( GAT 2): ALI Express-Kaffee 1959 {00: 00} 0001 M ((orientalische Musik, Zimbeln, Klarinette …)) {00: 03} 0002 Sm traditiOn und erlesener geSCHMACK; {00: 05} 0003 kEnnzeichen tÜrkischer kafFEEkultur. 212 Anhang {00: 08} 0004 Sm2 (.) die besondere NOte; {00: 09} 0005 des tÜrkischen kafFEES: , {00: 11} 0006 für kEnner UnüberTROFfen. {00: 13} 0007 (0.42) {00: 13} 0008 kEnner trinken deshalb Ali. {00: 15} 0009 (.) den exprEsskaffee aus der TÜRkendose; {00: 18} 0010 (0.35) {00: 18} 0011 denn Ali ergibt einen kafFEE, {00: 20} 0012 nach tÜrkischer ART, {00: 21} 0013 (0.24) {00: 21} 0014 krÄftig aromAtisch beKÖMMlich. {00: 24} 0015 Sm in rU: he das beSONdere genießen. {00: 26} 0016 (0.48) {00: 27} 0017 Ali; {00: 27} 0018 der exprEsskaffee aus der TÜRkendose. Maxwell Express Kaffee 1957 Transkript (Maxwell Express Kaffee, 1957, HWA _1_1625.mp3, „Ein wirklich er‐ staunlicher“, Text Nr. 4, 0: 40 Min.) ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 1 Basskarinette und Pic‐ colo Flöte 2 Maxwell Express Kaffee Sprecher 3 Ein wirklich erstaunlicher Kaffee. ohne Musik Sprecherin, fröh‐ lich erstaunt 4 Sein Wohlgeschmack gibt Ihnen echten Kaffeegenuss. Sprecher, behaup‐ tend 5 Eine köstliche Überraschung für jeden Kaffeekenner. Sprecherin, stark akzentuiert 213 Anhang ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 6 Und sein Geheimnis? Sprecher 7 Versiegelter Wohlgeschmack! Sprecherin 8 Überzeugen Sie sich selbst: versiegelter Wohlschmack! Sprecher, übertrie‐ bene Wiederho‐ lung 9 Sie nehmen einen Löffel Max‐ well Express Kaffee, Sprecherin 10 Sooooo, gießen etwas heißes Wasser darauf und im Nu ent‐ faltet sich der versiegelte Wohlgeschmack zu herrlicher Fülle. Harfe als Aufgießen des Wassers 11 Zu einem reichen, köstlichen Kaffee! Sprecher, selbstsi‐ cher 12 Ganz schnell bereit, doch langsam genießen. unterlegt durch Melodie vom Anfang: Bassklari‐ nette und Piccolo Flöte Sprecherin 13 Maxwell Express - der Kaffee unserer Zeit! Sprecher FOLKER ( GAT 2): Maxwell Express Kaffee 1957 {00: 00} 0001 M Musik {00: 02} 0002 Sm <<musikunterlegt> mAxwell exPRESS kaffee, {00: 04} 0003 Sw ein wIrklich erSTAUNlicher kaffee- {00: 06} 0004 Sm (.) sein WOHLgeschmack- {00: 07} 0005 gibt ihnen Echten kafFEEgenuss. {00: 09} 0006 Sw eine KÖStliche überrAschung, {00: 11} 0007 für jEden KAFfeekenner; {00: 12} 0008 (0.21) {00: 13} 0009 Sm u: nd sein geHEIMnis? {00: 14} 0010 Sw versIEgelter WOHLgeschmack; {00: 16} 0011 Sm überzEUgen sie sich SELBST. 214 Anhang {00: 17} 0012 (0.25) {00: 18} 0013 versIEgelter (.) ! WOHL! geschmack; {00: 20} 0014 Sw (.) sie nEhmen EInen löffel mAxwell exPRESS kaffee? {00: 22} 0015 (0.21) {00: 23} 0016 SO: : : , {00: 24} 0017 gIEßen etwas heißes WASser darauf, {00: 26} 0018 und im NU: ? {00: 27} 0019 entfaltet sich der versIEgelte WOHLgeschmack; {00: 29} 0020 zu <<bgleitet von Harfenklängen > hErrlicher (.) FÜLle >. {00: 31} 0021 Sm zu einem ! REI! chen- {00: 32} 0022 (.) kÖstlichen kafFEE; {00: 34} 0023 (0.24) {00: 34} 0024 Sw gAnz schnell beREIT, {00: 35} 0025 doch LANGsam genIEßen: . {00: 37} 0026 Sm mAxwell exPRESS- {00: 38} 0027 der KAFFEE Unserer ZEIT. Linde’s Original 1957 Transkript (Linde’s Original, 1957, HWA _1_2100.mp3, „Osnabrück“, Text Nr. 3, 0: 41 Min.) ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 1 Musik unterlegt (Akustikgitarre im Zweivierteltakt) 2 In Osnabrück und südlich im Teutoburger Wald, Sprecher im Rhythmus der Musik und im Reim eingesprochen 3 tun wir uns alle gütlich an Linde’s, Jung und Alt! 4 Rein ist er und natürlich Sprecherin 215 Anhang ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 5 helle, weiche Stimme (fröhlich) und schenkt ihn einer ein, 6 dann schmeckt man’s unwill‐ kürlich: 7 Das kann nur Linde’s sein! 8 Gemischt mit Kaffeebohnen, trinkt Mutti ihn zu Haus, Kind (gespielt kindliche Frauenstimme) 9 für jüngere Personen fällt das ja leider aus! 11 Ja ja Linde’s, der ist wirklich wunderbar - Linde’s Lied (Akus‐ tikgitarre mit Cem‐ balo) Sängerin 1 (rollendes R) 12 Ich trink’ Linde’s ein paarmal am Tag sogar - Sänger, tiefe Bassstimme 13 Auch in Osnabrück hat man’s lang schon entdeckt: Sängerin 2, keck 14 Und singt fröhlich: Linde’s, Linde’s ja der schmeckt! Kind 15 abschließender Cem‐ balo / Gitarrenschlag verleiht letztem Satz Nachdruck FOLKER ( GAT 2): Linde’s Original 1957 {00: 00} 0001 Sm <<rhythmisch gesprochen, musikunterlegt> in (.) OSnabrück und sÜdlich, {00: 03} 0002 im tEUtoburger WALD? {00: 05} 0003 (0.34) {00: 05} 0004 tun wir uns ! AL! le gÜtlich, {00: 07} 0005 an LINdes jUng und Alt; {00: 09} 0006 Sw rEIn (.) ist er und naTÜRlich- {00: 11} 0007 und schEnkt ihn einer EIN? {00: 12} 0008 (0.27) {00: 13} 0009 dann schmEckt mans Unwill! KÜR! lich; {00: 15} 0010 das kAnn nur ! LIN! des sein, {00: 16} 0011 (0.29) 216 Anhang {00: 17} 0012 K gemIscht mit KAFfeebohnen; {00: 18} 0013 (0.21) {00: 18} 0014 trinkt mUtti Ihn zu HAUS, {00: 20} 0015 (0.38) {00: 21} 0016 für jÜngere perSOnen- {00: 22} 0017 (0.37) {00: 22} 0018 fällt das ja lEider AUS > ; {00: 24} 0019 Sg1m <<gesungen> ja ja ! LIN! des; {00: 26} 0020 dEr ist wIrklich wunderBAR: ; {00: 28} 0021 Sg2w ich trink ! LIN! des. {00: 29} 0022 EIn PAAR. {00: 30} 0023 mAl am tag soGAR; {00: 32} 0024 Sg1m auch in ! OS! (.) na (.) brÜck, {00: 34} 0025 hat (.) mAns schOn lang entDECKT; {00: 35} 0026 K und singt frÖ: hlich LIN: des; {00: 38} 0027 lIndes ja der SCHMECKT > . {00: 40} 0028 M ((finaler Gitarrenakkord / Cembalo)) Bocca Original 1956 Transkript (Bocca Original, 1956, HWA _1_2095.mp3, „Es gibt Genüsse“, Text Nr. 6, 0: 51 Min.) ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 1 Musik unterlegt (Kla‐ vier, Dreivierteltakt) 2 BOCCA - ein neuer Name! Sprecher 1, Spre‐ chen im Rhythmus (englischer Walzer) 3 BOCCA - bitte mit „B“! 4 Kosten Sie, meine Dame! 5 Köstlicher Bohnenkaffee! 6 BOCCA 217 Anhang ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 7 Es gibt Genüsse, die man nur seinen besten Freunden gönnt, Sprecher 2, sehr tief, greift den Rhythmus auf 8 eine gute Tasse Mocca zum Bei‐ spiel, die man mit behutsamer Sorgfalt geradezu zelebriert. 