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Plautus in der Frühen Neuzeit

2020
978-3-8233-9323-8
Gunter Narr Verlag 
Thomas Baier
Tobias Dänzer

Mit der Entdeckung einer Handschrift mit 12 bis dato unbekannten Plautus-Komödien durch Nicolaus von Kues im Jahr 1429 setzte eine intensive Phase frühneuzeitlicher Plautus-Rezeption ein. Die italienischen Humanisten nahmen sich der textkritischen Erschließung der Komödien an und sorgten für die Aufwertung des im Mittelalter wenig geschätzten Plautus. Spätestens seit der 1472 veranstalteten Erstausgabe der Komödien durch Giorgio Merula wuchs das Interesse am Komödiendichter auch im übrigen Europa, wo die Stücke Gegenstand zahlreicher lateinischer und vulgärsprachlicher Nachdichtungen, Bearbeitungen und Aufführungen wurden. Die schöpferische Auseinandersetzung mit der plautinischen Komödie bereitete den großen nationalsprachlichen Komödiendichtungen den Weg und begründete die überragende Bedeutung, die das Theater in der Frühen Neuzeit erlangte. Die hier versammelten Beiträge vermitteln ein spannendes Bild der humanistischen Auseinandersetzung mit den Komödien des Plautus: Sie zeigen auf, wie die Komödien entdeckt, erschlossen, aufgeführt, zuweilen polemisch diskutiert und nicht zuletzt konfessionell und politisch instrumentalisiert wurden.

Plautus in der Frühen Neuzeit Herausgegeben von Thomas Baier, Wolfgang Kofler, Eckard Lefèvre und Stefan Tilg 34 Plautus in der Frühen Neuzeit herausgegeben von Thomas Baier und Tobias Dänzer © 2020 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de CPI books GmbH, Leck ISSN 1615-7133 ISBN 978-3-8233-8323-9 (Print) ISBN 978-3-8233-9323-8 (ePDF) ISBN 978-3-8233-0216-2 (ePub) Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® 7 1. 13 45 67 87 2. 103 111 131 3. 165 191 Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Plautus-Philologie und Edition Giorgia Bandini Camerario editore dei Menaechmi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Fontaine Camerarius Camelarius. A New Salt Road to the Modern World . . . . . . . . . Salvatore Monda The Reception of Plautus’ Fragmentary Plays in the Scholarship of the Fifteenth to Seventeenth Century . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thorsten Burkard Ein Milchregen für die Schatten des Umbrers. Friedrich Taubmanns Epigramm auf Plautus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Plautus-Philologie und Theater Ludwig Braun Das Amphitruo-Supplement, oder: Dichter können auch ganz gut Philologe Domenico Giordani Ad imitatione delli antiqui. Philologie und Theater in den Plautinischen Studien des Tommaso “Fedra” Inghirami . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Veronika Brandis / Magnus Ulrich Ferber Die Funktion des Plautinischen in Nikodemus Frischlins Iulius redivivus . . Plautinische Poetik Stefan Feddern Die Diskussion über Wesen und Wert der (Plautinischen) Komödie in lateinischen poetologischen Schriften zwischen 1350 und 1500 . . . . . . . . . . Tobias Dänzer Angelo Polizianos Rekonstruktion der antiken Komödie . . . . . . . . . . . . . . . . 4. 209 227 247 5. 267 289 307 347 362 363 Der moralische Plautus Hartmut Wulfram Plautinische und antiplautinische Argumentationsstrategien in Poggio Bracciolinis An seni sit uxor ducenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Martin T. Dinter Plautus in the Adagia and Correspondence of Erasmus of Rotterdam . . . . . James Hirstein Das gedruckte Exemplar der Aulularia des Plautus (Straßburg, Johann Prüß, [1508]) und ein 1508 von Bonifacius Amerbach (1495-1562) annotierter Sammelband . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Plautus und die Konfessionen Renato Raffaelli I versi di Plauto nelle scuole dei Gesuiti. La Prosodia Bononiensis di Giambattista Riccioli . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Caroline Dänzer Iste se poetam iactat. Das Plautusbild im Werk Jakob Baldes . . . . . . . . . . . . . Thomas Gärtner Der Reformator Martin Luther in den Pia hilaria des Jesuiten Angelinus Gazaeus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gabriel Siemoneit Mit Plautus für Frieden und Monarchie. Komödienverse in ausgewählten Schriften des deutschen protestantischen Tacitismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verzeichnis der Komödien des Plautus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Namensverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Inhalt Vorwort Als Nicolaus von Kues im Jahr 1429 eine Handschrift mit zwölf bis dato unbekannten Plautus-Komödien (den sog. codex Ursinianus) für Kardinal Gior‐ dano Orsini nach Rom brachte und so die Zahl der erhaltenen Stücke auf 20 erweiterte, setzte eine intensive Phase frühneuzeitlicher Plautus-Rezeption ein. Die italienischen Humanisten nahmen sich der textkritischen Erschließung der Komödien an und sorgten für die Aufwertung des Plautus gegenüber dem im Mittelalter in sprachlicher wie moralischer Hinsicht bevorzugten Schulautor Terenz. Spätestens seit der 1472 veranstalteten editio princeps der Komödien durch Giorgio Merula wuchs das Interesse am älteren Komödiendichter auch im übrigen Europa, wo die Stücke Gegenstand zahlreicher lateinischer und vul‐ gärsprachlicher Nachdichtungen, Bearbeitungen und Aufführungen wurden. Ein Markstein der Plautus-Philologie war etwa die von Joachim Camerarius besorgte Gesamtausgabe, die 1552 bei Johannes Hervagius in Basel erschien. Die schöpferische Auseinandersetzung mit der plautinischen Komödie bereitete den großen nationalsprachlichen Komödiendichtungen den Weg und begründete die überragende Bedeutung, die das Theater in der Frühen Neuzeit erlangte. Die hier versammelten Beiträge sind aus dem 20. Neulateinischen Symposium NeoLatina hervorgegangen, das vom 28.-30. Juni 2018 an der Universität Würz‐ burg stattfand. Sie umfassen drei Jahrhunderte humanistischer Arbeit am und mit dem Plautustext und zeichnen ein vielschichtiges Bild der Plautus-Rezeption in der Frühen Neuzeit. Die 16 Beiträge sind nach ihren inhaltlichen Schwer‐ punkten in fünf Sektionen gruppiert, die die frühneuzeitliche Beschäftigung mit dem Komödienautor thematisch abbilden. In der Sektion (1) Plautus-Philologie und Edition wird die Textgeschichte und Erarbeitung verlässlicher Komödientexte durch frühneuzeitliche Gelehrte beleuchtet. Giorgia Bandini gibt einen detaillierten Einblick in die philologische Arbeit des Joachim Camerarius d.Ä. und seine Verwendung des Codex B (Pal. lat. 1615, sog. vetus codex Camerarii) für die Erstellung der wichtigen 1530er Edition der Menaechmi. Der Beitrag von Michael Fontaine bietet eine neue Hypothese zu Herkunft, Identität und Besitzgeschichte des codex decurtatus (Pal. lat. 1613, auch alter codex Camerarii). Der Beitrag von Salvatore Monda widmet sich der philologischen Erschließungsgeschichte der fragmentarisch überlieferten Plautusstücke und stellt die Arbeit bedeutender Gelehrter wie Angelo Poliziano, Georg Fabricius, Joseph Justus Scaliger und Friedrich Taubmann vor. Thorsten Burkard ediert und kommentiert ein Epigramm des Plautus-Herausgebers Friedrich Taubmann, in dem dieser seine Verehrung für den Komödiendichter zum Ausdruck bringt. Der Wechselwirkung von (2) Plautus-Philologie und Theater sind drei Beiträge gewidmet, die die Bearbeitung plautinischer Vorlagen für eigene (Nach)dich‐ tungen und Aufführungen thematisieren. Ludwig Braun zeigt auf, wie der unbekannte Dichter des Amphitruo-Supplements bereits 1495 diejenigen Struk‐ turparallelen des Amphitruo erkannt hat, auf die erst die Philologie des 19. Jahr‐ hunderts aufmerksam wurde. Wie die plautinische Komödie in die renaissance‐ zeitliche Festkultur Italiens eingegliedert werden konnte, erläutert Domenico Giordani am Beispiel des italienischen Humanisten Tommaso Inghirami, dessen philologische Studien insbesondere den Zwecken der szenischen Umsetzung dienten. Veronika Brandis und Magnus Ulrich Ferber arbeiten die vielschichtige Plautusrezeption in Nikodemus Frischlins Komödie Iulius redivivus heraus, in dem die plautinische Komödie für didaktische, stilistische und invektivische Ziele funktionalisiert wird. Zwei Beiträge widmen sich der (3) Plautinischen Poetik, d. h. der humanis‐ tischen Gewinnung einer antiken Komödientheorie aus dem plautinischen Textbestand. Stefan Feddern gibt einen Überblick über die Auseinandersetzung der italienischen Humanisten mit der Komödientheorie und den antiken sekun‐ därliterarischen Quellen. Der Beitrag von Tobias Dänzer stellt dar, wie der Dichterphilologe Angelo Poliziano aus den antiken Quellen das aristotelische Komödienbuch zu rekonstruieren versuchte und die gewonnenen Erkenntnisse zu plautinischer Textkonstitution und Nachdichtung nutzte. Dass Plautus trotz seiner Frivolität sittlich gelesen werden konnte, belegt die Sektion (4) Der moralische Plautus. Hartmut Wulfram zeigt, wie Poggio Bracciolini im Dialog An seni sit uxor ducenda ein literarisches Spiel mit den Typen der plautinischen Komödie treibt, um seine späte Heirat mit einer jungen Frau vor seinen gelehrten Freunden zu rechtfertigen. Anhand des Umgangs mit Plautuszitaten in den Adagia und den Briefen des Erasmus von Rotterdam zeigt Martin Dinter, wie Plautus einerseits durch Zensur anstößiger Sentenzen zur moralischen Autorität aufgewertet und wie andererseits die Kenntnis plautinischer Sentenzen zum intellektuellen Erkennungszeichen der Gelehrten‐ kommunikation wurde. Wie Plautus in der Schlettstädter Lateinschule mit moralisch-pädagogischer Brille gelesen wurde, erläutert James Hirstein anhand der Annotationen des Schülers Bonifacius Amerbach zu einem Unterrichtswerk, das die plautinische Komödie für eine christliche Erziehung nutzbar macht. Die abschließende Sektion (5) Plautus und die Konfessionen beleuchtet die ambivalente Rolle, die die Komödien im Umfeld religiöser Einrichtungen, 8 Vorwort insbesondere des Jesuitenordens, und zum Austrag politisch-konfessioneller Rivalitäten spielten. Renato Raffaelli legt am Beispiel der Prosodie des Jesuiten Giambattista Riccioli dar, wie das entlegene plautinische Vokabular prosodisch und linguistisch erschlossen und für den praktischen Gebrauch aufbereitet wurde. Moralische und sprachliche Vorbehalte der Jesuiten gegen Plautus zeigt Caroline Dänzer anhand des Dichters Jakob Balde, der auf die plautinischen Komödien vor allem zurückgriff, um einfache Komik zu erzeugen. Thomas Gärtner macht deutlich, wie der Jesuit Angelin Gazet in den Pia hilaria, aus denen zwei Stücke ediert und kommentiert werden, plautinische Sprache und Motivik zur Verunglimpfung Luthers einsetzt. Schließlich weist Gabriel Siemoneit nach, wie Plautus durch die Politica des flämischen Gelehrten Justus Lipsius zu einem bevorzugten Wortgeber protestantischer politischer Literatur wurde. Die thematisch breite Ausrichtung des vorliegenden Bands beschreibt den Weg von der philologischen Aufarbeitung der plautinischen Komödien über ihren Einsatz auf der Bühne, ihre Bedeutung für Schule, Literatur und Wissen‐ schaft bis hin zur religiösen und politischen Instrumentalisierung. Der Band möge Interesse wecken für die hier behandelten Autoren, den Blick schärfen für ein vernachlässigtes Rezeptionskapitel in der frühen Neuzeit und zu weiterer Forschung anregen. Großen Dank schulden die Herausgeber der Fritz Thyssen-Stiftung für Wissenschaftsförderung, die das Würzburger Symposium in großzügiger Weise unterstützt hat. Dank gebührt der Stiftung Pegasus Limited, St. Gallen, für einen namhaften Druckkostenzuschuss sowie dem Ludwig Boltzmann Institut für Neulateinische Studien in Innsbruck. Ferner danken wir dem Narr Francke Attempto-Verlag und seinem Lektor Tillmann Bub für die freundliche Zusam‐ menarbeit. Würzburg, im Juni 2020 T.B., T.D. 9 Vorwort 1. Plautus-Philologie und Edition 1 Su Camerario come editore plautino si vedano Ritschl 1868, 95-114 e Id. 1877, 67-119; Goetz 1886, 629-631; Sandys 1908, 266-267; Prete 1978, 223-230; Stärk 2003, 235-248; Schäfer 2004, 437-476; Hardin 2018, 62-63. Le immagini presenti in questo articolo sono riprodotte per concessione della Biblioteca di Heidelberg e della Biblioteca Apostolica Vaticana: ogni diritto è riservato. 2 Per la bibliografia relativa ai due codici rinvio a Tontini 2002 a , 354 e 366. In B (Città del Vaticano, Bibl. Apostolica, Pal. lat. 1615) i Menaechmi occupano i ff. 97v-108r e in C (Heidelberg, Universitätsbibl., Pal. lat. 1613) i ff. 40v-59r. 3 De editione et emendatione Fabularum Plautinarum, ad inclitum puerum, illustriss. Prin‐ cipem, Georgium Fridericum Marchionem Brandeburg. etc. Ioachimi Camerarii Pabeperg. Prooemium, 11-12. 4 Prooemium Ioach. Camer. in fabulas (de fabulis nell’ed. del 1552) Plautinas, ad illustriss. pueros Francisc. Othonem et Fridericum fratres, Ernesti FF. Principes Brunsuic. et Luneburg, 1 (16 nell’ed. del 1552). Camerario editore dei Menaechmi Giorgia Bandini (Urbino) Nel 1552, fatto molto importante per gli studi su Plauto, esce a Basilea, per Ioannem Hervagium, quella che si può considerare l’edizione più significativa del Cinquecento, a cura del filologo e umanista tedesco Joachimus Camerarius. 1 La rilevanza di questo testo delle venti commedie diligente cura et singulari studio Ioachimi Camerarii Pabeperg. emendatius nunc quam ante unquam ab ullo editae, così si legge nel frontespizio, sta nel fatto che Camerario si basa per la prima volta su due codici fondamentali della tradizione plautina da lui, per così dire, riscoperti: il Pal. lat. 1615, indicato negli apparati come B e anche detto, per l’appunto, vetus codex Camerarii, contenente il corpus plautino completo, e il Pal. lat. 1613, noto come C, l’alter codex Camerarii o decurtatus, con solo le ‘dodici’ commedie. 2 I due codici sono citati per la prima volta insieme nell’introduzione all’edi‐ zione del 1552, dove il filologo dichiara di avere adminicula duorum librorum, veterum quidem illorum, sed quos librariorum inscitia et futilitas foede depra‐ vasset.  3 Va detto che nell’Epistola nuncupatoria dell’edizione parziale uscita a Lipsia nel 1545 - poi ristampata nell’edizione del 1552 - Camerario cita il solo codice B; scrive infatti: anni iam sunt XX cum nactus fui exemplum Plautinum scriptum, sane vetus. 4 Questo fa pensare che l’umanista già dalla metà degli anni 5 Zangemeister 1900, II. 6 La ricerca prende le mosse dall’edizione del 1530 e dalle ‘tracce’ che il filologo lascia sul codice B, per poi allargarsi alle sue successive edizioni dei Menaechmi (1535, 1536, 1542, 1552, 1559, vd. infra n. 16) e ai segni del lavoro del Camerario sul codice C (dopo il 1545). 7 Due commedie, Menaechmi e Mostellaria, particolarmente interessanti perché apparte‐ nenti alle ‘dodici’, con un testo che, per le note vicende della tradizione plautina, aveva ricevuto un’attenzione minore da parte degli studiosi. In particolare i Menaechmi sono forse tra le commedie più apprezzate e rappresentate nel corso del Rinascimento; si veda la lucida analisi di Guastella 2007, 69-150. A testimonianza di questo straordinario interesse, si ricordi la particolare fortuna della commedia nella tradizione umanistica, commedia che o è l’unica delle dodici a legarsi alle prime ‘otto’ o fa parte comunque di una miscellanea plautina o è trasmessa addirittura da sola in un codice miscellaneo: Tontini 2002 b , 71. Per la Mostellaria l’attenzione potrebbe essere invece derivata dall’esigenza di mettere ordine in un testo che presenta molte lacune e per buona parte è caratterizzato da uno sconvolgimento di gruppi di versi, causato probabilmente da uno scompaginamento di fogli già nell’archetipo, come farebbe pensare il numero di versi coinvolti che è sempre di circa quaranta o multiplo di quaranta. Ci si riserva di indagare in futuro il lavoro del Camerario come editore della Mostellaria, commedia che nel codice B è caratterizzata - in misura preponderante rispetto ad altre - da numerosi interventi del filologo, come integrazioni al testo negli spazi vuoti lasciati dal copista (B ff. 91v ll. 40-41, 92r ff. 8-9 e 50-52), glosse a margine (B f. 90v. ll. 2-4) e indicazione di spostamenti di versi (B f. 93v). venti del Cinquecento fosse in possesso di B e che abbia invece avuto tra le mani il codice C solo dopo il 1545. 5 Ma che importanza Camerario effettivamente diede a questi codici e come li impiegò? Si cercherà di rispondere a questa domanda circoscrivendo il campo d’indagine ai Menaechmi - probabilmente la prima commedia da cui il filologo ha iniziato il suo innovativo lavoro testuale su Plauto - e analizzando due differenti generi di ‘segni’: quelli che Camerario ha posto in una sua edizione della commedia del 1530 e quelli che - forse - ha lasciato sugli stessi B e C. 6 Il lavoro su B e l’edizione del 1530 Si può infatti rintracciare una testimonianza della consultazione del codice B nel primo lavoro plautino del filologo, un’edizione di due sole commedie, Menaechmi e Mostellaria, uscita a Norimberga nel 1530 7 - il codice C, come si è detto, non è ancora in suo possesso. Al proposito, nell’epistola prefatoria, Camerario fornisce utili infomazioni sul suo metodo di lavoro: Ioachimus Camerarius studiosis bonarum literarum, salutem. In vestram utilitatem Plautinas hoc tempore fabulas Menaechmos et Mostellariam evulgavimus, quasi exhibentes specimen vobis industriae et operae nostrae, quam diu 14 Giorgia Bandini 8 Degna di nota la critica ai correttori, istos temerarios mutatores, che, fere indocti, divengono corruttori del testo: non intelligunt, sic deformant ut neque qualia fuerint omnino, neque qualia sint saepe appareat. 9 Molti passi in cui il filologo segue il codice non vengono infatti segnalati nell'edizione. iam sumimus in auctoris huius Comoediis, quae reliquae mansere ἀναμφιβόλως. In quibus, quid alii fecerint pudet pigetque dicere, eiusmodi enim facinora sunt, quae cum laude memorari nequeant, nostrum autem ingenium a criminationibus semper abhorruit. Neque ego nostra aliorum repraehensione nobis probari uelim, sed suo merito, si quod illud fuerit, aut sane improbari si hoc nullum sit, sed cum gratitudine tamen erga nostrum studium vestra, et venia illorum qui his meliora protulerint. Pleraque autem omnia in hoc exemplo nostro discrepantia ab antevulgatis codicibus, nacti uetustum codicem, secundum illius scripturam exarauimus, qui sic ubi fuit, ut fieri non potuit, quin esset, interpolatus detersusve aut mendosus librarii vitio, nostrum iudicium necessario secuti, mutavimus sane nonnulla, ita ut quicque intellegi optime posse et maxime consentaneum argumento et stylo autoris uisum est. Ceterum insignivimus admodum studiose omnes locos diversos a priori lectione, ne cui a nobis imponeretur. Odi enim semper istos temerarios mutatores, qui quae ipsi, fere indocti, non intelligunt, sic deformant ut neque qualia fuerint omnino, neque qualia sint saepe appareat. Vbicumque igitur cernetis hoc signum α scietis eam scriptionem in antiquo codice nos reperisse. Vbi vero hoc * secutos nos quasi vestigia veteris scripturae re‐ posuisse aliquid priscae lectionis. Hoc vero >-> ostendet de tota veritate dubitationem. Non tamen his in omni varietate usi sumus, nam illorum crebritas nimiam offen‐ sionem fuerat habitura, siquidem et illis impudentium mutationum et librarii quoque erratorum correctionibus, notas apponere voluissemus. Fecimus igitur in praecipuis tantum et notabilibus locis, quomodo si semper factum esset minus haberemus depravatorum codicum. Ego cum eruditione et ingenio meo non multum possim, sane non nihil, ut spero, fide et sedulitate mea vobis prodero, Valete καὶ διὰ καρτερεῖτε φιλομαθοῦντες. E Norico Idibus Martii. Lo studioso dichiara esplicitamente di aver seguito il vetustum codicem - intervenendo dove questo fosse interpolatus detersusve aut mendosus librarii vitio  8 - e di aver posto dei segni ai margini dell’edizione, in praecipuis tantum et notabilibus locis: 9 - α per le lezioni dell’antico manoscritto accolte nel testo, - asterisco per lezioni non presenti in B, così come sono, ma ricostruibili, e ricostruite dal Camerario, sulla base, diremmo noi, di criteri paleografici, - altro simbolo per gli interventi più dubbiosi. 15 Camerario editore dei Menaechmi 10 Bandini 2020. 11 Come è consuetudine dell’Editio Plautina Sarsinatis, a prescindere dalla identità dei singoli copisti, la sigla B 1 indica la prima mano contrapposta alle sue correzioni, probabilmente in scribendo (B 2 ), e a quelle dei revisori (B 3 ). Sebbene Questa 1995 citi due revisori (B 3 e B 4 ) che avrebbero operato in un lasso di tempo analogo - sulla scorta di quanto aveva messo in evidenza Questa 1985, 106-118 - si preferisce per chiarezza usare la sola sigla (B 3 ) per quegli interventi che riguardano anche i Menaechmi. 12 Paiono a questo proposto significative le parole che Fabricius rivolge a Camerario in una lettera del 1549: Plautinas aliquot comoedias recentis editionis tuae, cum Aldino et Parisiense exemplo contuli, et cum in lectione veteri. […] Successus huius operae maxime in bonis exemplaribus potius est, et manuscripta non raro sunt impressis meliora, propter correctorum quorundam imperitiam et temeritatem. Si potrebbe ragionevolmente ipotizzare che il modus operandi del Camerario sia affine a quello dell’amico studioso? Si veda in questo volume il lavoro del Prof. M. Fontaine. 13 Per fornire un quadro della tradizione editoriale precedente a Camerario, cito qui bre‐ vemente editori, città e anno di pubblicazione: Merula (Venezia 1472); Scutarius (Milano 1490); Saracenus-Valla (Venezia 1499); Pius (Milano 1500); Beroaldus (Bologna 1500); Pylades (Brescia 1506); Mulingus (Strasburgo 1508); Ugoletus (Parma 1510); Veneta (Venezia 1511); Charpentarius (s.l. 1513); Angelius (Firenze 1514); Aldina (Venezia 1522); Cratander (Basilea 1523); Stephanus (Parigi, 1530). 14 L’edizione dei Menaechmi del 1530 viene ristampata in forma anonima negli anni 1535, 1536 e 1542: Hervagius (Basilea, 1535), Georgius Mai. 1 (Magdeburg 1536) e Georgius Mai. 2 (Magdeburg 1542), cf. Ritschl 1868, 95-98. La commedia viene quindi riedita in Quello che segue è il risultato di un’indagine analitica sull’edizione dei Menaechmi del 1530 per cercare di ricostruire il modus operandi e il lavoro di controllo e di riflessione dell’umanista su B. Nel suddividere il materiale raccolto, seguo scrupolosamente i criteri enun‐ ciati dallo stesso Camerario: 1. accordo tra manoscritto ed edizione; 2. ‘restauri’ legati alla lettura del codice; 3. congetture dubbie. Si riportano i dati dello spoglio effettuato presentando i passi segnalati da Camerario secondo il testo dell’edizione dei Menaechmi da me curata 10 - e corredati da un apparato positivo, circoscritto alla lezione trattata, con le eventuali concordanze. Oltre al confronto sistematico tra l’edizione del ‘30 (Camerarius a ) e il codice B, 11 sono state tenute presenti le più importanti edizioni precedenti presumibilmente note allo studioso almeno in parte 12 - segnalate solo dove si discostino dall’accordo della tradizione editoriale precedente (accordo che viene considerato implicito quando vi è l’indicazione del solo Merula). 13 Sono state inoltre consultate le edizioni successive della commedia ad opera dello stesso Camerario, anche in questo caso indicate solo quando differiscano da quella del ‘30. 14 Infine, per dare al lettore un quadro più completo, sono citati 16 Giorgia Bandini Camerarius (Basilea, 1552) e Fabricius (Basilea, 1558). È degno di nota che le edizioni del ‘30 e del ‘52 presentino alcune discrepanze, a testimonianza di un continuo lavorio del filologo sul testo: si vedano qui di seguito i ‘ripensamenti’ rilevati ai vv. 90, 196, 387, 405, 1065 e nella suddivisione in atti. A questo riguardo pare significativa anche l’insoddifazione che il Camerario, nelle lettere rivolte a Hervagius, mostra per i continui errori presenti nelle sue edizioni: si veda in questo volume il lavoro del Prof. M. Fontaine. 15 Città del Vaticano, Bibl. Apostolica, Vat. lat. 3870. Il codice, di proprietà del Cardinal Orsini, riporta alla luce il secondo ‘tomo’ delle commedie plautine, quelle ‘dodici’ di cui non si era avuta più notizia dal X-XI sec., ed è quindi alla base della loro tradizione nell’Umanesimo: Questa 1985, 118-124, 132-133, 147-167, 171-208 e Tontini 2002 a , 472-477. Oltre agli interventi dello stesso copista (D 2 ), è attivo lungo tutto il codice un revisore (D 3 ), al quale si debbono anche titoli di scena e alcune notae personarum; ad essi si aggiunge infine la mano di Poggio Bracciolini (D 4 ) che rivede l’Orsiniano tra la fine del 1433 e la prima metà del 1434: Questa 1985, 123-124. Gli interventi di Poggio (D 4 ) sono come noto successivi e non legati all’immediata circolazione del codice. I Menaechmi occupano in D i ff. 112v-131v. 16 Ci si è serviti della trascrizione di Studemund 1889 (A) e delle letture riportate in apparato da Schoell 1889 (A s ). 17 Il filologo riporta alla luce per la prima volta il v. 6, restituendo l’integrità dell’argu‐ mentum acrostico, per il quale risulta logicamente fondamentale la presenza del verso. 18 Nel margine destro del codice si legge uerum, verisimilmente in alternativa a u(ostr)um del testo: trattandosi di una scrittura posata con calamo a punta mozza e dal tratteggio gotico molto rigido (che mostra delle somiglianze con la nota di possesso al f. 213r) non pare possibile attribuire questa glossa al Camerario - come pensava invece Schoell 1889 ad loc. - quando presentino lezioni degne di nota, che si discostino dal testo della tradizione editoriale successiva - il codice C, se pur non ancora utilizzato dal filologo, e altri testimoni per ovvie ragioni a lui non noti, il Vat. lat. 3870 (D), 15 il palinsesto Ambrosiano (A) quando ne sia possibile la lettura. 16 1. Accordo tra B e l’edizione del 1530 arg. 6 Circum omnis oras. post Epidamnum deuenit versum habent B Camerarius a   17 : om. CD Merula sed Circum et(cetera) add. in marg. manus Camerarii in C 23 ego illos non uidi, ne quis uostrum censeat versum habent B Camerarius a : om. CD Merula uostrum censeat B : me censeat Camerarius a uerum add. in marg. alia manus in B  18 17 Camerario editore dei Menaechmi 19 In questo caso, nella tradizione editoriale precedente al Camerario, il solo Scutarius si distingue con un inaspettato Epidamniensis. 20 L’umanista mostra una certa attenzione per la metrica plautina, non solo dando indicazioni dei versi che compongono le scene delle commedia, ma anche in talune scelte ecdotiche (ma vd. infra v. 1065). In questo passo la necessità del penultimo elementum breve (Ĕpǐdāmnǐum), sembra far sì che Camerario accolga per la prima volta a testo il termine tràdito da B (e da C) Epidamnium, più comunemente riconosciuto come aggettivo. Epidamnum di D, e da D passato alla tradizione umanistica, è ametrico. Lo studioso ha forse valutato la possibilità di ammettere una doppia forma del nome della città: Epidamnius (33) accanto al più comune Epidamnus (6, 49, 51, 69, 72, 230, 263, 305, 379, 380), forse ipotizzando che dall’inusuale Epidamnius si potesse formare l’aggettivo Epidamniensis (stampato dal Camerario ai vv. 32, 57, 999) allo stesso modo in cui da Massilia deriva Massiliensis (235). Il verso 33 sarebbe tuttavia l’unica attestazione in tutta la latinità del nome della città nella forma Epidamnius, da ritenersi pertanto sospetta (la forma Epidamnus ricorre anche in Livio 43, 21, 3; Varrone rust. 2, 4, 16; Mela 2, 56; Lucano 2, 622; Petronio 124, 292; Plinio nat. 3, 145). Si segnala a questo riguardo la proposta avanzata da Seyffert 1867, 451, Epidamn(um) <ĕum>, che presupporrebbe un errore per aplografia e un comune scambio in capitale E / I . 21 L’origine della lezione errata rapide è di natura paleografica e riconducibile a D: il codice presenta infatti il verso, omesso nel testo, in fondo alla pagina, preceduto da un segno di richiamo replicato anche nel punto in cui va effettivamente inserito; tale verso, scritto con un ductus veloce, ha la parola rapidus abbreviata per troncamento, con al posto però del più consueto segno ricurvo per -us, un trattino orizzontale che taglia l’asta della d: una d tagliata è abbreviazione in epoca umanistica più comunemente usata per de; sulla storia della tradizione di Men. 65 si veda Bandini 2012, 13-23. 32 Epidamniensis quidam ibi mercator fuit Epidamniensis BCD Scutarius Camerarius a : Epidamnensis Merula 19 cf. 33 33 is puerum tollit auehitque † Epidamnium epidamnium BC Camerarius a   20 : epidamnum D Merula cf. 32 44 et ipsus eodem est auus uocatus nomine auus BC auos Camerarius a : om. D Merula 62 eumque heredem fecit, quom ipse obiit diem quom Pius : quam B 1 CD Merula quum Pylades qua B 3 Camerarius a diem B 1 CD Merula : die B 3 Camerarius a 65 rapidus raptori pueri subduxit pedes rapidus BC Camerarius a   21 rapiđ D : rapide Merula 18 Giorgia Bandini 22 Sul piano della tradizione del testo in epoca umanistica, va segnalato che questo passo è un locus importante per quanto concerne le ricerche sull’origine dell’Itala recensio: ha infatti permesso di individuare due famiglie di codici ben distinti all’interno del complesso e stratificato quadro dei recentiores: Cappelletto 1988, 234-239. 23 Nel 1530 il filologo accoglie a testo la forma ‘normalizzata’ edat - attestata dal revisore di B e dalla precedente tradizione editoriale - che in calce all’edizione (nelle Errata Festinatione excusoris admissa, et alia paucola digna, quae annotarentur subicimus) corregge in edit, forma arcaica del congiuntivo presente riportata dalla prima mano di B. Non stupisce quindi che edit ricorra anche in Hervagius e Georgius Mai. 1-2 . 24 Il mancato intervento potrebbe essere dovuto alla difficoltà di interpretare la struttura metrica del verso, cho 2 , di un canticum (110-134). 25 Il filologo in questo caso - forse condizionato dalle metafore belliche presenti nel passo - tiene tanto in considerazione il codice B da stampare pro Ilio; nelle Annotationes, che si trovano in calce all’edizione del ‘52, motiverà tale scelta a p. 503: «pro Ilio autem iocans, id est pro pugnis Iliacis, et Troiae expugnatione se dicit potare velle». 26 Camerario sembra testimoniare l’oscillazione tra le lezioni dei codici B e C nell’edizione del 52 - quando appunto sappiamo che ha certamente C; nelle Annotationes p. 503 infatti scrive: «sit amentorum: id est illecebrarum, quibus attrahatur cibus. In altero tamen libro annotatum erat, omentorum». In questo caso l’umanista pare quindi designare come alter liber il codice B (qui corretto dal copista in scribendo: B 2 ). 75-76 modo hic habitat leno, modo adulescens, modo senex, pauper, mendicos, rex, parasitus, hariolus versus habent BCD Camerarius a : om. Merula 22 86 aut lapide excutiunt clauom. nugae sunt eae eae BCD Camerarius a : hae Merula merae Pylades 90 dum tu illi quod edit et quod potet praebeas edit B 1 Camerarius : edat B 3 CD Merula Camerarius a   23 110 ni mala, ni stulta sies sis (sc. sies) BC Serv. ad Aen. III 686 Don. ad Eun. 328 Camerarius a   24 : om. D Merula 186 E R . hodie id fiet. M E . in eo uterque proelio potabimus proelio Scaliger : pro ilio BCD 1 Camerarius a   25 pro illo D 4 G 209 atque aliquid scitamentorum de foro obsonarier scitamentorum A : sit amentorum B 1 CD Camerarius a   26 sit omentorum B 2 versum om. Merula sitomentorum Pylades 210 glandionidam suillam, laridum pernonidam pernonidam A : pernonidem B Camerarius a per non idem CD 1 pernam idem D 4 pernam itidem Merula 19 Camerario editore dei Menaechmi 27 Sulle lineolae vd. infra 25-40. 28 Il segno α non sarebbe qui del tutto appropriato, non essendoci una piena corrispon‐ denza tra il testo di B (pinthia) e quello dell’edizione (Panthia). A riguardo nelle Annotationes p. 504, Camerario scrive: «nos quidem scripturam veterum librorum exprimendam curavimus, alii quid mutarint, ipsi viderint». 288 nunc opsonatu redeo. M E . responde mihi opsonatu redeo B obsonatu redeo Camerarius a : ipso naturae deo CD Merula 334 tua uerba experior esse. M E S . obseruato modo experior esse Lipsius Ant. 61 : exteriores se B 1 CD exterior esse B 3 Camerarius a exterior sis Merula 361 animule mei, mi mira uidentur animule mei B 1 CD : animule mi B c Pylades Camerarius a lineola in C  27 anime Merula mi mira uidentur BCD Scutarius Camerarius a : cur uideo Merula Menaechme cur uideo Pylades 409/ 410 ubi rex Agathocles regnator fuit et iterum Pintia Pintia Gronovius : pinthia BCD Merula Pynthia Pylades Panthia Camerarius a   28 411 tertium Liparo, qui in morte regnum Hieroni tradidit Liparo BCD Camerarius a : Lyparo Merula Olympia Pylades 412 nunc Hiero est? M E . haud falsa, mulier, praedicas. M E S . pro iuppiter hiero est B Camerarius a : hiero es C heroes D Merula Heroas Pylades 449 ubi ego dum | hieto, Menaechmus se subterduxit mihi hieto B : mihi CD lineola in C om. Merula haereo Pylades Camerarius a 524 Menaechme, amare ait te multum Erotium Menaechme B Scutarius Camerarius a enaech me D 1 : Menaech me D r enaedime C Menechine Merula 563 pallam ad phrigionem cum corona | ebrius ebrius B Camerarius a : om. CD Merula ornatus hinc Pylades 590 apud aedilis pro eius factis plurumisque pessumisque pro eius AB 3 : proeliis B 1 ut vid. CD Merula praeliis Pylades hinc ebrius Camerarius a 20 Giorgia Bandini 29 Camerario ritocca la lezione responsanti loquere del codice B (così corretta dal revisore medioevale B 3 ) con responsant? eloquere, ipotizzando quindi un facile scambio e/ i e la corretta divisio verborum: di fronte a un restauro rispettoso dei criteri paleografici come questo ci si aspetterebbe di trovare in margine un asterisco. 30 In questo caso Camerario interviene nella distribuzione delle battute, ripristinando la situazione del codice. 31 Anche qui il segno α pare essere usato in modo improprio a fronte di un intervento interpretativo suggerito dal criterio paleografico. 32 Un altro intevento che si sarebbe dovuto indicare con *. 621 responsant? eloquere. impune non erit. M A . nugas agis responsant? eloquere Camerarius a   29 : responde ante loquere B 1 responsanti loquere B 3 respons ante loquere CD 1 responsa aut loquere Merula 625 M E . non edepol deliqui quicquam. M A . em rursum nunc nugas agis versum habent BCD Camerarius a : om. Merula 629 post ante aedis cum corona me derideto ebrius corona me derideto B 3 Camerarius a : coronam deri deto B 1 coronam ederi deto CD corona hederae Merula 675 E R . quis hic me quaerit? M E . sibi inimicus magis quam | aetati tuae inimicus BC Camerarius a : inimicias D inimicitias Merula 715 Graii esse praedicabant? M A . non equidem scio graii esse D 4 Camerarius a graiiesse BCD 1 : Graeci esse Merula 723 an sis abitura a tuo uiro? an mos hic ita est an mos B 3 Camerarius a : annos B 1 CD an non Merula an non mos Pylades 724 peregrino ut aduenienti narrent fabulas? narrent B c C Camerarius a : inarrent B 1 narraent D narrat Merula 744 quem tu | hominem <med> arbitrere, nescio nulla nota personae BCD Camerarius a   30 : nescio dat Mulieri Merula 745 ego te simitu noui cum Porthaone simitu Camerarius a   31 : si me tu B lineola in B sime non tu CD porthaone BC lineola in B : perthaones D perthaones Merula parthaones Pylades parthaone Camerarius a 814 hanc domo ab se surrupuisse atque abstulisse deierat deierat Camerarius a   32 : delurat B 1 CD 1 deiurat B c delirat D 4 Merula 846 prius quam turbarum quid faciat amplius. M E . enim haereo hereo (sc. haereo) D 4 Merula : uero B 3 Camerarius a B 1 non legitur ereo CD 1 lineola in C 21 Camerario editore dei Menaechmi 33 In questo caso dalla lettura del codice viene recepito il solo immo. 34 Anche qui il segno α è usato in modo improprio. 35 Di nuovo, non pare qui del tutto coerente l’impiego del simbolo α. 848 pugnis me uotas in huius ore quicquam parcere me BCD Camerarius a : nota MV in Merula 849 nei a meis oculis abscedat in malam magnam crucem meis B 1 Camerarius a : his B 3 Merula miis CD 1 is D 3 853 M E . haud male | illanc amoui; nunc hunc impurissimum amoui nunc B Camerarius a : amo uinum CD 1 lineola in C amo uirum D 3 Merula 935 S E N . immo Nestor nunc quidem est de uerbis, praeut dudum fuit immo nestor BD : immo nester C modestior Merula immo modestior Camerarius a   33 953 M E D . proinde ut insanire uideo, quattuor, nihilo minus ut B Pius Pylades Camerarius a : ui D 1 C Merula exp. D 4 963 quid ego nunc faciam? domum ire cupio : | uxor non sinit uxor BCD Merula : sed uxor Pylades at uxor Camerarius a hiatus vitandi causa  34 987 ita uenio aduersum. nunc fores pultabo, adesse ut me sciat ita BCD Merula Camerarius a : om. Pylades 988 †neque utrum† ex hoc saltu damni saluom ut educam foras utrum BCD Camerarius a : meum Merula versum om. Pylades 1010 numquam te patiar perire, me perirest aequius me perire est aequius Camerarius a praeeunte Saraceno (me perire citius) : me derideres te cuius B me derires te cuius CD lineola in C mederi te cuius Merula me perire satius est Pylades  35 1017 pecte pugnis. M E S . agite abite, fugite hinc in malam crucem pecte BCD Camerarius a : plecte Merula 1059 mepte potius fieri seruom, quam te umquam emittam manu mepte B 3 Camerarius a : mente B 1 meapte CD me a te Merula 22 Giorgia Bandini 36 Non possiamo sapere a quale tra i due interventi il filologo si riferisca con il simbolo *; si può tuttavia ipotizzare che sia stata la presenza del nominativus pendes a arg. 1 Mercator Siculus ad averlo portato a banalizzare il testo. 37 Tuttavia nelle Annotationes p. 503 in riferimento a ut fieret Camerario scrive: «vel ut in altero, hodie id fiet (! )». Dove sia l’alter è qui difficile dire. 38 In questo caso a margine del verso si trova sia l’asterisco che α. L’espressione quas Ioui uolo ricorre anche nelle edizioni di Hervagius e Georgius Mai. 1-2 . 39 L’impaginazione del testo, corretta nell’Ambrosiano, mostra dei problemi nei Palatini, che presentano la parte finale del v. 258, natio epidamnia (variante di natio in epidamnieis di A), alla fine del verso precedente (257 ubi-gemes); segue nella linea successiva nam-hominum, prima parte del verso 258. Si tratta di un errore peculiare della famiglia Palatina (che avrà come conseguenza che natio epidamnia si trovi nella tradizione editoriale all’inizio del verso 258). L’errore nell’archetipo Palatino si potrebbe spiegare come un eventuale accorpamento a monte dei vv. 257 ubi-gemes e 258 nam-hominum con relativa coda natio epidamnia, scritta dal copista in una posizione poco chiara e non interpretata correttamente. Va segnalato come il Camerario, ovviamente indipen‐ dentemente dall’Ambrosiano, restauri la sequenza corretta del testo. 40 Nelle Annotationes p. 504 il filologo giustifica così la sua scelta: «in nostri erat heris: nihil enim lubet dissimulare, sed haec scriptura haec mihi videtur vera». 2. Restauri suggeriti dai vestigia veteris scripturae arg. 2 Ei subrupto | altero mors optigit ei BCD Merula : ex illis Camerarius a altero mors optigit B c G 2 altero mors obtigit Merula : altero mors soptigit B 1 aliae rumor soptigii CDG 1 altero mortem oppetit Camerarius a   36 65 rapidus raptori pueri subduxit pedes pedes Saracenus Camerarius a cf. Ven. Fort. carm. II 16, 37-38 : A n.l. fides BCD 186 E R . hodie id fiet. M E . in eo uterque proelio potabimus id fiet Poggius 2 : id flet BCD 1 id feci Merula aliud feci Pylades ut fieret Camerarius a   37 196 M E . sustine hoc, Penicule : exuuias facere quas uoui uolo quas uoui uolo Camerarius : A n.l. quas suo uiuolo BD quas suo uiuilo C quam suauum uolo Merula quam suauium uolo Pylades quasi Ioui uolo Camerarius a   38 249 M E . dictum facessas, datum | edis, caueas malo datum edis caueas BCD lineola in B atque in C : datum et discaueas Merula datum aedis caueas Scutarius 1 elatum et discaueas Pylades doctum et discaueas Camerarius a 258 nam ita est haec hominum natio : in Epidamnieis in Epidamnieis A : natio epidamnia BCD Merula natio hic Epidamnia Camerarius a   39 493 cur ausu’s facere, quoi | ego aeque heres eram? heres Lipsius Ant. 61 : heris BCD lineola in C eras Merula haeres Camerarius a   40 23 Camerario editore dei Menaechmi 41 Difficile dire quali vestigia abbia qui seguito. 42 Sebbene le edizioni moderne di riferimento (Schoell 1889, Leo 1895, Lindsay 1904, Ernout 1936, Gratwick 1993 e de Melo 2011) stampino abstuli (congettura di Onions 1885, 74), le numerose ricorrenze del nesso dare pallam (cf. Men. 394 398 426 508 678 683) rendono plausibile la proposta del Camerario mihi dedit (già accettata da Ritschl 1851). 43 I vv. 164-165, di cui si leggono solo esigue tracce nell'Ambrosiano, sono presentati nei Palatini come un unico verso, facere coniecturam captum sit collegium, palesemente corrotto: la scena è in settenari trocaici e il verso mancherebbe di due elementi. Nelle Annotationes p. 503, Camerario, in riferimento a questa congettura, scrive: in veteribus libris, augurum non reperitur, ideoque de hoc versu quaeretur. Sententia tamen sat videtur bella esse, ut dicat, iam se de illa palla relatum esse velle ad collegium augurum, divinaturo parasito. 44 Accanto al verso si trovano sia l’asterisco che il segno >->. 776 S E N . salua sis. saluen aduenio? saluen accersi iubes? saluen accersi BCD : seruo accersi Merula sed cur accersi Camerarius a 859 osse fini dedolabo | assulatim uiscera osse fini BCD : exossabo dein Camerarius a   41 exossem nisi Merula 1142 potaui atque accubui scortum, pallam et aurum hoc * * * versus mutilus in BCD Merula lineola in C : mihi dedit suppl. Camerarius a   42 3. Congetture dubbie 164/ 5 facere coniecturam † captum sit collegium. † collegium BCD Merula : A n.l. collegium augurum Pylades Camerarius a   43 821 S E N . tu negas? M E . nego hercle uero. S E N . immo hercle † eludere † negas eludere BCD : occludere Merula impudenter Camerarius a 826 M E . quaeso, quid mi tecum est? unde aut quis tu homo es? * * * * versus mutilus in BCD Merula : quid nocui Pylades quid feci ego Camerarius a 984 † metum aut multum. prope est quando ceruso faciam † pretium exsoluet metum aut BCD : mecum haud Merula metuam haud Pylades metuam ego haud Camerarius a ceruso BCD lineola in C Merula : herus ut quod strenue Camerarius a 988 †neque utrum† ex hoc saltu damni saluom ut educam foras ut educam foras Pareus : ute duo anfora BCD alium eluo anfora Merula Scutarius eliciam foras Camerarius a   44 1019 nimis [aut] bene ora commetaui atque ex mea sententia 24 Giorgia Bandini 45 Come si è visto, i simboli non paiono essere utilizzati sempre in modo del tutto coerente ai vv. 409/ 10, 621, 745, 814, 859, 963 e 1010. Tali segni diacritici (α * etc.), che il filologo usa in questa prima edizione, non si ritroveranno nelle edizioni parziali successive (1545 e 1549), né in quelle complete del 1552 e del 1558. 46 Questi interventi non hanno nulla a che vedere con quelli puntuali ed essenziali del revisore medioevale (B 3 ) - come possono essere, per esempio, i segni di espunzione costituiti da puntini posti sotto le lettere - che seguono una tradizione consolidata nell’ambito della correzione del testo, il più delle volte come parte integrante del lavoro di produzione del manufatto. aut BCD secl. Bothe 1 : haud Merula Scutarius 1 autem Camerarius a Quello che si può dedurre appare abbastanza coerente. Il Pal. lat. 1615 consente al Camerario di restaurare singole parole o interi versi omessi dalla tradizione editoriale precedente o perché già assenti nel Vat. lat. 3870 (6, 23, 44, 563) - codice da cui è dipesa, come si sa, la conoscenza delle ‘dodici’ commedie fino a questo momento - o perché tralasciati dall’editio princeps (75-76, 625) o dalle edizioni successive (987, 988). È interessante notare che il simbolo più usato ai margini del testo sia quello volto ad evidenziare l’accordo con il vetus codex  45 . Nella maggior parte dei casi il filologo vuole così mostrare come il codice gli offra lezioni buone e innovative (65, 86, 288, 411, 412, 563, 629, 675, 715, 723, 724, 848, 849, 853, 1017, 1059) o gli permetta di ricostruirle (621, 745, 814, 987, 988); in alcune circostanze la lettura di B conferma soluzioni già trovate da editori precedenti (983, 987) e in due casi consente di ripristinare la corretta distribuzione di battute (744, 848). Altre volte invece il codice presenta soluzioni che non vengono colte dal Camerario (arg. 2, 449, 935) o, ancora, errori che invece lo sviano (62, 186, 209, 210, 334, 846). Probabili ‘tracce’ del Camerario sui codici B e C Le lineolae Dalla lettura dell’apparato proposto si sarà notato come in corrispondenza di un intervento editoriale del Camerario possa ricorrere nei codici la presenza di una lineola tracciata sotto la lezione in questione. In effetti, sia in B sia in C si notano numerose sottolineature dall’inchiostro scuro e dal tratto spesso, che rivelano un’estrema disinvoltura nei confronti del manufatto antico. 46 Sorge quindi la curiosità di indagare se il riscontro tra questi segni - che ricorrono simili nei due 25 Camerario editore dei Menaechmi 47 Si tratta di un’ipotesi prospettata già dallo Zangemeister 1900, XIV, che, per quanto riguarda il codice C, sospettava appunto che tali lineolae potessero essere attribuite al Camerario. Un’indagine in tal senso è già stata condotta in relazione alla Rudens: Ban‐ dini 2014, 109-123. Conto, prossimamente, di estendere il lavoro anche alle rimanenti commedie. 48 Si segnala che iam ricorre anche nelle edizioni di Hervagius e Georgius Mai. 1-2 . codici posseduti dal filologo - e il lavoro editoriale del Camerario possa farne attribuire a lui la paternità. 47 Nel vagliare tale ipotesi, ricercando il motivo che possa aver portato il filologo a porre questi segni, si riportano i dati ricavabili dai Menaechmi. Lineola nel solo B 101 Cerialis cenas dat, ita mensas exstruit mensas Fest. 408, 28 L. Pylades Camerarius a : mensam BCD Merula B f. 98v l. 24 235 Histros, Hispanos, Massiliensis, Hilurios Massiliensis BCD Merula : Massilienses Camerarius a 255 uiaticati hercle admodum aestiue sumus aestiue Camerarius a : aestiuae BC estiuae D estiue Merula 363 magis quam domus tua domus quom haec tua sit quom A cum Merula Camerarius a : quam BCD 398 E R . pallam te hodie mi dedisse uxoris. M E . etiam nunc nego. etiam C 2 : ettam C 1 sed iam BD 1 Camerarius a sed etiam D 4 iam Merula 405 E R . † iam, amabo, desine † ludos facere atque i hac mecum semul iam BCD Merula Camerarius a   48 : iamiam Camerarius 546 M E . immo cedo aps te : | ego post tibi reddam duplex duplex CD Merula Camerarius a : dupelex B 745 ego te simitu noui cum Porthaone simitu Camerarius a : si me tu B sime non tu CD 26 Giorgia Bandini 49 Come si vede, nell’edizione del ‘52 il filologo torna a dare più importanza alla tradizione editoriale con seruasti rispetto alla lezione manoscritta seruauisti, precedentemente accolta nel testo e che il criterio metrico gli avrebbe dovuto suggerire di mantenere (seruauisti si ritrova anche nelle edizioni di Hervagius e Georgius Mai. 1-2 ). 821 S E N . tu negas? M E . nego hercle uero. S E N . immo † haec eludere † negas immo CD Merula : inmo B nimio Camerarius a 886 Apollini autem brachium. nunc cogito autem CD Merula Camerarius a : autem autem B 955 ut parentur quibus paratis opus est. tu seruos iube tu D 4 Merula Camerarius a : tuos B tus CD 1 972 recordetur id recordetur CD Merula Camerarius a : recorde cordetur B 1065 M E . o | adulescens, salue, qui me seruauisti, quisquis es. seruauisti B Camerarius a : seruasti CD Merula Camerarius 49 1076 tu | erus es : tu seruom quaere. tu salueto : tu uale. tu salueto tu B 3 : tu salue to tu B 1 salueto tu tu CD Merula Camerarius a 1120 M E S . qui id potest? M E . gemini ambo eramus. S O S . di me seruatum uolunt qui id potest BCD : qui potest Merula Camerarius a Lineola nel solo C 101 Cerialis cenas dat, ita mensas exstruit Cerialis Fest. 408, 27 L. : certalis B 1 CD 1 certe talis B 3 cerealis D 4 Merula Camerarius a C f. 41v l. 18 27 Camerario editore dei Menaechmi 50 Una particolare attenzione merita il termine coniecturam: l’Ambrosiano riporta coiecturam (nella scrittura in capitale si deve pensare o alla caduta della lettera -n- o alla presenza della grafia coiecturam). Nell’unica altra attestazione di tale parola nell’Ambro‐ siano (Rud. 771) si legge coniecturam (negli altri passi in cui ricorre la parola il Palinsesto purtroppo non ci soccorre: Cas. 224, Cist. 204, Curc. 246, Poen. 91, Rud. 612). Degno di attenzione anche Rud. 612 dove il ramo Palatino presenta una situazione interessante: CD hanno coniecturam e B col ecturam, lasciando aperta la possibilità che nell’antigrafo ci fosse coiecturam (tanto che Schoell 1889 stampa coiecturam ammettendo all’interno della stessa commedia, la Rudens, e in bocca allo stesso personaggio che racconta lo stesso episodio, Demone durante l’interpretazione del sogno, la presenza delle due grafie; diversamente Leo 1895 e Lindsay 1904 normalizzano sempre in coniecturam). Si può inoltre segnalare che anche il palinsesto A (Milano, Bibl. Ambrosiana, E 147 super. + Vat. Lat. 5750) delle Epistulae di Frontone (del V sec. in onciale, cf. CLA III 27) al passo 180, 20 (secondo quanto scrive in apparato Van Den Hout) ha coiecturam: la presenza di questa grafia in un codice in onciale, e in un autore che, come noto, ‘plautineggia’ rafforza il sospetto che potesse trovarsi in Plauto la compresenza della doppia grafia coniecturam/ coiecturam. Tale ipotesi sarebbe avvallata anche dalla testimonianza di Serv. ad Aen. 9, 411 ‘conicit’ pro ‘coicit’, nam ‘conicit’ antiquum est. 51 In questo caso il filologo potrebbe sottolineare in C - codice su cui, come supposto, presumibilmente lavora dopo il 1545 - una lezione evidentemente degna di nota, in quanto conferma il testo da lui stampato nel 1530. 164/ 5 facere coniecturam † captum sit collegium. † coniecturam B Merula Camerarius a : coiecturam A  50 coniecturum CD 168 nam ex istoc loco spurcatur nasum odore inlucido spurca— A spurcatur B 3 D Non. 632 L. Camerarius a : purcatur B 1 spurtacur C nasum odore B 3 Non. Merula Camerarius a : nasum odori D 4 nasum modori B 1 CD 1 174 mi, tibi atque illi iubebo iam adparari prandium. P E . eu. iubebo CD Pylades Camerarius a : iube— A iubeo B Merula 51 175 M E . inde usque ad diurnam stellam crastinam potabimus ad diurnam AD 4 Merula Camerarius a : addiurnum B 1 ad diurnum B 3 CD 1 182 E R . anime mei, Menaechme, salue. P E . quid ego? E R . extra numerum es mihi mei B 1 CD Merula : mi B 3 Pylades Camerarius a 188 tua est legio : | P E . adiudicato cum | utro | hanc noctem sies tua est legio B 3 Camerarius a : tuest legio B 1 CD tua legio est Pylades tu es legio Merula sies B c D 4 Merula Camerarius a : scies B 1 C 204 P E . qui quidem ad mendicitatem properent se detrudere mendicitatem AB 3 D Merula Camerarius a : medicitatem B 1 mendititatem C 28 Giorgia Bandini 52 Si segnala che iam ricorre anche nelle edizioni di Hervagius e Georgius Mai. 1-2 . 210 glandionidam suillam, laridum pernonidam suillam AB 3 Merula Camerarius a : sullam B 1 CD 225 cocta sunt, iube ire accubitum. E R . redi cito. C I . iam ego hic ero iube ire AB 3 D 3 Merula Camerarius a : iubire B 1 CD 1 234 hic annus sextus est postquam ei rei operam damus ei rei Gruterus : ire hi B 1 CD 1 ire hinc B 3 huic rei D 4 rei huic Merula Camerarius a 239 acum inuenisses, sei appareret, iam diu appareret BD Merula Camerarius a : apareret C 254 audin, Menaechme? quom inspicio marsuppium audin CD Merula : adi cum rasura B 1 audi B 3 Camerarius a 267 M E S . quid metuis? M E . ne mi damnum in Epidamno duis in epidamno duis Beroaldus Camerarius a : in epidamno dus B 1 ut vid. in epidamno dias B 3 ut vid. Merula in epidam nodus CD 1 in epidamno dus D 4 ut vid. 316 M E S . eu | hercle | hominem multum et odiosum mihi eu B 3 heu Camerarius a : tu B 1 CD Merula 322 quos tu parasitos loquere? M E S . quod te urget scelus parasitos D 3 Merula Camerarius a : paratitos BCD 1 350 asseruatote haec sultis, nauales pedes sultis Pylades Camerarius a : si uoltis BD Merula siuuoltis C 361 animule mei, mi mira uidentur animule mei B 1 CD animule mi B c Pylades Camerarius a : anime mi Merula 363 magis quam domus tua domus quom haec tua sit tua sit A Merula Camerarius a : tua B 1 sit tua B 3 itua CD 366 ulla mora intus ulla mora B 3 Camerarius a : si ullam ora B 1 sullam oras CD versum om. Merula 387 E R . eamus intro, ut prandeamus. M E . bene uocas : tam gratiast tam BCD : tamen Merula Camerarius a iam Camerarius 52 391 E R . Peniculo. M E . quis iste est Peniculus? qui extergentur baxeae? baxeae Scutarius : bexeae B 1 CD buxeae B 3 Camerarius a bexe Merula 29 Camerario editore dei Menaechmi 53 A margine del codice B, una mano dal tratteggio gotico appunta susurra, forse glossa di spiegazione per suscire. 54 La lineola indica qui la mancata divisio verborum. 432/ 3 eho Messenio, | accede huc. M E S . quid negoti est? M E . † sussciri † sussciri B 1 D 2 : ł sciscitari B 3 in mg. ubi susurra add. alia manus  53 susciri CD 1 Merula scire uis Camerarius a 434 M E S . quid eo opust? M E . opus est. scio ut me dicas. M E S . tanto nequior me dicas B 1 CD Merula : mendices B 3 men dices Camerarius a 435 M E . habeo praedam : tantum incepi | operis. ei quantum potes ei Gruterus : et BCD Merula tu Camerarius a 437 tu facito ante solem occasum ut uenias aduorsum mihi tufacito BCD tu facito Merula Camerarius a   54 449 ubi ego dum | hieto, Menaechmus se subterduxit mihi dum hieto AB : dum mihi CD met Merula dum haereo Pylades Camerarius a 451 qui illum di omnes perduint, quei primus <-> commentus est quei primus CD 1 qui primus B 3 D 4 Merula Camerarius a : que ciprimus B 1 458 quibus negoti nil est, qui essum neque uocantur neque uocant uocant B 3 D 4 Merula Camerarius a : uocauit B 1 CD 1 461 quoi tam credo datum uoluisse quam me uideo uiuere me AD 4 Merula Camerarius a : ne BCD 1 466 potine ut quiescas? ego tibi hanc hodie probe potine ut B c : A n.l. potine me ut B 1 potine ne ut CD 1 potin ne ut D 4 Merula Camerarius a ego A : sed dico B sed co CD 1 sed ego D 4 si ego Merula Camerarius a 492 fecisti funus med absenti prandio funus ABD Merula Camerarius a : fumus C 493 cur ausu’s facere, quoi | ego aeque heres eram heres Lipsius Ant. 61 : heris BCD lineola in C eras Merula haeres Camerarius a 30 Giorgia Bandini 55 Camerario nel ‘52 spiegherà la scelta testuale nelle Annotationes p. 504: «scriptura mani‐ festa in libro nostro, et vera». Il filologo si sta evidentemente riferendo al codice B grazie al quale parrebbe aver intuito il facile scambio c/ t. Si tratta di uno dei tanti casi in cui il fondamentale apporto del codice non è però segnalato ai margini dell’edizione del ‘30. 56 Il problema è di difficile soluzione: delicato infatti è il caso della sorda aspirata ph, che come il ch e il th, di sicuro non è grafia originale, ma da secoli ospite stabile e segno, a volte ineliminabile, della storia del testo: Danese 2006, 37-66. Particolarmente com‐ plesso è quindi il restauro dell’ortografia di termini rari, e quindi non capiti e mal trascritti, come phrygionem, cf. ThlL X/ 1 2058 42-67. Il termine ricorre in Plauto solo nei Menaechmi per cinque volte (426, 469, 563, 618, 681) e in questo caso, l’unico in cui è presente l’Ambrosiano, significativa pare la concordanza con i codici C e D sulla f del termine (e solo in parte confermata dalla tradizione indiretta per il v. 469: Non. 5, 862 L. frigionem). Il sospetto è che si tratti di una scriptio antica e che nell’archetipo il suono fosse rappresentato da una sola lettera: dal momento che uno scambio tra F e P aperta è frequente in capitale, si potrebbe forse anche supporre la lettura originaria prigionem adombrata dalla situazione paleografica della tradizione manoscritta. 559 M A . egone hic me patiar frustra in matrimonio (m)e patiar A Camerarius a   55 : medaciar B 1 CD 1 me paciar B 3 mendacier D 3 mendiciar Merula 563 pallam ad phrygionem 56 cum corona | ebrius phrygionem Merula Camerarius a : frygionem A phydrionem B fridionem CD c fri‐ didnem D 1 564 ferebat, hodie tibi quam surrupuit domo surrupuit BCD : subripuit Merula surripuit Camerarius a 566 em | hac abiit, si uis persequi uestigiis em AB hem Merula Camerarius a : heen CD 567 atque edepol eccum | optume reuortitur; optume C Merula : op— A optime B obtume D ipsum optime Camerarius a hiatus vitandi causa 569 P E . idem quod semper : male habeas; sic censeo habeas B 1 CD Merula Camerarius a : hab— A habeat B 3 571 M E . ut hoc utimur maxime more moro moro Lipsius Ant. 61-62 : morum BCD Merula Camerarius a 584 habent rem paratam, mens est in quo * * mens est Merula Camerarius a : mensae BC mense D 31 Camerario editore dei Menaechmi 57 In questo caso si potrebbe sospettare che Camerario abbia confrontato i due codici: segna infatto in C un termine - già adottato dalla tradizione editoriale precedente e dalla sua edizione del ‘30, che viene invece omesso in B. 593 sponsio fieret. quid ille? † qui praedem dedit † qui ABCD : om. Merula quid Pylades Camerarius a 601 placabit palla quam dedi placabit B Camerarius a : placebit CD Merula 601a quam | hodie uxori abstuli atque huic detuli | Erotio hodie CD Merula Camerarius a : om. B  57 605 M A . clanculum te istaec flagitia facere censebas pote? istaec BD 4 Merula Camerarius a : ista ec D 1 ista et C 663 eo domum. P E . quid mi futurum est, qui tibi hanc operam dedi? eo Bentley Emend. 209 : ego BCD Merula Camerarius a 683 M E . mi tu ut dederis pallam et spinter? numquam factum reperies reperies Prisc. gramm. II 151, 6 sgg. Osb. S 76, 9 B. Merula Camerarius a : releceris B 1 redixeris B 3 relegeris CD 718 itaque adeo iure coepta appellari est Canis canis B 3 D 3 Merula Camerarius a : canes B 1 CD 1 748 nouistin tu illum? M E . noui cum Calcha simul : Calcha Prisc. II 239, 12 Char. 84, 2 B. Merula Camerarius a : calcantes B 1 calcante B c calchante CD 2 chante D 1 760 quas si autumem omnis, nimis longus sermost. sermost B : sermo est CD Merula Camerarius a 799 hinc stas, illim causam dicis. S E N . si ille quid deliquerit, illim B 1 CD 1 : illinc B 3 Merula Camerarius a illius D 4 801 quando te auratam et uestitam bene habet, ancillas, penum ancillas penum Pylades ‘ex codicibus antiquis’ Camerarius a : anpillaspen BCD ampulla spem Merula amplius ne postules Saracenus ampulosam Pius ‘in priscis exemplaribus’ 802 recte praehibet, melius sanam est, mulier, mentem sumere sanam D 4 Merula Camerarius a : samnam BCD 1 804 me despoliat, mea ornamenta clam ad meretrices degerit ornamenta clam Acidalius Div. 264 : ornamenta iam B Camerarius a ornamentiam me CD 1 ornamenta D 4 ornamenta etiam Merula 32 Giorgia Bandini 58 Camerario preserva la scansione del settenario trocaico anteponendo in chiusa il tuum tràdito all’inizio del verso seguente. 820 M E . tun, senex, ais habitare med in illisce aedibus? med CD : me B Merula me in Pylades me hic Camerarius a 846 prius quam turbarum quid faciat amplius. M E . enim haereo hereo (sc. haereo) D 4 Merula : B 1 non legitur uero B 3 Camerarius a ereo CD 1 853 M E . haud male | illanc amoui; nunc hunc impurissimum amoui nunc B Camerarius a : amo uinum CD 1 amo uirum D 3 Merula 858 M E . faciam quod iubes; securim capiam ancipitem, atque hunc senem securim D 4 Merula Camerarius a : securi BCD 1 867 cursu celeri facite in flexu sit pedum pernicitas sit B 3 Merula Camerarius a : sunt B 1 sint CD 928 perdormiscin usque ad lucem? facilen tu dormis cubans? cubans Acidalius Div. 267 : curans BCD Merula Camerarius a 984 metum haud multum. prope est † quando ceruso faciam † pretium exsoluet ceruso BCD Merula Pylades : herus ut quod strenue Camerarius a 1005a luci deripier in uia lucideri pier B 1 CD 1 luci deripier Merula Camerarius a : lucide rapier B 3 lucide eripi erum D 4 1010 numquam te patiar perire, me perire est aequius perire est aequius Camerarius a praeeunte Saraceno (me perire citius) : derideres te cuius B me derires tecuius CD mederi te cuius Merula 1079 S O S . tun meo patre es prognatus? M E . immo equidem, adulescens, meo; meo (al.) C : om. B Merula tuum Camerarius a   58 nec D 1107 M E S . est tibi nomen Menaechmo? M E . fateor. M E S . est itidem tibi? menechmo B menaechmo D : menechimo C menechinus Merula menaechmus Scuta‐ rius Camerarius a 1123 quod nunc est, Menaechmo : | illum tum uocabant Sosiclem menechmo BCD : menaechinus Merula menaechmus Scutarius Camerarius a 1142 potaui atque accubui scortum, pallam et aurum hoc * * * versus mutilus in BCD Merula : mihi dedit suppl. Camerarius a 33 Camerario editore dei Menaechmi 59 Sulla confusione habeo/ abeo, vd. Raffaelli 2009, 324 e n. 21. 60 Degna di nota la volontà di evidenziare la buona lezione di C, già adottata nella tradizione editoriale precedente e nell’edizione del Camerario del 1530. Lineola in entrambi i codici 204 P E . qui quidem ad mendicitatem properent se detrudere properent se A s : se proderent B 1 CD se proderint B 3 se properent Merula Camerarius a 218 E R . euocate intus Culindrum mi quoquom actutum foras culindrum BCD : —m A Cilyndrum Char. 261, 10 B Cylindrum Merula Camerarius a 220 C I . habeo. E R . abi atque obsonium adfer; tribus uide quod sit satis 59 habeo BD 4 Merula Camerarius a : abeo CD 1 242 M E . ergo istuc quaero certum qui faciat mihi istuc ACD Merula Camerarius a : istunc B  60 249 M E . dictum facessas, datum | edis, caueas malo datum edis caueas BCD : datum et discaueas Merula elatum et discaueas Pylades doctum et discaueas Camerarius a 260 tum sicophantae et palpatores plurumei plurumẹị A plurimi Merula Camerarius a : pluri BCD 269 ego autem homo iracundus, animi perciti iracundus Merula Camerarius a : iracun- A iracundis BCD 1 iracundi sum D 4 270 id utrumque, argentum quando habebo, cauero habebo Pylades Camerarius a : habeo BCD Merula 458 quibus negoti nil est, qui essum neque uocantur neque uocant essum BCD : escunt A esum Merula Camerarius a 461 quoi tam credo datum uoluisse quam me uideo uiuere uoluisse ABCD Pylades Camerarius a : noluisse Merula 683 M E . mi tu ut dederis pallam et spinter? numquam factum reperies tu ut CD : ut tu B Camerarius a tu Prisc. gramm. 151, 6 sgg. nisi Osb. S 76, 9 et s373 B. Merula B f. 103v l. 29 34 Giorgia Bandini 61 Nel ramo Palatino il gruppo di versi 1037-1043 viene trascritto due volte (una prima volta dopo il v. 1028 e una seconda nel punto corretto). 62 Quello ortografico è infatti un problema che merita un’attenzione a parte: come noto, le commedie plautine sono caratterizzate da arcaismi sentiti nel corso della storia del testo come ‘erronei’. 63 La sottolineatura è presente nel solo B anche quando, come in questi casi, il medesimo errore ricorre anche in C. C f. 51r l. 16 864 ut ego hunc proteram leonem uetulum, olentem, edentulum edentulum Pius Camerarius a : edentius BC edentuis D Merula 1038 61 M E S . saluom tibi ita ut mihi dedisti reddibo. | hic me mane. tibi ita Non. 764 L. altero loco BCD Camerarius a : priore loco tibi item B lineola in B item tibi CD lineola in C tibi Merula reddibo Non. Camerarius a : priore loco reddebo BC 1 D redhibeo C 2 in marg. lineola in B atque in C altero loco redhibeo CD Merula sed habeo B lineola in B atque in C Spesso alle sottolineature corrispondono questioni meramente ortografiche - sentite evidentemente come anomalie da chi era educato ad altre norme 62 , e quindi segnalate di volta in volta o nel solo B (235, 255 63 ) o nel solo C (182, 451, 718) o in entrambi i codici (218, 260). Nella maggior parte dei casi - soprattutto in C - sono segnalati passi problematici, il più delle volte già risolti nelle edizioni precedenti, quasi a vagliarne la validità. Le lineolae evidenziano semplici errori desumibili dal contesto, voces nihili (sottolineate in B: 546), facili scambi di lettere (sottolineati in B: 363; in C: 101, 164/ 5, 168, 175, 204, 316, 322, 461, 492, 559, 601; in BC, sia quando l’errore è presente in entrambi, 269, o in uno solo dei due codici, 242); aplografie (in B: 1065 e in C: 210, 225, 239, 363); dittografie (in B: 886, 972 e in C: 802); errata divisio verborum (in C: 267, 366, 437, 605, 853, 1005a). Si riscontrano lezioni segnate in quanto forse considerate errate proprio perché non presenti nella tradizione editoriale (in B: 1076, 1120; in C: 593; in BC: 458). Si deve anche dire che la sottolineatura è presente in uno solo dei due codici anche quando siano entrambi in errore (in B: 745, 955; in C: 466 sed dico, sed eo, 559, 563, 683, 748, 1010) o in entrambi ricorra il medesimo errore (in B: 101 mensam, 235, 255, 363; in C: 101 certalis, 175, 234, 322, 350, 461, 493, 584, 801, 802, 858). 35 Camerario editore dei Menaechmi 64 Ai vv. 405 e 1065 le lezioni sottolineate vengono recepite nel testo dell’edizione del ‘30, ma non in quello del ‘52: non possiamo escludere che il Camerario sia tornato sul codice e abbia segnato le lezioni come sospette. 65 B presenta otto senari accorpati su quattro linee con spazio intermedio, C ha un diverso accorpamento con coda scritta alla fine della linea superiore preceduta da segno paragrafale. In altri casi alle sottolineature corrispondono viceversa termini recepiti a testo (in B 64 : 398; in C: 571, 663, 928). Sebbene non ci sia dato sapere se, come e quando, una volta venuto in possesso di C, lo studioso abbia confrontato i due manoscritti, nei casi in cui è sottolineata in C una lezione corretta - accolta già dalla tradizione editoriale e dall’edizione del Camerario del ‘30 - ma errata in B, si potrebbe o ipotizzare che il filologo appunti come degna di nota la conferma che gli viene dal codice o sospettare un confronto tra i due manoscritti (in C: 174, 569, 601a; in BC: 242). I casi più significativi, se pur pochi, sono tuttavia quelli in cui il filologo è il primo ad affrontare e spesso a risolvere un passo problematico: le lineolae rivelano una natura di ‘promemoria’ in vista di una più attenta riflessione nel corso del lungo e continuo lavoro testuale che Camerario dedica negli anni a Plauto, che va da intelligenti ‘ritocchi’ paleografici (559, 745, 1010) a interessanti interventi congetturali (249, 1142). L’impiego della sottolineatura deve essere evidentemente legato, proprio per la sua incostanza, a fasi e a intenti diversi se a buona parte delle congetture dell’umanista che ancora oggi trovano spazio nelle edizioni contemporanee di riferimento, non corrisponde alcun ‘segno’ di attenzione nei manoscritti. Altri interventi Se le sottolineature sono gli interventi di gran lunga più numerosi, nel codice B si possono tuttavia notare anche altre ‘tracce’ materiali di un lavoro che il riscontro con l’edizione consentirebbe di attribuire al Camerario: - l’indicazione in numeri arabi (da 1 a 7) di una corretta sequenza di versi: vv. 311-319 65 ; B f. 100r ll. 40-43 36 Giorgia Bandini 66 In questo caso si tratterebbe di un intervento di Camerario con un inchiostro dalla tonalità rossiccia tendente al violaceo (diversa, sembrerebbe, da quella del rubricatore e correttore B 3 ), che viene impiegato dall’umanista in altri punti del codice B (si vedano e. g. B ff. 43r l. 40, 91v ll. 40-41, 92r ll. 9-10, 29-31, 50-52). 67 In B f. 104v l. 7. - la divisione di versi (351-364): 66 B f. 104v ll. 25-38 - uno spostamento di parole accompagnato da una linea sinuosa: 763 repente expetit me, | ut ad sese irem me ut ad sese BCD Merula : inuersionis lineola in B  67 ad sese me ut Camerarius a 1007 mittite istunc. M E . obsecro te, quisquis es, operam mihi ut des mihi ut des BCD : inuersionis lineola in B ut des mihi Camerarius a B f. 106v l. 39. Indicazione di atti e scene In entrambi i codici si riscontrano rare e non sistematiche indicazioni - in una grafia cinquecentesca posata, ma presumibilmente sempre attribuibile al 37 Camerario editore dei Menaechmi 68 Ringrazio qui il Dott. Ulrich Schlegelmilch (Universität Würzburg) per avermi fornito la possibilità di esaminare alcune lettere del Camerario e vagliare così la paternità della mano presente nei codici B e C. 69 Come noto, la divisione in atti delle commedie plautine era assente nell’antichità e ignota alla tradizione tardoantica e medioevale del Sarsinate. Tale ripartizione - che non ricorre nell’editio princeps del 1472 - è stata introdotta in modo sistematico in epoca moderna dal Pius - se pur nel solo commento e non ancora recepita a testo. Si può ipotizzare che l’introduzione di tale ripartizione sia stata condizionata dalla conoscenza dell’Ars poetica di Orazio e del teatro senecano, e che sia avvenuta sull’esempio del commento di Donato a Terenzio e, presumibilmente, anche sulla scorta del lavoro già iniziato dagli umanisti, di cui si trovano tracce parziali e sporadiche nei manoscritti di questo periodo: Questa 1985, 243-269; Cappelletto 1988, 230-233; Tontini 2002 a , 519-520; Ead. 2002 b , 86-88; Ead. 2009, 463-464. Ad oggi il primo manoscritto che attesta questo tipo di interesse, per quanto riguarda naturalmente le sole ‘otto’ commedie, è il Laur. 36.44 scritto da Francesco da Buti nel 1371 (vd. Tontini 2009, 109-117). Per quanto concerne invece le ‘dodici’, e in particolare i Menaechmi, si deve segnalare nel Barb. Lat. 97 la presenza della mano di un secondo revisore che al f. 27r (Men. 226), annota actus secundus (vd. Tontini 2009, 280-288); si deve poi ricordare che il codice Laur. 36.36, scritto verso la fine del Quattrocento dall’umanista Tommaso Fedra Inghirami, riporta la divisione in atti in tutte le venti commedie (vd. Tontini 2009, 33-44). Per quanto concerne invece la tradizione editoriale, Beroaldus, Pylades, Mulingus, Ugoletus, l’editio Veneta, Charpentarius, sulla scorta dell’editio princeps, continuano a presentare un testo senza alcuna divisione, non tenendo conto del lavoro del Pius; si deve arrivare all’Angelius per avere una scansione scenica completamente nuova, accolta anche dagli editori successivi (Aldina, Cratander, Camerarius a , Hervagius, Georgius Mai. 1-2 ). Camerario 68 - di una divisione della commedia in atti e in scene, che si inserisce in una tradizione umanistica non uniforme, e che, per gli atti, ha riscontro nelle prime edizioni dei Menaechmi (nel testo edito vengono indicati i numeri di atti e di scena nelle sole edizioni del ‘36 e del ‘42). Degno di nota è l’atteggiamento di Camerario nel 1552, che disattende la precedente suddivisione adottata, già presente nell’edizione dell’Angelius, quasi a mostrare di preferire il testo senza alcuna ripartizione, così come lo si trova nei codici 69 : - ac. 5 sc. 2 (Vt aetas) B f. 104r l. 48 - Ac. 3. sc. 1 (Plus triginta - C f. 47r l. 21) - Menaechmi 5 sc. 5 (Spectamen) 38 Giorgia Bandini 70 Non tengo conto di una nota in B f. 98 l. 18 (sopra puer e che farebbe pensare ad una glossa esplicativa) di difficile interpretazione, non credo attribuibile al Camerario per il tratteggio corsivo rigido, dovuto a una penna a punta mozza, vd. supra uerum (n. 20) e susurra (n. 55). 71 A margine del verso mancante si può notare un asterisco seguito da Circu(m) etc., appuntato da una mano molto corsiva, con C maiuscola e segno abbraviativo della m in legatura con l’ultimo tratto della u, da attribuire presumibilmente al Camerario. C f. 56r l. 1 Titoli correnti In tutte le commedie si possono notare, in entrambi i codici, sporadiche indicazioni di titoli correnti inserite là dove mancanti e indubbiamente comode durante lo studio, chiaro ‘strumento’ per una più agile consultazione e riconsul‐ tazione dei manoscritti. Per quanto riguarda i Menaechmi ciò si constata due volte nel solo C ai ff. 41r e 52r: C f. 52r Annotazioni Talvolta in una grafia svelta e sottile - riconducibile a quella del Camerario - nei margini dei codici sono aggiunti termini o, addirittura, versi omessi da uno dei due Palatini: 70 arg. 6 Circum omnis oras. post Epidamnum deuenit B Camerarius a : versum om. CD Merula Circum et(cetera) add. in marg. dx. manus Camerarii in C  71 39 Camerario editore dei Menaechmi 72 Si tratta di uno di quei casi in cui l’apporto del codice risulta fondamentale per il restauro di un verso altrimenti corrotto in tutta la tradizione editoriale precedente, tuttavia, come spesso accade, non segnalato dal simbolo α ai margini dell’edizione del ‘30. 73 In C f. 48r l. 18. C f. 40v l. 4 495 qui mi male dicas homini hic ignoto insciens? homini hic ignoto B 3 Camerarius a   72 : homini hic noto B 1 hicnoto CD homini add. in marg. dx. manus Camerarii in C  73 ignoto Merula 605 M A . clanculum te istaec flagitia facere censebas pote? flagitia CD Merula Camerarius a : om. B sed. add. manus Camerarii B f. 103r l. 1 In conclusione, se le sigle che si trovano nei margini della prima edizione plautina rilevano soprattutto il valore che il giovane filologo attribuisce al codice B; i segni lasciati sui due codici - se attribuibili al Camerario - sembrerebbero piuttosto funzionali a individuare i ‘difetti’ che lo studioso riscontra nei due manoscritti e che lo hanno portato ad esprimere nel ҆52 quel giudizio alquanto negativo, per entrambi i codici, nei confronti della librariorum inscitia et futilitas. Bibliografia Bandini, Giorgia: The history of a Plautine line: Menaechmi 65, Revista de Estudios Latinos 12, 2012, 13-23. Bandini, Giorgia: Il Camerario e la Rudens: tracce ‘materiali’ del lavoro nei codici plautini B e C, in: Renato Raffaelli / Alba Tontini (cur.): Lecturae Plautinae Sarsinates. XVII. Rudens, Urbino 2014, 109-123. Cappelletto, Rita: La ‘lectura Plauti’ del Pontano. Con edizione delle postille del cod. 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Plautinae viginti comoediae… recognitae per Eusebium Scutarium, Mediolani, in officina Ulderici Scinzenzeler, 1490. Plautinae viginti comediae (! ) emendatissimae cum accuratissima ac luculentissima in‐ terpraetatione (! ) doctissimorum virorum Petri Vallae Placentini ac Bernardi Saraceni Veneti, Venetiis, per Simonem Papiensem dictum Bivilaqua, 1499. Plautus integer cum interpretatione Ioannis Baptistae Pii, Mediolani, per magistrum Uldericum Scinzenzeler, 1500. Plautus diligenter recognitus per Philippum Beroaldum, Bononiae, per Benedictum Hectoris, 1500. [Plauti comoediae], ed. Pylades Buccardus, a Iacobo Britannico Brixiae impressae, 1506. [Plauti comoediae], ed. Ioannes Adelphus Mulingus, Argentinae, Ioannes Gruninger imprimebat, 1508. M. Actii Plauti Asinii comoediae viginti nuper emendatae et in eis Pyladae Brixiani lucubrationes, Thadaei Ugoleti et Grapaldi virorum illlustrium scholia, Anselmi Epiphyllides, Parmae, excusserunt formis Octavianus Saladius et Franciscus Ugoletus, 1510. Plauti comoediae viginti, ex emendationibus atque commentariis Bernardi Saraceni, Ioannis Petri Vallae, Venetiis, per Lazarum Soardum, 1511. M. Plauti sarssinatis (! ) comedie viginti varroniane, ed. Simon Charpentarius, s. l., 1513. Plauti comoediae viginti nuper recognitae et acri iudicio Nicolai Angelii diligentissime excussae, Florentiae, ex officina Philippi de Giunta, 1514. Ex Plauti comoediis viginti, Venetiis, in aedibus Aldi et Andreae Asulani soceri, 1522. M. Plauti comoediae viginti, Basileae, apud Andream Cratandrum, 1523. M. Accii Plauti comoediae duae Menaechmei et Mostellaria, a mendis purgatae ac numeris suis, quoad eius fieri potuit restitutae [a Ioachimo Camerario], Norimbergae excudente Friderico Peypesio, 1530. 41 Camerario editore dei Menaechmi M. Accii Plauti Sarsinatis comici festivissimi comoediae viginti diligentiss. a mendis re‐ purgatae, & in mensum suum genuinum, quod Menaechmei Mostellaria & Trinummus docent, restitutae, Basileae, ex officina Ioannis Hervagii, 1535. M. Accii Plauti comoediae sex, Capteiuei Aulularia Miles Menaechmei Mostellaria Trinummus, Magdeburgi, per Michaelem Lotterum, 1536. M. Accii Plauti comoediae quinque, a mendis purgatae, ac numeris suis, quo ad eius fieri potuit, restitutae, quibus addidimus Trinummum: Capteiuei Aulularia Miles Menaechmei Mostellaria Trinummus, Magdeburgi, excudebat Christianus Rodingerus, 1542. M. Accii Plauti comoediae quinque [Amphitruo Asinaria Curculio Casina Cistellaria] magna cum cura emendatae a Ioachimo Camerario Pabepergensi, Lipsiae, in officina Valentini Papae, 1545. M. Accii Plauti comoediae sex [Epidicus Bacchides Mercator Pseudolus Rudens Persa] magna cum cura emendatae a Ioachimo Camerario Pabepergensi, Lipsiae, in officina Valentini Papae, 1549. M. Accii Plauti comoediae viginti, diligente cura et singulari studio Ioachimi Camerarii Pabepergensis emendatius nunc quam ante unquam ab ullo editae. Adiectis etiam eiusdem ad singulas Comoedias Argumenti et Annotationibus Basileae, per Ioannem Hervagium, [1552]. M. Accii Plauti comoediae viginti diligente cura Ioachimi Camerarii Pabepergensis editae. Accesserunt iam indicationes quoque multorum a Georgio Fabricio Chemnicensi collectae, Basileae, per Ioannem Hervagium et Bernhardum Brand, 1558. T. Macci Plauti comoediae, ex rec. et cum appar. critico Fr. Ritschelii: II 3 Menaechmi, Bonnae 1851. T. Macci Plauti comoediae, rec. instrum. critico et prolegom. auxit Fr. Ritschl sociis operae adsumptis Gustavo Loewe, Georgio Goetz, Friderico Schoell: III 5 Menaechmi, rec. Fr. Ritschl, ed. altera a Fr. Schoell recognita, Lipsiae 1889. T. Maccius Plautus, Fabularum reliquiae Ambrosianae. Codicis rescripti Ambrosiani apographum, confecit et ed. G. Studemund, Berolini 1889. Plauti Comoediae, rec. et emend. F. Leo, Berolini 1895. T. Macci Plauti Comoediae, recogn. brevique adn. critica instruxit W. M. Lindsay, Oxonii 1910 2 (1904). Plaute, Comédies, texte établi et trad. par A. Ernout: IV 1 Menaechmi, Paris 1936. Titi Macci Plauti cantica, edidit apparatu metrico instruxit Caesar Questa, Urbino 1995. Plautus, Menaechmi, ed. by A. S. Gratwick, Cambridge 1993. Plautus edited and translated by Wolfgang de Melo, II 5 The two Menaechmuses, Cambridge, Mass. / London 2011. Titus Maccius Plautus Menaechmi, edidit Georgia Bandini, Sarsinae et Urbini 2020. 42 Giorgia Bandini Prete, Sesto: Camerarius on Plautus, in: Frank Baron (cur.): Joachim Camerarius (1500- 1574). Beiträge zur Geschichte des Humanismus im Zeitalter der Reformation, Mün‐ chen 1978, 223-230. Questa, Cesare: Parerga plautina. Struttura e tradizione manoscritta delle commedie, Urbino 1985. Raffaelli, Renato: Critica del testo e analisi del racconto (Miles Gloriosus, 770), in: Esercizi Plautini, Urbino 2009, 315-326. Ritschl, Friedrich: Über die Kritik des Plautus, in: Opuscula philologica, II, Lipsiae 1868, 95-114. Ritschl, Friedrich: Zur Plautuslitteratur, Rheinisches Museum für Philologie 26, 1871, 483-488. Ritschl, Friedrich: Bio-bibliographisches zu Camerarius’ Plautus-Studien, in: Opuscula philologica, III, Lipsiae 1877, 67-119. Sandys, John Edwin: A history of classical scholarship, II, New York 1908. 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Zangemeister, Carolus: Plautus, Codex Heidelbergensis 1613 Palatinus C, Lugduni Batavorum 1900. 43 Camerario editore dei Menaechmi 1 Printed in ch. 5 and ch. 8 below. - This exhausting investigation would have been impossible without the help or advice of David McMurray, Elisabeth Lobkowicz, Soňa Černocká, Kamil Boldan, Thomas Safley, Marion Gindhardt, and Lucy Plowe. - All epigrams and translations are my own. 2 Paragraphs 1-2: “…Visum est Moriae Encomium ludere. Que Pallas istuc tibi misit in mentem? inquies. Primum admonuit me Mori cognomen tibi gentile, quod tam ad Moriae uocabulum accedit quam es ipse a re alienus.” - Erasmus did not know it, but Pindar invented this gambit by associating Hiero and Chiron in Pythian 3, 1 (Pelliccia 2017). 3 So Zangemeister 1900, iv. Camerarius Camelarius A New Salt Road to the Modern World Michael Fontaine (Ithaca) Et mihi Erasmiaco liceat re ludere more; seria materia est, Musa iocosa levet. 1. The title explained; a proposition; the argumentum In 2017 I discovered two letters that shed new light on the transmission of Plautus’ comedies from antiquity to the Early Modern period. One concerns (probably) the “Decurtatus” manuscript and the other concerns the 1552 Basel edition that Joachim Camerarius the Elder based on it. 1 To keep the exposition moving, I’ve chosen a fun title inspired by Erasmus’ Praise of Folly (1509), which he dedicated to Thomas More: I decided to write a fun essay in praise of folly. “What stroke of genius put that in your head? ” you’ll say. Mainly it was your last name, More, which comes as close to the word moria (folly) as you are far from the thing. 2 Like Erasmus, I hope a little fun will lighten up the serious points I have to make. Consider this proposition: Quisquis habet Plauti libros cimelia 3 , peccat: 4 Mazzi 1893, 153: “a schiena di mulo” (“on muleback”). 5 Mazzi 1892, 282: “e quando mi vedono, pare che vedano un orso o un leone” (“and when they see me, it seems they’re seeing a bear or a lion” - a pun on Leo Allatius). 6 Asportat: Zangemeister 1900, i, iv, xiv. 7 Camerarius 1566 (= Ritschl KS 3, 72): “Nactus fueram exemplaria duo antiqua ab indoctis librariis exarata.” 8 As Stärk (2003, 289) documents, J.J. Scaliger called him unicus Plauti Aesculapius (Plautus’ one and only Asklepios), J.P. Pareus, the Plauti sospitator princeps et unice unicus (Plautus’ first and foremost savior), G.E. Lessing claimed “we owe a greater debt to him than anyone for improving the text of Plautus,” and Friedrich Ritschl (1806-1876) said that in Camerarius’ work, Plautus comes out looking “almost like a new writer.” Compare Georg Fabricius in n. 27 below. 9 Hardin 2017. Hardin relies on many short papers found in Ritschl’s kleine Schriften. I cite them here by the abbreviation KS rather than their titles. qui vehit usque sales, iure camelus erit. It’s natural to think of manuscripts of Plautus’ comedies as cimelia, heirlooms or rare books. But as vectors of sales - salt or jokes - we could also think of them as camels. Analogously, we can think of the scholars who deliver their cargo to us like the traders who have, from time immemorial, traversed the Sahara Desert on camelback to bring slabs of salt from mines to markets. And of all such camelarii, camel drivers, none enjoys greater glory than Joachim Camerarius (1500-1574). As the following argumentum summarizes, I intend to remap the “salt road” he traveled in bringing Plautus’ comedies from antiquity to his own times: Carvanâ superat Libyae solitudines Arabs camelorum, insulsis ut portet salem: Modo q V o caball I s, as I n I s D I C V nt V r M an V4 Exscripti in Latium allati super Alpes libri, Leone 5 duce: is Palatino tractas Lari Asportat 6 spolia, Plauti membranas duas Relegatque Romam. Dignius Camerarius? “Insulso cuique relegendo illos aperuit Veteres vectores (nactus quos fuerat prior 7 ) Salis, salvomque ad nos D etul I t ca M e L ar I us.” 2. The Standard Account In 1552 Camerarius published an epoch-making edition of Plautus’ comedies in Basel (reprinted there in 1558); later scholars heaped praised on him for “hea‐ ling” the text of Plautus. 8 If you read a standard account of the salt road Camerarius traversed to earn this praise, it goes like this 9 : 46 Michael Fontaine 10 Hardin 2012, 337-347, and Hardin 2017. 11 Stockert 2014. With the decline of Rome in the West, the majority of Plautus’ comedies were not recopied and eventually forgotten. For a thousand years nothing changed until, in 1428 or 1429, the German monk Nicholas of Cusa (1401-1464), known as Cusanus, lit a stick of dynamite, threw it into Italy, and sparked the Renaissance. Not real dynamite, of course, but a one-humped “camel.” In 1428, Cusanus had found a manuscript in Trier that contained twelve of Plautus’ lost plays (viz. Bacchides + Epidicus to Truculentus). He took it to Rome and gave or sold it to Cardinal Giordano Orsini (1360/ 70-1438). Today that camel is called the codex Ursinianus, abbreviated manuscript D (Vaticanus Latinus 3870). Four decades later, the Venetian professor Giorgio Merula (c. 1430-1494) made it the basis for creating the first complete printed edition of Plautus; he published it in Venice in 1472. Others soon pirated Merula’s text, and it thus became the first vulgate. Back in Germany, Joachim Camerarius was born in 1500 in Bamberg. In 1513, he began studying Plautus at Leipzig University with a charismatic professor and Plautophile named Veit (i.e. Vito) Werler (1480s - after 1536). 10 In 1530, Camerarius published two comedies in Nuremberg, Menaechmi and Mostellaria, that he had reedited on the basis of new manuscript sources. A decade later, he published two more partial editions in Leipzig, one in 1545 and the other in 1549. In 1552, Camerarius finally published in Basel his epoch-making, complete edition of all of Plautus’ 20 comedies. In 1558, he published a corrected reprint that became the second vulgate; it remained the basis of every subsequent edition for the next 250 years. In Milan in 1815, Cardinal Angelo Mai (1782-1854) stumbled on a new manuscript of Plautus, the Ambrosian Palimpsest, that warranted a radical new edition of Plautus. 11 That manuscript is tremendously important, but I won’t mention it again in this paper. What made that second vulgate so special and enduring? The answer is that Camerarius based it on two valuable but previously unknown camels, known today as the Codex Vetus (B) and the Codex Decurtatus (C). To prevent information overload, I commissioned an allegory to help tell them apart. 47 Camerarius Camelarius 12 Zangemeister 1900, ii-iv, correcting Ritschl KS 2, 126. The Allegory of the Camerarius Camelarius, by Lucy Plowe (2017). Note the weariness on his face. 3. The Camels Described and Distinguished; Their Fate In the painting, the Vetus (B) is a Bactrian camel. It has two humps to symbolize the full 20 comedies of Plautus that it carries. Those comedies are depicted as slabs of salt that, by a nice coincidence, look like early modern folio editions. The other camel, C, the Decurtatus, is a dromedary. It has only one hump, to remind readers that it contains only the later 12 comedies (Bacchides + Epidicus-Truculentus). We know Camerarius had these two camels because upon his death in 1574, they were found among his belongings. His sons Joachim Jr. and Philip received them as a bequest, and for a time they let other scholars use them. 12 In 1598, the boys sold them both to the elector Frederick IV for his Palatine Library in Heidelberg, Germany (it is not to be confused with the Palatine hill in Rome). Frederick (1574-1610) paid them 26.10 coronati, and it is probably not a 48 Michael Fontaine 13 He bought the Vetus for 14.20 coronati and the Decurtatus for 11.90. Zangemeister 1900 claimed that in 1892, those 26.10 coronati were worth the weight in gold of nine German marks. Thomas Safley, however, tells me that an equivalence is impossible to calculate because even if the coronati were Flemish Couronnes d’or au soleil (as seems likely), we still do not know whether they were of gold or silver, or the amount of either metal (personal communication of June 18, 2018). 14 Pareus 1641, preface (= Ritschl KS 2, 104): “Dehinc Veteri illi codici accessit alius mem‐ branaceus, quem eapropter Decurtati nomine insignivimus: quod duodecim duntaxat posteriores contineret fabulas.” 15 Zangemeister 1900, i-ii, iv. 16 Mazzi 1892 and 1893. 17 Zangemeister 1900, i-ii, iv. coincidence that a few months later, he appointed Joachim Jr.’s son, Ludwig, as his advisor (consiliarius). 13 The man who prompted Frederick to buy the manuscripts was Janus Gruter (1560-1627), head of the Palatine Library. Gruter saw their extraordinary value for Plautine scholarship, and in time he used them to produce his own important edition (Wittenberg, 1621). Meanwhile, other editors came to Heidelberg to consult the camels, among them Friedrich Taubmann (1565-1613), J. P. Pareus (1576-1648), and possibly Claude Salmasius (1588-1653). Pareus is to blame for giving the camels their misleading nicknames Vetus (old) and Decurtatus (shortened or mutilated). 14 I say “misleading” because the Decurtatus is no more “shortened” or “mutilated” than a one-humped camel is; it was never complete to begin with: Tubera habet duo Bactrius, at dromedarius unum; dic tamen, umquamne hiC semicamelus erit? Even worse, the Decurtatus is older than the Vetus. According to Karl Zange‐ meister (1837-1902), Gruter’s eventual successor as head of the Palatine Library, the Vetus dates to the 11 th century but the Decurtatus dates a bit earlier, to 10 th / 11 th century. A 17 th -century cataloguer in the Vatican Library described the Vetus as antiquus but the Decurtatus as antiquissimus. 15 As noted in the argumentum above, in 1622 the Vatican librarian Leo Allatius (1586-1669) transported both manuscripts and many others from the Palatine Library over the Alps, tearing off their bindings to reduce weight and allegedly on horseor muleback for part of the way, and deposited them in the Vatican Library, where they were rebound. 16 The Vetus is there still. In 1797 the Decurtatus was taken to Paris, and in 1816 the Pope donated it to Heidelberg University Library, where it now resides. 17 49 Camerarius Camelarius 18 Pareus 1641, preface (= Ritschl, KS 2, 104): “Optimae quidem ille [sc. Decurtatus] notae, et Veteri codici plane suppar, quin immo melior interdum, ac praestabilior.” 19 1552, 11-12 = 1558, 11-12. I found an apograph of the letter in Cameriarus 1586, 254r-257r (misdated in the Table of Contents to 1558). There are no textual variants in it. Both camels are good witnesses to the true text. 18 Given their value, it is an abiding mystery why - as I shall discuss in a moment - Camerarius used the Vetus extensively in preparing his 1552 edition, but barely used the Decurtatus at all. Equally mysterious is how he obtained it. Since these mysteries stand in stark contrast to what we know of the Vetus, it is worth reviewing Camerarius’ claims about both manuscripts here. 4. The Camels’ Origin Camerarius’ 1552 edition begins with a preface explaining why his new text of Plautus is important: 19 Adminicula quaedam habuimus duorum librorum veterum quidem illorum sed quos librariorum inscitia et futilitas foede depravasset. Horum alteram nacti fuimus de bibliotheca praestantis dignitate et doctrina viri Viti Werleri Franci, cui pleraque debemus eorum quae a nobis fuerunt correcta. Georgii autem Fabricii candor eximius et benevolentia summa erga nos, de incredibili studio diligentiae suae, communicavit nobiscum nuper suum quoque librum, in quem congesserat quicquid perquirere legendo potuit, quod ad Plautinarum fabularum tam emendationem quam explicationem aliquid momenti haberet. Caetera sunt considerationis et curae ac studii nostri. I got a certain amount of help from two books. They’re both old but scandalously disfigured by the idiocy and laziness of the scribes who copied them out. I got one of them from the library of Veit Werler of Franconia, who is both a scholar and a gentleman. I owe quite a few of my textual corrections to it. Moreover, Georg Fabricius’ outstanding candor and kindness toward me, from the incredible enthusiasm of his diligence, recently shared his book with me, which he’d packed with whatever he could find out in his reading that had some bearing on emending and elucidating Plautus’ plays. I alone am responsible for everything else in this book. Because the 1552 text is printed as a single block, my paragraphing here is meant to clarify that Camerarius is not talking about two books, but three. The first is the Vetus, but the second is not, as is sometimes thought, “Georg 50 Michael Fontaine 20 Schäfer 2004 assumes the printer was at fault, but the fact that Camerarius had it printed locally in Leipzig the next year (ch. 8 below), rather than Basel, suggests he’d forgotten to mail it in the first place. 21 The 1545 letter (beginning “anni iam sunt”) is reprinted in his 1552 and 1558 editions, and I found an apograph in Camerarius 1586, 166r-173v. Ritschl KS 2, 100 and Hardin 2017 contextualize it. 22 Note how Camerarius editorializes that chain of transactions in the 1552 letter. 23 Ritschl KS 2, 111-112. Fabricius’ book.” Fabricius’ book is a third book, a collection of fragments that was supposed to be reprinted in Camerarius’ edition but accidentally got left out; I will come back to it in ch. 8. 20 The point to grasp here is that the “two books” Camerarius says he got help from are camels B and C - that is, the Vetus and the Decurtatus. We know a lot about the origins of the Vetus because Camerarius had written in greater detail about it in the preface to the 1545 partial edition of Plautus he’d published in Leipzig. 21 As he explains there, once upon a time Martin Pollich (1455-1513), the first rector of Wittenberg University, had owned it. In 1512, Pollich gave it Veit Werler, Camerarius’ former professor at Leipzig mentioned above, and in 1525 the humanist Michael Roting (1494-1588), Werler’s nephew, took it from Werler’s bookcase and gave it to Camerarius. By 1552, therefore, when Camerarius published his complete Plautus in Basel, he had had the manuscript in his possession for 27 years. 22 The situation with the Decurtatus is entirely different. Camerarius claims he got “help” (adminicula) from both manuscripts, but his claim does not match the evidence. As Ritschl puts it, A glance at any page of my edition of Bacchides or at the notes in Taubmann, Gruter, and Pareus on any scene at all in any one of Plautus’ twenty comedies can show that Camerarius didn’t mention 1 % of its manuscript variants. The editor of Ritschl’s Kleine Schriften interjects, “No kidding - not even 0.1%! ” 23 Equally strange is where and when Camerarius got the Decurtatus in the first place. Thanks to a subscription written on its first page, we know that the manuscript had once belonged to the library of the St. Corbinian abbey at Freising (Bavaria). But Camerarius does not say that or anything else about how it came into his possession. In his facsimile edition of the Decurtatus, Zangemeister complained, 51 Camerarius Camelarius 24 Zangemeister 1900, ii. Pace Zangemeister, however, the 1552 letter is not Camerarius’ first mention of the manuscript: ch. 6 below. 25 Bandini 2014, 115n.10. Ritschl KS 3, 54 (1848) and 90 (1871; Ritschl died in 1876). I’ve completely failed to find out by what rights Camerarius called this “his” manusc‐ ript or what year he got it in, though it is clear that this [1545 prefatory] letter is his first mention of it. He chose to say nothing of its origins. 24 A few years ago, Giorgia Bandini echoed him: “We cannot know how and when, once he had also gotten hold of C, Camerarius compared the two manuscripts.” We have thus made no progress since Ritschl, who wrote in 1848 “By what vicissitudes it reached Camerarius, is unknown,” and who ended an essay shortly before his death, “Anyone who can shed light on this mystery will be most appreciated.” 25 I’m pleased to say the first letter I found in 2017 might finally shed light on this mystery. 52 Michael Fontaine 5. Fabricius’ Letter of 1549 Fabricius’ 1549 letter to Camerarius (Bayerische Staatsbibliothek München, Clm 10431(1, Nr. 183 (fol. 201r)) 53 Camerarius Camelarius 26 Cited here as Fabricius 1549. 27 It eventually appeared as Fabricius 1566. In the preface (dated 1554), Fabricius showers praise on Camerarius’ 1552 edition of Plautus (p. 6v): “For his outstanding industry and outstanding enthusiasm, I also owe undying thanks to Joachim Camerarius, a gentleman famed for both his polymathic learning and his supreme virtues. He has now restored Plautus’ plays so successfully that it seems greater tribute should be paid to his singular diligence in emending the text than to the labors of all others in commenting on the text.” In the Bavarian State Library in Munich there is a random collection of manusc‐ ript letters to Camerarius and others from various scholars. 