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Relativsatzstrategien im Alemannischen

2020
978-3-8233-9356-6
Gunter Narr Verlag 
Iris Bräuning

Im Gegensatz zu Standardsprachen verfügen Dialekte selten über ein niedergeschriebenes Regelwerk, eine Grammatik. Dabei sind Dialekte nicht weniger "grammatisch". Die Erforschung von Dialekten, also genetisch eng miteinander verwandten Sprachen, ihren lautlichen, lexikalischen und grammatischen Unterschieden zueinander, liefert aber wichtige Erkenntnisse über das "System Sprache". Untersucht werden diese Unterschiede im Vergleich zur Standardsprache und innerhalb der Varianten eines Sprachraums. Auch historische Sprachstufen werden in die Datenerhebung und Analyse miteinbezogen. Die vorliegende Studie befasst sich mit dem grammatischen System, der Syntax des Alemannischen. Basierend auf einer standardisierten Datenerhebung, durch Befragung von Dialektsprecher*innen in der deutschsprachigen Schweiz, in Vorarlberg (Österreich), im Elsass (Frankreich) und den alemannischen Sprachgebieten in Baden-Württemberg werden gezielt die grammatischen Unterschiede von Relativsätzen zunächst systematisch erfasst und anschließend analytisch untersucht.

TBL Tübinger Beiträge zur Linguistik Relativsatzstrategien im Alemannischen Iris Bräuning Tübinger Beiträge zur Linguistik herausgegeben von Gunter Narr 570 Iris Bräuning Relativsatzstrategien im Alemannischen Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar Dissertation der Universität Konstanz , Tag der mündlichen Prüfung: 20.04.2018 1. Referent: Prof. Dr. Josef Bayer, Universität Konstanz, 2. Referentin: PD Dr. Eleonore Brandner, Universität Stuttgart, 3. Referent: Prof. Dr. Helmut Weiß, Goethe-Universität Frankfurt © 2020 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de CPI books GmbH, Leck ISSN 0564-7959 ISBN 978-3-8233-8356-7 (Print) ISBN 978-3-8233-9356-6 (ePDF) www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® Inhaltsverzeichnis 1 Relativsatzstrategien im Alemannischen 15 1.1 Das Alemannische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 1.2 Die Vorhersagen der Zugänglichkeitshierarchie/ Noun Phrase Accessibility Hierachy . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 1.3 Relativsatzstrategien in anderen (europäischen) Sprachen . . . . . . . . . 19 1.4 Relativsätze in den Varietäten des Alemannischen . . . . . . . . . . . . . 22 1.5 Die Strategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 1.5.1 Relativsatzstrategien für die SU-Position . . . . . . . . . . . . . . 25 1.5.2 Relativsatzstrategien für die DO-Position . . . . . . . . . . . . . . 26 1.5.3 Relativsatzstrategien für die IO-Position . . . . . . . . . . . . . . 26 1.5.4 Relativsatzstrategien für Präpositionalobjekte . . . . . . . . . . . 27 1.6 Die Partikel wo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 1.7 Syntax der Partikelstrategie mit wo - Bisherige Ansätze . . . . . . . . . . 32 1.7.1 Bayer, 1984 (Bairisch) und Neumann, 1994 (Fränkisch) . . . . . . 32 1.7.2 Syntax der schweizerdeutschen Relativsätze . . . . . . . . . . . . 37 1.8 Syntax der Relativsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 1.8.1 Die Analyse mit externem Kopf ( Head external Analysis/ HEA) . . 44 1.8.2 Die Kopfanhebungsanalyse ( Raising Analysis / Head internal anlysis/ HIA ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 1.8.3 Die Matching-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 1.8.4 Diskussion der drei Ansätze: HEA, HIA und Matching . . . . . . . 48 1.8.5 Der externe Determinierer ( External Determiner Hypothesis ) . . . 50 1.9 Zusammenfassung/ Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 2 Datenerhebung: Eine systematische Befragung von Dialektsprechern im Alemannischen 55 2.1 SynAlm: Die Methodik der Datenerhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 2.1.1 Aufbau des Ortsnetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 2.1.2 Durchführung der Stichprobe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 2.1.3 Die Informanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 2.1.4 Erhebungsmethoden für dialektale Daten . . . . . . . . . . . . . 58 2.1.5 Die indirekte Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 2.1.6 Fragebogenerhebungen und Schriftlichkeit im Dialekt . . . . . . 60 2.2 Variablen der Datenerhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 2.3 Fragebogendesign . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 2.4 Dokumentation der Datenauswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 6 Inhaltsverzeichnis 2.5 Relativsatzeinleiter im Alemannischen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 2.5.1 Relativsatzeinleiter da . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 2.5.2 Relativsatzeinleiter ( was, wer, wie, so, womit, als, ass) . . . . . . . 68 2.6 Die Relativsatzstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 2.7 Freie Wahl des Relativsatzeinleiters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 2.8 Distribution Relativpronomen oder Partikel bei Unterscheidung appositiv/ restriktiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 2.9 Distribution Relativpronomen oder Partikel bei Variation am externen Determinierer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 2.10 Operatoren, Personalpronomen und abstrakte DPs als Kopfnomen . . . . 86 2.11 Relativsätze mit resumptiven Pronomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 2.11.1 Dativobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 2.11.2 Präpositionalobjekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 2.12 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 3 Typologie der Relativsatzstrategien des Alemannischen 109 3.1 Relativierung von SU- und DO-Positionen . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 3.2 Relativierung von obliquen Positionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 3.3 Die Partikelstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 3.4 Strategie mit d-Relativpronomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 3.5 Die d+w-Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 3.6 Resumptivpronomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 3.7 Pronominaladverbien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 3.8 Primär- und Sekundärstrategien im Alemannischen . . . . . . . . . . . . 135 3.9 Kasus im Alemannischen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 3.9.1 Zur Rolle des Dativs im Alemannischen . . . . . . . . . . . . . . 137 3.9.2 Der Genitiv im Alemannischen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 3.9.3 Kasus-Matching . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 3.9.4 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 3.10 Zur Rolle der Resumptivpronomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 3.11 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 3.12 Weitere Relativsatzeinleiter im Alemannischen . . . . . . . . . . . . . . . 159 3.12.1 Relativsatzeinleiter d+da und w+da . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 3.12.2 Relativsatzeinleiter was . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 3.12.3 Relativsatzeinleiter wer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 3.12.4 Relativsatzeinleiter so, als und wie . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 3.12.5 Relativsatzeinleiter (d)ass . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Inhaltsverzeichnis 7 3.13 Variation und Wandel im Paradigma der Relativsatzeinleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 4 Syntax alemannischer Relativsatzstrategien 175 4.1 Die Unterscheidung appositiv/ restriktiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 4.1.1 Unterscheidungskriterien für appositive und restriktive Relativsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 4.1.2 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 4.2 Die Unterscheidung appositiv/ restriktiv in alemannischen Relativsätzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 4.3 Deskriptive Relativsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 4.3.1 Alemannische Relativsätze im Kontext der Kategorien restriktiv, appositiv und deskriptiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 4.3.2 Distribution schwacher und starker Determinierer . . . . . . . . 191 4.3.3 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 4.3.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 4.4 Lokalitätse ekte im Alemannischen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 4.4.1 Extraktionsphänomene in Relativsätzen mit Partikel- und Resumptivstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 4.4.2 Inselbeschränkungen im Alemannischen . . . . . . . . . . . . . . 206 4.4.3 Extraktion aus einem Adjunktsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 4.4.4 Extraktion aus eingebetteten W -Fragen . . . . . . . . . . . . . . 208 4.4.5 Extraktion aus einer Subjektinsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 4.4.6 Leftbranch -Extraktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 4.4.7 Extraktion aus koordinierten Phrasen . . . . . . . . . . . . . . . 211 4.4.8 Extraktion aus komplexen Nominalphrasen . . . . . . . . . . . . 212 4.4.9 Extraktion aus Präpositionalphrasen . . . . . . . . . . . . . . . . 214 4.4.10 Resumptivpronomen und lange W -Bewegung im Alemannischen 215 4.4.11 Relativsätze über lange Distanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 4.4.12 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 4.5 Bindung und Rekonstruktion im Alemannischen . . . . . . . . . . . . . . 225 4.5.1 Rekonstruktion für Prinzip-A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 4.5.2 Rekonstruktion für Prinzip-B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 4.5.3 Rekonstruktion für Prinzip-C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 4.6 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 4.6.1 Antikonnektivität in Relativsätzen . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 4.6.2 Anapherrekonstruktion, Skopusrekonstruktion und Variablenbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 4.6.3 Tiefe Lesart von Adjektiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 4.6.4 Schlussfolgerung zu Rekonstruktionse ekten . . . . . . . . . . . 232 4.7 HIA oder HEA im Alemannischen - Was wird bewegt? . . . . . . . . . . 233 4.8 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 5 Variation als Partieller Spell-Out - ein neuer Ansatz 239 5.1 Syntaktischer Status der Partikel wo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 5.2 Die Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 5.3 Partieller Spell-Out: Der Ansatz von Hladnik (2015) . . . . . . . . . . . . 244 5.4 Zur Syntax von d -Wörtern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 5.5 Konsequenzen aus Wiltschko (1998) für die Syntax und Semantik von Relativpronomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 5.6 Partieller Spell-Out im Alemannischen - Die Analyse im Detail . . . . . 262 5.6.1 Die syntaktische Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 5.6.2 Kasus Rekonstruktion in Relativsätzen mit Partikel und Lücke . . 269 5.6.3 Spell-Out-Bedingungen bei Dativrelativierung . . . . . . . . . . . 270 5.6.4 Spell-Out-Bedingungen bei Relativierung von Präpositionalobjekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 5.6.5 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 5.6.6 Spell-Out-Bedingung für die d+w-Strategie . . . . . . . . . . . . 274 5.6.7 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 5.6.8 Diskussion van Riemsdijk (1989) und die Distribution von Lücken 277 5.6.9 Salzmann (2006): Matching - Analyse . . . . . . . . . . . . . . . 281 5.6.10 Diskussion: Spell-Out-Analysen und der Big-DP-Ansatz . . . . . 283 5.6.11 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 5.7 Variation und Optionalität in der Syntax des Alemannischen . . . . . . . 286 6 Schlussfolgerungen 299 Bibliographie 303 7 Anhang SynAlm-Fragebögen 321 7.1 SynAlm-Fragebogen FB2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 7.2 SynAlm-Fragebogen FB4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 7.3 SynAlm-Fragebogen FB7 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 8 Inhaltsverzeichnis Danksagung Die letzten Zeilen dieses Buches stehen nun ganz vorne. Auf dieser Seite möchte ich danke sagen. An erster Stelle PD Dr. Eleonore Brander und Prof. Dr. Josef Bayer, die meine Begeisterung für Syntax während meines Studiums geweckt haben und mich seither begleitet, gefördert und in ihre Forschung eingebunden haben. Ihre Begeisterung und Leidenschaft für theoretische Syntax und die systematische Erforschung grammatischer Strukturen waren immer Vorbild für alles, was hier entstanden ist. Ich bedanke mich für das Vertrauen meinen eigenen Weg für diese Arbeit zu nden und mich stets auf dem richtigen Pfad zu halten. Prof. Dr. Helmut Weiß hat diese Arbeit insbesondere durch seine Forschung zur Syntax des Bairischen sowie der Hessischen Dialekte entscheidend beein usst, ihm gilt mein Dank für viele wichtige fachliche Kommentare und Hinweise, die diese Arbeit sehr bereichert haben. PD Dr. Claudia Bucheli-Berger danke ich für ihre stets vertrauensvolle Zusammenarbeit und die wertvollen Beiträge zu den syntaktischen Daten des Schweizerdeutschen. Prof. Dr. Sjef Barbiers danke ich für viele inspirierende Workshops und Konferenzen und für sein großes Interesse an dieser Arbeit, für seine vielen Hinweise und konstruktiven Kommentare. Danke Tobi und danke David für eure große unschätzbare Hilfe. Viele Menschen haben mich auf diesem Weg begleitet, in Konstanz und darüber hinaus. Euch allen sei diese Arbeit gewidmet. Einleitung Diese Arbeit beschäftigt sich mit Relativsatzstrategien im Alemannischen. Das zentrale Ziel ist es, die morphosyntaktische Variation innerhalb des Alemannischen systematisch zu erfassen und syntaktisch zu beschreiben. Eine wichtige Rolle spielt dabei eine standardisierte Datenerfassung über Varianten innerhalb der Relativsatzsyntax und die daraus hervorgehende typologische Kategorisierung und theoretische Beschreibung der Strategien. Die Datenlage Relativsätze in den Dialekten des Deutschen sind subordinierte Sätze. Sie restringieren oder modi zieren ein Kopfnomen im übergeordneten Satz. Die syntaktische und semantische Besonderheit des Relativsatzes ist das Kopfnomen, welches sowohl im Matrixals auch im subordinierten Satz repräsentiert ist. Im standarddeutschen Relativsatz ist das Kopfnominal durch das Relativpronomen vertreten, welches relativsatzintern als Argument des Verbs basisgeneriert ist. Relativsätze werden im Standarddeutschen in der Regel durch ein Relativpronomen (Demonstrativpronomen (RP)) eingeleitet: (1) Dort drüben parkt das Auto , das t vorhin über die rote Ampel gefahren ist. Die deutschen Dialekte zeigen hinsichtlich ihrer Relativsatzstrategien ein hohes Maß an Variation. Für einen Überblick zu dialektalen Daten aus den mittel- und niederdeutschen Varietäten vgl. Fleischer (2005). Gleiches ist in den oberdeutschen Varietäten zu beobachten, zu denen auch das Alemannische zählt. Für das Alemannische werden vier Relativsatzstrategien beschrieben: • eine d -Relativpronomen-Strategie • eine Partikelstrategie • eine Resumptivstrategie • eine Kombination aus d -Relativpronomen und Partikelstrategie Die Modi kation eines Kopfnominals durch einen Relativsatz kann weiterhin durch zwei semantische Operationen erfolgen: • Appositive Modi kation: Der Relativsatz erscheint attributiv zum Kopfnomen und liefert eine zusätzliche Eigenschaft für dessen nähere Beschreibung • Restriktion: Die im restriktiven Relativsatz ausgedrückte Eigenschaft dient dazu, aus einer Menge von möglichen Referenten des Kopfnomens eine Teilmenge zu identi zieren, auf die die Eigenschaft zutri t, welche der Relativsatz beschreibt. 12 Die vorliegende Arbeit möchte einen empirischen Beitrag zu den im Folgenden aufgezeigten syntaktischen und semantischen Forschungsfragen leisten: (2) a. Welche der vier beschriebenen Strategien können als gesamtalemannische Strategie bezeichnet werden? b. Welche funktionalen Eigenschaften können mit den attestierten Strategien verbunden werden? Aufbau der Arbeit Die vorliegende Arbeit untersucht die in (2) formulierten Forschungsfragen in fünf Kapiteln. Kapitel 1 In Kapitel 1 erfolgt die Einführung in die Fragestellung dieser Arbeit mit einem Überblick der typologischen Eigenschaften von Relativsatzstrategien in den Sprachen der Welt durch die Vorhersagen der Noun-Phrase Accessibility Hierarchy von Keenan und Comrie (1977). Ein besonderer Fokus liegt dabei auf Relativsatzstrategien in europäischen Sprachen. Daran anschließend wird die synchrone Datenlage zu Relativsatzstrategien des Alemannischen anhand der bisher bekannten Vorhersagen aus der existierenden Literatur dargestellt. Im zweiten Teil dieses Kapitels erfolgt ein Literaturüberblick zur Syntax und Semantik von Relativsatzkonstruktionen. Kapitel 2 Ein zentraler Teil der vorliegenden Arbeit widmet sich einer empirischen Datenerhebung zu Relativsatzstrategien im gesamtalemannischen Sprachraum, durchgeführt im Rahmen des DFG-Forschungsprojekts „Syntax des Alemannischen“ (Syn- Alm). Kapitel 2 befasst sich daher ausführlich mit der Umsetzung der Forschungsfragen zu den Relativsatzstrategien in empirische Methoden der Datenerhebung und der Entwicklung einer großen Befragung von Dialektsprechern. Im Anschluss erfolgt die Auswertung aller Variablen. Ziel dieses Kapitels ist es, die Datenlage des gesamtalemannischen Sprachraums systematisch empirisch zu erfassen und zu beschreiben. Kapitel 3 Basierend auf den Ergebnissen der SynAlm-Erhebung wird in Kapitel 3.1 die Typologie alemannischer Relativsatzstrategien beschrieben. Die geschieht durch eine ausführliche Darstellung aller existierenden Strategien und ihrer syntaktischen und semantischen Funktion. Damit einhergehend erfolgt eine ausführliche Darstellung zu Kasus im Alemannischen und dessen Rolle für die Relativsatzstrategien. Dies erfordert zugleich eine Diskussion über die Rolle resumptiver Pronomen in Relativsatzkonstruktionen des alemannischen Sprachraums. Das Kapitel schließt mit einem Überblick über 12 Einleitung 13 Relativsatzeinleiter, die diachron ebenfalls im Alemannischen vorkamen und deren Vorkommen teilweise heute noch attestiert sind, wenngleich sie nicht mehr zu den Primär- und Sekundärstrategien des Alemannischen gezählt werden können. Kapitel 4 Dieses Kapitel untersucht weitere syntaktische und semantische Kriterien, die für eine Beschreibung der zugrunde liegenden Syntax alemannischer Relativsatzstrategien entscheidend sind. Im ersten Teil dieses Kapitels werden strukturelle Fragen zur appositiven und restriktiven Funktion eines Relativsatzes und etwaige Korrelationen mit Relativsatzeinleitern und deren syntaktischen und semantischen Eigenschaften untersucht. Im Mittelpunkt steht dabei die syntaktische Anbindung des Relativsatzes an den Matrixsatz mit seinem Kopfnominal. Der zweite Teil dieses Kapitels befasst sich mit den Fragen der relativsatzinternen Syntax. Anhand von Lokalitäts- und Rekonstruktionse ekten soll für Alemannisch geklärt werden, ob die zugrunde liegende Syntax entweder Kopfbewegung aus der relativsatzinternen Position oder Pronomenbewegung/ Operatorenbewegung umfasst, oder ob eine Syntax ohne Bewegungsoperation vorliegt. Kapitel 5 Die Resultate aus der typologischen Beschreibung in Kapitel 3 sowie die Analyse weiterer syntaktischer und semantischer Variablen in Kapitel 4 bilden die Basis für die syntaktische Analyse alemannischer Relativsatzstrategien, die in diesem Kapitel entwickelt wird. Die vorgeschlagene Analyse basiert auf einer Weiterentwicklung von bereits existierenden Annahmen, die in sogenannten Spell-Out-Analysen getro en wurden (u. a. Pesetsky (1998) und einer neueren Arbeit von Hladnik (2015) und der darin ausgearbeiteten Partial-Spell-Out-Analyse). Es wird gezeigt, dass die Vorhersagen der Partial-Spell-Out-Analyse von Hladnik (2015) für die Variation zwischen einer + Kasus - und einer − Kasus -Strategie im Alemannischen zutre en. Die Variation innerhalb der Relativsatzstrategien kann über eine Bewegungskette mit unterschiedlichen morphosyntaktischen Merkmalsspezi kationen und über spezielle Spell-Out-Regeln auf PF am besten erfasst werden. Die Analyse gilt gleichermaßen für appositive und restriktive Relativsätze. Das Kapitel thematisiert darüber hinaus das hohe Maß an Variation bezüglich der Relativsatzstrategien in der Grammatik aller Informanten und diskutiert den Aspekt der Optionalität in der Grammatik der alemannischen Dialektsprecher. Am Ende des Kapitels werden die Ergebnisse und deren Einordnung in den wissenschaftlichen Diskurs zur Syntax von Relativsatzstrategien in nicht standardisierten Sprachen nochmals zusammengefasst. Einleitung 13 1 Relativsatzstrategien im Alemannischen Relativsätze werden im Standarddeutschen in der Regel durch ein demonstratives Relativpronomen (RP) eingeleitet: (3) Dort drüben parkt mein neues Auto, das ich mir letzte Woche von meinem ersten Gehalt gekauft habe. Die deutschen Dialekte zeigen hinsichtlich ihrer Relativsatzstrategien ein hohes Maß an Variation. Für die oberdeutschen Dialekte wird dies anhand der Beispiele (4) - (6) aus dem Schweizerdeutschen, Schwäbischen (beide zum Alemannischen zugehörig) und dem Bairischen gezeigt. Für einen Überblick zu dialektalen Daten aus den Mittel- und Niederdeutschen Varietäten vgl. Fleischer (2005): (4) De Der Bub, Junge, wo wo mer wir *(em) *(ihm) es das velo Fahrrad versproche versprochen händ. haben. ‚Der Junge, dem wir das Fahrrad versprochen haben.‘ (Salzmann 2006c, 18) (5) Der Der Mercedes, Mercedes, wo wo do da im im Hof Hof schtoht steht ghert gehört de den Müllers. Müllers. ‚Der Mercedes, der dort im Hof steht, gehört Familie Müller.‘ (6) Die Die Frau, Frau, dera der wo wo der der Xaver Xaver a einen Bussl Kuss g’gem gegeben hod. hat. ‚Die Frau, der Xaver einen Kuss gegeben hat.‘ (Bayer 1984, 213) Die Beispiele zeigen die Variation hinsichtlich des Relativsatzeinleiters. Alle drei Varianten leiten den Relativsatz mit wo ein. Die Strategie mit Relativpartikel wo wird fortan als Partikelstrategie bezeichnet (siehe weiterführend dazu Abschnitt 1.3). Diese Strategie ist ächendeckend in allen Varietäten der oberdeutschen 1 Dialekte vorhanden, vorausgesetzt die relativierte Position ist ein Nominativ oder Akkusativ. Bei obliquen Positionen wird, so beschrieben in der Literatur, im Schweizerdeutschen auf eine Resumptivstrategie zurückgegri en (vgl. hierzu ausführlich Salzmann 2006b,c, 2008 sowie Weber und Dieth 1987). Im Alemannischen Baden-Württembergs werden diese Strukturen oft vermieden und durch andere Konstruktionen ausgedrückt. Dennoch gibt es, wenngleich nicht in derselben Frequenz, Relativsätze, in denen relativsatzintern eine oblique Position relativiert wird, weshalb sie auch Teil der Betrachtung in dieser Arbeit sind. Weiterhin kann ein alemannischer Relativsatz auch durch eine Kombination aus Relativpronomen und Partikel wo eingeleitet werden. In diesem Kapitel erfolgt zunächst eine Einführung in die Thematik dieser Arbeit. In Abschnitt 1.1 wird das alemannische Sprachgebiet 1 Alemannisch (einschließlich Schwäbisch), Bairisch, Ostfränkisch und Südfränkisch. 16 1 Relativsatzstrategien im Alemannischen vorgestellt, innerhalb dessen sich die Forschung dieser Arbeit bewegt. In den weiteren Abschnitten (1.2) erfolgt die Darstellung der grundlegenden Forschungsfragen für die Beschreibung der Relativsatzstrategien des Alemannischen ausgehend von den typologischen Grundannahmen der Accessibility Hierarchy von Keenan und Comrie (1977). Daran anschließend folgt die Einordnung in einen sprachübergreifenden, komparativen Kontext (Abschnitt 1.4) sowie die Darstellung der bisher bekannten Datenlage zu den verschiedenen Relativsatzeinleitern (Abschnitt 1.3) und schließlich eine Darstellung der verschiedenen standardgrammatisch und dialektal beschriebenen Funktionen von wo (Abschnitt 1.6). In den Abschnitten 1.7 - 1.8.5 werden die bisher vorliegenden Arbeiten zur Syntax von Relativsätzen mit Partikelstrategie im Alemannischen und Bairischen sowie der Stand der Forschung zur Syntax von Relativsätzen vorgestellt. 1.1 Das Alemannische Das Sprachgebiet der Alemannen erstreckt sich über Baden Württemberg, das Elsass, die Schweiz, die Region Vorarlberg in Österreich und Liechtenstein. Unter dem Begri Alemannisch werden die sogenannten Westoberdeutschen Dialekte zusammengefasst, dazu gehören die Gebiete, in denen Schwäbisch gesprochen wird, das sogenannte Niederalemannisch, welches das Oberrheinalemannisch bis hin zum Elsässischen und das Bodenseealemannisch zusammenfasst. Die hoch- und höchstalemannischen Dialekte, die in der Schweiz und in der österreichischen Region Vorarlberg gesprochen werden, machen das geographische Gebiet des Alemannischen komplett. 1.2 Die Vorhersagen der Zugänglichkeitshierarchie/ Noun Phrase Accessibility Hierachy Ein grundlegendes Ziel der vorliegenden Arbeit liegt darin zu beschreiben, welche Strategie (Partikel oder Pronomen) im Alemannischen zur Relativierung der verschiedenen Positionen auf der von Keenan und Comrie (1977) formulierten „Noun Phrase Accessibility Hierachy“ (AH) verwendet wird. Die „Zugänglichkeitshierarchie“ oder auch Keenan-Comrie-Hierarchie beschreibt universelle, typologische Prinzipien zur Bildung von Relativsätzen in den Sprachen der Welt. Die AH bestimmt universell den Grad der Zugänglichkeit für Relativierung. Sie umfasst semantische Beschränkungen, die universell gelten und basierend auf Relativsatzstrategien verschiedenster Sprachen formuliert wurden. Die Datengrundlage für die Beobachtungen von Keenan und Comrie (1977) waren restriktive Relativsätze. Die Kriterien ihrer De nition eines restriktiven Relativsatzes sind rein semantisch, da eine syntaktische De nition einzelsprachliche Besonderheiten berücksichtigen müsste und damit keine universelle, typologische Beschreibung möglich wäre: ein Relativsatz ist daher nach ihrer De nition jedes syntaktische Objekt, das ein Set (dieses Set kann auch nur eine einzelne Entität sein) von Objekten spezi ziert, die durch einen nominalen Ausdruck spezi ziert werden. Diese Spezi kation geschieht in drei Schritten (Keenan und Comrie 1977, 64): I. Ein größeres Set von Entitäten wird spezi ziert und als „domaine of relativisation“ festgelegt. Die „domaine of relativisation“ bezieht sich auf den Begri des „Head Nouns“ oder „Kopf “ eines Relativsatzes. II. Das größere Set wird durch einen Satz auf ein kleineres Subset restringiert und zwar auf dasjenige Subset, für das der restringierende Satz „wahr“ ist. III. Im restriktiven Relativsatz (RRS) gibt es eine weitere NP-Position, die ko-referenziell mit dem Antezedenten (Kopf) des Relativsatzes ist. Sie wird als relativierte NP oder auch NP bezeichnet. In Beispiel (7) wird dies illustriert: (7) Das Mädchen, das Hans mag. Die Relativierungsdomäne ist ein Set von Mädchen, die Kopf-NP ist das Mädchen . Der restriktive Satz ist Hans mag sie , ausgedrückt durch den Relativsatz das Hans mag . Das Objekt, auf das die Kopf-NP das Mädchen referiert und auf die der Relativsatz das Hans mag zutri t, muss in der Relativierungsdomäne enthalten sein und der Relativsatz ist für dieses Objekt wahr. Weiterhin wichtig für die De nition ist der Terminus Relativsatzstrategie . Spezi sche Kriterien legen fest, wann von einer oder mehreren Strategien gesprochen werden kann. Zu diesen Kriterien zählt zum einen die Struktur einer Konstruktion: I. In welchem syntaktischen Verhältnis stehen die Kopf-NP und der Relativsatz? Typologisch sind folgende Positionen möglich: postnominal, pränominal oder zirkumnominal . 2 Sprache: Englisch (8) The Das book Buch [that [das I ich am lese.] reading.] ‚Das Buch, das ich lese.‘ 2 Beispiele aus dem WALS (Dryer und Haspelmath 2013), Chapter Order of Relative Clause and Noun von Matthew S. Dryer (2013). Für die Quellenangaben der einzelnen Beispiele siehe auch oben genanntes Kapitel im WALS. 1.2 Die Vorhersagen der Zugänglichkeitshierarchie/ Noun Phrase Accessibility Hierarchy 17 18 1 Relativsatzstrategien im Alemannischen Sprache: Alamblak lamblak (Bruce 1984, 109) (9) [ni [2SG hik-r-fe] follow-IRREAL-IMMED.PST] yima-r. person-3SG.M ‚A man who would have followed you.‘ Sprache: Bambara (Bird und Kante 1976, 9) (10) [muso [woman min rel taara], leave] o 3sg ye pst ni cloth san. buy. ‚The woman who left bought the cloth.‘ Das zweite Kriterium betri t die Strategie, mit der ein Relativsatz eingeleitet wird. Keenan und Comrie (1977, 64-65) unterscheiden zwischen zwei Möglichkeiten: IIa. Der Relativsatz wird durch ein Relativpronomen (kongruierend mit dem Kopf) + Kasus-Strategie eingeleitet. IIb. Der Relativsatz wird durch eine Partikel (in der Regel nicht kongruierend mit dem Kopfnominal) eingeleitet. Die Hierarchie macht schließlich eine Aussage darüber, welche grammatischen Positionen relativiert werden können. Dabei hängt die Relativierbarkeit einzelner Positionen von der anderer ab und diese Beschränkungen sind universell (> = zugänglicher als 3 , Keenan und Comrie (1977, 66-67)): Subjekt (SU) > Direktes Objekt (DO) > Indirektes Objekt (IO) > Oblique (OBL) > Genitiv (GEN) > Komparativ (Object of Comparison, OCOMP) Universelle Beschränkungen für die AH sind: a. Eine Sprache muss in der Lage sein, Subjekte zu relativieren. b. Eine RS-Strategie muss an einer der Positionen in der Hierarchie beginnen. c. Eine Strategie, die an einem bestimmten Punkt der Hierarchie beginnt, muss nicht auf die darunter liegenden Positionen anwendbar sein, sie kann auch an einem bestimmten Punkt der AH abbrechen. Aus den oben genannten Beschränkungen formulieren Keenan und Comrie die sogenannte „primary relativisation constraint“ (Keenan und Comrie 1977, 67), deren Komponenten in (11) wiedergegeben werden: 3 Die Vorhersage ist dabei jedoch nicht, dass alle Sprachen diese Positionen unterscheiden. (11) a. Eine Sprache braucht mindestens eine sogenannte „Primärstrategie“. b. Wenn eine Strategie an einer niedrigen Position der AH relativieren kann, ist dies auch an jeder darüber liegenden Position möglich. c. Die Strategie kann an jeder Position der AH abbrechen. Durch die Zugänglichkeitshierarchie werden eine bestimmte Anzahl grammatischer Unterscheidungsmöglichkeiten de niert, nach denen die Relativsatzbildung erfolgt. Es handelt sich dabei um eine Menge von grammatischen Unterscheidungen, die eine Sprache vornehmen kann. Nicht jede Sprache muss jedoch alle Positionen auf der AH unterscheiden. Die weiteren Beschränkungen gelten entsprechend der sprachspezi schen Daten. Sprachen können demzufolge über mehrere Strategien zur Relativsatzbildung verfügen. Jede Strategie für sich kann an einer bestimmten Position der AH ansetzen und abbrechen. Wenn eine niedrige Position auf der AH durch die Strategie relativiert werden kann, folgt daraus, dass auch jede darüber liegende Position ebenfalls durch diese Strategie relativiert werden kann (Keenan und Comrie 1977, 66). Bisher bekannte Daten zu den Relativsatzstrategien des Alemannischen zeigen, dass es sich in die AH wie folgt einordnen lässt: - Relativsätze sind postnominal. - Der Relativsatzeinleiter ist entweder ein d -Relativpronomen (+ Kasus-Strategie), eine Relativpartikel wo (- Kasus-Strategie), eine Kombination aus d -Relativpronomen und Partikel (+ Kasus-Strategie) sowie eine Kombination aus Partikel und Resumptivpronomen (zur Relativierung von Dativ- und obliquen Positionen; + Kasus-Strategie). Ziel dieser Arbeit ist es zu zeigen, welches die primäre und gegebenenfalls welches die sekundäre(n) Strategien(n) des Alemannischen sind und Sprachdaten systematisch einzuordnen. Dabei wird sowohl eine typologische als auch eine syntaktische Darstellung angestrebt. In Abschnitt 1.3 wird zunächst ein Blick auf die Typologie von Relativsatzstrategien und deren Distribution in den Sprachen der Welt basierend auf dem WALS geworfen, um anschließend zeigen zu können, wo sich die Strategien des Alemannischen typologisch einordnen lassen. 1.3 Relativsatzstrategien in anderen (europäischen) Sprachen Relativpronomen sind mehrheitlich ein Phänomen europäischer Standardsprachen. Der WALS (Dryer und Haspelmath 2013) (Worlds Atlas of Language Structures) zeigt die Verteilung von Pronomen und Komplementiererbzw. Partikelstrategie (Abbildung 1 für Subjektrelativsätze, (Dryer 2013)). 1.3 Relativsatzstrategien in anderen (europäischen) Sprachen 19 20 1 Relativsatzstrategien im Alemannischen Abbildung 1: Relativsatzstrategien Die Gra k zeigt deutlich, dass Relativsätze mit einer Lücke und einem Komplementierer oder einer Partikel als Relativsatzeinleiter weitverbreitet sind. Universelle Komplementierer, wie sich in den Beispielen (12) und (13) für Französisch, in (14) für Griechisch und in (15) für Italienisch zeigt (Bräuning 2009), sind keinesfalls eine Besonderheit. In Tabelle 1 werden Komplementierer- und Partikelstrategien europäischer Sprachen in Relativsätzen mit einer Lücke skizziert. Dabei ist besonders interessant, dass Relativkomplementierer oder Standardkomplementierer oft morphologisch identisch sind und ihren Ursprung in W -Ausdrücken haben. (12) Le Der garcon Junge, ou wo son sein chariot Wagen roule. rollt. ‚Der Junge, dessen Wagen rollt.‘ (Guasti und Cardinaletti 2003, 67) (13) Touche Berühre l’orange die Orange, ou wo la die dame Dame a hat pris genommen pour für faire machen le den jus. Saft. ‚Berühre die Orange, die die Dame genommen hat, um den Saft zu machen.‘ (Guasti und Cardinaletti 2003, 67) (14) to Das vivlioi Buch , pou das dhiavases gelesen2Sg t . t . ‚Das Buch, das er gelesen hat.‘ (Roussou und Roberts 2001, 204) (15) Il Der ragazzo Junge che was ha hat vinto gewonnen il den premio. Preis. ‚Der Junge, der den Preis gewonnen hat.‘ (Guasti und Cardinaletti 2003, 49) Tabelle 1 zeigt weitere Beispiele für universell verwendete Komplementierer dass , bei denen ein Zusammenfall mit was oder wo besteht. Tabelle 1: Universelle Komplementierer Sprache Relativkomplementierer Standardkomplementierer W -Ausdruck Französisch que/ qui (was), òu (wo) que (dass) que (was) Italienisch che (was) che (dass) che (was) Griechisch pou (wo) oti/ an/ pou (dass) 4 pou (wo) Bulgarisch deto (was), asto (wo) deto (was), asto (wo) Serbokroatisch sto (was) sto (was) Portugiesisch que (was) que (dass) que (was) Spanisch que (was) que (dass) que (was) Rumänisch că (dass) ce (was) Polnisch co (was) że (dass) co (was) Bengali/ Oriya/ Assamese je (was/ wer) je (dass) ki (was) Zusammenfassend zeigen diese Daten: universelle Komplementierer (Relativsatz- und Standardkomplementierer) sind in den meisten Fällen W -Ausdrücke. Alemannisch reiht sich mit seiner Partikelstrategie hier ein. Die Partikel, die als Relativsatzeinleiter verwendet wird, kommt ebenfalls aus der Kategorie der W -Wörter ( wo - Lokaladverbial), kann jedoch nicht als Standardkomplementierer bezeichnet werden, denn wo kann zwar eine Reihe von subordinierten Sätzen einleiten (Relativsätze und Konjuktionalsätze mit temporaler oder auch kausaler und konzessiver Bedeutung, vgl. dazu ausführlich Bräuning, 2009), ist jedoch nicht in der Funktion des Standardkomplementierers möglich. Wo in seiner Funktion als Relativsatzeinleiter wird in dieser Arbeit als Partikel bezeichnet. 5 5 Die Partikel wo hat damit, anders als die meisten der anderen Komplementiererstrategien in den Sprachen Europas, keinen pronominalen Ursprung. Dies ist besonders unter dem Aspekt der Kongruenz, die ein Relativsatzeinleiter mit dem Kopfnominal aufweist von Bedeutung. Unter den Standardkomplementierern gibt es einige Formen, wie que/ qui im Französischen, die noch ektierende Eigenschaften haben und damit ihren pronominalen Ursprung deutlich erkennbar machen. Auch in Fleischer 1.3 Relativsatzstrategien in anderen (europäischen) Sprachen 21 22 1 Relativsatzstrategien im Alemannischen Die Datenlage des Alemannischen ist aus komparativer Sicht besonders interessant durch die Tatsache, dass Relativsätze mit Relativpronomen und mit Partikelstrategie nebeneinander existieren. Die Besonderheit liegt im Unterschied zu anderen Sprachen, in denen auch Pronomen und Partikelstrategien attestiert sind, darin, dass im Alemannischen Partikel und Pronomen in Relativsätzen die gleichen Funktionen übernehmen. Daraus ergeben sich interessante Fragestellungen im Hinblick auf die zugrunde liegende Syntax. Im folgenden Abschnitt wird die Distribution der Relativsatzstrategien des Alemannischen beschrieben. 1.4 Relativsätze in den Varietäten des Alemannischen Für das Alemannische sind folgende Relativsatzstrategien beschrieben: a) Eine Partikelstrategie mit wo (16) Der Der Mercedes, Mercedes, wo wo do da im im Hof Hof schtoht, steht, ghert gehört de den Müllers. Müllers. ‚Der Mercedes, der dort im Hof steht, gehört Familie Müller.‘ Da diese Strategie, anders als die aus dem Standarddeutschen bevorzugte Strategie mit Relativpronomen, nicht mit der Kopf-NP des Relativsatzes kongruiert, wurde bisher davon ausgegangen, dass der Dialekt Alternativstrategien verwendet, um Relativierung derjenigen Positionen der AH zu übernehmen, auf denen die Partikelstrategie nicht attestiert ist. Es wird dann, so die bisherige Au assung, auf folgende Strategien zurückgegri en: b) Strategie mit d -Relativpronomen (17) Der Der Mercedes, Mercedes, der der do da im im Hof Hof schtoht, steht, ghert gehört de den Müllers. Müllers. ‚Der Mercedes, der dort im Hof steht, gehört Familie Müller.‘ oder auf eine Kombination aus c) d -Relativpronomen und Partikel wo (18) Der Der Mercedes, Mercedes, der der wo wo do da im im Hof Hof schtoht, steht, ghert gehört de den Müllers. Müllers. ‚Der Mercedes, der dort im Hof steht, gehört Familie Müller.‘ (2005) werden ähnliche dialektale Daten für was in den Mundarten des Deutschen beschrieben. Dieser Aspekt ist insbesondere für den syntaktischen Status dieser Partikel und Komplementierer von Relevanz, siehe dazu ausführlich Kapitel 5. Weiterhin ist in einigen Regionen d) eine Resumptivstrategie attestiert 6 (Beispiel (6) hier wiederholt als (19)): (19) De Der Bub, Junge, wo wo mer wir *(em) *(ihm) es das velo Fahrrad versproche versprochen händ. haben. ‚Der Junge, dem wir das Fahrrad versprochen haben.‘ (Salzmann 2006c, 18) Der Terminologie der AH folgend muss man für das Alemannische von mehreren Relativsatzstrategien ausgehen. Bisher ist jedoch nicht hinreichend geklärt, an welchen Punkten der AH die bekannten Strategien ansetzen und enden. Weiterhin herrscht Unklarheit hinsichtlich des genauen Status der einzelnen Strategien (Primär- oder Sekundärstrategie). Sind die Strategien mit d -Relativpronomen Alternativ- oder Reparaturstrategien oder tragen sie den Status einer Primärstrategie? Diese Arbeit möchte einen Beitrag zur Beantwortung dieser Fragen leisten. Eine systematische Datenerhebung im Alemannischen Sprachraum, die in Kapitel 2 beschrieben wird, soll Klarheit in die Datenlage zu den typologischen und syntaktischen Fragestellungen bringen. Eine Reihe von Arbeiten in der Literatur der letzten 30 Jahre befassen sich mit Relativsatzstrategien der oberdeutschen Varietäten und ihrer zugrunde liegenden Syntax. Stellvertretend seien an dieser Stelle die Arbeiten von Bayer (1984), van Riemsdijk (1989), Grewendorf (1988), Pittner (2004), Salzmann (2006b), Fleischer (2005), Günthner (2007), Bayer und Brandner (2008) Bräuning (2009), Schallert (2010), Salzmann und Seiler (2010), Wiltschko (2013), Weiß (2013) u. v. m erwähnt. Alle oberdeutschen Varietäten haben eine sogenannte Partikelstrategie. Die Partikel, welche den Relativsatz einleitet, ist wo . In allen Varietäten sind weitere Relativsatzeinleiter wie was, als und wie attestiert. Ihr Auftreten wird in dieser Arbeit in Kapitel 3 untersucht, steht aber nicht im Mittelpunkt der Betrachtung, da es sich dabei nicht um Primärstrategien des Alemannischen handelt. 7 Neben der Partikelstrategie gibt es in allen oberdeutschen Varietäten d -Relativpronomen der, die, das , deren Distribution jedoch je nach Varietät unterschiedlich ist. Auch in dieser Frage möchte die vorliegende Arbeit Klarheit in die Datenlage bringen. Bevor diese Fragen im Detail untersucht werden (Kapitel 2), erfolgt zunächst eine Darstellung der bisher bekannten Datenlage für die Varietäten des Alemannischen. Im Anschluss daran werden die bereits vorliegenden syntaktischen Analysen von Bayer (1984), van Riemsdijk (1989) und Salzmann (2006b) dargestellt. Van Riemsdijk (1989) und Salzmann (2006b) befassen sich in ihren Analysen mit der Syntax schweizerdeutscher und zürichdeutscher 6 Im Bairischen kann bei Relativierung einer DAT/ IO-Position das Relativpronomen nur ausgelassen werden, wenn die Kopf-NP ebenfalls für Dativ markiert ist. 7 Zur Typologie verschiedener Relativsatzstrategien vgl. auch Fleischer (2005). 1.4 Relativsätze in den Varietäten des Alemannischen 23 24 1 Relativsatzstrategien im Alemannischen Relativsätze mit Partikelstrategie (Alemannisch). In Bayer (1984) werden die Strategien bairischer Relativsätze beschrieben. Auch wenn es sich nicht um Daten aus dem Alemannischen handelt, werden diese Ergebnisse berücksichtigt (nicht zuletzt auch wegen ihrer geographischen Nähe zueinander). Die Resultate dieser Arbeiten sowie diejenigen der Studien des Syntaktischen Atlas von Niederbayern sind in die Datenerhebung dieser Arbeit (siehe Kapitel 2) einge ossen. 1.5 Die Strategien Relativsätze in den alemannischen Varietäten sind postnominal. Sie folgen in der Regel unmittelbar dem Kopfnomen (Kopf-NP) des Relativsatzes (20) und (21) oder sind extraponiert. (20) Die Rosen, [die wir im letzten Jahr gep anzt haben], müssen dringend geschnitten werden. (21) Die Rosen müssen dringend geschnitten werden, [die wir im letzten Jahr gep anzt haben.] Sie werden entweder durch die Partikel wo (16), eine Kombination aus d -Relativpronomen und Partikel wo (18) oder durch ein d -Relativpronomen (17) eingeleitet. Relativsatzintern be ndet sich die relativierte Position, die als Argumentposition des Verbs im Relativsatz generiert wird und koindiziert ist mit dem Relativsatzeinleiter (Relativoperator). Diese sind wiederum mit dem externen Kopfnomen koindiziert. Die relativierte Position ist zunächst besetzt durch einen Operator (oder das Relativpronomen), der als Komplement des Verbs gemerged und dann in die linke Peripherie nach Spec CP bewegt wird. Das Pronomen kongruiert bezüglich der Phi-Merkmale mit dem Kopfnomen des Relativsatzes. Der Kasus des Kopfnomens und der Kasus des Relativpronomens können unterschiedlich sein, wenn das Verb des Matrixsatzes, von dem das Kopfnomen selegiert wird, einen anderen Kasus zuweist, als das Verb des Relativsatzes dem d -Relativpronomen. In diesen Fällen werden in der Literatur Mechanismen wie Kasusattraktion Bianchi (1999) oder Kasusübertragung Bayer (1984) bzw. Formidentität des externen Determinierers mit dem d -Relativpronomen zur Analyse herangezogen (siehe dazu ausführlich Kapitel 3 und 5). 8 Die Lücke im Relativsatz entsteht durch die Bewegung eines leeren Relativoperators oder durch die Bewegung eines Relativpronomens in die linke Peripherie. Wird der Relativsatz durch die Partikel wo eingeleitet, dann muss zur Lizenzierung von obliquem Kasus ein resumptives Pronomen in der Position der Lücke ausbuchstabiert werden. 8 Vgl. hierzu Bayer (1984). 1.5.1 Relativsatzstrategien für die SU-Position Im alemannischen Dialekthandbuch vom Kaiserstuhl wird beschrieben (Noth 1993, 418 ): „Die Nebensätze, die im Hochdeutschen mit der, die, das, dem, den, dessen, deren, denen, welcher, welche, welches angeschlossen werden, werden im Kaiserstühler Alemannisch mit wu angeschlossen“. (22) S Es isch ist eber jemand vu von salem diesem Gschäfd Geschäft do da gssii, gewesen, wu-n-is wo-n-uns noch noch a eine Ghischda Kiste Wii Wein schulded. schuldet. ‚Es war jemand aus dem Geschäft da, das uns noch eine Kiste Wein schuldet.‘ (23) Alli, Alle, wu-n-em wo-n-ich-ihm hab habe wellá wollen machá, machen, sí-mr sind-mir vrgroodá. missraten. ‚Alle, die ich ihm machen wollte, sind mir missraten.‘ Auch in der Zürichdeutschen Grammatik wird diese Strategie beschrieben: (24) En Ein alte alter Maa, Mann, wo wo nüüt nicht mi mehr cha. kann. ‚Ein alter Mann, der nicht mehr kann.‘ (Weber und Dieth 1987, 299) Alternativ erscheint in einigen Varianten des Alemannischen zusätzlich zur Partikel wo ein d -Relativpronomen: (25) Der Der Mann, Mann, der der wo wo des das gsogt gesagt hod. hat. ‚Der Mann, der das gesagt hat.‘ (Pittner 2004, 366) Ein d -Relativpronomen ohne Partikel wie im standarddeutschen Relativsatz ist ebenfalls möglich, ob diese Strategie jedoch Teil der alemannischen Grammatik ist, wird diese Arbeit untersuchen: (26) Der Der Mann, Mann, der der des das gsogt gesagt hod. hat. ‚Der Mann, der das gesagt hat.‘ 1.5 Die Strategien 25 26 1 Relativsatzstrategien im Alemannischen 1.5.2 Relativsatzstrategien für die DO-Position Die Partikelstrategie ist auch in Relativsätzen attestiert, in denen ein direktes Objekt relativiert wird. Es gelten die gleichen Bedingungen wie für die Subjektfunktion beschrieben: (27) Die Spieler, wo wir bei den Kickers zum Beispiel haben, aus diesem gesamten Spielermaterial wär eine sehr gute Mannschaft zu formen. (Bsp. aus PFE/ BRD. HH 025, Würzburg.12#10. M(43)Würzburg, Themen: Fußball in Würz; zitiert nach Pittner 2004, 368) (28) Gueti Gute Bikanti, Bekannte, won wo i ich scho schon lang lange nümme nicht-mehr gsee gesehen hä. habe. ‚Gute Bekannte, die ich schon lange nicht-mehr gesehen habe.‘ (Weber und Dieth 1987, 299) Ein d -Relativpronomen kann zusätzlich erscheinen (29): (29) Gueti Gute Bikanti, Bekannte, dia die won wo i ich sho schon lang lange nümme nicht-mehr gsee gesehen hä. habe. ‚Gute Bekannte, die ich schon lange nicht mehr gesehen habe.‘ Wie zuvor für die Subjektsposition beschrieben, wird auch für die DO-Position der Status der Strategie mit Relativpronomen ohne Partikel zu klären sein: (30) Gueti Gute Bikanti, Bekannte, dia die i ich sho schon lang lange nümme nicht gsee mehr hä. gesehen habe. ‚Gute Bekannte, die ich schon lange nicht mehr gesehen habe.‘ 1.5.3 Relativsatzstrategien für die IO-Position In der Grammatik des Kaiserstühler Alemannisch (Noth 1993, 418) ist die Partikelstrategie auch bei Relativierung einer IO-Position attestiert: (31) Sali Diese Firma, Firma, wu wo dr der Sebb Joseph noch noch ebis etwas schulded, schuldet, hed hat scho schon wieder wieder aagruafa. angerufen. ‚Diese Firma, der Joseph noch etwas schuldet, hat schon wieder angerufen.‘ In der Zürichdeutschen Grammatik heißt es hingegen, dass aufgrund der „Unveränderlichkeit von wo “ (nicht ektierend) bei der Wiederaufnahme des im Dativ stehenden Relativpronomens zu „[...] mehr oder weniger umständlichen Fügungen gegri en werden [...]“ muss (Weber und Dieth 1987, 299). Ist das Bezugswort eine Person, wird diese durch das Personalpronomen (resumptives Pronomen) im entsprechenden Kasus wieder aufgenommen, entweder direkt nach wo oder nach dem Subjekt: (32) Lüüt, Leute, wo wo me man ne ihnen (DAT) (DAT) mit mit em dem beschte besten wile Willen nüd nicht cha kann häl e. helfen. ‚Leute, denen man beim besten Willen nicht helfen kann.‘ Zudem scheinen die d+w -Strategie (auch dw-Strategie) und die Pronomenstrategie möglich zu sein, die genaue Datenlage hierzu wird in dieser Arbeit geprüft: (33) Lüüt, Leute, dene denen wo wo me man mit mit em dem beschte besten wile Willen nüd nicht cha kann häl e. helfen. ‚Leute, denen man beim besten Willen nicht helfen kann.‘ (34) Sali Diese Firma, Firma, der wo dr der Sebb Joseph noch noch ebis etwas schulded, schuldet, hed hat sch schon wieder wieder aagruafa. angerufen. ‚Diese Firma, der Joseph noch etwas schuldet, hat schon wieder angerufen.‘ In der Literatur zu schweizerdeutschen Relativsatzstrategien (Salzmann 2006b und van Riemsdijk 1989) wurde bisher davon ausgegangen, dass die Partikelstrategie bei Relativierung einer IO-Position immer ein resumptives Pronomen in der Position der relativsatzinternen Lücke verlangt, da der Dativ morphologisch overt ausgedrückt werden muss. Dem gegenüber stehen die Daten aus dem Kaiserstühler Alemannischen, einer Variante in Baden-Württemberg (BW), denen zufolge ein resumptives Pronomen nicht erforderlich ist. Den Kriterien der AH folgend kann man anhand der bisher bekannten Datenlage feststellen: In BW reicht die Partikelstrategie bis zur IO-Position, in der Schweiz bricht sie hier bereits ab. Die SynAlm-Datenerhebung (Kapitel 2) hatte zum Ziel, für diese Fragestellung klarere Daten zu erheben. 1.5.4 Relativsatzstrategien für Präpositionalobjekte Eine Korpusuntersuchung des Zwirnerkorpus 9 (Pittner 2004, 369) ergab insgesamt 13 Fälle, in denen die Partikel wo ein Präpositionalobjekt ersetzt, davon kann wo nur in drei Fällen alleine stehen. Als Beispiel führt sie an: 9 Die von Pittner (2004) beschriebenen Daten sind dem Pfe er-Korpus und dem Zwirnerkorpus entnommen. Der Pfe er-Korpus ist eine Datensammlung des Instituts für Deutsche Sprache in Mannheim (erstellt von Prof. Dr. Alan Pfe er), der Aufnahmen von Dialektsprechern aus allen Regionen Deutschlands umfasst. Der Zwirnerkorpus umfasst Aufnahmen aus Süddeutschland. 1.5 Die Strategien 27 28 1 Relativsatzstrategien im Alemannischen (35) Ich Ich hab habe a’mol ein’mal aan einen reiwischen durch lassen, gelassen, wo wo i ich gewußt gewußt hab, habe, also, also, na na ja, ja, er er ist ist halt halt aa auch e’ ein junger junger Kerl, Kerl, war war halt halt aa auch scho schon iber über zwölfe. zwölf. In (35) wird das Präpositionalobjekt von dem durch wo ersetzt. In sechs weiteren Fällen tritt wo mit einer gestrandeten Präposition auf, allerdings sind diese Belege nicht süddeutschen Varietäten zuzuordnen. Weiterhin ndet Pittner in ihrer Korpusuntersuchung Belege, in denen wo Adverbiale wie durch die (instrumental), bei denen (übertragen lokal) ersetzt. In der Zürichdeutschen Grammatik werden folgende Kriterien beschrieben: „Ist das Relativpronomen von einer Präposition abhängig, wird das Beziehungswort vor, häu ger aber nach dem Verb durch ein resumptives Pronomen wieder aufgenommen“ (Weber und Dieth 1987, 300). Folgende Funktionen werden weiterhin für wo genannt (Weber und Dieth 1987, 300): a) Ist das Bezugswort eine Person, dann wird diese durch wo , ein Personalpronomen und eine Präposition wieder aufgenommen: (36) De Der Suu, Sohn, wo wo de die Muetter Mutter irer ihrer Läbtig Lebtag für en für ihn gspaart gespart hät/ gspaart hat/ gespart hät hat für en. für ihn. ‚Der Sohn, für den die Mutter ihr Leben lang gespart hat.‘ b) Ist das Bezugswort [belebt], wird es durch wo und Adverbien wie de(r) voo , de(r) füür , draa ausgedrückt: (37) De Der Beerg, Berg, wo-n-e wo-n-eine grossi große Burg Burg gstanden gestanden isch ist dru darauf obe. oben. ‚Der Berg, auf dem eine große Burg stand.‘ (38) Er Er tet tut nüüt, nichts, wo wo me man chönt könnte Froid Freude haa haben draa. daran. ‚Er macht nichts, woran man Freude haben könnte.‘ In der Grammatik des Kaiserstühler Alemannisch sind ebenfalls Konstruktionen belegt, in denen der Relativsatz mit Relativierung einer obliquen Position durch die Partikelstrategie eingeleitet wird und ein resumptives Pronomen in der Position der Lücke erscheint: (39) Wià Wie háißd heißt jedz jetzt wíder wieder dr der Ghámifááger(x.x.), Kaminfeger, wu wo híd heute Noohaldig Gedenkgottesdienst ísch ist fír-à? für-ihn? ‚Wie heißt jetzt wieder der Kaminfeger, für den heute Gedenkgottesdienst ist? ‘ (40) D Die Aschandíi, Aschanti, wu wo dr der Fílm Film handled handelt vu-n-ená, vo-n-ihnen, sín sind á ein seli sehr sálbschdbewußd selbstbewusstes Volg. Volk. ‚Die Aschanti, von denen der Film handelt, sind ein sehr selbstbewusstes Volk.‘ Noth (1993, 419) beschreibt jedoch auch Konstruktionen, in denen die Partikelstrategie alleine stehen kann. In diesen Beispielen lässt sich jedoch in allen Fällen ein zumindest abstrakter lokaler Bezug konstruieren, so dass die Partikelstrategie eine naheliegende Konstruktion ist: (41) D Die Schdoorá Stare hoggá sitzen im im hínerá hinteren Baüm, Baum, wu wo noch noch à ein baar paar Gíásá Kirschen ím im Doldá Wipfel hánga. hängen. ‚Die Stare sitzen im hinteren Baum, in dessen Wipfel noch ein paar Kirschen hängen.‘ Die aus Pittner (2004) zitierten Daten sind den süddeutschen Dialekten zuzuordnen. Auch wenn der Korpus gesamtdeutsche Dialekte beinhaltet, so ist die systematische Verwendung von wo als Relativsatzeinleiter wohl hauptsächlich dem süddeutschen Raum vorbehalten. Ausführliche Beschreibungen gibt es dazu von Bayer (1984) für das Bairische wo und von Neumann (1994) für das Fränkische wo . Die dort zugrunde liegenden syntaktischen Prozesse werden in Abschnitt 1.7.1 dargestellt. In den süddeutschen Varietäten sind in fast allen Kasuspositionen (NOM>AKK>DAT) entsprechend der „Noun Phrase Accessibility“ von Keenan und Comrie (1977) Relativsätze mit der Partikelstrategie wo möglich. Welche Rolle die Strategien mit d -Relativpronomen, die Kombination aus d -Pronomen und Partikel im Dialekt einnehmen und welchen Status sie in der Grammatik des Alemannischen haben, ist bisher nicht hinreichend erklärt. Diesen Beitrag möchte die vorliegende Arbeit leisten. Abschließend sei noch auf eine Zusammenfassung von Fleischer (2004b, 227) verwiesen. In Tabelle 2 werden die unterschiedlichen dialektalen Strategien der relativen Anschlüsse dargestellt. Zum einen wird daraus die Verteilung der Strategien für die in dieser Arbeit untersuchten Varianten ersichtlich, zum anderen zeigt sich, dass Relativsätze mit wo auch in anderen Dialekten attestiert sind. 1.5 Die Strategien 29 30 1 Relativsatzstrategien im Alemannischen Tabelle 2: Zugänglichkeitshierarchie für Relativsätze in den deutschen Dialekten Sprache Subjekt DO IO Oblique Schleswig der+da was+da ∅ +da ? ? ∅ ? wo...+P was...+P Rheiderland der/ was der/ was ? was...+P Westphalian der/ was wer welcher der/ was wer welcher der wer welcher P+der wo...+P E.Pomeranian was [was] [der,die,das] P+der wo...+P M.Franconian (der)+wo (der)+wo der+wo wo...+P Leipzig der/ was(+da) der/ was(+da) der (+da) wo+da...+da+P N.w.Bohemia was was was w+da...+P East Franconaian der+wo der+wo der+wo P+der+wo wo...+da+P North Bavarian der+was [der+was] [der+was] der+was wo...+da+P Oberrotweil wo wo wo wo...+P+pr. wo...+da+P Basle wo wo wo+pr. wo...+P+pr. wo...+da+P Lubica was+pr. was(...+pr.) was...+pr. was...+P+pr. Yiddisch was(...+pr.) welcher was(...+pr.) welcher wer was(...+pr.) welcher wer was...+P+pr. P+welcher wer Die verschiedenen Relativsatzstrategien des Alemannischen sind unter sprachvergleichenden Aspekten sehr interessant. Während Relativpronomen ein Phänomen europäischer Standardsprachen sind, sind Strategien mit universellen Komplementierern oder Relativpartikeln frequenter. Die Einordnung der alemannischen Situation unter komparativen Aspekten erfolgte ausführlich im Abschnitt 1.3. Im Folgenden werden die grammatischen und funktionalen Merkmale von wo näher betrachtet. 1.6 Die Partikel wo Für wo gibt es standardgrammatisch und dialektal verschiedene Verwendungsweisen. In diesem Abschnitt erfolgt eine Darstellung der synchronen Datenlage aus Grammatiken des Deutschen sowie dialektgrammatischen Beschreibungen. Im DUDEN (2003) werden folgende Funktionen von wo beschrieben (vgl. Bräuning 2009): a) Lokaladverb b) Interrogativadverb (42) Wo warst du? c) relativisch für: an welchem Ort? (43) Überall, wo Menschen wohnen. In den Beispielen ersetzt wo die präpositionalen Ausdrücke in dem und bei der , die strikt lokale Bedeutung wird etwas ausweitet (Zifonun et al. 1997, 42): (44) Dort, wo sie ihr Haus hat. (45) Das Haus, (in dem) wo ich wohne. (46) So eine Sache, (bei der) wo unklar ist, wer sie vertritt. (47) Deutschland, (in dem) wo ich wohne. Nach Eisenberg (2006, 277) ist wo auch standardgrammatisch auf andere Inhaltsbeziehungen übertragbar, wobei für Eisenberg, anders als im Duden festgelegt, nicht ganz klar ist, wo die Grenze der Grammatikalität exakt verläuft. Für den Duden ist nach Eisenberg (2006) diese Grenze vergleichsweise streng: so gelten die Sätze (49) und (50) als ungrammatisch, (48) jedoch als grammatisch: (48) Der Moment, wo das passiert. (49) Ein Vorschlag, wo man nicht weiß, was aus ihm folgt. (50) Eine Ehe, wo immer Krach ist. (Eisenberg 2006, 277) In Eisenbergs Beschreibung nimmt wo die Rolle eines „universellen Relativadverbs“ (Eisenberg 2006, 277) ein. Der besondere Status wird unterstrichen durch sein Auftreten in Pronominaladverbien wie womit , mit denen auch relative Satzanschlüsse möglich sind. Aufgrund der „Nicht ektierbarkeit“ dieser adverbialen Ausdrücke zählt Eisenberg sie zu sogenannten Relativadverbien. In Kapitel 3 wird die Rolle dieser Relativadverbien bzw. Pronominaladverbien mit wo aus diachroner Perspektive nochmals ausführlich betrachtet und im Zusammenhang mit der Ausbreitung von wo als multifunktionale Partikel dargestellt. Für eine ausführliche Beschreibung von wo unter synchronen und diachronen Aspekten sei auf eine frühere Arbeit von Bräuning (2009) verwiesen. 1.6 Die Partikel wo 31 32 1 Relativsatzstrategien im Alemannischen Die nächsten Abschnitte haben zum Ziel, die bisher vorliegenden syntaktischen Analysen der Partikelstrategie mit wo in Relativsätzen des Alemannischen, Bairischen und Fränkischen vorzustellen. Im Detail werden dabei Arbeiten von van Riemsdijk (1989) und Salzmann (2006b) für das Schweizerdeutsche und das Zürichdeutsche (beides Alemannisch) sowie Bayer (1984) und Neumann (1994) für Bairisch und Fränkisch herangezogen. 1.7 Syntax der Partikelstrategie mit wo - Bisherige Ansätze Für wo als Relativsatzeinleiter nden sich auch schon in früheren Arbeiten Beschreibungen für die zugrunde liegenden syntaktischen Prozesse. So zeigen Bayer (1984) für das Bairische wo und Neumann (1994) für das Fränkische wo , welchen syntaktischen Bedingungen die Partikel als Relativsatzeinleiter unterliegt. Spätere Arbeiten befassen sich mit den Relativsatzstrategien des Alemannischen. Im Mittelpunkt dieser Arbeiten stehen Relativsätze des Schweizerdeutschen (van Riemsdijk, 1989) und des Zürichdeutschen (Salzmann, 2006b). Die zentralen Ergebnisse dieser Arbeiten werden in den folgenden Abschnitten dargestellt. Dabei soll insbesondere herausgearbeitet werden, welche Forschungsfragen sich daraus für die vorliegende Arbeit ergeben. 1.7.1 Bayer, 1984 (Bairisch) und Neumann, 1994 (Fränkisch) Im Bairischen werden Relativsätze durch einen Komplementierer wo eingeleitet. Zusätzlich treten d -Relativpronomen entweder obligatorisch oder fakultativ hinzu. Für Bairisch und Fränkisch kann eine Partikelstrategie mit wo , eine d -Pronomen-Strategie sowie eine d+w -Strategie postuliert werden. Bei Kasusgleichheit von Relativpronomen und Antezedens (Kopfnomen des Relativsatzes) (vgl. auch Pittner, 2004) scheint das Relativpronomen im Bairischen optional. Dafür sprechen die Beispiele in (51) - (53) (Bayer 1984, 215): 10 (51) Die Die Frau, Frau, (die) die wo wo am dem Xaver Xaver a eine Watschn Ohrfeige g’gem gegeben hod. hat. ‚Die Frau, die Xaver eine Ohrfeige gegeben hat.‘ (52) Der Der Mo, Mann, (der) der wo wo uns uns ghoifa geholfen hod. hat. ‚Der Mann, der uns geholfen hat.‘ (53) Des Das Kind, Kind, (des) das wo wo uns uns kennd. kennt. ‚Das Kind, das uns kennt.‘ 10 Der Schwerpunkt dieser Darstellung liegt in diesem Abschnitt auf der Arbeit von Bayer (1984), da sie alle infrage stehenden syntaktischen Prozesse beschreibt und umfassende Annahmen macht. Nicht in allen Beispielen darf im Bairischen das Relativpronomen getilgt werden, z. B. wenn das Kopfnomen im Nominativ steht, und das Relativpronomen im Dativ (Bayer 1984, 215f): (54) Die Die Frau, Frau, *(der) *(der) wo wo der der Xaver Xaver a einen Bussi Kuss g’gem gegeben hod. hat. ‚Der Frau, der Xaver einen Kuss gegeben hat.‘ (55) Der Der Mann, Mann, *(dem) *(dem) wo wo mir wir g’hoifa geholfen hom. haben. ‚Der Mann, dem wir geholfen haben.‘ (56) Der Der Frau, Frau, *(dera) der wo wo da der Xaver Xaver a eine Watschn Ohrfeige g’gem gegeben hod. hat. ‚Der Frau, der Xaver eine Ohrfeige gegeben hat.‘ (57) Das Das Kind, Kind, *(dem) *(dem) wo wo mir wir an einen Apfe Apfel schenka. schenken. ‚Das Kind, dem wir einen Apfel schenken.‘ Der umgekehrte Fall mit Kopfnomen im Dativ und dem Relativpronomen im Nominativ ist ohne das zusätzliche Relativpronomen grammatisch: (58) I Ich sogs sage-es dem dem Mo, Mann, (der) (der) wo wo im im Gartn Garten arwat. arbeitet. ‚Ich sage es dem Mann, der im Garten arbeitet.‘ (59) I Ich gibs gebe-es dera der Frau, Frau, (die) (die) wo wo d die Muich Milch bringd. bringt. ‚Ich gebe es der Frau, die die Milch bringt.‘ Diese Daten zeigen zunächst, dass ein d -Pronomen im Nominativ (58) und (59) einen scheinbar höheren Status hat als ein Pronomen mit obliquem Kasus (z. B. 57), denn Letzteres kann nicht immer getilgt werden (Bayer 1984, 216). Welchen Status haben nun Pronomen im Akkusativ? (60) Der Der Mantel, Mantel, *(den) *(den) wo wo i ich ka d gekauft hob habe wor war z’rissn. zerrissen. ‚Der Mantel, den ich gekauft habe, war zerrissen.‘ (61) Die Die Lampn, Lampe, (die) (die) wo wo i ich g’seng gesehen hob habe wor war greißlich. hässlich. ‚Die Lampe, die ich gesehen habe, war hässlich.‘ 1.7 Syntax der Partikelstrategie mit wo - Bisherige Ansätze 33 34 1 Relativsatzstrategien im Alemannischen Die Daten zeigen, dass es nicht Kasus alleine sein kann, der bei der Distribution von Relativpronomen entscheidend ist. Für Bayer (1984: 217) leitet sich eine Tilgungsregel für Relativpronomen aus dem Pronominalsystem des Bairischen ab (vgl. hierzu Tabelle 3): Tabelle 3: Das bairische Pronominalsystem masc neut fem plur NOM der des die die AKK den des die die DAT dem dem der(a) dene(n) Das Pronominalsystem des Bairischen zeigt, dass sich nur die maskulinen Formen im Singular für NOM und AKK in ihrer phonologischen Form unterscheiden. Bei den anderen Pronomen ist kein Unterschied hörbar und damit ein Kasuszusammenfall zu beobachten. Die d -Pronomen, deren Form morphologisch identisch ist mit der Form des Nominativs, tragen das Merkmal [oblique], alle anderen Formen [+ oblique]. Wird ein Relativpronomen getilgt, so kann wo das Merkmal [oblique] übernehmen. Mit dieser Regel lassen sich die Grammatikalitätsunterschiede zwischen den Beispielen in (51) - (61) erklären. Die Unterschiede können durch morphologisches Matching abgeleitet werden. In (60) ist der Relativsatz ohne d -Relativpronomen ungrammatisch, da die akkusativische Form morphologisch nicht identisch ist mit der nichtobliquen Form des Pronomens am Kopf (NOM). (61) dagegen ist grammatisch, da das d -Pronomen im Relativsatz feminin Akkusativ und das Pronomen am Kopfnomen feminin Nominativ in ihrer Form morphologisch zusammenfallen und beide als [-oblique] kategorisiert werden können. Um syntaktisch die Lücke im Relativsatz zu motivieren, die aufgrund der Tilgung des d -Pronomens nicht mehr regiert ist, nimmt Bayer (1984, 218) eine Modi kation des Empty Category Principles (ECP) (Chomsky 1981) an, indem er die Bedingung, dass eine regierende Kategorie ein Kopf sein muss, aus den Bedingungen des Prinzips streicht und zu einer De nition von „minimalem k -Kommando“ kommt. In einer Struktur, in der das d -Relativpronomen aus seiner relativsatzinternen Position in die linke Peripherie bewegt wurde und dort unter morphologischer Identität mit dem [-oblique]-Merkmal des Kopfes getilgt wird, muss ein weiterer Mechanismus applizieren, der garantiert, dass die Spur des bewegten Pronomens regiert ist. Nach der Tilgung wird daher das Prinzip der Comp-Contraction von Pesetsky (1982) benötigt und für das Bairische modi ziert: [-oblique]- Transmission in Comp(-OT) (obligatorisch): (62) wo ↦ wo / [COMP2[obl] ][COMP1_] Deletion in Comp (DC): (63) d -pronoun ↦ ∅ [COMP2_][COMP1 wo] Eine weitere Regel muss für diejenigen Fälle angenommen werden, in denen Pronomen mit dem Merkmal [+ oblique] getilgt werden können und die Struktur nicht ungrammatisch wird. An dieser Stelle appliziert die Regel, die den Kasus der Kopf-NP auf die C-Position transferiert: (64) Der Der Mantel, Mantel, *(den) *(den) wo wo i ich ka d gekauft hob. habe. ‚Der Mantel, den ich gekauft habe.‘ (65) Den Den Mantel, Mantel, (den) (den) wo wo i ich ka d gekauft hob. habe. ‚Den Mantel, den ich gekauft habe.‘ Bayer bezieht sich auf eine Beobachtung von Merkle (1975), der formuliert, dass Akkusativpronomen getilgt werden können, was aber die Situation des Bairischen nicht vollständig beschreibt, da auch Dativpronomen wegfallen können: (66) Sie Sie gem’s geben-es dem dem Mo, Mann, (dem) (dem) wo wo mir wir g’hoifa geholfen hom. haben. ‚Sie geben es dem Mann, dem wir geholfen haben.‘ (67) Sie Sie haifa helfen dera der Frau, Frau, (dera) (der) wo wo da der Xaver Xaver a eine Watschn Ohrfeige g’gem gegeben hot. hat. ‚Sie helfen der Frau, der Xaver eine Ohrfeige gegeben hat.‘ Im Unterschied zu den zuvor beschriebenen Beispielen erscheint in den Sätzen (66) und (67) die Kopf-NP jeweils in einem syntaktischen Kontext, der ihr den Dativ zuweist, genauso wie das Relativpronomen, das relativsatzintern ebenfalls im Dativ steht (oder Akkusativ wie in (65)). Liegt also Kasusmatching zwischen der Kopf-NP und dem Relativpronomen vor, kann das Relativpronomen ebenfalls getilgt werden. Eine wichtige Beobachtung ist, dass dieses Matching nur möglich ist, wenn Kopf und Relativsatz unmittelbar adjazent zueinander sind (Bayer 1984, 222). Relativsätze, die durch wo eingeleitet werden, können nicht extraponiert werden, wohingegen Relativsätze mit d -Relativpronomen nicht adjazent stehen müssen. Es gibt jedoch auch Beispiele, in denen ein durch wo eingeleiteter Relativsatz im Bairischen extraponiert werden kann: 1.7 Syntax der Partikelstrategie mit wo - Bisherige Ansätze 35 36 1 Relativsatzstrategien im Alemannischen (68) Der Der Mo Mann hot hat scho schon wieder wieder oogrufa, angerufen, wo wo uns uns Bürschtn Bürsten vakau a verkaufen wui. möchte. ‚Der Mann hat schon wieder angerufen, der uns Bürsten verkaufen möchte.‘ Die Regel, die letztendlich wo für einen bestimmten Kasus spezi ziert, muss nach allen Bewegungstransformationen applizieren, damit Recoverability gegeben ist und die Spur des getilgten obliquen d -Pronomens gebunden werden kann: Case Transmission (CT) (69) wo ↦ wo / (NP ) (COMP1_) <i=case> Die drei formulierten Regeln sind intrinsisch geordnet und müssen nacheinander in der Reihenfolge OT>DC>CT applizieren (vgl. hierzu ausführlich Bayer 1984, 223). Im Fränkischen ist wo obligatorischer Relativsatzeinleiter, die Relativpronomen der , die , das sind fakultativ (Neumann 1994, 22). (70) Die Die Rechnung Rechnung gett geht doch doch erscht erst an an die, die, wu wo nach nach uns uns kumma. kommen. ‚Die Rechnung geht doch erst an diejenigen, die nach uns kommen.‘ (71) An An am einem der der zwo zwei Omd Abende im im Johr, Jahr, wu wo er er ber bei seini seinen Aldn Eltern is. ist. ‚An einem der zwie abende im Jahr, an denen er bei seinen Eltern ist.‘ (72) Die Sie nehmen nehmen halt halt lieber lieber die die Leut’, Leute, wo wo sie sie wissen, wissen, woran woran sie sie sind. sind. ‚Sie nehmen lieber die Leute, bei denen sie wissen, woran sie sind.‘ (73) Erinner Erinnere di, dich, daß dass der der doch doch bloß bloß die die Ärwet Arbeit mecht, macht, wu wo dir dir amol nun-einmal zu zu drecket dreckig war! war! ‚Erinne dich, dass der doch bloß die Arbeit macht, die dir nun mal zu dreckig war! ‘ Neumann (1994, 26) kommt ebenfalls zu einer Tilgungsregel: In fränkischen Relativsätzen werden alle Relativpronomen in Spec CP getilgt, die formell identisch sind mit dem Artikel des Kopfnomens. Weiter nimmt er folgende syntaktische Derivation an: Im fränkischen Relativsatz wird zunächst das Relativpronomen innerhalb des Relativsatzes basisgeneriert und im Anschluss in die Spezi zierer-Position der CP bewegt (siehe Beispiel 74). Dort können dann die Tilgungsregeln operieren: (74) DP Der CP den i C’ C 0 IP wo die Maria t i mag Die bisherigen Ansätze zu Relativsatzstrategien im Bairischen und Fränkischen zeigen, dass der Relativsatzeinleiter die Partikel wo ist. d -Relativpronomen werden aufgrund ihrer syntaktischen Operatorfunktion für die zugrunde liegende Syntax benötigt, können aber unter bestimmten grammatischen Voraussetzungen getilgt werden, so dass die Partikel als Relativsatzeinleiter alleine vorkommen kann. Die nun folgenden Abschnitte stellen die Ansätze von van Riemsdijk (1989) und Salzmann (2006b) für die Schweizerdeutschen Relativsatzstrategien vor. Insbesondere der Ansatz von van Riemsdijk unterscheidet sich wesentlich in der zugrunde liegenden Syntax von Bayer (1984) und auch von Salzmann (2006b). 1.7.2 Syntax der schweizerdeutschen Relativsätze Relativsätze des Schweizerdeutschen werden nach van Riemsdijk (1989, 1) durch einen Komplementierer wo eingeleitet. Es gibt keine Relativpronomen und keine W -Bewegung. In den meisten Fällen wird die relativierte Position durch ein Resumptivpronomen besetzt. Resumptivpronomen sind Personalpronomen, die meist in ihrer schwachen Form auftreten: (75) de der vrÜnd, Freund, wo wo ich ich immer immer mit mit em ihm gang gehe go PRT su e. trinken (saufen). ‚Der Freund, mit dem ich immer trinken gehe.‘ (76) s Das auto Auto, wo wo du du gsait gesagt häsch, hast, das dass mer wir s es ois uns nöd nicht chönd können laischte. leisten. ‚Das Auto, von dem du gesagt hast, dass wir es uns nicht leisten können.‘ Resumptivpronomen verhalten sich dabei analog zu klitischen Pronomen im Deutschen, die sich optional an eine Pre-Subjekt Position (also nach dem Komplementierer) anheften können, des Weiteren können sie in Extraktionsinseln auftreten (van Riemsdijk 1989, 2): 1.7 Syntax der Partikelstrategie mit wo - Bisherige Ansätze 37 38 1 Relativsatzstrategien im Alemannischen (77) s Das auto Auto, wo wo du du gsait gesagt häsch, hast, das dass es es sich sich de der Peter Peter nöd nicht chönti könnte laischte. leisten. ‚Das Auto, von dem du gesagt hast, dass es Peter sich nicht leisten könnte.‘ (78) s Das huus Haus, wo wo sich sich all alle wundered wundern w”r wer s es bewohnt bewohnt ‚Das Haus, bei dem sich alle wundern, wer darin wohnt.‘ (Complex NP Constraint) Es ist nach van Riemsdijk nicht davon auszugehen, dass sich in Relativsätzen des Schweizerdeutschen ein leerer Operator oder ein W -Element, das später in der CP-Phrase getilgt wird, bewegt und dessen Spur der Spell-Out des Resumptivpronomens im Relativsatz ist. Analog zu den meisten europäischen Sprachen gibt es auch Relativsätze mit Komplementierer und einer Lücke. Für Subjekt- und Objektsrelativsätze in postnominalen Relativsätzen (dies gilt nicht für Relativsätze über lange Distanz) ist eine Lücke obligatorisch (van Riemsdijk 1989, 3): (79) d Die vrauw, Frau, wo wo (*si) (*si) immer immer z zu spaat spät chunt. kommt. ‚Die Frau, die immer zu spät kommt.‘ Dabei folgt das Schweizerdeutsche an dieser Stelle exakt der Zugänglichkeitshierarchie von Keenan und Comrie (1977). Lücken sind für SU- und DO-Positionen in postnominalen Relativsätzen erlaubt. Dies gilt jedoch nicht für andere Positionen im Relativsatz oder für andere Einbettungskonstruktionen. Lücken unterliegen strengen Lokalitätsbeschränkungen und sind nicht gleichzusetzen mit grammatikalischen Prinzipien, die der W -Bewegung zugrunde liegen und die dortige Distribution von Lücken regeln (ECP und Bindungsprinzipien). Ein ähnlich restringiertes Phänomen ist die Bewegung klitischer Pronomina, welches ebenfalls satzgebunden ist und Subjektsowie Objektpronomina (DO und IO) betri t: (80) ..dass ..dass si sie am dem Peter Peter es das buech Buch versproche versprochen hät. hat. ‚.. dass sie Peter das Buch versprochen hat.‘ Für Relativsätze wird eine identische Bewegungsoperation angenommen, mit einem Unterschied: Das klitische Resumptivpronomen, das hier bewegt wurde, steht in seiner Landeposition so nahe zum Kopfnominal des Relativsatzes, dass dieses unter Identität getilgt werden kann. Technisch wird dies - und damit auch die Frage, warum nur in Relativsätzen diese Löschung statt ndet - über die Grundannahme gelöst, dass das Resumptivpronomen mit dem Kopfnomen des Relativsatzes koindiziert ist, vermittelt durch die Spec CP oder den Komplementierer, die ebenfalls koindiziert sind mit dem Kopf. Dabei muss zu jedem Zeitpunkt Recoverability gewährleistet sein (van Riemsdijk 1989, 5). 11 (81) In einer Struktur ..X..Y.., kann Y getilgt werden, wenn a Y ein Pronomen ist, b Y mit X koindiziert ist, und c Y in einer Spezi ziererposition ist, die für X zugänglich ist oder vom Kopf eines Spezi zierers regiert wird, der für X zugänglich ist. Van Riemsdijk bezieht sich auf die damals in der Literatur diskutierten Prinzipien insbesondere zur Löschung von W -Ausdrücken (z. B. speci ed deletion; den Besten 1983), die Relativsätze einleiten und die damit verbundene Diskussion zur Löschung über lange Distanz, die nicht erwünscht ist. Wenn Löschung unter Identität überhaupt statt nden kann, dann nur unter strikter Lokalität und gesteuert durch das Prinzip der Wiederherstellung (Recoverability) innerhalb der Bewegungskette (van Riemsdijk 1989, 5). Die Frage, warum die Löschung der Pronomen in SU- und DO-Position obligatorisch ist beantwortet van Riemsdijk durch eine „global“ formulierte Version des Avoid Pronoun Principle (Chomsky 1981). Die Beispiele sind nicht identisch zur Situation im Relativsatz, erweisen sich jedoch als ausreichend ähnlich. Das klitische Resumptivpronomen muss sich bewegen, um dann getilgt werden zu können. Es muss gelöscht werden, da es nicht in eine Position bewegt werden kann, in der die Löschung durch die syntaktische Derivation wiederherstellbar ist (van Riemsdijk 1989, 6). Die Frage, warum das Pronomen in IO-Positionen nicht gelöscht werden kann, beantwortet van Riemsdijk in zwei Schritten: dies liegt zum einen im Kasussystem des Schweizerdeutschen begründet, das sehr reduziert ist. In einer Fußnote weist van Riemsdijk zusätzlich darauf hin, dass es dialektale Unterschiede im Hinblick auf den grammatischen Status von Dativ-NPs zu geben scheint. So ist beispielsweise für Sprecher des Bernerdeutschen die Löschung von Dativpronomen obligatorisch. Das Kasussystem unterscheidet keinen Genitiv, es unterscheidet darüber hinaus nicht zwischen Nominativ und Akkusativ und nur im Pronominalsystem hat der Dativ eine andere Form. Der Dativ wiederum hat aber phonologisch sehr große Ähnlichkeit zum Paradigma einer lokalen Präposition a ( an )’ (van Riemsdijk 1989, 7). 11 Das ist darüber hinaus auch der Grund, warum Pronomen in anderen Kontexten nicht getilgt werden können, da das Schweizerdeutsche keine Pro-drop-Sprache ist und Pronomen aufgrund von Wiederherstellbarkeitsbedingungen immer overt realisiert werden müssen. 1.7 Syntax der Partikelstrategie mit wo - Bisherige Ansätze 39 40 1 Relativsatzstrategien im Alemannischen Tabelle 4: Paradigma schweizerdeutscher Präpositionen und Pronomen Nominativ Dativ Lokativ masc. def. de maa em maa am maa indef. en maa emene maa amene maa fem. def. d vrauw de vrauw a de vrauw indef. e vrauw enere vrauw anere vrauw ntr. def. s chind em chind am chind indef. es chind emene chind amene chind pl. def. d mane de mane a de mane indef. mane mane a mane Aus dem Paradigma in Tabelle 4 zieht van Riemsdijk schließlich die Schlussfolgerung, dass manche Dativ-NPs o enbar den Status einer Präpositionalphrase haben und damit erklärt werden kann, warum in einigen Fällen die Löschung des Dativresumptivs nicht erfolgen kann. Die phonologisch reduzierte Form des Dativs und die lokative Form fallen zusammen, sie werden amalgamiert, so dass eine Kombination aus Präposition und NP- Pronomen übrig bleibt. Die Löschung der Präposition wäre aufgrund der Recoverability- Bedingung ausgeschlossen (für weitere Details der Analyse siehe van Riemsdijk (1989 und 2008)). Salzmann (2006b) entwirft für zürichdeutsche Relativsätze ein neues Szenario, das sich aus drei Komponenten zusammensetzt: a) Er nimmt eine Matching-Analyse an (zugrunde liegend ist zudem das Preference Principle 12 von Chomsky (1995). b) Um Rekonstruktionse ekte in zürichdeutschen Relativsätzen erfassen zu können, geht er weiterhin von systematischem Vehicle Change (Fiengo und May 1994, Sa r 1999, Sauerland 2003) aus. Ein Mechanismus, der koreferenzielle R-Ausdrücke, die in einem Kopfnominal enthalten sind, in eine pronominale Kategorie umwandelt. c) Die Distribution von Resumtivpronomen leitet sich aus einer Beschränkung des Zürichdeutschen ab, die die overte Realisierung von obliquem Kasus verlangt. Damit können sowohl Rekonstruktionse ekte sowie die Eigenschaft von resumptiven Pronomen, die Extraktionsinseln aufheben, erklärt werden. Eine Operatorphrase (eine DP mit einem nicht ausbuchstabierten D) 13 wird gemeinsam mit einem NP-Komplement 12 Das Preference Principle for reconstruction (Chomsky 1995): “[...] do it when you can (i. e. try to minimize the restriction in the operator position [...]”. 13 In Salzmanns Analyse für das Standarddeutsche ist die Position des d -Kopfes durch das Relativpronomen ausbuchstabiert, da d -Relativpronomen overt realisiert werden. nach Spec CP bewegt. Das NP-Komplement (relativsatzinterne Repräsentation des Kopfnomens) wird unter Identität mit dem externen Kopf gelöscht (die Matching-Analyse von Salzmann (2006, 127) basiert auf Arbeiten von Munn (1994), Citko (2001), Sauerland (1998)): (82) Das (Buech) ( (das Buch) ) 1 Peter _ 1 mag. In Relativsätzen des Standarddeutschen wird dann auf LF die Restriktion des Operators 14 , die NP gelöscht, in der relativsatzinternen Kopie bleibt sie jedoch erhalten. Die externe Repräsentation des Kopfes bleibt auf LF ebenfalls erhalten. Rekonstruktion ist somit immer die Standardanalyse. Allerdings kann dieser Standardfall „überschrieben“ werden, wenn sich im externen Kopf oder in der Kopie der relativsatzinternen Repräsentation ein Element mit einer sogenannten „positive licensing condition“ be ndet (d. h. ein Element ist von einem anderen abhängig, z. B. Anaphern, gebundene Pronomen und idiomatische NPs), das in der jeweiligen Position nicht lizenziert wird. Dieses Element wird dann in der Position, in der es nicht lizenziert wird, aus Gründen der Widerherstellbarkeit (Recoverability) gelöscht (ein externer Kopf kann nur gelöscht werden, wenn der Inhalt durch die relativsatzinterne Kopie wiederherstellbar ist und umgekehrt). Dazu kommen Elemente wie Pronomen und R -Ausdrücke, die einer sogenannten „negative licensing requirement“ unterliegen und in der jeweiligen Domäne frei sein müssen (Salzmann 2006b, 127). Für Relativsätze des Zürichdeutschen gilt die gleiche Analyse. Wie oben bereits erwähnt ist das Relativpronomen nicht ausbuchstabiert und ein Komplementierer wo im C-Kopf realisiert: (83) s das (Buech)i Buch (CP(Op(Buech)i)1 Buch wo C de der Peter Peter _1 _ gern gern hät. mag. ‚Das Buch, das Peter mag.‘ Die Repräsentation des Operators wird in der relativsatzinternen Kopie in eine Variable konvertiert. Auf LF gelten die oben beschriebenen Lizenzierungsbedingungen. Auf diese Weise lassen sich Rekonstruktionse ekte, sowie die nicht vorhandenen Prinzip-C- E ekte erklären: In Beispiel (84) entsteht ein Prinzip-C-E ekt, in dem der Relativoperator über ein koreferenzielles Pronomen hinweg bewegt wird (Salzmann 2006b, 372): (84) * * de de [Maa] , [Mann] , [CP [CP [Op [Op Maa ] 1 / Mann ] 1 / er er [x [x Maa] 1 / Mann] 1 / gern gern hät.] hat.] ‚Der Mann, den er mag.‘ 14 In diesem Fall das d -Relativpronomen. 1.7 Syntax der Partikelstrategie mit wo - Bisherige Ansätze 41 42 1 Relativsatzstrategien im Alemannischen In Beispiel 85 verhindert der Mechanismus des Vehicle-Change, dass der Prinzip-C- E ekt auftritt: (85) s das [Fott [Foto vom vom Peter ] , Peter ] , [CP [CP [Op [Op [Fotti [Foto vo von im ] ] 1 ihm ] ] 1 won wo er er [x [x Fotti Foto vo von im ] 1 ihm ] 1 am am beschte besten ndt.] ndet.] ‚Das Foto von Peter, das er am besten ndet.‘ Die Rekonstruktion von obliquem Kasus wird entweder durch den externen Kopf über eine Matching-Operation oder über die Realisierung eines Resumptivpronomens erreicht (Salzmann 2006b, 372-379). 15 Nach Salzmann gibt es hierfür zwei gleichwertige technische Implementationen, die für die Datenlage Zürichdeutscher Relativsätze gleichermaßen geeignet sind: zum einen eine Spell-Out-Analyse (Pesetsky 1998, Grohmann 2003, Bianchi 2004 u. a.) oder die Annahme einer Big-DP (Boeckx 2003). Beide Versionen gründen auf einem Ansatz, dem syntaktische Bewegung zugrunde liegt. 16 Bei einer Spell-Out- Analyse ist das Resumptivpronomen der Spell-Out einer Kopie. Da das Resumptivpronomen in der Regel als Personalpronomen realisiert wird, gilt dies aus Ökonomiegründen als Spell-Out des kleinsten Teils einer Kopie, nämlich der Phi-Merkmale. Bei einer Big-DP-Analyse werden Antezedens und Pronomen in einer DP generiert. Das Auftreten des Resumptivpronomens ist eine Stranding-Operation: Das Antezedens (entweder Kopf oder Spezi zierer der Phrase) wird bewegt und lässt das Pronomen zurück. Beide Varianten eignen sich für die Erfassung der Datenlage in gleicher Weise, so dass jede für bestimmte Konstruktionen Vorteile anbietet. 17 Salzmann entscheidet sich schließlich für einen Spell-Out-Ansatz, da es im Zürichdeutschen wenig außergewöhnliche Typen von resumptiven Ausdrücken gibt, deren Existenz anderenfalls eine Big-DP-Analyse favorisieren würde. (vgl. hierzu ausführlich die Diskussion in (Salzmann 2006b, 303-308 und 377-379). In Relativsätzen, in denen eine oblique Position (ein Dativ- oder ein PP-Objekt) relativiert wird, erfolgt der Spell-Out eines Features [+oblique], hier in Form eines Personalpronomens (Spell-Outs von Phi-Merkmalen). 15 Diese Matching-Operation bezieht sich nur auf Kasus-Matching und ist nicht zu verwechseln mit dem Matching-Ansatz zur syntaktischen Ableitung von restriktiven Relativsätzen (siehe Munn 1994, Citko 2001, Sauerland 1998 und Salzmann 2006b). In einer Fußnote wird auf eine frühere Arbeit Salzmanns (2006c) verwiesen, in der er eine Head Raising-Analyse und ein Kasus-Matching über Inkorporation von relativsatzinternem Material in den externen Kopf annimmt. In seiner neuen Analyse spielt dies keine Rolle. Auch in Bayer (1984) wird eine Form von Kasus-Matching präsentiert. 16 Die Alternative wäre eine Basisgenerierung (vgl. Salzmann 2006b, 302). 17 Unter einem Spell-Out-Ansatz ist die Bewegung der Resumptivpronomen schwer abzuleiten (Salzmann 2006b, 303). Die Arbeit von Salzmann (2006b) steht bereits in der Tradition der in den 1990er und 2000er Jahren sehr umfangreichen Forschung zur Syntax von Relativsätzen. Salzmann (2006b) nimmt eine Matching-Analyse für die syntaktische Struktur zürichdeutscher Relativsätze an. Die Grundannahmen, die von Vertretern der Matching-Analyse formuliert wurden, sowie die Annahmen der weiteren Ansätze wie Kopfanhebung und externe Basisgenerierung des Kopfes werden in den nun folgenden Abschnitten skizziert. 1.8 Syntax der Relativsätze In diesem Abschnitt werden verschiedene Ansätze zur syntaktischen Analyse von Relativsätzen, die in der Forschungsliteratur diskutiert werden, eingeführt. Der Abschnitt hat zum Ziel, die zuvor beschriebenen Arbeiten zu Partikelstrategien im Bairischen und Alemannischen in diesen Kontext einzuordnen und einen theoretischen Rahmen für die vorliegende Arbeit zu formulieren. Ausgehend von den späten 1960er Jahren wurden insbesondere in den letzten 25 Jahren Relativsatzanalysen für sehr viele und sehr unterschiedliche Sprachdaten formuliert. Dabei lassen sich die Vorgehensweisen in „grob“ drei Gruppen einteilen: Im Wesentlichen unterscheiden sich die Ansätze in der Frage, wo das Kopfnomen des Relativsatzes basisgeneriert ist. So wird einerseits davon ausgegangen, dass die Kopf-NP außerhalb des Relativsatzes „extern“ basisgeneriert ist (Chomsky (1977) und Abschnitt 1.8.1). Dem gegenüber steht die Kopfanhebungsanalyse (Raising, Promotion) 18 , die zurückgeht auf Arbeiten von Brame (1968), Schachter (1973) und Vergnaud (1974) und schließlich von Kayne (1994) in Antisymmetry of Syntax wieder aufgegri en wurde (vgl. Abschnitt 1.8.2). Eine dritte Analyse vereint Ansätze beider zuvor skizzierten Grundideen: Hier wird sowohl eine externe und eine interne Repräsentation des Relativsatzkopfes angenommen, wovon einer, der interne Kopf, unter Identität mit dem externen Kopf nach einer Bewegungsoperation in die linke Satzperipherie gelöscht wird (vgl. u. a. Lees 1960, Chomsky 1965, Munn 1994, Citko 2001, Salzmann 2006b, Sauerland 1998 und Abschnitt 1.8.3). 18 De Vries (2002) bezeichnet mit Raising die Arbeiten von Vergnaud (1974) und mit Promotion bezieht er sich auf die Version der Kopfanhebung von Kayne (1994), die zusätzlich auch noch den RS als Komplement des externen Determinierers beschreibt. 1.8 Syntax der Relativsätze 43 44 1 Relativsatzstrategien im Alemannischen 1.8.1 Die Analyse mit externem Kopf (Head external Analysis/ HEA) Der Analyse mit externem Kopf zufolge zeigen Relativsätze W -Bewegung (Chomsky 1977, Quine 1960, Smits 1989, Borsley 1997, Partee 1973, Jackendo 1977). Die Relativsatz- CP ist rechtsadjungiert an eine Projektion des Kopfnomens, das außerhalb des Relativsatzes basisgeneriert ist. Innerhalb des Relativsatzes wird ein Relativpronomen oder ein Operator in die Spezi ziererposition der CP bewegt. Pronomen und Operator sind jeweils koindiziert mit einer Lücke, die im Relativsatz durch die Bewegungsoperation entsteht. Der externe Kopf und die Relativsatz-CP sind durch eine Prädikationsbeziehung verbunden: (86) DP D 0 NP the NP CP book DPi C ′ which C 0 IP (that) I bought t i (Bianchi 2000b, 53) Die Analyse mit externem Kopf stützt sich auf die syntaktische Operation der Rechtsadjunktion, die mit Kaynes Framework The Antisymmetry of Syntax ausgeschlossen wurde und galt bis in die 1990er Jahre als Standardanalyse für Relativsätze. Die Adjunktionsannahme wurde später jedoch revidiert, da restriktive Relativsätze nicht dem Status von Adjunkten entsprechen. Daher kann man auch nicht von Modi kation des Kopfnomens im strengen Sinne sprechen. Die Funktion der Restriktion ist durch eine Adjunktionsstruktur nicht adäquat ausgedrückt. Die zu Beginn dieses Abschnitts zitierte Literatur repräsentiert die verschiedenen Stadien der HEA, die viele Jahre als Standardanalyse für Relativsätze galt. Ausgehend von Chomskys Analyse (1977), die die interne Struktur von Relativsätzen in den Kontext von A’-Bewegung bringt und die Verbindung von Kopfnomen und Relativsatz über eine Prädikationsbeziehung erklärt (der Relativsatz ist ein Prädikat des Kopfnomens, der Kopf k -kommandiert das Prädikat), setzen sich spätere Arbeiten hauptsächlich mit der Anbindung des Relativsatzes an seinen Kopf auseinander. Unter anderem beein usst durch die Arbeiten von Carlson (1977), Liptak (1998), Fabb (1990) und Meinunger (2000) wird in der sogenannten „Revised Standard Analysis“ (de Vries 2002, 72) von einer Komplementsbeziehung zwischen dem externen Kopf und dem dazugehörigen Relativsatz ausgegangen: (87) [ [ ′ [ NP [ ′ [ wh i ..t ....]]]]] a. Die Relativsatz CP ist Komplement des Kopfnomens N. b. Es gibt W -Bewegung nach Spec CP (bewegt wird ein leerer Operator oder ein Relativpronomen). c. Der Operator ist mit dem Kopfnomen koindiziert. Die Abkehr von der Adjunktiosstruktur hin zu einer Komplementsbeziehung, in der der Relativsatz Schwester des Kopfnomens ist, wird der eigentlichen semantischen Funktion als Modi zierer „Restriktor“ des Kopfes gerecht und stellt die Relativsatzmodi kation auf eine Ebene mit anderen Modi katoren wie Adjektiven, die ebenfalls nicht als Adjunkte analysiert werden de (Vries 2002 für eine ausführliche Darstellung). 