9 Setzen Sie Ihren liebsten Gästen BOCCA vor, 10 der eigens für Ihren Mocca aus erlesenen Hochlandsorten zu‐ sammengestellt wurde! 11 BOCCA - Seine Röstfrische wird garantiert! 12 Bohne für Bohne sorgsam sor‐ tiert - 13 Bohnenkaffe - gepflegt - kulti‐ viert - BOCCA! 14 BOCCA - der edle Bohnenkaffee für Ihren Mocca! Sprecherin, Kopf‐ stimme FOLKER ( GAT 2): Bocca Original 1956 {00: 00} 0001 M ((Klaviermusik)) {00: 02} 0002 Sm1 ! BOC! ca: ; {00: 03} 0003 ein nEUer NAme. {00: 05} 0004 (0.38) {00: 05} 0005 ! BOC! ca: ; {00: 06} 0006 bItte mit ! B! , {00: 07} 0007 (0.43) {00: 07} 0008 KOSten sie meine dAme. {00: 09} 0009 k! Ö! stlicher BOHnenkaffee. {00: 10} 0010 (1.03) {00: 11} 0011 ! BOC! ca: : ; {00: 13} 0012 Sm2 es GIBT genÜsse; 218 Anhang {00: 14} 0013 die man nur seinen bEsten FREUNden gönnt. {00: 16} 0014 (0.27) {00: 16} 0015 eine gUt tasse MOcca zum beispiel. {00: 18} 0016 (0.29) {00: 19} 0017 die man mit behUtsamer SORGfalt; {00: 21} 0018 gerAdezu zeleBRIERT. {00: 22} 0019 (0.58) {00: 23} 0020 sEtzen sie ihren liebsten gÄsten (.) BOCca vor. {00: 26} 0021 (0.36) {00: 26} 0022 der EIgens für IHren mOcca, {00: 28} 0023 aus erlEsenen hOchlandsorten zuSAMmengestellt wurde. {00: 31} 0024 (0.52) {00: 32} 0025 BOCca; {00: 32} 0026 (.) seine rÖstfrische wird garanTIERT. {00: 35} 0027 (0.48) {00: 35} 0028 <<rhythmisch gesprochen> bOhne (.) für BOHne. {00: 37} 0029 (0.6) {00: 38} 0030 sOrgsam sor! TIERT! ; {00: 40} 0031 (0.9) {00: 41} 0032 BOHnenkaffeE: - {00: 42} 0033 (0.84) {00: 43} 0034 gepflE: gt (.) kulti! VIE: RT! >? {00: 45} 0035 (0.91) {00: 46} 0036 ! BOC! ca: - {00: 47} 0037 (0.68) {00: 47} 0038 Sw ! BOC! ca; {00: 48} 0039 der edle bOhnenkaffee für Ihren ! MOC! ca; 219 Anhang VOX-Kaffee 1955 Transkript ( VOX -Kaffee, 1955, HWA _1_1444.mp3, „Morgens ist man leicht noch“, Text Nr. 2, 0: 31 Min.) ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 1 Mmh, morgens ist man leicht noch ein wenig müde, Sprecherin 1, ältere „Kaffeekränz‐ chen“-Dame (ge‐ rolltes R) 2 da hilft nur ein Tässchen Kaffee. 3 Natürlich VOX-Kaffee! Sprecherin 2 („Kaffee Fee“) 4 Und erst recht nach der Hausar‐ beit brauch ich ihn. Sprecherin 1 5 Den guten VOX-Kaffee! Sprecherin 2 („Kaffee Fee“) 6 Es ist aber auch wirklich eine auserlesene Marke, die ich immer kaufe. Sprecherin 1 7 Es ist VOX-Kaffee! Sprecherin 2 („Kaffee Fee“, be‐ schwörend durch Wiederholungen) 8 Köstlich, köstlich, jede Tasse. Sprecherin 1 9 Und immer röstfrisch, Sprecher, sach‐ lich-werbend 10 denn dafür garantiert das VOX-Kaffee-Werk mit dem Röstfrischdatum, 11 das auf dem Boden jeder Pa‐ ckung eingeprägt ist. 12 Für VOX-Kaffee wird garan‐ tiert, weil ihn der Kunde kon‐ trolliert. Sprecherin 2 FOLKER ( GAT 2): VOX -Kaffee 1955 {00: 00} 0001 Sw1 m: : h (.) morgens ist man lEicht noch ein wenig MÜde. {00: 03} 0002 da hilft nUr ein tÄsschen kafFEE; 220 Anhang {00: 05} 0003 Sw2 natÜrlich (.) ! VOX! (.) kaffEE. {00: 07} 0004 Sw1 und erst rEcht nach der HAUSarbeit brauch ich I: hn- {00: 09} 0005 Sw2 den gUten: (-) ! VOX! kaffEE. {00: 11} 0006 Sw1 es ist aber auch WIRklich eine auserlesene mArke, {00: 14} 0007 die ich Immer KAUfe. {00: 15} 0008 Sw2 es ist (.) ! VOX! kaffEE; {00: 17} 0009 Sw1 (.) KÖSTlich (.) kÖstlich jE: de tasse. {00: 19} 0010 Sm und Immer RÖSTfrisch; {00: 20} 0011 denn dafür garantiert das VOX kaffeewErk, {00: 22} 0012 (0.2) {00: 23} 0013 mit dem RÖSTfrischdatum, {00: 24} 0014 das auf dem boden jEder pAckung EINgeprägt ist. {00: 27} 0015 Sw2 für vOx kaffee wird garanTIERT, {00: 29} 0016 weil ihn der kUnde kontrolLIERT. Synchron: Hygiene Blendax 1962 Transkript (Blendax Österreich, 1962, HWA _2_036.mp3, „gepflegtes Aussehen“, Text Nr. 3, 0: 30 Min.) ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 1 Orgelakkorde gibt den Takt an 2 Blendend - blendend Orgelmusik Chor Sprechgesang 3 blendend gelaunt - BLENDAX 4 Das ist der gute Ruf von BLENDAX, Background-Gesang des Chores („uh“) Sprecher 5 dass BLENDAX die Zähne schonend pflegt. 221 Anhang ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 6 BLENDAX pflegt die Zähne gut. Chor Sprechgesang 7 Gesunde Zähne - gepflegtes Aussehen - beides schenkt Ihnen Tag für Tag Sicherheit und Sympathie. keine Musik Sprecher 8 Folgen Sie dem guten Ruf. 9 Blendend gelaunt - BLENDAX! Orgel Chor Sprechgesang 10 Blendend gepflegt - BLENDAX! 11 BLENDAX pflegt die Zähne gut! FOLKER ( GAT 2): Blendax 1962 {00: 00} 0001 M ((Orgel)) {00: 03} 0002 C <<rhythmisch gesungen> BLE: N (.) dEnd; {00: 04} 0003 BLE: N (.) dEnd- {00: 05} 0004 blEndend geLAUNT, {00: 06} 0005 (.) BLE: N dAx >; {00: 07} 0006 Sm <<Backroundgesang des Chores auf „uh“> das ist der gute rUf von BLENdax, {00: 09} 0007 dass blEndax die zähne SCHOnend pflEgt >. {00: 12} 0008 C <<gesungen> blEndax pflegt die ZÄHne gUt >- {00: 14} 0009 Sm gesUnde ZÄHne, {00: 15} 0010 (0.26) {00: 15} 0011 gepflEgtes AUSsehen. {00: 17} 0012 (0.36) {00: 17} 0013 bEIdes schenkt ihnen tag für tag ! SI! cherheit? {00: 20} 0014 und SYMpathie. 222 Anhang {00: 21} 0015 (0.35) {00: 21} 0016 fOlgen sie dem guten RUF; {00: 22} 0017 C (.) <<rhythmisch gesungen> blEndend geLAUNT, {00: 24} 0018 (.) BLE: N dAx; {00: 25} 0019 blEndend gePFLEGT, {00: 26} 0020 (.) BLE: N dAx; {00: 27} 0021 blEndax pflegt die zÄhne GUT > , Blend-a-med 1962 Transkript (Blend-a-med, 1962, HWA _2_029.mp3, „Im Rahmen dieser“, Text Nr. 1, 0: 35 Min.) ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 1 Verehrte Zuhörer! Sprecher, sehr sach‐ lich, tief (Argumentations‐ struktur: Nennung des Problems) 2 Im Rahmen dieser Sendung möchten wir Sie einmal auf ein ernstes Problem hinweisen: 3 Jeder Dritte in Europa hat Zahn‐ fleischbluten; emotional argumen‐ tiert: Angst vor Zahnfleischbluten und Zahnfleisch‐ schwund 4 und Zahnfleischbluten ist das erste Anzeichen für Paradontose und Zahnfleischschwund, 5 Ihr Zahnarzt wird Ihnen das be‐ stätigen. auf Zahnarzt (Ex‐ perte) hingewiesen 6 Die medizinische Zahnpasta Blend-a-med ist das Spezifikum gegen diese Gefahr. Fachausdrücke 7 Blend-a-med normalisiert die Bakterienflora des Mundes und hilft auf diese Weise wirksam gegen Zahnfleischbluten. 