26 Among them is one about editing Plautus from the humanist Georg Fabricius of Chemnitz (1516-1571). This is the same Fabricius that Camerarius thanks in the 1552 preface (the two corresponded frequently over the years). Fabricius sent the letter on October 7, 1549, when he was rector of the Saint Afra school in Meißen (Saxony). The first two thirds are of great interest for the history of Plautine scholarship: Plautinas aliquot comoedias recentis editionis tuae, cum Aldino et Parisiense exemplo contuli, et cum in lectione veteri, tum in carminum ratione restituenda, magnam diligentiam et planè singulare iudicium animadverti. Vellem totum illud opus nos integrum habere, quod cum videaris quam primum absolvere velle, minime eges hortatore. Collegi scholasticum libellum ex illius poetae comoediis ad cotidiani sermonis usum, sed illum tam diu apud me retinebo, donec tuo labore frui possim. Extitit aliquot fabularum exemplum antiquum in Hassensteniana bibliotheca, quo olim Sturnus usus est, eius si nondum vidisti credo tibi potestatem fieri posse. Successus huius operae maxime in bonis exemplaribus positus est, et manuscripta non raro sunt impressis meliora, propter correctorum quorundam imperitiam et temeritatem. I compared the text of some of Plautus’ comedies in your new edition [sc. of 1549; ch. 7 below] to those in the Aldine and Paris editions. The pains you took and the good judgment you exercised were obvious in both the critical text and in fixing the meter of the polymetric cantica. I wish we had the complete edition! But since you seem eager to finish it off as soon as you can, you certainly don’t need me to cheer you on. I’ve finished assembling a textbook of extracts from the comedies of Plautus to teach students how to speak everyday Latin, but I’m going to hang on to it until I can have you take a look at it. 27 There is an ancient copy of some plays in Hassenstein’s library; Sturnus used it once. If you haven’t seen it yet, I believe you can get access to it. The success of this effort rests mostly on using good model texts, and manuscripts are often better than printed books, because of the inexperience and thoughtlessness of certain “correctors.” 54 Michael Fontaine 28 The library today includes three incunabula and postincunabula editions of Plautus’ works, but no manuscript. 29 Personal communication of 1/ 11/ 2018. 30 Vaculínová 2005, 39; Truhlář 1894, 120-121 adds a couple details to the skeleton I have cobbled together here. 31 Vaculínová 2006, passim. 32 Camerarius 1553b, Biiir: “Habebat tum academia Lipsica doctos viros multos. […] Sed aderant tum eruditionis et humanitatis principes Io. Sturnus, Vitus Berlerus […]”. My heart skipped a beat when I came across this letter; I assumed the third paragraph describes a new, unknown, and ancient manuscript of Plautus, still sitting unexploited on some shelf in “Hassenstein’s library.” Upon investigation, I have concluded the manuscript described must be one of Camerarius’ two camels, probably the Decurtatus. My case is only circumstantial, but if I’m right, then the mystery of that manuscript’s origin is partially solved. Here is my reasoning. 6. One Hump or Two? “Hassenstein’s library” refers to the Lobkowicz Library, a private library still in existence 35 km north of Prague. It was founded by the Bohemian aristocrat and humanist Bohuslaus von Hassenstein (1461-1510) in Hasištejn castle, near Meißen and Chemnitz, where Fabricius lived, and not far from Leipzig. In his time, Hassenstein amassed a huge library of more than 650 volumes. The library still possesses many of its manuscripts but it does not have one of Plautus, and has not since before 1520. 28 According to Kamil Boldan, the Plautus manuscript “must have been taken away in the first years after Bohuslav’s death (1510) because the catalogue of the Hassenstein library, which dates back to 1520, no longer lists it.” 29 As I will explain, Fabricius’ 1549 statement affirming its existence in the library must, therefore, be based on out-of-date hearsay and memory, not autopsy, and it arouses the suspicion that Fabricius could be referring to the Vetus. I would like to raise that possibility only to dismiss it. One of Hassenstein’s close friends was the humanist Johannes Sturnus of Schmalkalden. He is the man Fabricius says once “used” (usus est) the manuscript. Sturnus is an obscure figure. He apparently wrote little and even his dates are unknown. 30 Originally from Chomutov near the German border in Bohemia, he was a flatterer-turned-friend that hung around Hassenstein’s library and taught school there; Hassenstein’s works are filled with scores of affectionate poems to and from him. 31 After Hassenstein died in 1510, Sturnus went to Leipzig. In his biography of Eobanus Hessus, Camerarius mentions Sturnus respectfully alongside Veit Werler. 32 55 Camerarius Camelarius 33 Melchior 1615, 152. 34 Thus Vaculínová 2005, 37 assessing a 1561 letter from Fabricius to Matthaeus Collinus (Mitis 1562, A2v). 35 So I (tentatively) interpret his statements in Mitis 1563, A3r-A3v, where Fabricius contrasts Hassenstein’s scouring of Europe, Asia, and the African litoral to build up his library with his own experience of the world: “Etenim ipse, qui rerum multarum usum non habeo […].” He then adds, “Ut meae iam irascar puericię, qui non omnia cognoverim ex eius amico Sturno, ex quo, dum ludum Annaebergi privatum haberet, facile cognoscere potuissem intimos hominis [i.e. Bohuslai] sensus, et affectus.” 36 In 1520, several dozen volumes loaned to Martin Luther were later destroyed by fire on their way back (Boldan 2009). 37 Boldan 2009, 85. Sturnus next taught humaniora in a private school in Annaberg, Germany, near the Czech border. He was an old man by then, 33 and between 1532-1535, a teenaged Georg Fabricius met him there. 34 The two apparently never met again, and when Fabricius wrote the preface to a collection of Hassenstein’s writings many years later, he gives the impression that he traveled rarely, that he had not been especially well-connected to Sturnus, and that he perhaps knew more of Hassenstein’s Library by reputation than direct experience. 35 The simple solution, therefore, is to assume that Sturnus told Fabricius about the Plautus manuscript on that occasion in 1532-1535, and hence Fabricius’ seemingly authoritative statement to Camerarius in 1549 - 15 years later - about Sturnus having once (olim) used the book, is based on nothing but that memory. In other words, Fabricius had not seen the manuscript he was telling Camerarius to go get access to; it had been gone for three decades or more, and he was wrong to assume it was still there. After Hassenstein’s death in 1510, many books were loaned or donated and never recovered. 36 At the same time, a number of scholars visited to borrow his books; on a visit between 1513-1518, Camerarius received a Greek manuscript as a gift. 37 Now, if Fabricius’ “old manuscript” (exemplum antiquum) went missing between 1510 and 1520, it raises the obvious suspicion that it could have been the Vetus. Recall the tangled history of that manuscript (ch. 4): - Its first owner was Martin Pollich (1455-1513). - In 1512, Pollich gave it Veit Werler. - In 1525, Michael Roting took and gave it to Camerarius. Where did Pollich get it? No one knows, but one might easily imagine Sturnus - who seems to have been a bit of a drifter - quietly removing the manuscript as he departed Hassenstein’s court in 1510 and giving it to him. The timing is 56 Michael Fontaine 38 Ritschl KS 3, 90. 39 Reprinted 1552, 902-909 and 1558, 902-909. I found an apograph in Cameriarus 1586, 186r-189v. perfect, and another point one could make in favor of this hypothesis are the markings in the Vetus. Hassenstein did not use marks of provenance, but in his early years he did write some marginal notes in his books. Now, it is also the case that one or more early modern scholars added marks and notes to the Vetus and marks (but few notes) to the Decurtatus. Bandini 2014 attributes all of them in the Decurtatus to Camerarius, but in oral discussion of this paper in 2018, Ulrich Schlegelmilch opined that only the marks in red, and not the others, were from Camerarius’ hand. A lack of competence prevents me from deciding, and still less do I know about the marks and notes in the Vetus. If a skilled palaeographer will compare them to the notes Hassenstein made in his own manuscripts, then the case could be made that Fabricius meant the Vetus, and we now know its origin. I doubt it, however, and for two reasons. First, Camerarius had had the Vetus since 1525 and had been publishing partial editions based on its variants for years. He said so explicitly in the 1545 edition (note 21 above) and by 1549, it is impossible that Fabricius did not know that. Of course, if Fabricius (wrongly) believed Sturnus’ MS was still in Hassenstein’s Library, then he could never have connected the two. Hence everything hinges on the second point, namely, Fabricius calls the manuscript a partial one (aliquot fabularum). That does not suit the Vetus - which is a two-humped camel - but it does describe the Decurtatus, our one-humped camel. It is time to return to it. 7. The Czeckered past of the Decurtatus Recall that the Decurtatus had once belonged to Freising Abbey (ch. 4 above), but many of its manuscripts were carried off and dispersed in the 14th and 15th centuries. 38 Because that is precisely the time Hassenstein began amassing his collection, it is plausible to suppose - though it cannot be proven - that Hassenstein acquired it there and then. And as I will now explain, it is also plausible to suppose Camerarius had, quite coincidentally, acquired the Decurtatus only shortly before Fabricius wrote him about it. Consider the timing. In my view, the “new edition” (recentis editionis tuae) Fabricius refers to must be Camerarius’ 1549 partial edition of Plautus rather than his 1545 partial edition of Plautus. I say that because it begins with a preface dated August 24, 1549 - that is, only six weeks and a couple days before Fabricius’ letter of October 7. 39 In it, Camerarius writes (pp. 12-13): 57 Camerarius Camelarius 40 Bandini 2014, 110 n. 3. 41 He cites alter liber or alterum exemplar on Mercator 52, Pseudolus 182, and Persa 764, and nostri libri or uno exemplari on Persa 68a, Rudens 23, 295, 417, 918, 1012, and 1182. […] et nunc post priores quinque fabulas Plautinas […] nunc has alteras sex tradidimus exprimendas Valentino nostro […]. Sed ad operis perfectionem opus erit quasi Zephyri flatu quodam pacis et ocii […]. And now, after the first five comedies of Plautus […] I’ve now sent off this second batch of six to our friend Valentin [sc. Papa/ Bapst, Camerarius’ printer in Leipzig] to print […]. But to finish the job, I’m going to need a certain breeze of peace and quiet, as if from Zephyr. In my view, Fabricius is echoing the words ad operis perfectionem, “to finish the job,” in writing totum illud opus […] cum videaris quam primum absolvere velle, “since you seem eager to finish the whole job off as soon as you can.” Given the tight timeframe between Camerarius’ preface and Fabricius’ letter - just six weeks - it would be natural to assume that Fabricius’ letter is what prompted Camerarius to discover and go obtain the Decurtatus from the Hassenstein library. It would also be natural to fix that moment between October 8, 1549, and 1552, when his Basel edition first appeared. That is what I assumed at first, and it is nearly what other scholars had assumed even without knowing about Fabricius’ letter. As noted above (n. 24), Zangemeister thought the 1552 edition was the first time Camerarius ever mentioned the Decurtatus. And Bandini writes, Camerarius seems to cite both codices for the first time in the introduction to the 1552 edition […]. In the preface of the 1545 partial work, by contrast, he only cited B. This suggests Camerarius already had possession of the Vetus codex and that it was only after that date that he also had C in his hands. 40 Nevertheless, as Marion Gindhart pointed out to me, our assumption is wrong, and the reality more complicated. In truth, Camerarius first alludes to the Decurtatus in ten endnotes in his 1549 edition - that is, the same edition that prompted Fabricius’ letter. 41 He refers to it, vaguely, as “the other book” or “in one copy,” but the readings he cites match or fit those of the Decurtatus. He does not cite it in his Epidicus or Bacchides, which are the first two plays in the book, and he says nothing descriptive about it at any point. This situation suggests Camerarius edited the plays in the traditional order and did not revise his work after completing them. It also suggests that in 1548 or 1549 Camerarius must have quietly gotten the Decurtatus from someone while 58 Michael Fontaine 42 Ritschl KS 3, 67-69. (1) (2) he was editing Mercator. I suspect Fabricius simply overlooked these endnotes or did not understand them, and, by sheer coincidence, sent Camerarius to go find the very same manuscript he’d already taken possession of a year or two earlier. How did Camerarius get the Decurtatus? In my view, the scant use to which he put it suggests it was an unwanted gift. By 1548, he had been editing Plautus for 23 years and publishing partial results. It would not be surprising if he closed his eyes to a “white elephant” at the eleventh hour. Who would want to redo everything at that point? Invito data, redditur albus res elephantus. The second letter I discovered in 2017 supports that impression. 8. Camerarius’ Confession Esse ego ne nimius videar Camerariomastix, conspice quod latuit saecula, lector, opus. As promised above (ch. 4), I can now explain the reference to “the book of Georg Fabricius” that Camerarius mentions in the preface to his 1552 Basel-Hervagius edition. The year after that edition appeared, Camerarius published a little pamphlet, not in Basel with Hervagius, but with Valentin Papa (Bapst) in Leipzig, the same local printer that had printed his 1545 and 1549 Plautuses. Its title is Indicationes multorum quae ad lectionem fabularum Plauti nonnihil momenti afferre possint. Quae collegit Georgius Fabricius Chemnicensis. Emendationes editi exempli Plautini (i.e. his printed 1552 copy) a Ioachimo Camerario, de recognitione ipsius (i.e. by Camerarius himself, not Fabricius). The formatting of the title makes it hard to understand that this pamphlet contains two different works: Camerarius’ own corrections to his 1552 Basel text, and Fabricius’ collection of the fragments of Plautus. Hence, although the positioning of Fabricius’ name at the top of the title page makes it look like he is the author of everything (and has been so catalogued), the book belongs to Camerarius. The sole copy to survive to modern times is held in the Dresden library. The last person to look at it was Ritschl, who wrote a short notice of it. 42 He describes its contents, quotes a few lines from its prefatory letter to the printer, 59 Camerarius Camelarius 43 Ritschl KS 3, 68. 44 This fact is announced on the 1558 title page, where nonnihil momenti afferre possint echoes aliquid momenti haberet in the description of “Fabricius’ book” in Camerarius’ 1552 prefatory letter (ch. 4). 45 Camerarius 1553a, A2r-A3r. I also discovered an apograph in Camerarius 1586, 231r-v, and have followed its punctuation. 46 Emendatarum (so the apograph) is misprinted emendaturum in Camerarius 1553a. 47 The apograph has illa. (1) (2) (3) (4) and then adds, “This pamphlet cannot be ignored by anyone who wants to get to know Camerarius’ true opinion and intention.” 43 The context that Fabricius’ 1549 letter now gives us makes it clear that Ritschl was even more prophetic than he realized, for this uknown pamphlet was intended to supplement Camerarius’ 1552 Basel edition of Plautus. It consists of: a 1553 letter from Camerarius to Joannes Hervagius, his printer in Basel, a 1550 letter from Fabricius to Camerarius consisting of a single paragraph; it is a cover letter to Fabricius’ collection of the fragments of Plautus, and Camerarius’ corrections and new notes to his 1552 Basel edition. When Hervagius reprinted Camerarius’ 1552 edition in 1558, he treated these four sections differently: - He silently disassembled and incorporated (4) ad locum in their entirety. - He reprinted (2) and (3) in their entirety. 44 - He suppressed (1) without saying a word. It is, of course, (1) that is of greatest interest today, because in it, Camerarius confesses that he had been too lazy to proofread his manuscript before mailing it to Hervagius (or less likely, that he was too lazy to check the galley proofs Hervagius had sent him): 45 Ioachimus Camerarius Pabeperg. Iohanni Hervagio Bibliopolae Basiliensi S.D. Cum nuper ad te misissem absolutum tandem opus emendatarum 46 Plauti fabularum, ut tua industria ederetur ad lectionem utilem studiosorum linguae Latinae, statim postea subiit vereri id quod expressis exemplis accidisse depraehendi, ne mendosius illae 47 publicarentur. Cum enim multum temporis et cogitationum mearum in illius autoris scriptis recognoscendis posuissem, et non modo taedium iam quoddam in labore diuturniore, sed nonnunquam etiam dubitationes oborirentur, nunquid talis occupationis et profanitatem offensuram esse divinum numen, et tenuitatem contemtum iri a doctis, videretur esse pertimescendum, operam tum dedimus, ut illud 60 Michael Fontaine 48 Indeed, the 1558 reprint did introduce many new typos. 49 Camerarius voices these concerns in the preface to Camerarius 1549. quasi pensum, quod mihi mea voluntas dedisset quamprimum absolveretur, et mihi a molestia cum operae tum curae acquiescere liceret. Etsi autem et mihi ipsi et aliis probasse me confido rationes consilii et facti mei, tamen tum accidit ut illud opus correctionum nostrarum, neque diligenter in fastidio, neque plane in festinatione, neque explicate inter multiplicia negotia quae tum mihi offerebantur, confectum ad te mitteremus. Itaque, ut dixi supra, postea cogitans verebar, ne mendosius publicarentur exempla, cum mihi et meae negligentiae et incuriae operarum vestrarum in mentem veniret. To Johannes Hervagius, bookseller in Basel, Joachim Camerarius of Bamberg sends greetings Not long ago, right after I sent you the book of Plautine plays I’d finally finished emending, qualms crept in. I’d sent you those plays so you could carefully publish them for the benefit of Latin scholars, but I was worried those comedies would come out riddled with mistakes when they were published (I’ve seen it happen in printed copies). 48 You see, I’d devoted a lot of time and energy to checking and rechecking Plautus’ writings, and I was getting a little sick and tired of the neverending work. And not only that, I also began doubting from time to time whether I should be afraid that God would get offended at the profanity of what I was working on, and/ or that scholars would regard it as frivolous and turn their noses up at it. 49 Because of that, I started doing everything I could to finish the job (which I’d given myself of my own free choice), to finish it as fast as I could so that I could get away from the toil and the anxiety and get back to normal. Moreover, although I’m confident that the reasons of my work product have won me the esteem of myself and others (? ), the fact of the matter is, I did send you a book of corrections I’d made that wasn’t completed carefully (because I was so sick of it), nor clearly (because I was rushing the job), nor as plainly as it could be (because many other matters kept getting in my way when I was trying to work on it). And so as I said, as I was thinking about it afterwards, and every time that my own laziness and your proofreaders’ carelessness would come to mind, I kept getting anxious that copies of my edition would be published full of mistakes. Camerarius goes on to say that the more he thought about it, the more he decided his work on Plautus was not blasphemous; on the contrary, it would prove useful, even necessary, for scholars to become acquainted with Plautus’ writings if they wanted to truly understand Latin. Confident in that belief, therefore, he adds: 61 Camerarius Camelarius 50 The apograph omits illa. 51 But Camerarius did eventually continue his work on Plautus. In later years he wrote a few notes in a copy of his 1558 edition; that copy later passed to Ludwig Camerarius and then to Janus Gruter, who incorporated the notes into his own 1621 edition (Schäfer 2004, 459-464; on p. 64 he quotes Gruter 1621, 756: “Camer. in curis secundis ad Plautum, qui servantur a nepote eius V.C. Ludovico Camerario, consiliario Palatino.”) […] quod credibile esset te aliquando Plautina nostra exempla de officina tua denuo esse emissurum, sepositis aliis rebus, annotavi ea quae perperam expressa essent, ut altera editio tua esset inculpatior. Haec publice hic edi volui, ideo, ut qui iam exempla illa 50 comparassent, de nostra subiectione errata possent corrigere, nam omnino decrevimus hoc quasi cumulo studii nostri extremam manum imponere ei labori, quem huic autori impendimus. 51 Ne tamen nimis exilis et parvus esset hic libellus si nihil nisi correctiones erratorum in officina complecteretur, addidimus et Georgii Fabricii eruditiss. viri summi nostri, incredibilis diligentiae praeclariss. studio conquisita quaedam, habitura momenti et adiumenti allatura plurimum ad Plautinarum fabularum fructuosam lectionem. Quae mitto ad te et peto ut secundum illa ubi iterum edere Plauti fabularum nostrarum exempla volueris, libros corrigi, et, nisi tibi non videatur, hunc etiam libellum istic iam exprimi cures. [The rest of the letter is general flattery.] Because it seemed likely you’d eventually republish my edition of Plautus, I put other business aside and drew up a list of things that had been printed mistakenly, so that your second printing would be less open to criticism. I wanted the list to be published here so that people who have already bought the first edition could use this appendix to correct the mistakes. You see, I have firmly decided that with this mass (as it were) of my attention [i.e. the list or appendix], to put my finishing stroke on the effort I’m giving to Plautus. Still, so that this pamphlet won’t be too small or insubstantial if all it contains is a list of typos, I’ve also added a number of things hunted down by Georg Fabricius. They will make a tremendous impact and offer a ton of help for reading Plautus’ plays properly. I’m sending them to you, and I ask than when you do want to reprint my edition of Plautus’ plays, you use it to correct them; and unless you don’t think it’s a good idea, I ask that you soon have this pamphlet printed there in Basel, too. But Hervagius ignored that last request. As the title page announces, the pamphlet was printed not in Basel but in Leipzig, where Camerarius lived. It is impossible to say whether Hervagius took offense at what now looks like an “open letter to Hervagius,” in which Camerarius waffles between accepting and rejecting blame for “mistakes” in the text, but it would be reasonable. 62 Michael Fontaine 52 Karin Zimmermann, personal communication of January 10, 2018. 9. Conclusion To sum up, my case remains circumstantial. I doubt the camel Fabricius mentions in his 1549 letter is the Vetus, though a palaeographer could change my mind (ch. 6), and I cannot prove it is the Decurtatus (ch. 7), because the Decurtatus contains no notes resembling Hassenstein’s handwriting, and nothing is written on its untrimmed front, top, or bottom edges. If proof does exist - a shelfmark, say, or a handwritten title - a peek behind its binding might tell us. When I asked the Heidelberg librarian to pull it off and check, however, she politely refused. 52 Nevertheless, if the salt road that brought us Plautus did pass through Bohemia, then in these days of increasing interest in provenance, some folks at the Lobkowicz Library might want their book back. Hactenus en potui; tu nunc succede camelis curandis, aliquis lector amice, mihi. Summa: librum Decurtatum decorticet audax, et Veteri impositas cum veter, ede notas. 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Lipsiae: in officina Valentini Papae, 1549 [contains Epidicus, Bacchides, Mercator, Pseudolus, Rudens, and Persa]. Camerarius, Joachim: Indicationes multorum quae ad lectionem fabularum Plauti non‐ nihil momenti afferre possint. Quae collegit Georgius Fabricius Chemnicensis. Emen‐ 63 Camerarius Camelarius dationes editi exempli Plautini a Ioachimo Camerario, de recognitione ipsius, Lipsiae, in officina Valentini Papae, 1553 (= Camerarius 1553a). Camerarius, Joachim: Narratio de H. Eobano Hesso, comprehendens mentionem de compluribus illius aetatis doctis & eruditis viris, Nuremberg 1553 (= Camerarius 1553b). Camerarius, Joachim. 1566. Letter to Johannes Oporinus. Printed in Ritschl KS 3, 70-73. Camerarius, Joachim: Joachimi Camerarii (I) orationes, carmina, commentarii, epistolae latinae et graecae (maximam partem apographa), (Ludwig Camerarius, Kalligraf), 1586, 1590 und früher (? ) - BSB Clm 10393, [S.l.], [BSB-Hss Clm 10393] (Bavarian State Library). 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The truthfulness of Ratherius’ statement has been questioned by Fiesoli 2004, 24-25. We should also recall the anonymous author of a letter, published by Bischoff 1932 and dated to the tenth century, which we find at the foot of the translation of the Platonic Timaeus commented upon by Chalcidius in ms. Bamberg, Staatsbibliothek, Class. 18, f. 117v (the author, who asked for a manuscript of Plautus and by mistake received one of Plato, on returning the latter writes an amusing letter in which he mentions various fragments and titles of comedies probably known from Festus). The Reception of Plautus’ Fragmentary Plays in the Scholarship of the Fifteenth to Seventeenth Century Salvatore Monda (Molise) The question of the authenticity of Plautus’ non-Varronian plays was already in antiquity a critical debate discussed so much that today most of our knowledge of the early Latin grammarians and of the scholarship of Republican Rome is derived from witnesses to the ancient textual criticism of Plautus. In the Middle Ages and at the beginning of Humanism interest in works transmitted in fragments suffered a considerable and general fall, from the sixteenth century it returned to the top of scholars’ interests. In the Middle Ages Plautus’ plays were not known. 1 However, knowledge of his name continued to be widespread, along with that of many other poets who were little known at that time and of whom today there remain only scanty fragments (Naevius, Ennius, Pacuvius, and many others). This is the case, for instance, of some late-medieval lexica and other scholarly compilations, such as De poetis, De viris illustribus, and similar works. An interest in the fragments of non-Varronian plays in the modern era would develop only once the corpus of twenty comedies was well known. But the study of fragments is necessarily connected to the cataloguing of the titles of the comedies ascribed to Plautus. When, in the first phase of Humanism, the main 2 See Fera 1990, 516. 3 On the link between the bio-bibliographical tradition and the collecting of fragments see Dionisotti 1997, 8-9; Petoletti 2000, 23-37. 4 Vincentius Bellovacensis (ca. 1190 - 1264). Cited from the printed edition: Bibliotheca mundi seu Speculi maioris Vincentii Burgundi praesulis Bellovacensis ordinis Praedica‐ torum… Tomus quartus qui Speculum historiale inscribitur […], Duaci, ex Officina Typographica Baltazaris Belleri 1624, lib. V cap. 55. 5 Gualterus Burlaeus (1275-1345? ). 6 On Plautus pp. 334-336 Knust (the text is based on printed editions). More reliable, though less widespread, is the edition of Stigall 1956, 211-212, whose text consists of a selection of manuscripts. On the problem of attribution to Burley see Petoletti 2000, 36. 7 See Sabbadini 1905, 1-22. 8 Ioannis de Columna (ca. 1298 - 1343/ 4). See Forte 1950; Ross 1970; Surdich 1982. For the De viris illustribus I consulted the ms. Vat. Barb. Lat. 2351 (f. 101r-v); for the Mare historiarum the Vat. Lat. 4963 (f. 102r). activity of scholars consisted in obtaining texts previously unknown, the first step was to compile indices of titles and to realize plans to rediscover and recover a great number of classical Latin manuscripts. 2 For an author like Plautus at first there was no difference between titles of Varronian comedies and titles of lost comedies, even though Gellius, who discussed this question, was well known. Let us look at the main stages of this story. In the late Middle Ages many scholars compiled works in which they attempt to outline the biography of the Latin authors. 3 Plautus is mentioned in the Speculum historiale by the Dominican Friar Vincent de Beauvais, which contains a chapter entitled De Plauto poeta comico et dictis eius, 4 with scanty biographical information derived from Gellius and a collection of sayings from the Aulularia. The lemma Plaucius (later corrected to Plautus in the printed editions) that we find in the Liber de vita et moribus philosophorum by the scholastic philosopher Walter Burley 5 certainly depends on Vincent de Beauvais. Burley’s work, which had an enormous fortuna, as witnessed by a very high number of manuscripts, is full of wrong attributions and gross chronological errors. 6 On Plaucius Burley begins as follows: poeta comicus, Tulli discipulus, Rome claruit. From Gellius he draws the report that slavery for debts forced the poet to write and sell comedies. These data, however, will then be taken up, corrected, and supplemented by some Italian scholars of the Veronese and Paduan prehumanism, 7 starting with Giovanni Colonna and his De viris illustribus and Mare historiarum. 8 The chapter De Plauto comico poeta of the Liber de viris illustribus repeats almost word for word the passage of Burley, while in the Mare historiarum (De Ennio, Pacubio, Plauto et Nevio atque Possidonio qui per ea tempora in Italia claruerunt) Colonna also quotes Plautus’ epitaph. However, none of these works mentions Plautine 68 Salvatore Monda 9 Gulielmus Pastrengicus (ca. 1290 - 1362). 10 See Avena 1906; edition of the De viris in Bottari 1991. 11 Bottari 1991, 14 n. 26 points out that the definition of Accius as a comic poet is not reflected in other works of the time. 12 Bottari 1991, 180-181 (and 14) highlights the sources of Guglielmo da Pastrengo for the Plautine titles, but he does not find (or try to find) explanations for the erroneous ones. 13 Ca. 1375 - 1446. Ed. by Ullman 1928 (on Sicco Polenton see also Viti 1976). titles or recalls the question of the uncertain attribution of some plays, at least not in terms of the problem raised by Gellius. The first scholar to focus widely on the works of the authors he quotes is Guglielmo da Pastrengo, 9 jurist and literatus from Verona, also known for his friendship and correspondence with Francesco Petrarca. His De viris illustribus  10 is structured according to the alphabetical order used already by Burley. He mentions some titles of Plautus’ comedies (p. 180-181 Bottari): Plautus, poeta comicus, post secundum bellum Punicum non multum ultra annos XV, ut refert Agelius, in scena florens, scripsit comedias: Captivos, Cassinam, Deiphebum, Cistellariam, Pseudodoneam, Rudentem, Gurgilionem, Menechos, Bachides, Mustela‐ riam, Asinariam, Truculentum, Militem gloriosum, Aululariam, Penulum, De natura deorum, Epidicum, Menegnos, Vidulariam, Amphidrionem, Persas, Merchatorem, Lenones, Calceolum, Astrabam, Bacariam. The main source is Priscian (Nonius was not yet known to the scholars of Verona and for Festus we must wait for the recovery of the codex Farnesianus). Eighteen of the twenty-one extant plays of Plautus are cited (Pseudolus, Stichus, and Trinummus are missing). The presence of the Deiphebus (sic) should be explained by the confusion of Plautus’ nomen, which was then thought to be Accius; the title is in fact also present among Accius’ tragedies (p. 14, 8 Bottari), who, again because of the same mistake, is called poeta comicus by Guglielmo. 11 Varro’s Menippean satire Pseudodonea (for Pseudaeneas) and Cicero’s De natura deorum are errors due to the praenomen Marcus assigned to Plautus too. 12 Menechos and Menegnos are of course the Menaechmi. The last four are non-Varronian plays: Lenones quoted by Priscian, Calceolus by Macrobius, Astraba by Gellius, and Bacaria again by Macrobius. Other non-Varronian plays, together with Stichus and Trinummus, appear under the entry dedicated to Pacuvius (p. 179 Bottari). Compared to these first attempts at a bio-bibliographic arrangement of the material, the next generation of Renaissance humanists takes a major step forward, thanks, above all, to their very careful and intelligent use of ancient sources. As regards Plautus an example is the erudite work of Sicco Polenton. 13 In the second of his Scriptorum illustrium Latinae linguae libri XVIII the section 69 The Reception of Plautus’ Fragmentary Plays 14 I consulted the De honesta disciplina lib. XXV. De poetis Latinis lib. V et poematum lib. II cum indicibus suis, [Parisiis], ex Aedibus Ascensianis 1508, but the first printed edition is Florentiae 1505. 15 See Ritschl 1845, 65-66, Questa 1985, 266 n. 10; Cappelletto 1988, 60-61, 259 n. 7, 262. 16 Tontini 1996 and 2002. on comic poets is inspired by the canon of Volcacius Sedigitus (considered, as often happens among the humanists, to be Nigidius Figulus). The second poet is Plautus (pp. 53-55 Ullman). Sicco Polenton provides essential information on Plautus’ life and art, also recalling the poet’s self-epitaph. He is the first scholar to deal with the number of the comedies (he uses Gell. 3, 3 and Serv. praef. in Aen. p. 4, 15 Thilo-Hagen): Comoedias vero edidit Plautus multas […] quales autem et quot essent, quod multae dubii atque incerti nominis vagarentur, magnum inter peritos certamen fecit. Eas quidem numero esse nonnulli quinque et viginti, multi XL, aliqui centum, quidam XXX etiam super centum putant (p. 54 Ullman). And, in this regard, Sicco Polenton also forms his own judgment: quid autem verius, credi potius quam certo discerni potest. He recalls Varro’s thesis on the possible confusion between two poets, Plautus and Plautius (auctorem hac in re Varronem sequor, p. 55 Ullman); he also claims that neque vero defuerant qui vere scriptas a Plauto sua vel temeritate vel arbitrio usurpassent, and then mentions Gellius’ account, according to which Plautus would amend the comedies of pre‐ vious poets too. His sources are almost all that we possess today to reconstruct the Plautine question. Sicco Polenton never mentions any comedy titles, but his exposition is extremely clear and can be appreciated for the lucidity of his judgment. Much of his information was then taken by a pupil of Politian, Pietro Ricci or del Riccio, better known as Petrus Crinitus, in his De poetis Latinis. 14 This work enjoyed a great success, so much so that the extract of Plautus’ life was printed in almost all editions of Plautine plays until the eighteenth century. Some titles of non-Varronian comedies are collected, together with the testimonia on the life of the poet, in humanistic manuscripts containing the twenty comedies of Plautus. On more than one occasion these lives indicate the number of plays and mention the problem of authorship of some of them: always cited is Gellius (often named Agellius) and what he wrote on this subject in 3, 3, 10-11. 15 The composite ms. Escorialensis T. II. 8, which contains the corpus of twenty comedies in two parts, the first written about 1420 and the second about 1435, is the oldest known exemplar of the so-called Itala recensio. The manuscript presents a great number of marginal notes, ascribed by Alba Tontini to Antonio Beccadelli, also known as Panormita. 16 Before the text of the 70 Salvatore Monda 17 This in is probably an error by dittography of inveni (see also Cappelletto 1988, 258 n. 4 on the same mistake in the ms. Vindobonensis 3168, descriptus of the Escorialensis and written by Pontano). 18 The Cornucopiae is preserved in the ms. Vat. Urb. Lat. 301, given by Perotti to Federico of Urbino and containing marginal corrections in Perotti’s hand. The first printed edition is that of Ludovico Odasi, Venetiis 1489, followed by that of Polidoro Virgilio of Urbino, Venetiis 1496; the most important are the Aldines of 1499, 1513 (from this edition onwards the Cornucopiae is printed together with Varro, Festus and Nonius), 1517 and 1526 (the latter with the addition of an index of Greek terms). 19 Oliver 1947. comedies there is a series of titles of non-Varronian plays from Nonius: Apud Nonium Marcellum has quoque allegatas inveni in: 17 Cornicularia, Chryses (the final -s is added), Medicus (Medico then corrected), Astraba, Frivolaria, Plocinus (Plocino then corrected), Vidularia, Carbonaria. The author of the marginal notes must therefore have drawn this list of comedies from Nonius alone (the only author who calls the Cornicula by the name Cornicularia and who, this time like Priscian, abbreviates the Parasitus medicus as Medicus). The presence of Pacuvius’ Chryses is explained by the fact that Nonius (p. 105 Lindsay), after two quotations from Plautus, mistakenly quotes a line of the Chryses, assigning it to Plautus instead of Pacuvius (trag. 93 Ribbeck³). On the left margin is written: De astraba tamen dubitare se Nonius (p. 97 Lindsay) dicit utrum ea Plauti sit in vocabulo: apludas. All this demonstrates a secondary interest in Plautus’ fragmentary plays: the scribe reported only titles found by chance, for, had he wished, he could have composed a more complete list of titles, since at that time Varro, Gellius, Nonius, and Priscian were available. The discovery, by Nicholas of Cusa, of a manuscript with twelve new comedies is recent: Plautus is now a well-known playwright. But the lists of titles are still written in the hope of new discoveries: in the fifteenth century there is still no awareness of selecting and collecting fragments as such. Niccolò Perotti, in his Cornucopiae, a commentary on Martial’s Liber specta‐ culorum and First Book of Epigrams, quotes a lot of passages unknown to us from various authors, including Plautus. 18 These fragments are mentioned without giving them any particular weight. If they were authentic and not composed by Perotti himself or found in humanistic glossaries, we would think that he had not understood their importance, or perhaps even that he was not particularly aware of it. But most likely they are false fragments, which the scholar quoted in good faith. In 1947 Revilo Pendleton Oliver 19 was the first to notice the presence of new fragments, especially of Latin authors of the Republican era. Oliver claimed that these fragments came from an edition of Nonius that was 71 The Reception of Plautus’ Fragmentary Plays 20 Prete 1986 seems also to be thinking of a Nonius auctus. 21 Bertini 1967; 1981; 1982; 1983, 37-38; 1986. 22 See Gatti 1980. 23 Timpanaro 1952, 208-209 (the Plautine fragments are pseudosenarii of the type found in Piccolomini’s Chrysis). 24 See Oliver 1947, 405-410 and 417-424. 25 Dictionarium seu Latinae linguae thesaurus, Parisiis, Ex officina Roberti Stephani, 1531. augmented, in comparison to the edition we now possess (Nonius auctus). 20 However, Oliver’s proof of the existence of an exemplar of Nonius in the margin of which some learned monks added passages of lost glossaries that were still extant at that time is far from convincing. Ferruccio Bertini, on the other hand, presented in numerous articles his theory of the existence of a Nonius plenior. 21 In my opinion this possibility is to be rejected too: many fragments cited by Perotti concern authors such as Apuleius who never (or almost never) appear in Nonius. In the fifteenth century there were in fact interpolated copies of the De compendiosa doctrina  22 and the interpolations seem generally humanistic. Sebastiano Timpanaro, who examined the Ennius quotations, considered them a humanistic fake, arguing mainly on metrical and linguistic grounds. 23 Among the authors most frequently quoted by Perotti the name of Plautus stands out, also for the presence of numerous ‘new’ fragments of the playwright. 24 After the 16th March 1477 Perotti returned to Sassoferrato where he died on the 15th December 1480; it was in these years that he worked on the Cornucopiae. The nephew, Pirro, to whom we owe the preface, says that the work served his uncle as personal study notes. Perhaps his library in Sassoferrato was not well-stocked with books. I suspect that often Perotti did not check the sources, quoting them from memory, and sometimes inventing some quotations. When a line seems perfect but contains a serious metrical error, the possibility that it could be a humanistic quasi versus is very high. I am thinking, for example, of a line attributed to Plautus by Perotti (ed. 1526, 10 = I 53 Charlet): Coniice, conde, cela ne quis vĭdeat. Furthermore, the assumption that conicere means abscondere, as Perotti argues, is simply untrue. In another passage Perotti assigns to Plautus a verb, fortificare, that is attested for the first time in Caelius Aurelianus. The fragment is (ed. 1526, 34 = I 168 Charlet): fortifica animum Robert Estienne in his Latin dictionary 25 specifically mentions Perotti’s Cornu‐ copiae among his sources. Estienne usually gives very accurate quotations of 72 Salvatore Monda 26 Forcellini 1940, II 524. 27 On Calderini see Dionisotti 1968; Timpanaro 1974; Campanelli 2001. On the false quotations see Dunston 1968, 144-149. 28 See Grafton 1983, 24; Pontani 2011, 93-96 (in general on Politian’s philology see at least Timpanaro 1981, 4-9; Fera 1990, 522-528; Grafton 1983, 9-44; Grafton 1991, 47-75; Wilson 2017, 115-128). 29 Miscellaneorum centuria prima, Florentiae, Ant. Miscominus, 1489 (I quote from Politi‐ an’s Opera omnia, Basileae, apud Nicolaum Episcopium iuniorem, 1553, 304). 30 The passage is quoted also by Dionisotti 1997, 26-28. 31 Politian re-uses the topos of comparing antiquarianism to the recovery of a shipwreck, whose origin is in the preface of Flavio Biondo’s Italia Illustrata (1453). No one who has taken an interest in the topos has noted Politian’s passage: Grafton 1983, 112 and n. 66; Kassel 1991, 243 = 2005, 7-8. the passages chosen as examples, while for the lemma fortifico (I 324) he simply writes Plaut. fortifica animum. It is clear that this example originated with Perotti. The erroneous attribution to Plautus of the verb will be questioned only by Forcellini: «quod ex Plauto afferunt quidam Lexicographi fortifica animum, suspectum, ne dicam falsum, valde est». 26 Perotti is not an isolated case. In Domizio Calderini’s writings too we find incorrect and false lines, almost always from second-hand quotations. 27 This is not surprising for someone who even invented the ancient historian Marius Rusticus, nor is it surprising that he, like Perotti, gives no emphasis to the ‘new’ fragments of Plautus. That someone in the fifteenth century would be interested in fragments is not self-evident. Angelo Ambrogini, known as Politian, was one of the few at that time to take an interest in the texts transmitted in fragments. He worked on Callimachus’ Lock of Berenice, Hecale, and Aetia when other scholars were dealing only with the hymns, and he studied Eupolis’ Demoi. 28 Politian dedicates chapter 91 of his Miscellaneorum centuria prima to this comedy and, with regard to collections of fragments, writes: 29 agedum (si placet) ipsos ex Eupolidos δήμοις (id enim comoediae nomen) versiculos subiiciamus, gratum puto futurum studiosis, si ceu spicilegium racemationemque faciamus, aut si tabulas veluti quaspiam ex hoc literarum naufragio collectas, in corpus aliquod restituamus. 30 With this passage Politian inaugurates the successful tradition of the shipwreck simile comparing the remains of ancient authors to those of a sunken raft, which was destined to become a topos when referring to the collections of fragments. 31 73 The Reception of Plautus’ Fragmentary Plays 32 See Maïer 1966, 205 and above all Rizzo 1998, 85. We also know that on 12th May 1488, under the direction of Paolo Campanini da Prato, Politian staged in Florence, in San Lorenzo, the Menaechmi with a prologue composed by himself (ed. by Del Lungo 1867, 281-284; see also Bausi 1991 and Martelli 1995, 62-71). 33 See Rizzo 1986, 384-385, and now Rizzo 2016, 195-203. 34 Ed. by Rizzo 2016, 210-221. 35 Miscellaneorum centuria secunda ch. 25 (edd. V. Branca - M. Pastore Stocchi, Firenze 1972). 36 An additional second writing variant is papillulae (from papillae of the Plautine fragment) which replaces the first reading mamillulae. 37 In general for the critical work on classical texts (also in fragments) in the modern age see at least Dionisotti 1997, Heldmann 2003, and Vanek 2007, 198-206. On collecting Greek fragments from the second half of the sixteenth century onwards see Kassel 1991 = 2005. 38 On the history of the editions of Plautus, still worthy of consideration is the work of Ritschl 1868; see also Goetz 1894; Calderan 2004, 32-36. When Politian argues about the linguistic variety of a classical author or when he himself makes use of rare Latin words, he often turns to Plautus. 32 In a couple of cases, fragments are involved. A few years ago, attention was drawn by Silvia Rizzo to a fragment taken from Plautus’ Frivolaria: 33 on the basis of early manuscripts Politian restored the term sororientes in Pliny the Elder (nat. hist. 31, 66). He used this hapax also in his poem Puella. 34 Later, however, after finding in Plautus the attestation of sororiare (Frivol. VIII Monda, quoted by Festus p. 380 Lindsay), Politian thought that Pliny’s reading should be corrected to sororiantes  35 and so he wanted to replace this form also in his poem. 36 Another Plautine fragment (inc. XV Monda), also drawn from Festus, is quoted by Politian in his commentary on line 35 of Terence’s Andria (p. 42, 14 Lattanzi Roselli): ‘Deiurare’: eiuratio - ut Festus - significat id quod desideretur non posse praestari. Plautus: eiuravit militiam. So, in the fifteenth century, excepting perhaps Politian, there was no great interest in fragmentary works, nor for collecting them. In the case of Plautus (though the point can be extended to all the playwrights) there are no traces of editions of fragmentary plays in humanistic manuscripts. The advent of the printing press, however, favoured larger and more complex publishing operations. 37 The Vidularia, of course, at this point remained one of the lost plays. The editio princeps by Giorgio Merula (1472) and the two editions by Eusebius Scutarius (1490 and 1495) did not contain the fragments, but at the end of the fifteenth century the times were ripe for a collection of Plautus’ lost plays. 38 Thus, in the Plautus cum correctione et interpretatione Hermolai, Merulae, Politiani et Beroaldi et cum multis additionibus, probably published in Milan in 74 Salvatore Monda 39 The edition has no printer’s name, place, or date: see Ritschl 1868, 44-48. It is often called Galbiati’s Plautus, from the name of the amanuensis of Merula, Giorgio Galbiate or Galbiati. 40 Ritschl mistakenly believed that Charpentarius published the first edition of the Plautine fragments. 41 On Georg Goldschmied (named Fabricius) see Baumgarten-Crusius 1839; Kämmel 1877. 42 On Plautus and Camerarius see Ritschl 1877; Prete 1978; Stärk 2003; Schäfer 2004, 448-449. 43 M. Accii Plauti comoediae viginti, diligente cura et singulari studio Ioachimi Camerarii Pabepergensis emendatius nunc quam ante unquam ab ullo editae, Basileae, per Ioannem Hervagium [1552] (see Ritschl 1868, 99-113). 44 The rest of the quire is empty; perhaps the last comedy was missing even in the antigraph (for the whole matter see Calderan 2004, 9-10). 1497, 39 we find in the appendix a small sylloge of fragmentary texts: Ex multis Plauti comoediis hae reperiuntur citatae a gravissimis authoribus: M. Tulio C., Au. Gellio, Nonio Marcello, Festo Pompeio et Prisciano, quas ordine litterarum dissposuimus (sic). The collection contains only fragments of plays of which the titles are preserved: Astrabacum, Carbonaria, Commorientes, Cornicularia, Epodus, Frivolaria, Lenones, Lipargus, Medicus, Moechus, Nervus, Plotium, Polegus, Saturio, Stematicus, Synephoebi (sic), Vidularia. Many of them are clearly wrong; for instance the Synephebi is assigned to Plautus instead of Caecilius Statius; Epodus is the Epidicus (35-36); from the Polegus is quoted the line ut rem video te inventum a vanitudine, which is actually Capt. 569 (with variant readings), which begins with the words pol ego, which have been mistaken for a title; the Moechus is explicitly taken from Gellius 1, 7, 3, who writes ut in Plauti comoedia moechus eqs.; but, if moechus were a comedy title, it would be in the ablative case in Gellius’ passage: in the nominative case it must be the subject of the sentence and therefore this adulterer has to be recognized as a character (the situation recalls Bacch. 918 or Poen. 862). Many other editions follow, including one, with a commentary, by Giovan Battista Pio (Mediolani 1500) which does not contain fragments, but which often compares or restores Plautine passages with the help of fragments, or the edition by Symon Charpentarius (1513) which reproduces exactly the same fragments as those of the Milanese incunable. 40 The first real edition of Plauti deperditarum fabularum fragmenta is that of Georg Fabricius, 41 printed in the second edition of Plautus’ plays by Ioachim Camerarius in 1558. 42 The first edition of this work, 43 as is well known, marks a milestone in the history of modern Plautine criticism: Camerarius, who had at his disposal the manuscript B (Vat. Pal. Lat. 1615, 10th-11th century, the so-called Vetus Camerarii), was able to read, at the end of the Truculentus, the note (f. 211v) Plauti | Truculentus explicit incipit Vidularia | Vidularia. 44 And so 75 The Reception of Plautus’ Fragmentary Plays 45 M. Accii Plauti comoediae viginti diligente cura Ioachimi Camerarii Pabepergensis editae. Accesserunt iam indicationes quoque multorum a Georgio Fabricio Chemnicensi collectae, Basileae, per Ioannem Hervagium et Bernhardum Brand, 1558 (see Ritschl 1868, 113-114). he was the first scholar to understand that Vidularia was one of the twenty-one Varronian comedies. His first edition did not contain the fragments, but in the introductory letter some titles of non-Varronian comedies are mentioned. The text is as follows (pp. 900-901): Viginti tamen et unam Varronem Plauto sine dubitatione attribuisse accepimus quae et ‘Varronianae’ appellatae fuerunt. Eae, ut opinor, quae adhuc extant, et praeter illas insuper Vidularia, cuius et in nostro veteri libro nomen exaratum cernitur, sed in hac inscriptione ille finitur, cum magno crimine inertis et pigris scriptoris qui non addiderit ad titulum etiam fabulam. Verum, praeter illas, haec a grammaticis Latinis nomina fabularum Plautinarum commemorata annotavimus: Astraba, quod vehiculi genus est (Straba etiam legitur, haud scio an falso, in Nonio interpretante verbum ‘re‐ ciprocare’), Cornix, Cornicula, Cornicularia (nescio una ne a librariis mutato nomine, quod scriberetur in veteribus exemplaribus dimidiatum, an tres diversae), Parasitus, Medicus, Nervolaria, Frivolaria, Plocinona, Sisennaria, Carbonaria, Colax (quo nomine et Naevii fuit fabula), Lepargus, Lenones, Gemini (quod nomen in libro VI Prisciani legitur; in Gellio autem Gemini et Leones, ut videtur, mendose), Dyscolus, Artemona, Phasma, Patina vel Patinaria, Hortulus, Persae, Caecus, Praedones, Trigemini, Captivi (nam alia haec fuit, quam ea quae extat, cuius est nomen Captivi duo), Addictus, Saturio (quas in pistrino scripsisse perhibetur), Anus, Condalium, Bis compressa, Boeotia, Ἄγροικος, Fretum, Calciolus, Baccaria, Cacistus. In the second edition 45 the same text of the Epistola is anastatically reproduced: this implies that Camerarius mentions titles that present differences and omis‐ sions compared to Fabricius’ edition of fragments printed in the same volume. The edition of the fragments is preceded by a letter (p. 912) from Fabricius dated 1550, which testifies that his work was ready in 1550: we do not know why it was published only in 1558. Fabricius for the first time collects both fragments of comedies of which we know the title and fragments incertae sedis (pp. 913-935); there follows a list of sources (pp. 925-935). There are still many errors and wrong attributions, both often due to errors of transmission in the texts of the sources used. The greatest difficulty in collecting fragments at that time lay in the fact that there were no reliable editions of their sources. And there was not yet any scholar who was really interested in collecting fragments. That remained the case until the debut on the philological scene of the figure who was destined to 76 Salvatore Monda 46 On which see Vanek 2007. For Turnebus’ contribution to Plautus’ comedies see Clementi 2009. 47 He also edited a collection of Veterum Graecorum fragmenta selecta as an appendix to the second edition of his Opus de emendatione temporum, Leiden, Franciscus II Raphelengius, 1598. 48 Fragmenta Poetarum Veterum Latinorum, quorum opera non extant, [Genevae], Henricus Stephanus, 1564. 49 Iosephi Scaligeri Iulii Caesaris filii Coniectanea in M. Terentium Varronem de lingua Latina, Parisiis, ex officina Rob. Stephani typographi Regii 1565. From 1569 there were editions of Varro’s De lingua Latina by Agustín and De re rustica by Vettori together with the notes of Agustín, Vettori, Turnebus and Scaliger himself, containing the Coniectanea (which, however, for the text of De lingua Latina did not refer to the edition of Agustín but to that of Pomponius Laetus). The edition Genevae, Henr. Stephanus, 1573 contains about ten more pages on the De lingua Latina. I consulted M. Terentii Varronis Opera quae supersunt. In lib. de ling. Lat. coniectanea Iosephi Scaligeri. In lib. de re rust. notae eiusdem. Alia in eundem scriptorem, trium aliorum, Turn. Vict. August. Editio tertia, recognita et aucta, [Genevae, Henr. Stephanus] 1581. become the greatest scholar of his time, as was Politian in the previous century: Joseph Justus Scaliger. Scaliger never published an edition of Plautine fragments, and his emendations in our critical apparatuses are flanked by those of other authors of adversaria philologa, such as Schoppius, Canter, Turnebus, and many others. 46 Why, then, should we consider him the scholar who contributed most of all to the philological reconstitution of the texts transmitted in fragments? Scaliger is not only the author of important writings on the sources of the fragments, 47 but was also the promoter of many other works. In the same years in which he was working on Varro, a collection of fragmentary Latin poets by Robert Estienne came out posthumously. 48 The work was completed, after the death of Robert Estienne, in 1559, by his son Henri. The volume includes epic poets and playwrights, such as Livius Andronicus, Naevius, Ennius, Caecilius, Pacuvius, and poets such as Lucilius, the neoteroi, and Petronius. There are no fragments of Plautus, which were also absent from the edition of the M. Plauti Comoediae XX edited by Stephanus in 1530. Robert Estienne’s is an important collection of fragments, published by a friend of Scaliger, but an edition full of gaps and errors that can be easily explained if we recall that at that time there was not yet a reliable edition of the auctores who mention the greatest number of fragments: Nonius Mar‐ cellus, Festus, Varro, and the grammarians. Probably Estienne’s experiment was considered inadequate by Scaliger, since he himself decided to engage in the study of some of the most important sources of fragments. In this regard, his Coniectanea in M. Terentium Varronem de lingua Latina published in 1565 are fundamental, 49 also because all subsequent editors of Plautus took them 77 The Reception of Plautus’ Fragmentary Plays 50 M. Verrii Flacci quae extant et Sex. Pompei Festi de verborum significatione libri XX. Iosephi Scaligeri Iulii Caesaris f. in eosdem libros Castigationes recognitae et auctae, Lutetiae, Apud Mamertum Patissonium in officina Rob. Stephani 1576. 51 See also Coniect. p. 100 ad 6, 86: Quis enim antiquitatis studiosus his reliquiis non delectatur? Quanquam haec sunt, veluti ex magno naufragio parvae tabellae. Scaliger would also return to it in his Veterum Graecorum fragmenta selecta. However, in the use of Politian’s simile he was preceded by Jacob Hertel (Vetustissimorum et sapientissimorum comicorum quinquaginta, quorum opera integra non extant, sententiae quae supersunt, Graece et Latine collectae, Basileae [ J. Oporinus 1560], [α 7v]). 52 See Grafton 1983, 118. 53 They were published by Nettleship 1893 and 1894. 54 See Grafton 1983, 118 n. 96. 55 Nonii Marcelli nova editio: additus est libellus Fulgentii de prisco sermone et notae in Nonium et Fulgentium, Sedani, Sumptibus Hadriani Perier 1614. The first edition is dated 1583. into account. Also worth mentioning are Scaliger’s Castigationes on Festus: they were first published in 1575 and then again the following year. 50 In these works it is remarkable how Scaliger’s greatest effort is devoted to emending the fragments quoted by Varro and Festus. In his Coniectanea, p. 168 ad 7, 104, speaking of some verses of Ennius, he takes up the simile of the shipwreck used by Politian: 51 Valde enim delectant me hae reliquiae veterum auctorum, tanquam quaedam ex naufragio tabellae. Scaliger also planned an edition of Nonius Marcellus’ lexicon. However, he had to abandon the project because of the Nonius edited by Hadrianus Junius, which was published in 1565 by Plantin with an imperial privilege that prevented anyone else from editing Nonius for six years. 52 A copy of this edition preserved in Oxford, Bodleian Library, Auct. S V 35, contains Scaliger’s handwritten marginalia, 53 and his work on Nonius is also attested by a personal collation of a manuscript, which has been transcribed into a Venice 1513 and a Basel 1526 edition of Perotti’s Cornucopiae with Varro, Festus, and Nonius, both owned by Isaac Vossius (Leiden, University Library, 761 A 9 and 761 A 10). 54 Essential for Nonius and Fulgentius, however, is the second edition by Josias Mercerus, 55 in which many of Scaliger’s observations are included. As regards the fragments, the uncertainties and contradictions are still many. Mercerus is the only scholar to assume the existence of Tiberius as a comedy title, since he reads (p. 134) Nonius’ sentence introducing the quotation of Cornicula fr. II as follows: Plautus Cornicularia: Latrocinatus annos decem meret. Idem in Tiberio: Qui apud regem in latrocinio fuisti, stipendium acceptitasti. Yet Mercerus himself in a footnote, recalling the same line of Plautus according to Varro too, concludes 78 Salvatore Monda 56 M. Accius Plautus opera Dionysii Lambini Monstroliensis emendatus, Lutetiae, apud Ioannem Macaeum, 1576 (see Ritschl 1868, 117-124). 57 Ed. by Reves 1624, 284-285 and 133-135. with more judgment: «Itaque hic legendum, latrocinatus annos decem Demetrio, qui apud regem i. l. f. s. a. quae sunt Nonii explicantis Plautum, vel potius eius a quo Nonius exscribsit». As far as the grammarians are concerned, the edition by Elias van Putschen of the Grammaticae latinae auctores antiqui published in 1605 was encouraged by Scaliger’s philological activity. In 1598 Putschius studied law at the University of Leiden, where from 1593 Scaliger had succeeded Iustus Lipsius as professor. The edition by Putschius begins with a dedicatory epistle Illustri et incomparabili viro Iosepho Scaligero Iul. Caesaris filio in which he mentions Scaliger’s early writings on Varro and Festus. To return to Plautus’ fragments, Scaliger believed in the existence of a comedy of Plautus entitled Clitellaria (The comedy of the saddle), for he observed in the sources some quotations from passages of the Cistellaria that were absent from the manuscripts of the comedy. It was only after the discovery of the Ambrosian palimpsest that it was possible to read these quotations among the frustula of an act attested only in that manuscript. In his commentary on Varro ling. Lat. 7, 64 Scaliger claims that in these grammatical sources the title Cistellaria must be corrected to Clitellaria, which is nothing more than a second title of the non-Varronian comedy Astraba (which in Greek means “saddle”, more or less like clitellae). Scaliger, moreover, attributes to the Clitellaria an entire passage reconstructed on the basis of various fragments of the Cistellaria: the current lines 405, 407 (both from Varro), 408 (from Festus and Priscian), and 383 (from Nonius). Elsewhere too he exploits the possibility of joining several fragments in order to compose a single one. In his Coniectanea, p. 168 ad Varr. ling. Lat. 7, 104, about some lines of Ennius, he writes: Hi luculentissimi versiculi a nobis non solum emendati sunt, sed et, quod quatuor locis dispersi sunt apud Nonium, in unum corpus collecti et digesti. The first collection of Plautine fragments that follows Scaliger’s studies on the sources is that of Pierre Daniel, published as an appendix to the 1577 edition of Lambinus. 56 It should be remembered that Lambinus himself in two letters dated 1571 and 1572 asked Scaliger for help with some corrections and conjectures on the text of Plautus. 57 The Lambinus edition was published posthumously and was edited by Iacobus Helias, author of an introductory epistle explaining the criteria adopted and mentioning the work of reconstructing Lambinus’ notes 79 The Reception of Plautus’ Fragmentary Plays 58 M. Accii Plauti fabulae XX. superstites, cum novo et luculento commentario doctorum virorum opera Friderici Taubmanni, [Wittebergae], apud Zachariam Schurerum bibli‐ opolam, 1605 (see Ritschl 1868, 129-132). 59 M. Accii Plauti comoediae viginti superstites, studio et industria Friderici Taubmanni, Wittebergae, apud Zachariam Schurerum bibliopolam, 1612 (see Ritschl 1868, 137-139). 60 Probably the person from whom Scaliger expected an edition of the Plautine fragments was his pupil and friend Franciscus Dousa, Janus’ son, who published an edition of Lucilius, Lugduni Batavorum 1597 (on which see Grafton 1993, 391). 61 M. Accii Plauti comoediae viginti superstites, J. Philippus Pareus restituit et notis perpetuis illustravit, Francofurti, impensis Ionae Rhodii in cuius bibliopolio prostant, 1610 (see Ritschl, 1868, 132-137). («Hi commentarii manu Lambini ita scripti erant ut non codex sed adversaria viderentur esse»). With regard to the fragments Helias writes: «Adiunximus Plautina loca ex antiquis Grammaticis a Georgio Fabricio collecta et a Petro Daniele Aurelio doctissimo viro quibusdam in locis correcta et aucta». In fact, the edition is not very different from that of Fabricius, of which it contains all the brief notes of comment, but it contains some additions and corrections, as well as an extra comedy, Scaliger’s Clitellaria. The first edition of Friedrich Taubmann, which appeared in 1605, also reproduces for the most part the edition by Fabricius with Daniel’s additions. 58 The edition begins with a dedicatory epistle to Scaliger, Lipsius, and Casaubon. In the second edition of 1612, however, the fragments are provided with a broader commentary. 59 Taubmann accepts many of Scaliger’s conjectures and proposes the same reconstruction of the Astraba sive Clitellaria. In the preface to the fragments he writes (p. 1233): «Aliis itaque cunctantibus aut prorsus forte nolentibus ego hanc operam sumere coactus fui quod in priori editione a me fieri debuisse per epistolam Scaliger expostulaverat». 60 Taubmann also quotes an epistle by Scaliger (pp. 1314-1315) in which is written: Quae non sunt Plauti, qualia illa olim Amphitruoni infulta et Prologus Bacchidum et reliqua non quidem recentioris sed tamen sequioris aevi in privatum locum coniici debent. Praeterea Fragmenta omnia sedulo ad calcem ponenda et illustranda. Hoc modo luculentum Plautum promittere potes. Thus, Scaliger also gave instructions on how to do the edition. In fact, Taub‐ mann’s is organized in a different way from all the others that preceded it, because each title and fragment is immediately followed by the commentary with the specification of the source. The approach corresponds to that of modern editions of fragmentary texts. The first edition of Johann Philipp Pareus is in open controversy with Taubmann. 61 The collection of fragments is based on that of Daniel, with the 80 Salvatore Monda 62 M. Accii Plauti comoediae viginti superstites, curis secundis Johannis Philippi Parei, Neapoli Nemetum, impensis haeredum Jacobi Fischeri, 1619 (see Ritschl 1868, 139-146). The M. Accii Plauti Sarsinatis Umbri Fragmenta ex ruderibus antiquorum grammaticorum collecta, aucta et in ordinem multo quam antehac commodiorem nitidioremque redacta notisque illustrata, s.l., s. d., is a simple reprint of Pareus’ second edition, but it is of some importance in that it seems to be absolutely the first one of the Plauti fragmenta separatim impressa. 63 M. Accii Plauti comoediae viginti superstites, Philippus Pareus tertium recensuit, Fran‐ cofurti et Hanoviae, Impensis Philippi Iacobi Fischeri, 1641 (see Ritschl 1868, 152-154). 64 M. Accii Plauti comoediae ex recognitione Jani Gruteri, [Wittebergae], apud Zachariam Schurerum, 1621 (see Ritschl 1868, 146-151). addition of a few notes in the margins. In the second edition Pareus has at his disposal the Latin grammarians by Helias Putschius and, for Varro and Festus, he refers to Scaliger’s Coniectanea and Castigationes. 62 The third and final edition is in 1641, 63 published in disagreement with Janus Gruterus and his revised and corrected reprint of the Taubmann edition. 64 Pareus’ commentary is of some cultural interest in revealing seventeenth-century attitudes to the ancient authors and their texts, and even for his vain attempts to attribute some titles to M. Accius Plautus, others to A. Plautius, and others again to an M. Acutius. From this time on, approximately until Friedrich Bothe, the numerous editions of Plautus’ plays do not, at least in the fragments, present any important novelties. A study dealing with the early modern tradition of Plautus’ non-Varronian plays shows once again the new kind of inquiry practised by sixteenthand seventeenth-century scholarship on the texts transmitted in fragments. Apart from some interpretations that are now only of historical value, the great effort early modern scholars put into Plautus’ fragments is testified by the number and quality of their emendations still recorded in our critical editions. Scaliger and many other scholars of the time, with their ambitious and innovative writings, played a special part in the cultural process of modern Europe also by collecting and studying the fragmentary remains of the past. Bibliography Avena, Antonio: Guglielmo da Pastrengo e gli inizii dell’Umanesimo in Verona, Atti dell’Accademia di agricoltura scienze e lettere di Verona 7, 1906, 229-299. Baumgarten-Crusius, Carl Wilhelm: De Georgii Fabricii vita et scriptis, Meissen 1839. 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Wilson, Nigel Guy: From Byzantium to Italy: Greek Studies in the Italian Renaissance, London / New York ²2017. 85 The Reception of Plautus’ Fragmentary Plays 1 Lessing 1750/ 1989, 754, 37-755, 8. 2 Die Ausgabe von 1605 rief aufgrund mehrerer Mängel einen solchen Sturm an Kritik hervor, dass die unverkauften Exemplare schließlich eingestampft wurden. Vgl. zu den drei Ausgaben Ritschl 1835/ 1868 passim, v. a. 137-148; Ebeling 1883, 146-154; Ein Milchregen für die Schatten des Umbrers Friedrich Taubmanns Epigramm auf Plautus Thorsten Burkard (Kiel) Der Fleiß, den dieser Gelehrte daran ge‐ wendet hat, ist ungemein zu rühmen. Er hat aus den Anmerkungen der vornehmsten Ge‐ lehrten einen nützlichen Auszug gemacht, und auch das, was er von dem seinen darzu gesetzt hat, ist allezeit gelehrt und sinnreich. Es ist kein Wunder, daß ein Mann, der selbst so anmutig gescherzt, die Scherze des Plautus am besten verstanden hat. 1 Der Dichtergelehrte, der dieses Lob vor 270 Jahren gespendet hat, ist den Gebildeten der heutigen Zeit noch wohlbekannt, sowohl als Dichter als auch als Gelehrter, der poeta philologus, dem dieses Lob galt, ist hingegen vergessen. Dieser kleine Panegyricus stammt von Gotthold Ephraim Lessing, der in seiner Abhandlung über Plautus die Editionen, Kommentare und Studien zu diesem Autor Revue passieren lässt, der als Poet und Wissenschaftler Gerühmte ist der Wittenberger Professor Friedrich Taubmann, der nur noch einigen deutschen Frühneuzeitforschern und Plautusexperten ein Begriff sein dürfte. Letztere kennen ihn vor allem eben wegen jener Ausgabe, auf die sich Lessing bezieht und die zum ersten Mal 1605, ein zweites Mal in einer deutlich verbesserten Fassung 1612 erschien und schließlich zur Grundlage von Janus Gruters Edition von 1621 wurde. 2 Aber Plautus war für Friedrich Taubmann Wiegand 2017, 267-268; Göhler u. a., Einleitung zur Bacchanaliaedition 2018, 17-18 und einige wenige Bemerkungen bei Verweyen / Srb 2015. Lessing scheint von den Reaktionen auf die erste Auflage nichts zu wissen, denn er bezieht sich auf diese Ausgabe, nicht auf die Überarbeitung von 1612. Die auf der Grundlage von Taubmanns Edition entstandene Ausgabe von Gruter (1621) erwähnt er separat; sie ist nach seiner Ansicht „die brauchbarste“ (a.O. 755, 25-26). 3 Verweyen / Srb 2015, 314. 4 Taubmann 1597, Epigr. 3, p. 458. 5 Zu Biographie und Werken Taubmanns vgl. Ebeling 1883; Wiegand 2017 (dort S. 269- 276 auch ein weitgehend vollständiges Verzeichnis der Primär- und Sekundärlite‐ ratur); Göhler u. a., Einleitung zur Bacchanaliaedition 2018, 9-18. Untersuchungen zu Taubmanns poetischer und poetologischer Plautusrezeption fehlen; Kühlmann 1982 behandelt zwar Caspar von Barth ausführlich, aber dessen Lehrer Taubmann wird nur am Rande erwähnt. 6 Heinsius 1640, 191-194 (Elegie 2, 8 mit dem Titel In obitum Frederici Taubmani, cum ab eo Plautum manu morientis inscriptum et ad se missum accepisset). Auch Fleming widmete Taubmann ein Epikedion (Epigramm 5, 10 Lappenberg). 7 Die beiden Epen hat Taubmann nach eigener Aussage im Jahr 1587 verfasst, das Nachwort fünf Jahre später (Göhler u. a., Einleitung zur Bacchanaliaedition 2018, 98, 4-6). 8 Taubmann 2018, 102-106, das wörtliche Zitat auf S. 102, 57. nicht nur „ein philologisches Lebensthema“, 3 sondern auch durch sein ganzes poetisches Schaffen hindurch ein dichterisches Vorbild, einmal bezeichnet er ihn sogar als meum Poëticum cor. 4 Taubmann, 1565 in Wonsees in der Nähe von Bayreuth geboren, seit 1595 Professor für Poesie an der Universität Wittenberg, war (worauf Lessing anspielt) nicht nur Philologe, sondern auch ein gefeierter Dichter, parallel zu seinem universitären ‚Hauptberuf‘ sogar eine Art Hofpoet beim sächsischen Kurfürsten Christian II. 5 Taubmann war ein origineller Autor, der durch seine experimentelle Poesie Dichter wie seinen Schüler Caspar von Barth (1587-1658) und Paul Fleming (1609-1640) stark beeinflusste. Als er 1613 starb, verfasste kein Geringerer als Daniel Heinsius (1580-1655) eine Elegie auf seinen Tod. 6 Taubmann bekundete seine Verehrung des Plautus zum ersten Mal 1592 im Nachwort zu den Epen Martinalia und Bacchanalia (s. u.). 7 Dort bekennt er sich in einem Exkurs zur Verwendung plautinischen Vokabulars und verteidigt Plautus als classicus testis zum einen mit dem berühmten Varro-Zitat (s. u. S. 93), zum anderen mit dem Hinweis auf antike und neuzeitliche Gelehrte, die Plautus überaus geschätzt hätten 8 - beiden Argumentationsstrategien werden wir auch in dem unten behandelten Gedicht begegnen. In zahlreichen Gedichten kommt Taubmann immer wieder auf Plautus zu sprechen, am ausführlichsten in einer 60 Verse langen Satire, in denen er den gegen ihn (Taubmann) erhobenen 88 Thorsten Burkard 9 Dieses Gedicht ist in denselben Drucken überliefert wie das hier edierte Epigramm In Plautum, in den ersten Drucken (1592, 1593, 1594) stehen die beiden Gedichte noch hintereinander, in der Melodaesia (1597, 1604) findet sich die Satire dann im 2. Buch der Epica (p. 195-197). Taubmanns Satire, das unmittelbare Vorbild für Paul Flemings Satyra (Sylv. 1,4 Lappenberg), ist ediert und übersetzt sowie mit Anmerkungen versehen in Anhang 1 von Burkard 2020. 10 Die Bacchanalia, das erste neulateinische Fastnachtsepos auf deutschem Boden, liegen dank Jonas Göhler, Peter Mathes und Hermann Wiegand seit einem Jahr in einer kritischen Edition mit Übersetzung und Kommentar vor. Vgl. zu den Martinalia insbes. ibid. 14-15; Wiegand 2017, 263-264 (i.W. textgleich). 11 S. Göhler u. a. im editorischen Vorwort zur Bacchanaliaedition 2018, 37. 12 Unter diesen Einzelgedichten findet sich auch unmittelbar vor dem hier behandelten Epigramm ein Tiergedicht, nämlich ein Epitaphium auf ein Hündchen (fol. H v -H2 r ). 13 Vgl. dazu Wiegand 2017, 259 f. Taubmann selbst bezeichnet die Schule im Nachwort der Lusus-Ausgabe als schola trivialis („Schule, auf der das Trivium gelehrt wird“) (Taubmann 2018, 98,4-7). Markgraf Georg Friedrich I. von Brandenburg-Ansbach hatte die Schule 1582 gegründet, Taubmann gehörte zu ihren ersten Schülern (Wie‐ gand a.O. 259). 14 Vgl. Verweyen / Srb 2015, 310. In den Columbae Poeticae ist auch ein eher belang‐ loses, spielerisches Gedicht in Hendekasyllaben Speckner gewidmet. Dieses Gedicht fehlt offenbar in der Melodaesia. Vorwurf des maßlosen Archaismus zurückweist. 9 Hier soll aber ein kürzeres Gedicht vorgestellt werden, das sich ausschließlich mit Plautus beschäftigt und in gewisser Weise auf recht kleinem Raum den Kern von Taubmanns Sicht auf diesen Dichter präsentiert. Das im elegischen Distichon verfasste Epigramm mit dem Titel In Plautum wurde zum ersten Mal 1592 im Anhang der Lusus duo juveniles veröffentlicht. In dieser Sammlung vereinigte Taubmann zwei im Jahr 1587 entstandene humoristische Kleinepen, die Martinalia und die Bacchanalia. 10 Die zweite Ausgabe von 1593 verwendet dieselben Druckplatten wie ihre Vorgängerin, ist also identisch mit der ersten Auflage. 11 Das Epigramm In Plautum steht im Anhang nach zwei auf die Bacchanalia folgenden Prosatexten, dem Nachwort und der Anrede an den Drucker, unter anderen zumeist kleineren Gedichten, die fast alle an einzelne Personen gerichtet sind. 12 Das Gedicht ist also spätestens 1592 entstanden und damit zu einer Zeit, als Taubmann die lutherische Fürstenschule in Heilsbronn besuchte (1582-1592). 13 Der Entste‐ hungskontext des Epigramms ist also der Schulbetrieb, was sich auch an der Anrede puer in v. 15 zeigt. In Plautum war ursprünglich dem Diakon Georg Speckner aus Creußen bei Bayreuth gewidmet. 14 Diese Zueignung fehlt in der ersten Sammelausgabe von Taubmanns Gedichten, den Columbae Poeticae 89 Ein Milchregen für die Schatten des Umbrers 15 Der Teil der Columbae, zu dem In Plautum gehört, ist nicht in Bücher eingeteilt oder thematisch geordnet, sondern eine (nur scheinbar? ) ungeordnete Sammlung von Einzelgedichten. 16 Nur die zweite Auflage ist noch zu Taubmanns Lebzeiten entstanden (1604). Da dort die Fassung des Gedichts seiten- und textgleich mit der Fassung von 1597 ist, haben wir darauf verzichtet, die postumen Auflagen der Melodaesia noch zu sichten. 17 Von diesen beiden Änderungen abgesehen sind die Abweichungen zwischen den drei Fassungen (1592/ 1593, 1594 und 1597/ 1604) marginal und betreffen fast nur die Interpunktion und die Groß- und Kleinschreibung: So findet sich in den Drucken von 1597/ 1604 ein Doppelpunkt nach omneis (v. 5), sapientia mit Minuskel (v. 9), ein Komma nach Musae (v. 19), nur in den Drucken von 1592/ 1593 ein Punkt nach Distinet (v. 10, 1594 fehlt hier das Satzzeichen) und ein Punkt nach uvidulas (v. 20) sowie nur im Druck von 1594 clusum statt clausum (v. 9) und Dousaeis (v. 11). Bei einer Übereinstimmung aller Textzeugen haben wir ihren Text ohne Änderung übernommen. 18 Das Gedicht steht in den einzelnen Drucken auf den folgenden Seiten: 1592/ 1593: fol. H2 r-v ; 1594: p. 114-115; 1597 und 1604: p. 492. 19 Zur nach dem Typus Arpinas gebildeten Form Creusenatem vgl. das andere an Speckner gerichtete Gedicht (Creusenati, 1594, 60). Die Angabe des Adressaten (Ad GEORG. SPECNERVM, Creusen.) findet sich nur in den Drucken von 1592 und 1593. 20 Die Kürze am Ende des Wortes Charisin ist zwar unmetrisch, steht aber im ersten Longum des Spondeus vor der Penthemimeres und ist somit eine unauffällige Lizenz. 21 Zum Ausdruck Musis natus iniquis ist Horaz, Satire 2, 7, 14 zu vergleichen: Vortumnis […] natus iniquis. 22 Zur Formulierung vgl. Quintilian, Institutio oratoria 10, 1, 99 (er spricht über die Unterlegenheit der Römer gegenüber den Griechen auf dem Gebiet der Komödie): von 1594, und sollte - seltsam genug - nie wieder restituiert werden. 15 Doppelt so umfangreich wie die Columbae war die zweite Gesamtausgabe der Taubmann’schen Carmina Neolatina, die 1597 erstmals erschienenen Melodaesia, die danach mehrfach wieder aufgelegt wurden. Dort steht das Plautus-Gedicht im vierten und damit letzten Epigrammbuch. 16 Wir präsen‐ tieren das Gedicht hier in der ersten Textfassung der Lusus juveniles von 1592 bzw. 1593, da es sich hierbei um die umfangreichste Version handelt: Hier finden sich noch der Name des Adressaten und das ab 1597 fehlende Distichon v. 11-12. 17 In Plautum. 18 Ad GEORG(IVM) SPECNERVM, Creusen(atem) 19 E T Venere et Charisin 20 et Musis natus iniquis, 21 Cui genius Plauti non sapit ad genium. Ipsae adeò Musae Plauti sermone loquuntur. O Umbri umbellam sit mihi posse sequi! 22 90 Thorsten Burkard vix levem consequimur umbram („wir erreichen kaum einen flüchtigen Schatten [i.S.v. Abglanz]“). 23 Für die Ausdrucksweise ist Catull, Carmina 86, 5-6 über Lesbias Schönheit vergleichbar: Lesbia formosa est, quae cum pulcerrima tota est, / tum omnibus una omnis surripuit Veneres. 24 Das Adjektiv penitus ist bei Plautus mehrmals belegt (vgl. etwa ex Arabia penitissima, Persa 522). 25 Douzaeus ist eigentlich das Adjektiv des Namens, das Taubmann hier offenbar anstelle des Substantivs Dousa verwendet. 26 Das Distichon Scaligeris […] habet steht nur in den Ausgaben vor 1597. Warum Taubmann die beiden Verse gestrichen hat, ist nicht einsichtig. 27 Taubmann wählt das seltene Wort pulvisculus wohl wegen seines plautinischen Klangs, vor der Spätantike ist es nur bei Plautus (Rud. 845; Truc. 19) und Apuleius belegt. 28 Hier ist uvidulas ein resultatives Prädikativ (also proleptisch): Die umbrae werden durch den Milchregen erst feucht. Das Adjektiv uvidulus ist in der Antike nur an einer einzigen Stelle nachweisbar (Catull, Carmina 66, 63). 29 Zu adeo i.S.v. „fürwahr“ vgl. Kirsch s.v. Nr. 3, p. 53. 30 Der Ausdruck „Umbrer“ bezieht sich der antiken Überlieferung entsprechend auf Plautus, vgl. Hieronymus, Chronica zum Jahr 1817 (200 v. Chr.): Plautus ex Umbria Sar‐ sinas Romae moritur. Die Angabe des Hieronymus zu Plautus’ Todesjahr ist bekanntlich falsch. Hic Veneres habet omneis. 23 miscet hic utile dulci: 5 Ausit et huic punctum quisque negare suum? Plautus Musarum decima: et flos Atticus: idem Sermonis Latii regula certa sui. Hunc penitis 24 sollers adytis Sapientia clausum Distinet, atque animas huc vetat ire rudes. 10 Scaligeris, LipsIs, Douzaeis 25 atque Melißis Ad gustum hic aliquid pinsere Pistor habet. 26 Sat nobis hujus pulvisculus 27 esse farinae Creditur et Latiae mica pusilla molae. O studiis damnate puer, ne scena TerentI 15 Vilescat mundi simplicitate sui! Nî prius hic animum coluit; me judice, nusquam In Plauti orchestrâ jure sedere potes. C O M E , Venus, Charites, Musae; date lacteus imber Supra umbras Umbri depluat uvidulas! 28 20 Auf Plautus. An Georg Speckner aus Creußen Dem Menschen waren Venus, die Grazien und die Musen schon bei seiner Geburt feindselig gestimmt, dem der Geist des Plautus nicht nach seinem eigenen Geiste schmeckt. Die Musen selbst reden doch fürwahr 29 plautinisch. O möge es mir doch gegeben sein, auch nur dem kleinen Schatten des Umbrers 30 folgen zu können! 91 Ein Milchregen für die Schatten des Umbrers 31 Der Gebrauch von quisque als Indefinitpronomen ist auffällig. Laut HSz 199 ist dieser Gebrauch erst seit der Spätantike nachweisbar, Du Cange s.v. schreibt diesen Gebrauch speziell Augustin zu. 32 Der ungewöhnliche Infinitiv nach habere ist wohl in Analogie zum Infinitiv nach Verben wie dare oder nach Ausdrücken wie nihil habeo ad te scribere (Cicero, Briefe an Atticus 2, 22, 6) gebildet, vgl. dazu HSz 444-447. 33 Taubmann 1612 fol. )()( r -)()()()( r . 34 Decimus Laberius war ein Mimendichter des 1. Jh. v. Chr. Dass Scaliger ihn in einem Atemzug mit Plautus nennt, ist überraschend, weil Gellius nicht gerade günstig über ihn urteilte (Noctes Atticae 16, 7 und 19, 13, 3). Die Fragmente des Laberius sind gesammelt in CRF 279-302. 35 Scaliger 1606, 94; zitiert bei Taubmann 1612, fol. )( )( )( v -)( )( )(2 r . 36 Der Wortlaut der Plautuszitate wird nach der zweiten Auflage von Taubmanns Ausgabe angeführt (hier p. 932), die Stellenangabe richtet sich nach der Oxford-Ausgabe von Wallace M. Lindsay. (5) Er besitzt jeden nur erdenklichen Liebreiz, er verbindet das Angenehme mit dem Nützlichen. Würde irgendjemand 31 es wagen, ihm seine Wählerstimme zu verweigern? Plautus ist die zehnte Muse, die herrlichste Blüte des Attischen und die unumstößliche Norm seiner lateinischen Sprache. Fern vom gemeinen Volk hält die kluge Weisheit ihn (10) im Innersten ihres Heiligtums umschlossen und verbietet unerfahrenen Seelen, hierher zu kommen. Für den Geschmack der Scaligeri, der Dousae, von Männern wie Lipsius und wie Melissus hat dieser Müller etwas zum Mahlen. 32 Man glaubt, dass schon ein Staubkörnchen von dessen Mehl und ein winziger Krümel seines lateinischen Schrots uns genügen. (15) O Knabe, der du zu den gelehrten Studien verdammt bist, verachte nicht die Dramen des Terenz wegen der Schlichtheit ihres Schmucks! Wenn er nicht zuvor deinen Geist gebildet hat, hast du nach meinem Urteil kein Anrecht auf einen Platz in den vornehmeren Sitzreihen von Plautus’ Zuschauerraum. Gewährt freundlich, Venus, ihr Grazien und ihr Musen, dass sich milchiger Regen (20) ergießt über die feuchten Schatten des Umbrers! Das Gedicht ist im ersten Teil ein geschickt arrangiertes Zitatenpastiche aus lobenden Urteilen bedeutender Gelehrter über Plautus. Diese unmarkierte Testi‐ monienparade für den Kenner ist gewissermaßen das Präludium zu Taubmanns Plautusausgabe, in der er unmittelbar nach der Vorrede an den Leser positive Bewertungen aus der Antike und der Neuzeit zitieren wird. 33 Das erste Distichon ist eine Anspielung auf Joseph Justus Scaligers Satz: quis adeo auersus a Musis, vt eorum [scil. Plauti et Laberii] 34 lepore non tangatur? („wer stünde den Musen so fern, dass ihn der Zauber eines Plautus und eines Laberius nicht berühren könnte? “). 35 Die Formulierung im zweiten Vers ist plautinisch: Sapis multum ad Genium sagt Saturio zu Toxilus im Persa (v. 108). 36 Taubmann 92 Thorsten Burkard 37 Vgl. zu seiner Auffassung der plautinischen Formulierung den Kommentar z. St. (1612, 935). Woytek 1982, 199 f. kommentiert den Ausdruck recht ausführlich und übersetzt: „Du verstehst dich sehr aufs Wohlleben“. 38 Quintilian, Institutio oratoria 10, 1, 99. 39 Lipsius 1675, Bd. 1.2, Epist. Quaest. 5, 26, p. 615. 40 Lipsius 1675, 2.1, p. 155-156, Brief an Josias Mercerus: decima illa Musa, Plautus. 41 Bei Martial, Epigramme 9, 11, 3 kommt der Ausdruck im Plural und nicht in einem stilkritischen Zusammenhang vor. 42 Hieronymus, Apologia adversus libros Rufini 2, 11 p. 434b sowie Epistulae 57, 12. hat hier dem Ausdruck allerdings eine andere Wendung gegeben. 37 Der dritte Vers spielt auf einen berühmten Ausspruch Varros an, der auf dessen Lehrer, den Philologen L. Aelius Stilo, zurückzuführen ist: In comoedia maxime claudicamus. Licet Varro Musas, Aeli Stilonis sententia, Plautino dicat sermone locuturas fuisse, si Latine loqui vellent („In der Komödie hinken wir den Griechen ganz besonders hinterher - mag auch Varro sagen, dass die Musen nach der Meinung des Aelius Stilo in plautinischem Stile reden würden, wenn sie Latein sprechen wollten“). 38 Das (zugegebenermaßen naheliegende) Wortspiel in v. 4 mit Umber - umbella ist wohl von Plautus inspiriert (vgl. auch v. 20): (Simo) Nec mihi umbra hic usquamst […] / (Tranio) Quid, Sarsinatis ecqua est? si Vmbram non habes - „Simo [über sein Haus]: Ich habe hier aber nirgends umbra (Schatten) […] Tranio: Wie? Hast du wenigstens eine Sarsinatin, wenn du schon keine Umbra (Umbrerin) hast? “ (Mostellaria 769-770). Taubmanns Formulierung ist ein komisch-hyperbolischer Bescheidenheitstopos: Er fühlt sich so gering, dass er es noch nicht einmal wagt, Plautus’ Schatten zu folgen (geschweige denn Plautus selbst), sondern nur seinem kleinen Schatten. Der erste Satz in v. 5 ist von Lipsius inspiriert, der Plautus eine geradezu einzigartige Atticorum venus zugestand. 39 Der zweite Teil von v. 5-6 ist wörtlich nach Horaz gestaltet: Omne tulit punctum, qui miscuit utile dulci („Jede Stimme erhält, wer das Angenehme mit dem Nützlichen verbindet“, Ars poetica 343). Da die Komödien des Plautus damals wegen ihrer laxen Moral umstritten waren, wird Taubmann das utile wohl nicht im Inhalt, sondern (wie auch im Falle des dulce) im Bereich des Sprachlichen sehen: Plautus nützt durch die großen Qualitäten seiner Sprache und empfiehlt sich dadurch als stilistisches Modell. Das vierte Distichon vereinigt mehrere auctoritates: Lipsius hatte in einem Brief vom Oktober 1587 Plautus als zehnte Muse bezeichnet. 40 Taubmann führt diese Aussage des Lipsius häufiger an, so etwa auch in der Epistola dedicatoria der Dissertatio (1602, 8). Wenn Plautus hier als flos Atticus bezeichnet wird, so kombiniert Taubmann wohl in dieser Formulierung zwei Hieronymus-Stellen miteinander: 41 mira eloquentia et Attico flore variata und haec est Plautina eloquentia, hic lepos Atticus et Musarum, ut dicunt, eloquio comparandus!   42 Mit 93 Ein Milchregen für die Schatten des Umbrers 43 Vgl. auch Kirsch 1774, 299 s.v. Atticus: „Stilus Atticus, attische, nette, zierliche, richtige Schreibart. Attica Musa, feine Wohlredenheit“. 44 Scaliger 2004, lib. 4, cap. 130, p. 664, zitiert in Taubmanns Edition auf p. )()()( r . 45 Taubmann 1612, b1 r . Zum Centurionatus und der Edition des jüngeren Dousa vgl. Ritschl 1868; Hurka 2009; Ritschl teilte bekanntlich Taubmanns Enthusiasmus nicht, s. a.O. 124-125. 46 Die Satire findet sich in der Ausgabe von 1609 auf den Seiten 361-371. Taubmann kannte diese Satire, s. dazu Burkard 2020, 19-25. 47 Schedius 1586, Epigr. 9, p. 300. dem „Attischen“ ist hier in übertragenem Sinn eine reine Sprache gemeint. Es scheint weniger um das Gegensatzpaar ‚Attizismus vs. Asianismus‘ zu gehen als vielmehr ganz generell um puritas und proprietas. 43 Der Ausdruck Sermonis Latii regula certa sui geht wohl auf eine beiläufige Bemerkung Scaligers in De causis linguae Latinae zurück: Plautus, qui Romanae linguae lex quaedam fuit. 44 Die neuzeitlichen Gelehrten, die Taubmann bisher nur durch ihre Aussagen über Plautus im Text des Gedichtes evozierte, nennt er in v. 11-12 namentlich, er fügt sogar noch die Namen weiterer Plautusverehrer hinzu. Die Formulierung „für die Scaligeri usw. hat Plautus etwas nach ihrem Geschmack (ad gustum)“ weist zurück auf die Banausen, die im Eingangsdistichon beschrieben wurden (ad genium). Der Plural ist im Falle der Scaligeri und der Dousae ein echter Plural. Beide Scaligeri haben sich - wie auch Lipsius - positiv über Plautus geäußert, wie wir gesehen haben. Der Niederländer Janus Dousa der Jüngere (1572-1596) hat 1587 den Centurionatus sive Plautinarum Explanationum libri iv seines gleichnamigen Vaters (1545-1604) herausgegeben und arbeitete zum Zeitpunkt der Entstehung von Taubmanns Gedicht an einer Plautusausgabe, die aber erst postum im Jahre 1598 erscheinen sollte. Taubmann feierte Dousas Edition in seiner eigenen Ausgabe mit deutlichen Worten: Die nach Camerarius erschie‐ nenen Editionen seien wertlos exceptâ unâ Douzicâ („mit der Ausnahme von Dousas Ausgabe“). 45 Dousa d.Ä. wird vielleicht auch deswegen erwähnt, weil er sich in seiner fünften Satire (aus dem Jahr 1572) mit Kritikern des Hadrianus Junius auseinandergesetzt hat, die bei Junius ein unzulässiges Archaisieren witterten. 46 Warum Paulus Melissus Schedius (1539-1602), der zu Lebzeiten als monarcha poetarum Germanorum galt, genannt wird, lässt sich nur vermuten - abgesehen von Taubmanns enger Freundschaft zu dem ebenfalls aus Franken stammenden Schedius. Zum einen finden sich in Melissus’ Dichtung viele Plautinismen - was allerdings auch mit seinem beeindruckenden Wortschatz zusammenhängt, sodass diese Eigenschaft nicht Teil einer bewussten und spezifischen Plautusnachfolge sein muss. Zum anderen adaptiert Schedius in einem Epigramm Varros (bzw. Stilos) oben zitiertes Urteil über Plautus: Non alio usuras dulces sermone Camenas / Loqui Latinê si velint, / Praeter Plautinum; Varro inquit. 47 94 Thorsten Burkard 48 Gellius, Noctes Atticae 3, 3, 14. Die moderne Plautusforschung hält bekanntlich spätes‐ tens seit Friedrich Leo die antiken Plautusbiographica für Legenden ohne Wahrheits‐ gehalt, die aus den plautinischen Komödien herausgesponnen wurden. 49 Auch Quintilian bezeichnet die scripta des Terenz als elegantissima (Institutio oratoria 10, 1, 99). 50 Scaliger, Poetik 6, 2, p. 48, 1-10 Vogt-Spira; beim Humor hat seiner Meinung nach Plautus den Vorrang (ibid.). 51 Scaliger ibid. p. 48, 12-13. Scaliger sieht an Plautus auch auf sprachlichem Gebiet einiges, was man verbessern könnte - was bei Terenz nicht der Fall sei (ibid. 48-52). 52 Terenz beschreibt seine oratio („Stil, Sprache“) selbst als pura (Heaut. 46), und Caesar bezeichnet ihn als puri sermonis amator (Sueton, Terenzvita 7). Vgl. zu Terenz’ puritas jetzt Müller 2007. 53 Taubmann 1597, 597. Wenn Plautus in diesem Distichon als Pistor („Müller“) bezeichnet wird, so natürlich wegen der insbesondere bei Gellius zu lesenden Geschichte, Plautus habe sich nach seinem Scheitern als Geschäftsmann seinen Lebensunterhalt bei einem Müller als Sklave verdient. 48 In den Bacchanalia von 1597 wird Plautus mit o Pistor angeredet (2018, 106). Damit ist auch erklärt, warum Taubmann im folgenden Distichon Getreidemetaphern verwendet. In den nächsten beiden Distichen (v. 15-18) wird das Verhältnis zwischen den beiden großen römischen Komödiendichtern reflektiert. Terenz wird schlichter (simplicitas) Schmuck (mundus) zugesprochen - diese Eigenheit seiner Sprache dürfe aber nicht zu dem Fehlschluss verführen, dass er ein unbedeutender Autor sei. Dass Terenz’ Latein über jeden Zweifel erhaben war, wusste man aus Cicero: [scil. Terentii] fabellae propter elegantiam sermonis putabantur a C. Laelio scribi (Briefe an Atticus 7, 3, 10). 49 Zudem war es auch damals offensichtlich, dass Terenz’ Wortschatz begrenzter war als der des Plautus und somit auch ‚klassischer‘, sozusagen ‚simplicior‘ und ‚purior‘ wirken konnte. Daher spricht Julius Caesar Scaliger von den Terentianae munditiae und zieht den Stil des Terenz ob linguae cultum dem des Plautus vor (was nach seiner Aussage auch das Urteil seines Zeitalters sei). 50 Mit munditiae ist die Stilqualität der puritas gemeint, die Terenz angestrebt habe 51 - ein aus der Antike übernommenes Urteil. 52 Da nach Taubmanns Aussage Terenz für die Lernenden (s. puer in v. 15) einfacher als Plautus ist, erscheint es nur folgerichtig, dass er in diesen Versen die Lektüre des Terenz als Grundlage und Hinführung zur Plautus-Lektüre empfiehlt. In dem zu derselben Zeit wie unser Gedicht entstandenen Nachwort zu den Bacchanalia weist er ebenfalls darauf hin, dass Plautus nicht für jedes Alter und jedes ingenium geeignet sei: Man benötige ein gefestigtes und reifes Urteil, bevor man sich an diesen Dichter wage, denn: Plautus certè situs est in literarum quasi penitrali („Plautus befindet sich gleichsam im Innersten des Heiligtums“). 53 Diese Metapher geht auf Lipsius zurück: Plautus in litterarum quasi penetrali est, quò non nisi initiati 95 Ein Milchregen für die Schatten des Umbrers 54 Lipsius 1675, Bd. 1.2, Epist. Quaest. 2, 4 an Nicolaus Bryardus, p. 487. Die auf Horaz, Carmina 3,1,1 zurückgehenden Worte Spernat […] arceat sind bei Lipsius kursiv gedruckt. 55 Vgl. Cicero, De divinatione 1, 98 (lactis imber); Livius, Ab urbe condita 27, 11, 5 (lacte pluvisse). 56 Quintilian, Institutio oratoria 2, 4, 5; vgl. zum christlichen Bereich ThLL VII.2, 818, 53-82; 853, 25-36, 854, 43-73. 57 Heinsius 1603, Monobiblos, Eleg. 13, p. 147. In späteren Auflagen hat Heinsius den Ausdruck allerdings ersetzt: Vatem surripe, Diva, tuum, qua nobilis humor / Liquitur è sacris Maeonidum latebris (1640, Monobiblos, Eleg. 15, p. 237). An die Stelle des Milchregens tritt also das Wasser der Hippokrene. Der im Vers vor diesem Distichon erwähnte Vmber ist übrigens nicht Plautus, sondern Properz. accedant, et qui à se Spernat profanum vulgus et arceat. 54 Taubmann verwendet in v. 9-10 von In Plautum dasselbe Bild noch einmal, wobei er jetzt nicht vom literarum penitrale, sondern von den adyta der Sapientia spricht, zu dem die animae rudes noch keinen Zutritt haben dürften. Diese recht deutliche Positionierung zeigt, dass es Taubmann um eine Plautusimitatio mit Augenmaß geht, für die er ein sicheres iudicium für unabdingbar hält. Das Ziel ist also gerade nicht eine wahllose Nachahmung des Wortschatzes, sondern eine nach den Maßgaben der lateinischen puritas getroffene, kluge Auswahl, eben elegantia. Was ist schließlich mit dem letzten Distichon gemeint? Taubmann bittet die bereits in v. 1 genannten Gottheiten darum, einen „Milchregen“ auf die umbrae Umbri regnen zu lassen. Ein Milchregen im eigentlichen Sinne galt in der Antike wie Stein- oder Blutregen oder andere Portenta als ein Unheil kündendes Vorzeichen. 55 Diese Implikation ist aber von unserer Stelle mit Sicherheit fernzuhalten. Die von Taubmann evozierte Vorstellung hat wohl zwei Ursprünge: zum einen das in der Bibel mehrfach vorkommende Motiv der Milch- und Honigströme (etwa Exodus 3, 8 und 3, 17). Zum anderen wird die Milchmetaphorik schon in der Antike für geistliche oder geistige Nahrung verwendet, die Anfängern verabreicht werden soll, so etwa für den Bereich der Rhetorik: Quin ipsis doctoribus hoc esse curae velim, ut teneras adhuc mentes more nutricum mollius alant et satiari velut quodam iucundioris disciplinae lacte patiantur. 56 Die Formulierung lacteus imber findet sich auch bei Heinsius: Vatem surripe Diva tuum, qua lacteus imber / spirat, ab vmbrosis Meonidum latebris. 57 Hier versinnbildlicht der Milchregen die poetische Inspiration. Die am Anfang des Gedichts evozierten und am Ende angerufenen Göttinnen sollen also Schönheit (Venus), Liebreiz und Charme (Grazien) sowie Poetizität (die Musen) verleihen, und zwar „den Schatten des Plautus“. Damit kann nicht Plautus selbst gemeint sein, der als Schatten der Unterwelt zu denken wäre, denn wie das erste Distichon des Epigramms zeigt, besitzt Plautus all diese Attribute bereits. Das Wort umbra ist hier i.S.v. „Nachahmer“ zu verstehen. 