1.8.2 Die Kopfanhebungsanalyse (Raising Analysis / Head internal anlysis/ HIA) Im Framework der Kopfanhebungsanalyse, erstmals beschrieben in Brame (1968) und weiterentwickelt von Schachter (1973) und Vergnaud (1974) und schließlich neu formuliert in Kayne (1994), ist die Kopf-NP oder -DP (NP / DP ) (Arfarli 1994, Bianchi 1999, de Vries 2002, Zwart 2000 u. a.) innerhalb des Relativsatzes basisgeneriert und wird von dieser Position an die linke Satzperipherie bewegt. Die Kopf-NP ist dabei Komplement eines Relativpronomens oder eines Operators. Um die korrekte lineare Abfolge der Elemente zu erhalten, muss eine weitere Bewegungsoperation angenommen werden. In Kayne (1994) wird die Kopf-NP in die Spezi ziererposition der bewegten Relativsatz- DP bewegt (vgl. Beispiel 88). In Vergnaud (1974) und Bhatt (2002) wird hingegen davon ausgegangen, dass sich die Kopf-NP in eine Projektion außerhalb der Relativsatz-CP bewegt. 19 (88) DP D 0 CP the DPi CP D 0 NP C 0 IP which book I read t i 19 Weitere Varianten der Theorie und eine ausführliche Übersicht zu weiterführender Literatur ndet sich in de Vries (2002). 1.8 Syntax der Relativsätze 45 46 1 Relativsatzstrategien im Alemannischen (89) DP D 0 CP the DP CP NP DP C 0 IP book D 0 tNP I read t i which (Bianchi 2000b, 62) Eine weitere Modi kation der Raising-Analyse ndet sich in Zwart (2000). Hier wird die Kopf-NP in einen weiteren Layer der CP bewegt. 20 Die Relativsatz-CP in Kaynes Framework wird schließlich von einem externen Determinierer ( External Determiner Hypothesis , siehe Abschnitt 1.8.5) selegiert, dessen Komplement dann die Relativsatz-CP ist. Diese Analyse ist das Ergebnis einer Diskussion darüber, dass der postnominale Relativsatz Komplement eines funktionalen Kopfes ist und der Determinierer des Kopfnomens den Relativsatz k -kommandiert. Einzig mögliche Kon guration hierfür ist die Annahme, dass der Relativsatz Komplement eines externen Determinierers ist und damit auch nicht im Widerspruch stehend zur DP-Hypothese von Abney (1987). In Bianchi (1999) wird weiter spezi ziert, dass der externe Determinierer über ein [+N]- Feature verfügt, welches nicht durch das CP-Komplement erfüllt ist. Dieses starke Feature triggert folglich die Bewegungsoperation der Kopf-NP in die Spezi ziererposition der relativsatzintern bewegten DP . In dieser Position be ndet sich die Kopf-NP in der minimal domain des externen Determinierers (vgl. ausführlich Bianchi 2000a und Abschnitt 1.8.4). 21 Argumente für die Kopfanhebungsanalyse nden sich im syntaktischen Verhalten von Idiomen in Relativsätzen, Bindung von Re exiven, Variablenbindung, Skopuseigenschaften sowie Adjektivmodi kation: Idiome gelten als eine morphologische Einheit. Es ist jedoch möglich, dass Teile eines Idioms als Kopf eines Relativsatzes auftreten können, während der verbleibende Teil des Idioms als Argument des Verbs relativsatzintern steht. In Schachter (1973, 31-32) wird 20 In Zwart (2000) wird eine CP mit insgesamt drei Layern angenommen, entsprechend der Forschung zur linken Satzperipherie des Niederländischen z. B. Hoeckstra (1993). 21 Bianchi (1999) und Bianchi (2000a, 62) argumentiert entsprechend der De nition einer „minimal domain“ (nach Manzini 1994). gezeigt, dass in diesen Strukturen eine Bewegungsoperation statt nden muss, wobei der bewegte Teil des Idioms auf LF an seiner Basisposition interpretiert wird: (90) The headway that Mel made t was impressive. Ein weiteres Argument für die Kopfanhebungsanalyse ergibt sich aus Rekonstruktionse ekten von Re exiven (91) sowie Variablenbindung (92) (Schachter (1973) und Aoun und Li (2003, 98)): (91) John painted a attering portrait of himself . The [portrait of himself 2 ] 3 ] that John 2 ] painted t 3 . (92) John painted a attering portrait of himself The [relative of his 2 ] that everybody 2 likes t 3 lives far away. Sauerland (2003, 6) Beispiele mit Skopusinteraktion im Zusammenhang mit Bindungseigenschaften von quanti zierenden Ausdrücken (QP) werden ebenfalls in der Argumentation für eine Anhebungsanalyse angeführt (Aoun und Li 2003, 98): (93) a. Every doctor will examine two patients. b. Every doctor will examine the two patients. c. I phoned the two patients that every doctor will examine. In (93a) kann die Objekt-QP ausschließlich engen Skopus über die Subjekts-QP every doctor haben. In (93b) ist die einzig mögliche Interpretation, dass genau zwei Patienten von jedem der Doktoren untersucht werden, was durch das Einfügen des de niten Determinierers erreicht wird. Die Relativsatzkonstruktion (93c) wird wie in (93a) mit engem Skopus interpretiert. Das Argument für die Kopfanhebung resultiert hier aus der Tatsache, dass die QP the two patients in der Objektsposition innerhalb des Relativsatzes interpretiert wird. In Bhatt (2002) wird ein weiteres, viertes Argument für Anhebung beschrieben. Die Adjektivmodi kation und die damit verbundene Dichotomie zwischen der „hohen“ und „tiefen“ Lesart von Adjektiven spielt dabei eine wichtige Rolle. Insbesondere für die „niedrige“ Lesart muss nach Bhatt eine Anhebungsanalyse angenommen werden. In (94) werden die verschiedenen Lesarten dargestellt (Bhatt 2002, 58): (94) The rst book, that John said, Tolstoi had written. 1.8 Syntax der Relativsätze 47 48 1 Relativsatzstrategien im Alemannischen Das Beispiel in (94) ist im Hinblick auf die Lesart des Adjektivs „ rst“ ambig. Eine mögliche Lesart wäre, dass John über Tolstois erstes Buch spricht. In diesem Fall liegt die sogenannte „niedrige“ Lesart vor und das Adjektiv müsste relativsatzintern repräsentiert sein, damit Rekonstruktion statt nden kann. Diese Lesart erfordert nach Bhatt (2002) Kopfanhebung. Die sogenannte „hohe“ Lesart des Adjektivs ( John spricht über das „erste Buch“, von dem er sagt, dass Tolstoi es geschrieben hat) erfordert keine Rekonstruktion. In späteren Arbeiten von u. a. Heycock (2005) und Heck (2005) (für Kopfanhebung in Relativsätzen des Deutschen) wurde das Argument der Mehrfachlesarten von Adjektiven im Zusammenhang mit der Kopfanhebungsanalyse allerdings kritisch diskutiert (vgl. dazu auch Kapitel 4 in dieser Arbeit). 1.8.3 Die Matching-Analyse Der dritte Ansatz, die sogenannte Matching-Analyse (u. a. Lees 1960, Chomsky 1965, Munn 1994, Citko 2001, Salzmann 2006b, Sauerland 1998), umfasst Argumente aus beiden zuvor beschriebenen Ansätzen HIA und HEA. Die Grundannahme ist, dass die Kopf- NP sowohl extern als auch satzintern generiert wird. Die DP bewegt sich relativsatzintern in die Spezi ziererposition der CP (hier gleicht die Derivation der HIA; vgl. Abschnitt 1.8.2). Die Relativsatz-CP ist, wie zuvor für die HEA beschrieben, an den externen Kopf adjungiert. Unter Identität mit der Projektion des externen Kopfes wird dann die interne Repräsentation der Kopf-NP gelöscht: (95) DP D 0 NP the NP CP book DP C ′ which book C 0 IP (that) I bought which book 1.8.4 Diskussion der drei Ansätze: HEA, HIA und Matching In diesem Abschnitt werden die drei zuvor beschriebenen Frameworks nochmals im Hinblick auf ihre Anwendung auf unterschiedlichste Sprachdaten diskutiert sowie Vor- und Nachteile beleuchtet. Alexiadou et al. (2000, 2) fassen die zugrunde liegenden syntaktischen Annahmen nach dem unten beschriebenen Schema zusammen: Subordinierende Sätze, die in komplexe Satzstrukturen involviert sind, zeigen danach folgende Eigenschaften: (96) a. ‘Non canonical complementation’: the clause is not complement of a lexical predicate. b. ‘Non canonical wh -movement’: the clause contains a wh-dependency which c. is not associated with interrogative semantics d. serves to link a position inside the clause with a position outside that clause. Relativsätze, die zu den in (96a) beschriebenen Strukturen zählen, werden entweder durch (i.) eine Adjunktionsstruktur unter (ii.) der Annahme eines extern generierten Kopfes abgeleitet oder durch (iii.) die Bewegung des intern generierten Kopfes als Komplement eines Relativpronomens, oder eines Operators in die linke Satzperipherie (Spec CP) bewegt. Die Konstruktion ist dann (iv.) das Komplement eines externen Determinierers. Während (a) und (b) oft in Kombination betrachtet werden, gibt es aber auch Ansätze, die HEA in Kombination mit einem externen Determinierer zu beschrieben (Alexiadou et al. 2000, 8 und Smith 1964). Logisch kombinierbar wäre nach Alexiadou et al. (2000) auch die Annahme eines externen Determinierers mit einer Adjunktionsstruktur sowie Anhebung mit naler Position des Kopfnomens außerhalb des Relativsatzes wie von Vergnaud (1974) vorgeschlagen. Die Annahmen in (96a-d) führten zu detaillierter Forschung über Relativsatzdaten verschiedener Sprachen und Typen (u. a. korrelative Relativsätze, pre- und postnominale Relativsätze, freie Relativsätze, Relativsätze ohne Relativsatzeinleiter). In Abhängigkeit vom jeweiligen Sprachdatum kommen die Analysen an Grenzen, die nicht immer mit jeweils einem der Frameworks beschrieben werden können. Einige der Vor- und Nachteile werden im Folgenden kurz diskutiert. Die HIA gilt als hinreichende Analyse, um Konnektivitäts- und Rekonstruktionseffekte in Relativsätzen erklären zu können. Hier ist eine interne Projektion der Kopf-NP und Bewegungsoperation notwendig. Dennoch gibt es Fälle, in denen nicht alles, was bewegt wurde, in der Basisposition rekonstruiert werden kann (Munn 1994, 402): (97) The [picture of Bill ] 1 that he likes _ 1 . Der Eigenname Bill (R-Ausdruck) innerhalb der Kopf-NP picture of Bill ist mit dem Pronomen he innerhalb des Relativsatzes koindiziert. Unter Rekonstruktion der gesamten Kopf-NP in die Basisposition würde der R-Ausdruck Bill von einem Pronomen he ckommandiert, was eine Prinzip-C-Verletzung verursacht (Munn 1994, 402). In Fiengo und May (1994) wurde ein Lösungsansatz für dieses Problem formuliert. Danach wird die Kopie des R-Ausdrucks nach der Bewegungsoperation in eine Kopie vom Typ eines 1.8 Syntax der Relativsätze 49 50 1 Relativsatzstrategien im Alemannischen Pronomen gewandelt (Vehicle Change) und damit unter Rekonstruktion eine Prinzip-C- Verletzung vermieden (vgl. hierfür auch Salzmann 2006c, Boef 2012). Konnektivitätse ekte in Relativsätzen sind ein zentrales Argument für eine Anhebungsanalyse. Dabei werden Daten von Idiomen in Relativsatzkonstruktionen sowie die Bindung von Variablen und Re exiven und deren Rekonstruktion in eine relativsatzinterne Position herangezogen. Die HEA mit ihrer Grundannahme der externen Basisgenerierung des Kopfes kommt hier an ihre Grenzen. Grund hierfür ist die von Chomsky (1993) formulierte Copy Theory of Movement , die hier nicht erfüllt werden kann. (98) a. The headway that Mel made was impressive. b. John painted a attering portrait of himself . Wichtigstes Prinzip der Copy Theory of Movement ist, dass ein Element, welches bewegt wird, eine Kopie an der Stelle hinterlässt, aus der es herausbewegt wurde. Die richtige semantische Interpretation des Satzes kann so dadurch erreicht werden, dass bewegtes Material in die Basisposition rekonstruiert und die Kopie auf LF interpretiert werden kann. Unter der Annahme eines externen Kopfes ist keine Möglichkeit zur Rekonstruktion gegeben, da keine Repräsentation des Kopfes im Relativsatz vorhanden ist. Die zugrunde liegende Syntax einer Relativsatzkonstruktion richtet sich nach der Kategorie der Phrase und deren Lizenzierungsbedingungen in der relativierten Position (Aoun und Li 2003, 125). In Abhängigkeit davon, ob dort eine DP mit einem leeren D -Kopf oder eine Operatorphrase (Wh-DP) basisgeneriert wurde, ndet entweder DP-Bewegung (Head Raising, Lizenzierung des leeren D -Kopfes durch den externen Determinierer) oder Operatorenbewegung (Koindizierung des Operators mit einem extern basisgenerierten Kopfnomen) statt. Ein weiterer Aspekt in der Diskussion, welcher Phrasenkategorie die relativsatzinterne Position entspricht, bildet die sogenannte „External Determiner Hypothesis“, die im folgenden Abschnitt diskutiert wird. 1.8.5 Der externe Determinierer (External Determiner Hypothesis) Insbesondere im Framework der HIA wird die Relativsatz-CP von einem externen Determinierer selegiert ( complementation ). 22 Die Annahme einer Komplementstruktur zwischen externem Determinierer und Relativsatz, die erstmals vom Smith (1964) für das Englische ausgearbeitet und von Carlson (1977) und Kayne (1994) aufgegri en wurde 23 , führte schließlich zu einer Diskussion darüber, was relativsatzintern in Relativsätzen ohne W -Einleiter genau bewegt wird. Ein denkbares Szenario wäre, dass eine DP, in deren Kopfposition sich das Relativpronomen/ der Operator be ndet und in dessen Komplementposition die Kopf-NP des 22 Auch unter der HEA gibt es diese Annahme, vgl. hierfür Alexiadou et al. (2000) und Smith (1964). 23 Vgl. auch de Vries (2002) für einen ausführlichen Überblick zur D -Komplement-Hypothese. Relativsatzes ist, nach Spec CP bewegt wird. Dies hätte zur Konsequenz, dass die Kopf- NP nicht de nit und damit nicht referenziell wäre. Ein weiteres Szenario wäre, dass sich im Komplement der DP eine weitere DP be ndet, die wiederum das Kopfnomen enthält. Wie kann dann die Annahme eines externen Determinierers motiviert werden? Im Rahmen der HIA wird angenommen, dass die Kopf-NP als Komplement des Relativpronomens oder Operators in der DP nach Spec CP bewegt wird. Daran anknüpfend wurde von Borsley (1997) für Relativsätze ohne W -Element die Frage aufgeworfen, ob das, was bewegt wird wirklich eine NP sein kann. In Kayne (1994), Bianchi (1999) und auch Bhatt (2002) wird dagegen angenommen, dass eine NP und keine DP bewegt wird. Gezeigt wurde dies anhand von Daten wie in (a) und (b) dargestellt, in denen die Spur des bewegten Elements nicht als de nit interpretiert werden kann - sogenannte De nitheitse ekte - z. B. in „ existential there “-Konstruktionen: a. There were the men in the garden. b. The men that were in the garden were all diplomats. (Aoun und Li 2003) Zur Motivation des externen Determinierers zeigt Bianchi (1999), dass der Determinierer außerhalb des Relativsatzes analysiert werden muss, da die Spur der bewegten NP in Kontexten auftritt, in denen keine de niten Ausdrücke stehen können. Ein weiteres Argument kommt erneut von Idiomen in Relativsätzen. Wie schon für die extistential there -Konstruktionen beschrieben, kann auch hier das Nomen innerhalb des Idioms nicht mit einem Determinierer vorkommen: (99) *They made the fun of me. (100) The fun that they made of me. (Fabb 1990, 71 und Aoun und Li 2003) Ein drittes Argument ndet sich in den Skopuseigenschaften des Determinierers, die bereits zuvor in (93) (hier nochmals wiederholt) als Argument für Rekonstruktion angeführt wurden (Aoun und Li 2003, 98): (101) a. Every doctor will examine two patients. b. Every doctor will examine the two patients. c. I phoned the two patients that every doctor will examine. In (101a und c) kann die Objekt-QP ausschließlich engen Skopus über die Subjekts-QP every doctor haben. In (101b) ist die einzig mögliche Interpretation, dass genau zwei Patienten von jedem der Doktoren untersucht werden, was durch das Einfügen des de niten 1.8 Syntax der Relativsätze 51 52 1 Relativsatzstrategien im Alemannischen Determinierers erreicht wird. Die Interpretation der QP the two patients in der Objektsposition innerhalb des Relativsatzes zeigt (i.), dass die Phrase bewegt wurde und zeigt darüber hinaus, dass (ii.) die Spur aufgrund der Identität zu (101a) nicht de nit sein kann. Borsley (1997) zeigt hingegen, dass das bewegte Element in Relativsätzen ohne W-Element eine DP sein muss, da die Anhebungsoperation A’-Bewegung involviert und damit Argumente, folglich DPs, bewegt werden müssen: (102) *Bill liked picture. (Aoun und Li 2003, 104) Darüber hinaus zeigt das bewegte Element weitere Eigenschaften, die DPs zugeschrieben werden wie Bindung von Pronomen, Kontrolle eines PRO, die Lizenzierung von „ Parasitic Gaps “, Vorkommen in kasusmarkierten Positionen und Sensitivität für weak island constraints . Letzeres ist bei nicht-referenziellen Ausdrücken nicht möglich, wie auch schon für nicht-referenzielle W -Elemente gezeigt wurde (Borsley 1997, 632). (103) *How do you wonder what to say. (104) The book that we wondered how to a ord. (Aoun und Li 2003, 104) (102 zeigt, dass ein nicht-referenzieller W -Ausdruck nicht aus einem in niten W -Komplement extrahiert werden kann, wohingegen eine de nite Kopf-DP in einem Relativsatz bewegt werden kann (Borsley 1997, Aoun und Li 2003). Die Frage, ob eine NP oder eine DP im Relativsatz bewegt wird, diskutiert auch Bianchi (1999, 2000b). In ihrer Analyse wird eine DP bewegt, deren Kopf leer ist (dies ist eine Reaktion auf die Beobachtungen von Borsley (1997)). Im Anschluss an die Bewegung in die linke Satzperipherie werden zwei weitere Operationen notwendig: i. Bewegung der Kopf-NP nach Spec DP ii. Inkorporation des internen in den externen Determinierer Theoretisch müssen dadurch folgende Fragen beantwortet werden: a. Was löst die Bewegung der Kopf-NP nach Spec DP aus? b. Wie kann die Lizenzierung eines internen (leeren) Determinierers durch einen externen Determinierer erreicht werden? Der externe Determinierer verfügt über ein [+N]-Merkmal, welches durch das CP-Komplement nicht überprüft und erfüllt werden kann. Aus diesem Grund wird die Bewegung der Kopf-NP nach Spec DP angenommen. Der externe Determinierer und die Kopf-NP be nden sich dann in einer Kon guration, in der das Merkmal überprüft und Agreement statt nden kann. Die Lizenzierung des internen D -Kopfes durch den externen Determinierer wird durch Inkorporation erreicht, die aufgrund der Adjazenz beider Elemente möglich ist. 1.9 Zusammenfassung/ Ausblick In diesem Kapitel wurde die bisher bekannte Datenlage zu Relativsatzstrategien des Alemannischen beschrieben. Dabei hat sich gezeigt, dass sowohl in den Regionen Baden- Württembergs als auch in der Schweiz und in Vorarlberg eine Partikelstrategie mit wo , eine Pronomenstrategie mit d -Relativpronomen sowie eine Strategie mit Partikel und resumptiven Pronomen und eine Kombination aus d -Pronomen und Partikel attestiert sind. In Tabelle 5 ndet sich nochmals eine Zusammenfassung der bisher in der Literatur beschriebenen Situation: Tabelle 5: Zusammenfassung Relativsatzstrategien im Alemannischen SU/ DO/ IO OBL BW d+gap/ w+gap/ dw+gap P+d+gap/ P+dw+gap CH w+gap/ w+res w+P+res Die Partikelstrategie, so zeigen es die Daten aus Grammatiken, ist auf der Zugänglichkeitshierarchie bis zur IO-Position attestiert. In der Literatur gibt es jedoch keinen Konsens darüber, ob dies für alle Regionen des Alemannischen zutri t. Weiterhin ist nicht eindeutig beschrieben, ob eine Strategie mit d -Relativpronomen Teil der alemannischen Grammatik ist (zumindest für einige Regionen scheint dies zutre end zu sein) oder ob das Vorkommen dieser Strategie alleine auf Interferenze ekte mit der Standardsprache zurückzuführen ist. Weiterhin ist die grammatische Funktion der w+Resumptiv -Strategie und der d -Relativpronomen + w -Strategie sowie deren genaue regionale Distribution ebenfalls nicht vollständig geklärt. Die bisherigen Ansätze von van Riemsdijk (1989) und Salzmann (2006b) zu den Schweizerdeutschen Relativsatzstrategien gehen davon aus, dass Relativpronomen in diesen Varietäten nicht existieren. Die syntaktische Beschreibung konzentriert sich daher auf die Partikelstrategie und das Auftreten von resumptiven Pronomen in bestimmten Positionen der Zugänglichkeitshierarchie. Ein systematisches gesamtalemannisches Bild für die Distribution und Derivation der Relativsatzstrategien kann auf der Grundlage der bisher vorliegenden Daten jedoch nicht erstellt werden. Die weiteren Kapitel der vorliegenden Arbeit haben zum Ziel, Klarheit in die variierende Datenlage zu bringen. Eine systematische Befragung von Sprechern im gesamten Gebiet des alemannischen Sprachraums soll Klarheit in folgende noch o ene 1.9 Zusammenfassung/ Ausblick 53 54 1 Relativsatzstrategien im Alemannischen Forschungsfragen bringen (die zuvor zu Beginn des Kapitels) formulierten Fragen implizieren zusätzliche syntaktische Fragen, die in Kapitel 2 weiter di erenziert werden): i. Welche der vier beschriebenen Strategien können als gesamtalemannische Strategie bezeichnet werden? ii. Welche funktionalen Eigenschaften können mit den attestierten Strategien verbunden werden? 2 Datenerhebung: Eine systematische Befragung von Dialektsprechern im Alemannischen Die Datenerhebung erfolgte im Rahmen des von der DFG geförderten Forschungsprojekts SynAlm, dessen Ziel es war, die verschiedenen alemannischen Dialekte systematisch und kontrastiv zu erforschen. SynAlm steht in seiner Methodik und Ausrichtung in der Tradition großer europäischer Dialektsyntaxprojekte wie der Syntaktische Atlas der Niederländischen Dialekte (SAND) (Barbiers et al. 2007, 2005), der Syntaktische Atlas der Deutschen Schweiz (SADS) (Bucheli und Glaser 2002), der Syntaktische Atlas Norditalienischer Dialekte (ASIS) (Beninca und Poletto 2007), Syntax Hessischer Dialekte (SyHD) (Fleischer et al. 2015). Syntaktische Phänomene wurden in Atlasprojekten nur am Rande und oft eher zufällig dokumentiert; in vielen existierenden Beschreibungen können sie oft nur durch Studium morpho-syntaktischer Daten rekonstruiert werden. Syntaktische Daten nahmen lange Zeit nur ca. 5% der erhobenen Datenmenge ein (vgl. Cornips und Poletto 2005, Cornips und Corrigan 2005), nicht zuletzt auch bedingt durch die in der Literatur oft getro ene Einschätzung, dass syntaktische Daten nur schwer bis gar nicht zu erheben und nicht raumbildend seien (Fleischer et al. 2012, 1). 24 2.1 SynAlm: Die Methodik der Datenerhebung Die standardisierte Erhebung geschieht auf der Grundlage spezi sch zusammengestellter, schriftlicher Fragebögen. Diese enthalten Sätze, die systematisch entsprechend der zugrunde liegenden Fragestellung konstruiert und anschließend Informanten (ortsansässigen Dialektsprechern) an über 300 Ortspunkten im gesamten alemannischsprachigen Gebiet zur Bewertung mittels der sogenannten indirekten Methode vorgelegt wurden. Die im SynAlm-Korpus enthaltenen Daten umfassen, wie in den Vorgängerprojekten, Informationen zu Fragen der generativen Grammatik, Typologie, Dialektologie sowie soziolinguistische Fragestellungen (vgl. Barbiers et al. 2007). 2.1.1 Aufbau des Ortsnetzes Das Ortsnetz wurde auf der Basis einer proportional geschichteten Stichprobe aufgebaut. Datenbasis für das Ortsnetz in Baden-Württemberg waren das Ortsverzeichnis Baden- Württembergs sowie das Ortsnetz des Südwestdeutschen Sprachatlas (SSA). Die Orte 24 Ein ausführlicher Überblick zur Rolle syntaktischer Daten in Atlasprojekten und dialektologischen Untersuchungen bis Ende der 1990er-Jahre wird unter anderem in Glaser (2000), Fleischer et al. (2012) und Glaser et al. (2012) gegeben. 56 2 Datenerhebung: Eine systematische Befragung von Dialektsprechern im Alemannischen wurden mit einer Wahrscheinlichkeit proportional zur Anzahl ihrer Einwohner ausgewählt. In den daraus entstandenen Ortspunkten (Klumpen) erfolgte anschließend eine Informantenauswahl durch Selbstrekrutierung. Das Erhebungsgebiet des Projekts erstreckt sich über den gesamten alemannischen Sprachraum, dessen Grenzen nordwestlich und nordöstlich die Landkreise Aalen, Waiblingen, Ludwigsburg, Pforzheim und Karlsruhe bilden. Es wurden zudem Landkreise des fränkischen Dialektgebiets miteinbezogen. Damit reicht das Ortsnetz bis an den hessischen Sprachraum. Der SSA umfasst insgesamt 27 Landkreise. 25 Aus den Landkreisen Karlsruhe, Pforzheim, Baden-Baden und Esslingen sind nur wenige Ortspunkte vorhanden, weitere Landkreise wie Aalen, Waiblingen und Ludwigsburg aus dem schwäbischen Sprachraum fehlen vollständig. Aus diesem Grund wurden alle fehlenden und mit wenig Ortspunkten vertretenen Landkreise durch Daten aus dem amtlichen Gemeindeverzeichnis Baden- Württembergs des Statistischen Bundesamtes aufgefüllt und um die fränkischen Landkreise ergänzt. Damit endet das Ortsnetz von SynAlm an der Grenze zum hessischen Sprachraum. Da die Landkreise das SSA nicht die gesamte Menge aller Ortschaften eines Landkreises umfassen, wurde aus dem amtlichen Gemeindeverzeichnis des statistischen Bundesamtes aufgefüllt (wenn die Di erenz mehr als 10 Orte betrug), so dass die Anzahl der Orte in jedem Landkreis ungefähr seiner tatsächlichen Größe entspricht. Doppelt auftretende Orte wurden nach der Stichprobenziehung herausgenommen und durch eine Nachziehung ersetzt (dies trat jedoch nur in einem Landkreis auf). 2.1.2 Durchführung der Stichprobe Die Stichprobenziehung erfolgte in zwei Stufen. In einem ersten Schritt wurden Ortspunkte in einer Klumpenstichprobe nach folgenden Kriterien gezogen: (105) Anzahl der auszuwählenden Ortspunkte für das Ortsnetz insgesamt: 250 (106) Mindestanzahl an Orten pro Landkreis: 5 Bei 37 Landkreisen wird folglich jeder sechste Ort gezogen. Mit diesen Werten wurde für jeden Landkreis entsprechend seiner Größe (Anzahl der Orte im Landkreis) errechnet, wie viele Orte pro Landkreis gezogen werden und in welchem Rhythmus die Auswahl der Orte in einem Landkreis erfolgt. Für den Landkreis Aalen mit seinen insgesamt 95 Ortschaften wurde z. B. folgende Rechnung zugrunde gelegt: 25 Die Landkreise werden durch Ihre Kürzel aufgelistet: BAD, RA, FDS CW, TÜ, RT, UL, NU, BC, RV, FN, SIG, BL, TUT, SIG, RW, VS, KN, FN, LÖ, FR, EM, OG, KA, PF, BB, ES. Anzahl der Orte insgesamt 95: 6 = 15. Wenn also jeder 6. Ort gezogen wird, werden insgesamt 15 Orte aus dem Landkreis Aalen in der Stichprobe enthalten sein, bei kleineren Landkreisen ist die Anzahl der gezogenen Orte dann proportional kleiner. In Landkreisen mit weniger als 5 Orten wurden alle Orte gezogen. Das Erhebungsgebiet des Projekts in Baden-Württemberg erstreckt sich über den gesamten alemannischen Sprachraum, dessen Grenzen nordwestlich und nordöstlich die Landkreise Aalen, Rems-Murr, Ludwigsburg, Pforzheim und Karlsruhe bilden. 26 Das Ortsnetz setzt sich aus insgesamt 263 Orten in Baden Württemberg, 300 Orten in der Schweiz und jeweils 15 Ortspunkten in Vorarlberg und dem Elsass zusammen (Abbildung 2). Die zweite Stufe der Stichprobenziehung bezieht sich auf die Rekrutierung der Informanten, diese erfolgte über Selbstrekrutierung. Abbildung 2: Das SynAlm-Ortsnetz 26 Die Auswertung der fränkischen Dialektgebiete ist in das Gesamtergebnis Baden-Württembergs miteinbezogen, obwohl diese Gebiete nicht zum alemannischen Sprachraum zählen. Eine regionale Auswertung der fränkischen Sprecher hat keinen signi kanten Unterschied zum gesamt-badenwürttembergischen Ergebnis gezeigt, so dass sie aus den Ergebnissen nicht herausgerechnet wurden. Grund für die Ausweitung des Ortsnetzes auf diese Gebiete war das direkte Angrenzen der SynAlm- Erhebung an die Erhebungsgebiete des Forschungsprojekts Syntax hessischer Dialekte (SyHD). 2.1 SynAlm: Die Methodik der Datenerhebung 57 58 2 Datenerhebung: Eine systematische Befragung von Dialektsprechern im Alemannischen 2.1.3 Die Informanten In 6 Fragebogenrunden wurden im Projekt SynAlm in jeder Runde ca. 700 - 1000 Informanten befragt. Das Informantennetz wurde systematisch aufgebaut. In der ersten Befragungsrunde wurden die Bürgermeister und Ortsvorsteher der in der Stichprobe gezogenen Ortschaften angeschrieben. Sie wurden gebeten, die Fragebögen an ortsansässige Dialektsprecher weiterzugeben. Dabei wurden keine weiteren Vorgaben bezüglich Geschlecht, Alter, Mobilität, Länge der Ortsansässigkeit gestellt. Die Informantengewinnung erfolgte in diesem letzten Schritt also über Selbstrekrutierung. Der Rücklauf zeigt dabei einen Querschnitt durch alle Alters- und Berufsgruppen. Für die folgenden Runden wurden diejenigen Informanten wieder angeschrieben, die sich bei der ersten Befragung mit weiteren Befragungen einverstanden erklärten. Jedem Informanten wurden noch zwei weitere Fragebögen mitgeschickt, mit der Bitte versehen, diese an andere Sprecher des Dialekts weiterzugeben. So wurde über ein Schneeballsystem der Informantenstamm auf einer vergleichbaren Größe gehalten. 2.1.4 Erhebungsmethoden für dialektale Daten Dialektale Daten wurden lange Zeit mittels Tonbandaufnahmen von spontansprachlichen Konversationen erhoben, die dann auf typische Phänomene hin ausgewertet wurden. In der Folge wurde diese Methode durch gezielt erstellte vorgefertigte schriftliche Fragebögen erweitert, die durch geschulte ortskundige Dialektsprecher (vgl. Barbiers et al., 2007) oder Wissenschaftler selbst zur Elitzitierung von dialektalen Daten herangezogen wurden. Durch das Studium von Tonbandaufnahmen oder Korpora allein sind gewisse phonologische, morphologische und syntaktische Variablen aber nicht zu erfassen (Cornips und Poletto 2005). Direkte Befragung nach Grammatikalitätsurteilen ermöglicht es zudem Variablen zu testen, die in normaler Interaktion nicht oder nur sehr selten vorkommen, aber durch die Grammatiktheorie vorhersagbar sind. Zudem ermöglicht die direkte Abfrage von Sprecherurteilen, Grammatikalität auf einer Skala einzuordnen, graduelle Abstufungen zu messen sowie Ablehnungen direkt zu erfassen. Die Datenerhebung kann durch bestimmte E ekte beein usst werden, die bei der Auswertung und Interpretation der Daten Berücksichtigung nden müssen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Variablen der Befragung interagieren und auf diese Weise Sprecherurteile beein ussen. Weiterhin können Gewöhnungs- oder Wiederholungse ekte auftreten, die durch wiederholtes Nachfragen sich ähnelnder Fragetypen entstehen. Weiterhin besteht die Gefahr, dass Informanten sich durch präskriptive, standardgrammatische Faktoren in ihren Urteilen beein ussen lassen (Cornips und Jongenburger 2001, 56, Barbiers et al. 2007). 27 Cornips und Poletto (2005) zeigen, wie wichtig die 27 Weiterhin Bock (1986) und Greenbaum (1973). Entwicklung neuer Erhebungsmethoden für diesen Bereich ist und argumentieren in Anlehnung an naturwissenschaftliche Forschung für einen experimentelleren Einsatz der gängigen Methoden und ihre Weiterentwicklung im Hinblick auf adäquate Beobachtung sprachlicher Phänomene. Ein weiterer wichtiger Aspekt sind soziolinguistische Ein ussfaktoren, wie Status der gesprochenen Varietäten im vorliegenden Erhebungsgebiet und die Unterscheidung von implizierter und expliziter Kompetenz (Cornips und Poletto 2005, 943). Beide Konzepte ergeben sich aus der Beobachtung, dass es in Datenkorpora oftmals Diskrepanzen zwischen der Beurteilung einer Konstruktion bezüglich ihrer Grammatikalität einerseits und dem Äußern der Konstruktion andererseits gibt. So wird davon ausgegangen, dass implizites Wissen eines Sprechers - unbewusst und automatisch ablaufend - bestimmte Konstruktionen kennt und anwendet, die über den Mechanismus des expliziten Wissens (de niert durch in der Schule erworbenes Wissen) überlagert wird und sich bei Abgabe eines Grammatikalitätsurteils in der Ablehnung einer Konstruktion äußert. Allerdings können auch Grammatikalitätsurteile zu Konstruktionen außerhalb des expliziten Wissens abgegeben werden. Akzeptanz einer Konstruktion ist zudem nicht nur durch die Unterscheidung von explizitem und implizitem Wissen, sondern auch durch den Status der jeweiligen lokalen Variante (Labov 1972, 1996) zur dominierenden Standardvarietät und von semantisch-pragmatischer Salienz beein usst (vgl. hierzu ausführlich die Darstellung in Cornips und Poletto (2005, 943f)). 2.1.5 Die indirekte Methode Die Informantenbefragung mit der sogenannten indirekten Methode erfolgt mittels eines schriftlichen Fragebogens, in dem Aufgaben verschiedenster Art zu Phänomenen des untersuchten Dialekts präsentiert werden. Typisch für die in SynAlm und den Vorgängerprojekten verwendete indirekte Befragung ist, Sprecherurteile nicht über direkt gestellte Fragen nach Grammatikalität oder „richtigen“ und „falschen“ Konstruktionen zu erhalten, sondern indirekt mit Fragen des folgenden Typs: „Bitte kreuzen Sie die Sätze an, die Sie in Ihrem Dialekt sagen können“ oder „Bitte bewerten Sie die folgenden Sätze auf einer Skala von 1 (= sehr gut, ganz natürlich in meinem Dialekt) und 5 (= würde man in meinem Dialekt nicht sagen)“, oder bei Übersetzungsaufgaben: „Wie würden Sie die folgenden Sätze in Ihrem Dialekt sagen“? Eine direkte Frage und damit absolute Sprecherurteile bergen die Gefahr, dass Sprecher in ihrer Beurteilung eher in die Richtung einer übergeordneten Standardvarietät im Labovschen Sinne (1972) tendieren und nicht zu ihrer tatsächlich gesprochenen Varietät (Cornips und Jongenburger 2001, 56). Auch die schriftliche Befragung unterliegt den zuvor beschriebenen E ekten 2.1 SynAlm: Die Methodik der Datenerhebung 59 60 2 Datenerhebung: Eine systematische Befragung von Dialektsprechern im Alemannischen wie Gewohnheits- und Wiederholungse ekten (beein usst durch die Fragestellung und die Anordnung der Variablen), Ein uss von präskriptiven, standardgrammatischen oder falsch verwendeten lexikalischen Ausdrücken (in schriftlichen Befragungen haben diese Faktoren noch einen viel stärkeren Ein uss) sowie der Bewertung der Interpretation einer Frage und nicht deren grammatischer Struktur. Durch den Faktor der Schriftlichkeit, die in den meisten Dialekten nicht vorhanden ist, ist das Auftreten solcher E ekte erhöht. Dennoch wird mit der indirekten Fragemethode versucht, solche E ekte möglichst zu vermeiden. Durch indirekte Fragen werden Intuitionen der Informanten zu ihrem Dialekt mittels vielschichtiger Aufgaben erfragt, es wird mit Alternativen innerhalb der Antwortmöglichkeiten auf eine Frage auch bereits eine Variation innerhalb des Datensamples vorausgesetzt (Cornips und Poletto 2005, 945). Der Faktor der Schriftlichkeit wird mit Anleitungen und Ausfüllhinweisen kontrolliert. Dadurch sollen Verständnisprobleme aufgrund von nicht vorhandener Schriftlichkeit im Dialekt minimiert werden. Informanten werden gebeten, sich die vorgegebenen Varianten laut vorzusprechen, bevor eine Bewertung abgegeben wird. Das Risiko weiterer Interventionse ekte wie z. B. die Abwertung grammatischer Strukturen aufgrund falsch verwendeter lexikalischer Ausdrücke, Gewohnheitse ekte, bzw. Wiederholungse ekte kann durch Abwechslung der Fragetypen und Verwendung von Bildmaterial erheblich eingeschränkt und kontrollierbar gemacht werden (vgl. dazu auch Fleischer et al. 2012). Die Vorteile der Methode liegen in der standardisierten Erhebung und Auswertung großer Datenmengen, die neue Rückschlüsse über die Validität der Sprecherurteile zulassen und darüber hinaus auch Aufschluss über geographische Distributionen geben und raumbildende Phänomene hervorheben (vgl. Cornips und Corrigan 2005 sowie Glaser et al. 2012, Fleischer et al. 2012 und Barbiers et al. 2005). 2.1.6 Fragebogenerhebungen und Schriftlichkeit im Dialekt Die Schriftlichkeit, die der Befragungsmethode zugrunde liegt, ist nicht unproblematisch. Es gibt keine Schriftlichkeit im Alemannischen. Es existieren zwar schriftliche Dokumente, diese unterliegen jedoch keiner Standardisierung. Im Alltagsgebrauch gibt es keine Schriftlichkeit. Für gewöhnlich sind Informanten des Alemannischen nicht daran gewöhnt, ihren Dialekt verschriftlicht zu sehen. Durch Ausfüllhinweise zu Beginn des Fragebogens wird daher versucht, diesen E ekt zu minimieren, indem der Informant gebeten wird, sich die Varianten laut vorzusprechen, bevor eine Bewertung abgegeben wird. Durch diese Form der Erhebung ist es möglich, sehr fein strukturierte Unterschiede in der Grammatik eines Informanten zu erfragen. Allerdings kann es dadurch auch schnell zu Überforderung und Ermüdung und dadurch zu den anderen oben beschriebenen E ekten bei der Beurteilung kommen und damit die Qualität der Daten beein usst werden. Durch abwechslungsreiche Fragemethoden - Wechsel zwischen verschiedenen Fragetypen und Verwendung von Bildmaterial - kann dieses Risiko aber eingeschränkt und kontrollierbar gemacht werden (vgl. hierfür auch Fleischer et al. 2012). 2.2 Variablen der Datenerhebung Folgende Fragestellungen wurden im Hinblick auf alemannische Relativsatzstrategien systematisch abgefragt, dabei ist es wichtig, zwischen den unabhängigen Variablen (UV) - Eigenschaften des Relativsatzkopfes - und den abhängigen Variablen (AV) - welche Relativsatzstrategie wird verwendet? - zu unterscheiden: • Welche Relativsatzstrategien kennt das Alemannische (= AV1)? • Bis zu welcher Position nach der „Zugänglichkeitshierarchie“ von Keenan und Comrie (1977) (= UV1) können Relativsätze mit der Partikelstrategie (= AV2) eingeleitet werden? • Welche Strategie wird bevorzugt (= AV3), um die Unterscheidung appositiv / restriktiv / deskriptiv (= UV2) im Alemannischen auszudrücken? • Was ist der Status von d -Relativpronomen wie der, die, das (= AV4)? • Haben semantische Eigenschaften des Kopfnomens (z. B. Belebtheit, Abstraktheit ) (= UV3) einen Ein uss auf die Wahl der Relativsatzstrategie (= AV5)? • Beein ussen grammatische Faktoren wie De nitheit, Plural/ Singular , Pronomen / lexikalisches Nomen (= UV4) die Wahl des Relativsatzeinleiters (= AV6)? • Gibt es Resumptivpronomen (= AV7) in allen Varianten des Alemannischen? • Welche Rolle spielt der externe Determinierer (= AV8) (Unterscheidung verschiedener Typen von Determinierern - reduzierte, starke und Demonstrativpronomen)? • Welchen Bedingungen unterliegt Extraktion (= AV9) aus einem Relativsatz? Die oben genannten Fragestellungen ergeben sich aus den bisher in der Literatur beschriebenen Vorhersagen zu Relativsätzen und bilden die Variablen für eine systematische Abfrage im Alemannischen. Die syntaktischen und semantischen Variablen ergeben sich aus syntaktischen Prinzipien, die im Zusammenhang mit der Analyse von Relativsatzstrategien stehen. 2.2 Variablen der Datenerhebung 61 62 2 Datenerhebung: Eine systematische Befragung von Dialektsprechern im Alemannischen 2.3 Fragebogendesign Die Aufgabentypen variieren und umfassen u. a. geschlossene oder halbo ene Fragen mit skalierter Bewertung (Skala 1 - 5) sowie Ja/ Nein-Ankreuzfragen, o ene Fragen wie Übersetzungsaufgaben (Abbildung 3), aber auch Entscheidungsfragen (ebenfalls geschlossen oder halbo en) und Lückentexte. Weiterhin wurden Fragen zur Kenntnis alter, in früheren Sprachstufen des Deutschen verwendeter Konstruktionen hinzugefügt. Letztere wurden in den freien Antwortmöglichkeiten des ersten Fragebogens genannt. Es handelt sich dabei um Relativsätze, die durch die Äquativpartikel so (Beispiele 107 und 108) eingeleitet werden: (107) Des Mädle, so in Deggingen wohnt. (108) S Haus, so man jetzt kaufen kann. Die variierenden Aufgabentypen werden im Einzelnen in unten beschriebenen Auswertungen und Ergebnissen nochmals genauer beschrieben. Im Folgenden wird ausschnittsweise die Basisfragestellung gezeigt. Abbildung 3 zeigt beispielhaft eine Übersetzungsfrage (o ene Frage), Abbildung 4 eine Ankreuzfrage (geschlossen) und Abbildung 5 eine Bewertungsaufgabe (geschlossen) mit einer Skala von 1 - 5: Abbildung 3: O ene Frage - Übersetzung Abbildung 4: Entscheidungsfrage (zum Ankreuzen, geschlossen) Abbildung 5: Geschlossene Frage, Bewertung auf Fünferskala (1-5) Alle Informanten des Erhebungsgebiets erhielten den gleichen Fragebogen: Die Abfolge der Fragen und die Fragen selbst waren identisch, es wurden lediglich Einlautungen der Fragebögen für die unterschiedlichen Regionen vorgenommen, um eine Annäherung an die regionalen Aussprachevarianten zu erreichen. Durch die Einlautung wurden aber keinerlei Veränderungen an den Testitems, also der Abfolge der Wörter oder den Wörtern selbst vorgenommen. Unterschiede bei der Datenauswertung sollten daher nicht aufgrund von Fragebogene ekten auftreten, sondern auf tatsächliche Unterschiede in den Grammatikalitätsurteilen der Sprecher des Erhebungsgebiets hindeuten. Es kann jedoch nicht vollständig ausgeschlossen werden, dass bei der Fragebogenkonstruktion 2.3 Fragebogendesign 63 64 2 Datenerhebung: Eine systematische Befragung von Dialektsprechern im Alemannischen oder der Abfragemethode an einzelnen Stellen missverständliche Formulierungen oder Konstruktionen eingesetzt wurden. Sofern dieser Fall erkennbar eingetreten ist, wird darauf an entsprechender Stelle eingegangen. 2.4 Dokumentation der Datenauswertung In Tabelle 6 ist der Rücklauf der Befragungsrunden dargestellt, die in die Analyse dieser Arbeit einge ossen sind. Tabelle 6: Zahlen zum Rücklauf der Fragebögen SynAlm 2, 3 und 4 SynAlm-Befragungswelle (FB) Region 2 3 4 BW 428 503 373 CH 306 232 172 VA 23 18 11 EL 11 14 3 ∗ ∗ : nicht mehr ausgewertet In den folgenden Abschnitten erfolgt eine detaillierte Datenauswertung der für diese Arbeit relevanten Abfragen in SynAlm FB2, FB3 und FB4 (die Fragebögen sind im Anhang Abschnitt 7 dokumentiert). 2.5 Relativsatzeinleiter im Alemannischen In den Aufgaben 1.4 bis 1.17 wurden den Informanten Sätze mit verschiedenen Relativsatzeinleitern (RSE) vorgegeben. Ziel dieser Abfrage war es zum einen, ältere aus dem Frühneuhochdeutschen bekannte Relativsatzstrukturen abzufragen (soweit noch Kenntnis über diese Formen besteht), zum anderen sollte der Test dazu dienen zu bestimmen, welche weiteren Wörter wie was , wenn oder wer , aber auch als , ass als Relativsatzeinleiter akzeptiert werden. 28 Die Sätze 1.7 und 1.8 testen so als Relativsatzeinleiter. Sie wurden von Informanten der ersten Fragebogenrunde in einer o enen Frage in dieser Form genannt. In der Folgebefragung dienten sie als Vorbild für eine ächendeckende Überprüfung des Verbreitungsgrads dieser alten Konstruktion. Das gleiche Ziel wurde mit der Abfrage einer weiteren frühneuhochdeutschen Konstruktion bestehend aus d -Pronomen + da verfolgt. 28 Zum diachronen Hintergrund der Konstruktionen vgl. Kapitel 3. Diese Aufgabenstellung wurde zusätzlich in Anlehnung an die drei heute bekannten Strategien ( d -Pronomen/ d -Pronomen + wo / wo durch die Varianten w + da und d + w + da ) modi ziert. Eine weitere Konstruktion mit Pronominaladverb womit , welches gestrandet wird und in der Literatur (Fleischer 2005) als mögliche Ausgangssituation für die Entwicklung der Partikelstrategie mit wo beschrieben wird, sollte ebenfalls auf sein Vorkommen im Dialektgebiet untersucht werden. Für diese Abfrage wurde eine geschlossene Frage gestellt, bei der den Informanten drei Antwortkategorien vorgegeben waren. Die Bewertung der Sätze sollte danach erfolgen, ob die Konstruktion „selbst gesagt“, dem Sprecher persönlich „bekannt“ ist oder als „noch nie gehört“ eingestuft wird. In den Abfragen 1.18 - 1.23 wurden die Bewertungskriterien verändert. Die vorgegebenen Sätze sollten auf einer Skala von 1 („sehr gut, ganz natürlich in meinem Dialekt“) bis 5 („würde man so in meinem Dialekt nie sagen“) bewertet werden. Getestet wurde ein Relativsatz, in dem ein Dativobjekt relativiert wird und die verschiedenen Varianten ( d/ dw/ w oder w + Resumptiv und deren Kombinationsmöglichkeiten), die in der Literatur als sogenannte „Reparaturstrategien“ beschrieben werden. Im Folgenden wird die Auswertung der Aufgabe SynAlm_FB2_1 für Baden-Württemberg (BW), die Schweiz (CH), Vorarlberg (VA) und das Elsass (EL) einzeln dargestellt. 2.5.1 Relativsatzeinleiter da In Daten des Frühneuhochdeutschen und in einer Übersicht zur Typologie von Relativsätzen in deutschen Dialekten (Fleischer, 2005, 175) nden sich Belege für Relativsätze, die von einem d -Relativpronomen kombiniert mit einer deiktischen Partikel da eingeleitet werden können. Fleischer beschreibt Belege für die Kombination d+da im Nordniederdeutsch-Schleswigschen (für die SU-Position) und der obersächsischen Varietät von Leipzig (für SU-IO-Position) (Fleischer 2005, 175 und 182). In Letzterer ndet er auch Belege für w+da (für die OBL-Position). Der Typ w+da wird von Fleischer (2005, 182) als Subtyp der Relativsätze mit Pronominaladverbien beschrieben (dazu und den diachronen Belegen siehe ausführlich Kapitel 3). Ziel dieser Abfrage war es daher, das Vorkommen der historisch belegten Strategie im heutigen Alemannisch zu testen. Durch die weite Verbreitung der Konstruktion im Frühneuhochdeutschen wäre es nicht verwunderlich, wenn auch im heutigen Alemannisch noch Kenntnis über diese Konstruktion vorhanden ist, da Alemannisch in seiner Grammatik viele Konstruktionen dieser Zeit aufweist. Das Vorkommen dieses Relativsatztyps wurde systematisch im gesamten Untersuchungsgebiet getestet. Dabei sollten die Informanten angeben, ob sie die Konstruktion selbst sagen (1), ihnen diese bekannt ist (2) oder sie noch nie davon gehört haben (3), 2.5 Relativsatzeinleiter im Alemannischen 65 66 2 Datenerhebung: Eine systematische Befragung von Dialektsprechern im Alemannischen (x = keine Antwort abgegeben). In Tabelle 7 ist die Aufgabenstellung dargestellt. Die Abfrage erfolgte mittels einer geschlossenen Frage. Tabelle 7: SynAlm FB2, 1.12 - 1.17, Relativsatzeinleiter Rel+ da Frage Text 1.12 Der Film, der da gestern gelaufen ist,... 1.13 Der Film, der wo da gestern gelaufen ist,... 1.14 Der Film,wo da gestern gelaufen ist,... 1.15 Ein Koch, dem da immer etwas anbrennt,... 1.16 Ein Koch, dem wo da immer etwas anbrennt,... 1.17 Ein Koch, wo da immer etwas anbrennt,... Abbildung 6: SynAlm FB2, Relativsatzeinleiter da (BW) Abbildung 6 zeigt, dass alle abgefragten Konstruktionen in BW mit fast 40% als „bekannt“ bewertet werden. Die Varianten mit d+da sowie w+da mit Referenz auf ein nicht belebtes Bezugsnomen der Film scheinen darüber hinaus noch gebräuchlich zu sein. Fast 40% der Informanten bewerten die Konstruktionen mit Relativsatzeinleiter d + da und w + da mit „sage ich selbst“. Gleiches gilt für die Konstruktion mit Bezugsnomen [+belebt] ein Koch mit Relativsatzeinleiter w+da . Die anderen Varianten sind als eher gering auftretend einzustufen. Abbildung 7: SynAlm FB2, Relativsatzeinleiter da (CH) Die Informanten in der Schweiz (CH) bewerten die Variante mit Relativsatzeinleiter w+da und Bezug auf ein unbelebtes Kopfnomen der Film zu 68% mit (1) „sage ich selbst“. Die Konstruktion mit belebtem Bezugsnomen der Koch und Relativsatzeinleiter w+da wird ebenfalls noch von ca. 40% der Informanten verwendet. Die anderen Varianten sind als eher gering oder sogar als „nicht bekannt“ einzustufen. Abbildung 8: SynAlm FB2, Relativsatzeinleiter da (VA) In Vorarlberg (VA) werden die Varianten mit d+da , w+da und Bezug auf ein unbelebtes Kopfnomen vorwiegend mit „sage ich selbst“ bewertet. Mit belebtem Bezugsnomen sinken die Werte. 2.5 Relativsatzeinleiter im Alemannischen 67 68 2 Datenerhebung: Eine systematische Befragung von Dialektsprechern im Alemannischen Abbildung 9: Relativsatzeinleiter da (EL) Im Elsass (EL) ist es schwierig, die Ergebnisse aufgrund der niedrigen Anzahl an Informanten verlässlich zu interpretieren, da sich die Auswertungen in allen drei Kategorien eher gleich verteilen und sich daraus keine eindeutigen Rückschlüsse ziehen lassen. Die Tendenz der Daten im Elsass gibt aber doch Hinweise darauf, dass die Konstruktionen auch hier noch bekannt zu sein scheinen und teilweise aktiv verwendet werden. 2.5.2 Relativsatzeinleiter (was, wer, wie, so, womit, als, ass) Alle abgefragten Varianten sind sowohl historisch bekannte Belege für Relativsatzeinleiter als auch gegenwärtig in dialektalen Daten (Fleischer, 2005) belegt. In den österreichisch-bairischen Varietäten sowie im Jiddischen ist wos (was) der Standardrelativsatzeinleiter (vgl. dazu auch Abschnitt 3.12.2). Das Ziel war es herauszu nden, welche Varianten im Alemannischen akzeptiert werden. In Tabelle 8 wird die Aufgabe dargestellt: Tabelle 8: SynAlm FB2, Relativsatzeinleiter in den Fragen 1.4 - 1.11 Frage Relativsatzeinleiter 1.4 Der Bub, was in Deggingen wohnt 1.5 Der Bub, wer in Deggingen wohnt 1.6 Der Bub, wie in Deggingen wohnt 1.7 Des Mädle, so in Deggingen wohnt 1.8 Des Haus, so man jetzt kaufen kann 1.9 Das Messer, wo ich Brot mit abgeschnitten habe 1.10 Der Streit, als sie miteinander haben 1.11 Der Streit, ass sie miteinander haben In Abbildung 10 werden die Bewertungen der Informanten nochmals graphisch dargestellt: Abbildung 10: SynAlm FB2, 1.4 - 1.11, Relativsatzeinleiter was / wer / wie / so / womit / als / ass Relativsatzeinleiter was: In Sätzen mit einem belebten, menschlichen Referenten kann der Relativsatzeinleiter was in allen vier Regionen ausgeschlossen werden. In BW und VA geben 32% und 52% an, was sei in ihrem Dialekt „bekannt“, scheint aber nicht aktiv verwendet zu werden. Relativsatzeinleiter wer, wie, so als, (d)ass: Für einen belebten, menschlichen Referenten, können diese Relativsatzeinleiter in allen vier Regionen ausgeschlossen werden. Als bekannteste Variante kann der Satz 1.9 aus Staedele (1927, 28) eingestuft werden. 53% der baden-württemberger Sprecher und 33% der schweizer Informanten geben an, diese Konstruktion aktiv zu verwenden, 33% (BW) und 40% (CH) geben an sie zu kennen und 10% (BW) und 22% (CH) ist sie unbekannt. In Vorarlberg können sie ausgeschlossen werden. Weiterhin beachtenswert sind die Angaben für „ist mir bekannt“. So scheinen wer, wie, also und (d)ass noch einen gewissen Bekanntheitsgrad zu besitzen, wohingegen so nur noch sehr wenigen Sprechern geläug ist. Die Varianten 1.7 und 1.8 wurden in die Befragung aufgenommen, nachdem sie als Eigennennungen von Informanten der SynAlm-Befragung FB1 angegeben wurden. 2.5 Relativsatzeinleiter im Alemannischen 69 70 2 Datenerhebung: Eine systematische Befragung von Dialektsprechern im Alemannischen Diese Eigennennungen gaben schließlich den Anlass, weitere Erhebungen den Bekanntheitsgrad dieser und anderer teilweise historisch belegter Konstruktionen durchzuführen. Es lässt sich jedoch keine breite Kenntnis oder Verwendung dieser Konstruktion im untersuchten Sprachgebiet nachweisen. Auch andere historisch oder dialektal belegte Konstruktionen können ausgeschlossen werden. Die in Abbildung 10 dargestellten Ergebnisse zeigen den Bekanntheitsgrad von diachron belegten Relativsatzkonstruktionen sowie synchron in der Relativsatztypologie beschriebenen Relativsatztypen im alemannischen Sprachgebiet. Die Ergebnisse werden in Kapitel 3 nochmals im Detail besprochen. 2.6 Die Relativsatzstrategien Ziel von Frage 5 im SynAlm-Fragebogen 2 war es, die Wahl des Relativsatzeinleiters im Hinblick auf folgende Variablen abzufragen: • semantische Eigenschaften des Kopfnomens: konkret vs. abstrakt (Der Bürgermeister/ die Mühe) • Numerus des Kopfnomens: Singular vs. Plural (ein Einkaufszentrum/ die Händler) • De nitheit: de nit vs. inde nit (ein Schreiner/ der Ochsenwirt) • Quantoren als Kopfnomen (jeder, alle, eine/ r) • appositiv vs. restriktiv (unser Bürgermeister, der.../ ein Einkaufszentrum, das...) • Kasus der Lücke im Relativsatz (hier NOM/ AKK/ DAT/ OBL(lok)) Die Informanten wurden dazu in die Situation einer Konversation an einem Stammtisch versetzt. Die oben beschriebenen Variablen werden kombiniert mit der Frage, welcher Relativsatzeinleiter ( d -Relativpronomen ( d ), d -Relativpronomen und wo ( dw ) oder nur wo ( w )) bevorzugt gewählt wird. Dabei müssen sich die Sprecher für eine Variante entscheiden, die in dieser Aufgabe zum Ankreuzen vorgegeben ist (siehe Abbildung 4). Nachfolgend werden die Aufgabenstellung (Tabelle 9, geschlossenen Frage) sowie die Auswertungen (Abbildungen 11 - 17) für alle drei Regionen dargestellt. Tabelle 9: SynAlm FB2, 5.1 - 5.20. Frage Testsatz mit RSE-Auswahl 5.1. ... unser Bürgermeister, der □ , der wo □ , wo □ ... 5.2. ... zu dem Einkaufszentrum, des □ , des wo □ , wo □ ... 5.3. ... dass die Leute, denen □ , denen wo □ , wo □ ... 5.4. ... einen dicken Auftrag haben will, der □ , der wo □ , wo □ ... 5.5. ... sogar ein Schreiner, der □ , der wo □ , wo □ ... 5.6. Meinst du den Bernd, der □ , der wo □ , wo □ ... 5.7. Nein, ich meine den Bernd, der □ , der wo □ , wo □ ... 5.8. ... in dem alten Haus wohnt, des □ , des wo □ , wo □ ... 5.9. ... in dem Betrieb, in dem □ , in dem wo □ , wo □ ... 5.10. ... ein Einkaufszentrum, des wo □ ,wo □ ... 5.11. ... jemanden zum Bürgermeister wählt, dem □ , dem wo □ , wo □ ... 5.12. ... jeder, der □ , der wo □ , wo □ ... 5.13. ... nicht alle, die □ , die wo □ , wo □ ... 5.14. ... einige Bürger, die □ , die wo □ , wo □ ... 5.15. ... jene Lehrerin, die □ , die wo □ , wo □ ... 5.16. ... der Ochsenwirt, der wo □ , wo □ ... 5.17. ... die Mühe, die □ , die wo □ , wo □ ... 5.18. ... so ein Einkaufszentrum, in dem □ , in dem wo □ , wo □ ... 5.19. ... für die Händler, die □ , die wo □ , wo □ ... 5.20. ... und hilft dafür denen, die □ , die wo □ , wo □ ... Abbildung 11: Relativsatzeinleiter nach Region 2.6 Die Relativsatzstrategien 71 72 2 Datenerhebung: Eine systematische Befragung von Dialektsprechern im Alemannischen Für die Region Baden-Württemberg zeigen die Auswertungen der Testsätze in Aufgabe 5 über alle Sätze 5.1 - 5.20, dass die drei vorgegebenen Strategien mit d -Relativpronomen, Kombination aus Partikel und Pronomen sowie nur die Partikelstrategie zu nahezu gleichen Anteilen von den Informanten gewählt werden. Die Partikelstrategie ist im Mittel über die komplette Frage verteilt die präferierte Strategie, wobei die Unterschiede minimal sind. Die Streuung innerhalb der einzelnen Testsätze ist allerdings teilweise deutlich erkennbar. Die Gesamtübersicht der Ergebnisse für die schweizerdeutschen Varianten des Alemannischen zeigt, dass die Partikelstrategie mit signi kant höherer Zustimmung präferiert wird. Im Schnitt lässt sich zudem sagen, dass d -Relativpronomen und die Kombination aus Relativpronomen und Partikel wo attestiert sind, wenngleich in geringerem Maße als in BW. 29 Die Auswertung der Informantenurteile aus Vorarlberg zeigt eine hohe Ähnlichkeit zu den Daten aus Baden-Württemberg. Auch hier werden sowohl die Strategie mit d -Relativpronomen und die Partikelstrategie favorisiert mit einer leichten Präferenz für die Letztere. Die Strategie mit d -Relativpronomen und wo ist ebenfalls stark vertreten. Die Unterschiede zu den beiden favorisierten Strategien sind jedoch größer als in Baden- Württemberg. Für die Testvariablen lassen sich die gleichen Schlussfolgerungen ziehen wie zuvor für BW und CH beschrieben. Die Auswertung der Ergebnisse aus dem Elsass liegen zwischen den Daten der Schweiz und denen aus Vorarlberg und Baden- Württemberg. Die Partikelstrategie mit wo wird deutlich favorisiert, die Strategie mit Relativpronomen und der Kombination aus Pronomen und Partikel werden äußerst selten gewählt. Die Unterschiede sind signi kant, jedoch nicht mit derselben Aussagekraft wie in den Daten der Schweiz. Allerdings muss man an dieser Stelle erwähnen, dass die Anzahl der Informanten deutlich geringer ist, als in BW und CH, was die Belastbarkeit der Ergebnisse entscheidend beein usst und sich insbesondere auf die Gewichtung jeder einzelnen Antwort auswirkt, die hier das Ergebnis entscheidend in eine jeweils andere Richtung lenken kann. Dennoch zeigen statistische Berechnungen signi kante Unterschiede zwischen der d - und dw -Strategie und der Partikelstrategie mit wo . Die graphische Darstellung zeigt die Einzelauswertungen für jede getestete Variable. Allerdings muss vorangestellt werden, dass jeder Testsatz immer mit mindestens zwei experimentellen Faktoren konfundiert ist. Für die Frage 5.1 ist ein leichter Anstieg der d -Pronomenstrategie in Baden-Württemberg zu verzeichnen. Ursächlich könnte ein Effekt in der Aufgabenstellung sein, denn der Relativsatz wurde durch einen Einschub „Unser Bürgermeister, der/ der wo/ wo - wie ihr ja alle wisst - ein Baugeschäft hat“ 29 Das Auftreten von d -Relativpronomen für die deutschsprachige Schweiz wird auch in der Literatur beschrieben (van Riemsdijk 1989, Salzmann 2006b, Weber und Dieth 1987), allerdings nur im Zusammenhang mit Interferenze ekten aus dem Standarddeutschen. erweitert. Dieser Einschub kann als mögliche Ursache für den Anstieg der Pronomenstrategie gewertet werden. Abbildung 12: SynAlm FB2: 5.1 - 5.4 d / dw / w Das abweichende Ergebnis des Testsatzes 5.3 ist möglicherweise ebenfalls auf mehrere E ekte innerhalb der Aufgabe zurückzuführen. In allen vier Regionen steigt das Auftreten der d -Relativpronomen ( d- und d+w -Strategie). Grund hierfür könnte die Relativierung einer IO-Position sein. Ein weiterer Interventionsfaktor könnte zudem die syntaktische Entfernung zwischen dem Kopfnomen und dem Relativsatzeinleiter sein („die Leute“). Die Streuung wird aber vermutlich nicht durch die Testvariablen verursacht, sondern ist methodischen Ein ussfaktoren innerhalb der vorgegebenen Konstruktion geschuldet. 2.6 Die Relativsatzstrategien 73 74 2 Datenerhebung: Eine systematische Befragung von Dialektsprechern im Alemannischen Abbildung 13: SynAlm FB2: 5.5 - 5.8 d / dw / w Die Strategie mit d -Relativpronomen wird bei den Testsätzen 5.5 ( ein Schreiner ), 5.6 und 5.7 (Variation zwischen appositiver bzw. restriktiver Lesart von der Bernd ), 5.9 ( in einem Betrieb ) und 5.19 ( die Händler ) deutlich seltener gewählt als im durchschnittlichen Mittel. Was die Lesart appositiv/ restriktiv betri t, zeigt der hohe Anteil von d -Pronomen in 5.1 mit eindeutig appositiver Lesart, dass dieser Faktor nicht ausschlaggebend sein kann. Weiterhin zeigen die Auswertungen der Testsätze 5.6, 5.7, 5.16, 6.2 sowie 7.1 - 7.3, dass es keine eindeutig dominante Strategie zu geben scheint (vgl. dazu auch Kapitel 4). Abbildung 14: SynAlm FB2: 5.9 - 5.12 d / dw / w Die Zustimmung zur Konstruktion mit d -Relativpronomen im Testsatz 5.9 ist auf das lokative Kopfnomen zurückzuführen. Damit ist wo als Relativsatzeinleiter erwartbar. Ähnliches gilt für 5.18 ( so ein Einkaufszentrum ). Hier kommt jedoch hinzu, dass Nomen, denen eine so + ein -Konstruktion vorausgeht, semantisch einen Typ bezeichnen und nicht referierend sind. Der Anteil an Zustimmung zur Partikelstrategie ist in 5.3 und 5.11 besonders niedrig. Wie zuvor beschrieben könnte dies durch die Relativierung einer IO- Position zu erklären sein. In 5.11 ist vermutlich die vorgegebene Form des Quantors ein weiterer intervenierender Faktor. Die Wortform ist zu nahe am Standard gewählt und ist im Dialekt unter ebber, eppert, öppert(er) oder einer morphologisch ähnlichen Form bekannt. Da diese Wortform jedoch über das gesamte Gebiet zu sehr variiert, war es selbst bei regionaler Einlautung nicht möglich, die Form so anzupassen, dass sie der jeweiligen ortsdialektalen Form am nächsten kommt. Die große Variation innerhalb dieser Wortform hätte vielleicht das Ergebnis anderweitig beein usst. Weitere Testsätze werden Quantoren als Antezedenten und die Wahl des Relativsatzeinleiters in Abhängigkeit von einer IO-Lücke erneut überprüfen (vgl. hierzu auch die Auswertung der Übersetzungsaufgabe 14 aus SynAlm FB2). Abbildung 15: SynAlm FB2: 5.13 - 5.16 d / dw / w 2.6 Die Relativsatzstrategien 75 76 2 Datenerhebung: Eine systematische Befragung von Dialektsprechern im Alemannischen Abbildung 16: SynAlm FB2: 5.17 - 5.20 d / dw / w In Bezug auf die Variable AV2 (Kasus, den die Lücke im Relativsatz mit Partikelstrategie trägt) ist festzuhalten, dass sowohl Relativierung im Nominativ, Akkusativ sowie mit Präpositionalobjekt möglich ist. Anzumerken ist zunächst, dass die Beispiele mit Präpositionalobjekt sich in den Testsätzen ausschließlich auf Antezedenten mit lokalsemantischer Bedeutung beziehen. Der Anstieg der Partikelstrategie mit wo ist daher nicht verwunderlich. Für das exakte Ergebnis diese Variable betre end sind die Ergebnisse weiterer Testitems wie die Auswertungen in Abschnitt 2.7 von Interesse. Grammatische Eigenschaften des Kopfnomens wie De nitheit, Numerus, kategoriale Eigenschaften wie Pronomen, Quantor oder lexikalisches Nomen (UV5) sowie semantische Faktoren wie Belebtheit, abstrakte versus konkrete Bedeutung (UV4) beein ussen die Wahl der Relativsatzstrategie entsprechend der Auswertungen dieser Aufgabe nicht. Die weiteren Variablen zur Rolle des externen Determinierers und der Funktion von Resumptivpronomen werden in den weiteren Auswertungen besprochen (vgl. Auswertung der Aufgaben 1, 6, 8 und 17). d -Relativpronomen (UV3) sind vor allem im Sprachraum von Baden- Württemberg und Vorarlberg attestiert. Die Stabilität der Ergebnisse über alle Informanten hinweg zeigt, dass dies keine Interferenze ekte mit dem Wissen des Standarddeutschen sein können, da für klassische Interferenze ekte in anderen Kontexten deutlich andere Ergebnisse erzielt wurden und auch der sprachhistorische Hintergrund (vgl. dazu Kapitel 3) dieselben Vorhersagen macht. Das starke Auftreten dieser Variante im Dialekt ist aus dieser Sicht nicht verwunderlich. Wie schon für die Daten aus der Region Baden- Württemberg gezeigt, gibt es auch im gesamten Gebiet der Schweiz keine signi kanten Abhängigkeiten von den anderen getesteten Variablen. Grammatikalische Faktoren haben keinen Ein uss auf die Wahl des Relativsatzeinleiters: Für die NOM/ AKK-Position ist die Partikelstrategie eindeutig präferiert. Die Auswertung der einzelnen Regionen zeigt, dass es in Baden-Württemberg und Vorarlberg zwei fast gleichstarke Strategien gibt: eine Strategie mit d -Relativpronomen und einer Lücke ( gap ) im Relativsatz ( d+gap ) und eine Partikelstrategie mit wo und ebenfalls einer Lücke im Relativsatz ( w+gap ). Für d+gap gilt, dass sie in allen getesteten Positionen SU/ DO/ IO/ OBL(lok) auf der Zugänglichkeitshierarchie in dieser Aufgabe möglich ist. In der Schweiz zeigt sich ein etwas anderes Bild: die Partikelstrategie w+gap wird in allen getesteten Positionen verwendet. Relativpronomen werden nur von sehr wenigen Sprechern akzeptiert. Die Ergebnisse im Elsass gleichen denen der Schweiz. Die Ergebnisse über das gesamte Gebiet des Alemannischen ergeben für die Positionen SU/ DO/ IO/ OBL(lok) auf der Zugänglichkeitshierarchie die in Abbildung 17 gezeigte Verteilung: Abbildung 17: Relativsatzeinleiter über alle Regionen Für das gesamte Gebiet lässt sich zeigen, dass Relativsätze in NOM/ AKK-Positionen mit einer Partikelstrategie eingeleitet werden. Relativpronomen und die Kombination aus Relativpronomen und Partikel können ebenfalls als Alternativstrategie attestiert werden. Variation am Kopfnomen beein usst hingegen nicht die Wahl des Relativsatzeinleiters. 2.7 Freie Wahl des Relativsatzeinleiters Wie in Aufgabe 5 zuvor ging es auch in dieser Abfrage um die Wahl des Relativsatzeinleiters. Mit dem Unterschied, dass hier keine verbindlichen Vorgaben hinsichtlich der Form gemacht wurden, zwischen denen sich die Informanten entscheiden mussten, sondern 2.7 Freie Wahl des Relativsatzeinleiters 77 78 2 Datenerhebung: Eine systematische Befragung von Dialektsprechern im Alemannischen die favorisierte Form in eine Lücke eingetragen werden konnte (halbo ene Fragestellung, vgl. Abbildung 10). Unterhalb der Lücke war diesmal allerdings die standardgrammatische Form in Klammern als Orientierungshilfe vorgegeben. Tabelle 10: SynAlm FB2: 6.1 - 6.5 Frage Relativsatzeinleiter 6.1 Der Stuttgarter Bahnhof, ... . 6.2 Der Pfarrer Dürr, ... . 6.3 In einem Wald, ... . 6.4 Das, ... . 6.5 Der Ärger, ... . Abbildung 18: SynAlm FB2: 6.1 - 6.5 d / dw / w Ein bemerkenswertes Ergebnis über alle Regionen ist bei dieser Aufgabe, bei der die Informanten ihre präferierte Strategie in eine Lücke selbst eintragen sollten, dass die Strategie bestehend aus d -Relativpronomen und Partikel kaum oder überhaupt nicht mehr auftritt. Ansonsten zeigt sich, was das Auftreten der beiden anderen Strategien angeht, ein ähnliches Bild wie in der zuvor beschriebenen Auswertung von Aufgabe 5. Die Aufgabenstellung hatte zum Ziel, die präferierte Strategie für zwei oblique Relativsätze (jeweils mit lokalsemantischer Kopf-NP) sowie zwei mit einer DO- und einer SU-Lücke zu nden. In 6.1 mit dem Kopf „der Stuttgarter Bahnhof “ und einer obliquen Lücke ( an dem ) zeigt sich für alle Regionen, dass die Kombination aus Präposition und d -Relativpronomen häu g gewählt wird. In BW entspricht das Auftreten dieser Konstruktion den zuvor beschriebenen Ergebnissen. In der Schweiz steigt der Anteil der Zustimmung für diese Variante deutlich an und ist fast gleich stark wie die Partikelstrategie mit wo . Gleiches gilt auch für das Elsass, wobei der Anstieg hier nicht identisch stark wie in der Schweiz ausfällt. In Vorarlberg ist die Strategie P + d -Relativpronomen sogar die präferierte Variante. Der Anstieg der Zustimmung für die Strategie mit Präposition und Pronomen in der Schweiz und die doch sehr deutlichen Zahlen in den anderen Regionen legen nahe, dass die in Klammern angegebene Variante die Bewertung beein usst hat. Anders als in 5.9, 5.18 und 6.3 oben kann hier auch keine eindeutige Lokalisierung erfolgen. Bei der Variante mit wo wäre für viele Informanten sicher eine Präposition im Relativsatz erforderlich („wo sie mindestens noch zehn Jahre dran bauen“). In 6.3 wurde ebenfalls nach der Strategie für eine Lücke mit obliquem Kasus gefragt. Mit der Lücke geht jedoch auch eine eindeutige Lokalisierung ( indem ) einher. Die Variante mit wo wird für diese Konstruktion bereits standardgrammatisch erwähnt. So ist es auch nicht verwunderlich, dass in fast allen Regionen die Partikelstrategie präferiert wird, außer in Vorarlberg, wo die Sprecher sich mehrheitlich für die Strategie mit P und d -Relativpronomen entscheiden. In 6.4 ist für BW, VA und EL eine Präferenz für was als Relativsatzeinleiter festzustellen. In der Schweiz werden die Varianten mit wo und was nahezu gleich stark präferiert (zur Rolle von was als Relativsatzeinleiter im Alemannischen vgl. ausführlich Kapitel 3). Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Ergebnisse dieser Aufgabe in BW denen der Aufgabe 5 gleichen. In der Schweiz und im Elsass ist ein Anstieg der Zustimmung für die Strategie mit P + d -Relativpronomen festzustellen, wobei dies der Tatsache geschuldet ist, dass zwei von fünf Testitems eine oblique Lücke enthalten. Erwartbar wäre hier auch eine Resumptivstrategie gewesen, die jedoch nicht genannt wurde. Vermutlich ist dies der Tatsache geschuldet, dass es sich hier um eine geschlossene Frage handelt und bis auf die Lücke keine freie Antwort möglich war, was die Informanten in ihrer Antwort höchstwahrscheinlich beein usst hat. In VA wird für 4 der 5 Testitems die Strategie mit d -Relativpronomen präferiert. 2.7 Freie Wahl des Relativsatzeinleiters 79 80 2 Datenerhebung: Eine systematische Befragung von Dialektsprechern im Alemannischen Die Testsätze in 9.1 und 9.2 basieren auf Übersetzungsaufgaben, die dem Sprachatlas von Niederbayern (SNiB) entnommen wurden, Beispielsatz 024.07, (Eroms et al. 2006). Die Informanten waren hier zu einer freien Übersetzung der Testsätze in Ihren Dialekt aufgerufen: Tabelle 11: SynAlm FB2: Aufgabe 9 (Übersetzung) Frage Übersetzungstext 9.1 Die Katze, die da drüben sitzt, hat keine Angst vor unserem Hund. 9.2 Das Geld, das ich selbst verdiene, gehört auch mir. Im Hinblick auf die Wahl einer bevorzugten Relativsatzstrategie sind hier keine besonderen Veränderungen zu den zuvor beschriebenen Ergebnissen festzustellen. Abbildung 19: SynAlm FB2: 9.1 - 9.2 d / dw / w In 9.2 tritt zusätzlich zu wo der Relativsatzeinleiter was auf. Angesichts des Kopfnomens, das einen neutralen Genus aufweist, ist dies erwartbar. Die Vorkommen der Variante sind jedoch verhältnismäßig gering und entsprechen den Ergebnissen der Abfrage in Aufgabe 1. Der Relativsatzeinleiter was wird in Kapitel 3 nochmals ausführlicher besprochen. 2.8 Distribution Relativpronomen oder Partikel bei Unterscheidung appositiv/ restriktiv In dieser Frage (SynAlm FB2, Testsätze 7.1 - 7.3) wird die Wahl des Relativsatzeinleiters in Bezug auf die Variablen appositiv und restriktiv mit dem Ziel untersucht, drei Lesarten desselben Satzes durch entsprechende Kontextbildung hervorzurufen. Somit wurden eine ambige (7.1), eine eindeutig appositive (7.2) und eine eindeutig restriktive Lesart (7.3) erzeugt. Die Grundstruktur des Testsatzes wird in Beispiel (109) dargestellt: (109) Meine Schwester, ___ gerade erst ein Kind bekommen hat, zieht mit der Familie in die USA. 7. Die Situation: Robert tri t einen alten Schulfreund und erzählt ihm Neuigkeiten, unter anderem über seine Schwester: 7.1 Mei Schweschdr, ___ grad erscht a Kend griagt hot, ziagt mit dr Familie in d’USA. Stellen Sie sich vor, Robert hat eine Schwester und einen Bruder. Sein Freund kennt die Familie gut. Wie würde der Satz dann lauten? 7.2 Mei Schweschdr, ___ grad erscht a Kend griagt hot, ziagt mit dr Familie in d’USA. Stellen Sie sich nun vor, Robert hat mehrere Schwestern: eine Schwester, die Nachwuchs bekommen hat und eine, die noch zur Schule geht. Wie würde der Satz dann lauten? 7.3 Mei Schweschdr, ___ grad erscht a Kend griagt hot, ziagt mit dr Familie in d’USA. Die Abbildung 20 zeigt die Ergebnisse für einen Kontext, aus dem nicht eindeutig hervorgeht, ob es eine appositive oder restriktive Lesart des Satzes gibt (ambig). Abbildung 20: Unterscheidung appositiv/ restriktiv Die Auswertung des ambigen Kontextes (Abbildung 20) zeigt keine besonderen Veränderungen zu den zuvor beschriebenen Beobachtungen, allerdings ist für BW und VA eine Präferenz für die Strategie mit d -Relativpronomen festzuhalten. Gleiches gilt für die Sprecherurteile bei eindeutig appositiver Lesart (Abbildung 21). In VA ist die Strategie mit d -Relativpronomen favorisiert: 2.8 Distribution Relativpronomen oder Partikel bei Unterscheidung appositiv/ restriktiv 81 82 2 Datenerhebung: Eine systematische Befragung von Dialektsprechern im Alemannischen Abbildung 21: Unterscheidung appositiv/ restriktiv Auch die restriktive Lesart (Abbildung 22) zeigt kaum Veränderungen in den Ergebnissen. Allerdings ergibt sich aus diesen Auswertungen eine weitere interessante Beobachtung: Abbildung 22: Unterscheidung appositiv/ restriktiv Für alle Regionen ist ein Anstieg der d+w -Strategie zu beobachten. Aus den eingefügten Antworten in den Lückentexten lässt sich erkennen, dass einige Sprecher an dieser Stelle eine Restrukturierung der Konstruktion vornehmen, indem sie den vorgegebenen Satz in der folgenden Form ergänzen: „Meine Schwester, [weisch die], wo grad erscht a Kend kriagt hät, ziegt etzt mit era Familie in d. USA.“ Die Sprecher fügen etwas in den Kontext ein, das nochmals klar hervorhebt, dass auf eine bestimmte Schwester referiert werden soll. Eine naheliegende Erklärung ist, dass die Struktur in diesem Fall reanalysiert wird und zwar in der Art, dass das d -Pronomen die linksdislozierte DP ( meine Schwester ) wiederaufnimmt und diese in der Folge strukturell als Kopfnomen eines partikel-eingeleiteten Relativsatzes dient. Dieses Ergebnis wirft ein ganz neues Licht auf die Betrachtung und das Auftreten der Strategie mit d -Relativpronomen + Partikel. Zusammenfassend lässt sich jedoch sagen, dass die Variable appositv/ restriktiv ebenfalls nicht die Wahl des Relativsatzeinleiters beein usst. Diskussion der Testsätze SynAlm FB2: 7.1 - 7.3 Anders als bei den zuvor gezeigten Aufgabentypen steigt die Item-Nonresponse (Anzahl der nicht abgegebenen Bewertungen/ Antwortausfall) bei den Lückentexten stark an. Für Aufgabe 7 liegt sie beispielsweise in BW zwischen 11% und 16%, in CH ähnlich zwischen 10% und 15%. Hier sind vermutlich Schwierigkeiten in der Aufgabenstellung ursächlich: Die Frage nach einer „appositiven“ oder „restriktiven“ Interpretation eines Relativsatzes ist oftmals kaum zu beantworten, da es je nach Äußerungskontext viele Grenzfälle gibt, bei denen Ambiguitäten dann nicht vermeidbar sind. Mit diesem Aufgabentyp wurde versucht, Ambiguitäten dieser Art zu vermeiden, indem ein explizit ambiger und zwei eindeutige Kontexte angeboten wurden. Das Hinzufügen von Elementen innerhalb der Testsätze zeigt, dass die Informanten hier Bedeutungsunterschiede zwischen den Lesarten der Relativsätze hervorheben möchten. Die Wahl des Relativsatzeinleiters ist allerdings nicht das entscheidende Kriterium, wie der jeweilige Relativsatz semantisch interpretiert wird, sondern es ist die kontextuelle Anbindung, die den Unterschied macht, das zeigen die hinzugefügten Elemente. Die hohe Zahl nicht abgegebener Bewertungen deutet darauf hin, dass eine weitaus höhere Zahl von Sprechern einen strukturellen Unterschied in diesen Konstruktionen identi ziert hat, diese jedoch nicht durch eigene Anmerkungen verdeutlicht. 2.9 Distribution Relativpronomen oder Partikel bei Variation am externen Determinierer Eine entscheidende Rolle für die Syntax von Relativsatzstrategien spielt auch der externe Determinierer. In dialektalen Daten stehen diesbezüglich wichtige Daten zur Verfügung, da mindestens drei verschiedene Formen des externen Determinierers existieren. In dieser Abfrage wurde innerhalb eines Satzes die Form des externen Determinierers variiert, um zu untersuchen, ob die unterschiedlichen morphologischen Formen die Wahl der Relativsatzstrategie im Alemannischen beein ussen. Die Grundstruktur des Testsatzes wird in Beispiel (110) dargestellt: (110) Der Brief, der da auf dem Tisch liegt, muss heute noch auf die Post. 2.9 Distribution Relativpronomen oder Partikel bei Variation am externen Determinierer 83 84 2 Datenerhebung: Eine systematische Befragung von Dialektsprechern im Alemannischen Tabelle 12: SynAlm FB2, Aufgabe 8 (Lückentext) Frage Variation des externen Determinierers 8.1 De Brief, _ do u em Tisch lit, muss hüt no u d’Poscht. 8.2 Der Brief, _ do u em Tisch lit, muss hüt no u d’Poscht. 8.3 Seller Brief, _ do u em Tisch lit, muss hüt no u d’Poscht. 8.4 Der Brief do, _ do u em Tisch lit, muss hüt no u d’Poscht. Abbildung 23: Variation am externen Determinierer BW Die Partikelstrategie wird in BW in allen Testsätzen als die präferierte Strategie gewählt (Abbildung 23), sie wird sogar in fast allen Sätzen zu gleichen Anteilen in die Lücke eingetragen. Die Ausnahme bildet 8.2 mit der Vollform des Determinierers, wobei dieser Wert immer noch im Bereich der anderen Ergebnisse für die Partikelstrategie in BW liegt. Da es sich um eine zu den anderen Testsätzen vergleichbare Struktur mit de nitem Kopfnomen handelt, ist auch nicht davon auszugehen, dass es sich hier um einen E ekt, ausgelöst durch eine andere Eigenschaft des Testsatzes, handelt. Abbildung 24: Variation am externen Determinierer CH Für die Schweiz (Abbildung 24) zeigen sich vergleichbare Ergebnisse zu den zuvor getesteten Variablen. Die Partikelstrategie wird für alle Varianten präferiert. Der Anteil der Zustimmung zur Strategie mit d -Relativpronomen und d+w ist gleichbleibend gering. Diese Varianten können als nicht akzeptiert angesehen werden. Au ällig ist allerdings der hohe Anteil der nicht abgegebenen Bewertungen. Abbildung 25: Variation am externen Determinierer VA Für die Region Vorarlberg (Abbildung 25) zeigt sich ein ähnliches Bild zu den Bewertungen in BW. Über alle Varianten wird die Partikelstrategie präferiert. Auch d -Relativpronomen werden in allen Varianten sehr stark akzeptiert. Die dw -Variante kommt jedoch 2.9 Distribution Relativpronomen oder Partikel bei Variation am externen Determinierer 85 86 2 Datenerhebung: Eine systematische Befragung von Dialektsprechern im Alemannischen so gut wie nicht vor. Der vergleichsweise hohe Anteil Zustimmung bei Testsatz 8.2 mit 18% Zustimmung zur dw -Strategie ist zwar au ällig, kann aber auch der geringen Anzahl Informanten geschuldet sein. Abbildung 26: Variation am externen Determinierer (EL) Im Elsass (Abbildung 26) ist die Partikelstrategie ebenfalls die am häu gsten gewählte Variante, dabei sind die Ergebnisse ähnlich deutlich wie in der Schweiz. Das Vorkommen von d -Relativpronomen scheint stärker, wobei dies ebenfalls durch die geringe Anzahl an Informanten zu erklären ist, was dazu führt, dass einzelne Bewertungen stärker ins Gewicht fallen. Zusammenfassend ist festzustellen, dass auch die Variation des externen Determinierers nicht die Relativsatzstrategie beein usst. 2.10 Operatoren, Personalpronomen und abstrakte DPs als Kopfnomen In dieser Abfrage (SynAlm FB2, Testsätze 14.1 - 14.3 und 19.1 - 19.4) sollte das syntaktische Verhalten von quanti zierenden Ausdrücken als Kopf des Relativsatzes getestet werden. Aus semantischen Gründen (ihre Eigenschaft als Operatoren für Mengen) können quanti zierende Ausdrücke, die als Determinierer oder als alleiniger Kopf auftreten, nur durch einen restriktiven Relativsatz modi ziert werden. Weiterhin sollte die Wahl der Relativsatzstrategie bei abstrakten Kopfnomen und Personalpronomen als Kopf des Relativsatzes getestet werden. Diese Aufgabe wurde in Form einer o enen Frage gestellt. Die Informanten erhielten einen standarddeutschen Satz als Vorgabe, mit der Bitte, diesen in ihren Dialekt zu übersetzen (Tabelle 13): Tabelle 13: SynAlm FB2: Aufgabe 14.1 - 14.3 (Quantoren) Frage Quantoren als RS-Kopf 14.1 Jeder Schüler, der jetzt noch kein Heft hat, muss sich bis morgen eines kaufen. 14.2 Niemand, der damals dabei war, hat etwas gesehen. 14.3 Keiner von denen, die damals dabei waren, hat etwas gesehen. Abbildung 27: Quantoren als RS-Kopfnominal Die Auswertung zeigt keine Abweichungen im Hinblick auf die Wahl des Relativsatzeinleiters, so dass auch für diese Konstruktionen mit restriktivem Relativsatz festgehalten werden kann, dass die Verteilung der Zustimmungswerte zu d -Relativpronomen und Partikelstrategie über alle Regionen den zuvor berichteten Auswertungen gleicht. In Baden-Württemberg und Vorarlberg entspricht die Verteilung zwischen pronominal und durch die Partikel eingeleiteten Relativsätzen den bereits zuvor gesehenen Ergebnissen. Beide Strategien sind nahezu gleich stark mit leichter Tendenz zur Partikelstrategie. In der Schweiz überwiegt die Partikelstrategie. Im Elsass ist allerdings ein Anstieg der Akzeptanz für die d -Relativpronomen-Strategie festzuhalten. Auch ein (Personal-)Pronomen als Kopf eines Relativsatzes (Tabelle 14 und Abbildung 28) zeigt über alle Regionen die bereits gesehene Verteilung der Relativsatzstrategien. Zum Auftreten von Resumptivpronomen, die unter ein Pronomen der 1./ 2. Person eingebettet sind vgl. u. a. Trutkowski und Weiß (2016) und die dort zitierte Literatur. 2.10 Operatoren, Personalpronomen und abstrakte DPs als Kopfnomen 87 88 2 Datenerhebung: Eine systematische Befragung von Dialektsprechern im Alemannischen Tabelle 14: SynAlm FB2; Aufgabe 19.1, 19.3, 19.4 Frage (Personal-)Pronomen als Antezedenz 19.1 Einer, der nicht einmal seinen Namen schreiben kann ... . 19.3 Ich, die immer gemacht habe, was die sagen, ... . 19.4 Du, der du dabei warst, müsstest doch wissen, ... . Abbildung 28: Quantoren als RS-Antezedenz Die Ergebnisse dieser Testitems gleichen im Gesamtergebnis den zuvor bereits beschriebenen Verteilungen. In BW wählen 11% der Befragten eine Konstruktion mit freiem Relativsatz vom Typ „Ich habe immer gemacht, was die gesagt haben“. 30 Bei der Übersetzungsaufgabe 19.2 (Tabelle 15) wurde nochmals ein abstraktes Kopfnominal in Kombination mit einer relativsatzinternen obliquen Position vorgegeben. Tabelle 15: SynAlm FB2; Aufgabe 19.2 Frage Abstraktes Kopfnomen/ oblique 19.2 Die Sache, über die ich so lange nachgedacht habe, ... . 30 Für die Auswertung ebenfalls interessant ist hier das Kongruenzverhalten des Verbs im Relativsatz. Dies wird an dieser Stelle jedoch nicht weiter verfolgt, sondern Gegenstand weiterer Auswertungen sein. Abbildung 29: SynAlm FB2; 19.2 abstraktes Kopfnominal, oblique Position Es wiederholt sich an dieser Stelle (Abbildung 29) ein E ekt, der bereits in Aufgabe 6 aufgefallen ist. Das Auftreten der dw -Variante erweist sich erneut als gering bis überhaupt nicht vorhanden, sobald die Variante nicht als mögliche Antwortoption im Fragebogen vorgegeben ist. In BW, VA und EL tritt am häu gsten die Variante mit d -Relativpronomen auf. Die Zustimmung zur Partikelstrategie „Dia Sach, wo i lang nochdengt han“ liegt in allen Regionen unter 20%, wobei in der Schweiz und im Elsass eine Variante aus Partikel und einem Pronominaladverb „Dia Sach, wo i lang driaber / iber se nochdengt han“ (in zwei Fällen auch ein resumptives Pronomen) von 48% bzw. 45% der Informanten verwendet wird. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass in allen vier Regionen die Strategie mit d -Relativpronomen vertreten ist, am stärksten in VA (64%), gefolgt von EL (55%), BW (53%) und CH (20%). 2.11 Relativsätze mit resumptiven Pronomen Die nun folgenden Auswertungen zeigen die Ergebnisse im Bezug auf das Auftreten von resumptiven Pronomen in den vier von SynAlm untersuchten Regionen des alemannischen Sprachraumes. Getestet wurde diese Variable in Abhängigkeit zum Kasus der Lücke, d. h. entweder Dativ oder obliquer Kasus (Präpositionalobjekt, nicht lokalsemantisch interpretierbar). 2.11.1 Dativobjekt Die Informanten sollten die vorgegebenen Testsätze, in denen jeweils der Relativsatzeinleiter mit einer IO-Lücke oder einem resumptiven Pronomen variiert wurde, auf einer Skala von 1 - 5 bewerten. Vorgegeben waren zunächst die Varianten in Tabelle 16: 2.11 Relativsätze mit resumptiven Pronomen 89 90 2 Datenerhebung: Eine systematische Befragung von Dialektsprechern im Alemannischen Tabelle 16: SynAlm FB2: 1.19, 1.22, 1.23 Frage Relativierung IO-Position 1.19 Das ist der Mann, wo man ihm den Hund geklaut hat. 1.22 Das ist der Mann, dem man den Hund geklaut hat. 1.23 Das ist der Mann, wo man den Hund geklaut hat. Es erfolgt zunächst die Einzelauswertung nach Regionen und im Anschluss daran eine Zusammenfassung und Analyse der Ergebnisse (Abbildung 30). Abbildung 30: SynAlm FB2: 1.19 - 1.22, Relativierung IO-Position, RSE = wo + res Für alle vier Regionen ist in Abbildung 30 klar zu erkennen, dass die Informanten die Variante mit der Partikel wo als Relativsatzeinleiter und einem resumptiven Pronomen in der Position der relativsatzinternen Lücke nicht akzeptieren. Auf der Y-Achse ist die Anzahl der abgegebenen Bewertungen in % dargestellt, die X-Achse gibt die Bewertung auf der Skala 1 - 5 an. Die Ergebnisse der einzelnen Regionen sind durch verschiedene Farben wiedergegeben. Selbst die Sprecher aus der deutschsprachigen Schweiz, für die diese Strategie in der Literatur als obligatorisch beschrieben wurde (vgl. Kapitel 1), lehnen ein resumptives Pronomen klar ab. Die Abbildungen 31 und 32 zeigen die geographische Distribution der Zustimmung und Ablehnungen von Resumptivpronomen im Erhebungsgebiet. Abbildung 31: Distribution Akzeptanz Resumptivpronomen FB2 1.19 Abbildung 32: Distribution Ablehnung Resumptivpronomen FB2 1.19 Abbildung 33 zeigt die Bewertungen für den Testsatz mit d -Relativpronomen als Relativsatzeinleiter. 2.11 Relativsätze mit resumptiven Pronomen 91 92 2 Datenerhebung: Eine systematische Befragung von Dialektsprechern im Alemannischen Abbildung 33: SynAlm FB2: Aufgabe 1.22, Relativierung IO-Position, RSE = d -Relativpronomen Die Variante mit d -Relativpronomen erzielt insbesondere in BW und VA hohe Zustimmungswerte, aber überraschenderweise wird sie auch von den Informanten der Schweiz und aus dem Elsass akzeptiert. Die Partikelstrategie (Abbildung 34) wird von den Informanten aller Regionen klar präferiert. Abbildung 34: SynAlm FB2, 1.23, Relativierung IO-Position, RSE = wo Die folgenden Testsätze (1.20 und 1.21, siehe Tabelle 17) werden jeweils durch ein d -Relativpronomen eingeleitet. In der Position der Lücke be ndet sich ein resumptives Pronomen. Tabelle 17: SynAlm FB2, 1.20 und 1.21, RSE = d -Relativpronomen + Resumptiv Frage RSE = d/ dw + Resumptiv 1.20 Das ist der Mann, dem man ihm den Hund geklaut hat 1.21 Das ist der Mann, dem wo man ihm den Hund geklaut hat Abbildung 35: SynAlm FB2, 1.20 und 1.21, Relativierung IO-Position, RSE = d / dw In allen vier Regionen werden Resumptivpronomen in Anwesenheit eines d -Relativpronomens in diesen Testsätzen klar abgelehnt (Abbildung 35). Wie weitere Daten aus der vierten Befragungswelle von SynAlm zeigen, ist die Datenlage zu dieser Variable jedoch nicht eindeutig. Schließlich ndet auch die Kombination aus Relativpronomen und Partikel in allen vier Regionen hohe Akzeptanz (siehe Abbildung 36). Abbildung 36: SynAlm FB2, 1.18, Relativierung IO-Position, RSE = wo In einer späteren, vierten Fragebogenrunde von SynAlm wurden nochmals Testsätze mit Relativierung einer IO-Position angeboten (siehe Tabelle 18): 2.11 Relativsätze mit resumptiven Pronomen 93 94 2 Datenerhebung: Eine systematische Befragung von Dialektsprechern im Alemannischen Tabelle 18: SynAlm FB4, Aufgabe 14.1, 14.2 und 14.5, Relativierung IO-Position Frage Resumptivpronomen 14.1 Da ist die Katze, wo ich bis zu ihren Versteck hinterhergelaufen bin. 14.2 Da ist die Katze, wo ich ihr bis zu ihren Versteck hinterhergelaufen bin. 14.3 Da ist die Katze, der wo ich bis zu ihren Versteck hinterhergelaufen bin. 14.4 Da ist die Katze, der wo ich ihr bis zu ihren Versteck hinterhergelaufen bin. 14.5 Da ist die Katze, der ich bis zu ihren Versteck hinterhergelaufen bin. 14.6 Da ist die Katze, der ich ihr bis zu ihren Versteck hinterhergelaufen bin. Abbildung 37: SynAlm FB4, 14.1 - 14.6, Relativierung IO-Position Abbildung 37 zeigt die Bewertung der Testsätze 14.1, 14.2 und 14.5. Die Bewertung der Sätze erfolgte auf einer Skala von 1 - 5. Für die Abbildung 37 wurden die Antworten 1 und 2 („natürlich“) zusammengezählt. Die höchste Zustimmung bekommt erneut der Testsatz mit Partikelstrategie (Satz 14.1) zwischen 50 - 66% in allen vier Regionen. Resumptive Pronomen (Satz 14.2) werden erneut klar abgelehnt. Die Ergebnisse der weiteren Testsätze mit den Variablen dw, d+res, dw+res entsprechen den zuvor beschriebenen Resultaten aus SynAlm FB2, 1.18 - 1.23. Die Abbildungen 38 und 39 zeigen die geographische Verteilung der Zustimmung und Ablehung von resumtiven Pronomen: Abbildung 38: Distribution der Akzeptanz der Resumptivpronomen FB4 14.2 Abbildung 39: Distribution der Ablehnung der Resumptivpronomen FB4 14.2 Die Variablen der verschiedenen Relativsatzeinleiter in Abhängigkeit von der Relativierung einer IO-Position wurde durch insgesamt zwei verschiedene Abfragemethoden überprüft. Bei den Testsätzen 5.3 und 5.11 (Tabelle 19 und Abbildung 40) mussten sich Informanten zwischen verschiedenen angebotenen Relativsatzeinleitern entscheiden. Vorgegeben waren jeweils die Varianten mit d / dw / w , die angekreuzt werden mussten. Eine 2.11 Relativsätze mit resumptiven Pronomen 95 96 2 Datenerhebung: Eine systematische Befragung von Dialektsprechern im Alemannischen Variante mit einem resumptiven Pronomen stand nicht zur Auswahl. Die Grundstruktur der Testsätze wird in (111) und (112) dargestellt: (111) ...dass die Leute, denen das in Wöggingen zu klein ist, dann doch lieber zu uns fahren. (112) ...jemand zum Bürgermeister wählt, dem ein Baugeschäft gehört. Tabelle 19: SynAlm FB2, Aufgaben 5.3 und 5.11, Relativierung IO-Position, Lückentext 5.3..dass die Leut/ Lüt d/ dw/ w des in Wöggingen z’ klee isch — denn doch lieber zu uns fahret. 5.11..jemand zum Bürgermeischter wählt d/ dw/ w a Baug’schäft g’hört. Abbildung 40: SynAlm FB2, 5.3 und 5.11 Relativierung IO-Position Abbildung 41: SynAlm FB2, Distribution der Relativsatzeinleiter 5.3 Die graphische Darstellung (Abbildung 40) zeigt die Werte für die Partikel- und die d -Relativpronomenstrategie sowie die Auswertung für die dw -Strategie: Die Abbildungen 42 und 43 zeigen die geographische Verteilung der d -Pronomen- und d+w -Strategie. Abbildung 42: SynAlm FB2, 1.19 Distribution d -Relativpronomen Abbildung 43: SynAlm FB2, 1.19 Distribution d -Relativpronomen und Partikel Die weiteren Abfragen erfolgten über vorgegebene Testsätze mit den entsprechenden Variablen, die auf einer Skala von 1 - 5 zu bewerten waren. 