8 Dauernder Gebrauch bedeutet also dauernde Vorbeugung. 223 Anhang ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 9 Blend-a-med hilft Ihnen, Zähne und Zahnfleisch gesund zu er‐ halten. (Argumentations‐ struktur: Lösung des Problems) FOLKER ( GAT 2): Blend-a-med 1962 {00: 00} 0001 Sm verEhrte ZUhörer. {00: 02} 0002 (0.55) {00: 03} 0003 im RAHmen dieser sendung- {00: 04} 0004 möchten wir sie einmal auf ein Ernstes proBLEM hinweisen. {00: 07} 0005 (0.77) {00: 08} 0006 jEder dritte in europa hat ZAHNfleischbluten. {00: 10} 0007 (0.48) {00: 11} 0008 und zAhnfleischbluten ist das Erste Anzeichen für paradonTOse, {00: 14} 0009 und zAhnfleischSCHWUND, {00: 15} 0010 (.) ihr zAhnarzt wird ihnen das beSTÄtigen. {00: 17} 0011 (0.81) {00: 18} 0012 die medizinische zAhnpasta blEnd A ! MED! , {00: 20} 0013 ist das spezIfikum gegen diese geFAHR. {00: 22} 0014 (0.85) {00: 23} 0015 blendamEd normalisiert die bAkterienflora des MUNdes, {00: 26} 0016 (0.23) {00: 26} 0017 und hIlft auf diese weise wIrksam gegen ZAHNleischbluten. {00: 29} 0018 (0.69) {00: 30} 0019 dAUernder gebrAUch bedeutet also dAUernde VORbeugung. {00: 32} 0020 (0.71) 224 Anhang {00: 33} 0021 blendaMED hilft Ihnen, {00: 35} 0022 (.) zÄhne und zAhnfleisch geSUND zu erhalten. Dr. Best 1962 Transkript (Dr. Best, 1963, HWA _430_1.mp3, „So, Herr Weber“, Text Nr. 2, 0: 30 Min.) ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 1 … so, Herr Weber, nun wollen wir uns die Zähne mal an‐ schauen … Sprecher1 (Zahnarzt) 2 … wissen Sie, dass Ihr Zahn‐ fleisch blutet? 3 Am besten wäre es, wenn Sie … (wird ausgeblendet) 4 Am besten, Sie helfen Ihrem Zahnarzt ihre Zähne in Ord‐ nung zu halten, - Sprecher 2 / Kom‐ mentator, Experte, sachlich überlappt letzten Satz des Zahnarztes (Zeile 3) 5 durch gewissenhafte Zahn‐ pflege mit Dr. Best - Zahn‐ creme. 6 Das Kastanienextrakt in Dr. Best - Zahncreme festigt, strafft und gesundet das Zahn‐ fleisch. 7 Das Zahnfleischbluten hört auf. 8 Dr. Best - Zahncreme mit Kas‐ tanienextrakt - Sprecher 1 (über‐ zeugter Zahnarzt wiederholt den Rat‐ schlag des Experten) 9 für festes und kräftiges Zahn‐ fleisch, 10 für gesunde Zähne - 11 Dr. Best! 225 Anhang FOLKER ( GAT 2): Dr. Best 1962 {00: 00} 0001 Sm1 SO: herr weber; {00: 01} 0002 nun wollen wir uns die zÄhne mal ANschauen; {00: 03} 0003 (0.38) {00: 03} 0004 wIssen sie dass ihr zAhnfleisch BLUtet, {00: 05} 0005 (.) am BESten wäre es; {00: 06} 0006 Sm2 am bEsten sie HELfen ihrem zAhnarzt ihre zähne in ordnung zu halten. {00: 10} 0007 durch gewIssenhafte ZAHNpflege; {00: 12} 0008 (.) mit dOktor ! BEST! zAhncreme. {00: 14} 0009 (.) das kastanienextrakt in doktor bEst ZAHNcreme, {00: 16} 0010 FEStigt {00: 17} 0011 strAfft und geSUNdet das zAhnfleisch- {00: 19} 0012 (0.4) {00: 19} 0013 das zAhnfleischblUten hÖrt AUF. {00: 22} 0014 (0.2) {00: 22} 0015 Sm1 doktor bEst ZAHNcreme- {00: 24} 0016 (.) mit kasTAnienextrakt; {00: 25} 0017 (0.21) {00: 25} 0018 für fEstes und krÄftiges ZAHNfleisch- {00: 27} 0019 (0.2) {00: 28} 0020 für gesUnde ZÄHne. {00: 29} 0021 (0.42) {00: 29} 0022 dOktor ! BEST! . 226 Anhang LACALUT 1962 Transkript ( LACALUT , 1962, HWA _69_70.mp3, „Prüfen Sie es“, Text Nr. 4, 0: 30 Min.) ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 1 LACALUT Keyboard unterlegt LACALUT Motiv (Audiologo) Sprecher 1, rhyth‐ misch gesprochen zur Melodie 2 tut dem Zahnfleisch gut 3 tut den Zähnen gut 4 LACALUT 5 tut dem Zahnfleisch gut 6 tut den Zähnen gut 7 LACALUT 8 Prüfen Sie es bitte selber nach! ohne Musik Sprecherin, be‐ schwörend 9 LACALUT Sprecher 2, überzeu‐ gend 10 strafft das Zahnfleisch 11 verhütet Zahnfleischbluten und 12 versiegelt außerdem den Zahn‐ schmelz gegen Karies. 13 LACALUT LACALUT Motiv unterlegt Sprecher 1, rhyth‐ misch gesprochen zur Melodie 14 tut dem Zahnfleisch gut 15 tut den Zähnen gut 16 LACALUT 17 LACALUT ohne Musik Sprecher 2, über‐ zeugter Experte 18 als medizinische Zahncreme 19 als medizinisches Mundpulver 20 und auch als medizinisches Mundwasser. 21 LACALUT 227 Anhang FOLKER ( GAT 2): LACALUT 1962 {00: 00} 0001 Sm1 <<rhythmisch gesprochen> lacaLUT. {00: 02} 0002 tut dem ZAHNfleisch gut, {00: 03} 0003 tut den ZÄHnen gut, {00: 04} 0004 lacaLUT. {00: 05} 0005 (0.34) {00: 05} 0006 tut dem ZAHNfleisch gut, {00: 06} 0007 tut den ZÄHnen gut, {00: 07} 0008 lacaLUT >. {00: 08} 0009 (0.22) {00: 08} 0010 Sw prüfen sie es bitte SELber nach; {00: 10} 0011 Sm2 lAcaLUT; {00: 11} 0012 (0.2) {00: 11} 0013 strAfft das ZAHNfleisch, {00: 13} 0014 verhÜtet zahnfleischBLUten: ; {00: 14} 0015 Und versiegelt AUßerdem den zAhnschmelz gegen KA: ries, {00: 18} 0016 Sm1 <<rhythmisch gesprochen> lacaLUT. {00: 19} 0017 (.) tut dem ZAHNfleisch gut, {00: 20} 0018 tut den ZÄHnen gut, {00: 21} 0019 lacaLUT >. {00: 22} 0020 Sm2 lAca! LUT! . {00: 23} 0021 (0.29) {00: 23} 0022 als mEdizinische zahnCRE: me, {00: 25} 0023 (0.25) {00: 25} 0024 als mEdizinisches mundPULver- {00: 27} 0025 (.) Und auch als medizInisches mundWASser, {00: 30} 0026 (0.31) 228 Anhang {00: 30} 0027 lAca! LUT! . Signal 1962 Transkript (Signal, 1962, HWA _2_390.mp3, „Wie oft gibt es Situationen“, Text Nr. 1, 0: 30 Min.) ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 1 Fanfare; Musik (Big Band) setzt ein, den ganzen Spot beglei‐ tend 2 Signal, Sprecher, enthusias‐ tisch 3 die Zahncreme mit den roten Streifen beseitigt Mundgeruch sofort! 4 Wie oft gibt es Situationen, wo frischer Atem entscheidend für Sie ist: Sprecherin 5 im Büro, Sprecher 6 bei Verabredungen, Sprecherin 7 zu Hause. Sprecher 8 Aktive Mundwasserwirkstoffe und in den roten Streifen der Wirkstoff Bromchlorophen sorgen für reinen Atem. Sprecher 9 Darum sind die roten Streifen so wichtig! Sprecherin 10 Reiner Atem und strahlend reine Zähne durch Sprecher 11 Signal! 