96 Thorsten Burkard 58 Vgl. auch Horaz, Satiren 2, 8, 22. 59 Damit zeigt das Gedicht auch, dass die damalige Plautusnachahmung eben nicht unbesehen archaisierenden, manieristischen oder gar antiklassizistischen Strömungen zugerechnet werden darf. Zu diesem Fragenkomplex vgl. Burkard 2020, 69-70; 83-86. Diese durchaus geläufige Bedeutung des Wortes („Begleiter, einer, der einem anderen folgt“) ist sogar bei Plautus selbst belegt: certum est mihi, / Quasi umbra, quoquo ibis tu, te persequi (Casina 91-92). 58 Taubmann bittet also die Göttinnen darum, den Nachahmern des Plautus (und damit auch ihm selbst) dieselben poetischen Gaben zu verleihen, die sie an dem Meister bewundern. Dass damit alle Imitatoren gemeint sind, sowohl die fortgeschrittenen Dichter und Literaten als auch ganz besonders die Anfänger in den Schulen und Universitäten, wird aus v. 15 deutlich, in dem dezidiert die pueri angesprochen werden. Das Gedicht ist ja entstanden, als Taubmann Schüler der Heilsbronner Fürstenschule war (s. o. S. 89). Wie ‚plautinisch‘ sind nun Sprache und Stil dieses Gedichts? In der Tat verwendet Taubmann, wie gesehen, einige Plautinismen, aber sie bleiben un‐ auffällig, es sind gerade keine gesuchten, ausgefallenen Ausdrucksweisen - wie überhaupt das ganze Gedicht schlicht, geradezu attizistisch wirkt. Die Sprache ist einfach, die von Plautus’ Müller- und Bühnentätigkeit angeregten Metaphern naheliegend und alles andere als dunkel. Taubmann hat sich sichtlich darum bemüht, als Plautus’ umbra dessen umbella zu folgen und ein stilistisch ausgewogenes, luzides Epigramm zu schaffen - gewissermaßen eine Plautus‐ nachahmung im Zeichen der puritas und elegantia, der reinen und sorgfältig gewählten Sprache, wie es dem Nachahmer eines classicus testis eben zukommt. 59 Literaturverzeichnis Burkard, Thorsten: „Plautus - des Lateinischen Richtmaß und Großmeister“. Paul Flemings Satyra und die Plautusapologie im 16. und frühen 17. Jahrhundert, Kiel / Hamburg 2020. CRF = Otto Ribbeck (Hg.): Comicorum Romanorum praeter Plautum et Terentium Fragmenta, Leipzig 2 1873 (Nachdruck Hildesheim 1962). Dousa, Janus: Poemata pleraque selecta, hrsg. von Petrus Scriverius, Leiden 1609. Ebeling, Friedrich Wilhelm: Friedrich Taubmann. Ein Kulturbild, Leipzig 2 1883. Heinsius, Daniel: Elegiarum libri III, Monobiblos, Sylvae, Leiden 1603. Heinsius, Daniel: Poemata auctiora, hrsg. von Nicolaus Heinsius, Leiden 1640. HSz = Johann Baptist Hofmann / Anton Szantyr: Lateinische Syntax und Stilistik, München 1965 (Handbuch der Altertumswissenschaft 2.2.2). 97 Ein Milchregen für die Schatten des Umbrers Hurka, Florian: Ianus Dousas Centurionatus am Beispiel von Plautus’ Asinaria, in: Eckard Lefèvre / Eckart Schäfer (Hgg.): Ianus Dousa. Neulateinischer Dichter und Klassischer Philologe, Tübingen 2009 (NeoLatina 17), 149-158. 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Ohne die Dichter wären wir nämlich gar nichts, wir hätten nichts zu edieren, kommentieren, interpretieren. Aber wenn wir die Dichter nicht edieren und interpretieren würden: Was wären dann die Dichter? Soweit scheint das Verhältnis ausgewogen, wir brauchen einfach einander wie das tägliche Brot. Es kommt aber auch vor, daß Dichter uns das philologische Geschäft sozu‐ sagen vor der Nase wegschnappen - und es sehr ordentlich erledigen. Ein Beispiel dafür bietet das Amphitruo-Supplement. Hier klafft eine große Lücke von zwei halben und zwei ganzen Szenen, es muß also viel rekonstruiert werden. Das ist eine Aufgabe, die philologisch mit Nachdruck erst 1848 ange‐ gangen wurde, von Emanuel Hoffmann in seiner Breslauer Dissertation De Plautinae Amphitruonis exemplari et fragmentis. Ein unbekannter Dichter, der Verfasser des Amphitruo-Supplements, hat sich aber bereits um 1495 mit eben dieser Frage beschäftigt, sicher, um für eine Aufführung einen lückenlosen Text herzustellen. Erinnern wir uns kurz an die Handlung: Jupiter hat sich in Gestalt Amphitryons zu dessen Gemahlin Alcmene begeben, um mit ihr das Liebeslager zu teilen. Mercur begleitet den Göttervater in Gestalt von Sosia, dem Sklaven Amphitryons. Da nun der echte Amphitryon und der echte Sosia, von einem Feldzug heimkehrend, dazustoßen, ist die Verwirrung alsbald eine ungeheure. In immer neuen Kombinationen geraten die Menschen und ihre göttlichen Doppelgänger miteinander und mit Alcmene zusammen, bis schließlich Jupiter und Amphitryon sich spiegelbildlich gegenüberstehen. Damit sind die Möglich‐ keiten der Handlung in diesem Stück durchgespielt, die Lage ist reif, daß Jupiter die Hintergründe der Gaukelei enthüllt. Es gibt dabei verschiedene Typen von Szenen: Zusammentreffen von Alc‐ mene mit dem falschen oder echten Amphitryon (Alcmene-Szene: AS), von 1 Eingeklammert sind für die Hauptstruktur nebensächliche Übergangsszenen sowie Nebenpersonen in einzelnen Szenen. 2 Vgl. auch Steidle 1979, 34-36, Braun 1991, 198-199. Herr und Diener, jeweils falsch oder echt (Herren-Diener-Szene: HDS), und von den Doppelgängern selbst (Zwillings-Szene: ZS). Diese Szenentypen sind in sinnvollen Parallelen und Symmetrien angeordnet, wie uns erst vor etwa 45 Jahren eine tüchtige philologische Arbeit klargemacht hat, von Udo Reinhardt 1974 - vorher hat das kein Philologe gesehen. Es ergibt sich folgendes Schema, in den Grundzügen von Reinhardt 1974, 120 entwickelt, hier wiedergegeben nach Braun 1980, 20: 1 Danach liegen um das Ganze als Rahmen die zwei Doppelgängerszenen: 1, 1 die Szene Mercur-Sosia, 4, 3 die Szene Amphitryon-Jupiter. Das Kernmotiv, daß ein Mensch durch Götter an seiner Identität irre gemacht wird, wird zunächst auf der Sklavenebene behandelt, auf der kennzeichnend Sosia zuletzt der Gewalt weicht und sich damit abfindet, daß er sich nun eben verdoppelt hat. Amphitryon hingegen, als Freier und Feldherr, läßt sich nicht unterkriegen und setzt auch zuletzt noch zum Sturm auf sein Haus an. 2 In diesem Rahmen entfaltet sich die Handlung in zwei parallelen und sich steigernden Schüben, 1, 1-2, 2 und 3, 1-4, 3, in denen jeweils zwei Szenen mit Alcmene stehen: die erste, 1, 3, Alcmene mit Jupiter, in ungetrübter Harmonie, 104 Ludwig Braun 3 Luiz de Camões, Auto dos Amphitriões, 1587; Jean de Rotrou, Les Sosies, 1636/ 38; Molière, Amphitryon, 1668; John Dryden, Amphitryon: Or, The Two Sosias, 1690; Heinrich von Kleist, Amphitryon, 1808. 4 Reinhardt 1974, 120-121. Alcmene ahnt nichts Böses, bedauert nur, daß ihr geliebter scheinbarer Amphi‐ tryon sich schon wieder verabschiedet, 2, 2 aber erscheint der echte Amphitryon, und es kommt zu schweren Vorwürfen, jeder wähnt sich im Recht, schließlich geht Amphitryon, einen Gefährten zu holen, der ihm bezeugen soll: Er war in dieser Nacht nicht bei Alcmene. Aber selbst wenn es dazu käme, würde das Problem nicht gelöst, es könnte wieder nur Aussage gegen Aussage stehen. Wir stehen am Ende des ersten Teils und wären eigentlich somit an einem toten Punkt, aber hier greift Jupiter erneut ein, der zu Alcmene zurückkehrt, um nochmals die Freuden der Liebe zu genießen und um die Menschen in noch größere Verwirrung zu stürzen: Das ist die berüchtigte frustratio maxima (875). Dafür muß Jupiter indes in dem nächsten Auftritt mit Alcmene, 3, 2, diese erst einmal wieder friedlich stimmen, was nur unter Einsatz aller Künste des Charmeurs gelingt. Später, 4, 2a, trifft allerdings auf Alcmene wieder der echte Amphitryon, der nichts von einer Versöhnung weiß, und die gegenseitige Heftigkeit muß beträchtlich werden. Wir haben also zweimal die Folge Alcmene mit Jupiter, dann mit Amphitryon, mit Jupiter friedlich bzw. nach Verstimmung wieder friedlich, mit Amphitryon feindselig bzw. feindselig in zweiter Potenz. Diese vierte Alcmene-Szene ist allerdings nicht erhalten und wurde von unserem Ergänzer auch nicht erschlossen, geschweige denn rekonstruiert. Die Amphitruo-Fragmente 7 bis 10, die auf diese Szene hinweisen, kannte er wie auch alle weiteren Fragmente offenbar nicht - erst die Ausgabe von Camerarius (1552) hat die Fragmente gesammelt -, und allein aus der Symmetrie des Aufbaus wurde ihm die Szene auch nicht deutlich. Aber das sollten wir ihm nicht so übel nehmen, denn darauf ist keiner der berühmten Gestalter des Amphitryon-Stoffes je gekommen, nicht Camões, de Rotrou, Molière, Dryden, Kleist. 3 Um diese Kernszenen gruppieren sich Auftritte von Herren und Dienern, die im Grundton mit den Alcmene-Szenen kontrastieren: Geht es dort um eheliche Treue im Adelshaus, so hier um Gehorsam des Sklaven. 4 2, 1 tritt auf Amphitryon mit Sosia, also zwei Echte, die an sich zusammengehören, aber der Herr ist verärgert, daß der Sklave ihn nicht, wie befohlen, in seinem Haus angemeldet hat, und daß er dafür völlig unglaubhafte Entschuldigungen vorträgt (Bezug auf 1, 1). 3, 3 bringt falschen Amphitryon und echten Sosia zusammen, in vorläufig spannungsloser Situation, Sosia hält Jupiter für seinen wirklichen Herrn und geht auf dessen Befehl ab, einen Gast herbeizuholen. Dann findet sich aber auch 105 Das Amphitruo-Supplement, oder: Dichter können auch ganz gut Philologe 5 Vgl. Steidle 1979, 34. wieder Mercur als falscher Sosia im Hause ein, um, wie schon 1, 1, Jupiter vor ungebetenem Besuch zu schützen. So gerät der zurückkehrende echte Amphitryon 4, 2 an den falschen Sosia, der ihn nicht einläßt, sondern nur übel beschimpft und mit Gegenständen nach ihm wirft. Alsbald trifft der erboste Amphitryon auf den echten Sosia, der wieder einmal ausbaden muß, was sein Doppelgänger angerichtet hat, 4, 2b. Diesmal geht es aber nicht nur um scheinbare Pflichtvergessenheit, sondern um grobe Verbal- und Realinjurien des Sklaven gegenüber dem Herrn. So ist in diesem zweiten Durchgang jede Auseinandersetzung von größerer Heftigkeit geprägt. Zudem vernimmt Amphitryon im ersten Teil über den falschen Sosia wie auch über den falschen Amphitryon nur Berichte (2, 1 durch Sosia, 2, 2 durch Alcmene), im zweiten aber tritt er den beiden falschen Doppelgängern Aug in Aug gegenüber (4, 2 Mercur, 4, 3 Jupiter). Nicht erhalten, sondern nur rekonstruiert sind in diesem Gesamtbild die Szenen 4, 2 teilweise, 4, 2a und b ganz, 4, 3 teilweise. Von unserem Ergänzer des 15. Jh.s ist, wie gesagt, die Szene 4, 2a zwar nicht erfaßt, aber das Ende von 4, 2; 4, 2b ganz, und der Anfang von 4, 3. Insgesamt übrigens 187 Verse. Diese Szenen sind alle von Strukturparallelen betroffen, die Reinhardt auf Grund des eindeutig rekonstruierbaren jeweiligen Personals beobachtet hat: 4, 2 wiederholt steigernd die Sperrung des Hauszugangs durch Mercur 1, 1; 4, 2b und 2, 1 sind Auftritte des über Sosia entrüsteten Amphitryon; 4, 3 entspricht der Doppelgängerszene von 1, 1. Der Auftritt 1, 1 ist dabei sozusagen polyvalent, 5 denn er gleicht in manchen seiner Elemente der Szene 4, 2: Abwehr eines Besuchers vom Haus durch den falschen Sosia, in anderen der Szene 4, 3: Begegnung, übrigens jeweils einmalige, von einem Paar von Doppelgängern. Machen wir uns klar, daß wir erst durch Reinhardt die Augen geöffnet bekommen haben für diese Strukturparallelen. Der Verfasser des Supplements aber konnte auf derlei philologisch-analysierende Literatur nicht zurückgreifen, er mußte sich selber ein Bild machen von dem, was das Stück zusammenhält, und er hat zum großen Teil genau dasselbe gesehen wie Reinhardts Analyse, an die 500 Jahre vor diesem. Denn er hat in den erhaltenen Szenen die jeweiligen Abschnitte und Stufen der Auseinandersetzung erkannt und diese auf die verlorenen Parallelsituationen übertragen. Zunächst zum Szenenpaar 1, 1 - 4, 2, wo jeweils Mercur erst Sosia, dann Amphitryon daran hindert, das Haus zu betreten: Daß er dem Sklaven Sosia auf ebener Erde gegenübertritt, dem Feldherrn Amphitryon hingegen nur vom sicheren Dach aus, steht so schon bei Plautus. Aber unser Ergänzer 106 Ludwig Braun 6 Verszahlen ohne Zusatz beziehen sich stets auf den Plautinischen Amphitruo, Verszahlen mit Sternchen * verweisen auf das humanistische Supplement, dessen Text zu finden ist u. a. bei Braun 1980, 122-142. 7 Nebenbei sei daran erinnert, daß das ganze Unglück in Ben Hur anfängt mit einem Ziegel, der versehentlich von oben auf einen römischen Offizier fällt - das konnte freilich weder der Plautus-Ergänzer noch auch Plautus selbst bereits wissen. gestaltet nun auch die weitere Szene in Entsprechung zu 1, 1: Dort schüchtert Mercur den Sklaven zuerst mit Drohungen ein (295-369), traktiert ihn dann mit Faustschlägen (370-380) und läßt ihn zuletzt durch Argumente an seiner Identität irre werden (381-437, s. argumentis vicit 423). Ebenso beschimpft und bedroht Mercur Amphitryon in dem erhaltenen originalen Rest der Szene 4, 2 (tibi Iuppiter / dique omnes irati certo sunt qui sic frangas fores 1021-1022, senecta aetate a me mendicas malum 1032, quia enim te macto infortunio 1034 6 ), greift dann, nun im Ergänzten, zu Gewaltmaßnahmen, indem er einen Dachziegel auf Amphitryon wirft (Hac tegula tuum diminuam caput … accipe *5. *8), und macht ihm schließlich klar, er könne gar nicht Amphitryon sein, denn der genieße gerade drinnen die Freuden der Liebe mit Alcmene (abscede moneo, molestus ne sies, dum Amphytrio Cum uxore […] voluptatem capit *17f.). Das alles läßt den Feldherrn nicht unbeeindruckt, aber, anders als Sosia 1, 1, gibt er nicht klein bei, sondern besteht darauf, daß dieser andere Amphitryon herbeigeholt werde (Cupio accersiri *32). Der Wurf mit dem Ziegel verdient noch etwas mehr Aufmerksamkeit: Das Fragment 4 aus der Lücke geht in ganz ähnliche Richtung: optumo iure infringatur aula cineris in caput. Aber der Ergänzer hat die Fragmente insgesamt ja offensichtlich nicht gekannt, kommt nur mehrmals instinktiv in deren Nähe. Denn wie kann man gewaltsam auf einen Gegenspieler einwirken, wenn man sich hoch über ihm auf einem Dach befindet? Nicht direkt mit den Fäusten, wie gegen Sosia in Szene 1, 1, sondern nur mit Wurfgeschossen. Und wenn man schon auf einem Dach steht, gerät einem da nicht ein Ziegel sogar viel natürlicher in die Hand als ein Asche-Eimer? 7 Man ist versucht, zu sagen, daß diese Ergänzung sogar das Original noch übertrifft. Die zweite Szene des Supplements (= 4, 2b): zu Amphitryon kommt dessen Steuermann Blepharo zusammen mit Sosia, zeigt in erster Linie, daß der Ergänzer die Hinweise auf diese Szene im Erhaltenen sorgfältig berücksichtigt hat: Die bereits 589 und 1030 von Amphitruo angedrohten Prügel werden hier verwirklicht, entsprechend der wesentlich stärkeren Verärgerung Amphitruos. Erheblich enger aber sind die Beziehungen in der dritten ergänzten Szene, der Begegnung von echtem und falschem Amphitryon (4, 3), zu ihrem Pendant in der allerersten Szene, der Begegnung von echtem und falschem Sosia (1, 1). Dort 107 Das Amphitruo-Supplement, oder: Dichter können auch ganz gut Philologe geht die Auseinandersetzung über mehrere Runden, wir haben eben schon auf die Folge von Drohungen, Tätlichkeiten und rationalen Beweisen, argumenta, geblickt. Mit Drohungen (*119, *138), dann Tätlichkeiten beginnt auch die dritte ergänzte Szene, Jupiter und Amphitryon packen sich gegenseitig am Hals (wie angekündigt 953 quom ego Amphitruonem collo hinc obstricto traham: *139 Ob istuc indignum dictum te obstricto collo hac diripiam, ausgesponnen bis *147), nur mühsam kann Blepharo die Kombattanten trennen. Dann soll, unter Vorsitz des unparteiischen Blepharo, durch Zeichen ent‐ schieden werden (faciam id, si queo, signis palam *153). 1, 1 beginnt Sosia, durch Mercurs Anspruch fassungslos, mit einer Selbstbehauptung, in der er seine Iden‐ tität versichert und seine letzten Erlebnisse und Verrichtungen aufzählt (403- 408), doch Mercur nimmt alles Gesagte für sich selbst in Anspruch (410-415). Das entspricht genau den auftrumpfenden Tatberichten der zwei Amphitryone *163-177, bis zu den verzweifelten Ausrufen des Sosia und Amphitryon jeweils am Ende dieser Runde: So. egomet mihi non credo, quom illaec autumare illum audio: hic quidem certe quae illic sunt res gestae memorat memoriter (416-417), Amph. Dii immortales, iam mihimet non credo, ita hic omnia, quae facta illic, examussim loquitur (*178-179). Im Amphitruo folgen darauf die Fragen Sosias nach Einzelheiten, mit denen er den falschen Sosia überführen will, erst nach der patera des Pterela (418-422), dann nach der heimlichen Beschäftigung Sosias, dem stillen Weingenuß, wovon nur der echte Sosia wissen können sollte (425- 430). Dem entsprechen im Supplement die Fragen Blepharos nach den Befehlen Amphitryons vor der Taphierschlacht (*154-156) und nach dem Geldbetrag in der Börse (*157-161; marsupium, womit allerdings wohl eher so etwas wie die Kriegskasse gemeint ist). Wieder unterstreicht zum Abschluß ein wörtlicher Anklang: So. mira sunt, nisi latuit intus illic in illac hirnea (432), Bl. Intus in crumena clausum alterum esse oportuit (*162). Als letzte entscheidende Prüfung stellt Blepharo die Frage nach einer Narbe am Arm Amphitryons. Dies geht gleichfalls auf eine Anregung aus 1, 1 zurück, dort ebenso am Ende der Auseinandersetzung, wo Sosia sein Äußeres mit dem Mercurs vergleicht und nur Übereinstimmungen sieht, so daß er mit den Worten schließt: si tergum cicatricosum, nihil hoc similist similius (446). Sosia hat Prügelstrafen erlitten, die Narbe Amphitryons hingegen stammt aus einer Heldentat - wieder steigert der Ergänzer einleuchtend. Dieses einzige in 1, 1 nicht geprüfte Kennzeichen wird im Supplement zum kraftvollen Schlußeffekt, die Prüfung der Narbe findet hier statt, aber natürlich auch sie ohne Ergebnis: Bl. Supreme Iuppiter, quid intueor? Utrique in musculo / Dextro, eodem in loco, signo eodem apparet probe, / Ut primum coivit, cicatrix rufula, sublivida. / Iacent rationes, silet iudicium, quid dicam nescio (*184-187). 108 Ludwig Braun 8 Vgl. Braun 1980, 29-31. Collenuccio lebte von 1444 bis 1504, seine - sehr freie - Übersetzung ist vielleicht für eine Amphitruo-Aufführung 1487 in Ferrara entstanden, jedenfalls aber vor 1495, s. Braun a.O., vgl. auch Pittaluga 1983, 275-278. Übertragen ist also aus 1, 1, nach Handgemenge der Doppelgänger, der Dreischritt: 1.) zwei Fragenkomplexe, die auf Geheimwissen zielen, das anderen nicht bekannt sein kann, 2.) Tatenbericht als Selbstbehauptung, 3.) unveränder‐ liche körperliche Merkmale (die Reihenfolge gegenüber Amph. 403-446 ist somit leicht verändert). Eine solche Übertragung geschieht ja gewiß nicht von selbst, unser Ergänzer muß die grundsätzlich vorgegebene Parallelität erkannt und als Konstruktionsprinzip bewußt seiner Ergänzung zugrunde gelegt haben. Dieses Verfahren ist keineswegs unausweichlich. Pandolfo Collenuccio, ein Zeitgenosse unseres Ergänzers, hat in seiner italienischen Fassung des Am‐ phitruo gleichfalls die verlorenen Szenen des Stückes rekonstruiert. 8 Mehrere Elemente, die der Ergänzer aus den Parallelszenen aufgegriffen und in neuer Wendung zur Geltung gebracht hat, werden bei Collenuccio aber nicht heran‐ gezogen. Um nur den markantesten Fall zu nennen: In Szene 4, 3 kommt es bei Collenuccio nicht zur Schlägerei zwischen echtem und falschem Amphitruo, und das, obwohl diese bei Plautus Amph. 953 angekündigt wird - also geringe philologische Aufmerksamkeit Collenuccios -, es kommt auch nicht zu Fragen Blepharos an beide Doppelgänger, die die wahre Identität klären sollen, und schließlich ebenso wenig zur Prüfung des unveränderlichen Kennzeichens, der Narbe am Arm. Das Amphitruo-Supplement hingegen scheint mir ein wichtiges Beispiel für die häufiger zu beobachtende Erscheinung zu sein: Ein Dichter kommt oft nicht umhin, sich für sein eigenes Werk mit den Schöpfungen anderer Dichter auseinanderzusetzen, und das heißt, sie zu interpretieren. Er leistet also eine philologische Arbeit. Er tut dies aber nicht in eigentlich philologischer Form, denn das Ergebnis seiner Interpretation ist nicht ein Kommentar oder eine Literaturgeschichte, sondern seine Interpretation geht implizit in sein eigenes Werk ein. Es liegt übrigens auf der Hand, daß der Zunftgenosse, mindestens für bestimmte Fragen, ein wesentlich schärferes Auge hat als ein Philologe, der aus eigener Erfahrung und Praxis zumeist vom Dichten nichts versteht. Auch ein so entstandenes dichterisches Werk muß dann aber natürlich wieder von Philo‐ logen interpretiert werden. Die nicht explizierte proto-philologische Erkenntnis 109 Das Amphitruo-Supplement, oder: Dichter können auch ganz gut Philologe 9 Die hier ausgebreiteten Beobachtungen habe ich mindestens ansatzweise, z. T. auch verbatim bereits im Rahmen meiner Studien zu den Plautus-Supplementen dargelegt, s. Braun 1980, 16-37, besonders 25-27. Daraus habe ich, gleichfalls schon vor vielen Jahren, den Gedanken gesponnen, daß wir hier den Fall eines Dichters haben, der in impliziter Weise bemerkenswerte philologische Arbeit geleistet hat. Veröffentlicht habe ich diesen Gedanken bisher nicht, aber mündlich vorgetragen im Zusammenhang meiner Würzburger Antrittsvorlesung am 5. Mai 1986, mit dem Titel „Dichter und Philologe: Symbiose und Konkurrenz.“ ist erst wieder herauszupräparieren. Dies wollte ich am Amphitruo-Supplement vorführen. 9 Literaturverzeichnis Braun, Ludwig: Scenae Suppositiciae oder Der falsche Plautus, Göttingen 1980 (Hypo‐ mnemata, Bd. 64). Braun, Ludwig: Keine griechischen Originale für Amphitruo und Menaechmi? , Würz‐ burger Jahrbücher 17, 1991, 193-215. Collenuccio, Pandolfo: Comedia di Plauto (Amfitrione), Venedig 1530. Hoffmann, Emanuel: De Plautinae Amphitruonis exemplari et fragmentis, Diss. Breslau 1848. Pittaluga, Stefano: Pandolfo Collenuccio e la sua traduzione dell’‟Amphitruo” di Plauto, Res Publica Litterarum 6, 1983, 275-290. Reinhardt, Udo: Amphitryon und Amphitruo, in: Udo Reinhardt / Klaus Sallmann (Hgg.), Musa Iocosa, FS Andreas Thierfelder, Hildesheim / New York 1974, 95-130. Steidle, Wolf: Plautus’ Amphitruo und sein griechisches Original, Rheinisches Museum für Philologie 122, 1979, 34-48. 110 Ludwig Braun 1 Cruciani 1968, xv. Das Buch ist noch immer der Referenztext für die römischen Feiertage von 1513; vgl. auch ders. 1983, 379-485 auf den Ausstellungen während des Pontifikats von Leo X. 2 Siculo 1518, 35. Ad imitatione delli antiqui Philologie und Theater in den Plautinischen Studien des Tommaso “Fedra” Inghirami Domenico Giordani (Oxford) Im Gegensatz zum mittelalterlichen Theater nimmt das humanistische Theater zum ersten Mal ein historisches Bewusstsein gegenüber der klassischen Welt an, das auf halbem Weg zwischen dem kritischen Blick des Gelehrten und der Erkenntnis eines unheilbaren Verlustes liegt. In der Einleitung zu einem Band, in dem es um die römischen Feiern von 1513 geht, sagte Fabrizio Cru‐ ciani, der wichtigste Aspekt dieser Haltung sei «il tentativo, quantitativamente trascurabile ma qualitativamente privilegiato, di recupero e di restituzione del teatro classico», 1 ein Versuch, der immer von theoretischer Reflexion und philologischer Aktivität begleitet wurde. Der Wunsch, den Seiten der Manuskripte einen Lebenshauch zu verleihen, die seit Jahrhunderten nur in ihrer Schriftlichkeit wahrgenommen und teilweise erst kürzlich entdeckt worden waren, wie im Fall der zwölf Komödien von Plautus (1429) und der Komödien von Terenz mit dem Kommentar von Donat (1433), kennzeichnet von Anfang an die Tätigkeit der sogenannten römischen Akademie, einer Gemeinschaft von Schriftstellern, die sich um Pomponio Leto während seiner Lehrjahre am Studium Urbis versammelt hat. Über die Akademie und ihre Mitglieder ist viel geschrieben worden, und es ist nicht meine Absicht, die Geschichte dieser Gemeinschaft nachzuvollziehen. Der vorliegende Beitrag konzentriert sich eher auf einen der letzten und einflussreichsten unter denen, die aus Leto nach dem Ausdruck von Giulio Simone Siculo «wie aus dem Trojanischen Pferd hervorgingen» (tamquam ex equo Troiano […] exiere), 2 näm‐ 3 Vgl. D’Elia 2009. 4 Diarium Romanum, 20. April 1483. Der Text wird zitiert nach Carusi 1904, 117. Tatsächlich konnten die ersten theatralischen Experimente der Pomponianer zumindest auf den Januar 1482 zurückgeführt werden, so das Zeugnis von Gherardi über ein üppiges Bankett des venezianischen Patriziers Francesco Diedo, an dem et qui poeticae et qui oratoriae operam dabant teilnahmen (86); obwohl kein Mitglied der Akademie ausdrücklich erwähnt wird, deuten die Anwesenheit der größten römischen Gelehrten und die Rezitation von Komödien nach der alten Art darauf hin, dass sich das Zeugnis auf Leto und seine Schüler bezieht, vgl. 6. Januar 1482: fuerunt etiam qui graece recitarunt, qui comedias actitarunt, veterum mores et artes imitantes quantum potuere. Was die Feierlichkeiten vom April 1483 betrifft, so ist darauf hinzuweisen, dass Letos Haus nicht auf dem Esquilin stand, wie Gherardi und viele andere Quellen sagen, sondern auf dem Quirinal, wie auch die Tatsache zeigt, dass das Bankett in der Kirche San Salvatore de Corneliis (oder de Cornutiis oder de Caballo) eingerichtet wurde, die einst in der Nähe des heutigen Palazzo Rospigliosi stand, vgl. Hülsen 1927, 435-436 über die Geschichte des Gebäudes. Die erste der im Diarium erwähnten Personen ist Demetrio Guazzelli (Mitte des 15 Jahrhunderts), ursprünglich aus Petrognano, aber zwischen 1475 und 1476 mit der Staatsbürgerschaft von Lucca ausgezeichnet, sowie der Commendatarius des Krankenhauses von San Giacomo dell’Isola in der Diözese Lucca und damit Lucensis. Guazzelli wurde durch die Fürsprache von Platina Mitglied der Accademia Pomponiana und wurde für die angebliche Verschwörung gegen Paul II. zu einem Jahr Haft verurteilt, dann aber unter Sixtus IV. um 1481 zum ersten custos der Vatikanischen Bibliothek, vgl. Arch. Segr. Vat., Reg. Vat. 658, ff. 119r-121r; Kopien in Vat. lat. 3951, ff. 309r-310r; Vat. lat. 7947, f. 3r. lich Tommaso “Fedra” Inghirami. Insbesondere werden wir seine Plautinische Studien in Betracht ziehen, um die Merkmale seines modus operandi zwischen der Kultur des Renaissance-Festivals und der Wiedererweckung des antiken Theaters näher zu bestimmen. 1. Aus dem Leben eines Pomponianischen Humanisten Tommaso Inghirami wurde 1470 in Volterra in einer den Medici treuen Familie geboren. Nach der Ermordung seines Vaters im Jahre 1472 wurde er unter dem Schutz von Lorenzo de’ Medici nach Florenz gebracht. Dieser wurde sich der besonderen Qualitäten des jungen Inghirami bewusst und beschloss, ihn 1483 nach Rom zu seinem Onkel Antonio, Sekretär und Cubicularius von Sixtus IV., zu schicken. Hier nahm Inghirami an der Aktivität der römischen Akademie von Leto teil, die unter dem Pontifikat von Sixtus IV. wiedergeboren wurde, nachdem sie unter Paul II. wegen Verdachts auf eine Verschwörung unterdrückt worden war. 3 Die Nachrichten über die Aktivitäten der Akademie sind in der Tat bis 1483, dem Jahr der Ankunft von Inghirami in Rom, eher selten. In diesem Jahr zeugt eine Passage aus dem Tagebuch von Jacopo Gherardi, eines Volterranischen Humanisten und Mentors des jungen Inghirami, von der Erneuerung der jährlichen Feier zum Geburtstag Roms in Übereinstimmung mit den antiken Parilia: 4 112 Domenico Giordani 5 Vgl. Sabellico 1499, 46b: veneratus est omnium maxime Romanae urbis ingenium celebra‐ vitque natalem urbis, quotannis frequenti doctorum hominum conventu, ubi adolescentes eloquentiae studiosi, panegyricis, encomiasticisque actionibus dabant prima ingenii expe‐ rimenta. pari studio veterem spectandi consuetudinem desuetae civitati restituit, primorum antistitum atriis usus, in quibus Plauti, Terentii, recentiorum etiam quaedam agerentur fabulae quas ipse honestos adolescentes et docuit, et agentibus praefuit. 6 Vgl. Giovio 2011, Bd. 2, 249-250 über das Interesse von Pomponio an vocem et gestum cum verbis atque sententiis ad commovendos animos congruentes (ibid. 251); dort wird auch das Beispiel von Cicero und Roscius angeführt. Es ist v. a. Inghiramis Timbre in der Stimme und die Angemessenheit der Gesten, die Giano Parrasio nostalgisch erwähnt, vgl. Vat. Lat. 5233, ff. 162v-163r silet (heu) T. Phaedrae vox illa tua iucunde sonora: illa argutae linguae suadela: quae mentes hominum in omnes affectus impellebat: quae Romanam facundiam a Goticis usque temporibus amissam restituit. ubi nunc est ille gestus cum sententiis congruens zitiert in Rowland 1998, 154. in Exquiliis prope Pomponii domum, die dominico qui sequutus est, a sodalitate litteraria, celebratum est Romanae Urbis Natale. Sacra sollemniter acta, Demetrio Lucensi, bibliotecae pontificiae prefecto operante, Paulus Marsus orationem habuit. pransum est apud Salvatoris sacellum, ubi sodalitas litteratis viris et studiorum studiosis elegans convivium paraverat […] et a diversis iuvenibus eruditis versus quamplures etiam memoriter recitati Die Feier bestand also aus einer lateinischen Rede, gefolgt von einem prächtigen Bankett, an dem junge edle Literaten teilnahmen, die am Ende auswendig gelernte Verse rezitierten. In seiner Pomponii Vita bezeugt Marcantonio Sabellico, dass private Rezita‐ tionen im Hause Letos erneut anlässlich des Geburtstags Roms stattfanden und sie in Verbindung mit den offentlichen Pomponianischen Aufführungen des Plautus, Terenz und anderen neueren Komödien setzt. 5 Die Rezitation von Reden, von auswendig gelernten poetischen Passagen und schließlich von ganzen Komödien legt nahe, dass die Bildung der Pomponianer, die sich hauptsächlich auf Redekunst konzentrierte, eine starke Fokussierung auf die Performance, auf actio beinhaltete. Für die jungen Schüler von Pomponio war die Schauspielerei eine notwendige Vorbereitung für zukünftige rhetori‐ sche Performance. Die Rezitation ermöglichte den angehenden Rednern, das Gedächtnis zu trainieren, eine gute Aussprache zu erlernen, alle non-verbalen Mittel, insbesondere Gebärden und Stimme, zu üben und ihre Wirkung auf das Publikum zu testen. 6 Daher führt Paolo Giovio 1527 in einer nostalgischen Retrospektive über die glänzenden Jahre der Accademia Pomponiana den Nie‐ dergang der Beredsamkeit auf das Verschwinden jener iucundissima […] studia 113 Ad imitatione delli antiqui 7 Vgl. Giovio 2011, Bd. 2, 251. 8 Sulpizio da Veroli 1486, 5-6. Theatralium recitationum zurück, die damals schon von den unvermeidlich überwiegenden Vorstellungen in Vulgärsprache verdrängt wurden: 7 Sed cur hodie doctorum ora aut conticescant aut satis inepte veterum vocem, gestum, ac totam huius subtiliores artificii rationem aemulentur, ut diligenter explices postu‐ lamus». Ad haec: «Ego, inquam, ut coniectura facile adsequimur, id duabus de causis arbitror evenisse. Primo quoniam iucundissima illa Theatralium recitationum vete‐ rumque praesertim comoediarum, quae per ingenuos et patritios adulescentes nuper agebantur apud Romanam iuventutem penitus fuerint intermissa, irrumpentibus in Scoenam vernaculis histrionibus in gratiam, ut putamus, foeminarum ac indoctae multitudinis Gerade auf diese pädagogischen Zwecke bezieht sich eines der ersten Zeugnisse für eine öffentliche Aufführung von Mitgliedern der Akademie. Drei Jahre nach Inghiramis Ankunft in Rom, gegen Ende 1486 oder in den ersten Monaten 1487, veröffentlichte Giovanni Sulpizio da Veroli, eine der Schlüsselfiguren der Accademia, die editio princeps von Vitruvs De Architectura. Die Veröffentlichung von Verolis Vitruv stellt einen entscheidenden Moment in der Geschichte der Renaissance-Architektur dar und ist auch für die Entwicklung des humanisti‐ schen Theaters nicht ganz unerheblich. Im Vorwort an Kardinal Raffaele Riario erinnert Sulpizio da Veroli an die Etappen der Wiederherstellung des klassischen Theaters in Rom: 8 tu enim primus Tragoediae quam nos iuventutem exercitandi gratia et agere et cantare primi hoc aevo docuimus (nam eius actionem iam multis saeculis Roma non viderat) in medio foro pulpitum ad quinque pedum altitudinem erectum pulcherrime exornasti; eandemque postquam in Hadriani mole Divo Innocentio spectante est acta, rursus intra tuos penates, tamquam in media circi cavea, toto consessu umbraculis tecto, admisso populo et pluribus tui ordinis spectatoribus honorifice excepisti. Tu etiam primus picturatae scaenae faciem qua Pomponiani comoediam agerent nostro saeculo ostendisti Nach der zeitnahen Rekonstruktion von Sulpizio da Veroli bestand die Hauptauf‐ gabe dieser Aufführungspraxis darin, junge Menschen auszubilden, indem sie Verse oder sogar ganze Stücke rezitierten und sangen. Mit der Zeit entwickelte sich diese Praxis, auch dank der Unterstützung von Kardinal Riario, zu einem Projekt, das antike Theater nach so langer Abwesenheit von den Bühnen Roms wiederzubeleben. Veroli erwähnt in der Tat eine tragische Vorstellung, die auf 114 Domenico Giordani 9 Niccolò da Correggio leitete die Produktion der Menechini, während der Maler der Szenen sicherlich Nicoletto Segna war. Giovanni Trullo, bekannt als der Bianchino, war stattdessen apparator scenicus. Für weitere Details zu dieser und anderen Plautinische Darstellungen in Ferrara vgl. Guastella 2007. 10 Vgl. Guastella 2007, 110 «alla base dell’impresa di Ercole d’Este c’è stato un lavoro preliminare commissionato a Battista Guarini: una raccolta di commedie plautine tradotte in volgare, con una resa del testo, come vedremo meglio più avanti, il più possibile letterale. Un’operazione, questa, che si inserisce in un progetto organico di riduzione in volgare del patrimonio classico che sappiamo si sviluppò attorno a e per iniziativa di Ercole I.» 11 Prologus in Hippolytum, Roma, Bibl. Vall. F 20, f. 344r. einer von Riario im Forum errichteten Bühne stattfand und dann im Castel Sant’Angelo in Gegenwart von Innozenz VIII. und auch natürlich im Hof des Adelspalastes von Riario selbst, d. h. im heutigen Palazzo della Cancelleria, wiederholt wurde. Um welche Vorstellungen handelt es sich? Um diese Frage zu beantworten, lohnt es sich, auf die frühen 80er Jahre des 15. Jahrhunderts einzugehen, eine besonders wichtige Periode in der Geschichte der Plautus-Rezeption in der Renaissance. Tatsächlich fand gleich am 25. Januar 1486 die erste urkundlich belegte Aufführung einer vulgärsprachlichen Komödie des Plautus statt. Im Hof des Palazzo Ducale in Ferrara wurden die Menechini, die Version der Menaechmi im Volgare, während der von Ercole I d’Este zu Ehren von Francesco Gonzaga organisierten Feierlichkeiten aufgeführt. 9 Genau ein Jahr später, im Januar 1486, wurde wiederum in Ferrara eine von Pandolfo Collenuccio ins Volgare übertragene Amphitrione aufgeführt, um die Hochzeit von Lucrezia d’Este, Er‐ coles unehelicher Tochter, mit Annibale Bentivoglio zu feiern. Beide Ereignisse stellen den Höhepunkt eines Prozesses der vulgärsprachlichen Aktualisierung der Komödien dar, der auf Initiative des Herzogs Ercole d’Este entstanden war. 10 Die römischen Vorstellungen der Pomponianer waren zweifellos weniger prunkvoll und gingen hauptsächlich von einer anderen Perspektive auf die Antike aus. Wie bereits gesagt, beschreibt Sulpizio da Veroli ein Projekt zur Wiederherstel‐ lung des klassischen Theaters in Originalsprache, das bereits mit der Vorstellung einer Tragödie und einer Komödie durchgeführt wurde. Erst 1486, im selben Jahr wie Vitruvs editio princeps, wurde Senecas Phaedra in Rom unter dem Titel Hippolytus aufgeführt. Der Prolog ist in einer in der Bibliotheca Vallicelliana aufbewahrten Handschrift überliefert. Der Verfasser dieses Werkes ist erneut Sulpizio da Veroli, der seine Idealvorstellung noch stärker unterstreicht: 11 postid novis auctoribus (d. h. tragoedia […] vos augeat) qui usu abditos revocant theatrales iocos et fabulas ad vos iuvandos 115 Ad imitatione delli antiqui 12 Inghirami 1645, 49. 13 Zu den falschen etruskischen Entdeckungen von Curzio Inghirami siehe Rowland 2004. Über die Varianten des Spitznamens, der sowohl als Phaedra als auch als Phaedrus bezeugt wird, beziehen wir uns auf Künzle 1964, 502 n. 13; die von Francesco Inghirami an Laur. 3636 angebrachte Note bezeugt das Schicksal des Namens bei der Familie Inghirami, vgl. f. IIr Addi 21 di maggio 1524 et fu di sabeto a hore XXIII e mezzo / nacque uno figlio maschio al quale fu messo nome phedro. 14 Vgl. Dietrich 1957, 261 und kritische Zusammenfassung der diesbezüglichen Meinungen mit bibliographischen Referenzen in Cruciani 1969, xxix n. 21. Nach einer berühmten Anekdote war es dieser Darstellung zu verdanken, dass Inghirami seinen Spitznamen für immer erhielt: 12 fu tenuto Poeta insigne, grandissimo Oratore, perfettissimo Filosofo, et eruditissimo in tutte le scienze, e buon’arti, et ebbe così pronta la poesia latina che recitandosi in casa il Cardinale S. Giorgio la Tragedia di Seneca detta l’Ippolito, et essendo per caso rovinato il ponte dietro alla prospettiva, mentre ch’egli, che rappresentava il Fedra, era solo in scena, continuò tanto il parlare all’improvviso in versi latini, che fu rimediato al disordine Die Nachricht stammt von Curzio Inghirami, dessen Reputation als Fälscher wohlbekannt ist; 13 doch ein der Aufmerksamkeit der Forscher bisher entgan‐ genes Element scheint mir die Wahrhaftigkeit der Anekdote zu bestätigen. Denn die Anekdote spielt sich ab «in casa il cardinale S. Giorgio», nämlich im Palast von Raffaele Riario, seit 1477 Kardinal von San Giorgio al Velabro. Deshalb bezieht Curzio Inghirami sich hier auf die Darstellung «intra […] penates», die auch Veroli in seinem Vorwort erwähnt. Also scheint es sicher, dass der damals 16-jährige Inghirami an den inzwischen zu echten theatralischen Aufführungen gewordenen rhetorischen Übungen teilgenommen hat, indem er, soweit wir wissen, in der Rolle von Phaedra debütierte und seine Zeitgenossen mit seinen außergewöhnlichen Improvisationsgaben in lateinischen Versen erstaunte. Während sich die drei von Veroli erwähnten Darstellungen einer Tragödie sicherlich auf die Phaedra beziehen, ist die Erwähnung einer «picturatae scaenae facies», in der die Pomponianer eine Komödie inszenierten, rätselhafter. Zu‐ nächst einmal ist es schwer zu verstehen, worauf Sulpicio genau Bezug nimmt. Forscher haben an eine mit Stoff bemalte oder bedeckte Hintergrundmauer, eine Stadtperspektive oder an eine malerische Ausschmückung der architektonisch gestalteten «frons scaenae» gedacht, wie sie für das Kapitolinische Theater und die Feste von 1513 entworfen worden war. 14 Was die Komödie betrifft, 116 Domenico Giordani 15 Alessandro Cortesi, Brief vom 18. April 1486 (Pintor 1906, 6): velim adfuissetis cum Epidicum Plauti agebant mimi Romani in Capitolio: utinam et hodie adessetis, cum spectaturi Hyppolitum (sic) Senecae simus. 16 Vgl. den noch immer grundlegenden Beitrag von Dietrich 1957 und den neueren Beitrag von Rowland 1998, 7-41. wissen wir dank eines Briefes von Alessandro Cortesi, 15 dass die jungen Schüler von Pomponio 1486, kurz vor der Vorstellung der Tragödie von Seneca, den Epidicus von Plautus auf dem Kapitol inszenierten und damit die Reihe der Plautinischen Darstellungen begannen, die sich durch die letzten Jahrzehnte des 15. Jahrhunderts bis zum Höhepunkt der römischen Feste von 1513 fortsetzte. Im Gegensatz zu Ferrara zeigten die Pomponianer zunächst eine Vorliebe für die acht Komödien. Unter den Vorstellungen, denen der Epidicus 1486 folgte, gibt es tatsächlich Nachrichten von einem Amphitruo und einem Aulularia, die 1492 bzw. 1497 aufgeführt wurden. Die erste der aus dem Korpus der zwölf 1429 in Köln wiederentdeckten und um 1430 in Italien angekommenen Komödien ist die Mostellaria, die 1499 aufgeführt wurde. Tommaso Inghirami, der damals als Phaedra bekannt war, hatte sich als bester Redner seiner Zeit einen Namen gemacht und im März von Maximilian I das Diplom des Pfalzgrafen und die Dichterkrone erhalten. Im Jahre 1498, ein Jahr vor der letzten bekannten Pomponianischen Aufführung, starb Pomponio Leto und Inghirami ersetzte ihn am Lehrstuhl für Rhetorik am Studium Urbis. Eine eingehende Analyse der Pomponianischen Aufführungen wäre von großem Interesse für die Geschichte der Plautus-Rezeption in der Renaissance, aber sie geht über die Grenzen unseres Beitrags hinaus. 16 Der neue Frühling des lateinischen Theaters und besonders des Plautus in Rom fällt genau mit den Kar‐ rierejahren Inghiramis zusammen. Daher werden wir im Folgenden versuchen, seine Plautinische Studien, die sicherlich von den Pomponianern beeinflusst wurden, mit seiner direkten Beteiligung an den Kapitolinischen Feiern von 1513 in Verbindung zu bringen. 2. Phaedras Plautinische Studien Die Plautinischen Studien von Inghirami keimen, wie wir gesehen haben, im Umfeld der Pomponianer. Obwohl es dafür keine Beweise gibt, scheint es sehr wahrscheinlich, dass ihm seine Anerkennung als Schauspieler, die ihm die Hauptrolle in Senecas Phaedra einbrachte, erlaubte, an den komischen Aufführungen der Jahre 1486-1499 teilzunehmen. Auch der erwachsene Inghi‐ rami verlor nicht das Interesse an Plautus und seine dauerhafte Arbeit an den Komödien wird deutlich durch eine Nachricht von Aulo Giano Parrasio über In- 117 Ad imitatione delli antiqui 17 Parrhasius 1567, 146. 18 Laur. Plut. 36, 36, f. 295v (Poen. 224) adgerundaq(ue) aqua in a(ntiqu)o: aggerundaq(ue) aqua D 4 . Zur Problematik und zum Kodex im Allgemeinen siehe Questa 1984, 223-228. ghiramis durch den Tod unvollendet gebliebenes Werk In Plauti comoedias scrupolosissimae quaestiones: 17 Quis ultimam manum tot inchoatis operibus imponet? quae (non secus ac Apellis illa decantatissima Venus) interrupta pendent: luculentissimae scilicet orationes, Apologia Ciceronis in obtrectatores, quam mihi paucis ante diebus quam coepisset aestuare, domi suae per summam voluptatem legit […] in Horatii poeticam vigilantis‐ sima commentaria: in Plauti comoedias scrupolosissimae quaestiones Der Verweis auf den Kommentar zu Horaz’ Ars poetica, der sich in der autogra‐ phen Handschrift Vat. lat. 2742 erhalten hat, in der Plautus als genius Latinae linguae beschrieben wird (Vat. lat. 2742, f. 41v), legt nahe, dass die Plautinischen Forschungen Inghiramis im Rahmen der Kurse, die er ab 1497 als Nachfolger Pomponios am Lehrstuhl für Rhetorik abhielt, erfolgten und dass die Abfassung seines Werkes über Plautus bis zu seinem Tod 1516 andauerte. Das Werk ist (noch) nicht wieder aus den Archiven aufgetaucht, aber wir können uns dank Inghiramis handschriftlicher Kopie von Plautus’ Komödien ein Bild von seinem Inhalt machen. Die Handschrift, die in der Biblioteca Medicea Laurenziana aufbewahrt ist (Laur. Plut. 3636), wurde zweifellos von Inghiramis Hand geschrieben. Die paläographische Untersuchung der Schrift erlaubt es uns, die Handschrift in die so genannte vierte Periode des Pomponianischen Stils einzuordnen, also in die Dekade um 1500, sicherlich nach 1497, und bestätigt damit die Hypothese, dass Inghiramis Plautus-Studien während seiner Lehrtätigkeit am Studium Urbis intensiver wurden. Die Handschrift besteht aus 42 Fasciculi von 5 Bifolia + 1 anfängliches Bifolion und bietet ein schönes Beispiel für Inghiramis Handschrift. Der Text ist der des sogenannten codex Orsinianus (Vat. lat. 3870: D), den Inghirami “fotografisch” auch mit Poggios Korrekturen und Glossen (D 4 ) wiedergibt und ihnen die abgekürzte Anmerkung in antiquo voranstellt (Bild 1). 18 118 Domenico Giordani Zu den in diesem Artikel verwendeten Digitalisaten der Biblioteca Laurenziana: Su concessione del MiBACT; è vietata ogni ulteriore riproduzione con qualsiasi mezzo. 19 Siehe Romano 1985 für eine sorgfältige Analyse der Konjekturen in fünf Komödien (Miles Mostellaria Persa Pseudolus Truculentus), insbesondere derjenigen, mit denen Inghirami Camerarius oder andere Editionen vorwegnimmt. Neben Poggios Korrekturen hat Inghirami auch das Manuskript mit seinen eigenen Glossen niedergeschrieben. Im Allgemeinen haben sie rein gelehrten Charakter, mit häufigen Verweisen auf grammatische (Nonius, Carisius, Pris‐ cianus), historische (Livius) und literarische Quellen, insbesondere Cicero und Horaz, den Inghirami, wie gesagt, kommentiert hatte. Die Notizen enthalten häufig etymologische und prosodische Diskussionen. Am Rand finden sich auch Konjekturen von Inghirami selbst, verständlicherweise häufiger in den “neuen” 12 als in den bereits bekannten 8 und meist mit credo puto und vor allem mit quid si gekennzeichnet. 19 Die Gelehrsamkeit von Inghirami erstreckte sich aber auch in andere Rich‐ tungen. Für diesen Beitrag habe ich eine Übersicht über die Komödien durch‐ geführt, von denen wir wissen, dass sie von den Mitgliedern der Akademie aufgeführt wurden, nämlich Amphitruo Asinaria Aulularia Epidicus Mostellaria und Poenulus. Am Rand der Blätter, die diese Komödien enthalten, finden sich Hinweise auf die theatralische Terminologie der Römer. Siehe zum Beispiel die Glosse bei Amph. 91 etiam histriones anno cum in proscaenio hic : proscenium locus ante scenam in quo exercebantur ludicra (f. 3r). Die gleiche Aufmerksamkeit für die Struktur des antiken Theaters findet sich auch in der ähnlichen Anmerkung zu Poen. 17 scortum exoletum ne quis in proscaenio: locus ante scenam ubi actores agebant mit einem Zitat aus Virg. G. 2.380 ueteres ineunt proscaenia ludi (f. 295r). Darüber hinaus konzentrieren sich Inghiramis Beobachtungen manchmal auf Details der Bühnenperformance wie den Tonfall oder den Adressaten eines bestimmten Einsatzes. Nehmen wir zum Beispiel die Glosse über die affektive Wertigkeit der interjektiven Partikel em in Poen. 161 vin dare malum illi? : : cupio : : em, eundem me dato : em quandoque pro en ponitur moraque distinctionis ostenduntur affectus (f. 298r). Noch interessanter sind die Anmerkungen zum Tonfall einiger Einsätze, etwa wenn Inghirami die Antwort von Mercurio / Sosia auf die wahre Amphitruo (Amph. 1021 quis ad fores est? : : ego sum : : quid ego sum? ) mit iracunda et fastidii plena quaestio glossiert (f. 22v). In der letzten Szene der Asinaria bemerkte Inghirami außerdem zuerst den wütenden Ton von Artemona gegen Filenio (As. 920: f. 47v iracunda in Philenium sciscitatio) und ein paar Verse später die Wiederholung von surge, amator, i domum von Artemona mit den Worten repetit ob fastidium et stomachum erläutert (As. 923: f. 47v). 119 Ad imitatione delli antiqui 20 Vgl. Tontini 1999. Manchmal weist Inghirami darauf hin, dass ein Charakter den Zuschauer anspricht, wie im Fall von Poen. 921 quae audiuistis modo: hier kopiert er im Text audiui und nennt am Rand die Lektion von D 1 audiuisti unter Verwendung der Abkürzung in antiquo, die normalerweise den Korrekturen von Poggio (D 4 ) vorbehalten ist. Als nächstes schlägt er audiuistis vor, die korrekte Lesart, die sich auch im Ambrosianus findet, indem er anzeigt, dass Milphio sich an die Zuschauer wendet (f. 311v quid si audiuistis et adloquatur spectatores) (Bild 2). Angesichts der von den Pomponianern wahrgenommenen engen Verbindung zwischen Schauspiel und Redekunst ist es nicht verwunderlich, dass Inghirami bisweilen Analogien in der Terminologie herstellt. Zum Beispiel, Amph. 34 nam iusta ab iustis iustus sum orator datus erlaubt ihm zu unterstreichen, dass qui Prologum dicebat uicem oratoris exhibebat (f. 2r), während die richtige Definition von schema in Amph. 117 als uestis seruilis ihn zur Feststellung führt, dass sich der Name auch auf cultus et ornamenta orationis (f. 3v) bezieht. Alle diese Elemente tragen dazu bei, die Interessen von Inghirami zu charak‐ terisieren, da sie zumindest teilweise um die rein szenischen Komponenten des Plautinischen Textes kreisen. Das ist bei einem Schüler von Pomponio Leto überhaupt nicht ungewöhnlich. Alba Tontini hat in den Randnotizen von Giovanni Andrea Bussi im Vat. lat. 11469, der um die Mitte des 15. Jahrhun‐ derts geschrieben wurde und acht plus sieben der zwölf Komödien (Per. Men. Pseud. Poen. Mos. Merc. Mil.) überliefert, bemerkenswerte Spuren besonderer Aufmerksamkeit für die Aspekte der Inszenierung des Textes erkannt. 20 Mit‐ hilfe des kurz zuvor entdeckten Donat-Kommentars zu Terenz glossiert Bussi einige Einsätze mit Adverbien (Amph. 899: yrate) oder partizipialen Genitiven, manchmal begleitet von einem Substantiv (Amph. 284: minantis / 569: despuentis et stomachantis est vox). Es gibt auch Anspielungen auf den Adressaten einiger Einsätze (Amph. 788: nunc derigit sermonem ad spectatores). Tontini hat dieses Interesse von Bussi, Freund und Mitarbeiter von Pomponio Leto, auf die von Gherardi und Sabellico bezeugte Gewohnheit, laute Verse und sogar ganze Komödien zu spielen, zurückgeführt, was den Auftakt zu den eigentlichen 120 Domenico Giordani Bühnenaufführungen der Pomponianer bildete. Obwohl meine Arbeit am Laur. Plut. 3636 nur ein erster Schritt in diese Richtung ist und solche Notizen bei Inghirami weniger häufig zu sein scheinen als bei Bussi, scheint mir, dass Inghirami immer noch eine gewisse Aufmerksamkeit für die theatralischen Komponenten des Textes zeigt. Darüber hinaus ergab die Erforschung eine bemerkenswerte Reihe von Glossen in Bezug auf die Kostüme und Stile der alten Kleidung. Am Rand einer Passage aus Epidicus (Epid. 222 ff.) beschreibt Inghirami mit großer Detailfülle alle darin erwähnten Kleidungsstücke (ff. 137v-138r); in einer weiteren Passage derselben Komödie (Epid. 436) verweilt er stattdessen bei der vom miles getra‐ genen militärischen chlamys (f. 141v). Auch an den Rändern zum Poenulus befindet sich eine Notiz über das amiculum, die teilweise von Festus abgeleitet ist (Poen. 349: f. 301r genus uestimenti a circuitu dictum = Paul. Fest. 26 L. genus est uestimenti a circumiectu dictum). Auch im Poenulus verarbeitet er Material von Gellius über den Unterschied zwischen der Kleidung der Römer und der der Karthager, die nur aus der tunica bestand (Poen. 975: f. 312v Carthaginenses tunicatos non sine probro dix(it) Ennius (Enn. Ann. 303 Sk. zitiert von Gell. 6. 12. 7) tunica utebant(ur) R(omani) c(iues) substricta et breui et citra humerum desinente et sup(ra) tunicam togam ferebant) (Bild 3). Die Notizen zeugen sicherlich in erster Linie von einem gelehrten Interesse an der Antike, doch gleichzeitig belegen sie, so etwa im Fall des miles von Epidicus oder der karthagischen Kleidung im Poenulus, eine besondere Aufmerksamkeit für die Kostüme der Bühnenfiguren. Anders als Bussi, der eine Phase reflektierte, in der der Text hauptsächlich in privaten Sälen gespielt wurde, scheint sich Inghirami für die “Regie”-Aspekte des Textes zu interessieren, in Übereinstim‐ mung mit der Tatsache, dass er in den Jahren, in denen er sein Manuskript annotierte, nicht mehr der junge Schauspieler der ersten Inszenierung von Seneca und Plautus war, sondern auf dem Weg zum Organisator und szenischen apparatore zu werden. Ein weiteres Element trennt den Fall von Bussi von dem von Inghirami. Während wir bei Bussi natürlich nicht in der Lage sind, den Zusammenhang zwischen den szenischen Anmerkungen und Schauspielprak‐ 121 Ad imitatione delli antiqui 21 Firenze, Palazzo Pitti, Galleria Palatina, Inv. 171, ca. 1510. 22 Cortesi 1510, 98. 23 Matteo Canale, Dispaccio, 27 Marzo 1510, R. Archivio di Stato di Modena, Cancelleria ducale. tiken zu beurteilen, können wir dagegen bei Inghirami messen, ob und wie solch gelehrte Forschungen über Kleidung und Kostüm Einfluss auf die Inszenierung genommen haben. Um dies zu tun, müssen wir jedoch kurz Fedras Karriere von dort zurückverfolgen, wo wir ihn verlassen haben, nämlich vom späten 15. Jahrhundert bis zum 1513. 3. Die römische Feiern von 1513 In diesen Jahren hat Inghirami seine Reputation als großer Redner durch zahlreiche öffentliche Reden gefestigt. Seit der Wahl von Papst Julius II. im Jahre 1503 wuchs das Glück von Inghirami. Im Jahre 1505 erhielt er den Titel des praepositus der Vatikanischen Bibliothek, von der er fünf Jahre später, 1510, nach dem Tod seines Vorgängers und Freundes Giuliano Maffei, praefectus wurde. Zuvor, im Jahre 1508, hatte er dank dem Wohlwollen des Papstes della Rovere die Präfektur des Archivs von Castel S. Angelo und die Kanonie von S. Pietro erhalten. Dies waren auch die Jahre des berühmten, idealisierten Porträts von Raphael, das einen korpulenten und stark schielenden Mann darstellt, der in tiefen Gedanken eine Handschrift liest und sich Notizen macht. 21 Was die Aufführungen betrifft, so wissen wir, dass Inghirami sicherlich die Funktion des Regisseurs geerbt hatte, der Leto gewesen war. Paolo Cortesi berichtet von seinem kompetenten Urteil über die übertriebenen Gesten der Schauspieler einer Asinaria, die 1482-1483 von Margret Dietrich falsch datiert und wahrscheinlich viel später inszeniert wurde, als Phaedra, der nun für sein Talent als Schauspieler in seiner Jugend gerühmt wurde, nicht mehr aktiv an den Aufführungen teilnahm: 22 Thomas quidem Phedrus Volaterranus, homo qui in adolescentia celeriter ad abso‐ lutam ethologiam pervenire potuisset, nisi eum ad eloquentiam abstraxisset gloria expetita maior, cum Parilibus in Quirinali Plauti poetae Asinaria ageretur, in summis actorum laudibus, gestuum tantum et manuum nimias argutias excepisse dicitur Die Berühmtheit von Inghirami und seine neue Rolle als Regisseur zeigt sich auch in einer Botschaft vom 27. März 1510, in der Matteo Canale, der Vertreter des Herzogs von Ferrara in Rom, eine Einladung von König Ferdinando III. an «Fedria comico con la sua schola» nach Neapel verzeichnete: 23 122 Domenico Giordani qui se dice che ’l Re de Napoli ha invitato Fedria comico con la sua schola per rapresentare comedie et egloghe ale noze de la Regina iovene et Duca di Calabria Noch später, in den letzten Jahren des Pontifikats von Julius II., war Inghirami für die Vorbereitung der allegorischen Szenen für die Krönungszeremonie von Vincenzo Pimpinella und Francesco Maria Grapaldo in den Gärten des Belvedere verantwortlich. Phaedras Karriere endete auch unter dem Pontifikat von Leo X. nicht, auch wegen der guten Beziehungen der Familie Inghirami zu den Medici. Wir sind besonders an einer der wichtigsten Episoden interessiert, die die frühen Jahre des Pontifikats von Leo X. charakterisieren. Nach den prächtigen Feierlichkeiten nach der Wahl, dem sogenannten possesso, beschloss der Papst, seinem Bruder Giuliano de’ Medici und seinem Neffen Lorenzo die Privilegien der römischen Staatsbürgerschaft zu gewähren. Die Wahl ergab sich zum Teil aus der Absicht, die Autonomie Roms auf der Grundlage seines Ursprungsmythos zu bekräftigen, zum Teil aus dem Wunsch, ein Netzwerk familiärer Unterstützung durch den Aufbau einer offiziellen Bezie‐ hung der Medici zur Stadt zu schaffen. Die Zeremonie, an der nur Julian teilnahm, fand an zwei Tagen, am 13. und 14. September 1513, in großer Pracht statt. Um die Parade der Wagen und Aufführungen zu veranstalten, hat der Florentiner Architekt Pietro Rosselli ein Holztheater auf dem Platz des Kapitols gebaut. Die einzelnen Kompetenzen der Organisation können wie folgt rekonstruiert werden: Die Errichtung des Gebäudes wurde zwei römischen Adligen anvertraut, Girolamo Pico und Giulio Alberino, während Giovan Giorgio Cesarini sich um das Bankett kümmerte, das Giuliano de’ Medici angeboten wurde. Das dekorative Programm des Theaters und die allegorischen, bukolischen und komischen Aufführungen wurden Camillo Porzio und unserem Tommaso “Fedra” Inghirami anvertraut. 123 Ad imitatione delli antiqui 24 Codex Coner, London, Soane Museum, f. 16r, vgl. Ashby 1904, 23. Die Resonanz und der Erfolg dieser römischen Feiern erlauben es uns, dank der zahlreichen überlieferten Berichte eine ziemlich genaue Vorstellung zu bekommen. Die Struktur des rechteckigen Theaters, das den größten Teil des Platzes einnimmt, wurde von Arnaldo Bruschi auf der Grundlage der Zeichnung wiederhergestellt, die in einem Band von Skizzen und Zeichnungen von Denk‐ mälern des Renaissance-Roms gefunden wurde und dem deutschen Architekten Andreas Coner zugeschrieben wurde (Bild 4). 24 Die Seitenwände wurden durch Säulen in sieben Tafeln unterteilt, in denen sich jeweils ein Fenster und ein Gemälde abwechseln. Obwohl die Namen der Maler unbekannt bleiben, geben die Quellen an, dass die Themen der Bilder, die aus den Episoden der Freund‐ schaft und Allianz zwischen den Etruskern und den Römern stammen, von Inghirami selbst ausgewählt wurden. Als die Prozession, die Giuliano begleitete, das Kapitolium erreichte, ging die Feier mit einer gesungenen Messe weiter, gefolgt von einer lateinischen Rede von Lorenzo Vallati und einer Reihe von offiziellen Danksagungen. Dann folgte das Bankett, dessen extravagante und spektakuläre Abläufe in der Narratione von Paolo Palliolo da Fano, einem der 124 Domenico Giordani 25 Paolo Palliolo, Narratione delli spectatoli celebrati in Campidoglio da Romani nel ricevere lo Magnifico Iuliano et Laurentio di Medici per suoi Patritii (Cruciani 1968). 26 F. Chierigati, Descriptione de la pompa et solennità fatta in Roma il dì che ’l Signor Magnifico Juliano di Medici fratello di N. S. Papa Leone fu fatto cittadino e barone Romano, British Museum, Harl. 3462. 27 Paolo Palliolo, Narratione […] (Cruciani 1968, 61). 28 Aurelio Sereno, Theatrum Capitolinum Magnifico Iuliano Institutum (Cruciani 1968, 110): personam serui proprie Canabatius aegit / aptior hoc gestu tota sit notus in urbe; / fitque senex Hanno Blosius dum verba recenset / Punica, qui Musas percallet. vollständigsten Zeugen der Veranstaltung, genau beschrieben werden. 25 Der erste Tag endete mit einer Parade von allegorischen Figuren und Wagen, die von Camillo Porzio nach den Konventionen des römischen Festes der Agone organisiert werden, wie unter anderem Aurelio Sereno aus Monopoli in einem Gedicht über die Feiertage berichtet. Am Ende des ersten Festtages wurde neben einigen anderen allegorischen Darstellungen eine pastorale Egloga vorgetragen, in der zwei Pastoren komisch über ihr vergangenes Unglück klagen und mit Lob an Julian und den Papst schließen. Eine solche Komposition entspricht ziemlich gut dem Konzept der «co‐ media», das wir in der Frührenaissance hatten, nämlich eine Komposition in mittleren Stil, an einer erfundenen Geschichte angelehnt, in dialogischer Form ausgeführt (dramatisches Genre), die sich in der Regel mit den Charakteren des Alltagslebens beschäftigte und meist von einer ungünstigen Situation ausging, um zu einem glücklichen Ende zu gelangen Kurz gesagt: ein szenischer Dialog mit glücklichen Ende. Und in der Tat hatte das Komische der Komposition eine Wirkung auf das Publikum, so sehr, dass nach den Worten des Mantuaners Francesco Chierigati «ogniuno crepava per el riso». 26 Der Autor war der junge Palladio Blosio, der auch am zweiten Tag als Schauspieler tätig war. Am 14. September wurde die Feier mit neuen Wagen und einer allegorischen Pastoral wieder aufgenommen. Der Abschluss und Höhepunkt des Festes fiel jedoch mit der vollständigen Darstellung von Poenulus unter der Regie von Inghirami zusammen. Paolo Palliolo teilt uns mit, dass «a recitare così la co‐ media come li versi et poetici figmenti già detti non intervenne forestiero alcuno, né gente vile, ma soli Romani, quasi tutti figliuoli delli primi gentilhuomini di Roma, de aspetto belli et gratiosi, delle virtuti studiosi, de anni teneri, imperocché, in tanto numero, duo soli erano barbati». 27 Von diesen jungen Leuten, sicherlich den Mitgliedern der Pomponianischen «schola», die jetzt von Inghirami geleitet wird, kennen wir zum Teil die Namen. Die Rolle der Annone spielte Palladio Blosio, der Autor der Egloga, während Paolo Canavaccio die Rolle des Dieners Milphio spielte. 28 125 Ad imitatione delli antiqui 29 Paolo Palliolo, Narratione […] (Cruciani 1968, 61). 30 Paolo Palliolo, Narratione […] (Cruciani 1968, 65). 31 Paolo Palliolo, Narratione […] (Cruciani 1968, 62). 32 Paolo Palliolo, Narratione […] (Cruciani 1968, 64). Über die Gestik und Aussprache der Schauspieler ist nicht viel zu finden. Im Gegenteil, Palliolo liefert eine vollständige Beschreibung der luxuriösen Bühnenkostüme, an denen Inghirami selbst gearbeitet hat. Wir sind besonders an einer Beobachtung zu den Schuhen interessiert: 29 gli habiti suoi tutti erano elegantissimi et di valore grandissimo certamente, cominci‐ ando dal capo fine ai piedi. Portavano tutti calze di colore incarnato per parere che mostrassero la gamba nuda ad imitatione delli antiqui, quali non soleano portarle. Sopra esse haveano certi stivaletti chiamati socci, di somacco azzurro, aggroppati dinanzi con bindelle di seta (d. h. gegerbte Lederstiefel mit Seidenschnürung an der Vorderseite). Questi socci tutti erano coperti di pietre pretiose di varie sorti Das Kostüm reproduzierte also einerseits die Nacktheit der Beine der römischen Schauspieler und die Struktur der Schuhe, die mit dem alten Namen socci be‐ zeichnet wurden, andererseits wurden diese Lederstiefel jedoch mit Edelsteinen verziert. Überdies, noch laut Palliolo, Annone, die einen falschen weißen Bart trug: 30 portava in capo un certo capelleto coperto di perle; la sua camiscia era di orteghino al modo de l’altre, il suo habito era una tonica longa de broccato de oro Das Kostüm von Blosio / Annone spiegelte daher den gleichen Widerspruch wider. Es reproduzierte zweifellos die Eigenschaften der karthagischen Tracht, die auch von Inghirami selbst in der Glosse von Poen. 975 notiert wurde. Gleichzeitig trug aber auch die auffällige Verwendung von Gold und kostbaren Stoffen dazu bei, das Kostüm der typischen Pracht der humanistischen Feste anzupassen. Derselbe Palliolo, als er Adelphasium und Anterastile vorstellte, erkannte, dass sie gekleidet waren: 31 non in habito di meretricule, ma con tanta pompa e gravitate che con la loro apparentia due gran Reine rappresentavano Die Abweichung von der Wahrhaftigkeit ist dem Publikum nicht entgangen, wenn Palliolo behauptet, daß: 32 potrebbeno, forse non senza qualche ragione, quivi essere ripresi li mastri della com‐ media, quali pareno essersi non solo scostati ma al tutto partiti dalla verisimiglianza, et non havere servato il decoro in lo introducere de le persone, havendo per advocati (che 126 Domenico Giordani pur devriano essere alquanto attempati et mediocremente vestiti, et per Collabisco villano che si finge essere ladrone, che se li converria aspetto rigido et habito vile) sopposti fanciulli de anni teneri et di aspetto mansuetissimi et gratiosi, ornati non da advocati, né come a ladrone si convene, anzi da gran signori. Dicesi che a Phedra, prefetto di questi giochi, piaceno di tale sorte et però così fatti gli elesse Die Kritik an dieser «disproportionata suppositione» junger Schauspieler wird von Palliolo sofort dadurch gemildert, dass Inghirami diese Wahl nicht so sehr wegen seines schwatzhaften homoerotischen Appetits getroffen hatte, als dass er die Feier mit zu unangenehm wirkenden Figuren und Kostümen nicht stören wollte. Die Wahl von Inghirami, der versuchte, den Teint der nackten Beine der antiken Schauspieler zu reproduzieren, verwendete die tunica für die kar‐ thagische Annone und wählte gleichzeitig Kostüme mit kostbaren Stoffen und mit Edelsteinen verziert, liegt somit auf halbem Wege zwischen seiner eigenen gelehrten Forschung über die Kostüme der Alten und der zeitgenössischen Kultur des Renaissance-Festes. Nicht zufällig kümmerte sich Inghirami im Jahr nach den theatralischen Feiern des Kapitols um die Ausrichtung folkloristischer und luxuriöser Agone, bei denen das Streben nach Wiederbelebung der antiken Pracht das in den Pomponianern fest verwurzelte Bedürfnis der philologischen Rekonstruktion der Antike überwog. Das Experiment vom Pomponianischen Theater scheint also, zumindest in der Interpretation von Inghirami, geteilt zwischen der Bestrebung, das klassische Theater nicht nur in der Sprache, sondern auch in den szenischen Strukturen und sogar in den Kostümen zu restaurieren, und dem Festhalten an zeitgenössischen szenischen Bräuchen. Die Komödie und die Feiern im allgemeinen waren so erfolgreich, dass der Papst sie einige Tage später, am 18. September, in seinem Palast wiederholen ließ. In den folgenden Jahren scheint Inghiramis Interesse am Theater dennoch nachzulassen, da er sich, wie bereits erwähnt, der Organisation festlicher Agone und seiner Rolle als vatikanischer Bibliothekar widmet. In jenen Jahren wurden in Rom weiterhin lateinische Komödien aufgeführt (wir wissen von Darstellungen von Andria und wieder von Poenulus), aber es gab auch Stücke in der Vulgärsprache wie die Calandria von Bibbiena (1514) und die Suppositi von Ariosto (1519), die von einem langsamen, aber unaufhaltsamen Wandel im Geschmack zeugen. Inghirami starb 1516 und ließ unter anderem seine Plautinischen Forschungen unvollendet. Nach seinem Tod begann das Theater der Pomponianer unterzugehen. Nach der Plünderung Roms brachen die kultu‐ rellen Gewissheiten zusammen, die die Gelehrten im späten 15. und frühen 16. Jahrhunderten belebten. Auch der Traum der Pomponianer, das antike Theater wiederzuerwecken, gerät ins Wanken, und das einzige Ereignis nach 1527, das mit dem Kapitolinischen Poenulus vergleichbar ist, sind die Bacchides von 1531 127 Ad imitatione delli antiqui mit Szenen von Baldassare Peruzzi, aufgeführt anlässlich einer Hochzeit. Das lateinische Theater der Pomponianer war der goldene Herbst des klassischen Theaters. Literaturverzeichnis Ausgaben Cortesi, Paolo: De cardinalatu, Castro Cortesio 1510. Gherardi, Jacopo: Diarium Romanum, hg. von Enrico Carusi, in: Giosuè Carducci / Vittorio Fiorini (Hgg.): Rerum Italicarum Scriptores. Raccolta degli Storici Italiani dal Cinquecento al Millecinquecento ordinata da L.A. Muratori, t. 23,3, Città di Castello 1904, 1-230 (= Carusi 1904). Giovio, Paolo: Dialogo sugli uomini e le donne illustri del nostro tempo / Dialogus de viris et foeminis aetate nostra florentibus, a cura di Franco Minonzio, 2 Bde., Napoli 2011. 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Guastella, Gianni, «Menaechmi» e «Menechini»: Plauto ritorna sulla scena, in: Renato Raffaelli / Alba Tontini (Hgg.), Lecturae Plautinae Sarsinates X Menaechmi, Urbino 2007, 69-150. Hülsen, Christian: Le chiese di Roma nel Medioevo. Cataloghi e appunti, Firenze 1927. Künzle, Paul: Raffaels Denkmal für Fedra Inghirami auf dem letzten Arazzo, in: Eugène Tisserant (Hg.): Mélanges Eugène Tisserant, Vatikan 1964. 128 Domenico Giordani Pintor, Fortunato: Rappresentazioni romane di Seneca e Plauto nel Rinascimento, Perugia 1906. Questa, Cesare: Parerga Plautina. Struttura e tradizione manoscritta delle commedie, Urbino 1984. Romano, Elisa: (1985), Congetture plautine di Tommaso Fedra Inghirami, Materiali e discussioni per l’analisi dei testi classici 14, 1985, 239-249. Rowland, Ingrid D.: The Culture of High Renaissance. Ancients and Moderns in Six‐ teenth-Century Rome, Cambridge 1998. Rowland, Ingrid D.: The Scarith of Scornello. A Tale of Renaissance Forgery, Chi‐ cago-London 2004. Tontini, Alba: Notazioni di ‘regia’ in un Plauto del XV sec., Res Publica Litterarum 22, 1999, 33-50. 129 Ad imitatione delli antiqui 1 Vgl. Frischlins Brief an den württembergischen Kammersekretär Melchior Jäger vom 1. April 1585: Rescribes ad me, an Illustrissimo principi placeat Iulius meus, quem ego caeteris omnibus Comaediis antepono („Du wirst mir zurückschreiben, ob dem durchlauchtigsten Fürsten mein ‚Iulius‘ gefällt, den ich für meinen Teil allen übrigen Komödien vorziehe“; Hauptstaatsarchiv Stuttgart, A 274, Bü 45, Nr. 15c; Edition mit Übersetzung bei Frischlin 2014, 128-130). 2 Frischlin 1585, Iulius redivivus. Im Folgenden wird die Komödie mit Iul. red. abgekürzt. 3 Vgl. dazu Krebs 2005; zum Beitrag des Iulius redivivus zu dieser Diskussion vgl. Ridé 1980 und Whaley 2009. Die Funktion des Plautinischen in Nikodemus Frischlins Iulius redivivus Veronika Brandis / Magnus Ulrich Ferber (Frankfurt) Als Herzog Ludwig von Württemberg im Frühjahr 1585 in Stuttgart Hochzeit feierte, bot sich dem Tübinger Professor für Poetik und Geschichte Nikodemus Frischlin die Gelegenheit, sein erklärtes Lieblingsstück, 1 seine kurz zuvor er‐ schienene Komödie Iulius redivivus, 2 zur Aufführung zu bringen und dabei selbst die Rolle des Dichters Eobanus zu übernehmen. Der Inhalt des Stücks sei kurz umrissen: Caesar und Cicero erhalten die Erlaubnis, die Unterwelt zu verlassen, um die militärischen wie kulturellen Fähigkeiten der Deutschen, von denen sie im Orcus schon gehört hatten, persön‐ lich in Augenschein nehmen zu können. Eobanus und der deutsche Heerführer Hermann führen den beiden redivivi einschlägige deutsche Erfindungen vor und berichten vom zeitgenössischen Deutschland, was bei den Togaträgern großes Staunen hervorruft. Hier wird die im Untertitel formulierte Zielsetzung Comoedia in laudem Germaniae et Germanorum scripta humorvoll umgesetzt. Gewitzt verknüpft der Autor den seit der Entdeckung der Germania des Tacitus von den deutschen Humanisten geführten „Germania-Diskurs“ 3 mit der Gattung der für eine Hochzeit sehr passenden Komödie. Daher überrascht es nicht, dass die als unterlegen dargestellten Nationen Frankreich und Italien durch einen savoyardischen Krämer, den Allobrox, und einen rüden lombardi‐ schen Kaminfeger repräsentiert werden, die sowohl der württembergischen Alltagswelt der Zeit als auch der antiken Komödie entlehnt scheinen. 4 Zurzeit wird dieses im Zusammenhang des Editionsprojekts „Der Briefwechsel des späthumanistischen Gelehrten Nicodemus Frischlin (1547-1590)“ neu aufgearbeitet. Die Autoren danken den dort mitarbeitenden Kollegen Robert Seidel, Philipp Knüpffer (beide Goethe-Universität Frankfurt am Main), Thomas Wilhelmi (Heidelberger Aka‐ demie der Wissenschaften) und Lothar Mundt (Freie Universität Berlin) für manch wertvollen Rat. 5 Williams 2006, bes. 332, Bezug nehmend auf Conte / Barchiesi 1989. Tobias Dänzer ( Julius-Maximilians-Universität Würzburg), mit dem sich im Anschluss an die Tagung eine weiterführende Diskussion ergeben hat, verdanken wir den Literaturhinweis und die Anregung, näher auf diese Systematik einzugehen. 6 Alle Textstellen aus Frischlins Iulius redivivus sind der Ausgabe von Lothar Mundt (Frischlin 2003) entnommen. Neben Caesar, Cicero und Tacitus ist daher ein weiterer antiker Autor un‐ verkennbar im Stück präsent: der Gattungsvorgänger Plautus, dessen Einfluss auf Frischlins Komödie im Folgenden untersucht werden soll. Dabei wird in einer philologisch wie historisch angelegten Studie zuerst die sprachliche Gestaltung der Komödie untersucht; im Anschluss wird durch Hinzuziehen des reichen Quellenmaterials 4 aus der dreizehnjährigen Zeit der Genese des Stückes eine Einordnung und eine Interpretation des Plautinischen bei Frischlin unternommen. In der Analyse der sprachlichen und inhaltlichen Anleihen an Plautus im Iulius redivivus soll unter Benutzung der von Craig Williams (nach Conte und Barchiesi) modifizierten Terminologie für die zwei möglichen intertextuellen Modelle die Frage beantwortet werden, ob der betreffenden Passage bei Frischlin eine Plautusstelle als linguistic model, also als rein sprachlicher „Steinbruch“ („raw material“), oder als thematic model dient, bei dem der Inhalt oder die Struktur des Prätextes eine Grundlage der Auseinandersetzung bietet. 5 Durch den glücklichen Umstand, dass sich solch eine Fülle von Briefen und anderen Dokumenten von, über und gegen den neuzeitlichen Dichter erhalten hat, kann belegt werden, welchen Grad der Quellenkenntnis der Autor bei seinem Publikum voraussetzen konnte. So lassen sich recht verbindliche Aus‐ sagen über die Intention beim Spiel mit den Reminiszenzen treffen, wobei zwei Aspekte im Mittelpunkt der Überlegungen stehen: zum einen die didaktische Zielsetzung des Iulius redivivus als Schuldrama und zum anderen das Bedürfnis Frischlins, in seiner Komödie aktuelle Ereignisse gewitzt zu kommentieren. Frischlins Umgang mit Plautus im Iulius redivivus Zu Beginn des ersten Aktes tritt Caesar auf die Bühne und spricht Worte, die den Hörer aufmerken lassen (Frischlin, Iul. red. 77-78): 6 132 Veronika Brandis / Magnus Ulrich Ferber 7 Itaque admodum magnis diurnis nocturnisque itineribus confectis […] ad Ligerim venit (Caes. Gall. 7, 56, 3). [insulae,] quarum pars magna a feris barbarisque nationibus incolitur (Caes. Gall. 4, 10, 4). Civitatibus maxima laus est quam latissime circum se vastatis finibus solitudines habere (Caes. Gall. 6, 23, 1). Magnis diurnis nocturnisque itineribus In hunc locum contendimus, Marce Cicero. In langen Tages- und Nachtmärschen sind wir zu diesem Ort geeilt, Marcus Cicero. Nach Ciceros Antwort fährt er folgendermaßen fort (Frischlin, Iul. red. 89-96): Quicquid vides terrarum, Cicero, id à feris Et barbaris olim tenebatur poplis. Nam quibus ego temporibus in his fui locis, Non praesidium, non castellum, non oppidum Erat, non agri perculti, non vineae, Sed maxima civitatibus laus tunc erat, Vastatis finibus magnas undique loci Habere solitudines. Was auch immer du an Land siehst, Cicero, das wurde einst von wilden Tieren und barbarischen Völkern bewohnt. Denn zu der Zeit, als ich in diesem Land war, gab es kein Bollwerk, keine Festung, keine Stadt, keine bebauten Äcker, keine Weinberge, sondern damals gereichte es den Stämmen zum höchsten Lob, durch Verwüstung der Randgebiete auf allen Seiten große Einöden zu haben. Wie klingen für einen Zuschauer des ausgehenden 16. Jahrhunderts diese Worte in Frischlins Iulius redivivus aus Caesars Mund? Einerseits bekannt: Deutlich stellt die nüchtern prosaische Ausdrucksweise den Zusammenhang mit den kulturgeschichtlichen Beschreibungen im Hauptwerk Iulius Caesars her. Der gebildetere Zuschauer mag sogar die Prätexte aus dem 7., 4. und 6. Buch des Bellum Gallicum, die mit geringfügigen Veränderungen übernommen sind, als linguistic model für den Komödienauftakt identifiziert haben. 7 Andererseits klingen die Worte fremd, denn die Kommentarienprosa ist durch wenige Eingriffe in eine rhythmische Form gebracht worden. Dass die klare Syntax und das nüchterne Vokabular im Dramensprechvers präsentiert wird, wirkt befremdlich und musste das Stück sofort als Komödie und den Caesar als komischen Charakter entlarven. Durch die Umsetzung in jambische Senare sind gleichzeitig automatisch die Vorbilder der römischen Komödie, Plautus und Terenz, präsent. 133 Die Funktion des Plautinischen in Nikodemus Frischlins Iulius redivivus 8 „Die metrische Freiheit von Plautus und Terenz habe ich beibehalten.“ (Staatsarchiv des Kanton Zürich, E II 380, S. 20-21, hier 20). Dieses schreibt Frischlin mit Bezug auf seine lateinischen Übersetzungen von Aristophanes-Komödien. 9 Mirificè quidam ineptiunt, praesertim Galli et Belgae, quando Terentium et Plautum su‐ perare volunt retento Iambo in secunda, quarta et sexta regionibus amissa interim omni et gravitate et suavitate orationis. Discrimen Tragicae maiestatis in sermone et leporis Comici non vident, aut si vident, stolidè neglegunt (ebd.). „Sonderbar töricht handeln gewisse Dichter, besonders Franzosen und Belgier, wenn sie Terenz und Plautus übertreffen wollen, indem sie im zweiten, vierten und sechsten Versfuß am Jambus festhalten und unterdessen jegliche Erhabenheit und Lieblichkeit der Sprache vermissen lassen. Sie bemerken den Unterschied zwischen der sprachlichen Erhabenheit im Sprechvers der Tragödie und dem Witz in der Komödie nicht oder, wenn sie ihn bemerken, missachten sie ihn dummdreist.“ 10 Diese Versmaße nennt Frischlin selbst (ebd.). Die große Freiheit in der Gestaltung der Versfüße erschwert bisweilen die klare Zuordnung zu einem Versmaß, was Frischlin die Kritik seines ehemaligen Lehrers Martin Crusius einbrachte (Crusius 1587, S. 133). Die Metrik des Iul. red. insgesamt und insbesondere der vermutete häufige Wechsel zwischen den Maßen auch innerhalb der Szenen ist noch nicht untersucht worden, das Vorgehen scheint aber dem des Plautus und des Terenz zu entsprechen (Albrecht 1994, Bd. 1, 155. 181-182 m. Anm.). 11 Caes. Gall. 6, 21-28. Ausdrücklich stellt Frischlin seine metrische Gestaltung lateinischer Komö‐ dien in einem Brief an den Zürcher Theologen Johann Wilhelm Stucki vom 18. November 1580 in die Nachfolge von Plautus und Terenz: Plautinam et Terentianam retinui numerorum libertatem. 8 Anders als einige zeitgenössische Dichterkollegen nutzt er ganz bewusst die freie Gestaltung der Versfüße, die sich auch bei den antiken Vorbildern findet, um den heiteren Charakter der Komödie gegenüber dem Ernst der Tragödie herauszustellen. 9 Wie Plautus und Terenz beschränkt er sich außerdem nicht auf den jambischen Senar, sondern gestaltet einige Passagen im jambischen Oktonar und im trochäischen Septenar. 10 Abgesehen von der Gattung und der metrischen Gestaltung hat Frischlin den altlateinischen Komödiendichter Plautus noch auf zwei weiteren Ebenen rezipiert: Erstens dient er ihm in der sprachlichen Gestaltung als Modell, zweitens bezüglich des Handlungsverlaufs, der Charakterzeichnung und der Motivik, also thematisch. In der allerersten Szene lernen wir Cicero und Caesar als auferstandene „antike“ Römer kennen, die sich ihrer eigenen Diktion bedienen, also ihren Werken entnommene Phrasen, in Jamben gefügt, verwenden. Caesar zitiert, während er das heutige Deutschland mit dem antiken Germanien vergleicht, in fast jeder Redepartie sein Bellum Gallicum. Dabei rekurriert er nicht nur auf den Germanenexkurs im 6. Buch, 11 sondern fügt auch Phrasen zur Beschreibung von 134 Veronika Brandis / Magnus Ulrich Ferber 12 Vgl. die Stellenangaben im Kommentar von Lothar Mundt (Frischlin 2014, 121-227). 13 Z.B. Iul. red. 82. 98-101. 150-151, vgl. Frischlin 2014, ad loc. 14 Iul. red. 102-106. 181-184, vgl. Frischlin 2014, ad loc. 15 „So scheint es jedenfalls.” 16 „Das war bestimmt ein kluger Plan.“ 17 „Sieh! ”. Cedò z. B. Plaut. Bacch. 69; Poen. 43 usw., vgl. Lodge 1962, s.v. II B1. Alle Plautusstellen sind der Ausgabe von Lindsay (Plautus 1903) entnommen. 18 „Sag, ich bitte dich“. Obsecro z. B. Plaut. Pseud. 29. 35. Auch steht hier bei Frischlin als letztes Wort des Verses sient - im Pseud. steht häufiger siet in derselben Position, vgl. Willcock (Plautus 1987) zu Plaut. Pseud. 50. 19 „Das zeigt seine Art zu sprechen.“ 20 „Denn was für einen Charakter du hast, hat mir deine Art zu sprechen gezeigt.“ Landschaft, Sitten und Bräuchen aus anderen Büchern ein. 12 Cicero antwortet kurz in unauffällig klassischer Syntax und flicht ab und zu Phrasen aus seinen Reden ein. 13 An zwei Stellen, an denen Caesar genauer auf germanische Sitten eingeht, zitiert er Tacitus’ Schrift Germania 14 - ein Quasi-Anachronismus, der einen geistreichen Witz darstellt. Die Komödie beginnt also in nüchternem klassischem Sprachstil: Ciceros Antworten wie sic apparet equidem (Iul. red. 121), 15 sane hoc prudens consilium erat (Iul. red. 213), 16 ita est (Iul. red. 194) und Ausrufe wie hercule (Iul. red. 220. 225) scheinen den Verfassern des Bellum Gallicum und der stilbildenden Prosareden völlig zu entsprechen. Erst gegen Schluss der Szene wird Cicero ein wenig lockerer: Als sie die württembergischen Weingärten bewundern, nimmt seine Sprache ein emphatischeres Kolorit an. Z. B. ruft er das plautinische cedò (Iul. red. 238) 17 und dic obsecro (Iul. red. 245) 18 aus, während Caesar weiterhin im Kommentarienstil Belehrungen über Land und Leute vorträgt. In der 2. Szene tritt Hermann auf und spricht anfangs in einem Aparte zu sich selbst, ohne die antiken Helden zu bemerken. Diese hören ihm zu und versuchen, aus den Äußerungen über seine Erfolge im Feld seine Identität zu erschließen. Da Hermann in caesarischem Kommentarienstil, angelehnt an Bellum Gallicum 1, 15, spricht, vermutet Caesar sofort, er müsse ein Soldat oder ein Heerführer sein, und begründet es mit dem Satz: indicio est oratio (Iul. red. 265). 19 Mit ganz ähnlichen Worten vergleicht in Terenz’ Heautontimoroumenos die Hure Bacchis Schönheit und Charakter der Dame Antiphila: nam mihi quale ingenium haberes, fuit indicio oratio (Ter. Haut. 384). 20 Charakter und Sprache sind in der griechischen und lateinischen Literatur, z. B. bei Platon, Cicero und Seneca, häufiger in Entsprechung gesetzt worden; am bekanntesten unter den überlieferten Textpassagen ist die lateinische Version des griechischen 135 Die Funktion des Plautinischen in Nikodemus Frischlins Iulius redivivus 21 „So wie das Leben war den Menschen die Sprache“, vgl. die Angaben im Seneca-Kom‐ mentar von Summers (Seneca 1965, 341-342), z. B. Cic. Tusc. 5, 47 mit Bezug auf Sokrates: sic enim princeps ille philosophiae disserebat: … qualis autem homo ipse esset, talem eius esse orationem; Plat. rep. 400d 6-8; vgl. Cic. rep. 2,1 über Cato d.Ä.: orationi vita admodum congruens. 22 „Was gibt es? “, vgl. Plaut. Epid. 203. Merc. 964. 23 „Sag! “, vgl. Plaut. passim, s. Lodge 1962, s.v. II B1. 24 „Los, sag! “, vgl. Plaut. Capt. 523. 25 Vgl. Cic. Arch. 1. Sprichworts bei Seneca: talis hominibus fuit oratio qualis vita (Sen. epist. 114, 1-2). 21 Dass Frischlin seinem Caesar, der sich selbst stilistisch bisher treu geblieben ist, als linguistic model nicht Ciceros oder Senecas pointierte Form des Sprich‐ worts, sondern ausgerechnet die Worte des Terenz in den Mund legt, wird ver‐ mutlich weder zufällig noch aus metrischen Gründen geschehen sein. Frischlin wird - ob sein Publikum es verstehen sollte oder nicht - den Zusammenhang des Prätextes mit Bedacht einbezogen haben, um seiner Gattung entsprechende Komik zu erzeugen: Der römische Feldherr Caesar beurteilt den deutschen Feldherrn Hermann mit den Worten, die eine Hure lobend über eine Dame geäußert hat. Terenz fungiert hier also gleichzeitig als thematic model. Als Hermann die beiden antiken Römer bemerkt, schaltet er sofort um und spricht plautinisch. Er fragt quid rei est? (Iul. red. 284), 22 befiehlt cedò (Iul. red. 284) 23 und eho dic (Iul. red. 287). 24 Nach einer Kontemplation über den Lauf der Zeit in ciceronischen Worten (Iul. red. 293-297) 25 beschwert er sich sehr plautinisch über die verrückten Reden der beiden, straft sie Lügen und will sie abführen lassen (Iul. red. 304-309). Wie kommt es zu diesem abrupten Stilwechsel? Hermann zeigt sich als Feldherr und Sprachmeister in der Nachfolge Caesars. Er verkörpert sowohl die militärischen Vorzüge als auch die sprachliche Kunstfertigkeit des römischen Vorbilds. Dass dieser würdige Deutsche beim Zusammentreffen mit seinem Vorbild die Fassung verliert und durch sein abfallendes Sprachniveau plötzlich als typenhafter Komödienheld erscheint, verleiht dem Stück Spannkraft. Hier werden - wie schon bei Cicero und Caesar in Ansätzen deutlich wurde - keine starren Charaktere gezeichnet, sondern gezielt Brüche und Überraschungen eingebaut. In der 4. Szene des 2. Aktes wird eine neue, sehr plautinische Person eingeführt, der Allobrox, der auf Französisch ankündigt, was er vorhat. Er möchte sich an dem Dieb rächen, der ihm Geld gestohlen hat, während er selbst sich mit dessen Dirne vergnügte. Er will nun auf dem Markt Waren verkaufen, 136 Veronika Brandis / Magnus Ulrich Ferber 26 Frischlin, Iul. red. 1026. 27 „Oh, was für ein unverfrorener, unverschämter Mensch! “ - „Oh, der Tölpel! “ 28 „Hörst du? Was der Galgenstrick redet? Erscheint er dir nicht echt großkotzig? “ - „Beim Pollux, der da ist ja ein rechter Schuft.“ 29 Plaut. Poen. 930-949, vgl. Faller 2004. 30 Quam orationem hanc aures dulcem devorant? Plaut. Poen. 968. 31 Vgl. Albrecht 1994, Bd. 1, 154-155 mit der dort angegebenen Literatur. um seinen Verlust wieder gut zu machen. Nachdem die redivivi und Hermann eine Weile zugehört haben, spricht Hermann ihn auf Französisch an. 26 Eine ähnliche Szene findet sich im Pseudolus des Plautus. Da diese Komödie der dominanteste aller Prätexte ist, sei der Inhalt kurz referiert: Calidorus liebt eine Dirne des Kupplers Ballio, die aber bereits einem Soldaten versprochen ist. Sie wurde zu drei Vierteln bezahlt und soll nun von dem Soldatendiener Harpax gegen das Restgeld und zwei Erkennungszeichen abgeholt werden. Calidorus’ Sklave Pseudolus schafft es über einige Umwege und Intrigen, das Geld aufzutreiben, die Erkennungszeichen zu entwenden und schließlich Calidorus die Dirne zu bescheren. In ähnlicher Weise wie der Allobrox bei Frischlin tritt im Pseudolus Ballio auf, während Pseudolus und Calidorus noch auf der Bühne sind und ihn unbemerkt belauschen (Plaut. Pseud. 1. Akt, 2. Szene). Durch sein Selbstgespräch erfahren sie, dass er der Kuppler ist, dem sie die Dirne entwenden wollen. Frischlins Allobrox und Plautus’ Ballio werden als ähnlich üble und schmierige Charaktere dargestellt, was ihr Gegenüber jeweils auf Latein bzw. Französisch äußert. Hermann ruft O l’homme effronté et impudent! und O l’homme rustique! (Iul. red. 1070. 1073). 27 Calidorus lästert: Audin? furcifer quae loquitur? satin magnuficus tibi videtur? , worauf Pseudolus antwortet: Pol iste atque etiam malificus (Plaut. Pseud. 193-194). 28 Diese Szene des Pseudolus ist möglicherweise ein thematic model für den Auftritt des Savoyarden. Das plautinische Modell für den Sprachwechsel ist im Poenulus zu finden: Im 5. Akt tritt dort der Karthager Hanno auf, der in einem Monolog über zwanzig Verse punisch spricht. 29 Er ist auf der Suche nach seinen Verwandten, die als Kinder aus Karthago verkauft worden waren. In der nächsten Szene trifft er auf Agorastocles und den Sklaven Milphio, deren lateinische Sprache er bewundert. 30 Wie der Allobrox und Hermann sprechen hier Hanno und Milphio die fremde Sprache, wobei sie für Caesar und für Agorastocles jeweils - mehr oder weniger richtig - übersetzt wird. Schon Plautus erzeugt durch die Wahl einer fremden, vermutlich für das römische Publikum kaum verständlichen Sprache, einen Witz. 31 Die Übernahme des Verfahrens durch Frischlin, der dem Humanistenlatein der Komödie französische Passagen beifügt, ist als 137 Die Funktion des Plautinischen in Nikodemus Frischlins Iulius redivivus 32 „Eine so ekelhafte Sprache“ - „eine halblateinische Sprache“. 33 Vgl. dazu Frischlin 2014, ad loc., Ridé 1980, 732-733, Barner 1999, 419. Hanno und die Punier werden bei Plautus allerdings nicht so negativ wie der Allobrox gezeichnet, vgl. Blume 2007, 203-214, hier 211: „Dem Punier Hanno fehlen alle übertriebenen Charakterzüge eines komischen Alten.“ 34 Hanno tritt in Plaut. Poen. 930 zuerst auf und wechselt in 1029 zum Lateinischen über, der Allobrox tritt in Frischlin, Iul. red. 976 zuerst auf und spricht bis 1078 mit Hermann französisch. 35 „Wenn jemand den Markt als Diebesmarkt bezeichnet, gibt er diesem Ort einen sehr passenden Namen.“ 36 „Wer den Markt Kochmarkt nennt, redet dämlich, denn es ist kein Kochmarkt, sondern ein Diebesmarkt.“ besonders gelungen zu bezeichnen: Dass die Sprache nicht nur explizit durch die unwissenden Römer als oratio tam rancida (Iul. red. 992) und oratio semilatina (Iul. red. 1019) 32 bezeichnet wird, sondern implizit durch das Durchscheinen des plautinischen Prätextes auf einer Stufe mit dem Punischen der Barbaren steht, ist als selbstbewusster Seitenhieb des deutschen Humanisten auf das linksrheinische Nachbarvolk zu verstehen. 33 Bemerkenswert ist hier, dass ebenso wie Hanno auch der Allobrox gutes Komödienlatein zu sprechen versteht. In beiden Komödien dauert die fremd‐ sprachliche Szene 100 Verse an, danach wechseln die „Fremden“ zum Lateini‐ schen über. 34 Offensichtlich sind 100 Verse eine für das Publikum erträgliche Dauer, in der die Konzentration auf zwei Sprachen nicht überbeansprucht wird und der Witz sich nicht totgeritten hat. In der 1. Szene des 4. Aktes des Iulius redivivus befindet sich der Allobrox auf dem Markt, um seine Waren zu verscherbeln. Hermann, der beobachten möchte, was seine Soldaten kaufen, trifft ihn und lässt sich Schmuck, Gewürze und Damenkleidung anbieten; nach einiger Zeit wird es ihm zu bunt, und er lässt den Allobrox abführen, weil er fremdländische Waren nach Deutschland einführe, die den Kampfgeist schwächten (Iul. red. 1719-1720). Der Anfang der Szene (Iul. red. 1639-1664) ist voll von Plautuszitaten, die vor allem dem Pseudolus entnommen sind. Der erste Beleg stammt aus dem 3. Akt, im Folgenden lehnt sich der Autor insbesondere an eine Schlüsselszene im 4. Akt sehr nahe an. Der Allobrox spricht stets mit den Worten des Kupplers Ballio. Bei Frischlin sagt der Allobrox aus Angst vor Markträubern: Si quis furinum forum dicat, nomen dederit loco / huic aptissimum (Iul. red. 1639-1640). 35 Der explizite intertextuelle Bezug führt direkt zur Kochszene im Pseudolus. Ballio hat sich einen Koch auf dem Markt angeheuert und sagt: Forum coquinum, qui vocant stulte vocant / nam non coquinum est, verum furinum est forum (Plaut. Pseud. 790-791), 36 d. h. es ist kein Markt, auf dem Köche, sondern auf dem Diebe 138 Veronika Brandis / Magnus Ulrich Ferber 37 Vgl. Willcock (Plautus 1987), 124 ad 790-904. 38 Forum bedeutete vermutlich ursprünglich „Umplankung” vom Maskulinum forus „Planke”; fur ist entweder vom griechischen φώρ „Dieb” oder vom lateinischen ferre i. S. v. „der etwas fortträgt” abzuleiten, Walde / Hofmann 2008, Bd. 1, s.vv. angeheuert werden. Es wird im Verlauf der Szene klar, dass Ballio unterstellt, dass alle Köche, die als Fremde ins Haus gelassen werden, stehlen, was der Koch auch zugibt (Plaut. Pseud. 848-853). 37 Die Behauptung wird durch den (fälschlichen) etymologischen Zusammenhang von forum und fur gestützt. 38 Dieses Wortspiel hat der Allobrox von Ballio übernommen und lobt es: Richtig sei die Benennung Diebesmarkt, weil dort Diebe seinen Waren nachstellten. Beide Protagonisten, die selbst windige Geschäfte gewohnt sind, haben Angst, bestohlen zu werden. Im Anschluss an den Allobrox spricht Hermann. Der Allobrox entdeckt ihn, und jetzt beginnt in seinen Sprechpartien die Rezeption einer Schlüsselszene aus dem Pseudolus, wobei fast alle Worte des Allobrox auch in Ballios Redepartien zu finden sind. Der Allobrox macht sich über Hermann in gleichen Worten lustig wie der Kuppler Ballio über Harpax, den Soldatendiener. Zur Verdeutlichung werden die Texte synoptisch nebeneinander gestellt, die kurzen Redebeiträge Hermanns und Simos sind ausgelassen: Frischlin, Iul. red. 1647-1655 Plaut. Pseud. 1124-1129 A L L O B R O X : redit miles. praeda haec mea est, quam portat hic / in loculo. […] hic homo meus est: B A L L I O : hic homo meus est. […] quia praeda haec meast: / scortum quaerit, argentum habet. eum admordere nunc lubet, / dum recens est, dum calet. / (…) si decet. / habet argentum. iam admordere hunc mihi lubet. / (…) dum recens est, / dum calet, dum datur, devorari decet iam. / (…) improbi / me ditant, boni viri me pau‐ perant. augent meam / rem mali. damno mihi sunt populi strenui, pigri / atque inertes usui sunt. boni me viri pauperant, inprobi augent; / populo strenui, mi inprobi usui sunt. Die Synopse macht deutlich, dass die meisten Wörter bei Frischlin der Szene bei Plautus entnommen sind; in einigen Fällen sind sie durch Synonyme ersetzt: z. B. augent durch ditant, inprobi durch pigri atque inertes, wobei in beiden 139 Die Funktion des Plautinischen in Nikodemus Frischlins Iulius redivivus 39 So z. B. bei der Übernahme der Sentenzen (Plaut. Pseud. 1128-1129, Frischlin, Iul. red. 1651-1655), wo sich trotz der lexikalischen und syntaktischen Veränderungen ditant statt augent und damno mihi sunt populi strenui statt populo strenui, mi inprobi usui sunt keine beachtenswerte Inhaltsveränderung ergibt. Der Allobrox sagt im Grunde dreimal mit veränderten Worten dasselbe, dass ihn die Schlechten und Faulen bereichern, die Guten und Strebsamen arm machen. 40 Frischlin, Iul. red. 385-388. Fällen Plautus’ Wörter zusätzlich verwendet werden. Oft stehen sie im gleichen syntaktischen Zusammenhang, bisweilen sind sie umgestellt, einige Wörter sind in andere Satzkonstruktionen eingebaut, ergeben aber im Wesentlichen denselben Sinnzusammenhang. 39 Inwiefern stimmt der Kontext überein, und welche Abweichungen gibt es? Ballio möchte von dem Soldaten Harpax das Geld bekommen und den vorher abgemachten Handel durchführen. Seine großen Worte, dass er von ihm eine „Beute“ erwarte, dass er ihn „anbeißen“ möchte, „solange er noch frisch und warm ist“, dass er ihn zu den improbi zählt, die ihn bereichern, sind für diesen verabredeten Handel nicht treffend. Die übertrieben vulgäre, aufschneiderische Ausdrucksweise charakterisiert eher den Stand und das Geschäftstreiben Ballios im Allgemeinen, als dass sie die vorliegende Situation genau träfe. Bei Frischlin dagegen findet kein verabredeter Austausch statt, sondern der Allobrox will sich von Hermann das Geld, das dieser ihm vermeintlich entwendet hat, durch linken Handel wieder holen. So ist sein Gerede von „Beute“, „Anbeißen, solange er noch warm ist“ usw., auch von den improbi, zu denen er den vermeintlichen Gelddieb zählt, eher gerechtfertigt, weil es sich ja um ein einseitiges Aufschwatzen von Waren zum Ausgleich seines Verlustes handelt. Ballios Worte, die in dessen Lage überzogen klingen, passen also sehr natürlich auf die Situation des Allobrox. Was vordergründig nach einer rein sprachlichen Adaptation aussieht, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als gelehrte Auseinandersetzung mit dem antiken Autor. Die enge Anlehnung mehrerer Verse an die Passage bei Plautus ist auffällig und bedeutet bei näherem Besehen wieder einen geistreichen Seitenhieb auf die Franzosen, denn sie stellt dem Savoyarden ein antikes Pendant an die Seite: So wie Caesar und Cicero sich mit den gleichnamigen antiken Persönlichkeiten ihres ersten Lebens identifizieren, so wie Hermann sich als Nachkomme des Germanenfeldherrn Arminius ausgibt, 40 hat der Allobrox im Komödienhelden Ballio sein antikes Alter Ego gefunden: Er kennt und lobt dessen Aussprüche, er zitiert Aussprüche des Kupplers und verhält sich häufig ebenso rüde, vulgär und linkisch wie dieser. 140 Veronika Brandis / Magnus Ulrich Ferber 41 „Denn jeder Künstler ist in seiner eigenen Disziplin am redegewandtesten“ - „Denn von Schlachten wird niemand besser erzählen als ein Krieger, niemand wird über eine Herde angemessener sprechen als ein Hirte“. 42 Barner 1992, 882. Auf das Prinzip, das hinter der Verwendung antiker Sprachvorbilder steht, gibt Frischlin durch seine Charaktere selbst den entscheidenden Hinweis: indicio est oratio lässt er Caesar - wie oben erwähnt - sagen. Diese drei (von Terenz stammenden) Worte fungieren als eine Art metapoetisches Programm für sein Vorgehen: Die Sprache, die Frischlin seinen Komödienhelden gibt, zeigt, was für einen Charakter oder Stand sie haben oder welche Tätigkeit sie ausführen. An einer bisher nicht zitierten Stelle gibt er durch Cicero einen weiteren Hinweis. Im 2. Akt ist dieser mit dem neuzeitlichen Dichter Eobanus im Gespräch über Dichtung und Papier. Bevor Eobanus die neuzeitliche Papierherstellung erläutert, erklärt Cicero die Papyrusherstellung, sagt aber, er werde dies nicht in seinen eignen Worten, sondern in den Worten eines erfahrenen Künstlers - nämlich des Plinius (! ) - tun. Er begründet es mit dem Satz: Nam quilibet artifex / In arte sua eloquentissimus est (Iul. red. 675-676) und fügt hinzu: Nam de praeliis / Nemo memorabit melius quam bellator, nemo de grege / Loquetur aptius quam pastor (Iul. red. 676-678). 41 Hier wird wiederum unterstellt, dass Sprache und Profession eng zusammengehören. Beide Stellen zusammen genommen bedeuten, dass die sprachlichen Modelle jeweils dem Thema entsprechend gewählt werden. Geht es um Krieg, sprechen die Charaktere wie Caesar, geht es um Bildung, wie Cicero, geht es um laszive Themen oder soll die Szene einen kolloquialen Ton haben, so ist Plautus (oder selten Terenz) Vorbild. Die einzelnen Personen sind jeweils nicht auf die Sprache eines Autors festgelegt. Wenn die Situation es erfordert, sprechen Cicero und Caesar - wenngleich maßvoll - auch plautinisch. Nicht einmal der Allobrox ist ein konsistent plautinischer Charakter. Er übernimmt die Worte Ballios, wenn er über Vergnügungen, Dirnen, windige Geschäfte und allerlei Geplänkel plaudert. Sonst spricht auch er unauffällig klassisch (z. B. Iul. red. 1118-1142). Auch Hermann, der anfangs wie ein würdiger Stratege in der Nachfolge Cae‐ sars auftritt und dem württembergischen Herzog und seinen adligen Hochzeits‐ gästen als Vorbild eines deutschen Musterfürsten vor Augen geführt wird, 42 fällt, wie erläutert, bisweilen aus der Rolle. Die Wandelbarkeit seines Charakters zeigt sich pointiert durch die sprachliche und motivische Stilisierung seines letzten Auftritts am Schluss des 4. Aktes. In einem Monolog droht er, der Argumentation Caesars folgend und gleichzeitig dem Germania-Diskurs entsprechend, Händler, die verweichlichende Waren aus anderen Ländern einführen, zu bestrafen. 