2.11 Relativsätze mit resumptiven Pronomen 97 98 2 Datenerhebung: Eine systematische Befragung von Dialektsprechern im Alemannischen Abbildung 44: SynAlm FB2, Relativierung IO, 1.19 - 1.23, Bewertungsskala Die Ergebnisse ändern sich durch den Wechsel des Abfragemodus nur gering. Dies betri t insbesondere die Bewertungen der dw -Strategie, die in BW und VA deutlich öfter gewählt wird, wenn die Sprecher sich für eine Variable entscheiden müssen. Die Auswertung der Relativierung einer IO-Position hat ergeben, dass sowohl die d -Relativpronomenstrategie als auch die Partikelstrategie in diesen Konstruktionen möglich ist. Resumptivpronomen werden in fast allen Regionen schlecht bewertet. Die Pronomenstrategie wird in BW präferiert, gefolgt von der Variante mit d -Relativpronomen + Partikel. Aber auch in VA nden diese beiden Varianten hohe Zustimmung und auch die Informanten in der Schweiz akzeptieren sie erneut zu einem höheren Maß als dies zuvor erwartet wurde. Für die Relativierung der IO-Position kann folglich festgehalten werden, dass drei Strategien d , d+w sowie w im gesamten Sprachraum attestiert sind. Dies zeigt auch die geographische Distribution der Strategien auf der Karte des SynAlm- Erhebungsgebiets. Abbildung 45: SynAlm FB2, Distribution Resumtivpronomen gesamt Abbildung 46: SynAlm FB2, Distribution Partikelstrategie FB2 1.19 Die Regionen unterscheiden sich in der Präferenz für eine Strategie. In BW und VA wird die Strategie mit d -Relativpronomen leicht präferiert, wobei die Partikelstrategie ebenfalls sehr stark ist, während in der Schweiz die Partikelstrategie klar präferiert wird und Resumptivpronomen, anders als bisher in der Literatur beschrieben, nur in geringer Anzahl auftreten. 2.11.2 Präpositionalobjekte Ziel dieser Testsätze war es, einen detaillierten Blick auf oblique Relativsätze zu werfen und die Akzeptanz für verschiedene Kombinationen der unabhängigen Variablen abzufragen. Die Bewertung erfolgte erneut auf einer Skala von 1 - 5, wobei 1 als „ganz natürlich in meinem Dialekt“ und 5 als „vollkommen ungrammatisch“ zu betrachten ist. Tabelle 20 zeigt die verschiedenen Testsätze und Kombinationen der unabhängigen Variablen. 2.11 Relativsätze mit resumptiven Pronomen 99 100 2 Datenerhebung: Eine systematische Befragung von Dialektsprechern im Alemannischen Tabelle 20: SynAlm FB2, Aufgabe 17.1 - 17.8, Bewertungsskala Frage Relativierung PP-Objekt 17.1 Das ist der Brief, auf den ich schon so lange warte 17.2 Das ist der Brief, auf den wo ich schon so lange warte 17.3 Das ist der Brief, auf den wo dass ich schon so lange warte 17.4 Das ist der Brief, wo ich schon so lange auf ihn warte 17.5 Das ist der Brief, wo dass ich schon so lange auf ihn warte 17.6 Das ist der Brief, wo heute gekommen ist 17.7 Das ist der Brief, wo dass heute gekommen ist 17.8 Das ist der Brief, der wo dass heute gekommen ist Abbildung 47: SynAlm FB2, 17.1 - 17.5, Relativierung PP-Objekt (oblique) Zunächst sind für die Betrachtung die Varianten 17.1, 17.2 und 17.4 (vgl. Tabelle 20 und Abbildung 47) wichtig. Einmal zeigt sich hier, dass es, bedingt durch die Bewertungsform (5er-Skala), wieder höhere Akzeptanzwerte für die dw -Strategie gibt. Der Testsatz 17.2 ( P+dw ) bekommt 69% Zustimmung (Kategorien 1 - 3 zusammengefasst), werden nur die Kategorien 1 - 2 zusammengefasst, erhält man immer noch 49% Zustimmung unter allen Befragten. Die Variante mit P+d im Relativsatz (17.1) bekommt die höchste Zustimmung mit 93% (Kategorien 1 - 3 zusammengefasst) bzw. 87% (Kategorien 1 und 2 zusammengefasst). Folglich kann man festhalten, dass diese beiden Varianten präferiert werden. Die Variante in 17.4 mit Partikel und Resumptivpronomen wird von 75% der Informanten in BW abgelehnt. Weiterhin wurde mit diesen Testitems abgefragt, ob eine Kombination aus d -Relativpronomen, Partikel und dem Standardkomplementierer dass akzeptiert wird. Diese Variante wird jedoch von den Informanten abgelehnt. Mit dem Testsatz 17.5 sollte die Grammatikalität der Kombination aus wo und dem Standardkomplementierer dass überprüft werden. 31 Diese Konstruktion wird ebenfalls klar abgelehnt. Gleiches gilt auch für Relativsätze mit einer SU-Lücke (17.7 - 17.8). 17.6 wird erwartungsgemäß akzeptiert. Abbildung 48: SynAlm FB2, 17.6 - 17.8. Relativierung PP-Objekt Für die Informanten in der Schweiz zeigt sich bei den obliquen Beispielen ein etwas di erenzierteres Bild im Vergleich zu den zuvor beschriebenen Testfragen. Die Akzeptanz für die Variante mit P + d -Relativpronomen ist vergleichsweise hoch mit 73% (fasst man die Kategorien 1 - 3 zusammen) bzw. 55% (fasst man nur die Kategorien 1 und 2 zusammen). Auch die Kombination P+dw hat hohe Akzeptanzwerte: 50% (3 Kategorien zusammengefasst) und 36% (bei zwei zusammengefassten Kategorien). Die Akzeptanz für 17.4 mit Präposition und Resumptivpronomen ist zwar vergleichsweise höher als in BW, aber keinesfalls so eindeutig wie vermutet: 67% der Befragten vergeben für die Variante mit Resumptivpronomen die Kategorien 1 - 3. 56% vergeben die Kategorien 1 - 2 und 29% der Befragten lehnen diese Variante ab. In VA wird die Satzvariante 17.1 mit P + d -Pronomen klar favorisiert (70%), sowohl für die Bewertung 1 bis 3 als auch 1 bis 2. P+dw wird von 57% mit einem Wert von 1 - 3 akzeptiert, 35% bewerten diese Variante mit 1 - 2 und 26% der Befragten lehnen sie komplett ab. Resumptivpronomen werden 31 Bei 17.3 und 17.5 geht es um den syntaktischen Status der Partikel wo , die - so der Stand der Literatur - als funktionale Kategorie, genauso wie der Komplementierer dass , die C°-Position besetzt (vgl. Bayer und Brandner 2008, Weiß 2013). 2.11 Relativsätze mit resumptiven Pronomen 101 102 2 Datenerhebung: Eine systematische Befragung von Dialektsprechern im Alemannischen von 48% (1 - 3) akzeptiert und 35% der Befragten geben an, dass dies eine grammatische Variante ist, wohingegen weitere 35% der Befragten Resumptivpronomen ablehnen. Die Vorarlberger sind im Hinblick auf das Auftreten von Resumptivpronomen in dieser Aufgabe gespalten. Auch von Informanten im Elsass erhält die Variante mit P + d -Relativpronomen die höchste Zustimmung mit 90% für die Werte 1 - 2. Die Kombination P+dw wird mit Werten von 1 - 3 zu 54% akzeptiert, 27% geben den Wert 1 - 2. Für die Resumptivpronomen ergibt sich auch im Elsass ein gemischtes Bild. 63% der Befragten akzeptieren sie mit Werten von 1 - 3, 36% nden Sie grammatisch (1 - 2) und 36% lehnen sie auf der anderen Seite auch deutlich ab. Auch von Informanten im Elsass erhält die Variante mit P + d -Relativpronomen die höchste Zustimmung mit 90% für die Werte 1 - 2. Die Kombination P+dw wird mit Werten von 1 - 3 zu 54% akzeptiert, 27% geben den Wert 1 - 2. Weitere Abfragen zu Relativsatzvarianten, in denen ein Präpositionalobjekt relativiert wird, wurden in SynAlm FB4 getestet (SynAlm FB4, Satzvarianten 8 und 18 siehe Tabelle 21 und 22). Variiert wurde hier mit den Kopfnomen Der Mann und einem quantizierenden Ausdruck Einer . Angeboten wurden Varianten mit den drei bekannten Strategien d/ dw/ w sowie zusätzlich Varianten, in denen Resumptivpronomen die Lücke im Relativsatz ausfüllen. Diese stehen in variierender Position. Weiterhin wurden Varianten mit Pronominaladverbien wie damit und womit getestet. Sie haben die Eigenschaft, gestranded auftreten zu können, in dem der präpositionale Kopf der PP am Satzende verbleibt, während das Objekt der PP extrahiert wird (zur Rolle von Pronominaladverbien wie wovon , womit etc. für die Partikelstrategie in Relativsätzen siehe auch die Abschnitte 3.6 und 3.7). Tabelle 21: SynAlm FB4, 8.1 - 8.11, Relativierung der OBL-Position Frage Relativierung OBL 8.1 Das ist der Mann, mit dem ich geredet habe. 8.2 Das ist der Mann, mit dem wo ich geredet habe. 8.3 Das ist der Mann, wo ich geredet habe. 8.4 Das ist der Mann, wo ich mit ihm geredet habe. 8.5 Das ist der Mann, wo ich mit dem geredet habe. 8.6 Das ist der Mann, wo ich damit geredet habe. 8.7 Das ist der Mann, wo ich mit geredet habe. 8.8 Das ist der Mann, wo ich geredet habe mit ihm. 8.9 Das ist der Mann, wo ich geredet habe mit. 8.10 Das ist der Mann, wo ich geredet habe mit dem. 8.11 Das ist der Mann, wo ich geredet habe damit. Abbildung 49: SynAlm FB4, 8.1 - 8.11, Relativierung der OBL-Position Die stärksten Akzeptanzwerte bekommen die Varianten mit P + d -Relativpronomen sowie P+dw . Alle weiteren Varianten mit Pronominaladverb und Resumptivpronomen werden von den Sprechern in BW nicht akzeptiert. Auch in der Schweiz werden für die Varianten P+d und P+dw die höchsten Akzeptanzwerte gemessen (72% bzw. 62% Akzeptanz bei der Variante P+d , 63% und immer noch 43% Akzeptanz für die Variante dw ). Ebenfalls akzeptiert wird die Variante mit w+P+res mit 64% bzw. 56%. Dies gilt auch für die Variante 8.8 mit der extraponierten Form. Alle weiteren Varianten werden abgelehnt. Wie in BW und CH werden auch in VA die Varianten 8.1 und 8.2 mit P+d und P+dw favorisiert (90% bzw. 60% 1 - 3 und 50% 1 - 2). Die Variante mit Resumptiv in 8.4 ist mit 30% (Kategorien 1 - 3 zusammengefasst) und nur 20% (Kategorien 1 - 2) eher schwach bewertet. Alle weiteren Variablen können als nicht akzeptiert angesehen werden. Für das Elsass ist erneut die geringe Anzahl an Sprecherurteilen (in der 4. Befragungswelle nur 3 Fragebögen) zu berücksichtigen. Daher können keine belastbaren Aussagen erfolgen, entsprechend werden die Zahlen auch nicht in Auswertungen übernommen. 2.11 Relativsätze mit resumptiven Pronomen 103 104 2 Datenerhebung: Eine systematische Befragung von Dialektsprechern im Alemannischen Tabelle 22: SynAlm FB4, 18a.1 - 18a.10 Frage Relativierung OBL 18a.1 Das ist einer, wo niemand gerne zusammenarbeitet. 18a.2 Das ist einer, wo niemand gerne mit ihm zusammenarbeitet. 18a.3 Das ist einer, wo niemand gerne zusammenarbeitet mit ihm. 18a.4 Das ist einer, wo niemand gerne mit zusammenarbeitet. 18a.5 Das ist einer, wo niemand gerne zusammenarbeitet mit. 18a.6 Das ist einer, wo niemand gerne damit zusammenarbeitet. 18a.7 Das ist einer, wo niemand gerne zusammenarbeitet damit. 18a.8 Das ist einer, mit dem wo niemand gerne zusammenarbeitet. 18a.9 Das ist einer, mit dem niemand gerne zusammenarbeitet. 18a.10 Das ist einer, mit dem niemand gerne zusammenarbeitet mit ihm. Abbildung 50: SynAlm FB4, 18a.1 - 18a.10, Relativierung PP-Objekt Auswertung der Skalenwerte 1 & 2 = natürlich in meinem Dialekt Die Sprecherurteile für diese Aufgabe mit einem Inde nitpronomen als Kopf des Relativsatzes, in dem eine oblique Position relativiert wird, fallen im Vergleich zur Aufgabe 8 anders aus. Klar favorisiert werden wieder die Varianten P+d und P+dw (18a.8 und 18a.9, siehe Abbildung 50). Auch die Variante mit Resumptivpronomen in 18a.2 bekommt immerhin von 54% der Sprecher die Werte 1 - 3 zugewiesen, 37% der Befragten nden die Variante „gut“ (Kategorie 1 - 2). Ähnliche Werte erhält die Variante mit Partikel: 57% der Sprecher akzeptieren diese Variante, 36% nden sie „gut“ (Kategorie 1 - 2). Weitere Varianten werden zwar teilweise akzeptiert, liegen jedoch in ihrer Akzeptanz (Kategorien 1 - 3 zusammengefasst) bereits unter 40%, so dass hier nicht weiter darauf eingegangen wird. In der Schweiz ist die mit Abstand favorisierte Variante 18.2a mit w+P+res (79% 1 - 3 und 73% 1 - 2, extraponiert 53% 1 - 3), gefolgt von der Variante 18a.9 P+d mit (70% 1 - 3 und 60% 1 - 2). Weiterhin akzeptieren 51% der Sprecher mit Werten von 1 - 3 die Partikelstrategie ohne Resumptiv. Alle weiteren Varianten werden weitgehend abgelehnt. In VA werden für die Varianten P+d (90% 1 - 2) und P+dw (60% 1 - 3, 50% 1 - 2) erneut die höchsten Akzeptanzwerte erreicht. Die Variante mit Resumptiv in 18a.2 erhält 30% Zustimmung, die extraponierte Variante 40% 1 - 3 und 30% 1 - 2. Alle weiteren Varianten werden nicht akzeptiert. Die Auswertungen für das Elsass zeigen erneut kein einheitliches Bild (separate Auswertungen sollen aufgrund der geringen Spercherurteile aber nicht erfolgen). Abbildung 51: SynAlm FB4, 18b.1 - 18b.11, Relativierung OBL Auswertung der Skalenwerte 1& 2 = natürlich in meinem Dialekt Hier weichen die Auswertungen von den zuvor beschriebenen Ergebnissen ab. Die höchsten Akzeptanzwerte zeigen die Varianten 18b.4 w+dafür (89% 1 - 3, 83% 1 - 2, dafür extraponiert 72% und 55%) und 18b.9 P+d (89% 1 - 3, 83% 1 - 2) zugewiesen. Mit über 50% werden weiterhin die Varianten mit Partikel 18b.8 (70% 1 - 3, 54% 1 - 2) P+dw (69% 1 - 3, 52% 1 - 2) und die Version mit Pronominaladverb wofür 18b.11 (65% 1 - 3 und 51% 1 - 2, gestranded 18b.6 37% 1 - 3 und 21% 1 - 2) akzeptiert. Die Variante mit w+P+res wird von 32% der Informanten mit 1 - 3 und nur von 14% mit 1 - 2 bewertet. Alle weiteren Varianten werden kaum akzeptiert. 2.11 Relativsätze mit resumptiven Pronomen 105 106 2 Datenerhebung: Eine systematische Befragung von Dialektsprechern im Alemannischen Tabelle 23: SynAlm FB4, 18b.1 - 18b.11 Frage Relativierung OBL 18b.1 Das war die Prüfung, wo die Petra so viel für sie gelernt hat. 18b.2 Das war die Prüfung, wo die Petra so viel gelernt hat für sie. 18b.3 Das war die Prüfung, wo die Petra so viel gelernt hat dafür. 18b.4 ⇒ Das war die Prüfung, wo die Petra so viel dafür gelernt hat. 18b.5 Das war die Prüfung, wo die Petra so viel für gelernt hat. 18b.6 Das war die Prüfung, wo die Petra so viel gelernt hat für. 18b.7 Das war die Prüfung, wo die Petra so viel gelernt hat. 18b.8 Das war die Prüfung, für die wo die Petra so viel gelernt hat. 18b.9 ⇒ Das war die Prüfung, für die die Petra so viel gelernt hat. 18b.10 Das war die Prüfung, dafür die Petra so viel gelernt hat. 18b.11 Das war die Prüfung, wofür die Petra so viel gelernt hat. Die favorisierten Varianten sind durch ⇒ gekennzeichnet. Auch in der Schweiz ist die Satzvariante 18b.4 ( w+dafür ) am stärksten favorisiert (90% 1 - 3 und 86% 1 - 2, extraponiert 81% 1 - 3, 72% 1 - 2). Es folgen die Satzvarianten 18b.9 ( P+d ), die von 72% der Informanten mit 1 - 3 oder von 62% mit 1 - 2 bewertet wird. Die Satzvariante mit Partikel in 18b.7. wird von 67% der Informanten mit 1 - 3 und 55% mit gut 1 - 2 bewertet. Der Testsatz 18b.8. P+dw wird von 54% mit 1 - 3 bewertet und von 42% für gut befunden (1 - 2). Es folgen die Satzvarianten 18b.1 ( w+P+res ) mit 58% Akzeptanz mit Werten von 1 - 3 und 42% 1 - 2 ( P+res am Satzende 51%/ 33%). Das Pronominaladverb wofür wird kaum akzeptiert. Die Informanten in VA bewerten Satz 18b.4 mit w+dafür zu 90% mit 1 - 3 und zu 80% mit 1 - 2 (extraponiert 50% (1 - 3) und 20% (1 - 2)), darauf folgt Satz 18b.9 ( P+d ) mit Zustimmungswerten von 70%. Die Variante mit Partikel wird von 60% der Informanten mit 1 - 3 und von 50% mit 1 - 2 akzeptiert. Daran schließt sich die Variante 18b.1 ( w+P+res ) an mit 60% 1 - 3, aber nur noch 30% 1 - 2. Die Variante P+dw erreicht 50% Akzeptanz (1 - 2). 2.12 Zusammenfassung Die Auswertungen zeigen ein hohes Maß an Variation im Hinblick auf die drei getesteten Relativsatzstrategien. Die Variation zeigt sich dabei über alle vier untersuchten Regionen hinweg. Die Grammatik der Informanten scheint für Relativsätze folglich mehrere Strategien zu erlauben. Grundsätzlich muss bei den Bewertungen zwischen dem Modus der Akzeptanz und der Performanz unterschieden werden. Die Aufgaben variierten daher zwischen verschiedenen Fragemethoden, um sich dieser schwierigen Frage nähern zu können. Produktionsdaten können in dieser schriftlichen Befragung nur durch Übersetzungsaufgaben gewonnen werden. Ein klares Ergebnis liefern diese Methoden für die Strategie mit d -Relativpronomen und Partikel dw . Da der Status dieser Strategie aus bisher bekannten Daten am wenigsten deutlich wurde, können die hier erhobenen Daten diese Variante nun klarer beschreiben. Das Auftreten dieser Variante ist vorwiegend in Baden-Württemberg und Vorarlberg attestiert. Dort ist überdies klar erkennbar, dass diese Strategie in Produktionsdaten (Lückentexte oder Übersetzungsaufgaben) rapide absinkt und kaum Anwendung ndet. In denjenigen Aufgaben, in denen diese Variante angeboten und Zustimmung dazu erfragt wurde, sind hohe Aktzeptanzwerte zu beobachten. Damit ist deutlich geworden, dass die Kombination aus Pronomen und Partikel keine grammatische Relevanz besitzt. Die Strategie ist selbstverständlich eine Möglichkeit, bei Relativierung niedriger Positionen auf der Zugänglichkeitshierarchie als Reperaturstrategie zu fungieren, scheint jedoch hierfür nicht unbedingt die präferierte Variante zu sein. Die Ergebnisse zeigen weiterhin, dass die primäre Strategie im Alemannischen nach Keenan und Comrie (1977) eine Partikelstrategie ist. Die Partikel, die alemannische Relativsätze einleitet, ist wo . Sie ist gleichlautend, aber nicht gleichzusetzen mit dem Lokaladverb. Die Strategie mit d -Relativpronomen ist - regional begrenzt - ebenfalls eine primäre Relativsatzstrategie: in BW und VA ist sie nicht etwa eine Interferenz der Standardvarietät: d -Relativpronomen sind so ergebnisstark vertreten, dass von einer primären Strategie im Alemannischen ausgegangen werden kann. Dieses Ergebnis deckt sich auch mit diachronen Daten. Für das Althochdeutsche (Janko 2001) und in der Mittelhochdeutschen Grammatik (Paul 2007, § 450, 451) wird beschrieben, dass es zwei Strategien gab, eine Pronomen- und eine Partikelstrategie. Im Alemannischen setzt sich diese Datenlage fort. In den untersuchten Varianten steht die d -Relativpronomenstrategie zur Verfügung, wobei sie in BW und VA stark, in CH und EL weniger stark akzeptiert wird und nur sehr regional zur Verfügung steht. Es kann festgehalten werden, dass es hinsichtlich des Status der d -Relativpronomenstrategie regionale Abstufungen gibt. In Baden-Württemberg und Vorarlberg gibt es zwei Strategien: Eine Strategie mit d -Relativpronomen und einer Lücke ( gap ) im Relativsatz ( d+gap ) und eine Partikelstrategie mit wo und ebenfalls einer Lücke im Relativsatz ( w+gap ). Für d+gap gilt, dass sie in allen Positionen auf der Zugänglichkeitshierarchie möglich und damit zugleich die erste Alternativstrategie oder Reparaturstrategie für oblique Positionen ist. Für die Schweiz gilt zunächst, dass die Partikelstrategie w+gap für alle Positionen einschließlich des Dativobjekts die präferierte Strategie ist. Es gibt Sprecher, die den Dativ nicht mehr morphologisch overt ausdrücken müssen und daher auch hier zur Partikelstrategie greifen können. Andere Sprecher hingegen müssen den Kasus an dieser Stelle overt realisieren. So kommt eine Alternativstrategie zur Anwendung: In der Schweiz wird dann bei Dativ (mit der oben beschriebenen Einschränkung) und obliquen 2.12 Zusammenfassung 107 108 2 Datenerhebung: Eine systematische Befragung von Dialektsprechern im Alemannischen Positionen eine Strategie mit Resumptivpronomen bevorzugt. Relativpronomen werden nur von sehr wenigen Sprechern akzeptiert. Resumptivpronomen sind in der Schweiz für oblique Positionen obligatorisch. Bei einigen Sprechern müssen sie auch auftreten, wenn die relativierte Position ein Dativobjekt ist. Der Dativ kann dann nicht analog zu den Positionen NOM und AKK durch die Partikelstrategie relativiert, sondern muss overt durch ein Resumptivpronomen ausgedrückt werden. Es gibt innerhalb der Schweiz also einen Split bei der Relativierung von Dativpositionen. In Baden-Württemberg werden Resumptivpronomen abgelehnt. Hier ist allerdings die Strategie d -Relativpronomen und Partikel attestiert. Die Grammatik der Sprecher des gesamten Gebietes (BW, CH, VA, EL) scheint diese Version zu akzeptieren, das zeigen die Ergebnisse der Fragen, in denen die Variante vorgegeben wurde. Sogar in der Schweiz, in der das Auftreten von Pronomen generell unerwartet ist, wird sie teilweise akzeptiert. In Produktionsdaten ist die Akzeptanz dieser Variante deutlich niedriger, so dass in diesen Fällen von einer akzeptierten und von der Grammatik tolerierten Strategie ausgegangen werden kann, aber nicht von einer funktionstragenden Strategie. Die Strategie mit Resumptivpronomen kann klar als Sekundärstrategie für die schweizer Varianten und wahrscheinlich auch für das Elsass eingestuft werden. Die Funktionalität von d -Relativpronomen und Resumptivpronomen scheint identisch zu sein. Beide Strategien setzen genau dann ein, wenn es nach Keenan und Comrie (1977) erwartbar ist. 3 Typologie der Relativsatzstrategien des Alemannischen In Kapitel 2 wurde eine systematische Sprecherbefragung zu syntaktischen Fragestellungen von Relativsatzstrategien in vier Regionen des alemannischen Sprachraums beschrieben. Die Ergebnisse dieser Befragung sollen in den nun folgenden Abschnitten im Hinblick auf die typologischen Fragestellungen, die sich aus der in Kapitel 1 beschriebenen Zugänglichkeitshierarchie nach Keenan und Comrie (1977) ergeben, eingeordnet werden. Ein zentrales Ziel der Befragung war es herauszu nden, welche relativsatzinternen syntaktischen Positionen für welche Relativsatzstrategie auf der von Keenan und Comrie (1977) formulierten „Noun Phrase Accessibility Hierarchy“ (AH) zugänglich sind: Subjekt (SU) > Direktes Objekt (DO) > Indirektes Objekt (IO) > Oblique (OBL) > Genitv (GEN) > Comparativ (Object of Comparison, OCOMP) Die systematische Datenerhebung hat gezeigt, dass im gesamten alemannischen Sprachraum vier Relativsatzstrategien attestiert sind: i. d -Relativpronomen ii. d -Pronomen und Partikel d+w iii. Partikelstrategie mit wo iiii. Partikelstrategie mit wo und Resumptivpronomen Die Erhebung hat weiterhin Klarheit bezüglich der syntaktischen und semantischen Eigenschaften dieser Strategien gebracht. Zunächst werden diese anhand der Kriterien der Zugänglichkeitshierarchie besprochen. 3.1 Relativierung von SU- und DO-Positionen In der von SynAlm durchgeführten Datenerhebung zur Syntax von Relativsatzstrategien wurden Informanten aus vier Regionen des alemannischen Sprachraumes befragt. In allen untersuchten Regionen ist die Partikelstrategie mit wo für die durch Keenan und Comrie (1977) beschriebene SU- und DO-Position attestiert. Sie ist, so zeigen es die Auswertungen (vgl. Kapitel 2 für eine ausführliche Darstellung), sogar die präferierte Strategie für diese Positionen (vgl. Abbildung 52): 110 3 Typologie der Relativsatzstrategien des Alemannischen Abbildung 52: Relativsatzeinleiter über alle Regionen Es ist dabei nicht entscheidend, welche semantischen Eigenschaften das Antezedens (das zu relativierende Kopfnomen) aufweist. So ergaben beispielsweise Testsätze, in denen semantische Merkmale des Kopfnomens wie [+/ belebt], [+/ abstrakt] variiert wurden, keine nennenswerten Unterschiede im Hinblick auf die Wahl des Relativsatzeinleiters. Auch pronominale Kopfnomen verändern die Bewertungen hinsichtlich der gewählten Strategie nicht signi kant. Die Variation von grammatischen Merkmalen (z. B. Φ -Merkmale und Kasus) beein ussen die Wahl des Relativsatzeinleiters ebenfalls nicht. In Vorarlberg und Baden-Württemberg ist die Strategie mit d -Relativpronomen ebenfalls für die SU- und DO-Position attestiert und ist in beiden Regionen nahezu gleich stark wie die Partikelstrategie. Die Ergebnisse sind in Tabelle 24 zusammengefasst: Tabelle 24: Primärstrategie für SU- und DO-Positionen Region SU DO BW d+gap/ w+gap d+gap/ w+gap CH w+gap w+gap VA d+gap/ w+gap d+gap/ w+gap EL w+gap w+gap In der Terminologie der Zugänglichkeitshierarchie kann nun folgende Schlussfolgerung formuliert werden: Primärstrategie SU-/ DO-Position: In den Regionen Baden-Württemberg und Vorarlberg gibt es zwei gleichstarke Primärstrategien: d+Lücke und w+Lücke . In der Schweiz und im Elsass gibt es eine Primärstrategie: w+Lücke . Die Pronomenstrategie ist nur vereinzelt belegt. Die Relativierung von indirekten Objekten erfolgt, wie für die SU- und DO-Position beschrieben, ebenfalls durch sowohl ein Pronomen als auch die Partikelstrategie. Abgefragt wurden alle bisher bekannten Strategien, d-Pronomen+Lücke , d+w+Lücke , w+Lücke , w+res mit einer skalierten Bewertung (1-5, wobei 1 = sehr gut und 5 = schlecht) und mittels einer Ankreuzmöglichkeit für entweder d -Pronomen (+Kasus), dw (+Kasus) oder nur w (-Kasus). Die Variante mit d -Relativpronomen, aber auch die Partikelstrategie ist in allen vier Regionen (BW, CH, VA, EL) in Relativsätzen mit Relativierung einer IO-Position attestiert. Die Häu gkeit der Realisierung ist jedoch regional unterschiedlich. Das Auftreten von resumptiven Pronomen wo als Relativsatzeinleiter wird in allen Regionen abgelehnt siehe Abbildung 53: Abbildung 53: IO: Entscheidungsfrage Abbildung 54: IO: Bewertungsskala Die Ergebnisse ändern sich durch den Wechsel des Abfragemodus nur gering. Dies betri t insbesondere die Bewertungen der dw -Strategie, die in BW und VA deutlich öfter gewählt wird, wenn die Sprecher sich für eine Variante entscheiden müssen. In Baden-Württemberg, in Vorarlberg und im Elsass wird sowohl die Strategie mit d -Relativpronomen als auch die Partikelstrategie von einer Mehrheit der Befragten akzeptiert. Auch in der Schweiz ist die Strategie mit d -Relativpronomen relativ stark. In allen 4 Regionen akzeptieren auch über 50% der Befragten die d+w-Strategie . Für die Partikelstrategie gilt, dass sie auf der AH auch für die Position IO möglich ist. In Tabelle 25 werden die Strategien für IO-Positionen zusammengefasst. 3.1 Relativierung von SU- und DO-Positionen 111 112 3 Typologie der Relativsatzstrategien des Alemannischen Tabelle 25: Strategie für die IO-Position Region Strategie IO BW d+gap / w+gap CH w+gap / w+gap VA d+gap / d+gap EL w+gap / w+gap Für alle Regionen kann die Kategorisierung bezüglich der zuvor beschriebenen Primärstrategie aufrechterhalten werden. Sowohl die Partikelstrategie als auch die Strategie mit d -Relativpronomen in BW und VA sind hier wieder mit der gleichen Verteilung wie für die SU- und DO-Positionen gesehen attestiert. Sowohl in der Schweiz als auch im Elsass kommt hier jedoch noch eine Sekundärstrategie hinzu, bestehend aus der Partikel wo als Relativsatzeinleiter und einem Resumptivpronomen, welches in der Position der Lücke die syntaktische Rolle des zu relativierenden Kopfnomens einnimmt. Diese ist aber in deutlich geringerem Maße akzeptiert als dies bisher beschrieben wurde. Es kann nicht länger davon ausgegangen werden, dass es sich hier um eine obligatorische Struktur handelt, wie beispielsweise durch van Riemsdijk (1989), Salzmann (2006b) und Weber und Dieth (1987) angenommen wurde. In Baden-Württemberg und Vorarlberg ndet diese Konstruktion keine Zustimmung und ist nur in ganz geringem Maße attestiert (zur Funktion von resumptiven Pronomen siehe ausführlich Abschnitt 3.6 in diesem Kapitel). 3.2 Relativierung von obliquen Positionen Staedele (1927, 28) schreibt in seiner Grammatik: „(...) schwierigen Relativkonstruktionen geht die Mundart aus dem Wege und bildet dafür neue Hauptsätze“. Diese Feststellung scheint generell zuzutre en, betrachtet man die Daten von Schallert (2010) oder Korpusauswertungen von gesprochenen Sprachdaten, in denen diese Konstruktionen kaum vorkommen. Es gibt jedoch Belege aus Varietäten des alemannischen Sprachgebiets, in denen Relativsätze mit Relativierung einer obliquen Lücke auftreten. Aus Gründen der Wiederherstellbarkeit von grammatischer Information können Präpositionen in Relativsatzkonstruktionen nicht fehlen. Unter der Bezeichnung OBL werden daher Relativsatzkonstruktionen berücksichtigt, in denen die relativierte Position präpositional ist. Ziel der SynAlm-Befragung war es, die Verteilung und Akzeptanz dieser Belege für das gesamte Gebiet zu prüfen. Die Datenauswertungen der SynAlm-Fragebögen zeigen klar, dass bei obliquen Positionen immer eine +Kasus-Strategie präferiert wird. Für Relativsätze bedeutet dies, dass wenn der Kasus des Relativpronomens von einer Präposition regiert wird, die Partikelstrategie alleine zur Ungrammatikalität der Konstruktion führt. 32 Es treten in diesen Fällen dann die Strategie mit Präposition und d -Relativpronomen auf oder eine Kombination aus der Partikel wo und einer Präposition (manchmal zum Pronominaladverb erweitert, Fleischer (2005, 182)). Weiterhin gibt es Belege für das Vorkommen der Partikel in Kombination mit Präposition und Resumptivpronomen w+P+res , siehe Beispiel (113): (113) Wiá Wie háißt heißt jedz jetzt wider wieder dr der Ghámifááger Kaminfeger (x.x.), (x.x.), wu wo Nohaldig Gedenkgottesdienst ísch ist r-á? für-ihn? Wie heißt nochmal der Kaminfeger, für den Gedenkgottesdienst ist? (Noth 1993, 419) In Fleischer (2004b,a) wird die auf oblique Positionen beschränkte Strategie mit Pronominaladverb als eine sehr häu g auftretende Variante in den Dialekten des Deutschen beschrieben (vgl. auch Abschnitt 3.7). Die SynAlm-Daten zeigen hier, dass diese Konstruktion durchaus eine Alternativstrategie für oblique Positionen darstellt, in denen der Kasus ausgedrückt werden muss. In Tabelle 26 werden die attestierten Strategien nochmals zusammengefasst. Tabelle 26: Strategie für oblique Position Region Strategie BW P+d+gap / P+dw+gap/ w+(da)P CH w+P+res / w+(da)P VA P+d+gap / P+dw+gap EL w+P+res / w+(da)P 3.3 Die Partikelstrategie Die Partikelstrategie mit wo ist über das gesamte Erhebungsgebiet verteilt die präferierte Relativsatzstrategie für die Positionen SU>DO>IO und kann daher als eine Primärstrategie des Alemannischen bezeichnet werden. Die Präferenzwerte für diese Strategie variieren innerhalb der Regionen marginal. In BW und VA ist sie fast gleichstark wie die Strategien mit d -Relativpronomen. Letztere sind in der Schweiz und im Elsass ebenfalls attestiert, allerdings nur in geringem Maße und ausschließlich bei der Relativierung von 32 Vereinzelt sind allerdings Ausnahmen möglich, z. B. bei einem Antezedenten, der eine lokalsemantische Bedeutung hat oder wenn beispielsweise eine abstrakte Lokalität hergestellt werden kann; vgl. hierzu Abschnitt 1.5.4 in Kapitel 1 und Abschnitt 3.1 in diesem Kapitel sowie Bräuning (2009). 3.2 Relativierung von obliquen Positionen 113 114 3 Typologie der Relativsatzstrategien des Alemannischen IO- oder OBL-Positionen. Die Partikelstrategie wurde zudem in Abhängigkeit von variierenden semantischen und grammatischen Eigenschaften des Kopfnomens getestet und hat sich als nicht abhängig von diesen Variablen gezeigt. Der Relativsatzeinleiter ist weiterhin nicht abhängig von der appositiven und restriktiven Lesart eines Relativsatzes. Die Distribution der Relativsatzeinleiter ist gleichbleibend. Die Pronomenstrategie hat hier keine, wie u. a in Wiltschko (2013) beschrieben, desambiguierende Funktion (siehe hierzu ausführlich Kapitel 5). 3.4 Strategie mit d-Relativpronomen Die Strategie mit d -Relativpronomen ist in BW und VA ebenfalls eine Primärstrategie. Bisherige Annahmen, dass es sich hier um Interferenze ekte mit der Standardvarietät handelt, können mit den hier beschriebenen Ergebnissen klar widerlegt werden. d -Relativpronomen sind so ergebnisstark vertreten, dass von einer primären Strategie des Alemannischen ausgegangen werden kann. Dieses Resultat deckt sich auch mit diachronen Daten. Für das Althochdeutsche (Janko 2001) und in der Mittelhochdeutschen Grammatik (Paul 2007, 405) wird beschrieben, dass es hier zwei Strategien, eine Pronomen- und eine Partikelstrategie, gab. Im Alemannischen setzt sich diese Datenlage fort. In den hier untersuchten Varianten steht die d -Pronomenstrategie überall zur Verfügung, wobei die Strategie in BW und VA stärker attestiert ist als in der Schweiz und im Elsass. Die Abbildung 55 zeigt am Beispiel einer IO-Relativierung die geographische Verteilung der Strategie im gesamten Erhebungsgebiet von SynAlm. Abbildung 55: Geographische Verteilung von d -Relativpronomen Skalenwert 1 = dunkelgrün, 2 = hellgrün und 3 = gelb dargestellt 3.5 Die d+w-Strategie Die Auswertungen der Fragebögen haben gezeigt, dass auch diese Strategie im gesamten Gebiet (BW, CH, VA, EL) attestiert ist, allerdings variiert auch hier die Anzahl der gefundenen Belege über die Regionen. Anders als bisher in der Literatur beschrieben, wird sie sogar in der Schweiz akzeptiert (DATIV IO/ OBL siehe Abbildung 56), in der das Auftreten von Pronomen generell unerwartet ist. In Produktionsdaten ist das tatsächliche Vorkommen dieser Variante im gesamten Gebiet allerdings deutlich seltener als in Bewertungsaufgaben. Die folgenden Abbildungen 56 und 57 zeigen den Vergleich der Belege über die Regionen auf der Basis der Auswertungen einer Übersetzungsaufgabe (o ene Frage; FB2 9a und b) sowie einer Ankreuzaufgabe (geschlossene Frage; FB2 5). 33 In Aufgabe 5 mussten die Informanten zwischen drei Varianten wählen: d/ d+w/ w . Abbildung 56: RS-Strategie nach Aufgabentyp Abbildung 57: Vergleich Aufgabentyp Die Auswertungen zeigen deutlich, dass die Kombination aus d -Relativpronomen und Partikel bei Relativierung der SU- und DO-Position nur dann vermehrt auftritt, wenn die Variante vorgegeben ist, die Informanten also auf eine weitere ebenfalls existierende Variante hingewiesen („geprimed“) werden. In den Übersetzungsaufgaben ist diese Strategie nahezu nicht existent. Die d+w -Strategie kann daher als Sekundärstrategie eingeordnet werden. SynAlm hat keine Belege von Produktionsdaten für eine IO-Position. Bei 33 Die zwei Testsätze mit Relativierung einer IO-Position wurden herausgerechnet, um eine Vergleichbarkeit bezüglich der zu relativierenden Position zu ermöglichen. 3.5 Die d+w-Strategie 115 116 3 Typologie der Relativsatzstrategien des Alemannischen den Abfragen mit skalierter Bewertung und auch bei den Entscheidungsfragen - beiden Aufgabentypen gemeinsam ist die Vorgabe einer Variante - steigen die Belege dieser Strategie, so dass bei Relativierung einer IO- oder OBL-Position das d -Relativpronomen zur overten Kasusrealisierung dient. Die Daten weisen stark darauf hin, dass die d+w - Strategie eine Struktur ist, die durch die Grammatik der Sprecher erzeugt und toleriert wird. Im Unterschied zu den anderen Strategien wird sie jedoch kaum angewendet und taucht daher in Produktionsdaten nicht auf. Diese Idee von grammatischen, aber unrealisierten Konstruktionen wurde von Barbiers (2005) für die Distribution von Drei-Verb- Clustern in niederländischen Dialekten erstmals formuliert. Sie kann nur unter ganz bestimmten Bedingungen zutre en. Es deutet vieles darauf hin, dass die Distribution der Relativsatzstrategien des alemannischen Dialekts in diesem Kontext analysiert werden kann. Dies wird in Kapitel 5 weiter ausgeführt. 3.6 Resumptivpronomen In Relativsätzen, die durch die Partikel wo eingeleitet werden, treten nach van Riemsdijk (1989, 1) in „fast allen Fällen“ Resumptivpronomen an der relativierten Position auf. Van Riemsdijk bezieht sich hier auf das Schweizerdeutsche, das seiner Beobachtung zufolge keine Relativpronomen hat. Resumptivpronomen sind entweder Personal- oder Demonstrativpronomen (de Vries 2002). Im Alemannischen der deutschsprachigen Schweiz erscheinen sie in der Form von unbetonten Personalpronomen. Oftmals treten sie auch in einer morphologisch reduzierten Form in Argumentposition oder linksperiphär in der sogenannten Wackernagelposition (manchmal auch klitisiert an den Komplementierer) auf und haben einen Antezedenten in einer A’-Position und sind selbst A’-gebunden (Salzmann 2006a, van Riemsdijk 1989, Salzmann und Seiler 2010, Weber und Dieth 1987). Resumptivpronomen stehen an der Position der Lücke im Relativsatz, treten niemals satzinitial auf und werden nicht W -bewegt. Sie werden durch einen W -Operator gebunden und daher als gebundene Variablen interpretiert (de Vries 2002). De Vries unterscheidet zwischen zwei verschiedenen Resumptivstrategien: Sprachen wie Alemannisch, in denen Resumptivpronomen als gebundene Variablen verwendet werden, und Sprachen wie beispielsweise Englisch, die Resumptivpronomen zum Zwecke einer Reparaturstrategie 34 gebrauchen: (114) I am looking for those documents which I can never remember where I put them. (de Vries, 2002, 165, Beispiel aus Haegeman, 1994, 410) 34 Der Begri Reparaturstrategie wird in dieser Arbeit auch für die Sekundärstrategien des Alemannischen verwendet. Allerdings sind die Resumptivpronomen des Alemannischen nicht vom selben Typ wie die des Englischen, welche von de Vries (2002) als „repair strategy“ kategorisiert werden. Hier dient das Resumptivpronomen („ intrusive pronouns “ nach Sells (1984)) dazu, die ansonsten ungrammatische Konstruktion zu reparieren, da es sich innerhalb einer Insel bendet, aus der nicht W -bewegt werden kann. Sprachen vom zuletzt beschriebenen Typ verwenden Resumptivpronomen jedoch allein zu diesem Zweck und nicht in anderen Funktionen. In Kapitel 5 wird dieser Aspekt nochmals thematisiert. 35 Resumptivstrategien vom alemannischen Typ wurden in der Literatur (u. a. de Vries (2002, 165) und die dort zitierte Literatur) wie folgt analysiert: Resumptivpronomen a. schließen in der Regel Relativpronomen aus, b. treten (fast) immer zusätzlich zu einer Relativpartikel oder einem anderen Relativsatzmarker in postnominalen Relativsätzen auf, c. sind als Klitika und als volle Pronomen in allen Wortanordnungsstrategien SVO, SOV, VSO attestiert. Eine weitere zentrale Funktion ist, dass sie oftmals obligatorisch oder optional neben einer sogenannten „gap“-Strategie auftreten. 36 Bevor eine Überprüfung dieser Typisierung für die hier untersuchten Varianten erfolgen kann, werden zunächst dialektspezi sche Beobachtungen aus bisher vorliegenden Arbeiten beschrieben und im Anschluss daran die Datenauswertung aus Kapitel 2 im Hinblick auf diese Beobachtungen diskutiert. Nach Salzmann (2006b, 320) erfolgt das Auftreten von Resumptivpronomen zum Ausdruck bestimmter grammatischer Positionen (Dativlücken oder Lücken, in denen eine Präposition den Kasus regiert) und wird als ein Phänomen südalemannischer Dialekte beschrieben (vgl. auch Salzmann und Seiler 2010). In der Zürichdeutschen Grammatik (Weber und Dieth 1987) und in Fleischer (2005, 181) werden diese Konstruktionen als „Subtyp“ zur Partikelstrategie mit wo bezeichnet: (115) a. D Die Frau, Frau, wo wo (*si) (*sie) immer immer z zu spaat spät chunt. kommt. (SU) ‚Die Frau, die immer zu spät kommt.‘ b. Es Das Bild, Bild, wo wo niemert niemand (*s) (*es) cha kann zale. bezahlen. (DO) ‚Das Bild, das niemand bezahlen kann.‘ c. De Der Bueb, Junge, wo wo mer wir *(em) *(ihm) es das Velo Fahrrad versproche versprochen händ. haben. (IO) ‚Der Junge, dem wir das Fahrrad versprochen haben.‘ 35 In de Vries (2002, 396) wird eine Zusammenstellung derjenigen Sprachen gegeben, die eine Resumptivstrategie haben. Auch in Lehmann (1984) ndet sich eine umfangreiche typologische Beschreibung. 36 Weitere Autoren und Literatur zu einzelsprachlichen Beobachtungen in de Vries (2002). 3.6 Resumptivpronomen 117 118 3 Typologie der Relativsatzstrategien des Alemannischen d. D Die Frau, Frau, won wo i ich von von *(ere) *(ihr) es das Buech Buch überchoo bekommen han. habe. (P-Objekt) ‚Die Frau von der ich das Buch bekommen habe.‘ e. D Die Frau, Frau, won wo i ich mit mit *(ere) *(ihr) is ins Kino Kino ggange gegangen bin. bin. (P-Adjunkt) ‚Die Frau, mit der ich ins Kino gegangen bin.‘ (Salzmann 2006b, 321) Während van Riemsdijk (1989, 2008) davon ausgeht, dass bei Relativierung einer IO- und OBL-Position mit der Partikel wo immer ein Resumptivpronomen auftritt, stellt Salzmann (2006b,a) zwar fest, dass es auch Varianten in der deutschsprachigen Schweiz gibt, die Relativsätze mit Relativierung einer IO-Position auch mit Lücke im Relativsatz akzeptieren, berücksichtigt diese jedoch nicht weiter, da es für seine Beschreibung des Zürichdeutschen nicht relevant scheint. In Salzmann und Seiler (2010, 83) wird die Datenbasis der deutschsprachigen Schweiz im Hinblick auf Variation bezüglich dieser Konstruktionen dann weiter di erenziert. So wird dort folgende Beobachtung beschrieben: Während Dialektgrammatiken stets den Gebrauch von Resumptivpronomen für IO- und OBL-Positionen hervorheben und belegen, enthält das Schweizerische Idiotikon oder auch eine Grammatik für den Dialekt im Kanton Glarus Belege für Variation bei Relativierung von Dativobjekten. Weitere Bestätigung für eine di erenziertere Betrachtung der Datenlage lieferte auch die Informantenbefragung des SADS, die ebenfalls zeigte, dass es nicht nur Variation bezüglich einer Strategie mit Partikel und Lücke und Partikel und Resumptivpronomen im Hinblick auf die IO-Position gibt, sondern auch die Präferenz für die Variante mit Resumptiv nicht den bisherigen Vorhersagen entspricht. Relativpronomen werden für die Varianten der Schweiz als marginal bis nicht relevant eingestuft. Van Riemsdijk (1989, 2008) schließt ihr Vorkommen sogar aus. Für Salzmann (2006a, 203) sind Relativpronomen, die vereinzelt in der IO-Position und in obliquen Positionen auftreten, ein Interferenze ekt der Standardsprache: (116) a. de Der [Bueb], [ Junge], dem1 dem1 mer wir _1 _1 es das Velo Fahrrad versproche versprochen händ. haben. b. d Die [Frau], [Frau], [vo [von dere]1 der]1 ich ich _1 _1 es das Buech Buch überchoo bekommen han. habe. Salzmann führt das Vorkommen solcher Konstruktionen auf einen Idiolekt der Sprecher, beein usst durch die Standardsprache, zurück. Er stellt dabei fest, dass in SU- und DO-Position niemals Relativpronomen attestiert sind und Gegenstand seiner Betrachtung nur das („pure“) Zürichdeutsche ist. Angesichts der in dieser Arbeit präsentierten Daten kann man jedoch auch zu einer anderen Einschätzung der Datenlage kommen. Zumindest für die komplexen Relativsatzstrukturen sind auch in der deutschsprachigen Schweiz Pronomen attestiert. Das Auftreten von Resumptivpronomen ist nur für Relativsätze attestiert, bei W -Bewegung und Topikalisierung treten keine Resumptivpronomen auf (Salzmann 2006b, 320). Weiterhin wird eine Asymmetrie zwischen lokaler Relativierung und Relativierung über lange Distanz beschrieben. Während in lokaler Relativierung Resumptivpronomen nur für oblique Positionen (in diesem Fall ist hier die Dativlücke eingeschlossen) attestiert sind, so treten sie nach Salzmann in Relativsätzen mit langer Extraktion in allen Positionen auf. In den Beispielen (117a und 117b) wird jeweils ein Beispiel für eine SU- und DO-Position gegeben (Salzmann 2006b, 322): (117) a. D Die [Frau], Frau, wo wo t du gsäit gesagt häsch, hast.2SG, dass dass *(sie) sie kän keinen Fründ Freund hät, hat han habe.1SG i ich hütt heute mit mit emene einem Maa Man gsee. gesehen. (SU) ‚Heute habe ich die Frau mit einem Mann gesehen, von der du gesagt hast, sie habe keinen Freund.‘ b. s Das [Bild], Bild, wo wo t du gsäit gesagt häsch, hast.2SG, dass dass *(es) es de der Peter Peter wett will verchau e. verkaufen. ‚Das Bild, von dem du gesagt hast, dass es der Peter verkaufen will.‘ Matchinge ekte spielen keine Rolle, anders als bei lokaler Relativierung. Hier können, unter Kasusidentität mit dem externen Determinierer am Kopfnomen, Resumptivpronomen in einer Dativposition gelöscht werden. Für Salzmann (2006b) liegt die Asymmetrie zwischen beiden Konstruktionen in einer unterschiedlichen Syntax begründet. Sein Vorschlag für eine Analyse lokaler Relativierung wurde bereits in Kapitel 1 beschrieben und wird auch in Kapitel 5 nochmals genauer betrachtet. Für lange Relativierung entwickelt Salzmann eine eigene Analyse, „Resumptive Prolepsis“ (Salzmann 2006b). Für die schweizerdeutschen Varianten des Alemannischen ist die Distribution von Resumptivpronomen in Relativsätzen ausführlich, sowohl theoretisch (Salzmann 2006b, van Riemsdijk 1989, 2008, Salzmann und Seiler 2010) als auch durch dialektgrammatische Beschreibungen dokumentiert. Im Folgenden soll eine kurze Darstellung der bisher bekannten Daten aus Dialektgrammatiken für die weiteren hier untersuchten Gebiete des Alemannischen erfolgen, um diese anschließend im Kontext der SynAlm-Befragung zu diskutieren. Für das Alemannische Vorarlbergs ndet sich in Schallert (2010) folgender Beleg: 3.6 Resumptivpronomen 119 120 3 Typologie der Relativsatzstrategien des Alemannischen (118) Lüüt, Leute, wo wo me man ne ihnen mit mit em dem beschte besten wile Willen nüd nicht cha kann hälfe. helfen. ‚Leute, denen man beim besten Willen nicht helfen kann.‘ In Schallerts Daten nden sich für das in Beispiel (118) gezeigte resumptive Muster zwei Belege bei einer Übersetzungsaufgabe und zwei Mal wurde die Variante bei einer Ja/ Nein-Frage als grammatisch bewertet. Schallert (2010, 59) bezeichnet den Status von Resumptivpronomen in Vorarlberg daher als „äußerst marginal“. Für das Alemannische in Baden-Württemberg beschreibt Noth (1993) für das Kaiserstühler Alemannisch (Oberrotweil) das Auftreten von Resumptivpronomen in obliquen Relativsätzen, jedoch nur für Konstruktionen mit Präpositionalobjekt und solchen Konstruktionen, in denen im Standarddeutschen ein Genitiv zu erwarten wäre. Weist das Kopfnomen einer obliquen Relativsatzkonstruktion lokale Referenz auf, dann kann das Resumptivpronomen ausgelassen werden und wo als Relativsatzeinleiter alleine stehen: (119) Sáli Die Ghínder, Kinder, wu-mr wo-wir d die Schuhá Schuhe gfundá gefunden hán haben vu-n-ená, von-n-ihnen, sín sind vu von dr der Schdreemung Ströhmung abdrííbá abgetrieben woorá. worden. ‚Die Kinder, von denen wir die Schuhe gefunden haben, wurden von der Strömung abgetrieben.‘ (120) D Die Aschandii, Aschanti, wu wo dr der Film Film handled handelt vu-n-ená, von-n-ihnen, sín sind a ein seli solch sálbschdbewußd selbstbewusstes Volg. Volk. ‚Die Aschanti, von denen der Film handelt, sind ein solch selbstbewusstes Volk.‘ (121) D Die Schdoorá Stare hoggá sitzen ím im híndrrá hinteren Baüm, Baum, wu wo noch noch á ein baar paar Gríásá Kirschen ím im Doldá Wipfel hángà. hängen. ‚Die Stare sitzen im hinteren Baum, in dessen Wipfel noch ein paar Kirschen hängen.‘ Weiterhin bemerkt Noth (1993, 418), dass in komplexen Konstruktionen, in denen im Standarddeutschen ein Relativpronomen im Genitiv und eine Präposition zu erwarten wären, der Dialekt den Sachverhalt durch eine andere Konstruktion ausdrückt. Eine ähnliche Beobachtung formuliert auch Staedele (1927). Komplexe Relativsatzkonstruktionen werden bei der Abfrage über skalierte Bewertungsaufgaben dennoch nicht als ungrammatisch klassi ziert. Daraus lässt sich ein ähnliches Muster wie für die d+w -Struktur ableiten: in Produktionsdaten kommen diese Strukturen selten vor und sind nur marginal vorhanden. Ihr sehr geringes Auftreten in Übersetzungen oder auch Korpusrecherchen zeigen aber, dass diese Beobachtung durchaus nicht unerheblich ist, nicht zuletzt, da dies bereits häu ger im Zusammenhang von komplexen Strukturen zu beobachten ist. Erneut kann also festgestellt werden, dass die Grammatik der Sprecher diese Strukturen erzeugen kann, daher werden sie auch von den Informanten akzeptiert und können daher nicht als „nicht existent“ klassi ziert werden. Eine syntaktische Analyse muss diese Beobachtungen miteinbeziehen. Die SynAlm-Befragung hat systematisch überprüft, wie sich die Distribution von Resumptivpronomen in Relativsätzen für bestimmte grammatische Positionen verhält. Getestet wurde das Auftreten der Resumptivpronomen in Relativsätzen, in denen die syntaktische Position des relativierten Kopfnomens - die Lücke - eine IO-Position oder das Komplement einer Präposition ist (OBL). Berücksichtigt wurden für einen ersten Überblick nur Fälle, in denen eine Kasuszuweisung aufgrund der syntaktischen Rolle (grammatische Funktion) auf der Zugänglichkeitshierarchie, also IO- und OBL-Position, erfolgt. Die Literatur zu Resumptivpronomen in den Varianten des Alemannischen ist, wie oben beschrieben, uneindeutig. Zunächst wurde davon ausgegangen, dass Resumptivpronomen für IO- und OBL-Positionen obligatorisch sind. Erhebungen des SADS und eine Arbeit von Salzmann und Seiler (2010) zeigen, dass bezüglich der IO-Position weitaus mehr Variation existiert, als in bis dahin verö entlichten Belegen aus Dialektgrammatiken bekannt war. Auch SynAlm greift diese Frage auf, um die Datenlage bezüglich der Rolle von Resumptivpronomen in Relativsätzen zu erweitern. Für die Dativposition (IO) wurden die Testsätze in (122) und (123) zur Bewertung angeboten. In beiden Testsätzen liegt kein Kasusmatching zwischen dem externen Determinierer und der Lücke im Relativsatz vor. Der Kopf des Relativsatzes ist einmal (+belebt/ +menschlich) und einmal (+belebt/ -menschlich): (122) Das ist der Mann, wo man ihm den Hund geklaut hat. (123) Das ist die Katze, wo ich ihr bis zu ihrem Versteck hinterher gelaufen bin. Die Distribution von Resumptivpronomen ist über das gesamte Gebiet des Alemannischen sehr unterschiedlich. Während Auftreten und Akzeptanz in Baden-Württemberg und Vorarlberg eher gering und schlecht ist (vereinzelt werden Konstruktionen auch akzeptiert), treten sie in der Schweiz und im Elsass häu ger auf und auch die Akzeptanzwerte sind deutlich höher: Die Mittelwerte der Bewertungen für Resumptivpronomen in Relativsätzen mit einer Lücke im Dativ liegen jeweils zwischen 3,7 und 4,5. Sie werden von den Informanten mehrheitlich abgelehnt. 37 Es gibt allerdings eine geringe 37 Im Elsass stellt sich wieder die Problematik der geringen Anzahl an Informanten, so dass die Gewichtung der Antworten sich hier sehr schnell verschieben kann und das Ergebnis nicht so deutlich wie in den anderen Regionen ausfällt. Für Beispiel 123 wurde daher keine Auswertung vorgenommen. 3.6 Resumptivpronomen 121 122 3 Typologie der Relativsatzstrategien des Alemannischen Anzahl an Informanten, die Resumptivpronomen hier akzeptieren. In allen Regionen ist die Ablehnung stets höher als die Zustimmung. Die geographische Verteilung von resumptiven Pronomen erstreckt sich bei Akzeptanz über das gesamte Erhebungsgebiet. Es konnten keine regionalen Cluster identi ziert werden. Die Distributionskarten (Abbildungen 58 und 59) sind der SynAlm- Datenbank entnommen. Abbildung 58: Geographische Verteilung von resumptiven Pronomen im Testsatz Skalenwert 1 = dunkelgrün, 2 = hellgrün und 3 = gelb dargestellt Abbildung 59: Geographische Verteilung von resumptiven Pronomen im Testsatz Skalenwert 1 = dunkelgrün, 2 = hellgrün und 3 = gelb dargestellt Auch die Ablehnung der Resumptivpronomen erstreckt sich über das ganze Erhebungsgebiet (Abbildungen 60 und 61). Abbildung 60: Geographische Verteilung von resumptiven Pronomen im Testsatz Skalenwerte 4 = orange, 5 = rot Abbildung 61: Geographische Verteilung von resumptiven Pronomen im Testsatz Skalenwerte 4 = orange, 5 = rot Im SADS wurde ebenfalls ein Relativsatzanschluss mit Bezugsnomen im Dativ als Übersetzungsaufgabe (124a) und als Ankreuzaufgabe (124b) getestet: 38 38 Besonderer Dank gilt Claudia Bucheli-Berger, die mir die Auswertungen der SADS-Erhebung zu 3.6 Resumptivpronomen 123 124 3 Typologie der Relativsatzstrategien des Alemannischen (124) a. Das ist doch die Frau, der ich schon lange das Buch bringen wollte. (Übersetzungsaufgabe) b. Das ist der Mann, dem ich gestern den Weg gezeigt habe. (Ankreuzaufgabe) Im ganzen Erhebungsgebiet des SADS ist die Variante mit Partikelstrategie ohne Resumptivpronomen attestiert. Bei beiden Aufgaben war dies mit großem Abstand die am häu gsten übersetzte Variante. Die Variante mit Resumptivpronomen kam deutlich seltener vor. Interessant ist hier zudem, dass die Variante mit Relativpronomen ebenfalls fast im gesamten Gebiet des SADS attestiert ist und einige der Informanten sie auch als ihre präferierte Variante kategorisieren. Es wurden auch Belege der d+w -Strategie gefunden. Eine weitere Bewertungsaufgabe des SADS ndet sich bei Salzmann und Seiler (2010, 86). Die Aufgabe kontrastiert eine Satzvariante mit Resumptiv und einer IO-Lücke, siehe Beispiel (125): (125) a. Das Das isch ist de der Maa, Mann, wo-n-i wo-n-ich em ihm geschter gestern de den Wääg Weg zäigt gesteigt han. habe. ‚Das ist der Mann, dem ich gestern den Weg gezeigt habe.‘ b. Das Das isch ist de der Maa, Mann, wo-n-i wo-n-ich geschter gestern de den Wääg Weg zäigt gezeigt han. habe. ‚Das ist der Mann, dem ich gestern den Weg gezeigt habe.‘ Die Auswertung des Testsatzes (125) ergab, dass Resumptivpronomen in dieser Konstruktion weit weniger präferiert werden als bisher beschrieben wurde. In der Westschweiz ist die Variante mit Resumptivpronomen frequenter als in der Ostschweiz, dennoch sind beide Varianten Teil der Grammatik dieser Informanten (Salzmann und Seiler 2010, 86). SynAlm und der SADS kommen hier zu vergleichbaren Ergebnissen. Neben der Distribution von Resumptivpronomen für die IO-Position gibt es in SynAlm auch Informanten aus der Schweiz, die sowohl Relativpronomen als auch die d+w -Strategie akzeptieren, in einigen Fällen sogar präferieren (vergleiche hierzu ausführlich die Daten in Kapitel 2). Die SADS-Daten ergänzen zudem die durch SynAlm gewonnenen Daten um Produktionsdaten (durch eine Übersetzungsaufgabe) zu Relativsatzeinleitern bei IO-Lücken. diesen beiden Sätzen in Form eines unverö entlichten Manuskripts von 2008 gemeinsam mit detaillierten Karten zu den Belegen zur Verfügung gestellt hat. Salzmann (2006b) diskutiert weitere Daten im Zusammenhang mit der IO-Position: (126) a. *Di Die [böös [böse Tante], Tante], wo wo mer man mich mich (ire) (ihr) uusggliferet ausgeliefert hät. hat. ‚Die böse Tante, der man mich ausgeliefert hat.‘ b. *De Der [Maa], [Mann], wo-n-i wo-n-ich (em) (ihm) gfale. gefalle. ‚Der Mann, dem ich gefalle.‘ In (126a) handelt es sich um eine Konstruktion mit einem ditransitiven Verb und einer Dativ/ Akkusativ-Anordnung und in (126b) um ein unakkusativisches Psychverb. Beide Konstruktionen sind mit und ohne Resumptivpronomen ungrammatisch, (126a) scheint bei entsprechender Kontextgegebenheit jedoch nicht ungrammatisch zu sein. Bei Psychverben kann ein Sonderfall nicht ausgeschlossen werden. Da Psychverben generell besonderes Verhalten bezüglich Argumentstruktur und semantischer Rollen zeigen, wäre hier weitere Forschung nötig, um diese Frage hinreichend beantworten zu können. Analog zu (126a) geht Salzmann (2006b) auch davon aus, dass im Falle eines nicht-belebten Kopfnomens (Akkusativ/ Dativ-Anordnung) die Struktur ebenfalls ungrammatisch ist: (127) *D Die [Gfaar], Gefahr, wo-n-ich wo-n-ich (ire) (ihr) de den Hansli Hans uusgsetzt ausgesetzt han. habe. ‚Die Gefahr, der ich Hans ausgesetzt habe.‘ Auch in dieser Konstruktion ist die Ungrammatikalität nicht eindeutig erwiesen. Es ist nicht klar, ob die Konstruktion bei einer Befragung von Dialektsprechern wirklich schlecht abschneiden würde. In Salzmann (2006b) wird argumentiert, dass es hier keine Übereinstimmung bezüglich der morphologischen Form des Dativresumptivpronomens (Form identisch zum Personalpronomen) und des unbelebten Kopfnomens die Gefahr gibt und die Struktur daher nicht grammatisch sein kann. Dies scheint sich auch in der Konstruktion eines langen Relativsatzes fortzusetzen. Relativsätze, die ein nicht-belebtes Kopfnomen modi zieren und eine IO- oder OBL-Lücke aufweisen, müssten dann immer ungrammatisch sein. Die SynAlm-Daten zeigen allerdings, dass eine oblique Konstruktion, in der das Resumptivpronomen von einer Präposition regiert wird, mit einem Mittelwert von 2,9 auf einer Skala von 1-5 (1 = natürlich in meinem Dialekt, 5 = geht nicht in meinem Dialekt) in der Schweiz nicht sehr schlecht bewertet wird. Selbst die Konstruktion, in der nur die Partikel den Relativsatz einleitet, bekommt in allen drei Regionen gute Mittelwerte (die ausführliche Auswertung des Beispiels erfolgt untenstehend, die Klammerung zeigt hier an, dass die Konstruktion mit und ohne Resumptiv als grammatisch bewertet wurde): 3.6 Resumptivpronomen 125 126 3 Typologie der Relativsatzstrategien des Alemannischen (128) Des Das war war die die Prüfung, Prüfung, wo wo d die Petra Petra so so viel viel (für (für se) sie) glernt gelernt het. hat. Resumptivpronomen in Relativsätzen, in denen eine IO-Position relativiert wird, werden von den Informanten des SynAlm-Projekts generell schlecht bewertet. Die Beobachtungen von van Riemsdijk (1989), Salzmann (2006b) sowie Weber und Dieth (1987) hinsichtlich des obligatorischen Auftretens von Resumptivpronomen in Relativsatzkonstruktionen mit Partikelstrategie ab der IO-Position (nach der Zugänglichkeitshierarchie) kann daher nicht bestätigt werden. Auch die Befragung des SADS erzielt hier ein vergleichbares Ergebnis wie die SynAlm-Befragung. Für Relativsätze, in denen eine OBL-Position relativiert wird, ist zu erwarten, dass es hier einer Alternativstrategie bedarf, die Kasusmorphologie overt realisiert. Es gibt Beispiele, in denen Matching-E ekte vorliegen, in denen zwischen dem Bezugsnomen im Hauptsatz und der syntaktischen Rolle des Bezugsnomens im Relativsatz Kasusidentität vorliegt, die unter bestimmten Voraussetzungen die Tilgung von Resumptivpronomen und Präposition im Relativsatz erlauben. Das Resultat solcher Matching-E ekte ist ein Relativsatz mit dem Relativsatzeinleiter wo . Matching-E ekte und ihr möglicher Einuss auf die Syntax von Relativsätzen werden in Abschnitt 3.9.3 nochmals ausführlich diskutiert. Bisher sind folgende Szenarien in der Literatur beschrieben: Für die Schweiz galten bisher Vorhersagen, dass für komplexe Relativsätze, wie die Relativierung einer OBL-Position, die Struktur P+res gewählt wird. Die SynAlm-Befragung hatte daher zum Ziel, auch für diese Position auf der Zugänglichkeitshierarchie die Rolle von Resumptivpronomen zu testen. Da bereits die Daten zur Relativierung der IO-Position gezeigt haben, dass Resumptivpronomen keinesfalls obligatorisch sind, sollten diese Testsätze die Rolle von Resumptivpronomen für die OBL-Position untersuchen und zudem ihre Rolle in den Regionen Baden-Württemberg, Vorarlberg und im Elsass dokumentieren. Getestet wurden Relativsatzkonstruktionen mit Bezugsnomen, die folgende semantische Eigenschaften umfassten (Tabelle 27): Tabelle 27: Semantische Eigenschaften des Kopfnominals bei Relativierung einer OBL-Position +belebt/ +menschlich der Mann mit dem (PP Objekt) +belebt/ +menschlich einer mit dem (PP Adjunkt) -belebt die Prüfung für die (PP Adjunkt) -belebt der Brief auf den (PP Objekt) Die Testsätze der Aufgabe 17 waren: Tabelle 28: SynAlm FB2, Aufgabe 17.1 - 17.8 Frage Relativierung PP-Objekt 17.1 Das ist der Brief, auf den ich schon so lange warte. 17.2 Das ist der Brief, auf den wo ich schon so lange warte. 17.3 Das ist der Brief, auf den wo dass ich schon so lange warte. 17.4 Das ist der Brief, wo ich schon so lange auf ihn warte. 17.5 Das ist der Brief, wo dass ich schon so lange auf ihn warte. 17.6 Das ist der Brief, wo heute gekommen ist. 17.7 Das ist der Brief, wo dass heute gekommen ist. 17.8 Das ist der Brief, der wo dass heute gekommen ist. In Abbildung 62 wird die Auswertung einer obliquen Konstruktion mit einem unbelebten Kopfnomen dargestellt. Abbildung 62: FB2, Aufgabe 17: Unbelebtes Kopfnomen: Der Brief Der Satz 17.1, „ Des isch der Brief, u den ich scho so lang wart “, erhält in allen Regionen hohe Zustimmungswerte. In der Schweiz wird sowohl der Satz 17.1 als auch der Satz 17.4, „ Des isch der Brief, wo ich scho so lang u en wart “, von über 50% der Informanten favorisiert. In Baden-Württemberg wird die Konstruktion mit einer Präposition und einem Resumptivpronomen abgelehnt. In Vorarlberg und im Elsass ist die Akzeptanz deutlich höher. Zumindest ein Teil der Informanten bewertet sie als gut. Der nächste Testsatz (129, 8.4 im SynAlm-Fragebogen 4) beinhaltet ein Kopfnomen mit den Eigenschaften [+belebt] und [+menschlich] ( Der Mann ): (129) Des Das isch ist der der Maa, Mann, wo wo ich ich mit mit em ihm gschwätzt gesprochen ha. habe. ‚Das ist der Mann, mit dem ich gesprochen habe.‘ 3.6 Resumptivpronomen 127 128 3 Typologie der Relativsatzstrategien des Alemannischen Abbildung 63: FB4 8: Belebtes Kopfnomen: Der Mann In Baden-Württemberg und Vorarlberg bekommt diese Konstruktion keine guten Bewertungen, die Sprecher lehnen sie ab. Die Informanten in der Schweiz hingegen akzeptieren diese Variante. Die Konstruktion 8.3 ohne Resumptivpronomen nur mit Partikel wird in allen Regionen nicht akzeptiert. Ein interessantes Ergebnis zeigt sich auch bei der Variante, in der ein Demonstrativpronomen als Resumptivpronomen verwendet wird (vgl. Beispiel 130, 8.10 im SynAlm- Fragebogen 4): (130) Des Das isch ist der der Maa, Mann, wo wo ich ich mit mit dem dem gschwätzt gesprochen ha. habe. ‚Das ist der Mann, mit dem ich gesprochen habe.‘ Die Informanten in der Schweiz scheinen auch Demonstrativpronomen resumptiv verwenden zu können. Ein Relativsatz mit einem pronominalen Bezugsnomen mit den Eigenschaften [+belebt/ +menschlich] zeigt ein etwas anderes Ergebnis (vgl. Beispiel 131, 18a.2 im SynAlm- Fragebogen 4): (131) Des Das isch ist oaner, einer, wo wo neamed niemand gern gerne mit mit em ihm zsamme zusammen scha t. arbeitet. ‚Das ist einer, mit dem niemand gerne zusammenarbeitet.‘ Abbildung 64: FB4 18a: Pronominales Kopfnomen: Einer Neben den Informanten in der Schweiz bewerten hier auch einige Sprecher in Baden- Württemberg und in Vorarlberg diese Variante besser als die vorhergehenden. Ähnliche Ergebnisse erzielt auch die Variante mit Partikel und ohne Resumptivpronomen. Nahezu alle in der Literatur dokumentierten Beispiele zeigen die relativierte Position OBL mit einem belebten Bezugsnomen. Wie oben bereits für die IO-Position gezeigt, ist dies im Zusammenhang mit dem Auftreten von Resumptivpronomen problematisch. Da sich diese morphologisch identisch mit unbetonten Personalpronomen präsentieren, ist es wahrscheinlich, dass sie mit abstrakten, unbelebten Kopfnomina nicht auftreten können. Salzmann (2006b) führt Beispiele an (siehe 127 oben), die er als ungrammatisch einstuft. Die SynAlm-Daten enthalten keinen Testsatz für eine Relativierung mit IO- Position und einem unbelebten Bezugsnomen. Für die OBL-Position gab es jedoch eine Abfrage: (132) Des Das war war die die Prüfung, Prüfung, wo wo d die Petra Petra so so viel viel für für se sie glernt gelernt het. hat. ‚Das war die Prüfung, für die Petra so viel gelernt hat.‘ Abbildung 65: FB4 18b: Die Prüfung 3.6 Resumptivpronomen 129 130 3 Typologie der Relativsatzstrategien des Alemannischen Die Daten zeigen, dass sowohl die Variante mit Resumptivpronomen als auch die Variante ohne Resumptiv nur mit Partikel als Relativsatzeinleiter im Mittel wieder recht gut bewertet werden. Zusammenfassung Die Distribution von Resumptivpronomen zeigt sich nach Auswertung der Sprecherbefragung anders als bisher in der Literatur beschrieben. Man kann für die deutschsprachige Schweiz feststellen, dass sie dort für die IO- und OBL-Position attestiert sind. Obligatorisch treten sie jedoch nur in Relativsätzen auf, in denen eine OBL-Position relativiert wird. Für Relativsätze mit Relativierung einer IO-Position sind sie ebenfalls attestiert, es ist jedoch nicht der Fall, dass sie dort obligatorisch auftreten müssen, um den Kasus des relativierten Kopfnomens auszudrücken. Die Partikelstrategie ist hier präferiert. Das Ergebnis für die Dativrelativierung hat sich auch in der Befragung des SADS in ähnlicher Form bestätigt. Eine weitere Beobachtung, die ebenfalls im SADS für Dativrelativierung beschrieben wird, ist das Auftreten von d -Relativpronomen in resumptiver Funktion. Auch in den SynAlm-Daten nden sich Sprecher, die das d -Relativpronomen resumptiv verwenden können. Für Baden-Württemberg und Vorarlberg zeigen die Daten, dass Resumptivpronomen in Relativsätzen, in denen eine IO-Position relativiert wird, von den Informanten deutlich abgelehnt werden. Relativsätze, in denen das Resumptivpronomen als Komplement einer Präposition in der OBL-Position auftritt, werden auch in Baden-Württemberg mit einem durchschnittlichen Ergebnis - im Mittel um den Wert 3 - bewertet. Eindeutig bessere Werte erhalten hier jedoch die Konstruktionen, in denen ein Relativpronomen als Komplement der Präposition (analog zur Konstruktion des Standarddeutschen) verwendet wird. 3.7 Pronominaladverbien Relativsatzkonstruktionen, in denen Pronominaladverbien meist in Kombination mit einer Relativpartikel auftreten, werden in Fleischer (2005, 181) als „weit verbreitet“ beschrieben. Sie gelten als „Subtyp“ (Fleischer 2005) der Partikelstrategie mit wo . So ist es möglich, dass der Relativsatz durch wo eingeleitet wird. In der Position der Lücke be ndet sich eine Präposition, die Teil eines Pronominaladverbs ist. Zu dieser Präposition kann ein erweiterndes da hinzugefügt werden. Letztere Konstruktion ist vor allem in den hochdeutschen Varietäten verbreitet. Dieser Relativsatztyp unterliegt einigen grammatischen Einschränkungen. So ist er in der Hauptsache für oblique Positionen in den Dialekten des Deutschen attestiert (Fleischer 2005, 189) und ist von Belebtheitsmerkmalen des Kopfnomens abhängig. Im Standarddeutschen können sich Pronominaladverbien demnach nur auf Antezedenten beziehen, für die das Merkmal [-menschlich] zutri t. In den Dialekten des Deutschen gilt nach Fleischer eine entweder/ oder Unterscheidung hinsichtlich dieser Beschränkung. Weiterhin kommen die getrennten Konstruktionen wo+Präposition nur in Dialekten und nicht im Standard vor. Salzmann (2006b) stellt fest, dass im Falle eines Resumptivpronomen im Neutrum, das von einer Präposition regiert wird, dieses innerhalb eines Pronominaladverbs realisiert wird. Pronominaladverbien sind obligatorisch, wenn das Antezedens im Neutrum steht und nicht belebt ist. Sie kommen nur selten mit menschlichen Antezedenten vor. Bei Antezedenten, die nicht menschlich und entweder feminin oder maskulin sind, können sowohl Pronominaladverbien als auch NP-Pronomen vorkommen, wobei hier die Pronominaladverbien präferiert werden. In SynAlm wurden diese Konstruktionen ebenfalls auf ihr Vorkommen und ihre Akzeptanz getestet. In Kapitel 2 wurden die Auswertungen zu Aufgabe 18 aus FB4 bereits dargestellt. Getestet wurde unter anderem ein Satz aus der Grammatik von Noth (1993) mit nicht belebtem, neutralem Kopfnomen (133). Der Relativsatz wird durch wo eingeleitet und enthält weiterhin eine zum Pronominaladverb gehörige, gestrandete Präposition, in diesem Fall mit (Beispiel 133 und Abbildung 66): (133) Das Das Messer Messer wo wo ich ich Brot Brot mit mit abghaue geschnitten ha. habe. ‚Das Messer, womit ich Brot geschnitten habe.‘ Abbildung 66: FB2 1_9 Die Informanten wurden hier gefragt, ob sie a. die Konstruktion selbst verwenden, b. sie ihnen bekannt ist, aber nicht aktiv verwendet wird oder c. ihnen nicht bekannt ist. 3.7 Pronominaladverbien 131 132 3 Typologie der Relativsatzstrategien des Alemannischen In allen Regionen ist diese Konstruktion als „bekannt“ bewertet worden, dabei liegen die Werte hier zwischen 18% und 48%. Anwendung ndet diese Konstruktion bei 53% der Informanten in BW, 33% in CH und 55% im EL. Obligatorisch, wie in Salzmann (2006b) beschrieben, ist die Verwendung des Pronominaladverbs bei einem unbelebten Antezedenten im Neutrum jedoch nicht. In einer Bewertungsaufgabe mit einem unbelebten, maskulinen Antezedenten der Brief zeigen vor allem die Informanten aus der Schweiz hohe Zustimmung. In BW wird diese Variante abgelehnt, in Vorarlberg und im Elsass sind die Werte mit knapp über 30% ebenfalls niedrig. (134) Der Brief, wo ich schon lang auf ihn warte. Abbildung 67: FB2 17_4 Leider wurde in diesem Testsatz nicht das Gegenstück mit Pronominaladverb (17.4) und Resumptivpronomen (1.9) überprüft. Es wurden weitere Varianten mit variierenden Antezedenten getestet. Variiert wurde jeweils die pronominaladverbbildende Präposition, die entweder durch da erweitert wurde oder nicht, und entweder vor dem niten Verb oder nachgestellt platziert war. Darüber hinaus wurde getestet, wie das nicht getrennte Pronominaladverb bewertet wird. Die detaillierten Auswertungen können in Kapitel 2 eingesehen werden. In den Tabellen 29 und 30 werden die Auswertungen nochmals zusammengefasst dargestellt (A = Antezedens, RSE = Relativsatzeinleiter). Hier wurden nur die oberen Werte der Skalen 1 und 2 („natürlich“) kumuliert (+ = attestiert/ - = abgelehnt): (135) Das war die Prüfung, wo die Petra so viel für gelernt hat. (18_5) Abbildung 68: FB4 18b Tabelle 29: A = Die Prüfung, RSE = Pronominaladverb; Beispiel 135 unbelebt; feminin BW CH VA 18b_3 wo V dafür + + - 18b_4 wo dafür V + + + 18b_5 wo für V - - - 18b_6 wo V für - - - 18b_10 dafür V - - - 18b_11 wofür V + - - Die Varianten Das war die Prüfung wo d Petra so viel glernt het defür und wo die Petra soviel defür glernt hat erhalten die höchsten Zustimmungswerte. Alle weiteren Varianten können weitgehend ausgeschlossen werden. In Vorarlberg bekommt die Variante mit wofür im Testsatz Das war die Prüfung wofür die Petra soviel gelernt hat nochmals Zustimmung von 50%. (136) Das ist einer, wo niemand gerne mit zusammenarbeitet. 3.7 Pronominaladverbien 133 134 3 Typologie der Relativsatzstrategien des Alemannischen Tabelle 30: A = Einer, RSE = Pronominaladverb; Beispiel 136 belebt; menschlich; maskulin BW CH VA 18a_2 wo mit ihm V ? + + 18a_3 wo V mit ihm - (+) (+) 18a_4 wo mit V (+) - - 18a_5 wo V mit - - - 18a_6 wo damit V - - - 18a_7 wo V damit - - - Abbildung 69: FB4 18b In BW bekommt die Variante 18a_4 Des isch oaner, wo niemed gern mit zamma scha t ca. 30% Zustimmung, ansonsten werden alle Testsätze mit Pronominaladverbien und einem belebten pronominalen Antezedenten deutlich abgelehnt. Die Ablehnung wird noch klarer, wenn das Antezedens eine lexikalische NP ist: (137) Das ist der Mann, wo ich mit geredet habe. Tabelle 31: A = Der Mann, RSE = Pronominaladverb; Beispiel 137 belebt; menschlich; maskulin BW CH VA 8_4 wo mit ihm V - + - 8_6 wo damit V - - - 8_7 wo mit V - - - 8_8 wo V mit ihm - + - 8_9 wo V mit V - - - 8_11 wo V damit - - - Abbildung 70: FB4 18b In Tabelle 32 werden die Kontexte nochmals zusammengefasst: Tabelle 32: Kontexte für Pronominaladverbien im Alemannischen Antezedens Vorhersage nach Salzmann (2006a) SynAlm P-Adverb SynAlm PP + resP unbelebt; feminin PA P+resP + belebt; menschlich; maskulin PA (selten) + + unbelebt; maskulin PA + resP kein Testitem -? unbelebt; neutrum PA (obligatorisch) + kein Testitem Pronominaladverbien werden im Alemannischen selten als Relativsatzeinleiter verwendet. Sie treten ausschließlich in Kontexten auf, in denen das Antezedens ein unbelebtes lexikalisches Nomen ist (in den Testsätzen von SynAlm wurden dafür Die Prüfung/ Das Messer/ Der Brief verwendet). 3.8 Primär- und Sekundärstrategien im Alemannischen In Kapitel 2 wurde die umfassende Erhebung von SynAlm zu Relativsatzstrategien im Alemannischen, ihre Distribution und grammatischen Voraussetzungen beschrieben. Die Ergebnisse, die in den Abschnitten 3.1 und 3.2 nochmals anhand der Kriterien der Zugänglichkeitshierarchie betrachtet wurden, zeigen, dass die primäre Strategie nach Keenan und Comrie (1977) eine Partikelstrategie ist. Die Partikel, die alemannische Relativsätze einleitet, ist wo . Sie ist gleichlautend, aber nicht gleichzusetzen mit dem Lokaladverb. 3.7 Pronominaladverbien 135 136 3 Typologie der Relativsatzstrategien des Alemannischen Die Partikelstrategie ist nicht ektierend, und, anders als Relativpronomen, nicht kongruierend mit dem Bezugsnominal (Antezedenten) des Relativsatzes. Mit der Partikelstrategie können die ersten drei Positionen auf der Zugänglichkeitshierarchie, SU, DO und IO relativiert werden. Resumptivpronomen sind in IO-Positionen nicht obligatorisch. In der Schweiz werden sie noch akzeptiert und verwendet, allerdings sind sie nicht mehr durchweg obligatorisch. Dies zeigen die Daten der SADS- und der SynAlm- Erhebung. Die OBL-Position kann in keiner der vier Regionen alleine durch die Partikelstrategie relativiert werden, hier muss eine +Kasus-Strategie applizieren. Dies erfolgt in den untersuchten Regionen des alemannischen Sprachraums auf unterschiedliche Art und Weise: In Baden-Württemberg wird, im Falle einer Relativierung mit Präpositionalobjekt, die Strategie mit Präposition und d -Relativpronomen verwendet. Resumptivpronomen werden sowohl für die IO-Position als auch in obliquen Relativsätzen weitgehend abgelehnt. Konstruktionen, in denen wo Bestandteil eines Pronominaladverbs ist bzw. in Kombination mit einer Präposition vorkommt, die durch da zum Pronominaladverb erweitert wurde, werden von den Sprechern in BW akzeptiert (vgl. hierzu auch Abschnitt 3.7 in diesem Kapitel und Kapitel 2 mit der detaillierten Besprechung der Ergebnisse). So kann hier festgehalten werden, dass es bezüglich des Staus der d -Pronomenstrategie und der Distribution von Konstruktionen mit resumptiven Pronomen regionale Abstufungen gibt. In Baden-Württemberg und Vorarlberg gibt es zwei Primärstrategien. Diese sind, wie zuvor in Tabelle 24 dargestellt, eine Strategie mit d -Relativpronomen und einer Lücke ( gap ) im Relativsatz ( d+gap ) und eine Partikelstrategie mit wo und ebenfalls einer Lücke im Relativsatz ( w+gap ). Für die Strategie d+gap gilt, dass sie in allen Positionen auf der Zugänglichkeitshierarchie möglich und damit zugleich die erste Alternativstrategie oder Reparaturstrategie für oblique Positionen ist. Für die Schweiz gilt: Die Partikelstrategie w+gap kann auf den Positionen SU>DO>IO applizieren und ist jeweils auch die präferierte Strategie. Die Datenlage weist allerdings darauf hin, dass es bezüglich der Relativierung einer IO-Position keinen Konsens unter den Informanten der Schweiz gibt. Es gibt Sprecher, die Dativmorphologie nicht overt ausdrücken müssen und daher immer zur Partikelstrategie greifen können. Andere Sprecher realisieren den Dativ durch ein resumptives Pronomen. Anders als erwartet steigt auch die Akzeptanz von d -Relativpronomen an, dabei ist es wichtig festzuhalten, dass die Distribution von resumptiven Pronomen oder d -Relativpronomen in diesen Konstruktionen nicht regional einzugrenzen ist. Zur Interpretation der Hintergründe für dieses Ergebnis siehe ausführlich Abschnitt 3.9.1. In den schweizer Varianten des Alemannischen werden weiterhin Resumptivpronomen in obliquen Relativsätzen akzeptiert. Überraschend ist allerdings, dass hier die Situation keinesfalls eindeutig ist. Die Vorhersage, dass hier die Partikelstrategie auftritt und zur Präposition ein resumptives Personalpronomen tritt, wird zwar von über 50% der Sprecher akzeptiert und für gut befunden, die Konstruktion mit d -Relativpronomen und Präposition erhält aber auch von den schweizer Informanten die höchste Zustimmung. Für die Konstruktionen mit Pronominaladverbien ist das Bild im gesamten alemannischen Sprachraum gleich und wird in Abschnitt 3.7 nochmals ausführlich beschrieben. Zusammenfassend lässt sich feststellen: Das Alemannische hat dieser Datenlage nach zwei Primärstrategien: Eine Strategie mit d -Relativpronomen, die alle Positionen auf der Zugänglichkeitshierarchie relativieren kann. Die zweite Primärstrategie ist eine Partikelstrategie. Hier wird der Relativsatz durch die Partikel wo eingeleitet. Die Strategien d+w sowie w+res sind als Sekundärstrategien einzuordnen. In Tabelle 33 werden die Ergebnisse der Befragung im Hinblick auf die Vorhersagen der Zugänglichkeitshierarchie von Keenan und Comrie (1977) dargestellt. Tabelle 33: Zugänglichkeitshierarchie für alemannische Relativsatzstrategien Region Strategie BW CH VA EL SU > DO > IO (Primärstrategie) w+gap + + + + d+gap + (+) + + OBL (Sekundärstrategie) w+res - + - + d+gap + (+) + + 3.9 Kasus im Alemannischen 3.9.1 Zur Rolle des Dativs im Alemannischen Für die Realisierung von Kasus gibt es im Deutschen unterschiedliche Lizenzierungsbedingungen. Während das Deutsche für seine reichhaltige Kasusmorphologie bekannt ist, zeigt es in der Nominal exion nur noch wenig Kasusmorphologie. Synchretismen zwischen der Unterscheidung Nominativ/ Akkusativ haben asymmetrische E ekte auf die Realisierung verschiedener syntaktischer Positionen (Bayer et al. 2001, 465). 3.9 Kasus im Alemannischen 137 138 3 Typologie der Relativsatzstrategien des Alemannischen Tabelle 34: Kasusparadigma (Standarddeutsch) für de nite Nominalphrasen (Singular/ Plural) Mask Fem Neut NOM der Mann die Frau das Kind AKK den Mann die Frau das Kind DAT dem Mann(e) der Frau dem Kind(e) GEN des Mannes der Frau des Kindes NOM die Männer die Frauen die Kinder AKK die Männer die Frauen die Kinder DAT den Männern den Frauen den Kindern GEN der Männer der Frauen der Kinder Das Paradigma in Tabelle 34 zeigt, dass Synchretismen nicht nur in der Nominal exion des Nominativs und des Akkusativs attestiert sind. Im Alemannischen (Tabelle 35) setzt sich der Kasuszusammenfall fort, nicht nur in der Nominal exion, sondern auch im Paradigma der Determinierer. Einzig im Paradigma der Personalpronomen ist kein Zusammenfall attestiert. Tabelle 35: Kasusparadigma (Alemannisch) für de nite Nominalphrasen (Singular/ Plural) Mask Fem Neut NOM dr Ma d Frau s Kend AKK dr Ma d Frau s Kend DAT dem Ma dr/ derer Frau dem Kend GEN vo dem Ma vo derer Frau vo dem Kend NOM d(i) Männr d(i) Fraua d Kendr AKK d(i) Männr d(i) Fraua d Kendr DAT dene Männr dene Fraua dene Kendr GEN der Männer der Frauen vo dene Kendr Die Kasusmorphologie, insbesondere auch diejenige des Artikelparadigmas, das dem der Relativpronomen gleicht, ist für die Betrachtung der Relativsatzstrategien des Alemannischen ein wichtiger Faktor. Das externe Kopfnomen des Relativsatzes ist relativsatzintern in einer Argumentposition des Verbs durch einen Operator (ein Relativpronomen) repräsentiert. Wird der Relativsatz durch ein Relativpronomen eingeleitet, ist dieses mit dem externen Kopf koindiziert und aus der relativsatzinternen Argumentposition, in der dem Pronomen Kasus zugewiesen wurde, in die linke Peripherie nach Spec CP bewegt worden. Das Relativpronomen ist ektiert und Kasus dort overt realisiert. Die Partikel wo ist jedoch morphologisch unterspezi ziert. Sie ist weder für Kasus noch für Phi-Merkmale ektiert, die sie als koreferent mit dem externen Kopf ausweisen. 39 Die Unterspezi kation hinsichtlich der Kasusmorphologie ist für diejenigen Relativsätze unproblematisch, in denen eine SU- oder DO-Position relativiert wird. Ein nicht ektierender Relativsatzeinleiter ist hier im Alemannischen die Primärstrategie: (138) a. Unser Unser Bürgermeischter , Bürgermeister wo wo t t selber selber e eine Baug’schäft Bau rma hat, hat, will will ein ein neus, neues, riesigs riesiges Einkaufszentrum Einkaufszentrum am am Ortsrand Ortsrand bauen! bauen! b. Da Da sieht sieht man, man, dass dass sich sich die die Müh , Mühe , wo wo sich sich manche manche t t mit mit so so ebbes etwas mache, machen, scho schon au auch lohne lohnen kaa. kann. Die Lizenzierung von strukturellem Kasus, so zeigen es Bayer et al. (2001) für nominale Kasus exion, erfolgt über ihr Auftreten in spezi schen syntaktischen Kontexten. Die Lizenzierung eines Subjekts und eines direkten Objekts erfolgt über die Finitheitsmerkmale eines (transitiven) Verbs und wird strukturell zugewiesen. Das Auftreten overter Kasusmorphologie ist in diesen Kontexten nicht obligatorisch und ist zudem durch die sogenannte „ Elsewhere Condition “ (Kiparsky 1973) gewährleistet, die besagt, dass immer die am höchsten spezi zierte Form verwendet wird (Bayer et al. 2001, 474 FN 5). Für die Dativrealisierung und für Komplemente von Präpositionen muss eine di erenzierte Betrachtung angestellt werden. In der Literatur wird diskutiert, welche Rolle der Dativ in dieser Betrachtung einnimmt und ob er zur Kategorie der strukturellen Kasus (u. a. Wegener 1985) zu zählen ist oder nicht. Für Bayer et al. (2001) gehört der Dativ zur Kategorie der obliquen Kasus. Unter dem Begri oblique werden in der Regel sowohl der Dativ als auch der Genitiv und präpositional zugewiesener Kasus zusammengefasst. In dieser Arbeit soll insbesondere jedoch der Dativ di erenziert betrachtet werden, daher beschränkt sich die Verwendung des Begri s oblique auf die OBL-Position der Zugänglichkeitshierarchie und bezeichnet damit ausschließlich Komplemente von Präpositionalphrasen. Für die Relativierung von Dativpositionen zeigt das Alemannische Variation. Die Ergebnisse der SynAlm-Befragung zeigen eine Präferenz für die Partikelstrategie, ( -Kasus-Strategie , siehe Beispiele 139 bis 141): 39 Vgl. auch Bayer (1984) und Kapitel 1 dieser Arbeit für eine Kasusübertragung auf die Partikel. 3.9 Kasus im Alemannischen 139 140 3 Typologie der Relativsatzstrategien des Alemannischen (139) Dr Der Ma, Mann, wo wo mr man dr den Hund Hund glaut geklaut hot. hat. ‚Der Mann, dem man den Hund geklaut hat.‘ Regional gibt es aber auch Sprecher, die den Dativ durch ein zusätzliches resumptives Pronomen realisieren: (140) Dr Der Ma, Mann, wo wo mr man em ihm dr den Hond Hund glaut geklaut hot. hat. ‚Der Mann, dem man den Hund geklaut hat.‘ Dativ wird auch durch die Verwendung einer Strategie mit d -Relativpronomen ausgedrückt ( d oder d+w ): (141) Dr Der Ma Mann, dem/ (wo) dem/ (wo) mr man dr den Hond Hund glaut geklaut hot. hat. ‚Der Mann, dem man den Hund geklaut hat.‘ Für Komplemente von Präpositionalphrasen muss immer eine +Kasus-Strategie verwendet werden. Auch hier ist regionale Varianz zwischen einer Strategie mit Resumptivpronomen und einer Strategie mit Relativpronomen attestiert: (142) Des Das isch ist der der Brief, Brief, uauf den den ich ich scho schon so so lang lange wart. warte. (143) Des Das isch ist der der Brief, Brief, uauf den den wo wo ich ich scho schon so so lang lange wart. warte. (144) Des Das isch ist der der Brief, Brief, wo wo ich ich scho schon so so lang lange u auf en ihn wart. warte. (145) *Des *Das isch ist der der Brief, Brief, wo wo ich ich scho schon so so lang lange wart. warte. In bisherigen Arbeiten zu Syntax von Relativsätzen im Alemannischen wurde davon ausgegangen, dass die vorhandenen Strategien der Bedingung entsprechen, dass obliquer Kasus (in diesem Falle Dativ- und PP-Komplemente) funktional lizenziert und morphologisch overt ausgedrückt werden muss. Aufgrund der syntaktischen Transparenz und der Wiederherstellbarkeit von Kasus innerhalb von A’-Ketten müssen diese Kasus overt ausgedrückt werden. Für Relativsatzstrategien bedeutet dies, dass ab der IO-Position eine +Kasus-Strategie erforderlich ist. 40 Das Auftreten einer -Kasus-Strategie bei IO-Positionen wurde in bisherigen Analysen nicht im Detail berücksichtigt. Salzmann (2006a) untersucht die Relativierung von Dativ-Positionen im Hinblick auf die Unterscheidung zwischen strukturellem und inhärent-lexikalischem Dativ. Die Kategorisierung folgt der durch Wegener (1985) und Gallmann (1992) beschriebenen Einteilung des Dativs in strukturell/ inhärent. Nach dieser Einteilung liegt ein struktureller Dativ nur dann vor, wenn er vollkommen vorhersagbar ist, d. h. bei ditransitiven Verben mit einer Dativ-/ Akkusativ-Wortanordnung sowie unakkusativischen Verben, in denen Dativsubjekte attestiert sind (Salzmann 2006b, 324). Wie in Abschnitt 3.6 zur Rolle der Resumptivpronomen beschrieben wurde, stellt Salzmann fest, dass das Auftreten von Resumptivpronomen in gewissen syntaktischen Kontexten als robust und in anderen als ungrammatisch eingestuft werden kann. Die Unterscheidung strukturell/ inhärent spielt dabei jedoch keine Rolle. Robust ist ihr Auftreten nur in Konstruktionen mit ditransitiven Verben (Dat-/ Akk-Anordnung; Beispiel 146) und einem belebten indirekten Objekt sowie belebter Dativobjekte transitiver Verben (Beispiel 147): (146) de Der [Bueb], Bub wo C mer wir *(em) *(ihm) es das Velo Fahrrad versproche versprochen händ. haben. ‚Der Junge, dem wir das Fahrrad versprochen haben.‘ (Salzmann 2006b, 321) (147) de Der [Maa], Mann, wo C t du *(em) *(ihm) geschter gestern ghul e geholfen häsch. hast. ‚Der Mann, dem du gestern geholfen hast.‘ (Salzmann 2006b, 324) Bei indirekten Objekten unakkusativischer Verben (darunter hauptsächlich Psychverben wie gefallen in Beispiel 148 (Dat-/ Nom-Anordnung)) sowie Dativobjekten ditransitiver Verben mit AKK>DAT Anordnung (Beispiel 149) sind keine Resumptivpronomen attestiert. (148) *de *Der [Maa], [Mann], won C i ich (em) ihm.DAT gfale. gefalle.1SG. ‚Der Mann, dem ich gefalle.‘ (Salzmann 2006b, 324) 40 In SynAlm wurde festgestellt, dass Relativsätze, in denen eine OBL-Position relativiert wird, auch durch wo eingeleitet werden können. Dies ist nur dann möglich, wenn die zu relativierende Position im Diskurs besonders salient ist. Es scheint bei dialektalen Daten eine generelle Tendenz zur Vermeidung komplexer syntaktischer Konstruktionen zu geben, was sich oft darin zeigt, dass die Konstruktion restrukturiert wird. An dieser Stelle ist weitere Forschung notwendig. 3.9 Kasus im Alemannischen 141 142 3 Typologie der Relativsatzstrategien des Alemannischen (149) di Die [böös böse Tante], Tante wo C mer man mich mich (ire) ihr.DAT uusggliferet ausgeliefert hät. hat. ‚Die böse Tante, der man mich ausgeliefert hat.‘ (Salzmann 2006b, 324) Für Salzmann ist das Beispiel (149) ungrammatisch, wenn das Resumptivpronomen wegfällt. Die SynAlm-Daten zeigen, dass in denjenigen Testsätzen, in denen nach Salzmanns (2006a) Kriterien Resumptivpronomen stabil sein sollten, eine Konstruktion ohne Resumptivpronomen präferiert wird. Der Testsatz enthält ein ditransitives Verb, das IO ist [+ belebt] mit DAT>AKK Anordnung: Tabelle 36: SynAlm FB2: 1.19, 1.22, 1.23 Frage Relativierung IO-Position 1.19 Das ist der Mann, wo man ihm den Hund geklaut hat. 1.22 Das ist der Mann, dem man den Hund geklaut hat. 1.23 Das ist der Mann, wo man den Hund geklaut hat. Abbildung 71 zeigt, dass die Informanten die Partikelstrategie bevorzugen. Abbildung 71: SynAlm FB2: Testsätze 1.19 - 1.22, Relativierung IO-Position, RSE = wo + res Gleiches gilt für das Beispiel mit transitivem Verb (siehe Tabelle 37 und Abbildung 72): Tabelle 37: SynAlm FB4, Aufgabe 14.1 - 14.6 Frage Resumptivpronomen 14.1 Da ist die Katze, wo ich bis zu ihren Versteck hinterhergelaufen bin. 14.2 Da ist die Katze, wo ich ihr bis zu ihren Versteck hinterhergelaufen bin. 14.3 Da ist die Katze, der wo ich bis zu ihren Versteck hinterhergelaufen bin. 14.4 Da ist die Katze, der wo ich ihr bis zu ihren Versteck hinterhergelaufen bin. 14.5 Da ist die Katze, der ich bis zu ihren Versteck hinterhergelaufen bin. 14.6 Da ist die Katze, der ich ihr bis zu ihren Versteck hinterhergelaufen bin. Abbildung 72: SynAlm FB4, 14.1 - 14.6, Relativierung IO-Position In SynAlm wurden keine Beispiele mit Psychverben oder ditransitiven Verben mit AKK> DAT-Abfolge getestet. Es ist allerdings sehr wahrscheinlich, dass auch in diesen Kontexten die Partikelstrategie ohne Resumptivpronomen attestiert und präferiert ist. Salzmann (2006b) geht trotz variierender Belege zu den Relativsatzdaten davon aus, dass der Dativ sowie Präpositionen und deren Komplemente morphologisch realisiert werden müssen und baut seine syntaktische Analyse der Relativsatzstrategien im Zürichdeutschen auf diese Beobachtung auf. Variation in der Dativposition wird in einer späteren Arbeit von Salzmann und Seiler (2010) dann erneut unter einer optimalitätstheoretischen Sichtweise betrachtet. Die Tatsache, dass sowohl van Riemsdijk (1989) als auch Salzmann (2006a) von Dativ-Relativsätzen berichten, in denen kein Resumptivpronomen auftritt, diese Sprechergruppe aber für ihre Analysen nicht weiter berücksichtigen (bzw. erst viel später in ihre Analysen einbeziehen (vgl. Salzmann und Seiler 2010)) zeigt jedoch, dass für die Dativposition weit mehr Variation vorliegt, auch in den bisher vorliegenden Analysen zum Zürichdeutschen und Schweizerdeutschen. Dies wird besonders in einem Abschnitt der Arbeit von Salzmann und Seiler (2010, 83) deutlich, in dem die Datenlage verschiedener 3.9 Kasus im Alemannischen 143 144 3 Typologie der Relativsatzstrategien des Alemannischen Dialektgrammatiken zum Alemannischen der deutschsprachigen Schweiz gegenübergestellt wird. Die syntaktische Komplexität einer Konstruktion scheint hierbei nicht unerheblich zu sein, denn wie auch der Abschnitt zur Relativierung von Präpositionalobjekten zeigt, können unter bestimmten Bedingungen selbst Präpositionen ausgelassen werden, auch wenn es sich dabei nicht um Matching-E ekte handelt. Die Diskussion zur Rolle der obliquen Kasus (hier auf Dativ- und Präpositionalobjekte Bezug nehmend) hebt den besonderen Status des Dativs hervor. Während er in Doppelobjektkonstruktionen als inhärenter Kasus bezeichnet werden kann, erfordert er ansonsten overte morphologische Lizenzierung, entweder durch nominale Flexion oder eine kasuszuweisende Präposition. Nominativ wird durch Kongruenz mit Finitheitsmerkmalen des Verbs lizenziert. Akkusativ wird über die sogenannte kleine-vP-Schale (funktionale Projektion, vgl. u. a. Larson (1988), Hale (1993), Chomsky (1995) für die Kasuslizenzierung des externen Arguments) zugewiesen. Kasusmorphologie ist optional und gesteuert über die Elsewehre-Bedingung (Bayer et al. 2001, 475), Nominativ und Akkusativ projizieren zu NP oder DP. Obliquer Kasus muss, auch wenn syntaktisch vorhersagbar, morphologisch realisiert werden. Bayer et al. (2001) argumentieren daher für eine funktionale Schale KP (Kasus-Phrase), in die syntaktische Objekte, die entweder für Dativ oder Genitiv ektiert sind oder durch kasuszuweisende Präpositionen spezi ziert werden, eingebettet sind. Diese funktionale Schale erklärt das spezielle syntaktische Verhalten von Objekten, die durch das Merkmal oblique (Dativ/ Genitiv oder eine Präposition, die für das Merkmal OBL spezi ziert ist) gekennzeichnet sind. Die Identi zierung der Morphologie erfolgt durch die Flexion an einer DP oder an der Präposition. 