12 Fanfare FOLKER ( GAT 2): Signal 1962 {00: 00} 0001 M ((Fanfare, den ganzen Spot begleitend)) {00: 02} 0002 Sm1 sig! NA: L! - {00: 02} 0003 die zAhncreme mit den rOten STREIfen, {00: 04} 0004 beseitigt mUndgeruch soFORT. {00: 06} 0005 (0.36) {00: 06} 0006 Sw wIE oft gibt es situaTIONen, 229 Anhang {00: 08} 0007 wo frischer Atem entSCHEIdend für sie ist; {00: 10} 0008 Sm2 im büRO, {00: 11} 0009 Sw bei verABredungen; {00: 12} 0010 Sm2 zu HAUse; {00: 13} 0011 (0.83) {00: 14} 0012 Sm1 aktIve MUNDwasserwIrkstoffe. {00: 15} 0013 (0.27) {00: 16} 0014 und in den rOten STREIfen, {00: 17} 0015 der wIrkstoff brOmchloroPHEN- {00: 19} 0016 sOrgen für rEInen Atem; {00: 21} 0017 Sw dArum sind die roten strEIfen so WICHtig, {00: 23} 0018 Sm1 REIner Atem; {00: 24} 0019 und strAhlend reine ZÄHne durch, {00: 26} 0020 sig! NAL: ! ? {00: 27} 0021 (0.66) {00: 27} 0022 M ((finale Fanfare)) Synchron: Waschmittel Perwoll 1973 Transkript (Perwoll, 1973, HWA _44_833.mp3, „Kuscheln“, Text Nr. 3, 0: 32 Min.) ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 1 Perwoll Jingel ge‐ sungen: „Streichel‐ weiche Wolle mit Perwoll“ Chor 2 Ich kuschle mich so richtig rein in meinen Pullover. Perwoll Song, beglei‐ tend „nanana …“ Sprecherin, sanfte Stimme (wie weiche Wolle), teilweise ge‐ heimnisvoll flüs‐ ternd 3 Ich trag ihn nämlich direkt auf der Haut. 230 Anhang ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 4 Da ist er so weich und flau‐ schig. 5 Und streichelt so richtig. 6 Ja … Ihre Wolle wird so richtig streichelweich mit Perwoll. Sprecher 7 Waschen Sie mit Perwoll, denn Perwoll ist das einzige Woll‐ waschmittel mit Flausch-Weichspüler. 9 Perwoll Jingle ge‐ sungen: „Streichel‐ weiche Wolle mit Perwoll.“ Chor 10 Perwoll bekommen Sie jetzt be‐ sonders günstig. Sprecher, sachlich in‐ formativ FOLKER ( GAT 2): Perwoll 1973 {00: 00} 0001 C << Perwoll Jingel gesungen> strEIchelweiche wOlle mit perWOLL >? {00: 05} 0002 Sw <<Musik unterlegt> ich KUSCHle mich so rIchtig, {00: 07} 0003 REI: N in meinen pullOver; {00: 09} 0004 ich trAg ihn nämlich direkt auf der HAUT, {00: 11} 0005 (0.41) {00: 11} 0006 da ist ja sO wEIch und FLAUschig; {00: 13} 0007 (0.49) {00: 14} 0008 und STREIchelt so rIchtig, {00: 16} 0009 Sm jA: : ihre wolle wird so richtig strEIchelWEICH. {00: 18} 0010 mit perWOLL. {00: 19} 0011 (0.29) {00: 20} 0012 WASCHen sie mit perwOll- {00: 21} 0013 (0.43) 231 Anhang {00: 21} 0014 denn perwOll ist das einzige WOLLwaschmittel, {00: 23} 0015 mit flAUschWEICHspüler >; {00: 25} 0016 (0.26) {00: 25} 0017 C << Perwoll Jingel gesungen> strEIchelweiche wOlle mit perWO: : LL >? {00: 30} 0018 Sm perwOll bekommen sie JETZT; {00: 31} 0019 beSONders gÜnstig. REI 1973 Transkript ( REI , 1973, HWA _253_136.mp3, „Reisevorbereitung“, Text Nr. 1, 0: 30 Min.) ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 1 „REI in der Tube, REI in der Tube.“ REI Jingel (Melodie: „La Cucaracha“) Chor 2 Ach, du packst gerade für euren Winterurlaub. Sprecherin 1, affek‐ tiert 3 Ja, aber ich krieg’ den Koffer nicht zu. Ein Haufen Skipull‐ over, Socken und noch Wasch‐ pulver. Sprecherin 2, emsig, hektisch, Schnappatmung 4 Waschpulver im Koffer? Na den Platz kannst du dir sparen. Sprecherin 1, iro‐ nisch und besser‐ wisserisch 5 Nimm doch REI in der Tube. 6 Hä … Sprecherin 2 7 REI in der Tube ist doch speziell für die Reise. Sprecherin 1 8 Gute Idee! Das kaufe ich mir gleich. Sprecherin 2 9 Das Reisewaschmittel REI in der Tube, ist handlich klein, wäscht alles rein. Sprecher (Kom‐ mentator) 10 „REI in der Tube, REI in der Tube.“ REI Jingel (Ab‐ schluss: Trompete) Chor 232 Anhang FOLKER ( GAT 2): REI 1973 {00: 00} 0001 C <<REI Jingel gesungen> rei in der TU: be? {00: 02} 0002 rei in der TU: be > ? {00: 03} 0003 Sw1 A: ch (.) du packst gerade für euren WINterurlaub; {00: 05} 0004 Sw2 jA: : aber ich krieg den ! KO: F! fer nicht zu; {00: 07} 0005 ein haufen skI: pullover (.) SOcken; {00: 09} 0006 (0.29) {00: 09} 0007 und noch WASCHpulver. {00: 10} 0008 Sw1 WA: SCHpulver? {00: 11} 0009 im kO: ffer? {00: 12} 0010 na den platz kannst du dir SPAren; {00: 14} 0011 nimm doch rEI in der TUbe; {00: 15} 0012 Sw2 HÄ: ? {00: 15} 0013 Sw1 jA: rei in der TUbe; {00: 16} 0014 IST doch spEziell für die rEIse. {00: 18} 0015 Sw2 gUte idee (.) das KAUF ich mir doch gleich; {00: 20} 0016 Sm das REIsewaschmittel; {00: 21} 0017 rEI in der TUbe, {00: 22} 0018 ist hAndlich KLEIN, {00: 23} 0019 wäscht Alles ! REIN! . {00: 24} 0020 C <<REI Jingel gesungen> rei in der TU: be? {00: 26} 0021 rei in der TU: be > ? {00: 27} 0022 M ((Jingelende mit Trompete)) 233 Anhang Weißer Riese 1973 Transkript (Weißer Riese, 1973, HWA _44_832.mp3, „Bei diesem harten Wasser“, Text Nr. 9, 0: 30 Min.) ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 1 „Neues vom super Mann, der allen Frauen helfen kann.“ Weißer Riese Jingel gesungen Chor 2 Bei dem harten Wasser hier muss man ja was für seine Wäsche tun. Sprecherin 1, tiefe Stimme 3 Ich nehm den Weißen Riesen mit Kalkstopper. 4 Ach und der macht die Wäsche weicher? Sprecherin 2, un‐ wissend naiv 5 Ja klar! Der macht die Wäsche weich und zart, auch wenn das Wasser noch so hart. mit Musik unterlegt „Weißer Riese“, extrem tief, rhyth‐ misch zur Musik 6 Der Weiße Riese mit Kalkstopper, der große Gewinn für Ihre Wä‐ sche und für Sie. Sprecher, hohe Stimme, starke Ak‐ zentuierungen 7 Im Kalkstopper-Suchspiel - die nächste Gewinnrunde läuft. 8 Glocke wie beim Gewinn‐ spiel 9 Achten Sie auf den Weißen Riesen mit Kalkstopper, er ist mehr wert als er kostet. Sprecher FOLKER ( GAT 2): Weißer Riese 1973 {00: 00} 0001 C <<Weißer Riese Jingel gesungen> nEUes vom sUper MANN- {00: 02} 0002 der allEn frAUen HELfen kAnn > ; {00: 04} 0003 Sw1 bei dem hArten wasser hier MUSS man ja was für seine wÄsche tun; {00: 06} 0004 (0.26) {00: 07} 0005 Ich nehm den weißen rIEsen mit KALKstopper. 