141 Die Funktion des Plautinischen in Nikodemus Frischlins Iulius redivivus 43 Lothar Mundt weist in seinem Kommentar zum Iulius redivivus richtigerweise darauf hin, dass die Komödie bei ihrer Uraufführung zwischen 1582 und 1584 in Tübingen mit diesen Versen endete, so dass gattungsspezifische Gründe für den Stilwechsel verant‐ wortlich seien (Frischlin 2014, 124-125). Seine Deutung, dass sie in der Editio princeps eigentlich hätten entfernt werden müssen, aber „versehentlich“ stehen gelassen wurden (ebd. ad loc.), ist aber nach unserer Interpretation nicht zwingend. 44 Vgl. Janells Äußerung, dass Frischlin „seine Vorlagen durch verwegene Anwendung oft recht geistreich zu parodieren weiß” (Frischlin 1912, XXV). Geschickt verknüpft er diese Sittenstrenge mit einer Forderung, die seiner eigenen Unsittlichkeit Genüge tun soll: Er will den Allobrox für das Entführen seiner (also Hermanns) Dirne zum Tode verurteilen. Aus dieser Szene endlich wird deutlich, dass es tatsächlich Hermann war, der Allobrox um sein Geld gebracht hat; Hermann stellt also keineswegs einen sittenreinen Musterfürsten dar, da er sowohl mit Dirnen verkehrt als auch einen Diebstahl begangen hat. Hermanns Monolog endet passender Weise mit den Worten Ballios aus dessen letztem Auftritt (Iul. red. 1788-1790): 43 Nunc ibo, ut furcifero huic, qui puellam rapuit e domo hac Impubem, hodie centuriata habeam capitis comitia. Vos vero ne expectetis me, dum hac domum redeam via. Jetzt werde ich gehen, damit ich diesen Galgenstrick, der mir ein junges Mädchen aus diesem Haus geraubt hat, heute zum Tode verurteilen lasse. Ihr aber wartet nicht auf mich, bis ich auf diesem Wege nach Hause zurückkehre. Diese Worte sind angelehnt an die Trochäen aus dem Pseudolus (Plaut. Pseud. 1232-1234): Pseudolus mi centuriata habuit capitis comitia, qui illum ad med hodie adlegavit mulierem qui abduceret. sequere tu. nunc ne exspectetis dum hac domum redeam via. Pseudolus hat mich zum Tode verurteilt, der jenen heute zu mir geschickt hat, dass er mir die Frau entführe. Wartet ihr jetzt nicht, bis ich auf diesem Wege nach Hause zurückkehre. So hat sich gezeigt, dass Frischlin Plautus nicht nur als linguistic model, sondern häufig auch als thematic model nutzt, wobei er die Reminiszenzen gezielt zum Zweck eines Witzes oder einer Überraschung einsetzt: Sie rufen bei einem kundigen Rezipienten automatisch den Kontext der jeweiligen Plautus-Stelle ins Gedächtnis, so dass sich eine Doppeldeutigkeit ergibt, die eine Spannung und damit einen Witz erzeugt. 44 142 Veronika Brandis / Magnus Ulrich Ferber 45 Frischlin hatte diese Position von 1568 bis 1582 inne. Zur Biographie des Württember‐ gers ist immer noch die sehr für Frischlin eingenommene Darstellung von Strauß (1856) einschlägig. Einen umfassenden Überblick über die Werke Frischlins sowie die Forschungsliteratur bietet die Bibliographie von Wilhelmi / Seck 2004. 46 Vgl. Hofmann 1982, 129. 47 Vgl. dazu mit zahlreichen Literaturhinweisen Hartweg 2001. Besondere Beachtung verdient dabei Giovanoli 1980, 8-14 zur Bedeutung von Terenz und Plautus als Vorbil‐ dern des Schuldramas des 16. Jahrhunderts. Den dort genannten vier thematischen Hauptgruppen des frühneuzeitlichen Schulspiels (ebd., 10) entzieht sich der Iulius redivivus allerdings. 48 Die literarische Technik der eklektischen imitatio geht auf die Unterrichtsmethode der Paraphrase und auf Disputationsübungen zurück (vgl. Leeker 1999, 573. 584-585). Die didaktische Intention des Iulius redivivus Indicio est oratio ist ohne Zweifel auch das Bildungsziel, das Frischlin als außerplanmäßiger Professor für Geschichte und Poetik an der Universität Tübingen 45 zu verfolgen hatte: Inhalt seiner Geschichts-Lektionen war vor allem die Aneignung des caesarischen Stils als zentrales Werkzeug eines Historikers. 46 Noch offensichtlicher war das Ziel der Lektüre antiker Dichter in der Poetik, die die Studenten in die Lage versetzen sollte, antike Klassiker bei passender Gelegenheit zitieren oder gar selbst korrekt und ausdrucksstark in lateinischer Sprache Verse schmieden zu können. Zentrales didaktisches Instrument im Bereich der Poetik war bekanntlich das Schuldrama, 47 für das auch Frischlin in Tübingen verantwortlich zeichnete: Indem die Schüler als Schauspieler auftraten und dafür ein beachtliches Corpus an Versen zu lernen hatten, wurde ihnen selbst poetisches Wissen vermittelt, 48 auf das sie in ihrem späteren Lebensweg zurückgreifen konnten. Der Kniff im Iulius redivivus ist nun, wie wir gesehen haben, dass in diesem Drama v. a. Caesarisches und Ciceronianisches transportiert wurde, wofür im Schuldrama normalerweise kein Platz war. Gerade die Editio princeps des Iulius redivivus von 1585 betont die didaktische Ausrichtung der Komödie. Obwohl die Figuren Caesar und Cicero, wie gesehen, zuweilen in den plautinischen Sprachstil abgleiten können, betont Frischlin immer wieder die Stilreinheit seiner Protagonisten. In einem einleitenden Brief zum Druck seiner Komödie an die Scholarchen der Straßburger Akademie schreibt er: Quod si qui erunt, qui argumentum huius Comoediae extenuare ausint, illorum ego animis hoc cogitandum relinquo, quanti illud sit, quòd, quicquid Cicero loquitur, suis loquitur verbis, quibus adhuc vivus uti solebat, quaeque etiamnum in hominum extant memoria, et quòd Caesar, quicquid loquitur, id propè omne è commentariis suis depromtum loquitur. 143 Die Funktion des Plautinischen in Nikodemus Frischlins Iulius redivivus 49 Frischlin 1585, Hildegardis magna, fol. H 2 r -H 4 v , hier H 4 r . Druck des Briefs mit Übersetzung bei Frischlin 2003, 640-645, hier 644-645. 50 Nicodemus Frischlin: De secundis nuptiis … Ludovici Ducis Wirtembergici, Tübingen 1585. 51 Zitiert nach Frischlin 2014, 137; Übersetzung ebd. 139. 52 Frischlin 1585, Iulius redivivus, fol. a 6 v -a 7 r . Druck mit Übersetzung bei Frischlin 2014, 634-637. 53 Vgl. Strauß 1856, 288-292. 54 Frischlin 1585, Iulius redivivus, fol. a 2 r -a 6 r . Druck mit Übersetzung bei Frischlin 2014, 624-633. 55 Vgl. Schindling 1977, 271-289. 56 Iul. red. 116-185. 1336-1384. 1472-1502. Falls es Leute geben wird, die sich etwa erdreisten, den Inhalt dieser Komödie herabzusetzen, so gebe ich ihnen folgendes zu bedenken: welch großer Wert darin liegt, dass Cicero alles, was er sagt, mit seinen Worten sagt, deren er sich bediente, als er noch lebte, und die heute noch im Bewusstsein der Menschen vorhanden sind, und dass Caesar, was immer er sagt, fast ausschließlich in Gestalt und Entlehnungen aus seinen Kommentaren vorträgt. 49 Fast wortgleich äußert er sich in seiner epischen Beschreibung der Stuttgarter Hochzeit 50 in den drei Versen Quicquid enim Cicero larvato dixerat ore Dixerat ore suo. Quicquid narrarat Iulus Haec scripto mimus depromserat omnia libro Alles, was Cicero nämlich unter der Maske gesagt hatte, hatte er mit seinen eigenen Worten gesagt. Und alles was Caesar erzählt hatte, hatte der Schauspieler dem geschriebenen Buch entnommen. 51 Frischlin wirbt so für sein Stück als mögliche Schullektüre bzw. als Schuldrama und für sich selbst als Lehrer. Konsequenter Weise findet sich daher in den Paratexten der Editio princeps des Iulius redivivus auch das Arbeitszeugnis der Krainer Landstände für Frischlins Tätigkeit als Rektor des Laibacher Gymna‐ siums von 1582 bis 1584. 52 Dabei scheint er vor allem eine Tätigkeit in Straßburg im Auge gehabt zu haben, wo er sich im Winter 1584/ 85 aufhielt, um den Druck seiner Werke zu überwachen, u. a. der Editio princeps des Iulius redivivus. 53 Daher ist die Komödie auch dem Straßburger Rat gewidmet 54 und das Lob auf die Stadt, in der seit Jakob Wimpfeling der Germania-Diskurs heimisch war, 55 und ihre Akademie nimmt in der Komödie breiten Raum ein. 56 Neben caesarischem und ciceronianischem wird nun im Iulius redivivus auch plautinisches Latein als Vorbild für das Genre „Komödie“ didaktisch vermittelt. 144 Veronika Brandis / Magnus Ulrich Ferber 57 Vgl. beispielsweise Vormbaum 1860, 6. 20. 36. 46. 54. 67. 204. 281. Die jesuitischen Studienordnungen sind von größerer Distanz zur römischen Komödie geprägt: So empfiehlt die Ratio atque institutio studiorum des Ordens von 1586 für die Lektüre im Unterricht aliquas Terentii vel Plauti, non comoedias, sed sententias vel scaenam aliquam honestiorem (zitiert nach Lukács 1986, 140). 58 Vgl. Vormbaum 1860, 6. 20. 35. 45-46. 54. 67. 73-74. 83. 113. 172. 198. 218. 241. 281. 309. 416. 419. 435. 472. 476. 494. 529. 536. 552. 559. 594. 596. 633. 643. 59 Hofmann 1982, 114. 60 Wallner 1888, 19-20. 30. 61 Universitätsbibliothek Tübingen, Mh 443/ I, fol. 71 v . 62 Vgl. Frischlin 2014, 123. Plautus war zumindest in den protestantischen Studienordnungen der Zeit vertreten, 57 musste aber oftmals hinter Terenz zurücktreten, 58 der als weniger obszön eingeschätzt wurde. Dies gilt auch für Tübingen 59 und im Übrigen auch für das Laibacher Gymnasium, dem Frischlin eine eigene Schulordnung hinter‐ ließ. Auch dort vertrat Terenz die Komödie, während Frischlins ursprünglicher Plan, sein eigenes Bibeldrama Susanna zur Pflichtlektüre zu machen, an den Laibacher Schulträgern scheiterte. 60 Dennoch verwendete Frischlin nachweislich Plautus als Lehrstoff. Für das Jahr 1573 vermerkt der Tübinger Rhetorik-Professor Martin Crusius, Frischlins Lehrer und schließlich erbittertster Feind, in seiner Hauschronik eine Auffüh‐ rung des Pseudolus durch Frischlin und seine Schüler sowohl an der Universität Tübingen wie vermutlich auch am Stuttgarter Hof: Frischlinus Pseudolum Plauti in Aula nova egit: sicut et alias multas Comoedias agere diversis temporibus solitus est. Nonnunquam etiam Stutgardiam cum 2 curribus histrionum vectus. Gratiosus enim apud nobilitatem et principes erat. Neminem illo doctiorum existimabunt. Quicquid peccaret, quoque facilè neglibatur. Frischlin führte in der neuen Aula den Pseudolus des Plautus auf, so wie er gewöhnlich viele Komödien zu unterschiedlichen Zeiten aufführte. Zuweilen reiste er auch mit zwei Wagen mit Schauspielern nach Stuttgart. Er war nämlich beim Adel und bei den Fürsten beliebt. Sie glaubten, dass keiner gelehrter sei als er. Was auch immer er an Fehlern beging, es wurde auch leicht nachgesehen. 61 Diese intensive Auseinandersetzung mit dem Pseudolus erklärt möglicherweise rein pragmatisch die dichte Anlehnung des Iulius an dieses Stück, da Frischlin just in diesem Jahr auch mit der Arbeit am Iulius redivivus begann. 62 Wie im Folgenden deutlich werden soll, darf dies aber nicht zu der Annahme führen, die Passagen mit den deutlichsten Anleihen am Pseudolus als die ältesten des Iulius redivivus anzusehen. Die antike Komödie war also nicht das ursprüngliche Vorbild, von dem sich Frischlins Stück mit jeder Überarbeitungsphase mehr 145 Die Funktion des Plautinischen in Nikodemus Frischlins Iulius redivivus 63 Frischlin 1585, Rebecca, fol. A 3 v . 64 Frischlin 1585, Susanna, fol. A 5 v . Übersetzung nach Czapla 2013, 383. und mehr entfernte, sondern ein Reservoir, auf das Frischlin immer wieder zurückgriff. Dass er dabei den Pseudolus nicht nur als raw material, sondern auch als thematic model nutzen konnte, mag in dem Wissen begründet liegen, dass zumindest seine Schüler, die mit dem Pseudolus vertraut waren, seine Anleihen decodieren konnten und daher verstanden, dass beispielsweise der Allobrox wie Ballio spricht und Hermann anredet, als wäre dieser Harpax. Obwohl Frischlin Plautus im Original auf die Bühne brachte, pflegte auch er prinzipielle Vorbehalte gegenüber der römischen Komödie. In der Vorrede der dritten Auflage seiner Bibelkomödie Rebecca äußert er sich wie folgt: Ego in meis Comaediis […] spoliavi Terentium et Plautum sua phrasi eamque in meliorem et sanctiorem usum converti. Ich raubte in meinen Komödien […] von Terenz und Plautus den Stil und wandelte ihn zu einem besseren und tugendhafteren Gebrauch. 63 Ziel seiner Plautus-Rezeption sollte also nicht die reine Imitation der antiken Komödie, sondern die moralische Besserung dieser literarischen Gattung sein - in diesem Fall durch Verwendung eines biblischen Stoffes, mit Rückgriff auf den in der Antike gewonnenen Sprachstil der Komödie. Auf diese Weise konnte eine Beschäftigung mit Komödien im Schulunterricht besser begründet werden. So lobte der Memminger Schulrektor Johannes Lang in einem Brief an den Autor vom 5. Dezember 1578 die Eignung von Frischlins Susanna für den Schulunterricht mit den Worten: Hodierno quoque die in explicanda Susanna castissima verser. Hunc autem laborem ideo suscepi, ut pueri meae institutioni commendati non modo linguam puriorem ex hoc uberrimo fonte hauriant, sed ut simul etiam sacras historias cognoscant, nec non personarum ibidem introductarum sermones ac gestus aliquando reipsa exprimant et repraesentant sicque ad causas maximas in Republica Christiana agendas paulatim informentur. Auch am heutigen Tag bin ich mit der Erklärung der überaus keuschen Susanna be‐ schäftigt. Diese Arbeit habe ich nun deswegen auf mich genommen, damit die Knaben, die meiner Anstalt anvertraut sind, aus diesem wunderbar reichen Quell nicht nur eine reinere Sprache schöpfen, sondern zugleich auch die heilige Geschichte kennenlernen, Rede und Handlung der dort eingeführten Personen irgendwann einmal tatsächlich zum Ausdruck bringen und nachahmen und allmählich so ausgebildet werden, dass sie im christlichen Gemeinwesen bedeutende Rechtsgeschäfte wahrnehmen. 64 146 Veronika Brandis / Magnus Ulrich Ferber 65 Iul. red. 895-975. 66 Iul. red. 662-821. 67 Zu seinem dramatischen Werk vgl. Rädle 1982. 68 Georg Stengel an Matthäus Rader am 19. Februar 1610: In Germania tamen et à Germanis [chartam] inventam esse obscuriùs insinuat Nicodemus Frischlinus in suo Iulio Redivivo […], ubi doctissimus poeta et nostri saeculi Plautus pluribus persequitur primùm ex Plinio artem chartae priscae conficiendae, tum etiam huius novae longis adeò et pene multis verbis (zit. nach Schmid 1995, 495). „Dass das Papier dennoch in Deutschland und von den Deutschen erfunden wurde, deutet ziemlich vage Nikodemus Frischlin in seinem Iulius redivivus an, wo der sehr gelehrte Dichter und Plautus unserer Zeit mit mehreren Worten zunächst nach Plinius der Kunst nachgeht, altes Papier herzustellen, dann auch mit gar langen und beinahe vielen Worten der Kunst, dieses neue herzustellen.“ 69 Vgl. Elschenbroich 1976, 359-362 und Kaminski 2008, 181-182. Auch im Iulius redivivus gelingt die moralische Besserung der Gattung Komödie durch die Wahl des Themas: Das Lob auf Deutschland und die Deutschen ist weit entfernt von seinem antiken Vorbild mit seinen Ränken eines gewitzten Sklaven. Diese Wahl hatte nun ihrerseits eine weitere didaktische Komponente: Im Iulius redivivus konnten die Schüler die wichtigsten antiken Texte über Germanien kennenlernen und als beteiligte Schauspieler auch mnemotechnisch behalten. Darüber hinaus schuf Frischlin für das Deutschland seiner Zeit loci classici, wenn er etwa die Reichsverfassung beschreibt 65 oder auf den Buchdruck zu sprechen kommt. 66 In dieser Hinsicht wurde Frischlin selbst von den konfessionell von ihm weit entfernten Jesuiten sehr geschätzt, wie aus einem Brief des Jesuitend‐ ramatikers Georg Stengel 67 an seinen Lehrer Matthäus Rader hervorgeht, worin die im Iulius redivivus behauptete Erfindung des Papiers durch die Deutschen erörtert wird. Frischlin wird dabei als nostri saeculi Plautus gelobt. 68 Frischlins Ziel, die Gattung Komödie aus dem Verdacht der Obszönität zu befreien und als didaktisches Instrument zu nutzen, legt nahe, dass der Würt‐ temberger Dramatiker sein Lob der Deutschen durch seine Pseudolus-Anleihen nicht unterschwellig konterkarieren wollte. Ein solches Vorgehen wird Frischlin in der modernen Forschung bezüglich seiner vordergründig streng lutherisch konzipierten Konfessionskomödie Phasma allerdings unterstellt, da darin die Theologen Zwingli und Brenz in einer Debatte zum Abendmahlsstreit kurzzeitig einen Dialog aus Plautus’ Amphitruo vortragen 69 - wie im Iulius redivivus mit klar markierten Rollen: Zwingli übernimmt den Part des von Jupiter gehörnten Amphitruo, der Lutheraner Brenz den von dessen Diener Sosia, so dass auch hier die antike Vorlage als thematic model rezipiert wird und der Verdacht nahe liegt, dass die Theologen unabhängig von ihrer konfessionellen Zuordnung als komödiantisches Personal dargestellt werden sollen, die die wahre Gestalt Gottes nicht zu erfassen vermögen. Eine solche Interpretation ist für den Iulius redivivus schon allein deswegen kaum fruchtbar zu machen, 147 Die Funktion des Plautinischen in Nikodemus Frischlins Iulius redivivus 70 Iul. red. 1671-1708. 1745-1772. 71 Vgl. Ferber 2019, 211-217. 72 Vgl. Strauß 1856, 47-48. 93-94. 73 Nikodemus Frischlin an Kaiser Maximilian II. im Oktober 1570 (Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, RHR, Privilegia varia 1, fol. 28 r -31 v , hier fol. 28 v ; Druck bei Schulz- Behrend 1955, 172-175, hier 173). da die in dieser Komödie vorkommenden Akteure von ihrer Grundkonzeption komödienhafter angelegt sind und daher eine geringere Fallhöhe haben als die großen Reformatoren des 16. Jahrhunderts in Phasma. Allerdings gibt es für eine solche Interpretation des Iulius redivivus etwa im Text der Marktszene, in der die Deutschen auch kritisiert werden, An‐ knüpfungspunkte 70 und sie findet in dem Befund, dass Frischlin in seinen Ego-Dokumenten eher als württembergischer Territorialpatriot, denn als natio‐ nalbewusster Dichter erscheint, 71 eine Stütze. Ein Blick in die Quellen legt auch nahe, dass Frischlin aus eher pragmatischen Gründen auf die Idee verfiel, ein Nationaldrama zu verfassen. Denn als Frischlin auf dem Speyerer Reichstag 1570 versuchte, aus der Hand Kaiser Maximilians II. den Dichterlorbeer zu erhalten, legte er nicht nur einen Hymenaeus auf die dort zelebrierte Hochzeit der Kaisertochter Elisabeth mit dem französischen König Karl IX. vor, 72 sondern schrieb auch einen Brief an den Kaiser, in dem er darlegt, welche Konsequenzen es hat, wenn ein Herrscher die Literatur zu wenig fördert. Darin heißt es u.a.: Nam quis dubitet veterum quoque Germanorum et antiquissimorum in Germania parentum nostrorum, qui ante et post tempora CHRISTI fines suos longè lateque propagarunt et hostium assultus fortissime profligarunt, egregia et heroica fuisse facinora, quae hodie in tenebris iacent propterea, quòd litterarum lumen illis non accesserit? Denn wer zweifelt daran, dass auch die Taten der alten Germanen und unserer ältesten Vorfahren in Germanien, die vor und nach den Lebzeiten Christi ihr Gebiet sehr weit ausdehnten und den Ansturm der Feinde kräftigst niederschlugen, herausragend und heldenhaft waren, die heute deswegen in Vergessenheit geraten sind, weil ihnen das Licht der literarischen Werke fehlte? 73 Nachdem ihm in Speyer die Dichterkrönung versagt blieb, dürfte in Frischlin der Plan zur Ausarbeitung des Iulius redivivus nach der in diesem Brief greif‐ baren Argumentation gereift sein: Durch die gekonnte dichterische Umsetzung des seit der Wiederentdeckung der Germania des Tacitus von den deutschen Humanisten geführten Germania-Diskurses wollte er unter Beweis stellen, dass er des Dichterlorbeers aus der Hand des Kaisers durchaus würdig gewesen wäre 148 Veronika Brandis / Magnus Ulrich Ferber 74 Iul. red. 610-611. 613. 617-618. 625. 627-628. 75 Vgl. Schirrmeister 2003, 196-170. 76 Iul. red. 651-653. 1450-1458. 77 Iul. red. 1454-1455. 78 Sollte dieses Vorgehen tatsächlich ironisch gemeint sein, hätte dies ein historisches Vorbild: Konrad Celtis trug anlässlich seiner Dichterkrönung 1487 absichtlich unsau‐ bere Verse vor, die er in der Druckfassung verbesserte, um seine Distanz zur höfischen Welt zu dokumentieren (vgl. Mertens 2006, 136-139). und welch propagandistischen Nutzen Maximilian aus der Förderung Frischlins hätte ziehen können, da dessen Lob auf Deutschland unweigerlich auf seinen Kaiser zurückfiele. Durchaus geistreich erscheint die Wahl des Eobanus als Vertreter der hu‐ manistischen Gelehrsamkeit der Deutschen, wenn man bedenkt, dass der neulateinische Dichter Eobanus Hessus (1488-1540), an den die Rolle angelehnt ist, selbst nie zum Poeta Laureatus erhoben wurde. In seinem ersten Auftritt in der Komödie sucht Eobanus nun mit folgenden Worten den Zutritt zum Kaiser (Frischlin, Iul. red. 609-610): Quid ergo faciam? Numne ad Caesarem quidem me conferam, In quo uno spes omnis mihi reposita est? Was also soll ich tun? Soll ich mich wirklich zum Kaiser begeben, auf dem allein meine Hoffnung ruht? Cicero, der zufällig dabeisteht, missversteht den neulateinischen Dichter; er meint, Eobanus wolle zum Caesar redivivus und nicht zum aktuellen Kaiser. 74 Wie bei einer Dichterkrönung üblich 75 prüft nun Cicero die Gedichte des Eobanus, 76 wobei er fast wortwörtlich eine Passage aus dem Brief Frischlins an Maximilian zitiert (Frischlin, Iul. red. 1455-1457): Nam nisi Ad res gestas accedat lumen literarum, tum omnia Iacent in tenebris Denn wenn historische Taten von dem Licht literarischer Werke nicht beleuchtet werden, liegt alles in Finsternis. Cicero führt Eobanus schließlich zu Caesar, der den deutschen Dichter, wie gesagt in der Stuttgarter Aufführung von Frischlin selbst gespielt, zum Dichter krönt. 77 Das Lob Deutschlands und der Deutschen war nun ohne Zweifel ein geschickt gewähltes Thema, um die eigene Dichterkrönung zu forcieren. 78 Möglicherweise bestand der ursprüngliche Plan Frischlins darin, den Iulius redivivus auf dem folgenden Reichstag aufzuführen und den Kaiser dadurch 149 Die Funktion des Plautinischen in Nikodemus Frischlins Iulius redivivus 79 Vgl. Strauß 1856, 94-95. 80 Vgl. Frischlin 2014, 139-140. 81 Die erste Erwähnung von Aristophanes-Übersetzungen Frischlins stammt von 1575 aus einem Brief des Tübinger Philologen Georg Burckhard an Frischlin (Druck: Goldast 1610, 276-279); erste Anstrengungen zu einer Veröffentlichung fallen in das Jahr 1576 (vgl. den Brief Frischlins an den Genfer Buchdrucker Henri Estienne vom 12. November 1576, Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, MS. A. VIII, fol. 420 r -421 v ). 1580 meldet Frischlin den Abschluss der Übersetzung einer vierten Aristophanes-Komödie (vgl. den Brief Frischlins an den Zürcher Theologen Johann Wilhelm Stucki vom 19. September 1580, Staatsarchiv des Kanton Zürich, E II 380, S. 18-19), die fünfte und letzte war Anfang 1581 fertig (vgl. den Brief Frischlins an die württembergischen Räte Melchior Jäger und Lucas Osiander vom 24. Februar 1581, Hauptstaatsarchiv Stuttgart, A 274, Bü 41, Nr. 28). dazu zu bringen, ihm den Dichterlorbeer zu überreichen. Als sich die Reichs‐ stände allerdings 1576 in Regensburg tatsächlich wieder versammelten, schien Frischlin den Iulius redivivus aus den Augen verloren zu haben, der zu diesem Zeitpunkt noch nicht fertiggestellt war. Stattdessen überreichte der Tübinger Poetik-Professor dort Maximilian II. kurz vor dessen Tod seine Rebecca und erreichte damit sein Ziel: Maximilians Nachfolger Rudolf II. krönte Frischlin am Rande des Regensburger Reichstags zum Poeta Laureatus. 79 Statt während eines Reichstags erreichte Frischlin das ursprünglich intendierte Publikum der Reichsstände während der Stuttgarter Hochzeit, die von einem entsprechenden Personenkreis besucht wurde. Interessanterweise beschränkte man sich dabei auf die Aufführung der ersten drei Akte, 80 die das Lob auf Deutschland am konsequentesten verfolgen. Kommentierung aktueller Ereignisse Auch wenn das Zentralmotiv des Iulius redivivus eine gewisse Zeitlosigkeit zu beanspruchen scheint und die Komödie breit die kulturellen Errungenschaften Deutschlands im 16. Jahrhundert vor Augen führt, erweist sich ihr Kontext, wie das Beispiel der verweigerten Dichterkrönung zeigt, als ausgesprochen aktuell; ja die im Iulius redivivus verborgene Komik ist teilweise nur verständlich, wenn man die Lebenssituation des Autors selbst kennt. Dass eine Komödie aktuelle Entwicklungen aufs Korn nimmt, hat bekanntlich ihr antikes Vorbild weniger bei Plautus als vielmehr in der Alten Komödie und insbesondere bei Aristophanes, dessen griechische Sprache allerdings für das Theater des 16. Jahrhunderts ungeeignet war. Dem wollte nun Frischlin selbst entgegenwirken: Er übersetzte gleichzeitig mit der Abfassung des Iulius redivivus 81 fünf Komödien des Aristophanes ins 150 Veronika Brandis / Magnus Ulrich Ferber 82 Frischlin 1586. 83 Frischlin 1586, fol. 6 v -16 r . 84 Vgl. Aristoph. Ran. 839. 85 Vgl. Aristoph. Nub. 331. 86 Plaut. Cist. 33. Lateinische imitatione Plauti et Terentii, wie das Titelblatt vermeldet. 82 Um also die Funktion des Plautinischen bei Frischlin richtig einschätzen zu können, ist es von zentraler Bedeutung zu wissen, dass Plautus für Frischlin das stilistische Vorbild für eine Aristophanes-Rezeption in lateinischer Sprache darstellt. Nun wurde auch die Auseinandersetzung mit Aristophanes aufgrund der Obszönität des Autors oft in Frage gestellt, doch verteidigt Frischlin die Methode seines antiken Vorbildes: In einer Defensio Aristophanis contra Plutarchi criminationes, die seiner Aristophanes-Ausgabe vorangestellt ist, 83 betont Frischlin, dass es dem Athener Komödiendichter darum gegangen sei, moralische Verfehlungen seiner Zeitgenossen zu brandmarken, wozu er zugespitzte Formulierungen benutzte. Dieses Vorgehen mache ihn aber zu einem ausgewiesenen Moralisten, weshalb er auch Vorbild für die Komödiendichtung des 16. Jahrhunderts sein könne. Wie sehr Aristophanes und Plautus von Frischlin in eins gesetzt wurden, wird auch innerhalb seiner Briefe deutlich: Als er etwa den Plautus-Herausgeber Joachim Camerarius d. Ä. (1500-1574) vergeblich bat, seine Kallimachos-Über‐ setzung Korrektur zu lesen, vermischte er Zitate aus Aristophanes und Plautus, um Camerarius zu loben: Sciebam enim, cùm et librum ipsum mitterem et has iam literas exararem, mihi rem non fore cum phalerato quopiam et κομποφακελοῤῥήμονι 84 causidico aut σϕραγιδονυχαργοκομήτῃ 85 praefecto, quos homines, si adeas, abitum quàm aditum malis 86 : sed cum diserto et leni oratore, sed cum erudito et facili poëta, sed cum gravi et perhumano Theologo, à quo tetricorum quorundam Bartholorum triste supercilium remotissimum esse aliorum fama planissime comperi. Denn ich wusste sowohl, als ich das Buch selbst schickte, als auch, als ich diesen Brief konzipierte, dass ich es nicht mit irgendeinem Ordensträger und einem hochtönende Reden haltenden Anwalt oder einem an allen Stellen geschmückten Beamten zu tun haben würde - Menschen, die man lieber verlässt als dass man sie besucht, sondern mit einem redegewandten und gemäßigten Rhetor, einem gebildeten und geschickten Dichter und einem ernsthaften und überaus freundlichen Theologen, von dem ich 151 Die Funktion des Plautinischen in Nikodemus Frischlins Iulius redivivus 87 Frischlin an Joachim Camerarius d. Ä. am 7. September 1572 (Deutsches Literaturarchiv Marbach, B: Frischlin, Nicodemus, Nr. 1802). 88 Johann Christoph Gailing studierte von 1561 bis 1565 in Tübingen (vgl. Hermelink 1906, 420). 89 Württembergische Landesbibliothek Stuttgart, Cod.poet.et.phil. 4°15, fol. 54 v . 90 Luther 1524, fol. B r . 91 Zum Adelsstreit vgl. Strauß 1856, 168-244. 92 Die kursiv gesetzte Passage in Frischlin 1580, 99-100 entspricht Plaut. Cist. 28-35 (freundlicher Hinweis von Florian Eckes, Heidelberg). durch andere ausdrücklichst erfuhr, dass er dem traurigen Ernst irgendwelcher unfreundlicher Gesetzeskrämer sehr abgeneigt ist. 87 Ähnlich verfuhr Frischlin in einem Brief an seinen Kommilitonen Johann Christoph Gailing 88 vom 7. Mai 1582: Cyclopas et centauros, Polymachaeroplacidas, Pyrgopolinices, Bombomachidas, Clu‐ ninstaridisarchidas, σφραγιδονυχαργοκομήτας minus metuo quam Lutherus Worma‐ cienses tegulas. Ich fürchte die Kyklopen und Kentauren, die ganzen lächerlichen Soldaten, die an allen Stellen geschmückt sind, weniger als Luther die Wormser Dachziegel. 89 Frischlin verwendet hier die komischen Soldatennamen des Plautus, den Po‐ lymachaeroplagides kennen wir aus dem Pseudolus, die anderen aus dem Miles gloriosus, mit derselben griechischen Vokabel aus den Wolken, die schon im Camerarius-Brief verwendet wurde. Das Ganze wird vermischt mit einer Anekdote aus dem Leben Luthers, der von sich in Bezug auf den Wormser Reichstag 1521 einmal behauptete: Wenn ich gewust hette, das so viel teuffel auff mich gezilet heten, als zigel auff den dechern waren zu Worms, were ich dennoch eyngeritten. 90 So wie Luther sich nun nicht vor den Teufeln fürchtete, so gibt Frischlin hier vor, sich nicht vor den Vertretern der Reichsritterschaft zu fürchten, die seit der Veröffentlichung von Frischlins Oratio de vita rustica 1580 die Ächtung des Au‐ tors forderten, weil darin einige deftige adelskritische Passagen zu finden sind. 91 Geradezu paradigmatisch für Frischlins Verwendung der antiken Komödie als thematic model ist die Verwendung eines Plautus-Zitats im Fließtext der Oratio de vita rustica: So wie sich die Kupplerin in der Cistellaria über das Verhalten von Edeldamen gegenüber ihresgleichen beschwert, kritisiert Frischlin wortgleich das Selbstverständnis des Adels zu seiner Zeit, ohne seine Quelle zu nennen. 92 In dieselbe Richtung zielt die Gleichsetzung der Reichsritter mit den Soldaten des Plautus im Brief an Gailing, was einen tragfähigen intellektuellen Witz darstellt, 152 Veronika Brandis / Magnus Ulrich Ferber 93 Frischlin, 2014, 123. 94 „Den Iulius redivivus werde ich nicht zu Ende bringen können. Denn ich habe im dritten Akt eine Pause gemacht“ (Hauptstaatsarchiv Stuttgart, A 274, Bü 41, Nr. 36). 95 Frischlin an die Reichsritterschaft am 14. Juni 1590 (Hauptstaatsarchiv Stuttgart, A 274, Bü 49, Nr. 114). 96 Hauptstaatsarchiv Stuttgart, A 274, Bü 45, Nr. 15b. Druck und Übersetzung bei Frischlin 2014, 131-135. Die Datierung ergibt sich aus der in der Forschung bisher übersehenen Formulierung des dortigen Dorsalvermerks von Frischlins Hand: Argumentum Iulii redivivi novae Comoediae olim coeptae et nunc in manus resumptae de Laudibus Ger‐ manorum in re militari et literaria. Das nunc in manus resumptae verweist auf die Wiederaufnahme der Arbeit Frischlins am Iulius redivivus Ende 1580. Vermutlich sandte Frischlin das gleiche Argumentum am 12. Juni 1581 an Johann Wilhelm Stucki. Seinem Brief von diesem Tag lag ein nicht näher beschriebenes und nicht überliefertes novum Comoediae, in qua nunc versor, argumentum bei (Staatsarchiv des Kanton Zürich, E II 380, S. 34-35). 97 „Caesar erzählt, was für Kyklopen er in Kneipen und Gasthäusern gesehen habe.“ der zu einer bemerkenswerten Aktualisierung der antiken Komödie in Frischlins Werk führte. Im Verlauf des Adelsstreits nahm Frischlin die Arbeit am Iulius redivivus 1580 wieder auf. 93 Am 18. März 1581 schrieb er an den Stuttgarter Hofprediger Lukas Osiander: Iulium Redivivum non potero ad finem perducere. Nam in Actu Tertio substiti. 94 Dass die meisten Plautus-Anleihen wie oben gesehen im offenbar später verfassten vierten Akt des Iulius redivivus zu finden sind, dürfte somit aus der Genese des Stücks erklärbar sein. Der Adelsstreit führte auch zu der bereits bemerkten Änderung des Charakters des Hermann: Der deutsche Musterfürst verkörpert nun gleichzeitig einen Vertreter der deutschen Reichsritterschaft, der so verspottet werden darf wie einst die Soldaten durch Plautus. Diese Doppel‐ struktur des Hermann diente Frischlin im weiteren Verlauf des Adelsstreits auch als argumentative Absicherung, um bei Bedarf auf die positiven Eigenschaften Hermanns verweisen zu können. Noch kurz vor seinem Tode rühmt er sich in einem Brief an die Reichsritterschaft folgendermaßen: Der ich doch mein leben lang den Adelstand geehret hab, vnd vil hundertt Adelsper‐ sonen ihn ihren leben vnd nach ihrem tod in meinen scriptis namhafftig gelobt, gerüempt vnd gebrisen hab, Ja auch vnser gantze Teutsche Nation in meinem Iulio Redivivo allen Andern Nationibus mitt waarheitt fürgezogen. 95 Wie stark der Iulius redivivus vom Adelsstreit geprägt sein sollte, wird aus einem handschriftlich überlieferten Argumentum der Komödie deutlich, das Frischlin um 1581 verfasst haben muss. 96 Zahlreiche der dort erwähnten Szenen fehlen in der Umsetzung, darunter jene, in der Caesar […] narrat, quos Cyclopes in cauponis et tabernis viderit. 97 Mit Kentauren und Kyklopen verglich Frischlin 153 Die Funktion des Plautinischen in Nikodemus Frischlins Iulius redivivus 98 Vgl. Strauß 1856, 169-170. 99 Iul. red. 1389-1393. 100 „Cicero tröstet Eobanus, damit dieser nicht wegen eines im von einigen wenigen Kyklopen angetanen Unrechts verzweifle.“ 101 „[…]dass man bei Plautus nichts Ähnliches findet.“ 102 Vgl. Strauß 1856, 236-240. 103 Vgl. Frischlin 2014, 124-125. schon in der Oratio und in dem zitierten Brief an Gailing den Adel. Vermutlich sollte die Szene den realen Auslöser des Adelsstreits nachstellen: Am 11. März 1580 nahm Frischlin an einem Gelage in Tübingen teil, auf dem der Dichter den Tübinger Obervogt Fritz Herter von Hertneck so beleidigt haben muss, dass dieser Frischlin schlug und den Hut über den Kopf zog, 98 wogegen sich Frischlin mit der Veröffentlichung der Oratio wehrte. Zwar berichtet Caesar im Iulius redivivus tatsächlich von einem Wirtshausbesuch, 99 aber die versprochenen Kyklopen fehlen sowohl hier, als auch an der Stelle, in der laut Argumentum Cicero[…] Eobanum solatur, ne ob acceptam iniuriam à paucis quibusdam Cyclo‐ pibus animum despondeat. 100 Ebenso fehlt im Übrigen der im Argumentum angekündigte Streit zwischen Pluto, der am Ende der Komödie Caesar und Cicero wieder in die Unterwelt holen will, und dem Caminarius, wer das schwärzere Gesicht habe, den Frischlin so witzig gestalten wollte, ut nihil in Plauto habeas simile.  101 Andere Passagen des Iulius redivivus erhalten im Kontext des Adelsstreits ein völlig neues Gewicht. Der bereits zitierte erste Vers, den Eobanus auf der Bühne spricht, den also Frischlin selbst in Anwesenheit des württembergischen Herzogs vortrug (Frischlin, Iul. red. 609-610), Quid ergo faciam? Numne ad Caearem quidem me conferam, In quo uno spes omnis mihi reposita est? Was also soll ich tun? Soll ich mich wirklich zum Kaiser begeben, auf dem allein meine Hoffnung ruht? bekommt eine völlig neue Bedeutung, wenn man weiß, dass ebenjener Herzog Frischlin im Januar 1582 unter Hausarrest stellte, weil der Dichter sich wegen des Adelsstreits an den Kaiser gewandt hatte. 102 Ganz im Zeichen des Adels‐ streits dürfte somit die nicht datierbare Uraufführung des Iulius redivivus in Tübingen während der Zeit gestanden haben, in der Frischlin in Laibach weilte. Dabei kamen nur die ersten vier Akte zu Aufführung, die somit mit dem oben zitierten plautinisch gehaltenen Abgang des Hermann, des ambivalent gehaltenen Vertreters des deutschen Adels, endete. 103 154 Veronika Brandis / Magnus Ulrich Ferber 104 Hadley 2015. 105 Frischlin 1586, fol. )(2 v . 106 Hadley 2015, 125-137. 107 Zum Verlauf dieses sog. Grammatikstreits vgl. Cancik 1999 und Ferber 2018. 108 Frischlin an Crusius am 25. August 1582 (Universitätsarchiv Tübingen, 10/ 11, 2, Nr. 94; Druck bei Ferber 2018, 161-176, hier 162). 109 „Bravo, du drolliger Mensch! “ 110 Plaut. Mil. 241. 111 Frischlin an Johannes Hochmann am 26. September 1579 (Universitätsarchiv Tübingen, 10/ 11, 1, Nr. 23). 112 „Es ist eine Albernheit, Vater, unwillige Hunde zum Jagen zu führen“ (Plaut. Stich. 139). 113 Iul. red. 1745-1772. Wie Patrick Lucky Hadley in seiner Dissertation 104 über die Aristo‐ phanes-Ausgabe Frischlins überzeugend nachgewiesen hat, findet sich das Muster der Aktualisierung der antiken Komödie für Frischlins eigene Lebenssi‐ tuation auch in dieser Übersetzung. Nicht zufällig schreibt der Autor in seiner Widmungsepistel an Kaiser Rudolf II., dass sein Werk nicht nur als gelehrte Arbeit zu Aristophanes zu verstehen sei, sondern sich an ein Romani Imperii amplissimum theatrum, 105 also an die Öffentlichkeit wende. Gerade Frischlins Interesse an den Rittern des Aristophanes ist im Zusammenhang mit dem Adelsstreit leicht nachvollziehbar. 106 Nicht nur im Adelsstreit zog Frischlin Plautus zur Verunglimpfung seiner Gegner heran, sondern auch in seiner langwierigen Auseinandersetzung mit den Professoren der Artisten-Fakultät in Tübingen, vor allem mit Martin Crusius. 107 In einer Invektive gegen seinen einstigen Lehrer 108 spricht Frischlin diesen mit Euge homo lepide  109 an, so wie im Miles gloriosus 110 der intrigante Sklave Palaestrio für seinen Plan kritisiert wird, mit dem Crusius hier gleichgesetzt wird. Und nachdem Frischlin erneut bei einer Berufung eines ordentlichen Professors übergangen wurde, kommentierte er dies gegenüber dem Rektor der Universität 111 mit den sprichwörtlich gewordenen Hunden, die man zum Jagen tragen müsse, also dem Plautus-Vers Stultitiast, pater, venatum ducere invitas canes. 112 Diese Auseinandersetzung wird im Iulius redivivus allerdings nur am Rande erwähnt, wenn man weiß, dass der zentrale Vorwurf gegen Frischlin von Seiten seiner Tübinger Kollegen sein Hang zum Alkohol war. Entsprechend wird in der Komödie der Streit zwischen dem Allobrox und Hermann durch Merkur dadurch entschärft, dass er den Einfluss französischer Luxuswaren auf die deutsche Kampfkraft mit Verweis auf den Einfluss des Weins auf die deutsche Kampfkraft nivelliert. Konsequent fordert der Gott zur Abholzung der Weinberge auf. 113 155 Die Funktion des Plautinischen in Nikodemus Frischlins Iulius redivivus 114 Vgl. Strauß 1856, 408-418. 115 Vgl. den Brief des Braunschweiger Superintendenten Polykarp Leyser an Frischlin vom 21. Februar 1588 (Druck: Leyser 1706, 131-134). Darin heißt es: Quod Phasmatis actio impeditur, ego non miror. „Dass die Aufführung von Phasma behindert wird, verwundert mich nicht.“ 116 Frischlin an Leyser am 28. Februar 1588: Egi cum summo omnium applausu meam Hildegardin, Iulium et Plutum Aristophanium (Universitätsbibliothek Uppsala, Waller's Manuscript Collection, Waller Ms de-01490). „Ich führte mit dem größten Applaus aller meine Hildegarda, den Iulius und den aristophanischen Plutos auf.“ 117 „Denn in Prag behinderte mich die Religion, in Wittenberg meine schwäbische Sprache“ (Niedersächsisches Landesarchiv Wolfenbüttel, 37 Alt, Nr. 374, fol. 70 rv ). 118 „… verfasst zum Lob von ganz Schwaben“ (Frischlin 1579, fol. A1 r ). Die beabsichtigte Aktualität der Komödie führt dazu, dass jede Aufführung und jede Veröffentlichung des Iulius redivivus durch ihren Autor aus ihrem jeweiligen Kontext heraus unterschiedlich gedeutet werden kann. Dies muss auch für die letzte Aufführung des Stücks unter Frischlins Regie im Karneval 1588 in Wittenberg gelten, wo der Poeta Laureatus ab September 1587 an der Universität Fuß zu fassen versuchte, aber nie über den Status eines Privatdozenten hinauskam, da er als Lutheraner an der damals philippistisch geprägten Leucorea nicht erwünscht war. 114 Provokant, wie es seine Art war, wollte Frischlin zu seinem Abschied seine Konfessionskomödie Phasma aufführen, die in diesem Kontext als streng lutherisches Bekenntnis gedeutet werden muss. Die Aufführung wurde ihm daher auch untersagt. 115 Stattdessen führte er seine Hildegardis magna, den Iulius redivivus und seine Übersetzung des aristophanischen Plutos auf. 116 Während der Rückgriff auf den Plutos aufgrund Frischlins damaliger ökono‐ mischer Situation, die als erbärmlich zu bezeichnen ist, leicht erklärbar ist, kann über die Motive der Aufführung der beiden anderen Stücke nur spekuliert werden. Ein Hinweis findet sich in seinem Brief an den Wolfenbütteler Hofpre‐ diger Basilius Sattler vom 17. Dezember 1587, wo er schreibt: Nam Pragae obstitit mihi religio: Vitebergae suevisonus. 117 Da er also in Wittenberg schon durch seinen württembergischen Dialekt in den Verdacht geriet, ein Gnesiolutheraner zu sein, könnte sich Frischlin veranlasst gesehen haben, mit seiner Hildegardis magna seine Herkunft zu verteidigen, da diese Komödie analog zum Iulius redivivus den Untertitel scripta in laudem totius Alemanniae  118 trug. Um nicht zu provinziell zu erscheinen, schob er mit dem Iulius redivivus das Lob auf ganz Deutschland sofort hinterher. Ob Frischlin den Iulius redivivus für die Wittenberger Aufführung textlich aktualisierte, kann nicht belegt werden, wäre allerdings eine naheliegende Vermutung. Zusammengefasst ergibt sich das Bild, dass Frischlin im Iulius redivivus sehr unterschiedliche Intentionen zusammenführt, wofür Plautus als Referenzautor 156 Veronika Brandis / Magnus Ulrich Ferber in unterschiedlichen Funktionen sowohl als linguistic wie als thematic model herangezogen wird: 1. Der Iulius redivivus hatte eine stark didaktische Intention. Im Mittelpunkt stand dabei zwar die Vermittlung von caesarischem und ciceronianischem Latein sowie zentraler Argumente des Germania-Diskurses, doch wurde auch plautinisches Latein eingeflochten, damit zentrale Merkmale des Genres „Komödie“ deutlich werden. Neben den textlichen Anleihen an Plautus ist dabei die metrische Imitation des antiken Vorbilds von zentraler Bedeutung. 2. Mit dem Lob der Deutschen wählte Frischlin in dieser Komödie einen Stoff, mit dem er sich thematisch stark von seinem antiken Vorbild abgrenzte. Die lateinische Komödie, die bei Plautus nach Frischlins Über‐ zeugung formal vorbildlich ausgeführt wurde, sollte dadurch moralisch verbessert werden. Das Vulgäre, das im Iulius redivivus gattungsbedingt auch seinen Platz findet, wird durch einen Stilwechsel hin zu Plautus markiert. Für die mögliche Vermutung, dass Frischlin die Grundaussage seiner Komödie durch Plautus-Anleihen konterkarieren wollte, gibt es keine zeitgenössischen Belege. 3. Frischlin verarbeitet im Iulius redivivus seine eigenen persönlichen Aus‐ einandersetzungen und kommentiert sie aktuell. Er kritisiert darin seine Gegner, indem er sie mit lächerlichen Charakteren der plautinischen Ko‐ mödie gleichsetzt und mit entsprechenden Formulierungen aus Plautus der Lächerlichkeit preisgibt. Frischlin sucht in seiner Komödie also die Aktualität, wofür eher Aristophanes als Plautus das antike Vorbild abgab. Frischlin beschränkte sich dabei nicht nur auf eine Adaptation des Aristophanes, sondern versuchte, diesen selbst zu aktualisieren, was nur in einer lateinischen Übersetzung möglich war. Dafür war Plautus wiederum das stilistische Vorbild. Literaturverzeichnis Ungedruckte Quellen Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, MS. A. VIII. Deutsches Literaturarchiv Marbach, B: Frischlin, Nicodemus. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, A 274, Bü 41, 45, 49. Württembergische Landesbibliothek Stuttgart, Cod. poet. et. phil. 4° 15. Universitätsarchiv Tübingen, 10/ 11. 157 Die Funktion des Plautinischen in Nikodemus Frischlins Iulius redivivus Universitätsbibliothek Tübingen, Mh 443/ I. 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Chevrolet 2007. Die Diskussion über Wesen und Wert der (Plautinischen) Komödie in lateinischen poetologischen Schriften zwischen 1350 und 1500 Stefan Feddern (Kiel) Der amerikanische Literaturwissenschaftler Joel Elias Spingarn hat 1899 die These vertreten, dass die Poetik des Aristoteles nahezu die gesamte dramen‐ theoretische Theoriebildung im 16. Jahrhundert bestimmt hat. 1 Diese sog. Aristotelismus-These ist durch Weinbergs monumentale Studie A History of Literary Criticism in the Italien Renaissance (1961) i.W. bestätigt und allenfalls dahingehend erweitert worden, dass neben Aristoteles auch Platon und Horaz in das Blickfeld rückten. 2 Erst in jüngerer Zeit mehren sich die Stimmen derjenigen Forscher, die Zweifel an der immer noch vorherrschenden Aristotelismus-These äußern und auf andere dramentheoretische Vorstellungen verweisen, die das Substrat für die immer stärker einsetzende Aristoteles-Rezeption bilden. 3 Sowohl die Vertreter der Aristotelismus-These als auch deren Kritiker unter‐ suchen schwerpunktmäßig das 16. Jahrhundert, um der Frage nachzugehen, wie die Aristotelische Poetik rezipiert worden ist. Die Konzentration auf das Cinque‐ cento ist teilweise auf die folgenden editionsgeschichtlichen Fakten, teilweise aber auch auf das - zur Vereinfachung neigende - Bild zurückzuführen, das sich die Forschung von der sukzessive der Publikation der Aristotelischen Poetik folgenden Rezeption gemacht hat: 1481 wird die von Hermannus Alemannus 1256 angefertigte lateinische Übersetzung des sog. Mittleren Kommentares des Averroes (1126-1198) zur Poetik gedruckt; die lateinische Übersetzung von Giorgio Valla erscheint 1498; 1508 erfolgt die Edition des griechischen 4 S. Fn. 50. 5 Vgl. Leinkauf 2017, 554 f.; Lohse 2015, 130-133; Kappl 2006, 1-2; Javitch 1999, 54. 6 Vgl. Lohse 2015, 14-19. Texts durch Aldo Manuzio in Venedig, der spätestens seit den 1480er Jahren handschriftlich kursiert, wie das von Angelo Poliziano annotierte Exemplar der Poetik zeigt. 4 Erst nach der Publikation der lateinischen Übersetzung der Aristotelischen Poetik von Alessandro de’ Pazzi (1536) werde poetologischen Fragestellungen ein breiterer Raum gewidmet. Die Auseinandersetzung mit der Poetik des Aristoteles präge den gesamten literaturtheoretischen Diskurs des Cinquecento. 5 Die Kritiker der Aristotelismus-These, zu denen Lohse gehört, bemängeln zu Recht, dass viele Rezeptionsstudien den Eindruck erwecken, als habe es keine Dramentheorie vor der Aristoteles-Rezeption im 16. Jahrhundert gegeben. Sie weisen auf die Notwendigkeit hin, den damaligen Stand der Dramentheorie zu eruieren, um nachvollziehen zu können, wie die Aristotelische Poetik rezipiert wurde, welche dramentheoretischen Vorstellungen aus dem Substrat erhalten geblieben sind, wie sie sich vermischt haben und welche Aristotelischen Vor‐ stellungen nicht übernommen oder sogar explizit zurückgewiesen wurden. Auch Lohse folgt den nicht gänzlich zu bestreitenden Prämissen, dass die Rezeption der Poetik erst 1536 in einem Umfang einsetzt, der sie zu einem erheblichen Faktor in der dramentheoretischen Diskussion macht, und dass die Poetik auch nach 1536 vielen Lesern unverständlich geblieben ist. Er gelangt zu dem Ergebnis, dass dichtungstheoretische Aussagen, die zum Substrat der Aristoteles-Rezeption gehören, keineswegs durch Aristotelische Vorstellungen abgelöst, sondern weiterhin als gültig angesehen wurden. Ihm zufolge be‐ stimmen nicht die Gedanken der Aristotelischen Poetik die Dichtungstheorie der Renaissance, sondern gänzlich unaristotelische Aussagen spätantiker Gelehrter. Aristoteles’ dichtungstheoretische Reflexionen seien nur insofern rezipiert worden, als sie mit den bestehenden Vorstellungen aus dem Substrat kompatibel gewesen seien. 6 Ohne Zweifel rezipieren die Humanisten bis in das 16. Jahrhundert hinein - vielleicht sogar primär - die spätantiken Dramentraktate. Allerdings weisen diese einen so starken Bezug zur Aristotelischen Poetik auf, dass sie zu einem großen Teil - direkt oder indirekt - Aristoteles rezipieren und nur punktuell Vorstellungen entwickeln, die signifikant von der Aristotelischen Lehre abwei‐ chen oder ihr sogar widersprechen. Außerdem muss berücksichtigt werden, dass die 1256 von Hermannus Alemannus angefertigte lateinische Übersetzung des Mittleren Kommentares des Averroes zur Aristotelischen Poetik nicht erst nach 166 Stefan Feddern 7 Zu dieser Übersetzung vgl. die Ausgabe von Minio-Paluello 1968. Die lateinische Übersetzung scheint den Sinn der arabischen Vorlage relativ getreu wiederzugeben; vgl. Knapp 1997, 114 f., Fn. 45. Der erste klare Einfluss der so vermittelten Aristotelischen Poetik zeigt sich in Coluccio Salutatis De laboribus Herculis (1406); s. Fn. 44 und vgl. Chevrolet 2007, 280 f.; Greenfield 1981, 130. Die andere lateinische Übersetzung der Poetik aus dem 13. Jahrhundert, diejenige von Wilhelm von Moerbeke (1278), scheint kaum jemals rezipiert worden zu sein. Zum Kommentar des Averroes vgl. die anno‐ tierte engl. Übersetzung von Butterworth 1986; Wels 2009, 11-21 mit umfangreichen Literaturhinweisen (S. 353-355); Serra 2002; Minnis/ Scott 1998, 277-307 und Hardison 1974 (die beiden zuletzt genannten Publikationen enthalten eine engl. Übersetzung der lateinischen Version des Hermannus Alemannus). 8 Zur Diskussion über Wesen und Wirkung der Komik (ridiculum und risus) in der italienischen Renaissance vgl. Kablitz 1996. Zur aktuellen Komiktheorie und -forschung vgl. Kindt 2017 und 2011. 9 Zur Diskussion über das happy end in der Komödie von der Antike bis in das 20. Jahrhundert, nicht aber zu den in diesem Beitrag behandelten frühneuzeitlichen Autoren vgl. Kraft 2011. Zur Komödientheorie zwischen Aristoteles und dem englischen Humanisten Ben Jonson vgl. Bareiß 1982. 10 Zur lateinischen Dramentheorie und zu den dramatischen Gattungen vgl. Manuwald 2016, 101-137. ihrem Druck 1481, sondern zumindest seit dem Anfang des 15. Jahrhunderts rezipiert wurde. 7 In diesem Beitrag möchte ich die Diskussion über das Wesen und den Wert / die Wirkung der (Plautinischen) Komödie in lateinischen poetologischen Schriften zwischen ca. 1350 und 1500 analysieren und somit eine Vorarbeit zu einer noch differenzierteren Darstellung der dramentheoretischen Diskussion des 16. Jahrhunderts leisten. Zum Wesen der (Plautinischen) Komödie gehören i.W. ihre Motive/ Ereignisse, ihr Handlungsverlauf, ihre dramatis personae, ihre Fiktionalität und die Frage nach der Allegorie. 8 Zu diesem Zweck werden die poetologischen Schriften der folgenden Autoren untersucht, bei denen sehr verschiedene Formen der Rezeption sowohl der Poetik des Aristoteles als auch der spätantiken Dramentraktate zu beobachten sind, ohne dass sich eine lineare Entwicklung erkennen ließe: Giovanni Boccaccio (1313-1375), Coluccio Salutati (1331-1406), Bartolommeo della Fonte (1446-1513), Angelo Poliziano (1454- 1494), Jodocus Badius Ascensius (1462-1535). 9 Zunächst müssen aber die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede zwischen der Aristotelischen und der spätantiken Komödientheorie präzise herausgear‐ beitet werden. 10 Daher werden in einem ersten Abschnitt neben Aristoteles 167 Die Diskussion über Wesen und Wert der (Plautinischen) Komödie 11 Der in einer Handschrift aus dem zehnten Jahrhundert überlieferte Tractatus Coisli‐ nianus, der entweder das verlorene zweite Buch der Poetik (die Komödientheorie) des Aristoteles zusammenfasst oder eigenständig die versprengten komödientheoretischen Reflexionen des ersten Buches fortschreibt (die Forschung tendiert zu der zweiten An‐ sicht), wobei Aristotelische Begriffe wie die Katharsis („Reinigung“) von der Tragödie auf die Komödie übertragen werden, kann unberücksichtigt bleiben, da er von den hier behandelten frühneuzeitlichen Autoren nicht rezipiert wird. Zu Aristoteles’ Komödi‐ entheorie und zum Tractatus Coislinianus vgl. den Poetik-Kommentar von Schmitt 2011 v. a. zum fünften Kapitel (S. 302-324, mit umfangreichen Literaturhinweisen auf S. 324); Fuhrmann 1992, 61-69. Zur Komödientheorie zwischen Aristoteles und Plutarch vgl. Plebe 1952. 12 Vgl. Bareiß 1982, 178-184; Kraft 2011, 46. 13 Euanthius, De fabula 4,2 nach der Ausgabe von Cupaiuolo 1992, hier S. 172. v. a. Euanthius, aber auch Diomedes und Donat (drei lateinische Autoren des 4. Jahrhunderts n. Chr.) behandelt. 11 Zu den spätantiken Dramentheorien Die spätantiken Komödientheorien haben einen viel stärkeren Einfluss auf das hohe und späte Mittelalter ausgeübt als die Texte der griechischen und römischen Klassiker wie Aristoteles, Cicero und Horaz. 12 Dieser v. a. überliefe‐ rungsgeschichtlich bedingte Umstand bedeutet aber nicht, dass sie gänzlich andere Vorstellungen von der Komödie vermittelt hätten, als sie sich in der Aristotelischen Poetik finden. Ein wichtiger Autor, dessen dramentheoretische Reflexionen für die Gattungstheorie der Frühen Neuzeit relevant sind, ist Euanthius (1. Hälfte des 4. Jahrhunderts n. Chr.). Wie es für die antike, aber auch für die frühneuzeitliche Komödientheorie typisch ist, wird die Gattung der Komödie derjenigen der Tragödie gegenübergestellt. In Euanthius’ Traktat De fabula findet sich die folgende Gegenüberstellung: 13 inter tragoediam autem et comoediam cum multa tum inprimis hoc distat, quod in comoedia mediocres fortunae hominum, parvi impetus pericula laetique sunt exitus actionum, at in tragoedia omnia contra: ingentes personae, magni timores, exitus funesti habentur; et illic prima turbulenta, tranquilla ultima, in tragoedia contrario ordine res aguntur; tum quod in tragoedia fugienda vita, in comoedia capessenda exprimitur; postremo quod omnis comoedia de fictis est argumentis, tragoedia saepe de historica fide petitur. Zwischen der Tragödie aber und der Komödie bestehen viele, v. a. aber dieser Unterschied, dass in der Komödie das durchschnittliche Geschick der Menschen und Gefahren von geringer Bedrohung dargestellt werden und der Ausgang der Handlung glücklich ist, in der Tragödie hingegen alles gegensätzlich ist: die Figuren 168 Stefan Feddern 14 Für die Ansicht, dass in der Komödie alltägliche, private Ereignisse von Durchschnitts‐ menschen dargestellt werden, vgl. auch Ciceros Formulierung vom Spiegel des Lebens (s. Fn. 30); Hor. epist. 2,1,168-170; ars 89-91. Zur antiken Komödientheorie vgl. auch Platons Reflexionen (leg. 810e; 817a; 838c; Tht. 152e). 15 Vgl. Cupaiuolo 1992, 28-29 und 44-47. Ob Euanthius Aristoteles direkt rezipiert und auf welche möglichen weiteren Vorbilder er zurückgreift, lässt sich nicht einschätzen; hierzu und zur antiken Tradition der Komödientheorie (die meisten Traktate sind verloren) vgl. Cupaiuolo 1992, 22-30. Vgl. auch die griechische - möglicherweise Theophrasts - Definition der Komödie (überliefert bei Diomedes; s. Fn. 29). Dass es sich um Theophrasts Definition der Komödie handelt, ist deswegen möglich, wenn nicht sogar wahrscheinlich, weil die von Diomedes unmittelbar zuvor (GL I p. 487 Keil; Koster 1975, 118) zitierte griechische Definition der Tragödie explizit Theophrast zugeschrieben wird; vgl. Cupaiuolo 1992, 43. Die Argumente für die These, dass eher Theophrast als Aristoteles Euanthius’ wichtigste Quelle ist, erscheinen teilweise zweifelhaft. So kann nicht behauptet werden, dass erst Theophrast vom guten Ende der Komödie spricht (s. Fn. 20 zu Aristoteles’ diesbezüglichen Reflexionen), der in der Formulierung ἀκίνδυνος περιοχή zum Ausdruck komme, da περιοχή bewusst im Gegensatz zur περίστασις der Tragödie stehe und das Ende bezeichne. Vgl. Manuwalds 2016, 102 Übersetzung von περιοχή mit „Darstellung“. 16 Arist. Poet. 1448a1-18. sind angesehen, die Angst ist groß und der Ausgang verläuft todbringend; außerdem dass dort der Anfang turbulent, das Ende ruhig ist, in der Tragödie die Ereignisse in entgegengesetzter Reihenfolge verlaufen; ferner dass in der Tragödie das Leben, das man meiden muss, in der Komödie das Leben, das man ergreifen muss, ausgedrückt wird; schließlich dass jede Komödie von fiktiven Inhalten handelt, die Tragödie häufig auf historisch verbürgtem Geschehen beruht. Wie unschwer zu erkennen ist, finden sich die meisten dieser Reflexionen über die Komödie bereits bei Aristoteles. 14 Die Euanthius-Forschung tendiert zwar dazu, eher Theophrast denn Aristoteles als Euanthius’ wichtigste Quelle und Varro als Vermittler der griechischen Lehre zu betrachten. 15 Wichtig für die in diesem Beitrag verfolgte Frage ist aber nicht die Quellenforschung im engeren Sinn, sondern die Tatsache, dass Euanthius’ Reflexionen über die Komödie die peripatetische Lehre widerspiegeln und größtenteils Übereinstimmungen mit Aristoteles’ komödientheoretischen Beschreibungen aufweisen. Aristoteles lehrt im zweiten Kapitel seiner Poetik, dass in der Komödie schlechtere und in der Tragödie bessere Menschen als der Durchschnittsmensch dargestellt werden: 16 Ἐπεὶ δὲ μιμοῦνται οἱ μιμούμενοι πράττοντας, ἀνάγκη δὲ τούτους ἢ σπουδαίους ἢ φαύλους εἶναι […], ἤτοι βελτίονας ἢ καθ' ἡμᾶς ἢ χείρονας ἢ καὶ τοιούτους. […] ἐν αὐτῇ δὲ τῇ διαφορᾷ καὶ ἡ τραγῳδία πρὸς τὴν κωμῳδίαν διέστηκεν· ἡ μὲν γὰρ χείρους ἡ δὲ βελτίους μιμεῖσθαι βούλεται τῶν νῦν. 169 Die Diskussion über Wesen und Wert der (Plautinischen) Komödie 17 Arist. Poet. 1449a32-37. Zum Begriff der Unschädlichkeitsklausel vgl. Trautwein 1983, 95; Kraft 2011, 32. Zur Harmlosigkeit der komischen Handlung vgl. auch ex negativo Kapitel 11 der Poetik, in dem Todesfälle auf offener Bühne, heftige Schmerzen, Verwun‐ dungen und dergleichen mehr als Beispiele für das tragische Pathos genannt werden (Poet. 1452b10-13). 18 Vgl. Trautwein 1983, 105; Kraft 2011, 32f. Da die Nachahmenden Handelnde nachahmen, diese aber notwendigerweise ent‐ weder besser oder schlechter sind, stellen sie entweder bessere Menschen als uns oder schlechtere oder auch derartige dar. Darin besteht auch der Unterschied zwischen der Tragödie und der Komödie: die eine will nämlich schlechtere, die andere bessere nachahmen, als jetzt existieren. Zwar spricht Aristoteles dort davon, dass die in der Komödie dargestellten Men‐ schen schlechter als der Durchschnittsmensch sind. Aristoteles’ Definition der Komödie im fünften Kapitel der Poetik zeigt aber, dass die Protagonisten nicht gänzlich verdorbene Menschen sind, so dass das von Euanthius verwendete Adjektiv mediocris („durchschnittlich“) Aristoteles’ Lehre entspricht - es lässt sich aber der Unterschied erkennen, dass Aristoteles den Charakter der Protago‐ nisten im Blick hat, wohingegen Euanthius die Protagonisten von Komödie und Tragödie anhand ihres Ansehens differenziert. An derselben Stelle der Poetik findet sich auch die Ansicht, dass die in der Komödie dargestellten Protagonisten keiner großen Gefahr ausgesetzt sind (die sog. „Unschädlichkeitsklausel“): 17 Ἡ δὲ κωμῳδία ἐστὶν ὥσπερ εἴπομεν μίμησις φαυλοτέρων μέν, οὐ μέντοι κατὰ πᾶσαν κακίαν, ἀλλὰ τοῦ αἰσχροῦ ἐστι τὸ γελοῖον μόριον. τὸ γὰρ γελοῖόν ἐστιν ἁμάρτημά τι καὶ αἶσχος ἀνώδυνον καὶ οὐ φθαρτικόν, οἷον εὐθὺς τὸ γελοῖον πρόσωπον αἰσχρόν τι καὶ διεστραμμένον ἄνευ ὀδύνης. Die Komödie ist zwar, wie wir gesagt haben, eine Nachahmung von schlechteren Leuten, aber nicht gemäß jeglicher Verdorbenheit. Vielmehr ist das Komische ein Teil des Unschönen. Denn das Komische ist ein Fehler und eine Abweichung vom Schönen, die keinen Schmerz verursacht und kein Verderben bringt, wie auch die komische Maske etwas unschön und verzerrt ist, aber ohne Schmerz. Nach Ansicht mancher Interpreten hat Aristoteles hier nicht vorrangig das gute Ende selbst im Blick, sondern den sog. „Komödienzirkel“, d. h. den Umstand, dass die Rezipienten die Gattungskonvention kennen und somit wissen, dass die Handlung ein gutes Ende nehmen wird, so dass das gute Ende nicht das Ziel, sondern die Voraussetzung für die Wirkung der Komödie ist, Lachen zu erregen. 18 Diese Interpretation scheint aber mehr in diejenigen Worte hinein‐ zulegen, die Aristoteles an dieser Stelle äußert, da er die Komödie und die 170 Stefan Feddern 19 Hiermit verbunden ist das Problem der komischen Katharsis: Wenn man diese im Tractatus Coislinianus überlieferte Lehre für Aristotelisch hält (s. Fn. 11), wird man die komische Wirkung hauptsächlich auf ihr Ende beziehen. Andernfalls wird man diese Wirkung mindestens zu gleichen Teilen auf die Einzelszenen beziehen. 20 Arist. Poet. 1453a12-16 und 30-36. 21 Vgl. Cupaiuolo 1992, 45, der von einer Trivialisierung der Theophrastischen Lehre spricht. Für den Bezug auf das Ende des Dramas vgl. Ascensius’ Vorbemerkungen zu Terenz’ Komödien (s. Fn. 59). Es ist auch denkbar, dass die Rede vom Spiegel des Lebens Komik definiert, wobei er die gesamte Handlung und nicht nur das Ende im Blick hat (ἀνώδυνον [„harmlos“] verweist auf die gesamte Handlung, φθαρτικόν [„Verderben bringend“] insbesondere auf das Ende), und die komische Wirkung der Komödie wohl nicht nur auf ihrem guten Ende, sondern auch auf den erheiternden Einzelszenen basiert. 19 Neben der Unschädlichkeitsklausel findet sich an dieser Stelle also auch eine Definition der Komik - hierin ist ein signifikanter Unterschied zu den spätantiken Dramentraktaten zu sehen, in denen eine derartige Definition unterbleibt. Den dramatischen Handlungsverlauf bespricht Aristoteles im 13. Kapitel der Poetik. Dort lehrt er, dass in der Tragödie die Handlung eher vom Glück ins Unglück umschlägt, wohingegen der Ausgang der Handlung in der Komödie glücklich ist: 20 ἀνάγκη ἄρα τὸν καλῶς ἔχοντα μῦθον […] μεταβάλλειν οὐκ εἰς εὐτυχίαν ἐκ δυστυχίας ἀλλὰ τοὐναντίον ἐξ εὐτυχίας εἰς δυστυχίαν μὴ διὰ μοχθηρίαν ἀλλὰ δι' ἁμαρτίαν μεγάλην. […] δευτέρα δ' […] σύστασις, ἡ διπλῆν τε τὴν σύστασιν ἔχουσα καθάπερ ἡ Ὀδύσσεια καὶ τελευτῶσα ἐξ ἐναντίας τοῖς βελτίοσι καὶ χείροσιν. […] ἔστιν δὲ οὐχ αὕτη ἀπὸ τραγῳδίας ἡδονὴ ἀλλὰ μᾶλλον τῆς κωμῳδίας οἰκεία· Die gute Handlung muss also nicht aus dem Unglück ins Glück umschlagen, sondern im Gegenteil aus dem Glück ins Unglück nicht aufgrund eines Verbrechens, sondern aufgrund eines großen Fehlers. […] Die zweitbeste Struktur hat eine Doppelstruktur wie die Odyssee und endet für die Besseren und für die Schlechteren gegensätzlich. […] Das ist aber nicht die erfreuende Wirkung der Tragödie, sondern eher typisch für die Komödie. Für den von Euanthius geäußerten Gedanken, dass in der Tragödie dasjenige Leben dargestellt wird, das man meiden soll, in der Komödie hingegen dasjenige, das man ergreifen soll, lassen sich hingegen keine Parallelen aus der Poetik anführen. Diese Anschauung scheint entweder der späteren peripatetischen Tradition zu entstammen oder ein eigener Gedanke zu sein, der sich auf den Handlungsverlauf und das Ende des Dramas bezieht. 21 Denn der Lerneffekt, den 171 Die Diskussion über Wesen und Wert der (Plautinischen) Komödie (s. Fn. 30) zu der Vorstellung geführt hat, dass die Komödie eine idealisierende Fiktion zur Schau stellt. 22 Vgl. Aristoteles’ Reflexionen v. a. in den Kapiteln 7-9 der Poetik. 23 Arist. Poet. 1451b11‒23. Zum neunten Kapitel der Poetik vgl. Feddern 2018, 212-258 mit umfangreichen Literaturhinweisen (S. 216, Fn. 386). 24 Zur antiken Skalierung der dargestellten Geschichte vgl. Feddern 2018, 297-379; zu den Bezügen zur Aristotelischen Poetik vgl. ib. 308-314. Zur Skalierung der dargestellten Geschichte im Mittelalter vgl. Mehtonen 1996. Aristoteles zumindest primär mit der Dichtung verknüpft, bezieht sich auf die gute - und das heißt: die einheitliche und kausal motivierte - Komposition der Handlung und viel weniger auf das Weltwissen. 22 Schließlich bespricht Aristoteles im neunten Kapitel der Poetik die Fiktiona‐ lität des Dramas und beschreibt die Komödie als realistische Fiktion, wohin‐ gegen in den meisten Tragödien das Grundgerüst historisch ist, es aber auch Tragödien mit erfundener Handlung gibt: 23 ἐπὶ μὲν οὖν τῆς κωμῳδίας ἤδη τοῦτο δῆλον γέγονεν· συστήσαντες γὰρ τὸν μῦθον διὰ τῶν εἰκότων οὕτω τὰ τυχόντα ὀνόματα ὑποτιθέασιν, καὶ οὐχ ὥσπερ οἱ ἰαμβοποιοὶ περὶ τὸν καθ’ ἕκαστον ποιοῦσιν. ἐπὶ δὲ τῆς τραγῳδίας τῶν γενομένων ὀνομάτων ἀντέχονται. […] οὐ μὴν ἀλλὰ καὶ ἐν ταῖς τραγῳδίαις ἐν ἐνίαις μὲν ἓν ἢ δύο τῶν γνωρίμων ἐστὶν ὀνομάτων, τὰ δὲ ἄλλα πεποιημένα, ἐν ἐνίαις δὲ οὐθέν, οἷον ἐν τῷ ᾿Aγάθωνος ᾿Aνθεῖ· ὁμοίως γὰρ ἐν τούτῳ τά τε πράγματα καὶ τὰ ὀνόματα πεποίηται, καὶ οὐδὲν ἧττον εὐφραίνει. Bei der Komödie ist dies schon deutlich geworden. Denn indem sie [sc. die Komö‐ diendichter] die Handlung durch das Wahrscheinliche konzipieren, fügen sie so [sc. nachträglich] die zufälligen Namen hinzu und machen es nicht so, wie es die Jambendichter über den Einzelnen machen. Bei der Tragödie halten sie [sc. die Tragödiendichter] sich an die überlieferten Namen. […] Nun kommen in einigen Tragödien ein oder zwei von den bekannten Namen vor, die anderen aber sind erfunden, in einigen Tragödien aber keiner wie in Agathons Antheus. Auf gleiche Weise sind in diesem Stück die Geschehnisse und die Namen erfunden, und nichts desto weniger erfreut es. Als realistische Fiktion wurde die Komödie in Anlehnung an Aristoteles auch in der nacharistotelischen Skalierung der dargestellten Geschichte beschrieben, die zwischen dem wahren Bericht (historia/ ἱστορία), der möglichen Fiktion (argumentum/ πλάσμα) und der phantastischen Fiktion (fabula/ μῦθος) unter‐ scheidet. 24 Wenn Euanthius daher die Anschauung, dass die Handlung der Komödie erfunden ist, aus einer späteren Tradition schöpft, reichen die Wurzeln dieser Tradition dennoch zumindest bis Aristoteles zurück. Euanthius’ Aussage, 172 Stefan Feddern 25 Nach Lohse 2015, 122 f. und 219-231 setzen im 16. Jahrhundert eine lebhafte Diskussion über und ein neues Verständnis von Fiktion insofern ein, als nach der voraristoteli‐ schen humanistischen Dichtungstheorie in der Tragödie historisch beglaubigte Stoffe dargestellt werden, wohingegen (auch) durch die Rezeption des Gegensatzes zwischen Geschichtsschreibung und Dichtung im neunten Kapitel der Poetik die neue, gegen‐ sätzliche Position formuliert werden konnte, dass es legitim ist, Tragödienstoffe frei zu erfinden. Hierbei werden die Unterschiede zwischen der Phase vor 1498 (oder 1536 oder 1548) und der dann immer stärker einsetzenden Aristoteles-Rezeption überbewertet. In diesem Rahmen kann das Nachleben von Aristoteles’ Auffassung, dass in den meisten Tragödien das Grundgerüst historisch ist, es aber auch Tragödien (wie Agathons Antheus) mit erfundener Handlung gibt, nicht überprüft werden. Es ist aber zweifelhaft, ob dieses Tragödienverständnis jemals ernsthaft und vielleicht sogar im Sinne einer Epochenschwelle modifiziert wurde. Bei Euanthius findet sich eine exakte Entsprechung zu der Aristotelischen Anschauung. In den anderen spätantiken Dramentheorien (s. Fn. 28-30) finden sich keine expliziten Aussagen über die Faktua‐ lität bzw. Fiktionalität der Tragödie. Die Humanisten des 16. Jahrhunderts mussten sich nicht auf den grundsätzlichen Gegensatz zwischen Geschichtsschreibung und Dichtung am Anfang des neunten Kapitels der Poetik berufen, sondern standen im Einklang mit der speziellen, soeben zitierten Stelle (Poet. 1451b11‒23), die vielleicht über Euanthius nachwirkte. In den von Lohse zitierten Reflexionen der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Dramentheoretiker (S. 124-133) lässt sich keine Aussage finden, die die Tragödie immer auf historisch beglaubigte Stoffe festlegt. Das häufige Fehlen von Reflexionen über die Faktualität/ Fiktionalität des Dramas lässt sich eher als Indiz deuten, dass nicht das Verständnis vorherrschte, dass die Komödie eine fiktionale und die Tragödie eine rein faktuale Gattung darstellt. Vgl. auch Ascensius’ Vorbemerkungen zu Terenz’ Komödien, in denen dieser weitgehend Euanthius folgt (s. Fn. 59). 26 Euanthius, De fabula 2,6 (Cupaiuolo 1992, 166 f.). dass die Handlung der Tragödie oft auf wirklichem Geschehen beruht, ist sogar eine exakte Entsprechung zu der Aristotelischen Auffassung. 25 Daher sind die dramentheoretischen Reflexionen des Euanthius wohl nicht als direkte Zusammenfassung von allen überlieferten Äußerungen des Aristo‐ teles über die Komödie aufzufassen. Sie stehen aber größtenteils im Einklang mit der Aristotelischen Lehre. Dasselbe gilt für die folgenden Äußerungen des Euanthius: 26 […] novam comoediam reppererunt poetae, quae argumento communi magis et generaliter ad omnes homines, qui mediocribus fortunis agunt, pertineret et minus amaritudinis spectatoribus et eadem opera multum delectationis afferret […]. […] Die Dichter haben die neue Komödie erfunden, die eher eine allgemeine Handlung aufweisen und allgemein zu allen Menschen, die mit einem durchschnittlichen Geschick handeln, gehören und den Zuschauern weniger bittere Beleidigungen und durch dieselbe Bestrebung viel Unterhaltung verschaffen sollte […]. 173 Die Diskussion über Wesen und Wert der (Plautinischen) Komödie 27 Vgl. Aristoteles’ Bemerkungen im vierten und fünften Kapitel der Poetik, aus denen hervorgeht, dass er die Komödie für eine Weiterentwicklung der jambischen Invektive hält: Poet. 1448b30‒1449a6; 1449b5‒9. 28 Vgl. neben den beiden folgenden Diomedes- und Donat-Zitaten die Äußerungen des Isidor von Sevilla (ca. 560-636 n. Chr.) über die Komödie, die von den in diesem Beitrag behandelten Autoren des 14. und 15. Jahrhunderts nicht rezipiert wurden: orig. 8,7,6 und 18,46. An der ersten Stelle referiert Isidor wahrscheinlich Sueton (De poetis), da er einleitend explizit Sueton zitiert (orig. 8,7,1f.). Es ist aber auch möglich, dass er Varros Lehre referiert, da er sich in § 3 explizit auf Varro beruft, wobei sich nicht entscheiden lässt, ob er Varros Lehre im Original gelesen oder durch Sueton zur Kenntnis genommen hat. 29 Diomedes, Ars grammatica (GL I p. 488 Keil). Die griechische Definition der Komödie stammt möglicherweise von Theophrast (s. Fn. 15). Der letzte quod-Satzes ist eventuell korrupt und wird von Kaibel mit Hilfe einer umfangreichen Supplierung emendiert (vgl. Cupaiuolo 1992, 46; Koster 1975, 120; Manuwald 2016, 102 f.); die Annahme einer lacuna ist aber nicht zwingend. Denn wenn Euanthius davon spricht, dass die neue Komödie eine allgemeinere Handlung aufweist, stimmt er mit Aristoteles’ gerade zitierten Äußerungen (Kapitel 9 der Poetik) überein, dass in der Komödie der Allgemeinheitscharakter der Dichtung offensichtlich ist, da sie nicht mehr wie die jambische Invektive Individuen an den Pranger stellt, sondern stereotype Charaktere auftreten lässt. 27 Zu nahezu demselben Urteil gelangt man, wenn man die dramentheoreti‐ schen Reflexionen in Diomedes’ Ars grammatica, in Donats De comoedia und bei Isidor von Sevilla betrachtet: 28 comoedia est privatae civilisque fortunae sine periculo vitae conprehensio, apud Graecos ita definita: κωμῳδία ἐστὶν ἰδιωτικῶν πραγμάτων ἀκίνδυνος περιοχή. […] comoedia a tragoedia differt, quod in tragoedia introducuntur heroes duces reges, in comoedia humiles atque privatae <personae>; in illa luctus exilia caedes, in hac amores, virginum raptus: deinde quod in illa frequenter et paene semper laetis rebus exitus tristes et liberorum fortunarumque priorum in peius adgnitio. 29 Eine Komödie ist eine kurze Darstellung eines privaten und bürgerlichen [oder: politischen] Geschicks ohne Lebensgefahr; bei den Griechen ist sie so definiert: Eine Komödie ist eine gefahrlose, kurze Darstellung von privaten Ereignissen. […] Die Komödie unterscheidet sich dadurch von der Tragödie, dass in der Tragödie Helden, Anführer und Könige eingeführt werden, in der Komödie niedrige und private Personen; dass in jener Trauer, Exil und Tode [sc. dargestellt werden], in dieser Liebschaften und Vergewaltigungen von jungen Frauen; schließlich dass in jener häufig und beinahe immer den glücklichen Ereignissen ein trauriger Ausgang [sc. 174 Stefan Feddern 30 Donat, De comoedia V 1. Zu möglichen Kontexten von Ciceros Formulierung vom Spiegel des Lebens vgl. Cic. S.Rosc. 46-47; rep. 4,20a Powell (= Aug. civ. 2,9); Hortens. fr. 10 Grilli. Die Ansicht, dass die Komödie ein Spiegel des menschlichen Lebens ist, hat einen weiteren Vorläufer in Theophrast (fr. 708 Fortenbaugh), der den Mimos als Mimesis des Lebens bezeichnet hat. folgt] und die Wiedererkennung der Kinder sowie die Erkenntnis, dass sich das vorige Glück zum Schlechteren gewendet hat. comoedia est fabula diversa instituta continens affectuum civilium ac privatorum, quibus discitur, quid sit in vita utile, quid contra evitandum. hanc Graeci sic defini‐ verunt: κωμῳδία ἐστὶν <ἰδιωτικῶν πραγμάτων> περιοχὴ ἀκίνδυνος. comoediam esse Cicero ait imitationem vitae, speculum consuetudinis, imaginem veritatis. […] aitque esse comoediam cotidianae vitae speculum […]. 30 Eine Komödie ist eine Geschichte [oder: ein Bühnenstück], die unterschiedliche, gewohnheitsmäßige Affekte von Bürgern [oder: Politikern] und privaten Personen enthält, durch die man lernt, was im Leben nützlich ist und was man hingegen meiden muss. Die Griechen haben sie so definiert: Eine Komödie ist eine gefahrlose, kurze Darstellung von privaten Ereignissen. Die Komödie, sagt Cicero, ist Nachahmung des Lebens, Spiegel der Gewohnheit, Abbild der Wirklichkeit. […] Und er [sc. Cicero] sagt, die Komödie sei ein Spiegel des täglichen Lebens. Neue Vorstellungen sind größtenteils Konkretisierungen: Das Personal der Tragödie und der Komödie wird konkreter angegeben und anhand des Ansehens differenziert, wenn einerseits Helden, Anführer und Könige und andererseits niedrige und private Personen erwähnt werden. Hinzu treten wesentliche Motive der beiden Gattungen, nämlich tiefe Trauer, Exil und Tod im Fall der Tragödie und Liebesbeziehungen und Vergewaltigungen von jungen Frauen im Fall der Komödie. Die Komödie sei - mit Cicero gesprochen - ein Spiegel des Lebens. Sie zeigt die Affekte von Menschen und lehrt, was im Leben nützlich ist und was man meiden muss. Somit gibt es neben Konkretisierungen i.W. drei signifikante Unterschiede zwischen den spätantiken Komödientheorien und Aristoteles’ Verständnis der Komödie und der Komik: Euanthius und Donat zufolge lernt der Rezipient der Komödie, welches Leben man ergreifen soll. Bei ihnen findet sich aber ebenso wenig wie bei Diomedes oder Isidor eine Definition der Komik. Außerdem sind nach Aristoteles die verschiedenen Charaktere die Objekte der Nachahmung, wohingegen die Figuren in den spätantiken Dramentheorien anhand ihres (sozialen) Ansehens differenziert werden. 175 Die Diskussion über Wesen und Wert der (Plautinischen) Komödie 31 Es muss zwar damit gerechnet werden, dass das christliche Weltbild einen Einfluss darauf ausgeübt hat, wie die antike Komödientheorie in der Frühen Neuzeit rezipiert wurde. Die christliche Kultur hat aber einen stärkeren Einfluss auf die mittelalterliche und frühneuzeitliche Praxis der Komödiendichtung und -aufführung als auf die Ko‐ mödientheorie ausgeübt. Als inszenierte Komödie war die (Plautinische) Komödie im Mittelalter praktisch inexistent; vielmehr waren Plautus’ Stücke Lesetexte, wobei Terenz als Schulautor viel mehr gelesen wurde als Plautus. Hinzu kommt, dass Plautus’ Komödien kaum bekannt waren. Erst 1428/ 1429 entdeckte Nicolaus von Kues eine Handschrift mit 12 bis dato unbekannten Plautus-Komödien und brachte sie für Kardinal Giordano Orsini nach Rom (Cod. Ursinianus, Vat. lat. 3870), wodurch sich die Zahl der erhaltenen Stücke auf 20 erhöhte; vgl. Kraft 2011, 49-51 und 59. 32 Vgl. Plat. Phil. 48c-e; Arist. Poet. 1449a32-37 (s. Fn. 17); eth. Nic. 1127b-28b; 1176b-77a; rhet. 1412a19-b21; Cic. de orat. 2,236; Quint. inst. 6,3,7-8. 33 Eine andere Erklärung schlägt Suchomski 1975, 15-30 vor: Ihm zufolge waren poeto‐ logische Begründungen, die auf dem Lachprinzip fußten, problematisch. Zur frühneuzeitlichen Komödientheorie Die Reflexionen über die Motive/ Ereignisse, den Handlungsverlauf, die dramatis personae, die Fiktionalität und den Wert / die Wirkung der Komödie haben in der Frühen Neuzeit kaum Änderungen erfahren: Alle im vorigen Abschnitt behandelten (spät-)antiken Reflexionen über die Komödie lassen sich ohne größere Modifikation antreffen. Hinzu tritt im größeren Ausmaß die Frage nach der Allegorie der Komödie, v. a. aber der Dichtung insgesamt. 31 Da die spätantiken Komödientheorien nur punktuell von Aristoteles’ Komö‐ dienverständnis abweichen, bestehen folglich auch überwiegend Übereinstim‐ mungen zwischen der frühneuzeitlichen und der Aristotelischen Komödienthe‐ orie, wobei sich dieselben wesentlichen Unterschiede beobachten lassen, die im vorigen Abschnitt festgestellt worden sind: Zum einen folgen die Autoren von poetologischen Schriften des 14. und 15. Jahrhunderts zumeist - gegen Aristoteles - den Verfassern der spätantiken Dramentraktate insofern, als sie in der Komödie eine Lehrstunde im lebenspraktischen Nutzen erblicken und die Protagonisten anhand ihres Ansehens beschreiben. Zum anderen thematisieren sie - im Unterschied zu Aristoteles und anderen klassisch-antiken Autoren - i. d. R. ebenso wenig wie die spätantiken Dramentheoretiker das Wesen der Komik. 32 Erst bei Angelo Poliziano findet sich in enger Anlehnung an das fünfte Kapitel der Aristotelischen Poetik eine Definition der Komik. Der Grund hierfür wird in der Überlieferung liegen: Die Komik wurde erst dann wieder definiert, als Aristoteles’ Poetik im Original rezipiert wurde. 33 Denn in den stark nachwirkenden spätantiken Dramentraktaten findet sich ebenso wenig eine Definition der Komik wie in der weit verbreiteten lateinischen Übersetzung des 176 Stefan Feddern 34 Vgl. GDG 14,9,4-8. 35 Zur problematischen Definition der fabula (GDG 14,9,4), die nicht vollständig mit ihrer Untergliederung harmoniert und in der sich möglicherweise eine Rezeption des Kapitels 2,20 der Aristotelischen Rhetorik erkennen lässt, vgl. Feddern 2019. 36 Parallelen u. a. bei den Kirchenvätern zeigen, dass cortex den äußeren Literalsinn bezeichnet, der von dem verborgenen, allegorischen Sinn zu unterscheiden ist, der als „Kern, Mark“ (medulla) bezeichnet wird; vgl. Hier. epist. 58,9; in Amos 2,5 und die anderen von Hege 1997, 160-161 zitierten Stellen. 37 GDG 14,9,4. 38 GDG 14,9,7. Mittleren Kommentares des Averroes zur Aristotelischen Poetik, die Hermannus Alemannus 1256 angefertigt hat. In Boccaccios Genealogia deorum gentilium (1350 - nach 1372) finden sich nur wenige Reflexionen über das Wesen und den Wert der Komödie. In Kapitel 14,9 definiert Boccaccio die fiktive Geschichte (fabula) und trifft eine Unterscheidung zwischen vier verschiedenen Formen, wobei er auch die Plautinische Komödie berücksichtigt. 34 In diesem Kontext stellt sich das Problem, dass sich in der Definition der fiktiven Geschichte ebenso wie an den meisten Stellen ihrer Untergliederung die Allegorie erkennen lässt, ohne dass Boccaccio die Komödie als allegorische Gattung versteht. 35 Boccaccio definiert die Dichtung als fiktionale Rede, die unter der Schale (cortex) einen wahren Kern 36 verbirgt: 37 fabula est exemplaris seu demonstrativa sub figmento locutio, cuius amoto cortice, patet intentio fabulantis. Eine fabula ist eine exemplarische oder demonstrative Rede unter [sc. dem Einsatz von] Fiktion; wenn deren Schale entfernt wurde, wird die Intention des Verfassers der fabula deutlich. Die von Plautus und Terenz repräsentierte zweite Art des dritten Typus der fiktiven Geschichte, die Komödie, zeigt aber, dass Boccaccio unter der fiktiven Geschichte zwar grundsätzlich, aber nicht immer eine allegorische Erzählung versteht: 38 species vero tercia potius hystorie quam fabule similis est. hac aliter et aliter usi poete celebres sunt. […] comici insuper honestiores, ut Plautus atque Terrentius, hac confabulandi specie etiam usi sunt, nil aliud preter quod lictera sonat intelligentes, volentes tamen arte sua diversorum hominum mores et verba describere, et interim lectores docere et cautos facere. 177 Die Diskussion über Wesen und Wert der (Plautinischen) Komödie 39 Boccaccio zitiert Plautus häufiger und besaß eine Terenz-Handschrift (Codex Lauren‐ tianus 38,17); vgl. Zaccaria 1998, 1707, Anm. 98. 40 Macrobius (um 385 - nach 430 n. Chr.) unterscheidet zwischen fiktiven Geschichten, die nur das Publikum unterhalten, und solchen, die nicht nur Vergnügen bereiten, sondern auch belehren; zur ersteren Gattung zählt er die neue Komödie; vgl. Macr. somn. 1,2,7f. Wie die weiteren Äußerungen zeigen, unterscheidet Macrobius auf diese Weise zwischen nicht-allegorischen und allegorischen fiktiven Geschichten; vgl. ib. 7‒10; Feddern 2018, 379-383. Die Plautinische Komödie ist ihm zufolge also keine allegorische Gattung. In ähnlicher Weise reflektiert Isidor in seiner Unterteilung der fiktiven Geschichte über die Komödie; sie übt ihm zufolge eine unterhaltende Wirkung auf die Rezipienten aus; vgl. Isid. orig. 1,40,3. Im Unterschied zu den fiktiven Geschichten, die eine natürliche Wahrheit ausdrücken, und solchen, die eine moralische Wahrheit ausdrücken, lässt sich auch bei Isidor nicht erkennen, dass die von Plautus und Terenz repräsentierte Komödie allegorisch eine Wahrheit transportiert; zu den anderen beiden Typen vgl. ib. 4-6. 41 Zum Konzept des poeta theologus vgl. Mésoniat 1984. Die dritte Art weist eher Ähnlichkeiten mit der wahren Geschichte als mit der fabula auf. Die berühmten Dichter haben diese teils so und teils so verwendet. […] Darüber hinaus haben auch die ehrenhafteren Komödienschriftsteller wie Plautus und Terenz diese Art der fabula benutzt, wobei sie sich nichts anderes dabei dachten als das, was der Buchstabe bedeutet, aber durch ihre Kunst die Lebensweise und die Worte der verschiedenen Menschen darstellen und bisweilen die Leser belehren und warnen wollten. Denn Boccaccio stellt explizit klar, dass die Komödie keine allegorische Gattung ist, wenn er davon spricht, dass sich Plautus und Terenz nichts anderes bei ihren Komödien dachten als das, was der Buchstabe bedeutet. Die Tatsache, dass Boccaccio einleitend die fiktive Geschichte (fabula) als allegorische Erzählung definiert, aber inkonsistenter Weise die Komödie als nicht-allegorische Gattung betrachtet, erklärt sich wohl erstens dadurch, dass sich die antike Komödie nur schwer allegorisch lesen lässt; 39 zweitens dadurch, dass Boccaccio in der Tradition von Macrobius und Isidor steht, die die Komödie ebenfalls in ihren Sys‐ tematisierungen der fiktiven Geschichte (fabula) berücksichtigt haben, ohne die Komödie als allegorische Gattung aufzufassen. 40 Und drittens wird Boccaccios inkonsistente Definition und Untergliederung der fiktiven Geschichte darauf zurückzuführen sein, dass er in einem apologetischen Kontext die Dichtung durch den Hinweis auf ihren allegorischen Mehrwert verteidigt. Hierzu gehört auch seine Parallelisierung von heidnischer Dichtung und Heiliger Schrift vor dem Hintergrund einer poeta-theologus-Argumentation. 41 Boccaccio weist nämlich zur Verteidigung der fiktiven Geschichten der Dichter darauf hin, dass die Gegner der Dichtung konsequenterweise auch Bibelstellen verdammen müssten, wenn sie die fiktiven Geschichten der Dichter 178 Stefan Feddern 42 Vgl. GDG 14,9,10. Vgl. auch die Parallelisierung zwischen den Parabeln und der zweiten Art des dritten Typus ib. 14,18,20. Zur Rekurrenz auf die von Jesus verwendeten Gleichnisse vgl. auch Petr. fam. 10,4,2. 43 Dies wird v. a. daran deutlich, dass die zweite Art - im Kontrast zur dritten Art - der fiktiven Geschichte an derjenigen Stelle, an der Boccaccio ihr Bibel-Pendent nennt, über die Unmöglichkeit definiert wird; vgl. GDG 14,9,9. Zur Skalierung der dargestellten Geschichte s. Fn. 24. 44 Coluccio Salutati, De laboribus Herculis 1,2,1 nach der Ausgabe von Ullmann 1951. Vgl. auch ib. 16. Die Ansicht, dass insbesondere die Satire und die Komödie kritisierende Gattungen sind, wird explizit in den Averroes- Übersetzungen formuliert; vgl. Averrois expositio poeticae interprete Hermanno Alemanno in der Ausgabe von Minio-Paluello 1968, 41, 56 und 83. Zu dieser Form der Aristoteles-Rezeption s. Fn. 7. Zu De laboribus Herculis vgl. Greenfield 1981, 129-145 und die Übersetzung von Eberhard F.W. Stoeckel, die sich auf der Homepage der Bibliotheca Augustana findet. verurteilen, da sie die gleiche semantische Struktur aufweisen. Was den dritten Typus der fiktiven Geschichte betrifft, hält er ihnen die Inkonsequenz vor, dass, wenn sie zurückgewiesen werden würde, konsequenterweise auch die von Jesus verwendeten Gleichnisse (parabole) verdammt werden müssten. 42 In dieser Parallelisierung lassen sich auch Spuren der Skalierung der dargestellten Geschichte erkennen, die die Komödie der realistischen Fiktion zuordnet. 43 Letztlich nimmt Boccaccio also im Fall der Komödie eine Inkonsistenz in Kauf, wenn er einleitend die fiktive Geschichte (fabula) als allegorische Erzählung definiert, um auf der übergeordneten Ebene eine größere Konsistenz mit der allegorisch zu verstehenden Heiligen Schrift herzustellen. Somit lässt sich festhalten, dass Boccaccio zwar im Einklang mit Aristoteles und den spätantiken Dramentraktaten, aber auf Kosten einer Inkonsistenz die Plautinische bzw. antike Komödie als nicht-allegorische Gattung auffasst. Mit seiner Einschätzung, dass die Komödie nicht nur belehrt, sondern auch warnt, steht Boccaccio wahrscheinlich in der Tradition der spätantiken Dramentheo‐ retiker, denen zufolge man in der Komödie lernt, was im Leben nützlich ist und was man meiden soll. In Coluccio Salutatis unvollendetem poetologischen Werk De laboribus Her‐ culis (1406) zeigt sich der erste klare Einfluss der Aristotelischen Poetik in der Form, dass Salutati die 1256 von Hermannus Alemannus angefertigte Über‐ setzung des Mittleren Kommentares des Averroes zur Aristotelischen Poetik rezipiert. Diese indirekte Aristoteles-Rezeption betrifft die Komödie insofern, als die Dichtung nach diesem Verständnis allgemein entweder Lob oder Kritik ist, wobei insbesondere die Satire und die Komödie als kritisierende Gattungen betrachtet werden: 44 inquit enim in ipsius libelli fronte omne poema esse orationem vituperationis aut laudis. 179 Die Diskussion über Wesen und Wert der (Plautinischen) Komödie 45 Vgl. Arist. Poet. 1448a1-18 (s. Fn. 16). Vgl. auch Aristoteles’ Überlegungen zur Entste‐ hung der unterschiedlichen Gattungen gemäß dem unterschiedlichen Charakter der Dichter (Poet. 1448b24-27). 46 Coluccio Salutati, De laboribus Herculis 1,2,8. Stoeckel übersetzt comicum argumentum mit „Komödienstoff “. 47 Zur Komödie vgl. auch De laboribus Herculis 1,1,7, wo Salutati erklärt, dass Platon nicht alle Dichter aus seinem Idealstaat verbannt hat, sondern v. a. die alten Komödiendichter. Er [sc. Aristoteles] sagt nämlich auf der ersten Seite seines Büchleins [sc. der Poetik], dass jedes Gedicht eine Kritik- oder Lobrede ist. Letztlich geht diese Anschauung auf Aristoteles’ Lehre im zweiten Kapitel der Poetik zurück, dass in der Komödie schlechtere und in der Tragödie bessere Menschen als der Durchschnittsmensch dargestellt werden. 45 Abgesehen von dieser Stelle findet sich nur noch eine weitere Stelle in Salu‐ tatis Werk, die einen Aufschluss über seine Einschätzung des Wesens und Wertes der (Plautinischen) Komödie erlaubt. Dort definiert Salutati wie Boccaccio die Dichtung allgemein als Allegorie und erwähnt explizit die Komödie - genau genommen: die komödientypische Handlung - als eine ihrer Gattungen: 46 sed omnium poetarum una singularis et precipua intentio est, ut per illa, que narrant, sive fabula sit sive apologus sive etiam comicum argumentum, penitus aliud intelligatur in sensu, quam percipiatur auditu. Aber es gibt eine einzige und vornehmliche Intention aller Dichter, nämlich dass durch dasjenige, was sie erzählen, sei es eine fiktive Geschichte, eine Fabel/ Parabel oder auch eine komödientypische Handlung, im Tiefensinn etwas anderes verstanden wird, als beim Hören wahrgenommen wird. Da dies die einzige Stelle ist, an der Salutati über den allegorischen Charakter der Dichtung unter expliziter Nennung der Komödie reflektiert, 47 kann man fast nur darüber spekulieren, ob Salutati die Plautinische Komödie als allegorische Gat‐ tung auffasst. Der Wortlaut des Textes legt diese Annahme zwar auf den ersten Blick nahe. Es bieten sich aber zwei alternative Textverständnisse an: Entweder definiert Salutati - ähnlich wie Boccaccio - die Dichtung vor dem Hintergrund einer poeta-theologus-Argumentation generell als Allegorie, um ihren Mehrwert herauszustellen, ohne dass er die Plautinische Komödie wirklich als allegorische Gattung auffasst. Oder er hat eine andere als die antike Komödie im Stil von Plautus und Terenz im Blick. Die letztere Lösung des Problems ist insofern plausibel, als der Gattungsbe‐ griff der Komödie im Mittelalter eine Erweiterung erfahren hat, wie man u. a. daran ersehen kann, dass Dante im Brief an Cangrande della Scala seine Divina 180 Stefan Feddern 48 Vgl. Dante, epist. 13,29-31 nach der Ausgabe von Ricklin 1993, 12-14 mit dessen Kommentar (S. 96-106). Zum allegorischen Charakter des Werkes vgl. ib. 20-25 (Ricklin 1993, 8-10). Zum mittelalterlichen Komödienbegriff vgl. Klopsch 1980, 112f. 49 Vgl. Angelo Poliziano, Andria Terenti nach der Ausgabe von Lattanzi Roselli 1973, 3,1-4,18. Es ist fraglich, ob Poliziano das vierte Kapitel der Aristotelischen Poetik richtig versteht, wenn er die Harmonie / den Rhythmus (concentus) als zweite Ursache der Entstehung der Dichtung nennt, da es zumindest auch möglich ist, dass nach Aristoteles das Nachahmen und die Freude hieran die beiden Gründe sind; vgl. Arist. Poet. 1448b4-19 mit dem Kommentar von Schmitt 2011, 268f. und 274-283. Zu Angelo Poliziano vgl. den Beitrag von Tobias Dänzer, dem ich wichtige Hinweise zu Polizianos Kenntnis der Aristotelischen Poetik verdanke; dessen Doktorarbeit (Dänzer 2018); den von Baier/ Dänzer/ Stürner 2015 herausgegebenen Tagungsband; Greenfield 1981, 257-273. 50 Angelo Poliziano, Andria Terenti (Lattanzi Roselli 1973, 4,18-23); vgl. Arist. Poet. 1449a32-37 (s. Fn. 17). Für eine Übersetzung aus dem griechischen Original spricht v. a. das von Angelo Poliziano annotierte Exemplar der Poetik (Codex Laurentianus 60,14). Commedia als Komödie bezeichnet hat (der ursprüngliche Titel lautet Comedia), weil die Handlung von einem schrecklichen Anfang (der Hölle) zu einem glücklichen Ende (dem Paradies) führt und in einem schlichten Stil verfasst ist. 48 Die Tatsache, dass Salutati zuerst zwei Substantive (fabula und apologus) und dann eine Umschreibung (comicum argumentum: „die komödientypische Handlung“) zur Bezeichnung der dichterischen Erzählungen wählt, spricht dafür, dass er die Komödie im weiteren Sinn im Blick hat, und zwar ganz konkret den Handlungsverlauf mit seinem happy end. Somit äußert sich Salutati wahrscheinlich nicht zum Wesen und Wert der Plautinischen Komödie. Er steht aber insofern in der Aristotelischen Tradition, als er indirekt die Poetik rezipiert, wenn er in der Dichtung Lob und Kritik erblickt, wobei die Komödie zu den kritisierenden Gattungen gehört. In Angelo Polizianos Kommentar zu Terenz’ Andria (ca. 1484/ 1485) lässt sich eine Rezeption sowohl von Aristoteles’ komödientheoretischen Reflexionen als auch der spätantiken Dramentraktate erkennen, und zwar an zwei verschie‐ denen Stellen. Nachdem Poliziano in der Vorrede seines Kommentares in Anlehnung an das vierte Kapitel der Aristotelischen Poetik die beiden Gründe erklärt hat, die die Dichtung hervorgebracht haben, nämlich die Nachahmung und die Harmonie / der Rhythmus (in Polizianos Übersetzung: imitatio und concentus), sowie die unterschiedlichen Objekte der Nachahmung (gute oder schlechte handelnde Menschen) und somit die Herausbildung der Gattungen besprochen hat, 49 übersetzt Poliziano Aristoteles’ Definition der Komödie und der Komik (Kapitel 5 der Poetik) direkt aus dem griechischen Original: 50 est enim comoedia illa vetus imitatio quidem deteriorum sed ridiculi tamen gratia. non enim vitia ultima exprimit, sed eam turpitudinis partem, quae ridiculo continetur. 181 Die Diskussion über Wesen und Wert der (Plautinischen) Komödie 51 Zu dieser Trias vgl. Angelo Poliziano, Andria Terenti (Lattanzi Roselli 1973, 5,28), wo er vetus in dieser Bedeutung verwendet. 52 Zur Hinzufügung von vetus vgl. den Beitrag von Tobias Dänzer in diesem Tagungsband. 53 Angelo Poliziano, Andria Terenti (Lattanzi Roselli 1973, 7,25-8,8). Ich übergehe eine griechische Definition (und ihre lateinische Übersetzung), die wohl auf einen anonymen Verfasser eines griechischen Komödientraktates περὶ κωμῳδίας zurückgeht (vgl. Lat‐ tanzi Roselli 1973, 7,28-8,4 mit dem Quellen- und Similienapparat auf S. 7). Zu den (griechischen) Komödientraktaten vgl. Koster 1975. ridiculum enim velut quoddam est mendum et deformitas citra dolorem aut pernitiem: velut ridicula facies turpicula quidem adque perversa, sed quae dolore tamen careat. Denn jene alte Komödie ist zwar die Nachahmung von schlechteren [sc. Menschen], aber um des Komischen willen. Sie drückt nämlich nicht extremes Fehlverhalten aus, sondern denjenigen Teil des Inkorrekten, der im Komischen besteht. Das Komische ist nämlich sozusagen ein gewisser Fehler und etwas Unschönes ohne Schmerz oder Verderben; so wie der komische Gesichtsausdruck zwar etwas inkorrekt und entstellt ist, aber dennoch keinen Schmerz aufweist. Die Bedeutung des von Poliziano auffälliger Weise hinzugefügten Adjektivatt‐ ributs vetus („alt“) wird nicht darin liegen, dass er Aristoteles so versteht, dass jener die alte (in Opposition zur mittleren und zur neueren) Komödie definiert, 51 sondern darin, dass Poliziano sich auf die antike (oder schon seit der Antike bestehende) Komödie bezieht. 52 An einer späteren Stelle referiert Poliziano mehrere Definitionen der Ko‐ mödie, die er nicht zu derjenigen des Aristoteles in Verbindung setzt; zu ihnen gehören die folgenden: 53 definitur autem varie et a Graecis quidem nonnullis ita: κωμῳδία ἐστὶν ἰδιωτικῶν καὶ πολιτικῶν πραγμάτων ἀκίνδυνος περιοχή, hoc est: comoedia est privatae civilisque fortunae sine periculo vitae comprensio. […] quidam ita descripserunt: comoedia est fabula versibus constituta, continens affectum civilium ac privatorum, qua discitur quid sit in vita utile, quid contra evitandum. Cicero comoediam esse ait imitationem vitae, speculum consuetudinis, imaginem veritatis. Sie wird aber verschieden und von jedenfalls einigen Griechen so definiert: Eine Ko‐ mödie ist eine gefahrlose, kurze Darstellung von privaten und politischen Ereignissen; d.h.: Eine Komödie ist eine kurze Darstellung eines privaten und bürgerlichen [oder: politischen] Geschicks ohne Lebensgefahr. […] Einige haben sie so beschrieben: Eine Komödie ist eine metrisch verfasste Geschichte [oder: Bühnenstück], die den Affekt von bürgerlichen und privaten [sc. Personen] enthält und durch die man lernt, was im Leben nützlich und was hingegen zu vermeiden ist. Cicero sagt, dass die Komödie eine 182 Stefan Feddern 54 S. Fn. 15 und 29. 55 Auch über die von Koster 1975 zusammengestellten (spät-)antiken und mittelalter‐ lichen, häufig griechischen, teilweise anonymen Traktate über die Komödie (περὶ κωμῳδίας) habe ich keinen Vorgänger gefunden. 56 Vgl. Manuwalds 2016, 102 Übersetzung von civilis an der Diomedes-Stelle mit „bürger‐ lich“. 57 S. Fn. 30. Nachahmung des Lebens, ein Spiegel der Gewohnheit und ein Abbild der Wirklichkeit ist. Hier erkennt man v. a. den Einfluss von Diomedes und Donat: Zuerst referiert Poliziano die griechische Komödiendefinition (und ihre lateinische Überset‐ zung), die möglicherweise von Theophrast stammt, 54 wobei sich bei Poliziano die Hinzufügung von καὶ πολιτικῶν beobachten lässt. Hierfür lässt sich, soweit ich sehe, kein Vorläufer ausfindig machen. 55 Durch diese Hinzufügung erhält das lateinische Adjektiv civilis - zumindest äußerlich - eine Entsprechung. Die Bedeutung von πολιτικός (und civilis) ist aber unklar. Möglicherweise sind das lateinische und das griechische Adjektiv i.S.v. „bürgerlich“ aufzufassen. 