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Forschende Fachdidaktik II

2019
978-3-8233-9348-1
Gunter Narr Verlag 
Daniela Unger-Ullmann
Christian Hofer

In der vorliegenden Publikation Forschende Fachdidaktik II werden Forschungs- und Projektergebnisse der Abteilung Fachdidaktik des treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik der Universität Graz präsentiert. Die Abteilung Fachdidaktik fördert mit den durchgeführten Projekten die Weiterentwicklung von sprachlehr- und -lerntheoretischen Untersuchungen, die aus dem universitären fremdsprachlichen Unterricht hervorgehen. ProjektleiterInnen sind vornehmlich Sprachlehrende, die ihr Praxiswissen in einen forschenden Kontext stellen. Die Gestaltung der Beiträge richtet sich nach dem Forschungshintergrund der einzelnen Projekte, welcher als handlungsforschender Ausgangspunkt für die Beschreibung des konkreten Projektverlaufs dient. Die AutorInnen resümieren ihre Projektergebnisse und betten diese in einen sprachendidaktischen Zusammenhang ein. Diese Implikationen ermöglichen eine Reintegration in den konkreten Unterrichtskontext.

25,2 ISBN 978-3-8233-8348-2 In der vorliegenden Publikation Forschende Fachdidaktik II werden Forschungs- und Projektergebnisse der Abteilung Fachdidaktik des treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik der Universität Graz präsentiert. Die Abteilung Fachdidaktik fördert mit den durchgeführten Projekten die Weiterentwicklung von sprachlehr- und -lerntheoretischen Untersuchungen, die aus dem universitären fremdsprachlichen Unterricht hervorgehen. ProjektleiterInnen sind vornehmlich Sprachlehrende, die ihr Praxiswissen in einen forschenden Kontext stellen. Die Gestaltung der Beiträge richtet sich nach dem Forschungshintergrund der einzelnen Projekte, welcher als handlungsforschender Ausgangspunkt für die Beschreibung des konkreten Projektverlaufs dient. Die AutorInnen resümieren ihre Projektergebnisse und betten diese in einen sprachendidaktischen Zusammenhang ein. Diese Implikationen ermöglichen eine Reintegration in den konkreten Unterrichtskontext. Unger-Ullmann / Hofer (Hrsg.) Forschende Fachdidaktik II Forschende Fachdidaktik II Daniela Unger-Ullmann / Christian Hofer (Hrsg.) Sprachenlernen im wissenschaftlichen Diskurs 18348_Umschlag.indd Alle Seiten 11.10.2019 10: 25: 56 Daniela Unger-Ullmann / Christian Hofer (Hrsg.) Forschende Fachdidaktik II Sprachenlernen im wissenschaftlichen Diskurs Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. © 2019 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de CPI books GmbH, Leck ISBN 978-3-8233-8348-2 (Print) ISBN 978-3-8233-9348-1 (ePDF) ISBN 978-3-8233-0193-6 (ePub) www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® Inhaltsverzeichnis Daniela Unger-Ullmann, Christian Hofer Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Daniela Unger-Ullmann Praxisrelevante Überlegungen zur Angebotsentwicklung in der universitären Fremdsprachenlehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Christian Hofer Die SprachLernBegleitung. Vom Lehren zum Beraten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Marjorie Rosenberg Learning styles and learner strategies . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 Kaori Sohar Lehrstrategien zur Wortschatzvermittlung im Fremdsprachenunterricht. Eine Fallstudie im Bereich Japanisch als Fremdsprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 Andreas Lieb SUDaFU-Studie: Aspekte des Syntaxerwerbs im universitären Deutsch-als-Fremdsprache-Unterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 Eva Seidl und Birgit Simschitz Forschungsbasierte Unterstützung von Erasmus-Incoming-Studierenden im akademischen Alltag. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 Maria Valentina Kravanja Integration von Kunst in den Fremdsprachenunterricht. Möglichkeiten und Vertiefung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 Lisa Marie Hammer Angst beim Sprachenlernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 AutorInnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 Vorwort 7 Vorwort Daniela Unger-Ullmann, Christian Hofer In der vorliegenden Publikation Forschende Fachdidaktik II werden Forschungs- und Projektergebnisse der Abteilung Fachdidaktik des treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik der Universität Graz präsentiert. Die Abteilung Fachdidaktik fördert mit den durchgeführten Projekten die Weiterentwicklung von sprachlehr- und -lerntheoretischen Untersuchungen, die aus dem universitären fremdsprachlichen Unterricht hervorgehen. ProjektleiterInnen und ForscherInnen sind vornehmlich Sprachlehrende, welche ihr Praxiswissen in einen forschenden Kontext stellen. Diesbezügliche Forschungscharakteristika sind Erörterungen von Frage- und Problemstellungen aus der Unterrichtspraxis sowie die Integration der Forschungsergebnisse in das Unterrichtsgeschehen, etwa mittels unterstützender Handlungsleitfäden. Die Gestaltung der Beiträge richtet sich nach dem Forschungshintergrund der einzelnen Projekte, welcher als handlungsforschender Ausgangspunkt für die Beschreibung des konkreten Projektverlaufs dient. Die AutorInnen resümieren des Weiteren ihre Projektergebnisse und betten diese in einen sprachendidaktischen Zusammenhang ein. Diese Implikationen ermöglichen eine Reintegration in den konkreten Unterrichtskontext. Daniela Unger-Ullmann lenkt in ihrem einführenden Beitrag Praxisrelevante Überlegungen zur Angebotsentwicklung in der universitären Fremdsprachenlehre den Blick auf die Gestaltung und Konzeption des Lehrangebots an einem universitären Sprachenzentrum. Dabei kristallisiert sich heraus, dass sich die Lehrplanung an einem dynamischen und sich stetig verändernden Handlungsfeld orientiert. Veränderungen in der Hochschullandschaft und sich wandelnde Lernanliegen von Studierenden bedürfen einer Weiterentwicklung sowie Anpassung des Lehr- und Lernangebots im universitären Kontext. Die Autorin zieht in diesem Zusammenhang Bedarfserhebungen heran, die alle Handlungsbeteiligten, auch Lehrende und Lernende, in den Konzeptionsprozess mit einschließen. Christian Hofer geht in seinem Beitrag Die SprachLernBegleitung: Vom Lehren zum Beraten auf das am treffpunkt sprachen umgesetzte Projekt SprachLernBegleitung ein. Dieses bietet Sprachenlernenden die Möglichkeit, 8 Daniela Unger-Ullmann, Christian Hofer sich in einem beratenden Setting und ergänzend zum Sprachunterricht in individuellen Lernanliegen begleiten zu lassen. Der Schwerpunkt des Beitrags ist ein ExpertInneninterview mit den ProjektmitarbeiterInnen, wobei der Beratungskontext innerhalb des Lehr- und Lerngeschehens berücksichtigt wird. Außerdem werden stattgefundene SprachLernBegleitungen hinsichtlich inhaltlicher Lernanliegen der zu beratenden Studierenden analysiert und dargestellt. In Learning styles and learner strategies präsentiert Marjorie Rosenberg die Umfrageergebnisse ausgewählter Englischkurse auf dem Niveau B1. Aufbauend auf konkreten Sprachlerntypenkonzepten untersucht die Autorin, welche Lernkanäle und methodisch-didaktischen Zugänge die befragten Studierenden bevorzugen. Dabei stellt sie zur Diskussion, inwiefern diese in der konkreten Unterrichtsplanung zum Tragen kommen. Methodenvielfalt und ein gewisses Maß an Flexibilität in Lehrkonzepten ergeben sich dabei als lerntypengerechte Eckpfeiler. Kaori Sohar fokussiert in ihrem Beitrag Lehrstrategien zur Wortschatzvermittlung im Fremdsprachenunterricht. Eine Fallstudie im Bereich Japanisch als Fremdsprache den Lernbereich Wortschatzerwerb im Japanischen . Die Autorin geht ausführlich auf bestehende wissenschaftliche Ergebnisse und Lehrkonzepte ein. Im Rahmen einer Fallstudie am treffpunkt sprachen erprobt sie mit AnfängerInnen das Read-and-Look-up -Vermittlungskonzept von Michael West und begibt sich in eine evaluierende Analyse. In SUDaFU-Studie: Aspekte des Syntaxerwerbs im universitären Deutsch-als-Fremdsprache-Unterricht stellt Andreas Lieb die Forschungsergebnisse einer Studie vor, welche für den Deutsch-als-Fremdsprache-Unterricht von Bedeutung sind. In seinen Untersuchungen fokussiert der Autor den Syntaxerwerb auf den Niveaustufen A1 bis B2. Im Rahmen ausgewählter Lernformen (Autonomes Lernen, Beratendes Lernen, Kooperativ-kollaboratives Lernen und Reflektierendes Lernen) entwickelte er entsprechende Unterrichtskonzepte, die in universitären Deutschkursen bereits erprobt wurden. Er arbeitet heraus, welche der verwendeten Lernformen den Erwerb syntaktischer Strukturen positiv beeinflussen. Eva Seidl und Birgit Simschitz nehmen in ihrem Beitrag Forschungsbasierte Unterstützung von Erasmus-Incoming-Studierenden im akademischen Alltag die Study Abroad Research zum Ausgangspunkt ihres Projekts. Sie stellen den Forschungsbedarf, sich mit Erfahrungen von Austauschstudierenden eingehender auseinanderzusetzen, fest und fokussieren Mobilitätsstudierende, die sich für ein Semester in Österreich aufhalten. Analysiert werden dabei das Erleben eines Auslandsaufenthalts, unter anderem unter Berücksichtigung interkultureller Konfliktbereiche, sowie Lehrmethoden, Lernstile und Leistungsanforderungen. Vorwort 9 In Integration von Kunst in den Fremdsprachenunterricht. Möglichkeiten und Vertiefung ist es Maria Kravanjas Bestreben, Kunst in den sprachendidaktischen Rahmen zu integrieren, womit sie sich auch auf eine kulturkundliche und kunstpädagogische Ebene begibt. Zentrales Ziel ihres Forschungsprojekts ist es, eigens entwickelte kunstorientierte Sprachlernübungen für unterschiedliche Niveaustufen und Sprachen einzusetzen und einer Evaluierung hinsichtlich ihrer Sinnhaftigkeit zu unterziehen. Dabei wurden sowohl Sprachenlernende als auch Sprachlehrende befragt. Ein aus den Untersuchungen heraus erstelltes Handbuch für Lehrende ermöglicht einen praxisnahen Transfer in den Sprachunterricht und stellt in der Erstellung von Lehrkonzepten eine Bereicherung dar. Lisa Hammer untersucht in ihrem Beitrag Angst beim Sprachenlernen den Themenbereich Angst in Sprachlernprozessen . Ausgehend von der aktuellen Forschungslage zum Thema Emotionen und neurodidaktische Aspekte des Lernens nimmt sie auf folgende Projektziele Bezug: das Aufzeigen der Angstproblematik im Sprachunterricht, den Einfluss der Angst auf den Lernprozess, die Bemerkbarkeit der Angst im Unterricht sowie die konkrete Erarbeitung didaktischer Methoden und Maßnahmen. Die Autorin richtet einen multiperspektivischen Blick auf den Themenbereich und berücksichtigt die Sichtweise von Lernenden und Lehrenden. Auf diese Weise leistet das Forschungsprojekt einen Beitrag zur Schaffung einer angstfreien Lernatmosphäre im Sprachunterricht. Daniela Unger-Ullmann und Christian Hofer danken allen AutorInnen für ihre dargebrachten Beiträge und dem Verlag für die Bereitschaft, dieses Buch in sein Programm aufzunehmen. Insbesondere danken die HerausgeberInnen Eva Townley für ihre Hilfe beim Korrigieren und Formatieren der Texte. Praxisrelevante Überlegungen zur Angebotsentwicklung in der universitären Fremdsprachenlehre Daniela Unger-Ullmann Abstract Der vorliegende Beitrag Praxisrelevante Überlegungen zur Angebotsentwicklung in der universitären Fremdsprachenlehre beschäftigt sich konzeptionell mit ausgewählten Fragestellungen und Zielsetzungen des Managements im Bereich Angebot und Nachfrage und fokussiert insbesondere die produktive Interaktion der am Entwicklungsprozess beteiligten AkteurInnen: Hochschulleitung - Leitung der Sprachlehreinrichtung - Sprachlehrende - Studierende. Gleichzeitig werden im Format einer Bedarfserhebung konkrete Erfahrungen mit der am treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik der Karl-Franzens-Universität Graz institutionalisierten Angebotsentwicklung beschrieben. Eingangs adressiert der Beitrag die identitätsstiftende Funktion von Angebotsentwicklung für die Profilbildung universitärer Sprachenzentren im Allgemeinen und für treffpunkt sprachen im Besonderen. Hervorgehoben werden die zunehmende Bedeutung von Entwicklungsprozessen in der Angebotslegung vor dem Hintergrund einer sich ständig verändernden Hochschullandschaft. Lehrangebote werden als keine statische und institutionsübergreifende Konstante verstanden, sondern als eine institutionell geprägte Größe, die es in dialogischen Prozessen zwischen den beteiligten AkteurInnen zu verhandeln gilt. Ausgangslage Für den Erfolg einer dynamischen Angebotsentwicklung sind bestimmte Rahmenbedingungen, insbesondere die Unterstützung und Anerkennung der Sprachlehreinrichtung seitens der Hochschulleitung entscheidend. Die enge Verbindung zwischen Hochschulleitung und Leitung der Sprachlehreinrich- 12 Daniela Unger-Ullmann tung spiegelt sich in den Zielvereinbarungen wider (vgl. Unger-Ullmann/ Seidl 2017, S. 110f.). Diese stellen ein zentrales Element für die Lehrangebotsentwicklung dar und erfolgen in einem produktiven Austausch zwischen Rektorat und Management. Die Veränderung gesellschaftlicher Rahmenbedingungen fordert von universitären Sprachenzentren, deren Aufgabe es ist, die Sprachkompetenz der Studierenden zu erweitern, eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit der Ausrichtung ihres Lehrangebots. Lehre ermöglicht nicht nur die Vermittlung von Sprachkenntnissen, die im Zusammenhang mit Aspekten der Sprachlehr- und -lernforschung stehen, sondern bildet die Grundlage für einen gesellschaftspolitisch relevanten Wissenschaftsbetrieb, der durch einen grenzüberschreitenden Plurikulturalismus und die damit verbundene Mehrsprachigkeit charakterisiert ist. Trotz knapper finanzieller Ressourcen entspricht das Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik den aktuellen Forderungen nach didaktisch ansprechender Lehre. Mit Blick auf die Förderung der Sprachkompetenz wird die kontinuierliche Weiterbildung der Studierenden als wesentliches Merkmal des Zentrums hervorgehoben. Weiterbildungsmaßnahmen unterliegen transparenten Kriterien (vgl. treffpunkt sprachen 2019a) und entsprechen den methodisch-didaktischen Anforderungen im universitären Sprachlehrkontext. Bezug nehmend auf die Förderung der Sprachkompetenz als entscheidenden Faktor der Angebotsentwicklung stellt die Zielvereinbarung ein nachfrageorientiertes Lehrangebot in den Mittelpunkt. Aufgabe des Zentrums ist es, das Angebot der Lehre durch Bedarfserhebungen zu flankieren bzw. zu sichern. Dabei spielt die Meinung der Studierenden, die aktiv am Unterrichtsgeschehen teilnehmen, eine zentrale Rolle, zumal deren Professionalisierungsinteressen eine wesentliche Grundlage für die Auslastung der Sprachkurse bilden. Im Rahmen des Lehrangebots von treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik dienen die in der Zielvereinbarung genannten Kursformen (vgl. Karl-Franzens-Universität Graz 2019a, S. 4) als wichtiges Instrument zur Vernetzung fächerübergreifender Themen. Das Kursangebot beruht darauf, Sprachenvielfalt in Form von kommunikativen Sprachkursen für Studierende aller Fakultäten, Internationale Studierende, Universitätsbedienstete, AbsolventInnen sowie Externe zu fördern. Die Kurse sind sowohl fachlich als auch pädagogisch-didaktisch hochwertig, orientieren sich an europäischen Standards (Europäischer Referenzrahmen des Europarats) und vermitteln den KursteilnehmerInnen eine gute fremdsprachliche Zusatzqualifikation für ihre spätere Berufslaufbahn. Praxisrelevante Überlegungen zur Angebotsentwicklung 13 Förderung der Sprachenvielfalt durch • Sprachkurse für Studierende philologischer und nicht philologischer Studienrichtungen, • fachspezifische Sprachkurse mit Schwerpunkt Mittel- und Südosteuropa, • Kursangebote für Universitätsbedienstete, AbsolventInnen und externe TeilnehmerInnen. Gewährleistung der Aus- und Weiterbildung im Sprachenbereich durch • Aus- und Weiterbildungsmodule für (angehende) Sprachlehrende in der Erwachsenenbildung, • Aus- und Weiterbildungsmodule für Sprachenstudierende und interessierte Studierende anderer Studienfächer, die sich mit der Thematik Sprachen und Sprachenlernen in einem größeren Zusammenhang auseinandersetzen wollen, • Angebote an Weiterbildungsseminaren für Sprachlehrende. Verstärkung der Informations- und Zusatzangebote zum Thema Sprachenlernen durch • Informationsangebote auf der Homepage (Links, Zusammenfassungen etc.), • Zusatzangebote zur Förderung des Sprachenlernens. Eine Stärkung der Position des Zentrums für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik geht mit einem innovativen Lehrveranstaltungsangebot einher und schließt die Verbindung von Angebot und Nachfrage mit ein. Zeitgemäße Lehrangebote stellen eine der wichtigsten Komponenten dar, über die ein Sprachenzentrum im tertiären Bildungsbereich verfügen muss, um den Anforderungen des Aus- und Weiterbildungssystems zu genügen. Angebotsentwicklung Eine zentrale Anforderung an Universitäten und Hochschulen ist die nachfrageorientierte Ausgestaltung des Lehrangebots. Dies gilt sowohl für den Aufbau der Lehrveranstaltungen als auch für deren inhaltliche Schwerpunktsetzung. Vorrangiges Ziel von universitären Einrichtungen ist es, den bestehenden Bedarf möglichst genau zu bestimmen, um das Angebot entsprechend modifzieren zu können. Die Erhebung der Bedarfe am treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik erfolgt im Rahmen der Sichtung von Angeboten anderer Weiterbildungsanbieter und der Befragung von KursteilnehmerInnen in schriftlicher (Fragebögen) und/ oder mündlicher (Interviews) Form. 14 Daniela Unger-Ullmann Bedarfserhebung Ein Vergleich der Angebote bereichsspezifischer Institutionen kann einen wichtigen Beitrag zur Modifikation des eigenen Lehrangebots leisten und zu einer größeren Akzeptanz bei Lehrenden und Studierenden führen. Diesbezüglich ist es für treffpunkt sprachen bedeutsam, einzelne Sprachen, die Zielgruppe, das allgemeine und vertiefende bzw. fachspezifische Kursangebot, Besonderheiten sowie Kursformen (Einzel- und Gruppenunterricht) und Kosten von Bildungsdienstleistern, die den gleichen räumlichen Einzugsbereich abdecken, zu analysieren (vgl. Schlutz 2006, S. 50f.). Die Analyse des Angebots wird ganz wesentlich durch Faktoren beeinflusst, die beispielsweise gesellschaftsrelevante Fragestellungen oder arbeitsmarktbezogene Veränderungen betreffen. Des Weiteren spielen Aspekte, wie die bestehende Nachfrage von spracheninteressierten Personen und das Interesse der Hochschulen an Weiterbildungsmaßnahmen, deren Stellenwert in Zielvereinbarungen hervorgehoben werden sollte, eine wichtige Rolle. Entwicklungskonzepte der Hochschulen können eine starke Auswirkung auf die Gestaltung des Lehrangebots haben (vgl. Faulstich et al. 2007, S. 134f.). Sie schränken jedoch die Einführung neuer, innovativer „Produkte“ ein und gehen mit der Anforderung einher, sich der Profilbildung der jeweiligen Hochschuleinrichtung anzupassen. Aus diesem Grund ist es nicht zielführend, von einer bestehenden Profilbildung auf den entsprechenden Bedarf zu schließen und aus einem von der Hochschulleitung festgelegten Lehrangebot eine diesbezügliche Nachfrage abzuleiten. Vielmehr sollte die Entscheidung über Bedarf und Nachfrage von Seiten der Sprachlehreinrichtung getroffen werden, um den „manifesten Bedarf“ (Schlutz 2006, S. 41), der sich in der statistischen Darstellung der TeilnehmerInnenzahlen widerspiegelt (vgl. Unger-Ullmann 2018, S. 175f.), in die Angebotsentwicklung mit einfließen zu lassen und individuelle Präferenzen der Zielgruppe sowie diverse Kosten-Nutzen-Rechnungen zu berücksichtigen. Sprachen Zielgruppe Allgemeines Angebot Vertiefende/ Fachspezifische Kurse Besonderheiten Englisch Französisch Italienisch Spanisch Deutsch Arabisch Chinesisch Dänisch Finnisch Griechisch Japanisch Kroatisch Niederländisch Norwegisch Polnisch Portugiesisch Rumänisch Russisch Schwedisch Türkisch Ungarisch Privatpersonen Firmen Kinder und Jugendliche Privatpersonen Einzelunterricht (live/ virtuell, intensiv, Skype/ Telefon) Gruppenunterricht (Semi-Privat-Unterricht 2-3 Personen, Konversationsunterricht, Business Workshops, virtueller Gruppenunterricht) E-Learning Blended Learning Firmen Einzelunterricht (live/ virtuell, intensiv, Skype/ Telefon) Gruppenunterricht (live/ virtuell) E-Learning Blended Learning Kinder und Jugendliche Sprachcamps Sprachkurse (z. B. Kindergärten oder Schulen) Zertifikate ÖSD, TOEFL, IELTS, Cambridge, DELF, DALF, TFI, CELI, DELE, TOEIC Kosten Einzelunterricht € 55,-/ Einheit Gruppenunterricht € 480,-/ 10 Wochen Business Workshops für Firmen und Private Themen: Verhandlungen, Besprechungen, Geschäftskorrespondenz, Telefonate und Arbeitsgespräche, Präsentationen, Smalltalk Sprachen: Englisch, Französisch, Deutsch Konversationskurse für Private Niveau A2 und B1; nur für Englisch Business Seminare für Firmen Interkulturelle Kompetenz Themen: Business Across Cultures, Erfolgreiches Zusammenarbeiten, Internationale Führung und Unternehmenskultur, Relocation Training (vor dem Auslandsaufenthalt), Repatriation (nach dem Auslandsaufenthalt) Sprachen: Deutsch, Englisch und Französisch Management-/ Führungskompetenztraining Themen: Effizient kommunizieren, souverän Präsentieren, Konfliktmanagement, Umgang mit Veränderungen, Feedback geben und nehmen, Durchsetzungsvermögen Sprache: Deutsch Vorbereitungskurse für Zertifikate für alle Kostenloser Einstufungstest Maßgeschneidertes Programm (z. B. Anpassung der Kursinhalte an Bedürfnisse von Firmen) Förderungen (Bildungscheck, Bildungskarenz) Kostenlose Probestunde Tabelle 1: Beispiel für ein Angebot einer Sprachschule © treffpunkt sprachen 16 Daniela Unger-Ullmann Um die persönlichen Wünsche der Zielgruppe auszuloten, galt es zunächst, eine Situationsanalyse (vgl. Meffert et al. 2012) durchzuführen, die sich in drei Bereiche unterteilt: • Kontextanalyse, • Markt- und Ressourcenanalyse, • Zielgruppenanalyse. Im Rahmen der Kontextanalyse wurden universitätsinterne Regelungen, welche das Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidatik betreffen, gemeinsam mit dem Organisationsteam und den Lehrbeauftragten besprochen. Neben der eingangs erwähnten Zielvereinbarung des treffpunkt sprachen mit dem Vizerektorat für Studium und Lehre standen Akkreditierungsrichtlinien im Mittelpunkt, die den Studierenden zugutekommen sollten. Eine Anrechnung zeitsparender Sprachkurse, die in geblockter Form angedacht waren, stand für alle Gesprächsbeteiligten außer Frage. Ziel war es, das bestehende Kursangebot mit neuen, jedoch kürzeren Lehrveranstaltungen 1 zu ergänzen und Studierenden auf diese Weise die Möglichkeit zu bieten, sich neben ihrem regulären Vollzeitstudium sprachenspezifisch weiterzubilden (zu kompakten Angeboten vgl. Schlutz 2006, S. 118). In Bezug auf die Markt- und Ressourcenanalyse war es naheliegend, die tabellarische Auswertung des Angebots anderer Sprachkursanbieter (vgl. Tabelle 1) heranzuziehen und auf Differenzierungsmerkmale zu achten. Dabei konnte festgestellt werden, dass sich die meisten Sprachkursanbieter in ihren allgemeinen und fachspezifischen Kursangeboten nur geringfügig unterscheiden und wenige Besonderheiten (z. B. Stadtführungen, Sprachencafés, Chor, Tanzkurse, Kochkurse oder Lesungen) aufweisen. Um sich von den herkömmlichen Angeboten abzuheben, wurden im Hinblick auf die Studierenden, auf die im Rahmen der Zielgruppenanalyse noch gesondert eingegangen wird, Lehrveranstaltungen von den Lehrbeauftragten vorgeschlagen, die sich auf eine gezielte Erweiterung der Sprachkompetenz konzentrieren. In diesem Zusammenhang war es von Bedeutung, die sprachlichen Unsicherheiten der Lernenden, die sich in den allgemeinsprachlichen Kursen erkennen ließen, mit vertiefungs- und fachspezifischen Angeboten zu kompensieren. Neben Aussprachetrainings , Grammatiktrainings , Perfektionierungskursen und Schreibkompetenzkursen sollten auch Student Exchange Trainings (sprachliche Vorbereitung auf einen Auslandsaufenthalt) und Workshops zur interkulturellen Kompetenz zur Wahl stehen. Diskussionsbedarf bestand in der Festlegung der einzelnen Niveaustufen, da sich nach Ansicht einiger Lehrbeauftragter Vertiefungskurse erst ab dem Mittelstufenniveau (B1) 1 Reduktion der herkömmlichen 30 Unterrichtseinheiten (3 ECTS-Punkte) auf 15 Unterrichtseinheiten (1,5 ECTS-Punkte). lohnen würden. Entscheidend für die Einführung neuer Lehrveranstaltungen waren Kriterien, die sich auf Gruppengröße, Abgeltung und Inhalte bezogen. Beträgt die Gruppengröße bei allgemeinsprachlichen Kursen des treffpunkt sprachen 24 TeilnehmerInnen, so erging die Bitte der Lehrbeauftragten an die Zentrumsleitung, die Gruppengröße auf 18 TeilnehmerInnen für das Student Exchange Training und auf 14 TeilnehmerInnen für das Aussprachetraining aus Gründen der Effektivität zu reduzieren. In Bezug auf die Abgeltung konnte von Seiten des Managements zugesichert werden, dass das bisherige Abgeltungsmodell von treffpunkt sprachen (€ 52,09 brutto pro UE) auch für die vertiefungs- und fachspezifischen Kurse gültig ist. In Kooperation mit dem Büro für Internationale Beziehungen der Universität Graz wurden die Inhalte des Student Exchange Trainings festgelegt: Communicative situations Vocabulary Intercultural dimensions Dealing with official matters Looking for an apartment Talking to your landlord/ -lady or your host family Situations in daily life (e.g. meeting friends and colleagues) Dealing with university-related matters Talking about your studies Preparing for lectures/ seminars Authorities and administration Specific vocabulary for the university and your studies Housing and looking for an apartment Daily life (meetings, food, travelling and traffic) Regional knowledge Rules and customs „Dos and Don’ts“ Cultural no-gos University life Valuable knowledge about the life in the respective country/ city Tabelle 2: Kursbeschreibung Student Exchange Training © treffpunkt sprachen Mit dem Student Exchange Training wird der Versuch unternommen, Outgoing-Studierende der Universität Graz nicht nur in sprachlicher, sondern auch persönlicher Hinsicht zu unterstützen. Gleichzeitig bietet es für treffpunkt sprachen gute Chancen, sich an der Universität zu profilieren, da das Angebot die Studierenden in ihrem Vorhaben bestärken soll, ein Semester oder ein Jahr im Ausland zu verbringen (zur Förderung der Mobilität vgl. Karl-Franzens-Universität Graz 2019b, S. 39). Zweifelsfrei steht die Motivation der Studierenden, an einer Weiterbildung dieser Art teilzunehmen, in unmittelbarem Zusammenhang mit ihrer Lebenssituation. Saul Robinsohn (1971, S. 13) bezeichnet diese Praxisrelevante Überlegungen zur Angebotsentwicklung 17 18 Daniela Unger-Ullmann Lebenssituation als „Verwendungssituation“, in der sich Studierende den internationalen Anforderungen zu stellen haben. Nun liegt es an der universitären Sprachlehreinrichtung selbst, zu ermitteln, welche sprachlichen Kompetenzen Outgoing-Studierende benötigen, um ihre „Verwendungssituation“ im Ausland zu bewältigen. Sei es die Erledigung behördlicher Wege, die Wohnungssuche, der Austausch mit VermieterInnen oder der Gastfamilie, gängige Alltagssituationen (z. B. Treffen mit FreundInnen und KollegInnen), die Regelung von universitären Angelegenheiten, das Sprechen über das eigene Studium oder die gezielte Vorbereitung auf Lehrveranstaltungen. Neben den genannten Kommunikationssituationen spielen interkulturelle Dimensionen, wie das landeskundliche Wissen, Regeln und Gepflogenheiten, „Dos and Don’ts“, kulturelle Fettnäpfchen, der universitäre Alltag und Wissenswertes zum Leben im jeweiligen Land/ in der jeweiligen Stadt eine entscheidende Rolle. Aus diesem Bedarf leiten sich die Inhalte des Student Exchange Trainings ab, mit deren Absolvierung die entsprechenden sprachlichen Kompetenzen erreicht werden können. Neben der Nutzung vorhandener freier Lehrkapazitäten erschließt sich das Student Exchange Training als zusätzliche Finanzierungsquelle und ermöglicht die Akquirierung ferngebliebener Interessensgruppen. Im Rahmen der Zielgruppenanalyse ist darauf zu achten, an welche Personen sich das fachspezifische Angebot richtet. Über welche Qualifikationen (Studium und Kompetenzen) sollen die potentiellen TeilnehmerInnen verfügen? Welche Anforderungen können an die Zielgruppe gestellt werden? Welche Erwartungen haben die TeilnehmerInnen an den Anbieter? Bezüglich dieser Fragestellungen ist es ratsam, sich das Zielgruppenprofil am treffpunkt sprachen genauer anzusehen. treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik TeilnehmerInnen nach Fakultäten Zweistündige Semestersprachkurse für Studierende (Bereich Fremdsprachen) Wintersemester 17/ 18 Sprache Theo Rewi Sowi Gewi Nawi Urbi And. TU MUG KUG Ext. Summe Englisch 2 51 22 36 22 25 10 6 1 1 3 179 Französisch 0 28 23 71 26 27 9 10 7 3 10 214 Italienisch 6 14 21 38 21 14 4 6 1 1 6 132 Spanisch 0 26 45 74 62 54 12 20 6 0 11 310 Andere Sprachen 4 23 44 158 108 80 17 45 6 1 51 537 Summe 12 142 155 377 239 200 52 87 21 6 81 1372 Summe in -% 0,87 10,35 11,30 27,48 17,42 14,58 3,79 6,34 1,53 0,44 5,90 100,00 Sommersemester 18 Sprache Theo Rewi Sowi Gewi Nawi Urbi And. TU MUG KUG Ext. Summe Englisch 1 25 25 27 34 30 8 7 1 0 6 164 Französisch 0 20 22 60 22 19 5 6 5 1 13 173 Italienisch 1 5 14 25 17 12 4 6 0 1 10 95 Spanisch 0 10 29 63 57 40 6 12 7 0 9 233 Andere Sprachen 2 20 16 74 53 46 11 19 2 0 37 280 Summe 4 80 106 249 183 147 34 50 15 2 75 945 Summe in -% 0,42 8,47 11,22 26,35 19,37 15,56 3,60 5,29 1,59 0,21 7,94 100,00 TeilnehmerInnen gesamt nach Fakultäten (Bereich Fremdsprachen) Studienjahr 17/ 18 Sprache Theo Rewi Sowi Gewi Nawi Urbi And. TU MUG KUG Ext. Summe Englisch 3 76 47 63 56 55 18 13 2 1 9 343 Französisch 0 48 45 131 48 46 14 16 12 4 23 387 Italienisch 7 19 35 63 38 26 8 12 1 2 16 227 Spanisch 0 36 74 137 119 94 18 32 13 0 20 543 Andere Sprachen 6 43 60 232 161 126 28 64 8 1 88 817 Gesamtsumme 16 222 261 626 422 347 86 137 36 8 156 2317 Gesamtsumme in -% 0,69 9,58 11,26 27,02 18,21 14,98 3,71 5,91 1,55 0,35 6,73 100,00 Legende: Theo: Theologie Rewi: Rechtswissenschaftliche Fakultät Sowi: Sozial- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät Gewi: Geisteswissenschaftliche Fakultät Nawi: Naturwissenschaftliche Fakultät Urbi: Umwelt-, Regional- und Bildungswissenschaftliche Fakultät And.: Andere, z. B. Fachhochschulen TU: Technische Universität Graz MUG: Medizinische Universität Graz KUG: Universität für Musik und darstellende Kunst Graz Ext.: Externe Tabelle 3: TeilnehmerInnen nach Fakultäten © treffpunkt sprachen Mit 27,02- % sind Studierende, die der Geisteswissenschaftlichen Fakultät angehören, in den Sprachkursen am treffpunkt sprachen am meisten vertreten. Ihnen folgen StudentInnen, die naturwissenschaftliche (18,21-%) und bildungswissenschaftliche (14,98- %) Fächer inskribiert haben. Studierende der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften sowie der Rechtswissenschaften sind nur mit 11,26- % und 9,58- % vertreten. Geht man von der Zielgruppe aus, welche am stärksten am treffpunkt sprachen präsent ist, so liegt die Vermutung nahe, dass ein Grundinteresse am Sprachenlernen von Seiten der geisteswissenschaftlichen TeilnehmerInnen besteht. Die Messlatte der Anforderungen lässt sich bei ihnen aufgrund der sprachlichen Vorerfahrungen durchaus höher legen, zumal vielen die elementaren Fertigkeiten (Hören, Lesen, Schreiben, Sprechen) durch ihr (Sprachen-)Studium vertraut sind. Um die persönlichen Wünsche dieser Zielgruppe auszuloten, wurde ein Fragebogen entwickelt, der eine Auswahl an Lehrveranstaltungen enthält, die vom Organisations- und Lehrendenteam vorgeschlagen wurden. 2 Bedarfserhebung Studienjahr 2019/ 20 Bitte wählen Sie die für Sie relevanten Kursformen/ Sprachen aus. Mehrfachantworten sind möglich. Mit der Teilnahme an dieser Umfrage leisten Sie einen wertvollen Beitrag zur Verbesserung des Kursangebots bei treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik. Aussprachetraining (ab Niveau A2/ 15 UE) □ Englisch □ Französisch □ Italienisch □ Spanisch Grammatiktraining (ab Niveau B1/ 30 UE)* □ Französisch □ Italienisch □ Spanisch * Für Englisch wird bereits ein Kurs ab dem Niveau B2 angeboten. 2 Der Fragebogen wurde gewählt, um möglichst viele Studierende befragen zu können. Er gewährleistet Anonymität und ist von seiner Gestaltung so konzipiert, dass alle Fragen durch die Antwortvorgaben einfach und eindeutig beantwortet werden können. Praxisrelevante Überlegungen zur Angebotsentwicklung 21 22 Daniela Unger-Ullmann Perfektionierungskurse Niveau C1 (30 UE) □ Englisch □ Französisch □ Italienisch □ Spanisch Schreibkompetenz (ab Niveau B1/ 30 UE)* □ Französisch □ Italienisch □ Spanisch * Für Englisch wird bereits ein Kurs ab dem Niveau B2 angeboten. Student Exchange Training (ab Niveau A2/ 15 UE)* □ Englisch □ Französisch □ Italienisch □ Spanisch □ Niederländisch □ Russisch □ Schwedisch *Das Student Exchange Training soll Studierende auf einen Auslandsaufenthalt vorbereiten. Themenschwerpunkte: Sprache und Kultur des Ziellandes. Workshops zur interkulturellen Kompetenz (ab Niveau A2/ 15 UE) □ Englisch □ Französisch □ Italienisch □ Spanisch Abbildung 1: Bedarfserhebung Studienjahr 2019/ 20 © treffpunkt sprachen Im Rahmen dieser Umfrage 3 konnten unterschiedliche Meinungen zum Lehrangebot eingeholt werden, die eine Perspektivenvielfalt in der Angebotsentwicklung zulassen. Insgesamt wurden 935 KursteilnehmerInnen zu ihren persönlichen Vorstellungen und Wünschen befragt. Aus den 5.189 eingeholten Antworten 4 ergab sich folgendes Ranking: 3 Da Onlineumfragen erfahrungsgemäß keine hohen Rücklaufquoten aufweisen, wurde der Fragebogen den Studierenden von der Assistenz der Bereichsleitung Lehre im Laufe des Wintersemesters 2018/ 19 persönlich vorgestellt und ausgehändigt. 4 Mehrfachantworten waren möglich. Abbildung 2: Gesamtauswertung der fachspezifi schen Kurse © treff punkt sprachen 1. Aussprachetraining: 20-% 2. Perfektionierungskurse: 19-% 3. Student Exchange Training: 18-% 4. Workshops zur interkulturellen Kompetenz: 17-% 5. Grammatiktraining: 14-% 6. Schreibkompetenz: 12-% 20-% der befragten KursteilnehmerInnen würden sich in den Sprachen Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch ein Aussprachetraining wünschen. 956 Rückmeldungen sind als eindeutiger Hinweis zu sehen, dass Studierende bislang wenig Möglichkeiten hatt en, ihre Aussprache zu verbessern. Auf Platz 2 folgen die Perfektionierungskurse in den Sprachen Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch, wobei die Englischkurse auf Niveau C1 mit 514 Rückmeldungen eine klare Favoritenrolle einnehmen. Mit 18-% ist das Student Exchange Training , welches Studierende auf ihren Auslandsaufenthalt vorbereiten soll, gut im Ranking vertreten. Hier sind vor allem die Sprachen Englisch mit 305 Rückmeldungen und Spanisch mit 220 Rückmeldungen vorrangig. Eine Einführung dieses neuen Programms ist durch die Dritt platzierung durchaus gerechtfertigt. Workshops zur interkulturellen Kompetenz wünschten sich 17-% der Kursteilnehmer- Innen, das Grammatiktraining 14-% und die Schreibkompetenz lediglich 12-%. Implementierung und Durchführung Im Hinblick auf die Auswertung der Umfrage ergibt sich nach einer eingehenden Kosten-Nutzen-Rechnung folgendes Lehrangebot für das Studienjahr 2019/ 20: Praxisrelevante Überlegungen zur Angebotsentwicklung 23 24 Daniela Unger-Ullmann Wintersemester 2019/ 20 935.003 Englisch Oberstufe 1, Gruppe A, 2st. C1/ 1. Phase 935.004 Englisch Oberstufe 1, Gruppe B, 2st. C1/ 1. Phase 935.005 English Pronunciation Training, 1st. (max. 14 TN) ab B1 935.006 English Grammar Training, 2st. ab B2 935.027 Französisch Aussprachetraining, 1st. (max. 14 TN) ab A2 935.038 Italienisch Aussprachetraining, 1st. (max. 14 TN) ab A2 935.054 Spanisch Aussprachetraining, 1st. (max. 14 TN) ab A2 Sommersemester 2020 935.203 Englisch Oberstufe 2, Gruppe A, 2st. C1/ 2. Phase 935.204 Englisch Oberstufe 2, Gruppe B, 2st. C1/ 2. Phase 935.205 English Student Exchange Training, 1st. (max. 18 TN) ab B1 935.206 English Academic Writing, 2st. ab B2 935.223 Französisch Student Exchange Training, 1st. (max. 18 TN) ab A2 935.234 Italienisch Student Exchange Training, 1st. (max. 18 TN) ab A2 935.249 Spanisch Student Exchange Training, 1st. (max. 18 TN) ab A2 935.278 Russisch Student Exchange Training, 1st. (max. 18 TN) ab A2 935.282 Schwedisch Student Exchange Training, 1st. (max. 18 TN) ab A2 Tabelle 4: Lehrangebot Studienjahr 2019/ 20 © treffpunkt sprachen Die Workshops zur interkulturellen Kompetenz werden aus Kostengründen in die Student Exchange Trainings integriert. Da es beim Grammatiktraining nur 670 und bei der Schreibkompetenz lediglich 552 Rückmeldungen in den Sprachen Französisch, Italienisch und Spanisch gab, wurde der Entschluss gefasst, diese Lehrveranstaltungen im Studienjahr 2019/ 20 nicht anzubieten. Eine Ausnahme bildet das English Grammar Training , das sich bei den Studierenden der Anglistik und Amerikanistik seit dem WS 2018/ 19 größter Beliebtheit erfreut. Die organisatorische Abwicklung der Kurse erfolgt ausschließlich über das Büro von treffpunkt sprachen . Jedes Semester umfasst offiziell 15 Kurswochen, treffpunkt-sprachen -Lehrende sind daher zur Abhaltung von mindestens 14 LV-Terminen pro Semester als Präsenzeinheiten verpflichtet (aliquot bei vier, sechs- oder achtstündigen Kursen). Der 15. Termin kann per Moodle als Online- Einheit angeboten werden. Bei allen treffpunkt-sprachen -Kursen besteht Anwesenheitspflicht, was den Studierenden zu Unterrichtsbeginn mitgeteilt wird. Die Anwesenheit ist Voraussetzung für den Erhalt eines Zeugnisses (80-%) bzw. einer Teilnahmebestätigung (70-%). Im Hinblick auf den Bewertungs- und Prüfungsmodus setzt sich die Bewertung aus verschiedenen Kompetenzen (schriftlich und mündlich) zusammen. Dabei findet die aktive Teilnahme der Studierenden starke Berücksichtigung, um den kommunikativen Leistungsaspekt des Kurses hervorzuheben. Zur Gesamtnote zählen • Mitarbeit, • Hausübungen (mind. 4), • Zwischenklausur (60 Minuten), • Endklausur (90 Minuten) oder mündliche Prüfung (Semesterkurse), • Endklausur und mündliche Prüfung (Vorbereitende Sprachkurse, Intensivkurse). Die Gewichtung der Teile ist grundsätzlich frei wählbar. Für die positive Absolvierung eines Kurses gelten • mind. 61-% bei Fremdsprachen, DaF-Kursen, • mind. 71-% bei Vorbereitenden Sprachkursen (RO/ SL/ ITAT). Der Bewertungs- und Prüfungsmodus muss den KursteilnehmerInnen zu Kursbeginn deutlich kommuniziert werden. Während des Kurses sind genaue Aufzeichnungen über die Leistungen der Studierenden zu führen, um sich bei Kritik und Nachfragen seitens der Studierenden abzusichern. Bei negativen Beurteilungen sind alle Lehrenden verpflichtet, eine kurze Begründung in schriftlicher Form an die Leitung von treffpunkt sprachen zu schicken. Die Implementierung und Durchführung der neu konzipierten Lehrveranstaltungen ist abhängig von jenen Personen, die mit der praktischen Umsetzung beauftragt werden. Lehrkräfte müssen sich mit den neuen Inhalten identifizieren können und sich der erforderlichen Kompetenzen bewusst sein. Durch die Konzepterstellung der neuen Kurse, die in Zusammenarbeit mit der Leitung der Sprachlehreinrichtung erfolgt, werden etwaige Unsicherheiten bezüglich Aufbau und Ablauf der Lehrveranstaltung ausgeräumt. Vorrangig ist, dass das Lehrangebot sowohl in organisatorischer als auch in methodisch-didaktischer Hinsicht Qualität aufweist und für eine Realisierung tragfähig ist. Das neue Lehrangebot fügt sich gut in das Programmprofil von treffpunkt sprachen ein und eröffnet Möglichkeiten, sich an der Universität Graz zu positionieren. Durch die im Wintersemester 2018/ 19 durchgeführte Umfrage kann ein hinreichender Bedarf nachgewiesen werden. Personelle (Organisationsteam und Lehrkräfte), sächliche (Räume, Ausstattung und Medien) und finanzielle (Kosten-/ Ertrags- Praxisrelevante Überlegungen zur Angebotsentwicklung 25 26 Daniela Unger-Ullmann schätzung) Ressourcen, die für die Umsetzung des Vorhabens erforderlich sind, stehen bereit und dürften aufgrund von bisherigen Erfahrungswerten die Grenzen des Machbaren nicht überschreiten. Evaluation - Lernerfolge messbar machen Lehrangebote und deren Tragfähigkeit müssen im Rahmen von Evaluationen transparent und nachvollziehbar gemacht werden. Nutzen und Wert der implementierten Lehrveranstaltungen lassen sich erst nach einer bestimmten Laufzeit ermitteln, wenn sich beispielsweise erworbene Zertifikate als ausschlaggebend für die Karriere erwiesen haben oder gewonnene Sprachkenntnisse in verschiedenen Lebens- und Berufssituationen angewandt werden können. Für die Leitung einer Sprachlehreinrichtung ist der tatsächliche Nutzen eines fachspezifischen Lehrangebots in der Regel schwer einzuschätzen. Dies führt in der Lehrplanung meist zu komplexen Überlegungen, welche den Aufwand und Ertrag betreffen. Stehen diese in einem angemessenen Verhältnis zueinander oder lassen geringe Effektivität und hohe Kosten des Lehrangebots zu wünschen übrig? Diese Komplexität erhöht sich zunehmend, wenn es sich bei den AuftraggeberInnen nicht nur um die Hochschulleitung, sondern um politische Einrichtungen handelt, die sprachenspezifische Programme in Auftrag geben und diese als gesellschaftspolitische Investition in die Bildung verstehen. Demzufolge ist es für die Zentrumsleitung umso wichtiger, die Qualität der Programme nach außen sichtbar zu machen und sich als verlässlicher Bildungsanbieter zu positionieren. Als gelungenes Beispiel für ein qualitätsvolles Bildungsprogramm kann das Sommerkursangebot Sprache - Kultur - Literatur von treffpunkt sprachen genannt werden, das einen wichtigen Beitrag zur Internationalisierung der Karl-Franzens-Universität Graz leistet (vgl. treffpunkt sprachen 2019b). Dieses richtet sich an (angehende) DeutschlehrerInnen und Studierende der Philologie aus Ost-, Mittel- und Südosteuropa, China, Kanada, Mexiko und den USA, die ein fundiertes philologisches Vorwissen mitbringen und an der österreichspezifischen landes-, kultur- und literaturgeschichtlichen Ausrichtung interessiert sind. Die Kurse auf den Niveaustufen B2 und C1 bereiten Studierende und externe TeilnehmerInnen gezielt auf die sprachliche Realität in der österreichischen Bildungs- und Alltagswelt vor. Im Mittelpunkt des vielfältigen Lehrangebots stehen Kommunikationsfähigkeit und handlungsorientiertes Lernen, um mit diversen sprachlichen Kontaktsituationen im deutschsprachigen Raum zurechtzukommen. Mit dem Ziel, durch die Vermittlung der Sprache und der Bearbeitung landeskundlicher und literaturwissenschaftlicher Themen einen Beitrag zur Völkerverständigung zu leisten, ist der dreiwöchige Sommerintensivkurs eine ausgezeichnete Möglichkeit, persönliche Begegnungen zu schaffen und den kulturellen Austausch zu fördern (vgl. Unger-Ullmann 2010). Das Stipendienprogramm des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung bietet vor allem qualifizierten InteressentInnen, die über sehr gute Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen und denen die Möglichkeit der Partizipation aus finanziellen Gründen versagt bliebe, die Chance, an diesem internationalen Programm der Universität Graz teilzunehmen. Anlässlich des zehnjährigen Jubiläums im Juli 2017 führte treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik eine Umfrage durch, in der 244 AbsolventInnen, die das Programm Sprache - Kultur - Literatur zwischen 2008 und 2016 besucht hatten, gebeten wurden, Fragen zu ihrem beruflichen Werdegang zu beantworten (s. Anhang). In Anlehnung an die qualitative Inhaltsanalyse von Philipp Mayring (vgl. 2015) galt es dabei, Daten zum Persönlichkeitsprofil der AbsolventInnen, zur Motivation und Weiterempfehlung des Programms sowie zum Erwerb verschiedener Kenntnisse und Fertigkeiten, die für die berufliche Entwicklung von Bedeutung sind, zu ermitteln. Die von Mayring vorgeschlagene Verfahrensweise der qualitativen Inhaltsanalyse attestiert die Verwendung offener Fragebögen, die nach bereichsspezifischen Faktoren, wie z. B. Aus- und Weiterbildung, Erwerb von Kenntnissen/ Fertigkeiten während der Teilnahme am Sommerintensivkurs sowie Beschäftigungsverhältnisse der AbsolventInnen, kategorisiert wurden. Aufbauend auf den 52 Rückmeldungen und den grundlegenden Axiomen von Mayring (vgl. ebd., S. 70) galt es, wenig inhaltstragende Textbestandteile, die sich aus der schriftlichen Beantwortung der Fragen ergaben, zu eliminieren. Mit der Übernahme der inhaltstragenden Textbestandteile erfolgte eine Bündelung von gleichen und ähnlichen Aussagen, die über die Auszählung von Wortkombinationshäufigkeiten zu Gegenstandsbereichen zusammengefasst wurden. Die Ergebnisse der Auswertung seien im Folgenden skizziert. Profil der AbsolventInnen Im Hinblick auf die Geschlechterverteilung der AbsolventInnen des Programms Sprache - Kultur - Literatur waren 90-% der TeilnehmerInnen Frauen und 10-% Männer, welche die Gelegenheit nutzten, ihre Deutschkenntnisse zu vertiefen. Das Alter der AbsolventInnen lag zwischen 21 und 55 Jahren. 36-% der TeilnehmerInnen waren zum Zeitpunkt der Befragung (von Mai 2017 bis September 2017) zwischen 21 und 25 Jahre alt, 37-% zwischen 25 und 30 Jahre, 13-% zwischen 30 und 35 Jahre, 2-% zwischen 35 und 40 Jahre, 0-% zwischen 40 und 50 Jahre und 2-% zwischen 50 und 60 Jahre. 10-% gaben ihr Alter nicht an. Praxisrelevante Überlegungen zur Angebotsentwicklung 27 28 Daniela Unger-Ullmann Die Angabe der Nationalitäten zeigt einen hohen Prozentsatz an TeilnehmerInnen aus Rumänien, Russland und Tschechien. Von 2008 bis 2016 war der Anteil der aus diesen drei Ländern stammenden KursteilnehmerInnen mit insgesamt 45-% am größten, gefolgt von 9-% aus Kroatien und je 8-% aus Serbien, der Slowakei und der Ukraine. 6-% der AbsolventInnen gaben an, aus Ungarn zu sein. Jeweils 4-% der TeilnehmerInnen kamen aus Polen und aus der Republik Moldau, jeweils 2- % aus Montenegro und Slowenien. 4- % der AbsolventInnen machten keine Angaben. Um die abgeschlossene akademische Ausbildung der AbsolventInnen statistisch erfassen zu können, wurde folgende Einteilung vorgenommen: Bachelor-, Masterbzw. Diplomstudium, Doktoratsstudium und Habilitation. 56- % der AbsolventInnen weisen einen Masterbzw. Diplomabschluss auf, 23- % einen Bachelorabschluss, 13-% ein Doktorat sowie 2-% eine Habilitation. Lediglich 6-% haben ihr Studium noch nicht abgeschlossen. Bezüglich der gewählten Studienrichtung gaben jeweils 15-% der AbsolventInnen an, Germanistik als Diplomfach oder Germanistik in Kombination mit Anglistik oder einem weiteren Fach studiert zu haben bzw. zu studieren. 10-% haben sich für ein sprachwissenschaftliches Studium entschieden, 9-% für das Lehramt, je 8- % für naturwissenschaftliche, rechtswissenschaftliche, translationswissenschaftliche und andere Studiengänge sowie 4-% für das Studium der Soziologie. Abbildung 3: Motivation für den Besuch von Sprache - Kultur - Literatur © treffpunkt sprachen Auf die Frage, welche Motivation die AbsolventInnen zum Besuch des Sommerintensivkurses hatten, antworteten 41 Personen, dass sie ihre Deutschkenntnisse verbessern wollten, 17 Personen waren an der österreichischen Kultur interessiert, 6 Personen sahen durch das Intensivprogramm die Möglichkeit, neue Menschen kennenzulernen bzw. Kontakte zu knüpfen, je 4 Personen zeigten Interesse an der literarischen Ausrichtung des Programms bzw. an der Stadt Graz, wo das Programm angeboten wurde, und je 3 Personen wollten ein deutschsprachiges Land besuchen bzw. waren an verschiedenen Angeboten des Programms interessiert. Insgesamt 4 Personen wollten neue Erfahrungen im Ausland sammeln, je 1 Person gab an, sich auf die C1-Prüfung vorbereiten zu wollen, Zeit in einer multikulturellen Umgebung verbringen zu wollen, sich für die deutsche Sprache zu interessieren, sich auf den künftigen Beruf vorbereiten zu wollen, sich weiterbilden zu wollen, neue didaktische Methoden kennenlernen zu wollen oder die österreichische Alpenlandschaft genießen zu wollen. Für 1 Person waren die moderaten Kursgebühren ausschlaggebend, 1 Person machte keine Angaben. Im Hinblick auf die 100 prozentige Weiterempfehlung des Programms Sprache - Kultur - Literatur lässt sich festhalten, dass der Sommerintensivkurs von den AbsolventInnen sehr gut aufgenommen wurde. Abbildung 4: Bedeutung des Erwerbs bestimmter Kenntnisse während des Sommerintensivkurses © treffpunkt sprachen Praxisrelevante Überlegungen zur Angebotsentwicklung 29 30 Daniela Unger-Ullmann Auf die Frage, wie wichtig den AbsolventInnen der Erwerb von produktiven (Schreiben und Sprechen) und rezeptiven (Lesen und Hören) Fertigkeiten während ihrer Teilnahme am Sommerintensivkurs war, antworteten 40 Personen, dass ihnen das Schreiben und Sprechen sehr wichtig war, und 34 Personen, das Lesen und Hören. Größten Wert legten 32 Personen auf die Erweiterung ihrer Kenntnisse über die österreichische Landes- und Kulturkunde, 30 Personen auf den Erwerb und auf die Erweiterung ihrer interkulturellen Kompetenz sowie 23 Personen auf den Erwerb und auf die Erweiterung ihrer Analyse- und Interpretationskompetenz. Für 21 Personen war die Erweiterung des Wissens über die österreichische Literatur von Bedeutung. Abbildung 5: Bedeutung des Erwerbs folgender Kenntnisse im Beruf © treffpunkt sprachen Im Hinblick auf die Bedeutung des Erwerbs von produktiven und rezeptiven Fertigkeiten für den beruflichen Werdegang gaben 44 Personen an, dass das Schreiben und Sprechen für ihre berufliche Tätigkeit von entscheidender Bedeutung ist. 37 Personen legten größten Wert auf den Erwerb von rezeptiven Fertigkeiten, 20 Personen auf die Erweiterung ihrer Kenntnisse über die österreichische Landes- und Kulturkunde, 28 Personen auf den Erwerb und auf die Erweiterung ihrer interkulturellen Kompetenz sowie 22 Personen auf den Erwerb und auf die Erweiterung ihrer Analyse- und Interpretationskompetenz. Für lediglich 14 Personen war die Erweiterung des Wissens über die österreichische Literatur für ihr berufliches Vorankommen von großer Bedeutung. Im Zuge der Umfrage haben 79-% der AbsolventInnen angegeben, dass ihre erworbenen Deutschkenntnisse für ihre beruflichen Aufgaben äußerst wichtig sind. Für 15-% sind sie manchmal nützlich, werden jedoch im beruflichen Alltag nicht unbedingt gebraucht, 2-% benötigen andere Fremdsprachenkenntnisse und 0-% sind auf ihre erworbenen Deutschkenntnisse überhaupt nicht angewiesen. 4-% konnten keine Angaben machen, weil sie noch nicht ins Berufsleben eingestiegen waren. Beschäftigungsverhältnisse der AbsolventInnen Auf die Frage, ob die AbsolventInnen derzeit in einem entgeltlichen Beschäftigungsverhältnis stehen, antworteten 73-% mit Ja und 27-% mit Nein. Von diesen 73-% gingen zum Zeitpunkt der Befragung 62-% einer studienadäquaten Beschäftigung nach. Bei 11- % stimmte die berufliche Tätigkeit mit der akademischen Ausbildung nicht überein. 27- % machten keine Angaben, weil sie noch nicht berufstätig waren. Bezüglich der gesammelten Erfahrungen im Berufsleben gaben 63-% der befragten AbsolventInnen an, bis zu fünf Jahren Berufserfahrung vorweisen zu können, 19- % bis zu zehn Jahren und 6- % über zehn Jahre. 12- % gaben keine Rückmeldung. Abbildung 6: Bereiche, in denen die AbsolventInnen tätig sind © treffpunkt sprachen Praxisrelevante Überlegungen zur Angebotsentwicklung 31 32 Daniela Unger-Ullmann Auf die Frage, in welchen Branchen die AbsolventInnen derzeit tätig sind, gaben 27 Personen an, im Erziehungsbzw. Unterrichtswesen tätig zu sein, 14 Personen im wissenschaftlichen Bereich, 7 Personen in der Kunst bzw. Unterhaltungsbranche, je 5 Personen im Bereich Soziales bzw. Kommunikation, je 4 Personen in der Logistik bzw. in freiberuflichen Dienstleistungen (z. B. Unternehmensberatung), je 3 Personen im Bereich Finanzdienstleistungen bzw. Tourismus/ Gastronomie sowie je 2 Personen im Bereich Energie/ Umwelt und Handel. Von je 1 Person wurden Bereiche, wie Bauwesen, Versicherungen, Immobilien, Öffentliche Verwaltung bzw. Sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen, genannt. 12 Personen gingen zum Zeitpunkt der Befragung einer anderen Beschäftigung nach. Abbildung 7: Berufs- und Stellenbezeichnungen © treffpunkt sprachen 19 Personen waren zum Zeitpunkt der Befragung als Lehrende tätig, wovon 9 Personen sich explizit als DeutschlehrerInnen ausgewiesen hatten. 3 Personen zeichneten für das Management verantwortlich, weitere 3 Personen für die Assistenz, 1 Person für das Business Consulting sowie 1 Person für die Administration im Rahmen einer internationalen Konferenz. 1 Person gab an, als DekanatsleiterIn tätig zu sein, 2 Personen als Post-Doc wissenschaftliche MitarbeiterInnen, 2 Personen als DoktorandInnen, 1 Person als HabilitandIn sowie 6 Personen als StudentInnen. 2 Personen gingen ihrer Beschäftigung als SachbearbeiterInnen nach, je 1 Person als DozentIn für Deutsch und Englisch, KundenberaterIn, RedakteurIn, ÄrztIn, AnalytikerIn und PraktikantIn. 2 Personen erklärten, sie wären auf Arbeitssuche, und 4 Personen machten keine Angaben zu ihrer Berufs- und Stellenbezeichnung. Im Hinblick auf den Beschäftigungsstatus der AbsolventInnen gaben 26 Personen an, in einem Angestelltenverhältnis zu stehen, wovon 5 Personen zum Zeitpunkt der Befragung in leitender Position tätig waren. 4 Personen waren selbstständig, 1 Person strebte die Selbstständigkeit noch an. 4 Personen fanden eine Beschäftigung als Trainees bzw. PraktikantInnen, 9 Personen wiesen sich als StudentInnen aus, 4 Personen als DissertantInnen sowie 1 Person als HabilitandIn. 2 Personen waren arbeitssuchend und 1 Person machte keine Angabe. Bezüglich der Arbeitsvertragsform wiesen 27- % der AbsolventInnen zum Zeitpunkt der Befragung einen befristeten Vertrag auf. Lediglich 14- % gaben an, in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zu stehen. 21-% arbeiteten Vollzeit, 17-% Teilzeit. 6-% wählten „Sonstiges“ und 15-% machten keine Angaben. 58-% der Befragten gaben an, ein Gehalt zu beziehen. 14-% wiesen sich als StipendiatInnen aus, 12-% bezogen Elterngeld, 7-% arbeiteten auf Honorarbasis, 4-% machten keine Angaben, 3-% kreuzten „Sonstiges“ an und je 1-% beanspruchte Unterhalt bzw. Pensionsbezüge. Bei der Frage nach der Höhe des Bruttoeinkommens machten 33-% der AbsolventInnen keine Angaben. 21-% gaben an, unter € 500,--brutto zu verdienen, 11-% zwischen € 500,-- und € 800,-brutto, weitere 11-% zwischen € 800,-- und € 1.000,-brutto, 6-% zwischen € 1.000,-- und € 1.5000,-brutto und 2-% zwischen € 1.500,-- und € 2.000,-brutto. 6-% der befragten Personen nannten ein Bruttoeinkommen zwischen € 2.000,-- und € 2.500,-- und 4-% ein Bruttogehalt zwischen € 2.500,-- und € 3.000,--. Lediglich 6-% führten an, mehr als € 3.000,-brutto zu verdienen. Im Hinblick auf die Entlohnung gaben 58- % der AbsolventInnen an, ihrer akademischen Ausbildung entsprechend bezahlt zu werden. Bei 25- % der befragten Personen stand die Entlohnung in keinem angemessenen Verhältnis zur Ausbildung. 17-% machten keine Angaben zu ihrem studienadäquaten Verdienst. 37-% der AbsolventInnen zeigten sich mit ihrer aktuellen beruflichen Situation zufrieden, 31-% teilweise zufrieden, 13-% sehr zufrieden und 8-% unzufrieden. 