234 Anhang {00: 09} 0006 Sw2 (.) Ach und der macht die wÄsche WEIcher? {00: 11} 0007 WR ja KLA: R. {00: 11} 0008 M ((Blasinstrument (Tuba) setzt ein)) {00: 12} 0009 WR der macht die wäsche wEIch und ZART, {00: 14} 0010 auch wenn das wAsser noch so HART. {00: 16} 0011 Sm (.) der weIße rIEse mit KALKstopper. {00: 18} 0012 (.) der große gewInn für ihre WÄsche? {00: 20} 0013 und für SIE, {00: 21} 0014 im kAlkstopper SUCHspiel. {00: 22} 0015 (0.31) {00: 23} 0016 die nAchste gewInnrunde ! LÄU: FT! . {00: 24} 0017 G ((Glocke)) {00: 25} 0018 Sm Achten sie auf den weIßen rIEsen mit KALKstopper. {00: 28} 0019 er ist mE: hr wert als er KOStet. X-TRA 1973 Transkript (X- TRA , 1973, HWA _44_829.mp3, „Clara“, Text Nr. 4, 0: 40 Min.) ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 1 „Im Frühling der Jumbo die Wäsche schön macht. Jingel im Dreiviertel‐ takt („Im Märzen der Bauer …“) gesungen Kinderchor, Spre‐ cher spricht Text mit (Sprechgesang) 2 Für sehr wenig Geld ja es ist eine Pracht.“ 3 Hast du das gehört Clara? Sprecherin 1, affek‐ tiert 4 Nein, nein, nein, stell doch mal lauter! Sprecherin 2, ge‐ künstelt 5 „Im Frühling der Jumbo die Wäsche schön macht. Jingel (wie oben) Kinderchor, Spre‐ cher spricht Text mit (Sprechgesang) 6 Für sehr wenig Geld ja es ist eine Pracht.“ 235 Anhang ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 7 Jetzt bringt X-TRA für alle, extra saubere Frühlingswäsche. Und das zum günstigen Früh‐ lingspreis. Sprecher, sonore Stimme 8 Na, wie hört sich das an? Sprecherin 1, ge‐ spreizt 9 Günstig meine Teure, sehr sehr günstig. Sprecherin 2, affek‐ tiert 10 „Für sehr wenig Geld ja es ist eine Pracht.“ Jingel (wie oben) 11 X-TRA - zum Vor- und Haupt‐ waschen bis 60 Grad. Für extra saubere Frühlingswäsche. Musik unterlegt Sprecher 12 Jetzt holen, eine Million X-TRA Packungen warten. 13 Zum Fühlingspreis. Musik abrupt aus‐ geblendet FOLKER ( GAT 2): X- TRA 1973 {00: 00} 0001 C <<Melodie: „Im Märzen der Bauer …" gesungen> im frÜhling der jUmbo die wÄsche schön MACHT. {00: 04} 0002 für sEhr wenig gEld ja es Ist eine PRACHT > . {00: 07} 0003 Sw1 hast du das geHÖ: RT (.) cla: r[a: : ]? {00: 09} 0004 Sw2 [nei]n nein nEi: n (.) stell doch mal LAUter, {00: 11} 0005 C <<Melodie: „Im Märzen der Bauer …" gesungen> im frÜhling der jUmbo die wÄsche schön MACHT. {00: 15} 0006 für sEhr wenig gEld ja es Ist eine PRACHT > . {00: 18} 0007 Sm jEtzt bringt Ikstra für ALle; {00: 20} 0008 Extra saubere FRÜHlingswäsche. {00: 21} 0009 (.) und das zum gÜnstigen FRÜHlingspreis; 236 Anhang {00: 24} 0010 Sw1 nA: (.) wie hÖrt sich das A: N; {00: 25} 0011 Sw2 GÜ: : Nstig meine tEure, {00: 26} 0012 sE: : hr sehr <<Jingel Musik setzt ein > GÜ: Nstig >. {00: 27} 0013 C << gesungen > für sEhr wenig gEld ja es Ist eine PRACHT > . {00: 31} 0014 Sm Ikstra (.) zum vOr und hAUptwaschen bis sechzig GRAD, {00: 34} 0015 für Extra sAUbere FRÜHlingswäsche. {00: 36} 0016 jEtzt HOlen, {00: 37} 0017 Eine mIllion IKStra packungen wArten. {00: 38} 0018 (0.31) {00: 39} 0019 zum FRÜHlingspreis. Fakt 1972 Transkript (Fakt, 1972, HWA _44_814.mp3, „Großmarkt“, Text Nr. 3, 0: 45 Min.) ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 1 Großmarktgeräusche: geschäftiges Treiben, Glocke / Klingel, … 2 Auf dem Großmarkt von Berlin erleben wir heute den wohl un‐ gewöhnlichsten Test für ein Vollwaschmittel. Sprecher (Stil: Kommentator einer Live-Über‐ tragung) Überartikulation um die Wichtig‐ keit des Ereig‐ nisses anzu‐ deuten 3 Fakt im Härtetest! 4 Vor den kritischen Augen der Zuschauer wird die übergroße, gläserne Waschmaschine von Fakt, gefüllt mit dreckigen Kit‐ teln, schmutziger Arbeitswä‐ sche und Wasser aus dem Hydranten. 5 Und jetzt, damit es noch schwerer wird, jetzt schütten Marktfrauen eimerweise Schmutzwasser in die Wasch‐ lauge. 237 Anhang ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 6 Sechzig Minuten später. Geräusche ausgesetzt 7 Fakt hat es geschafft, strah‐ lendes weiß und leuchtende Farben, denn Fakt ist immer stärker als der Grauschleier. Blaskapelle (Becken, Blechbläser, Trommel, …) Musik verleiht der Aussage zum Abschluss zu‐ sätzlich Aus‐ druck 8 Nutzen auch Sie die Vollwasch‐ kraft von Fakt. 9 Fakt - im roten Paket von Henkel! FOLKER ( GAT 2): Fakt 1972 {00: 00} 0001 G ((Großmarktgeräusche: geschäftiges Treiben, Klingel, …)) {00: 02} 0002 Sm auf dem grOßmarkt von berLIN; {00: 04} 0003 erleben wir hEUte (.); {00: 05} 0004 den wohl Ungewöhnlichsten test für ein VOLLwaschmittel. {00: 07} 0005 (0.44) {00: 08} 0006 ! FAKT! im hÄrtetest, {00: 09} 0007 (0.55) {00: 10} 0008 vor den ! KRI! tischen augen der z! U! schauer- {00: 12} 0009 wird die Übergroße GLÄ: serne waschmaschine von fAkt, {00: 15} 0010 gefÜllt (.) mit DREckigen kItteln, {00: 18} 0011 SCHMUTziger Arbeitswäsche, {00: 19} 0012 und wasser aus dem hyDRANten. {00: 20} 0013 (0.83) {00: 21} 0014 und JETZT- {00: 22} 0015 (0.22) {00: 22} 0016 dA: mit es noch SCHWErer wird, 238 Anhang {00: 23} 0017 jEtzt schÜtten MARKTfrauen, {00: 25} 0018 Eimerweise SCHMUTZwasser, {00: 27} 0019 in die WASCHlauge. {00: 28} 0020 (0.38) {00: 28} 0021 sEchzig mInuten SPÄter. {00: 30} 0022 M <<Blasmusik setzt ein, Sprecher begleitend> {00: 30} 0023 Sm fAkt hat es geSCHAFFT. {00: 32} 0024 strAhlendes WEISS- {00: 33} 0025 und lEUchtende FARben. {00: 35} 0026 (0.34) {00: 35} 0027 denn FAKT, {00: 36} 0028 ist Immer stÄrker als der GRAUschleier; {00: 38} 0029 nutzen auch sIE: die vOllwaschkraft von FAKT. {00: 42} 0030 (.) ! FAKT! ? {00: 42} 0031 im rOten paket (.) von HENkel >. {00: 45} 0032 M ((Schlussakkord der Blasmusik)) Referenz-Werbespots 1980er - TV Persil 1988 (1) Transkript (Persil, 1988, OPUS _180_002_02_Persil_1988, Text Nr. 1, 0: 16 Min.) ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 1 Kleinen Moment, ich bin gleich soweit … Gespräche im Hin‐ tergrund (Party) Sprecherin 1, helle Stimme deutliches Einatmen, überrascht 2 Oh, 3 mein Lippenstift. 4 Mensch, das kannste nicht ko‐ chen, Sprecherin 2, er‐ schreckt, panisch 239 Anhang ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 5 Das kriegste nie mehr raus. 6 (lacht) Denkste, Sprecherin 1, zuver‐ sichtlich 7 Ich hab … Pfeifton 8 … die Reinheits-Garantie bis 60 Grad. 9 Sie hat Persil flüssig! Sprecher Persil 1988 (2) Transkript (Persil, 1988, OPUS _180_002_02_Persil_1988, Text Nr. 2, 0: 29 Min.) ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 1 Halloo! Hintergrund (at‐ mosphärisch, vor der Schule? ) Kind (kommt aus der Schule? ) 2 Oh, so’n Schmutz, und da wa‐ schen bis 60 Grad. Sprecherin 1 (andere Mutter), naiv 3 Das Sweatshirt können Sie ver‐ gessen. 4 Aber nicht doch, Sprecherin 2 (Mutter) 5 Ich hab … Pfeifton 6 … die Reinheits-Garantie bis 60 Grad. 7 Ja. Persil flüssig hat, was her‐ kömmliche Waschmittel nicht haben: beschwingte Musik Sprecher, weiche Stimme, selbstsicherer Experte (starke Akzen‐ tuierungen) 10 die doppelte Kraft für niedrige Temperaturen. 11 Die schafft selbst schwierigen Schmutz. 12 Deshalb bekommen Sie für alle modernen Textilien die Rein‐ heits-Garantie bis 60 Grad. 240 Anhang ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 13 Von Persil flüssig. Referenz-Werbespots 2010er - TV Tchibo 2018 Transkript (Tchibo Kaffee 2018, 0: 35 Min.) ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 1 Trommel und elektronische Musik (Spannungsaufbau durch Musikunter‐ malung) Sprecher, sanft und bestimmt 2 Unser Tchibo Kaffee ist schon bei der Ernte in den besten An‐ baugebieten der Welt, in guten Händen. 3 Mit Handwerkskunst und Hingabe entsteht schließlich ein unvergleichliches Aroma, 4 damit Sie den vollkommenen Genuss in jeder Tasse erleben. 5 Denn Ihre Liebe für Kaffee ist unsere Leidenschaft. 6 Zum Glück gibt’s Tchibo! NESCAFÉ GOLD 2018 Transkript ( NESCAFÉ GOLD - Die Seele der Bohne TV Spot 2018, 0: 20 Min.) ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 1 Der neue NESCAFÉ GOLD, - Der perfekte Kaffee für die Mo‐ mente, die zählen. Musik (Klavier mit Gesang: „So darling, stand by me“) Sprecher, ruhig und überzeugend Musikunterma‐ lung bis auf den letzten Satz, der da‐ durch an Gewicht gewinnt. 2 Wir mahlen unsere Bohnen zehnfach feiner, 3 um das Beste der Bohnen zu ent‐ falten. 241 Anhang ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 4 Vorher rösten wir die Bohnen, bis sie die optimale Farbe be‐ kommen. 5 Und kurz davor … pflücken wir sie als frische Kaffeekirschen 6 NESCAFÉ GOLD, für die Mo‐ mente, die zählen! Melitta 2016 Transkript (Melitta Werbung Herbst 2016, 0: 30 Min.) ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 1 Manche Dinge kann man nur entdecken, wenn man ganz leise ist. Musik (Gitarren‐ zupfen) Sprecherin, flüs‐ ternd, verführerisch 2 Volles Aroma zum Beispiel. 3 Bei der Melitta Punktröstung hören wir genau hin, 4 bis die Bohne erst ein … und später ein zweites Mal knackt. Knacken der Bohne 5 Das ist der „Second Crack“ 6 Der perfekte Röstpunkt für mehr als 800 Aromen. 7 Voller Genuss, 8 Hmm … Sprecher 9 den man auch hören kann. Sprecherin 10 Auf den Punkt geröstet! 11 Die Topmarke 2016 - Melitta bella crema. KAREX 2019 Transkript ( KAREX Zahnpasta-Werbespot April 2019- April 2019, 0: 19 Min.) 242 Anhang ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 1 Ich … putz’ jetzt ohne! Sprecherin, selbstsi‐ cher 2 Wir putzen … Sprecher 1 3 … ohne … Kind 4 Klar putz’ ich ohne … Sprecher 2, selbstver‐ ständlich 5 … ohne Flurid 6 Wir putzen mit KAREX! Sprecher 1 7 Entscheiden auch Sie sich für einen modernen Karies‐ schutz ohne Flurid … und für KAREX. Sprecher 3 (Kom‐ mentator) 8 KAREZ mit Hydroxyla‐ patit! 9 Der Stoff aus dem unsere Zähne gemacht sind! Kinder KAREX 2019 Transkript (Kinder KAREX 2019, 0: 18 Min.) ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar Klaviermusik (minima‐ listisch) Hintergrundgeräusche (Zähneputzen) 1 Wir haben eine neue Kin‐ derzahnpasta entdeckt. Sprecherin (Mutter) 2 Kinder KAREX mit Hyd‐ roxylapatit. 3 Was ist das denn? Kind 1 4 Das ist der Stoff aus dem unsere Zähne gemacht sind. Sprecherin 5 Wie lecker! Kind 2, undeutlich, weil Mund voller Zahnpastaschaum 6 Neu! Sprecherin 243 Anhang ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 7 Kinder KAREX mit zahn‐ verwandtem Hydroxyla‐ patit 8 Übrigens … gibt es auch für Erwachsene! Kind 2 Oral-B 2019 Transkript (Oral-B Werbung 2019, 0: 20 Min.) ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 1 Oral-B Zahncreme gesungen (zwei‐ stimmig) Chor (Frauen) 2 Von führenden Herstellern in‐ novativer Zahnbürsten. Sprecher, enthusias‐ tisch 3 Die neue Ora-B Zahnfleisch und Zahnschmelz pro repair Zahncreme. 4 Sie hilft Zahnfleischprobleme zu reduzieren und den Zahn‐ schmelz zu reparieren … in nur zwei Wochen! 5 Zahnfleisch ok - Zahn‐ schmelz ok … mit Zahncreme von Oral-B gesungen (zwei‐ stimmig) Chor (Frauen) 6 Jetzt testen! Sprecher Lenor 2017 Transkript (Lenor - das neue Waschmittel - TV Spot 2017, 0: 30 Min.) ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 1 Das neue Lenor Waschmittel sanfte Musik, Summen (Frauen‐ stimme) und Rau‐ schen Sprecherin sehr weich gespro‐ chen (Stimme spie‐ gelt Textinhalt wieder) 244 Anhang ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 2 Reine, sinnlich duftende Laken sind meine Wohlfühloase 3 Sich in reine flauschige Hand‐ tücher einzukuscheln, das lieben meine Beiden nach einem langen Tag 4 Reinheit ist Wohlfühlen und Wohlfühlen ist Reinheit. 5 Lenor 3 in 1 Waschmittel 6 Reinheit, Weichheit, Frische! 7 Ich fühle mich wohl in Lenor. 8 Stets außer Reichweite von Kin‐ dern aufbewahren. am Ende Aus‐ blenden der Musik Sprecherin, sachli‐ cher Ton ARIEL 2019 Transkript ( ARIEL Werbung 2019 Commercial Germany, 0: 30 Min.) ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 1 Statt Waschen … mit ARIEL jetzt einfach alles podden! Musik (Instru‐ mental: Trommel, Schnipsen, Saxo‐ phon bzw. Key‐ board) Sprecher 2 Weißes … einfach podden. 3 Flecken … sowieso podden. 4 Sportwäsche … podden! Lachen in der Stimme 5 Genau, auch podden. 6 Oder …? Ah … 7 Kurzwäsche … logisch podden! 8 Farben einfach podden. 9 Ja, die auch. Lachen in der Stimme 245 Anhang ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 10 Strahlende Reinheit, so einfach mit ARIEL 3 in 1 Podds. Hörer werden mit „du“ angesprochen 11 Alle podden und du? 12 Mit einem Klick verschließen und außer Reichweite von Kin‐ dern aufbewahren. Lenor 2018 Transkript (Lenor 3 in 1 Waschmittel TV -Spot Werbung 2018, 0: 20 Min.) ZZ Gesprochene Sprache Musik / Geräusche Kommentar 1 Das neue Lenor Waschmittel sanfte Musik, Summen (Frauenstimme) und Rauschen Sprecher sehr weich gespro‐ chen (Stimme spie‐ gelt Textinhalt) 2 Was fühlt sich an einem Re‐ gentag besser an als reine, duf‐ tende Handtücher? 