56 Es ist aber auch denkbar, dass Poliziano das griechische Adjektiv (und vielleicht auch das lateinische Adjektiv) i.S.v. „politisch“ verstanden wissen will und v. a. auf die alte Komödie im Stil von Aristophanes bezieht. Dann würden die beiden komplementären Adjektive „privat“ und „politisch“ adäquat die in der (antiken) Komödie dargestellten Personen und Ereignisse beschreiben. Wie Donat definiert Poliziano anschließend die Komödie so, dass sie ein Bühnenstück ist, das die Affekte von bürgerlichen und privaten Menschen enthält und durch das man lernt, was im Leben nützlich ist und was schädlich ist. Schließlich findet sich bei Poliziano ebenso wie bei Donat Ciceros in der Hauptüberlieferung verlorenes Dictum, dass die Komödie ein Spiegel des Lebens ist. 57 Auch wenn Poliziano also an dieser Stelle in der Tradition von Diomedes und Donat steht, stimmt sein Verständnis der Komödie größtenteils mit dem‐ jenigen des Aristoteles überein, den er durch die Übersetzung von dessen Komödien- und Komikdefinition sogar direkt rezipiert. Eine Diskussion der Aristotelischen Komödientheorie in Relation zu den anderen Komödiendefini‐ tionen unterbleibt. Insbesondere in einem Punkt wäre eine Problematisierung vielleicht zu erwarten gewesen: Es lässt sich nämlich nicht beobachten, dass die Ansicht, dass die Komödie eine Lehrstunde im lebenspraktischen Nutzen erteilt, zugunsten der Aristotelischen Auffassung geändert wurde, dass die (Komödien-)Dichter v. a. die einheitliche und kausal motivierte Komposition der (komischen) Handlung lehren. 183 Die Diskussion über Wesen und Wert der (Plautinischen) Komödie 58 Bartolommeo della Fonte, De poetice ad Laurentium medicem libri III nach Trinkaus 1966, 119. Aus der unterlassenen Diskussion lässt sich vermutlich schließen, dass die unterschiedlichen Komödiendefinitionen für Poliziano kein Problem darstellten und dass er keinen Gegensatz oder sogar Widerspruch in ihnen erblickt hat, den er diskutieren müsste. Dies ist insofern plausibel, als zumindest kein expliziter Widerspruch vorliegt und eine Korrektur der populären Ansicht von der Lehrstunde im lebenspraktischen Nutzen eine intensive Auseinandersetzung mit der gesamten Poetik, zumindest mit den zentralen, schwierigen Kapiteln (v. a. 7-9) voraussetzt, um deren Deutung v. a. im 16. Jahrhundert gestritten werden wird. Poliziano kannte zwar die gesamte Poetik. Er rezipiert aber nur ausgewählte Passagen, wobei in der Vorrede seines Kommentares zur Andria fast ausschließlich Theoreme aus den Kapiteln 2-5 der Aristotelischen Poetik verarbeitet werden. In Bartolommeo della Fonte s wenig später erschienener Poetik (De poetice ad Laurentium medicem libri III, 1490-1492) lässt sich keine direkte oder indirekte Rezeption der Aristotelischen Komödientheorie erkennen. Er äußert sich folgendermaßen zum Wesen und Wert der Plautinischen Komödie: 58 […] tertia […] comoedia emanavit, quae communiore argumento et ad mediocris homines pertinente multum utilitatis afferret spectatoribus non sine aliqua voluptate. […] continet autem affectus civilium ac privatorum hominum, disciturque in ea quid sit in vita utile, quid damnosum. differt vero tragoedia a comoedia quod in illa introducuntur heroes, reges, duces, in hac privatae humilesque personae; in illa luctus, exilia, caedes, in hac amores et raptus virginum describuntur. […] Die dritte [sc. Art der] Komödie ist hervorgegangen, die durch ihre allgemeinere Handlung, die zu den Durchschnittsmenschen gehört, den Zuschauern nicht ohne ein Vergnügen viel Nutzen verschaffen sollte. […] Sie enthält aber die Affekte von bürgerlichen [oder: politischen] und privaten Menschen, und man lernt in ihr, was im Leben nützlich und was schädlich ist. Die Tragödie unterscheidet sich aber von der Komödie dadurch, dass in jener Helden, Könige und Anführer und in dieser private und niedrige Personen eingeführt werden. In jener werden Trauer, Exil und Tode, in dieser Liebschaften und Vergewaltigungen von jungen Frauen beschrieben. In diesen Äußerungen lässt sich primär eine Rezeption der komödientheo‐ retischen Reflexionen von Euanthius, Donat und Diomedes erkennen: Wie Euanthius sieht della Fonte Durchschnittsmenschen als Handlungsträger an. Außerdem äußert er die Ansicht, dass die neue Komödie eine allgemeinere Handlung aufweist. Ähnlich wie Donat spricht della Fonte davon, dass die 184 Stefan Feddern 59 Jodocus Badius Ascensius, Praenotamenta in Comoedias Terentii. Zu Ascensius und der Terenz-Exegese am Anfang des 16. Jahrhunderts vgl. Lurje 2004, 42-56, aus dessen Text (S. 47) hier zitiert wird; Wels 2009, 72 (jeweils mit weiteren Literaturhinweisen); Chevrolet 2007, 538, Fn. 85. Nach Wels stammen die Vorbemerkungen von 1496 und wurden (bis) 1502 überarbeitet. Komödie ein Bühnenstück ist, das die Affekte von öffentlichen und privaten Menschen enthält und durch das man lernt, was im Leben nützlich ist und was schädlich ist. In der Gegenüberstellung von Komödie und Tragödie lässt sich ein fast unverändertes Diomedes-Zitat erkennen. Della Fonte steht also primär in der Tradition der spätantiken Dramentrak‐ tate. Trotzdem gilt auch für diese Rezeption der antiken Komödientheorie, dass sich zum größten Teil dieselben Vorstellungen von der Komödie antreffen lassen, wie sie Aristoteles selbst formuliert hat. Eine Ausnahme bildet aber wie‐ derum die Anschauung, dass die Komödie eine Lehrstunde im lebenspraktischen Nutzen erteilt. In Jodocus Badius Ascensius’ Vorbemerkungen zu Terenz’ Komödien (1502) lässt sich ebenfalls keine direkte oder indirekte Aristoteles-Rezeption erkennen. Neben anderen Reflexionen findet sich aber eine Überlegung über den Reali‐ tätsbezug der Komödie im Stil von Plautus und Terenz: 59 tragedia sepe ex hystoria, i. ex re gesta componitur licet fabulosa admisceantur. comedia autem de materia ex toto ficta sed tamen verisimili. […] ideo dicitur quod comedia est privatae civilisque fortune comprehensio sine periculo vite. nam & vitam capessendam docet utpote in qua post errorem reditur in viam rectam. Die Tragödie setzt sich häufig aus der Geschichte, also aus einem geschehenen Ereignis, zusammen, mögen auch Fiktionen hinzugemischt werden, die Komödie aber aus einem gänzlich fiktiven, aber dennoch wahrscheinlichen Stoff. […] Daher wird gesagt, dass die Komödie eine kurze Darstellung eines privaten und bürgerlichen [oder: politischen] Geschicks ohne Lebensgefahr ist. Denn sie lehrt auch das Leben, das man ergreifen soll, in dem man ja nach einem Fehler auf den richtigen Weg zurückkehrt. Wie bei Euanthius findet sich auch hier der Gedanke, dass die Handlung der Komödie erfunden ist, diejenige der Tragödie aber oft auf wirklichem Geschehen beruht, wobei Ascensius hinzufügt, dass Tragödien Fiktionen enthalten können. Diese hinzugefügte Bemerkung, die mit Aristoteles’ Beschreibung dieser beiden Gattungen v. a. im neunten Kapitel der Poetik übereinstimmt, könnte zwar für eine direkte Aristoteles-Rezeption sprechen. Sie erklärt sich aber eher entweder als eigene Einschätzung einer offensichtlichen Tatsache oder durch den Einfluss 185 Die Diskussion über Wesen und Wert der (Plautinischen) Komödie 60 S. Fn. 24. Daher könnte es sein, dass fabulosa hier nicht nur Fiktionen, sondern phantastische Fiktionen bezeichnet. der - wiederum in vielerlei Hinsicht auf Aristoteles zurückgehenden - Skalie‐ rung der dargestellten Geschichte, in der Tragödienpassagen häufig als Beispiele für die unwahrscheinliche Fiktion zitiert werden. 60 Anschließend folgt diejenige Definition der Komödie, die wir von Diomedes kennen, woran sich die von Euanthius stammende Lehre anschließt, dass man in der Komödie lernt, welches Leben man ergreifen soll. Anders als bei Euanthius wird explizit deutlich, dass der Handlungsverlauf der Komödie mit seinem happy end diese Einsicht gewährt, d.h.: hier lässt sich erkennen, dass Ascensius Euanthius’ komödientheoretische Reflexion ausgedeutet hat. Auch wenn Ascensius die Aristotelische Poetik nicht direkt oder indirekt rezipiert, lässt sich festhalten, dass er - abgesehen von der Vorstellung von der Lehrstunde im lebenspraktischen Nutzen - größtenteils Anschauungen äußert, die mit denjenigen des Aristoteles übereinstimmen, ja letztlich von diesem herrühren. Dies gilt insbesondere für die Reflexion über die Faktualität bzw. Fiktionalität von Tragödie und Komödie, da sich dieselbe Beschreibung des Realitätsbezuges dieser beiden Gattungen wie im neunten Kapitel der Poetik antreffen lässt, wenngleich diese Auffassung über Euanthius vermittelt worden ist. Die Humanisten des 16. Jahrhunderts werden im Zuge einer immer stärker einsetzenden Rezeption der Aristotelischen Poetik intensiv über die Faktualität bzw. Fiktionalität der dichterischen Gattungen, insbesondere der Tragödie und der Komödie, diskutieren. Hierin liegt aber kein bahnbrechender Unterschied zu den vorigen Jahrhunderten - auch deshalb, weil bereits viel Aristotelisches Gedankengut in dem Substrat der Aristoteles-Rezeption im Cinquecento enthalten ist. Fazit Die Autoren von poetologischen Schriften des 14. und 15. Jahrhunderts stehen zwar in erster Linie in der Tradition der spätantiken Dramentraktate. Die Diskussion über das Wesen und den Wert der (Plautinischen) Komödie lässt sich aber nicht auf eine Rezeption der spätantiken Komödientheorien reduzieren. Vielmehr muss man u. a. angesichts der Tatsache, dass die spätantiken Komö‐ dientraktate nur punktuell von Aristoteles’ Komödienverständnis abweichen, zumindest zwischen den folgenden Rezeptionsformen differenzieren: (1) Die (Früh-)Humanisten rezipieren nicht Aristoteles, sondern diejenigen spätantiken Komödientheoreme, die sich signifikant von Aristoteles’ Lehre unterscheiden, 186 Stefan Feddern nämlich die Anschauung, dass die Komödie eine Lehrstunde im lebensprakti‐ schen Nutzen erteilt, und die Beschreibung der Protagonisten anhand ihres Ansehens. Oder sie stehen - wie Salutati und Dante - in der Tradition des mittelalterlichen Komödienbegriffs, dem zufolge die komödientypische, häufig allegorisch zu verstehende Handlung von einem schrecklichen Anfang zu einem glücklichen Ende führt und in einem schlichten Stil verfasst ist. (2) Die (Früh-)Humanisten rezipieren zwar die spätantiken Komödientheorien, aber diejenigen Beschreibungen, die letztlich auf Aristoteles zurückgehen oder mit seiner Lehre übereinstimmen. (3) Die (Früh-)Humanisten wie Salutati folgen indirekt Aristoteles, indem sie die 1256 von Hermannus Alemannus angefertigte Übersetzung des Mittleren Kommentares des Averroes zur Aristotelischen Poetik rezipieren. (4) Die (Früh-)Humanisten wie Poliziano folgen direkt Aris‐ toteles, indem sie dessen Poetik im griechischen Original rezipieren. Hierdurch wird die lange Zeit in Komödientheorien fehlende Definition der Komik in den dichtungstheoretischen Diskurs am Ende des 15. Jahrhunderts eingebracht. Eine Diskussion und Problematisierung der unterschiedlichen Komödiende‐ finitionen findet sich bei den hier behandelten Autoren nicht. Vielmehr lässt sich insbesondere bei Poliziano beobachten, dass die weit verbreitete, unaristo‐ telische Auffassung, dass die Komödie eine Lehrstunde im lebenspraktischen Nutzen erteilt, neben der Aristotelischen Komödien- und Komikdefinition steht, ohne dass hierin ein Problem erkannt wurde. Literaturverzeichnis Baier, Thomas / Dänzer, Tobias / Stürner, Ferdinand (Hgg.): Angelo Poliziano. Dichter und Gelehrter, Tübingen 2015. Bareiß, Karl-Heinz: Comoedia. Die Entwicklung der Komödiendiskussion von Aristoteles bis Ben Jonson, Frankfurt a. M. u. a. 1982. Boggess, William F.: Aristotle’s Poetics in the Fourteenth century, Studies in Philology 67, 1970, 278-294. Butterworth, Charles E.: Averroes’ Middle Commentary on Aristotle’s Poetics, Princeton 1986. Chevrolet, Teresa: L’idée de fable. Théories de la fiction poétique à la Renaissance, Genf 2007. Cupaiuolo, Giovanni: Evanzio: De fabula. Introduzione, testo critico, traduzione e note di commento, Neapel 2 1992. 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Scaglione 1961; Grafton 1977; 1991; Rizzo 1973; Cesarini Martinelli 1978b; Krautter 1983; Lo Monaco 1992, 103-113; Timpanaro 2005 mit Bibliographie. 3 Die Edition, die im Folgenden zugrunde gelegt wird, ist Lattanzi Roselli 1973. 4 Zur Rezeption der aristotelischen Poetik in Mittelalter und Früher Neuzeit Minio-Paluello 1947; Weinberg 1961, 349-423; Tigerstedt 1968, 7-24; Bionda 2001; Kappl 2006. Vergleiche auch den Beitrag von Stefan Feddern in diesem Band. Angelo Polizianos Rekonstruktion der antiken Komödie Tobias Dänzer (Würzburg) Die Vorstellung, dass die aristotelische Abhandlung über die Komödie im Laufe des Mittelalters verloren gegangen sei, wurde einem breiteren Publikum durch den mörderischen Benediktinerpater Jorge de Burgos aus Umberto Ecos Der Name der Rose bekannt. Dieser hatte die Seiten des einzig erhaltenen Exemplars des aristotelischen Komödienbuchs mit Gift bestrichen, um ihren Inhalt, an dem er sittlichen Anstoß nahm, geheim zu halten. Als er letztlich nicht reüssierte, steckte er die Klosterbibliothek in Brand, wodurch das Buch reichlich spektakulär für immer verlorenging. 1 Dem philologischen Könnensbewusstsein der italienischen Gelehrten des aus‐ gehenden Quattrocento konnte der Verlust von Büchern allerdings wenig anhaben, er forderte es geradezu heraus. Dem Florentiner Gelehrten Angelo Poliziano, der als Begründer der modernen historisch-kritischen Philologie gilt, fehlte es weder an philologischer Geduld noch an Selbstbewusstsein, den Inhalt des Buches zu rekonstruieren. 2 Der Ort hierfür war seine Vorlesung über die Andria des Terenz, zu der sich sein akademischer Kommentar erhalten hat. 3 Die Vorrede zum Kommentar ist insofern bedeutsam, als sie eine frühe und ertragreiche humanistische Rezeption der aristotelischen Poetik bietet, die erst in den Poetiken und Kommentaren im 16. Jahrhundert zu vollem Recht kommen wird. 4 5 Lattanzi Roselli 1973, X-XII. 6 Clm 754, 203v-212v. 7 Arist. Poet. 1449a-b. Übersetzung Fuhrmann 1994, 17. 8 Lattanzi Roselli 1973, 4, 18-26. Die Andria-Vorrede bildet das theoretische Fundament für Polizianos text‐ kritische und schöpferische Auseinandersetzung mit der antiken Komödie. In diesem Beitrag möchte ich zunächst Polizianos Rekonstruktion der antiken Komödientheorie beleuchten, sodann die praktische Arbeit des Gelehrten am Plautustext vorstellen und abschließend auf das Plautusbild eingehen, das Poliziano in seinem Prolog zur Aufführung der Menaechmi von 1484 entwirft. Damit soll die Betrachtung der Komödie im Allgemeinen und Plautus’ im Besonderen in den erweiterten Kontext der Entwicklung und des Anspruchs der philologischen Methode gestellt werden, die durch Sammlung teils entlegener Texte theoretische Systematisierungen gewinnt und diese für die Textkritik und für die eigene dichterische Produktion fruchtbar macht. 1. Die Rekonstruktion der Komödie: In Andriam Terenti Polizianos Andria-Kommentar ist wahrscheinlich auf das akademische Jahr 1484/ 85 zu datieren. 5 Die größtenteils autographischen Aufzeichnungen, die knapp 20 Seiten einnehmen, sind in der Bayerischen Staatsbibliothek aufbe‐ wahrt. 6 In der Vorrede zum Kommentar übersetzte Poliziano zunächst die Passage der Poetik, die vom Wesen des Komischen handelt: 7 Ἡ δὲ κωμῳδία ἐστὶν ὥσπερ εἴπομεν μίμησις φαυλοτέρων μέν, οὐ μέντοι κατὰ πᾶσαν κακίαν, ἀλλὰ τοῦ αἰσχροῦ ἐστι τὸ γελοῖον μόριον. τὸ γὰρ γελοῖόν ἐστιν ἁμάρτημά τι καὶ αἶσχος ἀνώδυνον καὶ οὐφθαρτικόν, οἷον εὐθὺς τὸ γελοῖον πρόσωπον αἰσχρόν τι καὶ διεστραμμένον ἄνευ ὀδύνης. αἱ μὲν οὖν τῆς τραγῳδίας μεταβάσεις καὶ δι’ ὧν ἐγένοντο οὐ λελήθασιν, ἡ δὲ κωμῳδία διὰ τὸ μὴ σπουδάζεσθαι ἐξ ἀρχῆς ἔλαθεν· Die Komödie ist, wie wir sagten, Nachahmung von schlechteren Menschen, aber nicht im Hinblick auf jede Art von Schlechtigkeit, sondern nur insoweit, als das Lächerliche am Hässlichen teilhat. Das Lächerliche ist nämlich ein mit Hässlichkeit verbundener Fehler, der indes keinen Schmerz und kein Verderben verursacht, wie ja auch die lächerliche Maske hässlich und verzerrt ist, jedoch ohne den Ausdruck von Schmerz. Die Veränderungen der Tragödie, und durch wen sie bewirkt wurden, sind wohlbekannt. Die Komödie hingegen wurde nicht ernst genommen; daher blieben ihre Anfänge im Dunkeln. Polizianos Änderungen am aristotelischen Original sind aussagekräftig: 8 192 Tobias Dänzer 9 Vgl. auch Séris 2015, 65-66. 10 Vgl. Lattanzi Roselli 1973, XIII-XIV. Est enim comoedia illa vetus imitatio quidem deteriorum sed ridiculi tamen gratia. Non enim vitia ultima exprimit, sed eam turpitudinis partem, quae ridiculo continetur. Ridiculum enim velut quoddam est mendum et deformitas citra dolorem aut pernitiem: velut ridicula facies turpicula quidem adque perversa, sed quae dolore tamen careat. Ad hunc modum comoedia naturaliter processit in medium. Sed quae illius incunabula fuisse quemve ortum historia tradat, age, paucis expediamus. Die Hinzufügung von vetus etwa, die zunächst unbedeutend scheinen mag, ist insofern wichtig, als sich Poliziano einerseits der geschichtlichen Entwicklung der Komödie bewusst ist, den aristotelischen Text also historisch-kritisch liest, und er andererseits noch über Aristoteles hinaus die gesamte antike Komödie besprechen will. Deutliche Eingriffe in die Vorlage nimmt er im letzten Ab‐ schnitt vor: Auf diese Weise, d. h. durch die Nachahmung des Lächerlichen, sei die Komödie in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit getreten. 9 Dieser Satz fehlt bei Aristoteles. Der folgende Einschnitt markiert den Beginn der Untersuchung: „Doch was die historische Forschung über Herkunft und Entstehung der Komödie überliefert, das wollen wir nun knapp darlegen“. Hier manifestiert sich begrifflich das Vertrauen in Textüberlieferung und philologische Forschung, historia, die in Stand versetzt, eine zur Tragödie analoge Entstehungsgeschichte zu rekonstruieren - die Frage nach incunabula und ortus der Komödie entspricht dem aristotelischen δι’ ὧν ἐγένοντο, wo nach dem Ursprung der Tragödien gefragt wird. Um umfassende Informationen zur Komödie zu bieten, sammelt Poliziano zunächst relevante Texte unterschiedlicher Provenienz. Bedeutsam ist die Sammlung besonders aufgrund der relativen Entlegenheit der Texte: Neben der aristotelischen Poetik benutzt Poliziano das Onomastikon des Pollux, die Grammatik des Diomedes, die Komödienabhandlungen des Euanthius und Donat sowie den anonym überlieferten byzantinischen Traktat περὶ κωμῳδίας. 10 Danach gruppiert er die Besprechungen in verschiedene Themenbereiche, wobei das Ziel eine möglichst breite Systematik der antiken Komödie ist. Aus dem Aufbau der Schrift gehen Anspruch und Gliederungsprinzip hervor: 193 Angelo Polizianos Rekonstruktion der antiken Komödie 11 Lattanzi Roselli 12, 16-22. Thema ed. Lattanzi Roselli comoediae origo et tragoediae („Einleitung“) 3,1-4,26 Entwicklung, Etymologie und Definition der Komödie 5,1-8,17 Komödiengattungen (species) 8,18-12,8 Handlungsteile (partes) 12,9-13,12 Stücktitel (inscriptiones) 13,13-13,15 tempus inventae comoediae et eius incrementum 13,16-15,28 Personen (personae), Kostüme (cultus) 15,29-20,18 Chor, Cantica, Tanz (saltatio) 20,19-23,29 Bühnenbild (scena) und Aufführungspraxis 24,1-25,4 Komödiendichter (poetae) 25,5-26,26 Der aristotelischen Einleitung folgen allgemeine definitorische Angaben zur Gattung, die Komödie wird in ihre Untergattungen (palliata, togata, praetextata, Atellana etc.) eingeteilt und in ihre Bestandteile zerlegt (prologus, prothasis, epitasis, catastrophe), die Titelgebung der Stücke wird besprochen. Es folgt erneut, aber unter Bezug auf andere Quellen, eine Behandlung der Ursprünge von Komödie und Tragödie. Die Aufführungspraxis betreffende Einteilungen schließen sich an: Personen, Kostüme, Chor, Musik, Tanz, Bühnenbild. Zuletzt werden antike Einschätzungen zur Superiorität des einen oder anderen Komö‐ diendichters zitiert, wobei Terenz stets der Bezugsautor ist. Der systematische und umfassende Anspruch der Vorrede geht beispielhaft hervor aus der Gliederung der Prologarten, die Poliziano aus Donats de comoedia 7, 2-4 entnimmt: 11 Prologus graece, prima dictio latine, idest antecedens veram fabulae compositionem elocutio. Eius quattuor species: commendaticius, quo fabula vel poeta commendatur; relativus, quo aut adversario maledicta aut gratiae populo referuntur; argumentativus, fabulae argumentum exponens; mixtus, omnia haec in se continens. 194 Tobias Dänzer 12 Lattanzi Roselli 9, 18-22; Anon. XVI, 17, 41 Cantarella. 13 Zur Erschließungsgeschichte des Plautustextes im Humanismus vgl. v. a. Questa 1968; 1984. 14 Misc. 1,66 (Poliziano 1553, 281). Poliziano folgt der Schreibweise Mustel(l)aria, die der Mailänder Palimpsest Ambrosianus (A) hat (G 82 sup.). Zum alternativen Titel und seiner möglichen Bedeutung vgl. Mantzilas 2017. Auf Griechisch Prolog, auf Lateinisch erste Ansage, d. h. ein Vortrag vor dem eigentli‐ chen Stück. Vier Arten gibt es: empfehlend, wo Stück oder Dichter empfohlen werden; auf einen Adressaten Bezug nehmend, wo entweder der Gegner geschmäht oder den Zuschauern gedankt wird; inhaltlich, wenn der Inhalt des Stücks dargestellt wird; gemischt, wenn alles zusammenkommt. Auch der Witz bleibt vor dem doch recht nüchternen Scharfsinn des Philologen nicht verschont: Poliziano übernimmt und übersetzt die entsprechende Stelle aus dem anonymen byzantinischen Komödientraktat: 12 Risus a comicis aut ex dictionibus captatur aut ex rebus. Ex dictionibus septefariam: ae‐ quivocatione, univocatione, nugacitate, denominatione, dimminutione, permutatione et figura. Ex rebus bifariam: deceptione et similitudine. Similitudo duplex est: aut in melius […] aut in peius […]. Der Lacher wird von den Komödiendichtern entweder aus Worten oder aus Sachen gewonnen. Aus Worten auf siebenfache Weise: Durch Zweideutigkeit und Eindeutig‐ keit (d. h. Homonym und Synonym), durch geschwätzige Wiederholung eines Wortes, durch Paronymie, Verkleinerung, Vertauschung der Ausdrücke (d. h. Enallage) und Wortfigur. Aus den Sachen auf zweifache Weise: Täuschung und Ähnlichkeit. Die Ähnlichkeit ist zweifach: entweder mit dem Besseren oder mit dem Schlechteren. Für Poliziano stellte die systematische und historische Betrachtung der Komödie und ihrer Bauelemente sicher, dass die philologische Auseinandersetzung mit den Komödientexten gelingen konnte. Insbesondere aufgrund ihrer Sprache und des Überlieferungszustands boten die plautinischen Komödien dem Textkritiker ein reiches Betätigungsfeld. 13 2. Plautus in der Miscellaneorum centuria prima (1489) Der Konstitution des plautinischen Witzes widmete sich Poliziano in seinem ersten Miszellenbuch, der Miscellaneorum centuria prima von 1489. In der 66. Miszelle fühlte er sich genötigt, einen Witz aus der Mostellaria und einen aus dem Miles gloriosus zu retten. 14 Die Erläuterungen zum Scherz der Mostellaria seien hier erläutert. Der wohlhabende athenische Kaufmann Theopropides 195 Angelo Polizianos Rekonstruktion der antiken Komödie 15 Most. 829-830 (Text nach einschlägigen Ausgaben). 16 Ritschl 1836, 180. 17 Plautinae viginti comoediae, Venetiis: Vindelinus de Spira / Johannes de Colonia, 1472 (ISTC: ip00779000); Titus Maccius Plautus, Comoediae: Treviso: Paulus de Ferraria / Dionysius Bertochus, 1482, 118v (ISTC: ip00780000). Vgl. hierzu auch D’Alessio 2017. Die Stelle hat insgesamt für Schwierigkeiten gesorgt: Die Edition von Sambucus (Basel: Hervagius, 1568, 349) hat ornamenta und connivent (vgl. hierzu die Analecta Plautina von Johann Philipp Pareus 1634, 377, wo auch eine fehlerhafte Handschrift Schobingers erwähnt ist). Die zweite Stelle (conivent) ist auch im Vat. Lat. 3870 f. 106r (‚Codex hatte sich auf eine Geschäftsreise gemacht und den Sklaven Tranio mit der Haushaltsführung und der Erziehung des Sohnes Philolaches betraut. Als Theopropides unerwartet zurückkehrt, haben Tranio und Philolaches das Geld in fragwürdigem Lebenswandel verjubelt, letzterer feiert gerade ein Gelage vor dem Haus des Vaters. Tranio heißt Philolaches, sich im Haus einzuschließen, während der listige Sklave die Geschichte erfindet, die dem Stück den Namen ‚Geisterkomödie‘ gegeben hat. Da es im Haus spuke, habe Philolaches das Haus verlassen und ein neues gekauft - das Nachbarhaus, das eigentlich dem Simo, einem alten Nachbarn des Theopropides gehört. Tranio, Theopropides und Simo mustern nun das Haus. Als sie die Tür betrachten, entspinnt sich folgender Dialog: 15 TR. viden coagmenta in foribus? TH. Video. TR. Specta, quam arte dormiunt. TH. Dormiunt? TR. Illud quidem, ut conivent, volui dicere. Tranio: Schau dir nur die Fugen in den Türflügeln an! Theopropides: Ich seh’s. Tranio: Schau nur, wie fest sie schlafen. Theopropides: Schlafen? Tranio: Wie fest sie geschlossen sind, wollte ich sagen. In einer Vielzahl in Umlauf befindlicher Abschriften (plerique codices) habe Poliziano die Verse falsch wiedergegeben gefunden, und zwar so: Viden ornamenta (Verzierungen) in foribus? Video. Specta qua arte dormiunt. Dor‐ miunt? Ille quidem ut convenit volui dicere. Poliziano beklagt, dass der Witz der Stelle durch Abschreibfehler entstellt worden sei - festivum Plauti dictum vitio librariorum perit. Die Lesart (orna‐ menta und convenit statt coagmenta und con(n)ivent), die auf eine interpolierte Handschriftenfamilie zurückgeht, 16 findet sich auch in der von Giorgio Merula besorgten editio princeps von 1472 und der Auflage von 1482. 17 Eine Leidener 196 Tobias Dänzer Ursinianus‘ (D)) verderbt, was in den Abschriften für einige Verwirrung gesorgt hat. In Poggios Vat. Lat. 1629 f. 142r liest man contuent. 18 Oosterbaan 1847. Ein Digitalisat der Arbeit wird von der Universitätsbibliothek Utrecht zur Verfügung gestellt. Auch Gronovius, der bis zu seinem Tod 1671 in Leiden wirkte, hatte die Handschrift für seine Edition verwendet und die abweichenden Lesarten (ornamenta und convenit sowie auch qua arte) im Apparat vermerkt; vgl. Gronovius 1829, 843-844. 19 Oosterbaan 1847, IX: Quamvis de vera Codicis aetate decernere ego non ausim, dubitari tamen non potest, quin sit recentissimus, haud ita multo ante saeculum XV, si non ineunte hoc saeculo, descriptus. Ad illos imprimis meretur Codices referri, qui nitide atque eleganter in membrana sunt exarati. Librarius fuisse videtur Italus suique temporis καλλιγράφος; ac distinctis licet et grandiusculis eum descripserit litteris, singulaeque scenae ab argentea littera majuscula incipiant […]. Codex vero etiamsi sit recentior, ut modo diximus, ex antiquiore tamen bonae notae Codice descriptus esse videtur, at librarii inscitia et futilitate hic illic depravatus. 20 Für Hilfe beim Auffinden des Codex und die Bereitstellung der Photographie danke ich dem Kurator der Leidener Universitätsbibliotheken Herrn Dr. André Th. Bouwman. Handschrift, die die von Poliziano monierte Lesart bietet, hat ein Utrechter Doktorand, Petrus Oosterbaan, für seine Edition der Mostellaria von 1847 aus‐ gewertet. 18 Es handelt sich dabei um ein Manuskript von einigem Wert (die Hand eines Kalligraphen auf Pergament, verzierte Majuskeln), die wohl in Italien am Ende des 15. Jahrhunderts, also zur Zeit der Abfassung der Miscellaneorum centuria prima kursierte und, wie Oosterbaan bemerkt, von einem unkundigen Schreiber stammt. 19 Die betreffende Seite des Codex Leidensis BPL 8 ist im Folgenden abgedruckt. 20 197 Angelo Polizianos Rekonstruktion der antiken Komödie BPL 8, fol. 112r 198 Tobias Dänzer 21 Prisc. 60, 866. 22 Zu den ‘funny words’ dieser Szene auch Fontaine 2010, 54-56. 23 Auch in der Miscellaneorum centuria secunda, über der er starb, widmete Poliziano dem plautinischen Text große philologische Aufmerksamkeit: vgl. Branca / Pastore Stocchi 1978; vgl. auch D’Alessio 2017. Um die Richtigkeit der Lesart con(n)ivent zu bekräftigen und den Witz zu retten, fügt Poliziano eine Similie an, die er fälschlicherweise Cinna zuweist - bei Priscian findet sich das Fragment Helvidius Calvus zugeordnet: 21 iam [cum] gravis ingenti connivere pupula somno, also: „schon schließt sich die schwere Pupille in ungeheurem Schlaf.“ Die Erklärung des mühsam konstituierten Wortspiels überlassen wir Poli‐ ziano: Propterea cum in foribus iuncturas esse minime laxas, id enim coagmenta sunt, Tranio servus ostenderet, dormire eas ridicule prius, dein etiam connivere ioculariter dicit, ex oculis dormitantium ducta metaphora. Als der Sklave Tranio darauf hinweist, dass die Verbindungen in den Türflügeln überaus gut geschlossen seien, das sind nämlich die coagmenta, Fugen, macht er insofern einen Witz, als er sagt, dass sie schliefen, dann erneut, wenn er sagt, sie seien geschlossen, da die Metapher von den Augen Schlafender herkommt. Der Witz funktioniert also auf der Wortebene, ex dictionibus: Einmal verspricht sich Tranio aus Unachtsamkeit oder Lust am Verwirrspiel, indem er, vielleicht mit Blick auf das Publikum und halblaut, auf seine Gesprächspartner Simo und Theopropides verweist, die zwischen den Türflügeln stehend ‚schliefen‘, d. h. nicht verstünden, dass sie zum Besten gehalten würden. Auf die Frage des Theopropides „sie schlafen? “ antwortet Tranio: „Ich meine, wie fest sie geschlossen sind.“ Dies ist wieder ein Wortwitz, der auf dem Doppelsinn des Wortes connivent, geschlossen sein, beruht, das für das Schließen von Fugen und figurativ für das Schließen der Augen beim Schlafen verwendet wird. 22 Tranio hält die beiden Alten also zum Narren, indem er sie zweimal offen beleidigt, ohne dass sie es merken. Im Deutschen wäre der Wortwitz etwa so nachzubilden: Gut gearbeitete Bretter haben sie vor dem Kopf. Aus dem Beispiel wird die Bemühung Polizianos um Konstitution und Erhaltung der plautinischen Textreinheit, insbesondere der plautinischen Wort‐ witze, sichtbar. 23 Für die Etablierung und Kommentierung des Plautustextes griff Poliziano auf die in der Andria-Vorrede entwickelte Systematik zurück. Etwa zeitgleich mit dieser ist die bekannteste Hommage Polizianos an Plautus entstanden. 199 Angelo Polizianos Rekonstruktion der antiken Komödie 24 Hierzu und zum Prolog allgemein Bombieri 1985; Martelli 1987; 1993; Bausi 1991; Leuker 2007, 468. 25 Poliziano 1553, 94-95 (epist. 7, 15): Rogasti me superioribus diebus, ut quoniam fabulam Plauti Menaechmos acturi essent auditores tui, prologum facerem genere illo versiculorum, qui sint comoediae familiares, simul ut obiter notarem quosdam nostrae aetatis non quidem Plautos, sed tantum pistores, qui comoedias absque versibus, nullo nec artificio nec elegantia docent, et ut actae primum sunt, tenebris ipsimet (in quo nimis eos laudo) perpetuis damnant. Quae tamen ab imperitis aliquando non improbentur, quoniam scommata saepe isti quaedam commiscent antiquorum, quae tamen ipsa quoque dum male collocant, infamant. Postremo ut stilum Plauti laudarem totumque hoc agendi genus ab indoctis quibusdam, sed molestis praedicatoribus defenderem, qui moribus officere clamitent, quicquid usquam sit elegans aut eruditum, contraque studium propositumque hoc vestrum plebeculam concitent. 26 Zur Gattungszuschreibung als Satyrspiel vgl. Polizianos Ausführungen in Misc. 2, 28 (Branca / Pastore Stocchi 1978, 43). 3. Der Menaechmi-Prolog Der Kanonikus von San Lorenzo Paolo Comparini hatte Poliziano gebeten, einen Prolog für eine Aufführung der Menaechmi im plautinischen Stil zu verfassen. Vorausgegangen waren polemische Reaktionen auf das von den Fran‐ ziskanerpredigern Bernardino da Feltre und Domenico da Ponzo als sittenwidrig empfundene Vorhaben. Dies und die Tatsache, dass Lorenzo il Magnifico der Aufführung beiwohnte, ließ die Aufführung zu einem Politikum werden. 24 Aus Polizianos Antwortbrief an Comparini lassen sich die Kritikpunkte der Plautus-Gegner resümieren. 25 Der erbetene Prolog sollte Plautus gegen zwei Gruppen abgrenzen und verteidigen: Erstens gegen die Autoren der populären Theaterproduktion, die ihre Komödien in Prosa verfassten und durch verfehlte Nachahmung die antiken Autoren in Verruf brächten; zweitens gegen sittenstrenge, ungebildete und scheinheilige Prediger, zu denen die erwähnten Franziskaner Bernardino da Feltre und Domenico da Ponzo zu zählen sind. Gerade eine Theateraufführung, deren Sichtbarkeit allein die Wahl des Stücks bedeutsam machte, konnte den Charakter einer kulturpolitischen Standortbe‐ stimmung tragen. Dass Poliziano die Bühne als Mittel durchaus polemischer Richtungsweisung sah und nutzte, hatte er bereits durch seine Aufführung der Fabula di Orfeo von 1480 am Hof der Gonzaga in Mantua bewiesen. Das Karnevalsstück, das Elemente der Komödie und der Tragödie zu einer Art Satyrspiel vermischte, 26 bedeutete einen doppelten Traditionsbruch: Einmal mit der christlichen Theaterform der sacra rappresentazione, dann mit den christlichen Allegorisierungen der Episode durch Petrarca, Boccaccio und 200 Tobias Dänzer 27 D’Ancona 1891, 3; Kremers 1972, 311; Fantazzi 2001, 121-122 (sacra rappresentazione); zu den christlichen Interpretationen des Orpheus in Spätantike, Mittelalter und Huma‐ nismus vgl. Buck 1961; Friedmann 2000, 38-145; Orvieto 2009, 314-315; Dänzer 2018, 175-179. Ficino. 27 Ohne moralischen Vorbehalt und unter dramatischer Raffung der antiken Vorlagentexte stellte Poliziano die Schuldlosigkeit der Eurydike, die Triebhaftigkeit des Aristaeus sowie die Homosexualität des Orpheus auf die Bühne. Die Sicht auf die Quellentexte ohne Interpolation, Adaption und schlechte Nachahmung ist auch im Menaechmi-Prolog der Kernpunkt der Argumentation. Poliziano kommt dem Wunsch des Comparini getreulich nach, berücksichtigt plautinisches Vokabular und den jambischen Senar. Der species nach ist der Prolog gemischt aus empfehlender Form (commendaticius) - Plautus und das Stück werden gelobt - und adressierender Form (relativus) - die Zuschauer werden ebenso angesprochen wie die Gegner geschmäht. Der inhaltliche Typus wird nicht berücksichtigt, da der eigentliche Prologsprecher der Menaechmi die Handlung resümiert. Der Eingang mit der Anrede an die Zuschauer ist in plautinischem Stil gehalten (vv. 1-9): Heus heus, tacete, sultis, vos, ego ut loquar. Nam nostra conducta est huc lingua, vestri oculi; Vos spectare decet, nos loqui et fabulam agere. Alioqui, capite ipsi hunc ornatum scenicum, Atque exporgite lumbos: tum nos sessum ibimus, Spectabimusque nos [vos Aldina] taciti, aut ridebimus, Vel si frigebit actio dormitabimus. Comoediam Menaechmos acturi sumus, Lepidam et iocosam et elegantem ut nihil supra. Pst! Hört zu und schweigt, wenn ihr denn wollt, damit ich reden kann. Denn unsere Stimme hat man hierfür angeworben, eure Augen. Ihr sollt zuschauen, wir sollen sprechen und ein Stück aufführen. Wenn nicht, nehmt doch selbst die Requisiten, Und stellt euch hin. Dann setzen wir uns und schauen schweigend zu oder lachen, und schlafen ein, wenn euer Spiel langweilig ist. Wir wollen die Komödie Menaechmi aufführen, ein unübertrefflich lustiges, witziges und feines Stück. 201 Angelo Polizianos Rekonstruktion der antiken Komödie 28 Zu den Adressaten der Polemik vgl. Martelli 1993, 77. Greifbare Beispiele sind die Cauteriaria von Antonio Barzizza (zur dramaturgischen Problematik Stäuble 1968, 20-21), die Fraudiphila von Antonio Cornazzano (Stäuble 1968, 81-93), Ugolino Pisani, Philogenia et Epiphebus (Text und englische Übersetzung in Grund 2005, 171-238). Vgl. Perosa 1965, 34: „Egli [Poliziano] ha, evidentemente, presenti gli autori della vecchia commedia umanistica, la cui produzione egli giudica […] negativa dal punto di vista di una concezione rigorosamente umanistica della cultura.“ Zu den zeitgenössischen Aufführungen des Plautus vgl. Guastella 2007. 29 Martelli 1993, 76: „[…] Graeculus, aggettivo e sostantivo, include la nozione di intem‐ pestiva ostentazione di cultura, di un’erudizione che degenera in saccenteria, spiacevole al massimo per chi deve subirne l’esperienza.“ Den zeitgenössischen Komödienautoren, die häufig dramaturgisch wenig strin‐ gente Stücke in Prosa verfassten, hält er plautinische Sprachreinheit, Hand‐ lungsführung und Charakterzeichnung entgegen (vv. 15-24): 28 Romanus est hic sermo, romani sales; Nihil invenustum aut ineptum et graeculum, Quale solent nugari molitores caeteri: Quorum nec ullis versibus comoediae Nec argumento constant perplexabili, Nec quicquam habent comoedie praeter titulos, Nec ipsae secum congruunt, nec adest fides Rebus agundis ac nec personis indoles; Tantumque si quid furtivum est in eis placet, Quippe alienis insidiantur laboribus. Römisch ist die Sprache, römisch die Scherze. Nichts ist geistlos, nichts albern oder griechelnd, 29 Wie es die übrigen Mühlendreher mit ihrem Unfug halten. Deren Stücke sind weder in Versen gedichtet noch haben sie eine verworrene Komödienhandlung noch haben sie irgendetwas mit einer Komödie gemein außer dem Titel, sie sind schlecht zusammengefügt, unplausibel in der Handlungsführung und den Figuren fehlt die Charakterzeichnung. Nur das gefällt an ihnen, was gestohlen ist, auf die Mühe anderer sind sie ja ganz versessen. Den Übergang zur Polemik gegen die falschen Propheten bildet - wie von Comparini gewünscht - das Lob der plautinischen Sprache. Hier darf natürlich das bei Quintilian überlieferte Diktum Varros nicht fehlen, das Poliziano so in plautinische Jamben gießt (vv. 32-34): 202 Tobias Dänzer 30 Vgl. die Darstellung Platons in der Charmides-Vorrede, die sich gegen die Platoniker richtet; die Vampirwesen, Lamiae, der Vorrede zur ersten Analytik des Aristoteles (Lamia. Praelectio in Priora Aristotelis Analytica), die gegen die Verleumder Polizianos gerichtet ist; den invektivischen Exkurs der Praefatio in expositionem Suetoni gegen die Aristoteliker. Ausführlich zu der Polemik der Vorreden Dänzer 2018, 239-268. Siquidem ita traditum est a laudatis viris: Latine vellent etiam si Musae loqui, Nullis usuras nisi plautinis vocibus. Denn so ist’s von löblichen Männern überliefert: Wenn auch die Musen Latein sprechen wollten, so hätten sie nichts als plautinisches Vokabular gebraucht. Es folgt die gewünschte maledictio der Gegner in plautinischem Ton mehr als in plautinischen Wendungen - dies ist das Signum des selbstbewussten Dichterphilologen Poliziano (vv. 40-49): Sed qui nos damnant, histriones sunt maxumi; Nam Curios simulant, vivunt bacchanalia: Hi sunt praecipue quidam clamosi, leves, Cucullati, lignipedes, cincti funibus, Superciliosum incurvicervicum pecus; Qui quod ab aliis habitu et cultu dissentiunt, Tristesque vultu vendunt sanctimonias, Censuram sibi quandam et tyrannidem occupant, Pavidamque plebem territant minaciis. Doch die uns verachten, sind selbst die größten Schauspieler! Denn wie Curios tun sie, Bacchanalien leben sie aus. Die sind’s vor allem, die Schreihälse, die Leichtfertigen, Die Tölpel, Holzfüßigen, Seilumwickelten, und die Finsterbrauigen mit krummem Nacken. Weil sie von anderen an Gestalt und Bildung abstechen Und mit trüber Miene ihre ach so reine Unbescholtenheit feilhalten, Schwingen sie sich zu tyrannischen Zensoren auf Und terrorisieren das verängstigte Volk mit ihren Drohungen. Indem die Vorrede im Ton der plautinischen Komödie gehalten ist, erscheint Plautus gewissermaßen selbst auf der Bühne und teilt gegen seine Kritiker aus. Dies ist eine beliebte, jeweils an den polemischen Adressaten angepasste Strategie Polizianos zur Bloßstellung seiner Gegner. 30 Hierdurch soll die Kritik 203 Angelo Polizianos Rekonstruktion der antiken Komödie der zu Ungebildeten stilisierten Gegner schon formal widerlegt werden, sie werden öffentlich der Lächerlichkeit preisgegeben, indem die Szene, etwa durch die Aneinanderreihung drolliger Beschimpfungen, Komödienfarbe erhält. Schließlich unterstreicht die Sichtbarkeit des Plautus, der von der Bühne herab seine scholastischen Kritiker abkanzelt, den Geltungsanspruch der paganen antiken Literatur im mediceischen Florenz. Polizianos Umgang mit der antiken Komödie im Allgemeinen und mit Plautus im Besonderen beschreibt das philologische Selbstbewusstsein der Gelehrtenge‐ neration am Ausgang des Quattrocento. Die Rekonstruktion der aristotelischen Komödie kann durch Heranziehung antiker und spätantiker sekundärliterari‐ scher Abhandlungen gelingen. Die Grundlage einer umfassenden Systematisie‐ rung des überlieferten Befunds bietet die Möglichkeit der Textkonstitution, hier vorgeführt am Beispiel des plautinischen Witzes aus der Mostellaria. Schließlich gibt die theoretische und praktische Auseinandersetzung mit der Komödie einerseits Qualitätskriterien an die Hand, die an zeitgenössische Produktionen angelegt werden, andererseits befähigt sie dazu, den Kritikern, die aus Unkenntnis oder moralischem Vorbehalt heraus argumentieren, eine fundierte Widerlegung ihrer Angriffe zu bieten. Die Beschäftigung mit Plautus kann daher stellvertretend stehen für die Bemühung der renaissancezeitlichen Philologen, dem antiken Text zu Richtigkeit, Ansehen und Geltung zu verhelfen. Literaturverzeichnis Übersetzungen, Ausgaben und alte Drucke Aristoteles: Poetik, übersetzt und herausgegeben von Manfred Fuhrmann, Stuttgart 1994 (= Fuhrmann 1994). Aristofane. Le Commedie, Cantarella, Milano 1949. Grund, Gary R.: Humanist Comedies, Cambridge, Mass. / London 2005. Pareus, Johann Philipp: Analecta Plautina, in: Lampas, sive Fax artium liberalium, vol. 7, Frankfurt: Jonas Rosa, 1634. Plautus, M. 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Tonellis unkritische Ausgabe von 1823 ab, Solís 1993 kollationiert diese mit einer Handschrift aus Sevilla und Spencer / Summer 1994 mit einem Fragment der Einleitung aus Illinois, Bogliolo 2014 kollationiert ‒ wie schon Tonelli ‒ Shephards auf einem Parisinus basierenden Text von 1805 mit dem Laurentianus Plut. 47.19, aber ohne die zugehörige Widmung aufzunehmen, während Tateo 2004, 13, 197‒198 umgekehrt ‒ das Proemium inklusive ‒ vom Laurentianus ausgeht), doch bereiten jetzt Stefan Freund und Katharina Pohl (Wuppertal) eine deutlich größere Zahl an Handschriften berücksichtigende Bilingue vor, die wie der vorliegende Aufsatz die von Solís 1993 eingeführte Kapiteleinteilung übernimmt. Den beiden Editoren sei an dieser Stelle herzlich dafür gedankt, dass ich die fortgeschrittenen Vorarbeiten zu ihrer Ausgabe einsehen und eingehend mit ihnen diskutieren durfte. Unter Beherzigung einer klassisch normierten Schreibung und mit am Deutschen orientierter Interpunktion folgen meine lateinischen Zitate durchweg dem künftigen Text. Plautinische und antiplautinische Argumentationsstrategien in Poggio Bracciolinis An seni sit uxor ducenda Hartmut Wulfram (Wien) Zwischen 1436 und 1439 schrieb und veröffentlichte der bedeutende Florentiner Humanist Poggio Bracciolini (1380‒1459) seinen zweiten Dialog An seni sit uxor ducenda, in dem er sich trotz gewisser Abweichungen darum bemüht, sprach‐ lich-stilistisch und formal-strukturell dem großen Vorbild Cicero nachzueifern. 1 Inhaltlich signalisiert dagegen schon der Titel des Werks den kontroversen Anschluß an Hieronymus’ wirkungsmächtige Streitschrift Adversus Iovinianum, genauer an Theophrasts Liber de nuptiis, den der lateinische Kirchenvater vor‐ gibt eingehend zu paraphrasieren (Adv. Iovin. 1,47 = 313B‒315E). Der griechische Philosoph habe demnach die programmatische Frage an vir sapiens ducat uxorem gestellt und diese, da Schönheit, gute Sitten und edle Herkunft der Braut sowie 2 Vgl. Fubini 1966, 675; Roth 1998b, 41‒45; Clark 2005, 158‒159. 3 Neben Hieronymus / Theophrast und verschiedenen aristotelischen und ciceronischen Schriften (bes. Cato maior de senectute) sowie den hier zu behandelnden plautinischen Komödien seien Juvenals sechste Satire (programmatisch vv. 28‒29), Augustinus’ De bono coniugali (Bogliolo 2014, 41 Anm. 1; 45 Anm. 1; 67 Anm. 2), Walter Maps Dissuasio Valerii ad Ruffinum philosophum ne uxorem ducat (Roth 1998b, 56‒60) und Francesco Barbaros De re uxoria (Bogliolo 2014, 47 Anm. 1; Fubini 1990, 254‒255) hervorgehoben. Weitere Präbzw. Paralleltexte, die von Paulus bis Petrarca reichen, bringt vor allem Pittaluga 2017, 76‒83 ins Spiel. 4 Niccolò Niccoli (1365‒1437) und die bedeutende Rolle, die er in und für Poggios Œuvre spielt, porträtieren u. a. Canfora 2003; Field 2017, 233‒275 und Wulfram 2017, 49‒53. Reichtum und Gesundheit beim Bräutigam nur sehr selten zusammenfielen, vorsorglich mit non est igitur uxor ducenda sapienti beantwortet (313 C). 2 Tatsächlich ersetzt Poggio den weisen Freier nicht einfach durch einen betagten, seine Abhandlung suggeriert vielmehr eine dreistufige, additiv-inkludierende Klimax, bestehend aus vir, sapiens und senex. In immer neuen Ansätzen und unter Benutzung zahlreicher antiker wie nachantiker Quellen 3 kreist der Gedan‐ kengang a minore ad maius um die Fragen, ob die Eheschließung für einen Mann überhaupt sinnvoll sei, ob näherhin auch ein Weiser oder Gelehrter heiraten soll und schließlich, ob er dies selbst noch in hohem Alter verantworten könne. Nach kommunikationspragmatischen bzw. erzähltechnischen Kriterien glie‐ dert sich unser Dialog (fortan mit An seni abgekürzt) grob in fünf Abschnitte, wobei die Übergänge z.T. von gleitender Natur sind: 1. Widmung: Der Epistolograph Poggio dediziert das Werk implizit an Cosimo de’ Medici, gibt die aufgezeichnete Unterredung als authentisch aus und skizziert deren Inhalt (1‒3). 2. Einleitung: Der Erzähler Poggio berichtet über Ort, Zeit und Personal und referiert das Vorgespräch zwischen der Dialogfigur Poggio und Niccolò Niccoli (4‒11). 3. Erster Monolog: Niccoli hält ein situationsunabhängiges Plädoyer contra mat‐ rimonium viri sapientis senisque (12‒24). 4. Zweiter Monolog: Carlo Marsuppini kontert mit einem Plädoyer pro matri‐ monio (25‒67), unterbrochen von einem ironischen Einwurf Niccolis (35). 5. Ausklang: Der Erzähler berichtet von der abschließenden Wechselrede der auf ihren Standpunkten beharrenden Kontrahenten und vom Ende der Tisch‐ gesellschaft (68‒69). Obgleich fiktionsintern keiner der beiden Redner, die mit dem Gastgeber Poggio, der bis auf die Einleitung (4‒5, 9‒10) und ein Auflachen (25) stumm bleibt, eng befreundet sind, 4 den Sieg davonträgt, ergreift der auktoriale Paratext auf 210 Hartmut Wulfram Über Carlo Marsuppini (1398‒1453) informiert bündig Viti 2008. Das Vorbild für Poggios Zurücknahme der eigenen Dialog-persona dürfte in Ciceros De natura deorum zu suchen sein. 5 „In some dialogues, whichever speaker has the last word can be thought to have delivered the better or best opinion“ (Tinkler 1988, 205). 6 Dazu treffend Folts 1976, 275. 7 Gemäß Poggios gesichertem Geburts- und Hochzeitsdatum (Walser 1914, 6, 160, 353; Martines 1963, 210) ist die Formulierung quinto et quinquagesimo anno unklassisch im Sinne von ‘mit 55 Jahren’ zu verstehen. Dass Poggio zu den frühen italienischen Lukianrezipienten gehört, steht außer Frage (Marsh 1998, 37‒40). verschiedenen Ebenen Partei. Im Zuge der Diskussion in utramque partem (4) führt entsprechend dem Familienstand, biographischer Standardchronologie und römisch-ciceronischer Prozessordnung der verheiratete Marsuppini erst nach dem ledigen ‘Ankläger’ Niccoli das Wort, eine Abfolge, die Marsuppinis Verteidigungsrede automatisch größeres Gewicht verleiht und besser im Ge‐ dächtnis des Lesers verankert, 5 umso mehr, als ihr auch deutlich mehr Platz eingeräumt wird. Darüber hinaus hatte schon der Widmungsbrief kaum ver‐ hohlen die Nähe der marsuppinischen Einlassungen zu Poggios persönlichen Ansichten signalisiert, in sententiam meam conferre Caroli dicta videbantur (1). Im Kontext der 1430er Jahre haftet so dem Werk bei aller Androzentrik ein fortschrittlicher Zug an, wird in ihm doch eine intellektuelle Lebensform ethisch begründet und propagiert, die sich außerhalb klerikaler Bahnen und im Ehestand bewegt. 6 Die apologetische Stoßrichtung von An seni tritt angesichts des autobio‐ graphischen Unterbaus umso deutlicher hervor. Zu Anfang des Jahres 1436, unbestimmt kurze Zeit vor dem dramatischen Datum des Dialogs, hatte Poggio nämlich geheiratet, wie gleich der erste Satz der Einleitung bekennt, mecum post acceptam uxorem (4). Wenn dann der zweite Satz das Thema der vermeintlich protokollierten Unterredung mit an seni […] esset uxor ducenda umreißt, schiebt der homodiegetische Erzähler nach der Altersangabe seni die Erläuterung ein, dass sich die Frage auf niemanden sonst als ihn selbst bezogen habe, in me autem haec interrogatio vergebat (4). Nicht nur Freunde und Bekannte, jeder Leser weiß somit im Vorfeld darüber Bescheid, dass der greise Autor kurz vor Abfassung der Schrift vor den Altar getreten ist, mit unangebrachten 55 Jahren, wie die lu‐ kianesk anmutende Dialogfigur Niccoli ihrem Gesprächspartner Poggio wenig später unter die Nase reibt (14). 7 Der vergleichsweise vernünftige Marsuppini, so Niccoli, habe sich wenigstens in einem ‒ jüngeren ‒ Alter vermählt, wie es die (zeitgleich vom gemeinsamen Freund Leonardo Bruni neu übersetzte) Politik 211 Plautinisches in Poggio Bracciolinis An seni sit uxor ducenda 8 Vgl. Aristot. Pol. VII 16, 1335a28‒35; Martines 1963, 127, 221; Hankins 2007/ 2008, 17‒19, 22‒35, 48. 9 Quae nondum decimum octavum annum excesserat, „die noch keine achtzehn war“ (Poggio, Brief an Giuliano Caesarini vom 26.5.1436 = Epist. II 5, 8 l. 48 ed. Harth 1984); zu Vaggias Herkunft Martines 1963, 210‒214. „Men in Florence usually married betweeen the ages of twenty-five and thirty-five, women between the ages of fourteen and eighteen“ (ebd., 200 Anm. 7). 10 Meine Übersetzungen orientieren sich hier und im Folgenden an der Zielsprache und erlauben sich daher ‒ bei aller Bemühung um Präzision ‒ gewisse Freiheiten gegenüber dem Original. 11 Der an dieser Stelle erstmals von Poggio verwendete Ausdruck molestiae (sc. nuptiarum) darf als eine Art terminus technicus gelten; vgl. Poggio, An seni 8; 20, 35; Roth 1998a; Roth 1998b. des Aristoteles gutheiße, also mit etwa 37 Jahren (6‒8). 8 Auch Poggios vornehme Braut Vaggia di Gino Buondelmonti, von Niccoli als adolescens charakterisiert (11), entsprach mit ihren knapp achtzehn Lenzen sowohl den damals in Florenz üblichen Heiratsgepflogenheiten als auch aristotelischer Vorschrift. 9 Wenn aber Poggio und Vaggia nicht neunzehn, sondern 38 Jahre trennen, ist das numerische Mißverhältnis eklatant: der Altersabstand nimmt sich exakt doppelt so groß aus wie vom ohnehin relativ großzügigen Aristoteles empfohlen. Schwerer noch als die verletzte Autorität des Aristoteles wiegt für einen Humanisten mit Anspruch, rational und ethisch konsistent zu handeln, der Vorwurf flatterhafter Gesinnung. Poggio tritt uns in An seni ja keineswegs als neuverheirateter Witwer vor Augen, vielmehr hat er als jahrzehntelanger Junggeselle bewährte Überzeugungen einfach über den Haufen geworfen, wie Niccoli im Vorgespräch fassungslos feststellt (6): 10 Quae enim stultitia est, cum usque ad senium uxorem contempseris, liber ac tui iuris vivens, postmodum te subicere voluntariae servituti ac novarum molestiarum 11 causam quaerere, quas neque commode ferre queas neque ullo pacto reicere! Was begehst du da für eine Dummheit! Nachdem Du, frei und nach eigenen Grund‐ sätzen lebend, bis ins Greisenalter das Ehejoch verschmäht hast, unterwirfst du dich jetzt der freiwilligen Sklaverei, bereit, dir immer neuen Stress aufzubürden, den du weder bewältigen noch jemals wieder loswerden kannst! Vor dem Hintergund damals populärer Trionfo d’Amore-Darstellungen, die bezeichnenderweise oft Hochzeitstruhen und Wöchnerinnenschüsseln zierten, läuft so der Frischgetraute a priori Gefahr, u. a. mit dem liebestollen Vergil im Korb oder dem sich als Reittier der Phyllis lächerlich machenden Aristo‐ 212 Hartmut Wulfram 12 Vgl. Ortner 1998; Wulfram 2009, 94‒95; Castelberg 2013, 192‒195, 199‒202. 13 Eingehend Ryder 1984 und Bianco 2003, 55‒67, die auch auf Nicobulus und Philoxenus aus den Bacchides, auf Antipho aus dem Stichus sowie den pater Alcesimarchi aus der Cistellaria verweisen. Terenz dagegen verwendet die Figur des senex amator gar nicht (Rissom 1971, 52‒53, 185). 14 Ein wohl vollständiges Repertorium der Zeugnisse bietet Questa 1985, 175‒181. 15 Die erhaltenen Handschriften analysiert Questa 1985, 191‒230; zusammenfassend Questa 1996, 193. 16 „Per diligentia di meser Lionardo e di messer Poggio trovorono [sic] le dodici ultime comedie di Plauto“ (Vespasiano da Bisticci, Vita di Meser Poggio Fiorentino, ed. Greco 1970, 543‒544; vgl. ebd. Anm. 10). Dass der notorisch unzuverlässige Vespasiano hier auch Bruni erwähnt, könnte diffus von dessen begeisterter Reaktion auf Poggios Quintilianfund (vgl. Wulfram 2019, 254‒259) übertragen sein. 17 Vgl. Wulfram 2009, 9‒18. teles, zwei dort abgebildeten, weit verbreiteten mittelalterlichen Philosophen‐ legenden, auf eine Stufe gestellt zu werden. 12 Noch offenkundiger riskiert Poggio in die antike Motivtradition des ver‐ liebten Alten einzurücken, und zwar nicht nur aufgrund des weiten Generatio‐ nensprunges, der mit dem Abstand zur eigenen Gattin korrespondiert, sondern auch weil der römische Komiker Plautus, der damals den Typus des senex amator mit mindestens sieben Exemplaren praktisch monopolisierte ‒ man denke nur an Demaenetus aus der Asinaria, Lysidamus aus der Casina und Demipho aus dem Mercator ‒, 13 die Humanistenszene gerade in den Jahren unmittelbar vor Poggios Hochzeit durch das Bekanntwerden von zwölf neuen Stücken (ab 1429) förmlich elektrisiert hatte, wovon nicht zuletzt Poggios eigene Briefe, viele davon an Niccoli (dessen Antwortschreiben verloren sind), zeugen. 14 Poggio, der Handschriftenjäger par excellence, hatte die zwölf neuen Komödien zwar nicht gefunden, sie aber Anfang der dreißiger Jahre als erster emendiert, kopiert bzw. kopieren lassen und mit den bis dato bekannten acht zu einem corpus (wieder)vereint, 15 eine philologische Pionierleistung, aufgrund derer er von dem Florentiner Buchhändler und Biographen Vespasiano da Bisticci wenige Jahrzehnte später kurzerhand zu ihrem Entdecker befördert wurde. 16 Im folgenden soll unter Hintansetzung sonstiger Aspekte genauer untersucht werden, wie der Autor von An seni sit uxor ducenda mit dem spezifisch plautinischen Assoziationspotential umgeht, das sich aus der geschilderten autobiographisch zugespitzten Grundkonstellation und der prominenten Invol‐ viertheit in die Textgeschichte ergibt und durch die mimetische Verwandtschaft der literarischen Gattungen Dialog und Drama 17 noch zusätzlich verstärkt wird. Obgleich Poggios erster Dialog De avaritia in beiderlei Hinsicht vorangeht, mag man bereits in der unciceronischen Verlegung des Gesprächs in den Kontext eines Gastmahls und dem Vergleich der durch Speis und Trank gesättigten 213 Plautinisches in Poggio Bracciolinis An seni sit uxor ducenda 18 Dazu z. B. Stroh 2000, 31. 19 Vgl. Lowe 1995, 24‒29. 20 Die makrotextartige Komplementarität von Poggios ersten beiden Dialogen, die jeweils lebenspraktische, den Autor gerade persönlich umtreibende Themen aufgreifen, wird schon daraus ersichtlich, dass De avaritia beim Abendessen in Rom stattfindet (cenarent, 2, 1, ed. Germano 1994) und An seni ergänzend beim Mittagessen in Florenz (pranderent, 4). Der implizite Vergleich von Rednern mit Flöten betont jeweils den sprichwörtlichen Charakter, ut dicitur, „wie man sagt“ (An seni 4, Zitat oben), antiquum est bene inflatas tibias meliorem sonum solere reddere, „einem alten Sprichwort zufolge klingen Flöten, in die man kräftig bläst, für gewöhnlich besser“ (De avaritia 6, 6), was womöglich auf den mittelalterlichen Dudelsack, tibia utricularis, gemünzt ist („Die Pfeife tönt nur, wenn der Sack voll ist“, Thesaurus Proverbiorum Medii Aevi, s.v. Pfeife 1). Den diesbezüglich von Bogliolo 2014, 25 Anm. 2 ins Spiel gebrachten plautinischen Stichus mag Poggio in An seni zusätzlich oder sogar primär im Kopf gehabt haben, nicht aber in De avaritia, weil er zur Abfassungszeit dieses Dialogs (1428/ 29) den zu den zwölf neuen Komödien zählenden Stichus noch gar nicht gekannt haben kann. Wie sehr ihn Plautus gleichwohl schon damals beschäftigte, zeigen die Bezüge zum alten Geizhals Euclio aus der Aulularia in De avaritia 9, 10 und bes. 27, 3. 21 Thesaurus Linguae Latinae, s.v. elleborum, coll. 396, 2b, ad insaniam expurgandam (Plaut. Men. 913; 950; Pseud. 1185); s.v. elleborosus, coll. 395 (Plaut. Most. 952; Rud. 1006). Die Indikation lässt sich natürlich auch wiederholt der griechischen Literatur entnehmen (Stadler 1912), doch dürfte Poggio in den 1430er Jahren kaum eine dieser ziemlich abgelegenen Schriften gekannt haben. Redner mit komödientypischen Flöten, tibiae, 18 die umso besser klingen, je mehr Luft man in sie hineinbläst, nam inflatae repletaeque tibiae sonare, ut dicitur, consueverunt modulatius (An seni 4), eine einschlägige Trübung der hehren Gattungstradition erkennen, die besonders das ausgelassene ‘Dienstbotenfest’ aus Plautus’ Stichus (Stich. 683‒775) 19 samt dem dort zum Trinken animierten Flötisten, tibicen, wachruft (715‒724, 767‒768). 20 Die grundsätzliche Orientie‐ rung an Cicero verbietet zwar markante Anleihen auf lexikalisch-syntaktischem Gebiet, dennoch sendet gleich Niccolis erste Wortmeldung ein plautinisches Signal aus. Alle, die sich wie Poggio erst im Greisenalter vermählten, so der bärbeißige Hagestolz, schienen ihm nicht nur dumm zu sein, sondern derart verrückt, dass es schon der Nieswurz, des elleborus / -um, bedürfe, um sie von schwerer Geisteskrankheit zu befreien, ‘Omnes mihi profecto’ inquit ‘non solum stulti, sed vos quoque videmini insanire, ut elleboro opus esset ad purgandas tanta vesania hominum mentes (An seni 5). Zwar werden auch anderswo im klassischen Latein Heilmittel mit dem griechischen Lehnwort elleborus / -um bezeichnet, eine Arznei speziell gegen Wahnsinn aber am häufigsten (dreimal) von Plautus, der zudem als einziger das davon abgeleitete Adjektiv elleborosus (zweimal) bildet. 21 Wenn in der Mostellaria vom geprellten Vater Theopropides gesagt wird, er sei offenkundig ‘nieswurzig’, sprich ‘wahnsinnig’, senex hic 214 Hartmut Wulfram 22 Vgl. Stroh 2000, 43‒44. 23 Vgl. Schuhmann 1977; Stärk 1990, 71‒76; Braund 2005, 46‒50. elleborosust certe (Plaut. Most. 952), übernimmt Niccoli dieses Urteil mutatis mutandis für Poggio. Das plautinische Kolorit, in das so bereits die Einleitung des Dialogs getaucht wird, durchzieht anschließend auch Niccolis zusammenhängendes Plädoyer (An seni 12‒25), für das der Miles gloriosus mit dem misogamen Theoriediskurs des Hausbesitzers und sich wie ein Jüngling gebärdenden Lebemanns Periplecto‐ menus 22 ein wenngleich bescheidenes formales Vorbild bietet. Während dieser eingefleischte Junggeselle, der mit 54 Jahren (zufällig? ) ungefähr genauso alt ist wie der Bräutigam Poggio, den Ehefrauen vor allem Geschwätzigkeit und Habgier unterstellt (Mil. 677‒722), evoziert Niccoli, der dafür gewissermaßen aus der Praxis plautinischer Charaktertypen schöpft, wie sie die Asinaria (Arte‐ mona), Casina (Cleostrata), die Menaechmi (uxor Menaechmi) oder der Mercator (Dorippa) bereithalten, 23 das Bild zänkischer Matronen und kontrollwütiger uxores dotatae, die dem Gatten umso lästiger fallen, je älter sie werden (An seni 15 / 20): Quid enim si uxor tuis moribus contraria ac perversa domi fuerit, quae te redeuntem torvo gravique excipiat vultu, exeuntem iurgio prosequatur, domi morantem verbis obtundat ac mordeat! Quae te cura, quae anxietas, qui mentis cruciatus vexabit! […] Emergunt praeterea sexcentae in diem improvisae molestiae, quae nedum senes, sed iuvenes quoque ad paenitentiam uxoris adducant. Was wenn Deine Frau zuhaus voll Mißgunst nicht mit deinem Lebensstil überein‐ stimmt? Bei deiner Rückkehr empfängt sie dich mit finsterem, strengem Blick; gehst du außer Haus, verfolgt sie dich mit Streit, und bleibst du daheim, liegt sie dir mit beißenden Worten in den Ohren. Was für Sorgen, Ängste und psychische Qualen werden dich plagen! […]. Täglich tauchen unzählige neue Ärgernisse auf, die schon junge, erst recht aber an Jahren reife Männer ihre Hochzeit bereuen lassen. Steigernd hebt Niccoli speziell noch die Beschwernisse gelehrter Ehemänner hervor, die es doch aufgrund ihrer Bildung, die ja die Lektüre misogamer Textautoritäten miteinschließt, eigentlich sehr viel besser hätten wissen müssen (22): At vero ii magis errare mihi videntur, quibus adsit liberale aliquod doctrinae genus, cui honeste vacent, et animum bonis artibus imbuant. Nam liberior est multo ad litterarum studia sui arbitri vir quam impedimento muliebri involutus. 215 Plautinisches in Poggio Bracciolinis An seni sit uxor ducenda 24 Primum enim inpediri studia philosophiae nec posse quemquam libris et uxori pariter inservire, „zu allererst würden die philosophischen Studien behindert: niemand kann den Büchern und einer Ehefrau zugleich dienen“ (Hier. Adv. Iovin. 1,47 = 313D). 25 Vgl. Furlan 2003, 283‒289. 26 Wie der Thesaurus Linguae Latinae, s.v. meliusculus, zeigt, kommt dieses auffällige Deminutiv vom Komparativ melior nicht zuletzt bei Plautus vor (Capt. 959; 968; Curc. 489). Noch mehr scheinen mir jene zu irren, denen eine freie Gelehrsamkeit, der sie sich ehrenvoll verschrieben haben, zur Seite steht, und die ihren Geist mit den guten Künsten benetzen. Ein autonomer Mann hat viel mehr Zeit fürs Bücherlesen als einer, den die Stricke der Ehefrau fesseln. Im traditionsreichen Fahrwasser von Theophrast und Hieronymus 24 integriert hier Niccoli den unplautinischen, aber durchaus humanistischen Topos 25 der Unverträglichkeit von philosophischen Studien und Ehestand (Plautus bringt keine Gelehrten auf die Bühne), den unser frischgetrauter Autor nebenbei, sozusagen auf der Metaebene, durch die bloße Abfassung seines Dialogs listig durchkreuzt. Geradezu auf den Kopf gestellt erscheint die durch Plautus’ senes amatores gegebene Situation, wenn Niccoli dem betagten Ehemann in zweideutig unzwei‐ deutigen Worten vor Augen hält, wie sehr sich die Gefahr, zum Hahnrei gemacht zu werden, durch den großen Altersabstand zu seiner besseren Hälfte verschärft habe (An seni 16‒20): Quid, si ebria (accidere enim haec possunt) fuerit, si impudica, ignava, somnolenta? Satius emori esset quam cum hac vitam degere. […]. Virgo, cum diversi sint adoles‐ centum et senum mores, varii appetitus, longe alia natura, raro conveniet viro. […]: altera risu, ludis, iocis, alter austeritate et rebus seriis delectabitur, illa appetitu erit meliusculo, 26 vir stomacho debilis; altera in causam virum vocabit, alter declinabit forum. Ita affectionum disparitas, dissensiones primo, deinde odium pariet, ut mihi quidem in lubrico versari videatur senex, cui virgo copulata sit […]. Quod si pudicitiae vel suspicio vel crimen addatur, nullum erit gravius tormentum, nulla maior infelicitas. Was, wenn sie sich betrinkt ‒ denn auch das kann passieren ‒, wenn sie schamlos, faul und verschlafen ist? Lieber tot sein als mit so einer zusammenzuleben! […]. Da von Natur aus Gewohnheiten und Bedürfnisse von Jugend und Alter sehr verschieden sind, wird eine junge Frau selten zu einem Greis passen. […] Sie hat Freude an Gelächter, Scherzen, Spielen, er hält auf Strenge und seriöse Beschäftigungen, sie hat den größeren [sexuellen] Appetit, er einen schwächelnden Magen, sie ruft den Mann zur Sache, er flieht das Forum [bzw. das eheliche Schlafgemach]. Die unterschiedlichen Neigungen erzeugen zuerst Uneinigkeit, dann Hass. Ein Greis, der sich an eine junge 216 Hartmut Wulfram 27 Die eindeutig sexuelle Konnotation belegt später fiktionsintern Marsuppini, quod senes tamquam imbecilles in Venerem culpasti, „wenn du den Greisen vorgeworfen hast, sie seien in Sachen Geschlechtsverkehr gleichsam Schlappschwänze“ (Poggio, An seni 60), sowie der Umstand, dass Poggio in An seni noch häufiger sexuelle Speisemetaphern gebraucht (cibus diminutus, „verminderte Ration“, in 18, und dann erneut appetitus in 34, 59 und 62). 28 Auch Terenz’ Hecyra bleibt ohne Ehebruch, da die Vergewaltigung / Schwängerung der Philumena vor der Hochzeit erfolgt und sich später der Ehemann als der unbekannte Vater / Vergewaltiger herausstellt (Braund 2005, 58‒62). 29 Zur meretrix bei Plautus vgl. Auhagen 2009, 136‒227; zur matrona / uxor dotata die oben in Anm. 23 angegebene Literatur; zur virgo Manuwald 2001. 30 Vgl. auch Poggio, An seni 24 und Quint. Inst. 3, 5, 8, wo die quaestio infinita („allgemeine Frage“) bezeichnenderweise anhand von an uxor ducenda („soll ein Mann heiraten“), die quaestio finita („spezielle Frage“) aber durch an uxor Catoni ducenda („soll Cato heiraten“? ‒ welcher bleibt offen) exemplifiziert wird. 31 Vgl. Lefèvre 2011, 66‒68. Dass Plautus’ senes amatores außerhalb der Bühnenhandlung durchaus erfolgreich die Ehe brechen, illustriert Schuhmann 1977, 60‒63. 32 Vgl. Schuhmann 1976; Braund 2005, 50‒58. Frau bindet, bewegt sich daher, so scheint mir, auf schlüpfrigem Terrain […]. Stellt sich erst der Verdacht oder die Gewißheit mangelnder Keuschheit ein, gibt es keine schlimmere Marter, kein größeres Unglück. 27 Anders als in diesem Horrorszenarium fehlt in der antiken Komödie die Figur der Ehebrecherin völlig, sieht man einmal vom tragikomisch-mythologischen Kuriosum des plautinischen Amphitryo ab. 28 Wenn Niccoli das Thema so mar‐ kant ausgestaltet und, figurentypologisch gesprochen, die virgo mit der matrona und der meretrix vermengt, 29 dockt er vielmehr an Juvenals berüchtigte ‘Weiber‐ satire’ an, die auch dem erwähnten Alkohol eine katalysatorische Funktion für die sexuellen Ausschweifungen verheirateter Frauen zuschreibt ( Juv. 6, 286‒334; 424‒433). Wie gut, dass angesichts all dessen Poggios keusche Gattin von Anfang an ausdrücklich von Niccolis generellen Ausführungen ausgespart wurde (An seni 11‒12, 14). 30 Im Gegensatz zu den greisen Bräutigamen, die Niccoli aufs Korn nimmt, gelangen plotintern Plautus’ Verliebte Alte nur im Sonderfall der Bacchides (wo die zwei Hetären die aufgebrachten Väter zum Schluss überraschend verführen) ans Ziel ihrer Wünsche. 31 Diese sind ohnehin rein sexueller Natur, denn die formale Heirat mit der jungen Geliebten kommt schon wegen gesellschaftlicher Hürden nicht in Betracht, d. h. der nötigen Scheidung samt Vermögenseinbuße oder ständischem Prestigeverlust (Gegenstand der Begierde sind ja meist Sklavinnen oder Hetären). 32 Im Unterschied zu Niccolis Negativszenarien tobt die plautinische Ehehölle stets innerhalb derselben ‘so‐ zialen Generation’, und, von den Menaechmi einmal abgesehen, immer zwischen 217 Plautinisches in Poggio Bracciolinis An seni sit uxor ducenda 33 „The essential paradox of Roman comedy: „that while marriage is the objective of the essential comic plot [anführen ließen sich Plaut. Aul., Cas., Cist., Poen., Rud., Trin.], already-established marriage is portrayed as a negative experience about which husbands and wives complain and from which husbands fantasize their escape“ (Braund 2005, 40). 34 Bogliolo 2014, 45 Anm. 2 erwägt, ob Poggio im direkten Anschluss an diese Passage ironisch auf Niccolis Mätresse anspielt, die ehemalige Geliebte von dessen Bruder: Neque tu mihi vitae continentiam prae te feras, et quidem admodum pauci existunt, qui eam virtutem amplectantur, „geh’ mir nicht mit Deinem genügsamen Leben hausieren, denn es gibt nur sehr wenige, die die Tugend der Enthaltsamkeit beherzigen“ (An seni 32). Schlüpfrige Details dieser Liäson hatte ein paar Jahre zuvor Leonardo Bruni in seiner gegen Niccoli gerichteten Invektive Oratio in nebulonem maledicum (1424) einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht (ed. Viti 1996, 366‒370). senex und uxor dotata. 33 Eine typologische Überprüfung zeigt also, dass die senes amatores bei Poggio und Plautus ebensowenig deckungsgleich sind wie die Mädchen, für die sie entbrennen. Auch das vordergründig eher rhetorisch-akademische Plädoyer, das Marsup‐ pini im Anschluss für die Eheschließung im Allgemeinen, alte und moralphilo‐ sophisch gebildete Bräutigame im Besonderen hält (An seni 25‒87), gewinnt erheblich an Witz, liest man es vor der textimmanent mittlerweile fest eta‐ blierten plautinischen Kontrastfolie. Wird die Heirat zunächst altersunabhängig als gesellschaftlich und individuell sinnvoll eingestuft, weil sie von anstößigen Junggesellenlastern wie Bordellbesuchen, Verführung ehrbarer Damen oder gar Homosexualität abhalte, matrimonio qui abstinet vel adulter vel fornicator evadet aut alteri vitio detestabiliori involvetur (32), 34 werden später außereheliche Eskapaden, die Plautus für gewöhnlich altgedienten Veteranen zuschreibt, als Alleinstellungsmerkmal halbwüchsiger Rekruten abgestempelt (58‒59): Nam quotus quisque est ex his iunioribus, qui coniugalem fidem non abrumpat ac distrahat? Effervescit libido latius quam aequum est neque se continet intra domesticas metas. Paellex potior uxoris loco habetur. Wie viele junge Männer gibt es denn, die das Versprechen ehelicher Treue nicht mehrfach brechen? Ihr Sexualtrieb brodelt im Übermaß und überschreitet die häusli‐ chen Grenzen. Der Ehefrau ziehen sie Huren vor. Aus dieser jugendspezifischen Veranlagung erwüchsen peinliche Ehestreitig‐ keiten, wie sie so mancher plautinischen Komödie zur Ehre gereichen könnten (das einschlägige Quartett aus Asinaria, Casina, Menaechmi, Mercator wurde oben schon erwähnt), sowie seitens der Frau das rachsüchtige Verlangen, Gleiches mit Gleichem heimzuzahlen, ex quo iurgia, contentiones, odia indigna matrimonio subsequuntur et vindicandae quandoque contumeliae appetitus (59). 218 Hartmut Wulfram 35 Poggio gebraucht auch anderswo Formulierungen von ähnlich zugespitztem Charakter: et senis coniugium approbo et ei rectius quam adolescenti uxorem adolescentulam arbitror collocari, „ich billige es, wenn ein Greis heiratet, und glaube, dass ein junges Mädchen richtiger ihm als einem jungen Mann zur Frau gegeben wird“ (An seni 35); ita mea sententia melius seni quam adolescenti virgo nubet, „eine junge Frau heiratet daher meiner Meinung nach besser einen alten als einen jungen Mann“ (46). Sind beide Eheleute jung und unerfahren darin, ihre erotischen Leidenschaften zu zügeln, liefen sie Gefahr, sich gegenseitig zur Unzucht zu verleiten, alter alterum in errorem trudet, dum indulgebunt suis cupiditatibus, quibus obsistere infirmo animo, nullo usu, nulla prudentia didicerunt (38). Der adolescentiae levitas (An seni 64), der moralischen Verführbarkeit und Weisheitsferne speziell der Jugend, setzen nach Marsuppini reife Ehemänner ihre ganze Abgeklärtheit, überlegene Vernunft und Lebenserfahrung entgegen, cum ab illa aetate [sc. iuventute] aliena quoadmodum credatur esse prudentia, ma‐ turitatem in senibus, gravitatem, consilium, rerum experientiam esse arbitramur (55). Dank verminderter libido und ethisch bewährter Grundsätze erwiesen sie sich jederzeit als treu und fürsorglich und führten durch Wort und Tat Frau wie Kinder auf den sicheren Pfad der Tugend (34‒36, 39‒47, 50‒63, 67). Wenn der Sprecher prononciert ausruft, er kenne kein Gesetz, das Greisen die Heirat untersagt, primum, nullam legem neque consuetudinem video, quae uxorem senibus interdicat (36), scheint er mit Bedacht das Ende von Plautus’ Mercator zu karikieren, wo just ein solches, freilich mit Bezug auf Hetärenlieb‐ schaften, verkündet wird, immo dicamus senibus legem […] (Merc. 1015‒1026). In verschiedenen Anläufen, die sich hier nachzuzeichnen erübrigt, gelangt Marsuppini zu den antiplautinisch, ja paradox anmutenden Schlüssen, dass es nachgerade unverantwortlich sei, wenn Eltern ihre Töchter jungen Burschen anvertrauten, ut parum tutum sit filias suas iunioribus credere (An seni 38), und andererseits betagte Männer, die zu ihrer Revitalisierung junge, noch sittlich formbare Frauen heirateten (42‒43, 63), dies nicht nur im eigenen, sondern sogar gesamtgesellschaftlichen Interesse täten, seclusa privata utilitate publici commodi gratia senibus uxorem et quidem adolescentem habere expedit (57). 35 Als zweitbeste Wahl wird freilich auch der späte Bund des Mannes mit einer älteren, nicht mehr gebärfähigen Frau gutgeheißen, weil sich das Paar dann im Alter ‒ im schroffen Gegensatz zu den ewigen Zänkereien bei Plautus ‒ wechselseitig zu stützen vermöge (An seni 65‒66). Als Niccoli solch schöne Visionen der Harmonie einmal unterbricht, um auf liebestolle Gecken zu verweisen, die sich schlimmer als dumme Knaben aufführten ‒ und somit explizit den Negativtopos des senex puer bedient, für den Plautus’ Demipho, der mit a m o ‘ich bin verliebt’ sogar das ABC neu lernen will, ein radikales 219 Plautinisches in Poggio Bracciolinis An seni sit uxor ducenda 36 Zum umgekehrten, positiv belegten Topos des puer senex vgl. Wulfram 2009, 103 mit Anm. 88 (weitere Literaturhinweise). 37 Plautus’ Gebrauch dieses Komödientypus analysiert ausführlich Antonsen-Resch 2004, 20‒152. 38 Dann „verwaltet der Sohn das Haus und das Vermögen und verfügt dabei als Stellver‐ treter über größere Vollmachten“ (Rissom 1971, 42). Beispiel liefert (Merc. 292, 303‒304) ‒, tut dies Marsuppini als verschrobene Einzelfälle ab (An seni 35, 41). 36 Niccoli, der nicht nur seinen Plautus, sondern auch seine Geschlechtsgenossen besser zu kennen scheint, fragt schließlich den sich allzu weit aus dem Fenster lehnenden Lobredner alter Ehemänner spöttisch, warum er denn nicht selbst mit der Heirat bis zur ‘Pensionsschwelle’ gewartet habe (68). Wenn er mutmaßt, Marsuppini habe Poggio lediglich nach dem Mund reden wollen, um ihm die Gastfreundschaft zu vergelten (69), rückt er ihn unausgesprochen in die Nähe eines Parasiten, wie ihn Plautus mindestens in acht seiner Stücke untergebracht hat (Asinaria, Bacchides, Captivi, Curculio, Menaechmi, Miles gloriosus, Persa, Stichus). 37 Obgleich also Marsuppinis Plädoyer selbst die plautinische Welt insgesamt gehörig gegen den Strich bürstet, enthält es doch auch eine motivische Parallele. Als gewichtiger Faktor, der e contrario für betagte Bräutigame spricht, wird die Neigung ausschließlich junger Ehemänner ins Feld geführt, das gemeinsame Erbe zu verschleudern, und so mitsamt ihrer Familie in Not und Elend zu enden bis hin zur Zwangsprostitution der Gattin, ampla patrimonia a parentibus relicta dissipant, ut postmodum egentes vitam inopem cum liberis ducere compel‐ lantur, qua ex re multas mulieres fieri deteriores necessitas coegit (An seni 38, vgl. 46‒47). Welcher humanistische und längst auf Plautus getrimmte Leser dürfte angesichts solcher Zustände nicht an Diniarchus aus dem Truculentus, Philolaches aus der Mostellaria und Lesbonicus aus dem Trinummus denken, mag die Vermögensvernichtung der beiden letzteren, noch ledigen iuvenes auch erst durch die zeitweilige Abwesenheit ihrer Väter ermöglicht worden sein? 38 In einer anderen Passage, in der Marsuppini ausnahmsweise aus weiblicher Perspektive argumentiert, wird den Frauen indirekt zugesichert, dass sie nur durch die Verbindung mit Greisen vor allerlei notorischen Erniedrigungen sicher sein könnten, nicht zuletzt vor jener, miterleben zu müssen, wie der eigene Gemahl ihre Kleider verkauft oder diese gar seiner Konkubine schenkt, venient in mentem vestes persaepe aut venum datae aut condonatae paellici (64). Dass hier die plautinischen Antihelden Menaechmus (aus Epidamnus) und Demaenetus Pate stehen, die ebenfalls ihrer Ehefrau ein edles Gewand stehlen 220 Hartmut Wulfram 39 Vgl. Stärk 1990, 69. 40 Curry Woods 2013, 322. 41 Vgl. Walser 1914, 161‒162, 192‒194, 201; Castelli 1980, 160‒161, 163 Anm. 1‒4; Rao 2007, 55‒58, 95‒96; zum leno bei Plautus Hartkamp 2004, 19‒129; zur meretrix Auhagen 2009, 136‒227. bzw. stehlen wollen, um damit die geliebte Hetäre zu erfreuen (Men. I 2‒I 3; Asin. 884‒889), 39 liegt auf der Hand. Wie unsere Spurensuche gezeigt hat, handelt es sich bei Poggios An seni sit uxor ducenda um eine kaum verhohlene, durchaus selbstironische Oratio pro domo, die gar nicht erst versucht die sich aufdrängende Vergleichswelt der plautinischen Komödien zu verstecken, sondern sie in einem kreativen Wechselspiel aus Partizipation und Differenz in betont rationale, wenn man so will: ciceronische Diskurse einbindet, die beanspruchen praktische Lebens‐ hilfe zu geben. Unabhängig von dieser Strategie vorauseilender Verteidigung unterschlägt Poggio solche Elemente der eigenen Biographie, die ihm offenbar indezent oder verfänglich erscheinen. Darüber beispielsweise, dass er selbst nie ein Kind von Traurigkeit war und in den Jahrzehnten vor seiner Hochzeit zahlreiche uneheliche Kinder gezeugt hatte, fällt keine einzige Andeutung. Die Mit- und Nachwelt hätte von Poggios „titillating virility“ 40 wohl auch nicht allzu viel mitbekommen, hätte er sich nicht alsbald mit wortgewaltigen Kollegen in wechselseitigen Invektiven bekriegt. Der Frischvermählte wird so etwa von Lorenzo Valla (Antidotum secundum) als herzloser Rabenvater seiner ‘Bastarde’ gebrandmarkt und Tommaso Morroni (Apologia apud sacrum cardinalium colle‐ gium in Pogium maledicum) schildert sogar, wie Poggio, der ein naives Mädchen aus gutem Hause zur Ehe verführt habe, nach alter Gewohnheit die Ruinen Roms durchforscht ‒ nicht etwa, wie es sich für einen guten Humanisten gehört hätte, nach antiken Schätzen, sondern, alle sozialhistorisch notwendigen Differenzierungen einmal beiseitegelassen, um nach zwei Charaktertypen der plautinischen Komödie Ausschau zu halten: nach Zuhältern und Huren, lenones et scorta. 41 Von solchen, schon gattungsbedingt zu relativierenden Trübungen, die das Bild des Ehemanns Poggio erfährt, heben sich aus rezeptionsästhetischer Per‐ spektive verschiedene familiäre ‘Metatexte’ ‒ im semiotisch weiten, Schriftli‐ ches wie Nichtschriftliches, Intendiertes wie Kontingentes umfassenden Sinne des Begriffs ‒ positiv ab. Wie mehrere Briefe und die gut zwanzig Jahre nach unserem Dialog als ‒ wenngleich unpersönliche ‒ rhetorische Übung verfasste Oratio in laudem matrimonii unterstreichen, hat Poggio allen Unkenrufen zum 221 Plautinisches in Poggio Bracciolinis An seni sit uxor ducenda 42 Vgl. Walser 1914, 164; Fubini 1966, 903‒915 (Oratio); Pittaluga 2017, 73‒75; Field 2017, 303‒304; Poggio, An seni 10. 43 Vgl. Walser 1914, 224‒225, 298‒302, 310; Castelli 1980, 161‒162. 44 Vgl. Walser 1914, 298, 316‒317; Castelli, 1980, 162. 45 Dazu jetzt Field 2017, 284‒289, 294‒297, 316‒319. 46 Ich danke herzlich Walter Stockert (Wien) für die kritische Lektüre des Manuskripts. Trotz seinen späten Gang zum Altar nie bereut. 42 Davon, dass die Ehe mit der so viel jüngeren Vaggia tatsächlich glücklich war, zeugen nicht nur die sechs gemeinsamen Kinder, sondern auch der den außenstehenden Betrachter ein wenig an Philemon und Baucis (Ov. Met. 8, 611‒724) gemahnende Umstand, dass der fast Achtzigjährige, als er im Herbst 1459 nur wenige Monate nach seiner besseren Hälfte verstarb, sich zusammen mit ihr im Chor von Santa Croce bestatten ließ. 43 In einer Hinsicht hätte Poggio freilich sicher gern auf die Korrespondenz von Literatur und Leben verzichtet. Wenn sein matrimonialer Fürsprecher Marsuppini ausführt, ein Vorteil später Vaterschaft bestehe darin, dass man die Verfehlungen der erwachsenen Kinder nicht mehr miterleben müsse (An seni 52), so sollte ihn diese Spitzfindigkeit postum mit bitterer Ironie einholen. Der um das literarische Erbe des Vaters verdiente Jacopo Bracciolini, 1442 von Vaggia geboren, wird 1478 wegen seiner Teilnahme an der Florentiner Pazzi-Verschwörung hingerichtet. 44 Diesem Aufstand gegen die Medici fiel bekanntlich Giuliano de’ Medici zum Opfer, der Enkel jenes Cosimo, dem sein treuer Gefolgsmann Poggio 45 vierzig Jahre zuvor An seni sit uxor ducenda gewidmet hatte. 46 Literaturverzeichnis Antonsen-Resch, Andrea: Von Gnathon zu Saturio. Die Parasitenfigur und das Verhältnis der römischen Komödie zur griechischen, Berlin / New York 2004 (Untersuchungen zur antiken Literatur und Geschichte 74). Auhagen, Ulrike: Die Hetäre in der griechischen und römischen Komödie, München 2009 (Zetemata 135). Bianco, Maurizio Massimo: Ridiculi senes. Plauto e i vecchi da commedia, Palermo 2003 (Leuconoe 2). Bogliolo, Gino (Hg. / Üs.): Poggio Bracciolini Fiorentino, Se convenga prender moglie da vecchi. 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Jahrhunderts / L’esilio e la lontananza dalla patria nella letteratura umanistica dal Petrarca all’inizio del Cinquecento, Tübingen 2019, 247‒273 (NeoLatina 30). 226 Hartmut Wulfram 1 Plautus finds a latter-day supporter in Duckworth 1952, 121, who criticises Terence for “failing to visualise the stage business as successfully as Plautus had done.” 2 See Radden Keefe 2019 on the transmission of Roman comedy in post-Classical Europe; on the early modern reception of Plautus and Terence, see Candiard 2019 (with respect to Italy and France) and Hurka 2019 (Germany). 3 On Erasmus’ life see Vredeveld 1993, 754-809; for a detailed biography, Minnich and Meissner 1978. 4 Hardin 2007, 789-91. 5 Bühler 1950, 211-15. Plautus in the Adagia and Correspondence of Erasmus of Rotterdam Martin T. Dinter (London) Plautus ranked his own comedies above those of contemporary playwrights by claiming that the Casina “defeats all other plays” (vicit omnis fabulas, Plaut. Cas .17). 1 This self-assessment was nevertheless far from accepted by later readers of comedy, who neglected Plautus in favour of Terence for reasons of style and content: Augustine cites the latter but never even mentions the former, and Charlemagne’s library included Terentian comedies but not Plautine ones. 2 As a result of stylistic preference and the resulting selective transmission, Terence had become a standard school-text for Latin pupils by the lifetime of the Humanist scholar Erasmus of Rotterdam (1466-1536). 3 Indeed, the first printed edition of Plautus, based on a manuscript discovered by Nicholas of Cusa in 1428, only appeared when Erasmus was seven years old. 4 Erasmus was nevertheless one of the first scholars to appreciate Plautus; though his efforts to edit Plautine comedy were hampered by delays. The initial plans for the 1522 “Aldine Plautus” had been set as early as 1507, when Erasmus first approached the printer Aldus Manutius about a possible collaboration. However, its production was first slowed down by the War of the League of Cambrai, which closed the Aldine Press from 1509 to 1512, and then by the death of Aldus himself in 1516. 5 Moreover, Erasmus did not play a leading role in the edition’s final volume: it was produced “collaboratively”, with Francesco Torresano, Aldus’ brother-in-law, as main editor, and issued “without much 6 Hardin 2018, 55. 7 Hardin 2012, 336. There are three main compilations of Erasmus’ works: Allen prints only the letters in Latin, the ASD (in progress) reproduces the Latin texts except the letters, and CWE (in progress) contains the English translations for most works. For the full titles of these publications see the Bibliography. For the reader’s convenience, all non-epistolary works will be cited using both ASD and CWE references, but letters will be referred to by their Allen volume/ page numbers only. 8 On the valuation of Classical authors by Renaissance Humanists see Taylor 2012, 203-236. fanfare”. 6 Hardin thus cites the publication process of the “Aldine Plautus” as evidence that Erasmus “kept a distance” from Plautus’ work. To support his argument, he also adduces examples of Erasmus’ seemingly dismissive attitude towards Plautine comedy, as expressed in a letter dating to 12 December 1532: Plus enim exacti iudicii est in una comoedia Terentiana, absit Nemesis dicto, quam in Plautinis omnibus. There is more exact judgment in one comedy by Terence, no rancor intended, than in all of Plautus (Allen 9: 403). 7 However, that Erasmus ranked Terence above Plautus hardly constitutes evi‐ dence for his “rejection” of Plautine comedy. In his De ratione studii (“On the method of study”), Erasmus awards those Plautine plays which are ‘free from impropriety’ a joint first-place with Terence, and considers them more commendable than the works of Virgil, Horace, Cicero, and Caesar (ASD I-2, 115-16 = CWE 24: 669): 8 Rursum inter latinos quis utilior loquendi auctor quam Terentius? Purus, tersus et quotidiano sermoni proximus, tum ipso quoque argumenti genere iucundus adoles‐ centiae. Huic si quis aliquot selectas Plauti comoedias putet addendas quae vacent obscoenitate, equidem nihil repugno. Proximus locus erit Vergilio, tertius Horatio, quartus Ciceroni, quintus C. Caesari. Among Latin writers who is more valuable as a standard of language than Terence? He is pure, concise, and closest to everyday speech and then, by the very nature of his subject-matter, is also congenial to the young. Should someone think that a few selected comedies of Plautus, free from impropriety, should be added to the above, I would personally not demur. Second place will go to Virgil, third to Horace, fourth to Cicero and fifth to Caesar. In addition, Erasmus served as one of the chief editors for the 1530 Cologne edition of Plautus. As a result, his intimate knowledge of the Plautine corpus lead him to incorporate Plautus into his own works frequently and regularly. 228 Martin T. Dinter 9 Bloemendal 2009, 183-184. 10 Moore 2012, 73. Sharrock 2009, 251-254, however, suggests that the cantor is a late antique addition. 11 ASD I-6, 170.527-529 = CWE 24: 516 on Plaut. Truc. 509 and Cas. 230 respectively. He exemplifies the “dotage” that befalls the elderly in his Laus Stultitiae (“Praise of Folly”) by alluding to “that old man in Plautus”, by which he means the love-struck Demipho in Mercator (ASD IV-3, 81 = CWE 27: 92). In that same work, moreover, he emulates the structure of Roman comedy by terminating with a plaudite formula: Quare valete, plaudite, vivite, bibite, Moriae celeberrimi (“Farewell, applaud, live long, drink, most famous fools! ”, ASD IV-3, 194 = CWE 27: 153). 9 Having Folly herself “speak” this line is significant, for it continues the distinctly Plautine tradition of having a character invite the audience to applaud; Terence preferred ascribing plaudite formulae to an extradiegetic cantor (“actor” or “chorus member”). 10 What is more, Erasmus also embeds Plautine quotations into his works; to excuse his vitriol in the Antibarbari, a rhetorical speech defending the place of the Classics in Christian culture, he states: quod dignis male dicitur bene dicitur (“What is ill-said about those who deserve it is well-said,” ASD I-1, 123 = CWE 23: 104). This sententia is immediately recognizable as a shortened version of a pronouncement by the parasite Curculio in Plautus’ eponymous play (Plaut. Curc. 513-514): Indignis si male dicitur, male dictum id esse duco: verum si dignis dicitur, bene dictumst meo quidem animo. If you speak badly about people who don’t deserve it, then I say it’s badly spoken. But if you speak badly about people who do deserve it, it’s well spoken in my opinion. Moreover, Plautine metaphors recur within Erasmus’ work. Thus, in a further passage from the Antibarbari, Erasmus comments that some people hate the humanities angue peius ‘worse than [they hate] a snake’ (ASD I-1, 68 = CWE 23: 43, from Plaut. Merc. 760). Erasmus also adduces Plautine words as examples in his grammatical treatises. In the De copia verborum (“On the Abundance of Words”), he notes Plautus’ transformation of the elegant term nudiustertius (“the day before yesterday”) into the comically grotesque nudiusquintus (“three days before yesterday”) and nudiussextus (“four days before yesterday”). 11 In addition, Erasmus explains the difference between the long and short “a” in Latin by integrating a joke from Plautus’ Amphitruo into his De pronuntiatione (‘On Pronunciation’) (ASD I-4, 73 = CWE 26: 437 on Plaut. Amph. 724): 229 Plautus in the Adagia and Correspondence of Erasmus of Rotterdam 12 On this quote and the link between Plautus and Erasmus see Norland 1995, 86. See also Allen 4: 425-429. 13 Hardin 2012, 336. 14 CWE 31: 69. URSUS: Hinc iocus ille Plautinus, quum Sosia herae minanti magnum malum mutato accentu respondet pregnanti potius esse dandum malum, ut quod obrodat sit, animo si male esse occoeperit. BEAR: Hence the joke in Plautus when the servant Sosia is threatened with a malum (‘punishment’) by his mistress and replies with a change of accent that a mālum (‘apple’) is more suitable for her as she is pregnant and may want something to nibble at when she feels queasy. The most prominent example of Plautine reception in Erasmus’ work, however, is the Adagia (“Adages”), a compilation of noteworthy sayings. Plautus’ influ‐ ence on this work is perceptible from the very beginning: in the preface to its first edition (1500), Erasmus states that Plautus’ sententiousness “gives him title to be compared to the Muses themselves for eloquence” (ut hac potissimum virtute Musarum eloquio meruerit equari, Allen 1: 291). 12 The Adagia’s various editions moreover demonstrate that Erasmus’ appreciation for Plautus increased over the years: the final edition printed during Erasmus’ lifetime in 1533 features a greater number of quotations from Plautus (133) than any other Latin author except Cicero (293). Hardin interprets these numbers as a mere manifestation of wider literary trends, citing the 600 Plautine entries in Thomas Elyot’s 1538 dictionary as a sign that “by this time everyone knew of Plautus as a source for collections of wise sayings.” 13 Grant, however, suggests that Plautus’ presence in the Adagia cannot be attributed solely to literary fashions. Instead, Erasmus’ familiarity with Plautus’ work was “one of the factors that gave him the idea in the first place of producing a collection of adages from Classical literature.” 14 This chapter will reconcile these opposing viewpoints by evaluating the degree to which Plautus influenced Erasmus. While Erasmus frequently quotes from Plautus both overtly and subtly, portraying the relationship between these authors is difficult, since the former at times excludes and criticizes the latter. By analyzing these seemingly paradoxical interactions I will showcase the workings of Plautine sententiae in Erasmus’ works, thus shedding light on sententiousness in Renaissance Latin literature more generally. The Adages of Erasmus, which mostly derive from Classical authors, are denoted by the interchangeable terms paroemia, adageia, and adagia (ASD II-8, 1-3 = CWE 31: 4). They do not exclusively consist of moral sententiae but 230 Martin T. Dinter 15 Wesseling 2002, 83. 16 Scaliger Poetice 3.84.139. As part of his critique, Scaliger calls Erasmus a gracculus or “ignorant crow”. Vossius Comm. Rhet. 4.6. 17 Tracy 1972, 15. 18 Pollmann 2012, 103-20. 19 On parallels between Hrostvit’s plays and those of Terence see Kretschmer 2019. also include double entendres, metaphors, and other semantic peculiarities. 15 This broad definition was not uncontroversial: in 1561 the philologist Julius Caesar Scaliger criticized what he saw as logical inconsistencies in Erasmus’ methodology, and even Gerardus Vossius, one of the Adagia’s staunchest defenders, wondered why Erasmus had included figures of speech and obsolete words into this collection. 16 Despite these reproofs, however, the Adagia was nevertheless well-received in most of early modern Europe and is considered the “chief monument of Erasmus’ Classical scholarship”. 17 Erasmus’ interactions with Plautine verses in the Adagia are divided into four main categories: they were Christianized for the benefit of Renaissance readers, employed for moral commentary, utilized as literary exempla, and at times ‘censored’ by being cited out-of-context or even omitted altogether. The Christianization of ancient texts was a common phenomenon from late antiquity onwards, for scholars educated in the Classical tradition naturally sought to reconcile pagan works with religious dogma. 18 Roman comedy also proved a particularly fertile source of Christian material: Terence’s works were adapted into morality plays by Hrotsvit of Gandersheim, who explicitly set herself up as a Christian alternative to her pagan model (Hrotsvit praef. 1-3): 19 Some, devoted to sacred reading and scorning the works of other pagans, yet frequently read Terence’s fiction, and as they delight in the sweetness of his style and diction, they are stained by learning of wicked things in his depiction. Therefore I, the strong voice of Gandersheim, have not refused to imitate him in writing whom others laud in reading, so that in that selfsame form of composition in which the shameless acts of lascivious women were phrased the laudable chastity of sacred virgins may be praised within the limits of my little talent. Erasmus’ repositioning of adages from Roman comedy into a Christian context is therefore not without precedent and can be interpreted as a form of catechesis: in his dual role as grammarian and Catholic clergyman, Erasmus simultaneously teaches his readers Latin as well as spirituality. The Christian intertexts he uses moreover feed into the overall goal of Erasmus’ Adagia: to demonstrate the au‐ thor’s broad knowledge, whether literary or practical, ancient or contemporary, secular or Christian. 231 Plautus in the Adagia and Correspondence of Erasmus of Rotterdam 20 See Gaillard 1978 on the role of exemplars in constructing linguistic authority. This aim explains Erasmus’ preference for multi-tiered entries filled with memorable quotes. So as to explain the Greek γυμνῇ κεφαλῇ and its Latin analogue nudo capite (“barefaced”), he produces an exact quote from Plaut. Capt. 475-476, which is itself followed by references to Cyril of Alexandria’s commentary on the Gospel of John as well as John Chrystostom’s Praise of Babyla the Martyr. The latter two texts, which are deeply Christian due to their clerical authors and theological subjects, are nevertheless not reproduced but simply named as comparanda. This entry therefore exemplifies a subtle form of Christianization, which neither pushes a religious message nor identifies an ancient quote as proto-Christian, but simply interweaves it with Christian texts by granting the latter linguistic authority as exemplars (ASD II-5, 273 = CWE 35: 41-42): 20 Γυμνῇ κεφαλῇ, id est Nudo capite, […] Plautus in Captivi duo: Ipsi de foro tam aperto capite ad lenones eunt, Quam in tribu aperto capite sontes condemnant reos. Neque refert, utrum hic aperto an operto legas per ironiam; nam sensus idem utriusque lectionis. Usus est hoc proverbii titulo et Cyrillus interpretans Ioannis Evangelium et divus Chrysostomus in Encomio Babylae martyris. Γυμνῇ κεφαλῇ, barefaced […] Plautus in the Two Captives: ‘These men go from the forum to the pimps barefaced, with their heads uncovered [aperto capite] just as they do in court when they pronounce the accused guilty.’ And it does not matter whether you read aperto ‘uncovered’ here or, ironically, operto ‘covered’, for the two readings come to the same thing. Cyril used this adageial tag, too, in his commentary on the Gospel of John, and St Chrysostom in his Praise of Babyla the Martyr. Conversely, the entry for the rare verb manticulari (“to deceive”) is far more overt in its promotion of Christian beliefs (ASD III-6, 571-572 = CWE 35: 269). Erasmus rejects Festus’ derivation of this lemma from manticulae (‘wallets’), instead putting forth the argument that its origin is mantella, the “cloaks” or “napkins” used by liars to hide their facial expressions at feasts. He advocates for this reading by demonstrating the deceptive connotations of mantella in a Horatian verse (Hor. Sat. 2, 8, 63) as well as in two consecutive Plautine lines, which he cites in reverse order (Plaut. Capt. 521 and 520): Nec mendaciis subdolis mihi usquam mantellum est meis, nec sycophantiis nec fucis ullum mantellum obuium est. 232 Martin T. Dinter 21 Origen Hom. Ezek. 5 = GCS 8, 377, 9-11. 22 Tert. Contr. Val. 36.1: Sed mappa, quod aiunt, missa (“But with the drop of a napkin, as they say”). 23 As Olin 1965, 97-98 notes, Erasmus commonly weaves such exhortations into his work. 24 Slavitt and Bovie 1995, viii-ix. There is no cloak anywhere for my crafty lies. No cloak is ready at hand for my flatteries and deceits. Erasmus then outlines the reception of this image by Origen, who in his fifth homily on Ezekiel riffs upon the mantra “God will forgive our sins” by stating “God will provide a napkin.” 