11-% gaben keine Rückmeldung. Zusammenfassung der Ergebnisse Aufgrund des zunehmenden Wettbewerbs zwischen Universitäten und Hochschulen um die besten Studierenden stellt eine Bestandsaufnahme dieser Art ein entscheidendes Orientierungsmerkmal dar. Gerade vor dem Hintergrund Praxisrelevante Überlegungen zur Angebotsentwicklung 33 34 Daniela Unger-Ullmann der Bindung internationaler AbsolventInnen an die Universität Graz ist ein Zentrum wie treffpunkt sprachen dazu angehalten, den beruflichen Werdegang von ehemaligen KursteilnehmerInnen im Rahmen einer Umfrage zu analysieren und auf die Ergebnisse angemessen zu reagieren. In diesem Zusammenhang gilt es, bedarfsgerecht zu denken, das Programm Sprache - Kultur - Literatur den Rückmeldungen der TeilnehmerInnen entsprechend kontinuierlich zu adaptieren und durch eine professionelle Organisationsführung das Vertrauen der internationalen AbsolventInnen zu gewinnen. Dabei spielt der Bereich der Kommunikation eine wichtige Rolle: Inhalte müssen sowohl intern als auch extern einheitlich vermittelt werden. Ein kontinuierlicher Dialog mit den AbsolventInnen ist für die Bindung an die Universität entscheidend. Im Hinblick auf die Auswertung der Umfrage lässt sich festhalten, dass das von treffpunkt sprachen angebotene Programm Sprache - Kultur - Literatur von den AbsolventInnen sehr gut aufgenommen wurde. Motivationale Gründe für den Besuch der Lehrveranstaltungen waren die Verbesserung bzw. Vertiefung der Deutschkenntnisse sowie das Kennenlernen der österreichischen Kultur. Es ist anzunehmen, dass die befragten AbsolventInnen die Teilnahme am Sommerkursprogramm als Bereicherung sahen, zumal sie ihre produktiven (Schreiben und Sprechen) und rezeptiven (Lesen und Hören) Fertigkeiten im Unterricht entfalten konnten. Von sehr großer Bedeutung waren für die AbsolventInnen die Erweiterung der Kenntnisse über die österreichische Landes- und Kulturkunde sowie der Erwerb interkultureller Kompetenz. Die Vertiefung der produktiven und rezeptiven Fertigkeiten schätzten die meisten AbsolventInnen als sehr wichtig ein, um ihre beruflichen Anforderungen und Aufgaben erfüllen zu können. Bezüglich des Arbeitsprofils gaben 73-% der befragten AbsolventInnen an, in einem entgeltlichen Beschäftigungsverhältnis zu stehen. Von diesen 73-% gingen zum Zeitpunkt der Befragung 62-% einer studienadäquaten Beschäftigung nach. Obwohl viele AbsolventInnen noch jung waren, konnte bereits ein Großteil der Befragten (63- %) bis zu fünf Jahren Berufserfahrung vorweisen. Bereiche, in denen die ehemaligen KursteilnehmerInnen tätig sind, spiegeln ihre Aus- und Weiterbildung wider. Die Mehrheit der AbsolventInnen gab an, als Angestellte im Erziehungsbzw. Unterrichtswesen beschäftigt zu sein. Beachtlich ist auch die Anzahl der Personen im wissenschaftlichen Bereich. Ein relativ hoher Prozentsatz der AbsolventInnen (27- %) wies zum Zeitpunkt der Befragung eine befristete Beschäftigung auf. Lediglich 14- % gaben an, in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zu stehen. Das Gehalt wurde von 58-% der Befragten als studienadäquate Entlohnung empfunden. Auf diesen Sachverhalt dürfte auch die Zufriedenheit der AbsolventInnen mit ihrer aktuellen beruflichen Situation zurückzuführen sein. Die erfreulichen Ergebnisse der vorliegenden Umfrage haben eine zweifache Wirksamkeit. Zum einen fühlen sich ehemalige KursteilnehmerInnen der Universität Graz stärker verbunden, zum anderen berichten sie, sobald sie beruflich erfolgreich geworden sind, über ihre guten Erfahrungen und leisten somit einen wesentlichen Beitrag zur Verbreitung eines positiven Erscheinungsbildes der Universität. Aufgrund der Internationalität dieses Programms fungieren AbsolventInnen im Idealfall als weltweite BotschafterInnen der Universität Graz, wie das vorliegende Beispiel zeigt. Liebe Frau Townley, anbei übermittle ich Ihnen das ausgefüllte Formular. Ich möchte mich auf diesem Wege bei Ihnen und bei dem ganzen Team des- Sommerintensivkurses „Sprache - Kultur - Literatur 2008" bedanken; die Erfahrung damals hat sowohl mein berufliches als auch mein privates Leben sehr geprägt. Nach dem Sommerintensivkurs in Graz habe ich mich entschieden, nach Österreich zu ziehen und mein Masterstudium in Wien zu absolvieren. Auch dank meiner Deutschkenntnisse aus dem Kurs habe ich das Masterstudium in der Mindestzeit abgeschlossen, gleich nach dem Studium habe ich eine Arbeit in meinem Fach gefunden und jetzt wohne ich schon seit acht Jahren in Wien - mit meinem österreichischen Ehemann und unserer einjährigen Tochter. Richten Sie bitte an alle, die bei der Organisation des tollen- Sommerintensivkurses beteiligt sind,-liebste Grüße aus. Ich habe nur die schönsten Erinnerungen und würde Ihr Programm jederzeit weiterempfehlen! Liebe Grüße, Dáša Martin (ehem. Staňková) Resümee Mit spezifischem Blick auf praxisrelevante Überlegungen zur Angebotsentwicklung in der universitären Fremdsprachenlehre hebt der vorliegende Beitrag die enge Zusammenarbeit zwischen Hochschulleitung, Management, Sprachlehrenden und Studierenden hervor. Viele Personen der genannten Bereiche sind an der Angebotsentwicklung beteiligt und tragen mit ihrem persönlichen Einsatz und ihrem hohen Anspruch an sich selbst zur Modifikation des Lehrangebots bei. Die Autorin ist der Überzeugung, dass diese Vorgehensweise einen positiven Einfluss auf die Weiterentwicklung der Lehre hat, da der produktive Austausch die Identifikation aller Beteiligten mit gemeinschaftlich definierten Werten und Zielen wesentlich (be)fördert und so die beteiligten Personenkreise dazu führt, aktiv an der Zielerreichung mitzuwirken. Angebotsentwicklung, Implementierung und Durchführung werden also nicht maßgeblich von der Leitungsebene getragen, sondern von Ideen und Vor- Praxisrelevante Überlegungen zur Angebotsentwicklung 35 36 Daniela Unger-Ullmann schlägen des Organisationsteams, der Sprachlehrenden und Studierenden. Vor diesem Hintergrund setzt die Einbindung der MitarbeiterInnen und Studierenden auch wesentlich bei der Aktualisierung des Lehrangebots an. Nach vorliegendem Beitrag beruht die Entwicklung des Lehrangebots auf zwei verknüpften Maßnahmen, nämlich der Förderung der Lehrkompetenz einerseits und der Förderung der Lernkompetenz andererseits. Die Förderung der Lehrkompetenz ergibt sich aus dem neu gestalteten Lehrangebot, welches von den Sprachlehrenden in Abstimmung mit der Zentrumsleitung konzipiert und durchgeführt wird. Dabei werden nur jene Themenbereiche in Betracht gezogen, die sich Sprachlehrende zutrauen und bei denen sie nicht Gefahr laufen, sich mit den Anforderungen überfordert zu fühlen. Die Förderung der Lernkompetenz soll Studierende dazu befähigen, sich in verschiedenen „Verwendungssituationen“ sprachlich gut auszudrücken. In diesem Sinne werden Lehrveranstaltungsangebote stets daraufhin untersucht, ob sie einen Beitrag zur Erweiterung der Sprachkompetenz liefern, also der Optimierung der Lehre dienen. Die Evaluationsergebnisse, die als wesentlicher Bestandteil von Lehrentwicklungsprozessen im Beitrag beschrieben werden, unterstreichen den hohen Stellenwert der Aus- und Weiterbildung. Sie geben klare Antworten auf Fragen, was Studierende in Bezug auf das Lehrangebot erwarten, wie sie mit Vermittlungs- und Interaktionsweisen zurechtkommen und welche erworbenen Kompetenzen bei ihrem beruflichen Werdegang entscheidend sind. Diese Evaluationsmaßnahmen unterliegen transparenten Kriterien und können helfen, bestehende Qualifizierungsbedarfe zu ermitteln und auf diese mit der Entwicklung eines entsprechenden Lehrangebots zu reagieren. Dabei sollte die Kernfrage, unter welchen Voraussetzungen ein Angebot erfolgreich durchgeführt werden kann, nicht außer Acht gelassen werden. Denn nur durch die Analyse der eigenen Stärken und Schwächen, die sich in den Bedarfserhebungen und Evaluationen widerspiegeln, lassen sich entscheidende Informationen für die Gestaltung des universitären Lehrangebots festmachen. Literatur Faulstich, Peter/ Graeßner, Gernot/ Bade-Becker, Ursula/ Gorys, Bianca (2007): Länderstudie Deutschland. In: Hanft, Anke/ Knust, Michaela (Hrsg.) Internationale Vergleichsstudie zur Struktur und Organisation der Weiterbildung an Hochschulen . Oldenburg: Carl von Ossietzky Universität, S. 84-188. Karl-Franzens-Universität Graz (2019a): Zielvereinbarung zwischen dem Vizerektor für Studium und Lehre Ao. Univ.-Prof. Dr. Martin Polaschek und treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik . Graz: Karl-Franzens-Universität Graz. 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Ausgehend von den bildungswissenschaftlichen Konzepten des non-formalen bzw. informellen Lernens, der Lernendenzentrierung und LernerInnenautonomie bzw. der Kompetenzorientierung, erweist sich das präsentierte Konzept als innovatives Beratungsformat, welches die konventionelle universitäre Lehrumgebung ergänzt und bereichert. Zunächst wird auf das Projektkonzept und dessen Ziele eingegangen. Danach stehen die Sprach- LernBegleitenden, also Lehrende, die als Beratende tätig sind, im Fokus. Es wird die damit einhergehende modulare Weiterbildung dargelegt und angeführt, inwiefern diese fundamentaler Bestandteil des Projekts ist. Es folgt die Darstellung und Reflexion von Gesprächsergebnissen einer Gruppendiskussion mit den Projektbeteiligten, den SprachLernBegleitenden und den Projektleitenden. Ziel der Diskussion ist das Herausarbeiten von wesentlichen Merkmalen dieses Beratungsformats. Zusätzlich werden notwendige Beratungskompetenzen sowie Herausforderungen, mit denen sich SprachLernBegleitende konfrontiert sehen, besprochen. Danach werden bisher stattgefundene SprachLernBegleitungen auf inhaltlicher Ebene analysiert: Es soll herausgefunden werden, welche Lernbereiche und Problemstellungen für die Studierenden von Bedeutung sind. Dies gibt die Möglichkeit, die zukünftigen Beratungen auf die Anliegen der Studierenden abzustimmen. Es gehen daraus auch das Forschungspotential für fachdidaktische Projekte und der Weiterbildungsbedarf für Lehrende hervor. Das Projekt SprachLernBegleitung zeigt auf, dass das hochschuldidaktische Tätigkeitsspektrum Lehren, Lernen, Forschen und Beraten miteinschließt. 46 Christian Hofer Der Hintergrund zum Projekt SprachLernBegleitung Ein kohärentes theoretisches Gerüst für die Sprachlernberatung steht bis zum heutigen Tag aus. Es bestehen verschiedene Ansätze, die in ihrer konzeptuellen Ausrichtung unterschiedlich stark in der Nähe von Coaching, Beratung oder auch von Training verortet sind. (Spänkuch 2010, S. 127) Der Arbeitskreis der Sprachenzentren, Sprachlehrinstitute und Fremdspracheninstitute (AKS) in Deutschland hat den Stellenwert von Sprachlernberatung schon vor geraumer Zeit erkannt und im Rahmen von Fachtagungen und Publikationen verschiedene Konzepte und gemeinsame Entwicklungsmöglichkeiten samt Problemen und Herausforderungen besprochen (vgl. ebd.). Vergleicht man die Ansätze und Aktivitäten einzelner universitärer Sprachenzentren miteinander, wird deutlich, dass BeraterInnen im Rahmen solcher Sitzungen und Beratungssituationen den Sprachenlernenden eine sehr aktive und eigenverantwortliche Rolle zusprechen. Im konstruktivistischen Sinne (vgl. Siebert 2008) sind diese in ihrer konkreten Lebenssituation „abzuholen“ und der/ die BeraterIn nimmt die Funktion eines Facilitators ein. Eine große Herausforderung für Facilitators besteht darin, das Fachwissen von Sprachlehrenden - auch in methodisch-didaktischer Hinsicht - auf flexible Weise anzuwenden und trotzdem in der Lage zu sein, durch gezielte Gesprächstechniken und Fragestellungen den Sprachenlernenden zur Selbsterkenntnis zu verhelfen. So basiert z. B. das Bochumer Konzept der Sprachlernberatung „auf dem nicht-direktiven Ansatz der klientenzentrierten Gesprächstherapie nach Carl R. Rogers und folgt in seiner Vorgehensweise damit dem prozessbegleitenden Coaching“ (Spänkuch 2010, S. 127). Der SprachLernBegleitung von treffpunkt sprachen liegt ein systemischer Beratungszugang (vgl. Radatz 2013) zugrunde, weil hier der Aspekt der Selbsterkenntnis und der aktiven Rolle des zu Beratenden betont wird. Das Zentrum hat bewusst den Terminus Begleitung festgelegt, um die SprachLernBegleitung von einem klassischen Coaching-Setting abzugrenzen und um in diesem Überbegriff die Elemente Coachen , Beraten und Trainieren mit einbeziehen zu können. SprachLernBegleitungen beinhalten zwar fundamentale Elemente von klassischen Coachings, wie etwa eine gezielte Zurückhaltung des Coaches. Jedoch finden sich auch, wenngleich zu geringerem Anteil, beratende und trainierende Elemente darin wieder. Die SprachLernBegleitungen bewegen sich auf einer beratenden Ebene, wenn der/ die jeweilige SprachLernBegleitende sein/ ihr fachliches Wissen als Lernunterstützung einbringt. Dies könnten beispielsweise Erkenntnisse aus dem Bereich der Neurodidaktik bzw. des gehirngerechten Lernens sein. Das Segment Training manifestiert sich in den Begleitungen, wenn es um die Kompetenzerweiterung der zu erlernenden Sprache an sich geht, Die SprachLernBegleitung. Vom Lehren zum Beraten 47 etwa die Klärung einzelner Grammatikgebiete. Es ist zu betonen, dass der Bereich des Trainings in den Sitzungen eine untergeordnete Rolle spielt und die SprachLernBegleitungen nie ein unmittelbares Sprachlerntraining enthalten. Vielmehr fließen Elemente und Aspekte von Beratung und Training in eine coachende Begleitung ein. Es ist daher dem Konzept eines Tutorenprogramms der Universität Bremen zu folgen, in dem es darum geht „sprachübergreifend Hilfestellungen zum Selbstlernen zu geben“ (Buschmann-Göbels 2015, S. 51). Die SprachLernBegleitung ist sowohl als Hilfestellung für Studierende als auch als Unterstützung für Lehrbeauftragte des treffpunkt sprachen zu betrachten. Aufgrund der hohen Teilnehmendenzahlen in Lehrveranstaltungen und der vorherrschenden Heterogenität in den Kursen, die es an Sprachenzentren gibt, bekommen die Studierenden die Möglichkeit, aus den formalen Lernsettings auszutreten und im Rahmen einer informellen Gesprächsform von FachexpertInnen Rückenstärkung zu erhalten. Gewonnene Erkenntnisse können in die formalen Lernprozesse einfließen und kommen dem Selbststudium zugute. Lehrende wiederum erfahren durch dieses Angebot eine Entlastung, vor allem dann, wenn es um persönliche Lernanliegen zahlreicher Studierender geht. Insofern entspricht die SprachLernBegleitung dem hochschuldidaktischen Axiom vom Lehren zum Lernen. Gemeint ist damit bekanntlich ein Paradigmenwechsel von einer Lehrkultur hin zu einer Lernkultur. Es tritt ein Wandel im Lehrverständnis ein, wonach Lehren strikt aus der Perspektive des Lernens gedacht wird. Gegenstand der Lehre ist nicht mehr das zu lehrende Wissen, sondern die zu erlernende Kompetenz, die zwar das Wissen einschließt, jedoch den Schwerpunkt verlagert von der Vermittlung von Inhalten hin zum Erwerb von Kompetenzen. Es ist naheliegend, dass ein solcher Wandel neue Anforderungen an die Tätigkeit und die Rolle der Lehrenden heranträgt. (Paetz et al. 2011, S. 36) Dieser neuen Rolle von Lehrenden, in diesem Falle als Begleitende bzw. Coaches, wird im besprochenen Projekt Rechnung getragen. Lehrende nehmen ihr klassisches Korsett als Fachvortragende ab und setzen die lange postulierten Forderungen der Lernendenzentrierung, Kompetenzorientierung und Autonomie (vgl. ebd., S. 37ff.) praxisnah um. Lehre und Beratung verschmelzen, sodass das Coaching bzw. Beraten ein Teil von Lehrkonzepten wird. Diese bewusst-progressive Kombination entspricht also in hohem Maße den theoretischen didaktischen und hochschuldidaktischen Lehr- und Lernpostulaten der vergangenen Jahre. Es sei ergänzt, dass eine derartige Verquickung von Lehre und Beratung auch der Zielgruppenrealität an Universitäten und Hochschulen entspricht. Zu verweisen ist auf das Konzept des lebensbegleitenden Lernens: Studieren und universitäre Weiterbildung finden in verschiedenen Lebensphasen und im Rahmen 48 Christian Hofer individueller Umstände statt (vgl. Pellert 2013; Hofer 2015). Universitäten haben den Wert und den Nutzen von Beratung im Lernfeld Hochschule längst erkannt. Kernziel ist es, ein handlungsorientiertes Projekt zu konzipieren und zu etablieren, welches Beraten und Lehren auf kohärente Weise miteinander verknüpft. Das Projekt SprachLernBegleitung Um den genannten hochschuldidaktischen Grundsätzen der Lernendenzentrierung und Kompetenzorientierung zu entsprechen, ist es treffpunkt sprachen ein Anliegen, in einem konstruktiven und persönlichen Umfeld auf die Lern- und Entwicklungsbedürfnisse der Studierenden einzugehen. Neben anderen informellen und offenen Lernformen, wie dem Tandem-Sprachenlernen, welches am Zentrum seit mehreren Jahren erfolgreich organisiert und durchgeführt wird, wurde im Rahmen eines fachdidaktischen Projekts die sogenannte SprachLern- Begleitung eingeführt und etabliert. In einer coachenden Situation begleitet dabei ein SprachLernCoach in jeweils 50-minütigen Einheiten einen/ eine StudentIn in Fragen des Sprachenlernens. Auch mehrmalige Treffen sind bei Bedarf möglich. Diese Beratung ist für Studierende kostenlos und die SprachLernBegleitenden, erfahrene und einfühlsame Lehrende, erhalten pro SprachLernBegleitung ein Honorar. treffpunkt sprachen bietet den SprachLernBegleiterInnen einmal pro Semester eine Weiterbildung an, in der sie in ihrer Tätigkeit unterstützt werden. Darüber hinaus finden regelmäßige Treffen, Supervisionen, statt, in denen Literatur ausgetauscht und über methodische Instrumente diskutiert wird. Die Organisation der einzelnen Sitzungen wird gesondert von Angestellten vorgenommen, sodass sich die SprachLernBegleitenden voll und ganz auf ihre Beratungstätigkeit konzentrieren können (zur Qualitätssicherung von Sprachlernberatungen siehe Spänkuch 2010, S. 134ff.). Das Projekt SprachLernBegleitung startete im Studienjahr 2013/ 2014. Vor der Durchführung erster SprachLernBegleitungen im Sommersemester 2014 erfolgte die Erstellung eines Projektkonzepts, welches folgende Aspekte bzw. Themenbereiche abdeckt: • Formulierung von Projektzielen, • Festlegung auf einen systemisch orientierten Beratungszugang (siehe oben), • Organisation sowie Ablauf einer SprachLernBegleitung, • Konzeption von Weiterbildungsmodulen für SprachLernBegleitende, • Möglichkeiten der Evaluierung von durchgeführten SprachLernBegleitungen. Als Projektziele der SprachLernBegleitung lassen sich im Wesentlichen formulieren: Die SprachLernBegleitung. Vom Lehren zum Beraten 49 • Implementierung und Etablierung von SprachLernbegleitungen für Studierende von treffpunkt sprachen, • Unterstützung der SprachLernBegleitenden durch Weiterbildungen sowie Supervisionen und Arbeitsgemeinschaften sowie Bereitstellung von hilfreicher Literatur und Arbeitsmaterialien, • Erstellung eines Evaluierungsformulars für Studierende, um die Sichtweisen und Stellungnahmen der Studierenden im weiteren Projektverlauf berücksichtigen zu können. • Prozessbegleitende und zu diesem Zeitpunkt nicht abgeschlossene Projektevaluierung unter Berücksichtigung qualitativer Erhebungsverfahren, wie z. B. der Gruppendiskussion (vgl. Hofer 2015; S. 43ff. und Mayring 2002, S. 76ff.). Wie zuvor erwähnt, ist es den Projektleitenden ein Anliegen, die Organisation einer SprachLernBegleitung nicht den SprachLernBegleitenden selbst zu übergeben, damit sich diese voll und ganz ihrem beratenden Wirken widmen können. Denn auch der administrative Bereich des Projekts ist durchaus arbeitsintensiv. Zu Beginn jedes Studiensemesters wird die SprachLernBegleitung zunächst beworben. Dies erfolgt über die Verbreitung von Flyern sowie mittels PowerPoint-Präsentationen der Sprachlehrenden. Es ist von Bedeutung, dass die Sprachlehrenden den Studierenden die Zielsetzung einer SprachLernBegleitung darlegen und erläutern, unter welchen Umständen es sinnvoll und angebracht ist, diese in Anspruch zu nehmen. Es geht auch darum, die Studierenden dahingehend zu motivieren, dass sie die Scheu vor einer für sie vielleicht neuen Beratungssituation verlieren und dazu ermuntert werden, sich im Rahmen ihrer Probleme und Anliegen professionell begleiten zu lassen. Zusätzlich weisen die Lehrenden während des Semesters auf das Projekt hin und sprechen Studierende, welchen eine individuelle Begleitung helfen könnte, gezielt an. Dies erfolgt vor allem dann, wenn unzureichende bzw. ausbaufähige Lernleistungen mit Problemstellungen, wie z. B. mangelnder Lernmotivation, Prüfungsängsten oder fehlender Lernorganisation, einhergehen. Aufgrund der hohen Studierendenzahlen und des relativ kurzen Zeitraums, in dem Lehrende mit den Studierenden arbeiten, sind sich diese oft nicht bewusst, welche Themenbereiche und Problemstellungen für die Lernenden relevant sind. Zudem sind nicht alle Studierenden bereit, sich in einer großen, „fremden“ Lerngruppe für persönlich relevante Themen zu öffnen. Ein Gespräch unter vier Augen bietet in solchen Fällen einen passenden Rahmen, in dem persönliche Anliegen offener besprochen werden können. Es ist zu beobachten, dass diese individualisierte Art des beratenden Lernens für viele Studierende noch ein neuartiges 50 Christian Hofer Lernsetting darstellt. Sie sind es nicht gewohnt, dass persönliche Lern- und Lebensumstände während des Studiums in dieser Form Berücksichtigung finden. Entschließen sich Studierende eine SprachLernBegleitung in Anspruch zu nehmen, melden sie sich dafür via E-Mail an, woraufhin ein Termin mit einem/ einer SprachLernBegleiterIn vereinbart wird. Die SprachLernBegleitung findet in einer konstruktiv-vertraulichen Besprechungsumgebung statt. Danach evaluieren die Studierenden die SprachLernBegleitung mittels eines elektronisch übermittelten Reflexionsformulars. Das Evaluierungsformular (s. Anhang) wurde gemeinsam mit den Sprach- LernBegleitenden entwickelt. Zum einen sollen damit Informationen gesammelt werden, wie etwa Angaben zum Studium oder zum Thema der SprachLern- Begleitung, die der Weiterentwicklung des Projekts dienlich sind und auch zu Forschungszwecken genutzt werden können. Zum anderen dienen die Rückmeldungen der Studierenden den SprachLernBegleitenden dazu, das eigene beratende Handeln zu reflektieren und anzupassen. Punkt 1 der Evaluierung betrifft Angaben zur Person (Geschlecht, Studienfach, Alter und Herkunftsland). In einem weiteren Schritt (Punkt 2) werden Informationen zur Organisation der SprachLernBegleitung gesammelt. In Punkt 3 bekommen die Studierenden die Möglichkeit, die Arbeit der SprachLernBegleitenden zu evaluieren. Dabei wird auf den Aufbau bzw. den Ablauf der Sitzung, die Beratungsatmosphäre, das Auftreten und die Empathie Wert gelegt. Die Evaluierungspunkte 4‒6 betreffen den persönlichen Reflexions- und Entwicklungsprozess der Studierenden. Diese sollen Aufschluss darüber geben, inwiefern die SprachLernBegleitung ein Unterstützungsinstrument im Rahmen von Sprachlernprozessen ist. Fokussiert werden die Lernmotivation, die Selbstsicherheit beim Sprachenlernen sowie die Formulierung der eigenen Erkenntnisse/ Veränderungen durch die Sprach- LernBegleitung. Punkt 7 bietet Platz, weitere Wünsche und Anregungen zu formulieren. Die Weiterbildung der SprachLernBegleitenden Das Konzept der SprachLernBegleitung sieht kontinuierliche Weiterbildungen in modularer Form für die SprachLernBegleitenden vor. Diese sollen sicherstellen, dass sie bedarfsgerecht, theoriegeleitet und trotzdem praxisbezogen auf die beratende Tätigkeit mit den Studierenden vorbereitet und kontinuierlich begleitet werden, um gemachte Erfahrungen reflektieren lassen zu können. Die Weiterbildungen eröffnen den SprachLernBegleiterInnen die Möglichkeit, ihre fachliche Kompetenz zu erweitern, und bieten gleichzeitig einen Rahmen, um ihnen auch in ihrer persönlichen Weiterentwicklung zur Seite zu stehen. Ein Erfahrungsaustausch ist zudem ein fundamentaler Baustein für die Optimierung Die SprachLernBegleitung. Vom Lehren zum Beraten 51 des gesamten Projekts. Die modularen Weiterbildungen wurden und werden vom Autor des vorliegenden Beitrags konzipiert und durchgeführt. Bislang fanden sechs gemeinsame Weiterbildungen statt, die im Folgenden präsentiert werden, um einen Einblick in deren inhaltliche Gestaltung zu bekommen. Sie sollen einen fließenden Übergang vom Lehren zum Beraten bewerkstelligen und den Beteiligten die Zeit geben, von der Lehrendenrolle in die des/ der Beratenden zu wechseln. Es ist festzuhalten, dass jene Lehrenden für die Tätigkeit als SprachLernBegleitende ausgewählt wurden, die nicht nur das notwendige Interesse an einer beratenden Tätigkeit, sondern auch die entsprechenden Basiskompetenzen dafür mitbrachten. Aus der Sicht der Projektleitenden sind dies neben mehrjähriger Lehrerfahrung, Reflexionsfähigkeit, Einfühlungsvermögen, Gesprächskompetenz und die Bereitschaft, sich aus dem Bereich der Lehre herauszubegeben. Wesentlich ist darüber hinaus eine Transferkompetenz . Darunter versteht man die Fähigkeit, das fachliche Wissen bezüglich Sprachenlernen auf den beratenden Kontext zu übertragen. Des Weiteren ist eine Begleitungskompetenz notwendig, um abseits der Rolle des Fachvortragenden Selbsterkenntnisprozesse der Studierenden fördern zu können. Auf dem Kenntnisstand der ausgewählten SprachLernBegleitenden aufbauend, haben die Module das Ziel, Wissens- und Erkenntniserwerb im Bereich des coachenden und beratenden Settings zu ermöglichen. Dies schließt sowohl grundlegende theoretisch-wissenschaftliche Aspekte als auch methodische Umsetzungsinstrumentarien für das praktische Handeln ein. Neben den fachlich orientierten Lehrinhalten, welche in den Modulen vermittelt und erprobt werden, sei noch einmal ihr partizipativer Charakter erwähnt. Die Weiterbildungen werden auch dazu herangezogen, gemeinschaftlich am Projekt mitzuarbeiten und mitzuwirken. Dies betrifft etwa die gemeinsame Konzeption des Evaluierungsformulars, aber auch die forschende Beteiligung der SprachLernBegleitenden. So reflektieren sie etwa ihre Position und Erfahrungen als Lehrende und Beratende. Im Rahmen des dritten Moduls führte der Autor des vorliegenden Beitrags mit den SprachLernBegleitenden und Projektleitenden eine Gruppendiskussion durch. Darüber hinaus ist es den Projektleitenden ein Anliegen, durch die Umsetzung der SprachLernBegleitung am treffpunkt sprachen das beratende Lehren als Kernelement in die universitäre Lehre zu integrieren. Bevor die Ergebnisse der Gruppendiskussion thematisiert werden, werden an dieser Stelle die Module 1-6 angeführt. 52 Christian Hofer Modul 1: Das Konzept der SprachLernBegleitung: Grundlagen des Systemischen Coachings In Modul 1 wird das Konzept des Projekts SprachLernBegleitung mit seinen Möglichkeiten und Grenzen vorgestellt und gemeinsam diskutiert. Zudem erhalten die TeilnehmerInnen in theoretischer und praktischer Hinsicht einen Einblick in verschiedene Aspekte des systemischen Beratens. Fokussiert werden kommunikative Modelle, systemische Gesprächs- und Fragetechniken sowie die systemische Grundhaltung. Sie bekommen die Möglichkeit, sich als Coaches zu erproben und gemachte Erfahrungen zu reflektieren. Modul 2: Systemisches Beraten und Begleiten: Methoden und Werkzeuge In Modul 2 werden die persönlichen Ressourcen der SprachLernBegleitenden besprochen und deren Kompetenzen ausgebaut. Ziel ist es, an den individuellen Entwicklungsmeilensteinen zu arbeiten und diese zu reflektieren. Zudem stellt der Seminarleiter Methoden und Settings aus dem Bereich des Coachings vor: Einschätzungsinstrumente zum eigenen Lernerfolg, Selbsteinschätzungsbögen, Metaphernbildung, Visualisierungstechniken und Rollenspiele. Zudem runden die Besprechung von relevanten Texten und die Präsentation neuer Fachliteratur das Modul ab. Es soll Raum und Zeit gegeben werden, sich als Coach und SprachLernBegleiterIn zu erproben. Modul 3: Die Rollen und Aufgaben von HochschuldidaktikerInnen Modul 3 fokussiert das Arbeitsspektrum von Hochschullehrenden. Schwerpunkt ist die Reflexion des Tätigkeitprofils als Beratende, Lehrende, Forschende. Folgende Fragestellungen finden dabei Berücksichtigung: Hat sich das Selbstverständnis als universitäre Lehrperson gewandelt und, wenn ja, inwiefern? Was verbirgt sich hinter der Bezeichnung HochschuldidaktikerIn? Wie lassen sich die einzelnen Tätigkeitsbereiche Lehre, Forschung und Beratung miteinander verbinden? Wie können die Segmente gewinnbringend in den Arbeitsalltag integriert werden? Die SprachLernBegleiterInnen besprechen, inwiefern Sprachenlehre, Beratung und Forschung eine bereichernde Verbindung darstellen. Modul 4: Feedback und Evaluierung Zum einen werden Erfahrungen aus den Beratungssituationen besprochen und gemeinsam reflektiert, zum anderen stehen die Themen Feedback und Evaluierung im Mittelpunkt. Die von den Studierenden ausgefüllten Evaluierungsformulare werden besprochen. Weitere methodische Inputs sollen das Handlungsfeld der SprachLernBegleitenden erweitern. Darüber hinaus werden Die SprachLernBegleitung. Vom Lehren zum Beraten 53 systemische Feedbackmöglichkeiten im Rahmen von Beratungssituationen erarbeitet. Modul 5: Lerntechniken für Sprachenlernende In Modul 5 richtet sich das Hauptaugenmerk auf das Thema Lerntechniken beim Sprachenlernen . Oftmaliges Anliegen der Studierenden ist es, beim Lernen innerhalb der einzelnen Kompetenzbereiche unterstützt zu werden. Auch wollen ältere Studierende, die sich nach Längerem wieder einer Sprache widmen, bei ihrem Wiedereinstieg in das Sprachenlernen begleitet werden. Aus diesem Grund sollen die Themenbereiche Lerntechniken , Lernstrategien und Lernen lernen in der Sprachenlehre beleuchtet werden. Die SprachLernBegleitenden reflektieren ihre diesbezüglichen Erfahrungen in bisher stattgefundenen Sitzungen. Des Weiteren wird ergründet, ob und inwiefern sich hinter Lernschwierigkeiten auch Metathemen, wie z. B. Ängste oder andere Lernhemmungen, verbergen können. Auf einer strukturellen Ebene werden Leit- und Anamnesefragen entwickelt, die verwendet werden können, um dem bisherigen Sprachlernverhalten der Studierenden nachzuspüren. Diese sollen eine methodische Hilfe in den Beratungen sein. Besprechungen von lernpsychologischen und neurodidaktischen Erkenntnissen runden das Modul ab. Modul 6: Psychologische Aspekte der SprachLernBegleitung Aus dem familiären oder sozialen System, der Schule oder anderen Bildungseinrichtungen bringen Studierende individuelle Lernerfahrungen in den universitären Sprachunterricht mit. Diese wirken prägend und können auf das weitere Lernverhalten Einfluss nehmen. Im Modul besprechen die SprachLernBegleitenden, wie sich derartige Prägungen entwickeln bzw. manifestieren können. Dabei wird eine psychologische Perspektive eingenommen. Im Fokus stehen neuronale Netzwerke, Selbst- und Fremdwahrnehmung, Wahrnehmungseffekte und das Etablieren von lernhemmenden Mustern und Glaubenssätzen. Aus dem Blickwinkel des coachenden Settings werden Methoden und beratende Zugänge aufgezeigt, um Sprachlernprägungen und Ängste im Hinblick auf das Lernen zu reflektieren und zu hinterfragen. Analyse einer Gruppendiskussion: SprachLernBegleitende im Gespräch In diesem Abschnitt werden relevante Gesprächs- und Reflexionsergebnisse von sechs SprachLernBegleitenden und zwei Projektleitenden, die sich im Rah- 54 Christian Hofer men einer Gruppendiskussion getroffen haben, zusammengefasst. Wie zuvor formuliert, ist es ein Teilziel, das mit der Unterrichtspraxis verwobene Projekt mittels qualitativer Forschungsverfahren evaluierend zu begleiten. Als eine Erhebungsmethode wurde die Gruppendiskussion eingesetzt, da diese einen Wissensaustausch unter den SprachLernBegleitenden ermöglichte. Eine derartige Methode bot sich zudem an, da diese im Rahmen der modularen Weiterbildungen stattfinden konnte. Dabei wurde dem Ablaufmodell der Gruppendiskussion nach Mayring (vgl. 2002, S. 79) Folge geleistet. Dieses sieht unter anderem die Formulierung von Fragestellungen vor. Die Fragestellungen sind in Abbildung 1 ersichtlich. Darin sind die für die Gruppendiskussion relevanten Forschungsfragen zu erkennen. Frage A geht auf die Grundstruktur der Sprach- LernBegleitungen ein: Wie stellt sich die beratende Tätigkeit im Gegensatz zum unterrichtenden Schwerpunkt dar? In Frage B sollen die entsprechenden Beratungskompetenzen herausgearbeitet werden, die in diesem Arbeitsbereich vonnöten sind. In diesem Kontext stellt sich auch die Frage: Welche Kompetenzen sollten SprachLernBegleiterInnen mitbringen? Frage C betrifft den Rahmen des beratenden Tätigkeitsfelds: Mit welchen Herausforderungen und Problemstellungen sehen sich Lehrende in der Beratung konfrontiert? Frage D beschäftigt sich mit dem wissenschaftlich-theoretischen Aspekt der SprachLernBegleitungen. So soll untersucht werden, in welche Disziplinen das Projekt aus Sicht der Beteiligten eingebettet ist. Ein weiterer Kernbereich des Ablaufmodells nach Mayring ist die freie Diskussion . Ausgehend von den formulierten Fragestellungen wurde diese vom Autor des vorliegenden Beitrags moderiert. Die wesentlichsten Gesprächsergebnisse wurden während der Diskussion mitprotokolliert. Das Ergebnisprotokoll diente als Datenmaterial zur Formulierung der unten stehenden Diskussionsergebnisse. A SprachLernBegleitung ist eine Form des individualisierten bzw. informellen Lernens. Welche Hauptunterschiede erkennen Sie, vor allem im Gegensatz zum Unterricht mit großen Gruppen? B Aus Ihrer bisherigen Erfahrung als SprachLernBegleitende: Welche Kompetenzen sollten SprachLernBegleitende mitbringen bzw. entwickeln, um Sitzungen gekonnt und sicher zu gestalten? C Welche Herausforderungen stellen sich für Sie als SprachLernBegleitende? D Welche Fachdisziplinen wirken aus Ihrer Sicht noch in die Tätigkeit ein? Tabelle 1: Fragen in der Gruppendiskussion Die SprachLernBegleitung. Vom Lehren zum Beraten 55 Frage A zielt auf einen Vergleich zwischen universitärer Lehr- und Beratungstätigkeit ab. Dieser bietet sich an, zumal die SprachLernBegleitenden sowohl als Lehrende als auch als Beratende tätig sind. Einen Hauptunterschied sehen die SprachLernBegleitenden zwischen Inhalt und Methode . Während im Unterricht an sich das „Was? “, sprich der Unterrichtsinhalt und die Lernziele, im Blick behalten werden müssen, können sich die SprachLernBegleitenden im Beratungssetting voll und ganz auf das „Wie? “ konzentrieren: Wie lernen die Studierenden am besten? Das methodische Lernvorgehen der Studierenden ist zentral. Demzufolge ist ein Hauptmerkmal die individuelle Begleitung, welche in dieser Form in Lehrveranstaltungen nicht möglich ist. Zudem entsteht ein persönlicher Kontakt, anders als etwa bei mediengestützten Lernsettings. Ein großer Vorteil ist zudem der zeitliche Rahmen. Fragestellungen können detailliert besprochen werden, und die unzähligen Kurzgespräche vor und nach einer Lehrveranstaltung oder per E-Mail reduzieren sich, was eine Arbeitsentlastung bedeutet. Viele didaktische Konzepte, welche Lernkonzepte oder Lerntypen betreffen, können individuell angewandt werden und müssen nicht in die Arbeit mit großen Gruppen integriert und so verallgemeinert präsentiert werden. Die Studierenden bekommen die Möglichkeit, ihren Lernprozess auf einer Metaebene zu betrachten. Die Begleitung ermöglicht eine andere Perspektive, welche Stärken und Entwicklungspotentiale erkennbar werden lässt. Um gezielt an einer Professionalisierung der SprachLernBegleitung arbeiten zu können, wurden die SprachLernBegleitenden in der Frage B nach den notwendigen Anforderungen und Kompetenzen gefragt, die sie, vor allem außerhalb der Rolle als Lehrperson, als notwendig erachten. In den Supervisionen und reflektierenden Gesprächen werden die einzelnen Lern- und Entwicklungsbedürfnisse der SprachLernBegleitenden klar, welche zwischen dem Wunsch nach mehr Abgrenzungsfähigkeit und einer klaren Zielformulierung innerhalb der Sitzung schwanken. Die SprachLernBegleitenden nennen und beschreiben vor allem solche Kompetenzen und Fähigkeiten, die sich von der Lehre abgrenzen und sich relativ klar auf das coachende Arbeiten beziehen. Einige Beispiele dafür sind: aktiv zuhören zu können; selbst nicht zu viel zu sprechen; keine Nachhilfe zu geben; sich emotional gut abzugrenzen; einen sicheren Gesprächsrahmen in kurzer Zeit aufzubauen; durch gezielte Fragen bzw. Interventionen Denkprozesse anzuregen; Selbstreflexion zu initiieren und zu begleiten; Wissen zum Bereich Coaching zu internalisieren; Lernziele gemeinsam zu bestimmen - es gibt keine vorgegebenen Lernziele; eine gute Balance zwischen Einfühlen und Abgrenzen aufzuweisen; das Wesentliche auf den Punkt zu bringen; eine strukturierte Sitzung zu gestalten; die Sitzung gekonnt abschließen zu können; neutral zu bleiben. Die Reflexionen ergaben, dass auch das Thema Grenzen setzen können in den SprachLernBegleitungen zentral ist. Diese Grenzen beziehen 56 Christian Hofer sich auf das besprochene Thema und den Inhalt, sind aber auch emotionaler und sprachlicher Natur. An dieser Stelle ist auf Gesprächstechniken zu verweisen, welche für eine gelungene Sprachlernberatung genannt werden (vgl. Spänkuch 2010, S. 129). Auch die in Frage C genannten Herausforderungen beziehen sich auf das für den universitären Rahmen innovative Setting. Eine Herausforderung sehen die SprachLernBegleitenden darin, den Studierenden ihre aktive Rolle und Beteiligung zu verdeutlichen und den coachenden Schwerpunkt der Sitzungen zu betonen. Die Erwartungen der Studierenden gehen sehr oft in die Richtung, konkrete Anleitungen und Lernstrategien „vorgetragen“ zu bekommen. Als weiteren herausfordernden Aspekt nennen die SprachLernBegleitenden die zeitlichen Ressourcen. So sei es schwer, sich neben der Haupttätigkeit auch auf vertiefende Weise mit dem BeraterInnensetting auseinanderzusetzen. Darüber hinaus betonen die SprachLernBegleitenden die geforderte Flexibilität. Während für den Sprachunterricht Lehr- und Unterrichtskonzepte vorbereitet werden können, also didaktische Planbarkeit vorherrscht, sieht man sich in den Beratungen mit der Notwendigkeit der Unmittelbarkeit bezüglich des Vorgehens in der Sitzung konfrontiert. Das didaktische Konzept gibt in Unterrichtssituationen Halt, innerhalb einer SprachLernBegleitung wird die Fähigkeit vorausgesetzt, sich rasch auf die Bedürfnisse des Gegenübers einzustellen und Methoden spontan abrufen zu können. Als eine weitere Herausforderung nennen die SprachLernBegleitenden das realitätsbezogene Kommunizieren . Auch wenn die den Präsenzunterricht ergänzenden Sitzungen einen Raum darstellen sollen, um auf kreative Weise über das eigene Sprachenlernen nachzudenken, so ist das Aufzeigen von persönlichen Grenzen und dem tatsächlich vorhandenen Lernniveau durchaus zentral. Wertschätzend und motivierend darauf hinzuweisen, erlebten die SprachLernBegleitenden in den bisherigen Sitzungen nicht immer als vollkommen friktionsfrei. Mit der Frage D galt es zu erörtern, inwiefern die SprachLernBegleitung ein interdisziplinäres Betätigungsfeld darstellt bzw. welche Fachbereiche auf sie Einfluss nehmen. Diesbezügliche Erkenntnisse stärken bzw. klären das Profil beratender Konzepte an der Universität und geben Aufschluss darüber, in welchem Bereich die SprachLernBegleitenden noch Wissens- und Unterstützungsbedarf haben. Dabei wurde die Psychologie als Bezugswissenschaft genannt bzw. Gebiete und Teilbereiche der Psychologie, etwa die Lernpsychologie, Entwicklungspsychologie oder Sozialpsychologie. Daneben erachten die SprachLernBegleitenden psychologisch orientierte Themen als vorherrschend, beispielsweise Motivation oder Kommunikation . Relevant sind aus Sicht der SprachLernBegleitenden des Weiteren die Erziehungswissenschaft, da es sich auch um eine pädagogische Begleitung handelt, und die Hochschuldidaktik, Die SprachLernBegleitung. Vom Lehren zum Beraten 57 zumal das universitäre Lernsetting und Zielgruppen den Kern der Beratungen ausmachen. Auch als philosophisches Wirken werden die SprachLernBegleitungen empfunden, weil es innerhalb der Reflexionsprozesse auch darum geht, kritisches Denken anzuregen, verschiedene Blicke auf einen Sachverhalt zu werfen und durch erkenntnistheoretische Zugänge den eigenen Horizont zu erweitern. Neben dem fachlichen Hintergrundwissen (in diesem Fall die jeweilige Fremdsprache), haben gemäß der Ansicht der SprachLernBegleitenden die Psychologie, die Hochschuldidaktik und der Bereich des Study Abroad Research (vgl. Seidl 2016) relevanten Einfluss auf die universitäre Beratungstätigkeit. Auswertung und evaluierende Analyse stattgefundener SprachLernBegleitungen sowie sprachendidaktische Implikationen Im folgenden Abschnitt werden 124 stattgefundene SprachLernBegleitungen nach Sprachen und Besprechungsbzw. Sitzungsthema analysiert und anschließend interpretiert, um etwaige Rückschlüsse auf eine Weiter- und Qualitätsentwicklung des Projekts zu ziehen und um den Unterstützungsbedarf der Studierenden aufzuzeigen. Damit wird der Frage nachgegangen, mit welchen Anliegen sich die Studierenden an die BeraterInnen wenden. Deutsch als Fremdsprache Spanisch Englisch Italienisch Russisch andere 54 15 13 18 8 16 Tabelle 2: Referenzsprachen der stattgefundenen SprachLernBegleitungen Betrachtet man Tabelle 2, fällt auf, dass 54 der 70 stattgefundenen Sitzungen von Deutsch als Fremdsprache-Studierenden in Anspruch genommen wurden. Daraus kann geschlossen werden, dass Sprachenlernende, welche sich nicht in ihrem Herkunftsland befinden, sowohl erhöhten und besonderen Unterstützungsbedarf beim Lernen der deutschen Sprache aufweisen als auch Orientierungsbedarf im fremden Land haben. Die anderen Sprachen, auf welche sich die Sitzungen bezogen, verteilen sich, wie man der Tabelle entnehmen kann, relativ gleichmäßig auf Sprachen mit einem größeren Lehrveranstaltungsangebot. treffpunkt sprachen hat diesen persönlichen Unterstützungsbedarf von Seiten der ausländischen Studierenden wahrgenommen und in die Qualitätsentwicklung integriert. Zum einen wurden spezielle Weiterbildungen angeboten, die diese Zielgruppen fokussieren. Zum anderen wird zurzeit ein diesbezügliches 58 Christian Hofer Forschungsprojekt Short term study abroad - needs and experiences (vgl. Seidl 2016) durchgeführt. In diesem Projekt soll untersucht werden, wie internationale Austauschstudierende, die einen Sprachkurs bei treffpunkt sprachen besuchen, ihr Auslandssemester in Graz/ Österreich erleben. Ziel des Projekts ist es, Erwartungen und Bedürfnisse, Motivationslagen sowie Höhe- und Tiefpunkte bei einem kurzfristigen Auslandsstudienaufenthalt von Austauschstudierenden zu erheben. Projektergebnisse und gewonnene Erkenntnisse sollen auch in die zukünftigen SprachLernBegleitungen einfließen. In diesem Zusammenhang ist der Forschungsbereich Study Abroad Research (vgl. ebd.) zu erwähnen, welcher theoretisch und konzeptuell für die SprachLernBegleitungen tragend wirkt (vgl. ebd.). Es liegt auch nahe, dass ein Augenmerk auf Übungen und Methoden für SprachLernBegleitungen mit Auslandsstudierenden zu richten sein wird. Besprechungsthema A Lernstrategien/ Lerntechniken/ Lernreflexion 33 B Produktive Sprachkompetenzen 26 C Rezeptive Sprachkompetenzen 7 D Lernmotivation/ psychologisch orientierte Themen 27 E Lernumfeld/ interkulturelles Lernen/ Beruf und Arbeit 9 F Beurteilen und Bewerten/ Prüfungsmanagement 9 G Andere Themen 13 Tabelle 3: Besprechungsthemen Ordnet man die 124 begutachteten SprachLernBegleitungen nach Inhalt bzw. Besprechungsthema, so lassen sich die Kategorien A‒G festlegen. Die Daten wurden anhand schriftlicher Rückmeldungen der SprachLernBegleitenden nach jeder Einzelsitzung erhoben, indem diese Themen der Sitzung, Sprache und zentrale Ergebnisse angaben. Es fällt auf, dass in 26 der stattgefundenen Sitzungen das Thema produktive Sprachkompetenzen zentral war. Der Fokus der Unterstützungsanliegen von Seiten der Studierenden lag dabei etwa auf der aktiven Anwendung des Wortschatzes, einem zügigeren Redefluss, dem Abbau von Sprechhemmungen in der Fremdsprache oder dem gezielten Arbeiten an der Aussprache. Einmal mehr ist ersichtlich, dass Sprachenlernende an der Hochschule besonderen Wert auf die aktive Verwendung der Sprache, auf Handlungsorientierung und die kommunikative Kompetenz legen (vgl. Hofer 2009). Dieses Ergebnis fließt wiederum in die Lehre ein. Im Rahmen von Arbeitsgemeinschaften werden Lehrende darauf hingewiesen, besondere Aufmerksam- Die SprachLernBegleitung. Vom Lehren zum Beraten 59 keit auf die produktive Komponente und eine kommunikative Didaktik zu legen. In gezielten Weiterbildungen sollen die produktiven Fertigkeiten in den Blick genommen werden. Auch im Rahmen der modularen Ausbildungsreihe Sprachenlernen mit Erwachsenen widmen sich die TeilnehmerInnen in ihren Abschlussarbeiten vermehrt dem Erwerb produktiver Sprachkompetenzen (vgl. Hofer/ Unger-Ullmann 2015). 33 der 124 Sitzungen beschäftigten sich mit dem Themenbereich Lernstrategien/ Lerntechniken/ Lernreflexion . Das Hauptaugenmerk richtete sich dabei darauf, Möglichkeiten für ein individuelles Sprachenlernen aufzuzeigen, den Zugang zur Sprache (wieder) zu finden, autonome Lernoptionen zu zeigen und das eigene Lernverhalten zu reflektieren. Die forschende Fachdidaktik hat sich diesen Bereichen in Projekten bereits gewidmet: So wurden etwa Lernstile bzw. reflektierendes Sprachenlernen in den Blick genommen (vgl. Burkert/ Rosenberg 2015; Rezic 2015). In 27 SprachLernBegleitungen wurde außerdem das Thema Motivation reflektiert: Wie kann ich mich motivieren, neben meinem Studium bzw. neben dem Arbeiten konsequent eine Sprache zu lernen? Wie schaffe ich es, am Ball zu bleiben? In diesem Zusammenhang spielten Ängste, sich in der Gruppe auszudrücken, das Reflektieren über Selbstkonzepte oder das Bewusstwerden der eigenen Spachlernkompetenz eine bedeutende Rolle. Im Hinblick darauf ist von Seiten der SprachLernBegleitenden besonderes Feingefühl notwendig. Gerade in diesen Sitzungen wird den SprachLernBegleitenden die Grenze dieses Arbeitssettings und der eigenen Kompetenz bewusst. Abgrenzung, Distanzfähigkeit und Netzwerkwissen sind an dieser Stelle zentral. Die restlichen Sitzungen wiesen die Themen Rezeptive Sprachlernkompetenzen , Hör- und Lesestrategien in der Fremdsprache , interkulturelles Lernen und Beurteilen und Bewerten auf. Die Auswertung gibt zum einen Aufschluss über etwaigen Weiterbildungsbedarf für Sprachlehrende. Zum anderen spiegelt sich darin, wie oben angeführt, das fachdidaktische Forschungspotential an einem Sprachenzentrum wider. Die Analyse der Sitzungen lässt die Lernherausforderungen und Problemstellungen der Studierenden erkennen, welche Sprachlehrende im Unterrichtsrahmen berücksichtigen können. Dies lässt auf eine gewinnbringende Verbindung von Forschung, Lehre und Beratung schließen. Resümee Das Projekt SprachLernBegleitung ist ein zusätzliches Unterstützungsangebot für Studierende des treffpunkt sprachen . Diesen wird die Möglichkeit geboten, unter Einbindung ihrer persönlichen Sprachlernbiographie, mit den Sprach- LernBegleitenden an ihren Problemstellungen zu arbeiten, ihren Lernerfolg zu 60 Christian Hofer sichern und persönliche Weiterentwicklung zu erleben. Für die Lehrenden, die als SprachLernBegleitende tätig sind, bietet sich die Gelegenheit, berufliche Erfahrungen im beratenden Setting zu sammeln bzw. diese auszubauen. Durch die modular gestalteten Weiterbildungen werden sie dabei begleitet. Diese dienen nicht nur dazu, den Wissensstand zu erweitern, sondern bieten einen wichtigen Forschungsrahmen für das Projekt. Die Beteiligten bringen ihr Wissen und ihre Ressourcen als Lehrende, Beratende und Forschende ein. Dieser multiperspektivische Zugang stellt eine große Bereicherung für das Projekt dar. Wie zuvor geschlussfolgert, zeigt die SprachLernBegleitung, dass Lehren, Beraten und Forschen gleichwertige Eckpfeiler des hochschuldidaktischen Tätigkeitsspektrums sein können und sich als gegenseitig bereichernde Erkenntnisquellen darstellen. Für die SprachLernBegleitenden erweist sich das Beraten als innovative, individualisierte Form des Lernens. Die SprachLernBegleitung wird zu einem fixen Bestandteil des Lehrangebots und holt Studierende in ihrer konkreten Lern- und Lebenssituation ab. Natürlich sind die Grenzen dieses beratenden Lernsettings zu berücksichtigen - so kann das Format für die Studierenden etwa keine Unterstützung im psychosozialen Bereich darstellen. Dementsprechend ist es im Rahmen des Projekts auch von Bedeutung, die wichtigsten Kompetenzen von SprachLernBegleitenden herauszufiltern. Die inhaltliche Analyse der bisher stattgefundenen Sitzungen zeigt auf, dass Studierende vor allem in den Bereichen der produktiven Sprachkompetenzen , Lernstrategien und Lernmotivation Unterstützung suchen. Diese Erkenntnis wird in der Lehre, in den Forschungsprojekten und im Weiterbildungsbereich des treffpunkt sprachen berücksichtigt. Literatur Burkert, Anja/ Rosenberg, Marjorie (2015): Learning Styles and their Effect on Learning and Teaching. In: Unger-Ullmann, Daniela/ Hofer, Christian (Hrsg.) Forschende Fachdidaktik. Projektergebnisse. Tübingen: Francke, S. 103-130. Hofer, Christian (2015): Fachdidaktik: Forschende Zugänge und Methoden. 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Systemisches Coaching für Führungskräfte und BeraterInnen. Wien: Verlag Systemisches Management. Rezic, Veronika (2015): Lernreflexion: Ein Moment für die Erwachsenenbildung In: Unger-Ullmann, Daniela/ Hofer, Christian (Hrsg.) Forschende Fachdidaktik. Projektergebnisse . Tübingen: Francke, S. 161-188. Seidl, Eva (2016): Short time study abroad - needs and experiences. Überlegungen zu einem hochschuldidaktischen Forschungsprojekt. In: Fremdsprachen und Hochschule: FuH 91, Bochum: AKS-Verlag, S. 39-54. Siebert, Horst (2008): Konstruktivistisch lehren und lernen . Augsburg: ZIEL. Spänkuch, Enke (2010): Sprachlernberatung - alles andere als ein „Hype“! In: Reich, Astrid/ Spänkuch, Enke (Hrsg.): Exzellent und initiativ. Qualitätsentwicklung und-sicherung in der Sprachausbildung an Hochschulen . Bochum: AKS-Verlag, S. 127-144. 62 Christian Hofer Anhang Die SprachLernBegleitung. Vom Lehren zum Beraten 63 64 Christian Hofer Learning styles and learner strategies 65 Learning styles and learner strategies Marjorie Rosenberg Abstract In order to aid learners in their quest for knowledge, a concept of their individual differences and the strategies they use to learn is valuable information to have. Even in outwardly similar groups, learners often exhibit a wide range of preferences and methods they employ to reach their goals. The individual differences may not always be immediately apparent but becoming aware of them opens up more possibilities for both the learners and the teacher in the classroom. - This study compared strategies used by learners who identified themselves as possessing particular characteristics with those who didn’t and examined in more depth what learners felt they needed in classroom activities in order to be successful language learners. Introduction In this paper, I will report on a small-scale research project undertook at treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik at the University of Graz. This was carried out in the winter semesters of 2014-15 and 2015-16 in a total of four general English classes at B1 level. The aim of the study was to determine if students’ primary learning preferences were reflected in their learning strategies as well as in their feeling of progress regarding classroom activities. They were given a questionnaire at the beginning of the semester to determine their preferred learning styles based on three different models which were then discussed in class. A total of 66 students completed the self-reflection surveys handed in at the end of the semester. The break-down into genders and nationalities is as follows: 66 Marjorie Rosenberg Gender/ Nationality Number of students Male 14 Female 48 Austria 50 USA 1 Bosnia-Herzegovina 3 Turkey 1 South Korea 1 Serbia 1 Germany 2 Spain 2 Russia 1 Italy 1 No info given (3 on gender, 4 on nationality) Table 1: Breakdown of gender and nationality The results of this self-reflection survey have been analysed and are the basis of this report. The answers are recorded as numbers as well as in percentages based on the number of answers received. Not all students filled in information for every question or for every style which accounts for slight discrepancies in numbers. Several different categories were looked at and recorded: those whose preferences were strongly found in one style are noted along with those who were comfortable working in two or even three different areas. In addition, those who indicated that they had few of the characteristics of a particular style were recorded as a contrast to those who fit into one of the particular categories. The questionnaires were designed to reflect the different categories of learner preference. There were a total of seven or eight questions, the last three dealing with strategies that learners in a particular style usually do not do. These are the strategies which learners learn in order to cope or to stretch out of their particular styles. Learners were not told that the last three questions were regarded as control questions. The last part of the analysis dealt with activities that students noted down during the semester along with the reasons they felt these activities helped them to learn. These have been recorded according to learner preference and are in alphabetical order to make it easier to find the activities mentioned by different Learning styles and learner strategies 67 learner types. A commentary follows each of the charts with numbers as well as the list of activities named by the students. Definitions A number of researchers have written on style and what it means. ‘Style can be defined as patterns of behaviour and the approaches we use regularly with the aim of reaching particular goals’ (Rosenberg, 2013 p. 9). Experts in the field have this to say: • Keefe (1979, p. 4) says that styles are ‘characteristic cognitive, affective and psychological behaviours that serve as relatively stable indicators of how learners perceive, interact with and respond to the learning environment.’ • Reid (1995/ Roche 2006, p. 38) explains style as ‘internally based characteristic, often not perceived or used consciously, that are the basis for the intake of new information.’ • Kinsella (1995, p. 171) contends that ‘learning style refers to an individual’s natural, habitual and preferred ways of absorbing, processing and retaining new information and skills which persist regardless of teaching methods of content area.’ • Guild and Garger (1998, p. 23) offer the following definition: ‘The way we perceive the world governs how we think, make judgments and form values about experiences and people. This unique aspect of our humanness is what we call style. ’ • Cohen (2002, p. 162) states: ‘Indeed we learn in different ways and what suits one learner may be inadequate for another. While learning styles seem to be relatively stable, teachers can modify the learning tasks they use in their classes in a way that may bring the best out of particular learners with particular learning style preferences. It is also possible that learners over time can be encouraged to engage in ‘style-stretching’ so as to incorporate approaches to learning they were resisting in the past.’ The Models Andrew Cohen (2002, p. 163) suggests three different areas of preferences to look at. ‘Although numerous distinctions are emerging from the literature, three categories of style preferences are considered particularly relevant and useful to understanding the process of language learning: sensory/ perceptual, cognitive, and personality-related preferences.’ The models used in this study are based on these categories. The ‘VAK’ (visual, auditory, kinaesthetic motoric and kinaesthetic emotional) model deals with sensory and perceptual approaches 68 Marjorie Rosenberg to learning and how learners initially deal with new material. The ‘Global/ Analytic’ model is based on Herman Witkin’s studies of cognitive processing in the 1940’s when he defined ‘field-dependent (global) and field-independent (analytic) learners’. In language learning this model is used to examine how learners cognitively approach tasks. The third model ‘Mind Organisation’ was developed by April Bowie in 1997 and based on work carried out by Anton Gregorc. Bowie looked at both personality-related characteristics and how these affect behaviour and strategies in learning situations. VAK (Visual, Auditory, Kinaesthetic) These preferences have been organised into categories. In cases where a learner had strong preferences in more than one, the one with the highest score is listed first. In cases where numbers were identical, they were put into the category of the first style appearing in the list. Beginning with the sensory/ perceptual model, it is necessary to bear in mind that most learners after adolescence have learned to cope with receiving information in a variety of channels. Although they may prefer to see (visual), hear (auditory), touch or move (kinaesthetic motoric) or rely on emotions and feelings (kinaesthetic emotional), once they have reached the university level, they have become used to stretching out of their preferred channels and normally do not have major problems with perception, storage or recall in a variety of channels. In order to more exactly define the characteristics of each type, short definitions are given here. Visual learners generally like to see things and write them down. They often carry around markers and may make use of colours to remember things. Auditory learners need to speak and to listen. They also tend to think aloud and are not usually note-takers. Kinaesthetic motoric learners learn by moving and touching things. They like real-life situations and like to try things out for themselves. Kinaesthetic emotional learners need to feel comfortable in a group. They like learning to be personalised and need to feel a connection to what they need to learn. Preference(s) Number of students Visual 14 Visual and Auditory 3 Visual and Kinaesthetic Emotional 13 Visual and Kinaesthetic Motoric 5 Learning styles and learner strategies 69 Visual, Auditory and Kinaesthetic Emotional 3 Visual, Kinaesthetic Motoric and Kinaesthetic Emotional 4 Auditory 1 Auditory and Visual 2 Auditory and Kinaesthetic Emotional 3 Auditory and Kinaesthetic Motoric 1 Auditory, Visual and Kinaesthetic Emotional 1 Kinaesthetic Emotional 6 Kinaesthetic Emotional and Visual 2 Kinaesthetic Emotional and Auditory 1 Kinaesthetic Emotional, Visual and Auditory 1 Kinaesthetic Motoric 4 Kinaesthetic Motoric and Kinaesthetic Emotional 1 Table 2: Breakdown of visual, auditory, kinaesthetic motoric, kinaesthetic emotional and mixed learner types Visual and non-visual learners Those who classified themselves as visual (V= 14, V + 1 other channel = 25, V + 2 other channels = 9) (48 learners, 46 surveys completed) used these strategies when studying: Strategy always usually sometimes seldom never write down important things 26/ 58-% 18/ 40-% 1/ 02-% 0 0 use colours and highlighters 22/ 48-% 10/ 22-% 8/ 17-% 6/ 13-% 0 draw pictures or images 5/ 11-% 8/ 17-% 12/ 27-% 15/ 33-% 5/ 13-% use graphic organisers (charts, etc.) 8/ 17-% 4/ 9-% 21/ 46-% 9/ 20-% 4/ 08-% visualize what they need to do 11/ 24-% 19/ 41-% 11/ 24-% 2/ 04-% 3/ 06-% rearrange material in a new order 9/ 20-% 17/ 38-% 13/ 29-% 5/ 11-% 1/ 02-% 70 Marjorie Rosenberg find a way to practice pronunciation 6/ 14-% 12/ 27-% 17/ 39-% 9/ 20-% 0 work actively on listening 5/ 12-% 9/ 21-% 16/ 37-% 11/ 26-% 2/ 05-% Table 3: Strategies of visual learners Those who classified themselves as non-visual (17 learners, 17 surveys completed) used these strategies when studying: Strategy always usually sometimes seldom never write down important things 4/ 24-% 8/ 47-% 3/ 18-% 2/ 12-% 0 use colours and highlighters 5/ 29-% 4/ 24-% 5/ 29-% 2/ 12-% 1/ 06-% draw pictures or images 1/ 06-% 0 5/ 29-% 7/ 41-% 4/ 24-% use graphic organisers (charts, etc) 0 1/ 06-% 6/ 38-% 8/ 50-% 1/ 06-% visualize what they need to do 3/ 18-% 7/ 41-% 3/ 18-% 2/ 12-% 2/ 12-% rearrange material in a new order 3/ 19-% 3/ 19-% 4/ 25-% 4/ 25-% 2/ 13-% find a way to practice pronunciation 1/ 06-% 1/ 06-% 8/ 50-% 5/ 31-% 1/ 06-% work actively on listening 0 2/ 13-% 7/ 44-% 6/ 38-% 1/ 06-% Table 4: Strategies of non-visual learners Commentary: The visual learners clearly made use of what we generally consider to be highly visual activities; namely writing down important things, using colours and highlighters, and visualizing what they need to do. The only one of these strategies used as well in large numbers by non-visual learners (71- % always or usually) was writing down important information. In looking at the last three ‘control’ questions, it is interesting to note that the visual learners make more use of the coping strategies (such as rearranging material in a new order) than the non-visual learner (58-% as compared to 38-%), who perhaps do not need to make use of these coping strategies as they rely on other strengths. Learning styles and learner strategies 71 Auditory and non-auditory learners Those who classified themselves as auditory (A = 1, A + 1 other channel = 10, A + 2 other channels = 5) (16 learners, 14 surveys completed) used these strategies when studying: Strategy always usually sometimes seldom never study out loud 3/ 21-% 3/ 21-% 5/ 36-% 3/ 21-% 0 practice for tests with an imaginary person 0 2/ 15-% 2/ 15-% 6/ 46-% 3/ 23-% participate orally in class 2/ 14-% 4/ 29-% 4/ 29-% 4/ 29-% 0 record material they need to learn 2/ 14-% 1/ 07-% 2/ 14-% 2/ 14-% 7/ 50-% repeat information aloud to themselves 3/ 21-% 6/ 43-% 4/ 29-% 1/ 07-% 0 write material down and learn it again 4/ 29-% 5/ 36-% 3/ 21-% 1/ 07-% 1/ 07-% try to take notes in classes and lectures 4/ 29-% 5/ 36-% 3/ 21-% 2/ 14-% 0 practice visualizing 1/ 07-% 5/ 36-% 4/ 28-% 3/ 21-% 1/ 07-% Table 5: Strategies of auditory learners Those who classified themselves as non-auditory (49 learners, 41 surveys completed) used these strategies when studying: Strategy always usually sometimes seldom never study out loud 5/ 12-% 12/ 29-% 16/ 39-% 6/ 15-% 2/ 05-% practice for tests with an imaginary person 0 10/ 24-% 2/ 05-% 9/ 22-% 20/ 49-% participate orally in class 2/ 05-% 12/ 29-% 13/ 32-% 12/ 29-% 2/ 05-% record material they need to learn 3/ 08-% 3/ 08-% 4/ 10-% 7/ 18-% 22/ 56-% repeat information aloud to themselves 15/ 37-% 9/ 22-% 13/ 32-% 3/ 07-% 1/ 02-% 72 Marjorie Rosenberg write material down and learn it again 9/ 22-% 21/ 51-% 6/ 15-% 4/ 10-% 1/ 02-% try to take notes in classes and lectures 18/ 44-% 18/ 44-% 5/ 12-% 0 0 practice visualizing 4/ 10-% 10/ 25-% 16/ 40-% 9/ 22-% 1/ 03-% Table 6: Strategies of non-auditory learners Commentary: As the sample size of auditory learners was fairly small, it is difficult to draw conclusions from these numbers as no clear patterns emerged aside that the auditory learners tend to repeat information to themselves more often than the non-auditory learners (64-% compared to 59-% when using the figures based on the answers always and usually). There was also a distinctly higher percentage among the non-auditory learners regarding note-taking in class with 88- % of the non-auditory learners answering always or usually as compared to 65-% of the auditory learners. It is interesting to see that those who classified themselves as non-auditory made use of an auditory strategy, namely studying aloud (41-% always or usually). They also exhibited high numbers in practices such as writing material down and relearning it (73-% always and usually). It was also surprising that the numbers in the ‘never’ category regarding the recording of material that needed to be learned were almost identical among the auditory and the non-auditory learners. Kinaesthetic emotional and non-kinaesthetic emotional learners Those who classified themselves as kinaesthetic emotional (KE = 6, KE + 1 other channel = 25, KE + 2 other channels = 4) (35 learners, 34 surveys completed) used these strategies when studying: Strategy always usually sometimes seldom never making personal connections to the material 3/ 09-% 12/ 35-% 14/ 41-% 4/ 12-% 1/ 03-% discovering personal reasons for learning 6/ 19-% 6/ 19-% 10/ 30-% 8/ 25-% 2/ 06-% Learning styles and learner strategies 73 studying in a place where they feel comfortable 22/ 65-% 12/ 35-% 0 0 0 creating positive feelings about learning 3/ 09-% 16/ 47-% 11/ 32-% 4/ 12-% 0 studying with people they like to be with 1/ 03-% 9/ 27-% 10/ 30-% 10/ 30-% 3/ 09-% finding a way to keep emotions out of learning 1/ 03-% 3/ 09-% 12/ 35-% 16/ 47-% 2/ 06-% learning to use facts more than feelings 0 12/ 36-% 15/ 45-% 4/ 12-% 2/ 06-% trying to work with all types of people 1/ 03-% 3/ 09-% 14/ 42-% 11/ 33-% 4/ 12-% Table 7: Strategies of kinaesthetic emotional learners Those who classified themselves as non-kinaesthetic emotional (24 learners, 24 surveys completed) used these strategies when studying: Strategy always usually sometimes seldom never making personal connections to the material 1/ 04-% 5/ 21-% 11/ 46-% 5/ 21-% 2/ 08-% discovering personal reasons for learning 1/ 04-% 8/ 33-% 7/ 29-% 8/ 33-% 0 studying in a place where they feel comfortable 9/ 38-% 12/ 50-% 3/ 13-% 0 0 creating positive feelings about learning 3/ 13-% 11/ 46-% 5/ 21-% 4/ 17-% 1/ 04-% studying with people they like to be with 0 3/ 13-% 12/ 50-% 8/ 33-% 1/ 04-% finding a way to keep emotions out of learning 2/ 09-% 6/ 26-% 4/ 17-% 8/ 35-% 3/ 13-% learning to use facts more than feelings 3/ 13-% 8/ 35-% 9/ 39-% 2/ 09-% 1/ 04-% trying to work with all types of people 1/ 04-% 5/ 21-% 4/ 17-% 10/ 42-% 4/ 17-% Table 8: Strategies of non-kinaesthetic emotional learners 74 Marjorie Rosenberg Commentary: The numbers here seemed to show a more pronounced usage among the kinaesthetic emotional learners of the usual kinaesthetic emotional strategies such as making personal connections to material (44-% always and usually compared to 25-%), studying in a place where they feel comfortable (100-% always and usually compared to 88-%) and studying with people they enjoy being with (30-% always and usually compared to 13-%). Those who said they were not kinaesthetic emotional also studied where they were comfortable and created positive feelings about learning although the non-kinaesthetic motoric learners scored higher in all three control questions. They found it easier to keep emotions out of learning (35-% always and sometimes compared to 12-%), learned to use facts more than feelings (48-% compared to 36-% and were able to work with all types of people (25-% compared to 12-%). Kinaesthetic motoric and non-kinaesthetic motoric learners Those who classified themselves as kinaesthetic motoric (KM = 4, KM + 1 other channel = 9, KM + 2 other channels = 2) (15 learners, 15 surveys completed) used these strategies when studying: Strategy always usually sometimes seldom never trying information out for themselves 2/ 13-% 4/ 27-% 7/ 47-% 2/ 13-% 0 taking frequent breaks 3/ 20-% 8/ 53-% 2/ 13-% 2/ 13-% 0 walking about the room or outside 2/ 13-% 7/ 47-% 6/ 40-% 0 0 holding small objects 2/ 13-% 7/ 47-% 3/ 20-% 3/ 20-% 0 making flashcards to learn with 1/ 06-% 1/ 06-% 5/ 33-% 4/ 27-% 4/ 27-% practicing writing clearly 1/ 06-% 2/ 13-% 5/ 33-% 5/ 33-% 2/ 13-% learning to sit still for a long time 0 2/ 13-% 5/ 32-% 6/ 40-% 2/ 13-% writing down what was learned by moving about 0 1/ 07-% 6/ 40-% 4/ 27-% 4/ 27-% Table 9: Strategies of kinaesthetic motoric learners Learning styles and learner strategies 75 Those who classified themselves as non-kinaesthetic motoric (50 learners, 43 surveys completed) used these strategies when studying: Strategy always usually sometimes seldom never trying information out for themselves 0 11/ 26-% 19/ 45-% 11/ 26-% 1/ 02-% taking frequent breaks 5/ 12-% 21/ 50-% 9/ 21-% 6/ 14-% 1/ 02-% walking about the room or outside 2/ 05-% 7/ 16-% 17/ 41-% 10/ 23-% 7/ 16-% holding small objects 4/ 09-% 13/ 30-% 12/ 28-% 9/ 21-% 5/ 12-% making flashcards to learn with 0 6/ 14-% 17/ 40-% 8/ 19-% 12/ 28-% practicing writing clearly 4/ 09-% 12/ 28-% 13/ 30-% 10/ 23-% 4/ 09-% learning to sit still for a long time 4/ 10-% 7/ 17-% 5/ 12-% 13/ 31-% 13/ 31-% writing down what was learned by moving about 0 7/ 17-% 8/ 19-% 8/ 19-% 18/ 44-% Table 10: Strategies of non-kinaesthetic motoric learners Commentary: Again, a small sample size of kinaesthetic motoric learners does not guarantee the best result. However, the strategies generally assigned to this learner type come out strongly when looking at the percentages of those who filled in the survey although numbers are only slightly higher among the kinaesthetic learners than the non-kinaesthetic learners when it came to taking frequent breaks (73-% compared to 62-% always and usually). The numbers are similar regarding the use of flashcards (12-% always and usually for the kinaesthetic-motoric learners and 14-% usually for the non-kinaesthetic learners) which is somewhat unexpected. In addition, the kinaesthetic motoric learners had higher numbers in the seldom and never categories than the non-kinaesthetic motoric learners which is surprising. However, the kinaesthetic motoric learners more often used the strategies of walking around while learning (30-% always and usually compared to 21-%) and trying information out for themselves (40-% always and usually compared to 26- %). It is interesting that both kinaesthetic motoric and non-kinaesthetic motoric learners seldom or never have to work at sitting still for a long time although this may have been learned during their time at school and at university. 76 Marjorie Rosenberg Global/ Analytic As mentioned in the section on the models used, the global - analytic model deals with cognitive processing skills. Learners completed a questionnaire which plots their score on a continuum. Those who test very far on one side or another can be classified as being more global or more analytic. A number of learners come out in the middle indicating that they can move easily from one end of the scale to another and make use of strategies belonging to both categories. In order to look at the numbers, this has been divided into global, non-global, analytic, non-analytic and those whose scores put them in the middle with answers for both sets of questions. Global learners tend to see things holistically and like to have the big picture before going into details. They are dependent on their environment and work best when they are comfortable with the learning situation and people they are with. Analytic learners are structured and prefer to have as many details as possible. They are self-motivated and often prefer to work alone. Preference(s) Number of students Global 21 Analytic 29 Global and analytic 13 Table 11: Breakdown of global and analytic learners Global and non-global learners Those who classified themselves as global (21 learners, 21 surveys completed) used these strategies when studying. Strategy always usually sometimes seldom never creating an overview for themselves 5/ 25-% 9/ 45-% 4/ 20-% 2/ 10-% 0 finding ways to use creativity and imagination 1/ 05-% 8/ 38-% 7/ 33-% 3/ 14-% 2/ 10-% creating their own learning systems 5/ 24-% 9/ 43-% 5/ 24-% 1/ 05-% 1/ 05-% using the whole picture to decide on details 3/ 14-% 9/ 43-% 9/ 43-% 0 0 Learning styles and learner strategies 77 asking for help when necessary 7/ 33-% 9/ 43-% 3/ 14-% 2/ 10-% 0 practicing prioritizing tasks 1/ 04-% 11/ 52-% 7/ 35-% 2/ 09-% 0 finding ways to motivate themselves 2/ 10-% 12/ 57-% 7/ 33-% 0 0 learning organizational techniques to keep from being bored studying 2/ 10-% 6/ 28-% 9/ 43-% 3/ 14-% 1/ 05-% Table 12: Strategies of global learners Those who classified themselves as non-global (29 learners, 24 surveys completed) used these strategies when studying: Strategy always usually sometimes seldom never creating an overview for themselves 5/ 21-% 9/ 38-% 8/ 33-% 2/ 08-% 0 finding ways to use creativity and imagination 0 5/ 21-% 11/ 46-% 5/ 21-% 3/ 13-% creating their own learning systems 4/ 17-% 11/ 46-% 8/ 33-% 1/ 04-% 0 using the whole picture to decide on details 3/ 13-% 7/ 29-% 8/ 33-% 4/ 17-% 2/ 08-% asking for help when necessary 4/ 17-% 7/ 29-% 5/ 21-% 7/ 29-% 1/ 04-% practicing prioritizing tasks 4/ 17-% 9/ 39-% 7/ 30-% 2/ 09-% 1/ 04-% finding ways to motivate themselves 7/ 29-% 8/ 33-% 7/ 29-% 2/ 08-% 0 learning organizational techniques to keep from being bored 1/ 04-% 9/ 39-% 7/ 30-% 6/ 26-% 0 Table 13: Strategies of non global learners Commentary: The strategies show a preference by global learners in the areas of creating an overview for themselves (70-% always and usually compared to 57-%), finding ways to be creative (43-% always and usually compared to 21-%), using the whole 78 Marjorie Rosenberg picture to decide on details (57-% always and usually compared to 42-%) and in asking for help when necessary (76-% always and usually compared to 46-%). It is interesting to note that the global learners did not tick seldom or never for the question about needing the whole picture in order to work with details as they seem to mostly learn in a holistic manner. Analytic and non-analytic learners Those who classified themselves as analytic (29 learners, 29 surveys completed) used these strategies when studying: Strategy always usually sometimes seldom never putting the details together to make a big picture 8/ 30-% 11/ 41-% 6/ 22-% 2/ 07-% 0 working alone 10/ 34-% 17/ 59-% 1/ 03-% 1/ 03-% 0 setting goals and recording progress 10/ 34-% 10/ 34-% 7/ 24-% 0 2/ 07-% working on one thing at a time 9/ 31-% 16/ 55-% 3/ 10-% 1/ 03-% 0 making sure they know what is expected of them 12/ 41-% 14/ 48-% 3/ 10-% 0 0 practice finding and accepting alternative ideas 3/ 11-% 5/ 19-% 14/ 52-% 5/ 19-% 0 trying to be flexible rather than perfect 3/ 10-% 7/ 24-% 14/ 48-% 4/ 14-% 1/ 04-% keeping the goal in mind rather than the details 7/ 25-% 7/ 25-% 10/ 36-% 4/ 14-% 0 Table 14: Strategies of analytic learners Those who classified themselves as non-analytic (21 learners, 18 surveys completed) used these strategies when studying: Learning styles and learner strategies 79 Strategy always usually sometimes seldom never putting the details together to make a big picture 0 7/ 39-% 8/ 44-% 2/ 11-% 1/ 06-% working alone 3/ 17-% 10/ 56-% 5/ 28-% 0 0 setting goals and recording progress 1/ 06-% 8/ 44-% 7/ 39-% 2/ 11-% 0 working on one thing at a time 0 6/ 33-% 11/ 61-% 1/ 06-% 0 making sure they know what is expected of them 4/ 22-% 9/ 50-% 4/ 22-% 1/ 06-% 0 practice finding and accepting alternative ideas 1/ 06-% 3/ 17-% 6/ 33-% 7/ 39-% 1/ 06-% trying to be flexible rather than perfect 1/ 06-% 8/ 44-% 7/ 39-% 2/ 11-% 0 keeping the goal in mind rather than the details 3/ 17-% 8/ 44-% 6/ 33-% 1/ 06-% 0 Table 15: Strategies of non-analytic learners Commentary: There is a more pronounced difference between those who classified themselves as analytic or non-analytic. The analytic learners tend to put the details together to form a big picture (71- % always and usually compared to 39- % among the non-analytic learners). It should also be noted that all analytic learners use the details to create a big picture although 7- % seldom do this. The most marked difference is in the strong showing of the analytics preferring to work on one thing at a time (86-% always or usually compared to 33-%). Other areas in which the analytic learners scored higher were in preferring to work alone (93-% always and usually compared to 73-%) and in setting goals and recording progress (68-% always and usually compared to 50-%). Global and analytic learners Those who classified themselves as global and analytic (13 learners, 12 surveys completed) using global strategies: 80 Marjorie Rosenberg Strategy always usually sometimes seldom never creating an overview for themselves 3/ 25-% 5/ 42-% 3/ 25-% 1/ 08-% 0 finding ways to use creativity and imagination 1/ 08-% 8/ 67-% 1/ 08-% 2/ 17-% 0 creating their own learning systems 2/ 19-% 3/ 27-% 4/ 36-% 2/ 18-% 0 using the whole picture to decide on details 2/ 20-% 1/ 10-% 4/ 40-% 3/ 30-% 0 asking for help when necessary 1/ 08-% 2/ 17-% 2/ 17-% 7/ 58-% 0 practicing prioritizing tasks 3/ 27-% 1/ 09-% 6/ 55-% 1/ 09-% 0 finding ways to motivate themselves 4/ 33-% 6/ 50-% 2/ 17-% 0 0 learning organizational techniques to keep from being bored 1/ 10-% 2/ 20-% 5/ 50-% 2/ 20-% 0 Table 16: Global strategies of global-analytic learners Those who classified themselves as global and analytic (13 learners, 13 surveys completed) using analytic strategies: Strategy always usually sometimes seldom never putting the details together to make a big picture 0 5/ 38-% 6/ 46-% 2/ 15-% 0 working alone 2/ 15-% 9/ 69-% 2/ 15-% 0 0 setting goals and recording progress 5/ 38-% 3/ 23-% 3/ 23-% 1/ 08-% 1/ 08-% working on one thing at a time 4/ 31-% 4/ 31-% 4/ 31-% 1/ 08-% 0 making sure they know what is expected of them 7/ 54-% 5/ 38-% 1/ 08-% 0 0 practice finding and accepting alternative ideas 2/ 17-% 3/ 25-% 6/ 50-% 1/ 08-% 0 trying to be flexible rather than perfect 2/ 15-% 2/ 15-% 5/ 38-% 4/ 31-% 0 Learning styles and learner strategies 81 keeping the goal in mind rather than the details 1/ 08-% 6/ 46-% 4/ 31-% 2/ 15-% 0 Table 17: Analytic strategies of global-analytic learners Commentary: When these percentages are compared with the learners who found themselves to be analytic or global rather than having a combination of both characteristics, the percentages are normally lower. There are only two instances in which the percentages of the ‘always/ usually’ category for global learners is higher, one being the question about finding ways to use creativity and imagination. Seventy-five percent (75- %) of those who classified themselves as both global and analytic answered ‘always or usually’ as compared to 43-% of the global learners which is surprisingly low. The question about finding ways to motivate themselves (which was a control question) was answered with ‘always or usually’ by 83-% of the global and analytic learners and only by 67-% of the pure global learners. In addition, those who were global and analytic came out with higher numbers than the non-analytics but both higher and lower numbers than those classified as non-global. It seems from this that those with characteristics from both use a wider variety of strategies than those who are firmly set in one processing system. Mind Organisation The third and final category deals with personality-related characteristics and their effect on learning. There are four categories determined through a set of questions taking into account how people perceive (concretely or abstractly) and then organise (systematically or non-systematically) information: Power Planners (who perceive concretely through the senses and organise systematically) are the structured, dependable and punctual types who are also hard-working, practical and task-oriented. They are not happy with constant change and make sure whatever they start gets done. Expert Investigators (who perceive abstractly and organise systematically) are logical and follow particular systems. They see things objectively and leave emotions out of learning. They rely on facts and are extremely thorough, exact and rely on theories and abstract ideas. Flexible Friends (who perceive abstractly through feelings and organise non-systematically) through concepts and thoughts are people-oriented. They are usually creative and imaginative as well as compassionate and empathetic. They are spontaneous and value personalized learning. Radical Reformers (who perceive concretely through the senses and organise non-systematically) are risk-takers and curious learners. They use their intuition but may also be 82 Marjorie Rosenberg competitive and place high value on being unique. They are often strong-willed, thrive on change and usually need real-world situations to learn. These have been classified according to the highest number of points learners scored on the questionnaire. Most of the students who had two or three dominant areas came out with one or two points more in one of the categories as reflected in the numbers below. In cases where numbers were identical, the number of students was listed starting with Power Planner plus the combination of styles. Preference(s) Number of students Power Planner 16 Power Planner plus Expert Investigator 3 Power Planner plus Flexible Friend 1 Power Planner plus Expert Investigator and Flexible Friend 1 Expert Investigator 16 Expert Investigator plus Power Planner 2 Expert Investigator plus Radical Reformer 1 Expert Investigator plus Flexible Friend 2 Expert Investigator plus Power Planner and Radical Reformer 2 Flexible Friend 6 Flexible Friend plus Power Planner 1 Flexible Friend plus Power Planner and Expert Investigator 2 Flexible Friend plus Power Planner and Radical Reformer 1 Flexible Friend plus Expert Investigator and Radical Reporter 1 Radical Reformer 5 Radical Reformer plus Power Planner 1 Radical Reformer plus Expert Investigator 1 Radical Reformer plus Flexible Friend 2 Table 18: Breakdown into categories defined by Mind Organisation, Power Planners, Expert Investigators, Flexible Friends and Radical Reformers Power Planners and non-Power Planners Those who classified themselves as Power Planners (PP = 16, PP +1 = 8, PP + 2 = 6) (30 learners, 30 surveys completed) used these strategies when studying: Learning styles and learner strategies 83 Strategy always usually sometimes seldom never making checklists and ticking off the items 16/ 53-% 8/ 27-% 3/ 10-% 1/ 03-% 2/ 07-% relating what they need to learn to practical situations 3/ 11-% 10/ 37-% 11/ 41-% 3/ 11-% 0 making sure they have exact information before starting 14/ 47-% 12/ 40-% 1/ 03-% 3/ 10-% 0 learning to accept other people’s ideas 3/ 10-% 14/ 47-% 11/ 37-% 2/ 07-% 0 letting others lead a group 5/ 17-% 9/ 30-% 14/ 47-% 2/ 07-% 0 accepting change in their routines 1/ 03-% 6/ 20-% 14/ 47-% 9/ 30-% 0 Table 19: Strategies of Power Planners Those who classified themselves as having few characteristics of Power Planners (34 students, 28 surveys completed) used these strategies when studying: Strategy always usually sometimes seldom never making checklists and ticking off the items 6/ 21-% 11/ 39-% 4/ 14-% 4/ 14-% 3/ 11-% relating what they need to learn to practical situations 1/ 04-% 9/ 33-% 11/ 41-% 6/ 22-% 0 making sure they have exact information before starting 6/ 21-% 11/ 39-% 4/ 15-% 7/ 25-% 0 learning to accept other people’s ideas 4/ 15-% 12/ 42-% 10/ 36-% 2/ 07-% 0 letting others lead a group 3/ 11-% 9/ 32-% 12/ 43-% 4/ 14-% 0 accepting change in their routines 1/ 04-% 13/ 46-% 7/ 25-% 7/ 25-% 0 Table 20: Strategies of non-Power Planners 84 Marjorie Rosenberg Commentary: In the three areas (making check lists, relating material to practical situations and having exact information before starting) which most characterize the Power Planners, the percentage points among the Power Planners are higher than those who did not classify themselves as such (80-% always and usually compared to 60-%, 48-% always and usually compared to 37-% and 87-% always and usually to 60- %). It was interesting to see that the first two control questions (learning to accept others’ ideas and letting others lead a group) had very similar percentage points. The question about accepting change in routines was clearly higher (50-% as compared to 23-%) among the non-Power Planners. Expert Investigators and non-Expert Investigators Those who classified themselves as Expert Investigators (EI = 16, EI + 1 = 9, EI + 2 = 6) (31 students, 30 surveys completed) used these strategies when studying: Strategy always usually sometimes seldom never making sure they have all the information they need 13/ 43-% 13/ 43-% 2/ 07-% 2/ 07-% 0 ensuring that they know exactly what they need to do 8/ 27-% 15/ 50-% 7/ 23-% 0 0 giving themselves more time if they need to finish a task 11/ 37-% 14/ 47-% 4/ 13-% 1/ 03-% 0 trying to be less of a perfectionist 2/ 07-% 6/ 20-% 17/ 57-% 4/ 13-% 1/ 03-% working at accepting other peoples’ opinions 4/ 13-% 15/ 50-% 10/ 33-% 1/ 03-% 0 trying to work with others 0 10/ 33-% 9/ 30-% 11/ 37-% 0 Table 21: Strategies of Expert Investigators Those who classified themselves as having few characteristics of Expert Investigators (33 students, 27 surveys completed) used these strategies when studying: Learning styles and learner strategies 85 Strategy always usually sometimes seldom never making sure they have all the information they need 15/ 56-% 10/ 37-% 2/ 08-% 0 0 ensuring that they know exactly what they need to do 9/ 33-% 14/ 52-% 3/ 11-% 1/ 04-% 0 giving themselves more time if they need to finish a task 6/ 22-% 12/ 44-% 8/ 30-% 1/ 04-% 0 trying to be less of a perfectionist 3/ 11-% 4/ 15-% 15/ 56-% 5/ 19-% 0 working at accepting other peoples’ opinions 3/ 11-% 14/ 52-% 9/ 33-% 1/ 04-% 0 trying to work with others 4/ 15-% 8/ 30-% 12/ 44-% 3/ 11-% 0 Table 22: Strategies of non-Expert Investigators Commentary: These answers did not show a clear indication that Expert Investigators used more of the traditional strategies than the non-Expert Investigators. They were more or less equal or had lower percentages in the first two questions; making sure they had all the information they needed 86- % always and usually compared to 93-%) and ensuring that they knew exactly what they had to do (77-% always and usually compared to 85-%). The largest difference in numbers came in the third question (giving themselves more time if necessary to finish a task) where 84-% of the Expert Investigators ticked always or usually as compared to 66-% of the non-Expert Investigators. The control questions showed very similar statistics although the Expert Investigators tried more often to work with other people (45- % always and usually compared to 33- %). The data gathered here seems to be inconclusive regarding the learning strategies used by Expert Investigators aside from realising that they need more time to complete tasks. Flexible Friends and non-Flexible Friends Those who classified themselves as Flexible Friends (FF = 6, FF +1 = 6, FF + 2 = 5) (17 students, 15 surveys completed) used these strategies when studying: 86 Marjorie Rosenberg Strategy always usually sometimes seldom never finding out who can help if necessary 5/ 33-% 4/ 27-% 6/ 40-% 0 0 creating a personal, relaxed learning space 7/ 47-% 8/ 53-% 0 0 0 finding personal connections to what needs to be learned 2/ 14-% 7/ 50-% 3/ 21-% 2/ 14-% 0 finding a fun way to organise a personal timetable 4/ 27-% 6/ 40-% 2/ 13-% 2/ 13-% 1/ 07-% working at concentrating less on personal relationships 2/ 15-% 5/ 38-% 3/ 23-% 3/ 23-% 0 making decisions with the head and not the heart 2/ 14-% 3/ 21-% 6/ 43-% 3/ 21-% 0 Table 23: Strategies of Flexible Friends Those who classified themselves as having few characteristics of Flexible Friends (47 students, 40 surveys completed): Strategy always usually sometimes seldom never finding out who can help if necessary 9/ 23-% 13/ 32-% 10/ 25-% 8/ 20-% 0 creating a personal, relaxed learning space 11/ 27-% 15/ 37-% 7/ 18-% 6/ 15-% 1/ 03-% finding personal connections to what needs to be learned 3/ 07-% 8/ 20-% 17/ 42-% 11/ 28-% 1/ 03-% finding a fun way to organise a personal timetable 1/ 03-% 5/ 12-% 14/ 35-% 15/ 38-% 5/ 12-% working at concentrating less on personal relationships 1/ 02-% 12/ 30-% 20/ 50-% 7/ 18-% 0 making decisions with the head and not the heart 2/ 05-% 17/ 43-% 18/ 45-% 3/ 08-% 0 Table 24: Strategies of non-Flexible Friends Learning styles and learner strategies 87 Commentary: Here the Flexible Friends showed clearly that they use the strategies they find comfortable more often than those who are not Flexible Friends. Although the non-Flexible Friends had high percentages in some cases, the first three questions clearly showed that the Flexible Friends found out who can help them if necessary (60-% always and usually compared to 55-%), created a personal and relaxed learning space (100-% always and usually compared to 64-%) and found personal connections to material they needed to learn (64-% always and usually compared to 27-%). The first of the control questions (finding a fun way to organise a timetable) showed that the Flexible Friends had taken on this task and 67-% always or sometimes do this compared to 15-% of the non-Flexible Friends. The non-Flexible Friends also showed that 50- % of them seldom or never do this compared to 20-% of the Flexible Friends. They also work harder at making decisions with their heads (21-%) rather than their hearts (8-%). Radical Reformers and non-Radical Reformers Those who classified themselves as Radical Reformers (RR = 5, RR +1 = 7, RR + 2 = 3) (15 students, 14 surveys completed) used these strategies when studying: Strategy always usually sometimes seldom never finding personal reasons to learn something 2/ 14-% 4/ 29-% 5/ 36-% 3/ 21-% 0 deciding on the best time and place to learn 2/ 14-% 7/ 50-% 4/ 29-% 1/ 07-% 0 experimenting with new learning strategies 1/ 07-% 2/ 14-% 7/ 50-% 1/ 07-% 3/ 21-% setting priorities for themselves and following them 2/ 14-% 8/ 57-% 3/ 21-% 1/ 07-% 0 working on one project at a time 1/ 07-% 8/ 57-% 4/ 29-% 1/ 07-% 0 keeping their individuality but doing what they needed to complete tasks 2/ 14-% 9/ 64-% 1/ 07-% 2/ 14-% 0 Table 25: Strategies of Radical Reformers 88 Marjorie Rosenberg Those who classified themselves as having few characteristics of Radical Reformers (50 students, 41 surveys completed) used these strategies when studying: Strategy always usually sometimes seldom never finding personal reasons to learn something 4/ 10-% 12/ 29-% 16/ 39-% 8/ 20-% 1/ 02-% deciding on the best time and place to learn 12/ 29-% 14/ 34-% 12/ 29-% 2/ 05-% 1/ 02-% experimenting with new learning strategies 0 5/ 12-% 14/ 34-% 18/ 44-% 4/ 10-% setting priorities for themselves and following them 10/ 24-% 22/ 54-% 7/ 17-% 2/ 05-% 0 working on one project at a time 7/ 17-% 22/ 54-% 6/ 15-% 6/ 15-% 0 keeping their individuality but doing what they needed to complete tasks 2/ 05-% 22/ 55-% 14/ 35-% 2/ 05-% 0 Table 26: Strategies of non-Radical Reformers Commentary: The numbers here are again fairly similar although the Radical Reformers showed more of a tendency (21- % always or usually as compared to 12- %) to experiment with new learning strategies. However, the non-Radical Reformers who seldom or never do this came out with 54-% compared to 28-% of the Radical Reformers. The Radical Reformers also scored higher on the control question about keeping their identity but doing what was necessary to complete tasks (78-% always or usually as compared to 60-%). This is also difficult to draw conclusions from as the numbers were fairly similar. Learners’ comments on activities The last part of the questionnaire was for students to note down activities which they felt helped them learn along with the reasons they perceived the activities as helpful. These have been analysed according to the styles of the students and the most relevant comments are noted here. The videos mentioned were Learning styles and learner strategies 89 from ‘Simple English Videos’ by Vicki Hollett, a collection of video clips used for teaching vocabulary. These were uploaded to Moodle and discussed later in class. All other activities except the grammar practice sheets and homework assignments were done in class. Activities marked with * were described in different ways by different learner types. Visual learners found these activities to be helpful: • cards with pictures because seeing things made them easier to recognize, • cards with vocabulary because the learner could see all the words written out, • ‘Grammar Bingo’ because the learner saw all the tenses on one page*, • ‘Seaside word crossword puzzle’ (with pictures) because it was a visual way to learn vocabulary*, • ‘The Seaside’ (pictures with differences) because the learner practiced the tenses by describing what people were doing in a picture*, • ‘The Seaside’ (pictures with differences) because the learner practiced describing people*, • videos because the pictures helped the learner to remember the grammar and vocabulary and the meaning of the words*, • videos because the learner could listen and watch at the same time*, • ‘Winter Holidays with Venn Diagram’ because the learner was more easily able to note the information from the text and see the differences more clearly. Auditory learners found these activities to be helpful: • ‘Grammar Bingo’ (a grammar review) because the learner had to speak to the others using the correct tense*, • ‘Halloween’ (partner gap text) because the learner had to listen carefully to his/ her partner to fill in the words*, • ‘How often do you …? ’ (pairwork activity) because when the learner said something aloud he/ she remembered it better, • ‘Mamma Mia’ song gap text because the learner had to understand the lyrics*, • ‘Mamma Mia’ vocabulary practice because the learner could then describe the words to others*, • ‘Mamma Mia’ vocabulary practice because after the game the learner knew the vocabulary (it was practiced out loud)*, • ‘Social English Dialogue Cards’ because matching the correct question with the correct response helped the learner to remember the words and the questions*, • speaking in class because the learner heard the pronunciation and had to speak, 90 Marjorie Rosenberg • ‘The Hairdresser’ (partner gap with dialogue) ‘The Seaside’ (pictures with differences) because the learner had to speak to a partner to find differences in the pictures*, • ‘The Seaside’ (pictures with differences) because it helped the learner to practice pronunciation • videos because a word was said and accompanied by an action making it easier to understand*, • ‘When was the first time you …? ’ (pairwork activity) because the learner practiced asking questions and talking*. Kinaesthetic motoric learners found these activities to be helpful: • ‘Find someone who …’ (group work) because the learners learned by doing something (practicing the grammar, speaking and moving)*, • games in general because they were interactive, • grammar practice sheets because with them the learner felt he/ she practiced the tenses in a practical way. Kinaesthetic emotional learners found these activities to be helpful: • ‘By the year 2100 …’ (pairwork activity, then whole class discussion) because games and activities like this encouraged the social atmosphere in the classroom, • ‘Day of the Dead’ text because the learner could talk about his/ her life with others, • describing objects because it was active and fun, • games in general because they were fun, • ‘Grammar Bingo’ (grammar review) because the learner could ask friends questions to learn how to ask and answer others*, • ‘Have you ever …? ’ (pairwork activity) because the learner had to tell his/ her partner something special about him/ herself, • pairwork speaking exercises in general because they were fun, • sitting in U-form because it made the class more comfortable and familiar, • ‘Social English Dialogue Cards’ because it was fun*, • speaking activities in groups because it helped the learner lose the feeling of anxiety about speaking English, • ‘The Hairdresser’ (partner gap with dialogue) because it used frequency adverbs in a fun way*, • ‘The Hairdresser’ because it was so much fun and the learner ‘could let his/ her hair down’, • ‘The Seaside’ (pictures with differences) because it was fun and the learner liked working in a small group*, • videos because they were entertaining, Learning styles and learner strategies 91 • ‘What on earth are you going to do with that? (board game) because it was fun, interactive and the learners talked and laughed together*, • ‘What on earth are you going to do with that? ’ (board game) because learners were in small groups and could speak to each other*, • ‘When was the first time you …? ’ (pairwork activity) because it was fun and the learner practiced answering and asking questions (learner is also auditory)*, • ‘When was the first time you …? ’ (pairwork activity) because it was easier to talk with someone the learner knew*, • writing a text on a first time experience because the learner had to think about him/ herself and it was exciting. Global learners found these activities to be helpful: • ‘Animal, Vegetable, Mineral’ (using adjectives to describe items) because working in groups brought students together, created a good atmosphere and helped the learner concentrate better, • discussion of video clips because thinking together in class motivated the learner to be active, • ‘Grammar Bingo’ (grammar review) because learners learned how to answer in different situations, • ‘Grammar Bingo’ because all the tenses were on one page, • grammar explanation sheets because they helped the learner with an overview before they did specific exercises, • ‘Halloween quiz’ because the topic was interesting to the learner, • ‘Mamma Mia’ song gap text because the learner liked working with materials related to a film or musical he or she had seen, • ‘Seaside word crossword puzzle’ (with pictures) because the learner felt that learning with games was always better*, • Social English phrases practice with a koosh ball because it was active, • ‘When was the first time you …? ’ (pairwork activity) because the learner had so much fun that he/ she remembered the vocabulary afterwards*, • ‘When was the first time you …? ’ (pairwork activity) because the learner felt this was a creative and playful approach to learning*, • ‘What were you doing at …? ’ because it was group work. Analytic learners found these activities to be helpful: • ‘Connections’ (adverb worksheet) because it helped the learner to understand the concept of adverbs, • cultural topics because it was reading skills practice, • games in general because it helped the learner learn new vocabulary*, 92 Marjorie Rosenberg • gap fills because it helped the learner to understand some words or phrases better, • grammar explanation sheets because revisions were helpful for learning, • grammar pairwork activities because it helped to make the connections between the writing and practice of grammar, • ‘Halloween text’ because learners practiced reading aloud, • ‘Holiday quiz’ (pairwork activity) because the learner got a lot of information and it was very interesting, • ‘Mamma Mia’ vocabulary practice because the learner found it easier to learn words if he/ she had to explain them to others, • ‘Mamma Mia’ vocabulary practice because learners had to explain terms to their partners in their own words, • speaking about common mistakes in English because it helped the learner to avoid them in future, • ‘The Horoscope’ because learners had to think of logical and funny answers, • ‘The Seaside’ (pictures with differences) because the activity showed the learner how difficult it can be to describe something and how important the details are*, • ‘When was the first time you …? ’ (pairwork activity) because the learner found it motivating to ask about details*, • videos because it helped the learner to hear different native English speakers*, • videos because they were interesting*, • videos because they exactly explained the meaning of words*, • writing questions based on a text because it helped to practice questions, • written homework assignments because the learner got feedback from the teacher. Power Planners found these activities to be helpful: • ‘Adjectives and adverbs exercises’ because the learner used the explanation in order to practice the grammar, • Grammar Bingo (grammar review) because it reviewed all the important tenses which we need to know for the midterm exam*, • ‘How often do you …? (pairwork activity) because the learner had to use the vocabulary in speaking*, • ‘I am you’ (writing a story about a partner) because the learner had to think about the vocabulary and practice writing a story, • ‘Mamma Mia’ vocabulary practice because thinking about a definition of a word helped him/ her to learn it, • Social English phrases because they were good to know for everyday English*, Learning styles and learner strategies 93 • Winter Holidays with Venn Diagram because reading was a good way to study and the vocabulary lists explained things one should know, • ‘When was the first time you …? ’ (pairwork activity) because the learner had to speak in full sentences*, • videos because they gave concrete situations and examples to make the vocabulary easier to remember*. Expert Investigators found these activities to be helpful: • Explanations because the more the learner knew the better, • grammar explanation sheets because the learner felt it was the first time he/ she had understood the grammar*, • grammar explanation sheets and vocabulary lists because the learner felt he/ she could improve their knowledge, • ‘Halloween’ text because the learner learned about the origins of the holiday and gained new knowledge, • ‘Holiday Prize’ (pairwork activity) helped the learner to understand the use of the ‘going to future’, • ‘How often do you …? (pairwork activity) because the learner remembered the words used in the simple present tense, • ‘Mamma Mia’ vocabulary practice because the learner had to think of definitions of vocabulary without using the words him/ herself, • ‘Snakes and Ladders’ (board game review) because the learner could apply his/ her knowledge from the semester, • ‘What’s in the Big Apple? ’ (text with questions) because it was an interesting topic and he/ she learned a lot of new words, • ‘When was the first time you …? ’ (pairwork activity) because the learner was interested and wanted to know the answers*, • writing a short story about yourself because it helped the learner to learn how to use the tenses correctly. Flexible friends found these activities to be helpful: • activities working with others because the learner improved his/ her pronunciation by meeting other people, • ‘Holiday Prize’ (partner pairwork) because the learner liked speaking faceto-face with a partner*, • ‘Holiday Prize’ (partner pairwork) because the leaner liked the opportunity to talk and practice in a group activity*, • ‘The Nose’ (partner describe and draw game) because the leaner found it fun to do with a partner, • ‘The Seaside’ (pictures with differences) because the learner liked doing it with a partner and thinking about the activities*. 94 Marjorie Rosenberg Radical Reformers found these activities to be helpful: • games in general because they helped the learner practice and they were fun*, • ‘Mamma Mia’ song gap text because the learner found music to be very inspiring and helped him/ her to learn vocabulary*, • memory game because it was spontaneous and the learner had to find out words from others, • pairwork because the learner liked to be challenged in one-to-one discussions, • ‘What on earth are you going to do with that? (board game) because the learners had to think about activities not given to them by the teacher*. There were also activities which showed that learners stretch out of their preferred styles. Some examples of these were: • A Kinaesthetic motoric learner liked the Mamma Mia gap text because he/ she had to learn to listen and fill gaps, • an Analytic learner liked the ‘Grammar Bingo’ because it gave him/ her a feeling for using the tenses correctly, • an Analytic, Expert Investigator learner liked the grammar exercises because they gave context to the application of tenses and were not just theoretical, • a Visual learner liked ‘The Seaside’ because he/ she had to speak in order to the describe the picture and learn new vocabulary, • a Visual, Kinaesthetic emotional, Global learner liked the ‘Mamma Mia’ vocabulary activity because he/ she learned to describe words in a simple way, • a Visual learner liked the pairwork activities because he/ she could practice speaking, • a Visual, Kinaesthetic emotional learner liked the pairwork activities because he/ she had to speak out loud. Commentary: Many of the comments here confirm the hypothesis that learners of particular styles use learning strategies consistent with those styles. Visual learners commented often that they liked using pictures to learn vocabulary or to practice the language, liked seeing words written out, found that videos provided visual input to make it easier to learn or Venn Diagrams because the learner was more easily able to remember information after seeing it in a visual form. Auditory learners commented on speaking and listening carefully, found that when they said something aloud they remembered it better, felt that hearing words pronounced in class helped them to learn or that they could practice questions or answers in a pairwork activity. Kinaesthetic motoric learners felt they learned while doing something, liked games in general Learning styles and learner strategies 95 because they were interactive and enjoyed working with a partner because they could practice tenses in a practical way. Kinaesthetic emotional learners enjoyed games because they created a social atmosphere in the classroom, they could speak to friends about different topics, had to tell a partner something special about themselves, liked working in small groups, had the chance to talk and laugh together, found it easier to speak to someone they knew rather than in open class and thought it was exciting to think about themselves. Global learners found that working in groups brought students together, enjoyed activities where they got an overview, noticed that when they had fun they remembered the material better and found group work enjoyable and it contributed to their feeling of progress. Analytic learners found they learned best when they were able to understand the concept of a grammar point, when they learned new vocabulary words, were able to make connection between writing and grammar, when they got a lot of new information, when they had to think of logical answers, or had to supply details. Power Planner found activities to be helpful when they could apply an explanation to grammar practice, were able to review all the tenses, had to speak in full sentences and had to give concrete situations and examples to explain vocabulary. Expert Investigators found that explanations in class or in written form helped them because they enjoyed gathering knowledge, liked coming up with definitions of words without using the words themselves, found topics to be engaging and they felt they were able to learn new words through them. Flexible Friends enjoyed activities in which they worked with others and liked speaking face-to-face with a partner. They enjoyed practicing in groups and found this to be fun as well as helpful. Radical Reformers found that music was inspiring and helped them to learn vocabulary, spontaneous games were interesting for them, they enjoyed being challenged in one-to-one discussions and liked games in which they came up with their own unique answers not supplied by the teacher. Some style-stretching could also be observed. There were learners who commented on specific skills although they had not come out very high on the original questionnaire in these categories. The style-stretching comments, however, were fewer than those who seemed to make use of the strategies that are normally expected to be used by particular learners. What was especially interesting was the fact that the same activities were mentioned by different learner types and the reasons they found it helpful varied widely. ‘Grammar Bingo’ (a whole class activity in which learners had to answer questions about themselves in different tenses and then find others with similar answers to complete a Bingo board) was found helpful by visual learner and global learners because they saw all the tenses on one page, by an audito- 96 Marjorie Rosenberg ry learner because he/ she had to speak to others, by a kinaesthetic emotional learner because he/ she could ask friends questions, by a global learner because he/ she learned to answer questions about different situations, and by a Power Planners because it reviewed all the tenses for the midterm exam. ‘The Seaside’ (a pairwork activity of pictures with differences) was found helpful by a visual learner who liked describing what people in a picture were doing, by auditory learners who felt it helped them to work on pronunciation and had to speak in order to find the differences in the pictures, by a kinaesthetic emotional learner who found it fun and liked working in a small group, by an analytic learner because it showed him/ her how difficult it can be to describe something and how important the details are, and by a Flexible Friend because the learner liked doing it with a partner. The ‘Simple English Videos’ uploaded on Moodle were helpful by the visual learners because they could listen and watch at the same time and the pictures helped the learners remember the grammar and the vocabulary, by auditory learners because words were said and accompanied by an action making them easier to understand, by an analytic learner who liked listening to different native speakers, and by a Power Planner who learned through the concrete situations and examples making it easier to remember vocabulary. An activity in which learners had to describe words from a text about the film ‘Mamma Mia’ was found helpful by the auditory learners because learners felt they knew the vocabulary after the game and could describe the words to others, by an analytic learner because he/ she found it easier to learn if he/ she had to explain something to another person in their own words, by a Power Planner because thinking about an explanation of a word helps him/ her to learn it, and by an Expert Investigator who enjoyed thinking of definitions without using the words themselves. Conclusion Although this was a small-scale study, the question of which learning strategies are used by particular learner types by and large showed that learners tend to use strategies they are most comfortable with. This often showed up in a more pronounced way when the sample size was larger (visual learners, kinaesthetic emotional learners, global learners, analytic learners and Power Planners). The only small sample size which clearly indicated a strong use of the expected strategies was the Flexible Friends. In looking at the activities the students chose to mention and what about them helped them to learn showed marked preferences in all groups except the kinaesthetic motoric learners who did not fill in very many activities in the survey. However, looking at all the other comments, it certainly indicated that, although teachers give the entire class the same task, Learning styles and learner strategies 97 each of them approaches it in their own way. This confirms my hypothesis that a mix of methods is the most efficient and fairest way to reach all the different learner types in the classroom. It also seems to indicate that learners need a certain amount of flexibility in how they approach tasks and need to feel that they can put their strengths to use in learning situations. Bibliography Bowie, April (1998): Adolescent Self Perceptions of Learning Styles: A Qualitative Study. Antioch University, Seattle: Master’s Thesis. Cohen, Andrew (2002): Focus on the Language Learner: Styles, Strategies and Motivation. In: Schmitt Norbert (Hrsg.) An Introduction to Applied Linguistics. London: Hodder Education, pp. 161-178. Gregorc, Anthony (1982): An Adult’s Guide to Style. Columbia, CT: Gregorc Associates Inc. Guild, Pat B./ Garger, Stephen (1998): Marching to Different Drummers. Alexandria: Association for Supervision and Curriculum Development (ASCD). Hollet, Vicki/ Silber, Jay (2018): Simple English videos . http: / / www.simpleenglishvideos. com/ [26.04.2019]. Keefe, James W. (1979): Learning Styles: an overview. In: Keefe, James W. (Hrsg.) Student learning styles: diagnosing and prescribing problems. Reston: National Association of Secondary School Principals, pp. 1-18. Kinsella, Kate (1995): Understanding and empowering diverse learners in the ESL classroom. 