3 Reinheit ist Wohlfühlen und Wohlfühlen ist Reinheit. 4 Das neue Lenor 3 in 1 Wasch‐ mittel 5 Fasertiefe Reinheit, Weichheit und Frische 6 Ich fühle mich wohl in Lenor Ausblenden der Musik am Ende 7 Stets außer Reichweite von Kindern aufbewahren. normale Sprech‐ weise 246 Anhang Sachregister Adressierungsformen 106 AIDA-Formel 48 Akzentuierung 64, 139, 144, 146, 168, 171 Über- 148, 168 Alleinstellungsmerkmal 21, 46, 82 Alter 137 Amerikanisierung 78 Analyse akustische 85 experimentalphonetische 85, 90 perzeptive 125 qualitativ-interpretative 96 Analysekorpus 167 Analyse-Software 158 Ansatz interdisziplinärer 174 methodischer 167 Ansprechhaltung 41, 43, 102, 106 Appell 82 Appellfunktion 40 Argumentatio 47 Argumentation 48f. emotionale 50 faktische 169 moralische 50 Plausibilitäts- 50, 113, 169 rationale 50 strategische 113 taktische 50 Argumentationsfiguren 49 Argumentationsstrategie 84, 107f. Argumentationsstruktur 49 Argumentationstechnik 50 Aristoteles 47 Arnheim 57 Artikulationspräzision 59, 150 Artikulationsschärfe 44, 55, 149, 171 Ästhetik der Frauenstimme 19, 62 der Stimme und Sprechweise 54 Radio 35, 42 Attentum parare 47 Attraktivität, stimmliche 64 Audio-Beispiel 131 Audio-Branding 38 Audiodatei 88, 93 Audiologo 38 Audioproben 126, 129 Aufnahmetechnik 26f. digitale 100 Ausdrucksfunktion 46 Aussprache 60, 149 Formstufen der 68 Aussprachenormen 68 Aussprachewörterbuch 43, 68 Bedürfnispyramide 82 Beeinflussung 16 Begleitfunktion 101 Benevolenz 66 Betonung 61 Bruttosozialprodukt 79 Bühler 46 Bühnenaussprache 68 Captatio benevolentiae 47 Chorsprechen 79, 105, 168 Cicero 47 Code-Switching 67 Corporate Speaking 31 Dauer 100 DAWB 69 Deklamieren 52 Dekonstruktion von Geschlecht 67 Delectare 34, 46 Deutlichkeit 55 Diachrone Perspektive 96 Untersuchung 91 Dialekt / Regiolekt 102 Dialog 42 Dichterlesung 52 Digitalisierung 26f., 29, 61, 80, 105, 151 Dispositionsschema 46, 48 Distanz 34 Docere 34, 46 Doing gender 67 Dominanz 61 Duales System 29 Duden 69 Ear catcher 47 Eindruck, auditiver 167 Einschätzung, auditive 159 Einweg-Kommunikation 42 Elocutio 47 Emanzipationsbewegung 62, 67, 78, 161 Emotion 37, 39, 49, 64, 113, 169 Empfängerorientierung 111 Endreim 79 Erkennungsmodalitäten 113 Erwartungseffekt, behavioraler 165 Erwartungshaltungen 167 Erwerbstätigkeit, der Frauen 74f., 77 Ethos 49f. EXMARaLDA 93 Exordium 47 Expertenbefragung 126 Fernsehen 25, 29 Flowerpower 76 FOLKER 92f. Forschungsstrategie 91 Frauenbewegung 77 Frauenbild 80, 175 Frauenstimme überhöhte 66 Frequenzbereich 65 Friedensbewegung 79 Gedächtnis, kulturelles 174 Gender 133, 152, 158, 172 Genderless voice 65 Genderstereotypen 65 Genre-Sprechstil 42 Genussmittel 88f. Geräusche 33, 36, 40 Gesamtanalyse, qualitative 167 Gesamteindruck 125, 132f., 139, 170 Gesang 101 Geschlechtergruppe 67 Geschlechterrolle 80 Geschlechterstereotypen 165 Geschlechtsmerkmal, sekundäres 63 Geschrei 52 Gesellschaft 15, 73 Bedürfnis- 78 Entwicklung 67 gesellschaftliche Normen 74 Konsum- 79 Gestalttheorie 57 Gestik 52 Glaubwürdigkeit 173 Gleichberechtigung 74 Grundbedürfnissen 82 Gründerjahre 74 Grundfrequenz 65, 130, 158, 160, 173 Grundnutzen 20, 114, 119, 123 Grundtonhöhe 61 248 Sachregister GWDA 69 Haseloff 50 Hippie-Bewegung 79 Hochlautung 68 gemäßigte 69 Höreindruck 65 Hören, stereotypes 164, 173, 175 Hörerwirkung 43 Hörfunk, historischer 85, 167, 174 Hörfunkspot 26, 45, 48, 81, 92 Hörgewohnheiten 18, 27ff., 100 Radio 30 Hörinterpretation 164f. Hörkunst 57 Hörmuster 61 Hörsinn 57 Hörspiel 53, 55f., 151 Hörwahrnehmung 59, 64 Hovland 49, 113 Humboldt 51 HWA 87 Indifferenzlage 63, 140 Industriezeitalter 80 Informationssendungen 64 Informations-Sprechlage 64 Informationszeitalter 80 Internationalisierung 78 Internet 30 Inventio 47 Jingles 38 Jugendkulturen 79 Kaufappell 33 Klang -farbe 59, 64 -gedächtnis 40 -manipulation 59 -mischung 151 -teppich 39, 101 -wirkung 40 Klischee 65, 85 Kommunikation ästhetische 54 mediale 32 Kommunikationsforschung 34 Kommunikationsfunktionen 65 Kommunikationsstil 55 Kompetenz 35, 61, 64, 66, 139, 173 Konkurrenzmarken 89 Konsumkritik 80 Konsumverhalten 78, 80, 82 Kreuztabelle 133, 149, 154, 163 Krieg, kalter 73 Kriterien, akustische 94 Kultur Alltags- und Pop- 77 Pop- 79 Kulturgeschichte 18 Kulturstandard 82 Langzeitwirkung 49 Lautungsstufe 69 Likert-Skala 130 Linguistik 174 Gender- 65 Medien- 18 Loci communis 81 Logos 49f. Manipulations-Modelle 38 Markenführung, akustische 39 Markensong 39 Marketing 18, 115 Marktforschung 17 Maslow 82 Massenkommunikation 31 Massenmedien 23-26, 77f. Maßnahme, sprecherzieherische 43 249 Sachregister Mean pitch 19, 126, 158f. Mediamix 45 Medien audiovisuelle 14 digitale 25 -kommunikation 33 Neue 17 -pädagogik 18 -rhetorik 32, 42 -sprechen 28 -stimme 51 -wandel 31 -wissenschaft 15, 18, 34 Mehrmedialität 14, 25 Meinungsbildung 49 Memorieren 168 Merkmale genderspezifische 65 nominalskalierte 129 ordinalskalierte 130 stimmlich-artikulatorische 125 Mikrofon 55 Mikrofontechnik 26f., 60 Mikrophonieren 43 Mittelklassengesellschaft 80 Mobilität 78 Mode 68 der Stimmen 60 -erscheinungen 65 Sprech- 150, 174 Modellsprecher 60 Modulationskonturen 175 Monolog 42 Movere 34f., 46 Mündlichkeit 34 mediale 41, 171 Musik 36, 96, 169 -einsatz 96, 168 -form 101 funktionale 37 Funktion der 101 Rolle der 38 Werbe- 38 Muster, stimmlich-sprecherische 175 Nachkriegsboom 78 Nachkriegszeit 53, 151, 165 Nähe 34 Narratio 47 Nationalsozialismus 25, 53ff., 150 Natürlichkeit 134f., 138f., 145f., 152, 157, 168, 170f., 175 Normabweichungen 61 NS-Stimmkultur 56 Oktav Emotions- 64 Informations- 64 Online-Experiment 119, 125ff., 133, 162, 168, 170 Oralität, sekundäre 35 Orientierung Sender-, Produkt- und Empfänger- 111 Oszillogramm-Ansicht 94 Parameter, sprechsprachlicher 125 Pathologien 61 Pathos 