21 He also reaffirms the ubiquity of this idiom in Christian literature by citing Tertullian. 22 The tripartite structure of this entry speaks to an underlying evangelistic purpose. Erasmus first devalues the original etymology of manticulari by a pagan author, Festus, in favour of quotes from two other pagan authors, Horace and Plautus. He then supersedes even this “improved” etymology with Christian sources, which are consequently presented as the supreme authorities on literary Latin. In this context, Erasmus’ admission that he does not have the Greek manuscript of Origen’s work - and therefore cannot verify the quotation - is far from a mere caveat. It instead exhorts the reader to engage with Origen’s text: ‘Let the scholars who do have access to it examine this passage now I have called their attention to it’. 23 Moreover, while discussing Christian material Erasmus takes the opportunity to emphasise key religious concepts: the line “God will forgive our sins” stands out as an incontrovertible “truth” amidst an ongoing discussion on “deceivers” and the mantella with which they disguise their falsehoods. Erasmus does not, however, limit himself to promoting Christian ideologies; in keeping with his desired role as moral authority, he also adopts Plautine quotes to provide more general advice. He derives the adage Homo homini lupus (“Man is a wolf to man”, ASD II-1, 183, 909-913 = CWE 31: 115) from Plautus’ Asinaria, which features the similar line Lupus est […] homo homini, non homo, quom qualis sit non nouit (“A man is a wolf and not a man […] to the one who knows nothing of his character”, Plaut. Asin. 495). In this entry Erasmus generalises Plautus’ original observation; while the playwright had defined a “wolf ” as someone whose character was not known, Erasmus exhorts the reader to “distrust any unknown individual and beware of him as we would a wolf ” (ne quid fidamus homini ignoto, sed perinde atque a lupo caueamus). 24 Erasmus thus not only converts the original sententia into a command but also widens its scope. 233 Plautus in the Adagia and Correspondence of Erasmus of Rotterdam 25 As Beal 2008, 360 observes, copying mistakes often occur when scribes write down a ‘similar sounding word’ in place of the original. The final letters -in of ictin are also particularly vulnerable to being converted into an m, as both letter-groups have three minims (vertical strokes of the pen). 26 Barker 2001, xxxv. 27 Arist. Hist. Anim. 617a18 = 9, 20; Ath. 2, 65a; Plin. NH 16, 247. 28 Plaut. fr. 59, as discussed by Monda 2004, 96. 29 Erasmus’ reading is corroborated by Isid. Etym. 12, 7, 71, who also quotes cacat. Apart from utilising moral verses to construct linguistic and moral authority, Erasmus also provides textual commentary by critiquing readings of Plautine verse. The archetype for this tendency is his discussion of Modo venare leporem, nunc itym tenes (“Go hunt for a hare, now you have a pheasant”, Plaut. Capt. 184). The problematic word in this phrase is itym, which Erasmus perceives to be a corruption for ictin (“ferret”). 25 By challenging the established reading, Erasmus demonstrates his philological skill (ASD II-6, 366, 435-439 = CWE 35: 146-147): Nam est id animal de genere mustelarum, quod in cuniculus immittitur, ut praedam eliciat. Latini viverram appellant. Suidas ostendit idem animal insidiari piscibus. Meminit huius Aristoteles libro De naturis animanitum nono, capite sexto. Quanquam non indicat insidiari leporibus, sed avibus et alvearibus. [This] is an animal belonging to the family of the weasels which is put into rabbit-warrens to chase out the prey. The Romans call it viverra. Suidas declares that the same animal traps fish. Aristotle recalls this in book 9 chapter 6 of his Nature of Animals, although he does not state that it traps hares, but birds and bees. Moreover, the vigorous tone of this debate, which pits ancient sources against one another, is emblematic of Erasmus’ style. As scholars have noted, Eras‐ mus’ “sense of language is deeply historical”: he does not interpret adages in isolation but instead employs these phrases in order to foreground critiques of ancient literature. 26 In this vein Erasmus explains the amusing phrase turdus ipse sibi malum cacat (“The thrush defecates evil for itself ”, ASD II-1, 168-170 = CWE 31: 102-103) using in-depth research into avian excrement as transmitted by ancient writers such as Aristotle, Athenaeus, and Pliny the Elder. 27 There is, however, a more common reading of this idiom, which derives from a fragment of Plautus and ends with creat replacing cacat: the thrush “creates” evil rather than excretes it. 28 However, Erasmus views this version as the work of a “half-educated person” who is unaware of the synonymous Greek idiom, κίχλα χέζει αὑτῇ κακὸν. 29 To support his point, Erasmus draws upon the aforementioned ancient writers, from whom he infers that birds defecate 234 Martin T. Dinter 30 This conclusion is puzzling, as birdlime and bird faeces are two different substances; since antiquity birdlime has been produced by crushing mistletoe berries (viscum album) into an adhesive “glue”, which is then spread upon branches to catch birds; see Renehan 1980, 279. a substance called birdlime (viscum), which is in turn used to trap them, and therefore the reading cacat is to him more logical than its less vulgar alternative. 30 This passage is also valuable as it exemplifies Erasmus’ lack of qualms in approaching the seemingly taboo topics of defecation. Similarly, even ero‐ tically-charged idioms can be included into the Adagia so long as they are quoted out-of-context to disguise their unpalatable origins. He thus converts a sexually explicit joke from Plautus’ Asinaria into an adage by ignoring its double entendre (ASD II-7, 84.900-909 = CWE 35: 487-488, on Plaut. Asin. 178): Piscis nequam est nisi recens manet in hunc usque diem vulgo celebre. Dicitur autem peculiariter in hospitem aut vulgarem amicum qui primo quidem adventu non ingratus est, caeterum ante triduum exactum putet. Plautus: Quasi piscis itidem est amator lenae; nequam est nisi recens. Iocatur apud Alexidem quispiam quispiam citante Athenaeo, quod cum nonnulli frugaliores abstinerent ab iis quibus esset anima, ipse nihil huiusmodi attulisset, nempe mercatus pisce mortuos. At hodie qui vendunt tremore maus assimulant vivere ante biduum mortuos. ‘A fish is no good unless it is fresh’ is a very common and popular saying that has survived to this day. It is said especially however of a guest or ordinary friend who is not unwelcome when he first arrives but spoils before the third day. Plautus: ‘For a procuress a lover is just like a fish - he’s no good if he’s not fresh.’ In Alexis, quoted by Athenaeus, someone makes a joke that since some rather virtuous people would not eat things that had a soul, he had never brought anything of this kind, that is, the fish he purchased were dead. But nowadays vendors, by shaking their heads, pretend that fish dead for two days are still alive. The sexualised nature of this joke is apparent from its context: the brothel madam Cleareta delivers this line as part of a monologue on “hunting” and “trapping” young clients (Plaut. Asin. 178-185). Erasmus dissociates the idiom from these sexual implications by interpreting the noun “fish” literally; in such a reading, “freshness” does not equate with youth or sexual potency but rather with the period before a dead fish begins to decompose. Nevertheless, Erasmus’ failure even to acknowledge the obvious erotic connotations of 235 Plautus in the Adagia and Correspondence of Erasmus of Rotterdam 31 Self-censorship was commonly practiced by Renaissance Humanists, who wrote with a wide audience in mind; on this phenomenon see Dost 2001, 63. 32 Jocelyn 1985, 28. 33 Serv. ad Aen. 6, 205; on the transmission of this idiom see Monda 2004, 96. I am grateful to Prof. Monda for directing me to this instance. 34 Bietenholz 2009, 113 instead names Seneca and Cicero as the foremost Classical influences upon Erasmus’ theological texts. Cleareta’s line must be deliberate and therefore reveals self-censorship at work in the Adagia. 31 As a compiler Erasmus aims to set himself up as a moral and literary authority while simultaneously promoting Christian ideals. This not only dictates which Plautine quotes are incorporated into the Adagia, but also leads him to exclude some of Plautus’ well-known sententiae. To name but one example, the saying Amor et melle et felle est fecundissumus (‘Love abounds in honey as well as in gall’, Plaut. Cist. 69) is not included in Erasmus’ list, likely due to the impropriety of quoting a prostitute, Gymnasium, on matters of love. In addition, some exclusions are due to gaps in the manuscript tradition: for example, Erasmus draws on every available Plautine comedy except the highly fragmentary Vidularia due to its incomplete state. While some fragments of this work transmitted by ancient grammarians had been collected between 1497 and 1512 by a Milanese editor, the folia were not put together into a semi-coherent narrative until 1870. 32 Similarly, Erasmus only once draws upon fragments from Plautus’ untitled “lost comedies”: he derives the adage turdus ipse sibi malum cacat, which I have discussed above, from Servius’ commentary to the Aeneid.  33 Most often, however, Erasmus excludes Plautine material due to its irreve‐ rence, which renders it inappropriate in spiritual contexts. As such, he rarely quotes Plautus explicitly in his theological writings; most notably, his commen‐ tary on the New Testament and theological essays such as the De Contemptu Mundi (“On Despising the World”) are almost devoid of Plautine quotes. 34 A rare exception to this rule is the sermon on Psalm 4, in which Erasmus obliquely references Plautus as a poeta ethnicus (“pagan poet”) and quotes a line from his Amphitruo that mirrors the meaning of the psalm (ASD V-2, 230, 189-190 = CWE 63, 219): Superest ut iustum sit quod petimus, ideo subiciit: Exaudivit me Deus iusticiae mea. Nam, ut non omnino falso nec ineleganter scripsit poeta quidam ethnicus: Iniusta a iustis impetrari non decet. Iusta autem ab iniustis petere insipientia est. It remains to show that what we seek is just; hence the psalm adds, ‘The God of my righteousness has heard me.’ Indeed, as a certain pagan poet wrote, whose words 236 Martin T. Dinter 35 For the Racha see BnF Lat. 3461, 11r-19v; Hovingh outlines its criticisms of Erasmus at ASD VI-6, 27. See also Gilmore 1975, 68-69 for contemporary speculation on its authorship. 36 Fumaroli 1988, 129-154. 37 Dossena / Del Lungo Camiciotti 2012. are neither wholly false nor inelegant: ‘It it not fitting that unjust things should be requested by the just and it is stupidity for the unjust to demand that which is just.’ In this passage, Erasmus deliberately excludes the context of the original quote (Plaut. Amph. 35-36). Its speaker is Mercury, whose role in the play is to machinate an adulterous affair between Jupiter and the mortal Alcmene, and the specific “request” to which he refers is that the audience should brutally punish any claqueurs in their midst: “should anyone have caused another to be unsuccessful, they should beat his costume and his skin to pieces” (84-85). Neither of these messages - adultery and mob violence - are compatible with the Christian “righteousness” which forms the subject of Psalm 4; as such, Erasmus is obliged to censor Plautus’ “moralizing” quote before reframing it as a suitable comparandum for a sacred text. These precautions did not, however, deflect criticism from Erasmus’ exegetical usage of pagan texts: the author of the Racha, an anonymous pamphlet most likely published in 1526, complains of Erasmus’ belief “that secular learning qualifies him to expound on Holy Writ” and warns that “the meaning of Scripture cannot be gleaned from Martial, Plautus, and Aristophanes”. 35 This critique does not, however, detract from Erasmus’ efforts to reinterpret Plautine sententiae in a manner befitting his own role as priest and the sensibi‐ lities of Renaissance Christendom, an endeavour which is all the more visible in his letters to fellow Humanist Christians. In these epistles, Erasmus wholly refrains from citing Plautus in moral contexts, preferring instead to emulate him in linguistic terms without naming him. In what follows I will examine these oblique allusions and their role in Erasmus’ correspondence. The respublica literaria (“Republic of Letters”), a term first coined by the Vene‐ tian statesman Francesco Barbaro in a letter to a fellow Humanist, constitutes the environment in which Erasmus’ letters were created and disseminated. 36 Renais‐ sance letters were not ‘private’ documents, but semi-public; though addressed to the recipient alone, they were written for intellectual society at large. 37 For this reason, Erasmus published numerous collections of epistles during his lifetime, including the Farrago nova epistolarum Erasmi (“New Selection of Letters by Erasmus”, 1519), Epistolae ad diversos (“Letters to Various People”, 1521) and Opus epistolarum (“Correspondence”, 1529). These publications enabled 237 Plautus in the Adagia and Correspondence of Erasmus of Rotterdam 38 Lowe 1993, 256. 39 On the social expectations and realities of the “Republic of Letters” see Daston 1991. 40 Konstan 1978, 215 observes that Libanus’ fears stem from the ancient Roman practice of sending unruly slaves to work in mills. Erasmus to demonstrate his personal links to other noteworthy Humanists and to manifest himself as member of the intelligentsia of Renaissance Europe. The style of these letters further attests to their purpose as displays of knowledge: they both center upon academic subjects ranging from theology to philosophy and are written in a complex Latin packed full of intertextual allusions. 38 Erasmus, however, does not solely reference Plautus to display his own eru‐ dition; his use of allusions to comedy also contribute to Erasmus’ self-fashioning as an approachable man of letters by demonstrating both a jocular disposition and an ability to generate mutual camaraderie. 39 In a 1498 letter to Christian Northoff, a German Humanist and merchant, Erasmus thus adapts the format of a Plautine insult into a friendly joke (Allen 1: 196): Caeterum quamquam omnino dignus es illo mitti, ubi lapis lapidem terit, ubi nequam homines polentam pinsitant, ubi vivos homines mortui incursant boves, tamen salvum te esse cupio, si resipiscas. Yet though you entirely deserve to be sent to that place where stone grinds upon stone, and worthless scoundrels knead their daily bread, and dead oxen attack living men, still I am anxious for your preservation, provided you come to your senses. The infernal “place” which Erasmus mentions is structurally and thematically borrowed from the Plautine slave Libanus’ description of a mill. 40 The beginning of both descriptions is signaled by the preposition ubi, and Erasmus directly lifts two phrases from Libanus’ speech: polentam pinsitant (“[they] pound barley meal”) and homines mortui incursant boves (“dead oxen assault living men”) (Plaut. Asin. 33-35): Ubi flent nequam homines qui polentam pinsitant, apud fustitudinas, ferricrepinas insulas, ubi uiuos homines mortui incursant boues. Where worthless people weep, pounding barley meal, on the Isles of Club-Drubbing and Iron-Clanking, where dead oxen assault living beings. These recognizable similarities are crucial to the register of Erasmus’ letter. While his statement that Northoff deserves to be sent to such a miserable environment initially appears threatening, its resemblance to Plautine verse establishes a humorous rather than aggressive tone. This timbre accords with the epistle’s stated purpose, which is to tease Northoff for having summoned 238 Martin T. Dinter 41 Heinrich Northoff was Erasmus’ pupil; teacher and student corresponded so as to practice epistolography (Rummel 2004, 9). 42 For these quotations see Allen 1: 196, cited in part above. 43 Fantazzi 1989, 284 explains the extent to which van Baerland admired Erasmus as linguist. his brother, Heinrich, away from Erasmus’ side. 41 Indeed, throughout the letter Erasmus utilizes hyperbole to signal that his words are nothing more than playful banter: he loftily commands Northoff to “liberate” Heinrich and notes down a string of over-the-top nicknames from “butcher” to “dungheap” and “kiss-the-rod”. 42 Moreover, he takes care to signpost explicitly his benign intentions: “I have had my fill of joking on this page.” Plautus’ adapted text is therefore one of many elements which work together within the epistle to neutralize seemingly hostile undercurrents and promote goodwill. In a letter to Adriaan Cornelissen van Baerland, a fellow scholar working on a textbook edition of Erasmus’ letters, 43 Erasmus similarly employs a Plautine idiom to defuse a potentially embarrassing situation (Allen 3: 67): Tuus index, imo tui indices nusquam habent ‘Scytharum solitudinem’, mei utrique mentiuntur in numero. Proinde iuxta Plautinum consilium mandavi famulo ut, cum viam ad mare nesciat, amnis ductu illuc perveniat: itaque repertus est locus. Codex tuus ad te redit. Your index, indexes rather, make no mention of “Scythian solitude”; both mine give a false page reference. So I took advice from Plautus, and told my servant that, since he did not know the way to the sea, he should choose a river as his guide; and so the place was found. Your volume is on the way back to you. In this case, Erasmus paraphrases a statement by the pimp Lycus, who tells a group of standoffish freedmen that he had not originally known how best to insult them; as such, he was comparable to a confused man who had no other recourse in his journey to the sea except to follow the path of a river (Plaut. Poen. 627-628). Erasmus then utilises this idiom to smooth over his own mistake: he had neglected to index the adage “Scythian solitude” accurately in earlier editions of his Adagia. Consequently, in order to provide van Baerland with the correct reference, Erasmus instructed his servant to “choose a river as his guide”, that is, to hunt down the page reference by any means possible. This oblique allusion is emphatically light-hearted and fulfils two concordant goals. On the one hand, it draws attention away from Erasmus’ original error and van Baerland’s omission and thus smooths over any annoyance that van Baerland 239 Plautus in the Adagia and Correspondence of Erasmus of Rotterdam 44 On the utility of humour in defusing tension see Boskin / Dorinson 1985. 45 As Borch-Jacobsen 1987, 739 reflects with reference to Freudian psychology, “To laugh at oneself […] implies going beyond ourselves.” 46 On the ‘familiar letters’ of the Renaissance see Gouwens 1998, 109. 47 Rusticity was the opposite of the Classical education and elegant speech (sermo urbanus) so prized by Humanist thinkers; on which see Black 2001. 48 As Karakasis 2005, 7 n. 12 demonstrates, the Praenestines tended to leave out vowels in their dialect; ciconia thus became c-conia and finally conia. might feel about being corrected. 44 On the other, it portrays Erasmus as a confident scholar who does not shy away from laughing at his own oversights. 45 While many of the Plautine allusions in Erasmus’ letters are designed to deflect conflict, others feed into wider goals such as the display of Classical learning. In keeping with their epistolary and therefore quasi-informal context, however, these didactic passages tend to be briefer and more amusing than those in the Adagia. 46 Most notably, Erasmus criticises a young cleric who declaimed against him by criticising his opponent’s Latin mistakes (Allen 4: 467): Quam enim intellexerit vel hinc promptum est colligere, quod, cum referret ex Horatio, ‘Feriuntque summos fulmina montes’, quanta potuit voce pronuntiavit, ‘Fer‐ iuntque summos f. m.’ Rursum pro ‘illi antistites’ recitavit ‘illi antistes’, nimirum ut Praenestinis conia est ciconia, et rustico illi Plautibo rabo est arrabo. How well he understood it you can judge from this, that when he quoted Horace’s feriuntque summos fulmina montes, he produced it at the top of his voice with feriuntque, and later for illi antistites he recited illi antistes, like the good people of Praeneste saying conia or Plautus’ rustic turning arrabo into rabo. The cleric is shown to have delivered his speech without comprehending its meaning. In particular, he failed to correctly incorporate the verses feriuntque […] montes (Hor. Carm. 2, 10-11), which when cited in isolation should begin solely with feriunt - that is, without the enclitic -que - as this conjunction seems out-of-place once divided from the preceding line. His poor elocution moreover causes solecisms such as illi antistes (“those bishop”) instead of the correct plural form illi antistites (“those bishops”). Erasmus then references Plautus’ comedies in order to demonstrate exactly why such error-filled orations are undesirable: they mark out their speakers as rustic. 47 After all, provinciality and rusticity feature in both of the Plautine examples adduced in this epistle: the omission of the first syllable in arrabo (“deposit”) is a vocal tic belonging to the uneducated slave Truculentus (Plaut. Truc. 689-690) and the substitution of conia for ciconia (“stork”) is characteristic of the Praenestines, an Italic people located 35 kilometres from Rome (691). 48 240 Martin T. Dinter 49 For a brief overview of the long-term quarrel between Erasmus and Lee see McDonald 2017, 42. 50 On the correspondence between Erasmus and Budé see McNeil 1971, 53. Apart from establishing friendships, defusing tension, and showcasing their author’s erudition, Erasmus’ letters also detail his responses to detractors such as the English theologian Edward Lee, who was so heavily opposed to Erasmus’ edition of the New Testament that he wrote 95 chapters’ worth of criticism against it. 49 Erasmus responds to the ensuing debate in an equally lengthy letter dated to 1518, in which he mentions Plautus when demonstrating his compre‐ hensive knowledge of Augustine’s commentaries. Following Augustine’s lead he thus establishes literary authority for himself (Allen 3: 318): Quanquam interim oblitus est Augustino dici maiores priscos scriptores, videlicet Plautum, Salustium, Ciceronem aliosque consimiles; atque ab horum autoritate pendere sermonis elegantiam, non a Spiritu sancto. Not but what he has forgotten all this time that Augustine speaks of more eminent and ancient authors, meaning Plautus, Sallust, Cicero, and others like them, and says that elegance of style depends on their authority and not on the Holy Spirit. As these diverse allusions to Plautus indicate, Erasmus found multifarious uses for the playwright’s verses in his correspondence. Nevertheless, he was not the only citizen of the “Republic of Letters” who wove Plautine snippets into his letters. Paolo Bombace, the prefect of the Vatican Library, excused a short missive using the formula ne […] longos logos faciam (“So that I don’t inflict on you a long story”, Allen 3: 155). This barbarism, which transliterates the Greek plural λόγους (lit. “words”) into Latin, is derived from a warning by the senex-character (“old man”) in Plautus’ Menaechmi: loquere, uter meruistis culpam, paucis, non longos logos (‘Tell me which of you is guilty, but briefly, no long stories’, Plaut. Men. 779). As in Erasmus’ missive to van Baerland quoted above, this comic snippet helps defuse any offence arising from Bombace’s brevity and fosters a sense of camaderie between both interlocutors. Similarly, in 1518 the scholar Guillaume Budé asked Erasmus to accept a post at the French court by appealing to their close friendship, which he expressed through heartfelt pleas such as delicias facere tandem desine (“Let’s have no more of this shilly-shally”, Allen 3: 278). This Plautine saying (Plaut. Men. 381; Poen. 280 and 296) is markedly informal and thus enables Budé to appeal to Erasmus’ feelings of friendship. 50 These instances do not only demonstrate Plautus’ near-universal appeal within the “Republic of Letters”, but also attest to a wider culture of sententious‐ 241 Plautus in the Adagia and Correspondence of Erasmus of Rotterdam 51 Mazzio 2016, 35: “Here we have an ideal of spoken language that hinges on sententious representation.” 52 Coroleu 2014, 10-11. 53 Cf. Dinter 2016 on the moral functions of sententiae in Roman comedy. ness among Renaissance intellectuals. The succinct sound-bites represented by comic sententiae were useful markers of learning and status. 51 By adapting these selections out of their original contexts, writers demonstrated their mastery of the Latin language and their ability to write in a Classical style, an ability perceived as crucial to Humanist erudition. 52 Moreover, their familiarity with Plautus, a relatively new “discovery” in the early sixteenth century, signaled their inclusion into an exclusive group of literary cognoscenti. To these scholars, therefore, Plautus was both a status symbol and a “secret handshake” by which they recognised each other. In this respect, Renaissance sententiousness differs from its ancient and medieval counterparts; while writers in earlier periods had harnessed the moral power of sententiae, Renaissance authors instead appreciated sententiae for their literary value. 53 In this chapter I have examined from a microcosmic angle the phenomenon of Renaissance sententiousness by outlining how one particular Humanist scholar, Erasmus of Rotterdam, mined Plautus’ comedies for adages and epistolary formulae. On the one hand, Erasmus admired Plautus’ purity of style and sense of humour to such a great extent that he often included Plautine language in his works. On the other he thought it necessary to censor the (un)ethical sentiments and sexual overtones of Plautine comedy. These opposing processes of inclusion and exclusion should, however, not be interpreted as paradoxical, for they contribute towards the same goal by fashioning Erasmus as the consummate “man of letters”, invested with a convivial personality, literary prowess, and moral authority. Bibliography Allen = Allen, Percy Stafford / Allen, Helen Mary / Garrod, Heathcote William (edd.), Opus Epistolarum Des. Erasmi Roterodami, 12 vols., Oxford 1906-1958. ASD = Opera Omnia Desiderii Erasmi Roterodami, Amsterdam 1969-. CWE = Collected Works of Erasmus, Toronto 1975-. GCS = Die Griechischen Christlichen Schriftsteller der ersten drei Jahrhunderte, Berlin 1891-. Barker, William (ed.): The Adages of Erasmus, Toronto 2001. Beal, Peter: A Dictionary of English Manuscript Terminology: 1450-2000, Oxford 2008. Berney, Stephen A (ed.): The Etymologies of Isidore of Seville, Cambridge 2010. 242 Martin T. 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Über die Existenz und Bedeutung des Bandes haben wir zwei Vorträge gehalten (ohne Publikation): „Unterricht am Oberrhein 1507-1508: Der Basler Sammelband‚UBB CE VII 28‘ und die Lateinschule in Schlettstadt“ im Rahmen der Veranstaltung „Kultur am Oberrhein um 1500. Ein Werkstattgespräch“ (Freiburg Institute of Advanced Studies, Freiburg im Breisgau 23.-24. Juli 2012) sowie „Das Buch eines Baslers als Spiegel des Unterrichts in der Schlettstädter Lateinschule“ als Eröffnungsvortrag am 24.10.2012 für die Ausstellung „Entre Bâle et Sélestat/ Zwischen Basel und Schlettstadt“ Universitätsbibliothek Basel im Rahmen des Programms Interreg IV Rhin Supérieur B-22 „Le patrimoine humaniste du Rhin supérieur/ das humanistische Erbe am Oberrhein“. Sofern nicht anders angegeben, bin ich der Übersetzer der Zitate. Bezüglich des deutschen Textes danken wir unseren Kollegen in Altleiningen und Freiburg im Breisgau für ihre Hilfe. Das gedruckte Exemplar der Aulularia des Plautus (Straßburg, Johann Prüß, [1508]) und ein 1508 von Bonifacius Amerbach (1495-1562) annotierter Sammelband James Hirstein (Straßburg) Auf bemerkenswerte Weise kommt Plautus in einem Basler Sammelband vor. 1 Es handelt sich um ein gedrucktes Exemplar des Lustspielautors, welches mit vielen handschriftlichen Anmerkungen versehen ist. Der Verfasser dieser Anmerkungen ist der Basler Bonifacius Amerbach; er fertigte sie an, als er 1508 die Schlettstädter Lateinschule besuchte. Wir können hier nur von einigen Gesichtspunkten dieser sehr reichen Anmerkungsarbeit sprechen. Die Anordnung des Lustspiels im Sammelband sowie dessen Verbindung mit den anderen Werken werden den Schwerpunkt des folgenden Beitrags bilden. Nach unserer Interpretation geht es um eine pädagogische und moralische Einheit, die ein interessantes Beispiel für den schulischen Umgang mit Plautus bietet. Im Sammelband finden wir drei Au‐ toren, die im Folgenden besonders betrachtet werden: Faustus Andrelinus, Plautus und den heiligen Basilius. 2 Vgl. Welti 1985-1987, 1, 42-46; Dill 2000, 13-50 und Hieronymus 1986, 66, 11. 3 Dill 2000, 15 und Mertens 2008, 871. 4 Mertens 2008, 870-889. 5 Mertens 2008, 872. 6 Mertens 2008, 873, 877. 7 Mertens 2008, 873, 875. 8 Mertens 2008, 875. 9 Chrisman 1985-87, 3, 233, Reske 2007, 876 und Burckel 2018, 229-316, bes. 298-302. 10 Er war Faktor bei seinem Cousin Martin Flach dem Jünger und Korrektor bei Johann Prüss dem Älter und Johann Knobloch dem Älter, Reske 2007, 876. Daneben finden wir im Sammelband vier oberrheinische Humanisten, die an seiner Herstellung beteiligt waren: der Besitzer des Bandes; der Leiter der Schlettstädter Lateinschule, Hieronymus Gebwiler; Matthias Schürer, der Drucker aus Schlettstadt mit seiner Druckerei in Straßburg, und der Berater Schürers, der gelehrte Beatus Rhenanus. Der Besitzer dieses Sammelbandes war Bonifacius Amerbach (1495-1562), der letzte der drei Söhne des berühmten Druckers Johann Amerbach. 2 Nach dem Besuch des Lateinunterrichts in Basel ging Bonifacius nach Schlettstadt in die Lateinschule, um bei dem Schulmeister Gebwiler zu lernen. Mit etwa dreißig anderen Schülern lebte Bonifacius im Haus Gebwilers. Von Mitte Juli 1507 bis zu einem Pestausbruch in Schlettstadt Ende November 1508 besuchte Bonifacius im Alter von zwölf und dreizehn Jahren diese Schule. 3 Hieronymus Gebwiler (1474-1545), 4 der Leiter der Schule, ist hier der ludi magister. Er gestaltet den Aufbau und die Einheit des Sammelbandes dank seiner Auswahl von Texten, seinen Kommentaren und seinen Gedichten. Gebwiler absolvierte sein Studium in Basel und Paris. In Paris studierte er unter der Leitung Lefèvre d’Etaples am Collegium von Kardinal Lemoine. Er erhielt in Paris seinen Baccalaureus Artium 1492/ 1493, seinen Magister 1495. 1501 wurde er Leiter der Schlettstädter Lateinschule. Gemäß den pädagogischen Ansichten Jakob Wimpfelings „erhob Gebwiler den Anspruch, auf das Universitätsstudium in altioribus disciplinis, d. h. auf ein Artes-Studium auf hohem Niveau, vorzubereiten“. 5 Er unterrichtete die Aristotelische Logik, Natur- und Moralphilosophie nach den Pariser Lehrbüchern des Lefèvre d’Etaples und seines Schülers Jodocus Clichtoveus. 6 Im Allgemeinen war die Erziehung ebenso sprachlich-literarisch wie religiös-moralisch. Laut Dieter Mertens gab Gebwiler Plautus den Vorzug vor Terenz. 7 1514 ließ Gebwiler bei Schürer fünf Lustspiele von Plautus drucken: Amphitryo, Asinaria, Aulularia, Captiui duo und Curculio. 8 Der Schlettstädter Matthias Schürer (ca. 1470-1519) war Schüler in der Lateinschule seiner Stadt. 9 Nach seinem Studium an der Universität Krakau (MA 1494) und einigen Jahren als Mitarbeiter in Straßburger Druckereien 10 248 James Hirstein 11 Reske 2007, 876. 12 Hirstein 2005, 457-494. Es könnte sein, dass Schürer auch auf Rhenanus einen Einfluss ausgeübt hat. Nach Knod 1889, 49 Nr. 16 hat Rhenanus an Weihnachten 1501 vielleicht ein Exemplar des Plautus (BHS (=Bibliothèque Humaniste de Sélestat) „K 1125“) von Schürer gekauft. 13 Hirstein 2013, IX-XLII. 14 Rhenanus verbrachte das Jahr 1508 in Schlettstadt, fast das ganze Jahr 1509 in Straßburg, war Anfang 1510 in Straßburg, dann in Schlettstadt, endlich 1511 in Schlettstadt, Straßburg und Basel (siehe Rhenanus 2013, CLV-CLVIII). Zu Rhenanus und den Publikationen, die er für die Schlettstädter Lateinschule vorbereitete, vgl. Hirstein 2005, 481-492. Rhenanus vergaß Gebwiler auch später nicht; es könnte sein, dass er 1545 seine Grabinschrift verfasste; vgl. Hirstein 2013, XLI. 15 Rhenanus 2013, 34-43. 16 Hirstein 2005, 484-494. 17 Rhenanus 2013, 8-15. begründete er am 8. Juni 1508 seine eigene Offizin. 11 Wir haben an anderer Stelle gezeigt, in welchem Maß Schürer von Beatus Rhenanus beeinflusst wurde. Dies wird im Folgenden noch einmal dargelegt werden. 12 Tatsächlich wirkte Beatus Rhenanus (1485-1547) hinter den Kulissen. 13 Wie Schürer besuchte Rhenanus die Schlettstädter Lateinschule. Als Gebwiler 1501 der Leiter der Schule wurde, fungierte Rhenanus bis 1503 im Unterricht als As‐ sistent. Nach seinem Studium in Paris bei Lefèvre d’Etaples und seiner Rückkehr ins Elsaß war Rhenanus in den Jahren 1507-1511 sehr oft als literarischer Berater beim Drucker Schürer in Straßburg tätig. In dieser Zeit lebte er auch teilweise in Schlettstadt, vergaß aber trotz seiner Tätigkeit in der Offizin Schürers die Lateinschule in seiner Heimat nicht. 14 Rhenanus hat zwar einen Widmungsbrief an Gebwiler für Andrelinus’ Buch geschrieben, 15 doch der bescheidene Mann macht sich vor allem im letzten Teil des Sammelbands bemerkbar. Die erste Veröffentlichung Schürers ist das dritte und letzte Stück unseres Sammelbands, und Schürer wurde hier von Rhenanus stark beeinflusst! In der Tat zeigt die Entdeckung eines bisher unbemerkten Buches und eines neuen Briefes, die aus Paris stammen, dass dieses Buch zum Vorbild für die erste eigene Veröffentlichung des Druckers Schürer wurde. 16 Am 22. Januar vermutlich im Jahre 1507 in Paris, als Rhenanus unter der Leitung von Lefèvre d’Etaples tätig war, ließ er bei der Witwe von Jean Du Pré I. dieses Buch, versehen mit einem Widmungsbrief an seinen Schulkameraden Michael Hummelberg, veröffentlichen. 17 Es handelt von zwei Christen und einem Heiden: der Heilige Athanasius schreibt über die Psalmen, der Heilige Basilius über den Neid und Plutarchus über den Unterschied zwischen Haß und Neid. Im Widmungsbrief von Rhenanus an Hummelberg ist auch die Rede 249 Die Aulularia des Plautus im Sammelband von Bonifacius Amerbach 18 Rhenanus 2013, 12, Z. 32. 19 Rhenanus beschäftigt sich nicht mit der Tabula Cebetis; vgl. Hirstein 2005, 476-478 und 481. Backus 1990, 146 gibt auch den ganzen Titel, aber gibt mit ‚[Leipzig]‘ den falschen Ort an. 20 Siehe Andrelinus 1982 und Tournoy-Thoen 1985-1987, vol. 1, pp. 53-56. 21 Backus 1990 und Schucan 1973. 22 Universitätsbibliothek Basel: „CE VII 28: 1, 2 und 3“. Hieronymus 1986, 66, Anm. 11. 23 Von dem Werk gibt es mindestens 20 Nachdrucke, vgl. Andrelinus 1982, 171 (XV), 23 und Rhenanus 2013, 34-35 24 Es handelt sich um die Briefe 2, 5, 6, 7, 8. Rhenanus erwähnt den fünften Brief: Non habendum esse cum foemina commercium („Man sollte keinen Umgang mit einer Frau pflegen“), den sechsten: Temporis iactura nihil esse neque pernitiosius neque detestabilius („Nichts ist schädlicher und hassenswerter als die Verschwendung von Zeit“) und den achten: Labores ocio anteponendos („Man muß Bemühungen dem Nichtstun vorziehen“). vom Stoiker Epictetus und seinem Handbuch (Enchiridion). 18 Das erste von Schürer gedruckte Buch enthält fünf Autoren: Athanasius, Epictetus, Basilius, Plutarchus und Cebes. Athanasius, Basilius und Plutarchus stammen von der Veröffentlichung des Rhenanus. 19 Was den Basler Sammelband betrifft, finden sich unter den Autoren neben Plautus mindestens zwei andere, die hier für uns bemerkenswert sind: Faustus Andrelinus, der italienische Autor, und der griechische Kirchenvater, der Hei‐ lige Basilius. Andrelinus aus Forli (ca. 1462-1518) lehrte Rhenanus Rhetorik und Dichtkunst in Paris, als der Schlettstädter 1503-1507 dort sein Studium absolvierte. 20 Basilius ist unter anderem durch seine Schrift Ad adulescentes sehr bedeutend, in der er zeigt, wie Christen heidnische Autoren lesen können. 21 Der Sammelband enthält im Ganzen drei Bücher. Alle wurden vermutlich 1508 in Straßburg gedruckt und nicht viel später im Basler Band zusammenge‐ bunden. 22 Als Erstes finden sich die Epistolae proverbiales et morales des Faustus Andrelinus. Die Sprichwort- und Moralbriefe wurden zum ersten Mal im Mai 1508 in Paris veröffentlicht, um noch im September des gleichen Jahres in Straßburg bei Matthias Schürer wiederaufgelegt zu werden. 23 Andrelinus wollte sich ganz offensichtlich einmal statt an der Poesie an der Prosa versuchen und zeigen, wie sich Sprichwörter für das Verfassen von Briefen nutzen lassen. Von den insgesamt neun Briefen des Werks behandeln fünf moralische und vier eher literarische Themen. In seinem Widmungsbrief an Gebwiler legt Beatus Rhenanus, der dabei vor allem an die Schüler der Schlettstädter Lateinschule dachte, den Schwerpunkt auf die moralischen Briefe. 24 Im Basler Sammelband sind nur die drei ersten Briefe gut annotiert; der zweite Brief hat die meisten Anmerkungen. Wir gehen davon aus, dass er ausführlich von Gebwiler kommentiert und dann von Bonifacius annotiert wurde. 250 James Hirstein 25 Andrelini 1508, A iiii v°. 26 Vgl. Rhenanus 2013, 38, 7 und 40-42, 18-24. 27 Rhenanus 2013, 30-31 und 347-348. Es ist auch ein Adagium: Erasmi Adagia Num. 889. 28 VD 16, P 3411. 29 Vgl. für den Titel Braun 1980, 108. 30 Braun 1980, 42-46, 75-78, 83, 107-111. 31 Oben hat Bonifacius den Titel wiederholt: Aulularia Plautina cum familiari commento (Aulularia korrigiert aus Aulalaria). Der Brief trägt den Titel: Amico reconciliato aut raro aut nunquam fidendum („Man sollte selten oder nie einem Freund vertrauen, mit dem man sich ausgesöhnt hat“). Hier liest man unter anderem: 25 Nos autem non potes ullo quouis pacto supplantare: qui te ab unguiculo ad summum capillum quique intus & in cute exploratum habeamus. Vna manu panem ostentas, altera lapidem celas. Du kannst uns keinesfalls ins Straucheln bringen, denn wir kennen dich genau, von den Zehen bis zum letzten Haar auf deinem Kopf, von innen wie von außen. Mit einer Hand reichst du uns ein Stück Brot, in der anderen versteckst du einen Stein. Thematisiert wird der Freund, den man gut gekannt hat, der aber dann zum Feind geworden ist. In diesem Brief, wie fast überall, ist die Zahl der Sprich‐ wörter ziemlich hoch. 26 Rhenanus und sein Freund Michael Hummelberg be‐ nutzen das Sprichwort des Persius (3, 30) intus et in cute in ihrem Briefwechsel. 27 Die Anmerkungen des Bonifacius in diesem Buch geben besonders Auskunft über den Sinn oder die Details der Sprichwörter selbst. Er hat sehr viele solcher Anmerkungen zu dem zweiten Brief gemacht. Hier sei daran erinnert, dass dieser Brief des Andrelinus von der Doppelzüngigkeit und von Falschheit und Misstrauen handelt. An zweiter Stelle des Sammelbands des Bonifacius steht die Aulularia (die Goldtopfkomödie) des Plautus, gedruckt in Straßburg bei Johann Prüß dem Älteren, aber ohne Datum im Impressum. Was das Jahr betrifft, findet man zum Beispiel in den Katalogen Angaben wie „um 1510“. 28 Laut dem gedruckten Titel: Aulularia Plautina: comediarum lepidissima, quae etsi alias incompleta, a Codro Vrceo tamen est perfecta, cum familiari explanatione haben wir wohl das reizendste der Lustspiele des Plautus vor uns. 29 Das Werk blieb unvollendet, liegt hier aber in einer Fassung vor, die der italienische Humanist Antonius Urceus (1446-1500), Codrus genannt, mit einem eigenen Schlussteil ergänzt hat. 30 Das Werk ist mit dem gemeinsamen Kommentar versehen. 31 251 Die Aulularia des Plautus im Sammelband von Bonifacius Amerbach 32 Was den Namen des Sklaven betrifft, vgl. Braun 1980, 38, 1. 33 Bonifacius schreibt im Wesentlichen: Euclio senex; filia eius; Liconides adolescens; Stro‐ philus Leonidis seruus; Megadorus euclionis uicinus; Eunomia Megadori soror; Strophila anus eclionis [sic] famula. Unter dem Namen Euclios findet sich drei Namen: Strophila; filia eius und Liconides. Bonifacius hat zwischen Euclio senex und Strophila, zwischen Euclio senex und filia eius und zwischen filia eius und Liconides Linien gezogen. 34 Ausführlicher bei Braun 1980, 38-39. 35 Nach Braun 1980, 38. Unter den gedruckten Titel hat Bonifacius ein Distichon von seinem Lehrer angebracht. Er hat den Zweizeiler mit den Worten angekündigt: Hieronymus Gebwiler in/ / plautinam aululariam distichon und sie in roter Tinte mit einem Paragrafenzeichen und einer Unterstreichung ausgezeichnet. Auf der Rückseite des Titelblattes findet sich das gedruckte Bild von drei Män‐ nern: Plautus ist in der Mitte dargestellt, flankiert links vom nicht genannten Verfasser des Kommentars und rechts von Codrus Urceus. Darunter stehen handschriftliche Eintragungen des Bonifacius. Der Basler nennt die Personen des Stückes. Die wichtigsten sind Euclio, der Senex (der Greis); Lyconides, der Adulescens (der junge Mann); Strophilus, 32 der Seruus (der Sklave) des Lyco‐ nides und Megadorus, der Avunculus (der Onkel des Lyconides) der Nachbar des Euclio. 33 Besonderes Augenmerk verdient die Wiederholung des Gedichts von Gebwiler durch Bonifacius. Unter den Namen der Protagonisten hat Bonifacius es in fast derselben Weise eingefügt wie bereits zuvor: Hie: Gebwiler/ / in plautinam aululariam/ / distichon. Bevor wir das Gedicht selbst betrachten, fassen wir die Intrige zusammen. 34 Der alte Euclio hat in seinem Haus einen Schatz entdeckt und ihn in einem Topf versteckt. Diese Entdeckung hat seine Persönlichkeit grundlegend verändert. Er befürchtet vor allem, dass jemand ihm diesen Schatz stehlen wolle. Er denkt dabei nicht an seine Tochter, die schon im heiratsfähigen Alter ist. Eigentlich steht eine Niederkunft unmittelbar bevor, 35 weil sie während eines Festes von Lyconides vergewaltigt worden war! Nur die Dienerinnen wissen Bescheid. Als Megadorus, ein reicher und alter Nachbar, Euclio besucht, weil er um die Hand von dessen Tochter anhalten will, kommt Euclio nur eines in den Sinn: Megadorus müsse das Geheimnis des Schatzes kennen und wolle ihm das Vermögen entwenden. 252 James Hirstein 36 Übersetzung Rau (Plautus 2008, 209). Euclio kann weder auf Megadorus noch sonst jemanden vertrauen, auch wenn er ihm helfen will. Er hat so viel Angst um sein Gold, dass er Megadorus’ wahre Absichten nicht mehr erkennt. Euclio (194-198) sagt: 36 Nunc petit, quom pollicetur; inhiat aurum ut deuoret. Altera manu fert lapidem, panem ostentat altera. Nemini credo qui large blandust diues pauperi. Vbi manum inicit benigne, ibi onerat aliquam zamiam. Ego istos noui polypos qui ubi quicquid tetigerunt tenent. Der verspricht und will nur haben; schnappt nach Gold, dass er's verschlingt! Hält in einer Hand den Stein, zeigt mit der anderen mir Brot! Keinem Reichen trau ich, der zum Armen überfreundlich ist: Wo er nett die Hand gibt, packt er irgendeinen Verlust mir auf. Die Polypen kenn ich, die, wo sie berühren, halten fest! An dieser Stelle verweist Bonifacius mit dem Sprichwort „Mit einer Hand reichst du uns ein Stück Brot, in der anderen versteckst du einen Stein“ auf Andrelinus, in der Mitte am rechten Rand (f. C [iiii] r°, unter der Eintragung Inhiare): Faustus in epi/ / stolis/ / Vna manu panem ostentas/ / altera Lapidem celas Wir müssen annehmen, dass Gebwiler Bonifacius auf diese Parallele auf‐ merksam gemacht hat. Weiter unten bringt Bonifacius (vermutlich dank Ge‐ bwiler) allgemeine Bemerkungen über Sprichwörter an: Obiter nota adagium dici prouerbium et indiscriminanter/ / adagionem siue quia in vullgus (sic) adactum sit hoc est promulgatum/ / seu uocata adagia quasi dicas ad agendum apta<.> pluri/ / mum enim conferunt in uita degunda et in actionibus prouerbia. Erkenne, dass ein adagium auch prouerbium genannt wird und ohne Unterschied auch adagio: entweder weil es der Menschenmenge zugeführt wurde, das heißt, bekannt gemacht, oder aber sie werden adagia genannt, als ob man sage, sie seien für das Handeln geeignet. Denn die prouerbia tragen sehr viel zur Lebensführung und dem Handeln bei. In unserem Fall jedoch ist das Sprichwort Altera manu fert lapidem, panem ostentat altera Zeichen einer Doppelzüngigkeit, die eigentlich nicht besteht. Euclio bildet sie sich nur ein, weil er sich zu viele Sorgen um sein Gold im Topf macht. 253 Die Aulularia des Plautus im Sammelband von Bonifacius Amerbach 37 Vgl. Braun 1980, 39. 38 Ausführlichere Beschreibung bei Braun 1980, 42-46. 39 Titelblatt: erymnis. 40 Vgl. auch Hieronymus 1986, 66, 11 (ohne Übersetzung). Hier und anderswo behalten wir die Orthographie des Autors bei, aber interpunktieren nach heutigen Regeln. Vielleicht hatte Euclio recht. Dem Sklaven des Lyconides, Strobilus, gelingt es, das Gold zu stehlen. Aber Lyconides weiß dies nicht, als er sich zu Euclio begibt, um um die Hand von dessen Tochter anzuhalten. Euclio will nur sein Gold zurückholen und denkt an nichts anders. Wir müssen uns hierbei vor Augen halten, dass sowohl aula (Topf) als auch filia (Tochter) Feminina sind. Und so sehen wir (731-771) eine Auseinandersetzung mit einer sehr witzigen Zweideutigkeit. Lyconides versteht aber endlich den Irrtum und will seinen Sklaven Strobilus dazu verpflichten, den Topf an Euclio zurückzugeben. Obwohl der Schluss des Lustspiels fehlt, gibt es genug Hinweise, um zu wissen, dass Lyconides Phaedra, die Tochter Euclios, heiratet und dass Euclio selbst Phaedra den Goldtopf als Mitgift schenkt. 37 Jetzt kann Euclio ruhig schlafen. Trotzdem dürfen wir die Completio Codri nicht vergessen. Im Schlussteil von Urceus gibt Strobius Euclio das Gold zurück und Lyconides beschenkt Strobilus mit der Freiheit. Aber Euclio gibt sein Gold nicht seiner Tochter Phaedra, sondern Lyconides. 38 Wenden wir uns nun dem Zweizeiler zu, der vom Leiter der Schlettstädter Lateinschule verfasst und zweimal von Bonifacius ins Buch eingetragen wurde. Wie fasst Gebwiler in seinem Gedicht das Lustspiel zusammen? Hieronimus Gebwiler in plautinam aululariam distichon Que cruciet nummi cupidos barathralis erynnis 39 Euclio plautinus sordidus ille docet. 40 Zweizeiler von Hieronymus Gebwiler über die Goldtopfkomödie von Plautus Welche höllische Furie die Menschen, die nach Geld streben, quält, lehrt der berühmte Geizhals Euclio des Plautus. Menschen, die geldgierig sind, werden von der Rachegöttin bzw. von einer Geißel gequält. Dies lernen wir von dem geizigen Euclio. Wir müssen diesen Gedanken trotzdem erklären, weil Euclio zwar geldgierig und auch wohl neidisch war, aber erst indem er den Goldtopf fand, wurde er auch geizig. Die beiden nun, die geldgierigen und die geizigen Männer, leiden höllische Qualen. 254 James Hirstein 41 Curc. 123 (TLL 2.0.1723.69-70). 42 Ru. 570 ; Bac. 149 (TLL 2.0.1723.77-78) 43 Ramminger: „zur Hölle o. Unterwelt gehörend“. 44 Aul. 66; vgl. 105. 45 Braun 1980, 152, 31-33. 46 Vgl. auch Braun 1980, 153. 47 Vgl. auch Braun 1980, 161. Plautus spricht dreimal von barathrum, ein Mal im Sinne von ‚Abgrund‘ als komischer Ausdruck für den Magen, 41 zweimal im Sinne von infernus locus, ‚Unterwelt, Hölle‘. 42 Es handelt sich um komische Ausdrücke, in denen man auf den Ort anspielt, in den sich jemand hineinstürzen möchte oder an dem andere jemanden sehen möchten. Eine Art tatsächlicher höllischer Strafe oder Qual lässt sich hierbei nicht erkennen. Das Adjektiv barathralis ist im Altertum nicht geläufig; trotzdem hat Johann Ramminger ihn in anderen neulateinischen Quellen bestätigt. 43 Zudem kommt Erinnys „Furie“ im Lateinischen auch nicht sehr oft vor. Entweder hat der Lehrmeister und Dichter Gebwiler einen griechi‐ schen Zusammenhang im Kopf oder er will die Schüler Griechisch lehren; beides kann zutreffen. Die Anwesenheit dieser höllischen Furie oder Geißel ist in der Tat überraschend. Euclio leidet zwar, denn das „Gold“ (d. h. dessen Sicherheit) bekümmert ihn, 44 aber an keiner Stelle finden wir den Gedanken, dass sein Leid aus der Hölle kommt. Codrus’ Schluss könnte jedoch eine Antwort auf die Frage nach den hölli‐ schen Foltern geben. Dieser spricht (im Munde des Strobilus, des Sklaven des Lyconides) von den Herren der Sklaven: Nullae illis satis diuitiae sunt; non Midae Non Craesi, non omnis Persarum copia Explere illorum Tartaream ingluuiem potest. 45 Kein Reichtum kann ihnen genügen: Die ganze Fülle nicht von Midas, nicht von Croesus, nicht von den Persern Kann ihrer höllischen Gefräßigkeit willfahren. 46 Wie bereits von Ludwig Braun erwähnt, kommt das Adjektiv Tartareus nicht bei Plautus vor. Auf dieselbe Weise findet er ingluuies im allgemeinen Sinn nur bei Prudentius (Psych. 607). Wir können natürlich Tartareus als Synonym von barathralis erwägen. Ingluuies gilt hier als ‚Gier‘. Am Ende sagt Strobilus, hier der Wortführer des Urceus: 47 Spectatores naturam auarus Euclio Mutauit: liberalis subito factus est. 255 Die Aulularia des Plautus im Sammelband von Bonifacius Amerbach 48 Braun 1980, 160, 120-123. 49 Codrus war stolz auf seinen Vers Seruos fideles liberalitas facit (siehe Braun 1980, 43; 154, 46). Braun 155, 46, schreibt darüber: „Die Sentenz, so straff sie klingt, und mit ihr die ganze Schilderung 37 ff paßt eigentlich nicht so recht: erstens soll Lyconides ja nicht liberalis im Sinn des davor genannten Beispiels sein, sondern Strophilus freilassen, zweitens will Strophilus nicht ein seruus fidelis, sondern ein Freigelassener werden.“ 50 Vgl. Braun 1980, 45. 51 Zum Colophon vgl. Braun 1980, 108. 52 Hieronymus 1986, 66, 11. 53 Basilius, Moralpredigt 11/ Migne PG 31, 371-386. Die Eintragungen sind nicht so häufig wie diejenigen bei Andrelinus und bei Plautus. Es handelt sich meistens um Korrekturen und Unterstreichungen. Der Titel der Tabula Cebetis wurde unterstrichen. Sic liberalitate utimini vos quoque Et si fabula perplacuit clare plaudite. 48 Zuschauer, der gierige Euclio hat sich geändert: Er ist plötzlich freigebig geworden. So seien auch Sie freigebig und wenn das Lustspiel Ihnen gut gefallen hat, klatschen Sie! Mit dem Begiff der Liberalitas, das heißt freisinnige Denk- und Handlungsart und insbesondere auch Freigebigkeit, ist in der Rede des Strobilus (und somit im Kopf des Codrus) die Idee von Libertas konnotiert. 49 Nach den Betrachtungen zu Liberalitas und besonders zur Tartarea ingluuies müssen wir uns mit Braun die Frage stellen, ob die Completio Codri, so kunstvoll sie auch ist, eigentlich plautinisch ist. 50 In der Tat gibt es in der Goldtopfkomödie keine Anspielung auf die Hölle. Die Completio Codri hat Einfluß auf Gebwiler ausgeübt und diente zumindest deutlich als Unterstützung seines Gedankens. Am Ende des gedruckten Lustspiels ergänzt Bonifacius handschriftlich das Colophon so: 51 Aulularie plautine/ / finis/ / Anno MDVIII. Dieser Eintrag des Bonifacius zeigt, so Hieronymus, dass der Druck der Aulu‐ laria spätestens auf das Jahr 1508 datiert werden muss. 52 Das dritte und letzte Buch im Sammelband ist der moralpädagogische Sam‐ meldruck, der am 8. Juni 1508 von Matthias Schürer als erstes Buch seiner Offizin gedruckt wurde. Von den Werken des Bandes hat Bonifacius nur die Moralpredigt des Basilius De inuidia ein wenig annotiert; 53 dennoch hat er auf das Titelblatt selbst den Titel eines Textes von Basilius, De uita solitaria, hinzugefügt, der nicht abgedruckt 256 James Hirstein 54 Backus 1990, 146. 55 Athanasius 150[7], a [i] v° - a ii r°. 56 Rhenanus 2013, 12; Ovid, Met. 2, 761-794 und Hor. Ep. 1, 2, 58-59. 57 Athanasius 1508, D [v] v°. worden war. 54 Im Widmungsbrief des Pariser Vorbilds des Straßburger Buches spricht Rhenanus von der Rede über den Neid: 55 Adieci insuper quandam magni Basilii orationem/ pernitiosissimum inuidie virus tam compositis verbis taxantem/ effulminantemque vt quiuis illud summopere fugiendum esse non possit non censere, vnde facile dinosces/ quam graphice inuidie domum Ouidius secundo metamorphoseos depinxerit, licebitque intueri quid sub poeticis inuolucris reconditum delitescat; id quoque Horatianum/ verissimum patescet: Inuidia siculi non inuenere tyranni/ / Maius tormentum. Ich habe darüber hinaus eine Rede von Basilius dem Großen hinzugefügt, die das sehr schädliche Gift des Neides mit einer so starken Argumentation anprangert und verurteilt, dass alle der Meinung sein können, dass ihm mit größer Mühe entflohen werden muß: daran wirst du leicht erkennen, mit welcher Kunst Ovid das Haus des Neides im zweiten Buch der Metamorphosen beschrieben hat und wirst sehen können, was sich unter den dichterischen Hüllen verbirgt; und das Wort von Horaz wird auch die ganze Wahrheit aufzeigen: „Im Vergleich zum Neid hätten die Tyrannen von Sizilien keine größere Folter erfinden können“. 56 Der moralische Zweck kommt klar ans Licht. Basilius bringt Argumente dafür, dass man dem Neid entfliehen muß und die Dichter Ovid und Horaz zeigen auf, in welchem Maß man von ihr gequält wird. Am Anfang seiner Rede zieht Basilius eine deutliche Parallele zwischen dem Neid und der Hölle. Der Heilige sagt: 57 Bonus est deus et bonorum merentibus largitor; malus diabolus et omnium malorum auctor. At sicuti bonus nemini unquam inuidet, ita diabolus continuo liuore uexatur. Fugiamus igitur fratres affectum inuidiae, ne operum aduersarii nostri participes fiamus […] Gott ist gut, und er ist der Geber der Güter an den Verdienstvollen; der Teufel ist böse und der Urheber alles Bösen. Aber ebenso, wenn der gute Mann niemals einen anderen um etwas beneidet, so ist der Teufel fortdauernd von dem eifersüchtigen Hass gequält. Also fliehen wir, meine Brüder, vor dem Gefühl des Neids, damit wir an den Werken unseres Gegners nicht teilnehmen. Nach dem heiligen Basilius kennt der Teufel selbst die Qualen des Neides. Der Neid ist dann sozusagen höllisch, oder Tartareus und barathralis. Gute Männer 257 Die Aulularia des Plautus im Sammelband von Bonifacius Amerbach 58 Vgl. auch Hieronymus 1986, 66, Anm. 11 (ohne Übersetzung). 59 Der Gebrauch von durius hier ist nicht sehr glücklich gewählt: wir übersetzen es als „strenger“. müssen diesen Affekt vermeiden, weil er nicht nur große Qualen bringt, sondern auch höllisch ist. Obwohl der junge Bonifacius die Moralpredigt De inuidia nicht so stark wie die Epistolae prouerbiales et morales und die Aulularia annotiert hat, ist klar, dass er sie mit Gebwiler gelesen hat. In der Tat hat der ludi magister noch einmal ein Gedicht kopieren lassen. Am Ende auf E4 v°, zwischen dem Invidia-Text des Basilius und demjenigen Plutarchs, liest man: Hiero. Gebuiler. Que iuga sustineat mens Inuida, candide lector, His facile scriptis prendere queque potes. Haec cruciat vivos, defunctis tartara donat; Durius Invidia vel stigis unda fouet ; Corporis eneruat uires animum quoque priuat Lumine ne possit cernere recta suo 58 . Welche Joche der neidische Geist erträgt, ehrlicher Leser, Kannst du dank dieser Schrift leicht und in allen Details erkennen. Dieser Geist quält die Lebenden und beschenkt die Toten mit Tartarus. Selbst die Wogen des Styx erhitzen einen strenger als der Neid. Er schwächt die Körperkräfte und beraubt auch die Seele Ihres Lichts, damit sie nicht mehr erkennen kann, was ihr recht ist. Im Vergleich mit dem ersten Gedicht Gebwilers ist der Aufbau des ersten Distichons hier derselbe. Die beiden fangen mit einer indirekten Frage an, die das Thema ankündigt: die Folterqual der geldgierigen Männer und das Sklavenjoch der neidischen. Im dritten Vers des Gedichtes über den Neid findet sich dasselbe Verb crucio „quälen“ wie im ersten Gedicht und dann auch ein Wort, das auf die Hölle verweist, bzw. auf barathralis und Tartara. Dieses zweite Distichon handelt von den Foltern, mit denen der Neid die Menschen quält: Die Lebenden werden gekreuzigt bzw. gequält und die Toten haben keine Ruhe, weil sie den Tartarus, den tiefsten und schrecklichsten Teil der Unterwelt, erleben müssen. Und trotzdem ist der Neid tödlicher als der Styx! 59 Im letzten Distichon geht es wieder um die Lebenden, die durch den Neid an Leib und Seele geschwächt werden, sodass sie nicht mehr erkennen, was recht ist. Obwohl die Thematiken der Goldtopfkomödie des Plautus und der Moralpre‐ digt des Basilius nicht identisch sind, gibt es starke Ähnlichkeiten, besonders die 258 James Hirstein 60 Athanasius 150[7], a [i] v° - a ii r°. 61 Lefèvre ließ die Ethik des Aristoteles in drei Übersetzungen veröffentlichen: diejenige des Ioannes Argyropoulos (fl. 1434-1473), des Leonardus Aretinus (Leonardo Bruni, 1370-1444) und die traditionelle Übersetzung von Robert Grosseteste (1240-1249). 62 Aristoteles 1497, c iiii r°. 63 Mertens 2008, 877. Vgl. Rhenanus 2013, 84. höllischen Foltern, die Gier, Geiz und Neid mit sich bringen. Gebwiler zieht stets dieselbe Verbindung zur Hölle. Dank diesem längeren Gedicht und dem Beitrag des Basilius verstehen wir - so scheint es - den ersten Zweizeiler besser. Diese sehr schädlichen Affekte stammen aus der Hölle. Deshalb haben wir Erinnys im ersten Gedicht lieber mit ‚Geißel‘ als mit ‚Furie‘ übersetzt. Gebwiler betont diese Beziehung in seinem Vergleich zwischen dem Neid und den Wogen des Styx. Im Gedicht über die Goldtopfkomödie waren nur die Lebenden in Gefahr, aber im Gedicht über den Neid sind die Lebenden ebenso wie die Toten betroffen. Wenn eine solche Parallele möglich ist, können wir dank dem Gedicht über die Moralpredigt verstehen, warum Euclio die Bedürfnisse seiner Tochter und die Freundschaft mit Megadorus nicht erkannte. Er konnte weder die Lage seiner Tochter verstehen noch Megadorus vertrauen, weil der Affekt ihn des Lichts seines Geistes und seiner Seele beraubt hatte. Wollte Gebwiler einige der sieben „Todsünden“ oder „Wurzelsünden“ tadeln? Bislang gibt es schon den Geiz und den Neid! Aber wenn wir auf Beatus Rhenanus zurückkommen, können wir eine andere Antwort vorschlagen. So schreibt er, wie wir gesehen haben, im Widmungsbrief seines Buches: 60 Adieci insuper quandam magni Basilii orationem/ pernitiosissimum inuidie virus tam compositis verbis taxantem/ effulminantemque vt quiuis illud summopere fugiendum esse non possit non censere, vnde facile dinosces/ quam graphice inuidie domum Ouidius secundo metamorphoseos depinxerit […] Man kann die Quelle dieser Anspielung bei Ovid lokalisieren. Sie findet sich in den Decem librorum Moralium Aristotelis tres conuersiones, 61 kommentiert und herausgegeben 1497 von Lefèvre d’Etaples. 62 Gebwiler selbst ließ 1511 eine Ver‐ sion der Ethica bei Grüninger in Straßburg drucken. 63 In der Tat wollte Lefèvre unter anderem die Grammatik und die Rhetorik im Universitätsprogramm durch literarische Kommentare stärker betonen. So erklärt er in seinem Kommentar über die Ethik des Aristoteles (2, 7, 15/ 1108 b 1) die Natur des Neides mittels eines Zitates von Ovid, der das „Haus des Neides“ beschreibt (Met. 2, 761-794). 259 Die Aulularia des Plautus im Sammelband von Bonifacius Amerbach 64 Bibliothèque Humaniste de Sélestat „K 852b“. 65 Aristoteles 1497, c iiii r°. 66 Ethica 2, 7, 15/ 1108 b 1. Auf dieser Seite hat Rhenanus in seinem Exemplar (1505) die Wörter Descriptio Domus Inuidie in roter Tinte beigefügt. 64 Nun schreibt Lefèvre im gedruckten Kommentar: 65 Inuidia dolor est de bonorum prosperitatibus. Que torquet/ siccat / afflat / exossatque inuidentes quasi tortor quidam ex tartareis ultoribus ad mortalium exterminia missus sed discant inuidi (qui aliorum felicitate torquentur) ex Nasone que domus sit inuidie. Der Neid ist ein Leid, das von dem glücklichen Zustand guter Männer stammt. Er quält, trocknet, verweht und entbeint die Neidischen als eine Art Folterer, aus der Reihe der höllischen Rächer den Sterblichen gesandt, um die Menschen zu vernichten, aber die Neidischen (die von dem Glück der anderen gequält werden) müssen dank Ovid lernen, wie es im Haus des Neides steht. Hier ist auch die Rede von Qualen und von der Hölle (Tartareis ultoribus). Bei Ovid sieht man ebenfalls, in welchem Maß die schreckliche Inuidia selbst gequält wird. Im Rahmen der Ethica spricht Aristoteles von der Einhaltung der Mitte zwi‐ schen zwei Extremen: Neid - Entrüstung - Schadenfreude (Inuidia - Indignatio - Maliuolentia). 66 Die Schüler Gebwilers sollten mindestens, vielleicht auch Euclio selbst, die Entrüstung anstreben. Anfangs haben wir über die pädagogische und moralische Einheit des Basler Sammelbandes gesprochen. Diese Einheit ist mehrschichtig: Pädagogisch bildet der Sammelband eine Einheit, indem sein Besitzer, Bonifacius Amerbach, ihn hat anfertigen lassen. Hieraus haben wir drei Autoren ausgewertet: Faustus, Plautus und Basilius. Danach wurden die Bezüge zwischen ihnen in den hand‐ schriftlichen Annotationen betrachtet. Nachdem Bonifacius Faustus annotiert hat, nennt er ihn in seinen Anmerkungen zu Plautus. Sein Lehrer Gebwiler hat zwei Gedichte verfasst und von Bonifacius kopieren lassen: ein Distichon für Plautus und drei Disticha für Basilius. Die Erwähnung des Andrelinus durch Bonifacius und die Gedichte von Gebwiler stellen ein pädagogisches Corpus dar. Erwähnenswert sind auch die moralischen Lektionen im Sammelband, im Besonderen über den Neid, welche Gebwiler in der Schlettstädter Lateinschule erstellte. Im zweiten Brief des Andrelinus führt er das Problem des Misstrauens ein. Dann gibt er ein gutes und lustiges Beispiel davon anhand der Person des Euclio in der Aulularia und zudem eine Erklärung von dessen Persönlichkeit, insbesondere im Hinblick auf den Geiz. Schließlich enthüllt er die Quelle der 260 James Hirstein 67 Vgl. Braun 1980, 45. höllischen Affekte in der Rede des Basilius. In den Gedichten Gebwilers, die lexikalische und thematische Ähnlichkeit aufweisen, können wir eine morali‐ sche Einheit feststellen. Es handelt sich hierbei um die Kritik der Affekte, im Besonderen des Neides. Denkt man dank dem Brief des Rhenanus an Hummelberg an die Beziehungen zwischen der Kritik des Neides von Basilius und dem Kommentar von Lefèvre über Aristoteles, lässt sich vermuten, dass Gebwiler durch die Benutzung dieses Sammelbandes seine oberrheinischen Schüler auf die Artistenfakultäten (besonders in Paris beim Collegium von Kardinal Lemoine, unter der Leitung des Lefèvre d’Etaples) vorbereitete. Was Gebwiler betrifft, gibt es eine pädagogische und moralische Einheit. Dürfen wir aber auch in der Aulularia und der Person von Euclio von einer solchen Einheit ausgehen? Wäre es nicht befriedigender zu sagen, dass es sich um zwei verschiedene ‚höllische‘ Affekte handelt, den Geiz in der Aulularia und den Neid bei Basilius? Gebwiler richtete seine Interpretation zu sehr auf den moralischen Schwer‐ punkt und die höllische Herkunft des Neides, was sich für das allgemeine Verständnis des Stückes nachteilig auswirkt. Was den ludi magister angeht, teilen wir die Ansicht von Braun über die Completio Codri, 67 dass die Interpre‐ tation zwar kunstvoll, aber nicht eigentlich plautinisch ist. Wir haben festgestellt, dass Gebwiler unter dem Einfluss der aristotelischen Lehre schreibt und insbesondere auch unter dem Lefèvres. Die pädagogische und moralische Einheit des Basler Sammelbandes hat mindestens vier spiritus rectores: Codrus, Lefèvre, Gebwiler und Rhenanus, die selbst von Basilius als Quelle beeinflusst wurden. Literaturverzeichnis Andrelinus, Publius Faustus: Epistolae prouerbiales et morales longe lepidissimae nec minus sententiosae, Straßburg, 1508. Andrelinus, Publius Faustus: Amores siue Liuia, met een Bio-Bibliografie van de Auteur, Uitgegeven door Dr. Godelieve Tournoy-Thoen, Brussel 1982 (Verhandelingen van de Koninklijke Academie voor Wetenschappen, Letteren en Schone Kunsten van België, Klasse der Letteren, Jaargang 44, nr. 100). Aristoteles: Decem librorum moralium Aristotelis tres conuersiones, prima Argyropili Byzantii, secunda Leonardi Aretini, tertia uero antiqua […], Paris 1497. 261 Die Aulularia des Plautus im Sammelband von Bonifacius Amerbach Athanasius: Athanasii in Psalmos opusculum, Angelo Politiano interprete, Basilii magni de inuidia oratio, Nicolao Perotto interprete, Plutarchi Cheronei de inuidia et odio libellus, Paris, 150[7]. Athanasius: Magni Athanasii in Psalmos opusculum, Enchiridion Epicteti Stoici, Basilii oratio de inuidia, Plutarchus de differentia inter odium et inuidiam, Tabule Cebetis Thebani, [Straßburg] 1508. Backus, Iréna: Lectures humanistes de Basile de Césarée: traductions latines (1439-1618), Paris 1990 (Collection des Etudes Augustiniennes, Série Antiquité 125). Braun, Ludwig: Scenae Suppositiciae oder der falsche Plautus, Eingeleitet, herausge‐ geben, übersetzt und kommentiert von Ludwig Braun, Göttingen 1980 (Hypomnemata 64). 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I versi di Plauto nelle scuole dei Gesuiti La Prosodia Bononiensis di Giambattista Riccioli Renato Raffaelli (Urbino) Molti anni fa, in un lavoro dedicato alla prima edizione (Bologna 1639) della Prosodia Bononiensis di Giambattista Riccioli, 1 concludevo con un aneddoto che mette in luce, anche se un po’ paradossalmente, l’importanza che ancora si assegnava alla prosodia nelle società cosiddette di ‘antico regime’, poco prima che la rivoluzione francese cominciasse a sconvolgere le regole di quel mondo. Una di esse - peraltro già in nettissimo regresso - era l’uso del latino come lingua dei dotti e della cultura. L’aneddoto riguarda Lorenzo Da Ponte, il celebre librettista di Mozart, che nelle sue Memorie ricorda le origini dei suoi dissapori con un personaggio altrettanto famoso, Giacomo Casanova: 2 Fu nell’anno 1777 ch’ebbi occasione di conoscerlo e di conversare familiarmente con lui […] Poco tempo prima che io partissi da Venezia, 3 una controversia frivola di prosodia latina me l’inimicò. Quest’uomo bizzarro non voleva mai aver torto. Casanova era senza dubbio un «uomo bizzarro», ma a noi oggi appare ancora più bizzarro che due personaggi così anticonformisti come Casanova e Da Ponte abbiano trovato un’occasione di litigio non in una questione di donne o di denaro, ma, per «frivola» che fosse, proprio in una controversia di prosodia latina. 4 Riccioli 1640, 111 (anche in seguito citerò la Bononiensis da questa stampa ferrarese del 1640). 5 Cf. Borgato 2016, 364. Nel frontespizio dell’edizione bolognese del 1640 è invece specificato: «auctore olim et nunc recognitore p. Io. Baptista Ricciolio, Societatis Iesu». 6 Cf. Borgato 2016, 364. Cito questa seconda edizione dalla stampa di Magonza 1660 (Riccioli 1660). 7 Cf. Moya del Baño - Carrasco Reija 1999, 721, ma con le riserve espresse infra, n. 26. Avverto fin d’ora che cito questa terza edizione nella stampa di Venezia 1674 (Riccioli 1674). E a proposito di prosodia, sgombriamo subito il campo da ogni dubbio su come il Riccioli ritenesse opportuno pronunciare questa parola: 4 Consuetudo peritorum Graecolatini sermonis certa et manifesta praeferenda est in pronunciando omnibus regulis […] idem dicendum de nomine artium, morborum, figurarum etc. quorum penultima brevis, quia tamen acuta est apud Graecos et consuetudo in Italia invaluit ut acuatur, melius acuuntur, ut naumachia, harmonia, philosophia, theologia, etc. La consuetudine certa e manifesta dei conoscitori della lingua Greco-latina deve essere anteposta nella pronunzia a tutte le regole […] lo stesso va detto circa i nomi di arti, di malattie, di figure ecc. la cui penultima sillaba è breve e tuttavia, poiché essa in greco reca l’accento acuto e in Italia è invalsa la consuetudine di accentarla, è meglio che vengano accentati, come naumachía, harmonía, philosophía, theología, ecc. L’osservazione, oltre a confermarci il rilievo da lui attribuito alla consuetudo (ma dei periti che, inoltre, il latino lo parlavano abitualmente: cf. infra, p. 276) rispetto alle regole, ci dice anche come Riccioli fosse solito pronunciare, di fronte ai suoi allievi, la parola che dà il titolo al suo manuale: appunto prosodía. Il manuale del padre gesuita Giambattista Riccioli, di cui ci occupiamo, è un’opera nata nella scuola e per la scuola, anche se col tempo la sua diffusione si estese fuori dai collegi dei Gesuiti. Pubblicata per la prima volta a Bologna nel 1639 con il titolo di Prosodia Bononiensis senza il nome dell’autore, 5 l’opera ebbe una nuova edizione, profondamente rielaborata e ampliata in due volumi, che uscì sempre a Bologna nel 1655, con il nome dell’autore e con il titolo di Prosodia reformata duobus tomis comprehensa. 6 Da questa seconda edizione fu poi ricavata un’edizione ridotta, la Prosodia Bononiensis reformata et ex duobus tomis in unum ab ipso auctore redacta, uscita sempre a Bologna qualche anno dopo. 7 Di queste redazioni, e in particolare della terza, furono tirate per circa un secolo (dal 1639 al 1746) più di cinquanta stampe, la maggior parte delle quali in Italia, da Bologna a Venezia, da Milano a Padova, da Roma a Napoli, ecc., ma alcune anche all’estero (Anversa, Magonza). 268 Renato Raffaelli 8 Le opere più importanti in questo campo sono l’Almagestum Novum astronomiam veterem novamque complectens (Bologna 1651) e gli Astronomiae Reformatae tomi duo (Bologna 1665), su cui, per una sintetica informazione, cf. Borgato 2016, 363-364 (per altra bibliografia cf. infra, n. 54) 9 Circa gli esperimenti sulla caduta dei gravi cf. Borgato 2002b, 79-118; l’opera geografica è la Geographia et Hydrographia Reformata, Bologna 1661, in dodici libri. 10 Chronologia Reformata, Bologna 1669, in tre volumi. 11 Per le opere teologiche rinvio ai cenni di Borgato 2016, 364-365 e, quanto ai problemi che le due ultime, scritte in vecchiaia, incontrarono con l’inquisizione (una non ottenne l’approvazione alla stampa e l’altra, appena stampata, fu messa all’Indice), cf. Preti 2002, 213-230. 12 Cf. Borgato 2016, 363: «Negli anni 1648-51 fu esentato dai carichi didattici per preparare la stampa dell’Almagestum novum, e per tutto il periodo 1652-69 si dedicò, con incarichi didattici occasionali, alla stesura delle sue opere». Dopo aver detto della fortuna straordinaria del manuale e prima di trattare delle ragioni di questa fortuna, sono necessarie almeno due parole sull’autore, che non fu un semplice maestro di scuola. Riccioli, nato a Ferrara nel 1598 e morto a Bologna nel 1671, è stato prima di tutto uno scienziato eminente, che partecipò attivamente ad alcuni tra i maggiori dibattiti del suo tempo, come quello su Copernico, con opere di vasto respiro che, specialmente nel campo dell’astronomia, gli valsero fama e rispetto scientifico anche da parte degli avversari. 8 Oltre che all’astronomia, Riccioli si dedicò alla sperimentazione fisica, sulle orme di Galilei, alla geografia, con un trattato sterminato, 9 alla cronologia 10 e infine alla teologia, con diversi saggi. 11 Per dare solo un’idea della molteplice erudizione di Riccioli, come della fama che gliene è derivata, basterà ricordare che la prassi di assegnare ai crateri della luna i nomi di astronomi famosi, che prosegue tuttora, è stata escogitata da lui. Che un personaggio di questo profilo ci abbia lasciato anche un manuale di prosodia è una conseguenza delle norme che a quel tempo regolavano gli studi nei collegi dei Gesuiti. Il Riccioli, prima di ottenere una serie di esoneri dall’obbligo di insegnare, per dedicarsi soprattutto alle predilette ricerche scienti‐ fiche, 12 dovette infatti passare alcuni dei suoi anni più verdi facendo scuola nelle classi di grammatica, dove, nell’ambito della retorica, si studiavano rego‐ larmente, in orari ben definiti, anche la prosodia e la metrica. Gli appunti presi 269 I versi di Plauto nelle scuole dei Gesuiti 13 Borgato 2016, 364: «frutto delle esperienze fatte da Riccioli come insegnante di retorica diversi anni prima […] a Piacenza, dove gli fu maestro e predecessore il belga Richardus Hesius»: autore, l’Hesius, proprio di un manuale di prosodia (Rudimenta Prosodiae) che Riccioli cita tra le opere da lui utilizzate. Già Baldini 1996, 127-128, sottolinea l’importanza degli anni in cui Riccioli insegnò retorica (1617-20 e, di nuovo, 1623-24), a Piacenza soprattutto, ma per un anno anche a Imola, «per i suoi studi di stilistica e metrica, perché Riccioli raccolse appunti preparatori per i corsi di retorica, sfociati in un manualetto che fu l’origine della Prosodia bononiensis, pubblicata molto più tardi». L’opera infatti fu ultimata quando Riccioli già insegnava da tempo Teologia scolastica nel seminario gesuitico di S. Ignazio a Bologna. Ancora Baldini 1996, 174 precisa al riguardo che Riccioli «entro la primavera del 1638 termina la Prosodia Bononiensis e chiede a Roma il permesso di stampa: il 29 maggio il Generale Vitelleschi gli scrive che l’autorizzazione va richiesta alle autorità della sua provincia». Dalla lettera del Vitelleschi, si ricava che il Riccioli ritenesse che la Prosodia, «per esser composta, e ampliata con tanta diligenza, […] sia per esser più fruttuosa dell’altre già stampate» (Baldini 1996, 174 n. 42). 14 Riccioli 1660, I, Ad lectorem, 1: Prosodiam, mihi olim extorta, ideoque Bononiensem prius suppresso, postea Sacrorum Censorum iussu, expresso meo nomine […]. 15 Deinde Indicem syllabarum controversarum (Riccioli 1660, frontespizio). 16 Postremo Indicem Aequivocorum diversae quantitatis» (ibid.). Si tratta di parole che appaiono identiche nella scrittura, ma che differiscono nella quantità, inserite in esametri che ne rivelano appunto la differenza. Come, ad esempio, advēnit (perfetto) e advĕnit (presente): ver dudum advēnit, post quod mox advĕnit aestas; o come cănet (da cano) e cānet (da caneo): Dulce cănet cygnus moriens, quia corpore cānet». per le lezioni di prosodia, soprattutto quelle tenute quando era molto giovane nel collegio di Piacenza, 13 dovettero costituire la base da cui prese origine la pubblicazione della Prosodia Bononiensis, edita per la prima volta, come si è già accennato, nel 1639 senza il suo nome e, a quanto scrive, anche senza che lui lo volesse. 14 In ogni caso il nome compare già nel frontespizio della stampa bolognese del 1640, che reca infatti (supra, n. 5) la dicitura «auctore […] p. Io. Baptista Ricciolio». Come già si è detto, circa quindici anni dopo Riccioli rimise mano alla Pro‐ sodia, perché le stampe in circolazione erano piene di errori, presenti soprattutto nell’Indice, che rivela, anche per questa via, di essere un parte dell’opera di importanza decisiva. Basti dire che nel frontespizio della Prosodia reformata, quella in due tomi, si afferma che posterior autem continet Indicem Magnum vocabulorum quadraginta millium, et amplius, cum quantitate syllabarum, et numeris versuum eam confirmantium. Un indice sconfinato, dunque, cui si accompagnano altri due indici: quello delle sillabe di quantità controversa 15 e quello delle parole equivoche per la sola differenza della quantità. 16 Così sterminato, questo Index Magnus, da occupare interamente, assieme agli altri due indici, di esso molto meno estesi, il secondo tomo dell’opera. 270 Renato Raffaelli 17 Quella in due tomi, cui mi riferirò talvolta, per brevità, con la sigla Reformata II (mentre con Bononiensis mi riferirò alla prima edizione e con Bononiensis Reform., invece, alla terza, quella ridotta da Riccioli a un solo tomo). 18 Reformata, come abbiamo visto sopra (nn. 8, 9, 10), è parola prediletta da Riccioli nell’intitolare le sue opere, e non tanto nel senso di ‘rivista’, ‘rielaborata’, ma più spesso in quello, più forte, di ‘rifondata’, ‘ricostituita’. 19 Da sette o ottomila della Bononiesis si arriva di colpo a un Index magnus vocabulorum quadraginta millium, et amplius, cum quantitate syllabarum, et numeris versuum eam confirmantium, come indicato nel frontespizio (Riccioli 1660, I). 20 Riccioli, 1640, 121 sgg. 21 Sulla cosiddetta syllaba communis Riccioli 1640, 1, secondo quanto si pensava al suo tempo, si esprime così: communis denique, aut varia, quae potest produci, et corripi ut libuerit. Nella prefazione «ad lectorem» della Prosodia reformata, 17 Riccioli traccia il percorso della Prosodia Bononiensis, dapprima così intitolata in quanto anonima e solo successivamente apparsa con l’indicazione del suo nome (cf. supra, nn. 5 e 14) per volontà dei Sacri Censores della Compagnia. Egli si dichiara scontento di entrambe. Di quella anonima afferma addirittura che gli sarebbe stata extorta e dunque, sembrerebbe, pubblicata senza una piena approvazione. Di quella col nome, voluto non da lui ma dai Censores, dice di aver dovuto accettare, quasi controvoglia, la divulgazione della paternità: […] expresso meo nomine vulgari aegerrime passus. Certo, una buona parte delle affermazioni di Riccioli andrà ridimensionata, come un portato delle ben note convenzioni del genere ‘prefa‐ zione’: cf. infatti infra, p. 272 e n. 23. Vi resta in ogni caso la traccia un’autentica insoddisfazione, cui l’autore ha cercato di porre rimedio, rielaborando l’opera con grande impegno: 18 di arricchimento, portando l’indice generale ad accrescersi «di molte migliaia di vocaboli», 19 e di revisione e correzione, liberando il testo dalle mende innumerevoli provocate dall’incuria dei tipografi. Questa massa ingente di errori, però, non deturpava tutto il libro, ma, in maniera preponderante, una sua particolare sezione: l’Indice generale. Nella Bononiensis l’espediente per indicare le quantità di una parola nell’In‐ dice era semplice e funzionale, però malsicuro. Ecco un paio di esempi: «ab‐ luiturus, lbblb. 6646» significa che la sequenza sillabica, indicata dalle lettere iniziali, è «lunga, breve, breve, lunga, breve» e che un esempio di conferma si trova nel verso che reca il numero 6646 nell’elenco dei versi premesso all’Indice generale (Poetarum carmina ad prosodiam confirmandam selecta). 20 Un altro esempio: «abiuro, llc. 1563» significa che le tre sillabe sono rispettiva‐ mente «lunga, lunga e comune» (la ‘o’ finale della prima persona singolare) 21 e che per conferma si può controllare il verso numero 1563 dell’elenco dei «versi scelti». 271 I versi di Plauto nelle scuole dei Gesuiti 22 Riccioli 1660, I, Ad lect., 2. 23 Come si vede dall’uso della prima persona, Riccioli anche qui riconosce palesemente la paternità della Bononiensis. 24 Riccioli 1660, I, Ad lect., 2-3. Ma proprio questo sistema di indicare le quantità con la sequenza delle iniziali delle parole longa (l), brevis (b) e communis (c), era così delicato da provocare, nel corso del tempo, un vero disastro: 22 Nam quia quantitati syllabarum promptissime tironum oculis subiciendae, trium literularum discrimine usus, syllabam Longam minusculo l, Brevem b, Communem c, veluti characteristicis notis distinxeram, 23 compendium illum in dispendium luctuo‐ sissimum degeneravit. Typographi enim passim ordine notarum illarum praepostera transpositione perverso, vel numero earundem foede mutilato, aut monstr<u>osa nu‐ merositate foedato, innumerabilibus mendis Prosodiam illam pristinam perdiderunt, prodideruntque potius quam ediderunt. Infatti poiché, per mostrare agli occhi dei principianti la quantità delle sillabe, usando come segno distintivo tre lettere minuscole, avevo contrassegnato, come abbreviazioni specifiche, la sillaba Lunga con l minuscola, la Breve con b e la Comune con c, quel modo di risparmiare degenerò in una bancarotta totale. I tipografi, infatti, stravolto ad ogni passo l’ordine di quelle sigle, spostandole a volte prima e a volte dopo, o riducendole sconciamente di numero, oppure sconciandole con un abnorme accrescimento del numero, rovinarono la precedente edizione della Prosodia con innumerevoli errori e, insomma, invece che stampata, me l’hanno storpiata. La prima edizione, dunque, è stata sconciata dall’incuria (e dalla oggettiva difficoltà), da parte dei tipografi, nel rispettare l’ordine e il numero dei compendia escogitati per indicare le sequenze sillabiche delle parole dell’Indice generale. Essi hanno anticipato o posticipato qua e là l’ordine delle singole sigle, ne hanno ridotto o aumentato il numero, e alla fine hanno partorito un monstrum che, invece di dare al lettore le necessarie garanzie di affidabilità, ne ingannava spesso la fiducia. Visto che la pecca fondamentale della Bononiensis derivava dagli errori provocati dal criterio della scelta di lettere/ sigle, Riccioli nella Reformata II dà un colpo di spugna al passato e non solo arricchisce enormemente l’indice, come s’è visto, ma ne cambia totalmente i criteri ‘segnaletici’. Proprio di questo - e quasi solo di cose inerenti all’Indice - continua infatti a parlare nella sua prefazione: 24 His de causis compulsus, nova in Indice formula quantitatem syllabarum diphthongo aut positione non per se notam expressi; si non clariore, certe a Typographorum mendis in posterum multo, quam prior illa fuit, securiore. 272 Renato Raffaelli 25 Si può osservare che Riccioli (1640, 94) usa il termine synaloephe, più preciso del termine ‘elisione’, d’uso corrente nei nostri manuali di metrica fino a non molto tempo fa. Spinto da questi motivi, con un nuovo criterio, nell’Indice ho specificato solo le quantità delle sillabe non già note di per sé, in quanto dittonghi o per la posizione. Se non più chiara, certamente la nuova formula è molto più protetta per il futuro dalle possibili storpiature dei tipografi. La nuova formula della Reformata II - chiarita più in dettaglio nei Monita pro usu indicis che precedono, all’inizio del II tomo, l’imponente Index primus generalis quantitatis syllabarum - consiste dunque nel non dare più, di norma, la quantità di tutte le sillabe che compongono una parola, ma di escludere quelle la cui quantità è scontata, come i dittonghi e le sillabe riconoscibili dalla ‘posizione’ (sono per lo più le nostre ‘sillabe chiuse’). In questo modo le cose si semplificano e, soprattutto, si riducono fortemente le possibilità di errore. Facciamo anche di questo nuovo criterio un paio di esempi. «Hostimentum, secund. longa. 20389» ci dà solo l’informazione sulla seconda sillaba, l’unica necessaria, perché sappiamo già che la prima e la terza sono lunghe positione e che l’ultima è breve, sicut desinentia in M, se non interessata da sinalefe; 25 il numero 20389, poi, rinvia come sempre all’elenco dei versi. Se andiamo per una volta a controllare, troviamo a questo numero 20389, sotto la dizione Plautus […] in Asinaria, il testo seguente: Par pari datum est hostimentum; opera pro pecunia, che è appunto un verso (settenario trocaico) dell’Asinaria di Plauto e più precisamente il 172. Ecco un altro esempio: «perperam, dactylus. 165». Qui, invece di dire semplicemente ‘secund. (o sec.) brevis’, Riccioli trova più elegante specificare che si tratta di una parola dattilica, anche a costo di contraddirsi: così, infatti, ci dà anche due informazioni ovvie sulle quantità della prima sillaba e della terza. Come si vede, la soluzione adottata ora da Riccioli non bada all’omogeneità. La cosa che gli stava a cuore, evidentemente, non era tanto il rigore, quanto evitare un criterio, come quello usato nella Bononiensis, magari in sé perfettamente sistematico, ma che nella pratica si era rivelato una trappola e un fomite continuo di errori per i tipografi. Scrivere dactylus, invece di secund. brevis, ci può apparire ridondante e, soprattutto, disomogeneo: resta il fatto sostanziale, però, che da questa specificazione molto più difficilmente può prodursi, sia nella fase della stampa, sia in ristampe successive, qualche errore subdolo e sviante per i lettori. A questo punto, con i rinnovati due tomi della monumentale edizione Reformata, tutto sembrava andare a posto. Ma non fu così. Nella prefazione Ad lectorem della successiva Prosodia Bononiensis reformata e ridotta dall’autore 273 I versi di Plauto nelle scuole dei Gesuiti 26 Cito l’intero frontespizio, che dà utili informazioni sui contenuti e sui criteri che hanno ispirato la revisione di Riccioli, da una stampa veneziana del 1674: Prosodia Bononiensis reformata, ex duobus Tomis in unum ab ipso Auctore redacta, nec sola Rudimenta Prosodiae pro Tironibus, sed Prosodiam maiorem absolute tamen pro‐ vectis necessariam continens, una cum selectis Poetarum Versibus, ad confirmandam Syllabarum quantitatem, et triplici ut antea Indice Vocabulorum, novissime ex relictis ab auctore praedefuncto correctionibus, et additionibus correcta, et aucta, Auctore P. Io. Baptista Ricciolio, Societatis Iesu Ferrariensi, Venetiis, M. DC. LXXIV, Apud Paulum Balleonium, Superiorum permissu, et privilegio. Di questa ‘terza’ edizione non c’è traccia né nella bibliografia del Fabronio 1778, II, 377, né in Pepe 2002, 462 e neppure in Borgato 2016, 364; è invece menzionata in Moya del Baño - Carrasco Reija 1999, 721, che mostrano tuttavia molta disinformazione: «La primera edición, de que tenemos noticia [sic], de la Prosodia Bononiensis, apareció en Bolonia el año 1655, en dos tomos, […] unos años más tarde el autor revisó su obra y la publicó de nuevo en Bolonia ya en un solo tomo», precisando in nota «Se puede datar en 1684, en que se fecha el Prólogo, o un poco después»: come si vede, l’esistenza della prima edizione della Bononiensis del 1639 (e delle sue numerose ristampe) è completamente ignorata, come sembra esserlo anche la biografia del Riccioli, visto che la sua revisione della terza edizione è attribuita al 1684 o dopo, quando era morto da almeno tredici anni. 27 Riccioli 1674, Ad lectorem, 1. 28 Il gioco di parole inconsulte / inconsultum mostra una certa verve verbale, che si riscontra anche in quelli, già citati (supra, p. 272), tra compendium / dispendium e tra perdiderunt / prodiderunt / ediderunt. Un esempio di queste pubblicazioni non autorizzate, che presenta esattamente la situazione lamentata da Riccioli, può vedersi nella stampa Milano 1658 (Riccioli 1658b). a un tomo solo, 26 Riccioli ci racconta come si sia arrivati a un’ulteriore tras‐ formazione. Anche in questo caso, i colpevoli furono i ‘tipografi’, ma, questa volta, non in quanto diretti responsabili degli errori materiali dell’Indice, bensì in quanto imprenditori e uomini d’affari. Per ridurre le spese e rendere più remunerativo lo smercio dell’opera, infatti, molti di essi pensarono bene di ridurla, motu proprio, ad un solo volume, tagliando e scorciando a loro piacimento. In pratica operando un vero e proprio declassamento dell’opera, come denuncia Riccioli 27 : Prosodiam dudum a me reformatam, duobusque tomis comprehensam, ut minoris impensae illicio pluribus venditarent non pauci typographi, sic unicum in tomum contraxerunt, ut eam mutilarint, et solis Prosodiae Rudimentis, inferioribus scholarum nostrarum classibus a me accommodatis, Indiceque Vocabulorum contenti, reliqua omiserint. Inconsulte sane (ne iniuste ob inconsultum auctorem adhuc viventem dixerim) […] 28 La Prosodia, già da un po’ da me restaurata e contenuta in due tomi, non pochi tipografi, per venderla a un pubblico più numeroso con l’allettamento di una spesa minore, la ridussero in un unico volume, in modo tale da mutilarla: accontentandosi 274 Renato Raffaelli 29 Riccioli 1674, Ad Lect., 2. 30 Ci sono infatti sigle piuttosto complesse, per le parole più lunghe, che risultano daldei soli Rudimenti della prosodia, da me predisposti per le classi inferiori delle nostre scuole, e dell’ Indice dei vocaboli, tagliarono via tutto il resto. In maniera certamente inconsulta (e lo direi non a torto, non avendo appunto consultato l’autore, ancora vivo e vegeto) […]. Per mantenere dignità alla sua Prosodia, venendo anche incontro alle esigenze economiche degli stampatori, Riccioli stesso procede a una riduzione dell’opera in un solo volume e la ottiene soprattutto contraendo drasticamente da venti‐ quattromila a tremila il numero dei versi citati a conferma della quantità. Inoltre, a riprova dell’importanza fondamentale dell’Indice generale, interviene anche su di esso ma non certo per ridurlo, bensì per migliorarlo ancora. Escogita infatti un nuovo criterio per indicare le quantità, riutilizzando tutt’insieme ciò che poteva ricavare dalle esperienze precedenti: 29 Ipsam vero quantitatem syllabarum in Indice Vocabulorum Generali, duplici notarum genere, ad maiorem securitatem, indicandum duxi. Primo enim pedum species, una vel altera characteristica nota indicatur, prout expressior ante Indicem indicabo [l’indice è infatti preceduto da una avvertenza in cui sono elencate tutte le sigle adottate per questo: cf. infra, n. 30]; deinde singularum syllabarum quantitas, antiquo meo modo [quello, cioè, della Bononiensis] clarior indicatur per literam b, quae brevem; per l, quae longam; vel per c, quae communem sillabam ordinatim collocatas denotant; sed minus spatium occupant. Quanto alla quantità delle sillabe nell’Indice generale dei vocaboli, ho ritenuto di doverla indicare con un duplice genere di annotazioni. In primo luogo sono indicate le specie dei piedi, nel modo che segnalerò più distintamente subito prima dell’Indice; in secondo luogo la quantità delle singole sillabe, alla vecchia maniera, viene indicata, nel modo più evidente, con le lettere che denotano, rispettivamente, la b la breve, la l la lunga e la c la comune, collocate secondo l’ordine. E tuttavia occupano meno spazio. In breve, nella Bononiensis Reform. Riccioli conserva interamente la parte trattatistica, ridotta dagli epitomatori al solo magro capitolo dei Rudimenta Prosodiae pro inferioris classis tironibus, taglia invece drasticamente l’elenco dei versi, eliminandone di colpo ben ventunomila (sette su otto), e mantiene nella sua ampiezza l’Index primus, che è indubbiamente il punto di forza e il grande pregio del suo libro, intervenendo solo quando si tratta di introdurvi una miglioria. Anche per questo, facciamo un paio di esempi, scelti tra i più semplici: 30 «abavus T. bbb» significa che la parola costituisce un tribraco (T), cioè 275 I versi di Plauto nelle scuole dei Gesuiti l’accostamento dei simboli di singoli piedi. Faccio un solo esempio (per evitare confu‐ sioni, nelle citazioni dei lemmi, qui e sempre, uso le virgolette e riproduco i caratteri come sono in Riccioli): «DS significat dactylum, cui succedit spondeus, ut in hoc vocabulo Omnipotentes» (Riccioli 1674, 262; alle pp. 262-264 c’è uno specchietto che dà conto di tutte queste numerose abbreviazioni, altrimenti abbastanza criptiche). 31 Si tratta, in sostanza, di un ritorno al sistema della Bononiensis, il più chiaro e comprensibile a tutti, ma accompagnato da un altro che neutralizzi il suo grave difetto, quello della facilità a corrompersi. Quanto poi ai casi di eventuali discordanze tra i due sistemi, era empiricamente preferibile seguire l’indicazione della sigla in lettere maiuscole (per piedi), piuttosto che di quella in lettere minuscole (per sillabe), più facile portatrice di errori. 32 In modo particolare nelle scuole dei Gesuiti, per le ragioni che vedremo più avanti (p. 277 sg.). una sequenza di tre brevi, come è ulteriormente specificato dalle tre b minuscole. Il fatto che, dopo la sigla, non compaia alcun numero indica che questa volta non c’è nessun riscontro nell’indice dei versi che, come s’è detto, è stato ridotto drasticamente. Ecco un secondo esempio: «abditus D. lbb. 1039» significa che la parola è dattilica (D), come è confermato dalla sequenza lbb, «lunga, breve, breve»; in questo caso, diversamente dal precedente, c’è anche il numero (1039), che rinvia all’elenco dei versi. In questo modo Riccioli si premuniva, indossando, per così dire, sia la cintura, sia le bretelle. La doppia notazione gli dava una doppia garanzia, mettendolo al riparo soprattutto dagli sbagli, sempre in agguato - come aveva mostrato la prima edizione - nella composizione a stampa del sistema delle sequenze delle lettere minuscole indicanti le quantità. 31 Abbiamo sin qui parlato soprattutto dell’Indice Generale e abbiamo consta‐ tato, anche dalle vicissitudini delle tre edizioni, che esso ha un’importanza assolutamente prioritaria: non a caso, come ci dice Riccioli (supra, p. 274), anche le edizioni dei tipografi di pochi scrupoli lo conservavano interamente, mentre altrove tagliavano a man bassa. La ragione di ciò è molto semplice. La conoscenza della prosodia latina, per gli studenti dei collegi, per i sacerdoti e per le persone di cultura in genere, era assolutamente indispensabile per parlare correttamente il latino ed anche per leggerlo a voce alta: si pensi solo, per questo, alle letture della Messa e dei Vangeli. Si può dire, anche a questo proposito, che da allora si è avuto un netto mutamento di prospettive. Per esempio, mentre per noi la conoscenza della prosodia risulta soprattutto funzionale allo studio e alla comprensione della metrica, ai tempi di Riccioli 32 era piuttosto la conoscenza della metrica ad essere funzionale al possesso della prosodia. Lo mostra, se ce ne fosse bisogno, l’opera stessa di Riccioli - che non per caso si intitola Prosodia -, in cui gli elenchi dei versi sono predisposti appunto ad confirmandam prosodiam e nella quale, se si deve attuare una drastica restrizione, non si taglia il preziosissimo Indice 276 Renato Raffaelli 33 Specialmente, com’è ovvio, nel mondo cattolico, dove il latino aveva larghissimo spazio in numerosi ambiti della vita religiosa e delle pratiche della liturgia. 34 Al tempo di Riccioli, e ancora, ma sempre meno, per una parte del secolo XVIII, il latino resta la lingua di comunicazione dei dotti e della circolazione internazionale dei loro libri: la diffusione delle idee e la discussione scientifica continuano a passare, pur se in proporzione decrescente, attraverso di esso. 35 Cito la Ratio Studiorum da Bianchi 2002, 114 e 115. generale con l’indicazione della quantità di un numero sterminato di parole (come abbiamo detto, «più di quarantamila vocaboli» nell’edizione i due tomi), ma semmai, come facevano gli stampatori/ affaristi, si taglia la parte teorica e metrica; oppure, come fece lo stesso Riccioli nella Bononiensis Reform., si dà un taglio severissimo proprio all’elenco dei versi, badando al sodo delle quantità e rinunciando massicciamente alle riprove testuali. Non c’è bisogno di dire che questo cambio di prospettive dipende dai mutamenti sostanziali che ci sono stati dai tempi di Riccioli ai nostri. In questi quattro secoli il latino, da lingua di cultura di una élite sovranazionale 33 - e dunque, almeno in certi ambiti di questa, ancora parlata - è passato, in alcuni periodi progressivamente, in altri con forti accelerazioni, ad essere una lingua non più usata, e tanto meno parlata, che si continua bensì a studiare, ma come lingua scritta, soltanto per continuare a leggere nella loro integrità gli autori classici. Insomma, da lingua utilizzata per scrivere ed anche per parlare - dunque, seppure piuttosto artificiosamente, ancora viva o, meglio, semiviva 34 - il latino è passato ad essere quello che chiamiamo, forse un po’ brutalmente, ma realisticamente, una lingua morta. Nelle scuole dei Gesuiti avveniva tutt’altro. Basta vedere, per questo, la celebre Ratio studiorum, la cui prima redazione è del 1599, che prevedeva, tra i compiti del Rettore di un Collegio, anche quello di controllare che vi si parlasse il più possibile in latino: 35 Domi linguae latinae usum inter scholasticos diligenter conservandum curet. Ab hac autem latine loquendi lege non eximantur, nisi vacationum dies et recreationis horae, nisi forte in aliquibus regionibus provinciali videretur his etiam temporibus facile posse hunc latine loquendi usum retineri. Faciendum quoque, ut nostri, qui non dum studia absolverunt, literas cum ad nostros scribunt, scribant latine. Abbia cura che in casa [scil. all’interno del collegio] gli scolastici usino fra di loro in lingua latina. Non devono essere esonerati dall’obbligo di parlare in latino se non nei giorni di vacanza e nelle ore di ricreazione, a meno che in alcune regioni il Provinciale ritenga che tale obbligo possa essere facilmente mantenuto anche in quei tempi. Curi 277 I versi di Plauto nelle scuole dei Gesuiti 36 A questo riguardo, è significativo che gli esempi di versi di commedia utilizzati da Riccioli nella parte trattatistica della sua Prosodia siano presi da Terenzio e non da Plauto. Quel Terenzio che, pur se in misura molto inferiore a Plauto, era comunque tenuto in grande sospetto, tanto da essere così sanzionato nel paragrafo della Ratio Studiorum in cui si accenna alla necessità di purgare certi testi (Bianchi 2002, 106 e 107): vel si omnino purgari non poterunt, quemadmodum Terentius, potius non legantur, ne rerum qualitas animorum puritatem offendat («se non possono essere interamente depurati, come Terenzio, piuttosto non si leggano, affinché i contenuti di quelle opere non offendano la purezza delle anime»). 