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Eine Fallstudie im Bereich Japanisch als Fremdsprache Kaori Sohar Abstract Im vorliegenden Beitrag wird das Ergebnis der Untersuchungen, die sich mit Einführungsmethoden und Lehrstrategien zur Wortschatzvermittlung im Fremdsprachenunterricht beschäftigten und im Rahmen eines Forschungsprojekts am treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik der Universität Graz durchgeführt wurden, dargestellt. Im Artikel werden bisher veröffentlichte relevante Untersuchungsergebnisse zu Vokabelunterrichtsmethoden überblicksmäßig beschrieben und zusammengefasst. Des Weiteren werden die Konzipierung einer Vokabellehrstrategie im Bereich Japanisch als Fremdsprache und die Methode zur Überprüfung der Strategie dargelegt. Das Ergebnis und die statistische Auswertung der empirischen Studie werden dabei in Form von zehnmaligen Vokabeltests, die im universitären Japanischunterricht durchgeführt wurden, dargestellt, um damit den Nachweis für die Effektivität von Vokabelunterrichtsmethoden erbringen zu können. Einleitung Wer bereits versucht hat, in einer Fremdsprache zu kommunizieren, weiß wohl, dass das sogenannte Wortschatzwissen das eigene Verständnis stark beeinflusst. Michael Lewis (vgl. 1993, S. 50ff.), einer der am häufigsten zitierten Sprachendidaktiker im Bereich Wortschatz, schreibt in seinem Buch Lexical Approach , er habe noch keine Kommunikationsszene erlebt, die wegen mangelnden Grammatikwissens nicht zustande gekommen wäre. Dagegen kenne er zahlreiche Fälle, in denen die Verständigung nicht erreicht werden konnte, weil „richtige“ Wörter zum „richtigen“ Zeitpunkt bei den Kommunizierenden fehlten. Die Hauptbotschaft von Lewis wird im Satz „Language consists of grammaticalised 100 Kaori Sohar lexis, but not lexicalised grammer“ (ebd., S. 89) auf den Punkt gebracht. Auch darüber, dass basierend auf der Wortschatzfähigkeit die gesamte Sprachfähigkeit eingeschätzt werden kann, wurde im Forschungsbereich zur Bilingualität und auch zum Fremdsprachenunterricht bereits mehrfach berichtet (vgl. Laufer 1997, S. 20ff.; Yachi 2003, S. 78ff.; Sohar 2015, S. 36ff.). Wie Lernende - über welchen Prozess bzw. mit welchen Schwierigkeiten -tatsächlich ihren Wortschatz in einer Fremdsprache erwerben, wurde im Bereich Japanisch als Fremdsprache jedoch noch nicht genügend erforscht (vgl. Yachi 2005, S. 78ff.). Auch der Wortschatzerwerb in einer Fremdsprache wie Japanisch ist noch weitgehend unerforscht, wohingegen der Wortschatzerwerb in der Erstsprache in den letzten Jahrzehnten zunehmend Gegenstand von Untersuchungen geworden ist. Auch Lehrmethoden zur Wortschatzvermittlung im Fremdsprachenunterricht werden zwar häufig beschrieben und in Handbüchern und Zeitschriften veröffentlicht, die tatsächliche Effektivität der vorgeschlagenen Methoden wurde jedoch zumindest für Japanisch als Fremdsprache noch nicht genau betrachtet (vgl. Kadota/ Ikemura 2009, S. 316). Für Erwachsene, die Japanisch als Fremdsprache lernen, vor allem für diejenigen, die aus Sprachregionen stammen, in denen keine Kanji -Zeichen als Schriftelemente verwendet werden ( Hi-Kanji-Ken : Nicht- Kanji -Sprachregion), ist der Wortschatzerwerb eine der größten Herausforderungen. Wenn Personen mit Deutsch als Erstsprache z. B. eine germanische oder romanische Sprache lernen, finden sie bereits in einer frühen Lernphase zahlreiche Vokabeln, deren etymologische Wurzel dieselbe wie die des Wortes ihrer Muttersprache ist. Bei solchen Vokabeln können Lernende nicht nur die Bedeutung des Zielwortes, sondern auch dessen syntaktische Anwendungsbeschränkung gut abschätzen bzw. sich rasch merken. Dies erleichtert selbstverständlich das Erlernen und Anwenden von Vokabeln in der betreffenden Fremdsprache. Für Erwachsene aus der Nicht- Kanji -Sprachregion, die Japanisch als Fremdsprache lernen, klingen japanische Wörter am Anfang bloß wie kontinuierlich aneinander gereihte Laute. Daher müssen japanische Phoneme, Morpheme und das phonologische System, etwa Akzentuierung und Intonation, die sich insgesamt vom System europäischer Sprachen unterscheiden, von Lernenden frühzeitig erfasst und gelernt werden. Nachdem dies geschafft ist, bemerken sie bald, dass ihr allgemeines syntaktisches Vorwissen, z. B. über die Unterscheidung von transitiven und intransitiven Verben, von Adjektiven und Adverbien und Ähnlichem, beim Japanischlernen auf konzeptioneller Ebene hilfreich ist. Vorkenntnisse über europäische Sprachen auf lexikalischer Ebene machen das Lernen keinesfalls leichter. Abgesehen von moderneren Lehnwörtern in der japanischen Sprache, die meistens aus dem Englischen stammen, müssen Vokabeln mit sehr fremd wirkenden Morphemen neu erlernt und gefestigt werden. Daher ist für AnfängerInnen das Vokabellernen in Japanisch als Fremdsprache einer der wichtigsten Schlüssel zum Erfolg. Das Erforschen und die Entwicklung gut durchdachter Vokabellehrmethoden wären somit äußerst wünschenswert. Aus den angegebenen Gründen werden in dieser Arbeit Lehrstrategien zur Wortschatzvermittlung im Japanischunterricht als Schwerpunkt betrachtet. Im ersten Kapitel wird ein Überblick über die Klassifizierungen und die Eigenschaften des japanischen Wortschatzes gegeben. Dabei ist auch die Darstellung von Unterschieden im Lauteinheitensystem und Akzentsystem zwischen der japanischen Sprache und germanischen Sprachen relevant, um zu verdeutlichen, welche Eigenschaften der japanischen Wörter das Erlernen und Behalten - vor allem bei Lernenden mit einer germanischen Muttersprache - erschweren können. Im zweiten Kapitel dient die Darstellung bisheriger Forschungen über Vokabellehrmethoden und deren Ergebnisse, die insbesondere mit der vorliegenden Studie zusammenhängen, dazu, den LeserInnen einen Überblick zu verschaffen. In Kapitel 3 wird die auf den Kapiteln 1 sowie 2 basierende und im Rahmen dieser Studie konzipierte und durchgeführte Untersuchung beschrieben und deren Ergebnisse zusammengefasst bzw. diskutiert. Darüber hinaus werden weitere Punkte, die in der vorliegenden Studie nicht untersucht werden konnten, als zukünftige Herausforderungen formuliert. Klassifizierung und Eigenschaft des Wortschatzes im Japanischen In diesem Kapitel werden grundlegende Informationen über japanische Wörter gegeben, um zu verdeutlichen, welche Eigenschaften der japanische Wortschatz besitzt, welche Wörter im Unterricht besonderer Aufmerksamkeit bedürfen und wie stark das Vokabelwissen bei Japanischlernenden die gesamte Sprachfähigkeit beeinflussen kann. Wort, Mora und Akzent Wie in der Phonetikforschung wohl bekannt, gehört die japanische Sprache zu den „Moren-Sprachen“, während die deutsche Sprache eine „Silbensprache“ ist (Kubozono/ Oota 1998, S. 4). Eine Mora ist eine „phonologische Messeinheit für eine kurze Silbe, die aus einem kurzen Vokal und höchstens einem Konsonanten besteht“ (Bußmann 1990, S. 501). Japanisch verfügt über ca. 104 Moren (z. B. a, i, u, e, o, ka, ki, ku, ke, ko, ga, gi, gu, ge, go etc.), aus denen und deren Kombinationen Wörter gebildet werden (z. B. ka + gi = kagi = Schlüssel). Dabei ist es wichtig anzumerken, dass eine Mora als Lauteinheit grundsätzlich kürzer als eine Silbe ist. Beispielsweise besteht das japanische Wort kan (= Instinkt) aus den zwei Moren ka + n, also aus zwei lautlichen Einheiten. Im Japanischen wird jede einzelne Lehrstrategien zur Wortschatzvermittlung im Fremdsprachenunterricht 101 102 Kaori Sohar Mora innerhalb eines Wortes mit derselben Länge ausgesprochen. Dahingegen wird das Wort kan nach der deutschen Silbenregularität als eine Silbe, als eine Lauteinheit, anerkannt, die eine typische Silbenstruktur mit einem Silbenanfang k, einem Silbenkern a und einem Silbenende n besitzt. Wie die Gegenüberstellung in Tabelle 1 verdeutlicht, unterscheidet sich die Erkennungseinheit der Laute zwischen Silbensprachen wie Deutsch, Englisch etc. und Morensprachen, wie Japanisch, stark. Betrachtet man das Wort Stress (= auf Japanisch su-to-resu ), kann man auch sofort den Unterschied zwischen der Silbenstruktur ( Stress aus einer Silbe) und der Morenstruktur ( su-to-re-su aus vier Moren) erkennen. Im Japanischen wird das Wort su-to-re-su mit vier Lauteinheiten ausgesprochen, während Stress im Deutschen mit einer phonetischen Einheit ausgesprochen wird. Da die Silben im Deutschen und die Moren im Japanischen als phonetische Grundeinheit in der jeweiligen Sprache fungieren, kann diese Diskrepanz zwischen Silbe und Mora sowohl die Aussprache als auch das Hörverständnis der deutschsprachigen Japanischlernenden stark beeinflussen. Tatsächlich wird darüber berichtet, dass europäische und amerikanische Japanischlernende die „Moren-Länge der Zielsprache beim Hören nicht gut erkennen können“ (Kubozono/ Oota 1998, S. 173). Daher gelingt es Personen mit europäischer Muttersprache zwar sehr gut, das Wort beim Vorlesen korrekt auszusprechen, aber es ist häufig der Fall, dass sie beim Rezipieren eines japanischen Fremdwortes, das zudem aus dem Englischen stammt, nicht das ursprüngliche englische Originalwort erkennen können, weil das japanische Wort durch das Morensystem im Endeffekt anders klingt als das Originalwort. Japanisch mit Moren Englisch mit Silben タスク Tasuku 3 Moren task 1 Silbe ストレス Sutoresu 4 Moren stress 1 Silbe ストライク Sutoraiku 5 Moren strike 1 Silbe プロトタイプ Purototaipu 6 Moren prototyp 3 Silben アイデンティティー Aidentitii 7 Moren identity 4 Silben プレゼンテーション Purezenteeshon 8 Moren presentation 4 Silben Tabelle 1: Mora vs. Silbe (zusammengefasst von Okimori et al. 2011, S. 10) Darüber hinaus verfügt die japanische Sprache über zahlreiche Wörter und Homonyme, die nur aus zwei Moren bestehen, z. B.: • ai ( あい:愛 = Liebe, 藍 = dunkelblau), • kai ( かい:会 = Verbstamm von treffen, 回 = mal 、解 = Verstand, 下位 = untere Position, 貝 = Muschel), • sai ( さい:差違 = Unterschied, サイ = Haifisch), tai ( たい:鯛 = Meerbrasse, 他意 = andere Absicht), hai ( はい:肺 = Lunge, 灰 = Asche, はい = ja). Die angegebenen Beispiele sind nur ein sehr kleiner Auszug aus der großen Menge japanischer Wörter mit zwei Moren, die sich jeweils nur durch einen Konsonanten unterscheiden. Solche Wörter sind für JapanerInnen normal, aber auf Personen mit europäischer Muttersprache wirken sie extrem kurz und ähnlich, weil sie aus der Sicht des Silbensystems einsilbige Wörter sind. Daher berichten Japanischlernende mit europäischen Erstsprachen häufig, dass die extreme Kürze vieler ähnlich klingender Wörter das Erlernen bzw. Merken von Vokabeln erschwert. Parallel zu dieser Differenz des Lauteinheitssystems liegt noch der Unterschied beim Akzentsystem zwischen europäischen Sprachen und der japanischen Sprache vor. Die japanische Sprache ist von ihrem Wortakzent her eine Pitchsprache ( Pitch Accent Language ), während die deutsche Sprache zu den Sprachen mit Stressakzent ( Stress Accent Language ) gehört. Pitch Accent ist ein „Tonhöhenakzent, Akzent durch Variation der Tonhöhe“, wobei die Variation über mehrere Moren verteilt ist. Beim Stressakzent erfolgt „die Hervorhebung durch Verstärkung des Atemdrucks“ (Bußmann 1990, S. 588). Im Japanischen erfolgt daher die Unterscheidung der Wortbedeutung bei gewissen Wörtern nur durch die divergierende Tonhöhe. Es gibt z. B. zwei Wörter Ame ( 雨 = Regen) und Ame ( 飴 = Bonbon), die aus denselben zwei Moren a + me bestehen, wobei das erste Wort mit dem Tonhöhenakzent āme ( a höher und me tiefer) und das zweite mit dem umgekehrten Akzent ( a tiefer und me höher) ausgesprochen wird. Das deutsche Wort München hat den Hauptakzent auf ü , wohingegen man seine japanische Entsprechung myu-n-he-n , mit der Betonung myunhen ausspricht ( myu wird höher und n-he-n werden tiefer ausgesprochen). Daher kann es häufig vorkommen, dass das japanische Vokabular für Personen mit europäischen Erstprachen sehr flach und betonungslos klingt, da keine Betonung durch Atemdruck erfolgt. Diese große Diskrepanz zwischen den beiden Sprachen kann das Lernen und Merken japanischer Vokabeln erschweren. Klassifizierung durch grammatische Funktion Das japanische Akzent- und Lauteinheitssystem unterscheidet sich zwar von jenem europäischer Sprachen, dahingegen sind Wortarten, die auf Basis ihrer grammatischen Funktion eingeteilt werden, denen der europäischen Sprachen recht ähnlich. In Abbildung 1 wird die prozentuale Verteilung von 76.536 japanischen Wörtern nach ihrer Wortart gezeigt. Lehrstrategien zur Wortschatzvermittlung im Fremdsprachenunterricht 103 104 Kaori Sohar Abbildung 1: Klassifi zierung nach Wortart, Japanisch (vgl. Okimori et al. 2011, S. 37) Für 27.000 Wörter der deutschen Sprache fi ndet man z. B. im Duden folgende prozentuale Verteilung (s. Abb. 2). Die größte Gruppe besteht aus Substantiven mit 74,3- %, die zweitstärkste Gruppe stellen zwar die Adjektive dar (13,8- %), diese ist aber im Vergleich zu ersterer deutlich kleiner. Dann folgen die Verben (10,1- %) und die Adverbien (1,3- %). Der Rest (unter 1- %) besteht aus Interjektionen, Präpositionen und Pronomen, Konjunktionen, Partikeln und Artikeln. Vergleicht man die japanische mit der deutschen Verteilung, ist die Abweichung des Anteils von Adjektiven ( Japanisch: nur 3,19-%, Deutsch: 13,8-%) zwar relativ groß, im Großen und Ganzen aber ist die Tendenz der Verteilung ähnlich. Die Daten lassen vermuten, dass deutsche Adjektive zwar häufi g mit Substantiven ins Japanische übersetzt werden müssen, was allerdings nicht zwingend das Erlernen japanischer Vokabeln erschwert. Was aus den oben gezeigten Daten herausgelesen werden kann, ist, dass das Erlernen und das Beherrschen zahlreicher Substantive für das gesamte Sprachverständnis essentiell sein können. Abbildung 2: Klassifi zierung nach Wortart, Deutsch (vgl. Duden online 2018) Klassifi zierung nach Herkunft Parallel zur Klassifi zierung nach grammatischen Funktionen werden japanische Wörter nach ihrer Herkunft in vier Gruppen ( Wago : japanische Wörter, Kango : Chino-japanische Wörter, Gairaigo: Fremdwörter, Konshugo : Mischwörter) eingeteilt. Diese auf die Herkunft bezogene Gruppierung und das Wissen darüber sind für das Erlernen der japanischen Sprache von großer Relevanz, weil gewisse phonetische und grammatische Eigenschaft en japanischer Wörter deutlich von dieser Herkunft abhängen. Eines der großen japanischen Lexika, Shinsenkokugojiten (vgl. Nomura 2011), enthält 76.536 Schlagwörter. Die Klassifi zierung nach ihrer Herkunft ergibt folgendes Bild: Wago ; 25.365 Wörter (33,2-%), Kango ; 37.834 Wörter (49,4-%), Gairaigo; 6.886 Wörter (9,0-%), Konshugo ; 6.451 Wörter (8,4-%). Abbildung 3: Klassifi zierung von 76.536 japanischen Wörtern nach Herkunft (vgl. Okimori et al. 2011, S. 40) Wago bzw. Yamatokotoba (japanische Wörter) werden als jene Wörter defi niert, die für die japanische Sprache spezifi sch sind, wobei japanische LinguistInnen diese Defi nition noch als sehr vage betrachten, da die etymologischen Wurzeln der japanischen Sprache bis heute unter ForscherInnen umstritt en sind. Daher wird die Bezeichnung Wago im Grunde verwendet, um von den Kango eindeutig zu unterscheiden. Kango sind Lehnwörter aus dem Chinesischen, die zusammen mit den Kanji (chinesische Schrift zeichen) ins Japanische übernommen wurden und in Japan durch die Anwendung der japanischen Lauteinheiten angepasst wurden. Die Kango sind so stark im Japanischen verwurzelt, dass sie von den anderen Fremdwörtern gesondert betrachtet werden. Gairaigo sind im Vergleich zu Kango moderne Fremdwörter, die nicht aus dem Chinesischen, sondern aus anderen Fremdsprachen ins Japanische übernommen Lehrstrategien zur Wortschatzvermittlung im Fremdsprachenunterricht 105 106 Kaori Sohar wurden. Pan (= Brot) aus dem Portugiesischen, Biiru (= Bier) aus dem Niederländischen, Supootsu (= Sport) aus dem Englischen, Arubaito (= Arbeit, bedeutet im Japanischen Nebenjob ) aus dem Deutschen sind Beispiele typischer Gairaigo . Da Chinesisch für JapanerInnen auch eine Fremdsprache ist, könnten die Kango auch zu den Gairaigo gehören. Da die Kanji -Zeichen, die für das Schreiben von Kango verwendet werden, jedoch zu einem Teil des japanischen Schriftsystems geworden sind, werden die Kango als eine eigene Kategorie betrachtet und gesondert behandelt. 1 Konshugo sind jene Wörter, die aus Kombinationen von Wörtern bzw. Wortelementen unterschiedlicher Herkunft bestehen. Die Art der Kombinationen variiert stark, und unter den Konshugo sind nicht nur Substantive, sondern auch Verben und Adjektive zu finden. In Tabelle 2 werden verschiedene Kombinationsarten beim Konshugo mit Beispielen aufgelistet: Kombinationsart Beispiel Bedeutung des Beispielwortes Bedeutung jeweiliger Elemente (Wortart) Wago + Kango Tehon (Te + hon) Vorbild (Substantiv) Te = Hand, hon = Buch Kango + Wago Sekkeisuru (sekkei + suru) planen, entwerfen (Verb) Sekkei = der Entwurf/ das Entwerfen, suru = tun Kango + Gairaigo Shokupan (shoku + pan) Toastbrot (Substantiv) Shoku = Essen, pan = Brot Gairaigo + Kango Rizumukan (Rizumu + kan) rhythmisches Gefühl (Substantiv) Rizumu = Rhythmus, kann = Gefühl Gairaigo + Wago Arubaitosuru (Arubaito + suru) Nebenjob machen (Verb) Arubaito = Nebenjob, suru = tun Gairaigo + Wago + Kango Pankuikyousou (Pan + kui + kyousou) Brotesswettbewerb (eine Art Hindernislauf) (Substantiv) Pan = Brot, kui = Ess (Verbstamm), kyousou = Wettlauf Wago + Kango + Gairaigo Oresengurafu (ore + sen + gurafu) Diagramm mit gebrochenen Linien (Substantiv) Ore = gebrochen, sen = Linie, gurafu = Grafik Tabelle 2: Kombinationsarten von Konshugo (Mischwörtern) und deren Beispiele Ein anderes Beispiel für die Klassifizierung nach Herkunft, wobei 30.331 Wörter aus 90 unterschiedlichen Zeitschriften in die oben genannten vier Kategorien 1 Das japanische Schriftsystem verfügt über drei Schriftarten, Hiragana, Katakana und Kanji , die parallel verwendet werden. eingeteilt worden sind, zeigt auch eine ähnliche prozentuale Verteilung wie jene in der Abbildung 4: Abbildung 4: Klassifi zierung nach Herkunft von 30.331 Wörtern aus 90 Zeitschrift en (vgl. Okimori et al. 2011, S. 41) Betrachtet man den japanischen Wortschatz nach der Anwendungshäufi gkeit zusammen mit der semantischen Gruppierung, fi ndet man z. B. folgende Daten: Abbildung 5: Anwendungsverteilung von 7.000 häufi g vorkommenden Wörtern nach Herkunft (vgl. Okimori et al. 2011, S. 40) Lehrstrategien zur Wortschatzvermittlung im Fremdsprachenunterricht 107 108 Kaori Sohar Aus den Abbildungen 3‒5 kann entnommen werden, dass Wago und Kango den Hauptteil des japanischen Wortschatzes bilden und die meisten Anwendungsbereiche abdecken. Dies bedeutet, dass das Beherrschen von Wago und Kango beim Erwerb und Lernen der japanischen Sprache eine entscheidende Rolle spielt. Je mehr und je genauer man Wago und Kango und die Kanji -Schriftzeichen beherrscht, desto besser und leichter kann man mit der japanischen Sprache umgehen. Von Lernenden mit einer europäischen Muttersprache sollten die Gairaigo im Vergleich zu Wago und Kango leichter zu erlernen sein, weil die Gairaigo meist von europäischen Sprachen abstammen und nur deren Aussprache basierend auf dem japanischen Morensystem und den japanischen Phonemen modifiziert worden ist. Wenn man ein Gairaigo wie コンピューター Konpyuutaa hört bzw. liest und wenn man das japanische Morensystem kennt, ist sofort klar, dass das Wort Konpyuutaa Computer bedeutet. Weitere Beispiele für Gairaigo wurden bereits in Tabelle 1 in Zusammenhang mit dem Morensystem aufgelistet. Solche Gairaigo müssen nicht extra im Unterricht eingeführt werden, da Lernende öfters von sich aus beim Lesen bzw. Hören ihre korrekte Bedeutung einschätzen können. Demgegenüber müssen Wago und Kango sehr sorgfältig und mit besonderer Aufmerksamkeit unterrichtet werden, wobei auch die korrekte Aussprache von Beginn an eine wichtige Rolle spielt. Im Mittelpunkt dieser Studie stehen daher die Lehrstrategien, vor allem für die japanischen Wago und Kango . Wort und Satzstruktur Gemäß der klassischen Sprachtypologie weist die japanische Sprache typische Eigenschaften einer agglutinierenden Sprache auf. Bei agglutinierenden Sprachen werden grammatische Funktionen meistens nicht durch Flexionen, sondern durch das Agglutinieren von gewissen Morphemen formalisiert. In der japanischen Linguistik werden diese als Partikeln bezeichnet und sie können in Konversationen häufig ausgelassen werden. Zudem erlaubt die japanische Sprache das Auslassen von Elementen, die im gegebenen Kontext bereits bekannt sind. Das heißt, sogar Subjekte und Objekte können auch in grammatisch korrekten Sätzen gestrichen werden, wenn sie im jeweiligen Kontext bekannt sind. Somit ergeben sich in der Praxis häufig Situationen, bei denen Sätze nur aus einem Wort bestehen, wie die folgenden Beispielgespräche zeigen: Situation 1: bei einem Telefongespräch Q1: Tenki dou? (= Wie ist das Wetter? ) Wetter-wie-? A1: Ame. (= Es regnet.) Wörtlich, Ame = Regen (Substantiv) Situation 2: die Person Q2 hält Schokolade in der Hand und fragt Q2: Taberu? (= Isst du das? ) Essen (Verb)? (Weder das Subjekt du noch das Objekt das wird im japanischen Satz sprachlich realisiert.) A2: Taberu. (= Ja, ich esse das) Wörtlich, Taberu = Essen (Verb). Anhand dieser Beispiele kann man erkennen, dass die japanische Sprache weder über ein grammatisches Geschlecht noch über eine Kongruenz zwischen Subjekt und Prädikat bezüglich Person und Numerus verfügt. Die Unterscheidung zwischen Plural und Singular wird auch nicht mittels Nominalphrasen formal angegeben. Ein Element wie das unpersönliche Es ist im Japanischen nicht vorhanden, weil ein Subjekt eines Satzes kein unverzichtbares Element ist. Auch über die Unterscheidung zwischen bestimmten und unbestimmten Artikeln verfügt die japanische Sprache nicht, daher kann eine japanische Nominalphrase wie Sensei (= Lehrer) im Deutschen je nach Satz den Nominalphrasen von „ein Lehrer, der Lehrer, eine Lehrerin, die Lehrerin, Lehrerinnen, die Lehrerinnen“ entsprechen. Die Auslassung von Subjekt und Objekt ist, wie das zweite Beispiel oben zeigt, im Japanischen üblich. Somit ergibt sich in der Anwendung oft ein sogenannter Einwortsatz, der im Japanischen sowohl grammatisch korrekt ist als auch alltäglich eingesetzt wird. Man muss im Japanischen im Grundniveau keine umfangreiche grammatische Flexionstabelle auswendig lernen, um in Alltagssituationen korrekte Sätze bilden zu können. Vielmehr ist es notwendig, möglichst viele Vokabeln in möglichst korrekter Aussprache zu beherrschen. Daher kann behauptet werden, dass die Entwicklung von Lehrstrategien, welche ein effektives Erlernen von Vokabeln, vor allem von Kango und Wago, fördern können, für die japanische Sprachendidaktik entscheidend ist. Vokabelunterrichtsmethode Der Vokabelunterricht ist sehr komplex und umfangreich. In diesem Kapitel werden daher verschiedene bereits veröffentlichte Unterrichtsstrategien zur Wortschatzvermittlung mithilfe der folgenden drei Unterteilungen beschrieben und jeweils nach deren Stärke und Schwäche analysiert: 1. Strategien zur Einführung von Vokabeln (Kennenlernphase), 2. Strategien und Methoden zur Festigung von bereits eingeführten Vokabeln (Übungsphase), 3. Strategien und Methoden zur Wortschatzerweiterung (Vertiefungs- und Erweiterungsphase). Lehrstrategien zur Wortschatzvermittlung im Fremdsprachenunterricht 109 110 Kaori Sohar Strategien zur Einführung neuer Vokabeln Die Einführung neuer Vokabeln im Fremdsprachenunterricht ist im Allgemeinen durch die Auswahl der Vokabeln, den Zeitpunkt und die Art der Einführung gekennzeichnet. Als erstes muss entschieden werden, welche Wörter eingeführt werden sollen. Meist ist dies jedoch bereits durch die Wahl des Lehr- und Lernmaterials im Voraus determiniert, und im Basisniveau (Niveau A1 nach CEFR) wird dementsprechend üblicherweise der sogenannte Grundwortschatz zuerst behandelt. Somit ergibt sich innerhalb der jeweiligen Zielsprache, dass sowohl inhaltlich als auch zahlenmäßig ähnliche Vokabeln in gängigen Lehr- und Lernmaterialen verwendet (und daher im Unterricht verbreitet eingeführt) werden. Je fortgeschrittener die Lernenden sind, desto mehr erweitert sich die Auswahl der zu vermittelnden Vokabeln, da die Auswahl der Zieltexte bzw. Zielthemen im Unterricht zunehmend variabler wird. Die didaktische Entscheidung, welche Wörter beim Spracherwerb als aktiver Wortschatz und welche als passiver Wortschatz gelernt werden sollen, beeinflusst die Art der Einführung neuer Vokabeln. Diese Entscheidung wird mit der Steigerung des Zielniveaus immer komplexer, da die Interessen und die Zielsetzung des jeweiligen Lernenden eine zusehends größere Rolle spielen. Dahingegen wird es für AnfängerInnen ohnehin als notwendig erachtet, den Grundwortschatz als aktiven Ausgangswortschatz zu erwerben. Der Zeitpunkt der Einführung neuer Vokabeln hängt auch sehr stark vom Themenaufbau und den inhaltlichen Strukturen des Lehr- und Lernmaterials ab. Dennoch kann der tatsächliche Zeitpunkt zur Einführung jener Vokabeln, die in einer neuen Lektion bzw. in einem neuen Text auftreten, noch im Detail überlegt werden. Nämlich, ob alle neuen Vokabeln gleich zu Beginn einer Lektion, also vor der Arbeit am Lektionsthema, oder ob sie entsprechend ihrem Vorkommen im Text, während der Arbeit, oder aber erst nach dem ersten Lesen des Textes eingeführt werden sollen. Für Lerngruppen auf AnfängerInnenniveau wird die Einführung neuer Vokabeln vor der Bearbeitung der entsprechenden Lektion bzw. des Textes oft als vorteilhaft erachtet, da die Erschließung der Wortbedeutung aus dem Kontext aufgrund unzureichender Sprachkenntnisse noch nicht erwartet werden kann. Diese Art der Einführung ist somit für diese Gruppe als zeitsparende Variante zu betrachten; der Prozess, aus dem Kontext eine gezielte Wortbedeutung herauszufinden bzw. herausfinden zu lassen, wäre für AnfängerInnen wohl kaum bis gar nicht möglich und ginge nur zulasten der meist ohnehin knapp bemessenen Unterrichtzeit (vgl. Stoik 2000, o. S.). Vokabeln können mittels nonverbaler und verbaler Methoden eingeführt werden. Die verbale Methode wird entweder einsprachig oder zweisprachig (getrennt oder kombiniert) vermittelt. Unter nonverbaler Methode versteht man die Erläuterung des Zielbegriffs mithilfe von Gestik, Mimik, Bildern, Tafelzeichnungen, Zeigen von Realien. Die Schwäche der rein nonverbalen Vermittlung findet sich jedoch darin, dass abstrakte Begriffe wie Zeit, Ehrgeiz, Stolz etc. nicht detailgetreu erklärt werden können. Daher werden in der Praxis üblicherweise nonverbale und verbale Vermittlungsarten kombiniert. Beim einsprachigen Vokabeleinführungsverfahren werden neue Begriffe in der Zielsprache anhand von Beispielsätzen, Synonymen, Antonymen etc. erklärt bzw. umschrieben. Dabei wird jedoch vorausgesetzt, dass die Wörter, die in der Erklärung auftreten, den LernerInnen bereits vertraut sind. Daher muss beim einsprachigen Einführungsverfahren bereits ein relativ großer Umfang an Wortschatz in der Zielsprache vorhanden sein, gleichzeitig muss das Lesebzw. Hörverständnis auch relativ gut ausgebildet sein. Auch der Zeitaufwand für detaillierte Erklärungen in der Zielsprache darf nicht unterschätzt werden. Wenn Zeit im Kontaktunterricht gespart werden muss - was in der Praxis häufig der Fall ist - ist das einsprachige Verfahren für Lernende auf AnfängerInnenniveau nicht besonders gut geeignet. Das zweisprachige Vokabeleinführungsverfahren ist im Vergleich zwar eher zeitsparend, diese Methode setzt aber natürlich voraus, dass die eingesetzte Erklärungssprache eine von den Lernenden einheitlich gut verstandene Sprache (auf muttersprachlichem Niveau) sein muss, und dass die Lehrenden nicht nur die Zielsprache, sondern auch die eingesetzte Erklärungssprache auf sehr hohem Niveau beherrschen. In der Praxis werden daher fast immer die nonverbale und verbale sowie die ein- und zweisprachige Vokabelvermittlung kombiniert, und je nach Zweck, Zeitrahmen und LernerInnenniveau in unterschiedlichem Ausmaß eingesetzt. Die Methode Oral Introduction ist eine der Vokabeleinführungsstrategien, die ursprünglich als einsprachiges Verfahren vorgeschlagen wurde; in der heutigen Praxis jedoch - bei der Anwendung der Methode - wird eine zweite Sprache zur Unterstützung eingesetzt. Oral Introduction ist eine der Hauptaktivitäten der Oral Method , die ursprünglich für den Englischunterricht (Englisch als Fremdsprache) vom britischen Linguisten Harold E. Palmer in seinem Buch The Oral Method of Teaching Languages (1922) vorgeschlagen wurde. Wie die Bezeichnung Oral Method bereits verrät, werden Vokabeln durch Interaktionen zwischen Lehrenden und Lernenden in der Zielsprache zuerst nur mündlich unter dem Einsatz von nonverbalen Materialien (etwa Bildern) eingeführt. Dabei wird darauf abgezielt, dass Lernende umfangreichen Input von akustischen Stimuli bekommen und sich an die Phoneme der Zielsprache gewöhnen, um ein akustisches Bild zu kreieren. Durch die Erfahrung mit direktem Hören und direktem Verstehen soll jene unterbewusste akustische Aufnahmefähigkeit („unconscious acoustic assimilation“) bei Lernenden gefördert werden, mit der sie einen Gesamtinhalt intuitiv erfassen können (vgl. Palmer 1922, S. 36ff.). Laut Konzept der Oral Method ist es für den Fremdsprachenunterricht relevant, dass die Studen- Lehrstrategien zur Wortschatzvermittlung im Fremdsprachenunterricht 111 112 Kaori Sohar tInnen nicht nur Grammatik und Satzstrukturen bewusst und analytisch lernen, sondern auch eine Aufnahmefähigkeit im Unterbewusstsein entwickeln. Oral Introduction besteht daher hauptsächlich daraus, dass eine Lehrperson unter Einsatz von Gestik und Bildern ihre Zielsprache spricht und diese ihre Lernenden in erster Linie hören lässt. Die zweite Sprache als Erklärungssprache (z. B. die Muttersprache der Lernenden) muss während der Oral Introduction nicht gänzlich ausgeschlossen werden, aber soll möglichst minimal verwendet werden (vgl. Kadota/ Ikemura 2009, S. 4f.). Kosuge, der die Oral Introduction Method im Rahmen seines Englischunterrichts (Englisch als Fremdsprache) empirisch untersuchte, weist auf eine besondere Schwäche dieser Methode hin: Während der Oral Introduction spricht die meiste Zeit nur die Lehrperson und die Lernenden bleiben als ZuhörerInnen sehr passiv (vgl. 2004, S. 7ff.). Um diesen Mangel zu kompensieren, wurde die Oral Introduction zur Oral Interaction zwischen LehrerIn und LernerIn weiterentwickelt und nicht nur für die Einführung von Begriffen, sondern auch als Fördermethode für mündliche Präsentationen und Geschichtenerzählungen verwendet (vgl. Kadota/ Ikemura 2009, S. 4ff.). Total Physical Response ( TPR ) ist eine didaktische Strategie, die der US-amerikanische Psychologe James J. Asher (vgl. 1969, S. 3ff.) als ganzheitliche Sprachlehrmethode entwickelte. Auch heutzutage setzen viele LehrerInnen TPR im Fremdsprachenunterricht mit AnfängerInnen ein. Grundkonzept der TPR ist es, Lernenden Situationen anzubieten, in denen sie die neu zu erlernenden Wörter tatsächlich anwenden. Lernende führen dabei eine Handlung, Bewegung oder eine Aufgabe gemeinsam mit dem/ der Lehrenden durch. In der TPR wenden die Lernenden die eingeführten Vokabeln durch ihre eigenen Körperbewegungen oder Handlungen ganzheitlich an. Hinter diesem Grundkonzept liegt die Annahme, dass sich das Lernen einer Fremdsprache am Erwerb der Muttersprache in der Kleinkindzeit orientiert. Während des Spracherwerbsprozesses der Kinder ergeben sich fortwährend und wiederholend Situationen, in denen das Kind auf das Gesagte seiner Erziehungsperson reagiert und Wörter versteht bzw. indirekt lernt, auch wenn es solche Wörter noch nicht aktiv generieren kann. Diese Spracherwerbsphase, in der man zuerst das Hörverständnis entwickelt und auf das Verstandene bzw. auf das Gehörte körperlich reagiert, jedoch noch nicht aktiv Sprache produziert, wird in der TPR im Fremdsprachenunterricht als notwendig erachtet. TPR ist daher so konzipiert, dass solch eine Situation, die dem natürlichen Spracherwerbsprozess eines Kindes ähnelt, auch im Fremdsprachenunterricht möglichst oft vorkommt. In der Praxis wird die TPR -Methode z. B. folgendermaßen durchgeführt: Eine Lehrperson sagt ihren Lernenden „Berühre deine Nase! “ und berührt während dieser Aussage ihre Nase. Die Lernenden wiederholen den Satz und berühren dabei ihre Nase; die Aufforderungen und Körperbewegungen werden anschließend variiert und es folgen weitere Sätze wie „Berühre deinen Mund! “, „Berühre dein Ohr! “, „Reibe dein Auge! “ etc. Nachdem die Befehle und Bewegungen in der Runde einige Male wiederholt worden sind, gibt die Lehrperson nun nur noch mündlich die Hinweise ohne Gestik. Die Lernenden sollen darauf reagieren und die entsprechende Körperbewegung ausführen. Ein Vorteil dieser Einführungsmethode ist, dass Lernende jene eingeführten Wörter wie Nase, Mund, Ohr, berühren, reiben , welche durch das haptische Erlebnis tatsächlich angewendet worden sind, viel tiefer und besser im Gedächtnis speichern und somit besser abrufen können (vgl. Kadota/ Ikemura 2009, S. 40). Seit der Vorstellung der TPR -Methode wurde diese Lehrmethode in verschiedenen Sprachen in der Praxis eingesetzt und auf ihre Effektivität hin überprüft. In weiteren Veröffentlichungen von Asher (vgl. 1969, 1972, 1977, 2000, o. S.) wird die positive Wirkung von TPR präsentiert. Auch andere Arbeiten, wie z. B. die von Cook (vgl. 1999, o. S.), Ray/ Seely (vgl. 1997, o. S.), Seely/ Romijn (vgl. 2006, o. S.), berichten, dass das Vokabellernen durch den Einsatz der TPR -Methode besser gelinge als bei der sogenannten Methode Listen and Repeat , bei welcher der/ die Lernende gleich beim ersten Vokabellesen das Übersetzungswort im Text angezeigt bekommt. Auch Silvers, der basierend auf der TPR -Methode sein Buch The command book mit konkreten Befehlssätzen für 2.000 Alltagswörter im Englischen veröffentlichte und in seinem Unterricht stets TPR praktizierte, berichtet von den vorteilhaften Eigenschaften der Methode: The use of real objects and actions in the classroom makes the language more concrete and easier to grasp, reducing the need for translation; As the students mentally process what they hear without recourse to translation, they learn to think in English; The use of the muscular-motor system aids in producing long-term retention; Command-action activities engender a fun, game-like classroom atmosphere which is conducive to language learning and acquisition. (Silvers 2015, S. 4) Jener Prozess, bei dem der/ die Lernende auf das Gehörte direkt reagiert und dabei nicht an die Übersetzung in die Muttersprache denkt, erzeugt im Grunde dieselbe sprachliche Prozedur, die eine bilinguale Person auf einem sehr hohen Sprachfertigkeitsniveau in ihrem Kopf durchführt. Laut Kroll (vgl. 1993, S. 53ff.) ist eine bilinguale Person in der Lage, ein lexikalisches Image, ein lexikalisches Verstehen unmittelbar nach dem Hören ihrer zweiten Sprache im Kopf zu bilden. Dabei denkt die Person nicht an ihre Erstsprache, sondern der sprachliche Verarbeitungsprozess erfolgt nur in der Zweitsprache. Mit der TPR- Methode wird dieser Verarbeitungsprozess künstlich erzeugt. Kadota/ Ikemura (vgl. 2009, S. 40f.), die in ihrem Fremdsprachenunterricht auch die TPR- Methode einsetzten, beschreiben jedoch auch jene Punkte, die man als Lehrkraft bei der Anwendung der Methode wohl beachten muss: Lehrstrategien zur Wortschatzvermittlung im Fremdsprachenunterricht 113 114 Kaori Sohar • Es ist relevant, dass die Lehrperson die Phoneme der gezielten Wörter klar und deutlich ausspricht und deren Bedeutung durch die Körperbewegung eindeutig zeigt. Lernende fühlen sich häufig unsicher, wenn sie sich mit unbekannten Wörtern konfrontiert sehen. Daher müssen Unsicherheiten über Bedeutung und Aussprache gänzlich beseitigt werden. Es muss daher genau kontrolliert werden, ob die Lernenden am Schluss der Einführungsphase auf Befehl körperlich korrekt reagieren können. Sollten sie falsch reagieren, so interpretiert die TPR- Methode dies als Nichtverstehen. Die Einführungsübungen werden dann wiederholt, bis die Lernenden ohne Gestik der Lehrperson auf Befehl entsprechend reagieren. • Es ist wichtig, dass eine realitätsnahe, authentische Situation für die einzuführenden Wörter im Unterricht inszeniert wird. Damit sich Lernende durch die Wiederholung von einfachen Bewegungen nicht langweilen, sollen die Körperbewegungen möglichst variiert werden, damit sie stets frisch und neu wirken. Falls Lernende körperlich zu eingeschränkt sein sollten, um die Bewegungen durchzuführen, wird auch akzeptiert, dass sie die Bewegungen der Lehrperson nur beobachten. • Wenn nur ein Wort neu eingeführt wird, soll die Übungsphase innerhalb einiger Minuten beendet werden. • Die Situationen und Szenen, in denen die neuen Vokabeln mit Befehlen und Bewegungen eingeführt werden, sollten gleiche oder möglichst ähnliche Szenen darstellen, die danach in Lese-, Hörverständnisübungen etc. repräsentiert werden. Es ist von großer Relevanz, dass die mittels der TPR- Methode erlernten Vokabeln in derselben Bedeutung verwendet werden wie bei anderen Übungen im Unterricht. Kadota/ Ikemura (vgl. 2009, S. 46) weisen auch darauf hin, dass die TPR eine hohe Kreativität der Lehrenden beim Aussuchen authentischer, aber auch abwechslungsreicher Szenarien verlangt, in denen die Vokabeln tatsächlich angewendet werden sollen. Der Aufwand für die Vorbereitung ist daher im Vergleich zur klassischen Methode Listen and Repeat viel größer. Laut Kadota/ Ikemura (vgl. ebd., S. 42) sollen die Vokabeln, die innerhalb einer Stunde mit der TPR eingeführt werden, auf drei beschränkt sein. Darüber hinaus müssen, wenn das Wort nicht sofort eindeutig verstanden wird, der Befehl und die Bewegung wiederholt werden, weshalb der zeitliche Aufwand für diese Unterrichtsmethode möglicherweise sehr hoch ist. Wenn der vorgegebene Zeitrahmen im Unterricht gering ist und zahlreiche Wörter (etwa 20 bis 30) in einer Unterrichtstunde eingeführt werden sollen, ist die Methode zumindest nicht für alle einzuführenden Wörter einsetzbar. Zur Einführung von Vokabelgruppen aus bestimmten Themenbereichen, wie z. B. Körperteile, Tiernamen, Sportbezeichnungen, Musikinstrumente oder Alltagshandlungen, kann die TPR jedoch durchaus wirksam sein. Für die Einführung von Wörtern mit abstrakter Bedeutung, wie Gedächtnis, Philosophie, Friede etc., kommt die TPR -Methode an ihre Grenzen wie alle anderen einsprachigen Methoden, weil die Gefahr zu groß ist, dass die Befehle mit solchen abstrakten Begriffen trotz des Einsatzes von zahlreichen variierenden Beispielsätzen und Körperbewegungen nicht präzise genug verstanden werden. Strategien und Methoden für das Festigen von Vokabeln Eine der Methoden, die in jedem Sprachunterricht zur Festigung von bereits eingeführten Vokabeln angewendet werden kann, ist das Oral Reading . Zu der Überkategorie Oral Reading können die folgenden unterschiedlichen Arten des Vorlesens bzw. des mündlichen Reproduzierens gezählt werden: • Chorus Reading, • Individual Reading, • Read and Look up, • Parallel Reading, • Shadowing, • Recitation, • Oral Interpretation. Beim Chorus Reading hören die Lernenden zuerst dem/ der Lehrenden zu und anschließend lesen sie das, was der/ die Lehrende gesagt hat, laut vor. Der Vorteil der Methode ist, dass diejenigen, die sich noch nicht zutrauen würden, alleine vorzulesen, das zusammen mit anderen Lernenden machen und sich somit rasch an die anfänglich noch fremd wirkenden Laute gewöhnen können. Da man direkt nach dem Vorbild vorliest, kann auch erwartet werden, dass die Zielsprache (Phonem, Akzent und Intonation) eher korrekt reproduziert wird. Da eine große Lerngruppe dazu aufgefordert wird, gleichzeitig zu lesen, ist die Methode zeitlich gesehen effektiver als eine, in der Lernende der Reihenfolge nach zu Wort kommen. Lernpsychologisch gesehen liegt der Vorteil des Chorus Readings darin, dass sich kein/ keine Lernender/ Lernende bei dieser Methode bloßgestellt fühlen muss, gleichzeitig ist jedoch nicht überprüfbar, ob alle tatsächlich laut vorlesen bzw. richtig vorlesen (vgl. Birkenbihl 2010, S. 88). Individual Reading kann dagegen eingesetzt werden, um zu überprüfen, ob man alleine korrekt vorlesen kann. Der Lehrperson stehen verschiedene Möglichkeiten offen, wie Individual Reading umgesetzt wird: Lernende können beispielsweise wetten, wer mit der Leseübung schneller fertig ist, oder die vorgegebenen Texte viermal vorlesen und dabei in verschiedene Richtungen blicken (in der ersten Runde richtet sich der Blick nach Norden, in der zweiten nach Osten Lehrstrategien zur Wortschatzvermittlung im Fremdsprachenunterricht 115 116 Kaori Sohar usw.). Auf diese Weise erkennt die Lehrperson sofort, welcher/ welche LernerIn sich in welcher Runde des Vorlesens befindet. Michael West schlug in den 1960er-Jahren die Lehrstrategie Read and Look up vor, die sich für die Förderung einer aktiven mündlichen Produktion von Vokabeln empfiehlt. Dabei sollen Lernende zuerst die Wörter, Phrasen oder Sätze der Zielsprache lautlos lesen und versuchen, sich diese zu merken. In einem nächsten Schritt versuchen die Lernenden, das Gelesene mündlich zu reproduzieren, ohne es sich noch einmal anzusehen. Die Übung kann entweder in Gruppenarbeit oder in PartnerInnenarbeit erfolgen. In der Gruppenarbeit müssen alle Lernenden auf Anweisung des/ der Lehrenden gleichzeitig den vorgegebenen Text lautlos lesen und anschließend das Gelesene zusammen mündlich vorsagen. In der PartnerInnenarbeit liest zuerst LernerIn A in seinem/ ihrem eigenen Tempo lautlos die Wörter oder Phrasen der Zielsprache, dann sagt LernerIn A dem/ der LernerIn B die im Kopf gespeicherten Wörter bzw. Phrasen vor. LernerIn B überprüft das Gesagte. Ist das Lernprodukt korrekt, gibt LernerIn B das „O.K.“ und LernerIn A setzt den Vorgang fort. Ist das Lernprodukt fehlerhaft, sagt PartnerIn B „Es ist nicht richtig“, dann muss sich LernerIn A die Wörter noch einmal ansehen und den Vorgang wiederholen. Während ein/ eine LernerIn die Wörter und Phrasen lautlos liest, darf nicht miteinander gesprochen werden. Laut West ist diese Methode die wirksamste Methode für den Spracherwerb. Er beschreibt dies folgendermaßen: The learner has to carry the words of whole phrase or perhaps a whole sentence in his mind. The connection is not from book to mouth, but from book to brain, and then from brain to mouth. That interval of memory constitutes half the learning process. Of all methods of learning a language, Read-and-Look-up is, in our opinion, the most valuable. (West 1960, S. 12) Je öfter Lernende diese Methode anwenden, desto länger sollen die Phrasen werden, die sie sich merken und korrekt wiedergeben müssen. Die Reproduktion, ohne sich die Texte noch einmal anzusehen ( Look-up -Phase), fördert laut West (vgl. ebd., o. S.) auch ein aufmerksames Lesen ( Read -Phase). Somit sei es auch möglich, dass der eingeprägte Text zu einem späteren Zeitpunkt frei produziert werden kann. Aus den 1960er-Jahren stammend, handelt es sich bei dieser Methode sicherlich nicht um die neueste, aber betrachtet man vor allem die PartnerInnenarbeit, wird ersichtlich, dass sie sich mit aktuellen Erkenntnissen aus der Gedächtnisforschung und Neurodidaktik weitgehend deckt. In der Gedächtnisforschung wurde unlängst mehrfach darauf hingewiesen und empirisch überprüft, dass erstens die Gedächtnisspur durch innerliches oder äußerliches Wiederholen der zu behaltenden Information besser und länger als nur wenige Sekunden erhalten werden kann und dass zweitens das Messergebnis des phonologischen Arbeitsgedächtnisses mit dem erreichten Fremdsprachenlernergebnis eine deutliche Korrelation zeigt (vgl. Baddeley/ Hitch 1974, S. 47ff.; Seveke/ van Vaeen 2000, S. 275ff.; Dufva/ Voeten 1999, S. 329ff.). Futatsuya (vgl. 1999, S. 33ff.) etwa beschreibt in einer Studie, dass Kinder, die beim Wiederholen von Pseudowörtern ein durchschnittlich deutlich niedrigeres Ergebnis erzielen, sowohl beim Erwerb ihrer Erstsprache als auch einer Fremdsprache gewisse Lernstörungen aufweisen. Diese Hinweise und Forschungsergebnisse zeigen, dass das Fremdsprachen- und Vokabellernen stark gefördert werden kann, wenn das phonologische Arbeitsgedächtnis bereits zu Beginn des (Fremd-)Spracherwerbs effektiv trainiert und dadurch dementsprechend verbessert wird. Es stellt sich also die Frage, wie ein solches Training verwirklicht werden kann. Bei der Read-and-Look-up- Methode (im Folgenden R-&-L- Methode) werden die Wörter oder Phrasen in der Read -Phase mindestens einmal innerlich phonologisch wiederholt. Während der Look-up -Phase wird das phonologische Gedächtnis durch das Wiederholen noch einmal aktiviert. Von dem/ der ÜbungspartnerIn, der/ die zuhört, kann erwartet werden, dass er/ sie beim genauen Hinhören die Zielwörter ebenfalls innerlich wiederholt. Die R-&-L- Methode mag zwar keine moderne Strategie sein, sie ist aber eine effektive Trainingsmethode für das phonologische Gedächtnis (vgl. Baddeley/ Hitch 1974, S. 47ff.; Seveke/ van Vaeen 2000, S. 275ff.; Futatsuya 1999, S. 25ff.). Auch aus Sicht der Gedächtnisforschung scheint die R-&-L- Methode eine positive Wirkung auf das episodische Gedächtnis zu haben. In der Neurodidaktik etwa hält man es für „sinnvoll, wenn man beim Unterrichten versucht, auch das episodische Gedächtnis zu aktivieren, z. B. durch Aktivitäten“ (Grein 2012, S. 13). Grein (vgl. ebd.) berichtet aus ihrer eigenen Unterrichtserfahrung, dass semantische Informationen durch Aktivitäten, die die Lernenden selber durchführen, abgespeichert und zu einem späteren Zeitpunkt abgerufen werden können. Wenn die R-&-L- Methode in ParnterInnenarbeit durchgeführt wird, kann dieser Effekt erwartet werden, zumal die LernerInnen nicht nur die Wörter vorlesen, sondern ihren PartnerInnen diese zumindest einmal laut vorsagen. Im Gegensatz zu einer Lernsituation, in der LernerInnen alleine versuchen, sich Vokabeln einzuprägen, kann von der R&L- Methode im Hinblick darauf, dass ein deklaratives Wortwissen zu einem prozeduralen Wissen wird, mehr Wirkung erwartet werden. Obwohl oder gerade weil die R-&-L -Methode schon lange bekannt ist und als altmodisch betrachtet wird, wurde ihr in der Wissenschaft kaum Beachtung geschenkt. Beim Parallel Reading lesen Lernende parallel zu einem Modell (Vorgelesenes als Vorbild) fast gleichzeitig denselben Text vor. Während Elemente wie Geschwindigkeit, Akzentuierung, Intonation und Prosodie beim Lesen ohne Vorbild oft selbst kreiert werden, können diese durch das Parallel Reading bes- Lehrstrategien zur Wortschatzvermittlung im Fremdsprachenunterricht 117 118 Kaori Sohar ser korrigiert werden. Wenn sich Lernende an das Parallel Reading gewöhnen und mit einer natürlichen Geschwindigkeit parallel zum Vorbild Texte vorlesen, kann als nächste Stufe Shadowing , das ursprünglich als Basistraining für das Simultandolmetschen entwickelt wurde, eingeführt werden. Beim Shadowing hören LernerInnen einen Text. Das Gehörte muss unmittelbar nach dem Hören mündlich, möglichst originaltreu, reproduziert werden. Wenn Shadowing für das Festigen der bereits eingeführten Vokabeln angewendet wird, muss der Modelltext im Unterricht schon behandelt worden und den Lernenden bekannt sein. Tamai (2003, S. 1ff.) analysierte in Sprachlernprozessen Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Erstsprachen und Fremdsprachen. Er schlug vor, die folgenden drei Lernprozesse im Fremdsprachenunterricht bewusst zu erzeugen: 1. Stufe: holistic chunk learning, 2. Stufe: analytic rule learning, 3. Stufe: learning of automatic manipulation. Laut Tamai (vgl. ebd.) ist es relevant, die dritte Stufe zu erzeugen, damit Lernende nicht nur semantisches und syntaktisches Regelwissen über das Vokabular sammeln, sondern das Gelernte aktiv für die eigene Sprachproduktion anwenden können. Shadowing ist nützlich, um die dritte Stufe des Lernprozesses zur Automatisierung des Gelernten zu erzeugen. Beim Shadowing wird der Lernprozess im Kopf realisiert, indem man zuerst lautliche Stimuli im Arbeitsgedächtnis kurz speichert und sie sofort, ohne an syntaktische Regeln zu denken, im Kopf wiederholt ( Rehearsal ). Recitation ist eine der Lehrstrategien, die in der letzten Festigungsphase des Wortschatzerwerbs angewendet werden soll. Lernende sollen durch diese Strategie dazu angehalten werden, bereits gelernte Vokabeln mündlich und ohne Hilfe von außen zu produzieren. Dabei gibt es keinen vorgegebenen Text mehr, den die Lernenden vorlesen bzw. nachsprechen dürfen, sondern sie sollen aus den gegebenen Stimuli die Wörter der Zielsprache frei anwenden. Um dies fördern zu können, gibt es unterschiedliche Arten von Recitation -Strategien: So können Lückentexte, die im Unterricht eingeführt wurden, ausgefüllt werden; die LernerInnen können anhand eines Schlüsselwortes den Gesamttext bzw. die Gesamtsätze mündlich reproduzieren oder anhand einer inhaltlichen Zusammenfassung des Zieltextes bzw. einer Übersetzung in die Muttersprache den Gesamtzieltext reproduzieren. Diese Varianten gehören alle zur Lehrstrategie Recitation . Um bereits eingeführte Vokabeln zu wiederholen und zu festigen, kann das Oral Reading durchaus eine effektive, zeitsparende Strategie sein, wenn das laute Vorlesen in einem passenden Moment mit einem geeigneten Text im Unterricht praktiziert wird. Wie und ob dies tatsächlich wirksam ist, wird im empirischen Teil dieser Arbeit basierend auf den Testergebnissen noch einmal diskutiert. Strategien zur Erweiterung und Vertiefung des Wortschatzwissens Wortschatzerwerb und Wortschatzerweiterung können sowohl durch beiläufiges Lernen als auch durch absichtliches Lernen gefördert werden. Konkrete Strategien für den Kontaktunterricht sind z. B. Umschreibungsübungen, das Erstellen von Vokabellisten, das Schreiben eigener Wörterbücher mittels Word-Mapping, der Einsatz von digitalen Wörterbüchern sowie umfangreiches Lesen ( Extensive Reading, manchmal auch Graded Reading, Sustained Silent Reading ). Zunächst wird die Methode Extensive Reading vorgestellt und basierend auf bereits veröffentlichten Studienergebnissen diskutiert, da sie im Vergleich zu anderen Methoden (etwa Umschreibung , Vokabelliste , Word-Mapping ) seltener thematisiert wurde. Extensive Reading ist eine Sprachlehrmethode, für die unter anderem Stephen Krashen (1989, S. 442) die Bezeichnung „free voluntary reading“ vorgeschlagen hat. Extensive Reading ist eine der auf Inhalt basierenden Lehrmethoden und fördert die Fähigkeit von LernerInnen, die Bedeutung unbekannter Wörter zu erraten. Gleichzeitig bietet es wirksame Gelegenheiten zum Automatisieren und Festigen bereits gelernter Vokabeln (vgl. Kadota/ Ikemura 2009, S. 119). SprachendidaktikerInnen vermuten, dass durch das extensive Lesen nicht nur das Leseverständnis verbessert, sondern zusammen mit der Wortschatzerweiterung auch die gesamte Sprachfertigkeit erhöht wird (vgl. Kirchhoff 2009, S. 104ff.). Extensive Reading kann sowohl in Kontaktunterrichtsstunden als auch außerhalb des Unterrichts durchgeführt werden. Für eine erfolgreiche Umsetzung in beiden Situationen sind die folgenden drei Aspekte zu beachten: 1. Motivation: Interesse für den Zieltext, 2. Methodik: die Art und Weise, wie gelesen wird (möglichst genau), 3. Feedback: nach dem Lesen Informationen darüber geben, welche Verbesserung in der Sprachfertigkeit und welche Wortschatzerweiterung feststellbar ist. Um die Lesemotivation zu wecken, sollen den Lernenden zuerst relevante Eckdaten, wie Titel, VerfasserIn, Seitenumfang, Schwierigkeitsgrad sowie Wortschatzniveau, nahegebracht werden, wobei die Auswahl der Lektüre basierend auf den folgenden Kriterien getroffen werden soll: 1. attraktiver Inhalt, 2. ansprechende Gestaltung, 3. passendes Wortschatzniveau und passender Schwierigkeitsgrad, 4. Vielfalt an Themen (vgl. Kadota/ Ikemura 2009, S. 119). Lehrstrategien zur Wortschatzvermittlung im Fremdsprachenunterricht 119 120 Kaori Sohar Damit Lernende eine ganze Geschichte ohne Wörterbuch bis zum Ende lesen und auch dem Inhalt folgen können, wird beim extensiven Lesen darauf geachtet, das erwartete Wortschatzniveau und den Schwierigkeitsgrad im Vergleich zum aktuellen Lernstadium zu senken. Durch das Extensive Reading von Texten und Büchern, deren Wortschatz meist bekannt ist, kann der sogenannte „affektive Filter“ (Krashen 1982, S. 30ff.) möglichst niedrig gehalten werden. 2 Beim extensiven Lesen sollen LernerInnen vier Grundregeln einhalten: 1. kein Einsatz von Wörterbüchern während der Lektüre, 2. unverständliche Textstellen sollen übersprungen werden, 3. wenn das Lesen eines Textes nicht fortgesetzt werden kann, wird ein anderer Text gewählt, 4. die Regel von 1-3 einhaltend, wird versucht, möglichst viel zu lesen. Vor allem im Bereich Englisch als Fremdsprache wurden bereits zahlreiche Projekte mit dem extensiven Lesen im Schulwesen durchgeführt und deren Ergebnisse publiziert. Kadota/ Ikemura (vgl. 2009, S. 122ff.) führten mit 200 japanischen High-School-SchülerInnen im Alter von 16 Jahren ein Jahr lang ein ER -Programm ( Extensive Reading Programm ) für Englisch als Fremdsprache durch. Die Lektüre fand sowohl in Kontaktunterrichtsstunden als auch außerhalb des Unterrichts statt. Die Texte wurden von der Lehrkraft zur Verfügung gestellt, wobei der Schwierigkeitsgrad der Lektüre an das Wortschatzniveau angepasst wurde; AnfängerInnenniveau = erwartetes Wortschatzwissen unter 1.000 Wörtern, Mittelstufe = 1.000 bis 2.000 Wörter, Oberstufe = über 2.000 Wörter. Die Auswahl des Zieltextes aus den zur Verfügung gestellten Büchern wurde von den SchülerInnen jedes Mal selbst getroffen, woraufhin ein stilles und kontinuierliches Lesen sowohl im als auch außerhalb des Unterrichts erfolgte. Nachdem das extensive Lesen in diesem Fall teilweise in Kontaktunterrichtsstunden durchgeführt wurde, wurden zu den oben genannten vier Regeln drei weitere erstellt: 1. den Inhalt des Textes nicht unterrichten, 2. die Lektüre nicht aufzwingen, 3. das Leseergebnis inhaltlich nicht direkt prüfen. 2 Krashen führte den Begriff „affektiver Filter“ (1982, S. 30ff.) in seiner Arbeit Principles and practice in second language aqquisition ein. Er wollte die emotionalen Variablen beschreiben, die mit dem Erfolg oder dem Versagen beim Fremdsprachenerwerb verbunden sind. Der affektive Filter ist ein unsichtbarer psychologischer Filter, der die Sprachproduktion in einer zweiten Sprache erleichtern oder behindern kann. Wenn der affektive Filter hoch ist, kann der Erfolg beim Spracherwerb aufgrund von Stress, Mangel an Selbstvertrauen und Angst gehemmt werden. Auf der anderen Seite kann die psychische Bereitschaft für das Üben und Lernen einer Fremdsprache erhöht werden, wenn der affektive Filter niedrig bleibt. Den SchülerInnen wurden die sprachlichen Strukturen der Zieltexte, wie Syntax, Lexik, weder vor noch während der Lektüre vermittelt. Um die Wirkung des ER -Programms zu messen, wurden die SchülerInnen in Bezug auf ihr allgemeines Leseverständnis einmal vor und einmal nach der Durchführung des Programms (Dauer: 8 Monate) getestet. Als Bewertungskriterien wurden Lesegeschwindigkeit (WPM: words per minute ) und Verständnisgrad appliziert und folgende Rechnungsmethode angewendet: Die Anzahl der gelesenen Wörter pro Minute wurde mit der Rate der richtigen Antworten multipliziert (Anzahl der richtigen Antworten dividiert durch Anzahl der Fragen). Laut dem Testergebnis konnte eine Korrelation zwischen der Anzahl der Seiten, die von den SchülerInnen im ER -Programm gelesen wurden, und der Verbesserungsrate vom ersten zum zweiten Testergebnis festgestellt werden (vgl. ebd., S. 124): Gruppe Testergebnis Anzahl der Seiten, die sie im ER-Programm gelesen hatten Anzahl der Personen A höher als 80 WPM-Punkte mehr als 200 Seiten 22 B 100 bis 199 Seiten 27 C weniger als 100 Seiten 28 D niedriger als 79 WPM-Punkte mehr als 200 Seiten 17 E 100 bis 199 Seiten 42 F weniger als 100 Seiten 57 Tabelle 3: Anzahl gelesener Seiten (Kadota/ Ikemura 2009, S. 123) Gruppe Test 1 Test 2 Unterschied zw. Test 1 und Test 2 A 117,95 155,70 37,76 B 120,06 149,50 29,44 C 110,61 139,04 28,43 D 66,82 107,79 40,97 E 59,56 96,74 37,18 F 54,98 79,46 24,46 Tabelle 4: Testergebnis (Kadota/ Ikemura 2009, S. 123) Lehrstrategien zur Wortschatzvermittlung im Fremdsprachenunterricht 121 122 Kaori Sohar Die 200 ProbandInnen wurden nach dem durchschnittlichen Wert der beiden Tests zuerst in zwei Gruppen eingeteilt. Diese wurden je nach Anzahl der fertig gelesenen Seiten jeweils in drei Gruppen unterteilt, somit entstanden sechs Gruppen (A bis F, s. Tabelle 4). Kadota/ Ikemura (vgl. ebd., S. 124) attestieren, dass eine deutliche Steigerung in der Lesekompetenz in den Gruppen A, D und E, die im ER -Programm mehr als 200 Seiten bzw. mehr als 100 Seiten gelesen hatten, zu sehen ist. Kadota und Ikemura (vgl. ebd.) fassen das Ergebnis folgendermaßen zusammen: Je mehr die extensive Lektüre ausgeübt und je mehr Seiten gelesen werden, desto höher werden die Lesegeschwindigkeit und der Verständnisgrad, und zwar unabhängig vom Niveau der Lesefertigkeit. Auch Kirchhoff (vgl. 2009, S. 105ff.) untersuchte im Rahmen des Englischunterrichts an einem deutschen Gymnasium die Effekte des Extensive Readings . Sie führte in einer 6. Klasse drei Monate lang ein sogenanntes ER -Projekt ( Extensive-Reading-Project ) durch. Vordergründiges Ziel des Projekts war es, „die Motivation der Lerner, fremdsprachliche Bücher zu lesen, langfristig zu entwickeln bzw. zu steigern“ (ebd., S. 107). Das Ergebnis der Projektevaluation über SchülerInnenfragebögen zeigt, dass „genau die Hälfte der Schüler das Projekt besonders gut fand, und die andere Hälfte gut bewerteten. Keiner der Schüler stand dem Projekt negativ gegenüber“ (ebd., S. 115). Die Frage Möchtest du im nächsten Schuljahr wieder das Leseprojekt durchführen? beantworteten 91-% der SchülerInnen mit Ja und 9-% mit Vielleicht . Kein/ Keine SchülerIn gab die Antwort Nein . Mit diesem und weiteren ausführlichen Evaluationsergebnissen plädiert Kirchhoff dafür, dass das Verfahren des extensiven Lesens eine große Bereicherung des eher klassischen Methodenspektrums im Literaturunterricht darstellt, da damit Lesemotivation erzeugt, Wissen um fremde Kulturen vermittelt und Sprachlerneffekte in der Breite erzielt werden können. Diese Feststellung trifft selbst auf LernerInnen mit einem niedrigen Kompetenzniveau zu […]. (Ebd., S. 104) Daher sollten LernerInnen mit dem extensiven Lesen „möglichst früh in der fremdsprachlichen Entwicklung beginnen“ (ebd.). Die Wortschatzerweiterung war kein direktes Ziel dieses Projekts, dennoch lässt sich vom Ergebnis des SchülerInnenfragebogens ableiten, dass die SchülerInnen ihr Wortschatzwissen erweitern und vertiefen konnten: „Besonders interessant sind die Antworten der Schüler auf die offenen Fragen. Auf die Frage, was die Schüler gelernt haben, gaben die Schüler unter anderem folgende Antworten: • Ich habe neue Grammatik gelernt, • Wörter, • Grammatik, Sätze formulieren usw., • Grammatik und Bedeutung, • wie man Wörter schreibt, die ich vorher nur sprechen konnte, • die englische Grammatik, die man noch nicht hatte, • Rechtschreibung, • ich habe ein paar neue Vokabeln gelernt, • einfach bisschen mehr Sprachgefühl, • Englischvokabeln, Zeiten, • schneller, flüssiger. Kann mehr verstehen, • besser Sätze zu schreiben und reden, • ich habe aus manchen Büchern gelernt, wie man in England lebt, • Englischvokabeln, Grammatik.“ (ebd., S. 109) Die Auflistung zeigt, dass manche SchülerInnen positive Effekte auf Grammatik- und Wortschatzwissen angegeben haben. Projektziel war es, die Lesemotivation zu erhöhen. Deshalb wurde bei dieser Studie kein Sprachtest durchgeführt, mit dem man überprüfen könnte, ob es tatsächliche Verbesserungseffekte in Grammatik- und Wortschatzkenntnis gegeben hätte. Es ist daher äußerst interessant, das extensive Lesen im Unterricht einzuführen, um ausreichend empirisch überprüfen zu können, ob dadurch wirklich das Wortschatz- und Grammatikwissen erweitert und vertieft wird. Dies benötigt jedoch nicht nur das Entwickeln eines dafür geeigneten, angemessenen Testverfahrens, sondern auch viel Zeit im Sprachunterricht. Im Durchschnitt liegt die Dauer von empirischen Studien im Rahmen eines Projekts zwischen drei Monaten und einem Jahr. Allein die Einführungsphase benötigt laut vergangenen Studien mindestens drei Unterrichtsstunden (vgl. Kirchhoff 2009, S. 112). Wenn der vorgegebene Kontaktunterricht aufgrund der zeitlichen Rahmenbedingungen bereits knapp bemessen ist, kann ein extensives Lesen kaum oder gar nicht korrekt und ausführlich eingeführt werden. Empirische Studie Im letzten Kapitel wurden die Methoden für den Vokabelerwerb, wie TPR , Oral Reading, Extensive Reading , beschrieben und deren Eigenschaften diskutiert. Auch die Annahme, dass die Read-and-Look-up- Methode aus Sicht der Gedächtnisforschung und Neurodidaktik sehr wirksam sein kann, wurde im zweiten Kapitel dargestellt. Nun werden die Ergebnisse der empirischen Untersuchung präsentiert, wobei die überprüfte Methode basierend auf R-&-L konzipiert und etabliert wurde. Da eines der vordergründigen Ziele des vorliegenden Forschungsprojekts die Überprüfung und Entwicklung von Lehrstrategien für den Vokabelunterricht, vor allem für AnfängerInnen, ist, wurden die Methoden Lehrstrategien zur Wortschatzvermittlung im Fremdsprachenunterricht 123 124 Kaori Sohar Shadowing und Recitation nicht untersucht, zumal diese ein relativ hohes Fertigkeitsniveau in der Zielsprache voraussetzen. Auch das Extensive Reading wurde im Rahmen dieser Studie, für die sehr knapp bemessene Kontaktunterrichtstunden zur Verfügung gestellt wurden, aus zeitlichen Gründen ausgeschlossen. TPR wurde bereits in verschiedenen Zielsprachen empirisch untersucht. Ergebnisse sind in zahlreichen Veröffentlichungen zu finden. Darüber hinaus ist auch bei dieser Methode der zeitliche Aufwand sehr hoch, weshalb diese Vorgehensweise nicht untersucht wird. Wenn man aber die R-&-L- Methode nicht als Lehrstrategie für Lesekompetenz, sondern als Einführungs- und Festigungsmethode neuer Vokabeln betrachtet, wird deutlich, dass sie im Vergleich zu den anderen Methoden weniger Zeit für die Durchführung in Anspruch nimmt. Methodik Die Daten für die Auswertung resultieren aus den Ergebnissen der Vokabeltests, die im Laufe des Wintersemesters 2014/ 15 und des Wintersemesters 2016/ 17 fünfmal pro Semester durchgeführt wurden. In den beiden Wintersemestern fanden einmal pro Woche (jeweils 90 Minuten) zwei universitäre Japanischkurse für die Grundstufe 1 mit dem Zielniveau A1/ 1.Phase, insgesamt 22,5 Kontaktunterrichtsstunden, als Freies Wahlfach statt. Im Wintersemester 2014/ 15 besuchten 25 Studentinnen und 14 Studenten, somit insgesamt 39 ProbandInnen, die zwei Parallelkurse Japanisch Grundstufe 1 (Gruppe A und B) und schrieben fünf Vokabeltests mit. Im Wintersemester 2016/ 17 nahmen 18 Probandinnen und 18 Probanden am Japanischkurs teil, insgesamt waren es also 36 StudentInnen. Alle ProbandInnen hatten vor Beginn des Kurses keine Japanischkenntnisse. Im Wintersemester 2014/ 15 wurde in den Grundkursen keine neue didaktische Methode eingesetzt, sondern mit herkömmlichen Methoden unterrichtet, damit es eine Kontrollgruppe gab. Im Wintersemester 2016/ 17 wurden die R-&-L- Methode in den Kursen Japanisch Grundstufe 1 (Gruppe A und B) eingesetzt und dieselben Tests, die bereits im Wintersemester 2014/ 15 stattfanden, durchgeführt. Die beiden Testergebnisse wurden verglichen und statistisch ausgewertet. Unter der Bezeichnung herkömmliche Methode wird in der vorliegenden Arbeit das folgende Einführungsverfahren von Vokabeln verstanden: • Neue Vokabeln sind zusammen mit der Bedeutung in der Muttersprache der Lernenden in jeweiliger Lektion im Lehrwerk aufgelistet. Jeder/ Jede Lernende besitzt das Lehrwerk. • Im Kontaktunterricht, in dem eine neue Lektion eingeführt wird, werden alle Vokabeln der jeweiligen Lektion auf der Liste von der Lehrkraft der Reihe nach einmal vorgelesen. Nach dem zweiten Vorlesen durch die Lehrkraft werden die Wörter jedes Mal von den Lernenden zweimal im Chor vorgelesen. Somit wird die Chorus-Reading- Methode eingesetzt. • Anschließend werden gewisse Wörter auf der Liste in Bezug auf ihre morphologischen Strukturen und ihre syntaktischen Eigenschaften (z. B. Wortarten, transitives oder intransitives Verb etc.) ausführlich in der Muttersprache der LernerInnen erklärt. Das gesamte Verfahren dauerte durchschnittlich ca. 15 Minuten pro Lektion. Bei der R-&-L- Methode wurde im Rahmen dieser Studie die Methode verwendet, in der die Lernenden paarweise zusammenarbeiten, und zum Zweck der Vokabeleinführungsstrategie folgendermaßen modifiziert: 1. Neue Vokabeln sind in jeder Lektion im Lehrwerk, das jeder/ jede Lernende besitzt, zusammen mit der Bedeutung in der Muttersprache der Lernenden aufgelistet. Die Paarbildung wurde den ProbandInnen überlassen und ergab sich meist durch die Sitzordnung. 