49f. Performanz 34 Peroratio 47 Persönlichkeitsforschung 126 Persönlichkeitszuschreibungen 66 Persuasion 16, 42, 44, 171 Persuasionsstrategien 18, 48, 86, 96, 107, 167, 169 Perzeptionstest 159 Polaritätsprofil 130 Praat 19, 90, 93, 119, 126f., 158f., 162, 173 Printmedien 25 250 Sachregister Printwerbung 25 Privatfunk 29 Privatsender 80 Probanden 127 Probandengruppe 129 Produktgruppen 84, 88, 117, 161 Produktnennung 107, 112 Produktorientierung 111 Produktwerbung 42 Programm-Angebot 29 Pronunciacio 13 Propaganda 45, 55 -rede 56 Prophezeiung, selbst erfüllende 165 Prosodie 44 Psychologie 174 Quintilian 13 Radio -geschichte 174 -Identität 42 Pop 29 -rhetorik 34 Service 29 -stimme 42f., 51 -technik 55 -werbung 35 RAW 18, 87 Rede, politische 55 Redeschritte 47 Rednerbühne 52 Referenzwerk 69 Reformpädagogik 56 Reim 105, 168 Reiz-Reaktions-Modelle 48 Relevanzgraduierung 67 Rezeption 34 Rezeptionseindruck 93 Rezitationsstil 53 Rezitieren 52 Rhetorik antike 13, 46, 52 klassische 34 Verkaufs- 96, 102, 174 Werbe- 14, 19, 46, 87 Wirtschafts- 31 Rhetorizität 44 Rhythmisierung 64, 144, 168 R-Laut 69 Rollenbild, der Frau 173 Rollenerwartungen 42 Rollenverständnis 67, 74, 117 R-Realisation 151 Rundfunk -dramaturgie 57 -schulen 56 -sprecher 68 Satzmelodie 61f. Schriftlichkeit, konzeptionelle 41, 57, 171 Sender öffentlich-rechtliche 29 Pop 45 Service- 45 Senderorientierung 112 Siebs 35, 68f., 71, 150 Skalierung 132 Skandieren 122, 168 Slogan 48 Social Media 30, 67, 175 Sound-Effekte 151 Sparsamkeit 75 Spontansprache 171 Spots historische 168 Referenz- 90, 96, 113, 167 Synchron- 115, 122 Vergleichs- 89, 118, 173 Werbe- 91, 174 251 Sachregister Sprachwissenschaft 34 Sprechausdruck 53f., 59, 139, 151 Sprechduktus 54 Sprechen klischeehaftes 173, 175 skandierendes 101 Sprecherpersönlichkeit 42 Sprecherstimme 101 Sprecherziehung 53f. Sprechgesang 101 Sprechgeschwindigkeit 59, 61, 139 Sprechgestus 28, 55 Sprech-Habitus 54 Sprechklang 60 Sprechkultur 52 Sprechkunde 53 Sprechkunst 19, 53f. -bewegung 52 Sprechmelodie 55, 60, 65 Sprechmoden 151 Sprechprobe 126, 131 Sprechrollenverteilung 65 Sprechspannung 59, 65 Sprechstil 53, 150 Sprechstimme 13, 40, 101, 142 männliche und weibliche 160 Sprechstimmlage 66, 130, 139ff., 158, 171f. Sprechtonhöhe 61f., 130 Sprechtradition 51 Sprechweise 46, 55, 65, 71, 82, 85f., 92, 102, 119, 130, 133f., 144, 146, 148, 167, 170 Sprechwirkung 61, 142, 152, 167, 171 Sprechwissenschaft 15, 53 Standard -aussprache 61 -lautung 69 -orthographie 92 -sprache 92, 102 Stereotyp 64, 85, 165 Stilgeschichte 54 Stimm-/ Sprechprofil 66, 168 Stimmästhetik 14, 56 Stimmbildung 43, 53 Stimme 46, 51, 130, 133, 152, 158 Absenken der 162 Frauenstimme 51, 62, 66, 139, 152, 158, 164f., 172, 175 geschlechtlose 65 in den Medien 66 Männerstimme 60, 64, 139, 152, 158, 165, 172 und Sprechweise 15, 41, 58, 86, 92, 126, 133, 139, 171 Stimmhöhe 65 Stimmideal 61 Stimmklang 13f., 65 Stimmlage, biologische 152 Stimmmoden 60 Stimmmuster 67 Stimmqualität 27 Stimmregister 64 Streuungsbereich 160 Studentenrevolte 76 Studiotechnik 27, 36, 55 Sympathie 134, 136, 138ff., 152, 170, 172 Synchronanalyse 89, 170 Testdurchlauf 129 Testimonials 46 Theater 52 Thema 20, 86, 96, 114, 167, 169 Thin-Slice-Technik 126 Toleranz 61, 67 Toleranzbreite 66 Tonhöhenbewegungen 62, 64 Tonhöhenschwankungen 168 Tonträger 26 Topik 81 252 Sachregister Topos 20, 81, 85f., 96 Transistor 77 -radio 28, 77 Transkript 86, 101, 119 Buchstabenschrift 92 GAT 2 19, 92f., 95 gesprächsanalytisches 92 Minimal- oder Basis- 93 orthographisches 19, 92 Trends 16 Triangulation 91 TV-Werbung 25 Übertragungstechnik 26, 150 Überzeugung 135, 138f., 141, 171f. Überzeugungskraft 173 UKW 28, 58 Umfrage, Online- 128, 158 Umgangssprache 33 Unterhaltungssendungen 64 Untersuchung, sprechwissenschaftliche 174 Untersuchungsobjekte 127, 132 USP 21, 46, 82, 107, 114 unique selling point / proposition 20 Verständlichkeit 44, 58, 68 Hör- 35, 40 Verwestlichung 78 Vocal stereotypes 66 Volksempfänger 24 Vorlesen, sinnvermittelndes 43 Vortragsformate 19, 52, 54 Vortragskunst 51f. Vortragsstimme 53 Wahrnehmung auditive 85, 90 perzeptive 85 Wahrnehmungsstereotype 64 Warentests 78 Weltbilder 82 Weltkrieg, Zweiter 25, 28, 49, 58, 69 Werbebotschaft 35, 82 Werbefunk 15, 42, 44, 150 Werbefunkarchiv 15, 88, 90 Werbegeschichte 174 Werbeindustrie 14, 16, 73 Werbekampagne 45, 88 Werbekommunikation 17, 58, 119 Werbelied 38 Werbemelolog 39 Werbenachricht 42 Werbepsychologie 18, 46 Werbesendungen 44f. Werbesprache 146 Werbestrategie 73, 111 Werbevortrag 100 Werbeweltbilder 83, 114 Werbewirkung 80 Werbung elektronische 25 Kaffee- 119 Waschmittel- 123 Zahnpasta- 122 Werte 82, 85, 114 Erinnerungs- 85 gesellschaftliche 74 Wertekommunikation 83 Wertetypologien 81 Wertewandel 73 Wertvorstellungen 81 Wirkung, rhetorische 35 Wirtschaftswerbung 24 Wirtschaftswunder 75 Wohlstandsboom 78 Wortkunst 54 Zeitgeist 81, 102, 119 Zeitschrift 25 Zeitung 25 253 Sachregister Zeitzeugnisse 15, 85 Zielgruppe 17, 23, 81, 112 Zielgruppenspezifika 81 Zusatznutzen 20, 46, 107, 114, 118f., 124, 167, 169 254 Sachregister Der Stimme kommt im Hörfunk eine bedeutende Rolle zu - sie prägt bis heute die Verkaufsstrategien dieses Werbeträgers und hat sich seit Beginn des Rundfunks stark verändert. Stimmen legen Zeugnis ab über gesellschaftliche Desiderate, soziale und wirtschaftspolitische Umstände; sie drücken die Gestimmtheit der Sprechenden aus und charakterisieren Rollenverhältnisse und Klischees. Dabei sind die deutlichsten Veränderungen bei weiblichen Stimmen zu verzeichnen. Die Autorin untersucht Werbespots unterschiedlicher Produktgruppen ab den 1950er Jahren, wobei neben der sprechwissenschaftlich-phonetischen Charakterisierung der Sprechstimmen die Frage nach der Rolle der Stimme als Zeitzeugin in der Verkaufsrhetorik gestellt wird. Der Band richtet sich an Studierende und Lehrende der Fächer Sprech- und Sprachwissenschaft. Ulrike A. Kaunzner Die Stimme als Zeitzeugin Werberhetorik im Hörfunk ISBN 978-3-8233-8269-0 Kaunzner Die Stimme als Zeitzeugin