37 Cito le Comoediae Quatuor cum praefatione Jacobi Ferdinandi S. J. (Coimbra 1557) da Torino 2006, 523 (su questo testo e sui tagli da esso apportati all’Aulularia cf. 522-524). 38 Ad esso corrisponde precisamente quello che, come abbiamo appena visto, il Ferdi‐ nandus definisce quotidianus et familiaris sermo. anche che i nostri studenti che non hanno ancora terminato gli studi, quando scrivono ai nostri, scrivano in latino. A questo stesso uso corrente del latino parlato risponde anche l’utilizzazione nei collegi dei testi della commedia: di Terenzio soprattutto, 36 ma anche di Plauto. E la ragione è evidente. È detta espressamente nell’introduzione a un volume che contiene quattro commedie di Plauto, edito per la prima volta nel 1567 nel collegio di Coimbra per cura del gesuita Iacobus Ferdinandus. Nell’epistola prefatoria egli si rivolge così ai suoi discepoli: 37 Cumque ex iis auctoribus, quos vobis interpretamur, soli poetae comici deessent, qui vos in quotidiano et familiari sermone non parum iuvare possent, ne hac etiam in parte nostram operam desideretis, en damus vobis quatuor Plauti comoediae: quae, quamvis elegantia non sint caeteris inferiores, argumenti tamen honestate longe illis sunt superiores. E mancando tra gli autori, che commentiamo per voi, i soli poeti comici, che pure non poco potrebbero giovarvi nel parlare quotidiano e familiare, perché anche in questo settore non restiate privi della nostra collaborazione, ecco che vi offriamo quattro commedie di Plauto. Esse, benché per eleganza non siano inferiori a tutte le altre, sono di gran lunga superiori quanto alla moralità dei loro soggetti. Per la precisione, le quattro commedie selezionate (e inoltre opportunamente ‘ri‐ pulite’) sono l’Aulularia, i Captivi duo (sic), lo Stichus e il Trinummus. A parte questo, è davvero significativo quello che il Ferdinandus ci dice dell’utilità della conoscenza della lingua dei comici per la padronanza dei modi del latino parlato. Una forma di parlato, si badi, che era proprio la più adatta alla bisogna: la lingua dei comici infatti appartiene al sermo familiaris  38 e, insieme alle Epistulae di 278 Renato Raffaelli 39 Non per caso la fortuna dell’epistolario ciceroniano, dopo il Petrarca, fu particolarmente intensa nei secc. XVI e XVII. 40 In realtà qualche centinaio di meno: la numerazione del Riccioli arriva a 23.930 e in questo numero sono comprese anche le righe dei titoli, che dunque andrebbero sottratte dal computo (cf. infra, p. 280). 41 Cf. Raffaelli 2002, 195. 42 Nella stampa della Bononiensis di Anversa (Riccioli 1658) i versi sono già diventati più di ottomila (la numerazione arriva a 8850, ma a questo numero, come sempre, vanno sottratte le righe occupate dai titoli: cf. supra, n. 40). 43 Soprattutto i due preziosi volumi del Lexicon Plautinum di G. Lodge (Lodge 1924 / 1933); quanto alle edizioni plautine, oltre che di quelle complete di Leo 1895-96, di Lindsay Cicerone, 39 è quanto di meglio la letteratura dei Romani possa offrire, per qualità e anche per quantità, a chi voglia usare il latino nella conversazione quotidiana con proprietà e naturalezza. Il gesuita Iacobus Ferdinandus faceva riferimento all’utilità dei poetae comici in generale. Ma la distanza tra Terenzio e Plauto è molto grande e i Padri gesuiti la sentivano molto più di noi. Non fosse altro che per l’honestas argumenti (la moralità delle trame), per usare ancora le parole di Ferdinandus, Terenzio godeva tra loro di una preferenza netta, ancorché relativa (cf. supra, n. 36). Abbiamo già visto (ancora alla n. 36) che anche Riccioli, nella parte teorica del suo manuale, quando tratta di versi comici, cita sempre esempi terenziani. Tuttavia Plauto possedeva, anche agli occhi dei Gesuiti come Riccioli, una caratteristica assolutamente speciale: la sua lingua, infatti, è di una ricchezza espressiva e di una inventiva verbale senza pari. E questo fa sì, tra le altre cose, che nelle commedie di Plauto si trovi un patrimonio lessicale sterminato: parole rare, parole rarissime, parole uniche (hapax), neologismi, arcaismi, tecnicismi, disomogeneità morfologiche ecc. Un patrimonio di parole e di forme che non poteva non rientrare corposamente nell’Indice «di oltre quarantamila vocaboli» e nell’elenco di «oltre ventiquattromila versi di poeti» 40 che formano le parti più consistenti dell’edizione in due tomi della Prosodia reformata. Per esaminare la diffusione di Plauto nella Prosodia di Riccioli, il punto di partenza privilegiato è di ricercare i versi plautini nell’Indice dei versi dei poeti, il cui numero complessivo è più di settemila 41 nella Bononiensis del 1640; 42 ben ventiquattromila, come abbiamo appena detto, nella Reformata in due tomi; e solo tremila, come pure abbiamo già visto, nella Bononiensis Reformata in un unico tomo. È evidente, in questa situazione, che il percorso per noi obbligato è quello di prendere in esame l’indice dei versi vistosamente più ricco degli altri, quello dell’edizione Reformata in due tomi, per trovarvi il maggior numero possibile di versi plautini da esaminare e da ricondurre, mediante l’uso degli strumenti di cui ora disponiamo, 43 ai relativi lemmi dell’Indice generale dei 279 I versi di Plauto nelle scuole dei Gesuiti 1910 e di De Melo 2011-2013, ho tenuto conto dei volumi finora usciti dell’Editio Plautina Sarsinatis (Asinaria, Aulularia, Bacchides, Captivi, Casina, Cistellaria, Curculio, Pseudolus, Vidularia et deperditarum fabularum fragmenta) e dell’edizione dei Cantica curata da C. Questa (Plautus 1995). 44 Riccioli 1660, I, 202. L’avvertenza continua così: quibus confirmantur tum quae hactenus dicta sunt in regulis de syllabarum quantitate; tum syllabarum quantitas in Indice Magno, secundi voluminis, seu parte decima exprimenda («da cui ricevono conferma sia le cose che si sono dette fin qui nelle regole che riguardano la quantità delle sillabe, sia la quantità delle sillabe che sarà espressa nell’Indice Grande del secondo volume, ovvero Parte decima»). 45 Questa sezione si conclude con il blocco dei versi di singoli autori moderni, come ad esempio Giulio Cesare Scaligero (Riccioli 1660, I, 325: Iulii Caesaris Scaligeri scazontes, aut Hexametri nisi aliud carminis genus adnotetur; i versi di G. C. Scaligero vanno dal n. 16.238 al 16.676 ) e molti altri, seguito da quello degli autori appartenenti alla Compagnia di Gesù. 46 Più precisamente, dopo una prima (e breve) serie di versi di poeti latini sparsi (nn. 17451-17500) e dopo una serie di versi di poeti greci, in massima parte in traduzione latina (nn. 17510-18032: gli ultimi 27 versi, per esempio, sono Sophoclis iambici in Helectra apud Hensius), ricomincia una nuova serie di blocchi di versi di poeti latini in ordine cronologico (nn. 18053-19346). Infine, dal n. 19358 al n. 23602 troviamo la parte, molto ampia, dei versi sparsi di autori latini classici (con qualche rara intrusione di autori postclassici), che prosegue anche nei nn. 23603-23920, ma con più cospicue inserzioni di versi di autori moderni. Come si vede, l’indice, così stratificato, è il risultato di aggiunte e aggiustamenti che si sono susseguiti e accavallati l’uno sull’altro. vocaboli. Questo è possibile, come abbiamo già visto, grazie ai numeri d’ordine assegnati ai versi, cui rimandano gli stessi numeri riportati nei lemmi che li riguardano. Nella Reformata II l’elenco dei versi è nella Pars nona, l’ultima e più corposa sezione del primo tomo, continens poëtarum versus circiter viginti quattuor mille. 44 L’elenco è fatto in modo tale che la prima parte (di circa diciassettemila versi) contenga blocchi compatti di versi di singoli autori, uno dopo l’altro e in ordine cronologico, da Livio Andronico fino ai contemporanei di Riccioli. 45 Di qui in avanti - a parte un’altra serie, abbastanza ridotta, di gruppi di versi di singoli autori, di nuovo in ordine cronologico - troviamo versi sparsi di vari autori, a volte in gruppetti di due o di tre, ma molto più spesso disposti singolarmente. 46 Nel grande blocco iniziale per autori, i versi plautini, ripartiti per commedie, vanno dal n. 101 al n. 330. Il numero complessivo, poiché nel computo della numerazione di Riccioli rientrano anche le intitolazioni delle commedie, è di 209 versi. Vi sono rappresentate tutte quante le commedie, tranne 280 Renato Raffaelli 47 Di questa commedia, com’è noto, i codici Palatini ci trasmettono solamente il titolo, mentre il recupero del palinsesto Ambrosiano, che ne conserva tuttavia solo pochi lacerti, al tempo di Riccioli era ancora di là da venire. 48 La distribuzione per commedie è la seguente (mantengo l’ordine qual è in Riccioli): Amphitruo: 16 versi; Asinaria: 12; Aulularia: 26; Captivi: 15; Curculio: 15; Casina: 12; Cistellaria: 4; Epidicus: 6; Bacchides: 7; Mostellaria: 7; Menaechmi: 7; Miles gloriosus: 5; Mercator: 13; Pseudolus: 8; Poenulus: 9; Persa: 15; Rudens: 6; Stichus: 10; Trinummus: 6; Truculentus: 2; frammenti: 8. Questa ripartizione, per quanto il campione può valere, appare abbastanza omogenea, a parte qualche picco che tuttavia si può ben comprendere: così il massimo di 26 versi dell’Aulularia, commedia che non per caso, con qualche circoscritta epurazione, è entrata a far parte delle Quatuor dell’edizione gesuitica di Coimbra (supra, p. 278 e n. 37); e si può ben capire anche il minimo di 2 del Truculentus, il cui argomento particolarmente scabroso ne ha condizionato la valutazione persino in tempi a noi molto più vicini (cf. in proposito Kemper 2017, 63-64; Raffaelli 2017, 85-89). 49 Per un confronto, si può notare che in questo primo blocco sono citati 81 versi di Te‐ renzio: circa 1/ 3 rispetto a quelli di Plauto. Certamente si deve tener conto che di fronte alle venti commedie plautine quelle terenziane sono soltanto sei (ed anche questa pro‐ porzione è circa di 1/ 3). Ma questo fatto sembra poter essere controbilanciato dalla molto maggiore lubricità delle trame di Plauto rispetto a quelle di Terenzio, che pur già bastavano ad inquietare i censori (cf. supra, n. 36). 50 Non mi sento tuttavia di escludere, nonostante l’impegno profuso, che qualcuno me ne possa essere sfuggito. 51 La divisione in tre classi, con valore di affidabilità decrescente, è delineata nella Bononiensis subito all’inizio (Riccioli 1640, 1-2) e poi applicata in uno specchietto successivo (118-120) in cui di ogni scrittore è indicata la cronologia e la classe di appartenenza (Plauto e Terenzio rientrano nella seconda classe). la Vidularia, 47 e si va dal massimo di 26 versi dell’Aulularia al minimo di 2 del Truculentus. 48 A questo numero, già piuttosto consistente, 49 sono da aggiungere altri 277 versi plautini (in qualche caso, pezzi di verso) che, a volte con fatica, ho potuto ripescare uno per uno nella seconda parte dei versi ‘sparsi’. 50 Nell’insieme, il totale dei versi di Plauto presenti nell’Elenco risulta di 486. Quasi cinquecento, e dunque non pochi, anche rispetto ad autori come Virgilio, Ovidio e Orazio, che naturalmente fanno la parte del leone e i cui versi riportati da Riccioli si contano nel novero delle migliaia. Del resto questi tre poeti rientravano per lui nella ‘prima classe’, come tutti quelli che, appartenendo al I secolo a. C. o al I d. C., davano per ciò stesso garanzie di maggiore affidabilità ‘prosodica’ sia degli scrittori dei secoli anteriori (come Plauto), sia di quelli dei secoli successivi. 51 Questo abbondante materiale plautino è stato raccolto da Riccioli per fini prosodici, ma in ragione, ovviamente, delle sue speciali caratteristiche lessicali. Ci vorrebbe troppo spazio per esaminare partitamente gli esempi da me raccolti nelle sezioni I-IV dell’Appendice. Rinviando ad essi come documentazione, si 281 I versi di Plauto nelle scuole dei Gesuiti 52 Portato dagli sviluppi presi dalla ricerca, in questo lavoro mi sono trovato a dover trascurare la parte del trattato di Riccioli che riguarda più direttamente le regole prosodiche e metriche, che pure ne sono il cuore: per la loro descrizione e discussione rimando, circa la Bononiensis, a Raffaelli 2002, 180-194, e, circa la Bononiensis Reformata in un solo tomo, a Moya del Baño - Carrasco Reija 1999, 721-736 (sulla utilizzazione da parte loro della stampa Padova, 1746: ibid. nn. 15, 16). Sulla prosodia e la metrica di Plauto, dopo Lindsay 1922, sono fondamentali Questa 1967 e 2007. 53 Bianchi 2002, 5; sempre da Bianchi, ibid., traggo l’affermazione di D’Alembert, citata subito sotto. possono tuttavia riassumere alcuni dei criteri che stanno alla base della raccolta fatta da Riccioli. Come quello di citare alcune enumerationes, tipicamente plautine, perché ricche di vocaboli rari e di hapax legomena (sez. I). O quello di privilegiare i casi in cui parole rare e rarissime sono collocate in fine di verso (sez. II), dove il metro dà qualche informazione più evidente sulle quantità, grazie, per esempio, alla sicura brevità della penultima sillaba nei versi giambici o a clausola giambica, che in Plauto sono in larghissima maggioranza (senari giambici, settenari trocaici, ecc.). O, ancora, versi che contengono nomi propri, rari e anche meno rari (sez. III), in cui il metro può dare indicazioni su quantità meno semplici da accertare. O, infine, versi che recano parole rare, molto rare o anche uniche (hapax) collocate in posizioni diverse dalla finis versus (sez. IV), ma la cui prosodia può essere comunque riconosciuta sulla base del metro. A riprova anche questo, come dicevamo più sopra, di un uso piuttosto ‘ancillare’ della metrica, da parte del Riccioli, rispetto alla prosodia. 52 In ogni caso si tratta di parole, a volte anche semplici, ma più spesso difficili e rare, pescate da Riccioli nel vasto e multiforme repertorio lessicale plautino per arricchire - nell’edizione in due tomi, che possiamo considerare come maior da tutti i punti di vista - il suo Indice sterminato di vocaboli e l’Elenco dei versi che ad esso si accompagna, integrandolo. Egli attinge, così, a una fonte eccezionale: la sola che potesse offrirgli, oltretutto, una documentazione ingente di una fase della lingua latina di straordinaria ricchezza e varietà. Le parole, con il loro valore, con il loro preciso significato, con la loro pronunzia, comprendente anche la corretta accentazione, avevano del resto una importanza centrale nell’insegnamento e nella cultura dei Gesuiti. I loro avversari e detrattori li accusarono spesso proprio di questo, sostenendo che le loro scuole erano troppo ancorate «a una conoscenza nominalistica, fatta di ‘parole’, e distante dallo studio delle ‘cose’, della natura, delle scienze spe‐ rimentali». 53 D’Alembert, nella voce Collèges dell’Encyclopédie, arriva a fare questa affermazione circa i limiti del loro insegnamento: «dopo aver trascorso sette o otto anni a imparare parole o a parlare senza dir niente […]». Sono considerazioni che certamente hanno senso, e che erano anche opportune 282 Renato Raffaelli 54 Cf. Borgato 2016, 363: «Alla fine Riccioli concludeva con il sostegno al sistema ticonico nella variante da lui stesso introdotta, in cui Mercurio, Venere e Marte ruotano attorno al Sole, mentre orbitano attorno alla Terra il Sole, Giove e Saturno. Nonostante nel 1622 Longomontano avesse esposto la teoria di Tycho Brahe nell’ipotesi georotazionale […], Riccioli negava anche il moto di rotazione terrestre». Al proposito cf., più ampiamente, Baldini 1996, 153-156; Dinis 2002, 49-77; Casanovas 2002, 119-131. 55 La metrica come scienza moderna viene infatti fondata molto tempo dopo: nel Sette‐ cento con le ricerche pionieristiche di Richard Bentley e poi nel primo Ottocento con i decisivi studi di Gottfried Hermann. 56 L’ultimo lemma è «Zythum, et zythus, prior longa, 9119. ζῦτος». al tempo di D’Alembert. Oggi, tuttavia, siamo sempre più consapevoli che imparare le parole ed imparare ad usarle siano acquisizioni culturali di primaria importanza e possiamo valutare con giudizio più sereno questo aspetto basilare della didattica dei Gesuiti. Quanto al Riccioli, gli storici della scienza gli riconoscono di essere stato, nell’ambito del suo ordine, uno dei più disponibili ad aprirsi alle novità della fisica, come gli esperimenti di Galilei, e anche alle teorie astronomiche più moderne, pur se ricondotte alla fine, con alcuni compromessi, alle concezioni più tradizionali. 54 Allo stesso modo, nel campo della prosodia e della metrica, non possiamo non dargli il merito di aver compilato, per le conoscenze d’allora, 55 un eccellente manuale, con un repertorio vastissimo, ben vagliato ed estremamente utile, in cui un lettore, curioso di come pronunziare una parola, si poteva rapidamente informare sulle sue quantità, da abacus («tres breves») e Abimelech («omnes breves») fino a Zoroastres («sola sec. brev.») ed oltre. 56 Del resto, che il suo trattato abbia corrisposto in pieno alle esigenze e alle attese di generazioni di studenti e di studiosi, dentro e fuori dei collegi dei Gesuiti, è mostrato dalla sua singolare e secolare fortuna: più di cinquanta stampe, come si è detto, in Italia e all’estero. I suoi innumerevoli lettori, dunque, non sono rimasti delusi, nella loro ricerca di quantità, di accenti e di parole d’ogni genere: parole note, parole rare, parole incerte, parole sconosciute. 283 I versi di Plauto nelle scuole dei Gesuiti 57 La mia intenzione iniziale era di discutere, molto rapidamente, questi esempi, o almeno i più significativi tra essi. Risultando la cosa impossibile, per ragioni prima di tempo e poi di spazio, mi è sembrato comunque utile pubblicarli come appendice, per offrire al lettore curioso l’opportunità di farsi un’idea concreta dei procedimenti e dei risultati del minuzioso lavoro di Riccioli. Avverto che i testi sono riprodotti così come si presentano in Riccioli 1660, I -II, imprecisioni comprese. Appendice 57 Sez. I: Esempi di ‘grappoli’ di parole rare: Poetarum versus, nn. 140-149: Plauto, Aulularia, 508-516. Stat fullo, phrygio, aurifex, lanarius, 140 Caupones, patagiarii, indusiarii, Flammearii, violarii, carinarii, Aut manulearii, aut murobathrarii, Propolae, linteones, calceolarii, Sedentarii sutores, diabatharii, Solearii astant, astant molochinarii, Petunt fullones, farcinatores petunt Strophiarii astant, astant semizonarii Trecenti cum stant philacistae in atriis. Index primus generalis phrygio, onis, breves, 140, 11570 lanarius, pri. duae longae, 140 indusiarius, 141 [senza indicazioni di quantità] flammiarius, sec. br. tert. longa, 142 violarius, sola tertia longa, 142 carinarius, sec. et tert. long. aliae br. 142 etc. n. 261 (Pseud. 815) Apponunt rumicem, brassicam, beatam, blitum blitum, prior brevis. 261. 1511. Dioscorides tamen scribit βλῆττον n. 280 (Per. 57) Pater avos, proavos, abavos, atavos, tritavos tritavus, tres breves, 280 284 Renato Raffaelli Sez. II: Esempi di parole rare o rarissime, collocate in fine di verso: n. 208 (Cist. 579) Avecta est, inquit, peregre hinc habitatum: obsipat obsipo, pas, secun. brevis. 208. 16392 n. 231 (Most. 760) Nam sibi laudasse hasce aut artechitectonem architecton, architectonis, ον, sec. et quart. brev. 231 n. 254 (Merc. 296) Aiunt solere eum rursum repuerascere repuerasco, sola penult. long. 254 n. 277 (Poen. 1060) Demarcho item ipse fuit adoptaticius adoptaticus, quarta longa, 277 adoptativus, tert. et quart. long. 277 n. 301 (Stich. 230) Robiginosam strigilem, ampullam rubidam rubiginosus, sec. et quarta longa, 304 rubidus, tres breves. 304, 11150. 7788 n. 322 (Truc. 439) Offendit sese iam mihi medullitus medullitus, adv. sola sec. long. 322. 13468 n. 162 (Capt. 162) Nam hoc paene iniquum est comico choragio choragium, χοράγιον, sola sec. longa. 162 n. 276 (Poen. 475) An, obsecro, usquam sunt homines volatici? volaticus, sola secunda longa, 271 (? ) 285 I versi di Plauto nelle scuole dei Gesuiti Sez. III: Esempi di nomi propri rari (e meno rari): n. 125 (Asin. 751) Diabolus Glauci filius Clearetae Cleareta, sola sec. longa. 125 n. 189 (Curc. 643) Cleobula nutrix quae fuit? Archestrata Cleobulus, Κλεόβουλος, sola penult. Longa. 189. 14911. 23455 Sez. IV: Esempi di parole rare o rarissime, in posizione diversa dalla fine di verso: n. 294 (Pers. 708) Contortiplicata, habemus longa nomina contortiplicatus, tert. com. quarta brev. quint. long. 294 n. 150 (Aul. 625) Semel radebat pedibus terram, et voce crocibat sua crocire, duae pri. longae. 150 n. 158 (Aul. 163) Si eam senex anum pregnantem fortuitis fecerit fortuitus, vide indicem secundum, et 158. 1851. 8882. 10356. 14306. 15219. 20049 Index secundus syllabarum controversarum, sub voce FORTUITUS: Penultimam longam habet procul dubio apud Plautum, Ho‐ ratium, Ausonium et Alciatus versibus 158, 1851, 14306 et 20048 (sic). Reliqui, quibus corripi posse suadetur, etc etc. n. 138 (Aul. 41) Circumspectatrix cum oculis emissiciis emissicius, tres primae longae. 138. Seu pag. 3. vers. 38. 286 Renato Raffaelli Bibliografia Baldini, Ugo: La formazione scientifica di Giovanni Battista Riccioli, in: Luigi Pepe (cur.): Copernico e la questione copernicana in Italia dal XVI al XIX secolo, Firenze 1996, 123-182. Borgato, Maria Teresa (cur.): Giambattista Riccioli e il merito scientifico dei Gesuiti nell’età barocca, Firenze 2002. Borgato, Maria Teresa: Riccioli e la caduta dei gravi, in: Borgato 2002, 79-118. Borgato, Maria Teresa: Riccioli, Giovanni Battista, in: Dizionario Biografico degli Italiani, 87, Roma 2016, 362-365. Bianchi, Angelo: Ratio atque institutio studiorum Societatis Iesu, introduzione e tradu‐ zione di A. B., Milano 2002. Casanovas, Juan: Riccioli e l’astronomia dopo Keplero, in: Borgato 2002, 119-131. Da Ponte, Lorenzo: Memorie. I libretti mozartiani, Milano 1976. 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Torino, Alessio: Plauto tra i Gesuiti e due edizioni postillate da Marcantonio Mureto, Rendiconti dell’Accademia dei Lincei, 403, 2006, 551-554. 288 Renato Raffaelli 1 Erstausgabe der Expeditio polemico-poetica München 1664; abgedruckt (irrtümlich eingeordnet unter den Dramatica) in Op. om. 6, 433-513, die eigentliche Satire, die Erstürmung des Castrum Ignorantiae, 433-475. Im Anhang findet sich ein apparatus novarum inventionum, ein Katalog möglicher weiterer zu behandelnder Themen (vgl. hierzu besonders Lefèvre 2017, 6-8; 25-59; 236-355). Die Expeditio polemico-poetica liegt nun in der kommentierten Edition von Lefèvre 2017 vor; übersichtliche inhaltliche Erschließung ferner Schmidt 1984. 2 Vgl. Lefèvre 2017, 18. 3 Vgl. zu den teils allegorischen Personen der Kritiker Schmidt 1984, 39; Lefèvre 2017, 19; 168-169. 4 Wichtig ist der Hinweis von Lefèvre 2010, 196, dass dies mitnichten als negative Beurteilung der neulateinischen Dichtung als solcher zu lesen sei: „Balde wertet die Iste se poetam iactat Das Plautusbild im Werk Jakob Baldes Caroline Dänzer (Würzburg) Expeditio polemico-poetica 1664, 16 Jahre nach Ende des Dreißigjährigen Krieges, konnte man Zeuge einer weiteren, ausnehmend kuriosen Schlacht werden: Eine Schar renommierter Dichter hatte sich zusammengerottet, um das sogenannte Castrum Ignorantiae zu erstürmen. Unter den wackeren Recken befanden sich neulateinische Lite‐ raten aller Gattungen, die der Schlossherrin Ignorantia und ihren Rittern, den Eseln, zu Leibe zu rücken wollten. Schauplatz für diesen ungewöhnlichen Feldzug ist die Expeditio polemico-poetica des Jesuitenpaters Jakob Balde. 1 In dem satirisch-allegorischen Werk steht Ignorantia für die bewusste Ablehnung und das Verschließen gegenüber einer anspruchsvollen neulateinischen Dichtung, die auf einer fundierten humanistischen Bildung fußt. 2 Die Esel repräsentieren die Kritiker der Neulateinischen Literatur. 3 Es stellt sich schnell heraus, dass die von Petrarca angeführten Poeten das Bollwerk der Festung nicht überwinden können und so wird prominente Verstärkung hinzubeordert: 18 antike Dichter sind bereit, Unterstützung zu leisten. 4 Vergil wird als archistrategus eingesetzt Neulateiner nicht gegenüber den Klassikern ab; vielmehr beruhen die Neuen auf den Alten und beide leiten gemeinsam die Renaissance ein.“ 5 Zu Baldes eigener literarischer Biographie fügt sich auch gut, dass Horaz zu Kampfbe‐ ginn die Truppe der Musiker verlassen und zu den Satirikern, also von der Lyrik zur Satire, übergewechselt war (vgl. Ex. 21 = Lefèvre 2017, 114). Vgl. hierzu Stroh 2006, 231 mit Verweis auf Baldes Einstellung, die Satire sei eine Gattung für den gereifteren Mann (Diss. poet. 71 = Burkard 2004, 66). Stroh 2006, 201 weist jedoch daraufhin, dass Balde nach eigener Aussage (Lyr. 3, 32) schon in seiner Jugend einmal als Satiriker tätig gewesen sei, auch wenn er sich erst später mit ganzer Aufmerksamkeit dieser Gattung gewidmet habe. Somit sei „das Satirische ein durchgängiges Element von Baldes sonst so vielgestaltiger Dichtung“, durchziehe also sein Werk stetig von Anfang bis Ende. 6 Ex. 36 (= Lefèvre 2017, 132; 134). 7 Ex. 19 (= Lefèvre 2017, 112) u. Ex. 33-34 (= Lefèvre 2017, 128; 130). 8 Vgl. Guipponi-Gineste 2010, 339: „[…] J. Balde fait preuve d’un certain dédain envers les comiques (Plaute, Térence)“; ähnlich auch Schmidt 1984, 42, der darauf hinweist, dass Terenz es ist, der bei der Verhaftung der Ignorantia am Ende scheitert (Ex. 52 = Lefèvre 2017, 150). und lenkt den Kampf in geordnete und damit erfolgsversprechende Bahnen: Die Festung wird gestürmt, die Esel in Gewahrsam genommen, allein - Ignorantia kann entkommen und so weiter in der Welt ihr Unwesen treiben. Dass Balde antike Dichter ihren Nachfolgern zu Hilfe eilen lässt, ist nicht erstaunlich: Schließlich soll in der Expeditio polemico-poetica gerade dafür plädiert werden, neulateinische Dichtung auf eine an der Antike geformte Grundlage zu stellen. Äußerst interessant ist jedoch die Stilkritik, die Balde in die Schlachtbe‐ schreibung einfließen lässt. Geschickt vermittelt er die Betätigungsfelder der einzelnen Autoren, indem diese ihre jeweiligen Fähigkeiten dem Heer ange‐ deihen lassen: So erweisen sich Vergil, Statius und Claudian aufgrund ihrer epischen Erfahrung als äußerst gewinnbringende Mitstreiter. Den Löwenanteil des Sieges können allerdings die Satiriker Horaz, Juvenal und Persius für sich beanspruchen, weil sie es sind, die letztlich mit ihren scharfen Waffen das Burgtor aufbrechen. Da Balde der Satire im Laufe seines Lebens einen immer höheren Stellenwert eingeräumt hatte, ist diese Rangordnung nicht überraschend. 5 Allerdings wird nicht allen antiken Dichtern ein positives Urteil beschieden: So sind die Elegiker weniger mit dem Kampf an sich als mit der Trauer über ihre im Heerlager zurückgebliebenen Geliebten beschäftigt. 6 Martial wird hart für seine Schmeichelei und Unterwürfigkeit kritisiert. Er kann sich zunächst zwar aus der Affäre ziehen, indem er seinem Hauptkritiker Claudian sein Hündchen Issa schenkt, doch schließlich wird er verprügelt und versklavt. 7 Ferner sind es vor allem die beiden Komödiendichter Plautus und Terenz, über die man sich despektierlich äußert: 8 Bereits zu Beginn der Expeditio wird ihre 290 Caroline Dänzer 9 Ex. 18 (= Lefèvre 2017, 110). 10 Ex. 20 (= Lefèvre 2017, 112). 11 „Denn die Komödiendichter unter Plautus und Terenz waren in ihren Sandalen schon vorangeschritten, in Manipeln zerstreut - ein leichtes und unstetes Volk“ (Ex. 39 = Lefèvre 2917, 136. Üs. ebd. 137). Balde beschreibt außerdem, dass auf dem Banner der Komiker ein Affe, auf dem der folgenden Tragiker das gängige Symbol des springenden Bocks zu sehen sei. Lefèvre 2017, 213 erläutert, dass der Affe (Simia) für die direkte Nachahmung der Griechen stehe. Da er auf dem Boden tanze, stünde er für die Verhaftung der Komödie auf der Erde, der Bock dagegen strebe mit seinen Luftsprüngen nach Höherem. 12 Ex. 40 (= Lefèvre 2017, 138. Üs. ebd. 139). 13 Zu den verspotteten falcatae quadrigae, den Sichelwagen, als typische Waffe der Satiriker vgl. Schmidt 1984, 42; Lefèvre 2017, 214-216. niedrige Position deutlich: Bei der Verteilung der Aufgaben im Heer werden die beiden zunächst als Handpaukenschläger erwogen, denn da Plautus und Terenz als Komiker sowieso keinen ernsten Ruf zu verlieren hätten, könne diese Aufgabe ihrem Ansehen nicht schaden (Comici sunt, ridiculi sunt. non erit eis pudori hoc officium). 9 Doch selbst für dieses vile munus zieht man lieber andere Kandidaten vor. Als schließlich doch auf Plautus zurückgegriffen werden soll, weigert er sich. 10 Dass auf Plautus und Terenz kein Verlass ist, zeigt sich auch in der nächsten Situation: Aufgrund ihres unsteten Charakters sind sie nicht in der Lage, sich in die Schlachtordnung einzufügen und brechen aus dem Heereszug aus (Nam Comici sub Plauto & Terentio in soccis jam praecesserant, manipulatim sparsi; gens levis & vaga). 11 Besonders die darauffolgende Passage ist aufschlussreich für Baldes Plautusbild: 12 P L A U T U S , ut postea relatum fuit, has machinas irridens, fatua terriculamenta appella‐ verat, ad ostentationem magis, quam ad usum subvecta. quo enim falcatae quadrigae in obsessos? servilem sarcasmum si Volcus Aquinas in tempore rescisset, haud dubie & P L A U T U S poenam luiturus, M A R T I A L I S supplicium renovasset […]. Plautus hatte, wie später berichtet wurde, diese Geschütze [der Satiriker] verlacht und einfältige Schreckmittel genannt, die mehr zum Angeben als zum Nutzen hinaufgeführt würden. ‚Wozu nämlich taugen mit Sicheln ausgestattete Quadrigen gegen die Belagerten? ‘ Den niederen Spott hätte, wenn der aus Aquinum stammende Volsker ( Juvenal) rechtzeitig dahinter gekommen wäre, ohne Zweifel auch Plautus gebüßt und (damit) Martials Bestrafung wiederholt […]. Der Absatz ist mit der Randbemerkung Plauti Comoedi ingenium, das Wesen des Komikers Plautus, versehen. Plautus gebärdet sich an dieser Stelle äußerst unkollegial, indem er die Waffen der Satiriker 13 als fatua terriculamenta, als lächerliche Schreckmittel verspottet. Dies kommt nicht besonders gut an. Tro‐ 291 Iste se poetam iactat 14 Der Ausdruck ist sicherlich auch dahingehend zu verstehen, dass witzige Sklaven in den Plautus-Komödien stets eine prominente Rolle innehatten und deshalb charakteristisch für Plautusʼ Schreiben sind. 15 Als Trostpreis darf Plautus schließlich wenigstens bei der Erstürmung des Eselsturms helfen, wozu ihm seine Komödie Asinaria die nötige Kompetenz verliehen habe (Ex. 42 = Lefèvre 2017, 140). 16 Guipponi-Gineste 2010, 339 weist darauf hin, dass offiziell die Komödiendichter im jesuitischen Kanon zwar zunächst als bedenklich eingestuft wurden, doch sie in der Praxis, besonders in den Provinzen, gleichwohl weiter zu Unterrichtszwecken heran‐ gezogen wurden. Im 17. Jhd. sind Komödien als Unterrichtsgegenstand längst etabliert. Balde könnte sich also zumindest oberflächlich der alten, strengeren jesuitischen Linie angepasst haben. 17 Man denke an die von Westermayer 1998, 240-242 berichtete Anekdote, Balde habe sich als Geist des Heiligen Ignatius von Loyola verkleidet, um den Mundschenk durch diesen Spuk zu größeren Bierrationen zu bewegen. cken wird festgestellt, dass diese Äußerungen von servilis sarcasmus zeugten, 14 der eine ähnliche Bestrafung durch Juvenal verdiene, wie sie bereits Martial erfahren hatte. 15 Für Balde ist der hervorstechendste Charakterzug des Plautus also Humor aus unterster Schublade ohne Rücksicht auf die Umstände. In der Expeditio polemico-poetica zeichnet Balde von Plautus kein besonders schmei‐ chelhaftes Bild: Er ist unzuverlässig, zu nichts Ernsthaftem zu gebrauchen, sein Humor ist derb und anspruchslos. Diese Wertung erscheint insofern erstaunlich, als man eigentlich vermuten möchte, Plautus müsse bei Balde einen höheren Stellenwert innehaben. Schließlich war das Verfassen von Schulkomödien im 17. Jhd. gang und gäbe. 16 Soll sich gerade Balde, der sich für einen Scherz nie zu schade war, 17 und für dessen Werke der Humor konstitutives Element ist, von dieser Tradition abgewendet haben? Regnum poetarum Zur Beantwortung dieser Frage ist es interessant, die spät entstandene Expeditio beiseite zu lassen und Baldes Plautusbild von vorne zu betrachten: Aus einer frühen Schaffensphase ist uns ein zweites Werk erhalten, in dem Plautus selbst auftritt: Das 1628 am Münchner Wilhelmsgymnasium aufgeführte Regnum poetarum, das der 24-jährige Balde, damals Lehrer der Poetenklasse, als Schulde- 292 Caroline Dänzer 18 Der Dreikönigstag ist wohl auch maßgeblich für den Titel des Werks. Balde erläutert, da es an diesem Fest Brauch sei, Könige zu wählen, wolle er sich dieser Tradition anschließen, habe sich jedoch dazu entschieden, Dichterkönige auftreten zu lassen (Clm 27271.III, 86v: Excitavit autem nos maxime praeteritum Epiphaniae festum, ubi solenne est Reges et aulicos creare […]. Et nos quoque Regnum Poetarum constituimus, ut quisque intelligat, quid et quantum de iis sentiamus.) 19 Bislang ist das Regnum poetarum nur unzureichend erschlossen. Die epischen und elegischen Partien sind teilweise abgedruckt in den Opera omnia (Lucanus: Op. om. 3, 266-278 [Fehlpag.]; Ovidius: Op. om. 5, 325-331; Statius: Op. om. 3, 278-281; Claudianus: Op. om. 3, 281-284; Vergilius: Op. om. 3, 284-286), vor allem diese Partien wurden von der Forschung näher untersucht. Eine Edition und Kommentierung des Seneca gibt Stroh 2004a, hier auch detaillierte Informationen zum Werk insgesamt. Das gesamte Regnum poetarum existiert nur in einer Handschrift in der Bayerischen Staatsbibliothek München (Clm 27271.III, f. 86r-111v). 20 Alle satirischen Abschnitte außer Juvenals Schimpftirade gegen die Calvinisten haben Friedrich von der Pfalz zum Gegenstand. 21 Interessant ist auch die Tatsache, dass der Handschrift ein Zyklus von bildlichen Darstellungen wichtiger antiker Dichter und ihrer charakteristischen Attribute beige‐ geben ist. Hier sind 16 Dichter dargestellt, mehr als die 12 Teilnehmer im Regnum poetarum. Plautus und Terenz fehlen jedoch. Schmidt 1984, 42 resümiert: „daß Plautus und Terenz dort fehlen, deutet bereits an, welch geringe Rolle sie für Baldes Unterricht und Dichtung spielen, und dies bestätigt sich in der ‚Expeditio‘.“ 22 Clm 27271.III, 97v. Üs. Verf. klamation anlässlich des Dreikönigsfests verfasst hatte. 18 Zwölf antike Dichter berichten in dem für sie charakteristisch erachteten Stil über die erste Dekade des Dreißigjährigen Kriegs. 19 Inhaltlich lassen sich dabei zwei Gruppen unter‐ teilen, nämlich Enkomien auf katholische Feldherren und ihre Taten sowie satirische Spitzen gegen die Protestanten, mit Vorliebe gegen den sich im holländischen Exil befindlichen Friedrich von der Pfalz. 20 In diesen satirischen Mittelteil eingeordnet findet sich die Szene, in der Plautus seinen Auftritt hat. 21 Sein Part schließt sich an den Martials an, der soeben dabei war, ein Schmähgedicht auf Friedrich von der Pfalz vom Stapel zu lassen. Martial hatte sich bereits zuvor immer wieder mit ironischen Zwischenkommentaren eingemischt und läuft nun in bissigen Hinkjamben zu Höchstform auf. Dabei ergeht er sich in Kalauern von zweifelhaftem Niveau. So wettert er: 22 Quid agit in urbe Battava Palatinus? Vis scire quid agat in urbe Battava? friget. Was treibt der Pfälzer in der holländischen Stadt? Du willst wissen, was er in der holländischen Stadt treibt? Er ist eingefroren. Dieses plumpe Wortspiel, basierend auf der klanglichen Nähe von Friedrich und friget und der inhaltlichen Beziehung zu Friedrichs Spottname Winterkönig ist 293 Iste se poetam iactat 23 Clm 27271.III, 97v. Üs. Verf. Die Szene ist nicht im Versmaß, sondern in rhythmisierter Prosa abgefasst; vgl. hierzu Stroh 2006, 207, der diese als „absichtlich verwahrloste Metrik“ bezeichnet. 24 Clm 27271.III, 98r. Üs. Verf. 25 Clm 27271.III, 98r. 26 So nennt Plautus das Heiligtum Apolls Dela statt Delos (Clm 27271.III, 98v). 27 Clm 27271.III, 98v. Üs. Verf. Plautus offensichtlich zu viel und er fällt seinem Kollegen ins Wort, um ihn zu rügen: 23 P.: Friget? O frigidum acumen qualia tu multa habes, mi Martialis, quare non undequaque caldus es. P.: Eingefroren? Na, was für ein abgedroschener Witz. Von denen hast du viele auf Lager, mein Martial; deshalb bist du auch kein bisschen originell. Es ist evident: Plautus’ Niveau ist um keinen Deut besser als das von Martial, sondern er beeilt sich, das Wortfeld warm-kalt (caldus und frigidus) noch weiter zu strapazieren. Dabei bezieht er seine Worte nur noch auf Martial, Friedrich wird nicht mehr erwähnt. Dies bleibt auch für den Rest der Szene so: Statt sich thematisch mit dem Dreißigjährigen Krieg zu beschäftigen, artet die Diskussion zwischen Plautus und Martial in einen erbosten Streit darüber aus, wer von ihnen der bessere Dichter sei. Die ‚Qualität‘ der Argumentation bleibt größtenteils auf folgendem Niveau: 24 M.: Poeta ego sum! P.: et ego. M.: facetus sum. P.: et ego. M.: Ich bin ein Dichter! P: Ich auch. M.: Ich bin witzig. P: Ich auch. Die den Hauptteil der Szene ausmachenden gegenseitigen Beschimpfungen werden immer wüster und gipfeln schließlich seitens Martials in der tödlichen Beleidigung: „Tu Plaute! “ 25 Im Laufe der Auseinandersetzung testet Martial auch Plautusʼ Kenntnisse über die antike Literaturgeschichte. Um diese ist es nicht sehr gut bestellt. Dass Plautus mit Namen wie Vergil oder Ovid nichts anfangen kann, lässt sich noch chronologisch begründen, aber auch Wissen über den Dichtungsgott Apoll ist kaum vorhanden. 26 Verzweifelt ruft Martial alle (richtigen) Dichter zu Hilfe, um Plautus das Handwerk zu legen. 27 M.: Succurrite Vates, iste se Poetam iactat! M.: Zur Hilfe, ihr Dichter! Dieser Kerl rühmt sich einen Poeten! Schließlich müssen die beiden Streithähne die Bühne ohne Ergebnis wieder verlassen. Klar ist danach nur: Ein literarisches Genie ist an keinem der beiden 294 Caroline Dänzer 28 Lyr. 1, 33 (Op. Om. 1, 39-42). Üs. Stroh 2008, 255. verloren gegangen. Im Gegensatz zu Martial, der immerhin das vorgegebene Thema bearbeitet hatte, ist Plautus selbst dazu nicht in der Lage. Seine Stärke besteht vor allem in auf derben Wortwitzen beruhender plakativer Komik. Anzumerken ist, dass die Verunglimpfung von Plautusʼ Witz Balde freilich zum Mittel gereicht, selbst Komik zu erzeugen. Und welcher Autor bietet sich hierfür besser an als einer, der sich das Lachen gleichsam zum Beruf gemacht hat? Plautus erfüllt durch sein Verhalten durchaus die Erwartungshaltung, die ihm vom Leser entgegengebracht wird. Das negative Bild, das Balde in der Expeditio polemico-poetica sowie im Regnum poetarum zeichnet, wird also für eigene Zwecke instrumentalisiert und ist deshalb nur bis zu einem gewissen Grad als reale literarische Einschätzung anzusehen. Iocus serius Sowohl in der Stilkritik der Expeditio als auch im Regnum poetarum ist das Bild, das von Plautus als Dichter gezeichnet wird, nicht besonders rühmlich. Es scheint beinahe, als wollte Balde deutlich machen, dass ihm Plautusʼ Niveau nicht anspruchsvoll genug sei, um ihn als Vorbild zu wählen. Es stellt sich also die Frage, ob es Balde tatsächlich auch in der Praxis vermieden hat, in Plautusʼ Fußstapfen zu treten. Eine Aussage, die dafür spricht, dass es zumindest eine kurze Phase der Plautusnachahmung gegeben haben muss, finden wir in der seinem Freund Andreas Brunner gewidmeten Ode 1, 33, die Balde 1637 anlässlich der Ingolstädter Erstaufführung seiner Tragödie Jephte verfasst hatte: 28 Olim in theatrum sex modios salis Terentiani sparsimus; & molam Versare cum Plauto coacti, Movimus in podio cachinnos. Spleni litatum iam satis. ilia Laboret alter rumpere Comicus. Einst haben wir auf das Theater sechs Scheffel terenzischen Salzes ausgestreut; und, da man uns nötigte, mit Plautus die Mühle zu drehen, haben wir auf der Bühne Gelächter erregt. Jetzt ist der Milz genug geopfert. Soll ein anderer sich damit plagen, als Komiker die Bäuche zu sprengen. Balde teilt an dieser Stelle mit, er habe bereits Komödien verfassen müssen, wolle sich nun aber der Tragödie zuwenden. Es folgen Details über sein 295 Iste se poetam iactat 29 Vgl. Stroh 2004b, 262-263 u. Stroh 2008, 255-256. Zum Iocus serius grundlegend Stroh 2008; ferner Valentin 1972, mit Einleitung zur lückenhaften Überlieferungssituation, Transkription der deutschen sowie der lateinischen Perioche, ferner der Wiener Handschrift: Cod. Pal. Vind. 13303; Stroh 2006, 211-212; Stroh 2018, 545-548. 30 Ioc. ser. Lat. Perioche, Actus III, Scena III (= Valentin 1972, 423). 31 Ioc. ser. Lat. Perioche, Actus III, Scena IV (= Valentin 1972, 423). („Genesius Mimus verkauft seine Scherze für einen Scheffel Schauspielerwitzes; der ganze Hof lacht bis zum Platzen; mit diesen Worten bringt er den Kaiser zunächst zum Lachen.“); vgl. zu diesen Übereinstimmungen kurz auch Stroh 2008, 277, Anm. 131. 32 Auch der Iocus serius ist, wie die Plautus- und Martialszene, in Prosa abgefasst; vgl. hierzu Stroh 2006, 211; Stroh 2008, 264-265, mit Hinweisen auf weitere in Prosa verfasste zeitgenössische Komödien. 33 Westermayer 1998, 274, Anm. 2. 34 Stroh 2004b, 261. 35 Stroh 2004b, 262, Anm. 62. 36 Vgl. Stroh 2004b, 263-264: Auch dieses Werk werde nur durch das gemeinsame Thema der Verwandlung zusammengehalten. Zur Problematik zusammenfassend auch Tilg 2012, 456. Jephte-Stück. Anders als für die Tragödie nennt Balde für die Komödie jedoch keinen Werktitel. Von welchen Stücken ist also die Rede? Nach Wilfried Stroh sei nur ein Werk erhalten, dass in Frage komme: Baldes 1629 aufgeführte Innsbrucker Schulkomödie Iocus serius. 29 Auffällig ist, dass Balde in der lateinischen Perioche des Stückes in der letzten Szene eine ähnliche Wort- und Bildwahl trifft wie in der Brunnerode: Genesius Mimus […] vendit iocos modium mimici salis; 30 tota aula […] plenissimo splene ridet. […] Quibus verbis Caesari primo cachinnos extorsit […]. 31 Diese Übereinstimmungen weisen darauf hin, dass Balde seinen Iocus serius tatsächlich im später in der Ode definierten Komödiensinn verstanden hat. Der Iocus serius besteht aus einer Vielzahl von Einzelszenen, die nur lose miteinander verknüpft sind. 32 Allesamt sind sie exemplarische Spielarten der bereits im Titel benannten Leitidee, wie aus Spaß Ernst werden kann. Die Schauplätze wechseln stetig und sind auf der ganzen Welt angesiedelt. Auch das Personal wird mit jeder neu beginnenden Geschichte neu aufgestellt, - dies ist sicherlich auch daher zu erklären, dass Balde möglichst viele Schüler auf die Bühne bringen wollte. Die locker gefügte Struktur des Stückes wirft die Frage nach Baldes Vorbildern auf. Westermayer klassifiziert das Stück als „Quodlibet tragikomischer Szenen“, 33 Stroh stellt fest, dass „keiner der antiken Komödiendichter als Muster gelten“ 34 könne und verweist auf frühere jesuitische „Revuestücke“ 35 sowie den Aufbau von Ovids Metamorphosen 36 als mögliche Inspirationsquellen. Im Zuge dieser Tagung hat sich ein weiteres plausibles Vorbild ergeben: Thomas Gärtner machte nach seinem Vortrag zu den 296 Caroline Dänzer 37 Vgl. den Beitrag von Thomas Gärtner in diesem Band. 38 Zum Verhältnis von Balde und Gazet vgl. Wiegand 1986, bes. 258-262, allerdings ohne Bezug auf den Iocus serius. 39 Diss. poet. 24 (= Burkard 2004, 60): Haut absimili Melancholia praeditum fuisse accepimus Angelinum Gazaeum, ipsissimum Auctorem Piorum Hilarium: ut publicae professionis titulum statim intelligas. Idem morosus, ac laetus; dulcis, & acidus; facundus, & taciturnus; comis, & acer; jucundus, & torvus fuit. ita perhibent viri fide dignissimi. Gustatis eijus salibus, dicendum est aliquid Samsonicum. De torvo exiit Hilaritas, & de amaro egressa est dulcedo. 40 Ioc. ser. Dt. Perioche, Argument = Valentin 1972, 416. Zur Gattung des Iocus serius vgl. auch Stroh 2008, 259. 41 Ioc. ser. 1, 2 (= Valentin 1972, 424). Üs. Verf. Der hier abgedruckte Text folgt Valentins Transkription, Groß- und Kleinschreibung sowie Zeichensetzung ist an die üblichen Gepflogenheiten angepasst. Zu dieser Szene jetzt auch Stroh 2018, 545-547. Pia hilaria (1619) des Jesuiten Angelin Gazet 37 auf signifikante Ähnlichkeiten zwischen den beiden Stücken aufmerksam. Tatsächlich weisen die Pia hilaria einen ähnlich losen Handlungsaufbau auf. Ferner überschneiden sich auch inhaltlich einige Motive, so z. B. die im Folgenden besprochene Geschichte von St. Dunstan. Gazet war Balde erwiesenermaßen bekannt, 38 dass er auch die Pia hilaria kannte, ist wahrscheinlich. Zumindest muss dies einige Jahre später der Fall gewesen sein, da er sie in seiner Dissertatio de studio poetico von 1658 lobend erwähnt: Balde hebt dort besonders den bei Gazet gelungenen Wechsel verschiedener Gattungsebenen und Emotionen hervor. 39 Ähnliches strebt er im Iocus serius an, dessen Gattung er selbst als Comicotragoedia bezeichnet. 40 Obwohl die meisten Szenen tatsächlich ins Tragische kippen, ist es doch vor allem der burlesk-komische Charakter, der dem gesamten Stück seinen Stempel aufdrückt. Hauptintention des Iocus serius ist es, die Zuschauer zu amüsieren. Dass zu‐ sätzlich noch etwas Moral und Religionserziehung beigegeben wird, ist freilich ein willkommener Nebeneffekt. Lachen wird auf relativ einfache Art und Weise provoziert. Ein besonders prägnantes Beispiel, Baldes Behandlung der Legende des Heiligen St. Dunstan, soll hier genügen: In der zweiten Szene des ersten Aktes werden die Zuschauer in die Werkstätte des Schmieds Dunstanus versetzt, der aufgrund seiner bewahrten Keuschheit die für seinen Berufstand nützliche Gabe besitzt, glühendes Eisen mit bloßen Händen anfassen zu können. Dies ruft den Teufel auf den Plan: Als Frau verkleidet, möchte er Dunstanus verführen und ihn so seiner besonderen Fähigkeit berauben. Allein diese Maskerade und die Tatsache, dass der Teufel ganz folgerichtig nur noch unter dem Namen Hecate auftritt, dürfte für einige Lacher gesorgt haben. ‚Hecate‘ klopft nun an die Tür der Schmiede und begehrt Einlass. Es schließt sich eine wilde Flirtszene an: 41 297 Iste se poetam iactat Hec: Dunstane, Dunstane. miserere. Dunst: Quid est? Hec: Frigeo. Dunst: Ego caleo. Hec: Fac ut ego caleam. Dunst: Oppido. Hec: Intromitte me. Dunst: Nimis pulchra es, non me vis, iocaris tantum. Hec: Non iocor intromitte me. Et tum iocor. Dunst: Tenera formosa es. Hec: Paulatim mollescit iste Aethiops. Dunst: O pulcherima. Hec: Fruere mea forma. Dunst: O oculi Coelo digni. Hec: Aspice me. Dunst: Profecto. O nasum crystallinum. Hec: Cessit iocus, Ego illi serium faciam, Dunstane tua sum. Dunst: O nasum eburneum. Fateor homo sum. Hec: Aperi amor meus. Alium ignem in focum tuum affero. Aperi. Hec: Dunstanus, Dunstanus, hab doch Erbarmen! Dunst: Was ist denn? Hec: Mir ist kalt. Dunst: Also mir ist warm. Hec: Mach denn, dass mir auch warm wird! Dunst: Ja klar. Hec: Lass mich doch rein! Dunst: Du bist viel zu hübsch, du willst mich gar nicht wirklich und treibst nur deine Späße mit mir. Hec: Ich spaße nicht, lass mich doch rein! (a parte) Und dann erst will ich mit dir Spaß haben! Dunst: Du bist wirklich eine Augenweide! Hec: (a parte): So langsam wird dieser Äthiopier weich. Dunst: Meine Allerschönste! Hec: Bedien’ dich ruhig an meiner Schönheit! Dunst: Oh diese himmelsgleichen Augen! Hec: Schau mich ruhig an! Dunst: Wirklich! Oh diese kristallene Nase! Hec: (a parte) So, genug gescherzt, jetzt will ich Ernst für ihn machen! (laut) Dunstanus, ich bin die Deine! 298 Caroline Dänzer 42 Ioc. ser. 1, 2 (= Valentin 1972, 424-425). Üs. Verf. Dunst: Oh diese elfenbeinerne Nase! Ich muss gestehen, ich bin auch nur ein Mensch. Hec: Mach die Tür auf, mein Herz! Ich will ein anderes Feuer in deinem Herd entfachen. Mach auf! Es sieht also ganz so aus, als würde des Teufels List endlich Erfolg haben. Doch kaum ist der Einlass in die Schmiede gewährt, greift sich Dunstanus das Objekt seiner Begierde mit der Zange: 42 Dunst: At at, teneo vulpem. O Nasum crystallinum! O nasum eburneum. Hec: O fabrum nequissimum! Dunst: O Nasum Dunstanium. Hec: Dimitte me. Dunst: O nasum, o nasum Dunstanium! Hec: Dimitte me. Dunst: O nasum! Iuva te, ohe res agitur tua. Ohe. Hec: Tu scabiose monache. Dunst: Tu miser Diabole. Hec: O fabrum ferreum. Dunst: O iocum serium. Hec: Au, au, dimitte me. Dunst: Au au quam belle iocatus es. O iocum serium. Dunst: Hah, hab ich dich, du Fuchs! Oh du kristallene Nase! Oh du elfenbeinerne Nase! Hec: Du nichtsnutziger Schmied! Dunst: Oh du dunstanische Nase! Hec: Lass mich los. Dunst: Oh Nase. Oh dunstanische Nase! Hec: Lass mich los! Dunst: Oh Nase! Ei freu dich doch, jetzt geht es ganz um dich. Hec: Du krätziges Mönchsgesicht! Dunst: Du armer Teufel! Hec: Oh eiserner Schmied! Dunst: Oh ernster Spaß! Hec: Au, au, lass mich los. Dunst: „Au, au! “, ei, was für einen hübschen Spaß hast du getrieben. Oh ernster Spaß! In dieser Szene entsteht der Witz auf zwei Ebenen. Einmal durch die physischen Handlungen: Wenn Dunstanus den Teufel mit der Zange in die Nase kneift und dieser dabei auch noch Frauenkleider tragen muss, wird dies die Autorität 299 Iste se poetam iactat 43 Ioc. ser. 2, 3 (= Valentin 1972, 429-430). Eine Transkription mit Übersetzung der äußerst verderbten Szene findet sich bei Stroh 2008, 284-285. 44 Ioc. ser. 3, 2 (= Valentin 1972, 433). des Höllenfürsten ziemlich untergraben haben. Sicherlich hat man sich auch während des Flirts noch die passenden körperlichen Annäherungsversuche vorzustellen. Zweitens strotzt der Text nur so von Wortspielen. Diese sind relativ einfach gehalten - man darf hier nicht vergessen, dass es sich um eine einfache Schulkomödie handelt, der die Zuschauer auch sprachlich leicht folgen können sollten. So finden wir erneut das schon im Regnum poetarum bemühte Wortspiel mit calere und frigere sowie die inflationäre Häufung von nasum nebst Epitheta, was deren Ergreifung mit der Zange als Gipfelpunkt umso lustiger werden lässt. Besonders am Sprachwitz scheint Balde Gefallen gefunden haben und baut dies in den folgenden Szenen weiter aus. Äußerst amüsant gestaltet sich beispielsweise die Schilderung eines Trinkgelages einer Gruppe von Sachsen im zweiten Akt, die mit steigendem Alkoholpegel immer mehr ihre Lateinkenntnisse verlieren und nur noch ein unverständliches Kauderwelsch aus fehlerhaftem Latein, latinisiertem Deutsch und einer Art Phantasiesächsisch sprechen. So wird in ihrer von Hicksern (pirks) durchsetzten Rede wiederholt ihr zum Trinkgefäß umfunktioniertes Schuhwerk als stiefelium bezeichnet und der Sachse Mappius von seinen Saufkumpanen liebevoll mit Mappilappi angesprochen. 43 Auch im dritten Akt grenzt die zweite Szene schon durch die sprachliche Gestaltung ans Alberne: So wird der Kaiser Palaeologus von seinen Dienern und seiner Frau Irene abwechselnd mit einem übertrieben pathetischen „O rex Assyriorum“ und lautmalerischen, autoritätsrührigen Ansprachen wie „gudigudigudi“ sowie den Gesängen „Schnipf Schnepf Schnedrium“ und „gling‐ langlorium“ bedacht. 44 Im Iocus serius beweist Balde ein glückliches Händchen dafür, wie mit einfa‐ chen Mitteln auf der Bühne Komik erzeugt werden kann: Slapstick, Verwechs‐ lungen durch Verkleidung oder Rollentausch sowie lustige Wortspielereien sind dabei Elemente, die bereits in der plautinischen Komödie fest verankert sind. Von direkter Plautusrezeption zu sprechen, geht hier sicherlich zu weit. Allerdings bietet Plautus eine Fülle an Grundbausteinen, die letztlich für die Erzeugung von Komik auf der Bühne elementar sind. Dieser bedient sich auch Balde, um seine Zuschauer schnell und effektiv zum Lachen zu bringen - seiner zum Ausdruck gebrachten Geringschätzung von Plautus zum Trotz. Außer dem Iocus serius sind keine weiteren Werktitel reiner Komödien erhalten, und selbst 300 Caroline Dänzer 45 Westermayer 1998, 239 spricht von mehreren Lustspielen im Stil des Plautus und Terenz, führt als einziges Beispiel aber nur den Iocus serius an. Dass Balde weitere solche Schulstücke verfasste, sie jedoch nie für eine Veröffentlichung überarbeitete, ist möglich. Auch der Iocus serius wäre wahrscheinlich dem Vergessen anheimgefallen, wäre nicht durch einen glücklichen Umstand eine, wenn auch unvollständige, Abschrift einer gekürzten späteren Aufführung erhalten geblieben (vgl. hierzu Stroh 2008, 279; Tilg 2012, 453). Konkrete Hinweise auf weitere Stücke existieren nicht. 46 Abgedruckt in Valentin 1978, 67-72. 47 Erstausgabe Amberg 1654; Op. om. 6, 1-181. Zur Jephtias vgl. Valentin 1978; Bauer 1987, bes. 461-467; Führer 2003; Stroh 2004b, 271-308; Stroh 2006, 233-235. 48 Lyr. 1, 33, 19. 49 Die typologische Deutung scheint auch schon in der Jephte-Fassung enthalten ge‐ wesen zu sein (vgl. Lyr. 1, 33, 74-75: „Tu nascituro, nobilis Hostia, / Dicere praelusisse CHRISTO“). 50 Zur Titelproblematik z. B. Stroh 2004b, 277, der den Titel als „Tragödie von Jephte“ deutet. Im Hinblick auf Baldes Äußerung in der Dedicatio „Hic Jephte est; haec Jephtias.“ (Op. om. 6, 7) erscheint die allgemein angenommene Interpretation als „Tochter des Jephte“ wahrscheinlicher. Die veränderte Titelgebung sowie die Namensgebung dieser scheint, berücksichtigt man den Ausdruck coacti in der zitierten Ode, nicht Baldes Wunschthema gewesen zu sein. 45 Jephtias War es also nach dem Iocus serius vorbei mit Baldes Karriere als Komödien‐ schreiber? Tatsächlich folgen größtenteils halbdramatische Produktionen, die nicht mehr für die Bühne bestimmt sind. Eine Ausnahme bilden dabei freilich Baldes Bearbeitungen des alttestamentlichen Jephte-Stoffes. Vom 1637 aufge‐ führten Jephte, auf den Balde auch in der Ode 1, 33 Bezug nimmt, ist nur noch die Perioche vorhanden. 46 Die 17 Jahre später unter dem Titel Jephtias gedruckte Fassung ist jedoch erhalten. 47 Tatsächlich wirkt es so, als habe Balde der in der Brunnerode an sich selbst gerichteten Forderung „Affer cothurnum, deme soccos“ 48 Folge geleistet: Die düstere, knapp 5000 Verse schwere Bibeltragödie hat mit einer plautinischen Komödie nicht viel gemein. In beiden Fassungen behandelt Balde die Geschichte von Jephte, der Gott vor dem Feldzug gegen die Ammoniter gelobt, ihm das erste, was ihm nach einem potentiellen Sieg begegne, als Opfer zu bringen. Nach seinem militärischen Erfolg kommt ihm seine eigene Tochter entgegen, deren Tod damit besiegelt ist. Balde deutet den Stoff in beiden Fassungen typologisch: 49 Jephtes Tochter steht für Christus, der sich für das Wohl der Menschen opfern muss. In der Version von 1654 sind allerdings einige wenige Bearbeitungen im Vergleich mit der Perioche des Jephte ersichtlich: Neben der Veränderung des Titels Jephte zu Jephtias 50 fallen besonders drei Unterschiede ins Auge: Die 301 Iste se poetam iactat Menulema weisen darauf hin, dass Balde Jephtes Tochter in der Fassung von 1654 stärker in den Fokus rücken und die typologische Ebene deutlicher herausstellen wollte. 51 Zur Benennung Menulemas vgl. Stroh 2004b, 278-279. 52 Op. om. 6, 182-193. Mit Notentext nur zugänglich in der Erstausgabe Amberg 1654, Anhang zu den Melodramatica, 1-19. Zu den Melodramatica vgl. Stroh 2004b, 303. 53 Balde fügt als erster Bearbeiter des Jephte-Stoffes den Liebhaber zur Dramenhandlung hinzu. Da Ariphanasso weder in der ausführlichen Inhaltsbeschreibung der Brunnerode noch in der Perioche des Jephte Erwähnung findet, ist es wenig wahrscheinlich, dass diese Figur schon in der Version von 1637 auftrat. Zur Rolle des Ariphanasso vgl. Bauer 1987, 462-463; Stroh 2004b, 279-280; 305-308; Stroh 2018, 565-570. 54 Vgl. auch Stroh 2018, 568: „Schon die bloße Dämlichkeit dieses (trotz vierfachem Versmaß) völlig monotonen Lieds zeigt, dass Balde seinen Helden in keiner Weise ernst nimmt.“ 55 Dies wird später in den Melodramatica wieder aufgenommen, in denen zwei Liebes‐ lieder (Stücke 1 u. 2) auf ihn entfallen. Dass Ariphanasso nach dem Misslingen seiner Bemühungen seine Laute zerbricht und frustriert in den Krieg zieht, lässt sich als selbstironisches Augenzwinkern verstehen, da Balde angeblich Ähnliches mit einer unnachgiebigen Ingolstädterin widerfahren war. Hierzu Stroh 2004b, 243; 307-308; Stroh 2006, 202-203; 234. 56 Jepht. Prolus. Op. om. 6, 27: Sicut enim Menulema, tenera inflexione posita, in virile nomen Emmanuelis commutari potest; ita Ariphanasso in femineum Pharaonissa. Explica & repone literas hujus nominis; suaviore sono pronuncianda, non Ariphanasso, sed Benennung von Jephtes Tochter mit dem Namen Menulema als Anagramm von Emmanuel, um Baldes typologische Deutung des Jephte-Stoff expliziter zu machen, 51 die Hinzufügung gesungener Liedpartien, der Melodramatica, 52 und die Einführung des ägyptischen Soldaten Ariphanasso als Liebhaber von Menulema. 53 Gerade mit der letztgenannten Änderung bedient sich Balde komödienhafter Elemente. Ariphanasso fungiert vordergründig als Publikumsliebling und Sym‐ pathieträger: Er ist stets etwas schwer von Begriff, seine Handlungen sind impulsiv und von Gefühlen motiviert. Ariphanassos Ständchen für Menulema sind anrührend ehrlich und so einfach gehalten, dass sie teilweise schon komisch wirken. 54 Die Angebetete erhört ihn jedoch nicht und schickt in den Krieg. 55 Dort plant er einen Angriff auf den feindlichen König, lässt sich jedoch dabei erwischen und verpasst schließlich durch ein Missgeschick die Entscheidungsschlacht. Der tollpatschige Ägypter wird so zu einem immer wiederkehrenden Element, auf das sich die Zuschauer freuen konnten und das ihnen ermöglichte, kurz zu schmunzeln, bevor sie sich wieder auf die ernste Materie des Stücks einlassen mussten. Doch es bleibt nicht allein bei der auflockernden Funktion des Ariphanasso, sondern Balde verleiht ihm einen tieferen Sinn, der zur Deutung des Bibelstoffes beiträgt. In seinem Vorwort zur Jephtias legt er seine Methode dar: 56 Wie Menulema das Anagramm des 302 Caroline Dänzer Pharaonissa tibi occurret; ingeretque faces illius taedae nuptialis, quam caeleste Salomonis Epithalamium accendit. 57 Vgl. Stroh 2004b, 279-280. 58 Zum Arion Scaldicus vgl. Stroh 2006, 230; Schäfer 2006. 59 Zum Drama Georgicum vgl. Leonhardt 1987; Stroh 2004b, 244; Stroh 2006, 228-230. 60 Zum Tilly vgl. Stroh 2006, 214-216, Stroh 2007. männlichen Emmanuel darstelle, handle es sich beim Namen Ariphanasso um ein Anagramm des weiblichen Pharaonissa, Tochter des Pharaos. Diese sei die Gemahlin Salomos gewesen, der anlässlich seiner Hochzeit mit ihr das Hohelied verfasst habe. Wie Menulema also als Jesus Christus gedeutet werden muss, ist auch Ariphanasso im typologischen Sinne als Sinnbild für die Christus liebende menschliche Seele zu verstehen. 57 Balde nutzt somit für die Jephtias Figurenelemente der Komödie, adelt sie jedoch gewissermaßen, indem er sie in die Gattung der Tragödie erhebt und ihr eine theologische Relevanz für die Stückinterpretation zukommen lässt. Diese Methode, nicht Stücke in direkter Plautusnachfolge zu verfassen, aber gleichwohl typische Komödienelemente zu verwenden und in andere Kontexte zu verpflanzen, ist bei Balde keine Seltenheit. So gerät der Arion Scaldicus, eigentlich eine tragische Behandlung der Eroberung Antwerpens, durch sein amüsantes Vorspiel zwischenzeitlich beinahe zur burlesken Komödie. 58 Im Drama Georgicum, das ursprünglich den Ulmer Waffenstillstand von 1647 zum Thema hat, erzürnen sich die Bauern über den hochtrabenden Merkur, weil er ihre Sprache nicht spricht. 59 Und bei der ernsten Leichenfeier für Johann von Tilly beginnen die fleischgewordenen Länder Bayern und Österreich sowie der etwas einfältig gezeichnete Kriegsgott Mars unvermutet einen Kleinkrieg um die Gunst des verstorbenen Feldherrn. 60 Fazit Obwohl sich Balde in der Stilkritik in der Expeditio polemico-poetica und im Regnum poetarum geringschätzig über die Komödie und im Speziellen deren berühmtesten Vertreter Plautus geäußert hatte, ist die Verwendung komödienhafter Elemente integraler Bestandteil für seine gesamte dramatische und halbdramatische Produktion. Besonders deutlich ist dies im Iocus serius, wo burleske Komik, Slapstick und Verkleidungen einen Großteil des Witzes ausmachen. Doch selbst in die Tragödie Jephtias führt Balde zur Auflockerung die Figur des Ariphanasso ein. Balde bedient sich verschiedenster Elemente, um sie in neue Gattungskontexte zu transportieren, Gattungsgrenzen stetig zu durchkreuzen und komische Brechungen zu erzeugen. So entstehen die für 303 Iste se poetam iactat Balde so typischen, schwer zu klassifizierenden Gattungsmischungen, die stets mit unerwarteter, leicht absurder Komik durchsetzt sind. Die römische Komödie war Baldes schrägem Humor vielleicht also nicht so fern, wie er es selbst gern glauben machen wollte. Literaturverzeichnis Balde, Jakob: Regnum poetarum, ungedruckt 1628, Bayerische Staatsbibliothek München, Clm 27271.III, f. 86r-111v. Balde, Jakob: Opera poetica omnia. Neudr. d. Ausg. München 1729 / hg. u. eingel. von Wilhelm Kühlmann u. 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Stroh, Wilfried: Vom Kasperletheater zum Märtyrerdrama: Jacobus Baldes Innsbrucker Schulkomödie Iocus serius (1629), in: Reinhold F. Glei / Robert Seidel (Hgg.): Das lateinische Drama der Frühen Neuzeit. Exemplarische Einsichten in Praxis und Theorie (Akten des 3. Arbeitsgesprächs der Deutschen Neulateinischen Gesellschaft), Tübingen 2008 (Frühe Neuzeit 129), 255-285. Stroh, Wilfried: Jacobus Balde SJ als Erotiker. Zum 350. Todestag von Bayerns größtem Dichter, Gymnasium 125, 2018, 537-585. Tilg, Stefan: Theater. Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669), in: Martin Korenjak u.a (Hgg.): Tyrolis Latina. Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol. Band I: Von den Anfängen bis zur Gründung der Universität Innsbruck, Wien u. a. 2012, 436-464. Valentin, Jean-Marie: Jacobus Baldes Jocus serius theatralis (1629), Euphorion 66, 1972, 412-436. Valentin, Jean-Marie: Hercules moriens. Christus patiens. Baldes Jephtias und das Problem des christlichen Stoizismus im deutschen Theater des 17. Jahrhunderts, Argenis 2, 1978, 37-72. 305 Iste se poetam iactat Westermayer, Georg: Jacobus Balde (1604-1668), sein Leben und seine Werke. Heraus‐ gegeben von Hans Pörnbacher und Wilfried Stroh, Amsterdam 1998 (photomechani‐ scher Nachdruck der Ausgabe München 1868). Wiegand, Hermann: Jakob Balde, Angelinus Gazeus und Simon Rettenpacher, in: Jean-Marie Valentin (Hg.): Jacob Balde und seine Zeit. Akten des Ensisheimer Kol‐ loquiums, 15.-16. Okt. 1982, Bern / Frankfurt a. M. / New York 1986 ( Jahrbuch für internationale Germanistik: Reihe A, Kongressberichte 16), 255-270. 306 Caroline Dänzer 1 Sommervogel 1892, 1296-1299. Wenige Bemerkungen zu Gazaeus bei Wiegand 1982. 2 Bilstein 1630. Der Reformator Martin Luther in den Pia hilaria des Jesuiten Angelinus Gazaeus Thomas Gärtner (Köln) Bei der hier thematisierten Gedichtsammlung des Angelin Gazet (1568-1653) handelt es sich im Gegensatz zu manch anderer Jesuitendichtung (wenn man etwa an Jakob Balde denkt) nicht um ein Werk innerhalb einer schier unüber‐ sehbaren Bibliographie des Autors, sondern - wenn man sich an Sommervogel 1 hält - wirklich um das Hauptwerk von Gazet, das zu dessen Lebzeiten seit 1617 in vielfachen, teilweise erweiterten Neuauflagen erschien und noch nach seinem Tode im Jahr 1657 in London mit einem Index philologicus nachgedruckt wurde, also einer rudimentären philologischen Kommentierung für wert befunden wurde. Der Titel dieser Gedichtsammlung ist Pia hilaria, und sie besteht aus einer großen Zahl von relativ kurzen Stücken anekdotischen Charakters mit vorangestellter Quellenangabe; diese sollen dem Leser den orthodoxen Glauben in einer lockeren Folge heiterer Erzählungen vermitteln. Die dichterischen Stückchen sind durchgehend entweder in jambischen Trimetern senecanischer Prägung oder in Hinkjamben gehalten; sprachlicher Bezugspunkt Gazets in der antiken Latinität ist aber kaum die senecanische Tragödie, von der er den Trimeter übernimmt, sondern vielmehr die archaische römische Komödie. Einzelne von Gazets Stücken wurden während und nach der Lebenszeit des Autors in anderen jesuitischen Sammelschriften übernommen. Sommervogel gibt hiervon eine eindrucksvolle, aber gewiß unvollständige Übersicht. Nicht erwähnt ist dort das unter Federführung von Johann Bilstein anlässlich der sehr kurzlebigen Osnabrücker Universitätsgründung 1632 entstandene Korpus von Jesuitendichtung, das vom Verfasser dieses Beitrags seit einigen Jahren bearbeit wird, insbesondere das Athenaeum Christianum, 2 ein umfängliches prosimetri‐ sches Werk, innerhalb dessen mehrere Einzelstücke von Gazet (teils mit kleinen Adaptationen) als dichterische Einlagen zitiert werden. Gazet figuriert hier 3 Gazet 1657, 28-31; im folgenden: Gazet, Luthers mitternächtliche Begegnung mit dem Teufel. 4 Gazet 1657, 90-93 in der Londoner Ausgabe von 1657; im folgenden: Gazet, Luthers Exorzismus. 5 Vgl. den Anhang „Die Dämonenepisoden in den Pia hilaria des Angelinus Gazaeus“. 6 Gazet 1657, 78-79. 7 Gazet 1657, 96-98. Die Schlußwendung gegen lutherische Prediger findet sich nur im Osnabrücker Athenaeum Christianum. 8 Gazet 1657, 226-231. ehrenvoll als der „Schwan von Arras“ (nach einem seiner Unterrichtsorte), wird also offenbar als eine auch den Lesern bekannte literarische Größe zitiert. Um einen Eindruck von Gazets Konfessionspolemik zu vermitteln, konzen‐ triere ich mich hier auf die beiden Stücke aus den Pia hilaria, in welchen der Reformator Martin Luther persönlich auftritt. In beiden Stücken hat Luther es mit Dämonen zu tun; in dem einen (welches auch im Osnabrücker Korpus wiedergegeben ist) wird er zu mitternächtlicher Stunde vom Teufel, seinem Lehrmeister höchstpersönlich, instruiert, 3 im zweiten versucht er mit geringem Erfolg und peinlichen Folgen einen Exorzismus an einem von einem Dämon besessenen, aus Meißen nach Wittenberg transportierten Mädchen. 4 Dämonen spielen in vielen Stücken der Pia hilaria eine Rolle; man kann hierbei im wesentlichen zwei Typen von Geschichten unterscheiden 5 : (Typ A) Eine kompetente katholische Persönlichkeit, z. B. ein bekannter Heiliger, zeigt musterhaft, wie man mit Dämonen umgeht und sie unschädlich macht; oder (Typ B): Ein Dämon blamiert eine nicht kompetente Person nach Strich und Faden. Typ A erfährt gewissermaßen eine theoretische Ausprägung durch ein Einzelstück, welches darstellt, dass ein Dämon richtigerweise zu bekämpfen ist durch einen mutig diesem entgegentretenden Menschen wie eine Spinne durch eine Fliege. 6 Typ B dagegen erhält eine allgemeine Bestätigung durch die - ebenfalls im Osnabrücker Korpus adaptierte - Geschichte von dem kranken Dämon, der keine wirksamere Medizin kennt als Pastillen von Lügenzungen (wie sie besonders lutheranischen Predigern eignen); 7 darin ist impliziert, dass einem Dämon solche Häretiker höchst gelegen kommen. Gelegentlich gibt es auch Mischformen zwischen den beiden Typen, etwa derart, dass sich eine zunächst nicht kompetente Person eines Besseren besinnt oder an einen kompe‐ tenten katholischen Helfer wendet. Auch kompliziertere Mischtypen begegnen: So trägt beispielsweise ein Japaner prahlerisch die Geschichte vor, wie er einen Jesuiten mittels eines Dämons behext habe (das wäre die Falsifikation von Typ A), wird dann aber durch den weiteren Gang der Geschichte als Lügner und Schwindler entlarvt und blamiert und muß schließlich sogar selbst unter dem von ihm selbst scheinbar instrumentalisierten Dämon leiden (Typ B). 8 308 Thomas Gärtner 9 Gazet, Luthers mitternächtliche Begegnung mit dem Teufel, V. 36-39 Debuerat arma Christiana attollere, Munire frontem sacrosancta tessera, Debuerat atram vilibus scopis feram Foras abigere: scilicet factum puta. 10 Gazet, Luthers mitternächtliche Begegnung mit dem Teufel, V. 12-17 Sit venia fandi: situla grandis ad latus Condormiebat dormienti, sed simul Condormiebat dormienti mensula Vicina, pleni fida custos canthari, (15) Fors ne arma desint, queis tueri se queat, Si solita noctu forsan ingruat sitis. 11 Gazet, Luthers Exorzismus, V. 21-24 Lutherus exorcismon, ast exoticum Idque execrato tentat in sacrario. Nihil hic sacrorum lipsanorum, nil crucum, Lustralis undae stilla non una unica. 12 Gazet, Der Exorzismus zu Mechelen (1657, 401-402), V. 1-4 Quod Archithraso Luther invalidus fuit Gerere et puella e Misniana daemonem Pellere, Mechlinianus id gessit puer Neque duodenni maior in iuvencula/ … Die beiden Stücke um Martin Luther gehören natürlich ebenfalls dem Typ B an. Im ersten Stück zeigt Luther seine Inkompetenz, dem Teufel im Sinne des orthodoxen Katholizismus zu begegnen, indem er es unterlässt, sich beim Anblick Satans zu bekreuzigen, wie es eigentlich die Pflicht eines Mönches wäre. 9 Gerade die Bekreuzigung ist in den Dämonenepisoden Gazets vom Typ A immer wieder das Mittel der Wahl, mit dem sich katholische Gläubige gegen Dämonen durchsetzen - dagegen sind die „Waffen“ Luthers nach Gazet nicht das Kreuzzeichen, sondern seine Trinkgefäße. 10 Im zweiten Stück dagegen scheitert Luther nach Gazet beim Exorzismus, da er diesen nicht nach dem Ritus der katholischen Kirche durchführt und insbesondere in der Wittenberger Kirche keine Heiligenreliquien, keine Kruzifixe und kein Weihwasser vorhanden sind. 11 In beiden Fällen fehlt Luther also schlicht die katholische Kompetenz, sich gegen den Dämon zu behaupten. Es gibt innerhalb der Pia hilaria sogar ein explizit als solches gekennzeichnetes Gegenmodell zu Luthers gescheitertem Exorzismus, nämlich ein Stück, welches darstellt, wie ein Knabe im belgischen Mechelen einfach mit dem Kreuzzeichen einen Dämon aus einem besessenen Mädchen vertreibt; dieses Stück beginnt mit den Worten: 12 „Was der Erzprahler Luther unfähig war zu vollführen, nämlich einen Dämon aus einem Meißener Mädchen zu vertreiben, das vollbrachte ein Knabe aus Mechelen, der nicht älter war als zwölf […]“. Der aufgeblasene Reformationsführer ist also einem minderjährigen 309 Der Reformator Martin Luther in den Pia hilaria des Jesuiten Angelinus Gazaeus 13 Luther, WA 38, 171-256. 14 Gazet, Luthers mitternächtliche Begegnung mit dem Teufel, V. 53-59 „Quid, si sacerdos non fores? quid, si sacer Bos potius esses? iurat id palear triplex Trinumque menti iugerum. quid, si tuas, (55) Quas rere missas, dixero nugas meras? Quid, si cucullus et corona et cingulus Et, quae propinquiora scribillant cutem, Sint res trioboli et vilis allii caput? “ Vgl. Luther, Von der Winkelmesse und Pfaffenweihe (1533), WA 38, 197, l. 22-25 (der Teufel spricht zu Luther): Wie wenn jr mit solcher Messe hettet eitel abgötterey getrieben unb nicht Christus leib und blut, sondern eitel brod unb wein da angebetet unb an zu beten andern fürgehalten […]. 15 Gazet, Luthers mitternächtliche Begegnung mit dem Teufel, V. 42-43 […] plusque quam modium salis Esurus olim cum paredro daemone. Nach Cochlaeus 1533, B2: Luther redt gern von teuffel/ als mit dem er eynn scheffel saltz gefressen hat wie er selbs sagt/ das sie wol einander kennen (nicht nachzuweisen in den Indizes zur Weimarer Gesamtausgabe Luthers). Vgl. Arist. Eth. Nic. 8, 4 p. 1156b κατὰ τὴν παροιμίαν γὰρ οὐκ ἔστιν εἰδῆσαι ἀλλήλους πρὶν τοὺς λεγομένους ἅλας συναναλῶσαι; Cic. Lael. 67 verumque illud est, quod dicitur, multos modios salis simul edendos esse, ut amicitiae munus expletum sit. Knaben unterlegen, der die katholischen Riten rudimentär beherrscht. Mit dem in der antiken Dichtersprache nicht nachzuweisenden Archithraso wird übrigens der Name Thraso einer Figur aus dem terenzianischen Eunuchus überboten. Quellenmäßig sind die beiden Luther-Stücke durchaus verschieden zu be‐ urteilen: Das erste Stück, die mitternächtliche Begegnung Luthers mit dem Teufel, hat seinen Ursprung letztlich in einer authentischen Schrift Luthers „Von der Winkelmesse und Pfaffenweihe“ (1533) 13 , wo er von einer nächtlichen Anfeindung durch den Teufel bezüglich seiner früheren irrigen Auffassung der Messe berichtet. Bei Gazet wird diese punktuelle Anfechtung so vergröbert, dass der Teufel Luther als seinem gelehrigen Schüler gewissermaßen sein gesamtes reformatorisches, antikatholisches Programm diktiert. Dabei rekurriert der Teufel bei Gazet formal deutlich auf den Teufel bei Luther, der seine Ausfüh‐ rungen beginnt mit den Worten: „Wie wenn jr mit solcher Messe hettet eitel abgötterey getrieben? “; entsprechend beginnt die Teufelsrede bei Gazet 14 mit Quid si sacerdos non fores? . Das lateinische Quid si (viel häufiger bei Plautus als in klassischer lateinischer Dichtung, aber natürlich nicht exklusiv plautinisch) reproduziert also das lutheranische „Wie wenn …? “. Die Vertrautheit Luthers mit dem Teufel (die sich in dem schönen Wort bekundet, Luther werde mit dem Teufel mehr als einen Scheffel Salz essen 15 - Adaptation eines Sprichwortes aus 310 Thomas Gärtner 16 Stellennachweise unten im „Textanhang 3“. 17 Fröschel 1565, L i b-L v b. 18 Gazet, Luthers mitternächtliche Begegnung mit dem Teufel, V. 3-4 […] / Sacro cucullo nondum in urticas dato Neque dum corona nata in hispidum nemus/ … 19 Gazet, Luthers Exorzismus, V. 42-44 […] per tuum Iuro cucullum, quem dedisti perfidus Inauspicato de vepreto pensilem. Aristoteles und Cicero) ergibt sich aus einem Luther ebenfalls schon 1533 bei Johannes Cochlaeus zugeschriebenen Dictum. Das zweite Stück, der Exorzismus, geht zwar nicht auf Authentisches oder Pseudo-Authentisches von Luther zurück, wohl aber auf den Augenzeugen‐ bericht eines aus Osnabrück stammenden Friedrich Staphylus (1512-1564), 16 der damals (1545) als Schüler Luthers beim Exorzismus in der Sakristei der Wittenberger Kirche persönlich dabei war, sich aber später als Konvertit auf die Seite der Jesuiten stellte (er starb in Ingolstadt). Andererseits gibt es über denselben Exorzismus auch eine lutherfreundliche Version bei dem Witten‐ berger Archidiakon Sebastian Fröschel. 17 Aus den Kongruenzen der beiden Berichte lassen sich einige Schlussfolgerungen auf die Faktizität ziehen: Z. B. steht bei Fröschel, dass der Exorzismus grundsätzlich erfolgreich war, insofern sich der Dämon bei dem Mädchen nicht mehr zeigte; das wird von der bei Gazet adaptierten Version nicht grundsätzlich bestritten, die eigentlich nur ein Luther lächerlich machendes Detail beim Exorzismus selbst in den Mittelpunkt rückt. Die anfänglich ablehnende Haltung Luthers gegenüber dem Exorzismus als solchem wird bei Fröschel theologisch-argumentativ begründet, in der lutherfeindlichen Tradition ist sie dagegen nichts als eine blasierte recusatio, die eine zweite Bitte herauskitzeln will. Bei Gazet sollen die beiden Luther-Stücke im Gesamtgefüge der Pia hilaria offenbar zusammenwirken; das lässt sich an einigen Beziehungen zwischen den beiden Stücken zeigen. Im ersten wird Luther, der zum dramatischen Zeitpunkt dieser Begebenheit noch Augustinermönch ist, mehrfach als erst zukünftiger Reformator dargestellt: Er hat seine Mönchskapuze noch nicht in die Nesseln geworfen und seine Tonsur ist noch nicht zu einem struppigen Busch entartet; 18 er soll erst nach kurzer Zeit der Kapuze entkleidet werden (V. 40 excucullandus brevi - ein beachtlicher Neologismus). Dagegen hat er im zweiten Stück den Verlust der Kapuze bereits hinter sich: Der Dämon, mit dem sich Luther auf ein Verbalgefecht einlässt, schwört bei dessen Kapuze, die Luther einstmals treulos an einem unglückseligen Dornbusch aufgehängt hat. 19 Das zwischen beiden Stücken kongruierende Detail, dass Luthers Mönchskapuze ihr Ende in 311 Der Reformator Martin Luther in den Pia hilaria des Jesuiten Angelinus Gazaeus 20 Archilochos fr. 5, 1-2 ἀσπίδι μὲν Σαΐων τις ἀγάλλεται, ἣν παρὰ θάμνωι ἔντος ἀμώμητον κάλλιπον οὐκ ἐθέλων. Die Vorstellung einer „Aufhängung“ der Mönchskapuze an einem Dornbusch passt besonders zu der bei Strabon überlieferten Variante περὶ θάμνον. 21 Gazet, Luthers mitternächtliche Begegnung mit dem Teufel, V. 73-75 A mentientis ore totus pensilis Faeces ad imas ex Averni lecytho Venena praesentanea miser ebibit. 22 Gazet, Luthers Exorzismus, V. 26-27 Densata praestolatur eventum phalanx, Lutheriano ex alveo bibax pecus. einem dornigen Gewächs fand, geht möglicherweise auf Archilochos zurück, der seinen Schild bekanntlich ebenfalls an einem Busch zurückließ 20 - Gazet lehrte nach Sommervogels Autoren-Vita neben Rhetorik auch Griechisch. Der Unterschied zwischen Luther als Noch-Mönch und zukünftigem Refor‐ mator und Luther als etabliertem Anführer der reformatorischen Bewegung zeigt sich auch noch in einer anderen Entprechung zwischen den beiden Stücken bei Gazet. Im ersten hängt Luther an den Lippen seines Lehrers Satan und trinkt aus der Avernerflasche gierig das Höllengift bis zur Neige aus 21 (Averni lecytho ist eine hübsche Kombination von Unterwelts- und Komödienvokabular! ); im zweiten Stück ist es dagegen die in der Wittenberger Schlosskirche versammelte Schülerschaft Luthers, die aus dessen Wasserlauf gierig wie eine Schafsherde trinkt. 22 Luther ist also zwischen den dramatischen Zeitpunkten der beiden Stücke erheblich aufgestiegen von einem passiven Adepten des protestantischen Höllentrunks zu einem beliebten und effizienten Verteiler. Mit diesem Aufstieg hängt auch die etwas andere Pointe der Blamage Luthers durch den Dämon in beiden Stücken zusammen: Im ersten Stück wird er vom Teufel mit Respekt für seine Gelehrsamkeit begrüßt (diese Partie hat ihren Ursprung schon bei Luther selbst, der den Teufel ihn ironischerweise als „Hoch‐ gelehrten“ ansprechen läßt), erweist sich dann aber doch als devoter Schüler ohne eigene Meinung, der die ihm anbefohlenen Lehren völlig unkritisch übernimmt; im zweiten Stück dagegen blamiert sich der inzwischen hochrenom‐ mierte Reformator gerade dadurch, dass sein Exorzismus in Gegenwart seiner zahlreichen Wittenberger Schülerschaft einen so peinlichen Verlauf nimmt. Ein anderes Element, welches die beiden Stücke miteinander verbindet, ist der von Luther ausgehende Gestank, der den Dämon jeweils dazu bringt, sich die Nase zuzuhalten. Im ersten Stück ist Luther, als der Teufel naht, in tiefem Schlaf gefangen. Am Abend zuvor hat er sich maßlos betrunken, und sein Schnarchen ist so laut wie der Westwind. Dabei dringt so unangenehmer Geruch aus seinem 312 Thomas Gärtner 23 Gazet, Luthers mitternächtliche Begegnung mit dem Teufel, V. 21-27 Dormibat, inquam, cum Sathan olli affuit. Genarum utroque folle tantos spiritus Vomebat ore Luther […] / […] / […], Tam grave olentes, tam mephiticos, sibi Narem ut quadrifidam Satan oppilaverit. 24 Gazet, Der betrunkene Bauer und die Dämonen (1657, 235-237) Abiere Stygii protinus foras canes Foetore post se (sic amant olidissimi) Foede relicto; thus id inferni fuit. 25 Gazet, Luthers mitternächtliche Begegnung mit dem Teufel, V. 49-52 […] Luthericus Pulmo calefactus phlegmatis foras dabat (50) Putrem saburram, ni metu didascali Resorbuisset et retentasset domi. Munde, dass der Teufel sich die Nase zuhalten muß (Narem ut quadrifidam Satan oppilaverit). 23 Da nach einem anderen Stück von Gazet Gestank „der Weihrauch der Hölle“ ist, 24 sieht man leicht, wie diese hyperbolische Wendung, dass der Mundgeruch Luthers den Teufel anekelt, zu verstehen ist. Später wird der gleiche Motivbereich noch einmal berührt, wenn Luther es aus Respekt vor seinem infernalischen Lehrer unterlässt, ihm eine ordentliche Portion fauligen Schleims aus seiner Lunge entgegenzuwerfen. 25 Auch im zweiten Stück begegnet das Gestanksmotiv. Hier bringt der Dämon Luther in äußerste Verlegenheit, indem er bei dem Exorzisten eine spontane Durchfallattacke induziert und zugleich von der bekannten dämonischen Fähig‐ keit, Türen zu verschließen, Gebrauch macht, also einen rechtzeitigen Austritt verhindert. Nach der zugrundeliegenden Staphylus-Version war es gerade der damals noch junge Staphylus selbst, der dem Missstand abhelfen musste, indem er mit einem durch das Fenster hineingereichten Beil die Wittenberger Sakristeitür zerschlug. Vor dem von Leibkrämpfen geschüttelten Luther gibt der Dämon (in Gestalt des besessenen Mädchens) vor, unangenehmen Geruch zu empfinden, und hält sich die Nase zu (V. 90-91 nare persentiscere / Daemon mephitim simulat et nasum premit). Der Aspekt des simulare wird wohl weniger hervorgehoben, um Luther von tatsächlichem Gestank zu entlasten, als viel‐ mehr, um hervorzuheben, wie sehr ihn der Dämon vor seiner Schülerschaft blamiert. Wir erkennen also, wie deutlich Gazet beide Stücke parallelisiert und mit der Lutherverhöhnung im zweiten Stück exakt da anknüpft, wo er im ersten aufgehört hat. 313 Der Reformator Martin Luther in den Pia hilaria des Jesuiten Angelinus Gazaeus 26 Gazet, Luthers Exorzismus, V. 9-13 […] / Sanctum Lutherum, scilicet qui grandia Patrare, solo daemonas sputo queat (10) Fugare, solo spiritu cancrum, lepram, Genus omne morbos, sonticos, non sonticos Sanare. mendax fama sic vulgaverat. 27 Gazet, Luthers Exorzismus, V. 52-55 “[…] faxo, ut in porcos eas, Quo iussus olim es.” - “in tui porcos gregis,” Repungit ille “quos propinquos intuor? Inibo, si fas fuerit, illuc pellubens.” Vgl. Vulg. evang. Marc. 5, 11-13 erat autem ibi circa montem grex porcorum magnus, pascens; (12) et deprecabantur eum spiritus, dicentes: “mitte nos in porcos ut in eos introeamus.”; (13) et concessit eis statim Jesus. et exeuntes spiritus immundi introierunt in porcos; evang. Luc. 8, 32 erat autem ibi grex porcorum multorum pascentium in monte; et rogabant eum, ut permitteret eis in illos ingredi; et permisit illis; Hor. epist. 4, 15-16 Me pinguem et nitidum bene curata cute vises / Cum ridere voles Epicuri de grege porcum. Abschließend sei noch auf einige sprachlich-imitatorische Details einge‐ gangen und insbesondere die systematische Funktion der Plautus-Imitation in beiden Stücken aufgezeigt. Bevor der Dämon im zweiten Stück Luthers Inneres in Aufruhr versetzt, setzt er sich mit seinem Exorzisten verbal auseinander und behält dabei die Oberhand. Am Anfang wurde über Luther geäußert, sein geradezu hagiographischer Ruhm, der ihn bei seinen protestantischen Schülern zu Unrecht umgebe, seine mendax fama, besage, er könne Dämonen durch seinen bloßen Speichel bzw. Krankheiten durch seine bloße Spiritualität vertreiben - also ganz wie Christus selbst. 26 In der Auseinandersetzung mit dem Dämon versteigt er sich dann zu dem entsprechenden hybrishaften Ausspruch: 27 „Ich werde dafür sorgen, dass Du in eine Schweineherde eingehst, wie Dir auch einst befohlen wurde [nämlich von Christus in der sogenannten Schweineepisode im Neuen Testament]“ (faxo, ut in porcos eas, / Quo iussus olim es). Der Dämon reagiert auf diese Drohung äußerst schlagfertig: Er deutet auf die umstehende Schülerschaft Luthers und fragt: „In die Schweine Deiner Herde, die ich hier vor mir sehe? Dorthin werde ich sehr gern übertreten, wenn es erlaubt ist.“ Mit dieser Pointe erreicht der Dämon ganz im Sinne des jesuitischen Dichters zweierlei: Zum einen wird die Schülerschaft Luthers als eine dämonenbesessene Schweineherde abqualifiziert. Zum anderen - und vor allem - spielt er aber mit den Worten in tui porcos gregis deutlich auf das berühmte Horazwort Epicuri de grege porcum an; die Trimeterklausel ergibt sich aus der Hexameterklausel einfach durch Wortumstellung. Durch diese Art der Intertextualität wird also deutlich, dass Luther, der sich selbst als einen 314 Thomas Gärtner 28 Gazet, Luthers Exorzismus, V. 82-85 […] vi silente daemonis Sibi necopino sensit ilicet ilia Mugire Luther , dein boare valdius, Mox intus atrocissimum premere ac premi. (85) Vgl. Sen. Thy. 1050-1051 […] genitor en natos premo Premorque natis - sceleris est aliquis modus. Ferner 999-1000: Quis hic tumultus viscera exagitat mea? Quid tremuit intus? sentio impatiens onus). 29 Gazet, Luthers Exorzismus, V. 112-114 Ubi patuere rupta claustra, daemone Valere iusso (si valere umquam potest) Lutherus evolare, quo saturi solent. Vgl. Plaut. Curc. 362 Rogant me servi quo eam: dico me ire, quo saturi solent. 30 Gazet, Luthers Exorzismus, V. 21-22 Lutherus exorcismon, ast exoticum/ […] tentat […] zweiten Christus ansieht, in Wirklichkeit nichts als das Schulhaupt einer neuen epikureischen Schweineherde ist. Wenn Luther später unter der von dem Dämon verursachte Durchfallatacke leidet, heißt es: 28 „Bald drückt er drückt er innerlich aufs heftigste, bald wird er gedrückt“ (Mox intus atrocissimum premere ac premi). Die Antithese zwischen premere und premi entnimmt Gazet aus dem Schlußteil des senecanischen Thyest, wo der Titelheld nach der Verspeisung seiner beiden Söhne über ähnli‐ ches Unwohlsein klagt mit den Worten genitor en natos premo / Premorque natis. Die unverwechselbare Junktur von aktivem und passivem premere markiert also die Übereinstimmung in der derb-komischen Situation und schlägt zugleich eine Brücke zu den das formale Vorbild von Gazets Verstechnik abgebenden tragischen jambischen Trimetern Senecas. Jetzt aber zu einigen sinnträchtigen Anspielungen auf Plautus selbst. Als Luther, nachdem ihm die Axt den Weg durch die Sakristeitür gebahnt hat, sich endlich erleichtern kann, heißt es Lutherus evolare, quo saturi solent. 29 Mit quo saturi solent wird exakt eine in identischem Sinne verwendete plautinische Versklausel aufgegriffen (Curculio 362 dico me ire quo saturi solent). Der histo‐ rische Infinitiv evolare im Kontrast zum bei Plautus von dico abhängigen me ire bekundet, dass das, was bei Plautus bloße Vorgabe ist, im Falle von Gazets Imitation zur dringlichen Notwendigkeit wird. Doch auch über diese obszöne Pointe hinaus verwendet Gazet Plautus-Imita‐ tionen gezielt, um mithilfe von Komödienvokabular Protestantisches lächerlich zu machen. Den im katholischen Sinne unorthodoxen Exorzismus Luthers bezeichnet er als exorcismon, at exoticum, 30 „einen Exorzismus, jedoch einen 315 Der Reformator Martin Luther in den Pia hilaria des Jesuiten Angelinus Gazaeus Nach Staphylus 1563, 405: […]daemonem coepit adiurare et exorcizare, sed id tamen more suo, non eo, qui apud Catholicos receptus et usitatus est. Vgl. Plaut. Epid. 232 (basilicum […] exoticum); Men. 236 (Graeciamque exoticam); Most. 42 (unguenta exotica); ferner Prud. psych. 759-760 ne secta exotica tectis / Nascatur conflata odiis (sonst keine Belege für exoticus in der lateinischen Dichtersprache der Antike). exotischen“ (bei Staphylus hieß es exorcizare, sed id tamen more suo, non eo, qui apud Catholicos receptus et usitatus est, „den Dämon austreiben, aber dies dennoch auf eigene Weise, nicht auf diejenige, welche bei den Katholiken akzeptiert und gebräuchlich ist“). Das bei Gazet entsprechend dem typischen Stil archaischer lateinischer Dichtung eintretende Wortspiel exorcismon - exoticum verbindet ein griechisches Lehnwort, welches in christlicher Sprache zum unersetzlichen Terminus technicus für den Begriff „Dämonenaustreibung“ wird, mit einem Adjektiv, welches in der antiken Dichtersprache nur dreimal bei Plautus und dann erst wieder in der prudenzianischen Psychomachie verwendet wird (bei Prudenz bezeichnenderweise in der Junktur secta exotica von einer häretischen Entzweiung). Eine ganz ähnliche Technik läßt sich am Ende des ersten Luther-Stücks beobachten. Das Stück schließt mit dem Trimeter (V. 117) Missamque mystes impius missam facit, „Und der gottlose Priester lässt die Messe fahren“. missa in dem Sinne „Messe“ ist ein christlicher Terminus technicus, ebenso das griechische Lehnwort mystes, das ein Synonym zu sacerdos bildet; hiermit ergibt die Junktur missam facit ein doppeltes Wortspiel. Aliquam rem missam facere ist eine sehr kolloquiale Ausdrucksalternative zu rem omittere, die in der hohen Dichtung der gesamten Antike fehlt, aber bei Plautus, Terenz und Lucilius beliebt ist. Die Vulgarität dieses Ausdrucks reflektiert zugleich die Empörung des Jesuiten über die leichtfertige Preisgabe des orthodoxen katholischen Ritus. Einen ähnlichen komödienhaften Ausdruck für „etwas aufgeben“ verwendet Gazet in dem Exorzismus-Stück von der Preisgabe des Exorzismus durch den von Leibkrämpfen geschüttelten Luther mit der exklusiv plautinischen Junktur nuntium remittere. Ein letztes Beispiel lässt sich sogar auf eine bestimmte Plautus-Stelle zu‐ rückführen. Als Luther im ersten Stück noch Mönch und erst zukünftiger Reformationsführer ist, wird er bezeichnet als Brevique condus atque promus haeresum / Princeps futurus (V. 41-42), als ein „bald zukünftiger Küchenchef der Irrlehren“. haeresis ist der gängige Terminus technicus, mit welchem die Jesuiten die Irrlehren der Reformation bezeichnen; die dem Griechischen eigentlich zuwiderlaufende Kurzmessung der vorletzten Silbe ist durch den festen Usus der christlichen Dichtersprache seit Prudenz geschützt. Die Verbindung von condus 316 Thomas Gärtner und promus verweist dagegen eindeutig auf Plautus Pseudolus 608 condus, promus sum, procurator peni. Wieder wird ein archaisch-vulgärer Bestandtteil des Küchenvokabulars der Komödie in eine höchst eigenwillige Verbindung gebracht mit einem Terminus technicus der zeitgenössischen religiösen Sprache, um die Errungenschaften Luthers und der Reformation lächerlich zu machen. 317 Der Reformator Martin Luther in den Pia hilaria des Jesuiten Angelinus Gazaeus Anhang 1: Die Dämonenepisoden in den Pia hilaria des Angelinus Gazaeus (Seitenangaben nach Gazet 1657) Typ A: Ein kompetenter Christ (oft ein Jesuit oder ein Heiliger) macht den Dämon lächerlich. Typ B: Der Dämon macht einen Menschen, der sich durch falsches bzw. unchristliches Verhalten angreifbar macht, lächerlich. 9-12: Der Hl. Dominik bändigt in seiner Mönchszelle einen Dämon in Gestalt eines Affen, indem er ihn eine Kerze zu halten zwingt (A). 12-15: Der Hl. Dunstan bezwingt einen sich beständig verwandelnden Dämon, indem er ihn mit der glühenden Schmiedezange an der Nase packt (A). 28-31: Zu Mitternacht erscheint ein Dämon Luther und rät ihm mit magistraler Autorität, die katholische Lehre (u. a. bezüglich der Messe) zu unterlaufen (B). 31-36: Ein frommer Maler, der Dämonen so naturalistisch dastellt, dass er sich deren Zorn zuzieht, wird von seinem eigenen Marienbild gerettet (A). 54-57: Ein belgischer Protestant, der, um eigener gerichtlicher Verfolgung zu ent‐ gehen, vorgibt, von einem Dämon besessen zu sein, wird von einem wahrhaft Besessenen in Brand gesetzt (B). 65-68: Über der Schleppe einer Frau, die zu lange für ihre Toilette benötigt und daher zu spät zur Messe kommt, erscheint ein Dämon im Gestalt einer Herde von Haselmäusen, der durch Besprengung mit Weihwasser vertrieben wird (zunächst B, dann A). 72-73: Einem Herrn, der bei seinen Befehlen an die Dienerschaft immer mit Flüchen um sich wirft, wird die Hose in peinlicher Weise vom Teufel geöffnet anstatt von dem herbeigerufenen Diener (B). 78-79: Ein Dämon von mutig diesem entgegentretenden Menschen zu bekämpfen wie eine Spinne von einer Fliege (theoretische Darstellung von A). 90-93: Luther sucht ein Mädchen durch Exorzismus von einem Dämon zu befreien, der bei Luther jedoch plötzlichen Durchfall hervorruft und alle Türen verschließt, so dass Luther in eine höchst peinliche Situation gerät (B). 318 Thomas Gärtner 93-96: Ein japanischer Mönch narrt einen Dämon, der ihm in der Fastenzeit Lust auf Schweinefleisch vorspiegelt, indem er ein geschlachtetes Schwein in seiner Zelle aufhängt und verfaulen lässt (A). 96-98: Ein kranker Dämon durch keine andere Medizin so gut zu heilen wie durch eine verlogene Zunge (theoretische Darstellung von B). 128- 31: Ein Langobarde tötet eine stumme Greisin, weil er glaubt, wie die Hl. Margaritha einen Dämon vor sich zu haben (B). 148-151: Ein nachts zu seinem Haus zurückkehrender Ehebrecher trägt plötzlich des Gesicht eines Dämons und erhält sein ursprüngliches Gesicht erst nach einem kirchlichen Sündenbekenntnis zurück (zunächst B, dann A). 156-159: Der Bischof Lupus schließt einen Dämon in einen Topf ein und macht ihn hierdurch lächerlich (A). 159-163: Ein eitler Eremit, wird von einem böswiligen, seine Eitelkeit ausnutzenden Dämon beinahe dazu gebracht, wie Abraham seinen Sohn zu opfern (B). 180-183: Ein Dämon, der von einem Feigenbaum aus die Klosterschüler zu uner‐ laubtem Feigengenuß antreibt, wird vom Hl. Pachomius vertrieben (zunächst B, dann A). 205-208: Eine Nonne, die einen Salat zu sich nimmt, ohne sich zu bekreuzigen, wird von einem in diesem versteckten Dämon besessen, der schließlich vom Hl. Equitius durch das Kreuzzeichen vertrieben wird (zunächst B, dann A). 226-231: Bonzius erzählt einem japanischen Neophyten die prahlerische Lügenge‐ schichte, wie er einen Jesuiten durch einen Dämon behext habe; der Neophyt macht Bonzius, um die Unmöglichkeit der Geschichte zu erweisen, das Angebot, er solle versuchen, ihn selbst durch einen Dämon zu behexen; dieser Dämon scheut jedoch den Christen und geht in einen heidnischen Begleiter des Bonzius ein; dieser verprügelt darauf Bonzius, wird jedoch von dem Dämon befreit und bekehrt sich ebenfalls zum Christentum (die Binnenerzählung eine lügenhafte Umkehrung von A/ B [Dämon überwältigt einen Jesuiten]; die Hauptgeschichte A [bezüglich des Neophyten] und B [bezüglich Bonzius]). 235-237: Ein Bauer kehrt nachts betrunken heim und ruft, da seine Familie nicht mehr mit ihm speisen will, Dämonen als Zechkumpane zu sich, vertreibt diese jedoch wieder mit dem Kreuz und dem Namen Jesu (zunächst B, dann A). 319 Der Reformator Martin Luther in den Pia hilaria des Jesuiten Angelinus Gazaeus 293-294: Der Abt Bernhard (von Clairvaux) reinigt seine schmutzigen Stiefel im stillen Kämmerchen und wird dabei von einem Dämon verhöhnt, vertreibt diesen aber durch seine Geringschätzung (A). 302-304: Der Abt Leutfrid vertreibt einen Dämon, der seine Stelle in seinem Habit eingenommen hat, mit einer Peitsche und dem Kreuz (A). 348-350: Die Äbtissin Opportuna bannt in ihrer Todesstunde einen ihr erscheinenden Dämon mit ihrem durch das Kreuzzeichen unterstützten Bannspruch, so dass er unbeweglich verharrt und die Schmähworte ihrer Schwestern hinnimmt (A). 367-369: Der Mönch Friedrich in Himmerod, der dem Laster der Schlafsucht zuneigt, schläft während des Morgengebets ein, wird im Schlaf von einem Dämon erschreckt, der ihm ein schmutziges Strohbündel in den Mund schiebt, und legt durch dieses Erlebnis endlich die Schlafsucht ab (B). 401-402: Ein Knabe im belgischen Mechelen vertreibt mit dem Kreuzzeichen einen Dämon aus einem besessenen Mädchen [Gegenbild zu Luthers Exorzismusversuch: Quod Archithraso Luther invalidus fuit/ Gerere et puella e Misniana daemonem/ Pellere, Mechlinianus id gessit puer/ Neque duodenni major in juvencula/ Male auspicatis tum choreis dedita] (A). 460-462: Der Abt Nathanael, der das Gelübde abgelegt hat, seine Zelle in seinem ganzen Leben nicht zu verlassen, wird vergeblich angefochten durch einen Dämon in Gestalt eines jugendlichen Eseltreibers, der Nathanael um Hilfe für seinen Esel bittet (am Ende wird dieser Esel mit dem Trojanischen Pferd in Verbindung gebracht) (A). Anhang 2: Die beiden Texte mit Übersetzung und Kommentar 1. Gazet, Luthers mitternächtliche Begegnung mit dem Teufel (Gazet 1657, 28-31) Atro nefastae noctis in meridie Lutherus, odium caelitum, terrae pudor, Sacro cucullo nondum in urticas dato Nequedum corona nata in hispidum nemus 5 Dormibat altum, facile tricenos pedes. 