2. Im jeweiligen Kontaktunterricht, in dem neue Vokabeln eingeführt werden, liest die Lehrkraft alle Vokabeln der Reihe nach einmal vor. 3. Anschließend führen die Lernenden zu zweit die R-&-L- Methode durch: StudentIn A und StudentIn B lesen die Vokabelliste zuerst still durch. Nach dieser kurzen Vorbereitungsphase von ca. zwei Minuten sagt StudentIn B die Bedeutung der Wörter der Reihe nach auf und StudentIn A antwortet, ohne auf die Vokabelliste zu sehen. Wenn die Antwort korrekt ist, fährt StudentIn B fort. Ist die Antwort nicht korrekt, schüttelt StudentIn B den Kopf bzw. sagt Nein . Dabei darf StudentIn B die korrekte Antwort nicht verraten. Darauf reagierend sieht StudentIn A auf der Liste nach und versucht, das betreffende Wort noch einmal korrekt mündlich wiederzugeben. 4. Anschließend werden die Rollen getauscht und Vorgang 3 wird wiederholt. Die Methodenschritte 3 und 4 werden innerhalb von acht bis zehn Minuten durchgeführt. Das gesamte Verfahren dauert somit durchschnittlich ca. 15 Minuten pro Lektion. Im Wintersemester 2016/ 17 wurde das Verfahren fünfmal angewandt. Am Ende der entsprechenden Unterrichtseinheit wurde ein fünf Fragen umfassender Vokabeltest durchgeführt. Die Lehrkraft, das Lehrwerk und die eingeführten Vokabeln waren in beiden Wintersemestern identisch, der Inhalt und der Ablauf der restlichen Übungen waren in den untersuchten Wintersemestern auch gleich. Im Vokabeltest, der ca. sieben Minuten dauerte, wurden fünf Wörter aus der davor eingeführten Vokabelliste abgefragt, wobei die Lernenden sowohl ein Bild als auch ein Übersetzungswort in ihrer Erstsprache als Input bekamen und die gesuchten Wörter aufschrieben. Alle Wörter waren entweder Wago oder Kango , und es kamen keine Gairaigo vor, die im Japanischen in Katakana geschrieben werden. Lehrstrategien zur Wortschatzvermittlung im Fremdsprachenunterricht 125 126 Kaori Sohar Ergebnis Die Ergebnisse der Tests wurden mit einer dreifaktoriellen, univariaten Varianzanalyse mit einem Messwiederholungsfaktor analysiert. Der fünfstufige within-subjects Faktor war der vorgegebene Test (Test 1 bis Test 5), die beiden between-subject -Faktoren waren Geschlecht (männlich, weiblich) und Unterrichtsmethode ( herkömmlich , Read and Look up ). Durch die dreifaktorielle Analyse wurden daher nicht nur die beiden Unterrichtsstrategien verglichen, sondern es wurde auch statistisch überprüft, ob der Unterschied der beiden Strategien geschlechtsabhängig oder geschlechtsneutral ist. Aus den Rohdaten ergaben sich die folgenden statistischen Beschreibungen: Mean Std. Deviation Anzahl Test 1 weiblich herkömmlich 3,92 1,441 25 Read and Look up 4,22 1,003 18 total 4,05 1,272 43 männlich herkömmlich 4,50 ,650 14 Read and Look up 4,44 ,856 18 total 4,47 ,761 32 total herkömmlich 4,13 1,239 39 Read and Look up 4,33 ,926 36 total 4,23 1,098 75 Test 2 weiblich herkömmlich 3,20 1,915 25 Read and Look up 4,78 ,548 18 total 3,86 1,684 43 männlich herkömmlich 3,64 1,336 14 Read and Look up 4,50 ,924 18 total 4,13 1,185 32 total herkömmlich 3,36 1,724 39 Read and Look up 4,64 ,762 36 total 3,97 1,488 75 Test 3 weiblich herkömmlich 1,24 1,451 25 Read and Look up 2,83 1,249 18 total 1,91 1,571 43 männlich herkömmlich 1,14 1,703 14 Read and Look up 2,83 1,724 18 total 2,09 1,890 32 total herkömmlich 1,21 1,525 39 Read and Look up 2,83 1,483 36 total 1,99 1,704 75 Test 4 weiblich herkömmlich 1,72 1,568 25 Read and Look up 3,78 1,353 18 total 2,58 1,789 43 männlich herkömmlich 1,50 1,225 14 Read and Look up 4,06 ,873 18 total 2,94 1,645 32 total herkömmlich 1,64 1,442 39 Read and Look up 3,92 1,131 36 total 2,73 1,727 75 Test 5 weiblich herkömmlich 2,48 1,636 25 Read and Look up 4,61 ,698 18 total 3,37 1,691 43 männlich herkömmlich 2,14 1,351 14 Read and Look up 4,39 ,979 18 total 3,41 1,604 32 total herkömmlich 2,36 1,530 39 Read and Look up 4,50 ,845 36 total 3,39 1,643 75 Tabelle 5: Ergebnisse der Vokabeltests Mauchlys Test auf Spherizität hat ergeben, dass die Annahme der Spherizität verletzt war (Χ2(9) = 17.59, p < .05), weshalb die Freiheitsgrade nach Green- Lehrstrategien zur Wortschatzvermittlung im Fremdsprachenunterricht 127 128 Kaori Sohar house-Geisser korrigiert wurden (ε = .889). Der Haupteffekt für den Faktor Geschlecht war nicht signifikant (F(1, 71) = .037, p = .849, ηp2 = .001). Der Haupteffekt für den Faktor Unterrichtsmethode hingegen war höchst signifikant (F(1, 71) = 60.31, p < .001, ηp2 = .459). Die Interaktion zwischen den Faktoren Geschlecht und Unterrichtsmethode war nicht signifikant (F(1, 71) = .037, p = .849, ηp2 = .001). Der Haupteffekt des Messwiederholungsfaktors Test war ebenfalls signifikant (F(3.56, 252.56) = 46.20, p < .001, ηp2 = .394), ebenso wie die Interaktion zwischen dem Test und der Methode (F(3.56, 252,56) = 10.49, p < .001, ηp2 = .129). Die Ergebnisse der Analyse finden in den folgenden vier Diagrammen ihre Darstellung: Abbildung 6: Vergleichsdarstellung; herkömmlich vs. R-&-L-Methode, mit allen ProbandInnen Im ersten Test schnitten die beiden Gruppen ( herkömmlich vs. R-&-L ) durchschnittlich gleich gut ab. Daraus lässt sich schließen, dass die Lehrmethode R-&-L in der Anfangsphase des Sprachkurses noch keinen großen Einfluss hat. Eine geringe Anzahl an zu lernenden Vokabeln, die bis zum Zeitpunkt des ersten Tests eingeführt wurden, und/ oder die hohe Motivation in der Anfangsphase des Kurses sind hierfür als mögliche Gründe anzuführen. Außerdem weist das Ergebnis des ersten Tests darauf hin, dass die beiden Gruppen hinsichtlich ihrer grundsätzlichen Lernkompetenz homogen sein dürften, weil sie sich beim ersten Test, also zu Beginn ihrer Lernphase, systematisch nicht unterscheiden. Beide Gruppen konnten nicht per Zufallsprinzip entweder der einen oder der anderen Gruppe zugeordnet werden, daher hätte es auch sein können, dass die beiden Gruppen von Beginn an ein sehr unterschiedliches Sprachfähigkeitsniveau aufweisen. Aber durch das erste Testergebnis kann diese Befürchtung, die in der Statistik als Störfaktor wirkt, ausgeschlossen werden. Erst ab dem zweiten Test schneidet die Gruppe, in der die R-&-L- Methode durchgeführt wurde, durchschnittlich besser ab als die Gruppe, die herkömmlich unterrichtet wurde. Dieser Unterschied bleibt über alle weiteren Tests hin bestehen und ist statistisch gesehen auch hoch signifikant. Zusätzlich konnte festgestellt werden, dass sich dieser Unterschied nicht auf das Geschlecht zurückführen lässt, wie die folgenden Diagramme verdeutlichen. Abbildung 7: Vergleichsdarstellung - weiblich vs. männlich Aus Abbildung 7 kann herausgelesen werden, dass es generell keinen Unterschied in der Leistung zwischen den Geschlechtern gibt. Lehrstrategien zur Wortschatzvermittlung im Fremdsprachenunterricht 129 130 Kaori Sohar Abbildung 8: Vergleichsdarstellung; herkömmlich vs. R-&-L-Methode, bei Frauen Die Auswertungen zeigen deutlich, dass die R-&-L- Methode sowohl bei Frauen als auch bei Männern ab dem zweiten Testzeitpunkt zu durchschnittlich besseren Testergebnissen geführt hat (s. Abb. 8 und 9). Abbildung 9: Vergleichsdarstellung; herkömmlich vs. R-&-L-Methode, bei Männern Um zu überprüfen, ob die eingeführten und gelernten Vokabeln zu einem späteren Zeitpunkt auch aktiv abrufbar sind, wurde in beiden Gruppen am Ende des Semesters ein zusammenfassender Vokabeltest mit 33 Wörtern durchgeführt. Die Gestaltung des Tests war so wie der fünfmalige kleine Vokabeltest - Bild und Übersetzungswort in der Muttersprache der Lernenden als Input und Wort in der Zielsprache als Output. Dieser größere Vokabeltest enthielt 25 Wörter in der Zielsprache, die bereits in den kleinen Tests vorgekommen waren, plus acht weitere, die auch im Laufe des Semesters eingeführt wurden. Unter den 33 Wörtern war kein japanisches Fremdwort, sondern nur Wago und Kango . Die Ergebnisse dieses Vokabeltests zeigten, dass die ProbandInnengruppe, welche die Vokabeln mit der R-&-L- Methode gelernt hatte, im Durchschnitt besser abschnitt als die Gruppe mit der herkömmlichen Methode, wie die Tabelle 6 unten zeigt: herkömmlich R-&-L Median richtiger Vokabel 29 31 Mittelwert richtiger Vokabel 27,97 30,25 Tabelle 6: Testergebnis des Vokabeltestes mit 33 Wörtern Obwohl das oben beschriebene Ergebnis keinen repräsentativen Charakter vorweist, der für alle Fremdsprachen und für alle Unterrichtsszenarien als unbegrenzt gültig betrachtet werden könnte, wird dennoch deutlich, dass die R-&-L- Methode für die Einführung und das Einprägen von Vokabeln sehr förderlich ist. Dass die Methode weder viel Zeit in Anspruch nimmt noch zusätzliche Vorbereitung mit Video-, Bild-, Audiomaterialien oder besondere Räumlichkeiten verlangt, ist auch für reale Unterrichtssituationen mit sehr geringem Zeitrahmen ein enorm großer Vorteil. Da die R-&-L- Methode in PartnerInnenarbeit erfolgt, können sich alle Lernenden gleichzeitig damit beschäftigen und es entsteht keine passive Wartezeit. Resümee Das zentrale Interesse dieser Untersuchung lag in der Recherche und der Entwicklung von Lehrstrategien zur Wortschatzvermittlung im Fremdsprachenunterricht, wobei die Zielsprache Japanisch war. In einem ersten Schritt wurden die strukturellen und phonologischen Eigenschaften und Klassifizierungen der japanischen Wörter vorgestellt und mit den Eigenschaften des deutschen Wortschatzes verglichen. Somit konnte Hintergrundwissen für die weiteren Argumente und Erläuterungen dieser Arbeit gegeben werden. Basierend auf der Lehrstrategien zur Wortschatzvermittlung im Fremdsprachenunterricht 131 132 Kaori Sohar kontrastiven Betrachtung der Eigenschaften vom japanischen und deutschen Wortschatz wurde im ersten Kapitel dargestellt, dass die Entwicklung effektiver Lehrmethoden besonders für Wago und Kango im Bereich Japanisch als Fremdsprache sehr relevant und wünschenswert ist, vor allem bei Lernenden mit einer europäischen Sprache als Erstsprache. Im zweiten Kapitel wurden verschiedene didaktische Strategien beschrieben, die aus neuropsychologischer und neurodidaktischer Sicht Vokabellehren und -lernen positiv beeinflussen können, und auch einige Beispiele von empirischen Studienergebnissen vorgestellt. Dabei wurden auch Vor- und Nachteile aus Sicht einer realen Unterrichtssituation diskutiert. Aus der Diskussion heraus entstand die Annahme, dass die modifizierte Version der R-&-L- Methode nicht nur als Förderungsstrategie der Lesekompetenz, sondern auch als Vokabeleinführungsstrategie wirksam sein kann. Dabei wurden auch neuropsychologische Kenntnisse, die diese Annahme stützen, als Argumente für die Auswahl der R-&-L- Methode als Untersuchungsgegenstand zusammengefasst. Im dritten Kapitel wurde das Ergebnis der empirischen Studie präsentiert, die zur Überprüfung der Annahme durchgeführt wurde. Die ProbandInnengruppe, bei der die R-&-L- Methode zum Einsatz kam, erzielte im Vergleich zur Gruppe, die ohne Einsatz der R-&-L- Methode unterrichtet wurde, bei den fünf kleinen Vokabeltests und auch bei einem zusammenfassenden Vokabeltest durchschnittlich bessere Ergebnisse. Der Unterschied dieser Ergebnisse war statistisch hoch signifikant. Im Rahmen dieser Studie konnte jedoch nicht überprüft werden, ob die ProbandInnen, die mittels R-&-L- Methode unterrichtet wurden, in weiterer Folge Lernerfolge aufzeigen. Auch die Frage, ob dieselbe Methode für andere Fremdsprachen eingesetzt und dabei auch ein positives Ergebnis erzielt werden kann, blieb offen. Solch eine longitudinale bzw. mehrsprachige Untersuchung wäre für die Zukunft äußerst wünschenswert. Das tatsächliche Empfinden von Lernenden konnte im Rahmen dieser Studie nicht quantitativ untersucht werden, wobei darauf hinzuweisen ist, dass die direkten Rückmeldungen von Lernenden zum Einsatz der R-&-L -Methode positiv waren. Literatur Asher, James J. (1969): The total physical response approach to second language learning. In: Modern Language Journal. 53, S. 3-17. Asher, James J. (1972): Children’s first language as a model for second language learning. In: Modern Language Journal. 56, S. 133-139. Asher, James J. (1977): Children learning another language. 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Anhang 1 Vokabeln Lektion 4 Rōmaji Hiragana/ Katakana Kanji Bedeutung okimasu (okiru) おきます おきる 起きます aufstehen nemasu (neru) ねます ねる 寝ます schlafen, ins Bett gehen hatarakimasu (hataraku) はたらきます はたらく 働きます arbeiten yasumimasu (yasumu) やすみます やすむ 休みます Pause machen, sich ausruhen benkyō-shimasu (benkyō-suru) べんきょうします べんきょうする 勉強します studieren, lernen owarimasu (owaru) おわります おわる 終ります enden depāto デパート Kaufhaus ginkō ぎんこう 銀行 Bank yūbinkyoku ゆうびんきょく 郵便局 Postamt toshokan としょかん 図書館 Bibliothek bijutsukan びじゅつかん 美術館 Kunstmuseum gakkō がっこう 学校 Schule arubaito アルバイト Nebenjob, part time job Abbildung 10: Auszug aus einer Vokabelliste Lehrstrategien zur Wortschatzvermittlung im Fremdsprachenunterricht 135 136 Kaori Sohar Anhang 2 単語復習練習 4 G1 Name : 絵を見て、それにあう単語を日本でいてください。 1 arbeiten 2 lernen 3 aufstehen 4 Postamt 5 Kunstmuseum Abbildung 11: Der vierte Vokabeltest (Die Bilder stammen aus dem Lehrmaterial 3A Corporation (Hrsg.) (2012): Minna no nihongo shokyu 1, Ekyozai CD-ROM . [ Japanese for all 1, pictures as teaching material]. Tokio: 3A Corporation.) SUDaFU-Studie: Aspekte des Syntaxerwerbs im universitären Deutsch-als-Fremdsprache-Unterricht Andreas Lieb Abstract Das Projekt Syntaxerwerb anhand verschiedener Sprachlernformen im universitären DaF-Kontext reiht sich in die Forschungsdesiderata des treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik der Universität Graz ein und setzte sich zum Ziel, für den Deutsch-als-Fremdsprache-Unterricht an Universitäten und Hochschulen geeignete Methodensettings zum Syntaxerwerb zu erforschen und bereitzustellen. Durch die Verknüpfung der Syntaxkompetenz im DaF-Bereich mit ausgewählten Lernformen wurde die oftmals problematische Vermittlung der Syntaxstrukturen auf den Niveaustufen A1 bis B2 didaktisch aufbereitet. Ausgehend von theoretischen Überlegungen zur Syntax der deutschen Sprache mit Fokus auf die Verbstellung in Haupt- und Nebensätzen wurde eine Brücke zu vier Lernformen mit erhöhter Selbstbestimmung und Selbstaktivität geschlagen und auf Basis einer aus der Literatur gefilterten grundlegenden Methodik der didaktischen Modellierung zu vermittelnder Satzstrukturen zugänglich gemacht. Didaktisierungen, die sich spezifischer Methoden des autonomen, beratenden, reflexiven und kooperativ-kollaborativen Lernens bedienen, bewirken eine - im Vergleich mit traditionellem Frontalunterricht - größere Effektivität im Hinblick auf den Ausbau der Syntaxkompetenz der Lernenden. Mittels Kontrollgruppen, in denen die Satzstrukturen lehrendenzentriert vorgetragen wurden, erfolgte eine Überprüfung der Ergebnisse aus dem ersten Untersuchungszyklus. Ausgangssituation Dem DaF-Unterricht im universitären Umfeld liegen Bedingungen zugrunde, die im Spannungsfeld Universität - Lehrende - Studierende zu sehen sind. Während es in der Vergangenheit üblich war, Wissen anzuhäufen und zu kommentieren, und die Beziehung von Lehrenden und Studierenden von Autorität 138 Andreas Lieb geprägt war, wird in der heutigen Zeit das horizontale Verhältnis der an den universitären Tätigkeiten Beteiligten betont (vgl. Tremp 2012, S. 15). Neben die Universität als Institution, die sowohl curriculare Vorgaben als auch Möglichkeiten zur Entfaltung der Lehre bietet, treten zwei wesentliche Gruppen, welche die Sprachvermittlung bedingen: die HauptakteurInnen Studierende und Lehrende. Mit Bezugnahme auf die Hauptklientel von treffpunkt sprachen - zu einem Großteil sind es Austauschstudierende, die das Angebot der DaF-Kurse nutzen - lässt sich die augenscheinliche Homogenität dieser Zielgruppe am „immensen Verunsicherungsfaktor“ (Seidl 2011, S. 136), dem Austauschstudierende während ihrer Auslandssemester ausgesetzt sind, festmachen. In der Realität bestehen jedoch Unterschiede, die Graßmann (vgl. 2009, S. 143) zufolge u. a. im Bereich der individuellen Lernerfahrungen und Lernabsichten angesiedelt sind. Die Ebenen der persönlichen Vorstellungen und Voraussetzungen stehen im Kontrast zu den Lernzielen, die es im DaF-Unterricht auf den Niveaustufen A1 bis B2 im Hinblick auf die Syntaxvermittlung zu verfolgen gilt. In der SUDaFU-Studie wird davon ausgegangen, dass die Universität einen Rahmen vorgibt, innerhalb dessen Studierende und Lehrende die jeweiligen Lerninhalte und Lernprozesse aushandeln. Während Sprachlernangebote außerhalb der Universitäten oftmals die Kommunikationsorientierung und das Sprachhandeln in privaten und beruflichen Kontexten für sich beanspruchen, wird mit dem Abhalten von DaF-Kursen vorrangig das Ziel verfolgt, ausländische Studierende dazu zu befähigen, am universitären Diskurs teilzunehmen. Hier ist beispielsweise an den positiven Abschluss von Lehrveranstaltungen im Rahmen von Studienauslandsaufenthalten zu denken. Eine mögliche Teilnahme hängt maßgeblich davon ab, wie gut und in welchem Ausmaß schriftsprachliche Strukturen des Deutschen gekonnt werden. Bezüglich der Syntaxkompetenz kann nach Sichtung universitärer Lehrwerke konstatiert werden, dass auf den Syntaxunterricht - basierend auf ausgewählten Kursbüchern, die den Fokus auf sprachlerngewohnte Personen richten - ein geringes Augenmerk gelegt wird. Die germanistische Sprachwissenschaft bildet einen weiteren Ankerpunkt, auf dem das Projekt in theoretischer Hinsicht fußt. Es wird davon ausgegangen, dass die „Klammerfreudigkeit“ (Thurmair 1991, S. 174) der deutschen Sprache als wesentliches syntaktisches Merkmal zu erachten ist. Das Deutsche zeichnet sich folglich dadurch aus, dass der Bau eines jeden (Teil-)Satzes von der möglichen Distanzstellung der finiten und infiniten Teile des Verbalkomplexes determiniert ist. Hier wird die Problematik für DeutschlernerInnen sichtbar, denn aus Lernerperspektive wird das Klammerverfahren - einerseits aufgrund der Varianz des Phänomens, aber auch, weil es in der Erstsprache zumeist unbekannt ist - oft als sehr schwierig empfunden. (Ziegler/ Köpcke 2015, S. 190) Das Verb als zentrale Satzkomponente unterteilt den Satz in Felder. Die linke Satzklammer grenzt das Vorfeld vom Mittelfeld ab; das Infinitum bildet die rechte Klammer und stellt die Grenze zwischen Mittelfeld und Nachfeld dar (vgl. Dürscheid 2007, S. 90f.; Wellmann 2008, S. 154). Bei der Darstellung einer satzwertigen Äußerung in Feldern sind - für das Projekt wesentliche - Besetzungsbzw. Stellungsregularitäten von Satzgliedern zu beachten. Das praktische Forschungsdesign basiert auf Theorien der germanistischen Sprachwissenschaft im Sinne einer deskriptiven Beschäftigung mit Sprache. Auf Basis dessen wurden Stundenbilder mit Fokus auf die Auseinandersetzung mit dem Forschungsdesiderat nach höherer Effektivität und größerer Motivation erstellt. Zu diesem Zwecke galt es, die Dispositionen aus dem jeweiligen Lernformcharakter zu filtern, um ein didaktisch-methodisches Grundgerüst für die Interventionen bereitzustellen. Im Folgenden werden die Grundgedanken der vier ausgewählten Lernformen in aller Kürze dargelegt. Autonomes Lernen Autonomes Lernen darf zunächst nicht im Sinne von Selbstanleitung gesehen werden. LernerInnen sind beim Erlernen von Inhalten nicht auf sich selbst gestellt (vgl. De Florio-Hansen 2009, S. 12). Autonomes Lernen kann einerseits als selbstgesteuertes und andererseits als selbstbestimmtes Lernen realisiert werden (vgl. Tassinari 2010, S. 122). Im theoretischen Teil des Projekts konnten die folgenden Grunddispositionen zur gegenständlichen Lernform zusammengefasst werden (vgl. Lieb o. J.): • Die Etablierung der Autonomie seitens der Lernenden setzt das Anbieten von Lernstrategien voraus. • Eine Sensibilisierung für die Rolle des/ der LernerIn ist dem autonomen Lernen voranzuschalten. SprachenlernerInnen sind zum Bewusstsein zu führen, dass sie selbst für die individuellen Lernprozesse verantwortlich zeichnen, diese aktiv mitgestalten dürfen und sollen. • Selbstevaluierungsmaßnahmen sind in autonome Lernsequenzen einzubauen. Möglich ist eine Darbietung evaluativer Fragen, die Bezug auf eine zukünftige Überprüfung der Leistungen nimmt. Burkert (vgl. 2014, S. 138) statuiert hierzu ein praktisch erprobtes Exempel. • Die Sprachreflexion gilt als weiterer zentraler Baustein. Damit ist das „aktive Nachdenken über Sprache“ (Neuland/ Peschel 2013, S. 127) gemeint, das beispielsweise Fragen zu grammatikalischen Phänomenen beinhalten kann. SUDaFU-Studie: Aspekte des Syntaxerwerbs 139 140 Andreas Lieb Kooperativ-kollaboratives Lernen In der vorgelegten Studie wurden die beiden Formen des kooperativen und kollaborativen Lernens in terminologischer Hinsicht einander gleichgestellt. Der Grund hierfür liegt in der Literaturrezeption, derzufolge eine Abgrenzung zwischen den gegenständlichen Lernformen vage bleibt. Demnach sind die Bezeichnungen der beiden Lernformen als synonym zu betrachten. Dillenbourg (1991, S. 1) definiert das Konzept der kooperativen Lernform wie folgt: „The broadest (but unsatisfactory) definition of 'collaborative learning' is that it is a situation in which two or more people learn or attempt to learn something together”. Diese Definition spiegelt den zentralen Gedanken zum kooperativen Lernen wider: Zwei oder mehrere Personen lernen zusammen. Dieser plakative Grundgedanke grenzt das kooperative Lernen zunächst trennscharf von all jenen Lernformen ab, bei der stringente Einzelarbeit gefordert ist. Zudem handelt es sich aber beim kooperativ-kollaborativen Lernen um eine Form, die per definitionem vom Gedanken der Zusammenarbeit aller an einem Lernprozess Beteiligten getragen wird. In diesem Kontext sind Lernumgebungen gekennzeichnet durch synchrone und koordinierte Aktivitäten (Roshelle/ Teasley 1995, S. 70), was mitunter an folgendem Zitat evident wird: „Collaboration is a coordinated, synchronous activity that is a result of a continued attempt to construct and maintain a shared conception of a problem”. Diese Begriffsdefinition zeigt, dass die gemeinsame Bearbeitung eines Lerninhalts im Sinne der Zusammenarbeit von LernerInnen zentral ist. Im Folgenden seien die Grunddispostionen (vgl. Lieb o. J.) kurz skizziert: • Eine klare Vorstellung der sprachlichen Fertigkeiten, die in einer Unterrichtssequenz gelernt werden sollen, hat zu Beginn durch die Lehrperson zu erfolgen. • Die Zusammenarbeit in zumindest zwei Personen umfassenden Kleingruppen ist zu gewährleisten. • Die Bearbeitung von Aufgaben hat innerhalb eines Zeitraums, den es vorab zu kommunizieren gilt, abzulaufen. • Eine Präsentation der Ergebnisse kann am Ende der gemeinsamen Lernsequenzen in Aussicht gestellt werden. Die Modalitäten hierfür sind zu Beginn der Lerneinheiten in aller Deutlichkeit zu vermitteln. • Die Öffnung der Kursräumlichkeit bringt den Vorteil, dass sich SprachenlernerInnen einen ruhigen Platz abseits des jeweiligen Seminarraums suchen können. • Die Rolle der Lehrperson ist eine beratend-unterstützende. • Ein erreichbares Ziel durch kooperatives Arbeiten ist der Motor der Annäherung an ein sprachliches Problem. Ein nachvollziehbarer Grund (vgl. Haitink/ Haenen 2002, S. 18), der für die Auseinandersetzung mit den Inhalten steht, ist unabdingbar. Beratendes Lernen Beratendes Lernen oder Lerncoaching sind Prozesse, die das Lernen als Ankerpunkte haben und eine Determinierung durch Variablen wie Mitlernende, Stoff etc. erfahren. Elemente des beratenden Lernens sind in der Selbststeuerung und im Ausbau der Lerneffektivität zu sehen. Auch das Erlangen von Zufriedenheit spielt beim Lerncoaching eine Rolle (vgl. Hardeland 2016, S. 5f.). Göhlich/ Zirfas (2007, S. 167) definieren beratendes Lernen und somit auch Beratung an sich als „Lern(unterstützungs)praxis“. Die Begriffsdefinition schlägt die Brücke zwischen der Unterstützung einerseits (Hilfe zur Selbsthilfe, wie sie dem Grundgedanken des Coachings inhärent ist) und der Beratung andererseits. Das Rollenverständnis der Lehrperson ist in der Begleitung der individuellen Lernprozesse zu sehen, wobei die Interaktion zwischen dem/ der BeraterIn und dem/ der zu Begleitenden auf einer horizontalen Ebene stattfindet. Pätzhold umreißt das Konzept der Lernberatung als zeitlich befristete Interaktion zwischen einem Berater und einem Ratsuchenden mit dem Ziel, in einem bestimmten Problem- oder Handlungsbereich Lösungen und Strategien zu entwickeln, die dann - möglicherweise unter Beteiligung des Beraters - vom Ratsuchenden implementiert werden können. Dabei verbleibt die Verantwortung für das Resultat beim Ratsuchenden […] Ebenso kommt dem Beratenden keine Entscheidungskompetenz zu. (Pätzhold 2004, S. 52) Beratendes Lernen zeichnet sich demnach dadurch aus, dass eine Beratungseinheit einer zeitlichen Befristung unterliegt und immer zielorientiert aufgebaut ist. Die Verantwortung im Hinblick auf die Zielorientierung bleibt jedoch im Aufgabenbereich des/ der zu Begleitenden. Zudem hat die beratende Person keine Entscheidungskraft. Reflektierendes Lernen Reflexion ist in einem allgemeinen Verständnis als geistige Verarbeitung von bereits Vorhandenem zu verstehen (vgl. Cendon 2013, S. 104). Problemlösen und reflexives Lernen stehen allerdings dennoch in Verbindung (vgl. Wyss 2013, S. 38f.). Entwicklung erfolgt nach Bauer/ Baumgartner (vgl. 2012, S. 48) anhand des Bewertens, Reflektierens und Verknüpfens. Reflexives Lernen ist dadurch gekennzeichnet, dass Fragen nach den Erfahrungswerten des lernenden Individuums gestellt werden (vgl. Weinberger 2013, S. 7). Folgende Grundprinzipien reflexiven Lernens (vgl. Lieb o. J.) seien an dieser Stelle zusammengefasst: • Die Lehrperson schlüpft bei einem reflexiven Lernsetting in die Rolle des/ der Feedbackgebenden. Eine unterstützende Rolle kennzeichnet zudem die lehrende Person (vgl. Cendon 2013, S. 105ff.). SUDaFU-Studie: Aspekte des Syntaxerwerbs 141 142 Andreas Lieb • Eine Verschriftlichung reflexiver Prozesse während des Lernens ist anzuregen; eine ausschließlich auditive Form der Gedankenverarbeitung genügt nicht. • Reflexion ist kein rein individueller Prozess, weshalb ein Gedankenaustausch untereinander angeregt werden soll. • Die Methode der Gruppenarbeit ist dafür prädestiniert, die Beobachtungsfunktion auf Gruppenmitglieder auszulagern. • Ein persönlicher Lernzuwachs kann als Tagebuch in schriftlicher Form dokumentiert werden. Eine zeitunabhängige Modifizierung und Kommentierung ist denkbar (vgl. Bauer/ Baumgartner 2012, S. 48). Projektbeschreibung Im Rahmen der Sprachlehr- und -lernforschung wurde ein qualitatives Forschungsprojekt entwickelt, das auf einer Umfrage hinsichtlich der Syntaxproblematiken aus Sicht der DaF-Lehrenden fußt. Ziel der Befragung war es, konkrete Syntaxproblematiken aus der Unterrichtspraxis auf den Niveaustufen A1 bis B2 zu filtern. Anschließend wurden Syntaxeinheiten auf den zuvor genannten Niveaus entworfen, die auf einer von vier ausgewählten Lernformen mit erhöhter Selbstaktivität beziehungsweise Selbstbestimmung basierten. Zur Auswahl standen die Formen des beratenden, reflektierenden, kooperativ-kollaborativen sowie autonomen Lernens. Die Ergebnisse aus dem Untersuchungszyklus 1 wurden in acht verschiedenen Kursgruppen nach den Prinzipien der zuvor genannten Lernformen erarbeitet. Die Ergebnisse aus weiteren acht Lehrveranstaltungen, in denen dieselben Syntaxstrukturen im Sinne von Kontrollgruppen auf Basis einer lehrendenzentrierten Herangehensweise vermittelt wurden, wurden sodann in Beziehung gesetzt. Forschungsmethoden Die Forschungsmethodik basiert auf den Gütekriterien qualitativer Sozialforschung gemäß Mayring (vgl. 2002). Den Grundsätzen folgend wurden die Parameter der Subjektausrichtung, Gegenstandsbeschreibung, interpretativen Annäherung an den Forschungsgegenstand, natürlichen Lernumgebung sowie der Repräsentativität und Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse in das Forschungsdesign integriert. Die Motivation für die Etablierung des vorliegenden Projekts wird von dem Wunsch getragen, die Qualität der Unterrichtstätigkeit der Lehrenden zu erhöhen (vgl. Altrichter/ Posch 2007, S. 13ff.). Sämtliche Forschungsaktivitäten, die im Kontext dieses Projekts durchgeführt wurden, nehmen Bezug auf die betroffenen AkteurInnen. Im Sinne des aktionsforscherischen Kreislaufs von Refl exion und Aktion wurde zunächst eine Informationssammlung angeregt. Diese hatt e zum Ziel, Syntaxproblematiken seitens der DeutschlernerInnen aus Sicht von LektorInnen an österreichischen Universitäten und Hochschulen herauszufi nden. Zu diesem Zweck wurde auf Basis der niveautypischen Satzstrukturen aus profi le deutsch (vgl. Glaboniat 2013 et al.) ein Fragebogen (s. Anhang 1) entwickelt, der via Mail an die leitenden Personen hochschulischer bzw. universitärer Sprachenzentren in Österreich ausgeschickt wurde. Die LeiterInnen wurden gebeten, den Fragebogen an die jeweiligen Lehrbeauft ragten auszusenden. Insgesamt wurden 65 ausgefüllte Fragebögen retourniert. Die Auswertung der Fragebögen fi ndet sich nachstehend. Während 67-% der Befragten angaben, dass die Satzklammer im Perfekt bzw. bei den Modalverben erfahrungsgemäß Probleme bereitet, sprachen sich 33-% der UniversitätslektorInnen für die Hauptsätze als problematische Satzstruktur aus. Abbildung 1: Niveau A1 Auf dem Niveau A2 standen sechs Satzstrukturen zu Auswahl, von denen der Nebensatz mit den einleitenden Konnektoren dass und weil mit 29-% sowie der Relativsatz mit 33-% im Hinblick auf die Syntaxproblematiken prominent vertreten waren. SUDaFU-Studie: Aspekte des Syntaxerwerbs 143 144 Andreas Lieb Abbildung 2: Niveau A2 Die Problematik der Infi nitivsatzstruktur auf Niveau B1 wurde mit 47- % am häufi gsten genannt. Auch der Nebensatz mit ob wurde mit 35-% im Vergleich zu den Vergleichssätzen, dem Exklamativsatz und dem uneingeleiteten Nebensatz häufi g als problematisch identifi ziert. Abbildung 3: Niveau B1 Auf Niveaustufe B2 konnte nur der Wunschsatz als relevante Satzstruktur ausgemacht werden. Er stellt mit 24-% die häufi gste Nennung dar. Die Sichtung der Ergebnisse bezüglich der Syntaxproblematiken zeigt, dass 76- % der Befragten keine Probleme beim Erlernen der Wunschsatzstruktur beobachten konnten. Angaben zu anderen Satzstrukturen wurden nicht gemacht. Abbildung 4: Niveau B2 In einem weiteren Schritt erfolgte eine theoretische Untersuchung der in der Umfrage genannten Satzstrukturen. Im Hinblick auf die Verbstellung galt es, eine Verknüpfung problematischer Satzstrukturen mit ausgewählten Lernformen vorzunehmen. Handlungsstrategien wurden - auf die jeweilige inhärente Methodik Bezugnehmend - in Form von Didaktisierungen syntaktischer Strukturen konzipiert. In einem letzten Aktionsschritt wurde eine zweiteilige Studie entworfen, deren Hauptt eile aus jeweils acht Interventionsgruppen und Kontrollgruppen bestand. In den Kursgruppen A bis H wurden in einem ersten Schritt präinterventionelle Testungen mit Fokus auf niveautypische Syntaxprobleme der ProbandInnen durchgeführt. Das Design der Testungen orientierte sich einerseits an den Ergebnissen der Umfrage, andererseits fanden bei der Erstellung der Testungen die auf den jeweiligen Niveaustufen zu vermitt elnden Syntaxstrukturen ihre Berücksichtigung. Im zweiten Schritt wurde in jeder Kursgruppe eine syntaktische Struktur anhand zentraler Prinzipien einer Lernform vermitt elt. Postinterventionell wurde abermals eine Testung - um ein Feedback seitens der Lernenden ergänzt - durchgeführt. Im zweiten Untersuchungszyklus wurden in acht neuen Kursgruppen auf den Niveaustufen A1 bis B2 dieselben Satzstrukturen unterrichtet. Allerdings galt es, auf die Lehrendenzentrierung im Sinne eines Frontalvortrags zu achten, um im letzten Schritt die Ergebnisse aus den beiden Zyklen einander gegenüberzustellen. SUDaFU-Studie: Aspekte des Syntaxerwerbs 145 146 Andreas Lieb Forschungsziele Das primäre Forschungsziel bestand in der Überprüfung der Hypothese, nach welcher sich der Einbau methodisch-didaktischer Grundprinzipien von Lernformen mit erhöhter Selbstbestimmung beziehungsweise Selbstaktivität positiv auf die Effektivität des universitären Syntaxunterrichts auswirkt. Demnach galt es, Didaktisierungen von Syntaxstrukturen zu erstellen, die sich - basierend auf einer theoretischen Herangehensweise an die ausgewählten (Sprach-)Lernformen - durch einen hohen Grad an Lernendenzentrierung auszeichneten. Mithilfe schriftlicher Feedbacks seitens der ProbandInnen (s. Anhang 2) sollte auch gezeigt werden, dass der Einbau von Grundelementen aus den beratenden, reflexiven, autonomen und kooperativ-kollaborativen Formen des Lernens positiv auf die Motivation der SprachenlernerInnen wirkt. Neben der höheren Effektivität gegenüber Stundengestaltungen, die von Frontalvorträgen und Einzelarbeiten geprägt sind, sollte die Studie vor allem aber das Ziel verfolgen, den Forschungsdiskurs im Bereich Deutsch als Fremd- und Zweitsprache mit empirisch gewonnenen Daten zu bereichern und die Entwicklung eines anerkannten Forschungsbereichs innerhalb der Germanistik voranzutreiben. Zudem - und darin war wohl die wesentliche Zielsetzung zu sehen - sollte eine auf den Forschungsdaten basierende Handreichung für Lehrende mit Didaktisierungen ausgewählter syntaktischer Strukturen auf den Niveaustufen A1 bis B2 entstehen. Das Projekt wird maßgeblich vom Gedanken begleitet, dass sich eine Lehrperson stets mit den zur Verfügung stehenden Unterrichtsmaterialien identifizieren muss. Die Praxisunterlagen werden in digitaler Form vom Studienleiter zur Verfügung gestellt; eine Verwendung im Unterricht sowie eine individuelle Adaptierung sind explizit erwünscht, um eine Rückkopplung des Materialeinsatzes im Sinne der Aktionsforschung zu bewirken. Materialien, die bereits im Forschungszyklus 1 zur Anwendung kamen, werden ab dem Sommersemester 2019 in DaF-Intensiv- und Semesterkursen am treffpunkt sprachen eingesetzt. Zuvor wird ein Workshop für LektorInnen angeboten, um die Ergebnisse einerseits darstellen und den möglichen Einsatz der Materialien andererseits interaktiv und prospektiv erarbeiten zu können. Evaluierungen seitens der Lehrpersonen und Studierenden sollen die Qualität und die Einsetzbarkeit der Unterrichtsmaterialien nach deren Verwendung in den jeweiligen Lehrveranstaltungen beleuchten. Anpassungen und Wünsche werden in das bestehende Material eingearbeitet und als Handreichung ausgegeben. Studierende und Lehrende als Forschende Das als Aktionsforschung angelegte Projekt war maßgeblich von zwei HauptakteurInnen abhängig: Lernenden und Lehrenden. Um Lehrende für die Mitwirkung am praktischen Teil des Forschungsprojekts gewinnen zu können, wurden individuelle Informationsgespräche durchgeführt. In diesen Einzelgesprächen ging der Projektleiter sowohl auf Motive und Hintergründe als auch auf geplante Abläufe ein, die den jeweiligen Workload der teilnehmenden Lehrpersonen und die zeitliche Gestaltung der Interventionen betrafen. Schließlich wurden die potentiellen Mitwirkenden um eine konkrete Stellungnahme im Hinblick auf ihre Mitarbeit gebeten. Grundsätzlich konnten die Lehrenden die zu vermittelnden Satzstrukturen frei auswählen. Eine Einschränkung war in der Bedingung zu sehen, dass das zu untersuchende Syntaxphänomen zum Zeitpunkt der Intervention noch nicht Bestandteil vorhergehender Unterrichtseinheiten gewesen sein durfte. Der zeitliche Ablauf, die Abfolge von Intervention und Testung sowie das Feedback als Bestandteil der Unterrichtseinheiten wurden allerdings vorgegeben, um eine Vergleichbarkeit der Interventionen zu gewährleisten. Im Verlauf der Interventionen spielten insbesondere die Studierenden eine zentrale Rolle. Auf die Studierenden, die sowohl Ausgangsals auch Zielpunkt des Projekts waren, konzentrierten sich die einzelnen Projektschritte. Dabei wurden Lernprozesse und die mit den Interventionen in Verbindung stehenden Motivationen und Syntaxkompetenzen im Hinblick auf den aktuellen Forschungstrend Looking at Learning (vgl. Schröttner/ Hofer 2011) zu zentralen Komponenten der SUDaFU-Studie erklärt. Sprachendidaktische Implikationen In sprachendidaktischer Hinsicht bringt die Fremdbestimmung des sprachlichen Inputs beim formalen Lernen an Universitäten und Hochschulen einen entscheidenden Nachteil mit sich: Die inhaltliche Selbstbestimmung, durch die sich der natürliche Spracherwerb auszeichnet, ist beim institutionellen Erlernen des Deutschen als Fremdsprache nicht gegeben (vgl. Rösler 2012, S. 22). Dennoch - und damit sieht sich der Fremdsprachenunterricht konfrontiert - sind komplexe sprachliche Strukturen zu erlernen, die mit Inhalten verknüpft werden müssen. Für die Motivation und den Lernfortschritt der Studierenden sind demnach nicht nur Inhalte anzubieten, die auf potentielles Interesse stoßen. Vielmehr - und dies ist ein weiterer zentraler Gedanke der SUDaFU-Studie - müssen Selbstaktivität und Selbstbestimmung mithilfe passender Unterrichtsmaterialien angesteuert bzw. entfaltet werden. Dem Grundgedanken des konstruktivistischen Lernens, das u. a. in Hofer 2011 nachgezeichnet wird, folgend, bieten sich SUDaFU-Studie: Aspekte des Syntaxerwerbs 147 148 Andreas Lieb Formen des beratenden, reflexiven, kooperativ-kollaborativen und autonomen Lernens dazu an, SprachenlernerInnen aus ihrer passiven Haltung herauszuführen und Selbstaktivität und in weiterer Folge Selbstbestimmung zu evozieren. Als Beispiel sei die autonome Lernform genannt, bei der etwa eine Auswahl von angebotenen Lernmaterialien zur Verfügung steht, die nach persönlichen Präferenzen ausgewählt werden können. Der Fokus liegt hier auf der Modalität der Aktivitäten; weg von müssen und sollen hin zu können, dürfen und möchten . Die Forderung nach Selbstaktivität und -bestimmung korreliert mit der Auffassung, dass sich das lernende Subjekt eine individuelle Wirklichkeit konstruiert. Forschungsergebnisse und ihre Umsetzung in die Praxis Die Ergebnisse der SUDaFU-Studie werden im Folgenden in tabellarischer Übersicht dargestellt. Die Tabelle zum Untersuchungszyklus 1 zeigt die nach Gruppen sortierte Auswertung der didaktischen Interventionen. Die jeweils in den Kursgruppen modellierte Satzstruktur sowie das Kursniveau sind ausgewiesen. Der Wert P max verweist auf die zu erreichende Höchstpunkteanzahl in der Syntax-Sprachstandserhebung. Die Werte in der Spalte Testung 1 beziehen sich auf die präinterventionellen Erhebungen; die unter Testung 2 angeführten Werte nehmen Bezug auf die postinterventionellen Ergebnisse. Zudem sind in der letzten Spalte jene relativen Zunahmen in Prozent angegeben, die mittels didaktischer Interventionen erreicht werden konnten. In den Gruppen A und G wurde der Syntaxunterricht nach den Prinzipien des reflektierenden Lernens gestaltet. Das autonome Sprachenlernen wurde in den Gruppen B und F umgesetzt, die beratende Lernform in den Gruppen C und H. Ausgewählte Satzstrukturen wurden in den Gruppen D und E anhand kooperativ-kollaborativer Methoden vermittelt. Die nachstehende Tabelle bietet einen Gesamtüberblick der Ergebnisse des Untersuchungszyklus 1, die in den beiden Studienjahren 2016/ 17 und 2017/ 18 gewonnen werden konnten. Gr. Satzstruktur Niveau P max. Testung 1 Testung 2 Zunahme P prä. P post. A komplexer Relativsatz B2.2 11 6,75 (61,36-%) 9,75 (88,63-%) +27,27-% B komplexer Relativsatz B2.1 11 6,71 (61,00-%) 9,57 (87,00-%) +26,00-% C finaler Nebensatz mit um … zu B1.1 12 5,33 (44,41-%) 10,16 (84,66-%) +40,25-% D Nebensatz mit dass A2.1 12 1,35 (11,25-%) 8,50 (70,83-%) +59,58-% E Modalverben im Konjunktiv II Passiv B2.2 12 10,00 (83,33-%) 11,50 (95,83-%) +12,50-% F Perfektische Satzklammer A1.2 14 12,15 (86,78-%) 14,00 (100-%) +13,22-% G Einfacher Relativsatz A2.2 8 3,18 (39,75-%) 7,87 (98,37-%) +58,62-% H finaler Nebensatz mit um … zu B1.2 8 2,18 (27,25-%) 5,36 (67,00-%) +39,75-% Tabelle 1: Untersuchungszyklus 1 Die relativen Zunahmen sind in den Gruppen D mit 59,58-% und G mit 58,62-% als höchste Werte auszuweisen. Der Blick auf die vorliegende Tabelle lässt die Annahme zu, dass sich das kooperativ-kollaborative sowie das reflektierende Lernen dazu eignen, die Vermittlung von Satzstrukturen im Hinblick auf die Effektivität des Syntaxerwerbs im universitären DaF-Unterricht positiv zu beeinflussen. Auch die Ergebnisse in den Gruppen C (+ 40,25-%) und H (+ 39,75-%) weisen darauf hin, dass die in den beiden Gruppen realisierten Grundsätze der beratenden Lernform einen signifikanten Ausbau der Syntaxkompetenz in Aussicht stellen. In den Gruppen E (kooperativ-kollaboratives Lernen) und F (autonomes Lernen) konnten nur geringe Zunahmen erreicht werden, da die Studierenden in der Testung 1 bereits in beiden Gruppen über 80- % korrekte Satzstrukturen produzierten. Die in Bezug auf die Satzstruktur des komplexen Relativsatzes parallel geführten Gruppen A und B zeigten eine relative Zunahme an korrekten Strukturen von 27 bzw. 26- %. Die Auswertung zeigt zudem, dass in allen Interventionsgruppen mithilfe des auf die jeweilige Lernform hin modellierten Syntaxunterrichts positive Zunahmen und somit ein Ausbau der studentischen Syntaxkompetenz erzielt werden konnten. Bezug nehmend auf den Motivationsaspekt der Lernformen ist anzumerken, dass alle gewählten Zugänge eine sehr deutliche Tendenz der positiven Einflussnahme auf die Motivation der Studierenden zeigten. Im Untersuchungszyklus 2 wurden folgende Ergebnisse festgehalten: SUDaFU-Studie: Aspekte des Syntaxerwerbs 149 150 Andreas Lieb Gr. Satzstruktur Niveau P max. Testung 1 Testung 2 Zunahme P prä. P post. I Perfektische Satzklammer A1.2 14 5,14 (36,73-%) 6,14 (43,87-%) + 7,14-% J Nebensatz mit zu A2.2 7 2,8 (40,00-%) 5,5 (78,57-%) + 38,57-% K Kausaler Nebensatz mit weil B1.1 6 3,5 (58,33-%) 3,88 (64,81-%) + 6,48-% L Modalverben im Konjunktiv II Passiv B2.1 12 9,55 (79,62-%) 12,00 (100-%) + 20,38-% M Einfacher Relativsatz B1.2 8 3,75 (46,87-%) 7,33 (91,66-%) + 44,79-% N Komplexer Relativsatz B1.2 11 3,45 (31,36-%) 4,18 (38,00-%) + 6,64-% O Nebensatz mit dass A2.1 12 2,26 (18,83-%) 5,26 (43,83-%) + 25,00-% P Perfektische Satzklammer A2.1 14 4,42 (31,57-%) 11,66 (83,28-%) + 51,71-% Tabelle 2: Untersuchungszyklus 2 Ein Blick auf die relativen Zunahmen zeigt, dass die Effektivität der lehrendenzentrierten Unterrichtsmethodik im Vergleich zu jener, die aus der Zuhilfenahme von Lernformen mit erhöhter Selbstbestimmung und -aktivität resultiert, geringer ist. Daraus lässt sich schließen, dass Vermittlungsprozesse, die sich nicht der Methodik der gegenständlichen Lernformen bedienen, hinsichtlich der Effektivität weniger ertragreich sind. Resümee Mit dem Abschluss der Untersuchungszyklen 1 und 2 konnte gezeigt werden, dass sich die Formen des beratenden, reflektierenden, kooperativ-kollaborativen und autonomen Sprachenlernens positiv auf den Ausbau der Syntaxkompetenz auswirken. Während auf Rahmenbedingungen, wie z. B. Räumlichkeiten sowie zeitliche und curriculare Gestaltung der Lehrveranstaltungen, von Seiten der Lehrperson kein Einfluss genommen werden kann, bildet die didaktisch-methodische Gestaltung von Form und Inhalt jenen Ankerpunkt, an dem Vermittlungsbemühungen anzusetzen sind. Für den universitären DaF-Unterricht ist ob der sprachlichen Partizipation am Universitätsgeschehen (Forschung und Lehre) die Schriftsprachlichkeit im Deutschen, die sich in hohem Maße durch die Satzstruktur auszeichnet, wesentlich. Die oben genannten Lernformen fordern und bieten gleichermaßen ein hohes Maß an Selbstaktivität und Selbstbestimmung und stehen somit im Kontrast zum traditionellen Sprachunterricht. Werden Syntaxstrukturen anhand jener Formen des Lernens vermittelt und gelernt, eröffnen sich für alle am Lernprozess Beteiligten neue Möglichkeiten, die mit den Materialien aus der SUDaFU-Studie genutzt werden können. Das Projekt sieht eine Veröffentlichung der in der Studie eingesetzten Materialien vor, womit die Rückkopplung an die Unterrichtspraxis gegeben sein wird. Literatur Altrichter, Herbert/ Posch, Peter ( 4 2007): Lehrerinnen und Lehrer erforschen ihren Unterricht. Regensburg: Klinkhardt. Bauer, Reinhard/ Baumgartner, Peter (2012): Schaufenster des Lernens. Eine Sammlung von Mustern zur Arbeit mit E-Portfolios. Münster: Waxmann. Burkert, Anja (2014): Supporting Learner Autonomy in the University Classroom: A Personal Account. In: Burkert, Anja/ Dam, Leni/ Ludwig, Christian (Hrsg.) 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Bitte denken Sie bei der Beantwortung der Fragen ausschließlich an Ihre aktuellen und/ oder vergangenen DaF-Kurse an Universitäten und/ oder Fachhochschulen in Österreich. Der Fragebogen geht an DaF-Lehrende der österreichischen Hochschulen und wird anonymisiert ausgewertet. Aus diesem Grund sind persönliche Angaben wie Name, Alter und Geschlecht nicht relevant. Bitte retournieren Sie den angekreuzten Fragebogen an andreas.lieb@uni-graz.at. Vielen herzlichen Dank für Ihre wertvolle Mitarbeit! ********** □ Bitte kreuzen Sie an: Wo liegen Ihrer Erfahrung nach die größten Probleme für DaF-LernerInnen im Hinblick auf die folgenden zu erlernenden Satzstrukturen? (Mehrfachnennungen möglich! ) Niveau A1: □ Satzklammer (Perfekt, Modalverben, trennbare Verben) □ Hauptsätze (Aussagesatz, W-Frage, Ja/ Nein-Frage, Aufforderungssatz) Niveau A2: □ dass -Nebensatz/ weil -Nebensatz □ Relativnebensatz □ temporaler Wenn-Satz □ elliptischer Nebensatz mit W-Fragewort (Ich kann dir nicht sagen, wann.) □ Hauptsätze (Imperativsatz mit zweiteiligem Verb) □ uneingeleiteter Nebensatz mit Verbzweitstellung □ Vergleichssatz mit als Niveau B1: □ Exklamativsatz (Das geht doch nicht! ) □ Infinitiv-Nebensatz mit zu SUDaFU-Studie: Aspekte des Syntaxerwerbs 153 154 Andreas Lieb □ Nebensatz mit ob oder W-Fragewort in Erststellung □ konnektorloser/ uneingeleiteter Nebensatz mit Verberststellung □ Vergleichssatz mit wie □ Vergleichssatz mit je … desto Niveau B2: □ Wunschsatz (Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich nicht gekommen.) ********** Kommentar: Anhang 2 Feedback  = 75 bis 100-%  = 50 bis 75-%  = 25 bis 50-%  = 0 bis 25-% Bitte kreuzen Sie an (x) oder beantworten Sie die Fragen. Was habe ich in dieser Einheit gelernt? What did I learn during this lesson? - Ich habe die Strukturen schon vor der Einheit gekannt. I’ve already heard about the structures before. □  □  □  □  Ich habe das Gefühl, dass ich das grammatische Kapitel verstanden habe. I got the feeling that I understand the grammatical phenomenon. □  □  □  □  Die Methode hat mir geholfen, die Strukturen zu verstehen. The method was helpful to understand the structures. □  □  □  □  Ich möchte die Strukturen noch einmal wiederholen/ trainieren. I want to go over the structures once again. □  □  □  □  Mir hat die Unterrichtsmethode gefallen. I liked the teaching method. □  □  □  □  Die Methode hat mir geholfen, dass grammatische Phänomen zu verstehen. The method was helpful to understand the grammatical phenomenon. □  □  □  □  SUDaFU-Studie: Aspekte des Syntaxerwerbs 155 156 Andreas Lieb Die Methode hat mich zur Mitarbeit motiviert. The method motivated me. □  □  □  □  Ich glaube, dass die Methode gut ist, um sprachliche Satzstrukturen zu erlernen. I think the method is good in order to learn sentences structures. □  □  □  □  Das möchte ich noch sagen. I want to add the following information. Forschungsbasierte Unterstützung von Erasmus- Incoming-Studierenden im akademischen Alltag Eva Seidl und Birgit Simschitz Abstract Die verstärkten Mobilitäts- und Internationalisierungsprozesse im Hochschulsektor führen zu vielfältigen Anforderungen an Lehrende und Lernende. Dabei zeigt die Recherche der einschlägigen englisch- und deutschsprachigen Literatur, dass die Sichtweise von Erasmus-Incomings in der Darstellung fehlt. Hier setzt das am treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik an der Karl-Franzens-Universität durchgeführte hochschuldidaktische Sprachlehr- und -lernforschungsprojekt Short-term study abroad - needs and experiences an, das eben diese Perspektive erschließt. Mit einem qualitativen Verfahren, bei dem Studierende wie Lehrende zu Forschenden wurden, konnten vier hochschulspezifische Bereiche interkultureller Konflikte identifiziert werden. Im Anschluss an deren Darstellung geht es in diesem Beitrag um die sprachendidaktischen Implikationen, aber insbesondere um die praktische Umsetzung der Forschungsergebnisse: Leitfäden für Incomings, Outgoings und Lehrende sollen die Reflexion der Transit- und Diversitätserfahrung unterstützen und dazu beitragen, den Veränderungsprozess in einer geteilten Verantwortung aktiv zu gestalten. Bei knapp einem Dutzend Veranstaltungen wurden das Projekt bzw. die Projektergebnisse vorgestellt und diskutiert. In einer ersten Evaluierung in der Zielgruppe erweist sich der Leitfaden für Incomings als nützlich und hilfreich. Forschungshintergrund Study abroad research ist im angloamerikanischen Raum ein seit den 1990er-Jahren etabliertes Forschungsfeld (für einen Überblick siehe Kinginger 2009), wohingegen das deutschsprachige Pendant, nämlich Mobilitäts- und Austauschforschung, erst in den 2000er-Jahren an Bedeutung und vor allem an Akzeptanz als eigene Forschungsrichtung gewann (für einen Überblick siehe Ehrenreich/ 158 Eva Seidl und Birgit Simschitz Woodmann/ Perrefort 2008). In beiden Sprachlandschaften sind in Bezug auf Auslandsaufenthaltsforschung mehrere Entwicklungsstränge erkennbar, die im Folgenden kurz skizziert werden. Die englischsprachige Study abroad research In der englischsprachigen Forschung zu Auslandsstudienaufenthalten rückte bereits Mitte der 1990er-Jahre das Interesse weg vom sprachlichen Produkt , also der angestrebten und quantitativ messbaren Verbesserung verschiedener linguistischer Teilbereiche, wie Aussprache, Lexik oder Grammatik, von im Ausland Studierenden. Im Zuge eines vermehrten Einsatzes qualitativer Untersuchungsdesigns erfolgte stattdessen eine Hinwendung zum Prozess des Sprachenlernens im Ausland. Dabei wurden zunehmend die Rahmenbedingungen studentischer Auslandsaufenthalte und deren Auswirkungen auf die Sprach- und Kulturkompetenz von Mobilitätsstudierenden in den Blick genommen. Study-abroad -ForscherInnen zeigten auf, dass sich Sprach- und Kulturerwerb im Zielsprachenland nicht automatisch einstellen (vgl. Freed 1995; Wilkinson 1998) und dass ausbildungsinduzierte Auslandsaufenthalte, um nachhaltige Wirkung zu zeigen, gezielte kultursensitive Vorbereitungs-, Begleit- und Reflexionsangebote erfordern (vgl. Wilkinson 2001; Churchill 2006). Einhergehend mit einem verstärkten Einbezug kontextueller Elemente des Sprachenlernens bei Auslandsstudienaufenthalten ist in der englischsprachigen Forschungslandschaft außerdem seit den 2000er-Jahren eine Wende in Richtung Identität und Selbstkonzept der Mobilitätsstudierenden festzustellen. Im Mittelpunkt des Erkenntnisinteresses steht dabei das umfassende Verstehenwollen der Auslandserfahrung aus emischer Forschungsperspektive, also aus Sicht der Studierenden selbst (vgl. Pellegrino Aveni 2005; Montgomery 2010; Benson/ Barkhuizen/ Bodycott/ Brown 2013). Die deutschsprachige Mobilitäts- und Austauschforschung Im deutschsprachigen Raum hat das Thema Auslandsaufenthaltsforschung vor allem mit den Internationalisierungsprozessen der Hochschulen Eingang gefunden (vgl. Teichler 2007; Bosse/ Kreß/ Schlickau 2011). Vor allem in der Schreibprozessforschung und der Schreibdidaktik hat die Zunahme internationaler Studierender an deutschsprachigen Universitäten den Umgang mit und die Produktion von akademischen Textsorten ins Zentrum der Forschung zu akademischer Literalität und literaler Kompetenz in der Fremdsprache gerückt (vgl. Churchill 1998; Moll 2003). Die kulturelle Geprägtheit universitärer Textproduktion steht dabei ebenso im Zentrum wie die Veränderbarkeit von Textsorten durch Internationalisierungstendenzen (vgl. Eßer 1997; Hufeisen 2002), wobei speziell die kontrastive Wissenschaftssprachforschung Textsorten wie Essay, Seminararbeit oder Lehrveranstaltungsmitschrift untersucht (vgl. Steets 2003). Eine zweite Strömung befasst sich besonders mit mündlicher Kommunikation und Kommunikationsfähigkeit im akademischen Kontext, fokussierend auf kulturspezifische Konventionen in unterrichtsbezogenen Interaktionen. Dabei werden etwa Sprechstundengespräche, Anliegensformulierungen, E-Mail-Kommunikation, Praktiken der Wissensvermittlung oder die diskursive Praxis des Kritisierens an der Hochschule untersucht (vgl. Rost-Roth 2003; Hiller 2014). In empirischen Arbeiten zu sprachlichen und kulturspezifischen Handlungserwartungen im Wissenschaftsbetrieb werden universitäre Kontaktgespräche als mögliche kritische Interaktionssituationen und Quellen für interkulturelle Missverständnisse interpretiert und erforscht (vgl. Schumann 2012; Ehlich/ Foschi Albert 2015). Projektbeschreibung Die oben beschriebene deutschsprachige Mobilitäts- und Austauschforschung hatte hauptsächlich Studierende im Blick, die ihr gesamtes Studium in Deutschland absolvierten. Große Bedeutung kommt dabei der Studie von Motz (vgl. 2005) zu, der Motivation, Sprachverwendung und sprachliche Bedürfnisse von ausländischen Studierenden in internationalen Studiengängen erhob und auf die Lebenswelt der Studierenden aus deren Sicht fokussierte. Für Österreich liegt eine Studie aus dem Jahr 2012 vor, die über die Eindrücke österreichischer Studierender von ihrem Erasmus-Studienaufenthalt im Ausland berichtet (vgl. Gesslbauer/ Volz/ Burtscher 2012). Allerdings ist die Perspektive ausländischer Studierender, die mit einem Mobilitätsprogramm wie Erasmus nach Österreich kommen, bis dato wenig bis gar nicht erforscht. In diesem Bereich sieht sich das hochschuldidaktische Sprachlehr- und -lernforschungsprojekt Short-term study abroad - needs and experiences (kurz Study abroad ) verortet. Zwei DaF-Lehrerinnen führten es am treffpunkt sprachen durch und es war Teil des im deutschsprachigen Raum an der Karl-Franzens-Universität Graz einzigartig angebotenen Doktoratsstudiums Fachdidaktik, das die Projektleiterin absolviert. 1 Letztgenannte unterrichtete außerdem im SS 2013 im Rahmen des Erasmus-Lehrenden-Mobilitätsprogramms an der Universität Bologna DaF und gewann dabei wertvolle Einblicke in die Organisation von Erasmus-Auslandsaufenthalten und den DaF-Unterricht an einer italienischen Universität. 