41 (150) KP K’ DP K D’ NP D 41 Die KP-Projektion orientiert sich an einer durch Bittner und Hale (1996) vorgeschlagenen Struktur. Weitere Ansätze in dieser Hinsicht kommen von Lamontagne und Travis (1987). Die Idee ist zudem inspiriert von einer Diskussion zum Status des Dativs als eine Art „versteckter PP“ (Bayer et al. 2001, 476), vgl. hierzu auch die in Bayer (2001) zitierte Literatur. Der Kopf der funktionalen Projektion KP muss spezi ziert sein durch das Merkmal +obl , das entweder durch eine Präposition, die dieses Merkmal trägt oder durch das Merkmal selbst realisiert wird. K steht für die Kategorie Kasus, die lineare Anordnung von K und DP folgt morphologischen Prinzipien, im Falle einer vorhandenen Präposition geht diese der DP voraus. Bei Kasus exion kann K der DP folgen. Die durch die Kasusprojektion vorgenommene Unterscheidung zwischen strukturell eindeutig identi zierbarem Kasus wie Nominativ und Akkusativ und der Abgrenzung obliquer Kasus wie Dativ, Genitiv und präpositional zugewiesenem Kasus, muss auch im Kontext der Daten zur Relativsatzbildung im Alemannischen diskutiert werden. Die Distribution ist in diesen Fällen jedoch leicht abweichend. Relativierung von syntaktischen Objekten, die Komplemente von Präpositionen sind, erfordert immer eine sogenannte +Kasus-Strategie . Damit gilt auch die Bedingung, dass obliquer Kasus morphologisch lizenziert sein muss. Der Dativ zeigt hier weitaus mehr Variation und es kann anhand der vorliegenden Daten gezeigt werden, dass eine morphologische Lizenzierung des Dativs in Relativsätzen mit Partikelstrategie nicht obligatorisch ist. Einige Informanten bevorzugen eine Struktur mit Partikel und Resumptivpronomen oder mit Partikel und Relativpronomen. Auch die Variante mit d -Relativpronomen ist attestiert. Für diese Sprecher muss der Dativ overt ausgedrückt werden. Insgesamt ist die Anzahl der Belege jedoch sehr gering. Für alle anderen Belege mit Partikel als Relativsatzeinleiter und Lücke kann festgehalten werden, dass der Dativ hier wie in den Fällen von NOM/ AKK nicht overt lizenziert werden muss. Dieser Abschnitt hat die besondere Rolle des Dativs bei der Relativsatzbildung des Alemannischen betrachtet und verschiedene Daten diskutiert, die sich mit dem Status des Dativs als strukturellem oder lexikalischem Kasus befassen. In Bayer et al. (2001) wird der Dativ als obliquer Kasus analysiert und seine funktionale Lizenzierung über eine Kasusschale (KP) begründet. Die Existenz einer zusätzlichen funktionalen Projektion KP wird durch das besondere syntaktische Verhalten von Dativobjekten motiviert. Die SynAlm-Daten (und auch die Erhebung des SADS) zu Relativsatzstrategien haben jedoch gezeigt, dass der Dativ nicht overt realisiert werden muss. Im Alemannischen scheint es bei der Realisierung von Dativobjekten eine Zweiteilung zu geben. Eine Mehrheit der Sprecher erlaubt eine Strategie ohne overt ausgedrückten Kasus ( -Kasus-Strategie ). Komplemente von Präpositionen verlangen immer overte morphologische Realisierung, deren funktionale Lizenzierung wird in Kapitel 5 ausführlich dargestellt. Für manche Sprecher gilt Letzteres auch für den Dativ. Die Ausarbeitung der zugrunde liegenden syntaktischen Struktur wird ebenfalls in Kapitel 5 im Detail beschrieben. 3.9 Kasus im Alemannischen 145 146 3 Typologie der Relativsatzstrategien des Alemannischen 3.9.2 Der Genitiv im Alemannischen Der Genitiv ist im Alemannischen kaum noch existent. Man ndet Genitiv exion noch bei Eigennamen sowie Gattungs- und Verwandtschaftsbezeichnungen, in attributiver und in besitzanzeigender Verwendung (vgl. u. a. Weber und Dieth 1987), siehe die Beispiele 151 und 152 aus SynAlm: (151) Des Das isch ist Lenas Lenas Rad. Fahrrad. Konstruktion aus Dativ und Possessivpronomen zur Besitzanzeige sind ebenfalls weit verbreitet: (152) Des Das isch ist de der Lena Lena ihre ihr Rad. Fahrrad. Über den Genitiv gibt es in bisherigen Dialektgrammatiken unterschiedliche Angaben. Während Schallert (2010) schreibt, dass Relativsätze, in denen eine Lücke im Genitiv relativiert wird, im Dialekt von Vorarlberg außer in Possessorkonstruktionen nicht vorkommen, beschreibt Staedele (1927) in seiner Grammatik „Syntax der Mundart von Stahringen“ das Vorkommen der Partikelstrategie für alle Kasus. Der Genitiv wird nach Staedele wiedergegeben, “[...] indem wo der Dativ des Personalpronomens beigegeben wird“, d. h. die Struktur wird durch wo + Resumptiv gebildet (Beispiele 153 und 154). 42 (153) De Der Mann, Mann, wo wo ihm ihm s die Weib Frau weggelaufen weggelaufen ischd ist. ‚Der Mann, dessen Frau weggelaufen ist.‘ (154) De Der Mann, Mann, wo wo s die Weib Frau wegglaufen weggelaufen ischd. ist. ‚Der Mann, dessen Frau weggelaufen ist.‘ Diese Beispiele scheinen allerdings im Bezug auf den Kasus ambig zu sein. Weiterhin ist nicht auszuschließen, dass hier auch ein Dativ vorliegen könnte: (155) Dort drüben steht der Mann, dem die Frau weggelaufen ist. 42 Da die Staedele-Grammatik noch in Fraktur-Schrift verfasst ist, kann die Originalschreibweise hier nicht wiedergegeben werden. Es wurde versucht die Lautung anzupassen, an der Lexik und Wortabfolge wurde jedoch nichts verändert. 3.9.3 Kasus-Matching Durch Kasusidentität zwischen dem Kopfnomen und der relativsatzinternen Position, die durch ein Resumptivpronomen oder eine Präposition und ein Resumptivpronomen besetzt ist, können in speziellen Fällen von Identität zwischen externem Kopf und relativierter Position das Resumptivpronomen und bei Komplementen von Präpositionen auch diese gelöscht werden. So erscheint die Konstruktion an der Ober äche als Instanz der Partikelstrategie (Salzmann (2006b, 349) und Bayer (1984) für eine ähnliche Formulierung im Bairischen). (156) a. Ich Ich han habe em dem Bub, Jungen, [wo [wo t du (*em) (*ihm) es das Buech Buch versproche versprochen häsh], hast], es ein schöns schönes Exemplar Exemplar ggää. gegeben. ‚Ich habe dem Jungen, dem du das Buch versprochen hast, ein schönes Exemplar gegeben.‘ b. Ich Ich ha habe vo von de der Frau, Frau, [won [wo i ich scho schon geschter gestern (*von (von ere) ihr) s das Buech Buch übercho bekommen han], habe, wieder wieder eis eines übercho. bekommen. ‚Ich habe von der Frau, von der ich schon gestern das Buch bekommen habe, wieder eines bekommen.‘ (Salzmann 2006c, 23) SU- und DO-Positionen sind von dieser Matching-Bedingung ausgeschlossen. Bei einem Mismatch von Nominativ und Akkusativ sind Resumptivpronomen nie erlaubt (siehe 157 aus Salzmann (2006c, 24)): (157) a. D Die Frau, Frau, [wo [wo (*si) (*sie) mi mich geschter gestern küst geküsst hät], hat], han habe i ich gar gar nöd nicht känt. gekannt. ‚Die Frau, die mich gestern geküsst hat, habe ich gar nicht gekannt.‘ b. D Die Frau, Frau, [wo [wo d du (*si) (*sie) iiglade eingeladen häsch], hast], isch ist nett. nett. ‚Die Frau, die du eingeladen hast, ist nett.‘ Auf den ersten Blick scheint in Beispiel (157) Kaus-Matching vorzuliegen, da im Zürichdeutschen NOM und AKK durch dieselbe morphologische Form ausgedrückt werden und sich die Form des externen Kopfes hier morphologisch nicht von der relativierten Position unterscheidet. Das Beispiel ist dennoch nicht ausreichend, um zeigen zu können, dass die Matching-Bedingung nicht für den NOM/ AKK-Mismatch gilt. Erst wenn 3.9 Kasus im Alemannischen 147 148 3 Typologie der Relativsatzstrategien des Alemannischen ein eindeutiger Mismatch vorliegt - eine NOM/ AKK Lücke und ein externer Kopf im Dativ - wird deutlich, dass hier keine Resumptivpronomen akzeptiert werden (Beispiel 158): (158) Ich Ich ha habe em dem Bub, Jungen, wo wo (*er) (*er) geschtern gestern sei seine Prüfung Prüfung bschdanda bestanden hat, hat, a ein Fahrad Fahrrad geschengt. geschenkt. ‚Ich habe dem Jungen, der gestern seine Prüfung bestanden hat, ein Fahrrad geschenkt.‘ Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Matching-Bedingung dann appliziert, wenn der relativierten Position Dativ oder obliquer Kasus zugewiesen wird und der externe Kopf diesbezüglich morphologisch identisch ist (siehe Beispiele 156 a und b oben). Die verschiedenen Matching-Bedingungen, die Salzmann (2006c) diskutiert, werden in Tabelle 38 zusammengefasst. Dabei wird zum einen zwischen Kasusidentität der Präpositionalkomplemente und zusätzlich der Identität der Präpositionen unterschieden (ResP = Resumptivpronomen): Tabelle 38: Matching-E ekte Externer Kopf Relativierte Position KM PPM PP(DAT) DP(DAT) ja ResP gelöscht DP(DAT) PP(DAT) nein nein ResP und PP nicht gelöscht DP(DAT) DP(DAT) ja ResP gelöscht PP(AKK) DP(DAT) nein nein ResP u. PP nicht gelöscht PP(DAT)(von) PP(DAT)(mit) ja nein ResP und PP nicht gelöscht PP(DAT)(in) PP(AKK)(in) nein ja ResP und PP nicht gelöscht PP(DAT) PP(DAT) ja ja ResP und PP gelöscht Neben den obengenannten Bedingungen wird weiterhin überprüft, ob die Matching- Bedingung durch die Unterscheidung zwischen strukturellem und inhärentem Dativ (vgl. hierzu die Diskussion in Gallmann 1992, Wegener 1985, Salzmann 2006c) beeinusst ist. Die zugrunde liegende Idee ist dabei, dass sich der strukturell zugewiesene Dativ identisch zur NOM-/ AKK-Asymmetrie in Relativsätzen mit SU- oder DO-Lücke verhält. Wie bereits oben gezeigt, geht Salzmann davon aus, dass es Dativkonstruktionen gibt, in denen Resumptivpronomen trotz aller Erwartungen nicht akzeptiert werden, woraus er schlussfolgert, dass nicht alle Konstruktionen mit einer IO-Lücke relativiert werden können. Aus dieser Beobachtung heraus ist es für ihn auch nicht erwartbar, dass bei Matching-E ekten die Unterscheidung strukturell/ inhärent eine Rolle spielt. Da sich innerhalb der Gruppe nicht-relativierbarer Dative Konstruktionen beider Kategorien benden, ist es wenig wahrscheinlich, dass die Unterscheidung Ein uss auf die Matching- Bedingung hat. Dies bestätigt sich in weiteren Beispielen (Salzmann 2006c, 26). Das letzte Beispiel (159) thematisiert nochmals die morphologische „Formidentität“ (Salzmann 2006c, 27) zwischen dem externen Kopf und der relativierten Position: (159) D Die Mane, Männer, [won [wo i ich (*ene) (*ihnen) es das Buech Buch gib], gebe], muend müssen intelektuell intellektuell sii. sein. ‚Die Männer, denen ich das Buch gebe, müssen intellektuell sein.‘ Da Kasus im Zürichdeutschen nicht am Nomen selbst sichtbar, sondern nur durch Determinierer oder Adjektive erkennbar ist, kommt es bei Synkretismen, aber auch bei sogenannten „bare plurals“ wie Männer zum Kasuszusammenfall. Ein und dieselbe morphologische Form kann, je nach syntaktischer Position, mit unterschiedlichem Kasus interpretiert werden. In Beispiel (159) ist der externe Kopf zwar das Subjekt des Matrixsatzes, aufgrund des reduzierten Artikels kann die Form des externen Kopfes jedoch auch als Dativ interpretiert werden. Dies hat wiederum einen Matching-E ekt mit der relativierten Position zur Folge. In SynAlm FB7 wurden Salzmanns Matching-Bedingungen aus Tabelle 38 teilweise überprüft. Die Testsätze und Auswertungen werden in den Tabelle 39 - 44 sowie den Abbildungen 73 - 78 wiedergegeben. Die Anzahl der Informanten in FB7 beträgt in BW N=333, CH N=168. In Vorarlberg (N=11) und im Elsass (N=4) ist die Anzahl der Informanten so gering, dass die Ergebnisse nur dargestellt, aber nicht weiter interpretiert werden. Die erste Bedingung der Testsätze 11a1-3 aus FB7 in Tabelle 39 ist eine Konstruktion mit einem präpositionalen Kopfnomen im Matrixsatz (DAT), die relativierte Position ist ebenfalls ein Dativ. Salzmanns Matching-Bedingung sagt vorher, dass in dieser Konstruktion das resumptive Pronomen „gelöscht“ werden kann und der Relativsatz mit Partikelstrategie grammatisch wäre (Kasusmatching liegt vor). Die Grundstruktur des Testsatzes wird in Beispiel (160) dargestellt: (160) Ich habe von dem Mann, dem ich letzte Woche das Buch gegeben habe.... Tabelle 39: SynAlm FB7, Matching-Bedingungen, 11a1 - 4 Frage PP(DAT) und DP(DAT) 11a.1 Ich ha vu dem Maa, dem ich letsch Woch des Buech.. 11a.2 Ich ha vu dem Maa, wo ich letsch Woch des Buech.. 11a.3 Ich ha vu dem Maa, wo ich letsch Woch ihm des Buech.. 11a.4 Ich ha vu dem Maa, wo ich ihm letsch Woch des Buech.. 3.9 Kasus im Alemannischen 149 150 3 Typologie der Relativsatzstrategien des Alemannischen In Abbildung 73 wird die Auswertung über alle Informanten aus FB7 sowie nach Regionen unterteilt für alle vier Testsätze dargestellt: Abbildung 73: SynAlm FB7, Matching 11a1 - 4 Die Auswertungen bestätigen die zuvor beschriebenen Ergebnisse für die Relativierung einer IO-Position: In allen Regionen wird die Partikelstrategie mit wo bevorzugt. In BW erhält zusätzlich die d -Pronomenstrategie hohe Zustimmung. Die Testsätze in 11b1 - 3 (Tabelle 40) beinhalten eine Konstruktion mit einem Kopfnomen im Dativ und einem angeschlossenen Relativsatz mit Relativierung eines Präpositionalobjekts im Dativ. Nach Salzmanns Vorhersage müsste der Relativsatz durch eine Resumptivstrategie ausgedrückt werden, in der auch die PP nicht gelöscht werden darf (kein Kasusmatching). Die Grundstruktur des Testsatzes wird in Beispiel (161) dargestellt: (161) Ich habe dem Mann, von dem ich gestern das Buch bekommen habe, 20 Euro gegeben. Tabelle 40: SynAlm FB7, Matching-Bedingungen, 11b1 - 3 Frage DP(DAT) und PP(DAT) 11b.1 Ich ha dem Maa, vu dem ich gescht des Buech überku ha, 20 Euro gea. 11b.2 Ich ha dem Maa, wo ich gescht des Buech überku ha, 20 Euro gea. 11b.3 Ich ha dem Maa, wo ich gescht vunem des Buech überku ha, 20 Euro gea. Abbildung 74: SynAlm FB7, Matching 11b1 - 3 Die d -Pronomenstrategie (Abbildung 74-1) bekommt in allen Regionen hier die höchste Zustimmung, aber auch die Partikelstrategie ohne Resumptivpronomen (Abbildung 74-2) schneidet sowohl in BW also auch in CH sehr gut ab. Die Strategie mit Resumptivpronomen (Abbildung 74-3) ndet in BW kaum und in der Schweiz noch 40% Zustimmung, diese liegt erneut deutlich unter den Erwartungen. Das Gesamtergebnis spiegelt hier nicht die Vorhersagen von Salzmann (2006b) wider. In den Testsätzen 11c1 - 3 aus FB7 liegt Kasusmatching zwischen dem Kopfnomen und der relativierten Position vor (Tabelle 41). Die Grundstruktur des Testsatzes wird in Beispiel (162) dargestellt: (162) Ich habe dem Jungen, dem du das Buch versprochen hast, ein schönes Exemplar gegeben. Tabelle 41: SynAlm FB7, Matching-Bedingungen, 11c1 - 3 Frage DP(DAT) und DP(DAT) 11c.1 Ich ha dem Bue, dem du des Buech verschpoche häsch, e schös Exemplar gea. 11c.2 Ich ha dem Bue, wo du des Buech verschpoche häsch, e schös Exemplar gea. 11c.3 Ich ha dem Bue, wo du em des Buech verschpoche häsch, e schös Exemplar gea. 3.9 Kasus im Alemannischen 151 152 3 Typologie der Relativsatzstrategien des Alemannischen Abbildung 75: SynAlm FB7, Matching 11c1 - 3 Die Partikelstrategie ist über alle Regionen stark (Abbildung 75-2). In der Schweiz ist sie mit Abstand die favorisierte Strategie in dieser Konstruktion. In BW bekommen erneut auch d -Relativpronomen hohe Zustimmungswerte (Abbildung 75-1). Die Matching- Bedingung tri t auf den ersten Blick zu. Dennoch unterscheidet sich die Auswertung hier nicht von den zuvor beschriebenen Auswertungen der SynAlm- und SADS-Befragung, in denen kein Kasus-Matching vorlag und das Ergebnis identisch aus el. Die Testsätze 11d.1 - 3 in Tabelle 42 zeigen einen eindeutigen Kasusmismatch zwischen dem Kopfnominal und der relativierten OBL-Position. Nach Salzmann (2006b) dürfen weder die PP noch das Resumptivpronomen wegfallen. Die Grundstruktur des Testsatzes wird in Beispiel (163) dargestellt: (163) Ich habe für die Leute, mit denen ich in die Schule gegangen bin, ganz viel Schokolade gekauft. Tabelle 42: SynAlm FB7, Matching-Bedingungen, 11d1 - 3 Frage PP(Akk) und DP(DAT) 11d.1 Ich ha für die Lüt, mit denne ich i d’Schuel gange bi, ganz viel Schoki gkauft. 11d.2 Ich ha für die Lüt, wo ich i d’Schuel gange bi, ganz viel Schoki gkauft. 11d.3 Ich ha für die Lüt, wo ich mit ene i d’Schuel gange bi, ganz viel Schoki gkauft. Abbildung 76: SynAlm FB7, Matching 11d1 - 3 In allen Regionen wird eine +Kasusstrategie mit d -Relativpronomen favorisiert (Abbildung 76-1). Die Resumptivstrategie erhält von den schweizer Informanten hohe Zustimmung (Abbildung 76-3). Die Partikelstrategie (Abbildung 76-2) wird von etwa 40% der Informanten in BW und CH in dieser Konstruktion ebenfalls verwendet. Die Konstruktionen in 12a1 - 3 in Tabelle 43 zeigen Kasusmatching bezüglich des Kopfnominals und der relativierten Position, allerdings besteht keine Übereinstimmung bei den Präpositionen. Nach Salzmanns Vorhersage wäre eine Resumptivstrategie mit Präposition erforderlich. Die Grundstruktur des Testsatzes wird in Beispiel (164) dargestellt: (164) Ich habe von den Leuten, mit denen ich in die Schule gegangen bin, schon lange nichts mehr gehört. Tabelle 43: SynAlm FB7, Matching-Bedingungen, 12a1 - 3 Frage PP(DAT) und PP(DAT) 12a.1 Ich ha vu dene Lüt, mit dene ich i d’Schuel gange bi, sch lang nünt me ghört. 12a.2 Ich ha vu dene Lüt, wo ich i d’Schuel gange bi, sch lang nünt me ghört. 12a.3 Ich ha vu dene Lüt, wo ich mit enne i d’Schuel gange bi, sch lang nünt me ghört. 3.9 Kasus im Alemannischen 153 154 3 Typologie der Relativsatzstrategien des Alemannischen Abbildung 77: SynAlm FB7, Matching 12a1 - 3 In allen Regionen ist eine +Kasusstrategie erforderlich. In BW wird dies durch d -Relativpronomen (Abbildung 77-1) und in der Schweiz durch Resumptivpronomen (Abbildung 77-3) und d -Relativpronomen erreicht. Die Partikelstrategie ohne Resumptiv (Abbildung 77-2) bekommt erneut ca. 40% Zustimmung in BW und CH. Die letzte Bedingung in 12b1 - 3 in Tabelle 44 zeigt Kasusmatching und Übereinstimmung der Präposition. Laut Salzmann ist hier die Partikelstrategie ohne Resumptiv erlaubt. Die Grundstruktur des Testsatzes wird in Beispiel (165) dargestellt: (165) Ich habe von der Frau, von der ich schon gestern ein Buch bekommen habe, wieder eines bekommen. Tabelle 44: SynAlm FB7, Matching-Bedingungen, 12b1 - 3 Frage PP(DAT) und PP(DAT) 12b.1 Ich ha vu dere Frau, von dere ich scho gescht e Buech überku ha, wieder oas kriegt. 12b.2 Ich ha vu dere Frau, wo ich scho gescht e Buech überku ha, wieder oas kriegt. 11b.3 Ich ha vu dere Frau, wo ich scho gescht von ere e Buech überku ha, wieder oas kriegt. Abbildung 78: SynAlm FB7, Matching 12b1 - 3 Abbildung 78-2 zeigt, dass die Partikelstrategie ohne Resumptivpronomen sowohl in BW als auch in CH hohe Zustimmungswerte erhält. Die Strategie mit Resumptiv wird in allen Regionen deutlich abgelehnt (78-2). In BW schneidet die Strategie mit d -Relativpronomen erneut sehr gut ab (78-1). In diesem Fall tri t die Matching-Vorhersage folglich zu. 3.9.4 Diskussion Die SynAlm-Daten in 1.18-23 sowie 5.3 und 5.11, in denen kein Kasus-Matching vorliegt (1.18 NOM/ DAT, 5.3 NOM/ DAT und 5.11 AKK/ DAT) und damit entweder das Auftreten von Resumptivpronomen oder d -Relativpronomen obligatorisch sein müsste, deuten darauf hin, dass die Vorhersagen der Matching-Bedingung im Alemannischen nicht alleine das Auftreten von bestimmten Relativsatzstrategien regulieren. Die Ergebnisse in der Schweiz zeigen erneut, dass es kein obligatorisches Auftreten von Resumptivpronomen gibt. Dies gilt insbesondere für die IO-Position und in bestimmten Kontexten auch für die Relativierung von OBL-Positionen. Diese Ergebnisse werden auch durch die zuvor beschriebene Auswertung der Dativ-Übersetzungsaufgabe der SADS-Erhebung bestätigt. Die Auswertungen in 5.3 und 5.11 zeigen zwar ein schwaches Vorkommen der Partikelstrategie, dieser E ekt ist vermutlich auf die Bewertungsaufgabe zurückzuführen, in der drei Lösungen angeboten wurden und die Befragten sich für eine der Varianten entscheiden mussten. Die gleiche Abfrage in einer anderen Bewertungsaufgabe zeigt, dass eine Strategie ohne overten Kasus ( -Kasusstrategie ) sogar präferiert wird und die Rolle von Resumptivpronomen bei der Relativsatzbildung neu bewertet werden muss. Die gezielte Abfrage von Relativsatzkonstruktionen mit verschiedenen Matching-Bedingungen bestätigt die zuvor beschriebenen Ergebnisse der SynAlm-Befragung zur Relativierung von IO- und OBL-Positionen. Allein bei einer Matching-Bedingung - Kasusmatching 3.9 Kasus im Alemannischen 155 156 3 Typologie der Relativsatzstrategien des Alemannischen und Matching der Präposition - bei Relativierung einer OBL-Position zeigen auch die SynAlm-Ergebnisse Übereinstimmung mit der Matching-Vorhersage von Salzmann (2006b). Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Kasus-Matching nicht der einzige syntaktische Kontext sein kann, in dem ein Relativsatz, in welchem eine IO- oder OBL-Position relativiert wird, durch einen nicht ektierenden Relativsatzeinleiter eingeleitet wird. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch Schallert (2010) bei seiner Erhebung im vorarlbergerischen Sprachgebiet und schließt Matching-E ekte als Erklärung aus, während es für die benachbarten mittelbairischen Varianten zuzutre en scheint und auch von Bayer (1984) bereits beschrieben wurde (siehe die Beispiele 166): (166) a. Sie Sie gems geben-es dem dem Mo, Mann, (dem) (dem) wo wo mir wir g’hoifa geholfen hom. haben. ‚Sie geben es dem Mann, dem wir geholfen haben.‘ (Schallert 2010) und ein ähnliches Beispiel in (Bayer 1984) b. Die Die Frau, Frau, der der wo wo der der Xaver Xaver a einen Bussi Kuss g’gem gegeben hod. hat. ‚Die Frau, der Xaver einen Kuss gegeben hat.‘ (Bayer 1984, 213) c. Das Das ischt ist doch doch die die Fraou, Frau, wau wo i ich scho schon lang lange das das Buo Buch bringo bringen söt. sollte. ‚Das ist doch die Frau, der ich schon lange das Buch bringen sollte. (Schallert 2010, 59) Es treten allerdings in allen Regionen d -Relativpronomen auf, was jedoch nicht mit einer Reparaturstrategie zum fehlenden Ausdruck der Kasusrelation zu erklären ist, sondern vielmehr in der Tatsache begründet liegt, dass d -Relativpronomen Teil der Grammatik des Alemannischen sind. Dieses Ergebnis wird im folgenden Abschnitt nochmals ausführlich erläutert. Die Auswertung der Daten hinsichtlich des Vorkommens von Resumptivpronomen zeigt erneut, dass die Grammatik der Informanten sehr viel Variation erlaubt. Resumptivpronomen werden überwiegend von Informanten in der Schweiz und im Elsass bei der Relativierung einer OBL-Position verwendet. In Baden-Württemberg und in Vorarlberg werden sie im Mittel schlechter bewertet als in der Schweiz, in zwei der getesteten Konstruktionen (Beispiele 131 und 132 hier wiederholt als 167 und 168) wurden sie dort aber deutlich besser akzeptiert als beispielsweise für die IO-Position gesehen. (167) Des Das isch ist oaner, einer, wo wo neamed niemand gern gerne mit mit em ihm zsamme zusammen scha t. arbeitet. ‚Das ist einer, mit dem niemand gerne zusammenarbeitet.‘ (168) Des Das war war die die Prüfung, Prüfung, wo wo d die Petra Petra so so viel viel für für se sie glernt gelernt het. hat. ‚Das war die Prüfung, für die Petra so viel gelernt hat.‘ Relativsätze, in denen eine OBL-Position relativiert wird, müssen fast immer, so die Daten, durch eine +Kasus-Strategie ausgedrückt werden. Das bedeutet, dass entweder ein d -Relativpronomen als Komplement einer Präposition den Relativsatz einleitet oder die Partikelstrategie in Verbindung mit einem relativsatzinternen Resumptivpronomen, das an der Position der Lücke ebenfalls als Komplement einer Präposition erscheint. Die Variation zeigt sich in der Beobachtung, dass beide Strategien in allen vier Regionen attestiert sind, wobei in Baden-Württemberg und Vorarlberg Resumptivpronomen im Vergleich deutlich schlechter abschneiden. In Tabelle 45 wird die Distribution nochmals auf den Positionen der Zugänglichkeitshierarchie zusammengefasst (die Klammerung drückt hier aus, dass es nur für einzelne Sprecher attestiert ist). Tabelle 45: Distribution Resumptivpronomen IO und OBL Region IO OBL BW - + CH (+) + VA - (+) EL (+) + Die SynAlm-Befragung liefert weitere interessante Daten zur Distribution von d -Relativpronomen und Resumptivpronomen. So ergab eine Erhebung zu langen W -Extraktionen und Relativsätzen über lange Distanz (Brandner 2015), dass es hier klare Unterschiede hinsichtlich der Verwendung von Resumptivpronomen in Exraktionen aus dass- und wo- Sätzen gibt: So werden bei Extraktionen aus dass -Sätzen Resumptivpronomen zu weit höheren Anteilen akzeptiert als bei Extraktionen aus wo -Einbettungen. Für Extraktionen aus dass - und wo -Sätzen gilt dabei, dass immer eine Strategie mit „Lücke“ präferiert wird. Mit einer einzigen Ausnahme: Subjektextraktionen aus dass -Sätzen. Die Extraktionsdaten werden in Kapitel 5 nochmals ausführlich besprochen. Die komplexen Daten weisen erneut in die Richtung der von Barbiers (2005) formulierten Idee, dass die internalisierte Grammatik der Informanten weitaus mehr Variation erlaubt als es die tatsächliche Produktion von Sprachdaten vermuten lässt. Es gibt also einen Unterschied zwischen Akzeptanz und Performanz, der sich ganz deutlich im Bereich der komplexeren Relativsatzstrukturen zeigt. 43 43 Auch Salzmann und Seiler (2010) formulieren diesen Gedanken. Die daraus folgenden syntaktischen Konsequenzen sind jedoch abweichend von Barbiers (2005). 3.9 Kasus im Alemannischen 157 158 3 Typologie der Relativsatzstrategien des Alemannischen 3.10 Zur Rolle der Resumptivpronomen Für die zugrunde liegende Syntax muss weiterhin geklärt werden, ob im Falle der Anwesenheit eines Resumptivpronomens Bewegung stattgefunden hat oder ob hier Basisgenerierung vorliegt. Standardanalysen (u. a. McCloskey 1990) gehen davon aus, dass im Falle der Anwesenheit von Resumptivpronomen in Relativsätzen diese dort basisgeneriert werden und von einem Operator in Spec CP gebunden werden, der dort ebenfalls basisgeneriert ist. Der Ausgangspunkt ist dabei die Frage, welche syntaktische Funktion resumptive Pronomen in Relativsätzen des Alemannischen haben. Daten aus dem Englischen zeigen, dass Lokalitätse ekte durch Resumptivpronomen systematisch vermieden werden und zugrunde liegende syntaktische Bewegung ausgeschlossen werden kann: (169) This Das is ist the der man Mann that dass I ich don’t nicht know weiß <why warum nobody keiner likes mag _/ him.> ihn. ‚Das ist der Mann, von dem ich nicht weiß, warum ihn keiner mag.‘ (Salzmann 2006b, 329) Andere Sprachen hingegen erlauben systematisch keine Resumptivpronomen innerhalb einer Insel, was einen Hinweis auf Bewegung darstellt. In wiederum anderen Sprachen ist die Datenlage nicht eindeutig. Selbst bei Anwesenheit von Resumptivpronomen z. B. in slavischen Relativsätzen, wie in Hladnik (2015) gezeigt, kann syntaktische Bewegung zugrunde liegen. Im Zürichdeutschen können aus der Distribution von resumptiven Pronomen und Lokalitätse ekten keine eindeutigen Rückschlüsse gezogen werden (Salzmann 2006b). In den Kapiteln 4 und 5 werden diese syntaktischen Fragen vertieft und für die hier vorliegende Datenlage eine Analyse vorgeschlagen. 3.11 Zusammenfassung Das Alemannische verfügt über eine Partikel- und eine Pronomenstrategie als Primärstrategie zur Relativsatzbildung. Die Partikelstrategie mit wo appliziert auf den Positionen SU>DO>IO, die Pronomenstrategie mit d -Relativpronomen gilt für alle Positionen der Zugänglichkeitshierarchie: SU>DO>IO>OBL. Das Alemannische hat weiterhin zwei Sekundärstrategien: Die d+w -Strategie ist durch die Grammatik theoretisch erlaubt und wird auch von den Sprechern als mögliche Variante sehr gut akzeptiert, ist jedoch in Produktionsdaten kaum zu nden. Eine ähnliche Schlussfolgerung ist bezüglich des Auftretens von Resumptivpronomen für die IO-Positionen zu ziehen. In BW und VA können sie vollständig ausgeschlossen werden, in den Schweizer Varianten werden sie akzeptiert und aktiv verwendet. Beide Sekundärstrategien nden auch Anwendung, wenn es darum geht eine oblique Position zu relativieren. Die Funktionalität von d -Relativpronomen und Resumptivpronomen scheint daher diesbezüglich identisch zu sein. Beide Strategien setzen genau dann ein, wenn es nach Keenan und Comrie (1977) erwartbar ist. 3.12 Weitere Relativsatzeinleiter im Alemannischen Neben den Primär- und Sekundärstrategien gibt es im Alemannischen weitere Relativsatzeinleiter, die unter bestimmten grammatischen Voraussetzungen verwendet werden können. Darüber hinaus hatte die SynAlm-Befragung zum Ziel herauszu nden, welche der Relativsatzeinleiter, die in historischen Grammatiken für das Mittel- und Frühneuhochdeutsche beschrieben werden, im heutigen Dialekt noch verwendet werden. Dieser Abschnitt beginnt daher mit einem kurzen Überblick über die diachrone Situation zu Relativsatzstrategien und geht dann auf die synchrone Situation der getesteten Relativsatzeinleiter ein. 3.12.1 Relativsatzeinleiter d+da und w+da In den Varietäten des Nordniederdeutsch-Schleswigschen und der obersächsischen Varietät von Leipzig ndet man Belege für Relativsatzkonstruktionen bestehend aus einem d -Relativpronomen als Relativsatzeinleiter, der in Kombination mit der Partikel da auftritt (die Beispiele sind aus Albrecht (1881: 53), zitiert nach Fleischer (2005, 175 und 182)): (170) Der Mann, dem da das Haus gehört. (IO) In der Varietät von Schleswig ist diese Variante für die SU-Position, in Leipzig für die SU-, DO- und IO-Position belegt. Im Obersächsischen ndet man darüber hinaus w+da für die OBL-Position als Subtyp der Relativsätze mit Pronominaladverb: (171) Das einzige Haus ..., wo da keine Kneipe drin ist. (OBL) Die Kombination aus d -Relativpronomen mit einer Partikel lässt sich sprachhistorisch in die Zeit des Althochdeutschen zurückverfolgen und könnte auf eine Übergangsphase hindeuten, in der sich der postnominale Relativsatz von einer asyndetischen attributiven Konstruktion hin zu einer subordinierten Struktur, eingeleitet durch ein Demonstrativpronomen, entwickelt hat (vgl. dazu auch Abschnitt 5.6.6 und Lehmann (1984, 379)). Die mittelhochdeutschen Relativpronomen sind z. B. die Demonstrativpronomen der, dui, daz (der, die, das). Unterstützt werden sie oft durch die Partikel da , die dann aber nicht zu verwechseln ist mit dem Adverb da und hier keine lokale Bedeutung mehr hat (Paul 2007, 370). In einer Vorstudie wurden die Kombinationen d+da sowie w+da auch Sprechern des Alemannischen angeboten, die diese Sätze für gut befunden haben und sogar angaben, sie noch selbst zu verwenden. Dies führte zu einer Aufnahme der Variante in die große Sprecherbefragung. Diese hat ergeben, das in Baden-Württemberg und Vorarlberg die Kombination aus d+da sowie w+da bei einem unbelebten Kopfnomen und Relativierung einer SU-Position (siehe Beispiele 172a und 172b) noch weit verbreitet ist: 3.12 Weitere Relativsatzeinleiter im Alemannischen 159 160 3 Typologie der Relativsatzstrategien des Alemannischen (172) a. Der Film, der da gestern gelaufen ist... b. Der Film, wo da gestern gelaufen ist... Ein Großteil der Sprecher kategorisiert diese Testsätze mit 1 („sage ich selbst“). In der Schweiz und im Elsass gilt dies nur für die Variante w+da , während die Kombination mit einem Relativpronomen ausgeschlossen ist. Die gleichen Relativsatzeinleiter wurden für ein belebtes Kopfnomen und Relativierung einer IO-Position in den Testsätzen (173a und 173b) zur Bewertung angeboten: (173) a. Ein Koch, dem da ständig etwas anbrennt... b. Ein Koch, wo da ständig etwas anbrennt... In allen vier Regionen werden diese Sätze als „bekannt“, aber nicht mehr als aktiv im Gebrauch eingeordnet. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die aus historischen Grammatiken bekannte Variante im Alemannischen nach wie vor existiert, verwendet wird sie noch in Konstruktionen mit einem unbelebten Antezedenten. In denjenigen Regionen, in denen die Konstruktion nicht mehr aktiv gebraucht wird, ist sie jedoch noch einer Vielzahl von Informanten bekannt. 44 . 3.12.2 Relativsatzeinleiter was Für die relativisch verwendete Form von was gilt, dass sie sich in ihrer Funktion als Relativsatzeinleiter bereits von der interrogativen Wortform unterscheidet. Die pronominale Form be ndet sich historisch betrachtet in komplementärer Distribution zu wer und referiert hauptsächlich auf Objekte, die nicht menschlich sind. Heute ist was nicht mehr sichtbar ektiert. Die Form für Nominativ und Akkusativ war schon immer morphologisch identisch, wohingegen im Mittelhochdeutschen noch eine Form für den Dativ existierte (Fleischer 2004b, 222). Für die Verwendung als Relativsatzeinleiter lassen sich zwei verschiedene Formen identi zieren: eine pronominal verwendete Form, die ektiert ist (parallel zum Pronomen das ), und eine Partikel, die nicht mehr ektiert. Weiterhin gibt es Variation hinsichtlich der Koexistenz mit dem d -Pronomen das . So sind in einigen Dialekten, wie dem Nordniederdeutsch-Ostfriesischen und Obersächsischen, sowohl das d -Pronomen das als auch was für dieselben Kontexte attestiert, im Westfälischen ist das vollständig durch was ersetzt worden. In der pronominalen Verwendung ist was für SU- und DO-Positionen bezugnehmend auf ein neutrales Kopfnomen belegt. Fleischer (2005, 178) merkt dazu an, dass er davon ausgeht, dass es hier auch für IO 44 Weitere Belege für relativsatzeinleitendes da nden sich auch im Zimbrischen, vgl. dazu Bidese et al. (2012) und Grewendorf und Poletto (2015) und OBL möglich sein muss, da keine für Dativ ektierte Form des Pronomens mehr vorliegt, auch wenn er selbst keine Belege gefunden hat. Eine nichtektierte Form ist beispielsweise im Nordbairischen oder auch im Obersächsischen Nordwestböhmens zu nden. Hier kann was auch Relativsätze einleiten, wenn das Bezugsnomen [+ menschlich] und der Genus [-neutral] ist (Fleischer 2005, 179). Bezüglich der Verwendung auf der Zugänglichkeitshierarchie unterscheiden sich die Varietäten. Eine Übersicht ndet sich in Abbildung 1 in Abschnitt 1.5.4 aus Fleischer (2004b, 227). 45 Der Relativsatzeinleiter was ist in einigen Dialekten in IO- und OBL-Positionen in Kombination mit einem Resumptivpronomen oder mit einer Präposition attestiert. Besonders interessant ist dabei, dass es a. auch hier Variation bezüglich der Zugänglichkeit von Dativpositionen gibt und b. die Kombination was +Resumptiv auch für SU- und DO-Positionen attestiert ist. (174) a. en einem Menschn, Menschen, wos was nemmets niemand an einen Pf[ennich] Pf[ennig] gitt. gibt. b. dos das ferd, Pferd, af auf vos was er er zitst. sitzt. c. dr der maorerméystr, Maurermeister, vos was er er bae bei uns uns hat hat georpt. gearbeitet. (Fleischer 2005, 179) Zunächst wurde was als Synonym für das demonstrative das eingesetzt und konnte die Funktion des Subjekts oder des direkten Objekts einnehmen, bis schließlich das Relativpronomen das komplett durch was substituiert wurde und im Folgenden auf Nomen mit neutralem Genus referiert. Die Funktionalität von was erweiterte sich im Laufe seiner Grammatikalisierung. So kann beispielsweise in einigen deutschen Dialekten Ostpommerns und Obersachsens das Bezugswort auch maskulin oder feminin sein, wobei aber weiterhin gilt, dass es unbelebt ist. In einem weiteren Schritt konnte was dann auch auf Positionen zugreifen, die in der Zugänglichkeitshierarchie tiefer liegen, beispielsweise in Kombination mit Pronomen. Hier zeigt sich, dass es sich hier nicht mehr um eine pronominale Wortform handelt. In einem letzten Schritt wurde was zu einem Subordinator, der auch über die Funktion als Relativsatzeinleiter hinaus belegt ist (vgl. Fleischer 2004b, 233). 45 Vgl. auch Fleischer (2005, 2004a,b) für eine ausführliche Darstellung der Typologie. 3.12 Weitere Relativsatzeinleiter im Alemannischen 161 162 3 Typologie der Relativsatzstrategien des Alemannischen Als Relativsatzeinleiter mit einem unbelebten/ neutralen Bezugsnomen ist was auch im Alemannischen attestiert. In SynAlm gibt es zwei Testsätze, in denen Relativsatzkonstruktionen mit was angeboten wurden. Das Bezugselement war einmal das Pronomen das (Das, _ du gesagt hast). Hier entscheiden sich die Informanten in allen Regionen mehrheitlich für was als Relativsatzeinleiter (mit Ausnahme der Schweiz, hier sind es nur 41%). Dieses Ergebnis ist jedoch nicht überraschend, da dies auch standardgrammatisch naheliegt. Darüber hinaus ist was als Relativpartikel vereinzelt regional attestiert. Dennoch wählen die Informanten mehrheitlich in einer Übersetzungsaufgabe mit einem neutralen Bezugsnomen das Geld die Variante mit wo (Beispiel 175, Auswertung in Abbildung 79): (175) Das Geld, das ich selbst verdiene, gehört auch mir. Abbildung 79: SynAlm 2: Satz 9.2 d / dw / w Eine andere Aufgabe spiegelt dieses Ergebnis wider: Die Abfrage zielte auf den Bekanntheitsgrad der Relativpartikel was ab. Hier wurde eine Konstruktion mit einem menschlichen, nicht neutralen Referenten gewählt (Beispiel 176, Auswertung in Abbildung 80): (176) Der Bub, was in Deggingen wohnt. Abbildung 80: FB2 1_4 Hier geben 52% der Sprecher in Vorarlberg an, diese Konstruktion zu kennen. Dieses Ergebnis verwundert nicht, da in den Varietäten des Bairischen eine Relativpartikel wos attestiert ist (vgl. Bayer 1984, Weiß 1998, Fleischer 2004b, Wiltschko 2013). 46 In Baden-Württemberg geben 32% der Befragten an, die Konstruktion zu kennen, in der Schweiz und im Elsass liegt die Kenntnis der Konstruktion bei den Befragten unter 10%. In allen Regionen geben die Sprecher an, was als Relativsatzeinleiter zu kennen, die aktive Verwendung ist jedoch sehr gering und beschränkt sich eindeutig auf nichtbelebte Antezedenten. 3.12.3 Relativsatzeinleiter wer Nach Fleischer (2005, 177) ist der Relativsatzeinleiter wer im Westfälischen und im Jiddischen belegt. Die Verwendung des Relativsatzeinleiters ist für verschiedene Positionen der Zugänglichkeitshierarchie nachgewiesen. Die jiddische Form vemen wird auf allen Positionen, außer der Subjektposition, für menschliche Referenten verwendet. Im Westfälischen ist eine un ektierte Form we für die Positionen SU>DO>IO belegt. Sie kann, anders als die ektierte Form des Jiddischen, auch für nicht-menschliche Referenten verwendet werden und scheint damit bereits nicht mehr mit der ektierenden interrogativen Form wer identisch zu sein. Historisch betrachtet ist wer die interrogative Form der Pronomen der/ die/ das und wurde parallel zu diesen verwendet. Es war auch schon im Mittel- und Frühneuhochdeutschen nur für Kasus und Genus, jedoch nicht für Numerus ektiert (Fleischer 2004b, 220). Im Frühneuhochdeutschen konnte wer dann nur noch als Pronomen für menschliche Referenten verwendet werden, wohingegen was als Pronomen für alle anderen Kontexte diente. 46 In den österreichisch-bairischen Varietäten sowie im Jiddischen ist wos auch der Standardrelativsatzeinleiter. Er kann dort auch Relativsätze mit einem belebten Antezedenten einleiten. 3.12 Weitere Relativsatzeinleiter im Alemannischen 163 164 3 Typologie der Relativsatzstrategien des Alemannischen In Dialektgrammatiken zum heutigen Alemannisch ist wer als Relativpartikel nicht beschrieben. Die SynAlm-Befragung bestätigt diese Beobachtung (vgl. Beispiel 177 und die Auswertung in Abbildung 81): (177) Der Bub, wer in Deggingen wohnt. Abbildung 81: FB2 1_5 Über 70% der Informanten in allen Regionen geben an, wer als Relativsatzeinleiter nicht zu kennen. Nur vereinzelt gibt es Sprecher, denen die Konstruktion bekannt ist. Diese Sprecher sind keineswegs nur ältere Informanten, sondern können allen Altersgruppen zugeordnet werden. 47 3.12.4 Relativsatzeinleiter so, als und wie Die Relativsatzeinleiter so , als und wie sind vorwiegend in historischen Quellen belegt. Nach Weise (1916) ndet man so ab dem 18. Jh. nur noch selten in Schriftsprache und Mundarten, als und wie werden in Überblicksartikeln von Weise (1916) und auch bei Fleischer (2005) nicht erwähnt. 48 Auch in den Grammatiken von Staedele (1927) und Noth (1993) nden sich keine Belege in Relativsätzen. In bisherigen Studien zur gegenwärtigen Syntax des Alemannischen (SDS, SADS, SSA) nden sich ebenfalls keine Hinweise zum Status dieser Relativsatzeinleiter. In diesem Zusammenhang wird auch die Konjunktion und erwähnt, die als Relativsatzeinleiter im Mittelhochdeutschen und Frühneuhochdeutschen zu nden 47 Die Angabe war optional, dennoch haben die meisten Informanten Angaben zum Alter gemacht. 48 Mit Ausnahme der im Zusammenhang mit dem Relativsatzeinleiter dass diskutierten Form ass (Fleischer 2005, 182 FN 10). ist. 49 In den späteren Mundartgrammatiken nden sich jedoch keine Belege für den relativischen Gebrauch (Weise 1916, 71). Im Mittelhochdeutschen und Frühneuhochdeutschen hingegen (Paul 2007 und Reichmann 1993) waren diese Relativsatzeinleiter sehr produktiv. Bereits in der Mittelhochdeutschen Grammatik beschreibt Paul relativische Verwendung von Partikeln wie und und so : (178) ich Ich hete hätte ir ihr doch doch vil viel lihte leicht ein einen teil Teil geseit gesagt der der vil viel grossen großen liebe Liebe so so mi mein herze Herz an an si sie hat. hat. ‚Hätte ich ihr doch vielleicht die große Liebe gestanden, die mein Herz für sie hat.‘ (Rudolf von Rotenburg VII2, lf. (Liederdichter) I, S.384, zitiert nach Paul (2007, 405)) (179) Die Die wile Weile und und ich ich daz das leben Leben habe. habe. ‚Die Zeit, in der ich das Leben habe.‘ (Gottfried, Tristan, 1238, zitiert nach Ferraresi und Weiß (2011, 86)) Auch die Konjunktion als(o) wird im Mittelhochdeutschen attributiv verwendet, neben ihrer eigentlichen Funktion Modalität auszudrücken. Die Konjunktion entstand aus einer Verbindung von so und einem Verstärkenden al , was Neuhochdeutsch als so wie weiter besteht (Paul 2007, 426). (180) In Ihn dürstet dürstet sêre sehr nâch nach der der lêre. Lehre als als er er von von Rôme Rom was war gewon gewohnt. ‚Ihn dürstet sehr nach der Lehre, die er aus Rom gewöhnt war.‘ (Wa6, 32 zitiert nach Paul (2007, 426)) Im Frühneuhochdeutschen wurde so zu einer produktiven Relativpartikel, die ähnlich der heutigen Partikel wo verwendet wurde: (181) [...] die Die Brunnen Brunnen so so Abraham Abraham het hat graben graben lassen. lassen. ‚Die Brunnen, die Abraham hat graben lassen.‘ (DWB Eintrag zu so) In Paul (1920, 237) wird beschrieben, dass die Relativpartikel so vorwiegend in oberdeutschen Regionen vorkommt. Dieser Befund ist aufgrund der parallelen Verwendung zu wo für die vorliegende Arbeit von besonderem Interesse. Diese Analogie deutet darauf 49 Eine Beschreibung der subordinierenden Funktion von und sowie weitere Belege nden sich in Ferraresi und Weiß (2011). 3.12 Weitere Relativsatzeinleiter im Alemannischen 165 166 3 Typologie der Relativsatzstrategien des Alemannischen hin, dass im Hinblick auf den sogenannten dzu W -Wechsel im Frühneuhochdeutschen die Strategie mit so vermutlich eine Instanz der heutigen Partikelstrategie im Alemannischen war. Eine erste Studie wurde hierzu in Brandner und Bräuning (2013) vorgenommen. In einer Übersetzungsaufgabe der ersten Fragebogenrunde (SynAlm_FB_1) elen durch Zufall zwei Übersetzungsvarianten von Informanten auf, die so als Relativsatzeinleiter für folgende Konstruktionen angaben (Beispiele 182a und 182): (182) a. Das Mädchen so in Deggingen wohnt. b. Das Haus so man jetzt kaufen kann. Die Informanten stammen aus den Regionen Lörrach und Villingen-Schwenningen und zählen jeweils zu den Altersgruppen 2 und 3. Diese Beobachtung gab den Anlass zur Überprüfung des Bekanntheitsgrads dieser Konstruktionen, das Ergebnis ist in Abbildung 82 zu sehen. Abbildung 82: FB2 1_7 und 1_8 Die Überprüfung zeigt einen sehr geringen Bekanntheitsgrad. In Vorarlberg geben 13% der Informanten an, so als Relativsatzeinleiter mit einem belebten Referenten (Abbildung 82-2) und 30% mit einem unbelebten Referenten (Abbildung 82-1) zu kennen (Informanten aus Altersgruppe 3). In Baden-Württemberg, wo die Testsätze in der vorausgegangenen Befragung entdeckt wurden, geben 10% an, so als Relativsatzeinleiter mit einem belebten (Abbildung 82-2) und 15% mit einem unbelebten Referenten (Abbildung 82-1) zu kennen (Informanten aus Altersgruppe 2 und 3). In der Schweiz und im Elsass geben weniger als 10% der Sprecher an, die Konstruktionen zu kennen. Aktiv verwendet wird die Konstruktion jedoch in keiner der Regionen mehr. Für den Relativsatzeinleiter als zeichnet sich ein ähnliches Bild ab (Beispiel 183 und Abbildung 83): (183) Der Streit, als sie miteinander haben. Abbildung 83: FB2 1_10 Fast 70% aller Informanten kennen als nicht mehr als Relativsatzeinleiter. In BW ist der Bekanntheitsgrad mit 22% am höchsten. In den anderen Regionen liegt der Wert unter 15%. 50 3.12.5 Relativsatzeinleiter (d)ass Eine der nebensatzeinleitenden Konjunktion gleichende Partikel (d)ass wird auch als Relativsatzeinleiter für einige deutschen Dialekte beschrieben. Nach Weise (1916) nden sich dazu Belege im Bairischen und Ostfränkischen und im Pennsylvania-Deutschen (vgl. dazu auch Fleischer 2005, Haag 1982). So scheint das Vorkommen Fleischer zu Folge auf oberdeutsche Dialekte beschränkt zu sein. Im Pennsylvania-Deutschen ndet sich auch eine reduzierte Form, die als ass auftritt. Diese Form entspricht der neutralen Form des Demonstrativpronomens das , aus der sich auch die nebensatzeinleitende Konjunktion dass entwickelt hat. Auch die Entsprechung für die Konjunktion als ist durch diesen Grammatikalisierungspfad entstanden (vgl. Fleischer 2004b, Fleischer 2005 (182 FN10) und Reichmann 1993). Fleischer bezweifelt, dass es sich bei der Wortform ass um eine relativisch verwendete Form von als handelt, da er keine Belege in deutschen Mundarten ndet. In der Mittelhochdeutschen Grammatik ist als jedoch durchaus als Relativpartikel beschrieben (vgl. dazu auch Abschnitt 3.12.4 in diesem Kapitel). Vielmehr folgt Fleischer der Annahme von Weise (1916), dass es sich hier um Relativsätze vom Typ englischer that-relative-clauses handelt (Beispiel 184). 50 In der Schweiz und in BW kommen die meisten Sprecher wieder aus Altersgruppe 2 und 3, in VA aus Altersgruppe 3. 3.12 Weitere Relativsatzeinleiter im Alemannischen 167 168 3 Typologie der Relativsatzstrategien des Alemannischen (184) Es iss net oft bassiert, ass ich allee ins Schteddel bin. (Fleischer (2005) nach Haag (1982, 214)) Der Relativsatzeinleiter wird hier als Partikel für SU- und DO-Positionen verwendet, in OBL-Positionen tritt ass in Kombination mit einem Pronominaladverb auf (Beispiel 185): (185) Es Kaendi...., ass er geguckt hot defor. (Fleischer (2005, 183) nach Haag (1982, 226)) Wie zuvor bei der Abfrage für den Relativsatzeinleiter was gesehen, ist auch ass den Sprechern aller Regionen als Relativsatzeinleiter bekannt. Zumindest als Komplementierer in sogenannten Doubly lled Comp -Konstruktionen ist er auch in Grammatiken belegt Noth (1993, 423): (186) Záig Zeige ámol, einmal, weli welche aß-á dass-ihn broochd gebracht hed. hat. ‚Zeige einmal, welche ihn gebracht hat.‘ In SynAlm wurde der Relativsatzeinleiter ass mit Beispiel (187) getestet: (187) Der Streit, ass sie miteinander haben. Abbildung 84: FB2 1_11 Abbildung 84 zeigt, als Relativsatzeinleiter wird ass in Vorarlberg von 13% der Sprecher verwendet, in allen anderen Regionen liegt kein aktiver Gebrauch vor, allerdings geben mindestens 20% aller Informanten (in VA 30%) an, die Konstruktion zu kennen. Der Relativsatzeinleiter wie kommt im Alemannischen ebenfalls nicht mehr vor. Dies belegt die Auswertung (Abbildung 85) des Testsatzes (188): (188) Das Haus, wie man jetzt kaufen kann. Abbildung 85: FB2 1_6 Für die aus den Mittelhochdeutschen und Frühneuhochdeutschen Daten bekannten Relativsatzeinleiter gibt es kaum noch Belege im heutigen Alemannisch. Im gegenwärtigen Alemannisch sind d -Relativpronomen der , die und das attestiert. Als Relativpartikel wird nur noch wo verwendet, in seltenen Fällen nden sich Belege für was und ass sowie die Konstruktionen d+da und w+da bei nicht-belebten Bezugsnomen mit teilweise großen regionalen Unterschieden. Alle anderen Instanzen früherer Strukturen werden zwar noch von einigen wenigen Informanten als bekannt kategorisiert, aber nicht mehr verwendet. 3.13 Variation und Wandel im Paradigma der Relativsatzeinleiter Wie zuvor in den Einzelauswertungen gesehen, setzt sich die diachrone Variation der Relativsatzeinleiter auch im heutigen Alemannisch fort. Zum Abschluss dieses Kapitels sollen nun nochmals einige diachrone Aspekte näher betrachtet werden. Ein interessanter Aspekt in der etymologischen Betrachtung ist der u. a. bei Behaghel (1928) beschriebene Übergang von da und der Kombination all da (in adverbialer/ präpositionaler Verwendung) hin zu wo . Es ist ein sukzessiver Austauschprozess festzustellen, in dem wo die Funktion von da allmählich übernommen und schließlich ersetzt hat. Dieser Prozess begann nach Behaghel (1928, 732) „(....) im Ausgang der mittleren 3.13 Variation und Wandel im Paradigma der Relativsatzeinleiter 169 170 3 Typologie der Relativsatzstrategien des Alemannischen Zeit“, vermutlich also im 14. Jh. In Tabelle 25 wird der historische Ersetzungsprozess, den Behaghel (1928, 732) beschreibt, tabellarisch skizziert (Bräuning 2009): Abbildung 86: Übergang von da zu wo Die Beobachtungen von Behaghel sollen in den folgenden Ausführungen weiter historisch eingeordnet werden. Dabei stellen die Einträge zu d - und W -Wörtern in den Grammatiken des Alt-, Mittel und Neuhochdeutschen eine wichtige Datengrundlage dar. In der Mittelhochdeutschen Grammatik Paul (2007, 224) wird von einer relativen Verwendung des Adverbs da gesprochen, wo taucht dort noch nicht auf. Interessanterweise wird da in Beispielsätzen bereits mit wo übersetzt, ebenso wie die weiteren Formen dannen (woher), dar (wohin), darinne (worin) und darumbe (worum). An dieser Stelle ist also bereits eine gewisse Bedeutungsgleichheit der W -Wörter und der d -Wörter festzustellen. Die mittelhochdeutschen Relativpronomen sind bei nicht lokaler Relativierung die Demonstrativpronomen der, dui, daz (der, die, das), oft unterstützt durch die Partikel da , die dann aber nicht zu verwechseln ist mit dem Adverb da und hier keine lokale Bedeutung mehr hat Paul (2007, 373). Auch im Mittelhochdeutschen gibt es schon Belege für eine Verwendung lokaler Ausdrücke über die lokale Bedeutung hinaus, wenn beispielsweise die Bedeutung des Satzes in (189) auch als eine Bedingung verstanden werden kann: (189) Swâ der herre gar vertout, daz ist niht hêrlîcher mout. (Pz 171, 9. zitiert nach Paul (2007, 450)) In der frühneuhochdeutschen Grammatik nden sich dann erstmals auch Belege für wo in Relativsätzen: „Wo, das in den südd. Mundarten mit Bezug auf Sachen und Personen begegnet, erscheint nur selten in geschriebener Sprache“ (Ebert et al. 1993, 447): (190) Wir kumment wiederum zu got, ja wo uns unser sünden lot. (Murner DWB14,2,916; zitiert nach Ebert et al. (1993, 447)) Ebert schreibt weiter: „Die Partikel da (alda) steht als Relativadverbium gewöhnlich nach Bezugsgrößen, die einen Ort oder einen Zeitpunkt bezeichnen. Es tritt auch nach abstrakten Bezeichnungen in übertragener lokaler Bedeutung auf. Als Konkurrent von da in der Funktion als bestimmtes Relativpronomen breitet sich das ursprünglich interrogativische wo erst spät, hauptsächlich im 17. J. h aus“ (Ebert et al. 1993, 448). Bei Behaghel (1928) wird da als Relativadverb mit Bezug auf eine „nicht persönliche Größe“ beschrieben. So kann mit da auf Ausdrücke des Raumes, der Zeit, eine Sache oder einen abstrakten Begri Bezug genommen werden. Bei einer „persönlichen Größe“ im Hauptsatz muss jedoch eine Kombination aus Präposition und einem Pronomen (z. B. mit dem ) im Nebensatz stehen (Behaghel 1928, 733). Ein Blick auf die Ausführungen des Grimmschen Wörterbuchs (DWB) zur Etymologie von da zeigt seine funktionale Ähnlichkeit mit wo : Etymologie von da: Zunächst, so heißt es bei Grimm (DWB), ist die Bedeutung von da a. demonstrativ lokal (191) Das buch steht da. b. Demonstrativum der Zeit im Sinne von damals, darauf. Da bezeichnet einen eingetretenen Zeitpunkt (192) am nächsten morgen da eilte er weg, da war ich beruhigt. (DWB Eintrag zu da ) Relativisch kann da ebenso wie wo auch temporal verwendet werden und ersetzt damit die alte Form cum. Im Laufe der Zeit wird das temporale da dann durch als ersetzt. (193) Da es wolt zu dürr werden, er bat (gott) aber (abermals) umb ein regen. (DWB Eintrag zu da ) Im DWB ndet sich ein ähnlicher Hinweis, wie bei Behaghel (1928), der beschreibt, dass da von wo langsam ersetzt wird: „bloz relativ steht da für wo , was man jetzt lieber gebraucht“ (DWB Eintrag zu wo ). Da erfüllt, wie in den Ausführungen des Grimmschen Wörterbuch beschrieben, diachron betrachtet also eine Funktion, die der von wo sehr ähnlich ist. Eine spätere Substitution von da durch wo ist daher auch nachvollziehbar. Auch in Fleischer (2004b) ndet sich ein Rückblick auf die diachrone Entwicklung der Relativpronomen. Dabei stellt er fest, dass von allen synchron existierenden Varianten die sogenannten Pronomen mit d -Stämmen ( der, die, das und da ) die ältesten Formen sind und bis ins Althochdeutsche zurückverfolgt werden können. Die Relativpronomen 3.13 Variation und Wandel im Paradigma der Relativsatzeinleiter 171 172 3 Typologie der Relativsatzstrategien des Alemannischen mit W -Stämmen ( welcher, welche, welches, wer, was und wo ) sind später als „innovative“ Formen hinzugekommen und haben die „Funktion der D -Wörter“ übernommen (Fleischer 2004b, 231). Auch er sieht dies in der Beobachtung von Paul (1920) bestätigt, der wie Behaghel (1928) beschreibt, dass wo die Funktion von da übernommen hat (Fleischer 2004b, 232). Relativsätze, die von d -Pronomen eingeleitet werden, sind in den Dialekten selten zu nden (Fleischer 2004b). In allen deutschen Dialekten existieren aber Konstruktionen, bestehend aus dem Relativpronomen und einer Partikel wie was, da oder wo . Fleischer verweist an diesem Punkt auf Lehmann (1984, 379), der diese Form von Kombination auch schon im Althochdeutschen ndet, aber ausschließlich die Formen der, die, das+da , die Kombinationen mit W -Stämmen sind erst später hinzugetreten (Fleischer 2004b, 232). Das Pronomen wer tritt Fleischer (2004b) zufolge erstmals im Mittelniederdeutschen in Erscheinung und ist heutzutage in den westfälischen Dialekten keiner Restriktion mehr unterlegen hinsichtlich Belebtheit oder Unbelebtheit seines Bezugsworts und ist dabei, sich von einem Relativpronomen hin zu einem „allgemeinen nebensatzeinleitenden Element“ zu entwickeln (Fleischer 2004b, 233). 51 Die diachrone Betrachtung der d -Wörter und W -Wörter zeigt, dass es einen Übergang gegeben hat, bei dem die Wörter mit einem W -Stamm diejenigen mit d -Stamm abgelöst haben. Die stark referenzielle deiktische Funktion der demonstrativen Relativpronomen wurde von W -Wörtern übernommen und die W -Wörter haben eine weitere Grammatikalisierung erfahren hin zu un ektierten nebensatzeinleitenden Partikelwörtern. 51 Fleischer skizziert einen Grammatikalisierungsprozess für was und wo , der bereits in Kapitel 2 dieser Arbeit dargestellt wurde. Er stellt fest, dass wo als Relativpartikel in der Mehrzahl der deutschen Dialekte historisch zunächst für niedrige Positionen der Accessibility Hierarchy verwendet wurde und im Verlauf eines Grammatikalisierungsprozesses auch als Relativpartikel für höhere Positionen verwendet werden kann. Diese Beobachtung ndet sich jedoch nicht in den anderen diachronen Quellen. Was dagegen hat den Grammatikalisierungsprozess innerhalb der Accessibility Hierarchy von oben nach unten durchlaufen (Fleischer 2004b, 234). Was ersetzt dieser Analyse zufolge sukzessive das neutrale Demonstrativum das , parallel dazu zeigt Fleischer, wie wo die Funktion von da übernommen hat. Die deiktisch-referenziellen Merkmale, die da auszeichnen, gleicht wo , das nicht so stark referenziell ist, durch seine lokale Semantik aus (Fleischer 2004b, 234). Ebenso wie bei was ist aber auch bei wo eine fortschreitende Grammatikalisierung hin zu einer un ektierten Partikel zu beobachten. Was hat sich ausgehend von einem Relativpronomen weiter grammatikalisiert hin zu einer Art Subordinator, dies tri t auch auf wo zu (zum Grammatikalisierungsprozess von wo vgl. ausführlich Bräuning (2009, 19-24)). Zusammenfassung In Tabelle 46 wird abschließend die diachrone Situation der d - und W -Wörter zusammengefasst (vgl. dazu auch (Paul 2007, 405) und (Reichmann 1993, 445-450). Tabelle 46: Relativsatzeinleiter diachron RSE AHD MHD FNHD Pronomen der; die; das; wer; was der; die; das; swer; swas der; die; das; welcher; wer; was Partikel x so; und; als; so und; als; wo; da; so Adverbien x da swa; swar; swannen x Der zweite Teil dieses Kapitels hatte zum Ziel, die etymologische Entwicklung der d - und W -Wörter genauer zu beleuchten. Die in Kapitel 2 und 3 beschriebene synchrone Situation, die durch ein hohes Maß an Variation im Paradigma der verschiedenen Relativsatzeinleiter geprägt ist, lässt sich bereits in früheren Sprachstufen beobachten und setzt sich im heutigen Alemannisch fort. 3.13 Variation und Wandel im Paradigma der Relativsatzeinleiter 173 4 Syntax alemannischer Relativsatzstrategien In Kapitel 3 wurden die typologischen Aspekte der Relativsatzbildung im Alemannischen beschrieben. So konnte die SynAlm-Befragung zum Status der verschiedenen Relativsatzeinleiter (RSE) und deren Auftreten in bestimmten Relativsatztypen Klarheit in die typologischen und syntaktischen Fragestellungen bringen und zeigen, dass im Alemannischen vier Strategien attestiert sind: (194) a. eine Partikelstrategie (Partikel = wo ) b. eine Pronomenstrategie ( d -Relativpronomen der die das ) c. doppelt eingeleitete Relativsätze ( d -Relativpronomen + Partikel wo ) d. eine Resumptivstrategie (Partikel wo + Resumptivpronomen in der Position der Lücke) Die Strategien 194 a-d treten im gesamten Erhebungsgebiet auf. Die Regionen BW, CH, VA und EL unterscheiden sich jedoch mitunter stark im Hinblick auf die Frequenz, mit der diese Strategien Anwendung nden. In Tabelle 47 wird die Zugänglichkeitshierarchie für Alemannisch (ohne Frequenzangaben, vgl. dazu Kapitel 2) dargestellt. In der linken Spalte der Tabelle ndet sich der jeweilige Strategietyp (siehe dazu auch die Legende mit weiteren Erläuterungen). Die daran anschließenden Spalten bezeichnen die Regionen, in denen je nach Position auf der Zugänglichkeitshierarchie diese Strategie attestiert („+“) oder nicht attestiert („-“) ist. Die Bezeichnung „(+)“ bezieht sich auf diejenigen Fälle, in denen es Belege gibt, diese jedoch nur in sehr geringer Zahl vorliegen: Tabelle 47: Zugänglichkeitshierarchie für Alemannisch Region Strategie BW CH VA EL SU > DO > IO (main strategy) w+gap + + + + d+gap + (+) + + OBL (secondary strategy) w+res - + - + d+gap + (+) + + Die Zugänglichkeitshierarchie für das Alemannische zeigt den Grad der grammatischen Zugänglichkeit eines Relativsatzes im Hinblick auf den gewählten Relativsatzeinleiter. In 176 4 Syntax alemannischer Relativsatzstrategien Kapitel 2 wurde bereits beschrieben, welche grammatischen Faktoren die Wahl des Relativsatzeinleiters möglicherweise beein ussen können. Dabei wurden die Auswertungen für Variablen wie in (195) dargestellt bereits ausführlich besprochen: (195) a. Kasus der relativsatzinternen Lücke b. semantische Eigenschaften des Kopfnomens c. grammatische Eigenschaften des Kopfnomens In SynAlm wurden darüber hinaus noch weitere Ein ussfaktoren auf die Wahl des Relativsatzeinleiters überprüft: (196) a. Unterscheidung zwischen appositiven und restriktiven Relativsätzen b. Lokalitätse ekte c. Bindungsverhalten und Rekonstruktionse ekte in Relativsätzen Die Unterscheidung, ob ein Relativsatz eine appositive oder restriktive Lesart hat (196a), ist ein semantisches Kriterium, das in der Literatur im Kontext der syntaktischen Anbindung des Relativsatzes an dessen Antezedenten (Kopf) diskutiert wird. Im Kontext der alemannischen Relativsatzstrategien erscheint es als wichtiges Kriterium, da bisher nicht hinreichend geklärt werden konnte, ob die Existenz verschiedener Relativsatzstrategien (194a - c) durch diesen Faktor beein usst wird oder nicht. Lokalitätse ekte bei Bewegungsoperationen (196b) sowie das Bindungsverhalten und daraus resultierende Rekonstruktionse ekte (196c) sind ebenfalls an strukturelle Kriterien geknüpft, wie die Frage nach der syntaktischen Repräsentation des Relativsatzkopfes. In Kapitel 1 wurden die in der Literatur diskutierten syntaktischen Analysen bereits dargestellt. Um alemannische Relativsätze hier syntaktisch präzise beschreiben zu können, muss unter anderem die Frage geklärt werden, ob der Relativsatzkopf relativsatzextern (HEA) oder -intern (HRA) basisgeneriert wird. Dieser Faktor ist dann wiederum im Hinblick auf die Wahl des Relativsatzeinleiters zu überprüfen. Lokalitäts- und Rekonstruktionse ekte können zur Klärung dieser strukturellen Fragen entscheidende Hinweise geben. In den folgenden Abschnitten werden diese drei Faktoren und ihre Rolle bei der Relativsatzbildung im Alemannischen diskutiert. Es erfolgt in den Abschnitten 4.1-4.3 zunächst eine Analyse appositiver und restriktiver Relativsätze, in Abschnitt 4.4 wird der Aspekt der Lokalitätse ekte im Hinblick auf zugrunde liegende A’-Bewegung untersucht und schließlich in Abschnitt 4.5 Bindungsverhalten und Rekonstruktion beschrieben. 4.1 Die Unterscheidung appositiv/ restriktiv Für die syntaktische Beschreibung von Relativsätzen ist die Unterscheidung appositiv/ restriktiv von Bedeutung, da es hier um das a) syntaktische und b) semantische Verhältnis zwischen dem Antezedenten (Kopf) und dem modi zierenden Relativsatz geht. In der Literatur werden eine Reihe von Daten und daraus abzuleitende strukturelle Konsequenzen diskutiert. Die vorliegende Arbeit kann nur einen Einblick in den Stand der Wissenschaft zu diesem Thema geben. Dies gilt insbesondere für den Typ des appositiven Relativsatzes. Die hier vorliegende Diskussion beansprucht keine vollständige syntaktische Beschreibung appositiver Relativsätze (ARS), da sich in den experimentellen Daten bereits gezeigt hat, dass dieser Faktor keinen Ein uss auf die Wahl des Relativsatzeinleiters hat (vgl. Kapitel 2 und Abschnitt 4.1 - 4.2 in diesem Kapitel). Dieser Abschnitt hat daher zum Ziel, mögliche Gründe für dieses Ergebnis herauszuarbeiten und die Konsequenzen für die in Kapitel 5 vorgeschlagene Analyse aufzuzeigen. Für die hier angestrebte syntaktische Beschreibung der alemannischen Relativsatzstrategien werden zunächst die wichtigsten Kriterien beschrieben, welche die syntaktischen und semantischen Unterschiede dieser Relativsätze ausmachen. Diese werden danach mit Bezug auf die vorliegenden Daten der SynAlm-Befragung diskutiert. 4.1.1 Unterscheidungskriterien für appositive und restriktive Relativsätze In diesem Abschnitt werden die Unterscheidungskriterien für die beiden Kategorien appositiv und restriktiv dargestellt. Wie sich herausstellen wird, ist eine Abgrenzung zwischen den beiden Lesarten nicht immer eindeutig möglich - eine Feststellung, die auch Konsequenzen für die zugrunde liegende Syntax hat. Appositive und restriktive Relativsätze werden durch die folgenden De nitionen bestimmt: • Appositive Relativsätze (ARS): Der Relativsatz erscheint attributiv zum Kopfnomen und liefert eine zusätzliche Eigenschaft für dessen nähere Beschreibung. • Restriktive Relativsätze (RRS): Die im restriktiven Relativsatz ausgedrückte Eigenschaft dient dazu, aus einer Menge von möglichen Referenten des Kopfnomens eine Teilmenge zu identi zieren, auf die die Eigenschaft, welche der Relativsatz beschreibt, zutri t. In Cabredo-Hofherr (2014, 180) ndet sich folgende De nition: “Appositive relative clauses are relative clauses that combine with a DP whose referent is already identi ed by the DP without the RC”. Ein restriktiver Relativsatz (RRS) hingegen hat die Funktion, die Anzahl der Variablen einzuschränken, über die der Determinierer des Kopfnomens quanti ziert. D. h. ein restriktiver Relativsatz referiert auf eine saliente Entität, auf die 4.1 Die Unterscheidung appositiv/ restriktiv 177 178 4 Syntax alemannischer Relativsatzstrategien die Beschreibung zutri t, welche durch die Kombination (Intersektion/ Schnittmenge) der Determination des Kopfnomens mit der Eigenschaft entsteht, die dem Kopf durch den Relativsatz hinzugefügt wird. Darüber hinaus gilt, dass es mindestens eine Entität gibt, auf die die Beschreibung des Kopfnomens, jedoch nicht die Eigenschaft des restriktiven Relativsatzes zutri t (Cabredo Hofherr 2014, 180). Weitere Kriterien zur Di erenzierung der Lesarten liegen nach Lehmann (1984) in den Kategorien De nitheit (Gesamtheit einer Menge), Generizität (Elemente aus einer vom generischen Begri bestimmten Menge) und spezi sche Determination. Diese Operationen tragen jeweils zu einer eindeutigen Referenz des Kopfnomens bei, die benötigt wird, damit ein appositiver Relativsatz das Kopfnomen modi zieren kann. Bei der Operation der Restriktion wird ausgehend von einem Begri ein neuer Begri erzeugt, der über eine größere Intension, aber geringere Extension verfügt (Lehmann 1984, 261). In (197-200) wird jeweils ein Beispiel für diese Kriterien und die daraus resultierende Lesart gegeben (Lehmann 1984, 260 leicht abgeändert): (197) Ich suche den/ unseren Regenschirm, unter den die ganze Familie passt. (de nit/ spezi sch restriktiv) (198) Der Dodo, der sich von trockenen Früchten ernährt hat, ist ausgestorben. (199) Ich habe einen Regenschirm, der blaue Punkte hat, gefunden. (inde nit, nicht spezi sch, nicht generisch, restriktiv) (200) Ein römischer Legionär gibt niemals auf. (inde nit, nicht spezi sch, generisch) Das Kopfnomen eines restriktiven Relativsatzes „darf “ Lehmann zufolge weder de nit noch generisch sein, denn in diesen Fällen ist die Referenz des Nominals bereits festgelegt. Die Kriterien spezi sche Determination (Teilmenge) sowie undeterminiert , inde nit spezi sch haben ebenfalls keine Auswirkungen auf die Restriktion. Weitere Unterscheidungskriterien für das Antezedens in appositiven Relativsätzen de niert de Vries (2002, 182): Im Unterschied zum Referenten des restriktiven Relativsatzes muss der Referent, falls inde nit, eindeutig präsupponiert sein. Weiterhin bedeutet dies, dass Quanti zierer unter normalen Umständen nicht durch einen appositiven Relativsatz modi ziert werden können (de Vries 2002, 182, ins Deutsche übersetzt): 52 (201) Jeder/ Niemand, der einen Hut trägt, wird fotogra ert. 52 De Vries (2002) verwendet hier u. a. Beispiele aus Sells (1984). Allerdings können spezielle Kontexte quanti zierende und inde nite Antezedenten erlauben: (202) Ein Tutor wird jeden Studenten registrieren, der dann verantwortlich ist, rechtzeitig seine Unterlagen zum Büro des Dekans zu bringen. (203) Jeder neue Student bekommt einen Tutor zugewiesen, der für das Wohlbe nden des Studenten verantwortlich ist. Für de Vries (2002) haben diese Beispiele eine generische Lesart und können womöglich aus diesem Grund durch einen appositiven Relativsatz modi ziert werden. Referenten, die eindeutig identi ziert werden können, folglich „unique“ (eindeutig) sind, können nur durch appositive Relativsätze modi ziert werden. Allerdings gibt es Grenzfälle, bei denen man keine Kategorisierung vornehmen kann. Sie haben epithetischen Charakter und beschreiben näher, wer durch den Antezedenten beschrieben wird. Allerdings sind sie nicht restringierend im Hinblick auf die Eingrenzung aus einem Set von möglichen Referenten (de Vries 2002, 184): (204) Du, der alles weiß, hat natürlich das letzte Wort. Ein weiteres viel zitiertes Beispiel sind Sätze vom Typ: (205) Das Paris, das ich liebe. (206) Das Paris, der alten Zeiten. Hier entsteht eine restriktive Lesart, bei der aus einem Set von Möglichkeiten ein bestimmter Aspekt von Paris beschrieben wird, wenngleich es nur ein einziges Paris geben kann. 53 (207) Er arbeitet hart, was ein Beamter auch tun sollte. (Modi kation einer AdvP) (208) Die Kommission traf sich von 9 bis 12 Uhr, was sehr lang ist. (Modi kation einer PP) 53 Weiterhin unterscheiden sich appositive und restriktive Relativsätze hinsichtlich der syntaktischen Kategorie des Antezedenten. So modi zieren restriktive Relativsätze ausschließlich Determiniererphrasen (DPs), wohingegen appositive Relativsätze Antezedenten der Kategorie CP, VP, AP, AdvP und PP und damit Relativsätze ohne Kopfnomen modi zieren können. Exemplarisch werden hier zwei Beispiele in Anlehnung an die Darstellung in de Vries (2002, 185) gegeben, allerdings ist hier anzumerken, dass diese Sätze im Deutschen in der Regel durch W -Pronomen eingeleitet und als „Freie Relativsätze“ eingestuft werden. Diese werden durch das Pronomen was , in seltenen Fällen auch durch das eingeleitet. Dieser Relativsatztyp (207 - 208) ist jedoch nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit. 4.1 Die Unterscheidung appositiv/ restriktiv 179 180 4 Syntax alemannischer Relativsatzstrategien Ein Bezugsnomen, das von einem appositiven Relativsatz modi ziert wird, kann nicht durch einen weiteren restriktiven Relativsatz modi ziert werden. Personalpronomen oder Eigennamen gelten als inhärent de nit und können daher nur durch einen appositiven RS modi ziert werden. Die Restriktivität lässt sich erzwingen, indem ein de niter Artikel vorangestellt wird. Für Quantoren gibt es unterschiedliche Vorhersagen. Allquantoren können aufgrund ihrer semantischen Eigenschaft (Bildung einer Grundmenge, über die quanti ziert werden kann) nur durch einen restriktiven RS modi ziert werden. Weitere Kriterien, die im Hinblick auf die Unterschiede von appositiven und restriktiven Relativsätzen betrachtet wurden, sind Pied-Piping, das Auftreten von epithetischen Nominalphrasen, Extraposition und Stacking, Skopus und Bindungseigenschaften sowie Intonationsunterschiede. Das Pied-Piping von Präpositionen ist sowohl in appositiven als auch in restriktiven Relativsätzen attestiert. Bei komplexen Präpositionalkonstruktionen gibt es sprachspezi sche Unterschiede, auf die hier nicht weiter eingegangen wird. Eine ausführliche Besprechung ndet sich hierzu in de Vries (2002) (vgl. auch Cinque 1982, Fabb 1990, Emonds 1979). Epithetische Nominalphrasen sind nur in appositiven Relativsätzen attestiert. Extraposition und Stacking ist dagegen in beiden Konstruktionstypen möglich, wobei darüber nach de Vries (2002, 190) in der Literatur keine Einigkeit besteht. In einer Stacking-Konstruktion bestehend aus einem appositiven und einem restriktiven Relativsatz folgt der restriktive Relativsatz dem appositiven. Allerdings sind auch hier Gegenbeispiele belegt: (209) Kijk, Schau daar da heb hast je du die diesen man Mann weer, wieder, die den ik ich je dir trouwens übrigens gisteren gestern ook auch aanwees, gezeigt habe, die der een einen paarse violetten hoed Hut draagt. trägt. ‚Schau da hast du wieder diesen Mann, den ich dir übrigens gestern schon gezeigt habe, der einen violetten Hut trägt.‘ (de Vries 2002) Bezüglich der Faktoren Skopus und Bindung liegen die Unterschiede in der Anbindung des Relativsatzes an den Antezedenten. Während ein appositiver Relativsatz die komplette Nominalphrase modi ziert, be ndet sich ein restriktiver Relativsatz im Skopus des externen Determinierers. Darin begründet sich auch ein unterschiedliches Verhalten z. B. bei der Relativierung von Quantoren oder Negation, die aufgrund ihrer semantischen Eigenschaften für eine appositive Modi kation ausscheiden. Allerdings werden hierfür in der Literatur Beispiele beschrieben, die in speziellen Kontexten Ausnahmen erlauben. In der Literatur wird trotz attestierter Ausnahmen jedoch davon ausgegangen, dass sowohl Bindung in einen appositiven Relativsatz als auch spezielle Interpretation von Quantoren in appositiven Relativsätzen nicht möglich ist. 54 Die Intonation ist ein weiteres Unterscheidungskriterium, das in Tabelle 48 dargestellt ist: Tabelle 48: Intonation (Lehmann 1984, 261) appositiv restriktiv Intonationsbruch zw. Kopf und RS Keine Intonationspause Intonationspause zwischen Matrix- und Relativsatz Keine Pause Parenthetisch - Jeweils eigener Akzent auf Kopf und RS Kopfnomen und RS bilden eine Akzentgruppe Appositive Relativsätze können keine Satzbetonung tragen, damit auch nicht fokussiert oder negiert werden (Jackendo 1977, de Vries 2002). 4.1.2 Zusammenfassung In den vorangehenden Abschnitten wurden die wichtigsten Unterscheidungskriterien, die eine appositive von einer restriktiven Attribution abgrenzen sollen, diskutiert. In der Literatur werden weitere Di erenzierungen bezüglich der semantischen Funktionen eines Relativsatzes beschrieben. Eine weitere Kategorisierung erfolgt über die Terminologie restriktiv und nicht-restriktiv, wobei letztere Kategorie vorwiegend als Synonym für appositiv gilt. Andere Autoren nehmen hier eine weitere Di erenzierung vor. Ob diese Kriterien Auswirkungen auf die Relativsatzstrategien im Alemannischen haben und beispielsweise die Wahl des Relativsatzeinleiters beein ussen, soll in den folgenden Abschnitten untersucht werden. 4.2 Die Unterscheidung appositiv/ restriktiv in alemannischen Relativsätzen Die Unterscheidung appositiv/ restriktiv und damit die semantische Interpretation eines Relativsatzes hat, wie oben beschrieben, auch Konsequenzen für die syntaktische Anbindung des jeweiligen Relativsatzes. Doch nicht nur die Anbindung des Relativsatzes an sein Kopfnominal, sondern auch die interne Struktur, die Wahl des Relativsatzeinleiters und damit die Entscheidung für 54 Weitere Unterschiede zeigen diese Relativsatztypen auch im Hinblick auf das Auftreten von parasitic gaps und sprecherorientierten Adverbien (letztere können ausschließlich in appositiven Relativsätzen vorkommen). Hierzu nden sich Daten und weiterführende Literatur in de Vries (2002) und Wiltschko (2013). 4.2 Die Unterscheidung appositiv/ restriktiv in alemannischen Relativsätzen 181 182 4 Syntax alemannischer Relativsatzstrategien eine bestimmte Strategie, ist in einigen Sprachen entscheidend durch die Frage bestimmt, ob der Relativsatz eine appositive oder restriktive Funktion besitzt. In diesem Abschnitt soll nun herausgearbeitet werden, wie appositive und restriktive Relativsätze im Alemannischen syntaktisch erfasst werden können. Folgende Frage soll dabei im Vordergrund stehen und beantwortet werden: i. Wirkt sich die appositive oder restriktive Funktion eines Relativsatzes im Alemannischen auf die Wahl des Relativsatzeinleiters aus? Das Standarddeutsche mit seiner d -Pronomenstrategie macht keine Unterscheidung bezüglich des Relativsatzeinleiters in Abhängigkeit von der Funktion (restriktiv/ appositiv) 55 - anders als das Englische. Hier sind durch den Komplementierer that eingeleitete Relativsätze immer restriktiv. Im Gegensatz zu pronominal eingeleiteten Relativsätzen ( who/ which ), die sowohl appositive als auch restriktive Relativsätze einleiten können. 56 Die Beispiele (210) und (211) zeigen die Situation im Standarddeutschen: (210) Unsere Katze, die gestern erst einen Vogel gefangen hat, ist heute wieder auf der Jagd. (211) Die Katze, die gestern einen Vogel gefangen hat, ist heute wieder auf der Jagd. Auf den ersten Blick scheinen auch Relativsätze, die durch die Partikel wo eingeleitet werden, hier keinen Unterschied zu machen: (212) Onser Katz, wo geschtern erscht a Fegele gfanga hot, isch heit scho wieder uf d Jagt. (213) D Katz, wo geschtern erscht a Fegele gfanga hot, isch heit sch wieder uf d Jagt. Ob diese Beobachtung allerdings stabil ist, auch in Abhängigkeit von unterschiedlichen grammatischen und semantischen Eigenschaften des Kopfnomens (De nitheitsmerkmale, pronominale oder auch quanti zierende Antezedenten), sollte über die Datenerhebung in SynAlm überprüft werden. Die Auswertungen in Kapitel 2 zeigen, dass die Wahl des Relativsatzeinleiters für Relativsätze mit nominalem Kopf im Alemannischen analog zum Standarddeutschen nicht durch die semantische Funktion des Relativsatzes beeinusst wird. Exemplarisch werden hier nochmals die Ergebnisse der Aufgabe 7 wiederholt: 55 Im Standarddeutschen wird der Relativsatz mit Kopfnomen in der Regel durch ein demonstratives Pronomen der, die, das eingeleitet. Dies gilt für appositive als auch restriktive Relativsätze gleichermaßen. 56 Weitere Relativsatzeinleiter im Standarddeutschen sind darüber hinaus welche(r)s , wer und was sowie Adverbiale (vgl. Eisenberg 2006). Der Testsatz in Aufgabe 7 wird in Beispiel (214) dargestellt. Die Präferierte Variante, Pronomen oder Partikel, sollte in eine Lücke eingetragen werden: (214) Mei Meine Schweschdr, Schwester, die/ wo die/ wo grad gerade erscht erst a ein Kend Kind griagt bekommen hot, hat, ziagt zieht mit mit dr ihrer Familie Familie in in d die USA. USA. 7. Die Situation: Robert tri t einen alten Schulfreund und erzählt ihm Neuigkeiten, unter anderem über seine Schwester: 7.1 Mei Schweschdr, _ grad erscht a Kend griagt hot, ziagt mit dr Familie in d’USA Stellen Sie sich vor, Robert hat eine Schwester und einen Bruder. Sein Freund kennt die Familie gut. Wie würde der Satz dann lauten? 7.2 Mei Schweschdr,_ grad erscht a Kend griagt hot, ziagt mit dr Familie in d’USA Stellen Sie sich nun vor, Robert hat mehrere Schwestern: eine Schwester, die Nachwuchs bekommen hat und eine, die noch zur Schule geht. Wie würde der Satz dann lauten? 7.3 Mei Schweschdr,_ grad erscht a Kend griagt hot, ziagt mit dr Familie in d’USA Die Auswertungen für die Relativsatzstrategie in Abhängigkeit der Faktoren appositiv und restriktiv werden in den Abbildungen 87 - 89 für das gesamte Erhebungsgebiet gezeigt: Abbildung 87: Unterscheidung appositiv/ restriktiv, Satz 7.1 4.2 Die Unterscheidung appositiv/ restriktiv in alemannischen Relativsätzen 183 184 4 Syntax alemannischer Relativsatzstrategien Abbildung 88: Unterscheidung appositiv/ restriktiv, Satz 7.2 Abbildung 89: Unterscheidung appositiv/ restriktiv, Satz 7.3 Die Frage nach einer appositiven oder restriktiven Interpretation eines Relativsatzes ist oftmals kaum zu beantworten, da es je nach Äußerungskontext viele Grenzfälle gibt, bei denen Ambiguitäten nicht vermeidbar sind. Dies wurde mit dem hier konstruierten Aufgabentyp versucht zu vermeiden, indem die Testsätze in einen ambigen Kontext und zwei eindeutige Kontexte eingebettet wurden. Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass die Wahl des Relativsatzeinleiters nicht duch die semantische Interpretation des Relativsatzes beein usst wird. Wie die Pronomenstrategie des Standarddeutschen werden auch die alemannischen Relativsatzeinleiter sowohl in restriktiven als auch in appositiven Kontexten verwendet. Eine weitere Beobachtung bei diesen Lückentexten ist die höhere Anzahl befragter Personen, die keine Bewertung abgegeben haben (Item-Nonresponse). Für Aufgabe 7 (87 - 89) liegt sie beispielsweise in BW zwischen 11% und 16%, in CH ähnlich zwischen 10% und 15% (für eine ausführliche Darstellung vgl. Bräuning und Brandner (2018) und Kapitel 2). Hier sind vermutlich Schwierigkeiten in der Aufgabenstellung ursächlich. Interessante Rückschlüsse lassen sich jedoch an dieser Stelle aus den Item- Nonresponseraten in Kombination mit den Kategorien „other“ und „addition“ ziehen, die hier zusätzlich in der Auswertung berücksichtigt und hinzugefügt werden. Au ällig ist, dass einige Sprecher in der eindeutig restriktiven Variante (7.3) den vorgegebenen Satz in der folgenden Form ergänzen: „Meine Schwester, weisch die, wo grad erscht a Kend kriagt hät, ziegt etzt mit era Familie in d USA“. Die Sprecher fügen hier zusätzlich etwas in den Kontext ein, das nochmals klar hervorhebt, dass auf eine bestimmte Schwester referiert werden soll. Es wird dadurch präsupponiert, dass es zwei Schwestern gibt. Eine naheliegende Erklärung ist, dass die Struktur in diesem Fall reanalysisert wird und zwar in der Art, dass das d -Relativpronomen die linksdislozierte DP (meine Schwester) wieder aufnimmt und somit strukturell als Kopfnomen eines durch die Partikel eingeleiteten Relativsatzes dient. Das Phänomen der Restrukturierung ermöglicht interessante Rückschlüsse auf die Verarbeitungsprozesse bei Relativsatzstrukturen. Die durch einen Relativsatz vorgesehene Modi kation und damit der semantische Typ eines Relativsatzes ist, so zeigen es die hier beschriebenen Daten aus der Literatur, aber auch aus der SynAlm-Befragung, entscheidend von der Diskurssituation und Kontextwissen beein usst. Ob ein Antezedenz eindeutig identi ziert ist, kann durch bestimmte inhärente Merkmale eines Relativsatzkopfes unmissverständlich vorliegen. Dennoch zeigen Bespiele wie in (205), Das Paris, das ich liebe , dass auch hier mit einem entsprechenden Kontext, der durch die Setzung des de niten Artikels erreicht wird, die Interpretation des Relativsatzes entscheidend beein usst werden kann. Andere Daten belegen, dass auch der umgekehrte Fall durch einen entsprechenden Kontext konstruiert werden kann, wenn keine appositive Lesart entsprechend der oben bestimmten Kriterien vorliegt. Die SynAlm-Befragung hat gezeigt, dass die Partikelstrategie und die d -Pronomenstrategie sowohl für appositive als auch restriktive Relativsätze anwendbar ist, eine Unterscheidung dieser beiden Relativsatztypen nicht immer eindeutig möglich ist. Diese Diskurssensitivität von Relativsätzen führt in Wiltschko (2013) zur Annahme eines weiteren Relativsatztyps, dem sogenannten descriptive relative clause . Die Eigenschaften dieses Relativsatztyps sowie weitere kategoriale Unterschiede die die semantische Interpretation von Relativsätzen betre en, werden im folgenden Abschnitt näher betrachtet und die Daten im Hinblick auf das Alemannische diskutiert. 4.2 Die Unterscheidung appositiv/ restriktiv in alemannischen Relativsätzen 185 186 4 Syntax alemannischer Relativsatzstrategien 4.3 Deskriptive Relativsätze Neben der Unterscheidung appostiv/ restriktiv werden in der Literatur weitere Relativsatztypen beschrieben, die in Abhängigkeit der semantischen Eigenschaften ihres Kopfnomens nicht als appositiv oder restriktiv interpretiert werden können. In Carlson (1977) und Grosu und Landman (1998) werden sogenannte amount oder third-type relatives vorgeschlagen, die sich durch eine „mengenspezi sche“ Lesart auszeichnen. Hawkins (1978) hat darüber hinaus eine weitere Kategorie, sogenannte establishing Relativsätze vorgeschlagen, die sich dadurch auszeichnen, dass das Prädikat des Kopfnomens und des Relativsatzes gemeinsam auf genau einen Referenten zutre en (Cabredo Hofherr 2014): (215) a. What’s wrong with Bill? Oh, the woman he went out with last night was nasty to him b. What’s wrong with Bill? #Oh, the woman who was from the south was nasty to him 57 (Hawkins 1978, 101 - 102) Diese Typen restriktiver Relativsätze werden auch als funktional restriktiv bezeichnet. Die funktional restriktive Eigenschaft wird durch eine semantische Operation erzeugt, bei der die Information des Relativsatzes den „range“ (Restriktion) der Variable des Kopfnomens auf genau einen Referenten einschränkt. Die Funktionalität ergibt sich dabei aus dem Weltwissen, das die Diskursteilnehmer teilen. 58 Weitere semantische Kriterien wie intensionale Referenz von Kopfnomen und Relativsatz, die sich über die Verankerung der Referenz aus Kopf und Relativsatz zu einem festen Zeitpunkt oder an einem nicht festgelegten Zeitpunkt manifestiert (Ebert 1971b, Gunkel 2007), sowie Verb+Nomen -Komplexe wie Bedenken haben oder das Wissen haben , werden ebenfalls als Unterkategorien spezieller Relativsatztypen diskutiert, die wiederum im Zusammenhang mit der Wahl reduzierter und starker Determinierer am Kopfnominal stehen. Die Di erenzierungen setzen sich in der Abgrenzung restriktiv/ nicht-restriktiv fort. Nicht-restriktive Relativsätze werden in der Literatur oftmals weiter di erenziert (vgl. Cabredo Hofherr 2014), sie gelten aber auch als Synonym für die Kategorie appositiv. Cinque (2008) unterscheidet appositive Relativsätze nochmals in integrated und nonintegrated aufgrund unterschiedlicher syntaktischer und semantischer Distribution dieser Relativsätze im Italienischen. 59 57 Die Akzeptabilität des Beispiels verbessert sich, sobald „by the way“ oder „you know“ eingefügt wird. 58 Nicht zu verwechseln mit dem Terminus lexikalisch-funktionaler Nomen nach Löbner (2011), vgl. auch Cabredo Hofherr (2014, 184). 