320 Thomas Gärtner Miraris? altis et profundis amphoris Exhauriendis dimicarat pridie Profunda totus, alta totus amphora. Dormibat arcta nare tam graves trahens 10 Retrahensque ronchos, omnis ut viciniae Tecta tremebunda dicerent: „furit Africus.“ Sit venia fandi: situla grandis ad latus Condormiebat dormienti, sed simul Condormiebat dormienti mensula 15 Vicina, pleni fida custos canthari, Fors ne arma desint, queis tueri se queat, Si solita noctu forsan ingruat sitis. Venter adipatus et saburratus probe; Erat et propinquum deque clavo pendulum 20 Multifore buxum, vanitatis symbolon. Dormibat, inquam, cum Satan olli affuit. Genarum utroque folle tantos spiritus Vomebat ore Luther, ut tali halitu Facile molares impulisset branchias 25 Ventisque dormientibus vastam ratem, Tam grave olentes, tam mephiticos, sibi Narem ut quadrifidam Satan oppilaverit. 321 Der Reformator Martin Luther in den Pia hilaria des Jesuiten Angelinus Gazaeus Tunc aure blandum vellicata surrigit Lutherus oculos, ne vel hilum territus 30 Horrore spectri, sit licet trux efferum. Noscit magistrum a cornibus: tutus videt Os tauriforme, noctiluca lumina, Dentes ahenos, cornua minacissima; Laetus salutat atque porrecta manu 35 Falces prehensans unguium dat osculum. Debuerat arma Christiana attollere, Munire frontem sacrosancta tessera, Debuerat atram vilibus scopis feram Foras abigere: scilicet factum puta. 40 Id nempe curat excucullandus brevi Brevique condus atque promus haeresum Princeps futurus plusque quam modium salis Esurus olim cum paredro daemone. E tripode tandem, quo sedebat, eloqui 45 Coepit magister pestilentis eloqui: „Audi, Luthere,“ (verba sunt ipsissima De faeculento daemonis gurgustio) „Perdocte doctor,“ (tam salute mellea 322 Thomas Gärtner Tantaeque laudis zinzibere Luthericus 50 Pulmo calefactus phlegmatis foras dabat Putrem saburram, ni metu didascali Resorbuisset et retentasset domi) „Quid, si sacerdos non fores? quid, si sacer Bos potius esses? iurat id palear triplex 55 Trinumque menti iugerum. quid, si tuas, Quas rere missas, dixero nugas meras? Quid, si cucullus et corona et cingulus Et, quae propinquiora scribillant cutem, Sint res trioboli et vilis allii caput? “ 60 Haec ille torris et ciniflo Tartari. Discipulus aures mutus attentas dare; Ne γρῦ Lutherus ne μῦ ausus obloqui. Subinde laevam motat aurem et annuit Risisse stomacho, quae magister obtulit, 65 Quaeque improbasset, improbasse, quae proba Duxisset, et duxisse confestim proba. Urgere daemon, concatenans lemmata Et mille nodos mille cum sophismatis, Quae vel pusillo spiritu promuscidis 70 Culex macellus pumilusque rumperet. Et obesus iste pansa se vinctum ratus 323 Der Reformator Martin Luther in den Pia hilaria des Jesuiten Angelinus Gazaeus Futilibus haeret in salebris : interim A mentientis ore totus pensilis Faeces ad imas ex Averni lecytho 75 Venena praesentanea miser ebibit. Annosus exin architecton fraudium Tot paralogismos foeneos et iunceos Digito vicissim supputans et hos et hos Femurque palma pulsat et terram pede 80 Libransque sursum, sed deorsum crebrius, Male feriatos indices diva omnia Omnesque divos impetit blasphemiis; Haec suada nigris sessitabat in labris. Omnia Lutherus totus haurit, ut neque 85 Tussire siccum, non screare, non leve Pitysma iacere, vix et animam ducere Inducat animum. verba vix tandem tria Venia, ut decebat, praerogata primulum, Trepidanter affert; tantulum puer aut anus, 90 Tantundem agaso tressis obiectaverit. Et quae ipse timidus atque vultu cernuus Scholaris obmussarat, actutum malus 324 Thomas Gärtner Reicit magister voce perterricrepa Vibrare visus tela tam trabalia 95 (Puras reipsa pennulas, gerras meras) Tantis lacertis, ut repens occeperit Sudore totus diffluere, totus metu Pallere Luther. palpitat miser pepo: Dat penitus herbam, dat manum. o demens Luther! 100 Tam ruere facilis tamque flecti cereus Sic totus harpagaris unco daemonis? Praelectionis bella finis haec fuit: Datum est minerval et didactron inferi Ludi magistro, dum cucullus et pudor 105 Omnisque probitas, conscientia et fides, Romana sedes visque diva clavium Piique ritus et dies abstemii Araeque superum et cultus iconum sacer Rogusque purgans et voluntas libera 110 Vigorque meriti et ius rogandi caelitum, Placita piorum Christiana coetuum Divumque cineres dantur in mare Caspium Portanda ventis, dum Luther per daemonis Cornuta syllogismata in molli schola 115 Conclusus in Baroco fugit in barbara 325 Der Reformator Martin Luther in den Pia hilaria des Jesuiten Angelinus Gazaeus Et execranda scelera et errorum chaos Missamque mystes impius missam facit. Am finsteren Mittelpunkt der grausigen Nacht schlief Luther, Gegenstand des Hasses aller Himmlischen, Schande der Erde, tief, ohne weiteres dreihundert Fuß tief - seine heilige Mönchskapuze hatte er noch nicht in die Nesseln gesetzt, und sein Haarkranz war noch zu keinem struppigen Wald ausgewachsen. Du wunderst Dich? Am Vortage hatte er sich einen Kampf mit tiefen und vielfassenden Amphoren geliefert, um sie zu leeren, und war dabei selbst ganz zur tiefen und vielfassenden Amphore geworden. Er schlief, durch seine verengte Nase so schweres Schnarchen hin und her bewegend, daß die Häuser in der ganzen Nachbarschaft erzitterten und sagten: „Es wütet der Südwestwind.“ Man möge es aussprechen dürfen: Ein großer Krug schlief zur Seite des Schlafenden, aber zugleich schlief zur Seite des Schlafenden auch ein kleiner benachbarter Tisch, treuer Beschützer einer vollen Karaffe, damit ihm nicht etwa die Waffen fehlten, mit denen er sich beschützen könne, falls ihn viel‐ leicht der gewohnte Durst bei Nacht überfalle. Sein Magen war verfettet und ordentlich beladen; in seiner Nähe war auch, an einem Nagel hängend, eine Buchsbaumflöte (? ) mit vielfachen Öffnungen, ein Symbol seiner Liederlichkeit. Er schlief, so sagte ich - als sich plötzlich Satan bei ihm einfand. Mit beiden Blasebälgen seiner Backen spie Luther aus seinem Munde so gewaltige Atem‐ massen aus, daß er mit solchem Hauch leicht die Kiemen (? ) von Mühlsteinen angetrieben hätte und mit dem Wind seines Schlafes ein gewaltiges Segelschiff; der Atem Luthers roch so unangenehm, hatte eine solche Ausdünstung, daß sich Satan seine vierkantige Nase zugehalten hat. Dann hebt Luther, nachdem er freundlich am Ohr gezupft wurde, seine Augen, nicht einmal ein bißchen erschreckt durch den schaurigen Anblick, mag dieser auch grimmig und schrecklich sein. Er erkennt seinen Lehrer an den Hörnern: Ohne Furcht sieht er das stiergestaltige Antlitz, die in der Nacht leuchtenden Augen, die ehernen Zähne und die höchst bedrohlichen Hörner; voller Freude grüßt er, reicht die Hand, ergreift die Sichel seiner Klauen und gibt ihm einen Kuß. Er hätte doch die Waffe eines Christen erheben und seine Stirn mit dem hochheiligen Zeichen (des Kreuzes) sichern müssen, er hätte das gräßliche Ungeheuer mit wohlfeilem Besen nach draußen kehren müssen: wahrlich, daß er das getan hätte, glaube nur! Darum kümmert sich fürwahr jemand, der in Kürze seine Mönchskapuze ablegen will, in Kürze der Küchenchef der Irrlehren 326 Thomas Gärtner werden will und in Zukunft mehr als nur einen Scheffel Salz mit dem Teufel als seinem Zechkumpan verspeisen will. Schließlich begann der Meister der verderblichen Beredsamkeit von dem Dreifuß aus, wo er saß, zu sprechen: “So höre, Luther,“ (die hier genau wieder‐ gegebenen Worte stammen aus der schmutzigen Schmiede Satans), „gelehrter Lehrer: “ (bei einem so honigsüßen Gruß und einem so würzigen Lob erhitzte sich die Lunge Luthers und gab eine gehörige Portion faulen Schleims nach außen, wenn er ihn nicht aus Respekt vor seinem Lehrer noch zurückgezogen und bei sich behalten hätte) „Was wäre, wenn Du kein Priester mehr wärest? Was wäre, wenn Du stattdessen ein heiliges Rindvieh wärest? Das beschwört Deine dreifache Wampe und die dreifache morgengroße Fläche Deines Kinns. Was, wenn ich Deine vermeintlichen Messen als bloßen Unfug bezeichne? Was, wenn die Kapuze und der Haarkranz und der Gürtel und die Wunden, welche Deine Haut aus nächster Nähe zeichnen, nur eine Sache im Wert von drei Obolen und eine billige Knoblauchzehe sind? “ So sprach jener Brennscheit und Heizer des Tartarus. Sein Schüler richtete stumm seine Ohren in Aufmerksamkeit empor: Luther wagte weder ein „gry“ noch ein „my“ zu widersprechen. Immer wieder bewegte er sein linkes Ohr und stimmte zu, daß er aus seinem Innersten heraus Freude empfinde über das, was ihm sein Meister anbot, daß er alles ablehne, was jener ablehne, und was jener für gut befinde, auch seinerseits sogleich für gut befinde. Satan bedrängt ihn (Luther); er verkettet Stichwörter und tausend Verwicklungen mit tausend Sophismen, welche selbst eine magere und winzige Mücke mit dem kleinen Hauch ihres Rüssels zerreißen könnte. Und doch glaubt dieser verfressene Breitfuß (Luther), er sei gefangen, und bleibt in den nichtigen Schlaglöchern hängen; inzwischen hängt er ganz am Mund des Lügners (Satan) und trinkt aus der Flasche des Avernus bis ganz unten zum Bodensatz das augenblicklich wirkende Gift aus, der Unglückliche. Darauf rechnet der betagte Baumeister der Listen (Satan) mit seinen Fingern ebenso viele heuwie binsengewichtige Trugschlüsse vor, wechselseitig sowohl solche als auch solche; er schlägt auf seinen Schenkel mit der Hand und stampft mit dem Fuß auf den Boden; er schwingt seine Zeigefinger, denen er kaum Ruhe gönnen kann, nach oben, aber öfter nach unten und greift alles Göttliche und alle Himmlischen mit seiner Blasphemie an; solche Überzeugungskraft saß auf seinen schwarzen Lippen. Alles nimmt Luther mit seiner ganzen Kraft auf, so daß er sich weder ein trockenes Husten noch ein Räuspern noch einen Auswurf von leichtem Schleim, kaum auch das Atemholen untersteht. Mit Mühe brachte er schließlich angstvoll drei Worte hervor, nachdem er sich zunächst einmal Verzeihung ausgebeten 327 Der Reformator Martin Luther in den Pia hilaria des Jesuiten Angelinus Gazaeus hatte, wie es sich gehörte; ebenso wenig dürfte ein Knabe oder ein altes Weib, ebenso wenig ein drei Asse werter Fuhrknecht dagegen einwerfen. Und was der „Gelehrte“ selbst furchtsam und mit zu Boden gewendetem Gesicht dagegen gemurmelt hatte, das lehnt der üble Meister sogleich mit schrecklich tönender Stimme ab; er schien mit so gewaltigen Armen so balken‐ starke Geschosse zu schleudern (in Wirklichkeit bloße Federchen und reines Flechtwerk), daß Luther plötzlich begann, vor Schweiß ganz zu zerfließen und vor Furcht ganz zu erblassen. Es zuckt der unglückliche Melonenkopf (? ); er gibt völlig seinen Bewuchs preis (? ), bietet besiegt die Hand dar. O törichter Luther! So leicht im Stürzen und so wachsweich in der Selbstverbiegung läßt Du Dich so vollständig hinwegraffen von der Kralle Satans? Das hübsche Ende dieser Vorlesung war folgendes: Dem Meister der hölli‐ schen Schulstunde wurde ein Schul- und Lehrgeld gewährt, während Mönchs‐ kapuze, Scham, jegliche Redlichkeit, Gewissen, Treue, die römische Residenz, die göttliche Macht der Himmelsschlüssel, der fromme Ritus, die Fastentage, die Altäre der Himmlischen, der heilige Bilderkult, das reinigende Fegefeuer, der freie Wille, die Stärke des Verdienstes, das Recht darauf, die Himmlischen zu bitten, die christlichen Dogmen der frommen Konzile und die Reliquien der Heiligen den Winden übereignet werden, damit diese alles in das kaspische Meer tragen - während Luther, durch Satans gehörnte Syllogismen bei bequemem Unterricht in einem Barocho-Schluß eingeschlossen, zu barbarischen und fluch‐ würdigen Verbrechen und zum Chaos der Irrlehren Zuflucht nimmt und als ein unfrommer Priester die Messe fahren läßt. Kurzkommentar, besonders zu dichterischen Vorläufern des Ausdrucks Die mitternächtliche Begegnung mit dem Teufel in der Schrift „Von der Win‐ kelmesse und Pfaffenweihe“ (1533), WA 38, p. 197, l. 18 - 25: „Ich bin ein mal zu mitter nacht [V. 1] aufferwacht, da fieng der Teuffel mit mir jnn meinem hertzen eine solche disputation an, (wie er mir denn gar manche nacht bitter unb saur gnug machen kan): „Höret jrs, hochgelerter [V. 46/ 48], wisset jr auch, das jr funffzehen jar lang habt fast alle tage winckel Messen gehalten? Wie wenn jr [V. 53 - 59] mit solcher Messe hettet eitel abgötterey getrieben unb nicht Christus leib unb blut, sondern eitel brod unb wein da angebetet unb an zu beten andern fürgehalten […]“. 1: meridies de nocte: ThLL 8, 841, 48-52 (Nonius) 2: odium de hominibus vgl. ThLL 9, 2, 467, 38-50 (bes. Plaut. Rud. 319 Deorum odium atque hominum), pudor entsprechend ThLL 10, 2, 2499, 32-37; zum Gesamtausdruck vgl. Claud. in Eutr. 1, 9 Heu terrae caelique pudor! 328 Thomas Gärtner 4: starke Behaarung (hier am Kopf, nicht am Kinn) als Kennzeichen des Reformators 5: Vgl. Iuv. 1, 15-17 et nos / Consilium dedimus Sullae, privatus ut altum/ Dormiret 7: dimicare selten in klassischer Dichtung, dreimal bei Ovid, dann bei Seneca trag., in der laus Pis., in der Ilias Latina und bei Silius, dann erst wieder spätantik 10: rhonchus nur bei Martial 11: furere de ventis ThLL 6, 1, 1625, 17-25 13-14: das Kompositum in der Form condormiscere (einmal auch condormivimus) ausschließlich bei Plautus 14: mensula nur bei Plautus (Most. 308) und Lucilius (sat. 1062) 17: Vgl. Gaut. Wymb. carmen Marie 158, 3 Tandem cum ingruit sitis ardencior 18: adipatus in klassischer Dichtung nur bei Lucilius sat. 196 und bei Iuv. 6, 631; saburratus nur bei Plaut. Cist. 121 20: Vgl. Ov. met. 12, 157-158 Non illos citharae, non illos carmina vocum/ Longave multifori delectat tibia buxi 21: olli u.ä. bevorzugt episch (Enn. ann., Lukrez, Vergil, gelegentlich auch in späterer Epik), selten im Drama (Liv. Andr. trag., Afran. com.), nicht bei Terenz und Plautus 26: mephiticus Neubildung aus mephitis (Verg. Aen. 7,84) 27: oppilare in klassischer Dichtung nur bei Lucr. 6, 725 28: Vgl. Verg. ecl. 6, 3-4 Cynthius aurem / Vellit; vellicare klassisch nur bei Plautus, Horaz und Properz 29: die etymologische Zerlegung von ni-hilum besonders bei Ennius und Lukrez 32: tauriformis nur Hor. carm. 4, 14, 25 vom Aufidus; noctilucus (abgesehen von Noctiluca = luna) in antiker Dichtung nur bei Hil. Pict. (? ) gen. 84 (Noctilucum lumen) und [Cypr. Gall.] exod. 1089 (noctilucis […] lucernis) 36-37: Die Bekreuzigung ist das schlichte Mittel, mit welchem Dämonen vielfach in den Dämonengeschichten bei Gazaeus gebannt werden; gerade dies unterläßt Luther 37: Vgl. Paulin. Petric. vit. s. Mart. I 18 Signavitque crucis sanctam munimine frontem 38: Vgl. Hor. sat. 2, 4, 81-82 Vilibus in scopis, in mappis, in scobe quantus/ Consistit sumptus? 41: Vgl. Plaut. Pseud. 608 condus, promus sum, procurator peni 43: Vgl. Arist. Eth. Nic. 8, 4 p. 1156b κατὰ τὴν παροιμίαν γὰρ οὐκ ἔστιν εἰδῆσαι ἀλλήλους πρὶν τοὺς λεγομένους ἅλας συναναλῶσαι; Cic. Lael. 67 verumque illud est, quod dicitur, multos modios salis simul edendos esse, ut amicitiae munus expletum sit; Luther wurde die Aussage unterstellt, er habe mit dem Teufel „mehr 329 Der Reformator Martin Luther in den Pia hilaria des Jesuiten Angelinus Gazaeus als einen Scheffel Salz gefressen“ (so Cochlaeus 1533, B2), nicht nachzuweisen in den Indizes zur Weimarer Gesamtausgabe 44: Vgl. Lucr. 5, 112 Pythia quae tripode a Phoebi lauroque profatur 45: pestilens klassisch nur bei Catull; Horaz (carm.); Sen. trag. 46: der Superlativ ipsissimus bei Afran. com. 432 belegt 47: faeculentus nur bei Avien. or. mar. 194; gurgustium bei Paul. Nol. carm. 28, 156-157 Nam sua qui sanctis nuper gurgustia tectis/ Praetulerat 53: Quid, si entspricht dem lutherischen “wie, wenn”; die Junktur quid si ist bei Plautus (besonders am Versanfang) äußerst beliebt, wesentlich häufiger als bei jedem klassischen Dichter; anders als bei Luther stellt der Teufel nicht nur die Messe, sondern wesentlich mehr Elemente der katholischen Lehre in Frage 56: Zu nugas meras vgl. Plaut. Curc. 199; Poen. 348 58: scribillare nach Cat. 25, 10-11 Ne laneum latusculum manusque mollicellas/ Inusta turpiter tibi flagella conscribillent 59: triobolus in klassischer Dichtung nur bei Plautus 60: ciniflo aus Hor. sat. 1, 2, 98 62: Vgl. LSJ: „ γρῦ, used with negs., ἀποκρινομένῳ . . οὐδὲ γρῦ not a syllable, Ar.Pl. 17“; „μῦ λαλεῖν to mutter, Hippon. 80 (dub. l.)” 63: motare zweimal bei Verg. ecl., aufgegriffen in spätantiker Latinität 69: pusillus der hohen Dichtung fremd; proboscis vom Elefantenrüssel zweimal in AL, promuscis bzw. promuscida dann vereinzelt in mittellat. Dichtung; hier muß der (Stech)rüssel der Mücke gemeint sein 70: macellus seltenes Deminutiv (nur bei Lucilius, Varro und Martial) von macer; pumilus nur bei Stat. silv. 1, 6, 57 (auch pumilio selten) 71: obesus selten in der Dichtung (dem Epos fremd); pansa aus Plat. Merc. 640 (in einer langen Reihe unschöner Attribute) 72: futilis in der Dichtung höchst selten, beliebt nur bei Sil. It.; salebra ebenfalls in der Dichtung selten und unepisch 73: pensilis in klassischer Dichtung nur bei Plautus, Horaz, Juvenal und in den Priapeen; das stilistisch offenbar eher vulgäre Wort wird hier kombiniert mit einem erstmals bei Verg. Aen. 4, 79 (pendetque iterum narrantis ab ore) belegten Idiom 75: praesentaneus in antiker Dichtung nur bei Comm. instr. 1, 8, 1 81: index „Zeigefinger“: ThLL 7, 1, 1143, 8-23 83: Vgl. Eupolis fr. 102, 5 πειθώ τις ἐπεκάθιζεν ἐπὶ τοῖς χείλεσιν; sessitare ohne Parallele, aber typisch archaische Formation 86-87: animum inducere (häufig bei Plautus und Terenz) wird hier in einem Wortspiel mit animam ducere („Atem holen“) verbunden 87: Nach Mart. 6, 54, 1-2 330 Thomas Gärtner Tantos et tantas si dicere Sextilianum, Aule, vetes, iunget vix tria verba miser. 88: praerogare fehlt in klassischer Dichtung; das Deminutiv primulum nur archaisch (bei Naevius, Plautus und Terenz) 90: Nach Pers. 5, 76 hic Dama est non tresis agaso 91: cernuus in klassischer Dichtung sehr selten, nur bei Lucilius; Vergil und Silius, dann wieder in der Spätantike 93: perterricrepus nur bei trag. incert. 142 und Lucr. 6, 129 94: telum trabale (sensu proprio) episch seit Ennius ann. 607 95: gerra klassisch nur bei Plautus und Caecilius 96: occipere äußerst beliebt in der archaischen Komödie, vor allem bei Plautus und Terenz; je einmal bei Lukrez und Phaedrus; dann vereinzelt wieder in der Spätantike 97-98: Nach WA 38, 198, l. 1-2: „Hie brach mir warlich der schweis aus, und das Hertz begonst mir zu zittern und zu pochen“; zum Ausdruck vgl. Phaedr. 4, 26, 23 Sudore multo diffluentes 100: Nach Hor. AP 163 Cereus in vitium flecti […] 101: harpagare nur dreimal bei Plautus; daemonis unco mittelat. Versklausel 107: abstemius einmal bei Lucilius, klassisch nur bei Horaz (epist.) und Ovid 110: ius rogandi caelitum archaische Syntax (das Gerundium des transitiven Verbs im Genitiv neben einem weiteren, nominalen Genitiv), vgl. Kühner / Stegmann 1, 744-745 115: Barocho eine logische Schlußform (hier aus metrischen Gründen offenbar mit kurzer Endsilbe gemessen) 117: missum facere, bei Plautus und Terenz wesentlich beliebter als in der klassischen Dichtung, wird hier mit dem Objekt missam („die Messe“) und dem Subjekt mystes zu einem Wortspiel verbunden 2. Gazet, Luthers Exorzismus (Gazet 1657, 90-93) Male dominata possidebat quispiam Daemon puellam in Misnia. pauperculi Parentis ierat omnis in ventum labos, Ut Stygius hospes in suam demum Stygem 5 Recoquendus iret: restitabat carnifex. 331 Der Reformator Martin Luther in den Pia hilaria des Jesuiten Angelinus Gazaeus Sed id dierum coeperat suum recens Nigra venditare Witeberga Saxonem Suumque nominare, si diis placet, Sanctum Lutherum, scilicet qui grandia 10 Patrare, solo daemonas sputo queat Fugare, solo spiritu cancrum, lepram, Genus omne morbos, sonticos, non sonticos Sanare. mendax fama sic vulgaverat. Illo puella ducitur. primum negat 15 Pugnare pugnam hanc Luther: at victus prece, Pudore victus aut inani specula, Fore fors, amico cedat ut daemon suo, Levemque mentiatur impostor fugam, Capessit audax facinus et malo suo. 20 Spectate, superi, vos favete, o inferi: Lutherus exorcismon, ast exoticum Idque execrato tentat in sacrario. Nihil hic sacrorum lipsanorum, nil crucum, Lustralis undae stilla non una unica: 25 Sesquipatriarchae sola sufficit fides. Densata praestolatur eventum phalanx, Lutheriano ex alveo bibax pecus. 332 Thomas Gärtner Igitur minace et ventilata dextera, Barba repexa Luther, ore tetrico 30 Profatur: “Heus tu, lucifuge, non me tuum Agnoscis hostem? ” risit ille, et reddidit Hos gutturosa voce confestim sonos: “Leo ut leonem novit, ut lupus lupum.” Sensit Lutherus huncce promptius salem 35 Quam mane properum: nec diu solitum sibi Furere furorem distulit: “quis te malum Hanc in puellam compulit? ” - daemon silet. „Edice coram, ut impero“ Saxo canit; “Tu, spuma caeli, non loqueris, improbe? ”. 40 His septa reserans stridulorum dentium Daemon rependit par pari, par ut fuit: “Tu, vomica claustri, non tacebis? per tuum Iuro cucullum, quem dedisti perfidus Inauspicato de vepreto pensilem; 45 Ni mox silueris, faxo, te ut pudeat tui.” Ad haec, cuculli non ferens nomen sui, Luther regerere, quae sibi dictaverant 333 Der Reformator Martin Luther in den Pia hilaria des Jesuiten Angelinus Gazaeus Diu diuque trito in erroris schola Magistra Bilis et Magistra Dicacitas: 50 “Tun, o minarum follis imbecillium, Canis illigate, vane baubator, mihi Auden minari? faxo, ut in porcos eas, Quo iussus olim es.” - “in tui porcos gregis” Repungit ille “quos propinquos intuor? 55 Inibo, si fas fuerit, illuc pellubens.” Hic tremere pro se quisque circumstantium, Abesse cupidi mille passum millia. Ita Luther et puella voce daemonis Convitiorum magna plaustra congerunt; 60 Alterna volitant hinc ab hoc et ab hac probra De diriori dente; nec satis scio, Utro reciderit palma. clamosissimae Velut institrices fructuum in foro solent Certare diris; in propinquam quae potest 65 Plus vomere fellis seu dicacioribus Referire sannis, haec utrimque brachio Ansata victrix lauream refert domum, Nisi quando lingua forte certatum est pari. Daemon subinde seu iocosis scommatis 334 Thomas Gärtner 70 Seu sulphuratis laudibus Luthericas Farcibat aures, nuncupans fidei novae, Novi alchimistam dogmatis, nunc altero Qui patriarchas, qui prophetas altero Dodrante vincat, qui recrustarit fidem 75 Veterem, exoletam, de mero ac puro Iovis Imi cerebro. fessus his tandem Luther “Ego” inquit “astra testor ac meam fidem, Faciam, quod in me est, ut facessas, impie Profundioris Tartari tenebrio.” 80 At se puella subrigens: “tuam fidem? Facies, quod in te est? faxo, verum ut dixeris.“ Vix ore verba: vi silente daemonis Sibi necopino sensit ilicet ilia Mugire Luther, dein boare valdius, 85 Mox intus atrocissimum premere ac premi. Tunc ore patulo conscius et auctor rei Ridere daemon: sed manum ventri apprimens Sudare Luther. miseret astantem sui Turbam magistri, nunc sedentis, nunc pede 90 Trepidantis uno. nare persentiscere Daemon mephitim simulat et nasum premit, Sed non cachinnos, splene quos toto vomit. 335 Der Reformator Martin Luther in den Pia hilaria des Jesuiten Angelinus Gazaeus Mordere Luther labra, vivi sanguinis Ad usque fluvios. ergo de sacrario 95 Stat abire propere, stat sacerrimis sacris, Daemoni, puellae nuntium remittere. Mora nulla, pandi mandat - at frustra - fores: Daemon professor malitiae nequissimus Seram intus obturbaverat pessumdatis, 100 Quos clavis iniens intererrat, dentibus Adeoque valvas pessulo oppilaverat, Ut nulla vis, non brachii, non ingeni Reserare quiret portam ineluctabilem. Itum ad fenestras; insidebant ferrei 105 Clathri fenestris. quo Luther se flecteret Angustiarum mole pressus intima? Millena vota faeculento nuncupat, Quem vetat honestas nominarier, deo, Deoque tandem se vovet Patulcio. 110 Via facienda vi fuit; fractae fores Valida bipenni, quam faber fors obtulit. Ubi patuere rupta claustra, daemone Valere iusso (si valere umquam potest) Lutherus evolare, quo saturi solent. 336 Thomas Gärtner 115 Sit venia verbo, venia voto huic meo: O si, nefandus olim ut Arius suam Evisceratus in canali foetido Devovit animam purulentam Tartaro, Si Luther istoc temporis et istoc viae 120 Mandasset atra viscera in Ditis domum! Non innataret orbis his in lacrymis. In dem unter übler (kirchlicher) Vorherrschaft stehenden Meißen hielt irgendein Dämon ein Mädchen in Besessenheit. Jegliche Mühe ihres ärmlichen Vaters war vergeblich in den Wind gegangen, dass der Eindringling von der Styx endlich wieder in seine Styx zurückkehre, um dort weiter gesiedet zu werden: Der Folterknecht verharrte unbeirrt. Aber zu dieser Zeit hatte Wittenberg, in Wirklichkeit ein schwarzer Ort, gerade damit begonnen, seine Sachsen zu verraten und seinen Luther, wenn es denn den Göttern recht ist, als einen Heiligen zu bezeichnen; denn dieser vermöge ja wahrlich Großes zu vollbringen; er könne Dämonen allein durch seinen Speichel vertreiben, durch seine bloße Spiritualität Krebs, Aussatz, Krankheiten jeder Art, gefährliche und harmlose, heilen; so hatte es die trüge‐ rische Volksmeinung verbreitet. Dorthin wird nun das Mädchen geführt. Zuerst weigert sich Luther, diesen Kampf zu kämpfen; doch von Bitten überwunden, von Scham bezwungen oder der nichtigen Erwägung, es könne vielleicht sein, dass der Dämon seinem Freund (Luther) nachgebe und er (Luther) dann in prahlerischer Weise eine leichte Austreibung erlügen könne - so nahm er die Aufgabe kühn und doch zu seinem eigenen Schaden auf sich. Schaut zu, Ihr Oberirdischen; auch Ihr seid gewogen, Unterirdische: Luther versucht einen Exorzismus, aber einen exotischen, und das in der exekrierten (Wittenberger) Sakristei. Hier gibt es nichts an heiligen Reliquien, nichts an Kruzifixen, nicht einen einzigen Tropfen Weihwasser; der „bloße Glaube“ des Anderthalbpatriarchen genügt ja. Eine dichte Zuschauerkorona harrt des Geschehens, bloßes Vieh, das gierig aus der Lutherquelle zu trinken dürstet. Also hebt Luther seine drohende Rechte, schiebt den Bart zurück, und spricht aus grimmigem Munde: „He Du da, Feind des Lichtes, erkennst Du mich nicht, Deinen Feind? “. Jener lachte und gab sogleich folgende Worte mit aus tiefer 337 Der Reformator Martin Luther in den Pia hilaria des Jesuiten Angelinus Gazaeus Kehle dringender Stimme zur Antwort: „Ja, wie der Löwe den Löwen kennt, wie der Wolf den Wolf.“ Luther vernahm diesen Humor bereitwilliger als einen schnell nahenden Morgen; und er ließ nicht lange auf seine Wut, die bei ihm stets zu wüten pflegte, warten: „Wer hat Dich Schädling in dieses Mädchen getrieben? “ - Der Dämon schweigt. „Sag es öffentlich, wie ich befehle“ skandiert der Sachse. „Wirst Du, Abschaum des Himmels, Bösewicht, nicht reden? “. Mit folgenden Worten entriegelte der Dämon das Gehege seiner klappernden Zähne, und gab als Gleicher dem Gleichen zur Antwort, wie es gleichermaßen gerecht war: „Wirst Du, Eiterbeule des Klosters, nicht schweigen? Ich schwöre bei Deiner Mönchskapuze, die Du treulos an eine unheilverheißende Dornhecke gehängt hast: Wenn Du nicht bald schweigst, werde ich dafür sorgen, dass es Dich um Deiner selbst willen reut“. Hierauf vermochte Luther die Erwähnung seiner Kapuze nicht zu ertragen und holte solches hervor, was ihm, als er sich lange und abermals lange in der Schule der Verirrung abhärmte, Galle und Spötterei als Lehrerinnen diktiert hatten: „Du, Blasebalg kraftloser Drohungen, Kettenhund, nichtiger Kläffer, wagst es, mir zu drohen? Ich werde dafür sorgen, dass Du in die Schweine eingehst, wohin Du auch einst geschickt wurdest.“ - „In die Schweine Deiner Herde“ stichelt jener zurück, „die ich hier nahe vor mir sehe? Mit großer Freude werde ich in jene eingehen, wenn es denn erlaubt ist.“ Hierauf zitterte jeder der Umstehenden aus Angst um sich und wünschte, eine Million Meilen weit entfernt zu sein. So fahren Luther und das Mädchen mit der Stimme des Dämons riesige Wagenladungen von Beschimpfungen zusammen; wechselseitig fliegen hierauf die Gehässigkeiten von diesem und von jener hin und her, aus immer böserem Munde; und ich weiß nicht recht, welcher der beiden Seiten die Siegespalme zugefallen ist. Wie laut kreischende Krämerinnen auf dem Obstmarkt in ihren Boshaftigkeiten zu wetteifern pflegen; dieje‐ nige, welche auf ihre Nachbarin mehr Galle speien oder mit gehässigerem Spott zurückzuschlagen vermag, die trägt, an beide Hüften ihre Arme wie Henkel angelegt, siegreich den Lorbeer heim, wenn nicht einmal ein Unentschieden zwischen gleichen Zungen erkämpft ist. Immer wieder befrachtete der Dämon die Ohren Luthers entweder mit spaßigem Spott oder mit schwefelbitterem Lob, ihn als Zauberschüler des neuen Glaubens, der neuen Lehre titulierend, bald als den, der um ein Dreiviertel die Patriarchen und um ein weiteres Dreiviertel die Propheten übertreffe, der den alten, aus der Mode gekommenen Glauben von Verkrustungen befreit habe, aus dem unverfälschten und reinen Denken Gottes in dessen Innerstem. Schließlich war Luther dieser Dinge überdrüssig und sprach: „Ich schwöre es bei den 338 Thomas Gärtner Sternen und meinem Glauben: Ich werde alles, was in mir ist, machen, damit Du verschwindest, Du gottloser Finsterling aus den unteren Regionen des Tartarus.“ Doch da erhob sich das Mädchen: „Bei Deinem Glauben? Du wirst machen, was in Dir ist? Ich werde dafür sorgen, dass Du die Wahrheit gesprochen hast.“ Kaum waren die Worte aus ihrem Munde: Da spürte Luther sogleich, dass seine Eingeweide unversehens durch die unmerkliche Kraft des Dämons rumorten, dann noch heftiger ertönten und sogleich innerlich auf das Heftigste drückten und gedrückt wurden. Da öffnete der Dämon den Mund (des Mädchens) und lachte, da er genau wusste, was er angerichtet hatte; aber Luther drückte die Hand auf seinen Bauch und schwitzte. Die dabeistehende Schülerschar hat Mitleid mit ihrem Lehrer, der bald saß und sich bald hektisch auf einem Fuße bewegte. Der Dämon bekundet, dass er mit seiner Nase den Gestank wahrnimmt, und hält sich die Nase zu, aber unterdrückt nicht sein Gelächter, das er mit der ganzen Kraft seines Zwerchfells ausspeit. Luther beißt seine Lippen, bis hin zum Strömen seines lebendigen Blutes. Also beschließt er, eilends aus der Sakristei wegzugehen und seiner hochheiligen Mission, dem Dämon und dem Mädchen den Abschiedsgruß zu entsenden. Ohne Verzögerung heißt er die Tür zu öffnen - aber vergebens. Der Dämon, widerwärtigster Vertreter der Bosheit, hatte den Türriegel von innen beschädigt, indem er die Zähne zerstörte, zwischen denen sich der in sie tretende Schlüssel hin- und herbewegt; und so dicht hatte er die Türflügel mit dem Riegel verschlossen, dass keine Kraft weder eines Armes noch eines Ratschlusses die unüberwindliche Tür entriegeln konnte. Man begab sich zu den Fenstern; eiserne Verschlüsse saßen auf den Fenstern. Wohin hätte sich Luther wenden sollen, bedrängt von der innerlichen Wucht seiner Bedrängnis? Tausend Gebete richtet er an den Gott der Exkremente, den der Anstand zu benennen verbietet, und schließlich weiht er sich dem Gott des Aufschließens. Mit Gewalt musste ein Weg gebahnt werden; die Tür wurde mit einer gewaltigen Axt zerbrochen, die glücklicherweise ein Hausmeister herbeischaffte. Sobald die Riegel geborsten waren und den Weg freigaben, verkündete Luther dem Dämon den Abschied (wenn er denn jemals glücklich scheiden kann) und eilte dorthin davon, wohin alle satten Menschen gehen. Man möge mir das Wort verziehen und diesen meinen Wunsch verzeihen: O wenn doch - so wie einst der frevelhafte Arius seine schmutzige Seele dem Tartarus weihte, in einem stinkenden Abort seiner Eingeweide beraubt - wenn doch Luther zu diesem Zeitpunkt und auf diesem Wege seine dreckigen Eingeweide in das Haus des Totengottes befördert hätte! Dann würde die Welt nicht in einem solchen Meer von Tränen schwimmen. 339 Der Reformator Martin Luther in den Pia hilaria des Jesuiten Angelinus Gazaeus Kurzkommentar, besonders zu dichterischen Vorläufern des Ausdrucks 2: das Deminutiv pauperculus fünfmal bei Plautus, zweimal bei Terenz (mit einer Ausnahme immer am Versende); vgl. bes. Plaut. Pers. 345 Quamquam res nostrae sunt, pater, pauperculae; klassisch nur bei Hor. epist. I 17, 46; dann erst wieder vereinzelt spätantik 3: in ventum/ in ventos erst seit klassischer Dichtung (Verg. Aen.) 5: recoquere seit Catull (54, 5) und Vergil 5: restitare nur archaisch (Plaut. Enn. Ter. Pompon. com.), weder klassisch noch spätantik 6: nach ThLL 7, 2, 482, 61-66 id aetatis bei Plaut. Asin. 71-72 Neque puduit eum id aetatis sycophantias/ Struere et beneficiis me emere gnatum suom sibi; id temporis mehrfach bei Cicero; id dierum nach klassischem Usus unerhört 7: venditare dreimal bei Plautus, dann je einmal bei Bibaculus, Catull, Phaedrus und Lucan; einige Male spätantik 10-13: Luther beansprucht Heilkraft, wie sie Christus besaß 10-11: Mit solo […] sputo bzw. solo spiritu vgl. solo terrore in der militärischen Panegyrik (seit Statius und Claudian) 12: sonticus je einmal bei Naevius, Novius (atell.) und Tibull; vereinzelt mittellateinisch 14-19: Im Kontext des Gedichtes scheint es sich um die obligatorische Recusatio, wie sie für römische Potentaten vor dem Amtsantritt typisch ist, zu handeln; hinter diesem Widerstand verbirgt sich ursprünglich wohl die Meinung Luthers, ein Exorzismus als Ostentation wie im Evangelium oder in der Frühen Kirche sei zu seiner Zeit nicht mehr erforderlich (vgl. Fröschel 1565) 17: Ähnliches Wortspiel zwischen fore und fortuna bei Plaut. Epid. 332; Poen. 624 18: impostor in antiker Dichtung nur bei Paul. Nol. carm. 24, 338 21: exoticus dreimal bei Plautus; dann erst wieder bei Prudenz; exorcista (nicht exorcismus) spätantik bei Paul. Petr. und Ven. Fort.; zum Sinn vgl. Staph. sed id tamen more suo, non eo, qui apud Catholicos receptus et usitatus est bzw. „aber doch auff sein weiß/ unnd nicht wie bey den Catholischen gebreiichlich“ 23: lipsanum (= λείψανον) erst mittellat. 24: lustralis unda schon bei Ov. Pont. 3, 2, 73 24: Wortspiel zwischen unus und unicus viermal bei Plautus, jedoch immer zwischen dem Adverb unice und einer Form von unus; Catull 73, 6 (unum atque unicum) verbindet die Wörter mit einer Konjunktion; die antiken Stellen immer im Kontext von Liebe oder Hochschätzung 25: Verhöhnung des protestantischen sola-fides-Prinzip, hier hinsichtlich des aus jesuitischer Sicht völlig falsch gewählten Schauplatzes des Exorzismus 340 Thomas Gärtner 26: praestolari einmal bei Liv. Andr., sechsmal bei Plautus, zweimal bei Terenz, einmal bei Turpil. com.; dann erst wieder vereinzelt spätantik 27: bibax bei Sidon. Apoll. carm. 7, 94; dann einige Male mittellat. 29: repectere seit Ov. ars 3, 154; dann zweimal bei Statius und spätantik bei Claudian und Prudenz 29: tetricus fünfmal bei Ovid (am. ars. fast. trist.); vereinzelt bei Sen. trag., Laus Pisonis; Persius; Statius; Silius; dagegen 15mal bei Martial; dann wieder spätantik; das Wort scheint in der Epik (jeweils einmal bei Stat. Theb. und Sil.) weitgehend ungebräuchlich 30: heus tu vielfach bei Plautus und Terenz; dann je einmal bei Horaz (sat.) und in den Priapeen 30: lucifugus seit Lucil. (sat. 468, wo es Synonym zu nebulo ist: In terra fuit lucifugus, nebulo, id genus omne), dann bei Verg. georg. 4, 243, wo es Attribut zu blattae ist; hier schwebt offenkundig Lucilius vor 31: Zur Frage vgl. Stat. Theb. 11, 365 Agnoscisne hostes? 32: gutturosus weder antik noch mittellat. 32: confestim archaisch (zweimal bei Plautus) und klassisch (einmal bei Cic. poeta, dreimal bei Lukrez, je einmal bei Catull, Verg. [Aen.], Hor. [epist.]; [Sen.] Oct; Lucan; dreimal bei Silius) eher selten; gehäuft in der Spätantike besonders in der Bibelepik, vor allem beim sog. Cypr. Gall. 35-36: Vgl. Verg. Aen. 12, 680 hunc, oro, sine me furere ante furorem 38: edice vgl. Verg. Aen. 11, 463; Stat. Theb. 12, 598 40: Nach dem homerischen ποῖόν σε ἔπος φύγεν ἕρκος ὀδόντων; 40: stridulus in der lat. Dichtung seit Verg. Aen. 12, 267 (dort von einer Lanze); stridulus von klappernden Zähnen: Flod. Rem. Pal. 1, 479 Stridula pressorum resonant crepitacula dentum und 3, 253 stridula dente sc. virgo 41: die Wortfolge par pari fünfmal bei Plautus, einmal bei Terenz; hier noch verstärkt durch das folgende par ut fuit 42: in exakter syntaktischer Parallelität zu V. 39 (die Korrespondenz malt das par-pari-Prinzip) 42: vomica jeweils einmal bei Plautus, Lucilius, Juvenal und Serenus (immer sensu proprio) 43-44: die im Gebüsch zurückgelassene Mönchskapuze in Erinnerung an Ar‐ chilochos fr. 5, 1-2 ἀσπίδι μὲν Σαΐων τις ἀγάλλεται, ἣν παρὰ θάμνωι, ἔντος ἀμώμητον, κάλλιπον οὐκ ἐθέλων· 44: pensilis zweimal bei Plautus, je einmal bei Horaz, Juvenal und in den Priapeen 45: die Futurbildung faxo vielfach bei Plautus und Terenz; deutlich seltener in klass. Dichtung seit Vergil 341 Der Reformator Martin Luther in den Pia hilaria des Jesuiten Angelinus Gazaeus 49: dicacitas nur bei Sidon. Apoll. carm. 23, 440 50: die metaphorische Verwendung von follis aus Iuv. 7, 111 Tunc inmensa cavi spirant mendacia folles (sc. pulmones)? ; follis hier auf den ganzen Menschen übertragen 51: in antiker Dichtung nur baubari Lucr. 5, 1071 52 Auden vgl. Plaut. Mil. 232 52: Durch die Anspielung auf die biblische Schweineepisode identifiziert sich Luther wiederum mit Christus 53: Nach Hor. epist. 1, 4, 16 Epicuri de grege porcum 54: repungere nicht in antiker Dichtung 55: perlubere viermal bei Plautus (davon zweimal der Versschluß ausculto perlubens) 58-68: Das „Waschweibergezänk“ Luthers mit dem Dämonen widerspricht der Ankündigung Luthers in Fröschels Version, mit dem Dämon kein „Gesprenge“ machen zu wollen 62: clamosus in lat. Dichtung erst seit der Kaiserzeit (je einmal bei Seneca trag., Lucan und Silius, mehrfach bei Statius, Martial und Juvenal); der Superlativ ohne Parallele 63: institor seit augusteischer Zeit (Horaz epod. und carm., Properz, Ovid ars und rem.) in der lat. Dichtung, allerdings nicht in der Epik (erst bei Claud. Eutr. I 198 Institor imperii) 65: Vgl. Damas. epigr. 46, 7 Posteaquam fellis vomuit (sc. Gratianus) concepta venena 66: sanna erst bei Persius und Juvenal, vereinzelt spätantik und mittellateinisch 67: Nach Plaut. Pers. 308 Sed quis hic ansatus ambulat? ; durch die Hinzusetzung von brachio wird ansatus gewissermaßen erklärt; Ennius benutzt ansatus von Geschossen 74: dodrans in lat. Dichtung erstmals bei Martial, dann bei Ausonius 75: exoletus dreimal bei Plautus, einmal bei Laber. mim., dann vereinzelt kaiser‐ zeitlich (Sen. trag. und Stat.), dreimal bei Martial 78: quod in me est in lat. Dichtung nur bei Enn. trag. 377 Cur quod in me est exsecrabor hoc quod lucet, quicquid est? 78: facessere in der Bedeutung „verschwinden“ archaisch (Pacuvius, Terenz, Afranius, Titinius com., Lukrez); Vergil benutzt das Wort nur in der Bedeutung facere; seltene spätere Belegstellen für die Bedeutung „verschwinden“ (Sen. Ag. 300; Sil. Pun. 11, 107) 79: tenebrio dichterisch nur bei Afran. com. fr. 109 Huc venit fugiens tenebrionem Tirrium 342 Thomas Gärtner 84: boare archaisch jeweils einmal bei Plautus und Lucilius; klassisch nur einmal bei Ovid (ars 3, 450), seit der Spätantike etwas öfter 84: valdius nur zweimal bei Horaz 85: Nach Sen. Thy. 1050-1051 genitor en natos premo/ Premorque natis 86: patulus archaisch sehr selten, erst seit Vergil geläufig in lat. Dichtung; in der Verbindung mit ore seit Ovid 87: apprimere / adprimere sehr selten, nur in der Appendix Vergiliana und bei Terentianus Maurus 90: persentiscere nur bei Plautus (dreimal), bei Terenz (zweimal) und bei Lukrez (einmal) 91: mephitis aus Verg. Aen. 7, 84 92: Nach Pers. 1, 11-12 (tunc tunc - ignoscite (nolo, / Quid faciam? ) sed sum pe‐ tulanti splene - cachinno. Hier splen erstmalig in lat. Dichtung, später mehrfach bei Martial und (medizinisch) bei Serenus. 96: nuntium remittere im Sinne einer Absage, vgl. Plaut. Capt. 375; Truc. 848 99: obturbare nur bei Ter. Andr. 927; pessumdare in antiker Dichtung sehr selten, nur bei Ovid und Sen. trag. 100: intererrare erst spätantik, bei Avien und Prudenz 101: pessulum nur archaisch (Plautus, Terenz, Lucilius), bei Varro und spätantik (Prudenz und Paulinus von Nola) 101: oppilare nur bei Lucr. 6, 725 103: ineluctabilis seit Vergil und Statius in der Dichtung 107: faeculentus nur bei Avien. or. mar. 194 109: Patulcius aus Ov. fast. 1, 129 110: „Entheroisierung“ von Verg. Aen. 2, 494 Fit via vi 111: fors obtulbei Ter. Hec. 370; Hor. sat. 1, 6, 54; Prud. psych. 419 114: Nach Plaut. Curc. 362 Rogant me serui quo eam: dico me ire quo saturi solent 115: zweisilbiges huic besonders plautinisch, vgl. ThLL 6, 3, 2698, 34-41 117: fetidus bei Plautus, Titinus com., Lukrez; dann einmal bei Columella, dann erst wieder spätantik 118: purulentus nur bei Prud. perist. 2, 259 3. Die Quellen zu Luthers Exorzimus Gazaeus zitiert „Ex Bredembachio lib. 7. cap. 40.“; Bredenbach 1609, 726-727, beruft sich auf Staphylus 1563, 404-406, den er ausschreibt, und überdies auf Lindanus 1569, 338. 343 Der Reformator Martin Luther in den Pia hilaria des Jesuiten Angelinus Gazaeus 31 enim om. Bredenbach 32 istam Bredenbach 33 in sacrario om. Bredenbach 34 valida om. Bredenbach Staphylus: Possum enim 31 ego redigere mihi in memoriam anno 1545 daemoniacam quandam puellam e Misniae ditione adductam Vvittenbergam ad Luterum ea spe, quod Luterus, ceu tertius Elias, puellam illam 32 a malo daemone liberaturus esset. Quanvis autem Luterus ad hoc admirandum et magni momenti opus initio non parum difficilem se ostenderet, at tandem tamen iussit puellam duci in Parochianae Ecclesiae Vvittenber‐ gensis sacrarium illicque coram aliis plerisque doctoribus et eruditis viris (inter quos ego tum quoque iuvenis magister aderam) daemonem coepit adiurare et exorcizare, sed id tamen more suo, non eo, qui apud Catholicos receptus et usitatus est. Cum autem diu multumque ille coniurasset daemonem, cedere ille noluit, sed eas in angustias, sit venia verbo, Luteri caligas redegit, ut is quam primum e sacrario se proripere vellet. At quid accidit? Malignus ille daemon usque adeo fores sacrarii obstruxerat, ut neque forinsecus neque intrinsecus aperiri possent. Quae res Luterum in maiores etiam angustias adduxit, ita ut iam ad fenestram properaret, sperans per eam se posse effugere et exilire. Verum obstabant illi cancelli ferrei: sicque compulsus est una nobiscum tantisper inclusus haererere in sacrario 33 , donec per cancellos ferreos ab aedituo valida 34 nobis esset oblata securis, mihique ceu iuveni viro tradita, ut ea fores effringerem: quod equidem tum conatus sum et ad effectum perduxi. Interea vero visu admirandum erat, ut Luterus angoribus correptus sursum deorsumque cursitaret atque instar ovis parturientis huc illucque sese inverteret. Deutsche Fassung (Staphylus 1562, 155): Dann Ich waiß mich zu erinnern/ daß im 1545. Jar ein besessenes Megdlein von Ossitz auß dem Land zu Meichsen gen Wittenberg zum Luther gefürt worden ist/ der hoffnung/ Luther/ als der dritt Elias/ wurde das Megdlein von dem bösen Geist erledigen künnen. Wiewol sich nun Luther zu disem wunderbarlichen ernstlichen werck anfencklich gar beschwerlich erzaigte/ yedoch bevalh er endtlich das Megdlein in die Sacristey der Wittenbergischen Pfarrkirchen zufüren/ und fieng an alda in gegenwart etlicher anderer Doctorn unnd gelerter leutte (under wöllichen Ich auch dazumal ein Junger Magister war) den Teuffel zubannen/ aber doch auff sein weiß/ unnd nicht wie bey den Catholischen gebreiichlich. Nach dem er aber lang gebannet/ wolt kain Teiffel weichen/ sonder macht dem Luther/ mit vrlaub/ die hosen so eng/ das er gächling zur Sacristey außlauffen wolt. Was geschach aber: Der böß hette die thür dermassen versperret unnd verrigelt/ das man sie weder innwendig noch außwendig 344 Thomas Gärtner auffschliessen kundt. Darab dem Luther noch vil angster unnd panger ward/ lieff deßhalben zum fenster/ wolt gern hinauß gesprungen sein/ mocht aber von wegen des eißnen gatters nicht hinauß kummen/ mußt derhalben sambt uns/ so lang verspoerret bleiben/ biß das uns durchs eißnin gatter vom Meßner ein starcke axt hinein geraicht/ und mir als einem jungen Mann gegeben ward/ die thür damit auffzuhawen/ des Ich mich dann undterstanden/ und vollendet hab. Da wär aber wunder zusehen gwest/ wie der Luther mitler zeit in der Sacristey in ängsten umbher gelauffen/ unnd sich wie ain schaff das nicht lorbern kan/ gewunden. Lindanus: Was für ein Teuffelsbeschwerer er aber gewesen seye/ kann man auß folgendem Exempel wol abnemmen. Als Luther auff ein zeit ein Junge Tochter/ so vom Teuffel besessen/ gesundt wolte machen/ damit man jha nicht meinete/ er were der Wunder‐ werck unerfahren/ hatt er dieselbige sampt ettlichen seinen gesellen/ in die Kirch lassen füren. Als er aber anfieng zubeschweren/ ist im ein so grausame Forcht/ auß der greulichen erschröcklichen Stimm des Teuffels/ ankommen/ das ihm der Angst schweiß schier hinden auß gangen/ und in die Hossen gefallen were. Literaturverzeichnis Bilstein, Johann [erschlossener Autor]: Academia Carolina Osnabrugensis sive Athe‐ naeum Christianum […], Osnabrück 1630. Bredenbach, Tilman: Sacrarum collationum libri viii, Köln 1609. Cochlaeus, Johannes: Hertzog Georgens zu Sachssen, ehrlich und grundtliche Entschul‐ digung wider Martin Luthers Auffruerisch vn[d] verlogenne brieff vnd Verantwor‐ tung, Dresden 1533. Fröschel, Sebastian: Von den Heiligen Engeln. Vom Teuffel. Und des Menschen Seele, Wittenberg 1565. Gazet, Angelin: Pia Hilaria, London 1657. Lindanus, Wilhelm: Dubitantius, Köln 1569. Luther, Martin: D. Martin Luthers Werke, 120 Bände, Weimar 1883-2009 (= WA). Sommervogel, Carlos: Bibliothèque de la Compagnie de Jésus III, Brüssel / Paris 1892. Staphylus, Friedrich: Absoluta responsio in defensionem apologiae suae, Köln 1563. Staphylus, Friedrich: Nachdruck zuverfechtung des Buchs Vom rechten waren verstandt des Göttlichen worts, und Von der Teütschen Bibel verdolmetschung. Wider Jacob Schmidlen Predicanten zu Göppingen, Ingolstadt 1562. Wiegand, Hermann: Jakob Balde, Angelinus Gazaeus und Simon Rettenpacher, in: Jean-Marie Valentin (Hg.): Jakob Balde und seine Zeit. Akten des Enisheimer Kollo‐ quiums 15.-16. Oktober 1982, 255-270. 345 Der Reformator Martin Luther in den Pia hilaria des Jesuiten Angelinus Gazaeus * Ich danke den Diskutantinnen und Diskutanten für wertvolle Anregungen. Herrn Walter Stockert danke ich für die gründliche Lektüre des Manuskripts und hilfreiche Korrekturen. 1 Im Folgenden sei unter einem ‚Zitat‘ ein kürzeres Fragment verstanden, das dem Text eines fremden Autors (in der Regel wörtlich) entnommen und in einen neuen Text integriert ist, wo es durch Druckauszeichnungen erkennbar abgesetzt wird. Die von den Humanisten intensiv kultivierte Technik hat ihre Wurzeln in der Antike, wenngleich sich der Begriff des Zitierens erst später entwickelte (vgl. Benninghoff-Lühl 2009). 2 Bereits die Zeitgenossen parodierten den übermäßigen und unreflektierten Rückgriff auf eine fremde auctoritas; Montaigne gehörte auch dazu, war in seinen Essais dem Zi‐ tieren (unter anderem von Plautus) aber keineswegs abgeneigt (vgl. Benninghoff-Lühl 2009, 1545). Mit Plautus für Frieden und Monarchie Komödienverse in ausgewählten Schriften des deutschen protestantischen Tacitismus * Gabriel Siemoneit (Wien) Um ihrem argumentativen Prosatext die nötige Überzeugungskraft zu verleihen, spickten humanistische Wissenschaftler ihn gerne mit Zitaten antiker Autoren. 1 Dass dabei zu einem gegebenen Thema aus so gut wie jedem Autor geschöpft werden konnte, war durch die wahrgenommene Universalität der Klassiker legitimiert. Freilich haben diese Zitate inzwischen viel von ihrer einstigen Kraft eingebüßt und wirken nicht selten entbehrlich oder sogar karikierend. 2 Inzwischen richtet sich das Interesse vor allem auf die Rekonstruktion der Zitiertechnik und die mitunter erhebliche Dekontextualisierung, die ein Text‐ fragment infolge seiner Einbettung in den neuen Zusammenhang erfahren hat; diese gewinnt gerade dann an Reiz, wenn sich Quell- und Zielgattung stark voneinander unterscheiden. Im Folgenden sollen Zitate bei zwei inhaltlich und formal sehr ungleichartigen Textsorten betrachtet und ihre Verwendungsweise untersucht werden: Plautische Komödienverse in politischen Schriften des sogenannten Tacitismus des späten 16. und frühen 17. Jahrhunderts, wie er maß‐ geblich von Justus Lipsius geprägt wurde. Der Vergleich mit weiteren Texten 3 Der 1921 von Giuseppe Toffanin eingeführte Begriff des Tacitismus wird uneinheitlich gebraucht und kann sich auf stilistische Imitation, das Zitieren aus Tacitus’ Schriften oder die Übernahme der skeptisch-pessimistischen Grundhaltung in politischen Be‐ langen beziehen (van der Poel / Waszink 2009, dort auch weitere Literatur). Zum Verhältnis von Tacitismus und Späthumanismus siehe Muhlack 2000. 4 Van der Poel / Waszink 2009, 410. 5 Vgl. Machiavelli, Discorsi I 39. Die Liste der Gemeinsamkeiten zwischen Tacitus und Machiavelli ließe sich ohne Mühe erweitern, denn „beide Autoren bilden am Ende des 16. und im 17. Jahrhundert ein auf komplizierte Weise miteinander verbundenes ‚Paar‘, politische Dioskuren gewissermaßen“ (Stolleis 1988, 93). 6 Wegen der Vergleichbarkeit der politischen Strukturen wurden bevorzugt Historiker des Prinzipats in dieser Weise behandelt. Zur Nutzbarmachung von Curtius Rufus auf militärischem und politischem Gebiet siehe Siemoneit 2018. wird die Vermutung nahelegen, dass die Benutzung des Plautus zumindest als Modephänomen, vielleicht sogar als Ausdruck persönlicher oder inhaltlicher Beeinflussung der Autoren untereinander gewertet werden kann. Im Folgenden soll der Begriff ‚Tacitismus‘ formal-strukturell verstanden werden und einen Modus der Textlektüre und -auslegung bezeichnen, der darauf gerichtet war, die eigene Gegenwart auf Basis des Machtanalytikers Tacitus und anderer Historiker zu analysieren, dadurch die Probleme des zeitgenössischen Politikbetriebs zu lösen und den Frieden in einer von religiösen Konflikten gebeutelten Epoche wiederherzustellen. 3 Populär wurde er gegen Ende des 16. Jahrhunderts, als im Lichte dramatischer Ereignisse, wie z. B. der Bartholomäus-Nacht, der Gedanke, dass „ein Herrscher von der Moralität abweichen dürfe, wenn dies dem Erhalt seines Staates dient“, nicht mehr pauschal zurückgewiesen werden konnte, und „Tacitus als Meister des politischen Realismus Ruhm erlangte“. 4 Im Anschluss an die philologische und historische Aufarbeitung der erhaltenen Schriften entstanden zum ersten Mal politische Kommentare und Traktate, die das Prinzip pragmatischer Geschichtsschreibung mit Machiavellis similitudo temporis-Formel 5 kombinierten und konsequent zur Anwendung brachten, indem sie Historien und Annalen normativ auslegten und Klugheits‐ regeln für den täglichen Politikbetrieb extrahierten. Diese Verfahrensweise ließ sich problemlos auf andere Autoren übertragen. 6 „Im 17. Jh. wird das Studium des Tacitus und seiner Gedankengänge zu einem der Hauptzweige der 348 Gabriel Siemoneit 7 Van der Poel / Waszink 2009, 410. 8 Der weite, formale Tacitismus-Begriff hat den Vorteil, auch die verwandten, meist machiavellistisch gefärbten und für die Lipsius-Rezeption bedeutsamen Gattungen der politischen Klugheitslehre zu erfassen, wie z. B. Arkanliteratur, Fürstenspiegel und Staatsräsontraktate, Politiken und Reichpublizistik, die, legte man eher inhaltliche Kriterien an, auch getrennt betrachtet werden könnten (vgl. z. B. Ottmann 2006, 231-248; Münkler 1985). Sie alle dürfen als Ausprägungen des (ebenfalls diffusen) politischen Aristotelismus gedeutet werden, selbst wenn die jeweiligen Vertreter diesen zu bekämpfen schienen (Stolleis 1990; Stolleis 1988, 85, 114; Denzer 1985, bes. 237-238). 9 Einführend zu Leben und Werk siehe z. B. Lagrée 2016, Laureys 2014. 10 Vgl. z. B. Lipsius 2004, 733. Ähnlich hatte sich rund ein halbes Jahrhundert zuvor bereits Beatus Rhenanus geäußert (Momigliano 1947, 91). Coluccio Salutati urteilte noch nach rhetorischen Kriterien und sah Tacitus deutlich hinter Livius (Schellhase 1976, 20). 11 Edition mit englischer Übersetzung und ausführlicher Einleitung in Lipsius 2004. Politikwissenschaft“ 7 und erfährt zahlreiche Differenzierungen und Spezialisie‐ rungen. 8 Eine der wirkmächtigsten Figuren des Tacitismus war der flämische Philo‐ loge und Philosoph Justus Lipsius 9 (1547-1606), der sich durch Edition und Kommentar der Historien und Annalen (Antwerpen 1574) sowie der Opera omnia-Ausgabe (Antwerpen 1581) einen einschlägigen Ruf als Tacitus-Kenner erarbeitet hatte. Lipsius reicherte die politische Auslegung mit neostoizistischen Elementen an und war maßgeblich daran beteiligt, der tacitistischen Strömung nördlich der Alpen zum Durchbruch zu verhelfen. Die Verehrung, die er für den antiken Historiker hegte, war Ausdruck eines weltanschaulichen Wandels, der sich auch in Fragen des Stils niederschlug: Da die spezifischen Herausforde‐ rungen des ausgehenden 16. Jahrhunderts nicht mehr, so Lipsius’ Überzeugung, mit republikanischen Inhalten und klassisch-rhetorischem Ausdruck zu bewäl‐ tigen seien, müsse der Analyse monarchischer Machtstrukturen und einer effizient-kompakten Sprache der Vorzug gegeben werden. Tacitus, nicht Livius, gebühre der erste Platz im historiographischen Kanon. 10 Mit seinen Politicorum libri sex (zuerst 1589, im Folgenden Politica) 11 legte Lipsius eine aristotelisch geprägte, überkonfessionelle Klugheitslehre in antiker Terminologie vor, die kasuistisch angelegt war und praktische Regeln für den politischen Alltag bereithielt: Auftreten des Monarchen in der Öffentlichkeit, Verhalten gegenüber Ratgebern, Belohnungs- und Bestrafungssysteme, usw. Trotz zahlreicher Parallelen zu Machiavellis Principe gelang es Lipsius durch eine stärkere Gewichtung ethischer Aspekte, sich vom umstrittenen Machtrat‐ geber des Florentiners abzusetzen. Eine Quelle für den enormen Erfolg war der versöhnlich-vermittelnde Duktus, der das ganze Werk durchzieht. Die Technik des Zitierens hat fast extreme Ausprägung erreicht: Bei den Politica handelt es 349 Mit Plautus für Frieden und Monarchie 12 Zur Centoform des Werkes siehe Tucker 2011, dort auch weitere Literatur. 13 Lipsius, Politica 1, 1 (Lipsius 2004, 260-262); der Schriftschnitt ist unverändert über‐ nommen. 14 Übs. nach Sallust 2006. sich um einen aus mehrheitlich antiken Zitaten zusammengesetzten Cento, 12 der nur von einleitenden oder kommentierenden Einwürfen unterbrochen wird. Wie passen die rund 20 plautischen Komödienverse - Terenz ist mit nur einem einzigen Vers vertreten - in diesen Kontext? Die folgenden Beispiele sollen die beiden Pole der Verwendungsweise, eine inhaltliche und eine sprachliche, illustrieren. Plautusverse in den Politica Die inhaltliche Verwendungsweise begegnet gleich zu Beginn des ersten Buches, wo Lipsius mit virtus (in etwa „ethisch und religiös fundierte Rechtschaffenheit“, Politica 1, 1-6), und prudentia („besonnene Handlungsklugheit“, Politica 1, 7- 10) die beiden tragenden Säulen seiner Politikkonzeption einführt. Für das einleitende Lob der virtus trägt er die Urteile der Alten zusammen und lässt nach Tacitus, Seneca und Sallust sogleich Plautus zu Wort kommen: Itaque iure, quae homines arant, navigant, aedificant, Virtuti omnia parent: [Sall. Catil. 2,7] Nam ea omnia in se habet, omnia assunt bona, quem penes est Virtus. [Plaut. Amph. 652] 13 Deshalb heißt es zurecht: „Was die Menschen durch Ackern, Seefahrt und Hausbau schaffen, ist in allem von der virtus bestimmt.“ 14 Denn sie „enthält alles; alle Güter sind bei dem, bei dem die virtus ist.“ Bei Lipsius ist virtus also Voraussetzung für die Selbsterhaltung des Menschen und damit den Erhalt des (monarchischen) Staates. Im Vergleich zum ursprüng‐ lichen Kontext ist der Akzent spürbar verschoben: Die Eingangspassage der Catilinarischen Verschwörung argumentiert für die Überlegenheit der geistigen Leistungen gegenüber den körperlichen, wenn dauerhafter Ruhm erstrebt werden soll. Dort kann das Wort „virtus“ mit „Leistung“ oder, vor allem in der Verbindung „virtus animi“, mit „Geisteskraft“ wiedergegeben werden. Der zitierte Abschnitt 2, 7 bringt virtus außerdem in Opposition zu Bequemlichkeit, Genusssucht und Überheblichkeit. Sallust glorifiziert demnach den tätigen, fokussierten und einsatzfreudigen Bürger der Republik, der seinen Lebensun‐ terhalt selbst bestreiten kann und sich im Staate einbringt. All dies ist in den 350 Gabriel Siemoneit 15 Vgl. Lipsius’ neostoizistische Schrift De constantia (zuerst Leiden 1584). 16 Vgl. Hoch / Kunzmann 1994. Politica nicht anzutreffen: Lipsius definiert virtus über Glauben, Gottesvereh‐ rung, Gewissen und Rechtschaffenheit (Politica 1, 2-6), spart ökonomische Betrachtungen weitgehend aus und schlägt außerdem ja ein monarchisches System vor, das für den Untertanen eine passive, stoisch-erleidende Rolle vorgesehen hat. 15 Im Originalzusammenhang des zitierten Plautusverses (Amph. 652) präsen‐ tiert Alkmene die virtus (in etwa „männliche Vorzüge“, „Leistung“, „Verdienst“) als Vorbedingung für zentrale Werte, nämlich für Freiheit (libertas), ein unver‐ sehrtes Leben in Gesundheit (salus, vita), Besitztümer (res) und Eltern (parentes); Heimat (patria) und Kinder (prognati) werden durch die virtus beschützt und bewahrt. Kennt Lipsius’ Leser diese (vorangegangenen) Verse, dann ergibt sich tatsächlich eine Erweiterung der Aussage, da die lediglich angedeuteten bona bei Plautus expliziert und mit Leben gefüllt werden. Ähnlich wie bei Sallust bleibt allerdings wieder eine leichte Verschiebung anzumerken: Alkmene sinniert über die Vorzüge römisch-republikanischer virtus, um die Abwesenheit ihres Gatten erträglicher zu gestalten. Ihre Einsamkeit redet sie sich dadurch schön, dass dieser wenigstens mit virtus begabt sei und als glorreicher Sieger zurückkehren werde. Einen direkten Bezug von Alkmenes virtus-Begriff zu dem von Lipsius gibt es nicht. Lipsius stellt den Plautusvers also in einen ähnlichen, aber, wenigstens nach heutigem Verständnis, nicht völlig kompatiblen neuen Zusammenhang. Offenbar hat sich das Fragment bereits durch das Wort „virtus“ sowie die positiv konnotierten Wörter im Umfeld für die Übernahme in den Zieltext qualifiziert, wo es so eingebaut ist, dass eine abweichende, neue Aussage entsteht. Dass diese Verwendungsweise als unauffällig empfunden worden sein dürfte, ließe sich naheliegenderweise mit dem Centocharakter des Werkes erklären, der Lipsius ja gerade vor die Aufgabe stellte, bereits bekannten Stellen neue Aussagen abzugewinnen. In diesem Fall wäre er sogar konventionell vorgegangen, indem er den Tenor der Quelle ohne nennenswerte Doppeldeutigkeiten beibehielt und nicht, etwa in parodistischer Absicht, ins Gegenteil verkehrte. 16 Das zweite Beispiel aus den Politica wird den Verdacht, dass der ursprüngliche Kontext nahezu vollständig in den Hintergrund treten kann und kaum noch mit der Aussage des Zieltextes korrespondieren muss, erhärten. Das dritte Buch thematisiert die Beratung des Monarchen und die Faktoren, die ihren Erfolg gefährden (Politica 3, 7). Neben Eigeninteressen und übersteigertem Selbstbewusstsein aufseiten der Berater hat Lipsius eine zu schnelle, übereilte 351 Mit Plautus für Frieden und Monarchie 17 „Itemque: Δύο μὲν ἐναντιώτατα τῇ εὐβουλίᾳ, τάχος τε καὶ ὀργή: Duo adversissima rectae Menti, Celeritas, et Ira“ (Lipsius 2004, 364; nach Thuk. 3, 42, 1). 18 Lipsius, Politica 3, 7 (Lipsius 2004, 364); Übs. nach Plautus 2008, 23; vgl. Plautus 1905: quidquid est, incoctum non expromet, bene coctum dabit. Die Form duunt scheint nicht authentisch zu sein (vgl. TLL s. v. do). Lipsius interpungiert wie Camerarius in der Ausgabe von 1552, moderne Editoren setzen das Komma nach quidquid est, wodurch sich eine leichte Bedeutungsverschiebung ergibt. 19 Plaut. Mil. 208; Übs. Plautus 2008, 23. Hier ist das Komma nach quidquid est gesetzt (vgl. Anm. 18). Beratung ausgemacht. Plautus soll die von Thukydides aufgestellte Behauptung, dass nur die besonnene, langsame Beratung eine gute Beratung sei, 17 stützen und wird sogar explizit als „noster Comicus“ apostrophiert: Lentos ego amo, lentos: et qui cum nostro Comico Quidquid est incoctum, non expromunt, bene coctum duunt. [Plaut. Mil. 208] Die Langsamen mag ich, die Langsamen, und die mit meinem Komödiendichter was immer ungekocht ist, nicht bringen, nur was gut und gar. 18 Inhaltlich ist der zitierte Vers ein Fremdkörper und könnte problemlos durch eine kürzere, weniger metaphorische Formulierung ersetzt werden, allerdings auf Kosten des irritierenden Effekts und des Klassikerzitats mit seiner unge‐ wöhnlichen Sprache. Der Zusammenhang am Anfang vom zweiten Akt des Miles gloriosus ist folgender: Philocomasium, die entführte Hetäre, wird durch das Dach gesehen, wie sie einen fremden Mann küsst. Da dies unter keinen Umständen publik werden darf, überlegen Palaestrio und der Hausherr, wie sie die Sache geheim halten können. Obwohl die Zeit drängt und schnell ein wirksamer Plan erarbeitet werden müsste, tritt Palaestrio in eine längere, ko‐ misch überzeichnete Phase des Nachdenkens ein und stellt mit pantomimischem Einsatz acht verschiedene Posen und Gesten dar: Er klopft sich auf Brust und Schenkel, schnalzt mit den Fingern, geht hin und her, schüttelt den Kopf, stützt das Kinn auf die Hand und karikiert dadurch den Prozess des Nachdenkens ganz erheblich. Schließlich kommentiert der Hausherr für die Zuschauer: „Sei’s, was will: nichts Ungekochtes bringt er, nur was gut und gar“ 19 . Dies ist sicher nicht die Beratungssituation, die Lipsius einem Monarchen anempfehlen möchte. Abgesehen von den lächerlichen Posen lässt Palaestrio sich unnötigerweise Zeit, obwohl rasches Handeln geboten wäre, und gefährdet dadurch sogar den Erfolg. Dass er im weiteren Verlauf der Beratung dann noch die Intrige erfindet, dass Philocomasium ihre eigene Zwillingsschwester spielen soll, wäre ebenso wenig anzuraten: Zwar duldet Lipsius die Täuschung als machtpolitisches Mittel zur Erhaltung des Staates und klassifiziert sie im 352 Gabriel Siemoneit 20 Lipsius, Politica 4, 13-14. Zu Lipsius’ Theorie der prudentia mixta siehe Lipsius 2004, 91-92. 21 Lipsius 2004, 99 Anm. 46. 22 Stackelberg 1960, 118. 23 Aussagen zur Häufigkeit von Zitaten in Editionen und alten Drucken beruhen teils auf eigener Durchsicht der Texte, teils auf maschineller Texterkennung durch die Hersteller der Digitalisate. Aufgrund der Fehleranfälligkeit beider Methoden sollten die genannten Zahlen als Tendenzen, nicht als zweifelsfrei gesicherte Angaben verstanden werden. 24 Zwei Zitate im Kommentar zu den Annalen: „Mi Plautus […] nomen luxuriae indidit: Tum mihi gnatam hanc is esse voluit, Inopiam“ (Pasquale 1581, 85, nach Plaut. Trin. 9; Anm. zu „socius libidinum“ in Tac. Ann. 2, 27, 2); „De mendico […] male meretur qui ei dat, quod edit, aut quod bibat. nam & illud, quod dat, perdit, & illi producit vitam ad miseriam“ (ebd., 95, nach Plaut. Trin. 339-340; Anm. zu „ut semper daretur“ in Tac. Ann. 2, 38, 3). 25 Siehe z. B. van der Poel 1999, 180; Moss 1996, 52-53, 70-71, 95. Lambert Daneau hat, dem Autorenverzeichnis nach zu urteilen, in seiner Politicorum aphorismorum silva (Antwerpen 1583) offenbar noch nicht auf Plautus zurückgegriffen. 26 Scoti übernimmt beide Stellen von Pasquale und fügt zwei weitere hinzu: Plaut. Capt. 119-120 ad Tac. Hist. 4, 61, 1 (Scoti 1589, 616); Plaut. Trin. 363 ad Tac. Hist. 4, 86, 2 (ebd. 636). Zum Verhältnis der beiden Tacitus-Kommentare siehe Momigliano 1947, bes. 93-95. 27 In einem Brief vom 14. Januar 1590 an Theodorus Canterus schreibt Lipsius: „Accepi exemplar Taciti quem Romae in folio ediderunt cum commentariis Annibalis Scoti Placentini comitis, sed hercule ineptis et quos numo [sic] plumbeo [vgl. Plaut. Most. 892] non emas“ (ILE 90 01 14, Lipsius 1987, 220). 28 Machiavelli, der geistige Vater der Gattung, hat sich zwar intensiv mit Plautus beschäf‐ tigt, ihn im Principe und den Discorsi aber nicht wörtlich zitiert, sondern allenfalls Rahmen seiner prudentia mixta als vertretbaren Abfall von der virtus, als mittleren Betrug (media fraus), ihr Einsatz soll aber auf Ausnahmesituationen unter dem Druck der necessitas beschränkt bleiben und ist dem Monarchen gegenüber seinen Untertanen vorbehalten. 20 Will man die Benutzung des Plautus in den Politica nicht als beliebiges, unspezifisches Phänomen begreifen - schließlich sind bei den 116 im auctorum syllabus genannten Quellen mehrere Komödiendichter vertreten -, dann gilt es, den Gründen dafür nachzuspüren. Dass Lipsius wesentliche Impulse von seinen beiden ‚Vorgängern‘, Carlo Pasquale und Annibale Scoti, erhalten haben könnte, ist, obwohl er wohl beide kannte, 21 eher unwahrscheinlich: Pasquale, der „erste Tacitist“, 22 zitiert Plautus in seinem Annalen-Kommentar von 1581 sehr selten 23 und scheint primär den sentenzenhaften Gehalt abzuschöpfen, 24 der dem Dichter bereits die Aufnahme in diverse Florilegien beschert hatte. 25 Scoti folgt ihm in dieser Praxis, bietet aber kaum Neues 26 und wird von Lipsius nur mit einer abfälligen Bemerkung bedacht. 27 Volkssprachliche Politiktraktate scheinen ebenfalls keine Inspiration geboten zu haben. 28 Vielmehr dürfte die Benutzung 353 Mit Plautus für Frieden und Monarchie Motive aufgegriffen (vgl. z. B. Figorilli 2016, Fletcher 2009). Ergebnislos verläuft die Suche offenbar auch in Jean Bodins Six Livres de la République (Paris 1576). 29 Van der Poel 1999. Analog zu Tacitus (siehe Anm. 10) war Lipsius nicht der erste, der Bewunderung für Plautus äußerte (ebd., bes. 182-185; Hardin 2018, passim). 30 Dabei wird ein entsprechend erweiterter, semiotisch orientierter Stilbegriff zugrunde‐ gelegt und eine enge Verbindung von Stil und Bedeutung angenommen (vgl. z. B. Gardt 2009, Nöth 2009). In der Tat hat die Synopse der von Lipsius am Seitenrand verzeichneten Quellen eine unwiderstehliche Evidenz und transportiert bereits für sich genommen eine Botschaft. 31 Van der Poel / Waszink 2009, 411. 32 Zwar waren beide stark von Lipsius beeinflusst (s. u.), doch ist ihre Auswahl in gewisser Weise willkürlich. 33 Zu Bernegger siehe die zwar methodisch überholte, aber sehr ausführliche Studie Bünger 1893. des Plautus, analog zu Tacitus, auf intensive philologische Beschäftigung und stilistische Präferenzen zurückzuführen sein: Lipsius kannte Plautus gut, veröf‐ fentlichte textkritische Beobachtungen, imitierte den Stil ganz bewusst in seiner brieflichen Korrespondenz und verteidigte den Komödiendichter gegen Kritiker, die die Sprache als zu archaisch, die Witze als zu derb einschätzten und Terenz den Vorzug gaben. 29 Demnach könnte man zu der Hypothese gelangen, dass Lipsius, geleitet von persönlichen Vorlieben und einem Gespür für gesellschaftliche Veränderungen, einen weiteren zuvor eher zweitrangigen antiken Autor für eine bestimmte Textgattung populär machte und dessen intensivere, vermehrt sprachliche Benutzung als stil- und bedeutungskonstituierendes Merkmal im wissenschaft‐ lichen Diskurs etablierte. Die Form, also die Auswahl gerade dieses Autors aus der Menge der - grundsätzlich so gut wie äquivalenten - antiken Autoren und dessen spezifische Verwendung, könnte zu einem Teil der Botschaft ge‐ worden sein. 30 Ein solcher Befund würde auch mit den Charakteristika der tacitistischen Literatur korrespondieren, wo „Stil und Inhalt untrennbar mitein‐ ander verknüpft“ sind. 31 Die durch persönliche oder inhaltliche Beeinflussung angeregte Lipsius-Rezeption könnte unter diesen Umständen aufs engste mit einer Lipsius-Imitation, in diesem Fall der Verwendung von Plautus, verbunden sein. Indizien für die Existenz eines solchen Phänomens finden sich bei zwei Lipsius-Anhängern aus deutschen Landen, bei Matthias Bernegger und Georg Schönborner. 32 Plautusverse bei Bernegger und Schönborner Matthias Bernegger 33 (1582-1640) wurde durch die Gegenreformation aus seiner österreichischen Heimat vertrieben und ließ sich mit siebzehn Jahren 354 Gabriel Siemoneit 34 Dazu Lipsius 2004, 194-196. 35 Vgl. Bünger 1893, 276, und passim. Bereits Johannes Sturm, Schulreformer und Gründer des Straßburger Gymnasiums, sicherte Plautus die ständige Präsenz auf der Bühne des Akademietheaters (vgl. Hanstein 2013, 26-27). 36 Zu Schoppe und seinem philologischen Wirken siehe Jaumann 1998. 37 Den rund 26 Plautuszitaten stehen dabei nur 4 Terenzzitate gegenüber. 38 Bernegger 1621, 163-164; der Schriftschnitt ist unverändert übernommen. 39 Übersetzung nach Hollmann 2016, 113. in Straßburg nieder, wo er 1613 zum Professor für Geschichte berufen wurde und einen illustren Kreis von Schülern für die tacitistische Textauslegung begeisterte. Er gab die um präzisere Stellenangaben und einen Index erweiterten Politica von Lipsius heraus 34 (posthum Straßburg 1641) und teilte auch dessen Vorliebe für Plautus. 35 Das exemplarisch ausgewählte Zitat stammt aus der Tuba pacis (Straßburg 1621), der „Friedensposaune“, mit der Bernegger auf die von Caspar Schoppe 36 (1576-1649) gegen die Protestanten betriebene Kriegshetze (Classicum belli sacri, Pavia 1619) reagierte und ihn unter Zuhilfenahme antiker und zeitgenössischer Autoritäten widerlegte. 37 Im Zusammenhang der Stelle wirft Bernegger Schoppe vor, keine gerechten Gründe für den empfohlenen heiligen Krieg beibringen zu können, und vermutet als tatsächlichen Grund den unstillbaren Machthunger des Papstes. Gerade kritisiert er, dass Schoppe die Machtbefugnisse der Kardinäle aus wenigen Bibelstellen ableitet und übergießt den Kontrahenten dann mit reichlich Spott: item illa [sc. conclusio]: Haereticorum bona Catholicis occupanda sunt, quia scriptum est: Bona terrae comedetis [ Jes 1,19]: & Pietas ad omnia utilis est [1. Tim 4,8]: cum istiusmodi φλυαρολογίαις aliis, quas Non modio, neque trimodio, verum ipso horreo [Plaut. Men. 15], Schoppius in suo libro nobis admetitur. 38 Genauso diese Schlussfolgerung: Die Katholiken sollen die Güter der Häretiker in Besitz nehmen, weil ja geschrieben steht: „Ihr werdet des Landes Gut genießen“, und: „Die Frömmigkeit ist zu allen Dingen nütze“, und noch weiteres nutzloses Geschwätz von dieser Art, das Schoppe uns in seinem Buch „nicht löffel-, nicht eimer-, sondern tonnenweise“ zuteilt. 39 Der benutzte Vers stammt aus dem Prolog der Menaechmi, wo der Sprecher den Zuschauern verspricht, sie ausgiebig mit dem Inhalt des Stückes vertraut zu machen, indem er ihn „nicht löffel-, nicht eimer-, sondern tonnenweise“ zuteilt. Zwar hätte Bernegger den Vers durch eine kürzere Wendung, z. B. „reichlich“, „im Überfluss“ oder sogar „zum Überdruss“, ersetzen können, doch er sagt es ‚mit 355 Mit Plautus für Frieden und Monarchie 40 Beim Zitieren gilt natürlich generell, dass es sich nicht nur um die reine Wiederholung der Worte handelt, sondern um Wiederholung mit Bezugnahme auf die Quelle. Ein Zitat benennt also nicht einfach einen Sachverhalt, sondern stellt ihn so dar, wie er von jemand anderem dargestellt wird, und erzeugt dadurch eine signifikante Brechung; zu den Implikationen vgl. Sokolowski 1984. 41 Zu Schönborner, seinem Politiktraktat und dem Verhältnis zu Lipsius siehe Bach 2014, 148-154; Stolleis 1988, 118-119. 42 Schönborner 1609, 282. Plautus‘ 40 und verleiht einer ansonsten blassen Aussage auf sprachlich-formaler Ebene Farbe. Im nächsten Satz steigert er diese Technik und macht Schoppe mithilfe einer Aristophanesvokabel und einem alliterationsreichen Vers aus den Bacchides vollends lächerlich: ne solos superioris saeculi homines, tam κρονοχυτροληρολόγους [Aristoph. Equ. 89], stupidos, fatuos, fungos, bardos, blennos, buccones [Plaut. Bacch. 1087] fuisse putemus. Wir sollten nicht glauben, dass nur die Menschen des letzten Jahrhunderts so schwätzerhaft, stumpfsinnig, dumm, doof, blöd, behäbig, beknackt waren. Inhaltlich tragen diese Verse freilich überhaupt nichts bei, insbesondere stellen sie kein Argument gegen den Machthunger des Papstes oder der Kardinäle dar. Diese sprachliche Verwendung der Plautusverse ist typisch für Berneggers Text. Georg Schönborner (1579-1637), protestantischer Jurist aus Schlesien, wählte den anderen Weg und baute rund 25 Plautusverse vorwiegend inhaltlich-argu‐ mentativ in sein Hauptwerk, die Politicorum libri septem (Liegnitz 1609), ein. 41 Das dritte Buch handelt von den Amtsträgern im Staat und den Untergebenen, das dortige 34. Kapitel von den Adeligen, die zwar selbst kein Amt innehaben, sich aber durch ihre virtutes (in etwa „Beiträge zum Gemeinwesen“, „verdienst‐ volle Leistungen“) als Soldaten oder Literaten um den Staat verdient machen und so ihre privilegierte Stellung innerhalb der Gesellschaft legitimieren. Schön‐ borner muss einräumen, dass längst nicht alle Adeligen einer meritokratischen Idealvorstellung entsprechen, kritisiert dies mit Iuvenal und Ovid und stellt resümierend fest: Unicum enim Nobilitatis fundamentum est Virtus: quae omnibus rebus anteit profecto: Libertas, salus, vita, res, parentes, Patria & prognati tutantur, servantur. 42 [Plaut. Amph. 649-651] Die einzige Grundlage des Adelsstandes ist die virtus, die „in der Tat allen Dingen vorausgeht: Freiheit, einem Leben in Gesundheit, Besitztümern, Eltern; die Heimat und die Nachkommen werden beschützt, bewahrt“. 356 Gabriel Siemoneit 43 Vgl. oben Anm. 8. 44 Zugrunde gelegt wurden die politischen Schriften der in Ottmann 2006, 233 und 239, und Stolleis 1990 genannten Autoren. Diese Vorauswahl birgt natürlich bereits die Gefahr eines Selektionseffekts, der zuverlässige Aussagen über das gesamte Schrifttum erschwert. 45 Vor allem in protestantischen Kreisen hatte man nach der „Abkehr vom universalisti‐ schen, eschatologisch orientierten Reichsgedanken“ (Denzer 1985, 237) eine Affinität zu Fragen der Ordnung und Legitimation eines Staates; vgl. Stolleis 1990, 240-242, sowie, zu den Tacitisten am Oberrhein, Kühlmann 1987. Schönborner greift die gleiche Passage aus dem Amphitruo auf, die zuvor schon Lipsius (in anderem argumentativen Zusammenhang) prominent am Beginn der Politica platziert hatte, und zitiert einen längeren Abschnitt, sodass die Botschaft hier weniger implizit ausfällt. Es ließen sich dieselben Überlegungen zur Rekontextualisierung bzw. der nur oberflächlichen Kongruenz mit dem Originalzusammenhang anstellen. Plautusverse in weiteren tacitistischen Schriften Dass der Tacitismus attraktive Methoden- und Deutungsangebote bereithielt, denen sich die meisten Wissenschaftler kaum entziehen konnten, und allmäh‐ lich zu einer breiten Strömung wurde, innerhalb derer der neostoizistische Ansatz von Justus Lipsius eine besonders einflussreiche Spielart darstellte, ist verschiedentlich herausgearbeitet worden. 43 Da nun anhand der Beispiele von Bernegger und Schönborner die Vermutung, dass sich diese Beeinflussung sogar in formal-stilistischen Merkmalen manifestiert haben könnte, neue Nahrung erhält, bietet sich ein wenigstens kursorischer Blick auf verwandte politische Schriften an, die in der Tradition des Tacitismus stehen. Aus einer Stichprobe von Autoren, die die Forschung als zentrale Tacitisten ausgemacht hat, 44 ragen, was die Quantität der Plautusbenutzung angeht, neben Bernegger und Schönborner noch Wolfgang Heider (1558-1626) und Henning Arnisaeus (ca. 1575-1636) heraus. Heider, Professor für Moral und Politik an der neu gegründeten Universität in Jena, baute rund 15 Plautuszitate in sein Philo‐ sophiae politicae syntagma ( Jena 1629) ein, Arnisaeus, Professor für Moral an der Brandenburgischen Universität in Frankfurt, machte in der Doctrina politica (Frankfurt 1606) fast ebenso oft vom römischen Komödiendichter Gebrauch. Den Plautusbenutzern Bernegger, Schönborner, Heider und Arnisaeus sind also mehrere Merkmale gemeinsam: Sie stehen in der Tradition von Justus Lipsius, sind Protestanten bzw. wirken an protestantischen Universitäten 45 und wurden, abgesehen von Heider, um 1580 geboren. Interessanterweise lässt sich bei den weiteren Autoren ein Zusammenhang zwischen der Verwendung von Plautus 357 Mit Plautus für Frieden und Monarchie 46 Es soll allenfalls eine Korrelation, keine Kausalität behauptet werden. Als Ausnahmen wären etwa zu nennen: Adam Contzen, Jesuit, führte Plautus sogar im Autorenver‐ zeichnis seiner Politicorum libri decem (zuerst Mainz 1620), und Janus Gruter, der Plautus 1621 herausgab (siehe dazu Ritschl 1868, 146-151) und in seinen Discursus politici in Tacitum (Heidelberg 1604) benutzte, aber bereits 1560 geboren war. 47 Vgl. oben Anm. 10. Zu neostoizistischen Gedanken vor Lipsius’ De constantia siehe Enenkel 2017. 48 Mulsow 2005, 74. Zum Methodenprogramm, das ursprünglich für die Erforschung des frühen Deutschen Idealismus entwickelt wurde, siehe die Beiträge in Mulsow / Stamm (Hgg.) 2005. 49 Offenbar hat die Präsenz des Komödiendichters in den politischen Traktaten mit der Zeit wieder abgenommen. Außerdem wurde Lipsius später für seine Bevorzugung des Plautus kritisiert (van der Poel 1999, 185). und diesen drei Kriterien erkennen. Umgekehrt gilt nämlich zumeist, dass wer Plautus nicht (so intensiv) benutzt hat, deutlich vor 1580 (z. B. Lambertus Danaeus, geb. 1535), oder zu Beginn des 17. Jahrhunderts oder später geboren ist (z. B. der Bernegger-Schüler Johann Heinrich Boeckler, geb. 1611), nicht in der Tradition von Lipsius stand (z. B. Scipione Ammirato) oder kein Protestant war (z. B. Michel Kreps, der außerdem nicht auf Latein schrieb). 46 Man könnte obige Hypothese also noch etwas erweitern und ein Forschungs‐ programm zu ihrer Verifizierung skizzieren: Die inhaltliche oder sprachliche Verwendung von Plautusversen, die Justus Lipsius bei den (lateinischen) taci‐ tistischen Schriften eingeführt hatte, wurde als stilistisches Merkmal von einer relativ gut abgrenzbaren Gruppe späterer Rezipienten aufgegriffen, nämlich von mehrheitlich protestantischen Gelehrten, die etwa eine Generation jünger waren und sich noch zu Lipsius’ Lebzeiten von dessen Lehre beeinflussen ließen. Obwohl es sich dabei nicht um eine grundlegend neue Philosophie, sondern eher um die synkretistische Popularisierung bestehender Ansätze gehandelt haben dürfte, 47 könnte man diese Gruppe als ‚Konstellation‘, als „dichten Zusammen‐ hang wechselseitig aufeinander einwirkender Personen, Ideen, Theorien, Pro‐ bleme oder Dokumente“ begreifen 48 und Methoden der Konstellationsforschung fruchtbar machen, um die diffusen Beeinflussungsverhältnisse zu erfassen, die bei der Weiterführung der Debatte von Bedeutung waren. 49 Natürlich müssten das Korpus um weitere Schriften und Autoren erweitert und zusätzliche Einflussfaktoren bedacht werden, wie z. B. die fachliche Ausrichtung der jewei‐ ligen Universität, die Aufführungspraxis in den Schul- und Akademietheatern, moralische und sprachliche Normen, zusätzliche Vorbilder und Autoritäten (z. B. Erasmus, Luther) sowie die jeweiligen Gelehrtennetzwerke. 358 Gabriel Siemoneit Literaturverzeichnis Bach, Oliver: Zwischen Heilsgeschichte und säkularer Jurisprudenz. Politische Theologie in den Trauerspielen des Andreas Gryphius, Berlin / Boston 2014 (Frühe Neuzeit. Studien und Dokumente zur deutschen Literatur und Kultur im europäischen Kontext 188). Benninghoff-Lühl, Sibylle: Zitat, in: Gert Ueding (Hg.): Historisches Wörterbuch der Rhetorik 9, Tübingen 2009, 1539-1549. Bernegger, Matthias: Tuba pacis, occenta Scioppiano belli sacri classico, Straßburg 1621 [http: / / mdz-nbn-resolving.de/ urn: nbn: de: bvb: 12-bsb10352490-1]. Bünger, Carl: Matthias Bernegger. Ein Bild aus dem geistigen Leben Strassburgs zur Zeit des Dreissigjährigen Krieges, Straßburg 1893. Denzer, Horst: Spätaristotelismus, Naturrecht und Reichsreform: Politische Ideen in Deutschland 1600-1750, in: Iring Fetscher / Herfried Münkler (Hgg.): Pipers Hand‐ buch der politischen Ideen 3. 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Cistellaria 28, 63f., 79, 151f., 213, 218, 236, 280f., 329 Curculio 28, 63, 216, 220, 229, 248, 255, 280f., 315, 330, 343 Epidicus 47, 58, 63, 75, 117, 119, 121, 136, 281, 316, 340 Menaechmi 7, 13f., 16-18, 24, 26, 31, 38f., 47, 69, 74, 115, 120, 192, 200f., 214f., 217f., 220f., 241, 281, 316, 355 Mercator 23, 58f., 63, 120, 136, 213, 215, 218-220, 229, 281, 330 Miles gloriosus 120, 152, 155, 195, 215, 220, 281, 342, 352 Mostellaria 14, 47, 93, 117, 119f., 195-197, 204, 214f., 220, 281, 316, 329, 353 Persa 58, 63, 92, 119f., 220, 281, 331, 340, 342f. Poenulus 28, 75, 118-121, 125-127, 135, 137f., 218, 239, 241, 281, 330, 340 Pseudolus 58, 63, 69, 119f., 135, 137-140, 142, 145- 147, 152, 214, 280f., 317, 329 Rudens 26, 28, 58, 63, 214, 218, 281, 328 Stichus 69, 213f., 220, 278, 281 Trinummus 69, 218, 220, 278, 281, 353 Truculentus 47f., 75, 119, 220, 229, 240, 281, 343 Vidularia 71, 74-76, 236, 280f. Namensverzeichnis Accius 69, 79, 81 Alemannus, Hermannus 165-167, 177, 179, 187 Allatius, Leo 49 Amerbach, Bonifacius 8, 247f., 250-254, 256, 258, 260 Ammirato, Scipione 358 Andrelinus, Publius Faustus 247, 249-251, 253, 256, 260 Epistolae proverbiales et morales 250, 258 Anonymus περὶ κωμῳδίας 182f., 193 Ariosto, Ludovico 127 Suppositi 127 Aristophanes 134, 150f., 155, 157, 183, 237, 356 Equ. 356 Nub. 151 Plut. 156 Ran. 151 Aristoteles 165-176, 179-183, 185f., 193, 203, 212f., 234, 259-261, 311 Eth. 259f. Poet. 165-167, 169-172, 176f., 179-181, 184, 186f., 191f. Pol. 212 Rhet. 177 Arnisaeus, Henning 357 Doctrina politica 357 Athanasius (Heiliger) 249 Augustinus (Kirchenvater) 227, 241 Averroes 165-167, 177, 179, 187 Badius Ascensius, Jodocus 167, 171, 173, 185f. Baerland, Adriaan Cornelissen van 239 Balde, Jakob 9, 289-293, 295-297, 300-305, 307 Arion Scaldicus 303 Dissertatio de studio poetico 290, 297 Drama Georgicum 303 Expeditio polemico-poetica 289f., 292f., 295, 303 Iocus serius 295-297, 300f., 303 Jephte 295f., 301f. Jephtias 301-303 Lyrica 290, 295, 301 Regnum poetarum 292f., 295, 300, 303 Barth, Caspar von 88 Barzizza, Antonio 202 Cauteriaria 202 Basilius (Kirchenvater) 156, 247, 249f., 256-261, 263 De invidia 256, 258 De vita solitaria 256 Beauvais, Vincent de 68 Beccadelli, Antonio 70 Bernardino da Feltre 200 Bernegger, Matthias 354f., 357f. Tuba pacis 355 Bibbiena, Bernardo Dovizi da 127 Calandria 127 Bilstein, Johann 307 Bisticci, Vespasiano da 213 Boccaccio, Giovanni 167, 177-180, 200 Genealogia deorum gentilium 177 Boeckler, Heinrich 358 Bombace, Paolo 241 Bracciolini, Poggio 8, 17, 118-120, 197, 209-215, 217-222 An seni sit uxor ducenda 8, 209-222 De avaritia 213f. Oratio in laudem matrimonii 221 Brenz, Johannes 147 Bruni, Leonardo 218 Oratio in nebulonem maledicum 218 Budé, Guillaume 241 Burley, Walter 68f. Liber de vita et moribus philosophorum 68 Caesar 95, 131-137, 140f., 143f., 149, 153f., 228, 231 Bellum Gallicum 133-135 Calderini, Domizio 73 Calvus, Helvidius 199 Camerarius, Ludwig 49 Camerarius, Philip 48 Camerarius d.Ä., Joachim 7, 13-21, 23-27, 29, 31-34, 36-40, 45-48, 50-64, 75f., 94, 105, 119, 151f., 352 Camerarius d. J., Joachim 48 Camões, Luís de 105 Auto dos Amphitriões 105 Casanova, Giacomo 267 Catull 67 Charpentarius, Symon 16, 38, 75 Christian II. (Kurfürst von Sachsen) 88 Cicero 69, 92, 95f., 113, 119, 131-136, 140f., 143f., 149, 154, 168f., 175, 182f., 209, 211, 214, 228, 230, 236, 241, 279, 311, 340 Att. 92 div. 96 nat. deor. 69, 211 Claudian 290, 293, 340f. Collenuccio, Pandolfo 109 Colonna, Giovanni 68 De viris illustribus 68 Mare historiarum 68 Comparini, Paolo 200-202 Contzen, Adam 358 Politica 358 Cornazzano, Antonio 202 Fraudiphila 202 Cortesi, Paolo 122 Crinitus, Petrus 70 De poetis Latinis 70 Crusius, Martin 75, 134, 145, 155 Curtius Rufus 348 Danaeus, Lambertus 358 Daniel, Pierre 79f. Dante Alighieri 180f., 187 Divina Commedia 181 Da Ponte, Lorenzo 267 Diomedes (Grammatiker) 168f., 175, 183, 185, 193 Ars grammatica 174, 193 Domenico da Ponzo 200 Donat 38, 111, 120, 168, 174f., 183f., 193f. De comoedia 174, 194 Dousa d.Ä., Janus 94 Centurionatus 94 Dousa d. J., Janus 94 Dryden, John 105 Amphitryon 105 Dunstan von Canterbury (Heiliger) 297-299, 318 Ennius 67, 72, 77-79, 121, 329, 331, 342 Epidicus 48 Epiktet 250 Erasmus von Rotterdam 8, 45, 227-242, 358 Adagia 8, 227, 230f., 235f., 239f., 251 Antibarbari 229 364 Namensverzeichnis De pronuntiatione 229 De ratione studii 228 Epistolae 237 Laus stultitiae 45, 229 Estienne, Robert 72, 77 Euanthius 168-175, 184-186, 193 De fabula 168, 173 Eupolis 73, 330 Demoi 73 Fabricius, Georg 7, 16f., 46, 50f., 53-60, 62-64, 75f., 80 Ficino, Marsilio 201 Fleming, Paul 88 Fonte, Bartolommeo della 167, 184f. De poetice 184 Friedrich IV. von der Pfalz 48 Friedrich V. von der Pfalz 293 Frischlin, Nikodemus 8, 131-157 Hildegarda 156 Iulius redivivus 8, 131-138, 140-157 Oratio de vita rustica 152, 154 Phasma 147f., 156 Rebecca 146, 150 Susanna 145f. Gailing, Johann Christoph 152, 154 Gazet, Angelin 9, 297, 307-316, 318, 320, 331 Pia hilaria 9, 297, 307-309, 311, 318 Gebwiler, Hieronymus 248-250, 252-256, 258-261 Gellius 68-71, 75, 92, 95, 121 Gherardi, Jacopo 112, 120 Gino Buondelmonti, Vaggia di 212 Giovio, Paolo 113f. Gronovius, Johann Friedrich 20, 197 Gruter, Jan 29f., 49, 51, 62, 81, 87f., 358 Discursus politici 358 Hassenstein, Bohuslaus von 54-58, 63, 65 Heider, Wolfgang 357 Philosophiae politicae syntagma 357 Heinsius, Daniel 88, 96 Hertneck, Fritz Herter von 154 Hervagius, Johannes 7, 16f., 19, 23, 26f., 29, 38, 59-62, 196 Hessus, Eobanus 55, 131, 141, 149, 154 Hieronymus 91, 93, 209 Adversus Iovinianum 209, 216 Chronica 91 Horaz 38, 93, 96f., 118f., 165, 168, 228, 233, 240, 257, 281, 290, 314, 329-331, 341-343 ars 38, 93, 118 carm. 96, 240 sat. 232 Hrotsvit von Gandersheim 231 Ignatius von Loyola 292 Inghirami, Tommaso 8, 38, 111f., 116-127 Isidor von Sevilla 174f., 178 Julius II. (Papst) 122f. Junius, Hadrianus 94 Kallimachos 73, 151 Karl IX. (König) 148 Kebes von Theben 250 Kleist, Heinrich von 105 Amphitryon 105 Kreps, Michael 358 Kues, Nicolaus von 47, 71, 227 Laberius, Decimus 92 Lambinus, Dionysius 79 Lee, Edward 241 Lefèvre d’Etaples 248f., 259-261 Leo X. (Papst) 111, 123 Lessing, Gotthold Ephraim 46, 87f. Leto, Pomponio 111-113, 117, 120, 122 Lindanus, Wilhelm 343, 345 365 Namensverzeichnis Lipsius, Justus 9, 20, 23, 30f., 79f., 92-96, 347, 349-358 De constantia 351, 358 Politica 9, 349-353, 355, 357 Livius 77, 96, 119, 349 Lucan 293 Ludwig von Württemberg (Herzog) 131 Luther, Martin 9, 56, 152, 307-318, 320, 326-331, 337-340, 342-345, 358 Machiavelli, Niccolò 348, 353 Discorsi 348, 353 Il Principe 349, 353 Macrobius 69, 178 Manuzio, Aldo 166, 227 Marsuppini, Carlo 210f., 217-220, 222 Martial 71, 93, 237, 290-295, 329f., 341-343 Maximilian II. (Kaiser) 148-150 Medici, Cosimo de’ 210, 222 Medici, Giuliano de’ 123f., 222 Medici, Lorenzo de’ 112, 123, 200 Mercerus, Josias 78, 93 Merula, Giorgio 7, 16-35, 37, 39f., 47, 74f., 196 Moerbeke, Wilhelm von 167 Molière 105 Amphitryon 105 Mozart, Wolfgang Amadeus 267 Naevius 67, 77, 331, 340 Niccoli, Niccolò 210-220 Nonius Marcellus 69, 71f., 77-79, 119, 328 Northoff, Christian 238 Northoff, Heinrich 238 Oosterbaan, Petrus 197 Origenes 233 Orsini, Giordano (Kardinal) 7, 17, 47, 176 Ovid 257, 259f., 293f., 296, 329, 331, 341-343, 356 met. 257, 259, 296 Pacuvius 67, 69, 71, 77, 342 Palliolo da Fano, Paolo 124-127 Pareus, Johann Philipp 24, 46, 49-51, 64, 80f., 196 Parrasio, Aulo Giano 113, 117 Pastrengo, Guglielmo da 69 Paul II. (Papst) 112 Pazzi, Alessandro de’ 166 Perotti, Niccolò 71-73, 78 Cornucopiae 71f., 78 Persius 251, 290, 341f. Petrarca, Francesco 69, 200, 210, 279, 289 Pindar 45, 64 Pio, Giovan Battista 75 Pisani, Ugolino 202 Philogenia et Epiphebus 202 Platon 135, 165, 169, 180, 203 Plinius d.Ä. 74, 234 Plutarch 249f. Polenton, Sicco 69f. Scriptores illustrium Latinae linguae 69 Poliziano, Angelo 7f., 70, 73f., 77f., 166f., 176, 181-184, 187, 191-203 Epistolae 200 Fabula di Orfeo 200 Miscellaneorum centuria prima 73, 195, 197 Miscellaneorum centuria secunda 74, 199f. Pollich, Martin 51, 56 Pollux Onomastikon 193 Priscian 69, 71, 79, 119, 199 Properz 96, 329, 342 366 Namensverzeichnis Prudentius 255 Putschen, Elias van 79 Quintilian 93, 95f., 202, 217 Rader, Matthäus 147 Ratherius von Verona (Bischof) 67 Rhenanus, Beatus 248-251, 257, 259-261, 349 Riario, Raffaele (Kardinal) 114-116 Riccioli, Giambattista 9, 267-284 Prosodia Bononiensis 9, 267f., 270-277, 279, 281f. Roting, Michael 51, 56 Rotrou, Jean de 105 Les Sosies 105 Rudolf II. (Kaiser) 150, 155 Sabellico, Marcantonio 113, 120 Pomponii Vita 113 Sallust 241, 350f. Catil. 350 Salutati, Coluccio 167, 179-181, 187, 349 De laboribus Herculis 167, 179f. Scaliger, Joseph Justus 7, 19, 46, 77-81, 92, 94f., 231 Schede, Paulus Melissus 94 Schönborner, Georg 354, 356f. Politica 356 Schoppe, Caspar 355f. Classicum belli sacri 355 Schürer, Matthias 248-250, 256 Scutarius, Eugenius 16, 18, 20, 24, 29, 33, 74 Sedigitus, Volcacius 70 Seneca 38, 115, 117, 136, 236, 293, 315 epist. 136 Phaedr. 115f. Sixtus IV. (Papst) 112 Speckner, Georg 89-91 Staphylus, Friedrich 311, 313, 316, 343f. Statius 75, 290, 293, 340-343 Stengel, Georg 147 Stilo, L. Aelius 93f. Stucki, Johann Wilhelm 134, 150, 153 Sturm, Johannes 355 Sueton 95, 174 Sulpizio da Veroli, Giovanni 114f. Tacitus 131f., 135, 148, 348-350, 353f. ann. 348f., 353 Germ. 135 hist. 348f., 353 Taubmann, Friedrich 7f., 49, 51, 80f., 87-97 Bacchanalia 88f., 95 Columbae Poeticae 89f. In Plautum 89f. Martinalia 88f. Melodaesia 89f. Terenz 7, 38, 74, 92, 95, 111, 113, 120, 133-136, 141, 143, 145f., 171, 173, 176-178, 180f., 185, 191, 194, 213, 217, 227-229, 231, 248, 278f., 281, 290f., 293, 301, 316, 329-331, 340-343, 350, 354 Andr. 74, 127, 181f., 184, 191f., 199 Haut. 95, 135 Hec. 217 Tertullian 233 Theophrast 169, 174f., 183, 209f., 216 Liber de nuptiis 209 Urceo, Antonio (Codro) 254, 256, 261 Valla, Giorgio 16, 165, 221 Varro 69-71, 77-79, 81, 88, 93f., 169, 174, 202, 330, 343 Vergil 212, 228, 289f., 293f., 329, 331, 340-343 Vitruv 114f. Werler, Veit 47, 50f., 55f. Wimpfeling, Jakob 144 367 Namensverzeichnis Zwingli, Huldrych 147 368 Namensverzeichnis NeoLatina herausgegeben von Thomas Baier, Wolfgang Kofler, Eckard Lefèvre und Stefan Tilg Die NeoLatina wurden im Jahr 2000 ins Leben gerufen und haben sich seither zu einem maßgeblichen Organ auf dem Gebiet der neulateinischen Studien entwickelt. In die Reihe finden einschlägige Monographien, kommentierte Textausgaben sowie Sammelbände zu klar umgrenzten Gebieten Eingang. Von Interesse ist die gesamte lateinische Literatur und Kultur seit der Frührenaissance, z.B. die Rezeption antiker Autoren oder die Stellung des Neulateins im Kontext der aufkommenden Nationalliteraturen. Die Reihe ist für Klassische Philologen, Neuphilologen, Historiker sowie alle auf dem Gebiet der Frühen Neuzeit Forschenden von Bedeutung. Seit 2017 werden alle Bände einem Single Blind Peer-Review-Verfahren mit zwei Gutachtern unterzogen. Bisher sind erschienen: Frühere Bände finden Sie unter: https: / / www.narr.de/ literaturwissenschaft-kat/ literaturwissenschaft-reihen-kat/ neolatina 6 Joachim Camerarius Eclogae / Die Eklogen herausgegeben von Lothar Mundt 2004, XXXVII, 327 Seiten €[D] 78,- ISBN 978-3-8233-6081-0 7 Tamara Visser Antike und Christentum in Petrarcas Africa 2004, V, 411 Seiten €[D] 88,- ISBN 978-3-8233-6117-6 8 Gérard Freyburger / Eckard Lefèvre (Hrsg.) Balde und die römische Satire/ Balde et la satire romaine 2005, 343 Seiten €[D] 98,- ISBN 978-3-8233-6141-1 9 Ulrike Auhagen / Stefan Faller / Florian Hurka (Hrsg.) Petrarca und die römische Literatur 2005, 337 Seiten €[D] 98,- ISBN 978-3-8233-6142-8 10 Eckart Schäfer (Hrsg.) Sannazaro und die Augusteische Dichtung 2005, 278 Seiten €[D] 88,- ISBN 978-3-8233-6193-0 11 Eckart Schäfer (Hrsg.) Sarbiewski Der polnische Horaz 2006, 321 Seiten €[D] 98,- ISBN 978-3-8233-6224-1 12 Reinhold Glei (Hrsg.) Virgilius Cothurnatus - Vergil im Schauspielhaus Drei lateinische Tragödien von M. Maittaire 2006, 220 Seiten €[D] 49,- ISBN 978-3-8233-6238-8 13 Eckard Lefèvre / Eckart Schäfer (Hrsg.) Daniel Heinsius Klassischer Philologe und Poet 2007, 443 Seiten €[D] 98,- ISBN 978-3-8233-6339-2 14 Thorsten Fuchs Philipp Melanchthon als neulateinischer Dichter in der Zeit der Reformation 2007, 428 Seiten €[D] 98,- ISBN 978-3-8233-6340-8 15 Eckart Schäfer Michael Marullus Ein Grieche als Renaissancedichter in Italien 2008, 288 Seiten €[D] 98,- ISBN 978-3-8233-6435-1 16 Eckart Schäfer (Hrsg.) Conrad Celtis: Oden / Epoden / Jahrhundertlied Libri Odarum quattuor, cum Epodo et Saeculari Carmine (1513) 2012, 394 Seiten €[D] 98,- ISBN 978-3-8233-6635-5 17 Eckard Lefèvre / Eckart Schäfer (Hrsg.) Ianus Dousa Neulateinischer Dichter und Klassischer Philologe 2009, 360 Seiten €[D] 98,- ISBN 978-3-8233-6525-9 18 Eckard Lefèvre / Eckart Schäfer (Hrsg.) Beiträge zu den Sylvae des neulateinischen Barockdichters Jakob Balde 2010, 351 Seiten €[D] 98,- ISBN 978-3-8233-6614-0 19 Marie-France Guipponi-Gineste / Wolfgang Kofler / Anna Novokhatko / Gilles Polizzi (Hrsg.) Die neulateinische Dichtung in Frankreich zur Zeit der Pléiade / La Poésie néo-latine en France au temps de la Pléiade 2015, 340 Seiten €[D] 98,- ISBN 978-3-8233-6702-4 20 Wolfgang Kofler / Anna Novokhatko (Hrsg.) Cristoforo Landinos "Xandra" und die Transformationen römischer Liebesdichtung im Florenz des Quattrocento 2016, 297 Seiten €[D] 98,- ISBN 978-3-8233-6785-7 21 Stefan Tilg / Isabella Walser (Hrsg.) Der neulateinische Roman als Medium seiner Zeit/ The Neo-Latin Novel in its Time 2013, 270 Seiten €[D] 98,- ISBN 978-3-8233-6792-5 22 Iris Heckel (Hrsg.) Floris van Schoonhoven Lalage sive Amores Pastorales - Lalage oder Bukolische Liebesgedichte (1613) 2014, 468 Seiten €[D] 98,- ISBN 978-3-8233-6897-7 23 Thomas Baier / Jochen Schultheiß (Hrsg.) Würzburger Humanismus 2015, 305 Seiten €[D] 98,- ISBN 978-3-8233-6898-4 24 T. Baier / T. Dänzer / F. Stürner (Hrsg.) Angelo Poliziano Dichter und Gelehrter 2015, 288 Seiten €[D] 98,- ISBN 978-3-8233-6977-6 25 Patrick Lucky Hadley Athens in Rome, Rome in Germany Nicodemus Frischlin and the Rehabilitation of Aristophanes in the 16th Century 2015, 185 Seiten €[D] 88,- ISBN 978-3-8233-6923-3 26 Philipp Weiß (Hrsg.) Jacob Balde Epithalamion 2015, 195 Seiten €[D] 88,- ISBN 978-3-8233-6993-6 27 Thomas Baier (Hrsg.) Camerarius Polyhistor Wissensvermittlung im deutschen Humanismus 2017, 364 Seiten €[D] 98,- ISBN 978-3-8233-8109-9 28 Tobias Dänzer Poetik und Polemik Angelo Polizianos Dichtung im Kontext der Gelehrtenkultur der Renaissance 2018, 295 Seiten €[D] 98,- ISBN 978-3-8233-8163-1 29 Werner Suerbaum Vergils Epos als Drama Die Gattungstransformation der Inclyta Aeneis in der Tragicocomoedia des Johannes Lucienberger, Frankfurt 1576 2018, 514 Seiten €[D] 118,- ISBN 978-3-8233-8225-6 30 Francesco Furlan / Gabriel Siemoneit / Hartmut Wulfram (Hrsg.) Exil und Heimatferne in der Literatur des Humanismus von Petrarca bis zum Anfang des 16. Jahrhunderts L’esilio e la lontananza dalla patria nella letteratura umanistica dal Petrarca all’inizio del Cinquecento 2019, 592 Seiten €[D] 118,- ISBN 978-3-8233-8199-0 31 Wolfgang Kofler / Simon Wirthensohn / Stefan Zathammer (Hrsg.) Joseph Resch als Bühnenautor Die Brixner Schuldramen und ihr Kontext in Vorbereitung, ca. 240 Seiten €[D] ca. 88,- ISBN 978-3-8233-8230-0 32 Carla Chiummo / Wolfgang Kofler / Valerio Sanzotta (Hrsg.) Pascoli Latinus Neue Beiträge zur Edition und Interpretation der neulateinischen Dichtung von Giovanni Pascoli - Nuovi contributi all’edizione e all’interpretazione della poesia latina di Giovanni Pascoli in Vorbereitung, ca. 240 Seiten €[D] ca. 98,- ISBN 978-3-8233-8237-9 33 Stefan Tilg / Benjamin Harter (Hrsg.) Neulateinische Metrik Formen und Kontexte zwischen Rezeption und Innovation 2019, 350 Seiten €[D] 98,- ISBN 978-3-8233-8266-9 34 Thomas Baier / Tobias Dänzer (Hrsg.) Plautus in der Frühen Neuzeit 2020, 372 Seiten €[D] 98,- ISBN 978-3-8233-8323-9