1 Der Arbeitstitel ihrer Dissertation lautet: Einsemestrige Auslandsstudienaufenthalte aus studentischer Perspektive. Über den Umgang von Incoming-Studierenden mit Transit- und Diversitätserfahrung. Forschungsbasierte Unterstützung von Erasmus-Incoming-Studierenden 159 160 Eva Seidl und Birgit Simschitz Im Rahmen des Projekts wurde weder die Situation von Outgoing-Studierenden aus Österreich, die sich dem Abenteuer Erasmus stellen, erforscht noch jene von internationalen Studierenden, die ihr ganzes Studium in Österreich absolvieren. Vielmehr wurden Incoming-Studierende aus verschiedensten Ländern und Kulturen zu ihrer Wahrnehmung eines einsemestrigen Studienaufenthaltes in Österreich befragt. Es handelt sich demnach nicht wie bei Motz (vgl. 2005) um ausländische Studierende, die ihr ganzes Studium im Ausland absolvieren, sondern um Mobilitätsstudierende, die sich der sprachlich-kulturellen Realität eines Auslandssemesters in Österreich stellen, mit der teils erschwerenden Situation, dass von großen Teilen der Bevölkerung je nach Kommunikationssituation österreichisches Deutsch gesprochen wird (vgl. Penz 2005; Ransmayr 2006; de Cillia 2006). Im Zuge der Erhebung von konkreten Erfahrungen der Austauschstudierenden in Österreich über einen Zeitraum von fünf Monaten wurde ihre Wahrnehmung von hochschulspezifischen kritischen Interaktionssituationen mit Fokus auf den Lehr-Lern-Kontext in den Blick genommen und dadurch ihrer Sichtweise eine Stimme gegeben. Eine Sichtweise, die wertvolle Einblicke und Handlungsempfehlungen für DidaktikerInnen und HochschulmanagerInnen bezüglich Internationalisierungs- und Diversifizierungsstrategien bieten kann. Das Hauptaugenmerk lag auf einsemestrigen Auslandsaufenthalten, weil viele Erasmusstudierende nur für ein Semester ins Ausland gehen. Daher war das zentrale Erkenntnisinteresse der Forscherinnen, wie Orientierung, Anpassung, Leistungserbringung und Abschluss eines akademischen Lebensabschnitts in einem sprachlich-kulturell divergenten akademischen Kontext innerhalb nur weniger Monate erfolgen. Der Grund für die Fokussierung auf spezifische Interaktionsstrukturen akademischer Lehr-Lern-Settings besteht in der häufig postulierten Forschungslücke, wie beispielsweise von Kinginger (2009, S. 127) formuliert, und zwar: „instruction is relatively little studied in comparison to other communicative settings“. Folglich wurden außeruniversitäre Handlungsfelder, wie beispielsweise Einkaufen oder Wohnen, nur marginal behandelt. Forschungs- und Projektziele Zentrales Forschungsziel war es, zu erheben, wie internationale Austauschstudierende, die einen semestervorbereitenden, dreiwöchigen Intensivdeutschkurs am treffpunkt sprachen besucht hatten, ihr anschließendes Auslandssemester in Graz erleben. Das Forschungsprojekt Study abroad sollte vor allem ein tieferes Verständnis für ihre Erwartungen und Bedürfnisse, Motivationslagen sowie Höhe- und Tiefpunkte ermöglichen. Dabei wurden zentrale interkulturelle Konfliktbereiche in der universitären Kommunikation beleuchtet, wie • Studienorganisation (Orientierung an der Universität, Semesterplanung), • Lehrmethoden und Lernstile (Wissensvermittlung und -aneignung, Unterrichtsformate), • Leistungsanforderungen (Leistungserwartung und -erbringung), • Kommunikation und Interaktion (Verhaltensnormen, Rollenerwartungen). Erklärtes Anliegen der Projektverantwortlichen war es, das Bewusstsein der geteilten Verantwortung im Kontext der Internationalisierung im Hochschulsektor bei den beteiligten AkteurInnen zu fördern. Lévy-Tödter (2009) kritisiert nämlich zurecht, dass nach wie vor hauptsächlich von Studierenden und weniger von Lehrenden erwartet wird, „Lösungsstrategien zur Überbrückung kulturbedingter Unterschiede im Lehr-Lern-Diskurs [zu] entwickeln“ (ebd., S. 184). Größeres, empirisch gestütztes Verständnis der Situation von Incoming-Studierenden an einer österreichischen Universität soll ermöglichen, die Transit- und Diversitätserfahrung Study abroad als für alle HochschulakteurInnen bereichernd wahrzunehmen. Eines der Projektziele war die Erstellung von Study-abroad -Leitfäden für drei verschiedene Zielgruppen: für ausländische Incoming- und für österreichische Outgoing-Studierende zur Vorbereitung auf einen Auslandsaufenthalt sowie für Lehrende aller Fakultäten an der Universität Graz, damit sie Incomings gezielt unterstützen und Outgoings adäquat auf einen Auslandsstudienaufenthalt vorbereiten können. Die Konzeption eines Leitfadens als Ratgeber für Incomings und Outgoings findet empiriegestützten Rückhalt durch Kinginger, die betont, wie wichtig eine kultursensitive Vorbereitung auf und Begleitung von Auslandsstudienaufenthalten ist: It is possible that students would be better prepared for engagement in classroom learning abroad if they were taught to expect subtle differences in instructional style, or had explicit information about the cultural differences they might notice. (Kinginger 2009, S. 129) Auch die Erstellung eines Leitfadens für Lehrende erfüllt ein von Motz (2005) formuliertes Desiderat, wenn er auf die Bedeutung des Erfahrungsaustauschs auf intrainstitutioneller Ebene und jene des Verständnisses von Bedürfnislagen hinweist: „Der Austausch zwischen Fachdozenten, Institution und Deutschkursleitern ist zu verbessern, um die Bedürfnisse der Lerner besser befriedigen zu können“ (ebd., S. 245). Sowohl Forschungsals auch Projektziel ist die Erstellung methodisch-didaktischer Empfehlungen (z. B. Inhalt, Vorgehensweise) für jeweils im September und Februar angebotene DaF-Intensivkurse, aber auch für Semesterkurse am treffpunkt sprachen . Den Projektverantwortlichen ist die Sensibilisierung dafür wichtig, dass Internationalisierung der Hochschulen mehr Forschungsbasierte Unterstützung von Erasmus-Incoming-Studierenden 161 162 Eva Seidl und Birgit Simschitz bedeutet als Unterricht in englischer Sprache und dass gelebte Internationalität mit einer Professionalisierung der Lehrenden und anderer HochschulakteurInnen hinsichtlich des angemessenen Umgangs mit Austauschstudierenden einhergehen sollte. Aus diesem Grund ist ihnen die Dissemination der Projektergebnisse und der Austausch über Study abroad mit der Wissenschaftsgemeinde bei internationalen Tagungen und im Rahmen von Publikationen ein großes Anliegen. Nach einem Literaturstudium zum Thema Study abroad mit Schwerpunkt universitäre Interaktionssituationen und besonderem Recherchefokus auf Ratgeber zu Auslandsstudienaufenthalten wurde für das Dissertations- und somit auch für das Forschungsprojekt folgende Forschungshauptfrage abgeleitet: Welche Herausforderungen erleben Incoming-Studierende in Bezug auf Umstellung und Anpassung bei einem Semesteraufenthalt an einer österreichischen Universität? Die drei Unterfragen, die sich daraus ergeben, lauten: Welche Herausforderungen erleben sie in institutioneller, persönlicher, kultureller und sprachlicher Hinsicht? Welche Bewältigungsstrategien wenden sie diesbezüglich an? Welche Unterstützung auf didaktischer und institutioneller Ebene lässt sich für eine leichtere Bewältigung einer derartigen Transit- und Diversitätserfahrung ableiten? Im nächsten Kapitel wird gezeigt, wie vorgegangen wurde, um Antworten auf diese Fragen zu erhalten. Forschungsmethoden Ausgehend von der jahrzehntelangen Lehrerfahrung der Autorinnen dieses Beitrags im Bereich Deutsch als Fremd- und Zweitsprache führten sie im WS 2013/ 14 im Rahmen des Projekts Study abroad ein Fokusgruppeninterview mit sieben Erasmus-Incoming-Studierenden durch, um einen besseren und systematischen Einblick in das Forschungsfeld zu bekommen. Außerdem wurden in Einzelinterviews zehn österreichische Outgoing-Studierende zu ihren Erfahrungen während eines Auslandssemesters in Frankreich, Finnland, Jordanien, Kroatien, Litauen, Russland, Spanien und den USA befragt. Diese Studierenden erhielten dadurch gewissermaßen ein debriefing oder eine reflektierende Nachbereitung ihres Auslandsaufenthalts und ermöglichten den Forscherinnen gleichzeitig, aus komplementärer Perspektive einen Eindruck davon zu erhalten, was Incoming-Studierende bei einem Aufenthalt in Österreich womöglich erleben. Um die Wahrnehmung und Interpretation von Erlebtem bei einem Auslandsstudienaufenthalt direkt aus Sicht der Betroffenen erheben zu können, fiel die Wahl auf eine qualitative Studie zur Beantwortung der oben formulierten Forschungsfragen. Eine der Autorinnen dieses Beitrags unterrichtete im September 2015 einen DaF-Intensivkurs mit 16 TeilnehmerInnen aus elf verschiedenen Ländern auf Niveau B2.1. In diesem Sprachkurs bekamen die Studierenden die Aufgabe, in mehreren ausführlichen Textproduktionen ihre Meinung zu Universitäten als Bildungseinrichtungen mit großem Einfluss auf Persönlichkeitsentwicklung und Sozialisation zum Ausdruck zu bringen. 2 Am Ende des Kurses wurde erfragt, wie viele Studierende nur ein Semester in Graz bleiben, was auf sieben zutraf. Fünf erklärten sich bereit, während ihres Aufenthalts in Österreich an einem Forschungsprojekt zu ihrer Lebenssituation, nämlich Short-term study abroad , teilzunehmen. Keiner/ Keine der StudienteilnehmerInnen stieg vorzeitig aus dem Projekt aus. Dadurch war es möglich, zu drei unterschiedlichen Zeitpunkten jeweils ca. einstündige leitfadengestützte Einzelinterviews mit den fünf Studierenden zu führen, nämlich zu Beginn und in der Mitte des Wintersemesters sowie vor ihrer endgültigen Abreise zu Semesterende. Die Tabelle stellt einen Überblick über die TeilnehmerInnen an dieser vergleichenden Fallstudie dar. Name (Pseudonym) Geschlecht Alter Herkunftsland Studienrichtung 3 1. Amélie weiblich 20 Belgien Translationswissenschaft, BA 2. Brenda weiblich 20 England Translationswissenschaft, BA 3. Cristina weiblich 21 Spanien Translationswissenschaft, BA 4. Daniela weiblich 24 Italien Global Studies, MA 5. Émile männlich 24 Frankreich Elektrotechnik, MA Tabelle 1: StudienteilnehmerInnen Insgesamt wurden fünf Lehr-Lern-Interaktionen reflektierende Texte von den StudienteilnehmerInnen geschrieben. Drei während des Intensivkurses im September und zwei während des darauffolgenden Wintersemesters 2015/ 16. Die folgende Tabelle zeigt die Themen der Textproduktionen. DaF-Intensivkurs B2.1 (September 2015) Kursbeginn Mein Studium, mein Aufenthalt in Graz. Erwartungen und Befürchtungen 2 Die IntensivsprachkursteilnehmerInnen gaben ihr Einverständnis, dass ihre Texte in anonymisierter Form für Forschungszwecke verwendet werden dürfen. 3 Ob es einen Unterschied macht, ob die StudienteilnehmerInnen BA- oder MA-Studierende waren, wird die Auswertung der Daten zeigen. Forschungsbasierte Unterstützung von Erasmus-Incoming-Studierenden 163 164 Eva Seidl und Birgit Simschitz Kursmitte Mein Übergang von der Schule zur Hochschule und meine Meinung zu Hochschulsozialisation und Studierfähigkeit Kursende Critical Incidents in der Hochschulkommunikation. Meine Meinung zum MuMiS-Projekt 4 Wintersemester 2015/ 16 Semestermitte Meine Erfahrungen mit instruktionaler und administrativer Interaktion Semesterende Persönliches Resümee und Fazit. Das nehme ich mit, das lasse ich lieber zurück Tabelle 2: Textproduktionen im Intensivkurs und im Wintersemester Einen weiteren zentralen Bestandteil der Datenerhebung bildeten insgesamt 15 leitfadengestützte, ca. einstündige Einzelinterviews mit den fünf Erasmusstudierenden. Zu drei unterschiedlichen Zeitpunkten während ihres Auslandsaufenthalts in Österreich wurden sie zu folgenden Themen befragt. Interviewzeitpunkt Interviewthemen (auszugsweise) Oktober (= nach einem Monat in Österreich) Eingewöhnungszeit, Zielsetzungen Dezember (= vor den Weihnachtsferien) Adaption, Motivation Jänner (= vor der Abreise) Zufriedenheit, Veränderungen Tabelle 3: Interviews mit StudienteilnehmerInnen Sowohl die insgesamt 25 Texte als auch die 15 Einzelinterviews bilden die Basis für eine qualitative Inhaltsanalyse, die, rekurrierend auf die oben formulierten Forschungsfragen, im Rahmen des nach wie vor laufenden Doktoratsstudiums der Projektleiterin durchgeführt wird. Beantwortet werden soll dabei die zentrale Forschungsfrage, nämlich ob die Austauschstudierenden Herausforderungen institutioneller, persönlicher, kultureller und sprachlicher Natur sowie diesbezügliche Bewältigungsstrategien nennen. 4 http: / / www.mumis-projekt.de/ mumis/ index.php/ critical-incidents (Mehrsprachigkeit und Multikulturalität im Studium, Universität Siegen 2011) [10.05.2019] Studierende und Lehrende als Forschende Am treffpunkt sprachen wird der Ansatz verfolgt, Synergien und Wechselbeziehungen zwischen Lehre und Forschung zu erkennen und zu nutzen. Von den Erkenntnissen fachdidaktischer Sprachlehr- und -lernforschungsprojekte beispielsweise sollen SprachkursteilnehmerInnen und Sprachlehrende des treffpunkt sprachen , aber auch Sprachenlernende und Sprachlehrende anderer Einrichtungen, profitieren. Als zentrale strategische Ausrichtung gilt der Anspruch, „Lehre als Entwicklungsbasis für die Forschung […] sowie Forschung als wichtiges Instrument für die Entwicklung der Lehre“ zu sehen (Unger-Ullmann 2013, S. 101). Um diesem Anspruch gerecht zu werden, sind die Forschungskooperation zwischen Studierenden und Lehrenden sowie die gezielte Dissemination von Forschungsergebnissen maßgebliche Bestandteile der Forschungsphilosophie des Zentrums. Diese Sichtweisen auf Forschung und Lehre treffen allesamt auf das hier beschriebene Projekt Study abroad zu. Zum einen entstand es auf Initiative zweier erfahrener DaF-Lehrerinnen, die am Zentrum bereits gemeinsam erfolgreich ein Projekt zum Prüfen und Testen in der Sprachenlehre durchgeführt und in diesem Rahmen zwei Publikationen und einen Prüfungsleitfaden veröffentlicht haben. Zum anderen begrüßt es die Zentrumsleiterin, wenn Lehrende aktuellen Forschungsbedarf erkennen, individuelle Forschungsinteressen artikulieren, wissenschaftlich fundierten Sprachunterricht anstreben und Ergebnisse disseminieren, die universitätsweit - und darüber hinaus - von Nutzen sein können. Jordan und Quennet bestätigen die Bedeutung, die selbst erkannten Forschungsdesiderata an universitären Sprachenzentren zukommt. Forschung fließt dann am besten in die Praxis zurück, wenn die Forschungsidee oder das Forschungsdesiderat aus der Praxis des Lehrens und Lernens an der Hochschule selbst generiert werden und die Forschungsergebnisse dort wieder in die Praxis umgesetzt werden. ( Jordan/ Quennet 2013, S. 43) Aus dem Bedürfnis der Forscherinnen heraus, vor allem die Erwartungen und Befürchtungen von Austauschstudierenden besser verstehen und die DaF-Intensivkurse zielgruppenadäquater gestalten zu können, entstand ein reger Austausch zwischen Studierenden und den forschenden Sprachlehrerinnen. Lokale wie internationale Studierende wurden nach ihrer Meinung zu Gelingensbedingungen von Auslandsstudienaufenthalten und speziell Incoming-Erasmusstudierende zur möglichen Verbesserung des semestervorbereitenden DaF-Sprachkursangebots befragt. Dadurch erlebten die im Projekt involvierten Studierenden ganz konkrete Gestaltungsmöglichkeiten und Mitbestimmung im Hinblick auf eine kontinuierliche Qualitätsverbesserung forschungsbasierten Forschungsbasierte Unterstützung von Erasmus-Incoming-Studierenden 165 166 Eva Seidl und Birgit Simschitz universitären Sprachunterrichts im Kontext der Internationalisierung. Eine derartige Kooperation zwischen Studierenden und forschenden Lehrenden verlangt von beiden AkteurInnen sowohl Offenheit und Vertrauen als auch hohe Reflexions- und Lernbereitschaft. Die an Forschungsprojekten teilnehmenden Studierenden dürfen keinesfalls den Eindruck gewinnen, „lediglich benutzt zu werden, um Forschungsergebnisse zu erzielen“ (Unger-Ullmann 2015, S. 13). Auch im vorliegenden Projekt galt es, den beteiligten Studierenden ihren persönlichen Gewinn und Nutzen zu verdeutlichen, da nur so jegliche Forschungsbestrebungen für alle Beteiligten als Bereicherung wahrgenommen werden können. Sprachendidaktische Implikationen Das Projekt Study abroad vertieft jene kontinuierliche Entwicklung der am treffpunkt sprachen abgehaltenen semestervorbereitenden bzw. -begleitenden DaF-Sprachkurse, die u. a. durch den Bezug auf die Grundlage „Gemeinsamer europäischer Referenzrahmen für Sprachen: lernen, lehren, beurteilen“ (kurz Referenzrahmen) und den vom Referenzrahmen abgeleiteten Kursbeschreibungen angelegt ist. Der Referenzrahmen ist hier insofern Entwicklungs- und Ermächtigungsinstrumentarium, als er zum einen die Anpassung an den spezifischen Tätigkeitsbereich und spezifische Zwecke (vgl. Europarat 2001, S. 19) und systematisch das kritische Hinterfragen der Gestaltung der Sprachenlehre ( vgl. ebd., S. 131ff.) anregt und zum anderen durch die Methodenfreiheit ein begründetes Vorgehen einfordert. Die Benutzer des Referenzrahmens sollten bedenken und, soweit sinnvoll, angeben, mit welchen Annahmen über das Sprachenlernen sie arbeiten und welche methodische Konsequenzen das hat. (Ebd., S. 139) In diesem Sinne fokussieren die Kursbeschreibungen für die Planung, Durchführung und Kontrolle einzelner Sprachkurse daher aufbauend auf einer allgemeinsprachlichen Basis die studentische Lebenswelt und den akademischen Alltag (vgl. treffpunkt sprachen 2019a und b). Regelmäßige Kursevaluationen und Arbeitsgemeinschaften, Feedbackrunden mit Studierenden, Erfahrungsaustausch mit KollegInnen und auch eine Vorevaluation (vgl. Waldhaus 2015) erweisen sich als geeignete Mittel, um im Sprachunterricht den Anforderungen und Bedürfnissen der internationalen Studierenden gerecht(er) zu werden. Dabei erstreckt sich diese lebensweltliche Ausrichtung über die Semestergrenze, was exemplarisch an zwei Beispielen aus der persönlichen Lehrpraxis einer der beiden Autorinnen illustriert werden soll: Bei dem in ihrem B2-DaF-Semesterkurs behandelten Thema Geld und Finanzen ist nicht die Subkategorie Bankgeschäfte oder Lebenshaltungskosten , sondern die Subkategorie Studiengebühren von hohem studentischem Interesse, sodass die Bereitschaft, sich mit einem anspruchsvollen Text auseinanderzusetzen und sich darüber auszutauschen, bei den Studierenden durchgängig zu finden ist. Des Weiteren adaptierte die Autorin die Anforderung auf dem B2-Niveau, eine formelle, öffentlichkeitsorientierte E-Mail zu verfassen, immer mehr in Richtung Lebenswelt der Studierenden. Verlangte sie als Aufgabenstellung anfangs noch das Verfassen eines Beschwerdebriefs, wurde daraus später ein Bewerbungsschreiben, bis sie die Studierenden zuletzt Kontakt-E-Mails mit Lehrenden verfassen ließ. Sie stellte fest, dass es vielen Studierenden bei diesen E-Mails zu Terminvereinbarungen, -absagen und -verschiebungen ein großes Anliegen ist, angemessen zu schreiben. Die zweite Autorin nutzt in ihrem B2-Unterricht den deutschsprachigen Leitfaden für Incomings, indem er in einer Hausarbeit von den Studierenden kommentiert und mit persönlichen Erfahrungen kontrastiert wird. Dass die Einstellungen der Beteiligten in DaF-Sprachkursen im Vergleich mit den Erwartungen und Erfahrungen der Sprachenlernenden und Sprachlehrenden in anderen Sprachkursen am Zentrum in mehreren Aspekten heterogener sind und höhere Anpassungsleistungen sowohl der Studierenden als auch der Lehrenden erfordern, soll die folgende Übersicht darlegen. Diversitätsaspekte DaF-Kurse andere Sprachkurse Erwartungen an Lehr-/ Lern- und Evaluationskultur eher heterogen eher homogen Vertrautheit mit dem Grazer Universitätssystem eher gering eher hoch Vertrautheit mit dem Leistungsbeurteilungssystem eher gering eher hoch Soziale/ Emotionale Unterstützung durch geografische Nähe zu Familie und FreundInnen eher gering eher hoch Kontakt zu einheimischen Studierenden eher gering eher hoch Verständnis des österreichischen Deutsch eher gering hoch Diversitätserfahrung und kontinuierliche Reflexion der eigenen Herkunft/ Identität eher hoch eher gering Tabelle 4: Unterschiede zwischen DaF- und anderen Sprachkursen Forschungsbasierte Unterstützung von Erasmus-Incoming-Studierenden 167 168 Eva Seidl und Birgit Simschitz Diese Übersicht war bei einem Evaluierungstreffen zwischen der Leiterin von treffpunkt sprachen und den DaF-Lehrenden im SS 2014, bei dem die Unterschiede zwischen DaF-Sprachkursen und Sprachkursen weiterer am Zentrum angebotener Sprachen diskutiert wurden, eine wichtige Gesprächsgrundlage für einen fokussierten Erfahrungs- und Meinungsaustausch. Allgemein lässt sich sagen, dass nicht zuletzt aufgrund des Projekts Study abroad unter den am treffpunkt sprachen Beschäftigten ein größeres Bewusstsein für die Situation internationaler Studierender, nämlich die Transit- und Diversitätserfahrung, die ein Auslandsstudienaufenthalt bedeutet, vorhanden ist. Eine konkrete sprachendidaktische Implikation stellt dabei die Tatsache dar, dass ein intensiver Austausch zwischen Zentrumsleitung und DaF-Sprachlehrenden über Kursinhalte für und den Umgang mit der Zielgruppe Incoming-Studierende stattfindet. Forschungsergebnisse und ihre Umsetzung in die Praxis Dieses Kapitel ist so aufgebaut, dass Forschungsergebnisse aus dem Projekt Study abroad bzw. dem daran angeschlossenen Fachdidaktik-Doktoratsstudium der Projektleiterin mit Bezug auf ihre Dissemination vorgestellt werden. Daran schließt die Präsentation der Ergebnisse einer Fragebogenerhebung an, bei der im WS 2017/ 18 der im Rahmen des Projekts erstellte Study-abroad -Leitfaden für Incoming-Studierende einer ersten studentischen Evaluation unterzogen wurde. Mit dem erklärten Ziel einer Sensibilisierung dafür, was es bedeutet, einen Auslandsstudienaufenthalt zu absolvieren bzw. Austauschstudierende zu unterrichten, wurden im WS 2016/ 17 in Abstimmung mit dem Büro für Internationale Beziehungen der Karl-Franzens-Universität Graz drei Leitfäden zu Study abroad erstellt, die auf drei unterschiedliche AkteurInnengruppen abzielen: Incoming-Studierende, Outgoing-Studierende und Lehrende (vgl. treffpunkt sprachen 2019c). Alle drei Ratgeberbroschüren sind in vier zentrale Kapitel eingeteilt und bieten Verweise auf weiterführende Literatur zum Phänomen Study abroad . Die folgende Tabelle zeigt den unterschiedlichen Aufbau der Leitfäden für Incomings und Outgoings sowie für Lehrende. Inhaltsverzeichnis für Incomings und Outgoings Inhaltsverzeichnis für Lehrende 1 Einleitung 1 Einleitung 2 Vor deiner Abreise 2 Was bedeutet es, internationale Austauschstudierende zu unterrichten? 3 Nach deiner Ankunft 3 The International Classroom 3.1 Alltags- und Studienorganisation 3.1 Alltags- und Studienorganisation 3.2 Kommunikation und Interaktion 3.2 Kommunikation und Interaktion 3.3 Verhalten und Rollen in Lehr-Lern- Settings 3.3 Verhalten und Rollen in Lehr-Lern- Settings 3.4 Leistungsanforderungen 3.4 Leistungsanforderungen 4 Nach deiner Rückkehr 4 Relevanz und Effektivität von Study abroad 5 Weiterführende Literatur 5 Weiterführende Literatur 5.1 Zum Phänomen Study abroad generell 5.1 Zum Phänomen Study abroad generell 5.2 Ratgeber für Studierende 5.2 Ratgeber für Studierende 6 Notizen 6 Notizen Tabelle 5: Aufbau der Study-abroad -Leifäden Wie der Titel dieses Beitrags zeigt, stehen im Zentrum des Forschungsprojekts Study abroad Incoming-Studierende und das semestervorbereitende und -begleitende DaF-Kursangebot für diese Zielgruppe. Dementsprechend lautet der im Leitfaden für Incomings formulierte Wunsch der Projektverantwortlichen wie folgt: Wir hoffen, dass dieser Leitfaden ein Stück weit dazu beiträgt, dass Incomings an der Universität Graz aufgrund eines reflektierten Umgangs mit möglichen Irritationen Selbstwirksamkeit erleben und aufgrund einer bewussteren Auseinandersetzung mit Erlebtem und Erfahrenem stärker vom Abenteuer study abroad profitieren. (Seidl/ Simschitz 2016, S. 3; Hervorh. im Orig.) Der Leitfaden für Incomings ist als Wendebroschüre in deutscher und englischer Sprache verfügbar und fokussiert - wie der Kapitelaufbau in Tabelle 5 zeigt - hochschulbezogene Kommunikations- und Interaktionssituationen. Im Zuge des im Leitfaden umgesetzten hohen Grads an Generalisierung und Abstraktion konkreter Erfahrungen konnten allgemeine Aspekte wie Anrede- und Verhaltenskonventionen oder Rollen- und Leistungserwartungen thematisiert werden, wohl wissend, dass jeder Auslandsstudienaufenthalt einzigartig und jede Mobilitätserfahrung individuell verschieden ist. Im Abschnitt zur Fragebogenevaluierung wird dargelegt, wie internationale Studierende im WS 2017/ 18 diesen für sie konzipierten Leitfaden im Rahmen einer Fragebogenerhebung (s. Anhang) bewerteten. Forschungsbasierte Unterstützung von Erasmus-Incoming-Studierenden 169 170 Eva Seidl und Birgit Simschitz Dissemination Wie weiter oben erwähnt, ist der Zentrumsleitung sowie den Projektverantwortlichen die Dissemination von Projektergebnissen sowie der Austausch über Study abroad mit HochschulakteurInnen über die Landesgrenzen hinaus ein großes Anliegen. Im Folgenden werden daher angewandte Strategien der Ergebnisverbreitung dargestellt und kommentiert. Projektergebnisse Die drei verschiedenen, jeweils 15-seitigen Leitfäden zu Study abroad wurden im WS 2016/ 17 auf der Website von treffpunkt sprachen als pdf-Dokumente veröffentlicht und im A4-Format als Printversion gedruckt (vgl. Seidl/ Simschitz 2016a; Seidl/ Simschitz 2016b; Seidl/ Simschitz 2016c; Seidl/ Simschitz/ Townley 2016). Die gedruckten Exemplare des Leitfadens für Incomings werden jedes Semester in studienbegleitenden DaF-Kursen ausgeteilt und bei jedem semestervorbereitenden DaF-Intensivkurs im September bzw. im Februar an neu nach Graz kommende internationale Studierende verteilt. Das Büro für Internationale Beziehungen hat sich außerdem bereit erklärt, die Leitfäden per E-Mail zu versenden. Der Leitfaden für Lehrende wird jedes Semester in der Zentrumsbibliothek zur Abholung aufgelegt und Sprachlehrende, die österreichische Studierende unterrichten, die sich sprachlich auf ein Austauschsemester vorbereiten, werden gebeten, ihnen den Leitfaden für Outgoings zu empfehlen. Für Hintergrundinformationen, wie es zum Projekt Study abroad kam, steht auf der Zentrumswebsite ein Interview mit der Projektverantwortlichen zur Verfügung. Darüber hinaus wird das Projekt im Rahmen der am treffpunkt sprachen angebotenen Ausbildung Interdisziplinäres Sprachenlernen im Modul Sprache und Management nach eingehender Recherche und Beschäftigung mit der Projektplanung und -umsetzung im Austausch mit der Projektleiterin von ModulteilnehmerInnen vorgestellt. Bei der Informationsmesse Auslandsstudien und Auslandsstipendien am 11. Oktober 2016 in der Aula der Universität Graz legte das Büro für Internationale Beziehungen als Veranstalter die drei Leitfäden erstmals auf und am Tag der Lehre zum Thema Internationalisation of Teaching and Learning am 10. November 2016, der vom Vizerektorat für Studium und Lehre, Abteilung Lehr- und Studienservices, ebenfalls in der Aula der Universität organisiert wurde, war treffpunkt sprachen mit dem Poster Short term study abroad - needs and experiences. Ein hochschuldidaktisches Sprachlehr- und Sprachlernforschungsprojekt vertreten. Im Anschluss daran wurden die dort präsentierten Poster zu Internationalisierungsprojekten der Universität Graz im Rahmen einer Wanderausstellung von Jänner 2016 bis März 2017 in verschiedenen Universitätsgebäuden am Campus einer breiten Öffentlichkeit gezeigt. Die folgende Tabelle listet Vortrags- und Publikationsaktivitäten der Projektverantwortlichen auf, anhand derer das Projekt außerhalb der Universität Graz vorgestellt wurde. Veranstaltungstitel Ort Datum Vortragstitel Publikation PluriMobil-Seminar. Mobility Programmes for Sustainable Plurilingual and Intercultural Learning Pädagogische Hochschule Tirol, Innsbruck 24.4.2015 Study abroad - needs and experiences nein International Conference: The Future of Education. 7th Edition. Pixel: International Education and Training, Florenz 8.-9.7.2017 Study abroad guidelines as a tool to support international student mobility ja International Symposium: Teaching Languages for Specific and Academic Purposes in Higher Education Freie Universität Bozen 29.6.2018 „The most scary part is course requirements.” Studentisches Feedback zur Broschüre: Study abroad guidelines for incoming students für 2019 geplant Tabelle 6: Dissemination von Projektergebnissen Eine Publikation in der Zeitschrift Fremdsprachen und Hochschule zum Themenschwerpunkt Der Beitrag von Sprachenzentren zur Internationalisierung der Hochschulen ermöglichte es, das Projekt Study abroad der Wissenschaftsgemeinde im Bereich universitärer Sprachenzentren vorzustellen (vgl. Seidl 2016). Vorläufige Ergebnisse der Fallstudie In diesem Abschnitt wird skizziert, welche vorläufigen Ergebnisse aus der vergleichenden Fallstudie mit fünf Erasmusstudierenden im Rahmen des aus dem Projekt hervorgegangenen Fachdidaktik-Doktoratsstudiums der Projektleiterin präsentiert werden konnten. Mithilfe einer qualitativen, thematischen Inhaltsanalyse des Datenmaterials (15 Interviews und 25 Texte) konnten Schwerpunkte herausgearbeitet werden, die bei folgenden Veranstaltungen zur Diskussion gestellt wurden. Forschungsbasierte Unterstützung von Erasmus-Incoming-Studierenden 171 Veranstaltungstitel Ort Datum Vortragstitel Publikation 9. ÖGSD-Nachwuchstagung. Sprachendidaktik: Der wissenschaftliche Nachwuchs im Dialog Universität Wien 20.05.2017 Einsemestrige Auslandsstudienaufent-halte aus studentischer Perspektive ja Internationales Doktoratskolloquium Doc- Net Language Education 2017 Bildungshaus Strobl am Wolfgangsee 25.-27.5.2017 Über den Umgang von Austauschstudierenden mit wahrgenommenen Unterschieden im Lehr-Lern-Kontext nein Interdisziplinäres DoktorandInnenkolloquium: Sommerschule der Doktoratsschule Fachdidaktik Universität Graz 7.7.2017 Internationalisierung mittels englischsprachiger Studiengänge? Ein Plädoyer für ein differenzierteres Verständnis von Internationalisierung durch gelebte Diversität an Hochschulen nein International Conference: Language Education Across Borders Universität Graz 8.-10.12.2017 „Ich bin nicht hier, um ‘Thank you’ zu hören.“ Zum Sprachgebrauch Erasmusstudierender nein International Conference on Challenging Language Learning and Language Teaching in Peace and Global Education Pädagogische Hochschule Freiburg 21.-24.3.2018 „I think I am more tolerant now.” Erasmus students’ views on cultural diversity and intercultural awareness für 2019 geplant International Writing Symposium: Integrating Writing in Internationalised Universities Universität Göttingen 5.-6.4.2018 Diversitätssensibler und kultursensitiver Umgang mit akademischer Schreibkompetenz für 2019 geplant Internationales Doktoratskolloquium Doc- Net Language Education 2018 Bildungshaus Schloss Krastowitz, Klagenfurt 9.-12.5.2018 Einsemestrige Auslandsstudienaufent-halte aus studentischer Perspektive. Über den Umgang von Incoming-Studierenden mit der Transit- und Diversitätserfahrung ‘short-term study abroad’ nein Interdisziplinäres DoktorandInnenkolloquium: Sommerschule der Doktoratsschule Fachdidaktik Universität Graz 6.-7.7.2018 Erasmus-Studierende in Österreich. Ihr Umgang mit der Transit- und Diversitätserfahrung ‘short-term study abroad’ nein International Doctoral Summerschool Universität Malta 17.-20.7.2018 Short-term sojourners’ coping strategies for cross-cultural adjustment nein Tabelle 7: Dissemination von Fallstudienergebnissen Es zeigt sich, dass das große Potential dieses Forschungsprojekts und des gewonnenen Datenmaterials darin liegt, zu verschiedenen Aspekten hochschulischer Lehr-Lern-Situationen empirisch gestützte Aussagen treffen zu können. Dies bedeutet beispielswiese im Kontext von Alteritätskompetenz und Diversitätssensibilität, dass die fünf ein Semester lang forschend begleiteten Erasmusstudierenden durchweg von einer diesbezüglichen Kompetenzerweiterung aufgrund ihres Auslandsstudienaufenthalts berichten. Was das akademische Schreiben in der Fremdsprache anbelangt, wird durch die empirischen Daten aufgezeigt, dass Schreibanforderungen, wie formelle E-Mails oder Lehrveranstaltungsmitschriften, eine große Herausforderung für Incoming-Studierende bedeuten können. Akademische Praktiken in Lehr-Lern-Interaktionen, aber auch außerhalb von Lehrveranstaltungen, wie etwa in Sprechstundengesprächen, können nicht nur von Land zu Land, sondern auch von Universität zu Universität und innerhalb dieser von Fakultät zu Fakultät divergieren, sodass von einer genauen Analyse und Interpretation des vorhandenen Datenmaterials aufschlussreiche Erkenntnisse, etwa auch im Kontext Language for Academic Purposes , zu erwarten sind. Fragebogenevaluierung des Leitfadens für Incomings Nach dem ersten positiven Feedback zum Leitfaden für Incomings wurde von der Projektleiterin ein Fragebogen mit sowohl offenen als auch geschlossenen Fragen konzipiert (s. Anhang). So konnte mit einer schriftlichen Erhebung im Wintersemester 2017/ 18 die Einschätzung von 88 Incomings erfasst werden. Bei den Teilnehmenden lag der Anteil der weiblichen Studierenden bei 74-%, das durchschnittliche Alter war 24 Jahre, wobei 40-% 20 oder 21 Jahre alt waren. 56 Befragte befanden sich im Bachelorstudium, 25 im Masterstudium, fünf im Doktoratsstudium und zwei ließen die Frage nach dem Studienfortschritt unbeantwortet. Knapp mehr als die Hälfte kam aus der Europäischen Union, darunter betrug der Anteil der Studierenden aus Italien bzw. Spanien 31 bzw. 27-%, unter den nicht aus EU-Ländern Kommenden waren Studierende aus den USA mit 7 und aus Japan mit 5-% vertreten. Ein Drittel der Befragten lernte den Leitfaden während des Intensivdeutschkurses vor Semesterbeginn kennen. Mehr als die Hälfte (56- %) wünschte sich den Erhalt dieses Leitfadens vor der Ankunft in Graz, ein Viertel war mit dem Erhalt auch zu Beginn des Deutschkurses zufrieden. Die Lektüre erfolgte bei der Hälfte einmalig, bei knapp der Hälfte mehrmalig. Drei Fünftel bevorzugten die englische Version, ein Fünftel las die deutsche Version und ein weiteres Fünftel wechselte zwischen den beiden Sprachen. Das Kapitel Nach deiner Ankunft/ After your arrive fand ein Drittel aus Gründen der allgemeinen Orientierung und Forschungsbasierte Unterstützung von Erasmus-Incoming-Studierenden 173 174 Eva Seidl und Birgit Simschitz des Erwartungsabgleichs besonders interessant, das Unterkapitel Leistungs-anforderungen/ Course requirements war wieder für ein Drittel von besonderer Bedeutung: Hier fanden sich bei der Begründung der Bedeutung neben neutralen Aussagen, wie „I wanted to know what to expect that would be different or the same in this different country“, auch Angstbekundungen: „Again the most scary part is course requirements, fear of failure“. Für mehr als ein Viertel war das Unterkapitel Alltags- und Studienorganisation/ Organization of daily life and your studies relevant, weil in diesem Bereich unbekannte und neue Erfahrungen gemacht wurden und in den persönlichen Erfahrungsschatz einzu-gliedern waren. Für genau ein Viertel spielte Kommunikation und Interaktion/ Communication and interaction mit den Aspekten der Anliegensformulierung, Höflichkeitsstandards, der Proxemik und der Interaktionsformen an der Universität eine entscheidende Rolle. Neun von zehn Befragten hielten Vorbereitung/ briefing auf einen Auslandsstudienaufenthalt für „sehr wichtig“ bzw. „wichtig“, während Nachbereitung/ debriefing für sieben von zehn Befragten für „sehr wichtig“ bzw. „wichtig“ gehalten wurde. Niemand beurteilte Vorbereitung/ briefing als unwichtig, Nachbereitung/ debriefing wurde jedoch von zwei Studierenden als vernachlässigbar eingestuft. Die offene Rückmeldung zum Leitfaden zeigt den hohen Informationsbedarf der Studierenden, insbesondere zum Bereich Alltags- und Studienorganisation : Obgleich nur mehr als ein Viertel diesen Unterpunkt des Kapitels Nach deiner Ankunft/ after your arrival als besonders interessant angekreuzt hatte, rekurrierte die Hälfte der Teilnehmenden in der freien Beschreibung auf diesen zentralen Aspekt des Auslandsstudienaufenthalts. Hinweise auf die Stimmungslage können ebenso aus den Antworten herausgelesen werden: Neben der freudigen Erwartung - „Es soll vor allem betont werden, dass man das Semester im Ausland genießen soll. Es ist eine wunderbare Gelegenheit, ein Land und seine Einwohner und Traditionen kennenzulernen.“ - findet sich eine Aussage, die das Gefordertsein mit dem Wunsch nach Hilfe ausdrückt, da „unser Kursprogramm, das so kompliziert war“ mehr Erklärung benötigt. Gewünscht wird noch der Bezug auf Studierende, die diese Erfahrung durchlaufen haben. Allgemein ist festzuhalten, dass die an dieser Erhebung teilgenommenen 88 Incomings den Leitfaden als wirklich hilfreich einschätzen, was sich über die Antworten zur Lektüre - nämlich der mehrmaligen während ihres Studienaufenthalts in Graz - gut belegen lässt. Resümee Der Beitrag sollte aufzeigen, wie im Rahmen des fachdidaktischen Sprachlehr- und -lernforschungsprojekts Study abroad versucht wurde, Antworten auf die Frage zu gewinnen, was Erasmus-Incoming-Studierende brauchen und welches Potential sie für den sogenannten International Classroom mitbringen. Das Projekt ist von der Überzeugung getragen, dass die verstärkten Mobilitäts- und Internationalisierungsprozesse im Hochschulsektor eine strukturelle Adaptierung und ein kritisches Überdenken kulturell geprägter akademischer Verhaltensmuster und herkömmlicher Vermittlungs- und Interaktionsweisen in Gang setzen sollten. Diese Offenheit und Sensibilität für sprachliche und kulturelle Diversität an Hochschulen sollte von Lehrenden genauso zu erwarten sein wie von Studierenden, denen sehr oft noch die alleinige Aufgabe der Anpassungsleistung zukommt. Die Autorinnen sind der Überzeugung, dass eine gelungene Internationalisierung im Hochschulwesen von dem Bewusstsein der geteilten Verantwortung aller AkteurInnengruppen getragen ist. Nicht zuletzt aus diesem Grund wurden im Rahmen des Projekts nicht nur Leitfäden zu Study abroad für Incoming- und Outgoing-Studierende konzipiert, sondern ein solcher auch für Lehrende. Eine verantwortungsbewusste und diversitätssensible Begegnung zwischen internationalen Studierenden und Lehrenden, die in vielen Fällen nur ein Semester lang dauert, kann leichter gelingen, wenn die Einsicht vorliegt, dass akademische kommunikative Kompetenz immer auch kulturspezifischen Konventionen unterliegt. Die große positive Resonanz bei Vorträgen der Autorinnen über das Projekt im In- und Ausland, das starke Interesse an den Leitfäden und an den Ergebnissen der vergleichenden Fallstudie in der Wissenschaftsgemeinde sowie die positive Evaluation des Leitfadens für Incoming-Studierende von den tatsächlichen AnwenderInnen sind Zeichen der Relevanz des Themas in Zeiten der internationalisierten Hochschulen und der Globalisierung der Wissenschaftskulturen. Literatur Benson, Phil/ Barkhuizen, Gary/ Bodycott, Peter/ Brown, Jill (2013): Second Language Identity in Narratives of Study Abroad . Houndmills: Palgrave Macmillan. Bosse, Elke/ Kreß, Beatrix/ Schlickau, Stephan (Hrsg.) (2011): Methodische Vielfalt in der Erforschung interkultureller Kommunikation an deutschen Hochschulen. Frankfurt am Main: Peter Lang (Hildesheimer Schriften zur Interkulturellen Kommunikation 3). Büker, Stella (1998): Wissenschaftliches Arbeiten und Schreiben in der Fremdsprache Deutsch. 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Anhang Forschungsbasierte Unterstützung von Erasmus-Incoming-Studierenden 179 180 Eva Seidl und Birgit Simschitz Forschungsbasierte Unterstützung von Erasmus-Incoming-Studierenden 181 Integration von Kunst in den Fremdsprachenunterricht. Möglichkeiten und Vertiefung Maria Valentina Kravanja Abstract Bis heute werden die Möglichkeiten, die bei der Integration von Kunst in den Fremdsprachenunterricht umsetzbar sind, weitgehend unberücksichtigt gelassen. Der folgende Artikel beschreibt ein Projekt, dessen Bestrebung es war, diesen Mangel zu korrigieren. Die untersuchten Bereiche befassten sich, ausgehend von einer wissenschaftlichen Recherche zum aktuellen Stand der Forschung, mit der Entwicklung und Publikation von Übungen, in denen Kunstwerke als didaktische und methodische Bereicherung für den Fremdsprachenunterricht eingesetzt werden. In diesem Beitrag erfolgt eine Darlegung der Forschungsziele und Inhalte des Projekts, der Forschungsmethoden und Ergebnisse der wissenschaftlichen Untersuchung sowie der Evaluierung der von Sprachlehrenden erprobten Übungen. Dabei wird genauer auf die für den Fremdsprachenunterricht relevanten Funktionen von Kunst eingegangen und in der Folge auf deren Übersetzung in den pädagogischen Kontext. Des Weiteren beschreibt die Autorin das Sprachsystem Kunst sowie die Rolle der Sprache in der Kunstpädagogik. Im Anhang sind einige Beispiele der entwickelten Übungen angeführt, die Kunstwerke in den Fremdsprachenunterricht integrieren. Ausgangslage Kunst und Sprache im Unterricht - diese Verschränkung hat in Wissenschaft und Praxis bisher wenig Beachtung erfahren. Eine Ursache dafür könnte die mangelnde diesbezügliche Literatur sein, denn es lassen sich nur wenige fundierte Untersuchungen finden, die Fremdsprachendidaktik und Kunst zusammenbringen. Zudem gibt es lediglich eine geringe Anzahl an Veröffentlichungen, in denen Übungen aufgelistet sind, die Kunst in das Sprachenlernen integrieren. 184 Maria Valentina Kravanja So kann also auch im Bereich der Methodik auf keine Untersuchungen beziehungsweise Erfahrungswerte aus dem Unterricht zurückgegriffen werden. Die wenigen Publikationen - zumeist Sammelbände oder Beiträge in Reihen - verweisen zwar auf die Bedeutung der Verwendung vor allem von adäquaten, dem Unterricht „dienenden“ Bildern, aber verkennen die Wirkung, welche die Integration von Kunst in den Fremdsprachenunterricht haben kann. Diesem Forschungsprojekt liegt dementsprechend die Annahme zugrunde, dass Übungen, die Kunstwerke in den Fokus rücken, sinnvolle didaktische und methodische Bereicherungen für den Unterricht darstellen. An dieser Stelle seien einige Gründe dafür genannt, die im Folgenden genauer erläutert werden: • Durch die Vernetzung der rechten und linken Gehirnhälfte wird ein gehirngerechtes Lernen aktiviert. • Das Prinzip des ganzheitlichen Lernens kommt zur Anwendung (Vernetzung von kognitiven, emotionalen, kreativen Aspekten). • Ein spielerischer, kreativer Umgang mit der Sprache verhindert Lern-, Sprech- oder Schreibblockaden. • (Inter-)Kulturelles und soziales Lernen kann stattfinden. • Die Wahrnehmung und ein kritischer, bewusster Umgang mit Medien werden geschult. • Die Übungen erfordern wenig zeitlichen oder materiellen Aufwand in der Planung und Durchführung. • Die Übungen können zumeist leicht auf verschiedene Lernsituationen (Sprache, Sprachniveau, Lehrstoff und Thematik) angewandt werden. Forschungsziele und Inhalt des Projekts Ziel des Projekts ist es, nachzuweisen, inwiefern die Integration von Kunst in den Sprachunterricht einerseits lerntheoretisch sowie didaktisch sinnvoll und andererseits methodisch umsetzbar ist. Das Projekt weist daher drei unterschiedliche Bereiche auf: 1. Die wissenschaftliche Recherche zum Forschungsstand: Ziel ist es, die lerntheoretische Basis zu klären, die eine solche Integration als sinnvoll beweist. Es werden unterschiedliche Ansätze der Lernforschung herangezogen, unter anderem aus dem Bereich des ganzheitlichen Lernens, der Forschung zur multiplen Intelligenz und des konstruktivistischen Bildungsansatzes. Integration von Kunst in den Fremdsprachenunterricht. Möglichkeiten und Vertiefung 185 2. Die Entwicklung eines Handbuchs für Lehrende: Das Handbuch bietet eine Gesamtschau zu einer Vielzahl an Übungen, mit denen Kunst in den Sprachunterricht integriert werden kann. Hierfür wurden Übungen entwickelt oder adaptiert, die eine didaktisch sinnvolle Lernsituation schaffen. Als Inspiration dient einerseits die Kunst selbst und das Wissen der Autorin über Kunstwerke, andererseits werden aus der pädagogischen Praxis Übungen ausgewählt, die eine Adaption möglich machen. Bei der Gestaltung des Handbuchs wird Wert darauf gelegt, die Übungen leicht verständlich darzustellen, weshalb auch Beispielbilder angefügt sind. Eine kurze Einführung ermöglicht interessierten Lehrenden zudem einen einfachen Gebrauch. So sind die Übungen beispielsweise nach Niveau und sprachlichem Lernbereich geordnet. Dabei ist anzumerken, dass Übungen einer niedrigeren Niveaustufe auch in fortgeschrittenen Sprachkursen anwendbar sind. Ebenso können zahlreiche Übungen, die auf die mündliche Sprachkompetenz abzielen, auf die schriftliche übertragen werden. Im Anhang des Handbuchs sind Kunstwerke abgebildet, die Lehrende als Kopiervorlagen verwenden können. Das Handbuch steht sowohl für die Lehrenden von treffpunkt sprachen als auch für Externe kostenlos zur Verfügung. 3. Die praktische Erprobung der Übungen im Unterricht: Lehrende am treffpunkt sprachen übernehmen die entwickelten Übungen entweder direkt oder passen diese an den eigenen Unterricht an. Die Anpassung bezieht sich dabei vor allem auf die Auswahl der Kunstwerke, die den Lerninhalt am besten transportieren, und auf das sprachliche Niveau. Mithilfe der Evaluierungen von Studierenden und Lehrenden werden die Übungen überarbeitet. Zudem wurde eine langjährige, erfahrene Lehrende gebeten, die Übungen hinsichtlich der Durchführbarkeit und Effektivität zu begutachten. Forschungsmethoden Für das Projekt waren folgende Aspekte relevant: die Untersuchung des aktuellen Forschungsstands, die wissenschaftliche Belegbarkeit der Gründe für den Einsatz von Kunst im Fremdsprachenunterricht, die Überprüfung der Gültigkeit von didaktischen Grundsätzen in diesem Bereich, die Entwicklung und Anwendung der Übungen im Sprachunterricht sowie deren Evaluierung über einen eigens konzipierten Fragebogen sowohl für Lehrende als auch Studierende. Für den Forschungsprozess galt es, die bereits bestehenden Forschungsergebnisse abzugleichen. Da es, wie erwähnt, keine Untersuchung gibt, die sich rein auf die Verbindung Kunst und Spracherwerb konzentriert, mussten verschiedene wissenschaftlich anerkannte Richtungen dahingehend betrachtet werden. 186 Maria Valentina Kravanja Evaluierung Die Evaluierungsbögen nehmen einen Teilbereich der Überprüfung der Übungen ein. Ein Bogen wurde für Lehrende, ein weiterer für Studierende konzipiert. Pro durchgeführter Übung wurde ein Evaluierungsbogen ausgefüllt (s. Anhang 1 und 2). Da in diesem Projekt keine große Studie durchgeführt wurde, stellt die qualitative Überprüfung nur eine Bewertungsgrundlage der Übungen dar. Die inhaltliche Orientierung folgte dabei den Richtlinien der qualitativen Inhaltsanalyse nach Philipp Mayring, wie er sie in seinem Standardwerk Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken (2003) ausführt. Bei der Evaluierung der Übungen handelt es sich um Einzelfallanalysen, auch wenn mehrere Studierende denselben Fragebogen zu einer Übung ausfüllten und daher zudem eine quantitative Auswertung möglich war. Bei Untersuchungen, die im Rahmen einer Unterrichtssituation durchgeführt werden, sollte aber immer berücksichtigt werden, dass diese sich von Mal zu Mal unterscheiden können: Zu viele Faktoren können nicht auf derselben, konstanten Untersuchungsebene gehalten werden, wie beispielsweise die Tagesverfassung der Lehrenden und Studierenden, die Zusammensetzung der Gruppe (sozialer Hintergrund, Sprachniveau), die Gruppengröße etc. Die Evaluierungen untersuchen also im Wesentlichen eine Situation. Ihre Aussagen sind in diesem Sinne als Einzelanalysen zu verstehen, die jedoch in jedem Fall eine Richtung vorgeben können, wie sehr sich die Übung für den Unterricht eignet. Für die Gewährleistung möglichst „normaler“ Rahmenbedingungen wurde von der Projektleiterin darauf verzichtet, in der Situation anwesend zu sein. Im Folgenden werden relevante wissenschaftliche Überlegungen bei der Konzipierung der Evaluierung skizziert: Bei der Fragestellung wurde darauf geachtet, eine eindeutige Wortwahl sowie eine neutrale Formulierung zu verwenden, um einen möglichst hohen Grad an Objektivität zu wahren. Die Evaluierung wurde bewusst am Ende des Semesters durchgeführt, um zu überprüfen, inwiefern die Übung im Gedächtnis der Studierenden geblieben war und dementsprechend „Eindruck“ hinterlassen hatte. Dies wurde über den Satz „Ich kann mich gut an die Übung erinnern“ abgefragt. Zuerst wurden statistische Daten erhoben (Geschlecht und Alter der Studierenden, Geschlecht und Anzahl der Unterrichtsjahre der Lehrenden), sodass Lehrkompetenz und Lehrerfahrung ermittelt werden konnten. Die Konzipierung der Evaluierung diente auch als Richtlinie bei der Erarbeitung der Übungen, denn die inhaltlichen und methodischen Ziele waren so stets präsent. Dazu gehörte unter anderem, das Lernen durch die Abhaltung der Übungen zu erleichtern, was über die Integration der oben beschriebenen di- Integration von Kunst in den Fremdsprachenunterricht. Möglichkeiten und Vertiefung 187 daktischen Grundsätze vonstattengeht. Einer dieser Grundsätze betrifft das Element des Neuartigen, der Abwechslung, das eine bessere Verankerungssituation schafft und gerade bei der Wiederholung und/ oder Festigung des Lehrinhalts bedeutsam ist. Die Übungen sollen also das Element der Abwechslung in den Unterricht einbringen. Ein anderer Aspekt betrifft die Phase des Erklärens der Übung. Die Übungen sollten keine komplexen Erklärungen vermitteln, sondern leicht verständlich sein. Dieser Bereich wurde sowohl in der Evaluierung für Studierende als auch für Lehrende abgefragt. In der Evaluierung der Lehrenden wurde zudem ein Element einer inhaltlichen Gegenprüfung integriert, denn die Lehrenden mussten einschätzen, inwiefern die Übung für die Studierenden leicht verständlich war. Die Ergebnisse der Evaluierungen von Lehrenden und Studierenden unterscheiden sich hinsichtlich einiger der untersuchten Bereiche. Den Alltag der zumeist viel beschäftigten Lehrenden berücksichtigend, ist es der Autorin ein Anliegen, dass die Übungen mit geringem Aufwand durchführbar sind. So wurde auch dieser Aspekt in die Untersuchung integriert. Zudem wurden einige Fragen zur didaktischen Verwendung gestellt, wie z. B., ob die Übung auch für andere sprachliche Niveaus oder didaktische Situationen verwendet werden kann. Den tatsächlichen Erfolg der Übung durch die Lehrenden einschätzen zu lassen, wurde über folgende zu bewertende Feststellungen erreicht: • Die Studierenden zeigten Interesse an der Übung. • Die Studierenden konnten durch die Übung die Lerninhalte sehr gut aufnehmen. • Die Übung bewirkt eine gute Verankerungssituation für das Lernen. • Ich kann mir vorstellen, die Übung erneut zu machen. In allen Evaluierungen hatten Lehrende und Studierende die Möglichkeit, Kommentare anzufügen. In jenem, der die Studierenden betrifft, wird dies mit den Sätzen „Was mir gefallen hat“ und „Was mir nicht gefallen hat“ eingeleitet. Im Fragebogen der Lehrenden werden zwei offene Fragen - „Was hat gut bei dieser Übung funktioniert? “ und „Welche Verbesserungsvorschläge haben Sie? “ - gestellt. Forschungsergebnisse Die Recherchen zur didaktischen und methodischen Bedeutung und Sinnhaftigkeit der Integration von Kunst in den Fremdsprachenunterricht gingen in unterschiedliche wissenschaftliche Richtungen. So wurden Ergebnisse eingearbeitet, die aus dem Bereich der medizinisch-neurologischen Hirnforschung, der Psychologie sowie der Pädagogik stammen. Wesentliche Untersuchungen 188 Maria Valentina Kravanja betreffen das ganzheitliche Lernen, das in der heutigen Pädagogik bereits einen approbierten Platz einnimmt. Kurz zusammengefasst geht es um die gleichzeitige Aktivierung beider Gehirnhälften und den besseren Lerneffekt, der daraus entsteht. Generell wird die rechte Gehirnhälfte über das Künstlerische, Kreative angesprochen und die linke über die Sprache. Die Untersuchungen zur multiplen Intelligenz des Kognitionsforschers Howard Gardner (vgl. Gardner 1999), welche sieben unterschiedliche Formen der Intelligenz (sprachliche, musikalische, logisch-mathematische, räumliche, interpersonale, intrapersonale und körperlich-kinästhetische) festmachen, legen die Möglichkeit dar, diese verschiedenen Aspekte von Intelligenz auf leichte Weise über jene Übungen zu trainieren, die Kunst ins Sprachenlernen einbinden. Aus der Pädagogik stammen Anregungen von Seiten des ganzheitlichen Lernens (vgl. Liebertz 2000; Zitzelsperger 1995) sowie der erprobten Lernhilfen des österreichischen Pädagogen Ernst Kret (vgl. Kret 1989) gerade bezüglich der so bedeutenden Phase des Wiederholens beim Sprachenlernen. Mit der Aufnahme des Gelernten ins Kurzzeitgedächtnis und dem Übergang ins Langzeitgedächtnis beschäftigte sich Edward Tolman, der als Begründer der kognitiven Psychologie gilt. Laut Tolman ist es bedeutsam, einen sensorischen (visuellen, akustischen) Reiz in das sogenannte sensorische Register zu übertragen, um es von dort mittels Wiederholung ins Langzeitgedächtnis zu transportieren. Hier ist das sogenannte Anschlusslernen bedeutsam: Je mehr die Studierenden an Bekanntes andocken können, umso leichter findet Lernen statt. Durch das breite Feld von Assoziation, das über Kunstwerke erreicht werden kann, trägt die Integration von Kunst zu einem effektiveren Lernen bei. Der konstruktivistische Bildungsansatz wiederum betont die sensible Wahrnehmung eigener/ anderer Lebenswelten und den Perspektivenwechsel im Denken, wie er über die Beschäftigung mit Kunstwerken erreicht werden kann (vgl. Mietzel 1998). In der Fremdsprachendidaktik, insbesondere jener zum Englischunterricht, wird der Einsatz von Bildern (also nicht allgemein von Kunstwerken, wie dies hier vertreten wird) thematisiert, selten ist die Rede von visuellen Medien, die gleichermaßen andere Kunstformen einschließen. Dabei wird die Verwendung an sich nicht mehr infrage gestellt, sondern nur die Art der Anwendung besprochen (vgl. Hecke/ Surkamp 2009). Es kommt zur Unterscheidung zwischen authentischen und didaktisierten Bildern. Die in diesem Projekt vertretene Richtung vereint allerdings beide Aspekte: Es ist möglich, authentische Kunstwerke in einen didaktischen Kontext zu bringen. In der erwähnten Literatur werden ebenso Vorteile der Integration von Bildern angeführt: Wahrnehmungsschulung beziehungsweise Förderung der visuellen Kompetenz (Rezeption, Reflexion, Produktion), Kenntnis der Funktion der visuellen Medien, Intermedialität, (inter)kulturelles Lernen, ästhetische Wert- Integration von Kunst in den Fremdsprachenunterricht. Möglichkeiten und Vertiefung 189 schätzung sowie kritischer, achtsamer Konsum der Bilder (Erwerb von Medienkompetenz). Anne Bamford fordert die visuelle Schulung von Lernenden: Pictures exist all around us. They surround us. The economy relies heavily on visual representation and a sense of design, style and ,feel‘. Understanding pictures is a vital life enrichung necessity. Not to understand them is visual illiteracy. (Bamford 2003, S. 2) Auch der deutsche Pädagoge Wolfgang Hallet spricht sich für eine „vollständige Visualisierung des Fremdsprachenunterrichts“ aus (Hallet, zit. n. Hecke/ Surkamp 2009, S. 26). Diese didaktische Forderung wurde unterstützt durch den pictorial/ iconic/ visual turn , also durch die Annahme, dass Bilder wie eigenständige Texte zu lesen seien. Forschungen dieser Art werden heute als Visual Cultural Studies bezeichnet. Methodische Anregungen werden hauptsächlich in der Reihe Der fremdsprachliche Unterricht Englisch vermittelt. Im englischsprachigen Raum widmet sich Gillian Rose in einem Standardwerk der methodischen Umsetzung von visuellem Lernmaterial (vgl. Rose 2001). Zur Integration der Kunstform Film berichtet unter anderem Inge-Christine Schwerdtfeger (vgl. Schwerdtfeger 1993). Für den Bereich der Grundschule geschrieben, aber als wertvolle Quelle von gründlicher wissenschaftlicher Recherche und methodischer Inspiration auch für den Fremdsprachenunterricht verwendbar, ist die Publikation von Constanze Kirchner (vgl. Kirchner 2009). Das Sprachsystem Kunst Im Zusammenhang mit Kunst und dem Sprachunterricht ist des Weiteren auf die Bedeutung von Kunst als Sprache, als Ausdruck eines eigenen Sprachsystems, hinzuweisen. Die Urform der Buchstaben waren Bilder, wie dies z. B. anhand der sumerischen Keilschrift oder der ägyptischen Hieroglyphen deutlich wird. Es entwickelte sich in den meisten Kulturen aus bildnerischen Darstellungen in mehr oder weniger vereinfachter Form eine abstrakte Variante, ein Symbol. Bilder konnten aber auch weiter gefasste Inhalte darstellen als „nur“ ein Objekt. Dazu brauchte es jedoch ein bereits abrufbares Wissen um ein eigenes „Sprachsystem“, beispielsweise jenes christlicher Symbolik. In Zeiten, in denen die meisten Menschen noch keine Lese- oder Schreibkenntnisse hatten, wurden Texte der Bibel in Bilder übertragen, deren Inhalte sich so den Gläubigen erschließen konnten. Mitunter war das Gesehene ohne Vorwissen zugänglich, es brauchte allerdings die Kenntnisse der kirchlichen Symbolsprache. Der Mann mit dem großen Schlüssel konnte so als Petrus identifiziert werden, jener mit dem Fell als Johannes der Täufer. Für Personen, die über kein diesbezügliches 190 Maria Valentina Kravanja Wissen verfügten, hätten sich diese Informationen allerdings nicht erschließen können. In manchen indigenen Kulturen entwickelte sich keine Schrift, sondern die Kunst - Bilder, Skulpturen, Webereien, Architektur - übernahm die Rolle der Vermittlung von Inhalten, die festgehalten werden sollten. Andere Inhalte wurden mündlich wiedergegeben. So stellt beispielsweise die treppenähnliche Ornamentik der Webereien der Maori einen bedeutsamen Mythos dar: Diese Ornamentik verweist auf die Stufen zum Himmel, die der Gott Tāne erklomm, um Wissen auf die Erde zu holen. Auch in der Tätowierung der Maori, ta moko genannt, verweisen die Muster auf Errungenschaften der TrägerInnen des ta moko , auf deren Herkunft und Familie. So schreibt Vernice Wineera Pere über die Inhalte, die über diese besondere Form der Tätowierung sichtbar gemacht werden: Carve upon my face the marks of Maoritanga [Kultur der Maori im weitesten Sinn, Anm. der Verfasserin]. Cut statistic on my face: Name, age, place of birth, race, village, tribe, canoe. Carve deeply, erase doubt as to who I am. (Taylor 1981, S. 32) Dieses Zitat zeigt deutlich, wie viele Informationen über die „Sprache“ der Maori-Tätowierung gegeben werden können. In der Kunst gibt es vielfach eigene Sprachsysteme, die mehr oder weniger leicht entschlüsselt und gedeutet werden können. Ein weiteres Beispiel dazu sei genannt, da es auch die interkulturellen Unterschiede verdeutlicht, und zwar die Symbolik der Farben. Während in der christlichen Kultur Schwarz die Farbe der Trauer ist, wird dafür im asiatischen Raum Weiß gewählt. Ein weiteres Element der Kunstsprache ist, dass sich die Informationen desselben Bildinhalts im Laufe der Zeit deutlich ändern können. Kunststile, die vom folgenden Stil abgewertet und oft zerstört wurden, konnten zu späterer Zeit wieder hervorgeholt und deren Elemente wiederverwendet werden, wie sich dies in der klassizistischen oder neugotischen Architektur zeigt. All diese Facetten der Kunst als eigenes Sprachsystem sollten vonseiten der Lehrenden zumindest im Auge behalten werden, denn diese Systeme und Entwicklungen bergen interessante Anregungen für die Verwendung von Kunst im Sprachunterricht in sich. Gerade für die Auseinandersetzung mit aktueller Kunst, die bei Thematisierung im Unterricht den großen Vorteil mit sich bringt, auf aktuelle Probleme aufmerksam zu machen und daher für die Studierenden bedeutsam zu sein, ist es wichtig, sich offen auf mögliche Assoziationen einzulassen. Kunst muss in diesem Sinne nicht so verstanden werden, wie sie von dem/ der KünstlerIn gemeint war, sondern darf dazu dienen, darüber zu kommunizieren, Vermutungen anzustellen, Ideen dazu zu entwickeln. Es geht um den sprachlichen Prozess, das soziale Lernen, das Vertiefen kognitiver oder Integration von Kunst in den Fremdsprachenunterricht. Möglichkeiten und Vertiefung 191 kreativer Leistungen - und erst zum Schluss um den zugrunde liegenden Inhalt des Kunstwerks. Auf höherem sprachlichen Niveau kann auch die Kunst als sprachliches System thematisiert werden. Folgende Fragen könnten als Inspiration für Lehrende und/ oder Studierende dienen: Ist Kunst eine Sprache, die wir alle sprechen? Müssen wir die Sprache Kunst erlernen? Was teilt uns die Kunst mit? Was will sie sagen? Verstehen wir das? Ein Exkurs: Sprache in der Kunstpädagogik Die Kunstpädagogik ist eine relativ junge Pädagogik. In diesem Bereich nimmt Johann Amos Comenius mit seiner Forderung „Alle alles auf alle Weise lehren! “ eine Vorreiterposition ein. Er verwendete für die Sprachenpädagogik Bilder und legte so mit dem Orbus pictus aus dem Jahr 1652 den Grundstein für didaktische Visualisierung (vgl. Liebertz 2000, S. 24). Des Weiteren war es Johann Heinrich Pestalozzi, der in seinen didaktischen Werken Anweisungen zum Zeichnen gab - und auf diese Weise auch ein sprachliches Verständnis voraussetzte. Den künstlerischen Ausdruck der Lernenden als bedeutsam wahrzunehmen, war eine neue pädagogische Forderung von Friedrich Fröbel (vgl. Kirchner 2009, S. 31). Das Besprechen eines Kunstwerks wird erstmals von Alfred Lichtwark, dem Begründer der Museumspädagogik und Kunsterziehungsbewegung, gefordert. Als Leiter der Hamburger Kunsthalle holte er Kinder „vor das Original“ und ließ über Fragen ein Gespräch darüber entstehen (vgl. Tschampke 1977, S. 54f.). Erst in den 1960er-Jahren wurde die Verwendung von Sprache in der Kunstpädagogik zum festen Bestandteil - das Reflektieren des eigenen und fremden Schaffens wurde fokussiert. „Bilder machen, sehen, darüber sprechen“ war der Grundsatz einer Pädagogik, wie sie unter anderem von Reinhard Pfennig vertreten wurde. Unter dem Begriff visuelle Kommunikation , der später noch vielfach ausgebaut wurde, wurden auch andere als die klassischen Kunstrichtungen in den Kunstunterricht integriert: Werbung, Comics und Film. Alle diese Bereiche weisen einen hohen kommunikativen Anspruch auf sowie eine feste Verbindung der Bereiche Kunst und Sprache . Auf diese Weise wird auch die Beschäftigung mit der Sprache und ihrer verschiedenen Ausdrucksformen zum Gegenstand von Analyse und Reflexion. Es geht dabei zudem um eine Befähigung zum kritischen Medienkonsum, um die Sprache der Medien und um das Durchschauen ihres hohen kommunikativen und manipulierenden Ausdrucks (vgl. Kirchner 2009, S. 35ff.). In den 1980er-Jahren wurde vom Pädagogen Gunter Otto das Wissen um die Deutung eigener und fremder Kunst gefordert. Er vertrat den Standpunkt 192 Maria Valentina Kravanja der Lehrbarkeit der Kunst (vgl. Fecht 1977, S. 207ff.). Es sei erwähnt, dass er damit im Gegensatz zur Pädagogik von Gert Selle stand, der den individuellen Prozess des Kunstschaffens - nicht dessen Reflexion - in den Vordergrund rückte. Zwischen diesen Polen schwingt auch die Kunstpädagogik der heutigen Zeit beziehungsweise es wird versucht, beiden Aspekten Rechnung zu tragen (vgl. Kirchner, S. 36f.). 