59 Vgl. auch de Vries (2002) für einen ausführlichen Literaturüberblick. Wiltschko (2013) (auch del Gobbo (2005) für Chinesisch) beschreibt für österreichischbairische Dialekte einen dritten Typ von Relativsätzen, deren Lesart weder restriktiv noch appositiv ist. Dieser Relativsatztyp passt weder in die durch Carlson (1977), Grosu und Landman (1998) und Hawkins (1978) vorgeschlagene Kategorie der amount/ degree/ establishing Relativsätze, noch in die durch Brandt (1990) vorgeschlagenen weiterführenden (continuative) Relativsätze. Da die österreichisch-bairischen Varietäten ebenfalls über eine Partikel- und eine Pronomenstrategie verfügen und Wiltschko (2013) die relativsatzinterne Syntax mit der Unterscheidung deskriptiv/ nicht-deskriptiv in Verbindung bringt, wird der Vorschlag im Folgenden näher betrachtet. Die Eigenschaften deskriptiver Relativsätze sind: a) es gibt keine Restriktion des Kopfnominals. b) syntaktisch verhalten sie sich jedoch wie restriktive Relativsätze. Diese Eigenschaften zeigen sich im Kontrast, der in (216 = deskriptiv) und (217 = restriktiv) dargestellt wird, (Beispiele aus Wiltschko 2013, 157): Kontext der Äußerung: Der Postbote eines bestimmten Bezirks, der jedem bekannt war, ist in den Ruhestand gegangen. Sprecher A und B unterhalten sich, beide kennen den Postboten gut: (216) Woasst Weißt-du eh, PRT da DET Briaftroga Briefträger (wos COMP bei bei uns uns austrogn ausgetragen hot) hat is ist jetz jetzt in in Pension. Pension. Kontext der Äußerung: A und B unterhalten sich über das Renteneintrittsalter von Briefträgern und anderen Angestellten des ö entlichen Dienstes: (217) Die Die Briaftroga Briefträger und und die die Leit Leute vo von da der Mühobfua Müllabfuhr gengan gehen vü viel z’ zu boid früh in in Pension. Pension Zum Zum Beispü, Beispiel, dea DET Briaftroga Briefträger dea DET wos COMP bei bei uns uns austrogn ausgetragen hot, hat is ist jetz jetzt in in Pension. Pension. Deskriptive Relativsätze (wie in 216) treten in Kontexten auf, deren Äußerungssituation nach Wiltschko (2013) “unique” , d. h. für Sprecher und Hörer eindeutig ist. Wie das Beispiel in (216) zeigt, ist der Postbote eine ganz bestimmte Person, die beiden Diskursteilnehmern seit Jahren bekannt ist und stets die Post gebracht hat. Hier kann die Interpretation nicht restriktiv sein. Entscheidendes Merkmal für diesen Relativsatz ist folglich, dass die modi zierte DP intrinsisch auf ein bestimmtes Individuum referiert, 4.3 Deskriptive Relativsätze 187 188 4 Syntax alemannischer Relativsatzstrategien das nicht durch den aktuellen Diskurs etabliert wird, mit der Konsequenz, dass der angeschlossene Relativsatz keine restringierende Funktion haben kann. Wiltschko untersucht für diesen Relativsatztyp in österreichisch-bairischen Dialekten das Auftreten der Partikel wos (was) und die Distribution von schwachen und starken Determinierern am Kopfnomen Wiltschko (2013). Für die Analyse entscheidend ist dabei die von Brugger und Prinzhorn (1996, 15) formulierte Uniqueness-Bedingung für die Distribution schwacher (DET ) und starker Determinierer (DET ): “NP is introduced by DET if |NP|=1 in D (where D is the domain of discourse)” (Wiltschko 2013, 164). Die Bedingung |NP|=1 in D besagt hier, dass es nur einen salienten Diskursreferenten geben kann, auf den die Eigenschaft des Kopfnomens zutri t (im Falle von mehreren möglichen Diskursreferenten wäre die Formel |NP|= >1 in D). Diese Bedingung alleine sagt jedoch auch voraus, dass ein restriktiver Relativsatz ebenso in der Lage sein muss diese Bedingung zu erfüllen, indem er einen Referenten durch die semantische Operation der Restriktion eindeutig macht. Eine de nite oder deiktische DP kann ebenfalls situativ eindeutig sein. Dennoch bleiben die Beobachtungen zu einem Relativsatztyp, der Eigenschaften appositiver und restriktiver Relativsätze aufweist, die durch die Herausarbeitung weiterer Eigenschaften dieses Satztyps verfestigt werden. Deskriptive Relativsätze können mit einem schwachen Artikel am Kopfnomen auftreten, wohingegen in restriktiven Relativsätzen ein starker Artikel am Kopfnomen erscheinen muss. Diese Beobachtung und damit auch die unterschiedliche kontextuelle Anbindung eines Relativsatzes an seinen Kopf manifestiert sich nach Wiltschko (2013) durch die Distribution des reduzierten Artikels in den österreichisch-bairischen Varietäten. Der starke Artikel wird hier deiktisch und anaphorisch verwendet und verfügt damit über eine diskurs- und kontexteinbettende Funktion, während der reduzierte Artikel nur vor Generika, Idiomen, nicht referenziellen DPs, also Kontexten, in denen es nur ein Individuum geben kann, das durch eine NP denotiert wird (Wiltschko 2013) stehen kann. Hier entsteht die Referenz nicht durch den Diskurs, sondern durch Weltwissen. Daraus ergeben sich zwei syntaktische Anbindungsmöglichkeiten: (218) DP D 0 nP C nP n NP N (Wiltschko 2013, 160) Wiltschkos Arbeit zu deskriptiven Relativsätzen reiht sich in Untersuchungen von Ebert (1971,a,b), Hartmann (1980), Brugger und Prinzhorn (1996), Weiß (1998) und Studler (2008) ein, die sich mit der Distribution starker und schwacher Determinierer in ihren jeweiligen Dialekten befassen und deren Auswirkung auf die Kombination mit Relativsätzen untersuchen. Für Österreichisch-Bairisch (Brugger und Prinzhorn 1996 und Wiltschko 2013), Bairisch (Weiß 1998) und auch für Standarddeutsch (Hartmann 1980) 60 wurde festgestellt, dass ein Kopfnomen mit einem reduzierten Determinierer nicht mit einem restriktiven Relativsatz kombinierbar ist. Cabredo Hofherr (2014) zeigt jedoch, dass diese Nichtvereinbarkeit nicht für alle dialektalen Daten gleichermaßen gilt. Im Standarddeutschen zeigen Beispiele mit P+D -Amalgamierung, dass hier noch weiter di erenziert werden muss. Die folgenden Abschnitte diskutieren daher die Daten von Wiltschko (2013) im Kontext dieser Arbeiten und zeigen, wie sich das Alemannische hier einreiht. 4.3.1 Alemannische Relativsätze im Kontext der Kategorien restriktiv, appositiv und deskriptiv Aufgrund der geographischen Nähe zu den österreichisch-bairischen Dialekten scheint es naheliegend anzunehmen, dass im Alemannischen eine ähnliche Distribution bezüglich des reduzierten und starken Artikels vorliegt und damit auch der Typ des deskriptiven Relativsatzes attestiert sein könnte. Dieser Abschnitt hat zum Ziel, die wichtigsten Argumente aus Wiltschkos Ansatz für das Alemannische zu evaluieren. Syntaktisch verhalten sich deskriptive Relativsätze wie restriktive Relativsätze, da sie Variablenbindung aufweisen (219). Sie können - anders als appositive Relativsätze - nicht extraponiert werden (220, 221 und 222, 223) und enthalten keine sprecherorientierten Adverbien (224) (vgl. Wiltschko 2013, 165). Variablenbindung: (219) A IDEF jede jede Hausfrau Hausfrau bei bei uns uns in in da DET Siedlung Siedlung kennt kennt n DET Brieftroaga Briefträger wos COMP ia ihr d DET Post Post bringt. bringt. 60 Vgl. auch Cabredo Hofherr (2014) und die dort zitierte Literatur für einen ausführlichen Literaturüberblick. 4.3 Deskriptive Relativsätze 189 190 4 Syntax alemannischer Relativsatzstrategien Extraposition: (220) Wasst Weist.2SG eh, PART da DET Peter Peter is ist saua, sauer, wei weil s DET Zimma Zimmer [wos’s [COMP’sie eam ihm gem gegeben hom] haben] so so kloa klein is. ist. (221) *Wasst Weist.2SG eh, PART da DET Peter Peter is ist saua, sauer, wei weil s DET Zimma Zimmer so so kloa klein is ist [wos’s [COMP’sie eam ihm gem gegeben hom.] haben.] Die Extrapositionsbeispiele für deskriptive Relativsätze in (220) und (221), in denen die Extraposition ausgeschlossen ist, stehen im Kontrast zu restriktiven Relativsätzen - hier laut Wiltschko eindeutig restriktiv, da der Relativsatz durch eine DP mit starkem Determinierer eingeleitet wird 61 -, in denen Extraposition möglich ist (222 und 223). (222) Wasst Weist.2SG eh, PART da DET Peter Peter is ist saua, sauer, wei weil des DET Zimma Zimmer [des [Rel.PRON wos’s COMP’sie eam ihm gem gegeben hom] haben] so so kloa klein is. ist. (223) Wasst Weist.2SG eh, PART da DET Peter Peter is ist saua, sauer, wei weil des DET Zimma Zimmer so so kloa klein is ist [des [Rel.PRON wos’s COMP’sie eam hm gem gegeben hom.] haben.] Sprecherorientierte Adverbien: (224) Wasst Weist.2SG eh, PART da DET Peter Peter is ist saua, sauer, wei weil (des/ *’s) (DET / * ) Zimma Zimmer [wos’s [COMP’sie eam ihm ehrlich gsogt ehrlich gesagt z’spot zu’spät gem gegeben hom] haben] so so kloa klein is. ist. Bezüglich der Extraposition von appositiven und restriktiven Relativsätzen herrscht in der Literatur Uneinigkeit (vgl. de Vries (2002) und die Daten in diesem Kapitel). Die Belege in Wiltschko (2013), hier in (220) - (223) wiedergegeben, scheinen aber nicht ungrammatisch zu sein. Für Alemannisch ist davon auszugehen, dass auch das Beispiel 61 Diese Bedingung ist im Alemannischen nicht nachgewiesen (vgl. dazu Abschnitt 4.3.2). mit Extraposition (221) hohe Akzeptanzwerte bekommen würde und dieser Beleg keine Aussage über die Extrapositionsbedingungen von Relativsätzen macht. Auch in Bezug auf die Relativsatzstrategie verhalten sich restriktive und deskriptive Relativsätze unterschiedlich. In den österreichisch-bairischen Varietäten werden restriktive Relativsätze durch ein d -Relativpronomen und den Komplementierer was eingeleitet ( d+w ), wohingegen deskriptive Relativsätze nur durch den Komplementierer was ( w ) eingeleitet werden können. Die d -Relativpronomen werden unabhängig vom Kasus der relativsatzinternen Lücke immer getilgt. 62 Alemannisch verhält sich hier grundlegend anders. Unabhängig von der semantischen Funktion des Relativsatzkopfes und der Funktion des Relativsatzes gibt es eine Pronomenstrategie, eine Partikelstrategie und Sekundärstrategien mit doppelt eingeleiteten Relativsätzen (d+w) sowie eine Resumptivstrategie. Dies zeigen die Auswertungen der verschiedenen Testbedingungen in Kapitel 2. Ein weiteres Unterscheidungskriterium in Wiltschkos Analyse ist die Unterscheidung zwischen starken und schwachen Determinierern, die im nächsten Abschnitt betrachtet wird. 4.3.2 Distribution schwacher und starker Determinierer Zur Distribution schwacher und starker Determinierer wird in Wiltschko (2013) zunächst zwischen einer anaphorischen (starker Determinierer) und einer nicht anaphorischen eindeutig spezi schen Funktion (schwacher Determinierer) unterschieden (im Folgenden werden auch die Bezeichnungen Vollform und reduzierter Determinierer verwendet). 63 Dies führt in der Konsequenz zu Selektionsunterschieden bezüglich der Nominalphrase. Der schwache Determinerer selegiert ausschließlich Nominalphrasen, die intrinsisch eindeutig spezi ziert sind, wohingegen die Referenz einer Nominalphrase, die durch einen starken Determinierer selegiert wird, durch den Diskurs bestimmt wird. Anhand zahlreicher Beispiele mit u. a. intrinsisch spezi schen Nomina wie Namen, Datumsangaben, Generika, idiomatische nicht-referenzielle DPs (vgl. Wiltschko (2013, 170- 171) für weitere Kategorien) werden diese Selektionsunterschiede belegt. Nicht alle können so auch für Alemannisch angenommen werden. (225) Haid Heute is ist da/ #dea DET / #DET 19. 19. Juni, Juni, wos was im im Kalenda Kalender rot rot ogstricha angestrichen is. ist. 62 Wiltschko folgt hier in den grundlegenden Annahmen der Analyse von Bayer (1984). 63 Cabredo Hofherr verwendet diese Terminologie, um Konfusion mit dem Phänomen der Weak De nite NPs von Carlson und Sussman (2005) zu vermeiden (vgl. Cabredo Hofherr 2014, 174). 4.3 Deskriptive Relativsätze 191 192 4 Syntax alemannischer Relativsatzstrategien (226) Da/ #dea DET / #DET Hons, Hans, wos was am auf+dem Moakt Markt oawat, arbeitet, is ist im im Spitoi. Spital. In Cabredo Hofherr (2014, 174), die sich auf Ebert (1971b) bezieht, werden folgende semantische Unterschiede zwischen reduzierten und vollen Determinierern beschrieben: Tabelle 49: Determinierer Voll-Form Reduzierte Form anaphorisch/ deiktisch nicht anaphorisch/ deiktisch Aufgrund der nicht-anaphorischen und nicht-deiktischen Funktion können sich schwache Determinierer nur auf Ausdrücke beziehen, die in ihrer Bedeutung eindeutig (sog. „Unika“, Ebert 1971b) sind. Dabei wird nochmals zwischen absolut (Sonne, Mond) und situativ (Situation/ Ort/ Kontext) unterschieden. Diese Kategorien werden nach Cabredo Hofherr (2014, 174) und Löbner (2011) als Enden einer Skala verstanden. Die Distribution reduzierter und starker Formen des Determinierers ist, wie zuvor bereits beschrieben, in zahlreichen Dialekten des Deutschen attestiert. 64 Das Artikelparadigma im Alemannischen umfasst ebenfalls eine reduzierte, eine volle und eine demonstrativ verwendete Form. 65 In Studler (2008, 23) wird für die schweizer Varianten folgende Distribution beschrieben: • eine gedehnte, betonte Form (als Demonstrativum verwendet). • eine abgeschwächte, aber morphologisch volle Form. • eine morphologisch stark reduzierte Form. Wie groß die Variation im gesamten alemannischen Gebiet diesbezüglich ist, zeigt die Distributionstabelle aus Studler (2008) (ursprünglich von Fischer 1989), die durch die in SynAlm attestierten Formen ergänzt wurde. 64 Unterschiede bei der Distribution sind in Konstruktionen mit einem Adjektiv zwischen Determinierer und Nomen attestiert, vgl. dazu Studler (2008) und Weiß (1998) sowie Cabredo Hofherr (2014, 176). 65 Für eine ausführliche Beschreibung des schweizerdeutschen Paradigmas vgl. Studler (2008) und für Vorarlbergerisch Cabredo Hofherr und Schaden (2012). Tabelle 50: Artikelparadigma Alemannisch Reduzierter Artikel Mask. Fem. Neutr. Sing Nom./ Akk. de d(i) s Dat. em de em Plur. Nom./ Akk. d(i)/ dui d(i)/ dui d(i)/ dui Dat. de de de Voller Artikel Mask. Fem. Neutr. Sing Nom./ Akk. dä di(e) das Dat. dëm dër dëm Plur. Nom./ Akk. di(e) di(e) di(e) Dat. dëne dëne dëne Demonstrativum Mask. Fem. Neutr. Sing Nom./ Akk. dää/ säller die/ sälle daas/ sälles Dat. dëmm/ sällem dër(e)/ säller dëmm/ sälem Plur. Nom./ Akk. die/ säll(e) die/ säll(e) die/ säll(e) Dat. dën(n)e dën(n)e dën(n)e Die Reduktionen im Paradigma der reduzierten Determinierer fallen unterschiedlich bezüglich des An- oder Auslautes aus. Vor bestimmten Adjektiven und in bestimmten Kasus weichen die Formen vom oben stehenden Paradigma ab. Für eine ausführliche Darstellung vgl. Weber und Dieth (1987), Studler (2008) und Noth (1993). Noth (1993) zeichnet für das kaiserstühler Alemannisch ein ähnliches Bild. Hier erscheint der reduzierte Artikel nur im Nominativ, allerdings variieren diese Formen auch im gesamten Gebiet, so ist z. B. im Schwäbischen im Femininum sowohl eine reduzierte ( d ) als auch eine Vollform ( dui ) attestiert, wie bei Noth dargestellt. Tabelle 51: Artikel Kaiserstühler Alemannisch Mask Fem Neut dáá Wäier diá Lachá (Pfütze) des Grüd (Kraut) Eine weitere Beobachtung aus dem alemannischen Sprachraum ist die Existenz von demonstrativ verwendeten Formen sell-/ sall-/ diese(r) . In den schweizerdeutschen Varianten wird hier die von Studler (2008, 23) beschriebene „gedehnte, betonte Form“ verwendet. Oftmals wird eine betonte Vollform des Artikels (manchmal auch in Kombination 4.3 Deskriptive Relativsätze 193 194 4 Syntax alemannischer Relativsatzstrategien mit da , dui Frau do/ salli Frau do ) ebenfalls zum Ausdruck einer demonstrativen Lesart verwendet. Tabelle 52: Demonstrativpronomen Mask Fem Neut sálá Mann sáli Fraü sál Chínd Im Vorarlbergerischen sind ebenfalls zwei vollständige de nite Artikelparadigmen attestiert, ein Paradigma mit Vollformen und eines mit reduzierten Formen (Cabredo Hofherr 2014, 7). Die Erforschung der exakten Distribution der starken Formen des Determinierers und der demonstrativen Form mit sell ist Gegenstand laufender Forschung (z. B. der SynAlm-Befragung) und gestaltet sich dabei als äußerst schwierig. Die Abgrenzung der beiden Formen und die Unterscheidung ist nicht immer eindeutig zu erreichen. In einem Vortest zu einer SynAlm-Befragung wurde die Verteilung der Formen getestet. Die Ergebnisse dieses Vortests haben ergeben, dass sich die Gewinnung von geeigneten Daten bezüglich des Auftretens der Formen des Determinierers als äußerst kompliziert erweist. Informanten sind sich über die Existenz und Funktion der verschiedenen Formen (reduziert, unbetont, betont, stark und demonstrativ) nicht bewusst und können auf Nachfrage nicht zwischen den unterschiedlichen Funktionen im Hinblick auf die Selektion bestimmter Nominalphrasen unterscheiden. Das Elizitieren solcher Daten bedarf einer besonderen Methodik, um die in der Literatur zitierten Belege valide überprüfen zu können. Eine Aufgabe in der SynAlm-Befragung, die mit der Variation des externen Determinierers am Kopfnomen des Relativsatzes experimentiert, hat gezeigt, dass die Form des externen Determinierers nicht die Wahl der Relativsatzstrategie beein usst hat. Das zeigen die Testsätze in FB1: 66 (227) De Der Bu, Junge, wu wo sein sein Vada Vater bei bei unsam unserem Stumtisch Stammtisch is, ist, ziegd zieht u nach Deggingä. Deggingen. ‚Der Junge, dessen Vater bei unserem Stammtisch ist, zieht nach Deggingen.‘ (228) S Das Huus Haus wo wo s das Dach Dach neu neu ideckt gedeckt wird, wir, wird wird jetz jetzt zum zum Verchauf Verkauf abodde. angeboten. ‚Das Haus, dessen Dach neu gedeckt wird, wird jetzt zum Verkauf angeboten.‘ 66 Weitere Ergebnisse in Kapitel 2, Aufgabe FB_2_8. Mit diesem Ergebnis ist keineswegs geklärt, welche Diskursrelevanz die verschiedenen Formen des externen Determinierers für die Interpretation des Kopfnomens haben. Es kann lediglich angenommen werden, dass der Relativsatzeinleiter davon nicht abhängig ist. Für die Distribution des reduzierten Artikels im Alemannischen muss die in Wiltschko (2013) vorgeschlagene Analyse etwas di erenzierter betrachtet werden. Nicht alle beschriebenen Kontexte scheinen in dieser Form für das Alemannische die gleiche Gültigkeit aufzuweisen. Die oben beschriebene Beobachtung im Bezug auf die Überprüfung dieser Daten unterstreicht, dass die genauen Selektionsbedingungen der starken und schwachen Determinierer, zumindest im Alemannischen, einer intensiven Studie bedürfen, die hier nicht vorgenommen werden kann. Das Anliegen dieses Abschnitts war es zu zeigen, dass die Distribution starker und schwacher Determinierer nicht auf die inhärent-spezi sche Bedeutung von Nominalphrasen beschränkt sein kann. 4.3.3 Diskussion Entscheidend für die Analyse von Wiltschko (2013, 169) ist die Unterscheidung zwischen DPs mit reduzierten Artikeln und Vollformen, und deren Einbettung in den Kontext der Äußerung. Reduzierte Determinierer selegieren nur intrinsisch, inhärent-spezi sche nominale Ausdrücke, wohingegen bei Vollformen diese Eindeutigkeit ( Uniqueness ) über den Diskurs und die anaphorische Funktion des Determinierers erreicht wird. Die Unterscheidung wurde in Studler (2008) vorgeschlagen, danach ist intrinsische uniqueness vorliegend, wenn das Individuum, das durch den nominalen Ausdruck denotiert wird, aufgrund von Weltwissen der Sprecher eindeutig bestimmt ist. Der reduzierte Artikel hat dann keine weitere phorische Funktion. Die Vollform des Determinierers kann diese phorische Funktion übernehmen, so dass die Bedingung nicht durch den nominalen Ausdruck erfüllt sein muss, Studler nennt dies phorische uniquenes . Nach Wiltschko (2013) ist die Distribution des reduzierten Artikels und der Vollform konsistent in den deutschen Dialekten. Diese Einschätzung ist durchaus diskussionswürdig, denn wie die SynAlm-Vortests zur Datenerhebung bereits gezeigt haben, ist die tatsächliche Distribution schwierig zu erheben, und die Unsicherheit bei der Abgabe von Sprecherurteilen weist darauf hin, dass hier sehr viele Faktoren intervenieren. Auch die in Wiltschko (2013, 170) präsentierten Beispiele sind nicht alle eindeutig. Die Einschätzung eines Sprechers, wann ein nominaler Ausdruck intrinsisch unique ist, scheint nicht durch eine klare Trennung von Diskurs- und Äußerungskontext erreicht werden zu können. Die Frage, ob etwas in einer bestimmten Äußerungssituation (intrinsisch) de niert ist oder im Diskurs bereits eingeführt und dadurch phorisch bestimmt werden kann, ist nicht immer klar zu beantworten. Es stellt sich nach der Betrachtung der von Wiltschko präsentierten Daten die Frage, ob wirklich der reduzierte 4.3 Deskriptive Relativsätze 195 196 4 Syntax alemannischer Relativsatzstrategien Artikel immer mit der Uniqueness-Bedingung zusammengebracht werden kann. Wenn dem zugestimmt werden soll, könnte der reduzierte Artikel niemals anaphorisch verwendet werden, was sich für Wiltschko in den Beispielen (229) und (230) bestätigt: Kontext: Sprecher zeigt auf das einzige Haus in der Umgebung und fragt (deiktisch): (229) Gfoit Gefällt da dir #s’/ des #s’/ das Haus? Haus? In deiktischen Äußerungen kann der reduzierte Artikel, wie (229) zeigt, nicht verwendet werden. (230) In In da der Stodtbücherei Stadtbücherei gibt gibt s es a ein Buach Buch über über Kanada. Kanada. Letztns Kürzlich woa war I ich doat dort und und hob hab ma mir #s/ des #DET / DET Buach Buch ausboagt. ausgeliehen. (anaphorisch) Für Beispiel (230) argumentiert Wiltschko (2013, 172), dass die Uniqueness-Bedingung durch die Einführung des Diskursreferenten in den Kontext erfüllt sei und der reduzierte Artikel daher möglich sein müsste. Dennoch kann der reduzierte Artikel nicht verwendet werden, da die DP anaphorisch und damit vom Diskurskontext und nicht von Weltwissen abhängig ist. Eine weitere Erklärung könnte jedoch auch sein, dass die DP s Buch hier betont wird, auch wenn sie bereits in den Diskurs eingeführt wurde, so erscheint die Variante des Buach natürlicher. Die Variante mit reduziertem oder mit klitischem Pronomen erscheint hier am besten und hob ma-s ausboagt . 67 Wiltschko beschreibt allerdings für das deiktische Beispiel in (229) eine alternative Lesart: So lässt sich hier auch eine Äußerungssituation konstruieren, in der es nur ein Haus gibt und dadurch intrinsische uniqueness und der reduzierte Determinierer möglich sein sollten. Das zweite Beispiel, so Wiltschko, könnte über die Einführung des Referenten im vorangehenden Satz ebenfalls eine Eindeutigkeit herstellen, doch beide Alternativen mit reduzierten Determinierern schließt Wiltschko aus. Diese Daten können an dieser Stelle nicht empirisch überprüft werden, aber informelle Abfragen unter Sprechern des Alemannischen haben ergeben, dass beide Varianten, auch diejenige mit dem reduzierten Artikel, möglich sein sollten. Die Diskussion dieser Beispiele zeigt, dass Wiltschkos klare Trennung der Kontexte zwischen intrinsisch und phorisch nicht immer eindeutig durchzuführen ist: Uniqueness und damit intrinsische Eindeutigkeit eines nominalen Ausdrucks erfolgt immer relativ zu einem gegebenen Kontext (Wiltschko 2013, 171). Dieser Aspekt ihrer Analyse sollte hervorgehoben werden. Diese Beobachtung gilt 67 Vielen Dank an Josef Bayer für die Diskussion dieser Beispiele und die Hinweise dazu. nicht nur für die Erstellung intrinsischer Eindeutigkeit , sondern sollte so formuliert werden, dass folgende Aussage gilt: Die Interpretation eines nominalen Ausdrucks erfolgt immer in Abhängigkeit und immer relativ zu einem gegebenen Kontext. Dieser setzt sich wie folgt zusammen: in einer bestimmten Situation eines Äußerungskontexts, im Diskurs. Beide Faktoren können nicht getrennt von einander betrachtet werden. Die Distribution starker und schwacher Determinierer und ihre Selektionseigenschaften bezüglich restriktiver Relativsätze muss daher di erenzierter betrachtet werden und kann nicht alleine auf die in Wiltschko (2013) thematisierte Unterscheidung von situativer Eindeutigkeit und Diskursreferenz beschränkt sein. In Cabredo Hofherr (2014) wird gezeigt, dass reduzierte Formen des Determinierers und restriktive Relativsätze nicht ungrammatisch sind. Belege kommen aus Konstruktionen mit P+D -Amalgamen wie in (231): (231) Im Institut, in dem ich vorher gearbeitet habe, war das kein Problem. Auch in Vorarlberg (Beispiele (232) und (233), Cabredo Hofherr 2014, 178) sowie im Schweizerdeutschen sind diese Beispiele attestiert. Damit ist es ausgeschlossen, dass die Beispiele aus dem Standarddeutschen alleine dadurch erklärt werden können, dass es den reduzierten Artikel nur in P+D -Amalgamen gibt: (232) S/ *des DET / *DET Inschtitut Institut wo wo i ich frühr früher gscha t gearbeitet ho, habe, isch ist bessr besser organisiert organisiert gsi. gewesen. ‚Das Institut an dem ich früher gearbeitet habe, war besser organisiert.‘ (233) Mir Mir hot hat s/ des DER / DET Inschtitut Institut, wo wo i ich frühr früher gscha t gearbeitet ho, habe, bessr besser gfalla. gefallen. ‚Mir hat das Institut, an dem ich früher gearbeitet habe, besser gefallen.‘ Was in bisherigen Studien zur Distribution von Determinierern in Relativsatzkonstruktionen nicht di erenziert wurde, ist nach Cabredo Hofherr (2014) eine Subkategorisierung restriktiver Relativsätze. Die Subkategorisierung innerhalb restriktiver Relativsätze ist durch Unterschiede in der Informationsstruktur dieser Konstruktionen bestimmt. Eine klassische De nition von restriktiver Modi kation wird oftmals durch das folgende Beispiel vorgenommen: 4.3 Deskriptive Relativsätze 197 198 4 Syntax alemannischer Relativsatzstrategien (234) Die Linguisten, die betrunken waren, haben die Party gestört. Die Restriktion referiert auf eine Entität in der Diskursdomäne, auf die die Eigenschaft zutri t, die durch die Intersektion der Eigenschaft des Kopfnomens mit dem Relativsatz entsteht. Es gibt aber auch Entitäten im Diskurs, auf die nur die Eigenschaft des Kopfnomens, jedoch nicht die des Relativsatzes zutre en. Es wird eine kontrastive Lesart erzeugt. Im Falle von (234) werden diejenigen Linguisten, die betrunken sind, mit denen, die nicht betrunken sind kontrastiert. Im Gegensatz dazu modi ziert ein appositiver Relativsatz eine DP, die bereits im Diskurs etabliert ist. Dies geschieht in der Regel eindeutig mit einem Eigennamen als Kopfnominal. Das Beispiel der Linguisten lässt auch eine appositive Lesart zu. Paraphrasiert wäre die Lesart dann: die Linguisten haben die Party gestört. Sie waren betrunken. In diesem Falle wird die Gruppe der Linguisten nicht kontrastiert mit einer anderen Gruppe, da die Referenten im Diskurs bereits eindeutig identi ziert sind. 68 Die weitere Subkategorisierung in der Gruppe der restriktiven Relativsätze kann durch Unterschiede in der Informationsstruktur dieser Konstruktionen (235 und 236) gezeigt werden. Beide Beispiele sind Cabredo Hofherr (2014, 181) entnommen und wurden vom Englischen ins Deutsche übersetzt. (235) Anna hat das Haus gekauft, das Ina geerbt hat. (236) Anna hat das Haus gekauft, das Ina nun repariert. Eine eindeutig appositive Lesart ist in beiden Beispielen ausgeschlossen. Dies wird über die Artikelwahl in Paraphrasen der jeweiligen Sätze deutlich: Anna hat ein Haus gekauft. Ina hat es geerbt. Die hier beschriebenen Häuser werden anders als im Beispiel (234) die Linguisten nicht kontrastiert (kein kontrastiver Fokus, um die beiden Gruppen zu di erenzieren). Die Informationsstruktur beider Konstruktionen gleicht einer Frage-Antwort-Struktur: (237) Anna kauft ein Haus. Welches Haus? Das Haus, das Ina geerbt hat. Restriktivität ist also nicht allein durch eine kontrastive Lesart zu de nieren, sondern ist notwendig zur Identi kation des Diskursreferenten, der modi zierten DP. Restriktive Modi kation kann folglich daher aus zwei Komponenten bestehen: der Addition 68 Cabredo Hofherr bezieht sich hier auch auf eine Beschreibung von Ebert (1971b). einer zusätzlichen Eigenschaft durch den Relativsatz und der Kontrastierung von Eigenschaften der modi zierten DP mit denjenigen der nicht-modi zierten DP. Die Nichtvereinbarkeit von reduzierten Determinierern und restriktiven Relativsätzen ist nach Cabredo Hofherr (2014) eng mit einer binären De nition von appositiv und restriktiv verknüpft. Wenn man jedoch innerhalb dieser De nitionen unterscheiden und damit weitere Subgruppen annehmen muss, dann kann die bisherige Argumentationslinie nicht aufrechterhalten werden. Cabredo Hofherr stellt überzeugend dar, dass die bisher formulierte Inkompatibilität reduzierter Determinierer mit restriktiven Relativsätzen nur für die Subgruppe der kontrastiven, restriktiven Relativsätze gilt. Weiterhin stellt sie überzeugend dar, dass es aufgrund dieser Feststellung keine unterschiedliche syntaktische Anbindung der Relativsätze mit dem Kopfnomen zu geben braucht. Cabredo Hofherr (2014) ordnet die von Wiltschko (2013) besprochenen deskriptiven Relativsätze in die Kategorie der nicht-kontrastiven Relativsätze mit einem funktionalen Kopfnomen ein. Damit wird die Kategorie „deskriptiv“ über üssig und eine syntaktische Di erenzierung bezüglich dieses Relativsatztyps hinfällig. Es ist vielmehr der Fall, dass ein restriktiver Relativsatz als Modi kator (Restriktor) für verschiedene Typen von Kopfnomen zu verstehen ist, die sich in ihrer Verortung im Diskurs unterscheiden. Dabei erfolgt die Modi kation des Kopfnomens (Restriktion) durch den Relativsatz in einem ersten Schritt und im Anschluss daran die Selektion durch den externen Determinierer. Der externe Determinierer selegiert einen komplexen Ausdruck bestehend aus Kopfnomen und Relativsatz. Dieser Prozess der Komposition durch den externen Determinierer mit dem Komplex aus Relativsatz und Kopfnomen folgt einer Annahme von Partee (1973) und wird zudem durch die Beobachtung gestärkt, dass reduzierte Formen des Determinierers mit nominalen Ausdrücken möglich sind, die durch restriktive Adjektive modi ziert wurden. In Cabredo Hofherr (2014) wird für Vorarlbergerisch folgende Vorhersage für reduzierte und Vollformen des Determinierers am Kopfnomen in Relativsatzkonstruktionen gegeben: Tabelle 53: Starke und schwache Determinierer in Vorarlberg Relativsatz Typ Det Det Contrastive RRS + - Establishing/ Funktional ? / - + Maximalising + + Intensional + + V+N relativiert + + 4.3 Deskriptive Relativsätze 199 200 4 Syntax alemannischer Relativsatzstrategien Die Diskussion in diesem Abschnitt hat gezeigt, dass die in der Literatur angenommene Generalisierung über die Unvereinbarkeit reduzierter Determinierer mit restriktiven Relativsätzen in Verbindung mit der semantischen Kategorisierung von Nominalphrasen im Hinblick auf Uniqueness-Bedingungen nicht eindeutig ist. In Cabredo Hofherr (2014) wird eine di erenzierte Datenbetrachtung vorgenommen und gezeigt, dass die De nition von Restriktivität di erenzierter betrachtet werden muss. Entscheidend ist dabei die Tatsache, dass die Selektion des externen Determinierers am Kopfnomen im Anschluss an die Operation der Restriktion erfolgt und damit die Wahl zwischen der reduzierten oder starken Form des Determinierers nicht alleine davon abhängt, wie das Kopfnominal im Kontext verortet ist, sondern welche Interpretation der Komplex aus Kopfnomen und Relativsatz ergibt. In der von Cabredo Hofherr (2014) vorgeschlagenen Analyse erfolgt der Strukturaufbau des Relativsatzes nach dem Prinzip der „HEA“. Die Einbettung des externen Kopfes in den Äußerungskontext ist entscheidend dafür, an welcher Stelle der Relativsatz adjungiert wird. Hier stellt die Argumentation von Cabredo Hofherr (2014) eine überzeugende Analyse dar. In 238 und 239 wird die syntaktische Struktur für appositive und restriktive Relativsätze, die Cabredo Hofherr (2014) vorschlägt, wiedergegeben. (238) Restriktiv DP D 0 NP NP CP (239) Appositiv DP DP CP D NP Die semantische Interpretation eines Relativsatzes ergibt sich durch die Anbindung des Satzes an seinen Kopf. Dabei ist im Alemannischen (und im Standarddeutschen) für die relativsatzinterne Struktur nicht ausschlaggebend, welcher Relativsatzeinleiter vorliegt. Diese Frage wird sowohl in Wiltschko (2013) als auch in Cabredo Hofherr (2014) diskutiert. Während für Wiltschko (2013) in den österreichisch-bairischen Varietäten eine Korrelation mit dem Relativsatztyp besteht, vermutet Cabredo Hofherr (2014) hier Variation innerhalb der Varietäten und lässt diese Frage o en. An dieser Stelle leistet diese Arbeit einen Beitrag zur laufenden Forschung. Die von Wiltschko präsentierten Daten sollten weniger zur Diskussion über eine weitere Kategorie von Relativsatztypen führen, sondern vielmehr eine Diskussion darüber anregen, ob die Kategorien appositiv/ restriktiv für die Interpretation von Relativsätzen die richtigen Vorhersagen machen. Hier bringt die Arbeit von Cabredo Hofherr (2014) weitere Klarheit in die Struktur der Datenlage. SynAlm hat hier ebenfalls einen ersten Beitrag geleistet, weitere Daten wurden erhoben und werden weiterhin untersucht. 69 4.3.4 Zusammenfassung Die appositive oder restriktive Funktion eines Relativsatzes beinhaltet verschiedene strukturelle Unterschiede, die sich insbesondere durch eine unterschiedliche syntaktische Anbindung des Relativsatzes an den Antezedenten - entweder das Kopfnomen oder eine andere phrasale Kategorie - zeigen. Relativsatzintern unterscheiden sich appositive und restriktive Relativsätze im Standarddeutschen und besonders im Alemannischen nicht. Die Wahl der Strategie und damit die Wahl des Relativsatzeinleiters wird nicht durch die semantische Funktion des Relativsatzes und damit auch nicht durch die Eigenschaften seines nominalen Kopfes beein usst. Die semantische Interpretation des nominalen Kopfes, in Abhängigkeit von den Selektionsbedingugen starker und schwacher Determination bedarf weiterer Forschung. SynAlm versucht hier einen Beitrag zu leisten. Dass die Distribution starker und schwacher Determinierer stark von der Kontexteinbettung des nominalen Ausdrucks beein usst ist, soll hier nicht bestritten werden. Die kurze Diskussion der Daten von Wiltschko (2013) hat jedoch gezeigt, dass es im Alemannischen nicht ausreichend ist, allein auf die Unterscheidung anaphorisch/ nicht-anaphorisch zu schauen. Vielmehr würde es sich anbieten, eine Diskussion über die Kategorie „appositiv“ anzustoßen. Wiltschko selbst führt in ihrer Arbeit die Ausdi erenzierung funktionaler Kategorien in der nominalen Domäne an: 70 69 Zur Syntax appositiver Relativsätze gibt es in der Literatur sehr unterschiedliche Ansätze. Die Analysen unterscheiden sich zusammenfassend in zwei wesentlichen Annahmen: a der Kopf/ Antezedenz des Relativsatzes und der appositive Relativsatz bilden eine Konstituente. Die syntaktische Verbindung erfolgt über Rechtsadjunktion, als Komplement oder Konstituentenkoordination. b Kopf/ Antezedenz und appositiver Relativsatz werden unabhängig voneinander generiert und dann zusammengefügt, was als orphanage bezeichnet wurde und wiederum in zwei Annahmen radical und nonradical unterteilt werden kann (vgl. dazu ausführlich de Vries 2002 und de Vries 2006). 70 Zur Terminologie: KP geht zurück auf Bittner und Hale (1996), Bayer et al. (2001), DP geht zurück auf Abney (1987), NumP geht zurück auf (Ritter 1991), nP geht zurück auf Marantz (1997), Lowenstamm (2008), Saxon und Wilhelm (2016). 4.3 Deskriptive Relativsätze 201 202 4 Syntax alemannischer Relativsatzstrategien (240) KP ⟶ K 0 DP ⟶ D NumP ⟶ Num nP ⟶ n NP ⟶ (Wiltschko 2013, 158) An jede der funktionalen Projektionen in diesem Strukturbaum könnte theoretisch ein Relativsatz mit einer spezi schen semantischen Funktion angehängt werden. So gesehen sollte dieser Ansatz weiterverfolgt werden. Diese Arbeit hat einige Aspekte zur Funktion des externen Determinierers im Alemannischen thematisiert, konnte aber nicht hinreichend beschreiben, welche funktionalen Schalen die alemannische DP umfasst. In diesem Abschnitt konnte gezeigt werden, dass die semantische Funktion eines Relativsatzes allein durch die syntaktische Anbindung des Relativsatzes mit dem externen Kopf erreicht wird. Die relativsatzinterne Syntax bleibt davon unberührt. Der Relativsatzeinleiter hat keinen Ein uss auf die semantische Interpretation der Konstruktion. Ein weiterer struktureller Aspekt auf dem Weg zu einer syntaktischen Beschreibung alemannischer Relativsatzstrategien liegt in der Frage, welche relativsatzinterne Syntax den verschiedenen Relativsatztypen zugrunde liegt. Für die Strategie mit Relativpronomen muss eine Bewegungsoperation angenommen werden, die die Linksversetzung des Pronomens aus seiner Basisposition motiviert. Für die Partikelstrategie und die Resumptivstrategie muss zunächst geklärt werden, ob hier ebenfalls Bewegung (Bewegung eines leeren Operators) statt ndet oder eine andere Syntax zugrunde liegt. Als Diagnostik für oder gegen syntaktische Bewegung wird beispielsweise das Verhalten dieser Strukturen hinsichtlich ihrer Sensitivität für Extraktionsinseln getestet. Dieser Aspekt soll im Abschnitt 4.4 für das Alemannische untersucht werden. In den Abschnitten 4.5 - 4.7 wird schließlich die Frage diskutiert, ob das Kopfnominal relativsatzintern oder extern basisgeneriert ist. Dazu werden Relativsatzkonstruktionen betrachtet und analysiert, die idiomatische Ausdrücke, Anaphern oder gebundene Pronomen enthalten und Rekonstruktionse ekte aufweisen. 4.4 Lokalitätse ekte im Alemannischen Für das Alemannische konnten insgesamt vier Typen von Relativsatzstratgien attestiert werden: (241) • Eine Partikelstrategie (Partikel = wo ) • Eine Pronomenstrategie ( d -Relativpronomen der, die, das ) • Doppelt eingeleitete Relativsätze ( d -Relativpronomen + Partikel wo ) • Eine Resumptivstrategie (Partikel wo + Resumptivpronomen in der Position der Lücke) Die relativsatzinterne Struktur wird in (242) und (243) wiedergegeben: (242) CP Strategie mit d-Pronomen Spec C’ Strategie mit Partikel wo DPrel C 0 TP Lücke oder Resumptiv d-Pron PRT .....DPrel ....... (243) DP Der Hund CP DP TP der _ die Katze gebissen hat Syntaktisch wird für die Strategie mit d -Relativpronomen eine Bewegungsoperation, ähnlich zur Bewegung eines Operators angenommen, bei der sich das Pronomen, welches als Komplement des relativsatzinternen Verbs gemerged wurde, nach Spec CP bewegt hat (eine detaillierte technische Beschreibung wird in Kapitel 5 gegeben). Für die Partikelstrategie mit und ohne Anwesenheit des Resumptivpronomen sind zwei Analysen möglich: i. Die Partikel wird in C gemerged. Um die relativsatzinterne Lücke identi zieren zu können, wird ein leerer Operator in die linke Peripherie bewegt. ii. Die Partikel wird in C gemerged. Es ndet keine Operatorenbewegung statt. Die Identi kation der Lücke erfolgt über eine semantische Konjunktion. 4.4 Lokalitätseekte im Alemannischen 203 204 4 Syntax alemannischer Relativsatzstrategien (244) DP Der Hund CP C 0 TP wo _ die Katze gebissen hat Als Diagnostik für syntaktische Bewegung dienen in der Literatur Sprecherurteile zu Extraktionsphänomenen. Unter Extraktion werden Bewegungsoperationen von sprachlichen Objekten in die linke Satzperipherie zusammengefasst (vgl. Lutz 2001, 3). Darunter fallen Operationen wie: a. W -Bewegung b. Relativsatzbildung über lange und kurze Distanz c. Topikalisierung d. Lange W -Bewegung aus dass-Komplementsätzen In diesem Abschnitt sollen zunächst Daten zu Extraktion aus sogenannten Extraktionsinseln betrachtet werden. In Chomsky (1977) wurden Parallelen zwischen W -Fragen und Relativsatzkonstruktionen hinsichtlich ihrer internen Syntax beschrieben. Ein Aspekt in dieser Beschreibung ist die Relevanz von Insele ekten (Aoun und Li 2003) für die Derivation. (245) a. *The boy , [who I like the teacher [who has taught t ] b. *The boy , [who I will be happy [if you like t ] Ein besonderer Fokus liegt in diesem Abschnitt auf der Funktion von Resumptivpronomen in Relativsatzkonstruktionen des Alemannischen, die durch die Partikel wo eingeleitet werden. In Standardanalysen zu Resumptivstrategien (vgl. u. a. Shlonsky 1992, McCloskey 2002, de Vries 2002) wird argumentiert, dass in Anwesenheit eines Resumptivpronomens keine Bewegungsoperation stattgefunden haben kann. Ein Operator, der in C basisgeneriert ist, bindet das Resumptivpronomen, welches die Variable für den Operator liefert. Für die Resumptivstrategie des Alemannischen muss daher überprüft werden, ob sie sich in die Standardanalyse einreihen lässt oder doch Operatorenbewegung zugrunde liegt. Daraus lassen sich zwei Fragen formulieren: a Gilt diese Standardanalyse für Alemannisch? b Welche Syntax liegt der Partikelstrategie ohne Resumptiv zugrunde? Ziel der nun folgenden Betrachtung von Extraktionsphänomenen ist es herauszu nden, ob den im Alemannischen attestierten Relativsatzstrategien unterschiedliche syntaktische Strukturen zugrunde liegen oder ob sie unter einer Analyse erfasst werden können. 4.4.1 Extraktionsphänomene in Relativsätzen mit Partikel- und Resumptivstrategie Extraktion unterliegt syntaktischen Bedingungen, die regeln, wann eine Linksversetzung möglich ist oder durch andere sprachliche Objekte verhindert wird. In Ross (1967) werden sogenannte Inseln postuliert, die zwischen einem sprachlichen Objekt X, das bewegt werden soll und seiner Landeposition Y stehen (intervenieren) und die Bewegung von X verhindern. Ross (1967) beschreibt folgende Extraktionsinseln: Tabelle 54: Inselbeschränkungen Adjunktsätze W -Inseln Subjektsatz-/ phrase Left branch Non-bridge-verb Koordinationsinsel Nicht in allen Sprachen und Varietäten dieser Sprachen gelten diese Beschränkungen in gleicher Art und Weise. Sie wurden daher in starke und schwache Inselbeschränkungen unterteilt (Rizzi 1990, Cinque 1990). So gelten beispielsweise Adjunktsätze, komplexe Nominalphrasen (auch Relativsätze und nominale In nitivkomplemente) als starke Inseln, aus denen nicht extrahiert werden darf. W -Inseln werden in der Literatur als schwache Inseln beschrieben, aus denen Extraktion möglich ist. Arbeiten zu Extraktion im Deutschen (u. a. Grewendorf 1988, Haider 1993, Lutz 2001, Müller und Sternefeld 1993) haben gezeigt, dass aus W -Phrasen grundsätzlich nicht extrahiert werden darf (Lutz 2001, 46). Allerdings wird Topikalisierung über eine W -Insel hinweg nicht immer blockiert: (246) ? ? [ [ Radios weiß ich nicht [ wie (daß) [ t ′ [ man t 1 repariert.]]]]]. (Müller und Sternefeld 1993, 494) 4.4 Lokalitätseekte im Alemannischen 205 206 4 Syntax alemannischer Relativsatzstrategien Die Extraktion aus Subjektssätzen ist erlaubt, sofern diese von einem ergativen Prädikat, oder einem Prädikat im Passiv selegiert werden. Weiterhin ist die Extraktion aus Subjektnominalphrasen ergativ oder nicht-ergativ möglich. Für das Deutsche gilt weiterhin, dass aus Genitivphrasen und Possesivphrasen nicht extrahiert werden darf (Müller und Sternefeld 1993, Lutz 2001, 45). Besondere Bedingungen werden auch für Extraktion aus Präpositionalphrasen nominaler Objekte beschrieben. In Abhängigkeit von sogenannten Brückeneigenschaften (lexikalische, semantische oder pragmatische Eigenschaften) von Prädikaten, als deren Objekte diese PPs auftreten, ist Extraktion möglich. Dabei ist vor allem entscheidend, welchen interagierenden Beschränkungen die Nominalphrase unterliegt. 71 Im nun folgenden Abschnitt sollen die für das Alemannische bekannten Inselbeschränkungen gezeigt und im Kontext von Relativsätzen und dort auftretenden Resumptivpronomen näher betrachtet werden. 4.4.2 Inselbeschränkungen im Alemannischen In Tabelle 54 wurden Inselbeschränkungen für Extraktion wiedergegeben. In diesem Abschnitt sollen sie für Alemannisch überprüft werden. Dabei werden Daten aus Salzmann (2006b) zum Zürichdeutschen, einer Variante des Alemannischen sowie Extraktionsdaten aus SynAlm diskutiert. Hieraus folgen wichtige Erkenntnisse für die Syntax der Relativsatzstrategien und die zuvor formulierten Fragen, ob in Relativsätzen mit Partikelstrategie Operatorenbewegung statt ndet oder ob eine andere Syntax zugrunde liegt. Im Folgenden werden daher zunächst Daten aus Salzmann (2006b) für das Zürichdeutsche und die durch SynAlm erhobenen Daten systematisch verglichen. Ziel ist es zu zeigen, welche Rückschlüsse über Inselbeschränkungen für das Alemannische gezogen werden können und inwiefern diese als Diagnostik für oder gegen eine Bewegungsanalyse für alemannische Relativsätze herangezogen werden können oder ob gegebenenfalls auch von verschiedenen syntaktischen Strukturen ausgegangen werden muss. Über die Möglichkeit zur Extraktion aus den in Tabelle 54 beschriebenen Inseln gibt es unterschiedliche Aussagen in der Literatur, es gibt große sprachspezi sche Unterschiede hinsichtlich der Toleranz von Bewegung aus Extraktionsinseln. Für Salzmann (2006b, 331) ist Extraktion aus • Präpositionalphrasen • Subjekts-Inseln (Nominalphrasen und Subjektsätze) • Relativsätzen (Complex-NP-Constraint) • Komplementsätzen von nominalen Ausdrücken (Complex-NP-Constraint) 71 Für eine ausführliche Diskussion zu den Extraktionsbedingungen des Deutschen siehe Lutz (2001, 42-49). im Zürichdeutschen ausgeschlossen. Zur Distribution von Resumptivpronomen in diesem Zusammenhang zeigt Salzmann (2006b, 328 - 331) für das Zürichdeutsche, dass diese nicht mit Lokalitätsbeschränkungen korrelieren. Er kontrastiert Zürichdeutsch mit Englisch. Dort lösen Resumptivpronomen systematisch Extraktionsinseln aus. Operatorenbewegung kann folglich ausgeschlossen werden und Basisgenerierung liegt vor. Das Gegenstück dazu sind Sprachen, in denen Resumptivpronomen in Extraktionsinseln nicht toleriert werden. Dieses Gegenstück zu Englisch bilden z. B. slavische Sprachen wie Bosnisch, Serbisch und Kroatisch (BSK), Polnisch und Slovenisch. Hladnik (2015) beschreibt für slavische Sprachen eine Pronomensowie eine Partikelstrategie mit Resumptivpronomen und stellt strukturelle Gemeinsamkeiten zwischen den Strategien fest. Er zeigt, dass Resumptivpronomen in Extraktionsinseln systematisch ungrammatisch sind und schließt daraus, dass Operatorenbewegung zugrunde liegen muss: (247) *Was Was se sehe i ich en einen Ma, Mann dem dem i ich t t geschdrn gegeben t habe geba hab? ‚Was sehe ich einen Mann, dem ich gestern gegeben habe? ‘ (248) *Was Was se sehe i ich en einen Ma, Mamm wo dem i ich t t em/ dem RES geschdrn gestern t t geba gegeben hab? habe ‚Was sehe ich einen Mann, dem ich gestern gegeben habe? ‘ Salzmann (2006b) und Hladnik (2015) kontrastieren das Auftreten von Resumptivpronomen in Extraktionsinseln für Relativsätze und reguläre A’-Bewegung. In denjenigen Strukturen, in denen reguläre A’-Bewegung attestiert ist, scheint auch das Auftreten von Resumptivpronomen über eine Bewegungsanalyse bestmöglich beschrieben. Für die slavischen Sprachen ergibt sich nach Hladnik (2015) hier ein eindeutiges Bild. In den nun folgenden Abschnitten sollen diese Konstruktionen für Alemannisch nochmals genauer betrachtet werden. Dabei werden sowohl Daten aus der Literatur zu Lokalitätse ekten als auch die vorliegenden Daten zu diesen Phänomenen im Alemannischen aus Salzmann (2006b) und SynAlm gegenübergestellt. 4.4.3 Extraktion aus einem Adjunktsatz Der erste Kontrast, der hier gegenübergestellt werden soll, ist die W -Extraktion (249a und 250a) aus einem Adjunktsatz und der dazugehörige Relativsatz (249b und 250b). Im Standarddeutschen ist hier keine Extraktion erlaubt. Der hier dargestellte Kontrast wurde nicht empirisch durch SynAlm überprüft: 72 72 Beispiele aus der Literatur werden entsprechend gekennzeichnet, sind keine Angaben vorhanden, wurden sie von der Autorin erstellt. 4.4 Lokalitätseekte im Alemannischen 207 208 4 Syntax alemannischer Relativsatzstrategien (249) a. *Wen Wen isch ist dr der Hans Hans ausm aus dem dem Lada Laden grennt, gerannt, nachdem nachdem dr der Klaus Klaus *t *t erwischt erwischt hod? hat? b. Kein Kein Mensch , Mensch , wo wo de der Hans Hans aus aus dem dem Laden Laden grant gerannt isch, ist, nachdem nachdem dr der Klaus Klaus * / *en / *den * / *ihn / *den erwisch erwischt hot. hat. (250) a. *Wen Wen isch ist dr der Hans Hans weggrannt, weggerannt, nachdem nachdem dr der Klaus Klaus *t *t gschlaga geschlagen hot? hat? b. Der Der Jens , Jens , wo wo dr der Hans Hans weggrannt weggerannt isch, ist, nochdem nachdem dr der Klaus Klaus *_ / en / ? den _ / ihn / ? den gschlaga geschlagen hot hat Der Relativsatz ohne Resumptiv ist in beiden Beispielen (249 und 250) ungrammatisch. In (249) können auch die Varianten mit Resumptiv- und d -Pronomen ausgeschlossen werden. In (250) scheint die Struktur mit Resumptivpronomen möglich zu sein. Insbesondere muss hier hervorgehoben werden, dass auch die Version mit d -Pronomen in der relativsatzinternen Position nicht völlig ausgeschlossen werden kann. Dieser Inseltyp wurde in SynAlm in dieser Form nicht getestet, andere W -Extraktionen aus eingebetteten dass - und wo -Sätzen zeigen jedoch ein vergleichbares Verhalten (vgl. die Beispiele weiter unten in diesem Abschnitt). 4.4.4 Extraktion aus eingebetteten W -Fragen Der nächste Kontrast betri t die Extraktion aus eingebetteten W -Fragen. Im Alemannischen ist Extraktion aus eingebetteten W -Fragen (252-254) nicht möglich (vgl. u. a. Müller und Sternefeld 1993, Lutz 2001), 73 (251) Radios weiß ich nicht, wer t repariert. der daraus abgeleitete Relativsatz scheint grammatisch, sofern er ein Resumptivpronomen enthält (252b-254b): 73 Anders als Extraktion aus eingebetteten W -Fragen, die im Deutschen nicht möglich ist, kann aber Topikalisierung erfolgen. (252) a. *Was Was frogt fragt sich sich d die Lisa, Lisa, warum warum dr der Hans Hans schon schon wieder wieder t t gekauft gekauft hod? hat? b. D Die Schu , Schuhe wo wo d die Lisa Lisa sich sich frogt, fragt, warum warum dr der Hans Hans *_ / se / di *_ / sie / die scho schon wieder wieder gekauft gekauft hat, hat, standet stehen jetzt jetzt bloß bloß rom. herum. (253) a. *Was Was frogt fragt sich sich dr der Peter, Peter, wer wer t t verö entlicha verö entlichen wird? wird? b. Der Der Autor , Autor , wo wo sich sich dr der Peter Peter frogt, fragt, welche welche Bichr Bücher *_ / er / der *_ / er / der verö entlicha verö entlichen wird, wird, kommd kommt zur zur Audogrammstund. Autogrammstunde. (254) a. *Wer fragt sich Peter, wen t tre en wird? b. Dr Der Hans , Hans , wo wo dr der Peter Peter sich sich frogt, fragt, wen wen *_ / er / der *_ / er / der tre a tre en wird, wird, stoht steht da dort driaba. drüben. Extraktionen aus W -Inseln wurden in SynAlm für Subjekt- und Objektextraktion getestet. Ausgangspunkt waren dabei die Sätze in (255) und (256): (255) Welches Gemüse weißt du nicht, wie man kocht? (256) Welches Gemüse weißt du nicht, wie man es kocht? Beide Strukturen wurden in der SynAlm-Befragung nicht komplett abgelehnt. 4.4.5 Extraktion aus einer Subjektinsel Der dritte Kontrast bezieht sich auf die Extraktion aus einer Subjektinsel (Subjektsphrase und Subjektsatz). Schon bei Ross (1967) wird diese Barriere als sprachspezi sch beschrieben. Alle Phrasen in der funktionalen Spezi ziererposition des Subjekts (Spec IP/ TP) sind für Extraktion opaque. Extraktion ist im Deutschen möglich (Lutz 2001, 85), wenn es sich um nicht-ergative Subjekte und in nite Subjektsätze handelt (siehe dazu auch Haider (1993) zur Subjektsposition im Deutschen). Weiterhin gilt die Subjektsextraktion aus Sätzen mit ergativen und passiven Prädikaten als möglich. Die W -Extraktion in (257a) ist ungrammatisch, der daraus abgeleitete Relativsatz (257a) scheint mit Resumptivpronomen (257) und d -Pronomen möglich. 4.4 Lokalitätseekte im Alemannischen 209 210 4 Syntax alemannischer Relativsatzstrategien (257) a. *Wer 1 , dass t 1 auf das Konzert gegangen ist, ist sehr wahrscheinlich? b. D Die Lisa , Lisa , wo wo s es sehr sehr wahrscheinlich wahrscheinlich isch, ist, *dass *dass _ / se / die _ / se / die auf auf des das Konzert Konzert ganga gegangen isch, ist, hot hat jetzt jetzt a eine Erkäldung. Erkältung. c. *Über *Über wa 1 was 1 isch ist des das Lied Lied t 1 t 1 luschtig lustig gwä? gewesen? d. D Die Klassafahrd , Klassenfahrt , wo wo s das Lied Lied *_ / über *_ / über se / ? sie / ? über über die die luschtig lustig gwä gewesen isch, ist, [...] [...] Salzmann (2006b, 330) zeigt die Subjektinsel für A’-Bewegung und den Relativsatz mit Resumptiv anhand folgender Beispiele: (258) *[Über [Über wen] 1 wen] 1 hät hat d die Biographie Biographie _ 1 _ 1 vil viel Erfolg Erfolg ghaa? gehabt? (259) De Der Sportler, Sportler, wo wo d die Biographie Biographie über über *(in) *(ihn) Erfolg Erfolg gha gehabt hät. hat. (Subjektinsel) Der E ekt ndet sich im Zürichdeutschen auch in Relativsätzen über lange Distanz: (260) De Der [Sportler], [Sportler], wo-n wo-n i ich wäiss, weiß, dass dass d die Biographie Biographie über über *(in) *(ihn) vil viel Erfolg Erfolg gha gehabt hät. hat. Der Relativsatz mit Resumptiv ist grammatisch, die Subjektinsel wird durch das Pronomen aufgelöst. Ohne ein Resumptivpronomen wäre die Struktur jedoch ungrammatisch. Diese Daten bedürfen weiterer empirischer Überprüfung, denn anders als Salzmann es beschreibt, scheint der Relativsatz ohne Resumptiv und ohne die Possessorangabe in der Struktur über lange Distanz ebenfalls möglich zu sein, ohne dass die Information über die Possessorangabe verloren geht. In SynAlm wurden lange Extraktionen getestet, ein vorläu ges Ergebnis wurde in Kapitel 3 vorgestellt. 4.4.6 Le branch-Extraktion Der nun folgende vierte Kontrast zeigt Leftbranch -Extraktion. W -Extraktion ist nicht möglich, der dazugehörige Relativsatz mit Resumptiv und d -Pronomen scheint grammatisch zu sein: (261) a. *Wem Wem sini 1 seine 1 häsch hast-du geschter gestern _ 1 _ 1 Frau Frau gsee? gesehen? (Salzmann 2006b, 329) b. ? ? ? ? Vom Vom Hans , Hans , wo wo geschter gestern d die Frau Frau _ / von _ / von em ihm / ? von / ? von dem dem gsee gesehen häsch, hast, han habe i ich heut heute en einen Aruf Anruf kriagt. bekommen. In (262) sind beide Varianten ausgeschlossen: (262) a. *Wessen mag Hans_ Musik? b. *Vom Vom Hans , Hans, wo wo du du d die Musik Musik _ / von _ / von ihm ihm / ? von / ? von dem dem it nicht magsch, magst, han habe i ich geschdrn gestern dro a. getro en. Der Relativsatz mit Resumptiv in (261), in dem Leftbranch -Extraktion vorliegt, scheint möglich zu sein. Allerdings zeigt (262), dass dies kein stabiles Ergebnis ist. 4.4.7 Extraktion aus koordinierten Phrasen Extraktion aus koordinierten Phrasen und Sätzen ist sowohl bei A’-Bewegung als auch im Relativsatz nicht möglich: (263) a. *Wa Was mag mag dr der Hans Hans Lisas Lisas Musik Musik ond und _? _ ? b. *Lisas Lisas Katze, Katze wo wo dr der Hans Hans _/ se/ die _/ sie/ die mag mag ond und Lisas Lisas Musik. Musik. c. *Wa Was mag mag dr der Hans Hans _ _ ond und hasst hasst _ _ er? er? d. *Lisas *Lisas Katze, Katze, wo wo dr der Hans Hans _ _ mag mag ond und Lisas Lisas Musik, Musik, wo wo dr der Hans Hans _ _ hasst? hasst? 4.4 Lokalitätseekte im Alemannischen 211 212 4 Syntax alemannischer Relativsatzstrategien 4.4.8 Extraktion aus komplexen Nominalphrasen Extraktionen aus komplexen Nominalphrasen (z. B. Relativsätze, In nitivkomplemente) ist aufgrund von Verletzung der Complex-NP-Constraint (CNPC) nach Ross (1967) ausgeschlossen. Diese Beschränkung besagt, dass aus Sätzen, die von einer NP dominiert werden, nicht extrahiert werden kann. Chomsky (1973) bezeichnet dieses Phänomen als Subjacency und hält fest, dass Bewegung über mehr als einen Bindungsknoten hinweg unmöglich ist (Engdahl 1997, 3). In Analysen zu skandinavischen Relativsätzen (u. a. Taraldsen (1981, 1982), siehe auch Engdahl (1997) für weitere Hinweise) zeigte sich, dass entgegen der Vorhersagen durch die Complex-NP-Constraint und Subjacency Extraktion in Relativsätzen möglich ist. Im Alemannischen ist die Datenlage hier unterschiedlich beschrieben. In Salzmann (2006b) wird gezeigt, dass reguläre A’-Bewegung aus einem Relativsatz oder einem Komplementsatz heraus nicht erlaubt ist: (264) De Der [Autor], [Autor], wo wo d die Marie Marie jedes jedes Buech, Buch, wo-n wo-n *(er) *(er) schriibt, schreibt, sofort sofort chauft. kauft. (CNPC: rel) (265) De Der [Sänger], [Sänger], wo wo i ich s das Gerücht, Gerücht, dass dass *(er) *(er) gar gar nöd nicht cha kann singe, singen, nöt nicht cha glauben glauba. kann. (CNPC: comp clause) Die SynAlm-Befragung hat ergeben, dass ähnliche Extraktionskonstruktionen wie im Skandinavischen von den Informanten akzeptiert werden: (266) De Diese blommorna Blumen känner kenne jag ich en einen man Mann som Comp säljer. verkauft. (267) Sottige Solche Bluame Blumen wüßt wüßte i ich etzt jetzt niamed niemanden wo PRT bei bei üüs uns verkauft. verkauft. (268) *Sottige *Solche Bluame Blumen wüßt wüßte i ich etzt jetzt niamed niemanden der DET wo PRT bei bei üüs uns verkauft. verkauft. Die oben beschriebenen Sätze aus Engdahl (1997) wurden von SynAlm systematisch getestet. Die Ergebnisse werden in Abbildung 90 dargestellt: Tabelle 55: Complex-NP-Constraint: SynAlm 15.1 Sottige Blumen wüsst ich niemand, der bei uns verkauft. 15.2 Sottige Blumen wüsst ich niemand, der wo bei uns verkauft. 15.3 Sottige Blumen wüsst ich niemand, wo bei uns verkauft. 16.1 So ein altes Radio wüsst ich niemand, wo noch rep. könnte. 16.2 So ein altes Radio wüsst ich niemand, der wo noch rep. könnte. 16.3 So ein altes Radio wüsst ich niemand, der noch rep. könnte. Die SynAlm-Befragung hat ergeben, dass bis zu ein Viertel der Befragten die Konstruktion mit Partikel (ohne Relativpronomen) als sehr gut oder gut bewerten (Werte 1 und 2): Abbildung 90: Quantoren als RS-Kopfnominal Der systematische Vergleich zwischen W -Extraktion und dem dazugehörigen Relativsatz zeigt, dass W -Extraktion aus komplexen Nominalphrasen nicht möglich ist. In einem Relativsatz ist die Extraktion erlaubt. Das zeigen die Auswertungen der SynAlm-Abfrage 4.4 Lokalitätseekte im Alemannischen 213 214 4 Syntax alemannischer Relativsatzstrategien in 90. Dies gilt sowohl für die Beispiele mit Partikelstrategie mit und ohne Anwesenheit eines Resumptivpronomens. (269) Was gibt es das Gerücht, dass Peter _ geschmissen hat? (270) D Die Schul, Schule, wo wo s es des das Grücht Gerücht gibt, gibt, dass dass dr der Peter Peter _/ se/ die _/ se/ die gschmissa geschmissen hot. hat. (271) Wohin freut sie sich über die Nachricht, dass sie bald _ reisen kann? (272) ? Noch Nach Canada, Canada, wo wo se sie sich sich über über d die Nochricht Nachricht freid, freut, dass dass se sie bald bald _ _ reisa reisen ko. kann. (273) *Was haben Sie jemanden eingestellt, der _ hat? (274) En Ein Audo, Auto, wo wo se sie jemand jemand eingstellt eingestellt hen, haben, wo wo *_/ ? es/ ? des *_/ ? es/ ? das hot. hat. 4.4.9 Extraktion aus Präpositionalphrasen Präpositionalphrasen gelten im Deutschen als Extraktionsinseln. In Abhängigkeit von sogenannten Brückeneigenschaften (lexikalische, semantische oder pragmatische Eigenschaften) von Prädikaten, als deren Objekte sie auftreten, ist Extraktion möglich. Salzmann (2006b) kategorisiert die hier zitierten Beispiele als ungrammatisch. Kontrastiert werden hier lokale Relativierung und Long-Distance-Relativsätze mit W -Bewegung. In beiden Fällen ist nach Salzmann ein Resumptiv erforderlich, um die Struktur grammatisch zu machen (Salzmann 2006b, 331). (275) a. *Vo *Von wem 1 wem 1 bisch bist-du mit mit de der Schwöschter Schwester _ 1 _ 1 i in d die Schuel? Schule? b. De Der Ma Mann wo-n wo-n i ich gsäit gesagt han, habe, dass dass i ich mit mit de der Schwöschter Schwester von von *(em) *(ihm) in in d die Schuel Schule bin bin (276) *Von *Von wem wem bisch bist-du mit mit de der Schwöscher Schwester _ _ in in d die Schuel? Schule? (277) De Der Ma, Mann, wo-n wo-n i ich mit mit de der Schwöschter Schwester von von *(em) *(ihm) in in d die Schul Schule bin. bin. (PP-Insel) Die als ungrammatisch kategorisierte W -Extraktion könnte bei einer größeren Sprecherbefragung anders bewertet werden. Das von Salzmann gewählte Beispiel ist nicht eindeutig. Weiterhin scheint folgende Relativsatzstruktur ebenfalls vorstellbar: (278) De Der Ma, Mann, wo-n wo-n i ich gsagt gestagt han, habe, dass dass i ich mit mit de der Schwöschter Schwester ( ( von von *(em) *(ihm) ) ) in in d die Schuel Schule bin. bin. Die aus der Literatur vorliegenden Daten zu Extraktion aus Präpositionalphrasen sind nicht ausreichend explizit, um die Gültigkeit als Extraktionsinsel für Alemannisch festzustellen. Weitere Forschung ist hier erforderlich. Das Verhalten von resumptiven Pronomen in Konstruktionen mit Extraktionsbeschränkung sollte Klarheit hinsichtlich der Frage nach A’-Bewegung in lokalen Relativsätzen mit Partikelstrategie bringen. Im Alemannischen ndet man resumptive Pronomen in Konstruktionen, aus denen A’-Bewegung regulär erlaubt ist. Sie können aber auch innerhalb von Extraktionsinseln auftreten und so eine Konstruktion reparieren, die andernfalls ungrammatisch wäre. Als Diagnostik für die relativsatzinterne Syntax kann das Auftreten von resumptiven Pronomen alleine daher nicht herangezogen werden. Um ein genaueres Bild von der Funktion der resumptiven Pronomen im Alemannischen zu erhalten, wurde auch ihr Vorkommen in langen Relativsätzen und langer W -Bewegung untersucht. Ein kurzer Überblick zu den Resultaten wird im folgenden Abschnitt gegeben. Im Anschluss erfolgt dann eine Einordnung der Funktion von resumptiven Pronomen in der Syntax alemannischer Relativsatzstrategien. 4.4.10 Resumptivpronomen und lange W -Bewegung im Alemannischen Das overte Auftreten von Kopien bei lokaler Bewegung gilt als ausgeschlossen. (279) Ein Mann, dem ich ihm geholfen habe. Dies gilt im Zürichdeutschen (Salzmann 2006b, 326) auch für lange Extraktion von indirekten Objekten oder Objekten aus obliquen Positionen, wie die Beispiele (280a) und (280b) zeigen: (280) a. Wem 1 Wem 1 hät hat de der Peter Peter _ 1 / *em _ 1 / *ihm es das Buech Buch ggëë? gegeben? 4.4 Lokalitätseekte im Alemannischen 215 216 4 Syntax alemannischer Relativsatzstrategien b. Wem 1 Wem 1 häsch hast-du gsäit, gesagt, dass dass de der Peter_ 1 / *em Peter_ 1 / *ihm es das Buech Buch ggëë gegeben hät? hat? In Brandner (2015) wird mittels Daten aus dem SADS und SynAlm gezeigt, dass Sprecher des Alemannischen in der Befragung den folgenden Kontrast innerhalb einer langen W -Extraktion mit und ohne Resumptiv produzierten (Daten aus Brandner (2015), dort wird ebenfalls aus dem SADS zitiert). Der Testsatz wird in Beispiel (281) dargestellt: (281) Wer Wer hesch hast gseit du dass gesagt, em dass Kevin dem ghulfe Kevin het? geholfen hat? Tabelle 56: W -Extraktion SADS I. Wer hesch gseit dass em Kevin ghulfe het? 74% Akzeptanz II. Wer hesch gsait dess er em Kevin ghulfe het? 74% Akzeptanz Die Extraktion aus dem dass -Satz mit und ohne Resumptiv wurde von 74% der insgesamt 2800 Informanten des SADS akzeptiert. 54% aller Informanten gaben Alternativen vom folgenden Typ an: Tabelle 57: W -Extraktion SADS Wer sagst du hat...V 66% Parenthese Wer häsch gsait wer (dass).... 9% Copy Konstruktion Was häsch gsait wer (dass)..... 19% Was - W -Konstruktion Wer häsch gsait wo d -... ERC-Strategie Während 26% der Informanten ein Resumptivpronomen in Subjekts- und Objektextraktionen aus dass - und wo - Sätzen akzeptieren, werden Dativextraktionen von 15% der Befragten akzeptiert. Die Akzeptanzwerte unterscheiden sich von der Distribution in lokalen Relativsätzen. In SynAlm wurde daraufhin ausführlich lange W -Extraktion und zugleich auch das mögliche Auftreten von Resumptivpronomen getestet. In Tabelle 58 werden exemplarisch Beispiele für eine DO-Extraktion gegeben. Die Grundstruktur des Testsatzes wird in Beispiel (282) dargestellt: (282) Was hast du gesagt, dass ich mitnehmen soll? Tabelle 58: Resumptivpronomen in W -Extraktionen BW CH 10b1 DO Wa hosch gseet, dass ich mitnea/ mitnämme soll? + + 10b2 DO Wa hosch gseet, dass es ich mitnea/ mitnämme soll? - - 10b7 DO Wa hosch gseet, wo ich mitnea/ mitnämme soll + + 10b8 DO Wa hosch gseet, wo es ich mitnea/ mitnämme soll - - Hier werden die Auswertungen für die Schweiz und Baden-Württemberg gezeigt: W -Extraktionen aus dass - und wo -Sätzen verhalten sich hier identisch. Die Variante mit Lücke wird jeweils akzeptiert, Resumptivpronomen in DO-Position jedoch abgelehnt. Die Abfolge pronominales Objekt vor Subjekt könnte ein weiterer Grund für die Ablehnung sein. Wie Weiß (2015) zeigt, sind solche Inversionen sehr selten. Abbildung 91: Lange W -Extraktion aus SynAlm FB IV 4.4 Lokalitätseekte im Alemannischen 217 218 4 Syntax alemannischer Relativsatzstrategien In einigen Bewertungen zeigt sich überraschend, dass auch d -Pronomen in resumptiver Funktion von einigen Sprechern, überwiegend aus den Regionen Baden-Württembergs, verwendet werden: Tabelle 59: d -Resumptivpronomen in W -Extraktionen BW CH 2a3 IO Wem hast du gesagt, dass ihm der Peter beim Umzug helfen muss - ? Abbildung 92: Lange W -Extraktion d -Resumptiv 4.4.11 Relativsätze über lange Distanz In SynAlm wurden weiterhin Relativsatzkonstruktionen über lange Distanz getestet. Die Überprüfung hatte zum Ziel herauszu nden, ob bei langer Relativierung, wie beispielsweise in Salzmann (2006b) für Zürichdeutsch beschrieben, keine Lücken attestiert sind. Bei den Testsätzen wurde ebenfalls variiert zwischen einem dass - und wo -Satz. Die Tabelle 60 und die Abbildung 93 zeigen jeweils die Testsätze und die Auswertungen: Tabelle 60: Subjektextraktion (FB2) BW CH VA EL Das ist der Mann.... 18.1 wo ich immer gemeint habe, wo in D. wohnt. + + + + 18.2*wo ich immer gemeint habe, wo er in D. wohnt. - - - - 18.3*wo ich immer gemeint habe, dass in D. wohnt. - - - - 18.4 wo ich immer gemeint habe, dass er in D. wohnt. + + + + Die Auswertungen zeigen, dass die Informanten Relativsätze über lange Distanz in Abhängigkeit davon, ob aus einem dass- oder aus einem wo -Satz extrahiert wird, unterschiedlich bewerten. Subjektextraktion aus einem wo -Satz wird als grammatisch bewertet, die Variante mit Resumptiv wird hingegen abgelehnt, genauso wie die Subjektextraktion aus einem dass -Satz mit Lücke. Die Subjektextraktion aus einem dass -Satz mit Resumptiv hingegen wird akzeptiert. Bei der Objektextraktion (IO) aus einem wo -Satz mit Lücke sind die Sprecherurteile eher ablehnend, die Variante mit Resumptiv ist, wie zuvor bei der Subjektextraktion, ungrammatisch, aber beide Extraktionen aus dem dass - Satz (mit Lücke und Resumptiv) erzielen gute Grammatikalitätswerte. Die Testsätze mit der Objektextraktion weisen hier eine Schwierigkeit auf, da ich bin noch Geld schuldig hier als intransitiv interpretiert werden kann und damit die Bewertung einer anderen Struktur durch die Sprecher erfolgt. Die Befragungsmethode versucht diesem E ekt hier insofern entgegenzuwirken, als dass durch die Bewertung der unterschiedlichen vorgegebenen Varianten den Informanten klar ist, dass sie hier keine intransitive Struktur bewerten. Weitere Abfragen in SynAlm bestätigen darüber hinaus die Ergebnisse der Objektextraktion aus dass - und wo -Sätzen (vgl. dazu Brandner 2015). Abbildung 93: Lange Relativsätze 4.4 Lokalitätseekte im Alemannischen 219 220 4 Syntax alemannischer Relativsatzstrategien Salzmann (2006b, 330) zeigt, dass auch Inselbeschränkungen bei langer Relativierung durch die Anwesenheit eines Resumptivpronomens aufgehoben werden können: 74 (283) a. De Sportler, won i wäiss, dass d Biographie (über *(in)) vil Erfolg gha hät. b. De Ma, wo ni gsagt ha, dass i mit de Schweschter (von *(em)) in d Schuel bin. (284) a. De De Sportler, Sportler, won wo-n i ich waiss, weiß, dass dass d die Biographie Biographie über über *(in) *(ihn) vil viel Erfolg Erfolg gha gehabt hät. hat. (Subjektinsel) b. De Der Ma, Mann, wo won n i ich gsäit gesagt han, habe, dass dass i ich mit mit de der Schwöschter Schwester ( ( von von *(em) *(ihm) ) ) in in d die Schuel Schule bin. bin. Bei langer Relativierung zeichnet sich ein ähnliches Muster ab, wie für die W -Extraktionen gesehen. Das Resumptivpronomen ist auch hier bei Subjektsextraktion (anders als bei lokaler Relativierung) präferiert. Tabelle 61: Zusammenfassung: lange Extraktion Lange Relativierung SU DO IO wo+wo+Lücke + wo+wo+res - wo+dass+Lücke - + wo+dass+res + + Lange W -Extraktion SU DO IO wo+Lücke + +/ wo+res - dass+Lücke + + dass+ res - + Bei Extraktionen über lange Distanz lässt sich ein deutlicher Unterschied zwischen wo + wo und wo + dass -Relativsätzen feststellen. Während in wo + wo -Relativsätzen die Ergebnisse bezüglich der Akzeptanz von Resumptivpronomen und Lücken ähnlich verteilt sind wie bei den lokalen Relativsätzen, so ist bei Relativsätzen über lange Distanz und 74 Die Beispiele in (284) erscheinen allerdings auch mit Lücke nicht vollkommen ausgeschlossen. einem intervenierenden dass -Satz die Distribution bezüglich der Resumptivpronomen und die Akzeptanz einer Lücke umgekehrt. In Brandner (2015) wird gezeigt, dass die zugrunde liegende Syntax langer Relativsätze mit dass - und wo -Sätzen unterschiedlich sein muss. In dass -Sätzen sind Resumptivpronomen in Subjektsposition nahezu obligatorisch. Eine Analyse, die auf Annahmen von Processing-Faktoren aufbaut ist daher nicht geeignet. Die Daten bestätigen damit auch eine Beobachtung von Salzmann (2006b, 326, 355), der ebenfalls zeigt, dass die syntaktische Struktur von langen Relativsätzen und von lokalen Relativsätzen unterschiedlich sein muss, da sie sich z. B. hinsichtlich der Distribution von Resumptivpronomen - in Salzmann (2006b) wird gezeigt, dass im Zürichdeutschen keine Lücken bei langen Relativsätzen attestiert sind - und Matching-E ekten (vgl. Kapitel 3) unterscheiden. Für Salzmann liegt es nahe, anhand der Datenlage anzunehmen, dass Operatorenbewegung nur dann eindeutig zugrunde liegt, wenn in derselben Derivation auch W -Extraktion (A’-Bewegung) möglich ist. Dies ist, so seine Einschätzung, nur für die lokalen Konstruktionen attestiert (285a und b). In (286a und b) wird der Lokalitätseffekt (PP-Insel) im Relativsatz über lange Distanz zwar durch das Resumptivpronomen vermieden, normale A’-Bewegung ist jedoch ausgeschlossen (Salzmann 2006b, 331): 75 (285) a. Wem 1 Wem 1 häsch hast2SG es ein Velo Fahrrad __ 1 __ 1 versproche? versprochen? ‚Wem hast du ein Fahrrad versprochen? ‘ b. De der [Bueb], Junge won C I ich glaube, glaube, dass dass *(em) *(ihm) de der Vatter Vater es ein Velo Fahrrad versproche versprochen hät. hat. ‚Der Junge, von dem ich glaube, dass ihm der Vater ein Fahrrad versprochen hat.‘ (286) a. De Der [Maa], Mann won C i ich < < mit mit de der Schwöschter Schwester von von *(em) *(ihm) > > i in d die Schuel Schule bin. bin. ‚Der Mann, mit dessen Schwester ich in der Schule war.‘ b. *[Vo *[Von wem] 1 wem] 1 bisch bist2SG < < mit mit de der Schwöschter Schwester __ 1 __ 1 > > i in d die Schuel? Schule? ‚Mit wessen Schwester bist du in die Schule gegangen? ‚ Lange Relativsätze mit einem intervenierenden wo -Satz zeigen bezüglich der Distribution von Lücken und Resumptivpronomen eine ähnliche Verteilung wie lokale Relativsätze mit Partikelstrategie und lassen auf eine ähnliche zugrunde liegende Syntax schließen. 75 Salzmann bezeichnet diese Annahme allerdings als „stipulativ“, da er sie nicht durch ausreichend Daten belegen kann. 4.4 Lokalitätseekte im Alemannischen 221 222 4 Syntax alemannischer Relativsatzstrategien Allerdings ist die vorliegende Datenlage noch zu gering, um diese Rückschlüsse belegen zu können. Hier bedarf es weiterer Forschung. 76 4.4.12 Diskussion Extraktionsinseln als Diagnostik für Operatorenbewegung heranzuziehen ist eine von mehreren Möglichkeiten, zyklische Bewegungsoperationen zu testen und diese feststellen oder widerlegen zu können. Allerdings sind die Daten hier in der Regel sehr sprachspezi sch, wenn nicht sogar konstruktionsspezi sch. In der Literatur gilt Extraktion aus Adjunktsätzen und Konstruktionen, die unter der Complex-NP-Constraint zusammengefasst werden können, als ausgeschlossen. Im Alemannischen lassen sich Lokalitätseffekte in Relativsatzkonstruktionen nachweisen. Die Anwesenheit von resumptiven Pronomen in lokalen Relativsatzkonstruktionen, Relativsätzen über lange Distanz und in Extraktionsinseln erlauben jedoch keine eindeutigen Rückschlüsse, ob Operatorenbewegung stattgefunden hat. In diesem Abschnitt wurden die Daten aus Salzmann (2006b) und die durch SynAlm getesteten langen Relativsätze und lange W -Bewegung nochmals gegenübergestellt. In Tabelle 62 werden sie nochmals tabellarisch zusammengefasst: Tabelle 62: Lokalitätsbeschränkungen im Alemannischen Extraktion aus w w+res w + dres Adjunktsatz - + (+) W -Insel + + (+) Subjekt (+) + (+) Left Branch - + (+) Complex NP + + (+) PP + + (+) Die Befragung hat weitere Erkenntnisse geliefert zur Beantwortung der Frage, was die Sprecher als grammatisch beurteilen und was nicht mehr als grammatisch akzeptiert wird. Allerdings ist die Streuung der Bewertungen bei diesen komplexen Sätzen oft sehr breit, d. h. die Sprecher haben hier oft keine eindeutigen Präferenzen oder Ablehnungen. Die Datenerhebung zu Relativsätzen über lange Distanz und W -Extraktionen aus dass - und wo -Sätzen hat jedoch ein interessantes Ergebnis gezeigt: einen Kontrast zwischen der Akzeptanz von Lücken und Resumptivpronomen. Extraktionen aus dass -Sätzen verhalten sich komplementär zu Extraktionen aus wo -Sätzen. Letztere zeigen ein ähnliches 76 Vgl. dazu ausführlich Brandner (2015). Muster wie lokale Relativierung, wohingegen bei Extraktion aus einem dass -Satz ein Resumptivpronomen in erster Linie in Subjekts- und Objektposition obligatorisch ist. Für die zugrunde liegende Syntax bedeutet dies, dass lokale Relativsätze und lange Extraktionen aus wo -Sätzen die gleiche syntaktische Struktur aufweisen. Die Distribution von Resumptivpronomen korreliert nicht mit Lokalitätsbeschränkungen. Daher können sie nicht als Diagnostik für Operatorenbewegung herangezogen werden. Der Ausgangspunkt dieses Abschnitts war die durch Chomsky (1977) formulierte Feststellung, dass Lokalitätse ekte in Relativsatzkonstruktionen in gleicher Weise wie bei A’-Bewegung attestiert sind. Diese Beobachtung bildet eine von drei Faktoren, die Relativsätze syntaktisch in die Nähe von A’-Bewegung und damit Operatorenbewegung bringt. Die weiteren gemeinsamen Merkmale sind: a. eine relativsatzinterne Lücke. b. Konstruktionen über lange Distanz. Dieser Abschnitt hatte zum Ziel, die Datenlage des Alemannischen Bezug nehmend auf die von Chomsky formulierte Ausgangslage zu untersuchen. Lokale Relativsatzkonstruktionen zeigen Lokalitätse ekte. Allerdings sind die Urteile der Informanten aufgrund der Komplexität der Daten nicht immer eindeutig. In Relativsätzen mit Partikelstrategie und einer Lücke zeigen die Daten eindeutig Sensitivität für Lokalitätse ekte, so dass die syntaktische Struktur Operatorenbewegung beinhaltet. Dies gilt auch für die Konstruktionen, in denen resumptive Pronomen auftreten. Zwar lässt sich nicht vollständig und systematisch belegen, dass auch in Anwesenheit eines Resumptivpronomens, das in der Position der Lücke ausbuchstabiert wird, ebenfalls ein Operator bewegt wurde, syntaktisch ist dies jedoch nicht ausgeschlossen. Die Studien zur syntaktischen Rolle resumptiver Pronomen sind zahlreich und nicht zuletzt oftmals sehr konstruktions- und sprachspezi sch. Die von Sells (1984) formulierte Unterscheidung von sogenannten true resumptives im Gegensatz zu intrusive pronouns ist bei der syntaktischen Beschreibung resumptiver Pronomen meist zugrunde liegend. 77 Intrusive pronouns gelten dabei als morphosyntaktisches Element, koreferent mit einem Antezedens, welches zum Zwecke der „Reparatur“ einer Struktur auf PF eingefügt wird (Basisgenerierung, vgl. McCloskey (2002), de Vries (2002) uvm.), wohingegen true resumptives mit einem Antezedens über eine Bewegungsoperation in Verbindung stehen und in einigen Sprachen, zumindest teilweise, auch mit Lücken alternieren (vgl. dazu ausführlich die Diskussion in Boeckx (2003)). 77 Vgl. dazu auch Shlonsky (1992), McCloskey (2002), aber auch frühere Arbeiten von Ross (1967), Perlmutter (1972). Für einen Literaturüberblick vgl. insbesondere Boeckx (2003). 4.4 Lokalitätseekte im Alemannischen 223 224 4 Syntax alemannischer Relativsatzstrategien Boeckx (2003, 19) favorisiert eine Vereinheitlichung der Theorie zu resumptiven Pronomen und diskutiert einige universelle Generalisierungen, die sprachübergreifend für das Auftreten resumptiver Pronomen jenseits der (Nicht-)Sensitivität des Auftretens in Extraktionsinseln festgestellt werden können. Darunter fällt die Eigenschaft mit W -Wörtern, die als Spezi zierer einer DP auftreten können, oder mit dem Komplementierersystem einer Sprache in enger Verbindung stehen. Eine einheitliche Theorie bedarf einer Theorie zu Extraktionsbeschränkungen und müsste auf zugrunde liegende Bewegung zurückzuführen sein. Die vorliegende Arbeit kann diese Frage an dieser Stelle nicht vollständig beantworten. Für die alemannischen Daten ist diese Argumentation durchaus plausibel, da die Funktion von resumptiven Pronomen nicht systematisch eingegrenzt werden kann. Dies würde entweder bedeuten, dass resumptive Pronomen sowohl unter die Kategorie true , als auch intrusive fallen könnten und jeweils eine andere zugrunde liegende Syntax erforderlich wäre. Die in dieser Arbeit vorgeschlagene syntaktische Struktur folgt in Teilen der Argumentation in Boeckx (2003) und favorisiert eine Syntax mit zugrunde liegender Bewegung. Allerdings wird die Big-DP-Analyse nicht übernommen. Für alemannische Relativsatzstrategien ist die interne Struktur des Operators entscheidend, in diesem Fall des d -Relativpronomens, mit seinen funktionalen Schalen wie sie in Wiltschko (1998) beschrieben wurden. Es werden dabei sowohl Argumente aus der Spell-Out-Analyse (u. a. Pesetsky 1998) als auch der Big-DP-Analyse (u. a. Boeckx 2003) berücksichtigt. Die Syntax leitet sich aber alleine aus der syntaktischen und semantischen Struktur des alemannischen Relativoperators, dem d -Relativpronomen, ab. Eine ausführliche Beschreibung erfolgt in Kapitel 5 dieser Arbeit. Mit den Resultaten dieses Abschnitts kann jedoch nur ein Teil der relativsatzinternen Syntax beschrieben werden. Nicht geklärt ist weiterhin die Verbindung von Kopfnominal und Relativsatz durch: a) Adjunktion: Das Kopfnomen ist extern basisgeneriert. Eine Prädikationsbeziehung zwischen Kopfnominal und Relativpronomen/ Operator bestimmt die Interpretation. b) Complementation: Das Kopfnomen ist relativsatzintern basisgeneriert (Argumentposition des Verbs). Der komplexe Relativsatz wird schließlich durch einen externen Determinierer selegiert. In Relativsatzkonstruktionen kann das Kopfnominal relativsatzintern interpretiert werden. Dies gilt insbesondere für anaphorische Ausdrücke, Pronomen, sogenannte „Picture Nouns“ und idiomatische Ausdrücke. Diese Rekonstruktionse ekte gelten als starker Hinweis, dass das Kopfnomen im Relativsatz selbst basisgeneriert ist und aus dieser Position heraus an den linken Rand der Konstruktion bewegt wird. Der folgende Abschnitt soll daher untersuchen, ob diese Beobachtung auch auf die alemannischen Relativsatzkonstruktionen zutri t. 4.5 Bindung und Rekonstruktion im Alemannischen Rekonstruktionse ekte in Relativsätzen bilden, wie Extraktionsbeschränkungen, eine zentrale Argumentationsgrundlage in der Diskussion zur Syntax von Relativsätzen. Ziel dieses Abschnitts ist es, einen kurzen Abriss zur Bedeutung von Rekonstruktionsdaten für die syntaktische Beschreibung von Relativsätzen zu geben. Insbesondere die Daten zum Alemannischen sind dabei von besonderem Interesse. Es geht in den konkurrierenden syntaktischen Relativsatzanalysen (HEA, HIA und Matching) um die Frage, ob der Kopf des Relativsatzes bewegt wurde oder extern basisgeneriert ist. Der Kopf des Relativsatzes oder Teile dessen (bei komplexen Kopfnomen) rekonstruieren auf LF in eine RS interne Position. Vertreter der HIA gehen daher davon aus, dass eine Bewegungsoperation der gesamten Projektion des Kopfnomens stattgefunden haben muss. Nach den Vorhersagen der Copy Theory of Movement (Chomsky 1993) hinterlässt ein bewegtes Objekt eine Kopie an seiner Basisposition. Diese Kopie wird auf LF als Teil einer Bewegungskette in der Basisposition interpretiert. Getestet werden Rekonstruktionse ekte mit syntaktischen Konstruktionen, in denen entweder eine Anapher (Prinzip-A), ein Pronomen (Prinzip-B) oder ein R-Ausdruck innerhalb eines komplexen Kopfnominals in seine Basisposition rekonstruiert. Für Vertreter der HIA zeigt ein Rekonstruktionse ekt, dass das Kopfnomen relativsatzintern basisgeneriert wird und durch Bewegung in die linke Peripherie gelangt. Borsley (1997) diskutiert in seinem Papier zur NP-Bewegung in Relativsätzen ohne Relativsatzeinleiter (vgl. Englisch the man ∅ he saw yesterday ) die strukturell problematische Annahme von Kayne (1994), NP-Bewegung anstatt DP- Bewegung anzunehmen und zeigt damit Probleme der HIA auf. Technische Lösungen für die durch Borsley (1997) aufgezeigten strukturellen Probleme innerhalb der HIA werden daraufhin von Bianchi (2000a und 2000b) beschrieben. Zahlreiche Zusatzannahmen wurden in der Folge erforderlich, um Relativsatzdaten mit der HIA beschreiben zu können. Auch die Bedeutung von Rekonstruktionse ekten für die zugrunde liegende Syntax von Relativsätzen wurde in der Folge stark diskutiert (vgl. u. a. Carlson 1977, McCawley 1981, Aoun und Li 2003). Im Folgenden werden Standardbeispiele für Rekonstruktionsdaten des Standarddeutschen und Alemannischen dargestellt. Dabei geht es um Rekonstruktion von durch Bewegungsoperationen verschobenen Ausdrücken in ihre Basisposition sowie um Rekonstruktion aus bindungstheoretischen Gründen. 78 Der Begri Konnektivitätse ekte taucht 78 Ich beziehe mich hier auf Sportiche (2006) (vgl. auch Boef 2012) und die darin vorgenommene De nitionen der Begri e Konnektivität und Rekonstruktion . Dabei sind die meisten in der Literatur in diesem Zusammenhang diskutierten Phänonene Instanzen von Rekonstruktion durch Bewegung oder 4.5 Bindung und Rekonstruktion im Alemannischen 225 226 4 Syntax alemannischer Relativsatzstrategien in diesem Zusammenhang oftmals als Synonym zum Begri der Rekonstruktionse ekte auf. Rekonstruktionse ekte, die in diesem Abschnitt diskutiert werden, bilden dabei einen besonderen Fall von Konnektivitätse ekten. Diese treten genau dann auf, wenn sich eine Phrase innerhalb einer syntaktischen Struktur so verhält, als besetze sie eine andere als die ober ächenstrukturell sichtbare Position im Satz. Der E ekt kann durch eine Bewegungsoperation auftreten, ist aber auch in Konstruktionen belegt, in denen keine Bewegung stattgefunden hat (Sportiche 2006, 6). In 4.6.1 sollen diese Daten nochmals im Hinblick auf die HIA betrachtet und, wie in Boef (2012) gezeigt, auf ihre Aussagekraft als Diagnostik für Bewegung diskutiert werden, da Konnektivitätse ekte nicht notwendigerweise Bewegung implizieren. In Salzmann (2006b) ndet sich eine ausführliche Beschreibung von Rekonstruktionse ekten im Standarddeutschen und Zürichdeutschen. Die wichtigste Argumente werden im Folgenden skizziert. Salzmann zeigt, dass Rekonstruktion im Zürichdeutschen parallel zum Standarddeutschen verläuft: So rekonstruieren NP-Objekte von Idiom- Verbalphrasen, die Kopf eines Relativsatzes sind. Weiterhin gibt es Rekonstruktion für Prinzip-A und Variablenbindung. Rekonstruktion für Prinzip-B und -C lässt sich in Relativsätzen nicht overt zeigen. Die Frage ist jedoch, ob sie aus unabhängigen Gründen trotzdem vorliegt. Die hier beschriebenen Beispiele beziehen sich auf Salzmanns (2006b) ausführliche Darstellung. 4.5.1 Rekonstruktion für Prinzip-A Rekonstruktion anaphorischer Ausdrücke lässt sich über Topikalisierung von sogenannten Picture Nouns testen. Unter einem Picture Noun versteht man eine komplexe Nominalphrase, die einen anaphorischen Ausdruck enthält (Salzmann 2006b, 85). Zürichdeutsch zeigt Rekonstruktion für Prinzip-A. Anaphorische Ausdrücke werden im Deutschen vom „höchsten“ Argument („SUBJECT“ (Salzmann 2006b, 85)) eines Prädikats (vgl. auch Kiss 2001, Frey 1993) gebunden. (287) Der Maria wurde ein Spiegelbild von sich gezeigt. (Salzmann 2006b, 88) Eine Entfernungseinschränkung regelt, dass eine Anapher vom am nächsten liegenden Binder gebunden werden muss, dies kann beispielsweise auch die Projektion des externen Arguments eines nominalen Ausdrucks sein. Daraus ergibt sich eine komplementäre Verteilung von Pronomen und anaphorischen Ausdrücken, die Kiss (2001) aufgrund des Kontrastes in (288) durch folgende Bindungsvoraussetzungen für Prinzip-A und Prinzip- B erklärt: Löschung unter Identität, um Bindungsprinzipien oder Skopuseigenschaften zu erfüllen. (288) a. Hans mag Peters Bild von sich ∗ / . b. Hans mag Peters Bild von ihm / ∗ . Beispiele übernommen aus Salzmann (2006b, 88) Prinzip A: Anaphern müssen vom am nächsten liegenden Subjekt gebunden werden. Gibt es keinen Binder innerhalb der nominalen Domäne (Projektion eines externen Arguments), wird diese erweitert auf den Satz. Prinzip B: Ein Pronomen darf nicht von einem Ko-Argument gebunden werden. Dies scheint, auch wenn es durch SynAlm nicht systematisch getestet wurde, für alle Varianten des Alemannischen zuzutre en: (289) a. D Die Falschmeldung Falschmeldung über über sich , sich , wo wo d die Angela Angela Merkl / se Merkel / sie geschtern gestern im im Radio Radio ghert gehört hot. hat. b. D Die Falschmeldung Falschmeldung über über sich , sich , wo wo gmoint du-gemeint hosch, hast, dass dass d die Angela Angela Merkl / se Merkel / sie im im Radio Radio ghert gehört hot hat und und sich sich mordsmaäßig sehr ufgregt aufgeregt hot hat c. [Welche [Welche Falschmeldung Falschmeldung über über sich ] 1 sich ] 1 hot hat d die Angela Angela Märkl / *se Merkel / *sie geschdrn gestern _ 1 _ 1 im im Radio Radio ghert? gehört? Die Datenlage bezüglich Rekonstruktion für Prinzip-A ist eindeutig (sowohl für Relativsätze als auch für andere Fälle von A’-Bewegung (Topikalisierung und W -Bewegung)), so lange es sich nicht um eine Konstruktion handelt, in der ein implizites PRO Subjekt als Binder für den anaphorischen Ausdruck zur Verfügung steht, vgl. Salzmann (2006b, 89). 4.5.2 Rekonstruktion für Prinzip-B Rekonstruktionse ekte für Prinzip-B können nicht getestet werden, da ein Pronomen innerhalb einer Picture-Noun-Phrase nicht durch einen Antezedenten k -kommandiert sein muss. Die Koreferenz mit dem höchsten „SUBJECT“ zeigt daher nicht, dass Rekonstruktion für Prinzip-B vorliegt. In (290) - (292) wird dies exemplarisch für Alemannisch gezeigt: 4.5 Bindung und Rekonstruktion im Alemannischen 227 228 4 Syntax alemannischer Relativsatzstrategien (290) [S [Das Bild Bild von von ihre ] 1 , ihr ] 1 , wo wo d die Angela Angela Merkl Merkel in in dr der Zeitung Zeitung _ 1 _ 1 gsä gesehan hot. hat. (291) *[Welles *[Welches Bild Bild von von ere ] 1 ihr ] 1 hot hat d die Angela Angela Merkl Merkel in in dr der Zeitung Zeitung _ 1 _ 1 gsä? gesehen? Beispiele mit einem impliziten PRO-Subjekt sind, wie oben beschrieben, ungrammatisch, nicht aus bindungstheoretischen Gründen, sondern aufgrund der Anwesenheit eines implitziten PRO-Subjekts : (292) *Das *Das PROi PROi Bild Bild von von ihm , ihm , wo wo dr der Petr Peter _ _ gmacht gemacht hot. hat. 4.5.3 Rekonstruktion für Prinzip-C Prinzip-C-E ekte lassen sich für Relativsätze nicht testen. Allerdings kann man sie in W -Extraktionen und Topikalisierungskonstruktionen erkennen, woraus sich schließen lässt, dass diese auch bei Relativsätzen vorliegen (Salzmann 2006b). (293) Das Bild von Peter , das er _am besten ndet. (294) Der Der Wesenszug Wesenszug von von Peter , Peter , wo wo er er am am meischda meisten _schtolz _stolz druf drauf gsi gewesen isch. ist. Der R -Ausdruck Peter und das Pronomen er im Relativsatz sind koindiziert und das Pronomen k -kommandiert die Lücke im Relativsatz. Salzmann (2006b, 101) beschreibt, dass Sprecherurteile bei diesen Konstruktionen sehr gespalten sind und keine Einigkeit bezüglich der Grammatikalitätsurteile herrscht. Bei anderen Fällen von A’-Bewegung lassen sich für diese Fälle Rekonstruktionseffekte zeigen: (295) a. (Welches Bild von Peter ) 1 ndet er _ 1 am besten? b. (Dieses Bild von Peter ) 1 ndet er _ 1 am besten? Salzmann (2006b, 101) nach Lebeaux (1990) und Lebeaux (1991) Auch bei Topikalisierung des R -Ausdrucks über ein Pronomen hinweg tritt ein Prinzip- C-E ekt auf: (296) *[Den Peter] 1 / mag er _ 1 nicht. (Salzmann 2006b, 102) Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass aus syntaktischen Gründen Prinzip- C-E ekte auch bei Nicht-Sichtbarkeit zugrunde liegen müssen. Eine Reihe „nicht-syntaktischer Faktoren“ könnte das Auftreten oder Nicht-Auftreten dieser E ekte beeinussen. Da sich die E ekte in anderen Formen von A’-Bewegung zeigen (Topikalisierung und W -Bewegung) und in Konstruktionen mit Variablenbindung, Skopusrekonstruktion und Idiomformationen forciert werden können (vgl. hierzu ausführlich Salzmann 2006b, 85 - 128), existiert Rekonstruktion diesem Ansatz nach, auch wenn diese nicht overt zu beobachten ist. Das Nicht-Auftreten von Prinzip-C-E ekten liegt in bestimmten Fällen auch darin begründet, in welcher Verbindung die Leerstelle und das damit verbundene Element stehen (Grad der Einbettung und Crossover-E ekte). Für die Besprechung weiterer Rekonstruktionsdaten wie beispielsweise Variablenbindung, Idiom- und Skopusrekonstruktion, Rekonstruktion in Zwischenpositionen, Forcierung von Prinzip-C-E ekten in Skopusrekonstruktions- und Variablenbindungsdaten sowie Rekonstruktion und Interpretation von Adjektivmodi zierern sei an dieser Stelle auf Salzmann (2006b, 113 - 121) verwiesen. 