1 Helga Kämpf-Jansen erweiterte die Position Gert Selles dahingehend, dass sie Kunst in einen offenen, projektorientierten Unterricht integrieren wollte, in welchem jeglicher Inhalt zum Ausgangspunkt von künstlerischer Tätigkeit werden kann und der sich auf andere Unterrichtsfächer, wie beispielsweise sprachliche Kompetenz, ausdehnen darf. Sie sprach diesbezüglich von einer „ästhetischen Forschung“ (ebd., S. 38ff.). Einen ebenso interdisziplinären, Theorie und Praxis verbindenden Ansatz vertritt Carl-Peter Buschkühle für sein „künstlerisches Projekt“ (ebd., S. 40f.). Einigkeit besteht darin, dass in einer von Medien beherrschten Welt ein Mangel an sinnlicher Erfahrung und Wahrnehmungsfähigkeit besteht und somit die Bildkompetenz sowie die kommunikative Auseinandersetzung gefördert werden müssen. Barbara Wichelhaus kritisiert den Kunstunterricht als kompensatorisch (vgl. Wichelhaus 2000). Auch Rudolf Seitz erkennt die Notwendigkeit der Stärkung von Imaginationsfähigkeit sowie Kreativität und gründet die „Schule der Fantasie“ (Seitz 2018). Funktionen der Kunst als didaktische Elemente im Sprachunterricht Die Kunst hat in der Gesellschaft und im Leben von Individuen zahlreiche Funktionen. Jene für den Fremdsprachenunterricht relevanten sollen im Folgenden dargestellt werden. Informative Funktion Kunst vermittelt Wissen. Im Sprachunterricht werden neben der Sprache auch immer andere Lerninhalte transportiert, denn die Auseinandersetzung mit einer neuen Sprache beinhaltet eine Beschäftigung mit einer anderen Kultur. Über die Kunst, die immer ein Ausdruck ihrer Zeit und ihrer Ursprungskultur ist, kann so Wissen über das Land leicht vermittelt werden. Die Forderung nach interkulturellem Lernen wird dabei erfüllt. Sie kann die Landes- und Kulturgeschichte sowie die Literaturgeschichte betreffen. Bedeutende Ereignisse oder soziale Ge- 1 Ersichtlich ist dies unter anderem im Namen des Kompetenzzentrums der katholischen pädagogischen Hochschule in Graz für diesen Bereich: Kunst - Kreativität - Kommunikation. Integration von Kunst in den Fremdsprachenunterricht. Möglichkeiten und Vertiefung 193 gebenheiten, die als inhaltliche Basis für Sprachvermittlung verwendet werden, können so thematisiert werden. Auch aktuelle Ereignisse sind leicht in den Unterricht zu integrieren. Gesellschaftliche Funktion Kunst hat einen weitreichenden Einfluss auf die Gesellschaft und auf uns als Individuen. Man könnte unter diesem Punkt die soziale, politische, religiöse, pädagogische Funktion nennen, denn über die Kunst werden seit jeher diesbezügliche Werte vermittelt. Im Wissen um diesen großen Wirkungsradius sind hier die Lehrenden auch zu besonderer Achtsamkeit aufgerufen und dazu, die Studierenden zu einer kritischen Haltung zu ermuntern. Kognitive Funktion Kunst kann immer als Möglichkeit verwendet werden, Denkprozesse anzuregen und sich eine Meinung über Sachverhalte zu bilden. Kunstwerke, die im Abstand von einiger Zeit geschaffen wurden, können beispielsweise die Veränderung der Gesellschaft auf einfache, aber deutliche Weise darstellen. Der Prozess des Sich Einlassens auf eine fremde Welt, die im Kunstwerk vorgestellt wird, eröffnet immer auch kognitive Räume oder vergrößert diese. Es wird dabei eine aktive Leistung erbracht, die über Rezeption, Reflexion und Produktion stattfindet. Analytische Funktion Eng an die kognitive Funktion gebunden ist die analytische Funktion. Sie wird geschult, indem das Kunstwerk genau betrachtet wird und Überlegungen dazu angestellt werden: Was ist auf welche Weise dargestellt? Was bewirkt es damit? Die Studierenden werden aufgefordert, ihre Wahrnehmung zu schulen, genau hinzuschauen und dann ihre Meinung zu kommunizieren. Kommunikative Funktion Kunst möchte sich immer mitteilen, beinhaltet daher schon einen kommunikativen Aspekt an sich, auf den eine Antwort gegeben werden kann. Gerade im Sprachunterricht und im Bereich des mündlichen, aber auch schriftlichen Ausdrucks können Kunstwerke einen Anlass zur Kommunikation geben. Es liegt in der Verantwortung der Lehrenden, die Kommunikation in die Bahnen zu lenken, die gerade sinnvoll für das Lerngeschehen sind. 194 Maria Valentina Kravanja Verdichtende Funktion Ein ähnlicher Nutzen für den Sprachunterricht kann aus der verdichtenden Funktion der Kunst gezogen werden, denn Kunst drückt oft das verkürzt aus, wofür Sprache viele Wörter braucht. Eben diese Wörter zu wählen, einen adäquaten sprachlichen Ausdruck für den Inhalt, die Gefühlsebenen zu finden, welche das Kunstwerk bei Studierenden hervorruft, kann durch die Integration von Kunst stattfinden. Sie schafft für das Lernfeld insofern eine sinnvolle Lernsituation, als ein konkreter sprachlicher Ausgangspunkt entsteht. Psychologische Funktion Eine bedeutende Funktion für den Sprachunterricht ist die psychologische Funktion von Kunst, da sie in enger Verbindung mit dem ganzheitlichen Lernen steht, also mit der Annahme, dass Lernen nie ohne Gefühl stattfindet. Die Wirkung, die Musik oder bewegte Bilder auf Menschen haben, wurde in zahlreichen Versuchen belegt. Auch Menschen, die sich wenig für Kunst interessieren, zeigen sich doch von gewissen Kunstwerken berührt. Man denke nur an die allgemeine Begeisterung für die beiden Engel der Sixtinischen Madonna von Raffael, die Venus von Botticelli oder den Kuss von Klimt. Kunst stellt also ein großes Potential dar, in Studierenden Gefühle auszulösen. Hierbei sind Lehrende gefordert, einen geeigneten Rahmen des Vertrauens zu schaffen, in dem jene Gefühle Platz haben. Mögliche innere Spannungen, die sich über ein Kunstwerk zeigen (dürfen), sollen im Gespräch Raum finden: Kunst hat somit auch eine katharsische Funktion. Ganz konkret könnte Kunst gezeigt werden, die von KünstlerInnen mit psychischen Erkrankungen geschaffen wurde und als wertvoller innerer, kreativer Ausdruck des Menschen betrachtet werden kann. In diesem Zusammenhang soll auch auf die identitätsstärkende Wirkung hingewiesen werden, denn die Auseinandersetzung mit einem Kunstwerk bedeutet gleichermaßen, sich mit sich selbst zu beschäftigen, dem eigenen Empfinden und Denken Ausdruck zu verleihen. Innere Bilder werden mit äußeren abgeglichen, möglicherweise abgeändert und weiterentwickelt: Diese bedeutende Differenzerfahrung ist die Grundlage für inneres Wachstum. Die Beschäftigung mit Kunst trägt also dazu bei, die Wahrnehmung für sich selbst zu schulen, neue Strukturen in der eigenen Identität anzulegen und Orientierung für mögliche neue Lebensentwürfe zu bieten. Über die Rezeption von Kunst gerade in Form von Übungen, die verlangen, sich in anderen Rollen zu erproben, werden neue Verhaltensweisen angewandt. Das Kennenlernen von anderen Lebenswelten und ein zunehmendes Verständnis dafür unterstützen die geistige und psychische Flexibilität, die in der heutigen Zeit große Bedeutung hat und soziales, interkulturelles und emotionales Lernen fördert. Die Art des Ablaufs solcher Integration von Kunst in den Fremdsprachenunterricht. Möglichkeiten und Vertiefung 195 inneren Prozesse ist abhängig von sozialen Faktoren. Wichtig ist es dabei, den subjektiven Zugang zum Kunstwerk zu ermöglichen. Kreative Funktion 2 Die Rezeption von Kunstwerken ist eine kreative Leistung auf kognitiver und psychischer Ebene: „Schöpferisch sein heißt, Freiräume für Entwicklung zu schaffen“, schreibt Andreas Neider (2005, S. 40). Es geht hierbei um das Entwickeln einer Vorstellungskraft, von inneren Bildern, von der Fertigkeit, etwas (noch) Unaussprechliches in die Welt zu bringen - in unserem Fall über die Sprache. Die Umsetzung auf die sprachliche Ebene bedeutet auch eine „Strukturierung und Konstruktion der Wirklichkeit“ (Kirchner 2000, S. 106). Die Psychologen Klaus K. Urban und Hans G. Jellen haben untersucht, in welchen Dimensionen sich Kreativität zeigen kann, unter anderem in Fluktualität (Ideenflüssigkeit), Flexibilität (Qualität der Idee) Elaborationsfähigkeit (Ausarbeitung, Unterscheidung guter und schlechter Ideen), Originalität (Neues schaffen), Komplexität der Zusammenhänge, Ambiguitätstoleranz sowie Problemsensitivität (ein Problem, für das eine Lösung gesucht wird, zu erkennen) (vgl. Urban/ Jellen, 1995 S. 109). All diese gewonnenen Fertigkeiten erweisen sich als nützlich für den Erwerb einer Fremdsprache. Der kreative Umgang mit der Sprache ohne Druck und auf spielerische Weise erhöht die Leistung des Gehirns, wie dies der Neurobiologe Gerald Hüther nachweist (vgl. Neider 2005, S. 63). Zudem wird über die Beschäftigung mit der kreativen Leistung anderer auch der eigene Gestaltungswille angeregt, die eigene KünstlerInnenschaft. Ästhetische Funktion Wenngleich sich der Begriff der Ästhetik im Laufe der Zeit ändert, so können die Studierenden doch ermuntert werden, auf die Schönheit einer Sprache zu achten und diesbezüglich eine differenzierte Wahrnehmung, eine ästhetische Sensibilität, zu entwickeln. Zur ästhetischen Funktion zählen ebenso die illustrative sowie die repräsentationale Funktion von Kunst. In der Pädagogik wird auch der Begriff der ästhetischen Bildung thematisiert. Constanze Kirchner beschreibt, wie die Rolle der ästhetischen Bildung im Unterricht über die Integration von Kunst erreicht werden kann: Versteht man ästhetische Bildung als selbst gesteuerte, sinnlich fundierte Art und Weise der Wirklichkeitsaneignung und Welterkenntnis, die auf der Produktion und Rezeption ästhetisch gestalteter Objekte basiert (Bildende Kunst, Musik, Poesie usw.) 2 Es sei hier auch verwiesen auf: Preiser, Siegfried/ Buchholz, Nicola (2004): Kreativität. Ein Trainingsprogramm für Alltag und Beruf. Heidelberg: Asanger. 196 Maria Valentina Kravanja und somit auf ästhetischer Erfahrung gründet, dann besitzt die ästhetische Bildung eine besondere Nähe zur innerpsychischen Verfasstheit und Entwicklung der Person. Der Sinneswahrnehmung, der Erfahrung und dem Denken in Bildern kommt ein entscheidender Anteil an der Konstitution des Selbst und somit der Ich-Identität zu. (Kirchner 2009, S. 100) Sprachendidaktische Implikationen: Anwendung der didaktischen Grundsätze Wie oben erläutert, ist es für den Sprachunterricht im Rahmen einer offenen Kommunikationskultur empfehlenswert, ästhetische Erfahrungssituationen zu schaffen, Prozesse vorzubereiten bzw. anzuleiten und dabei unterschiedliche Sichtweisen zuzulassen. So soll der persönliche Erfahrungshintergrund jeweils im Vordergrund stehen, jedoch die Sichtweise anderer Menschen oder Kulturkreise, die sich möglicherweise im Kunstwerk zeigen, erkundet werden. Dies geschieht beispielsweise in der Übung Kunstwerke vorstellen oder Beschreibung der Heimatstadt oder -region , bei der Studierende selbst ein Kunstwerk auswählen und es im Unterricht präsentieren. Sie sollen dabei Assoziationen zulassen und in der Folge immer mehr verstehen und begründen können (s. Anhang 3). Diese Integration von Kunst in den Unterricht erweitert Lernformen, zumal Fächergrenzen aufgehoben werden. Die Übungen bieten zahlreiche Möglichkeiten für offene Lernformen, wie z. B. eine vorbereitete Umgebung oder Stationenunterricht mit mehreren Übungen, Lernen zu zweit oder in Kleingruppen. Auf diese Weise wird die Gemeinschaft gestärkt und dem sozialen sowie emotionalen Lernen entsprochen. PädagogInnen der Gegenwart fordern immer wieder die ästhetische Bildung von Lernenden. Das bedeutet, dass Prozesse von Rezeption, Reflexion und Produktion angeleitet werden sollen. Auch der Sprachunterricht bietet dafür Raum. Es werden Kunstwerke präsentiert, welche die oben beschriebenen Prozesse auslösen: die Lernenden nehmen sie wahr, lassen Assoziationen zu, nehmen Interpretationen vor und erforschen individuelle und kulturelle Hintergründe. Der Bereich der Produktion beinhaltet, wenn nicht tatsächlich ein gestalterisches Schaffen stattfindet, die Erweiterung von kognitiver Leistung, also eine Produktion von neuronalen Verbindungen, geistiger und kognitiver Flexibilität. Die bewusste Hinwendung fördert zudem die Konzentrationsfähigkeit der Studierenden - denn in der heutigen schnelllebigen Welt des (auch visuellen) Konsums trägt dies zur Entschleunigung und Erhöhung der Aufmerksamkeit bei. Da die Vielfalt der Kunstwerke in Bezug auf ihre Inhalte, Formen und Aussagen groß ist, können methodische Anregungen daraus gezogen und diese für Integration von Kunst in den Fremdsprachenunterricht. Möglichkeiten und Vertiefung 197 verschiedene Lehrsituationen angewandt werden. Es ist fast immer möglich, Kunstwerke aus dem Land, dessen Sprache unterrichtet wird, zu verwenden, um so Aspekte der Landes- und Kulturgeschichte einfließen zu lassen. Des Weiteren können Lehrende das Kunstwerk so wählen, dass es dem Sprachniveau, dem Lehrbereich (Grammatik, Wortschatz, mündlicher oder schriftlicher Ausdruck, Hörverstehen) oder der Lernphase (Erarbeitung, Wiederholung, Festigung) entspricht. Mit der Verwendung von Kunstwerken bietet sich die Möglichkeit, auf einfache Weise eine Realität entstehen zu lassen, die zu einem sinnvollen Sprachanlass führt. Zudem sind Lehrende dazu angehalten, bei der Auswahl die Interessensgebiete der Studierenden zu berücksichtigen, was sich positiv auf deren Lernmotivation auswirkt. Kunstwerke können außerdem sowohl auf inhaltlicher als auch auf sprachlicher Ebene zu einem Unterrichtsthema hinführen. Ein Stillleben lässt sich beispielsweise dazu verwenden, Präpositionen zu üben, indem Lernende beschreiben, wo sich die verschiedenen Elemente befinden. Des Weiteren kann eine Situation auf dem Markt nachgestellt werden, wo der/ die KünstlerIn Obst und Gemüse einkauft, welches gebraucht wird, um das Stillleben vor sich zu drapieren, bevor er/ sie es malt. Eine dritte Variante könnte die Aufgabenstellung sein, ein Rezept mit allen Nahrungsmitteln, die sich auf dem Stillleben befinden, zu kreieren. Zudem wäre es möglich, kulturgeschichtliche Informationen zum Kunstwerk und zum/ zur KünstlerIn zu vermitteln und so in eine möglicherweise neue Welt und Zeit einzutauchen (s. Anhang 4). Ein weiterer Aspekt, der sich günstig auf das Unterrichtsgeschehen auswirkt, ist jener der Integration von etwas Neuem, Abwechslungsreichem, wie dies leicht über Kunstwerke erreicht wird. Gerade in Unterrichtseinheiten, die viel an Denkleistung verlangen, ist es empfehlenswert, Übungen zu integrieren, die einen kreativen, spielerischen Umgang mit Sprache haben. Auf diese Weise können Studierende auch den Lehrstoff wiederholen. Dabei wird auch das Vorstellungsvermögen und die Merkfähigkeit trainiert. Ein Beispiel ist die Übung Finde die Unterschiede , in dem auf einem Bild Elemente verändert oder hinzugefügt werden. Ein/ e StudentIn bekommt das Original, der/ die zweite die veränderte Variante. Ohne das Bild des/ der anderen zu sehen, also allein über die Beschreibung der Elemente, sollen sie gemeinsam die Unterschiede finden (s. Anhang 5). Wichtig ist bei allen Übungen, den Studierenden möglichst viel Entscheidungsfreiheit zu lassen. Wenn es darum geht, Minigeschichten zu Kunstwerken zu schreiben (es bieten sich surreale Bilder an), so sollen einige Bilder zur Auswahl stehen (s. Anhang 6). Wenn Studierende Kunstwerke zusammen nachstellen, so müssen sie zwischen mindestens drei Kunstwerken entscheiden können (s. Anhang 7). Dies ist wichtig zu betonen, da die Rezeption von Kunstwerken stark vom persönlichen Geschmack abhängt - ein Kunstwerk, das für eine Per- 198 Maria Valentina Kravanja son dynamisch ist und daher Wohlgefallen auslöst, kann für die nächste Person unruhig sein und eine Abwehrreaktion hervorrufen. Es sei an dieser Stelle daran erinnert, dass Gefühle eine verbesserte Verankerungssituation für das Lernen schaffen. Die Meinung der Autorin ist, dass sich die Studierenden dem Kunstwerk mit einem guten Gefühl nähern können sollten, um eine positive Lernstimmung zu fördern. Allerdings ist es auch möglich, bewusst polarisierende Kunstwerke auszuwählen, wenn es darum geht, Differenzerfahrungen zu machen, eine Diskussion in Gang zu setzen oder verschiedene Perspektiven wahrzunehmen. Gerade ein Künstler wie der sehr politische Graffitti-Sprayer Banksy wirft mit seinen Kunstwerken viele Fragen auf (s. Anhang 8). Ein nicht zu unterschätzender Aspekt ist die Förderung der eigenen Kreativität. Diese trägt wesentlich zum Wohlbefinden der Studierenden im Unterricht bei. Als Rückmeldung auf einen Kurs, in dem die Autorin Kreativität vermittelte und durch Übungen erfahrbar machen ließ, sagte eine Studierende: „Es war ein Kurs für MICH“. Sich in einer Lehrveranstaltung selbst besser kennenzulernen und kreative Elemente zu entdecken, wirkt sich positiv auf den Lernerfolg und das Gruppenklima aus. In einem wertschätzenden Rahmen ist es auch im Fremdsprachenunterricht möglich, Studierende zum kreativen Schreiben oder Umgang mit der Sprache zu bringen. Hilfreich ist dabei ein Angebot an formalen Vorgaben (wie beispielsweise die Versform des „Elfchens“). Eine andere Form der Kreativität ist denkbar, wenn es darum geht, in andere Rollen zu schlüpfen, die beispielsweise durch Portraits von berühmten Persönlichkeiten vorgegeben werden (s. Anhang 9). Ein weiterer Aspekt, der die Motivation erhöht ist, dass Kunstwerke „offen“ sind und viel Raum für Kommunikation bieten. Theo Scherling und Hans Friedrich Schuckall sprechen diesbezüglich von der „Deutungsoffenheit“, die zudem die Fantasie anregt (Scherling/ Schuckall 1992, S. 33). Es kann über das gesprochen oder geschrieben werden, was an sprachlichem Wissen bereits vorhanden ist. Auf diese Weise wird zudem die Frustrationserfahrung über Nichtwissen auf einer niederen Stufe gehalten. Welches Kunstwerk ist geeignet für den Einsatz? Die „Informationsübertragung durch ein Kunstwerk ist indirekte Kommunikation“, schreibt Wolfgang Kemp, der den rezeptionsästhetischen Ansatz vertritt (Belting et al. 1986, S. 135). Je mehr Wissen um Werk und Umgebung der KünstlerInnen besteht, umso mehr Zugänge für (un)bewusste psychische Prozesse können in Gang gesetzt werden. Je mehr Bedeutungsfelder sich von einem Werk ableiten lassen, umso didaktisch interessanter werden sie. Eine mögliche Entscheidungsgrundlage, ob ein Werk für den Unterricht geeignet ist, ist also Integration von Kunst in den Fremdsprachenunterricht. Möglichkeiten und Vertiefung 199 das Wissen des/ der Lehrenden über Werk und KünstlerIn, das authentische Interesse daran, die Möglichkeit der Beteiligung von Emotion, die Möglichkeit, geistige und kreative Aktivität hervorzurufen, sowie der kommunikative, sprachauslösende Aspekt. Auswertung der Übungen Insgesamt konnten 251 vollständig ausgefüllte Evaluierungsbögen ausgewertet werden, die an Studierende von treff punkt sprachen zu 20 durchgeführten Übungen verteilt worden waren. 80- % der Studierenden waren weiblich, 20- % männlich, knapp über der Hälft e (52,8- %) 18-22 Jahre alt, ein Dritt el (33,3- %) 23-27 Jahre. Es handelte sich also um junge Lernende. Zu jedem Bereich, der abgefragt wurde, standen vier Antwortmöglichkeiten zur Auswahl, davon blieben die ersten beiden in einem positiven Bewertungsbereich - „Trifft absolut zu“ oder „Trifft zu“ -, die dritt e Variante ließ eine Bewertung zu, die positive wie negative Aspekte vereinte („Trifft teilweise zu“), die vierte Antwort -„Trifft nicht zu“ -drückte keine Zustimmung aus. Die erste Feststellung („Die Übung hat mir gefallen“) wurde ausnahmslos positiv beantwortet: 51,4- % und 39,8- % fi elen auf die ersten beiden Optionen, 8,8-% wählten die dritt e Variante. Somit kann festgestellt werden, dass Übungen, die Kunst in den Sprachunterricht integrieren, diesen bereichern und als wertvoller Beitrag zu bewerten sind. Abbildung 1: Die Übung hat mir gefallen. Zur zweiten Feststellung („Ich kann mich gut an die Übung erinnern“) sei angemerkt, dass die Evaluierung am Ende des Semesters durchgeführt wurde, also ein größerer zeitlicher Abstand zwischen der Durchführung der Übung und dem Ausfüllen der Evaluierungsbögen lag. Auch dieser Bereich wurde zu über 90-% 200 Maria Valentina Kravanja positiv bewertet: 60,2-% und 31,9-% aller Befragten stimmten zu, sich „absolut gut“ oder „gut“ an die Übung erinnern zu können. Dementsprechend liegt die Vermutung nahe, dass die Übung Elemente in sich trug, die eine besondere Verankerungssituation herstellten. 6,5-% kreuzten die dritt e Möglichkeit an, 1,4-% die vierte. Wie oben angeführt, war es der Autorin ein Anliegen, die Übungen leicht verständlich zu konzipieren, was laut Auswertung auch gelang: Für 65,3-% traf dies absolut zu, für 30,6-% traf es zu. Insgesamt empfanden knapp 96-% die jeweilige Übung als leicht verständlich. 3,6-% fanden die Übung teilweise leicht verständlich, 0,5-% waren nicht dieser Meinung. Abbildung 2: Die Übung war leicht verständlich. In einem weiteren Schritt gaben die Studierenden ihre Meinung zum Element der Abwechslung im Unterrichtsgeschehen, das über Kunstübungen eingefl ochten werden kann, ab („Die Übung war eine gute Abwechslung zu anderen Übungen“). Hier wählten knapp 90-% eine positive Antwort (56-% bzw. 32,4-%). Für 10,6- % traf dies teilweise zu, für 1- % nicht. Auch diesbezüglich lässt sich festhalten, dass die betreff enden Übungen als bereichernd und den Unterricht verbessernd erlebt wurden. Integration von Kunst in den Fremdsprachenunterricht. Möglichkeiten und Vertiefung 201 Abbildung 3: Die Übung war eine gute Abwechslung zu anderen Übungen. Im Rahmen der Evaluierung war es zudem von Interesse, in Erfahrung zu bringen, wie off en Studierende dafür sind, sich mit einem Kunstwerk zu beschäft igen und damit zu arbeiten („Es hat mir gefallen, ein Kunstwerk im Unterricht zu sehen/ hören und damit zu arbeiten“). Knapp 80-% stimmten dem absolut zu oder zu (jeweils 39,8-%), 17,2-% teilweise und 3,2-% nicht. Abbildung 4: Es hat mir gefallen, ein Kunstwerk im Unterricht zu sehen/ hören und damit zu arbeiten. Hier gilt es anzumerken, dass diejenigen Studierenden, die negative Antworten gegeben hatt en, auf dem Evaluierungsbogen zusätzlich anführten, im Allgemeinen nicht besonders an Kunst interessiert zu sein. Diesen persönlichen Geschmack gilt es zu respektieren. Gleichzeitig ist anzunehmen, dass die Anzahl der durchgeführten Übungen in einem Kurs entscheidend dafür ist, ob diese gut angenommen werden, auch wenn ein geringes oder kein Interesse an Kunst besteht. In einigen Fällen wird das Desinteresse auch mit mangelndem Wissen 202 Maria Valentina Kravanja und fehlendem Zugang zur Kunst zu erklären sein, dem die Übungen entgegenwirken könnten. Der nächste Bereich zielte auf die Selbsteinschätzung der Studierenden ab, denn sie sollten beurteilen, inwiefern sie das Gelernte über die Übung gut abspeichern konnten. In manchen Übungen ging es allerdings vorrangig um das Hörverstehen oder die Wiederholung von Inhalten, weniger um etwas neu Gelerntes. Hier beläuft sich der Prozentsatz der positiven Antworten auf knapp drei Viertel (26,9-% bzw. 47,2-%). Ein großer Anteil, der auch durch die erwähnte Verschiedenartigkeit der Übungen erklärbar ist, wählte „Trifft teilweise zu“, nämlich knapp ein Viertel. Nur 1,9-% der Studierenden waren der Meinung, das Gelernte nicht abgespeichert zu haben. In einem nächsten Schritt sollte in Erfahrung gebracht werden, inwiefern es bedeutsam war, etwas Neues über Kunst zu lernen, inwiefern der neu zu vermittelnde Inhalt neben der sprachlichen Komponente bedeutsam war. Für 76-% der Studierenden traf dies absolut zu oder zu, für 20,3-% teilweise, für 3,7-% nicht. Dies unterstützt die Ansicht, dass Übungen einerseits Neues integrieren und andererseits auch an bereits Bekanntes anknüpfen sollen, um dem erwähnten Anschlusslernen gerecht zu werden. Der letzte Satz, der evaluiert wurde, thematisierte den Sinn der Verwendung solcher Übungen („Das Verwenden von Übungen, die mit Kunstwerken arbeiten, ist sinnvoll für den Unterricht“). Dem stimmten gut drei Viertel der Studierenden zu (36,6-% bzw. 39,8-%), 19-% fanden dies teilweise, 4,6-% nicht zutreffend. Dieser höchste Prozentsatz an negativer Äußerung - der auch stark im Kontrast steht zu den 0-% bei der ersten Frage, ob die Übung gefallen hat - könnte damit zu erklären sein, dass der Mehrwert der Übung nicht als solcher erkannt oder reflektiert wurde. Die Studierenden wurden zudem aufgefordert, sich kurzzeitig in die Rolle des/ der Lehrenden hineinzuversetzen und eine didaktische Einschätzung abzugeben. Am Ende des Evaluierungsbogens konnten die Studierenden ein Statement abgeben: „Was mir gefallen hat/ Was mir nicht gefallen hat“. 90-% aller angeführten Antworten waren positiv, 10-% bezogen sich hauptsächlich auf methodische Anregungen oder das bereits erwähnte geringe Interesse an Kunst. Die positiven Rückmeldungen lassen sich verschiedenen Themenbereichen zuordnen, die im Folgenden aufgelistet sind. In Klammern sind direkte Zitate aus den Evaluierungsbögen angeführt, die mitunter mehrmals genannt wurden: • das Element des Neuen („etwas Anderes“, „abwechslungsreich“, „spannend“, „abenteuerlich“, „unusual topic that made the conversation funnier and more enriched“), • gute Stimmung und Atmosphäre („locker“, „entspannt“, „leicht“, „einfach“, „erfrischend“, „viele Emotionen“, „Offenheit in der Diskussion“, „andere Mei- Integration von Kunst in den Fremdsprachenunterricht. Möglichkeiten und Vertiefung 203 nungen und Perspektiven hören“, „Raum für eigene Meinung“, „gute Kommunikation“), • Kreativität („kreativer Input“, „imagination“, „aktiv etwas kreativ machen“, „freier Lauf der Phantasie“, „selbstbestimmte Wahl des Kunstwerks“), • methodische und didaktische Einschätzung („spannende Methode“, „gut zum Üben“, „Üben von Wortschatz/ Aussprache/ Beschreiben/ Geschichte schreiben geht leichter“, „gute Verankerung“), • Kunst („schöne Bilder“, „keine Vorkenntnisse von Kunst nötig“, „mit Kunst auseinandersetzen ist bereichernd“, „Informationen über KünstlerInnen“, „Neues über Kunst“, „Kunst teilweise von der Schule gekannt“, „Kunst interpretieren können“, „Allgemeinbildung dadurch erhöht“). Die Rückmeldungen der Studierenden bestätigen die in der theoretischen Forschung herausgearbeiteten Vorteile einer Integration von Kunst in den Fremdsprachenunterricht. Im Folgenden wird die Auswertung der Evaluierung der Lehrenden erläutert. 20 der Übungen wurden zu 95-% von Lektorinnen abgehalten, zu 5-% von Lektoren. Davon besitzen die meisten, 27,8-%, elf bis fünfzehn Jahre Lehrerfahrung, jeweils 22,2-% sechs bis zehn Jahre beziehungsweise 26-29 Jahre. 16,7-% arbeiten bereits seit 16-20 Jahren als LektorInnen, der kleinste Prozentsatz (11,1-%) entfällt auf eins bis fünf Jahre. Die Übungen wurden also überwiegend von erfahrenem Lehrpersonal durchgeführt. Die meisten der Übungen wurden zur Festigung des Lerninhalts (47,4- %) und zur Wiederholung (36,8- %), nur 15,8- % zur Einführung des Lernstoffs verwendet. Der Bereich, der am häufigsten über die Übungen angesprochen wurde, war die mündliche Kompetenz (37,1-%), gefolgt von Wortschatz (28,6- %) und Grammatik (17,1- %). Die anderen Bereiche, Textkompetenz, Aussprache und Hörverständnis, blieben im Bereich unter 10-%. Auch für die Lehrenden galt dasselbe Beurteilungssystem wie für die Studierenden - von „Trifft absolut zu“ und „Trifft zu“ über „Trifft teilweise zu“ und „Trifft nicht zu“. In allen ausgewerteten Evaluierungsbögen gab es kein einziges „Trifft nicht zu“, in sechs von neun Fragen wurden nur „Trifft absolut zu“ und „Trifft zu“ angekreuzt. Daher kann bereits festgestellt werden, dass es von Seiten der Lehrenden eine deutliche Zustimmung zur Verwendung von Übungen gibt, die Kunst integrieren. Die erste Feststellung erfragte die Eignung der betreffenden Übung für den Sprachunterricht, die von 88,9-% mit „Trifft absolut zu“ und von 11,1-% mit „Trifft zu“ beurteilt wurde. 204 Maria Valentina Kravanja Abbildung 5: Die Übung ist für den Sprachunterricht geeignet. Es ist bedeutsam, dass die Übungen im Unterricht leicht anwendbar sind. Sie sollen daher die Möglichkeit off enlassen, für unterschiedliche Niveaus und Lernbereiche adaptiert werden zu können. Ob das gelang, wurde in den nächsten beiden Punkten in Erfahrung gebracht („Es ist möglich, die Übungen zu adaptieren“ „Wenn ja, wofür… andere Sprachniveaus/ andere didaktische Situation/ andere Th emen“). Diese Frage wurde zu 94,4-% mit „Trifft absolut zu“ und zu 5,6-% mit „Trifft zu“ beantwortet und bezeugt, dass die Übungen erfolgreich nach den oben erwähnten Prinzipien entwickelt wurden. Abbildung 6: Es ist möglich, die Übung zu adaptieren. Die meisten Lehrenden konnten sich zudem vorstellen, die Übungen in allen drei vorgeschlagenen Situationen anzuwenden. Am häufi gsten wurde die Adaption auf ein anderes Sprachniveau angekreuzt (41,4-%), jeweils 29,3-% entfallen auf die anderen beiden Möglichkeiten. Ein weiterer Punkt, der bei der Entwicklung der Übungen im Fokus stand, betraf den möglichst geringen zeitlichen Integration von Kunst in den Fremdsprachenunterricht. Möglichkeiten und Vertiefung 205 und materiellen Aufwand, der für die Lehrenden in der Phase der Vorbereitung entstehen sollte. Für 94,4-% traf dies absolut zu oder zu, nur 5,6-% kreuzten „Trifft teilweise zu“ an. Wie bereits oben angeführt, sollen die Übungen für Lehrende und Studierende gleichermaßen leicht verständlich sein. Die Lehrenden kreuzten dazu ihre eigene Erfahrung an (61,1-% - „Trifft absolut zu“ / 33,3-% - „Trifft zu“ / 5,6-% - „Trifft teilweise zu“) und gaben zudem ihre Einschätzung ab, ob die Übung für die Studierenden leicht verständlich war (88,9-% - „Trifft absolut zu“ / 11,1-% - „Trifft zu“). Auch in diesem Fall gab es also eindeutig positive Rückmeldungen. Ebenso wie bei der nächsten Frage - ob die Studierenden Interesse an der Übung zeigten - die mit jeweils 50-% auf die ersten beiden Möglichkeiten beantwortet werden konnte. Die nächsten Punkte betrafen die Aufnahme der Lerninhalte und die Verankerungssituation, die über die Übungen entstehen sollen. Im ersten Fall wurde mit 94,4-% absolut zugestimmt oder zugestimmt, dass die Studierenden die Lerninhalte sehr gut aufnehmen konnten, für 5,6-% traf dies teilweise zu. Im zweiten Fall beurteilten die Lehrenden, dass die Übungen mit 77,8- % („Trifft absolut zu“) und 22,2- % („Trifft zu“) eine sehr gute Verankerungssituation bewirken. Abbildung 7: Die Übung bewirkt eine gute Verankerungssituation für das Lernen. Die abschließende Feststellung („Ich kann mir vorstellen, die Übung erneut zu machen“) war für 94,4-% absolut zutreff end, für 5,6-% zutreff end. 206 Maria Valentina Kravanja Abbildung 8: Ich kann mir vorstellen, die Übung erneut zu machen. Es sei noch ein Blick auf die off enen Fragen geworfen, die folgendermaßen formuliert waren: „Was hat gut bei der Übung funktioniert? “ sowie „Welche Verbesserungsvorschläge haben Sie? “ Hier ging es auch darum, methodische Anregungen zu bekommen, um Übungen zu verbessern. Folgende Punkte wurden von den Lehrenden als positive Faktoren für den Unterricht genannt: • kommunikative Stimmung und gute Atmosphäre („Off enheit in der Diskussion“, „auf spielerische Weise können Meinungen geäußert werden“, „gute Gespräche“, „in der Gruppe oder mit SitznachbarInnen“, „andere Meinung und Perspektiven hören“, „gute Möglichkeit, mit anderen ins Gespräch zu kommen“, „der Kurs lässt persönliche Zugänge und Meinungen zu“, „selbstbestimmte Auswahl des Kunstwerks“, „Kreativität“, „lustig“), • Motivation für sinnvolles Lernen („echte Situation“, „Vokabeln wurden wirklich gebraucht“, „Wortschatz erarbeitet und angewendet“, „Grammatikkapitel konnte leicht in einen praktischen Kontext übertragen werden“, „Geschichten schreiben leicht geübt“, „Impuls für Th ema ist sinnvoll“, „leicht Erfolgserlebnisse, weil wenig Vorkenntnisse - sprachlich und inhaltlich - nötig“), • Kunst („Kunst aus Land und interkulturelle Informationen konnten vermitt elt werden“). Die Verbesserungsvorschläge der Lehrenden betrafen weniger die Übungen selbst als den Wunsch, mehr Zeit für die eigene Vorbereitung zu haben, um auf diese Weise mehr Informationen zu KünstlerInnen und Kunstwerken oder zum Land geben zu können. In einem Fall wäre es hilfreich gewesen, in der Einheit davor bereits Vokabeln zu erarbeiten, die dann für die Übung gebraucht wurden. Außerdem wiesen die Lehrenden darauf hin, auf interkulturelle Herausforderungen zu achten. Im konkreten Fall betraf dies die Präsentation der Venus von Sandro Bott icelli, deren Aktdarstellung bei Studierenden außereuropäischer Integration von Kunst in den Fremdsprachenunterricht. Möglichkeiten und Vertiefung 207 Länder für Irritationen sorgte. Hier sollte genügend Zeit eingeplant werden, um über den kulturellen Kontext und die Ursprungskultur des Kunstwerks zu sprechen. An dieser Stelle kann festgehalten werden, dass die Evaluierungsergebnisse sowohl der Studierenden als auch der Lehrenden als sehr positive Rückmeldungen zu den Übungen, ihrer Durchführbarkeit und ihrem Lernerfolg zu werten sind. Resümee Die Integration von Kunst in den Fremdsprachenunterricht stellt, wie ausführlich erläutert, eine sinnvolle Bereicherung dar. Dies bezieht sich auf lerntheoretische Grundlagen, die bei Berücksichtigung eine verbesserte Lernsituation ergeben. Des Weiteren wird dadurch die Forderung nach sozialem und interkulturellem Lernen erfüllt. Didaktische Grundsätze des Sprachunterrichts lassen sich zudem ohne großen zeitlichen oder materiellen Aufwand methodisch leicht umsetzen. Die im Zuge des Projekts erarbeiteten Übungen (vgl. Kravanja 2019) können an die jeweilige Unterrichtssituation angepasst werden, sei es das Interesse der Studierenden, die Lernform, das Sprachniveau, der zu behandelnde Inhalt, der sprachliche Bereich, der abgedeckt werden soll, oder ein landesbzw. kulturkundlicher Aspekt. Kunst bringt viele, mitunter neuartige Elemente in den Unterricht ein, die so zu mehr Lebendigkeit und Freude am Lernen beitragen: einen spielerischen, kreativen Umgang mit der Sprache, offenere Lernformen, die Sprech- oder Schreibblockaden verhindern, relevante und zugleich offen gehaltene Kommunikationsanlässe, welche die Fantasie anregen, die Erinnerung an das eigene kreative Potential oder dessen Vertiefung und eine tolerante und respektvolle Herangehensweise an die eigene und fremde Kultur, Gesellschaft sowie Individualität. Literatur Bamford, Anne (2003): The Visual Literacy White Paper. www.adobe.com/ uk/ education/ pdf/ adobe_visual_literacy_paper.pdf [10.05.2019]. 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Integration von Kunst in den Fremdsprachenunterricht. Möglichkeiten und Vertiefung 209 Anhang 1 Evaluierungsbogen für Studierende Name der Übung: Lehrende/ r / Sprache / Niveau: Angaben zum/ zur Studierenden: Geschlecht: □ Weiblich □ Männlich Alter: □ 18-22 □ 23-27 □ 28-32 □ 33-37 □ 38-42 □ älter als 42 Schlüssel □ 1= trifft absolut zu □ 2= trifft zu □ 3=trifft teilweise zu □ 4= trifft nicht zu Die Übung hat mir gefallen. □ 1 □ 2 □ 3 □ 4 Ich kann mich gut an die Übung erinnern. □ 1 □ 2 □ 3 □ 4 Die Übung war leicht verständlich. □ 1 □ 2 □ 3 □ 4 Diese Übung war eine gute Abwechslung zu anderen Übungen. □ 1 □ 2 □ 3 □ 4 Es hat mir gefallen, ein Kunstwerk im Unterricht zu sehen/ hören und damit zu arbeiten. □ 1 □ 2 □ 3 □ 4 Durch die Übung konnte ich das Gelernte gut abspeichern. □ 1 □ 2 □ 3 □ 4 210 Maria Valentina Kravanja Es hat mir gefallen, dass ich über diese Übung etwas Neues bezüglich Kunst erfahren habe. □ 1 □ 2 □ 3 □ 4 Das Verwenden von Übungen, die mit Kunstwerken arbeiten, ist sinnvoll für den Unterricht. □ 1 □ 2 □ 3 □ 4 Was mir gefallen hat: Was mir nicht gefallen hat: -- Integration von Kunst in den Fremdsprachenunterricht. Möglichkeiten und Vertiefung 211 Anhang 2 Evaluierungsbogen für Lehrende Evaluierung Kunst und Sprachenlernen SS 2018 Name der Übung: Lehrende/ r / Sprache / Niveau: Angaben zum/ zur Lehrenden Geschlecht: □ Weiblich □ Männlich Unterrichtserfahrung in Jahren □ 1-5 □ 6-10 □ 11-15 □ 16-20 □ 21-25 □ 26-30 □ mehr als 30 Angaben zur Übung Für welche Lernphase haben Sie die Übung angewandt? □ Einführung □ Festigung □ Wiederholung □ Prüfung Welche Inhalte haben Sie durch die Übung vermittelt? □ Wortschatz □ Grammatik □ Mündliche Kommunikation □ Textproduktion □ Phonetik / Aussprachetraining □ Hörverstehen Schlüssel □ 1= trifft absolut zu □ 2= trifft zu □ 3=trifft teilweise zu □ 4= trifft nicht zu Die Übung ist für den Einsatz im Sprachunterricht sehr gut geeignet. □ 1 □ 2 □ 3 □ 4 Es ist möglich, die Übung zu adaptieren. □ 1 □ 2 □ 3 □ 4 212 Maria Valentina Kravanja Wenn ja, wofür: □ andere Sprachniveaus □ andere didaktische Situation □ andere Themen Das Verwenden der Übung braucht wenig zusätzlichen (zeitlichen, materiellen) Aufwand. □ 1 □ 2 □ 3 □ 4 Die Übung ist für mich leicht verständlich. □ 1 □ 2 □ 3 □ 4 Die Übung ist für die Studierenden leicht verständlich. □ 1 □ 2 □ 3 □ 4 Die Studierenden zeigten Interesse an der Übung. □ 1 □ 2 □ 3 □ 4 Die Studierenden konnten durch die Übung die Lerninhalte sehr gut aufnehmen. □ 1 □ 2 □ 3 □ 4 Die Übung bewirkt eine gute Verankerungssituation für das Lernen. □ 1 □ 2 □ 3 □ 4 Ich kann mir vorstellen, die Übung erneut zu machen. □ 1 □ 2 □ 3 □ 4 Was hat gut bei dieser Übung funktioniert? Welche Verbesserungsvorschläge haben Sie? - - Integration von Kunst in den Fremdsprachenunterricht. Möglichkeiten und Vertiefung 213 Anhang 3 Präsentation eines Kunstwerks Diese Übung kann als Aufgabe für daheim oder in einer Phase des selbstständigen Arbeitens verwendet werden. Jeder/ Jede Studierende sucht sich ein Kunstwerk aus (jede Gattung möglich), präsentiert es danach im Unterricht mittels kurzer Beschreibung und sagt, warum er/ sie sich dieses Kunstwerk ausgesucht hat. Variante: Um auf die Kulturgeschichte des Landes einzugehen, kann es die zusätzliche Vorgabe geben, nur Kunstwerke aus dem betreffenden Land bzw. von KünstlerInnen aus dem betreffenden Land zu wählen. Im DaF/ DaZ-Unterricht können Kunstwerke aus der eigenen Heimat vorgestellt werden. Sprachniveau: ab B1 Sozialform: Einzelarbeit Material: Digitales Bild eines Kunstwerks Beschreibung der Heimatstadt oder -region Die Studierenden wählen ein Foto/ eine Darstellung ihrer Heimatstadt oder -region. Davon ausgehend beschreiben sie deren Besonderheiten: als Werbetext, als Reisebroschüre, als Blog etc. Sprachniveau: ab B2 Sozialform: Einzelarbeit, eventuell Präsentation im Plenum Material: Darstellung (Foto, Kunstwerk) der Heimatstadt oder -region Maria Valentina Kravanja, Triest, Blick vom Karst aus gesehen / Ugo Flumiani, Trieste dalla strada costiera / Maria Valentina Kravanja, Triest, Blick auf den Hauptplatz vom Molo Audace aus gesehen 214 Maria Valentina Kravanja Anhang 4 Einkaufen für ein Stillleben Das Bild eines Stilllebens wird mit einem Beamer an die Wand projiziert. Für das Malen eines Stilllebens arrangierten die KünstlerInnen zumeist tatsächlich einen Tisch mit all den Gegenständen, die auf dem Bild zu sehen sind. Die Studierenden stellen sich vor, dass sie vor der Anfertigung des Bildes auf den Markt/ in einen Lebensmittelladen gehen, um die nötigen Nahrungsmittel oder Gegenstände (in der richtigen Menge) zu besorgen. Sie sollen den Dialog nachspielen. Weiterführung: Mit den „eingekauften“ Lebensmitteln können sie ein Menü zusammenstellen oder ein Rezept erfinden. Sprachniveau: ab A1 Sozialform: Partnerübung Material: Digitales Foto eines Stilllebens Abraham Beyeren, Stillleben / Tom Wesselmann, Still life Integration von Kunst in den Fremdsprachenunterricht. Möglichkeiten und Vertiefung 215 Anhang 5 Unterschiede finden Von einem Kunstwerk werden (über ein Bildverarbeitungsprogramm) zwei Varianten erstellt, die sich durch fünf oder mehr Details unterscheiden. Zwei Studierende bekommen jeweils Variante A und B und sollen alleine über ihre Beschreibungen des Bildes die Unterschiede herausfinden. Sprachniveau: ab B2 Sozialform: Paarübung Material: Ausdrucke des Kunstwerks in Variante A und B (möglichst in Farbe, aber nicht notwendig). Werden die Ausdrucke foliert, können sie immer wieder verwendet werden. Anmerkung: Dinge wegretouchieren oder einfügen und Dinge anders färben sind die einfachsten Möglichkeiten, Unterschiede entstehen zu lassen. Bei jeglicher Veränderung des Originals müssen die Bildrechte am Werk eingeholt werden. Markus Kravanja, At the lighthouse 216 Maria Valentina Kravanja Anhang 6 Absurde Geschichten Es gibt in der Kunst immer wieder auch lustige und absurde Bilder, die einen freien, kreativen Umgang mit der Sprache ermöglichen. Bilder von René Magritte sind dazu besonders gut geeignet. Ein möglicher Arbeitsauftrag könnte lauten: Schreiben Sie eine Geschichte, wie es zu dieser Situation gekommen ist. (Wie kommt der Mond in den Wald? Warum hat der Mann einen Riesenapfel vor seinem Gesicht? ) Sprachniveau: ab B2 Sozialform: Einzelübung Material: Digitales Foto eines Kunstwerks oder mehrerer Kunstwerke (zur Auswahl) Anmerkung: auch als mündliche Übung durchführbar René Magritte, Das Bankett; Der Sohn des Mannes Integration von Kunst in den Fremdsprachenunterricht. Möglichkeiten und Vertiefung 217 Geschichten aller Art schreiben Bilder können als ausgezeichneter Ausgangspunkt für Geschichten/ innere Monologe genommen werden: Wie geht es weiter? Wie kam es zu dieser Situation? Variante: Aus vier Bildern eines Malers eine zusammenhängende Geschichte/ Fortsetzungsgeschichte schreiben. Bilder von Roy Lichtenstein, Marc Chagall oder Paul Gauguin eignen sich dazu gut. Mit einem Bildbearbeitungsprogramm können Sprech- oder Denkblasen in das (insofern die Bildrechte geklärt sind) oder neben das Bild gesetzt, entweder leer gelassen oder mit Text versehen werden. Sprachniveau: ab B2 Sozialform: Einzelübung Material: Digitale Fotos von Kunstwerken Als Fortsetzungsgeschichte: Roy Lichtenstein, Die rote Scheune; The Sound of Music; Pistole 218 Maria Valentina Kravanja Anhang 7 Bild ansagen Ein/ e StudentIn einer Vierergruppe bekommt das Bild eines Kunstwerks. Er/ Sie soll nun dieses Bild mit den anderen Studierenden „nachstellen“. Dazu darf er/ sie den anderen Studierenden nur mündliche Anweisungen geben, wohin sie sich stellen und was sie tun sollen. Wenn das „lebendige Bild“ fertig ist, wird es fotografiert und dann mit dem Original verglichen. Sprachniveau: ab B1 Sozialform: Vierer- oder Fünfergruppe Material: Ausgedrucktes Kunstwerk Sandro Botticelli, Venus / Caravaggio, Christus in Emmaus / Fra Angelico, Verkündigung Integration von Kunst in den Fremdsprachenunterricht. Möglichkeiten und Vertiefung 219 Anhang 8 Dialoge über Kunst Je nach Interesse der Gruppe können folgende Fragestellungen als Auslöser für Gespräche genommen werden: Was ist Kunst für dich? Welche Bilder hängen bei dir an der Wand? Was würdest du dir aufhängen? Welches Bild würdest du aus einem Museum kaufen? Muss Kunst schön sein? Wie haben sich Bilder mit ähnlichem Sujet verändert? Beispielsweise können Bilder des Künstlers Banksy vorgestellt werden - als Ausgangspunkt für die Diskussion „Ist das Kunst? “ Die sozialkritische Funktion der Kunst kann immer wieder als Anregung zu Diskussionen verwendet werden, wie über die Fotografie von Peter Weibel „Polizei lügt“. Sprachniveau: ab B2 Sozialform: Paarübung Material: Bilder als Inspirationen Banksy, Poster für eine Greenpeace-Kampagne gegen Abholzung; Segregation Wall, Palästina / Peter Weibel, Polizei lügt 220 Maria Valentina Kravanja Anhang 9 Schatz, wie geht’s dir? Um Gespräche aus dem Alltag zu üben, kann ein Bild von dargestellten Ehepaaren gewählt werden. Die „normalen“ Fragen werden somit in eine veränderte Situation transferiert, die die Fantasie anregt und Abwechslung bringt. Sollte eine Bearbeitung rechtlich abgeklärt sein, können noch Objekte oder Ähnliches für zusätzlichen Redestoff eingefügt werden. Sprachniveau: ab A1 Sozialform: Paarübung Material: Digitales Foto eines Kunstwerks Anmerkung: Diese Übung kann auch als „Schatz, wie war dein Tag? “ zur Wiederholung von Perfektformen adaptiert werden. Piero della Francesca, Doppelportrait des Federico di Montefeltro mit seiner Gattin Battista Sforza / Franz Xaver Winterhalter, Kaiser Franz Joseph; Kaiserin Sisi Sich kennenlernen Studierende bekommen Bilder von berühmten Persönlichkeiten, die sich auf einer Dinnerparty treffen und miteinander ins Gespräch kommen: Jesus könnte da auf Napoleon treffen, Maria Magdalena auf Kaiserin Sisi … Natürlich können immer auch berühmte Persönlichkeiten aus dem Land, dessen Sprache gelehrt wird, gewählt werden. Sprachniveau: ab A1 Sozialform: Paarübung Integration von Kunst in den Fremdsprachenunterricht. Möglichkeiten und Vertiefung 221 Material: Ausgedruckte Fotos von Bildern berühmter Persönlichkeiten, wenn möglich foliert Jacques-Louis David, Napoleon im kaiserlichen Gewande / Jean Auguste Dominique Ingres, Jeanne d’Arc bei König Charles VII / Pierre et Gilles, Amphytrite (Nina Hagen); Jean Paul Gaultier Vorstellungsgespräche Eine abwechslungsreiche Form zum Üben von Vorstellungsgesprächen (Ausbildung, Berufe, Wünsche für die Zukunft) sind Situationen, in denen fantasievolle und humorvolle Ausgangssituationen geschaffen werden, in denen dennoch die „normalen“ Fragen gestellt werden können: Ein Staatsmann wie Napoleon möchte sich umorientieren und in einem Sozialberuf arbeiten, die Botticelli-Venus möchte einen Job als Managerin annehmen, … Sprachniveau: ab B2 Sozialform: Paarübung Material: Ausgedruckte Fotos von Personen eines Kunstwerks 222 Maria Valentina Kravanja Utagawa Kuniaki II, Der Sumo-Ringer Oharuto Nadaemon aus der Provinz Awa / Antoine Watteau, Gilles / Jacques-Louis David, Napoleon im kaiserlichen Gewande Angst beim Sprachenlernen 223 Angst beim Sprachenlernen Lisa Marie Hammer Abstract Während des Spracherwerbs können bei Studierenden unter gewissen Rahmenbedingungen und aufgrund prägender Vorerfahrungen negative Gefühle hervorgerufen werden. Eine besondere Emotion stellt hierbei die Angst dar. Die neurobiologische und -didaktische Sicht auf den Lernprozess bestätigt die Wechselwirkung von Emotionen und Kognitionen und betont, wie sehr Ängste den Wissenserwerb hemmen oder sogar blockieren können. Im Zuge eines am treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik der Universität Graz durchgeführten Projekts mit dem Titel Angst beim Sprachenlernen - Didaktische Methoden zur Gestaltung einer angstfreien Unterrichtsatmosphäre wurde erforscht, inwiefern sich die Angst, in einer Fremdsprache zu kommunizieren, auf den Lernprozess auswirkt. Daraus wurden Strategien und Methoden erarbeitet, die Lehrende dabei unterstützen können, eine angstfreie Unterrichtsatmosphäre zu kreieren. Anhand einer qualitativen und quantitativen Fragebogentestung an Sprachenlernenden wurde versucht, das Phänomen Angst im Fremdsprachenerwerb zu erfassen und mögliche Einflussfaktoren zu konkretisieren. Dabei wurde der Frage nachgegangen, inwieweit Ängste beim universitären Spracherwerb interferieren und inwiefern didaktisches Handeln seitens der Lehrperson einen Einfluss darauf hat. Ziel des Projekts war es, herauszufinden, inwieweit Ängste in mündlichen Unterrichtssituationen entstehen und wie sehr diese den Lernprozess hemmen oder sogar blockieren. Außerdem sollte untersucht werden, inwiefern Ängste erst während des Studiums bzw. im universitären Kontext entstehen oder sich verstärken und welche Gründe es dafür gibt. 224 Lisa Marie Hammer Forschungshintergrund des Projekts: Emotionen beim Sprachenlernen Folgender Abschnitt zeigt auf, wie Emotionen und Kognitionen zusammenhängen und sich gegenseitig beeinflussen. Der aktuelle Forschungsstand bietet drei Annahmen, welche die Wechselwirkung von Emotionen und Lernen veranschaulichen. Im Anschluss wird der Begriff Angst definiert und es wird auf die dabei vorkommenden Vorgänge im Gehirn eingegangen. An dieser Stelle kommt das neurodidaktische Phänomen downshifting zum Tragen, das sich speziell auf die Angst im Lernprozess konzentriert. Forschungsstand: Stimmungskongruenz, Zustandsabhängigkeit und Denkstilhypothese Nach heutigem Stand der Hirnforschung ist es unbestritten, dass Kognitionen und Emotionen miteinander in Verbindung stehen und sich demnach auch gegenseitig beeinflussen (vgl. Bürmann 2008, S. 37). Dabei wird von academic emotions , also von Emotionen, die sich auf Lern- und Leistungssituationen beziehen, gesprochen. Diese beinhalten emotionale Reaktionen auf Erfolge und Misserfolge (z. B. Stolz, Enttäuschung) sowie prospektive und prozessbezogene Emotionen. Prospektive Gefühlslagen sind beispielsweise Vorfreude oder aber auch Angst. Prozessbezogene Emotionen beziehen sich dagegen auf den Lernprozess selbst sowie auf dessen Inhalte und können dementsprechend Langeweile oder Freude sein (vgl. Frenzel/ Pekrun/ Götz 2006, S. 579). Durch empirische Studien ist mittlerweile belegt, dass sich emotionale, affektive und einstellungsbezogene Faktoren auf die Gedächtnisleistung und das Lernobjekt auswirken. Nehmen Menschen Informationen auf, werden sie von emotional behafteten Einstellungen beeinflusst. Die kognitive Wahrnehmung des Lerngegenstands wird somit von Anfang an beeinflusst und kann deshalb niemals objektiv sein. Diese Annahme legt nahe, dass Emotionen kognitive Strukturen beeinflussen bzw. in ständiger Wechselwirkung stehen. Man nennt dieses Phänomen Stimmungskongruenz , welches aus neurobiologischer Sicht darauf schließen lässt, dass Lernen mit positiven Gefühlen und Interesse am Lerngegenstand zu einer qualitativ besseren Verarbeitung im Gehirn führt. Dabei fördert eine positive Stimmung das Lernen besonders hinsichtlich des Erinnerns, wobei positive Informationen in diesem Gemütszustand besser abgerufen werden können. Negative Stimmungen hingegen, wie zum Beispiel Angst, fördern nur das Erinnern von negativ behafteten Informationen (vgl. Overmann 2005, S. 26). Ein weiteres Phänomen, das belegt, dass Emotionen unser Lernen beeinflussen, ist die Zustandsabhängigkeit . Sie beschreibt die wechselseitige Abhängig- Angst beim Sprachenlernen 225 keit von Wirkungen zwischen der Gefühlslage während des Lernens und derjenigen im Augenblick des Erinnerns. „Entsprechen die emotionalen Zustände bei der Erinnerung denen der Informationsaufnahme und -abspeicherung, so kann das gelernte Material besser reproduziert werden.“ (ebd., S. 27) In diesem Kontext ist das Beispiel zu nennen, dass Lernende Vokabeln einfacher wiedergeben können, wenn sie diese in positiver Stimmung gelernt haben und sich beim Abruf der neu erlernten Wörter ebenfalls in guter Gemütsverfassung befinden. Wird etwas Neues mit negativer Grundstimmung gelernt, hemmt das den Abrufprozess. Dies zeigt, dass repräsentierte Begriffe semantisch, aber auch emotional im Gedächtnis verbunden sind (vgl. ebd.). Des Weiteren konnte festgestellt werden, dass Emotionen sich auf die Aufmerksamkeit auswirken. Handelt es sich während des Lernens um ein negatives Gefühl, kann das Resultat eine Leistungsbeeinträchtigung in der Aufgabenbewältigung sein. Die kognitiven Ressourcen können dabei nicht komplett ausgeschöpft werden, da das Angsterleben dieselben verbraucht (vgl. Overmann 2005, S. 28; Frenzel/ Pekun/ Götz 2006, S. 581). Die sogenannte Denkstilhypothese bestätigt dies, da die Verarbeitung von Erlerntem mit zugrundeliegenden negativen Emotionen eher analytisch geschieht und bei einem positiven Gefühlszustand globaler, d. h. intuitiv-holistisch, verarbeitet wird (vgl. Overmann 2005, S. 28; Abele 1999, S. 32). Auch der Umgang mit Lernstrategien wird maßgeblich von Emotionen beeinflusst. Durch empirische Studien konnte herausgefunden werden, dass „positive Emotionen mit verständnis-orientierten, flexiblen Strategien wie Elaboration einhergehen, während Angst eher zu rigiden Lernstrategien wie Wiederholen führt“ (Frenzel/ Pekrun/ Götz 2006, S. 580f.). Dies wirkt sich wiederum auf die Leistung aus (vgl. ebd.). Downshifting: Angst im Lernprozess Angst ist eine der Emotionen, die beim Menschen am häufigsten auftritt. Sie kann wie folgt definiert werden: „Angst ist die angespannte Erwartung eines bedrohlichen, aber unbestimmten Ereignisses, ein Gefühl unangenehmer Beunruhigung“ (Rachman 2000, S. 9). Allerdings sind Angstgefühle situations- und reizunabhängig. Angst ist ein Gefühl, welches über einen längeren Zeitraum andauern kann und nicht klar zu bestimmen ist. Sie ist an einen Zustand erhöhter Achtsamkeit bzw. Reaktionsfähigkeit ( Vigilanz ) gebunden, der eine Ausnahmereaktion darstellt. Sie führt zu einem erhöhten Arousal , einem subjektiv wahrgenommenen und/ oder mit physiologischen Auswirkungen behafteten Erregungszustand (vgl. ebd.). Arousal meint ein Kontinuum vom Schlafzustand bis zu extremen Emotionen, wie Zorn und Panik. Dazwischen liegen Ruhezustände sowie normale Wachheit (vgl. Egger 1993, S. 127). 226 Lisa Marie Hammer Die körperlichen Auswirkungen während eines solchen Zustands können sich ganz unterschiedlich äußern, sie reichen von vegetativen über muskuläre bis hin zu hormonellen Veränderungen. Dazu zählen unter anderem: erhöhter Herzschlag, Verengung der peripheren Blutgefäße, erhöhter Blutdruck, Schwitzen, beschleunigte Atmung, Erweiterung der Pupillen und Zittern der Hände. Diese Kennzeichen treten auf, da Angst, evolutionsgeschichtlich betrachtet, dafür gedacht war, Menschen vor Gefahren zu schützen und sie mit diesen körperlichen Veränderungen auf eine schnelle Flucht vorzubereiten (vgl. Becker 2011, S. 8; Egger 1993, S. 127). Aus neurobiologischer Sicht muss erwähnt werden, dass positive und negative Emotionen während des Lernprozesses zur Ausschüttung unterschiedlicher Hormone führen. In positiv behafteten Lernsituationen wird der Botenstoff Dopamin ausgeschüttet, der durch die hervorgerufenen Glücksempfindungen zu einer besseren Abspeicherung des Erlernten im Langzeitgedächtnis beiträgt. Eine negative Emotion, wie zum Beispiel Angst, sich zu blamieren oder die Angst vor Prüfungen, fördert die Produktion des Hormons Cortisol. Dies kann die Funktion und Größe des Hippocampus beeinträchtigen, eines Hirnareals, das vorrangig für die Stressbewältigung zuständig ist (vgl. Overmann 2005, S. 28). Dass Prüfungen Angst hervorrufen können, ist bekannt. Diese sogenannte Prüfungsangst hängt maßgeblich vom Alter, dem Kontext bzw. der eben stattfindenden Entwicklungsstufe des Individuums ab. Auch sie wird von Symptomen begleitet, vorwiegend von psychophysischen Spannungszuständen, die als Belastung erlebt werden. Abgesehen davon, dass die Aufgabenschwierigkeit bei Prüfungen meist eine andere ist, wird primär der Zeitdruck als belastend erlebt, der eine wesentliche Rolle beim Denk- und Arbeitsverhalten in Prüfungssituationen spielt (vgl. Prahl 1977, S. 41f.). In einem aktuellen Ansatz der Neurodidaktik geht man ebenfalls davon aus, dass sich Angst auf den Lernprozess auswirkt. Das Gehirn sei hierbei mit einer Linse zu vergleichen, die sich öffnet, wenn positive Lernerfahrungen stattfinden, sich aber schließt, wenn das Lernen mit Bedrohung in Verbindung steht. Arnold (2002, S. 143) bezeichnet dieses Phänomen als downshifting , (Deutsch: Verringerung der Arbeitszeit), da die Wahrnehmung durch Angst eingeengt wird. Mit downshifting ist […] eine psychophysiologische Reaktion auf wahrgenommene Bedrohung gemeint, die von einem Gefühl der Hilflosigkeit und der Erschöpfung begleitet ist. „Downshifting“ scheint viel höhere, kognitive Funktionen zu beeinträchtigen, und kann so das Lernen und Problemlösen behindern, ja sogar verhindern. Es scheint auch die Fähigkeit zu verringern, die Vernetzung und das Beziehungsgeflecht zu sehen, das bei integrierten Themenbereichen und ökologischem Denken gefordert ist. Es wird also jegliche Art von Kreativität gehemmt. (Ebd.) Angst beim Sprachenlernen 227 Während dieses Prozesses befinden sich die betroffenen Lernenden in einem Zustand, der durch Angst, Bedrohung oder Überregung geprägt ist. Folgende körperliche und psychische Auswirkungen zeigen sich bei downshifting : Abgesehen vom Gefühl der Angst, fühlen sich Betroffene hilflos und körperlich sehr angespannt, was sich durch einen erhöhten Puls, schnelles Atmen und angespannte Muskeln äußert (vgl. ebd., S. 153). Während des Unterrichts kann dieses Phänomen verschiedene Ausmaße annehmen, wobei es vom Kindesbis zum Erwachsenenalter vorkommt. Bei downshifting versuchen Lernende durch bloßes Auswendiglernen ein gutes Resultat in Leistungssituationen zu erreichen, wodurch kein sinnerfassendes Lernen stattfindet. Außerdem fällt es ihnen eher schwer, sich an neue Situationen anzupassen. Dies wiederum führt zu immer wiederkehrenden gleichen Verhaltensmustern, weshalb Lernstrategien nicht erweitert werden können. Folgen können Tagträume und Konzentrationsschwächen während des Unterrichts sein. Durch die Unsicherheit verfallen Betroffene oft in Routineverhaltensweisen, die sie von Kindheit an gelernt haben, was sich überwiegend durch Ungeduld und disziplinäre Probleme äußert. Downshifting kann mehrere Ursachen haben, welche teilweise bis in die Schulzeit zurückreichen. Wurde während dieser kein Wert auf Rahmenbedingungen, wie z. B. eine transparente Leistungsbeurteilung, die Gestaltung des Klassenraums oder Routinen, gelegt, und sind die SchülerInnen nicht wertschätzend behandelt worden bzw. hatten sie negative Erfahrungen mit dem Lernen, kann sich das durch downshifting im Erwachsenenalter äußern. Wichtig ist, das Machtverhältnis zwischen Lehrperson und Lernenden aufzulösen, um sich auf Augenhöhe zu begegnen. Außerdem sollte jeglicher Lernkontext persönlichen Wert aufweisen, denn nur auf diese Art und Weise kommt dem Lerninhalt Bedeutung zu und er wird infolgedessen besser verarbeitet. Mithilfe dieser Herangehensweise ist es auch möglich, die intrinsische Motivation zu fördern, wodurch Kursteilnehmende nicht mehr lediglich für Prüfungen lernen, sondern auch für sich selbst (vgl. ebd., S. 124ff.). Die oben beschriebenen Phänomene zeigen, dass Emotionen und Kognitionen eindeutig in Wechselwirkung stehen. Vor allem die Angst kann einer der Hemmfaktoren beim Sprachenlernen (oder jeglichem anderen Lernen) sein und den Lernprozess maßgeblich beeinflussen. Im folgenden Kapitel wird das durchgeführte Projekt Angst beim Sprachenlernen - Didaktische Methoden zur Gestaltung einer angstfreien Unterrichtsatmosphäre vorgestellt, wobei stets darauf geachtet wurde, das Phänomen downshifting zu berücksichtigen. 