4.6 Diskussion Die vorangegangenen Abschnitte fassen die wichtigsten Aspekte der von Salzmann (2006b) diskutierten Rekonstruktionse ekte im Deutschen und im Alemannischen zusammen. Rekonstruktionse ekte sind, auch wenn nicht immer overt, nachweisbar (siehe Rekonstruktion für Prinzip-B und -C) für alle bekannten Bindungsprinzipien attestiert. Für Alemannisch kann also festgehalten werden, dass Rekonstruktionse ekte in Relativsätzen attestiert sind. Der Argumentation der HIA folgend, müsste man für die Syntax alemannischer Relativsatzstrategien also auch eine relativsatzinterne Basisgenerierung des Kopfnomens annehmen, da nachweisbar der Kopf oder Elemente, die in komplexen Kopfnomen enthalten sind, in eine relativsatzinterne Position rekonstruieren. Rekonstruktionse ekte als Diagnostik für relativsatzinterne Basisgenerierung des Kopfnominals wurden nach Kayne (1994) einer kritischen Betrachtung unterzogen. Der folgende Abschnitt beschreibt einige der diskutierten Fälle. 4.6 Diskussion 229 230 4 Syntax alemannischer Relativsatzstrategien 4.6.1 Antikonnektivität in Relativsätzen Ziel dieses Abschnitts ist es, den Blick auf Konnektivitätse ekte zu richten, bei denen zwar Rekonstruktion statt ndet, jedoch nicht in die Position, aus der das jeweilige Element herausbewegt wurde. Nicht alle Rekonstruktionse ekte können über syntaktische Rekonstruktion erklärt werden. Die Beispiele in (297) zeigen Relativsätze mit idiomatischen Ausdrücken, deren externer Kopf nicht in den Relativsatz rekonstruiert, sondern im Matrixsatz interpretiert wird. (297) a. Er schwingt große Reden, die keiner _ hören will. b. Wählen Sie ein Foto von sich, das Ihnen _ selbst gefällt. c. Maria brach immer einen Streit über diejenigen seiner Schwächen vom Zaun, die jeder Therapieteilnehmer am wenigsten _ ertragen konnte. In (297a) muss die Idiominterpretation im Matrixsatz erfolgen und in (297b) muss die Anapher vom am nächsten liegenden Binder (hier ist es jeweils das Subjekt im Matrixsatz) gebunden werden. Die Bindung kann nicht über Satzgrenzen hinweg in den Relativsatz erfolgen. Der externe Kopf in (297c) rekonstruiert einmal in den Matrixsatz, um die idiomatische Interpretation zu bekommen (Heck 2005) und einmal in den Relativsatz, um die Variable zu binden. In Boef (2012, 163) wird zudem gezeigt, das nicht jede NP, die Teil eines VP-Idioms ist, als Kopf des Relativsatzes verwendet werden kann. Diese Annahmen gehen zurück auf eine Beobachtung von Lasnik und Fiengo (1974, 541). (298) a. The headway that we made was su cient. b. *The heed that we paid to that warning was slight. c. *The attention that we paid to the lecture was careful. Folgt man den Annahmen der HIA müssen die Beispiele in (298b) und (298c) grammatisch sein, sie sind jedoch ungrammatisch. Die folgenden Beispiele (299a) und (299b), in denen das Idiom passiviert wurde, sind jedoch grammatisch. Die HIA sagt jedoch Grammatikalität beider Konstruktionen voraus, denn in beiden Fällen hat Bewegung des NP-Objekts stattgefunden. (299) a Heed was paid to our warning. b Attention was paid to our problems. Unter der Annahme eines externen Kopfes (HEA) wird jedoch genau diese Verteilung vorhergesagt, denn in der Passivkonstruktion wurden die NP und das Verb als eine Konstituente in die Derivation aufgenommen. Für die Relativsätze in (298a und b) tri t das nicht zu, da das NP-Objekt als externer Kopf nicht relativsatzintern als Konstituente mit dem Verb basisgeneriert war (vgl. auch Boef 2012, 164). In Boef (2012) werden zudem neue Ansätze zur Analyse von idiomatischen Ausdrücken beschrieben. So geht beispielsweise Webelhut (2011) von einem lexikalisch-syntaktischen gesteuerten Auftreten von Idiomen in bestimmten Konstruktionstypen aus. Der Lexikoneintrag des Idioms bestimmt dabei das Auftreten, syntaktische Rekonstruktion ist obsolet. Ist der Lexikoneintrag eines idiomatischen Ausdrucks phrasal (nicht kompositional), kann er nicht in Relativsätzen auftreten. Für Idiome, deren NP-Objekt als Kopfnomen des Relativsatzes auftreten können gilt, dass der nominale Teil des Idioms einen eigenen Lexikoneintrag aufweist. Dieser ist kompositional und erlaubt, dass das Nomen auch in Kombination mit anderen Verben auftreten kann. Für Idiome in Relativsätzen bedeutet dies, dass das Relativpronomen oder der Operator die Rolle des nominalen Parts des Idioms einnehmen kann. In Boef (2012, 165) werden weitere Beispiele zitiert, die zeigen, dass syntaktische Rekonstruktion nicht immer der einzige Mechanismus ist, der Rekonstruktion erklärbar macht, sondern dass auch semantische Mechanismen Rekonstruktion herbeiführen. 4.6.2 Anapherrekonstruktion, Skopusrekonstruktion und Variablenbindung Skopusrekonstruktion ist ein Mechanismus, der weder als Diagnostik für syntaktische, noch für semantische Rekonstruktion herangezogen werden kann. Boef (2012) zeigt hierzu Daten von Cecchetto (2001), die mit Daten italienischer Clitic Left Dislocation - Konstruktionen die Uni cation for Binding and Scope Reconstruction -Bedingung (u. a. Romero 1997) widerlegt, indem sie zeigt, dass Präpositionalphrasen in diesen Konstruktionen zwar aus bindungstheoretischen Gründen rekonstruieren, aber nicht für Skopus: (300) In In una a casa house di of Gianni , Gianni pro (he) i there ha has ospitato hosted ogni every ragazzo. boy. ‘In a house of Gianni every boy was hosted.’ Variablenrekonstruktion kann, wie Boef (2012, 170) weiterhin zeigt, ebenfalls ohne Vorhandensein einer k -Kommandorelation (ohne syntaktische Rekonstruktion) erfolgen. Beispiele dafür nden sich in der Literatur zu sogenannten Pseudo-Cleft -Konstruktionen und Tough-Movement . 79 Variablenbindung ist zudem in Adjunktinseln attesiert. Dies wird anhand eines Beispiels von Guilliot und Malkawi (2007, 118) aus dem Französischen gezeigt: 79 Vgl. hierzu ausführlich Boef (2012), Sharvit (1999) und Cecchetto (2001). 4.6 Diskussion 231 232 4 Syntax alemannischer Relativsatzstrategien (301) [La [The photo pricture de of sai his classe] class], tu you’re es furious faché because parce each que teacher [chaque tore prof]i it. l ’ a déchirée. Weitere Beispiele für Rekonstruktion ohne syntaktische k -Kommandorelation mit einem Antezedenten innerhalb der Bindungsdomäne werden auch für Anapherrekonstruktion beschrieben (Boef 2012, 167). 4.6.3 Tiefe Lesart von Adjektiven Ein weiteres Argument für die HIA und damit Bewegung des Kopfnomens aus einer relativsatzinternen Position ndet sich in der von Bhatt (2002) beschriebenen tiefen Lesart von Adjektiven, die als Modi zierer des Kopfnomens mitbewegt werden. Auch in Salzmann (2006b) und Heck (2005) werden diese Beispiele für das Standarddeutsche besprochen, allerdings ist die Aussagekraft der Daten aus zwei Gründen fraglich. Relativsätze mit langer Extraktion gelten generell als markierte Konstruktionen, die tiefe Lesart von Adjektiven ist dann noch schwieriger erreichbar: (302) Die erste Schwester von Fritzi , die eri sagte, dass Maria _ kennengelernt habe. Hohe Lesart: das X, so dass X die erste von den Schwestern von Fritz ist, von denen er sagte, dass Maria sie kennengelernt habe Tiefe Lesart: das X, so dass Fritz sagte, X sei die erste seiner Schwestern gewesen, die Maria kennengelernt habe (Heck 2005, Bsp.34) und (Salzmann 2006b, 116) In Heycock (2005) wird darüber hinaus gezeigt, warum Rekonstruktion in diesen Fällen aus unabhängigen Gründen nicht als Erklärung für die tiefe Lesart herangezogen werden kann. Damit scheiden diese Konstruktionen als Diagnostik für oder auch gegen Kopfbewegung aus. 4.6.4 Schlussfolgerung zu Rekonstruktionse ekten Ziel der Abschnitte 4.5.1 - 4.6.3 war es, die Rolle von Rekonstruktionse ekten in Relativsätzen zu diskutieren. Standarddeutsch und Alemannisch, so zeigt es die ausführliche Beschreibung von Salzmann (2006b), die hier in Teilen dargestellt und übernommen wurde, weisen Rekonstruktion des Kopfnominals in die relativsatzinterne Position für alle Bindungsprinzipien auf. Daraus ergibt sich die Schlussfolgerung, dass es eine Repräsentation des Kopfnominals relativsatzintern auch im Alemannischen geben muss. Die anschließende Darstellung von Fällen, in denen zwar Rekonstruktion statt ndet, jedoch nicht immer auf syntaktische Operationen zurückzuführen ist, da Elemente auch an Positionen rekonstruieren können, aus denen sie nicht ursprünglich herausbewegt wurden, hat gezeigt, dass Rekonstruktion nicht nur syntaktisch erklärt werden kann. Boef (2012) zeigt mit der Diskussion von though-movement -Konstruktionen sowie speziellen Fällen von Variablenbindung, dass Rekonstruktionse ekte ausbleiben, die unter syntaktischen Voraussetzungen eintreten sollten. Für die Diskussion von Relativsatzstrategien und die Beantwortung der Frage, welche relativsatzinterne Syntax für die alemannischen Strategien eine adäquate Beschreibung liefert, sollen diese Beispiele zeigen, dass es syntaktisch begründete Rekonstruktionse ekte gibt, aber auch semantische Mechanismen existieren, die Rekonstruktionse ekte erzeugen können. Rekonstruktionse ekte sind also nicht immer eine Diagnostik für Kopfbewegung. 4.7 HIA oder HEA im Alemannischen - Was wird bewegt? Lokalitätse ekte, die als entscheidendes Kriterium für die Diagnostik syntaktischer Bewegungsoperationen herangezogen werden können, konnten für alemannische Relativsätze nicht klar zeigen, in welchen Strukturen A’-Bewegung zugrunde liegt oder blockiert ist. Das Auftreten von resumptiven Pronomen in Extraktionsinseln liefert ebenfalls kein klares Bild darüber, ob diese systematisch zur Reparatur von Extraktionsinseln dienen oder nicht. Rekonstruktionse ekte können dagegen eindeutig nachgewiesen werden, sind aber, wie Boef (2012) zeigt, nicht zwingend ein Nachweis für Kopfanhebung. Auch in Heck (2005) werden syntaktische und morphosyntaktische Konstruktionen des Standarddeutschen beschrieben, in denen eine Kopfanhebungsanalyse nicht funktionieren oder falsche Strukturen generieren würde. In der Konsequenz argumentiert Heck gegen Kopfanhebung im Deutschen. Als ein wichtiges Argument sieht Heck die relativsatzinterne und -externe Kasuszuweisung. Ein Kasus-Mismatch, wie er zwischen dem externen Determinierer, dessen Kasus vom Verb des Matrixsatzes kommt und dem internen d -Element, das im Falle einer Kopfanhebung mit der NP als DP-Argument des relativsatinternen Verbs basisgeneriert ist, entsteht, ist unter der HIA nicht erwartbar: (303) ....den großen Bären, der im Müll gestöbert hat. In Bianchi (1999) wird daher für eine postsyntaktische Kopie der Kasusmerkmale beim Spell-Out argumentiert. Das Kasusmerkmal wird zunächst durch das jeweilige Verb evaluiert. Nachdem die Kopf-NP in die RS-externe DP bewegt wurde, wird das externe Kasusmerkmal auf die NP kopiert (Heck 2005, 3). 4.7 HIA oder HEA im Alemannischen -Was wird bewegt? 233 234 4 Syntax alemannischer Relativsatzstrategien Auch die Adjektiv exion ist unter Kopfanhebung problematisch. Aus diesem Grund wurde im Rahmen der HIA für eine postyntaktische Kasuszuweisung argumentiert. Starke und schwache Adjektiv exion ist durch den d -Kopf gesteuert, in einem Relativsatz durch den externen Determinierer, der das Kopfnomen selegiert. Diese Zusammensetzung wäre allerdings unerwartet, da unter Kopfanhebung der Komplex aus Determinierer, Adjektiv und Kopfnomen relativsatzintern generiert wird (vgl. auch Heck 2005, 3). (304) a. Ein [guter/ *guten Wein] 2 , [den [guten Wein] 2 ] 1 sie t 1 gekauft hat. Unter Kopfanhebung würde die DP [den guten Wein] relativsatzintern basisgeneriert. Die Bewegung in die linke Peripherie und schließlich in eine relativsatzexterne Position würde bedeuten, dass zusätzliche Mechanismen (Bianchi 1999, 2000a) applizieren müssen, damit die Adjektiv exion über die Selektion des Relativsatzkomplexes [guten Wein], den ich gekauft habe durch den externen Determinierer korrekt erfolgen kann. Problematisch sowohl für den Kasus-Mismatch als auch die Adjektiv exion sind sogenannte gestrandete DPs: (305) Kindern habe ich noch keinen geholfen. Es werden zwei Lösungen vorgeschlagen: Es handelt sich um einen d -Kopf, der ein Merkmal [+ rel] trägt und als solcher keine Kasusmerkmale kopieren kann. Die zweite Möglichkeit geht von einer Kopie des internen Determinierers aus, durch die der externe Determinierer überschrieben wird. Im ersten Fall, so argumentiert Heck (2005), entsteht dann ein weiteres Problem, denn d -Köpfe, die W -Bewegung auslösen 80 kongruieren ebenfalls mit dem NP-Komplement. Im zweiten Fall, der überschriebenen Kopie, müsste eine ad-hoc-Operation zur Änderung von Merkmalen angenommen werden, die ansonsten nicht vorgesehen ist (Heck 2005, 3). Weiterhin problematisch für die Kopfanhebung sind koordinierte Kopfnomen und Relativsätze wie in (306): (306) a. Ein Mann und eine Frau, die sich zufällig im Zug begegnen. b. Das Meer und die Berge, die beide das Erscheinungsbild Korsikas prägen. Der Kopf eines Relativsatzes kann zwei d -Köpfe und zwei NPs enthalten (nach einer Beobachtung von Link (1984) sogenannte Hydras). Trotz Singular der koordinierten Kopfnomen ist das Relativpronomen im Plural ektiert. Heck zitiert hier eine Beobachtung von Duncan (2004): Danach kann zur Kopfanhebung nur eine Kopf-NP relativsatzintern 80 Vgl. dazu weiter Heck (2005) zum Verhalten von W -Relativpronomen welch- und was . zur Verfügung stehen. Die Anhebung in ein Konjunkt wäre antizyklisch (Heck 2005, 6) und damit als Analysegrundlage für Relativsätze ein weiteres Mal nicht geeignet. Es besteht weiterhin keine Kongruenz zwischen den einzelnen Kopf-NPs und dem internen d -Kopf: (307) *die Mann / *die Meer (in Anlehnung an (306a) und (306b)) Eine weitere Alternative, wie die Koordination aus Kopfnomen und Relativsatz mit anschließender Tilgung, ist ebenfalls nicht von Vorteil, nicht zuletzt da auch hier die Plural exion des Relativpronomens und des relativsatzinternen Verbs nicht erklärt werden kann. (308) *Ein Mann, die sich im Zug begegnen und eine Frau, die sich im Zug begegnen. Relativsätze können zudem mehrere, auf verschiedene Sätze verteilte Kopfnomina aufweisen (gespaltenes Antezedenz, nach (Perlmutter und Ross 1970). In diesem Fall steht das Relativpronomen ebenfalls im Plural, obwohl die Bestandteile des Kopfnomens im Singular stehen: (309) Ein Mann kam herein und eine Frau ging heraus, die sich sehr ähnlich waren. Auch bei der Koordination von Relativsätzen entstehen strukturelle Probleme, wenn Kopfanhebung zugrunde gelegt wird: (310) Ein E ekt, den nur Fritz sehen konnte und der verschwand, sobald jemand anders anwesend war. Unter Kopfanhebung müsste hier Accross-the-board -Anhebung erfolgen, diese ist jedoch durch die Coordinate-Structure-Constraint von Ross (1967, 86) ausgeschlossen (vgl. Heck 2005, 7). Kopfanhebung kann also nur in einem Komplement erfolgen. Wie zuvor für die Hydras (koordinierte Kopfnomen) gesehen, ist nicht klar, wie zwei Köpfe relativsatzintern generiert werden können. Auch wurde für Lokalitätse ekte zuvor gezeigt, dass Nicht-Komplemente (Adjunktinseln) opak für Extraktion und somit ebenfalls problematisch für Kopfanhebung sind. (311) a. Das Problem 2 , das t 2 sie t 3 quält. b. Wo 2 glaubst du hat keiner [mit t 2 ] 3 gerechnet. Die DP, die in eine Nicht-Komplementposition nach Spec CP bewegt wurde, sollte eine Insel für Kopfbewegung sein. Bei Kopfanhebung aus PP-Insel und Left-Branch-Konstruktionen verstärkt sich diese Beobachtung zusätzlich: 4.7 HIA oder HEA im Alemannischen -Was wird bewegt? 235 236 4 Syntax alemannischer Relativsatzstrategien (312) a. Die Geschichte, mit der alles angefangen hat. b. *Welche Geschichte hat alles mit angefangen. (313) a. Der Mann, dessen Tochter das Pulver erfunden hat. b. *Wessen hat seine Tochter das Pulver erfunden? Das Auftreten von idiomatischen Ausdrücken in Relativsätzen ohne Bedeutungsverlust wird ebenfalls über eine zugrunde liegende Kopfanhebung abgeleitet. Die Rekonstruktion des bewegten Elements eines idiomatischen Ausdrucks führt schließlich dazu, dass dieser in seiner spezi schen Lesart auf LF interpretierbar ist. Ein idiomatischer Ausdruck kommt jedoch auch relativsatzextern vor, ohne dass die idiomatische Lesart verloren geht: (314) Er schwingt große Reden, die keiner hören will. Bei Kopfanhebung würde die idiomatische Lesart jedoch erst nach der Anhebung entstehen. Problematisch sieht Heck (2005) aber Strukturen wie in (315), in denen Rekonstruktion auftritt: (315) Schwing keine großen Reden über diejenigen seiner 2 Fehler, die keiner 2 vorgehalten bekommen will. Weitere Schwierigkeiten für die Kopfanhebungsanalyse im Standarddeutschen sieht Heck bei folgenden Konstruktionstypen: W -Wörtern, die als Kopfnomen auftreten, Kopfanhebung in Fragesätzen sowie bei Prinzip-C-E ekten. Ebenfalls problematisch für die Kopfanhebung sind Relativsätze, die nicht durch ein Pronomen, sondern durch wo eingeleitet werden. In diesem Fall kommen zu den bisher besprochenen strukturellen Problemen noch die Frage nach der syntaktischen Kategorie des Relativsatzeinleiters wo hinzu. Als W -Element hätte wo Operatorstatus und würde genauso wie die Kopf-NP relativsatzintern basisgeneriert und in die linke Peripherie bewegt werden. Wo kann jedoch nicht Kopf einer DP sein, dessen Komplement die Kopf-NP ist. Diese Schwierigkeit spielt für die hier vorgeschlagene Analyse in Kapitel 5 jedoch keine Rolle, da der syntaktische Status des Relativsatzeinleiters wo im Alemannischen nicht mehr einem W -Element entspricht, das relativsatzintern basisgeneriert und schließlich in die linke Peripherie bewegt wird (vgl. dazu ausführlich Abschnitt 5.1 in Kapitel 5). Für Heck (2005) zeigt sich anhand der angeführten Phänomene klar, dass Rekonstruktionse ekte nur durch „einen oder mehrere unabhängige Mechanismen“ abgeleitet werden können. Es muss jeweils ein Mechanismus sein, der den Rekonstruktionse ekt an sich ableitet. Kopfanhebung in Relativsätzen wird dafür nicht benötigt. Die in Kapitel 5 vorgeschlagene Analyse der alemannischen Relativsatzstrategien schließt sich dieser Annahme an. Rekonstruktionse ekte können, wie die Analyse zeigt, durch die Selektionseigenschaften von d -Wörtern, die in allen Strukturen entweder overt oder covert beteiligt sind, unabhängig von Kopfanhebung abgeleitet werden. 4.8 Zusammenfassung Im ersten Teil dieses Kapitels konnte gezeigt werden, dass die beiden Primärstrategien für alemannische Relativsätze unabhängig von der semantischen Funktion des Relativsatzes (appositiv/ restriktiv), den sie einleiten, angewendet werden. Es konnte weiterhin gezeigt werden, dass in der Literatur getro ene Annahmen zur Rolle des reduzierten Artikelparadigmas in Dialekten für Alemannisch im Bezug auf Relativsätze nicht zutreffend sind. Dies gilt in erster Linie für den externen Determinierer am Kopfnomen des Relativsatzes und die damit verbundenen syntaktischen Konsequenzen für die semantische Funktion des Relativsatzes und seines Relativsatzeinleiters. In einem zweiten Teil wurden strukturelle Fragen im Hinblick auf die zugrunde liegende Syntax der alemannischen Relativsatzstrategien erörtert. Es sollten hier zwei strukturelle Fragen beantwortet werden: i. Gibt es Operatorenbewegung in allen alemannischen Relativsatzstrategien? Oder müssen für die Partikel und Resumptivstrategie und die Pronomenstrategie gegebenenfalls verschiedene syntaktische Strukturen zugrunde gelegt werden? ii. Gibt es in alemannischen Relativsätzen Kopfbewegung? Zunächst wurde das syntaktische Verhalten der Primärstrategien (Relativsatzeinleiter = Partikel oder d -Relativpronomen) im Bezug auf Lokalitätse ekte getestet. Lokalitätse ekte, die in der Literatur zu Relativsatzstrategien als Diagnostik für eine zugrunde liegende A’-Bewegung herangezogen werden, zeigen für die alemannischen Relativsatzstrategien kein eindeutiges Ergebnis. Insbesondere im Hinblick auf die Funktion von resumptiven Pronomen und ihr syntaktisches Verhalten stellen sie kein Werkzeug für eine klare Diagnostik dar. In Relativsätzen mit Pronomen oder Partikelstrategie und einer Lücke zeigen die Daten eindeutig Sensitivität für Lokalitätse ekte. Es konnte jedoch nicht vollständig und systematisch dargestellt werden, dass auch in Anwesenheit eines Resumptivpronomens, das in der Position der Lücke ausbuchstabiert wird, ebenfalls ein Operator bewegt wurde. Standardanalysen (Shlonsky 1992, McCloskey 2002, de Vries 2002) argumentieren, dass ein relativsatzinternes resumptives Pronomen die Variable stellt, die von einem linksperiphär basisgenerierten Operator gebunden wird. In diesen Sprachen verhindern resumptive Pronomen systematisch das Auftreten von Lokalitätse ekten. Im Alemannischen haben resumptive Pronomen ebenfalls die Eigenschaft, in 4.8 Zusammenfassung 237 238 4 Syntax alemannischer Relativsatzstrategien Extraktionsinseln aufzutreten, also in Konstruktionen, in denen eine A’-Bewegung ausgeschlossen werden kann. Allerdings ndet man sie ebenfalls in Konstruktionen mit regulärer A’-Bewegung. Dieses Kapitel konnte im Hinblick auf (i.) zeigen, dass Operatorenbewegung für alle Primärstrategien des Alemannischen (Relativsatzeinleiter = Partikel oder d -Relativpronomen) attestiert ist. In Kapitel 5 soll weiterhin gezeigt werden, dass alle Strategien mit einer syntaktischen Derivation abgeleitet werden können, folglich auch die Strategie mit Resumptivpronomen Operatorenbewegung aufweist. Rekonstruktionse ekte deuten in der Regel eindeutig darauf hin, dass Bewegung eines Elements stattgefunden haben muss. Rekonstruktion ndet auch in alemannischen Relativsätzen statt. So kann im Hinblick auf (ii.) festgehalten werden, dass Rekonstruktion in eine relativsatzinterne Position attestiert ist. Der Kopf oder zumindest seine Merkmale müssen relativsatzintern repräsentiert sein. Dass Rekonstruktion nicht immer durch Bewegung entsteht und Rekonstruktionse ekte nicht nur auf syntaktische Bewegungsoperationen zurückzuführen sind, sondern dass auch semantische Rekonstruktion eines nicht-bewegten Elements statt ndet, hat Boef (2012) in einer kritischen Diskussion zu Rekonstruktionse ekten gezeigt. In Heck (2005) werden überdies systematisch Probleme skizziert, die eine Kopfanhebungsanalyse für Relativsätze des Deutschen implizieren würde. In Kapitel 5 wird eine Analyse erarbeitet, die ohne Kopfanhebung auskommt, aber Rekonstruktion erlaubt. 5 Variation als Partieller Spell-Out - ein neuer Ansatz Das Ziel dieses Kapitels ist es, eine syntaktische Analyse für die zuvor beschriebenen Relativsatzstrategien im Alemannischen zu geben. Die Datenanalyse (Kapitel 2 und 3) hat hierfür grundlegende strukturelle und distributionelle Klarheit gebracht. In Tabelle (63) wird die Distribution der Strategien auf der Zugänglichkeitshierarchie aus Kapitel 3 nochmals dargestellt: Tabelle 63: Zugänglichkeitshierarchie für alemannische Relativsatzstrategien Region Strategie BW CH VA EL SU > DO > IO (Primärstrategie) w+gap + + + + d+gap + (+) + + OBL (Sekundärstrategie) w+res - + - + d+gap + (+) + + Das Alemannische verfügt über eine Partikel- und eine Pronomenstrategie. Beide können als Primästrategie zur Relativsatzbildung eingestuft werden. Die Partikelstrategie mit wo appliziert auf den Positionen SU>DO>IO, die Pronomenstrategie mit d -Relativpronomen (RelP) gilt für alle Positionen der Zugänglichkeitshierarchie SU>DO>IO>OBL. Das Alemannische verfügt weiterhin über zwei Sekundärstrategien: Die d+w -Strategie ist durch die Grammatik theoretisch erlaubt und wird auch von den Sprechern als eine Variante mit hohen Zustimmungswerten akzeptiert. Sie tritt jedoch in Produktionsdaten (z. B. Übersetzungsaufgaben) kaum auf. Für das Auftreten von Resumptivpronomen (ResP) zur Relativierung einer IO-Positionen lässt sich Folgendes schlussfolgern: In BW und VA können Resumptivpronomen ausgeschlossen werden, in der Schweiz werden sie noch akzeptiert und aktiv verwendet. Beide Sekundärstrategien treten auf, wenn es darum geht eine oblique Position zu relativieren. Die Funktionalität von d -Relativpronomen und Resumptivpronomen scheint daher diesbezüglich identisch zu sein. Beide Strategien setzen genau dann ein, wenn es nach Keenan und Comrie (1977) erwartbar ist. In Kapitel 4 wurde das syntaktische Verhalten der verschiedenen Strategien im Hinblick auf die semantische Funktion eines Relativsatzes (appositiv/ restriktiv) untersucht. Das Kapitel hat gezeigt, dass die Wahl der Relativsatzstrategie nicht in Abhängigkeit der Variable appositiv/ restriktiv erfolgt und sich das Alemannische hier identisch zum Standarddeutschen verhält, das ebenfalls nur eine Strategie für beide Funktionen kennt. Im zweiten Teil des Kapitels wurden Lokalitätsbeschränkungen (Extraktionsinseln) und Rekonstruktionse ekte untersucht, die auftreten, wenn syntaktische Bewegungsoperationen stattgefunden haben. Für die syntaktische Beschreibung von Relativsatzstrategien müssen durch die Überprüfung dieser Komponenten zwei Fragen beantwortet werden: 1. Gibt es relativsatzinterne Basisgenerierung des Kopfnomens mit anschließender Bewegung in die linke Peripherie (HIA)? 2. Gibt es relativsatzinterne Operatorenbewegung und externe Basisgenerierung des Kopfnomens (HEA)? Einer semantischen De nition folgend muss ein Relativsatz eine Variable enthalten, die aus dem Relativsatz ein Prädikat macht, welches mit dem Kopfnomen in einer Prädikationsbeziehung steht. Die zugrunde liegende Syntax und Semantik wird durch eine Operator-Variablen-Kette erreicht. Die relativsatzinterne Variable entsteht durch Operatorbewegung. Die Kopfanhebungsanalyse geht davon aus, dass auch der Kopf des Relativsatzes intern basisgeneriert ist und zusammen mit dem Operator bewegt wird (316): (316) [ HS Kopfnomen i ... [ RS RelP [+OP Φ ; Kasus[KopfNP]]i ...wo ....RelP [+OP Φ ; Kasus[KopfNP]]i ...]]] Als Diagnostik für Kopfbewegung (Komponente 1) gelten unter anderem Rekonstruktionse ekte. Für die Überprüfung zugrunde liegender Operatorbewegung (Komponente 2) wird das syntaktische Verhalten der Konstruktion im Bezug auf Lokalitätse ekte getestet. Rekonstruktionse ekte sind, trotz nicht immer eindeutiger Datenlage, im Alemannischen attestiert. Diese Feststellung bedeutet jedoch nicht zwingend, dass es sich syntaktisch um eine interne Basisgenerierung des Kopfnomens handelt. Dies haben u. a. Borsley (1997) für das Englische, später Heck (2005) für das Standarddeutsche und auch Boef (2012) überzeugend diskutiert (siehe dazu Kapitel 4). In diesem Kapitel wird eine syntaktische Analyse für alemannische Relativsatzstrategien vorgeschlagen, die ohne Kopfanhebung auskommt und dennoch Rekonstruktionse ekte erfasst. Die Resultate der Kapitel 2, 3, 4 ergeben zunächst folgendes Bild: Das Alemannische verfügt über vier Relativsatzstrategien. Zwischen den Strategien gibt es teilweise Optionalität. Dort, wo die Strategien für die gleichen Positionen auf der Zugänglichkeitshierarchie attestiert sind, können sie als strukturell gleichwertig bezeichnet werden. Für die Erfassung von Extraktionsbeschränkungen ergibt die Datenlage des Alemannischen kein einheitliches Bild. Salzmann (2006b) zeigt, dass aufgrund der Distribution von Resumptivpronomen keine eindeutigen Rückschlüsse auf zugrunde liegende syntaktische Bewegung gezogen werden können. Resumptivpronomen können Extraktionsinseln aufheben, was bei systematischem Auftreten (Standardanalysen folgend) gegen Operatorenbewegung sprechen würde. Die Daten des Alemannischen verhalten sich 240 5 Variation als Partieller Spell-Out - ein neuer Ansatz hier nicht systematisch und Sprecherurteile variieren in einem hohen Maß. Dieses Kapitel wird nun die relativsatzinterne Syntax der alemannischen Strategien beschreiben. Dabei wird der Ansatz von Kopfanhebung nach Kayne (1994) nicht weiter verfolgt (siehe dazu Kapitel 4), sondern eine Analyse mit Operatorenbewegung favorisiert. 5.1 Syntaktischer Status der Partikel wo In Bayer (1984) wird wo erstmals als Relativsatzeinleiter für das Bairische beschrieben und als Komplementierer kategorisiert. In Bayer und Brandner (2008) wird der funktionale Charakter des W -Elements, das mit einem latenten C -Merkmal ausgestattet ist, ausgearbeitet und die strukturellen Unterschiede zu anderen W -Ausdrücken weiter di erenziert. In Bräuning (2009) wurde schließlich der funktionale Charakter von wo in Konjunktionalsätzen der süddeutschen Varietäten empirisch untersucht und gezeigt, dass sich seine funktionale Eigenschaft als C -Kopf auch in anderen subordinierten Sätzen fortsetzt. Für die deutschsprachige Schweiz beschreiben sowohl van Riemsdijk (1989) als auch Salzmann (2006b) wo als Komplementierer, wobei van Riemsdijk anders als Salzmann von einer Basisgenerierung des Komplementierers in C ausgeht und eine komplexe Analyse ohne Operatorenbewegung entwirft. In Brandner und Bräuning (2013) wird schließlich ein Szenario entworfen, bei dem wo als Relativsatzeinleiter (Partikel) ebenfalls in C basisgeneriert ist und die Identi zierung der relativsatzinternen Lücke über semantische Prädikation hergeleitet wird. In dieser Arbeit soll gezeigt werden, dass alemannische Relativsatzstrategien mit einem Relativsatzeinleiter wo eingeleitet werden, der in C basisgeneriert ist. Die Identi kation der relativsatzinternen Lücke erfolgt über relativsatzinterne Operatorenbewegung durch die Anwesenheit eines d -Relativpronomens. Diejenigen Strukturen, in denen der Relativsatz nur durch die Partikel eingeleitet wird, werden durch spezi sche Spell-Out-Mechanismen auf PF abgeleitet. Eine detaillierte Ausarbeitung dieser Derivation erfolgt in den folgenden Abschnitten. 5.2 Die Analyse Die syntaktische Beschreibung der alemannischen Relativsatzstrategien soll folgende Teilkomponenten erfassen: 1. Welche relativsatzinterne Syntax liegt in Abhängigkeit vom Relativsatzeinleiter vor? 2. Sind die Strategien durch verschiedene Grammatiksysteme in der sprecherinternen Grammatik repräsentiert oder gibt es eine Grammatik, die mehrere Varianten toleriert? 5.2 Die Analyse 241 242 5 Variation als Partieller Spell-Out - ein neuer Ansatz Beide Fragen können nicht unabhängig voneinander beantwortet werden. In denjenigen Fällen, in denen die interne Syntax eines Relativsatzes verschiedene Derivationen umfasst, werden diese nach der Theorie der generativen Grammatik mit jeweils unterschiedlichen zugrunde liegenden grammatischen Systemen innerhalb einer Sprechergrammatik beschrieben. Barbiers (2005, 2009) bringt dazu eine andere Sichtweise in die Diskussion. Er diskutiert den Aspekt der Optionalität zwischen verschiedenen grammatischen Strukturen innerhalb einer Sprechergrammatik. In die Analyse alemannischer Relativsatzstrategien werden folgende Annahmen aus (Barbiers 2009) mit einbezogen: i. Die unterschiedlichen Strategien haben die gleiche zugrunde liegende Syntax ii. Alle Sprecher des Alemannischen verfügen über die gleiche Grammatik. Die Sprechergrammatik kann alle Varianten generieren, selbst wenn nicht alle aktiv Verwendung nden. Im Gegensatz zu früheren Arbeiten von van Riemsdijk (1989), Salzmann (2006b) und Salzmann und Seiler (2010) werden in dieser Arbeit nicht unterschiedliche syntaktische Derivationen (Bewegung vs. Basisgenerierung) durch verschiedene Grammatiksysteme erklärt, um das Auftreten mehrerer, auf den ersten Blick strukturell unterschiedlicher Relativsatzstrategien syntaxtheoretisch erfassen zu können. Die folgenden Abschnitte werden zeigen, dass die Variation innerhalb der alemannischen Relativsatzeinleiter durch eine Bewegungskette mit unterschiedlichen morphosyntaktischen Merkmalsspezi kationen und über Spell-Out-Regeln auf PF am besten erfasst werden kann. Die Analyse gilt gleichermaßen für appositive und restriktive Relativsätze, denn wie die Diskussion in Kapitel 4 gezeigt hat, wird die interne Syntax eines Relativsatzes nicht von seiner semantischen Funktion (appositiv/ restriktiv) beein usst. In Anlehnung an Hladnik (2015, 36) geht die vorliegende Arbeit davon aus, dass es im Alemannischen folgende Strategien gibt: i. eine Pronomenstrategie und ii. eine Partikelstrategie Weiterhin gilt: iii. Die relativsatzinterne Lücke und die resumptiven Pronomen sind (nahezu) komplementär verteilt. Sie treten in Abhängigkeit vom Relativsatzeinleiter auf. Die Partikelstrategie kann ebenfalls mit einer Lücke auftreten. iv. Beide Strategien werden über Bewegung abgeleitet. v. Das Prinzip der Recoverability (Chomsky 1986): Die Löschung eines Elements kann nur erfolgen, wenn es durch ein anderes Element/ eine andere Phrase, die strukturell ähnlich oder identisch ist, in der Struktur identi ziert werden kann. Die syntaktische Struktur muss erklären, wie Recoverability in einer -Kasus-Strategie gewährleistet ist. Der Ablauf der Derivation wird zunächst kurz zusammengefasst: Relativsatzintern wird im Alemannischen ein Relativpronomen, das als Komplement des Verbs basisgeneriert ist, nach Spec CP bewegt. Nach der Copy Theory of Movement (Chomsky 1993) bleibt eine Kopie des Pronomens in der Basisposition zurück. Eine Partikel wird in die C-Position gemerged. Die overte Realisierung (Spell-Out) der syntaktischen Merkmale in CP erfolgt postsyntaktisch auf PF und zwar nach zwei Bedingungen. Werden die Merkmale des Pronomens ausbuchstabiert, so kongruieren diese in Φ -Merkmalen mit dem Kopfnomen. Das Pronomen verfügt über ein Operatorenmerkmal, das die Verbindung zur relativsatzinternen Kopie herstellt und so Φ -Merkmale und das Kasusmerkmal des Pronomens identi zieren kann, welches ihm in der Basisposition zugewiesen wurde: (317) [ HS Kopfnomen [ RS RelP [+OP; Φ ; Kasus] wo RelP [+OP Φ ; Kasus] ]] Werden in C° die Merkmale der Partikel wo ausbuchstabiert, bleibt die overte Realisierung der pronominalen Merkmale in Spec CP aus. Die Identi zierung der relativsatzinternen Lücke erfolgt über das Operatorenmerkmal des nicht ausbuchstabierten Relativpronomens, die Verbindung zum Kopfnomen erfolgt über Koindizierung des Kopfes mit dem Operator in Spec CP (analog zur Analyse der HEA). (318) [ HS Kopfnomen ... [ RS RelP [+OP Φ ; Kasus] ...wo....RelP [+OP Φ ; Kasus] ...]] Mit diesen Annahmen lässt sich ebenfalls das Auftreten von Resumptivpronomen in obliquen Strukturen sowie das optionale Ausbuchstabieren des Relativpronomens oder das optionale Auftreten von resumptiven Pronomen im Dativ ableiten. (319) [ HS Kopfnomen ... [ RS RelP [+OP Φ ; Kasus]i ...wo....RelP [+OP Φ ; Kasus] ...]] Das Auftreten von resumptiven Pronomen erklärt sich durch die Bedingung, dass obliquer Kasus bei Komplementen von Präpositionen overt realisiert werden muss. In Kapitel 3 wurde aufgezeigt, welche Realisierungsbedingungen für obliquen Kasus im Alemannischen gelten. Dabei wurde deutlich, dass die overte Realisierung von präpositional zugewiesenem Kasus obligatorisch ist. Nur für einen Teil der Informanten gilt dies auch für den Dativ. Wird der Relativsatz durch die Partikel wo eingeleitet, kann obliquer Kasus nicht über die Partikel lizenziert werden, da diese nicht für Kasus spezi ziert ist. Durch 5.2 Die Analyse 243 244 5 Variation als Partieller Spell-Out - ein neuer Ansatz die Pronomenbewegung nach Spec CP be ndet sich jedoch eine Kopie seines Merkmalsbündels an der relativierten Position. Im Falle einer obliquen Lücke erfolgt eine partielle Ausbuchstabierung der relativsatzinternen Kopie in Form von Kasus und Φ -Merkmalen. Dies geschieht durch die Realisierung der Präposition und einem schwachen Personalpronomen (Resumptivpronomen): (320) [ HS Kopfnomen ... [ RS RelP [+OP Φ ; Kasus] ...wo...P RelP [+OP Φ ; Kasus] ...]] Die Ausbuchstabierung von Teilen der Kopie folgt aus der Copy Theory of Movement nach Chomsky (1993). Die Ausbuchstabierung als Resumptiv - und damit als schwaches Personalpronomen - lässt sich über die von Dechaine und Wiltschko (2002) vorgeschlagene DP-Struktur ableiten. Die Analyse macht an dieser Stelle jedoch noch keine Vorhersage, warum in einigen Varietäten das Relativpronomen in Kombination mit der Partikel in der sogenannten dw+gap -Strategie auftritt und aus welchem Grund manchmal Dativresumptivpronomen auftreten. Auch der partielle Spell-Out der relativsatzinternen Kopie benötigt weitere Begründung. Die in Dechaine und Wiltschko (2002) vorgelegte Analyse zur Di erenzierung der DP-Struktur sowie die von Wiltschko (1998) beschriebene Syntax von d -Pronomen im Deutschen liefern hierbei die entscheidende theoretische Grundlage. Zur weiteren Ausarbeitung der Analyse erfolgt zunächst eine ausführliche Betrachtung der von Hladnik (2015) vorgeschlagenen Analyse für Relativsatzstrategien in den slavischen Sprachen, deren zentrale Annahmen in die hier vorgeschlagene Syntax alemannischer Relativsatzstrategien einge ossen sind. Im Anschluss daran wird die Syntax von d -Wörtern im Standarddeutschen und Alemannischen genau untersucht und es erfolgt eine Einordnung von d -Relativpronomen in die funktionale Kategorie der d -Wörter. Im nächsten Schritt werden die Spell-Out-Bedingungen für alle Varianten alemannischer Relativsatzstrategien im Detail beschrieben. Daran anschließend sollen die Vorteile der Analyse nochmals im Kontext der Arbeiten von van Riemsdijk (1989), Salzmann (2006b) und Salzmann und Seiler (2010) diskutiert werden. Abschließend befasst sich dieses Kapitel mit der Frage, welche neuen Erkenntnisse die Erforschung mikrokomparativer Daten für die Forschungsfragen der generativen Grammatik liefern kann. Schließlich werden die zentralen Ergebnisse dieser Arbeit nochmals zusammengefasst. 5.3 Partieller Spell-Out: Der Ansatz von Hladnik (2015) Die Dissertation von Marco Hladnik (2015) zu Relativsatzstrategien, insbesondere zu Resumptivstrategien in slavischen Sprachen und die darin ausgearbeitete syntaktische Analyse, ist für die vorliegende Arbeit interessant. Sie macht, mit geringen Abweichungen, die in den nächsten Abschnitten diskutiert werden, auch für die alemannischen Relativsätze die richtigen Vorhersagen. In den slavischen Sprachen sind zwei Relativsatzstrategien attestiert, eine Pronomenstrategie (321 - 324) und eine Komplementiererstrategie (325) (Beispiele aus dem Slowenischen). Die Pronomenstrategie wird, wie im Alemannischen, für alle Positionen der Zugänglichkeitshierarchie beschrieben (Hladnik 2015, 14). (321) Vzemi take.IMP.SG ključe, keys.MASC.PL kateri which.MASC.PL.NOM ležijo lie.3PL na on mizi. table. ‘Take the keys that are lying on the table.’ (322) Slika, painting.FEM.SG katero which.FEM.SG.ACC si AUX.2SG občudoval, admired is-not ni on-sale. naprodaj. ‘The painting you admired is not for sale.’ (323) Človek, man.MASC.SG kateremu which.MASC.SG.DAT si AUX.2SG dal gave denar, money je is nevaren. dangerous. ‘The man you gave money to is dangerous.’ (324) Poznam know.1SG človeka, man.MASC.SG s with katerim which.MASC.SG.INS govoriš. talk.2SG. ‘I know the man you are talking with.’ Weiterhin gibt es eine Komplementiererstrategie (Slowenisch; (Hladnik 2015, 10)): (325) Poznam know.1SG človeka, man.ACC ki C so AUX.3PL ga he.ACC.CL iskali. searched. ‘I know the man they were looking for.’ In Relativsätzen mit Komplementierer tritt, außer bei Relativierung einer Subjektsposition, immer ein klitisches, resumptives Pronomen auf. Das Fehlen des resumptiven Pronomens in der Subjektsposition könnte mit der von McCloskey (1990) formulierten Highest Subject Restriction begründet werden, nach der ein resumptives Pronomen nicht die Subjektsposition, unmittelbar adjazent zu seinem Binder, besetzen kann. Im Slowenischen und im Bosnisch-Serbisch-Kroatischen (BSK) sind allerdings auch bei langen Relativsätzen keine Resumptivpronomen in Subjektsposition attestiert, was darauf hindeutet, dass nicht die strukturelle Position des relativierten Elements (also die strukturelle Position des Pronomens), sondern die Tatsache, dass Kasusmerkmale des Nominativs nicht overt realisiert werden müssen, hier entscheidend ist. Dadurch sind resumptive Pronomen in 5.3 Partieller Spell-Out: Der Ansatz von Hladnik (2015) 245 246 5 Variation als Partieller Spell-Out - ein neuer Ansatz Subjektsposition über üssig (vgl. hierzu ausführlich die Diskussion in Hladnik 2015, 38- 42). 81 (326) Poznam know.1SG človeka, man.ACC ki C išče search.3SG službo. job. ‘I know a man who is looking for a job.’ (Hladnik 2015, 38) (327) Poznam know.1SG človeka, man.ACC ki C so AUX.3PL ga he.ACC.CL iskali. searched. ‘I know the man they were looking for.’ (Hladnik 2015, 10) Bei Relativierung von Präpositionalobjekten wird ebenfalls ein resumptives, aber nicht klitisches Pronomen als Komplement der Präposition realisiert: (328) Na on vogalu corner živi lives prijatelj, friend ki C se REFL pri at njem he.LOC večkrat often ustavim. stop. ‘At the corner lives a friend who I often drop by at.’ (Hladnik 2015, 26) Das Auftreten von Resumptivpronomen ist in anderen slavischen Relativsatzkonstruktionen mit Komplementierer nicht so streng reglementiert wie im Slowenischen. So wird die Variation bezüglich des Auftretens von resumptiven Pronomen beispielsweise durch Belebtheitse ekte bei Objektrelativsätzen und, ähnlich wie bei Salzmann (2006b), mit speziellen morphologischen Matching-Bedingungen erklärt, die dazu führen, dass resumptive Pronomen unter bestimmten Bedingungen gelöscht werden können (vgl. ausführlich (Hladnik 2015, 62). Relativpronomen sind im Slavischen (mit wenigen Ausnahmen) W -Pronomen, vergleichbar mit „ which “ im Englischen und treten niemals in Kombination mit einem resumptiven Pronomen auf. Die morphologischen Formen des Komplementierers entsprechen ebenfalls der Form eines W -Pronomens, in diesem Fall handelt es sich um das Pronomen „was“ 82 : 81 Nominativische Resumptivpronomen sind nicht völlig ausgeschlossen. Sie werden beispielsweise auch für das Jiddische (Fleischer 2004b) beschrieben. In Trutkowski und Weiß (2016) wird weiterhin gezeigt, dass Resumptivpronomen, die unter ein Pronomen der 1./ 2. Person eingebettet sind, sehr häu g vorkommen, vgl. dazu auch die SynAlm Daten in Kapitel 2, Abbildung 28. 82 Diachron so (Hladnik 2015) sind die Formen des Komplementierers pronominalen Ursprungs. Ausnahmen bilden deto aus dem Bulgarischen, das historisch auf eine adverbiale Form des Lokaladverbs ( wo ) zurückgeht, jenž , das zu einer Serie von Relativpronomen gehört, die mit Personalpronomen in Verbindung stehen, ki , das keine weiteren synchronen Entsprechungen in der Grammatik besitzt und Kotryj „ what kind of “, das nur noch selten verwendet wird. Weitere Details zum historischen Ursprung der Pronomen und Komplementierer in Hladnik (2015, 12-19). Tabelle 64: Pronomen und Komplementierer in den slavischen Sprachen (Hladnik 2015, 11) Sprache Pronomen (m.sg.) Komplementierer B/ C/ S koji što Bulgarian kojto što/ detoi Czech který/ jenž co Macedonian koj što Polish który co Russian kotoryj chto Slovak ktorý co Slovene kateri ki Ukrainian jakyj/ kotryjiv shchto 83 Die Besonderheit der Parallelität zwischen Alemannisch und slavischen Sprachen ist hier, dass sowohl die Pronomenstrategie als auch die Komplementierer- oder Partikelstrategie für die Relativsatzbildung zur Verfügung stehen. Die Datenerhebung für das Alemannische hat gezeigt, dass beide Strategien gleich stark sind. Relativpronomen in europäischen Sprachen sind nicht selten ein Phänomen der Schriftsprachen oder treten, wie in den romanischen Sprachen, bei präpositionalen Konstruktionen oder in Konstruktionen auf, die den deutschen Pronomen welcher/ welche/ welches entsprechen, während die Primärstrategie ein Komplementierer oder eine Strategie mit einer Partikel ist (vgl. auch Kapitel 1). Neben der Parallelität, die Alemannisch und slavische Sprachen bezüglich der Distribution von Pronomen- und Komplementiererstrategie (Partikelstrategie im Alemannischen) aufweisen, sind jedoch auch einige Unterschiede attestiert. So wird beispielsweise eine Kombination von Pronomen und Komplementierer in den slavischen Sprachen bei Hladnik (2015) nicht beschrieben, die für das Alemannische aber belegt ist. (329) Der Der Nachbar, Nachbar, der wo der wo geschtern gestern erscht erst sei seine Hecke Hecke gschnitta geschnitten hot, hat, isch ist heit heute scho schon wieder wieder am am Boim Bäume Schnaida. schneiden. ‚Der Nachbar, der gestern erst seine Hecke geschnitten hat, schneidet heute schon wieder seine Bäume.‘ Die Relativpronomen unterscheiden sich auch morphologisch. Während im Alemannischen d -Relativpronomen verwendet werden, sind es, abgesehen von wenigen Ausnahmen, im Slavischen W -Pronomen. Die Realisierung von resumptiven Pronomen ist sowohl in den slavischen Sprachen als auch im Alemannischen von verschiedenen Faktoren bestimmt. Für slavische Sprachen werden morphologische Matching-Bedingungen 5.3 Partieller Spell-Out: Der Ansatz von Hladnik (2015) 247 248 5 Variation als Partieller Spell-Out - ein neuer Ansatz und Belebtheitse ekte für die Realisierung und Nicht-Realisierung von resumptiven Pronomen beschrieben. Für Alemannisch wurde in Kapitel 3 gezeigt, dass hier die Notwendigkeit der overten Kasusrealisierung das Auftreten von Resumptivpronomen reguliert (teilweise gilt dies auch in den slavischen Sprachen, vgl. Hladnik 2015). Hladniks syntaktische Analyse berücksichtigt die Distribution von Relativpronomen einerseits und Komplementierern in Kombination mit resumptiven Pronomen andererseits. Die Beschreibung umfasst unterschiedliche Relativsatzeinleiter und die damit zusammenhängende interne Syntax der Relativsätze. Er geht von einer gemeinsamen zugrunde liegenden Struktur aus. Die overte Realisierung verschiedener Relativsatzstrategien wird durch A’-Bewegung und Spell-Out-Alternativen innerhalb einer pronominalen Bewegungskette erklärt Hladnik (2015, 36). Die entscheidende Annahme ist dabei, dass beiden Strategien A’-Bewegung zugrunde liegt, was Hladnik durch das syntaktische Verhalten der untersuchten Strategien im Bezug auf Extraktionsinseln und Parasitic-Gaps als erwiesen sieht: So ist beispielsweise W -Extraktion aus einer Adjunktinsel in slavischen Sprachen nicht möglich. Der daraus abgeleitete Relativsatz ist ebenfalls ungrammatisch (hier Slowenisch Hladnik 2015, 29 - 30). (330) *Koga Who je is Janez John jezen, angry [ker because je AUX.3SG Peter Peter odpustil red? t ]? ‘Who is John angry because Peter red? ’ (331) *človek, man, ki C je is Janez J. jezen, angry [ker because ga he.ACC.CL je AUX.3SG Peter Peter odpustil red. t .] ‘The man that John is angry because Peter red him.’ W -Extraktion aus eingebetteten W -Fragen ist möglich (sowohl bei diskursgebundenen W -Phrasen wie „welche Bücher“ als auch einfachen W -Wörtern). Das gleiche Muster lässt sich bei Relativsätzen mit Komplementierer und Resumptivpronomen beobachten. Hladnik (2015, 29) zeigt für Slowenisch, dass Extraktion hier erlaubt ist, sowohl in W -Fragen als auch im Relativsatz: (332) Katere Which knjige books se SELF je AUX.3SG Peter Peter spaseval, wondered kdo who t t bo would izdal publish t ? t ? ‘Which books did Peter wonder who would publish? ’ (333) Kaj What.Acc se SELF je AUX.3SG Peter Peter spraseval, wondered kdo who t t bo would izdal publish t ? t ? ‘What did Peter wonder who would publish’ (334) Koga who.ACC se SELF je AUX.3SG Peter P. spraseval, wondered kdo who t bo would srečal meet t ? t ? ‘Who did Peter wonder who would meet? ’ (335) Človek, man ki C je AUX.3SG Janez J. pozabil, forgot [kje where ga he.ACC.CL je AUX.3SG spoznal.] met. ‘The man that John forgot where he met him.’ Hladnik zeigt weiterhin Daten aus Boskovic (2009) für Bosnisch, Serbisch, Kroatisch (BSK), bei denen sowohl Extraktion aus Adjunktsätzen als auch aus eingebetteten W -Konstruktionen des BSK Insele ekte auftreten. Gegenbeispiele ndet er allerdings bei LaTerza (2013, 2014), die zeigt, dass eingebettete W -Fragen weder Inseln für w - Extraktionen noch für Relativsatzbildung sind (Hladnik 2015, 31). Ein weiterer Insele ekt für BSK wird anhand von Extraktionsdaten aus komplexen Nominalphrasen beschrieben. Die w -Extraktion und der daraus abgeleitete Relativsatz sind ungrammatisch und auch die Anwesenheit eines Resumptivpronomens führt nicht dazu, dass die Struktur grammatisch wird (Hladnik 2015, 32), Beispiel (336a) und (336b) für eine komplexe Nominalphrase: (336) *O About komei who.Loc si aux.2SG poljubio kissed zenu woman [sto C je Aux.3.SG pricala talked? ti]? ‘About whom did you kiss the woman who talked? ’ (337) *Poznajem Know.1.SG covjeka man sto C si AUX.2.SG poljubio kissed zenu woman [sto C je AUX.3.SG pricala talked o about njemu.] he.LOC. ‘I know a man who you kissed a woman who talked about him.’ Allerdings zeigt Hladnik auch hier Gegenbeispiele von Lavine (2003) und Bondaruk (1995) für das Polnische. Hladnik versucht, diese Beispiele durch eigens gewonnene Sprecherurteile zu widerlegen. Allerdings wird an dieser Stelle nicht ganz klar, mit welchem Ergebnis dies geschieht, denn er quali ziert die gewonnenen Daten als von den Sprechern akzeptiert (Hladnik 2015, 33): (338) To This jest is ten the samochod car co C moj my sasiad neighbour wlasnie just dal placed oglozenie, advertisement ze that go he.ACC.CL sprzeda. will-sell. ‘This is the car that my neighbour just placed an advertisement that he wants to sell it.’ 5.3 Partieller Spell-Out: Der Ansatz von Hladnik (2015) 249 250 5 Variation als Partieller Spell-Out - ein neuer Ansatz (339) Czy Q.PRT to this ten the mezczyna, man co C Ewa E. nie NEG chce want ci you.DAT powiedziec to-say kiedy when go he.Acc.CL zaprosi? will-invite? ‘Is this the man, that Ewa does not want to tell you when she will invite him? ’ Auch die korrespondierenden W -Extraktionen gelten im Polnischen als grammatisch: (340) Co What twoj your sasiad neighbour dal gave [ogloszenie, advertisement ze that spzeda will-sell t ? ] t ? ‘What did your neighbour give an advertisement that will-sell? ’ (341) KogoI Who.Acc Ewa E. nie NEG chcwe wants ci you.Dat powiedziec, to-sell [kiedy when zaprosi invite t ? ] t ? ‘Who does Ewa not want to tell when she will invite? ’ Hladnik (2015) erachtet es für seine Daten als nachgewiesen, dass den von ihm untersuchten Relativsatzstrukturen A’-Bewegung zugrunde liegt, da (zumindest einige) Extraktionsinseln auch unter Anwesenheit von Resumptivpronomen Gültigkeit haben und resumptive Pronomen Parasitic-Gaps lizenzieren können. Gegenbeispiele aus der Literatur versucht er durch Daten aus einer eigenen Befragung zu entkräften. Doch die Argumentation ist nicht an jeder Stelle überzeugend. Es ist zu vermuten, dass die Datenlage hinsichtlich Extraktion aus Inseln auch in den slavischen Sprachen nicht eindeutig ist und weitere Forschung auch hier die Heterogenität bezüglich solcher Daten noch deutlicher aufzeigen würde. Die unklare Datenlage, so zeigt es auch die Analyse in Kapitel 4, schließt nicht aus, dass Pronomenbewegung beiden Strategien (Pronomen und Komplementierer) zugrunde liegt. Lokalitätse ekte alleine bringen jedoch keine Klarheit. Es müssen weitere Tests herangezogen werden. Hladnik (2015) schlägt schließlich vor, die Pronomen- und Komplementiererstrategie in den slavischen Sprachen durch eine zugrunde liegende Struktur abzuleiten. Rekonstruktion ist nicht attestiert, so geht er von externer Basisgenerierung der Kopf NP aus. 84 Seine Derivation wird in Tabelle 65 dargestellt: 84 Die Tabelle in Hladnik (2015) ist etwas ausführlicher, hier wurden nur die wichtigsten Punkte wiedergegeben. Um Missverständnisse zu vermeiden wurde die Tabelle zudem leicht modi ziert. Hladnik geht darüber hinaus noch von einer dritten Strategie aus, für diese nimmt er Head Raising an. Für die ausführliche Darstellung sei auf die Originalarbeit verwiesen. Tabelle 65: Derivation für slavische Relativsätze nach Hladnik (2015) RS-internal Syntax Spell-Out-Options Resulting relative clause con guration HEA (wh-movement) ∙ RC head in Spec,CP 1 ∙ pronoun moves to Spec,CP 2 ∙ reconstruction not possible ∙ silent C / overt pronoun ∙ overt C / silent pronoun and partial lower copy spell-out [1] RC head, pronoun ... gap [2] RC head, C ... resumption Ein Relativpronomen (oder das Merkmalsbündel) wird aus der relativsatzinternen Position in die Spezi zierposition der CP bewegt. Die Unterschiede in der overten Syntax entstehen postsyntaktisch, nachdem Operatorenbewegung in die linke Peripherie stattgefunden hat. Gesteuert werden die Spell-Out-Optionen durch die in der CP ausbuchstabierten Positionen. Die Analyse basiert auf einer pronominalen Bewegungskette. Mit Hilfe der Vorhersagen der Copy Theory of Movement (Chomsky 1993) werden schließlich die Spell-Out-Bedingungen abgeleitet (Hladnik 2015, 37). Für die Pronomenstrategie werden die Merkmale des Relativpronomens katerega ausbuchstabiert. Der Spell-Out des ektierten Pronomens verhindert gleichzeitig, bedingt durch den Doubly lled Comp Filter (Chomsky und Lasnik 1977), dass der Komplementierer in C° (basisgeneriert) ebenfalls ausbuchstabiert wird. Die overte Struktur ist dann (342): (342) To this je is človek, man.NOM katerega which.ACC iščejo. search.3PL. ‘This is the man they are looking for.’ (Hladnik 2015, 37) Der Spell-Out erfolgt wie in Tabelle 66 dargestellt: Tabelle 66: Spell-Out Pronomenstrategie Position RC head Pronoun C RC internal Features [ , NOM] [Op, , ACC] [+rel] [Op, , ACC] Realization človek katerega - - Wird der Komplementierer in C° ausbuchstabiert, kann das Pronomen nicht ausbuchstabiert werden. Damit fehlt das Kasusmerkmal, welches zur Identi kation der relativsatzinternen Lücke erforderlich wäre. Um Kasusidenti zierung zu sichern wird ein Teil der pronominalen Bewegungskette, in diesem Fall ein klitisches, resumptives Pronomen, als Teil der relativsatzinternen Kopie ausbuchstabiert: 5.3 Partieller Spell-Out: Der Ansatz von Hladnik (2015) 251 252 5 Variation als Partieller Spell-Out - ein neuer Ansatz (343) To this je is človek, man.NOM ki C ga he.ACC.CL iščejo. search.3PL. Both: ‘This is the man they are looking for.’ (Hladnik 2015, 37) Der Spell-Out der Komplementiererstrategie wird in Tabelle 67 wiedergegeben: Tabelle 67: Spell-Out Pronomenstrategie Position RC head Pronoun C RC internal Features [ Φ , NOM] [Op, Φ , ACC] [+rel] [Op, Φ , ACC] Realization človek - ki ga Die Ausbuchstabierung von niedrigen Kopien und Teilkopien innerhalb einer Bewegungskette wurde innerhalb der Copy Theory of Movement für verschiedene sprachliche Phänomene vorgeschlagen. Auch in der Literatur zu resumptiven Pronomen, insbesondere in der Diskussion zum Auftreten von resumptiven Pronomen in Relativsätzen wurden sogenannte Spell-Out-Analysen u. a von Pesetsky (1998), Grohmann (2003), Bianchi (2004) und Salzmann (2006b) in Betracht gezogen. Hladniks Arbeit knüpft an diese Ansätze an (vgl. dazu auch die Diskussion Big-DP-Ansatz vs. Spell-Out-Analyse). Die Daten des Alemannischen zeigen erstaunliche Parallelen zu den slavischen Daten, so dass eine Spell-Out-Analyse in der Form wie sie Hladnik (2015) hier formuliert auch für die alemannischen Relativsatzstrategien favorisiert wird. Unterschiede liegen in der Kategorie des pronominalen Relativsatzeinleiters: während im Slavischen Relativpronomen der Kategorie der W -Pronomen angehören, verfügt das Alemannische über d -Relativpronomen. An dieser Stelle ist eine Modi kation von Hladniks Analyse erforderlich, um die syntaktischen und semantischen Eigenschaften von d -Relativpronomen besser abbilden zu können. Bevor die Ausarbeitung der Analyse für das Alemannische erfolgt, wird im Abschnitt 5.4 zunächst die Syntax von d -Wörtern im Deutschen und Alemannischen beschrieben. Daraus ergeben sich strukturelle Konsequenzen für die Syntax der alemannischen Relativsatzstrategien auf der Grundlage einer Spell-Out-Analyse. 5.4 Zur Syntax von d-Wörtern Dechaine und Wiltschko (2002) zeigen, dass die syntaktische Repräsentation eines Pronomens nicht als einheitliches syntaktisches Objekt betrachtet werden kann. Innerhalb einer Sprache kann es bis zu drei Instanzen einer pronominalen Projektion geben. Ausgehend von Postal (1966) und Abney (1987) sind Pronomen eingebettet in eine DP-Schale, deren interne Struktur nochmals di erenziert wird, um Unterschiede distributioneller Eigenschaften von Pronomen (vgl. Dechaine und Wiltschko (2002) für weiterführende Literatur) erfassen zu können. Die Di erenzierung der internen Struktur einer DP allein kann jedoch nicht erklären, wie die Syntax Zugri auf diese Struktur hat und distributionelle Unterschiede zugänglich sind. Déchaine und Wiltschko leiten distributionelle Unterschiede in der Syntax durch die Annahme von drei pronominalen Kategorien ab, die auch jeweils eine eigene syntaktische Projektion umfassen: PRO -DP, PRO Φ P und PRO -NP (Dechaine und Wiltschko 2002, 410-411): DP D 0 Φ P Φ NP N Φ P Φ NP N NP N DP: enthält Φ -P und NP, tritt immer in Argumentposition auf, ist ein R -Ausdruck und unterliegt Prinzip-C-Bindung. Φ P: intermediäre funktionale Projektion von Φ -Merkmalen (Numerus, Genus, manchmal auch Person), syntaktisch weder DP noch NP, kann entweder als Argument oder als Prädikat fungieren. Semantisch nur der Spell-Out von Φ -Merkmalen, als Variable unterliegt die Projektion Prinzip-B-Bindung. NP: verhält sich wie lexikalische NPs, ist ein Prädikat, keine vorde nierten Bindungseigenschaften, diese ergeben sich aus ihrer inhärenten Semantik. Wiltschko (1998) zeigt, wie das Pronominalsystem des Deutschen über eine vergleichbare Syntax dargestellt werden kann, woraus sich schließlich die distributionellen Unterschiede der pronominal verwendeten d -Wörter ( der, die, das ) und der Personalpronomen erklären lassen. d -Wörter sind nach Wiltschko (1998, 148) Repräsentationen des de niten Determinierers, auch wenn diese pronominal verwendet werden. Personalpronomen sind der Spell-Out von Φ -Merkmalen einer funktionalen Kategorie AgrD. Distributionelle Unterschiede zwischen ( d -)Pronomen, Determinierern und Pronomen erklären sich aus der Tatsache, dass die Projektionen jeweils unterschiedliche Lizenzierungsbedingungen für eine NP-Position aufweisen. Personalpronomen als Instanzen von ArgDP lizenzieren keine NP. In (344) wird die DP-Projektion nach Wiltschko (1998) dargestellt: 5.4 Zur Syntax von d -Wörtern 253 254 5 Variation als Partieller Spell-Out - ein neuer Ansatz (344) DP D 0 AgrDP d- Agr 0 NP er Mann Die Determiniererphrase besteht aus einem gebundenen Morphem d- , welches sich in der Kopfposition der Phrase in D 0 be ndet und eine funktionale Projektion als Komplement (AgrDP) nimmt. Sofern die Derivation einen Determinierer enthält, nimmt AgrD ein NP-Komplement. Die Projektion ArgDP ergibt das Paradigma der Personalpronomen ( Φ -Merkmale). Davon abstrahiert werden müssen Unterschiede in den Schreibweisen (Wiltschko 1998, 149): Tabelle 68: Paradigma d -Wörter, d -Pronomen und Pronomen (m/ n) sg. m. n. m. n. NOM d-er d-as er es DAT d-em d-em ihm ihm AKK d-en d-as ihn es Das Paradigma der Formen im Femininum und die Pluralformen können auf den ersten Blick nicht durch die Dekomposition des Determinierers vorhergesagt werden (Wiltschko 1998, 150): Tabelle 69: Paradigma d -Wörter, d -Pronomen und Pronomen sg.(f)/ pl.(f,m,n) NOM d-ie sie AKK d-ie sie Ein Blick auf die diachronen Wortformen bringt Klarheit in das Paradigma. Die Dekomposition des d -Morphems würde im Femininum die Form ie ergeben, die morphologische Form des Personalpronomens ist jedoch sie . Historisch betrachtet wurde das d- Morphem für den Determinierer im Maskulin und Neutrum verwendet, wohingegen das s- Morphem die de nite Form des Femininums war. Synchron ist das s -Morphem als ein Hilfsmorphem für eine schwache Endung im Paradigma des Femininums und Plurals erhalten geblieben. Wiltschko (1998, 15) löst dies strukturell, indem sie syntaktisch eine zusätzliche funktionale Projektion über AgrDP für ein zusätzliches Morphem annimmt. 85 Die schwache Flexion des Femininum und der Plural im Deutschen verlangen also ein zusätzliches Morphem mit unterstützender Funktion, welches in einer Zwischenprojektion über AgrDP mit dem s- Morphem zur Verfügung steht. Die Struktur für Feminin und Plural in Abwesenheit des Determinierers wird in (345) dargestellt: (345) ∑ P ∑ 0 AgrDP s- Agr 0 NP ie Frau Historisch betrachtet wurde das s- Morphem von seiner ursprünglich de niten Funktion als exionsunterstüzendes Morphem reanalysiert. 86 Die Struktur in Anwesenheit des de niten Determinierers entspricht dann (346): (346) DP D 0 AgrDP d- Agr 0 NP ie Frau Die kategorialen Unterschiede zwischen Determinierern, pronominal verwendeten d -Pronomen und Personalpronomen können mit der oben beschriebenen Struktur erfasst werden. Insbesondere der Unterschied zwischen d -Pronomen und Determinierern muss noch spezi ziert werden. Die Unterschiede in der externen Syntax lassen sich durch die Interaktion der DP-Projektionen mit speziellen Lizenzierungsbedingungen für eine NP-Projektion ableiten. Pronominale Kategorien zeigen folgende Unterschiede in ihrer externen Syntax: 85 Projektion geht zurück auf eine Idee von Cardinaletti und Starke (1994) und Cardinaletti und Starke (1999). 86 Weiterer Diskussion bedarf es auch bezüglich des Genitiv-Paradigmas, welches für die hier vorliegende Analyse keine Relevanz hat. Für eine ausführliche Darstellung sei daher auf Wiltschko (1998, 151 - 155) verwiesen. 5.4 Zur Syntax von d -Wörtern 255 256 5 Variation als Partieller Spell-Out - ein neuer Ansatz Tabelle 70: Lizenzierungsbedingungen von d -Wörtern und Pronomen Det d -Pronomen Personal Pronomen +NP -NP -NP D -Pronomen und Personalpronomen haben, anders als der Determinierer, keine overt realisierte NP-Position. Wiltschko geht, anders als vorausgehende Analysen, nicht davon aus, dass es sich bei Pronomen um intransitive Determinierer handelt. Die syntaktischen Unterschiede folgen bei ihr aus den oben beschriebenen kategorialen Unterschieden. Allerdings übernimmt sie aus vorhergehenden Arbeiten die Annahme, dass Pronomen kein NP-Komplement lizenzieren, sondern nur D -Wörter und D -Pronomen: Eine NP wird lizenziert, wenn es einen d -Kopf gibt 87 (Wiltschko 1998, 157) (347) Maria hat den/ einen/ diesen/ Mann gesehen. (348) Maria hat ihn gesehen. Personalpronomen haben keine NP, da kein D -Kopf präsent ist. Sowohl D -Pronomen als auch Determinierer haben einen D -Kopf, in beiden Fällen muss es folglich ein NP- Komplement geben. Determinierer und D -Pronomen unterscheiden sich jedoch in ihrer externen Syntax dahingehend, dass nur bei Determinierern ein overtes NP-Komplement attestiert ist. Wiltschko zeigt, dass bei D -Pronomen diese NP-Position nicht overt realisiert ist, sondern einem elliptischen NP-Komplement entspricht. Daraus ergibt sich dann die Distribution in 71: Tabelle 71: Lizenzierungsbedingungen von d -Wörtern und Pronomen Det d-Pronomen Personal Pronomen +NP -NP (empty/ eliptical) -NP Diese Analyse bietet einige Vorteile gegenüber der Annahme, Pronomen wären intransitive Determinierer. Während beide Analysen bezüglich der Lizenzierung einer NP-Position die gleichen Vorhersagen machen, ist es jedoch unter der Standardanalyse schwieriger zu erklären, wie die Syntax und Semantik erkennen kann, dass es sich um einen intransitiven Determinierer handelt. Wiltschkos DP-Struktur mit weiteren funktionalen Projektionen und speziellen Lizenzierungsbedingungen erspart die Annahme 87 Diese Annahme gilt für die Syntax von D -Wörtern. Wiltschko weist in Fußnote 6 darauf hin, dass sie nicht weiter auf Lizenzierungsbedingungen prädikativer NPs eingeht, die sich hinsichtlich dieser Lizenzierungsbedingung anders verhalten könnten. von verschiedenen Lexikoneinträgen, die man für transitive und intransitive Determinierer anderenfalls vornehmen müsste. Durch die Annahme der funktionalen Kategorie AgrDP kann das nicht vorhandene NP-Komplement bei Personalpronomen syntaktisch abgeleitet werden. Auch die Bindungseigenschaften von DPs und Pronomen sind auf diese Weise klar de niert. Da Personalpronomen Instanzen von AgrDP und keine DP-Projektion sind, bedarf es keiner zusätzlichen Annahme mehr, warum sie keine R - Ausdrücke sein können und damit anderen Bindungsprinzipien unterliegen. Umgekehrt muss dann für Bare-Plurals, Massennomen und Eigennamen erklärt werden, wie diese als Instanzen von D gewertet werden können. Wiltschkos Lizenzierungsbedingung sagt nicht nur voraus, dass in Anwesenheit eines D -Kopfes auch ein NP-Komplement lizenziert wird, sondern auch, dass im Falle einer vorhandenen NP-Projektion ein D - Kopf existiert. Das bedeutet, die Projektion von Bare-Plurals und Massennomen umfasst einen leeren Determinierer. 88 Um diesen Unterschied zwischen d -Pronomen und Determinierern zu erklären nimmt Wiltschko noch eine weitere Lizenzierungsbedingung an: i. Starkes AgrD lizenziert eine leere NP (die als elliptische NP auftritt). Elliptische NP-Lizenzierung wurde im Deutschen bis dahin nur für Adjektiv exion angenommen. In Wiltschko (1998) wird dies auf die starke Flexion von Determinierern erweitert, nämlich dann, wenn diese pronominal (z. B. als d -Pronomen) verwendet werden. Die Unterscheidung starke/ schwache Flexion bei d -Wörtern bezieht sich auf die in den in süddeutschen Varietäten üblichen reduzierten und Vollformen des Determinierers. Die reduzierten Formen (schwache Flexion) können nicht als d -Pronomen verwendet werden, sondern nur als Determinierer, da die schwache Flexion kein elliptisches NP-Komplement lizenzieren kann, sondern ein overtes Komplement erfordert. Aus der oben beschriebenen DP-Struktur lassen sich auch die semantischen Unterschiede von Personalpronomen, d -Pronomen und Determinierern erklären. Determinierer und d -Pronomen sind Instanzen der Kategorie D und projizieren zu einer DP. Beide nehmen ein NP-Komplement. Semantisch sind sie R -Ausdrücke, die u. a. Prinzip-C- Bindung unterliegen. Folgende Bindungseigenschaften lassen sich daraus ableiten: 88 Wiltschko orientiert sich hier an Longobardi (1994). Namen kommen als Instanzen der Kategorie N in die Derivation mit anschließender Kopfbewegung nach D. Für Massennomen und Bare Plurals gilt entsprechend, dass sie Komplemente leerer Determinierer sind, um als DPs Argumentstatus erreichen zu können. (Wiltschkos Analyse erreicht auch komparativ mehr empirische Adäquatheit, vgl. dazu die Analyse von Wiltschko (1998) im Detail). 5.4 Zur Syntax von d -Wörtern 257 258 5 Variation als Partieller Spell-Out - ein neuer Ansatz ii. A-Bindung/ Variablenbindung: Nur Personalpronomen können A-gebunden sein und als gebundene Variablen interpretiert werden (Wiltschko 1998, 165-166): (349) a. Peter hat geglaubt, dass er/ *der dumm ist. b. Peter hat geglaubt, dass der Idiot dumm ist. c. Jeder Mann glaubt, dass er/ *der stark ist. Die Beispiele (349 a-c) zeigen, dass weder ein d -Pronomen, noch eine volle DP A-gebunden werden können. In (349c) kann der ebenfalls nicht durch die QP jeder Mann gebunden werden, allerdings könnte dies auch auf einen Prinzip-C-E ekt zurückzuführen sein, da das Pronomen durch die Argumentposition der QP jeder Mann k -kommandiert wird. Mit dem Beispiel in (350) zeigt Wiltschko, dass ein d -Pronomen auch ohne Prinzip-C-E ekt nicht A gebunden werden kann: (350) dass die Frau jeden Mann küsst, die ihn/ *den liebt. Ein weiterer Unterschied zwischen Pronomen, d -Wörtern und d -Pronomen liegt in einer Beschränkung, die Wiltschko „The range restriction on variables“ nennt (Wiltschko 1998, 168). Restriktion/ Range: Eine Variable kann keinen „range“ (Bedeutungsbereich / Restriktion) enthalten, sondern eine Variable muss einen „range“ (Bereich) zugewiesen bekommen. D -Wörter und d -Pronomen werden bei Wiltschko als DP analysiert, die ein overtes oder elliptisches NP-Komplement selegieren. Der Kopf dieses Komplements liefert den Bedeutungsbereich („range“), der einer Variable (durch einen Operator gebunden) zugewiesen wird. Dies erklärt, warum nur d -Pronomen als Relativpronomen verwendet werden können und Personalpronomen nicht. Elliptische Elemente benötigen ein Antezedens. Im Falle von d -Pronomen ist dafür eine volle DP mit overter NP notwendig. Diese wird durch das Kopfnomen des Relativsatzes zur Verfügung gestellt. Personalpronomen können dagegen als Variablen interpretiert werden, denen ein „range“ vom Binder der Variable zugewiesen wird. Eine modi zierte Variante des Bijection Principle von Koopman und Sportiche (1982), das bei Wiltschko (1998, 169) zum Extended Bijection Principle wird, regelt darüber hinaus die interne Ordnung der Operator-Variablen-Kette: “There is a bijective correspondence between an operator-variable-chain and a range. (That is each operator must A’-bind exactly one variable, and each variable must be A’-bound by exactly one operator, and for each operator-variablechain there must be exactly one range).” Die semantische Interpretation eines Relativsatzes und seine Beziehung zum Kopfnomen erklären sich aus dem funktionalen Aufbau einer DP. Die obligatorische relativsatzinterne Variable, die benötigt wird damit der Relativsatz als Prädikat interpretiert werden kann, entsteht durch Operatorenbewegung eines d -Pronomens. Das Ergebnis ist eine Operator-Variablen-Kette (abgeleitet nach dem Extended Bijecton Principle ). Der Geltungsbereich für die Variable („range“) wird ihr durch das elliptische NP-Komplement des d -Pronomens, dessen overter Antezedent das Kopfnomen ist, zugewiesen. Zugleich zeigt diese Operation, dass A’-Bewegung in Relativsätzen aus der Notwendigkeit für das Vorhandensein einer Variable erfolgt und nicht etwa, wie in früheren Arbeiten behauptet wurde, das Pronomen zur Überprüfung eines Merkmals [+rel] in die linke Peripherie bewegt wird. Wiltschko schließt anhand der Distribution von d -Pronomen und Personalpronomen/ Resumptivpronomen auf zwei syntaktisch unterschiedliche Relativsatzstrategien: a. Eine Strategie mit A’-Bewegung b. Eine in situ-Strategie mit Lücke oder Resumptivpronomen Die Annahme in (b) würde die Analyse von van Riemsdijk (1989) bestätigen, nach der in Relativsätzen des Schweizerdeutschen keine A’-Bewegung existiert. In diesen Konstruktionen wäre die relativierte Position entweder durch eine Lücke oder durch ein resumptives Pronomen repräsentiert. Sowohl eine Lücke als auch ein resumptives Pronomen können dann als Variable interpretiert werden. An dieser Stelle wird jedoch nicht weiterverfolgt, woher die Variable im Falle einer Lücke kommt. Wie in Kapitel 1 gezeigt wurde, wird in van Riemsdijk (1989) eine komplexe Analyse über die Bewegung klitischer Pronomen herangezogen, um die Relativierung ableiten zu können. Die im Folgenden vorgeschlagene Analyse soll zeigen, dass Alemannisch über eine zugrunde liegende syntaktische Strategie, maßgeblich gesteuert durch A’-Bewegung, verfügt, in der auch das Auftreten von resumptiven Pronomen ein Resultat einer Bewegungsoperation ist. Der folgende Abschnitt erörtert die Konsequenzen aus Wiltschkos Ansatz für alemannische Relativsatzstrategien im Detail. 5.5 Konsequenzen aus Wiltschko (1998) für die Syntax und Semantik von Relativpronomen Wiltschko führt das Auftreten von d -Relativpronomen einerseits und Relativsätzen mit Lücke oder Resumptivpronomen andererseits auf zwei unterschiedliche zugrunde liegende syntaktische Strukturen zurück. Es gibt aber auch Gründe, die gegen eine solche Sichtweise sprechen können und Anlass dazu geben, den Vorschlag von Wiltschko 5.5 Konsequenzen aus Wiltschko (1998) für die Syntax und Semantik von Relativpronomen 259 260 5 Variation als Partieller Spell-Out - ein neuer Ansatz zu überdenken. Für ihre Argumentation spricht, dass resumptive Pronomen und Relativpronomen in komplementärer Verteilung auftreten. Ein Resumptiv (Personalpronomen) kommt nicht als Relativsatzeinleiter vor und ein d -Pronomen tritt nicht in der Funktion eines Resumptivpronomens auf. Die Distribution kann durch die funktionale Struktur der DP erklärt werden. Danach sind Personalpronomen und damit auch resumptive Pronomen Instanzen der Kategorie AgrDP und d -Pronomen Instanzen der Kategorie DP, wobei das d -Morphem den Kopf der Projektion bildet und ein elliptisches NP-Komplement lizenziert. Daraus ergibt sich auch ihre unterschiedliche syntaktische Distribution innerhalb einer Operator-Variablen-Kette. Die Datenlage weißt darauf hin, dass es sich erneut um einen Bereich handelt, in dem es Variation zu geben scheint. Zwar sind die Varianten mit d -Resumptivpronomen stark markiert, werden aber von einigen Sprechern als grammatisch bewertet. Die Distribution von d -Pronomen in alemannischen Relativsätzen kann daher wie folgt beschrieben werden: Durch die Annahme von Subkonstituenten innerhalb einer DP-Projektion lassen sich die syntaktischen und semantischen Eigenschaften von d -Relativpronomen ableiten. Die distributionellen Eigenschaften von Determinierern und Pronomen sind dabei entscheidend für die hier vorgeschlagene Syntax alemannischer Relativsätze. Der partielle Spell- Out unterschiedlicher Projektionen eines d -Pronomens sowie dessen Operatorfunktion kann alle im Alemannischen belegten Relativsatzstrategien und ihre zugrunde liegende Syntax und Semantik vorhersagen. Relativpronomen sind nach Wiltschko (1998) DP- Projektionen mit starker AgrD-Projektion und Lizenzierung einer elliptischen NP. Folgende semantische Eigenschaften werden dadurch impliziert: DPs (auch d -Pronomen) enthalten eine NP, die wiederum den Geltungsbereich („range“) für eine Variable liefert. Bei partiellem Spell-Out im Alemannischen wird die funktionale Projektion AgrDP in der niedrigen Kopie der DP-Projektion ausbuchstabiert. Der Spell-Out (in Form eines resumptiven Pronomens) bildet dann die Variable für den Operator in Spec CP. Folgende Annahmen aus Wiltschkos Analyse lassen sich daher für die alemannische DP-Struktur von d -Pronomen übernehmen: (351) DP D 0 AgrDP d- Agr 0 NP ie Die Lizenzierungsbedingungen gelten entsprechend: (352) a. Die leere „silent“ NP-Position wird durch starke AgrDP-Flexion lizenziert. b. Reduzierte Formen des Determinierers mit schwacher AgrDP-Flexion können nicht als Relativpronomen verwendet werden (da schwaches AgrDP keine leere NP lizenziert). Das entspricht der Distribution von d -Relativpronomen im Alemannischen. Reduzierte d -Wörter treten nicht als Relativpronomen auf: (353) a. S (Da)s Buach Buch vom von Goede, Goethe, des das i ich gläsa gelesen han. habe. b. *S (Da)s Buach Buch vom von Goede, Goethe, s (da)s i ich gläsa gelesen han. habe. Nur R -Ausdrücke (DPs) können A’-bewegt werden und die Spur (eine Variable) binden. Personalpronomen, die als AgrD realisiert werden, enthalten keine NP-Position (weder overt noch kovert): es fehlt der „range“, der benötigt wird, um eine Variable binden zu können. Personalpronomen sind Variablen und können vom DP-Operator gebunden werden. Volle DPs - also auch d -Pronomen - können auf der Basis dieser Voraussetzungen A’-bewegt werden, Personalpronomen nicht. Aus diesem distributionellen Unterschied lässt sich ableiten, warum d -Pronomen Relativsätze einleiten, aber auch vorhersagen, warum Personalpronomen (resumptive Pronomen) dies nicht können. 89 Daraus folgt, Resumptivpronomen sind schwache Personalpronomen und damit Instanzen von AgrD, die zu AgrDP projizieren. Sie fungieren als Variablen in einer Operator-Variablen Kette. Da sie kein NP-Komplement enthalten, können sie nicht A’-bewegt und damit auch nicht als Relativsatzeinleiter verwendet werden. (354) a. Dr Der Ma Mann dem dem mr man dr den Hond Hund glaut geklaut hot. hat. b. Dr Der Ma Mann wo PRT mr man em RES dr den Hond Hund glaut geklaut hot. hat. c. *Dr Der Ma Mann em RES mr man dr den Hond Hund glaut geklaut hot. hat. 89 Die Distribution von elliptischen NPs, in Verbindung mit Felxionsmerkmalen und damit Agreementeigenschaften, erklärt gleichzeitig auch, warum im Englischen beispielsweise der de nite Determinierer nicht pronominal verwendet werden kann. Weder Adjektive noch der de nite Determinierer zeigen overtes Agreement, daher kann eine NP nicht leer sein und aus diesem Grund auch nicht elliptisch verwendet werden (weitere Beispiele in Wiltschko (1998, 161 - 162)). 5.5 Konsequenzen aus Wiltschko (1998) für die Syntax und Semantik von Relativpronomen 261 262 5 Variation als Partieller Spell-Out - ein neuer Ansatz d. ? Dr Der Ma Mann wo PRT mr man dem dem dr den Hond Hund glaut geklaut hot. hat. Für (354c) gibt es in SynAlm keine Testbelege, allerdings ist davon auszugehen, dass resumptive Pronomen nicht als Relativsatzeinleiter verwendet werden können. Diese Restriktion scheint es auch in V2 Relativsätzen zu geben (vgl. Gärtner 2001): (355) In Konstanz gibt es einen Arzt , der / ? *er kann dir helfen. Einige Informanten der SynAlm-Befragung akzeptieren d -Pronomen in resumptiver Funktion, allerdings sind die Fallzahlen so gering, dass hier nicht von einem systematischen Auftreten gesprochen werden kann. Anders sehen die Fallzahlen bei Relativierung über lange Distanz aus. In Relativsätzen über lange Distanz sowie bei langer W -Bewegung treten d -Pronomen in resumptiver Funktion deutlich häu ger auf. Es ist davon auszugehen, dass es sich in diesen Fällen um eine andere zugrunde liegende syntaktische Struktur handelt und das Pronomen hier nicht in der Position einer Lücke erscheint. 5.6 Partieller Spell-Out im Alemannischen - Die Analyse im Detail Die vorausgehenden Kapitel haben gezeigt, welche optionalen Strukturen eine Grammatik zu alemannischen Relativsatzstrategien zulässt. Weiterhin wurde anhand der Dekomposition der DP-Struktur in Abschnitt 5.4 gezeigt, welche morphosyntaktischen Merkmale und die daraus resultierende semantische Implikation bei relativsatzinternen Pronomenketten vorliegen. Im Wesentlichen basiert die hier vorgeschlagene Analyse auf den Grundannahmen der sogenannten revidierten Standardanalyse (de Vries 2002, 73) mit externer Basisgenerierung des Kopfes. Der Relativsatz ist Komplement des Kopfes und letzterer ist wiederum koindiziert mit der DP des relativsatzinternen d -Relativpronomens: (356) [ [ ′ [ [ ′ [ OP ..t ....]]]]] a. Die Relativsatz CP ist Komplement des Kopfnomens N°. b. Es gibt A’-Bewegung nach Spec CP (bewegt wird ein leerer Operator oder ein Relativpronomen). c. Der Operator ist mit dem Kopfnomen koindiziert. Bevor die Analyse der alemannischen Relativsatzstrategien um die optionalen Spell- Out-Bedingungen erweitert wird, muss eine weitere Frage beantwortet werden: Wie kann eine elliptische (leere) NP-Position in der Projektion des d-Pronomens vorhergesagt werden und welche syntaktischen und semantischen Konsequenzen resultieren daraus? Wiltschko (1998) zeigt, dass der Unterschied zwischen d -Wörtern und d -Pronomen in der Lizenzierung einer NP-Projektion liegt. Um weiter zwischen d -Pronomen (Relativpronomen) und Determinierern zu unterscheiden, nimmt sie für die Kategorie der d -Pronomen ein leeres elliptisches NP-Komplement an. Voraussetzung dafür ist das Vorhandensein starker Flexion in AgrDP (starke/ schwache Flexion in AgrDP bezieht sich auf Vollformen und reduzierte d -Wörter). Die leere NP-Projektion ist bei Wiltschko eine elliptische NP. In der Literatur zu VP-Ellipsen wird u. a. zwischen den in (357a) und (357b) genannten Kriterien unterschieden (Hartmann 2008): 90 (357) a. Elemente, die eine leere (silent) PRO -Form sind und so aus dem Lexikon entnommen werden. b. Elemente, die im Laufe einer Derivation gelöscht werden. Für Wiltschko (1998, 160; FN 8) macht es keinen Unterschied, eine PRO -Form oder eine Löschung anzunehmen, da beide Ansätze identischen lokalen Lizenzierungsbedingungen unterliegen. 91 Wiltschkos Lizenzierungsbedingungen lauten: • Eine NP wird lizenziert, wenn es einen D -Kopf gibt. • Eine starke AgrD-Projektion lizenziert eine leere (elliptische) NP. Die Bedingungen bestimmen die Unterschiede zwischen d -Pronomen und Determinierern und damit auch die zugrunde liegende Syntax von Relativsatzstrukturen. Die elliptische NP-Position als Komplement des d -Pronomens liefert den Restriktor für das Relativpronomen. Ein elliptisches Element muss durch overtes Material im gleichen Satz lizenziert sein, dies ist durch die Koindizierung der elliptischen NP mit dem Kopf des Relativsatzes erfüllt. In Relativsätzen, die durch ein d -Relativpronomen eingeleitet werden, ist das Pronomen mit dem externen Kopf des Relativsatzes koindiziert und kongruiert hinsichtlich der Φ -Merkmale mit diesem. Damit steht auch die elliptische NP-Projektion 90 Weiterführende Literatur zu Autoren beider Varianten von elliptischen VPs, Ellipsen in nominalen Elementen sowie zu leeren (silent) Präpositionalphrasen ndet sich u. a. auch in Hartmann (2008). 91 Für mögliche Probleme bei der Lizenzierung von Adjektiven durch die AgrD-Projektion vgl. weiterhin Wiltschko (1998, 160; FN 9). 5.6 Partieller Spell-Out im Alemannischen - Die Analyse im Detail 263 264 5 Variation als Partieller Spell-Out - ein neuer Ansatz als Komplement des Pronomens strukturell in Verbindung zum externen Kopf. Mit der Annahme einer elliptischen NP-Projektion wird darüber hinaus noch ein weiteres strukturelles Problem gelöst: das Auftreten von Rekonstruktionse ekten. Wie zuvor beschrieben wird in Salzmann (2006b) eine Matching-Analyse zur Erfassung von Rekonstruktionse ekten herangezogen, in der zunächst die Anhebung einer DP aus der relativsatzinternen Position erfolgt. Die DP bei Salzmann besteht aus einem Operator und einem NP-Komplement, welches der Repräsentation des externen Kopfes entspricht. Nach der Bewegung der DP nach Spec CP wird das NP-Komplement unter Identität mit dem externen Kopf gelöscht. Nun applizieren weitere Mechanismen auf LF: i. ⇒ Der Operator innerhalb der bewegten DP, der als „silent“, also nicht overt vorhanden, kategorisiert ist, wird in der unteren Kopie in eine Variable konvertiert (Salzmann 2006b, 371). ii. ⇒ Der externe Kopf (also das NP-Komplement) ist in der niedrigen Kopie vorhanden. Rekonstruktions- und Strong-Cross-Over-E ekte können so applizieren. Die Kopie wird jedoch gelöscht, wenn die Struktur nicht verlangt, dass diese relativsatzintern lizenziert wird. Salzmanns Ansatz basiert auf dem Prinzip der „unrestricted quanti cation“ (Chomsky 1995). Das Prinzip sagt vorher, dass die Restriktion des Operators, also die Projektion der Kopf-NP, in der unteren Kopie interpretiert wird. In einem zweiten Schritt wird die Kopie des Operators in eine Variable konvertiert. Reguliert wird dieser Vorgang zusätzlich über das „Preference Principle“ (Chomsky 1995), das sogenannte „minimal restricted quanti er“ verlangt. Durch dieses Prinzip wird immer eine „unrestricted quanti cation“ favorisiert. 92 Um die fehlenden Prinzip-C-E ekte erfassen zu können nimmt Salzmann (2006b, 372) systematischen Vehicle Change an. Ein Mechanismus, der ursprünglich u. a. von Fiengo und May (1994) für Rekonstruktionse ekte in elliptischen Konstruktionen formuliert und von Sa r (1999) auf Relativsatzkonstruktionen, die durch Kopfanhebung abgeleitet werden, erweitert wurde. Der Mechanismus führt dazu, dass ein R -Ausdruck innerhalb der relativsatzinternen Kopie des externen Kopfes in ein Pronomen konvertiert wird. So lassen sich nicht vorhandene Prinzip-C-E ekte wie in (358) ableiten: 92 In manchen Fällen von Anapherbindung kann das Preference Prinziple jedoch überschrieben werden. In diesen Fällen appliziert dann sogenannte restricted quanti cation . Dabei wird die komplette Kopie in der Basisposition in eine Variable konvertiert, die Interpretation erfolgt über die höhere Kopie (Salzmann 2006b, 59). (358) [S [Das Foti Foto vom von Peter ] Peter ] [ [ [OP [OP [Foti von ihm ] ] 1 wo [Foto von ihm ] ] 1 wo n n er er [OP [OP Foti Foto vo von im ] 1 ihm ] 1 am am beschte besten ndt. ndet. (Salzmann 2006b, 372) An dieser Stelle sei nochmals darauf hingewiesen, dass Salzmann (2006b) von einer Matching-Analyse ausgeht. Die Kopf NP [Foti von Peter] ist Komplement eines leeren Operators. Die DP-Projektion bestehend aus Operator und NP wird aus der relativsatzinternen Basisposition in die linke Peripherie bewegt und unter Identität mit dem externen Kopf des Relativsatzes gelöscht. Für den " ‘Vehicle Change “ wird der R-Ausdruck Peter in der relativsatzinternen Kopie der Picture-Noun-Phrase in ein Pronomen konvertiert, dieses ist wiederum koreferenziell mit einem anderen Pronomen im selben Satz. Folgender Kontrast bei elliptischen Konstruktionen führte zum Mechanismus des „ Vehicle Change “ (Fiengo und May 1994): (359a) zeigt die elliptische Konstruktion und (359b) die LF Repräsentation der Struktur (Beispiele aus Potts (1999, 1 und 3), zitiert nach Fiengo und May (1994)): (359) a. Mary [ loves John 1 ], and he 1 thinks Sally does ∅ too. b. Mary [ loves John 1 ], and he 1 thinks Sally does [ love John 1 ], too. In (359a) wird der Prinzip-C-E ekt dadurch vermieden, dass ein R-Ausdruck durch einen Merkmalswechsel von [pronominal] zu [+ pronominal] in ein Pronomen konvertiert wird (dies wird durch John dargestellt). Die Konvertierung des R-Ausdrucks in ein Pronomen in der elidierten VP verhindert den Prinzip-C-E ekt. Eine koreferentielle Lesart wird dadurch ermöglicht, allerdings auf Kosten eines Prinzip-B-E ekts (vgl. auch Salzmann (2006b, 59) für eine ausführliche Diskussion). Die hier vorgeschlagene Analyse verzichtet daher auf eine Matching-Analyse und die Mechanismen der Kopfanhebung sowie des Vehicle Change. Mit Hilfe der verschiedenen Spell-Out-Bedingungen können die syntaktischen Fragen gelöst werden. Im Alemannischen kommt es zu folgender Derivation: i. Das d -Pronomen mit einem elliptischen NP-Komplement bewegt sich nach Spec CP. Eine Kopie bleibt relativsatzintern zurück. ii. Der externe Kopf des Relativsatzes, ebenfalls eine NP, ist mit dem d -Pronomen und damit auch mit dessen NP-Komplement koindiziert. Rekonstruktionse ekte und Strong-Cross-Over-E ekte folgen aus der Tatsache, dass eine elliptische NP- Projektion des externen Kopfes als Komplement des d -Pronomens relativsatzintern vorhanden ist. 5.6 Partieller Spell-Out im Alemannischen - Die Analyse im Detail 265 266 5 Variation als Partieller Spell-Out - ein neuer Ansatz Der Restriktor für den Operator ist eine elliptische NP, die durch den externen Kopf der Relativsatzkonstruktion lizenziert wird. Durch das elliptische NP-Komplement können Rekonstruktionse ekte erfasst werden. Die Problematik der fehlenden Prinzip-C-E ekte besteht hauptsächlich bei Konstruktionen, in die Picture-Noun-Phrasen (PNPs) involviert sind. Dies ist entscheidend durch die Tatsache begründet, dass es im Deutschen und so auch im Alemannischen freie Variation von Pronomen, Re exiven und R -Ausdrücken in sogenannten Picture-Noun- Phrasen mit einer Possessorstrukur gibt. Die Idee des Vehicle Change ist in der Literatur allerdings auch kritisch diskutiert worden, da sie nicht in allen Sprachen die richtigen Strukturen vorhersagt. So wird in Potts (1999) beispielsweise für u. a. das Englische und weitere Sprachen gezeigt, dass es sogenannte antipronominale Kontexte gibt, die das Auftreten von schwachen de niten Pronomen nicht erlauben. Darüber hinaus gibt es seit Williams in den frühen 1980er Jahren eine Diskussion in der Literatur zum syntaktischen und semantischen Verhalten von PNPs und deren Rolle innerhalb der Bindungstheorie. In Runner und Kaiser (2005) werden Bindungseigenschaften der PNPs untersucht und unter Einbeziehung von experimentellen Daten neu analysiert. Dabei zeigen sie, dass eine grundlegende Annahme zu den Bindungseigenschaften (formuliert in GB Chomsky (1981), in der Re exivtheorie von Reinhart und Reuland (1993) sowie die unter HPSG formulierten bindungstheoretischen Eigenschaften) von PNPs mit einem Re exiv nicht richtig sein kann. Diese Analysen eint die Annahme, dass ein Re exiv vom Possessor der Phrase gebunden wird (Bindungsdomäne ist die PNP), ein Pronomen nicht. Re exive und Pronomen in PNPs stehen dadurch in komplementärer Distribution, die Bindungsdomänen überlappen sich nicht. Re exive können danach auch durch das Subjekt und Pronomen nur außerhalb der Possessorphrase gebunden werden: (360) a Ebenezer saw Jacobj’s picture of himself / ∗ . b Ebenezer saw Jacobj’s picture of him / / ∗ .Runner und Kaiser (2005, 596) Die Datenerhebung über Strukturen wie (360a und b) hat weiterhin gezeigt, dass Bindungseigenschaften von Anaphern reformuliert werden müssen, da in Konstruktionen wie (360) nicht weiterhin davon ausgegangen werden kann, dass es sich beim Possessor und der postnominalen Phrase um Ko-Argumente handelt. Runner und Kaiser formulieren eine Argumentstruktur für PNPs, in denen der Possessor nicht mehr zur Argumentstruktur eines Picture-Nouns gehört. Die Anapher ist damit nicht lokal A-Kommandiert und wie Pollard und Sag (1992), Pollard und Sag (1994) vorschlagen durch pragmatische und diskursrelevante Faktoren 93 in ihren Bindungseigenschaften bestimmt und ausgenommen von struktureller Bindungstheorie (Runner und Kaiser 2005, 596). Die Wahl 93 Die genaue De nition dieser Faktoren wird dabei nicht gegeben. Hier bedarf es weiterer experimenteller Daten. des Antezedenten für die Anapher wird nicht durch Bindungsprinzipien bestimmt. Diese Anapher-Typen („exempt“ anapher) sind auch in PNPs ohne Possessorphrasen attestiert: (361) John saw a picture of himself. (362) John said that there was a picture of himself in the posto ce. Der Vehicle-Change-Mechanismus einerseits und die Rolle von sogenannten impliziten Argumenten - letztere haben beispielsweise zu einer Neuformulierung von Bindungsprinzipien auf der Grundlage einer Reformulierung des Theta-Kriteriums geführt - kann an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden. Sowohl die Annahme von impliziten Argumenten, die nicht syntaktisch projiziert werden, aber eine Theta-Rolle zugewiesen bekommen und dadurch für die Syntax sichtbar sind, sowie die zuvor in Auszügen beschriebene experimentelle Untersuchung von Bindungseigenschaften in PNPs mit Possessor (vgl. u. a. Runner und Kaiser 2005) zeigen, dass es sich um sehr spezielle Konstruktionen mit einer komplexen internen Syntax und Semantik handelt, die nachweislich anderen Bindungseigenschaften unterliegen, als durch ihre Ober ächenstruktur angenommen werden kann. Eine detaillierte Ausarbeitung dieser Bindungseigenschaften soll an dieser Stelle jedoch nicht erfolgen. Die Frage, ob unter Rekonstruktion Mechanismen wie Vehicle Change erforderlich sind, kann hier nicht hinreichend beantwortet werden. Die Sprecher des Alemannischen scheinen jedoch, wie auch für andere Strukturen beschrieben, an dieser Stelle erneut Variation zu erlauben, sicherlich hervorgerufen durch die Tatsache, dass es ohnehin im Standarddeutschen freie Variation bezüglich der Argumentstruktur innerhalb einer PNP gibt (vgl. hierzu Kapitel 4). In Relativsätzen mit einer PNP im Kopf des Relativsatzes wäre unter der hier angenommenen syntaktischen Struktur das Problem des fehlenden Prinzip-C-E ekts nicht hinreichend gelöst. (363) [S Foti vom Peter ] [ [OP [Foti von ihm ] ] 1 wo n er [OP Foti vo im ] 1 am beschte ndt. (Salzmann 2006b, 372) 5.6.1 Die syntaktische Struktur Abschließend kann nun die syntaktische Struktur der Relativsätze verfeinert dargestellt werden (die Darstellung orientiert sich an der Struktur von Hladnik (2015)): 5.6 Partieller Spell-Out im Alemannischen - Die Analyse im Detail 267 268 5 Variation als Partieller Spell-Out - ein neuer Ansatz Tabelle 72: Derivation für alemannische Relativsätze RS interne Syntax Spell-Out-Optionen RS interne Struktur HEA (Operatorbewegung) ∙ d -Pron nach Spec CP ∙ Rekonstruktion ndet statt ∙ silent C°/ overtes d -Pron ∙ C° overt / silent RelP und ∙ partieller Spell-Out der unteren Kopie [1] Kopf, d -Pron ... Lücke [2] Kopf, C ... Resumptiv Für einen Relativsatz mit einem pronominalen Relativsatzeinleiter ergibt sich dann folgende Struktur (die grau unterlegten Elemente sind jeweils nicht ausbuchstabiert): (364) S Das Telefo, Telefon, des das allewil dauernd klingled, klingelt, isch ist ganz ganz schee schön laut laut und und nervig. nervig. (365) DP DP CP [ S[ Telefo] ] Spec CP C’ DP C 0 TP [ [ OP[ Sg/ Neut; NOM[ i]]]] PRT T 0 vP [ [ OP[ Sg/ Neut; NOM[ ]]]] Innerhalb der A’-Bewegungskette sind sowohl die Komponenten für die d -Pronomen als auch die Partikelstrategie innerhalb der Struktur vorhanden. Welche der Strategien overt realisiert wird ist davon abgängig, welcher Teil der CP-Projektion ausbuchstabiert wird. Die Spell-Out-Bedingungen für die Pronomenstrategie werden in Tabelle 73 dargestellt. Die Elemente, die nicht ausbuchstabiert werden, sind jeweils grau unterlegt: Tabelle 73: Die d -Pronomenstrategie RS Kopf Spec CP C TP [ [ ]] [ OP[ Phi/ Kasus / / / [ ]]] PRT [ OP[ Phi/ Kasus / / / [ ]]] S Telefo der - Lücke Die Partikelstrategie verlangt den Spell-Out der Partikel in C. Durch die zuvor stattgefundene A’-Bewegung der pronominalen Merkmale nach Spec CP liegt eine Operator- Variablen-Kette zwischen der relativsatzinternen Position des bewegten Pronomens vor. Für einen Relativsatz mit dem RSE wo ergibt sich dann folgende Struktur (die grau unterlegten Elemente sind jeweils nicht ausbuchstabiert): (366) S Das Telefo, Telefon, wo wo allewil dauernd klingled, klingelt, isch ist ganz ganz schee schön laut laut und und nervig. nervig. (367) DP DP CP [ S[ Telefo] ] Spec CP C’ DP C 0 TP [ [ OP[ Sg/ Neut; NOM[ ]]]] wo T 0 vP [ [ OP[ Sg/ Neut; NOM[ ]]]] Die Spell-Out Bedingungen werden in Tabelle 74 beschrieben: Tabelle 74: Die Partikelstrategie RS Kopf Spec CP C TP [ [ ]] [ OP[ Phi/ Kasus / / [ ]]] PRT [ OP[ Phi/ Kasus / / [ ]]] S Telefo wo Lücke 5.6.2 Kasus Rekonstruktion in Relativsätzen mit Partikel und Lücke Für die vorliegende Analyse ist das Prinzip der Recoverability unabdinglich: Durch die syntaktische Struktur muss gewährleistet sein, dass Recoverability bei einer -Kasus-Strategie , also wenn in der CP nur die Partikel ausbuchstabiert wird, erfüllt ist. Für diejenigen Fälle, in denen eine +Kasus-Strategie gewählt wird, gilt eine funktionale Lizenzierungsbedingung, die overte Kasusmorphologie oder eine Präposition verlangt. Es wurde dafür argumentiert, dass im Alemannischen obliquer Kasus, d. h. wenn die relativierte Position Komplement einer Präposition ist, immer und der Dativ manchmal aus Gründen der Recoverability overt realisiert werden muss. Dies wurde mit der in 5.6 Partieller Spell-Out im Alemannischen - Die Analyse im Detail 269 270 5 Variation als Partieller Spell-Out - ein neuer Ansatz Bayer et al. (2001) beschriebenen Lizenzierungsbedingung für obliquen Kasus begründet. Eine Kasusphrase (Bayer et al. 2001), wie in Kapitel 3 dargestellt, wird für die vorliegende Struktur nicht benötigt. Ob Kasus overt realisiert wird ist durch eine Spell-Out- Bedingung geregelt. Der folgende Abschnitt beschreibt die Spell-Out-Bedingungen für die Relativierung von Dativpositionen. 5.6.3 Spell-Out-Bedingungen bei Dativrelativierung Die Realisierung von obliquem (durch eine PP zugewiesen) Kasus ist für die Sprecher des Alemannischen obligatorisch. In Relativsätzen muss dann auf eine +Kasus-Strategie zurückgegri en werden. Eine Gruppe von Informanten bevorzugt auch für die IO-Position eine +Kasius-Strategie , von einer obligatorischen Realisierung, wie sie von van Riemsdijk (1989) und Salzmann (2006b) beschrieben wurde ist jedoch nicht auszugehen. In der Literatur zur morphosyntaktischen Rolle von Dativ und obliquem Kasus wurden bereits mehrere Szenarien beschrieben, die Unterschiede zwischen den strukturell vorhersagbaren Kasus wie Nominativ und Akkusativ sowie Dativ, Genitiv und präpositional zugewiesenem Kasus herausarbeiten. Dabei ist insbesondere die Einordnung des Dativs schwierig und seine Zugehörigkeit zu strukturellem oder lexikalischem Kasus Gegenstand der Diskussion. 94 Für Bayer et al. (2001) ist der Dativ ein obliquer Kasus. Durch die Annahme einer funktionalen Projektion KP werden die Realisierungsbedingungen von obliquem Kasus abgeleitet (vgl. dazu auch Kapitel 3). In Weber und Dieth (1987, 299) heißt es: „Der Dativ wird ausgedrückt, indem das persönliche Beziehungswort durch das Personalpronomen im entsprechenden Fall wieder aufgenommen wird, unmittelbar nach wo oder nach dem Subjekt“. Genitivkonstruktionen entsprechen dem Dativ, und nach Präpositionen wird ebenfalls das Personalpronomen in Abhängigkeit von der Präposition „[...] vor oder (häu ger und besser) nach dem Verb wieder ausgenommen“ (Weber und Dieth 1987, 300). Letzteres Szenario würde jedoch nicht erklären, warum auch in den anderen Regionen außerhalb der Schweiz Resumptivpronomen im Dativ attestiert sind. Aus diesem Grund scheint es angemessen davon auszugehen, dass in allen Fällen der Realisierung eines Dativresumptivs die Grammatik der Sprecher die Realisierung des Dativs fordert. Die Gründe dafür liegen entweder in einer Regel, die overte Dativmarkierung verlangt oder sind durch andere grammatische Vorgaben, sei es in Form einer verschriftlichten Grammatik wie die des Zürichdeutschen oder einer geogra sch- oder ortsspezi schen Konvention, bestimmt. Auch der Faktor der Optionalität könnte hier eine Rolle spielen. Dieser Aspekt wird am Ende dieses Kapitels weiter vertieft. 94 Siehe auch die Diskussion in Gallmann (1992) und Wegener (1985). Die Spell-Out-Bedingungen für die Partikelstrategie bei Dativrelativierung werden in Tabelle 75 dargestellt: (368) Dr Der Nochbr, Nachbar, wo wo dr der Peter Peter das das Kehrwochenschild Kehrwochenschild weidergäba weitergegeben hot, hat, weigert weigert sich sich des das Trebbahaus Treppenhaus zom zu butza. putzen. Tabelle 75: Die Partikelstrategie bei Dativrelativierung RS Kopf Spec CP C TP I. [ [ ]] [ OP[ Phi/ Kasus [ ]]] PRT [ OP[ Phi/ Kasus [ ]]] Der Nochbr wo gap II. [ [ ]] [ OP[ Phi/ Kasus [ ]]] PRT [ OP[ Phi/ Kasus [ ]]] Der Nachbar wo ihm Der Dativ erfordert nicht immer eine overte Realisierung. Für die meisten Sprecher des Alemannischen gelten daher die Spell-Out-Bedingungen der in Tabelle 75 dargestellten Variante (I). Die Struktur erlaubt jedoch eine overte Dativrealisierung, die für einige Sprecher noch erforderlich ist. In diesem Fall erfolgt der Spell-Out von AgrDP innerhalb der niedrigen Kopie. AgrDP entspricht der morphologischen Form des Personalpronomens, hier des Resumptivpronomens, siehe Darstellung in Variante II in Tabelle 75. 5.6.4 Spell-Out-Bedingungen bei Relativierung von Präpositionalobjekten Die hier vorgeschlagene Analyse erfasst auch die Variation bei Relativierung von Präpositionalobjekten. Ist das Relativpronomen Komplement einer Präposition wie in (369), so wird die gesamte PP-Projektion, dessen Komplement das Pronomen ist, nach Spec CP bewegt. Wird die Spezi ziererposition ausbuchstabiert, erhalten wir die Struktur in Tabelle (76): (369) Dr Der Nochbr, Nachbar, auf auf den den dr der Peter Peter sauer sauer gwä gewesen isch, ist, hot hat etzt jetzt endlich endlich sei seine Kehrwoch Kehrwoche gmacht. gemacht. 5.6 Partieller Spell-Out im Alemannischen - Die Analyse im Detail 271 272 5 Variation als Partieller Spell-Out - ein neuer Ansatz Wird die Partikel wo in C 0 realisiert, bleibt die obere Kopie der Präposition unrealisiert (vgl. auch Hladnik (2015, 41). Da die Präposition und der durch sie zugewiesene Kasus jedoch rekonstruiert werden müssen, erfolgt der Spell-Out in der unteren Kopie. (370) Dr Der Nochbr, Nachbar, wo wo dr der Peter Peter sauer sauer gwä gewesen isch ist uf auf en, ihn, hot hat etzt jetzt endlich endlich sei seine Kehrwoch Kehrwoche gmacht. gemacht. Tabelle 76: Die Partikelstrategie bei Relativierung von PP-Objekten RS Kopf Spec CP C TP [ [ ]] [ OP[ Phi/ Kasus [ ]]] PRT PP[ OP[ Phi/ Kasus [ ]]] Der Nachbar wo auf ihn Bei Hladnik (2015) wird sowohl die Präposition als auch der nominale Teil der PP-Projektion - ein resumptives Pronomen - ausbuchstabiert. Dieser Mechanismus verläuft im Alemannischen fast identisch. Mit dem Unterschied, dass hier das d -Pronomen mit der Struktur [DP[AgrDP([NP]]] Komplement der Präposition ist. Der weitere Spell-Out verläuft analog zur Dativrealisierung. AgrDP wird ausbuchstabiert, was der Form des Resumptivs und damit dem einfachen Personalpronomen (AgrDP) entspricht. Wird ein d -Relativpronomen als RSE gewählt, verläuft die Derivation entsprechend der in Tabelle 77 dargestellten Abfolge. Mit dem Unterschied, dass das Pronomen hier Komplement einer Präposition ist: Tabelle 77: Die d -Pronomenstrategie bei Relativierung von PP-Objekten RS Kopf Spec CP C TP [ [ ]] PP[ OP[ Phi/ Kasus [ ]]] PRT PP[ OP[ Phi/ Kasus [ ]]] Dr Nochbr auf den - Lücke Für Relativsatzstrukturen, in denen ein Pronominaladverb (371) in der Position der Lücke erscheint wird die gleiche zugrunde liegende Syntax angenommen wie zuvor in Tabelle 76 für die Relativierung von Präpositionalobjekten dargestellt. (371) Des Das war war die die Prüfung, Prüfung, wo wo se sie so so viel viel dafür dafür glernt gelernt het. hat. ‚Das war die Prüfung, für die sie so viel gelernt hat.‘ Die Ausbuchstabierung des Pronominaladverbs dafür entspricht nicht den Phi-Merkmalen, wie bei den anderen Beispielen für Partial-Spell-Out gesehen. Kann man in diesem Fall dann von der gleichen zugrunde liegenden Bewegungskette ausgehen? In Analogie zur Ableitung der Konstruktionen mit Präpositionalobjekt wird davon ausgegangen, dass die zugrunde liegende Syntax in Beispielen wie (371) identisch zu (370) ist: Tabelle 78: Die Partikelstrategie bei Relativierung von PP-Objekten mit Pronominaladverb RS Kopf Spec CP C TP [ [ ]] PP[ OP[ Phi/ Kasus [ ]]] PRT PP[ OP[ Phi/ Kasus [ ]]] PP Die Prüfung wo dafür Der Komplex aus Präposition und d -Relativpronomen wird in die linke Pheripherie bewegt. Wird der Komplementierer ausbuchstabiert, bleibt der Komplex in Spec CP unrealisiert. Das Auftreten des Pronominaladverbs in resumptiver Funktion erfolgt über eine nachträgliche Einsetzung auf PF. 5.6.5 Diskussion In Abschnitt Kapiel 4 wurde bereits gezeigt, dass ein resumptives Pronomen nicht als Relativsatzeinleiter auftreten kann. In Wiltschko (2013) wird dies durch die Tatsache begründet, dass resumptive Pronomen als Instanzen einer AgrDP-Projektion der Spell-Out von Φ -Merkmalen sind. Anders als d -Pronomen oder d -Wörter selegieren sie kein NP- Komplement, welches ihnen einen semantischen Bedeutungsbereich zuweisen würde, innerhalb dessen sie eine Variable binden können, für die dieser Bedeutungsbereich gilt. Sie können daher auch nicht A’-bewegt werden (A-Bewegung ist möglich, siehe (van Riemsdijk 1989)). In der hier vorgeschlagenen Analyse nimmt die AgrDP-Projektion eine zentrale Rolle ein. Die Ausbuchstabierung von AgrDP in der unteren Kopie einer pronominalen Bewegungskette erklärt das Auftreten von resumptiven Pronomen zum Zwecke der Kasusrekonstruktion in komplexen Relativsätzen (IO und OBL). Die hier vorgeschlagene Analyse sagt ebenfalls vorher, dass eine relativsatzinterne basisgenerierte DP mit den Merkmalen [ OP[ Phi/ Kasus[ ]]] nach Spec CP bewegt wird. Folgende Spell-Out-Optionen werden dadurch für die linke Peripherie impliziert: 5.6 Partieller Spell-Out im Alemannischen - Die Analyse im Detail 273 274 5 Variation als Partieller Spell-Out - ein neuer Ansatz (372) a [RelP + w ] b [RelP + ⊘ ] c *[AgrDP + w] d *[AgrDP + ⊘ ] Nachdem die DPrel in die linke Peripherie bewegt wurde, bleibt eine Kopie relativsatzintern zurück. Die Spell-Out-Optionen wurden oben beschrieben und werden in (373) nochmals wiederholt: (373) a [AgrDP] b [ ⊘ ] c *[DP ] Die Optionen in (372c) und (372d) sowie (373c) zeigen, dass partieller Spell-Out nicht immer erfolgt, selbst wenn die Struktur vorhanden ist. Diese Struktur ist durch das Prefernce Principle (Chomsky 1995) geregelt. Danach gilt: Preference principle for reconstruction: “Do it when you can, i.e., try to minimize the restriction in the operator position.” Das Prinzip besagt, dass nach der Bewegung des Operators so viel wie möglich in der unteren Kopie gelöscht und durch eine Variable ersetzt werden sollte. Die Ausbuchstabierung der Operatorenmerkmale in der unteren Kopie ndet daher nicht statt. Für die untere Kopie kann festgehalten werden, dass durch die Bewegung der DP in die linke Peripherie das Operatorenmerkmal und damit auch die elliptische NP-Position gelöscht werden. Das Resultat ist die Ausbuchstabierung der AgrDP-Projektion, im Form von Φ -Merkmalen und Kasus. Das Resultat ist ein resumptives Pronomen, wenn dies durch die relativierte Position (DAT/ OBL) erforderlich ist. Die DP be ndet sich zudem relativsatzintern in einer A-Position, in der das Operatorenmerkmal nicht ausbuchstabiert werden kann. Das erklärt darüber hinaus, warum d -Relativpronomen bei lokaler Relativierung nicht in resumptiver Funktion auftreten (im gesamten SynAlm-Datensatz sind zwei Belege bekannt). Ein anderes Bild ergibt sich allerdings für lange Relativsätze und lange W -Bewegung (vgl. dazu Kapitel 4). 5.6.6 Spell-Out-Bedingung für die d+w-Strategie Doppelt eingeleitete Relativsätze sind hauptsächlich in den Regionen von Baden-Württemberg und Vorarlberg attestiert. In der Schweiz und im Elsass nden sich ebenfalls Belege, doch nur in sehr geringem Ausmaß. Wie schon in den Kapiteln 2 und 3 beschrieben, ist die doppelte Einleitung über alle Positionen der Zugänglichkeitshierarchie möglich. Sie kann als sogenannte + Kasus-Strategie für die Relativierung obliquer Positionen fungieren, da durch die Realisierung des Relativpronomens in Spec CP die gleichen Bedingungen erfüllt sind wie bei der Pronomenstrategie. Die Strategie mit doppelter Einleitung ist durch die Grammatik vorhersagbar. In Bayer (1984) wird beschrieben, unter welchen Umständen Relativpronomen bei doppelter Besetzung der CP gelöscht werden können und die Partikel wo alleine stehen kann. Hier werden die Relativpronomen zur overten Kaususrealisierung benötigt. Ein ähnlicher Mechanismus scheint hier in den Varianten des Alemannischen vorzuliegen. Doppelte Besetzung der CP (374) (Doubly Filled Comp) ist im Alemannischen unabhängig von Relativsätzen auch in anderen Kontexten (eingebettete W -Fragen, (Bayer und Brandner 2008, 87) und die darin zitierte Literatur) attestiert und daher in Relativsätzen nicht unerwartet. (374) I Ich woass weiß it nicht, wie wie viel viel dass dass er er für für des das Auto Auto zahlt bezahlt hät. hat. ‚Ich weiß nicht, wie viel er für das Auto bezahlt hat.‘ Es ist daher nicht überraschend, dass die doppelte Ausbuchstabierung innerhalb der CP durch das d -Relativpronomen und die Partikel geschieht, analog zur doppelten Ausbuchstabierung bei eingebetteten W -Fragen, in denen zusätzlich der Standardkomplementierer dass realisiert wird, der in der Standardvariante nicht zusätzlich overt auftritt. Für Relativsätze gilt, dass die Merkmale des Pronomens in Spec CP vorhanden sind: (375) Der Der Nachbar, Nachbar, der wo der wo geschtern gestern vom vom Traktor Traktor gfalla gefallen isch, ist, dud tut heit heute sch schon widr wieder sei seinen Rasa Rasen mäha. mähen. ‚Der Nachbar, der gestern vom Traktor gefallen ist, mäht heute schon wieder seinen Rasen.‘ Die Spell-Out-Bedingung ist in Tabelle 79 dargestellt: Tabelle 79: Spell-Out-Bedingung d+w-Strategie RS Kopf Spec CP C TP [ [ ]] [ OP[ Phi/ Kasus [ ]]] PRT [ OP[ Phi/ Kasus [ ]]] Der Nachbar der wo - 5.6 Partieller Spell-Out im Alemannischen - Die Analyse im Detail 275 276 5 Variation als Partieller Spell-Out - ein neuer Ansatz Durch die Anwesenheit der pronominalen Merkmale in Spec CP alleine ist jedoch noch nicht geklärt, was die overte Realisierung der Merkmale verursacht. Anders als es Bayer (1984) für das Bairische beschrieben hat, scheint der Status dieser Strategie im Alemannischen nicht ausschließlich zum Zwecke einer Realisierung von Kasus zu dienen. Diese Funktion kann die dw -Strategie im Alemannischen übernehmen und ist dadurch als eine von mehreren Alternativstrategien verfügbar. Allerdings hat die Befragung ebenfalls gezeigt, dass overte Kasusrealisierung kaum notwendig ist und größtenteils eine Struktur mit Lücke bevorzugt wird. Ihr Status, so zeigen es die Daten, ist jedoch in erster Linie mit Akzeptanzurteilen und nicht so sehr mit Produktionsdaten verknüpft. Die Variante wird von den Informanten gewählt, wenn diese zur Bewertung vorgegeben ist, sie ist jedoch beispielsweise in Übersetzungen kaum zu nden. Dies zeigt sehr deutlich, dass wir es hier mit einer durch das grammatische System zugelassenen Variante zu tun haben, die jedoch im aktiven Sprachgebrauch nicht so stark verwendet wird wie die Partikel- oder die Pronomenstrategie. Barbiers (2009) erklärt die Distribution solcher Daten durch soziolinguistische Faktoren, die den Status einer möglichen syntaktischen Option beein ussen. Damit ist das Auftreten dieser Strategie und ihr Status in der Grammatik der Sprecher ein anschauliches Beispiel für die von Barbiers (2009) beschriebene Optionalität. Sprachgeschichtlich zeigt sich zudem, dass es diese Strategie schon sehr lange gibt. Janko (2001) beschreibt in seiner sehr detaillierten Studie über Relativsatzstrategien des Althochdeutschen einen interessanten Aspekt der doppelten Relativsatzeinleitung im Althochdeutschen, die dort durch die Kombination des d -Pronomens und der Relativpartikel the oder de erfolgte. Diese Konstruktionen treten in dem Moment in Erscheinung, als sich subordinierte Relativsätze aus attributiven Konstruktionen entwickeln. Subordinierte Relativsätze werden schließlich durch ein Demonstrativpronomen eingeleitet, zur Verdeutlichung der Subordination dient Anfangs jedoch noch eine Partikel: 95 (376) gisah sah ther der heilant Heiland iungiron denJünger, then-de den-PRT her er minnota. liebte. (Tat. 206,2, zitiert nach (Lehmann 1984, 379)) Lehmann (1984, 379) zeigt, dass die Variante mit Subordinator the und Relativpronomen im Frühneuhochdeutschen verschwindet und sich dafür andere Partikel entwickeln, die als Subordinatoren für Relativsätze fungieren. Damit einhergehend treten Kasussynkretismen auf. Die Kasusrealisierung für relativsatzinterne Lücken im Nominativ, Akkusativ und später auch für den Dativ muss nicht mehr overt durch ein D -Pronomen erfolgen, was eine Ausbreitung der Partikelstrategie bei gleichzeitiger Beibehaltung der Pronomenstrategie erklärt. Die Pronomenstrategie bleibt also immer als Alternativstrategie 95 Hierzu ausführlich Janko (2001) und die dort beschriebene Literatur sowie Lehmann (1984) zur Entstehung des postnominalen Relativsatzes. für komplexe Relativsätze verfügbar, was die d +Partikel-Strategie schließlich über üssig macht. Anders als von Lehmann vermutet, hat sich diese Strategie im Alemannischen erhalten, was die hohen Zustimmungswerte zeigen. Ihr heutiger Status besteht jedoch wahrscheinlich vielmehr in einer Konventionalisierung einer Strategie, die diachron einst den Übergang zu subordinierten Relativsätzen markierte. Siehe dazu ausführlich Kapitel 3. 5.6.7 Zusammenfassung Die vorausgehenden Abschnitte hatten zum Ziel, die Datenlage der Relativsatzstrategien des Alemannischen syntaktisch zu beschreiben. Die Analyse folgt im Wesentlichen der Arbeit von Hladnik (2015). Die slavischen Relativsatzstrategien und die dort vorhandene Variation zwischen Partikel-, Pronomen- und Resumptivstrategie sind dem Alemannischen strukturell sehr ähnlich. Hladnick leitet die syntaktische Variation über A’-Bewegung und partiellen Spell-Out niedriger Kopien von Phi-Merkmalen her. Sowohl das Ausbuchstabieren niedriger Kopien als auch das partielle Ausbuchstabieren von Merkmalen innerhalb einer Kopie wurden zuvor in der Literatur für Resumptivstrategien in Relativsatzkonstruktionen (u. a. (Pesetsky 1998), (Salzmann 2006b)), aber auch für andere Bewegungsoperationen beschrieben (vgl. u. a. (Corver und Nunes 2007)). Sie bilden somit auch die empirische Grundlage der hier vorgeschlagenen Analyse. Für die Derivation der alemannische Relativsatzstrategien wurde die syntaktische Struktur von d -Pronomen im Deutschen miteinbezogen und die Spell-Out-Analyse von Hladnick dahingehend modi ziert. In den folgenden Abschnitten erfolgt eine kurze Diskussion der bereits in Kapitel 1 vorgestellten Analysen von van Riemsdijk (1989) und Salzmann (2006b) für alemannische Relativsatzstrategien, die nun nochmals im Hinblick auf die hier vorgeschlagene Spell-Out-Analyse hin betrachtet werden, bevor das Kapitel mit einer Diskussion über den Aspekt der „Optionalität“ von syntaktischen Varianten in der Grammatik der Dialektsprecher abschließt. 5.6.8 Diskussion van Riemsdijk (1989) und die Distribution von Lücken In van Riemsdijk (1989) wird ausgeschlossen, dass die schweizerdeutschen Relativsätze über A’-Bewegung abgeleitet werden können. Relativsätze mit einer Lücke sind nach van Riemsdijk nur für SU- und DO-Lücken attestiert. In allen anderen Positionen und auch in anderen Einbettungskonstruktionen des Schweizerdeutschen sind Lücken ausgeschlossen und Resumptivpronomen obligatorisch (van Riemsdijk 1989, 3). Die Zugänglichkeitshierarchie macht dabei, so van Riemsdijk, für schweizerdeutsche Relativsätze die richtige Vorhersage, allerdings wird ebenfalls gezeigt, dass es sich hier nicht um eine universelle 5.6 Partieller Spell-Out im Alemannischen - Die Analyse im Detail 277 278 5 Variation als Partieller Spell-Out - ein neuer Ansatz Eigenschaft handeln kann, da es Sprachen gibt, die Lücken auf allen Positionen außer der Subjektsposition erlauben. 96 Ein weiteres Argument von van Riemsdijk liegt in der Beobachtung, dass in W -Einbettungen auch IO-Lücken erlaubt sind. (377) Wem Wem händ haben mer wir (*em) (*ihm) es das velo Fahrrad versproche? versprochen? ‚Wem haben wir das Fahrrad versprochen? ‘ Seine Analyse wurde in Kapitel 1 ausführlich dargestellt. Van Riemsdijk nimmt externe Basisgenerierung des Kopfnomens an. Resumptive Pronomen sind über eine Bindungsrelation mit diesem verbunden. Das Nichtauftreten von resumptiven Pronomen in Subjekts- und Objektsposition wird über ein anderes Phänomen des Schweizerdeutschen, der „klitischen Pronomenbewegung“ abgeleitet. So erzwingt es die Grammtik, dass sich klitische Pronomen in die linke Peripherie bewegen und dort an einen Kopf klitisieren. Unter Zuhilfenahme des Avoid Pronoun Principle werden Subjekt- und Objektpronomen unter Identität und strengen Lokalitätsbeschränkungen mit dem Kopf des Relativsatzes gelöscht. Sind die Pronomen Komplemente von Präpositionen, können diese nicht in die linke Peripherie bewegt werden, da sie bereits als Komplement eines Kopfes auftreten. Die Löschung über längere Distanz ist ausgeschlossen. Die Variation beim Dativ stellt van Riemsdijk ebenfalls fest, allerdings ist seine Argumentation an dieser Stelle vage. Während er einerseits Dativlücken ausschließt (in einer Fußnote wird aber erwähnt, dass es Dialekte gibt, die Dativlücken erlauben) präsentiert er dennoch eine Analyse, die die Variation innerhalb des Dativs erklärt, indem er den Dativ als präpositionale Konstruktion reanalysiert. 97 Diese Annahme wird aus der phonologischen Ähnlichkeit bestimmter Dativmorphologie mit der einer lokalen Präposition abgeleitet. Tabelle 80: Phonologische Ähnlichkeit: Dativ und lokative Präposition (CH) DAT P(lok) Em Ma (einem Mann) am Maa (an dem Mann) De Frau (der Frau ) a de Frau (an der Frau) Das Schwa -Element in der maskulinen Form ist nach van Riemsdijk ein präpositionales Element ähnlich der lokalen Präposition a ( an dem ) mit einem NP-Komplement, das in der femininen Form nicht sichtbar ist. Daraus lässt sich schließlich ableiten, warum ein 96 Van Riemsdijk bezieht sich hier auf eine Beschreibung von Koopman (1984) für Vata. Siehe auch de Vries (2002) für eine ausführliche Darstellung zur Distribution von Resumptivstrategien. 97 Van Riemsdijk (1989) bleibt hier allerdings ebenfalls vage im Bezug auf die genaue Form der präpositionalen Konstruktion (z. B. eine KP mit einem externen Kopf P (vgl. Bayer et al. 2001)). Dativpronomen zwar in die linke Peripherie bewegt werden kann, aber nicht gelöscht wird: Das Pronomen ist Komplement einer Präposition. 98 Salzmann (2006) zeigt in seiner Arbeit, warum diese Analyse einige konzeptuelle und technische Probleme verursacht, weshalb sie nicht plausibel erscheint. Für Salzmann (2006b, 369) ist die Reanalyse des Dativs als Präpositionalphrase aus morphologischen Gründen nicht überzeugend, da die Ober ächenstruktur des präpositionalen Elements nicht eindeutig ist. In der femininen Form des Dativs wird die Kombination aus a+de 0-Form, in der lokativen Form bleibt a+de bestehen. Dann ist wiederum unklar, welche morphologische Form und welchen Kasus das zweite Element der Konstruktion hat. Dativ ist ausgeschlossen, da man ansonsten inde nite Rekursion annehmen müsste. Folglich muss es Akkusativ sein. In der maskulinen Form ergäbe die Kombination aus a+de = em , was aber ebenfalls nicht plausibel wäre. Ein präpositionaler Dativ wurde auch von Seiler (2001) und Seiler (2003) für einige Dialekte der deutschsprachigen Schweiz beschrieben: (378) a. Ich I han habe.1SG s das Buech Buch i/ a PRP de der.DAT Muetter Mutter ggëë. gegeben. ‚Ich habe der Mutter das Buch gegeben.‘ b. Ich Ich han havb.1SG s das Buech Buch im/ am PRP.dem.DAT Vatter Vater ggëën. gegeben ‚Ich habe das Buch dem Vater gegeben‘ Hier treten nicht nur die Wortform a , sondern auch i als präpositionale Elemente in Dativkonstruktionen auf. Morphologisch wird die Dativmarkierung in der femininen Form overt realisiert. In der maskulinen Form wird aus a/ i in Kombination mit dem Pronomen am/ em . Mit van Riemsdijks Analyse müsste man ein weiteres „präpositionales“ Element postulieren, welches das Dativpronomen selegiert und wiederum von einer weiteren Präposition regiert würde. In einer Struktur wie „mit ihm“ würde eine dativzuweisende Präposition eine Phrase regieren, deren Kopf eine weitere „dummy“ Präposition ist (Salzmann 2006b, 370). Allerdings zeigt Salzmann weitere Daten aus Seiler (2001, 251), die belegen, dass diejenigen Sprecher mit präpositionaler Dativmarkierung Strukturen, in denen eine Kombination aus Präposition und Pronomen vorliegt, nicht akzeptieren. (379) *Mit Mit i/ a i/ a de der Frau. Frau. ‚Mit der Frau.‘ 98 Siehe hierzu auch die Arbeit von Seiler (2003) zum präpositionalen Dativ und der sogenannten „Dativ Verstärkung“. 5.6 Partieller Spell-Out im Alemannischen - Die Analyse im Detail 279 280 5 Variation als Partieller Spell-Out - ein neuer Ansatz In Seiler (2001) wurde gezeigt, dass präpositionaler Dativ immer mit der starken Form des Pronomens auftritt, was darauf hindeutet, dass der pronominale Teil kein klitisches Pronomen sein kann. Auch einige technische Aspekte an van Riemsdijks Analyse werden von Salzmann thematisiert: Wenn Dative als Präposition analysiert werden, ist es schwierig abzuleiten, warum Dativ-PPs in die linke Peripherie bewegt werden können und sich dort an einen Kopf klitisieren können, andere PPs jedoch nicht. Bei phonologischer Bewegung müsste erklärt werden, weshalb nur eine Dativ PP „leicht“ genug ist, bewegt zu werden. Die Bindungsrelation der resumptiven Pronomen mit dem Kopfnomen wäre ohne syntaktische Operation ebenfalls nicht erklärbar. Van Riemsdijks Idee, den Dativ als Präposition zu reanalysieren und ihm damit mehr morphologische Struktur zuzuweisen, was seinen Status gegenüber anderen Kasus wie Nominativ und Akkusativ hervorhebt, wurde auch in Bayer et al. (2001) mit der Kasusphrase aufgegri en. Der Vorteil der Kasusphrase liegt zum einen darin, dass keine komplizierte morphologische Reanalyse notwendig ist, die eine neue grammatische Kategorie und stipulative Vorhersagen über nicht regelmäßige Ober ächenstruktur (z. B. bei den femininen Formen des Dativs) erfordert, zum anderen erfasst die Analyse von Bayer et al. den Status von Nominativ und Akkusativ im Unterschied zum Dativ und dessen unterschiedliche morphologische Realisierung empirisch adäquat. Van Riemsdijks Analyse schließt relativsatzinterne A’-Bewegung aus, die Relation zwischen Kopf und Resumptiv wird über Koindizierung hergeleitet (vermutlich über C oder Spec CP gesteuert). Für Salzmann ist daher nicht klar, wie der RS seine Semantik ohne eine Operator-Variablen- Kette bekommt, die nach Kratzer und Heim (1998) für Prädikatsabstraktion erforderlich ist. Außerdem würde die obligatorische Annahme von Pronomenbewegung (keine A’-Bewegung) und die anschließende Löschung des Pronomens unter Identität mit dem Kopf nur gesteuert durch einen nicht erwünschten „Look-Ahead-Mechanismus“ funktionieren. Salzmanns Argumentation, die intersektive Semantik des Relativsatzes betre end, ist jedoch nicht hinreichend überzeugend als Begründung für die Ablehnung der Analyse, auch wenn die vorliegende Arbeit ebenfalls eine Bewegungsanalyse annimmt. Dass die richtige Semantik eines Relativsatzes auch ohne die Annahme von A’-Bewegung vorhergesagt werden kann, zeigen beispielsweise Brandner und Bräuning (2013) in einer Analyse über die Partikelstratgie mit wo und seinem diachronen Gegenstück, der Äquativpartikel so , oder Adger und Ramchand (2005) zu Analysen mit Basisgenerierung. Ein weiteres Argument, mit dem van Riemsdijk seine Analyse stützt, ist die Beobachtung, dass Lücken strengen Lokalitätsbeschränkungen unterliegen. Dies konnte durch die vorliegende Arbeit ebenfalls festgestellt werden. Siehe hierzu ausführlich Kapitel 4. Weiterhin hat Salzmann 2006b gezeigt, dass Rekonstruktionse ekte und Strong-Cross-Over-E ekte attestiert sind und Bewegung in Relativsätzen zugrunde gelegt werden kann. Das Auftreten von resumptiven Pronomen in Extraktionsinseln schließt Bewegung nicht aus. Die Daten von Salzmann (2006b), die in Kapitel 4 präsentierten Daten aus SyAlm und auch die Daten aus Hladnik (2015) zeigen, dass Extraktionsdaten allein nicht als Diagnostik geeignet sind, da zu solch komplexen Konstruktionen kaum zuverlässige Sprecherurteile gewonnen werden können und diese oftmals sehr ambivalent sind. Die Erforschung mikrokomparativer Daten hat darüber hinaus gezeigt, dass Variation in der internen Grammatik von Sprechern eines Dialekts nicht etwa durch die Annahme unterschiedlicher zugrunde liegender Grammatiken zu erklären ist, sondern dass die interne Grammatik der Sprecher die Existenz mehrerer gleichwertiger Strukturen erlaubt. Dabei werden bestimmte Strukturen präferiert verwendet, andere bleiben unrealisiert. Eine unrealisierte Struktur kann jedoch auch als grammatisch akzeptiert werden. Van Riemsdijk (1989) schließt darüber hinaus auch das Vorkommen von d -Relativpronomen für die schweizerdeutschen Relativsatzkonstruktionen aus. Die Variationsforschung (SynAlm und SADS) hat diesbezüglich ebenfalls gezeigt, dass d - Relativpronomen nicht Teil der aktiven Sprechergrammatik sind, diese aber keineswegs ausgeschlossen werden können, da sie - wenn auch in deutlich geringerem Umfang als in BW und VA - auch in der Schweiz vorkommen und selbst in Produktionsdaten explizit genannt werden. Die von van Riemsdijk (1989) beschriebene Syntax für Relativsatzstrategien des Schweizerdeutschen macht im Hinblick auf die durch SynAlm und SADS gewonnenen gesamtalemannischen Daten nicht die richtigen Vorhersagen und wird in die hier vorgeschlagene Analyse nicht einbezogen. 5.6.9 Salzmann (2006): Matching - Analyse Salzmanns Ansatz von 2006 hat zum Ziel, durch eine Matching-Analye, die eine relativsatzinterne Kopie des Kopfnomens voraussetzt, Rekonstruktionse ekte des Zürichdeutschen ableiten zu können: (380) [Das Buch ] [CP[das Buch) ] 1 Peter _ 1 mag.] Salzmann (2006b) entwirft für zürichdeutsche Relativsätze ein Szenario, das sich aus drei Bausteinen zusammensetzt: a) Er nimmt eine Matching-Analyse an (zugrunde liegend ist zudem das Preference Principle von (Chomsky 1995)). 99 99 Preference Principle (Chomsky 1995): „Preference principle for reconstruction: Do it when you can, i.e., try to minimize the restriction in the operator position.“ 5.6 Partieller Spell-Out im Alemannischen - Die Analyse im Detail 281 282 5 Variation als Partieller Spell-Out - ein neuer Ansatz b) Um Rekonstruktionse ekte in zürichdeutschen Relativsätzen erfassen zu können, geht er von sytematischem „Vehicle Change“ 100 aus. Durch diesen Mechanismus werden relativsatzinterne Kopien von koreferenziellen R -Ausdrücken (Instanzen des Kopfnomens) in Personalpronomen umgewandelt. c) Die Distribution von Resumptivpronomen leitet sich aus einer Beschränkung des Zürichdeutschen ab, die die overte Realisierung von obliquem Kasus verlangt. Damit können Bewegungs-, Rekonstruktionse ekte sowie die Tatsache, dass Resumptivpronomen Lokalitätsbeschränkungen aufheben, erfasst werden. Die Matching-Analyse von Salzmann (2006b) basiert auf den Grundannahmen von Munn (1994), Citko (2001) und Sauerland (2003) (vgl. Kapitel 1). Eine Operatorphrase (eine DP mit einem nichtausbuchstabierten d -Kopf) 101 wird gemeinsam mit einem NP-Komplement nach Spec CP bewegt. Das NP-Komplement (relativsatzinterne Repräsentation des Kopfnomens) wird unter Identität mit dem externen Kopf gelöscht: (381) [Das Buch ] [CP[das Buch) ] 1 er _ 1 mag.] In Relativsätzen des Standarddeutschen wird auf LF die Restriktion des Operators 102 (die NP) gelöscht, in der relativsatzinternen Kopie bleibt sie jedoch erhalten. Die externe Repräsentation des Kopfes bleibt auf LF ebenfalls erhalten. Rekonstruktion ist somit immer die Standardanalyse. Allerdings kann dieser Standardfall „überschrieben werden“, wenn sich im externen Kopf oder in der Kopie der relativsatzinternen Repräsentation ein Element mit einer sogenannten „positive licensing condition“ (d. h. ein Element ist von einem anderen abhängig, z. B. Anaphern, gebundene Pronomen und idiomatische NPs) be ndet, das in der jeweiligen Position nicht lizenziert wird. Dieses Element wird dann in der Position, in der es nicht lizenziert wird, aus Gründen der Wiederherstellbarkeit (Recoverability) gelöscht (ein externer Kopf kann nur gelöscht werden, wenn der Inhalt durch die relativsatzinterne Kopie wiederherstellbar ist und umgekehrt). Dazu kommen Elemente wie Pronomen und R-Ausdrücke, die einer sogenannten „negative licensing requirement“ unterliegen und in der jeweiligen Domäne frei sein müssen (Salzmann 2006b, 127). Für Relativsätze des Zürichdeutschen gilt die Analyse entsprechend. Wie oben bereits erwähnt, ist hier das Relativpronomen nicht ausbuchstabiert und ein Komplementierer wo im C-Kopf realisiert (Salzmann 2006b, 371): 100 Fiengo und May (1994), Sa r (1999), Sauerland (2003). 101 In Salzmanns Analyse für das Standarddeutsche ist die Position des d -Kopfes durch das Relativpronomen ausbuchstabiert, da hier die d -Relativpronomen overt realisiert werden. 102 Salzmann bezeichnet ihn als W -Operator, gemeint ist jedoch der Operator, der durch das d -Relativpronomen repräsentiert ist. (382) S Das [Buech] [Buch] [CP[Op [CP[Op [ [ ] ] 1 ] ] 1 wo wo de der Peter Peter _ 1 _ 1 gern gern hät.] mag.] ‚Das Buch, das Peter gerne mag.‘ Die Repräsentation des Operators wird in der relativsatzinternen Kopie in eine Variable konvertiert. Auf LF gelten die oben beschriebenen Lizenzierungsbedingungen. Auf diese Weise lassen sich alle Rekonstruktionse ekte, Strong-Cross-Over-E ekte sowie die nicht vorhandenen Prinzip-C-E ekte erklären. Des Weiteren folgt das Auftreten von Resumptivpronomen in obliquen Relativsätzen (Dativ und Präpositionalobjekte) zum Zwecke des Ausdrucks von obliquem Kasus (dieser verlangt overte Realisierung) ebenfalls aus dieser Analyse. Die Wiederherstellbarkeit (Recoverability) von obliquem Kasus wird entweder durch den externen Kopf über eine Matching-Operation 103 sichergestellt oder über die Realisierung eines Resumptivpronomens. 104 Nach Salzmann gibt es hierfür zwei gleichwertige technische Implementationen, die bezüglich der syntaktischen Beschreibung der Datenlage zürichdeutscher Relativsätze die gleichen Vorhersagen machen: Zum einen eine Spell-Out-Analyse (Pesetsky 1998), (Grohmann 2003), (Bianchi 2004) u. a.) oder die Annahme einer Big-DP ((Boeckx 2003), (Cecchetto 2000) u. a.). Beide Versionen gründen auf der Annahme zugrunde liegender syntaktischer Bewegung. Salzmann entscheidet sich für einen Spell-Out-Ansatz, da es im Zürichdeutschen wenig außergewöhnliche Typen von resumptiven Ausdrücken gibt, deren Existenz eine Big-DP-Analyse favorisieren würde (vgl. hierzu ausführlich die Diskussion in Salzmann (2006b, 303 - 308 und 377 - 379) und Abschnitt 5.6.10). In Relativsätzen, in denen eine oblique Position (hier entweder ein Dativ- oder ein PP- Objekt) relativiert wird, erfolgt der Spell-Out eines Features [+oblique] in Form eines Personalpronomens (Spell-Out von Φ -Merkmalen). Im nächsten Abschnitt erfolgt eine kurze Gegenüberstellung der wesentlichen Vor- und Nachteile von Big-DP- und Spell- Out-Analysen, daran anknüpfend wird dann die hier vorgeschlagene Spell-Out-Analyse nochmals in den Kontext dieser Arbeiten gesetzt. 5.6.10 Diskussion: Spell-Out-Analysen und der Big-DP-Ansatz Für die Realisierung von Resumptivpronomen wird in Salzmann (2006b) eine Spell-Out- Analyse vorgeschlagen. Salzmann stellt in seiner Diskussion zwei für ihn gleichwertige technische Implementationen, die bezüglich der syntaktischen Beschreibung der 103 Diese Matching-Operation bezieht sich nur auf Kasus-Matching und ist nicht zu verwechseln mit dem Matching-Ansatz zur syntaktischen Ableitung von restriktiven Relativsätzen ((Munn 1994), Citko (2001), (Sauerland 2003) und (Salzmann 2006b)). 104 Salzmann verweist hier in einer Fußnote auf eine frühere Arbeit (Salzmann 2006c), in der er eine Head Raising-Analyse annimmt und Kasus-Matching über Inkorporation von relativsatzinternem Material in den externen Kopf annimmt (siehe auch Kapitel 1 in dieser Arbeit). Unter seiner neuen Analyse ist dies nicht mehr möglich. Auch in Bayer (1984) wird eine Form von Kasus-Matching präsentiert (vgl. auch Kapitel 3). 5.6 Partieller Spell-Out im Alemannischen - Die Analyse im Detail 283 284 5 Variation als Partieller Spell-Out - ein neuer Ansatz Datenlage zürichdeutscher Relativsätze die gleichen Vorhersagen machen, gegenüber: Zum einen eine Spell-Out-Analyse (Pesetsky 1998), (Grohmann 2003), (Bianchi 2004) u. a.) und die Annahme einer Big-DP, wie sie z. B. in Boeckx (2003), Cecchetto (2000) vorgeschlagen wurde. In beiden Ansätzen wird syntaktische Bewegung angenommen. Bei einer Spell-Out-Analyse ist das Resumptivpronomen der Spell-Out einer Kopie. Da das Resumptivpronomen in der Regel als Personalpronomen realisiert wird, gilt dies als Spell-Out des kleinsten Teils einer Kopie, nämlich der Φ -Merkmale. Bei einer Big-DP- Analyse, wie sie in (Boeckx 2003, 28) vorgeschlagen wurde, werden das Pronomen und das Antezedens des Pronomens in einer DP generiert: (383) DP D’ D 0 [wh/ OP] NP Pronomen und de nite Determinierer werden als „abstrakte“ d -Elemente analysiert. Der Big-DP-Ansatz von Boeckx ist inspiriert von vorausgehenden Analysen zu Floating quanti ers von Sportiche (1988), McCloskey (2000), aber auch von Postal (1966) zur Struktur von Pronomen und Determinierern. Der Ansatz wurde schließlich auch auf Clitic- Doubling-Phänomene erweitert. Das Auftreten des Resumptivpronomens ist eine Stranding-Operation. Das Antezedens (entweder Komplement oder Spezi zierer der Phrase, Letzteres tri t auf Clitic Doubling zu) wird A’-bewegt und lässt das Pronomen zurück. Das Antezedens des Pronomens ist unter First Merge sein Komplement (Boeckx 2003, 28). In Salzmann (2006b) werden beide Varianten als gleichwertig für die Erfassung der Datenlage des Alemannischen beschrieben. Allerdings bringen sowohl der Spell-Out- Ansatz als auch der Big-DP-Ansatz einige technische Probleme mit sich (für eine detaillierte Diskussion siehe u. a. (Boeckx 2003), (Salzmann 2006b, 303)). Die Spell-Out-Analysen von Pesetsky (1998), Grohmann (2003) und Bianchi (2004) berücksichtigen zwar bereits den Spell-Out von Φ -Merkmalen einer niedrigen Kopie, allerdings wird die hier vorgeschlagene Analyse um die DP-Struktur nach Wiltschko (1998) erweitert, mit der die Distribution von Relativpronomen und Resumptivpronomen, Letztere als Subkonstituenten (Spell-Out von Φ -Merkmalen) einer einzelnen Derivation, abgeleitet werden können. Es werden hier also Aspekte der Spell-Out-Analyse und des Big-DP-Ansatzes verknüpft. Der Big-DP-Ansatz sieht vor, dass Antezedens (Kopf) und Pronomen in einer DP generiert werden und das overte Auftreten des Resumptivpronomens dann durch eine Stranding-Operation abzuleiten ist (u. a. Boeckx 2003). Das Antezedens (entweder Kopf oder Spezi zierer der Phrase) wird bewegt und lässt das Pronomen zurück. 105 Der Spell-Out von Φ -Merkmalen wird in der vorliegenden Analyse durch den partiellen Spell-Out der AgrDP-Projektion erreicht. Eine Stranding- Lösung wie beim Big-DP-Ansatz ist nicht erforderlich, da eine volle Kopie der bewegten DP relativsatzintern zurückbleibt. 5.6.11 Zusammenfassung Die in dieser Arbeit beschriebene Syntax alemannischer Relativsatzstrategien ist der von Salzmann (2006b) vorgeschlagenen Analyse der Resumptivstrategie in vielen Punkten ähnlich. Die Big-DP-Analyse wird nicht weiter verfolgt. Wie zuvor bereits erwähnt, erfolgt eine Modi kation der bisherigen Spell-Out-Analysen, indem die Struktur durch die von Wiltschko (1998) vorgeschlagene Syntax der d -Pronomen erweitert wird. Die syntaktische Struktur eines d -Relativpronomens (351), hier wiederholt als (384) nach Wiltschko (1998), ermöglicht es sowohl den partiellen Spell-Out der Phi-Merkmale und damit das Auftreten von resumptiven Pronomen als auch die richtige Syntax und Semantik für Rekonstruktionse ekte zu bekommen. (384) DP D 0 AgrDP d- Agr 0 NP ie Die Operation des „Vehicle Change“ , wie sie Salzmann (2006b) zur Ableitung von Rekonstruktion für Prinzip-C annimmt, ist nicht mehr erforderlich. Die elliptische NP- Projektion lizenziert den d -Kopf und kann unter Rekonstruktion gebunden werden. Die Projektion des d -Pronomens wird schließlich aus der relativsatzinternen Position in die linke Peripherie bewegt. Zurück bleibt eine Kopie der Projektion. Postsyntaktische Spell- Out-Regeln entscheiden über die overte Struktur der Relativsatzkonstruktion. Mit der Spell-Out-Analyse konnte eine syntaktische Beschreibung gefunden werden, die alle im alemannischen Variationsraum attestierten Relativsatzstrategien erfasst. In den Kapiteln 2 und 3 wurde der Variationsraum im Detail beschrieben. Dabei lässt sich feststellen, dass die Präferenz für eine der Strategien in der deutschsprachigen Schweiz klar auf der Partikelstrategie liegt, im Raum Baden-Württemberg und Vorarlberg sowohl eine Strategie mit Pronomen als auch die Partikelstrategie nahezu gleich verteilt sind. Die Resumptivstrategie ist wiederum größtenteils in der Schweiz attestiert. Es nden sich 105 Siehe auch Adger und Ramchand (2005) für eine andere Sichtweise. Diese wird in dieser Arbeit jedoch nicht weiter verfolgt. 5.6 Partieller Spell-Out im Alemannischen - Die Analyse im Detail 285 286 5 Variation als Partieller Spell-Out - ein neuer Ansatz jedoch auch Belege für die jeweils weniger attestierten Strategien - d -Pronomen in der Schweiz (und im Elsass) sowie Resumptivpronomen in Baden-Württemberg und Vorarlberg - in den entsprechenden Regionen. Die zugrunde liegende Syntax kann alle diese Strategien ableiten. War eine Strategie regional nicht attestiert, wurde sie lange Zeit als nichtexistierend gewertet. Vereinzelte Belege wurden mit Hilfe externer Faktoren erklärt und in der Grammatiktheorie nicht berücksichtigt. Die Erforschung syntaktischer Variation - dies wird auch durch die SynAlm-Befragung erneut bestätigt - hat gezeigt, dass Sprechergrammatiken weitaus mehr grammatische Variation erlauben als dies in der Syntaxtheorie bis dahin berücksichtigt wurde. Dies lässt sich nicht nur am Beispiel der Distribution von Relativsatzstrategien im Alemannischen zeigen. Der folgende Abschnitt befasst sich daher abschließend mit der Einordnung von Optionalität zwischen grammatischen Varianten in die Syntaxtheorie. 5.7 Variation und Optionalität in der Syntax des Alemannischen Variation wurde bis in die 1990er Jahre in der Theorie der Generativen Grammatik über Variation im Lexikon erklärt. Prinzipien und Parameter bestimmen hingegen die Grammatik eines Sprechers. Im Sinne dieser generativen Sichtweise (Kroch 1994) bedeutet die Verfügbarkeit von zwei Varianten einer grammatischen Konstruktion, dass der Sprecher über zwei Grammatiken verfügt, oder wie Zuckerman (2001) vorgeschlagen hat, dass eine Variante in der Grammatik existiert, aber Sprecherurteile über andere Varianten durch familiär klingende, geographisch naheliegende Dialekte beein usst werden. In beiden Ansätzen wäre ein entsprechendes Parametersystem zur Spezi zierung der Variation innerhalb der Sprechergrammatik erforderlich. Die I-Language im eigentlichen Sinne erlaubt keine Variation und Optionalität (Barbiers 2005, 234). Das Konzept des mentalen Lexikons im Minimalistischen Programm (Chomsky 1995) umfasst Morpheme, die über Eigenschaften (Argumentstruktur oder morphosyntaktische Merkmale) verfügen, welche nicht durch strukturbildende Prinzipien abgeleitet werden können. Das Lexikon und Spell-Out-Optionen auf PF sind der Ort für sprachübergreifende Variation (Barbiers 2009, 1610). Das Studium mikrokomparativer Daten, Variation innerhalb einer Sprache und ihren Varianten hat gezeigt, dass Variation nicht nur auf morphosyntaktische Merkmalsunterschiede im Lexikon und phonologische Spell-Out-Optionen allein zurückzuführen ist. In Barbiers (2009) wird eine detaillierte Untersuchung mikrokomparativer Daten aus dem Syntaktischen Atlas der Niederländischen Dialekte (SAND) durchgeführt mit dem Ziel zu zeigen, wo syntaktische Variation verortet ist, wo Grenzen gezogen werden müssen und wie die Interaktion von morphosyntaktischer Spezi kation und Bewegung verläuft. Barbiers kann nach ausführlicher Analyse der niederländischen Dialekte bestätigen, dass eine Vielzahl der beobachteten Variationsphänomene - jedoch nicht alle - (vgl. dazu Barbiers 2009) tatsächlich auf morphosyntaktische Variation im Lexikon und Spell-Out-Varianten auf PF zurückgeführt werden kann. Die Grenzen syntaktischer Variation werden durch universelle syntaktische Prinzipien bestimmt. Variation bewegt sich demnach in einem begrenzten Raum, wobei die Grenzen durch folgende Bereiche festgelegt werden: i.) Variation im Lexikon, ii.) die Möglichkeit zu Teilkopien in Bewegungsoperationen sowie iii.) Spell-Out-Optionen. Weiterhin weist Barbiers darauf hin, dass eine strikte Trennung von Lexikon und Syntax nicht sinnvoll ist. Die Syntax beein usst Variation im Lexikon dahingehend, dass sie festlegt, wo lexikalische Variation endet und außergrammatische Faktoren für syntaktische Variation ursächlich sind (Barbiers 2009). Ein weiterer zentraler Punkt in der Beschreibung syntaktischer Variation ist die Beobachtung, dass Optionalität zwischen grammatischen Varianten eine inhärente Eigenschaft einer Sprechergrammatik und nicht durch die Theorie ausgeschlossen ist. In Barbiers (2005) wurde anhand von Variationsdaten des SAND-Projekts die Möglichkeit von Optionalität innerhalb des grammatischen Systems anhand der Variation von Drei-Verb-Clustern beschrieben. Die Frage der Optionalität von grammatischen Strukturen ist für diese Arbeit von besonderer Relevanz, da auch das Alemannische syntaktische Variation zeigt, die dem Charakter der Optionalität, wie sie in Barbiers (2005) und Barbiers (2009) für das Phänomen der Drei-Verb-Cluster in den Niederländischen Dialekten beschrieben wurde, entspricht: (385) dat Dass hij er moet 1 muss kunnen 2 können zwemmen 3 . schwimmen. ‚Dass er schwimmen können muss.‘ (Standard Niederländisch) (386) dat Dass er er de die doar Tür grien grün fervje 3 streichen kinne 2 können woe 1 . wollte. ‚Dass er die Tür hätte grün streichen wollen.‘ (Standard Friesisch) In den Belgischen und Niederländischen Dialekten sind fünf, manchmal sogar sechs Kombinationen der in (385) und (386) gezeigten Verbcluster möglich. Allein die Anordnung 2-1-3 ist systematisch ausgeschlossen. Einige der Kombinationen sind geographisch lokalisierbar und es gibt Sprecher, die bis zu vier Varianten akzeptieren, nicht immer erklärbar durch geographische Nähe, sondern tatsächlich durch sprecherinterne Variation. Unter den oben beschriebenen Möglichkeiten der generativen Grammatik und des Minimalistischen Programms würde die Datenlage darauf hindeuten, dass die Sprecher des Niederländischen teilweise über bis zu vier verschiedene Grammatiken verfügen müssten. Bezieht man den Ansatz der geographisch verwandten und familiär klingenden Dialekte von Zuckerman (2001) mit ein stellt sich die Frage, wie geographische Beziehungen bemessen werden. 5.7 Variation und Optionalität in der Syntax des Alemannischen 287 288 5 Variation als Partieller Spell-Out - ein neuer Ansatz Barbiers schlägt für die insgesamt fünf auftretenden Anordnungen eine syntaktische Derivation mit verschiedenen Spell-Out-Regeln vor (Barbiers 2009). 106 Barbiers’ zentrale These in diesem Papier ist, dass alle Sprecher des Niederländischen bezüglich dieses Phänomens über das gleiche grammatische System verfügen, welches alle attestierten Varianten generieren kann. In Abhängigkeit vom Input der jeweiligen Umgebung, in der sich der Sprecher hauptsächlich be ndet, gibt es dann Varianten, die anderen vorgezogen werden oder nicht. An dieser Stelle entspricht diese Sichtweise den in der generativen Grammatiktheorie getro enen Aussagen, dass die Universalgrammatik eine große Anzahl an Optionen bereitstellt, aus der im Spracherwerb ein restriktives Set entsprechend dem unmittelbaren Input entnommen wird. Grundsätzlich stellt sich jedoch die Frage, ob das Nicht-Vorkommen einer Variante automatisch impliziert, dass sie nicht existiert - eine Schlussfolgerung, die aus mehreren Gründen verneint werden kann. Aus der Korpuslinguistik ist bereits bekannt, dass aus niedrig-frequenten oder nicht vorhandenen Konstruktionen in einem Korpus nicht auf deren grammatische Existenz und deren Status geschlossen werden kann. Ähnlich kann man dies auch auf einen Korpus von dialektalen Sprachdaten, hier insbesondere der Relativsatzstrategien, übertragen. Grundsätzlich sind alle Relativsatzstrategien durch die Grammatikstruktur vorhersagbar. Die Datenerhebung von SynAlm und des SADS konnte zeigen, dass es darüber hinaus - anders als zuvor beschrieben - Belege für alle Relativsatzstrategien über das gesamte Erhebungsgebiet gibt. Die Frequenz einer Variante kann dabei je nach Region unterschiedlich sein. Diese Unterschiede werden durch extralinguistische Faktoren bestimmt, einige davon wurden für Alemannisch z. B. in den Abschnitten zur Dativrealisierung beschrieben. Das Phänomen der Optionalität und die Vereinbarkeit dieses Konzepts mit den Vorhersagen der Generativen Grammatik wird oftmals als konträr beschrieben. Salzmann und Seiler (2010) beispielsweise argumentieren für die Nicht-Vereinbarkeit von Optionalität mit den Prinzipien des Minimalistischen Programms. Die nun folgende Gegenüberstellung und Diskussion soll zeigen, welchen Beitrag die empirische Untersuchung großächiger, dialektaler Daten zu dieser Diskussion beigetragen hat und welche Schlussfolgerungen im Hinblick auf das Modell der mentalen Grammatik des Minimalistischen Programms gezogen werden können. Salzmann und Seiler (2010) sprechen sich gegen den Ansatz von Barbiers (2005) und Barbiers (2009) aus, der parallel existierende Varianten in der internen Grammatik von Sprechern für möglich hält. Barbiers Analyse widerspricht danach grundlegenden Prinzipien, nach denen eine interne Grammatik durch die Interaktion von linguistischem 106 In Barbiers (2005) wurde zunächst davon ausgegangen, VP-Bewegung sei optional, in Barbiers (2009) wird die Reihenfolge über Spell-Out-Regeln in der Basisbzw. der Landeposition gelöst (vgl. auch (Salzmann und Seiler 2010, 101)). Input und universellen Prinzipien bestimmt ist (Salzmann und Seiler 2010, 102). Nur diejenigen Varianten, die durch den Input erlernt werden, sind Teil der internen Grammatik und die Varianten stehen nicht in Verbindung zu extralinguistischen Faktoren wie Barbiers (2005) es zeigt. Eine Befragung von Sprechern, so Salzmann und Seiler, zeigt auf, welche internen Strukturen in einer Grammatik vorliegen, Ablehnung oder auch Nicht- Existenz von Konstruktionen bedeutet daher, die Grammatik des Sprechers kann diese nicht generieren. Grundsätzlich ist dieser These natürlich zuzustimmen, doch wirft die Variationsforschung hier ganz neue Aspekte in die Diskussion ein und zeigt auf, dass es hier auch eine andere Sichtweise geben kann. Insofern können der Schlussfolgerung von Salzmann und Seiler (2010) Ergebnisse der Sprecherbefragungen von SynAlm, SAND, aber auch des SADS gegenübergestellt werden. Durch die Variation mit unterschiedlichen Fragemethoden lässt sich di erenziert zeigen, dass Ablehnung, bzw. Nicht-Angabe einer bestimmten Variante nicht bedeutet, dass diese durch die Grammatik nicht generiert werden kann oder im passiven Wissen über die eigene Varietät und die Varietäten anderer nicht doch vorhanden ist. Das Bewertungsverhalten der Informanten zeigt deutlich, dass es bestimmte Varianten gibt, die sofort genannt werden und für die es eindeutige Präferenzen gibt (und hierfür sind sicherlich extralinguistische Gründe ursächlich). Allerdings wurden Strukturen, die nach Salzmann und Seiler (2010) als nicht von der Grammatik generierbar eingeordnet werden, ebenfalls als Alternative gewählt, wenn diese vorgegeben wurde. Dies zeigt, dass es für einige syntaktische Strukturen eine gewisse Variationsbreite zu geben scheint. Nicht-Nennung ist keinesfalls gleichbedeutend mit nicht-existent. Selbst Salzmann und Seiler stellen fest, dass es bezüglich Dativresumptivpronomen starke Variation, sogar innerhalb der Grammatik eines individuellen Sprechers gibt. “[...] We refrain from adopting the unrealized-ungrammatical distinction and will instead continue to assume that such cases of inter-speaker variation represent di erent grammatical systems and are therefore to be accounted for by linguistic theory even if this leads to a rather complicated distribution” (Salzmann und Seiler 2010, 102 - 103). Salzmann und Seiler (2010) kritisieren die These von Barbiers zur Existenz „unrealisierter“ Varianten. Zwar sei dies nicht unplausibel, aber empirisch schwer zu unterscheiden und damit bestehe die Gefahr, dass ein Teil der Variationsphänomene ausschließlich auf externe linguistische Faktoren zurückzuführen sei. Auch Barbiers (2009) sieht eine Gefahr darin, Variationsphänomene in der Grammatik auf diese Analyse zu reduzieren. In Barbiers (2005) und Barbiers (2009) wird jedoch ebenfalls eindeutig gezeigt, dass Konstruktionen in nicht-standardisierten Sprachen den Vorhersagen und Prinzipien des Minimalistischen Programms folgen. Die Befragung 5.7 Variation und Optionalität in der Syntax des Alemannischen 289 290 5 Variation als Partieller Spell-Out - ein neuer Ansatz von Dialektsprechern und damit die Erforschung von Variationsräumen hat vielmehr hervorgebracht, dass bestimmte Bereiche der Syntax einen breiten Variationsraum und damit Optionalität zulassen, dies aber nicht im Widerspruch zu den Vorhersagen der generativen Grammatik steht, sondern Optionalität eine inhärente Eigenschaft des grammatischen Systems ist. Im Kontext der Relativsatzkonstruktionen nennen Salzmann und Seiler (2010) weitere Argumente gegen Optionalität und Spell-Out-Optionen. So werden Relativsätze mit Partikel und Lücke vornehmlich in Abhängigkeit semantischer Eigenschaften des Kopfnomens und in Matching-Kontexten gewählt. Auch Frequenzunterschiede bezüglich des Auftretens verschiedener Varianten werden auf verschiedene zugrunde liegende grammatische Strukturen zurückgeführt. Resumptive werden im Westen der Schweiz häu ger verwendet als im Osten, vielerorts gibt es aber Variation zwischen beiden Strategien (Lücke und Resumptiv). Die SynAlm-Befragung konnte jedoch zeigen, dass semantische Eigenschaften des Kopfnomens die Wahl der Strategie nicht beein ussen. Die Daten der schweizer Informanten waren in dieser Hinsicht besonders konsistent. Auch die Distribution von Resumptivpronomen entspricht geographisch nicht der Beschreibung von Salzmann und Seiler. In Barbiers (2009, 1622) wird zur Unterscheidung ungrammtisch/ unrealisiert Folgendes gesagt: “ If the distinction between ungrammatical and unrealized structures is real, then many ungrammaticality claims in the literature may have to be reconsidered, and this may have important consequences for syntactic theory. It should be clear that this distinction should only be applied with some con dence if we know the full range of variants of a construction. Analyses based on single varieties are much more likely to confuse grammatical necessity with the accidental structure found in a single variety. ” Am Beispiel der Syntax von Relativsatzstrategien konnte gezeigt werden, dass es sich auch im Alemannischen nicht um ein zufällig auftretendes Phänomen, sondern um eine systematische Erscheinung handelt da, a) die SynAlm-Befragung eine breite Datenbasis zur Existenz von Optionalität zwischen verschiedenen Relativsatzstrategien liefert. Die Strategien wurden unter Einbeziehung verschiedenster Variablen auf ihr Vorkommen, ihre Frequenz und ihre Grammatikalität überprüft. Alle Strategien, wenn auch mit unterschiedlicher Frequenz, sind in jeder Region attestiert. b) die Distribution der Relativsatzstrategien sich zudem mit diachronen Datenbefunden deckt. In Kapitel 2 wurde am Beispiel der geogra schen Distribution der Relativsatzstrategien bei Relativierung eines Dativobjektes gezeigt, dass die Ergebnisse über alle Befragten zwar eine Präferenz für eine Strategie zeigen, aber für alle Alternativstrategien ebenfalls Belege in allen Regionen des Erhebungsgebiets attestiert werden können. Insbesondere in den Daten der Regionen Baden-Württembergs und Vorarlbergs wird deutlich, dass die Präferenz für eine Strategie jeweils nur minimal ist. Auch in der Schweiz wurden Belege für d -Relativpronomen gefunden, wenngleich diese in deutlich geringerem Umfang, aber keinesfalls regional eingeschränkt zu nden sind. Weitere Evidenz für Optionalität zeigt auch eine Analyse der sprecherinternen Bewertungsmuster, im Folgenden dargestellt am Beispiel der Informanten aus BW und CH. Das Verteilungsmuster der jeweiligen Strategie auf den einzelnen Sprecher bezogen zeigt, dass die d -Pronomen-Strategie sowie die d+w -Strategie in der Schweiz vorkommen. Der Anteil der Fragen, in denen die d -Pronomen-Strategie verwendet wird, ist bei der Mehrzahl der Informanten in der Schweiz sehr gering. Bei einer kleinen Anzahl an Informanten ndet sich auch eine häu ge Verwendung von d -Pronomen. Das Bild für die d+w -Strategie ist nahezu identisch. Die Partikelstrategie zeigt ein gegensätzliches Verteilungsbild. Der Anteil der Fragen, in denen die Partikelstrategie verwendet wird, ist bei der Mehrzahl der Informanten in der Schweiz sehr hoch. Sie wird von vielen Sprechern sehr oft verwendet. 5.7 Variation und Optionalität in der Syntax des Alemannischen 291 292 5 Variation als Partieller Spell-Out - ein neuer Ansatz Abbildung 94: CH Anteil Sprecher In Baden-Württemberg zeigt die Analyse der individuellen Sprecherurteile das folgende Bild: Abbildung 95: BW Anteil Sprecher Die nach hinten ansteigende Linie zeigt erneut, dass es nur wenige Sprecher gibt, die die untersuchte Strategie sehr oft oder immer verwenden. Insgesamt ist der Anteil der Fragen, bei denen die jeweilige Strategie Anwendung ndet jedoch höher als bei den Informanten in der Schweiz und es gibt keine deutliche Umkehrung der Anteile bei der Partikelstrategie. 5.7 Variation und Optionalität in der Syntax des Alemannischen 293 294 5 Variation als Partieller Spell-Out - ein neuer Ansatz Die Abbildungen (96) und (97) fassen die oben beschriebenen Einzeldarstellungen zusammen. Auf der horizontalen Ebene (X-Achse) be nden sich die Bewertungen unterschiedlicher Informanten und auf der vertikalen Ebene (Y-Achse) die Bewertungsmuster individueller Sprecher: Abbildung 96: BW Anteil Sprecher Abbildung 97: BW Anteil Sprecher Die Optionalität zwischen den Strategien wird in dieser Darstellung deutlich sichtbar. Abbildung 98: CH Anteil Sprecher Insgesamt zeigt die Auswertung der sprecherinternen Bewertungsmuster nochmals deutlicher als die Gesamtauswertung der insgesamt abgegebenen Urteile pro Frage, dass es keine Sprecher gibt, die eine Strategie ausschließlich verwenden. Jeder Sprecher verwendet mindestens eine weitere wenn nicht sogar eine dritte Strategie. In den hier zum Vergleich herangezogenen Regionen können erneut zwei zuvor beschriebene Beobachtungen nachgewiesen werden: i. Die Grammatik der individuellen Sprecher erlaubt nicht nur mehrere Strategien, diese sind auch tatsächlich attestiert ii. Optionalität zwischen den drei Strategien Durch die Annahme von Optionalität besteht die Gefahr fehlerhafte Vorhersagen über die Variationsdaten zu tre en. Die SynAlm-Befragung hat das Phänomen der Relativsatzstrategien jedoch ausführlich untersucht und in einer groß ächigen Befragung die wichtigsten Variablen empirisch getestet. Es kann aufgrund der Datenlage ein „Gesamtbild“ aller existierenden Varianten erstellt werden, für die Optionalität die richtigen Vorhersagen macht. Einen weiteren Aspekt zur Analyse mikrokomparativer Daten und deren Ein uss auf die Interpretation bestehender Theorieaufassungen innerhalb der generativen Grammatik zeigt auch Poletto (2013) mit dem Konzept der sogenannten „Leopard-Spots“. Sie verdeutlicht damit, inwiefern die Erforschung dialektaler Variation neue Forschungsfragen im Hinblick auf diachrone Sprachentwicklung und Spracherwerb und damit Sprachwandel hervorbringen kann. 5.7 Variation und Optionalität in der Syntax des Alemannischen 295 296 5 Variation als Partieller Spell-Out - ein neuer Ansatz Der Begri „Leopard-Spots“ beschreibt die Tatsache, dass sich Variationsphänomene nicht immer ausschließlich über benachbarte Varianten verteilen, sondern „gescattert“ über ein bestimmtes Gebiet hinweg auftreten. Die Darstellung eines solchen Phänomens auf einer Karte würde dann ein ungleichmäßiges Bild der geographischen Distribution einer Variante ergeben. Poletto untersucht dies am Beispiel von W -Interrogativsätzen, die im Mittelitalienischen Subjekt-Verb-Inversion und Subjekt-Klitik-Inversion zeigten. Ein Phänomen, das bis heute in den Dialekten zu nden ist, allerdings durch verschiedene Varianten realisiert wird: (387) Cossa Was fa-lo? macht-er? (Paduan) Beispiel (388) zeigt, dass andere Dialekte bereits Alternativstrategien wie Cleft-Strukturen entwickelt haben: (388) Cossa Was ze ist che dass el er fa? tut (Venetianisch) Was macht er? Eine weitere Strategie ist, einen Komplementierer nach dem W -Wort zu realisieren: (389) Cossa Was che dass el er fa? macht (Portogruaro) Und wieder andere Dialekte haben eine in-situ-Strategie: (390) Falo Macht.er che? was? (Bellunese) ‚Was macht er? ‘ Alle diese Dialekte gehören zum gleichen Sprachgebiet (Veneto), in dem es insgesamt vier Strategien zur Bildung von W -Interrogativsätzen gibt, allerdings in nicht einheitlicher geographischer Distribution. Alle Dialekte teilen die Eigenschaft, dass sie die ursprüngliche Subjekt-Klitik-Inversion aufgegeben haben, wenngleich dies jeweils auf unterschiedliche Weise zustande gekommen ist. Weiterhin kann gezeigt werden, dass der Wandel nicht durch Standarditalienisch beein usst wurde, da dort keine der Varianten existiert. Auch durch das Französische kann der Wandel nicht beein usst worden sein, da es keinen geographischen Kontakt in den norditalienischen Dialekten gegeben hat. Der Wandel muss folglich unabhängig von Ein üssen verlaufen sein, alleine durch die funktionalen Merkmale der lexikalischen Elemente (Poletto 2013, 168). Ursächlich für die inhomogene Distribution bestimmter Varianten sind Eigenschaften des funktionalen Lexikons und damit einhergehende diachrone Grammatikalisierungsprozesse, die nicht ausschließlich nach den bekannten Mustern (syntaktischer und semantischer Informationsverlust von lexikalischen Ausdrücken) verlaufen (Poletto 2013, 169). So bleiben funktionale Eigenschaften lexikalischer Ausdrücke erhalten, was in der Breite dazu führt, dass das funktionale Lexikon über mehrere gleichwertige Varianten verfügt, auf die Sprecher zurückgreifen können. Es gilt daher auch zu erforschen, welche grundlegenden funktionalen Eigenschaften lexikalische Elemente diachron erhalten haben und damit die klassische Grammatikalisierungsforschung zu ergänzen. Ein weiteres Beispiel in diesem Zusammenhang wäre auch das Zimbrische (ital. Cimbro), ein oberdeutscher Dialekt (südbairischen und tiroler Ursprungs), der in Sprachinseln Norditaliens gesprochen wurde. Heute ndet man ihn ausschließlich in Luserna und im Fersental (Trentino): Die Sprecher dieses Dialekts verwenden ebenfalls eine Partikelstrategie mit wo , das im Zimbrischen bo ist (Grewendorf und Poletto 2005): (391) di die mannen, Männer bo-da wo-da arbatn arbeiten in im balt Wald soin sind tschelln Freunde von von Mario. Mario. ‚Die Männer, die da im Wald arbeiten, sind Freunde von Mario. ‘ (392) ’z Das proat, Brot bo-da wo-*(da) hatt hat gekhoaft gekauft der der nano. Großvater. ‚Das Brot, das der Großvater gekauft hat.‘ (393) die Die turtn, Torte bo-*da wo-*da se sie macht macht soin so guat. gut. ‚Die Torte, die sie so gut macht.‘ (394) S Die Beibe Frau bo-da-r-en wo-da-er-ihr hat hat geet gegeben an ein Liber. Buch. ‚Die Frau, der er ein Buch gegeben hat.‘ Das Zimbrische geht letztlich auf das späte Althochdeutsche zurück. Im Althochdeutschen sind zwar ebenfalls bereits Relativsatzstrategien mit Partikelstrategie attestiert, jedoch ndet man hier noch nicht den RSE wo . Im Zimbrischen hat sich folglich die Partikelstrategie mit wo in Isolation parallel zu den heutigen oberdeutschen Dialekten entwickelt. Zwar verfügt das Italienische ebenfalls über eine Komplementiererstrategie, allerdings bilden hier W -Wörter wie was den diachronen Ursprung der Strategie und stellen heutzutage auch gleichzeitig den Standardkomplementierer dass . Auch diese Strategie ist im zimbrischen Relativsatz zu nden. Eine ausführliche Analyse zu Relativsatzstrategien des Zimbrischen ndet sich in (Bidese et al. 2012). 5.7 Variation und Optionalität in der Syntax des Alemannischen 297 298 5 Variation als Partieller Spell-Out - ein neuer Ansatz Zimbrisch verwendet wo als Relativsatzeinleiter. Auch die Strategie wo + da ist hier attestiert. Die Partikelstrategie mit wo hat sich hier, ähnlich wie die Strategien der W -Interrogativsätze in den norditalienischen Dialekten, ohne den Ein uss anderer Sprachen entwickelt, was die Aspekte der Grammatikalisierung funktionaler lexikalischer Elemente, die Poletto (2013) beschreibt, ebenfalls unterstützt. Es zeigt darüber hinaus, dass dialektale und typologische Variation nicht getrennt voneinander betrachtet werden können, da es sich hier bei den betro enen Elementen immer um die Entsprechungen funktionaler Elemente in den jeweiligen Sprachen handelt. Dies wurde bereits in Kapitel 1 dieser Arbeit mit einem typologischen Überblick zu Relativsatzstrategien in den Sprachen der Welt gezeigt, anhand dessen bereits deutlich wurde, dass sich die gleichen grammatischen Phänomene und Sprachwandel- und Grammatikalisierungsprozesse weit über verwandte Sprachfamilien hinaus zeigen lassen. Dies setzt sich auch in der Analyse der synchronen und diachronen Datenlage des Alemannischen fort (vgl. dazu Kapitel 3). Hier nden sich ebenfalls Belege für die von Poletto (2013) aufgezeigten Parallelen, dass es in allen Sprachstufen Pronomen- und Partikelstrategien gab. Die Partikelwörter unterscheiden sich dabei hinsichtlich ihres etymologischen Ursprungs, dennoch scheinen sie bezüglich ihrer funktionalen Merkmale so ähnlich zu sein, dass sie die gleichen Funktionen als Einleiter eines Relativsatzes ausfüllen können (vgl. zu diesem Aspekt auch Brandner und Bräuning 2013). 6 Schlussfolgerungen Das Ziel dieser Arbeit war es, einen umfassenden Überblick zu den Relativsatzstrategien des alemannischen Sprachraumes zu geben und die morphosyntaktische Variation innerhalb des Alemannischen systematisch zu erfassen und syntaktisch zu beschreiben. Die empirische Grundlage für dieses Vorhaben bildet eine großräumige Befragung von Dialektsprechern des gesamten alemannischen Sprachraumes, die in Kapitel 2 ausführlich dargestellt wurde. Ziel der Erhebung war es, eine umfassende Datengrundlage zu allen morphosyntaktischen und semantischen Variablen der im Alemannischen attestierten Relativsatzkonstruktionen zu erhalten. Die Erhebung hat gezeigt, dass im Alemannischen eine Partikel- und eine Pronomenstrategie als Primärstrategie zur Relativsatzbildung belegt ist. Die Partikelstrategie mit dem Relativsatzeinleiter wo appliziert auf den Positionen SU>DO>IO, die Pronomenstrategie mit d -Relativpronomen gilt für alle Positionen der Zugänglichkeitshierarchie SU>DO>IO>OBL. Die Erhebung konnte ebenfalls zeigen, dass es im Alemannischen zwei weitere Sekundärstrategien gibt. Die d+w -Strategie ist durch die Grammatik erlaubt und wird auch von den Sprechern als mögliche Variante sehr gut akzeptiert. Eine weitere Sekundärstrategie bildet die Strategie aus Partikel und Resumptivpronomen. In den Regionen Baden-Württemberg und Vorarlberg kann sie fast vollständig ausgeschlossen werden, in den schweizer Varianten wird sie jedoch akzeptiert und in Abhängigkeit von der relativierten Position auch aktiv verwendet. Beide Sekundärstrategien nden dann Anwendung, wenn obliquer Kasus overt ausgedruckt werden muss. Die Funktionalität von d -Relativpronomen und Resumptivpronomen scheint daher diesbezüglich identisch zu sein. Beide Strategien setzen genau dann ein, wenn es nach Keenan und Comrie (1977) erwartbar ist. Die Datenerhebung hat darüber hinaus gezeigt, dass die Wahl der Relativsatzstrategie fast ausnahmslos durch die grammatische Rolle der relativsatzinternen Lücke bestimmt ist. Weder semantische Eigenschaften des Antezedenten im Matrixsatz (Kopfnominal) noch die semantische Funktion des Relativsatzes selbst (appositiv/ restriktiv) haben einen Ein uss auf die Wahl der Relativsatzstrategie und damit des Relativsatzeinleiters. Die SynAlm-Befragung konnte weiterhin zeigen, dass die d+w -Strategie bis auf wenige Belege nicht in Produktionsdaten erscheint und damit neue Erkenntnisse zum Status dieser Variante liefern. Dies gilt auch für das Auftreten von resumptiven Pronomen, die weitaus seltener als in der Literatur beschrieben zu Kasusrekonstruktion (in erster Linie bei Relativierung obliquer Positionen) auftreten. In Kapitel 3 wurden diese Aspekte nochmals ausführlich unter der Einbeziehung typologischer Kategorisierungen wie die Vorhersagen der Zugänglichkeitshierarchie nach Keenan und Comrie (1977) eingeordnet und interpretiert. Das Kapitel widmet sich ausführlich der Analyse von resumptiven Pronomen und deren Funktion in Relativsätzen. Der Schwerpunkt der Betrachtung liegt dabei auf einem zentralen Ergebnis der SynAlm- Befragung, die gezeigt hat, dass resumptive Pronomen bei Relativierung der IO-Position nicht obligatorisch sind und dass die Partikelstrategie mit wo , eine − Kasus-Strategie, von den Informanten der Befragung präferiert wird. Das Kapitel zeigt darüber hinaus, dass sich Parallelen der synchronen Datenlage des Alemannischen, die geprägt ist durch ein hohes Maß an Variation, in gleicher Weise auch in diachronen Sprachstufen wieder nden. So konnte gezeigt werden, dass es in allen Sprachstufen Pronomen- und Partikelstrategien gab. Die Partikelwörter unterscheiden sich hinsichtlich ihres etymologischen Ursprungs, dennoch scheinen sie bezüglich ihrer funktionalen Merkmale so ähnlich zu sein, dass sie die gleichen Funktionen als Einleiter eines Relativsatzes ausfüllen können (vgl. zu diesem Aspekt auch Brandner und Bräuning 2013). Die Kapitel 4 und 5 befassen sich mit der zugrunde liegenden Syntax der Primär- und Sekundärstrategien des Alemannischen. In Kapitel 4 wird zunächst die semantische Funktion von Relativsätzen, eine Modi kation oder eine Restriktion des Antezendens im Matrixsatz, im Hinblick auf die im Alemannischen erhobenen Daten untersucht. Die appositive oder restriktive Funktion eines Relativsatzes beinhaltet verschiedene strukturelle Unterschiede, die sich insbesondere durch eine unterschiedliche syntaktische Anbindung des Relativsatzes an den Antezedenten - entweder das Kopfnomen oder eine andere phrasale Kategorie - zeigen. Relativsatzintern unterscheiden sich appositive und restriktive Relativsätze im Standarddeutschen und besonders im Alemannischen nicht. Die Wahl der Strategie und damit die Wahl des Relativsatzeinleiters wird nicht durch die semantische Funktion des Relativsatzes und damit auch nicht durch die Eigenschaften seines nominalen Kopfes beein usst. Die semantische Interpretation des nominalen Kopfes, in Abhängigkeit von den Selektionsbedingungen starker und schwacher Determination bedarf weiterer Forschung. SynAlm und die vorliegende Arbeit versuchen hier einen ersten Beitrag zu leisten. Die morphologischen Formen des alemannischen Artikelparadigmas sowie deren syntaktische und semantische Funktion (vgl. Studler 2008) bringen ein hohes Maß an Komplexität in die Struktur, das sich in der Datenerhebung nur schwer kontrollieren lässt. Weitere Forschung muss dies zukünftig berücksichtigen. Der Zweite Teil von Kapitel 4 befasst sich mit syntaktischen Fragestellungen, die in der Literatur zur Syntax von Relativsatzstrategien diskutiert und im Hinblick auf die zugrunde liegende Syntax der alemannischen Daten überprüft wurden. Im zweiten Teil von Kapitel 4 wird das syntaktische Verhalten der Primärstrategien (Relativsatzeinleiter = Partikel oder d -Relativpronomen) im Bezug auf Lokalitäts- und Rekonstruktionse ekte getestet. Beide Aspekte werden in der Literatur im Hinblick auf die zugrunde liegende syntaktische Struktur von Relativsätzen diskutiert. Die Diskussion der Daten aus Salzmann (2006b) und der SynAlm-Erhebung hat gezeigt, dass 300 6 Schlussfolgerungen Lokalitätse ekte als Diagnostik für zugrunde liegende A’-Bewegung für die alemannischen Relativsatzstrategien kein eindeutiges Ergebnis zeigen. Insbesondere im Hinblick auf die Funktion von resumptiven Pronomen und ihr syntaktisches Verhalten stellen sie kein Werkzeug für eine klare Diagnostik dar. In Relativsätzen mit Pronomen oder Partikelstrategie und einer Lücke zeigen die Daten eindeutig Sensitivität für Lokalitätse ekte. Es konnte jedoch nicht vollständig und systematisch dargestellt werden, dass auch in Anwesenheit eines Resumptivpronomens, das in der Position der Lücke ausbuchstabiert wird, ebenfalls ein Operator bewegt wurde. Rekonstruktionse ekte deuten in der Regel eindeutig darauf hin, dass Bewegung eines Elements stattgefunden haben muss. Rekonstruktion ndet auch in alemannischen Relativsätzen statt. Der Kopf oder zumindest seine Merkmale müssen also relativsatzintern repräsentiert sein. In Kapitel 5 wird schließlich eine syntaktische Analyse für die alemannischen Relativsatzstrategien präsentiert. Die relativsatzinterne Syntax leitet sich danach über eine Struktur mit A’-Bewegung eines Operators ab. Alle Primär- und Sekundärstrategien lassen sich in der Folge durch unterschiedliche postsyntaktische Spell-Out-Optionen ableiten. In 395 wird dies nochmals am Beispiel eines durch wo eingeleiteten Relativsatzes gezeigt: (395) DP DP CP [ S[ Telefo] ] Spec CP C’ DP C 0 TP [ [ OP[ Sg/ Neut; NOM[ i]]]] wo T 0 vP [ [ OP[ Sg/ Neut; NOM[ i]]]] Das Kopfnominal ist extern im Matrixsatz basisgeneriert, aber in Form einer elliptischen NP-Projektion als Komplement eines d -Relativpronomens relativsatzintern repräsentiert. In Abhängigkeit des Spell-Outs in der CP-Projektion bestimmen postsyntaktische Spell-Out-Optionen, welche Teile der internen Kopie der DP nach der Operatorbewegung gelöscht oder ausbuchstabiert werden, um die entsprechende Variable für den Operator zu erhalten. Die hier vorgeschlagene Analyse kann zeigen, dass es möglich ist, mit einer zugrunde liegenden grammatischen Struktur die Variation im alemannischen Sprachraum zu erfassen. Die grammatische Struktur der Sprecher erlaubt alle vier Varianten, die 6 Schlussfolgerungen 301 302 6 Schlussfolgerungen die SynAlm-Befragung im gesamten Sprachgebiet feststellen konnte. Die Optionalität, die zumindest in Teilen zwischen den Strategien besteht und sich erstmals durch die SynAlm-Daten zeigen lässt, kann so als Teil der Sprechergrammatik dargestellt werden. Literatur Abney, S. (1987). The English noun phrase in its sentential aspect . Doktorarbeit, Massachusetts Institute of Technology, Cambridge, MA. Adger, D. und Ramchand, G. (2005). Merge and move: Wh-dependencies revisited. Linguistic Inquiry , 36(2): 161-193. Alexiadou, A., Law, P., Meinunger, A., und Wilder, C. (2000). The syntax of relative clauses . John Benjamins, Amsterdam. Aoun, J. und Li, Y.-h. A. (2003). Theory on the representational and derivational nature of grammar. The diversity of wh-conconstructions . MIT Press, Cambridge, MA. Arfarli, T. A. (1994). 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Doch zuvor möchte ich Ihnen kurz sagen, worum es geht: An der Universität Konstanz gibt es seit Ende 2011 ein Forschungsprojekt zum Satzbau im Dialekt. Dialekte unterscheiden sich in vielen Bereichen vom Schriftdeutschen (Aussprache, Wörter, Wortstellung) - sie sind aber auf keinen Fall ‚schlechteres Deutsch’ oder gar ‚falsches Deutsch’! Dialekte sind natürliche Sprachen mit ihren eigenen grammatischen Regeln, die sich vom Schriftdeutschen unterscheiden so wie sich Deutsch z.B. von Englisch unterscheidet. Nur gibt es keinen verbindlichen Grammatik-Duden über einen Dialekt. Das ist auch gut so, denn in Dialekten finden sich oft noch Konstruktionen, die im Schriftdeutschen längst verschwunden sind. Andererseits wandeln sich Dialekte schneller als eine Schriftsprache und die genaue Kenntnis darüber kann uns wertvolle Hinweise darauf liefern, wie menschliche Sprachen generell aufgebaut sind. Wir wollen deshalb ein möglichst genaues Bild von der Grammatik der Dialekte Süddeutschlands, der deutschsprachigen Schweiz, Vorarlberg und dem Elsass bekommen. Dieser Bogen wird flächendeckend in gleicher Form an Orte aus diesen Gebieten verschickt, damit wir die Sätze und Bewertungen systematisch vergleichen können. Und nun sind wir also auf Ihre Mithilfe angewiesen. Sie als Dialektsprecherin/ Dialektsprecher sind die Einzigen, die die Fragen beantworten können, die uns interessieren und die die Forschung in diesem Bereich weiterbringen können! 322 7 Anhang 2 SYNALM_FB_2_BA Im Folgenden erhalten Sie einige Hinweise zum Ausfüllen des Fragebogens. Für die Informanten aus der Schweiz: Es kann sehr gut sein, dass Sie schon als Informant für ein früheres Projekt unter der Leitung von Prof. Dr. Elvira Glaser (Universität Zürich) befragt wurden. Die jetzige Befragung geschieht in Abstimmung mit Frau Glaser; es handelt sich also um eine Fortführung der damaligen Untersuchung, nur dass nun der gesamte süddeutsche Sprachraum, die Gebiete Vorarlberg und Elsass ebenfalls befragt werden sollen. Hinweise zum Ausfüllen des Fragebogens Lassen Sie sich bitte nicht durch die Schreibweise irritieren. Da wir ein großes Gebiet abdecken ist es wahrscheinlich, dass die Aussprache, die wir aufgeschrieben haben, von der in Ihrem Dialekt abweicht. Am besten, Sie sprechen sich den Satz mit Ihrer Aussprache laut vor und bewerten ihn dann. Im Fragebogen finden Sie jeweils die kurze Beschreibung einer Situation und dann einen Satz in mehreren Varianten. Von diesen Varianten sollen Sie jeweils die ankreuzen, die in Ihrem Dialekt möglich ist (oder eben nicht). Dabei kann es auch durchaus mehrere Möglichkeiten geben. Bei anderen Fragen können Sie den Satz wie auf einer Skala bewerten; Wichtig dabei: Es geht um die Version in Ihrem Dialekt und nicht darum, was im Schriftdeutschen oder in anderen Dialekten gut wäre. Sie haben darüber hinaus bei jedem Satz die Gelegenheit noch eine eigene Variante aufzuschreiben, falls Sie denken, dass keine der Versionen für Ihren Dialekt zutrifft. Bitte verändern Sie die vorgegebenen Sätze nicht, sondern nützen Sie für Ihre Anmerkungen die dafür vorgesehenen Felder. Sie können sich ruhig Zeit lassen! Sie können Pausen machen so viel Sie wollen. Sie können auch einzelne Fragen zunächst überspringen und an einem anderen Tag weitermachen. Es geht hier nicht um Schnelligkeit sondern um Ihr eigenes Sprachgefühl. Wenn Sie den Bogen dann ausgefüllt haben, schicken Sie ihn bitte in dem mitgelieferten Umschlag an die Universität Konstanz zurück. Bitte geben Sie auch auf der nächsten Seite an, ob Sie bereit wären, an weiteren Umfragen teilzunehmen. Aus organisatorischen Gründen möchten wir Sie bitten, den Bogen (wenn es geht) ca. 6 Wochen nach Erhalt zurückzuschicken. Herzlichst, 7 Anhang 323 3 SYNALM_FB_2_BA Wir benötigen ein paar Angaben zu Ihrer Person (nur zu wissenschaftlichen Zwecken): Name__________________ Geburtsort____________________ Geburtsjahr_____________ Wohnort______________________ (falls anders als Geburtsort) Haben Sie für längere Zeit außerhalb Ihres Wohnortes gelebt? Wenn ja, wo und wie lange? ____________________________________________________________________ Wo ist Ihre Mutter aufgewachsen (PLZ/ Ort)? _________________________________________ Wo ist Ihr Vater aufgewachsen (PLZ/ Ort)? _________________________________________ Wie gut sprechen Sie (Ihrer Einschätzung nach) selbst den Dialekt Ihres Wohnortes? sehr gut O O O O O O gar nicht Wie häufig sprechen Sie den Dialekt Ihres Wohnortes? immer O O O O O O nie Freiwillige Angaben: Schulabschluss: ___________________________________________ Ausbildung: ______________________________________________ Zur Zeit ausgeübter Beruf: __________________________________ Ich bin bereit, an weiteren Befragungen teilzunehmen ja O nein O Allein zum Zwecke weiterer wissenschaftlicher Befragungen bitten wir Sie, Ihre Adressdaten zu hinterlassen, damit wir Sie erneut kontaktieren können: Telefon: ______________________________________________ Postanschrift: __________________________________________ E-Mail: _______________________________________________ 324 7 Anhang 4 SYNALM_FB_2_BA Bei den letzten (und auch schon früheren) Erhebungen wurden von einigen Sprechern die nun folgenden Sätze genannt. Wir möchten gerne herausfinden, wo man diese Konstruktionen sonst noch kennt. Da diese Sätze aus ganz unterschiedlichen "Ecken" unseres Untersuchungsgebietes kamen, haben wir uns entschlossen, sie nicht in den jeweils speziellen Dialektvarianten zu geben, sondern einfach 'allgemein süddeutsch'. Es kommt uns auch hauptsächlich auf die fettgedruckten Wörter an. Falls Sie noch ganz andere Varianten zu diesen Wörtern kennen oder zum Beispiel wissen, bis wann etwa die Konstruktionen benutzt wurden, können Sie diese unter "Anmerkungen" notieren. 