228 Lisa Marie Hammer Beschreibung des Projekts Jede und jeder kennt das: Alle fühlen oder denken dasselbe, aber niemand traut sich, es zu sagen. Ähnlich verhält es sich, wenn man Studierende bzw. Sprachenlernende fragt, ob sie Angst haben, in der Fremdsprache, die sie gerade an der Universität erlernen, zu sprechen. Die Idee, dieses Phänomen zu untersuchen, entstand während der einjährigen modularen Ausbildung Sprachenlernen mit Erwachsenen (vgl. treffpunkt sprachen 2019) am treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik der Universität Graz. Hierzu wurde im Rahmen einer Seminararbeit eine Stichprobe erhoben, um das Problem sichtbar zu machen. Da sich in den Ergebnissen zeigte, dass viele Sprachenlernende Angst haben, in der zu erlernenden Fremdsprache zu kommunizieren, wurde entschieden, diesem Umstand mehr Beachtung zu schenken. Die Zentrumsleitung von treffpunkt sprachen nahm dieses Problem sehr ernst, wodurch es der Autorin möglich war, das Projekt Angst beim Sprachenlernen - Didaktische Methoden zur Gestaltung einer angstfreien Unterrichtsatmosphäre ins Leben zu rufen. Es galt zu eruieren, weshalb Sprachenlernende Angst haben, in der Zielsprache zu sprechen, und was Lehrpersonen zugunsten einer angstfreien Atmosphäre beitragen können. Abbildung 1: Projektverlauf Wie in Abbildung 1 ersichtlich, wurde als erster Schritt ein Fragebogen (s. Anhang 1) erstellt, der an Sprachenlernende der Universität Graz ausgegeben wurde. Dieser wurde an drei Instituten (Romanistik, Institut für Theoretische und Angewandte Translationswissenschaft und treffpunkt sprachen ) verteilt. Allerdings werden aus Platzgründen nur die Ergebnisse von treffpunkt sprachen in Betracht gezogen. Zum Zwecke dieser Erhebung wurden StudienanfängerInnen und Studierende in fortgeschrittenen Semestern am treffpunkt sprachen befragt, die eine romanische Sprache erlernen. Anlässlich der Auswertung der Fragebögen wurde am 21. Juni 2018 ein Workshop am treffpunkt sprachen abgehalten, um den Sprachlehrenden zunächst die Ergebnisse der Studierendenbefragung Angst beim Sprachenlernen 229 zu präsentieren und in einem weiteren Schritt ihre Sicht auf das Thema in Erfahrung zu bringen. Schließlich wurden gemeinsam Ideen gesammelt und Strategien erarbeitet, die Lehrende im Unterricht verwenden können, um der Problematik Angst in der Fremdsprache zu sprechen entgegenzuwirken. Drei Monate danach bekamen die Teilnehmenden des Workshops einen Feedbackbogen (s. Anhang 2) zugesandt, der Reflexionsfragen zum eigenen Unterricht und Vorschläge zur Schaffung einer angstfreien Unterrichtsatmosphäre enthielt. Nachdem dieser ausgewertet worden war, konnte die Autorin mithilfe der gesamten Ergebnisse sowie einschlägiger Literatur einen Leitfaden für Lehrende erstellen, der didaktische Methoden und Maßnahmen für eine angstfreie Unterrichtsatmosphäre liefert (vgl. Hammer 2019). Forschungsziele Ziel des Forschungsprojekts war es, herauszufinden, inwieweit Ängste in Unterrichtssituationen beim Sprachenlernen entstehen und wie sehr diese den Lernprozess hemmen oder sogar blockieren. Außerdem sollte das Ergebnis zeigen, inwiefern Ängste erst im universitären Kontext aufkommen, sich verstärken und welche Gründe es für ihr Weiterbestehen gibt. Grundsätzlich war es das Anliegen der Autorin, allgemein aufzuzeigen, dass Sprachenlernende von dieser Problematik betroffen sein können. Ängste - egal wovor - sind in unserer Gesellschaft immer noch ein Tabuthema. Genau dem soll entgegengewirkt und Lehrende gleichzeitig diesbezüglich sensibilisiert werden. Um Sprachlehrende zu unterstützen und sich gegebenenfalls auf Literatur beziehen zu können (zu dieser Thematik ist sie nämlich kaum vorhanden), wurde der vorliegende Beitrag verfasst und ein Leitfaden erstellt, der konkrete didaktische Unterrichtsmethoden und weiterführende Literatur beinhaltet und vorschlägt. Folgende Forschungsziele des durchgeführten Projekts lassen sich demnach festhalten: • Aufzeigen der Problematik, • Einfluss der Angst auf den Lernprozess, • Bemerkbarkeit der Angst im Unterricht, • Erarbeitung didaktischer Methoden und Maßnahmen. Das Forschungsproblem, das sich daraus ergibt, lautet wie folgt: Welche Faktoren liegen der Angst der Studierenden in der Fremdsprache im universitären Kontext zu sprechen zugrunde und durch welche didaktischen Methoden können Lehrpersonen eine angstfreie Atmosphäre schaffen? Die Forschungsziele lauten demnach: Welche didaktischen Methoden können Lehrpersonen anwenden, um eine angstfreie Atmosphäre im universitären Kontext zu begünstigen? 230 Lisa Marie Hammer Was können Lehrende didaktisch leisten, damit in ihrem Unterricht eine angstfreie Atmosphäre herrscht? Durch dieses Projekt soll also dargelegt werden, inwieweit Ängste beim universitären Spracherwerb, im speziellen Fall bei den romanischen Sprachen, interferieren. Dabei soll herausgefunden werden, in welchem Ausmaß Ängste den Lernprozess blockieren. Außerdem soll demonstriert werden, inwieweit Ängste den Lernprozess von Sprachenlernenden beeinflussen und wie sich diese in Unterrichtssituationen bemerkbar machen. Deklariertes Hauptziel ist die Erarbeitung didaktischer Methoden und Maßnahmen, um eine angstfreie Unterrichtsatmosphäre zu ermöglichen. Forschungsmethoden und Durchführung Der Fragebogen wurde an 237 Sprachenlernende der Universität Graz ausgeteilt. Um den Stichprobenumfang zu begrenzen, wurden lediglich Sprachenlernende romanischer Sprachen (Italienisch, Französisch und Spanisch) befragt. Insgesamt wurden die Fragebögen in 20 Kursen ausgeteilt. Befragt wurden Lernende am Studienanfang bzw. am Anfang des Fremdsprachenerwerbs und am Studienende bzw. bei höherem Niveau der Fremdsprache. Wenn Sprachenlernende einen Kurs bis einschließlich Niveau A2 laut dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GER) besuchten oder sich im ersten Semester eines Sprachenstudiums befanden, wurden sie den AnfängerInnen zugeordnet. Diese müssen mindestens ein Niveau von A2 aufweisen, da dieses auch beim Aufnahmetest gefordert wird. 163 Studierende wurden den AnfängerInnen zugeordnet. 67 Studierende waren im Sprachenstudium dagegen als fortgeschritten eingestuft, da sie Kurse ab dem Niveau B1 besuchten. Da sieben Fragebögen aufgrund falscher Angaben seitens der Studierenden ausselektiert werden mussten, ergibt das einen Gesamtumfang von 230 auswertbaren Fragebögen. Da für den vorliegenden Beitrag nur jene Ergebnisse von treffpunkt sprachen relevant sind, werden diese im Folgenden genauer thematisiert. Dazu wurden Sprachkurse in Betracht gezogen, die für Studierende, MitarbeiterInnen und AbsolventInnen der Universität Graz angeboten werden ( Reguläre Fremdsprachenkurse ), sowie Vorbereitende Sprachkurse für die jeweiligen Sprachenstudien, die zur Erreichung des geforderten Einstiegsniveaus dienen, um auch hier auf etwaige Unterschiede hinweisen zu können. Schließlich wurden Sprachenlernende aus neun Kursen von treffpunkt sprachen befragt: Angst beim Sprachenlernen 231 Niveau Sprache Kurs AnfängerInnen Spanisch Regulärer Fremdsprachenkurs AnfängerInnen Französisch Regulärer Fremdsprachenkurs Fortgeschrittene Italienisch Regulärer Fremdsprachenkurs Fortgeschrittene Französisch Regulärer Fremdsprachenkurs AnfängerInnen Spanisch Vorbereitender Sprachkurs AnfängerInnen Spanisch Vorbereitender Sprachkurs AnfängerInnen Spanisch Vorbereitender Sprachkurs AnfängerInnen Italienisch Vorbereitender Sprachkurs AnfängerInnen Französisch Vorbereitender Sprachkurs Tabelle 1: Ausgewählte Kurse am treffpunkt sprachen Forschungsmethoden Als Forschungsmethode stand ein Methodenmix zur Auswahl, d. h. die Untersuchungen wurden quantitativ und qualitativ durchgeführt. So wurde beispielsweise der Fragebogen für Sprachenlernende einerseits statistisch-quantitativ ausgewertet, andererseits mithilfe der qualitativen Inhaltsanalyse von Mayring (vgl. 2007; 2008; 2010), wobei die Studierenden zu folgenden Themen befragt wurden: • Angst im universitären Kontext in der Fremdsprache zu sprechen, • Situationen, in denen Angst auftritt, • begünstigenden Faktoren, • körperlichen Auswirkungen, • Hemmung des Lernprozesses, • Unterstützung durch Vortragende, • Nutzung von Strategien gegen Angst, • Auslandsaufenthalten. Da Ängste heutzutage immer noch ein Tabuthema darstellen und die Vermutung nahelag, dass Lernende wahrscheinlich nicht face to face darüber sprechen wollen, wurde ein schriftlicher Fragebogen gewählt, der anonym auszufüllen war. Bei der Befragung der Kurse wurden lediglich das zu unterrichtende Niveau und die betreffende Sprache notiert, nicht aber die Namen der Lehrenden. Auf 232 Lisa Marie Hammer diese Weise konnte die Anonymität letzterer gewahrt werden. Die möglichen geschlossenen Antwortformate wurden quantitativ erhoben. Jene Antworten mit offenem Charakter wurden gesammelt und mit Mayrings qualitativer Inhaltsanalyse bearbeitet. Diese sieht vor, Kategorien zu bilden und zu analysieren. Zur Weiterarbeit wurde eine Frequenzanalyse gewählt, um auch an dieser Stelle quantitative Ergebnisse zu erlangen (vgl. Mayring 2008, S. 13). Folgendes Ablaufmodell (vgl. Mayring 2010, S. 15) wurde dazu herangezogen: Abbildung 2: Ablaufschritte von Frequenzanalysen (Mayring 2010, S. 15) Der Workshop für Sprachlehrende wurde auditiv aufgezeichnet und protokolliert. Die Feedbackbögen (s. Anhang 2) an die Teilnehmenden des Workshops wurden per E-Mail ausgesandt und auch auf diese Art und Weise wieder retourniert. Zu deren Auswertung wurde ebenfalls ein qualitatives Verfahren nach Mayring gewählt, das vorsieht, offene Antworten zu sammeln und zu Kategorien zusammenzufassen. Hierzu wurde eine induktive Kategorienbildung vorgenommen, da diese Vorgehensweise es erlaubt, eine möglichst realistische Abbildung der gesammelten Daten zu erstellen (vgl. Mayring 2007, S. 75). Hier wurde auf eine Frequenzanalyse verzichtet, da es in diesem Zusammenhang nicht relevant ist, wie oft eine Antwort vorkommt, sondern was sie beinhaltet und welche Ideen und didaktischen Möglichkeiten dadurch entstehen. In Abbildung 3 wird die Vorgehensweise der eben beschriebenen qualitativen Methode vorgestellt: Angst beim Sprachenlernen 233 Abbildung 3: Prozessmodell induktiver Kategorienbildung in Anlehnung an Mayring (2007, S. 75) Die Entwicklung didaktischer Methoden und Strategien für eine angstfreie Unterrichtsatmosphäre basiert demnach auf quantitativen und qualitativen Verfahren. Unter Einbeziehung aktueller Literatur soll schließlich eine Sammlung von didaktischen Methoden und Maßnahmen mit konkreten Beispielen entstehen. Theoretischer Hintergrund der Fragen Im Folgenden werden die Entstehung des Fragebogens und damit einhergehende Überlegungen beschrieben. Vorab war es notwendig festzustellen, ob es sich bei den empfundenen Emotionen der Befragten tatsächlich um Angst handelt und wie sich diese äußert. Hierzu wurde die oben beschriebene Definition von Angst herangezogen. Ziel war es, die Emotion der Angst und deren physische und psychische Auswirkungen zu beschreiben. An dieser Stelle kommt das oben angeführte Arousal zum Tragen, d. h., dass sich die Frage damit befasste, auf welche Arten es sich zeigen bzw. welche Formen und Ausmaße es annehmen kann. Des Weiteren sollte untersucht werden, worin die Ursachen für die Angst beim Sprechen in der Fremdsprache im universitären Kontext liegen, um im Anschluss zu eruieren, wie Sprachlehrende ihren Unterricht optimieren bzw. verbessern könnten. Laut Helmke (2007, S. 8) ist einer der Aspekte, der zu einem gut gestalteten Unterricht beiträgt, ein lernförderliches Klima. Dazu wird Folgendes gezählt: Umgang mit Fehlern, angemessene Wartezeiten, entspannte Lernatmosphäre und Abbau von Angst. Zum Abbau hemmender Leistungsangst nennt Helmke (2009, S. 227) folgende Merkmale: • Schaffung von Sicherheit : die Leistungsbewertung ist berechenbar und transparent, Leistungssituationen sind vorhersehbar und vorbereitbar; 234 Lisa Marie Hammer • Klima des Vertrauens zwischen Lehrperson und Schülern (Wärme, Wertschätzung, Freundlichkeit); • Ausdrückliches Sprechen über „Angst“ im Unterricht: das Thema enttabuisieren, aber nicht bagatellisieren; • Individualisierendes, ermutigendes Feedback, Orientierung an einer individuellen Bezugsnorm; • Ein Klassenklima, das durch Kooperation und in geringem Maße durch Wettbewerb und Konkurrenz charakterisiert ist. (Ebd., Hervorh. im Orig.) Auch die aufgezählten Merkmale wurden in den Fragebogen integriert. Da Ängste allerdings u. a. aufgrund der eigenen Persönlichkeit oder Erfahrungen entstehen und Angst somit nicht ausschließlich mit dem universitären Kontext in Verbindung gebracht werden kann, bestand beim Fragebogen auch die Möglichkeit, dies anzugeben. Darüber hinaus war es wichtig, die Hemmungen im Lernprozess aufgrund der Angst zu bestimmen. Hemmt die Angst den Lernprozess oder nicht? Hat die Angst in der Fremdsprache zu reden wirklich Auswirkungen auf das Lernen? Mit diesen Fragen soll das neurodidaktische Phänomen downshifting eruiert werden, das eine psychophysiologische Reaktion auf eine wahrgenommene Bedrohung beschreibt (vgl. Arnold 2002, S. 143). Mit der offenen Fragestellung, ob Sprachenlernenden das Erlernen der Fremdsprache besser gelingen würde, wenn sie keine negativen Gefühle dabei hätten, sollte herausgefunden werden, inwieweit Lernende einen höheren Lernoutput erzielen würden, wenn sie weniger Angst beim Sprechen hätten. Auch die Wünsche der Lernenden wurden in den Fokus gerückt. Dazu diente die Frage, wie Sprachlehrende sie dabei unterstützen können, keine negativen Gefühle, Gedanken oder körperlichen Reaktionen beim Sprechen in der Fremdsprache zu haben. Durch diese Frage war es möglich, herauszufinden, welche Forderungen Studierende an ihre Lehrperson stellen und wie letztere eine angstvolle Atmosphäre vermeiden können. Mögliche Lösungsansätze dazu lieferte Frage 7, auf die Lernende eine Antwort gaben, was ihnen konkret dabei hilft, ohne Angst in der Fremdsprache zu sprechen. Diese Frage mussten auch all jene beantworten, die angaben, keine Angst zu haben, um so viele Strategien und Umsetzungsvorschläge wie möglich für eine angstfreie Unterrichtsatmosphäre zu sammeln. Die Zusatzfrage bezüglich des Auslandsaufenthalts wurde gewählt, um herauszufinden, wie sinnvoll ein solcher sein kann und wie sich dieser auf eventuell zuvor erlebte Angst auswirkt. Allerdings gaben Studierende innerhalb der kleineren Stichproben auch an, dass der Auslandsaufenthalt sich negativ in Bezug auf die Angst zu sprechen auswirken kann. Nach einem Auslandsaufenthalt Angst beim Sprachenlernen 235 würden Lehrpersonen und Mitstudierende höhere Erwartungen an sie stellen, wodurch sich die Angst im universitären Kontext zu sprechen erhöht hätte oder in manchen Fällen überhaupt erst entstanden wäre. Studierende und Lehrende als Forschende Im Rahmen des Projekts wurden gleichermaßen Studierende und Lehrende befragt. Diese Vorgehensweise ermöglichte es, ein didaktisches Problem von beiden Seiten zu beleuchten und mithilfe verschiedener Sichtweisen und Meinungen zu einer Lösung zu gelangen. Viele didaktische Ideen, die in einem Leitfaden zusammengefasst wurden (vgl. Hammer 2019), stammen von Sprachlehrenden selbst. Sie verwenden diese Strategien bereits seit Langem, um so wenig Angst wie möglich beim Sprechen in der Fremdsprache zu erzeugen und eine angenehme Unterrichtsatmosphäre zu schaffen. Da das Ergebnis der Befragung gegebenenfalls Kritik an der eigenen Unterrichtsmethode bedeuten könnte, befürchtete die Autorin, dass die Lehrenden sich gegen die Befragung der KursteilnehmerInnen stellen würden. Allerdings gestaltete sich die Zusammenarbeit mit den Kursleitenden, deren Lehrveranstaltungen für die Untersuchung in Betracht gezogen wurden, als sehr angenehm. Grundsätzlich wurde die Befragung sowohl von den Sprachenlernenden als auch von den KursleiterInnen sehr begrüßt. Die Resonanz der Sprachenlernenden war durchwegs positiv. Es war deutlich zu spüren, dass es den Lernenden ein Anliegen ist, ihre Ängste mitzuteilen und somit eine Stimme zu bekommen. Im Anschluss an die Befragung wurden die Ergebnisse im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft präsentiert. Die Mitwirkung von Lehrenden war insofern relevant, als durch entstandene Diskussionen während des Workshops schon erste Ideen zum Leitfaden zustande kamen. Die retournierten Feedbackbögen der Sprachlehrenden rundeten die konstruktiven Beiträge aus der Diskussion ab. Sprachendidaktische Implikationen: Angstfreier Unterricht als Grundvoraussetzung für eine gelungene Lehre Sprachenlernende wünschen sich im Unterricht Angstfreiheit, um ihren Lernprozess verbessern zu können (siehe Kapitel Forschungsergebnisse und ihre Umsetzung in die Praxis). Auch aus Sicht der Lehrenden steht qualitätsvoller Unterricht in engem Zusammenhang mit angstfreiem Sprechen in der Zielsprache. Arnold (vgl. 2002, S. 242) beschäftigt sich mit Lösungsansätzen, die sich vor allem im gehirngerechten Lernen widerspiegeln. Sie bezieht sich dabei auf das 236 Lisa Marie Hammer Integrated Thematic Instruction Model von Susan Kovalik, das acht Kriterien umfasst, die gehirngerechtes Lernen fördern. Sie sollen Lehrenden helfen, ihren Unterricht adäquat zu gestalten (ebd.): 1. Angstfreiheit, 2. sinnvolle Inhalte, 3. Wahlmöglichkeiten, 4. angemessene zeitliche Rahmenbedingungen, 5. anregungsreiche Umgebung, 6. Zusammenarbeit, 7. unmittelbare Rückmeldung, 8. Beherrschung. Angstfreiheit steht an erster Stelle, woraus ersichtlich wird, dass sie die Basis eines qualitätsvollen Unterrichts darstellt. Arnold (2002, S. 242) betont, dass zuallererst eine „entspannte und vertrauensvolle Atmosphäre“ im Unterricht geschaffen werden muss, um dem Gehirn die Möglichkeit zur vollen Entfaltung zu geben. Hierzu besteht die Notwendigkeit, dass all jene Faktoren, die zu downshifting führen können, ausgeschlossen werden. Um die Interaktion zwischen Lernenden und Lehrenden in einer entspannten Unterrichtsatmosphäre zu fördern, sind drei Faktoren von Bedeutung: Beziehungen, Leitung einer Klasse bzw. Gruppe und Verhaltensrichtlinien. Beziehungen meint eine gut durchdachte Raumgestaltung (zum Beispiel Bereiche für Gruppen- und Einzelarbeit und eigene Bereiche, wo Materialien aufbewahrt werden) und genügend Platz, um einen dynamischen Unterricht überhaupt gestalten zu können. Leitung der Klasse bezieht sich auf den Führungsstil, den die Lehrperson übernimmt. Dieser ist ausschlaggebend für die Interaktion zwischen Lernenden und Lehrperson. Grundlage hierfür ist, dass den Lernenden die Möglichkeit geboten wird, ein Vertrauensverhältnis zur Lehrperson aufzubauen, ohne dass von ihnen unverzüglich auch selbst Vertrauenswürdigkeit abverlangt wird. Dafür ist ein überzeugender Lehrplan essentiell: So werden darin Themen behandelt, die sinnvoll und nützlich sind und gleichzeitig Raum für Kreativität und Emotionalität schaffen. Hierzu muss die Vorbedingung gegeben sein, dass zwischen Lernenden und LehrerIn, aber auch innerhalb der Gruppe, eine Beziehung zustande kommt. Zusätzlich müssen die Rahmenbedingungen für alle Teilnehmenden transparent sein (z. B. Grundregeln, Abläufe, Anweisungen etc.). Dabei wird die aktive Teilnahme der Lernenden nicht nur erwartet, sondern auch gefördert. Drittes Merkmal sind schließlich die Verhaltensrichtlinien . Diese werden auch Lifelong Guidelines , also lebenslange Verhaltensrichtlinien , genannt. Sie beinhalten Glaubhaftigkeit (im Sinne von vertrauenswürdigem Verhalten der Lehrperson, bei der Lernende sich nicht scheuen, um Hilfe zu bitten oder Fragen zu stellen), Ehr- Angst beim Sprachenlernen 237 lichkeit, aktives Zuhören, keine put downs (herablassende Bemerkungen) und Motivation zu persönlichen Bestleistungen (z. B. Integrität, Initiative, Flexibilität, Ausdauer, Sinn für Humor, Leistung, gesunder Menschenverstand). Werden diese stets beachtet, käme es nach Arnold (ebd., S. 243f.) gar nicht zum downshifting und gleichzeitig würde eine längere Lernbereitschaft gefördert werden. Auch Helmke (vgl. 2007; 2009) befasst sich mit qualitätsvollem, gut gestaltetem Unterricht. Um diesen zu erreichen, ist es von Bedeutung, ein lernförderliches Klima zu schaffen. Dazu zählt Helmke (2009, S. 277) folgende Faktoren: • Umgang mit Fehlern, • angemessene Wartezeiten, • entspannte Lernatmosphäre, • Abbau hemmender Leistungsangst. Der Umgang mit Fehlern ist auch jener Hemmfaktor, den die befragten Sprachenlernenden sehr oft nannten. Scheinbar unterbrechen Lehrpersonen sie aufgrund des Zeitdrucks in den Unterrichtseinheiten. Eine sogenannte Fehlervermeidungsdidaktik , d. h. die Forderung nach einem möglichst ununterbrochenen Fluss und fehlerfreiem Sprechen, sollten Lehrende möglichst nicht forcieren. Wichtiger wäre es, einer Fehlerermutigungsdidaktik zu folgen. In dieser werden Unterrichtsformen, wie Gespräche im Plenum, Gruppenarbeiten, PartnerInnenarbeiten und Einzelarbeiten, unterstützt: Hierbei regt die Lehrperson Dialoge an und fördert gleichzeitig die Äußerungen der Kursteilnehmenden. Auf diese Art und Weise haben die Lernenden die Möglichkeit, aktiv am Unterricht teilzunehmen, stehen im Zentrum des Geschehens und agieren miteinander. Dies schafft eine angstfreie Atmosphäre, in der Fehler nicht tabuisiert, sondern angesprochen, besprochen und ausgewertet werden. Dabei sollten die Lernenden stets ermuntert werden, durch den Dialog zu besseren Lösungswegen zu gelangen. Dazu ist es allerdings auch unumgänglich, dass die Lernenden genügend Zeit zur Verfügung haben, um nachdenken und formulieren zu können (vgl. Oser/ Spychiger 2005, S. 166). Mit angemessenen Wartezeiten ist gemeint, dass die Lernenden zwischen verschiedenen Übungen, aber auch bei Fragen, genügend Zeit zum Antworten benötigen, um sich auf eine neue Situation oder andere Thematik einzustellen. Eine entspannte Lernatmosphäre spricht für sich, und zum Abbau hemmender Leistungsangst meint Helmke (vgl. 2009, S. 227), dass folgende Punkte erfüllt sein müssen: Sicherheit (z. B. mittels transparenter Leistungsbeurteilung), ein Vertrauensverhältnis zwischen Lehrperson und Lernenden, die Thematisierung von Angst, ein konstruktives Feedback und eine von Kooperation gekennzeichnete Gruppenatmosphäre. Zur Erstellung der ausschlaggebenden Kategorien für eine angstfreie Unterrichtsatmosphäre wurden all jene Aspekte der eben beschriebenen Vorschläge 238 Lisa Marie Hammer herangezogen, die auch im universitären Kontext sinnvoll und durchführbar sind. Anhand der Auswertung der Studierendenbefragung und der gesammelten didaktischen Ideen von Sprachlehrenden konnten zehn Kategorien erarbeitet werden. Forschungsergebnisse und ihre Umsetzung in die Praxis Im vorliegenden Kapitel werden zuerst die Ergebnisse der Sprachenlernendenbefragung dargestellt und im Anschluss jene des Workshops bzw. der Feedbackbögen der Lehrenden. Inwiefern sich diese Ergebnisse auf die Arbeit am treffpunkt sprachen auswirken und wie dadurch ein Leitfaden entstanden ist, wird am Ende des Beitrags erläutert. An dieser Stelle werden lediglich die wichtigsten Ergebnisse der Studierendenbefragung dargestellt, zumal alle Einzelergebnisse den Rahmen dieses Beitrags sprengen würden. Der Fokus liegt vor allem auf der Auswertung der Ergebnisse von Sprachenlernenden am treffpunkt sprachen , über die im Rahmen eines Workshops mit den Sprachlehrenden konstruktiv diskutiert werden konnte. Die Ergebnisse der Studierendenbefragung weisen darauf hin, dass die Angst beim Sprachenlernen ein grundsätzliches Problem ist, dem in Zukunft auf jeden Fall mehr Beachtung geschenkt werden sollte. Der Stress, der in Unterrichtssituationen entsteht, kann und muss verhindert werden. Folgendes Balkendiagramm zeigt, wie viele Studierende bzw. Sprachenlernende tatsächlich davon betroffen sind: Abbildung 4: Gesamte Stichprobe: Angst beim Sprachenlernen Angst beim Sprachenlernen 239 Sprachenbezogene Unterschiede gibt es so gut wie keine bzw. sind sie so minimal, dass sie nicht signifikant erscheinen. Die Studie hat ergeben, dass sowohl AnfängerInnen als auch Fortgeschrittene Angst haben, in der Fremdsprache zu sprechen. Die Annahme, dass die Unsicherheit in der Sprachbeherrschung zu Beginn des Erlernens einer Fremdsprache am höchsten ist, kann widerlegt werden. Die Angst in der Fremdsprache zu sprechen, ist am Anfang genauso hoch wie am Ende des Studiums bzw. des Sprachenlernens, was folgende Grafik zeigt: Abbildung 5: Unterrichtsniveau Erstaunlich ist die Tatsache, dass 81,25-% der befragten Sprachenlernenden am treffpunkt sprachen angaben, Angst zu haben. Überraschend war das Ergebnis deshalb, weil treffpunkt sprachen ein Zentrum ist, an dem Sprachen freiwillig gelernt werden. Diese Kurse nutzen vorwiegend Studierende, um Freie Wahlfächer zu absolvieren oder um eine Sprache aus privatem Interesse zu erlernen. 240 Lisa Marie Hammer Abbildung 6: Angst im Sprachunterricht Jedoch muss hier genauer differenziert werden: treffpunkt sprachen bietet neben Regulären Fremdsprachenkursen (FSP) auch Vorbereitende Sprachkurse (VSP) an. Reguläre Fremdsprachenkurse sind für Studierende, Bedienstete und AbsolventInnen der Universität Graz zugänglich. Vorbereitende Sprachkurse dienen Studierenden, die Sprachen studieren und das geforderte Eingangsniveau für das Studium noch nicht erreicht haben. Dementsprechend sind die Kurse formal und inhaltlich anders strukturiert. Dies spiegelt sich auch in Bezug auf die Angst wider: Abbildung 7: FSP und VSP: Angst Angst beim Sprachenlernen 241 Der größere Anteil (58,97-%) der befragten Sprachenlernenden mit Angst, in der Fremdsprache zu sprechen, besuchte zum Zeitpunkt der Befragung einen Vorbereitenden Sprachkurs , 41,03-% einen Regulären Fremdsprachenkurs . Aufgrund dieses Ergebnisses wurden in der weiteren Ergebnisauswertung die Unterschiede zwischen Regulärem und Vorbereitendem Sprachkurs stets herausgearbeitet. 1 Die Sprachenlernenden wurden gefragt, in welchen Situationen sie primär Angst verspüren. Folgende Grafi k verdeutlicht die Ergebnisse: Abbildung 8: FSP und VSP: Angstbehaft ete Situationen In den Vorbereitenden Sprachkursen besteht die meiste Angst bei mündlichen Prüfungen (34,04- %), gefolgt von Referaten (34,04- %), Vorträgen vor einem Plenum (22,34- %) und spontanem Aufgerufenwerden seitens der Lehrperson (11,70- %). Gering, aber doch vorhanden, ist die Angst bei Gruppenarbeiten (1,06-%). Keine Angst herrscht bei den Befragten der Vorbereitenden Sprachkurse im regulären Unterricht. In Regulären Fremdsprachenkursen verhält sich die Situation ähnlich: Primär besteht ein Gefühl der Angst bei Referaten vor einer Lehrperson (27,03-%), dicht gefolgt von mündlichen Prüfungen (25,68- %), Vorträgen im Plenum (22,97- %), spontanem Aufgerufenwerden seitens der Lehrperson (20,27- %), im regulären Unterricht (2,70-%) und schließlich bei Gruppenarbeiten (1,35-%). Auf ällig ist, dass nicht nur mündliche Prüfungen und Referate ein Problem darstellen, sondern vor allem spontane Auff orderungen seitens der Lehrpersonen. Das bedeutet, dass Lernende besonders dann unter Druck stehen, wenn sie ohne Vorbereitungszeit in der Fremdsprache kommunizieren sollen. Der Unterschied zwischen Regulären und Vorbereitenden Sprachkursen zu dieser Situation lässt sich anhand der formalen Charakteristika der Kurse erklären: Sprachenlernende der Vorbereitenden Sprachkurse wollen eine Sprache studie- 1 Für eine bessere Lesbarkeit werden Reguläre Fremdsprachenkurse mit FSP, Vorbereitende Sprachkurse mit VSP abgekürzt. 242 Lisa Marie Hammer ren, wodurch sie in Zukunft auch viel häufi ger mit der Zielsprache konfrontiert werden. Die Auswirkungen dieser Angst, ob physisch oder psychisch, sind bei beiden Kursformaten sehr ähnlich verteilt. Klar ist, dass die körperlichen Auswirkungen gravierend sind und viele der im Abschnitt Emotionen beim Sprachenlernen genannten Symptome auft reten, wie folgende Grafi k verdeutlicht: Abbildung 9: FSP und VSP: Gefühle und körperliche Reaktionen Mithilfe dieser Aufl istung der Gefühle und körperlichen Reaktionen, die in Angstsituationen auft reten, lässt sich nachvollziehen, unter welchem Stress die Sprachenlernenden stehen. Da das Phänomen downshift ing zu dieser Fragestellung herangezogen wurde, lässt sich bestätigen, dass die Studierenden, die angeben, Angst beim Sprechen zu haben, auch dem Phänomen downshift ing ausgesetzt sind, was sich folglich negativ auf den Lernprozess auswirkt. Dabei fühlen sich innerhalb der Regulären Fremdsprachenkurse 56,25-%, innerhalb der Vorbereitenden Sprachkurse 65,22-% gehemmt: Angst beim Sprachenlernen 243 Abbildung 10: FSP und VSP: Lernhemmung Des Weiteren stellt sich die Frage, welche Faktoren dazu beitragen, dass eine solche Angst überhaupt aufkommt. Dazu hatten die Befragten die Möglichkeit, auf einer vierfachen Likert-Skala von „gar nicht“ bis „sehr“ anzukreuzen, welche Faktoren sie am meisten beeinflussen. Hierbei liegt der maximal zu erreichende Mittelwert bei M=4: Abbildung 11: FSP und VSP: Angstbegünstigende Faktoren 244 Lisa Marie Hammer Aus den oben genannten Mittelwerten ergibt sich folgende Rangordnung für die verschiedenen Einflussfaktoren (je früher gereiht, umso gravierender der Einfluss des Faktors auf die Entstehung von Angst): FSP VSP 1. Prüfungssituationen 1. Prüfungssituationen 2. Anzahl der Personen im Kurs 2. Umgang der Lehrperson mit Fehlern 3. Umgang der Lehrperson mit Fehlern 3. Anzahl der Personen im Kurs 4. Lehrperson 4. Gesamtatmosphäre im Kurs 5. Persönliche Gründe 5. Zeitdruck beim Sprechen im Unterricht 6. Gesamtatmosphäre im Kurs 6. Lehrperson 7. Zeitdruck beim Sprechen im Unterricht 7. Persönliche Gründe 8. Mitstudierende 8. Mitstudierende 9. Fehlende konstruktive Rückmeldung seitens der Lehrperson 9. Fehlende konstruktive Rückmeldung seitens der Lehrperson 10. Raumgestaltung 10. Raumgestaltung Tabelle 2: FSP und VSP: Rangordnung angstbegünstigender Faktoren Demnach lässt sich festhalten, dass primär Prüfungssituationen, aber auch die Anzahl der Personen im Kurs sowie der Umgang der Lehrperson mit Fehlern einen starken Einfluss auf die Angst in der Fremdsprache zu sprechen haben. Auch die Lehrperson selbst, die Gesamtatmosphäre im Kurs und der Zeitdruck beim Sprechen scheinen auf die Angst und die damit einhergehenden Lernblockaden eine Auswirkung zu haben. Natürlich gibt es auch persönliche Gründe, warum Menschen mehr oder weniger Angst in gewissen Situationen haben, weshalb die Antwortmöglichkeit „persönliche Gründe“ hinzugefügt wurde. Damit sind individuell gemachte Lernerfahrungen sowie Beeinträchtigungen gemeint, die in der Vergangenheit jedes Einzelnen und jeder Einzelnen gemacht wurden. Andere Mitstudierende können insofern ein Problem sein, als sie jemanden, der einen Fehler macht, auslachen, belächeln oder zwischen ihnen ein starker Konkurrenzkampf herrscht. Auch allein die Tatsache, vor einer großen Anzahl an Mitstudierenden zu sprechen, kann ein Problem darstellen. Es scheint, als hätten ein konstruktives Feedback seitens der Lehrperson und die Angst beim Sprachenlernen 245 Raumgestaltung einen nicht allzu gravierenden Einfluss, jedoch wird man später sehen, dass der Einfluss doch größer als erwartet ist. Nun stellte sich auch die Frage, wie sich diese Angst konkret bei den Lernenden äußert und auf welche Aspekte des Lernprozesses sie sich auswirkt. Folgende Auswirkungen von Angst auf den Lernprozess konnten hierbei qualitativ mithilfe der Kategorienbildung nach Mayring erhoben werden: • Kategorie 1: Kommunikation/ mündliche Kompetenz: Spontanität, Redefluss, Konversation, Aussprache, Ausdruck, Vorträge halten, • Kategorie 2: Umsetzung von Lernstrategien, • Kategorie 3: Konzentration/ Erinnern von Informationen/ Aufmerksamkeit, • Kategorie 4: Motivation/ Selbstbewusstsein/ Sicherheit, • Kategorie 5: Unterrichts- und Prüfungssituationen: bessere Mitarbeit, Konzentration und Leistung in Prüfungssituationen. Folgende Prozentangaben ergaben sich mittels der angewandten Frequenzanalyse aus der Befragung: Rang FSP VSP 1 Kategorie 1: 63,34-% Kategorie 1: 38,46-% 2 Kategorie 4: 16,67-% Kategorie 4: 21,15-% 3 Kategorie 3: 13,34-% Kategorie 5: 17,31-% 4 Kategorie 5: 6,67-% Kategorie 3: 13,46-% 5 Kategorie 2: 0-% Kategorie 2: 7,69-% Tabelle 3: FSP und VSP: Rangordnung der Auswirkungen der Angst An dieser Stelle ist festzuhalten, dass sich Sprachenlernende der Regulären Fremdsprachenkurse vor allem in der Kommunikation beeinträchtigt fühlen, allerdings ist die Umsetzung von Lernstrategien durch die Angst nicht unbedingt gefährdet. Sprachenlernende der Vorbereitenden Sprachkurse nennen zuerst auch die Kommunikation, jedoch fällt ein höherer Prozentsatz als bei den FSP-Kursen auf die Kategorie 2 (Umsetzung von Lernstrategien) und die Kategorie 5 (Unterrichts- und Prüfungssituationen). Siehe dazu folgendes Diagramm: 246 Lisa Marie Hammer Abbildung 12: FSP und VSP: Auswirkungen der Angst Außerdem wurden die Lernenden gefragt, inwieweit Lehrpersonen eine Unterstützung sein könnten, um weniger Angst im Unterricht zu haben. Folgende zehn Kategorien ergaben sich aus der qualitativen Auswertung: • Kategorie 1: Schaff ung von Sicherheit: transparente Leistungsbeurteilung, klare Aufgabenstellungen, Vorbereitung auf Prüfungssituationen, • Kategorie 2: vertrauensvolles Klima, • Kategorie 3: Th ematisierung der Angst in der Fremdsprache zu sprechen, • Kategorie 4: konstruktives Feedback und Lob, • Kategorie 5: positiver Umgang mit Fehlern, • Kategorie 6: genügend Zeit, um Fragen adäquat beantworten zu können, • Kategorie 7: Wahl der Sozialform (mehr Gruppen- und PartnerInnenarbeiten), • Kategorie 8: Möglichkeiten zu sprechen, • Kategorie 9: klarer und langsamer Vortrag der Lehrperson, • Kategorie 10: konkrete Hilfestellungen und Tipps. Folgendes Diagramm zeigt hierzu die Ergebnisse der Kurse am treff punkt sprachen : Angst beim Sprachenlernen 247 Abbildung 13: FSP und VSP: Unterstützung der Lehrperson Ersichtlich wird, dass Sprachenlernende (sowohl von FSPals auch von VSP-Kursen) vorrangig von den Lehrenden ein vertrauensvolles Klima einfordern, d. h. gegenseitige Wertschätzung und Freundlichkeit im Unterrichtsgeschehen. Außerdem erwarten beide Gruppen ein konstruktives Feedback, Lob und einen positiven Umgang mit Fehlern. Die Verteilungen sind sehr ähnlich, allerdings fordern Sprachenlernende von FSP-Kursen mehr Möglichkeiten zu sprechen als jene der VSP-Kurse. Diese erwarten dafür abwechslungsreichere Sozialformen, im Sinne von mehr Gruppen- und PartnerInnenarbeiten. Des Weiteren konnte festgestellt werden, dass es Fremdsprachenlernenden hilft , wenn sie einen Auslandsaufenthalt absolvieren, Kontakt zu Mutt ersprachlerInnen haben, Lernstrategien anwenden (gute Vorbereitung, Sprache im Alltag integrieren, lesen, hören, Filme schauen) und wenn sie sich Strategien beim Sprechen zurechtlegen (einfache grammatikalische Strukturen verwenden, Vertrautheit mit dem Th ema, langsam sprechen). Darüber hinaus wird eine angstfreie Unterrichtsatmosphäre durch die Lehrperson (s. oben) sowie die Rahmenbedingungen (geringere TeilnehmerInnenzahl, sichere und urteilsfreie Lernumgebung, authentische Umgebung, Transparenz), die Mitstudierenden (keine Konkurrenz, ähnliches Niveau, Verhaltensrichtlinien im Kurs) und persönliche Gründe (Zugang zur Sprache, Selbstvertrauen, Einsicht, dass Fehler normal sind, Interesse und Freude an der Sprache) beeinfl usst. Folgendes Diagramm zeigt diese Ergebnisse am treff punkt sprachen : 248 Lisa Marie Hammer Abbildung 14: FSP und VSP: Strategien gegen Angst Hier ergeben sich sehr ähnliche Verteilungen der Antworten von Sprachenlernenden der FSP- und VSP-Kurse. Unterschiedlich wird allerdings die Relevanz eines Auslandsaufenthalts betrachtet. Der Grund hierfür liegt vermutlich darin, dass innerhalb eines Sprachenstudiums (dafür werden VSP-Kurse besucht) Auslandsaufenthalte für das Erlernen einer Zielsprache eher in Betracht gezogen werden. Folgende Strategien werden von Sprachenlernenden des treff punkt sprachen genannt und resultieren direkt aus den Befragungen: • Bildung einfacher Sätze, • gute Vorbereitung, • Übung, • langsam reden, • entspannte Atmosphäre, • motivierende LehrerInnen, • Gefühl von Gemeinsamkeit im Kurs, • freundliches Auft reten der Lehrperson, Angst beim Sprachenlernen 249 • KollegInnen, die nicht urteilen, • konstruktive Kritik, • Empathie, • Freude an der Fremdsprache, • Interesse am Unterricht und an den Themen, • wenn mein Gegenüber zu verstehen scheint, was ich meine/ sage, • interessante Gesprächsthemen, • gewisses Grundwissen zu bestimmten Themen, • sichere Atmosphäre durch Lehrperson, • wenn die Lernumgebung sicher und urteilsfrei erscheint, • keine ständigen grammatikalischen Ausbesserungen, • kein stichprobenweises Zuhören, • Zeit, um die Frage zu beantworten. Die Ergebnisse der Sprachlehrendenbefragung sind den Bereichen, die von den Lehrenden im Rahmen des Workshops am treffpunkt sprachen genannt wurden, sehr ähnlich. Gemäß Mayrings induktiver Kategorienbildung gaben Lehrende an, ihre Kursteilnehmenden besonders in den folgenden Kategorien zu unterstützen: • K1: Schaffen einer angenehmen Kursatmosphäre, • K2: Förderung von autonomem Sprachenlernen, • K3: Vermittlung von Lob, • K4: spielerische Herangehensweise an den Lernstoff, • K5: sensibler Umgang mit Fehlern, • K6: Umgang mit großer Anzahl an Studierenden, • K7: konstruktives, individualisiertes Feedback in mündlicher und schriftlicher Form, • K8: gezielte Vorbereitung und vertrauensvolle Atmosphäre während Leistungssituationen. Aus allen Ergebnissen wurden schließlich zehn Kategorien erarbeitet, die als essentiell für eine angstfreie Unterrichtsatmosphäre gelten. Interessanterweise decken sich die Tipps, die von den Sprachlehrenden kommen, mit den Forderungen der Kursteilnehmenden. Dies dürfte darauf zurückzuführen sein, dass erfahrene Sprachlehrende befragt wurden, welche die vorgeschlagenen Methoden schon lange in ihren Unterricht integriert haben. 250 Lisa Marie Hammer Folgende Kategorien sollen zu einer angstfreien Unterrichtsatmosphäre im Fremdsprachenunterricht beitragen: 1. Rahmenbedingungen: Teilnehmendenanzahl und -heterogenität 2. Schaffung von Sicherheit a. Vorerhebung und transparente Leistungsbeurteilung b. Sicherheit durch Lernstrategien 3. Aufbau von Vertrauen 4. Festlegen von Verhaltensrichtlinien 5. Umgang mit Fehlern und Zeitdruck beim Sprechen 6. Konstruktives Feedback 7. Wahl der Sozialform 8. Atmosphäre a. Gruppenklima bestärken b. Thematisierung der Angst Tabelle 4: Zehn Kategorien für eine angstfreie Unterrichtsatmosphäre Bevor man sich der Unterrichtsatmosphäre widmen kann, müssen die Rahmenbedingungen erfüllt sein. Dazu zählen eine angemessene Teilnehmendenanzahl und der Umgang mit Gruppenheterogenität. Die Schaffung von Sicherheit beinhaltet eine Vorerhebung der Interessen sowie eine transparente und von Anfang an klare Leistungsbeurteilung. Auch durch die Vermittlung und Reflexion von Lernstrategien verspüren Sprachenlernende eine Erleichterung beim Lernen. Der Aufbau von Vertrauen, d. h. eine adäquate Lehrenden-Lernenden-Beziehung, muss gegeben sein, um eine angstfreie Unterrichtsatmosphäre zu schaffen. Dazu zählen auch Verhaltensrichtlinien, die von den Kursteilnehmenden und Lehrenden eingehalten werden. Auch ein konstruktiver Umgang mit Fehlern sowie Zeit beim Sprechen in der Zielsprache gelten als wesentlicher Faktor, um sich im Kursgeschehen wohlzufühlen. Ein konstruktives Feedback ermöglicht den Teilnehmenden, aus ihren Fehlern zu lernen. Lehrende sollten daher die Wahl der Sozialform sowie die Kursatmosphäre an sich stets bedenken. Die Ergebnisse der Studierendenbefragung, die Rückmeldungen in den Feedbackbögen der Lehrenden sowie die gesammelten Ideen während des Workshops weisen darauf hin, dass Studierende genau jene Dinge fordern, die auch Lehrende überwiegend im Fokus haben bzw. beachten. Die genannten Aspekte Angst beim Sprachenlernen 251 decken sich und lassen darauf schließen, dass sie von hoher Relevanz sind, um eine angstfreie Unterrichtsatmosphäre zu gewährleisten. Resümee Sprachenlernen basiert vorrangig auf kommunikativen Aspekten, die in universitären Lehrveranstaltungen prüfungsrelevant sind. Doch genau hier liegt ein Problem vor: Viele Sprachenlernende haben Angst, in Prüfungssowie Unterrichtssituationen in der Zielsprache zu sprechen. Damit einher gehen physische und psychische Probleme. Sprachenlernende stehen eindeutig unter Stress. Wirkt sich diese Angst auf den Lernprozess aus und steht das Lernen mit Bedrohung in Verbindung, spricht man in der Neurodidaktik vom Phänomen downshifting (vgl. Arnold 2002). Laut den Projektergebnissen sehen sich Sprachenlernende mit diesem Thema sehr häufig konfrontiert und es liegt zu einem großen Teil an den Lehrenden, eine angstfreie Unterrichtsatmosphäre zu schaffen. treffpunkt sprachen hat ein erstes Zeichen gesetzt, indem die Prüfungsmodalitäten der Regulären Fremdsprachenkurse zugunsten der Studierenden verändert wurden. Seit der Ergebnispräsentation dieses Projekts steht es den Lehrenden frei, ob sie eine mündliche oder schriftliche Prüfung abhalten. Ist sie mündlich, besteht nun mehr Vorbereitungszeit, wodurch sich die Sprachenlernenden entspannter auf die Prüfung vorbereiten können. Zur Gesamtnote zählen nun die Mitarbeit, Hausübungen, eine Zwischenklausur (60 Minuten) und eine Endklausur (90 Minuten) oder eine mündliche Prüfung (20 Minuten), wobei die Gewichtung von den Sprachlehrenden frei wählbar ist. Des Weiteren wird die Zwischenklausur früher (z. B. im Wintersemester Ende November/ Anfang Dezember) geschrieben und die Endklausur am Ende des Semesters (Ende Jänner). Die Bewertung der Semesterkurse bezieht sich zudem auf verschiedene Kompetenzen (schriftliche und mündliche). Darüber hinaus fließt auch die Mitarbeit in die Beurteilung ein, um den kommunikativen Aspekt des Kurses hervorzuheben. Im Anschluss an die Mitteilung der Lehrenden von treffpunkt sprachen zu den neuen Prüfungsmodalitäten wurde ein Workshop von einer am Zentrum tätigen Lehrenden (Carole Bourgadel) durchgeführt, der das Thema Angstfreies mündliches Prüfen behandelte. Im kollegialen Austausch konnten sich Lehrende von treffpunkt sprachen Tipps und Ratschläge holen, wie sie ihren Unterricht für die Studierenden angstfrei gestalten. Um Sprachlehrenden eine Möglichkeit zu geben, sich mit diesem Thema genauer zu beschäftigen, wurde aus den erhobenen zehn Kategorien ein Leitfaden für Lehrende (vgl. Hammer 2019) erstellt. Dieser zielt darauf ab, die wesentlichen Bereiche einer angstfreien Didaktik zu beschreiben und gleichzeitig kon- 252 Lisa Marie Hammer krete Unterrichtsbeispiele zu geben. Damit soll Sprachlehrenden ein Basisnachschlagewerk zur Verfügung stehen, an dem sie sich orientieren und in dem sie Tipps und Anregungen für ihren Sprachunterricht holen können. Literatur Abele, Andrea (1999): Motivationale Mediatoren von Emotionseinflüssen auf die Leistung: Ein vernachlässigtes Forschungsgebiet. In: Jerusalem, Matthias/ Pekrun, Reinhard (Hrsg.) Emotion, Motivation und Leistung. Göttingen: Hogrefe, S. 31-50. Arnold, Margret (2002): Aspekte einer modernen Neurodidaktik. Emotionen und Kognitionen im Lernprozess. München: Ernst Vögel. Becker, Eni (2011): Angst. München: Ernst Reinhardt. Bürmann, Ilse (2008): Bildung und Gefühl. Reflexionen zu Grundlagen pädagogischen Handelns. In: Arnold, Rolf/ Holzapfel, Günther (Hrsg.) Emotionen und Lernen. Die vergessenen Gefühle in der (Erwachsenen-)Pädagogik . Baltmannsweiler: Schneider Hohengehren, S. 21-41. Egger, Josef (1993): Psychologie in der Medizin. Medizinische Psychologie, Psychosomatik und Psychotherapie. Wien: WUV-Universitätsverlag. Frenzel, Anne C./ Pekrun, Reinhard/ Götz, Thomas (2006): Emotionale Voraussetzungen des Lernens. In: Arnold, Karl-Heinz/ Sandfuchs, Uwe/ Wiechmann, Jürgen (Hrsg.) Handbuch Unterricht. Bad Heilbrunn: Julias Klinkhardt, S. 579-583. Hammer, Lisa (2019): Angst beim Sprachenlernen - Didaktische Methoden zur Gestaltung einer angstfreien Unterrichtsatmosphäre . https: / / treffpunktsprachen.uni-graz.at/ index.php? id=56485&no_cache=1 [26.04.2019]. Helmke, Andreas (2007): Was wissen wir über guten Unterricht? Wissenschaftliche Erkenntnisse zur Unterrichtsforschung und Konsequenzen für die Unterrichtsentwicklung. www.bildung.koeln.de/ imperia/ md/ content/ selbst_schule/ downloads/ andreas_helmke_.pdf [26.04.2019]. Helmke, Andreas ( 2 2009): Unterrichtsqualität und Lehrerprofessionalität. Diagnose, Evaluation und Verbesserung des Unterrichts. Seelze-Velber: Klett Kallmeyer. Mayring, Philipp ( 9 2007): Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken. Weinheim: Beltz. Mayring, Philipp ( 2 2008): Die Praxis der qualitativen Inhaltsanalyse. Weinheim: Beltz. Mayring, Philipp ( 11 2010): Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken. aktualisierte und überarbeitete Auflage. Weinheim: Beltz. Oser, Fritz/ Spychinger, Maria (2005): Lernen ist schmerzhaft. Zur Theorie des Negativen Wissens und zur Praxis der Fehlerkultur . Weinheim: Beltz. Overmann, Manfred (2005): Emotionales, transnationales, hyper-, tele- und multimediales Fremdsprachenlernen: mit praktischen Beispielen für den Französischunterricht. Frankfurt am Main: Peter Lang (internet communication 6). Prahl, Hans-Werner (1977): Prüfungsangst. Symptome-Formen-Ursachen. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch. Angst beim Sprachenlernen 253 Rachman, Stanley (2000): Angst. Diagnose, Klassifikation und Therapie. Bern: Hans Huber. treffpunkt sprachen (2019): Modul: Sprachenlernen mit Erwachsenen. https: / / treffpunktsprachen.uni-graz.at/ de/ lehre/ fachdidaktik/ modul-sprachenlernen-mit-erwachsenen/ [26.04.2019]. 254 Lisa Marie Hammer Anhang 1 FRAGEBOGEN zum Thema Angst im Sprachunterricht Im Folgenden bitte ich Sie, den Fragebogen zu Ihrem Umgang mit Angst im Fremdsprachenunterricht zu beantworten. Die erhobenen Daten werden nur zum Zwecke der wissenschaftlichen Auswertung verwendet und anonym behandelt. 1. Empfinden Sie Angst, wenn Sie im universitären Kontext in der Fremdsprache, die Sie gerade lernen, sprechen? Wenn ja, in welchen Situationen? Es können mehrere Antworten angekreuzt werden. □ Referate vor der Lehrperson und dem Plenum □ Vorträge vor einem Plenum □ Spontanes Aufgerufenwerden seitens der Lehrperson □ Mündliche Prüfungen □ Gruppenarbeiten □ Im regulären Unterricht im Plenum □ Ich verspüre keine Angst (weiter zu Frage 7) 2. Welche Gefühle, körperlichen Reaktionen und Gedanken nehmen Sie in den eben beschriebenen Situationen wahr? Es können mehrere Antworten angekreuzt werden. □ Nervosität □ Unangenehme Beunruhigung □ Angespanntheit □ Zittern □ Schwitzen □ Schnelles Atmen □ Schneller Herzschlag □ Sonstiges: ………. 3. Welche Faktoren tragen Ihrer Meinung nach zur Entstehung dieser negativen Gefühle und/ oder körperlichen Reaktionen bei? Bitte kreuzen Sie an auf einer Skala von „gar nicht“ bis „sehr“, inwieweit die Antwortmöglichkeit Ihren Vorstellungen entspricht. □ Lehrperson/ Vortragende(r) gar nicht □ □ □ □ sehr □ Raumgestaltung (Größe, Aufteilung der Tische, Sitzordnung) gar nicht □ □ □ □ sehr Angst beim Sprachenlernen 255 □ Mitstudierende gar nicht □ □ □ □ sehr □ Gesamtatmosphäre im Kurs gar nicht □ □ □ □ sehr □ Anzahl der Personen im Kurs gar nicht □ □ □ □ sehr □ Prüfungssituationen gar nicht □ □ □ □ sehr □ Zeitdruck beim Sprechen im Unterricht gar nicht □ □ □ □ sehr □ Umgang der Lehrperson mit Fehlern gar nicht □ □ □ □ sehr □ Fehlende konstruktive Rückmeldung von der Lehrperson gar nicht □ □ □ □ sehr □ Persönliche Gründe gar nicht □ □ □ □ sehr 4. Glauben Sie, dass sich diese negativen Gefühle und Reaktionen beim Erlernen der Sprache lernhemmend auswirken? □ Ja □ Nein 5. Was würde Ihnen beim Erlernen der Fremdsprache besser gelingen bzw. leichter fallen, wenn bei Ihnen keine negativen Gefühle und/ oder körperlichen Reaktionen aufkommen würden? Bitte beschreiben Sie in Stichworten. - 6. Wie kann der Sprachlehrende/ die Sprachlehrende Sie unterstützen, keine negativen Gefühle, Gedanken oder körperlichen Reaktionen beim Sprechen in der Fremdsprache zu haben? Bitte beschreiben Sie in Stichworten. - 7. Was hilft Ihnen dabei, ohne Angst in der Fremdsprache zu sprechen? Bitte beschreiben Sie in Stichworten. - 256 Lisa Marie Hammer 8. Zusatzfrage: Diese Frage ist nur zu beantworten, wenn Sie einen Auslandsaufenthalt von mindestens einem Monat absolviert haben. Wie lang war Ihr Auslandsaufenthalt und wie hat sich dieser auf Ihre negativen Gefühle, Gedanken und körperlichen Reaktionen in der Fremdsprache zu sprechen ausgewirkt? - Bitte geben Sie Folgendes an: Studium: Semester: - - - - Angst beim Sprachenlernen 257 Anhang 2 Feedbackbogen zum Workshop Angst beim Sprachenlernen Didaktische Methoden zur Gestaltung einer angstfreien Unterrichtsatmosphäre Dieser Feedbackbogen dient zur Reflexion des Workshops Angst beim Sprachenlernen (21.06.2018). Mit der Bitte, die nachfolgenden Fragen auszufüllen und an mich per E-Mail bis Ende September zu retournieren, freue ich mich auf Ihre Ideen, Vorschläge und Anregungen. 1. Inwiefern fällt es im Sprachunterricht auf, dass Studierende bzw. Sprachenlernende Angst haben in der Fremdsprache zu sprechen? Welche Situationen können Sie dazu beschreiben? 2. Wenden Sie bestimmte Methoden, Sozialformen oder Ähnliches an, um diesem Problem entgegenzuwirken? 3. Wie reagieren Sie auf Fehler, die beim Sprechen in der Fremdsprache gemacht werden? 4. Welche Methoden, Maßnahmen oder Strategien wenden Sie an, um mit einer großen Anzahl von Studierenden bzw. Sprachenlernenden zu arbeiten? 5. Studierende wünschen sich vor allem eine angenehme Unterrichtsatmosphäre, keinen Zeitdruck beim Sprechen und die Möglichkeit, aussprechen zu können. Inwiefern können Sie auf diese Wünsche eingehen? 6. Auf welche Art und Weise geben Sie Studierenden bzw. Sprachenlernenden Feedback? 7. Wie würden Sie die Prüfungsmodalitäten gestalten, um die Angst in der Fremdsprache zu sprechen zu minimieren? 8. Abschließende Anmerkungen, Tipps, Methoden und Maßnahmen für einen angstfreien Unterricht: - Danke für die Mitarbeit! AutorInnen 259 AutorInnen Lisa Marie Hammer, geboren 1990 in Graz/ Österreich. Diplomstudium Italienisch, Psychologie und Philosophie Lehramt an der Karl-Franzens-Universität Graz/ Österreich und der Università di Bologna/ Italien. Universitäre Weiterbildung im Rahmen der Modulreihe Sprachenlernen mit Erwachsenen am treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik. Seit 2018 Lehrende an einer Allgemein bildenden höheren Schule in Graz. Christian Hofer, geboren 1978 in Graz/ Österreich. Diplomstudium der Romanistik. Diplom- und Doktoratsstudium der Erziehungs- und Bildungswissenschaft sowie Italienisch, Psychologie und Philosophie Lehramt an der Karl-Franzens-Universität Graz/ Österreich.-Senior Lecturer-bei treffpunkt sprachen -Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik. Selbstständig im Bereich Coaching, Training und Humanenergetik. Mehrjährige Berufspraxis in verschiedenen Bereichen der Hochschule, der Schule und Berufsberatung. Forschungsschwerpunkte: Sprachendidaktik, Didaktik, Lehren, Lernen. Maria Valentina Kravanja, geboren 1979 in Graz/ Österreich, Studium zur Diplompädagogin (BEd), Studium der Kunstgeschichte und der Romanistik. Doktoratsstudium der Kunstgeschichte. Wissenschaftliche Arbeiten und Vorträge im Bereich italienische Kunst, polynesische sowie asiatische Kunst und Kultur, Fotografie, kulturelle Kompetenz, Museumspädagogik, immaterielles Kulturerbe, Identität und Bildung. Wissenschaftliche Auslandsaufenthalte in Italien, Neuseeland, Mexiko und China. Veröffentlichung von Publikationen am Konfuzius-Institut der Karl-Franzens-Universität Graz. Lektorin für französische Malerei am Institut für Kunstgeschichte an der Universität Graz. Lektorin und Leiterin eines Forschungsprojekts zur Integration von Kunst in das Sprachenlernen bei treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik der Karl-Franzens-Universität Graz. Andreas Lieb, geboren 1989 in Graz/ Österreich, Studium der Germanistik und Romanistik an der Universität Graz, Doktoratsstudium an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt, diverse Diplomausbildungen in den Bereichen Sozial- und Berufspädagogik, Mental- und Resilienztraining. Universitätslektor im Fachbereich Deutsch als Fremdsprache, Trainer in der Erwachsenenbildung (Lehre mit Matura, Berufsreifeprüfung, Pflichtschulabschluss). Marjorie Rosenberg, geboren 1949 in New Jersey/ USA. Studium Musik und Lehramt an der State University of New York in Buffalo. Weiterbildung am WIFI in Graz zur Erwachsenenbildnerin und Ausbildung zum NLP Practitioner und Trainer (bei Robert Dilts in Kalifornien, USA). Langjährige Erfahrung als Englischlehrerin in verschiedenen Firmen, an der Pädagogischen Hochschule in Graz und bei treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik. Autorin mehrerer Englischkurs- und Methodikbücher bei internationalen Verlagen (Cambridge University Press, Pearson, National Geographic/ Cengage, Express Publishing usw.). IATEFL Präsidentin 2015-2017. Eva Seidl, geboren 1971 in Bruck an der Mur/ Österreich. Diplomstudium Germanistik und Romanistik, Universitätslehrgang für DaF/ DaZ und für Internationales Projektmanagement an der Karl-Franzens-Universität Graz. Lektorin für DaF bei treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik und am Grazer Institut für Theoretische und Angewandte Translationswissenschaft. In der Lehrendenfortbildung ist sie am Grazer Universitätslehrgang DaF/ DaZ und bei der Modulreihe Sprachenlernen mit Erwachsenen bei treffpunkt sprachen tätig. Forschungsschwerpunkte: Mobilitäts- und Austauschforschung (study abroad), translationsorientierte Sprachendidaktik sowie hochschulische Transitions- und Adaptionsprozesse. Birgit Simschitz, geboren 1966 in Lienz/ Osttirol. Lehramtsstudium Deutsch und Philosophie, Psychologie und Pädagogik an der Karl-Franzens-Universität Graz. Hochschullehrgang Deutsch als Fremdsprache. Doktoratsstudium der Erziehungs- und Bildungswissenschaft. Von 1994 bis 1996 Universitätslektorin an der Jozef-Pavel-Safarik-Universität Prešov/ Slowakei, danach selbstständige Erwachsenenbildnerin in Graz. Seit 2015 Lehrerin am Abendgymnasium und Unterrichtende am Vorstudienlehrgang Graz. Kaori Sohar, geboren 1972 in Toyohashi/ Japan. Diplomstudium der deutschen Philologie mit dem Schwerpunkt Vergleichende Kultur- und Literaturwissenschaft. Doktoratsstudium der deutschen Philologie - Fachbereich Neuere deutsche Sprache, Angewandte Sprachwissenschaft und Kontrastive Linguistik. Dissertation zum Thema Transitivität im Deutschen und Japanischen . Lehrbeauftragte bei treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und AutorInnen 261 Fachdidaktik der Universität Graz. Forschungsschwerpunkte: Sprachendidaktik, Wortschatzerwerb, Valenzgrammatik, Lehrstrategien, Motivationsforschung. Daniela Unger-Ullmann, geboren 1971 in Klagenfurt/ Österreich. Studium Deutsch und Latein Lehramt an der Karl-Franzens-Universität Graz. Universitäre Weiterbildung in den Bereichen Deutsch als Fremdsprache und Medienkunde. Doktoratsstudium am Institut für Germanistik in Graz mit einer Dissertation in Älterer Deutscher Literatur. Von 1999 bis 2003 Universitätslektorin für deutsche Sprache und Literatur an der Schlesischen Universität Opava/ Tschechische Republik. Seit 2007 Leiterin von treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik der Universität Graz. Verantwortlich für die universitäre Verankerung und Absicherung sowie die strategische Weiterentwicklung von Lehre und Forschung. Von 2010 bis 2015 Direktorin des Konfuzius-Instituts der Karl-Franzens-Universität Graz. Forschungsschwerpunkte: Bildungs- und Lehrmanagement, Personal- und Organisationsentwicklung, Sprachlehr- und -lernforschung. 25,2 ISBN 978-3-8233-8348-2 In der vorliegenden Publikation Forschende Fachdidaktik II werden Forschungs- und Projektergebnisse der Abteilung Fachdidaktik des treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik der Universität Graz präsentiert. Die Abteilung Fachdidaktik fördert mit den durchgeführten Projekten die Weiterentwicklung von sprachlehr- und -lerntheoretischen Untersuchungen, die aus dem universitären fremdsprachlichen Unterricht hervorgehen. ProjektleiterInnen sind vornehmlich Sprachlehrende, die ihr Praxiswissen in einen forschenden Kontext stellen. Die Gestaltung der Beiträge richtet sich nach dem Forschungshintergrund der einzelnen Projekte, welcher als handlungsforschender Ausgangspunkt für die Beschreibung des konkreten Projektverlaufs dient. Die AutorInnen resümieren ihre Projektergebnisse und betten diese in einen sprachendidaktischen Zusammenhang ein. Diese Implikationen ermöglichen eine Reintegration in den konkreten Unterrichtskontext. Unger-Ullmann / Hofer (Hrsg.) Forschende Fachdidaktik II Forschende Fachdidaktik II Daniela Unger-Ullmann / Christian Hofer (Hrsg.) Sprachenlernen im wissenschaftlichen Diskurs 18348_Umschlag.indd Alle Seiten 11.10.2019 10: 25: 56