1. Bitte kreuzen Sie an, ob Sie die folgenden Sätze…  → selbst so sagen würden  → sie Ihnen bekannt sind, z.B. wenn sie von anderen Personen (Ihren Großeltern, Bekannten) so geäußert wurden/ werden. Sie selbst würden sie aber so nicht (mehr) sagen  → Sie diese noch nie gehört oder verwendet haben sage ich selbst ist mir bekannt noch nie gehört 1.1 ...die isch etz scho größer denn ich 1.2 …die isch etz scho größer weder denn dass ich 1.3 …die isch etz scho größer ass ich Anmerkungen: ______________________________________________________________________________________________________ ______________________________________________________________________________________________________________________ sage ich selbst ist mir bekannt noch nie gehört 1.4. Der Bue, was in Deggingen wohnt… 1.5. Der Bue, wer in Deggingen wohnt… 1.6 Des Huus, wie mo etzt kaufe ka… 1.7 Des Mädle, so in Deggingen wohnt… 1.8 Des Huus, so mo etzt kaufe ka… 1.9 Des Messer wo ich Brot mit abegschnitte ha… 1.10 Der Streit, als se mitenand hond/ händ… 1.11 Der Streit, ass se mitenand hond/ händ … Anmerkungen: ______________________________________________________________________________________________________ ______________________________________________________________________________________________________________________ 7 Anhang 325 5 SYNALM_FB_2_BA sage ich selbst ist mir bekannt noch nie gehört 1.12 Der Film, der da geschtern g'loffe isch, isch guet gsii 1.13 Der Film, der wo da geschtern g'loffe isch, isch guet gsii 1.14 Der Film, wo da geschtern g'loffe isch, isch guet gsii Anmerkungen : _____________________________________________________________________________________________________ sage ich selbst ist mir bekannt noch nie gehört 1.15 'n Koch, dem da immer ebbes aabrennt, ka it guet sii 1.16 'n Koch, dem wo da immer ebbes aabrennt, ka it guet sii 1.17 'n Koch, wo da immer ebbes aabrennt, ka it guet sii Anmerkungen: ______________________________________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________________________________________________ Bitte bewerten Sie die folgenden Sätze auf einer Skala zwischen 1 (=sehr gut, ganz natürlich in meinem Dialekt) und 5 (= würde man so in meinem Dialekt nie sagen) natürlich geht nicht 1 2 3 4 5 1.18 Des isch der Maa, dem wo ma de Hund klaut het 1.19 Des isch der Maa, wo ma em de Hund klaut het 1.20 Des isch der Maa, dem ma em de Hund klaut het 1.21 Des isch der Maa, dem wo ma em de Hund klaut het 1.22 Des isch der Maa, dem ma de Hund klaut het 1.23 Des isch der Maa, wo ma de Hund klaut het Anmerkungen: _______________________________________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________________________________________________ 326 7 Anhang 6 SYNALM_FB_2_BA 2. Wie würden Sie die folgenden Sätze in Ihrem Dialekt sagen? Sie dürfen ganz frei übersetzen! 2.1 Seitdem wir uns so arg gestritten haben, sprechen wir nicht mehr miteinander. _______________________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________________ 2.2 Sie fährt mit dem Fahrrad zur Arbeit, obwohl sie gerade erst einen Unfall hatte. ________________________________________________________________________________________ ________________________________________________________________________________________ 2.3. Trotz seiner Erkältung geht er zum Schwimmen. 3. Hilde und Ihr Mann Paul reden über einen Verwandten von Hilde, den Paul nicht besonders mag, weil er ihn für einen Nichtsnutz hält. Hilde sagt zu diesen Anschuldigungen ganz erbost: → Bitte kreuzen Sie die Sätze an, die Sie in Ihrem Dialekt sagen können: Ja Nein 3.1 Dädsch du en richtig kenne, hettsch ooh e bessere Moaning vun-em 3.2 Dädsch en du richtig kenne, hettsch ooh e bessere Moaning vun-em → Würden Sie den Satz normalerweise in einer Form sagen, die gar nicht aufgeführt ist? Wenn ja: Bitte notieren Sie hier den Satz so, wie Sie ihn normalerweise sagen würden: 3.3 ____________________________________________________________________________ → Welcher Satz ist für Sie der natürlichste? _____ 4. Karl schaut in seine Brieftasche und stellt fest, dass er kein Geld mehr hat. Er wendet sich an seine Frau Else und fragt, ob sie noch Geld habe. Else antwortet: Ja Nein 4.1 Ich ha ooh koa Geld mee, aber do liit sen uff em Tisch 4.2 Ich ha ooh koa Geld mee, aber do liit welches uff em Tisch 4.3 Ich ha ooh koa Geld mee, aber do liit eines uff em Tisch 4.4 Ich ha ooh koa Geld mee, aber do liit uff em Tisch → Würden Sie den Satz normalerweise in einer Form sagen, die gar nicht aufgeführt ist? Wenn ja: Bitte notieren Sie hier den Satz so, wie Sie ihn normalerweise sagen würden: 4.5 ____________________________________________________________________________ → Welcher Satz ist für Sie der natürlichste? ______ 7 Anhang 327 7 SYNALM_FB_2_BA Hinweise für das Ausfüllen der nächsten Seiten: Ein ganz typischer Unterschied zwischen Schriftdeutsch und unseren Dialekten ist der folgende: der Mann, der gestern bei uns war, kommt morgen wieder Schriftdeutsch der Maa, wo geschtert bi üüs war, kunnt morge wieder Bodenseealemannisch (als Beispiel) Es geht in manchen Dialekten aber anscheinend auch: der Maa, der üüs geschtert bsuecht het… oder der Maa, der wo üüs geschtert bsuecht het… Bisher ist in der Forschung nicht klar, ob damit auch ein Unterschied in der Bedeutung verbunden ist. Im Folgenden wollen wir das mit Ihrer Hilfe herausfinden. Wir haben dazu ein Gespräch konstruiert, das Sie in Ihren Dialekt übertragen sollen - allerdings nicht schriftlich und als ganze Sätze. Bei dieser Frage kommt es uns hauptsächlich auf den Gebrauch von wo/ der/ der wo an. Deshalb haben wir die Sätze wie oben 'allgemein Süddeutsch' aufgeschrieben. Das entspricht sicher nicht Ihrer Variante, aber wir bitten Sie, sich im Moment nur auf den Gebrauch von wo/ der/ der wo zu konzentrieren. → Sprechen Sie sich die Sätze in Ihrem Dialekt laut vor, mit allen drei Möglichkeiten. Kreuzen Sie dann an, ob Sie jeweils wo/ der/ der wo einsetzen würden. Entscheiden Sie ganz nach Ihrem Gefühl - aber kreuzen Sie bitte nur eine, also Ihre bevorzugte, Variante an. (Es gibt weiter unten noch Fragen, bei denen Sie mehrere Möglichkeiten gleichzeitig wählen können und die Sie dann auch möglichst genau in Ihren Dialekt übertragen). → Bei manchen Sätzen bitten wir Sie zusätzlich um die Übersetzung von einzelnen Wörtern. Hier ist uns der folgende Unterschied wichtig: Sowohl im Dialekt als auch im Schriftdeutschen kann man manchmal im Haus oder in dem Haus sagen. Im Dialekt gibt es noch zusätzlich den Unterschied zwischen s'Haus/ s'Huus oder des Haus/ des Huus oder auch sel/ sal Huus . Nach diesen Unterschieden werden wir Sie an einzelnen Stellen fragen. Schreiben Sie dann bitte einfach nur die Form auf, die für Sie in dem jeweiligen Satz am natürlichsten klingt. → Für Sprecher, die nicht wo benutzen, sondern z.B. mo oder wie usw.: bitte vermerken Sie das hier und kreuzen Sie unten trotzdem wo oder der wo an. →andere Form für wo: ______ → Wenn Sie noch weitere Anmerkungen haben, können Sie diese am Ende aufschreiben; Sie können dazu die Nummer des Satzes angeben, zu dem Sie eine Anmerkung haben. 328 7 Anhang SYNALM_FB_2_BA …und jetzt geht es los - Stellen Sie sich folgendes Gespräch zwischen mehreren Dorfbewohnern vor (vielleicht am Stammtisch…) "Hond ihr scho g'hört? … der 5.1 …unser Bürgermeischter der wo - wie ihr ja alle wisset selber e Baug'schäft hat, will ein neus, riesigs Einkaufszentrum am Ortsrand bauen! wo 5.2 "Aber das wär jo Konkurrenz… des → Benutzen Sie hier zum oder zu dem? …zu dem Einkaufszentrum des wo grad erscht in Wöggingen uffg'macht hot. Lohnt sich des denn? wo ______________________ 5.3 "Wahrscheins net/ it, aber unser Bürgermeischter meint…" denen → Benutzen Sie hier d'Leut/ d'Lüt oder die Leut/ die Lüt? …dass die Leut/ Lüt denen wo des in Wöggingen z' klee isch -denn doch lieber zu uns fahret. wo ________________________ 5.4 "Kann es net/ it sei, dass de Bürgermeister einfach nuu … der …en dicke Auftrag ha/ hon will der wo ihm denn sein Baugeschäft rette künnt? wo "Wieso retten? " "Hand ihr net/ it g'hört, dass er grad erscht Arbeiter entlassen het mösse." der 5.5 Sogar ein Schreiner der wo bei ihm scho 15 Jahr g'schafft het! wo "Isch der vum Ort? Kenn ich den? " "Ja, des isch de Bernd, den kennsch du doch" SYNALM_FB_2_BA der 5.6 Meinsch du de Bernd der wo in de Neubausiedlung wohnt? wo der 5.7 Na, ich mein dear Bernd der wo … wo des → Benutzen Sie hier im alten Haus oder in dem alten Haus? 5.8 …in dem alten Haus wohnt des wo etzt de Karle 'kauft het und renoviere lo will. wo __________________________________ "Ja, des ist scho schlimm. Het de Bernd scho e neue Arbeit g'funde? " in dem → Benutzen Sie hier im Betrieb oder in dem Betrieb? 5.9 Ja, zum Glück. Er schafft etzt in dem Betrieb in dem wo er g'lernt hat wo _________________________________ 5.10 "Wenn der Bürgermeischter etzt also baue will… des …und zwar ein Einkaufszentrum des wo eigentlich gar neamed braucht… wo …denn heißt des doch dass er sich selber Aufträg zuschuschteret? " 5.11 "Genau, des passiert halt, wenn man… dem → Bitte schreiben Sie hier die Form für 'jemanden' …jemand zum Bürgermeischter wählt dem wo a Baug'schäft g'hört. auf, die in Ihrem Dialekt gebräuchlich ist: wo ________________________________ 7 Anhang 329 SYNALM_FB_2_BA 5.12 "Jaja, isch doch so… der …jeder der wo sich vu seim Ortsverband aufstelle loat, will am End vu dem Amt profitiere. wo 5.13 "Es giit aber au gnueg andere. Es hond jo… die …net/ it alle ein Betrieb die wo sich für de Gemeinderat bewerbet. wo die → Bitte schreiben Sie hier die Form für 'einige ' 5.14 Und do giit's jo doch einige Bürger die wo sich stark machet für ihre Gemeinde. auf, die in Ihrem Dialekt gebräuchlich ist: wo __________________________ 5.15 "Richtig, wosch Du no… die → Bitte schreiben Sie hier die Form für 'jene' …jene Lehrerin die wo sich dafür eingesetzt het, dass die Kinder e warms Mittagesse krieget, wenn sie am Mittag no Schuel hond. auf, die in Ihrem Dialekt gebräuchlich ist: wo _________________________ 5.16 "Des war net/ it nuu guet für d' Schüeler, sondern au… der für de Ochsewirt der wo s'Essen liefert. Der hat sitther volles Haus/ Huus! Weil es de Schüeler so guet schmeckt! wo 5.17 "Da sieht man, dass sich… die → Benutzen Sie hier d'Mühe oder die Mühe? …die Müh' die wo sich manche mit so ebbes mache, scho au lohne kaa. wo ________________________ SYNALM_FB_2_BA 5.18 "Aber jetzt nochmal! Wend mir wirklich… in dem …so ein Einkaufszentrum han in dem wo denn doch wieder nuu die große Kette ihre Läde aufmachet? wo 5.19 "Ich bin degege, denn des isch net/ it guet … die → Schreiben Sie bitte hier Ihre Form für 'die Händler' auf: …für die Händler die wo scho immer da waret. wo ______________________________ die 5.20…und hilft dafür denen die wo sowieso scho überall ihre Filiale hond wo 6. Bitte setzen Sie in die Lücke die von Ihnen bevorzugte Variante ein. In Klammern steht es so, wie man es im Standarddeutschen sagen würde. 6.1 De Schtuttgarter Bahnhof sie ja mindeschtens noh zea Johr bauet, wird ganz sicher tüerer wörre (an dem) 6.2 De Pfarrer Dürr jo ersch sit letsch Johr do isch, wird uff Berlin versetzt (der) 6.3 Im e Wald es koani Wildsaue giit, da giit's ooh koani Pilz (in dem) 6.4 Des du g'seet hesch ergeret mich (was) 6.5 Der Erger man mit dem Finanzamt kriegt, ist scho arg, wenn… (den) 330 7 Anhang SYNALM_FB_2_BA 7. Die Situation: Robert trifft einen alten Schulfreund und erzählt ihm Neuigkeiten, unter anderem über seine Schwester: → Stellen Sie sich vor, Robert hat eine Schwester und einen Bruder. Sein Freund kennt die Familie gut. Wie würde der Satz dann lauten? → Nun stellen Sie sich nun vor, Robert hat mehrere Schwestern: eine Schwester, die Nachwuchs bekommen hat und eine, die noch zur Schule geht. Wie würde der Satz dann lauten? 8. Die folgenden Sätze unterscheiden sich, ob sie de oder der oder sell/ seller/ sal enthalten. Wieder sollen Sie bitte entscheiden, welche Variante von wo, der und wo oder einfach nur wo für Sie die Beste ist. 8.1 De Brief uff-em Tisch liit muss hüt no uff d'Poscht 8.2 Der Brief uff-em Tisch liit muss hüt no uff d'Poscht 8.3 Seller Brief uff-em Tisch liit muss hüt no uff d'Poscht 8.4 Dear Brief do, uff-em Tisch liit muss hüt no uff d'Poscht 7.1 Mii Schwöschter grad ersch e Kind kriegt het zieht mit de Familie i' d'USA 7.2 Mii Schwöschter grad ersch e Kind kriegt het zieht mit de Familie i' d'USA 7.3 Mii Schwöschter grad ersch e Kind kriegt het zieht mit de Familie i' d'USA SYNALM_FB_2_BA 9. Bitte übersetzen Sie die folgenden Sätze in Ihren Dialekt. 9.1 Die Katze, die da drüben sitzt, hat keine Angst vor unserem Hund. 9.2 Das Geld, das ich selbst verdiene, gehört auch mir. Hier ist Platz für Ihre eigenen Anmerkungen/ Versionen/ Beobachtungen - Wir sind für alle Hinweise dankbar! ___________________________________________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________________________________________________ 7 Anhang 331 12 13 14 SYNALM_FB_2_BA 10. Stefan meint, dass seine Tochter Maria manchmal beim Reden etwas zu voreilig ist. Er sagt daher entschuldigend zu ihrem Lehrer: → Bitte kreuzen Sie die Sätze an, die Sie in Ihrem Dialekt sagen können (auch Mehrfachnennungen möglich). Ja Nein 10.1 D'Maria schwätzt mengmal schneller, als wie dass se denkt 10.2 D'Maria schwätzt mengmal schneller, als wie se denkt 10.3 D'Maria schwätzt mengmal schneller, wie dass se denkt 10.4 D'Maria schwätzt mengmal schneller, wie se denkt 10.5 D'Maria schwätzt mengmal schneller, als se denkt 10.6 D'Maria schwätzt mengmal schneller, als dass se denkt → Würden Sie den Satz normalerweise in einer Form sagen, die gar nicht aufgeführt ist? Wenn ja : Bitte notieren Sie hier den Satz so, wie Sie ihn normalerweise sagen würden: 10.7 __________________________________________________________________________________ → Welcher Satz ist für Sie der natürlichste? _____ 11. Reiner und sein Bruder Karl unterhalten sich über Ihren Nachbarn, der einen Streit im Vereinsheim beobachtet hat, aber behauptet, nichts mitbekommen zu haben. → Bitte kreuzen Sie die Sätze an, die Sie im Dialekt sagen können (auch Mehrfachnennungen sind möglich). Ja Nein 11.1 Der Otto tuet eso, als wenn er nünt g'wisst het 11.2 Der Otto tuet eso, als wenn dass er nünt g'wisst het 11.3 Der Otto tuet eso, als dass er nünt g'wisst het 11.4 Der Otto tuet eso, als wie dass er nünt g'wisst het 11.5 Der Otto tuet eso, wie wenn dass er nünt g'wisst het 11.6 Der Otto tuet eso, als wie wenn er nünt g'wisst het 11.7 Der Otto tuet eso, als wie wenn dass er nünt g'wisst het 11.8 Der Otto tuet eso, wie wenn er nünt g'wisst het → Würden Sie den Satz normalerweise in einer Form sagen, die gar nicht aufgeführt ist? Wenn ja: Bitte notieren Sie hier den Satz so, wie Sie ihn normalerweise sagen würden: 11.9_____________________________________________________________________________________ → Welcher Satz ist für Sie der natürlichste? ____ 332 7 Anhang 15 SYNALM_FB_2_BA 12. Wie würden Sie die folgenden Sätze in Ihren Dialekt sagen? Sie dürfen ganz frei übersetzen! 12.1 Während Sie die Kisten ins Auto einluden, hat es die ganze Zeit geregnet. ________________________________________________________________________________________ 12.2 Nachdem Sie gegessen hatten, wurden sie ganz schön müde. _________________________________________________________________________________________ 12.3 Als ich gehen wollte, kam Otto gerade. _________________________________________________________________________________________ 12.4 Ich habe lange gewartet, bis ich endlich dran gekommen bin. _________________________________________________________________________________________ 12.5 Karl ging damals seine Oma besuchen, sooft er Zeit hatte. _________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________ Für die folgenden Sätze bitten wir Sie wieder um eine Bewertung zwischen 1 (= vollkommen natürlich im Dialekt) und 5 (= geht so im Dialekt nicht ). (Aber denken Sie daran, dass es uns weniger auf die Aussprache ankommt, sondern auf die Auswahl und Abfolge der Wörter! ). Wir haben wie oben die Wörter, auf die es uns ankommt fett gedruckt . 13. Gerda hat ihrem Sohn gezeigt, wie man Fischstäbchen zubereitet. Leider sind sie dem Jungen alle in der Pfanne angebrannt. Daraufhin sagt er: natürlich geht nicht 1 2 3 4 5 13.1 Ich ha's so g'macht, wie du's mir zoaget hesch 13.2 Ich ha's g'macht, so wie du's mir zoaget hesch 13.3 Ich ha's g'macht, wie du's mir zoaget hesch 13.4 Ich ha's so g'macht, so wie du's mir zoaget hesch 13.5 Ich ha's so g'macht, als wie du's mir zoaget hesch 13.6 Ich ha's g'macht, so als wie du's mir zoaget hesch 13.7 Ich ha's g'macht, als wie du's mir zoaget hesch 13.8 Ich ha's so g'macht, so als wie du's mir zoaget hesch 13.9 So wie du's mir zoaget hesch, han-ich's g'macht 13.10 So als wie du's mir zoaget hesch, han-ich's g'macht 7 Anhang 333 16 SYNALM_FB_2_BA natürlich geht nicht 1 2 3 4 5 13.11 Wie du's mir zoaget hesch, han-ich's g'macht 13.12 So wie du's mir zoaget hesch, han-ich's g'macht und ich ha g'moant, dass ich's … 13.14 …g'macht ha, wie du's mir zoaget hesch 13.15 …so g‘macht ha, wie du's mir zoaget hesch 13.16 … g‘macht ha, so wie du's mir zoaget hesch Anmerkungen: ____________________________________________________________________________ ___________________________________________________________________________________ 14. Bitte übersetzen Sie die folgenden Sätze in Ihren Dialekt: 14.1. Jeder Schüler, der jetzt noch kein Heft hat, muss sich bis morgen eines kaufen. ______________________________________________________________________________________ ______________________________________________________________________________________ 14.2. Niemand, der damals dabei war, hat etwas gesehen. ______________________________________________________________________________________ ______________________________________________________________________________________ 14.3. Keiner von denen, die damals dabei waren, hat etwas gesehen. _______________________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________________ 15. und 16. Bitte bewerten Sie die folgenden Sätze auf einer Skala von 1 (=ganz natürlich im Dialekt) bis 5 (=geht so im Dialekt überhaupt nicht). Ausgangssatz: Ich wüsste niemanden, der solche Blumen bei uns verkauft natürlich geht nicht 1 2 3 4 5 15.1. Sonige Blueme wüsst ich neamät, der bii üüs verkauft 15.2. Sonige Blueme wüsst ich neamät, der wo bii üüs verkauft 15.3. Sonige Blueme wüsst ich neamät, wo bii üüs verkauft 15.4. Sonige Blueme wüsst ich neamät, der wo dass bii üüs verkauft Ausgangssatz: Ich wüsste niemanden, der so ein altes Radio reparieren kann natürlich geht nicht 1 2 3 4 5 16.1. So en alte Radio wüsst ich etzt neamät, wo no repariere künnt 16.2. So en alte Radio wüsst ich etzt neamät, der wo no repariere künnt 16.3. So en alte Radio wüsst ich etzt neamät, der no repariere künnt 16.4. So en alte Radio wüsst ich etzt neamät, der wo dass no repariere künnt 334 7 Anhang 17 SYNALM_FB_2_BA 17. Hier geht es noch einmal um wo. Bitte die Sätze diesmal auf der Skala 1-5 bewerten natürlich geht nicht 1 2 3 4 5 17.1. Des isch der Brief, uff den ich scho so lang wart 17.2. Des isch der Brief, uff den wo ich scho so lang wart 17.3. Des isch der Brief, uff den wo dass ich scho so lang wart 17.4. Des isch der Brief, wo ich scho so lang uff en wart 17.5 Des isch der Brief, wo dass ich scho so lang uff en wart 17.6 Des isch der Brief, wo hütt kumme isch 17.7 Des isch der Brief, wo dass hütt kumme isch 17.8 Des isch der Brief, der wo dass hütt kumme isch ist 18. Wie beurteilen Sie die folgenden Sätze in Ihrem Dialekt? natürlich geht nicht 1 2 3 4 5 18.1 Des isch der Maa, wo ich immer g'moant ha, wo in D. wohnt 18.2 Des isch der Maa, wo ich immer g'moant ha, wo er in D. wohnt 18.3 Des isch der Maa, wo ich immer g'moant ha, dass in D. wohnt 18.4 Des isch der Maa, wo ich immer g'moant ha, dass er in D. wohnt 18.5 Des isch der Maa, wo ich woass, wo ich no Geld schuldig bi 18.6 Des isch der Maa, wo ich woass, wo ich em no Geld schuldig bi 18.7 Des isch der Maa, wo ich woass, dass ich no Geld schuldig bi 18.8 Des isch der Maa, wo ich woass, dass ich em no Geld schuldig bi 19. Bitte übersetzen Sie zum Schluss nun noch die folgenden Sätze in Ihren Dialekt: 19.1 Einer, der nicht einmal seinen Namen schreiben kann, hat da nichts verloren. _________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________ 19.2 Die Sache, über die ich lange nachgedacht habe… _________________________________________________________________________________________ 19.3 Ich, die ich immer gemacht habe, was die sagen…. _________________________________________________________________________________________ 19.4 Du, der du dabei warst, müsstest doch wissen … _________________________________________________________________________________________ Vielen Dank für Ihre Mithilfe! 7 Anhang 335 SYNALM_4_BA 1 Universität Konstanz Geisteswissenschaftliche Sektion Fachbereich Sprachwissenschaft PD Dr. Ellen Brandner Universitätsstrasse 10 PF 191 78457 Konstanz Telefon: +49-7531-88-3640 E-Mail: ellen.brandner@uni-konstanz.de http: / / cms.uni-konstanz.de/ ling/ syntax-desalemannischen/ Liebe Dialektsprecherin, lieber Dialektsprecher, Sie halten den 4. Fragebogen des SynAlm-Projekts in der Hand und ich freue mich sehr, dass Sie wieder (oder vielleicht zum ersten Mal? ) bereit sind, uns Ihr Wissen über den Dialekt weiterzugeben. Dieser Fragebogen widmet sich einem ganz speziellen Thema: Es geht darum, wie man im Alemannischen und Fränkischen sogenannte 'lange Fragesätze' bildet und zwar wie in (i) oder (ii): (i) Welche Stühle hast du gesagt, dass ich in den Garten stellen soll? (ii) Wer denkst du, dass am besten dafür geeignet wäre? Das Interessante ist, dass "die Stühle" inhaltlich in den zweiten Teilsatz gehören (die Stühle sollen in den Garten gestellt werden die Stühle werden ja nicht von jemandem "gesagt"! ). Dasselbe gilt für den Satz in (ii). In früheren Befragungen in der deutschsprachigen Schweiz hat sich herausgestellt, dass es im Alemannischen sehr viel mehr Möglichkeiten gibt, diese Art von Sätzen zu bilden als im Standarddeutschen. Erste mündliche Befragungen im deutschen Gebiet (hier Bodensee-Alemannisch) ergeben ein ähnliches Bild: (iii) Wer moansch wo so ebbes am beschte künnt? (iv) Wer moansch wer so ebbes am beschte künnt? (v) Wer moansch dass er so ebbes am beschte künnt? Wir sind insbesondere an Sätzen wie in (iii) interessiert, denn diese Konstruktion mit wo findet man auch in den keltischen Sprachen. In diesen Sprachen ist zwar die Wortstellung leicht anders, aber das keltische Element a entspricht exakt dem alemannischen wo: Relativsatz: (vi) an leabhar a cheannaich thu an diugh Keltisch des Buech wo kauft-hesch du hütt Alemannisch (wo du hütt kauft hesch) Lange Frage: (vii) Dè a thuirt sibh a sgríobh i Keltisch Was sagsch du wo gschriebe-het se Alemannisch (wo se gschriebe het) In diesem Bogen wollen wir einerseits flächendeckend die oben aufgeführten Möglichkeiten überprüfen (ganz besonders auch für das Fränkische) und andererseits sehen, ob sich die Parallelen zum Keltischen noch in weiteren Details finden. Deshalb gibt es in diesem Bogen zwar sehr viele Sätze, aber Sie werden sehen, die Beispiele sind immer nach demselben Schema aufgebaut und Ihre Aufgabe ist es, anzukreuzen, welche Varianten für Sie möglich sind. Lassen Sie sich ganz von Ihrem Sprachgefühl leiten. Sie sind die Experten! Ich möchte Ihnen raten, immer zuerst einen ganzen Block an Sätzen durchzulesen, sich eventuell laut vorzusagen und erst dann zu bewerten. Scheuen Sie sich nicht, die ganze Skala von 1-5 auszunutzen - gerade diese Art von Sätzen haben auch in anderen Sprachen häufig einen Zwischenstatus - aber für 7.2 SynAlm-Fragebogen FB4 336 7 Anhang SYNALM_4_BA 2 uns ist interessant, welche Varianten noch akzeptabel sind und ab wann der Satz gar nicht mehr geht. Selbstverständlich haben Sie auch die Möglichkeit, Ihre eigene Variante zu notieren. An dieser Stelle schon einmal vorab ganz herzlichen Dank für Ihre Mitarbeit und wir sind schon sehr gespannt auf Ihre Antworten! Hinweise zum Ausfüllen Wie auch schon in den Bögen zuvor geht es uns zuvorderst um die Grammatik der Dialekte. Es werden also sicher wieder Schreibweisen/ Begriffe auftauchen, die nicht genau denen Ihres Dialekts entsprechen. Wir können uns bei dieser Art von Untersuchung den einzelnen Ortsdialekten leider nur annähern und bitten Sie deshalb schon im Voraus um Nachsicht. Wenn Sie zwar Unterschiede in der Aussprache zu Ihrem Dialekt finden, aber die Abfolge der Wörter oder die grundsätzliche Form der Wörter trotzdem stimmen, dann bewerten Sie den Satz bitte entsprechend gut. Wir haben wieder bei jedem Satz die Wörter, auf die es uns ankommt, fett gedruckt. Bitte verändern Sie die vorgegebenen Sätze nicht! Bewerten Sie sie so, wie Sie sie vorfinden. Für uns ist die Information über Sätze, die im Dialekt nicht möglich sind genauso wertvoll wie über solche, die gut sind! Wie auch schon zuvor: Lassen Sie sich ruhig Zeit beim Ausfüllen! Wir würden uns aber freuen, wenn Sie uns den Bogen ca. 6 Wochen nach Erhalt zurückschicken. Es sind wieder Rückumschläge beigelegt, so dass Ihnen keine Kosten entstehen. Wir haben Ihnen zwei Bögen beigelegt, die Sie gerne an Bekannte oder Verwandte weitergeben dürfen. Wenn Sie niemanden finden, ist das aber kein Problem. Füllen Sie dann nur Ihren Bogen aus und schicken Sie uns diesen im beigelegten Rückumschlag zurück. Für neue Informanten: Bitte füllen Sie das Datenblatt aus. Ganz wichtig ist die Adresse, bzw. der Ort, an dem Sie wohnen. Für die, die schon einmal mitgemacht haben: Bitte schreiben Sie auf jeden Fall Ihren Namen, Wohnort, Geburtsort und Geburtsjahr auf das Datenblatt, so dass keine Probleme bei der Zuordnung entstehen. Die restlichen Daten müssen Sie natürlich nicht noch einmal angeben. 7 Anhang 337 SYNALM_4_BA 3 Name_______________________________ Wohnort___________________________ Geburtsort___________________________ Geburtsjahr _________ Haben Sie für längere Zeit außerhalb Ihres Wohnortes gelebt? Wenn ja, wo und wie lange? ___________________________________________________________________________ Wo ist Ihre Mutter aufgewachsen (PLZ/ Ort)? _______________________________________ Wo ist Ihr Vater aufgewachsen (PLZ/ Ort)? _________________________________________ Wie gut sprechen Sie (Ihrer Einschätzung nach) selbst den Dialekt Ihres Wohnortes? sehr gut O O O O O O gar nicht Wie häufig sprechen Sie den Dialekt Ihres Wohnortes? immer O O O O O O nie Freiwillige Angaben: Schulabschluss: ___________________________________________ Ausbildung: ______________________________________________ Zur Zeit ausgeübter Beruf: __________________________________ Ich bin bereit, an weiteren Befragungen teilzunehmen ja O nein O Falls ja, bitten wir Sie zum Zwecke weiterer Befragungen, Ihre Adressdaten zu hinterlassen, damit wir Sie erneut kontaktieren können: Telefon: ______________________________________________ Postanschrift: __________________________________________ E-Mail: _______________________________________________ 338 7 Anhang SYNALM_4_BA 4 1 Bitte kreuzen Sie an, wobei 1: sage ich selbst so in meinem Dialekt 2: kenne ich aus meinem Dialekt, benutze es selbst aber kaum 3: kenne ich überhaupt nicht aus meinem Dialekt Unterstreichen Sie bitte die Form von gi/ ge/ go, die bei Ihnen die übliche ist. 1 2 3 1.1 Etz han-i mi grad anighocket gi/ ge/ go Zittig läse. O O O 1.1EV Würden Sie diesen Satz ganz anders sagen? Auf einem Spaziergang… Sie sehen ein Schwanenpaar... 1 2 3 1.2 Mir sind denn schtande/ schtoh blibe, gi/ ge/ go dene Schwän zuluege. O O O 1.2EV Würden Sie diesen Satz ganz anders sagen? Kinderfest: Es wird über Lautsprecher angekündigt, dass es ab jetzt die Luftballons umsonst gibt: 1 2 3 1.3 D'Kind sind losgschtürmt gi/ ge/ go jeds als erschts en Luftballon überku. O O O 1.3EV Würden Sie diesen Satz ganz anders sagen? 1 2 3 1.4 Ich ha grad renne mösse gi/ ge/ go de Bus noch z' verwische. O O O 1.4EV Würden Sie diesen Satz ganz anders sagen? 2 Bitte bewerten Sie die folgenden Sätze: Eigentlich trifft sich Peter am Dienstagabend immer mit seinen Kollegen weil er aber einem Freund beim Umzug hilft, kann er diesmal nicht. Sein Kollege fragt einen anderen: natürlich geht nicht 2a 1 2 3 4 5 2a.1 Wem hesch gseit, dass de Peter bim Umzug helfe muss? O O O O O 2a.2 Wem hesch gseit, dass em de Peter bim Umzug helfe muss? O O O O O 2a.3 Wem hesch gseit, dass dem de Peter bim Umzug helfe muss? O O O O O 1 2 3 4 5 2a.4 Wem hesch gseit, wo de Peter bim Umzug helfe muss? O O O O O 2a.5 Wem hesch gseit, wo em de Peter bim Umzug helfe muss? O O O O O 2a.6 Wem hesch gseit, wo-n-em de Peter bim Umzug helfe muss? O O O O O 1 2 3 4 5 2a.7 Wem hesch gseit, wo dem de Peter bim Umzug helfe muss? O O O O O 2a.8 Wem hesch gseit, dem wo de Peter bim Umzug helfe muss? O O O O O 2aEV Würden Sie diesen Satz ganz anders sagen? 7 Anhang 339 SYNALM_4_BA 5 Bitte bewerten Sie die folgenden Sätze: Sie bereiten für Peters 18. Geburtstag ein kleines Fotoalbum mit Kinderbildern von ihm (also von Peter) vor. Sie besprechen sich mit einer Freundin: natürlich geht nicht 2b 1 2 3 4 5 2b.1 Welles Bild vu em moansch, dass em Peter am beschte gfalle tät? O O O O O 2b.2 Welles Bild vu sich moansch, dass em Peter am beschte gfalle tät? O O O O O 2b.3 Welles Bild vu em moansch, dass es em Peter am beschte gfalle tät? O O O O O 2b.4 Welles Bild vu sich moansch, dass es em Peter am beschte gfalle tät? O O O O O 2c 1 2 3 4 5 2c.1 Welles Bild vu em moansch, wo em Peter am beschte gfalle tät? O O O O O 2c.2 Welles Bild vu sich moansch, wo em Peter am beschte gfalle tät? O O O O O 2c.3 Welles Bild vu sich moansch, wo es em Peter am beschte gfalle tät? O O O O O 2c.4 Welles Bild vu em moansch, wo es em Peter am beschte gfalle tät? O O O O O 2d 1 2 3 4 5 2d.1 Vu wellem Bild vu sich moansch, dass em Peter am beschte gfalle tät? O O O O O 2d.2 Vu wellem Bild vu em moansch, dass em Peter am beschte gfalle tät? O O O O O 2d.3 Vu wellem Bild vu sich moansch, dass es em Peter am beschte gfalle tät? O O O O O 2d.4 Vu wellem Bild vu em moansch, dass es em Peter am beschte gfalle tät? O O O O O 2bEV Würden Sie diesen Satz ganz anders sagen? 2e 1 2 3 4 5 2e.1 Vu wellem Bild vu sich moansch, wo em Peter am beschte gfalle tät? O O O O O 2e.2 Vu wellem Bild vun em moansch, wo em Peter am beschte gfalle tät? O O O O O 2e.3 Vu wellem Bild vu sich moansch, wo es em Peter am beschte gfalle tät? O O O O O 2e.4 Vu wellem Bild vun em moansch, wo es em Peter am beschte gfalle tät? O O O O O 2eEV Würden Sie diesen Satz ganz anders sagen? 3 Bitte kreuzen Sie an, wobei 1: sage ich selbst so im Dialekt 2: kenne ich aus meinem Dialekt 3: kenne ich überhaupt nicht aus meinem Dialekt 1 2 3 3.1 Ich ha neane koan Bleischtift gfunde! O O O 3.2 Ich ha koan Bleischtift neane gfunde! O O O 3.3 Ich ha neane koan Bleischtift it/ net/ et gfunde! O O O 3.4 Ich ha koan Bleischtift neane it/ net/ et gfunde! O O O 3EV Würden Sie diesen Satz ganz anders sagen? 340 7 Anhang SYNALM_4_BA 6 4 Bitte bewerten Sie die folgenden Sätze: Nach einem langen Spaziergang mit Ihrem Hund treffen Sie im Biergarten ein. Der Hund ist durstig und Sie fragen an der Theke: natürlich geht nicht 1 2 3 4 5 4.1 Hettet Sie mir e weng e Wasser für de Hund? O O O O O 4.2 Hettet Sie mir e weng Wasser für de Hund? O O O O O 4.3 Hettet Sie mir weng e Wasser für de Hund? O O O O O 4EV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? 5 Bitte kreuzen Sie an, wobei 1: sage ich selbst so in meinem Dialekt 2: kenne ich aus meinem Dialekt, benutze es selbst aber kaum 3: kenne ich überhaupt nicht aus meinem Dialekt Es geht im Eiscafé um die Vorlieben für verschiedene Eissorten. Die meisten bevorzugen Schokoladeneis. Sie fragen Ihren Tischnachbarn: 5a 1 2 3 5a.1 Und wa für e Eis magsch du am liebschte? O O O 5a.2 Und wa fürigs Eis magsch du am liebschte? O O O 5a.3 Und wa für wells Eis magsch du am liebschte? O O O 5a.4 Und wa für Eis magsch du am liebschte? O O O 5b 1 2 3 5b.5 Und e wa für Eis magsch du am liebschte? O O O 5b.6 Und e wa fürigs Eis magsch du am liebschte? O O O 5b.7 Und e wa für wells Eis magsch du am liebschte? O O O 5b.8 Und e wa für e Eis magsch du am liebschte? O O O 5c 1 2 3 5c.1 Und wa magsch du am liebschte für Eis? O O O 5c.2 Und wa magsch du am liebschte für e Eis? O O O 5c.3 Und wa magsch du für wells Eis am liebschte? O O O 5c.4 Und wa magsch du fürigs Eis am liebschte? O O O 5EV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? 7 Anhang 341 SYNALM_4_BA 7 6 Bitte kreuzen Sie an, wobei 1: sage ich selbst so im Dialekt 2: kenne ich aus meinem Dialekt 3: kenne ich überhaupt nicht aus meinem Dialekt Unterstreichen Sie bitte auch wieder die Form von gi/ ge/ go/ ga, die bei Ihnen die übliche ist. 1 2 3 6.1 Die ziehet gi/ ge/ go/ ga Buchegg. O O O 6.2 Die ziehet uff Buchegg. O O O 6.3 Mir mond/ müsset gi/ ge/ go/ ga Überlinge. O O O 6.4 Mir mond/ müsset uff Überlinge. O O O 6.5 Mir gond gi/ ge/ go/ ga Überlinge gi/ ge/ go/ ga eikaufe. O O O 6EV Wenn Sie in Ihrem Dialekt kein gi/ ge/ go/ ga haben wie würden Sie 6.5 sagen? 7 Bitte bewerten Sie die folgenden Sätze: Eine Bekannte von Ihnen will mit Hilfe eines Freundes ihren Garten neu anlegen. Sie fragen: natürlich geht nicht 7a 1 2 3 4 5 7a.1 Wer hesch gseit/ gseet, dass dir debi/ debei hilft? O O O O O 7a.2 Wer hesch gseit/ gseet, wer dir debi/ debei hilft? O O O O O 7a.3 Wer hesch gseit/ gseet, wer dass dir debi/ debei hilft? O O O O O 7a.4 Wer hesch gseit/ gseet, der dir debi/ debei hilft? O O O O O 7a.5 Wer hesch gseit/ gseet, wo dir debi/ debei hilft? O O O O O 7a.6 Wer hesch gseit/ gseet, der wo dir debi/ debei hilft? O O O O O 7aEV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? natürlich geht nicht 7b 1 2 3 4 5 7b.1 Wer hesch gseit/ gseet, dass er dir debi/ debei hilft? O O O O O 7b.2 Wer hesch gseit/ gseet, wer er dir debi/ debei hilft? O O O O O 7b.3 Wer hesch gseit/ gseet, wer dass er dir debi/ debei hilft? O O O O O 7b.4 Wer hesch gseit/ gseet, der er dir debi/ debei hilft? O O O O O 7b.5 Wer hesch gseit/ gseet, wo er dir debi/ debei hilft? O O O O O 7bEV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? 342 7 Anhang SYNALM_4_BA 8 Peter war nicht beim üblichen Treffen am Dienstagabend, da er einem Freund beim Umzug geholfen hat. Sie fragen einen Tischnachbarn, der es offenbar weiß: natürlich geht nicht 7c 1 2 3 4 5 7c.1 Wem hesch gseit/ gseet, wem de Peter gholfe het? O O O O O 7c.2 Wer hesch gseit/ gseet, wem de Peter gholfe het? O O O O O 7c.3 Vu wem hesch gseit/ gseet, wem de Peter gholfe het? O O O O O 7c.4 Was hesch gseit/ gseet, wem de Peter gholfe het? O O O O O 7c.5 Wells hesch gseit/ gseet, wem de Peter gholfe het? O O O O O 7cEV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? 8 Bitte bewerten Sie die folgenden Sätze: natürlich geht nicht 1 2 3 4 5 8.1 Des isch der Maa, mit dem ich gschwätzt ha. O O O O O 8.2 Des isch der Maa, mit dem wo ich gschwätzt ha. O O O O O 8.3 Des isch der Maa, wo ich gschwätzt ha. O O O O O 1 2 3 4 5 8.4 Des isch der Maa, wo ich mit ihm gschwätzt ha. O O O O O 8.5 Des isch der Maa, wo ich mit dem gschwätzt ha. O O O O O 8.6 Des isch der Maa, wo ich demit gschwätzt ha. O O O O O 8.7 Des isch der Maa, wo ich mit gschwätzt ha. O O O O O 1 2 3 4 5 8.8 Des isch der Maa, wo ich gschwätzt ha mit ihm. O O O O O 8.9 Des isch der Maa, wo ich gschwätzt ha mit. O O O O O 8.10 Des isch der Maa, wo ich gschwätzt ha mit dem. O O O O O 8.11 Des isch der Maa, wo ich gschwätzt ha demit. O O O O O 8EV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? 9 Bitte übersetzen Sie die folgenden Sätze in Ihren Dialekt: 9.1 Ich habe den Besen nicht finden können. 9.2 Diesen Besen schmeiße ich jetzt weg. 9.3 Den Besen, den du mir gegeben hast, will ich nicht. 7 Anhang 343 SYNALM_4_BA 9 10 Bitte bewerten Sie die folgenden Sätze: Sie helfen bei der Vorbereitung zu einem Gartenfest und Sie sollen Stühle nach draußen tragen. Sie wissen aber nicht mehr welche und fragen: natürlich geht nicht 10a 1 2 3 4 5 10a.1 Welle Schtüel hesch gseit/ gseet, dass mer ussi schtelle sollet? O O O O O 10a.2 Welle Schtüel hesch gseit/ gseet, was mer ussi schtelle sollet? O O O O O 10a.3 Welle Schtüel hesch gseit/ gseet, die mer ussi schtelle sollet? O O O O O 10a.4 Welle Schtüel hesch gseit/ gseet, wo mer ussi schtelle sollet? O O O O O 1 2 3 4 5 10a.5 Welle Schtüel hesch gseit/ gseet, dass mer se ussi schtelle sollet? O O O O O 10a.6 Welle Schtüel hesch gseit/ gseet, was mer se ussi schtelle sollet? O O O O O 10a.7 Welle Schtüel hesch gseit/ gseet, die mer se ussi schtelle sollet? O O O O O 10a.8 Welle Schtüel hesch gseit/ gseet, wo mer se ussi schtelle sollet? O O O O O 10aEV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? Nach dem Fest verteilt die Gastgeberin die übriggebliebenen Getränke, Kuchen und andere Nachspeisen. Sie sind sich nicht mehr sicher, was für Sie gedacht war: natürlich geht nicht 10b 1 2 3 4 5 10b.1 Wa hesch gseit/ gseet, dass ich mitnea/ mitnämme soll? O O O O O 10b.2 Wa hesch gseit/ gseet, dass es ich mitnea/ mitnämme soll? O O O O O 10b.3 Wa hesch gseit/ gseet, dass ich's mitnea/ mitnämme soll? O O O O O 1 2 3 4 5 10b.4 Wa hesch gseit/ gseet, wa ich mitnea/ mitnämme soll? O O O O O 10b.5 Wa hesch gseit/ gseet, wa dass ich mitnea/ mitnämme soll? O O O O O 10b.6 Wa hesch gseit/ gseet, wa dass ich's mitnea/ mitnämme soll? O O O O O 1 2 3 4 5 10b.7 Wa hesch gseit/ gseet, wo ich mitnea/ mitnämme soll? O O O O O 10b.8 Wa hesch gseit/ gseet, wo es ich mitnea/ mitnämme soll? O O O O O 10b.9 Wa hesch gseit/ gseet, des wo ich mitnea/ mitnämme soll? O O O O O 10bEV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? 344 7 Anhang SYNALM_4_BA 10 11 Bitte bewerten Sie die folgenden Sätze: natürlich geht nicht 1 2 3 4 5 11.1 Min schönschte Baum/ Boom schtoht hinterm Huus/ Haus. O O O O O 11.2 De kälteschte Tag war im Dezember. O O O O O 11.3 De kältescht Monat isch bi üüs de Januar. O O O O O 11.4 Min schönscht Pulli isch kaputt ggange. O O O O O 11.5 De Thomas isch oaner vu de schtärkschte im Team. O O O O O 11.6 Peter isch oaner vu de gröscht in de Klass. O O O O O 12 Bitte bewerten Sie die folgenden Sätze: Sie stehen mit Ihrem Enkel am Eisstand und betrachten die Auswahl. Sie fragen ihn: natürlich geht nicht 12a 1 2 3 4 5 12a.1 Welles Eis widd/ wilsch du? O O O O O 12a.2 Wa für e Eis widd/ wilsch du? O O O O O 12a.3 Wa widd/ wilsch du für e Eis? O O O O O 12a.4 Wa für welles Eis widd/ wilsch du? O O O O O 12b 1 2 3 4 5 12b.5 E wa für e Eis widd/ wilsch du? O O O O O 12b.6 E wa widd/ wilsch du für e Eis? O O O O O 12b.7 E wa für Eis widd/ wilsch du? O O O O O 12b.8 E wa für welles Eis widd/ wilsch du? O O O O O 12bEV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? Sie wollen das Eis bestellen, haben aber den Namen vergessen und fragen noch einmal nach: natürlich geht nicht 12c 1 2 3 4 5 12c.1 Welles hesch du gsait/ gseet, welles du widd/ willsch? O O O O O 12c.2 Welles hesch du gsait/ gseet, dass du widd/ willsch? O O O O O 12c.3 Welles hesch du gsait/ gseet, dass du 's widd/ willsch? O O O O O 12c.4 Welles hesch du gsait/ gseet, dass es du widd/ willsch? O O O O O 12d 1 2 3 4 5 12d.5 Welles hesch du gsait/ gseet, wo du widd/ willsch? O O O O O 12d.6 Welles hesch du gsait/ gseet, wo 's du widd/ willsch? O O O O O 12d.7 Welles hesch du gsait/ gseet, wo du 's widd/ willsch? O O O O O 12dEV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? 7 Anhang 345 SYNALM_4_BA 11 13 Bitte bewerten Sie die folgenden Sätze: natürlich geht nicht 1 2 3 4 5 13.1 Im Februar war's am kälteschte. O O O O O 13.2 Im Juni war's am wärmscht. O O O O O 13.3 Die schnellschte Läufer sind scho durchs Ziel. O O O O O 13.4 Die schnellscht Schüler krieget e Belohnung. O O O O O 13.5 Die bescht Bücher schtond dürt im Regal. O O O O O 13.6 Die beschte Bilder werret denn uusgschtellt. O O O O O 14 Bitte bewerten Sie die folgenden Sätze: natürlich geht nicht 1 2 3 4 5 14.1 Do isch die Katz, wo ich bis zu ihrem Verschteck hinterher gloffe bi. O O O O O 14.2 Do isch die Katz, wo ich ihr bis zu ihrem Verschteck hinterher gloffe bi. O O O O O 14.3 Do isch die Katz, dere wo ich bis zu ihrem Verschteck hinterher gloffe bi. O O O O O 14.4 Do isch die Katze, dere wo ich ihr bis zu ihrem Verschteck hinterher gloffe bi. O O O O O 14.5 Do isch die Katz, dere ich bis zu ihrem Verschteck hinterher gloffe bi. O O O O O 14.6 Do isch die Katz, dere ich ihr bis zu ihrem Verschteck hinterher gloffe bi. O O O O O 14EV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? 15 Bitte bewerten Sie die folgenden Sätze: natürlich geht nicht 15a 1 2 3 4 5 15a.1 Uff wellem Sender hesch gsait/ gseet, wo du des gseane hesch? O O O O O 15a.2 Uff wellem Sender hesch gsait/ gseet, wo dass du des gseane hesch? O O O O O 15a.3 Uff wellem Sender hesch gsait/ gseet, dass du des dürt gseane hesch? O O O O O 15aEV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? 346 7 Anhang SYNALM_4_BA 12 Bitte bewerten Sie die folgenden Sätze: natürlich geht nicht 15b 1 2 3 4 5 15b.1 Mit wellem Auto moansch, dass er weggfahre isch? O O O O O 15b.2 Mit wellem Auto moansch, dass er mit em weggfahre isch? O O O O O 15b.3 Mit wellem Auto moansch, dass er demit weggfahre isch? O O O O O 15b.4 Mit wellem Auto moansch, dass er mit weggfahre isch? O O O O O 1 2 3 4 5 15b.5 Mit wellem Auto moansch, womit er weggfahre isch? O O O O O 15b.6 Mit wellem Auto moansch, mit dem wo er weggfahre isch? O O O O O 15b.7 Mit wellem Auto moansch, mit dem er weggfahre isch? O O O O O 1 2 3 4 5 15b.8 Mit wellem Auto moansch, wo er weggfahren isch? O O O O O 15b.9 Mit wellem Auto moansch, wo er mit em weggfahre isch? O O O O O 15b.10 Mit wellem Auto moansch, wo er weggfahre isch mit em? O O O O O 15b.11 Mit wellem Auto moansch, wo er demit weggfahre isch? O O O O O 15b.12 Mit wellem Auto moansch, wo er weggfahre isch demit? O O O O O 15bEV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? natürlich geht nicht 15c 1 2 3 4 5 15c.1 Wie moansch du, dass er etzt wiiter macht? O O O O O 15c.2 Wie moansch du, wo er etzt wiiter macht? O O O O O 15c.3 Wie moansch du, wie er etzt wiiter macht? O O O O O 15c.4 Wie moansch du, wie dass er etzt wiiter macht? O O O O O 15cEV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? Sie sind mit Maria in der Stadt verabredet, sind sich aber nicht mehr sicher wegen der Uhrzeit und fragen Ihre Tochter, die am Morgen mit Maria telefoniert hat und Bescheid weiß: natürlich geht nicht 15d 1 2 3 4 5 15d.1 Wenn het d'Mari nomal gsait/ gseet, dass mir üüs treffet? O O O O O 15d.2 Wenn het d'Mari nomal gsait/ gseet, wenn mir üüs treffet? O O O O O 15d.3 Wenn het d'Mari nomal gsait/ gseet, wenn dass mir üüs treffet? O O O O O 15d.4 Wenn het d'Mari nomal gsait/ gseet, wo mir üüs treffet? (In der Antwort soll es nur um die Uhrzeit gehen! ) O O O O O 15d.5 Wenn het d'Mari nomal gsait/ gseet, dass mir üüs denn treffet? O O O O O 15dEV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? 7 Anhang 347 SYNALM_4_BA 13 16 Bitte bewerten Sie die folgenden Sätze: natürlich geht nicht 16a 1 2 3 4 5 16a.1 Welles Gmües woasch du it/ net, wie ma kocht? O O O O O 16a.2 Welles Gmües woasch du it/ net, wie ma 's kocht? O O O O O 16a.3 Welles Gmües woasch du nümme, wie d'Mame es alls kocht het? O O O O O 16a.4 Welles Gmües woasch du nümme, wie d'Mame alls kocht het? O O O O O 16aEV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? 16b 1 2 3 4 5 16b.1 Wie woasch du nümme, welles Gemües d'Mame alls kocht het? O O O O O 16b.2 Wie woasch du nümme, welles Gemües uff welli Art d'Mame alls kocht het? O O O O O 16bEV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? 17 Bitte kreuzen Sie an, wobei 1: sage ich selbst so im Dialekt 2: kenne ich aus meinem Dialekt 3: kenne ich überhaupt nicht aus meinem Dialekt Sie erzählen von einem Besuch auf dem Weinfest und beklagen sich darüber, dass es so überfüllt war. Welche Möglichkeiten nutzen Sie in Ihrem Dialekt, um das auszudrücken? 17a 1 2 3 17a.1 Was es do Lüt gha het! O O O 17a.2 Wa-n-es do Lüt gha het! O O O 17a.3 Wa es do Lüt gha het! O O O 17a.4 Wie es do Lüt gha het! O O O 17a.5 Wie-n-es do Lüt gha het! O O O 17aEV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? 348 7 Anhang SYNALM_4_BA 14 17b Sie erzählen Ihren Bekannten vom Urlaub in einer Großstadt, zum Beispiel Paris. Sie sagen: Und wa do Autos umenand gfahre sind! Frage zu 17b: Würden Sie mit diesem Satz Ihr Erstaunen darüber ausdrücken, dass es so viele Autos waren (Anzahl) oder, dass es besondere Autos waren, z.B. sehr teure, ganz verrostete, etc. (Art) Oder können Sie mit diesem Satz beides ausdrücken? Anzahl Art Bitte kreuzen Sie an: □ □ Würden Sie das im Dialekt jeweils lieber anders ausdrücken? 17b.1 Anzahl: 17b.2 Art: 18 Bitte bewerten Sie die folgenden Sätze: natürlich geht nicht 18a 1 2 3 4 5 18a.1 Des isch oaner, wo neamed gern zsamme schafft. O O O O O 18a.2 Des isch oaner, wo neamed gern mit em zsamme schafft. O O O O O 18a.3 Des isch oaner, wo neamed gern zsamme schafft mit em. O O O O O 1 2 3 4 5 18a.4 Des isch oaner, wo neamed gern mit zsamme schafft. O O O O O 18a.5 Des isch oaner, wo neamed gern zsamme schafft mit. O O O O O 1 2 3 4 5 18a.6 Des isch oaner, wo neamed gern demit zsamme schafft. O O O O O 18a.7 Des isch oaner, wo neamed gern zsamme schafft demit. O O O O O 1 2 3 4 5 18a.8 Des isch oaner, mit dem wo neamed gern zsamme schafft. O O O O O 18a.9 Des isch oaner, mit dem neamed gern zsamme schafft. O O O O O 18a.10 Des isch oaner, mit dem neamed gern zsamme schafft mit em. O O O O O 18aEV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? natürlich geht nicht 18b 1 2 3 4 5 18b.1 Des war die Prüfung, wo d'Petra soviel für se glernt het. O O O O O 18b.2 Des war die Prüfung, wo d'Petra soviel glernt het für se. O O O O O 1 2 3 4 5 18b.3 Des war die Prüfung, wo d'Petra soviel glernt het defür. O O O O O 18b.4 Des war die Prüfung, wo d'Petra soviel defür glernt het. O O O O O 7 Anhang 349 SYNALM_4_BA 15 natürlich geht nicht 1 2 3 4 5 18b.5 Des war die Prüfung, wo d'Petra soviel für glernt het. O O O O O 18b.6 Des war die Prüfung, wo d'Petra soviel glernt het für. O O O O O 1 2 3 4 5 18b.7 Des war die Prüfung, wo d'Petra soviel glernt het. O O O O O 18b.8 Des war die Prüfung, für die wo d'Petra soviel glernt het. O O O O O 18b.9 Des war die Prüfung, für die d'Petra soviel glernt het. O O O O O 1 2 3 4 5 18b.10 Des war die Prüfung, defür d'Petra soviel glernt het. O O O O O 18b.11 Des war die Prüfung, wofür d'Petra soviel glernt het. O O O O O 18bEV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? 19 Bitte bewerten Sie die folgenden Sätze: natürlich geht nicht 1 2 3 4 5 19.1 Wege wa het er gseet, dass mir üüs treffe sollet? O O O O O 19.2 Wege wa het er gseet, wege wa mir üüs treffe sollet? O O O O O 19.3 Wege wa het er gseet, wege wa dass mir üüs treffe sollet? O O O O O 19.4 Wege wa het er gseet, wo mir üüs treffe sollet? O O O O O Frage zu 19.4 Könnte man auf diesen Satz zum Beispiel antworten: - Im Bootshaus, um die Segel zu überprüfen oder - Auf der Baustelle, um eine Besprechung abzuhalten Ja □ Nein □ 19EV Wenn ja, gäbe es eine andere Möglichkeit, dies im Dialekt auszudrücken? 20 Bitte bewerten Sie die folgenden Sätze: natürlich geht nicht 1 2 3 4 5 20.1 Mit wa hesch gseet, dass er de Radio repariert het? O O O O O 20.2 Mit wa hesch gseet, dass er de Radio repariert het demit? O O O O O 20.3 Mit wa hesch gseet, dass er de Radio demit repariert het? O O O O O 1 2 3 4 5 20.4 Mit wa hesch gseet, wo er de Radio repariert het? O O O O O 20.5 Mit wa hesch gseet, mit dem wo er de Radio repariert het? O O O O O 20.6 Mit wa hesch gseet, wo er de Radio demit repariert het? O O O O O 20.7 Mit wa hesch gseet, wo er de Radio repariert het demit? O O O O O 350 7 Anhang SYNALM_4_BA 16 natürlich geht nicht 1 2 3 4 5 20.8 Mit wa hesch gseet, mit wa er de Radio repariert het? O O O O O 20.9 Mit wa hesch gseet, mit wa dass er de Radio repariert het? O O O O O 20EV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? 21 Bitte bewerten Sie die folgenden Sätze: natürlich geht nicht 1 2 3 4 5 21.1 Häsch du en neue Roller? - Ja, ich han etzt en rote. O O O O O 21.2 Welles vu dene Bilder magsch? - Des groß gfallt mir guet. O O O O O 21.3 Gfallt dir oas vu dene Räder? - Des klene find ich schöö. O O O O O 21.4 Häsch du en andere Rucksack? - Ja, i han etz en schwarz. O O O O O 21.5 Wellere Katz soll ich Fuetter gea? - Gib der dünn ebbes. O O O O O 21.6 Vu wellere Statue soll ich e Bild mache? - Mach vu dere alte e Bild. O O O O O 21EV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? 22 Bitte bewerten Sie die folgenden Sätze: natürlich geht nicht 1 2 3 4 5 22.1 Welle Scher hesch gseet, dass du guet schniide kaasch? O O O O O 22.2 Welle Scher hesch gseet, dass du guet mit erre schniide kaasch? O O O O O 22.3 Welle Scher hesch gseet, dass du guet schniide kaasch mit erre? O O O O O 22.4 Welle Scher hesch gseet, dass du guet mit derre schniide kaasch? O O O O O 22.5 Welle Scher hesch gseet, dass du guet schniide kaasch mit derre? O O O O O 1 2 3 4 5 22.6 Welle Scher hesch gseet, wo du guet schniide kaasch? O O O O O 22.7 Welle Scher hesch gseet, mit derre wo du guet schniide kaasch? O O O O O 22.8 Welle Scher hesch gseet, wo du guet mit derre schniide kaasch? O O O O O 22.9 Welle Scher hesch gseet, wo du guet schniide kaasch mit derre? O O O O O 22.10 Welle Scher hesch gseet, wo du guet mit schniide kaasch? O O O O O 22.11 Welle Scher hesch gseet, wo du guet schniide kaasch mit? O O O O O 1 2 3 4 5 22.12 Welle Scher hesch gseet, wo du guet demit schniide kaasch? O O O O O 22.13 Welle Scher hesch gseet, wo du guet schniide kaasch demit? O O O O O 7 Anhang 351 SYNALM_4_BA 17 natürlich geht nicht 1 2 3 4 5 22.14 Welle Scher hesch gseet, wo du guet schniide kaasch mit erre? O O O O O 22.15 Welle Scher hesch gseet, wo du guet mit erre schniide kaasch? O O O O O 22EV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? 23 Bitte bewerten Sie zunächst die folgenden Sätze und kreuzen Sie dann an, wie Sie den Satz verstehen, falls er möglich ist: natürlich geht nicht 1 2 3 4 5 23.1 Ich ha e rots und grüns Hemd kauft. Es sind zwei Hemden □ Es ist ein (zweifarbiges) Hemd □ O O O O O 23.2 Ich ha e rot und grüns Hemd kauft. Es sind zwei Hemden □ Es ist ein (zweifarbiges) Hemd □ O O O O O 23.3 Ich ha e rots und grün Hemd kauft. Es sind zwei Hemden □ Es ist ein (zweifarbiges) Hemd □ O O O O O 23.4 Ich ha e rot und grün Hemd kauft. Es sind zwei Hemden □ Es ist ein (zweifarbiges) Hemd □ O O O O O 23EV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? 24 Bitte bewerten Sie die folgenden Sätze: natürlich geht nicht 24a 1 2 3 4 5 24a.1 Unser Nachbar hatte in seinem Keller zwei Bilder eines Künstlers, von dem eines gefälscht war. Des gefälschte Bild isch teuer verkauft worre. O O O O O 24a.2 Der Gemeinderat bereitet sich auf die Versammlung vor und ein Mitglied kündigt an: De ehemalig Bürgermoaschter kunnt hütt oo no vorbei. O O O O O 24a.3 Vor einem Autorennen unterhalten sich die Veranstalter über die Umgebung und einer von beiden meint: En mögliche Schtartpunkt wär dürt. O O O O O 24a.4 Vor einer Woche brachen drei junge Männer in eine Tankstelle ein. Oa mutmaßlich Mitglied vu dere Bande hond se verhaftet. O O O O O Bitte bewerten Sie die folgenden Sätze: natürlich geht nicht 24b 1 2 3 4 5 24b.1 Der große schwarze Hund tuet nünt, der isch lieb. O O O O O 24b.2 Der große schwarz Hund het no nünt zum fresse. O O O O O 24b.3 Der groß schwarze Hund sieht uus, wie wenn er Hunger hett. O O O O O 24b.4 Der groß schwarz Hund will nuu schpiele. O O O O O 352 7 Anhang SYNALM_4_BA 18 natürlich geht nicht 1 2 3 4 5 24b.5 Häsch du dem große schwarze Hund dürt ebbes gea? O O O O O 24b.6 Häsch du dem große schwarz Hund dürt ebbes gea? O O O O O 24b.7 Häsch du dem groß schwarze Hund dürt ebbes gea? O O O O O 24b.8 Häsch du dem groß schwarz Hund dürt ebbes gea? O O O O O 1 2 3 4 5 24b.9 En große schwarze Hund isch hüt durchs Bluemebeet grennt. O O O O O 24b.10 En große schwarz Hund hett mich fascht umgerennt! O O O O O 24b.11 En groß schwarze Hund het mir sin Ball brocht. O O O O O 24b.12 En groß schwarz Hund will vu mir gschtreichelt wörre. O O O O O 1 2 3 4 5 24b.13 Ebber het eme/ emene (einem) große schwarze Hund ebbes gea. O O O O O 24b.14 Ebber het eme/ emene (einem) große schwarz Hund ebbes gea. O O O O O 24b.15 Ebber het eme/ emene (einem) groß schwarze Hund ebbes gea. O O O O O 24b.16 Ebber het eme/ emene (einem) groß schwarz Hund ebbes gea. O O O O O natürlich geht nicht 24c 1 2 3 4 5 24c.1 Des dunklere Bier mag ich it so gern. O O O O O 24c.2 Des dunkler Brot schmeckt mir besser! O O O O O 24c.3 Mir hond üser Büro uff de dunklere Sidde vum Huus. O O O O O 24c.4 Widd du wirklich auf dem dunkler Weg laufe? O O O O O 24c.5 Die schöne Blueme soddesch du öfter gieße! O O O O O 24c.6 Die neu Kleider sind wirklich schöö. O O O O O 24c.7 Die alte Bäume mund wohl gefällt werre. O O O O O 24c.8 Die groß Bilder hond do koan Platz. O O O O O Stellen Sie sich vor, es hat sich herumgesprochen, dass es einen schweren Unfall gegeben hat. Maria hat schon gehört, um wen es sich handelt und hat es Ihrem Gesprächspartner bereits gesagt, aber Sie können es zunächst nicht glauben und fragen nach: (Es ist uns bewusst, dass der Satz sehr künstlich klingt - es geht darum, herauszufinden, welche Version(en) noch am ehesten möglich sind) 25 Bitte bewerten Sie die folgenden Sätze: natürlich geht nicht 25a 1 2 3 4 5 25a.1 Wer hesch du gseet, dass d'Mari ghört het, dass en Unfall gha het? O O O O O 25a.2 Wer hesch du gseet, dass d'Mari ghört het, wo en Unfall gha het? O O O O O 7 Anhang 353 SYNALM_4_BA 19 natürlich geht nicht 1 2 3 4 5 25a.3 Wer hesch du gseet, dass d'Mari ghört het, dass er en Unfall gha het? O O O O O 25a.4 Wer hesch du gseet, dass d'Mari ghört het, wo er en Unfall gha het? O O O O O 25a.5 Wer hesch du gseet, dass d'Mari ghört het, der wo en Unfall gha het? O O O O O 25b 1 2 3 4 5 25b.1 Wer hesch du gseet, wo d'Mari ghört het, dass en Unfall gha het? O O O O O 25b.2 Wer hesch du gseet, wo d'Mari ghört het, dass er en Unfall gha het? O O O O O 25b.3 Wer hesch du gseet, wo d'Mari ghört het, wo en Unfall gha het? O O O O O 25b.4 Wer hesch du gseet, wo d'Mari ghört het, wo er en Unfall gha het? O O O O O 25b.5 Wer hesch du gseet, wo d'Mari ghört het, der wo en Unfall gha het? O O O O O 25b.6 Wer hesch du gseet, der wo d'Mari ghört het, der wo en Unfall gha het? O O O O O 25c 1 2 3 4 5 25c.1 Wer hesch du gseet, wer d'Mari ghört het, dass en Unfall gha het? O O O O O 25c.2 Wer hesch du gseet, wer d'Mari ghört het, dass er en Unfall gha het? O O O O O 25c.3 Wer hesch du gseet, wer d'Mari ghört het, wer en Unfall gha het? O O O O O 25c.4 Wer hesch du gseet, dass d'Mari ghört het, wer en Unfall gha het? O O O O O 25c.5 Wer hesch du gseet, wo d'Mari ghört het, dass en Unfall gha het? O O O O O 25c.6 Wer hesch du gseet, wo d'Mari ghört het, wer en Unfall gha het? O O O O O 25EV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? 26 Bitte bewerten Sie die folgenden Sätze: natürlich geht nicht 26a 1 2 3 4 5 26a.1 Guete Wii isch halt tüüer! O O O O O 26a.2 Guet Wii isch halt tüüer! O O O O O 26a.3 Mit guetem Wii macht ma nünt falsch! O O O O O 26a.4 Mit guet Wii macht ma nünt falsch! O O O O O 26b 1 2 3 4 5 26b.1 Die lilane Hose isch leider z' groß. O O O O O 26b.2 Die lila Handtäsche isch echt schöö! O O O O O 26b.3 Der rosane Pulli schtoht dir guet! O O O O O 26b.4 Der rosa Rock sieht lustig aus! O O O O O 354 7 Anhang SYNALM_4_BA 20 natürlich geht nicht 1 2 3 4 5 26b.5 Ich bin mit derre rosane Täsche ganz schöö uffgefalle. O O O O O 26b.6 D'Mari will ihre Freundin mit derre rosa Bluem überrasche. O O O O O 1 2 3 4 5 26b.7 Ein lilane Pulli tät dir guet schtoh! O O O O O 26b.8 Ein lila Rock fehlt de Petra no in ihrer Sammlung. O O O O O 26b.9 D'Peter isch mit em/ eme lilane Pulli zum Fescht gange. O O O O O 26b.10 D'Anna het ihre Prüfung mit em/ eme lila Stift g'schriebe. O O O O O Vielen Dank für Ihre Mithilfe! 7 Anhang 355 SynALM_7_BA 1 Universität Konstanz Geisteswissenschaftliche Sektion Fachbereich Sprachwissenschaft PD Dr. Ellen Brandner Universitätsstraße 10 PF 191 78457 Konstanz Telefon: +49-7531-88-3973 E-Mail: ellen.brandner@uni-konstanz.de http: / / cms.uni-konstanz.de/ ling/ syntax-desalemannischen/ Liebe Dialektsprecherin, lieber Dialektsprecher, dies ist nun der letzte Bogen, der innerhalb des Projekts SynAlm verschickt wird. Ursprünglich waren nur sechs Bögen geplant, aber nicht zuletzt durch Ihre zahlreichen Hinweise und Kommentare haben wir uns entschieden, bei einigen Sachen doch noch einmal genauer nachzufragen. Daher behandelt dieser Bogen ganz verschiedene Themen und manche Sätze werden Ihnen vielleicht aus früheren Bögen bekannt vorkommen. Ich möchte mich ganz herzlich bei Ihnen allen für Ihre Mitarbeit und auch die vielen zusätzlichen Briefe, Bücher und Texte bedanken, die Sie uns im Laufe der Zeit zugeschickt haben. Es freut mich sehr, dass das Projekt auf so großes Interesse gestoßen ist und so viele von Ihnen die ganze Zeit über mitgearbeitet haben. Im Frühsommer werden Sie von uns noch einmal eine Infopost erhalten, die einige ausgewählte Ergebnisse für Sie zusammenfasst. Ich kann Ihnen schon verraten, dass nach wie vor gilt: der Dialekt lebt - und zwar sehr gut. Wir haben unsere Ergebnisse wieder mit den Dialekterhebungen aus 1870er Jahren verglichen (soweit möglich) und es stellt sich immer wieder heraus, dass die Formen stabil geblieben sind und das Wissen um den Dialekt nicht so schnell aussterben wird - und ich hoffe, dass wir durch unsere Dokumentationsarbeit auch dazu beigetragen werden. Momentan arbeiten wir darüber hinaus auch an einem Neuauftritt auf dem Internet, der dann aus zwei Abteilungen bestehen wird: Ein Teil wird auf Englisch sein und wendet sich an die Forscher aus anderen europäischen Ländern, die mit ähnlichen Fragestellungen und Methoden wie SynAlm Dialektdaten erhoben haben. Hierzu sind auch Forschungsprojekte auf europäischer Ebene geplant, in die die Daten von SynAlm mit einfließen werden. Der zweite Teil richtet sich an alle am Alemannischen (und Dialekt generell) Interessierten. Es wird in diesem Bereich auch eine 'Mitmach-Zone' geben, so dass unsere Datenbasis weiterhin ausgebaut werden kann und Sie auch in Zukunft die Möglichkeit haben werden, SynAlm zu unterstützen, wenn Sie möchten. Vielleicht ergibt sich in der Zukunft ein weiteres Projekt in dieser Art, so dass unsere Arbeit wieder in größerem Rahmen fortgesetzt werden kann. Auf der neu gestalteten Homepage werden Sie nach und nach dann auch die Ergebnisse der Auswertungen unserer Fragebögen einsehen können. Bei Fragen und Anregungen können Sie uns selbstverständlich auch künftig jederzeit kontaktieren. Herzliche Grüße 7.3 SynAlm-Fragebogen FB7 356 7 Anhang SynALM_7_BA 2 Hinweise zum Ausfüllen Wie auch schon in den Bögen zuvor geht es uns zuvorderst um die Grammatik der Dialekte. Es werden also sicher wieder Schreibweisen/ Begriffe auftauchen, die nicht genau denen Ihres Dialekts entsprechen. Wir können uns bei dieser Art von Untersuchung den einzelnen Ortsdialekten leider nur annähern und bitten Sie deshalb schon im Voraus um Nachsicht. Wenn Sie zwar Unterschiede in der Aussprache zu Ihrem Dialekt finden, aber die Abfolge der Wörter oder die grundsätzliche Form der Wörter trotzdem stimmen, dann bewerten Sie den Satz bitte entsprechend gut. Wir haben wieder bei jedem Satz die Wörter, auf die es uns ankommt, fett gedruckt. Bitte verändern Sie die vorgegebenen Sätze nicht! Bewerten Sie sie so, wie Sie sie vorfinden. Für uns ist die Information über Sätze, die im Dialekt nicht möglich sind, genauso wertvoll wie die über solche, die gut sind! Wie auch schon zuvor: Lassen Sie sich ruhig Zeit beim Ausfüllen! Wir würden uns aber freuen, wenn Sie uns den Bogen ca. 3 Wochen nach Erhalt zurückschicken. Es sind wieder Rückumschläge beigelegt, so dass Ihnen keine Kosten entstehen. Für neue Informanten: Bitte füllen Sie das Datenblatt aus. Ganz wichtig ist die Adresse, bzw. der Ort, in dem Sie wohnen. Für die, die schon einmal mitgemacht haben: Bitte schreiben Sie auf jeden Fall Ihren Namen, Wohnort, Geburtsort und Geburtsjahr auf das Datenblatt, sodass keine Probleme bei der Zuordnung entstehen. Die restlichen Daten müssen Sie natürlich nicht noch einmal angeben. 7 Anhang 357 SynALM_7_BA 3 Name_______________________________ Wohnort___________________________ Geburtsort___________________________ Geburtsjahr _________ Haben Sie für längere Zeit außerhalb Ihres Wohnortes gelebt? Wenn ja, wo und wie lange? ___________________________________________________________________________ Wo ist Ihre Mutter aufgewachsen (PLZ/ Ort)? _______________________________________ Wo ist Ihr Vater aufgewachsen (PLZ/ Ort)? _________________________________________ Wie gut sprechen Sie (Ihrer Einschätzung nach) selbst den Dialekt Ihres Wohnortes? sehr gut O O O O O O gar nicht Wie häufig sprechen Sie den Dialekt Ihres Wohnortes? immer O O O O O O nie Freiwillige Angaben: Schulabschluss: ___________________________________________ Ausbildung: ______________________________________________ Zur Zeit ausgeübter Beruf: __________________________________ Ich bin bereit, an weiteren Befragungen teilzunehmen ja O nein O Falls ja, bitten wir Sie zum Zwecke weiterer Befragungen, Ihre Adressdaten zu hinterlassen, damit wir Sie erneut kontaktieren können: Telefon: ______________________________________________ Postanschrift: __________________________________________ E-Mail: _______________________________________________ 358 7 Anhang SynALM_7_BA 4 1 Bitte bewerten Sie die folgenden Sätze: natürlich geht nicht 1a 1 2 3 4 5 1a.1 Die alt Hos kei etz endlich mol furt! ! ! O O O O O 1a.2 Em Hund vus Nochbars gang besser us em Weg! ! ! O O O O O 1a.3 E Milch bring mer mit! ! ! O O O O O …zeigt auf einen Gegenstand: 1a.4 Des do vergiss jo it zum mitnea/ mitnemme! ! ! O O O O O natürlich geht nicht 1b Etz kumme mer z'schpoot, wel der it rechtzitig… 1 2 3 4 5 1b.1 …abgholet worre isch. O O O O O 1b.2 …abgholet isch worre. O O O O O 1b.3 … isch abgholet worre. O O O O O 1b.4 … worre abgholet isch. O O O O O 1b.5 … worre isch abgholet. O O O O O 1b.6 … isch worre abgholet. O O O O O 1bEV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? Falls ja, wie? natürlich geht nicht 1c Alle Seerose sind vertrocknet,… 1 2 3 4 5 1c.1 …wo der Teich uustrocknet gwea/ gsi isch. O O O O O 1c.2 …wo der Teich uustrocknet isch gwea/ gsi. O O O O O 1c.3 …wo der Teich isch uustrocknet gwea/ gsi. O O O O O 1c.4 …wo der Teich isch gwea/ gsi uustrocknet. O O O O O 1cEV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? Falls ja, wie? 1d Lisa erzählt aus ihrer Jugend… 1 2 3 4 5 1d.1 Domoals hommer ammel d ganz Nacht durri tanzt gha/ ghet. O O O O O 1d.2 Domoals hommer ammel d ganz Nacht durri tanzt. O O O O O 1d.3 Domoals hatte mer ammel d ganz Nacht durri tanzt. O O O O O 1dEV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? Falls ja, wie? 7 Anhang 359 SynALM_7_BA 5 2 Bitte bewerten Sie die folgenden Sätze: 2a 1 2 3 4 5 2a.1 Wo-n-i no jünger war, hät ma sich no lange Brief gschriebe, aber etz… O O O O O 2a.2 Wo-n-i no jünger war, hät ma sich no lange Brief gschriebe gha/ ghet, aber etz… O O O O O 2aEV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? Falls ja, wie? 2b 1 2 3 4 5 2b.1 Vor e paar Johr han i sogar selber e Buech gschriebe - und etz lies ich it mol mee! O O O O O 2b.2 Vor e paar Johr han i sogar selber e Buech gschriebe gha/ ghet - und etz lies ich it mol mee! O O O O O 2bEV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? Falls ja, wie? 2c Ich ha bei der Prüfung schlecht abgschnitte,… 1 2 3 4 5 2c.1 …wo-n-i's doch eigentlich gwisst gha/ ghet ha. O O O O O 2c.2 …wo-n-i's doch eigentlich gwisst ha gha/ ghet. O O O O O 2c.3 …wo-n-i's doch eigentlich gha/ ghet gwisst ha. O O O O O 2cEV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? Falls ja, wie? natürlich geht nicht 2d 1 2 3 4 5 2d.1 De Schlüssel isch uffem Ecktisch glege - aber etz isch er weg! O O O O O 2d.2 De Schlüssel isch uffem Ecktisch glege gsi/ gwea - aber etz isch er weg! O O O O O 2dEV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? Falls ja, wie? 2e 1 2 3 4 5 2e.1 Er hät scho in viel Schtädt gwohnt, aber etz wohnt er in Berlin. O O O O O 2e.2 Er hät scho in viel Schtädt gwohnt gha/ ghet, aber etz wohnt er in Berlin. O O O O O 2eEV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? Falls ja, wie? 2f 1 2 3 4 5 2f.1 Mir sind früer oft i de Wald gange, aber etz goht's halt nümme. O O O O O 2f.2 Mir sind früer oft i de Wald gange gsi/ gwea, aber etz goht's halt nümme. O O O O O 2fEV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? Falls ja, wie? 360 7 Anhang SynALM_7_BA 6 3 Bitte bewerten Sie die folgenden Sätze: natürlich geht nicht 3a 1 2 3 4 5 3a.1 Wo-n-i'n geschtert troffe ha, hät er grad d'Brülle verlore. O O O O O 3a.2 Wo-n-i'n geschtert troffe ha, hät er grad d'Brülle verlore gha/ ghet. O O O O O Wie würden Sie den Satz 3a.1 (hat seine Brille verloren) interpretieren? Bitte kreuzen Sie an: 3a1A Situation A: er hat heute die Brille wieder □ 3a1B Situation B: die Brille ist immer noch weg □ 3a1C Beide Situationen sind möglich □ Wie würden Sie den Satz 3a.2 (hat seine Brille verloren gehabt) interpretieren? Bitte kreuzen Sie an: 3a2A Situation A: er hat heute die Brille wieder □ 3a2B Situation B: die Brille ist immer noch weg □ 3a2C Beide Situationen sind möglich □ 3aEV Wie würden Sie Situation A (Brille ist wieder da) in ihrem Dialekt ausdrücken? 3aEV Wie würden Sie Situation B (Brille ist immer noch weg) in ihrem Dialekt ausdrücken? 3b Beim Firmenjubiläum…: 3b.1 Nächscht Monet hät sie denn zea Johr im Betrieb gschafft. O O O O O 3b.2 Nächscht Monet hät sie denn zea Johr im Betrieb gschafft gha/ ghet. O O O O O 3bEV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? Falls ja, wie? 4. Gib mir bitte den Schraubenzieher… a) Wie würde Ihre Version von “rauf” lauten? ________________________________ b) Wie würde Ihre Version von „runter“ lauten? _________________________________ 7 Anhang 361 SynALM_7_BA 7 5a Uff em Kaschte dobe liet die Kischt. Bedeutet der Satz für Sie (bitte kreuzen Sie an): o Die Kiste befindet sich auf dem Schrank und der Schrank steht im Erdgeschoss o Die Kiste befindet sich auf dem Schrank und der Schrank steht in einem oberen Stockwerk o beides ist möglich 5b Uff em Kaschte obe liet die Kischt. Bedeutet der Satz für Sie (bitte kreuzen Sie an): o Die Kiste befindet sich auf dem Schrank und der Schrank steht im Erdgeschoss o Die Kiste befindet sich auf dem Schrank und der Schrank steht in einem oberen Stockwerk o beides ist möglich 5aEV Würden Sie diese Situation ganz anders ausdrücken? Falls ja, wie? Die Kiste befindet sich auf dem Schrank und der Schrank steht im Erdgeschoss 5bEV Würden Sie diese Situation ganz anders ausdrücken? Falls ja, wie? Die Kiste befindet sich auf dem Schrank und der Schrank steht einem oberen Stockwerk 6 Peter hat die Mülltonne umgefahren, als er aus der Garage gefahren ist. Seine Frau vermutet, dass er nicht richtig nach hinten geschaut hat und sagt zu ihrer Nachbarin: Bitte kreuzen Sie an: sage ich selbst kenne ich würde ich nie so sagen 6.1 Uuglueget isch er rückwärts uus de Garage ussigfahre. □ □ □ 6.2 Ohni glueget isch er rückwärts uus de Garage ussigfahre. □ □ □ 6.3 Ohni zum luege isch er rückwärts uus de Garage ussigfahre. □ □ □ 6EV Würden Sie das im Dialekt lieber anders ausdrücken? 362 7 Anhang SynALM_7_BA 8 7 Bitte bewerten Sie die folgenden Sätze: natürlich geht nicht 1 2 3 4 5 7.1 D'Hund schpielet gern mit Knoche. O O O O O 7.2 Hund schpielet gern mit Knoche. O O O O O 7.3 En Hund schpielt gern mit Knoche. O O O O O 7.4 De Hund schpielt gern mit Knoche. O O O O O 8 Bitte übersetzen Sie die folgenden Sätze in Ihren Dialekt: 8.1 Gibst du ihm bitte den Ball? 8.2 Du gibst ihm jetzt den Ball! 8.3 Wenn du ihm jetzt nicht den Ball gibst, dann…. 8.4 Der Ball muss doch irgendwo sein! 9 Bitte bewerten Sie die folgenden Sätze: natürlich geht nicht 9a 1 2 3 4 5 9a.1 Wouff(e) sitzt die Katz? O O O O O 9a.2 Wodruff sitzt die Katz? O O O O O 9a.3 Uff waa sitzt die Katz? O O O O O 9aEV Würden Sie diesen Satz ganz anders sagen? Falls ja, wie? 9b 1 2 3 4 5 9b.1 Wouff(e) sitzt die Katz druff? O O O O O 9b.2 Wodruff sitzt die Katz druff? O O O O O 9b.3 Uff waa sitzt die Katz druff? O O O O O 9bEV Würden Sie diesen Satz ganz anders sagen? Falls ja, wie? 7 Anhang 363 SynALM_7_BA 9 10 Bitte bewerten Sie die folgenden Sätze: natürlich geht nicht 10a 1 2 3 4 5 10a.1 I ha neamed it gseane. O O O O O 10a.2 I ha nünt it gseane. O O O O O 10a.3 I ha koan Mensch it gseane. O O O O O 10aEV Würden Sie einen oder mehrere der Sätze anders sagen? Falls ja, wie 10b 1 2 3 4 5 10b.1 D'Katz het koani Müüs it gfange. O O O O O 10b.2 D'Katz het it koani Müüs gfange. O O O O O 10b.3 D'Katz het koani Müüs gfange it. O O O O O 10b.4 O O O O O 10bEV Würden Sie das ganz anders sagen? Falls ja, wie? 10c 1 2 3 4 5 10c.1 Woinni hesch es denn gleet? O O O O O 10c.2 Wodrin inni hesch es denn gleet? O O O O O 10c.3 I waa inni hesch es denn gleet? O O O O O 10cEV Würden Sie das ganz anders sagen? Falls ja, wie? 10d 1 2 3 4 5 10d.1 Wofür bruuchsch du des denn? O O O O O 10d.2 Wodefür bruuchsch du des denn? O O O O O 10d.3 Für waa bruuchsch du des denn? O O O O O 10cEV Würden Sie das ganz anders sagen? Falls ja, wie? 364 7 Anhang SynALM_7_BA 10 11 Bitte bewerten Sie die folgenden Sätze: natürlich geht nicht 11a 1 2 3 4 5 11a.1 Ich ha vu dem Maa, dem ich letsch Woch des Buech verkauft ha, erscht gescht mii Geld überku. O O O O O 11a.2 Ich ha vu dem Maa, wo ich letsch Woch des Buech verkauft ha, erscht gescht mii Geld überku. O O O O O 11a.3 Ich ha vu dem Maa, wo ich letsch Woch ihm des Buech verkauft ha, erscht gescht mii Geld überku. O O O O O 11a.4 Ich ha vu dem Maa, wo ich ihm letsch Woch des Buech verkauft ha, erscht gescht mii Geld überku. O O O O O 11aEV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? Falls ja, wie? natürlich geht nicht 11b 1 2 3 4 5 11b.1 Ich ha dem Maa, vu dem ich gescht des Buech überku ha, 20 Euro gea. O O O O O 11b.2 Ich ha dem Maa, wo ich gescht des Buech überku ha, 20 Euro gea. O O O O O 11b.3 Ich ha dem Maa, wo ich gescht vunem des Buech überku ha, 20 Euro gea. O O O O O 11bEV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? Falls ja, wie? natürlich geht nicht 11c 1 2 3 4 5 11c.1 Ich ha dem Bue, dem du des Buech verschproche häsch, e schös Exemplar gea. O O O O O 11c.2 Ich ha dem Bue, wo du des Buech verschproche häsch, e schös Exemplar gea gegeben. O O O O O 11c.3 Ich ha dem Bue, wo du em des Buech verschproche häsch, e schös Exemplar gea. O O O O O 11cEV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? Falls ja, wie? natürlich geht nicht 11d 1 2 3 4 5 11d.1 Ich ha für die Lüt, mit denne ich i d’Schuel gange bi, ganz viel Schoki gkauft. O O O O O 11d.2 Ich ha für die Lüt, wo ich i d’Schuel gange bi, ganz viel Schoki gkauft. O O O O O 11d.3 Ich ha für die Lüt, wo ich mit ene i d’Schuel gange bi, ganz viel Schoki gkauft. O O O O O 11dEV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? Falls ja, wie? 7 Anhang 365 SynALM_7_BA 11 12 Bitte bewerten Sie die folgenden Sätze: natürlich geht nicht 12a 1 2 3 4 5 12a.1 Ich ha vu dene Lüt, mit denne ich i d’Schuel gange bi, scho lang nünt me ghört. O O O O O 12a.2 Ich ha vu dene Lüt, wo ich i d’Schuel gange bi, scho lang nünt me ghört. O O O O O 12a.3 Ich ha vu dene Lüt, wo ich mit ene i d’Schuel gange bi, scho lang nünt me ghört. O O O O O 12aEV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? Falls ja, wie? natürlich geht nicht 12b 1 2 3 4 5 12b.1 Ich ha vu dere Frau, von dere ich scho gescht e Buech überku ha, wieder oas kriegt. O O O O O 12b.2 Ich ha vu dere Frau, wo ich scho gescht e Buech überku ha, wieder oas kriegt. O O O O O 12b.3 Ich ha vu dere Frau, wo i ich scho gescht vun ere e Buech überku ha, wieder oas kriegt. O O O O O 12bEV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? Falls ja, wie? 13 Bitte bewerten Sie die folgenden Sätze: natürlich geht nicht 1 2 3 4 5 13a Die isch etz scho so groß wie ich. O O O O O 13b Die isch etz scho so groß als wie ich. O O O O O 13c Die isch etz scho so groß als ich. O O O O O 13d Die isch etz scho so groß so wie ich O O O O O 13EV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? Falls ja, wie? 14 Bitte bewerten Sie die folgenden Sätze: natürlich geht nicht 1 2 3 4 5 14a Der schafft etz als Gärtner bi de Stadt. O O O O O 14b Der schafft etz als en Gärtner bi de Stadt. O O O O O 14EV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? Falls ja, wie? 366 7 Anhang SynALM_7_BA 12 15 Bitte bewerten Sie die folgenden Sätze: natürlich geht nicht 1 2 3 4 5 15.1 Der tuet grad so, als ob er nünt gwisst hett. O O O O O 15.2 Der tuet grad so, wie ob er nünt gwisst hett. O O O O O 15.3 Der tuet grad so, als wie ob er nünt gwisst hett. O O O O O 15.4 Der tuet grad so, als hett er nünt gwisst. O O O O O 15.5 Der tuet grad so, wie hett er nünt gwisst. O O O O O 15.6 Der tuet grad so, als wie hett er nünt gwisst. O O O O O 15.7 Der tuet grad so, ob hett er nünt gwisst. O O O O O 15.8 Der tuet grad so, als ob hett er nünt gwisst. O O O O O 15.9 Der tuet grad so, wie ob hett er nünt gwisst. O O O O O 15.10 Der tuet grad so, als wie ob hett er nünt gwisst. O O O O O 15EV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? Falls ja, wie? 16 Bitte bewerten Sie die folgenden Sätze: natürlich geht nicht 1 2 3 4 5 16a Ich ha's gmacht wie dass du's mir zoaget hesch. O O O O O 16b ich ha's gmacht als dass du's mir zoaget hesch. O O O O O 16c ich ha's gmacht so wie dass du's mir zoaget hesch. O O O O O 16d ich ha's so gmacht als wie dass du's mir zoaget hesch. O O O O O 16EV Würden Sie den Satz ganz anders sagen? Falls ja, wie? Vielen Dank! Tabellenverzeichnis 1 Universelle Komplementierer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 2 Zugänglichkeitshierarchie für Relativsätze in den deutschen Dialekten . 30 3 Das bairische Pronominalsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 4 Paradigma schweizerdeutscher Präpositionen und Pronomen . . . . . . . 40 5 Zusammenfassung Relativsatzstrategien im Alemannischen . . . . . . . 53 6 Zahlen zum Rücklauf der Fragebögen SynAlm 2, 3 und 4 . . . . . . . . . 64 7 SynAlm FB2, 1.12 - 1.17, Relativsatzeinleiter Rel+ da . . . . . . . . . . . . 66 8 SynAlm FB2, Relativsatzeinleiter in den Fragen 1.4 - 1.11 . . . . . . . . . 68 9 SynAlm FB2, 5.1 - 5.20. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 10 SynAlm FB2: 6.1 - 6.5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 11 SynAlm FB2: Aufgabe 9 (Übersetzung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 12 SynAlm FB2, Aufgabe 8 (Lückentext) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 13 SynAlm FB2: Aufgabe 14.1 - 14.3 (Quantoren) . . . . . . . . . . . . . . . 87 14 SynAlm FB2; Aufgabe 19.1, 19.3, 19.4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 15 SynAlm FB2; Aufgabe 19.2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 16 SynAlm FB2: 1.19, 1.22, 1.23 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 17 SynAlm FB2, 1.20 und 1.21, RSE = d -Relativpronomen + Resumptiv . . . 93 18 SynAlm FB4, Aufgabe 14.1, 14.2 und 14.5, Relativierung IO-Position . . . 94 19 SynAlm FB2, Aufgaben 5.3 und 5.11, Relativierung IO-Position, Lückentext 96 20 SynAlm FB2, Aufgabe 17.1 - 17.8, Bewertungsskala . . . . . . . . . . . . 100 21 SynAlm FB4, 8.1 - 8.11, Relativierung der OBL-Position . . . . . . . . . . 102 22 SynAlm FB4, 18a.1 - 18a.10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 23 SynAlm FB4, 18b.1 - 18b.11 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 24 Primärstrategie für SU- und DO-Positionen . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 25 Strategie für die IO-Position . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 26 Strategie für oblique Position . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 27 Semantische Eigenschaften des Kopfnominals bei Relativierung einer OBL- Position . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 28 SynAlm FB2, Aufgabe 17.1 - 17.8 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 29 A = Die Prüfung, RSE = Pronominaladverb; Beispiel 135 . . . . . . . . . . 133 30 A = Einer, RSE = Pronominaladverb; Beispiel 136 . . . . . . . . . . . . . . 134 31 A = Der Mann, RSE = Pronominaladverb; Beispiel 137 . . . . . . . . . . . 134 32 Kontexte für Pronominaladverbien im Alemannischen . . . . . . . . . . . 135 33 Zugänglichkeitshierarchie für alemannische Relativsatzstrategien . . . . 137 34 Kasusparadigma (Standarddeutsch) für de nite Nominalphrasen (Singular/ Plural) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 368 Tabellenverzeichnis 35 Kasusparadigma (Alemannisch) für de nite Nominalphrasen (Singular/ Plural) 138 36 SynAlm FB2: 1.19, 1.22, 1.23 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 37 SynAlm FB4, Aufgabe 14.1 - 14.6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 38 Matching-E ekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 39 SynAlm FB7, Matching-Bedingungen, 11a1 - 4 . . . . . . . . . . . . . . . 149 40 SynAlm FB7, Matching-Bedingungen, 11b1 - 3 . . . . . . . . . . . . . . . 150 41 SynAlm FB7, Matching-Bedingungen, 11c1 - 3 . . . . . . . . . . . . . . . 151 42 SynAlm FB7, Matching-Bedingungen, 11d1 - 3 . . . . . . . . . . . . . . . 152 43 SynAlm FB7, Matching-Bedingungen, 12a1 - 3 . . . . . . . . . . . . . . . 153 44 SynAlm FB7, Matching-Bedingungen, 12b1 - 3 . . . . . . . . . . . . . . . 154 45 Distribution Resumptivpronomen IO und OBL . . . . . . . . . . . . . . . 157 46 Relativsatzeinleiter diachron . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 47 Zugänglichkeitshierarchie für Alemannisch . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 48 Intonation (Lehmann 1984, 261) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 49 Determinierer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 50 Artikelparadigma Alemannisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 51 Artikel Kaiserstühler Alemannisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 52 Demonstrativpronomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 53 Starke und schwache Determinierer in Vorarlberg . . . . . . . . . . . . . 199 54 Inselbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 55 Complex-NP-Constraint: SynAlm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 56 W -Extraktion SADS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 57 W -Extraktion SADS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 58 Resumptivpronomen in W -Extraktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 59 d -Resumptivpronomen in W -Extraktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 60 Subjektextraktion (FB2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 61 Zusammenfassung: lange Extraktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 62 Lokalitätsbeschränkungen im Alemannischen . . . . . . . . . . . . . . . 222 63 Zugänglichkeitshierarchie für alemannische Relativsatzstrategien . . . . 239 64 Pronomen und Komplementierer in den slavischen Sprachen (Hladnik 2015, 11) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 65 Derivation für slavische Relativsätze nach Hladnik (2015) . . . . . . . . . 251 66 Spell-Out Pronomenstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 67 Spell-Out Pronomenstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 68 Paradigma d -Wörter, d -Pronomen und Pronomen (m/ n) . . . . . . . . . . 254 69 Paradigma d -Wörter, d -Pronomen und Pronomen . . . . . . . . . . . . . 254 70 Lizenzierungsbedingungen von d -Wörtern und Pronomen . . . . . . . . 256 71 Lizenzierungsbedingungen von d -Wörtern und Pronomen . . . . . . . . 256 Tabellenverzeichnis 369 72 Derivation für alemannische Relativsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 73 Die d -Pronomenstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 74 Die Partikelstrategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 75 Die Partikelstrategie bei Dativrelativierung . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 76 Die Partikelstrategie bei Relativierung von PP-Objekten . . . . . . . . . . 272 77 Die d -Pronomenstrategie bei Relativierung von PP-Objekten . . . . . . . 272 78 Die Partikelstrategie bei Relativierung von PP-Objekten mit Pronominaladverb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 79 Spell-Out-Bedingung d+w-Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 80 Phonologische Ähnlichkeit: Dativ und lokative Präposition (CH) . . . . . 278 Abbildungsverzeichnis 1 Relativsatzstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 2 Das SynAlm-Ortsnetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 3 O ene Frage - Übersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 4 Entscheidungsfrage (zum Ankreuzen, geschlossen) . . . . . . . . . . . . 63 5 Geschlossene Frage, Bewertung auf Fünferskala (1-5) . . . . . . . . . . . 63 6 SynAlm FB2, Relativsatzeinleiter da (BW) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 7 SynAlm FB2, Relativsatzeinleiter da (CH) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 8 SynAlm FB2, Relativsatzeinleiter da (VA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 9 Relativsatzeinleiter da (EL) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 10 SynAlm FB2, 1.4 - 1.11, Relativsatzeinleiter was / wer / wie / so / womit / als / ass 69 11 Relativsatzeinleiter nach Region . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 12 SynAlm FB2: 5.1 - 5.4 d / dw / w . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 13 SynAlm FB2: 5.5 - 5.8 d / dw / w . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 14 SynAlm FB2: 5.9 - 5.12 d / dw / w . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 15 SynAlm FB2: 5.13 - 5.16 d / dw / w . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 16 SynAlm FB2: 5.17 - 5.20 d / dw / w . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 17 Relativsatzeinleiter über alle Regionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 18 SynAlm FB2: 6.1 - 6.5 d / dw / w . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 19 SynAlm FB2: 9.1 - 9.2 d / dw / w . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 20 Unterscheidung appositiv/ restriktiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 21 Unterscheidung appositiv/ restriktiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 22 Unterscheidung appositiv/ restriktiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 23 Variation am externen Determinierer BW . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 24 Variation am externen Determinierer CH . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 25 Variation am externen Determinierer VA . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 26 Variation am externen Determinierer (EL) . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 27 Quantoren als RS-Kopfnominal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 28 Quantoren als RS-Antezedenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 29 SynAlm FB2; 19.2 abstraktes Kopfnominal, oblique Position . . . . . . . . 89 30 SynAlm FB2: 1.19 - 1.22, Relativierung IO-Position, RSE = wo + res . . . 90 31 Distribution Akzeptanz Resumptivpronomen FB2 1.19 . . . . . . . . . . . 91 32 Distribution Ablehnung Resumptivpronomen FB2 1.19 . . . . . . . . . . 91 33 SynAlm FB2: Aufgabe 1.22, Relativierung IO-Position, RSE = d -Relativpronomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 34 SynAlm FB2, 1.23, Relativierung IO-Position, RSE = wo . . . . . . . . . . 92 35 SynAlm FB2, 1.20 und 1.21, Relativierung IO-Position, RSE = d / dw . . . . 93 36 SynAlm FB2, 1.18, Relativierung IO-Position, RSE = wo . . . . . . . . . . 93 37 SynAlm FB4, 14.1 - 14.6, Relativierung IO-Position . . . . . . . . . . . . 94 38 Distribution der Akzeptanz der Resumptivpronomen FB4 14.2 . . . . . . 95 39 Distribution der Ablehnung der Resumptivpronomen FB4 14.2 . . . . . . 95 40 SynAlm FB2, 5.3 und 5.11 Relativierung IO-Position . . . . . . . . . . . . 96 41 SynAlm FB2, Distribution der Relativsatzeinleiter 5.3 . . . . . . . . . . . 96 42 SynAlm FB2, 1.19 Distribution d -Relativpronomen . . . . . . . . . . . . . 97 43 SynAlm FB2, 1.19 Distribution d -Relativpronomen und Partikel . . . . . 97 44 SynAlm FB2, Relativierung IO, 1.19 - 1.23, Bewertungsskala . . . . . . . 98 45 SynAlm FB2, Distribution Resumtivpronomen gesamt . . . . . . . . . . . 98 46 SynAlm FB2, Distribution Partikelstrategie FB2 1.19 . . . . . . . . . . . . 99 47 SynAlm FB2, 17.1 - 17.5, Relativierung PP-Objekt (oblique) . . . . . . . . 100 48 SynAlm FB2, 17.6 - 17.8. Relativierung PP-Objekt . . . . . . . . . . . . . 101 49 SynAlm FB4, 8.1 - 8.11, Relativierung der OBL-Position . . . . . . . . . . 103 50 SynAlm FB4, 18a.1 - 18a.10, Relativierung PP-Objekt . . . . . . . . . . . 104 51 SynAlm FB4, 18b.1 - 18b.11, Relativierung OBL . . . . . . . . . . . . . . 105 52 Relativsatzeinleiter über alle Regionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 53 IO: Entscheidungsfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 54 IO: Bewertungsskala . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 55 Geographische Verteilung von d -Relativpronomen . . . . . . . . . . . . . 114 56 RS-Strategie nach Aufgabentyp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 57 Vergleich Aufgabentyp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 58 Geographische Verteilung von resumptiven Pronomen im Testsatz . . . . 122 59 Geographische Verteilung von resumptiven Pronomen im Testsatz . . . . 122 60 Geographische Verteilung von resumptiven Pronomen im Testsatz . . . . 123 61 Geographische Verteilung von resumptiven Pronomen im Testsatz . . . . 123 62 FB2, Aufgabe 17: Unbelebtes Kopfnomen: Der Brief . . . . . . . . . . . . 127 63 FB4 8: Belebtes Kopfnomen: Der Mann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 64 FB4 18a: Pronominales Kopfnomen: Einer . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 65 FB4 18b: Die Prüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 66 FB2 1_9 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 67 FB2 17_4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 68 FB4 18b . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 69 FB4 18b . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 70 FB4 18b . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 71 SynAlm FB2: Testsätze 1.19 - 1.22, Relativierung IO-Position, RSE = wo + res . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 72 SynAlm FB4, 14.1 - 14.6, Relativierung IO-Position . . . . . . . . . . . . 143 Abbildungsverzeichnis 371 www.narr.de Im Gegensatz zu Standardsprachen verfügen Dialekte selten über ein niedergeschriebenes Regelwerk, eine Grammatik. Dabei sind Dialekte nicht weniger „grammatisch“. Die Erforschung von Dialekten, also genetisch eng miteinander verwandten Sprachen, ihren lautlichen, lexikalischen und grammatischen Unterschieden zueinander liefert aber wichtige Erkenntnisse über das „System Sprache“. Untersucht werden diese Unterschiede im Vergleich zur Standardsprache und innerhalb der Varianten eines Sprachraums. Auch historische Sprachstufen werden in die Datenerhebung und Analyse miteinbezogen. Die vorliegende Studie befasst sich mit dem grammatischen System, der Syntax des Alemannischen. Basierend auf einer standardisierten Datenerhebung durch Befragung von Dialektsprecher*innen in der deutschsprachigen Schweiz, in Vorarlberg (Österreich), im Elsass (Frankreich) und den alemannischen Sprachgebieten in Baden-Württemberg werden gezielt die grammatischen Unterschiede von Relativsätzen zunächst systematisch erfasst und anschließend analytisch untersucht.